OMEN ay 1 N ; A Ae te re ons 5 à PO en en é st ot. ‘ork ee me em en oF. CEE CREER Sr we rn Kt EEE nn _ m EEE iii LES ET TRC SS rs we = = re . ® - 55 F u € } . à “ . - « [9 > 2 x “ . LP F ie UT. <* La ei. za. ë = x, rs 4, . “6 # 4 - Ÿ * x Y à ? = a. nl ’ 3 = + é a Le >i . “ k : Yt x >. ui « > A a < 4 et 2 = < . = t L 5 ‘ : = 3 ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER. ABTHEILUNG FÜR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER THIERE. HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. J. W. SPENGEL IN GIESSEN. FUNFTER BAND. MIT 40 LITHOGR. TAFELN UND 27 ABBILDUNGEN IM TEXT. en Re ne JEN A VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1892. Te LEA y ww. SOUSA SO PEN wi a VTT if oA LITE RE A | sl a QU SSOP AO QU SIMO HHALAT AO Lee Poona Et. Heft I (ausgegeben am 31. October 1891). SALENSKY, W., Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Mit Tafel 1—8 und 7 Abbildungen im Text. : Riesz, Heiricx, Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. Mit Tafel 9—11 . Heft II (ausgegeben am 20. Mai 1892). Wier, Harris H., Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense und Amphiuma tridactylum. Mit Tafel 12 und 13 Kurnckowström, A., Untersuchungen über den Scheitelfleck bei Embryonen einiger Schwimmvögel. Mit Tafel 14 . ANDERSSON, Oskar A., Zur Kenntniss des sympathischen Nerven- systems der urodelen Amphibien. Mit Tafel 15—18. Hicker, V., Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Mit Tafel 197 FRENZEL, JOHANNES, nt über die A Waune Argentiniens. Mit Tafel 20. ER Maas, Orro, Bau und Entwicklung der a Mit Tafel 21 und 22. Heft III und IV (ausgegeben am 20. October 1892). Prats, Lupwie H., Ueber den Bau und die Verwandtschafts- beziehungen der Solenoconchen. Mit Tafel 23—26 und 2 Abbildungen im Text . : Potzarp, H. B., On the Anatomy and Mn laBenetich ein of Dar. Mit Tafel 27—30 und 10 Abbildungen im Text . Seite 155 177 184 211 249 271 301 387 Inhalt. Bovert, Tuxopor, Die Nierencanälchen des Amphioxus. Ein Bei- trag zur Phylogenie des Urogenitalsystems der Wirbelthiere. Mit Tafel 31—34 und 5 Abbildungen im Text . Bernaro, Henry M. An endeavour to show that the tracheæ of the Arthropoda arose from setiparous sacs. Mit 3 Abbildungen Porzarv, H. B., The Lateral Line System in Siluroids. Mit Tafel 35 a 36 ; a Maier, B. L., Beiträge zur Ken. des re MU er Mit Tafel 37 << a Bertram, Beiträge zur iotintiites er pardoeportdion er einem Anhange über parasitische Schläuche in der Leibeshöhle von Rotatorien. Mit Tafel 38—40 Seite 429 511 525 552 581 Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Von Prof. W. Salensky in Odessa. (Schluss) 1) Hierzu Tafel 1—8. III. Bildung des tetrazoiden Embryos und Entwicklung der Ascidiozoiden. 1. Aeussere Formveränderungen des Embryos. Die äussern Vorgänge, welche sich bei der Entwicklung der Ascidiozoiden abspielen, sind schon mehrmals geschildert worden. Hux ey, dem das Verdienst gebührt, zuerst die zwei Generationen, eine Amme (Cyathozoid) und eine Geschlechtsgeneration (Ascidiozoide) unterschieden zu haben, hat schon die äussere Form des Pyrosomen- embryos in den verschiedenen Entwicklungsstadien beschrieben und abgebildet, giebt aber in Bezug auf die innern Vorgänge der pro- gressiv sich entwickelnden Ascidiozoiden und auf regressive Meta- morphose des Cyathozoids sehr wenig an. Vieles über die Entwick- lung der innern Organe des Ascidiozoiden wurde später von Kowa- LEWSKY beigetragen, doch ist die Frage nach der Entstehung und Ausbildung mehrerer Organe des Ascidiozoidenleibes (des Nervensystems, des Pericardiums mit dem Herzen, der Geschlechtsorgane und des Darmcanals) bis jetzt offen. Eine Lücke in dieser Beziehung ist in der letzten Zeit von JOLIET und SEELIGER theilweise ausgefüllt, indem diese beiden Forscher eine ziemlich detaillirte Beschreibung von der Entwicklung der innern Organe bei den Knospen gegeben haben; wenn dieselbe auch nicht direct die Entwicklung der primitiven Ascidio- zoiden betrifft, so kann man doch schon daraus nach Analogie manche 1) Siehe Bd. IV, Abth. f. Morph., p. 424. Zool. Jahrb, V. Abth. f. Morph. 1 9 W. SALENSKY, Schliisse auf die Entwicklung der Organe der primitiven tetrazoiden Colonie ziehen. Meine Aufgabe war es hauptsächlich, die Entwicklung der innern Organe der Ascidiozoiden zu untersuchen und zu be- schreiben. Ich komme dabei zu Ansichten, welche in mehrfacher Beziehung von denen meiner Vorgänger abweichen, und werde bei der speciellen Beschreibung darauf hinweisen. Da die äussern Veränderungen des Embryos bereits gut be- schrieben sind, so könnte ich mir eine nochmalige Besprechung dieses Gegenstandes ersparen; ich thue dies jedoch nicht, weil 1) die Entwicklung der innern Organe an die äussern Entwicklungs- erscheinungen am innigsten anknüpft, und 2) weil ich bei der Be- schreibung der verschiedenen Entwicklungsstadien der innern Organe auf die entsprechenden Entwicklungsstadien des Embryos verweisen werde und schon deshalb eine kurze Beschreibung der letztern vor- ausschicken muss. Im zweiten Capitel habe ich schon versucht, die drei ersten Entwicklungsstadien des Cyathozoids zu definiren, und dieselben mit den Buchstaben A, B und C bezeichnet. Um den con- tinuirlichen Gang der Beschreibung der weitern Stadien nicht zu stören, werde ich die Bezeichnung derselben mit D beginnen. Wie wir im zweiten Capitel dieses Werkes gesehen haben, besteht das Pyrosomenei im letzten Stadium der Entwicklung der Keimscheibe aus zwei Theilen: aus einer Keimscheibe und aus einem Dotter, welcher der erstern von unten dicht anliegt. Da die Dotterhaut vom Anfang der Entwicklung an auf dem Eie fehlt, so ist der Dotter nur von der Follikelhaut umhüllt. Die letztere geht auch auf die Keimscheibe über, bedeckt dieselbe von aussen und ist mit dem Rande derselben fest verbunden, so dass die Keimscheibe und der hintere, den Dotter be- deckende Theil der Follikelhaut eine zusammenhängende Hülle um den Dotter bilden. Diesen hintern Theil der Follikelhaut (Fig. GN, DB) will ich als Dotterblase bezeichnen. Wir haben also in allen jetzt zu betrachtenden Stadien zwei Theile im Embryo zu unter- scheiden: 1) den Keimtheil, welcher aus einem Cyathozoid und aus einem Stolo (resp. der Ascidiozoidenkette) besteht, und 2) die Dotterblase, deren Wand von der Follikelhaut gebildet und deren Höhle mit dem Dotter erfüllt ist. Weiter muss ich einige Vorbemerkungen in Bezug auf die Körperregionen der Keimscheibe, namentlich über Vorn und Hinten derselben, hinzufügen. Als vordern Theil bezeichne ich wie vorher die Nervengegend derselben, als hintern diejenige Gegend, in welcher das Endostyi liegt. Stadium D. (Fig. D, Taf. 1). Die Keimscheibe ist in die Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 5 Länge ausgewachsen und hat eine zungenförmige Gestalt angenommen, deren etwas zugespitztes Ende nach hinten gerichtet ist. Die Ober- flächenansichten lassen in der Keimscheibe zwei Abtheilungen, eine vordere und eine hintere, erkennen, welche sich beide auch durch ihr weiteres Schicksal von einander unterscheiden. Die vordere Abtheilung enthält das Nervenganglion und die Pericardialhöhle (N, Pe, Fig. D, Taf. 1) und zeichnet sich durch eine blassere Färbung oberflächlich aus. Die hintere, das Endostyl (Endf) enthaltende Abtheilung der Keimscheibe ist in Folge der bedeutendern Dicke mehr vorgewölbt und enthält die hintern und mittlern Theile der Peribranchialröhren. Der Unterschied zwischen den beiden Theilen der Keimscheibe bezieht sich nicht nur auf verschiedene Bauverhältnisse derselben, sondern auch auf ihre weitere Entwicklung. Die beiden Theile erweisen sich als die Anlagen der beiden genetisch verschiedenen Individuen des zusammengesetzten Embryos. Wie man aus der weitern Entwicklung ersieht, stellt der hintere Theil der Keimscheibe den Stolo dar (Fig. D, Asc), aus welchem die vier ersten Ascidiozoide sich später herausbilden, der vordere soll als Cyathozoid betrachtet werden (Fig. D, Cz). Die Grenze zwischen beiden in Rede stehenden Theilen ist durch den vordern Rand der Endostylfalte gegeben. Da die Endostylfalte ziemlich früh in der Keimscheibe auftritt, so muss man annehmen, dass die beiden den Embryo zusammensetzenden Theile bereits in einer sehr frühen Entwicklungsperiode angelegt sind. Ko- WALEWSKY, der ein ähnliches Entwicklungsstadium der Keimscheibe beschrieben und in seiner Fig. 35 abgebildet hat, giebt auf demselben die Existenz der Cloacalöffnung an; diese Angabe kann ich, aus den im zweiten Capitel erörterten Gründen, nicht bestätigen; weder an den Oberflächenansichten noch auf Quer- resp. Längsschnitten konnte ich die Existenz einer solchen Oeffnung constatiren. Davon wird bei der speciellen Betrachtung der Entwicklung der beiden Peribranchial- röhren ausführlicher die Rede sein. Die Cloacalöffnung kommt erst im Stadium E (Fig. E, Taf. 1) zum Vorschein. Dieselbe liegt am vordern Rande der Keimscheibe (Cl), vor dem. Nervenganglion, und erscheint jetzt in Form einer kleinen rundlichen Einstülpung. Die Keimscheibe selbst ist in die Länge ausgewachsen, zeigt aber noch keine Spur der Theilung in Ascidiozoide. Was ihre innere Organisation an- betrifft, so bietet sie bei der Untersuchung von der Oberfläche keine hervorragenden Unterschiede von dem vorhergehenden Stadium dar. Stadium F (Fig. F, Taf. 1) entspricht dem bei KOWALEWSKY auf Fig. 45 abgebildeten und zeichnet sich von dem vorhergehenden 1* 4 W. SALENSKY, durch das Auftreten der Querfurchen auf dem Stolo aus, welche die Grenzen der einzelnen Ascidiozoide darstellen (I—IV). In Bezug auf die innere Organisation, soweit dieselbe von Aussen beobachtet werden kann, will ich hauptsächlich die Peribranchialröhren hervorheben, welche der Zahl der äussern Segmente entsprechend jederseits in vier Ab- theilungen sich abschnüren. Jedes der vier Ascidiozoide ist von vier- eckiger Gestalt und besteht aus einem Ectodermüberzug, einer Ab- theilung der Darmhöhle und aus zwei Peribranchialröhren, welche zwischen dem Ectoderm und der Darmhöhle liegen und insofern ihre Lage verändern, als sie nun nicht oberhalb der Darmhöhle, sondern mehr seitwärts von derselben gelagert sind. Diese Lageveränderung hängt offenbar mit dem Wachsthum resp. der Ausbreitung dieser Organe zusammen. Stadium G (Fig. G, GA, Taf. 1). Einen grossen Fortschritt in der Ausbildung der beiden den Embryo zusammensetzenden Theile, des Cyathozoids und der Ascidiozoide, zeigt das Stadium G (Fig G). Das Ei hat eine länglich-ovale Gestalt angenommen und ist an einem Pol, dem frühern Bildungspol, zugespitzt, an dem entgegengesetzten abgerundet. Die Cloacalöffnung ist bedeutend erweitert und führt nun in eine geräumige Einstülpung hinein, die trichterförmig nach innen vorragt (Vh) und mit einer scheibenförmigen Erweiterung abschliesst (Clh). Die letztere liegt der Darmhöhlenwand (Dmh) dicht an und steht mit der Darmhöhle in offner Verbindung. Die Gestalt der Darm- höhle ist ebenfalls bedeutend verändert; sie ist trichterförmig geworden und ihre frühere axiale Stellung in eine schräge verwandelt. Nach hinten breitet sich die Darmhöhle aus und umfasst den oben erwähnten basalen Theil der cloacalen Einstülpung; nach vorn wird sie bedeutend verengert und setzt sich schliesslich in Form eines Rohrs in das proximale Ascidiozoid fort. Dieser Lageveränderung des Darmcanals folgt auch das Nervenganglion nach, welches bereits in den frühern Stadien mit der Darmhöhlenwand verwachsen ist und jetzt ebenfalls seine axiale Stellung in eine schräge umgeändert hat. Der hintere Theil des Nervenganglions (N) hat sich in die Flimmergrube ver- wandelt, die vordern Ränder derselben ziehen sich seitwärts aus und bilden die Anlagen der beiden Seitennerven, welche weiter unten näher besprochen werden sollen (Sn). Die Pericardialhöhle ist bedeutend ausgewachsen und ziemlich scharf, trotz der Dünnbeit ihrer Wände, selbst auf gefärbten und aufgehellten Präparaten zu erkennen. In Folge des Wachsthums des Cyathozoids ist die Ascidiozoidenkette weiter nach hinten gerückt und etwas gekrümmt. Die Einzelheiten Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen, 5 des anatomischen Baues lassen sich nur an den herauspräparirten As- cidiozoiden untersuchen. Die Ascidiozoide trennen sich von einander durch tiefe Einschnürungen ab und bieten etwa folgende Bauverhält- nisse dar (Fig. G, A). Dicht unter der Haut und zwischen der letz- tern und dem Darmcanal liegen die beiden Peribranchialröhren, welche sich inzwischen in geräumige Blasen verwandelt haben (Pch) und in Folge ihrer Ausbreitung dünnwandig geworden sind. Sie liegen der Darmhöhle dicht an. In der Darmhöhle sind drei Abtheilungen zu unterscheiden: eine mittlere und die beiden seitlichen; die erstere, welche durch die obere und durch die untere Wand der Darmhöhle dargestellt ist, enthält auf der obern Wand die Endostylfalte, während die untere die Anlage des Darmcanals liefert; die beiden seitlichen, durch die Seitenwände der Darmhöhle repräsentirten Theile liegen den Peribranchialblasen dicht an und stellen die Kiementheile der primitiven Darmhöhle dar. Die Bildung der Kiemenspalten fängt schon jetzt an (Fig. G, A). Die Anlagen dieser Organe erscheinen in Form von paarigen Ausstülpungen der seitlichen Darmhöhlenwände (Ks), die weiter unten näher besprochen werden. Zunächst tritt in jedem Ascidiozoid nur ein Paar dieser Ausstülpungen auf, und zwar jist dieses erste Paar das vorderste, wie aus der beigefiigten Figur er- sichtlich ist. Daraus können wir schliessen, dass die Bildung der Kiemenöffnungen von vorn nach hinten erfolgt. In der That konnte ich in einem unmittelbar folgenden Stadium bereits zwei hinter ein- ander liegende Ausstülpungen der Darmwand beobachten, welche sich später zu den beiden vordersten Kiemenspalten herausbilden. Das Nervensystem und die Anlage der Pericardialblase sind von aussen nur sehr undeutlich zu unterscheiden und sollen deswegen hier nicht besprochen werden. Zum Schluss der Betrachtung dieses Stadiums - muss ich noch die am hintern Theil des Ascidiozoids paarig auftretenden Zellenhaufen erwähnen, welche die Anlagen des Eläoblasts (Fig. G, A, El) darstellen. Dieselben haben ihren Platz unmittelbar hinter den beiden Peribranchialröhren und bestehen aus rundlichen Zellen. Endlich sei noch die Ausstülpung erwähnt, welche am hintern Rande des distalen Ascidiozoids auftritt und als eine Aussackung der Darmwand und der äussern Körperbedeckungen erscheint. Sie ist schon in den frühern Stadien vorhanden und stellt wahrscheinlich die Anlage des Rohres dar, welches später, während der ringförmigen Anordnung der Asci- diozoide, das distale Ascidiozoid mit dem proximalen verbindet. Stadium H (Fig. H, Taf. 1). Dieses Stadium zeichnet sich vor dem vorhergehenden durch das Wachsthum des Cyathozoids aus. 6 W. SALENSKY, Das letztere ragt in Form eines conischen Hügels nach Aussen vor. Was den Entwicklungszustand der innern Organisation des Embryos anbetrifft, so ist als charakteristisch für dieses Stadium 1) das An- wachsen der beiden Seitennervenanlagen im Cyathozoid und 2) das Auftreten der Anlage für die zweite Kiemenspalte in den Ascidio- zoiden hervorzuheben. Ferner sind alle im früheren Stadium erwähnten Organanlagen gewachsen. Stadium J. Die nächste Folge des fortschreitenden Wachsthums des Cyathozoids äussert sich in der Verschiebung der Ascidiozoiden- kette nach hinten. Dieselbe ist ganz natürlich, wenn wir bedenken, dass der Stolo resp. die Ascidiozoidenkette am Rande des Cyathozoids seinen Ursprung nimmt, und dass die Ausbreitung der Keimscheibe auf der Dotterfläche die Verschiebung der Ascidiozoidenkette hervorrufen muss. Wir haben ausserdem schon in den frühern Stadien gesehen, dass die Ascidiozoidenkette von ihrer ursprünglichen Längsrichtung nach links ablenkt. Im Stadium J nimmt sie schon eine äquatoriale Richtung an und ist zur Längsaxe des Embryos senkrecht gestellt. Als cha- rakteristische Merkmale des in Rede stehenden Stadiums sind folgende architektonische Verhältnisse des Embryos zu erwähnen. Der Embryo ist ovoid und besteht aus zwei ziemlich gleichen Theilen, einem Cya- thozoid und einer Dotterblase; an der Grenze zwischen den beiden Theilen liegt die Ascidiozoidenkette, welche in äquatorialer Richtung den Embryo umgürtet. Das Cyathozoid ist blasenförmig aufgetrieben, was offenbar durch die Ansammlung einer hellen durchsichtigen Flüssig- keit im Innern desselben bedingt ist. Am obern Pole des Cyathozoids befindet sich eine bedeutend erweiterte Cloacalöffnung, welche in die geräumige Cloacaleinstülpung führt. Diese ist mit der primitiven Darmhöhle verbunden, deren Bau und Form sehr wenig ver- ändert erscheint. Das Ectoderm besteht aus dicht gedrängten Zellen, welche in der Nähe der Cloacalöffnung ziemlich hoch und cylindrisch sind, nach dem Rande des Cyathozoids sich abplatten. In diesem Stadium ist das Cyathozoid schon von einer dicken Celluloseschicht bedeckt. Die ersten Spuren dieser Schicht treten schon im Stadium G um die Cloacalöffnung auf, wo der Cellulosemantel als eine ziemlich dünne Schicht erscheint; später geht er von dort aus in die Cloacal- einstülpung über. Die Nervenanlage schnürt sich durch eine seichte Querfurche in zwei Abtheilungen, eine vordere und eine hintere (N und Ægr), ab, von denen die letztere die bereits früher erwähnte Flimmer- grube, die erstere das Nervenganglion darstellt. Was endlich die Dotterblase anbetrifft, so sind an ihr, abgesehen von der Verminderung ihrer Dimensionen, keine andern Veränderungen wahrzunehmen. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 7 Der Bau der Ascidiozoide ist durch das Vorkommen von vier Kiemenspalten (Ksp) charakterisirt. Die letztern stellen schräg zur Längsaxe der Ascidiozoide und parallel zu einander angeordnete spaltförmige Oeffnungen dar. Von allen übrigen Organen, die in diesem Stadium weiter entwickelt sind, ist der Darmcanal und die Ingestions- öffnung (Ing) hervorzuheben. Der Darmcanal, welcher viel früher angelegt ist, erscheint nun in Form eines gekriimmten Rohres, welches auf einem Ende durch die Mundöffnung mit dem medianen Theil der primitiven Darmhöhle in Verbindung steht, auf dem entgegengesetzten noch blind geschlossen ist. Die Ingestionsöffnung erscheint in Form einer kleinen Ectodermeinstülpung, die noch nicht in Verbindung mit der Darmhöhle steht. Stadium K (Fig. K, Taf. 1) ist nach der äussern Form des Embryos dem vorhergehenden sehr ähnlich, unterscheidet sich aber von dem letztern durch den Ausbildungsgrad der Ascidiozoide, welche mehr ausgewachsen sind, und durch die grössere Zahl der Kiemen- spalten, deren Zahl sechs beträgt. Ich füge dieses Stadium nur des- wegen bei, weil ich bei der Betrachtung der Entwicklung der innern Organe mehrmals auf dasselbe zu verweisen habe. Stadium L (Fig. L, Taf. 1). Bei der allmählichen Ausbreitung des Cyathozoids auf der Oberfläche des Dotters rückt der letztere ganz passiv und allmählich aus der Dotterblase in die Höhle des Cyathozoids hinein, und die Dotterblase wird in Folge dessen immer kleiner und kleiner, bis sie endlich im Stadium L vollkommen ver- schwindet. Die Abwesenheit der Dotterblase kann zur Charakteristik des eben in Rede stehenden Stadiums dienen. In Folge der Ab- nahme der Dotterblase gelangt die halbringförmig angeordnete Ascidio- zoidenkette an das der Cloacalgegend entgegengesetzten Ende und, da der Embryo hier viel enger als in der Mitte ist, so schliesst sich die Ascidiozoidenkette um das erwähnte Ende ringförmig zusammen. Der grössere Theil des Embryos ist von dem ungeheuer entwickelten Cya- thozoid eingenommen. Die im Allgemeinen gewachsenen Ascidio- zoide ändern ihre gegenseitige Lage insofern, als sie nun nicht mehr in einer Linie hinter einander angeordnet sind, sondern jedes für sich der Längsaxe des Cyathozoids parallel sich zu stellen streben, doch erreichen sie diese Lage noch nicht. Dieses Stadium schliesst die Periode der progressiven Entwicklung des Cyathozoids ab. Nachdem der ganze Dotter in die Höhle des Cyathozoids übergegangen und die Dotterblase verschwunden ist, fängt die regressive Metamorphose des Cyathozoids an, welche während der 8 W. SALENSKY, ganzen Reihe der folgenden Stadien vor sich geht und endlich zu einem gänzlichen Verschwinden desselben führt. Stadium M (Fig. M, Taf. 2). Der Cyathozoid und die Asci- diozoide sind gleich gross. Die Cloacalôffnung ist ungemein ausge- breitet, nimmt die ganze freie Fläche des Cyathozoids ein, und in Folge dessen hat das Cyathozoid eine glockenförmige Gestalt ange- nommen. Die Topographie der Organe sowie auch deren Entwicklung ist wenig verändert. Der hintere Theil des Cyathozoids, welcher zwischen den Ascidiozoiden liegt, ist mit Dotter erfüllt. Die Ascidio- zoide sind gross und vollkommen durchsichtig, so dass sie selbst an unaufgehellten Präparaten ein ausgezeichnetes Object für das Studium ihres anatomischen Baues bilden. Die Zahl der Kiemenöffnungen gleicht bei denselben beinahe derjenigen des fertigen Individuums (9). Der Darmcanal hat sich im Oesophagus, Magen und Darm differenzirt, deren Form und Structur wir weiter unten betrachten werden. Sehr bemerkenswerth für dieses Stadium ist die Lageänderung des Endo- styls. Während dasselbe in allen vorhergehenden Stadien auf der obern Seite des Ascidiozoids in einer und derselben Ebene mit dem Nervenganglion lag, ist es nun, in Folge der weitern Differenzirung der unmittelbar hinter dem Nervenganglion liegenden obern Wand der Darmhöhle, nach hinten geschoben und nicht mehr der Längsaxe des Ascidiozoids parallel, sondern senkrecht zu derselben gestellt (Endf). Stadium N (Fig. N, Taf. 2). Die Ascidiozoide übertreffen an Grösse das Cyathozoid, sind der Längsaxe des Cyathozoids parallel angeordnet und begrenzen den Raum, in welchen der grösste Theil des Cyathozoids eingeschlossen ist. Was den innern Bau des Cyatho- zoids anbetrifft, so ist vorerst eine Verengerung der Cloacalöffnung zu verzeichnen. Die innere Organisation des Cyathozoids lässt sich von nun ab nur auf den Schnitten untersuchen. Die Ascidiozoide bieten, abgesehen von dem früher erwähnten Wachsthum, keine her- vorragende Erscheinung dar. Sie sind beinahe vollkommen ausge- bildet. Stadium O (Fig. O, Taf.2). Das Cyathozoid hat sich in einen kleinen ovalen Körper verwandelt, welcher gänzlich zwischen den Ascidiozoiden verborgen ist. Obgleich man auf Schnitten noch alle Organe des Cyatho- zoids unterscheiden kann, sind sie doch so verkümmert und zusammen- gedrängt, dass ihre Function mit vollem Rechte in Zweifel gezogen werden darf. Ich muss besonders hervorheben, dass das Cyathozoid ‘n diesem Zustande die Cloacalöffnung entbehrt und eine ganz ge- -sene, mit Dotter erfüllte Blase darstellt. Von den meisten meiner Beiträge zur Embryonalentwickluug der Pyrosomen. 9 Vorgänger wurde angegeben, dass das Cyathozoid sich schliesslich in die gemeinschaftliche Cloacalhöhle und seine Cloacalöffnung in die der ersten Ascidiozoidencolonie verwandle. Der eben beschriebene Bau des Cyathozoids und die Abwesenheit der Clocalöffnung in demselben schliesst die Möglichkeit einer solchen Verwandlung vollständig aus. Zum Schluss der vorliegenden Beschreibung der äussern Ent- wicklungsvorgänge des Embryos will ich hier noch einige Bemer- kungen zur Orientirung in der Topographie der in Entwicklung be- griffenen Embryonen im Vergleich mit der des ausgewachsenen Asci- diozoids hinzufügen. Zur Erläuterung des Textes können die drei Fig. 1. Fig. II. D TS NM ‘ ois BA Dorin = Schema der drei Entwicklungsstadien des Ascidiozoids. Fig. 1. Junges Entwicklungsstadium des Ascidiozoids (Stad. D—K). Fig. 2. Aelteres Entwicklungsstadium des Ascidiozoids (Stad. L—O). Fig. 3. Ausgebildetes Ascidiozoid, V vorderer, H hinterer Körpertheil; NZ neurale, Hm hämale Körperseite; N Ner- venganglion; End Endostyl; Dm Darm- canal; X Kieme; La Längsaxe; Qx Quer- axe des Körpers. nebenstehenden Holzschnitte dienen (Fig. I, II, III). Bekanntlich sind die Ascidiozoide einer ausgebildeten Pyrosomacolonie so gestellt, dass sie 10 W. SALENSKY, sich mit ihren Cloacaléffnungen nach der gemeinschaftlichen Cloacal- höhle wenden und in dieselbe einmünden, während die entgegenge- setzten Ingestionsöffnungen sich auf der freien Oberfläche der Colonie befinden. Die Axe des Ascidiozoidenleibes, welche diese beiden Oeft- nungen verbindet, stellt die Haupt- resp. Längsaxe des Körpers dar. Die Ingestionsöffnung bezeichnet den vordern Theil des Ascidiozoiden- leibes, die Cloacalöffnung den hintern. Rechts und links unterscheidet man leicht; sie liegen zu beiden Seiten der durch das Endostyl, das Nervenganglion und die Hauptaxe geführten Schnittebene, welche als Sagittalebene bezeichnet werden soll. Die zu dieser Ebene senkrecht gestellte und ebenfalls durch die Hauptaxe hindurchgeführte Schnitt- ebene theilt den Ascidiozoidenleib in zwei Theile, von denen einer durch die Anwesenheit des Nervenganglions, der andere durch die des Endostyls, des Pericardiums u. s. w. charakterisirt werden kann. Der erste ist als neurale, der zweite als hämale Gegend zu bezeichnen (Fig. 3, Nl, Hm). | Wenden wir uns mit diesem Orientirungsplan zu dem in der Ent- wicklung begriftenen Ascidiozoid, so treffen wir auch dort dieselben Axenverhältnisse wie bei dem ausgebildeten Ascidiozoid, mit dem Unterschiede aber, dass in Folge der starken Verkürzung der Längs- axe und der dadurch bedingten Abplattung des Körpers die oben an- genommenen Regionen nicht so scharf von einander geschieden sind. Daraus entsteht natürlich leicht eine Verwechslung der Körperseiten, welche für die allgemeine Vorstellung von den embryologischen Vor- gängen recht störend werden kann. Deswegen müssen wir zuvor in Bezug auf die Benennung verschiedener Theile der in der Entwicklung begriffenen Ascidiozoiden übereinkommen. Die Organe, welche beim ausgebildeten Ascidiozoid in zwei entgegengesetzten Körperregionen liegen, wie das Nervenganglion und das Endostyl, befinden sich in den jungen Ascidiozoiden (Stadium D—K) in einer und derselben Ebene, so dass die hämale und die neurale Körperseite in diesem Stadium denjenigen des ausgebildeten Ascidiozoids nicht entsprechen (vergl. Fig. I u. III). In Folge der abgeplatteten Form in den jungen Stadien (Stadium D—L) correspondiren die Längs- und die Queraxe desselben mit der entsprechenden Axe des ausgebildeten Ascidiozoids nicht mehr. Vielmehr entspricht die Längsaxe des in Bildung begriffenen Ascidiozoids der Queraxe der ausgebildeten und umgekehrt. Bei der Beschreibung der Keimscheibe habe ich als vordern Theil derselben denjenigen bezeichnet, welcher das Nervenganglion enthält, als hintern natürlich den entgegengesetzten, Dieselbe Nomenclatur Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 11 werde ich auch bei der Beschreibung der Ascidiozoide beibehalten. Ausserdem werde ich als Oben die freie Fläche des Ascidiozoids, als Unten die dem Dotter anliegende bezeichnen. Da aber diese Bezeich- nung den Körperregionen der ausgebildeten Ascidiozoide nicht voll- kommen entspricht, so gebe ich hier ausser den angefügten Holz- schnitten eine Orientirungstabelle, auf der die correspondirenden Theile des Embryos und des ausgebildeten Ascidiozoids zusammengestellt sind. Ausgebildetes Ascidiozoid Embryo Vorher il. nn MU oben Binden, ya - 5-4 len neural -... . .. .. der vordere Theil von der Inse- stionsöffnung bis zu dem ihm ent- gegengesetzten Theil d. unt. Fläche hamal . . . . . . der hintere Theil von der Inge- stionsöffnung bis zu dem ihr ent- gegengesetzten Theil d. unt. Fläche. Rechts und Links des Embryos entsprechen denjenigen des aus- gebildeten Ascidiozoids. 2. Eetodermderivate. 1. Aeussere Körperbedeckungen. Die Structur der äussern Körperbedeckungen ist sehr einfach. Ueberall, beim Cyathozoid wie bei den Ascidiozoiden, bestehen dieselben aus einer Epithelschicht, deren Zellen an manchen Stellen dicker, an andern dünner sind. Das Ectoderm scheidet bei den Pyrosomen eine für alle Tunicaten charakteristische Celluloseschicht ab, welche bei den Embryonen von Pyrosoma eine ungeheure Mächtigkeit erlangt. Die Bildung des Cellulosemantels ist einer der hervorragendsten Entwick- lungsvorgänge des Ectoderms; damit werden wir uns hauptsächlich beschäftigen. Die Bildung des Cellulosemantels beginnt schon zu der Zeit, wo der Embryo noch eine mächtig entwickelte Dotterblase besitzt. Die aus den Follikelzellen bestehende Wand der Dotterblase nimmt an der Entwicklung der Celluloseschicht keinen Antheil; der ganze Cellulose- mantel ist ausschliesslich als Product der Thätigkeit des Ectoderms des Cyathozoids zu betrachten. Die Grenze der Celluloseschicht fällt also mit der Grenze des Cyathozoids zusammen, und auf Längs- schichten kann man leicht nach der Ausbreitung des Cellulosemantels die Dotterblase von dem Cyathozoid unterscheiden. Noch lange bevor der Cellulosemantel in Form einer continuir- lichen Schicht um das Cyathozoid auftritt, kann man schon auf der 19 W. SALENSKY, Oberfläche des Embryos wichtige Erscheinungen beobachten, die als Vorbereitungen zur Bildung des Mantels betrachtet werden müssen. Durchmustert man eine Reihe von Schnitten aus der der Cloacal- öffnung benachbarten Gegend des Cyathozoids im Stadium G, so trifft man daselbst folgende interessante Erscheinungen (Fig. 30). Wie man auf der beigefügten Figur sieht, besteht das Ectoderm des Cyathozoids aus cubischen, mit grossen Kernen versehenen Zellen und ist von aussen durch die aus sehr abgeplatteten Zellen bestehende Follikel- wand bedeckt. An manchen Stellen hebt dieses die Follikelwand vom Ectoderm ab, es bilden sich in Folge dessen zwischen den beiden er- wähnten Schichten grössere oder kleinere Räume, in welchen man eine ziemlich bedeutende Anzahl von verschieden gestalteten Zellen an- trifft. Dieselben bilden keine continuirliche Schicht, sondern sind gruppenweise angeordnet (Fig. 30, Msz) oder zerstreut. Was den Ur- sprung dieser Zellen anbetrifft, so liegt zunächst die Vermuthung nahe, es seien diese Zellen Ectodermzellen, welche aus dem Verband mit den benachbarten Zellen ausgetreten sind. Betrachtet man aber die Structur der Ectodermzellen näher, so findet man daselbst keine An- deutungen von Theilungsvorgängen, und wir müssen deshalb annehmen, dass die in Rede stehenden Zellen keine Theilungsproducte der Ecto- dermzellen darstellen. Die Ectodermzellen könnten jedoch aus der Ectodermschicht auswandern, ohne sich vorher zu theilen, und solche Fälle sind bei einigen Ascidien von DELLA VALLE erwähnt!). DELLA VALLE hat nämlich das Austreten von Ectodermzellen aus der Ecto- dermschicht bei Ascidien beobachtet und behauptet die Verwandlung derselben in die Zellen des Cellulosemantels. Ich kann eine solche Auswanderung auch für die Pyrosomen gelten lassen, muss aber anneh- men, dass der grösste Theil der ausserhalb des Cyathozoids liegenden Zellen von ausgewanderten Mesenchymzellen stammt. Wir haben schon oben gesehen (s. das 2. Capitel), dass in Folge des Zerfalls des linken Mesodermschlauches eine grosse Anzahl Zellen sich bilden, die Anfangs ausserhalb der Keimscheibe in der sogen. Zellenzone sich ansammeln, später in die zwischen Ecto- und Endoderm liegende primitive Leibes- höhle einwandern. Dieselben kommen nun unter dem Ectoderm in grossen Scharen vor und bilden das Hauptcontingent für die ausser- halb des Embryos erscheinenden Zellen. Die Form der in der Leibes- höhle liegenden Zellen ist sehr verschieden: die meisten von ihnen erscheinen, wenigstens auf Schnitten, abgerundet, einige sind jedoch 1) Deuva Varze, Nuove contribuz. alla storia natur. delle Ascidie composte, in: Mem, dell’ Accad, dei Lincei (Ser. 3) Vol. 10, p. 21. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomén, 13 mit Pseudopodien versehen, was auf ihre Bewegungsfähigkeit hinweist (Fig. 30 A). Die Zellen besitzen ein feingranulirtes Protoplasma und einen Kern, der sehr verschieden gestaltet erscheint. In einigen Zellen sind die Kerne rund und nicht von denjenigen der Ectodermzellen zu unterscheiden, in andern erscheinen sie jedoch stark modificirt, wulst- förmig, vier- oder fünfeckig und zeichnen sich vor den übrigen Kernen durch ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen aus. Diese Kerne treten auf Schnitten so deutlich hervor, dass man die Zellen, denen sie an- gehören, sogleich von andern unterscheidet. Wenn diese Zellen aus- wandern, so kann man sie leicht zwischen den Zellen des Ectoderms erkennen, und dadurch wird die Entscheidung der oben aufgestellten Frage über die Natur der ausserhalb des Embryos liegenden Zellen bedeutend erleichtert. In der That findet man in manchen Stellen des auf Fig. 31 abgebildeten Schnittes solche Zellen, die theilweise unter dem Ectoderm, theilweise im Innern oder ausserhalb desselben in dem früher erwähnten Raume auftreten. Auf der rechten Seite des Präparats findet man nämlich zwei solche Zellen unter der Fläche des Ectoderms (a u. b), etwas weiter nach links liegt eine solche Zelle in eine Vertiefung zwischen zwei Ectodermzellen eingekeilt und bei- nahe aus der Ectodermschicht ausgetreten (c), eine ähnliche Zelle be- findet sich am linken Rande des Schnittes (f), die Zelle d liegt noch mit ihrem ganzen Körper im Niveau der übrigen Entodermzellen, eine andere Zelle (g) ist nur mit ihrem vordern Theile in der Ectoderm- schicht verborgen, der untere Theil ist noch nicht aus der Leibeshöhle ausgetreten; wir treffen endlich die Zellen e, welche schon ganz in den Raum zwischen dem Ectoderm und der Follikelhaut ausgewandert sind. Das Verhalten aller hier beschriebenen Zellen weist darauf hin, dass wir es hier mit einer Auswanderung von Mesenchymzellen zu thun haben, und dass die grössere Zahl der im erwähnten Raume — welchen wir als Celluloseraum bezeichnen können — vorkommenden Zellen ausgewanderte Mesenchymzellen sind. Der Raum, in welchen sie gelangen und welcher der spätern Celluloseschicht entspricht, ist jetzt allem Anschein nach mit heller Flüssigkeit erfüllt; dass daselbst noch keine feste Cellulosesubstanz vorhanden ist, glaube ich wohl und zwar aus folgenden Gründen: erstens, weil an manchen Stellen der Oberfläche des Cyathozoids das Ectoderm der Follikelhülle dicht an- liegt und also die Follikelhülle gefaltet ist, was nicht der Fall sein könnte, wenn zwischen der letztern und dem Ectoderm eine feste Substanz ausgeschieden wäre; zweitens, weil mit der Ausscheidung der Cellulosesubstanz die äussern Körperbedeckungen eine gewisse Festig- 14 W. SALENSKY, keit gewinnen, welche in dem in Rede stehenden Stadium nicht nach- gewiesen werden kann, da die Ectodermschicht an manchen Stellen sich in Falten legt. Die Durchmusterung der eben beschriebenen Schnitte aus dem Stadium G führt uns jedenfalls zu dem Schluss, dass das erste Mo- ment bei der Bildung des Cellulosemantels in der Auswanderung der Mesenchymzellen besteht, und da diese Zellen sich in die später in der Celluloseschicht vorkommenden beweglichen Zellen verwandeln, so muss man annehmen, dass die zuerst im Cellulosemantel auftretenden Zellen die frei beweglichen Zellen sind. Erst nach dem Auftreten der letztern fängt die Cellulosesubstanz an, sich zu bilden. Voll- kommen ähnliche Entwicklungsverhältnisse hat in der letzten Zeit KOowALEWSKY!) bei den Ascidien gefunden; er beschreibt in einer vorläufigen Mittheilung die Auswanderung der Mesenchymzellen, giebt aber nicht an, ob zu dieser Zeit die Cellulosesubstanz schon ausge- schieden ist oder nicht. Nachdem die Auswanderung der Mesenchymzellen ihre höchste Stufe erreicht hat, fängt die Ausscheidung der Cellulosesubstanz an. Dieselbe tritt in Form einer ziemlich gleichmässigen Schicht zwischen der Ectodermfläche und der Follikelwand auf und erreicht schon in dem Stadium J und K eine bedeutende Dicke. Der Ausscheidungs- process ist mit einer Lageveränderung der Mesenchymzellen verbun- den, welche ein eigenthümliches, schon von frühern Beobachtern be- schriebenes Aussehen der äusseren Oberfläche des Embryos verursacht. Die ganze Oberfläche des Cyathozoids ist nämlich in fünf-, vier- oder sechseckige Felder getheilt (Fig. L), die von regelmässigen Zellen- reihen begrenzt sind. Auf Schnitten überzeugt man sich, dass diese wabenförmig angeordneten Zellenreihen eigentlich Zellenlamellen dar- stellen, welche, senkrecht gestellt, die ganze Dicke der Celluloseschicht durchsetzen und grösstentheils nur aus einer Zellenlage zusammen- gesetzt sind. Die Ursache dieser meines Wissens nur bei den Pyro- somen auftretenden Erscheinung ist in den anatomischen Bauverhält- nissen schwer zu finden; ich kann nur constatiren, dass es die in der Celluloseschicht sich befindenden mesenchymatösen Wanderzellen sind, welche in dieser regelmässigen Weise sich anordnen. Diese Zellen sind abgeplattet und zeichnen sich vor den übrigen derartigen Zellen durch den Mangel der pseudopodienartigen Fortsätze aus (Fig. 31, a). 1) Kowarzwsky, Ueber die Metamorphose der Ascidien und über die Bildung des Cellulosemantels, in: Protocolle der Petersburger Ge- sellschaft der Naturforscher. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 15 Der Bau der Ectodermschicht ist gleichfalls sehr eigenthiimlich. Die Ectodermzellen, welche im Vergleich mit ihrem frühern Zustand etwas abgeplattet erscheinen, ziehen sich in je einen kleinen protoplasma- tischen Fortsatz aus, welcher durch die ganze Dicke der Cellulose- schicht hindurchgeht und auf der Oberflache der letztern mit zuge- spitztem Ende aufhört. Die Fortsätze, die sehr regelmässig’und ein- ander parallel angeordnet sind, theilen die ganze Celluloseschicht in ziemlich gleiche säulenförmige Abschnitte, in denen die oben erwähnten Wanderzellen sich bewegen. Die eben beschriebene Gestalt der Ecto- dermzellen wird offenbar mit der Function dieser Zellen im Zusammen- hang stehen, und da die nächste Aufgabe dieser Zellen in der Aus- scheidung der Celluloseschicht besteht, so müssen die von den Ecto- dermzellen auslaufenden Fortsätze bei der Celluloseabscheidung thätig sein. Die Rolle, welche sie dabei spielen, bezieht sich auf die Ver- grösserung der ausscheidenden Oberfläche der Ectodermzellen. Ich muss jedoch bemerken, dass die Dauer dieser Fortsätze ziemlich be- schränkt ist, indem sie vom Stadium M an nicht mehr zu entdecken sind; sie werden von den Zellen zurückgezogen. In dieser letzten Entwicklungsperiode dürfte die Ausscheidung von der freien Fläche der Ectodermzellen aus erfolgen. Die Ausscheidungsfähigkeit der Ectodermzellen ist bei den Embryonen der Pyrosomen sehr gross und nicht nur die äussere Oberfläche, sondern auch die innere ist im Stande, die mächtige Celluloseschicht zu produciren. Es bildet sich in Folge dessen zwischen dem Ectoderm und dem Entoderm des Cya- thozoids eine dicke Celluloseschicht (Fig. 32, Cel), welche die beiden erwähnten Schichten mit einander verbindet, so dass die Darmhöhlen- wand des Cyathozoids schliesslich auf den Schnitten als ein endothel- artiger Ueberzug der innern Fläche der Celluloseschicht erscheint. Die Ascidiozoide scheiden keine Celluloseschicht selbständig aus. Der Cellulosemantel, von dem sie in den spätern Entwicklungsstadien umhüllt sind, stammt von dem des Cyathozoids ab. Der Umhiillungs- process fängt im Stadium L an. Untersucht man Schnitte aus einem Embryo vom Stadium L, so kann man immer solche finden, in denen das Cyathozoid dem Ascidiozoid anliegt. Dieselben sind die geeig- netsten für das Studium der Bildung des Cellulosemantels, da an diesen der Uebergang des Mantels des Cyathozoids auf den Ascidio- zoidenleib am besten zu beobachten ist. Ein derartiger Schnitt ist auf der Fig. 33 dargestellt. Der Cellulosemantel des Cyathozoids ist stark entwickelt und besteht aus einer dicken, aber nicht gleichmässig entwickelten Schicht von Cellulosesubstanz, die an der Stelle, wo das 16 W. SALENSKY, Ascidiozoid dem Cyathozoid anliegt, etwas dünner als sonst ist. Diese Stelle nun ist die Uebergangsstelle des Cellulosemantels. Die Cellu- loseschicht des Cyathozoids bildet daselbst eine Falte, welche sich gegen das hintere Ende des Ascidiozoids umbiegt und dasselbe um- wächst. In diesem jüngsten Stadium der Entwicklung des Cellulose- mantels der Ascidiozoide trägt nur der hintere Theil (Fig. 33, Cel) derselben die Celluloseschicht, während der mittlere und vordere Theil nackt bleiben. Die Umwachsung der Ascidiozoide geht sehr schnell vor sich, da im Stadium M schon die ganze Colonie vom Cellulosemantel bedeckt ist (Fig. M). Im Einklang mit dieser Ent- wicklungsweise der Celluloseschicht des Ascidiozoids bietet auch das Ectoderm desselben nicht die oben beschriebenen Zellenfortsätze dar, die für das Ectoderm des Cyathozoids in gewissen Entwicklungsstadien so charakteristisch erscheinen. Zusammenfassung. Bei der Bildung des Cellulosemantels der Pyrosomen sind zwei Hauptmomente zu unterscheiden: zuerst findet eine grosse Auswanderung von Mesenchymzellen statt, welch letztere in den Raum zwischen der äussern Oberfläche des Cyathozoids und der Follikel- wand (Celluloseraum) gelangen und die Hauptmasse der später in der Cellulose vorkommenden beweglichen Zellen bilden; ferner tritt in demselben Raum eine Ausscheidung von Cellulosesubstanz auf, an welcher sich ausschliesslich die Ectodermzellen betheiligen. Die Cellu- losesubstanz füllt den Celluloseraum aus, bildet die Zwischensubstanz der Cellulosehülle und schliesst die daselbst sich befindenden Mesen- chymzellen ein. 2. Nervensystem. a) Cyathozoid. Bei meinen Untersuchungen über die Entwicklung des Nerven- systems habe ich sowohl aufgehellte ganze Embryonen wie auch Schnitte benutzt. Für die Untersuchung der äussern Formverände- rungen und der Topographie des peripherischen Nervensystems sind aufgehellte Embryonen unentbehrlich; sie geben die genauesten An- sichten, während die innere Structur der Nervenanlage und die innern Vorgänge derselben ausschliesslich auf Schnitten zu studiren sind. Wir haben die Nervenanlage des Cyathozoids in Form eines blind- geschlossenen Rohres verlassen (s. das 2. Capitel), welches eine genau axiale Stellung einnimmt und mit seinem vordern Ende der Darm- wand dicht anliegt. Nach vorn zu reicht dieselbe bis in die Nähe Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 17 des vordern Randes der Keimscheibe und liegt später der Cloacal- öffnung dicht an. Die Wände der primitiven Nervenblase sind ziem- lich gleichmässig entwickelt; sie bestehen überall aus cylindrischen resp. cubischen Zellen, deren Grösse derjenigen der Ectodermzellen ziemlich gleich ist. Die Nervenanlage behält ihre axiale Stellung nur, so lange die Darmhöhle, mit der sie verbunden ist, diese Lage bewahrt. Mit der Ablenkung der Darınhöhle nach rechts wird auch die Nervenblase nach rechts abgelenkt und dabei auch etwas nach hinten verschoben. In einem solchen Zustande trifft man die Nervenanlage im Sta- dium G (Fig. 34); sie zeigt dabei auch sehr wichtige Bau- resp. Form- veränderungen im Vergleich mit den vorhergehenden Stadien. Sie weist nicht mehr die Form eines geschlossenen Rohres auf, sondern scheidet sich in zwei Abtheilungen, welche die Anlagen der später sich her- ausbildenden Theile des Nervensystems darstellen. Der grösste Theil der Nervenblase behält jedoch seine ursprüngliche Gestalt, tritt aber mit der Darmhöhle in ofiene Verbindung. Die Oeffnung, welche die Communication beider Höhlen vermittelt, liegt am hintern Ende der Nervenblase und entspricht derjenigen Stelle, wo die letztere mit der Darmhöhlenwand schon lange vorher verwachsen war. Der in Rede stehende Theil der Nervenblase erweist sich somit als die Flimmer- grube (Fig. 34, Flgr) und ist wie früher aus cylindrischen Zellen zu- sammengesetzt. Im vordern Theile der primitiven Nervenblase zeigen sich nicht weniger wichtige Veränderungen, die endlich zur Ausbildung des Nervenganglions und des peripherischen Nervensystems führen. Dieser Theil ist sehr angeschwollen und von der Flimmergrube durch eine seichte Furche abgeschnürt. Nach den beiden Seiten zieht sich der vordere Theil der Nervenblase in zwei Fortsätze aus, die, der Darmwand anliegend, sich zur untern Wand der cloacalen Einstülpung begeben und in der Nähe spitz endigen (Fig. 34, Sn). Die Deutung der beiden eben beschriebenen Bildungen der Nervenblase ergiebt sich leicht: der verdickte hintere Theil der Nervenblase wird zum Nerven- ganglion, die beiden seitlichen Fortsätze stellen die Anlagen der bei- den Seitennerven dar. Sie zeichnen sich schon jetzt durch ihre histo- logische Structur vor der Flimmergrube aus, indem sie aus polygonalen, mit glänzenden Kernkörperchen versehenen Zellen bestehen. Die nächsten Entwicklungsvorgänge in der Nervenblase bestehen nur im Auswachsen der bereits erwähnten Theile und bieten des- wegen kein besondres Interesse dar. Ich will mich daher mit der Beschreibung der Norte aus dem Stadium J (Fig. 35) begnügen, Zool. Jahrb. V, Abth, f, Morph, 2 18 W. SALENSKY, von dem ich gute Längsschnitte bekommen habe. Die Grössenverhält- nisse aller Theile der Nervenblase zu einander bleiben jetzt ziemlich unverändert; die Flimmergrube nimmt den grössten Theil der Nerven- blase ein, während das Nervenganglion durch den verhältnissmässig kleinern hintern Theil derselben dargestellt wird. Die Einschnürung, welche zwischen beiden erwähnten Organen schon im vorhergehenden Stadium angedeutet war, ist nun tiefer geworden. Der beigefügte Schnitt (Fig. 35) ist zur Erläuterung der Structurdifferenzen zwischen der Flimmergrube und dem Nervenganglion von besonderm Werth, indem die Eigenthümlichkeiten im Bau der Kerne des letztern hier sehr deutlich hervortreten. Jeder Kern enthält nämlich ein stark licht- brechendes Kernkörperchen (Fig. 35, Ng), und da diese Eigenthüm- lichkeit nur an den Kernen des Nervenganglions auftritt, so muss sie in irgend welcher Weise zu der Function dieses Organs in Beziehung stehen. Die Seitennerven (Fig. 35, Sn) sind bedeutend gewachsen und haben sich weiter differenzirt. Sie bestehen eigentlich nur aus einer Reihe stark in die Länge ausgezogener Zellen, doch bilden sie in der Mitte ihres Verlaufes eine pfriemenförmige Anschwellung, welche als Ganglion angesehen werden muss, und aus einer Gruppe von Nerven- zellen besteht. Distalwärts von der Ganglionanschwellung setzt sich der Seitennerv fort, erreicht schliesslich die entgegengesetzte Wand der Darmhöhle und endigt daselbst mit einer der Darmwand anliegenden Nervenplatte (Fig. 35, Npl), die eine ebenfalls aus mehreren Zellen bestehende Ausbreitung der Nervenspitze darstellt. Während in den eben betrachteten Stadien die Grösse der Flim- mergrube diejenige des Ganglions übertrifft, weisen die beiden Theile der Nervenblase in den weitern Stadien umgekehrte Grössenverhält- nisse auf, indem das Nervenganglion stärker als die Flimmergrube wächst und schon im Stadium L die letztere übertrifft. Es stellt (Fig. 32, Ng) einen verhältnissmässig grossen, birnförmigen Körper dar, der sich einerseits ausbuchtet und mittels eines kurzen Halses mit der Flimmergrube in Verbindung steht. Das Nervenganglion und die Flimmergrube sind nun in die Celluloseschicht eingebettet. Was den Bau des Nervenganglions anbetrifft, so ist derselbe wenig ver- ändert. Die polygonalen Zellen bilden auch jetzt: seinen Hauptbestand- theil; die oben hervorgehobenen Kernkérperghen sind nun nicht mehr zu unterscheiden. Es ist bemerkenswerth, dass es im Ganglion des Cyathozoids niemals zur Ausbildung von Punktsubstanz kommt, welche bei den Ascidiozoiden verhältnissmässig früh auftritt. Dies weist Beiträge zur Embryonalentwieklung der Pyrosomen. 19 offenbar darauf hin, dass dieses Organ im Vergleich mit dem der Ascidiozoiden auf einer niedrigen Entwicklungsstufe steht. Mit dem eben betrachteten Stadium ist die erste Periode der Ent- wicklung des Nervensystems, nämlich die Periode der progressiven Entwicklung, abgeschlossen. Die weitern Entwicklungsvorgänge des- selben bestehen in der Rückbildung, welche Hand in Hand mit der allgemeinen Riickbildung des Cyathozoids vor sich geht. Der Beginn der regressiven Metamorphose des Cyathozoids ist durch die Schliessung der cloacalen Oeffnung desselben bezeichnet. Von nun ab fängt die Umlagerung der Organe des Cyathozoids an. Der Dotter drängt sich immer mehr und mehr nach der cloacalen Seite des Cyathozoids, und da der Umfang des letztern sehr stark und schnell abnimmt, so wird bald die ganze innere Höhle desselben mit Dotter erfüllt. In Folge dessen werden alle früher auf der cloacalen Seite liegenden Organe in den entgegengesetzten Theil des Cyathozoids verschoben. Dieser Um- lagerung folgt auch das Nervensystem, und wir treffen es im Stadium O in Gesellschaft mit den übrigen Organen (Pericardium, Darmcanal) in einen engen Raum eingeschlossen. Alle Organe sind so zusammen- gedrängt, dass man nicht ohne Mühe in ihnen die einzelnen Theile erkennt. Das Nervenganglion (Fig. 36, 37 Ng) besteht jetzt aus ziem- lich veränderten und locker verbundenen Zellen; in der Flimmergrube kann man jedoch eine Höhle deutlich unterscheiden, welche von cylin- drischen Epithelzellen begrenzt ist. Die Verbindung der Flimmer- grube mit der Darmhöhle und mit dem Nervenganglion ist aufgehoben. In einem solchen Zustande befindet sich das Nervensystem bei den zum Ausschlüpfen fertigen Embryonen. Die deutlichen Anzeichen einer regressiven Metamorphose legen die Vermuthung nahe, dass nach dem Ausschlüpfen dieses Organ vollständig zu Grunde geht. b) Ascidiozoid. Die Auffindung der ersten Anlage des Nervensystems bei den Tunicatenknospen ist mit solchen technischen Schwierigkeiten ver- knüpft, dass die Frage nach der Entstehung des Nervensystems bei diesen Thieren zu den schwierigsten in der vergleichenden Embryo- logie gezählt werden muss. Die Ursache davon liegt theilweise in der ausserordentlichen Kleinheit des Objects, resp. des Knospenstocks oder der Knospe, zu der Zeit, wo das Nervensystem in ihm angelegt wird, theilweise in der Schnelligkeit des Verlaufs des Bildungspro- cesses und in dem Vorkommen von Mesenchymzellen, die dem Ecto- derm anliegen und die Deutlichkeit des Bildes bedeutend beeinträch- DH 20 W. SALENSKY, tigen. So tritt z. B. die Anlage des Nervensystems im Keimstock der Salpen schon zu einer Zeit auf, wo derselbe noch die Gestalt eines dem hintern Theil des Embryos aufsitzenden hügelförmigen Zapfens besitzt. Eine solche Form ist für die Untersuchung des Keimstocks auf Querschnitten sehr ungünstig; ist aber der Keimstock nur um ein weniges gewachsen, so ist das Nervensystem schon ange- legt und tritt bereits in Form einer Blase auf. Bei der Untersuchung der Ascidienknospen begegnet man denselben Schwierigkeiten, die ich aus eigner Erfahrung gut kenne. In dieser technischen Schwierigkeit liegt gewiss die Hauptursache der theilweise widersprechenden und jedenfalls ungenauen Angaben, welche in der Wissenschaft über diese Frage vorhanden sind. Die Anlage der Pyrosomenknospen ist in dieser Beziehung ein viel günstigeres Object als die der übrigen Tunicaten, weil sie band- förmig ist und also die günstigste Form für die Zerlegung in Schnitte bietet. Trotzdem habe ich mich recht abmühen müssen, bis ich in dieser Beziehung zu sichern Resultaten gekommen bin. Die erste Anlage des Nervensystems habe ich im Stadium F an- getroffen. Betrachtet man eine Reihe von Schnitten aus dem Knospen- stock vom Stadium F, so findet man daselbst folgende Bauverhältnisse, welche durch die Figg. 38, 33 A—D erläutert sind. Im axialen Theil des vordersten Schnitts (Fig. 38) trifft man eine kleine ectodermale Einstülpung an, welche genau über dem axialen Theil des Endostyls liegt. Dieselbe besteht aus cylindrischen Zellen, die den übrigen Ecto- dermzellen ziemlich ähnlich sind und nur mehr zusammengedrängt er- scheinen, was freilich auf die starke Proliferation dieser Zellen hin- weist. Diese Einstülpung stellt den vordersten Theil der Anlage des Nervensystems dar. Auf dem unmittelbar nach hinten folgenden Schnitt (Fig. 38 A) ist die Einstülpung nicht mehr zu bemerken, son- dern an Stelle derselben tritt eine Ectodermverdickung auf (Ng), welche aus nur fünf, verschieden gestalteten Zellen besteht. Diese Verdickung, welche auch auf dem nächstfolgendem Schnitt (Fig. 38 B, Ng) leicht kenntlich ist, steht mit dem Ectoderm in innigstem Zu- sammenhang und ist von diesem letztern noch gar nicht gesondert. Die Abtrennung des Ectoderms von der Nervenanlage kommt erst in den darauf folgenden Schnitten (Fig. 38 C u. D) zu Stande, wo die Nervenanlage auch viel dicker erscheint und aus einer grössern An- zahl von Zellen besteht. Die Zellen der Nervenanlage sind meistens cylindrisch oder polygonal und an ihren freien Flächen abgerundet. Ihre Kerne enthalten manchmal deutliche Chromatinschleifen, manche Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Oil. sind mit Chromatinnetzen und mit glänzenden Kernkörperchen ver- sehen. Von unten liegen der Nervenanlage mehrere Mesenchymzellen (Mz) an, welche überhaupt in der Höhle des Endostyls schon jetzt in grosser Anzahl anzutreften sind. Bei Vergleichung der eben beschrie- benen Schnitte ergiebt sich, dass die Nervenanlage eine stark ver- dickte Ectodermeinstülpung darstellt, deren Boden ungemein ausge- wachsen ist, deren Oeffnung aber ausserordentlich verkümmert er- scheint. Die Untersuchung von Längsschnitten (Fig. 39, 39 A) aus dem- selben Stadium ist für die Controlle der eben erörterten Entwicklungs- verhältnisse von besonderm Werth, da man durch sie einen viel ge- nauern Einblick in die Dimensionen der Nervenanlage und in das - Verhältniss derselben zur Grösse des Ascidiozoids gewinnt. Im Längs- schnitt Fig. 39 sind nun die Nervenanlagen von zwei Ascidiozoiden getroffen. Sie erscheinen in Form eines ziemlich grossen, den ganzen vordern und mittlern Theil des Ascidiozoids einnehmenden soliden Körpers, welcher neuralwärts noch mit dem Ectoderm verwachsen ist. Im hintern Abschnitt derselben erkennt man noch eine kleine Vertiefung des Ectoderms, welche der eben besprochenen Nervengrube (Fig. 38 Nr) vollkommen entspricht und den Neuroporus darstellt. Der übrige Theil der Nervenanlage stellt einen soliden, aus polygonalen Zellen bestehenden Zapfen dar, welcher unmittelbar unter dem Ectoderm liegt und in seinem Bau die schon bei Betrachtung der Quer- schnitte erörterten Verhältnisse zeigt. Die nächsten Entwicklungsvorgänge in der Nervenanlage bestehen in der Aushöhlung derselben und in der Verwandlung in eine blind- geschlossene Blase. Fig. 40 u. 41, 41 A stellen Längs- resp. Quer- schnitte durch den Knospenstock aus dem Stadium F—G dar, in welchem die Nervenanlage bereits die eben erwähnte blasenförmige Gestalt erlangt hat. Man überzeugt sich an den Querschnitten davon, dass die Nervenblase ein cylindrisches, an beiden Enden geschlossenes Rohr darstellt, welches durch sein vorderes Ende noch mit dem Ecto- derm verbunden ist (Fig. 41 A, Ng). Die Wände der Nervenblase be- stehen aus cubischen Zellen; die Höhle derselben ist sehr klein und oval (Fig. 40, 41, 41 A, Nh). Die Nervenblase liegt der untern Fläche des Ectoderms dicht an und ist auf allen Seiten von Mesenchym- zellen umgeben, welche die Deutlichkeit des Bildes selbst auf den feinen Querschnitten nicht unbedeutend beeinträchtigen. Mit ihrer untern Fläche ragt die Nervenblase in den Blutsinus herein und ist wie bis- her vom Blutstrom beständig umspült. bo 2 W. SALENSKY, Die Entwicklung der Nervenanlage weist während des Stadiums G keine hervorragenden Erscheinungen auf und besteht .ausschliesslich in einem Wachsthum, wobei die äussere Form und der Bau der Nerven- blase ziemlich unverändert bleiben. Erst vom Stadium H angefangen treten in der Nervenanlage wichtige Entwicklungsvorgänge auf, welche zur Differenzirung der beiden aus ihr hervorgehenden Theile, des - Nervenganglions und der Flimmergrube, führen. Die Nervenblase liegt im Stadium H (Fig. 42, Ng) in einer weiten Einstülpung der Darm- wand, die sich nach hinten zu einem Rohr schliesst und einen wich- tigen Theil des embryonalen Circulationsapparats darstellt, von dem noch unten die Rede sein wird. Die äussere Form der Nervenblase passt sich derjenigen der erwähnten Einstülpung vollkommen an, sie bekommt die Gestalt eines Dreiecks, dessen Basis neuralwärts, dessen Spitze hämalwärts gerichtet ist. In ihrem basalen Theile zieht sich die Nervenblase in zwei röhrenförmige Fortsätze aus (Fig. 43, Sn), die zu beiden Seiten der Darmhöhle verlaufen, sich nach unten biegen und die Darmhöhle umfassen. Es sind die beiden Anlagen der später zur Ausbildung kommenden Seitennerven, welche auf diesem Stadium noch eine Höhle besitzen, später aber dieselbe verlieren und sich in solide Stränge verwandeln. Das Vorkommen dieser röhrenförmigen Fortsätze des Ganglions ist nicht nur für den Embryo, sondern auch für die Knospen der Pyrosomen charakteristisch, wie man aus den Untersuchungen von SEELIGER an den Pyrosomenknospen leicht ersehen kann. Auf sagittalen Schnitten durch die seitlichen Theile der Nerven- blase hat diese letztere eine birnförmige Gestalt (Fig. 44, Ng), wobei auch der Nerv der entsprechenden Seite in seiner ganzen Länge durch- schnitten ist und sich als ein Rohr erweist, dessen Wände aus Epithel- zellen bestehen und in ihrem Bau denjenigen des Nervenganglions voll- ständig gleichen (Sn). Auf Querschnitten kann man die Seitennerven nach unten verfolgen und sich überzeugen, dass sie unterhalb der Darmhöhle zusammentreffen und die Darmhöhle umfassen. Gleichzeitig mit der eben hervorgehobenen Differenzirung der Form der Nervenblase gehen auch wichtige histologische Veränderungen in der Wand der Nervenblase vor sich. Dieselben bestehen in der Ver- dickung der obern Wand der Nervenblase (Fig. 45, Nvd), welche hauptsächlich durch das Wachsthum der Epithelzellen derselben be- dingt ist. Der grösste Theil der Wand der Nervenblase besteht aus einer Schicht cylindrischer Zellen; doch sind schon stellenweise zwei Schichten vorhanden. Die Verdickung der Nervenblase ist als ein sehr wichtiges Moment in der Eñtwicklung des Nervensystems zu be- Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 23 trachten, da sie das erste Zeichen der Differenzirung des Nerven- ganglions bildet. Im Stadium H beschränkt dieselbe sich nur auf den mittlern Theil der Nervenblase, während der erweiterte vordere Theil aus einer Schicht cubischer Zellen besteht. Der nach hinten gerichtete trichterförmige Theil der Nervenblase verwächst mit dem anliegenden Theil der Darmwand, und diese Ver- wachsungsstelle bildet den Punkt, wo später die Flimmergrube in die Darmhöhle durchbricht. Die Oeffnung tritt aber erst im Sta- dium J auf. In der Nervenblase sind auf dem Stadium J die beiden Theile, das Nervenganglion und die Flimmergrube, sehr deutlich von einander gesondert (Fig. 46, Ng u. Flgr). Die Nervenhöhle (Nh) ist noch vor- handen, doch in Folge der ausserordentlichen Verdickung der obern Wand des Nervenganglions stark verengt. Die Flimmergrube (Figr) stellt jetzt nur einen unbedeutenden Theil der Nervenanlage dar, be- steht aus cylindrischen Zellen und mündet durch eine kleine Oeffnung in die Darmhöhle ein. Der viel grössere ganglionäre Theil der pri- mitiven Nervenblase (Ng) ist am meisten verändert, indem die schon auf dem vorhergehenden Stadium hervorgehobene Verdickung der obern Wand derselben jetzt eine hohe Ausbildungsstufe erreicht und nach innen in die Höhle hineinragt. Auf Schnitten erscheint diese Verdickung aus zwei Schichten zusammengesetzt, einer äussern, linsen- förmigen, aus polygonalen Zellen bestehenden, welche in der Mitte stark ausgebuchtet ist und sich nach den Rändern allmählich abplattet, und aus einer innern, welche nur aus einer Lage cylindrischer Zellen besteht (Cilz), die überall eine gleiche Dicke bewahrt, die Nervenhöhle begrenzt und unmittelbar in die Flimmergrube und in die untere Wand des Nervenganglions übergeht. In Folge des eben hervorge- hobenen Verhaltens beider Schichten sieht die Nervenblase auf Längs- schnitten so aus, als ob auf einer aus Cylinderepithel bestehenden Blase ein Zellenhaufen (obere Schicht des Ganglions) aufsässe. Die Eigenthümlichkeit dieses Baues hat JoLırr und SEELIGER veranlasst, die obere Schicht der Nervenanlage als eine Neubildung zu betrachten und aus der primitiven Nervenblase nur die Flimmergrube entstehen zu lassen. Eine Consequenz dieser Behauptung ist die Annahme, dass die primitive Höhle der Nervenblase niemals verschwindet, resp. von den Zellen der Nervenanlage ausgefüllt wird. Ich kann eine solche unmittelbare Verwandlung der primitiven Nervenblase in die Flimmer- grube durchaus nicht bestätigen. Die Nervenblase wird allmählich von den Zellen vollständig ausgefüllt, und ich muss auf Grund meiner 24 W. SALENSKY, Untersuchungen dieselbe Ausfüllung auch für die Flimmergrube be- haupten, und zwar geht diese Verwandlung der Nervenblase in einen soliden Körper sehr schnell vor sich, denn schon auf dem Stadium L haben das Nervenganglion und die Flimmergrube ihre Höhlen voll- ständig verloren. Die Nervenanlage stellt auf Längsschnitten aus dem Stadium L (Fig. 47, Ng, Flgr) einen soliden birnförmigen Körper dar, in welchem nach dem Vergleich mit dem vorhergehenden Stadium (Fig. 46) leicht die beiden Theile der primitiven Nervenblase, das Nervenganglion und die Flimmergrube, zu erkennen sind. Das Nervenganglion bildet den hintern ausgebuchteten und nach aussen vorspringenden Theil der Nervenanlage, während die Flimmergrube durch den halsförmigen ver- jüngten Theil derselben repräsentirt ist. Die letztere tritt jetzt, da sie solid ist, nicht mehr in Communication mit der Darmhöhle und liegt sogar der Wand der letztern nicht mehr an. Zwischen dem vor- dern Ende des Flimmertrichters und der Darmhöhle liegt nun ein kurzes offnes Rohr, welches einerseits mit der Darmhöhle communicirt, andrerseits mit der solid gewordenen Flimmergrube verwachsen ist (Fig. 47, Flgd). Was die Entstehung dieses Rohres anbetrifft, so könnte man dasselbe entweder als einen Ueberrest der ursprünglichen Flimmergrube betrachten oder es von einer neu entstandenen Darm- wandausstülpung ableiten. Das letztere ist meiner Meinung nach viel wahrscheinlicher als das erstere und zwar aus dem Grunde, weil sich die Darmhöhle an der benachbarten Stelle in eine Falte (Fig. 47, FÜ) legt, welche nur dann eine Erklärung findet, wenn die Flimmergrube durch eine Faltung resp. Ausstülpung der Darmhöhlenwand entsteht. Die eben erwähnte Falte tritt nur auf diesem Stadium auf und existirt nur kurze Zeit; beim weitern Wachsthum der Flimmergrube wird » sie ausgeglichen. Ferner spricht zu Gunsten der Entstehung der Flimmergrube als Neubildung von der Darmwand noch der Umstand, dass dieselbe erst nach einiger Zeit zu der Grösse heranwächst, welche die ursprüngliche besass, was nur in dem Falle geschehen könnte, wenn die Flimmergrube eine Neubildung darstellt. Jedenfalls berech- tigt uns das Verhalten der neugebildeten Flimmergrube, welches von dem der früher besprochenen verschieden ist, zu der Annahme, dass wir es bei den Ascidiozoiden mit zwei auf einander folgenden Flimmer- gruben zu thun haben, von denen eine — die frühere — aus der Nerven- blase, die andere — die spätere — aus der Darmwand entsteht; ich werde sie mit verschiedenen Namen belegen, die ursprüngliche als Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 25 primitive, die darauf folgende, jetzt in Rede stehende als definitive Flimmergrube. Fig. 48 stellt einen Längsschnitt durch das Ganglion und durch die Flimmergrube des Ascidiozoids auf dem Stadium L—M dar. Die Grössendimensionen und die Lageverhältnisse aller im vorhergehenden Stadium betrachteten Theile sind hier bedeutend verändert. Zunächst ist das bedeutende Auswachsen der Flimmergrube (Fig. 48, Flgd) zu verzeichnen. Die letztere stellt jetzt ein blindgeschlossenes Rohr dar, welches durch eine verhältnissmässig weite Oeffnung in die Darmhöhle mündet. Sie ist etwas nach unten gekrümmt, verläuft unter der ven- tralen Fläche des Nervenganglions und liegt der letztern dicht an. In ihrer ganzen Länge besteht sie aus Cylinderepithel. In Folge der eben angedeuteten Richtung der definitiven Flimmergrube, welche immer mit der solid gewordenen primitiven Flimmergrube verbunden ist, ändert sich die Lage dieser letztern, indem sie nach unten ge- schoben wird und jetzt nicht vor, sondern unter dem Nervenganglion zu liegen kommt (Fig. 48, Flgr). Sie bildet einen Lappen des Nerven- ganglions und ist vom letztern durch eine ziemlich tiefe Furche ge- schieden. Das Nervenganglion ist nach vorn und hinten stark aus- gewachsen; es bedeckt den grössten Theil der Flimmergrube und ragt mit seinem vordern und hintern Ende bedeutend vor. Das Wachsthum der Flimmergrube und die Ausbildung des Nerven- ganglions haben auf dem Stadium M (Fig. 49) ihre höchste Stufe erreicht. Der obere Theil des Nervensystems (Fig. 49 Ng) ist vom Nervenganglion dargestellt; er ist nach oben kuppelförmig gewölbt, hebt auch die äussern Körperbedeckungen mit sich empor, so dass die Stelle, wo er liegt, durch einen stark hervortretenden Hügel mar- kirt ist. Nach vorn und hinten zieht sich das Nervenganglion in zu- gespitzte Verlängerungen aus, welche die Anlagen des peripherischen Nervensystems darstellen. Im Innern des Nervenganglions sind auch histologische Veränderungen eingetreten, die zur Scheidung der Ganglienzellenschicht und der Punktsubstanz führen. Die peripherische Schicht des Ganglions besteht aus dichtgedrängten polygonalen Zellen, die innere Masse zeichnet sich schon jetzt durch ihr blasses Aussehen aus und besteht aus einer sich schwach färbenden fibrillären Sub- stanz, in der mehrere Zellkerne zerstreut sind (Fig. 49, Psz). Die -Furche, welche das Nervenganglion von dem untern Lappen (der primitiven Flimmergrube) abtrennte, ist jetzt viel tiefer geworden (Fig. 49, Flgr). In Folge dessen hat dieser Lappen seine ursprüng- liche Form verändert und ist dabei kleiner geworden. Er stellt jetzt 96 W. SALENSKY, einen cylindrischen Verbindungstheil zwischen dem Nervenganglion und der definitiven Flimmergrube dar. Was die definitive Flimmer- erube anbetrifft, so ist dieselbe im Vergleich mit dem vorhergehenden Stadium sehr wenig verändert. In den weitern Entwicklungsstadien wird die Grenze zwischen den beiden Theilen des Nervenganglions, dem ganglionären und der pri- mitiven Flimmergrube, verwischt, und bei dem ausgebildeten Asci- diozoid (Stadium O) sind diese Theile nicht mehr von einander zu unterscheiden. Das Ganglion selbst stellt einen soliden, im Längs- schnitte ovalen Körper dar, dessen peripherer Theil aus Ganglienzellen und dessen centraler aus der in zwei Portionen getheilten Punkt- substanz besteht. Die Flimmergrube hat sich unterdessen auch weiter entwickelt. Sie ist neuralwärts gewachsen, hämalwärts zieht sie sich in einen grossen, blindgeschlossenen Sack aus, welcher unter dem Ganglion liegt und wahrscheinlich die Anlage des drüsigen Theiles (der Hypophysisdrüse) darstellt. Während der letzten Stadien der Ausbildung des Nervenganglions geht die Entwicklung des peripherischen Nervensystems und einiger mit demselben verbundenen Sinnesorgane vor sich, zu denen wir jetzt übergehen. Das peripherische Nervensystem ist, wenigstens zum Theil, schon in den frühern Stadien angelegt (vergl. z. B. die beiden Seitennerven, die schon im Stadium H erscheinen), doch tritt es nur in den beiden letzten Entwicklungsstadien deutlich hervor und ist der Beobachtung auch von aussen zugänglich. Ihrer Entstehung nach sind die peripherischen Nerven als unmittelbare Aus- wüchse des centralen Nervensystems zu betrachten, und wir haben schon auf mehreren Schnitten die Anlagen der Nerven zu beobachten Ge- legenheit gehabt. Im Stadium N erscheinen die Nerven bereits in Form von blassen Strängen, die unter der Haut liegen und sich ziem- lich weit von ihrer Ursprungsstelle nach der Peripherie verfolgen lassen. Die Vertheilung der Nerven, welche auf der Fig. 51 darge- stellt ist, kann folgendermaassen zusammengefasst werden. In den Stadien N und O konnte ich vier Paar peripherische Nerven wahr- nehmen; diese Zahl entspricht derjenigen der bei den ausgebildeten Ascidiozoiden von HuxLey, Enters, Ussow und JoLrer angegebenen nicht; sie ist nämlich viel geringer, und es ist zu vermuthen, dass die in diesen Stadien mangelnden Nerven sich später ausbilden werden. Ich glaube deswegen überhaupt, dass nicht alle bei den Embryonen vorkommenden Nerven auf einmal entstehen. In den jüngern Ent- wicklungsstadien der Ascidiozoide’ konnte ich nur zwei Nervenpaare, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 97 ein hinteres und ein vorderes unterscheiden; die beiden andern ent- stehen erst später. Fangen wir unsere Betrachtung mit dem vordern Theil des Nerven- ganglions an, so treffen wir hier zunächst zwei stark ausgebildete Nerven (Fig. O, Tn), die sich neuralwärts begeben und an der Basis der zu dieser Zeit ziemlich weit entwickelten Tentakel anheften. Ihre periphere Endigung besteht in einer trichterförmigen gang- lionären Anschwellung, die der Basis der Tentakel dicht anliegt. Die von mehreren Forschern beschriebenen tentakelförmigen Fortsätze des Ascidiozoidenmantels !) erweisen sich somit bei ihrem Auftreten als Sinnesorgane. Da ihre specielle Function sich nicht aufklären lässt, so behalte ich für sie den Namen Tentakel bei und will die sie versorgenden Nerven als Tentakelnerven bezeichnen. Die erste Anlage der Tentakel tritt erst dann auf, wenn die Tentakelnerven bereits vollkommen ausgebildet sind und sich mit ihren Enden an das Ectoderm anschliessen. Sie erscheinen dann (Stadium M, Fig. 50, 7) als zwei hügelförmige Ectodermauftreibungen, bestehen aus cylindrischen Zellen und sitzen dem peripherischen Ende der Tentakelnerven auf. Die letzte schwillt trichterförmig auf, besteht aus dicht gedrängten Ganglienzellen und liegt der Tentakelanlage dicht an (Fig. 50 A, Tyl). Die weitern Entwicklungsvorgänge der Tentakel bestehen in ihrem Längswachsthum. Im Stadium N erlangen sie die Gestalt von hohlen, cylindrischen, an ihrer Spitze abgerundeten Körpern (Fig. 51) und be- stehen aus zwei Schichten, aus einer äussern epithelialen (4c) und aus einer innern, welche die Tentakelhöhle auskleidet (Mz). Die Tentakelhöhle ist eine Fortsetzung der primitiven Leibeshöhle; die innere Auskleidung derselben besteht aus Mesenchymzellen, die daselbst eingewandert sind. Der Nervenendapparat liegt im basalen Theile des Tentakels (7ygl), ist plattenartig ausgebreitet und besteht aus spindel- förmigen Nervenzellen, welche mit Nervenfibrillen in Zusammenhang stehen und nach aussen gegen die Epithelzellen sich fadenförmig aus- ziehen. Dieselben Bauverhältnisse bleiben auch bei den ausgebildeten Tentakeln im Stadium O bestehen, wo die Tentakel in Form von zwei gekrümmten cylindrischen Röhren erscheinen. Der einzige Unterschied, den ich an ihnen wahrnehmen konnte, besteht in der Ablenkung des Endapparats nach der Bauchseite des Tentakels; ob aber die Nerven- fibrillen in diesen Tentakeln sich weiter nach oben verlängern, konnte ich nicht genau feststellen. 1) Huxzey bezeichnet sie irrthümlich als Stolonen (Huxury, on the anat. and developm. of Pyrosoma in: Trans. Linn. Soc. London, Vol. 23). 98 W. SALENSKY, Ich kann die in Rede stehenden Sinnesorgane der Pyrosomen nicht verlassen, ohne auf die Homologie derselben mit den gleichwerthigen, bei den geschlechtlichen Salzen vorkommenden Organen hinzuweisen. Die letztern wurden von Ussow’) entdeckt und neuerdings von Borves Lee histologisch genau beschrieben ?). Diese Organe stellen zwei in der Nähe der Ingestionsöffnung liegende röhrenförmige Aus- wüchse des Ectoderms dar, die in den Cellulosemantel hineinragen und an ihrer Basis mit einer ganglionären Anschwellung des Nerven versehen sind. Die Ganglienzellen setzen sich in feine, durch die sanze innere Höhle verlaufende, fadenförmige Nervenfibrillen fort, die im abgerundeten Ende des Tentakels zugespitzt endigen. Aus der von Ussow und von BOLLES LEE gegebenen Darstellung des Baues dieser interessanten Organe kann man schliessen, dass nicht nur die Lage derselben, sondern auch ihr Bau und ihre Form mit denjenigen der eben beschriebenen Tentakel der Pyrosomenembryonen vollkommen übereinstimmen. Es scheint, dass diese Organe viel weiter im Tuni- catenstamme verbreitet sind, als es von vorn herein zu vermuthen war, denn bei Doliolum hat Ussow Organe entdeckt, die ihrer Lage nach mit den besprochenen übereinstimmen und nur durch ihre verhältniss- mässig geringere Grösse und durch ihren Bau einen niedrigern Zu- stand darstellen. Das zweite Nervenpaar (Fig. O, Knr) ist durch zwei kleine quer- verlaufende Nerven repräsentirt, welche sich nach den beiden’ Seiten des Körpers begeben und wahrscheinlich die Kiemen versorgen. Ich will sie deswegen als Kiemennerven bezeichnen. Die bedeutendsten Nerven des Ascidiozoidenleibes sind diejenigen des dritten Paars, welche sich nach hinten richten, auf ihrem Wege sich weiter theilen und eigentlich ein ganzes System von Nerven dar- stellen, welches die innern Organe versorgt. Dieselben treten aus dem vordern Theil des Nervenganglions aus (Fig. O, phn), beginnen mit einer gemeinschaftlichen Wurzel und begeben sich in Form von zwei starken, bogenförmig gekrümmten Nervenstämmen nach den beiden Seiten, bilden zusammen einen Ring, welcher die Ingestionsöffnung umgürtet und auf seinem ganzen Wege unter dem peripharyngealen Ring liegt. Deswegen bezeichne ich diese Abtheilung des dritten ‘ 1) Ussow, Beiträge zur Kenntniss der Organisation der Tunicaten in: Iswestja der Moskauer Gesellschaft der Naturf., Bd. 18, No. 2. 2) A. Borres Leer, On a little-known sense-organ in Salpa (in: Quarterly Journ, Microse, Sc, Vol. ‘32, Part 1, p. 89—-96), Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 29 Nervenpaars als peripharyngeale Nerven. Hinter der Ingestionsöffnung theilt sich jeder von diesen Nerven in zwei Aeste, von denen einer in querer Richtung, der andere in der Längsrichtung verläuft. Die beiden Queräste laufen auf einander zu, verschmelzen, und bilden einen Ver- bindungsstrang, welcher den oben erwähnten, die Ingestionsöfinung umgebenden Ring schliesst (Fig. O, Vb). Die Längsäste (Fig. O, Endn) wachsen weiter nach hinten fort, laufen zu beiden Seiten des Endo- styls entlang, bis sie nach hinten vom Endostyl immer feiner und feiner werden und sich schliesslich in der Masse andrer Organe ver- lieren. Diese Abtheilung des dritten Nervenpaares kann man als Verbindungscommissur (Vb) und als Endostylnerven (Endn) bezeichnen. Das vierte Nervenpaar (Fig. O, Hknr) ist viel schwächer ent- wickelt als die eben beschriebenen und läuft den letztern parallel. Die Nerven dieses Paares begeben sich ebenfalls nach hinten, theilen sich gleich nach ihrem Ursprung in zwei Aeste und begeben sich theils zu den Kiemen, theils zu den Muskeln der Ingestionsôffnung. Ich be- zeichne sie als hintere Kiemennerven. Die eben geschilderte Vertheilung der peripherischen Nerven stimmt mit derjenigen beim ausgebildeten Ascidiozoid nicht vollkommen überein. Es ist deswegen sehr schwer, einzelne Nerven des Embryos auf die von Ussow und JoLıET beschriebenen zurückzuführen. Nach Ussow sollen die Pyrosomen sieben Paar Nerven besitzen, von denen das vorderste sich zu den Muskeln der Ingestionsétinung begiebt; dasselbe entspricht dem innern Ast unsres 4. Paares von Nerven und sondert sich wahrscheinlich von diesem. Was die andern von Ussow ange- gebenen Nerven anbetrifit, so konnte ich dieselben gar nicht mit den von mir beobachteten in Uebereinstimmung bringen, was mir um so bedauerlicher ist, als die Ussow’schen Angaben sich auf Untersuchungen an ,,Kettenembryonen‘ der Pyrosomen (tetrazoiden?) beziehen. Meine Ergebnisse stimmen mehr mit JoLIET überein. Die Pharyngealnerven sind auch bei JoLIET angegeben, obgleich die nach vorn und nach hinten von diesen verlaufenden Nerven bei den ausgewachsenen Asci- diozoiden eine andere Vertheilung als bei den noch jungen zu haben scheinen. Die Tentakelnerven scheinen nämlich bei den ausgewachsenen Ascidiozoiden in drei Aeste getheilt zu sein und ihre Function als Sinnesnerven vollkommen eingebüsst zu haben, dass sie sich in den lateralen Muskeln ausbreiten. JoLıET beschreibt ferner noch einen hintern unpaaren Nerven, den ich bei den Embryonen nicht aufge- funden habe. 50 W. SALENSKY, Ergebnisse: 1. Das Nervensystem der Ascidiozoide (sowie auch des Cyathozoids) ist ectodermalen Ursprungs; es wird in Form einer ectodermalen Einstülpung angelegt, die sich durch einen stark verdickten Boden und durch die ausserordentlich verkiimmerten Höhlen auszeichnet; in Folge dessen tritt die Nervenhöhle erst secun- där auf. 2. Die Nervenblase wächst in zwei röhrenförmige Fortsätze nach unten aus. 3. Die Flimmergrube des Cyathozoids bildet sich aus der Nerven- anlage. 4. Bei den Ascidiozoiden treten zwei aufeinander folgende Flimmer- gruben auf, von denen die früher erscheinende aus der Nervenanlage entsteht, die später auftretende allem Anscheine nach als eine Aus- stülpung der primitiven Darmhöhle sich bildet. Die erstere ist pro- visorisch, indem sie später ihre Höhle verliert und verkümmert, die zweite verwandelt sich in die definitive Flimmergrube. 5. Bei den Ascidiozoiden kommen zwei tentakelförmige Sinnes- organe vor, die denjenigen der Salpen vollkommen entsprechen. 3. Peribranchialröhren und Kiemen. Die Peribranchialröhren des Cyathozoids und der vier ersten Ascidiozoide sind ectodermalen Ursprungs, und deswegen werde ich dieselben mit den andern Derivaten des Ectoderms zusammen be- trachten. Bei der Bildung der Keimscheibe erreichen sie eine hohe Entwicklung und wurden im 2. Capitel beschrieben. Bei der Bildung des Stolos treten sie in letztern hinein, bleiben dort während den ersten Entwicklungsstadien in Form von zwei continuirlichen Röhren, schnüren sich aber, sobald der Stolo sich theilt, der Zahl der Ascidio- zoide entsprechend, in vier Abtheilungen ab. In diesem Stadium kann man also fünf Abtheilungen an den Peribranchialröhren unter- scheiden, von denen eine dem Cyathozoid, die vier andern den Asci- diozoiden angehören, a) Cyathozoid. Während die Entwicklung der Peribranchialröhren der Ascidio- zoide progressiv vor sich geht und in der Bildung verschiedener Organe sich äussert, zeichnet sich die des Cyathozoids durch ausgesprochene regressive Erscheinungen aus. Von allen Organen des Cyathozoids sind es die Peribranchialröhren ‚“ die am frühesten einer regressiven Beiträge zur Embryonalentwieklung der Pyrosomen. 51 Metamorphose unterliegen und am schnellsten schwinden. Im Stadium F—G (Fig. 52) verlaufen die beiden Peribranchialröhren (Prbr) zu beiden Seiten des Nervenrohrs und bewahren noch ein gut entwickeltes Lumen, welches schon von aussen leicht wahrgenommen werden kann. Proximalwärts sind sie etwas erweitert, liegen der Cloacaleinstülpung dicht an und münden in dieselbe ein. In einem etwas weiter vorge- schrittenen Stadium, G (Fig. 53), ist das eben geschilderte Bild in- soweit verändert, dass die beiden Peribranchialröhren verengert er- scheinen und das Lumen nur in ihren proximalen Theilen wahrnehmen lassen, während weiter distalwärts ihre Höhle verschwunden ist und die beiden Peribranchialröhren in Form von zwei soliden Strängen auftreten. Auf dem Querschnitt aus der Herzgegend desselben Embryos konnte ich nur das linke Peribranchialrohr (Fig. 53, A, Prbr) auf- finden, das rechte, welches auch in den jüngeren Stadien von der Pe- ricardialhöhle stark gedrückt war, ist allem Anscheine nach wenigstens in dieser Gegend verschwunden. Das rechte Peribranchialrohr er- scheint auf Querschnitten in Form einer soliden Zellengruppe. In den weitern Stadien sind die beiden Peribranchialröhren weder an ganzen Keimscheiben noch auf Querschnitten wahrnehmbar, und ich schliesse daraus, dass sie vollkommen verschwunden sind. b) Ascidiozoid. Die Entwicklung der Peribranchialréhren und -Kiemen bei den Ascidiozoiden des Pyrosomenembryos stimmt mit der bei der Knospung sich abspielenden überein, und da die letztere bereits von SEELIGER genau beschrieben wurde, so kann ich mich darüber kurz fassen. Die beiden Peribranchialröhren stellen in den ersten Entwicklungsstadien des Stolos dickwandige Röhren dar, welche zu beiden Seiten der Darmhöhle liegen. Bei der weitern Entwicklung schnüren sie sich entsprechend der Zahl der Ascidiozoide in vier Abtheilungen ab, die ich, zum Unterschied von den Peribranchialröhren, als Peribranchial- höhlen bezeichnen werde. Die letztern wachsen bei der weitern Ent- wicklung des Ascidiozoidenleibes nach unten, wobei die Wände sich abzuplatten beginnen (Fig. 55, Prbh). Sie treten dabei in innigsten Zusammenhang mit den stark verdickten seitlichen Wänden der pri- mitiven Darmhöhle, welche bereits in der Bildung der Kiemenspalten begriffen ist. Fig. 55—55 G stellen eine Reihe von Querschnitten aus dem mittlern und hintern Theil des Ascidiozoids, Stadium G, dar und lassen die Bildung der Kiemenspalten genau verfolgen. Im Ascidio- zoid aus dem genannten Stadium sind nämlich zwei Paar Kiemen- 32 W. SALENSKY, spalten zu unterscheiden, von denen eines, das hintere, noch in der Anlage begriffen ist (Fig. 55 B u. C, Ksp?), während das vordere schon in die Darmhöhle durchgebrochen ist (Fig. 55, E, F, G, Ksp!). Die beiden sind nur durch einen Schnitt D, der von den Kiemen- spalten nichts zeigt, von einander getrennt. Die Bildung der Kiemen- spalten beginnt in Form einer Aussackung der primitiven Darmhöhle, die sich nach aussen gegen die entsprechende Pericardialhöhle richtet. Das hintere Paar dieser Aussackungen erscheint in Gestalt einer ge- räumigen, blind geschlossenen und nach unten gekrümmten Höhle (Fig. 55 B, Ksp*), das vordere ragt nach aussen nicht so stark vor, indem es mit der entsprechenden Peribranchialhöhle verbunden ist und in die letztere einmündet. Die Wände der Kiemensäcke sind stark ver- dickt und bestehen aus dicht gedrängten Zellen. Da die Kiemensäcke nur an ihren blinden Enden mit der Peribranchialhöhle verwachsen und an der Verwachsungsstelle in dieselbe einmünden, so ist es ersichtlich, dass die Wände der Kiemenspalten resp. Kiemensäcke aus- schliesslich aus Entoderm bestehen; das Epithel der Peribranchial- höhle betheiligt sich nur an der Umgrenzung der Kiemenöffnungen. Zwischen den Kiemenspalten befindet sich die primitive Leibes- höhle, die einerseits von der Darmwand, andrerseits von der Wand der Peribranchialhöhle begrenzt ist. Dieselbe spielt jetzt die Rolle von Kiemenblutsinusen, in welchen das aus den Leibessinusen kommende Blut frei circuliren kann. Den in beschriebener Weise entstandenen ersten Kiemenspalten folgen die andern nach; da sie aber in derselben Weise wie jene ent- stehen, so brauche ich mich nicht weiter bei diesem Gegenstand auf- zuhalten. Die Kiemenspalten liegen der longitudinalen Axe des Embryos parallel und müssen also als longitudinale Kiemenspalten bezeichnet werden. Da aber die Längsaxe des in der Entwicklung begriffenen Ascidiozoids der Queraxe des definitiven entspricht, so muss man die Längsspalten eigentlich als die definitiven Querspalten betrachten. Der embryonale Kiemenapparat, wie er uns bis zum Stadium M entgegentritt, unterscheidet sich wohl von seinem ausgebildeten Zu- stande, wo er ein Gitterwerk darstellt und wo die Kiemenspalten in Form von kleinen, in Quer- resp. Längsreihen gestellten Löchern er- scheinen. Diese definitive Form erlangt der.Kiemenapparat durch das Auftreten der transversalen (definitiv) resp. longitudinalen (embryonal) Kiemenbalken. Dieselben bilden sich ziemlich spät als Falten resp. Ausstülpungen der Kiemenblutsinuse (Fig. 59), die in die Kiemenhöhle hineinragen und senkrecht zu den Kiemenspalten wachsen (Fig. 59, Lkmf, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 33 vergl. auch Fig. N u. Fig. O, Lkmf), dieselben durchschneiden und sich an den Rändern der benachbarten Kiemenspalten befestigen. Jede Kiemenspalte wird dadurch in eine Anzahl der Kiemenlöcher ver- wandelt; der ganze Kiemenapparat erhält dadurch die Gestalt eines Gitterwerkes. Ich kann die Beschreibung der Entwicklung des Kiemenapparats nicht schliessen, ohne die überraschende Aehnlichkeit derselben mit derjenigen der Vertebratenkiemen hervorzuheben. Im ausgebildeten Zustande bietet der Kiemensack der Ascidien — nebst den Pyrosomen — einen grossen Unterschied vom Kiemenapparat der Wirbelthiere dar. Er ist durch ein Gitterwerk gebildet, das aus einer Anzahl von in Reihen gestellten kleinen viereckigen Kiemenöffnungen besteht, die nicht nach aussen, sondern in die Peribranchialhöhle ausmünden. Bei den Vertebraten trifft man bekanntlich kein Gitterwerk, sondern eine Reihe von metamer angeordneten queren Spalten, die sich einerseits nach aussen, andrerseits in die Schlundhöhle öffnen. Betrachtet man aber -die Entwicklung des Kiemensackes der Pyrosomen, so treten diese Unterschiede in den Hintergrund und erweisen sich als secundär im Tunicatenstamm entstandene Anpassungserscheinungen. Die primitiven Vorgänge in der Entwicklung des Pyrosomen-Kiemensacks stimmen mit denjenigen der Vertebraten vollkommen überein. Die Kiemen- spalten treten nämlich auch hier in Form von paarigen Aussackungen der primitiven Darmhöhle auf, welche man mit vollem Rechte der pharyngealen Höhle der Vertebraten als Homologon zur Seite stellt. Die Kiemenspalten bilden sich auch hier in metamerer Ordnung, und wenn sie scheinbar longitudinal gerichtet sind, so erklärt sich diese Stellung durch eine eigenthümliche Verkürzung der Längsaxe im em- bryonalen Zustand und wird bei der Ausbildung der Ascidiozoiden in eine transversale verwandelt. Das Gitterwerk entsteht secundär und kann, aus den oben aus einander gesetzten Gründen, die Homologie zwischen den primitiven Erscheinungen der Kiemenentwicklung der Ascidien und der Vertebraten nicht stören. Gehen wir nun zur Entwicklung der Cloakenhöhle über. Bei den zum Ausschlüpfen fertigen Ascidiozoiden ist noch keine Cloaken- öffnung vorhanden, wohl aber ist bei ihnen eine Cloakenhöhle aus- gebildet. Sie wird bei den Embryonen sehr früh angelegt und bildet sich im Allgemeinen durch das Zusammentreffen und das Verwachsen der beiden Peribranchialhöhlen, welches an der untern Seite der neu- ralen Hälfte des Embryos zu Stande kommt. Die Einzelheiten dieses Zool. Jahrb. V, Abth, f. Morph, 3 34 W. SALENSKY, Verwachsungsprocesses sind aber so complicirt, dass ich gezwungen bin, dieselbe etwas ausfübrlicher zu schildern. Die Bildung der Cloakenhöhle fängt schon im Stadium G—H an. Durchmustert man eine Reihe von Querschnitten aus einem im ge- nannten Stadium befindlichen Ascidiozoid, so findet man die Bau- verhältnisse, wie sie auf Fig. 56—56 D abgebildet sind. In der Gegend der ersten Kiemenspalte wachsen die beiden Peribranchialhöhlen (Prbh) nach unten und gegen einander und breiten sich unter der Darmhéhlen- wand aus. Zwei Schnitte weiter ist das Bild schon verändert. Im axialen untern Theile des Ascidiozoids trifft man nämlich eine Höhle (Clh), die der Darmwand anliegt und von den Peribranchialhöhlen ab- getrennt ist. Die letzteren liegen zu beiden Seiten der Darmhöhle und sind im Querschnitt halbmondförmig. Im Schnitt Fig. 56 B be- merkt man in der Axe der mittlern Höhle eine kleine Einschnürung, die sich in den zwei folgenden Schnitten (Fig. 56 C u. D) in der Weise vergrössert, dass sie die mittlere Höhle in zwei röhrenförmige Höhlen scheidet. Das Verhältniss dieser Höhlen zu den Peribranchial- höhlen bleibt dem auf Fig. 56 B dargestellten vollkommen gleich. In den weiter neuralwärts geführten Schnitten hören die beiden Höhlen auf, während die Peribranchialhöhlen daselbst noch bestehen. Stellt man diese Schnitte zusammen, so gewinnt man die Vorstellung von der Form der beiden Peribranchialhöhlen, welche durch den Holz- schnitt Fig. 4 erläutert ist. Die beiden Peribranchialhöhlen stellen Fig. IV. Fig. V. Clk Clh Phrh Prbh Fig. IV. Schematische Darstellung der Form der beiden Peribranchialhöhlen im Sta- dium G—H. Fig. V. Dasselbe im Stadium J, Pörk — Peribranchialhöhlen, Ch = Cloakenhöhle, zwei geräumige Säcke dar, die axial in zwei hohle, neuralwärts ge- richtete Ausstülpungen auswachsen. Die letzteren sind von den lateral gelegenen Peribranchialhöhlen durch zwei tiefe Einschnitte abgetrennt, welche auf den Querschnitten als Zwischenräume zwischen den Peri- ami ltd à « Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 35 branchialhöhlen und der mittlern Höhle erscheinen. Die beiden axialen Ausstülpungen der Peribranchialhöhlen stellen nun die Anlage der Cloakenhéhle dar. Sie verschmelzen auf einer kurzen Strecke, bilden auf diese Weise eine mittlere, axial gelegene Höhle, treten aber weiter neuralwärts wieder aus einander und hören dann auf. Die Verwachsung der beiden cloacalen Ausstülpungen geht sehr schnell vor sich. Im Stadium J sind dieselben bereits in ihrer ganzen Länge verwachsen ; dabei wird der tiefe Einschnitt, welcher zwischen ihnen und den Peribranchialhöhlen bestand, immer kleiner, bis er voll- kommen verschwindet. Einige darauf bezügliche Schnitte sind in Fig. 57 C—E und Fig. 58 wiedergegeben. Daraus ersieht man, dass die Verwachsung der cloacalen Ausstülpungen in der Gegend der ersten Kiemenspalte, der Mund- und Ingestionsôffnung gegenüber, sich vollzieht. Die Cloakenhéhle steht hier mit den beiden Peribranchial- höhlen im Zusammenhang und ist in zwei auf einander folgenden Schnitten zu beobachten. Einen Schnitt weiter nach vorn trifft man ausser den beiden Peribranchialröhren noch eine mittlere Höhle, die von der ersteren abgetrennt ist. Dieselbe hört an dem darauf folgenden Schnitte auf. Vergleicht man diese Schnittserie mit der auf Fig. 57 — 57 D abgebildeten, so gewinnt man eine Vorstellung von den Verän- derungen, welche sich in den Pericardialröhren zwischen den Stadien H und J vollziehen; zur Erläuterung der Form der Peribranchialhöhlen im Stadium J kann der Holzschnitt Fig. V dienen. Die beiden cloacalen Ausstülpungen sind in diesem Stadium in ihrer ganzen Länge mit ein- ander verwachsen. Sie bilden eine quer gelegene Höhle, die durch zwei röhrenförmige Verbindungsgänge mit den Peribranchialhöhlen communicirt. Nach vorn ragt die mittlere Höhle etwas hervor; diese Hervorragung dürfte als ein Ueberrest der früher stärker nach vorn hervorspringenden Cloakenhöhlen betrachtet werden. Sie bleibt nur noch kurze Zeit vorhanden und wird schon im Stadium L vollkommen ausgeglichen. Was die weiteren Entwicklungsvorgänge der Cloakenhöhle anbe- trifft, so muss ich das Verhältniss hervorheben, in welches das viscerale Blatt derselben zu den Organen des Ascidiozoidenleibes tritt. Es liegt nämlich den innern Organen, hauptsächlich der Darmwand, dicht an, überzieht dieselbe von allen Seiten und übernimmt auf diese Weise die Rolle, welche bei andern Thieren dem visceralen Blatte der Cölom- säcke zukommt (vergl. Fig. 59 A, Prbhw). Zum Schluss habe ich noch einige Worte über die vermeintliche Beziehung der gemeinschaftlichen Cloakenhöhle der tetrazoiden Colonie 3% 36 W. SALENSKY, zur Cloakenhéhle des Cyathozoids hinzuzufügen. KowALEWSKY sagt darüber folgendes: „Die Einsenkung des Mantels, welche wir auf der Fig. 50 (el) sehen, stellt eigentlich die Anlage der allgemeinen centralen Cloake der Pyrosomencolonie dar. Sobald das Cyathozoid sich in den Raum zwischen den Ascidiozoiden zu versenken beginnt, verflachen sich die Ränder der Einstülpung mehr und mehr, und die Einsenkung des Mantels (Fig. 50, cl) wird dabei frei, resp. kommt zwischen die Mantelschicht zu liegen (Fig. 56 cl). Dieser Raum (cl) (Fig. 56) bildet auch wirklich die gemeinschaftliche Cloake der jungen Colonie, und in dieselbe münden später auch die Cloacalöffnungen der einzelnen Asci- diozoide* (KowALEwskY loc. cit. p 629). Er verweist darüber auf Huxtey, welcher in der That in seiner vorläufigen Mittheilung das Cyathozoid für die allgemeine Cloake gehalten hat, später aber von dieser Ansicht zurückgekommen ist. Huxrey sagt nämlich: „In my brief preliminary sketch of the development of Pyrosoma (Annals of Nat. History for January 1860) I have termed this part (the Cya- thozoid) the „rudimentary cloaca“; but it would have been a more accurate account of the matter, if I had called it the mould or „fore- runner“ of the cloaca. Rudiment of the cloaca in the strict sense of the word, it is not; for, as we shall see, the atrial apertures of the ascidiozooids never really open into it“ (Huxzey loc. cit. p. 232). Wir haben gesehen, dass die cloacale Einstülpung sich schliesst und dass das Cyathozoid in den letzten Entwicklungsstadien einen ge- schlossenen Körper darstellt, noch lange bevor die Cloakenhöhlen der Ascidiozoiden sich nach aussen öffnen. Später wird das Cyathozoid immer mehr und mehr rückgebildet und kann schon aus diesen Grün- den sich nicht an der Bildung der gemeinschaftlichen Cloake bethei- ligen. Huxzey hat das Schicksal des Cyathozoids schon ganz richtig erkannt, indem er sagt: „the Cyathozoid and the ovisac which it sur- mounts diminish in size and probably eventually disappear“ (p. 240). Ich kann mich dieser Vermuthung anschliessen und muss ganz ent- schieden behaupten, dass die Cloake des Cyathozoids in keiner Be- ziehung zu der später auftretenden gemeinschaftlichen Cloake steht. 3. Das Mesoderm und seine Derivate. Im 2. Capitel dieser Schrift wurde bereits gezeigt, dass das Meso- derm der Keimscheibe, welches zuerst in Form von zwei Cölomsäcken auftritt, später starken Veränderungen unterliegt, die theils in einer regressiven Metamorphose, theils in der Verwandlung eines der Cölom- säcke in den Pericardialsack bestehen. Daselbst wurde auch gezeigt, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 37 dass die Keimscheibe von einer Zellenzone umgeben ist, an deren Bil- dung sich die aus der Keimscheibe ausgewanderten Zellen des linken Mesodermschlauchs samt den Kalymmocyten betheiligen und dass diese in der weitern Entwicklung das Material für die Bildung des Meso- derms der Ascidiozoide liefern. Es ist daraus ersichtlich, dass die primitiven Cölomsäcke der Keimscheibe nicht nur die Organe des Cyathozoids, sondern auch das Mesoderm und die aus demselben her- vorgehenden Organe der Ascidiozoide bilden. Wir gehen nun zu- nächst zur Betrachtung der beiden Theile des Mesoderms des Cyatho- zoids, des Pericardialschlauches und der Zellenzone, über. A) Das Mesoderm des Cyathozoids. I: Perieardıalsack und Herz. Der Pericardialsack stellt in der ausgebildeten Keimscheibe (vergl. das 4. Capitel) einen birnförmigen Schlauch dar, an welchem wir einen erweiterten vordern und einen röhrenförmigen hintern Theil unter- scheiden können. Den erstern bezeichne ich als Pericardialblase, den zweiten als Pericardialrohr. In der Pericardialblase beginnt in den letzten Entwicklungsstadien der Keimscheibe schon die Bildung des Herzens. Das Pericardialrohr verläuft nach hinten von der Pericar- dialblase und reicht beinahe bis zum hintern Rand der Keimscheibe. In seinem hintern Ende verliert es das Lumen und verwandelt sich in einen Zellenballen, welcher mit den im hintern Theile der Keim- scheibe liegenden Mesodermzellen zusammenhängt. Die weiteren Entwicklungsvorgänge der Pericardialblase führen zur Entwicklung des Herzens, welches bereits in den letzten Stadien der Keimscheibe als eine Verdickung der untern Wand der Pericar- dialblase angelegt ist (vergl. Fig. 29 a, Taf. 28 der Zool. Jahrb. Bd. 4, Abth. f. Anat. u. Ontog.). Die Entwicklung des Herzens aus dieser Verdickung geht sehr einfach vor sich: sie besteht in einer Ein- stülpung der Pericardialwand, die in die Pericardialhöhle hineinwächst und eine rinnenförmige Gestalt annimmt (Fig. 60, Pc, Hz). Die Ränder dieser Rinne liegen der Darmwand dicht an, so dass durch die letztere die Herzhöhle von aussen geschlossen wird. An beiden Enden ist die Herzrinne offen; durch die beiden Oeffnungen communicirt das Herz mit der primitiven Leibeshéhle des Cyathozoids und kann mittels seiner Contractionen die in der Leibeshöhle vorhandenen Mesenchymzellen von vorn nach hinten treiben. Auf manchen Schnitten trifft man die ganze Herzhöhle von solchen Mesenchymzellen verstopft (Fig. 60, 72). 35 W. SALENSKY, Die Herzthätigkeit hat eine grosse Bedeutung für die Vertheilung der Mesenchymzellen im Leibe der Ascidiozoide; die die Rolle der Blut- körperchen spielenden Mesenchymzellen stellen dabei keineswegs ihre Bildungsthätigkeit ein, sie können sich fixiren und sich am Aufbau der Organe des Ascidiozoids betheiligen. Die Ausbildung des Herzens kommt zwischen den Stadien G und H zu Stande. Die weiteren Vorgänge bestehen in der Grüssenzunahme, welche mit dem Wachsthum des Cyathozoids parallel geht. Bei der regressiven Metamorphose des Cyathozoids wird das Herz mit allen übrigen Organen nach hinten geschoben (Fig. 37 D, Pe, Hz). Die Pericardialblase stellt auch dort eine geräumige Höhle dar, die durch ihren Umfang die andern Organe iibertrifft. Ob das Herz dabei noch thätig ist und in welcher Weise dasselbe sich später auflöst, konnte ich nicht constatiren, da mir keine postembryonalen Entwicklungs- stadien zu Gebote standen. Das Pericardialrohr zieht sich, wie wir oben gesehen haben, durch die ganze Länge der Keimscheibe hin. Diese Lagerungsverhältnisse lassen schon darauf schliessen, dass es sich an der Ausbildung des Mesoderms des Stolos betheiligen wird. In den zur Bildung des Stolos fertigen Keimscheiben verwandelt sich der hintere Theil des Pericar- dialrohres in einen soliden Zellenstrang, der von den in diesem Theile der Keimscheibe liegenden Mesenchymzellen gar nicht abgegrenzt ist. Dies führt schon auf die Vermuthung, dass das Pericardialrohr bei seiner weitern Entwicklung die Höhle verliert und in Zellen zerfällt, welche sich den übrigen Mesenchymzellen beimischen. Es ist auch in der That so, wie die Untersuchung der Querschnittserie aus dem Stolo vom Stadium E beweist (Fig. 61). Das Pericardialrohr besteht in diesen Stadium aus zwei Theilen, einem vordern und einem hintern, die ziemlich gleich gross sind. Der vordere, der Pericardialblase an- liegende Theil bewahrt noch seine Höhle und tritt in Form eines Rohres auf (Fig. 61 B u. C, Per), der hintere stellt im Gegentheil einen soliden Zellenstrang dar, der ungefähr bis zur Grenze der vordern 4/, der Länge der Keimscheibe zu verfolgen ist (Fig. 61 D, E, Per). In dieser ganzen Länge erscheint das Pericardialrohr auf Querschnitten als eine solide Zellengruppe, die sich von den anliegenden Mesenchym- zellen ziemlich scharf unterscheidet. Weiter nach hinten sind nur die Mesenchymzellen wahrzunehmen (Fig. 61 F, Mz), das Pericardialrohr ist nicht mehr vorhanden. Im folgenden Stadium konute ich weder die ausgehöhlte Abthei- lung des Pericardialrohres noch die solide mehr unterscheiden und Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 39 gelange deswegen zu dem Schluss, dass das Pericardialrohr, nachdem es seine Höhle verloren hat, in einzelne Zellen zerfallen ist, welche als Baumaterial für die Bildung des Mesoderms der Ascidiozoide dienen, 2. Zellenzone. Die die Keimscheibe umgebende und früher (s. Cap. 4, Zool. Jahrb. Bd. 4, Abth. f. Anat. u. Ontog., p. 468) schon beschriebene Zellen- zone entsteht, wie oben gesagt, theilweise aus den Mesodermzellen, theilweise aus den Kalymmocyten. Den Haupttheil des für den Auf- bau der Zellenzone nöthigen Zellenmaterials liefert der zerfallene linke Célomsack; da aber die Zellenzone schon in dem Stadium auftritt, wo der letztere noch nicht in einzelne Zellen zerfallen ist, so muss man annehmen, dass zu der Bildung derselben zuerst die Kalymmo- cyten und die aus dem Mesoderm der Keimscheibe sich abtrennenden einzelnen Zellen beitragen. Was die Form der Zellenzone anbeirift; so ist dieselbe aus der Fig. 28 (Zool. Jahrb. Bd. 4, Abth. f. Anat. u. Ontog., Taf. 28) er- sichtlich. Sie stellt nämlich ein Zellenband dar, welches die Keim- scheibe umgürtet und am hintern Rande desselben stärker als am vordern ist. In histologischer Beziehung scheint die Zellenzone ziem- lich gleichartig gebaut zu sein. Sie besteht aus runden oder manch- mal polygonalen zusammenhängenden Zellen; es kommen indessen auch vereinzelte oder zu kleinen Gruppen angesammelte Zellen vor. Die Betheiligung der Kalymmocyten an der Bildung der Zellen- zone ist schon deswegen sehr wahrscheinlich, weil diese Zellen eben- falls ausserhalb der Keimscheibe in grosser Menge angetroffen werden und sich mit den Mesenchymzellen vermischen. Wenn die Zellenzone aus gleichartigen Zellen besteht, so ist dies aus der Verwandlung der Kalymmocyten in eine den Mesenchymzellen ähnliche Zellenform zu erklären. In der That trifft man auch manchmal zwischen den Zellen der Zellenzone einige Kalymmocyten, welche in Folge von Verän- derungen ihrer Kerne Uebergangsformen zu den Mesenchymzellen darstellen. In den weitern Entwicklungsstadien zerfällt die Zellenzone in einzelne Zelleninseln (Fig. 52, 53 Zzin). Den Anfang dieses Processes kann man schon ziemlich früh wahrnehmen. In den Stadien, wo die Zellenzone noch eine zusammenhängende Zellenmasse darstellt, sind in derselben schon einige Lücken vorhanden, die sich später zu grossen Räumen ausbilden, durch welche die Zellenzone zertheilt wird. Im 40 W. SALENSKY, Stadium F—G (Fig. 52) sind diese Lücken so gross geworden, dass die ganze Zellenzone bereits aus grossen, verschieden gestalteten und bogenförmig angeordneten Zelleninseln zusammengesetzt erscheint. Die Zellenzone wächst dem Cyathozoid parallel, und da sie hauptsächlich am untern Rand der Keimscheibe entwickelt ist, so tritt sie in die innigsten Beziehungen zu dem sich bildenden Stolo. Daraus erklärt sich der grosse Werth, welchen dieselbe für die Entwicklung des Cya- thozoids und speciell für die Entstehung des Mesoderms desselben hat und welcher weiter unten näher besprochen werden soll. Wenn die Ascidiozoide bereits eine hohe Stufe der Entwicklung erreicht haben und das Cyathozoid umfassen, hört die bogenförmige Anordnung der Zelleninsela auf. Dieselben zerstreuen sich, nehmen an Grösse ab und zerfallen endlich bei der Rückbildung des Cyatho- zoids in einzelne Zellen, welche wie ihre Vorgänger in die Leibes- höhle der Ascidiozoide einwandern. B. Das Mesoderm der Ascidiozoide. 1. Bildung und Vertheilung der Mesenchymzellen. Bei der Besprechung der ältesten Keimscheiben hob ich hervor, dass im axialen Theil der Keimscheibe, namentlich in der Endostyl- rinne, Mesenchymzellen vorhanden sind, welche ich mit dem Namen axiales Mesoderm bezeichnet habe. Ausser diesem sind noch am hintern Ende der Keimscheibe zwei lateral gelegene Gruppen von Mesenchymzellen zu beobachten. Alle diese Repräsentanten des em- bryonalen Mesoderms sind von gleichem Ursprung, indem sie aus dem zerfallenen linken Mesodermschlauch (Cölomsack) entstehen, und wenn ich im 2. Capitel von der Selbständigkeit des axialen Mesoderms sprach, so wollte ich damit nur sagen, dass dieser Theil des Mesoderms aus den von vorn nach hinten wandernden Zellen entstanden zu sein scheint, während die Zellen der beiden lateralen Mesodermtheile von den Seiten resp. von der Zellenzone unmittelbar in die Keimscheibe gekommen sind. Der axiale Theil nimmt dieselbe Stellung wie später der dorsale Blutsinus an; er ist den lateralen vollkommen gleich- werthig und mit denselben verbunden. Die mesodermalen Zellen liegen im Raume zwischen dem Ectoderm und dem Entoderm, welcher der primitiven Leibeshöhle vollkommen entspricht, und sind bei der Ent- wicklung der Keimscheibe nur in ziemlich geringer Anzahl vorhanden. Die weitere Entwicklung des Mesoderms geht mit der Ausbildung des Stolos resp. mit dem Längswachsthum der Keimscheibe einher. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 41 Der Stolo entsteht in Folge einer Faltung des obern Keimblattes und schnürt sich von der Eioberfläche zunächst an seinem hintern Ende ab, welches sich dann zapfenförmig vorwölbt (Fig. 62, 39, 39 A). Zwischen ihm und der Eioberfläche entsteht eine Grube, welche immer weiter nach vorn wächst, je mehr der Stolo sich differenzirt. In ähnlicher Weise wird der Stolo auch auf den Seiten immer mehr und mehr von der Oberfläche abgetrennt (Fig. 41, 41 B), bis er sich end- lich zu einem abgeplatteten, am hintern Rand des Cyathozoids be- festigten und in vier Ascidiozoide getheilten Strang ausbildet. In Folge dieser Entstehungsweise steht die Höhle des Stolos mit der des Cyathozoids in offener Verbindung; die Einmündung der Stolohöhle ist in den ersten Entwicklungsstadien sehr weit, später verengert sie sich und zieht sich röhrenförmig aus; dadurch bildet sie das Ver- bindungsrohr, welches das Cyathozoid mit dem proximalen Ascidiozoid, resp. mit der ganzen Ascidiozoidenkette verbindet. Durch diese Com- municationsöffnung treten die Zellen aus dem Cyathozoid und der Zellenzone in die Stolohöhle über. Diesen für die Ausbildung des Mesoderms wichtigen Einwanderungsprocess kann man an Quer- resp. Längsschnitten genau verfolgen. Betrachtet man den Längsschnitt durch die Keimscheibe aus dem Stadium D—E (Fig. 62), so bemerkt man sofort, dass gleich nach der Abhebung und Abtrennung des hintern Endes derselben die Zellen- zone als eine continuirliche Platte nach innen in die primitive Höhle der Stoloanlage hineintritt (Ms). Sie liegt der untern Falte des Stolos dicht an und ist an der Beugungsstelle derselben gekrümmt; die untere Hälfte derselben befindet sich noch unter der Stolofalte, kann aber bei fortschreitendem Wachsthum der Falte in die Stolohöhle hineingezogen werden. Der auf diese Weise eingedrungene Theil der Zellenzone stellt nun die Anlage des Mesoderms der Ascidiozoide dar. Nach dem oben erwähnten Zerfall der Zellenzone wird die Wan- derung der Zellen derselben bedeutend erleichtert. Die Zellen dringen nicht mehr in Form von Platten, sondern gruppenweise oder verein- zelt in die Stolohöhle ein. Diese Verhältnisse sind an Längsschnitten aus dem Stadium F und G zu beobachten. Fig. 39 und 39 A stellen zwei Schnitte aus einem Zwischenstadium F—G dar. In einem von diesen Schnitten (Fig. 39) tritt die Zellenzone noch in Form eines zusammenhängenden Blattes in die Stolo hinein, während in dem andern (Fig. 39 A) einzelne Zellengruppen theils schon in die Höhle eingedrungen sind, theils eben in dieselbe über den Boden der Falte hineintreten (Ms*). Es ist sehr schwer zu entscheiden, ob die Zellen- 49 W. SALENSKY, gruppen sich selbständig bewegen oder durch die fortschreitende Fal- tung mit fortbewegt werden, bis sie in die Höhle gelangen. Es scheint mir, dass beide Bewegungsarten hier stattfinden. Die kleinen Zellen- gruppen können sich unzweifelhaft selbständig bewegen; was die grössern anbetrifit, so geht ihrem Eindringen die Anheftung an der untern Fläche des Bodens der Falte voraus. Die so angehefteten Zellengruppen können dann leicht beim Wachsthum der Falte und bei der Vorwärtsbewegung des Bodens derselben in die Stolohöhle ge- langen. Das Einwandern der Zellen in die Seitentheile des in der Bildung begriffenen Stolos geschieht, so viel ich wenigstens gesehen habe, nie gruppenweise ; immer sind es einzelne Zellen, welche in die Stolohöhle einwandern (Fig. 41 B, Mz). Die in den Stolo gelangten Zellen ordnen sich dort in eine Schicht. Die Einwandrung der Zellen ins Innere des Stolos hört auch dann nicht auf, wenn das proximale Ascidiozoid von unten geschlossen ist. Die Untersuchung von Längsschnitten und von Oberflächenansichten des Cyathozoids beweist im Gegentheil, dass gerade zu dieser Zeit die Uebersiedlung der Mesenchymzellen ihre höchste Stufe erreicht. Wir haben gesehen, dass im Stadium G (Fig. 52) die Zellenzone in kleine Zelleninseln zerfällt, welche zu beiden Seiten der Peribranchial- röhren liegen. Im hintern Theile des Cyathozoids sammeln sich diese Inseln zu zwei starken länglichen Zellengruppen, die als zwei starke Ströme sich gegen die Höhle des Ascidiozoids richten. Nach hinten zu breiten sie sich aus, treffen mit einander zusammen und bilden eine starke Zellenmasse, die in die Stolohöhle hineinströmt und sich nach dem Ende des Stolos bewegt. Die Lage und die Stärke dieses Zellen- stroms erkennt man aus den Längsschnitten (Fig. 63). Man erfährt daraus, dass die einwandernden Zellen im untern Theil des proximalen Ascidiozoids sich in ungeheurer Masse ansammeln und die Leibeshöhle erfüllen; weiter nach hinten vertheilen sich die Zellen auf mehrere Ascidiozoide und sind daselbst nicht so massenhaft angehäuft. Die Vertheilung der Mesenchymzellen im Ascidiozoidenleibe ist ziemlich schwer genau zu verfolgen. Die Zellen ändern ihre Lage beständig, und nur einzelne von ihnen fixiren sich in den spätern Entwicklungsstadien und stellen die Anlagen’der aus Mesenchym resp. aus dem Mesoderm entstehenden Organe dar. Die meisten Zellen sammeln sich wenigstens in den jüngeren Entwicklungsstadien in der untern Abtheilung des Ascidiozoids an und sind entweder schichten- weise oder einzeln gelagert, Die andern begeben sich in die seitlichen D tot Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 43 und obern Abtheilungen des Ascidiozoids, wo man sie immer zwischen den verschiedenen Organen antreffen kann. Mit den Mesenchymzellen treten auch die Kalymmocyten in die primitive Leibeshéhle ein; sie sind an ihrer eigenthümlichen Form immer zu erkennen. Von ihrem weitern Schicksal wird noch unten die Rede sein. Die wichtigsten Vorgänge, die sich auf den spätern Stadien im Mesoderm abspielen, bestehen in der Fixirung der Mesenchymzellen und in der Bildung der Anlagen der verschiedenen Organe aus den- selben, die wir jedes für sich betrachten müssen. Es bilden sich folgende Organe aus dem Mesoderm: 1) das Pericardium mit dem Herzen; 2) der Eläoblast; 3) die problematischen Organe, welche unter dem Namen der länglichen und linsenförmigen Zellenhaufen bekannt sind und von denen die ersten ihren Ursprung eigentlich den Kalym- mocyten verdanken; 4) Muskeln des Körpers und schliesslich 5) das Mesoderm des Knospenstockes, welches theils selbständig angelegt wird, theils aus der Fortsetzung des Pericardiums entsteht. Beginnen wir mit dem Pericardium. 2. Pericardium und Herz. Untersucht man einen Schnitt aus dem hintern Theile des Asci- diozoids im Stadium F (Fig. 64), so findet man daselbst folgende Verhältnisse des Mesoderms. Die meisten Mesodermzellen sind im untern Theile der Leibeshöhle des Ascidiozoids angesammelt und liegen entweder vereinzelt oder schichtenweise angeordnet. Sie sind offenbar beweglich, da man sie auf zwei auf einander folgenden Schnitten nicht in einer und derselben Lage antrifft. In den Seitentheilen des Schnittes kommen ausser den eben erwähnten beweglichen Mesenchymzellen noch gruppenweise angeordnete fixirte Zellen vor, die man auf mehreren auf einander folgenden Schnitten in einer und derselben Lage und Form findet. Dieselben ordnen sich jederseits in zwei Zellengruppen (Fig. 64, El und pc), in welchen man nach Vergleichung mit spätern Stadien die Anlagen der zwei aus dem Mesoderm entstehenden Organe, des Eläoblasts (#7) und des Pericardiums (pe), resp. des ihm entsprechenden linken soliden Strangs, erkennt. Die beiden Zellengruppen erscheinen jetzt in Form von zwei auf einander liegenden Platten, die vom hintern Ende des Ascidiozoids weit nach vorn bis zum vordern Drittheil des Ascidiozoidenleibes reichen. Die äussere von diesen beiden Zellen- gruppen liegt der untern Fläche des Ectoderms an (El) und ist ein- schichtig; die innere (pc) ist zwischen das Pericardialrohr und die 44 W. SALENSKY, Darmwand eingekeilt und nimmt auf einigen Schnitten eine dreieckige Gestalt an. Wir werden uns zunächst mit dieser letztern beschäftigen. Im Stadium G hat die Anlage der beiden Zellengruppen, von denen die rechte das Pericardium liefert, bedeutende Fortschritte ge- macht. Hier ergiebt sich zunächst ein Unterschied in der Entwick- lung zwischen der rechten und der linken innern Zellengruppe, von denen die erste sich in das Pericardium verwandelt, während die zweite immer solid bleibt und später in den Knospenstock übergeht. Die beiden sind jedoch gleich angelegt und müssen deswegen als homologe Theile des Ascidiozoidenleibes betrachtet werden. Auf Fig. 55—55 F ist eine Reihe von Querschnitten aus dem Stadium G abgebildet, in welchen sich der Bau der beiden erwähnten Mesodermzellengruppen ziemlich klar darstellt. Leider sind die Schnitte nicht ganz genau trans- versal, sondern etwas schief geführt, so dass die Organe nicht ganz symmetrisch gelagert erscheinen. Im hintersten Schnitt (Fig. 55) besteht das Mesoderm aus einer axial gelegenen untern Zellengruppe, welche ihrer Lage nach dem später auftretenden Genitalstrang ent- spricht, und aus zwei lateralen, in denen man die beiden oben be- schriebenen Zellengruppen (El und pe) leicht erkennt. Auf der linken Seite des Schnittes liegen die beiden Zellengruppen, auf der rechten konnte ich nur eine, nämlich die äussere, unterscheiden. Auf dem unmittelbar folgenden, weiter nach vorn geführten Schnitt (Fig. 55 A) sind schon die beiden symmetrisch gelagerten innern Zellengruppen (pe u. pc') deutlich zu erkennen. ° Die auf der linken Seite ist lamellôs und besteht aus einer Zellenlage ; die auf der rechten Seite hat eine ovale Gestalt und ist nach oben von einer andern, ebenfalls (im Querschnitt) ovalen Zellengruppe begrenzt (prbr), welche nichts andres als das hintere Ende des rechten Peribranchialrohrs darstellt. Im Schnitt Fig. 55 B, welcher aus der Region der hintern Kiemenspalte entstammt, bleiben die Bauverhältnisse der Zellengruppe der rechten Seite dieselben, während die auf der linken Seite nur durch eine Zelle repräsentirt ist; offenbar ist in diesem Schnitt das vordere Ende der linken Zellengruppe getroffen. In dem weiter nach vorn liegenden Schnitt (Fig. 55 C) ist sie nicht mehr zu erkennen, während die rechte Zellengruppe etwas mehr ausgewachsen ist und auf dem Schnitt Fig. 55 D in Form einer hohlen Blase hervortritt, die wir als Peri- cardialblase bezeichnen werden. Die beiden Peribranchialröhren, von denen die rechte der Pericardialblase anliegt, erscheinen auf diesem Schnitt ebenfalls als zwei hohle Blasen. Die Pericardialblase ist weiter nach vorn noch auf zwei Schnitten (Fig. 55 E und F) zu verfolgen, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 45 nimmt aber auf dem letztern an Umfang ab und hört in dem darauf folgenden Schnitt gänzlich auf. Die Vergleichung der eben beschriebenen Schnitte führt uns zu folgender Vorstellung von der Anlage des Pericardiums und der ihm entsprechenden linken Zellengruppe. Das Pericardium entsteht aus der rechten von den zwei symmetrisch gelagerten Mesenchymzellen- gruppen, die gleich nach dem Schluss der untern Wand des Ascidio- zoids den fixirten Mesenchymzellen entstammen. Die der Peri- cardialanlage entsprechende linke Mesenchymzellengruppe bekommt nie eine Höhle, bleibt immer solid. Als Anlage der Pericardialhöhle dürfte nur eine kleine vordere Abtheilung der rechten Mesenchym- zellengruppe betrachtet werden, da der hintere Theil derselben solid bleibt, der Darmhöhlenwand dicht anliegt und sich mit der linken Zellengruppe an der Bildung der Mesodermstränge des Knospen- stocks betheiligt. À Die weitern Entwicklungsvorgänge der Pericardialblase bestehen zunächst im Wachsthum derselben. Im Stadium H stellt das Peri- cardium einen ovalen, zwischen dem Eläoblast und der Darmhöhle liegenden und aus gleichartig gebauten und gleich dicken Wänden bestehenden Sack dar (Fig. 65). Alsdann findet die Ausbildung des Herzens in ihm statt. Dieser Process geht hier in derselben Weise wie beim Cyathozoid vor sich und fängt mit der Verdickung der innern, der Darmhöhle anliegenden Wand des Pericardiums an (Fig. 57, 57 A, Hz). Die ersten Spuren der Herzbildung treten im Stadium J auf. Eine Reihe von Querschnitten ist auf Fig. 58 C—G dargestellt; dieselben erläutern auch die wichtigen Verhältnisse des hintern Fort- satzes der Pericardialblase und der linken Mesodermzellengruppe. Wenn wir mit den hintersten Schnitten (Fig. 58 F u. G) anfangen, so treffen wir dort zwischen dem stark entwickelten Eläoblast und der Darmwand zu beiden Seiten der letztern zwei Zellengruppen (Ksm u. Ksm’), welche, wie es sich auf den folgenden Schnitten erweist, die Querschnitte der Mesodermstränge (Mesodermzellengruppen) darstellen. Sie sind vollkommen gleich gebaut, aber zwei Schnitte nach vorn tritt ein Unterschied zwischen der rechten und der linken Zellengruppe hervor: die linke Gruppe bleibt solid (Xsm’), während in der rechten eine kleine Höhle erscheint (Fig. 58 E, Pc), welche auf den weiter nach vorn geführten Schnitten weiter wird und die Pericardialhöhle darstellt (Fig. 58 C). Die Pericardialblase ist abgeplattet und der “Form der benachbarten Organe entsprechend gekrümmt. Ihre äussere Wand besteht aus kleinern Zellen als die innere, die der Darmwand 46 W. SALENSKY, anliegt; die Verdickung der letztern stellt die Anlage des Herzens dar (Fig. 58 C, Hz). Die Pericardialblase behält noch lange die eben beschriebene Form; sie wächst bedeutend, und dabei platten ihre Zellen sich stark ab. Endlich stülpt sich die Herzanlage in die Pericardialhöhle ein; diese Einstülpung geht in der bekannten Weise vor sich, zeichnet sich vor der beim Cyathozoid beschriebenen nur insofern aus, als sie nur einen kleinen Theil der untern Pericardialwand in Anspruch nimmt. In Folge dessen erscheint das Herz der Ascidiozoide im Verhältniss zur Pericardialhöhle bedeutend kleiner, als es beim Cyathozoid der Fall ist. Das älteste Stadium der Entwicklung des Herzens ist auf dem Schnitt Fig. 37 C abgebildet; man sieht darauf den Zusammenhang der Pericardialblase mit der Mesodermzellengruppe, resp. dem Seiten- strang des Keimstocks. Die Pericardialblase ist weit und dünnwandig geworden ; sie behält ihre frühere Stellung zwischen dem Eläoblast und der Darmwand und besteht aus stark abgeplatteten Zellen, die sehr weit ausgedehnt sind und sich deswegen in spärlicher Anzahl vor- finden. Das Herz stellt eine rinnenförmige Einstülpurg der untern Wand der Pericardialhöhle dar; die letztere ist mit der Wand der primitiven Darmhöhle verwachsen, so dass die Herzhöhle durch die- selbe geschlossen und in ein Rohr verwandelt wird. Diese Bauver- hältnisse sind mit denjenigen des Herzens des Cyathozoids vollkommen identisch. 3. Eläoblast. Die erste Anlage des Eläoblasts wurde schon oben besprochen. Sie tritt sehr früh auf, ist schon unmittelbar nach dem Schluss der Bauchwände im Ascidiozoid aufzufinden und erscheint daselbst in Form von zwei aus je einer Zellenlage bestehenden und symmetrisch ge- stellten Zellenplatten (Fig. 55, El). Die Zellen der Eläoblastanlage sind klein, cubisch, etwas abgeplattet und bestehen aus fein- körnigem Plasma und aus einem distincten Kern. In diesem Zu- stand ragt der Eläoblast noch nicht nach aussen hervor, ist aber schon an Oberflächenansichten wahrzunehmen. Im Stadium H (Fig. 65, £0) nehmen die Zellen des Eläoblasts eine cylindrische Gestalt an; in Folge dieser Veränderung wird die Anlage des Eläoblasts dicker und tritt in Form von zwei Lappen zu beiden Seiten der primitiven Darm- höhble nach aussen hervor. Gleichzeitig damit gehen auch im Bau der Eläoblastzellen wichtige Veränderungen vor sich. Das Proto- plasma dieser Zellen erscheint in ‘Folge der Vacuolisirung durchsichtig PE Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 47 und die Zellen erhalten das für den Eläoblast charakteristische blasen- förmige Aussehen. Die Vacuolen treten zunächst in den beiden ent- gegengesetzten Enden der cylindrischen Eläoblastzellen auf, während der centrale Theil derselben ein feinkörniges, um den Kern gelegenes, sternförmig ausgebreitetes Protoplasma enthält. Die Zellen bekommen dadurch eine Aehnlichkeit mit Pflanzenzellen, welche für den Eläoblast aller Tunicaten sehr charakteristisch ist. In Folge des weitern Wachsthums des Eläoblasts ragt derselbe im Stadium S nicht nur stark hervor, sondern ist von den benach- barten Theilen des Ascidiozoids durch eine Rinne abgeschnürt (Fig. 58, 66, 43 u. 43 A). Er besteht aus ein bis zwei Lagen cylindrischer, durchsichtiger Zellen, die ziemlich scharf von einander abgetrennt sind. Dieses Stadium ist das letzte, in welchem der epitheliale Cha- rakter des Eläoblasts noch deutlich ausgeprägt erscheint. In den weitern Stadien erhalten die Zellen eine mehr unregelmässige Gestalt, verlieren ihre scharfen Contouren, verwandeln sich in ausgebuchtete grosse Blasen, deren Zellen nur an der Zahl der kleinen, scharf her- vortretenden Kerne kenntlich sind. Diese auf die Degeneration des Eläoblasts hinweisenden Vorgänge stören jedoch das Wachsthum des Organs nicht. Seine beiden Hälften erscheinen im Stadium O (Fig. 37, 37 A—C) noch als zwei grosse, nach vorn etwas zugespitzte Lappen, die auf Querschnitten durch den hintern Theil des Ascidiozoids beinahe viereckig erscheinen und den kleinen Blutsinus begrenzen. Die oben hervorgehobene Reduction im histologischen Bau des Eläoblasts stellt jedenfalls den Beginn des später, nach dem Ausschlüpfen des Embryos, eintretenden Untergangs desselben dar. 4. „Längliche“ und „linsenförmige“ Zellenhaufen. Im Pyrosomenleibe kommen zwei problematische Organe vor, die man bereits seit den Untersuchungen von Saviany kennt, deren Function aber trotzdem bis jetzt vollkommen dunkel geblieben ist. Es sind zwei symmetrisch gestaltete paarige Zellenhaufen, von denen ein Paar am vordersten Ende der Kiemen „zwischen der innern und äussern Haut“ (KEFERSTEIN & EHLERS, Zoologische Beiträge, 1861, p. 77), das andere „an der Hirnseite neben den Kiemen im Blutsinus“ liegt. Nachdem alle frühern Benennungen derselben, die auf Ver- muthungen über ihre Function begründet waren, sich als unzutreffend erwiesen haben, nennt man jetzt diese Organe, nach dem Vorschlage von KEFERSTEIN & EHLERS „linsenförmige“ und „längliche“ Zellen- haufen. Diese Benennung werde auch ich beibehalten, da sie von der 48 W. SALENSKY, physiologischen Function der in Rede stehenden Organe unabhängig ist. Der histologische Bau dieser Organe in ihrem ausgebildeten Zu- stande ist auch wenig bekannt; ich kann leider auch nicht viel dazu beitragen, da ich zur Zeit, als ich die Entwicklung dieser Organe studirte, keine gut conservirten Pyrosomenstöcke zur Verfügung hatte. Was ich hier über die Entwicklung dieser Organe berichten kann, weist zunächst darauf hin, dass sie ihrer Entstehung nach verschieden sind und folglich auch im ausgebildeten Zustand durch ihren Bau von einander unterschieden sein dürften. Die beiderlei Organe treten auch nicht gleichzeitig auf. Zuerst, und zwar ziemlich frühzeitig, kommen die beiden länglichen Zellenhaufen zum Vorschein. Sie bilden sich allmählich, und es ist sehr schwer, den Zeitpunkt zu bestimmen, an welchem ihre Bil- dung anfängt. Das Material für die Entwicklung dieser Organe wird ausschliesslich von den Kalymmocyten geliefert, welche aus dem Cyathozoid in Gemeinschaft mit den übrigen Mesenchymzellen ins Innere des Ascidiozoidenleibes einwandern. Die meisten von diesen Zellen sammeln sich in dem Blutsinus des hintern Körpertheils der Ascidiozoide an und sind schon im Stadium J, wie die beigefügten Schnitte (Fig. 58 D u. E) beweisen, in grosser Anzahl angetroffen (Klme). Der Weg, welchen sie nehmen, ist derselbe wie für die andern Mesenchymzellen, und man kann in dem Wurzeltheile des Stolos, zwischen den übrigen Mesenchymzellen, auch die in der Wanderung begriffenen Kalymmocyten finden. Später, nach der Ausbildung des weiter unten zu betrachtenden pharyngealen Blutsinus, gehen sie durch diesen hindurch, um in den hintern Theil des Blutsinus zu gelangen. Von hier aus erfolgt die weitere Bewegung der Kalymmocyten bei jedem Ascidiozoid für sich durch die zwischen den Organen. befind- lichen Spalten; man trifft sie grösstentheils vereinzelt zwischen dem Eläoblast und den Peribranchialhöhlen oder zwischen den letztern und dem Ectoderm (Fig. 58, 66, 66 A, 57 A u. 43, Kime). Der be- liebteste Weg ist die Spalte zwischen dem Eläoblast und dem Ecto- derm ; von hier aus können sie auch in den Raum zwischen den Peri- branchialhöhlen und dem Eläoblast gelangen, sich weiter nach vorn bewegen und zwischen den Peribranchialröhren und dem Ectoderm des vordern Körpertheils ansammeln. Es bilden sich in dieser Weise zwei symmetrisch gelagerte Zellenplatten, die sich von vorn nach hinten zu beiden Seiten der Peribranchialhöhle erstrecken (Fig. 59, Lzgr). In diesen Platten erkennt man sogleich die länglichen Körperhaufen von Kererstein & Euters. Das weitere Wachsthum der in Rede stehenden ee a u rn. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 49 Organe findet durch beständig fortgesetzte Einwanderung von Kalym- mocyten statt. Die letztern sind sehr stark an einander gerückt, so dass ihre Gruppen sich vollkommen verwischen, und sie verwandeln sich schliesslich vom Stadium L an (vergl. den Querschnitt Fig. 59), in eine feinkörnige Masse, in welcher die Kerne unregelmässig zer- streut sind. Die „linsenförmigen“ Zellenhaufen bilden sich bedeutend später als die „länglichen“, unterscheiden sich dabei auch durch ihren Bau von diesen letztern so scharf, dass man ihnen schon von vorn- herein einen verschiedenen Ursprung zuschreiben muss. Die linsen- förmigen, welche beim ausgebildeten Thier paarig erscheinen, werden unpaarig angelegt. Dieser einzige Zellenhaufen besteht ausschliesslich aus Mesenchymzellen. Seiner Bildung nach hängt dieses Organ mit dem sogen. Rückenzapfen des Entoderms resp. der Athemhöhle zusammen. Die beiden Organe kommen gleichzeitig zum Vorschein; die erste Anlage derselben findet man im Stadium M (Fig. 50 Lnsz). Der Zellen- haufen liegt im Blutsinus, wo er auch beim Thiere seinen Platz hat, und stellt eigentlich nichts anderes dar als einen Zellenhaufen, welcher die Höhle des Rückenzapfens ausfüllt und sich ausserhalb derselben scheibenförmig ausbreitet. Die im Innern des Rückenzapfens befind- lichen Zellen des linsenförmigen Zellenhaufens bilden eine compacte Masse; diejenigen, welche ausserhalb des Rückenzapfens liegen, sind viel lockrer mit einander verbunden und bewahren das Aussehen von freien Mesenchymzellen. Das allgemeine Aussehen des linsenförmigen Zellenhaufens macht überhaupt nicht den Eindruck eines differenzirten Organs, sondern vielmehr einer Anhäufung von frei beweglichen Zellen, die zu irgend einem Zweck in der Leibeshöhle angesammelt sind. 5. Muskeln. Die Pyrosomen sind bekanntlich mit einem sehr wenig entwickelten Muskelsystem versehen. Sie besitzen nur einzelne Muskelfibrillen, die meistens ringförmig verlaufen und die Athemhöhle umgürten. Ausser diesen sind noch einzelne specielle Muskeln vorhanden, welche die Ingestions- resp. Egestionsöffnungen umgeben und als Constrictoren derselben dienen. Die Anlagen der Körpermuskeln sind schon im Stadium L zu beobachten. Sie erscheinen in Form von feinen Zellenreifen, welche zwischen dem Ectoderm und den Peribranchialhöhlen liegen und 1—3 Zellenreihen enthalten. Der am meisten entwickelte von diesen Zellen- reifen befindet sich im hintern Theil des Ascidiozoids und entspricht Zool. Jahrb, V. Abth, f. Morph, 4 50 W. SALENSKY, dem Atrialmuskel von Huxtey; er ist im Querschnitt auf Fig. 59 B, Mr abgebildet. In diesem Stadium findet bereits die Bildung der Längsmuskelfibrillen in der Muskelanlage statt. Dieselben erscheinen im peripherischen Theil des Schnitts in Form von dreieckigen, stark lichtbrechenden Körperchen, die offenbar Querschnitte der prismatischen Fibrillen darstellen. Die Ausbildung der Muskelfibrillen ist von SEE- LIGER genau beschrieben und abgebildet, und ich kann die SEELIGER’- schen Angaben über die histologische Differenzirung der Muskelanlagen vollkommen bestätigen. Der Constrictor der Ingestionsöffnung ist zur Zeit der Bildung der Ingestionsöffnung angelegt (Fig. 65 E, Mcon), Er entsteht aus fixirten Mesenchymzellen, die sich um die Ingestionseinstülpung ring- förmig gruppiren und eine vollkommne Aehnlichkeit mit der Anlage des Atrialmuskelreifens darbieten; diese Anlage zeichnet sich vor der letztgenannten nur durch ihre grössere Stärke aus. Die weitere Aus- bildung des Constrictors geht in vollkommen gleicher Weise wie die des Atrialmuskels vor sich. Als einen Unterschied in der Entwicklung dieser beiden Muskeln muss ich nur hervorheben, dass der Constrictor, welcher in den ersten Entwicklungsstadien solid angelegt ist, sich später aushöhlt und in ein Rohr verwandelt, welches jedoch wiederum von Zellen ausgefüllt wird und in einen soliden Ringmuskel übergeht. 6. Mesoderm des Keimstocks. Die zum Ausschlüpfen reifen Ascidiozoide sind, wie SEELIGER gezeigt hat, mit einen Keimstock versehen, welcher, lange bevor er die Stufe eines zur Proliferation fertigen Stolos erreicht, doch bereits die wichtigsten Organe, die Fortsetzung der Darmhöhle, zwei Meso- dermstränge und eine Anlage des Genitalstranges, besitzt. SEELIGER hat auch gezeigt, dass alle diese Organe des Keimstocks bereits in einem ziemlich frühen Entwicklungsstadium angelegt sind. Nach den Angaben dieses Forschers soll der Keimstock zunächst aus einer Fort- setzung des Entoderms resp. der Athemhöhle und aus einer Mesen- chymzellenmasse bestehen, aus welcher der Genitalstrang und die beiden Mesodermstränge sich herausbilden. Später sollen nach ihm die beiden Mesodermstränge sich in die Peribranchialröhren verwan- deln, während aus dem Genitalstrang nicht’ nur die Geschlechtsorgane, sondern auch das ganze Mesoderm der sich später bildenden Ascidio- zoide entsteht. Die Mesodermstränge stehen, nach SEELIGER, in keiner Beziehung zu irgend einem Organ des mütterlichen Organismus und entwickeln sich unmittelbar aus den fixirten Mesenchymzellen, Die PET. US PTT RES Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 51 Prüfung der SeELıGer’schen Ansichten kann nur durch genaue Unter- suchung der Entwicklung der Mesodermstränge und des Genitalrohrs geschehen, und wir gehen daher zur Beschreibung derselben über. Mesodermstränge des Keimstocks. Bei der Betrach- tung der Entwicklung des Pericardiums wurde schon gezeigt, dass die Mesodermstränge des Keimstocks aus einer mit dem Pericardium ge- meinschaftlichen Anlage entstehen und also viel früher angelegt sind, als es von SEELIGER angegeben wurde. Diese Ergebnisse habe ich aus der Untersuchung einer grossen Reihe der Schnitte aus verschie- denen Entwicklungsstadien gewonnen. Vor einigen Jahren habe ich eine ähnliche Entwicklungsart der Mesodermstränge bei den Salpen constatirt, dieselbe wurde aber später von SEELIGER in Zweifel ge- zogen. Um meine frühere Behauptung zu controliren, habe ich den Entwicklungsvorgängen der Mesodermstränge bei den Pyrosomen be- sondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die ersten Anlagen der Mesodermstränge wurden schon oben genau betrachtet, weil sie im innigsten Zusammenhang mit der Entwicklung des Pericardiums stehen. Ich will jetzt hauptsächlich die weiteren Entwicklungsstadien derselben darstellen; bevor ich jedoch zu denselben komme, will ich die allgemeinen Entwicklungsverhältnisse des Keim- stocks und den Bau desjenigen Theils des Ascidiozoidenleibes beschreiben, in welchem der letztere entsteht. Wir müssen deshalb zu den ersten Entwicklungsstadien des Stolos des Cyathozoids zurückkehren. Der Stolo stellt anfänglich ein hohles Rohr dar, in welchem central das Darmrohr, lateral und etwas auf- warts die beiden Peribranchialröhren liegen. In der Höhle circuliren die Meseuchymzellen, die in derselben einen weiten Spielraum für ihre Bewegungen finden; die Stolohöhle stellt somit einen weiten Blutsinus dar, in welchem das aus dem Ascidiozoid kommende Blut nach allen Richtungen das Darmrohr umspülen kann. Bald nach der Schliessung der untern Wand des Ascidiozoids erfolgt aber eine Theilung des gemeinschaftlichen Blutsinus in zwei Theilen; dieselbe kommt dadurch zu Stande, dass im hintern Theile des Ascidiozoids zwei Gruppen von fixirten Mesodermzellen auftreten, die wir oben schon als die Anlagen des Eläoblasts und des Pericardiums kennen gelernt haben. Dieselben liegen einerseits der Darmwand, andrerseits dem Ectoderm dicht an and theilen den gemeinschaftlichen Blutsinus, resp. die primitive Leibes- höhle in zwei Blutsinuse, von denen der eine oberhalb des Darmrohrs, der andre unterhalb desselben liegt. Den erstern will ich als Sinus supraintestinalis, den zweiten als Sinus subintestinalis bezeichnen 59 W. SALENSKY, (Fig. 67, spits, sbits). Die beiden stehen am hintern Theile des Asci- diozoids in einander über. Die eben beschriebenen Verhältnisse treffen wir schon im Stadium F an (Fig. 64). Die Scheidung der beiden Blutsinuse von einander wird noch voll- ständiger, sobald die beiden Peribranchialröhren auswachsen (Fig. 55— 55 G). Die beiden Blutsinuse werden dadurch nicht nur im hintern Theil des Ascidiozoids, sondern auch im vordern Theil desselben von einander geschieden. Man beachte aber, dass das parietale Blatt der Peribranchialhöhlen nicht mit dem Ectoderm verwächst, sondern dem letztern nur dicht anliegt. Dadurch wird einigen in der primi- tiven Leibeshöhle sich befindenden Zellen die Möglichkeit geboten, zwischen den beiden Blättern hindurchzukriechen und aus dem sub- intestinalen Blutsinus in den supraintestinalen einzuwandern, was eben bei der Bildung der länglichen Zellenhaufen in der That geschieht. Aehnlich sind die Verhältnisse auch zwischen dem Eläoblast und dem Ectoderm, welche ebenfalls aus einander geschoben werden können und in dieser Weise den Raum bilden, durch welchen die Zellen wandern. Niemals habe ich die Zellen zwischen dem Pericardium und dem Eläo- blast oder zwischen dem Pericardium und der Darmwand angetroffen, und daraus schliesse ich, dass diese Organe fest mit einander ver- wachsen sind. In den weitern Entwicklungsstadien, in welchen der Eläoblast in Form von zwei lappenförmigen Auftreibungen hervorragt, ist der Zu- sammenhang desselben mit der Pericardialblase und mit dem linken Mesodermstrang noch inniger geworden. Die hintere Abtheilung des subintestinalen Blutsinus spielt nun eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Keimstocks. Noch lange bevor der Keimstock nach aussen hervorragt, tritt an der untern Wand des subintestinalen Blut- sinus eine Gruppe von fixirten Mesenchymzellen auf, welche die erste Anlage des Genitalstrangs darstellt (Fig. 58, @st). Dadurch wird die Stelle angedeutet, wo später der Keimstock sich ausstülpt. Weder von aussen, noch auf Querschnitten kann man zu dieser Zeit eine Her- vorragung der äussern Wand des Ascidiozoids wahrnehmen, welche auf die Existenz des Keimstocks hindeutete. Der Keimstock tritt erst im Stadium N nach aussen hervor, und dies wird durch die Bildung eines nach unten und zur Längsaxe des Ascidiozoids senkrecht gestellten Endostylfortsatzes hervorgerufen (Fig. 67—67 D). An der Bildung des Keimstocks betheiligt sich der subintestinale Blutsinus, welcher die Höhle desselben liefert. Der supraintestinale Sinus hat keine Be- ziehung zur Bildung des Keimstocks; er geht aus einem Ascidiozoid OO EE ne nd + à Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 53 in das andre durch das Verbindungsrohr über, welches überhaupt die Communication zwischen den auf einander folgenden Ascidiozoiden vermittelt. Bevor der Keimstock von aussen her bemerklich wird, treten in der Lage der oben betrachteten Mesodermstränge wichtige Verände- rungen ein. In den ersten Entwicklungsstadien liegen das Pericardium und der linke Mesodermzellenstrang (die linke Mesodermzellengruppe, wie derselbe oben genannt wurde) der Längsebene des Ascidiozoiden- Ieibes parallel und reichen nach hinten bis an die Einschnürung des Ascidiozoids, resp. bis an die Anlage des Verbindungsrohrs hin. Im Stadium K ändert sich die Lage des rechten Mesodermstrangs zur Pericardialhöble und zur Längsaxe des Ascidiozoids insofern, als dieser Strang von der Pericardialblase sich ablenkt und beinahe senkrecht zu stehen kommt. Zwei auf Fig. 66 A u. B abgebildete Längsschnitte des Ascidiozoids aus dem Stadium K werden die eben hervorgehobenen Verhältnisse erläutern. Die Schnitte sind nicht ganz sagittal geführt und daher die beiden Eläoblastlappen auf einem und demselben Schnitte getroffen. Die Pericardialblase (Pc) ist länglich oval, liegt zwischen dem Eläoblast und der Darmwand und setzt sich nach hinten in den Mesodermstrang (Ksmr) fort. Da der Schnitt nicht ganz sagittal, sondern etwas tangential geführt ist, so entspricht die Rich- tung des zwischen den beiden Eläoblastlappen liegenden Mesoderm- stranges genau der Längsaxe des künftigen Keimstocks. Der Meso- dermstrang ist also von der Pericardialblase nach aussen abgelenkt und beinahe rechtwinklig zu derselben gebogen. Noch deutlicher treten diese Lageverhältnisse auf den Querschnitten aus einem weiter entwickelten Ascidiozoid hervor. Fig. 37 C stellt einen Querschnitt durch den hintern Theil des Ascidiozoids aus dem Stadium O dar. Auf der betreffenden Figur sind nur der rechte Eläoblastlappen, der Keimstock und das Pericardium mit dem dazu gehörenden rechten Mesodermstrang getroffen- Im Innern des Keimstocks liegt der Endo- stylfortsatz und seitwärts von diesem der rechte Mesodermstrang, welcher seine definitive Lage angenommen hat, indem er senkrecht zur Pericardialblase steht. Der Strang ist mit der Pericardialblase nur durch eine stark in-die Länge gezogene Zelle verbunden. Da ich die postembryonale Entwicklung von Pyrosoma nicht untersucht habe, kann ich nicht sagen, welche Bedeutung diese Verdünnung des proximalen Theiles des Mesodermstranges hat; es ist aber sehr wahrscheinlich, dass gerade an dieser Stelle der Mesodermstrang später von der Peri- cardialblase abreisst, 54 W. SALENSKY, Der Bau des Keimstocks und seiner Mesodermstränge tritt auf Längsschnitten des Ascidiozoids aus dem Stadium O sehr deutlich hervor (Fig. 67—67 D). Auf dem durch den Keimstrang median ge- führten Schnitte sieht man, dass das hintere Ende des Endostyls sich zu einem Rohr schliesst (Fig. 67, Endr); an der Ansatzstelle des Keimstocks weist dasselbe eine kleine ringförmige Einschnürung auf und setzt sich nach unten in eine blasenförmige Ausstülpung fort, die in den Keimstock hineinragt und das Darmrohr desselben darstellt (Ksdm). Der Endostylfortsatz ist mittels seiner Spitze mit dem Ecto- derm verbunden; er liegt in der Ausstülpung des subintestinalen Blut- sinus (sbits), und sein weiteres Wachsthum ist durch diese günstigen Ernährungsbedingungen gesichert. Der folgende Schnitt (Fig. 67 A) ist etwas lateralwärts von dem eben betrachteten geführt und zeigt ausser den besprochenen Organen noch den Mesodermstrang, welcher in den darauf folgendem Schnitten (Fig. 67 B u. C) noch deutlicher hervortritt. Die Form des Mesodermstranges stimmt mit der eben auf den Querschnitten wahrgenommenen vollkommen überein. Des Mesodermstrang ist nach seinem freien Ende, resp. nach der Spitze des Keimstocks zu erweitert, hängt mit der Pericardialblase (welche von dem Schnitte nur theilweise getroffen ist) durch sein oberes zuge- spitztes Ende zusammen und bietet im Allgemeinen eine dreieckige Gestalt dar. Den Schnitt Fig. 68, welcher durch den Randtheil des Keimstocks geführt ist, füge ich nur bei, um zu beweisen, dass die Höhle des Keimstocks nichts andres als der subintestinale Blutsinus ist (sbits). Die eben dargelegten Ergebnisse meiner Untersuchung in Bezug auf die Entwicklung der Mesodermstränge im Keimstock der Pyrosomen weichen in mehreren Beziehungen von den SEELIGER’schen ab. SEE- LIGER, Welcher die Mesodermstränge als die Anlagen der Peribranchial- röhren betrachtet, leitet sie von den freien Mesenchymzellen ab. Mit dieser Angabe SEELIGER’S bin ich insofern. einverstanden, als nach meinen Untersuchungen die Mesodermstränge, wie überhaupt alle Meso- dermbildungen des Ascidiozoids, in letzter Instanz aus den zuerst freien und später fixirten Mesenchymzellen, Mesodermzellengruppen, entstehen. SEELIGER hat aber dabei eine sehr wichtige Thatsache übersehen, nämlich dass die Mesodermstränge, resp. einer derselben, mit der Peri- cardialblase zusammen aus einer und derselben Anlage entsteht. Ich will hier die Wichtigkeit dieser Thatsache nicht weiter erörtern — das wird im allgemeinen Theil geschehen — muss aber besonders her- vorheben, dass die morphologische Bedeutung der Mesodermstränge Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 55 durch diese Thatsache in ein andres Licht tritt. Ich will nur noch ein paar Worte über SEELIGERS Deutung der Mesodermstränge als Anlagen der Peribranchialröhren hinzufügen. Ich kann ganz bestimmt behaupten, dass die von SEELIGER beschriebenen und auf seiner Fig. 95 abgebildeten Höhlen in den Mesodermsträngen, wenigstens in diesem Stadium, nicht vorhanden sind. Auch in den spätern Stadien habe ich sie nicht angetroffen und vermuthe deswegen, dass dieselben nichts andres als Kunstproducte sind. Die Entstehung der Pericardialröhren aus den Mesodermsträngen scheint mir auch von vornherein sehr zweifelhaft. Der hervorragende Unterschied, welchen die Peribranchial- röhren der durch Knospung entstandenen Ascidiozoide im Falle solcher Entstehung gegenüber denen des Cyathozoids und des aus ihm ent- stehenden ersten Ascidiozoids darbieten würde, spricht gegen diese Angaben SEELIGER’S und lässt vermuthen, dass die wirkliche Anlage der Peribranchialröhren, die in Form von äusserst kleinen Ectoderm- einstülpungen erscheinen kann, von SEELIGER übersehen ist. Genitalstrang. SEELIGER verlegt das erste Auftreten des Genitalstrangs in das Stadium, welches etwas älter als das von Kowa- LEWSKY auf seiner fig. 50 abgebildete ist. Nach SEELIGER’S Abbil- dungen zu urtheilen, sollen die Ascidiozoide in diesem Stadium einen wohl entwickelten und mit dem Endostylfortsatz versehenen Keimstock besitzen. Die Zellen des Genitalstranges stammen nach diesem Forscher von den freien Mesenchymzellen ab, die sich zu diesem Zweck fixiren und eine Zellengruppe bilden. Ich habe schon oben darauf aufmerk- sam gemacht, dass die Anlage des Genitalstrangs in einem viel frühern Stadium auftritt, als es SEELIGER angiebt. Einige Andeutungen von der Bildung des Genitalstrangs sind schon im Stadium G, also ziem- lich gleichzeitig mit dem Auftreten der Mesodermstränge, vorhanden (Fig. 55, Gst). In einigen Schnitten von Ascidiozoiden aus diesem Stadium konnte ich am Boden des subintestinalen Blutsinus die Zellen- gruppe unterscheiden, welche ihrer Stellung nach dem in den spätern Stadien existirenden Genitalstrang genau entspricht. Ob diese Zellen vollkommen fixirt sind, konnte ich nicht entscheiden. Im Stadium J (Fig. 58) tritt der Genitalstrang schon deutlich hervor. Er erscheint in. Form eines kurzen Stranges, liegt der innern Fläche des Blutsinus dicht an und besteht aus runden, resp. poly- gonalen Zellen. Nach innen ragt er ziemlich weit in den Blutsinus hinein und kommt mit dem Blutstrom in innigste Berührung. Der hintere Theil des Genitalstranges ist breiter als der vordere (vergl. Fig. 58 G und 58 D); nach vorn zu erscheint derselbe abgeplattet, und 56 W. SALENSKY, ungefähr auf dem Niveau des hintern Theils des Pericardiums wird er nur durch etwa 3—4 Zellen dargestellt. Hier hört er auf; nach hinten reicht er bis zur Einschnürung, durch welche das betreffende Ascidiozoid von dem benachbarten geschieden ist. Zwischen den Zellen, die im subintestinalen Blutsinus circuliren, konnte ich die Mesenchym- zellen und die Kalymmocyten unterscheiden und habe danach ge- trachtet, die Frage zu entscheiden, welche von diesen Zellen sich an der Bildung des Genitalstranges betheiligen. Meine Untersuchungen haben mich zu dem Schluss geführt, dass es die Mesodermzellen sind, denen die Hauptrolle bei der Bildung des Genitalstrangs zuzuschreiben ist. Ich kann aber die Betheiligung der Kalymmocyten nicht ganz in Abrede stellen, da manchmal im Innern des Genitalstrangs Zellen vor- kommen, welche den Kalymmocyten sehr ähnlich sehen. In dem darauf folgenden Stadium K spielen sich im Genitalstrang wichtige Veränderungen ab. Die früher solide Anlage dieses Organs erhält eine Höhle und verwandelt sich in eine Blase (Fig. 57 A u. B, Gst). Die Structur des Genitalstrangs verändert sich dabei nicht unbedeutend, indem seine Zellen, der neuen Form des Genitalstrangs entsprechend, sich epithelartig anordnen. Die Genitalblase ist an beiden Enden geschlossen. Bei den Ascidiozoiden aus dem Stadium O scheint die Höhle des Genitalstrangs wieder abzunehmen, denn auf den meisten Schnitten habe ich dieses Organ solid angetroffen; auf einem oder mitunter zwei Schnitten erkennt man jedoch eine ovale Höhle im Innern des Genital- stranges, und seine Zellen erscheinen an diesen Stellen epithelartig angeordnet (Fig. 37, 37 C, Gst). Was die Lage des Genitalstrangs anbetrifft, so nimmt er die Stelle an der vordern Wand des Keim- stocks ein. Zum Schluss muss ich hervorheben, dass die Zellen des Genital- stranges ziemlich gleichartig sind; in keinem Falle konnte ich Zellen auffinden, die sich durch ihre Grösse von den andern auszeichneten und für junge Eier genommen werden‘ könnten. Niemals habe ich eine Differenzirung des Genitalstranges in zwei Theile wahrgenommen, wie sie von SEELIGER auf seinen Figg. 28, 29 und 32 abgebildet und als Theilung des Keimstranges in die „mesodermale Zellengruppe und in die Anlage des Zwitterapparats“ erklärt wurde. Auf einigen Längs- schnitten habe ich Zellengruppen angetroften, die ihrer Lage und ihrer Form nach denjenigen Zellen entsprechen, von welchen SEELIGER den Zwitterapparat der ersten vier Ascidiozoide herzuleiten versucht, doch haben sich diese Zellen bei genauerer Untersuchung als Conglomerate Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen, 57 von Mesenchymzellen resp. Kalymmocyten erwiesen, die im Blutsinus von Pyrosoma in verschiedenen Stadien oft massenhaft auftreten und in keiner Beziehung zur Entwicklung des Geschlechtsapparats stehen. Das Entoderm und seine Derivate. Bei der Beschreibung der letzten Entwicklungsstadien der Keim- scheibe habe ich hervorgehoben, dass in der Darmhöhle derselben zwei Theile, ein vorderer und ein hinterer, streng zu unterscheiden sind. Der letztere zeichnet sich vor dem erstern durch die Anwesenheit des En- dostyls aus. Die weitern Entwicklungsstadien des Embryos weisen darauf hin, dass dieser Unterschied tiefgreifender ist, als man von vorn- herein vermuthen möchte. Der vordere Theil bleibt im Cyathozoid und stellt somit die Darmhöhle der Ammengeneration dar, der hintere geht in den Stolo über und muss als die Anlage der Darmhöhle und ihrer Annexe in den Ascidiozoiden betrachtet werden. Die weitern Entwicklungsvorgänge in den beiden angedeuteten Theilen sind sehr verschieden, und wir wenden uns zunächst zur Betrachtung der Ent- wicklung der Darmhöhle des Cyathozoids. A. Cyathozoid. Es ist schon aus den ältern Beobachtungen von KOWALEWSKY und HuxtLey bekannt, dass die Darmhöhle des Cyathozoids viel ein- facher gebaut ist als diejenige der Ascidiozoide; demzufolge bietet sie auch viel einfachere Entwicklungsverhältnisse als diese dar. Sie stellt einen geräumigen und dickwandigen Sack dar und liegt in den jüngern Entwicklungsstadien dem Ectoderm dicht an; später wird sie, in Folge der Ausbreitung der primitiven Leibeshöhle, nach innen ge- schoben. In histologischer Beziehung bleibt sie ziemlich unverändert, und wir brauchen uns nicht dabei aufzuhalten. Die wichtigsten Vorgänge in der Entwicklung der Darmhöhle des Cyathozoids beziehen sich auf die Bildung der cloacalen Einstülpung, von der schon oben, bei der Betrachtung der Peribranchialröhren, die Rede war. Hier will ich besonders die weitern Entwicklungsvorgänge in der cloacalen Einstülpung näher berücksichtigen. Die erste Anlage der cloacalen Einstülpung tritt im Stadium D als eine kleine, vor dem Nervensystem und den Peribranchialröhren liegende Ectodermvertiefung auf. Die Bauverhältnisse des Cyathozoids zu dieser Entwicklungsperiode werden durch den auf Fig. 62 abge- bildeten Längsschnitt erläutert (vergl. auch Fig. 61, Clein). Die An- lage der Cloake verdient noch nicht den Namen einer Einstülpung, stellt 8 W. SALENSKY, or vielmehr eine kleine Grube dar und liegt gegeniiber dem vordern Rand der primitiven Darmhöhle. Erst im Stadium E gewinnt sie die Gestalt einer Einstülpung (Fig. 39 A, C1), die im Centrum einer ver- dickten Ectodermplatte (vergl. Fig. 39) auftritt und der Darmwand anliegt. Einen noch weitern Schritt in der Entwicklung weist die cloacale Einstülpung im Stadium F (Fig. 54—54 C, Clein) auf. Die auf Fig. 54 und 54 A abgebildeten Schnitte sind seitwärts von der Oeffnung der cloacalen Einstülpung geführt, haben den Boden derselben ge- troffen, welcher mit der Darmwand verlöthet ist. Es ist noch keine ofine Communication zwischen der cloacalen Einstülpung und der Darmhöhle vorhanden; die beiden Organe sind aber so fest mit ein- ander verwachsen, dass die Grenze zwischen ihnen nur sehr schwach angedeutet ist. Der Schnitt B ist durch den Rand der cloacalen Ein- stülpung geführt; die Verbindung derselben mit der Darmwand ist nicht mehr deutlich zu sehen. Die Darmhöhle ist auf diesem Schnitt, sowie auf dem folgenden, das Centrum der Einstülpung treffenden Schnitt C, weit von dem Boden der Einstülpung entfernt. Daraus kann man schliessen, dass die Axe der cloacalen Einstülpung nicht mit derjenigen der Darmhöhle zusammenfallt, sondern unter einem Winkel dazu steht. Die Darmhöhle ist also zur Zeit des Auftretens der cloacalen Einstülpung seitwärts von derselben abgelenkt und nicht mit dem Boden, sondern mit der Seitenwand derselben ver- bunden. Die Communication zwischen der Cloakeneinstülpung und der Darmhöhle tritt schon im Stadium F—G auf und vollzieht sich durch eine Oetinung, die genau in der eben erwähnten Verlöthungsstelle beider Organe durchbricht. Im Laufe der weitern Entwicklung sondert sich die cloacale Ein- stülpung in zwei Theile; einen vordern, welchen ich als Vorhof be- zeichnen will (Fig. 60 A, Vh), und einem hintern, welcher die eigent- liche Cloakenhöhle darstellt (Fig. 60 A, C{h). Diese Sonderung vollzieht sich, wie man es leicht aus den beigefügten Figuren sieht, dadurch, dass der Boden der cloacalen Einstülpung sich erweitert und dabei einigen histologischen Veränderungen unterliegt, die hauptsächlich in der Ab- plattung seiner Zellen bestehen. Die Wand der Cloakenhöhle wächst später nach vorn aus, faltet sich um den ‚Vorhof und umgreift die innere Oeffnung desselben, so dass der Vorhof zum Theil in die Cloakenhöhle eingeschlossen erscheint. Das Wachsthum der Cloaken- höhle ist mit einer allmählichen Verdünnung ihrer Wände verbunden; die untere Wand verwächst dabei“ mit der unterliegenden Wand der lee Éd Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 59 Darmhöhle, und es entsteht somit eine dünne Lamelle, welche die beiden Höhlen von einander trennt. Bei der Bildung der Cellulose- schicht geht diese in die Cloakenhöhle hinein und bildet eine innere Bekleidung derselben, setzt sich aber nicht in die Darmhöhle fort. Das Wachsthum der cloacalen Einstülpung schreitet allmählich fort, und im Stadium L—M erreicht die letztere ihre höchste Ent- wicklung; sie stellt eine geräumige, nach vorn etwas verengerte, nach unten stark erweiterte Höhle dar. In den weitern Entwicklungsstadien unterliegt die Cloakenhöhle denselben regressiven Veränderungen wie die übrigen Organe des Cyathozoids. Die Rückbildung fängt mit dem Vorhof an, dessen Zellen allmählich verschwinden. Im Stadium N—O (Fig. 68) führt die äussere Cloakenôffnung (Clof) unmittelbar in die Cloakenhöhle hinein (Clk), der Vorhof ist nicht mehr vorhanden. Die Wände der Cloakenhöhle sind sehr stark abgeplattet; sie bestehen aus endothelartigen Zellen, welche nur in den Randtheilen ihre ur- sprüngliche cubische Gestalt bewahrt haben. Die äussere Mündung der Cloakenhöhle ist auch stark reducirt, ist jedoch auf Längsschnitten aus dem Stadium N—O noch deutlich zu unterscheiden. Im Stadium O sind die Ränder derselben verklebt und die cloacale Höhle ge- schlossen (Fig. 36 A, B, C). Bis jetzt habe ich die in Rede stehende Ectodermeinstiilpung als cloacale Einstülpung bezeichnet, ohne auf den Grund dieser Bezeich- nung näher einzugehen. Wenn man das Cyathozoid für das Homologon eines Individuums hält, so muss dasselbe, wie die Individuen aller Tunicaten, mit zwei Oeffnungen, einer Ingestions- und einer Egestions- öffnung, versehen sein. Es hat in der That nur eine einzige, welche wir vorläufig als Cloakenöffnung bezeichnet haben, und es ist unsere nächste Aufgabe, diese Benennung zu begründen. In Bezug auf die Deutung dieser vermeintlichen cloacalen Einstülpung existiren zwei verschiedene Ansichten. Huxtey hat sie für die Mund- resp. In- gestionsöffnung gehalten. Gegen diese Annahme trat später Kowa- LEWSKY auf, welcher sie für die Cloakenhöhle erklärt und seine An- sicht folgendermaassen begründet hat. Die Cloakenöffnung soll nach Kowazewsky durch Verschmelzung der beiden Peribranchialröhren entstehen, genau in derselben Weise, wie die gleichnamige Oeffnung bei den Ascidien sich bildet. In der neuesten Zeit haben van BE- NEDEN & JULIN diese letzte Entstehungsweise bei den Ascidien in Abrede gestellt; die Thatsachen, welche ich oben in Bezug auf Pyrosoma angeführt habe, erweisen dieselbe auch für diesen Reprä- sentanten der Tunicaten als nicht giltig. Ferner weist KOWALEWSKY 60 W. SALENSKY, als ein Argument für seine Ansicht auf die vermeintliche Verwand- lung der Cloakenhöhle in die gemeinschaftliche Cloake der ersten tetrazoiden Colonie hin. Eine solche Verwandlung kann ich durchaus nicht bestätigen, ich habe auch gezeigt, dass die cloacale Einstülpung sich später schliesst und dass die Cloakenhöhle verschwindet. Obwohl ich nun mit den Argumenten von KOWALEWSKY nicht einverstanden bin, stimme ich doch mit seinem Endergebniss vollkommen überein und betrachte die in Rede stehende Einstülpung als ein Homologon der cloacalen Einstülpung der übrigen Tunicaten; die Richtigkeit dieser Auffassung ergiebt sich durch Vergleichung der Organisation des Cyathozoids mit derjenigen der Salzen. Gegen die Homologie der Einstülpung, welche wir bei den Pyro- somen als cloacale bezeichnet haben, mit der echten cloacalen Ein- stülpung der Tunicaten können folgende topographische Verhältnisse der erstern angeführt werden: 1) die ,,cloacale Einstülpung“ des Jyathozoids öffnet sich in die Darmhöhle, verhält sich also ebenso zu der letztern wie die Ingestionsöffnung der übrigen Tunicaten. 2) Die cloacale Einstülpung des Cyathozoids liegt in einer Ebene mit dem Keimstocke; zwischen beiden Organen befindet sich das Nervensystem mit der Flimmergrube, welch letztere dem Keimstocke zu gerichtet ist. Diese Verhältnisse kommen bei den übrigen Tunicaten nicht vor. Diese beiden eigenthümlichen Bauverhältnisse des Cyathozoids finden ihre Erklärung, wenn man den ln der Pyrosomen mit dem Salpen- leib vergleicht. Die Verbindung der Closkeiietaatiipang mit der Darmhöhle ist freilich eine eigenthümliche und bei den Ascidien nie auftretende Er- scheinung, doch steht sie im Tunicatenstamme nicht vereinzelt vor. Ich habe nämlich gezeigt (s. meine Arbeiten über die Entwicklung der Salpen in: Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 26, Morph. Jahrb. Bd. 2 und Mitth. der Zoolog. Stat. zu Neapel, Jahrg. 1881—82) und halte noch jetzt daran fest, ungeachtet der widersprechenden Angaben von SEELIGER, dass die cloacale Einstülpung der Salpen (die Egestions- öffnung derselben) in die Athemhöhle und nicht in die Cloakenhöhle mündet, welch letztere bei diesen Tunicaten überhaupt nicht existirt. Die vermeintliche Betheiligung der Seitenstränge des Keimstocks der Salpen an der Bildung der Cloakenhöhle derselben ist von SEELIGER gar nicht bewiesen, und deswegen glaube ich, dass die Seitenstränge des Salpenstolos nur als Mesoderm gedeutet werden müssen und somit vollkommen homolog mit derjenigen des Pyrosomenkeimstocks sind. Die cloacale Einstülpung des Cyathozoids kann SERA als ein Ho- Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 61 mologon derjenigen der Salpen betrachtet werden, und ihre unmittel- bare Communication mit der Darmhöhle dürfte als eine Folge der schwachen Entwicklung (Pyrosomen) oder der vollständigen Abwesen- heit (Salpen) der Peribranchialröhren zu erklären sein. Fig. VI. Fig. 6. Schematische Darstellung des Salpenleibes (solitäre Salpe). Fig. 7. Dieselbe des Leibes vom Pyrosomaembryo. Die gleichen Buchstaben bezeichnen die correspondirenden Leibestheile A, Bu. C. Ng Nervenganglion; Ælgr Flimmergrube; D Darm; End Endostyl; Ks Keimstock ; Cl Cloakenöffnung ; Ing Ingestions- öffnung; Pe das Pericardium mit dem Herzen; Dt Dotter (entspricht der mit C bezeich- neten Abtheilung des Salpeuleibes). Das Lageverhältniss des Nervenganglions gegen die cloacale Ein- stülpung und gegen den Keimstock des Cyathozoids scheinen auf den ersten Blick von demjenigen bei den Salpen sehr verschieden zu sein, doch lässt es sich ebenfalls aus dem Vergleich mit dem Orga- nismus der Salpen erklären. Der Unterschied in der Stellung des Nervensystems des Cyathozoids von dem der Salpen besteht darin, dass bei den Salpen wie bei den übrigen Tunicaten das Nerven- system im vordern Theil des Körpers liegt und seine Flimmergrube nach vorn gerichtet ist, während der Keimstock sich bei ihnen im hintern Theile des Körpers bildet. Bei den Pyrosomen sind diese Organe neben einander gelagert und die Flimmergrube ist dem Keim- stock zugekehrt, also nach hinten. Dieser Unterschied erklärt sich, wenn wir beachten, dass die Anlagen aller Organe bei dem Cyathozoid überhaupt, in Folge der ausserordentlich starken Ansammlung des Dotters eine bedeutende Lageveränderung im Vergleich mit den 62 W. SALENSKY, Salpen erlitten haben. Den Leib des Cyathozoids kann man am besten mit dem auf der Oberfläche des Dotters ausgebreiteten Leib einer solitären Salpe vergleichen, wie aus den beigefügten Holzschnitten VI und VII ersichtlich ist. In beiden Holzschnitten habe ich die homologen Körpertheile durch gleiche Strichführung und die homologen Organe durch gleiche Buchstaben bezeichnet. Im Salpenkörper kann man eine neurale und eine hämale Seite unterscheiden; die erstere ist durch das Nervensystem, die letztere durch den Keimstock und das Pericardium. charakterisirt. Diese beiden Seiten sind im Cyathozoid in einer und derselben Ebene gelagert und auf eine kleine Strecke zusammengerückt. Wenn man die Organe des Salpenkörpers von der Cloakenöffnung bis zur Wurzel des Keimstocks verfolgt, so trifft man zunächst das Nervenganglion (Ng + Flgr), dann die Ingestionsöffnung (Ing), das Endostyl (End) und endlich den Keimstock (Ks) und das hintere Ende des Salpenkörpers an. Dieselbe Aufeinanderfolge der Organe trifft man auch im Cyathozoidenleibe wieder mit dem Unter- schied, dass einige Organe (Ingestionsöffnung) gar nicht gebildet, die andern sehr stark nach vorn gerückt sind. Auf die Cloakeneinstülpung folgt das Nervenganglion mit dem Flimmertrichter, dann das Endostyl, welches aber vollkommen in die Höhle des Keimstocks hineinreicht. In Folge dessen ist die ganze Bauchseite, an der das Endostyl bei den Salpen liegt, im Cyathozoid ausserordentlich verkürzt und der Keimstock, welcher bei den Salpen am hintern Körperende liegt, hier nach vorn, unmittelbar neben die Flimmergrube, gerückt. Die letztere ist bei den Salpen der Ingestionsöffnung zugekehrt, da aber beim Cyathozoid keine Ingestionsöffnung gebildet ist, so ist sie daselbst der Wurzel des Keimstocks zugewendet. Der Unterschied zwischen dem Salpenleibe und dem des Cyathozoids besteht also in der starken Reduction der hämalen Seite bei letztern und in dem dadurch be- dingten Vorrücken der Organe, die bei den Salpen den hintern Theil des Körpers einnehmen. Dadurch lassen sich die eigenthümlichen Organisationsverhältnisse des Cyathozoids erklären. Die Ursache davon liegt in der starken Massenentwicklung des Dotters, welcher in dem- jenigen Theil des Körpers sich ansammelt, der dem hintern Theil der Salpen entspricht (dieselbe ist auf dem Holzschnitte durch die Kreuzlininie C dargestellt). Wenn wir jetzt die Richtung der Flimmergrube beim Cyathozoid betrachten, so müssen wir schliessen, dass dieselbe eigentlich nicht nach hinten, dem Keimstock zu, sondern nach vorn, der Ingestionsöffnung zu, gerichtet ist; da aber die letztere beim Cyathozoid sich gar nicht ausbildet, so gelangt die Flimmer- Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 63 grube in die Nähe des Keimstocks und ist demselben zugewendet. So ergiebt sich also, dass die Organisations-Eigenthümlichkeiten des Pyrosomenembryos aus der Vergleichung mit dem Organismus der Salpen sehr leicht zu erklären sind und dass die Cloakenöffnung der letztern derjenigen des Cyathozoids vollkommen entspricht. B. Ascidiozoide. Die primitive Darmhöhle der Ascidiozoide entsteht aus dem- jenigen Theil der Darmhöhle der Keimscheibe, welche die Endostyl- falten enthält; sie stellt also von Anfang an einen geräumigen Sack dar, dessen obere Wand durch zwei faltenartige Verdickungen (Endo- stylfalten) sich auszeichnet, während die untere abgeplattet und dünn erscheint. Beim Auftreten der Querfalten auf der Oberfläche des Stolos wird die gemeinschaftliche Darmhöhle, entsprechend der Zahl der Ascidiozoide, in vier Abtheilungen zerschnürt. Die allgemeinen Bauverhältnisse der Darmhöhle der late sind aus dem beigefügten Querschnitt Fig. 64 ersichtlich. Ein Theil der später aus der Darmhöhle sich herausbildenden Organe ist bereits in diesem Stadium angelegt oder wenigstens angedeutet. In der sack- förmigen primitiven Darmhöhle kann man eine obere, eine untere und die beiden lateralen Wände unterscheiden. Der axiale Theil der obern Wand ist vom Endostyl eingenommen, welches zuerst durch die ganze Länge derselben verläuft, später aber nach hinten geschoben wird. Die beiden lateralen Wände (Kmw) werden später für die Bildung der Kiemen verbraucht und sind schon oben besprochen. Am Ueber- gang der Seitenwände in die untere Wand zieht sich die primitive Darmhöhle in zwei laterale Ausstülpungen aus, die schon jetzt als die Anlagen des Darmcanals betrachtet werden können (Dmsch). Später- hin werden diese Darmanlagen nach unten geschoben und stellen zu- sammen eine hufeisenförmige Ausstülpung dar, deren rechter Schenkel in den Vorderdarm, deren linker in den Hinterdarm sich verwandelt. Zu den eben erwähnten Organanlagen kommen in den weitern Entwicklungsstadien noch andre hinzu, welche durch die Differenzirung der Wände der primitiven Darmhöhle entstehen. Zunächst ist her- vorzuheben, dass in Folge der Veränderungen der Endostylfalten im vordern Theil des Ascidiozoids eine Erweiterung des obern Blutsinus erscheint, dessen Ränder sich hinter dem Nervensystem zu einem Rohr schliessen, das ich als pharyngealen Blutsinus bezeichnen werde. Oberhalb desselben ist schon in ziemlich viel jüngern Ent- 64 W. SALENSKY, wicklungsstadien die Ingestionsöffnung angelegt, welche bei den Pyro- somen viel complicirter als bei den übrigen Tunicaten erscheint. Nach dem Gesagten haben wir es bei der Entwicklung des Cyatho- zoids mit folgenden entodermalen Organen zu thun: 1) einem pharyn- gealen Blutsinus, 2) der Ingestionsöffnung, 3) dem Endostyl und 4) dem Darmcanal. Ich gehe nun zur nähern Betrachtung der. Entwicklung dieser Organe über und fange mit dem pharyngealen Blutsinus an. 1. Pharyngealer Blutsinus (Diapharyngeal Band Huxzey). Dieses eigenthümliche Embryonalorgan der Pyrosomen wurde zuerst von Huxrey beschrieben und von ihm „diapharyngeal band“ genannt. HuxLey beschreibt dasselbe als ein hinter und unter den Endostylfalten verlaufendes Rohr, welches die Communication zwischen dem obern (supraintestinalen) und dem untern (subintestinalen) Blut- sinus herstellt. Im Laufe der Entwicklung soll dasselbe sich ver- dünnen und schliesslich bis auf ein kleines, an der hintern Seite des Ganglions liegendes Hügelchen schwinden (Huxtery, loc. cit. p. 267). In der letzten Zeit hat auch JoLIET (loc. cit. p. 51 u. 52) dieses Organ bei den Knospen von Pyrosoma wiedergefunden und die Ent- wicklung desselben studirt. Die Angaben JoLıErT’s über die Ent- stehung des pharyngealen Blutsinus kann ich als vollkommen richtig anerkennen; es scheint mir aber, dass er manchmal das Endostyl mit dem pharyngealen Blutsinus verwechselt hat, wenigstens weisen dar- auf seine Abbildungen hin (vergl. seine fig. 8 u. 9, tab. 2), wo mit cp, welche Buchstaben den pharyngealen Blutsinus bezeichnen sollen, das Endostyl bezeichnet ist. Der pharyngeale Blutsinus kommt bei den Ascidiozoiden ziemlich spät zum Vorschein. Seine Bildung fällt in das Stadium G—H. Eine Reihe von Querschnitten durch das Ascidiozoid aus dem Stadium H ist auf Fig. 65 dargestellt (vergl. auch Fig. 56—56 D). Der hinterste von diesen Schnitten (Fig. 65 C) ist durch das vordere Ende der Endostylfalten geführt. Zwei Schnitte weiter nach vorn haben die Endostylfalten sich bedeutend verändert. Die äussern Endostylfalten hören auf, die innern sind viel feiner geworden und bilden eine Rinne, in welcher jetzt einige amöboide Zellen liegen. Auf dem folgenden Schnitt (Fig. 65 D, Dpbd) treten die Ränder der Rinne zusammen und schliessen sich endlich in einem unmittelbar folgenden Schnitt (Fig. 65 E, Dpbd) zu einem Rohr. Wir haben also mit einer nach vorn vom Endostyl liegenden Falte zu thun, die sich zu einem Rohr schliesst. Das letztere steht ufiterhalb des Nervenganglions und vor Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 65 demselben mit dem neuralen Blutsinus in offner Verbindung und kann die im vordern Theile des Ascidiozoidenkörpers vorkommenden Mesen- chymzellen durchlassen. Die Schliessung der pharyngealen Rinne zu einem Rohr, welche im vordern Theile des Ascidiozoids beginnt, setzt sich rasch nach hinten fort; die Rinne verwandelt sich in ein im Innern der primitiven Höhle hängendes Rohr, dessen Lumen durch die vordere und hintere Communicationsöffnung mit den Blutsinusen in offner Verbindung steht. Dieses Rohr ist schon im Stadium J voll- kommen ausgebildet. Am besten orientirt man sich über den Bau und die topographischen Beziehungen des in Rede stehenden Organs auf Längsschnitten; ein solcher aus dem Stadium K ist auf Fig. 66 ab- gebildet. Der pharyngeale Blutsinus ist in seiner ganzen Länge ge- troffen und erscheint in Form eines ziemlich kurzen Rohres (Dpbd), welches zwischen dem Nervensystem und dem Endostyl verläuft und sehr dünnwandig ist. Die Wände des pharyngealen Blutsinus be- stehen aus endothelartigen Zellen, die obere Wand schlägt sich nach oben in die obere Wand der Darmhöhle um, die untere geht in das Endo- styl über (vergl. auch Fig. 47, Fig. 46 Dphb). Durch den pharyngealen Blutsinus strömt das ganze von vorn nach hinten laufende Blut hindurch, und man trifft in seinem Innern immer eine mehr oder weniger grosse Anzahl Mesenchymzellen (Blut- zellen). Die Existenz des pharyngealen Blutsinus ist jedoch nicht von Dauer. Im Stadium M erleidet derselbe eine starke Rückbildung, in Folge dessen seine Zellen sich abplatten; ihr Protoplasma ist trüb und feinkörnig geworden, und der Zusammenhang zwischen den Zellen wird locker (Fig. 48, Dphb); endlich lösen die Zellen sich ab und das Organ zerfällt in einzelne Zellenfetzen, welche man auf den Schnitten aus dem Stadium N und M im Innern der Athemhöhle be- ständig antrifft. Die physiologische Bedeutung des pharyngealen Blutsinus ist schon aus seiner Lage ganz klar. Die Ursachen, welche sein Auftreten her- vorrufen, liegen in den Veränderungen der Pharyngealhöhle, welche in Folge der Bildung der Ingestionséfinung eintreten. Durch die Ver- löthung der pharyngealen Wand mit dem Ectoderm an der Stelle der später auftretenden Ingestionsöffnung trifit der supraintestinale Blut- strom auf ein bedeutendes Hinderniss in seinem Wege und muss sich eine andre Bahn wählen. Letztere wird durch den Blutsinus ge- liefert, welcher das Blut an der verlötheten Stelle vorbei zu führen vermag. Durch das Auftreten des pharyngealen Blutsinus bekommt der Blutstrom eine ganz bestimmte axiale Richtung, indem er von Zool, Jahrb. V. Abth. f, Morph. 5 66 W. SALENSKY, vorn nach hinten zuerst durch den erwähnten Blutsinus und weiter durch die Endostylrinne geleitet wird. Ausser dieser physiologischen Bedeutung sch der pharyngeale Blutsinus auch eine grosse morphologische Wichtigkeit zu haben. Derselbe hat nämlich seiner Entstehung nach eine grosse Aehnlichkeit mit der Kieme der Salpen. Ich habe gezeigt, dass wenigstens bei einigen Salpenarten (S. pinnata) die Kieme in Form einer tiefen Rinne angelegt ist, die sich später durch Verwachsen der Ränder zu einem vorn und hinten offnen Canal schliesst. Die Kieme der Salpen stellt also nichts anderes als ein Blutrohr resp. einen Blutsinus dar, der im Innern der Athemhöhle mit seinen beiden Enden an der Wand der letztern aufgehängt ist. Die Entstehungsart der Kieme der Salpen ist denjenigen des pharyngealen Blutsinus so ähnlich, dass diese beiden Organe ohne weiteres als Homologa anerkannt werden könnten, wenn sie sich nicht durch ihre topographische Lage von einander unter- schieden. Beide fangen mit ihrem vordern Ende in der Nähe des Ganglions an, beide verlaufen dann schräg durch die Athemhöhle hin- durch nach hinten, doch unterscheiden sie sich durch die Befestigung ihres hintern Endes: die Kieme der Salpen steht mit dem hintern Ende des Eläoblasts, der pharyngeale Blutsinus mit dem vordern Ende desselben in Verbindung. Dieser Unterschied findet vielleicht seine Erklärung in der verschiedenen Lage des Endostyls zu den andern Organen des Leibes dieser beiden Tunicaten und in der Ver- schiedenheit der Entwicklungsperiode, in welcher das Endostyl bei ihnen zum Vorschein kommt. Bei den Salpen bildet sich das Endostyl viel später als die Kieme und nimmt von Anfang an seine definitive Stelle ein, während dasjenige der Pyrosomen zuerst auf der obern Seite des Ascidiozoids liegt und erst später auf die untere übergeht. In Folge einer solchen Lage des Endostyls bei den Salpen ist die ganze obere (neurale) Seite ihres Endoderms zur Faltung geeignet, während sich bei den Pyrosomen in einer solch günstigen Lage nur ein kleiner Theil der obern Wand der primitiven Darmhöhle befindet, welcher zwischen dem Nervenganglion und dem Endostyl liegt, wo eben der pharyngeale Blutsinus sich bildet. Hinter dieser kleinen Strecke ist die Faltung aus rein mechanischen Gründen, namentlich in Folge der starken Verdickung der Endostylfalten, unmöglich. Die Kieme der Salpen nimmt eine ziemlich isolirte Stellung unter den Athmungsorganen der übrigen Tunicaten ein, und sucht man nach der Urform dieses Organs bei den jetzt lebenden Tunicaten, so findet man dieselbe am ehesten in dem pharyngealen Blutsinus der Pyrosomen, welcher dieser Urform am nächsten stehen dürfte, Beiträge zur Embryonalentwicklung der -Pyrosomen. 67 2. Ingestionsöffnung. Die Bildung der beiden Oeffnungen des Ascidiozoidenleibes fällt in verschiedene Zeiten der Entwicklung. Während die cloacale Oeff- nung erst nach dem Ausschlüpfen der tetrazoiden Colonie erscheint, entsteht die Ingestionsöffnung ziemlich früh und ist bereits im Stadium K ausgebildet. Wie oben bemerkt, geht ihre Entwicklung ziemlich gleichzeitig mit der des pharyngealen Rohrs vor sich. Bei der Bil- dung der Ingestionsöffnung betheiligt sich nicht nur das Ectoderm, sondern auch das Entoderm, und zwar spielt das letztere eine viel wichtigere Rolle als das erstere. Die Anlage der Ingestionsöffnung tritt schon im Stadium H als eine Ectodermverdickung auf, die in Form einer Platte über dem peri- cardialen Blutsinus liegt (Fig. 65 E, Ing). Zwischen dieser und dem Entoderm sammeln sich einige Mesenchymzellen an (Fig. 65 E, Mcon), die eine ringförmige Gruppe bilden und die Anlage des Constrictors darstellen. Im Stadium K (Fig. 66) stülpt sich der mittlere Theil der Ectodermverdickung nach innen ein und bricht ins Innere der pharyngealen Höhle durch. In die derart gebildete Oeffnung wächst nun die anliegende Darmhöhlenwand in Form eines hohlen Zapfens hinein (Endz), welcher die Oeffnung von innen auskleidet. Die Wände der Ingestionseinstülpung bestehen somit aus zwei in einander ge- schachtelten Röhren, von denen die innere vom Entoderm, die äussere vom Ectoderm gebildet ist. Das’ erstere umkleidet das Lumen der Ingestionseinstülpung vollständig, so dass nur ihre Mündung, die In- gestionsöffnung selbst, von Ectodermzellen begrenzt ist. Der hintere Rand der unter der ectodermalen Einstülpung liegenden Darmwand ist schon jetzt bedeutend verdickt und stellt eine Platte dar, die etwas in die Darmhöhle hineinragt (Mklp). Dies ist die Anlage des eigen-. thümlichen Verschlussapparats, welcher schon im Stadium L (Fig. 47 A) beinahe ausgebildet erscheint. Der Verschlussapparat ist eine Art rundlicher Klappe, die ich als Mundklappe bezeichnen will und die von dem hintern Rand der Ingestionsöffnung in die Pharyngealhöhle hineinragt (Mklp). In der Mitte derselben erhebt sich ein kegel- förmiger, nach aussen vorspringender Fortsatz; derselbe ragt ins Innere der Ingestionsöftnung hinein: und kann die letztere vollständig ver- sperren. Die Wände der Mundklappe bestehen aus einem Cylinder- epithel; im Innern derselben befindet sich eine Höhle, welche die Fortsetzung der primitiven Leibeshöhle darstellt und immer von Mesen- chymzellen resp. Blutkörperchen erfüllt ist. Wahrscheinlich hat dieser 5* 68 W. SALENSKY, Zusammenhang der Höhle der Mundklappe mit der Leibeshöhle den Zweck, den ganzen Apparat in einen Erectionszustand zu versetzen, um die Ingestionséfinung vollständiger zu schliessen. 3. Endostyl. Die ersten Entwicklungsvorgänge der Endostylfalten sind schon oben besprochen, und es wurde gezeigt, dass sie in Veränderungen des vordern Theiles derselben bestehen. Letzterer breitet sich aus und bildet den Boden für den obern Blutsinus, während der hintere Theil der primitiven Endostylfalten als die Anlage des Endostyls fortbesteht. Das primitive Endostyl zeichnet sich durch viel einfachere Bau- verhältnisse gegenüber seinem spätern Zustande aus. Es stellt eine an der obern Wand der Darmhöhle liegende Rinne dar, deren Seiten- wände stark verdickt erscheinen, während der Boden aus abgeplatteten Zellen besteht. Der Boden entspricht der mittlern Rinne des spätern Endostyls, während die Seitenwände sich weiter differenziren und durch ihre weitere Faltung den lateralen Falten den Ursprung geben. Der Differenzirungsprocess fängt auf dem Stadium H an und besteht darin, dass sich zu beiden Seiten der primitiven Endostylrinne (Fig. 57, Endp) zwei neue rinnenförmige Einstülpungen bilden (Fig. 57 Ends, Fig. 58 Ends), die aus stark verdicktem Epithel bestehen. In Folge dieser Entwicklungsvorgänge besteht das Endostyl aus drei Theilen: aus einer medialen und aus zwei seitlichen Rinnen, von denen die erste durch zwei wulstförmig verdickte Platten begrenzt und im Boden dünn ist, während die beiden seitlichen im Gegentheil an ihren Rän- dern viel dünner und in ihrem Boden verdickt erscheinen. Die Endostylfalten sind in den frühern Entwicklungsstadien sehr stark entwickelt; sie nehmen den grössten Theil der obern Wand der pharyngealen Höhle ein. Später bleibt ihr Wachsthum im Vergleich mit dem der andern Organe zurück, und bei den ausgebildeten Asci- diozoiden treten sie in Form eines verhältnissmässig kleinen Streifens auf. Dabei verändern sich die eben erwähnten Anlagen des Endostyls bedeutend. Welcher Art diese Veränderungen sind, erhellt aus dem Vergleich des eben beschriebenen Stadiums mit dem Bau des ausge- bildeten Endostyls. Nach den Untersuchungen von For!) stellt das Endostyl der Pyrosomen eine Rinne dar i in deren Wänden äussere, innere und mittlere Driisenwiilste und zwischen ihnen liegende Ver- 1) For, Ueber die Schleimdrüse oder das Endostyl der Tunicaten, in: Morph. Jahrb. Bd: 1, p. 222—242. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 69 bindungsplatten zu unterscheiden sind. Die äussern Wülste entsprechen den lateralen (secundär entstehenden), die mittlern und die innern der medialen (primitiven) Rinne der beschriebenen Endostylanlage. Aus dem Unterschiede, welchen diese Theile in der Anlage von ihrem aus- gebildeten Zustande zeigen, kann man schliessen, dass die lateralen Falten sich im Laufe der Entwicklung axialwärts und nach oben biegen und schliesslich mit der medialen sich zu einer continuirlichen Lamelle zusammenstellen (vergl. Fig. 69, Ends, Endp). Der hintere Theil des Endostyis erfährt in den letzten Entwick- lungsstadien wichtige Veränderungen, indem er sich zu einem Rohr schliesst und einen geschlossenen blasenförmigen Fortsatz in den Keimstock entsendet. Dieser letztre wurde schon früher besprochen. Was den Schluss der Endostylfalten anbetrifit, so ist derselbe auf Fig. 69—69 C) abgebildet. Verfolgt man die Schnitte von vorn nach hinten, so überzeugt man sich, dass, wenn auch bei der Bildung des Endostylrohrs beide Theile der Endostylanlage, die mediale und die lateralen Rinnen, sich betheiligen, dasselbe doch grösstentheils von den medialen Wülsten gebildet ist. Die letztern bilden den Boden und die Seitenwände der Rinne, während die lateralen (Fig. 69 B, C, Ends) nur einen kleinen Theil der obern Wand des Endostylrohres darstellen. 4. Darmcanal. Die Entwicklung des Darmcanals in den Knospen der Pyrosomen wurde von SEELIGER beschrieben !). Nach den Angaben dieses Forschers tritt die Anlage des Darmcanals in Form einer „blindsackförmigen Aus- stülpung an der Hämalwand des primären Entodermrohrs“ auf. Sie stellt nämlich „eine sich verjüngende, schwach nach links gekrümmte, blind geschlossene Röhre‘ dar. Später sondert sich diese Röhre in Oesophagus, Magen, Mittel- und Hinterdarm, die sich von einander histologisch unterscheiden. Nach meinen eigenen Untersuchungen kann ich diese Angaben nicht bestätigen, und zwar finde ich, dass die Ursache des Wider- spruchs zwischen meiner und der SEELIGERr’schen Darstellung darin liegen dürfte, dass der-letztgenannte Forscher nicht die ersten An- lagen des Darmcanals beobachtet hat. Seine Angaben beziehen sich grösstentheils auf einige ziemlich weit fortgeschrittene Entwicklungs- stadien des Darmcanals. 1) SEELIGER, loc. cit. p. 23—25. 70 W. SALENSKY, Wie schon oben erwähnt, ist die erste Anlage des Darmcanals bereits unmittelbar nach der Schliessung der untern Wand des Stolos vorhanden. Er ist nämlich in Gestalt von zwei blindsackartigen late- ralen Ausstülpungen der primitiven Darmhöhle (Fig. 64, Dmsch), die später zusammen den Darm bilden, angelegt. Sie liegen nach unten und lateralwärts von den beiden Peribranchialröhren, und ihr weiteres Wachsthum und ihre weitere Lageveränderung hängt von letztern ab. In den spätern Stadien, wo die beiden Peribranchialhöhlen sich nach unten ausbreiten, werden die beiden Darmausstülpungen von letztern nach unten gedrängt und einander genähert. Im Stadium G trifft man sie schon an der untern Wand der Darmhöhle. Durchmustert man eine Reihe von Querschnitten aus diesem Stadium (Fig. 55—55 G), so überzeugt man sich, dass die beiden, im vordern Theil des Asci- diozoids beginnenden Ausstülpungen (Fig. 55 G, Dmsch) über die ganze Länge der untern Wand der Darmhöhle verlaufen und erst in der Nähe des hintern Endes derselben aufhören. Sie sind aber nicht in ihrer ganzen Länge gleich gross. Im vordern Theil des Ascidiozoids sind sie stark entwickelt und seitwärts gekrümmt; nach hinten zu nehmen sie an Umfang ab. Aus dem Vergleich der beigefügten Schnitte kann man schliessen, dass die ganze Anlage des Darmcanals die Ge- stalt eines Hufeisens besitzt, dessen beide Schenkel nach vorn stark hervortreten, nach hinten sich abplatten. Diese beiden Schenkel stellen nun die Anlagen’ der beiden Abtheilungen des Darmcanals dar. Der rechte Schenkel ist als die Anlage des Oesophagus und des Magens, der linke als die des Hinterdarms zu betrachten. Der Unterschied zwischen den beiden Schenkeln der Anlage des Darmcanals tritt schon im Stadium H hervor (Fig. 65—65 F, Dmschr, Dmschl). Zu gleicher Zeit geht auch die Abtrennung der beiden Darm- ausstülpungen von der untern Wand der primitiven Darmhöhle vor sich. Auf der beigefügten Reihe von Querschnitten aus diesem Stadium findet man folgende Verhältnisse des Darmcanals. Im hintern Theil des Ascidiozoids (Fig. 65 C) ist der Bau der beiden Schenkel unver- ändert; sie sind noch einander gleich und stehen mit der primitiven Darmhöhle in Verbindung, doch kann man bemerken, dass die Oeff- nung des linken Schenkels viel enger geworden ist und dass das Lumen desselben im obern Theile durch Zusammentreffen der Wände beinahe geschlossen ist (Fig. 65 C,,). Auf dem folgenden Schnitt (Fig. 65 D) sind diese Veränderungen noch schärfer ausgeprägt. Der obree Theil des linken Schenkels, welcher die Verbindung mit der pri- mitiven Darmhöhle vermittelte,. ist jetzt vollkommen verschlossen Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 71 (Fig. 65 C, Dmschl) und stellt einen soliden Strang dar, an welchen der untere Theil der Darmhöhlenwand hängt. Das Lumen im untern Theil des linken Darmschenkels ist gleichfalls stark reducirt (Fig. 65 D, Htd). In dem darauf nach vorn folgendem Schnitt ist der linke Schenkel vollständig von der Darmhöhle abgetrennt (Fig. 65 E, Ætd) und mit einem Lumen versehen. Es ergiebt sich daraus, dass die Abtrennung der Anlage des Darmcanals von der primitiven Darmhöhle nicht in der ganzen Länge gleichzeitig auftritt. Zuerst sondert sich der vordere Theil des linken Darmschenkels ab, welcher dabei an seinem Ende blind geschlossen wird. Im folgenden Stadium K stellt der Darmcanal schon ein hufeisen- : formig gekrümmtes Rohr dar, welches durch einen Schenkel (die spätere Mundöffnung) in die primitive Darmhöhle mündet, während der andere blind geschlossen ist. Das letztere ist mit der Wand der linken Peribranchialhöhle verwachsen (Fig. 57 E, Dml); an dieser Verwachsungsstelle bricht später der After in die Cloakenhöhle durch. Verfolgt man die Reihe der auf Fig. 57 B bis 57 E abgebildeten Querschnitte durch das Ascidiozoid auf Stadium K, so trifft man am hintersten Schnitt unter der primitiven Darmhöhle einen quergestellten Sack, welcher sich in den darauf folgenden Schnitten (dieselben sind nicht abgebildet) in zwei Röhren theilt. Der Sack (Fig. 57 B, Vrdm) stellt die hintre Verbindung der beiden Darmschenkel dar. In dem weiter nach vorn folgendem Schnitt (Fig. 57 C) sind die beiden Theile des Darmcanals schon abgetrennt: rechts sieht man den Querschnitt des geräumigen Magens (Vdd), links den des Hinterdarms (Hd), welcher ein cylindrisches Rohr darstellt. Auf dem folgenden Schnitt nimmt der Hinterdarm an Umfang ab (Fig. 57 D, Hd), verliert dabei sein Lumen und tritt endlich in der Nähe der Mundöffnung in Form eines Zellenballens auf (Fig. 57 E, Re). Die weitere Differenzirung der verschiedenen Theile des Darmcanals besteht zunächst in der Erweiterung des Magens (Fig. 66, Mg), welcher sich schliesslich blindsackartig nach einer Seite hervorwölbt und vom Oesophagus scheidet. Der letztere bildet ein trichterförmiges Rohr, das durch eine weite Oeffnung (Mundöffnung) in die pharyngeale Höhle mündet (Fig. 66, Fig. N, M). Der Hinterdarm wechselt seine Lage, indem er sich nach unten biegt und nicht neben dem Magen, sondern unter demselben verläuft. Er bleibt mit der Wand der Peribranchial- resp. Cloakenhéhle verbunden und bricht erst im Stadium L durch eine kleine Oefinung (den After) in dieselbe durch (Fig. 70 An). Mit 12 W. SALENSKY, dem Auftreten der Afteröffnung sind alle Theile des Darmcanals ge- bildet, und die fernere Entwicklung desselben besteht in der weitern histologischen Differenzirung der Wände, die ich nicht näher unter- sucht habe. Endlich habe ich die Drüse des Darmcanals zu erwähnen, die als darmumspinnende Drüse bekannt ist und in der letzten Zeit von SEELIGER genau beschrieben und abgebildet ist. Der Bau dieser dem Hinterdarm des Ascidiozoids anliegenden Drüse unterscheidet sich von dem der von SEELIGER bei den Knospen beschriebenen be- deutend. SEELIGER schildert dieselbe als tubulöse, aus blindgeschlossenen Röhren bestehende Drüse, die sich im spätern Alter immer mehr und mehr verästelt. Ich habe bei dem ältesten von mir untersuchten Ascidiozoid diese Drüse in Form eines grossen dünnwandigen und durchsichtigen Schlauches angetroffen (Fig. 72, Dspd), welcher den Hinterdarm umgreift und durch einen kurzen, feinen Ausführungsgang (Dspag) in denselben mündet. Die Oeffnung der Drüse ist in der Nähe des Afters gelegen. Die darmumspinnende Drüse ist ziemlich früh angelegt und erscheint im Stadium L in Form einer Ausstülpung der Wand des Hinterdarms (Fig. 71, Dspd). Sie ist in diesem Sta- dium ziemlich klein, besitzt ziemlich starke, aus Cylinderepithel be- stehende Wände und zeigt noch keine Anlage des Ausführungsganges, welcher offenbar erst in den letzten Entwicklungsstadien auftritt. IV. Allgemeine Betrachtungen. 1. Ueber die Rolle der Kalymmocyten bei der Entwicklung der Pyrosomen und der Salpen. In meinen Untersuchungen über die Entwicklung der Salpen habe ich die Vermuthung ausgesprochen, dass die von KowALEwSKY den „innern Follikelzellen‘ (Kalymmocyten) zugeschriebene Rolle eines Nährmaterials oder von Blutkörperchen durchaus unbewiesen sei, und erklärt, dass für die Bestimmung der wahren Bedeutung dieser Zellen eine erneute Untersuchung sehr wünschenswerth wäre!). Ich meinte schon damals — wagte es aber nicht auszusprechen — die „innern Follikelzellen“ möchten bei den Pyrosomen dieselbe Rolle wie die „Gonoblasten“?) (Kalymmocyten) der Salpen spielen. Die vorliegenden 1) Neue Untersuch. über die embryon. Entwickl. der Salpen, in: Mittheil. Zool. Station zu Neapel, Bd. 4, p. 392. | 2) Ich habe die von dem Follikel sich abtrennenden Zellen der Salpen „Gonoblasten“ genannt; diese Benennung entspricht vollkommen Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 73 Untersuchungen bringen den Beweis dafür. Durch dieselbe glaube ich gezeigt zu haben, dass die Embryologie der Pyrosomen zu der- selben Kategorie von Entwicklungserscheinungen wie diejenige der Salpen gehört und sich von der letzteren dadurch unterscheidet, dass ihre Eigenthümlichkeiten nicht so scharf wie bei den Salpen hervor- treten. In meinen Untersuchungen über die Entwicklung der Salpen habe ich hervorgehoben, dass die verschiedenen Salpenarten schon bedeutende Verschiedenheit in ihrer Entwicklung zeigen und dass die letztern davon abhängen, dass bei einigen Arten nur die Kalym- mocyten, bei andern auch andre benachbarte Theile des Eies sich am Aufbau des Embryonalleibes betheiligen. Die einfachste Entwicklung in dieser Beziehung bietet Salpa bicaudata dar, bei welcher weder der Oviduct, noch die benachbarten Organe des Mutterleibes an der Ent- wicklung des Embryos theilnehmen. Die ausserordentliche Mannich- faltigkeit in der Entwicklung der übrigen Salpenarten äussert sich darin, dass die nämlichen Organe bei verschiednen Arten aus ganz verschiednen Anlagen entstehen. Dies gilt zunächst vom Ectoderm, resp. den äussern Körperbedeckungen, die eine ausserordentliche Mannichfaltigkeit in ihrer Entwicklung zeigen. Während dieselben bei der Salpa bicaudata aus den Kalymmocyten, resp. den Blastomeren entstehen, nehmen sie bei Salpa democratica ihren Ursprung aus dem Oviduct und bei Salpa pinnata, africana, punctata und fusiformis selbst aus der Athemhöhlenwand (Epithelhügel). Gerade so verhält sich die Sache auch in Bezug auf die Bildung der Placenta. Indem ich für die Details auf meine eben citirte Arbeit über die Entwicklung der Salpen verweise, will ich hier nur hervorheben, dass die ver- schiednen Salpenarten einen verschiednen Grad der Complication in ihrer Entwicklung aufweisen, und dass die einfachste Entwicklungsart durch diese ausschliessliche Theilnahme der Kalymmocyten charakterisirt ist, während bei weiterer Complication nicht nur diese Zellen, sondern auch der Follikel, der Oviduct und theilweise die Athemhöhlenwand in die Bildung des Embryonalleibes eingeht. Salpa bicaudata liefert ein Beispiel des einfachsten Entwicklungsmodus unter den Salpen und stimmt in dieser Beziehung mit Pyrosoma überein. Dadurch wird Pyrosoma in den Kreis der eigenthümlichen Entwicklungserscheinungen, die ich folliculäre Knospung nannte, gezogen; doch wird dadurch die den „Kalymmocyten“, und ich ziehe es vor, die letztere als mehr in- different auch für die Zellen der Salpen beizubehalten. Gonoblast und Kalymmocyte sind Synonyme, "4 W. SALENSKY, Kluft, welche zwischen dieser Entwicklungsart und der normalen Ent- wicklung des Embryos aus dem Ei besteht, noch lange nicht ausge- füllt. In der Entwicklung der Pyrosomen habe ich nur einen neuen Fall einer eigenthümlichen Entwicklungsart constatirt, welche ich früher bei den Salpen entdeckt habe. Die Entwicklung der Pyrosomen geht viel einfacher vor sich als diejenige der Salpen, sie bietet mehr An- knüpfungspunkte an die allgemein im Thierreich vorkommenden Ent- wicklungserscheinungen dar als die der Salpen, doch weist sie auch ungeheure Abweichungen vom normalen Entwicklungstypus auf. Eine Erklärung dieser eigenthümlichen Entwicklungsvorgänge zu geben, vermag ich nicht. Die ganze oben dargestellte Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen liefert den Beweis dafür, dass die Erscheinungen, die ich bei den Salpen als „folliculäre Knospung“ bezeichnet habe, nicht plötzlich in dieser Tunicatengruppe entstanden sind, sondern sich allmählich aus dem normalen Entwicklungstypus entfaltet und bei den Salpen nur den Culminationspunkt der Complication und Absonder- lichkeit erreicht haben. Bei den Pyrosomen haben diese Erscheinungen ebenfalls nicht etwa begonnen, sondern sie haben dieselben von den Vorfahren überliefert erhalten und weiter entfaltet. Den Anfang dieser Eigenthümlichkeit in der Entwicklung werden wir bei den tiefer stehenden Tunicatengruppen, etwa bei den socialen Ascidien, suchen müssen. Die bisherigen Untersuchungen über die Embryologie der so- cialen Ascidien reichen nicht hin, um Aufschluss über die phylogenetische Entwicklung der hervorgehobenen Eigenthümlichkeiten in der Em- bryologie der Salpen und Pyrosomen zu geben. Die genauesten, welche wir Daviporr verdanken !), bieten für die Erklärung des Schicksals der sog. Testazellen (Kalymmocyten) und besonders derjenigen, welche zwischen die Blastomeren hineinkriechen, sehr wenig dar. Es würde also voreilig sein, den Versuch einer Phylogenie der eigenthümlichen embryologischen Erscheinungen der Salpen und Pyrosomen unter- nehmen zu wollen. Wir können es aber schon jetzt versuchen, einige specielle Fragen zu beantworten, welche den Boden für die Entscheidung der allge- meinen Frage vorzubereiten geeignet sind. Bei der Beurtheilung der eigenthümlichen Entwicklungserscheinungen der Salpen und Pyrosomen entsteht zunächst der Gedanke, ob nicht bei den genannten Tunicaten im Bau der Geschlechtsdrüsen irgend welche Abweichungen auftreten, 1) Davivorr, Untersuchungen über die Entwicklung der Distaplia magnilarva, in: Mitth, Zool, Stat, Neapel, Bd, 9, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 75 welche zum Verständuiss ihrer Entwicklung helfen könnten ? Wie ver- halten sich in ihrer Entwicklung die Kalymmocyten zur Eizelle? Welche Rolle spielen sie im Vergleich mit der der Blastomeren bei der Ent- wicklung des Embryos? Die Entscheidung dieser Fragen kann wenig- stens zum Verständniss des Wesens der Entwicklungsweise der Salpen und Pyrosomen beitragen, und wir Ballen nun versuchen, diese Fragen zu beantworten. Der Eierstock der Salpen und der Pyrosomen weicht von dem der andern Tunicaten bedeutend ab. Während bei den Ascidien der Eierstock das ganze Leben des Individuums hindurch functionirt und mehrere Tausende von Eiern zu produciren im Stande ist, enthält der Eierstock der Salpen nur ein einziges Ei, aus welchem nur ein ein- ziger Embryo hervorgeht. Der Eierstock der Ascidien ist polyovulär, wohingegen derjenige der Salpen und Pyrosomen während des ganzen individuellen Lebens monovulär bleibt. Es fragt sich nun: wie ist dieser monovuläre Zustand entstanden ? Die Lösung dieser Frage kann nur auf dem Wege vergleichend-embryologischer Untersuchung ge- wonnen werden, und es wird unsere nächste Aufgabe sein, die Eier- stöcke verschiedner Tunicaten in ihrem Bau und in ihrer Entwicklung mit einander zu vergleichen. Diese Aufgabe ist um so leichter, als in dieser Beziehung eine Anzahl sehr genauer Untersuchungen vor- liegen. Fangen wir mit den Appendicularien an, bei denen der Eierstock die einfachsten Entwicklungsverhältnisse darbietet. Die ge- nauesten Untersuchungen über diesen Gegenstand verdanken wir BoLLes LEE !), und wir werden denselben folgen. Die frühern Be- obachtungen von Fou?) und die in der letzten Zeit erschienenen von Daviporr *) stehen in Bezug auf Genauigkeit den erstern nach. Der Eierstock der Appendicularien wie der der übrigen Tunicaten legt sich in Gemeinschaft mit dem Hoden an. Die Anlage, welche aus einer Zellengruppe besteht, zerschnürt sich später in zwei Theile, von denen eine den Eierstock, die andre den Hoden liefert. Die grossen Kerne der gemeinschaftlichen Anlage der Geschlechtsdriise produciren durch eine Art Knospung kleine freie Kerne, die sich an die Peripherie der Anlage begeben und eine Epithelschicht bilden, welche die Eierstocks- anlage umgiebt und dieselbe von der Bann scheidet. Die aus 1) tories Lee, Recherches sur l’ovogenese et la spermatogenèse chez les Appendiculaires, in: Recueil Zoologique Suisse, T. 1. 2) H. For, Etudes sur les Appendiculaires du détroit de Messine, in: Mém. Soc. Phys. et Hist. Nat. Genéve, T. 21, 1872, 3) Davivory, |. c. 76 W. SALENSKY, der weitern Knospung entstehenden Kerne treten nicht mehr an die Oberfläche der Eierstocksanlage und betheiligen sich nicht an der Bildung des Epithels; sie bleiben unter diesem liegen und verwandeln sich in Eier. Das in dieser Weise entstandene Epithel bildet die Ei- hüllen, welche dem Follikel der Eier andrer Tunicaten vollkommen entsprechen. Die protoplasmatische innere Masse der Eierstocksanlage persistirt bis zum Ende der Entwicklung des Eierstocks; die Mutter- zellen, welche durch beständige Knospung erschöpft sein dürften, zer- fallen und verschwinden endlich, so dass der Eierstock in seinem fertigen Zustande eine sphäroidale Masse darstellt, deren Peripherie mit einer Schicht von Eiern belegt ist. Aus diesen Angaben von Borres Ler geht hervor, dass die Eierstocksanlage der Appendicularien sich in zweierlei Elemente, in die Follikelzellen und in die Eizellen, sondert; die bei den Tunicaten so allgemein verbreiteten Testazellen resp. Kalymmocyten kommen bei den Appendicularien nicht vor. Die Entwicklung der Geschlechtsdrüsen der Ascidien stimmt mit derjenigen der Appendicularien insofern überein, dass die zuerst gleichartigen Elemente der Eierstocksanlage hier ebenfalls in zweierlei Zellenelemente, in die Eizellen und in die Follikelzellen, sich sondern. Die Anlage der hermaphroditischen Geschlechtsorgane der Ascidien ist, wie dies durch die ausgezeichneten Untersuchungen von E. van BENEDEN & JuLın bewiesen wurde, derjenigen der Appendicularien sehr ähnlich. Sie besteht wie die letztere aus einem Haufen von Me- | senchymzellen und zeichnet sich dadurch aus, dass sie vom Anfang an eine kleine Höhle umschliesst. In den weitern Entwicklungsstadien wächst diese Anlage aus und spaltet sich in zwei Blasen, von denen eine die Anlage des Ovariums, die andre die des Hodens darstellt. Das Wachsthum der Eierstocksanlage hängt natürlich von der Zellen- vermehrung ab; die Art und Weise dieser letztern ist von vAN BE- NEDEN & JULIN nicht angegeben, doch lässt sich vermuthen, dass sie sich nach der Art der mitotischen Theilung vollzieht. In der Wand der Eierstocksblase tritt ziemlich frühzeitig die Differenzirung der Zellen in Ei- und Follikelzellen ein, die nach dem Charakter ihrer Kerne leicht von einander zu unterscheiden sind. Die Kerne der primordialen Eier sind gross, sphärisch und mit einem grossen chro- matischen Kernkörperchen versehen, während diejenige der künftigen Follikelzellen klein und oval sind und der Kernkörperchen entbehren. Die Wand der Eierstocksblase stellt somit ein Keimepithel dar, wäh- rend bei der Eierstocksanlage der Appendicularien dasselbe wenigstens in solcher Form nicht vorkommt. Dieser Unterschied im Bau der Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. Le Eierstocksanlage der beiden erwähnten Ascidiengruppen steht offenbar mit der Existenz der Höhle in der Eierstocksanlage der Ascidien in Zusammenhang. Sonst herrscht zwischen den beiden Eierstocksan- lagen eine grosse Uebereinstimmung, nicht nur in der Lage der Ei- zellen und der Follikelzellen, sondern auch in dem Charakter der Differenzirung der primitiven gleichartigen Zellen, aus welchen diese Anlagen zusammengesetzt sind. Die Geschlechtsorgane der Pyrosomen erreichen ihre volle Ent- wicklung nicht bei denselben Individuen, in denen sie angelegt sind. Die ersten vier Ascidiozoide, die den Ausgang für die Bildung der Pyrosomencolonie bilden, besitzen wohl eine Anlage der Geschlechts- organe, doch kommen die Zellen derselben nicht zur Reifung in dieser Generation, sondern der Geschlechtsstrang geht in die folgende, durch Knospung entstandene Generation über. Wann, resp. in welchen von den darauf folgenden Generationen von Individuen die Geschlechts- producte zur Reife gelangen, ist unbekannt, da unsere Kenntnisse in Bezug auf die postembryonale Entwicklung der Pyrosomen überhaupt noch sehr lückenhaft sind. Wir kennen nun die Anlage der herma- phroditischen Geschlechtsorgane, die im speciellen Theil genauer be- schrieben wurde, und den ausgebildeten Zustand der Geschlechtsorgane, wie diese bei den Individuen der fertigen Pyrosoma-Colonie erscheinen. Die Zwischenstadien der Entwicklung des Eierstocks sind unbekannt. Der Bau der ersten Anlage des Zwitterstocks bei Pyrosoma ist dem- jenigen des Ascidienzwitterstocks sehr ähnlich. Sie stellt ebenfalls eine Blase dar, deren Höhle jedoch im Gegensatz zu derjenigen der Ascidien in spätern Entwicklungsstadien verschwindet. Das Ver- schwinden der Genitalhöhle ist entschieden eine secundäre Erschei- nung, die wahrscheinlich ausser bei den Pyrosomen auch bei einigen Synascidien vorkommt und bei den Pyrosomen einige Eigenthümlich- keiten in den weitern Entwicklungsvorgängen der Geschlechtsorgane nach sich zieht. So wird bei diesen Tunicaten der Hoden nicht in Form einer Blase, sondern in Form eines soliden Körpers angelegt, und zwar, weil die Zwitterstocksanlage, aus welcher der Hoden sich differenzirt, zur Zeit der Hodenbildung schon solid erscheint. Aus der gut bekannten Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Knospen der Pyrosomen kann man schliessen, dass die Zwitterstocksanlage der ersten vier Ascidiozoide eine Uranlage des Zwitterstocks aller In- dividuen der Pyrosomencolonie darstellt. Die Geschlechtsorgane der Individuen jeder beliebigen Generation stehen in ununterbrochener Continuität mit derjenigen der vorangehenden Muttergeneration, sig 8 W, SALENSRY, entstehen aus einer Fortsetzung des Geschlechtsstranges des Mutter- thieres. Diese Fortsetzung besteht aus mehreren Zellen, zwischen denen schon sehr früh die Eizellen an ihrem Kern und ihrem Proto- plasma zu erkennen sind. SEELIGER behauptet — und ich kann das bestätigen —, dass sich innerhalb des Geschlechtsstranges gelegentlich mehrere Eizellen vorfinden. Da aber aus jeder Abtheilung des Ge- schlechtsstranges, welche in eine Knospe eingeht, nur eine einzige Ei- zelle sich entwickelt, so dürften sich nicht alle durch ihre Kerne und ihr Protoplasma ausgezeichneten Zellen zu befruchtungsfähigen Eiern heranbilden, sondern einzelne von diesen Zellen im Laufe der Ent- wicklung in irgend einer Weise sich verändern oder verschwinden. Die Art und Weise der Rückbildung einiger Eizellen des Genital- stranges habe ich bei Pyrosomen nicht näher untersucht; es scheint mir aber sehr wohl möglich, dass diese überzähligen Zellen sich in Follikelzellen verwandeln. Jedenfalls ist es für uns sehr wichtig, dass die Anlage des monovulären Eierstocks der Pyrosomen polyovulär ist. Dasselbe gilt auch vom Eierstock der Salpen. Die Entwicklung des Eierstocks der Salpen ist der des Pyrosomen- Eierstocks sehr ähnlich. Ich will hier die Gelegenheit benutzen, um meine frühere Angabe über die gemeinschaftliche Anlage des Eier- stocks und des Darms bei den Salpenknospen im Sinne der Befunde der spätern Beobachter, BROOKS und SEELIGER, zu berichtigen. Ich kann die Angaben der beiden genannten Forscher jetzt in Folge er- neuter Untersuchungen vollkommen bestätigen. Der Eierstocksstrang besteht auch hier zunächst aus indifferenten Zellen, ist auch bei manchen Salpen hohl !) und differenzirt sich in die Ei- und Follikel- zellen. Die erstern kommen in viel grösserer Zahl vor, als sie im definitiven Zustande, bei den ausgebildeten Kettensalpen, auftreten, Nach den neuesten Angaben von SEELIGER?) unterliegen diese über- zähligen Eizellen einer regressiven Metamorphose und werden später als Nahrungsmaterial von der Eizelle verbraucht, indem sie rückge- bildet werden und ihre Substanz zerfällt. „Eine Rückbildung solcher jungen Zellen“, bemerkt SEELIGER, „zur Ausgangsform oder eine Um- bildung zu einer anderen weiterhin noch lebensfähigen Zelle scheint mir ausgeschlossen“ (l. c. p. 37). Diese Angabe kann ich nicht be- stätigen und finde auch in einigen von diesem Forscher beigefügten 1) Sırensky, Ueber die Knospung der Salpen, in; Morph. Jahrb. Bd. 3, p. 549. 2) SerLiser, Die Knospung der Salpen, in: Jen. Zeitschr. f. Naturw, Bd. 29, p. 37. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen, 19 Abbildungen Andeutungen dafür, dass die abortiven Eier des Salpengeschlechtsstrangs sich in die Follikelzellen verwandeln (vergl. tab. 4, fig. 9 in SEELIGER’S Knospung der Salpen). Ich habe auf meinen Präparaten vom Geschlechtsstrang der Salpen nie zerfallene Eizellen angetroffen. Im Gegentheil habe ich mehrmals gesehen, dass die jungen Eizellen, die sich nicht weiter entwickeln können, nach der Peripherie des Eierstocks rücken und sich den Follikelzellen einreihen. Der Bau dieser Zellen wird dabei verändert: ihr Kern wird immer kleiner, ohne zu schrumpfen, ihr Protoplasma wird tinctionsfähiger, ihre Grösse nimmt ab. Sie ähneln immer mehr und mehr den Follikel- zellen und liegen denselben dicht an. Ich habe mehrmals solche Zellen im hämalen Theil des Eierstocks angetroffen, welcher später zum Ei- leiter wird, und schliesse daraus, dass die überzähligen Eizellen sich in Follikelzellen verwandeln. Aus allen hier erörterten Thatsachen geht hervor: 1) dass die Entwicklung des Eierstocks bei allen Tunicaten nach einem und demselben Typus vor sich geht und dass die ursprünglich homoblastische Anlage des Eierstocks sich in zweierlei Zellenarten, in die Follikelzellen und in die Eizellen, differenzirt ; 2) dass die in ihrem definitiven Zustande monovulären Eierstöcke der Salpen und der Pyrosomen während ihrer Entwicklung mehrere Eier enthalten, von denen nur ein einziges zur vollen Ausbildung ge- langt, während alle übrigen sich verändern.: Daraus ergiebt sich der Schluss, dass der monovuläre Eierstock der Salpen und der Pyro- somen aus einem polyovulären (der Ascidien?) entstanden ist. Dieser Schluss stimmt mit den übrigen Deductionen in Bezug auf die Ab- stammung der Salpen von ascidienförmigen Organismen vollständig überein. 3) Nach dem Vergleich des Eierstocks der Salpen und der Pyro- somen mit demjenigen der Ascidien könnte man denken, dass der erstere dem Eifache des letztern entspräche. Dies wäre vollkommen bewiesen, wenn in den Eierstöcken der Salpen und der Pyrosomen nur eine einzige Eizelle, wie im Eifache der Ascidien, sich bildete. Jetzt, wo wir gesehen haben, dass die Eierstöcke der Salpen und Pyrosomen ursprünglich‘ polyovulär sind und erst später monovulär werden, erscheint diese Ansicht unhaltbar, und wir müssen vielmehr annehmen, dass der Eierstock der Salpen und Pyrosomen nicht dem Eifache der Ascidien, sondern ihrem ganzen Eierstock homolog ist. Wir gehen nun zur Betrachtnng des Verhältnisses der Follikel- zellen resp. Kalymmocyten zu den Eizellen und zur Bestimmung des 80 W. SALENSKY, morphologischen Werths der Kalymmocyten über. Es ist bekannt, dass bei allen Tunicaten — die Appendicularien ausgenommen — zwischen dem Follikel und der Eizelle Zellen auftreten, die man mit verschiedenen Namen belegt und denen man einen verschiednen Ur- sprung zugeschrieben hat. Es sind dies die sog. Testazellen der As- cidien, Gonoblasten der Salpen, die ich hier mit dem allgemeinen Namen Kalymmocyten bezeichnen will. Ich will hier nicht die Frage nach dem Ursprung der Testazellen discutiren, da dieselbe nur auf Grund einer speciellen Untersuchung entschieden werden kann; was aber die Salpen und Pyrosomen anbetrifit, so kann mit voller Sicher- heit behauptet werden, dass ihre Kalymmocyten extraovulären Ur- sprungs sind und nichts andres als ausgewanderte Follikelzellen dar- stellen. Die Bedeutung der Testazellen in der Entwicklung der Ascidien ist bis jetzt unbekannt. Seitdem O. HErrwIG bewiesen hat, dass sie keinen Antheil an der Bildung des Cellulosemantels nehmen, wurde die Frage nach der morphologischen oder nach der physiologischen Bedeutung der sog. Testazellen nicht wieder discutirt. In der letzten Zeit hat Daviporr eine Hypothese aufgestellt, in welcher die Testa- zellen als abortive Eier behandelt sind. Obgleich ich auf Grund meiner Untersuchungen an Salpen und Pyrosomen zu derselben Ansicht nicht nur in Bezug auf die Kalymmocyten, sondern auch auf die Follikel- zellen gekommen bin, kann ich doch den Gründen, auf welche Davr- DOFF seine Ansicht stützt, nicht beistimmen. Daviporr geht in seinen Betrachtungen von der Theorie der intraovulären Entstehung der Testazellen aus und nimmt die Eibildung der Appendicularien zum Ausgangspunkt für die Vergleichung mit der Eibildung andrer Tuni- caten. Die Zellen, aus denen die Eierstocksanlage der Appendicularien besteht, betrachtet Daviporr als Ooblasten. Nach den Angaben dieses Forschers, die mit denen von BoLLES Lee übereinstimmen, sollen die Kerne (Karyoblasten Dav.) dieser primitiven Eierstockszellen Knospen abgeben (Nucleogemmen Dav.), die sich an die Peripherie der Eier- stocksanlage begeben und dort mit einem Theile des Protoplasmas zusammen die Eier bilden. Diese Entwicklungsart der Eier bietet un- streitig eine grosse Analogie mit der intraovulären Bildung der Ka- lymmocyten (Testazellen) der Ascidien dar, und auf Grund dieser Analogie kommt Davinorr zum Schluss, dass die Testazellen der Ascidien den Eiern der Appendicularien homolog sind und betrachtet die erstern als abortive Eier. Da „die sämmtlichen Ooblasten der Fritillaria sich in Eier umwandeln“, während „bei den Ascidien nur Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. SI ein befruchtungsfähiges Ei aus einem Ooblasten entsteht, alle übrigen Ooblasten aber abortiv werden“, so schliesst Daviporr, dass „das Ei der Ascidien eigentlich kein solches im gewöhnlichen Sinne ist“. Es ist vielmehr ein Ooblast, welcher erst Eier producirt (DAviporr, 1. c. p. 143). Wenn ich nun auch die Deductionen Daviporr’s vom Stand- punkte der intraovulären Entstehung der Testazellen als ganz logisch ausgeführt anerkenne, muss ich ihm doch Eines entgegenhalten: wenn . die Testazellen abortive Eier sind, warum betrachtet er die Follikel- zellen nicht als solche? Die een dieser letztern Zellen stimmt nach den Angaben von Borres LEE mit derjenigen der Testa- zellen vollkommen überein; nach dem englischen Forscher sollen die Follikelzellen ebenfalls wie die Testazellen der Ascidien (nach Davı- DOFF) aus Nucleogemmen, einem Theil des Protoplasmas entstehen. Um ganz consequent zu sein, muss man alle Zellen des Eierstocks als . homologe Bildungen ansehen, und zu solchem Schluss gelangt man ganz unabhängig davon, ob man die intraovuläre oder extraovuläre Entstehungsweise der Testazellen resp. der Kalymmocyten annimmt. Die Homologie der Eizelle mit den Follikel- resp. Testazellen kann 1) durch die Identität der Anlage aller genannten Zellen und 2) durch die Verwandlung dieser Zellen in einander bewiesen werden. Die Identität der Anlage der Ei- und der Follikelzellen ist so evident, dass ich mich hier nicht lange dabei aufzuhalten brauche. Die beiderlei Zellen entstehen aus zuerst ganz indifferenten Zellen, die entweder in Form einer Epithelschicht (Keimepithel) oder einer compacten Zellen- masse auftreten; später wachsen einige von diesen Zellen und ver- wandeln sich in die Eizellen, während die andern in ihrem Wachs- thum zurückgehalten werden und als Follikelzellen resp. als Kalym- mocyten erscheinen. Aber die Identität der Anlage der Geschlechts- producte mit den sie bedeckenden Follikelzellen ist für sich allein für die Homologie dieser Zellen nur wenig beweiskraftig. In manchen Organanlagen treffen wir zuerst indifferente Zellen, die sich später in streng differenzirte und einander nicht homologe Elemente verwandeln. Für den Beweis der Homologie zwischen den in Rede stehenden Zellen wäre es sehr wichtig, zu zeigen, dass dieselben unter gewissen Umständen in einander übergehen können. Solche Thatsachen fehlen auch nicht. Ich habe oben die Gründe angeführt, aus denen man annehmen muss, dass die überzähligen Eizellen der Eierstocksanlage der Pyrosomen und Salpen sich in Follikelzellen verwandeln. Es sind aber auch um- gekehrte Fälle bekannt, wo Follikelzellen sich zu Eizellen entwickeln. Ich verweise in dieser Beziehung auf die vor einigen Monaten publi- Zool, Jahrb. V, Abth, f. Morph, 6 89 W. SALENSKY, cirten Untersuchungen von Russo’) über die Zerstörung und Ver- jüngung der Eier bei den Ophiuriden. Russo hat nämlich gezeigt, dass gleichzeitig mit der Zerstörung im Eierstock der Ophiuriden ein Verjüngungsprocess vor sich geht, welcher in der Bildung neuer Eier besteht. Die letztern entstehen ausschliesslich aus den Zellen des Follikelepithels, und zwar dadurch, dass diese Zellen wachsen und allmählich die Form von Eizellen annehmen. Zu denselben Resultaten ist auch früher PALADINO bei der Untersuchung der Eierstöcke der Säugethiere gekommen. Die angeführten Thatsachen liefern den Beweis dafür, dass die Follikelzellen und die Eizellen nicht nur durch ihre gemeinschaftliche Anlage mit einander verwandt sind, sondern auch unter Umständen in einander übergehen können. Daraus ergiebt sich der Schluss, dass die Follikelzellen sich principiell von den Eizellen nicht unterscheiden und dass sie als unentwickelte, resp. abortive Eier betrachtet werden können. Dieser Schluss ist selbstverständlich auch auf die Kalym- mocyten, wenigstens auf solche, welche unstreitig aus Follikelzellen entstehen (auf die Kalymmocyten der Salpen und Pyrosomen) anwend- bar, und ich komme zu demselben Ergebniss, welches schon von Daviporr in Bezug auf die Testazellen der Ascidien ausgesprochen wurde, dass die Kalymmocyten abortive Eier sind. Die Entwicklung der Pyrosomen und Salpen liefert die Beweise dafür, dass die Kalymmocyten auch durch ihre Bildungsthätigkeit den Eizellen, resp. ihren Derivaten, den Blastomeren, sehr nahe stehen. In den beiden erwähnten Tunicatengruppen bildet sich der Embryo durch die gemeinschaftliche Thätigkeit dieser beiderlei Elemente. Es fragt sich nun, ob diese Zellen die gleiche Rolle in der Entwicklung des Embryonalleibes spielen. In Bezug auf die Pyrosomen ist diese Frage viel schwieriger zu beantworten als in Bezug auf die Salpen. Bei den Pyrosomen sind die Kalymmocyten so innig mit den Blasto- meren verbunden, und sie verlieren so frühzeitig ihre charakteristischen Kennzeichen , dass es geradezu unmöglich ist, sie in den weiteren Stadien zu verfolgen. Die einzige Ausnahme davon machen diejenigen Kalymmocyten, welche die sog. länglichen Zellenhaufen bilden. Da sie sehr spät aus der Dotterblase in den Ascidiozoidenleib übergehen, so ist es leicht zu constatiren, dass die’ problematischen länglichen Zellenhaufen ausschliesslich aus Kalymmocyten bestehen. Anders ver- 1) Ricerche sulla distruzione et sul rinuovimento del parenchima ovarico nelle Ophiureae, in: Zool. Anz., 14. Jahrg., p. 356. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 83 halten sich die Kalymmocyten und die Blastomeren bei der Entwick- lung des Salpenembryos. Bei diesen Thieren lassen sich die Blasto- meren bis auf die spätesten Entwicklungsstadien verfolgen, behalten - dabei ihren charakteristischen Bau und ihre Form und verhalten sich während der Entwicklung scheinbar passiv gegen die Kalymmocyten, aus welchen der ganze Embryonalleib zu entstehen scheint. Bei meinen Untersuchungen über die Entwicklung der Salpen habe ich die Ver- theilung der Blastomeren im Embryonalleibe nicht näher berücksichtigt ; als ich jetzt meine Präparate und meine Abbildungen durchsah, ist mir eine gewisse Regelmässigkeit in der Anordnung der Blastomeren, wenigstens bei einigen besser untersuchten Salpenarten, aufgefallen. Die Blastomeren in den Embryonen der Salpa pinnata sind ziemlich symmetrisch’ angeordnet (vergl. darüber Fig. 22”, 23™, 25° und 31°" in meinen Neuen Unters. über die embr. Entw. d. Salpen, in: Mitth. Zool. Station Neapel, Bd. 5) und finden sich immer in den centralen Theilen der Anlagen der verschiedenen Organe; man trifft sie z. B. in der Anlage des Nervensystems, des Pericardiums, des Darmcanals etc. Die Kalymmocyten, welche das Hauptmaterial für den Aufbau der Organe darstellen, sind um die central gelegenen Blastomeren ver- theilt. Die Blastomeren stellen gewissermaassen Attractionscentra für die Kalymmocyten dar, sie reguliren die Richtung, in welcher die Kalymmocyten sich anordnen, um die Organe des Salpenleibes zu bilden. Darin liegt ihre Hauptbedeutung. Die eben hervorgehobene dirigirende Rolle, welche die Blastomeren in der Entwicklung des Embryonalleibes spielen, steht in vollem Ein- klang mit der Function dieser Zellen in der Entwicklung der Thiere überhaupt. Sie ist verständlich, wenn wir bedenken, dass bei der Ent- wicklung der Thiere überhaupt die Thätigkeit der Blastomeren in zweierlei Weise sich äussert. Erstens stellen diese Zellen das Bau- material für die Bildung des Embryonalleibes dar, und zweitens müssen sie in einer gewissen Anordnung vertheilt werden, um die Anlagen der Organe nach den Gesetzen der Vererbung aufzubauen. Die erste Function wird erreicht durch die Fähigkeit der Blastomeren sich zu theilen, die zweite dadurch, dass sie sich in bestimmter Richtung theilen, um die Anlagen von Organen bestimmter Form, Lage und Grösse zu bilden. Diese letztere gesetzmässige Vermehrungs- thätigkeit der Blastomeren ist nur dadurch zu erklären, dass sie von Eiern abstammen, deren Plasma eine Vererbungssubstanz, das Keim- plasma, enthält. Wenn der Keim der Pyrosomen oder Salpen nur aus den Kalymmocyten allein bestände, so wäre es unverständlich, wie 6* 84 W. SALENSKY, diese Zellen sich anzuordnen vermöchten, um zusammengesetzte Ge- bilde wi die Keimblätter oder die Anlagen der Organe zu bilden. Sind sie aber um die Blastomeren oder um eine Gruppe von Blasto- meren wie um ein Centrum vertheilt, so werden sie durch die letztern gezwungen, in einer gewissen regelmässigen Ordnung zu liegen. Die Kalymmocyten stellen somit das Baumaterial dar, welches nur deshalb zum Aufbau des Embryonalleibes verwendet werden kann, weil es von den Blastomeren dirigirt wird. Sie liefern eine wichtige Beihülfe für die Blastomeren, indem sie durch ihre Thätigkeit beim Aufbau des Embryonalleibes die Kräfte der Blastomeren entlasten, die sonst auf die Vermehrung derselben verwendet werden müssten. Das Schicksal der Blastomeren ist bei den Pyrosomen und bei den Salpen ein verschiedenes. Bei den ersteren nehmen sie den gleichen Antheil wie die Kalymmocyten am Aufbau des Embryonalleibes, während ich sie bei den letzteren am Ende der Entwicklung immer bedeutend verändert gefunden habe und deswegen zu dem Schlusse kam, dass sie verschwinden müssten. Nachdem ich aber die Entwicklung der Pyrosomen kennen gelernt habe, scheint mir dieser Schluss einer noch- maligen Prüfung bedürftig zu sein, und ich werde die nächste Ge- legenheit benutzen, um die Entwicklung der Salpen gerade nach dieser Seite hin nochmals genauer zu untersuchen. Die eigenthümlichen Entwicklungserscheinungen, die wir in der Embryologie der Pyrosomen und Salpen kennen gelernt haben, sind bei diesen Tunicaten allmählich zur, Entfaltung gelangt. Es ist be- merkenswerth, dass die allmähliche Complication der Entwicklungs- erscheinungen mit der phyletischen Entwicklung des Tunicatenstammes parallel geht. Aus den embryologischen Thatsachen lässt sich schliessen, dass die Pyrosomen und Salpen jüngere Zweige des Tunicatenstammes als die Ascidien sind, und dass die Pyrosomen aus Ascidien (Syn- ascidien), die Salpen aus Pyrosoma-ähnlichen Organismen entstanden sein müssen. Darauf weisen 1) die deutlich ausgesprochenen Abkürzungen in der Entwicklung der Pyrosomen im Vergleich mit derjenigen der Ascidien und 2) die viel einfacheren Erscheinungen des Generations- wechsels bei den Pyrosomen im Vergleich mit denen der Salpen hin. Dieser phylogenetischen Reihe der Tunicaten entspricht die Ausbildung der eigenthümlichen Entwicklungserscheinungen, welche die Entwick- lung der Pyrosomen und Salpen charakterisiren. Die Entwicklung der Ascidien ist derjenigen der übrigen Thiere vollkommen ähnlich und zeichnet sich vor der letztern nur dadurch aus, dass bei diesen Tunicaten die Kalymmocyten (Testazellen) auftreten, die aber keinen Beiträge zur Embryonalentwieklung der Pyrosomen. 85 activen Antheil an der Bildung des Embryos nehmen. Die Pyrosomen thun einen Schritt ‘weiter, indem bei ihnen die zwischen die Blasto- meren eingedrungenen Kalymmocyten nicht nur daselbst verbleiben, sondern sich am Aufbau des Embryonalleibes in derselben Weise wie die Blastomeren betheiligen. Bei den Salpen endlich treffen wir die höchste Ausbildung dieser Erscheinung, welche durch die active Thätigkeit der Kalymmocyten charakterisirt ist. Die Kalymmocyten der Salpen erreichen einen ausserordentlichen Entwicklungsgrad, sie unterdrücken die Thätigkeit der Blastomeren und stellen die Haupt- elemente dar, aus welchen der Embryonalleib gebildet wird. Ich habe die Entwicklung der Salpen in meiner früheren Arbeit (s. Neue Unters. üb. d. Entw. d. Salpen) als „folliculäre Knospung* bezeichnet. Diese Benennung halte ich jetzt, nachdem ich die Ent- wicklung der Pyrosomen kennen gelernt habe, nicht mehr aufrecht, indem dadurch die Hauptmerkmale dieser Entwicklungsart nicht scharf ausgedrückt sind. Wenn wir die Entwicklung der Salpen mit der- jenigen der Pyrosomen vergleichen, so finden wir, dass die Eigen- thümlichkeit desselben, welche sie einerseits unter einander verbindet und andrerseits von der Entwicklung andrer Thiere scheidet, darin besteht, dass bei ihnen der Embryo nicht aus der Eizelle, sondern aus einem ganzen Eierstock entsteht. Diese Eigenschaft der Entwicklung muss in der Benennung ihrer Entwicklungsart besonders hervorgehoben werden, und deswegen schlage ich jetzt vor, die Entwicklung der Salpen und Pyrosomen mit dem Namen „Oeiogenesis“!) zu be- zeichnen. 2. Mesoderm und Cölom der Pyrosomen. Das Mesoderm der Ascidiozoide ist eine unmittelbare Fortsetzung desjenigen des Cyathozoids; man kann ganz bestimmt sagen, dass alle Mesenchymzellen des letztern während der regressiven Metamorphose in die Ascidiozoide übergehen. Um die Form und die Vertheilung des Mesoderms der Ascidiozoide richtig zu beurtheilen, muss man vorher den Charakter des Mesoderms des Cyathozoids genauer feststellen. Aus — den im 2. Capitel (s. Entw. der Pyrosomen, diese Jahrbücher, Bd. 4) erörterten Thatsachen in Bezug auf die Entwicklung des Mesoderms geht hervor, dass das Cyathozoid ein echter Enterocölier ist. Das Mesoderm desselben tritt zuerst in Form von zwei Säcken auf, die 1) Von @siov — Eierstock und yévecis — Zeugung. 86 W. SALENSKY, nach ihrer Lage und ihren topographischen Beziehungen zu den andern Organen den Cölomsäcken vollständig entsprechen. Von den beiden Säcken entwickelt sich nur einer weiter, nämlich der rechte, während der linke später seine Höhle verliert und in einzelne (mesenchymatöse) Zellen zerfällt, welche sich hauptsächlich in der die Keimscheibe um- gebenden Zellenzone ansammeln. Der rechte Cölomsack verwandelt sich in die Pericardialhöhle und in das Pericardialrohr, welch letztres in derjenigen Region der Keimscheibe verläuft, welche in den Stolo übergeht. In den weitern Entwicklungsstadien verliert das Pericardial- rohr seine Höhle und verwandelt sich in einen Zellenstrang, welcher später in einzelne Zellen zerfällt. Von den beiden ursprünglichen Cölom- säcken bleibt schliesslich nur die Pericardialhöhle übrig; alle andern Theile derselben stellen schliesslich eine Masse von frei beweglichen Mesenchymzellen dar, die theils ausserhalb der Keimscheibe, theils innerhalb derselben liegen. Diese Zellen liefern nun das Material für den Aufbau des Mesoderms der Ascidiozoide. Die Art und Weise, in welcher die Bildung des Mesoderms aus den frei beweglichen Zellen vor sich geht, ist sehr einfach. Einige von diesen Zellen sammeln sich zu beiden Seiten des Darmcanals zu zwei Gruppen an, von denen die rechte eine Höhle bekommt und sich in die Pericardialblase ver- wandelt, während die linke solid bleibt. Die topographische Lage und die weitern Entwicklungsverhältnisse der beiden Zellengruppen stimmen mit denen der beiden Cölomsäcke des Cyathozoids vollkommen überein, und das giebt uns das Recht, sie als Homologa der letztern zu be- trachten. Die rechte Zellengruppe des Ascidiozoids verwandelt sich, wie der rechte Cölomsack des Cyathozoids, in die Pericardialblase, die linke unterscheidet sich von dem entsprechenden Cölomsack des Cyathozoids dadurch, dass sie niemals eine Höhle besitzt; wenn wir aber bedenken, dass die Höhle des linken Cölomsackes auch nur zeitweilig besteht und später verschwindet, so hat dieser Unterschied keine grosse Bedeutung und stört die Homologie der beiden erwähnten Theile des Mesoderms nicht. Das Verhalten der beiden Mesoderm- zellengruppen der Ascidiozoide zu der folgenden Generation ist auch demjenigen der Cölomsäcke vollkommen ähnlich. Die linke Mesoderm- zellengruppe geht in toto in den Keimstock über, die rechte setzt sich auch in Form eines soliden Stranges in’ den Keimstock fort. Die beiden Mesodermzellengruppen bilden im Keimstock zwei Stränge und verhalten sich zum Mesoderm der folgenden Generation in derselben Weise wie das Pericardialrohr des linken Cölomsackes und der rechte Cölomsack des Cyathozoids bei der Bildung des Mesoderms der As- Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 87 cidiozoide. Dadurch wird die eben hervorgehobene Homologie der beiden Mesenchymzellengruppen mit den Cölomsäcken noch sichrer begründet. Aus den eben zusammengestellten Entwicklungsvorgängen des Mesoderms in den auf einander folgenden Generationen der Pyrosomen geht hervor, dass in der Geschichte des Mesoderms Zerstörung und Bildungsprocesse mit einander abwechseln: die Cölomsäcke verwandeln sich in die frei beweglichen Mesenchymzellen, welche sich wieder an- sammeln, Gruppen von fixirten Zellen bilden und theilweise in die blasenförmige, theilweise in die strangförmige Mesodermabtheilung übergehen. Als ursprüngliche Form des Mesoderms dürfte diejenige des Cyathozoids zu betrachten sein, welche darauf hinweist, dass die Vorfahren der Pyrosomen Enterocölier waren. Wie sich aber das Mesoderm bei dieser letztern verhält, ist aus den zur Zeit vorliegenden Untersuchungen nicht zu entnehmen. Nach den sehr genauen An- gaben von vAN BENEDEN & JULIN sollen bei Clavellina zwei Ecto- dermausstülpungen gebildet werden, die den Cölomsäcken entsprechen und später in die Mesenchymzellen zerfallen; doch sind diese Angaben durch die neuen Untersuchungen von Daviporr nicht bestätigt. Ausser den beiden eben betrachteten Theilen des Mesoderms müssen wir noch den Genitalstrang beachten, welcher, wenn auch aus derselben Quelle wie die lateralen Theile des Mesoderms, doch ganz gesondert von denselben entsteht. Wir haben gesehen, dass der Ge- nitalstrang sich zu einer gewissen Zeit der Entwicklung aushöhlt und in ein Rohr verwandelt. Der blasenförmige Zustand des Genital- stranges ist phylogenetisch sehr wichtig, da der Genitalstrang sich dadurch an die Anlagen der Genitalorgane der Ascidien anschliesst. VAN BENEDEN & JULIN betrachten die Genitalhöhle als einen Ueber- rest der Cölomhöhle und sprechen die Vermuthung aus, dass diese beiden Höhlen bei den Vorfahren der Tunicaten eine einzige Höhle dargestellt haben. Obgleich wir keine Andeutungen auf diese Ver- hältnisse in der Ontogenie der Tunicaten finden, so ist diese Hypothese doch sehr anziehend, und ich bin geneigt, sie anzunehmen. Der Mangel an ontogenetischen Beweisen dafür lässt sich durch sehr früh ent- standene cänogenetische Abänderungen des Mesoderms erklären, auf welche überhaupt der ganze Charakter der Entwicklung dieses Keim- blattes hinweist. 83 W. SALENSKY, 3. Die Entstehung der Metagenese bei den Pyrosomen und Salpen. Ich kann die Betrachtung des Mesoderms nicht schliessen, ohne die Deductionen von SEELIGER !) über die Entstehung der Metagenesis der Salpen, die er aus der Entwicklung des Mesoderms herleitet, zu besprechen. Dabei will ich die Gelegenheit benutzen, um auch meine eignen, bereits früher in knapper Form ausgesprochenen Ansichten über denselben Gegenstand hier etwas genauer auseinanderzusetzen. Der Grundgedanke der SrELIGERr’schen Hypothese besteht darin, dass der Generationswechsel der Salpen damit eingeleitet werden soll, dass der ganze Geschlechtsapparat der Solitärform als Mesoderm in den Stolo übergeht (l. c. p. 11) und zur Bildung des Nervensystems, der Musculatur, der Peribranchialröhren, des Herzens, des gesammten Mesenchyms und des Zwitterapparats der Kettensalpen verbraucht wird (l. ec. p. 12). Danach sind die solitären Salpen auch als Ge- schlechtsthiere zu betrachten, bei denen die Geschlechtsorgane sich in einem latenten Zustand befinden und morphologisch von den Mesen- chymzellen nicht zu unterscheiden sind. In dieser Beziehung stimmt die Hypothese von SEELIGER mit der von Brooks?) vor mehreren Jahren aufgestellten und von mir schon anderswo besprochenen *) überein. Sie unterscheidet sich jedoch von dieser letztern darin — wie es SEELIGER selbst hervorhebt —, dass nach Brooxs der Eier- stock der Kettensalpen identisch mit der Summe der einzelnen Eier der Kettensalpen ist, während er nach SEELIGER mit der Summe der verschiedenen Organe der Kettensalpen identisch ist, welche SEELIGER in seiner frühern Arbeit’) als Derivate des Mesoderms betrachtet. Zur Begründung der eben angedeuteten Hypothese verweist SEELIGER auf seine eignen Untersuchungen über die Knospung der Pyrosomen und Salpen. Er hat nämlich bei den erwähnten Thieren eine be- deutende recor nee Umbildungsfähigkeit der mittlern Schicht con- 1) Setlist dk Die Entstehung des Generationswechsels der Salpen, in: Jen. Zeitschr. fiir Naturw. Bd. 22. 2) Brooks, The development of Salpa, in: Bull. Mus. Comp. Zool. 1876. © 3) Sauensky, Ueber die Entwicklung der Hoden und über den Generationswechsel der Salpen, in: . Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 30, Suppl. 1878. | 4) Seeucer, Die Knospung Ba Salpen, in: Jenaische Zeitschr. f. Natw., Bd. 19, 1885. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 89 statirt, welche sich dadurch erweist, dass diese Schicht sich zu Organen umbildet, die sonst in der Embryonalentwicklung aus andern Keim- blättern ihre Entstehung nehmen. So hat er nachgewiesen, dass das Nervensystem und die Peribranchialröhren bei den Pyrosomen und Salpenknospen aus dem Mesoderm entstehen. Weiter hat er nach- gewiesen, dass das Mesoderm des Stolos bei den Pyrosomen aus einem in die Stolohöhle übergehenden Theil des Geschlechtsstranges des Mutterthieres sich entwickelt. Damit will er die ,,ausserordentliche Umbildungsfähigkeit des embryonalen Mesoderms im Stolo“ erklären und sagt darüber: „Die Geschlechtszellen besitzen ja potentia eine jede die Fähigkeit, sich zu einem vollständigen Tbier und also zu allen Geweben umzubilden; hier bethätigen sie diese Fähigkeit nur zum Theil in der Bildung des Nervensystems, der Peribranchialräume u. s. w.“ (pes spy 11). Bei der Vergleichung der Fortpflanzung der Salpen mit derjenigen der Pyrosomen benutzt SEELIGER als Vergleichungsobjecte nur die Knospen der Ascidiozoide und stellt dieselben den Knospen der Salpen parallel. Die Bildung der Ascidiozoide am Cyathozoid betrachtet er nicht als eine Knospung, sondern als eine Theilung. Er sagt darüber: „Mit dieser „Knospung“ der Ascidiozoide am Cyathozoid lässt sich die der Salpen nicht vergleichen, denn nur undifferenzirte Derivate der drei Keimblätter bilden die Knospen, in welchen ganz selbständig Peribranchialröhren und Herz sich entwickeln“ (l. c. p. 9). Diese Aeusserung beruht auf unrichtiger Interpretation der KowALEwsky’schen Angaben über die Entwicklung der ersten Ascidiozoide. Aus den Untersuchungen KowaLewsky’s kann man durchaus nicht schliessen, dass „schon im Momente ihrer Entstehung die Ascidiozoide fast alle späteren Organe angelegt enthalten, genau in gleicher Weise wie das Cyathozoid“. Die Organe der ersten Ascidiozoide, die Peribranchial- röhren ausgenommen, treten in derselben Reihenfolge wie diejenigen der aus den Ascidiozoiden entstehenden Knospen auf und entwickeln sich ebenfalls wie die letztern selbständig. Die Uebereinstimmung in der Entwicklung der ersten Ascidiozoide mit denen, welche später in der Pyrosomencolonie aus den Knospen entstehen, habe ich schon durch eine Reihe der im speciellen Theil dargelegten Thatsachen nachge- wiesen. Hier will ich nur bemerken, dass man, wenn man die Ent- wicklungsgeschichte der Pyrosomen fiir die Entscheidung der Frage von der Entstehung des Generationswechsels benutzen will, nur die Bildung der ersten Ascidiozoide aus dem Cyathozoid in Betracht ziehen kann, weil wir nur in diesen Entwicklungsformen den Erscheinungen 90 W. SALENSKY, der Metagenese begegnen. Die Knospung der Ascidiozoide hat mit dem Generationswechsel nichts zu thun, da bei dieser Fortpflanzungs- art eine Generation entsteht, die der mütterlichen vollständig gleicht. Die Knospungserscheinungen der Ascidiozoide können bei der Ent- scheidung der Frage von der Entstehung des Generationswechsels nur für die Beurtheilung der rein morphologischen Frage verwendet werden, mit demselben Erfolg wie die Knospung der verschiednen andern Ascidien. Der Gedankengang SEELIGER’s, welcher ihn zu der eben darge- stellten Hypothese geführt hat, begründet sich auf folgenden zwei Sätzen: 1) „Das Mesoderm, das die Stolohöhle (der Pyrosomen) erfüllt, ist ein Theil des Geschlechtsapparates des Mutterthieres“ (1. c. p. 10). 2) Das Mesoderm der Salpen zeichnet sich, wie dasjenige der Pyro- somen, durch eine bedeutende Umbildungsfähigkeit aus; es giebt den- selben Organen wie dasjenige der Pyrosomen den Ursprung. Daraus schliesst SEELIGER, dass das ganze Mesoderm der Kettensalpen aus dem Geschlechtsapparat der solitären Salpen entsteht. Gegen diese Sätze habe ich Folgendes anzuführen: Erstens muss ich hervorheben, dass die angebliche „Umbildungs- fähigkeit“ des Mesoderms im Stolo der Salpen und Pyrosomen über- trieben ist. Die Entstehung mehrerer Organe, denen man mesoder- malen Ursprung zuschreibt, ist sehr ungenau untersucht. Den meso- dermalen Ursprung des Nervenganglions muss ich stark bezweifeln. Man kennt in der embryologischen Literatur mehrere Fälle, wo das Nervensystem vom Mesoderm abgeleitet wurde (z. B. die Untersuchungen von BOBRETZKY über die Entwicklung des Nervensystems der Mollusken, die von HugBrEcHTr über das der Nemertinen); die meisten von diesen Angaben haben sich später als unrichtig erwiesen. Ich habe auch in Bezug auf die Entwicklung des Nervensystems der Pyrosomen gezeigt, wie die Nervenanlage sich hier vom Ectoderm schnell abtrennt und in die primitive Leibeshöhle, zwischen die Mesenchymzellen, gelangt. Diese Eigenthümlichkeit in der Entwicklung des Nervensystems, welche verschiedenen Thieren eigen ist, ist die Hauptursache, weshalb man für manche Thiere einen mesodermalen Ursprung des Nervensystems an- gegeben hat, wenn man die erste Anlage desselben bei der Unter- suchung vermisst hat. Was die Peribranehialröhren anbetrifft, so bin ich auch von. ihrer mesodermalen Entstehung nicht fest überzeugt und glaube, dass dieser Punkt in der Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen und Salpen einer nochmaligen und genauern Prüfung bedarf. Wenn man das Nervensystem und die Peribranchialröhren von den angeblichen Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 1 Derivaten des Mesoderms abzieht, so bleiben nur die Organe übrig (Musculatur, Mesenchymzellen, Herz und Geschlechtsdrüsen), die auch sonst bei allen andern Thieren aus dem Mesoderm entstehen. Zweitens muss ich die Angabe von SEELIGER bestreiten, nach welcher das ganze Mesoderm des Stolos, resp. der Knospen aus dem Geschlechtsapparat entsteht. Ich habe schon vor mehreren Jahren gezeigt, dass die mesodermalen Stränge der Salpen aus der Fortsetzung des Pericardiums, aus den Pericardialröhren, ihren Ursprung nehmen. Dieses von SEELIGER bestrittene Verhalten findet bei den Pyrosomen seine Bestätigung. Aus den im speciellen Theile dargelegten That- sachen geht hervor, dass die Mesodermstränge des Pyrosomenstolos theilweise aus der Fortsetzung der Pericardialhöhle (linke Mesen- chymzellengruppe), theilweise aus der der letztern entsprechenden rechten Mesenchymzellengruppe sich bilden. Die Entwicklung der Mesodermstränge ist von der des Geschlechtsstranges vollkommen un- abhängig. Bei den Salpen habe ich auch nie eine Continuität zwischen diesen Organanlagen beobachtet. Wenn dieselbe aber auch bewiesen wäre, so könnte sie nicht derart interpretirt werden, dass das Mesoderm aus einem Geschlechtsapparat entstehe; man könnte nur daraus schliessen, dass die mesodermalen Stränge mit dem Geschlechtsapparat aus einer gemeinschaftlichen Anlage, die das Mesoderm darstellt, ihren Ursprung nehmen, weil wir sonst bei allen Thieren, bei welchen unter andern Organen auch der Geschlechtsapparat aus dem Mesoderm entsteht, das Mesoderm für den Geschlechtsapparat halten könnten. Die Frage nach der Entstehung der Metagenese bei den Tunicaten ist am besten auf dem Wege vergleichender Untersuchungen der Ent- wicklungsgeschichte der verschiednen Repräsentanten dieses Stammes zu lösen. Das ist auch der Weg, den die meisten Forscher in der letzten Zeit gegangen sind. In diesem Stamme sind Thiere mit so verschieden mannichfaltigen Fortpflanzungsarten vereinigt, dass man schon von vornherein erwarten könnte, unter ihnen eine Reihe von Uebergängen von der rein geschlechtlichen Fortpflanzung zu den com- plicirtesten Fällen der Metagenese anzutreffen. Diesen Weg werde ich auch bei der Darstellung meiner Ansicht über die Entstehung der Metagenese der Pyrosomen und Salpen befolgen. In meinen Untersuchungen über die Entwicklung der Hoden und über den Generationswechsel der Salpen (in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 30 Suppl.) habe ich die Meinung ausgesprochen, dass die Ent- wicklung der Metagenese in innigstem Zusammenhang mit der Meta- morphose stehe. Jetzt will ich diese Ansicht etwas genauer begründen, 09 W. SALENSKY, Bevor ich mich aber zur Darlegung derselben wende, muss ich be- merken, dass die Definition der Metagenese als einer Fortpflanzungsart» welche im Wechsel einer geschlechtlichen und einer ungeschlechtlichen Generation besteht, nicht vollständig den Thatsachen entspricht. Wir kennen wohl Thiere (z. B. die Salpen), bei denen die beiden genannten Generationen in strengster Ordnung auf einander folgen, aber unter den metagenetischen Thieren aus den verschiednen Thiertypen sind doch mehrere Fälle bekannt, wo die ungeschlechtliche Generation eine solche erzeugt, welche so gut auf geschlechtlichem wie auch auf unge- schlechtlichem Wege sich fortzupflanzen im Stande ist. Als Beispiel dieser letzten Modification der Metagenese kann ich verschiedene Arten von Medusen (Sarsia prolifera, S. siphonophora, Lizzia, Epenthesis) anführen. -Ich glaube deswegen, dass es viel natürlicher wäre, unter Metagenese diejenige Fortpflanzungsart zu verstehen, bei welcher die ungeschlechtliche Generation eine solche erzeugt, die zu gleicher Zeit geschlechtlich und ungeschlechtlich sich fortzupflanzen im Stande ist- Die meisten Forscher, die sich mit der uns jetzt interessirenden Frage beschäftigt haben, stimmen darin überein, dass die Metagenese der Salpen und der Pyrosomen von denjenigen Thieren stammt, welche, wie die gegenwärtigen Synascidien, gleichzeitig auf geschlechtlichem und ungeschlechtlichem Wege sich vermehrten. Um von einer solchen für die Erhaltung der Art sehr vortheilhaften Fortpflanzungsweise zur Metagenese überzugehen, bei welcher diese Fortpflanzungsfähigkeit in jeder Generation beschränkter wird, müssten solche Thiere von diesem Uebergange irgend einen Vortheil geniessen. Dieser Vortheil kann in der allmählichen Beschleunigung der Fortpflanzung gefunden werden. Bei den meisten Thieren, die sich durch Knospung fortpflanzen, tritt die Fähigkeit zu dieser Vermehrungsart erst nach dem Schluss der Metamorphose auf, Wir können uns aber Fälle vorstellen, bei denen die Fähigkeit zur Knospung oder überhaupt zur ungeschlecht- lichen Vermehrung schon bei der Larve oder selbst beim Embryo sich entwickelt. Solche Fälle sind auch in der That bekannt, und als Beispiel kann ich die Pyrosomen anführen, bei denen der Embryo bereits eine ganze Colonie von Knospen hervorbringt; ferner kann ich auf Lumbricus trapezoides hinweisen, bei welchem der Embryo schon im Gastrulastadium sich theilt. Bei den verschiedenen Repräsentanten der Tunicaten fällt der Beginn der Knospungsfähigkeit in verschiedne Zeit ihres individuellen Lebens. Die Botrylliden fangen erst nach der . Fortsetzung der Larve an, Knospen zu treiben. Das erste Individuum, welches aus der Larve entsteht, geht dabei bekanntlich zu Grunde; Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 93 demselben Schicksal unterliegen auch einige darauf folgende Gene- rationen vom Individuen. Didemnium beginnt schon während der Embryonalentwicklung sich ungeschlechtlich fortzupflanzen, und die Folge davon ist die Erzeugung von zwei Individuen, welche die Larve bilden und die schon Anlagen von Knospen besitzen. Bei Distaplia magnilarva ist in der Beschleunigung der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung noch ein weitrer Schritt gethan, indem bei ihnen die Larven eine ganze Kette von Knospen zu bilden im Stande sind, die dem Stolo der Dolioliden und der Salpen vollkommen entspricht. In diesem letztern Falle haben wir es schon mit einem ausgesprochnen Gene- rationswechsel zu thun, bei welchem die Larve die Rolle der Amme übernommen hat und der Amme der metagenetischen Tunicaten voll- kommen entspricht. Sie behält noch ihre Larvenform, und dadurch ist sie für uns besonders wichtig, da sie den Beweis liefert, dass die Ammengeneration aus einer Larve und nicht aus der ausgebildeten Form entstanden ist. In allen eben angeführten Fällen geht die Larve, resp. die Amme, gerade so wie bei den echten metagenetischen Thieren, früher oder später zu Grunde. Die Zusammenstellung der angeführten Fälle beweist zur Genüge die von mir schon früher ausgesprochene Ansicht, dass die Metagenese mit der Metamorphose in Zusammenhang steht. Durch diesen Zu- sammenhang allein kann man die Formverschiedenheit zwischen der ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Generation erklären. Die Ammengeneration entspricht der Larve, die geschlechtliche Generation dem ausgebildeten Thier. Diese Formverschiedenheit kann natürlich bei denjenigen Formen auftreten, welche die Metamorphose durchlaufen. Die Metagenese kommt aber auch bei denjenigen Thieren vor, welche sich auf directem Wege entwickeln. Dann wird der Unterschied zwischen der Amme und der Geschlechtsgeneration minimal und be- schränkt sich auf unbedeutende Verschiedenheiten der Form. Als ein Beispiel dafür kann die Fortpflanzung der Salpen dienen. Weil wir nun die metagenetischen Tunicaten von solchen ableiten, welche zur gleichzeitigen ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Ver- mehrung befähigt sind, müssen wir annehmen, dass die ältesten meta- genetischen Tunicaten in der sog. geschlechtlichen Generation sich auf zweierlei Wege fortzupflanzen im Stande waren. Den Beweis dafür liefern uns die Pyrosomen, bei denen alle aus dem Cyathozoid ent- stehende Ascidiozoide zu gleicher Zeit durch Knospen und durch Eier sich fortpflanzen. Bei der weitern Entwicklung der Metagenese scheint jedoch die ungeschlechtliche Vermehrung bei der Geschlechts- 04 W, SALENSKY, generation aufgehoben zu sein, und bei den Salpen, welche sich durch die am meisten ausgesprochene Metagenese auszeichnen, sind die ge- schlechtlichen Kettensalpen nicht mehr befähigt, Knospen zu treiben. Der Verlust der Fähigkeit ungeschlechtlicher Vermehrung scheint auf den ersten Blick nachtheilig für die Erhaltung der Art zu sein, und er muss durch irgend eine andre vortheilhafte Anpassung ersetzt werden. Die letztere findet sich in der ungeheuren Proliferations- fähigkeit der solitären Salpen, welche diejenige der übrigen meta- genetischen Tunicaten (Pyrosomen, Dolioliden) um das Hundertfache übertrifft. Zum Schluss will ich die Hauptsätze meiner Auffassung der Meta- genese kurz recapituliren. Ich bin der Ansicht: 1) dass die Meta- genese der Salpen und der Pyrosomen durch die mannichfaltigen Fort- pflanzungserscheinungen der Synascidien vorbereitet wurde; 2) dass die Ammengeneration der metagenetischen Tunicaten aus der Larven- form entstanden ist, die sich frühzeitig, d.h. vor der Geschlechtsreife durch Knospung zu vermehren begann; 3) dass in den ersten Stadien der phylogenetischen Entwicklung der Metagenese die Geschlechts- generation befähigt war, sich auch auf ungeschlechtlichem Wege fort- zupflanzen (Pyrosomen), und 4) dass bei der weitern Entwicklung der Metagenese die geschlechtliche Generation ihre Knospungsfähigkeit verloren hat. Odessa, 28. März 1891. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen. 95 Erklärung der Abbildungen. Tafel 1—9. An Anus. Bis Blutsinus. Cel Cellulosesubstanz. Cl Cloake. Clein cloacale Einstiilpung. Clh Cloakenhöhle. Clof Cloakenöffnung. DB Dotterblase. Dm Darmwand. Dmh Darmbéble. Dmsch, Dmschr, Dmschl Anlage des Darmeanals der Ascidiozoide. Dphb pharyngealer Blutsinus. Dt Dotter. Dtkme Dotterkalymmocyten. Dtk Darmtentakel. Dspd darmumspinnende Driise. Dspag Ausführungsgang der darm- umspinnenden Drüse. Ec Ectoderm. El Eläoblast. End Endostyl. Endf Endostylfalten. Endn Endostylnerv. Endp primitive Endostylfalte. Ends secundäre Endostylfalte. Endr Endostylrohr. Fl Follikelwand. Flgrp primitive, Flgrd definitive Flimmergrube. Gst Genitalstrang. Hd Hinterdarm. Hknr hinterer Kiemennerv, Ing Ingestionsöffnung. K Kieme. Kime Kalymmocyten. Kmw Kiemenwand der primitiven Darmhöhle. Knr Kiemennerv. Ks Kiemensack. Ksdm Darmhöhle des Keimstocks. Ksmr, Ksml Mesodermstränge des Keimstocks. Ksp Kiemenspalte.' Lkmf Langskiemenfalte. Lnsz linsenförmige Zellenhaufen. Lrgr länglicher Zellenhaufen. M Mundöffnung. Mcon Musc. constrictor. Mezcel Zellen d. Celluloseschicht. Mg Magen. Mklp Mundklappe. Mst Mesodermzellengruppen. Mz Mesenchymzellen. N Ganglion des Cyathozoids. Ng Ganglion des Ascidiozoids. Nh Nervenhöhle. Npl Nervenplatte. Ns Nerveneinstiilpung. Pe Pericardium des Cyathozoids. Pe’ dem Pericardium des Ascidio- zoids entsprechender linker Me- sodermstrang. Per Pericardialrohr. Ph peripharyngealer Nerv. Prbr peribranchiales Rohr, 96 Prbh peribranchiale Höhle. Prbrw Wand der peribranchialen Höhle. Pst Punktsubstanz des Ganglions. Sch Zellenlamellen des Cellulose- mantels. Sn Seitennerv. Spl Nervenendigung im Tentakel. sbits subintestinaler Blutsinus. W. SALENSKY, Tn Tentakelnerv. Vb Verbindungscommissur zwi- schen den beiden peripherischen Nerven, Vbr Verbindungsrohr. Vh Vorhof der Cloake. Zz Zellenzone. Zzin Inseln der Zellenzone. a—f Mesenchymzellen in verschie- spits supraintestinaler Blutsinus. T Tentakel. Tgl Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fi . 33. “13D. . 36 A—C. Drei denen Stadien der Auswande- rung (Fig. 30). Tentakelganglion. D—O. Verschiedene Entwicklungsstadien des Embryos von Pyro- soma D, F und K (Zeiss B + 2) G, H L—O (A + 2). 30, 30 A. Zwei Querschnitte durch den vordern Theil des Cya- thozoids aus dem Stadium G (Zeiss DD + 2). 31. Querschnitt durch den Cellulosemantel des Cyathozoids aus dem Stadium J—K (Zeıss DD + 2). 32. Querschnitt durch das Cyathozoid in der Gegend des Nerven- ganglions aus dem Stad. M—N (Zeıss AA + 2). Längsschnitt durch das Cyathozoid und das Ascidiozoid aus dem Stad. L (Zeiss BB + 3). anliegende g. 34. Ein Stück des cloacalen Theils eines Cyathozoids aus dem Stad. G (Zeiss C + 2). Längsschnitt durch das Nervenganglion und die Flimmergrube aus dem Stad. J (Zeiss DD + 2). Längsschnitte durch Stad. O (Zeiss C + 2). das Cyathozoid aus dem . 37—37 D. Querschnitt durch den hintern Theil des Ascidiozoids und durch das Cyathozoid aus dem Stad. O (Zriss DD + 2). . 38—38 D. Fünf Querschnitte durch das Ascidiozoid aus dem Stad. F in der Gegend der Nervenanlage (Zeiss F + 2). . 39—39 A. Zwei Längsschnitte durch das Cyathozoid und den Stolo aus dem Stad. F (Zeiss C + 3). 40. Längsschnitt durch das distale Ende des Stolos aus dem Stad. F—G (Zeiss DD + 2). 41—41 B. Drei Querschnitte durch das Ascidiozoid aus dem Stad. —G (41, 41 A in der Nervengegend) (Zuiss DD + 2). 42. Ascidiozoid aus dem Stad. H (Zeiss C + 3). 43. Horizontaler Schnitt durch das Ascidiozoid aus demselben Stadium wie Fig. 42 (Zeiss C + 3). g. 44. Längsschnitt durch das Ascidiozoid aus te Stadium (Zeiss C + 3). Fig. Fig. Beiträge zur Embryonalentwicklung der Pyrosomen, 97 45. Zwei Querschnitte in der Nervengegend durch das Ascidiozoid aus demselben Stadium (Zeiss C + 3). 46. Längsschnitt durch die Nervengegend des Ascidiozoids aus dem Stad. J (Zeıss DD + 2). . 47—47 A. Zwei Längsschnitte durch die Nervengegend des As- cidiozoids aus dem Stad. L (DD + 2). . 48. Längsschnitt durch das Nervenganglion und die benachbarten Theile des Ascidiozoids aus dem Stad. L—M (Zmss DD + 2). ig. 49. Desgleichen aus dem Stad. M—N. . 50. Der vordre Theil des Ascidiozoids aus dem Stad. M (Zeiss B + 2). Fig. 50 A. Ein Theil desselben Präparats bei stärkrer Vergrösserung Zeiss DD + 2). . 51. Ein Tentakel des Ascidiozoids aus dem Stad. N. . 52. Ein Theil des Cyathozoids aus dem Stad. F—G (Zeiss C + 2). . 53. Desgleichen aus dem Stad. G (Zeiss C + 2); Fig. 53 A Quer- schnitt durch die Herzgegend aus demselben Stad. (C + 2). g. 54—54 C. Längsschnitte durch die cloacale Einstülpung aus dem Stad. H (Zeiss DD + 2). . 55—55 G. Querschnittserie aus dem Ascidiozoid im Stad. G (Zeiss C + 3). . 56—56 D. Querschnittserie aus dem Ascidiozoid im Stad. G—H (Zeiss B + 2). . 57—57 E. Querschnittserie durch das Ascidiozoid aus dem Stad. K (Zeiss C + 3). . 58—58 G. Querschnittserie durch das Ascidiozoid aus dem Stad. J (Zeiss C + 3). . 59. Querschnitt durch die Ingestionsöffnung des Ascidiozoids aus dem Stad. L (C + 3); Fig. 59 A Querschnitt durch den Magen; Fig. 59 B Querschnitt durch den Muskelreifen von demselben Ascidiozoid. . 60—60 A. Zwei Querschnitte durch das Cyathozoid aus dem Stad. H (C + 2). Fig. 61—61 F. Querschnittserie durch die Keimscheibe aus dem Stad. E. ROA 2). Fig. 62. Längsschnitt durch die Keimscheibe aus dem Stad. D (Zeiss Fig. C + 9). . 63. Längsschnitt durch das Cyathozoid und durch das proximale Ascidiozoid aus dem Stad. J (C + 3). . 64. Querschnitt durch das Ascidiozoid aus oe Stad. F in der Gegend, wo die Anlage des Eläoblasts und des Pericardiums ent- steht (DD + 2). 65—65 R. Querschnittserie durch das Ascidiozoid aus dem Stad. H (Zeıss C + 3). Zool. Jahrb, V. Abth. f. Morph. 7 W. SALENSKY, Embryonalentwicklung der Pyrosomen. . 66—66 B. Längsschnitte durch das Ascidiozoid aus dem Stad. K (Zeiss C + 3). . 67—67 D. Längsschnitt durch den Keimstock des Ascidiozoids aus dem Stad. O (Zeiss DD + 2). ig. 68. Längsschnitt durch das Cyathozoid aus dem Stad. N (CC + 3). . 69—69 C. Querschnitte durch das Endostyl des Ascidiozoids aus dem Stad. O (DD + 2). . 70. Längsschnitt durch das Ascidiozoid aus dem Stad. M (CC + 2). g. 71. Hinterdarm mit der darmumspinnenden Drüse aus dem Stad. L. ig. 72. Dasselbe aus dem Stad. O. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. Von Dr. Heinrich Riese, Privatdocent zu Freiburg i. B. Hierzu Tafel 9—11. Als Ausbeute der in den Jahren 1868 und 1875 nach West-Yunnan einer der westlichen Provinzen von China, unternommenen Expeditionen wurde unter vielen andern Thieren ein noch unbekanntes Urodel nach Europa gebracht, das den mekodonten Tritonen zugezählt wurde und den Namen Tylototriton!) verrucosus erhielt. In den anatomischen und zoologischen Untersuchungen der Expedition wurde er durch JoHN ANDERSON kurz beschrieben. Das Thier erhielt ich durch die gütige Vermittlung des Herrn Prof. WIEDERSHEIM von Marchese Doria, dessen ausserordentliche Liberalität mir im Laufe meiner Untersuchungen drei Exemplare von diesem seltenen Material zugehen liess. Wenn ich auch nicht leugnen kann, dass mir für die Entscheidung mancher Dinge eine noch grössere Anzahl von Exemplaren sehr willkommen gewesen wäre, so hoffe ich doch, im Folgenden eine in den Hauptsachen abgeschlossene Unter- suchung zu geben, zumal mir die mikroskopische Untersuchung na- mentlich an Serienschnitten durch den Schädel manche Dinge mit Sicherheit entscheiden half, die mir die makroskopische Untersuchung nicht ganz klar hatte werden lassen. 1) tvAwrog: mit Buckeln beschlagen, knotig, oder von ruAog und ovg, @rog, d. h. Triton mit schwieliger Ohrgegend. 100 Dr. HEINRICH RIESE, Schon eine oberflächliche Untersuchung zeigte mir, dass in der Anperson’schen Arbeit, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen kann, manche wichtige Facta über den Aufbau besonders des Schädels gar nicht erwähnt waren, und so entschloss ich mich, der Sache auf den Grund zu gehen, um dem Thiere vergleichend-anatomisch seine Stelle anweisen zu können. Allgemeine Betrachtung des Thieres. Der Tylototriton findet sich nach ANDERSON in Yunnan sehr häufig und soll seit seiner dort erfolgten Entdeckung auch in den Darjeeling Hills, welche die unterste Stufe der südlichen Vorberge des Himalaya bilden, durch den Capitain MAInwArRInG gefunden sein‘). Er ist einer der grössten Tritonen und misst nach der Untersuchung von ANDERSON 4—7°/, Zoll, das sind 10—20 cm. Meine Exemplare messen 16—17 cm. Der Körper ist im Allgemeinen schlank, die Seiten sind etwas hervorgewölbt und mit dicht hinter einander liegenden knopf- artigen Hautdrüsen besetzt, die sich über den Rippenenden befinden. Die dadurch gebildete, den Rücken von den Flanken trennende Kante springt stark hervor und erinnert an ein ähnliches Verhalten des Triton helveticus und der Salamandrina perspicillata, wird aber bei ersterem nur von einem Hautwulst (LEYDIG, WIEDERSHEIM), bei letz- terer nur durch die vorspringenden Rippen gebildet. Der Schädel ist platt; sein grösster Breitendurchmesser, der bei dem nicht skeletirten Thiere zwischen den Bulbis einerseits und den Quadrata andrerseits fast gleiche Länge hat, übertrifft den Längendurchmesser nicht unbe- trächtlich. Die Schnauze ist sehr breit und so hoch wie bei keinem andern bisher bekannten Urodel. Die Haut erscheint hier glatt, und nur mit Hülfe der Lupe erkennt man feine Drüsenöffnungen. Die Nasenlöcher stehen weit auseinander und sind an der Stelle gelegen, wo die fast ganz frontal stehende Schnauze in die ungefähr sagittal verlaufenden Oberkiefer übergeht. Sie hängt um 2,5 mm über den Un- terkiefer hervor. Die Augen sind gross und dunkel, da sie, wie mi- kroskopische Schnitte erweisen, viel Pigment enthalten; sie treten nicht stark hervor und zeigen deutliche Lider, von denen das untere in grösserer Ausdehnung abhebbar ist als das obere. Hinter den Augen erheben sich mächtige Temporaldrüsenwälle-(Parotiden), die nach hinten und innen convergiren; zwischen ihnen erscheint daher der Schädel ein- gesunken, und die über den Parietalia gelegene Depression setzt sich nach 1) In: Proc. As. Soc. Beng. 1877, p. 53. Beitrag zur Anatomie des Tylototrifon verrucosus. 101 vorn zwischen die Augen fort, so dass auch das Frontale in der Mitte dellenartig eingesunken erscheint. In der Gegend des Hinterhauptes aber erhebt sich der Schädel wieder in seiner Mittellinie, indem hier ein kurzer sagittaler Drüsenwall auftritt. Von dem hinteren Ende desselben gehen in querer und schräger Richtung nach seitlich und nach vorn zwei Drüsenreihen aus, so dass die ganze Drüsenbildung am Hinterhaupt ein fast sternförmiges Aussehen gewinnt. Uebrigens beweist schon eine oberflächliche Untersuchung, dass diese Erhebungen am Schädel nicht nur durch die Drüsen, sondern namentlich durch Knochen- leisten hervorgerufen sind, die sich unter den sogenannten Parotiden be- finden. Die grossen Drüsen setzen sich an den Seitenlinien des Körpers und in der Mittellinie über den stark verbreiterten Dornfortsätzen der Wirbel bis zur Schwanzwurzel hin als stark vorspringende Wülste fort und zeigen in ihrer Mächtigkeit und ihrem Umfang die grösste Aehn- lichkeit mit den bei den Kröten vorkommenden grossen Drüsen. Zwi- schen diesen sind, über den ganzen Körper zerstreut, ferner noch kleine Drüsen in den obern Schichten des Coriums vorhanden. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass sie eine Structur besitzen, wie sie LeypıG in seiner Histologie von den Hautdrüsen der Batra- chier beschreibt. Sie haben eine bindegewebige Tunica propria, auf deren innerer Fläche die Secretionszellen sitzen, die bei Tylototriton ganz enorm gross und etwas höher als breit sind. Ihr Kern befindet sich an der Zellbasis. Der Inhalt der grossen Drüsen besteht nach Leypie aus hellen Eiweisskügelchen: an meinen Präparaten war der Zellinhalt durch die Conservirungsmethode undeutlich geworden. An der ventralen Seite des Kopfes zeigt die zwischen den Unterkiefer- bögen ausgespannte Haut zahlreiche papillenartige Erhebungen, die, zu Leisten zusammenfliessend, zwischen sich eine Furchenbildung zu Stande kommen lassen. An dem Boden der Mundhöhle liegt die Zunge als schwach ovaler, fast kreisrunder Wulst, dessen Ränder in einiger Entfernung vom Unterkiefer bleiben. Sie ist wie bei unsern einheimischen Salaman- driden in grösster Ausdehnung am Grunde festgewachsen, und nur die Seitenränder und der Hinterrand sind in geringer Ausdehnung abhebbar, letzterer noch weniger als die ersteren. Ihre Schleimhaut zeigt zahlreiche Längsfalten, die durch Drüsenwälle und Krypten er- zeugt werden, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt. Am Dach der Mundhöhle treten die Bulbi ziemlich stark nach unten hervor, und zwischen ihnen erheben sich die zahntragenden, in spitzem Winkel vorn zusammenstossenden Vomeropalatinspangen. Vor ihrer vordern 102 Dr. HEINRICH RIESE, Spitze liegt die Ausmündungsstelle der Intermaxillardrüse, die, an den Spirituspräparaten makroskopisch nicht sichtbar, erst durch das Mi- kroskop kenntlich wird. Seitlich davon befindet sich beiderseits vor den Bulbis die innere Nasenöffnung. Von der Innenseite des Ober- und Zwischenkiefers springt eine Schleimhautduplicatur als horizontal stehende, etwa 3 mm breite Falte nach hinten in die Mundhöhle vor, den Processus palatini der beiden genannten Knochen parallel ver- laufend. Sie ist im Bereich des Praemaxillare am breitesten, wird dann nach hinten zu schmäler, um erst seitlich von den Bulbis zu enden. Es wird dadurch zwischen ihr und den beiden Knochen eine Furche erzeugt, die Horn!) bei Rana temporaria und Salamandra maculata erwähnt. Die Zähne stehen an der Innenseite der Kiefer ebenso wie an den Vomeropalatina in einer Reihe und richten ihre Spitze, die, wie bei allen Urodelen, ungetheilt ist, nach hinten. Der Körper des Tylototriton geht in einen seitlich compressen, langen Schwanz aus, der oben und unten einen zarten Hautsaum zeigt. Die Kloake liegt an der Schwanzwurzel und ist seitlich von trans- versell gefurchten Wülsten umgeben, die beim männlichen Geschlecht das mir allein zur Verfügung stand, nur wenig prominiren, und denen die mit einer Prostata verglichene Drüse als Unterlage dient. Die Extremitäten sind schlank, die hintern länger und mächtiger als die vordern. Die Finger entbehren der Schwimmhaut, die Daumenballen der bei andern Amphibien als Haftorgan dienenden Drüsen. Die äussere Besichtigung des Thieres zeigt so schon einige Cha- racteristica, die es von den andern Tritonen und Urodelen überhaupt unterscheiden: dieabsonderliche Breite des Kopfes, dieKnochenleisten desselben mit den in sie eingesenk- ten ausserordentlich grossen Drüsensäcken, die Fort- setzung der letztern über den verbreiterten Dornfort- sätzen und die über den Rippenspitzen befindlichen knopfartigen Drüsen. Diesen Eigenthümlichkeiten des Tyloto- triton fügt ANDERSON noch einige andere hinzu, die sofort an dem ske- letirten Schädel auffallen (Taf. 10, Fig. 1, 2, 3): die unmittelbare Berührung des Pterygoids mit dem Oberkieferbogen und die Verlängerung des letatern bis zu dem Quadra- 1) Hout, Zur Anatomie der Mundhöhle von Rana temporaria, in: Sitzber. Kais. Akad. d. W., Bd. 95. — Derselbe, Ueber das Epithel in der Mundhöhle von Salamandra maculata, in: Sitzber. Kais. Akad. d. W., Bd. 92. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus, 103 tum. Ich kann diesen wichtigen Punkten noch einige andere, nicht minder wichtige hinzufügen und wende mich deshalb sofort zu meinen eignen Untersuchungen, die mir ein einigermaassen abschliessendes Ur- theil jedoch nur über das Skelet ermöglichten, während ich die innern Organe wegen ihres Conservirungszustandes nicht mit der nöthigen Ge- nauigkeit zerlegen konnte. Doch scheinen sie mir in ihrem Bau und ihrer Lage keine oder wenigstens nur untergeordnete Abweichungen von den Verhältnissen bei den übrigen Urodelen zu besitzen. Die Skelettheile wurden einer ähnlichen Behandlungsmethode un- terworfen, wie sie WIEDERSHEIM !) angiebt. Sie wurden nach der Prä- paration mit Pincette und Scheere auf einige Secunden in siedende, verdünnte Kalilauge geworfen und darauf in absolutem Alcohol wieder zu stärkerer Zusammenziehung gebracht. Zur Sprengung des Schädels in seine einzelnen Bestandtheile wurde derselbe der siedenden Kalilauge etwas länger ausgesetzt. Der Schädel (Fig. 1, 2, 3). Der Schädel ist, wie schon erwähnt, bedeutend breiter als lang; er besitzt eine Länge von 13 mm, von der vordersten Stelle des Prae- maxillare bis zu dem obern Rande des Occipitalloches gemessen, und eine grösste Breite von 17 mm, die sich zwischen den Quadratbeinen findet. Nur der Schädel von Salamandra maculosa hat eine grössere Länge, er ist, bei einer Breite von 16 mm, 17—18 mm lang, während derjenige von Triton cristatus, welcher in seinen Maassen ersterem am nächsten steht, nur eine Länge von 12 mm zeigt. Sehr auffallend ist die derbe, starke Beschaffenheit der Schädelknochen wie sie ähnlich nur bei Salamandrina perspicillata und dem japanischen Triton suberistatus ausgesprochen ist, während die ausserordentlich stark ausgeprägten Knochenleisten und die auf diesen besonders reichlich vorhandenen, aber auch an andern Stellen nicht fehlenden Gruben, die, wie schon erwähnt, von der Einlagerung der enormen Hautdrüsen her- . rühren, sich bei dem californischen Triton viridescens wiederfinden. Die Parietalia und besonders die Frontalia sind stark in die Breite entwickelt, und_ letztere überragen seitlich ebenso wie die Praefrontalia schirmdachartig die Orbita, wie das WIEDERSHEIM Schon von der Salaman- drina perspicillata?) beschrieben hat. Die Frontalia entsenden nach hinten einen gedrungenen Fortsatz, welcher sich mit einem nach vorn 1) WıEDeErsHEIMm, Die Anatomie der Gymnophionen. 2) WIEDERSHEIM, Salamandrina perspicillata und Geotriton fuscus. 104 Dr. HEINRICH RIESE, gehenden Fortsatz des Tympanicum verbindet, so dass auch hier jener Pseudojochbogen gebildet wird, der über und hinter dem Bulbus liegt, wie bei dem eben genannten Urodel, ferner dem Triton viridescens, suberistatus und andern hochentwickelten Tritonen. Wie bei diesen im Allgemeinen, besonders aber bei Triton suberistatus die Quadrata quer nach der Seite stehen, so auch bei Tylototriton. Während aber bei jenen der Fortsatz des Tympanicum, an dem letztere liegen, sich an dem vordern Abschnitt der Seitenfläche des Petrosum befindet, reicht seine Abgangsstelle bei diesem mehr in die Mitte derselben. Sofort in die Augen fällt auch der kurze Fortsatz, den der Ober- kiefer zur directen Verbindung mit dem Pterygoid nach innen zu entsendet, und der sich als nach innen vor- springende Spitze der Innenkante des erstern ganz ähnlich bei Sa- lamandrina perspicillata findet, bei andern Tritonen aber nicht vor- kommt. Erstere ist unter den bisher bekannten Urodelen auch durch die Verlängerung der Oberkieferspangen nach hinten besonders aus- gezeichnet, und nur der californische Triton torosus kommt ihr in diesem Punkte nahe. Uebertroffen aber werden beide durch die Länge des Oberkiefers von Zylototriton, bei dem derselbe, wie schon er- wähnt, das Quadratum berührt, so dass ein vollkommen geschlossener Bogen entsteht, wie bei den Anuren, nur dass bei diesen zwischen Quadratum und Oberkiefer noch das Quadratojugale eingeschoben ist. Die starke Schweifung des Oberkiefers wirkt wie beim Brillensala- mander mit zu der bedeutenden Ausdehnung des Schädels in die Breite; während sich aber dessen grösste Breite bei dieser und dem Geotriton fuscus zwischen dem hintern Ende der Oberkieferspangen findet, liegt dieselbe bei Tylototriton zwischen den Quadratbeinen, nicht anders als bei den übrigen Salamandriden. Bei Triton cristatus und Triton al- pestris besteht ein starkes Uebergewicht der Pars tympano-petroso-ocei- pitalis über die Pars naso-oralis und -maxillaris, so dass die bedeu- tendere Entwicklung der letzteren, wie sie schon Triton torosus und helveticus und in noch höherem Grade andere Tritonen darbieten, etwas erst secundär Erworbenes zu sein scheint. Bei Zylototriton aber wird die vordere Abtheilung des Schädels von der Hinterhauptsregion an Ausdehnung kaum übertroffen: ein weiterer Berührungspunkt zwischen ihm und der Salamandrina perspicillata. Auch der steile Absturz. seiner Schnauze von der. horizontal verlaufenden Schädeldecke zwischen den Punkten, wo sich die Oberkieferbögen beiderseits an den Zwischenkiefer-anschliessen, ist nur bei jenem Thier in ähnlich excessivem Maasse zu constatiren. Triton helveticus und Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 105 Salamandra maculosa bilden den Uebergang von der breiten Form der Schnauze jener beiden zu der spitzen von Triton taeniatus und cristatus. Der Intermaxillarraum ist ziemlich weit und nur nach hinten etwas beschränkt, so dass der Tylototriton in diesem Punkte in der Mitte zwischen den beiden Extremen steht, die von Triton cristatus mit einem sehr engen und von Triton helveticus mit einem sehr weiten Intermaxil- larraum geliefert werden. Man dringt von oben zwischen den Nasalia und Frontalia in ihn hinein, von unten zwischen dem Praemaxillare und dem Vomeropalatinum, wie bei den andern Salamandriden. ANDERSON erwähnt wunderbarer Weise von jener Höhle gar nichts. Das eckige Aussehen des Schädels rührt, abgesehen von der Schnauzenstellung, auch von der Kantenbildung zwischen den Nasenbeinen und den Oberkiefern her, die in fast rechtem Winkel von den ersteren nach der Seite und unten hin abfallen. Schon erwähnt wurden die starken Knochenleisten. Sie finden sich auf dem Aussenrande der Frontalia und Praefrontalia, wo diese über die Orbita überhängen. Dieser überragende Saum findet sich angedeutet bei Triton alpestris und helveticus und ist dann in allmählicher Steigerung seiner Breitenentwicklung bei Triton torosus und dem Brillensalamander vorhanden, welcher hierin den Tylototriton noch übertrifft. Die Leisten setzen sich nach vorn auf den Processus ascendens des Oberkiefers und des Praemaxillare fort, nach hinten auf das Tympanicum. In Form eines mit der Basis nach vorn schauenden gleichschenk- ligen Dreiecks sieht man eine mächtige Knochenerhebung über dem Mittelfeld beider Parietalia, welche jedoch die Vorderkante derselben nicht erreicht (Fig. 11). In schwächerer Weise ausgearbeitet erscheint das Knochenrelief in der Umgebung der Sagittalnaht der Frontalia, von wo es in unregelmässigen Zügen nach den Seiten hin ausstrahlt. Etwas Aehnliches zeigt nur die Dorsalfläche. des Schädels von Triton viridescens, wie schon erwähnt wurde. Aber ein so tiefes Eindringen der bekannten Drüsen in die Leisten und die übrigen Theile der Knochen findet sich an keinem bekannten Triton wieder, selbst der eben genannte, ferner der Brillensalamander, Triton suberistatus und Triton torosus stehen noch weit dahinter zurück. Die mächtigen Acini brechen an der Stelle, wo der dorsale Eingang in die Inter- maxillarhöhle nur von Haut bedeckt ist, und wo die Intermaxillardrüse selbst nur noch einen kleinen Raum in derselben einnimmt, sogar fast in die Mundhöhle hindurch (Taf. 10, Fig. 10). Auch das Loch, das, vor der dorsalen Oeffnung des Internasalraums gelegen, auf der Abbildung des Schädels von der Dorsalfläche (Taf. 9, Fig, 2) 106 Dr. HEINRICH RIESE, her sofort auffällt, scheint mir durch das Einwuchern einer Hautdrüse gebildet zu sein und entspricht wohl der von ANDERSON an dieser Stelle erwähnten Oeffnung, die er für den Durchtritt einer Knochenarterie in Anspruch nimmt. Ich konnte jedoch selbst an den Serienschnitten nichts von einer solchen entdecken. Die Bogengänge treten stark her- vor, das Verhältniss bei Salamandrina perspicillata wiederholend, wäh- rend die weite Ausdehnung des Tympanicum nach rückwärts auch bei Triton viridescens und suberistatus erkennbar ist. Die Vomeropalatina erstrecken sich weit nach hinten, bis in die Horizontalhöhle der Qua- dratbeine, und zwischen ihnen erscheint dem Bauplan des Schädels von allen Salamandriden entsprechend das knöcherne Parasphenoid, die Basis cranii bildend. Nach dieser äussern Besichtigung ergeben sich verwandtschaft- liche Beziehungen des Tylototriton mit dem japanischen Triton sub- cristatus, was nicht auffallen kann, wenn man bedenkt, dass ihre Hei- math dieselbe geographische Region ist, und mit dem californischen Triton torosus. Es ist dies ein neuer Beweis für die Aehnlichkeit zwischen den Formen in Nord- und Mittelamerika einerseits und denjenigen in Ost- asien andererseits, die so weit geht, dass Plethodon glutinosus (Amerika) und Plethodon persimilis (Laos und Siam) für ein und dasselbe Thier ge- halten wurden. Auch das Skelet der Salamandrina perspieillata musste stark zum Vergleiche mit demjenigen unseres Thieres herangezogen werden. Die ganz am Anfang schon erwähnten Characteristica weisen schliesslich auch auf nahe Beziehungen zwischen Zyiototriton und den Anuren hin. Für Salamandrina gilt als besonders bezeichnend der Schwund des Primordialeranium bis auf die geringen Spuren in der Nasenhöhle, dem Os pterygoideum und dem Unterkiefer, und das Gleiche glaubte ich nach der Präparation unter der Loupe schon für den Tylototriton aus- sagen zu dürfen, als ich durch die mikroskopische Besichtigung noch belehrt wurde, dass meine ursprüngliche Annahme zwar im grossen Ganzen richtig sei, dass aber der Knorpel im Ethmoidalskelet in viel grösserem Umfange erhalten ist als bei jenem Thiere. So existirt nichts von dem für Salamandrina so charakte- ristischen Ethmoidalfortsatz des Stirnbeins. Ehe ich aber an die Darlegung des Aufbaues vom Primordialcra- nium gehe, will ich die genauere Betrachtung der einzelnen Knochen des Schädels folgen lassen, wenn sie auch ausser den schon kurz er- wähnten nur geringe Abweichungen von schon bekannten Formen zeigen!). 1) Die Gestalt der einzelnen Knochen kann aus den Abbildungen Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus, 107 Regio petroso-oceipitalis (Fig. 1, 2, 3). Wie bei allen Salamandriden lässt sich das Occipitale vom Petro- sum nicht trennen, und die beiderseitigen Petrosooccipitalia hängen an der Dorsalseite durch die spangenartigen Occipitalia superiora syn- ostotisch zusammen; eine Naht, wie sie sich meistens zwischen ihnen erkennen lässt, war nicht vorhanden. Auch die Occipitalia basilaria gehen knöchern bis zur Mittellinie, werden aber, indem sie sich der- selben nähern, dünner und an dieser Stelle durch ein unter ihnen lie- gendes Knorpelstück ergänzt, welches jedoch so schmal ist, dass das sich ebenfalls noch unter das Occipitale basilare hinunter schiebende Parasphenoid das Foramen occipitale fast erreicht. Dieser Knorpel ist ein Rest der Parachordalelemente PARKER’S, welcher sich bei allen Salamandriden findet, während eine ähnliche Knorpelmasse, die, ihrer Genese nach zu den Labyrinthblasen gehörig!), ebenfalls bei allen andern Urodelen zwischen den in der Mittellinie nicht vereinigten oder unter den zusammenstossenden Occipitalia superiora auftritt, bei Tylototriton zu fehlen scheint. Ich gehe darauf weiter unten noch näher ein. Die Occi- pitalia lateralia nehmen ebenso wie die schon genannten Abschnitte des Hinterhaupts an der Begrenzung des rhombisch gestalteten Foramen occipitale Theil und sind durch kurze Säulen gebildet, auf denen die mit Knorpel überzogenen Gelenkflächen der Condyli oceipitales stehen. Dieselben gehen von hinten aussen nach vorn innen und bilden mit dem Condylus lateralis des 1. Dorsal-Wirbels ein Sattelgelenk. Die dorsale Fläche des Petrosum zeigt, wie schon erwähnt, die Bogengänge in recht deutlicher Ausprägung. Vorn und medial von ihnen erhebt sich ein senkrecht in die Höhe stehendes Tuberculum, von dessen Vorhandensein bei andern Tritonen mir nichts bekannt ist. Medial und nach vorn von diesem senkt sich die Dorsalfläche stark nach unten und läuft medial in eine Spitze aus, so dass eine drei- eckige Fläche entsteht, über die sich das Parietale hinüberschiebt. Vorn endet die Dorsalfläche in einer schräg von hinten aussen nach vorn innen ziehenden aufgewulsteten Kante, die sich in eine Höhlung des orbitalen Fortsatzes vom Tympanicum hineinschiebt. Unterhalb der- selben stösst in einer stark nach der Seite und vorn gerichteten und sich von oben vorn nach unten hinten neigenden Fläche das Pterygo- vom ganzen Schädel nicht vollständig erkannt werden. Dazu sind Fi- guren von dem gesprengten Schädel oder eine ausführlichere Beschrei- bung in Worten erforderlich. Um aber die Herstellung zahlreicher Zeichnungen zu vermeiden, wähle ich das letztere. 1) Wreversuerm, Das Kopfskelet der Urodelen, 108 Dr. HEINRICH RIESE, quadratum an das Felsenbein, und zwar lagert sich an die vordere Hälfte derselben, die von der hintern durch eine mehr weniger tiefe Furche geschieden ist, das Pterygoid, an die hintere das Quadratum an. Die ganze Fläche ist überknorpelt und auch die Furche ist von hyaliner Masse ausgefüllt, die dem in der prootischen Region bei allen Urodelen befindlichen Knorpel angehört und hier mit dem Pterygoid- und Quadratknorpel verschmilzt, um dann in den Alisphenoidknorpel überzugehen. Derselbe zeigt bei Tylototriton in grösster Ausdehnung seines äussern Perichondriums eine Verknöcherung, stösst nach hinten an das Petrosum an und besitzt hier eine Incisur, die, von letzterm zu einer kreisförmigen Oeffnung abgeschlossen, den Nervus trigeminus hindurchpassiren lässt (Taf. 9, Fig. 3). Die ventrale Fläche des Felsen- beins liegt in der Horizontalebene. Ihre mediale Kante verläuft in sanft nach aussen geschweiftem Bogen und grenzt im Verein mit einer ihr parallel verlaufenden Leiste, die in dem mittleren Drittel gelegen ist, ein Feld ab, das sich über das Parasphenoid hinüberschiebt. In der Mitte der Unterfläche findet sich eine Oeffnung für den Durchtritt der Vena jugularis, während ihre laterale Hälfte eine transversell ver- laufende, cylindrische Erhabenheit hervortreten lässt, welche durch die tubulusartige Verlängerung der Knochenränder der Fenestra ovalis ge- bildet wird. Die letztere nimmt den grössten Theil der schräg von hinten innen nach vorn seitlich verlaufenden lateralen Fläche des Pe- trosum ein. Sie ist fast kreisrund und wird von dem kupelförmigen, nur an seinen Rändern knöchernen, sonst aber knorpligen Operculum verschlossen, in dessen Mitte sich die kurze knorplige Columella erhebt. Sie steht, wie die mikroskopischen Schnitte beweisen, durch straffe Bindegewebsfasern mit dem Quadratum in Verbindung, das an dieser Stelle jedoch keinen besondern Fortsatz besitzt wie bei Amphiuma, Ellipsoglossa, Ranodon und Salamandrella. Nicht anders als bei allen Urodelen findet sich zwischen dem hintern Rande der Fenestra ovalis und dem Occipitale laterale die Austrittsöffnung für den Vagus-Glosso- pharyngeus und vor der Fenestra ovalis diejenige für den Facialis, welcher dann einwärts von dem Tympanicum-Pterygoid weiter zieht. An der dem Gehirn zugekehrten Fläche des Felsenbeins bemerkt man drei feine Oeffnungen, von denen die obere dem Vagus, die untere hintere dem Acusticus und die untere vordere dem Facialis zum Durchtritt dient. Das Parasphenoid (Taf. 9, Fig. 1). Dasselbe - zeigt die Form einer rechteckigen Platte mit vorn an- gesetzter, lanzettförmiger Spitze, Hinten verbreitert sich der Knochen Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosiis. 109 etwas, und seine Ränder zeigen hier eine leichte Convexität, welche der Concavität jener Leiste an der Unterfliiche des Petrosum und des Occipitale basilare entspricht und im Bogen in die hintere Kante über- geht. Die dem Gehirn zugewandte Fläche ist muldenartig vertieft; doch erreicht diese Delle weder den Hinterrand noch die Seitenränder des Knochens. Diese erscheinen vielmehr aussen und hinten als Säume, welche von den-Rändern der Mulde winklig abgeknickt sind und hinten breiter als vorne erscheinen, da die letztere, gerade umgekehrt, hinten schmäler als vorn ist. Der hintere Knochensaum lagert dem Occipitale basilare von unten her auf, während die seitlichen Säume von den Alisphenoiden und weiter nach vorn von den Orbitosphenoiden gedeckt werden. Hinten findet sich an der Stelle, wo die Hypophyse dem Knochen aufliegt, eine tiefe Einsenkung der Mulde nach unten, so dass der knöcherne Boden dieser „Keilbeingrube“ papierdünn ist, ganz ähnlich wie bei Salamandrina perspicillata, wohingegen sie bei andern Tri- tonen nicht so tief erscheint. Man gewinnt so den Eindruck, als wenn sich bei jener und dem Tylototriton die Lücke gerade nur geschlossen hätte, durch welche der drüsige Theil der Hypophyse mit dem Ge- hirntheil derselben in Verbindung getreten ist. Bei dem Brillensala- mander beschreibt WIEDERSHEIM eine Trennung dieser Grube in zwei Abtheilungen: dieselbe besteht auch bei Tylototriton. Die Bucht, welche die Hypophyse aufnimmt, wird nämlich nach hinten durch eine Leiste abgeschlossen, die in einem nach vorn offenen Bogen verläuft, und dieser parallel erhebt sich nun weiter nach hinten eine zweite, höhere Leiste, so dass zwischen ihnen beiden eine herzförmige Ein- senkung entsteht, deren Boden von bedeutenderer Dicke als derjenige der Hypophysengrube ist. Sie wird, wie die Serienschnitte lehren, durch hyalinen Knorpel ausgefüllt, der wohl der Ala magna zugehört. Zur Aufstellung dieser Hypothese fordert ein Befund von WIEDERSHEIM auf, welcher bei Salamandrina häufig eine knöcherne von der vordern Leiste ausgehende und über die hintere Grube fortschreitende Lippe constatirte: diese blieb bei Versuchen, das Parasphenoid von dem Pe- trosum zu trennen, an der Ala magna hängen und war mit ihr durch Synostose aufs innigste verlöthet. Ich nehme dabei an, dass die bei Tylototriton in der Grube befindliche knorplige Masse bei Salamandrina ebenso wie die Hauptmasse der Ala magna verknöcherte, und so jene Lippe gebildet wurde. Die ventrale Fläche des Parasphenoids ist der dorsalen Muldenform entsprechend in transverseller Richtung gebaucht ; ihre Seitenränder sind nach aufwärts sanft gebogen und schieben sich 110 Dr. HEINRICH RIESE, dorsal über die Vomeres hinüber, so dass auf der Abbildung 1 in der vordern Hälfte nur die Mitte der untern Fläche des Knochens zum Vorschein kommt, während Seiten und Spitze unter den Vomeres ver- steckt liegen. Das Parietale (Taf. 9, Fig. 2). Es zeigt ungefähr quadratische Gestalt, und zwar ist die mediale Hälfte von ganz monströser Dicke, namentlich hinten, wo auf der Ab- bildung sofort die schon erwähnte starke, dreieckige Erhabenheit mit den sehr tiefen und zahlreichen Gruben auffällt, die nichts darstellt als eine von dem Ursprung des parietalen Theiles vom M. fronto- parieto-maxillaris (temporalis) herrührende Zugleiste. Die hintere seit- liche Ecke ist bedeutend nach aussen aufwärts geschweift und lagert sich über die vorhergenannte dreieckige Fläche des Petrosum, so dass ihre Spitze das beschriebene Tuberculum an seiner Dorsalfläche er- reicht und dasselbe auf der Zeichnung nicht hervortreten lässt. Die vordere Hälfte der lateralen Seite aber begrenzt die Lücke, welche zum Durchtritt des M. temporalis und M. masseter dient, und erscheint leicht gezackt. Vorn läuft die Fläche in eine Schuppe aus, die sich unter dem hintern Rand des Frontale hinunterschiebt. Die ventrale Fläche zeigt in ihrer vordern Hälfte seitlich eine Leiste, die eine seitlich liegende Furche medial begrenzt. In diese ist hinten das ganz winzige, knöcherne Alisphenoid, vorn die obere Kante vom hintersten Abschnitt des Orbitosphenoids eingelassen. Die mediale Kante des Knochens ist durch die vom Muskelzug herrührende Erhebung vorn 1 mm hinten 2 mm hoch. Die Frontalia (Taf. 9, Fig. 2, 3). Diese, die in der Mittellinie in einer zackigen Naht zusammen- treten, sind die grössten Knochen des Schädels und haben, wenn man sie mit den Frontalia vergleicht, wie sie höchstentwickelten Tritonen be- sitzen, keine besondern Merkmale, abgesehen von einigen negativen Ab- weichungen. Der mediale Theil des Knochens liegt ungefähr in der Horizontalebene, während der laterale, fast rechtwinklig von ersterm abgeknickt, sich nach oben und aussen erhebt (Taf. 9, Fig. 5f). Dieser schützt die Orbita von oben und innen, besitzt aber keinen nach unten von ihm abgehenden Orbitalfortsatz ; er reicht nach vorn nur zwei Drittel so weit wie der mediale Abschnitt des Frontale und sein vorderer Rand bildet mit diesem einen ungefähr rechten Winkel, in den das Fronto-la- crimale eingelassen ist. Nach hinten läuft er in den postfrontalen Fortsatz Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 111 aus, der ein Hauptcharacteristicum derhoch entwickelten Tritonen bildet, seine grösste Länge bei Triton helveticus erreicht und in ähnlicher Ausbildung wie bei Tylototriton auch bei Salamandrına perspicillata, Triton torosus, T. viridescens, T. subcristatus, T. platy- cephalus und Pleurodeles waltlii vorhanden ist. Wie bei diesen steht er durch Naht mit dem orbitalen Fortsatz des Tympanicum in Verbindung, und seine hintere Kante befindet sich in gleicher Höhe mit der Naht zwischen Frontale und Parietale. Der so vom Frontale und Tympani- cum gebildete Pseudojochbogen dient in seiner hintern Hälfte, wie auch die Serienschnitte deutlich erkennen lassen (Taf. 9, Fig. 5 JZ. m.) einem grossen Theil des M. masseter zum Ansatz und wird durch diese That- sache in seiner Bedeutung etwas klarer. Vielleicht verdankt er der Verknöcherung einer Sehne seine Entstehung, eine Hypothese, die allerdings durch weitere Untersuchungen gestützt wer- den muss, z. B. da ich bei Salamandra maculosa an der entsprechenden ' Stelle keine Sehne finden konnte. Jedenfalls aber wird durch die Ver- mehrung der knöchernen Ursprungspunkte der Kaumusculatur, die Kraft derselben nicht unbeträchtlich verstärkt, und es erwächst daraus den im Besitze dieses Knochenbogens befindlichen Tritonen ein grosser Vortheil vor den übrigen Urodelen, indem von ihnen das Kaugeschäft mit viel grösserer Intensität ausgeführt werden kann. Die vordere Kante der Stirnbeine bildet einen nach hinten offenen Winkel, ihr medialer Abschnitt nimmt an der Begrenzung des Intermaxillarloches _ Theil, während sich der laterale, längere an das Nasale anlegt. Auf der Unterfläche des Knochens finden sich zwei sagittal ver- laufende Leisten, deren äussere, niedrigere den die Orbita überragen- den Theil von der übrigen Fläche abgrenzt. Die innere, höhere biegt vor dem hintern und vordern Ende des Stirnbeins nach innen um und läuft in nach hinten, bezüglich nach vorn convexem Bogen nach der Sagittalnaht hin aus, der Configuration der Hemisphäre entspre- chend. Denn der ganze nach innen von dieser innern Leiste befind- liche Raum liegt dem Gehirne direct auf, während der hinter dem hintern Bogen noch frei bleibende Abschnitt sich schuppenartig über das Parietale hinüberschiebt, und der vordere Bogen die Gehirnkapsel von der Nasenkapsel scheiden hilft. Gerade vor und unter ihm fliessen nämlich die Trabekel zur Bildung einer knorpligen Lamina cribrosa zu- sammen, so dass dieses bogenförmige Stück der Leiste der sich bei andern Tritonen vorfindenden Crista ethmoidalis entspricht, wie sie schon bei Ellipsoglossa naevia und Menopoma auftritt, aber erst bei Triton to- rosus und 7’, viridescens gut ausgeprägt ist. Von der weitern Aus- 112 Dr. HEINRICH RIESE, bildung der Crista zu den Processus uncinati der Salamandrina oder von der hakenförmig nach unten gerichteten Krümmung der Vorder- enden der Frontalia des T’riton viridescens, wodurch bei diesen beiden Thieren eine theilweise knöcherne Trennung der Schädelhöhle von der Nasenhöhle zu Stande gebracht wird, erkennen wir bei Zylototriton gar nichts. Er bleibt also in dieser Beziehung wie auch in Hinsicht auf den Mangel eines die Schädelhöhle seit- lich begrenzenden Orbitalfortsatzes des Stirnbeins auf einer niedrigen Entwicklungsstufe stehen. In die Furche, die sich zwischen der lateralen Leiste und dem sagittalen Theile der medialen vorfindet, ist das Orbitosphenoid eingefalzt. Von ihm und dem Alisphenoid ist die Schädelhöhle seitlich begrenzt. Alisphenoid und Orbitosphenoid (Taf. 9, Fig. 1 und 3). Das Alisphenoid ist grösstentheils knorplig und zeigt nur an seiner Aussenfläche eine perichondrostotische Knochenauflagerung. Es schliesst sich als 3 mm hohes und 2 mm langes Plättchen nach vorn an das Petrosum an und schiebt sich zwischen die dorsale und basilare Fläche desselben ein, da, wo die erstere vom Parietale gedeckt wird. Seine knorplige Partie geht seitlich in diejenige der prootischen Region über. In dem obern Theil seiner hintern Kante findet sich jene bereits erwähnte halbkreisförmige Incisur, welche sich an der Begrenzung der Oeffnung für den M. trigeminus betheiligt, der dann an der medialen Fläche von Tympanicum und Pterygoid fortzieht. Die untere, abge- rundete Kante des Alisphenoids fügt sich in die beschriebene Furche des Parasphenoids, die obere, horizontale in diejenige des Parietale ein, und die vordere, in nach hinten convexem Bogen verlaufende, ist durch Naht mit dem Orbitosphenoid verbunden. Die dem Gehirn zugewandte Fläche ist rein hyalinknorplig. Das Orbitosphenoid ist eine lange, rechteckige Platte von ziem- licher Dicke und zum grössten Theil aus Knochen gebildet, dessen perichondrale Abkunft auf Schnitten durch sein vorderes Ende sehr deutlich ist. Seine obere, breite Kante greift in die tiefen und breiten Sulci des Scheitel- und Stirnbeins hinein; die untere legt sich in ihrem hintern Abschnitt an das Parasphenoid an, während sie sich vorn in eine laterale, kürzere und eine mediale, weiter hinübergreifende La- melle spaltet. In der so gebildeten Rinne liegt das Vomero-palatinum, die mediale Lamelle berührt wiederum das Parasphenoid (Taf. 9, Fig. 3, D). Der vordere Theil des knöchernen Orbitosphenoids ‘geht all- mählich in einen kalkknorpliger Abschnitt über, der weiter nach vorn Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 113 von ganz hyaliner Masse ersetzt wird und sich in die knorpligen Nasenwände fortsetzt, worüber Genaueres später. Dicht am hintern Rande wird der Knochen von einer sehr feinen Oeffnung durchbohrt, die den N. oculomotorius hindurchtreten lässt, während dicht davor ein ihn schräg von hinten nach vorn durchsetzender Canal den Op- ticus in sich aufnimmt. Das Suspensorium (Taf. 9, Fig. 1, 2, 3). Es. wird durch Tympanicum, Pterygoid und Quadratum gebildet, alle drei bekanntlich Belegknochen. Das Tympanicum zeigt die bekannte T-Form, wie bei Plewrodeles, Triton suberistatus, T. viridescens, T. helveticus und T. platycephalus. Sein Körper ist im Verhältniss zu den mächtigen Fortsätzen wie bei allen hochentwickelten Tritonen sehr klein und zart. Die beiden horizontal liegenden Fortsätze sind durch eine ausserordentlich tiefe, quere Furche von einander geschieden, die namentlich auf der rechten Seite der Fig. 2 deutlich ist. Das mediale Ende der Furche ent- spricht dem erwähnten Tuberculum an der Dorsalfläche des Petrosum und schliesst sich dicht an dasselbe an, es zum Theile verdeckend. Der vordere Fortsatz ist bedeutend länger als der hintere und ver- bindet sich mit dem postfrontalen Fortsatze vom Stirnbein, der hintere dagegen ist sehr viel massiger und ragt ähnlich weit nach hinten vor wie bei Triton suberistatus. Er ist mit tief in den Knochen ein- dringenden Gruben bedeckt, während der erstere mehr von transver- sellen Furchen durchschnitten ist. An der Stelle des Zusammen- stosses von diesen beiden Fortsätzen findet sich an der medialen Fläche eine tiefe, sattelförmige Einsenkung, zu deren Bildung die fast horizontal stehende und nach innen vorspringende lamellöse Platte des Körpers mitwirkt. Sie liegt oben dem äussern Ende des innern Bogenganges, unten der Aussenfläche des Petrosum an. Hinten an Tiefe verlierend überlagert sie den äussern Bogengang zum Theil, während sie, auf den vordern Fortsatz ebenfalls als seichte Rinne fortgesetzt, die geschilderte, nach der Seite und vorn gerichtete Kante des Petrosum in sich aufnimmt. Somit wiederholen sich hierin die Verhältnisse, die sich beim Brillensalamander vorfinden. Vom Körper geht in rechtem Winkel nach unten der untere Fort- satz ab, eine fast senkrechte, nur etwas nach hinten geneigte Richtung einschlagend. Er zeigt besonders an seinem untern Ende einen lamel- lösen Charakter, während sein oberer Theil die Gestalt eines drei- seitigen Prismas hat, dessen eine Fläche nach hinten und etwas nach Zool, Jahrb. V, Abth, f, Morph, . 8 114 Dr. HEINRICH RIESE, aussen, die andere nach aussen und vorn, die dritte aber nach innen und hinten gerichtet ist. Das untere Ende ist zugespitzt und schiebt sich mit seiner vordern, etwas gewölbten Fläche hinter das Quadra- tum. Diese geht in eine Furche über, welche sich in jene sattelförmige Einsenkung zwischen Körper und horizontalen Fortsätzen des Knochens verliert und zur Aufnahme des hier fadenartig verjüngten Quadrat- knorpels dient. Durch die Anlagerung des hintern Pterygoidfortsatzes wird diese Furche zu einer Schlucht abgeschlossen. Das Quadratum ist starkknochig und erscheint in seiner Haupt- masse ebenfalls als dreiseitiges Prisma. Seine äussere nach der Seite und etwas nach hinten gerichtete Fläche ist in ihrer ganzen Länge ausgehöhlt, entsprechend der Wölbung des Tympanicumfortsatzes, von dem sie zum Theil bedeckt wird. Seine zweite, fast völlig frontal ge- stellte Fläche ist glatt, während von der dritten, medialen durch ihre vordere Kante und eine mit dieser unten im spitzen Winkel zusammen- stossende Leiste ein dreieckiges Feld abgegliedert wird, an das sich die Spitze des hintern Pterygoidfortsatzes anlagert. Die obere, un- regelmässige Platte des Quadratum lässt ein kleines Loch erkennen, aus dem das knorplige Quadratum hervordringt, das, durch die er- wähnte Furche verlaufend, mit der Knorpelmasse der prootischen Region verschmilzt. Unten springt die in schräger Richtung vertiefte und überknorpelte Gelenkfläche für den Unterkiefer als Knorren nach hinten vor. In seiner Verlängerung nach vorn verläuft ein in fast rechtem Winkel von der vordern, frontalen, Fläche des Quadratbeinkörpers abgeknickter Processus jugalis. Seine obere Kante liegt in der horizontalen, während die untere von unten hinten nach vorn oben abgeschrägt ist, so dass der Fortsatz ein schnabelartiges Aussehen er- hält. Die untere vordere Hälfte der äussern Fläche des Schnabels ist überknorpelt und legt sich an die Innenseite des Oberkiefers an, mit dem sie durch Bandmasse vereinigt ist, Ein derartiger Fortsatz des Quadratum ist mir bei keinem Urodel bekannt, wohl aber lassen die Anuren in dem Besitz eines Quadratojugale ähnliche Verhältnisse erkennen. Doch bei ihnen ist dieses ein selbständiger Knochen des Suspensorial- apparates und mit dem Quadratum durch Bandmasse verlöthet, es zeichnet sich zudem durch grössere Länge vor dem Proc. jugalis des Zylototriton aus. Letzterer Umstand scheint mir eine Homologisirung beider Gebilde zwar nicht auszuschliessen, der erstere aber ist ein gewichtiger Grund, der gegen eine Gleichstellung beider Knochen spricht. So erhebt sich die Frage, die sich wohl nur durch das Studium der Entwicklungsge- Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 115 schichte des Thieres wird entscheiden lassen, ob der Processus jugalis in dem Larvenstadium oder noch früheren Stadien noch nicht durch Synostose mit dem Quadratum vereinigt ist, oder ob er durch Aus- wachsen des Quadratum nach vorn hin entsteht. Ich neige mich jedoch mehr der letztern Ansicht zu, da der Processus jugalis bei dem ausgewachsenen Thier absolut als aus einem Gusse mit dem Quadratum erscheint; und es wäre dann nur noch fraglich, ob er einen eigenen Ossificationspunkt besitzt. Jedenfalls ist der Contact zwi- schen dem Suspensorialapparat und dem Oberkiefer das charakteristischste Merkmal des Tylototriton, da nur bei Salamandrina perspicillata und dem Triton torosus der Oberkiefer das Quadratum annähernd erreicht. Bemerkenswerth ist, dass die Lücke, die bei diesen beiden Thieren zwischen den genannten Knochen bleibt, an Ausdehnung ungefähr der Länge des Processus jugalis vom Tylototriton entspricht, so dass im Vergleich mit den erstern die Be- rührung des Oberkiefers und Quadratum weniger durch eine Ver- längerung des erstern als durch eine solche des Quadratum erzielt wird. Die Ossa pterygoidea sind zweizinkige, lamellöse Gebilde, deren Basis dem Petrosum anlagert. Sie zeigen drei Ränder, von denen der innere nahe an dem knöchernen Orbitosphenoid liegt und 'der Augenhöhle sich zukehrt. Die schädelwärts gerichtete Fläche der Basis zeigt eine tiefe, von scharfen Knochenrändern umgebene Höhlung, die der erwähnten überknorpelten Erhabenheit an der vordern untern Fläche des Petrosum entspricht, und die sich in ihrer Mitte in einen Canal fortsetzt, welcher die Basis durchbohrt und in eine inmitten der dorsalen Fläche der längern, medialen Zinke gelegene Rinne aus- läuft. Der Grund der Höhlung, ebenso wie der Canal und die Furche werden von dem knorpligen Pterygoid ausgefüllt. Der mediale Ptery- goidfortsatz, proximal breit, verschmälert sich distalwärts und ist in seiner obern Fläche wie in seiner medialen Kante ein wenig concav ausgeschweift. Er zieht von oben innen nach unten aussen und er- reicht, ebenso wie der in ihr eingeschlossene Knorpelfaden, den schon erwähnten, kurzen medialen Oberkieferfortsatz. Es entsteht aber kein wahres Gelenk zwischen beiden, sondern sie werden durch kurze Bindegewebsfasern zusammengehalten, so dass nur eine geringe Ver- schieblichkeit beider gegen einander stattfindet. Wir bemerken darin eine Abweichung von der Einrichtung bei allen andern Tritonen; nur bei Salamandrina tritt das knöcherne Pterygoid fast in Verbindung mit dem Oberkiefer, während bei allen andern Urodelen nur das knorplige Pterygoid denselben erreicht. Es ist in % gk 116 Dr. HEINRICH RIESE, diesem Verhältniss bei Tylototriton sowohl wie bei Salamandrina eine besonders starke Entwicklung der Deckknochenbildung über dem Pterygoidknorpel ausgesprochen, der das ursprüngliche Constituens des Pterygoids ausmacht. Uebrigens erwähnt ANDERSON yon dem Vorhandensein des Knorpels im Flügelfortsatz wiederum gar nichts. Der hintere, äussere Pterygoidfortsatz geht senkrecht nach unten und liegt dabei, wie schon angegeben, oben dem Tympanicum, unten, wo er sich zuspitzt, dem Quadratum auf. Er ist nur von der Ven- tralfläche her in ganzer Ausdehnung sichtbar. Der Oberkiefer (Taf. 9, Fig. 1, 2, 3). Die Oberkieferspangen sind lamellös nach hinten ausgezogen, und ihr hinterer Rand ist schräg von vorn oben nach hinten unten abgestutzt. Nach vorn von der Stelle, wo der ganz kurze Fortsatz, der dem Ptery- goid entgegenstrebt und den ich daher Processus pterygoideus des Oberkiefers nennen will, nach innen und hinten abgeht, nimmt der Oberkiefer auf seinem Querschnitt eine dreiseitig prismatische Form an, die dadurch zu Stande kommt, dass ein horizontaler, wenig breiter Fortsatz nach innen vom Körper ausgeht. Seine innere Kante schaut gegen die Augenhöhle, so dass man ihn als Processus orbitalis be- zeichnen kann. Der Processus pterygoideus des Oberkiefers stellt eigentlich nur das hintere, nach innen und hinten weiter vorspringende Ende des Processus orbitalis dar, das in ähnlicher Weise und fast gleicher Ausdehnung auch bei Salamandrina perspicillata entwickelt ist. Nach vorn hin spaltet sich der Processus orbitalis gewisser- maassen in zwei Lamellen, von denen die eine den horizontalen Ver- lauf desselben nach vorn fortsetzt, während die andere sich vertikal aufrichtet. Erstere bildet den Processus palatinus, der weit nach innen vorspringt und hinten an das Palatinum, vorn an den Processus palatinus des Praemaxillare anstösst. Mit diesem Fortsatz nimmt das Maxillare Theil an der Herstellung des knöchernen Bodens der Nasen- höhle. Sein hinterer Rand verläuft in einem von innen vorn nach hinten aussen ziehenden Bogen und wird von dem knorpligen Antorbi- talfortsatz erreicht. Die verticale Lamelle, der Processus ascendens, bildet die seitliche knöcherne Wand der Nasenhöhle und grenzt mit seiner obern Kante hinten an das Fronto-lacrimale, vorn an das Nasale. Zwischen ihm und dem erstern zeigt sich in der Mitte der Naht ein Canal, der sich an der Innenseite des Oberkiefers in eine Furche fortsetzt, und der zuerst von WIEDERSHEIM bei Salamandrina als Thränennasengang Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 117 erkannt und später bei vielen Tritonen nachgewiesen und von Born !) näher beschrieben wurde. Er enthält ausserdem noch den zweiten Trigeminusast, der durch einige feine, im Processus ascendens befind- liche Löcher seine infraorbitalen Aeste zur Haut entsendet. Die vor- dere Kante dieses Fortsatzes begrenzt die äussere Nasenöffnung auf der lateralen Seite. Im vordern Winkel zwischen ihm und dem Pro- cessus palatinus geht in der Richtung des letztern ein kurzer, spiess- artiger Fortsatz nach vorn, der sich über den Processus palatinus des Praemaxillare hinüberschiebt und so einen ganz kleinen Theil der untern Begrenzung des Nasenloches übernimmt. Der Alveolarfortsatz tritt nicht besonders stark hervor; er trägt bis zu der Stelle, wo ihm gegenüber von der Innenseite der Processus pterygoideus abgeht, deutlich ausgeprägte Zahnleisten. Auf seiner Aussenseite zeigt der Oberkiefer zahlreiche Gruben und Furchen, in welche die schon öfter namhaft gemachten Hautdrüsen eingelagert sind. So finden sich in seinem ganzen Aufbau ausser den erwähnten, sehr bezeichnenden Eigenthümlichkeiten keine Abweichungen von dem- jenigen bei andern hochentwickelten Tritonen, und er ist fast identisch mit demjenigen der Salamandrina. Intermaxillare (Taf. 9, Fig. 1, 2, 4). Das Fehlen einer Naht zwischen den beiden Hälften des Zwischenkiefers gilt als Hauptcharacteristicum für die bekannten Tritonen und den Desmognathus; sie findet sich aber wie bei den übrigen Urodelen auch bei der Salamandrina, und ebenso besteht bei Tylototriton dieser Knochen aus zwei durch eine deutliche Naht wohl von einander geschiedenen Hälften. Seine Haupt- masse wird durch den Processus ascendens gebildet, der breit und steil zwischen den äussern Nasenlöchern aufsteigt, so dass durch seine Entwicklung die Höhe und Breite der Schnauze namentlich be- dingt ist. Auch er besitzt auf seiner Aussenfläche eine grosse Anzahl von tiefen Gruben zur Aufnahme von Hautdrüsen. Der Alveolarfortsatz tritt wenig hervor und stösst seitlich an den- jenigen des Oberkiefers an; von ihm nach hinten erstreckt sich der auf seiner Oberseite etwas gewölbte, breite Processus palatinus, den Boden der Intermaxillarhöhle vollständig, denjenigen der Nasenhöhle 1) G. Born, Ueber die Nasenhöhlen und den Thränennasengang der Amphibien, in: Morphol. Jahrbuch, Band 2. 118 Dr. HEINRICH RIESE, zum grössten Theile bildend. Er grenzt seitlich an den gleichnamigen Fortsatz des Oberkiefers, hinten an das Vomero-palatinum und unter- scheidet sich in Betreff seiner Grösse nicht von dem Processus pala- tinus, wie ihn hochentwickelte Tritonen, unter andern Triton taeni- atus, helveticus, und auch Salamandrina besitzen. Zwischen seinem vordern Ende und dem Alveolarfortsatz findet sich ein nur schwach ausgeprägter Fortsatz, der erst horizontal verläuft, am Processus ascendens angelangt aber senkrecht nach oben umbiegt und den Aussenrand des Processus ascendens einnimmt. Ich will ihn mit WIEDERSHEIM Processus nasalis nennen, weil er die äussere Nasen- öffnung unten und medial begrenzt. In dem Winkel zwischen seinem horizontalen und seinem verticalen Abschnitt findet sich eine feine Oeffnung, durch die der Schnauzenast des N. trigeminus hindurch- passirt. Das obere Ende des Processus ascendens spaltet sich in zwei Lamellen; die vordere, dickere weicht nur wenig von der im Allge- meinen rein verticalen Stellung des Fortsatzes nach hinten ab und grenzt an das Nasale, die hintere ist rechtwinklig davon abgeknickt und schiebt sich unter das Nasale herunter, ohne jedoch die Stirnbeine zu berühren. Eine solche Ueberlagerung des Processus ascendens des Zwischenkiefers durch das Nasenbein, wodurch die obere knöcherne Decke der Intermaxillar- höhle zu einer doppelten wird, ist sonst bei keinem Tri- ton vorhanden. Trotzdem aber reicht dieser Fortsatz nicht so weit nach hinten wie bei den meisten andern Tritonen, unter denen Triton helveticus sogar eine Ueberlagerung der Stirnbeinspitze durch den- selben erkennen lässt. Das andre Extrem wird von der Salamandrina dargestellt, bei welcher der Processus ascendens oben kurz abgestutzt ist, wie hier die vordere Lamelle desselben. Zwischen dieser vom Nasale gedeckten Platte und dem Processus palatinus des Zwischen- kiefers existirt bei Tylototriton, der hierin nichts von andern Tritonen Abweichendes bietet, ein Processus sagittalis, der die Intermaxillar- höhle von der Nasenhöhle scheidet. Sein hinterer Rand zeigt einen nach vorn concaven Ausschnitt, der durch den Knorpel der medialen Nasenwand zu einer Durchtrittsöffnung für den Nervus trigeminus abgeschlossen wird. Erwähnenswerth scheint mir schliesslich noch eine Rinne zu sein, die man in der medialen, mit der anderseitigen durch Naht verbun- denen Fläche des Processus ascendens bemerkt, und die etwa 2 mm hinter dem vorderen Rande des Zwischenkiefers am Gaumendach ihr Ende findet. Obwohl nun ein Canalis incisivus nur bei den Tritonen Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 119 existirt, welche einen unpaaren Zwischenkiefer besitzen, glaube ich diese Rinne doch mit ihm in Parallele stellen zu müssen, wegen ihres Ortes gerade in der Naht zwischen den beiderseitigen Hälften und wegen ihrer Ausmündung in die Mundhöhle. Doch muss ich gestehen, dass ich nicht eruiren konnte, welchen Inhalt diese Rinne führt. So wird durch das Praemaxillare die Intermaxillarhöhle auf allen Seiten knöchern umwandet und weist eine weitere Oeffnung nur an der dorsalen und ventralen Fläche auf. Indem an diese Löcher der vom Nasale gedeckte Abschnitt des Processus ascendens und der Pro- cessus palatinus anstossen, sind diese beiden an ihrem medialen, hin- teren Winkel abgerundet und bilden, der eine im Verein mit dem Nasale und dem Frontale, der andre mit dem Vomero-palatinum, die Begrenzung jener. Die Weite der dorsalen Eingangsöffnung schwankt bei den Tritonen stark, und Tylototriton steht in Anbetracht dessen in der Mitte zwischen Triton helveticus und Salamandrina perspicillata. Andrerseits ist das Nasale bei den andern Tritonen von der Um- grenzung der Oeffnung ausgeschlossen, und nur das Intermaxillare und Frontale kommen dabei in Betracht. Allein bei Triton viridescens betheiligt sich mit dem Frontale zusammen das Nasale daran; Tyloto- triton scheint aber darin ganz vereinzelt dazustehen, dass alle drei Knochen an der Begrenzung der dorsalen Lücke theil- nehmen. Das Nasale und Praefrontale (Taf. 9, Fig. 2 u. 3). Das erstere zeichnet sich durch so ausserordentliche Breite aus, wie sie sich kaum an einem andern Tritonenschädel wiederfindet; nur Triton viridescens und subcristatus lassen wiederum Aehnliches erkennen. Das Loch, welches an dem vordern Ende der medialen Naht zwischen den beiden Nasalia liegt und welches, wie schon Eingangs erwähnt, durch eine mächtige, dort in den Knochen eingewucherte Drüse ent- standen zu sein scheint, dringt nicht auch durch den unter dem Nasale liegenden Processus ascendens des Zwischenkiefers hindurch, sondern beschränkt sich lediglich auf das Nasale, wie Serienschnitte zeigen. Das Nasenbein ist ein im Allgemeinen sechsseitiger, platter Knochen, dessen mediale Hälfte lamellösen Charakter zeigt, während die laterale ausserordentlich compact ist und von zahlreichen Drüsengruben ein- genommen wird, die durch ihren Zusammenhang tiefe Furchen erzeugt haben. Der mediale Rand verläuft im Allgemeinen gerade, nur die hintere Ecke ist abgeschrägt, indem sie, wie gesagt, sich an der Be- grenzung des dorsalen Intermaxillarloches betheiligt, und am vordern 120 Dr. HEINRICH RIESE, Ende befindet sich ein Einschnitt, der sich mit demjenigen des ander- seitigen Nasale zu dem kleinern Loche ergänzt. Die vordere Kante verbindet sich mit dem Praemaxillare; von den beiden seitlichen in stumpfem Winkel zusammenstossenden begrenzt die eine das Nasen- loch von oben, die andre legt sich an den Processus ascendens des Oberkiefers und zwar an dessen vordere Lamelle. Die fünfte Seite des Knochens besitzt einen nach vorn einspringenden Winkel, in den sich die Spitze des Praefrontale einlässt; die sechste ist durch Naht mit dem Stirnbein verbunden. Die Unterfläche zeigt medial ein dreieckiges, mit der Spitze nach hinten gerichtetes, glattes Feld, das dem Processus ascendens des Prae- maxillare auflagert; der übrige Theil derselben ist schwach nach oben gewölbt und bildet die Decke der Nasenhöhle. Zwischen Nasale, Frontale und Maxillare schiebt sich das Prae- frontale keilförmig hinein. Man bemerkt an der Kante, die durch Naht mit dem Oberkiefer verbunden ist, jenen schon erwähnten Ein- schnitt für den Thränennasengang. Seine Oberfläche ist ganz von Leisten und Furchen eingenommen und schliesst die Orbita nach vorn hin ab und bildet gleichzeitig ein Schirmdach über derselben, indem es in gleicher Flucht mit dem orbitalen Theil des Frontale nach vorn weiter verläuft. Die Vomero-palatina (Taf. 9, Fig. 1—3). Sie weichen von dem bei andern Tritonen gewöhnlichen ebenfalls nicht ab und setzen sich aus einer breitern, vordern Platte, die der Wölbung des Munddaches zu Grunde liegt, und einem spiessartigen, hintern Theil zusammen. Seitlich und medial besitzt die Palatin- platte Incisuren; die mediale ist seichter und betheiligt sich, wie er- wähnt, an der Umgrenzung des ventralen Intermaxillarlochs, die late- rale ist tiefer und wird durch Bindegewebe, das zum Oberkiefer zieht und einen knorpligen Einschluss (Trabecularstrahl) enthält, zum Meatus nasalis internus abgeschlossen. Der hintere, spiessartig endigende Fortsatz lagert medial von unten her dem Parasphenoid auf und trägt an seiner medialen Kante, bis zu seinem hintern, sanft nach aussen geschweiften Ende Zahnleisten. Indem die beiderseitigen nach hinten aussen nur wenig divergiren, éntsteht zwischen ihren vorn zusammenstossenden Enden ein recht spitzer Winkel. Der seitliche Rand legt sich an Ali- und Orbitosphenoid an; vorn stösst die breite Platte an die Processus palatini des Oberkiefers und der Praemaxilla. Die ventrale Knochenöffnung, welche in die Intermaxillarhöhle führt, Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 121 ist von der Mundschleimhaut verschlossen, die nur hinten von feinen Ausführgängen der Drüse durchbohrt wird (Taf. 10, Fig. 10). Der Intermaxillarraum wird hinten und hinten seitlich von Knorpelplatten abgeschlossen, die zu dem Nasengerüst in Beziehung stehen. Das- selbe wurde mir, ebenso wie der Inhalt der Nasen- und Intermaxillar- höhle, erst durch die frontal angelegten Serienschnitte deutlich, die Beschreibung desselben mag hier folgen. Das Primordialeranium. Die knorpligen Nasenkapseln überragen nur mit der Kuppe einer ganz kurzen blindsackartigen Ausstülpung, wie sie alle Urodelen be- sitzen, den Processus palatinus des Zwischenkiefers; der übrige Theil derselben ruht dem letztern auf und wird auch medial von Knochen duplirt, nämlich vom Processus ascendens des Praemaxillare, während sich aussen nur die Haut über ihm befindet. Innen von ihm tritt in dieser Frontalebene bereits die Intermaxillardrüse auf, die hier ganz von knöchernen Wänden (Taf. 9, Fig. 4) umgeben ist und deren Bau durch die Untersuchungen von WIEDERSHEIM !) genugsam bekannt sein dürfte. Die laterale Wand der Intermaxillarhöhle zeigt eine Oeffnung, dieselbe, die schon makroskopisch als Loch zwischen Processus nasalis und ascendens des Zwischenkiefers kenntlich ist. Auf den Schnitten sieht man, wie ein Nerv, der schon oben näher bezeichnet war, durch sie hindurchpassirt, wie sich zu ihm aber noch ein Knorpelfaden ge- sellt, der von der Nasenkapsel nach innen abgeht und die Oefinung zum Theil verschliesst, ohne jedoch in das Cavum intermaxillare hineinzudringen. Eine ganz ähnliche Bildung besitzt Salamandrella kayserlingii, bei der diese Fortsätze dorsalwärts von den Alveolarfort- sätzen liegen, aber frei in die Intermaxillarhöhle hineinragen, und Plethodon glutinosus?). Hier findet sich der Knorpelfaden auch gerade zwischen dem Processus ascendens und dem Processus alveolaris des Zwischenkiefers, wie bei Tylototriton, es existirt jedoch kein Loch im Knochen, sondern nur eine nach innen sich vorstülpende Bucht. Gegen- über von dem Abgang des hyalinen Fortsatzes findet sich die vordere Grenze des Meatus nasalis externus, der nach aussen und oben liegt und nur einen geringen Durchmesser hat. Gleich nach seinem Auf- 1) WiırDErsHEIMm, Die Kopfdrüsen der geschwänzten Amphibien und die Glandula intermaxillaris der Anuren, in: Zeitschrift f. wiss. Zool., Bd. 27. 2) WIEDERSHEIM, Das Kopfskelet der Urodelen, Fig. 100 u. Fig. 43. 122 Dr. HEINRICH RIESE, treten schwindet auch unter ihm die seitliche Knorpelwand und wird durch einen medial vorspringenden Bindegewebswulst mit niedrigem Epithel ersetzt. Hinter dem Rande der äussern Nasenöffnung nimmt diese Bildung die ganze Aussenseite der Nase ein (Taf. 9, Fig. 4, Taf. 10, Fig. 9) und scheidet durch ihr Vorspringen ins Innere hinein einen untern Nasengang von einem obern ab. Sie ist einer Muschel analog, wie sie WIEDERSHEIM schon bei Plethodon glutinosus (I. €.) nachwies, bei dem jedoch die Aehnlichkeit dieses Wulstes mit der Concha der über den Amphibien stehenden Thiere noch grösser ist, indem derselbe durch eine nach innen vorspringende Ausschweifung der knorpligen Nasenwand gestützt wird. In den Maschen des Wulstes liegen bei Plethodon kleine Drüsen und der Nervus infraorbitalis trige- mini, und dies Verhältniss trifft auch für Tylototriton zu. Auch Born (l. c.) hat denselben als allen Tritonen zukommend beschrieben: er fand an jedem Querschnitt durch die vordere Nasengegend einen mit hohem Riechepithel ausgekleideten, rundlichen, weitern Theil, der dem Septum anliegt und, nach aussen und unten sich verschmälernd, in eine seitliche, mit niedrigerem Epithel versehene Ausstülpung übergeht. Letztere ist an der obern Wand durch einen namentlich jm vordern Theil sehr deutlichen Wulst abgegrenzt. Auch er fand die Grund- lage desselben stets aus Bindegewebe gebildet und unter ihm keine stützende Knorpellamelle, da bei allen Tritonen die Aussen- wand der Kieferhöhle im vordern Theil stets von Knor- pel frei bleibt. Zwischen der Haut und dem en Ende des Bindegewebs- wulstes zeigt sich auf meinen Schnitten (Taf. 9, Fig. 4) eine An- sammlung von Drüsenacinis, die von der Haut herzustammen scheinen, und die von Born auch bei Triton cristatus erwähnt werden. Sie öffnen sich im untern Winkel der Muschelbildung in die Nasenhöhle. Gleichzeitig mit der erstern ist über dem aufsteigenden Fortsatz des Zwischenkiefers das Nasale aufgetreten, und es findet ein Durchbruch von einigen Aesten des Ramus nasalis trigemini durch den Processus palatinus des Praemaxillare statt, die aus der Intermaxillarhöhle zum Mundhöhlendach gehen. In dem Knorpel der Nasenkapsel bemerkt man von hier an ventral eine Lücke, welche durch Bindegewebe er- setzt wird, das dem Praemaxillare direct aufliegt. Der Muschelwulst wird auf seiner Aussenseite bald durch den aufsteigenden Fortsatz des Oberkiefers gedeckt, während dessen Processus palatinus den äussersten Theil des knöchernen Bodens der Nasenhöhle bildet. Gerade auf der Naht zwischen diesem und dem gleichnamigen Fortsatz des Zwischen- kiefers lagert das laterale Stück des knorpligen Bodens der Nasenhöhle Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 123 In dieser ganzen Reihe von Schnitten war die Intermaxillar- höhle rings von Knochen umwandet, auf Schnitten aber, die nur wenig dahinter liegen, entsteht in der Mitte ihres Bodens eine Lücke, indem hier die Processus palatini des Praemaxillare medial auseinanderweichen, so dass die Drüse der Schleimhaut des Mund- höhlendaches direct aufliegt. Kurz nach dem Auftreten dieses Defects im Knochen verschwindet letzterer auch in der Mitte der Seitenwand und wird von der knorpligen Nasenkapsel ersetzt. Wir befinden uns hier in der Frontalebene der nach vorn con- caven Incisur des Processus sagittalis vom Zwischenkiefer. In den folgenden Schnitten wird der Bindegewebswulst an der lateralen Nasenwand allmählich niederer, und in dem Verhältniss, wie er namentlich in seinem untern Theile abnimmt, wächst das laterale Stück des Knorpelbodens unter rechtwinkliger Knickung nach oben aus, so dass auch die Seitenwand der Nasenkapsel zum Theile durch Knorpel gebildet wird. Ehe derselbe jedoch die Muschel- bildung ganz erreicht hat, mündet im untern Winkel derselben der Thränennasengang ein, der ihr dicht anliegt und vom Ober- kiefer durch Bindegewebsfasern getrennt ist. Um ihn herum liegen weite Venen und einige von den vorher schon erwähnten Drüsenacinis (Taf. 10, Fig. 9), die den Wulst von seinem vordern Ende bis hierher begleitet haben, nach dem Auftreten des Thränennasengangs aber bald aus den Schnitten verschwinden. Er ist von ihnen deutlich zu unter- scheiden, indem das hohe Cylinderepithel seiner Wandung schmal, das der Drüsenacini aber viel breiter erscheint. In seinem weitern Ver- laufe nach hinten nähert sich der Gang immer mehr dem Oberkiefer- knochen und kommt schliesslich mit den ihn umgebenden Venen in die Furche des Processus ascendens zu liegen (Taf. 10, Fig. 10). Gleichzeitig schwindet der Muschelwulst gänzlich; der Knorpel der Seitenwand wird vollständig und fliesst mit dem am Dache der Nasen- höhle befindlichen zusammen, so dass die Knorpelkapsel in ihrem mittlern Drittel nur noch eine Lücke, diejenige in der Mitte ihres Bodens, aufweist. Die Intermaxillarhöhle besitzt in dieser Frontalebene nur seitlich eine vollständige Knorpelwand, durch die der aus der Nasenhöhle kommende Ramus nasalis trigemini mit mehrern Gefässen hindurch- bricht. Ventral wird der Boden nur seitlich von Knochen gebildet, nämlich von den Spitzen der Processus palatini des Zwischenkiefers und weiter nach hinten von den vordern Enden der Vomero-palatina, zwischen denen die Ausführgänge der hinten nur noch aus spärlichen 124 Dr. HEINRICH RIESE, Acinis bestehenden Intermaxillardrüse durch die Munddachschleimhaut hindurchbrechen. Ebenso wird die Höhle dorsal nur seitlich durch die Nasalia und hinten durch die Frontalia knöchern gedeckt, in der Mitte wird das Dach durch Haut und Unterhautbindegewebe gebildet, die durch die in ihnen liegenden, hier ganz monströsen Hautdrüsen so weit nach unten vorgestülpt werden, dass der Intermaxillarraum hier ganz niedrig wird und die Hautdrüsen fast in die Mundhöhle durchzubrechen scheinen (Taf. 10, Fig. 10). Schnitte, welche die Naht zwischen Praefrontale und Nasale und weiter nach hinten die zwischen Frontale, Praefrontale und Maxillare treffen, machen eine neue Lücke im Dach der knorpligen Nasenkapsel sichtbar, die sich jedoch bald wieder schliesst, und zeigen uns den Thränennasengang zuerst in der Naht zwischen Praefrontale und Ma- xillare und schliesslich in einer Furche am lateralen Rande des Prae- frontale (Taf. 10, Fig. 7). In einer Frontalebene, die zwischen vorderm und mittlerm Drittel des dorsalen Intermaxillarloches liegt, beginnt eine allmählich zu- nehmende Verdickung der medialen Wand der Nasenkapsel, die fort- schreitet, bis die beiderseitigen in der Mitte zusammenfliessen und nun der ganze Internasalraum von Knorpel ausgefüllt ist. Dieses knorplige Septum ist dorsal vorn nur vom Bindegewebe, hinten vom Frontale gedeckt, ventral wird es von der Spitze des Para- sphenoid und den Vomera duplirt. Es zeigt sich auf 20 Schnitten von 20 mm Dicke, hat also eine Längenausdehnung von 0,4 mm; in seiner Mitte (Taf. 10, Fig. 7) besteht es aus rein hyalinem Knorpel, der nur vorn (Taf. 10, Fig. 8) und hinten (Taf. 10, Fig. 6) binde- gewebig modificirt erscheint. In einer Ebene, die zwischen dem vordern Ende des Septums und demjenigen des Paraphenoids liegt, öffnet sich nach unten die Nasen- kapsel zur hintern Nasenöffnung, und zwischen dem medialen Rande derselben und dem Septum bricht der Ramus palatinus des Facialis, der weiter hinten zwischen letzterm und dem Vomer (Taf. 10, Fig. 5*) verläuft, zur Mundhöhlenschleimhaut durch. Die Reconstruction des Schädelaufbaues nach Schnitten durch den vordersten Theil der Hirnhöhle lässt erkennen, dass die RATHKE’- schen Schädelbalken in grösserer Ausdehnung als bei andern hoch- entwickelten Tritonen sich in ihrem ursprünglich knorp- ligen Zustande erhalten haben. Wenn ich das bisher eingehaltene Verfahren der Darstellung beibehalte, indem ich in- der Betrachtung dieser Verhältnisse von vorn nach hinten fort Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 125 schreite, so setzt sich nämlich der Knorpel, nachdem die Schädel- höhle das Septum nach vorn etwas eingestülpt und so eine nach vorn schauende Bucht in demselben erzeugt hat (Taf. 10, Fig. 6), weiter nach hinten fort, duplirt ventral und dorsal die Knochen und scheidet seitlich die Schädelhöhle von der hintern Kuppe der Nasen- höhle. Die seitliche Wand wird ganz vorn vom Olfactorius durch- bohrt, der einen ziemlich langen intracraniellen Verlauf besitzt; dorsal schwindet der Knorpel zuerst, und zwar in der Mitte früher als seitlich (Taf. 10, Fig. 6), und schliesslich verliert sich auch die ventrale, dem Parasphenoid aufgelagerte hyaline Masse, wohingegen die Seitenplatte weiter nach hinten Kalksalze in ihrem Innern zeigt, die immer massiger werden und schliesslich der sich vom Perichondrium aus bildenden Knochensubstanz weichen, welche das knöcherne Orbitosphenoid bildet. Ihm liegt also wie bei allen Amphibien der Rarake’sche Schädel- balken zu Grunde, aus dem sich nach vorn die Ethmoidalplatte und die medialen Theile der Nasenkapsel entwickelt haben, während sich nach Born der übrige grössere Theil derselben bei den Tritonen ohne Zusammenhang mit den Trabekeln anlegt. Die knorplige Fortsetzung des Orbitosphenoids erscheint auch bei Tylototriton aus einem Guss mit dem hintern Blindsack der Nasenkapsel und sendet hier an ihrem untern Rande nach der Seite hin einen Antorbitalfortsatz aus, der die hintere Nasenöffnung gegen die Augenhöhle hin abschliesst und bisan den Oberkiefer herantritt, ohne sich wie bei Salamandra, Ranodon und Spelerpes fuscus als schnabelartiger Haken noch in die Ober- kieferspange hinein fortzusetzen. Dorsal von ihm ist der hintere Blindsack der Nasenkapsel lateral von einem Gefäss, medial von dem Ramus nasalis trigeminus durch- bohrt, der an der medialen Wand der Nasenhöhle hinzieht bis zu seinem schon erwähnten Durchtritt in die Intermaxillarhöhle Er scheint auch bei Tylototriton mit dem Olfactorius zu anastomosiren, ein Verhältnis, das schon J. G. Fischer und WIEDERSHEIM von Siredon pisciformis beschrieben haben. Ganz sicher konnte ich diese Anastomose wegen des Conservirungszustandes meiner Exemplare nicht feststellen, während mir die Abgabe einiger Zweige des Nerven an die Nasenschleimhaut ausser Zweifel zu sein scheint. Die zwei genannten Oeffnungen in dem hintern Blindsack finden sich auch zum Beispiel bei Ellipsoglossa naevia und Triton alpestris, während sich bei Sala- mandrina und Triton taeniatus nur die eine fiir den Durchtritt der Nerven erkennen lässt, deren Verlauf ja im Allgemeinen eine grössere Constanz aufweist als derjenige der Gefässe. 126 Dr. HEINRICH RINSE, Indem ich die knorplige Nasenkapsel noch einmal als Ganzes überblicke, finde ich in ihr die gleichen Lücken in annähernd derselben Ausdehnung wie bei andern Tritonen wieder. Hinten erkennt man nur feine Oefinungen für den Ram. nas. trig. und das Gefäss; dorsal existirt eine grössere Unterbrechung der Knorpelwand unter dem Zu- sammenstoss von Praefrontale und Nasale, ebenso lateral zwischen der Mündung des Thränennasengangs und dem Meatus nasalis externus, wo der Bindegewebswulst nach innen in die Höhlung vorspringt, und schliesslich ventral die grösste, die sich ungefähr in der Mittellinie von dem vordern Rande der hintern Nasenôffnung bis zum vordern Blindsack hinzieht. Medial erscheint nur die feine Oeffnung für den Ramus nasalis trigemini. Ganz ähnliche Verhältnisse finden sich bei Triton cristatus, wie Born schön hervorhebt und ich selbst an Serien- schnitten durch den Schädel dieses Thieres bestätigen konnte, während Triton taeniatus alle diese Lücken nur in verkleinertem Maasstabe besitzt. Das interessanteste Factum bleibt das Vorhandensein eines voll- kommnen Abschlusses der Intermaxillarhöhle von der Schädelhöhle durch den internasalen Knorpel. In noch grösserer Ausdehnung findet sich derselbe unter den Urodelen nur bei Amblystoma weismanni, der im Gegensatz zu dem Axolotl noch eine ausgebildete Intermaxillardrüse besitzt!). Für den Ver- gleich wichtiger ist, dass bei den mecodonten Urodelen im übrigen der Abschluss zwischen den beiden‘ Höhlen gewöhnlich nur durch Bindegewebe gebildet wird und dass nur Salamandra maculosa und Pleurodeles waltli*) in dieser Hinsicht dem Tylototriton glei- chen. Auch bei dem gefleckten Landsalamander bildet sich, wie Born sagt, „durch Verwachsung der innern Seite der Trabekeln ein vorderer knorpliger Abschluss der Schädelhöhle, der aber zugleich zwischen den hintern Enden der Nasenhöhle gelegen ist“, und den er für den ersten Ansatz zur Bildung einer knorpligen Nasen- scheidewand hält, wie sie bei Anuren vorkommt. Sonst besteht, wie gesagt, auch bei allen Tritonen nur ein bindegewebiges Septum, und Salamandrina perspicillata nimmt eine ganz exceptionelle Stellung ein, indem durch die sich abwärts krümmenden Processus uncinati der eR 1) Wiepersuem, Zur Anatomie des Amblystoma Weismannii, in: Zeitschr, f. wiss. Zoologie, Bd. 32. 2) Derselbe, Pleurodeles Waltlii, Morphol. Studien I, in: Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucösüs. 197 Stirnbeine bei ihr eine knöcherne Nasenscheidewand den Abschluss zwischen den genannten Höhlen herstellt. Als Nachtrag für die Verhältnisse der Nasenhöhle möchte ich noch erwähnen, dass die Riechzellen wie bei allen Tritonen in BLAuE’- schen Gruppen angeordnet sind und dass im Bindegewebe unter ihnen sich zahlreiche acinöse (Bowmax’sche) Drüsen vorfinden. Obgleich es schon kurz erwähnt wurde, möchte ich des Zu- sammenhangs halber noch einmal bemerken, dass wir das Chondro- cranium, abgesehen von den Resten desselben, die wir in der Region des Vorderkopfes finden, noch in der prootischen, opisthotischen Gegend und im Suspensorialapparat antreffen. Wie bei allen Salamandriden stehen Pterygoid- und Quadratknorpel unter sich und mit dem Knorpel in der prootischen Region, der sich zu dem Trabecularknorpel hin- erstreckt, in continuirlichem Zusammenhang; während dieser aber bei den lechriodonten Salamandriden und bei Salamandra und Chioglossa durch breite Brücken hergestellt wird, ist er bei dem Tylototriton, entsprechend dem Verhalten bei den übrigen Tritonen und Salaman- drina, auf schmale Fäden reducirt. Der Pterygoidknorpel ist über- haupt im grössten Theil seiner Länge sehr dünn und wird erst an seiner Basis breiter. Der Quadratknorpel umfasst zwingenartig die prootische Region, der an dieser Stelle der Knorpel in Form einer Kappe auflagert. Diese geht fadenförmig nach unten innen in eine dem Parasphenoid aufgelagerte Knorpelspange und nach vorn in das dem Alisphenoid zu Grunde liegende knorplige Trabekel über. Die ventral liegende Spange schwindet, sobald die Labyrinthe auftreten, in denen sich keine Spuren von hyaliner Substanz befinden. Nur das Operculum ist grösstentheils hyalin knorplig und zeigt im Innern bloss eine geringe Ablagerung von Kalksalzen, während seine Ränder ver- knöchert sind. Die Columella ist rein hyalin-knorplig. Schliesslich schiebt sich hinter dem Parasphenoid als Schlusstein für die hinten auseinanderweichenden Occipitalia basilaria ein Knorpelstück ein, das sich bei allen Urodelen ohne Ausnahme vorfindet, auch bei denjenigen, wo das Chondrocranium auf so geringe Reste wie bei Zylototriton zusammengeschmolzen ist. Wie schon erwähnt, habe ich aber bei letz- terem vergeblich ein gleiches Knorpelstück gesucht, welches sich sonst bei allen Urodelen auch in der Mitte unterhalb der Occipitalia superiora erhält. So ist aus der Verknöcherung desselben die synostotische Vereinigung der beiderseitigen obern Occipitalspangen zu erklären. Am Schluss meiner Betrachtungen über den Schädel möchte ich noch einmal die Begrenzungen seiner einzelnen Höhlen und grössern Oefinungen zusammenfassen. 198 Dr. HEINRICH RIESE, Die Intermaxillarhöhle wird umwandet: vorn: vom Processus ascendens des Zwischenkiefers ; seitlich: vom Processus sagittalis desselben Knochens und vom Nasen- knorpel; oben vorn: doppelt knöchern vom Processus ascendens praemaxillaris und dem Nasale; oben hinten nur von der Haut, die das dor- sale Loch verschliesst ;, hinten: vom knorpligen Nasenseptum ; unten: vom Processus palatinus des Zwischenkiefers, den Vomero- palatina und der vordersten Spitze des Paraphenoids und von der Mundhöhlenschleimhaut, die sich unter dem ventralen Loche aus- spannt; Orbita: ihr Boden wird nur von Bindegewebe und einer aller- dings dicken Muskelschicht gebildet (Taf. 9, Fig. 5), während im Gegensatz zu andern Urodelen das Pterygoid bei Zylototriton gar keinen Theil daran nimmt. An der Bildung der Decke betheiligen sich Praefrontale und Frontale; die mediale Wand liefert das Orbitosphenoid ; die vordere der Antorbitalfortsatz und das Praefrontale; die laterale der Oberkiefer; die hintere das knöcherne Alisphenoid und innen das Orbitosphenoid. Ueber die Orbita verläuft der Frontotemporalbogen. Die Grenzen des Cavum nasale bilden: vorn: das Os intermaxillare ; aussen: das Maxillare; oben: vorn das Nasale, und hinten das Praefrontale; unten: vorn der Processus palatinus des Zwischenkiefers, hinten der- selbe des Oberkiefers ; innen: nur vorn der knöcherne Processus sagittalis des Zwischenkiefers ; Die Oeffnung für den Olfactorius wird nur durch Knorpel begrenzt, aber von Knochen geschützt: aussen hinten: vom Orbitosphenoid; unten: vom Vomeropalatinum ; oben: vom Frontale. Die hintern Nasenöffnungen werden umwandet: oben: vom Fronto-lacrimale; seitlich: vom Processus palatinus des Oberkiefers ; vorn: von demselben; innen: von den Vomero-palatina und Orbitosphenoid ; hinten: nur knorplig vom Antorbitalfortsatz. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 129 Der Unterkiefer. Er besteht aus den drei bekannten Theilen: dem Dentale, Angu- lare und Articulare. Das erstere, ganz knöchern, ist an seinem hintern, vorn breiten und hinten zugespitzten Ende lamellös, in seinen vordern zwei Dritteln compacter. Hier enthält der Knochen in seinem Innern einen langen Canal, der sich nach hinten öffnet und in eine breite Furche ausläuft, deren Seitenwand durch eine Delle der medialen Fläche des hintern, lamellösen Theiles vertieft ist. Die mediale und seitliche Kante des vordern grössern Abschnitts des Dentale ragen nach unten als Leisten vor, von denen die laterale Zahnfurchen auf ihrer Oberfläche erkennen lässt. Das Angulare ist hinten breit, vorn dolchartig zugespitzt und in die Furche des Dentale hineingefügt, die es auch in ihrem hintern Theile zu einem Canal abschliesst. In die so von Angulare und Dentale gebildete, nach hinten offene Schlucht ist das Articulare ein- gelassen, das als Mecker’scher Knorpel in dem Canal fortzieht, den ganzen Unterkiefer durchsetzend und erst an der Berührungsstelle beider Unterkieferhälften endigend, wo dieselben durch straffes Bindegewebe syndesmotisch mit einander verbunden sind. Der ganze Aufbau des Unterkiefers weicht somit in nichts von dem bei andern Tritonen gewöhnlichen ab. Der Zungenbein-Kiemenbogen-Apparat (Taf. 10, Fig. 12) hat auch nichts besonders Charakteristisches an sich, sondern ist dem- jenigen von Triton cristatus und Triton viridescens ganz ähnlich, wie eine Vergleichung der Abbildung mit denen von WIEDERSHEIM in seiner Arbeit über die Salamandrina (fig. 98) und in der über den Urodelenschädel (fig. 89) schon ergiebt. Das Keratohyale (Kh) besteht aus einem sehr grossen, schaufelartigen Theil von hyalinem Knorpel, der vorn stumpf- spitzig ausläuft und hinten, an seiner medialen Kante nach aussen abgeknickt, durch eine schmale, kalkknorplige Zone in den knöchernen Stiel übergeht, der hinten wieder hyalinknorplig endet. Knorpliger Natur ist auch das Basibranchiale (Bb), welches wie dasjenige von Triton torosus und Salamandra zwei Paar kleiner Zungenbeinhörner nach aussen entsendet, von denen das vordere Paar eine viel geringere Länge hat als das hintere. Das Keratobranchiale I ist knöchern, ebenso wie das Epibran- chiale I; in letzterem Punkt also dem Verhältniss bei Triton viri- descens vergleichbar. Das Keratobranchiale II ist ganz hyalin. Die vordre Spitze der grossen Zungenbeinhörner, ebenso die beiden Zool. Jahrb. V. Abth. f. Morph. 9 130 Dr. HEINRICH RIESE, Paare der kleinen, und der sie verbindende Theil der Copula liegen noch in die Masse der Zunge eingebettet, während das Keratohyale durch straffes Bindegewebe mit dem Unterkiefer zusammenhängt. Vorn werden die grossen Hörner durch eine bindegewebige Platte zusammen- gehalten. In Anknüpfung an die Verhältnisse des Zungenbeinapparats möchte ich gleich noch eine Eigenthümlichkeit der Musculatur der Zunge von Zylototriton erwähnen. Es findet nämlich an der Basis der Zungeu- spitze eine nirgends vonandern Urodelen erwähnte Durch- kreuzung der Muskelzüge der beiderseitigen Genioglossi statt, nachdem dieselben von ihrem Ursprung an den Unterkieferwinkeln eine kurze Strecke weit schräg nach oben verlaufen sind. Nach der Durch- flechtung gelangen die Fasern zwischen den Drüsencylindern der Zungen- schleimhaut zur Ausstrahlung, wie dies schon Prinz LupwIG FERDINAND an der Zunge der Salamandra feststellte, in der sich ,,die einzelnen Mus- kelzüge zwischen die Drüsen begeben und dieselben derart umschlingen, dass ein sagittal gestelltes Fachwerk zu Stande kommt, welches fast zwei Drittel der Höhe der Drüsencylinder umgiebt“. Er verbreitet sich auch über den Sinn dieser Anordnung der Musculatur, indem er sagt: derselbe habe nothwendig zur Folge, dass in dem Momente, als die Genioglossi die Function eines Protractor ausführen, die Drüsenschläuche comprimirt, und so ihr Secret entleert wird. Diese Erklärung trifft natürlich auch für die Wirkung der ausstrahlenden Fasern der Genio- glossi von Tylototriton zu; die Durchkreuzung der Fasern derselben muss aber nothwendig durch ihre Contraction auch eine stärkere Wöl- bung der Zungenspitze hervorbringen, als durch eine parallel verlau- fende Faserung erzielt werden würde. Wie bei Tylototriton findet sich auch bei Salamandra ein Muskel, der von der Brust zu dem Basibranchiale aufsteigt und diesem in seinem fernern Verlaufe aufliegt. Er ist wohl dem Sternohyoideus gleichzusetzten, der nach Hort (1 c.) die Unterlage für den hintern Theil der Zunge abgiebt. Dieser Autor erwähnt ferner einige Muskel- züge, welche von einer über dem Basibranchiale liegenden Sehnenplatte ausgehen, die den Boden der Papillen bildet, und bezeichnet dieselben als Basi- oder Hyoglossus. ‚Sie gehen“, nach ihm „von dieser Sehnen- platte fächerförmig nach vorn und vorn seitlich sich mit den Bündeln des Genioglossus verflechtend und die Drüsenschläuche umstrickend‘“. Ich fand bei Zylototriton ähnliche Muskelzüge, die von der die vor- dern Abschnitte der grossen Zungenbeinhörner verbindenden Binde- gewebsmembran ausgehen und senkrecht nach oben, vorn und hinten Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 131 D] zu den Papillen ausstrahlen. In ihrem hintersten Theil werden sie noch von transversellen Fasern durchflochten, die ganz dicht unter der Oberfläche liegen und einen Musculus transversus linguae dar- stellen. Im übrigen findet sich wie bei den übrigen Amphibien ein Mylo- hyoideus auf dem Boden der Mundhöhle, wohingegen ein M. submaxil- laris, der sich bei einigen, meist niederen Urodelen im vordersten Winkel des Unterkiefers gelegen quer von dem einen Ast desselben zum andern hinübererstreckt, wie bei den meisten ausgewachsenen Sala- mandrinen und Tritonen fehlt (nach Funk und Du&às) 1). Auch sonst zeigt die Zunge in der Entwicklung und Lage der Geniohyoidei, der Keratohyoidei, Interbranchiales und des Thoracicohyoideus keine be- sonderen Verhältnisse. Ueber die genauere Structur des Epithels kann ich nichts Näheres aussagen wegen der mangelhaften Erhaltung meiner Exemplare. Aus diesem Grunde gelang es mir auch nicht, die histologischen Details einer eigenthümlichen Bildung am Mundhöhlendach festzustellen, von der sonst nirgends etwas erwähnt wird. Immerhin möchte ich wenigstens die gröbern Verhältnisse derselben zu schildern versuchen. In der Nische, die von den Cristae der Vomeres und dem Para- sphenoid gebildet wird, sieht man auf Frontalschnitten (Taf. 9, Fig. 5, Taf. 10, Fig. 6, 7 F.K.) ein von reichlichen Capillaren durchzogenes und von länglichen Bindegewebskernen durchsetztes feinmaschiges Binde- gewebe, in dessen Maschen sich zahlreiche rundliche Kerne finden, die ganz das Aussehen von Lymphkörperchen besitzen, so dass das ganze den Eindruck einer Zusammenhäufung von Lymphfollikeln macht, die reichlich von Blutgefässen umsponnen sind. Direct unter der Mitte des Parasphenoids zieht sich in sagittaler Richtung eine grössere Vene (Ve) hin, die stellenweise kleinere aus der Umgebung der Fol- likel kommende Venen aufnimmt. Die ganze Bildung ist von der Schleim- haut des Mundhöhlendaches überzogen, doch konnte ich nicht ent- scheiden, ob diese Oeffnungen aufweist, welche den Lymphkörpern als Austrittsstelle dienen könnten. Vermuthlich treten diese zwischen dem Epithel hindurch. Sie springt als dreiseitiger Keil, dessen Basis nach der Mundhöhle gerichtet ist, zwischen den Vomeres nach unten vor, füllt aber nur die Mitte des zwischen diesen befindlichen Raumes aus. Entsprechend dem nach hinten immer zunehmenden Auseinanderrücken der Vomeres, wird der Keil breiter und breiter, so 1) Siehe Bronx, Classen und Ordnungen der Amphibien. g%* 13? Dr. HEINRICH RIESE, dass er schliesslich von den innern Seiten der Zahnleisten jederseits nur durch eine grössere Arterie geschieden wird. Parallel der hintern Grenze der Bulbi hört die Prominenz des submucösen Bindegewebes unter dem Parasphenoid auf, und dieser Knochen ist weiter nach hinten in seiner Mitte von straffem Bindegewebe glatt überzogen, und nur an den Seiten um die beiden Arterien herum erhält sich die In- filtration des Bindegewebes mit Leucocyten. Sehr charakteristisch ist in den Schnitten das gleichzeitige gänzliche Aufhören der folliculären Bildung und der Zahnleisten der Vomeres, so dass jene sich also nur im Bereich der kauenden Fläche vorfindet und deshalb wohl mit der Nahrungsaufnahme in Beziehung gesetzt werden muss. Offenbar handelt es sich hier um eine längs des Gaumens sich hinziehende mandelartige Bildung. Meine Hoffnung, in der Arbeit von Horz über das Mundhöhlen- dach von Salamandra maculata und Rana temporaria ähnliche Ver- hältnisse beschrieben zu finden, täuschte mich, und auch eine von mir selbst vorgenommene Durchmusterung von Serienschnitten durch einen Salamanderschädel brachte kein befriedigendes Resultat. Ich fand hier nur die an den Cristae der Vomeres entlang ziehenden Arterien ohne die Infiltration ihrer Umgebung mit Leucocyten. Schnitte durch den Schädel von Triton cristatus und Tr. alpestris zeigten dieselben Ge- fässe, aber auch hier war das Parasphenoid von straffem, dem Periost eng anliegenden Bindegewebe überzogen. Ich hoffe, dass es mir durch weitere Untersuchungen später noch einmal gelingt, das beschriebene Gebilde vergleichend-anatomisch verständlicher zu machen, indem sich bei andern Urodelen oder Amphibien überhaupt vielleicht doch Aehn- liches auffinden lässt, zumal da bisher wenig auf die Verhältnisse des Mundhöhlendaches derselben geachtet worden ist. Befriedigenden Aufschluss gab mir die histologische Untersuchung der Augenlider mit ihrem Drüsenapparat, auf den bereits SARDEMANN !) auch bei Urodelen näher eingegangen ist. Im vordern Augenwinkel erscheinen am Boden des Bulbus gelegene, sehr grosse acinöse Drüsen, die sich nahe an der Umschlagsfalte auf die Conjuncti- valfläche des untern Augenlides entleeren. Erst in einiger Entfernung von dem vordern Winkel treten dann kleinere acinöse Drüsen in der ganzen Fläche der Conjunctiva des untern Augenlides (Taf. 9, Fig. 5) 1) E. Sarpemann, Beiträge zur Anatomie der Thränendrüse; ge- krönte Preisschrift, in: Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg i. B., Bd. 3, un ti mnt. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 133 auf, die sich von der Uebergangsfalte bis in die Nähe des Lidrandes erstrecken und sich in den Conjunctivalsack öffnen. Aussen von ihnen liegen in der äussern Haut des Lides reine Hautdrüsen, durch den Charakter ihres Epithels deutlich von den Conjunctivaldrüsen unter- schieden, obgleich sich ursprünglich letztere aus den erstern entwickeln, wie WIEDERSHEIM in seiner Arbeit über die Kopfdrüsen bereits fest- stellte. Die Zahl der in einem Schnitte getrofienen Drüsen nimmt gegen den hintern Augenwinkel hin zu, und dieselben dringen weiter in der Richtung nach dem Orbitosphenoid hin in den ventralen Boden des Bulbus ein, so dass sie sich als platte, kuchenartige Masse auch an der Ventralseite des Bulbus entlang ziehen. An der hintern Com- missur erreichen sie ihr Ende. Auch bei Triton alpestris und Tr. taeniatus und in geringerem Maasse auch bei Tr. helveticus findet sich diese Vermehrung der Driisen nach dem hintern Augenwinkel hin, während die Endigung der Thränendrüse an der hintern Commissur von SARDEMANN geradezu als eine für die Tritonen im Gegensatz zu Salamandra charakteristische Eigenthümlichkeit bezeichnet wird. Bei der letztern Gattung geht dieselbe nämlich noch in das Niveau des obern Lides über. Ein weiterer Unterschied zwischen Salamandra und den andern Tritonen sowohl wie Tylototriton besteht in der bei ersterer deutlichen Abgrenzung des vordern mit einer Harper’schen Drüse zu homologisirenden Drüsenpackets gegen die weiter nach hinten gelegene, mit einer eigentlichen Thränendrüse zu vergleichende Masse von Acini. Bei Salamandra findet sich nämlich zwischen beiden eine ,,ziem- lich starke Bindegewebsschicht“, während dieselben bei Tylototriton, wie schon erwähnt, nur durch die Grösse ihrer Acini zu unterscheiden sind, wie auch bei andern Tritonen lediglich histologische Merkmale die Scheidung ermöglichen. Das Vordringen der Thränendrüse aus dem Bereich des Unterlides in das Innere der Orbita hinein, wie wir es bei Tylototriton erkennen, fand SARDEMANN bei den von ihm unter- suchten Tritonen nicht. Doch scheint mir dies kein principieller Unterschied zu sein, indem sich darin wohl nur eine der Grösse des Bulbus entsprechende, bedeutendere Massenentfaltung und Weiterent- wicklung der Drüse documentirt. Ein ähnliches Verhalten erwähnt übrigens REICHEL!) von der Drüsenpartie im innern Augenwinkel, die, 1) P. Reıcner, Beiträge zur Morphologie der Mundhöhlendrüsen der Wirbelthiere, Inaug.-Diss., Leipzig 1882. 134 Dr. HEINRICH RIESE, bei ausländischen Urodelen stark entwickelt, sich in das Innere der Orbita hinein verlängert. Der Verlauf des Thränennasenganges wurde bereits erör- tert; Tylototriton weicht hierin von andern Urodelen nicht ab. Hinzu- fügen möchte ich nur noch, dass sich der Gang auch bei ihm im innern Augenwinkel kurz vor seiner dort sich findenden Ausmündung in zwei Röhren spaltet (Taf. 9, Fig. 5, Taf. 10, Fig. 6 Thrn.). Zum Schluss meiner Betrachtungen über histologische Besonder- heiten im Bereiche des Kopfes will ich noch eines nicht uninteressanten Organs erwähnen, welches zu der Zirbel in Beziehung zu stehen scheint. An der Decke des hintersten Abschnittes vom Frontale und des vordersten vom Parietale haftet eine vorn dreieckige, hinten aber eine mehr quadratische Form annehmende Masse, die, von der Pia mater umgeben, aus einzelnen cavernösen Räumen be- steht (Taf. 10, Fig. 11). Dieselben, an den dicksten Stellen des Packets 12—15 an Zahl, sind durch dichte Bindegewebsfasern von einander getrennt und enthalten zahlreiche, in einem sehr zarten Maschenwerk suspendirte Blutkörperchen. In seinem vordern, dreieckigen Abschnitt setzt sich das Organ unten an seiner Spitze in ein dünnes Gefäss (Fig. 11 Gef.) fort, das dann zur Decke des Mittelhirns verläuft und sich, kurz bevor es den Plexus chorioideus des Seitenventrikels erreicht, in zwei Gefässe (Gef ,) theilt, welche ein kleines, rundes Läppchen (Z) umkreisen. Dieses lagert dem Zwischenhirn direct auf und lässt sich bei näherer Untersuchung ebenfalls als cavernösen Raum erkennen, dessen untere Wand vom Plexus chorioideus umgeben wird. An ihr münden in den letztern die beiden Gefässe ein, und daselbst mag wohl auch ein unmittelbarer Uebergang der Blutzellen aus den cavernösen Räumen in die Blutge- fässe des Plexus stattfinden. Sehr eigenthümlich ist eine Einla- gerung von schwarzem Pigment (Pig.) in die Bindegewebsfasern, welche die einzelnen Cavernen von einander abgrenzen; doch verliert dieselbe viel von ihrem Auffallenden, wenn man das ganze Organ als ein Residuum der Zirbel auffasst, wozu man nach seiner ganzen Lage über dem Mittelhirn und in der Umgebung der Naht zwischen Parietale und Frontale vollständig berechtigt ist.’ | Bei den Amphibienim Allgemeinen degenerirt bekannt- lich der Epiphysenschlauch und wandelt sich bei ausgewachsenen Anuren in einen Bindegewebsstrang um; ja bei Urodelen pflegt sich sogar sein oberes Ende zu erhalten, das an der Unterfläche der ge- nannten Knochen als kleiner, weisser Fleck sichtbar ist. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 135 Welche physiologische Bedeutung nun dem Auftreten von caver- nösen Räumen in dem sonst rein bindegewebig degenerirten Organ bei Tylototriton zukommt, ist mir nicht klar geworden. Die Existenz von Pigment in demselben steht aber nicht vereinzelt da, es kommt auch bei Bufo einereus vor und muss-bei beiden Thieren in Beziehung gesetzt werden zu der Pigmentschicht, die sich in dem in ein Pari- etalauge umgewandelten Epiphysenschlauch bei manchen Reptilien vorfindet. Es ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass auch die Uro- delen in phylogenetisch frühern Stadien ein Parietalauge besessen haben, welches wir denn auch auf allen Abbildungen von Urodelen aus der carbonischen Formation erblicken !), gewöhnlich mitten im Parietale gelegen, bei Ceraterpeton crassum z. B. aber auch dicht hinter dem Frontale. Columna vertebralis (Taf. 11, Fig. 15—23, Taf. 10, Fig. 13, 14). Die Wirbelsäule bestand bei meinen Exemplaren aus 55 Wirbeln: 14 präsacralen, 1 sacralen und 40 postsacralen. ANDER- SON spricht nur von 46 Wirbeln, und zwar entfällt nach seiner Dar- stellung das Minus, welches sich meinem Befunde gegenüber heraus- stellt, auf die Zahl der Caudalwirbel. Es wird jedoch diese Differenz . niemand besonders auffallend erscheinen, da ein’Schwanken in der Anzahl der Schwanzwirbel bei ein und derselben Art je nach der ver- schiedenen Länge und dem Alter des Thieres etwas Selbstverständ- liches und auch bei andern Urodelen Gewöhnliches ist. Die Wirbel sind alle ausserordentlich starkknochig und gleichen darin denen von Salamandrina perspicillata und Triton cristatus am meisten. Sie sind im Allgemeinen opisthocöl, doch fand ANDERSON einen procölen Charakter schon bei einigen Wirbeln des dorsalen Be- zirks, wo ich ihn bei meinen Exemplaren vermisste. Seinen Befund, dass von dem 15. Caudalwirbel beide Enden Ge- lenkköpfe besitzen, kann ich aber bestätigen. Die nächstfolgenden Wirbel fand ich grösstentheils wieder opisthocöl, und nur an einigen wiederholte sich das Verhältniss des 15. Caudalwirbels, wohingegen ANDERSON von einem zumeist procölen Charakter derselben berichtet. Es müssen also in dieser Beziehung auch bei Tylototriton grosse Schwankungen stattfinden, wie sie ebenso bei gewissen Anuren, z. B. Pelobates, und den Cheloniern beobachtet werden. Bei den meisten Wirbeln fasst also der vordere überknorpelte Ge- 1) Frırsch, Fauna der Gaskohle. 136 Dr. HEINRICH RIESE, lenkkopf in die hintere, ebenfalls überknorpelte Gelenkpfanne des vor- dern Wirbels hinein, spielt aber in derselben nicht ganz frei, wie bei dem Brillensalamander, vielmehr durchziehen feine faserknorplige Fäden die Gelenkhöhle (Fig. 14). Gleiches beschreibt WIEDERSHEIM (1 c.) bei Plewrodeles waltlii ; er sagt: „der Gelenkkopf spielt nicht frei in der Pfanne des nächst- vordern Wirbels, sondern wird durch die ihn durchsetzende Chorda in jener wie durch einen Bindfaden fixiert.“ Auch diese Faser- knorpelfäden mögen umgewandelte Chordareste sein, sonst aber.konnte ich auf keinem Schnitte durch einen Wirbel Ueber- bleibsel der Chorda entdecken. Längs- wie Querschnitte (Fig. 13, 14), zeigen nur gut entwickelte Knochensubstanz mit einer ziemlich weiten, fettzellenhaltigen Markhöhle (M%kh) im Innern des Körpers und der Querfortsätze. Wie bei allen Amphibien finden sich an den Wirbeln vordere und hintere überknorpelte Gelenkfortsätze, und es werden jedesmal die vor- dern von den hintern des nächstvordern Wirbels (Fig. 13) gedeckt. Ihre Gelenkflächen sind von oben aussen nach unten innen geneigt. WIEDERSHEIM betrachtet die hintern Gelenkplatten bei Salamandrına perspicillata als Basen für die beiden sich gabelnden Hälften des Dorn- fortsatzes, und auch bei Tylototriton kann man keinen bessern Ausdruck für dieses Verhältniss finden. Abgesehen vom 1. tragen alle dorsalen Wirbel, ausserdem der 1. Sacral- und der 1. Caudalwirbel Rip- pen, und wie auch hierin bei ein und derselben Species Schwankungen nicht ungewöhnlich sind, wird von ANDERSON auch noch dem 2. Cau- dalwirbel eine Rippe zugeschrieben, von deren Vorhandensein ich mich an meinen Exemplaren nicht überzeugen konnte. Die Rippen sitzen mit ihren gegabelten und überknorpelten, pro- ximalen Enden dem doppelten Querfortsatz auf. Dieser ist wie bei allen Amphibien gespalten, und der eine Strahl entspringt am Wirbel- bogen, der andere am Wirbelkörper. Wie gewöhnlich, ist der Quer- fortsatz der Sacralrippe der stärkste und einer der längsten. An den nicht mit Rippen ausgestatteten Caudalwirbeln ist der Quer- fortsatz als Höcker ausgeprägt (Fig. 17, 21, 22, 23), der allmäh- mählich niedriger wird, je näher man dem Ende der Wirbelsäule rückt. Die Furche, welche die Verdopplung der’ Querfortsätze zu Stande kommen lässt, ist am 2. dorsalen und am 1. caudalen Wirbel kaum ausgeprägt, an den übrigen ist sie tief, aber niemals durchlöchert, wie sie bei manchen Urodelen erscheint. Wohl aber findet sich wie bei Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 137 Salamandrina perspieillata und andern Tritonen zwischen dem nach rückwärts von den Querfortsätzen liegenden Theil des Wirbels und dem Anfang dieser selbst ein Loch, das in den Wirbelcanal mündet, am 2. dorsalen bis zum 2. postsacralen Wirbel constant ist und der Arteria collateralis vertebralis als Eintrittsstelle dient. Die Foramina intertransversaria sind wahre rundliche Löcher, deren Weite naturge- mäss je nach der Stärke der austretenden Nerven schwankt. Grosses Interesse erwecken die Dornfortsätze: von beträcht- licher Höhe zeigen sie eine sehr stark verbreiterte, dorsale Kante mit wulstig nach aussen umgekrempelten Lippen, eine Eigenschaft, die auch für die Dornfortsätze des Brillensalamanders und gewisser fossiler Molche, z. B. der Familie der Hylono- miden (Frrrscu |. c.) bezeichnend ist. Nach vorn spitzt sich dieser Kamm zu und passt in einen am hintern Ursprung des nächstvor- dern Dornfortsatzes befindlichen Ausschnitt („Zygantrum‘“)!) hinein, der dadurch entsteht, dass jeder von ihnen hinten mit zwei kräftigen Schenkeln über den hintern Gelenkfortsätzen („Zygapophysen“) entspringt. In dieser, gleichsam gelenkartigen Verbindung der Dorn- fortsätze unter einander stimmt Zylototriton mit der Salamandrina überein und nähert sich dem Verhalten von vielen Urodelen der Gas- kohle, ferner dem von Crotalus horridus, von den Sauriern und auch den Vögeln. Die breite Oberfläche der Dornfortsätze ist reichlich mit grubigen Vertiefungen ausgestattet, welche, ganz ähnlich wie auf den Schädelknochen, durch die Einlagerung von grossen Haut- drüsen entstanden zu denken sind: es tritt dies namentlich auf einem Querschnitt durch den 2. Wirbel hervor, wo der Kamm durch eine mächtige in seine Mitte eindringende Hautdrüse gegabelt erscheint (Fig. 13). Dieses eigenthümliche Relief ist an den vordern Wirbeln am deutlichsten ausgeprägt und findet sich, allmählich undeutlicher werdend, bis zum 2. Postsacralwirbel (Fig. 23). Vom folgenden Wirbel an ist der Processus spinosus messerartig zugeschärft und zeigt eine im Verhältniss zum kleiner werdenden Wirbelkörper immer zuneh- mende Höhe. Dasselbe gilt im Allgemeinen für die untern Dornfortsätze, welche vom 2. Postsacralwirbel an vorhanden sind und einen vollkommen abgeschlossenen Canal zur Aufnahme der Arteria sacralis in sich ent- halten. In diesem Punkt nimmt Tylototriton in gewissem Sinne eine höhere Entwicklungsstufe als die übrigen Tritonen ein, indem bei ihnen 1) R. Owen, On the anatomy of Vertebrates, vol. 1. 138 Dr. HEINRICH RIESE, erst der 3. Caudalwirbel einen untern Fortsatz aufweist. Nur der Brillensalamander zeigt auch bereits am 2. Caudalwirbel einen untern Dornfortsatz, jedoch schliesst sich derselbe noch nicht zum Canal ab. Am 2. und 3. Schwanzwirbel bemerkt man übrigens noch nicht die messerartige Zuschärfung am Ende des Dornfortsatzes, wie sie den nächstfolgenden Wirbeln zukommt, dasselbe ist an ihnen viel- mehr abgerundet und überragt das hintere Ende des Wirbelkörpers wie ein Schnabel, in dessen oberer Fläche eine Rinne verläuft zur Aufnahme des Vorderendes vom nächstfolgenden Dornfortsatz. Ausser- dem verlaufen die beiden Dornfortsätze nicht horizontal wie diejenigen der übrigen Caudalwirbel, sondern stürzen vom Wirbelkörper steil nach abwärts, rückwärts. Wenn die Annahme WIEDERSHEIM’S richtig ist, — und ich zweifle nicht daran — dass diese ganze Configuration der beiden Wirbel, der Schienung eines Panzers vergleichbar, dem leichtzerbrechlichen Schwanz gerade an seiner Wurzel eine grössere Festigkeit verleiht, so geniesst Tylototriton in diesem Punkte noch einen Vortheil vor der Salaman- drina, indem bei ihm, entsprechend dem vollkommenen Abschluss des Dornfortsatzes zu einem Canal schon am 2. Schwanzwirbel, der Schutz den diese Eigenthümlichkeit bietet, weiter nach vorn ausgedehnt ist als bei jener. Obere wie untere Dornfortsätze erhalten sich, zuletzt allerdings in schwächerer Ausprägung, bis zum letzten Caudalwirbel, und zwar sind die untern an den hintersten Wirbeln in zwei Schnäbel gespalten. Der 1. Dorsal-Wirbel weicht, wie ein Blick auf die Figuren (Fig. 18—20) zeigt, von dem ihm bei den übrigen Urodelen eigenen Bau nicht ab. Die Querfortsätze fehlen an ihm, und an ihrer Stelle er- scheint am Wirbelkörper nur eine poröse Vertiefung (Fig. 18*). An- DERSON erwähnt als Eigenthümlichkeit, die er an zwei Individuen fand, noch zwei Höcker, welche, an dem vordern Ende des untern Bogens befindlich, nach dem Kopfe hin vorsprangen und, mit dem Parasphenoid articulirend, eine zweite Gelenkverbindung zwischen 1. Wirbel und Kopf bildeten, die zu der zwischen den Condylen vorhandenen hinzukam. Wenn man jedoch erwägt, dass der schaufelartige, mit dem Processus odontoides des Epistropheus höherer Wirbelthiere zu identificirende Fortsatz des 1. Wirbels an seiner ventralen Fläche gewöhnlich von Knorpel überzogen ist und mit der Basalplatte des Schädels articulirt, so erklärt sich die von ANDERSON geschilderte Bildung wohl einfach dadurch, dass der Fortsatz in der Mitte einen Einschnitt besass, der auch an meinen Exemplaren (Fig: 18 und 19) schwach angedeutet ist. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 139 Die Rippen zeigen im Vergleich mit denen anderer Urodelen auch keine Besonder- heiten. Ihre proximalen Enden sind gegabelt, der Doppelnatur der Querfortsätze entsprechend, und mit Knorpel überzogen. Nur der hintere Zacken liegt in einer Linie mit der Längsaxe der Rippen, der vordere geht leicht winklig nach vorn. Die distalen Enden laufen in Knorpelspitzen aus, die in Folge des kaum gekrümmten Verlaufes der Rippen die Haut an den Seiten nach aussen erheben, wie schon er- wähnt wurde. Die 2. bis 4. Rippe haben die grösste Länge, bei den übrigen schwankt dieselbe bedeutend, und die letzten sind nur noch kleine Knochentäfelchen. Den grössten Querdurchmesser besitzt die Sacral- rippe, an deren distalem, knorpligem Ende das Ileum einge- lenkt ist. ANDERSON fand an den fünf ersten Rippen, ich in deut- licher Ausprägung nur an der 2. bis 4., von ihrem mittlern Abschnitt nach hinten vorspringende Fortsätze, die auch den übrigen Tritonen nicht fehlen, und die vielleicht mit den Processus uncinati der Sauropsiden vergleichbar sind; an der 1. und 5. Rippe war nur die Andeutung dieses Fortsatzes in Gestalt eines Tuberculums vorhanden. Schon ANDERSON hebt hervor, dass diese Fortsätze ebenso wie die freien Spitzen aller Rippen in einer knopfartigen Drüse ihr Ende finden. Dass die Processus uncinati an jeder folgenden Rippe weiter lateral stehen als an der vorhergehenden, ist bekannt. Schultergürtel (Fig. 24). Während schon bei Salamandrina perspicillata ein Gegensatz zu den Tritonen in sofern zu constatiren ist, als die Knochensubstanz im Schultergürtel stark in den Vordergrund tritt, ist dies bei Tyloto- triton noch in höherm Grade der Fall. Im Allgemeinen existirt in dem Aufbau desselben bei diesen beiden Thieren nur in zwei Punkten eine Differenz, die aber wohl nur in dem ersten von principieller Be- deutung ist. Dieser betrifit die grössere Breite der Suprascapula gegenüber derjenigen der Scapula, wie sie abgesehen von Salaman- drina bei allen Urodelen ausgesprochen ist. Das zweite unter- scheidende Merkmal bezieht sich auf das Auftreten starker Zonen von Kalksalzen in dem hyalinknorpligen Theil des Coracoids und Procoracoids und in der Suprascapula, so dass ein Vergleich mit den Verhältnissen bei Pleurodeles waltlii nahe liegt, bei dem die kal- kigen Elemente im Schultergürtel noch stärker vorherrschen und 140 Dr. HEINRICH RIESE, im Suprascapulare den Hyalinknorpel ganz verdrängen. Die Ausbrei- tung des Kalkknorpels im Schultergürtel von Tylototriton lehrt ein Blick auf die Figur (24). In gleich hoher Entwicklung wie bei Salamandrina erscheint auf der dorsalen Fläche des Scapulare eine deutliche Spina (Fig. 24 Sp. sc.), die vom innern obern Rand der Cavitas glenoidalis nach vorn und _ einwärts zu dem vordern Rand des knorpligen Suprascapulare hinzieht und eine Fossa supra- und infraspinata unterscheiden lässt. Die Furche, die bei Salamandrina zwischen dem vordern Theil der Scapula und dem in der Verlängerung des Procoracoids liegenden Ab- schnitt derselben verläuft, ist hier nicht bemerkbar, so dass auch eine Zergliederung der knöchernen Scapula in einzelne Abschnitte, die WIEDERSHEIM auf das Vorhandensein dieser Furche gründet, hier un- statthaft erscheint. Er unterschied nämlich drei Theile: die Scapula im engern Sinne, dem Suprascapulare anliegend, ein in das Procora- coid fortgesetztes knöchernes Procoracoid vor der Cavitas glenoidalis, und medial von derselben einen vom knorpligen Coracoid abgegliederten knöchernen Theil desselben. | Lediglich von der knöchernen Scapula wird wie bei den übrigen Tritonen auch bei Zylototriton die Gelenkpfanne gebildet, die in ihrer Höhlung vom Knorpel ausgekleidet und an ihrem Rande von einem Wulste umzogen ist, der nach vorn eine Incisur besitzt. Die Cora- coide schieben sich an ihren medialen Rändern über einander. Ein Sternum konnte ich nicht entdecken, und auch ANDERSON erwähnt nichts davon; doch sind Brustbeingebilde der Urodelen, wie GEGENBAUR !) besonders hervorhebt, schon oft übersehen worden, „da sie meist dünne Knorpellamellen vorstellen“, und so möchte auch ich nicht behaupten, dass sie dem Tylototriton gänzlich fehlen, zumal da sie bei andern Tritonen und auch bei Salamandrina vorhanden sind. Vordere Extremität. Die Ober- und Unterarmknochen besitzen keine den in Frage stehenden Triton von andern Tritonen unterscheidende Merk- male, doch sei es mir der Vollständigkeit halber gestattet, ihre Form kurz zu beschreiben. Der Humerus besitzt breite, wie plattgeschlagene Epiphysen, deren Breitseite in zwei auf einander senkrecht stehenden Ebenen liegt, 1) C. Geerxeaur, Schultergürtel der Wirbelthiere; Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der .Wirbelthiere, Heft 2. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 141 während die Diaphyse namentlich in ihrem obern Theile nahezu cy- lindrisch ist. Der obere, überknorpelte Gelenkkopf wird durch eine beinahe vollständige Kugel dargestellt und an seiner lateralen Hälfte durch eine Crista in zwei ungleiche Abschnitte zerlegt; dieselbe passt in den erwähnten Ausschnitt der Cavitas glenoidalis hinein und geht in eine Kante über, welche in dem stark ausgeprägten Processus la- teralis ihr Ende findet. Derselbe liegt namentlich der Verbreiterung der oberen Epiphyse zu Grunde, zu deren Zustandekommen ein hakiger, proximalwärts gebogener Processus medialis in geringerem Grade mit- wirkt. Von der untern Ursprungsstelle des Processus lateralis und medialis verläuft je eine Crista zum Condylus radialis, bezüglich Con- dylus ulnaris. Am untern Ende ist eine sehr massige Trochlea von einem viel kleinern, in der Pfanne des Radius spielenden Gelenkkopf durch eine Furche geschieden, die sich auf die hintere Fläche der Epiphyse als seichter Einschnitt fortsetzt, während an der Vorderfläche derselben eine tiefe Fossa supracondyloidea ausgeprägt ist. Der Ra- dius lässt, von der Dorsalfliche aus gesehen, zwei scharfe, seitliche Kanten erkennen und verbreitert sich stark nach unten und namentlich nach aussen, wo er eine facettirte Gelenkfläche trägt, deren grösserer Abschnitt mit dem Intermedio-ulnare, deren kleinerer mit dem Radiale articulirt. Sein oberes Ende zeigt eine tellerartige Gelenkpfanne für die Articulation mit dem Oberarm, und lateral eine kleinere, über- knorpelte Stelle, welche in ihrer Form einem mit seiner Basis proxi- malwärts gerichteten Dreieck gleicht und mit der Ulna in Contact steht. Das Vorhandensein überknorpelter Flächen scheint mir darauf hinzuweisen, dass das lebende Thier Pro- und Supinationsbe- wegungen in gewissem Grade auszuführen vermag. Die Ulna ist im ganzen graciler als der Radius; ihr oberes breiteres Ende trägt ein überknorpeltes, wenig gehöhltes Olecranon und einen schwach ausgeprägten Processus coronoides. Die Gelenk- fläche, die mit dem Radius articulirt, liegt an der medialen Fläche des Olecranons und ist von demselben ziemlich scharfwinklig nach hinten abgeknickt. Die Diaphyse ist fast eylindrisch und durch eine mediale, dem Radius zugewendete Kante ausgezeichnet. Das untere Ende der Ulna ist schwach knopfförmig aufgetrieben ohne Andeutung eines Processus styloides und zeigt eine kleine, seitlich schräg ab- fallende Gelenkfläche, die mit dem Intermedio-ulnare articulirt. Der Carpus setzt sich aus 7 einzelnen Stücken zusammen, wie der Carpus der Salamandrinen im Allgemeinen. Nur einige Ver- treter der Klasse besitzen mehr als 7 Carpalelemente, und allein der 142 Dr. HEINRICH RIESE, Triton cristatus bleibt mit 6 hinter der gewöhnlichen Zahl zurück. Die einzelnen Theile sind so stark verknöchert wie selbst bei Salamandrina nicht, die auch in diesem Punkte bisher wohl eine höhere Stufe als die übrigen Tritonen einnahm. Bei Tylototriton ist nämlich auch die knorplige Zone am Rande der Carpalia verschwunden, und nur die Gelenkflächen sind von hyalinem Knorpel überzogen. Den Mittelpunkt des Carpus nimmt, wie gewöhnlich, das einfache Centrale ein, das mit den sämmtlichen andern Knochen, dem Radiale, Intermedio- ulnare und dem Carpale 1—4 in Contact steht. Da abgesehen vom Carpus des Axolotl gerade derjenige von Ranodon sibiricus, Salamandrella keyserlingü, Salamandrella (Isodactylium) wosnessenskyi und Crypto- branchus!) durch zwei Centralia ausgezeichnet ist, und da alle diese wie Zylototriton Ostasien entstammen, vermuthete ich Anfangs, dass auch dieser vielleicht im Besitz von zwei Centralia sein würde. Aber, wie gesagt, diese hypothetische Annahme wurde durch die nähere Untersuchung widerlegt. Dass das Intermedio-ulnare in früheren Entwicklungsstadien aus zwei discreten Stücken bestand, ist nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse sehr wahrscheinlich, doch ist es nicht ausgeschlossen, dass dies auch beim erwachsenen Thier in einzelnen Fällen vorkommt, wie es für Salamandrina und Triton cristatus nachgewiesen ist. Aus der geringen Zahl von Exemplaren, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, lässt sich darüber kein sicherer Schluss ziehen. Die Configu- ration und Lagerung der einzelnen Knochen des Carpus zeigt keine Abweichungen von derjenigen bei andern Tritonen. Die Vierzahl der Metacarpen ist typisch für die ganze Classe der Urodelen; nur Proteus?) weicht mit den bei ihm nur in der Dreizahl entwickelten Metacarpen von dem Gesetze ab. Der 1. und 2. Metacarpus articuliren ausschliesslich mit dem 2. Carpale auch bei Tylototriton wie bei allen Tritonen, Salamandrina eingeschlossen, während bei Salamandra atra und den Larven von Salamandra macu- losa auch noch das 1. Carpale in die Gelenkverbindung mit einbe- zogen wird. Die Zahl der Phalangen ist ebenfalls nicht verschieden von derjenigen der übrigen Tritonen: der 1., 2. und 4, Metacarpus trägt zwei, der 3. drei Phalangen. Die Metacarpen sind sanduhr- * 1) Winversuem, Die älteste Form des Carpus u. Tarsus der heutigen Amphibien, in: Morph. Jahrbuch, Bd. 2, 3. — Derselbe, Ueber die Vermehrung des Os centrale im Carpus und Tarsus des Axoletl, in: ‘Morph. Jahrb., Bd. 6. 2) GEGENBAUR, Carpus und Æarsus; Unters. z. vergl. Anat. der Wir- belthiere, Heft 1. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 143 formig und an beiden Gelenkenden überknorpelt. An allen End- phalangen trifft man eine schaufelartige Verbreiterung der Spitze mit eingekerbtem, convexem Rande, die an der 3. Endphalanx am deutlichsten hervortritt. Dieselbe Configuration ist bei Salamandrina perspicillata in gleicher Weise ausgeprägt, schwächer bei Geotriton fuscus und den beiden Landsalamandern , während die Enden der Phalangen bei Triton cristatus kegelförmig, bei T. helveticus und T. taeniatas in Form eines Dreispitzes oder einer Pfeilspitze aus- laufen. Das Becken (Fig. 25—29) setzt sich wie bei allen Urodelen aus dem Ischio-pubicum, dem Os ilei und der Epipubis (Cartilago ypsiloides) zusammen. Das Os ilei verläuft von der ventral liegenden Platte des Ischio- pubicum aus nach oben und etwas nach hinten; es ist knöchern, und nur an seinem obern Ende biegt eine breite Knorpelzunge winklig nach abwärts und einwärts ab, die sich über die Sacralrippe legt und mit ihr durch festes, strafies Bindegewebe verbunden ist. Der knöcherne Theil ist oben und unten in der Richtung von aussen nach innen abgeplattet, während sein unteres Ende, kurz bevor es mit den andern Beckenabschnitten zur Bildung der Gelenkpfanne zusammen- tritt, verdickt und in der Richtung von vorn nach hinten verbreitert erscheint. Gleichzeitig besteht an dieser Stelle eine concave Höhlung der äussern und eine dieser entsprechende Vorwölbung der innern Fläche. Dies ist die für alle Urodelen charakteristische Form des Os ilei, die überhaupt nur in der Breitenentwicklung und der Länge der Knorpelapophyse am dorsalen Ende des Knochens variirt. Das Ischio-pubicum isteine breite, ventral liegende, unpaare Platte, deren Mitte einen in der Längsaxe verlaufenden kielartigen Vorsprung zeigt. Eine eigentliche Symphyse, wie man sie früher den Tritonen zuschrieb, ist nicht vorhanden, denn die Seiten- theile der Platte fliessen in der Mitte continuirlich knorplig zusammen. So ist es wenigstens auf der ventralen Fläche des Knochens (Fig. 26 V. K. P.). In der dem Cölom zugewendeten Fläche sieht man jedoch eine dem Kiel entsprechende Furche in der Sagittallinie verlaufen. Serienschnitte, die, von der Bauchseite beginnend, in ventraler Richtung durch das Becken mit seinen umgebenden Weichtheilen geführt sind, beweisen deutlicher, dass eine Symphyse ventral noch nicht vorhanden, erst allmählich (Fig. 26—29) weiter cölomwärts auftritt, und zwar anfänglich nur im vordern Bereiche des Knochens und erst, wenn man 144 Dr. HEINRICH RIESE, mit den Schnitten noch weiter gegen die Leibeshöhle vordringt, auch in dem caudalen Abschnitt. Die Zellen der Symphyse sind länglich und in sagittaler Richtung gestreckt, wie es WIEDERSHEIM !) bereits bei andern Tritonen be- obachtete; er bezeichnet sie als Nahtzellen. Auch er vermisste bei allen ausgewachsenen Tritonen im Bereich des in der ventralen Mittel- linie des Beckens vorspringenden Kammes die Symphysenbildung, ja bei Tritonenlarven war die Symphyse in Folge einer immer grösser werdenden gegenseitigen Annäherung der beiden Hälften des Ischio- pubicum so gut wie verstrichen. Um die eignen Worte dieses Autors anzuführen: „repetirt sich ventral die Anlage einer unpaaren Becken- platte bei allen Urodelen, und diese Verschmelzung bleibt, wenn auch zuweilen nur in sehr dünner Schicht, zeitlebens erhalten.“ Im übrigen besteht das Ischio-pubicum zum grössten Theil aus Knochen, der nur stellenweise durch sehr stark verkalkten Knorpel ersetzt wird. Rein hyaliner Knorpel findet sich nur noch in dem Ab- schnitt, der sich an der Bildung des Acetabulums betheiligt, und an dem vordern Rande des Knochens (Fig. 29), von wo er in der Mittel- linie als kurze Zunge noch etwas nach hinten fortgeht. Das Loch für den Nervus obturatorius liegt gerade an der Grenze zwischen knö- chernem und hyalinknorpligem Theil, während es im Gegensatz hierzu bei den höchst entwickelten Salamandriden ganz knöchern umrandet, bei den tief stehenden aber, wie Salamandra atra und maculosa, ganz von Knorpel umgeben ist. So nimmt, Z’ylototriton in dieser Beziehung eine Mittelstellung ein. Unter dem Acetabulum und hinter demselben erkennnt man zwei seitliche Ausschnitte in der ventralen Platte, die von einem seitlich vorspringenden Tuberculum geschieden sind. Das Ende der hintern, lateralen Incisur bildet in Folge der nach vorn zu bestehenden Con- cavität des hintern Randes des Knochens einen nach hinten und etwas lateralwärts vorspringenden Dorn, ein Tuber ischii. Die an das Aceta- bulum anstossenden Knochentheile sind die massigsten. Allen andern Urodelen folgt Tylototriton in der Form seiner Epipubis: ihr Mittelstück gabelt sich kopfwärts in zwei Seitenstücke, die das erstere an Länge übertreffen und aus rein hyalinem Knorpel bestehen. Das Mittelstück hingegen zeigt sehr reichliche kalkige In- 1) Wiepersuem, Aufsätze über die Entwicklung des Schulter- und | Beckengürtels, in: Anatom. Anzeiger, Bd. 5, 1889; vergl. weitere Mit- theilungen ebendaselbst, Bd. 5, F890, p. 20. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 145 crustationen (Fig. 29), wie sie sich auch bei andern Tritonen, z. B. Triton cristatus, T. taeniatus und T. helveticus, in diesem Theile vor- finden, während die Cartilago ypsiloides der Salamandrina und anderer gänzlich von hyalinem Knorpel gebildet wird. Von grösserem Interesse ist der unmittelbare Uebergang der Cartilago ypsiloides in das Knorpelgewebe des Schambeins (Fig. 26, 27), ein Verhalten, in dem Tylototriton auf einem ontogenetisch frühern Ent- wicklungsstadium der Salamandrinen stehen geblieben zu sein scheint; wenigstens finden wir ein solches Verhältniss nur bei den Larven von Tritonen und nach der Aussage von WIEDERSHEIM in seiner Ab- handlung über den Brillensalamander auch bei Siredon pisciformis. Bei allen ausgewachsenen Formen dieser Gruppe hängt die Epipubis durch Syndesmose mit dem Schambein zusammen. Das Acetabulum ist in den Abschnitten, die vom Os ischii und Os ilei gebildet werden, knöchern und nur im vordersten, der vom Schambein geliefert wird, knorplig; im übrigen ist seine ganze Ober- fläche von Knorpel überzogen. Hintere Extremität. In dem Acetabulum articulirt der unregelmässig halbkugelförmige, überknorpelte Gelenkkopf des Femurs; derselbe lässt in seiner obern vordern Hälfte eine kleine, rauhe Vertiefung erkennen, in der sich ein Ligamentum teres festsetzt. Das übrige Femur ist von dem Kopfe halsartig abgeschnürt, verläuft in schwach S-förmiger Krümmung und trägt eine stark verbreiterte untere Epiphyse. Unterhalb des Halses ragt nach vorn ein Trochanter vor, welcher eine vorn am Hals gelegene, tiefe Fossa trochanterica begrenzen hilft. Seine äussere Kante vereinigt sich in der Mitte des Knochens mit einer weniger scharfen, an dessen medialer Seite vorspringenden Leiste zu einer dem Condylus lateralis zustrebenden scharfen Crista. Der Condylus medi- alis ist bedeutend massiger als der äussere und tritt auch tiefer hinab. An der Oberseite des Femurs findet sich über der untern Apophyse eine breite Fossa supracondyloidea, die sich proximalwärts zuspitzt und in der Mitte des Oberschenkels in seinem Foramen nutritium endet. Ich hätte die Beschreibung, die WIEDERSHEIM von dem Femur der Salamandrina giebt, und bei der er an die ähnlichen Formen des menschlichen Femurs erinnert, fast wörtlich in meine Arbeit aufnehmen können, so sehr gleicht es demjenigen des hier untersuchten Thieres. Die Tibia ist ein in der Diaphyse stark eingeschnürter und an Zool, Jahrb, V, Abth. f. Morph. 10 146 Dr. HEINRICH RIESE, der untern Apophyse plattgedrückter Knochen. Ihre vordere, etwas nach unten schauende Kante ist ebenso wie die hintere nach oben gerichtete ganz scharf, und letztere geht schon dicht oberhalb der Mitte in eine stark zugespitzte Spina über. Die obere Gelenkfläche ist sattelförmig von vorn nach hinten vertieft. Der Knorpelüberzug der untern Apo- physe liegt grösstentheils auf der untern Fläche des Knochens und senkt sich vorn zur Articulation mit dem Tibiale tiefer nach unten als hinten, wo die Tibia mit dem Intermedium in Gelenkverbindung tritt. Mit der Fibula ist sie am proximalen Ende durch Synchondrose verbunden, so dass eine Rotationsbewegung zwischen beiden Knochen unmöglich ist. Die Fibula ist schwach gekrümmt und zeigt eine dorsale, in der Längsrichtung concave und eine untere erhabene Fläche. Ihre hintere Kante ist messerscharf und durch eine auf der obern Fläche fast in der ganzen Länge des Knochens ausgeprägte Rinne von der Haupt- masse desselben abgesetzt. Die vordere Kante ist stumpf abgerundet und bildet die eine Grenze einer Furche, die in dem vordern Theile der Unterfläche des Knochens von einem Ende desselben bis zum andern verläuft und auf der andern Seite durch eine leistenartige Er- habenheit der Unterfläche begrenzt wird. Sie verbreitert sich proximal und distal zu einer Grube, welche hier breiter als dort ist. In der proximal liegenden Grube ist die Fibula, wie erwähnt, synchondrotisch mit der Tibia verbunden. Das obere Ende der Fibula ist verdickt und besitzt eine dreieckige, ausgehöhlte Gelenkfläche auf seiner vordern Hälfte. Das untere Ende zeigt eine massige Trochlea, die aus einem breitern, tibialen mit dem Intermedium, und einem schmälern, hintern mit dem Fibulare articulirenden Abschnitt besteht. Beide bilden an der Stelle ihres Zusammentreffens einen nach hinten offenen Winkel, während die tibiale Hälfte andrerseits mit der Gelenkfläche der Tibia eine distalwärts offene Bucht erzeugt, in die sich das Intermedium, hoch hinaufgreifend, hineinschiebt. Da die Verbreiterung der untern Apophyse nur tibialwärts statt- findet, muss die vordere Kante des Knochens an ihrem untern Ende von der Längsaxe desselben winklig nach vorn abbiegen. Die Einkeilung des Intermediums zwischen Tibia und Fibula, die man bei allen Urodelen, in besonderer Ausprägung aber bei den im Wasser lebenden antrifft, wurde von WIEDERSHEIM passend mit dem Processus odontoides des Epistropheus höherer Thiere verglichen, indem in diesem Gelenke die von den lebenden Thieren thatsächlich ausgeführten Rotationsbewegungen stattfinden, die, wie schon erwähnt, zwischen Tibia Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 147 und Fibula nicht möglich sind. Auch Ab- und Adductionsbewegungen haben das Intermedium zum Angelpunkt, während die Ginglymusbe- wegungen zwischen Tibiale und Fibulare einer- und dem Unterschenkel anderseits zur Ausführung kommen. Der Tarsus besteht aus 9 getrennten Stücken, die ebenso stark verknöchert sind wie im Carpus, aus dem Fibulare, Intermedium, Tibiale, Centrale und 5 Tarsalia, weicht also in der Zahl von dem Ver- halten der übrigen Tritonen ab, Salamandrina eingeschlossen. Bei ihnen sind die Tarsalknochen im Allgemeinen auf 8 reducirt, indem Tarsale 4 und 5 zu einem Knochen (Cuboideum) verschmolzen sind; ja die Verschmelzung kann noch weiter gehen, wie bei Triton ensatus, der nur 7, und bei Triton helveticus, der gar nur 5 auf- weist und somit auf gleicher Stufe mit den Anuren steht. Somit setzt sich der Tarsus von Tylototriton aus der unter den höhern Formen höchsten Zahl von Einzelelementen zusammen, was um so bemerkenswerther ist, als diese alle gut verknöchert sind, während bei anderen Urodelen mit 9 oder mehr Tarsalstücken, wie bei der Gattung Salamandra, bei den beiden schon erwähnten Salaman- drella- Arten und bei Cryptobranchus japonicus eine grössere An- zahl oder alle Elemente im knorpligen Stadium verharren. Nur bei Ranodon sibiricus finden wir unter seinen 12 Tarsalstücken 10 gut verknöchert. Die 5 Tarsalia stehen zu den 5 Metatarsen in gleichem Ver- hältnis wie bei den meisten Urodelen, indem der 2. Tarsalknochen den 1. und 2. Metatarsus trägt, während der 1. von der unmittelbaren Verbindung mit dem Metatarsus ausgeschlossen bleibt. Ein Articuliren des 1. Metatarsus mit dem 1. Tarsale findet nur im Larvenstadium statt; unter den ausgewachsenen Urodelen nimmt nur bei Menobranchus, Menopoma und Triton palmatus ein kleiner Abschnitt der obern Ge- lenkfläche des Metatarsale 1 Antheil an der Gelenkverbindung mit dem Tarsale 1. Die Verhältnisse, wie sie sich ab und zu bei Triton cristatus finden, können hier zum Vergleiche nicht herbeigezogen werden. Bei denjenigen Exemplaren nämlich, bei denen der 1. Metatarsus dem 1. Tarsale aufsass, wurde gleichzeitig eine Vermehrung der Tarsalia auf 9 beobachtet, ein Beweis, dass die in Betracht kommenden Thiere, was ihren Tarsus anbetrifft, im Larvenzustand verharrten. Die Fünfzahl der Metatarsalia ist die gewöhnliche bei den Urodelen, und nur bei Menobranchus, den beiden genannten Salaman- drella- Arten und beim Brillensalamander ist ein ganzer Strahl 10* 148 Dr. HEINRICH RIESE, ausgefallen, während Proteus, dessen ganzer übriger Tarsus auch stark reducirt ist, sogar nur 2 Metatarsen trägt. Die Phalangen weichen zwar in ihrer Form von denen der Hand nicht ab, wohl aber in der Zahl, da nicht nur der 3. Finger, sondern auch der 4. und 5. drei Phalangen besitzen. Die Brust- und Baucheingeweide, die ich genau durch- präparirt habe. scheinen, soweit ich es nach dem mangelhaften Er- haltungszustande beurtheilen kann, keine den Tylototriton vor andern Urodelen auszeichnenden Eigenschaften aufzuweisen, wie schon erwähnt wurde. Auch die Nieren und die männlichen Geschlechts- organe unterscheiden sich in nichts von dem Typus, den SPENGEL !) endgültig für die Amphibien festgestellt hat. Hinzufügen möchte ich nur noch, dass auch Tylototriton zu den wenigen Arten von Urodelen gehört, welche in der Kloake eine Papilla genitalis erkennen lassen. Seitlich von derselben bemerkte ich je eine tiefe Furche, die wohl der Ausmündungsstelle des Oviducts beim Weibchen entspricht. Auch sah ich die gewöhnlich mit einer Prostata identificirten Drüsen, die in der Arbeit von M. HEIDENHAIN !) ihre volle Würdigung fanden. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen. Wenn ich nun am Schlusse die Ergebnisse aller Einzelbetrach- tungen hinsichtlich der Stellung des Tylototriton in der Thierreihe zusammenfasse, so sehen wir, dass derselbe im Allgemeinen wohl den höchstentwickelten Tritonen zugerechnet werden muss. Im Speciellen aber weist er einige Characteristica auf, von denen die einen ihn auf eine höhere Stufe erheben und ihn dem Brillensalamander ähnlich erscheinen lassen, ja sogar Beziehungen zu den Anu- ren und Reptilien aufdecken, die andern ein zähes Festhalten primitiver Charaktere erkennen lassen, wie wir sie bei den Landsalamandern, aber auch andern niedrigen Urodelen finden. Einige Eigenthümlichkeiten des Thieres endlich, die wir. schon bei den Molchen 1) Spencer, Das Urogenitalsystem der Amphibien, in: Arbeit. Zool.- zoot. Inst. Würzburg, Bd. 3, 1876. : | 2) HerpeNHAIN, Beiträge zur Kenntniss der... Kloake . . . der Tritonen, in: Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 35. ‘Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. - 149 der Gaskohle antreffen, weisen darauf hin, dass dasselbe ein phylo- genetisch sehr altes ist. Auch auf seine Lebensbedingungen lässt die Betrachtung des Skelets einiges Licht fallen, indem die Breite und Stärke der Schnauze, die gute Entwicklung der vordern und bintern Extremitäten mit der Vermehrung der Phalangen an den letztern wohl den Schluss gestatten, dass der Tylototriton ähnlich wie Sala- mandra ein terrestriches Leben führt und im Boden wühlt und gräbt, wobei ihm der vorzüglich ausgebildete Giftapparat, den er in den so enorm grossen und zahlreichen Hautdrüsen besitzt, ein wirksames Schutzmittel gegen seine Feinde bietet. Die stark entwickelte Kaumusculatur aber, deren Kraft bei der Zer- kleinerung der Nahrung durch die Verwendung des Temporalbogens als Ursprungspunkt noch erhöht wird, macht ihm die Bewältigung auch harter, compacter Nahrungsmittel möglich. Unter den Eigenschaften, die ihn in negativer Weise vor den Tritonen auszeichnen, stehen oben an: das Getrenntbleiben der einzelnen Knochen des Carpus und Tarsus; das Vorhan- densein einer Naht zwischen den beiden Hälften des Zwi- schenkiefers und die Betheiligung von drei Knochen an der Begrenzung des dorsalen Intermaxillarloches. Der letz- tere Punkt kommt dem Tylototriton einzig und allein zu und beruht auf dem gleichzeitigen Vorhandensein eines weit nach hinten zurück- greifenden Processus ascendens des Praemaxillare und der sehr starken Breitenentwicklung der Nasalia, wie sie sich annähernd nur bei Tri- ton cristatus, T. viridescens und T. subcristatus vorfindet. Mit den letztern steht er, abgesehen von andern weniger in die Augen springenden Punkten, durch die Entwicklung der starken Knochenleisten und Gruben in den Schädelknochen in verwandtschaftlicher Beziehung, während die Derbheit der Knochen gleich auf den ersten Blick eine Aehnlichkeit zwi- schen ihm und dem Triton torosus erkennen lässt. Ueberhaupt zeigt er auch sonst mannigfache Anklänge an den japanischen Triton subcristatus und den californischen Triton torosus, wie die nahen Beziehungen, in denen, wie längst bekannt, die einzelnen Formen ein und derselben Thierclasse in Ostasien und Westamerika zu einander stehen, nicht anders erwarten liessen. Wenn jene beiden Tritonen namentlich durch eine starke Verknöcherung aller Skelettheile ausgezeichnet sind, so trifft dies für Tylototriton in noch höherem Grade zu, und es bedarf nur eines Blickes auf seinen Carpus und Tarsus, um zu er- kennen, dass selbst die Salamandrina perspicillata darin von ihm noch 150° Dr. HEINRICH RIESE, übertroffen wird. Nur in der Ausdehnung der Knochenzonen im Becken steht er gegen sie und andere zurück. Die einzelnen Verhältnisse, welche die nahe Verwandtschaft zwischen ihm und dem Brillensalamander beweisen, wie- derum aufzuzählen, würde ermüden, und so begnüge ich mich damit, noch einmal auf einige Merkmale, in denen die beiden von einander differiren, hinzuweisen: auf die Lage des grössten Breitendurchmessers des Schädels, der sich bei Zylototriton wie bei allen Tritonen zwischen den Quadratbeinen, bei der Salamandrina hingegen zwischen den Ober- kieferbogen findet, und vor allem auf die bei ihm bemerkbare grössere Ausdehnung des Primordialcraniums, das durch die Strah- lung der Trabekel das knorplige Septum internasale zu Stande kommen lässt, wie es sonst nur bei Pleurodoles waltli und den niedriger stehenden Urodelen, z. B. den Landsalamandern, vorkommt. Eine Uebereinstimmung mit diesen und andern weniger hoch entwickelten Molchen geht auch aus dem schon einmal erwähnten Umstande her- vor, dass die Carpal- und Tarsalknochen in grösster Ausdehnung von einander getrennt geblieben sind, wohingegen das Thier in der starken Verknöcherung derselben einen bedeutenden Fortschritt jenen gegen- über zeigt. Die grosse Kluft, die bislang zwischen den beiden Classen der Amphibien, den Urodelen und Anuren, besteht, wird auch durch den Tylototriton nicht überbrückt, obwohl einige seiner Eigenthümlich- keiten auf den ersten Blick eine Aehnlichkeit zwischen ihm und den schwanzlosen Amphibien aufweisen. Bei eingehenderer Betrachtung sieht man aber, dass dieselben entweder nicht eigentliche Homologien zwischen beiden darstellen oder so geringe principielle Bedeutung haben, dass sie kaum in Betracht kommen. Zu den letztern gehört das Vor- handensein von ansehnlichen Temporaldrüsen, wie sie in dieser Ausdehnung nur bei den Anuren, Batrachiern, vornehmlich der Gattung Bufo vorkommen, und gehört ferner das Vorhandensein von Pigment in den Resten der Zirbel, wie bei Bufo. Die directe Ver- bindung zwischen Oberkiefer und Quadratum aber scheint nicht, wie bei den Anuren, auf der Einschaltung eines besondern Deck- knochens, des Jugale, sondern dem Auswachsen des Quadratum zu be- ruhen. Gleichwohl kann ich, wie früher bemerkt, aus Mangel an ent- wicklungsgeschichtlichem Material nicht entscheiden, ob nicht die Art und Weise, wie der Contact zwischen Oberkiefer und Suspensorium bei Tylototriton und den Anuren zu Stande kommt, doch bei beiden eine ähnliche ist. Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. 151 Unter den Skelettheilen, welche auf sehr alte Formen zurück- weisen, sind vor allem die Wirbel hervorzuheben mit der Verbrei- terung des dorsalen Endes der Dornfortsätze und mit dem gegenseitigen Ineinandergreifen der letztern, das jedoch zu keiner wahren Gelenk- verbindung wie bei einigen Reptilien führt. Ein Anklang aber an Verhältnisse, die bei diesen (Cheloniern) ausgesprochen sind, docu- mentirt sich in dem Schwanken zwischen opisthocölem und procölem Charakter der Caudalwirbel. Eine vorläufig ganz vereinzelte Stellung nimmt der Tyloto- triton ein in Anbetracht des Zusammenstosses von knöchernem Pterygoid und Oberkiefer, ferner in Betreff der folliculären Bildung am Mundhöhlendach und der Durchkreuzung der Fasern der Musculi genioglossi. So sehen wir in Zylototriton eine Mischform (Collectivtypus), die in sich Charaktere namentlich der höchstentwickelten Tritonen und der Salamandrina, aber auch der Landsalamander und niedriger Uro- delen und ferner der Molche der Gaskohle vereinigt. Es wäre von hohem Werthe, dieser meiner vergleichend-ana- tomischen Studie durch Herbeiziehung von entwicklungsgeschichtlichem Material noch eine grössere Vertiefung zu geben. Nur dadurch wäre es möglich, über diese und jene Punkte, die ich bis jetzt in Frage lassen musste, wünschenswerthen Aufschluss zu erhalten. Freiburg i. B., December 1889 *). 1) Durch besondere Umstände wurde die Drucklegung dieser Arbeit verzögert. 152 Dr. HEINRICH RIESE, Erklärung der Figuren !). Tafel 9. Fig. 1. Schädel, ventrale Ansicht Fig. 2. Schädel, dorsale Ansicht | ver 4fach. Fig. 3. Schädel, seitliche Ansicht Fig. 4, 5, 6. Querschnitte durch den Schädel. Vergr. 15fach. Tafel 10. Figg. 7 bis 10. Querschnitte durch den Schädel. Vergr. 15fach. Fig. 11. Schnitt durch den modificirten Epiphysenschlauch. Vergr. Hartnack, Object. 5 Fig. 12. Zungenbein-Kiemenbogenapparat. Vergr. 4fach. Knochen schwarz. Knorpel weit punktirt. Kalkknorpel eng punktirt. Fig. 13. Querschnitt durch den IL Brustwirbel. Vergr. 15fach. Fig. 14. Frontalschnitt durch 3 auf einander folgende Brustwirbel. Vergr. 15fach. Tafel 11. Wirbel in 7facher Vergr. Fig. 15. II. Brustwirbel von oben. Fig. 16. II. Brustwirbel von vorn. Fig. 17. IV. postsacraler Wirbel von der Seite. Fig. 18. I. Brustwirbel von hinten. Fig. 19. Derselbe von vorn und etwas von der Seite. Fig. 20. Derselbe von oben. Fig. 21. I. postsacraler Wirbel von unten.‘ Fig. 22. II. postsacraler Wirbel von yorn. Fig. 23. I. postsacraler Wirbel von oben. 1) Die makroskopischen Präparate wurden bei Lupenvergrösserung, _ die mikroskopischen Schnitte meist mit Hülfe des Embryographen von mir gezeichnet. - Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. Fig. 24. ventral Vergr. 4fach. Fig. 25. Becken in ventraler Ansicht. Fig. 26—29. Becken. 153 Rechter Schultergürtel in etwas plattgedrückter Lage, Vergr. 3fach. Der Bauchseite parallel angelegte Schnitte durch das In der Reihenfolge der Zahlen cölomwärts fortschreitend. Figg. 26—28 20fache, Fig. 29 15fache Vergr. Erklärung der Abkürzungen. War, 3 und >10, Pig. 1. bis, 11. pm. Praemaxillare. m.n.e. Meatus narium externus. n Nasale. I. L. Intermaxillarloch. p.f. Praefrontale. m. Maxillare. F, Frontale. P. Parietale. pr.pf. Processus postfrontalis. pt. Pterygoid. petr. Petrosum T, Tympanicum, orbitaler Fortsatz. 2 5 hinterer . Es i unterer st Bg. Bogengänge. C. 0. Condyli occipitales. ‘f.0. Fenestra ovalis. g.j. Quadrato-jugale. Psph. Parasphenoid. Osph. Orbitosphenoid. Asph. Alisphenoid. Aorbf. Antorbitalfortsatz. Ch. Choane = hintere Nasenöffnung. Vp. Vomero-palatinum. IT Nervus opticus. III , oculomotorius. V » trigeminus. mg » vagus. N.H. Nasenhöhle. N. K. Knorplige Nasenkapsel. I. D. Intermaxillardrüse. Z. Zahn B. Nw. Bindegewebiger Nasenwulst. K.S.n. Knorpliges Septum nasale. B. K. Sn. Bindegewebsknorpliges Septum nasale. H. D. Hautdrüsen. Pig. Pigment. Thrn. Thränennasengang. B.B. Bindegewebiger Bulbusboden. Bu. Bulbus. H.H. Hirnhöhle. Ve. Vene. F.K. Keilförmige Follikelbildung. M. m. Musculus masseter. Gef Gefäss. L Cavernöses Läppchen. Patel, Wigs 13,14 Taf 1s Fig. 15—23. B. oberer Bogen. u. B. unterer Bogen. pc. Processus condyloidei. ER articularis superior. ma - 7 en inferior. P.0. 5 occipitalis. D. tr. + transversus. p.s. > spinosus. Gk. Gelenkkopf. Gpf. Gelenkpfanne. c. Centralcanal. Zyga. Zygantrum. Mkh. Markhôhle. 154 Dr. HEINRICH RIESE, Beitrag zur Anatomie des Tylototriton verrucosus. Tafel 10, Fig. 12. Kh. Keratohyale. cm. Cornua minora. Kbr. I Keratobranchiale I. EL II E 'pbr. Epibranchiale i Taf. 11, Fig. 24—29. S. S. Suprascapsulare. Sp.sc. Spina scapulae. S. Scapula. c.gl. Cavitas glenoidalis. Pc. Procoracoid. i Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 910 Co. Coracoid. Ep. Epipubis. n.o. Nerv. obturatorius. I.p. Ischio-pubicum. Il, Ileum. t.i. Tuber ischii. V.K. Verbindungsknorpel. V. K.P. Ventrale Knorpelplatte des : Ischiopubicum. K.K. Kalkknorpel. Ue. K. K. Uebergang aus hyalinem in Kalkknorpel. C. B. Cölomwärts gelegenes Sym- physen-Bindegewebe. Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense und Amphiuma tridactylum, nebst Bemerkungen über die Morphologie des Ramus ophthalmicus profundus trigemini. Von Dr. phil. Harris H. Wilder, Assistent am anatomischen Institut der Universität Freiburg i. B. (Aus dem anatomischen Institut zu Freiburg i. Br.). Hierzu Tafel 12—13. Einleitung. Da ich in einer kürzlich erschienenen Arbeit „A Contribution of the Anatomy of Siren lacertina“ Untersuchungen über die Nasen- gegend des genannten Thieres gemacht habe, in welchen einige wichtige Fragen berührt worden sind, habe ich es für zweckmässig gehalten, auch andere Urodelen zu studiren, in der Erwartung, dass ein Ver- gleich mit nahe verwandten Formen zu einer besseren Erklärung der dunklen Punkte führen würde. Ausser einer allgemeinen anatomischen Beschreibung der Nasen- gegend bei den im Titel genannten Thieren habe ich in der vor- liegenden Arbeit besonders die folgenden zwei Fragen zu beantworten gesucht: I. Wie weit sind die accessorischen Ausbuchtungen der Nasenhöhle, welche schon bei Spelerpes, Triton, Siren, Siredon und vor allem bei den Gymnophionen beschrieben worden sind, in der Reihe der Urodelen verbreitet ? II. Was ist das spätere Schicksal des ,,Ramus ophthalmicus pro- fundus trigemini“, der bei Sören und Siredon sich so stark ent- wickelt zeigt? Was Menopoma und Amphiuma betrifft, so habe ich im ersten Theil dieser Abhandlung eine Antwort auf die erste der obigen Fragen Zool, Jahrb. V, Abth. f, Morph. 11 156 HARRIS H. WILDER, gegeben, während ich im zweiten Theil versucht habe, über die Be- deutung des betreffenden Trigeminus-Astes, welcher in den letzten Jahren unter Anderem in entwicklungsgeschichtlicher Beziehung die Aufmerksamkeit erregt hat, auch einen vergleichend-anatomischen Beitrag zu liefern. Es sei mir gestattet, meinem hochgeehrten Lehrer, Herrn Prof. WIEDERSHEIM, meinen herzlichsten Dank auszusprechen für das werth- volle Material, welches er mir zur Verfügung gestellt hat, sowie für die freundliche Hülfe, welche er mir stets angedeihen liess. ERSTER THEIL. Anatomie der Nase. Menopoma alleghaniense. Meine Untersuchungen über Menopoma stellte ich an zwei Exem- plaren an, einer Larve von 15 cm und einem erwachsenen Thiere von 35 cm. Ich habe das erstere zu Serienschnitten gebraucht und die Nasengegend sowohl wie den ganzen knorpligen und knöchernen Schädel reconstruirt. Das erwachsene Thier dagegen lieferte mir makroskopische Präparate. \ Lage. Hier sind die anatomischen Verhältnisse nicht wie bei Amphiuma, wo eine unvollständige knorplige Kapsel in einer knöchernen Höhle verborgen liegt, sondern die Kapsel ist nur theilweise von Deck- knochen umhüllt, und in Folge dessen ist sie fast einheitlich und solid (Fig. 1). Mit andern Worten: Menopoma stellt ein phyletisch jüngeres Stadium dar, wo der knorplige Theil noch eine bedeutende Rolle spielt, wie ein Blick auf die beiden Reconstructionsbilder erkennen lässt, welche, obwohl sie nach einer Larve gezeichnet sind, doch in dieser Gegend keine grossen Unterschiede von dem erwachsenen Zustand zeigen (Fig. 1, 2). Prämaxillare und Maxillare bilden den vordern und seitlichen Rand der Schnauzengegend. Oben bedecken das Nasale, Frontale und Präfrontale einen Theil der Nasenkapsel, und unten er- gänzen Vomero-Palatinum und das vordere Ende des Parasphenoids ihre Unvollkommenheit. Die knorplige Nasenkapsel. Die Nasenkapsel ist, wie oben gesagt, viel vollkommener äls bei ae Sie hat, von oben Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 157 betrachtet, ungefähr die Form eines Rhombus mit vordern, hintern, medialen und lateralen Ecken (Fig. 1 linke Seite). Davon sind die medialen Ecken in der Mittellinie zusammengewachsen und die hintern Ecken in directer Continuität mit dem Trabekel und nicht abgeschnürt durch einen Verknöcherungsprocess, wie es bei Amphiuma der Fall ist. Auf der hintern medialen Kante findet sich das Olfactoriusloch, und auf der hintern lateralen Kante ein Schlitz, welcher durch die Verschmelzung der Spitze des Antorbitalfortsatzes mit der Nasenkapsel entstanden ist (Fig. 1,2, F. ant.). Diesen Schlitz werde ich mit dem Namen Foramen antorbitale bezeichnen, da er bei der Beschrei- bung der Nerven von topographischer Wichtigkeit ist. In der vordern Gegend des Daches der Nasenkapsel sind 3—4 sehr kleine Löcher vorhanden. die als Austrittsstellen für die Endzweige des N. oph- thalmicus profundus dienen. Von diesen ist das grössere das an der vordern, innern Ecke sich befindende Loch, durch welches der Haupt- stamm des N. ophthalmicus profundus heraustritt, dasselbe, das ich schon bei Sören beschrieben habe (Fig. 1 linke Seite). Von den oben genannten Löchern abgesehen, ist das Dach voll- ständig und zeigt weder das grosse Loch, das bei Siren und Amphiuma vorkommt, noch die vielen kleinen Löcher von Menobranchus und Proteus. Unten fehlt der knorplige Boden nur auf der lateralen Seite und in der Mitte der Kapsel, wo dann das platte feste Os vomero- palatinum die Stelle vertritt. Vorn aber, wo eine Stütze für die vordere Nasenöfinung nothwendig ist, ferner hinten in der Eintritts- stelle des N. olfactorius, und auch auf der medialen Hälfte der Kapsel ist ein knorpliger Boden vorhanden. . Lumen der Nase. Das Lumen hat hier eine ganz sonderbare Gestalt, welche am besten an einem Flächenschnitte zu sehen ist. Einen solchen Schnitt habe ich auf Fig. 3 abgebildet, welcher freilich nach mehreren aufeinander folgenden Schnitten gezeichnet und eher als ein Schema des Nasenlumens aufzufassen ist. Es ist ein weiter, plattgedrückter Raum, noch breiter als lang, und von vorn und medial nach der hintern und lateralen Richtung gekrümmt. Diese Krümmung bewirkt, dass der innere Nasenraum nach hinten viel breiter wird als nach vorn, und dass er das Aussehen hat, als ob er durch einen sehr breiten seitlichen Nebenraum vergrössert wäre. Ich glaube jedoch eher, dass diese Erscheinung nur als eine Krümmung eines ursprünglich geraden Lumens zu betrachten ist, um so mehr als die Choane sich am äussersten lateralen Ende der schein- LES 158 HARRIS II. WILDER, baren lateralen Bucht findet (Fig. 3 Ch), ein Verhalteny das ohne Parallele unter den Urodelen ist. Wenn aber diese laterale Bucht nicht den accessorischen Raum darstellt, so muss man eine andere Nebenkammer erwarten, die als homolog mit dem Nebenraum des Cavum nasale andrer Urodelen be- trachtet werden darf. Und ein solcher Nebenraum ist in der That vorhanden, und zwar findet sich auf der lateralen Seite, bevor die Kriimmung in dem Innern beginnt, eine kleine Ausbuthtungy die wie ein Sporn nach vorn und unten gerichtet ist (Fig. 3 Nm), so dass es möglich ist, mehrere Querschnitte zu machen, auf welchen zwei scheinbar getrennte, ueben einander liegende Nasenhöhlen zu sehen sind (Fig. 4 Nn). Die Choane liegt, wie gesagt, weit nach der late- ralen Seite, eine Stellung, die sich sehr gut erklären lässt durch eine Krümmung eines ursprünglich geraden Lumens. Ausserdem ist zu bemerken, dass die Lage der Choane in demselben Verhältniss zum Antorbitalfortsatz, d. h. zum hintern Rande des Antorbitalloches, steht wie bei den andern Urodelen. Drüsen. Bei Menopoma kommen die eigentlichen Nasendrüsen, die dicht unter der Schleimhaut liegen, vor, und zwar sehr reichlich (Fig. 4 gl.n 3). Ausserdem aber sind keine Spuren von lateralen Drüsen, Drüsen- schläuchen u. s. w. vorhanden. Nerven. Vergleicht man beide Reconstructionsbilder (Fig. 1, 2), die ich von dem Kopfe der 15 cm langen Larve entworfen habe, mit Hülfe der Figurenerklärung, so ist eine weitere Beschreibung kaum nöthig. Es wird jedoch nicht überflüssig sein, in einer genauen Beschrei- bung der Nasengegend auf ihre Nerven etwas näher einzugehen, um sie mit den Nerven von Amphiuma besser vergleichen zu können. Zu diesem Zwecke wähle ich nur die Nerven, welche zur vordern Kopfgegend gehören, und zwar die folgenden: I. Nervus olfactorius (Fig. 1, 2, 3 — I). Da ich das Foramen für den Riechnerven schon erwähnt habe, möchte ich nur an das erinnern, was WIEDERSHEIM (K 64) !) über die Vertheilung des betreffenden Nerven gesagt hat: ,,Letztere (d. h. die hyaline Commissur, von den beiden. Nasenkapseln gebildet) trägt rechts 1) Die bei einem Citat «gegebenen Buchstaben verweisen auf das Literaturverzeichniss. Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum, 159 und links ein von einer fibrösen Membran verschlossenes Loch für den Olfactorius. Dieser zerfällt schon, was ich sonst nirgends unter den Amphibien beobachtet habe, innerhalb der Schädelhöhle in eine Menge von Fäden, welche, zusammen einen Kegelmantel beschreibend, ringsum in der Nähe der Peripherie der obengenannten Membran in die Riech- kapsel durchbrechen. Wir haben also hier eine aus fibrösem Gewebe bestehende Lamina cribrosa im eigentlichen Sinne des Wortes und man hat somit einen intracraniellen Zerfall des Olfactorius nicht erst in der Säugethierwelt zu erwarten‘ (Fig. 3, J). II. Nervus ophthalmicus (= R. ophthalmicus pro- fundus trigemini). (Fig. 1, 2 *)!). Dieser Nerv entsteht aus der Ganglienmasse, die er gemeinsam mit dem N. trigeminus hat, tritt aber nicht mit dem letztgenannten zusammen aus dem Schädel heraus. Nach seinem Ursprung läuft der Nerv durch einen knorpligen Canal und erscheint erst auf dem vordern Rande des Os pterygoideum und unter dem M. temporalis. Bald nach seinem Austritt theilt er sich im seine Hauptäste, welche jedoch noch nicht von einander divergiren, sondern in einem Bündel zusammenbleiben, welches in unmittelbarer Nachbarschaft der Augenmuskeln und -nerven nach vorn läuft. Um alle diese tief liegenden Aeste weiter zu verfolgen, muss man den ganzen M. tem- poralis entfernen. Es giebt drei Hauptäste, welche, von der lateralen Seite nach der Mitte zu, folgende sind: 1. Ramus nasalis externus (Fig. 1, 2 * r.n.e.). Dieser Ast verläuft zwischen dem N. opticus und dem N. oculomotorius und zwar über dem erstgenannten und unter dem letztern. Vor dem Auge sendet er einige feine Aestchen, um die Haut dieser Gegend zu ver- sorgen. In der hintern Nasalgegend vereinigt er sich mit einem accessorischen Ast des R. maxillae superioris V. Kurz nach dieser Vereinigung tritt der vergrösserte Nerv in die Substanz des Os maxillae ein an dem Punkte, wo der Knochen einen nach hinten sich öffnenden Winkel bildet. Der Nerv tritt aus dem vordern Rande des Knochens wieder heraus, um die Haut der Lippe an dieser Stelle zu versorgen. 2. Ramus nasalis internus I (Fig. 1,2*r.n.:i. I). Dieser Ast läuft gleichfalls über den N. opticus, parallel zum vorhergehenden 1) Ueber die Terminologie dieses und der andern Kopfnerven, welche ich in diesem Theil meiner Arbeit gebraucht habe, vergl. den zweiten Theil, besonders die zwei letzten Sätze. 160 HARRIS H. WILDER, Ast, bis er zur postnasalen Gegend kommt. Hier macht er eine scharfe Biegung direct gegen die Mittellinie zu, um in das Foramen antorbitale einzutreten. An dieser Stelle wird er auch, wie der vorige Ast, durch einen Zweig des R. maxillae superioris verstärkt. Der so gebildete Nerv läuft dann auf dem Boden der Nasenkapsel, bis er zur medialen Wand sekommen ist. Hier anastomosirt er durch wenige Fasern mit dem R. palatinus VII, der ihn an dieser Stelle begleitet. Am vordern Ende der Nasenkapsel bricht der Nerv durch die mediale Wand derselben durch und gelangt zum hintern lateralen Fortsatz des Prämaxillare, auf welchem er liegt, bis er zu dem senkrechten Fortsatz desselben Knochens gelangt. Durch ein Loch in diesem erreicht er die Haut, von den Endästchen des zunächst zu erwähnenden Nerven begleitet, und mit diesem versorgt er die Haut der vordern Schwanzgegend. 3. Ramus nasalis internus II (Fig. 1, 2 * r.n.i. IT). Dieser Nery, den man als die Fortsetzung des Hauptnerven betrachten darf, liegt bei seinem Beginne von allen drei Aesten am weitesten nach innen. Bald nach seiner Entstehung giebt er ein unbedeutendes Haut- ästchen ab, läuft dann parallel mit dem R. nasalis internus I und ‘tritt mit ihm in das Antorbitalloch ein. Erst hier verlässt der Nerv den andern, da er direct unter dem Dache liegt, während der oben beschriebene auf dem Boden weiter läuft. Im Uebrigen hat er einen ähnlichen Verlauf, biegt gegen die mediale Wand der Kapsel, bricht etwas vor dem andern durch die Kapsel durch, ruht auf dem breiten Palatinfortsatz des Prämaxillare, und endlich sich wieder dem anderen nähernd, tritt er durch dasselbe Foramen im Prämaxillare hindurch und versorgt die Haut in jener Gegend. Während seines Verlaufs durch die Kapsel giebt er 3—4 kleine Aestchen ab, welche unter dem Dache laufen, direct nach vorn, und schliesslich durch mehrere kleine Löcher durch die Kapsel durchtreten, um die Haut zu versorgen. Il: Nervus trigeminus (Fig, 1, 2: 9,9, Vey Val. Die drei Aeste dieses Nerven treten zusammen aus dem Schädel heraus durch eine gemeinschaftliche Oeffnung, in dessen knorpliger Seite, in der sogenannten Alisphenoidgegend. Diese Oeffnung, welche, wie gewöhnlich die Nervenaustrittsstellen,- durch knöcherne Platten rings herum verstärkt wird, liegt genau zwischen den beiden Muskel- massen des Temporalis und Masseter. Die beiden ersten Aeste des Nerven benutzen diese anatomischen Verhältnisse, um zwischen den Muskeln durchzutreten, an welcher Stelle sie eine Stütze an dem Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 161 festen intermusculiren Ligament, auf welchem sie liegen, finden. Im Gegensatz dazu beschreibt der dritte Ast einen kiirzern Weg zwischen den beiden Theilen des Masseters und gelangt dadurch zur Mandibel. 1. Ramus ophthalmicus (= R. ophthalmicus superficialis V) (Fig. 1, 2 V,). Dieser Ast, der bei manchen Urodelen schwach ent- wickelt ist, ist öfters entweder als ein unbedeutender Ast des R. maxillae superioris beschrieben oder ganz übergangen worden, in welchen beiden Fällen dem vorher beschriebenen Nerven die Rolle eines ersten Trigeminusastes zugetheilt wurde (vgl. den 2. Theil). Von der ganzen Gruppe von Trigeminusästen liegt er am meisten vorn und medialwärts. Er verläuft zwischen Masseter und Temporalis, liegt dann auf dem letztgenannten Muskel, medianwärts zum Bulbus oculi, und versorgt die Haut, welche die Nasengegend bedeckt. 2. R. maxillae superioris (Fig. 1, 2 V,). Dieser Ast um- schliesst alle übrigen Nervenelemente, welche, nach Abzug des vorigen, zwischen Temporalis und Masseter verlaufen. Gleich nach seinem Ursprung theilt sich dieser Ast in viele Zweige, welche auf dem vor- dern, lateralen Winkel des M. temporalis hinziehen. Der innerste dieser Zweige geht unter dem Auge-her und etwas der Mittellinie zu und anastomosirt, wie oben erwähnt, mit dem R. nasalis externus des N. ophthalmicus, unmittelbar bevor er in das Antorbitalforamen eintritt. Die übrigen Aeste laufen auf der lateralen Seite des Aug- apfels und versorgen die Haut der Maxillargegend. Einer von diesen vereinigt sich mit dem R. nasalis internus II des N. ophthalmicus, und mit diesem tritt er durch das Loch im Os prämaxillare hindurch, um die Haut der Schnauzengegend zu ver- sorgen. 3. Ramus maxillae inferioris (Fig. 1,2 V;, vgl. auch Fig. 16, 17 V,). Dieser Ast geht gleich nach seinem Austritt aus dem Schädel, wie vorher schon gesagt, direct zur Mandibel, zwischen den beiden Theilen des Masseters, welchen Muskel er durch Seitenästchen ‘versorgt. In der Gelenkgegend theilt er sich in zwei Aeste, von denen einer nach hinten läuft, um die Gelenke selbst zu versorgen, während der andre sich in zwei Zweige spaltet, die in die Mandibel selbst durch zwei verschiedene Oeffnungen zwischen dem Dentale und dem Spleniale eintreten. Der hinterste von diesen geht durch die Mandibel und erscheint auf der untern Seite wieder, wo er Aeste an den M. intermaxillaris anterior abgiebt, Der andre Ast bleibt im Knochen und 162 HARRIS H. WILDER, verläuft auf dem Mecker’schen Knorpel nach vorn bis zur Symphyse. An verschiedenen Stellen existiren Oeffnungen auf. der äussern Seite der Mandibel, durch welche feine Zweige, die von diesem Nerven ab- gegeben werden, nach aussen zur Lippe treten. IV. Nervus facialis. Der einzige Ast, welcher hier in Betracht kommt, ist der Ramus palatinus (Fig. 1, 2, r. pal. VII), dessen Lauf auf dem Recon- structionsbilde leicht erkennbar ist. Er tritt durch den Primordial- schädel vermittels eines mit Knochensubstanz umgebenen Loches direct unter dem Parasphenoid heraus. Zunächst tritt er in einen im ebengenannten Knochen befindlichen Canal ein und kommt erst zum Vorschein in der hintern Nasalgegend. Sein weiterer Lauf ist tief am Boden der Nasenkapsel, wo er sich in seine Endästchen spaltet, welche wahrscheinlich die Mucosa der Gegend versorgen. Einige Fasern vermischen sich an dieser Stelle mit dem R. nasalis internus I (q. vide). Zungenbein-Kiemenbogen-Apparat. Während meiner Untersuchungen über die Nasengegend und Kopf- nerven habe ich mich gelegentlich mit dem Studium des Kiemenbogen- apparats beschäftigt, und da ich hierbei zu neuen Resultaten gekommen bin, so habe ich eine Figur geben zu sollen geglaubt, welche den Apparat eines erwachsenen Menopoma darstellt. Vergleicht man das Bild mit der von Fischer veröffentlichten Figur, so fallen die Dif- ferenzen sofort in die Augen. Die erste betrifft die „vordre Copula“ (FiscHER), welche nicht unpaar, sondern paarig ist (Fig. 5 I); die zweite eine eigenthümliche Reihe von Knorpelstücken am hintern innern Rande des Ceratohyale (Fig. 5 **). Ob diese Knorpel eine wichtige Bedeutung haben (Rest eines verloren gegangenen Kiemen- bogens ?), oder ob sie sich erst secundär vom Ceratohyale abgespalten haben, muss die lange erwartete Entwicklungsgeschichte feststellen !). Amphiuma tridactylum. Für die folgenden Beobachtungen habe ‚ich zwei erwachsene Exemplare zur Verfügung gehabt, von 68 resp. 58 cm Länge. Das 1) Wie ich nachträglich sehe, hat Hyrrt (F) bei dem ihm vorlie- genden Exemplar von Menopoma alleghan. die paarige Natur der hyoi- dalen Copula sowie eine Spur jener Knorpelkette am medialen Hyoidrand ebenfalls constatiren können, a en né Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 169 grössere habe ich zu makroskopischem Präparat verwendet, und von dem kleineren habe ich die Nasengegend in Serienschnitte zerlegt, und zwar die eine Hälfte in der Quer-, die andre in der Längsrichtung. Die Figuren sind theils aus den Schnittserien auf carrirtem Papier reconstruirt, theils nach Präparaten gezeichnet; jede Reconstruction aber beruht auf einem Vergleich von Quer- und Längsserienschnitten und auch womöglich auf makroskopischen Präparaten. Lage (Fig. 6—14). Das Geruchsorgan liegt in einem ovalen, von den vordern Schädelknochen gebildeten Cavum nasale. Das Dach dieser Grube besteht hauptsächlich aus dem Os nasale (Fig. 9 —12 N), wenn auch im hintern Bezirk die vordern Fortsätze des Frontale und Präfrontale in Betracht kommen (Fig. 15,14 F. PF). Das Os maxillare bildet die ganze äussere Wand (Fig. 6 M), und da es sich oben und unten etwas herumbiegt, bildet es auch einen kleinern Theil des Daches und einen grössern Theil des Bodens (Fig. 12, 13 M). Der übrige Theil des Bodens besteht vorn aus dem Gaumenfortsatz des Prämaxillare (Fig. 8 PMX) und hinten aus dem Vomero-palatinum (Fig. 10—13 VP) sowohl wie aus den lateralen vordern Fortsätzen des Parasphenoids (Fig. 14 PS). Die mittlere Scheidewand wird vorn von dem Prämaxillare ge- bildet. Ungefähr in der Längsmitte der Nasalgegend gabelt sich diese Platte in einen obern und einen untern Fortsatz (Fig. 11), die ziem- lich weit nach hinten laufen, sich aber nicht wieder vereinigen. Durch das Loch, das sich zwischen den beiden Schenkeln des Prämaxillare findet, communiciren die zwei knorpligen Nasenkapseln von beiden Seiten mit einander, so dass im frischen Zustand das Loch in der Scheidewand von einer Knorpelmasse ausgefüllt ist, die als eine me- diane Verschmelzung der beiden Kapseln zu betrachten ist (Fig. 11, 12). Nach hinten von diesem Knorpelisthums ist die Scheidewand ver- treten durch die beiden senkrechten Fortsätze des Os frontale (Fig. 13, 14). Hier möchte ich beiläufig erwähnen, dass es höchst wahrscheinlich diese beiden senkrechten Fortsätze sind, welche Corr (B) als ein un- paares mediales Ethmoid beschrieben hat. Er sagt, dass „the Am- phiumidae differ from all other Urodela in the possession of a large ethmoid bone“. Diesen Knochen hat er auch in derselben Arbeit ab- gebildet, und die Abbildung ist so genau, dass es keinen Zweifel zulässt, dass er damit diese Fortsätze gemeint hatte. Da er seine Präparate nur makroskopisch gemacht hat und nicht durch Serien- 164 HARRIS H. WILDER, schnitte, so ist es leicht erklärbar, dass er zu einem solchen Resultat kommen musste, wodurch natürlich der WIEDERSHEIM gemachte Vorwurf Corpe’s hinfällig wird. Was die vordere Nasenöffnung betrifft, so bilden Nasale, Ma- xillare und Prämaxillare eine Art Ring, durch welchen der lange schlanke Theil der knorpligen Nasenkapsel etwas herausragt. Dadurch wird bewirkt, dass die vordere Nasenöffnung, wie bei allen Urodelen, nicht direct von Knochen umgeben, sondern nur von Weich- theilen umschlossen ist. Die knorplige Nasenkapsel. Das Knorpelgerüst ist bei Amphiuma ausserordentlich lang und schmal. Die beiden seitlichen Kapseln stellen zwei unvollständige, dicht neben der Mittellinie liegende Cylinder dar, die mit einander nur an der Stelle, wo das Os prä- maxillare sich gabelt (vide supra), verwachsen sind. Ein Blick auf das Reconstructionsbild (Fig. 6) und ein Vergleich mit den schematischen Querschnitten (Fig. 7—14), die in derselben Vergrösserung (9mal) ge- zeichnet sind, genügt, um die Form der Kapseln zu verstehen. Man sieht, dass vorn eine Art Vorhof gebildet ist, der sich etwas erweitert zeigt, und in welchen die vordere Nasenöffnung seitlich durchbricht. Dann folgt ein langgestreckter, röhrenartiger Theil, der bis etwa zur Mitte der longitudinalen Axe der Kapsel ungefähr dieselbe Breite hat. An dieser Stelle erweitert sich die Kapsel medianwärts, bis sie zur Verschmelzung mit derjenigen der andern Seite kommt, und bald darauf etwas lateralwärts, wo sie sich zu einem lateralen Nebenraum ausbuchtet. Vielleicht als Vorläufer dieses Nebenraums erstreckt sich nach vorn zu eine solide Knorpelplatte, die einen flügelartigen Fort- satz darstellt und in die Substanz des Os maxillare eingebettet ist (Fig. 11). Diese Platte sieht aus, als ob sie durch einen, in dorso- ventraler Richtung ausgeübten Druck zu Stande gekommen wäre, als ob also ein früher weiter nach vorn und aussen sich erstreckender Nebenraum jetzt etwas mehr beschränkt wäre, durch das Zusammen- wachsen von Dach und Boden in dieser Gegend. Ob es sich in der That hier um eine früher grössere Kieferhöhle handelt, kann man nicht ohne weiteres behaupten, aber es liegen Gründe hierfür vor, und es wäre sehr erwünscht, von Seite der Ent- wicklungsgeschichte eine Bestätigung zu erhalten. Weiter nach hinten spaltet sich das Knorpelgerüst der Nase in eine untere und eine obere Platte (Fig. 13, 14, Fig. 6 OP, UP). Das Schicksal beider Platten ist ziemlich gleich, Beide gabeln sich Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 165 in der Mittellinie und bilden dadurch zwei von einander divergirende, nach hinten laufende Spangen, die endlich von dem Os orbito- sphenoidale umgeben sind und sich in dessen Knochensubstanz ° verlieren. Nach WIEDERSHEIM sollen die beiden Paare von Fortsätzen ein oberes und ein unteres Stück der Trabekel darstellen, eine Theorie, die eine grosse Unterstützung erhält durch einen Vergleich mit einer Form wie Menopoma, wo zeitlebens die beiden Knorpelelemente, welche ober- resp. unterhalb des Nervus olfactorius liegen, sich direct hinter dem betreftenden Nerven wieder vereinigen und in Continuität mit dem seitlichen Trabekel bleiben, welcher nur insofern eine Veränderung des embryonalen Zustandes erleidet, als ein Gürtel von perichondralem Knochen auftritt in der Austrittsgegend des Nervus opticus (Fig. 1, 2, OS). Dass aber die Trennung in die obere und untere Platte durch die Einkeilung des senkrechten Fortsatzes des Os frontale statt- gefunden haben sollte, wie dies s. Z. von WIEDERSHEIM angenommen worden ist, scheint mir nicht wahrscheinlich. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass der Nervus olfactorius ursprünglich umwachsen war von Knorpel (Stadium des Menopoma), der erst secundär in seinem hintern Bezirk durch Knochensubstanz ersetzt worden ist. Dass in der That das vordere Ende des Trabekels im embryonalen Zustand sich spaltet, um den Riechnerven durchzulassen, hat Hay in einer soeben erschienenen Arbeit (E) abgebildet, ohne jedoch spätere Stadien zu berücksichtigen. Fig. 15 zeigt die Nasengegend des Primordialschädels eines Embryos von Salamandra maculata in dem Stadium, wo der Knorpelring um den N. olfactorius schon gebildet ist. Es ist hier auch zù bemerken, dass beim Salamander-Embryo ein lateraler Fort- satz etwas hinter der Nasengegend sich findet (L. F.), der wohl dem Antorbitalfortsatz von Amphiuma und Siren entsprechen kann. Hinten, am Dache der knorpligen Nasenkapsel findet sich ein grosses Loch (Fig. 6), das im frischen Zustand durch Bindegewebe ergänzt wird. Ein solches Loch ist auch bei Sören vorhanden und lässt sich mit den vielen kleinen Löchern bei Menobranchus und Proteus vergleichen, wo bekanntlich eine Art Gitterwerk das vollkommne Nasen- dach der meisten Urodelen vertritt. Was den Boden anbelangt, so ist er sehr unvollkommen ; wo er vorhanden ist, wird er hauptsächlich von der untern Intertrabecular- platte gebildet. Im hintern Bezirk ist dieselbe schmal und reicht nicht sehr weit lateralwärts. Erst in der Gegend, wo diese Platte mit dem obern Gegenstück in Berührung kommt, fängt sie an, lateral- wärts sich weiter auszudehnen, bis sie sich mit dem oben erwähnten 166 HARRIS H. WILDER, Flügelfortsatz vereinigt. An dieser Stelle bildet die Nasenkapsel eine fast vollkommne Röhre, die nur auf der medialen Seite, nach dem "Os prämaxillare zu, offen bleibt (Fig. 10). i Noch weiter nach vorn verschwindet der Boden ganz und wir finden ihn nur am vordern Ende wieder, wo er eine Stütze des Randes der äussern Nasenöffnung bildet. Lumen der Nase. Was das Lumen betrifft, so will ich nur kurz bemerken, dass es im Allgemeinen eine einfache Röhre darstellt. Nur in der Gegend des oben beschriebenen Nebenraumes der Kapsel dehnt es sich auch dementsprechend lateralwärts aus, so dass eine kleine, aber deutliche Kieferhöhle gebildet ist (Fig. 12, 13 Nn). Nach hinten von dieser Stelle wird es wieder zu einer einfachen Röhre und mündet durch die Choane aus, die an der gewöhnlichen Stelle liegt, d. h. zwischen dem hintern Ende des Os vomero-palatinum und dem Antorbitalfortsatz, Drüsen. Es sind in der Nasengegend zwei Drüsen oder viel- mehr Drüsenmassen vorhanden, erstens die eigentlichen Nasendrüsen, und zweitens eine laterale Drüsenmasse, die ausserhalb des Cavum nasale liegt. Die Nasendrüsen haben hier eine grosse Verbreitung. Sie liegen zwischen der medialen Wand der skeletogenen Nasenkapsel einer- und zwischen der Mucosa andrerseits. Von da aus erstrecken sie sich (in der mittlern Nasenregion) sowohl dorsal- als ventralwärts um die Schleimhaut herum, während sie vorn und hinten nur eine mediale Lage einnehmen (Fig, 6, S—14, gl.ns). Zwischen die einzelnen Acini treten die Aeste des Nervus olfactorius und auch die Hauptstämme des N. nasalis internus und N. ophthalmicus. Die Drüse wird innervirt durch mehrere kleine Aeste des letztern, welche während des Durchtritts abgegeben werden. Die zweite Drüse, die laterale, bildet eine compacte ovale Masse und liegt subcutan in einer Vertiefung zwischen den Rändern des Nasale, Prämaxillare und Maxillare (Fig. 6, 8—10, gl. lat.). An einer Stelle senkt sich die Drüse ziemlich weit zwischen den Knochen hinein bis zur unmittelbaren Berührung mit der knorpligen Nasenkapsel (Fig. 9, 10). So weit ich constatiren konnte, mündet die Drüse nach vorn durch zwei Ausführungsgänge in der Vorhof der Nasenhöhle ein. /wei Nerven, die Rami glandulares I und II, laufen, der eine durch die Nasenkapsel, der andre durch einen Canal im Os maxillare zu dieser Drüse. R. glandularis I (Fig. 6, 9—14 * r.gl. I) theilt sich in der Drüsenmasse in viele kleine Aestchen, welche die verschiedenen Die Nasengegend von Menopoma älleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 167 Acini versorgen. Ob der R. glandularis II die Drüse versorgt, kann ich nicht sagen, da meine Schnitte für die feinere Histologie nicht ausreichen. Mit Sicherheit aber kann ich angeben, dass der betreffende Nerv mit seiner Hauptmasse die Drüse in ihrer ganzen Länge durch- setzt und an ihrem Vorderende wieder frei wird, um dann mit vielen Aestchen die Haut der vordern Schnauzengegend zu versorgen. Für die beiden oben beschriebenen Drüsen habe ich absichtlich keine neuen Namen aufgestellt, weil ich erstens über die Homologie derselben noch nicht sicher bin, und zweitens weil das Geruchsorgan der Amphibien, was seine Ausstattung mit Drüsen anbelangt, durch zahlreiche Namen bereits übergenug belastet erscheint. Nerven. Die Nasengegend von Amphiuma ist sehr reichlich mit Nerven versehen, wie man auf dem Reconstructionsbilde sehen kann. Die Mehrzahl der Fasern gehören zum Stamm des N. ophthalmicus, doch kommen auch der erste Ast des eigentlichen Trigeminus sowie der R. palatinus VII in Betracht. Eine genaue Beschreibung der Fasern wird im Folgenden gegeben. I. Nervus ophthalmicus (=R. ophthalmicus profun- dus V). (Fig. 6—14 *)!). Dies ist der grosse Stamm, welcher hinter dem Auge in enger Beziehung zu den Augenmuskeln und -nerven steht und durch ein eigenes Loch aus dem Schädel austritt. In der Augengegend theilt sich der Nerv in die folgenden Aeste, von aussen nach innen. a) Ramus nasalis internus; b) Rami glandulares I et Il; c) Ramus nasalis externus. Von diesen entsprechen die beiden Nasaläste den mit denselben Namen bezeichneten Nerven des Menopoma. Die Rami glandu- lares dagegen sind Amphiuma speciell eigen und dienen dazu, die grosse laterale Drüsenmasse zu versorgen. Ramus nasalis externus (Fig. 6—14 * r.n.e). Dieser Nery entspricht auch in seinen feinern Details dem gleichen bei Menopoma. Er empfängt einen accessorischen Ast vom R. maxillae superioris V, nach welcher Vereinigung er durch einen Canal im Os maxillare läuft und die Haut der lateralen Schnauzengegend versorgt. 1) Ueber die Benennung der Nerven siehe den 2. Theil der Arbeit, 168 HARRIS H. WILDER, Ramus glandularis I (Fig. 6—14 * r.gl. I). Auch mit diesem Ast vereinigt sich bald nach seiner Entstehung ein Zweig vom R. maxillae superioris V, und der verstärkte Nerv gelangt durch einen Canal im Os maxillare zur lateralen Drüse, welche er mit seinen End- ästchen versorgt. Bemerkenswerth ist es, dass in demselben Canal die grossen Blutbahnen laufen, welche für die gleiche Gegend be- stimmt sind. Ramus glandularis I (Fig. 6—14 * r.gl. IZ). Dieser Ast tritt unmittelbar nach seiner Entstehung in die Nasenkapsel ein, welche er in der Gegend der lateralen Ausbuchtung durchbohrt, und verläuft auf der medialen Seite der lateralen Drüse. Der Ast geht durch die ganze Drüse hindurch und versorgt mit seinen Endästchen die Haut an der lateralen Seite der vordern Nasenöffnung. Es ist höchst wahr- scheinlich, obgleich ich es auf meinen Schnitten nicht constatiren konnte, dass er während seines Durchtrittes die Drüsenmasse versorgt. R. nasalis internus (Fig. 6—14 * r.n.i.). Dieser Ast spaltet sich vom Hauptstamme am weitesten nach hinten ab, läuft medial- wärts in die Nasenkapsel hinein und verlässt dieselbe dicht am Vorderrand des Septum cartilagineum nasi, um von dieser Stelle aus eine Strecke weit in einer Art Rinne dicht an der Seite des unpaaren Os prämaxillare zu laufen. Endlich wird die Rinne zu einem Canal, in welchen der Nerv eintritt, um zuletzt am Vorderende der Schnauze, welche er reichlich innervirt, zu Tage zu treten. I. Nervus trigeminus. Nur der erste Ast dieses Nerven kommt hier in Betracht, obgleich, wie früher erwähnt, Elemente von dem zweiten Aste sich mit dem N. ophthalmicus vermischen. R. ophthalmicus (= R. ophthalmicus superficialis V) (Big: 6 —14 V,). Dieser Ast, welcher der erste Stamm des eigentlichen Tri- geminus ist, ist immer von dem Nervus ophthalmicus streng zu unterscheiden (siehe den 2. Theil). Letzterer hat ein eignes Austrittsloch, während der Ramus oph- thalmicus V gemeinsam mit den beiden Trigeminusstämmen aus dem Schädel austritt. Zwischen Masseter und Temporalis kommt dieser Nerv zum Vorschein und liegt dann auf dem letztgenannten Muskel. Hier versorgt er die auf dem Temporalis liegende Haut und wendet sich gerade nach vorn. Dort liegt er auf der Nasenkapsel, und erst in der Gegend des grossen, am Dache der Kapsel befindlichen Loches theilt er sich in à 0 2 Zi * = ~~ Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridaetylum. 169 drei ziemlich gleiche Aestchen. Die zwei medialen von diesen Aestchen treten dann in die Kapsel hinein, um bald durch ein kleines Loch im Dache derselben wieder zu erscheinen, während das übrige Aestchen superficiell bleibt. Die Endästchen versorgen die Haut, welche auf der Nasenkapsel liegt. II. Nervus facialis. Ramus palatinus (Fig. 6—14 r. pal. VII). Der Gaumenast liegt bei weitem am tiefsten von allen Nerven der Nasengegend und spielt unter den andern Nasenästen eine sehr unbedeutende Rolle. Es ist hier nur zu bemerken, dass er sich in der Augengegend in zwei Aeste theilt, von denen der laterale durch ein Foramen im Gaumen- fortsatze des Os maxillare hindurchgeht, um den harten Gaumen zu versorgen, während der mediale Ast am Boden der Nasengegend bleibt und wahrscheinlich die Mucosa versorgt. ZWEITER THEIL. Morphologische Bedeutung des R. ophthalmieus profundus. Mit dem Namen R. ophthalmicus profundus wird schon seit längerer Zeit bei den Fischen ein Nerv bezeichnet, der in engster Be- ziehung zum Trigeminus steht und eine sehr tiefe Lage im Bereiche der Augenmuskeln und -nerven hat. Diesem Nerven hat van WIJHE eine sehr grosse morphologische Bedeutung beigelegt, indem er ihn als einen selbständigen Nerven, nämlich als den Ramus dorsalis des Oculo- motorius betrachtet. Wenden wir uns jetzt zu den verschiedenen Gruppen der Ichthy- opsiden, so finden wir, dass bei Selachiern, nach den neuesten Untersuchungen. (Ewart) der Nervus ophthalmicus profundus eine ganz selbständige Entstehung haben soll und sich erst dem erwach- senen Zustand nähere, durch ganglionäre Verbindungen mit dem Trigeminus. Von da an schliesst sich dieser Nerv immer näher an den Tri- geminus an, so dass er bei allen übrigen Fischen als ein vierter Ast des letztgenannten beschrieben worden ist. Wasdie Urodelen betrifft, so können vielleicht die beiden Schemata (Fig. 16, 17) als Hilfsmittel meiner Erklärung dienen. Auf den betreffenden 170 HARRIS H. WILDER, Abbildungen wird man bemerken, dass ausser den drei eigentlichen Trige- minusästen noch ein vierter, mit * bezeichneter Ast auch noch vom Ganglion Gasseri durch ein eignes Loch im Schädel heraustritt. Dieser Ast, dessen Vorkommen bei allen Urodelen ich in dieser Arbeit constaticen kann, ist nichts anderes als der oben erwähnte R. ophthalmicus pro- fundus, der in seiner Entstehung, seinem Verlauf und seiner Ver- ästelung so genau mit dem gleichnamigen Nerven bei Fischen (D) übereinstimmt, dass gar kein Zweifel über seine Homologie existiren kann. Um diesen Nerven genau von dem R. ophthalmicus superficialis V unterscheiden zu können, gebe ich die folgenden Beschreibungen beider Nerven, welche späteren Untersuchern in allen Fällen die Differenzialdiagnose erleichtern dürften. L Der mit * bezeichnete Nerv (=R. ophthalmicus profundus) a) tritt durch ein eignes Loch aus dem Schädel heraus, etwas vor der Austrittsstelle des eigentlichen Trigeminus; b) liegt tief unter dem M. temporalis in unmittelbarer Nach- barschaft der Augenmuskeln und -nerven. c) verbindet sich mit dem R. maxillae superioris V und in manchen Fällen, durch ein oder mehrere feine Aestchen, mit dem R. palatinus des Facialis ; d) versorgt die Nasenkapsel und, dieselbe durchbohrend, die vordere Schnauzengegend. IL Der Ramus ophthalmicus superficialis V (= 1. Ast des Trigeminus) a) kommt vom Schädel gemeinschaftlich mit den beiden übrigen Trigeminusästen durch das Trigeminus-Loch heraus; b) läuft superficiell über den M. temporalis; c) es finden keine Verbindungen statt; d) er versorgt die Haut der Stirn und die Supranasalgegend. Wenn man anerkennt, dass es sich also hierbei um zwei ver- schiedene Nerven handelt, die Homologie des erstgenannten (*) aber noch zweifelhaft sein sollte, so vergleiche man die obige Be- schreibung mit derjenigen von Srannius über den Ophthalmicus pro- fundus bei Fischen. — Er schreibt: „Sein Ende (das des R. profundus) zerfällt gewöhnlich in mehrere feine Zweige, welche theils das Os terminale durchbohren, theils an der Schleimhaut der Nasengrube, Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum, Wal theils unter der äussern Haut in der Umgebung des Riechorganes — sich vertheilen und häufig Verbindungen mit Endzweigen des R. maxillae superioris, selten auch mit solchen des N. palatinus eingehen“ (H. 157). Man sieht daraus, dass die Uebereinstimmung im Lauf und der Verbreitung des Nerven bei Fischen und Amphibien, selbst in den feineren Details, eine sehr genaue ist. Da aber das Vorkommen dieses Astes bei Urodelen etwas Neues ist, und da die Homologisirung desselben nicht ohne weiteres auf der Hand liegt, so wollen wir uns zu den verschiedenen Gruppen der Urodelen wenden. Was zunächst die Perennibranchiaten und Derotremen anbelangt, so hat Fischer (D) Untersuchungen über viele Arten angestellt, aber merkwürdiger Weise niemals bei zwei Thieren den in Frage stehenden Nerven dieselbe morphologische Be- deutung gegeben. Nur bei Siredon allein hat er alle vier Stämme gefunden (* + V,_,), in welchem Falle er dieselbe nach der be- kannten, schon bei Fischen gebrauchten Terminologie, als vier Haupt- stämme des Trigeminus behandelt. Bei Menobranchus hat er den R. ophthalmicus superficialis als einen unbedeutenden Ast des R. ma- xillae superioris V betrachtet und den R. ophthalmicus profundus als eigentlichen Nasenast beschrieben, obwohl ein Vergleich seiner, von ihm selbst angeführten beiden Figuren (Siredon und Menobranchus) eine merkwürdige Aehnlichkeit der beiden darbietet. Bei Menopoma hat er den R. ophthalmicus superficialis ganz übersehen, obgleich er hier ziemlich gut entwickelt ist und, über den M. temporalis laufend, bis zur Schnauze reicht. In Folge dessen hat er hier auch den tiefen Ast als ersten Trigeminusast beschrieben. Seren und Amphiuma hat er ganz übergangen mit der Bemerkung, dass es überflüssig sei, diese Nerven bei den genannten Thieren zu beschreiben, da dieselben keine grossen Abweichungen von den andern zeigten. Hier möchte ich be- merken, dass ich beide oben genannten Thiere untersucht habe, und zwar Siren in einer frühern und Amphiuma in der vorliegenden Arbeit, und dass ich bei beiden dieselben Verhältnisse wie bei andern Urodelen (d. h. den Nervus ophthalmicus und ausserdem den Trigeminus mit drei Hauptstämmen) gefunden habe. Die neue Arbeit von von PLESSEN und RaBinovicz über die Kopfnerven von Salamandra maculata (G) ist gerade zur rechten Zeit gekommen, um auch die Verhältnisse bei den Salamandrinen ver- gleichen zu können. Diese Autoren haben auch 4 Hauptstämme im Bereiche des 'Trigeminus beschrieben und abgebildet, und zwar so Zool. Jahrb, V. Abth. f, Morph. 12 172 HARRIS H. WILDER, genau, dass man die Homologie derselben sofort erkennen kann. Unter dem Namen „R. nasalis“ haben die beiden genannten Autoren den Nervus ophthalmicus beschrieben. Unter dem Namen ,,R. frontalis“ ist der R. ophthalmicus (superficialis) zu erkennen, der gleichfalls mit der von mir oben gegebenen Schilderung übereinstimmt. Die R. ma- xillae superioris und mandibularis zeigen keine Abweichungen von denselben Nerven bei andern Urodelen. Zuletzt kommen wir zu den Anuren und Gymnophionen, deren Kopfnerven ich noch nicht Gelegenheit gehabt habe mit den Urodelen- Schemata zu vergleichen. Ich möchte nur kurz erwähnen, dass nach EcKER und WIEDERSHEIM (M) beim Frosch vier Stämme des Trigeminus vorkommen, dessen vierten Stamm, „R. palatinus trigemini“ genannt, man vielleicht mit dem R. ophthalmicus (= Ramus profundus) ver- gleichen kann. Was die Gymnophionen betrifft, so zeigt der von WIEDERSHEIM (L) beschriebene Nasalast grosse Aehnlichkeit mit dem * der Schemata. Weiter aber in die Homologie dieser abweichenden Klasse wage ich gegenwärtig nicht einzugehen. Um alle vorhergehenden Thatsachen kurz zusammenzufassen, bin ich im Stande, zu sagen, dass es bei allen Urodelen einen Nerven giebt, der streng homolog ist mit dem R. oph- thalmicus profundus der Fische und welcher, obwohl er im erwachsenen Zustande vom Ganglion Gasseri ausgeht, doch ein eignes Austrittsloch im Schädel be- sitzt und unabhängig ist vom eigentlichen Trigeminus, welcher in allen Fällen für sich schon seine drei ty- pischen Aeste besitzt. Was später daraus wird, ob er auch bei den Anuren und Gymnophionen vorkommt, wie ich oben ver- muthet habe, das müssen spätere Untersuchungen feststellen. Dass aber der Nerv, der ursprünglich ganz selbständig zu denken ist (embryonaler Zustand bei Selachiern), sich erst secundär mit dem Trigeminus verbunden hat; dass er im Laufe der Stammesentwicklung sich immer mehr und mehr an den letzten anschliesst (Fische, Urodelen) ; und dass endlich aus der Vereinigung dieses Nerven mit dem eigentlichen ersten Stamme des Trigeminus der erste Trigeminusast der höhern Thiere (Amniota) entstanden ist, halte ich fast so gut wie für erwiesen. Wo er in dieser Entwicklungsfolge seine Selbständigkeit aufgiebt, um dann fernerhin nur als ein Theil des ersten Astes des Trigeminus zu figuriren, das sei spätern Studien vorbehalten. | a a Dr a A A u i Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense i. Amphiuma tridactylum. 173 Eines ist aber jetzt schon sicher, dass man ihm noch in der Reihe der Urodelen als selbständigen Nerven betrachten kann, wenn auch bereits secundäre Verbindungen mit dem Trigeminus bestehen. Deshalb habe ich ihn in dem ersten Theil dieser Arbeit als einen Nerven für sich behandelt, unter dem Namen Nervus ophthalmicus, welcher immer vom Ramus ophthalmicus V zu unterscheiden ist. Will man aber lieber die alte Terminelogie beibehalten, so wird man den erstgenannten als Ramus ophthalmicus profundus V und den letztern als Ramus ophthalmicus superficialis V zu bezeichnen haben. 12* 174 HARRIS H. WILDER, Literatur-Verzeichniss. A. Bronx, Classen und Ordnungen des Thierreiches. Horrmann, Am- phibien. B. Corz, On the structure and affinities of the Amphiumidae, in: Proc. Amer. Philos. Soc., vol. 23, No. 123. C. Ewart, Cranial nerves of Laemargus and Raia, in: Proc. Roy. Soc. vol. 64, 1889. D. Fiscuer, Anat. Abhandlung über die Perennibranchiaten und Dero- tremen, Hamburg 1864. E. Hay, The skeletal anatomy of Amphiuma during its earlier stages. F. Hyrrt, Cryptobranchus japonicus. Schediasma anatomicum, Vindo- bonae 1855. G. von Pressen u. Ragınovicz, Die Kopfnerven von Salamandra ma- culata, Miinchen 1891. H. Srannius, Zootomie der Fische, Berlin 1854. I. van Wwur, Ueber die Mesodermsegmente und die Entwicklung der Nerven des Selachierkopfes. K. Wrepersuem, Das Kopfskelet der Urodelen, Leipzig 1877. L. Derselbe, Die Anatomie der Gymnophionen, Jena 1879. M. Ecker u. WIEDERSHEIM, Die Anatomie des Frosches. Erklärung der Abbildungen. Tafel 12—13. Fig. 1. Menopoma alleghaniense, Reconstructionsbild des Schädels einer 15 cm langen Larve. 5mal vergrössert. Auf der linken Seite sind die Deckknochen weggenommen zu denken. Fig. 2. Desgleichen von unten. Fig. 3. Schematischer Längsschnitt durch die Nase von Menopoma, um das Lumen darzustellen. Fig. 4 Querschnitt durch die Nasengegend von Menopoma im Bereich der accessorischen Ausbuchtung. Ein Stück auf Fig. 3 zeigt die Stelle, wovon der Schnitt genommen ist. | Fig. 5. Zungenbein-Kiemenbogen-Apparat eines erwachsenen Meno- poma, 35 cm, natürliche Grösse. ww Die Nasengegend von Menopoma alleghaniense u. Amphiuma tridactylum. 175 Fig. 6. Amphiuma tridactylum, Reconstructionsbild von der Nasen- gegend. 9mal vergrössert. Oben sind die Deckknochen weggemeisselt zu denken. Die mit Buchstaben bezeichneten Linien zeigen die Ebenen der zunächst folgenden Querschnitte, Fig. 7—14. Fig. 7—14. Eine Reihe von Querschnitten durch Fig. 6 in der- selben Vergrösserung. Die Stücke auf Fig. 6, welche den Buchstaben bei Fig. 7—14 entsprechen, zeigen, wo die Querschnitte genommen sind. In den Querschnitten gehören alle Nerven ohne Bezeichnungen zum Olfactoriusstamm. Fig. 15. Reconstruction des vordern Theils des Primordialschadels einer sehr jungen Salamandra-Larve. Fig. 15. Schema der Hirnnerven der Urodelen, von oben ge- sehen, mit Primordialschädel. Fig. 16. Schema der Hirnnerven der Urodelen. Profilansicht. Primordialschädel nicht eingezeichnet. Erklärung der Abkürzungen. Nerven. I— XII Die zwölf Hirnnerven (mit Hypoglossus). V, Ramus ophthalmicus (superficialis) trigemini. : ® maxillae superioris A mit, mandibularis à (V,) (r. Pal. VII) u. s. w. Ast von dem genannten Nerven. * Nervus ophthalmicus (= R. ophthalmicus profundus trigemini). * Rr.n.i. I—-II Rami nasales interni I—II ophthalmici. * Rr.ge. I—II Rami glandulares I—II ophthalmici. * y.n.e. Ramus nasalis externus ophthalmici. r.pal. VII Ramus palatinus facialis. r.al. VII R alveolaris , ema VII . mandibularis „ r.jg. VII : jugularis 3 r.ling. IX , lingualis glossopharyngei. r. comm. a communicans. r-lai.s.s. X „ lateralis superior superficialis vagi. r.lat.s.p. X „ 2 P profundus x r.lat.inj. X „ „ inferior vagi. r.ın. X „ intestinalis £ r-recur. X „ recurrens 2 Br, branch. X Rami branchiales à 176 HARRIS H, WILDER, Die Nasengegend v. Menop. allegh. u. Amph. tridact. PMX Prämaxillare. MX Maxillare. N Nasale. F Frontale. PF Präfrontale. P Parietale. PE Petrosum. SQ Squamosum. Q, Quadratum. @ Quadratum (knorp. Theil). Schädel. PTY Pterygoid. PTY’ Pterygoid (knorp. Theil). PS Parasphenoid. VP Vomero-Palatinum. OS Orbitosphenoid. NK Nasenkapsel. OP Obere Platte. UP Untere Platte. AF Antorbitalfortsatz. Kiemenbogen. HHy Hypo-hyale. K Hy Kerato-hyale. BB Basi-branchiale. KB 1—3 Kerato-branchiale. Eb 1—4 Epibranchiale. f paarige Knorpelstücke in der Mitte — Vord. Copula (FıscHer). ** Reihe von Knorpelstücken. Verschiedenes. Gl. Ns Glandulae nasales. Gl. lat. Glandula lateralis. F. Ant. Foramen antorbitale. AF Antorbitalfortsatz. AG Ausführungsgänge. G. Gas Ganglion Gasseri. G. fac. Ganglion facialis. Ch Choane. Nn Nebennase. NL Nasenlumen. _ a ae Untersuchungen über den Scheitelfleck bei Embryonen einiger Schwimmvögel. Von A. Klinckowstrém, Assistent am zootomischen Institut der Universität zu Stockholm. (Aus dem zootomischen Institut der Universitat zu Stockholm.) Hierzu Tafel 14. Im Sommer 1889 während eines Ausfluges in die Scheeren von Södermanland beobachtete ich beim Einsammeln von Seevogelembryonen bei einem Embryo von Sterna hirundo einen kleinen, runden, intensiv schwarzen Fleck am Scheiteltheile des Kopfes. Im Laufe desselben Sommers kamen noch 4 Embryonen in meine Hände, die denselben Fleck besassen. Im Sommer 1890 erhielt ich auf Spitzbergen noch 5 Embryonen mit deutlichem Fleck am Scheitel. Als ich im Herbste 1890 im zootomischen Institut der hiesigen Universität die Untersuchung begann, deren Resultate in den fol- genden Zeilen mitgetheilt werden, standen folgende Embryonen mit Scheitelfleck zu meiner Verfügung: Sterna hirundo 1 Ex., Ostsee, Larus canus 2 Ex., Mälar, L. marinus 4 Ex., Ostsee, L. glaucus 4 Ex., Spitzbergen Anser brachyrhynchus, 1 Ex., Spitzbergen. Da ich im Ganzen 200 Embryonen von verschiedenen Schwimm- vogelarten untersucht habe und unter diesen nur 12 (6 Proc.) mit dem von mir als „Scheitelfleck“ bezeichneten Gebilde ausgerüstet waren, ist dieses also keineswegs als ein gewöhnliches Vorkommen zu bezeichnen. Sämmtliche Embryonen wurden vollkommen frisch in Picrinschwefelsäure oder in Perényrs Flüssigkeit fixirt und mit Boraxcarmin gefärbt, 17S A. KLINCKOWSTROM, Aeussere Merkmale des Scheitelflecks. Ist schon das Vorkommen eines Scheitelflecks kein gewöhnliches, so unterliegt es auch bei den verschiedenen Individuen recht grossen Schwankungen, die sich nicht immer als verschiedene Entwicklungs- stadien erklären lassen. Bei allen untersuchten Embryonen liegt der Scheitelfleck nicht unmittelbar über der Zirbelspitze, sondern ein wenig hinter dieser Stelle. Hierbei ist zu bemerken, dass die Zirbel während der Bildung des Scheitelflecks vorwärts wächst, so dass die Lage ihrer Spitze all- mählich nach vorwärts geschoben wird. An jener Stelle der Kopf- oberfläche, gegen welche die Anlage der Zirbel gerichtet ist, ehe ihre folliculare Umbildung beginnt, liegt nun der Scheitelfleck. Ich gehe nun zur Beschreibung der verschiedenen Embryonen über: Larus glaucus I und II. Diese zwei Embryonen sind die jüngsten, die ich von dieser Art untersucht habe. Auf dem Kopfe (Fig. 5 und 6) sind die Federpapillen schon ziemlich zahlreich. Von Pigment ist ausser dem Scheitelfleck beim jüngsten Embryo noch keine Spur zu sehen (Fig. 5). Bei dem ein wenig älteren (Fig. 6) finde ich die ersten Spuren von zwei Reihen von Flecken, die sich hinter dem Kopfe begegnen, eine V-förmige Figur bildend. Der Scheitelfleck liegt in der Mitte eines kleinen, nackten Feldes, das von einem ziemlich gleichförmig angeordneten Kreis von Federpapillen umgeben ist. Der Scheitelfleck ist deutlich, aber nicht sehr scharf begrenzt; nach hinten endet er in zwei Spitzen. Bei schwacher Vergrösserung (4) zeigt sich der Scheitelfleck als bestehend aus zwei flachen Hügelchen, zwischen denen eine schmale Leiste liegt. Die beiden Hügelchen sind intensiv pigmentirt, theils durch ganz feine Pigmentkörnchen, theils durch grössere Pigmentkörperchen, die schon bei schwacher Ver- grösserung deutlich zu sehen sind. Die mediale Leiste ist pigmentlos und endet nach vorn mit einer rundlichen Auftreibung. Die feinen Pigmenttheilchen erstrecken sich weiter als die zwei Hügelchen nach hinten und bilden so die oben erwähnten zwei Spitzen des Scheitel- flecks. Die grösseren Pigmentkörperchen aber sind ausserhalb der Hügelchen nicht zu sehen. Larus glaucus II (Fig. 3). Dieser Embryo ist nicht unbedeutend älter als die beiden vorigen. Der ganze Kopf ist mit kleinen Feder- papillen dicht besetzt. Von Pigment ist, ausser der bei Embryo II besprochenen V-förmigen Fleckenreihe am Hinterhaupt, nichts als der — intensiv schwarz gefärbte Scheitelfleck zu sehen, Der Scheitelfleck ist | Untersuchungen über den Scheitelfleck bei Embryonen einiger Schwimmvögel. 179 klein, oval und intensiv schwarz pigmentirt. Er liegt in der Mitte eines nackten Feldes, das von einem Kreis von Federpapillen um- geben ist. Nach vorn ist der Scheitelfleck sehr scharf von der Kopf- oberfläche abgesetzt, nach hinten aber endet er in zwei divergirende Spitzen, die allmählich ausserhalb des Papillenkreises sich verwischen. Bei 40-maliger Vergrösserung (Fig. 3 a) zeigt sich der Scheitelfleck als aus zwei sehr niedrigen Hügelchen, die ziemlich pigmentfrei sind, und einer zwischen ihnen liegenden wulstförmigen Erhebung bestehend, die sehr stark pigmentirt ist. Diese Erhebung trägt einige kleine, blatt- förmige Leistchen. Die Verbreitung der grösseren und kleineren Pigmenttheile ist ähnlich wie bei den vorigen. Larus glaucus IV (Fig. 2). Die Federpapillen sind hier schon ziemlich lang und die Zeichnung des zukünftigen Dunenkleides ist deutlich. Der Scheitelfleck ist sehr lang, gegen die Kopfhaut nur undeutlich abgesetzt. Bei 40-maliger Vergrösserung (Fig. 2 a) zeigt sich der Scheitelfleck als eine lange Leiste. Auf dieser Leiste und in unmittelbarer Nähe derselben liegen die grössern Pigmentkörperchen gehäuft, die feinen Körnchen aber haben eine ungleich weitere Aus- breitung. Larus canus (Fig. 4). Bei einem Embryo von L. canus, der in demselben Entwicklungsstadium wie Z. glaucus IV stand, war der Scheitelfleck ziemlich gross, sehr stark pigmentirt, aber mit undeut- lichen Contouren. Bei 40-maliger Vergrösserung (Fig. 4 a) sieht man hier nichts von Hügelchen oder einer Leiste, sondern nur einen Fleck, von feinem Pigment bedeckt, in dessen Mitte ein längliches Häufchen von den oben erwähnten grössern Pigmentkörpern zu sehen ist. Das ganze Gebilde ist hier deutlich in Rückbildung begriffen, auch das nackte Feld ist ziemlich undeutlich. Anser brachyrhynchus (Fig. 1). Noch viel schwächer fand ich den Scheitelfleck bei einem Embryo dieser Art, welcher sich auf demselben Stadium wie L. glaucus III befand. Von dem Scheitelfleck ist hier nur ein in der Mitte des allerdings sehr deutlichen nackten Feldes liegender Streifen von Pigment zu sehen. } An diese oben beschriebenen Typen schliessen sich die übrigen Embryonen an. Die Scheitelflecken der beiden Larus marinus gleichen fast ganz dem des L. glaucus IV, und der der Sterna hirundo dem des L. glaucus III. Die beiden L. marinus scheinen ein wenig jünger als L. glaucus I, die S. hirundo vom selben Alter wie L. glaucus II. Fassen wir die obigen Befunde zusammen, so finden wir bei allen ein nacktes Feld, das Scheitelfeld, welches von einem mehr oder weniger 180 A. KLINCKOWSTROM, symmetrisch angeordneten Kreise von Federpapillen umgeben wird. In der Mitte dieses Feldes liegt der schwarze Scheitelfleck, an welchem wir schon von aussen zwei Pigmentsorten erkennen können. Die eine, die feinen Körnchen, haben eine weite Ausbreitung, sind nicht auf das Scheitelfeld beschränkt, sondern erstrecken sich oft, besonders nach hinten, weit über seine Grenzen hinaus. Die zweite Sorte, die grösseren Pigmentkörper, sind dagegen an den Scheitelfleck gebunden und kommen nie ausserhalb des Scheitelfeldes vor. Endlich zeigen sich in der Mitte des Feldes ausser dem Pigment noch verschiedene Modi- ficationen des Integuments, die in ihrer vollständigsten Form (Fig. 3a) als eine längere, in sagittaler Richtung verlaufende Leiste, die von zwei seitlichen Hügelchen begleitet wird, auftreten. Wie wir sehen, kann uns die Untersuchung von aussen her nur wenig über den Bau des Scheitelflecks lehren. Um einen Einblick in die feinere Structur und wenn möglich in die morphologische Bedeutung des Scheitelflecks zu bekommen, habe ich das räthselhafte Gebilde auf Schnittserien untersucht. Feinerer Bau des Scheitelflecks. Von den oben erwähnten Embryonen wurde bei Larus glaucus III, L. glaucus IV, L. marinus I und II und Sterna hirundo der Scheitelfleck in Schnittserien zerlegt. Von diesen wurden Sterna hirundo und L. glaucus IV in sagittaler Richtung, die übrigen aber in frontaler Richtung zerschnitten. Sie waren alle mit Boraxcarmin gefärbt und in Paraffin eingebettet. Wenden wir uns zunächst zu den sagittalen Schnitten, die uns die topographischen Verhältnisse am deutlichsten zeigen, und betrachten den Scheitelfleck von Sterna hirundo (Fig. 7). Die Zirbel (e) zeigt sich noch deutlich als eine schlauchförmige Ausstülpung des -Zwischenhirns, und ihr Lumen steht noch in weit offner Verbindung mit dem dritten Ventrikel (III). Die distalen Theile der Zirbel haben ihre folliculäre Umbildung begonnen und schon zahlreiche Sprossen in das umgebende Mesoderm getrieben. Vor und über der Zirbel sieht man einige sagittal verlaufende Venen (v), wahrscheinlich die Anlage des Sinus longitudinalis superior. Die gesammte Schädelbedeckung zeigt bei schwacher Vergrösserung drei Schichten: die fein pigmentirte Epidermis (ep), das Corium (c) und das noch häutige Schädeldach (hier Os parietale) (p). Die Grenze zwischen Epidermis und Corium ist sehr deutlich, die beiden andern dagegen sind nicht sehr scharf von einander abgegrenzt. Unmittelbar über der Zirbel liegt der Scheitelfleck in der Haut eingebettet, wie eine Ans Untersuchungen über den Scheitelfleck bei Embryonen einiger Schwimmvögel. 181 häufung schwarzen Pigments (P). Wenden wir uns jetzt zur nähern “Betrachtung des Scheitelflecks und suchen die von aussen gesehenen Verhältnisse auf Schnitten wiederzufinden, so sehen wir zuerst, dass die beiden Pigmentsorten, die, von oben gesehen, in dem Scheitelfleck gemischt waren, im Durchschnitte gesehen, ungleiche Gebiete einnehmen. Die kleineren Pigmenttheile, die ich oben „Körnchen“ bezeichnet habe, und die sich über den grössten Theil des Scheitelfeldes (siehe oben) erstrecken, sind auf die Epidermis beschränkt und kommen nie in den mesodermalen Theilen der Haut vor. Die grösseren Pigmentkörper aber, die das für den Scheitelfleck charakteristische Element aus- machen, haben ihr Hauptgebiet im Corium, durch dessen ganze Dicke, von der Epidermis bis zur Anlage des Scheitelbeins, sie sich erstrecken. Die übrigen, von aussen gesehenen Gebilde, Leistchen, Hügelchen, Scheitelfeld etc., lassen sich am besten an Quer-, das heisst Frontal- schnitten untersuchen. Fangen wir mit Larus glaucus III (Fig. 8) an, so sehen wir unmittelbar über dem Dach des dritten Ventrikels (VIII) den quergeschnittenen Zirbelschlauch (ep), neben welchem wir ein Blutgefäss und einige Follikelsprossen bemerken. Ueber der Zirbel liegt der Scheitelfleck. Rechts und links von ihnen erheben sich Corium und Epidermis, die zwei Hügelchen bilden (Fig. 8 und 10 A). Zwischen diesen beiden Hügelchen liegt eine Grube, in deren Mitte sich einige Verdickungen der Epidermis erheben (Fig. 8 und 10 x). Es sind dies die oben erwähnten medialen Leistehen. Sehr interessant sind die Schnitte durch Larus marinus I (Fig. 9), da sie uns einen frühen Entwicklungszustand des Scheitelflecks zeigen. Gerade über der Zirbel erhebt sich das Scheitelfeld ein wenig über die noch ganz glatte, jeder Spur von Papillen ermangelnde Haut. Die Grenze (a) ist sehr deutlich markirt. Die Epidermis des Scheitelfeldes ist durch feine Pigmentkörnchen ziemlich stark gefärbt; in der umgebenden Kopfhaut dagegen finde ich keine Spur davon. Mitten im Scheitel- feld stellt eine dornförmige Auftreibung (x) die Anlage der Hügelchen dar. Auch hier sind quergeschnittene mediale Leistchen zu sehen. Von dem Scheitelfleck sind hier nur einige grössere, im Mesoderm ‚eingebettete Pigmentkörperchen zu sehen. Zusammenfassung. 1) Bevor auf dem Kopfe irgend eine Anlage zu Federpapillen zu sehen ist, hat sich an der Stelle der Kopfoberfläche, gegen welche die Zirbelspitze vor ihrer folliculären Umbildung gerichtet ist, die Epidermis differenzirt, indem sie sich ein wenig über die umgebende 182 A. KLINCKOWSTROM, Hautoberfläche erhebt, worauf zugleich eine Anhäufung von Pigment. erfolgt. 2) In der Mitte dieses differenzirten Theiles der Epidermis, des Scheitelfeldes, bildet sich eine kuppelartige Auftreibung, die später in zwei Hügelchen überzugehen scheint. 3) In der Mitte dieser Auftreibung entstehen durch Wucherung der Epidermis mehrere dünne, in sagittaler Richtung verlaufende Leistchen. 4) Endlich bildet sich unmittelbar unter dem Hügelchen in der Coriumschicht eine starke Anhäufung von grösseren Pigmenttheilen, der Scheitelfleck. Noch später wird das Scheitelfeld von einem Kreise von Federpapillen um- geben (Fig. 2a und 3a). Auf einem noch späteren Stadium scheint das Scheitelfeld mehr oder weniger zu verschwinden, wahrscheinlich durch Hineinwachsen von kleinern Federpapillen (Fig. 2a und 4 a). Diese Verhältnisse zeigen deutlich: 1) dass wir es in dem Scheitel- fleck mit einer Bildung sui generis ohne irgendwelchen Zusammenhang mit den Federpapillen zu thun haben; 2) dass die ganze Erscheinung eine embryonale Bildung ohne functionelle Bedeutung ist; 3) dass der Scheitelfleck wahrscheinlich in irgend einem Zusammenhang mit der Zirbel steht. Angenommen, dass wir wifklich einen Rest des Pinealauges der Reptilien vor uns haben, so sind zwei Deutungen möglich. Entweder haben wir es mit einer in frühembryonaler Zeit stattgefundenen Ab- schnürung der Zirbelspitze oder mit einem wahren Hautgebilde, das nur in secundärer Beziehung zum Pinealauge gestanden hat, zu thun. Im ersten Falle würde das fragliche Gebilde ein Homologon des Stirn- flecks der anuren Batrachier sein, im zweiten dagegen wäre es zu vergleichen mit der Pinealschuppe der Saurier. Da ich an zahlreichen Schnittserien die Entwicklung der Zirbel von der ersten Anlage bis zum Anfang der Follikelsprossung bei Alca, Larus, Sterna, Anser und Somateria verfolgt habe, ohne irgend welche Spuren einer Abschnü- rung zu bemerken, so scheint mir die erstere der oben erwähnten Hypothesen ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher erscheint mir die Homologie mit der Pinealschuppe der Saurier. Und wenn wir z. B. die Fig. 9 betrachten, so ist eine gewisse Uebereinstimmung mit der Cornealschuppe von z. B. Iguana unverkennbar. Bemerkens- werth ist es gewiss, dass an derselben Stelle, wo man bei den Eidechsen die Pinealschuppe mit ihrer oftmals pigmentfreien Cornea findet, sich bei den Embryonen gewisser Schwimmvögel eine dicke Pigmentschicht bildet, lange bevor in der übrigen Kopfhaut Spuren davon zu ent- decken sind. : Stockholm, 7. April 1891, —,— Se un une ——. % mé. < € RE eS a os a mdr cdot Untersuchungen über den Scheitelfleck bei Embryonen einiger Schwimmvögel. 183 Erklärung der Abbildungen. Tafel 14. Fig. 1—6. Köpfe verschiedener Embryonen von hinten-oben ge- sehen. 4 nat. Gr. Fig. 1. Anser brachyrhynchus. Fig. 2. Larus glaucus IV. Fig 2a. Scheitelfleck derselben, von oben gesehen. 4° nat. Gr. Fig. 3. Larus glaucus III. Fig. 3 a. Scheitelfleck derselben, wie bei den vorigen gesehen. Fig. 4. Larus canus. Fig. 4a. Wie bei den vorigen. Fig. 5. Larus glaucus I. Fig. 6. Larus glaucus II. Fig. 7. Sagittalschnitt durch den Scheitelfleck von Sterna hirundo. P Scheitelfleck, ep Epidermis, € Corium, p Parietalbein, v Venen, e Zirbel, pl Plexus choroideus, III. dritter Hirnventrikel. Fig. 8. Larus glaucus III. Querschnitt durch den Scheitelfleck: e Epidermis, b Blutgefässe, Ep Zirbel, V. III dritter Ventrikel, h Hügel- chen, x mediale Leistchen. Fig. 9. Larus marinus I. Querschnitt durch den Scheitelfleck. e Epidermis, ce Corium, b Blutgefässe, a Grenze des Scheitelfeldes. (Fig. 7—9 49 nat. Gr.) Fig. 10. Querschnitt durch den Scheitelfleck von Larus glaucus TIT (18° nat. Gr.): e Epidermis, ce Corium, ml Membrana limitans, h Hügelchen, x mediale Leistchen. Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. Von Oskar A. Andersson. (Aus dem zootomischen Institut der Universitat zu Stockholm.) Hierzu Tafel 15—18, Während das cerebro-spinale Nervensystem der Amphibien den Gegenstand zahlreicher Schriften bildet, besitzen wir über das sym- pathische Nervensystem dieser Thiere, besonders das der Urodelen, nur ganz vereinzelte, gelegentliche und wenig eingehende Angaben. Unter den Anuren ist Rana bezüglich ihres sympathischen Nerven- systems sehr wohl untersucht; insbesondere hat WIEDERSHEIM (1) davon eine eingehende Beschreibung geliefert. Was die Gymnophionen betrifft, so hat WIEDERSHEIM (2) eine Abbildung des vordern Theils des N. sympathicus von Epicrium ge- geben. Er schildert ihn als einen vom Ganglion Gasseri ausgehenden Strang, der mit dem N. facialis anastomosirt und Zweige entsendet, welche die Halsgefässe umspinnen. Er beschreibt weiter ein grosses Gangl. supremum, das sowohl mit dem Vagus als mit den zwei ersten Spinalnerven mehrfache Verbindungen eingeht. Im Uebrigen erwähnt er nur, „dass der seitlich am Rumpf gelagerte Grenzstrang mit jedem Spinalnerven eine Verbindung eingeht, und dass sich im Lauf des- selben eine, wie es scheint, auch in ihrer Form grossen individuellen Schwankungen unterworfene Anzahl von -Ganglien constatiren lässt“, In Betreff der übrigen Urodelen sind die Angaben noch spärlicher. Die einzige etwas ausführlichere Beschreibung ist die, welche von STANNIUS in seinem Handbuch der Anatomie (3) geliefert wird. Ich führe sie hier in extenso an: tie d'os msn. L 4 Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 185 „Was den N. sympathicus betrifft, so tritt bei Salamandra von dem N. vagus aus in Begleitung der Aortenwurzel jederseits ein Nerv zur Aorta. Ein paariger, von einzelnen gangliösen Anschwellungen unter- brochener Strang begleitet die Aorta. Zwei längliche, mit einander durch eine Commissur verbundene Anschwellungen liegen hinter den Ursprungsstellen der Art. subclaviae. Aus dem rechten Ganglion ent- steht ein die Art. gastrica begleitender Eingeweidenerv, weiterhin ein zweiter Nerv, der der Art. coeliaca folgt.“ Leypig (4) erwähnt, dass bei Salamandra die abdominalen Ganglien an den Venae card. post. entlang liegen, giebt aber keine nähere Darstellung davon. Er beschreibt dagegen die Ganglien als aus zwei verschiedenen Arten von Zellen bestehend, typischen Ganglien- zellen und kleinern schmutzig-gelben Zellen, die oft Fett enthalten und in diejenigen der Nebennieren übergehen. FIscHER (5) hat bei Amphiuma, Siren und Menobranchus eine Verbindung zwischen dem Gangl. N. facialis und dem Vagusganglion gefunden, die er als „Kopftheil des Sympathicus“ bezeichnet. Ich werde später auf diese Frage zurückkommen, nachdem ich meine Untersuchungen über Menobranchus dargelegt habe. Die neuern Lehrbücher der vergleichenden Anatomie schweigen über den N. sympathicus der Urodelen ganz und gar. Nur WIEDERS- HEIM (6) giebt, jedoch ohne sie im Text zu erwähnen, eine schema- tische Abbildung des vordern Theils des N. sympathicus von Sala- mandra atra‘). Der N. sympathicus geht hier vom Gangl. N. vagi aus und steht durch einen Plexus mit dem dritten, möglicherweise auch dem zweiten Spinalnerven in Verbindung. Rami communicantes der übrigen Spinalnerven sind hier nicht angedeutet. Unsre jetzige Kenntniss des sympathischen Nervensystems dieser interessanten Thiergruppe reicht also, wenn wir von den Gymno- phionen absehen, nicht weit über die schon längst von STAnNIUS ge- gebene kurz gefasste Beschreibung hinaus. Um eine Grundlage für die Kenntniss dieses Organsystems bei den Urodelen zu gewinnen, habe ich, auf Vorschlag von Herrn Prof. LECHE, im zootomischen Institut der Universität zu Stockholm einige Vertreter dieser Gruppe daraufhin untersucht, und es sind die Resultate dieser Untersuchungen, die im Folgenden vorgelegt werden. Mein Material verdanke ich dem Wohlwollen der Herren Prof, 1) Prof. WIEDERSHEIM hat brieflich mitgetheilt, dass diese Abbil- dung nach einem Originalpräparat gezeichnet ist. 186 OSKAR A. ANDERSSON, Lecne und Rerzıus, welche mir theils frische, theils in Spiritus auf- bewahrte Exemplare folgender Arten zur Verfügung gestellt haben: Salamandra maculosa, Amblystoma bicolor, Menobranchus late- ralis und Siredon pisciformis. Ich habe von jeder Art stets mehrere Exemplare untersucht. Eine Ausnahme macht nur Menobranchus, von dem nur ein einziges zu meiner Verfügung stand. Die frischen Exemplare wurden einige Stunden mit 1-proc. Chrom- säure behandelt und darauf in Alkohol gehärtet, wodurch die Nerven am deutlichsten hervortraten. Bei meinen Präparationen habe ich mich der Lupe und, zur Präparation von kleineren Thieren, eines Kocu’schen „Embryographen“ bedient, eines Instruments, das mir bei diesen Untersuchungen gute Dienste geleistet. Als meine Untersuchungen beinahe abgeschlossen waren, ward ich in den Stand gesetzt, von einer kürzlich erschienenen Arbeit eines französischen Forschers, CHEVREL (7), Kenntniss zu nehmen. In dieser Arbeit beschreibt CHEVREL die von ihm unter Anwendung von Fär- bung mit Ueberosmiumsäure ausgeführten Untersuchungen über die Anatomie des N. sympathicus bei Teleosteern und Selachiern, und er scheint mit dieser Methode, die er sehr lobt, sehr gute Resultate ge- wonnen zu haben. Ich bin im Stande gewesen, an einem frischen Axolotl diese Methode zu prüfen. Ich habe der Vorschrift CHEVREL’S gemäss 1-proc. Osmiumsäure auf das Thier getropft, es danach etwa eine Minute liegen lassen, dann mit Wasser übergossen und dem Lichte ausgesetzt. Nach etwa einer Stunde färben sich die blossgelegten Nerven mehr oder weniger schwarz, sind sie aber von Bindegewebe bedeckt, so färbt sich allmählich auch dieses schwarz oder bräunlich, was das Aufsuchen der Nerven in hohem Maasse erschwert. Da bei den Urodelen das sympathische Nervensystem in dem reichlichen und derben retroperitonealen Bindegewebe eingebettet liegt, ein Verhältniss, das jeder genauen Untersuchung in jener Gegend grosse Schwierig- keiten bereitet und leicht zu unrichtigen Resultaten in Bezug auf diese oder jene Details Anlass giebt, so ist es kaum möglich, die zarten Nerven des Sympathicus so blosszulegen, dass die Osmiumsäure immer zum Nutzen und nicht vielmehr zum Schaden gereicht. Gegen jene Färbungsmethode kann man schon a priori eine Ein- wendung machen, die ich auch durch die Erfahrung bestätigt gefunden habe. Da sie sich auf die Färbung der Myelinscheiden der Nerven- fasern gründet, myelinhaltige Nervenfasern aber in sehr wechselnder Anzahl in den sympathischen Nerven vorkommen, ja sogar fehlen Ps Lt LE Ye ET er 2e oder te. u nz Éd Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 187 können, so ist anzunehmen, dass die Färbung sehr variabel werden wird. So habe ich es auch gefunden, und es finden sich sogar Nerven, wie im Cervicaltheil, die sich erst gleichzeitig mit den sie umgebenden Geweben färben. Aus jenen Thatsachen geht hervor, dass die Färbung mit Ueber- osmiumsäure bei den Urodelen keine Erleichterung in dem Aufsuchen der kleinen sympathischen Nervenzweige gewährt. Das Problem, die jetzt so beschwerlichen und zeitraubenden Nervenpräparationen durch Färbung zu erleichtern, ‚bleibt wohl noch zu lösen. Ich gehe jetzt zu der Specialbeschreibung des sympathischen Nervensystems bei den einzelnen Arten über, um schliesslich in Kürze die allgemeinen Ergebnisse zusammenzufassen. Beschreibender Theil. Salamandra maculosa. Oeffnet man einen Salamander von der Ventralseite aus, legt die Eingeweide zur Seite und präparirt mit Vorsicht das parietale Blatt des Peritoneums ab, so erblickt man da, wo die Spinalnerven aus der Musculatur hervorkommen, von erstern ausgehende zarte Nerven, die in dem retroperitonealen Bindegewebe medial verlaufen und sich jederseits mit einem der Aorta folgenden, hier und da mit gangliösen Anschwellungen versehenen Strang vereinigen. Diese Nerven sind die Rami communicantes und der Grenzstrang des N. sympathicus. Ehe ich auf die nähere Beschreibung des Sympathicus eingehe, einige Worte von jenen Anschwellungen des Grenzstrangs! Um die sympathische Natur dieses Nerven zu constatiren, habe ich, obwohl eine histologische Untersuchung nicht in den Plan der vorliegenden Arbeit gehört, einige Schnitte durch Anschwellungen verschiedener Partien des Grenzstrangs gelegt, und es ist mir in allen gelungen, Ganglienzellen nachzuweisen. Zwischen den grossen Ganglienzellen kommen jedoch, besonders in den mit der Wand der V. card. post. innig vereinigten vordern Abdominalganglien, Anhäufungen kleinerer Zellen vor. Eine histologische Untersuchung wird ohne Zweifel in diesen Ganglien Verhältnisse nachweisen, die von denen der sym- pathischen Ganglien der höhern Vertebraten bedeutend abweichen. Ein Kopftheil des Sympathicus wird bei Salamandra gänzlich vermisst. Ich habe weder eine intracranielle Verbindung zwischen dem Gangl. N. vagi und dem N. facialis oder N. trigeminus, wie sie Rana besitzt, noch eine extracranielle zwischen dem Vagusganglion und dem Gangl. N. facialis, wie sie Fiscuer bei einigen Ichthyoden Zool. Jahrb, V, Abth. f, Morph, 13 188 OSKAR A. ANDERSSON, beschreibt, gefunden, Der zwischen dem R. glossopharyngeus N. vagi und R. hyoideo-mandibularis N. facialis verlaufende R. communicans N. facialis cum N. glossopharyngeo (Taf. T5 r. c.f.) ist dagegen von bedeutender Stärke. Der Grenzstrang geht jederseits von dem Gangl. N. vagi aus und folgt der Aorta nach hinten durch den ganzen Rumpf und den grössten Theil des Schwanzes. Der Beschreibung wegen theilt man ihn am besten in drei Partien ein, dabei hauptsächlich seinen topo- graphischen Verhältnissen Rechnung tragend: 1. Der cervicale Theil (p. ce.) reicht vom Gangl. N. vagi bis an die Ursprungsstelle der A. subelavia. 2. Der abdominale Theil (p.a.) steht durch den Plexus subclavius mit dem vorigen in Verbindung und erstreckt sich längs der Aorta abd. bis an die Ursprungsstelle der A. iliaca comm., wo er durch einen Plexus, Plexus iliacus, in den nächsten Theil übergeht. 3. Der caudale Theil (p. e.) folgt der Aorta von der Ursprungs- stelle der A. iliaca in den von den ventralen Bogen der Schwanz- wirbel gebildeten Canal hinein, wo er sich bis in die Höhe des zwanzigsten Caudalwirbels verfolgen lässt. Ich gehe jetzt zur nähern Beschreibung dieser Partien über. Der Cervicaltheil. Vom Gangl. N. vagi geht ventro-medianwärts ein zarter Nerven- faden aus, der sich an die Radix aortae anlegt und zu einem Ganglion (g.s.) anschwillt. Von diesem Ganglion gehen zwei Aeste aus. Der eine, R. communicans N. spin. I (r.c. I), dringt in die Musculatur ein, um sich dort mit dem ersten Spinalnerven zu vereinigen. Der zweite Ast zieht kopfwärts (r. a.) nach dem lateralen Rande des Para- sphenoids. Weiter ist es mir, seiner Kleinheit wegen, nicht gelungen ihn zu verfolgen. Der Grenzstrang setzt sich vom Ganglion (g. s.) der Aortenwurzel entlang zur Aorta fort und legt sich an den me- dialen Umfang der von der Occipitalgegend nach hinten ziehenden Vena card. ant. Mitten zwischen der Aortenwurzel und dem Ur- sprunge der A. subelavia tritt ein Ganglion auf, von dem ein Zweig zum zweiten Spinalnerven abgeht (r.c. IL). Gleich vor dem Austritt der A. subelavia legt sich der Grenzstrang dem ventralen Umfang der Vena card. ant. an und geht hier durch ein Ganglion (Gangl. subclavium ant.) (g. s. a.) in den Plexus subclavius über. Er entsendet jedoch zuvor, bisweilen zu einem Ganglion angeschwollen, einen Nerven (r. c. v.), der sich mit dem R. intestinalis N. vagi vereinigt. x = | i Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 189 Plexus subclavius. Zwei vor und hinter der A. subclavia gelegene Ganglien, Ganglia subclavia ant. und post. (g.s.a. und g.s.p.), constituiren nebst den zwischen ihnen verlaufenden, die A. subelavia umfassenden Nerven diesen Plexus. Es gehen nämlich vom Gangl. subel. ant. drei Nerven- zweige aus. Ein sehr feiner Ast geht ventral von der A. subelavia zum Gangl. subel. post. Der zweite, bedeutend stärkere Ast verläuft dorsal von der Arterie zu demselben Ganglion. Von diesem Nerven der einen Seite geht dorsal von der Aorta zum Gangl. subel. post. der entgegengesetzten Seite ein sehr zarter Faden, der möglicher Weise der von Srannius erwähnten Commissur entspricht. Ich nenne ihn darum die Srannius’sche Commissur (c. S.). Der dritte vom Gangl. subel. ant. ausgehende Nerv zieht lateralwärts, dem vordern Umfang der A. subclavia dicht anliegend, und vereinigt sich, nicht selten durch ein Ganglion (g.s./.), mit einem vom Gangl. subel. post. dorsal von der A. subel. nach vorn verlaufenden Zweig. Er theilt sich darauf in zwei Aeste. Der eine wird zum R. communicans des dritten Spinalnerven, der andere folgt der A. subelavia in die Vorder- extremität hinein, R. subclavius (r.sub.). Einen R. commun. des vierten Spinalnerven habe ich bei Salamandra nicht gefunden. Der Abdominaltheil. Der vom Gangl. subel. post. caudalwärts ziehende Grenzstrang legt sich dem medialen Umfang der Vena cardinalis post. an und ver- läuft so, wie es Taf. N, Fig. 1 zeigt, diesem Gefässe dicht anliegend und die Rr. communicantes dorsal von der Vene an die Spinalnerven absendend, bis auf die Höhe des zehnten Wirbels, wo die Venae card. post. in die Vena cava post. einmünden. Der Grenzstrang geht hier dorsal von der Vene und kommt in eine von der Aorta, der Vena cava post. und der Niere gebildete Rinne zu liegen (Taf. 17, Fig. 2). Er ist jedoch immer ventral von den Ursprüngen der Aa. spinales gelagert, wenn er auch um die eine oder andere A. renalis hin und wieder eine einfache Schlinge bildet (Taf. 16 s.). Der abdominale Theil des Sympathicus ist mit in der Regel metamer angeordneten Ganglien versehen, die caudalwärts allmählich an Grösse abnehmen. Die vordersten und grössten Ganglien umfassen den medialen und ventralen Umfang der Vena card. ant. (Taf. 17, Fig. 1) und sind mit der Wand dieses Gefässes innig vereinigt. Sie sind von einer distincten Kapsel mit fettähnlichem Gewebe umgeben. Von den Ganglien gehen 13* 9 Ie ‘ 190 OSKAR A. ANDERSSON, die Rr. communicantes der Spinalnerven aus. Sie vereinigen sich mit den Spinalnerven da, wo diese aus der Musculatur hervorkommen. Der eine oder andere mag jedoch bei seiner Vereinigung mit dem Spinalnerven yon einigen Muskelfasern bedeckt sein. In der Regel geht zu jedem Spinalnerven nur ein R. communicans, Ausnahmen finden aber, obwohl selten, statt. So können (Taf. 15 bei Sp. X) zwei Rr. communicantes zu einem Spinalnerven gehen, oder es kann, wie ich es sehr constant beim sechsten Spinalnerven gefunden habe, der R. communicans sich in zwei Aeste theilen, von denen jeder in ein Ganglion des Grenzstrangs einmündet. Aus jedem Grenzstrang treten zu den Eingeweiden zwei Nerven, die Nn. splanchnici anterior und posterior. Der erste (Taf. 15 n.sp.a.) geht vom Gangl. subel. post. aus oder kann von einem besondern, gleich hinter dem Gangl. subel. post. gelegenen Ganglion (g.sp.) entspringen. Die Nn. splanchniei anteriores folgen der A. coeliaca, oder, wenn deren zwei sind, je einer nach dem Magen. Die Nn. splanchnici posteriores (n.sp.p.) treten von den Grenzsträngen, unmittelbar bevor diese dorsal von den Einmündungsstellen der Venae card. post. verlaufen, aus, begleiten die A. mesenterica und gehen mit einander ventral von der Arterie eine Anastomose (a.sp.) ein. Das Verhalten der Zweige (r.g.) für die Geschlechtsnieren und die Mürrter’schen Gänge ist sehr interessant. Sie gehen nämlich oft von den Rr. communicantes aus (Taf. 17, Fig. 2). Ich habe dies immer bei drei bis vier Rr. communicantes jeder Seite gefunden. Sonst gehen sie von den den Rr. communicantes entsprechenden Ganglien oder von besondern Ganglien aus. Ob sie auf dem Mürrer’schen Gang einen Plexus bilden, habe ich ihrer Kleinheit wegen nicht er- mitteln können, mehrere Umstände sprechen jedoch dafür. Beim Uebergang in den caudalen Theil zeigt der Grenzstrang um die A. iliaca eine reichliche Plexusbildung, den Plexus iliacus. Plexus iliacus. Dieser Plexus, der, wie es Taf. 15 zeigt, in den Einzelheiten seiner Anordnung sogar bei demselben Individuum ein wenig wechseln kann, ist aus Schlingen um die A. iliaca und die nächst vor und hinter ihr von der Aorta ausgehende A. spinalis gebildet. Ein mit dem Sacralnerven communicirendes Ganglion (g.i.a.) liegt gleich vor der A. spinalis (A. sp.'), die zunächst vor der A. iliaca aus der Aorta entspringt. Ven diesem Ganglion gehen ausser dem Kt, communicans zwei Nerven aus. Der eine läuft ventral. von den de Pi a a) a cn à > UE Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 191 von der Aorta ausgehenden Arterien caudalwärts, und schwillt vor und hinter der A. iliaca zu Ganglien (g.i.i.! und g.:.,.?) an. Hinter der auf die A. iliaca folgenden A. spinalis (A. sp.?) zeigt er gleich- falls ein Ganglion (g.i.p.). Der zweite vom Ganglion g.1. a. ausgehende Strang geht dorsal von der Arterie (A. sp.!) und der von der A. iliaca ausgehenden A. renalis (A. r.) lateralwärts, anastomosirt vor und hinter dieser Arterie mit den Ganglien g.i7.! und g.i.i.? und theilt sich in zwei Nerven, von denen der eine, dem vordern Umfang der A. iliaca anliegend, zum R. communicans des ersten Caudalnerven wird, der andere aber dorsal von der A. iliaca caudalwärts geht und sowohl mit dem oben erwähnten aus dem Ganglion g.i.a. tretenden ventralen Aste als mit dessen Ganglion mehrfache, mit Ganglien versehene Verbin- dungen eingeht, aus denen ein R. communicans zum zweiten Caudal- nerven tritt. Es gehen von diesem Plexus auch Zweige ab, die sich in die Beckenniere begeben. Sehr häufig mangelt (Taf. 15 links) die Schlinge um die Arterie A. r. Der Caudaltheil. Vom Ganglion g.i.p. setzt sich der Grenzstrang, in zwei Aeste getheilt, nach hinten fort. Die letzte Vena renalis, die mit derjenigen der entgegengesetzten Seite zur Vena cava post. zusammenfliesst, wird von diesen Nerven umfasst. Hinter ihr vereinigen sie sich, um gleich wieder mittels einer Schlinge die in der Höhe des zweiten Caudal- wirbels ausgehende A. spinalis (A. sp.*) zu umfassen. Von dem ven- tral von der Vena renalis gelagerten Theil des Grenzstrangs geht ein Nerv (n.cl.) aus, der sich in Zweige für das Rectum und die Cloake spaltet. Die Grenzstränge begleiten nun die Aorta in den von den ventralen Bogen der Schwanzwirbel gebildeten Canal hinein. Vor dem Eintritt in diesen gehen sie jedoch mit einander eine Anastomose ein. Gleich hinter der Vereinigung der die Arterie A. sp.” umgebenden Nervenzweige geht von dem linken Greäzstrang ventral von der Aorta schräg caudalwärts ein Nervenast ab, der sich mit dem Grenzstrang der rechten Seite in einem der Basis des ventralen Bogens des dritten Schwanzwirbels (ersten ventralen Bogens) anliegenden Ganglion ver- einigt (a. c.). Hebt man in dem von der Ventralseite geöffneten Hämalcanal des Schwanzes die Vena caudalis mit einer Pincette vorsichtig empor, so erblickt man jederseits den Grenzstrang der Aorta dicht anliegend und ventral von den Aa. spinales gelagert. Von ihm gehen metamer 199 OSKAR A. ANDERSSON, angeordnete Zweige aus, welche, die Aa. spinales begleitend, zwischen den ventralen Bögen inedie Musculatur hinaustreten und dort mit den Caudalnerven anastomosiren, also den Rr. communicantes entsprechen. Jeder R. communicans geht in der Regel von einem Ganglion aus. Doch können an mehreren makroskopisch wahrnehmbare Ganglien fehlen. Nach der Schwanzspitze hin nimmt der Grenzstrang allmählich an Grösse ab, und etwa in der Höhe des zwanzigsten Schwanzwirbels entzieht er sich jeder weiteren Verfolgung durch directe Präparation. Amblystoma bicolor. Das sympathische Nervensystem dieses Molches stimmt in allem Wesentlichen mit dem der Salamandra überein. In einigen Punkten weicht es aber ab. Im Abdominaltheil gehen ausser den bei Salamandra beschriebenen Zweigen auch hier und da Nerven ab, aber sehr spärlich, die dicht an der Wirbelsäule in die Musculatur hineintauchen. Ihren weiteren Verlauf habe ich nicht verfolgt. Es ist aber wohl kein Zweifel, dass wir in diesen Nerven die Homologa der bei den Ichthyoden auftre- tenden, später zu erwähnenden Rr. intermedii zu erblicken haben. Wir begegnen weiter bei diesem Thier einer stärkeren Entwick- lung der Plexusbildungen als bei Salamandra. Die Schlingen um die Aa. spinales kommen hier viel häufiger vor, und können, wie es Taf. 17, Fig. 3 pl zeigt, eine nicht unbedeutende Differenzirung er- reichen. Die Anastomose zwischen den beiden Grenzsträngen im Beginn des Caudaltheils ist mehr entwickelt als bei Salamandra (Taf. 17, Fig. 3). Es geht nämlich von dem ersten im Hämalcanal liegenden sympathischen Ganglion jeder Seite ein ventral von der Aorta median-vorwärts verlaufender Zweig ab. Diese beiden Aeste vereinigen sich in der Mittellinie zu einem Nerven, der zu dem nächst vordern Ganglion des linken Grenzstrangs verläuft. Menobranchus lateralis. Bei diesem Thier begegnet uns eine ganz neue Form des Urodelensym- pathicus, die sehr wohl als ein eigner Typus aufgestellt zu werden verdient. Hier findet sich ohne Zweifel ein Kopftheil des Sympathicus, und der abdominale Theil zeichnet sich durch seine eigenthümlichen Verbindungen mit den Spinalnerven sowohl als durch eine weitgehende Plexusbildung aus. Der Kopftheil. | Vom Gangl. N. facialis geht ein, keineswegs, wie ihn FISCHER !) 1) Ich benutze hier und in der Beschreibung von Siredon die den Vagusästen von Fısc#er (l. c.) gegebenen Namen. Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 193 beschreibt, zarter, sondern verhältnissmässig grober Nerv zum R. pha- ryngeus N. vagi (Taf. 16 ph), um, mit diesem verschmelzend, in das Gangl. N. vagi einzumünden (/. s.). Er liegt dem Os epioticum dicht an, in einer Furche desselben verlaufend. Von diesem Nerven geht etwa in der Mitte seines Laufs ein Zweig (a) ab, der sich caudal- warts begiebt, um sich mit dem bald zu erwähnenden lateralen Ur- sprunge des Grenzstrangs zu vereinigen. Eine andere Commissur zwischen dem N. vagus und N. facialis zu finden ist mir ebensowenig wie FiscHEr gelungen. Dass der oben beschriebene Nerv jedoch nicht mit dem bei den Salamandrinen und mehreren Ichthyoden vorkommenden N. communicans N. facia- lis cum N. glossopharyngeo zu homologisiren ist, das geht schon daraus hervor, dass er sich in das Gangl. N. facialis hineinsenkt und nicht wie der N. communicans mit dem R. hyoideo-mandibularis des N. fa- cialis verschmilzt. Weiter hat ihn FIsCHER, ausser bei Menobranchus, auch bei Siren und Amphiuma gefunden und ausserdem bei der letz- teren auch einen R. communicans. Für die sympathische Natur dieses Nerven spricht die von mir gefundene Anastomose zwischen ihm und dem lateralen Ursprunge des sympathischen Grenzstrangs. Ich glaube deshalb, mich der Ansicht Fiscxer’s anschliessend, diesen Nerven als den Kopftheil des Sympathicus bezeichnen zu können. Der Cervicaltheil. Vom Gangl. N. vagi gehen zwei zarte Fäden caudalwärts. Diese verlaufen dorsal von der Radix aortae, legen sich an diese und ver- schmelzen zu einem Nerven, dem Grenzstrang des N. sympathicus, der die Aorta nach hinten begleitet. Ich nenne jene Nerven die Ursprünge des Grenzstranges. Der laterale von ihnen (s. /.) entspringt vom Vagusganglion zwischen den beiden ersten Kiemen- nerven, nimmt den oben erwähnten Zweig a vom Kopftheil auf und schwillt zu einem Ganglion (g.s.) an. Hier giebt er einen Ast zum zweiten Kiemennerven ab und setzt sich zur Radix aortae fort, wo er sich, wie oben beschrieben, mit dem zweiten Ursprung des Grenz- strangs, dem medialen, vereinigt. Der mediale (s.m.) entspringt vom Vagusganglion zwischen dem R. intestinalis und dem dritten Kiemennerven. Er scheint nicht völlig constant zu sein. Bei dem von mir untersuchten Exemplar war er nämlich auf der rechten Seite (cf. Taf. 16) nicht zu finden, und vom Ganglion g.s. ging da ein Nerv zum R. intestinalis ab (r. v.). Der Grenzstrang läuft, der Aorta fol- gend, caudalwärts, um bei der A, subclavia durch einen Plexus sub- {94 OSKAR A. ANDERSSON, clavius in den abdominalen Theil überzugehen. Zuvor giebt er jedoch ganz wie bei Salamandra einen R. communicans N. vagi ab (r.c.v.), der sich mit dem R. intestinalis N. vagi durch einen von sehr zarten Fädchen gebildeten Plexus vereinigt (pl.v.). Rr. commu- nicantes zu den drei ersten Spindelnerven habe ich nicht gefunden. Plexus subelavius. Die allgemeine Anordnung dieses Plexus ist dieselbe wie bei Salamandra. Einige Abweichungen verdienen jedoch erwähnt zu werden. Der ventral von der A. subelavia verlaufende Ast ist hier der stärkste, der dorsale aber ganz zart. In der Mitte seines Ver- laufes ist dieser zu einem Ganglion (g.s.m.) angeschwollen, das an das der entgegengesetzten Seite eine Commissur, die Stanxıus’sche Commissur (e. S.), entsendet. Das Gangl. subel. post. war rechts doppelt, und es ging von dem vordern dieser Ganglien (g.s.p.!) ein Zweig (r.c.v.!) zum R. intestinalis N. vagi aus. Der Plexus sub- clavius entsendet weiter R. communicantes zum vierten und fünften Spinalnerven, und von dem ersten dieser Aeste zweigt sich ein der A. subclavia in die Vorderextremität folgender Ast, R. subelavius (r.sub.), ab. Der Abdominaltheil. Die Verbindungen zwischen Grenzstrang und Spinalnerven sind in diesem Theil von grossem Interesse. Von jedem Spinalnerven gehen zwei Rr. communicantes aus. Der eine entspringt von dem Nerven sehr lateral, durchbohrt die bei diesem Thier sehr kräftige Seiten- musculatur und geht medianwärts, um sich mit dem Grenzstrang zu Aereinigen. Er entspricht ohne Zweifel dem bei Salamandra ex- stirenden schon beschriebenen R. communicans. Der zweite R. com- municans entspringt dagegen nicht weit vom Austritt des Spinalnerven aus dem Wirbelcanal. Um seinen Verlauf deutlich zu machen, muss ich einige Bemerkungen über den Bau der Processus transversi der Wirbel sowohl als über die Verbindungen zwischen Aorta und Art. vertebralis collateralis, Verhältnisse, die meines Wissens noch nicht beschrieben sind, vorausschicken. Die Proc. transversi gehen wie bei allen Amphibien mittelst zweier Wurzeln, einer ventralen und einer dorsalen, vom Wirbel aus. Diese Wurzeln; fassen zwischen sich einen Canal, das Foramen trans- versarium (Taf. 17, Fig. 7 F. tr.), durch welchen die A. vertebralis collateralis läuft. In der ventralen Lamelle tritt vom siebten Stamm- | | | | | | | | | | Berry Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 195 wirbel an bis zum dritten Caudalwirbel ein Foramen auf, das ich Foramen intermedium (Taf. 17, Fig. 6 u. 7 F.i.) nennen will. Durch dieses Foramen geht ein Zweig der Aorta (ich bezeichne ihn als A. intermedia) zur A. vertebralis collateralis. Es ist weiter zu bemerken, dass bei Menobranchus die Aorta im Rumpf keine die Seitenmusculatur versorgenden Aa. spinales abgiebt, sondern diese gehen aus der A. vertebralis collateralis hervor. Der oben erwähnte zweite R. communicans, den ich mit dem Namen eines R. communicans collateralis (Taf. 17, Fig. 4 r.c. coll.) bezeichne, tritt in das For. transv. des vor ihm liegenden Wirbels ein und vereinigt sich da mit einem der A. vertebr. coll., ihrem lateralen Umfang dicht anliegend, folgenden Strang, dem N. sympathicus collateralis (s.coll.). Dieser entsendet, in der Regel zu einem Ganglion (g. coll.) angeschwollen, durch jedes For. intermed. einen Zweig zum Grenzstrang, R. intermedius (r.:.), der sich dem lateralen Umfang der A. intermedia anlegt. Was nun die Grenzstränge anbelangt, so zeichnen sie sich in diesem Theil durch eine reichliche Plexusbildung aus. Die Nn. splanch- nici gehen von ihnen nicht symmetrisch aus und verursachen darum in den vordern Theilen der Grenzstränge eine auffallende Verschie- denheit der Plexusanordnungen beider Seiten. Es wird daher nöthig sein, jedem Grenzstrang eine besondere Beschreibung zu widmen. Linker Grenzstrang (Taf. 16). Vom Gangl. subclavium post. gehen nach hinten vier Zweige aus. Einer (r. ec. VI) begiebt sich mehr lateralwärts, taucht in die Seitenmusculatur ein und wird zum R. communicans des sechsten Spinalnerven. Ein anderer, N. splanch- nicus anterior (n.sp.a.), folgt der hier ausgehenden A. coeliaca zum Magen. Die beiden übrigen laufen neben einander der Aorta entlang und schwellen in der Höhe des sechsten Wirbelkörpers ein jeder zu einem Ganglion an. Diese Ganglien sind durch eine Com- missur verbunden. Von dem medialen dieser Nerven zweigt sich ein Ast (c) zum N. splanchnicus ant. ab. Aus jedem Ganglion (g. sp. laterales Ganglion und g. sp’ mediales) geht ein Nerv hervor, der sich an die an diesem Orte von der Aorta ausgehende kräftige A. coeliaca anlegt, welche beide Nerven bald zu einem Stamme, dem vordern N. splanchnicus medius (n.sp.an.) verschmelzen. Dieser folgt der Arterie, nimmt von dem N. sympathicus der entgegen- gesetzten Seite einen Nerven auf (n.sp.) und verzweigt sich schliess- lich auf dem Magen. In dem übrigen Theil der vor der Niere gelegenen Partie des 196 OSKAR A, ANDERSSON, abdominalen Grenzstrangs lassen sich zwei mit einander häufig ana- stomosirende Stränge unterscheiden: einer folgt der Aorta, der me- diale Strang (m.st.), der zweite, der laterale Strang (/.st.), begleitet die V. cardinalis posterior. Um dem Leser eine weitschweifige Beschreibung zu ersparen, ver- weise ich bezüglich der Details in dem Verlauf und den Verbindungen dieser Nerven auf die Abbildung und gebe hier nur das Wesent- lichste an. Der laterale Strang entspringt von dem oben erwähnten Ganglion g. sp., das ausserdem einen R. communicans zum siebten Spinal- nerven entsendet. Er sendet zum Magen einen der A. coeliaca ent- lang neben dem oben erwähnten vordern N. splanchnicus medius ver- laufenden hintern N. splanchnicus medius (.sp.m’). Uebrigens ist zu bemerken, dass der laterale Strang sich in zwei Aeste theilt, einen dorsalen und einen ventralen (d. z. und ». 2.). Der mediale Strang lässt sich vom R. communicans des neunten Spinalnerven verfolgen. In der Höhe des zwölften Wirbels nimmt er in einem Ganglion (g. XII) dem hier von der V. cardin. post. ab- weichenden lateralen Strang auf. Er nimmt auch, in der Regel ganglien- förmig angeschwollen, die zwischenliegenden R. communicantes und intermedii auf. Der R. communicans des zwölften Spinalnerven mündet mit dem entsprechenden R. intermedius vereinigt in das Ganglion 9. XII ein. Beim zehnten Wirbel habe ich keinen R. intermedius ge- funden. Uebrigens gehen die beiden Stränge (cfr. Taf. 16) mit ein- ander vielfache Verbindungen ein, und von beiden gehen anastomo- sirende Zweige zum N. sympathicus der entgegengesetzten Seite, von denen später eine genauere Beschreibung gegeben werden wird. Der R. communicans des dreizehnten Spinalnerven geht mit den beiden Strängen eine netzförmige Verbindung ein, schwillt zu einem Ganglion an, das den entsprechenden R. intermedius aufnimmt, und zerfällt in zwei Nerven, die sich mit dem der Aorta folgenden, aus der Vereinigung der beiden Strängen hervorgegangenen einfachen Grenzstrang ver- einigen. Der vordere dieser Vereinigungspunkte ist durch ein Ganglion (9.5p.p.) ausgezeichnet, von dem ein die A. mesenterica begleitender Nerv, N. splanchnicus post. (n.sp.p.), ausgeht. Der Grenzstrang läuft dann dorsal von der in die V. cava post. einmündenden V. card. post., und kommt in eine von der Niere, Vena cava post. und Aorta begrenzte Rinne zu liegen. Die Verbin- dung zwischen Grenzstrang und Spinalnerven geschieht von hier an sehr regelmässig in der Weise, wie es das nachstehende Schema zeigt; Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 197 Abdominaler Sympathicus von Menobranchus lateralis. Nierengegend. V. vorn, H. hinten, g. Ganglion des Grenzstrangs, g. coll. Ganglien des collateralen Sym- pathicus. n.sp. Spinalnerv, pl. Schlingen des Sympathicus um die Nieren- und Genital- arterien, r.c. R, communicans des Spinalnerven, r.¢. coll. R. commun. collateralis des Spinalnerven, r.g. Zweig für die Geschlechtsdrüse, r.z. R. intermedius, 7.7. Zweig für die Niere, 3. coll. N. sympathicus collateralis. Der R. communicans mündet in ein Ganglion des Grenzstrangs ein. Der R. intermedius entsendet nach vorn einen Zweig, der sich mit dem R. communicans vereinigt, biegt selbst nach hinten um und bildet mit dem Grenzstrang Schlingen, welche die Renal- und Genital- arterien umfassen. Von diesen Schlingen gehen Zweige für die Niere und den Hoden ab, die den entsprechenden Arterien folgen. Die Austrittsstellen dieser Nerven sind bisweilen durch Ganglien aus- gezeichnet. Mindere Variationen können, wie es ein Blick auf Taf. 16 zeigt, in diesem Schema vorkommen, besonders was das Auftreten der Ganglien betrifft, doch gilt in ihren Hauptzügen die oben beschriebene Anordnung. Rechter Grenzstrang (Taf.16). Vom Gang]. subclavium post. geht auch hier sowohl ein R. communicans des sechsten Spinalnerven aus als ein N. splanchnicus ant., der sich jedoch hier mit einem vom Ganglion g.s.p’ ausgehenden Faden vereinigt. Die zwei übrigen Nerven zeigen aber ein von dem der linken Seite verschiedenes Ver- halten. Es tritt nämlich schon an diesem Orte eine Trennung in einen medialen und einen lateralen Strang auf, die so verlaufen, wie es auf der linken Seite beschrieben wurde. Der laterale Strang schwillt zu einem Ganglion (g. VI) an, von dem ein Ast zum R. communicans des sechsten Spinalnerven und einer zum medialen Strang ausgeht. Dieser Strang entsendet weiter Rr. communicantes zu dem siebten und achten Spinalnerven und den Zweig n.sp., der, wahrscheinlich dem hintern N. splanchnicus medius 198 OSKAR A. ANDERSSON, des linken Grenzstrangs homolog, sich, wie oben erwähnt, mit dem vordern N. splanchnicus medius vereinigt. Der laterale Strang, der hier und da mit Ganglien versehen ist, verschmilzt, nachdem er in einem Ganglion Zweige von dem R. communicans des dreizehnten Spinal- nerven und dem R. intermedius des zwölften Wirbels aufgenommen, durch ein Ganglion (g. sp. p.) mit dem medialen Strang, mit welchem er während seines Verlaufs schon vorher mehrere Verbindungen ein- gegangen ist. Der mediale Strang geht vom siebten Wirbel an in etwas wechselnder Weise Verbindungen mit den Rr. communicantes und intermedii ein. Aus dem Ganglion g.sp.p., in welches auch der R. communicans des dreizehnten Spinalnerven einmündet, geht ein N. splanchnicus post. hervor. Bemerkenswerth ist, dass in dem vor- dern Theil des Abdominalsympathicus die Plexusbildung des rechten Grenzstrangs grösser als die des linken zu sein scheint, während die Ganglien kleiner und spärlicher sind, ein Verhalten, das wahrscheinlich mit dem ungleich grossen Antheil der verschiedenen Grenzstränge an der Innervirung der Eingeweide im Zusammenhang steht. Der hinter der Einmündungsstelle der Vena card. post. in die V. cava post. gelegene Theil des Grenzstrangs stimmt mit dem der entgegengesetzten Seite völlig überein. Die beiden Grenzstränge des Sympathicus gehen während ihres Verlaufs durch die Bauchhöhle mit einander Verbindungen mittels dorsal von der Aorta verlaufender Querzweige an vier Stellen ein. Die erste dieser Anastomosen (c,) ist ein zwischen den beiden me- dialen Strängen in der Höhe des achten Wirbels hinziehender Faden. Der zweite (c,) befindet sich zwischen dem medialen Strang des rechten Grenzstrangs und dem lateralen des linken in der Höhe des neunten Wirbels. Der dritte (c,,) besteht aus zwei von dem medialen Strang des linken Grenzstrangs ausgehenden Nerven, die sich ventral vom elften Wirbel zu einem vereinigen, der in den medialen Strang des rechten Grenzstrangs einmündet. Die vierte Anastomose (¢, ,) ist die kräftigste und complicirteste. Sie ist in der Höhe des acht- zehnten Wirbels gelegen und wird von zwei mit einander in der Mittel- linie anastomosirenden, quer gehenden Nerven zusammengesetzt. Plexus iliacus. Dieser Plexus erreicht hier keine höhere Entwicklung. Er besteht nur aus einfachen Schlingen, welche die A. iliaca und die davon ah- gehende A, intermedia umfassen, | Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 190 Der Caudaltheil. Die vorderste, den zwei ersten Caudalwirbeln entsprechende Partie dieses Theils zeigt dieselbe Anordnung wie der letzte Theil des Ab- dominalsympathicus. In der Höhe des dritten Caudalwirbels wird aber die Anordnung durch die hier abgehenden Nerven für die Cloaken- gegend beträchtlich gestört. Die Rr. intermedii hören von hier an auf. Vor der hier abgehenden A. intermedia spaltet sich der Grenz- strang in zwei Aeste, welche die Arterie umfassen und sich hinter ihr wieder vereinigen. An der Theilungsstelle oder an dem ventralen Zweig ist ein Ganglion (g. cl.) gelegen. Von diesem geht jederseits ein Nerv (n. ¢.) aus. Die Nerven beider Seiten vereinigen sich in der Mittellinie ventral von der Aorta zu einem Nerven, der nach vorn zieht, um sich mit einem am linken Grenzstrang gleich hinter der A. intermedia am zweiten Caudalwirbel gelegenen Ganglion (g.c,) zu vereinigen. Jener Nerv sendet ventralwärts einen Zweig aus, der sich bald in zwei Aeste (n. r. und ».m.) theilt. Der Ast n.r. geht zum Rectum, die dahin ziehende A. post- mesenterica begleitend. Der Ast n. m. geht lateralwärts und verschmilzt mit einem vom linken Ganglion g. cl. ausgehenden Zweig (r. h.). Der Ast r. h. entsendet Zweige (r.cl.), die für die linke Seite der Cioakenhaut und der bei Menobranchus sehr wohl entwickelten Cloaken- drüsen bestimmt sind. Nach seiner Vereinigung mit ». m. begiebt sich r. h. zum linken MÜLLER’schen Gang, um sich auf dessen caudalem Theil zu verzweigen. Ausser von den Nerven r. cl. wird die linke Seite der Cloaken- haut und -drüsen auch von zwei aus dem linken Grenzstrang hervor- gehenden Cloakennerven (». cl.) innervirt. Zwischen r. k. und dem nächsten Cloakennerven existirt eine Anastomose (a. cl.), von der ein R. communicans ausgeht. Aus dem Ganglion g. cl. der rechten Seite geht auch ein dem Nerven r. h. entsprechender Ast hervor, der sich in Zweige für den Enddarm und den Mürrer’schen Gang spaltet. Zwei Cloakennerven gehen wie an der rechten Seite vom Grenzstrang ab. Der hintere von ihnen geht mit dem Ganglion (g. cl.) eine Anastomose ein, die den R. communicans entsendet. Der Grenzstrang folgt dann jederseits der Aorta nach hinten und tritt mit ihr in den von den ventralen Bogen der hintern Schwanz- wirbel gebildeten Hämalcanal des Schwanzes ein. Sein weiterer Ver- 200 OSKAR A. ANDERSSON, lauf in diesem Canal liess sich bei dem zu meiner Verfügung stehenden Exemplar ine verfolgen. Siredon pisciformis. Das sympathische Nervensystem von Siredon stimmt im Allgemeinen mit dem von Menobranchus gut iiberein. Einige Theile bieten jedoch ab- weichende Verhältnisse dar und verdienen eine nähere Beschreibung. Beziehungen des N. sympathicus zu den Cranialnerven (Taf. 18, Fig. 1). Ein Kopftheil des Sympathicus, und zwar sowohl ein extra- als ein intracranieller, wird bei Siredon vermisst. Ein R. communicans N. facialis cum N. glossopharyngeo, der mit dem N. glossopharyngeus eine Anastomose (a) eingeht, ist dagegen wohl entwickelt vorhanden. Wie bei Menobranchus kann man zwei Ursprünge des N. sympathicus vom Ganglion N. vagi unterscheiden. Der laterale entspringt vom Gangl. N. vagi zwischen dem zweiten Kiemennerven und dem R. ac- cessorius'). Er liegt Anfangs dem R. accessorius dicht an, biegt dann medialwärts, verläuft ventral von den Vagusästen und vereinigt sich neben der Radix aortae mit dem medialen Ursprung. Er entsendet während seines Verlaufs Zweige zum R. accessorius und R. cutaneus. Der mediale Ursprung des Sympathicus geht vom Gangl. N. vagi zwischen dem R. cutaneus und dem R. intestinalis ab, läuft zwischen diesen Nerven nach hinten, biegt dann ventro-medialwärts um und verschmilzt in einem Ganglion (g.s.) mit dem lateralen Ursprung. Von diesem Ganglion geht der Grenzstrang ganz wie bei Menobranchus, der Aorta folgend, nach hinten. Der Cervicaltheil und der Plexus subclavius zeigen dieselbe An- ordnung wie bei Menobranchus. Der Abdominaltheil. In diesem Theil des Grenzstrangs begegnen uns aber von denen bei Menobranchus etwas abweichende Verhältnisse, die mit der ver- schiedenen Gefässanordnung in Zusammenhang zu stehen scheinen. Darum zunächst einige Worte über diese | 1) Es ist hier zu bemerken, dass der R. accessorius nicht, wie Fischer es beschreibt, der fünfte, sondern bei meinen Exemplaren der vierte (cf. Taf. 18, Fig. 1) vomi Vagusganglion ausgehende Stamm ist. Sein Ursprung ist zwischen den beiden Kiemennerven gelegen. —_—— 2a Yur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 90] Die Aorta giebt bei diesem Thiere die Seitenmusculatur versor- gende Aa. spinales ab. Diese können entweder zwischen der Wirbel- säule und der Musculatur dorsalwärts ziehen, um längs der ventralen Oberfläche des Proc. transversus in die Musculatur einzudringen, oder verlaufen Anfangs ventral von der Musculatur, um erst ganz weit von der Mittellinie in die Musculatur einzutauchen. Stets ent- sendet jedoch die A. spinalis zur A. vertebralis collateralis einen Zweig, der hinter der ventralen Wurzel des Proc. transversus in einer Incisur derselben verläuft. Diese Incisur kann bisweilen von einem Ligament (Taf. 17, Fig. 5 !) geschlossen sein oder ganz wie bei Menobranchus in ein Foramen umgewandelt werden. Ein R. communicans ist bei jedem Spinalnerven stets vorhanden. Er geht wie bei den Salamandrinen von dem Spinalnerven da aus, wo dieser aus der Musculatur hervorkommt, und folgt der A. spinalis, wenn diese ventral von der Musculatur verläuft. Einen R. intermedius trifft man auch nicht selten im Abdominaltheil. Diese Nerven sind jedoch bei weitem nicht so constant wie bei Menobranchus. Sie sind ausserordentlich zart, und es ist mir leider nicht gelungen, zu er- mitteln, ob sie zu einem der A. vertebralis colläteralis folgenden Strang, einem N. sympathicus collateralis, zusammenfliessen oder nur, wie es Taf. 17, Fig. 5 zeigt, die Aa. spinales begleitend, hier und da mit einander anastomosiren. Bei einigen Spinalnerven habe ich eine Anastomose zwischen dem R. intermedius und dem Spinalnerven ge- funden, bei andern aber nicht. Die Rr. communicantes und intermedii vereinigen sich längs der Aorta jederseits zu einem Grenzstrang, der plexusartig die von der Aorta ausgehenden Arterien umfasst. Die Plexus- bildung ist jedoch hier nicht so weit gediehen wie bei Menobranchus. Die drei Paare von Eingeweidenerven gehen von den Grenz- strängen symmetrisch aus und die Nerven für Nieren und Geschlechts- drüsen folgen den zu diesen Organen ziehenden Arterien. Ich habe nur noch zu erwähnen, dass beim Weibchen vom vordern Theil des Abdominalsympathicus ein starker, durch Verschmelzung mehrerer Zweigen gebildeter Nerv zum MU ver’schen Gang tritt. Der Caudaltheil (Taf. 18, Fig. 2). Der im Hämalcanal des Schwanzes gelegene Theil der Grenz- stränge zeigt eine nicht unbedeutende Auflösung in Plexus und mehrere Anastomosen zwischen den Nn. sympathici der beiden Seiten. Die Grenzstränge erstrecken sich bis auf die Höhe des zwanzigsten Caudalwirbels und communiciren mit den in der Schwanzmusculatur 209 ÖSKAR A. ANDERSSON, verlaufenden caudalen Spinalnerven durch metamer angeordnete Rr. communicantes, die den Hämalcanal durch die Zwischenräume zweier auf einander folgender ventraler Bogen verlassen, den Aa. spinales folgend, wenn diese nicht durch Foramina in den Basen der ventralen Bogen verlaufen. Die Rr. communicantes können hier und da fehlen (*). Am Anfang des Hämalcanals findet eine beträchtliche Plexus- bildung statt. In der Höhe des dritten Caudalwirbels entsendet näm- lich jeder Grenzstrang einen medialwärts und nach hinten verlaufenden Nerven, der sich auf dem ventralen Umfange der Aorta caudalis mit dem der entgegengesetzten Seite und mit von dem entsprechenden Grenzstrang metamer ausgehenden Zweigen ein dichtes Geflecht (pi. c.) erzeugt, um in der Höhe des Zwischenraums zwischen dem fünften und sechsten Caudalwirbel wieder in ein Ganglion des Grenzstrangs einzumünden. In seinem weitern Verlauf bildet jeder Grenzstrang, der mit in der Regel metamer angeordneten Ganglien versehen ist und sich durch eine auffallende Grössenverschiedenheit seiner verschiedenen Theile auszeichnet, Schlingen um die Aa. spinales oder läuft, besonders im hintern Theil, einfach ventral von ihnen. An mehrern Stellen gehen die beiden u mit einander Anastomosen ein (a@,—4@,,), von deren oft sehr complicirter Anordnung die Abbildung (Fig. 2) eine Vorstellung giebt. Nach der letzten Anastomose wird der eine Strang viel zarter als der andere, die beiden Nerven ziehen über einige Wirbel als einfache Stränge hinweg, bis endlich der zartere der zwei Nerven dorsal von der Aorta in den stärkern einmündet und dieser sich allein (p.i.) nach hinten fortsetzt, um einen oder zwei Rr. communicantes abzugeben und sich in feine Gefässnerven aufzulösen. Allgemeine Ergebnisse. Die verschiedenen Arten der Urodelen bieten, wie die vorher- gehende Beschreibung darthut, ganz verschiedene Formen des sym- pathischen Nervensystems dar. Es lassen sich für die von mir unter- suchten Arten zwei Typen aufstellen: der Salamandrinen-Typus (Salamandra, Amblystoma) und der Ichth yoden- Typus (Meno- branchus, Siredon). Der erste zeigt die einfachsten Verhältnisse und erinnert ein wenig an den N. sympathicus der Anuren. Bedeutende Verschiedenheiten von diesen ergeben sich jedoch durch den Mangel eines Kopftheils und das Vorkommen eines wohl entwickelten caudalen Theils. Jeder- seits geht vom Ganglion N. vagi ein mit in der Regel metameren Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 9203 Ganglien versehener Grenzstrang aus, der an der Aorta entlang durch den ganzen Rumpf zieht, und sich in den Hämalcanal des Schwanzes bis in die Nähe der Schwanzspitze fortsetzt. Er steht mit jedem Spinalnerven durch einen R. communicans in Verbindung. Die beiden Grenzstränge bilden um die Aa. subclaviae und iliacae einen mit Ganglien versehenen Plexus und gehen an zwei Stellen mit einander Verbindungen ein, am Austritt der Aa. subelaviae durch einen dorsal von der Aorta ziehenden Zweig, und gleich vor dem Eintritt in den Hämalcanal des Schwanzes durch eine ventral von der Aorta ver- laufende Queranastomose. Amblystoma nähert sich dem zweiten Typus durch das Vorkommen der Rr. intermedii. Bei dem Ichthyoden-Typus kommt ein Kopftheil vor, der jedoch bei Siredon vermisst wird. Nach FiscHER soll er jedoch bei Siren und Amphiuma vorkommen. Der Grenzstrang entspringt hier mit zwei Ursprungstheilen vom Vagusganglion und erstreckt sich den ganzen Rumpf und den grössten Theil des Schwanzes hindurch. Er zeigt eine sehr reichliche Plexusbildung, ja, man kann sogar sagen, dass der Abdominaltheil des sympathischen Nervensystems sich in zwei der Aorta folgende, mit einander communicirende Nervenplexus gespalten hat. Bemerkenswerth ist das, am besten bei Menobranchus entwickelte, collaterale sympathische Nervensystem, das wahrscheinlich in naher Beziehung zu der eigenthümlichen Gefässanordnung steht, die sich bei den Ichthyoden für die Blutversorgung der Rumpfmusculatur ent- wickelt hat. Leider sind diese interessanten Gefässe nur wenig unter- sucht. Es scheint jedoch nach der kurzen Beschreibung der Verhält- nisse bei Siren und Proteus, Menopoma und Cryptobranchus, die von Hyrrz (8) gegeben ist, als hätten wir bei den Ichthyoden alle Stufen zwischen der Salamandrinenanordnung, wo die Aorta alle die Rumpf- musculatur versorgenden Aa. spinales abgiebt und von der A. verte- bralis collateralis ganz unabhängig verläuft, und der oben beschriebenen Anordnung bei Menobranchus, wo die A. vertebralis collateralis die Muskelzweige abgiebt und die Aorta vom siebten Stammwirbel an bis zum dritten Caudalwirbel mit ihr metamere Verbindungen eingeht. Augenscheinlich nimmt Siredon zwischen diesen beiden Formen eine Zwischenstellung ein. In Uebereinstimmung hiermit finden wir bei Salamandra keine Andeutung eines collateralen sympathischen Nervensystems. Bei Siredon und wohl auch bei Amblystoma treten die ersten Spuren eines solchen Zool. Jahrb. V. Abth, f. Morph. 14 204 OSKAR A. ANDERSSON, als Rr. intermedii auf. Es ist jedoch hier, soweit ich gefunden habe, zur Bildung eines der A. vertebralis collateralis folgenden Strangs nicht oder nur zum Theil gekommen. Menobranchus zeigt dagegen einen sehr wohl entwickelten collateralen Grenzstrang, der sowohl mit den Spinalnerven als mit dem abdominalen Grenzstrang in Verbindung steht. Bemerkenswerth ist die Aehnlichkeit, welche das collaterale sym- pathische Nervensystem bei Menobranchus mit dem Verhalten des Halssympathicus der Crocodilier und Vögel darbietet. Auch bei diesen Thieren spaltet sich bekanntlich der Grenzstrang in zwei Aeste, von denen der eine der A. vertebralis folgt. Ob wir es hier nur mit ana- logen Anordnungen zu thun haben, oder ob diesen gleichartigen Ver- haltnissen, die bei so verschiedenen Thiergruppen wie Ichthyoden, Crocodiliern und Végeln vorkommen, ein genetischer Zusammenhang zu Grunde liegt, hierüber ist es selbstverständlich noch viel zu früh eine Ansicht auszusprechen. Eine den beiden Typen des Urodelensympathicus gemeinsame Eigenthümlichkeit ist die Anhäufung von Ganglien, den grössten des gan- zen sympathischen Grenzstrangs, die um die A. subelavia und im vordern Theil des abdominalen Grenzstrangs stattfindet. Dieses Verhalten steht wohl ohne Zweifel in Beziehung zu dem hier stattfindenden Austritt der Nerven für die Eingeweide und die vordere Extremität. Was diesen Ast, den R. subclavius betrifft, so wäre es von Interesse, physio- logische Untersuchungen über seine Function anzustellen. Seine ver- hältnissmässig bedeutende Grösse macht es nämlich nicht unwahr- scheinlich, dass er mehr als nur vasomotorische Fasern enthält. Von besonderm Interesse ist das Vorkommen von wohl entwickelten sympathischen Grenzsträngen im Hämalcanal des Schwanzes, die zweifellos mit den caudalen Nn. sympathici der Teleostier zu homo- logisiren sind. Ich kann, wenn von diesem Umstand die Rede ist, die bemerkenswerthe Uebereinstimmung nicht mit Stillschweigen über- gehen, die zwischen den caudalen sympathischen Nerven der Ichthy- oden und Teleostier besteht. Die metamere Natur der caudalen Grenz- stränge ist in beiden Gruppen wohl bewahrt, aber wir finden auch sowohl bei Ichthyoden als bei Teleosteern zahlreiche Anastomosen zwischen den Grenzsträngen, die nach CaevreL bei den Teleosteern streng metamer angeordnet sind. Die bei den Teleosteern vorkom- mende bedeutende Grössenverschiedenheit zwischen verschiedenen Par- tien des caudalen Grenzstrangs findet sich, wenn auch nicht so aus- geprägt, auch bei Siredon wieder. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass das ‚Vorkommen eines wohl ——s Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der ürodelen Amphibien. 205 entwickelten, seine metamere Natur gut conservirenden caudalen Theils des Sympathicus bei den Urodelen der von WIEDERSHEIM aufgestellten Hypothese, dass die bei Rana bisweilen am Os coccygis entlang auf- tretenden Ganglien als atavistische Bildungen anzusehen wären, eine gewisse Stütze verleiht. Bisher ist unter allen Wirbelthieren nur bei den Teleosteern ein caudaler Sympathicus beschrieben. Es ist deshalb von Bedeutung, dass auch die Urodelen einen solchen besitzen, und es giebt Anlass, das Vorkommen eines caudalen Sympathicus oder doch Reste eines solchen auch bei Sauriern und Crocodiliern zu vermuthen. Für die Homologie des Schwanzes ist das Vorkommen des sym- pathischen Nervensystems in dem von den ventralen Bogen der Schwanz- wirbel gebildeten Raum auch nicht ohne Bedeutung. Es spricht stark für die Ebenbürtigkeit dieses Raums mit dem von den Rippen um- schlossenen. 14% 206 OSKAR A. ANDERSSON, | sympathische Nervensystem ist mit hochgelber ‘Farbe bezeichnet, das cerebrospinale mit punctirter gelber. Ao. Aorta. . A.p.m. A. postmesenterica. Ao.c. Aorta caudalis. A.r. A. renalis. A.c. A. coeliaca. A.g. A. genitalis. A.i. A. iliaca. “= A.s. A. subclavia. : A.m. A. mesenterica. A. sp, A. spinalis. Literatur-Verzeichniss. Ecker u. WIEDERSHEIM, Die Anatomie des Frosches. Braunschweig 1864—82. WIEDERSHEIM, R., Die Anatomie der Gymnophionen. Jena 1879, p. 63—64, tab. 7, fig. 80. Srannivus, Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 2. Aufl. Berlin 1854, 2. Buch, p. 149. Leypie, F., Anatomisch-histologische Untersuchungen über Fische und Reptilien. 1853, §§ 83, 90. Fiscuer, J. G., Anatomische Abhandlungen über die Perennibran- chiaten und Derotremen. Hamburg 1864. WIEDERSHEIM, R., Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbel- thiere. 2. Aufl. Jena 1886, Fig. 260. CHEvREL, R., Sur lanatomie du systeme nerveux grand sympathique des Elasmobranches et des poissons osseux, in: Arch. Zool. Expér. et Gen. (2. ser.), Tome 5. Suppl. bis. Hyerz, J., Cryptobranchus japonicus. Schediasma anatomicum, Wien 1865. Erklirung der Abbildungen. Für die Tafeln 15 u. 16 gültige Bezeichnungen. Das 4 Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 207 R.Ao. Radix aortae. M. G. Mürrer’scher Gang. V.c. V. caudalis. R.g. Geschlechtsniere. V.c.a. V. card. ant. R.p. Beckenniere. V.c.p. V. card. post. Sp.I. u. s. w. Erster u. s. w. Spi- V.ca.p. V. cava post. nalnerv. M. Magen. 7 Aorta abgeschnitten. E. Rectum. ir V. cava post. abgeschnitten. Cl. Cloake. Für die Bezeichnungen der sympathischen Nerven verweise ich auf den Text. Tafel 15 1Q Sympathisches Nervensystem von Salamandra maculosa &. Das Thier ist von der Ventralseite geöffnet, die Eingeweide zur Seite gelegt, die Hoden entfernt, Oesophagus und Rectum durchge- schnitten. Die Cardinalvenen und Nieren sind auseinandergelegt, um die Grenzstränge blosszulegen. Die Beckenniere ist zum Theil weg- präparirt, um den Plexus iliacus zu zeigen. C, Dritter Schwanzwirbel mit dem ersten ventralen Bogen. C,, 24. Schwanzwirbel. gl. R. glossopharyngeus N. vagi. G.v. Ganglion N. vagi. h.m. R. hyoideo-mandibularis N. facialis. in. R. intestinalis N. vagi. r.c.f. R. communicans N. facialis cum N. glossopharyngeo. s. Schlinge des Sympathicus um eine A. renalis. Tafel 26.15 Sympathisches Nervensystem von Menobranchus lateralis &. Das Thier ist von der Ventralseite geöffnet, die Eingeweide zur Seite gelegt, Oesophagus und Rectum durchgeschnitten. Zungenbein- und Kiemen-Apparat und Hoden sind entfernt. Die Cardinalvenen und Nieren sind auseinandergelegt, um die Grenzstränge zu zeigen, und die nächst der Wirbelsäule gelegene Musculatur ist entfernt, um die Fora- mina intermedia der Proc. transversi blosszulegen. C, Vierter Schwanzwirbel mit dem ersten ventralen Bogen. Cl. D. Cloakendrüsen, durchgeschnitten. br!, br?, br? Branchialäste des N. vagus. g.f. Ganglion N. facialis. g.v. Ganglion N. vagi. in. R. intestinalis N. vagi. ph. R. pharyngeus N. vagi. r.c. VI. u. s. w. R. communicans N. spin. VI u. s. w. r.i. R. intermedius des Sympathicus. 208 OSKAR A. ANDERSSON, Tatolaer 1% Fig. 1. Schematischer Querschnitt durch den abdominalen Sym- pathicus und angrenzende Theile von Salamandra maculosa. Vor der Niere. Fig. 2. Dasselbe. Durch die Niere. Ao, Aorta. G. S. Grenzstrang des Sympathicus. M. Rückenmark. M. G. Mürer’scher Gang. N. s. Spinalnerv. R. Niere. r.c. R. communicans. r.g. Zweig für die Niere und den Müuter’schen Gang. V.c.p. Vena card. post. V.ca.p. Vena cava post. Fig. 3. Caudale Anastomose zwischen den beiden sympathischen Grenzsträngen von Amblystoma bicolor. | | | | | | Ao. Aorta caudalis. | A. sp. A. spinalis. a.c. Anastomosirender Ast. | pl. Schlinge des Grenzstrangs um eine A. spinalis. S. Sympathischer Grenzstrang. V.c. Vena caudalis, durchgeschnitten. V. B. Erster ventraler Bogen. Fig. 4. Collateraler Sympathicus von Menobranchus lateralis. Die Foramina transv. der Proc. transv. sind von der Ventralseite geöffnet. V. vorn. H. hinten. A.i. A. intermedia. A.sp. A. spinalis. A.v.c. A. vertebralis collateralis. g. coll. Ganglion des N. sympathicus collat. n.sp. Spinalnerv. r.c. coll. R. communicans collateralis. r.i. R. intermedius. s.coll, N. sympathicus collateralis. Fig. 5. Abdominaler Sympathicus von ‘teen pisciformis. V. vorn. dH. hinten. Ao. Aorta. A. sp. A. spinalis. A.v.c. A. vertebralis ee n.sp. Spinalnerv. Pr.t. Processus transÿ@sifls Zur Kenntniss des sympathischen Nervensystems der urodelen Amphibien. 209 r.c. R. communicans. r.i. R. intermedius. S. Sympathischer Grenzstrang. Fig. 6. Stammwirbel von Menobranchus lateralis. Ventral-An- sicht. Fig. 7. Derselbe von der Seite gesehen. F.i. Foramen intermedium. F.tr. Foramen transversarium. Pr.a.a. Processus articularis ant. Pr.a.p. Processus articularis post. Pr.tr. Processus transversus. Tafel 18 It Fig. 1. Beziehungen des N. sympathicus zu den Cranialnerven bei Siredon pisciformis. a. Anastomosirender Ast zwischen dem R. comm. N. fac. cum N. glossopharyngeo und R. glossopharyngeus. a.a. Anastomose zwischen dem Sympathicus und dem R. acces- sorius N. vagi. a.c. Anastomose zwischen dem Sympathicus und R. cutaneus N. vagi. br!,br? Erster und zweiter Kiemennerv. Cr. Cranium. G.v. Ganglion N. vagi. gl. R. glossopharyngeus N. vagi. g.s. Erstes Ganglion des Sympathicus. h.m. R. hyoideo-mandibularis N. facialis. l.s. N. lateralis sup. r.a. R. accessorius N. vagi. r.c. R. communicans N. facialis cum N. glossopharyngeo. r. cut. R. cutaneus N. vagi. r.i. R. intestinalis N. vagi. S. Grenzstrang des N. sympathicus. s.l. lateraler und m.l, medialer Ursprung desselben. Fig. 2. Caudaler Theil des Sympathicus von Siredon pisciformis. Der Hämalcanal ist von der Ventralseite geöffnet; Vena caudalis hin- _ wegpräparirt. Das sympathische Nervensystem ist mit gelber Farbe bezeichnet. a he. né @,—Q,; Anastomosen zwischen den Grenzsträngen am 6. bis 16. Caudalwirbel. A.c. Aorta caudalis. A, sp. Arteria spinalis. 210 OSKAR A. ANDERSSON, Zur Kenntn. d. symp. Nervensyst, d. urod. Amphib. . C* Vierter Caudalwirbel mit dem ersten ventralen Bogen. C,, 21. Caudalwirbel. n. cl. Cloakennerv. p.i. Unpaarer Theil des Sympathicus, nach links hin gezogen. pl.c. Plexus des Sympathicus beim Eintritt in den Hämalcanal des Schwanzes. | g.c. Ganglion des Grenzstrangs am Ende dieses Plexus. r.c. R. communicans. V.c. Vena caudalis. * Mangel eines R. communicans. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Von Dr. V. Häcker, Assistent am Zoologischen Institut der Universität Freiburg i. B. (Aus dem zoologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.). Hierzu Tafel 19. Seit längerer Zeit habe ich mich mit der Ovogenese von Cyclops und im Besondern mit denjenigen Vorgängen beschäftigt, welche mit der Bildung der Richtungskörper im Zusammenhang stehen: einige Ergebnisse dieser Untersuchungen sind bereits im letzten Herbst in einem kürzeren Aufsatze !) veröffentlicht worden. Als Ziel schwebte mir damals allein die endgültige Feststellung eines Processes vor, welcher als morphologischer Ausdruck einer Reduction der chromatischen Substanz aufzufassen wäre. Allerdings hatte soeben Bovert?) bei einer Anzahl von Objecten gezeigt, dass in der Aequatorialplatte der ersten Richtungsspindel in der That die Chromo- somen in reducirter Anzahl auftreten, aber seine Untersuchungen liessen uns doch über den genauen Zeitpunkt des betreffenden Reductionsprocesses im Unsichern. Es musste daher versucht werden, bei einem andern, vielleicht noch günstigern Objecte zum Ziele zu gelangen, und in der That erwiesen sich Cyclops und seine nächsten Verwandten, insbesondere Canthocamptus, hierfür als ganz besonders geeignet. 1) Hacker, Ueber die Reifungsvorgänge bei Cyclops, in: Zool. Anz. Nr. 346, 1890. . 2) Boveri, Zellenstudien III. Ueber das Verhalten der chroma- tischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskörper und bei der ‚Befruchtung, in: Jen. Zeitschr. für Naturwiss. 1890. 312 Dr. V. HÄCKER, Im Verlauf der Untersuchungen ergab sich nun aber die Noth- wendigkeit, den Vorbereitungsstadien oder Prophasen der Richtungskörperbildung besondere Aufmerksamkeit zu schenken, und insbesondere war hierbei die nach Boverrs Ansicht in den ersten Theilungsprocess vorverlegte zweite Spaltung der Chromosomen zu untersuchen. Es stellte sich dabei heraus, dass im Gefolge des Functionswechsels, den anscheinend im Lauf der Phylogenie die aus den beiden Theilungen hervorgehenden Zellen erfahren haben, in den ein- zelnen Formenkreisen bedeutende und verschieden geartete Abwei- chungen vom normalen Typus der Mitose aufgetreten sind, dass also auch im Mikrokosmus des regenerativen Lebens eine weitgehende Anpassungsfähigkeit zur Geltung gelangt. ERSTES KAPITEL. Die Ovogenese von Canthocamptus staphylinus Jur. 1. Biologisches; Resultate bei Canthocamptus. Der in unsern Süsswassern sich findende Vertreter der Familie der Har- pactiden, Canthocamptus, ist von früheren Autoren in seinem Aeussern treffend mit den kleinen, in Pilzen und Blüten lebenden Raubkäfer- arten (Staphylinidae) oder auch mit dem Zuckergast (Lepisma) ver- glichen worden '). Er zeichnet sich vor unsern übrigen freilebenden Copepoden durch seine bohrende Bewegungsweise, sowie durch seine Vorliebe für den Grund der Tümpel, für grünende oder vermodernde, im Wasser befindliche Pflanzentheile aus. Er tritt niemals in grossen Mengen auf, wie es namentlich bei den pelagischen Formen unter den Copepoden Regel ist; dagegen findet man einen grossen Theil des Jahrs hindurch in Fortpflanzung begriffene Exemplare. Relativ am häufigsten aber fand ich Eiersäcke und Samenpatronen tragende Weibchen im Spätherbst, zu einer Zeit, in der im grossen Ganzen unter den Copepoden nur Cyclops agilis und brevicornis durch wenige geschlechtsreife Individuen vertreten sind und auch für das übrige Thierleben der Seen und Tümpel die winterliche Ruhe eingetreten 1) Vergl. C. Craus, Die freilebenden Copepoden, Leipzig 1863, D. 119, De Zu ee TT 4 Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 913 ist. Das Ungewöhnliche dieser Fortpflanzungsperiode mag wohl in einem gewissen ausgleichenden Zusammenhang stehen mit dem Mangel an Schwimmgewandtheit, mit der gefahrvollen Lebensweise am Grund des Wassers und mit der relativ geringen Anzahl von Eiern, die den Inhalt des Eiersacks bilden. Aber noch in andrer Richtung ist im Kampf um das Bestehen der Art für die erwähnten Mängel ein Ausgleich vorhanden, nämlich eine bedeutende Abkürzung der Ovo- genese, welche allerdings wieder in einer gewissen Phase mit einer ei- genthümlichen, umständlichen Umordnung des Chromatins verbunden ist. Einen Ausdruck der erwähnten Abkürzung bildet einerseits der Mangel eines eigentlichen Ruhestadiums des Keimbläschens mit feinfadigem Kerngerüst, andrerseits der Umstand, dass man bei Untersuchung einer Anzahl von Weibchen keines der ovogenetischen Stadien in über- wiegender Häufigkeit vorfindet, wie dies bei verschiedenen Formen eben für das Ruhestadium des Keimbläschens gilt. Wenn also auch die Eireifungsgeschichte von Canthocamptus keineswegs dem typischen Fall bei den Copepoden entspricht, so schicke ich sie doch voraus, weil sie ganz besonders geeignet ist, über das Verhalten des Kerns in einzelnen speciellen Stadien Licht zu verbreiten. Wir werden nämlich sehen !), wie unmittelbar nach den Theilungen der Keimzone durch einen eigenthümlichen Verdopplungsprocess („Diplose‘) eine Längsspaltung der vorhandenen (24) Chromosomen herbeigeführt wird. Die 24 Doppelchromosomen legen sich nun zu einem Doppelfaden zusammen, welcher nach einem verwickelten Um- bildungsprocess vier Stäbchen, deren jedes aus sechs Doppelchromo- somen besteht, liefert. Diese 4 Stäbchen werden in vollständig gleicher Weise durch die beiden im Reifungsstadium stattfindenden Theilungs- processe auf die 4 Abkömmlinge der Keimzelle (Ei und Richtungs- körper) vertheilt, so dass das reife Ei an Stelle der für Cantho- camptus charakteristischen Chromosomenzahl ,„24“ nur noch sechs Doppelchromosomen, also 12 einfache, enthält. Es ergiebt sich hieraus: 1) Die „im Knäuelstadium präformirte“ Langs- spaltung hat weder mit einer primären noch mit einer secundären Längsspaltung der Elemente der Rich- 1) Eine Zusammenfassung der Resultate findet sich auch in meiner vorläufigen Mittheilung: Die Richtungskôrperbildung bei Cyclops und Canthocamptus, in: Ber. d. naturf. Ges. zu Freiburg i. B., 6. Bd, 1. Heft, 1891. 214 Dr. V. HACKER, tungsspindeln irgend etwas zu thun, sondern rührt von einem besonderen Verdopplungsprocess (Diplose) her, welcher zwischen die letzte Theilung der Ureizellen und den Eintritt in das Keimbläschenstadium eingeschoben ist. 2) In den Richtungsspindeln finden hintereinander zwei Reductionen statt. Auf Grund derselben wird die durch die Diplose verdoppelte Anzahl der Chromosomen geviertheilt, so dass also die Anzahl der Chromosomen im reifen Ei die Hälfte der für die Art charakteristischen Zahl beträgt. 2. Keimzone und Ureizellen. Indem ich mich bezüglich der verschiedenen Phasen der Ovogenese im Allgemeinen an die von LA VALETTE ST. GEORGE und O. HerTwıG !) vorgeschlagene Termi- nologie anschliesse, unterscheide ich zunächst innerhalb des Ovariums einen engeren Bezirk als Keimzone; aus dieser gehen auf Grund einer ein- oder mehrmaligen Theilung der Ureizellen die Ei- mutterzellen hervor. Die Keimzone liegt bei Canthocamptus an der dorsalen Seite des Ovarialschlauchs, in der Art, dass der ganze Complex der noch in Theilung befindlichen Ureizellen linsenförmig in die Masse der Mutterzellen hereinragt. Wenn wir daher (Fig. 1) einen schrägen Frontalschnitt durch das Ovarium führen, so sehen wir selbstverständ- lich die in Theilung begriffenen Ureizellen (z. B. a—f) eine mehr oder weniger centrale Lage annehmen, während in der Peripherie sich fortge- schrittenere Stadien vorfinden. In unsrer Figur stehen dementsprechend mehrere am Vorderrand des Ovariums befindliche Mutterzellen, z. B. m und ihre beiden Nachbarinnen, genau auf der Stufe der kleinen, in den vordersten Abschnitten der Oviducte befindlichen Zellen » und o. In einem etwas tieferen Schnitt würden derartige Mutterzellen sich auch am Platze der Ureizellen b, c, d und g vorfinden und ein Schnitt, welcher die ventralen Partien des Ovariums trifft, wird nur noch Mutterzellen vom Typus m enthalten. Wie viele Theilungen der Ur- eizellen in der Keimzone auf einander folgen, konnte ich nicht mit Sicherheit ermitteln. Doch sind jedenfalls zwei, wahrscheinlich aber auch nicht mehr als zwei Generationen vorhanden. Den genaueren Verlauf der Theilungsvorgänge, welche sich in der 1) O. Hervrwie, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei den Ne- matoden, in: Arch. f. mikr. Anat. Bd. 36, 1890. | | Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 915 Keimzone abspielen, stellt die Figur 1 dar. Bei dem betreffenden Präparat war auf Paraffinofen-Temperatur erwärmte FLEMMING’sche Flüssigkeit als Conservirungsmittel, sowie in toto-Färbung mit Alaun- carmin angewandt worden. Bei dieser Behandlungsweise treten nicht nur die Chromatinelemente in vollkommner Schärfe hervor, sondern auch das mit einem hellen Hof versehene, ziemlich grosse Centrosoma nimmt dieselbe dunkle, gegen die umgebende „Cönoplasma“-Masse contrastirende Färbung an: dagegen versagt die Methode bezüglich der feineren Verhältnisse der Attractionssphären und der achromatischen Spindeln. Versuche mit andern Conservirungsmitteln sowie mit ver- schiedenen Anilinfarben und Bleu de Lyon ergaben bei Canthocamptus leider ebensowenig genügenden Einblick in dieselben. In Fig. 1a ist eine Kernspindel mit dem einen der zugehörigen Centrosomen ge- troffen. Figur 1 6 und D’ zeigt zwei noch zusammenhängende Tochter- kerne, in denen sich der chromatische Fadenknäuel und das Centro- soma aus der die beiden Kernmittelpunkte verbindenden Längsaxe, d. h. aus der Kerntheilungsrichtung, verschoben haben. Bilder ähn- licher Art sind in Fig. 1 c und d dargestellt: in Fig. 1 ¢ ist die Kerntheilungsrichtung noch durch schwach gefärbte Verbindungs- strange angedeutet; in Fig. 1 d hat das Centrosoma anscheinend seinen Einfluss auf die Lagerungsverhältnisse des Fadenknäuels aufgegeben, und hier sehen wir auch innerhalb des letzteren den Kernkörper auftreten. In welcher Weise man sich die Entstehung des Kern- körpers zu denken hat, ist mir nicht klar geworden: vielleicht haben wir es mit einer Zusammenballung der blassgefärbten Masse zu thun, in welche im Stadium der Figuren 1 b und b’ die Chromatinfäden eingebettet erscheinen. In Fig. 1 e und 1 f endlich sieht man den Fadenknäuel seine einseitige Lage in der einen Hemisphäre des Kern- raums verlassen und unter Annahme eines mehr aufgelockerten Habitus in den ganzen Kernraum sich ausbreiten: gleichzeitig macht sich ein beträchtliches Wachsthum des Kernkörpers bemerklich. 3. Entstehung der Doppelfäden; Diplose. Von einer Reihe von Autoren ist bei Beschreibung des ersten Theilungs- processes der Ei- bezw. Samenmutterzellen (erste Rich- tungsspindel, Bildung der Samentochterzellen) hervorgehoben worden, dass die Chromatinelemente schon im Knäuelstadium eine Längsspaltung erfahren :). Ferner wurde vielfach beobachtet, dass unter Umständen 1) Vgl. besonders Fremmine (Neue Beiträge zur Kenntniss der Zelle, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 29, 1887). Bei den Samenmutter- 216 Dr. V. HACKER, schon im Verlauf des ersten Theilungsprocesses in vorgreifender Weise die zweite Theilung sich vorbereitet, indem jener bereits eine secun- dire Spaltung der Chromatinelemente aufweist :). Welche Bedeutung der frühzeitige Eintritt der Längsspaltung hat, insbesondere in welcher Beziehung dieselbe zur Reduction der Anzahl der chromatischen Ele- mente steht, darüber lässt sich nach den vorliegenden Untersuchungen noch kein klares Urtheil gewinnen. Denn wenn schon, was das That- sächliche anbelangt, die Ergebnisse der einzelnen Beobachtungen an denselben und an verschiedenen Objecten erheblich von einander ab- weichen, so besteht noch weniger Einmüthigkeit bezüglich der Aus- legung dieser verwickelten Vorgänge. Ich hoffe durch die folgenden Untersuchungen einen Beitrag zur Klärung der Verhältnisse zu liefern. Wir haben gesehen, wie die Theilungsprocesse der Keimzone die letzte Generation der Ureizellen hervorgehen liessen. Die Figuren 1e und / haben dabei gezeigt, dass nach der letzten Theilung die chro- matische Substanz die Knäuelform annimmt und sich dabei gleich- mässig im Kernraum verbreitet, während der Kernkörper heranzu- wachsen beginnt. Es findet nunmehr, wie schon 1 d und noch mehr 1 g zeigt, eine scheinbare Quertheilung des Fadens und Auflösung desselben in eine Anzahl von kugligen Chromatinele- menten statt. Erst wenn dann diese letzteren vollständig ausein- ander gerückt sind, ist, wie Fig. 1 A zeigt, eine Spaltung der ein- zelnen Chromosomen zu bemerken. Bis hierher habe ich mit aller Sicherheit die charakteristische Spaltung der Chromatinelemente in der Eigeschichte von Canthocamptus herauf verfolgen können, während weiter zurück, d. h. in der Keimzone, das Knäuelstadium keine Verdopplung der Elemente zeigt. Wir haben es also hier in diesem Stadium mit der Entstehung der im ganzen ferneren Ver- lauf der Ovogenese bemerklichen Verdopplung der Elemente zu thun. zellen von Salamandra maculosa tritt bereits in der Knäuelform die Längsspaltung der primären Fadensegmente ein, während sie bei der gewöhnlichen Mitose erst im Stadium der Metakinese, d. h. beim Auseinanderrücken der Elemente der Aequatorialplatte, stattfindet. Auf analoge Befunde dieses Forschers bei somatischen Zellen werde ich weiter unten zurückkommen. | 1) Vel Carnoy (La cytodiérèse chez les Arthropodes, in: La Cellule, Tome 1, 1885), FLemmine (a. a. O.), Hermann (Beiträge zur Histo- logie des Hodens, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 34, N, Bover1 (a. a. O). | | Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 917 In noch übersichtlicherer Weise spielt sich der betreffende Vor- gang, Dank der bedeutenden Grösse der Kernelemente, bei Cyclops signatus ab. Wie ich gleich hier vorausschicken möchte und wie ich es an andrer Stelle ausführlicher darzustellen gedenke, ist bei dieser Form der Fadenknäuel, welchen die Eimutterzellen bei der letzten Theilung der Ureizellen übernehmen, deutlich in acht stäbchenförmige Segmente differenzirt, welche nicht nur bereits eine Andeutung der später eintretenden Längsspaltung, sondern auch eine Segmentirung in je sechs kugelförmige Verdickungen aufweisen. In etwas ältern Kernen hat eine „Disgregation“ der Kugelchromosomen stattgefunden, d. h. im Kernraum findet sich jetzt die entsprechende Anzahl von Doppelpünktchen verbreitet, deren jedes ein in der Längsrichtung der ursprünglichen Stäbchen gespaltenes Kugelchromosom darstellt und durch äusserst feine, rauhe Linin-Doppelfäden mit zwei benachbarten Elementen verbunden ist. Auf diese Weise ist im Kernraum um den im ersten Wachsthum begriffenen Kernkörper herum ein zusammen- hängendes System von chromatischen Doppelpünktchen und von Linin- Doppelfäden ausgespannt. Ich habe mich früher durch die bei Canthocamptus scheinbar vollständig sich vollziehende Auflösung der Chromatinsubstanz in Doppelchromosomen zur Ansicht verleiten lassen, dass es sich hier um eine vorübergehende Aequatorialplattenbildung und also um einen reducirten Kerntheilungsprocess handle. Für die Annahme, dass die Diplose einen reducirten Kerntheilungsprocess darstellt, lassen sich, wie ich später zeigen werde, andre Gründe anführen, allein ein Ver- gleich der Disgregation der Chromosomen mit den Vorgängen, welche bei verschiedenen Arthropoden die Aequatorialplattenbildung einleiten, dürfte nicht zutreffend sein, schon deshalb, weil die charakteristischen achromatischen Bildungen in keinem Falle zu erkennen waren. Damit fällt auch die in meiner vorläufigen Mittheilung ausgesprochene Ver- muthung, dass eine Verdopplung der Elemente nur dann eintritt, wenn sich die Chromosomen in der Stellung der Aequatorialplatte befinden. Diese Vermuthung wird ja ohnedies schon durch die FLEmMMiING’schen Befunde widerlegt, wonach auch bei den Kernen somatischer Zellen die Längsspaltung in sehr frühen Knäuelstadien stattfindet. Dies- bezügliche Bilder finden sich im zweiten Theil seiner „Neuen Beiträge“ (in: Arch. f. mikr. Anat. Bd. 37), wo Fig. 16 ein längsgespaltenes Spirem . aus einer Epithelzelle der Mundbodenplatte von Salamandra und Fig. 17 ein eben solches aus dem Wandbeleg des Embryosackes von Fritillaria imperialis darstellt. Herr Professor FLEMMING hatte die 218 Dr. V. HACKER, - Güte, mich nach dem Erscheinen meiner vorläufigen Mittheilung auf diesen Punkt aufmerksam zu machen. Die weiteren Vorgänge im Ovarium von Canthocampala sind in Fig. 2 abgebildet. In Fig. 2 à haben sich die Doppelchromosomen, welche schon in Fig. 1 hk in bogenförmigen Reihen gelagert sind, theilweise wieder zu Ketten verbunden. Ich denke mir, dass dies durch eine Contraction der bei Canthocamptus nicht erkennbaren Linin-Doppelfäden stattfindet. Während der inzwischen beträchtlich herangewachsene Kern- körper in einer Aussackung des Kernraums gelagert ist (Fig. 2 k und 2 1), vollzieht sich die Aneinanderlagerung der Chromosomen und ihre Verschmelzung zu Doppelfäden in vollständiger Weise. In Fig. 2 7 sehen wir diese Fäden im Allgemeinen die Richtung nach dem Kernkörper innehalten; die dunkel gezeichneten Stellen liegen in den Schnittflächen, die blass gehaltenen unterhalb derselben. Der Kernkörper tritt nunmehr (Fig. 1 m) wieder in den Kernraum zurück, und zu gleicher Zeit breitet sich der Doppelfaden in unregelmässigen, d. h. nicht nach bestimmten Richtungen angeordneten Schlingen, aber in mehr oder weniger gleichmässiger Vertheilung im ganzen Kern- raum aus. Diese Anordnung des Chromatins in einem Doppelfaden bleibt bestehen während der ganzen Wachsthumsperiode des Eis, und zwar finden wir sie in den Oviducteiern aller derjenigen Mutterthiere, welche in ihrem Eiersack noch nicht auf dem Nauplius-Stadium befindliche Embryonen tragen. In Fig. 3 ist ein Kern in diesem Doppelfadenstadium in etwas grösserem Maasstab abgebildet. Ich habe bei diesem und bei andern genau untersuchten Kernen den Eindruck gewonnen, dass der Doppelfaden eine geschlossene Schlinge bildet, deren Windungen, theilweise unter gegenseitiger Verschlingung, den ganzen von dem grossen kugligen Kernkörper freigelassenen Raum einnehmen. Der Kernkörper schliesst um diese Zeit dicht gedrängte Tropfen einer schwach färbbaren und wenig lichtbrechenden Substanz ein. Wir haben gesehen, in welcher Weise die Bildung der auch bei andern Copepoden auftretenden Doppelfadenschlinge zu Stande kommt, und ich möchte gleich hier vorausschicken, welche morphologische Be- deutung vermuthlich dem betreffenden Entstehungsprocesse zu- kommt. Es sei zunächst darauf. hingewiesen, dass es im Hinblick auf die später zu besprechende, umständliche Umordnung des Chro- matins vor der Richtungskörperbildung sehr unwahrscheinlich ist, dass die Längsspaltung zu einer der beiden der Reifungsphase Die Eibildung bei Cyelops und Canthocamptus. 219 in directer Beziehung steht; dazu kommt, dass bei Cyclops zum min- desten bei der ersten Theilung die Doppelfadensegmente als solche in die beiden Tochterkerne vertheilt werden. Es liegt also die An- nahme nahe, dass es sich hier um einen reducirten Kernthei- lungsprocess handelt, der vielleicht an Stelle einer letzten Theilung der Ureizellen getreten ist. In der That sind die Theilungen der letzteren nur in einem verhältnissmässig sehr wenig umfangreichen Abschnitt des Ovariums zu beobachten, und ich habe bereits bemerkt, dass bei Canthocamptus die Anzahl der Ureizellen-Generationen wahrscheinlich nicht grösser als zwei ist. Auch bei Cyclops sind die erwähnten Theilungen auf das Ende der blind- sackförmigen Keimdrüse beschränkt, und nur in einem einzigen Fall, bei Heterocope, habe ich in den mittleren Partien des Ovarialschlauchs abermals Mitosen auftreten sehen. Berücksichtigt man noch, in welch nahem Zusammenhang bei Cyclops signatus der Verdopplungsprocess zur letzten Theilung der Ureizellen steht, indem hier bereits in den acht von den Eimutterzellen übernommenen Stäbchen die Andeutung einer Längsspaltung auftritt, so gewinnt die Annahme an Wahrschein- lichkeit, dass der Verdopplungsprocess in der That eine aus einer letzten Theilung der Ureizellen hervorgegangene, reducirte Mitose darstellt. Ich möchte für diesen Verdopplungsprocess, welcher nach meinem Da- fürhalten weder mit einer primären noch mit einer secundären Spaltung der Elemente der Richtungsspindel etwas zu thun hat, den Ausdruck Diploset!) einführen. Dieser Ausdruck soll ganz allgemein die bei der Keimbildung stattfindende Verdopplung der chromatischen Ele- mente bezeichnen, mag dieselbe nun, wie bei Canthocamptus, in einer reducirten Mitose sich abspielen oder während des Ruhestadiums des Keimbläschens stattfinden. 4. Zwischenkerne. Zwischen Eikeimen, die sich in fortge- schritteneren Stadien befinden, trifft man häufig Kerne, welche sich durch den dichtgedrängten Chromatinknäuel und die geringe Masse des sie umgebenden Zellplasmas deutlich als rudimentäre Keimzellen erweisen. Es sind dies die sogenannten Zwischenkerne, die corpus- cules résiduels, welche neuerdings einen belgischen Forscher ?) irre- geleitet haben. Derselbe sucht in der Ausstossung der corpuscules résiduels den von WEISMANN theoretisch geforderten Reductionsprocess 1) Gebildet aus dırkovv, verdoppeln. 2) Vgl. Lameere, Etudes sur la réproduction. II. Recherches sur la reduction karyogamique. Bruxelles 1890. Zool, Jahrb. V. Abth. f. Morph, 15 I) V. HACKER, und ist im übrigen geneigt, eine Reihe ziemlich heterogener Vor- gänge, wie die WEISMAnN-IscHıkAwa’sche Paracopulation, die Theilung der Micronuclei bei den Infusorien u. a. als faits analogues anzu- sprechen. In Fig. 1 befindet sich ein Zwischenkörperchen bei h, ein andres ist im Begriff, in den linken Oviductschenkel einzutreten. Dieselbe Bedeutung haben wohl die an einigen Stellen des Cönoplasmas gruppen- weise in demselben gelagerten Schleifen ohne hellen Kernhof, wie solche bei 1 f abgebildet sind. Eine genaue Prüfung der Schnitte hat ergeben, dass es sich bei letzteren nicht etwa um Chromatin- elemente handelt, die beim Schneiden aus ihrer ursprünglichen Lage- rung herausgerissen wurden. 5. Die Umformungsprocesse vorderBildung derRich- tungskörper: Ring- und Doppelplattenbildung. In den Oviducten solcher Mutterthiere, deren Embryonen das Naupliusstadium erreicht haben, oder welche keinen Eiersack mehr tragen, treffen wir Vorgänge, welche die Vorbereitung zur Richtungskörperbildung dar- stellen. Im Kernkörper fliessen die zahlreichen kleinen, kugligen Ein- schlüsse zu einem grossen zusammen, welcher entsprechend der äussern Gestalt des Kernkörpers bohnenförmig ist (Fig. 4 u. 5). - Der letztere zeigt nämlich jetzt an einer Stelle eine Einbuchtung, welche anfänglich eine flache Mulde darstellt (Fig. 4), später aber sattelförmig sich ausbreitet, wodurch der Kernkörper die Umrisse einer Bohne erhält (Fig. 5). Die Doppelfadenschlinge concentrirt sich mehr und mehr in der Mitte des immer noch von einer deutlichen Membran umgebenen Kernraums (Fig. 4), und die nunmehr winklig geknickten Züge der Schlinge nehmen im Allgemeinen die Richtung nach dem Kern- körper an, ähnlich wie wir es bei dem ersten Auftreten des Doppel- fadens (Fig. 2 7) gesehen haben. Zugleich orientirt sich der Kern- körper derart, dass die Einbuchtung, bezw. die Concavität des Sattels nach dem Fadenknäuel gekehrt ist (Fig. 5). Diese gegenseitige Lage behalten Kernkörper und Fadenknäuel in den folgenden Stadien bei. In Fig. 6 sehen wir, wie der bisher in scharfen Contouren her- vortretende Doppelfaden einen mehr verwaschenen Habitus bekommt; die einzelnen Züge, die immer noch nach dem Sattel des Kernkörpers gerichtet sind, lösen sich theilweise in kugelförmige Elemente auf und verbinden sich mit den Nackbarzügen durch eine schwach färbbare Substanz. ee NT Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 22] Einen bemerkenswerthen, wenn auch keineswegs unvermittelten Fortschritt stellt Fig. 7 dar. Wir sehen die chromatische Masse in einer annähernd ovalen Platte enthalten, in welcher einzelne dunkler gefärbte Fadenzüge erkennbar sind. Aus dem Kernkörper- tritt unter plötzlicher Verkleinerung desselben eine Masse aus, welche vermuthlich dem grossen, bis dahin in den meisten Kernkörpern enthaltenen kug- ligen Einschluss entspricht. Welche Bedeutung diese austretende Masse hat, habe ich nicht entscheiden können. Noch ein weiterer Punkt verdient schliesslich an dieser Stelle erwähnt zu werden: es ist dies das von jetzt an zu constatirende Auftreten eines kleinen kugligen, dunkel sich färbenden und meist mit hellem Hof versehenen Körpers, der sich in Fig. 7 rechts zur Seite der Chromatinplatte vorfindet. Auch seine Bedeutung für die Kerntheilung ist mir räthselhaft ge- blieben. Fig. 8 zeigt das Auftreten einer Spaltung der Chroma- tinplatte: bei hoher Einstellung erkennt man die oberen Ränder der Tochterplatten als parallele, etwas gebogene Kanten, welche rechts und links zusammenhängen. Die Spaltung der Platte tritt nämlich, so viel ich an diesen und einer grossen Anzahl von theilweise wiedergegebenen Bildern sehen konnte, zuerst in den centralen Partien auf, während an zwei gegenüberliegenden Stellen die Platten noch lange verschmolzen bleiben. Die Winkel, welche die Platten an diesen Stellen ınit einander bilden, können sich abrunden, so dass die beiden zusammenhängenden Platten mit einander ein Ringmauer- oder Kragen-ähnliches Gebilde mit ovalem Grundriss darstellen. Noch lassen sich auf den Platten einzelne dunkelgefärbte Fadenzüge unter- scheiden, die aber immer mehr ihre scharfen Contouren verlieren. In Fig. 9 findet sich an dem einen der von den Platten gebildeten Winkel eine blass gefärbte Masse, welche den Eindruck einer beim Auseinanderweichen der Platten mit concavem Meniscus zurück- weichenden Flüssigkeit macht und vielleicht, ebenso wie der blasse, halbmondförmige Fleck in Fig. 8 mit jenem austretenden Einschluss in Zusammenhang zu bringen ist. Um diese ovale Ringmauer noch deutlicher vor’s Auge zu führen, habe ich noch einige weitere Figuren hinzugefügt. Fig. 10 und 10a stellen zwei Schnitte durch einen und denselben Kern dar. Indem man beide zusammenhält, ergiebt sich, dass auch hier die oberen Kanten des Plattenpaars noch oben convex sind. Die eine Verschmel- zungskante des Plattenpaars scheint mit der Mulde des Kernkörpers in Verbindung zu stehen und erinnert in dieser Beziehung an Fig. 6. 15 * 299 V. HACKER, In Fig. 11 ist, wie ich dies mehrfach beobachtet habe, beim Aus- einandertreten der Platten eine Fadenpartie zurückgeblieben und spannt sich als feine Verbindungsbrücke über das Lumen der Ring- mauer. Hier sehen wir auch zwei dicht neben einander liegende, dunkel gefärbte Punkte, welche im Gegensatz zu den sonst sich vorfindenden kleinen behöften Kugeln in der Peripherie des Kernraums gelagert sind und vermuthlich ein sich theilendes Centrosoma darstellen. In einem folgenden Stadium, Fig. 12, erscheint der Ring als vollkommen homogene Masse, insofern die Fadenzüge, deren Verlauf in den Platten bis dahin theilweise noch erkennbar war, verschwinden. Das Material des Rings besteht nunmehr aus einer hell sich färbenden „Grundsubstanz“, die von einer zarten, dunkel gefärbten „Be- kleidung“ umgeben ist. Diese letztere nimmt übrigens nicht auf der ganzen Oberfläche des Rings zu gleicher Zeit die peripherische Lagerung an. Dies geht deutlich aus Fig. 13 und 13a hervor, welche zwei auf einander folgende Schnitte desselben Kerns darstellen. In Fig. 13 sind die in Bezug auf den Kernkörperrest proximalen Theile der Ringwandung noch nicht homogen, während in 13a der distale Rand bereits den oben beschriebenen Habitus aufweist. Ein weiterer Fortschritt besteht darin, dass (Fig. 14) der Ring, der stets einen ovalen Grundriss zeigt, an den Endpunkten seiner grossen Axe sich spaltet und so zur Bildung zweier parallelen Platten führt. Fig. 14 zeigt diese Doppelplatten in schräger Ansicht und lässt so den elliptischen Umriss ihrer Oberfläche erkennen: wie wir sehen, ist immer noch der Kernkörper vorhanden. Ich möchte gleich hier erwähnen, dass mir im Lauf der Unter- suchung mehrmals Zweifel kamen, ob nicht aus den Stadien der Fig. 6 und 7 durch Spaltung zunächst eine primäre Doppelplatte entsteht, die sich nur vorübergehend durch Krümmung und Ver- schmelzung der umgekrempten Randpartien zu einem Ring zusammen- schliesst, der dann seinerseits eine secundäre Doppelplatte liefern würde. Ich bin über diesen Punkt nicht klar geworden, glaube auch nicht, dass bei meinem Object, welches keine ununterbrochene | natürliche Reihenfolge der Stadien innerhalb einer und derselben Schnittserie liefert, das Vorhandensein dieser übrigens wohl kaum theoretisch bedeutsamen Complication sich feststellen lässt. Das Auftreten derartiger Ringmauern ist nichts Neues. Ich ver- weise auf die jüngst erschienene Pyrrhocoris-Arbeit von HEnkına !), |) Henkıng, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge . | J F | Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 293 in welcher in den Vorbereitungsstadien vor der ersten Theilung der Spermamutterzellen — und diese entsprechen ja unsern Stadien — das Hervorgehen von ringförmigen Chromatinmassen aus dem dick- fadigen Knäuel beschrieben wird. „Die chromatische Substanz strömt in den beiden gegenüberliegenden Bogen des Rings zusammen“ und auf diese Weise kommt eine Figur zu Stande, welche sich vielleicht mit meinem Parallelplattenpaar vergleichen lässt. Ringförmige Gebilde andrer Art wurden bekanntlich auch von FLEMMING und HERMANN vorgefunden. 6. Bildung der Richtungskôrper. (Hemimerese und Tetramerese.) In Fig. 15 sehen wir die erste Differenzirung in der Bekleidungsmasse der Doppelplatte auftreten: es stellt sich hier nämlich eine Segmentirung ein, in der Art, dass auf jeder Platte drei Segmente erscheinen. Zu gleicher Zeit verändert sich die Gestalt der Platten durch allmähliche Verkürzung der kleinen Axe ihres elliptischen Umfangs; die Plattenränder runden sich ab, und auf diese Weise entstehen zum Schluss zwei parallele Cylinder mit elliptischem Querschnitt. Die Segmentirung der Platten erfolgt nicht gleichmässig : man sieht manchmal auf der einen Platte alle drei Segmente, auf der andern erst das eine Drittel abgegrenzt; oder es sind einige der sechs Segmente bereits wieder halbirt, während die andern noch unge- theilt sind. Die Segmentirung der Bekleidung und die dementsprechende Ein- kerbung der Grundsubstanz schreitet nämlich in der Weise fort (Fig. 16), dass jedes Stäbchen — einem solchen gleicht nunmehr das ursprünglich plattenförmige Gebilde — sechs kuglige Segmente der Grundsubstanz aufweist, auf welchen die Bekleidung die dicksten Stellen einnimmt. Die Bekleidung schmiegt sich also als äquatoriales Band um jedes Kugelsegment der Grund- substanz. Die chromatischen Aequatorzonen zeigen aber bald mehr, bald weniger deutlich bereits in diesem Stadium eine Spaltung in der Richtung des Kugeläquators, so dass sie in Form eines Doppelbands die Kugeln umgürten (Fig. 16). Das Doppel- giirtelstadium scheint freilich nur von kurzer Dauer zu sein. Auf den meisten Bildern umgürten nämlich die Doppelbänder nicht mehr die ganze Aequatorperipherie, sondern in Folge fortschreitender Con- in den Eiern der Insekten. II. Ueber Spermatogenese und deren Be- ziehung zur Eientwicklung bei Pyrrhocoris apterus L., in: Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 51, Heft 4, 1891. 224 V. HÄCKER, traction der Bekleidungsmasse in der Richtung der Aequatortangente brechen sie an einer Stelle durch, so dass sie nur noch in Form von Doppelklammern oder Doppelschleifen den Kugelsegmenten aufsitzen. Es vollzieht sich nunmehr ein weiterer wichtiger Vorgaug (Fig. 17): jedes Stäbchen, bezw. jedes seiner sechs Kugelsegmente spaltet sich in der Längsrichtung des Stabchens. Damit tritt zugleich eine (von der soeben erwähnten, auf Contraction der Bekleidung beruhenden un- abhängige) Quertheilung der Doppelgürtel, bezw. der Doppelklammern ein: jedes der halben Kugelsegmente, aus welchen sich nunmehr die vier Theilstäbchen zusammensetzen, bekommt auf diese Weise eine halbe Doppelklammer mit. Das Resultat der soeben beschriebenen Vorgänge sind demnach vier im Viereck stehende Stäbchen, deren jedes durch eine Anzahl von Einkerbungen in sechs Segmente getheilt ist: um die dicksten Stellen dieser Segmente schmiegt sich die eigent- liche chromatische Substanz in Form von längsgespaltenen Klammern oder Schleifchen *). In einzelnen Mutterthieren zeigen nun sämmtliche Eier des Ovi- ducts die folgenden Verhältnisse: Die vier nunmehr entstandenen Stab- chen, welche bedeutend schlanker erscheinen als die beiden Elemente des Doppelstäbchenstadiums, haben sich derart getrennt, dass zwei nach der einen, zwei nach der andern Seite gerückt sind. Zwi- schen den beiden Paaren findet sich häufig, wenn auch nicht immer, eine Kluft innerhalb des Zelleibs, die sich aber anscheinend nicht über die ganze Eizelle erstreckt (Fig. 18). Diese Kluft scheint übrigens vorübergehender Natur zu sein, denn sie ist nicht mehr sichtbar, wenn das eine als erster Richtungskörper zu bezeichnende Stäbchen- paar bereits ins Knäuelstadium übergegangen ist (Fig. 19), während das andre noch den ursprünglichen Habitus zeigt. Dasselbe wandelt sich zur zweiten Richtungsspindel um, indem (Fig. 19 a) die Grundsubstanz verschwindet und die 12 Doppelklammern, welche ihrer ursprünglichen Anordnung auf den Stäbchen entsprechend in einer Doppelreihe gelagert sind, zu je 6 sich auf Ei und Richtungskörper vertheilen. Dieses Bild (Fig. 19 a) entspricht in Anordnung und Ge- stalt der Elemente der Fig. 24, welche die zweite Richtungsspindel von Cyclops strenuus darstellt. Nur darin giebt sich ein Unterschied 1) In Ausnahmefällen kommt es zur vollständigen Bildung und Isolirung der vier Theilstabchen, ehe sich auf denselben eine Segmen- tirung der chromatischen Bekleidungsmasse vollzieht. Die Eibildung bei Cyelops und Canthocamptus. 295 zu erkennen, dass bei Canthocamptus die Elemente jeder Reihe eine deutliche paarweise Anordnung zeigen. Es ist mir nicht gelungen, bei diesen Kerntheilungsvorgängen die feineren achromatischen Verhältnisse deutlich zu machen. Die zuerst angewandte Methode mit heissem Sublimat-Alkohol versagte in dieser Beziehung durchweg, wie die Kerntheilungsfiguren der Keimzone und des Blastoderms bei Sublimat-Alkohol-Präparaten zeigen. Eine kürzere Anwendung von Fremming’scher Flüssigheit aber bringt allerdings die Centrosomen in der Keimzone und in den Vorbereitungsstadien zur Ansicht, nicht aber die achromatischen Fäden. Ein längeres Ein- wirkenlassen derselben verbietet sich indess durch die starke Schwär- zung der Dotterkugeln. Die Beobachtung der Vorgänge am lebenden Thiere endlich ist gleichfalls wegen der Dottermassen unmöglich. Wenn also die Präparate auch nicht den ganzen Vorgang in der klassischen Form PLarner’scher und FLemmine’scher Bilder zur An- schauung bringen, so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, dass wir es hier in der That mit der Bildung der Richtungskörper zu thun haben. Ich wüsste wenigstens nicht, welch andre Deutung ich diesem zuerst einfachen und dann den beiden neben einander liegenden Doppelstäbchen geben sollte. Hierzu kommt aber noch der Ver- gleich mit den Bildern bei Cyclops, die in manchen Punkten den Uebergang zu den normalen Verhältnissen darstellen, in andern die letztern selbst in klarer Weise zur Anschauung bringen. Es ist mir ein einziges Mal gelungen, ein Ei kurz nach seinem Austritt zu beobachten: beide Richtungskörper liegen, getrennt von einander, der Eiperipherie an, während der weibliche Kern, dem einen derselben genähert, im Knäuelstadium steht. Die Schnitte, welche den Spermakern enthalten, waren leider verloren gegangen. 7. Resultate bei Canthocamptus. Fassen wir mit kurzen Worten die ganze Entwicklungsreihe noch einmal zusammen, so zeigt sich, 1) dass auf die Theilungen der Ureizellen eine Auseinander- lagerung, Spaltung und abermalige Aneinanderreihung der die Chro- matinstäbchen zusammensetzenden Kugelchromosomen folgt. Das End- ergebniss dieses Vorgangs ist die Bildung einer langsgespaltenen Fadenschlinge. 2) Ein eigentliches Ruhestadium in dem Sinne einer Vertheilung der chromatischen Substanz auf ein feines Fadengerüst fehlt: in der entsprechenden Phase persistirt die längsgespaltene Fadenschlinge. 296 V. HAKCER, 3) Gewisse Veränderungen führen beim Eintritt in die Reifungs- stadien zur Bildung einer einfachen platten- oder linsenförmigen Masse, in welcher im Anfang noch deutlich Fadenzüge zu erkennen sind. 4) Vielleicht unter Antheilnahme des jetzt bedeutend sich ver- ändernden Kernkörpers und unter gleichzeitigem Verlust der Kern- membran gehen aus der einfachen Platte ein Ring und eine Doppel- platte, aus dieser durch abermalige Längsspaltung vier gleich- werthige Stäbchen hervor. 5) diese Stäbchen setzen sich aus je 6 mit einander verschmol- zenen Kugelsegmenten zusammen, deren zur Längsaxe der Stäbchen senkrechter Aequator die chromatische Substanz trägt. Von diesen vier Stäbchen gehen zwei in den 1. Richtungskörper, eines in den 2. Richtungskörper und eines in den weiblichen Eikern ein. 6) Die chromatischen Gürtel zeigen vom ersten Auftreten zweier - Stäbchen an bis zur gleichmässigen Vertheilung der vier Theilstäbchen auf die 4 „Enkelzellen“ eine Langsspaltung längs des Aequators der Kugelsegmente. Betrachten wir zunächst den als Diplose bezeichneten Ver- dopplungsprocess, so ist bemerkenswerth, dass hier der Fadenknäuel (das Fadenelement höchsten [3.| Grades), bezw. die Elemente nächst- niederen [2.] Grades, die Chromatinstäbchen, eine vollständige Dis- gregation in Kugelchromosomen erfahren, welch letztere vielleicht als morphologische Theilungseinheiten niedrigsten [1.]| Grades aufzu- fassen sind. Ich möchte hierbei auf den Gegensatz hinweisen, welcher besteht zwischen denjenigen Aequatorialplatten, in welchen sich die Schleifen vor der Spaltung in Elemente niedrigsten Grades auflösen, und solchen, in denen schleifenähnliche Gebilde selber die Theilungs- einheiten darstellen. Schon Bovert (a. a. O.) zeigt, dass bei Objecten, bei welchen in den Furchungsspindeln „Schleifen“ vorkommen, in den Richtungsspindeln sich häufig nur Stäbchen und Körner vorfinden. Während nun aber Bovzrı in den Richtungsspindeln „Chromosomen“ findet, sind dieselben bei Canthocamptus anfänglich, bei Cyclops dauernd zu Stäbchen vereinigt, dagegen findet vorübergehend in der Keimzone eine vollständige Isolirung der Kugelchromosomen statt. Die Stäbchen der Richtungskörper enthalten aber, wie ich aufs bestimmteste be- obachtet habe, regelmässig sechs an einander gereihte Kugelsegmente, und es ist damit wenigstens für dieses Object der theoretisch voraus- zusehende Satz bewiesen, dass bei solchen Kerntheilungen, in deren Aequatorialplatte keine vollständige Iso- Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 297 lirung der Elemente niedrigsten Grades stattfindet, die Anzahl der die betreffenden Grundelemente (Stäb- chen, Schleifen) zusammensetzenden Theil-Chromo- somen constant ist. Dieser Beweis scheint mir deshalb von be- sonderer Wichtigkeit zu sein, weil nur unter seiner Voraussetzung in Anbetracht der Verschiedenwerthigkeit der in den einzelnen Aequa- torialplatten auftretenden Grundelemente eine Vergleichung und Zählung der Elemente möglich ist. Bei einzelnen Objecten, namentlich da, wo die Schleifen uns mehr oder weniger homogen erscheinen, dürfte dem- nach eine Zählung der letzten Einheiten in den verschiedenen Stadien der Keimzone, der Theilungszone und während der Furchungen des Eis mit kaum überwindlichen Schwierigkeiten verknüpft sein, und ich glaube, dass man, um in diesen Fällen eine etwaige Reduction der Elemente zu constatiren, den Verlauf der Vorgänge an sich ins Auge zu fassen hat. Auch für eine Betrachtung im letztern Sinne scheint mir aber Canthocamptus ein geeignetes Object zu sein. Aus dem letzten, nicht durchgeführten Theilungsprocess der Keimzone (Diplose) resultirt eine Anzahl von Doppelchromosomen, die sich zu einem Doppelfaden aneinanderreihen. Es ist also nunmehr die doppelte Anzahl von chromatischen Einheiten vorhanden, ohne dass zunächst durch eine Kerntheilung dieselbe auf zwei Kerne vertheilt wird. Die beiden Richtungsspindeln stellen nun aber mit einander einen Viertheilungs- process dar, d. h. ich kann mich für die Richtungskörperbildung bei Canthocamptus ganz der Auffassung O. Herrwıc’s anschliessen, wo- nach die chromatischen Elemente auf keinem der beiden Theilstadien eine Längsspaltung erfahren, wie beim gewöhnlichen Theilungsprocess, sondern nur eine Viertheilung auf die Enkelzellen. Nehmen wir nun an, dass sich im Ruhestadium vor den Richtungsspindeln, d. h. zur Zeit der Dotterabscheidung und des Wachsthums des Zelleibs, keinerlei Vermehrung der chromatischen Substanz zugetragen habe, so würde durch die beiden Theilungen die vorhan- handene doppelte Masse geviertheilt, d. h. im reifen Eikern bleibt nur noch die Hälfte der normalen Chromatinmasse zurück, womit die Reduction derselben dargelegt wäre. Die eigenthümlichen Vorgänge, welche bei Canthocamptus die Richtungs- körperbildung vorbereiten und begleiten, bildeten demnach einen Mechanismus, welcher ins Werk gesetzt wird, um die im Doppelfaden vorhandene Chromatinmasse in vier gleiche Theile auf die vier Enkel- zellen (Ei und drei Richtungskörper) zu vertheilen, beide Theilungs- 298 V. HACKER, processe sind demnach Reductionstheilungen. Es sei mir gestattet, entsprechend dem oben angewandten Ausdruck „Diplose“ der Bequemlichkeit halber für den in der ersten Rich- tungsspindel vor sich gehenden Halbirungsprocess die Bezeichnung „Hemimerese‘“'), für den darauf folgenden Viertheilungsprocess das Wort „Tetramerese“?) vorzuschlagen. Diese Ausdrücke möchte ich ganz allgemein für analoge Vertheilungsprocesse anwenden, nicht aber sollen sie etwa an Stelle der ehrwürdigen Bezeichnungen „Richtungsspindeln“ und „Richtungskörperbildung‘“ treten; eine Ver- drängung dieser etwas schwer zu handhabenden Ausdrücke würde erst dann eine gewisse Berechtigung haben, wenn der Nachweis er- bracht werden könnte, dass ganz allgemein in diesen Stadien analoge Processe auftreten. Sehen wir nun, ob sich die obige Auffassung der Vorgänge mit den bei Canthocamptus sich findenden Zahlenverhältnissen in Einklang bringen lässt. Bei Beginn des Verdopplungsprocesses treten 24 Chro- mosomen auf); dieselben spalten sich und es entstehen 48 Tochter- chromosomen. Wenn wirklich im Verlauf der Richtungskörperbildung eine Tetramerese stattfindet, so müsste jede Enkelzelle 12 Chromo- somen übernehmen. In der That finden wir, dass die chromatische Masse jeder Enkelzelle 6 längsgespaltene Elemente, also 12 einfache Chromosomen aufweist, d. h. die Anzahl der Chromosomen ist in der Eizelle auf die Hälfte reducirt. Aus den nämlichen Zahlenverhältnissen folgt andrerseits, wie mir scheint, mit Nothwendigkeit die Identität der während der ganzen Hemi- und Tetramerese auftretenden Spaltung der Chromosomen (Doppelgiirtel, Doppelklammern!) und der durch die Diplose einge- leiteten Längstheilung der Elemente, d. h. bei Canthocamptus persistirt während des ganzen Verlaufs der Eireife eine Längsspaltung der chromatischen Elemente. Die folgenden Schema (welche ich in etwas anderer Gestalt bereits in meinem ersten Aufsatz, angewandt habe) sollen die Verhältnisse bei Canthocamptus übersichtlich darstellen und zum Vergleich die Er- gebnisse Boveri’s und Henkıng’s veranschaulichen. Ich bemerke, dass die Zahl der angezeichneten Elemente mit einem gewissen Coefficienten zu vervielfachen ist, damit man die wirkliche Anzahl 1) von nul, halb, und wégoc, Theil. 2) von tétwetoc, der vierte, und u&oog, Teil. 3) Ich habe wenigstens immer Zahlen gefunden, die nur um wenige Einheiten yon 24 abweichen. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 229 erhält. Eine eckige Klammer bedeutet, dass sich die Chromosomen- zahl latent während des Ruhestadiums hindurch erhält; ein dicker verticaler Strich zeigt das Eintreten einer Reductionstheilung, eine verticale Klammer dasjenige einer Aequationstheilung an. 1. Canthocamptus ? WU. Carinaria 2 (Boveri) ILI. Pyrrhocoris J Coeff. = 6. Coeff. — 16. (HENKING) Coeff. = 12. Urzellen = ee — ar nat Zee Diplose = => => = Wachsthumszone = = — ==. me = | | | (sn 1. Theilung a | ered Pise Prophasen der 2. Theilung len, 0 Metakinese der 2. | Theilung — |— Befruchtung a — ae Die Hauptunterschiede gipfeln also im Folgenden : bei I tritt bereits in der Diplose eine Verdopplung der Elemente durch Längsspaltung ein, welche im ganzen Verlauf der weiteren Theilungsvorgänge per- sistirt. Es müssen in Folge dessen zwei Reductionstheilungen ein- treten. Nach Boveri (I) tritt in der Wachsthumszone eine Reduction der Anzahl der Elemente auf die Hälfte und in der Aequatorplatte der ersten Theilung eine zweifache Längsspaltung ein. Von jedem viertheiligen Element gehen zwei Theilelemente in den ersten Richtungskörper, je eines in den zweiten Richtungskörper und in das Ei über. Bei III erfolgt im ersten Theilungsprocess eine Reduction und dann nach Spaltung der Elemente eine normale Aequa- tionstheilung. Das Schlussergebniss ist jedesmal dasselbe: die Anzahl der Elemente in den Urzellen wird im Verlauf der Processe auf die Hälfte reducirt, um durch die im Befruchtungsprocess erfolgende Ver- dopplung wieder die ursprüngliche Zahl zu erreichen. Es möge zum Schluss noch einmal die Frage erhoben werden, welche ursprüngliche Bedeutung die Kerntheilung, in welche 230 V. HÄCKER, die Diplose verlegt worden ist, gehabt hat. Wie oben ausgeführt wurde, liegt es wohl am nächsten, sie als einen reducirten letzten Theilungsprocess der Keimzone anzusehen. Sicherlich werden genauere Untersuchungen feststellen, dass wir es bei den Thei- lungen der Keimzone mit einer bestimmten, d. h. jedenfalls für die Art constanten Anzahl von Generationen zu thun haben; in diesem Falle würde dann das Auftreten einer unvollständigen Theilung und somit der Ausfall einer Generation von ganz besonderem Interesse sein. Man könnte aber auch die Möglichkeit einer andern Deutung erwägen: auf Grund der letzten Untersuchungen von MAupAs!) und R. HerrwiG ?) liessen sich die Theilungen der Micronucleoli vor der Conjugation der Infusorien vergleichen mit den Theilungsvorgängen im reifenden Ei, aber (R. Hertwie) „es bleibt die Schwierigkeit bestehen, dass beim Ei von vier Kernen einer zum Eikern wird, bei den Infu- sorien dagegen der 4. Kern sich noch einmal theilen muss, ehe der dem Eikern physiologisch vergleichbare stationäre Kern entsteht“. Man könnte daher versuchen, mit der ersten der drei bei den Infusorien eintretenden Theilungen die Diplose in Parallele zu setzen. ZWEITES CAPITEL. Die verkürzte Ovogenese halbpelagischer Arten. 8. Halbpelagische Cyclopiden. Schon seit längerer Zeit hat der Ausdruck ,,pelagisch“ auch in Bezug auf die Süsswasserfauna Verwendung gefunden, und zwar werden damit solche Formen be- zeichnet, welche die Oberfläche des offenen Wassers bevorzugen, da- selbst zeitweise in grossen Massen auftreten und sich durch Durch- sichtigkeit der Organe auszeichnen, neben welcher allerdings ver- schiedenartige, hauptsächlich blaue Farbenflecken auftreten können. Ich nenne im Folgenden „halbpelagisch“ solche Arten, welche unter bestimmten örtlichen Verhältnissen — u. U. als gut zu |) Maupas, Le rajeunissement karyogamique chez les ciliés, in: Archives de zool. expériment. (2e sér.), T. 7. 2) R. HerrwiG, Ueber die Conjugation der Infusorien, in: Abhandl. d. bayer. Acad. d. Wissensch., 2. Cl, Bd. 17, 1889. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptuüs. 231 unterscheidende Localvarietäten — die oben gekennzeichneten pela- gischen Charaktere tragen können. Für Cyclops strenuus Fiscx. wird von mehreren Autoren ein pe- lagisches Auftreten angegeben. -VOSSELER führt in seiner „Copepoden- fauna der Eifelmaare (in: Arch. f. Naturg. 1889) ihn und Diaptomus coeruleus Fiscu. als pelagische Arten des Laacher Sees an, bemerkt aber dabei, dass dieselben ,,sonst kaum einmal in grösseren Wasser- becken sich vom Ufer wegverirren und noch seltener ausschliesslich die pelagische Fauna bilden, wie hier im Laacher See“. ZscHoKKE giebt in seinem interessanten Bericht über „die zweite zoologische Excursion an die Seen des Rhätikon“!) für den See von Partnun an, dass im August 1890 neben der die Grosszahl der pelagischen Heer- schaaren ausmachenden Daphnia longispina Leypi& hauptsächlich jugendliche, vor der letzten Häutung stehende Cyclops strenuus Fiscu. und noch nicht geschlechtsreife Diaptomus bacillifer KÖLBEL auftraten. Aehnliche Verhältnisse fanden sich in drei andern Seen des Rhätikon. Jedesmal bildeten Daphnia longispina oder pulex, einer oder der andre Calanide und Cyclops strenuus neben einigen Rotatorien die Hauptbestandtheile der pelagischen Fauna. Hier in der Gegend von Freiburg fand ich Cyclops strenuus in den Altwassern des Rheins bei Alt-Breisach in einem kleinen Tümpel von etwa fünf Meter Durchmesser. In zwei aufeinander folgenden Jahren trat er hier Mitte Mai in grosser Menge und als Alleinherrscher auf, und zwar fanden sich um diese Zeit zum grössten Theil geschlechts- reife, eiersacktragende Individuen vor. Schon in den letzten Tagen des Mai konnte aber in beiden Jahren kein einziges geschlechts- reifes Individuum mehr gefunden werden, dagegen wimmelte jetzt der Tümpel von Diaptomus, Daphnia longispina, Polyphemus und Cyprois monacha, und ausserdem traten gegen Ende des Monats die Feinde der Entomostraken, namentlich die Mesostomeen, in grosser Menge auf. Diesen Feinden weicht also Cyclops strenuus rechtzeitig aus, dank dem Umstand, dass er offenbar im Zusammenhang mit seiner halbpelagischen Natur zur Entfaltung seines regenerativen Lebens eines möglichst freien, sauerstoffreichen Wassers bedarf. Wenn sich die Fortpflanzungsthätigkeit des Thiers in eine ver- hältnissmässig kurze Frist zusammendrängen muss, so kommt ihm offenbar die ungemein beschleunigte und verkürzte Ovo- genese zu statten, welche im Folgenden zu besprechen sein wird. 1) in: Verhandl. d. Naturf. Ges. in Basel, Bd. 9, Heft 2, 1890. 239 V. HACKER, Es wird sich dabei nur fragen, ob diese Eigenthümlichkeit und die damit verbundene Beschleunigung der Eiproduction mit dem sonst vorkommenden pelagischen Auftreten der Form im Zusammenhang steht, d. h. ob sich auch in diesem Zuge die „halbpela- gische“ Natur des Thieres äussert. In diesem Falle würde gerade dieser Charakter es sein, der ihm die Existenz in dem kleinen Tümpel, die Ausnützung der nur kurze Zeit hindurch währenden Lebensbe- dingungen ermöglicht. Für die obige Annahme würde aber der Um- stand sprechen, dass sich in den Ovarial- und Oviducteiern ausge- sprochen pelagischer, mariner Copepoden, soweit ich verfolgen konnte, die nämlichen Verhältnisse finden wie bei Cyclops strenuus. Aehnlich erweist Cyclops signatus KocH seine „halbpelagische“ Natur. Ich finde in den hiesigen Tümpeln allerdings fast das ganze Jahr hindurch eiersacktragende Weibchen; besonders zahlreich tritt aber eine Varietät in den Altwassern des Rheins Mitte Juni in einem grösseren, mit dem fliessenden Wasser in Verbindung stehenden Tümpel auf. Hier kommt sie zusammen mit Sida crystallina vor und zeigt wie diese, namentlich an den Extremitäten, intensive Blaufärbung. Auch Fric!) erwähnt ihn als zur Oberflächenfauna des Schwarzsees im Böhmerwald gehörig neben Cyclops minutus und Polyphemus. Be- züglich der Ovogenese sind die Verhältnisse bei signatus, wenigstens bei der halbpelagisch auftretenden Varietät, die nämlichen wie bei strenuus. 9) Verlauf der Ovogenese. Den Verlauf der Ovogenese bei diesen beiden Formen habe ich bereits in meinem ersten Aufsatze im „Zoologischen Anzeiger“ im grossen Ganzen dargestellt. Doch habe ich an dieser Stelle vor allem darauf aufmerksam zu machen, dass, wie oben erwähnt, die Entstehung des Doppelfadens genau in der gleichen Weise vor sich geht wie bei Canthocamptus, und dass in den Ovarial- und Oviducteiern von der Diplose bis zum Beginn der Dimerese ein persistirendes System von feinen, varicösen Doppelfäden sich constatiren lässt. Es geht also bei diesen Formen auch im „Keimbläschenstadium‘‘ die Continuität der Doppelfäden nicht verloren. Dieses feine, varicöse Doppelfadensystem bei den „halbpelagischen“ Arten, das kurz vor der Bildung der Richtungskörper sich zu einer bestimmten Anzahl von 1) Frit, Fauna der Böhmerwaldseen, in: Gesellschaft der Wiss. in Prag, Juli-Dez. 1871, p. 8. Die Eibildung bei Cyelops und Canthocamptüs. 233 Doppelfadensegmenten verdichtet, bildet den Uebergang von der homo- genen Doppelfadenschlinge, welche bei Canthocamptus in der Wachs- thumsperiode des Eies auftritt, zu dem äusserst feinen Fadengerüst, in welches die Chromatinsubstanz der Eimutterzelle bei den langsam lebenden Grundbewohnern (Cyclops brevicornis und agilis) schon inner- halb der Keimdrüse eingeht. Dieses verschiedene Verhalten der Chromatinsubstanz in der Wachsthumsperiofle des Eies zeigt auch, dass es für die Dotter- abscheidungund das Wachsthum desEies unwesentlich ist, bis zu welchem Maasse der Vertheilung die Chro- matinsubstanz fortschreitet. Anstatt der complicirten Vorgänge, welche bei Canthocamptus die Richtungskörperbildung einleiten, nehmen hier die Dinge einen ein- facheren Verlauf, der im Allgemeinen an Fremmin@’sche Bilder er- innert. Wir sehen (Fig. 20) den Doppelfaden zunächst in eine An- zahl grösserer Abschnitte zerfallen. In Figur 20 ist eine Oberflächenansicht der zwischen die Schnittebenen fallenden Kernkuppe gegeben: man sieht zwei von den vier Doppelfadenabschnitten der Kernwand angelagert und bemerkt, dass die beiden einen Abschnitt zusammensetzenden Einzelfäden an den Enden mit einander ver- schmolzen sind. Am untern Rand des Kerns schimmert der Kern- körper durch die der Kernkuppe aufgelagerte Dotterschicht hindurch. Diese Bilder weisen unmittelbar auf FLEMMING’S „heterotypische Mi- tose“ hin: vor der ersten Theilung der Samenmutterzellen des Sala- manders zerlegt sich der Fadenknäuel in eine Anzahl von Abschnitten, welche bereits Längsspaltung zeigen. Die Enden der Schwesterfäden sind mit einander verklebt, und beim Zustandekommen der Aequatorialplatte kommen die Verklebungsstellen in den Aequator zu liegen. Hernach findet in den Verklebungsstellen eine Spaltung statt, und in der Metakinese treten die getrennten Schwesterfäden als Schleifen an die Pole. In etwas andrer Weise beschreibt HERMANN (a. a. O.) die Vor- gänge bei den Theilungen der Samenmutterzellen der Maus: aus den Fäden des Spirems bilden sich chromatische Ringe, die aus- schliesslich in der Peripherie des Kerns gelagert sind. Dieselben orientiren sich zu einer Spindel, welche die Form einer Tonne besitzt, deren Längsreifen von den Chromatinringen gebildet werden. Es erfolgt dann im Aequator der Tonnenfigur eine Theilung der Chromatinringe in zwei typische, U-förmige Schleifen, welche rasch auseinanderrücken. 934 V. HACKER, Die Doppelfädenabschnitte FLEMMinG’s und die chromatischen Ringe HerMAnn’s lassen sich mit dem in Fig. 20 gegebenen Bilde sehr wohl vergleichen, allein sowohl was die Entstehung anbelangt, als auch in Bezug auf den Weitergang der Processe stellen sich, wie wir sehen werden, erhebliche Differenzen heraus. In Fig. 21 sind die Doppelfädenabschnitte, deren Einzelfäden an ihren Enden nicht mehr verschmolzen sind, in der Mitte geknickt, so dass die beiden Hälften unter einem grösseren oder*kleineren Winkel gegen einander convergiren. Dieses Stadium, welches an die FLEM- minG’sche Metakinese erinnert !), führt die endgültige Zweitheilung der Doppelfädenabschnitte herbei, so dass wir in den darauf folgenden Stadien acht kurze Doppelfäden erkennen. Mitunter erhielt ich Querschnittsbilder der Doppelfäden, welche auf eine zweimalige Längsspaltung schliessen liessen, indem vier im Quadrat gestellte Punkte sichtbar waren (Fig. 21 a). Es zeigte sich aber bald, dass man es hier mit dem Schnitt durch eine Knickungsstelle zu thun hat, wie dies z. B. in der Fig. 21 a deutlich erkennbar ist. In einem weiteren Stadium (Fig. 22) ist eine Vertheilung von je vier Doppelfäden auf die beiden Pole des Kerns erkennbar. Ein achromatisches Fadengerüst habe ich nicht zur Ansicht bringen können, dagegen zeigen sich, den Polen des Kernraums aufgelagert, deutlich dunkel gefärbte Pünktchen, welche zweifellos als Centrosomen zu betrachten sind. In Fig. 22 z. B., welche genau einen Kern im ent- sprechenden Stadium wiedergiebt, findet sich links zwischen den 1) Schon hier tritt freilich ein bedeutsamer Unterschied hervor. Ich habe nämlich vor dieser Knickung der Doppelfadenabschnitte nichts bemerken können, was sich mit einer Umlagerung der Verklebungs- stellen im Sinne Frumming’s vergleichen liesse. Während daher nach Frem- MING bei der Metakinese je ein ganzer Tochterfaden, der sich in secundärer Weise noch einmal in der Längsrichtung spaltet, an jeden Pol tritt, findet hier eine Quertheilung des Doppelfadenabschnittes statt, und alle meine Bilder weisen darauf hin, dass je ein halber Doppel- fadenabschnitt von jedem Theilkern aufgenommen wird. Dieser Unterschied lässt sich noch in andrer Weise ausdrücken: während nach Fiemminc eben durch die im Fadenknäuel sich voll- ziehende, „präformirte“ Längsspaltung die später auseinandertretenden Tochterelemente geliefert werden, hat in meinem Fall die Längsspaltung im Knäuelstadium wenigstens mit der darauf folgenden Kerntheilung in keiner Weise etwas zu thun, vielmehr tritt eine Vertheilung der Doppelelemente als solcher auf die Tochterkerne ein. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 335 Dotterkugeln ein punktförmiger Körper, an der Spitze einer mützen- fürmigen Aussackung des Kernraums. Am andern Pol treten bei Oberfiächeneinstellung zwei nahe bei einander liegende dunkle Pünktchen hervor, unter welchen Reste des Kernkörpers gelagert sind : anscheinend haben sich die Chromosomen oder wenigstens das eine von ihnen bereits wieder einer secundären Theilung unterzogen, welche der zweiten Kerntheilung vorauseilt. In diesem Stadium ist von der Kernmembran nichts mehr zu erkennen; die Dottermassen schliessen sich nunmehr von allen Seiten gegen das Innere des Kerns zusammen, und die weitern Vorgänge spielen sich auf einem Raum ab, welcher ganz erheblich kleiner ist, als der Umfang des geschlossenen Keim- bläschens war. In der Nähe des einen Pols finden sich neben einem Theil des zerfallenen Kernkörpers zwei behöfte, stark lichtbrechende Körper, welche ich in meinem ersten Aufsatz als „Micronucleolen“ bezeichnet habe, über deren Schicksal und Bedeutung ich aber immer noch nicht im Stande bin irgend etwas auszusagen. Wenn es mir auch nicht gelang, die Durchschnürung des Kernes direct zu beobachten, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass man es hier mit einem Kerntheilungsvorgang zu thun hat, welcher der ersten Richtungsspindel entspricht. Dies wird mit jeder wün- schenswerthen Schärfe durch die folgenden Bilder bewiesen, bei wel- cher die hauptsächlich angewandte Methode (heisser Sublimat-Alkohol als Conservirungsmittel und verschiedenartige Carmin- und Hämato- xylinfärbungen) in ganz besonders schöner und deutlicher Weise die Zahlenverhältnisse zum Ausdruck brachte. Es finden sich nämlich von jetzt ab in den Kernen anstatt, wie bisher, acht Doppelstäbchen nur noch acht einfache Stäbchen (beziehungsweise vier Doppelstäbchen) vor (Fig. 23, 23a, 23b, 24), während in einzelnen Fällen in einer Plasmainsel neben dem Kern (Fig. 24) in degenerirendem Zustand die übrigen sich nachweisen liessen, so zwar, dass hier und da ihre Anzahl noch deutlich erkennbar war. Die Figuren 23, 23a und 23b stellen das Zwischensta- dium zwischen der ersten und zweiten Theilung in drei hinter einander folgenden Phasen dar: die acht Stäbchen, welche sich in dem Kernraum vorfinden, weisen eine leichte Krümmung auf, und auf jedem derselben tritt bald mehr, bald weniger deutlich eine Ringe- lung hervor, in ähnlicher Weise, wie dies bei den entsprechenden Ge- bilden von Canthocamptus der Fall war. Die Stäbchen setzen sich also auch hier aus einer Anzahl von Elementen niedrigerer Ordnung zusammen, und zwar konnte in einzelnen Fällen die auch für Cantho- Zool, Jahrb. V. Abth. f, Morph. 16 936 V. HACKER, camptus charakteristische Sechszahl der Kugelelemente festgestellt werden. Dagegen war in keinem Falle eine Spaltung der Chromatin- giirtel zu bemerken, wie eine solche auf den Stäbchen von Cantho- camptus hervortrat. Das Gleiche gilt auch für die Stadien der Fig. 21 und 22, wo ebenfalls vielfach eine deutliche Ringelung erkennbar ist. In Fig. 23 lassen drei Paare der Stäbchen unverkennbar ihre ursprüngliche Zusammengehörigkeit zu je einem Doppelstäbchen her- vortreten; dagegen haben die beiden Einzelstäbchen des vierten Paares im Verlauf der Umlagerungsprocesse die schwesterliche Verbindung verloren. Aus Fig. 23a lässt sich gleichfalls ohne Mühe die muthmaass- liche Zusammengehörigkeit der Elemente herauslesen, wenn auch hier der gegenseitige Abstand des obern, verticalen Paares ein unverhält- nissmässig grosser geworden ist. Als bemerkenswerthen Fortschritt möchte ich es auffassen, dass sich hier die Doppelstäbchen bereits in zwei Gruppen vertheilt haben, von denen die eine sehr an die Stäb- chenreihe der Fig. 24 erinnert. Noch schärfer tritt diese Gruppirung in Fig. 23b hervor, bei welcher jedoch ein Einzelstäbchen in der Verlagerung zurückgeblieben ist und dabei die Fühlung mit seinem Schwesterstäbchen vollständig aufgegeben hat. Fasst man diese Bilder zusammen und vergleicht damit einerseits Fig. 22, andrerseits Fig. 24, so geht mit grosser Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Doppelstäbchen als solche in die Gruppen eingehen, dass also auch bei dieser Theilung kein Auseinandertreten der Schwester- stäbchen der einzelnen Paare stattfindet. Da ich in einer gewissen Voreingenommenheit geraume Zeit hindurch versucht hatte, die Ver- hältnisse bei Cyclops mit Boverrs Befunden in Einklang zu bringen, so blieb mir dieses unerwartete Verhalten lange ein Räthsel; nach einer immer wieder erneuten Untersuchung aller einschlägigen Bilder und beim Vergleich mit Canthocamptus gelangte ich aber schliesslich zu der Auffassung, dass auch bei der zweiten Theilung die Doppelstäbchen ungetrennt bleiben?). In Fig. 24 sind die acht Stäbchen des Eikerns, welche sich nun- 1) Es ist mir nachträglich gelungen, Schnitte durch eben im Aus- treten befindliche Eier zu bekommen, bei welchen der Spermakern ge- rade im Begriffe war, gegen den Eikern hinzuwandern. Die vier Chromatinstäbchen des letztern zeigten stets eine paar- weise Anordnung. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 937 mehr C-förmig umgebogen haben, in zwei Reihen angeordnet. Die concaven Seiten sind einander zugekehrt, und der bald grössere, bald klei- nere Zwischenraum zwischen beiden Reihen zeigt gegenüber dem übrigen Kernplasma eine bedeutende Widerstandskraft gegen Färbungsmittel. Dieses Stadium, in welchem die Eikerne anscheinend längere Zeit ver- weilen, findet sich in Eiern, welche unmittelbar vor der Ablage stehen; bei den vollkommen klaren Zahlenverhältnissen, welche wir bei den Vorgängen bis hierher verfolgt haben, ist nicht daran zu zweifeln, dass die Figur 24 die metakinetische Phase der zweiten Richtungs- spindel darstellt. Der endgültige Beweis wird dadurch geliefert, dass in Eiern, welche sich eben durch die Oviductöffnung hindurch- zwängen, die Chromatinsubstanz des Kerns auf vier Stäbchen ver- theilt ist, und dass ebenso die in der Samentasche des Weibchens be- findlichen Spermakerne je ein Bündel von vier kurzen Chromatin- stäbchen aufweisen 1). Bei der Copulation ergänzen sich die beiderseitigen Elemente wieder auf die Achtzahl. Ich habe allerdings bei den zwei vorliegenden Arten die erste Furchungsspindel selbst nicht beobachtet, vielmehr sind mir stets nur diejenigen Stadien zu Gesicht gekommen, in welchen die beiden Copulationskerne in blaschen- formigem Zustand neben einander liegen (Fig. 26). Allein abgesehen davon, dass ich die betreffenden Bilder bei den später zu besprechen- den Arten wiederholt antraf, decken sich mit dem obigen Satze die Befunde in ältern Furchungsstadien. Die Figur 25 stellt eine Fur- chungskugel des Acht-Zellenstadiums dar, und wir sehen hier in der That acht Paare von längsgespaltenen Chromosomen auftreten. 10. Zusammenfassung. Die Ergebnisse bei Cyclops strenuus und signatus lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Auch bei diesen Formen lässt sich die Längsspaltung des Chro- matinfadens auf einen Disgregationsvorgang zurückführen, welcher un- mittelbar auf die Theilungen der Ureizellen folgt (Diplose). Bereits in den Dyastern der letzten Theilung zeigen die von den Eimutterzellen übernommenen acht Stäbchen die Andeutung einer Längsteilung. 2. Das Doppelfadensystem persistirt während der ganzen Wachs- thumsperiode des Eies. 1) Die betreffenden Präparate sind mir erst in die Hand gekommen, als die Tafel der vorliegenden Arbeit bereits fertig gestellt war; ich gedenke die Bilder demnächst an anderer Stelle wiederzugeben. 16* 998 V. HACKER, 3. Vor Beginn der Richtungskörperbildung treten vier Doppel- fadensegmente auf, welche sich in acht Doppelstäbchen zerlegen. 4. Auch hier scheinen die Doppelelemente als solche auf die vier Enkelkerne vertheilt zu werden. Im Ei verbleiben vier einfache, bezw. zwei Doppelelemente. In dem oben angewandten Schema ist also für Cyclops der Co- efficient „2“ einzuführen, wenn wir von den Stäbchen als Theilungs- einheiten ausgehen, oder aber „12“, wenn wir die Kugelchromosomen als Grundelemente betrachten. 5. Beide Theilungen der Reifungsperiode finden noch im Oviduct statt. Das Auftreten der Doppelfäden in den Oviducteiern haben die beiden besprochenen Arten, wie erwähnt, mit pelagischen, marinen Formen, z. B. Cetochilus longiremis, gemeinsam, und es steht vielleicht die Verkürzung der Ovogenese, welche in dem persistirenden Doppel- fadensystem, in dem unter 5 erwähnten Umstande und in dem gleich häufigen Auftreten der verschiedenen Stadien ihren Ausdruck findet, mit dem „halbpelagischen‘“ Charakter der beiden Arten im Zusammen- hang. Bekanntlich besitzen die pelagischen Formen entweder überhaupt keine oder nur sehr kleine Eiersäcke. Das erstere trifft für zahlreiche marine Calaniden, z. B. für Cetochilus, und unter den Süsswasserbe- wohnern für Heterocope zu. Letzteres ist z. B. bei einer in unserm Titisee vorkommenden pelagischen Diaptomus-Art der Fall, welche in der Regel nur 2, seltener 3 oder 4 Eier im Eiersäckchen mit sich führt, während das des tümpelbewohnenden Diaptomus gracilis 12—20 enthält. In den wenig zahlreichen Fällen, wo pelagische Formen grössere Eier- packete herumtragen, ist unter Umständen ein anderweitiger Ausgleich vorhanden. So zeigen bei einem pelagischen Corycäiden (Corycaeus ger- manus) die grossen, 30—40 Eier enthaltenden und durch ihre dorsale Lagerung einen Theil des Thieres bedeckenden Eitrauben im auffal- lenden Lichte eine intensiv himmelblaue Farbe. Wenn nun aber bei pelagischen Formen mit wenig umfang- reichen Eiersäckchen das Wachsthum und die Reifung des Eies eine relative Beschleunigung erfährt, so wird es möglich sein, dass zur Zeit der lebhaftesten Fortpflanzungsthätigkeit ein Satz von Eiern unmittel- bar auf den andern folgt, und dass dadurch trotz der jedes Mal ge- ringen Anzahl von Eiern die Vermehrungsziffer in die Höhe getrieben wird. In der That habe ich wiederholt Exemplare des halbpe- lagischen Cyclops strenuus unter die Hand bekommen, deren Eier- Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 239 säckchen noch mit Nauplien gefüllt waren, bei welchen aber trotzdem schon der nächste Satz von Eiern im Hervorquellen begriffen war. Die letztern wiesen dann stets die beiden im Bläschenstadium befind- lichen Copulationskerne auf. Die erwähnte Thatsache gewinnt an Be- deutung durch einen Vergleich mit den „perennirenden“ Tümpelbe- wohnern, bei welchen zur Zeit, wenn die in den Säckchen enthaltenen Eier schon in späten Entwicklungsstadien stehen, die noch kleinen und dotterlosen Keime des nächsten Satzes eben erst beginnen aus der Keimdrüse in die Oviducte überzutreten. Wenn also der Zusammenhang zwischen pelagischem Leben und den erwähnten Eigenthümlichkeiten der Ovogenese wirklich besteht, so lässt sich vielleicht auch für die merkwürdige Umordnung des Chro- matins bei Canthocamptus eine Deutung finden. Ich habe im ersten Capitel bereits die Möglichkeit besprochen, dass auch bei dieser Form in dem Persistiren der Doppelfadenschlinge und in der damit verbun- denen Abkürzung der Ovogenese ein Ausgleich für gewisse ungünstige Lebensverhältnisse liege. Es wäre aber denkbar, dass das Verhalten des Chromatins im wachsenden Ei ein von marinen, pelagischen Formen übernommenes Erbgut darstelle und dass sich bei den zum Tümpel- leben übergegangenen Arten der Harpactidenreihe eine in der Umord- nung des Chromatins bestehende secundäre Verzögerung der Ovo- genese eingestellt habe. Bei einem engern Vergleich zwischen Canthocamptus und Cyclops haben wir auszugehen von dem Doppelfadenknäuel. Aus diesem gehen bei dem erstern auf Grund eines umständlichen Vorbereitungsprocesses vier Stäbchen mit je 6 Chromosomen hervor, jedes der letztern zeigt in einer zur Stabrichtung senkrechten Ebene eine Längsspaltung. Dem Eikern wird also ein einfaches Stäbchen mit 6 gespal- tenen Chromosomen zugetheilt. Bei Cyclops gehen aus dem Doppelfaden acht Doppelstäbchen hervor, in jedem Einzelstäbchen sind sechs Chromosomen aneinandergereiht. Der Eikern erhält 2 gespaltene Stäbchen mit im Ganzen 4 X 6 einfachen Chromosomen. Ich glaube nun eine Beziehung zwischen beiden Vorgängen unter der Voraussetzung annehmen zu dürfen, dass einem einfachen Stäb- chen mit gespaltenen Chromatingürteln bei Canthocamptus (Fig. 18) ein Doppelstäbehen mit einfachen Chromosomen bei Cyclops ent- spricht (Fig. 22). Das theoretisch erforderliche Mittelglied, von dem beide Formen abgeleitet werden können und das auch thatsächlich 240 V. HACKER, in den Endstadien der Diplose (Fig. 2 i—l) gegeben ist, wire ein Stäbchen, welches sich aus Doppelehromosomen zusammensetzt, die in der Spaltungslinie an einander gereiht sind (Schema b). a b | I | I | I | | | I | | Bei Cyclops entstand aus dieser Form durch Verbindung der Theilchromosomen in der Längsrichtung und durch Auseinander- weichen der so entstandenen Theilfäden das Doppelstäbchen (Schema a), bei Canthocamptus durch Drehung der Chromosomen um einen rechten Winkel, also durch eine Art von „Inversion“, das ein- fache Stäbchen mit Doppelgürteln (Schema ec). Substituirt man dementsprechend in die Canthocamptus-Reihe statt eines Stäbehens vom Typus ce ein Doppelstäbchen, so würde bei Can- thocamptus durch den zweimaligen Theilungsprocess eine Vertheilung von je einem Doppelstabchen auf die vier Enkelzellen erfolgen, wäh- rend bei Cyclops je zwei Doppelstäbchen in jede derselben eingehen. Wir finden also bei letzterem zweimal so viel Elemente wie bei Canthocamptus, ähnlich wie bei den zwei Ascaris-Rassen bezüglich der Zahl der Elemente das Verhältniss 2: 1 besteht. Es scheint mir allerdings nicht ausgeschlossen zu sein, dass einem Doppelstabchen bei Cyclops eine Doppelklammer von Canthocamptus entspricht. li alle | | | | | | DRITTES CAPITEL. Die Ovogenese der perennirenden Arten. 11. Das Ruhestadium des Kerns in der Wachsthums- periode. In fast allen kleinern Tümpeln und nicht minder in der Uferregion grösserer Seen tritt eine Anzahl von Cyclops-Arten auf, welche sich fast das ganze Jahr hindurch in grösserm oder geringerm Grade in Fortpflanzungsthätigkeit befinden, ja dieselbe selbst unter der Eisdecke nicht vollständig unterbrechen, In hiesiger Gegend (Tümpel Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 241 in der Umgebung von Freiburg, Altwasser des Rheins bei Alt-Breisach, Schwarzwaldseen) gehören zu diesen Arten Cyclops brevicornis CLAUS!), tenuicornis CLAUS und agilis Kocu; an letztgenannter Stelle kommt hinzu pulchellus Koch. Wenn man eine grössere Anzahl von Weib- chen in den verschiedenen Jahreszeiten untersucht, so trifft man in der Mehrzahl der Fälle die Kerne der Oviduct-Eier im typischen Keim- bläschenstadium mit feinfadigem Chromatingerüst und grossem, schau- migem Kernkörper. Nur selten sind dabei kürzere Abschnitte von äusserst feinen Doppelfadenzügen zu erkennen, welche von kleinen, stark tingirbaren Doppelpünktchen ausgehen. Diese feine und an- scheinend unregelmässige Vertheilung des Chromatins findet sich in den Oviducteiern aller Mutterthiere, in deren Säckchen sich vorgeschrittene Entwicklungsstadien befinden, oder deren letzte Nauplienbrut vor kurzem frei geworden ist. In den Fällen, wo die Eiersäckchen jüngere Stadien aufweisen, sind die Oviducte leer, bezw. die jungen dotterlosen Eizellen sind eben im Begriff, aus der Keimdrüse in die Eigänge eiuzudringen. Die chromatische Substanz der Kerne hat sich dann noch nicht gerüst- förmig im Kernraum ausgebreitet, sondern ist noch in dichteren Win- dungen um den central gelegenen Kernkörper geballt. Trotzdem ich nun Hunderte von Individuen zu allen Jahres- und Tageszeiten unter- suchte, habe ich niemals in den Oviducten die Theilungen der Reifungs- phase angetroffen. Darin äussert sich ein bemerkenswerther Unterschied gegenüber den oben beschriebenen Formen, bei welchen mir auch die letzteren häufig zu Gesicht kamen, und der Grund dieser Verschieden- heit mag darin liegen, dass bei den „perennirenden“ Formen das Keim- bläschenstadium mit feinem Gerüst im Vergleich zu sämmtlichen übrigen Stadien bei weitem die grösste Zeitdauer in Anspruch nimmt, während bei den „halbpelagischen“ Arten die einzelnen Stadien sich rascher und gleichmässiger folgen. 1) Die alte Jurıne’sche Bezeichnung „viridis“ trifft wenigstens für den hiesigen brevicornis nicht zu und würde viel eher für signatus Geltung haben. Dagegen ist der Craus’sche Name „brevicornis“ sehr bezeichnend, da sich die Form durch ihre kurzen Ruderantennen schon für das blosse Auge von dem annähernd gleich grossen signatus und tenuicornis unterscheidet. Mit dieser plumpen Form des Locomotions- organs steht die Bewegungsweise des Thieres in Zusammenhang: denn während die mit langen, dünnen Antennen versehenen signatus und te- nuicornis in pfeilschnellen Stössen oder Sätzen der Verfolgung zu ent- gehen suchen, tritt bei der ganzen Fortbewegung des brevicornis eine relative Trägheit und Unbeholfenheit zu Tage, 949 V. HACKER, Die Fig. 28 zeigt die Keimdrüse von Cyclops brevicornis im Längsschnitt und zwar diejenige eines Individuums, dessen Eigänge sich bereits wieder mit dotterreichen Eizellen gefüllt hatten, deren Kerne das feine Chromatingerüst aufweisen. Auch die Kerne des hintern Keimdrüsenabschnittes zeigen schon diese äusserst feine Vertheilung des Chromatins, und nach dem blinden Ende des Ovariums zu lässt sich stufenweise der Uebergang in dichtere Knäuelstadien verfolgen. Den Verdopplungsprocess habe ich hier nicht feststellen können ; viel- leicht hat im Zusammenhang mit dem frühzeitigen Uebergaug der Kerne in das feinfadige Ruhestadium auch die Diplose irgend welche Modificationen erlitten. Bemerkenswerth ist, dass sich in der zweiten Hälfte des Ovariums mit Regelmässigkeit neben dem Kernkörper ein kleiner, sehr dunkel sich färbender Ballen vorfindet, der wie der erstere in der Regel eine helle Blase enthält. Dem Rand des Kernkörpers ist das kleine Centrosoma aufgelagert; die nächstbenachbarten Partien der Kernwand können zipfelförmig nach demselben ausgezogen sein. Wie erwähnt, habe ich die Theilungen der Reifezone nicht beob- achtet. Doch scheinen mir einige Verhältnisse darauf hinzuweisen, dass die zweite Richtungsspindel erst im ausgetretenen Ei auftritt. Den Vorgang der Befruchtung werde ich an anderer Stelle genauer be- schreiben, ich gebe jedoch gleich hier zwei Bilder, welche, das eine in Pol-, das andere in Seitenansicht, den Uebergang aus dem Bläschen- in das Asterstadium darstellen, und bei welchen die Anzahl der Ele- mente besonders deutlich hervortritt (Fig. 27 und 27a). In Fig. 27a scheinen die Anlagen von zwei gesonderten Kernspindeln mit vier Centrosomen zu bestehen, die beiden Spindelkegel je einer Seite ver- einigen sich aber später, und die Attractionssphären je eines Centro- somenpaares verschmelzen zu einer flachen, baumförmig über der be- treffenden Spindelhälfte sich ausbreitenden Plasmainsel. In der Einschaltung eines typischen Ruhestadiums ist offenbar eine bedeutende Verlängerung der Ovogenese begründet, und dies stimmt überein mit der langsamern Aufeinanderfolge der einzelnen Eiersätze und mit der verzögerten Eientwicklung, welche über- haupt diesen träglebigen, „perennirenden“ Arten zukommt. Einen Ausdruck des letztern Umstandes sehe ich auch in dem ungemein häufigen Auftreten des Blastodermstadiums, welches bei den Cladoceren, z. B. bei Sida, Moina und Daphnia, das Dauerstadium der Wintereier repräsentirt und offenbar auch bei Cyclops eine längere Ruhepause in der Eientwicklung darstellt, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 943 12. Das Endschicksal der Richtungszellen. Bezüglich der letzten Schicksale der Richtungskörper hat GROBBEN !) für Ceto- chilus Angaben gemacht, die ich auf Grund meiner Befunde bei Cy- clops bestätigen kann. Im Blastodermstadium fand er nämlich im Innern der Furchungshöhle den (zweiten, nach erfolgter Dotterhaut- bildung abgeschiedenen) Richtungskörper, „welcher in den vorher- gehenden Stadien in die Tiefe gedrängt worden war“. Auch UrsaAnowics”) findet im Blastocöl des Cyclops-Eies „eine innere Zelle“, welcher er eine Betheiligung an der Ausscheidung des Dotters zuschreibt, über deren Schicksal er im übrigen nichts Ent- schiedenes zu sagen im Stande ist. In der in polnischer Sprache er- schienenen ausführlichen Arbeit scheint Ursanowıcs die Verhältnisse in etwas anderer Weise dargelegt zu haben. Wie ich dem „Zoologi- schen Jahresbericht“ 3) entnehme, schnürt nach U. eine der Furchungs- zellen, welche grösser als die andere ist, ihr centrales Ende ab, und dieses nimmt das Centrum des Eies ein. In einem spätern Stadium findet sich dann im Centrum des Eies eine Anhäufung von Nahrungs- dotter und eine „kleine blasse Zelle“, welche wahrscheinlich die cen- trale, durch das Ausscheiden des Nahrungsdotters verkleinerte Zelle darstellt. Ihr weiteres Schicksal blieb unerforscht. Nach meinen Befunden hat der GROBBEN’sche „Richtungskörper“, der sich wohl mit der ,,innern Zelle“ (vorläufige Mittheilung), bezw. der „kleinen blassen Zelle (ausführliche Arbeit) von UrRBANOwIcSs deckt, in der That die Bedeutung, die ihm GROBBEN zugeschrieben hat. Dieser Forscher scheint allerdings das Einwandern desselben bei Cetochilus nicht direct beobachtet zu haben, allein die GroBBEN’sche Annahme durfte einem spätern Untersucher von vornherein nicht unwahrschein- lich erscheinen, da ja jetzt in einer Anzahl von analogen Fällen ein gleiches Verhalten der Richtungszellen oder wenigstens der einen von ihnen feststeht. Die Fig. 29 zeigt die Zurückwanderung des zweiten Rich- tungskörpers in das Ei von Cyclops tenuicornis. Das Ei ist durch eine meridionale Furche in zwei Furchungskugeln getheilt ; die Tochter- kerne sind noch durch eine schmale Plasmabrücke mit einander im Zusammenhang, während schon in der Umgebung der Furchungskerne 1) Grossen, Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septen- trionalis Goopsrr, in: Arb. aus d. zool. Inst. Wien, Bd. 3, 1880. 2) Vergl. Zoolog. Anzeiger, 1884, p. 615—619. 3) in: Zoolog. Jahresbericht für 1885, Abth, 2, p. 19. 944 V. HACKER, selbst die die nächste Furchung einleitende Dotter- und Plasmastrahlung im Gang ist. An den Kernen tritt eine auffallende Erscheinung auf: es besteht nämlich jeder derselben aus zwei an einander geschmiegten, im Ruhestadium befindlichen Hälften, welche den Eindruck einer noch unvollständig vollzogenen directen Theilung erwecken. Nach allen Er- fahrungen ist freilich eine solche gänzlich ausgeschlossen, und man kann dem Bilde nur die eine Deutung geben, dass es sich hier um die selbständig gebliebenen Abkömmlinge der selb- ständig sich zur Theilung vorbereitenden und selb- ständig dieselbe durchführenden Geschlechtskerne handelt. Boverr hat in seinen „Zusammenfassungen und Folge- rungen“ !) sich dahin ausgesprochen, dass in den meisten, genauer untersuchten Fällen ein Verschmelzen des Ei- und Spermakerns bei der Befruchtung nicht stattfindet. Wie wir bereits wissen, trifft dies auch bei Cyclops zu, aber die Selbständigkeit der Geschlechtskerne erfährt hier eine noch viel weitere Ausdehnung, indem jedenfalls noch nach der ersten Furchung die Furchungskerne sich aus zwei selbständigen Elementen zusammen- setzen. In diesem Stadium nun finden wir den zweiten Richtungskörper auf dem Weg durch den Dotter der einen Furchungskugel, und zwar trifft man ihn bei den vierzig bis fünfzig Eiern desselben Mutterthiers auf verschiedenen Etappen seiner Wanderung. Dieselbe scheint sich auch ausnahmsweise verzögern zu können, denn bei Cyclops brevicornis finden wir in vereinzelten Fällen den Richtungskörper noch im Bla- stodermstadium auf der Wanderung begriffen. Sehr auffallend ist nun, dass der Richtungskörper seinen Weg mitten durch die eine Furchungszelle nimmt und nicht etwa zwischen den Blastomeren hindurchschlüpft. Diese Art der spontanen Fortbe- wegung theilt ernur mit den Spermatozoen und etwa mit der WEISMANN- Iscarkawa’schen Paracopulationszelle ?). Wie erwähnt, schreibt Ursanowics der „kleinen blassen Zelle“, die im Centrum des Eies sich befindet, eine hervorragende Betheiligung an der „Abscheidung des Nahrungsdotters“ zu, ‚welcher allerdings auch von den peripherischen Zellen abgeschieden werde. Mit einer 1) Zellstudien IH. 2) Weismann und IscnıkawA, Ueber die Paracopulation im Daph- nidenei, sowie über Reifung und Befruchtung desselben, in Zool, Jahrb. Bd. 4, Abth. f. Morph. Heft,1, 1889, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. 945 derartigen Function hat aber sicherlich die kleine blasse Zelle oder der Richtungskörper nichts zu thun. Dies zeigt schon ein Blick auf Fig. 30, wo der Richtungskörper der Wand des Blastocöls voll- kommen einseitig angelagert ist, während der Dotter in ähnlicher Weise, wie es REICHENBACH für den Flusskrebs beschrieben hat, in pyramidenförmige, den einzelnen Blastodermzellen entsprechende Abtheilungen zerfallen ist. Wie aus Fig. 31 hervorgeht, tritt bei Cyclops zunächst eine grosse, eiförmige Zelle in die Tiefe, welche, von den benachbarten Blastoderm- zellen ins Innere gedrängt, sich bald darauf ein- oder zweimal theilt. Mit dieser Zelle nun scheint der Richtungskörper in eine gewisse Be- ziehung zu treten und zwar, soviel ich in einer Reihe von Fällen sehen konnte, speciell mit einer der beiden ersten, durch Theilung der grossen Zelle hervorgehenden Tochterzellen. Dies geschieht entweder, wie es mir in einzelnen Fällen vorkam, indem er im Bereich dieser Tochter- zelle zerbröckelt und gewissermaassen aufgezehrt wird, oder aber, worauf andre Bilder hinweisen, indem er eine directe Vereinigung mit ihr eingeht. Es liegt nahe, auch hier einen Vergleich mit der Para- copulationszelle zu ziehen, und ich möchte nicht unterlassen, auf einen beachtenswerthen Punkt aufmerksam zu machen. Die Paracopulations- zelle findet sich bekanntlich nur bei den Dauereiern der Daphniden, und ebenso konnte auch das beschriebene Verhalten des Richtungs- körpers nur bei den ,,perennirenden“ Cyclops-Arten beobachtet werden, bei welchen, wie erwähnt, eine sehr verlangsamte Eientwicklung auftritt. Ich habe noch mit ein paar Worten auf die Bedeutung der so- eben erwähnten grossen Zelle zurückzukommen. Ich möchte dieselbe mit den Mesodermzellen GrOBBEN’s identificiren, einmal, weil auch bei ihr die gleich nach dem Eindringen ins Eiinnere sich abspielende, vorläufige Viertheilung mit einer gewissen bedeutsamen Klarheit her- vortritt, namentlich aber mit Rücksicht auf den sofort zu erwähnenden Invaginationsvorgang. Ich kann mich daher nicht mit URBANOWwICS einverstanden erklären, der eine durch ihre Grösse sich auszeichnende Blastodermzelle sich in das Blastocöl einstülpen und durch Theilung die entodermalen Zellen liefern lässt. Ich bedaure hier um so mehr, dass die U.’sche Originalarbeit in einer mir unzugänglichen Sprache abgefasst ist, als aus den beiden, mir zu Gebot stehenden Auszügen hervorgeht, dass dem Verfasser die zunächst folgenden Entwicklungs- vorgänge nicht in vollständig klarer, übersichtlicher Weise zu Gesicht gekommen sind, namentlich die ganz unabhängig von dem Eintritt der 246 V. HACKER, oben erwähnten ,,Mesodermzelle“ erfolgende Invagination, deren Ele- mente sich schalenförmig um die noch immer einen eiförmigen Complex darstellenden Derivate der ,,Mesodermzelle“ herumlagern. Erst diese Invagination ist es, welche ich mit der Groggen’schen „Entoderm- einstülpung‘ in Zusammenhang bringen möchte. Ich hoffe übrigens, auf diese Verhältnisse demnächst zurückkommen zu können. Freiburg i. Br., den 15. Juli 1891. Bemerkung. Die Arbeit wurde unter obigem Datum (aus dem Zoologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) an die Redaction . abgesandt; in Folge des Setzerstreiks verzögerte sich jedoch die Publication, und es wurde mir möglich, Mitte Februar 1892 einige Ergänzungen, namentlich biologischer Natur, dem Texte nachträglich einzufügen. Dr. V. HAcKER. Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptüs. 247 Erklärung der Abbildungen. Wafel 19. Fig. 1. Schrager Frontalschnitt durch das Ovarium von Cantho- camptus. a—f in Theilung begriffene Ureizellen; g—h „Diplose“ ; m—o Ei- mutterzellen im Doppelfadenstadium. Fig. 2. Längsschnitt durch eine Keimgruppe desselben Ovariums. Zusammenlagerung des Doppelfadens. Fig. 3. Canthocamptus. Eimutterzelle im Doppelstadium. (Diese und die folgenden Figuren nach: Zeiss, apochrom. System, homogene Immersion, Apertur 1,30 u. Brennweite 3,0. Ocular 12.) Fig. 4 Canthocamptus. Localisirung des Doppelfadens; Auftreten des grossen Einschlusses im Kernkörper. Fig. 5. Canthocamptus. Etwas späteres Stadium. Orientirung der Fadenzüge nach dem Sattel des Kernkörpers. Fig. 6. Canthocamptus. Umformung des Doppelfadens. Fig. 7. Canthocamptus. „Einfache Chromatinplatte“. Austritt eines Flüssigkeitsballens aus dem Kernkörper. Fig. 8. Canthocamptus. Spaltung der Chromatinplatte: „Ring- bildung“. Seitliche Ansicht des Ringes. Fig. 9. Canthocamptus. „Ringbildung“. Querschnitt durch den Ring. ae ‘oe, Canthocamptus. Querschnitt durch einen Ring. Fig. 11. Canthocamptus. Dasselbe. Fig. 12. Canthocamptus. Dasselbe. Die eigentliche chromatische Substanz tritt als „Bekleidung“ an die Aussenfläche der „Grundsubstanz“ des Rings. Fig. 13. Canthocamptus. Zwei Schnitte durch einen Kern im Fig. 13 Bi gleichen Stadium. Fig. 14. Canthocamptus. Schrage Ansicht der Doppelplatte. Fig. 15. Canthocamptus. Umwandlung der Doppelplatte in ein primäres Doppelstäbchen, Segmentirung der „Bekleidung“. Fig. 16. Canthocamptus. Die äquatorialen Chromatingürtel der Kugelsegmente sind theilweise längsgespalten. Fig. 17. Canthocamptus. Spaltung der Einzelstäbchen. Beginn der ,Hemimerese“. Fig. 18. Canthocamptus. Trennung der secundären Doppelstäbchen : „Hemimerese“. 948 V. HACKER, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Fig. 19. Canthocamptus. Vorbereitung zur 2. Richtungsspindel; in der Tiefe des Schnitts der degenerirte erste Richtungskörper. Fig. 19a. Canthocamptus. Zweite Richtungsspindel. („Tetra- merese“. Fig. 20. Cyclops strenuus. Oberflächenansicht des Kerns. Vor- bereitung zur ersten Theilung. Vier Doppelfäden: die Enden der Einzel- fäden sind verklebt. Fig. 21. ©. strenuus. Knickung der vier Doppelfäden: die Enden der Einzelfäden sind nicht mehr verklebt. Bildung von acht Doppel- fäden. Fig. 21a. C. strenuus. Ein geknickter Doppelfaden durchschnitten : scheinbar doppelte Längsspaltung. Fig. 22. CO. signatus. Erste Richtungsspindel. Vier Doppelfäden bleiben im Ei. Fig. 23. Fig. 23 a. C. strenuus. Vorbereitung zur zweiten Richtungsspindel. Fig. 23b. Fig. 24. C. strenuus. Zweite Richtungsspindel. Oben der erste Richtungskörper. Fig. 25. CO. strenuus. Asterstadium eines Furchungskerns (Acht- zellenstadium). In der Furche die Richtungskörper. Fig. 26. C. strenuus. Die Geschlechtskerne neben einander im Ruhestadium. Oben der 2. Richtungskörper. Fig. 27. C. strenuus. Polansicht der Aequatorialplatte der ersten Furchungsspindel. Fig. 27a. C. strenuus. Seitenansicht derselben. Fig. 28. C. brevicornis. Ovarium. Die letzten Keime im fein- fadigen Ruhestadium. Fig. 29. C. tenuicornis. Zweizellenstadium. Selbständigkeit der Abkömmlinge der beiden Geschlechtskerne Einwanderung des zweiten Richtungskörpers. Fig. 30. C. brevicornis. Blastodermstadium; der Wand des Blasto- cöls angelagert der zweite Richtungskörper. Fig. 31. ©. brevicornis. Blastodermstadium ; in der „Mesoderm- zelle“ der Richtungskörper. Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens '), Ueber den Mitteldarm von Artemia. Ein Beitrag zur Lehre von der Verdauung und Resorption. Von Prof. Johannes Frenzel. Hierzu Tafel 20, Fig. 1—11. Im Nachfolgenden möchte ich einige Beobachtungen niederlegen, welche ich zuerst im October 1885 in Triest an Artemia salina L. machte und vor kurzem hierselbst an einer noch unbekannten Artemia- Species weiter ausführen und vervollständigen konnte. Ausser einem mehr Branchipus-ähnlichen Krebschen entwickelte sich diese Artemia mit leider nur wenigen Exemplaren in einer sehr starken Salzlösung (ca. 5 bis 6°/,), deren Material aus den Salinen der Provinz Cordoba stammte. Es sind zwei Punkte, auf welche hauptsächlich die Aufmerksamkeit gelenkt werden soll, nämlich erstens auf einige sehr beachtenswerthe Eigenthümlichkeiten im feineren Bau des Mitteldarm-Epithels, und zweitens auf die Vorgänge, welche mit der Secretion zusammenzu- hängen scheinen. Durch die Untersuchungen von SCHMANKIEWITZ, LeyviG ?), Craus u. A. ist zwar die Organisation des Salinenkrebses schon sehr eingehend bekannt geworden, aber gerade über jene beiden 1) Ein vorläufiger Bericht sowie einige andere Mittheilungen dieser Untersuchungen erschienen an anderen Orten. 2) Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis, in: Zeitschr, f, wiss. Zoolog., Bd. 3 (1851). 250 JOHANNES FRENZEL, Punkte habe ich bei keinem Autor nähere Angaben finden können, so dass ein genaueres Besprechen derselben nicht ohne Interesse sein dürfte. Meine frühern Beobachtungen, welche ich, wie schon erwähnt, vor einigen Jahren anstellte, hatte ich bis jetzt zurückgehalten, da ich gehofft hatte, dieselben an andern niedern Crustaceen, wie Cope- poden, Cladoceren etc., fortsetzen zu können. Allein, so weit ich um- hersuchte, wobei auch noch Mückenlarven und andere winzige Insecten herangezogen wurden, so konnte ich doch nirgends ein so günstiges Object wie Artemia wiederfinden, denn in keinem Falle liegt der Darm- canal so klar zu Tage und lässt sich am lebenden Thiere so bequem be- obachten wie gerade hier. Gewisse Analoga traf ich nur im Darm- tractus einiger Mollusken !) (Scrobicularia piperata, Tellina baltica etc.) und Echinodermen (Toxopneustes lividus, Spatangus spec., Synapta digitata etc.) an, wo freilich die Untersuchung nicht am lebenden, unverletzten Thier vorgenommen werden konnte, denn hierin gerade liegt der Vortheil, den die Artemien bieten. Genügt es doch für ge- wöhnlich, die Thierchen auf einem Objectträger mit einer hinreichenden Menge Wassers zu versehen und mit dem Deckgläschen zu bedecken. Und wenn allerdings unter solchen Umständen ihre Lebensdauer keine lange ist, da sie früh genug ersticken, so reicht die Zeit doch immer für einige Beobachtungen hin, die man dann an einem zweiten Object fortsetzen kann. Die Gefahr des Erstickens lässt sich durch zeit- weises Hinzufügen eines frischen Wassertropfens stets etwas hinaus- ziehen; aber es scheint, als wenn der lästige Druck des Deckgläschens weniger gut ertragen wird, da jedenfalls eine schädliche Quetschung innerer Organe stattfindet. Wollte man jedoch im hängenden Tropfen oder unter einem durch Füsschen gestützten Deckglas untersuchen, so würde man kein scharfes Bild erhalten, da die Bewegungen des freiliegenden Thierchens viel zu lebhaft sind. Der Darminhalt der Artemien wie auch ähnlich lebender Krebse, z. B. des Branchipus, Apus etc., besteht hauptsächlich aus „Schlamm“, d. h. aus zahlreichen Partikelchen mineralischer Stoffe, wie Sand- körnchen etc., untermischt offenbar mit den Resten organischer, ver- wesender Bestandtheile, die aber grossentheils morphologisch nicht mehr unzweideutig nachweisbar sind. Während indess Apus beispiels- weise sich fast ausschliesslich am Boden aufhält und demzufolge einzig auf Schlammnahrung angewiesen ist, so lebt doch die mehr frei 1) Zum feineren Bau des Wiimperapparates, in: Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 28, p. 53 ff. und Taf. 8, Fig. 4 und 9. Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 251 schwimmende Artemia auch von allen den Substanzen, welche im Wasser flottiren, verschmäht auch Bacterien u. s. w. nicht. Ob sie ganz ohne Schlammnahrung bestehen kann, ist schwer zu sagen; denn obgleich ich Artemien längere Zeit-in Gläsern hielt, welche mit klarem Salinenwasser gefüllt waren, so waren darin doch immer zahlreiche Schlammpartikelchen suspendirt, welche sich allmählich zu Boden senkten. Auch fanden sich im Darm dieser Artemien stets Sand- körnchen u. s. w. in grosser Menge vor. Die Nahrung all dieser Krebschen muss eine sehr kärgliche sein ; denn ganz gewöhnlich erscheint der Darm so angefüllt mit jenen an- organischen Stoffen, dass zwischen diesen nur wenig von verdaubaren vor- handen sein kann, und es erscheint schwer begreiflich, wie diese Thiere dabei bestehen und sich entwickeln können. Man sollte nun auch meinen, dass die Artemien wenig verwöhnt seien und lange fasten könnten. Doch ist dem nicht so. Regenwürmer, welche ja eine ähnliche Er- nährung haben, können bekanntlich nicht lange fasten, und so ist es nun auch hier der Fall. Als ich nämlich, um dies zu erproben, eine Anzahl von normalen, frisch eingelieferten Artemien in filtrirtes Salinen- wasser gesetzt hatte, lebten sie, bei einer Temperatur von ca. 18° C, nicht viel länger als 36 Stunden, trotzdem für Luftzufuhr und Wechs- lung des filtrirten Wassers gesorgt war. Bei diesen verhungerten Thieren zeigte sich die vordere Hälfte des Darmtractus völlig leer, während der im Schwanz gelegene Theil desselben noch einige Speise- reste führte. Die Artemien sind also offenbar auf eine energische Zufuhr von Speise angewiesen, wenngleich, oder vielleicht gerade deshalb, weil diese nur wenig Verdaubares enthält. Der Darmcanal und im Besonderen der Mitteldarm der Artemien stellt einen geradlinigen Schlauch vor, der abgesehen von den beiden vordern Blindschläuchen keine weitern Differenzirungen erkennen lässt. Von den äussern Schichten ist die Ringmusculatur des Mittel- darms besonders kräftig entwickelt. Sie ist aber im vordern Theil um vieles kräftiger als im Endtheil, und während sie vorne aus dicken Ringbündeln besteht (Fig. 10), so werden diese nach hinten hin immer schmächtiger (Fig. 11), um schliesslich nur noch aus feinen Fasern zu bestehen. Damit stimmen auch, wie man gleichfalls am lebenden Thiere sehen kann, die Contractionen des Mitteldarms überein, welche vorne sehr viel kräftiger als hinten vor sich gehen. Das Epithel des Mitteldarms scheint auf den ersten Blick ein sehr gleichförmiges zu sein. Es ist aus annähernd gleich grossen Zool, Jahrb, V, Abth, f, Morph, 1KZ 252 JOHANNES FRENZEL, Zellen zusammengesetzt, die alle einer und derselben Zellenart ange- hören, mit Ausnahme der später zu berührenden Differenzirungen. In seitlicher Ansicht sehen die einzelnen Zellen fast wie regelmässige Quadrate aus (Fig. 1 bis 8, 10, 11), da sie etwa ebenso hoch oder nur wenig höher als breit sind. Ihre freie Oberfläche ist öfters schwach convex. Im Flächenbild sind sie wie andere Epithelzellen vier- bis sechseckig, mithin im Ganzen cubisch-isodiametrisch. Die Grösse der Mitteldarmzellen ist in kleinen wie grossen In- dividuen ungefähr eine gleiche; ihre Anzahl ist daher bei den letz- tern eine viel beträchtlichere. Im Durchschnitt zählte ich ca. 40 bis 60 Zellen an einer Längsseite des Mitteldarms; rechnet man ferner auf den Querschnitt des Darms ungefähr 6 bis 10 Zellen, so besitzt derselbe in summa ca. 240 bis 600 einzelne Epithelzellen. Schon die lebende Epithelzelle des unversehrten Thiers lässt einige feinere Structurelemente schön erkennen, was deswegen von Interesse ist, weil diese sonst nur an conservirtem Material oder an Zap präparaten studirt sind. Die Zellgrenzen sind am lebenden Thier sehr zart, aber deutlich zu unterscheiden (Fig. 1 bis 11). Es sind feine, oft eben nur angedeutete Linien, und nicht etwa, wie es an andern Orten wohl der Fall ist, doppelt contourirte Streifen. Dennoch aber wird man von einer wohl ausgeprägten Grenzschicht reden können, die einen gewissen Unterschied gegen das übrige Plasma der Zelle zeigt. Eine wirkliche Haut, welche übrig bliebe, wenn die Zelle selbst zerstört würde, ist freilich nicht vorhanden, vielleicht auch nicht einmal das, was als Pellicula bei den ciliaten Infusorien beschrieben ist, und die ich auch bei der Mesozoe Salinella salve constatiren konnte. Der ganze Unterschied dieser Grenzschicht gegen das Zellinnere mag nur darauf beruhen, dass sie „dichter‘‘ sei, d. h. nicht nur weniger wasser- reich, sondern ein etwas zähflüssigeres Plasma darstelle, um der gesammten Zelloberfläche eine etwas grössere Widerstandsfähigkeit zu geben und ein Zusammenfliessen mit den benachbarten Zellen zu ver- hindern. Dies würde somit in der That etwas Aehnliches wie die Pellicula der Ciliaten sein und als eine ganz allgemeine Eigenschaft den Epithelien überhaupt zukommen, wo man ja schon in den frühesten Zeiten eine Kittsubstanz erkannte. Dass diese zur Zelle selbst gehört und kaum als eine cuticulare Abscheidung zu betrachten ist, geht schon daraus hervor, dass sie beim ‘Trennen der Zellen von ein- ander stets mit diesen vereinigt bleibt. Anders ist es nun an ge- härteten Objeeten, wo die, wie wir annehmen, überhaupt festere Grenz- Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 953 schicht oft stärker gehärtet resp. coagulirt wird, so dass dann beim Zerzupfen die Zellen eher inmitten auseinanderreissen, als dass sie sich von einander trennten. Die Mitteldarmzellen der Artemia sitzen wahrscheinlich einer zarten ‘Tunica propria auf, die jedoch an lebenden Zellen nur als scharfe Linie unterscheidbar wird. Ein Zerfasern der Fusstheile der Zellen findet hier nicht statt; auch lassen sich keine von unten auf- steigenden Rinnen und Canäle wahrnehmen, wie etwa bei manchen Insecten. Die freie Oberfläche der Epithelzellen trägt den bekannten Härchen- saum, der am lebenden Thier so deutlich wird, wie es selten an andern Orten der Fall ist. Er ist etwa den dritten Theil so hoch wie die Zelle und besteht aus sehr zarten Härchen, ohne Endknöpfe etc., so dass eine äussere (obere) Grenzlinie nicht besonders markirt ist. Auch an seiner Basis lassen sich weder Fusstückchen noch Knöpfe unter- scheiden. Doch ist diese von der eigentlichen Zelloberfläche durch eine feine, glänzende Linie abgegrenzt (Fig. 1 bis 8, 10 und 11), welche indessen zu zart ist, um als Cuticula zu gelten. Sehr viel eher wird sie nichts anderes sein als eine etwas kräftiger entwickelte Grenzschicht und dürfte danach eben dieselbe Bedeutung wie die Pellicula der Ciliaten haben. Auch unterhalb der Flimmern der Salinella fand ich ein solches Gebilde (Basalsaum). Ueber die Structur dieses Härchensaums, dessen Vorkommen ja ein weit verbreitetes ist, sind schon so viel Erörterungen angestellt worden, dass es überflüssig wäre, an dieser Stelle noch einmal darauf einzugehen. Nur über seine physiologische Bedeutung mögen noch einige Worte gesagt werden. Die Härchen sind bekanntlich im Allgemeinen gegen Reagentien, so gegen destillirtes Wasser, recht empfindlich, vertragen aber doch sehr gut die Berührung mit den Darmcontenta, mit den Enzymen (Darm und dessen Drüsen) und mit den Verdauungsproducten (Peptone, Zucker, Fett), wie auch ferner mit wasserfreiern Substanzen, z. B. Alcohol, starken Säuren etc. 1). An der Thätigkeit der Zelle dürfte der Härchensaum kaum irgendwie direct betheiligt sein, wie etwa O. TORNIER ?) anzunehmen 1) Ueber die Mitteldarmdrüse der Crustaceen, in: Mittheilung. d. Zool. Station z. Neapel, Bd. 5, p. 97 (Phronima). 2) Osc. Tornıer, Ueber Bürstenbesätze an Drüsenepithelien, in: Archiv f. mikrosk. Anat., Bd. 27 (1886), p. 181. legen 254 JOHANNES FRENZEL, schien. Vor allem fehlt ihm selbst jede active Thätigkeit, die sich etwa in Bewegungserscheinungen irgend welcher Art geltend machen würde. So habe ich sowohl an lebenden Artemien wie auch an Branchipoden, Amphipoden, Phronimiden, Copepoden, Cladoceren etc. oft länger andauernde Beobachtungen angestellt, ohne auch nur die geringste Veränderung am Härchensaum wahrzunehmen. Schon früher !) hatte ich eine Function dieses Saumes darin ver- muthet, dass er wie ein Schutzdeckel, gerade wie eine Cuticula, wirke Der Schutz könnte sowohl ein mechanischer wie ein chemischer sein, Ersterer käme auch dort in Betracht, wo die Zelloberfläche nicht direct mit den Speisebestandtheilen in Berührung kommt, sondern noch ganz besonders durch den von ANTON SCHNEIDER entdeckten Darmtrichter der Arthropoden geschützt wird. Der Darm aber wie auch viele Drüsen sind so lebhafter und kräftiger Contractionen fähig, dass dabei oft ein Druck auf die freie Oberfläche der Zelle ausgeübt werden muss, dem nun die Härchen wie Strebepfeiler entgegen- zuwirken haben. An ihren andern Seitentheilen sind ja die Epithel- zellen theils durch die ihnen benachbarten, theils durch die Tunica propria genügend geschützt, so dass nur noch die freie Fläche einer zweckmässigen Vorrichtung bedurfte. Diese hätte nun, so sollte man meinen, am besten in einer wirklichen Haut oder Cuticula bestanden. Allein diese würde ohne Zweifel, wenn sie nicht mit Poren versehen wäre, dem Durchwandern von Flüssigkeiten einen beträchtlichen Wider- stand entgegensetzen, was bei dem Härchensaum nicht der Fall ist, da die Lücken zwischen den einzelnen Härchen wie feine Canäle wirken mögen. Vielleicht spielt der chemische Schutz, den der Saum zu gewähren hat, eine noch bedeutendere Rolle, wenngleich wir hier zwischen Darm und Darmdrüsen einerseits und den übrigen Drüsen, wie Nieren, Mazricarschen Gefässen etc. andrerseits unterscheiden müssen. Im erstern Falle muss doch wohl das Epithel irgendwie gegen die Enzyme geschützt sein, um nicht der Selbstverdauung anheimzufallen, wie ich dies schon an andern Orten ?) zu erörtern versucht habe. Dort, bei den Darmparasiten, hatte ich das Vorhandensein eines Antienzyms angenommen, welches, oberflächlich gelagert, die Wirkung der Enzyme 1) Einiges über den Mitteldarm der Insecten, in: Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 26, p. 287. 2) Die Verdauung lebenden Gewebes und die Darmparasiten (Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abtheil., 1891, 8. 293 fg.); und Untersuch. üb. d. mikrosk. Fauna Argentiniens: — Ueber einige argentin. Grega- rinen (im Erscheinen). Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 255 aufhebt. Man könnte sich daher vorstellen, dass der Härchensaum sämmtlicher Darmapparate im Thierreich von eben jenem Antienzym durchtränkt sei, denn er wird, wie mich längere Beobachtungen an Artemia und Copepoden lehrten, an seiner freien Oberfläche nicht im geringsten angegriffen, sondern bleibt stets ganz unversehrt, während doch der Darminhalt rasch verdaut wird. Der Inhalt der Mitteldarmzellen der Artemia ist im Allgemeinen farblos und lässt besonders markirte Einschlüsse, die eine secretorische Bedeutung haben könnten, nicht erkennen, abgesehen etwa von feinern und gröbern Körnchen. Was aber am meisten in die Augen fällt, das ist eine Längsstreifung, besonders im obern Zelltheil, wo sie fast als eine Fortsetzung des Härchensaums erscheint. Hier stehen die Streifenlinien gerade wie die Härchen dicht gedrängt und parallel angeordnet, bestehen aber, wie man am lebenden Thier ganz wohl festzustellen vermag, weniger aus zusammenhängenden Linien als viel- mehr aus Systemen feiner Körnchen, welche sich weiter ins Innere der Zelle hinein theils verlieren, theils noch mehr verfeinern, so dass die Längsstreifung undeutlicher wird, ohne aber gänzlich zu verschwinden (Fig. 1 bis 7). Oft tritt sie sodann im untern Zelltheil wieder deut- licher hervor, besteht hier aber weniger aus geraden, parallelen Linien als vielmehr aus eigenthümlich geschwungenen Faserzügen, wie man sie auch an andern Orten antrifft. Eine Längsstreifung innerhalb der Cylinderzellen ist bekanntlich eine weit verbreitete Erscheinung. Mir scheint aber, dass man haupt- sächlich zwei Systeme wird auseinanderhalten müssen, das des obern Zelltheils und das des Zellfusses. Ersteres scheint noch allgemeiner zu sein und tritt in besonderer Entwicklung in den Flimmerzellen auf. Ich fand es schon früher im Mitteldarmepithel des Mehlwurms!) (l. c. Holzschnitt ID), ferner in den Zellen der Mitteldarmdrüse der Decapoden ?) (l. c. p. 65), wo die Streifen, so bei Crangon, deutlich aus aneinander gereihten Körnchen zusammengesetzt sind. Bei den Isopoden (Idotea) ist oft die Streifung in der Form sehr feiner Linien durch die ganze Länge der Zelle hindurch zu verfolgen (1. c. p. 92 und Taf. 4, Fig. 32 d). Auch die Hypodermiszellen vieler Arthro- poden *) zeigen eine obere Längsstreifung (1 c. Taf. 8, Fig. 8). 1) Ueber Bau und Thätigkeit des Verdauungscanals der Larve des Tenebrio molitor ete., in: Berlin. entomol. Zeitschr., 1882, Bd. 26. 2) Mitteldarmdrüse der Crustaceen |. c. 3) Ueber den Darmcanal der Crustaceen etc., in: Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. 25, p. 137 ff. 256 JOHANNES FRENZEL, Gerade wie den Härchensaum, so bin ich auch geneigt, die Längs- streifung in den Epithelzellen zunächst als einen mechanischen Ap- parat anzusehen. Man kann sich etwa vorstellen, dass jede dieser Zellen eine gewisse Summe festerer Bestandtheile besitze, welche sie ihrerseits möglichst zweckmässig anzuordnen hat. Sie bilden oft ein Netz- oder nach BirrscHui ein Waben- oder Alveolenwerk, was schliess- lich vielleicht auf dasselbe hinausläuft. Dies findet sich besonders schön ausgeprägt an Zellen, welche von allen Seiten frei sind, z. B. bei den Gregarinen. An Epithelzellen mag sich dieses Gerüstwerk, wie wir es allgemein bezeichnen wollen, oft umgewandelt haben, in- dem es an der am wenigsten geschützten Stelle eine zweckentsprechende Umlagerung erfuhr und sich in ein System von Strebepfeilern um- formte, welche der Richtung des grössten Druckes entgegengestellt sind. Zugleich sind sie so gestellt, dass sie ein längs laufendes Canalwerk freilassen, denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass inner- halb der Zelle von oben nach unten und umgekehrt Flüssigkeits- strömungen stattfinden, obwohl, was hier bemerkt sein möge, ich diese an den Mitteldarmzellen der Artemien mittels des Mikroskops nicht wahrnehmen konnte. Späterhin aber werden wir sehen, dass aus theoretischen Gründen solche Strömungen gefolgert werden müssen. Eine etwas andere Bedeutung hat wohl das untere Streifensystem, wie es bei Artemia nur wenig, bei manchen Insecten aber hervor- ragend entwickelt ist. So fand ich es sehr schön in den Mitteldarm- zellen der Raupe von Bombyx neustria (l. c. Taf. 7, Fig. 7), ferner bei einer Fliegenlarve!) (1. ec. Taf. 8, Fig. 17) und den Darmzellen der Larve von Tenthredo salieis!) (1. c. Taf. 8, Fig. 18), an andern Orten ausserdem bei Philine aperta') (l. c. Taf. 8, Fig. 15). Dies System mag weniger als Stützpunkt, sondern an manchen Stellen viel- mehr als Canalsystem fungiren und etwa dieselbe Bedeutung haben wie die lappige Ausfaserung des Fusses mancher Epithelzellen. Der übrige Zellinhalt des Mitteldarms von Artemia ist zwar kein durchaus klarer, besteht aber nur, wie bereits erwähnt, aus mehr oder weniger glänzenden, zum Theil staubartig feinen Körnchen. Verfolgt man nun die Epithelzellen des Mitteldarms von vorn nach hinten, so wird man meist ein Stückchen hinter seiner Mitte, oft aber erst im Schwanze der Artemia zunächst einen einzigen oder wenig mehr winzig kleine lebhaft rothe Körperchen auftreten sehen, und in dem- selben Maasse, je weiter man nach hinten vorschreitet, um so grösser 1) Zum feineren Bau des Wimperapparates 1. c, Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 957 und zahlreicher werden diese Körperchen, indem sie deutlich die Form von Krystallnadeln darbieten, wärend die Farbe immer genau dieselbe bleibt (Fig. 10, 11). Zuweilen findet sich wohl auch eine Zelle ohne diese Einschlüsse dazwischen, oder diese treten einmal etwas massiger oder spärlicher auf; dennoch aber lässt sich nach hinten zu ihr fort- schreitendes Zunehmen ohne Mühe constatiren, und schliesslich werden sie so massenhaft (Fig. 11 bei d), dass sie einen grossen Theil der Zelle anfüllen, wobei sich gleichzeitig noch dem Plasma eine diffuse hellrothe Farbe mittheilt. Sind mithin die vordern Epithelzellen des Mitteldarms ohne Ausnahme farblos, so erscheinen die letzten, an der Uebergangsstelle in den Enddarm, lebhaft roth gefärbt. Das soeben beschriebene Verhalten ist das gewöhnliche und lässt sich bei den meisten normalen Individuen wahrnehmen. So vermisste ich die rothen Krystallnadeln unter 30 Artemien, die frisch einge- bracht waren, nur dreimal. Das eine Mal enthielten die Endzellen des Mitteldarms bloss den diffusen rothen Farbstoff; im zweiten Falle war das ganze Thier auffallend röthlich gefärbt, eine Folge von un- regelmässig vertheilten rothen Oeltropfen, während im Darm nur Spuren einer Färbung zu erkennen waren. Im letzten Falle war das ganze Thier wie auch der Darm hell und farblos. Dieses letztere Resultat ergab sich meist auch, wenn man die Artemien hungern liess. Sie verloren dann allmählich die rothen Nadeln, und nach ca. 45- stündigem Fasten in filtrirtem Salinenwasser waren die Darmzellen in der Regel durchweg farblos. Bei einem hungernden Thier sah ich einmal auch, wie im An- fangstheil des Enddarms ein Klumpen von rothen Krystallstäbchen lag, die in einen röthlichen Brei eingehüllt waren. Während der Be- obachtung wurde sodann dieser Klumpen durch den After entleert. Ferner ist noch einer andern merkwürdigen Erscheinung zu gedenken. Einmal fand ich nämlich bei einem frischen Artemienindividuum den Endtheil des Mitteldarmes normal mit rothen Stäben etc. und beim weiteren Suchen dieselben Gebilde in Grösse, Form und Farbe völlig übereinstimmend auch innerhalb eines hintern Beinpaares, ein Befund, der trotz vielfachen Nachforschens der einzige blieb !). Der Zellkern des Mitteldarmepithels ist schon am lebenden Thier sichtbar. Er ist kugelig, von beträchtlicher Grösse und schwebt fast 1) Vielleicht war vor der Präparation des Thiers, etwa beim Einfangen desselben, durch einen Zufall eine mechanische Verletzung des Darms eingetreten und durch Druck ein Theil seines Epithels in den Fuss getrieben worden. 958 JOHANNES FRENZEL, genau in der Mitte der Zelle (Fig. 1 bis 8). Da er sehr hell und blass ist, so unterscheidet er sich nur wenig von dem Zellplasma. Meist kann man noch ein netzartiges Gerüst, wenn auch undeutlich, in ihm erkennen. Nucleolen fehlen — im Leben wenigstens — gänzlich, mit Ausnahme feinerer, mehr flockiger Körnchen, welche in den Knoten des Netzes liegen (Fig. 6, 7,8). Von Kerntheilungsfiguren oder Kern- abschnürungen war nie etwas zu sehen. Auch junge, heranwachsende Zellen vermisste ich oder konnte doch solche nicht mit genügender Sicherheit constatiren, ein Punkt, der uns weiterhin noch zu be- schäftigen haben wird. Jeder Verdauungsapparat hat zwei Hauptaufgaben zu erfüllen, die der Verdauung und die der Aufsaugung (Resorption). Die erstere geschieht mit Hilfe von Enzymen, welche zum mehr oder weniger grossen Theil vom Epithel des Darmcanals selbst herrühren, und zwar bei den Arthropoden von dem des Mitteldarms. So ist es ganz besonders dort der Fall, wo der Darm nur wenig entwickelte, als Drüsen dienende Anhangsorgane führt. Dahin gehören nun auch die Artemien, und wir werden in dem Epithel ihres Mitteldarmes die wichtigste Bildungsstätte des Verdauungssecrets zu suchen haben. Weiter oben ist schon darauf hingedeutet worden, wie armselig die Speise der Artemien ist, und wie nur ein sehr geringer Theil des Darminhalts wirkliche Nahrungsbestandtheile enthalten kann. Auch bei den Copepoden, Cladoceren etc. ist es nicht anders, wenngleich man in deren Darmcanal vielfach auch Pflanzenpartikel antrifft. Da man bei der Artemia jedoch ausser den Erdstückchen etc. keine ge- formten Bestandtheile im Darm erkennen kann, so ist es vor der Hand gar nicht zu entscheiden, ob sie mehr von animalischen oder vegetabilischen Stoffen leben. Daran nur können wir festhalten, dass diese wie jene mehr oder weniger verwest und zersetzt sein müssen, woraus nunmehr die weitere Frage entstehen muss, welcherlei chemische Körper der Salinenschlamm enthält. Wenn ursprünglich Eiweiss- körper darin waren, so können wir wohl annehmen, dass ein beträcht- licher Theil davon durch die starke Salzlösung gelöst worden sei. Um dies zu untersuchen, filtrirte ich eine grössere Menge Salinenwassers und dampfte es vorsichtig ein; nach Ausscheiden der Salzkrystalle stellte ich sodann einige Eiweissproben an und fand in der That auf den bekannten Wegen geringe Mengen von Eiweiss. Es ist aber kaum anzunehmen, dass sich die ursprünglichen Eiweissbestandtheile unver- ändert erhalten, da, wenn das Salzwasser nicht zu concentrirt ist, bald Bacterien darin auftreten. Wenngleich es nun sehr wahrscheinlich ist, | Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 259 dass sich die bekanntern Zersetzungsproducte, wie Leucin, 'Tyrosin etc., bilden werden, worauf sich meine Untersuchung nicht erstreckte, so vermuthete ich sowohl im Schlamm wie auch im Wasser vor allem die Peptone. Auch das Vorhandensein dieser lässt sich nun nach- weisen, wenngleich freilich nur in recht minimalen Mengen. Die Quantität des gelösten Eiweisses und Peptons scheint in- dessen eine so geringe zu sein, dass man diesem Körper kaum eine hervorragende Rolle in der Ernährung der Artemien wird zuschreiben dürfen, und man wird doch in erster Linie auf die nur halbver- westen Bestandtheile des Schlammes Bezug zu nehmen haben. Ob- gleich man nun bei diesen annehmen kann, dass sie für die Ver- dauung schon irgendwie vorbereitet seien, so werden doch für die völlige Verdauung innerhalb des Artemiendarmes die erforderlichen Enzyme vorhanden sein müssen. Da aber, wie wir bereits wissen, die wirklich verdaubaren Stoffe in so geringer Menge innerhalb des Darmes vertheilt sind, so wird man folgern dürfen, dass nur sehr geringe Mengen von Verdauungssecreten nothwendig sind, um der Umwandlung des Aufgenommenen in Resorbirbares zu genügen. Ueber die Vorgänge, welche ganz allgemein bei der Secretion in Drüsen und drüsenartigen Organen vor sich gehen, sind, wie bekannt, die Ansichten noch recht getheilte. Bei grössern und höhern Thieren ist es ja gar nicht möglich, die Secretion mit dem Auge zu verfolgen, und bei kleinern und niedern Thieren spielen, wie wir noch sehen werden, Umstände mit, welche die unmittelbare Beobachtung sehr erschweren. Es sind hauptsächlich zwei Ansichten, deren wir zu gedenken haben. Nach der einen stellt jede secernirende Epithelzelle eine permanente Elementardrüse dar, welche in ihrem Innern das Secret producirt und es allmählich oder erst bei erlangter Reife von sich giebt, um sich nach geschehener Secretion wieder zu regeneriren und das Spiel von neuem beginnen zu lassen. Dies dürfte thatsächlich bei den einzelligen Drüsen der Fall sein, ferner wohl z. B. auch in dem Matrixepithel der Arthropoden. Die andere Ansicht geht davon aus, dass die einzelnen Zellen mit der Secretion selbst zu Grunde gehen und durch neu sich bildende und heranwachsende Zellen ersetzt werden. Es zerfällt daher das Epithel in zwei Abtheilungen, eine regenerirende und eine secretorische. Wie mir scheint, sind beide Ansichten völlig berechtigt, und man wird nur den Ort festzustellen haben, wo die eine oder wo die andere vorzuziehen ist. Hierin liegt die hauptsächlichste Schwierigkeit, da, 960 JOHANNES FRENZEL, wie wir schon sahen, die Secretion selbst nur selten verfolgt werden kann. Man muss sich daher im Allgemeinen auf den indirecten Be- weis beschränken, der zumeist an der Hand von conservirtem Material zu führen ist. Aber auch die Chemie kommt uns dabei zu Hiilfe, wie z. B. bei der Milchdrüse der Säugethiere, wo ohne Zweifel die Zellen bei der Secretion völlig verbraucht werden. Wenn man näm- lich das Casein der Milch abscheidet!), es in Salzsäure 2°/,, löst und mit Pepsin bei 40° C verdaut, so scheidet sich ein feiner, flockig- zusammenhängender Niederschlag ab, der reines Nuclein darstellt. Dies kann nur von den Zellkernen jener Drüsen herrühren, und da diese Gebilde ja niemals das eigentliche Secret darstellen, so sind sie nichts als eine unumgängliche Beimischung, hervorgegangen bei dem Zerfall der Zellen. | Bereits früher hatte ich an der Hand von mikroskopischen Schnitt- präparaten wahrscheinlich zu machen gesucht, dass in gewissen Drüsen ein lebhafter Zellverbrauch stattfinde. So fand ich es in der Mittel- darmdrüse der Decapoden (1 c. p. 79), wo sich die Fermentzellen allmählich ganz von der Tunica propria loslösen, um sodann ausge- stossen zu werden (l. c. Taf. 4, Fig. 20, 24, 29, 31 ff.), nachdem der Kern vorher stark reducirt worden ist. Selbst der so wenig entwickelte Mitteldarm dieser Thiere stösst die Zellen ab und bildet in gleichem Maasse neue (l. c. p. 183 und Taf. 9, Fig. 13, 14, 28, 30 ff), was wir auch im Mitteldarmepithel von Raupen antreffen (Bombyx neustria, l. c. Taf. 8, Fig. 18). An frischen Darmpräparaten von Scrobicularia, Tellina und von Echinodermen sah ich ferner das Auswandern von Zellen, wie an andern Orten besprochen werden soll, und in der Mitteldarmdrüse der Mollusken bemerkte ich endlich äusserst zahl- reiche Jugendstadien von Zellen, die den Rückschluss auf einen leb- haften Zellverbrauch gestatten ?). Nachdem dies vorausgeschickt worden, seien nunmehr meine Be- funde am Darm von Artemia mitgetheilt, welche sich auf die Secretion beziehen. Bei einem frischen und allem Anscheine nach normalen Indivi- duum sah ich in einer der vordern Zellen des Mitteldarmes eine völlig homogene, farblose, etwas trübe glänzende Blase entstehen, welche, 1) Ueber die Bestimmung des Kuh-Caseins durch Fällung mit Schwefelsäure, von Tu. Weyz und Jon. FrEnzeL, in: Zeitschr. f. physiol. Chemie (Horpz-Seyrer), Bd. 9, 1885 p. 246 ff. 2) Mikrographie der Mitteldarmdrüse der Mollusken, 2. Theil, 1. Hälfte. Specielle Morphologie des Drüsenepithels, (Im Erscheinen begriffen.) h Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 261 wie sich deutlich verfolgen liess, allmählich heranwuchs. Gleichzeitig vergrösserte sich die Zelle ganz bedeutend, so dass sie jetzt aus der Oberfläche des Epithels hervorgewölbt wurde (Fig. 1), wobei der Härchensaum verloren ging. Sie löste sich darauf ganz von der Tunica propria des Darms los, und der Kern war verschwunden, ohne dass ich zu sagen vermag, ob er sich löste oder vielleicht stark ver- kleinerte und an die Wandung der Zelle anlegte. Denn die Secret- blase war mittlerweile so gross geworden (Fig. 2), dass sie den ganzen untern Raum der Zelle einnahm, so dass ich nicht wusste, wo der Kern geblieben sein sollte, da der obere Zellraum nur noch das körnige Plasma besass. Es erscheint mir daher recht wahrscheinlich, dass der Kern völlig verschwand, zumal er weiterhin auch nach dem Lösen und Platzen der Zelle nicht zu entdecken war. Während sich nun die Zelle weiter vorschob, wurde sie, wie auch die Secretblase, immer grösser, und zwar im optischen Schnitt doch mindestens so gross wie 3 bis 4 gewöhnliche Epithelzellen. Das körnige Plasma verschwand dabei mehr und mehr, und als die Zelle nur noch dem Epithel auflag (Fig. 5), war nichts weiter als seitlich ein schmaler Plasmarand sichtbar. Darauf platzte erst die Zelle, dann sogleich hinterdrein die Blase, und ihr Inhalt mischte sich mit den Darm- contenta, ohne dass, wie gesagt, vom Kern noch etwas zu erkennen war. Es fand hier mithin ein unverkennbarer Untergang einer Zelle während der Secretbildung und unter Verlust des Kerns statt. Diesen Secretionsvorgang habe ich nur etwa 3- bis 4mal zu beobachten Ge- legenheit gehabt. Die Bildung der Flüssigkeitsblase im Innern der Zelle ist aber so charakteristisch, dass dies nicht gut etwas anderes als ein Secret sein kann. Häufiger machte sich nun ein anderer Vorgang bemerkbar, dessen Deutung aber um vieles schwieriger ist. Er besteht in einer Loslösung von Epithelzellen ohne vorherige Blasen- bildung. Wiederholt konnte ich beobachten, wie eine Zelle sich von der Tunica propria loslöste und zunächst oben vorwölbte, indem der Härchensaum sich theilte (Fig. 4 bei a, Fig. 6 bei 6). Dann ver- schwand dieser, und die Zelle trat noch mehr aus dem Epithel heraus, ohne indessen zu wachsen oder den Kern zu verlieren (Fig. 4 bei c, Fig. 6 bei a). Endlich wurde die Zelle ganz frei, während der Kern sein Netzwerk verlor und trübe wurde, worauf die Zelle platzte (Fig. 4 bei a, Fig. 5 bei a [letztes Stadium], Fig. 7 bei a und Fig. 8 bei b). Ihr Inhalt war kurz vorher nicht mehr so grobkörnig wie vordem, sondern enthielt ganz feine, staubartige Körnchen, die sich nach dem Platzen verstreuten (Fig, 5 bei a), 962 JOHANNES FRENZEL, Man könnte nun annehmen, dass im Mitteldarm der Artemia zwei verschiedene Secrete gebildet würden, ein klares und ein feinkörniges. Eine weitere Beobachtung, die ich machte, muss aber doch zur vor- sichtigen Beurtheilung des zweiten Punktes mahnen. Hat man näm- lich ein frisches Krebschen unter dem Mikroskop, so ist auch der zweite Modus der Zellablösung kein durchaus häufiger. Erst bei längerm Beobachten desselben Individuums sind zahlreichere Zellen in der Ablösung zu sehen, und schliesslich geschieht diese im Epithel ganz allgemein, während das Thier selbst abstirbt. In diesem Falle platzen die Zellen nicht mehr, sondern runden sich nur zur Kugel ab, der Kern bleibt völlig unverändert, und die losgelöste Zelle schwimmt davon (Fig. 8 bei a). Man könnte daher andrerseits sagen, dass vielleicht der ganze hier mitgetheilte Vorgang nur ein pathologischer Process sei, der unter ungünstigen Bedingungen stattfinde und dem Tod des Thiers vorangehe. In der That ist das Gleiche auch bei andern Krebsen, z. B. Cyclops, der Fall. Die pathologische Zellabsonderung zeigt in- dessen, wie bereits angedeutet, einige Verschiedenheiten, indem hier vor allen Dingen die Zelle nicht platzt. Die mit dem Platzen ver- bundene Absonderung ferner, wobei der Kern und der Zellinhalt sich verändern, ist bei ganz frischen Individuen, wenn auch nur selten, so doch sicher zu beobachten, weshalb ich nicht anstehe, sie als einen natürlichen, physiologisch nothwendigen Vorgang zu betrachten, der unter ungünstigen Umständen erst allmählich in einen patho- logischen übergeht. Ein anderer Einwurf ist nun noch zu besprechen. Es muss nämlich auffallen, dass unter normalen Verhältnissen die Secretion, namentlich die der ersten Art, doch nur vereinzelt anzutreffen ist. Nun ist aber oben besprochen worden, dass die Speise der Artemien erstens bereits als halbverdaut angesehen werden kann, und dass sie zweitens überhaupt sehr wenig Verdaubares enthält. Es müssen also schon sehr geringe Mengen von Enzymen zu dessen Verdauung ge- nügen, woraus sich erklärt, dass nur wenig Zellen abgestossen werden. Da ferner jede von diesen eine beträchtliche Grösse hat und die Enzyme bekanntlich auch in grosser Verdünnung noch wirksam sind, so mag der Inhalt eines oder weniger Zellen vollauf zur Verdauung des ge- sammten Darminhaltes hinreichen. Das Abstossen von Zellen ist normaler Weise nur in der grössern, vordern Hälfte des Mitteldarmes zu constatiren. Zwar werden auch die mit rothem Inhalt versehenen hintern Zellen abgestossen, aber Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 363 immer erst kurz vor dem Tod des Thiers. Dies geschieht mithin pathologisch, und die obige Angabe von dem Vorhandensein eines rothen Klumpens im Darm einer Artemia bezieht sich demnach auf einen solchen pathologischen Process. Der Darminhalt der Artemia zeigt uns sehr geringe Bewegungs- erscheinungen, indem er langsam von oben nach hinten rückt, ohne rotirende Bewegungen auszuführen. Die Secrete müssen daher gleich von Anfang an beigemischt werden, und in der That fanden wir ja das Loslösen der Zellen besonders im Anfangstheile des Mitteldarms, während in seinem letzten Drittel wahrscheinlich gar kein Enzym mehr gebildet wird. Wir haben uns nun der Frage zuzuwenden, wo und wie die Re- sorption des Verdauten vollführt werde. So genau der Chemismus der Verdauung im Thierreich schon bekannt ist, um so viel weniger weiss man etwas über die Resorption, und sogar der Ort, wo sie vor sich geht, ist noch nicht mit Sicher- heit festgestellt. Dort, wo ein ausleitender Enddarm fehlt, wie beim Leberegel (Distomum hepaticum), muss ohne Zweifel der Mitteldarm resorbiren, wie ich dies auch für die Bienenlarven angenommen hatte. Wo aber der Mitteldarm stark reducirt ist, muss die Resorption ohne Frage im Enddarm und wahrscheinlich auch im Vorderdarm (Krebs- magen) geschehen. Die Mitteldarmzellen haben, wie bekannt, schon die Function der Secretion; die Enddarmzellen der Arthropoden etc. gehören zum chitinbildenden Gewebe und sind von einer Chitincuticula überkleidet, die ihr Product ist. Beiderlei Epithelien haben also schon ihre Function, und wenn wir ihnen noch die Function der Resorption zuertheilen, so wird damit der Fall gesetzt, dass sie zweierlei Thätigkeiten dienen, ein Fall, der im ersten Augenblick sehr viel Be- fremdliches hat. Der Enddarm der Arthropoden und im Besondern derjenige der Artemia besitzt jedoch ein Epithel, das sich von der sonstigen Hypodermis in hervorragendem Maasse unterscheidet, indem es in den meisten Fällen, so bei den Insecten, den Decapoden etc., aus grossen wohlgeformten Zellen besteht, während die Hypodermis der Körperbedeckung ganz im Gegentheil in der Regel die einzelnen Zellen nicht deutlich erkennen lässt. Dass mit dem abweichenden Aussehen nun auch eine abweichende Function verbunden sei, ist ein, wie ich glaube, ganz gerechtfertigter Schluss. Wenn wir dann ferner an einem Orte, so im Enddarm der Decapoden eine resorbirende Thätigkeit annehmen, so werden wir auch berechtigt sein, diese An- nahme zu verallgemeinern und wenigstens auf die gesammten Arthro- 264 JOHANNES FRENZEL, poden auszudehnen, also auch auf diejenigen, deren Mitteldarm eine genügende Entwicklung aufweist. Das hintere Drittel des Mitteldarms von Artemia he wie wir oben sahen, Epithelzellen, deren Inhalt ein anderer als der des vordern Theiles ist. Ferner fanden wir im Endtheil normaler Weise keine Secretion. Es würde mithin der Gedanke nahe liegen, dass hier der Ort der Resorption und dass die rothen Krystallstäbe das Produet derselben seien. Hierfür spricht sodann noch besonders der Umstand, dass jener rothe Inhalt nach hinten hin immer mehr zunimmt, also dort, wo vermuthlich mehr resorbirbare Substanzen vorhanden sind. Auch sein baldiges Verschwinden bei hungernden Thieren liesse sich leicht so erklären, dass einestheils nichts mehr resorbirt werden kann, und dass anderntheils das in den Zellen aufgespeicherte Material in das Innere des Körpers wandere, so dass diese endlich leer werden. Das einzige Bedenken, das hiergegen zu äussern ist, wäre jedoch darin begründet, dass der rothe Farbstoff überhaupt den Artemien eigen ist, wie ja auch ihr Blut eine rothe Farbe besitzt, und dass, wenngleich nur ein einziges Mal, die rothen Nadeln des Darmes auch in einem andern Gewebe gefunden worden sind. Trotzdem aber bleibt es nicht undenkbar, dass sie ein Stoffwechselproduct seien und viel- leicht als Reservematerial an einigen Stellen des Körpers aufge- speichert werden. Dies sind die Umstände, welche die Annahme berechtigt machen, dass bei Artemia sowohl wie auch bei allen andern Arthropoden und, von Darmlosen abgesehen, bei allen Metazoen die Resorption im ganzen Darmtractus vollzogen werden kann, wenn die Nahrung nur in der geeigneten Form vorhanden ist. Ja, es ist ohne Zweifel jedes nackte Epithel einer Resorption im gewissen Sinne fähig, so wie das Cocain etwa schon vom Pflasterepithel der Mundhöhle aufgenommen wird und sogar die Aufnahme von Quecksilber durch die Epidermis hindurch erwiesen ist. Schon bei anderer Gelegenheit glaubte ich die Darmzellen mit einzelligen Organismen, z. B. mit Gregarinen oder Opalinen, vergleichen zu dürfen, die ja auch zur Resorption besonders befähigt sind. Würde man sich beispielsweise eine Anzahl von Gre- garinen an einander gereiht denken, so würde ein Enddarmepithel mit einer Cuticula zu Stande kommen, das sowohl diese Cuticula secernirt wie auch resorbiren kann, also zwei Functionen vorsteht. Wenn man andrerseits eine Summe von Opalinen aneinanderreihte, so entstiinde 1) Einiges über den Mitteldarm der Insecten 1. c. Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 965 das flimmernde Mitteldarmepithel der Echinodermen, Würmer und Mollusken, und wenn man sich dann die Wimpern in starre Härchen verwandelt denkt — was thatsächlich aber nicht der Fall ist —, so würde der Mitteldarm der Arthropoden und Wirbelthiere daraus her- vorgehen, mit dem Unterschied nur, dass die Opalinen wahrscheinlich kein Verdauungssecret bilden. Bei der Salinella aber fand ich bereits eine Lage von Zellen, welche sowohl secerniren wie auch resorbiren. Der Mitteldarm der Metazoen lässt sich daher physiologisch auf die- selbe Stufe stellen wie jene Mesozoe. Da wir bei sämmtlichen Protozoen die Fähigkeit antreffen, fremde Stoffe, also Nahrungsbestandtheile, aufzunehmen, so können wir diese Fähigkeit auch noch bei denjenigen Elementarorganismen antreffen, welche, gerade wie die Darmschmarotzer, kein selbständiges Leben mehr zu führen vermögen. Während aber die Protozoen ihre Nah- rung in ihr Inneres aufnehmen, um sie erst dort zu verdauen, so ist mit der mesozoischen Salinella und wahrscheinlich noch mit Tricho- plax F. E. SCHULZE beginnend eine wichtige Umänderung eingetreten, indem die zu einem Epithel vereinigten Organismen nach dem Grund- satz „Einer für Alle und Alle für Einen“ zunächst die Verdauung ausserhalb ihres Körpers vollziehen und an der Resorption auch andere Zellen theilnehmen lassen. Ja, es ist hier und dort schon eine be- merkenswerthe Arbeitstheilung eingetreten, worauf uns die Verhält- nisse im Mitteldarm der Artemia hinweisen, indem in seinem vordern Theile mehr secernirt, in seinem hintern mehr resorbirt wird. So mag es auch im Mitteldarm der Insecten sein, wo ja vielfach ent- weder zweierlei Epithelzellen vorhanden sind, wie bei den Raupen (Bombyx neustria), oder wo besondere Drüsen (Krypten) ausgebildet sind, wie bei Blatta und Bombus. Im erstern Falle werden vermuth- lich nur die einen Zellen sowohl secerniren wie auch resorbiren, während die andern, sich vom Epithel loslösend, jedenfalls nur noch der Secretion dienen und dabei zu Grunde gehen. Im letztern Falle mag es einigermaassen fraglich sein, ob die Epithelzellen überhaupt noch secerniren und ob diese Function nicht schon völlig auf die Drüsenkrypten übergegangen ist. Die zahlreichen Kerntheilungsfiguren in diesen deuten ja auf einen lebhaften Zellverbrauch hin, während im Gegentheil unzweifelhafte Kern- und Zelltheilungen im Cylinder- epithel des Mitteldarmes nicht immer nachweisbar sind. Der Mechanismus der Resorption im Darmtractus ist noch völlig unerklärt, und meine Hoffnung, bei einer lebenden Artemia etwas sehen zu können, blieb unerfüllt. So günstig hier die Verhält- 266 JOHANNES FRENZEL, nisse einerseits liegen, um so ungiinstiger sind sie andrerseits deshalb, weil die eigentliche Nahrung der Artemien nicht nur so kärglich, sondern auch gar zu wenig irgendwie charakterisirt ist. Man darf nicht vergessen, dass die rothen Krystallgebilde nicht im Darmlumen präformirt sind, sondern erst in den Zellen entstehen. Bei einer blut- saugenden Fliege gelang es mir allerdings, wie bei anderer Gelegen- beit ausführlicher mitgetheilt werden soll, an einem Zupfpräparat nachzuweisen, wie die gelösten, aber sonst anscheinend nur wenig ver- änderten rothen Blutkörperchen in die Mitteldarmzellen eingewan- dert sind. Man wird annehmen dürfen, dass die resorbirenden Zellen mit osmotischen Kräften ausgestattet seien, um eine Aufsaugung der resor- birbaren Stoffe zu bewerkstelligen, ohne dabei im Allgemeinen eine formverändernde Thätigkeit zu offenbaren. Eine Protozoe nimmt ihre Speise ins Körperinnere auf und verdaut sie dort; die verdauten Stoffe aber müssen, nachdem sie also vor allem gelöst sind, dem Parenchym der Zelle einverleibt werden, um völlig assimilirt zu werden. Wie- wohl nun vielfach rotatorische und sonstige Strömungsbewegungen im Zellplasma der Protozoen wahrzunehmen sind, so können sie doch ebenso oft gänzlich vermisst werden, wie bei den Gregarinen, Opa- linen etc., weshalb man hier einen, sich in feinsten, nicht mehr wahr- AE tien Strömungen offenbarenden Flüssigkeitsaustankch an- nehmen muss. Weiter oben hatten wir gesehen, wie bei Artemia und vielen andern Thieren die Mitteldarmzellen eine längsstreifige An- ordnung ihrer festern Inhaltspartikelchen zeigen, die, wie wir ver- mutheten, zunächst einen Stützapparat vorstellen. Wenn aber nun Strömungen von aussen ins Innere einer Mitteldarmzelle stattfinden, so werden sie, dieselbe Richtung wie jene Streifungen einschlagend, längs diesen parallel laufen. Sie werden sich vielleicht mit andern, etwa vom Fuss der Zelle ausgehenden, Strömungen treffen und da- durch weiterhin die Streifung undeutlich machen. Sie werden aber möglicher Weise die im Fusstheile der Zelle angeordneten Streifen- systeme benutzen können, um aus der Zelle ins Innere des Thier- körpers einzuwandern. Bei der Artemia müssen derartige Strömungen äusserst zarte sein, da am lebenden Thier nicht die Spur davon zu sehen ist. Ganz im Gegentheil erscheint die gesammte KEpithelzelle so ruhig und be- wegungslos in jeder Beziehung, sowohl im Mittel- wie im Enddarm, dass man sie unter andern Umständen kaum für lebend halten würde. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass gemeinhin bei einer darm- Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 267 schmarotzenden Protozoe ebenfalls keine Bewegungserscheinungen im Zellinnern zu constatiren sind. Vielleicht aber giebt es irgendwo ein giinstigeres Object, wo die Resorption eine so lebhafte ist, dass man ihre Aeusserung unmittelbar mit dem Auge wird wahrnehmen und verfolgen können. Notiz über die Mitteldarmzellen der sich verpuppenden Schmetterlingsraupen. Hierzu Tafel 20, Fig. 12—17. Obgleich die nachfolgende Mittheilung nicht streng in den Rahmen dieser „Untersuchungen“ hineingehört, so mögen doch Gründe äusserer Art ihre Aufnahme an dieser Stelle entschuldigen. Bereits bei früherer Gelegenheit !) hatte ich angegeben, dass die Zellen des Mitteldarmepithels bei Schmetterlingsraupen, welche sich zur Verpuppung anschicken oder welche sich in Folge von Nahrungsmangel dazu vorbereiten, eine wesentliche Umänderung erfahren (l. c. p. 274 ff.). Im normalen Zustand besitzen nämlich die Cylinderzellen einen Inhalt, welcher gewöhnlich aus gelben Krümeln besteht (1. c. Taf. 7, Fig. 5 u. 7), wenn er nicht durch Gebilde verdrängt wird, welche wahrscheinlich als Psorospermien (Pebrine- körperchen) zu deuten sind. Späterhin aber nimmt der ganze Darm eine mehr oder weniger rothe Farbe an, die von den nun verän- derten Einschlüssen der Cylinderzellen herrührt. So hatte ich es z. B. bei den Raupen von Hibernia defoliaria, Sphinx euphorbiae, Portesia chrysorrhoea, Bombyx neustria und andern gefunden. Da ich s. Z. keine bildliche Darstellung jener Verhältnisse geben konnte, so nahm ich diese Untersuchung gelegentlich an hiesigen Raupen wieder auf und möchte daher zu dem bereits früher Mitgetheilten noch einige Worte hinzufügen. Es scheint die in Rede stehende Umwandlung des Larvenepithels in ein Puppenepithel bei den Schmetterlingen eine recht weit ver- 1) Einiges über den Mitteldarm der Insecten, sowie über Epithel- regeneration, in: Arch. f. mikrosk. Anatomie, Bd. 27, p. 229 ff. Zool, Jahrb, V, Abth. f, Morph. 18 268 JOHANNES FRENZEL, breitete, wenn nicht allgemeine Erscheinung zu sein, denn ich ver- mochte sie noch bei zahlreichen hiesigen Raupen zu constatiren, von denen nur Sphinx euphorbiarum, Helias clericalis!), Sphinx cestri und Oeceticus platensis (O. kirbyi)?) genannt sein mögen. Erstere zeigt eine völlige Uebereinstimmung in dieser Beziehung mit der europäischen S. euphorbiae, von der sie wohl auch nur eine Varietät ist (Fig. 12). Es sind hier die Zellen von äusserst zahlreichen, farblosen, glänzenden Kügelchen ausgefüllt, die lebhaft an Fettrépfchen erinnern, in ihren Reactionen aber durchaus davon abweichen. Der rothe Inhalt besteht zumeist aus einer hellern Kugel, welche prächtige, rubinrothe Krystall- gebilde einschliesst. Wo ursprünglich gelbe Krümel vorhanden waren, gehen diese zu- nächst in eine Orangefarbe über, indem sie sich gleichzeitig lösen und in einen kugeligen Tropfen umwandeln, wie man dies bei der Raupe von Portesia chrys. wahrnehmen kann (normale Zelle 1. c. Taf. 7, Fig. 5). Dann entsteht nach und nach eine blut- oder rubinrothe Farbe, wie sie in derselben Art und Weise auch bei Helias clericalis *) anzutreffen ist (Fig. 14). Bei grösseren Raupen, die aber noch nicht ausgewachsen zu sein brauchen, wird hier der Darm schon nach 2- bis 3-tägigem Fasten roth, eine Farbe, die sich auch dem zuletzt ab- gehenden Koth mittheilt. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass während dieser Hungerperiode fort und fort Epithelzellen des Mitteldarms ab- gestossen werden, was ich übrigens schon früher bei einem Hirsch- käfer bemerkt hatte. Sehr variabel kann der umgewandelte Zellinhalt bei manchen Raupen werden, wie etwa bei denen von Hibernia defoliaria und Sphinx cestri (Fig. 15, 16, 17). Bald ist er blassrosa, orangefarben oder röthlich, bald ohne, bald mit stärker gefärbten tropfenartigen Einschlüssen oder mit Krystallplättchen etc. Bei Bombyx neustria sieht man neben den rothen Tropfen auch hellgrüne Krystalle. Wiewohl die rothen Tropfen gewöhnlich fettartig glänzen, so ent- halten sie doch kein Fett. Auch die genau wie Fett aussehenden Kugeln, welche um jene Tropfen gelagert sind und oft eine erhebliche Grösse erreichen (Fig. 13, 14), bestehen aus einer nicht fettartigen Substanz. 1) Atlas de la description physique de la République Argentine ete. — Dr. H. Burmeister, VI. Livraison: Lépidoptères. Buenos Aires 1879. 2) Analecta lepidopterolôgica ‘ete. por Carzos Bere, in: Anales de la Socied. Cientific. Argent., T. 24 (1882), p. 275 ff. 3) Leider konnte diese Raupe nicht ganz sicher bestimmt werden, Untersuchungen über die mikroskopische Fauna Argentiniens. 209 Die Reactionen der Zelleinschlüsse sind, wie folgt: Alcohol, Chloroform etc. verändern die farbigen und ungefärbten Kugeln etc. nicht wesentlich. In conc. Essigsäure werden die rs Se Kugeln ohne Gasent- wicklung schnell gelöst, während die rothen Gebilde zunächst fast un-- verändert bleiben. Weiterhin verblassen sie und werden trübe. Schliesslich schwindet die Farbe ganz. In ca. 35-procentiger und stärkerer Kalilauge quellen die farb- losen Kügelchen und die andern werden blass. In schwächerer Lauge wird alles gelöst. Einprocentige Osmiumsäure lässt keine erhebliche Einwirkung erkennen. Bei der Besprechung des Mitteldarms der Artemia hatte ich zu zeigen versucht, dass bei den Arthropoden eine Resorption sowohl im Mittel- wie im Enddarm möglich sei. Früher hatte ich die Meinung geäussert (Insectendarm |. c. p. 302), dass der geformte Inhalt der Mitteldarmzellen ein Secret sei, da es doch sehr eigenthiimlich wäre, wenn die. erst verflüssigte Nahrung in den Epithelzellen wieder in fester Form sollte niedergeschlagen werden. Dies würde auch im gewissen Sinne gegen die Annahme sprechen, dass die rothen Krystall- körper in den Endzellen bei Artemia resorbirte Bestandtheile seien. Der Mitteldarm der Raupen besitzt, wie früher gezeigt worden ist (l. e. Taf. 8, Fig. 18), zweierlei Epithelzellen, welch letztere aus- wandern und ohne Zweifel nur der Secretion dienen. Ob die Cylinder- zellen neben dieser nun noch die Resorption ausführen, ist eine Frage, deren Beantwortung äusserst schwierig ist. Jedenfalls aber wird man hier, wie ich dies bereits an anderer Stelle betont habe, den gelben oder sonstwie gefärbten Inhalt nicht als ein Resorptions- product ansprechen dürfen. Wie ich s. Z. gezeigt habe, werden bei den Insecten vor der Verpuppung und im Puppenzustande die roth gefärbten Cylinderzellen abgestossen. Es scheint dies mithin weiter nichts zu sein als eine fortlaufende Secretion, trotzdem der Darm leer von Speise ist. Welchen Zweck diese Einrichtung haben mag, ver- mögen wir vorläufig nicht irgendwie zu bestimmen, sondern können nur vermuthen, dass das Raupenepithel des Mitteldarms nicht plötzlich, sondern vielmehr ganz allmählich in das des fertigen Insects über- geführt wird. Cördoba (Argentinien), im Mai 1891. 197 970 JOHANNES FRENZEL, Untersuch, über die mikrosk. Fauna Argentiniens. Erklärung der Abbildungen. Tafel 20, Fig. 1—11. Mitteldarm von Artemia. Fig. 1. Beginn der Secretion einer blasenartigen Zelle mit fliissigem Secret. Vergr. 800. Fig. 2. Dasselbe, weiter vorgeschrittenes Stadium. Vergr. 800. Fig. 3. Dasselbe. Die secernirte Zelle ist ganz aus dem Epithel herausgetreten. Vergr. 800. Fig. 4. Epithel mit drei austretenden Zellen. Vergr. 800. Fig. 5. Dasselbe, weiter fortgeschrittenes Stadium. Eine Zelle (a) platzt. Dieselbe Vergr. Fig. 6. Epithel mit zwei heraustretenden Zellen. Kerne gut sicht- bar. Dieselbe Vergr. Fig. 7. Dasselbe, weiteres Stadium. Dieselbe Vergr. Fig. 8. Dasselbe. Eine Zelle (a) ist freigeworden, aber nicht ge- platzt (pathologisch ?). Fig. 9. Endtheil des Mitteldarms. Flächenbild. Vergr. 650. Fig. 10 und 11. Endtheil des Mitteldarms von der Stelle an, wo die rothen Krystalle auftreten, in zwei Theile zerlegt. Beginn bei a; c schliesst an b an; d ist das Ende. Dieselbe Vergr. (Die Zeichnungen sind sämmtlich nach dem Leben angefertigt.) Fig. 12—17. Mitteldarmzellen sich verpuppender Schmetterlings- raupen. Fig. 12. Mitteldarmzelle einer sich zur Verpuppung anschickenden Raupe von Deilephila euphorbiarum (auf Cestrum Parqui lebend). Vergr. 700. Fig. 13. Dasselbe von Hibernia defoliaria. Dieselbe Vergr. Fig. 14. Zelle von Portesia chrysorrhoea und Helias clericalis (?). Dieselbe Vergr. Fig. 15. Der Inhalt einer Mitteldarmzelle von Hibernia defol, und Sphinx cestri. Dieselbe Vergr. i Fig. 16. Ein anderer Zellinhalt von denselben Raupen. Dieselbe Vergr. Fig. 17. Eine Mitteldarmzelle von denselben Raupen. Dieselbe Vergr. Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. Von Dr. Otto Maas. Hierzu Tafel 21 u. 22. GEGENBAUR’S Worte aus dem Jahr 1856 über die Narcomedusen (die damaligen Aeginiden), „dass diese Gruppe am wenigsten gekannt sei und von den bis jetzt über Medusen gebräuchlichen Vorstellungen die grössten Abweichungen darbiete“, werden von HAECKEL in seinem grossen Medusenwerk 1880 als noch zu Recht bestehend bezeichnet. Auch seitdem ist hierin kaum eine Aenderung eingetreteten, im Gegen- theil, METSCHNIKOFF hat manche der HAEckEr’schen Angaben über den Bau dieser Medusen bestritten, und einige Amerikaner, BROOKS an der Spitze, haben über die Bedeutung und Stellung dieser Gruppe neue und interessante Theorien aufgestellt, die die vermehrte Aufmerksamkeit der Zoologen auf diese eigenartigen Formen lenken müssen. In der generellen Morphologie der Narcomedusen (Literaturver- zeichniss No. 5) sucht HAECKEL deren Bau von dem der Geryoniden abzuleiten. Er homologisirt die Radialcanäle und den Ringcanal der letzteren mit den Magentaschen und dem complieirten Festoncanal der Cunanthiden und leitet von dieser, als der ursprünglichsten Familie, die viel einfacheren Formen, wie z. B. Solmaris, die keinen Ringcanal, keine Radiärcanäle und Magentaschen besitzen, durch immer weiter- gehende Rückbildung ab. Dabei kam ihm ein Befund der Herrwıcs zu Statten (Literaturverz. 6, p. 16), wonach auch die Formen ohne Ringcanal einen Radialstrang entodermaler Zellen als Rudiment an Stelle eines solchen zeigen. Die Hauptverschiedenheit, die zwischen Geryoniden und der ganzen Gruppe der Narcomedusen besteht und 272 OTTO MAAS, die letzteren ginzlich in ihrem Habitus verändert, ist die Zertheilung des Schirmes in Lappen. Harcker erklärt diese als durch Dorsal- wanderung der Tentakel bedingt und hält es für wünschenswerth, dieses Wandern und die dadurch im Canalsystem hervorgebrachten Aenderungen während der Metamorphose zu studiren. HAEcKEL selbst hat einmal Gelegenheit genommen, sich mit der Entstehung des complieirten Cuninenbaues aus einfachen Anfängen zu beschäftigen, als er im Jahre 1864 die bekannten Cuninenknospen im Magen von Geryonia auffand (Literaturverz. 4). Wie er selbst sagt, war sein Material „brüchig“, Methoden damals wenig ausgebildet, und wenn ich seine Darstellung recht verstehe, soll durch dieselbe mehr gezeigt werden, wie man sich den verwickelten Bau der Cuninen in einfacher und klarer Weise schematisch ableiten könnte. Aus der zweiblättrigen, mit Gastralhöhle versehenen Knospe bildet sich zunächst die Schirmhöhle als einheitliche Ringfalte, dann tritt die Gallerte auf, durch deren mehr oder weniger mächtige Ablagerung 8 Taschen der ursprünglich einfachen Magenhöhle entstehen; das Magenrohr verkürzt sich, der Schirm verbreitert sich mehr und mehr. Die Taschen dehnen sich bis zum Rande aus und verbinden sich durch einen Ringcanal; der Rand selbst verlängert sich in 8 Lappen mit je einem Sinnesknépfchen. Die Zwischenräume dieser Lappen werden vom Velum ausgefüllt, das sich auch nach innen weiter vorwölbt. Jetzt erheben sich auch deutlich die Tentakel mit ihren einzelligen Entodermaxen und Nesselkapseln, und die etwa 1 mm grosse Meduse löst sich vom Stock ab, die, wie die prachtvollen Tafeln er- kennen lassen, bereits den ganzen Cuninenhabitus zeigt. Bekanntlich glaubte HAECKEL damals an einen genetischen Zu- sammenhang der Cuninenknospen mit der Geryonia, und vielleicht ist dies auf seine ganze Auffassungsweise der Narcomedusen nicht ohne Wirkung geblieben. Von F. E. Schuzze (11) und auch von ULJANIN wurde später nachgewiesen, dass die Cuninen sich nur parasitisch in dem Magen der Geryonien aufhalten und selbst aller Wahrschein- lichkeit nach von anderen Cuninen stammen. Es war F. E. SchuLze hauptsächlich um histologische Dinge, so vor allem um den Nach- weis zu thun, dass die Gewebe der Geryonie von denen der Cuninen scharf getrennt seien, und dass die erste Anlage der Medusenknospe nicht indifferent und solid am Zungenkegel der Geryonie erfolge, sondern als hohle Ausstülpung der beiden Blätter des Cuninenstockes. Trotzdem er sich daher bezüglich.-der Knospenentwicklung auf eine gedrängte Darstellung der „Reliefverhältnisse‘ beschränkt, gehen doch Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 273 schon aus dieser manche wichtige Verschiedenheiten von der HAECKEL- schen Auffassung hervor. Ausser dem viel späteren Auftreten der Gallerte interessirt uns vor allem, dass unter den Scnunze’schen Ab- bildungen der Stadien keines vorkommt, wo sich die Schirm- höhle als einheitliches Ganze, als eine Ectoderm und Entoderm ent- haltende Ringfalte ohne Lappen und Tentakel präsentirte (wie es die Hazcrer’schen Holzschnitte im Text und seine fig. 75 thun), sondern dass zwischen seinen Knospen 6 und 7 ein grosser (scheinbarer) Sprung ist, indem Lappen und Tentakel „zugleich‘ sichtbar werden. Weitergehende Bedenken anderer Art hat METSCHNIKOFF (9 u. 10) gegen die HAECKEL’sche Darstellung geäussert, indem er auf Grund eigener und der Befunde Scauzze’s und ULJANIN’s hervorhebt, dass diese Knospen zu keiner Zeit einen Ringcanal besitzen, was ja für die ganze Auffassung des Narcomedusenbaues von Wichtigkeit wäre. Ob er ein Rudiment eines solchen gesucht hat, darüber spricht er sich nicht näher aus; dagegen hat er an einer andern Cuninenspecies gefunden, dass die erste Generation ein peripheres Canalsystem be- sitze, die zweite dessen entbehre, und greift auf Grund dessen die Haecker’sche Systematik, die gerade auf dieses Merkmal trennendes Gewicht legt, heftig an. Er hat auch die Entwicklung dieser Cuninenspecies genau ver- folgt und findet einen durch Sporogenie entstandenen Keim, der aus zwei Blättern und einer amöboiden Riesenzelle besteht. An diesem lassen sich zuerst zwei Haufen von Nesselkapseln erkennen, dann ent- sprechend bald 4 Tentakel als hohle Anlagen. Eine ectodermale Falte setzt darauf den obern tentakeltragenden Theil von dem untern oralen scharf ab; in dem obern entwickeln sich Randkörper und Tentakel, in dem untern Schirmrand und Velum. Schnitte lehren, dass auch eine Entodermlamelle vorhanden ist, und durch weiteres Auswachsen der Tentakelscheibe über die Mundpartie, das verhältnissmässig späte Auftreten der Gallerte sowie das frühe Erscheinen der Geschlechts- organe ist die junge Meduse fertig. Die HAEcKEL-SCHULZE’sche Cunina soll dieser sehr nahe stehen (er hat auch bei ihr eine amöboide Riesenzelle gefunden) !), nur ent- 1) Auf diese eigenthümlichen Verhältnisse, die mit der parasitischen Ernährung zusammenhängen sollen und die morphologische Frage der Cuninenorganisation nicht berühren, kann hier nicht eingegangen werden. Nur sei auf die neueren Arbeiten von Korornerr verwiesen: Cunoct- antha u. Gastrodes, in: Zeitschrift für wiss, Zool., Bd. 50, — Zoologische Paradoxen, ebenda, Bd, 52, 1891, 274 OTTO MAAS, wickelt sich bei ihr in Folge weitergehender Umbildung der Keim selbst nicht mehr zu einer Meduse, sondern zu einem Stolo, an dem Medusen sprossen. Den Generationswechsel will METSCHNIKOFF nicht mit dem der Hydroidpolypen verglichen wissen, sondern hält ihn für völlig secundär und nur durch Parasitismus entstanden. In dieser letztern Beziehung völlig entgegengesetzte Ansichten werden durch einige amerikanische Arbeiten vertreten. Brooks (1) hält den ganzen Generationswechsel der Hydroidpolypen für secundär und die Entwicklung der Hochseeformen, Trachomedusen und Narco- medusen, für die ursprüngliche. Das Vorkommen eines Hydra- Stadiums auch bei diesen giebt er zu; doch geschieht die Bildung der Medusenform durch einfache Metamorphose, nicht durch Generations- wechsel. Letzterer, in Verbindung mit der Stockbildung, kommt da- durch zu Stande, dass die Hydra-Larve die Fähigkeit erlangt, sich un- - geschlechtlich durch Sprossung zu vermehren. Beweisender Ausgangs- punkt für seine Betrachtung sind ihm speciell die Cuninenknospen einer amerikanischen, schon von Mc Crapy (2) sehr vorzüglich be- schriebenen und abgebildeten Form, der Cunoctantha octonaria. Diese unterscheidet sich gerade dadurch von der europäischen Form, dass ihr zweiblättriger Keim nicht völlig in einen Stock aufgeht, sondern nur wenig Knospen treibt und selbst auch noch zur Meduse wird. Sie bildet auf diese Weise nach ihm einen Uebergang von den For- men mit directer Entwicklung zu denen mit Generationswechsel. Er schildert die Entwicklungsphasen im Einzelnen, soweit sie sich äusserlich ohne Schnitte wahrnehmen lassen. Das jüngste Stadium hat 2, bald darauf 4 Tentakel. Dann erscheint das Gewebe, das die Umbrella bildet und aus beiden Blättern bestehen soll. Der Lappenrand kommt dadurch zu Stande, dass das freie Ende zwischen den Tentakeln schneller wächst (nicht dadurch, dass diese herauf- rücken) und sich so in Lappen auszieht, deren jeder einen Fortsatz der Gastralhöhle in sich schliesst. Die Tentakel stehen jetzt am Rand, rücken aber dann (scheinbar) herauf, indem nunmehr auch das Gewebe zwischen den Lappen unter ihnen auswächst. In solchem Stadium (Lappen und Tentakel haben sich zu 8 verdoppelt) schwärmt die Larve aus. Es bildet sich die Gallerte, und die bis dahin ein- fache Magenhöhle erhält ihre 8 Taschen. Ausserdem schliesst BROOKS (gesehen hat er es nicht), dass sich die Cavität jedes Lappens durch Verkleben in der Mitte zur Entodermlamelle und durch Freibleiben am Rande zum Festoncanal umbilde.. Er besteht also, so verschieden auch seine allgemeinen Ansichten sind, wie HAEcKEL auf der nahen Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 975 Beziehung von Geryoniden und Cunanthiden und will demnach auch bei den letztern ein peripheres Canalsystem finden. Zu theilweise abweichenden Resultaten hat die letzte und sehr sorg- faltige Untersuchung über diesen Gegenstand geführt, die H. V. W1Lson an Schnittserien dieser Cuninen anstellen konnte (Literat. 12). Es beanspruchte diese Arbeit bei der nahen Beziehung, in der sie zu unserm Thema steht, eine ausfiihrliche Wiedergabe; doch geniigt es aus demselben Grunde, hier nur die wichtigsten morphologischen Punkte zu berühren, da aller Einzelheiten unten noch gedacht werden muss. Wırson beschreibt zunächst die erwachsene Meduse und findet an ihr von entodermalen Hohlräumen nur den Magen mit 8 Taschen, durchaus kein peripheres Canalsystem (vergl. METSCHNIKOFF), weder Canäle, die dem Rand der Lappen entlang gingen, noch solche, die von da aufwärts stiegen. Die Entodermlamelle ist überall einschich- tig, nur an der Basis der Sinnesorgane (die genauer beschrieben werden) sind mehrere Zellen wahrzunehmen. Das Gewebe zwischen den Lappen enthält keine entodermalen Elemente, Rudimente des Festoncanals, sondern ist einfach aufsteigendes Velum. Ein continuirlicher Ring aus modificirten Nesselzellen (Peronium), der dem Schirmrand entlang läuft und da, wo ein Tentakel kommt, von diesem scharf nach auf- wärts gezogen erscheint, ist nicht vorhanden, sondern nur unterhalb eines jeden Tentakels ein stützendes Peronium. Auch der Nerven- ring hat nicht diesen Verlauf dem Rand entlang, sondern geht in grossem Bogen vom äussersten Lappenrand (dem „sense club“) bis zur Tentakelbasis. Diesen Befunden entsprechen auch die aus den Schnitten der Entwicklungsstadien gewonnenen Resultate. Canäle, die nachher ver- öden, treten im Verlauf der Entwicklung niemals auf. Die Tentakel stehen von allem Anfang an am Rand des kreisförmigen Magens und legen sich, wie die zwischen ihnen befindlichen Lappen, als dessen Ausstülpungen an. Der Schirmrand ist von vorn herein morphologisch wie physiologisch gelappt; denn das Gewebe, das später den Zwischen- raum zwischen den Lappen ausfüllt, ist nur aufsteigendes Velum. Die 8 Magentaschen haben zu den primären Lappen keine Beziehung, sondern legen sich erst viel später, wenn das Thier frei schwimmt und die Gallerte längst erschienen ist, durch theilweise Verklebung von Magenboden und Decke an. Wırson spricht aus, dass die Embryologie dieser Cunoctantha mit der Harcket’schen Ableitung der Narcomedusen von Geryoniden nicht gut übereinstimme, da die Tentakel ihre ursprüngliche Lage behielten 976 OTTO MAAS, und niemals wanderten und der Schirmrand in allen Stadien gelappt sei, sowohl durch die Anordnung der ectodermalen wie der entoder- malen Elemente. Dennoch meint er weiter, dies alles könne cäno- genetisch durch das frühe Auftreten der Tentakel bedingt sein, und will HAECKEL nicht widersprechen. Dagegen hält auch er wie Merscu- NIKOFF die Hazcrker’sche Systematik, die auf das Canalsystem solchen Werth legt, für nicht durchführbar. Da seither keine entsprechende Untersuchung der mediterranen Cuninenknospen, die ja von den amerikanischen in mancher Beziehung abweichen, angestellt worden war, so hielt ich es für keine undank- bare Arbeit, auch an diese mit den neusten Methoden der Schneide- technik heranzugehen, und betrachtete es als einen sehr angenehmen Zufall, als mir bei einem Aufenthalt in Neapel auch ein solcher Cuninenstock in die Hände gelangte, den ich zum Vergleich mit an- dern Narcomedusen bearbeiten konnte. Insbesondere kam es mir darauf an, das entodermale System in verschiedenen Entwicklungsstadien zu verfolgen und festzustellen, ob gastrocanale Räume angelegt werden, die später veröden, oder nicht; sowie ferner das Verhältniss der Ten- takel und des Nervenrings zum Schirmrand zu untersuchen. * * * Der betreffende Knospenstock ging mir im Monat Mai zu. Er stammte aus der Magenhöhle der grossen Geryonia (Carmarina) !) hastata, die zu dieser Zeit in Mengen geschlechtsreif im Golf von Neapel treibt, hatte sich aber daraus (ob gewaltsam oder auf natür- lichem Wege) losgelöst und lag auf dem Boden des Gefässes. Seine Form unterschied ihn äusserlich von den bisher beschriebenen Stöcken, 1) Es sei mir an dieser Stelle gestattet, eine kleine Bemerkung zur Systematik zu machen. Schon Merscunikorr hat (10, p. 17) darauf hingewiesen, dass nach Hasckev’s Entdeckung der centripetalen Blind- canäle bei Carmarina nur mehr Formen mit solchen Canälen gefunden worden seien, dass demnach die Harcrer’sche Unterscheidung zwischen Carmarina und Geryonia hinfällig sei. Ich schliesse mich dieser An- sicht um so eher an, als ich auch bei den vierzähligen Formen das- selbe bestätigen kann. Aus einer grossen Anzahl' von Liriopiden von verschiedenen Stellen des Atlantic, die mir zur Untersuchung zukamen, konnte ich keine auswählen, die mit Sicherheit keine Centripetal- canäle zeigte. Sogar die von Fr. Minuur beschriebene L. catharinenis zeigt deutlich einen solchen Canal, die mediterrane cerasiformis deren drei. Beide Formen wären also Glossocodon, wenn dieser Unterschied überhaupt existirte. So aber miissén sowohl die Gattungen Glossocodon wie Carmarina zu Gunsten der älteren Liriope und Geryonia fallen, Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. DIT indem er nämlich nicht ein einfacher gestreckter Schlauch war, sondern von der Mitte an eine deutliche Zweigabelung in einem Winkel von etwa 30° aufwies. Die beiden Gabelenden liefen sehr spitz aus, das entgegengesetzte Ende war stumpf; die ganze Länge betrug 12 mm, die grösste Breite etwa 4 mm Durchmesser. Wie die Betrachtung mit schwacher Vergrösserung zeigte, war er über und über dicht mit Medusenknospen verschiedenen Alters besetzt; eine besondere An- ordnung der jüngern am einen, der entwickeltern am andern Ende konnte ich ebensowenig wie F. E. SCHULZE wahrnehmen. Auch schien es mir schon bei Oberflächenbetrachtung, als sei der Knospenstock nicht ein einfacher Stamm, an dem seitlich rundherum die Medusen sprossten, sondern als ob auch Verästelungen zweiter Ordnung, der Knospen einer Meduse auf der andern, vorkämen, worauf ja auch die Zweigabelung des ganzen Stockes hinwies. In frischem Zustand war der ganze Stock, ebenso wie die ein- zelnen Medusen, fast vollständig wasserklar und durchsichtig. Wäh- rend er auf dem Boden des Gefässes liegen blieb, lösten sich nach und nach eine Anzahl reifer Medusen von ihm ab, die im Glase um- herschwärmten mit den für die Narcomedusen charakteristischen straffen Bewegungen und der starren Haltung der Tentakel, und die schnell und zusehends weiterwuchsen, so dass ich auch noch spätere Stadien als die gerade abgelösten untersuchen konnte, Ich beschränkte die Betrachtung am Lebenden, die von allen Vor- gängern eingehend gemacht ist, auf das Nothwendigste und richtete mir dann das Material zur Conservirung zu. Bezüglich meiner Me- thoden habe ich wenig zu sagen, da dieselben von den üblichen wenig Abweichungen bieten. Das Abtödten geschah mit FLEMMINGS Chromosmiumessigsäure in Einwirkung von 5—20 Minuten, je nach Grösse und Weiterver- wendung. Dem Uebertragen in Wasser liess ich eine dünne Lösung des Gemisches vorausgehen, da ich bei andern Gelegenheiten be- obachten konnte, dass beim directen Uebergang zu destillirtem Wasser noch leichter eine Schädigung eintrat als beim nachherigen Härten in immer stärkerm Alkohol. Das Letztere geschah sehr allmählich bis zu 90°/, Stärke. Hierin blieben die Medusen längere Zeit, wurden dann zum einen Theil rückwärts wieder in Wasser gebracht und durch Boraxcarmin gefärbt, zum andern Theil weiter behandelt und in Harz gebracht. Die besten Aufsichtspräparate erhielt ich durch solche un- gefärbten Exemplare, die recht lange im FLemminG’schen Gemisch verblieben waren; die gefärbten benutzte ich zur Anfertigung von 978 OTTO MAAS, Schnittserien, die auf die übliche Weise in Paraffin von 57° Schmelz- punkt geschah. f Das Wichtigste ist die ganz genaue Orientirung der Meduse vor dem Schneiden, da durch schiefe Schnitte, namentlich wenn man nicht die ganze Serie vergleicht, leicht Täuschungen her- vorgerufen werden können (s. u.). Da die Entodermzellen auf ent- wickelteren Stadien ein von denen des Ectoderms verschiedenes Plas- ma zeigen und auch unter den letztern charakteristische Unterschiede auftreten, so empfiehlt es sich, das Boraxcarmin nicht sehr auszu- waschen, damit noch Plasmafärbung zurückbleibe. In neuerer Zeit ist, bei höhern Thieren besonders, Methylenblau zur Darstellung des Nervensystems mit gutem Erfolg benutzt worden (Rerzrus), nicht nur im Leben, sondern auch an Schnitten. Ich habe eine wässrige Lösung davon auch hier benutzt und in der That eine stärkere Blaufärbung der entsprechenden Elemente erhalten, indem ich die in Wasser ge- brachten Schnitte etwa eine Stunde der Farbstofflösung überliess und mit ganz schwachem Alkohol auswusch. Eine leidliche Isolirung histologischer Elemente erhielt ich durch nachträgliche Einwirkung von schwacher Essigsäure auf kurze Zeit in Fremming’scher Lösung verbliebene Medusen, Uebertragen in Glycerin und Anwendung des Herrwia’schen Klopfverfahrens. Doch habe ich diese Methode nur nebenbei zur Orientirung über die fortgeschrittene Differenzirung der Gewebe angewandt, da die kleinen Cuninen für histologische Untersuchungen ein ungünstiges Object sind, und mich auf morphologische Fragen beschränkt. * #Æ % Der Gesammtknospenstock besteht aus einem Axentheil und den daran sprossenden Medusen. Doch war die Abgrenzung eines axialen Rohrs von seitlich ansitzenden Medusen in meinem Falle nicht so scharf und in die Augen springend, wie bei den von F. E. SCHULZE beobachteten Aehren. Es zeigte sich nämlich an Querschnitten, was schon die Oberflächenansicht hatte vermuthen lassen, dass der Axen- theil kein einfaches Rohr sei, sondern unregelmässige Verzweigungen aufwies. Die hauptsächlichste derselben war die oben erwähnte Zwei- gabelung; aber auch ausserdem kam dadurch, dass öfters auf einer Knospe eine zweite, auf dieser manchmal eine dritte sass, eine ziem- lich complicirte Verästelung zu Stande (Fig. 19), in die hinein sich das Lumen des Hauptstockes fortsetzte. Wenn man bei einem Ver- gleich aus der Botanik bleiben und auch hier die Bezeichnung eines Blüthenstandes anwenden will, so wäre im vorliegenden Fall „Traube“ passender als Aehre, Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospeñ. 279 Bezüglich der histologischen Structur habe ich Schuzze’s An- gaben genau zu bestätigen. Der Schlauch wird aus zwei Blättern gebildet, die durch eine Stützlamelle von einander getrennt sind; unter dem äussern Blatt verlaufen longitudinale, unter dem innern Blatt circuläre Muskelfasern. Die erstern schienen mir bedeutend stärker als die letztern; beide hingen mit der Stützlamelle innig zusammen, so dass es vorkam, dass an Macerationspräparaten nach Entfernung von Ectoderm und Entoderm die Stützlamelle mit den beiderseitigen Muskelfasern zurückblieb, ein Verhalten, das von K. C. SCHNEIDER für die ectodermale Musculatur von Hydra angegeben wird 1). Ueberhaupt schienen mir am Knospenstock Ectoderm und Entoderm noch wenig verschieden zu sein und in vielen Beziehungen ihren ursprünglichen Charakter bewahrt zu haben. Denn während sich beide Blätter schon bei jungen Medusenknospen nicht nur durch die Form der Zellen, sondern namentlich durch verschieden starke Tingirbarkeit unterscheiden, sind die Ectoderm- und Entodermzellen des Stockes gleich hoch und durch Boraxcarmin fast gleichmässig färbbar. Die Stützlamelle des Stocks fiel mir durch ihre Stärke im Vergleich zu der der Medusenknospen auf; eine faserige Structur konnte ich aber auch an ihren stärksten Stellen nicht erkennen. Bei Querschnittsserien durch den Stock erhält man natürlich eine Anzahl von Medusen verschiedener Entwicklungsstadien gleichzeitig angeschnitten. So bequem das auch ist, so lassen sich doch derartige Bilder nur für jüngere Stadien mit Vortheil verwerthen. Bei ältern Stadien ist die Lagerung der ecto- und entodermalen Theile so com- plicirt, dass man sich durch solche aufs Gerathewohl getroffene Schnitte nicht sicher orientiren kann und durch schiefe Schnittrichtung leicht zu unrichtigen Vorstellungen geführt wird. Es empfiehlt sich daher, die Medusen vorsichtig abzupräpariren und einzeln, genau im Paraffin orientirt, zu schneiden. Die erste von mir beobachtete Anlage einer Knospe zeigen Fig. 1 und Fig. 21. Die Form ist die eines stumpfen Kegels; das Ectoderm ist mit Ausnahme der Stelle, wo es vom Stamm abgeht, einschichtig ; der Gastralraum, der mit dem Lumen des Knospenstockes in Verbindung steht, ist nach aussen noch geschlossen, doch bricht die Mundöffnung, wie auch F. E. Schutze hervorhebt, auf einem sehr frühen Stadium durch. Nachdem dies geschehen, ist die nächste Veränderung, die 1) K. C. Scuyerper, Histologie von Hydra etc., in: Arch. f. mikr, Anat., Bd. 35, 1890. 280 OTTO MAAS, ich wahrgenommen habe, eine Verdickung des Ectoderms am aboralen Theil der Knospe. Diese Verdickung tritt aber, wie ich mich durch genaue Untersuchung einzelner ganzer Knospen iiberzeugen konnte, nicht am ganzen Umkreis auf, sondern zunächst an zwei gegenüber- liegenden, schärfer umschriebenen Stellen. Auch an Schnitten lässt sich das trotz der gegenüberliegenden Stellung der Ectodermver- dickungen nachweisen, indem öfters Bilder wie Fig. 2 auftreten, wenn die Schnittrichtung nicht genau radial war. Nachdem diese Ver- dickung weiter auf die Peripherie übergegangen ist, lässt sich auch erkennen, dass der innere Gastralraum sich etwas, aber sehr wenig ausgebaucht hat. Es ist das mehr die beginnende Abschnürung gegen den Muttersack (Fig. 2), und man muss sich merken, dass die, übri- gens ziemlich schwache, Vorwölbung nur aus Ectoderm besteht und keinen continuirlichen Ring, sondern eine Reihe flacher Buckel dar- stellt. Bei der Kleinheit der letztern und der Flachheit ihrer Form ist es nicht mit absoluter Sicherheit zu ermitteln, weder an Schnitten, noch am Aufsichtsbild, ob es ihrer gerade 8 sind; doch lassen dies vorangegangene und besonders folgende Stadien vermuthen. Der orale Theil der Knospe hat sich röhrenartig ziemlich verlängert, lässt sich aber von einem aboralen nicht abgrenzen; denn eine Anlage von Schirm- höhle ist nicht vorhanden. Es ist das Stadium der F. E. ScHULZE- schen fig. 3, Knospe 6. Das nächste Stadium ist von diesem sehr verschieden, da mehrere wichtige Veränderungen mit einem Mal auftreten. Es bilden sich nämlich zu gleicher Zeit sowohl die Tentakel wie die Lappen, und zwar die letztern in genau gleicher Weise wie die erstern als hohle Ausstülpungen des Gastralraums. In ihrem Aeussern unterscheiden sich beide vorerst gar nicht von einander. Auch die Tentakel, die an Volumen später gegen die Lappen so sehr zurücktreten, bilden auf diesem Stadium noch ebenso breite und ebenso flache Buckel wie die letzteren mit je einer Fortsetzung des Gastralraums. Nur sind die Auftreibungen, die die Lappen bilden, mehr oral und nach abwärts, die der Tentakel mehr aboral und wagrecht gerichtet, und diese letz- tern haben ausserdem unter sich je eine Ectoderm verdickung, die den Lappen fehlt und offenbar den oben besprochenen Wölbungen ent- spricht (Fig. 22 ectw, Fig. 2 ectw). Das Wichtige und Hervorzuhebende an diesem Verhalten ist, dass sich kein einheitlicher Schirmrand anlegt, an dessen Peripherie die Tentakel entstünden, um dann aufwärts zu wandern, sondern dass der Schirmrand von vornherein (8-)lappig ist, und die Tentakel dennoch Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 98{ am Rand stehen. Mit den entsprechenden Modificationen gilt auch hier wörtlich, was für die in Einzelheiten verschiedene, nordameri- kanische Cunanthide von WILSON ausgesprochen worden ist (12, p. 100): The point to be noticed here is that the outgrowing flange, which ‘afterwards makes most of the medusa-bell, does not arise as a con- tinuous rim at the edge of which are situated the tentacles, which later travel dorsalwards: it is, on the contrary, made up of four discon- nected lobes, between which lie the tentacles.“ Auch erklärt sich aus diesem Verhalten der scheinbare Sprung zwischen der SCHULZE’'SCchen Knospe No. 6 und No. 7, wo sich auf einmal Tentakel und der lappige Schirmrand erkennen lassen, während 6 noch ein einfaches Rohr darstellt, als durchaus gerechtfertigt. Ein Stadium, wie es HAECKEL (4) in seinen Holzschnitten im Text giebt, und wie auch auf seiner fig. 75 Knospen zu erkennen sind, mit einer scharf abgegrenzten Schirmhöhle ohne Tentakel, habe ich niemals ge- funden. Das nächste Stadium, von dem ich in Fig. 23 einen Gesammt- schnitt, in Fig. 3 und 4 radiale Schnitte durch Tentakel und Lappen zeige, ist nur eine schärfere Ausprägung der früheren Verhältnisse. Der Magen hat sich weiter verlängert, ist zu einem richtigen Stiel- magen geworden, der sich von der Medusenscheibe um so schärfer abhebt, als auch die Lappen bedeutend an Länge gewonnen haben und dadurch einen scharfen, achtzackigen Saum der Umbrella bilden. Im Tentakel, der sich ebenfalls weiter ausgezogen hat, ist am äussersten Ende die Höhlung verschwunden, doch sind stets, abgesehen von der Spitze, noch zwei neben einander liegende entodermale Zellen zu erkennen (Fig. 4), die die Axe bilden. In ähnlicher Weise haben sich auch die Lappen umgestaltet, indem an der weitest vorspringenden Stelle eines jeden ein aus nur einer entodermalen Zellenreihe gebildeter kleiner Vorsprung eintritt, die Anlage der Sinnescyste, einstweilen noch ohne Otolithen (Fig. 3). Wenn wir uns des vorigen Stadiums erinnern, wo Tentakel und Lappen gleich aussahen, und ferner bedenken, dass bei unserer Cunina-Species nur eine Otocyste in jedem Lappen angelegt wird, so haben wir die vollständigste Homologie zwischen den Ten- takeln und den entodermalen Sinnescysten, den sog. acustischen Ten- takeln, eine klarliegende Bestätigung der namentlich von den HERT- wIgs scharf ausgesprochenen Ansicht. Auch Merrscunikorr konnte bei Cunina proboscoidalis (9, p. 117) beobachten, dass bei der Anlage der Sinnesorgane „eine unverkennbare Aehnlichkeit mit Tentakelrudi- menten bestehe“ und nur das Vorhandensein von Nesselkapseln bei 289 OTTO MAAS, letztern einen Unterschied mache. Dies trifft auch hier zu, indem sich an den oben erwähnten Ectodermbuckeln unter den übrigen gleichförmigen Kctodermzellen schon sehr früh Entwicklungsstadien von Nesselzellen unterscheiden lassen (Fig. 4 p). Hauptsächlich sind dieselben durch die eigenthümliche Figur des Kerns, der_sich oft um die Kapsel herumlegt, auch noch an Schnitten zu erkennen. Der ganze histologische Charakter der beiden bisher gleichen Blätter hat sich jetzt verändert (Fig. 3 u. 4). Das Entoderm ist an allen Stellen ziemlich gleichmässig und besteht aus hohen und ver- hältnissmässig grossen Zellen von blass färbbarem Protoplasma und kugeligem Kern mit Nucleolus. Das Ectoderm dagegen zeigt durch- weg Zellen mit viel lebhafter tingirtem Protoplasma und lässt auch unter diesen wieder einige Unterschiede hervortreten. Besonders dunkle Zellen treten im Bereich der Sinneskörper und am Tentakelursprung auf. An letzterer Stelle erscheinen die oben erwähnten Nesselkapseln nunmehr sehr reichlich. Der Kern legt sich, wie dies auch von Andern beschrieben ist, oft ganz um die helle Kapsel herum, und bei Schnitten kommen dadurch sehr eigenthümliche ring-, sichel- und mondförmige Kernbilder zu Stande, die das Vorhandensein der Nesselkapseln bei diesen Medusen auch am conservirten Material sehr schön nachweisen. Ueber die Entstehung der Nesselkapseln selbst vermag ich nichts Neues auszusagen. Am untern Rand der Lappen und des Gewebes, das sich unterhalb der Tentakel interlobulär befindet, lässt sich nach innen zu eine schwache ectodermale Hervorwölbung mit wenigen Kernen erkennen, die erste Anlage des Velums (Fig. 3 u. 4 vw). An günstigen Bildern scheint auch die Stützlamelle sich hinein fortzu- setzen. (Freilich bleibt fraglich, wo eine solche an den Stellen her- kommt, die unterhalb der Tentakel liegen, woselbst doch kein Ento- derm vorhanden ist; erst spätere Bilder geben darüber Aufschluss.) Ein weiter entwickeltes Stadium zeigt Fig. 24 im halbschema- tischen Schnitt. Es ist nichts Neues angelegt worden; doch sind alle vorhandenen Anlagen zu weiterer Ausprägung gelangt. Zunächst hat sich die allgemeine Form etwas mehr der Medusenform genähert, indem sich die Lappen noch schärfer absetzen, (SCHULZE, fig. 9 u. p. 25), aber auch besonders dadurch, dass die ganze Knospenanlage sich abgeflacht hat und das Magenrohr sich zu Gunsten einer flachen aboralen Scheibe verkürzt. Dadurch ist auch der scharfe Absatz ver- schwunden, der vorher (Fig. 23 u. 4) das Magenrohr von dem Magen- grund mit seinen Lappen- und Tentakelfortsätzen trennte, und durch die Ausgleichung der ganzen Form ein Uebergang angebahnt (Fig. 24 Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 583 u. 5). Auch hat sich der periphere Theil des entodermalen Systems weiter ausgebildet. Um dies zu verfolgen, geniigt nicht die Betrach- tung einzelner Schnitte, sondern nur vieler completer und gut orien- tirter Serien, auch in horizontaler und tangentialer, nicht nur in radialer Richtung. Denn ein schiefer Schnitt kann dadurch, dass er das Canalsystem in einem andern Radius trifft als die ectodermalen Theile, die verwirrendsten Bilder hervorrufen, die sich auch durch Vergleichung der ganzen Serie nur schwer lösen lassen. An einem ganz genau geführten Radialschnitt durch die Tentakel- gegend (Fig. 5) bemerkt man, wie die gastrische Cavität noch ganz bis zur Peripherie, wo der Tentakel inserirt, einen geräumigen Hohl- raum erkennen lässt, dessen Zellen noch in völlig ungezwungenem Uebergang zur Tentakelaxe stehen. In dem aboral (unterhalb) vom Tentakel gelegenen Theil des zukünftigen Schirms setzen sich absolut keine entodermalen Theile, weder als Hohlräume noch als Zellen- platten (Entodermlamelle) fort. Es ist dies nach der vorhin geschil- derten Entstehungsweise der Tentakel zwischen und gleichzeitig mit den Lappen eigentlich selbstverständlich; doch verdient es ausdrück- lich hervorgehoben zu werden; denn hier müssten die radiären Bogen- theile des Festoncanals oder deren Rudimente, die denen der Cunina lativentris entsprächen, liegen, wenn es überhaupt bei unserer Meduse in irgend einem Alterszustand solche gäbe. Auch sämmtliche an- liegenden Schnitte einer Serie bestätigen dies; erst wenn man mit der Schnittrichtung etwas weiter gekommen ist und wieder ein Stück Lappen trifft, erscheint auch peripheres Entoderm (Fig. 6). Der be- treffende Schnitt, der als typisch gerade aus der Mitte zwischen Ten- takel und Sinnesorgan entnommen ist, zeigt demzufolge das Entoderm nicht bis an den Rand gehend, sondern eine Strecke davon blind endend. Der übrige Raum bis zum Schirmrand wird von dem ecto- dermalen, unterhalb des Tentakels befindlichen Gewebe gebildet, (Fig. 6) das die Lappen verbindet und von Wırson als „ascending velum‘* gedeutet wird. Eine Bestätigung dieses Verlaufs des Entoderms geben auch Schnitte, die senkrecht von Umbrella zu Subumbrella geführt sind, aber nicht in radialer, sondern in tangentialer Richtung. Fig. 8 zeigt einen solchen, der die Tentakelanlage in der Mitte und zwei Lappen auf der Seite angeschnitten enthält; in Fig. 9 ist umgekehrt der Lappen in der Mitte getroffen und die Tentakel zu seinen Seiten angeschnitten (zur Erläuterung vergl. auch die Linien in Fig. 20). Beide Tangentialschnitte zeigen überzeugend, dass entodermales Ge- Zool, Jahrb, V, Abth. f, Morph, 19 984 OTTO MAAS, webe im Radius des Tentakels (ausser in diesem selbst) nieht auch noch unterhalb desselben vorhanden ist, sondern dass die ganze Strecke, die von der Tentakelinsertion bis zum Rande geht, nur aus ectoder- malen Elementen besteht. Die ganze Configuration der Lappen, namentlich ihre Wölbung, wird durch diese Schnitte ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Durch den Gegensatz der geraden Schnittrichtung zur sanften Wölbung werden nämlich alle Epithelien auch flächenhaft angeschnitten, und nicht nur Umbrella, sondern auch Subumbrella auf einem einzigen Schnitt ge- troffen. In Fig. 8 erscheinen oben die Zellen der Tentakelaxe von gewöhnlichem Ectoderm bekleidet, darunter das der Umbrella ange- hörige Peronium (p). Ebenso gehören die nach aussen im Schnitt liegenden Epithelien (ect u) der Oberseite der Medusenglocke zu, wäh- rend die nach innen liegenden Ectodermtheile (ect s) in jedem der beiden Lappen bereits ins Gebiet der Subumbrella fallen. Zwischen beiden ectodermalen Epithelien trifft der Schnitt die Entodermlamelle der Lappen (ent !) mehr oder weniger flächenhaft. Ganz entsprechende Verhältnisse zeigt Fig. 9, so dass darauf nicht mehr besonders ein- gegangen zu werden braucht. Auch die Differenzirung des Ectoderms hat auf diesem Stadium weitere Fortschritte gemacht. Am Rande des Magens (Fig. 5, 6, 7) und auf der Oberseite der Scheibe, die dem Stamm zugekehrt ist (denn die Meduse ist auf diesem Stadium natürlich noch nicht frei), hat es den Charakter des gewöhnlichen Epithels und zeigt gegen früher nur insofern eine Aenderung, als die Zellkerne etwas aus einander ge- rückt sind und sich die Zellen etwas abgeflacht haben, entsprechend der Abflachung des Magens und der ganzen Scheibe. Unterhalb der Tentakel haben sich die mit Nesselzellen gespickten Stellen zu an- sehnlichen Peronien ausgebildet, die ein vorgewölbtes Polster bilden, wie es der Radialschnitt (Fig. 5, p) zeigt, und. auf dem der Tentakel gewissermaassen ruht, wie es in dieser Figur und mehr noch in Fig. 8 hervortritt. Unterhalb dieses Polsters, das die früher erwähnten eigen- thümlichen Kerne der Nesselkapselzellen in grosser Anzahl birgt, treffen wir ein gewöhnliches ex- und subumbrellares Epithel, so dass kein Grund vorhanden ist, diese Stelle nicht als aufsteigendes Velum (wie bei Wırson, fig. 5 und 6, av) zu bezeichnen, im Gegensatz zu dem horizontal in die Glockenhöhle hineinragenden Velum schlechtweg. Letzteres zeigt auf diesem Stadium keine weitern Fortschritte; doch lässt sich jetzt an Radialschnitten (was am frühern Stadium nicht möglich war) erkennen, auf welche Weise die Stützlamelle in das Ve- Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen, 985 lum gelangt, auch an den Stellen, die unterhalb der Tentakel liegen (denn das Velum legt sich ja an der ganzen Peripherie an, und Ento- derm mit Stützlamelle befindet sich nur im Lappen, vergl. S. 282); Fig. 5 zeigt nämlich deutlich, dass an solchen Stellen die Stütz- lamelle zuerst durch das aufsteigende Velum geht und durch dessen Vermittlung dann ins eigentliche Velum gelangt. Dieser Umstand, sowie das gleichzeitige und einheitliche Auftreten von horizontalem und aufsteigendem Velum scheint mir auch bei unsrer Meduse die Wırson’sche Auffassung zuzulassen. Nach den Herrwie’s ist es unrichtig, dieses die Lappen verbin- dende Gewebe als Velum zu bezeichnen; vielmehr giebt nach ihnen der Nervenring die entscheidende Abgrenzung, indem dieser dem eigent- lichen Velum und dem kreisförmigen Schirmrand in seinem Verlauf entsprechen soll und die Bogen der Lappen nicht mitmacht. Im Ge- gensatz dazu hat Wizson gefunden, dass bei der amerikanischen Cunoctantha auch der Nervenring einen grossen Bogen beschreibt, nicht dem Rand folgt, sondern dem Lappen vom äussersten Rande (senseclub) bis zum Tentakelansatz. Ich bemühte mich, dieses entscheidende Ver- halten auch bei der mediterranen Cunine zu untersuchen ; auf diesem Stadium indessen, wo das Ectoderm noch nicht so differenzirt ist, und bei der Kleinheit des Objects, ist die Entscheidung über nervöse Ele- mente schwer. Indessen lassen sich doch unter den übrigen Ecto- dermzellen viel schmälere, eylindrische und stärker tingirbare Zellen unterscheiden, die namentlich mit Methylenblau hervortreten und nach Analogie unbedenklich für den zukünftigen Nervenring in Anspruch genommen werden dürfen, um so mehr als auch die Orte des Auf- tretens dafür sprechen und seinen bogenförmigen Verlauf beweisen. Der Radialschnitt durch die Tentakelgegend zeigt, dass am untern Schirmrand keine solchen nervösen Stellen vorhanden sind, sondern pur am Grunde des Peroniums (Fig. 5, nr); der Schnitt durch die mittlere Gegend (Fig. 6, nr) zeigt die betreffenden Stellen in der Mitte; besonders deutlich treten sie aber in der Region der Sinnes- organe, oberhalb der Knickung von dessen Entodermaxe (Fig. 7, nr), hervor. Dies ist auch die einzige Stelle, wo ich etwas von der An- lage eines untern Nervenstranges sehen konnte, indem sich hier deut- liche Ansammlungen solcher stärker gefärbten Zellen auch subumbrellar vom Velum finden (vergl. darüber auch Wırson, p. 97). Das Entoderm hat auf diesem Stadium einen noch ziemlich ein- heitlichen Charakter. Da, wo die Zellen sich einschichtig gereiht haben, wie in den Enden der Lappen z. B., haben sie sich allerdings diffe- ; 19* 286 OTTO MAAS, renzirt, sind mit deutlicher Membran versehen, protoplasmaarm und auffallend blass; die Zellen des Magens dagegen sind unter einander noch gleich, blasser als die des Ectoderms und quadratischer, die der Magendecke noch genau so wie die der untern Wandung. Wenn noch darauf hingewiesen ist, dass die Tentakel nicht mehr in einer Flucht mit der Oberfläche des Schirms liegen, sondern sich innen wie aussen, ectodermal wie entodermal durch einen Einschnitt abheben (Fig. 5f und Fig. 8f), so sind wohl alle Eigenschaften dieses wichtigen Stadiums aufgezählt. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass alle Organe der frei schwärmenden Meduse bereits angelegt sind; nur die Form steht noch zwischen Polyp und Meduse, und vor allem fehlt die Gallerte noch vollständig. Das Auftreten der letztern ist es, was die ganze Gestalt und den Habitus des folgenden Stadiums plötzlich so verwandelt erscheinen lässt, trotzdem innere Veränderungen nur langsam fortschreiten. Während auf den bisherigen Stadien Ectoderm und Entoderm trotz ihrer innern Differenzirung als zwei Blätter an einander lagen, die überall nur durch die Stützlamelle getrennt waren, erscheint jetzt zuerst auf der dorsalen Seite die Gallerte und zwar am reichlichsten nach der Mitte zu, da, wo noch Zusammenhang mit dem Stock vorhanden ist, um gegen den Rand allmählich vorzudringen. Auch meine Befunde sprechen dafür, sie als zum Entoderm gehörig zu betrachten (vergl. Hertwic, 7, p. 55). Ich möchte sie sogar direct als dessen Product bezeichnen. Erstens nämlich kommen in diesem Stadium auf die eine Seite der feinen Stützlamelle das Ectoderm, auf die andere Entoderm und Gallerte zu liegen. Zweitens sprechen auch die Zellen des innern Keimblattes sowie die Gallerte selbst durch ihr Aussehen für eine hier stattfindende Ausscheidung. Während nämlich die dorsale Magenwand vorher gleich der untern aus cylindrischen Zellen bestand, zeigen sich jetzt (Fig. 10 und 11) statt deren viel niedrigere, mit eigenthümlich glänzenden Vacuolen (?) versehene Elemente, und die anliegende Gal- erte lässt deutlich eine Verschiedenheit der Schichtung erkennen; die direct an die Zellen stossende ist stärker tingirt, und diese Tönung nimmt sehr schnell nach oben zu ab. Irgend welche andere Structur- fasern habe ich in der Gallerte nicht entdecken können. Während also auf diese Weise das (obere) aborale Blatt der gastrischen Cavität sich seinem definitiven Charakter, bei dem es nur eine dünne Zellenplatte darstellt, sehr genähert hat, hat auch die andere, oral-subumbrellare Wand, die dem.hier so wichtigen Ectoderm direct anliegt, sich weiter differenzirt (Fig. 10 und 11). Die bisher cylin- Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 287 drischen Zellen haben sich noch viel mehr gestreckt und vergrössert. Letzteres scheint zum Theil auf Kosten ihrer Breite geschehen zu sein, zum andern Theil durch starke Vacuolisirung. Ihr Protoplasma, das vorher ziemlich gleichmässig-vertheilt war, bildet jetzt ein feines Gerüst um eine Anzahl grosser Vacuolen, die sich durch ihre Grösse und scharfen Contour von den glänzenden vacuolenähnlichen Gebilden im obern Blatt sehr unterscheiden. Die Anordnung dieser Cylinder- zellen ist sehr eigenthümlich; sie stehen nämlich nicht mehr in gleich- mässigem epithelialen Verbande neben einander, sondern immer derart in Gruppen zusammen, dass flache Wölbungen und etwas schärfere Vertiefungen gegen das Lumen zu gebildet werden. Auf dem Schnitt erhalten wir daher (Fig. 11 kr) ganz ähnliche Bilder, wie wir sie aus der verdauenden Cavität vieler höhern Thiere gewöhnt sind. Auch die vom Magen ausgehenden entodermalen Theile haben sich verändert. Der Tentakel ist vollständig solid geworden, besteht zum grössten Theil aus einer einzelligen Axe (Fig. 11 ta); nur am Grunde hat sich noch die Anordnung von zwei Zellen erhalten, die aber auch dicht an einander liegen, ohne einen Hohlraum zu lassen. Das Entoderm der Lappen hat sich vollständig zu einer einschichtigen Lamelle geschlossen. Die Zellen derselben, mehr noch die der Tenta- kelaxe, sind protoplasmaarm und desshalb kaum färbbar, zeigen aber die mehrfach beschriebene Pflanzenzellen ähnliche Membran. Die Magenform ist auf diesem Stadium von oben gesehen ein ein- facher Kreis, an dessen Rand abwechselnd die Tentakel und die Lappen stehen; von den Taschen ist noch nichts zu sehen. Auch hier überzeugt man sich leicht an genauen Radialschnitten durch die Ten- takelgegend, dass ausser der Tentakelaxe in dieser Region keine ento- dermalen Elemente vorhanden sind. Das Ectoderm bildet auf der Oberseite ein sehr dünnes Epithel (Fig. 10 w), in den andern Regionen haben sich seine charakteristischen Theile etwas weiter vervollkommnet. Das Peronium ist sehr stark entwickelt und besteht fast nur aus Zellen mit grossen Nesselkapseln, an welch letztern eine starke Membran, aber kein Faden im Innern zu erkennen ist. Ihre Anordnung ist ausserordentlich dicht gedrängt, so dass ein Kern neben dem andern zu stehen scheint. Das Sinnes- organ (Fig. 10 so) beginnt sich abzuschnüren. Eine Anhäufung von entodermalen Zellen, wie sie nach HErTwıG bei erwachsenen Thieren am Grunde der Abschnürung sich zeigt (6, tab. 21, fig. 7 und 8 7) und wie sie auch Wırson abbildet (12, fig. 5), ist nicht zu sehen; viel- mehr tritt diese wohl erst in Folge der Abschnürung ein, und das 288 OTTO MAAS, Entoderm ist überall nur eine Zelle stark. Dagegen zeigt das Ecto- derm in dieser Gegend sehr schöne Ausbildung. Zunächst ist an einigen Nesselkapseln und Ectodermverdickung (Fig. 10) deutlich die Anlage der „Otoporpe“ zu sehen, jener ectodermalen Spange, die vom Sinnesorgan auf der Umbrella eine kleine Strecke aufwärts steigt. Ausserdem erscheinen mitunter sogar am Schnitt die punktartigen Quer- schnitte von Nervenfibrillen, und die Ectodermzellen sind in dieser Gegend als Sinnes- und Ganglienzellen deutlich von den übrigen verschieden. Es gelang mir, auch auf diesem Stadium die erwähnten Elemente durch Maceration ziemlich deutlich zu sondern. Ich erhielt von den ge- wöhnlichen plattenförmigen Ectodermzellen eine Reihe von Uebergängen bis zu richtigen Ganglienzellen mit lang ausgezogenen faserigen Fort- sätzen; auch einen runden hellen Körper oder Protoplasmahof sah ich in sehr vielen; ich kann aber nicht angeben, ob dies die von K. C. SCHNEIDER bei der Entwicklung der Ganglienzellen von Hydra (a. a. O. p. 349) beobachtete Erscheinung ist. Die Muskelfasern auf der Unter- seite des Ectoderms sind gleichfalls sehr deutlich. Da ich fast stets, wo ich eine solche Zelle mit Sicherheit isolirt hatte, nur eine Faser sah, und in allen Fällen, wo mehr Fasern sich zeigten, die Möglichkeit des Vorhandenseins mehrerer Zellen offen blieb, so bin ich geneigt, die Entstehung der Muskelschicht als nicht von einem epithelialen Ver- band, sondern von einzelnen Zellen ausgehend zu betrachten (vergl. METSCHNIKOFF, 9, p. 119). Das Velum ist sehr deutlich mit guter Stützlamelle entwickelt, hat jetzt eine ziemliche Längenausdehnung, aber jederseits nur ein einschichtiges Epithel (Fig. 10 und 11 v). Die Unterseite des Magens weist dagegen zwei oder mehr Schichten von Kernen auf, wohl die erste Andeutung der hier entstehenden Geschlechtsblätter. Wie sich auf diesem Stadium die ganze Form und Grösse der Knospe verändert hat, und wie die Medusenform mit dem Auftreten der Gallerte hervortritt, zeigt Fig. 25. Eine allgemeine Abflachung hat Platz gegriffen; namentlich hat sich das frühere Magenrohr wesent- lich verkürzt und ist zu einem scheibenförmigen Magen geworden; nur am Mund steht noch eine kleine röhrige Hervorragung, die sich jedoch ebenfalls im Verlauf der weitern Entwicklung einwärts zieht. Um über die Ausbreitung des Entoderms und der Gallerte noch sicherer zu gehen, kann man auch auf diesem Stadium tangentiale und horizontale Schnitte zu Hülfe nehmen, Man überzeugt sich auch da, dass das Auftreten der Gallerte-stets an das Entoderm gebunden ist, und dass umgekehrt in allen Stadien, wo Entoderm vorhanden ist,, Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 289 auch Gallerte gebildet wird, mit Ausnahme der Tentakel. Hier bildet deren Axe das einzige entodermale Gewebe, und vom Peronium bis zum Schirmrand ist im Tentakelradius nur Ectoderm vorhanden (Fig. 11). Die horizontalen Schnitte (Fig. 16, 17, 18), die einer und der- selben Serie entnommen sind, erläutern dies ebenfalls sehr deutlich. Es sind auf jedem Bild zwei Tentakel (A und B) gegeben ; die Schnitt- richtung ist ein klein wenig von der horizontalen abweichend, so dass auf jeder Figur der links liegende Tentakel A höher getroffen ist als der rechts liegende B. Da ferner die betreffenden Bilder um die Dicke mehrerer Schnitte untereinander liegend ausgewählt sind, so er- giebt sich eine fortlaufende Reihe von 6 verschiedenen Bildern ver- schiedener Höhe, A, B, A‘, B’, A”, BY. Auf dem ersten (Fig. 16) sehen wir die Tentakel A und B in schönem Zusammenhang mit dem Entodermalepithel des Magens (ent g), in B bereits eine kleine Ab- schnürung (f) und das Peronium, das bei A nur schwach getroffen war, von rechts und links hinübergreifen. In Fig. 17 ist das Magen- epithel nicht mehr angeschnitten, sondern sind nur Stücke des ecto- dermalen Epithels der Unterseite getroffen (ects). Der Tentakel A und das Peronium erscheinen auf dem Schnitt schon getrennt. Letz- teres grenzt auf der andern Seite nur an ectodermale Theile, an das Subumbrellarepithel (ect s), und verliert sich nach unten, wie die fol- genden Schnitte beweisen, in ein gleichförmiges Zellenlager der Umbrella (Fig. 18 ects). Die Entodermallamelle sehen wir (Fig. 17 und 18 ent 2) nur in den zwischen den Tentakelradien liegenden Lappen auf- treten, die Gallerte ebenfalls nur da (Fig. 17 und 18g) und weiter oben (Fig. 16 g) zwischen dem Gastralepithel und dem Ectoderm, die Gegend des Tentakels selbst frei lassend. Die Ungleichheit, die dadurch gewissermaassen in ihrer gleichmässig ausstrahlenden Vertheilung ein- tritt, wird dadurch wieder aufgehoben, dass noch weiter dorsal, gerade oberhalb des Tentakels, eine sehr reichliche Gallertablagerung statt- findet (Fig. 11g), so dass dadurch auch die schon im vorigen Stadium sichtbare Einschnürung am Tentakelursprung sehr wesentlich vertieft wird. Es wird dadurch in ähnlicher Weise, wie dies Wırson bei Cunoctantha geschildert hat, die Anlage der Tentakelwurzel vorbereitet. Deren definitive Bildung besteht in nichts anderm als in fortschrei- tendem Umschliessen des Ursprungstheils des Tentakels in die eben erwähnte Gallertansammlung. Die folgenden Veränderungen, ehe die Meduse den Stock verlässt, sind mehr gradueller Natur, indem sich nichts Neues mehr anlegt, 290 OTTO MAAS, sondern nur die vorhandenen Organe weiter ausprägen. Der Gesammt- schnitt (Fig. 26) zeigt, wie namentlich die Abflachung ausserordent- liche Fortschritte gemacht hat und dadurch vollkommen die Medusen- form erreicht ist. Der früher so gestreckte Schlauchmagen ist jetzt eine ganz flache Tasche, und der einzige Rest des Rohres, das noch im vorigen Stadium sichtbar war, ist eine leichte Hervorwölbung des Mundrandes. Im Leben tritt diese noch mehr hervor, indem sich die Lippen kräuselartig bewegen; beim Abtödten bleibt auch mit den besten Reagentien nur ein scharfer kreisrunder Mundrand zurück, wie ich ihn auch bei vielen andern, mir conservirt zugekommenen wahrge- nommen habe. Die Ablagerung der Gallerte ist ebenfalls fortgeschritten. Wenn auch dadurch, dass die ganze Form mehr abgeflacht ist und obere und untere Schirmseite einander genähert sind, ihr Höhendurchmesser nicht grösser, sondern eher geringer geworden ist, so hat sich ihre ganze Masse, entsprechend der Verbreiterung (vergl. Fig. 26 mit 25), doch wesentlich vermehrt. Durch die Abflachung wird ein anderer Process eingeleitet oder erleichtert, die Verklebung von dorsalem und ventralem Entoderm auch in der Region des Magens. Während dieser bisher im Aufsichts- bilde kreisrund und überall permeabel war, also von Taschen, die etwa in Beziehung zur Tentakelbildung ständen, nichts zeigte, treten solche jetzt auf. Wenn man sich am schematischen Bild (Fig. 20) klar macht, dass die Lappen schon ein verklebtes Entoderm haben (dieses, die Entodermlamelle, ist mit hellerm Gelb angegeben), so ist diese Taschenbildung nichts weiter als ein Fortschreiten dieser Verlöthung in centripetaler Richtung. Sehr leicht kann man sich vom Vorhandensein dieser Lamelle überzeugen, wenn man Serien von Ra- dialschnitten durchmustert. Während frühere Stadien stets den ganzen Magen auf jedem Schnitt als hohl bis zum Tentakel- oder Lappen- ursprung zeigten, tritt uns dieses Verhalten jetzt nur noch in einem Theil der Schnittserie entgegen und zwar in der Tentakelgegend. Zwischen herein erscheinen jedes Mal andere Bilder, auf denen an Stelle eines Magenlumens ein Epithel flächenhaft angeschnitten ist (Fig. 14 ent). Es ist dies die zwischen den Taschen ausgespannte ento- dermale Lamelle, die im Radius der Lappen weiter central liegt. Das halbschematische Aufsichtsbild (Fig. 20) giebt über die Taschen, über die Form des ursprünglichen und definitiven Magens sowie über die periphere Ausbreitung des entodermalen Gewebes durch die verschie- dienen angewandten Farben Aufschluss (vergl. Tafelerklärung), während Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 291 sich naturgetreue und prachtvolle plastische Aufsichtsbilder bei HAECKEL und F. E Scaurze finden. Ueber das Verhalten des übrigen Gewebes geben uns ebenfalls Radialschnitte den besten Aufschluss, von denen vier ausgewählt sind (Fig. 12, 13, 14, 15); der erste durch einen Tentakelradius, der letzte durch einen Sinneskolben, die beiden andern aus der Mitte zwischen diesen in entsprechenden Zwischenräumen. Die ectodermalen Verdickungen auf der Unterseite des Magens, die Anlagen der Geschlechtsblätter, sind stärker geworden; doch er- scheinen sie nur in der Tentakelgegend, also da, wo das Ecta- derm an einen ernährenden entodermalen Hohlraum stösst (Fig. 12), nicht im Bereich der Entodermlamelle. Das Velum ist eine dünne, gegen früher noch mehr verlängerte Platte geworden, die aus zwei Schichten von sehr niedrigen Zellen besteht, die durch die Stütz- lamelle getrennt sind. In der Gegend des Sinnesorgans lässt sich die Entodermlamelle sehr deutlich bis zu diesem herab verfolgen (Fig. 15) (das Organ selbst setzt sich jetzt viel schärfer ab), in der Gegend des Tentakels (Fig. 12) finden sich dagegen jetzt im ausgebildeten Zu- stande so wenig wie früher entodermale Theile, weder offene noch verödete Canale. Unter dem Tentakel liegt das sehr starke Peronium, und von diesem bis zum eigentlichen nach innen abgehenden Velum lässt sich eine schief absteigende, aus zwei dünnen Blättern bestehende Membran erkennen, die genau die gleiche Structur besitzt wie das Velum selbst und nach alledem wohl als aufsteigendes oder verbin- dendes Velum bezeichnet werden darf (vgl. ob.). An der Radialschnitt- serie kann man ihren Verlauf, und wie sie das Gewebe der Lappen verbindet, recht gut erkennen. Ein Unterschied vom Velum ist nur in der Richtung zu erkennen, und dies führt eigentlich zur Bezeich- nung „ascending velum“. In der Gegend des Sinnesorgans ist es natürlich nicht vorhanden (Fig. 15), in der Gegend des Tentakels am srössten (Fig. 12), zwischendrin (Fig. 13 und 14) entsprechend. Ich glaube nicht, dass, wie die Hertrwia’s es meinen, der Schirm- rand morphologisch ganz, nicht gelappt ist und der wichtigere Theil, der Nervenring, am Rande als Kreis verläuft, sondern soviel ich an Schnitten (auf diesem Stadium viel deutlicher als am vorigen) fest- stellen konnte, macht auch der Nervenring ganz den entsprechenden Bogen wie die Lappen. Es erscheinen die dunkler gefärbten, cylin- drischen Zellen zuerst unten (Sinnesorgan), dann stufenweis immer höher, bis sie in der Tentakelgegend in das Peronium zu liegen kommen (vgl. nr Fig. 15 bis 12 rückwärts). Einen Radialstrang mit nervösen und 599 OTTO MAAS, Nesselementen, der vom Schirmrand bis zum Peronium aufstiege, habe ich bei meiner Meduse nicht finden können. In diesem Zustand, in einer Grösse von gegen 2mm Durch- messer, verlässt die Knospe den Stock, von dessen enger Verbindungs- stelle sie sich schon vorher fast ganz abgeschnürt hat. Sie wächst, sobald sie in Freiheit kommt, sehr rasch; wie ich mich überzeugen konnte, jedoch nur durch Gallertzunahme. Dadurch werden die Or- sane (sense club etc.) immer mehr auseinandergedrängt und zurück- tretend, und die Auflösung späterer Schnittbilder wird, wenn man nicht die Entwicklung verfolgt hat, immer schwieriger. Weitere Ver- änderungen habe ich an den von mir gezüchteten Medusen nicht mehr wahrnehmen können, ausser einem etwas stärkern Hervortreten der Geschlechtsblätter. % Bei der systematischen Bestimmung unserer Meduse, die auf solcher Ausbildungsstufe wohl vorgenommen werden darf, komme ich, wenn ich HarcKker’s Tabelle (5, p. 310) folge, zu denselben Schwierig- keiten wie METSCHNIKOFF und kann unsere Form in keiner der dort charakterisirten Familien unterbringen. Durch Fehlen des Ringcanals wäre sie eine Solmaride, unterscheidet sich aber durch die ,,Hér- spangen“ und andere Merkmale davon, wie METSCHNIKOFF hervor- hebt. Ausserdem nähert sie sich in manchen Eigenthümlickeiten den Cunanthiden, so dass wir sie um so mehr dort unterbringen müssen, als METSCHNIKOFF ja bei einer Cunina die eine Generation mit, die andere ohne Ringcanal gefunden hat. Innerhalb der Familie der Cunanthiden selbst müsste man sie neu bezeichnen. Nach ScnuLze und auch nach Harcker’s neuerer Ansicht (5, p. 321) ist sie nicht identisch mit Cunina rhododactyla. METSCHNIKOFF hat sie als Cunina parasitica bezeichnet und sieht eine 7 mm grosse Form als das er- wachsene Thier an. Da ich die Andeutungen der Geschlechtsblätter schon sehr viel früher sehen konnte, bei 1 mm grossen, bin ich nicht dieser Meinung, glaube auch nicht, dass sie zu der strahligen dis- coidalis gehört (HAzcker), da die Achtzahl der Theilstücke hier typisch ist. Ich möchte ihr auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Merkmale mit der amerikanischen Form zusammen eine neue Gattung zuerkennen, wenn dies nicht verfrüht wäre und nicht die ganze Systematik der Narcomedusen auf Grund weiterer anatomischer und embryologischer Gesichtspunkte revidirt werden müsste, * # se Allgemeine Schliisse aus der vorliegenden, so einfach verlaufenden Ontogenie liessen sich ohne weiteres ableiten, wenn wir hier nicht yor Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen, 293 dem Gegensatz ständen, den ihre morphologische Seite zur physio- logischen bietet. So leicht verständlich die Processe der Organbildung sind, so verwickelt scheinen die Lebensbedingungen unserer Medusen während der Entwicklungsgeschichte zu sein, die sich zum Theil im freien Wasser, zum Theil im Körper anderer Thiere (noch dazu in verschiedenen Gewebsschichten, KOROTNEFF a. a. O.) abspielt. Sonst, wenn die Form einfacher ist, als es der Entwicklungsreihe des Thieres zu entsprechen scheint, und namentlich wenn Verwandte mit höherer Ausbildung da sind, nimmt man seine Zuflucht zu dem Erklärungsprineip der Rückbildung, und man hat dies auch bei den Narcomedusen ohne Canalsystem versucht (HAECKEL 5, p. 305, HERT- wıG 6, p. 17). Thatsächlich bietet aber die Entwicklung unserer Form so wenig wie der amerikanischen irgend welche Anhaltspunkte für diese Ansicht. Das Gastrovascularsystem ist von allem Anfang an nur ein einfacher Magen. Ein Ringcanal tritt niemals auf und eben- sowenig natürlich radiäre Verbindungen mit dem Magen. Es brauchen sich deswegen diese Theile auch nicht erst rückzubilden, und sie sind im erwachsenen Thier nicht als Rudiment, sondern überhaupt nicht vorhanden. Die eigenthümliche Stellung der Tentakel, die vom Rand entfernt entspringen, zeigt sich nicht etwa als ein secundäres Ver- halten, dadurch bewirkt, dass sie zuerst am Rand standen und dann heraufrückten, sondern erklärt sich durch die Art und Weise ihrer Entstehung gleichzeitig mit und zwischen den Lappen. Es ist mir daraufhin eingefallen, die thatsächlichen Angaben an- derer Autoren über Rudimente nochmals nachzusehen, und ich finde von solchen nur die oben erwähnten der Gebr. Herrwic. Wenn ich nun auch ihre Beobachtung bei den betreffenden anderen Species vollkommen bestätigen kann und auch bei der vorliegenden Cunina dieselben Bilder gefunden habe, so gehe ich doch in der Deutung erheblich von ihnen ab. Ihre Figuren tab. 1, fig. 7 u. 8 und tab. 2, fig. 2 scheinen mir nicht für das Vorhandensein eines Ringcanalrudi- ments beweisend, sondern die in den betreffenden Bildern als solche bezeichneten Zellenstränge (r) nur eben der Rand der Entodermlamelle zu sein, da, wo sie an den Schirmrand gelangt. Zudem sind diese Ra- dialschnitte aus der Gegend des Sinnesorgans genommen, und dass - dann statt der einschichtigen Lamelle mehrere entodermale Zellen im Schnittradius liegen, erklärt sich aus der Entwicklungsgeschichte (s. 0.). Auch Witson giebt (fig. 5) ein solches Bild, wo die Entodermlamelle im Radius des Sinnesorgans mehrschichtig wird, gerade im Winkel der Stützlamelle, ohne dass er in diesen Zellen das Rudiment eines Ring- 294 OTTO MAAS, canals erblickte, da er sich ja entwicklungsgeschichtlich vom Gegen- theil überzeugen konnte, und ich fand denselben Fall. Auch in den Tangentialschnitten der Herrwıs’s (tab. 2, fig. 11) sowie in dem Macerationspräparat (fig. 12) kann ich in den betreffenden mit r be- zeichneten Stellen nur den an andere Theile anstossenden Rand der Entodermlamelle erblicken. Was ich für diese Formen nur als wahrscheinlich hinstellen kann, dass keine Rückbildungen eintreten, kann man für die amerikanische und für die vorliegende Species als bestimmt annehmen, und da dies nicht nur vom ausgebildeten Thier, sondern von allen Larvenstadien gilt, erweckt es auch Zweifel an der Complicirtheit (oder dem Se- cundärsein) der Entwicklungsgeschichte und lässt uns deren Bedin- gungen nochmals prüfen. METSCHNIKOFF’s Darstellung der „Sporogonie“ bei einer andern Cunanthide (vgl. Einleitung) war für ihn die Veranlassung, auch bei der uns vorliegenden Form einen solch complicirten Zeugungsprocess, ja sogar einen dreifachen Generationswechsel zu vermuthen (9, p. 123), da er eine amöboide Riesenzelle bei ihrer Larve gefunden, wie bei seiner Cunina proboscoidalis (8, p. 439). KOROTNEFF sucht die Phago- cytennatur der grossen Zelle ebenfalls zu beweisen und schliesst daraus, dass bei C. proboscoidalis Phagocytismus in Verbindung mit Sporogonie vorkomme, dass wir hier bei parasitica ebenfalls einer Sporogonie begegnen (in: Zeitschrift für wiss. Zoolog., Bd. 51, p. 621). Ich kann dieser Folgerung nicht beistimmen, sehe in der grossen Zelle einstweilen weiter nichts als einen Anheftungsapparat und glaube, dass bei der ausserordentlich nahen Beziehung der amerikanischen Form zur mediterranen die Entwicklungsbedingungen bei beiden die gleichen sind. Im Falle der Merscanikorr'schen Sporogonie hat ja doch die junge Brut ihre Entwicklung in derselben Cunina, innerhalb der Mutter, während hier wie bei der Mc Crapy’schen eine gut schwimmende Meduse aus einer ganz andern Familie der Larve resp. dem Knospenstock zum Aufenthaltsorte dient. Auch die morpho- logischen Verhältnisse der Entwicklungsgeschichte der METSCHNIKOFF- schen Cunina sind trotz vieler Aehnlichkeiten verschieden und des- wegen zum Vergleich in der Einleitung referirt (s. d.). Anstatt daher so auseinanderliegende Dinge zusammenzustellen und dadurch die Klarheit schon erreichter Resultate zu verwischen, halte ich es für besser, die Fälle der Sporogonie, überhaupt die, wo sich die Jungen in ihrer eigenen Mutter entwickeln,--wie manchen andern, nicht ge- nügend untersuchten Fall, vorläufig abzutrennen, Ueber Baw und Entwicklung der Cuninenknospen, 99°) Um so mehr werde ich dazu bestimmt, als ich einen Grund METSCHNIKOFF’s, einen Trimorphismus anzunehmen (p. 123), nämlich die späte Geschlechtsreife, nicht bestätigen kann, sondern bereits bei Knospen vor der Ablösung, noch deutlicher bei jungen Medusen die Geschlechtsblätter sah (s. 0. S. 291). Ich glaube also, dass, wie F. E. SCHULZE vermuthete, und wie es ähnlich für die amerikanische Form beschrieben ist, folgender- maassen die Entwicklung vor sich geht. Auf geschlechtlichem Wege entwickelt sich eine Flimmerlarve (Planula); diese gelangt in das Geryonia-Gewebe, und so haben wir thatsächlich (11, p. 35) „einen ganz einfachen Fall von Generationswechsel vor uns, bei welchem sich aus dem befruchteten Ei einer Cunina ein Stock entwickelt, welcher an sich eine Anzahl Quallen auf ungeschlechtlichem Wege durch ge- wöhnliche Knospung erzeugt, die dann wieder geschlechtsreif werden“. Gegen diese Ansicht spricht nichts, für sie alles, und es bliebe, nachdem wir für die Morphologie wie für den Modus der Entwicklung eine gleiche Einfachheit kennen gelernt haben, noch übrig, Betrach- tungen aus der vorliegenden Bildung der Medusenform abzuleiten und zu sehen, ob sich daraus ein Urtheil zur Genese des Generations- wechsels i. A. bilden lässt. Mit andern Worten, ob (Ansicht 1) wir der hier vorliegenden einfachen Entwicklung eine so complicirte Phylo- genie zu Grunde legen und annehmen sollen, dass der Generations- wechsel der Hydromedusen bei den Narcomedusen unterdrückt ist und nur noch in der tentaculären Larve erscheint, und der hier statt- findende Generationswechsel eine secundäre Erscheinung ist, oder (Ansicht 2) ob die Narcomedusen ursprüngliche Formen sind und sich der Generationswechsel der Hydroidpolypen von dem der Cuninen ab- leitet (vgl. Einleitung METSCHNIKOFF und BROOKS), oder ob nicht noch eine dritte Auffassung möglich ist. Seitdem durch CrAus!) und namentlich die Herrwies (7, p. 63) gezeigt worden ist, dass ein fundamentaler Unterschied zwischen Po- lyp und Meduse gar nicht besteht, haben sich die ‘lhatsachen noch vermehrt, die diese hauptsächlich auf genaue Erkennung der Ento- dermlamelle begründete Ansicht auch in andrer Weise bestätigten. Die Entwicklung der amerikanischen wie der mediterranen Cunina (oder Cunoctantha) zeigt, dass die scheinbar so verschiedenen Formen des Polyps und der Meduse durch eine Reihe von Uebergängen in einander 1) Cravs, Studien über Polypen u. Quallen der Adria, in: Denkschr, Kais. Acad. Wissensch., Wien 1877. 206 OTTO MAAS, übergeführt werden können, um so mehr wenn diese Uebergänge nicht künstlich construirt zu werden brauchen, sondern im Lauf der Ent- wicklung wirklich eintreten. Denn während bei den Hydroidpolypen am Stock entweder Polypen oder Medusen (oder Sporosacs) auftreten, zwischen denen erst der vergleichende Scharfblick der Forscher die richtigen Beziehungen fand, haben wir hier im Lauf der Entwicklung des Individuums zu Anfang ein ganz polypenähnliches Wesen (Fig. 22), (WiLsON, fig. 7) und am Ende derselben eine richtige Meduse (Fig. 26). Es ist mir selbst wunderbar erschienen, wie gross die Ueberein- stimmung der nach der Natur gezeichneten Figuren 22 und 26 mit den Herrwis’schen Constructionen 7, tab. 3, fig. 14 und 15 ist. In der Einfachheit und der directen Weise, wie sich bei unserer Form der Umwandlungsprocess in die Meduse vollzieht, bin ich geneigt einen starken Beweis für die Ursprünglichkeit der Entwicklung zu seben. Wenn nun auch die Thatsache der Formübereinstimmung von Polyp und Meduse klar genug liegt, so ergeben sich bezüglich der Homologien im Einzelnen Schwierigkeiten. Nach den Herrwia’s entspricht der Peristomrand der Hydroiden ‘dem Schirmrand der Medusen, denn (7, p. 64), „am Peristomrand der Polypen und am Rand der Um- brella der Medusen nimmt der Kranz von Tentakeln seinen Ursprung, und wo das nicht der Fall ist, wie bei den Aeginiden (den heutigen Narcomedusen), liegen abgeänderte Verhältnisse vor“. Dass wir dieser letztern Ansicht nicht zustimmen können, versteht sich nach dem — oben Ausgeführten von selbst. Wenn wir Homologien annehmen wollen, so müsste hier, wo Lappen und Tentakel von einem einheitlichen kreis- runden Magenraum und Schirmrand entspringen, dieser Rand eines frühen Entwicklungsstadiums dem Schirmrand der gewöhnlichen Hydro- medusen entsprechen ; auf einem früheren Stadium also, wo die den Magen in 8 Taschen theilende Entodermlamelle noch nicht gebildet ist und der Magen, von oben gesehen, noch einen Kreis bildet (Fig. 25 giebt ein solches Stadium, und wenn wir uns auf Fig. 20 die schon gebildeten Taschen wegdenken, erhalten wir einen solchen Schirm- rand; vgl. auch Brooks, tab. 44, fig. 2). Dass eine solche Homologie kaum möglich, ‘ist leicht einzusehen, und ich bin deswegen auch nicht der Meinung von Brooks, der an den Generationswechsel unsrer Cunina den der Polypomedusen, spec. den von Turritopsis direct anknüpft. Auch vom physiologischen Ge- sichtspunkt aus kann ich mir die Stockbildung bei den Hydromedusen nicht so einfach denken, dass sich pelagische Larven einmal in andere Thiere, ein anderes Mal auf flottirende Körper, ein drittes Mal auf Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen, 907 festen Grund gesetzt haben sollen, und dass diese verschiedenen Be- dingungen dieselben Vortheile und Wirkungen gehabt haben sollen (1, p. 411). Für den Generationswechsel der Cunina haben wir die sehr einfache Erklärung durch Stockbildung und Analogien aus den ver- schiedensten Thiergruppen zur Hand. Zum Beispiel erläutert uns die Entwicklung eines Annelids, der Syllis ramosa, diese Verhältnisse in einfachster Weise!). Von dem in Schwämmen lebenden Wurmstock lösen sich Geschlechtsproducte tragende Knospen ab, deren Erzeugnisse wieder in Schwämme einwandern. Wir haben hier Raumparasitismus, in Folge dessen Stockbildung, in Folge dessen Generationswechsel wie bei unsrer Cunina, die einfache Auseinanderziehung der directen meta- morphotischen Entwicklung durch die Lebensbedingungen. Physiologische wie morphologische Gründe sprechen also gleich stark dagegen, den Generationswechsel der Cuninen in Beziehung zu dem der gewöhnlichen Hydroidpolypen zu bringen. Andrerseits ver- mögen wir aber nicht in den Narcomedusen die umgebildeten Hydroid- medusen zu sehen, die die Spuren des Hydrantenstadiums noch in der tentakeltragenden Larvenform an sich tragen. Es sei nur noch daran erinnert, wie einfach sich bei den Cuninen die Medusen- gestalt herausbildet, und wie complieirt dieser Vorgang bei den an Hydroidstöcken sprossenden Medusen ist. Wenn wir uns vor Augen führen, dass die Herrwia’sche Theorie der Identität von Polyp und Meduse nicht nur für Craspedota, sondern ebenso für Acalephen gilt, eine Gruppe, die man jetzt (namentlich seit GöTTE’S 'Aurelia-Arbeit) von den anderen Medusen phylogenetisch scharf abgetrennt hat, dass also die Beziehung von Polyp zu Meduse viel mehr Anpassungs- als phylogenetisches Verhalten ist, so bringt uns das zu einer neuen Vermuthung. Diese besteht darin, dass die Beziehungen der Narcomedusen zu den übrigen Craspedoten weniger nahe sind als bisher angenommen, und dieselben, wenn auch unter- einander näher verwandt als mit den Acalephen, doch unter sich nur an der Wurzel zusammenhängen. 1) McInrosu, in: Challenger Rep., p. 200. Neapel, September 1891. 298 =~] 11: 12. OTTO MAAS, Verzeichniss der citirten Literatur. Brooks, W.K., The life-history of the Hydromedusae etc. in: Me- moirs Boston Society Nat. Hist., 1886. Mc Crapy, Gymnophthalmata of the Charleston Harbour, read before the Elliot Society 1857. GEGENBAUR, Versuch eines Systems der Medusen, in: Zeitschr. für wiss. Zool., 1857. Harckeı, Familie der Rüsselquallen, VIII. Knospenbildung im Magen von Carmarina; IX. Anatomie von Cunina rhod,, in: Jenaische Zeit- schr., 1866. Hagcker, System der Medusen, Jena 1879. Hertwie, O. u. R, Nervensystem u. Sinnesorgan der Medusen, Leipzig 1878. HerrwiG, O. u. R, Der Organismus der Medusen, Jena 1878. Merscunikorr, E., Vergl. embryologische Studien, 1, in: Zeitschr. für wiss. Zool. 1881. METSCHNIKOFF, E., Embryologische Studien an Medusen, mit Atlas, Wien 1886. METSCHNIKOFF, E., Medusologische Mittheilungen, in: Arbeiten Zool. Inst. Wien, 1886. SCHULZE, F. E., Cuninenknospenähren im Magen von Geryonien, in: Mitth. Naturwiss. Verein Steiermark, Graz 1875. Wırsox, H. V., The structure of Cunoctantha in the adult and larval stages, in: Johns Hopkins University, Baltimore 1887. Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. 299 Tafelerklärung. Tafel 21.u. 22: In allen Figuren bedeutet: gal — Gallerte. f = Falte, die den Tentakel absetzt. ect — Ectoderm. ent — Entoderm. g = Magenraum. s == Subumbrella. 4 == Umbrella. p = Peronium. ns == Nervenstrang. entl = Entodermlamelle. so — Sinnesorgan („Otocyste“). v = Velum. av = aufsteigendes Velum. t = Tentakel. ta = Tentakelaxe. Die Umrisse der Figuren sind nach Zeıss’schen Objectiven mit der Camera entworfen; die Vergrösserungen verschieden, so dass sich aus Tafel 21 und 22 keine Grössenvergleichungen zwischen den ein- zelnen Stadien gewinnen lassen. Dafür sind Fig. 20—26 beigefügt, die die verschiedenen Entwicklungsphasen in halbschematischen Querschnitten in gleich starker Vergrösserung bringen und auch zur Orientirung dienen sollen, welchen Theil am ganzen Schnitt die übrigen Figuren aus- füllen. Tafel 21. Fig. 1. Schnitt durch das früheste Stadium einer noch am Stamme befindlichen Knospe. Vergr. 280. G Magenlumen des Stammes. Fig. 2. Ein fortgeschrittenes Stadium mit durchgebrochener Mund- öffnung. Vergr. 280. ectw. Ectodermwulst. Fig. 3 und 4. Schnitte durch ein Stadium wie Fig. 23. Vergr. 450. gl. Lumen der Lappenanlage. | Fig. 5, 6 und 7. Schnitte durch verschiedene Radien eines weitern Stadiums, entsprechend Fig. 24. Vergr. 280. Zoo). Jahrb. V. Abth. f, Morph. 20 300 OTTO MAAS, Ueber Bau und Entwicklung der Cuninenknospen. Fig. 8 und 9. Tangentialschnitte durch dasselbe Stadium in stär- kerer Vergrösserung 450, und zwar Fig. 8 durch Tentakelmitte und zwei Lappen, Fig. 9 durch Lappenmitte und zwei Tentakel (vgl. zur Schnittorientirung die Linien im viel späteren Stadium Fig. 20). Tafel 22. Fig. 10 und 11. Schnitte durch den Radius von Sinnesorgan und Tentakel durch ein weiteres Stadium (mit beginnender Gallerte [gal]) Fig. 25. Vergr. 450. Fig. 16, 17, 18. Bilder aus einer Horizontalschnittserie desselben Stadiums in viel schwächerer Vergrösserung: A, A‘, und A” sowie B, B' und B‘ ist jeweils derselbe Tentakel, in verschiedener Höhe ge- troffen (siehe Text S. 289). Fig. 12, 13, 14, 15. Vier Bilder aus einer Querschnittsserie (radial) durch das letzte, noch am Stock befindliche Stadium. Vergr. 250. Sh Schirmhöhle. Fig. 19. Schnitt durch den ganzen Knospenstock, halbschematisch. Die starken Linien bezeichnen das Entoderm, die schwachen das Ecto- derm. K, primäre, K, secundäre Knospen. @ Lumen des Stockes. Orientirungsbilder. Die Umrisse sind auch hier mit der Camera gezeichnet; doch sind in Fig. 22, 25, 26 die gegenüberliegenden Hälften aus verschiedenen Schnitten zusammengesetzt, während Fig. 23 u. 24 den einen Schnitt rechts und links genau wiedergeben und deswegen auf beiden Hälften Tentakel zeigen, nur auf der einen nicht so genau getroffen. Ectoderm blau, Entoderm gelb. Fig. 20. Aufsichtsbild, um die Verbreitung entodermaler Theile. zu erläutern. Der Magen (g) und seine Taschen sind dunkelgelb, alle nicht wegsamen Entodermtheile (Entodermlamelle in den Lappen und zwischen den Taschen) dagegen mit hellgelben Strichen bezeichnet. Fig. 21 bis 26. Sechs verschiedene am Stock befindliche Ent- wicklungsstadien. Vergr. etwa 100/1. 21 noch ohne Mundöffnung. 26 die fertige, zum Ablösen reife Meduse. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 993 Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, Von Dr. phil. Ludwig H. Plate, Privatdocenten der Zoologie in Marburg. Hierzu Tafel 23—26. Als ich vor nunmehr 5!/, Jahren anfing, die Organisation der Solenoconchen am lebenden Thiere und auf Schnittserien zu unter- suchen, schwebte mir als Hauptziel vor, die Verwandtschaftsbeziehungen dieser eigenartigen Mollusken aufzuklären ; waren doch über diese die verschiedenartigsten Meinungen geäussert worden, so dass es schien, als ob sämmtliche drei grosse Classen der Mollusken (Schnecken, Muscheln, Dintenfische) mehr oder weniger erhebliche Uebereinstim- mungen mit den Dentalien aufwiesen. Seit Linné und BLAINVILLE hatte man Jahrzehnte hindurch ihnen einen Platz unter den Schnecken in der Nähe der Gattungen Haliotis und Fissurella eingeräumt, bis in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts LACAZE-DUTHIERS, der classische Monograph des Dentalium tarentinum, sein gewichtiges Urtheil dahin abgab, dass directere Beziehungen zu den Lamelli- branchiern beständen und sie mit diesen zur Classe der Acephalen zu vereinigen seien. Endlich der jüngste Autor, welcher sich eingehend über die phyletische Stellung der Solenoconchen ausgesprochen hatte, GROBBEN, war zu einer noch weit mehr befremdenden Anschauung gelangt und erklärte sie für diejenigen Mollusken, welche den Cephalo- poden unter allen recenten Weichthieren am nächsten ständen. GROBBEN hatte sich bei seinen Erörterungen nicht auf eigene Untersuchungen gestützt, sondern die Angaben des französischen Forschers zu Grunde gelegt. Es galt also, mit Hülfe der modernen Untersuchungs- Zool. Jahrb. V, Abth, f, Morph, 91 302 LUDWIG H. PLATE, methoden die Anatomie der Dentalien möglichst genau zu studiren, zu prüfen, ob in der That Herz und Kiemen, die doch sonst zu den constantesten Organen des Molluskenkörpers gehören, hier vollständig verloren gegangen seien, und dann die Frage nach der systematischen Stellung der Solenoconchen von dem so gewonnenen Standpunkte aus aufs neue zu discutiren. Wie die Verhältnisse damals lagen, so liegen sie im Wesent- lichen auch jetzt noch. Es ist in diesem halben Jahrzehnt nur eine Arbeit erschienen, welche den Bau der Solenoconchen zum Gegen- stande hat und die daher eventuell das Erscheinen der vorliegenden Abhandlung hätte überflüssig machen können. Sie stammt aus der Feder von H. Fou (11)!) und berücksichtigt ganz überwiegend die Histologie der Dentalien. Erschöpft sie schon aus diesem Grunde das Thema nur unvollkommen, so glaube ich ferner um so weniger mit meiner, Publication zurücktreten zu sollen, als ich mit For’s Angaben in sehr vielen Punkten nicht übereinstimme. Ich werde mich daher im Fol- genden vielfach mit diesen zu beschäftigen haben und hege die Hoff- nung, dass in nicht allzu ferner Zeit die zwischen FoL und mir be- stehenden Differenzen von einem dritten Forscher nachuntersucht und dann zu Gunsten des Einen oder des Andern entschieden werden mögen. Dass die vorliegende Abhandlung trotz ihres geringen Umfanges erst jetzt der Oeffentlichkeit übergeben wird, findet seine Erklärung vornehmlich darin, dass ich erst anderweitig Umschau auf dem Ge- biete der Mollusken halten wollte, ehe ich an die Beurtheilung einer so aberranten Gruppe herantrat. In einer Anzahl von vorläufigen Mittheilungen (68) habe ich die wichtigsten Resultate schon früher . bekannt gemacht. Herrn Collegen PELSENEER, der sich ebenfalls in jüngster Zeit mit der Untersuchung der Dentalien beschäftigt hat, bin ich zu aufrichtigem Danke verpflichtet, weil er die Veröffentlichung seiner Abhandlung noch eine Weile hinausgeschoben hat, um mir die ausführliche Beschreibung der in jenen Mittheilungen geschilderten Befunde zu überlassen. Für freundliche Unterstützung mit Material spreche ich den Herren Professoren BLOCHMANN, G. O. Sars und J. W. SPENGEL meinen ergebensten Dank aus, _ | Von Scaphopoden habe ich vornehmlich Dentalium dentale L. untersucht, welches im Golfe von Neapel sehr gemein ist und mir in grossen Mengen von der Verwaltung der zoologischen Station daselbst 1) Die eingeklammerten Zahlen hinter den Autorennamen verweisen auf das am Schlusse gegebene Literaturverzeichniss. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 303 zur Verfügung gestellt wurde. Zwei andere Arten, Dent. vulgare DA COSTA (= tarentinum Lam.) und Dent. rufescens Desn., sind an jener Localität viel seltener, so dass ich nur wenige Exemplare er- hielt, die sich übrigens bloss in ganz unwesentlichem histologischen Detail von der gewöhnlichen Form unterschieden. Von Dentalium vulgare wurden ferner einige norwegische (Alverström) Exemplare zur Vergleichung herangezogen. Um im Stande zu sein, ein für alle Solenoconchen gültiges Urtheil abzugeben, war es unbedingt nöthig, auch die zweite Familie, die Siphonopoden Sars, in den, Kreis der Untersuchung zu ziehen. Leider waren die von diesen in meinem Besitz befindlichen Arten sehr schlecht conservirt, so dass hier der Beobachtung noch ein ergiebiges Feld offen bleibt. Es genügt näm- lich nicht, die Thiere mitsammt ihrer Schale in Alcohol zu werfen, sondern diese muss entweder ganz oder mindestens zur vordern Hälfte, welche durch einen kurzen Schlag leicht abgesprengt werden kann, entfernt werden. Den Uebelständen, die aus der starken Muskel- contraction bei plötzlicher Abtödtung resultiren, kann man nur da- durch begegnen, dass man einige Thiere durch Zusatz von Alcohol zum Seewasser langsam abtödtet und diese ausgestreckten Exemplare trotz ihrer mangelhaften Conservirung auf topographische Verhält- nisse hin untersucht. Von Siphonopoden besass ich 3 Arten: Siphono- dentalium vitreum M. Sars, Siphonentalis affinis M. Sars und Cadulus subfusiformis M. Sars; den folgenden Angaben liegen dem- nach 6 verschiedene Arten von Solenoconchen aus 4 verschiedenen Gattungen zu Grunde. Für die Beschreibung ist diejenige Orientirung die bequemste, welche auch LACAZE-DUTHIERS angewandt hat, wenngleich sie nicht die richtigste ist. Ich werde sie daher auch meiner Schilderung zu Grunde legen und die grosse Mantelöffnung als vorn, die kleine als hinten, die concave Körperfläche als dorsal, die convexe als ventral bezeichnen. Die Längsaxe des Thieres liegt dann horizontal. Ich gliedere die nachstehende Abhandlung in drei Capitel, von denen das erste die Anatomie des Dentalium dentale und das zweite diejenige der Siphonopoden behandeln soll. Im dritten werde ich die Verwandtschaftsbeziehungen dieser eigenartigen Mollusken ausführlich erörtern und in Uebereinstimmung mit der alten BLAINvILLE’schen Auffassung zu zeigen versuchen, dass die Solenoconchen unter den Rhipidoglossen ihre nächsten Verwandten besitzen. In diesem Capitel werden auch die wichtigsten neuen Resultate, zu denen ich 21* 304 LUDWIG H. PLATE, gelangt bin, Erwähnung finden, so dass es auch als eine Zusammen- fassung dieser wird gelten können. | I. Die Anatomie des Dentalium dentale L. 1. Der Mantel. Da Lacaze-DutTuiers den Mantel ausführlich und richtig hin- sichtlich seiner Gestalt und Befestigungsweise am Körper beschrieben hat, so beschränke ich mich hier auf einige histologische Angaben. — Man kann an dem Mantel drei Regionen von verschiedener histo- logischer Structur unterscheiden, die freilich äusserlich sich nicht von einander abheben und auch innerlich nicht scharf abgesetzt sind. Ich will dieselben als drüsige, gallertige und musculöse Mantelregion be- zeichnen (Fig. 1 dr, gal, mus). Die zuerst genannte ist identisch mit dem dicken Ringwulste, welcher den vordern Mantelrand bildet. Die zweite folgt unmittelbar nach hinten auf die erste; sie ist (Fig. 1, 2) nur schmal und dadurch ausgezeichnet, dass einer mächtig entwickelten hyalinen Grundsubstanz zarte Bindegewebsfäden und Muskeln, beide in den verschiedensten Richtungen, eingelagert sind. An sie schliesst sich nach hinten der ganz überwiegend musculöse Abschnitt, welcher den übrigen Mantel bildet und der daher weit grösser ist als die beiden andern. Wo die Gallertregion in den musculösen Theil über- geht, findet sich an der Innenfläche des Mantels eine zweite, dicht mit einzelligen Drüsen besetzte Zone. Eine dritte werden wir weiter unten als Bestandtheil des präanalen inneren Mantelepithels zu schil- dern haben, und eine vierte findet sich nach Fou?) am hinteren Ende des Mantelrohres in dem Ringwulste, welcher vor der häutigen Hohl- kehle, dem „pavillon“ von LAcAzE-DuTHIERs, liegt. Da ich beim Loslösen des Thieres von der Schale dieses hinterste Mantelende stark zu verletzen pflegte, habe ich keine Querschnitte von dieser Region angefertigt und kann daher keine Stellung zu dieser Angabe nehmen. — Ueber jene drei Drüsenzonen ist Folgendes zu sagen. Im Mantel- wulste finden sich drei verschiedene Sorten von einzelligen Drüsen (Fig. 1, 2, glh, glh’, glk). For kennt nur zwei derselben, da er die von mir mit glh und glh bezeichneten Formen unter der Bezeichnung „glandes granuleuses“ vereinigt. Weitaus am zahlreichsten sind 1) Le prey; Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 305 die mehr nach innen und vorn am äussern Saum des Mantelwulstes gelegenen Drüsen g/k, und aus diesem Grunde that ich derselben in meiner ersten vorläufigen Mittheilung allein Erwähnung, woraus For !) mit Unrecht den Schluss zog, dass mir das Vorhandensein verschie- dener Drüsensorten verborgen geblieben sei. Ich sagte damals von ihnen: ,,Dieselben sind von ungewöhnlicher Länge und am vordern und hintern Ende breit-flaschenförmig angeschwollen, während sich zwischen beiden ein sehr langer Canal ausspannt. Sie haben daher ungefähr die Gestalt einer Hantel, deren Grifftheil sehr in die Länge gezogen ist“. Die ergänzenden Angaben von For, dass das Secret dieser „glandes hyalines“ sich nur unmittelbar unter der Ausmündungsöffnung an- sammelt, und dass der Kern in der hintern, viel kleinern An- schwellung liegt, kann ich bestätigen. Ich möchte diese Drüsen aber nicht als hyaline bezeichnen, weil sie sich auf meinen Präparaten stets als die dunkelsten von allen drei Sorten repräsentiren (Fig. 2). Die beiden andern Drüsensorten des Mantelwulstes wollen wir im Gegensatz zu den eben geschilderten „hantelförmigen“ als die „keulenförmigen“ bezeichnen. Wie For richtig angegeben hat, schwellen sie am Hinterende, in der Nähe des Kernes, beträchtlich an, während sie sich nach vorn in einen langen Ausführgang ausziehen. Ihre beiden Unterarten seien als „helle“ und „dunkle“ Drüsen unterschieden ; beide ähneln sich zwar sehr, sind aber doch auf allen Schnitten leicht auseinanderzuhalten, so dass ich auch an ihrer functionellen Ver- schiedenheit nicht zweifle. Die hellen keulenförmigen Drüsen (Fig. 1, 2 glk') liegen mit ihrem hinteren angeschwollenen Körperende nach innen von den dunklen Drüsen (gih); ihr Ausführgang läuft schräg nach vorn und aussen und mündet zwischen den hantelférmigen Drüsen aus, während derjenige der andern Sorte mit wenigen Ausnahmen nach hinten von jenen Zellen glk sich öffnet. Auch ist derselbe bei glh’ meist überall gleich breit und verläuft fast gerade, während er bei glh nach vorn zu immer feiner wird und sich hin und her schlängelt. Hauptunterschied zwischen beiden ist aber, wie schon die ihnen gegebene Bezeichnung andeutet, die Verschiedenheit des körnigen Secretes. In dem einen Falle liegen die Körnchen relativ weit auseinander, und die Drüsen erscheinen daher sehr hell, während sie im andern durch dichte Aneinanderlagerung ein dunkles Aussehen hervorrufen. Die hellen conserviren sich auch schwerer als die dunklen, so dass sie bei nicht ganz guter Erhaltung vielfach als eine Lücke im 1) L c. p. 98. 306 LUDWIG H. PLATE, Gewebe, die einige krümelige Massen enthält, erscheinen. — Die zweite Drüsenzone (Fig. 1, 2 gl) gehört dem innern Epithel des Mantels an und liegt dort, wo die gallertige Mantelregion in die mus- culöse übergeht. Ich habe diese Drüsen schon in meiner ersten Mit- theilung als kurz-flaschenförmig bezeichnet. Dem gegenüber behauptet Fou (l. e. p. 98): „Il y a bien effectivement en cet endroit un épithé- lium épais à grosses cellules, mais ces éléments ne sont pas nettement et exclusivement glandulaires; ils ressemblent à ceux de | endoderme et constituent un épithélium à caractère glandulaire bien plutôt qu’ un amas de glandes unicellulaires. Ich halte meine frühere Schilderung auch jetzt noch für zutreffend und muss annehmen, dass der Conser- virungszustand der For’schen Präparate nicht genügte, um die ächten Drüsen deutlich von den Epithelzellen zu unterscheiden. Während das innere Mantelepithel im Bereiche des Randwulstes und der vor- dern Zweidrittel der Gallertzone niedrig ist (Fig. 2), wird es nach hinten plötzlich viel höher, so dass man es als ein niedriges Cylinder- epithel bezeichnen kann (Fig. 2 ep). Die Zellen erscheinen sehr hell, fast blasig, indem sie fast ganz von einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllt werden, welche das im Hintergrunde der Zelle um den kleinen Kern concentrirte Protoplasma mit einzelnen Strängen durchzieht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch diese Zellen, die nach aussen hin von einer dünnen Cuticula bedeckt werden, sich an der Secretion be- theiligen, und will ich daher den ,,caractére glandulaire“ derselben nicht beanstanden ; unzweifelhaft sind aber die dunklen, retortenformigen Zellen (gl), welche weit grösser sind als die Epithelzellen und zwischen ihnen ausmünden, Drüsen. Ihr Secret ist ganz homogen oder in un- regelmässige Ballen, die bei hinreichender Kleinheit auch körnig er- scheinen können, zerklüftet. Der kleine Kern mit mehreren Nucleoli liegt auch hier ganz im Hintergrunde der Zelle. Zwischen den hintern angeschwollenen Enden dieser Zellen treten Kerne hervor, die theils radiär nach aussen verlaufenden Bindegewebsfasern anliegen, theils zu Blutkörperchen gehören, indem nämlich zwischen diesen Drüsen und der dem Aussenepithel des Mantels angelagerten Längsmuskelschicht sich ein mit Blut erfüllter Spalt ausdehnt. — Die dritte Drüsenregion gehört ebenfalls dem innern Epithel des Mantels an. Sie liegt der Afteröffnung gegenüber an einer Stelle, die auch in anderer Hinsicht von Interesse ist. Schon LaAcaze-DuTHıers fiel es auf, dass die Innenfläche derjenigen Mantelpartie, welche wegen ihres Reichthums an Blutlacunen von ihm als Kieme gedeutet wurde, mit flimmernden Querbändern bedeckt ist. „On remarque qu’elle est striée transversa- Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 307 lement, qu’elle semble plissée, ridée, ou creusée de petits sillons, tous parallèles entre eux, et perpendiculaires à l’axe du corps. Sur ces plis se trouvent des cils vibratiles, très longs et régulièrement disposés en série linéaire sur les bords“ 1). In der That hält es nicht schwer, am lebenden Thiere sich von der Existenz dieser Wimperstreifen zu überzeugen; bei genauerer Betrachtung wird man jedoch finden, dass dieselben sich nicht auf die Innenfläche des Mantels beschränken, wie LAcAZE-DUTHIERS und For?) angeben, sondern dass sie sich auch auf die Ventralseite des Körpers fortsetzen und daher continuirliche Flimmerringe darstellen. Fig. 3 stellt einen Längsschnitt durch die mittlere Körperregion dar. Man sieht dem After gegenüber auf der Mantelfläche und vor ihm auf der Bauchseite je 6 Zellen mit grossen Wimpern, die Durchschnitte von ebenso viel Flimmerringen, die daher immer nur eine Zelle breit sind. Die Zellen sind cubisch bis cylin- drisch, viel höher als die flachen Epithelelemente (Fig. 3 ep), welche im Uebrigen die Mantelhöhle auskleiden. Sie werden nach aussen von einer deutlichen Cuticula begrenzt, erscheinen ziemlich dunkel, da das Protoplasma sehr dichtkörnig ist, und besitzen einen verhältnissmässig grossen Kern mit mehrern Nucleoli, der in der Mitte des Zellkörpers liegt. Die langen Cilien wurzeln in einem homogenen dunklen Fleck (Fig. 3), der unmittelbar unter der Cuticula liegt und mit halbkugliger Fläche in das Zellinnere hineinragt. Ob er aus der Verschmelzung der intracellulären Cilienenden hervorgeht, oder ob er eine besonders dichte Protoplasmapartie darstellt, lasse ich unentschieden. Die Flimmer- zellen des Mantels besitzen häufig auch ein rothbraunes Pigment, das in kleinen Körnchen (Fig. 4 b) nach aussen vom Zellkern liegt; in dem bauchständigen Theile der Wimperringe habe ich dasselbe stets vermisst. Aehnliche Flimmerstreifen, die aber weiter auseinander- stehen und deren Zellen niedriger sind, finden sich auch hinter der Afteröffnung (Fig. 3). — Ueber die Zahl dieser Wimperkränze bin ich zu keinem sichern Resultate gekommen, und es scheint mir dieselbe bei den verschiedenen Arten, vielleicht auch bei deren Altersstufen, zu wechseln. Bei dem in der Fig. 3 dargestellten Thiere waren vor dem After nicht mehr als 6 vorhanden, bei einem andern zählte ich 8, bei einem Exemplar von Dent. pseudodentalis sogar 15. Fou hat 14 Wimperreifen beobachtet, glaubt aber, dass ihre Zahl sich noch erhöhen kann. — Die zwischen den Wimperkränzen gelegenen Epithel- 308 LUDWIG H. PLATE, zellen werden von einer zarten Cuticula bedeckt und sind theils den Flimmerzellen sehr ähnlich, theils weichen sie von ihnen erheblich ab. Jene sind dichtkörnig, dunkel, besitzen einen kleinen, am hintern Ende liegenden Kern (Fig. 3, 4), diese sind becherförmige, hell aus- sehende Schleimdrüsen, deren wasserklares Secret von zarten Proto- plasmafäden durchzogen wird. Eine Zone derartiger Schleimdrüsen (Fig. 3 a) folgt nach hinten unmittelbar auf die Wimperkränze, greift aber von der Innenfläche des Mantels nur auf die Seitenränder der Ventralfläche des Körpers über, so dass dieselben um die Afteröffnung herum fehlen. Diese Zellen stellen die dritte der oben erwähnten Drüsenregionen dar. — Ueber die Function dieser Wimper-Drüsenzone habe ich mich nicht durch bestimmte Beobachtungen unterrichten können; es lässt sich aber aus ihrer Lage schliessen, dass die Wimper- kränze erstens für eine rege Erneuerung des Wassers sorgen und dadurch jene lacunöse Partie des Mantels zur Kieme (LACAZE-DUTHIERS) machen, dass dieselben zweitens aber auch in Beziehung zu den Oeff- nungen des Afters und der Nieren treten. Vermuthlich werden die aus diesen in den Mantelraum gestossenen Stoffe von dem Schleim der Drüsen eingehüllt und dann durch den Wasserstrom nach vorn aus der Mantelhöhle hinausgetrieben werden. Schleim- und Flimmerzellen würden sich hier dann in ähnlicher Weise in ihrer Function ergänzen und zusammenwirken, wie es von dem Endostyl der Tunicaten oder der Hypobranchialrinne des Amphioxus bekannt ist. 2. Die Verdauungsorgane. Den gröbern Bau und den Verlauf des Tractus intestinalis hat LACAZE-DUTHIERS, abgesehen von wenigen Punkten, ausführlich und richtig beschrieben, so dass ich im Folgenden mich vornehmlich mit der histologischen Structur der einzelnen Theile des Verdauungs- apparates zu beschäftigen haben werde. Das Mundrohr gliedert sich bekanntlich in einen centralen Canal (Fig. 1 mr) und in zwei seitliche Backentaschen (bt), die in ihn mit einer grossen langgestreckten Oeffnung einmünden. Die Epithelzellen sind überall fast gleich gebaut; sie sind cylindrisch, werden nach aussen von einer zarten Cuticula bedeckt, ihr multinucleolärer Kern liegt an der Basis oder wenigstens in der hintern Zellhälfte, das Protoplasma ist sehr feinkörnig und daher von hellem Aussehen. Alle Zellen scheinen als Drüsen fungiren zu können, denn unter ihrem Aussenrande sammelt sich vielfach eine wasserklare Flüssigkeit an, die in Tropfenform sich über die Oberfläche der Zelle hervorwölbt Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 309 und wohl schliesslich als Secret abgestossen wird. Zwischen den Epithelzellen des Centralcanals und der Seitentaschen finde ich nur einen Unterschied, der jedoch von Lacaze-Duruiers und Fou ge- leugnet wird: die ersteren tragen niedrige Cilien, die letzteren ent- behren derselben. LAcAzE-DUTHIERS sagt von den Zellen jener Diver- tikel ganz allgemein !), „qu’elles sont de nature cellulaire et couvertes d’un épithélium ciliaire“, während For den Mangel der Cilien für die Spitzen der Falten, welche mit Drüsenzellen besetzt sein sollen ?), hervorhebt. Ich finde die Cilien im Centralrohr auch bei sehr guter Conservirung nicht überall und nehme daher mit FoL an, dass sie während und kurz nach der Secretion fehlen. In den Backentaschen vermisse ich sie aber stets mit Ausnahme der nächsten Umgebung ihrer Oeffnungen in das Centralrohr, und aus diesem Befunde und auch aus dem Aussehen der Zellen schliesse ich, dass die Drüsen- thätigkeit in ihnen viel intensiver als im medianen Canal ist und sie daher gleichzeitig als Backentaschen zur Aufspeicherung von Nahrung und als Speicheldrüsen dienen. Die Backentaschen begleiten das Mundrohr fast in seiner ganzen Länge (Fig. 1). Bei etwas contrahirten Individuen (Fig. 5) finden sie sich noch auf solchen Querschnitten, die schon die Verschmelzung des Mundkegels mit dem Fusse und dem eigentlichen Körper erkennen lassen. Gleich hinter dieser Region erweitert sich der Verdauungs- canal zu dem geräumigen Schlundkopf (Pharynx), dessen Ventral- wand von dem complicirten Zungenapparat eingenommen wird. Noch vor diesem, am Eingange des Pharynx, finden sich zwei Bildungen, auf die ich kurz eingehen muss. Von der einen vermuthet schon LACAZE-DUTHIERS ganz richtig, sie sei ein Kiefer. „Vers l’entree antérieure de cette cavité et du côté du dos“, sagt unser französischer Gewährsmann, ‚j ai observé un tout petit repli ayant une teinte souvent jaune de Sienne, rappelant les pièces cornées, et qui m’a semblé être un rudiment de ces mâchoires cornées placées au côté dorsal de la bouche dans quelques Gastéropodes.“ Später hat M. Sars (2, p. 13) gelegentlich der Schilderung des Kiefers von Siphonodentalium vitreum erwähnt, er habe auch bei Dent. entalis an derselben Stelle einen sehr ähnlichen Kiefer gefunden, den man schwerlich für ein rudimentäres Gebilde halten könne. Ich pflichte hierin dem norwegischen Forscher vollständig bei. Die Lage des Kiefers (%) an der Dorsalwand des 310 LUDWIG H, PLATE, Pharynx, unmittelbar neben dem Gehirne, ist aus Fig. 6 und 7 er- sichtlich. Er ist hufeisenförmig gekrümmt und ragt ein gutes Stück in das Lumen des Schlundkopfes hinein. In der Mitte des concaven Randes findet sich zuweilen ein rundlicher Vorsprung, der aber noch zu unbedeutend ist, um wie bei so manchen andern Gastropoden als ein Mittelzahn bezeichnet zu werden. Ein Längsschnitt (Fig. 7 %) illustrirt die Lage und Befestigungsweise des Kiefers noch besser. Er sitzt einer auf dem Querschnitt rundlichen Falte auf, die von hohen Cylinder- zellen gebildet wird, und hat die Gestalt eines soliden Keiles, dessen dorsale und ventrale Flächen in einer scharfen, schneidenden Kante zusammenstossen. Seine Chitinmasse setzt sich aus zwei etwas von einander abweichenden Partien zusammen, welche der dorsalen und der ventralen Fläche des Kiefers entsprechen. In der dorsalen (Fig. 7) sieht man ein System von dunklen, parallelen Linien (ca. 8) von der Basis zur Kante laufen, die selbst wieder fein quergestrichelt er- scheinen; in der ventralen finden sich diese Linien ebenfalls, aber sie sind viel zarter, oft kaum bemerkbar, so dass die Chitinmasse fast homogen aussieht. Betrachtet man den Kiefer von der Fläche (Fig. 6), so treten die dunklen Linien der Rückenhälfte sehr deutlich hervor und verschwinden nur in der Mitte; mit Hülfe tieferer Einstellung lässt sich aber auch die homogene Zone sicher nachweisen. Ferner durchzieht ein System sehr feiner Streifen (Fig. 8) bei dieser Flächen- ansicht den ganzen Kiefer parallel zu seiner längsten Axe, also senk- recht auf den geschilderten Linien; sie deuten wohl den geschichteten Bau an, der den Chitingebilden ganz allgemein zukommt, während jene dunklen Linien den Epithelzellen entsprechen, welche das Chitin ausgeschieden haben. Man kann nämlich, besonders in der ventralen Kieferpartie, jeden dunklen Streifen bis zu einer Epithelzelle verfolgen, so dass beide in Zahl und Lage mit einander correspondiren müssen. Es scheidet also jede Matrixzelle eine Chitinsäule ab, und diese werden durch eine etwas hellere Kittmasse mit einander ver- einigt. Die Verschiedenheit dieser Säulen in der dorsalen und ven- tralen Kieferhälfte hängt wohl zusammen mit der Differenzirung der zugehörigen Matrixzellen: die dorsalen sind beträchtlich grösser als die ventralen (Fig. 7). — Der Kiefer ist so gross, dass er schon unter der Lupe deutlich erkannt werden kann. Ich finde die grösste Axe im Durchschnitt 790 « bis 1 mm, die kleinste 113—141 w lang. Einen Kiefer hat auch schon DesnAyes (17) erwähnt, aber es ist sehr zweifelhaft, ob er wirklich den Kiefer gesehen oder nicht vielmehr durch irgend ein anderes Gebilde sich hat täuschen lassen, « Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 311 Auf jeden Fall ist seine Beschreibung sehr incorrect. Es sollen näm- lich zwei Kiefer nicht weit von der Mundôffnung sitzen, runde Horn- plättchen, die durch ein medianes Band, ähnlich dem Ligament einer Muschelschale, zusammengehalten werden. Dem Kiefer gegenüber, auf der Ventralflache des Vorderendes des Schlundkopfes , liegt ein zweihügeliges Sinnesorgan, das wohl ohne Zweifel der Geschmacksempfindung dient. LAcAzE-Durnıszs schildert es als „un petit repli membraneux placé en face de la petite plaque cornée précédente.“ Genauere Angaben verdanken wir THIELE (3, p. 413), welcher dasselbe mit dem Subradularorgan der Chitonen homologisirt. Ich pflichte ihm hierin völlig bei, wenn auch das Organ bei Dentalium nicht so stark entwickelt ist wie bei den Placophoren ; es fehlt z. B. die vielzellige Drüse, welche bei Chiton am Hinterende des Organs in die mediane Rinne einmündet. Im Allgemeinen aber ist die Uebereinstimmung in der Lage und im Bau mit dem von BELA HALLER (4) ausführlich geschilderten Subradularorgan der Chi- tonen unverkennbar. Die Längsrinne zwischen den beiden seitlichen Hügeln tritt auf Querschnitten (Fig. 6) deutlich zu Tage. Längs- schnitte (Fig. 7 z) zeigen, dass jeder Hügel einer schmalen Falte aufsitzt. Das Innere jedes Hügels wird vornehmlich aus Bindegewebs- zellen gebildet, die sich eng an einander schmiegen. Ausserdem breiten sich einzelne Muskeln (mu, Fig. 7) und die Ausläufer eines Nerven (n’) in ihm aus. In die Erkenntniss des Epithels ist THieLe tiefer eingedrungen, als es mir bei dem Conservirungszustande meiner Prä- parate möglich war. Ich vermochte nur festzustellen, dass die Epithel- zellen auf der Spitze des Hügels und in der Rinne lang und schmal- cylindrisch sind, dagegen auf den Seiten viel niedriger werden, während es THIELE gelang, Stützzellen und Sinneszellen zu unterscheiden. Ueber die Innervirung des Subradularorgans werde ich einiges bei Besprechung des Nervensystems erwähnen. For scheint die Geschmacks- hügel ganz übersehen zu haben, denn er gedenkt ihrer an keiner Stelle. Die Radula ruht auf einem Stützbalken, der in histologischer Hinsicht von einigem Interesse ist. Seine Gestalt ist von LACAZE- Dutruiers richtig beschrieben, nur darin kann ich ihm nicht zu- stimmen, dass die beiden Seitenschenkel des hufeisenförmigen Gebildes in der Nähe des Vorderendes fest mit einander verwachsen sind; die- selben werden hier nur durch Muskeln zusammengehalten, so dass also der Stützapparat aus zwei getrennten Polstern, die nur durch Muskeln vereinigt werden, besteht, Lacaze-Durmiers und For be- 312 LUDWIG H, PLATE, zeichnen diese Polster als „cartilage“, ohne aber für die knorplige Natur derselben einen Beweis zu erbringen, und es erscheint mir in der That sehr zweifelhaft, ob sie diese Bezeichnung verdienen. Die Schilderung, welche der zuerst genannte Forscher von dem Gewebe der Polster gegeben hat, hebt noch heute, trotz aller Fortschritte der Histologie, das Wesentliche hervor: „le tissu de ce cartilage offre une ressemblance extrême avec le tissu végétal. Les cellules sont larges, irrégulières, polyédriques, et leurs parois sont accusées par des lignes obscures; dans leur intérieur est une substance hyaline transparente, et quelques points granuleux qui sont des noyaux ou des nucléoles“. Untersucht man diese Polster auf dünnen Schnitten, so lässt sich Fol- gendes über ihre Structur ermitteln. Die Zellen sind in der Mitte des Polsters am grössten (Fig. 9 a, b, 11) und von unregelmässig rundlichen Umrissen, nach aussen hin werden sie kleiner und schmäler, und diejenigen, welche das Ganze nach aussen begrenzen, sind so klein und dabei so regelmässig angeordnet, dass sie wie flache Epithel- zellen erscheinen. Jede Zelle wird von einer sehr dicken, homogen oder fein-längsstreifig erscheinenden Wandung gebildet, der innen eine dünne Protoplasmaschicht (Fig. 9 a) mit einem grossen, multinucleo- lären Kern anliegt: um diesen herum ist das Protoplasma etwas dichter angesammelt. Der ganze übrige Binnenraum der Zelle wird von einer Masse erfüllt, die im lebenden Zustande homogen und wasserklar, con- servirt zuweilen äusserst feinkörnig erscheint. Sie kann keine Flüssig- keit (etwa Zellsaft) sein, sondern sie ist fest, denn sie findet sich auch an angeschnittenen Stellen, wo sie bei flüssigem Aggregatzu- stande ausgelaufen sein müsste. Man kann sie auffassen als eine Substanz, die von dem wandständigen Protoplasma in das Innere des Zellkörpers ausgeschieden worden ist. Ihr verdanken die Polster auch zweifellos ihre Elasticität. Aus dem Gesagten geht sofort hervor, dass man dieses Gewebe nicht einfach als knorplig bezeichnen kann. Es ist möglich, dass die hyaline Innenmasse oder auch die dunklere Substanz der Wandungen chemisch dem ächten Knorpel gleicht oder sehr ähnelt, aber aus der mikroskopischen Analyse lässt sich diese Identität nicht erschliessen, und der Ausdruck „Zungenknorpel“ ist daher für die Dentalien ebenso sehr zu verwerfen, wie ich dies kürz- lich (5) für die Pulmonaten gezeigt habe. Ueber diesen Polstern breitet sich die Radula aus, auf deren Structur ich hier nicht näher eingehe. Ihre Zähne sitzen, wie allge- mein bei den Schneckenzungen, einer dünnen Chitinplatte, der Basilar- membran (Fig. 9, 10, 12, 13 bas), auf und werden durch diese in Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoeonchen. 313 ihrer Stellung befestigt. Unter der Basilarmembran liegt ein eigen- artiges Epithel, welches einen Theil des Epithels der ventralen Pharynx- wand darstellt und durch Ueberlagerung der Radula besonders modi- ficirt ist (ep). Diese Zellen sind cylindrisch, dichtkérnig, dunkel und enthalten einen grossen, multinucleolären Kern. Auffallend an ihnen ist die Dicke der Cuticula (cut), welche vielfach im Durchmesser nicht hinter der eigentlichen Zelle zurücksteht. Sie setzt sich aus ebenso viel Chitinsäulchen zusammen, wie Zellen vorhanden sind, da diese beiden einander entsprechen. Auf einzelnen meiner Präparate ist die Cuticula nicht so aussergewöhnlich dick, sondern nur etwa so wie die Basalmembran, welche die Matrixzellen vereinigt (d); in Folge unge- nügender Etikettirung vermag ich aber nicht anzugeben, ob sich hierin ein Unterschied zwischen den Dentalium-Arten des Neapler Golfes ausspricht, oder ob derselbe auf verschiedene Altersstufen zurückzu- ‚führen ist. An den beiden Aussenrändern der Radula (Fig. 10) wird die Basilarmembran der Radula (bas’) dicker, so dass sie stellenweise mächtiger erscheinen kann als die dünne Chitinplatte des Aussen- zahnes (de’), und die Säulchen der Cuticula schliessen sich nicht mehr in ganzer Länge dicht an einander, sondern sie spitzen sich nach dem freien Ende hin zu und bilden so klaffende Spalten zwischen sich, wodurch übrigens die feste Verbindung zwischen Cuticula und Basilar- membran nicht beeinträchtigt wird. — Durch derartige subradulare Epithelzellen hat sich For täuschen lassen. Seine mit „palettes“ (l. e. p. 101) versehenen Zellen sind mit ihnen identisch, haben aber auf schlecht ausgefallenen Schnitten die zugehörige Basilarmembran verloren und ragen daher mit ihren Cuticular-Säulchen frei in die Pharynxhöhle hinein. Es ist daher völlig ausgeschlossen, dass sie nach Art der Ctenophoren-Ruderblättchen im lebenden Thiere be- weglich gewesen sind. — Die Schlundkopfhöhle bildet, wie allgemein bei Schnecken, mit ihrer Ventralwand eine schlauchförmige Ausstülpung, die Radulascheide, in deren Hintergrunde die Zungenzähne ihren Ur- sprung nehmen. Dass sie sich nach vorn umschlägt, ist schon von LACAZE-DUTHIERS richtig geschildert worden, ihr feinerer Bau wird am besten auf Längsschnitten erkannt. Sind dieselben in horizontaler Richtung geführt worden (Fig. 12), so wird die Radulascheide wegen ihrer schrägen Stellung auf etwas in die Länge gezogenen Quer- schnitten getroffen. Die ventrale Wand (e) springt mit einer mächtigen, von hohem Cylinderepithel bekleideten und von einem faserigen Binde- gewebspfropf (g) erfüllten Falte in das Lumen vor, und diese Epithel- zellen drängen sich als schmale Streifen und Platten zwischen die 314 LUDWIG H. PLATE, Zähne und scheiden allmählich immer mehr Chitin auf ihnen ab. Während die Seitenwände der Radulascheide von niedrigem Epithel gebildet werden (Fig. 12 a), das sich demnach wohl nur in geringem Maasse an der Secretion betheiligt, trägt die Dorsalwand wieder etwas höhere Cylinderzellen, welche das Dickenwachsthum der Basilarmem- bran bedingen. For ist beim Studium der Radulascheide zu der An- schauung gekommen, dass zuerst die Spitze der Zähne, dann deren Basis, endlich die Basilarmembran gebildet würde (l. c. p. 102). Es würden die Dentalien dadurch in einen Gegensatz treten zu den übrigen Schnecken, bei denen, wie dies neuerdings RössLEr (6) ge- zeigt hat, die Hauptmasse des Zahnes und die Basilarmembran gleichzeitig von den im Hintergrunde der Radulascheide gelegenen Odontoblastenzellen ausgeschieden werden. Thatsächlich aber lassen sich an sagittalen Längsschnitten (Fig. 13) dieselben Verhältnisse nach- weisen, wie sie RÖSSLER für die Prosobranchier, Placophoren, Hetero- poden und Cephalopoden geschildert hat; im hintersten Winkel des Zungendivertikels springt das hohe cylindrische Odontoblastenepithel (ep) in mehreren Polstern vor und liefert gleichzeitig die Hauptmasse der Zähne in ihrer definitiven Gestalt und deren Grundmembran. Sind diese jugendlichen und noch hellfarbigen Zähne durch Wachs- thumsvorgänge etwas nach vorn (resp. die Odontoblasten nach hinten) gerückt, so schieben sich die erwähnten Epithelzotten der ventralen Falte zwischen sie und lagern neue Chitinschichten auf ihnen ab, wodurch die Zähne nach und nach eine immer dunklere Färbung an- nehmen. For hat daher nach meiner Meinung die im Wesentlichen richtig beobachteten Verhältnisse verkehrt gedeutet. Die Epithelzellen des Oesophagus, welcher vom Hinterende des Schlundkopfes unter der Rückenwandung bis zum Magen verläuft, sind meistens cylindrisch, aber von wechselnder Höhe, was wohl zum Theil als die Folge eines wechselnden Contractionszustandes angesehen werden kann (Fig. 7, 11 ep). An gut conservirten Präparaten finde ich vielfach auf den Zellen einen Besatz von zarten Cilien, die aber verschwinden, wenn die Zellen als Drüsen fungiren und kleine Secret- trépfehen von ihrer Oberfläche abschnüren. Die Kerne liegen im Hintergrunde der Zellen. Das Schlundrohr bildet an seiner Wurzel jederseits ein grosses seitliches Divertikel von ausgesprochen drüsigem Charakter; daher seien diese Seitentaschen als Oesophagus-Drüsen bezeichnet. Sie legen sich (Fig. 14 div) beiderseits von aussen über den Darm- knäuel (1) hinüber, welcher auf den Magen folgt und aus dem der Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 315 Enddarm hervortritt, und bilden ausserdem zwei (jederseits eine) nach innen vorspringende Taschen, die in der Mediane aufeinander stossen. — Das Epithel dieser Drüsensäcke hat ein ganz anderes Aussehen als dasjenige des Oesophagus. Es entbehrt der Cilien, und die schmalen cylindrischen Zellen (Fig. 15) sind vielfach von verschiedener Höhe, auch bei benachbarten Zellen; doch finden sich in jeder Drüse auch Strecken mit niedrigem, cubischem Epithel. In fast allen Zellen liegen als charakteristische Elemente mehrere (5, 6 oder noch mehr) kleine, bräunlich-gelbe, rundliche Concrementmassen, die selbst wieder aus vielen Körnchen zusammengesetzt sind und daher ein krümeliges Aus- sehen darbieten. Von den ganz ähnlich gefärbten Körnchen, welche das Pigment der Leberzellen darstellen, unterscheiden sie sich durch bedeutendere Grösse, da sie durchschnittlich 4,35 u, einzelne sogar 7,25 « im Durchmesser erreichen. Nur bei ungenügender Conservirung findet man die Concremente im Lumen der Oesophagusdrüsen; bei guter Erhaltung liegen sie ausschliesslich im Protoplasma der Zellen vor den basalständigen Kernen, und sie werden demnach bei der Ab- schnürung der Secretbläschen wahrscheinlich nicht mit entleert. Eine nähere Einsicht in die Function dieser Drüsen ist aus dem Studium von Schnitten nicht zu gewinnen. Nahrungsmassen habe ich in ihnen nicht angetroffen. — Diese Oesophagusdrüsen scheinen nach ihrer Lage homolog zu sein, wie dies PELSENEER (47, p. 235) zuerst ausgesprochen hat, den von BELA HALLER (4, I, p. 19) entdeckten „Zuckerdrüsen“ der Chitoniden, den „deep pouches“, welche Gisson (64, p. 609) und nach ihm WEGMANN (65, p. 275) von Patella beschrieben haben, ferner den WEGMAnN’schen (48, p. 306) „poches latérales“ von Hakotis, und endlich den Bouran’schen (49, p. 26) „poches oesophagiennes“ von Fissurella. Alle diese Bildungen weichen freilich von den Oesophagus- drüsen der Dentalien durch ihren dichten Zottenbesatz ab, auch werden keine Concretionen der Epithelzellen erwähnt. Noch grösser ist die Uebereinstimmung mit den Seitentaschen, welche PELSENEER (47, p. 170) an der pharynxartigen Erweiterung von Nucula und Leda entdeckt hat; hier bildet das Epithel ebenfalls keine Zotten, trägt keine Cilien und besitzt ein grün-gelblich gefärbtes Protoplasma. Im Magen (Fig. 3 sto) bleiben die Epithelzellen von fast der- selben Beschaffenheit wie im Oesophagus, so dass eine scharfe Be- grenzung beider Organe nicht möglich ist. Nur werden die Zellen an vielen Stellen des Magens noch etwas höher, zum Theil sogar sehr hoch und schmal. Das Protoplasma bildet an dem freien, mit Cilien besetzten Raude eine dunklere, dichtkörnigere Aussenzone. Die Cilien 316 LUDWIG H. PLATE, sind wie im Oesophagus nur dann zu seben, wenn keine Secretbläschen von den Zellen gebildet werden. For’s Behauptung, „l’estomac est assez mal délimité du côté du foie“ ist nicht richtig. Dort wo die Leberschläuche sich öffnen, stossen Leber- und Magenzellen un- mittelbar an einander und sind dabei von so typischer Ausbildung und daher so sehr von einander verschieden, dass der Gegensatz zwischen beiden nicht schärfer hervortreten könnte (Fig. 18, 22 sto u. hep). Es sind zwei Sorten von Leberzellen vorhanden, von denen die eine (Fig. 16 a) die andere (b) so sehr an Zahl der Zellen übertrifft, dass sie allein als charakteristisches Element der Drüse anzusehen ist. Diese Zellen mit ihrem Inhalt von dicht gedrängten kleinen braunen Körnchen hat schon Lacaze-Duruters richtig geschildert. Ich finde diese Körnchen nicht nur in der mittleren Zellregion (For), sondern meist gleichmässig durch die ganze Zelle vertheilt, unter deren dünner Cuticula sich das Protoplasma zu einer dunkleren Randzone zu ver- dichten pflegt. Die immer einzeln und nur spärlich auftretenden Zellen der zweiten Sorte sind viel kleiner als die geschilderten, so dass sie deren Niveau nicht erreichen, sondern sich subepithelial zwischen sie schieben. Ihr Kern ist ungefähr eben so gross wie der- jenige der echten Leberzellen und nimmt daher einen verhältnissmässig grossen Raum ein; er wird umgeben von zahlreichen, auf den meisten Präparaten sehr stark lichtbrechenden und sehr scharf umschriebenen Körnchen, an denen diese Zellensorte vornehmlich zu erkennen ist. Auf einigen Schnittserien freilich ist das Lichtbrechungsvermögen nicht viel stärker als dasjenige der Körnchen in den eigentlichen Leber- zellen — es hängt dies wohl von der Conservirungsmethode ab —, und dann sind diese kleinen Zellen nur schwer von ihren grössern Nachbarn zu unterscheiden. Fon hat ähnlich gestaltete subepitheliale Zellen ebenfalls beobachtet, sie aber für Jugendstadien der eigent- lichen Leberzellen erklärt. Sollten wir beide dieselben Zellen gesehen haben, was ich nicht glaube, weil Fon jener so sehr auffallenden Körnchen nicht gedenkt, so müsste ich seiner Deutung entgegentreten, weil eben beide Zellenarten durch ihren Inhalt sich als verschieden er- weisen. Sehr wahrscheinlich sind die subepithelialen Zellen identisch mit den Kalkzellen in der Leber der Pulmonaten, mit denen sie in Gestalt und Inhalt ganz übereinstimmen (cf. meine Arbeit über Testa- cellen, 5, p. 538). Das Epithel in den Schlingen des Darmknäuels unterscheidet sich durch geringere Höhe von demjenigen des Magens (Fig. 3, 17 int); Falten fehlen hier vollständig, während sie in dem sich anschliessenden Ueber den Bau”und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 317 kurzen Enddarm beobachtet werden. Am Aussenrande der Zellen liegt wieder eine dichtere Protoplasmazone; die langen Cilien sind nur an den in der Secretion befindlichen Zellen verloren gegangen. Auf das Epithel folgt nach aussen eine dünne Schicht von Ringfasern, die ich für Muskeln halte. Zwischen den Darmschlingen liegt, dieselben unter einander verbindend, eine dichte Masse von Bindegewebe (Fig. 14, 17 bi). Hat sich das Thier beim Tode stark contrahirt, so schliessen die rundlichen Bindegewebszellen eng an einander und lassen nur eine geringe Anzahl verschieden grosser und mit Blut gefüllter Lücken zwischen sich. Individuen hingegen, die langsam abstarben und sich nur wenig hierbei zusammenzogen, zeigen zwischen diesen Zellen zahlreiche sehr kleine Maschen, in denen nicht selten Gruppen von gelblichen, fett- ähnlich glänzenden Tröpfchen auftreten, wie solche auch innerhalb der Zellen selbst angetroffen werden. Ein reticulär angeordnetes Binde- gewebe, das in kleineren und grösseren Maschenräumen von der Blut- flüssigkeit durchspült wird, füllt also die Zwischenräume zwischen den Darmschlingen aus und liefert offenbar die Stätte, in der das Blut sich mit Nährstoffen für die übrigen Organe sättigt. Der ganze Ein- geweideknäuel wird ausserdem fast allseitig von einem grossen Blut- sinus umgeben, auf den ich später noch zurückkommen werde. Dem Enddarm schmiegt sich auf der einen Seite eine rundliche Rectaldrüse (Fig. 20 gl. rec) an, die schon von LACAZE-DUTHIERS gesehen und als „epaississement glandulaire formant comme un bulbe“ bezeichnet worden ist. Fou verdanken wir eine genauere Beschreibung, der ich jedoch in manchen Punkten nicht beipflichten kann. Nach ihm handelt es sich hier nicht um eine einheitliche Drüse, sondern „en réalité d’une série de glandes s’ouvrant dans le rectum par au moins six canaux excréteurs distincts. Chacun de ces canaux corre- spond à un amas de petits acini disposés en grappe.“ Nach meinen Erfahrungen ist die Drüse nicht nach dem acinösen, sondern nach dem tubulösen Typus gebaut und mündet nur mit einem einzigen Aus- führgang in den Enddarm ein (Fig. 20). Dieser spaltet sich schon nach kurzem Verlaufe in eine grosse Anzahl fingerförmiger Schläuche, die sich wieder gabeln können, so dass man auf dem Querschnitte (Fig. 19 gl. rec) zahlreiche Lumina von ziemlich gleich weiten und durch Bindegewebe zusammengehaltenen Canälen erblickt. Das Epithel derselben (Fig. 19, 21) ist niedrig, ungefähr cubisch und trägt sehr lange Flimmercilien. Die Canale der Rectaldrüse besitzen keine innern Oeffnungen, sondern enden blind; ich schliesse mich daher For’s Meinung an, dass die Spermatozoen, welche nicht selten in ihnen an- ‘Zool. Jahrb, V. Abth. f, Morph, 29 318 LUDWIG H. PLATE, getroffen werden, nur zufällig durch die DNA eae des Afters in sie eingeführt sind. 3. Die Nieren. Die beiden Nierensäcke, welche jederseits neben dem After aus- münden, stehen nicht, wie dies von Fou angegeben wird und wie ich es in meiner ersten vorläufigen Mittheilung ebenfalls angenommen habe, durch einen Quercanal unter einander in Verbindung. Da das Nieren- gewebe nur schwer gut zu conserviren ist, so habe ich mich durch nicht ganz genügend erhaltene Präparate irrthümlicherweise zu einer Bestätigung der For’schen Angabe verleiten lassen. Wie die Nieren- säcke nämlich an der Aussenseite verschiedene kleine Divertikel (Fig. 23 re) bilden, so gehen solche auch vom Innenrande aus, und zwar umgreift jede Niere mit zwei der letztern den Enddarm. Auf dem längs und parallel zur Bauchfläche geführten Schnitte Fig. 18 stossen die beiden vordern, einander entsprechenden Divertikel in der Mittel- linie fast zusammen, indem sie hier nur durch eine dünne Bindege- webslamelle von einander getrennt werden. Von den beiden hintern Divertikeln ist nur dasjenige der einen Seite zum Theil zu sehen. Diese hintern Blindschläuche liegen nämlich etwas mehr ventralwärts und können daher mit den vordern nicht in eine Schnittebene fallen. Sie sind es, welche nach FoL zu einem queren Verbindungscanal ver- schmelzen sollen. Da sie sich in der That bis zur Berührung nähern, so kann man leicht bei nicht ganz guter Conservirung ge- täuscht werden. Ich hatte die Existenz eines solchen gemeinschaft- lichen Nierenganges früher um so bereitwilliger angenommen, als ich bei der Section eines lebenden Männchens im Präparirbecken das Sperma auch aus der linken Nierenöffnung hervortreten sah, während bekanntlich nur der rechte Porus normaler Weise die Ausleitung der Geschlechtsproducte besorgt. Entweder war in diesem Falle das Sperma durch abnorme Muskelcontractionen wirklich aus der rechten in die linke Niere gedrängt worden und wurde dann aus dieser nach aussen befördert, oder die linke Niere hatte das Sperma zuvor durch eine Art Schluckbewegung aus der Mantelhöhle aufgenommen und gab es später wieder von sich. Angesichts des anatomischen Befundes kann ich demnach jener Beobachtung keine Beweiskraft für die Existenz einer Nierencommunication zugestehen. Wäre eine solche vorhanden, so würde man ohne Zweifel auf Querschnitten durch geschlechtsreife Individuen die Zeugungsstoffe auch in der linken Niere antreffen, was ich nie beobachtet habe. Kurz, ich sehe mich genöthigt, mich gegen Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 319 For der von LacAzE-DUTHIERS ursprünglich gegebenen Darstellung anzuschliessen. — Das Epithel der Niere nimmt sich je nach der an- gewandten Conservirungsflüssigkeit recht verschieden aus und überzeugt einen gründlich von der Unmöglichkeit, nur an conservirtem Material, ohne die stetige Controlle des lebenden Präparates, feinere histologische Details zu ergründen. Es sei daher nur bemerkt, dass ich, entgegen For, eine geringe Höhe den Zellen nicht zuschreiben kann. Aus Fig. 19, 23, 24 ist vielmehr ersichtlich, dass dieselben vielfach sehr hoch werden. Ihr Protoplasma ist, wie For richtig hervorhebt, von exquisit reticulärer, oder, wohl richtiger gesagt, wabiger Structur und die Maschen sind vielfach so gross, dass sie schon mit schwächeren Ver- grösserungen erkannt werden. Diese Hohlräume sind bald (Fig. 24 a) von einem klaren, nur wenige Körnchen enthaltenden Zellsaft erfüllt, bald sind die letzteren in solcher Massenhaftigkeit vorhanden (Fig. 24 8, c), dass sie die Maschen ganz erfüllen und deren Contouren fast ver- decken. Erst eine chemische Untersuchung wird die Natur dieser Körnchen, die bald in winziger Kleinheit, bald als grössere Kügelchen (bis zu 2,7 uw Durchmesser) auftreten, darlegen können; jedenfalls erscheint es mir verfrüht, ihre Identität mit den Nierenconcrementen der übrigen Mollusken kurzweg von der Hand zu weisen, wie Fou es thut, da diese ja hier in Pulverform ausgeschieden sein könnten. In den Präparaten mit Zellen ohne Körnchen oder nur mit sehr wenigen (Fig. 24 a) sind dieselben wohl ohne Zweifel ursprüng- lich vorhanden gewesen, aber später durch die bei der Schnittechnik üblichen Reagentien gelöst worden. Es würde dies eine je nach der angewandten Conservirungsflüssigkeit (Sublimat, Osmiumsäure, Alcohol etc.) verschiedene Löslichkeit der Concrementkörner voraussetzen, eine Ansicht, zu der ich auch beim Studium der Pulmonatenniere geführt wurde. For nimmt mit vollem Recht an, dass die Nierenzellen sich ihres Excretes — das wären eben jene Körnchen — von Zeit zu Zeit entäussern und dabei einen beträchtlichen Theil des Zellkörpers ab- stossen. So entstehen jene hellen Zellen (Fig. 19, 23, 24 x), die fast inhaltlos erscheinen, indem sich ihr Protoplasma auf ein kleines Häufchen in der Umgebung des basalständigen Kernes beschränkt. Das Nierenepithel besitzt keine besondere Muscularis, trägt auch keine Flimmereilien, und so werden der Harn und die Geschlechtsproducte durch den Nierenporus wohl nur dadurch entleert werden können, dass die Musculatur des Rückeninteguments sich contrahirt und dann von vorn der Eingeweideknäuel (Fig. 18 int), von hinten der Magen (sto) einen Druck auf die Nierensäcke ausüben, — Endlich sei hier noch 29 * 320 LUDWIG H. PLATE, erwähnt, dass innere Nierenöffnungen (Nierenspritzen) fehlen, worauf ich bei Besprechung des Circulationsapparates noch zurückzukommen haben werde. 4. Die Geschlechtsorgane. Der Bau der Geschlechtsorgane ist durch die grosse Abhandlung von LACAZE-DUTHIERS, durch meine erste vorläufige Mittheilung und durch die jüngste Publication von FoL in allen wesentlichen Punkten so klar gestellt, dass ich mich auf folgende, wenig unter einander zu- sammenhängende Bemerkungen beschränken kann. Meine Präparate lassen es unentschieden, ob es bei geschlechtsreifen Thieren zu einer wirklichen Verwachsung zwischen Niere und Genitalorgan, oder nur zu einer engen Aneinanderlagerung beider Organe kommt. Im Grunde genommen ist dieser Punkt für das Verständniss ganz unwesentlich; ich möchte nur entgegen der Behauptung von Fou: »S il s’agissait de simple dechirures, comme PLATE et moi l’avons cru, les produits génitaux ne passeraient d’un organe dans l’autre qu’apres avoir traversé des sinus sanguins“ betonen, dass ein einfaches Platzen der Geschlechtsdrüse bei unmittelbarer Juxtaposition der beiden Organe vollkommen genügen würde, um alle Thatsachen zu erklären; dass die Zeugungsstoffe in diesem Falle erst in einen Blutsinus übertreten müssten, ist nicht richtig. — Auf welche Weise werden nun die Ge- schlechtsproducte aus der hintern Körperregion allmählich nach vorn und endlich in die Niere übergeführt? Auf diese Frage finde ich bei den früheren Autoren keine Antwort. Das Sexualorgan wird allseitig von einer sehr zarten bindegewebigen Membran begrenzt, der die Zellen ursprünglich in epithelialer Anordnung sich anschmiegen, um auf späteren Stadien sich ausserordentlich zu vermehren und sich sämmtlich in Ei- resp. Samenzellen zu verwandeln. Es fehlen also contractile Elemente in der Wandung und Flimmerzellen im Innern des Organes, welche die Ausleitung bewirken könnten. Auf Quer- und Längsschnitten gelingt es aber leicht, ein System von glatten Muskeln nachzuweisen, welche offenbar diesen Mangel zu ersetzen bestimmt sind. Die Seiten- flügel der Geschlechtsdrüse werden nämlich von Muskelbündeln durch- setzt (Fig. 25 mu, mu’), die ganz ausserhalb derselben liegen und in geringen Abständen von hinten nach vorn auf einander folgen, und zwar so, das immer vier, zwei rechte und zwei linke, derselben Ouer- ebene angehören. Wie aus der citirten Zeichnung ersichtlich ist, sind die zwei inneren Muskeln einer Ebene (mu) stärker als die äusseren (mu); jene entspringen zwischen den beiden grossen Rückenretractoren Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 321 (Mu, Mw’) der betreffenden Seite, diese nach aussen von der Haupt- masse der äusseren, kleineren Rückenretractoren. Beide Dorsoventral- muskeln einer Seite inseriren sich zusammen dort, wo das Sexualorgan mit der ventralen Körperwand (integ) sich berührt, und lassen ihre Fasern in den Muskelbelag derselben auslaufen. Contrahiren sich dieselben, so müssen die grossen Längsmuskeln des Rückens und der ventral vom Geschlechtsorgan verlaufende und im lebenden Thiere wohl immer prall mit Blut gefüllte Sinus (gen. sin) einen Druck nach innen ausüben und so die Eier resp. das Sperma nach vorn drängen. Zuweilen kommt auch nach aussen von mw’ jederseits noch ein gleicher Muskel vor, so dass dann also drei Paar Dorsoventralmuskeln je einer Ebene angehören. — Die Structur der Spermatozoen ist von FoL richtig geschildert worden, nur in einem Punkte möchte ich mir einen Zusatz erlauben. Der Axenfaden, welcher in der Mitte des vordersten und des hintersten, nicht tingirbaren Abschnittes (Fig. 26 «, 8) leicht zu beobachten ist, erstreckt sich auch durch den ganzen mittleren Haupttheil des Spermakopfes (y), so dass man also sagen kann, der Schwanzfaden durchzieht mit einer Verlängerung den ganzen Kopf des Samenfadens. Man bemerkt diesen Axenfaden sowohl bei Seiten- ansicht des Kopfes als auch im optischen Querschnitt. 5. Die Circulations- und Respirationsorgane (Wasserporen). Das Blut der Dentalien ist eine farblose Flüssigkeit, welche alle Lücken zwischen den verschiedenen Organen des Körpers erfüllt und eine grosse Anzahl ebenfalls farbloser, amöboid beweglicher Blut- körperchen enthält. Von diesen sagte ich in meiner ersten vor- läufigen Mittheilung, dass sie aus zwei verschiedenen Sorten beständen, grossen und kleinen, die auch im Bau der Kerne etwas von einander abwichen, ohne dass es mir gelungen wäre, Uebergangsformen zwischen beiden zu beobachten. Hinsichtlich dieses letzteren Punktes bin ich neuerdings etwas zweifelhaft geworden, so dass ich die Entscheidung der Frage, ob in der That zwei Arten Blutkörperchen vorhanden sind oder nur eine, die aber zuweilen — vermuthlich je nach dem Alter — in einer grösseren und einer kleineren Form auftreten kann, erst von einer Untersuchung der lebenden Blutzellen abhängig machen möchte. Ich habe Präparate, auf denen beide Sorten deutlich zu unterscheiden sind. Die kleineren (Fig. 27 a) sind dann charakterisirt durch den geringen Durchmesser (5,4 «) und den selbst bei Wasser- immersion fast homogen und gleichmässig dunkel erscheinenden Kern, 322 LUDWIG H. PLATE, der mit Hämatoxylin sich in toto tingirt, während hingegen die grösseren Blutkörperchen, welche an Zahl die andern entschieden übertreffen, 10 « Durchmesser erreichen und in einem hellen, bläschenförmigen Kern viele kleine getrennte Nucleoli erkennen lassen. Auf gewissen Präparaten hingegen findet man auch Blutkörperchen, die zwar ver- schieden gross sind, sich aber hierin wie in der Structur nicht scharf in zwei Gruppen sondern lassen, so dass möglicher Weise hier nur verschiedene Entwicklungsstadien vorliegen. Zwei verschiedene Arten von Blutkörperchen, solche mit gröberen Körnchen im Protoplasma und solche ohne diese, sind übrigens durch GRIESBACH (66, p. 55) für eine Anzahl von Acephalen nachgewiesen worden. Ueber die Wege, welche von dem Blute im Körper der Dentalien durchlaufen werden, sind wir durch die schönen Untersuchungen von LACAZE-DUTHIERS fast vollständig unterrichtet worden. Er theilt die- selben in drei Kategorien, nämlich in Sinus, Gefässe und Lacunen, ohne jedoch ihre Unterschiede durch scharfe Definitionen dieser Aus- drücke zu kennzeichnen. Die Sinus werden als ,,grandes cavités, fort dilatées et dilatables, occupant des positions constantes, et remplies habituellement de liquide“, die Lacunen als „espaces laissés entre les organes ou les éléments des organes“ charakterisirt, und die Ge- fässe nennt er „bien limités.“ Bei den damaligen Untersuchungs- methoden war es eben unmöglich zu entscheiden, ob diese Arten von Hohlräumen, die zunächst nur nach ihrer Grösse und Gestalt unter- schieden wurden, auch hinsichtlich der Natur ihrer Wandungen dif- ferirten. Immerhin verdient hervorgehoben zu werden, dass LACAZE- DUTHIERS ganz richtig vermuthete, dass Sinus, Gefässe und Lacunen den gleichen histologischen Bau besässen, dass sie alle nur Lücken zwischen Organen oder in Geweben darstellten, sämmtlich ohne eigene Wandung wären. Es geht dies namentlich aus folgendem Passus her- vor: „Mais dans la cavité du pied de Dentale, dans le sinus oeso- phagien, ou trouve les ganglions nerveux flottant librement. Le sinus n’est donc ici véritablement qu’ une cavité très considérable, une lacune autour des organes. Voit-on sur les ganglions nerveux, sur les nerfs qui en partent, l’épithélium indiqué comme caractéristique? Je le ne pense pas. Mais mieux que cela: dans ces parois spongieuses du pied, que l’on prenne les filaments musculaires qui les forment, et qui laissent entre eux des espaces remplis de sang dans lequel ils baignent, que l’on cherche un épithélium cellulaire, si les espaces sont des vaisseaux, et si ceux-ci sont toujours caractérisés par la couche épithéliale, les filaments musculaires devront être revétus par les cellules Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. B23 je crois pouvoir affirmer que cela n’est pas.“ Erst mit Hülfe der Schnittmethoden lasst sich sicher feststellen, dass den Dentalien unter allen Mollusken der niedrigste Grad in der histologischen Differen- zirung der Blutbahnen zukommt: die ernährende Flüssigkeit bewegt sich nur in mehr oder minder weiten Hohlräumen zwischen den ein- zelnen Organen oder in Gewebsspalten der letztern (Musculatur des Fusses und Mantels), Bluträume mit eigener Wandung fehlen voll- ständig, so dass also die von LACAZE-DUTHIERS angewandten Bezeich- nungen: Sinus, Gefässe, Lacunen nicht auf verschiedene histologische Verhältnisse, sondern nur auf dimensionale Unterschiede zu beziehen sind. Diesen rein lacunären, d. h. wandungslosen Charakter bewahrt auch der Perianal-Sinus, welcher nach For’s jüngstem Aufsatze ein eigenes Endothel besitzen soll: „elle (nämlich die Wand dieses Sinus) se montre.... composée d’un endothélium à cellules plates et étalées en forme de dallage. En dehors de cette conche se voient des fibres musculaires rubanées etc.“ Diese Schilderung ist nicht richtig und bedeutet einen grossen Rückschritt im Vergleich mit den ganz cor- recten Angaben LACAZE-DUTHIERS’, welcher zeigte, dass Muskelfäden nicht nur in der Wandung des Perianal-Sinus liegen, sondern in grosser Anzahl diesen durchsetzen, indem sie von dem Rectum radienförmig zur äussern Haut ziehen (Fig. 3 sin. peran, wo diese Verhältnisse nicht ganz so deutlich zu sehen sind, wie wünschenswerth wäre, weil die Zeichnung nach einem stark contrahirten Thiere entworfen ist, bei dem das Lumen des Perianalsinus daher relativ klein ist). Diese Muskeln dienen offenbar dazu, um die Schluckbewegungen des End- darms, die schon von fast allen früheren Autoren beobachtet wurden, hervorzurufen. Mit dem Nachweise, dass der Perianal-Sinus sich von den übrigen Bluträumen in keiner Weise unterscheidet — auch diese werden mehrfach von Muskeln durchzogen, man denke nur an den Pedal-Sinus —, fällt auch die For’sche Hypothese zusammen, dass der Perianal-Sinus „est bien I’homologue du coeur que les mollusques portent, comme l’on sait, toujours dans le voisinage immédiat de I’ anus“ oder dass er, „s’il ne mérite pas positivement le nom de coeur, le terme pourrait sembler trop prétentieux, doit tout au moins étre con- sidéré comme un vaisseau doué d’une contractilité qui lui appartient en propre.“ Fou giebt hiermit übrigens, ohne dies hervorzuheben, genau demselben Gedanken Ausdruck, den LAcAzE-DUTHIERS schon vor ihm ausgesprochen hatte, indem er den Perianal-Sinus wegen seiner reichen Musculatur und seiner ziemlich isochronen Contractionen als „le représentant bien dégradé et très incomplet, c’est à peine, si j'ose le dire, du ventricule“ "bezeichnete, 324 LUDWIG H. PLATE, Die Zurückweisung dieser Hypothese ist nothwendig, weil das Herz der Dentalien sich, wie wir gleich sehen werden, zwar in der Nähe des Perianal-Sinus, aber doch an einer ganz andern Körperstelle befindet. Ehe ich jedoch hierauf eingehe, möchte ich eines Sinus gedenken, den LACAZE-DUTHIERS zu seiner eigenen Verwunderung nicht hat fest- stellen können; es ist dies der Sinus periintestinalis, welcher den Ein- geweideknäuel umspült, und dem daher augenscheinlich die wichtige Aufgabe obliegt, die in ihm befindliche Blutflüssigkeit bei der Ver- dauung mit Nährsubstanzen zu tränken. Würde gerade dieser Theil des Verdauungscanales keine Beziehungen zur Bluteirculation unter- halten, so ständen wir vor einem physiologischen Paradoxon. Verfolgt man auf Querschnitten die Blutlacune '), welche vom Perianal-Sinus unter dem Rückenintegument nach vorn läuft, das Diaphragma durch- bohrt und dann zum Perilingual- und Cerebral-Sinus emporsteigt, so sieht man, wie derjenige Theil derselben, welcher dorsal vom Oeso- phagus liegt, und den ich als Sinus dorsalis bezeichnen will (Fig. 14, 17 sin. dors), in breitester Communication steht mit einem von Blut erfüllten Hohlraum, welcher die Darmschlingen allseitig umgiebt. Dies ist der Eingeweidesinus (Fig. 14, 17 sin. perint). Er wird seitlich von der musculösen Körperwand, von der die Mantelfalten entspringen, und ventral von jener Muskellamelle (d’) begrenzt, welche die Fuss- höhle (ped) vom Pharynx und Eingeweideknäuel trennt und einen Ueber- tritt des Blutes aus dem Periintestinal- in den Pedal-Sinus unmöglich macht. Nach vorn ist er in derselben Weise gegen den Perilingual- Sinus abgeschlossen (cf. die Lacaze’sche Abhandlung, T. 6, tab. 9, fig. 1), während seine hintere Wand von dem sog. Diaphragma (Fig. 28 diaph) gebildet wird und hier eine Verbindung mit den La- cunen des Hinterkörpers nur in unmittelbarer Umgebung derjenigen Theile des Tractus intestinalis möglich ist, welche das Diaphragma durchbohren (Oesophagus, Anfangstheil des Mitteldarms und Rectum). Aus diesem Raum, welcher im Wesentlichen schon LAcAzE bekannt war, ohne dass es diesem jedoch gelungen wäre, ihn bei Injectionen mit Farbflüssigkeit zu füllen, dringt das Blut in das reticuläre Binde- gewebe, von dem ich oben sagte, dass es die Zwischenräume zwischen den Darmschlingen erfüllt (Fig. 14, 17 bi), und wird hier zum Chylus. Eins der interessantesten Resultate, zu denen LACAZE-DUTHIERS 1) Lacaze-Durarers bezeichnet sie auf tab. 4, fig. 1 (in: Ann. sc. nat. (4), T. 7) mit &. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 395 bei seinen classischen Studien gefiihrt wurde, war der angebliche Mangel eines Herzens, denn, abgesehen von der durch Parasitismus ganz rückgebildeten Schnecke Entocolax ludwigii Voiar (67) giebt es kein Mollusk, dessen Circulationsapparat eines contractilen Central- organes entbehrte. Anfangs habe auch ich mich der Ansicht des französischen Forschers angeschlossen (siehe meine erste vorläufige Mittheilung) und angenommen, dass das Blut in den Lacunen nur durch Contractionen der Musculatur der Körperwandung umherbewegt werde. Neuere Untersuchungen haben mir aber gezeigt, dass diese Dar- stellung nicht dem wahren Sachverhalte entspricht, sondern dass in der That ein, wenn auch rudimentäres Herz, das in einem besondern Herzbeutel liegt, vorhanden ist. Die Existenz dieses letztern hat LACAZE- DuTHIErs schon gemuthmasst. Nach seiner Schilderung springt der Abdominal-Sinus an seinem vordern Ende, etwas hinter der Afteröffnung, halbkuglig über das Niveau der Bauchwand in die Mantelhöhle vor. Diese Hervortreibung, welche LAcAzE-DuTHIers auf tab. 2 fig. 2 seiner Abhand- lung (Ann. sc. nat. (4), T. 7) mit p bezeichnet hat, habe ich in Fig. 3 auf einem sagittalen Längsschnitte dargestellt. Wie man sieht, wird dieselbe von einer allseitig geschlossenen Blase, dem Pericard (per), hervorgerufen und liegt ventral von den medianen Verlängerungen der beiden Nieren- säcke (re) und dem Magen (sto). Die ventrale Wand des Herzbeutels verwächst eng mit dem Integument jener Hervorwölbung, während die dorsale sich an jene Organe anschmiegt, aber nur streckenweise mit ihnen verschmilzt. Da es LAcAzeE-DurHiers natürlich nicht gelang, das Pericard durch Injectionen vom Abdominalsinus aus mit Farbstoff zu füllen, so sagt er mit Recht: „aussi me parait-il raisonnable d’ad- mettre que ce sac est clos, et qu’il représente peut étre un rudiment d’une cavité péritonéale, péricardique ou d’une cavité séreux quel- conque.“ Er war in der That nahe daran, den wahren Sachverhalt aufzudecken, denn in diesem Sacke liegt das Herz in Gestalt eines rundlichen dünnwandigen Beutels, der nicht weiter in eine Kammer und zwei Vorkammern gegliedert ist (Fig. 3 cor). Es ist eine einfache sackförmige Einstülpung eines Theiles der dorsalen Pericardwand in das Lumen des Herzbeutels hinein (Fig. 22 cor, auf dem Querschnitt). Die Blutkörperchen gelangen in das Herz, indem sie vom Abdominal- sinus aus in feine Spalten übertreten (Fig. 3), welche zwischen Magen und Pericard verlaufen und dadurch gebildet werden, dass diese beiden Organe nur streckenweise mit einander verwachsen. Aus diesen Spalten fallen sie durch die Einstülpungsöffnung des Herzens in dieses selbst, Bei den Contractionen des Herzens werden sie in ähnliche 326 LUDWIG H. PLATE, Spalten getrieben, welche zwischen der dorsalen Pericardwand und den Nieren gelegen sind und gelangen so in den Perianal-Sinus. Die Blutkörperchen finden sich natürlich nur im Lumen des Herzens, ver- mögen dagegen in den Herzbeutel nicht einzudringen. Der Bau des Herzens ist demnach ein ausserordentlich einfacher; es fehlt die Gliederung in Kammer und Vorkammern, es fehlt eine stärkere Ent- wicklung der inneren Musculatur, es fehlt jede Spur von zu- oder abführenden Gefässen und endlich sind auch keine Nierenspritzen, keine Communicationen zwischen den Nieren und dem Herzbeutel vorhanden. — In der histologischen Structur lässt sich merkwürdiger Weise kein Unterschied zwischen der Wandung des Herzbeutels und derjenigen des Herzens feststellen. Sie ist eine dünne fast homogene Membran, in der zahlreiche ringförmige und längsverlaufende Fasern von grosser Feinheit liegen, die ich für Muskelfasern halte. Sie sind parallel und in ziemlich gleichmässigen Abständen angeordnet. Zwischen ihnen liegen hier und da zerstreut zwei Sorten von Kernen: 1) grosse bläschenförmige, mit vielen Nucleoli (Fig. 29 »’) und 2) viel kleinere, die fast homogen dunkel erscheinen (»). Beide Sorten springen bald nach innen, bald nach aussen etwas über das Niveau der Membran hervor, ohne jedoch so zu einander zu liegen, dass man von einem äussern und einem innern Epithel reden könnte; sollten diese ur- sprünglich vorhanden gewesen sein, so müssten sie später vollständig mit einander verschmolzen sein. An der ventralen Pericardwand, die eng mit dem aus Epithel und Muscularis bestehenden Integument verwächst, sind die geschilderten Verhältnisse in Folge dieses Um- standes viel undeutlicher zu erkennen als an den übrigen Stellen. — Leider habe ich am lebenden Thiere das Herz nicht so gründlich beobachtet, wie dies zu wünschen gewesen wäre, weil ich zu jener Zeit, als ich Gelegenheit hatte, derartige Untersuchungen anzustellen, die thatsächlichen Verhältnisse noch nicht kannte, sondern noch wie LacAzE-DUTHIERS die Schluckbewegungen des Rectums und die Körper- contractionen als Hauptquelle der Blutbewegungen ansah. Die ersteren folgen bekanntlich, wie schon CLARK wusste, in ziemlich gleichen Inter- vallen aufeinander, wenigstens an Thieren, die mit geöffneter Mantelhöhle im Präparirbecken, also unter recht abnormen Bedingungen, beobachtet werden. Gleichzeitig mit diesen Contractionen scheinen nun auch die Herzpulsationen sich abzuspielen; es treten nämlich nach jeder Schluck- bewegung des Afters im Herzbeutel zwei parallele zarte Quermembranen, offenbar die Vorder- und Hinterwand des Herzens, aus der Tiefe nach oben, blähen sich auf und sinken wieder zurück; zuweilen beobachtete er Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 327 ich Systole und Diastole auch unabhängig von den Veränderungen im Perianal-Sinus. Dass diese letztern auf den Blutdruck von grossem Einflusse sein können, ist unzweifelhaft; sichergestellt ist aber zur Zeit noch nicht, ob sie auch unter ganz natürlichen Verhältnissen regelmässig eintreten. Sollte Letzteres der Fall sein, so würden wir zwei Centren der Blutbewegung haben und dann wohl zu der An- nahme gedrängt werden, dass das zweite, der Perianal-Sinus, ent- standen sei, um die in Folge des einfachen Baues relativ geringe Leistungsfähigkeit des ersten, des Herzens, zu ergänzen. Bekanntlich hat schon früher W. Crark (35, p. 323 und 29, p. 228) das Herz der Dentalien beschrieben und sogar die Schnellig- keit der Pulsationen gezählt. Lacaze-DurTaiers ist der Ansicht, dass es sich hierbei um eine Verwechslung mit dem Analbulbus handle, der ja ebenfalls rhythmische Contractionen ausführt. Er mag hierin Recht haben, da Crark die Afteröffnung fälschlich an das hintere Körperende verlegt, und der Anus sehr viel leichter zu erkennen ist als das hinter ihm, unter der Haut, gelegene Herz. Aber merk- würdiger Weise ist die Schilderung, welche CLark von dem Herzen gegeben hat, gar nicht so unrichtig, wie der Leser aus dem folgenden Citat ersehen wird: ,The heart is a subrotund minute ventricle with a linear depression on its summit, and when opened shows the corre- sponding ridge; its surface is fortified with muscular raised lines; it is fixed centrally on the convex range at the posterior end of the branchial cavity and base of the stomach, and in some transparent animals may be seen in the pericardium; in the very young pellucid shells seven inspirations and as many nearly isochronal expirations have been counted in a minute, and the corresponding ingress and egress of the water seen. I have not detected auricles on each side of the heart, nor near it, as might be expected from the symmetry of the branchiæ [als solche deutet er die Leber]; there are certainly minute points on each side of that organ, but I demur to call them auricles, and rather think they denote the valvular appendages of the heart to prevent regurgitation into the branchial veins.“ Die folgenden Angaben, dass zwei Kiemenvenen das Blut dem Herzen zuführen und zwei kurze Gefässe es wieder aus demselben fortleiten sollen, ent- sprechen nicht dem Thatbestande, aber immerhin muss zugegeben werden, dass möglicher Weise schon CLARK 1849 das Herz der Soleno- conchen beobachtet hat. Die Frage, ob das Herz der Dentalien als eine primitive oder als eine durch Rückbildung vereinfachte rudimentäre Bildung anzusehen 328 LUDWIG H. PLATE, ist, lasst sich zur Zeit wohl kaum entscheiden, da unsere Kenntnisse über die Entstehung des Herzens der Mollusken im allgemeinen wie auch speciell der Dentalien noch zu ungenügend sind. Nach der Dar- stellung, welche R. v. ERLANGER (8) kürzlich von der Herzentwicklung der Paludina vivipara gegeben hät, wäre es immerhin denkbar, dass sich bei den Solenoconchen in diesem Organe noch ursprüngliche Ver- hältnisse erhalten haben. Bei jener Schnecke ballt sich auf dem Sta- dium der Oesophagusbildung „das Mesoderm ventralwärts vom Darm, nicht weit vom hintern Körperende, zu zwei Zellhaufen zusammen, in denen bald je ein Lumen auftritt. Die so entstandenen Säcke rücken in der Ventrallinie zusammen, bis sie an einander stossen und zu einem einheitlichen verschmelzen, dessen paariger Ursprung noch eine Zeit lang durch ein mittleres Septum documentirt wird. Der auf solche Weise entstandene Sack ist der Herzbeutel.“ Aus ihm entsteht das Herz durch eine Einstülpung seiner Hinterwand — das wäre somit das Stadium, welches bei den Dentalien sich erhalten hat —, die sich später zu einer Röhre abschnürt, deren vordere Portion zum Vorhof, deren hintre zur Kammer wird und die an beiden Enden in breiter Communication mit der Leibeshöhle steht. Gegen die pri- mitive Natur des in Rede stehenden Organes spricht jedoch der Mangel der Renopericardial-Verbindungen. Nach v. ERLANGER entstehen die Nieren der Paludina vivipara als Ausstülpungen des Pericards, zuerst die linke mit vorübergehender Dauer und später die rechte, welche in das bleibende Excretionsorgan übergeht. Die Nierenspritzen be- stehen daher von Anfang an, sie sind, so scheint es wenigstens, be- dingt dadurch, dass die Nieren sich durch Ausstülpung aus der Wand der primitiven Leibeshöhle (Pericard) anlegen. Ihr Fehlen bei den Solenoconchen kann daher zur Zeit nur als eine secundäre Rückbildung gedeutet werden. Muss aber eine solche in einem Punkte zugestanden werden, so fragt es sich, ob dieselbe mit diesem schon ihr Ende erreicht hat oder ob sie nicht auch die mangelnde Gliederung des Herzens und das Fehlen von Gefässen zur Folge gehabt hat. Einiges Licht wird auf dieses Problem durch die Natur und Differenzirungsstufe der Respirationsorgane geworfen. Nach LacAzE-Durmiers kommt den Dentalien eine ausgiebige Athmung durch die Haut zu, und ausserdem sollen zwei Regionen des Körpers in besonderer Weise an der Sauerstofferneuerung des Blutes betheiligt sein. Die eine von diesen ist die letzte Strecke des Enddarmes, welche allseitig von dem Blute des Perianal-Sinuses umspült wird und durch regelmässige Schluckbewegungen, durch die Wasser eingesogen und Veber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 390 wieder ausgestossen wird, beständig frische Athemluft herbeiführt. Gegen diese Auffassung lässt sich kaum etwas einwenden, falls wirk- lich jene Schluckbewegungen auch von Thieren unter normalen Ver- hältnissen ausgeführt werden. Hierfür ist der Beweis jedoch noch nicht erbracht und wird auch wohl nur durch Beobachtung von Arten mit relativ durchsichtiger Schale zu erbringen sein. An Individuen, die aus ihren Schalen entfernt waren, und deren Mantelhöhle ich durch einen Längsschnitt geöffnet hatte, traten diese Schluckbewegungen keineswegs in besonders regelmässigen Intervallen ein, sondern machten eher den Eindruck krampfartiger Bewegungen. LACAZE-DUTHIERS spricht auch, wenngleich mit anerkennenswerther Vorsicht, die Ver- muthung aus, dass Wasser bei jenen Contractionen durch die Wan- dung des Rectums in den Perianal-Sinus gepresst würde und so zu einer Verdünnung und Vermehrung der Blutflüssigkeit beitrüge. Für diese Ansicht lässt sich aus der histologischen Untersuchung des Rectums keine Stütze erbringen. Die Flimmerepithelzellen desselben schliessen ganz eng an einander, so dass, wenn hier Seewasser dem Blute sich beimischen könnte — was aus physiologischen Gründen sehr unwahrscheinlich ist —, derselbe Vorgang wohl in der ganzen Mantelhöhle möglich sein müsste, wenn das Wasser in derselben durch Contraction der Mantelmusculatur unter einen bestimmten Druck ge- bracht wird. — Die zweite Körperregion, welche der Athmung dienen soll, wird von unserm Autor direct als ,,Kieme“ bezeichnet. Sie liegt dem After gegenüber im Mantel, vor den beiden „Gabelästen“, in die sich das sog. ventrale Mantelgefäss spaltet. Während nämlich das Gefäss in der hintern Körperhälfte einen Längsspalt des ziemlich compacten Mantelgewebes (Fig. 22 gef) darstellt, wird dieses dem After gegenüber sehr lacunös; die Innen- und die Aussenwand weichen aus einander, bleiben aber durch zahlreiche zarte Muskelbänder, die meist mit einer etwas breitern, dreieckigen Basis aufsitzen, verbunden (Fig. 4, 28). Dies sind die Substanz,,inseln“ der LACAZE-DUTHIERS- schen Beschreibung. Diese grosse, von jenen radialen Muskeln durch- zogene Lacune communicirt seitlich mit den Lacunen, welche die Leberschläuche (hep) und die Nierendivertikel (re) umgeben, und steht durch diese auch mit dem Perianal-Sinus in Verbindung. Wenn daher LACAZE-DUTHIERS angiebt, das ventrale Mantelgefäss spalte sich nach vorn in zwei Gabeläste, die jene lacunöse Kiemenregion zwischen sich fassten, so ist diese Beschreibung nicht ganz correct, denn die Gabel- äste lassen sich von den Lacunen durchaus nicht trennen, sondern beide sind identische Bildungen. In diesen Lacunen werden immer 330 LUDWIG H. PLATE, zahlreiche Blutkérperchen angetroffen, und da die Flimmerreifen, welche ich oben bei Schilderung des Mantels besprochen - habe, gerade in dieser Region der Mantelhöhle für eine beständige Wassercirculation sorgen, so ist wohl kaum zu bezweifeln, dass jene Hohlräume als Kieme fungiren. Diese Kieme ist natürlich den gleichnamigen Organen der Muscheln und Schnecken nur analog ; diesen homologe Gebilde werden hingegen vermisst, es sei denn, dass wir die Kopftentakel als functionell mo- dificirte Kiemenfäden deuten, wie zuerst von BLAINVILLE und später von RAY LANKESTER (9) und FoL versucht worden ist. Bei Schil- derung des Nervensystems und der Tentakel werde ich auf diese Anschauungen, mit denen ich mich nicht befreunden kann, näher ein- gehen. Hier sei nur hervorgehoben, dass der Mangel echter Kiemen wohl kaum anders als durch Rückbildung erklärt werden kann, da alle typischen Molluskenformen dieselben besitzen. Wir dürfen dann weiter folgern, dass Hand in Hand mit dieser Rückbildung und bei allmählich zunehmender Hautathmung die Gefässe und das Herz re- ducirt wurden, und dass daher die einfachen Verhältnisse des Circu- lationsapparates keineswegs ursprünglicher Natur sind. Zu den interessantesten Eigenthümlichkeiten der Dentalien gehören die von LACAZE-DUTHIERS entdeckten „orifices externes des organes de la circulation“, die ich, da sie den Perianal-Sinus direct mit dem um- gebenden Medium verbinden, kurz als „Wasserporen“ bezeichnen will. Da sie kleine Querspalten links und rechts neben dem After dar- stellen, so sind sie auf Querschnitten viel schwerer deutlich zu er- kennen als auf Längsschnitten. In meiner ersten vorläufigen Mit- theilung habe ich den histologischen Bau dieser Oeffnungen mit fol- genden Worten charakterisirt: „Das Epithel der Körperwand wird an jenen Stellen mehrschichtig [dieser Ausdruck ist nicht correct, es bleibt einschichtig] und bildet jederseits einen flachen Höcker, dessen Zellen auffallend helles Plasma aufweisen. In der Mitte dieses Zell- complexes liegt die in Rede stehende Oeffnung, so dass dieselbe auf dem Querschnitte einen kurzen Canal darstellt, dessen Wände von einem Zellenpolster gebildet werden. Ausserdem ziehen einige Mus- keln an diese Oeffnung heran. Am lebenden Thiere fällt auf, wie diese Oeffnung fast stets geschlossen gehalten wird und sich nur selten plötzlich öffnet und sofort wieder schliesst, während die Nierenmün- dungen und der After sehr häufig weit gedfinet angetroffen werden. Die eben besprochenen Zellenpolster scheinen demnach den Zweck zu haben, einen möglichst dichten Verschluss jener Oeffnungen herbei- Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 331 zuführen. Jedenfalls liegt kein einziger Beweis vor, dass diese Poren zur directen Wasseraufnahme in das Blut bestimmt sind.“ Die Fig. 23 möge diese Schilderung erläutern. Wegen besonderer Contractions- verhältnisse und nicht genau sagittaler Schnittrichtung sind hier die Nierenöffnung (0) und die Wasserpore (ost), die sonst dicht neben einander liegen, auf demselben Schnitte zu sehen. Das Polster 2 wird von grossen polygonalen Zellen gebildet, die sehr an diejenigen erinnern, welche die Stützpolster der Radula zusammensetzen. Sie haben eine deutliche Membran und werden von einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllt. Das Protoplasma liegt als ein dünner Belag der Membran an und durchsetzt ausserdem in Gestalt eines weitmaschigen Netzwerkes den Zellsaft. Der Kern liegt immer in einer der Ecken, der Wandung angeschmiegt. Das Epithel, welches das Polster bedeckt und auch den Canal auskleidet, ist von geringer Höhe, cubisch oder noch niedriger; es hört an der innern Mündung des Spaltes (ost) auf, so dass ein Theil der Polsterzellen direct den Perianal-Sinus begrenzt. An diese Zellen schmiegen sich auch die schon von LACAZE-DUTHIERS beschriebenen Sphinctermuskeln (sph) an, welche für gewöhnlich die Wände des Canals so eng an einander pressen, dass sein Lumen nicht zu sehen ist (daher auch in Fig. 23 z nicht eingezeichnet). Auf Fig. 23 erscheint der unterliegende Blutraum zwar mit Blutkörperchen erfüllt, aber in Folge von Muskelcontractionen nur von geringer Aus- dehnung. Der Querschnitt Fig. 28 hingegen ist durch ein erschlafftes Thier geführt worden, und daher sind auf diesem die Bluträume in natürlicherer Grösse zu sehen. Nach dem Gesagten ist es erklärlich, dass ich die von Nassonow (7) geäusserte Ansicht — die ich freilich nur aus einem kurzen Referat im Biologischen Centralblatt kenne —, der zu Folge die Wasserporen nur die „Ausmündungen der Ausführ- gänge zweier ovaler Drüsen darstellen“, nicht für richtig halte. Jenen Zellenpolstern kann ich nach ihrem histologischen Bau keine Drüsen- function zuschreiben, und andere Gebilde, welche so gedeutet werden könnten, existiren ebenfalls nicht. — Ueber die Bedeutung der Wasser- poren möchte ich folgende Vermuthung äussern. Da erstens das Blut der Dentalien bei Berührung mit Seewasser, ebenso wie bei allen andern Mollusken, gerinnt, und da zweitens sich an diese Oefinungen keine besonderen ,, Wassercanäle“, wie etwa bei Natica (nach SCHIEMENZ 16) anschliessen, so halte ich eine Wasseraufnahme in das Blut für vollständig ausgeschlossen. Es kann sich also nur um eine eventuelle Blutabgabe handeln, Diese mag von Vortheil sein, wenn das Thier ge- zwungen ist, sich plötzlich sehr tief in seine Schale zurückzuziehen 349 LUDWIG H. PLATE, und dadurch der auf die innern Organe ausgeiibte Blutdruck sehr gesteigert wird. Die Wasserporen wären demnach Organe zum Blut- austritt behufs plötzlicher Volumverringerung. Hiermit stimmt auch überein, dass, wie oben erwähnt, die lebenden Dentalien jene Oefinungen immer krampfhaft geschlossen halten, wesshalb dieselben auch viel schwerer zu finden sind als die Nierenporen, die häufig genug weit geöffnet werden. Um diese Vermuthung experimentell zu prüfen, würde man frische und weit aus ihrer Schale ragende Dentalien plötzlich aus dem Wasser zu nehmen und dann das nach der Contraction des Thieres aus der Schale abfliessende Wasser auf das Vorkommen von Blutkörperchen hin zu untersuchen haben. Würden solche angetroffen, so könnten sie wohl nur durch die Wasserporen nach aussen gelangt sein. Ich bin leider zur Zeit nicht im Stande, eine derartige Unter- suchung auszuführen. — GROBBEN’S (45, p. 52) Vermuthung, dass die Wasserporen den Nierenspritzen homolog sein könnten, wird natürlich durch obige Schilderung des Pericards unhaltbar. 6. Das Nervensystem. Hinsichtlich der Gangliencentren des Nervensystems glaube ich in doppelter Beziehung weiter gekommen zu sein als LACAZE-DUTHIERS, was ja nicht zu verwundern ist, da mir viel ausgiebigere Untersuchungs- methoden zur Verfügung standen. Erstens stellen die von dem fran- zösischen Forscher als „secundäre hintere Anschwellungen des Gehirns“ _ bezeichneten Gebilde keine einfachen Anhänge der Cerebralganglien dar, sondern sie sind selbständige, den Pleuralganglien der Gastro- poden homolog zu setzende Centren. Zweitens gehören zum Buccal- Nervensystem im Ganzen nicht bloss 4, sondern 8 Ganglien. Dass die Pleuralganglien in der That diese Bezeichnung ver- dienen, folgt daraus, dass sie einmal mit dem Gehirn und dann mit den Pedalganglien durch Connective verbunden sind, unter sich aber nur indirect durch die lange Visceralcommissur, welcher auch die Analganglien eingelagert sind, zusammenhängen. Das Cerebropleural- Connectiv ist freilich nur sehr kurz, so dass sich nur wenige Quer- schnitte durch dasselbe legen lassen. Auf dem Längsschnitt Fig. 1, welcher parallel zur Rückenfläche geführt ist, sieht man, wie dieses echte, nur aus Fasern bestehende Connectiv eine Muskelplatte (mu) durchbohrt, die an sich schon genügen würde, die hintern Ganglien als selbständige Bildungen zu erweisen. Wenn daher For meine dies- bezüglichen, in meiner ersten vorläufigen Mittheilung gemachten An- gaben schlankweg mit den Worten zurückweist, „cette donnée est Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 333 évidemment erronée et la description de DE LACAZE-DUTHIERS a été attaquée fort à tort par l’auteur cité“, so bleibt mir nichts anderes übrig, als die erste Hälfte dieses Satzes auf ihn selbst anzuwenden. ’or’s voreiliges Urtheil ist um so bedauernswerther, als die Verhältnisse auf lückenlosen Schnittserien leicht zu erkennen sind, weshalb ihre Bestätigung von andrer Seite (THIELE, 3 und PELSENEER, 47), auch bald erfolgt ist. Schon vor mir sind die in Rede stehenden Centren einmal als Pleuralganglien angesprochen worden, nämlich von Ray LANKESTER (9); seine Deutung kann aber kaum über das Niveau einer einfachen Vermuthung erhoben werden, da sie jeder thatsächlichen Begründung entbehrt. Derselbe kannte weder das Cerebropleural- noch das Pleuropedal-Connectiv. Der Nachweis gerade des letztern ist aber unbedingt erforderlich. Dass es bis dahin übersehen werden konnte, liegt an seiner geringen Länge. Nachdem dasselbe nämlich das Pleuralganglion verlassen hat, verläuft es selbständig nach vorn nur bis etwas vor das Gehirn und verschmilzt dann vollständig mit dem Cerebropedal-Strang. Jedes der grossen von den Fussganglien ausgehenden Connective enthält daher verschiedene Elemente, die wohl ursprünglich ganz getrennt waren, jetzt aber erst kurz vor dem Ge- hirn sich sondern, nämlich das Cerebropedal-Connectiv, das Pleuropedal- Connectiv und den Acusticus, welcher das dem Fussganglion seiner Seite anliegende Gehörbläschen versorgt, aber, wie LACAZE-DUTHIERS zuerst zeigte (51) und wie ich bestätigen kann, im Gehirn wurzelt. Von Buccalganglien, d. h. von Ganglien des sympathischen Nervensystems, hat unser viel citirter französischer Forscher vier nach- gewiesen, ein vorderes und ein hinteres Paar, die durch je eine Quer- commissur unter einander verbunden sind. THIELE hat zuerst mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die hintere Quercommissur nicht, wie LACAZE-DUTHIERS angiebt, über, sondern unter dem Oeso- phagus verläuft. Auf Querschnitt Fig. 11 ist sie in gleicher Höhe mit den Pleuralganglien (plg, nur dasjenige der einen Seite ist sicht- bar, auf der andern ist die nach hinten folgende Visceralcommissur, vis. c., getroffen) zu sehen und verläuft zwischen Oesophagus und Pharynxhéhle. Der Längsschnitt Fig. 7, welcher die Einmündung des Oesophagus (oes) in den Schlundkopf (ph) darstellt, orientirt auch zu- gleich über die Lagebeziehung dieser hintern Quercommissur (n”) zur vordern (’) und zum Schlundrohr. In ihren Verlauf schieben sich nun zwei weitere Ganglien (Fig. 11 g”) ein, ein rechtes und ein linkes, die symmetrisch zu einander liegen, was auf jener Zeichnung wegen schräger Schnittführung nicht veranschaulicht werden konnte. Nerven Zool. Jahrb. V, Abth. f. Morph, 93 354 LUDWIG H. PLATE, habe ich von diesen Ganglien nicht ausgehen sehen. Die vordere Buccalcommissur innervirt das Subradularorgan, auf das THIELE zu- erst aufmerksam gemacht hat, und dessen ich oben schon gedacht habe. Sie ist ungewöhnlich breit im Vergleich zu den beiden vordern Buccalganglien, die sie verbindet (Fig. 5, 30 »’), und besteht aus Fasern mit einigen am Aussenrande angelagerten kleinen Zellen. Die beiden Nerven des Subradularorgans treten nicht von den Ganglien, sondern nach innen von denselben, von der Commissur, ab (Fig. 7 n, n’) und schwellen an der Basis des Organs noch zu je einem kleinen Ganglion an (Fig. 7 gl), von dem mehrere feine Nerven ausstrahlen. Der Querschnitt Fig. 30 hat ausser der vordern Buccalcommissur das Subradularganglion der einen Seite (gl) und den entsprechenden Nerven (rn) der andern Seite getroffen. Den einen medianen Nerven, welchen LACAZE-DUTHIERS von der Commissur abgehen lässt, habe ich nicht auffinden können, so dass ich hier eine Verwechslung mit einem der Subradularnerven vermuthe. Ueber die histologische Structur der Nervencentren verdanken wir Fou einige Angaben, die aber in mehreren Punkten zur Kritik heraus- fordern. Wenn er sagt, „les deux ganglions cérébroides ne sont en réalité qu'un seul ganglion subdivisé par un étranglement situé dans le plan sagittal“ und „la substance à grosses et à petites cellules ganglionnaires s’étendant sans interruption d’un ganglion à l’autre, nous sommes obligés d’y voir un organe unique, subdivisé mais non ~ pas divisé“, so kann man sich allenfalls mit dieser Schilderung zu- frieden geben, denn in der That sind die beiden Gehirnganglien in beträchtlicher Breite verwachsen (Fig. 30 a cer). Aber es verdient doch hervorgehoben zu werden, dass trotz dieser Verschmelzung jeder auf den ersten Blick erkennt, dass es sich um zwei Ganglien, ein rechtes und ein linkes, handelt. Die Einschnürung schneidet auf der Ventralseite viel tiefer ein als dorsalwärts, was zur Folge hat, dass die Ganglienzellenzonen beider Seiten hier in ganzer Breite, dort hin- gegen nur auf einer schmalen Strecke in einander übergehen. Ausser- dem wird die Doppelnatur des Gehirns auch durch die Nerven, welche paarweise dasselbe verlassen, angedeutet. Während also jene Schil- derung richtig ist, aber noch einer kleinen Erweiterung bedurfte, ist Fou im Irrthum, wenn er dem Fusscentrum einen wesentlich andern Bau zuschreibt. Hier sollen beide Ganglien vollständig getrennt und nur durch eine ächte fibrilläre Commissur verbunden sein. „I s’agit donc ici d’une véritable paire “de ganglions.“ Ganz im Gegentheil sind die beiden Fussganglien noch inniger mit einander verwachsen Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 335 als die Cerebralganglien, wie ein Blick auf Fig. 32 lehrt. Auf diesem Querschnitte gehen sowohl die dorsalen als auch die ventralen Ganglien- zellen beider Seiten in ganzer Breite in einander über. Dass dies auf der For’schen Abbildung der Pedalganglien nicht zu erkennen ist, liegt offenbar daran, dass der betreffende Schnitt durch die Rinden- schicht derselben gelegt wurde. Die übrigen Ganglien, mit Ausnahme der Pleuralcentren, also die Anal- und Buccalganglien, sollen nach Fon diese Bezeichnung im histologischen Sinne nicht verdienen. „Is n’ont point de couche cor- ticale continue, mais seulement quelques cellules ganglionnaires dis- persées, comme on en rencontre aussi dans les gros troncs nerveux et en divers points de bifurcation des nerfs. Ce sont sans doute ces cellules qui ont trompé PrATE et lui ont fait affirmer que les fibres nerveuses sont nucléées.“ Ich muss leider For auch in diesem Punkte entgegentreten. Ein Blick auf meine möglichst naturgetreuen Zeich- nungen Fig. 11, 19, 30 lehrt, dass alle diese Centren eine sehr deut- liche Rindenschicht von Ganglienzellen aufweisen, die auch ihre kugel- formige oder ovale Gestalt bedingen. Ob sich die Fibrillen der zu- gehörigen Connective und Commissuren in den Ganglien in das feine Maschenwerk auflösen, das den Cerebral-, Pleural- und Pedalganglien zukommt, konnte ich bei ihrer Kleinheit nicht entscheiden, doch liegt zunächst kein Grund zu der Annahme vor, dass sich die Fibrillen- substanz zwischen den nervésen Zellen der kleinen Ganglien anders verhält als zwischen denjenigen der grössern. Jedenfalls genügt schon der Nachweis einer Rindenschicht von zahlreichen, dicht zusammen- liegenden Nervenzellen in jenen Anschwellungen, um ihre Bezeichnung als Ganglien zu rechtfertigen. For, ist nun weiter der Ansicht, ich hätte diese ächten Ganglienzellen verwechselt mit jenen Nervenzellen, welche von Stelle zu Stelle in den Nervenfasern vorzukommen pflegen. Was ihn zu dieser Vermuthung geführt hat, ist mir ganz unerfindlich ; habe ich doch in meiner ersten vorläufigen Mittheilung zunächst die Ganglienzellen der Cerebral-, Pleural- und Pedalcentren geschildert und darauf erst gesagt: „Mit For’s Behauptung »les fibres nerveuses sont... . totalement dépourvues de tout noyau« kann ich mich nicht einverstanden erklären. Ich finde in allen Nerven hier und da einen oder mehrere wandständige Kerne.“ Es war doch hieraus klar zu erkennen, dass diese den Nervenfibrillen eingelagerten Kerne von denjenigen der Rindenschicht der Ganglien verschieden seien und auch von mir unterschieden worden sind. Beide sind auch in der That nicht mit einander zu verwechseln, denn diese meist zwischen den 23 * 336 LUDWIG H. PLATE, äussern Fibrillen eines Nerven liegenden Kerne sind 1) viel kleiner als die Kerne der ächten Ganglienzellen (Fig. 30 »', Fig. 19); 2) liegen sie einzeln oder nur einige wenige zusammen; 3) ist in Folge ihrer Kleinheit von dem Protoplasma ihres Zellkörpers nur selten etwas zu erkennen. Die feinere Histologie der grossen Ganglien ist von Fou ausführ- lich geschildert worden; ich kann dieselbe bestätigen mit Ausnahme zweier Angaben. Er findet einmal, dass sämmtliche grosse Ganglien- zellen nur in einen zur Markmasse gerichteten Faden auslaufen. Man könne sie daher unipolar nennen, wenn auch an einigen festzustellen sei, dass die Ausläufer sich später gabeln, so dass sie in Wahrheit bipolar wären. Die Verhältnisse sind wegen der Kleinheit des Objects sehr schwierig zu untersuchen; ich glaube aber unter den Zellen ver- schiedene deutlich multipolare mit Hülfe einer SEIBERT’schen Wasser- immersion erkannt zu haben. Die grossen pigmenthaltigen Ganglien- zellen (Fig. 33 a) laufen am verschmälerten Ende mehrfach in zwei Fasern aus, von denen nur die eine in das centrale Maschenwerk ein- tritt. Auch vom äussern Rande der Zellen treten zuweilen einzelne Fäden ab, die wohl nur dazu bestimmt sein können, die Ganglien- zellen unter einander zu verbinden. Nach allem zweifle ich nicht, dass die Dentalien wie alle übrigen Mollusken multipolare Ganglien- zellen besitzen. Schwer aufzuklären sind die Verhältnisse vornehmlich deshalb, weil die von Fou aufgefundenen Neurogliazellen (Fig. 33 b), die zuweilen auch gelbe Pigmentkörnchen (pig) enthalten können, sich mit ihrem Maschennetz zwischen die Ganglienzellen einschieben, so dass man ihre Ausläufer oft nicht unterscheiden kann von den rein nervösen. Nach innen von diesen grossen Ganglienzellen liegen kleine sternförmige Zellen (c), deren Natur mir unklar blieb. For hält sie für Neurogliazellen, doch wäre es auch möglich, dass sie nervöser Natur seien, indem sie unter einander zusammenzuhängen und Aus- läufer in die Marksubstanz zu senden scheinen. — Am Gehirn finde ich eine doppelte bindegewebige Umhüllung: erstens diejenige, welche auch Fou beschreibt, und deren Zellen (Fig. 33 £) sich epithelartig an einander schliessen; zweitens nach innen von ihr eine dünne Mem- bran mit länglichen, zerstreut liegenden Kernen (a). 7. Die Sinnesorgane, a) Die Gehörbläschen, Auf die wichtigsten Thatsachen der histologischen Structur der Gehörbläschen, ihre Zusammensetzung aus einem Flimmerepithel mit äusserer bindegewebiger Umhüllung, hat Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 337 schon LACAZE-DUTHIERS aufmerksam gemacht. Diese letztere (Fig. 34 bi) ist von derselben Art wie das Neurilemm der Pedalganglien, mit dem sie auch mehrfach verwachsen ist. Das Epithel lässt das Spiel der Cilien im absterbenden Thiere sehr schön erkennen. Die Härchen vertheilen sich nicht gleichmässig über die Innenfläche des Bläschens, wie Lacaze es zeichnet, sondern bilden kleine Gruppen, die in ziemlich gleich grossen Abständen von einander stehen und durch nackte Partien von einander getrennt werden (Fig. 34). Die Cilien zeigen eine bestimmte Anordnung; sie sind in jeder Gruppe längs einer Kreislinie von sehr verschiedenem Durchmesser inserirt und strahlen im getödteten Thiere schräg nach aussen, so dass man bei der Betrachtung von oben an einen Trichter erinnert wird. Die niedrigen plattenförmigen Kerne (n) haben einen unregelmässig rund- lichen Umriss und liegen vielfach gerade unter je einem Cilienkranze, so dass man bei Betrachtung des optischen Querschnittes an einen Zu- sammenhang beider denken könnte, zumal da eine feine Strichelung unter den Cilien darauf hinweist, dass diese sich tief in das Protoplasma der Zellen hinein verlängern. — Ueber die Innervirung der Epithel- zellen habe ich nichts Sicheres ermitteln können. Eine besondere Crista acustica ist jedenfalls nicht vorhanden. Der Gehörnerv ver- läuft zwischen Neurilemm und Epithel (Fig. 34 ac) und setzt sich an den Aussenrand derjenigen, etwas abgeplatteten Fläche des Bläschens an, mit welcher dasselbe den Pedalganglien angeheftet ist. Von hier aus scheint sich dann der Nerv mittelst feinster, nicht weiter ver- folgbarer Ausläufer über das ganze Bläschen auszubreiten. — Die massenweise im Gehörbläschen vorhandenen kugligen Otolithen lösen sich bei Zusatz von Säuren auf, ohne dabei Gasbläschen zu ent- wickeln. b) Die Tentakel. Kein Organ der Dentalien hat das Interesse der Untersucher so sehr wachgerufen und hinsichtlich seiner Deutung solche Controversen veranlasst wie die eigenthümlichen fadenförmigen Anhänge, welche in grosser Anzahl und von zwei blattförmigen „Ten- takelschildern“ entspringend neben dem Mundkegel liegen. LACAZE- DUTHIERS gab eine im Allgemeinen correcte, wenn auch den histo- logischen Bau wenig berücksichtigende Schilderung derselben, welche ich, 31 Jahre nach meinem Vorgänger, zu erweitern versucht habe. Meine Angaben sind dann von Fon durch eine erneute Untersuchung geprüft und eingehend kritisirt worden, wobei mir eine Anzahl von Irrthümern. vorgeworfen werden. Ich habe daraufhin die Tentakel an sehr gut conservirtem Material noch einmal gründlich studirt, ohne 338 LUDWIG H. PLATE, aber zu einer andern Auffassung der strittigen Punkte, als ich sie in meiner ersten vorläufigen Mittheilung vertreten habe, zu gelangen. Nur hinsichtlich der von mir als ,rudimentäre Tentakel“ unterschie- denen kleinern Tentakelsorte schliesse ich mich Fou an und halte dieselben jetzt für Jugendstadien der „eigentlichen Tentakel“. Es wird daher im Folgenden meine Aufgabe sein, die Differenzpunkte zwischen Fou und mir scharf zu präcisiren und dieselben im Sinne meiner frühern Darstellung zu erläutern. * Zuvor noch einige Worte über die Tentakelschilder. Es sind dies zwei plattenförmige Hautfalten (Fig. 30 a, 31) von ziemlicher Dicke, die jederseits hinter der Basis des Mundkegels dem Körper ansitzen. Sie sind längs einer breiten, von vorn nach hinten laufenden Linie angeheftet und ragen über diese nach allen Seiten frei in den Mantelraum hinein. Die Anheftungslinie entspricht nicht der Mit- tellinie des Tentakelschildes, sondern verläuft der dorsalen Kante beträchtlich genähert, weshalb auf dem Querschnitte (Fig. 30a) die Hauptmasse der Falte sich ventral von der Anheftungslinie ausdehnt, dorsalwärts hingegen sich nur wenig über diese erhebt. In gleicher Weise ragen die Tentakelschilder auch nach vorn frei in den Mantel- raum hinein, wie man aus der Betrachtung von Längsschnitten, die parallel dem Rücken verlaufen, ersieht (Fig. 1), und ebenso verhalten sie sich am hintern Ende, jedoch mit dem Unterschiede, dass die Falte hier viel geringer als vorn entwickelt ist. Nach hinten er- strecken sich die Schilder noch etwas über jene Linie hinaus, die durch die Verwachsung von Rumpf und Mantel markirt wird (Fig. 31). Von der Seite betrachtet zeigen die Schilder eine ungefähr fünfeckige Gestalt ; sie enden vorn mit einer queren Kante, die bei einem mittel- grossen Exemplar 311,3 « maass. Gegen die Mitte zu werden sie allmählich immer breiter — bei jenem Exemplar bis 1 mm — und nehmen in der hintern Hälfte ziemlich rasch wieder an Breite ab, so dass sie fast zugespitzt enden. Die Figuren 30a und 31 sind nach demselben Individuum bei gleicher Vergrösserung entworfen worden. Die Schnitte sind etwas schräg ausgefallen, so dass die rechte Seite weiter nach hinten getroffen ist als die linke: die Schilder zeigen daher auf den vier verschiedenen Höhen eine sehr verschiedene Breite, und auch die Breite der Anwachslinie unterliegt entspre- chenden Veränderungen. Die Schilder bergen im Innern eine grosse Blutlacune, welche mit dem Sinus, dem das .Gehirn eingebettet ist, frei communieirt. Man findet hier auf Schnitten auch stets eine grosse Anzahl von Blutkörperchen, so dass den Hautfalten auch ohne Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 339 Zweifel ein beträchtlicher Antheil an der Hautathmung zukommen wird, zumal durch die Cilien der Tentakel und durch deren Bewegung für eine beständige Wassererneuerung in der Umgebung der Schilder gesorgt wird; man könnte diese Falten daher mit demselben Rechte wie jene Mantellacunen in der Höhe des Afters als „Kiemen‘ be- zeichnen. — Der Sinus jedes Tentakelschildes wird von zahlreichen Nerven, die direct dem Gehirn entspringen, und von Muskeln durch- zogen. Diese letztern geben den Querschnitten, die in der Nähe der Vorderkante geführt sind, ein eigenartiges Aussehen, indem sie (Fig 30 a) in zahlreichen queren und parallelen Zügen angeordnet sind und durch ebenso viele bluterfüllte Hohlräume von einander getrennt werden. Die uns besonders interessirenden Anhänge dieser Schilder, die Tentakel, entspringen nur an den Randpartien und zwar der Innen-, wie der Aussenfliche. Sie sind Ausstülpungen eben dieser Flächen, so dass das an den meisten Stellen niedrige, flimmerlose Epithel der- selben direct in die Wandung der Tentakel übergeht. Ebenso setzen sich die grossen Längsmuskeln der ausgebildeten Tentakel direct in den Hohlraum der Schilder hinein fort (Fig. 30a, 31 mu), so dass von der Wurzel jedes Tentakels ein Muskelbündel abgeht. Ihrem Ur- sprunge nach könnte man also Tentakel der Vorderkante, der Seiten- ränder und der hintern Spitze unterscheiden. Wie ein Blick auf die Figuren 1, 30a, 31 lehrt, ist aber die mit den Fühlfäden besetzte Zone an den Rändern der Schilder eine ziemlich breite, indem dieselben auch ein Stück auf die eigentliche Fläche hinaufrücken. Die Ten- takel sind von zweierlei Art, die äusserlich so verschieden sind, dass ich Anfangs nicht glaubte annehmen zu dürfen, es lägen hier nur ver- schiedene Altersstadien ein und desselben Gebildes vor, obwohl mir die Uebergangsformen zwischen beiden schon damals bekannt waren. Die eine Sorte, welche früher von mir als „rudimentäre Tentakel“ be- zeichnet wurde, sitzt ausschliesslich der medianwärts, also dem Körper (Fusse) zugekehrten, innern Seite der Randzonen auf, ist verhältniss- mässig kurz, im Innern dicht gefüllt mit kleinen Zellen, deren Kerne bei Anwendung von Farbstoflen das Gebilde ganz dunkel erscheinen lassen, und entbehrt der Nerven und Muskeln (Fig. 1, 30a, 31 6). Die „eigentlichen Tentakel der zweiten Sorte werden sehr viel grösser, sitzen den Kanten und den Aussenflächen der Randzone auf, stellen im Innern grösstentheils hohle Schläuche dar und sind mit Längs- muskeln, einem Nerven und einem äussern Cilienbesatz versehen (Fig. 1, 30a, 31 T). Dort, wo beide Arten von Fühlfäden zusammenstossen, also an den eigentlichen Kanten der Schilder, kommen Tentakel vor, die 340 LUDWIG H. PLATE, in Grösse und Bau zwischen jenen stehen und daher als Uebergangs- formen angesehen werden können. Sie machen es sehr wahrscheinlich, dass die kleine innere Sorte nur die Jugendformen der äussern dar- stellt, in die sie allmählich übergehen, indem sie dabei gleichzeitig von der medianen Fläche des Schildes auf die äussere hinüberrücken. Man muss also eine Wanderung der Tentakel im Laufe ihrer Ent- wicklung annehmen, die wohl Hand in Hand mit dem Wachsthum der Tentakelschilder sich vollziehen wird. Dieser zuerst von Fou ausge- sprochenen Ansicht, wonach meine „rudimentären Tentakel“ nur die Jugendstadien der „eigentlichen“ sind, pflichte ich jetzt ebenfalls bei, weil sie das Vorkommen jener Intermediärformen ungezwungen erklärt. Immerhin darf man aber nicht vergessen, dass ein sicherer Beweis für ihre Richtigkeit noch nicht erbracht ist und auch, der Natur der Sache nach, wohl schwerlich zu erbringen sein wird, da es kaum möglich sein wird, eine bestimmte Tentakelknospe durch alle Ent- wicklungsstadien hindurch zu verfolgen. Die Tentakel reissen, wie man am lebenden Thiere häufig beobachten kann, leicht ab, und dass ein Ersatz derselben nöthig ist, leuchtet ein, da ja die Dentalien ihre Nahrung (Foraminiferen) mittelst des keulenförmig angeschwollenen und mit einer Sauggrube versehenen Enden der Fäden ergreifen. Ich habe aber keine Andeutungen davon bemerken können, dass diejenigen Tentakel, welche von der Knospenzone am weitesten entfernt sitzen, also am meisten dem Centrum der Aussenfläche sich genähert haben, am ehesten abgeworfen werden. Sie sehen auch nicht irgendwie ab- genutzt oder degenerirt aus. Und doch muss es sich wohl so ver- halten, dass gerade an diesen Stellen die Tentakel verloren gehen und dann durch die von der Innenfläche und der freien Kante nach- rückenden ersetzt werden. Vermuthlich sind sie, wie die ältesten, so auch die längsten; sie werden daher am weitesten hervorgestreckt, werden zuerst von schädlichen Einflüssen getroffen und können bei plötzlichen Contractionen des Thieres am schwersten rechtzeitig in die schützende Mantelhöhle zurückgezogen werden. Fou scheint an- zunehmen, dass die Jugendformen überall innerhalb der Tentakelzone auftreten können, denn er wirft mir vor: „il est faux du reste que la face ventral du bouclier ne porte que des tentacules jeunes, la face dorsale que des tentacules formés. Il peut en avoir été ainsi sur lexemplaire mis en coupes par PLATE et l’on voit de suite le danger d'écrire avant d’avoir fait des comparaisons“. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, dass mein Urtheil nicht auf dem Studium eines ein- zigen Thieres beruht — wiire dies der Fall gewesen, so wiirde ich Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 341 nicht unterlassen haben, dies besonders zu betonen —, sondern dass ihm viele Schnittserien zu Grunde liegen; bei allen finde ich ausnahmslos, dass Tentakelknospen zwischen ausgebildeten Fäden nicht vorkommen. Die Bildungsstätte derselben ist daher offenbar streng localisirt, und nur von ihr aus geht der Ersatz abgefallener Fäden vor sich. Wohl aber finden sich dicht neben einander stehende Uebergangsformen, zuweilen auf ziemlich verschiedenen Entwicklungsstufen, worauf ich gleich zurückkommen werde. Ich wende mich nunmehr zur Schilderung der verschiedenen Ent- wicklungsstadien der Tentakel und beginne mit dem jüngsten, den Tentakelknospen. Da dieselben noch keine Längsmuskeln besitzen, aber trotzdem sehr verschieden lang angetroffen werden, so kann dies nur eine Folge verschiedenen Alters sein. Auch bei ihnen ist das freie Ende schon keulenförmig angeschwollen. Als charakteristische Merk- male dieser Jugendstadien sehe ich Folgendes an: 1) Die Fäden werden nach aussen von einen deutlichen Epithel begrenzt (Fig. 35), welches aus niedrigen, ungefähr cubischen Zellen sich zusammensetzt. Da die Kerne derselben relativ gross sind, so drängen sie sich ziemlich eng an einander. 2) Das ganze Innere dieses Schlauches wird von Zellen erfüllt, so dass kein eigentlicher Hohlraum — höchstens minimale Spalten zwischen den Zellen — vorhanden ist. Von diesen Zellen fallen namentlich diejenigen auf, welche in der Längsaxe liegen. Sie sind spindelförmig und liegen so über einander geschichtet wie die Münzen in einer Geldrolle (Fig. 35, 36). Ihre gestreckten Kerne stehen daher senkrecht auf der Langsaxe. Nach aussen von dieser Zellensäule liegen Zellen, die im Stiel der Knospe nur in ein oder zwei peripheren Schichten unter dem Epithel angeordnet sind (Fig. 36 y, Fig. 35). Bei ganz jugendlichen Knospen (Fig. 35) verhält sich die Keule ebenso, bei etwas älteren Stadien aber haben sich diese Zellen stark vermehrt (Fig. 36) und bilden einen soliden Pfropf in der Keule. Als drittes Kennzeichen dieser Tentakelknospen kann man das Fehlen gewisser Organe, der Längsmuskeln, des Nervenstranges und der äusseren Flimmerung, erwähnen. Auf gefärbten Schnitten sind sie sofort an ihrem dunklen, wegen der vielen eng zusammenliegenden Kerne stark tingirten Aussehen zu erkennen. Aus diesen Jugendstadien gehen nun zunächst diejenigen Ten- takel hervor, welche ich als Uebergangsformen bezeichnet habe, weil sie in der Gestalt schon den ausgewachsenen Fühlfäden gleichen, im innern Bau aber noch manche Besonderheiten aufweisen. Die Tentakel- knospen wachsen nämlich ausserordentlich in die Länge, wobei aber 342 LUDWIG H. PLATE, eine Vermehrung der Epithelzellen gar nicht oder doch nur in sehr geringem Maasse eintritt. Es lässt sich nun zunächst eine Verän- derung in den Kernen der Epithelzellen constatiren. Während diese in den Knospen (Fig. 35) multinucleolär erscheinen, fangen sie jetzt an zu schrumpfen und nehmen ein homogenes Aussehen an. Fig. 37 zeigt das angeschwollene Ende eines solchen Fadens; die Mehrzahl der Epithelkerne (b) ist noch unverändert, dazwischen sind aber schon viele (a) aufgetreten, welche ihre Körnelung verloren haben, und solche finden sich überwiegend in dem Stieltheil des Fadens. In dem etwas ältern Tentakel, welcher der Fig. 38 zu Grunde lag, waren schon alle Epithelkerne von dieser Veränderung ergriffen worden, gleichzeitig aber waren dieselben sehr ungleichmässig vertheilt; einzelne lagen noch ziemlich in der ursprünglichen Entfernung neben einander, während andere durch weite Zwischenräume getrennt waren. Dies wird ohne Zweifel einmal mit dem Längenwachsthum des Fadens zusammen- hängen; wahrscheinlich liegt die Ursache für jenes Verhalten aber ausserdem in einem zweiten Vorgange, der erst später deutlich zu constatiren ist, vermuthlich aber jetzt schon einsetzt, nämlich in einer Kerndegeneration, die allmählich zum vollständigen Schwunde der Kerne führt. Während die relativ wenigen Nuclei, welche das Epithel der Keule bilden, niedrig sind (Fig. 38 c), treten sie im Faden in dop- pelter Form auf, kleine rundliche (6) und grössere (h) von gestreckter, stab- oder spindelförmiger Gestalt. Sie stehen senkrecht zur Längsaxe des Fadens und verleihen demselben dadurch ein eigenthümliches Aus- sehen, das auch schon Fon bemerkt hat. An diesen quergestellten Epithelkernen kann man die Uebergangsformen besonders leicht er- kennen. Hand in Hand mit diesen Umwandlungen im Epithel gehen solche im Innern des Tentakels vor sich, über die ich mich leider weniger genau habe unterrichten können. Die Bindegewebszellen, welche die Knospe vollständig ausfüllten, weichen zunächst auseinander (Fig. 37) und bilden ein reticuläres gleichartiges Zellengewebe in dem wachsen- den Faden. Später aber differenziren sie sich in den verschiedenen Regionen in verschiedener Weise und erzeugen so (Fig. 38 a, d, f, 9) die verschiedenen Bindegewebs- und Drüsenzellen, welche wir am aus- gebildeten Tentakel kennen lernen werden. Sehr wahrscheinlich liefern sie auch die Längsmuskeln, welche schon in den Uebergangsformen auftreten (mu), und zwar, wie mir scheint, gleich in der definitiven Zahl und Anordnung. Diese Muskeln haben nämlich einen segmentalen Bau, sie setzen sich aus einer Anzahl fest zusammenhaftender Muskel- Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 343 stücke zusammen, und dieser Umstand spricht dafür, dass jedes Seg- ment von je einer der innern Zellen erzeugt worden ist, während man bei vollständig einheitlichem Bau jedes Muskels auch ein Einwachsen der Musculatur des Tentakelschildes in die Knospen vermuthen könnte. Rechnen wir alle diejenigen Tentakel zu den Uebergangsformen, welche noch deutliche Kerne in dem Epithel aufweisen, so fällt auch die Bil- dung des Tentakelganglions und des Nerven in dieses Stadium hinein (Fig. 38, 39 gl). Leider habe ich diese Verhältnisse vornehmlich an con- servirtem Material untersucht, während sie an lebenden Thieren viel leichter zu ermitteln sein werden. Ganglion und Nerv treten schon vor den Längsmuskeln auf (Fig. 39), wie sie sich aber anlegen, ob durch Ein- wachsen der Cerebralnerven oder an Ort und Stelle, ist mir verborgen geblieben. Durch Abschnürung vom Epithel entstehen sie vermuthlich nicht, denn eine solche hätte mir wohl kaum entgehen können. Der Tentakel der Fig. 39 besass noch keine Längsmuskeln, aber trotz- dem schon ein Cilienkleid auf der Keule, und in der muldenförmigen Vertiefung der Ventralseite trafen dunkle Stränge zusammen, die wohl nur identisch mit den ,,Nervenendknospen“ des ausgewachsenen Ten- takels sein konnten. Bei andern Uebergangsformen habe ich diese und die Cilien nie bemerkt. Neben einander stehende Uebergangs- formen sind oft verschieden weit entwickelt, z. B. mit oder ohne Längs- muskein. Mit dem Auftreten derselben strecken sich die Fäden weit aus, die noch vorhandenen Epithelkerne werden dadurch weit ausein- ander gerückt, und ein solcher Tentakel kann dann leicht für ausge- wachsen gehalten werden, zumal auf Dauerpräparaten, weil er nicht mehr dichtkörnig und stark tingirt erscheint. Ich vermuthe, dass durch solche Tentakel FoL zu der irrthümlichen Auffassung geführt worden ist, dass die Tentakelknospen auch zwischen den definitiven Fäden auftreten. Die ausgebildeten Tentakel, zu deren Schilderung ich mich jetzt wende, entstehen aus den eben beschriebenen durch fortgesetztes Längenwachsthum. Sie sind beträchtlich grösser als die eben be- sprochenen Intermediärformen und von diesen äusserlich sofort durch die verschiedene Beschaffenheit des Epithels zu unterscheiden: die Cuticula, welche bei jenen nur schwach entwickelt war, ist viel stärker geworden, die Kerne der Epithelzellen sind bis auf einige wenige voll- ständig verschwunden und diese Zellen selbst zu einer continuirlichen Protoplasmaschicht, gewissermaassen einem Syncytium ohne Kerne, verschmolzen. Betrachtet man daher einen Tentakel von der Fläche (Fig. 42) oder auf einem Querschnitt (Fig, 41), so findet man zu 544 LUDWIG H. PLATE, äusserst eine derbe, homogene Cuticula (cut) und unter dieser eine sehr zarte, feinkörnige Protoplasmalage (hyp), die nirgends in Zellen gesondert ist. Kerne finden sich hier nur äusserst spärlich (Fig. 42 ne), so dass man oft lange suchen muss bis man sie findet, da dieselben fast ausnahmslos degeneriren. Es liegt hier also einer der seltenen Fälle vor, wo lebensfähiges Gewebe, wie in den rothen Blutkörpern der Säuger und den Muskeln vieler Turbellarien, nur in der Jugend: kern- haltig ist. Von dieser Degeneration kann man sich an vielen Ueber- gangstentakeln leicht überzeugen. Fig. 40 ist nach dem basalen Ab- schnitte eines solchen entworfen worden. Bei a sieht man zwei Kerne, die zwar schon unregelmässig eingeschnürt sind, aber im Allgemeinen noch als normal gelten können, zumal da sie sich noch gut tingiren. Die Kerne ¢ sind zu ganz kleinen Gebilden zusammengeschrumpft, färben sich aber ebenfalls noch gut; die mit b bezeichneten hingegen sind zerbröckelt und haben nur eine Spur von Farbstoff aufgenommen. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass die Kerne sich thatsächlich zurückbilden und nicht bloss übersehen worden sind. — Ich trete mit dieser Auffassung Fou entgegen, welcher annimmt, dass die Kerne sich nur verkleinerten und homogen würden und dann schwer sichtbar wären. Er sagt: „les cellules épidermiques s’atrophient aprés avoir sécrété la cuticule, leur noyau diminue et devient homogene, si bien que, chez un tentacule entièrement formé, il faut bien chercher pour le retrouver. Les cellules qui portent les cils vibratiles de la ban- delette longitudinale se conservent mieux que les autres“. Das Wort „retrouver“ hat doch nur dann Sinn, wenn die Kerne nach Ansicht des Verfassers jener Zeilen noch vorhanden sind. Dass die mit Cilien be- setzten Partien der Epidermis sich anders verhielten als die nackten (Fig. 41), habe ich nie beobachten können, sondern auch hier fand sich dieselbe subcuticulare, kernlose Plasmaschicht. Es scheint mir auch nicht richtig, von einer „Atrophie“ der Zellen zu reden, da doch dieser Vorgang nur deren Kerne ergreift. Endlich muss ich Fou auch darin Unrecht geben, dass er der Epidermis der Keule einen andern Bau zuschreibt als derjenigen des Fadens. „Cette atrophie de I’ épiderme“, so sagt er, „ne concerne que la partie cylindrique du filament. A l’ex- trémité renflée en massue, ou plutôt en cuillère, I’ épiderme se conserve non seulement, mais encore une partie de ces cellules semble prendre un développement remarquable sous forme d’ éléments glandulaires.“ Die Figuren 43, 44, 45, 46 mögen veranschaulichen, dass in der Keule die Epidermis sich genau so verhält wie im Faden, und dass von den Kernen, welche so zahlreich die Keule erfüllen, keiner zur Haut gehört, Ueber den Bau und die Verwandtschaïtsbeziehungen der Solenoconchen. 345 sondern dass sie in eigenen Zellen liegen, die freilich vielfach sich der Haut eng anschmiegen und dann irrthümlich als Epidermiszellen ge- deutet werden können. — Die Cuticula erscheint nur dann glatt, wenn der Tentakel völlig ausgestreckt ist. Sobald die Längsmuskeln ihn zusammenziehen, bildet die Cuticula zahlreiche ringförmige Einschnü- rungen, zwischen denen sich die Haut in Falten (Fig. 43 f) empor- wölbt, wodurch die schon von LACAzE-DUTHIERS beobachtete Quer- streifung des Tentakels zu Stande kommt. — Als zur Epidermis gehörig möge hier die Flimmerung der Tentakel erwähnt werden. LACAZE-DUTHIERS hob hervor, dass dieselbe am freien Ende viel deut- licher sei als in der Mitte, und Fou ergänzte diese Beschreibung durch die Angabe, die eine Seite des Tentakels trage ein Längsband von Cilien (bandelette vibratile longitudinale); aber auch hiermit ist die Anordnung der Cilien nicht genau geschildert. Sie bilden nämlich auf der einen, sagen wir der ventralen, Seite kein continuirliches Band, sondern sie vertheilen sich auf zahlreiche isolirte Flimmerfelder, die in ziemlich regelmässigen Abständen auf einander folgen (Fig. 42 cil), Erst kurz vor der Endkeule treten sie zu einem continuirlichen „Flim- merbande“ zusammen, das sich über jene allseitig ausbreitet (Fig. 43) und im Innern der flachen ventralen Vertiefung besonders lange Cilien entwickelt. Auch die Insertion der Cilien des Tentakelfadens längs einer tiefen Furche, wie sie Fou in dem Holzschnitt 2 seiner Abhand- lung (p. 137) darstellt, Kommt nie vor, und ich kann mir nur denken, dass zufällige Schrumpfungen diese Täuschung veranlasst haben. Die Tentakel sind bekanntlich sehr contractil. Sie werden von dem Thiere weit aus Mantelhöhle und Schale herausgestreckt und bei Reizung rasch wieder eingezogen. Diese Contractilität verdanken sie einer Anzahl von Längsmuskeln, die dicht unter der Epidermis ent- lang ziehen, und zu deren Beschreibung ich jetzt übergehe. Man muss zwei Sorten solcher Muskeln unterscheiden, die in ihrer Dicke beträchtliche Differenzen darbieten und daher als derbe und zarte, resp. als Haupt- und Nebenmuskeln einander entgegen gestellt werden mögen. Die letztern sind von Fou zuerst erwähnt worden; er hat aber ihre Natur gänzlich verkannt und sie als Nervenfäden gedeutet. Die Fig. 41 zeigt das typische Bild, welches man auf Querschnitten durch den eigentlichen Tentakelfaden erhält und das sich nur kurz vor und im Bereiche der Endkeule ändert. Die runden Querschnitte der zehn grossen Längsmuskeln (Mu) vertheilen sich in ziemlich gleichen Abständen längs der Haut, und zwischen ihnen sind die als kleine glänzende Pünktchen erscheinenden Querschnitte (mu) der sieben 346 LUDWIG H. PLATE, Nebenmuskeln in ganz bestimmter Weise gruppirt. Unter dem ven- tralen Flimmerfelde verlaufen zwei Hauptmuskeln und fassen zwei Nebenmuskeln (mu?!) zwischen sich; es sind dies diejenigen zarten Fäden, welche auch Fou constant angetroffen hat und sie in der an- gegebenen Weise deutet. Nach aussen von den beiden eben erwähnten Hauptmuskeln folgen zwei weitere Nebenmuskeln (mu?), auf diese jederseits zwei Hauptmuskeln, dann jederseits ein Nebenmuskel (mu), endlich hierauf vier Hauptmuskeln, die in der Mitte zwischen sich und mu! diametral gegenüber den siebten Nebenmuskel mu fassen. Wie man sieht, ist die Anordnung der derben und der zarten Muskeln völlig symmetrisch zu einer senkrecht auf dem Flimmerfelde stehenden Ebene. Von den Nebenmuskeln sind häufig die beiden medianen und ihre nächsten Nachbarn etwas stärker als die drei andern. — Wenn nun auch die grosse Mehrzahl der Tentakel auf dem Querschnitt sich ‘in der geschilderten Weise verhält, so trifft man doch nicht selten kleine Abweichungen in der Zahl der Haupt- und Nebenmuskeln an. Die Zahl der Nebenmuskeln ist bei nicht ganz gelungener Conservirung oft nur schwer zu ermitteln, da Körnchen der Hypodermis oder Quer- schnitte von Ausläufern der Bindegewebszellen ihnen täuschend ähnlich sehen können. Immerhin scheint es mir sicher zu sein, dass sie zu- weilen in geringerer Anzahl auftreten, wie dies zweifellos auch für die Hauptmuskeln festgestellt werden kann. Derartige Tentakel mit weniger als zehn derben und sieben zarten Muskeln gehören vermuthlich zu den Uebergangsformen, deren ältere Stadien auf Querschnitten nicht immer von den ausgebildeten Fäden zu unterscheiden sind. Fig. 47 zeigt einen solchen Fall. Der eine in der Epidermis liegende, gestreckte Kern weist auf die Intermediärform hin; im Innern sind acht Haupt- muskeln vorhanden, während die zarten Muskelfäden, die demnach erst später aufzutreten scheinen, noch fehlen. Es wurden auch Quer- schnitte mit sieben und neun Hauptmuskeln und solche mit vier, fünf, sechs Nebenmuskeln beobachtet. — Ueber die Histologie dieser Muskeln kann man sich am besten an Flächenbildern unterrichten. Man über- blickt an solchen (Fig. 42) gewöhnlich vier — zuweilen auch noch einen fünften — Hauptmuskel. Ist die Bauchseite des Tentakels dem Be- schauer zugekehrt (Fig. 42), so werden die beiden mittlern Haupt- muskeln von Stelle zu Stelle von den, bei mittlerer Streckung längs- ovalen Flimmerfeldern (cil) bedeckt; zieht sich der Tentakel stark zusammen, so erscheinen dieselben als querovale Felder. Jeder von diesen Muskeln ist ein runder Faden, der in eine grosse Anzahl un- gefähr gleich langer Segmente getheilt ist, An dem rechtsseitigen Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoeonchen. 347 Muskel der Fig. 42 lassen sich z. B. die Theilstücke Mu, Mu‘, Mu” unterscheiden. Jedes derselben wird aus zahlreichen, sehr feinen und eng zusammenliegenden Fibrillen gebildet und läuft vorn und hinten in eine Spitze aus. Die Vorderspitze des einen Segmentes und die hintere des nächstfolgenden legen sich eng aneinander und ergänzen sich so gleichsam zu einem einheitlichen Strange. Die beiden Enden eines Theilstückes verwachsen fest mit der ihnen aufliegenden Epi- dermis und bewirken bei Contraction die Querrunzelung derselben. Querschnitte, welche gerade die Uebergangszone zweier Muskelseg- mente getroften haben, zeigen natürlich zwei eng zusammenliegende Muskeldurchschnitte (Fig. 41a). In einzelnen Fällen läuft das eine Muskelsegment in eine symmetrische Spitze aus und greift mit dieser in einen keilförmigen Einschnitt des folgenden ein (Fig. 42 links). In dem von den Muskeln umschlossenen Hohlraum liegen eine Menge Kerne, auf die ich gleich eingehen werde. Einige von ihnen schmiegen sich, von etwas Protoplasma umgeben, eng an die Innenfläche der Muskelstücke an und gehören offenbar zu diesen. An lebenden Thieren wird man wohl feststellen können, ob auf ein Segment mehr als ein Kern kommt oder nicht, was ich an conservirtem Material nicht ent- scheiden konnte. Jedenfalls scheint es mir klar zu sein, dass die Hauptmuskeln nicht durch Einwachsen der Musculatur des Schildes, mit der sie an der Wurzel der Tentakel zusammenhängen, entstanden sein können, denn sonst müssten sie wie diese ungegliedert sein, son- dern sie werden den Embryonalzellen der Tentakelknospen ihren Ur- sprung verdanken. Die zarten „Nebenmuskeln“ sind jedenfalls sehr merkwürdige Gebilde und ihre musculöse Natur keineswegs, wie ich gleich bemerken will, sicher erwiesen. Es sind feine Fäden, die nicht selten eine Zu- sammensetzung aus Körnchen und stabförmigen Partikelchen erkennen lassen. Auch sie bedürfen noch einer Nachuntersuchung am lebenden Thiere, die ich versäumt habe, weil ich sie erst nachträglich an Quer- schnitten beobachtet habe. Bei einer solchen würden vielleicht auch kleine Kerne, die zu ihnen gehören und von mir nicht wahrgenommen wur- den, aufgefunden werden. Einen Zusammenhang mit den Hauptmuskeln habe ich nirgends bemerkt, aber mich auch überzeugt, dass ein solcher nicht mit dem Tentakelganglion, wie Fou angiebt, besteht. Gerade die zwei Fäden, welche dieser Autor für Nerven hält, habe ich bis in die Nähe der Mulde der Tentakelkeule verfolgen können (Fig. 48 mu), wobei sie immer der Haut angelagert blieben und sich dem Ganglion gar nicht näherten; und ebenso verhalten sich die übrigen Neben- 548 LUDWIG H. PLATE, muskeln, deren Identität mit jenen nicht zu bezweifeln ist. Diese Fäden können keine Nerven sein, weil das Ganglion in einen ächten typischen Nerven übergeht (Fig. 41, 45, 48), und so weiss ich ihnen keine andere Function als die genannte zuzuschreiben. Sollte sich der Mangel von Kernen, zu dessen Annahme ich mich gezwungen sehe, bewahrheiten, so würden die Nebenmuskeln wohl als Fibrillen der Epidermis (wie bei Cölenteren) anzusehen sein. Betrachtet man Querschnitte durch die Basis der Endkeule, so findet man, wie schon FoL hervorgehoben hat, mehr als zehn Haupt- und sieben Nebenmuskeln. Die erstern sind ausserdem zarter geworden, sie laufen offenbar nach vorn hin dünn aus (Fig. 48). Wegen der vielen Bindegewebszellen, die das Innere der Keule undurchsichtig machen, ist es mir nicht gelungen, festzustellen, ob die Vermehrung der Muskeln durch Gabelung der alten herbeigeführt wird, oder ob sich die neuen, ohne Zusammenhang mit jenen, einschieben. Nach Fou setzen sich die Muskeln nach vorn bis an den Boden der Flimmergrube fort und heften sich hier an. Foraminiferen und andere Nahrungspartikelchen sollen dadurch wie mit einer Saugscheibe ergriffen und bei Contraction des Tentakels der Mundöffnung zugeführt werden. Ich bin nicht im Stande gewesen, die Muskeln bis über das Ganglion hinaus nach vorn . zu verfolgen, will aber jenen Angaben nicht entgegentreten, da sie ganz den Vermuthungen entsprechen, welche man sich a priori über die Function der Flimmergruben machen würde. Die nervösen Elemente, welche ich in den Tentakeln beobachtet habe, bestehen aus einem, den Faden in ganzer Länge durchziehenden Nerven, welcher in der Keule zu einem Ganglion anschwillt, von dem mehrere Nerven ausgehen, und ferner aus einem Complex von Gan- glienzellen, die in eigenthümliche Tastorgane der Haut auslaufen. Der Tentakelnerv ist nicht immer leicht zu beobachten, namentlich auf Querschnitten, die sehr gut conservirt sein müssen, um ihn ganz sicher zu zeigen; er ist deshalb von LACAZE-DUTHIERS und For vollständig übersehen worden. Durch Behandlung mit Osmium oder mit Hämato- xylin kann man ihn übrigens so intensiv färben, dass er auch bei Anwendung schwacher Vergrösserungen sich sehr ‘deutlich von seiner Umgebung abhebt. Fig. 42 zeigt einen so behandelten Tentakel von der Ventralseite. Der Nerv verläuft genau nach innen von dem Zwi- schenraum, welcher die beiden medianen Hauptmuskeln (Mu°, Mu) von einander trennt und in dem die oben geschilderten zwei Neben- muskeln liegen, welche Fou irrthümilich für Nerven gehalten hat; aus dem Querschnitt der Fig. 41 ergiebt sich die Lagerung dieser Fäden [Ueber den Bau und die” Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 349 zu einander noch deutlicher. Der Nerv ist aus sehr feinen Fibrillen zusammengesetzt und wird nach aussen von einer sehr zarten Membran, die keine eigenen Kerne besitzt, umhüllt. Von Strecke zu Strecke findet man in der Aussenzone der Fibrillen einen Kern, von etwas Protoplasma umgeben (Fig. 49 ne). An dem Vorderende des Nerven, kurz bevor derselbe in das Ganglion übergeht, wird die Zahl der Kerne grösser (Fig. 45, n), so dass sie näher bei einander liegen. Da bei den Contractionen der Längsmuskeln der Nerv sich auch ver- kürzen muss, so sieht man ihn nicht selten wellenförmig hin und her geschlängelt und durch Faltenbildung der Grenzmembran mit vielen Querrunzeln bedeckt (Fig. 48). Das Ganglion, von dessen Existenz sich auch FoL überzeugt hat, liegt an der Basis der Tentakelkeule und hat die Gestalt eines Ellipsoids, dessen grosse Axe in der Längsausdehnung des Tentakels liegt und je nach dem Contractionszustand in seiner Länge einigen Schwan- kungen unterworfen ist, wie dies aus der Betrachtung der Figuren 43, 45, 48,49 erhellt. Die Grenzmembran des Nerven setzt sich auch auf das Ganglion als dessen äussere Umhüllung fort. Unter derselben liegen Ganglienzellen so eng und in so gleicher Höhe neben einander, dass sie an vielen Stellen den Eindruck eines Epithels machen. Das Innere des Ganglions erscheint je nach der Conservirung bald als eine Punkt- substanz, bald lässt sich ein feines Maschenwerk erkennen. Die Nerven, welche am Vorderende des Ganglions austreten, sind sehr schwer zu erkennen. Am leichtesten erblickt man noch jederseits einen starken Strang, der sich vorn in viele Fasern aufzulösen scheint. Wahrscheinlich findet sich aber auch ein dritter medianer Nerv. Unmittelbar hinter der Basis des Ganglions fällt dem Beobachter jederseits ein grosses, helles, blasenförmiges Gebilde, eine Drüse auf, die ich weiter unten näher berücksichtigen werde (Fig. 43, 45, 49 dy’). Hinter ihr liegt ein Complex von etwas über 20 Zellen (giz), die sich durch birnförmige, rundliche oder bei dichter Lagerung durch polygonale Umrisse, durch dunklen, dichtkörnigen Zellinhalt und bläschenförmige Kerne, die im lebenden Zustande oft scharf zu ihrer dunklen Umgebung contrastiren, auszeichnen. Diese Zellen sind von For entweder völlig übersehen oder mit den hinter ihnen liegenden Drüsen (dr) zusammengeworfen worden, obwohl sie mit den letztern nur eine entfernte Aehnlichkeit besitzen und auch in meiner vor- läufigen Mittheilung schon eingehende Berücksichtigung fanden. Diese Zellen halte ich für Ganglienzellen, da sie nach vorn sämmtlich in einen Faden auslaufen, der am Boden der Flimmermulde mit einem Zool, Jahrb, V. Abth. f. Morph, 24 350 LUDWIG H. PLATE, unzweifelhaften Sinnesorgan endet. Wegen ihrer Gestalt seien diese wohl der Tastempfindung dienenden Organe als „Endkolben“ bezeichnet. Jene ventrale Einsenkung der Tentakelkeule ist vornehmlich an ihren Rändern mit einer grossen Anzahl solcher Endkolben besetzt (Fig. 43). Die zu ihnen gehörenden nervösen Fäden (Fig. 43, 49 fa) lassen sich über das Tentakelganglion hinweg bis zu jenen Ganglienzellen con- tinuirlich verfolgen, so dass für mich nach zahlreichen Beobachtungen am lebenden Object wie an Dauerpräparaten nicht der geringste Zweifel besteht, dass die Ausläufer dieser Zellen mit den Endkolben direct zusammenhängen. Ich betone diesen Umstand desshalb so sehr, weil nach FoL die Endkolben nur mit dem Ganglion in Verbindung stehen, aus dem sie direct entspringen sollen. Er hat also offenbar jene Nervenfäden fa nicht bis über die Basis des Ganglions hinaus zu verfolgen vermocht und daher ihre Wurzeln in das Ganglion verlegt. Die in Rede stehenden nervösen Fäden sind keine ächten Nerven, zeigen keinen fibrillären Bau, sondern sie sind ebenso wie die Ganglien- zellen aus körniger protoplasmatischer Substanz zusammengesetzt und sind daher nur als Theile und als Ausläufer jener anzusehen. An- fangs im Bereiche des Ganglions sind dieselben zart und daher oft schwer continuirlich zu verfolgen, je mehr sie sich aber der Flimmer- grube nähern, desto dicker werden sie, so dass sie im Ganzen die Ge- stalt einer schlanken Keule mit lang ausgezogenem Stiel besitzen (Fig. 43, 49). Mit dem äussersten Ende beschreiben sie einen kurzen Bogen (Fig. 50) und stossen senkrecht auf die Cuticula, welche in der Grube zarter ist (Fig. 46) als an den übrigen Theilen der Tentakel- keule. Das Aussehen der Endkolben wird nun noch dadurch sehr variabel, dass die Oberfläche der gebogenen Endpartie sehr uneben sein kann, indem sie mehrere flache Höcker bildet oder, was häufiger der Fall ist, mit einer knopfförmigen Verdickung unter der Cuticula endet (Fig. 50), die sich beim lebenden Thiere durch einen besondern Glanz auszeichnet. In allen Fällen durchbricht diese äusserste Partie des Endkolbens die Cuticula und ragt mit einem stift- oder kegel- förmigen Fortsatz über dieselbe hinaus. Diese Stifte sind nicht so lang wie die Cilien der Tentakelgrube, so dass sie von diesen überragt werden. An lebenden Thieren gewann ich den Eindruck, als ob jeder Stift wieder aus einer Anzahl dicht gedrängt stehender Stäbchen sich zusammensetze, während sie an conservirtem Material eine feinkörnige Structur zeigen, die ihnen auch von Fou zugeschrieben wird. Kerne kommen in den Endkolben nicht vor, ein Beweis, dass diese nur als die vordersten Enden der Ganglienzellen anzusehen sind. Es spricht dieser Umstand sehr gegen die For’sche Darstellung, denn es kommt, Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 351 so viel ich weiss, bei keiner Thierabtheilung vor, dass die Ganglien- zellen des Centralorgans direct, ohne Vermittlung peripherer Ganglien- zellen, in die Sinnesstäbchen übergehen. In welcher Weise hängen nun die Ganglienzellen der Endkolben mit dem centralen Nervensystem zusammen? Verbinden sie sich mit dem Ganglion oder erhalten sie Fasern des Tentakelnerven ? Auf diese Fragen vermag ich zur Zeit trotz vieler Bemühungen keine sichere Antwort zu geben. Es ist mir nie gelungen, irgendwelche andere Ausläufer an einer Ganglienzelle als jenen einen Endkolben zu ent- decken. Ich muss daher vor der Hand annehmen, dass jene Zellen isolirt liegen, ähnlich wie die freien Ganglienzellen, welche LEUCKART in dem Parenchym der Distomeen nachgewiesen hat. Endlich sei hier noch die Vermuthung zurückgewiesen, dass die eben besprochenen Gebilde lang ausgezogene Drüsenzellen seien. Da sie sich in keiner Weise besonders intensiv färben, auch nie im entleerten Zustande, ohne Inhalt — was doch sonst bei Drüsenzellen ganz allgemein beob- achtet wird — angetroffen werden, so kann ich mich mit dieser An- sicht nicht befreunden. Zum Schluss habe ich noch auf diejenigen Zellen einzugehen, welche sich zwischen dem Nerven und den Muskeln mehr oder weniger regelmässig vertheilen und theils als Bindegewebszellen, theils als Drüsen auftreten. Betrachtet man einen Tentakelfaden von der Fläche, so sieht man zahlreiche rundliche Zellen, die an manchen Stellen in einer grössern und einer kleinern Sorte auftreten, und nach innen von den Längsmuskeln, also im Lumen des Tentakels, sich ausbreiten. Sie liegen bald ziemlich nahe bei einander (Fig. 42 bi), bald entfernter. Der Kern ist immer ziemlich gross, multinucleolär, das Protoplasma zieht sich in einige Fäden aus, die sich an die Muskeln und Nerven von aussen anlegen oder unter einander anastomosiren (Fig. 41, 47 bi). Diese Bindegewebszellen hat For gänzlich verkannt; er beschreibt sie als Epithelzellen, welche ein typisches ‚inneres Epithel“ um den cen- tralen Hohlraum des Tentakels bilden. Von einem solchen aber ist keine Spur vorhanden, und nur schlecht conservirte Tentakel können, wenn die Bindegewebszellen einander durch Contraction der Muskeln genähert sind, das Bild eines Epithels vortäuschen. In Wahrheit schliessen aber auch dann die Zellen nie eng um einen centralen Canal zusammen. In der Tentakelkeule sind diese Bindegewebszellen so zahlreich, dass sie dieselbe dicht erfüllen und dadurch zu einem fast überall soliden Gebilde machen. Man kann hier eine vordere Gruppe solcher Zellen und eine hintere unterscheiden. Die der ersteren liegen 24* 302 LUDWIG H. PLATE, dorsal von der Flimmergrube (Fig. 43, 48 6c’) und haben grosse Aehn- lichkeit mit multipolaren Ganglienzellen. Ihre Ausläufer anastomo- siren mit einander und bilden so ein reticuläres Gewebe, indem, wie Querschnitte (Fig. 46) lehren, die grössern Zellen ziemlich regelmässig nach aussen, die kleinern nach innen liegen. Von diesen Zellen laufen viele in einen langen Faden aus (Fig. 51), der sich dem Boden der Grube anheftet. Es sind dies ohne Zweifel diejenigen contractilen Elemente, welche FoL zuerst gesehen und als kernhaltige Fäden den ächten Muskeln, die ebendaselbst enden, gegenübergestellt hat. Die Bindegewebszellen der hintern Gruppe breiten sich theils dicht unter dem Epithel aus, theils liegen sie mehr nach innen und sind dann in der Regel zu grössern oder kleinern Packeten dicht zusammenge- drängt (Fig. 44, 45 bi). Wie Fou dazu gekommen ist, diese Zellen als Elemente eines „Knorpelringes“ zu deuten, ist mir unverständlich, da sie sich nur in ganz untergeordneten Details von den übrigen Binde- gewebszellen unterscheiden. Diese Zellen können, da sie im Umkreise des Ganglions liegen und ihre Ausläufer mehrfach an dieses heran- treten lassen (Fig. 44, 45), leicht den Anschein erwecken, als ob zarte Nervenfäden von den Seiten des Ganglions abgingen. Die Drüsen, welche in den Tentakeln angetroffen werden, sind sämmtlich einzellig. Sie finden sich erstens regellos vertheilt und sehr vereinzelt als kleine flaschenförmige Gebilde am ganzen Tentakelfaden und zweitens in grösserer Entwicklung und zu zwei unregelmässigen Längsreihen vereinigt gleich hinter den oben geschilderten Ganglien- zellen (Fig. 43, 49 dr). Diese Drüsen stehen am distalen Ende jeder Reihe ziemlich gedrängt, am proximalen weiter auseinander. Jede Zelle besitzt eine kuglige Gestalt und einen kleinen, der Dorsalfläche sich zuwendenden Ausführgang. Diesem gerade gegenüber sitzt der Kern und schmiegt sich dem Grunde eng an. Der Inhalt besteht aus Bläschen oder homogenen Granula und zeigt immer ein helleres Aus- sehen als die davor liegenden Ganglienzellen (glz), von denen sie daher auch ohne alle Mühe zu unterscheiden sind. Trotzdem scheint es Fou nicht gelungen zu sein, diesen Unterschied zu bemerken, denn er wirft mir vor, ich liesse die Fäden der Endkolben aus Zellen ent- springen, die nicht Ganglien-, sondern Drüsenzellen seien, weil er nur letztere erkannt, dagegen erstere übersehen hat. Unter den Drüsen nehmen zwei, eine rechte und eine linke, eine besondere Stellung ein und unterscheiden sich auch sicherlich in der Function von den übrigen. Sie sind auch von Fou gesehen, aber ganz irrthümlich gedeutet worden als „deux cavités symétriquement placées à droite et à gauche, et Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 353 qui paraissent closes sur elles-memes“. Es sind kugelförmige Blasen, die vor den Ganglienzellen und hinter dem Ganglion liegen und das distale Ende des Tentakelnerven zwischen sich fassen (Fig. 43, 45, 49 dr’). Sie sind in der Regel von einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllt und können daher wohl den Eindruck von leeren Räumen machen. Aber sie besitzen einen kleinen, ganz excentrisch vom Vorder- rande entspringenden Ausführgang, einen zarten der Membran sich anschmiegenden Protoplasmabelag, von dem auch einzelne feine Fäden sich durch den Zellsaft hindurchspannen, und endlich einen multi- nucleolären Kern (Fig. 52 dr’), womit ihre Drüsennatur erwiesen sein dürfte. Die Function der Tentakel ist offenbar eine doppelte. Sie sind einmal Greiforgane, die mit den als Saugscheiben wirkenden Flimmer- gruben die Nahrung (Foraminiferen) ergreifen und der Mundöffnung zuführen, wie dies FoL zuerst betont hat, und zweitens Sinnesorgane. Ein vollständiges Bild über die Art der Sinnesempfindung, die sie ver- mitteln, wird sich nach der histologischen Analyse wohl kaum entwerfen lassen, abertrotzdem glaube ich behaupten zu dürfen, dass die Endkolben der Ganglienzellen giz Tastorgane sein müssen, und dass die feinen Ner- ven, welche an das Vorderende der Keule ausstrahlen, in gleichem Sinne wirken. Denn nur unter dieser Voraussetzung, die übrigens auch schon LaAcAzE-DUTHIERS gemacht hat, lässt sich verstehen, wie die Thiere im Stande sind, aus dem Meeressande ihre Nahrung herauszuziehen und Brauchbares und Werthloses zu unterscheiden. — Blutkörperchen finden sich nur in ganz geringer Menge in den Tentakeln. An der Respiration scheinen sie sich daher nicht mehr zu betheiligen als alle übrigen Hautorgane; jedenfalls können sie ihrer Function nach nicht mehr als Kiemenfäden betrachtet werden. Auf die morphologische Natur der Tentakel, ob dieselben als mo- dificirte Kiemenfäden oder als ächte Kopftentakel anzusehen sind, gehe ich hier nicht näher ein, da diese Frage bei Erörterung der systematischen Stellung der Scaphopoden eingehend besprochen werden soll. Il. Die Organisation der Siphonopoden. Für die Beurtheilung der systematischen Stellung der Soleno- conchen erschien es unumgänglich nothwendig, auch die zweite Haupt- gruppe derselben, die Siphonopoden, mit in den Kreis der Unter- suchung zu ziehen. Existiren doch bis jetzt über die Anatomie der- selben nur die Angaben von Sars, Vater und Sohn, welche aber nur so weit in den Gegenstand eindringen, als Scalpel und Präparirmikro- 354 LUDWIG H. PLATE, skop dies gestatten (2, 12). Ich habe daher drei Species der Siphono- poden, nämlich Siphonodentalium vitreum M. Sars, Siphonentalis affinis M. Sars und Cadulus subfusiformis M. Sars, auf Querschnitten untersucht, und wenn ich trotz dieser verbesserten Methode im Fol- genden weniger Neues zu bieten, als Bekanntes zu bestätigen habe, so liegt dies in erster Linie daran, dass die mir zur Verfügung stehenden Exemplare mangelhaft conservirt waren und nur die gröbsten anatomischen Verhältnisse erkennen liessen. Es genügt eben nicht, die lebenden Thiere einfach mit Schale in Alcohol zu werfen, sondern diese müssen zunächst aus ihrem Gehäuse entfernt werden. Ich werde mich im Folgenden vornehmlich mit denjenigen Organisationsverhält- nissen befassen, in denen die Siphonopoden von den Scaphopoden ab- weichen. 1. Der Fuss und die Körperretractoren. Sars’ Angabe, dass der Fuss mit einer runden, am Rande mit kleinen Papillen besetzten Scheibe endigt, kann ich bestätigen. Er hat, wie schon der Name der Familie besagt, die Gestalt einer Röhre, deren Wandung aus zwei Schichten besteht, einer äussern von Ring- muskeln (Fig. 54, 56 rm) und einer innern von Längsmuskeln (Im). Die radiären Muskeln, welche in der Zusammensetzung des Fusses der Dentalien eine so beträchtliche Rolle spielen, fehlen hier also gänzlich. An conservirtem Material ist das Vorderende des Fusses immer in das Lumen der Fussröhre eingestülpt, was durch die Contraction zweier sehr starker Retractoren, die nur aus Längsmuskeln bestehen (Fig. 55 mu), bewirkt wird, Sie entspringen ungefähr in der Höhe des Afters an der Rückenwand des Körpers (Fig. 58 mu), dort, wo auch die beiden Körperretractoren (ret) ihren Ursprung nehmen, so dass man demnach diese bis in die Fussmusculatur verfolgen kann. Bei Siph. vitreum finde ich, dass diese Fussretractoren in einiger Entfernung von der Wurzel einen äussern und viel zartern Seitenmuskel abgeben (Fig. 55 mw‘), so dass sich vier Zurückzieher an die Innenfläche der termi- nalen Fusscheibe ansetzen. Die Körperretractoren ziehen ebenso wie bei Dentalium unter dem Rückenintegument des Hinterkörpers entlang. Es sind aber deren nur zwei vorhanden (Fig. 59, 60 ret). 2. Der Mantel schwillt am Vorderrande (Fig. 57) ebenso wie bei Dentalium zu einem Ringwulste an, der aber auf der Ventralseite ungefähr einmal so hoch und so dick ist wie am Rücken, Nur Cadulus subfusiformis scheint Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 355 sich etwas anders zu verhalten, indem das eine Thier, welches ich in Schnittserien zerlegte, nur dorsalwärts eine ganz geringe Verdickung aufwies. Der Randwulst ist also hier, wenn überhaupt vorhanden, nur sehr schwach ausgeprägt. Bei den beiden andern Arten ist er histo- logisch viel einfacher gebaut als bei Dentalium. Die drei Drüsensorten, welche wir hier kennen lernten (Fig. 2), fehlen ganz, der Ringwulst besteht fast völlig aus Ring-, Längs- und Radialmuskeln. Dagegen findet sich eine Zone kleiner einzelliger Drüsen (Fig. 57 dr) hinter demselben, aber nur auf der Dorsalseite. Diese Drüsen entsprechen in ihrer Lage völlig denen, welche wir oben (Fig. 2 gl) bei den Scapho- poden kennen lernten, nur dass sie hier einen breiten Gürtel bildeten. Nach vorn von diesen Drüsen und hinter dem Ringwulst erfüllt gallertiges Bindegewebe (Fig. 57 a) den grössten Theil des Mantels, wie bei den Dentalien. 3. Die Verdauungsorgane. Schon M. Sars hat auf die plattgedrückte Gestalt des Mundrohrs und den Mangel von Lappen um die Mundöffnung herum aufmerksam gemacht. Ob dies letztere auch für Cadulus subfusiformis gilt, er- scheint mir zweifelhaft, da auf meinen Schnitten sich das Mundrohr rechts und links in einen Lappen auszieht. Die zusammengedrückte Gestalt des Mundrohrs wird vornehmlich durch die beiden flachen Seitendivertikel (Fig. 56 div) hervorgerufen, die von dem mittlern Canal (mr) nicht scharf abgesetzt sind, sondern in ganzer Länge durch einen breiten Spalt in diesen übergehen. Das dorsale Epithel beider bildet ausserdem mehrere Längsfalten. — Kiefer und Subradularorgan sind überall vorhanden. Die Basilarmembran der Radula ist an den Seitentheilen, wo sie nicht mehr mit Zähnchen besetzt ist, ganz un- gewöhnlich dick (Fig. 61 chi). Die Stützpolster zeigen denselben histologischen Charakter wie bei den Scaphopoden. Die Drüsennatur der beiden Seitendivertikel des Oesophagus (Fig. 55 div) spricht sich in zahllosen dunklen, fettartigen Tropfen und Tröpfchen aus, welche die Zellen erfüllen, stellenweise aber auch im Oesophagus auftreten, so dass dann diese Drüsen sich nicht scharf absetzen. — Die Leber besteht aus zwei gesonderten Portionen. Die eine, welche nach vorn gewandt ist und von M. Sars richtig erkannt wurde, besteht aus einer grössern Anzahl von cylindrischen Schläuchen mit einschichtigem Epithel, die im Mantel der vordern Körperhälfte liegen (Fig. 55, 61 hep). Die in der Leber der Dentalien so deutlich ausgesprochene Symmetrie ist hier etwas gestört worden, indem die Schläuche beider Seiten sich 356 LUDWIG H. PLATE, nach hinten zu allmählich vereinigen und schliesslich mit einem ge- meinsamen Gange (Fig. 59 hep) linksseitig in den Magen einmünden. Von der Hinterwand des letztern gehen nun noch zwei weitere grössere Schläuche ab, die parallel neben einander bis zum hintern Körper- ende verlaufen. Ihre Zellen machen auf meinen allerdings ungenügend conservirten Präparaten denselben Eindruck wie die Zellen der vordern Leberschläuche, weshalb ich nicht anstehe, diese beiden blind endigenden Divertikel als hintere Leberportion anzusprechen (Fig 60 hep). M. Sars hat dieselben für einen unpaaren Canal, welchen er als Ausführgang der Geschlechtsorgane deutet, gehalten. Der Eingeweideknäuel und der Enddarm mit der Rectaldrüse verhalten sich wie bei Dentalium (Fig. 55 int, Fig. 58 int, an). Neben der Afteröffnung liegen die beiden Nierensäcke, die vor dem Magen sich einander stark nähern, ohne aber zu verschmelzen (Fig. 58 re). — Die beiden Wasserporen waren wegen mangelhafter Erhaltung nicht festzustellen. 4. Die Tentakelschilder tragen, wie bei den Dentalien, die Jugendstadien der Tentakel auf ihrer Innenfläche. Bei Siph. vitreum und Cadulus sitzen sie jener Körperregion an, die dorsalwärts mit dem Mantel, ventralwärts mit dem Fuss verwächst. Bei Siph. affinis hingegen liegt die Fusswurzel etwas weiter nach hinten, so dass man auf Querschnitten (Fig. 56) die Tentakelschilder nur als Anhänge der Basis des Mundrohres er- blickt. Die Tentakel zeigen die gewöhnliche Gestalt. In der Endkeule habe ich zuweilen auch das Ganglion wahrnehmen können. Der Faden (Fig. 53) wird von 6 derben und 6 zarten Längsmuskeln durchzogen. — Cerebral- und Pleuralganglien waren zu unterscheiden. 5. Die Geschlechtsorgane sind so stark entwickelt, dass sie, wie schon M. Sars angegeben hat, in der hintern Körperhälfte auch den Mantel vollständig erfüllen (Fig. 59, 60 ov). Da ein eigener Ausführgang nicht vorhanden ist, so erfolgt die Entleerung ohne Zweifel durch die Niere der einen Seite. Bei Siph. vitreum und Siph. affinis ragen die Geschlechtsorgane nicht weiter nach vorn als auch bei den Dentalien, nämlich bis zur Höhe des Afters. Bei Cadulus hingegen erstrecken sie sich noch ein be- trächtliches Stück weiter nach vorn, bis zur Mitte des Schlundkopfes, und liegen hier ausschliesslich im Mantel zwischen den vordern Leber- schläuchen, deren nach vorn gekehrte Lage wohl eine Folge der mächtigen Entwicklung der Genitalorgane (Fig. 61 ge) ist, Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 357 III. Die systematische Stellung und die Verwandtschafts- beziehungen der Solenoconchen. 1. Historische Uebersicht. Die Solenoconchen sind wegen ihrer merkwürdigen Gestalt und ihres eigenartigen Baues von jeher von den Zoologen in sehr ver- schieder Weise beurtheilt worden und haben daher im System eine sehr wechselnde Stellung eingenommen. Die über ihre Verwandt- schaftsbeziehungen ausgesprochenen Ansichten lassen sich in folgender Weise zusammenfassen; sie wurden zugeordnet: 1) den tubicolen Anneliden; 2) den Gastropoden; 3) den Lamellibranchiern; 4) wurde für sie eine besondere Molluskenclasse geschaffen und sie dann entweder als Zwischenformen zwischen Muscheln und Schnecken oder als nächste Verwandte und letzte Ueberreste der Stammformen der Cephalopoden angesehen. 1) Die älteste Ansicht, nämlich ihre Zugehörigkeit zu den Röhrenwürmern, bedarf, weil längst veraltet, heutzutage nicht mehr einer kritischen Besprechung. Sie besitzt nur noch historisches Interesse, insofern als sie am Ende des vorigen und in den ersten Jahr- zehnten dieses Jahrhunderts von bedeutenden Zoologen, von Männern wie RONDELET, LAMARCK, DUMÉRIL, LATREILLE, CUVIER und seiner Schule verfochten wurde. Auch Linn& stellte Dentalium ganz in die Nähe der tubicolen Anneliden, nämlich zwischen die Gattungen Patella und Serpula, in seine Abtheilung der Testacea; da diese aber, ab- gesehen von jener einen Gattung, nur ächte Mollusken enthält und alle schalentragenden Weichthiere umfasst, so ist Linné als der erste Forscher anzusehen, welcher die Molluskennatur der Dentalien erkannte, ein Verdienst, das gewöhnlich mit Unrecht DEsHAYES zugeschrieben wird. Selbst in den vierziger Jahren sind noch einzelne malaco- zoologische Handbücher erschienen (CHENU, 15, THORPE, 16), in denen an der Annelidennatur der Solenoconchen festgehalten wurde. LinnE kannte nur die Schale des Dentalium entalis, irgendwelche Andeutungen über das Thier vermissen wir hingegen bei ihm. Von einer wissenschaftlichen Erkenntniss der Molluskennatur der Dentalien kann daher bei ihm noch nicht die Rede sein, es war vielmehr lediglich sein angeborener Scharfblick, der ihn, wie in so vielen Fällen, trotz mangelhafter Kenntniss des Objectes zu einer annähernd richtigen systematischen Gruppirung desselben verhalf. Desmayzs (17) war der erste, welcher (1825) Dentalium eingehend zergliederte und trotz 358 LUDWIG H, PLATE, | mancher Irrthümer ein im Ganzen correctes Bild von der Organisation des Thieres entwarf. Er kam zu dem Schlusse, dass die Dentalien von den Röhrenwürmern entfernt und den Mollusken zugerechnet werden müssten, ohne übrigens ihre Stellung innerhalb dieser näher zu präcisiren. 2) Erst Bramvirte (18) sprach sich in demselben Jahre be- stimmter über die Verwandtschaftsbeziehungen der Dentalien zu den übrigen Mollusken aus. Seine Classe der „Paracephalophora“, die den Schnecken im modernen Sinne entspricht, gliederte er in die Unter- classen Parac. dioica (= Prosobranchier), Parac. monoica (= Pulmo- naten und Opisthobranchier) und Parac. hermaphrodita, welch letztere nur eingeschlechtige, nämlich nur weibliche Thiere aufweisen sollte. Indem er die Tentakel der Dentalien als Kiemenfäden deutete, theilte er die Parac. hermaphrodita in die Ordnungen der „Cirrhobranchiata“ (= Dentalium), der „Cervicobranchiata“ (Patella, Fissurella, Parmophorus) und der „Scutibranchiata“ (Haliotis, Calyptraea). Diese Auffassung, dass die Dentalien eigenartige Schnecken sind, hat sich während der nächsten 30 Jahre einer fast allgemeinen Anerkennung zu erfreuen gehabt und ist in fast alle Lehrbücher übergegangen. Die Stellung, welche ihnen dabei innerhalb der verschiedenen Abtheilungen der Gastropoden zu Theil wurde, war eine wechselnde. Eine Anzahl von Forschern — v. SreBoLD (19), Bronn (20), BERTHOLD (21) u. A. — suchten sie wegen ihrer röhrenförmigen Schale an die tubicolen Prosobranchier Vermetus, Magilus, Siliquaria anzuschliessen. Andere hoben die Aehnlichkeit im Schalenbau mit Patella und Fissurella her- vor und wiesen sie in die Nähe jener Gattungen, die gegenwärtig als Rhipidoglossen zusammengefasst werden: CHenu (22), SowerBy (23), GuILDInG (24), Forges und HANLEY (25), Gosse (28), SANDER-RANG (33) und Andere. Die meisten Verfasser von Lehrbüchern adoptirten einfach die Brarnviwue’sche Gruppe der Cirrhobranchiata und brachten dieselbe an einer beliebigen Stelle zwischen den Schneckenfamilien unter; ich nenne hier nur, ohne auf eine vollzählige Uebersicht An- spruch zu erheben, folgende Autoren: Macarutivray (26), REEVE (27), CLARK (29), der für die Dentalien die Familie der „Lateribranchiata“ schuf, Gray (30), Acassız und GouLp (31), die ihnen den Familien- namen „Nematobranchiata“ gaben, GiEBEL (32), KNER (36). 3) In den Jahren 1856--57 erschien die grosse Monographie des Dentalium tarentinum von LAcAzE-DUTHIERS (1), die so sorgfältig und vielseitig ihren Gegenstand behandelte, dass sie noch heutzutage die Grundlage unserer Kenntnisse bildet und als ein für alle Zeiten Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. (359 classisches Werk angesehen werden darf. Sie stand so hoch über den Abhandlungen von DesHayes (17) und CLark (35), welche bis dahin die einzigen selbständigen Untersuchungen geliefert hatten, dass die in ihr vertretenen Anschauung über die systematische Stellung der Dentalien naturgemäss eine grosse Beachtung finden musste, um so mehr, als sie sich von den herrschenden Ansichten erheblich unter- schied. LAcAzE-DU’THIERS sprach sich nämlich gegen die Gastropoden- natur der Dentalien aus und stellte sie zu den Acephalen, die er in die drei Ordnungen der Solenoconchen, der Lamellibranchier und der Brachiopoden gliederte. Auf eine Kritik der Gründe, welche der fran- zösische Forscher für seine Meinung vorbrachte, werde ich später ein- gehen. Hier sei nur hervorgehoben, dass dieselbe in unveränderter Form nur von sehr wenigen Forschern acceptirt wurde. 4) Bei den meisten Zoologen blieb die Ansicht bestehen, dass die Dentalien durch den Besitz einer Radula und einer einheitlichen Schale nahe Verwandtschaftsbeziehungen zu den Gastropoden documentiren, und da sie anderseits das Vorhandensein einer Anzahl muschelähnlicher Charaktere nicht in Abrede stellen konnten, so acceptirten sie zwar den Ordnungsnamen Solenoconchen, erklärten die Dentalien aber für Uebergangsformen von den Schnecken zu den Muscheln und führten sie entweder als die erste Subclasse der Gastropoden oder als eine selbständige Classe zwischen Lamellibranchiern und Gastropoden auf. . Nur einige Belege hierfür mögen aus den verbreitetsten Lehrbüchern hier zusammengestellt werden. HaArckErL (Generelle Morphologie, 37) hält sie für die unvollkommensten aller Schnecken, HuxLeY (38) sagt, sie seien mit den Chitonen die niedersten Odontophoren. Als besondere Molluskenclasse zwischen Muscheln und Schnecken treffen wir die Dentalien an bei Jerrreys (39), KEFERSTEIN (40), der ihnen den Classennamen ,,Prosopocephala, Larvenköpfe* gab, Carus und GERSTAECKER (41), GEGENBAUR (42), Lupwic (43), CLaus (44), Ray LANKESTER (9), FISCHER (50), v. JHERING (55). Auch THIELE (3, p. 414) schliesst sich neuerdings dieser Anschauung an. Wenn daher die Lacaze-Dututers’sche Ansicht über die systematische Stellung der Dentalien auch nicht directe Anerkennung gefunden hat, so hat doch seine Arbeit unverkennbar den Einfluss gehabt, dass man die Soleno- conchen fast allgemein aus der Nähe der typischen Gastropoden- ordnungen entfernte und ihnen den Rang einer aberranten Gruppe zuerkannte. Neuerdings hat GROBBEN (45, 46) in sehr geschickter Weise den Versuch gemacht, die Dentalien als Mollusken hinzustellen, welche den Stammformen der Cephalopoden besonders nahe, jedenfalls 360 LUDWIG H. PLATE, näher als irgend eine andere Gruppe recenter Mollusken, stehen. Wir werden auf seine Anschauungen weiter unten ausführlich eingehen. 2. Kritik der von verschiedenen Forschern über die systematische Stellung der Dentalien geäusserten Ansichten. Nachdem wir im Vorstehenden die verschiedenen über die Ver- wandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen aufgestellten Hypothesen in ihrer historischen Aufeinanderfolge kennen gelernt haben, kann ich zu einer kritischen Besprechung derselben übergehen und damit zu- gleich die Hauptfrage zu beantworten suchen, welche sich aus einer ganz überwiegend morphologischen Untersuchung dieser Thiergruppe ergiebt, die Frage, welche von jenen Theorien nach unsern derzeitigen Kenntnissen der Wahrheit am nächsten kommt und in welche Fassung sie nach den Resultaten der neuesten Untersuchungen zu kleiden ist. Auf die alte Cuvrer’sche Anschauung, dass die Dentalien zu den tubi- colen Anneliden gehören, gehe ich nicht näher ein, da schon durch die ersten gründlicheren anatomischen Studien von DESHAYES und CLARK die Molluskennatur unserer Thiere zweifellos dargethan wurde. Meiner Meinung nach besteht die alte Bramvınre’sche Auffassung von der Gastropodennatur der Solenoconchen auch heute noch zu Recht, und ich beginne daher mit dieser Theorie. A. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen zu den Gastropoden. Die Zugehörigkeit der Dentalien zu den Gastropoden geht aus dem Besitz folgender anatomischen Charaktere hervor: 1) der Radula; dieselbe ist freilich sehr eigenartig gebaut, so dass sich nähere Verwandtschaftsbeziehungen aus ihr nicht ableiten lassen. Am meisten Aehnlichkeit weist sie noch mit der Radula der Taenio- glossen (Gray) auf, nur dass statt der drei Seitenzähne hier zwei vorkommen ; 2) der Kiefer, die, wohl ursprünglich in Zweizahl vorhanden, median zu einem unpaaren Gebilde verschmolzen sind; 3) der völlig einheitlichen unpaaren Schale; 4) der Körperretractoren, die nach ihrer Lage und ihrer Befesti- gungsweise an der Schale nur mit den Columellarmuskeln der Schnecken homologisirt werden können. Bei Siphonodentalium hat sich noch der ursprüngliche Zusammenhang dieser Muskeln mit der Fussmusculatur erhalten, welcher bei Dentalium verloren gegangen ist; Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 361 5) des unpaaren Geschlechtsorganes, das auch nur einen Ausführgang besitzt (PELSENEER, 47); 6) des buccalen Nervensystems. Suchen wir nun die Stellung der Solenoconchen innerhalb {der grossen vielgestaltigen Classe der Gastropoden näher zu bestimmen. Die bei den Dentalien fast ungestört erhaltene Symmetrie gestattet einen Anschluss nur an solche Formen, die in gleicher Weise diesen primitiven Zustand bewahrt haben. Da alle Opisthobranchier wegen ihres Hermaphroditismus, ihres complicirten Geschlechtsapparates und ihres concentrirten Nervensystems von einer nähern Verwandt- schaft ausgeschlossen sind, und auch die Solenogastres wegen ihres viel weniger specialisirten Baues nicht in Betracht kommen können, so bleibt nur zu untersuchen, ob die primitivern Formen unter den Proso- branchiern und etwa die Chitoniden Aehnlichkeiten im Bau aufweisen, die aus einer gemeinsamen phyletischen Wurzel zu erklären sind. In der That glaube ich, dass die Rhipidoglossen unter den recenten Schnecken diejenigen sind, denen sich die Dentalien am meisten nähern, so dass man, trotz aller im Einzelnen ja nicht zu verkennenden Verschiedenheiten, zu der Annahme einer beiden gemeinsamen Stamm- form berechtigt ist. Die Solenoconchen ähneln den Rhipidoglossen in folgenden Or- ganisationsverhältnissen : 1) in der bilateralen Symmetrie der Körpergestalt und verschie- dener Organe (Nieren, Columellarmuskeln, Leber). 2) Der Kopf setzt sich nicht scharf vom Körper ab, sondern wird nur angedeutet durch ein kurzes, nicht retractiles Mundrohr, an dessen Basis Tastorgane (Tentakel) entspringen. Die Mundôffnung an der Spitze dieses Rüssels ist bei Halotis (WEGMANN, 48) mit fleischigen Papillen besetzt, die sich ausbreiten können und den blattförmigen Mundlappen von Dentalium homolog sind. Aehnliche fleischige Falten finden sich auch bei Fissurella (BouTAN, 49). 3) In den Anfangstheil des Oesophagus münden zwei grosse Taschen, die bei Haliotis und Fissurella etwas complicirter gebaut sind als bei Dentalium, insofern als sie mit Drüsenzotten bedeckt sind. Sie kommen auch bei Patella vor. 4) Die Geschlechter sind getrennt. Das unpare Geschlechtsorgan mündet im reifen Zustande in die rechte Niere, daher fehlen dem Männchen Begattungsorgane. 362 LUDWIG H. PLATE, 5) Der Mantel und damit auch die Gestalt der Schale lassen sich leicht von den bei Haliotis, Fissurella und auch bei Patella gegebenen Verhältnissen ableiten. Denkt man sich bei diesen den kreisförmig und ungetheilt :) um den Körper an der Basis des Fusses herumlau- fenden Mantel nach unten hin verlängert, so wird er röhrenförmig wie bei Dentalium das Mundrohr und den Fuss umgeben. Wächst weiter der Rücken des Thieres thurmartig schräg nach oben und hinten in die Höhe, so wird die Mantelhöhle an der Hinterfläche dieser Erhebung ebenfalls bis zu ihrer Spitze emporsteigen. Entsteht endlich an dieser Spitze eine Oefinung im Mantel, um den Abfluss des Athemwassers zu ermöglichen, wie eine solche in Gestalt eines randständigen Schlitzes (Haliotis) oder einer Oeffnung (Fissurella, Emarginula) auch bei den verwandten Rhipidoglossen angetroffen wird, so ergeben sich im Wesentlichen die bei Dentalium obwaltenden Verhältnisse. Die apicale Oeftnung im Mantel von Fissurella kann übrigens nicht direct homolog dem hintern Mantelporus von Dentalium sein, da erstere vor, letzterer hinter der Eingeweidemasse des Rückens liegt, aber beide sind offenbar analog. Die hier folgenden schematischen Zeichnungen mögen das Fig. 1. Schema einer Fissurella-ähnlichen primitiven Gastropodenform, um deren Umwandlung in die Stammform der Solenoconchen, Fig. 2, zu zeigen (mit Benutzung GroBBEN’scher Zeichnungen). sch Schale, ma Mantel, Æ Kieme, ge Genitalorgan, per Pericard, Gesagte erläutern und zugleich zeigen, in welcher Weise die Soleno- conchen mit Berücksichtigung der wahren Verwandtschaftsverhältnisse zu orientiren sind. Diese Art der Orientirung ist zuerst von M. Sars 1) Von dem Mantelschlitz, welchen Haliotis über dem Nacken be- sitzt, sehe ich hier ab. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 363 vorgeschlagen (2, p. 23) und später von GROBBEN eingehend (46, p. 12) befürwortet worden. Ersterer spricht sich gegen die LACAZE-DUTHIERS- sche Ansicht aus, dass die Mantelhöhle der Dentalien nur als eine ventrale, durch Verwachsung zweier seitlicher Mantelhälften, wie bei vielen Muscheln, entstandene angesehen werden könne, inlem er sagt: „In Wirklichkeit verhält sich der Mantel bei den Dentalien wie bei den typischen Gastropoden, indem er über den Fuss und Körper ein Gewölbe oder einen Sack bildet, nur ist dieser Sack hier stark auf- wärts verlängert, so dass er dadurch die Form eines Rohres erhält. Man möge nämlich wohl beachten, dass der im Vorhergehenden überall als das Hinterende bezeichnete Theil, die Spitze (,„pavillon“), genau genommen nicht des Thieres Hintertheil ist, sondern eine richtigere Angabe wäre, dass der auf dem hintersten Ende des stark verkürzten eigentlichen Körpers, also etwas vor der Mitte der Länge des Thieres, belegene Körpertheil in Wirklichkeit das oberste Ende des sehr be- deutend nach oben verlängerten Eingeweidesackes, folglich des Rückens, ist. Der Fuss, welcher bei allen Mollusken unter der Mundöffnung liegt und immer die Bauchseite bezeichnet, entspringt also bei Den- talium nicht, wie LACAZE-DUTHIERS annimmt, von dem vordersten, sondern wie bei allen Gastropoden von dem untersten Ende des Körpers oder von der Basis der Leibeshöhle“ !). Dass in der That nur diese Orientirungsweise die richtige ist, geht namentlich aus der Lage des Herzens hervor, das bei dieser Stellung dorsal vom Darmcanal liegt, in welcher Lage es bekanntlich bei allen primitiven Mollusken ange- troffen wird, während dasselbe bei horizontaler Ausdehnung der Längs- axe der Schale hinter dem After liegen würde. Der After selbst scheint mir seine primitive Lage am ursprünglichen hintern Körperpole be- halten zu haben, wie bei den Amphineuren, und zeigt in dieser Hin- sicht noch nicht die secundäre Verlagerung nach vorn, welche schon den Rhipidoglossen und den übrigen Prosobranchiern zukommt. Ich sehe wenigstens keinen Grund zu einer solchen Annahme, die von PEL- SENEER (47, p. 280) gemacht wird. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, dass die ursprüngliche, durch Mund und After gehende Längsaxe länger war als diese Linie jetzt ist, indem sie sich bei zunehmender Höhe des thurmartigen Eingeweidesackes immer mehr verkürzte, aber jedenfalls ist eine dadurch bewirkte Verschiebung des Afters nach vorn 1) Diese Uebersetzung ist vielleicht nicht überall ganz wörtlich, da ich mit dem Norwegischen nur ungenügend bekannt bin, giebt aber jedenfalls den Sinn richtig wieder. 364 LUDWIG H. PLATE, ein ganz anderer Vorgang, als er bei den übrigen Prosobranchiern statt- fand, bei denen nur der letzte Theil des Darmes mit dem Anus sich nach vorn bog, während in jenem Falle die Verkürzung der Mund- After-Linie auf den gesammten Tractus intestinalis gleichmässig ein- wirken musste. Dieselbe war auch wohl die Entstehungsursache jenes Eingeweideknäuels, welcher für die Solenoconchen so charakteristisch ist, und dessen Vorhandensein man um so weniger vermuthen sollte, als die Nahrung eine ausschliesslich animalische (Foraminiferen) ist. Endlich seien hier noch einige Punkte von untergeordneter Be- deutung hervorgehoben, welche für die zwischen Rhipidoglossen und Dentalien bestehende Verwandtschaft zu sprechen scheinen. Die Stütz- balken der Radula, die sogenannten Zungenknorpel, haben bei Haliotis und Fissurella die gleiche histologische Structur wie bei Dentalium; sie werden aus grossblasigen, wasserklaren Zellen gebildet, die von dicken Wandungen begrenzt werden und mittelst dieser zusammen- hängen. Fissurella besitzt wie Dentalium nur zwei solcher Knorpel, während bei Haliotis sich ihre Hinterenden abgegliedert haben, so dass zwei grosse und zwei kleine Stücke vorhanden sind. — Bei diesen beiden Gattungen finden sich auch zwei seitliche Divertikel des Pha- rynx, die besonders gross bei Haliotis sind und von WEGMANN als „poches linguales“ beschrieben wurden. Er schildert sie als grosse Säcke, die zu beiden Seiten des Schlundkopfes liegen und sich in diesen mit grossen Spalten öffnen. Sie sind im Innern mit Flimmer- | epithel ausgekleidet und erzeugen einen fadenziehenden Schleim (48, p. 305). Bei Fissurella sind die Drüsensäcke viel schwächer entwickelt, so dass Bouran (49 p. 29) sie als „glandes salivaires très rudimentaires“ bezeichnet, und sie liegen etwas mehr ventralwärts, „ein wenig unter der Radula“. Diese Gebilde halte ich für homolog den Seitentaschen, welche sich in das Mundrohr der Dentalien öffnen. Sie haben zwar nicht genau dieselbe Lage wie diese, da sie bei den Rhipidoglossen etwas hinter dem Rüssel und den Kiefern liegen, also weiter nach hinten verschoben sind, besitzen aber in Gestalt und Function grosse Aehnlichkeit mit einander und werden auch in gleicher Weise von dem Buccalnervensystem versorgt. B. Beziehungen der Solenoconchen zu den Chitoniden und Patellen. Bei der wohl allgemein anerkannten archaistischen Stellung, welche den Rhipidoglossen im phyletischen System der Mollusken zukommt, ist es nicht auffallend, dass die ihnen relativ nahestehenden Soleno- Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 365 conchen in einigen Organisationsverhältnissen auch mit zwei andern primitiven Gruppen cephalophorer Weichthiere übereinstimmen, mit den Chitoniden und den Patellen. Die Aehnlichkeit mit den Chitoniden spricht sich aus: 1) In der äussern und innern Symmetrie des Körpers; 2) In dem Subradularorgan, das bei beiden vor und etwas ven- tralwärts von der Radula gelegen ist und von dem buccalen Nerven- system versorgt wird; 3) In den Drüsentaschen des Oesophagus, die von BÉLA HALLER als „Zuckerdrüsen“ beschrieben worden sind, da sie Stärke in Zucker zu ver- wandeln vermögen. Sie fassen, wie bei Dentalium, nach unten die Radulascheide zwischen sich, sind aber durch einen reichen Besatz von innern Zotten etwas höher ausgebildet als bei dieser Gattung. Noch zahlreicher sind die Organisationsverhältnisse, in denen die Patellen den Dentalien gleichen oder wenigstens sehr ähnlich sind. Sie betreffen die äussere und innere Symmetrie, die Gestalt des Mantels und der Schale, das nicht retractile Mundrohr, die Verschmelzung der beiden Kiefer zu einem unpaaren Gebilde, die Oesophagusdrüsen und die während der Geschlechtsreife bestehende Verbindung des unpaaren Sexualorgans mit der rechten Niere. Wir werden daher auch die Pa- tellen von den den Rhipidoglossen und den Solenoconchen gemeinsamen Stammformen abzuleiten haben. C. Beziehungen der Solenoconchen zu den Lamellibranchiaten. Das allgemeinste Resultat, zu dem LAcAzE-DUTHIERS durch seine classischen Untersuchungen geführt wurde, war, dass er für die Dentalien eine neue Ordnung der Solenoconchen schuf und diese mit den La- mellibranchiaten zur Classe der Acephalen vereinigte. Er sprach sich also gegen die Zugehörigkeit der Dentalien zu den Gastropoden aus und hat noch 17 Jahre später (51) betont, dass zwar „le Gastéropode commence à se manifester dans le Dentale“, aber dass dieses doch „est bien plus près de I!’ Acéphale encore qu’il n’est voisin des types supérieurs“. Gegen diese Auffassung sprach sich zuerst 1866 in sehr ein- gehender Weise M. Sars (2) aus. Er kam zu dem Schlusse, dass die von dem französischen Forscher aus der Körpersymmetrie, dem Ner- vensystem, dem Fusse, dem Mantel, den Nieren, dem Geschlechtsorgan und der Entwicklung abgeleiteten Argumente nicht genügten, um eine Zool, Jahrb. V. Abth, f. Morph, 25 366 LUDWIG H. PLATE, Trennung von den Gastropoden zu rechtfertigen, und er fasste seine Meinung zusammen in die Worte (2, p. 25): ,, Aus diesen Betrach- tungen scheint mir fast unzweifelhaft hervorzugehen, dass der richtige Platz der Dentalien in der Classe der Cephalophoren ist, wo sie eine aberrante oder in gewisser Hinsicht degradirte Gruppe aus der Ord- nung der Gastropoden bilden, oder, wenn man lieber will, eine eigne, am nächsten sich an diese anschliessende Ordnung darstellen, welche zu bezeichnen wäre mit dem von LAcAZE-DUTHIERS vorge- schlagenen Namen Solenoconchae anstatt mit dem älteren BLAINVILLE- schen Cirrobranchiata, der auf der falschen Deutung der Tentakel dieser Thiere als Kiemen beruht“. Fünf Jahre später, 1866, äusserte sich Crosse (52) gelegentlich einer Besprechung von Gwyn JEFFREYS’ British Conchology in dem- selben Sinne wie Sars. „Diese Mollusken besitzen einen rudimentären Kopf, charakterisirt durch die Gegenwart einer Zungenbewaffnung, die den Chitonen und Patellen sehr nahe verwandt ist. In ihrer Em- bryonal- Entwicklung erinnern sie an die Chitonen. Sie erinnern an die Patellen durch den innern Bau (structure intime) und an die Fissurelliden durch die Form ihrer Schale. Endlich ist ihre Schale vollständig einheitlich, während diejenige der wahren Acephalen es nie ist. Wir glauben also, dass kein Zoologe, insofern er sich aus- schliesslich an die reine Anatomie hält, sich dazu verstehen wird, die Dentalien bei den acephalen Mollusken einzuordnen, .... Um zu- — sammenzufassen, die Dentalien sind nach unserer Meinung sehr rück- gebildete Gastropoden, oder, wenn man will, sehr abnorme, aber sie bleiben immer Gastropoden.“ Siebzehn Jahre später (1883) sprach Ray LANKESTER sich in seinem die Mollusken behandelnden Aufsatze für die ,,Encyclopaedia Britannica“ (9) über dieses phyletische Verhältniss beider Abtheilungen aus und nahm ebenfalls gegen LACAZE-DUTHIERS Stellung. Die Sca- phopoden „bewahren sowohl äusserlich wie in der Lagerung der innern Organe die bilaterale Symmetrie des Urmollusks .... . Nichtsdesto- weniger muss man annehmen, dass die Scaphopoden weit abseits von den Lipocephalen stehen und keine eigentlich genetische, sondern nur eine homoplastische Verwandtschaft mit ihnen haben, da sie einen wohl entwickelten Zahnapparat, das charakteristische Organ der Glosso- phoren, das die Lipocephalen niemals haben, besitzen.“ Er gab mit diesen Worten demselben Gedanken Ausdruck, den vor ihm, freilich ohne nähere Begründung, auch GEGENBAUR (42, p. 334) ausgesprochen hatte: „die Scaphopoden bilden eine sowohl mit den Lamellibran- Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 367 chiaten als mit den Gastropoden verwandte Abtheilung, die aber keines- wegs als einfaches Zwischenglied aufgefasst werden kann.“ Sehr richtig hat GROBBEN (45, p. 54) das Verhältniss der Soleno- conchen zu den Schnecken und Muscheln beurtheilt. „Wenn auch die Annäherung der Scaphopoden an die Acephalen einerseits, die Gastro- poden andererseits besteht, an letztere zweifellos entschiedener aus- geprägt ist, so halte ich doch eine Einordnung in eine oder die andere Gruppe nicht für möglich, und bietet die Radula gegenüber den Ace- phalen, die Fussform gegen die Gastropoden hin ein Hinderniss, wäh- rend die Cirrhen nach beiden Seiten hin dieselbe Schwierigkeit bereiten. Die Scaphopoden haben sich, wie auch JHERING annimmt, als besonderer Zweig aus einfachen Molluskenformen entwickelt; aus diesen haben auch die Acephalen und Schnecken als selbständige Aeste ihren Ur- sprung genommen. Der Ursprung der Scaphopoden liegt dem der Schnecken näher, wozu gewisse unter den Schnecken auftretende Er- scheinungen Anhaltspunkte geben.“ Eine Erörterung der Beziehungen der Solenoconchen zu den La- mellibranchiaten nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse wird von dem Verhältniss dieser zu den primitiven Gruppen der Ce- phalophoren auszugehen haben, denn je nachdem man die Muscheln an die Wurzel des Molluskenstammes rückt oder sie durch Verlust der Radula und des Kopfes von höhern gastropodenähnlichen Stammformen ableitet, wird auch die Beurtheilung der bei Dentalien und Muscheln gleichen Verhältnisse verschieden ausfallen. Ich freue mich, für die folgenden Auseinandersetzungen noch die Schlussfolgerungen verwerthen zu können, zu denen PELSENEER in seiner jüngst erschienenen ausser- ordentlich inhaltreichen Arbeit über die Anatomie und Phylogenie der Lamellibranchiaten (47) gelangt ist. PELSENEER weist zunächst nach, dass die Nuculiden und Solenomyiden als die primitivsten unter den recenten Muscheln anzusehen sind. Ihr Fuss mit ventraler Kriech- scheibe, der einfache federförmige Bau der Kieme, das Fehlen einer hintern Aorta, der einfache Bau der Nieren, welche in unmittelbarer Nähe der Nierenspritze — also noch fast in der ursprünglichen Leibes- höhle (Pericard) — die Geschlechtsproducte aus der Keimdrüse auf- nehmen, die Pleuralganglien und die geringe Grösse der Visceralgan- glien, dieses sind die wesentlichsten anatomischen Merkmale, welche zu jenem Schlusse zwingen, zu dem etwas früher auch JACSON (53) auf Grund. der Schalenentwicklung von Nucula gelangt ist. Der von v. JHERING, WEGMANN und Anderen schon früher angedeuteten Hypothese, dass die Lamellibranchier ihre nächsten Verwandten unter den Rhi- 25 * 368 LUDWIG H. PLATE, pidoglossen besitzen, giebt PELSENEER sodann zum ersten Male eine breitere Grundlage, indem er auf die vielfachen Uebereinstimmungen aufmerksam macht, die in der Organisation zwischen diesen und den einfacher gebauten Muscheln bestehen. Da ferner die Muscheln mehr specialisirt sind als die Rhipidoglossen, so können sie sich nur von den Stammformen dieser abgeleitet haben. Berücksichtigen wir dies und unsere vorhergehenden Auseinandersetzungen, so kommen wir zu dem Schlusse, dass die Prorhipidoglossen, die Stamm- formen der Rhipidoglossen, auch die phyletische Wurzel sind, aus der die Seitenzweige der Soleno- conchen und der Lamellibranchier entsprungen sein müssen. Nach dieser Auffassung erklären sich die Uebereinstimmungen zwischen Dentalien und Muscheln, auf die LACAZE - DUTHIERS zuerst ausführlich hingewiesen hat, sehr natürlich als Erbtheile gemeinsamer Urahnen. Diese Homologien bestehen naturgemäss in ausgeprägtester Weise zwischen den Solenoconchen und den archaistischen Nuculiden und Solenomyiden, weshalb ich sie von diesen aufzählen will. 1) Die Symmetrie der Gestalt und mancher inneren Organe (Niere, Leber, orthoneures Nervensystem). 2) Das Nervensystem ist fast genau das gleiche, nur dass die Dentalien mit den Kiemen die Osphradien und ferner auch den Oto- cystencanal der Nuculiden verloren haben. Beachtenswerth ist beson- ders, dass die beiden Cerebralganglien dicht zusammenliegen, dass die Pleuralganglien von diesen noch deutlich gesondert sind, dass die Cerebropedal- und die Pleuropedal-Connective fast in ganzer Länge mit einander verschmelzen und dass die Visceralganglien schwächer ent- wickelt sind als die Cerebralganglien. 3) Die Nieren zeigen den gleichen einfachen Bau: keine Falten- bildung, überall dasselbe Drüsenepithel ohne Cilien, das die Urate nicht in Concretionen aufspeichert, sondern durch Platzen peripherer Vacuolen entleert. Die Nieren beider Seiten communiciren nicht mit einander. 4) Die Geschlechter sind getrennt. Die Sexualorgane münden in die Nieren der betreffenden Seiten. 5) Das Herz liegt dorsal vom Darm und ist undurchbohrt (bei Leda und Solenomyia ist die Durchbohrung schon eingetreten). 6) Die Leberacini liegen frei neben einander und bilden noch keine compacte Drüse. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 369 7) Bei den Nuculiden findet sich eine pharynxartige Erweiterung hinter der Mundöffnung, und diese nimmt zwei seitliche Drüsensäcke auf, die den Oesophagustaschen der Dentalien homolog zu sein scheinen. Diese Homologien sind, wie man sieht, sämmtlich der Art, dass sie auch zwischen Nuculiden und Rhipidoglossen bestehen oder doch für die Prorhipidoglossen (orthoneures Nervensystem, dorsales, vom Darm nicht durchbohrtes Herz, keine compacte Leber) angenommen werden müssen. Diese primitiven Charaktere beweisen also nur, dass ein gemeinsamer phyletischer Ausgangspunkt für alle drei Gruppen vorhanden gewesen sein muss, sie lassen sich aber nicht verwerthen zur Entscheidung der Frage, bestehen für die Dentalien nähere Be- ziehungen zu den Rhipidoglossen oder zu den Lamellibranchiern, wie dies irrthümlicher Weise von LACAZE-DUTHIERS geschehen ist. Dass die Solenoconchen den Rhipidoglossen näher stehen als den Lamellibranchiern, geht klar daraus hervor, dass die Muscheln in ihrer Organisation viel specialisirter sind als jene beiden Gruppen. 1) Sie haben den Kopf verloren, der bei den Dentalien — abge- sehen von dem Verluste der Augen — durch die Tentakelregion und das Mundrohr ebenso angedeutet wird wie bei den Haliotiden und Fissurellen. 2) Sie sind der Radula und der Kiefer, überhaupt des ganzen musculösen Pharynx verlustig gegangen. 3) Dafür sind zum Herbeistrudeln der Nahrung jederseits von der Mundöffnung ein Paar Mundlappen entstanden. 4) Der Mantel ist aus einer ursprünglich den Körper allseitig um- gebenden Ringfalte zu einem zweilappigen Organ geworden. Wollte man den Mantel der Dentalien von einem solchen ableiten, so müsste man eine hochgradige Verschmelzung der ursprünglich freien Mantel- ränder annehmen, welche nur am vordersten und hintersten Körper- pole eine Oeffnung bestehen liess. Eine solche Entstehungsweise der Mantelröhre ist aber im hohen Maasse unwahrscheinlich, da alle Muscheln mit relativ einfacher Organisation (die Nuculiden, Anomiiden, Arciden, Trigoniiden, Pectiniden) unverwachsene Mantelsäume aufweisen. Erst bei den höhern Gruppen, welche PELSENEER als die Eulamelli- branchier zusammenfasst, treten ein, zwei oder auch drei Verwachsungs- nähte auf, welche dann bei den so hochgradig umgebildeten Pholadiden und deren Verwandten Mantelröhren von ähnlicher Gestalt wie bei Den- talium erzeugen. Dieselben laufen aber am Hinterende stets in zwei Siphonalröhren aus oder enden wenigstens mit einem Anal- und einem Branchialporus, Es ist daher klar, dass es sich hier nur um analoge 370 LUDWIG H. PLATE, Verhältnisse handeln kann. Immerhin muss zugegeben werden, dass auch für die gegentheilige Auffassung Einiges zu sprechen scheint. Bei Solenomyia, einer unzweifelhaft sehr primitiven Muschel, sind die Mantelränder in der ganzen hintern Körperhälfte verwachsen. Es ist daher nicht zu bestreiten, dass derselbe Vorgang auch noch in grösserer Ausdehnung eintreten konnte. Dass aber diese Annahme viel Wahr- scheinlichkeit für sich hätte, wird man nicht behaupten, wenn man den Bau 5) der Schale in Betracht zieht. Diese wird bei allen Muscheln zunächst als ein unpaares Schneckenschalen-ähnliches Gebilde angelegt und geht dann im Laufe der Entwicklung in die zweischalige Form über. Diese Duplicität der Schale geht auch bei ausgedehnter Ver- wachsung der Mantelränder (Solenomyia, Solen, Mya, Gastrochaena, Pholas etc.) nicht verloren, sie lässt sich sogar bei den so sehr aber- ranten Röhrenmuscheln (Clavagella, Aspergillum) nachweisen. Die einheitliche Schale der Dentalien bildet daher ein gewichtiges Zeugniss für die Zugehörigkeit dieser zu den Gastropoden. 6) Durch die Gestalt des Kalkgehäuses wurde die Ausbildung von zwei queren Schliessmuskeln bedingt, von denen sich keine Andeutung bei den Solenoconchen findet. 7) Der Darmeanal dringt mit einem Theil seiner Schlingen tief in den Fuss hinein, am Pylorusabschnitt des Magens entsteht ein Blindsack. 8) Am Fusse entwickelt sich die Byssusdrüse, die schon den pri- mitiven Muscheln mit Kriechfuss (Nuculiden, Solenomyiden) zukommt (PELSENEER). 9) Die Duplicität der Sexualorgane, die fiir die Prorhipidoglossen angenommen werden muss, bleibt erhalten, wahrend sie in dem Seiten- zweige der Schnecken verloren geht. Wahrend die Specialisirung der Lamellibranchier in der im Vor- stehenden geschilderten Weise vor sich ging, bewegte sie sich bei den Solenoconchen auf einer andern Bahn. Dieselben passten sich einer im Sande grabenden Lebensweise an, und Hand in Hand hiermit vollzogen sich die folgenden Umgestaltungen in der Organisation: 1) Sie verloren den Kriechfuss, der zu einem langen schlauchför- migen Gebilde auswuchs und so dazu befähigt wurde, unter Beihülfe des Blutdruckes sich in den Sand einzubohren, Die unverkennbare Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 371 Aehulichkeit, welche er dadurch mit dem Fusse mancher Muscheln (Solen) bekam, und auf die schon LAcAZE-DUTHIERS hingewiesen hat, ist daher eine rein analoge, 2) Am Kopfe verschwanden die Augen, was ja bei einem Dunkelthier nicht befremden kann, während der Tentakelapparat sehr complicirt wurde und sich gleichzeitig zu einem Fangorgan entwickelte. 3) Der Eingeweidesack wuchs thurmförmig in die Höhe und be- wirkte so allmählich die eigenartige Gestalt des Mantels und der Schale. 4) Die Kiemen bildeten sich nach und nach bis zum völligen Schwunde zurück, wodurch dann auch Herz und Gefässe eine rudimentäre Form annahmen. Während das rapide Wachsthum des Eingeweidesackes sich unschwer aus besonders günstigen Ernährungsbedingungen erklären lässt, ist dieser Vorgang nicht leicht verständlich zu machen; sind doch die Solenoconchen die einzige Molluskenclasse, deren sämmtliche Vertreter eines besondern Respirationsorganes ermangeln. Vermuthlich erfolgte die Rückbildung der Kiemen, die wir uns ursprünglich etwas vor dem After befestigt denken müssen, nachdem die Mantelhöhle ihre defi- nitive Gestalt angenommen hatte und dadurch der Zufluss frischen Wassers beträchtlich beschränkt worden war, indem ihre Function zum Theil von dem Mantel, zum Theil von den Tentakelschildern übernommen wurde, die hierzu durch Bau und Lage besonders geeignet sein mussten. Ich habe bisher nur auf vergleichend -anatomischem Wege die Verwandtschafts - Beziehungen der Solenoconchen zu ermitteln ge- sucht, dagegen etwaige der Entwicklungsgeschichte zu entlehnende Hinweise noch nicht berücksichtigt. Der Grund hierfür ist, dass die Ontogenie der Dentalien nach den Untersuchungen von Lacaze-Du- THIERS und KOwWALEVSKY (54) so eigenartig verläuft, dass man zur Annahme zahlreicher cänogenetischer Vorgänge gedrängt wird, die den Werth derjenigen Erscheinungen, die eventuell als palingenetisch an- gesehen werden könnten, zweifelhaft erscheinen lassen. Der Entwick- lungsmodus hat offenbar nur wenige primitive Züge bewahrt und ist daher nur mit grosser Vorsicht zur Aufklärung der Phylogenie heran- zuziehen. Dies geht besonders aus folgenden Punkten hervor: 1) Die zuerst auftretende Flimmerlarve ist ganz anders gestaltet als die Flimmerlarven, mit denen das Freileben der Muscheln oder Schnecken beginnt. Sie besteht fast nur aus Elementen, die später in 372 LUDWIG H. PLATE, das Velum der etwas ältern Larve übergehen. Die Cilienreifen, welche den Körper umziehen und mit denen das Thierchen umherschwimmt, kommen in ähnlicher Weise zwar auch bei den Larven der Chitonen und Patellen vor; würden sie auch noch bei den Larven der Soleno- gastres nachgewiesen werden, so könnte man in ihnen mit Recht eine sehr primitive Einrichtung sehen, welche von den Prorhipidoglossen auf die Solenoconchen, aber nicht mehr auf die Rhipidoglossen und Lamellibranchier vererbt wurde. Zur Zeit lässt sich kaum entscheiden, ob sie als cänogenetische oder als palingenetische Bildungen zu deuten sind. 2) Das Vorderende des Fusses nimmt eine dreilappige Gestalt schon sehr frühzeitig an, was kein ursprüngliches Verhalten sein kann, weil diese Seitenlappen den Gattungen Siphonodentalium und Cadulus fehlen. Da diese Gattungen nur zwei Columellarmuskeln besitzen wie die Gastropoden — nicht vier wie Dentalium, das ursprünglich zwei an- legt, jeden derselben aber der Länge nach spaltet — und diese Muskeln auch in der Fussmusculatur wurzeln, während sie bei Dentalium nur der Rückenhaut angehören, so muss man annehmen, dass die Siphono- poden im Bau des Fusses die primitivern Verhältnisse bewahrt haben; die Seitenlappen des Dentalium-Fusses sind daher secundäre Bildungen, und ihr frühes Auftreten während der Entwicklung ist eine cänogenetische Erscheinung. | 3) Die Augen und die Kiemen, die doch ursprünglich vorhanden gewesen sein müssen, treten nicht einmal vorübergehend während der Ontogenie auf. 4) Die Tentakelschilder treten nach LAcAzE- DUTHIERS (cf. Ann. Sc. nat. (4) 7, tab. 8, fig. 27) als ,,tubercules habituellement trois, très réguliers, dont un médian plus petit“ auf, die cylindrisch werden und schliesslich aus ihrem zerspaltenen Rande die Tentakel hervor- gehen lassen. Es scheint mir wahrscheinlich, dass hier ein Beobach- tungsfehler sich eingeschlichen hat, insofern als der mittlere Höcker wohl die Anlage des Mundrohres darstellen wird. Sollte jene Angabe bei einer Nachuntersuchung bestätigt werden, so würde jener über- zählige dorsale Tentakel, der später doch in die beiden bleibenden Tentakelschilder aufgehen oder rückgebildet werden muss, als eine cänogenetische Bildung zu deuten sei. 5) Die Cerebralganglien entstehen nach KowALEvskY in einer ganz ungewöhnlichen Weise. Sie schnüren sich nicht einfach vom Ectoderm ab, sondern vom Stirnfeld stiilpen sich zwei lange getrennte Ectoderm- röhren ein, aus deren hinteren AbSchnitten die Ganglien hervorgehen. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 373 6) Die sattelförmige erste Anlage der Schale ist eine so eigen- artige Bildung, dass sie Hyarr (54) mit einem besonderen Namen „Periconcha“ belegt hat. Sie ist verschieden von der erst napfförmigen und dann spiralig werdenden „Protocencha‘‘ der Gastropoden und noch unähnlicher der erst unpaaren, aber schon sehr früh zweitheilig wer- denden „Prodissoconcha‘“ (Jacson) der Muscheln, für die, wie JACSON (53, p. 2890, 375) gezeigt hat, die geradlinige Schlossaxe sehr charak- teristisch ist. Die Röhrenform der Dentalienschale wird durch Ver- wachsung der seitlichen Ränder des Sattels hervorgerufen. Man wird nicht erwarten, einer so eigenartigen und vielfach abge- kürzt verlaufenden Entwicklung klar ausgesprochene Hinweise auf die Verwandtschaftsbeziehungen entlehnen zu können. Die einheitliche Schale und das Auftreten von zwei (oder drei ?) cylindrischen Tentakeln spricht für die Gastropodennatur der Dentalien. In demselben Sinne ist die Thatsache auszulegen, dass das jugendliche Thier, nachdem es das frei im Wasser bewegliche Larvenstadium durchlaufen hat, sich zunächst kriechend umherbewegt (,,’embryon rampe“). An- drerseits erinnert die Entwicklung des Mantels sehr an die Lamelli- branchier. Er wird gebildet, indem zwei kleine Falten am hintersten Körperende auftreten, mit ihren freien ventralen Rändern verwachsen und so ein kleines Mantelrohr erzeugen, das allmählich nach vorn wächst. Aber dass auch hier keine ursprünglichen Verhältnisse vor- liegen, scheint mir aus der frühzeitigen Verwachsung der beiden Mantel- falten hervorzugehen. Wäre Dentalium eine eigenartig umgebildete Muschel, so sollte man erwarten, dass die beiden Falten und eine ihnen entsprechende zweitheilige Schale erst relativ spät — nicht schon während der ersten Anlage des Fusses und bei noch vollständig aus- gebildetem Velum — zu einem Doppelrohr sich vereinigten. Die Ent- wicklungsweise des Mantels erklärt sich daher wohl am einfachsten in der folgenden Weise. Wie bei Fissurella, Rimula, Haliotis etc: unter dem resp. den Schalenlöchern Mantelôffnungen oder -Spalten liegen, die also eine partielle Zweitheilung des Mantels darstellen, so findet sich eine solche Oeffnung auch am apicalen Pole der Scapho- poden, die sich bei der Untergattung Fissidentalium FiscHER (aus dem Tertiär und recent aus der Tiefsee) sogar in einen langen Schlitz fortsetzt. Da in der Entwicklungsgeschichte zuerst der apicale Manteltheil gebildet wird, so ist es nicht auffallend, dass dieser einer zweitheiligen Anlage entstammt. — Aus dem Gesagten erhellt, dass auch die Ent- wicklungsgeschichte der Dentalien, obwohl im Allgemeinen wenig ge- 374 LUDWIG H. PLATE, j eignet, die Verwandtschaftsbeziehungen aufzuklären, eher für die Zugehörigkeit zu den Gastropoden als zu den Muscheln spricht. Die Stammesverwandtschaft der Solenoconchen erhält ihren ein- fachsten Ausdruck in dem folgenden Stammbaum, der sich, abgesehen von den Solenoconchen und Patellen, ganz an das von PELSENEER zuerst gegebene Schema anlehnt. Rhipidoglossen Patella___ Solenoconchen bo Lamellibranchier Chiton N Pen ' Prorhipidoglossen 1) joe a Solenogastres Urmollusk An dieser Stelle füge ich die Erörterung einer rein praktischen Frage ein, nämlich welchen Platz die Solenoconchen im System ein- zunehmen haben, ob den einer selbständigen Classe oder den einer Ordnung in der Classe der Gastropoden. Ich halte das letztere Ver- fahren für das richtigere, weil dadurch die Beziehungen zu den Rhi- pidoglossen besser zum Ausdruck gebracht werden, als wenn man sie als eine äquivalente Gruppe zwischen Schnecken und Muscheln aufführt. D. Die Groppen’sche Theorie von den Verwandtschafts- beziehungen der Solenoconchen zu den Cephalopoden. Während GROBBEN, wie wir oben schon hervorhoben, das genea- logische Verhältniss der Solenoconchen zu den Schnecken und Muscheln vollständig richtig beurtheilt hat, ist er durch die eigenthümliche Aus- bildung des Tentakelapparates der Dentalien verleitet worden (45, 46), denselben noch weitergehende Verwandtschaftsbeziehungen zuzuge- stehen. Jene Organe haben in ihm die Idee erweckt, „in den Scapho- poden Verwandte der Cephalopoden zu erblicken“ und sie „als Reste von Stammformen resp. als die Stammformen der Cephalopoden zu betrachten“. Ich vermag seinen Ausführungen nicht zuzustimmen, da ich glaube, dass zwischen den Solenoconchen und den Cephalopoden keine directeren Beziehungen bestehen als zwischen den übrigen Cephalophoren mit ungestörter Symmetrie (Chiton, Rhipidoglossen) und den Dinten- fischen, und im Folgenden sei daher der Versuch gemacht, den GroB- BEN’schen Gedanken als unhaltbar nachzuweisen, Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 375 Da der Cardinalpunkt des Problems darin liegt, eb die Tentakel der Solenoconchen den Armen der Dintenfische homolog sind oder nicht, so beginne ich mit der Erörterung dieser Frage. Ich habe im Vorhergehenden die Tentakel einfach den Schnecken- fühlern homolog gesetzt, ohne die Möglichkeit einer anderen morpho- logischen Deutung zu discutiren. Die Gründe für diese Auffassung sind folgende: 1) Die Tentakel werden von den Cerebralganglien inner- virt und verhalten sich auch physiologisch Zeitlebens als Tastapparate, wenngleich sie in erster Linie als Fangorgane fungiren. 2) Sie ent- sprechen in ihrer Lage neben den Gehirnganglien und hinter der Mundöffnung den Schneckenfühlern. 3) Sie werden nach LACAZE- DUTHIERS (siehe oben) angelegt als zwei kleine Hocker, die in die Lange wachsen, cylindrisch werden und auf diesem Stadium also den typischen Gastropodententakeln gleichen. Erst später wird der Rand gefranzt, und es entwickeln sich die zahlreichen Fangfäden des aus- gebildeten Thieres. Aus diesem Entwicklungsmodus geht hervor, dass sie in ihrer Gesammtheit zwei Schneckenfühlern homolog sind, dass es sich nicht um eine Vervielfältigung homodynamer Organe handelt. Die beiden Tentakelschilder sind vielmehr die eigentlichen Homologa der Schneckenfühler; ihre Ränder haben sich besonders differenzirt, d. h. sie haben zahlreiche Anhangsfäden, die demnach Bildungen sui generis darstellen, entwickelt, wie in ähnlicher Weise die mit einander zu einem Stirnsegel verschmolzenen Vorderfühler mancher Opisto- branchier (Tritonia, Plocamophorus, Tethys) in Lappen und Fäden auslaufen (40, p. 730). TureLe (3, p. 414) macht darauf aufmerksam, dass die Fühler von Haliotis mit Zotten bedeckt sind, und dass der- artige Bildungen auch den Cirren der Dentalien zum Ausgangspunkt gedient haben können. Ich stimme hierin vollkommen mit ihm über- ein. Die Anschauungen derjenigen Forscher, welche den Tentakeln einen anderen morphologischen Charakter zuerkennen, lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: a) Die Tentakel sind als Kiemen gedeutet und für homolog den gleichen Organen der Muscheln und Gastropoden erklärt worden. Diese Auffassung vertrat zuerst BLAINVILLE und nannte die ganze Gruppe daher die Cirrhobranchiata. Seine Deutung blieb fast allge- mein herrschen (siehe oben S. 358) bis zum Erscheinen der Abhand- lungen von LacAze-DUTHERS und Sars, die beide für die Fühlernatur jener Organe eintraten. In neuerer Zeit ist jene Anschauung noch vertreten worden von Gouzp [1870] (57), Jerrreys [1882] (56) und Ray LANKESTER [1883] (9), ohne dass sie jedoch den „Versuch ge- 376 LUDWIG H. PLATE, macht hätten, dieselben durch irgendwelche Gründe zu stützen; es war bei ihnen offenbar nur der Gedanke bestimmend, dass ein Mollusk Kiemen besitzen müsse. Eine derartige Deutung ist nicht zulässig, weil 1) die Tentakel, wenn sie Kiemen wären, von den Visceral- ganglien oder einem Theil der Visceralcommissur innervirt werden, 2) weiter nach hinten in der Nähe der Afteröffnung sitzen müssten. b) Fou (9, p. 145) hat die Vermuthung ausgesprochen — und zwar mit anerkennenswerther Vorsicht, er nennt sie selbst „une pure hypothese‘‘ —, die Stammformen der Solenoconchen und Muscheln hätten längs jeder Körperseite vom Mund bis zum After eine conti- nuirliche Reihe von Kiemenfäden besessen. Bei den Muscheln hätte sich eine hintere Portion (Kieme) und eine vordere (Mundlappen) er- halten, während die Dentalien nur diejenigen Fäden bewahrt hätten, welche ungefähr der Lücke der Muscheln entsprachen. Die Kiemen und Mundlappen der Muscheln wären demnach unter einander und mit den Tentakeln der Solenoconchen homodynam. — Diese Hypothese ist unhaltbar, weil die primitivsten Lamellibranchier (Nuculiden, So- lenomyiden) denselben federförmigen Bau der Kieme aufweisen, der den Rhipidoglossen zukommt. Dieser muss daher auch schon eine Eigenthümlichkeit des Urmollusks oder wenigstens der Prorhipodo- glossen gewesen sein. Eine Zusammensetzung aus einzelnen Fäden tritt erst bei etwas höher stehenden Muscheln, den Filibranchiern PELSENEER’s, auf. c) Die GroBBEN’sche Hypothese fällt mit dem Nachweise, dass die Arme der Dintenfische nicht als Anhänge des Kopfes angesehen werden können, sondern als pedale Organe gedeutet werden müssen; sie hängt also auf das Innigste zusammen mit dieser viel umstrittenen Frage nach der morphologischen Werthigkeit der Cephalopodenarme. Die- selbe ist, wie ich glaube, in der jüngsten Zeit endgültig entschieden worden und zwar in doppelter, sich auf das Beste ergänzender Weise. PELSENEER (58) gebührt das Verdienst, das Problem vom vergleichend- anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Standpunkte aus er- örtert und gelöst zu haben, und seine Resultate werden vollständig bestätigt durch die physiologischen Experimente, welche STEINER (59) angestellt hat. a) Indem ich für die Einzelheiten auf die PELSEnerr’sche Ab- handlung verweise, hebe ich hier nur die Hauptmomente hervor, welche allein genügen, um die Cephalopodenarme als Derivate des Fusses nachzuweisen, i Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 37 7 1) Bei Nautilus entspringen sämmtliche Armnerven von dem vordern Subösophagalring, der auch den Trichternerv abgiebt und dem die Gehörbläschen anliegen, und der daher nur als Fusscentrum gedeutet werden kann. v. IHERING’s Angabe, durch die sich GROBBEN hat täuschen lassen, „dass unmittelbar neben und zwar nach innen vom Sehnerven schon eine ganze Anzahl von Armnerven entspringen, deren Ursprünge mithin bedeutend über dem des N. olfactorius liegen“, ist nicht richtig. Die drei Nerven, welche er an jener Stelle zeichnet, sind dieselben, welche VALENCIENNES (60, tab. 8, fig. 2 u. 4, 3) zu- erst beschrieben, aber fälschlich als Gehörnerven gedeutet hat. Sie enden nach VALENCIENNES jederseits in einer Höhlung des hufeiser- förmigen Kopfknorpels. Möglich ist es ja immerhin — wenn auch, nach ihrer Lage zu urtheilen, wenig wahrscheinlich — dass dieselben durch den Knorpel hindurch treten, nach vorn sich wenden und in die Arme eindringen. Ehe jedoch hierfür der Beweis erbracht ist, dürfen sie nicht als Armnerven angesprochen werden. Aber selbst zugegeben, diese Nerven könnten bis in die Arme verfolgt werden, so wäre damit noch nichts bewiesen. Da einerseits die Gehörbläschen den Fuss- centren anliegen, andrerseits der Olfactorius und der Nerv des unteren Augententakels zum Gehirn gehören, so würde bei vorurtheilsloser Be- trachtung die Grenze zwischen Cerebral- und Pedalganglion etwas unterhalb jener Nervenursprünge zu legen sein, wie dies auch von Owen (61), VALENCIENNES und KEFERSTEIN geschehen ist; man würde dann die grosse Mehrzahl der Armnerven für Pedalnerven zu er- klären haben und daher das Pedalganglion ein kleines Stück dorsal- warts verlängert denken müssen, um jene drei VALENCIENNES’schen Nerven zum Fusscentrum rechnen zu können. Eine solche kleine Ver- längerung des Pedalganglions ist jedenfalls viel wahrscheinlicher, als dass sich das Cerebralganglion um eine ausserordentlich viel grössere Strecke längs der Innenseite des Pedalganglions bis zum Trichter- nerven ausgedehnt hat, zumal da von dieser Zweitheilung der Seiten- theile des vorderen Ringes äusserlich nichts wahrzunehmen ist. 2) Wie allgemein bekannt, entstehen die Arme der Dibranchiaten beim Embryo ventral von der Mundöfinung, rücken erst später dorsalwärts und umwachsen dabei den Mund. Wären sie Anhänge des Kopfes, so müsste dieser Vorgang sich in umgekehrter Richtung abspielen. 3) Bei Sepia und Loligo treten zuerst, wie PELSENEER gezeigt hat, drei embryonale Nervencentren auf, die nach ihrer Lage nur die Cerebral-, Pedal- und Visceralganglien sein können. Das Pedalcentrum 378 LUDWIG H. PLATE, beweist ausserdem seine Natur durch Abgabe des Trichternerven. Von diesem ursprünglich ganz einheitlichen Gebilde schnürt sich später die vordere Partie mehr oder weniger — bei Nautilus kommt es überhaupt nicht dazu — ab und wird so zum Brachialganglion. Diesen überzeugenden Thatsachen gegenüber fallen einzelne Details im Faserverlauf, auf die GROBBEN sich vornehmlich stützt, meines Er- achtens gar nicht ins Gewicht. Es mag nach Drier. (63) zugegeben werden, dass einzelne Faserbündel der Armnerven durch die vordere !) und durch die hintere seitliche Commissur bis in das Gehirn dringen, aber dies be- weist doch nicht. dass das Brachialganglion cerebralen Ursprungs ist, sondern nur, dass Hand in Hand mit der äusseren Concentration der Ganglien auch ein Fortschritt in der histologischen Differenzirung ein- trat: während ursprünglich die Nervenfasern in das feine centrale Maschenwerk (Marksubstanz) der Ganglien sich auflösten und dieses die benachbarten Ganglien mit einander verband, entwickelten sich nun directe Fasern, welche das Pedalganglion nur als Passage be- nutzend Brachial- und Cerebralganglion direct verknüpften. Da nach Drerz aus den hinteren Basallappen des Gehirns Fasern durch die hintere Seitencommissur in das Pedalganglion und von hier bis in das Visceralganglion ziehen, so müsste man, wollte man GROBBEN’S Bei- spiele folgen, hieraus schliessen, dass auch im Visceralganglion cere- brale Elemente sich befinden! Die ganze ventrale Nervenmasse wäre dann schliesslich nichts als umgewandeltes Gehirn! Man muss eben bei den Cephalopoden die eigentlichen Nervenwurzeln von secundären Ver- bindungsfasern unterscheiden. Die grösseren Nervenbündel der Arm- nerven enden im Pedalganglion und beweisen dadurch die Fussnatur der Arme, und auch in dieses Cerebralelemente hineinzudeuten, wie es GROBBEN versucht (62), dürfte doch wegen der Nachbarschaft des Trichternerven unmöglich sein. GROBBEN ist nämlich mit v. JHERING der Ansicht, dass, weil einige Fasern der hintern seitlichen Commissur in den Opticus eintreten, das Pedalganglion „zugleich Partien der Oberschlund-Ganglienmasse“ enthält. Der betreffende Passus lautet bei DrerL (p. 502): „Die hintere Seitencommissur führt auch Fasern aus dem Pedalganglion und dem Visceralganglion. nach aufwärts, es sind das solche, welche von hier aus in den Opticus ziehen, um sich entweder ins Ganglion opticum oder Ganglion olfactorium zu begeben.“ Man sieht, es handelt sich auch in diesem Falle nur um eine secun- 1) Für die vordere Commissur- wird dies neuerdings von Jarra (ef. Zoolog. Jahresber. f. 1889, Mollusken, p. 56) bestritten. | Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen, 379 däre directe Verbindung zwischen dem Opticus und jenen Ganglien. Die eigentlichen Wurzeln des Opticus entstammen nach Drier. der Sehnervencommissur und der Markmassen des hintern Basallappens, des Scheitellappens und den obern- Frontallappens, wie denn auch schon aus seiner Lage hervorgeht, dass er der supraösophagalen Ganglienmasse angehört. 6) Mit diesen auf dem Gebiete der Anatomie und der Entwicklungs- geschichte gewonnenen Resultaten stehen die Ergebnisse des physio- logischen Experiments in vollstem Einklange. STEINER sagt von den Tentakelnerven der Dintenfische: Sie „entstammen sichtbar dem Brachialganglion, aber sie können entweder in demselben selbst wur- zeln oder sie können im Dorsal- oder Pedalganglion ihren letzten Ursprung finden. Dass sie im Dorsalganglion nicht wurzeln, geht aus den obigen Versuchen schon hervor, in denen weder einseitige noch totale Abtragung desselben die Beweglichkeit des Thieres beeinträchtigte. Macht man aber einseitige Schnitte in das Brachial- oder Pedal- ganglion, so bekommt man auch in letzteren Fällen Kreisgang mit Lähmung der vier Arme der verwundeten Seite, d. h. also die Nerven der Tentakel wurzeln im Pedalganglion und die Tentakel gehören demnach dem Fusse, nicht dem Kopfe an“. Mit den vorstehenden Auseinandersetzungen glaube ich der GROBBEN’schen Hypothese, welche die Cephalopoden auf Scaphopoden- ähnliche Stammformen zurückführt, ihr wichtigstes Argument entzogen zu haben. Ich komme daher jetzt zur Erörterung der übrigen Homo- logien, welche zwischen beiden Abtheilungen bestehen sollen. Dieselben betreffen einmal eine Anzahl von Organisationsverhält- nissen, die auch schon dem Urmollusk zugeschrieben werden müssen, und aus denen man daher keine näheren Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Dentalien und Dintenfischen, sondern nur das Eine folgern kann, dass beide Mollusken sind und gewisse primitive Eigen- schaften von der allen Weichthieren gemeinsamen Urform ererbt haben. Derartige Charaktere sind: die bilaterale Symmetrie der Gestalt und des Baues (paarige Leber, Niere), die Radula, die Lage der Nieren zu beiden Seiten des Enddarms und der Nierenöffnungen neben dem After, die dorsale Lage der Geschlechtsorgane im Eingeweidesack. Ferner sollen die Seitenlappen der Fusspitze der Dentalien als „Epipodialbildungen“ den Trichterlappen des Nautilus homolog sein. GROBBEN (62) giebt neuerdings selbst zu, dass ihm diese Deutung zweifelhaft geworden ist. Da ich die Fussgestalt der Solenopoden für die ursprünglichere halte, auch jene Bildungen wegen ihrer dorsalen 8) LUDWIG H. PLATE, Verwachsung keine reinen Epipodien darstellen, so kann ich eine Homologie nur insofern zugeben, als beide Organe Theile des Fusses sind. Endlich stützt sich GROBBEN noch auf eine Aehnlichkeit, die aller- dings in ausgesprochener Weise zwischen beiden Abtheilungen besteht, und die meines Erachtens die einzige ist, welche man für jene Hypo- these anführen kann. Die Dentalien und die Cephalopoden besitzen einen thurmförmig dorsalwärts verlängerten Eingeweidesack und daher eine an der Hinterseite des Körpers gelegene Mantelhöhle. Diese Uebereinstimmung könnte allerdings eine homologe sein; sie wird aber in Anbetracht der ausserordentlichen Differenzen, die in allen Organ- systemen zwischen beiden Gruppen bestehen, mit weit grösserer Wahr- scheinlichkeit als eine zufällige gedeutet werden müssen. Die GroBBEN’sche Hypothese kann demnach nicht den Anspruch erheben, die Phylogenie der Cephalopoden irgendwie aufgeklärt zu haben. Wir stehen hier nach wie vor angesichts eines ungelösten Problems und müssen zugestehen, dass über die Stammformen der Dintenfische zur Zeit noch nichts bekannt ist. Nur so viel lässt sich sagen, dass sie sich als ein selbständiger Seitenzweig aus der allen Mollusken gemeinsamen Wurzel entwickelt haben müssen. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 381 Erklärung der Abbildungen. Tafel 23—26. Es bedeutet: bas Basilarmembran der Radula. bi Bindegewebe. bt Seitentasche des Mundrohrs. cer Cerebralganglion. cil Cilien. cor Herz. cut Cuticula. diaph Diaphragma. div Oesophagusdrüse. dr drüsige gal | Mantelzone. gl Drüse. glh dunkle keulenförmige Drüse. glh' helle 2 J glk hantelförmige . gl. rec. Rectaldrüse. ge Geschlechtsorgan. gef sog. Gefäss. glz Ganglienzelle. hep Leber. hyp Hypodermis. int Darm. integ Körperwandung. k Kiefer. Im Längsmuskel. Mu Columellarmuskel. mu Muskel. mus musculése Mantelzone. mr Mundrohr. n Nerv. oes Oesophagus. ost Wasserpore. ov Ovar. ped Fusshöhle. per Pericard. plg Pleuralganglion. ym Ringmuskel. re Niere. sin. peran. Sinus perianalis. sin. perint. „ periintestinalis. sin. dors. » dorsalis. sph Sphincter. T ausgewachsener t Po Tentakel. vis. c. Visceralcommissur. vis. gl. Visceralganglion. CN weal Q Q T .. — beliebige Vergrösserung. Die Figuren 1—52 beziehen sich auf Dentalium dentale L. Tafel 23. Fig . 1. Längsschnitt parallel zur Rückenfläche. 16/1. Fig. 2. Längsschnitt durch den Mantelwulst. 70/1. Fig. 3. Sagittalschnitt durch die Afterregion. 70/1. Fig. 4. Querschnitt etwas hinter dem After. 70/1. Zool. Jahrb. V, Abth, f. Morph, 26 382 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Magen, Niere. mag 8. LUDWIG H. PLATE, Querschnitt durch die Basis des Mundrohres. 24/1. » Gehirn und Kiefer. 24/1. Sagittalschnitt durch Kiefer und Subradularorgan. 70/1. Tafel 24. Kiefer von der Fläche gesehen. *. 9, 10. Histologie des Stützknorpels unter der Radula. *. Fig 11. Buccalcommissur. 70/1. 18. Querschnitt durch die Pleuralganglien und die hintere Horizontaler Längsschnitt durch die Radulascheide. 70/1. Sagittaler ; 70/1. Querschnitt durch die Oesophagusdrüsen. 16/1. Epithel der Oesophagusdrüsen. *. „ „a laeber,. oe, Querschnitt durch den Darmknäuel. 16/1. Längsschnitt parallel zur Bauchfläche durch Enddarm, 16/1. Fig. 19. Querschnitt durch Rectaldrüse, Nieren, Visceralganglien. 70/1. Fig. 20. Querschnitt durch Nieren, Enddarm. 16/1. Fig. 21. Rectaldrüse. *. Fig. 22. Querschnitt durch Magen, Pericard. 16/1. Tafel 25. Fig. 23. Längsschnitt durch Niere und Wasserpore. 70/1. Fig. 24. Nierenepithel. *. Fig. 25. Querschnitt durch den Hoden. 16/1. Fig. 26. Spermatozoon. *. Fig. 27. Blutkörperchen. *. Fig. 28. Querschnitt durch das Diaphragma. 16/1. Fig. 29. Herzwandung. *. Fig. 30. Querschnitt durch die vordere*Buccalcommissur und Sub- radularorgan. 70/1. Fig. 30a. Querschnitt durch die Cerebralganglien und Tentakel- schilder. 16/1. Fig. 31. Querschnitt durch die Tentakelschilder und die Pleural- ganglien. 16/1. Fig. 32. Querschnitt durch den Fuss und die Pedalganglien. *. Fig. 33. Ganglienzellen aus den Cerebralganglien. *. Fig. 34. Otocyste. *. Fig. 35. 36. Tentakel, Jugendstadium. *. Fig. 37. Tentakel, etwas älteres Stadium. *. Fig. 38,189) „ Uebergangsform. *. Fig. 40. Kerne desselben in Degeneration. *. Fig. 41. Ausgewachsener Tentäkel, Querschnitt. *. Fig. 42. ss » . von der Bauchseite gesehen. *, Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 383 Tafel 26. Fig. 43. Ausgewachsener Tentakel, Endkeule, Seitenansicht. *. Fig. 44. a A Querschnitt durch das Gan- glion. *. Fig. 45. x 4 Längsschnitt durch das Gan- glion. *. Fig. 46. x x Querschnitt durch die End- keule. *. Fig. 47. Uebergangsform, Querschnitt. Fig. 48, 49. Endkeule des ausgewachsenen Tentakels, Bauch- seite. *. Fig. 50. Sensible Endkolben der Ganglienzellen glz. *. Fig. 51. Schräger Querschnitt durch die vordere Region der Ten- takelkeule. *. Fig. 52. Drüsen- und Ganglienzellen an der Basis der Tentakel- keule. *. Fig. 53. Siphonodentalium vitreum, Querschnitt durch den Ten- takel. *. Fig. 54. n 2 Querschnitt durch Fuss und Mantel. 16/1. Fig. 55. 5 Querschnitt durch die Oeso- phagusdrüsen, Darmknäuel etc. 16/1. Fig. 56. Siphonentalis affinis, Querschnitt durch Mundrohr, Ten- takelschilder. 70/1. Fig. 57. Siphonodentalium vitreum, Mantelwulst, Längsschnitt. 16/1. Fig. 58. Siphonentalis affinis, Querschnitt durch After, Nieren etc. 70/1. Fig. 59. 5 Querschnitt durch Magen, Ein- mündung der Vorderleber etc. 70/1. Fig. 60. Siphonentalis affinis, Querschnitt durch Hinterleber, Ge- schlechtsorgan. 70/1. Fig. 61. Cadulus subfusiformis, Querschnitt durch das Hinter- ende des Pharynx. 70/1. 26 * 354 19. ~ 22. LUDWIG H. PLATE, Literatur-Verzeichniss. Lacaze-Durniers H. pe, Histoire de l’organisation et du deve- loppement du Dentale, in: Annales d. Sc. Nat. Zoologie, (4), T. 6, 1856, p. 225—81, p. 319—85; T. 7, 1857, p. 1—51, p. 171—255. Sars M. Om Siphonodentalium vitreum. Christiania. 1861 (Uni- versitätsprogramm). T#eıere, T., Ueber Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nerven- system von Mollusken, in: Z. f. w. Z., Bd. 49, 1890. Hatter, Bera, Die Organisation der Chitonen der Adria I, in: Arb. aus d. zoolog. Inst. Wien, Bd. 4, 1882; II, ibid. Bd. 5, 1884. Prare. L., Studien über opisthopneumone Lungenschnecken, I. Die Anatomie der Gattungen Daudebardia und Testacella, in: Zoolog. Jahrb., Bd. 4, Anat. Abth. RössLer R., Die Bildung der Radula bei den cephalophoren Mol- lusken, in: Z. f. w. Z., Bd. 41, 1885. Nassoxow, Zur Morphologie der Scaphopoden, in: Biol. Centralblatt, Bd. 10, 1890, p. 254. ERLANGER R. v., Zur Entwicklung von Paludina vivipara, in: Zool. Anz. 1891. LAnke£ster Ray, Artikel „Mollusca“, in: Encyclopaedia Britannica, 9. Aufl., Vol. 16, No. 357, 1883. SCHIEMENZ, Ueber Wasseraufnahme bei Lamellibranchiaten und Gastropoden, i, in: Mitth. Zool. Station Neapel, Bd. 5, 1884 und II, ibid. Bd. 7, 1887. For, H., Sur l’anatomie microscopique du Dentale, in: Arch. Zoo- logie exper. (2), T. 6, 1889. Sars, G. O., Bidrag til Kundskaben om Norges arktiske Fauna, I. Mollusca regionis arcticae Norvegiae. Christiania 1878. Lamarck, J. B. px, Hist. nat. d. animaux sans vertèbres, 2. édit, T. 5, 1838. Linn&, Fauna suecica, editio altera 1761. Cuexu, Bibliothèque conchyliologique, T. 4, par G. Montacv. Paris 1846. Tuorre, Cu., British Marine Conchology, 1844. Desnayes, G. P., Anatomie et Monographie du Genre Dentale, in: Mém. Soc. Hist. Nat. Paris, T. 2, 1825. Bramvirre, D. pr, Manuel de Malacologie. Paris 1825. SIEBOLD, TH. v., Lehrbuch d. vergl. Anatomie d. wirbellosen Thiere, 1848. Bronn, H. G., Allgemeine Zoologie, 1850. Berruonv, A. A, Lehrbuch der Zoologie, 1845. CHenu, J. C., Leçons élémentdires d’hist. nat. Paris 1847 und Manuel de Conchyliologie. Paris 1859. a 28. 50. 51. Ueber den Bau und die Verwandtschaftsbeziehungen der Solenoconchen. 385 Sowersy, G. Br., Popular British Conchology, 1854. GuizninG, L., Observations on Naticina and Dentalium, in: Trans. Linn. Soc., vol. 7, 1831. Forges, E. and Hantey, S., History of British Mollusca and their shells. MacsınuıvrAY, W., History of the Molluscous animals of Scotland. London 1844. Reeve, L., Elements of Conchology, vol. 2, 1860. Gosse, Pu. H., Natural History, Mollusca, 1854. CLark, W., History of the British marine testaceous Mollusks, 1855. Gray, J. E., Guide to the Mollusca in the British Museum. Lon- don 1857. Agassiz L., Gourp, A. und Perry, M., Naturgeschichte des Thier- reiches, 1855. GIEBEL, ©. G., Naturgeschichte des Thierreiches, Bd. 5, 1864. SANDER-RANG, Manuel de l’histoire nat. des Mollusques et de leurs Coquilles. Paris 1829; ich habe dieses Werk citirt nach einem Auszuge aus demselben, der abgedruckt ist in Jonnston, G., Einleitung in die Conchyliologie. Herausgeg. von Bron, H. G., 1853, p. 624. CLArK, W., On the animal of Dentalium tarentinum, in: Annals and Mag. nat. hist. (2), vol. 4, 1849, p. 321. Kxer, R., Lehrbuch der Zoologie, 1855. HaEcckEL, E., Generelle Morphologie, Bd. 2, 1866. Hvxrey, Ta. Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere; übersetzt von J. W. SpEnGEL, 1878. JEFFREYS, Gwyn, British Conchology, vol. 3, 1865. Kererstern, W., Malacozoa in Bronn’s Klassen und Ordnungen, 1862—66. Carus, V. und GERSTAECKER, Handbuch der Zoologie, 1868—75. GEGENBAUR, Grundriss der vergl. Anatomie, 2. Aufl., 1878. Lupwıs, H., Leunis, Synopsis der Thierkunde, Bd. 1, 1888. Craus, C., Lehrbuch der Zoologie, 5. Aufl., 1891. GROBBEN, C., Morpholog. Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat sowie über die Leibeshöhle der Cephalopoden, in: Arbeit. Zoolog. Institut Wien, Bd. 5, 1884. GROBBEN, C., Zur Kenntniss der Morphologie und der Verwandt- schaftsverhältnisse d. Cephalopoden, ibid. Bd. 6, 1886. PELSENEER, P., Contributions à l’étude des Lamellibranches, in: Arch. de Biologie, T. 9, 1891. Weemans, H., Contributions à l’histoire nat. des Haliotides, in: Arch. de Zool. expérim. (2), T. 2, 1884. Bourax, L., Rech. sur l’anat. et le développement de la Fissurelle, in: Arch. Zool. expérim. (2), T. 3, Suppl. 1885. FıscHer, P., Manuel de Conchyliologie. Paris 1887. Lacaze-Dutuiers, H. pe, Note sur le nerf acoustique du Dentale, in: Arch. Zool, experim., T, 3, 1874. 386 52. 67. 68. LUDWIG H, PLATE, Ueb. d. Bau u. die Verwandtschaftsbez. d. Solenoconchen. Crosse, H., in: Journal de Conchyliologie, T. 14, 1866; Besprechung von Gwyn Jerrreys’ British Conchology. Jacson, Ro». Tracy, Phylogeny of the Pelecypoda, in: Mem. Boston Soc. Nat. History, vol. 4, 1890. r Hyarr, Aupu., Value in Classification of the stages of growth and decline, with propositions for a new nomenclature, in: Proc. Boston Soc. Nat. Hist., vol. 23, 1888. JHERING, H. v., Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken, 1877. JEFFREyS, J. Gwyn, On the Mollusca of the „Lightning“ and »Porcupine“ Expeditions V, in: Proc. Zoolog. Soc. London, 1882. Gourp, A. A., Report on the Invertebrata of Massachusetts, second edit., Mollusca, edited by W. G. Binney. Boston 1870. PELSENEER, P., Sur la valeur morphologique des bras et la com- position du systeme nerveux central des Céphalopodes, in: Arch. de Biologie, T. 8, 1888. STEINER, Die Functionen des Centralnervensystems der wirbellosen Thiere, in: Sitz.-Ber. Berlin. Akad. 1890, Bd. 1, p. 46, 47. VALENCIENNES, A., Nouvelles Recherches sur le Nautile flambé, in: Archives Muséum Hist. Nat. Paris, T. 2, 1841. Owen, R., Mem. on the pearly Nautilus. London 1832. GROBBEN, C., in: Verhandl. d. Deutsch. Zool. Ges., Bd. 1, 1891, p. 63, 64. Drerz, M. J., Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere I, in: Sitz.-Ber. d. k. Akad. Wien (math. nat. Classe), Bd. 77, 1878. Gisson, J. H., On the anatomy and physiology of Patella vulgata, in: Trans. Roy. Soc. Edinburgh, vol. 32, 1887. Weemany, H., Notes sur l’organisation de Patella vulgata L., in: Recueil zool. suisse, T. 4, 1887. GriespacH, H., Beiträge zur Histologie des Blutes, in: Arch. f. Mikr. Anatomie, Bd. 37, 1891. Vorer, W., Entocolax Ludwigii, in: Z. f. wiss. Z., Bd. 47, p. 658 ff. Puare, L., Bemerkungen zur Organisation der Dentalien, in: Zool. Anz. 1888, p. 509 ff. — —, Ueber einige Organisationsverhältnisse der Dentalien, in: Sitz.-Ber. Ges. z. Beförderung d. ges. Nat. z. Marburg, 1891, p. 26 ff. — —, Ueber das Herz der Dentalien, in: Zool. Anz. 1891, p. 78 ff. — —, Ueber den Bau und die systematische Stellung der Soleno- conchen, in: Verhandl. Deutsch. Zoolog. Ges. Bd. 1, 1891, p. 60 ff. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. By H. B. Pollard, B. A., B. Sc. Scholar of Ch. Ch. Oxford. (Aus dem Anatomischen Institut zu Freiburg i./B.) With pl. 27—30 and 10 woodcuts. Introduetion. When in the summer of 1890 I finished my course at Oxford the Governing Body of Christ Church prolonged my scholarship for a year on condition that I should attempt some original work. To them therefore and especially to my tutor, Mr. BarcLayY THOMPSON, I ex- press my warmest thanks. I wrote accordingly to Prof. WIEDERSHEIM at Freiburg and he gave me a place in his Laboratory suggesting that I should work on the head of Polypterus. The present paper is the outcome of the ten months work. To Prof. WIEDERSHEIM for his exceeding generosity in placing material at my disposal and for the guidance and personal kindness which he has always extended to me I am under the deepest obligations. My thanks are due to my friend and fellow-worker Dr. H. H. WILDER for much useful information on Urodeles. In this description of the anterior region of Polypterus, I have endea- voured not to repeat well-known observations of others. When therefore an account seems incomplete reference to previous literature may explain the omission, In tracing the most curious and important relationships of 388 H. B. POLLARD, this animal with the Selachii and with the Urodela it has seemed well to commence with the muscular system. From the accounts of pre- vious writers — L. AGAssız, J. MÜLLER, TRAQUAIR and vAN WIJHE — the osteology is sufficiently well-known to justify this course while the muscular system, not hitherto treated, shows more clearly than any other the connection between the Selachii, whose myology has been so well described by VETTER, on the one hand and the Urodela on the other. At the end of each section of this paper will be found a sum- mary which will, I trust, make manifest the bearing of the observations preceding. Museular System. Constrictor arcuum visceralium (oberflächliche Ringmusculatur). Belonging to this system may be distinguished: Levator maxillae superioris and protractor hyomandibularis. Retractor hyomandibularis and opercularis with a small muscle at the angle of the jaw. Intermaxillaris anterior. Intermaxillaris posterior with mantle muscle. Interarcuales ventrales. Levatores arcuum. On removing the preoperculum and the spiracular ossicles the Protractor hyomandibularis and Levator maxillae superioris are imme- diately seen (fig. 2). The former takes its origin from the postfrontal, that is the fused sphenotic and dermal postfrontal. It runs backwards and almost horizontally, and is inserted on the hyomandibular and operculum where the two articulate. At about the middle of its course a slip of muscle passes upwards and is inserted on the spiracular ossicles which thus, as stated by JoHANNES MULLER, can be closed at will. The Levator maxillae superioris almost forms a continuous sheet with the Protr. hyom. It arises from the sphenotic and passes down- wards and backwards spreading out in the form of a fan. Its attach- ment is to the upper edge of the (dermal) metapterygoid though some of its most anterior fibres pass on to the true quadrate and also a tendon passes to the angle of the hyomandibular. By the contraction of these two muscles the operculum is pulled outwards and the gill cavity expanded, the angle of the jaw is raised On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 389 somewhat and the lower jaw slightly pushed forward. At the same time the spiracle is closed. The innervation is from a branch of the mandibular nerve, sepa- rating off near its origin. Between these two muscles and the skull wall is situated the spiracular passage. The Retractor hyomandibularis and opercularis form a fairly stout sheet (fig. 3), arising from the postero - external process of the Pe- trosum especially from the ridge which traverses it. The anterior portion of the sheet is stouter and as the Retr. hyom. is attached to the inside of the upper arm of the bent hyomandibular above the articulation of the operculum. The posterior portion of the sheet of muscle passes downwards and backwards attaching itself to the inner surface of the operculum while many of its fibres continue on as the intrinsic muscles of the opercular mantle. As belonging to this same bundle primitively, may be considered a small muscle at the angle of the jaw in the substance of the liga- ments which bind the hyomandibular, quadrate and stylohyal to the lower jaw (fig. 3). It is however also possible that it may represent an Adductor arcus branchialis. These muscles are antagonistic to those previously described. By their action the gill cavity is closed. The Retractor hyomandibularis in conjunction with the small muscle at the angle of the mouth may help to depress the jaw. Innervation is from the opercular branch of the hyoid branch of the Facialis. Intermaxillaris anterior. If the jugular plates and skin be removed from the lower jaw an intermaxillaris anterior is seen arising on either side from a median raphe (fig. 4). Its fibres pass horizontally externally and anteriorly to the ligaments along the edge of the mandible extending from the Ist fifth to the 3rd fifth of its length. Innervation is from a branch of the mandibular nerve (R. m. à.) which leaves the lower jaw at half its length. The intermaxillaris posterior arises from the same median raphe a portion of its fibres lying anteriorly under the intermaxillaris anterior. Its fibres run approximately at a right angle with those of the an- terior. Their attachment is mainly to the ceratohyal but partially also to the jugular plate at its posterior edge. Some fibres are continued on as intrinsic muscles in the mantle flap, 390 H. B. POLLARD, Behind the intermaxillaris posterior is a separate muscle which arises from a median raphe of its own, and proceed to the postero- internal angle of the jugular plate. Some fibres pass on into the mantle. The innervation of the intermaxillaris posterior and of the muscle to the jugular plate is from the Ramus hyoideus of the Facial. The action of these muscles is chiefly to aid in swallowing and to bring together the jugular plates. Interarcuales ventrales (fig. 6). The first of these takes its origin from the lower third of the 1st ceratobranchial. It proceeds downwards, inwards and forwards and attaches itself by a short tendon to the lower end of the ceratohyal. Its innervation is from the post trematic branch of the Glossopha- ryngeus. The second arises from a tubercle, near the lower end of the second ceratobranchial. Some fibres pass to the interbranchial mem- brane but the main portion passes under the tendon of coracoarcualis 2 and then becomes somewhat broader and flatter. Its attachment is to the ceratohyal by a short tendon near that of the first. The common 3rd and 4th interarcuales pass from the respective ceratobranchials beneath the body of coracoarcualis 2 and are attached to the 2nd (cartilaginous) basibranchial. The innervation of the last | 2 muscles was not observed but is no doubt from the corresponding posttrematic branch. Levatores arcuum. These muscles take their origin together from the under portion of the ridge on the backward process of the petrosum. The Levator arcus primi passes down, just above the forking of the two pharyngo- branchials to the top of the 1st ceratobranchial. It is innervated by the posttrematic branch of the Glossopharyngeus. The remaining levatores pass downwards and backwards together to the tops of the ceratobranchials of the respective arches. Beyond the last ceratobranchial a muscular slip continues on and is inserted into the skin ligaments in front of the shouldergirdle. Innervation is from the posttrematic branches of the Vagus. No adductores arcuum (VETTER) are present. The epibranchials are either not present or fused with the ceratobranchials, On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 391 Adductor mandibulae is divided into 3 portions: Masseter, Temporal, Pterygoid. Masseter. Beneath the preoperculum (cheek bone) lies the very powerful masseter (figs. 2 and 3). It may be considered as consisting of two parts, an upper and a lower. ‘The upper and larger portion takes its origin from the upper and posterior edges of the preoper- culum. It then runs forwards and slightly downwards to the coronoid process of the lower jaw. This portion is innervated by a separate branch from the mandibular nerve. The lower portion of the masseter arises from the ossified antero- external surface of the quadrate and proceeds parallel with the other portion to the base of the coronoid process. Its nerve supply is a branch arising from the mandibular nerve much lower down than the preceding branch. The Temporalis (figs. 2 and 3) arises from the sphenotic, post- frontal, supraorbital cartilage band and frontal. The attachment to the last named is to its under surface between its projecting edge and its articulation with the orbitosphenoid extending even above the eye. Along this same surface stretches the supraorbital cartilage band. The temporalis takes a direct course downwards to the lower jaw. The Pterygoid (figs. 3, 30) arises at the base of the skull some- what behind the level of origin of the Temporalis from the parasphe- noid posteriorly and the orbitosphenoid anteriorly. It runs to the lower jaw at an angle of about 45 degrees to the horizontal plane of the skull and is inserted, forming a common tendon with the Tempo- ralis on to the ossified Mrecket’s cartilage. The above three muscles are very stout and the bite of Polypterus must be very powerful while the gape is not great. The orbitosphenoids architecturally sup- port the frontals so that they may not be depressed by the stress of the Temporalis. The temporal and pterygoid muscles are innervated by a branch, arising near its exit from the mandibular nerve. Outside the last two muscles run the buccal and superior maxillaris nerves as well as finer nerves to the mucous canals of the postorbital and postarticular regions. Ventral, longitudinal muscles belonging to the trunk. Coracoarcuales. The Coracohyoideus (fig. 5) is a very stout muscle showing slight 392 H. B. POLLARD, traces of a division into 2 or 3 portions. Its origin is from the der- mal clavicle and interclavicle. Thence the fibres converge and are at- tached by 3 tendons to the end of the ceratohyal. The internal tendon is stouter than the other two and in it is formed a strong tendon bone which remains in macerated skeletons. The median tendon is slight. The outer, though not so powerful as the internal is yet of considerable size and serves mainly for the attachment of that portion of the muscle which springs from the dermal clavicle. Curiously enough where the muscle is joined by connective tissue to its fellow of the opposite side a forked tendon bone occurs. From the posterior portion of the coracohyoideus passes a long tendon to the lower end of the Ist ceratobranchial. The innervation of the above muscle is from the last cranial, really the 2nd spinal nerve. The Branchiomandibularis s. Geniohyoideus is a long paired muscle. It arises from the posterior end of the lst basibranchial and proceeds to the symphysis of the jaw. It has a greater extent vertically than horizontally. Innervation is from the anterior prolongation of the conjoined two last cranial (1st and 2nd spinal) nerves. The nerve reaches the muscle on its ventral surface near its posterior end. To the system of Coracoarcuales belongs a muscle (fig. 6) which arises from the last ceratobranchial and runs horizontally forward af- fixing itself, by tendons to the lower ends of the 2nd and Ist cerato- branchials. It is supplied by the united 1st and 2nd spinal nerves. The branches to it leave the common nerve before the latter reaches the geniohyoid. Possibly here also belongs a flat muscle of small size which takes its origin from the hinder edge of the last ceratobranchial. It loses itself in the skin near the anterior edge of the dermal clavicle. Its innervation was not discovered. Comparison with other animals. In comparing the muscles of Polypterus with those of Selachii it must be remembered that Polypterus though exceedingly primitive is yet a much ossified form. The muscles do not take their origin as in the latter largely from fasciae but directly from bones either dermal or preformed in cartilage. However certain portions of the Constrictor superficialis, the “oberflächliche Ringmusculatur” of VETTER in the mandibular and hyoid regions retain a primitiveness comparable with that of Heptanchus. The Levator maxillae superioris of which the On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterüs. 593 Protractor hyomandibularis and spiracular are only portions, may be well compared to the same muscle in Heptanchus. So also the Re- tractor hyomandibularis and opercularis and the Intermaxillaris posterior which are actually continued into the fold of the integument repre- senting the opercular mantle. The Adductor mandibulae with its division into masseter, tem- poral and pterygoid seems at first sight very different from the Se- lachian adductor. However in Polypterus the temporal and pterygoid are supplied by one nerve branch and have a common tendon of at- tachment. They lie internally to the maxillary and mandibular nerve and may be considered to have arisen by the partial division of a single portion of the primitive Adductor mandibulae. In several Se- lachii e.g. Acanthias (VETTER) there is an anterior portion of the Ad- ductor taking its origin from the skull, and separated from the rest of the Adductor by the maxillary and mandibular nerve (VETTER, in: Jen. Z. Vol. 8, tab. 14, fig. 3). One may therefore conclude that this latter muscle represents the pterygoid and temporal of Polypterus. Interarcuales superiores, Adductores arcuum visceralium (with the possible exception of that on the hyoid arch) and a Trapezius corre- sponding to those of Selachians are not present in Polypterus. The Levatores arcuum and Interarcuales ventrales are as VETTER has shown derived from the Interbranchiales of Selachians. It is on comparing the muscles of Polypterus with those of Uro- deles that the most striking resemblances are seen. With the loss of the hyomandibular in the latter and the fusion of the quadrate to the skull the Levator maxillae superioris naturally disappears while the Retractor hyomandibularis shifts its attachment somewhat and becomes the digastric. The Intermaxillaris anterior and posterior are almost identically alike in Polypterus and some Urodeles. With regard to the jaw muscles one has but to take into account the reduction and imbedding of the dermal bones in Urodela to perceive that in all mor- phological essentials Polypterus agrees closely with such a form as Am- phiuma, the only difference being in the method of origin. Especially close is the resemblance in the details of the nerve supply and the topographical relations of the Ramus maxillaris superior to the masseter, temporal and pterygoid. The Levatores arcuum correspond. In the Interarcuales ventrales of Polypterus is seen the commencement of the shifting of ventral attachments from the basibranchial, or more primitively from a median raphe, to the preceding arches which becomes so marked in Urodeles, 394 H. B. POLLARD, The muscle arising from the last ceratobranchial and attaching itself by tendon to the 2nd and Ist ceratobranchial was apparently inner- vated by the hypoglossal but on this point unfortunately I could not become quite certain. Should its innervation be found to be from the Vagus it would correspond to the Constrictor arcuum visceralium of Urodeles. In Polypterus from the last ceratobranchial to a median raphe extends a broad sheet of muscle supplied by the Ramus recurrens vagi. This sheet in Urodeles becomes differentiated to certain muscles of the larynx. The condition in Urodeles of the ventral longitudinal muscles be- longing to the body and not really to the visceral system may be de- rived from that in Polypterus allowing for the total loss in the former of the dermal clavicle and interclavicle. In conclusion it may be stated that the anterior muscula- ture of Polypterus shows on the one hand some charac- ters derivable from the lowest Selachii, on the other hand leads directly to the condition of the Urodeles. Peripheral Nervous System (figs. 7 and 8 etc.). The nerves of Polypterus have been already well described by VAN Wine and the following must therefore by regarded partly as supplementary to his description but mainly introduced for the sake | of comparison with other animals. Third or Oculomotor group. Belonging to this group are the Ophthalmicus profundus and oculomotor nerves. The root of the Ophthalmicus profundus arises apparently from the mid brain on a level with or slightly anterior to the root of the oculomotor. Certainly it is far separated from the root of the Trigeminus. Usually owing to poor preservation the brains of Polypterus are difficult to study but the nerve roots themselves remain and in the Ophthalmicus pro- fundus indicate clearly the independence of origin from the Trigeminus roots. Beyond its ganglion the Ophthalmicus profundus of Polypterus may be said to give off 3 nerves: (1) the commissures to the Ophthal- micus superficialis of the Facial, (2) the Ophthalmicus profundus in narrower sense, (3) a branch which joins the motor nerves. These three branches might be called upper, median, and lower respectively. The median branch after taking the course described by van Wine to the canal in the ectethmoid bone, which it occupies together with the Ophthalmicus superficialis, the Obliquus superior muscle and On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterüs. 305 a considerable vein, passes along in a deep groove above the superior edge of the ectethmoid where it anastomoses twice with the Ophthal- micus superficialis. It gives off before entering the canal a short branch to the skin. This branch passes through tbe obliquus superior without giving fibres to it. The main portion of the nerve leaves the groove and dips into the cartilaginous nasal capsule along with the Ophthal- micus superficialis of the Facial from which however it is distinct. The main portion passes on just beneath the roof of the nose and supplies the skin above the base of the nasal tentacle and the ten- tacle itself. Before dipping into the nasal capsule a considerable branch is given off (fig. 9) supplying the skin over the superior external portion of the snout. The median portion of the Ophthalmicus pro- fundus corresponds to the naso-ciliaris or nasalis of Urodeles. Trigeminus group: [(1) Ramus ophthalmicus superficialis.] (2) Ramus maxillaris superior. (3) Ramus mandibularis. (4) Ramus palatinus. In a young specimen of Polypterus about 20 cm long which was cut into sections there appeared to be commissure from the ganglion of the Trigeminus to the Ophthalmicus superficialis of the Facial. The material was however not well preserved and consequently the existence of this commissure which would represent the superficial portion of the Trigeminus could not be determined with absolute certainty. In specimens which were dissected there was no trace of it nor is it re- presented by van WisHE and consequently one may conclude that if present at all it disappears early. The Ramus maxillaris superior unites with the buccalis under the orbit and its peripheral distribution apart from the buccalis could not be determined. The Ramus mandibularis gives off very early a motor branch to the Levator maxillae superioris and Protractor hyomandibularis. Shortly after leaving the skull it gives off the common branch to the tem- poral and pterygoid muscles and more peripherally a branch to the upper portion of the masseter and another branch to the lower portion of the masseter. It then passes on to the lower jaw. The palatine nerve is not a simple nerve but represents in Po- lypterus the pharyngeal branches of 3 cranial nerves. The trigeminal portion joins it passing internally from the ganglion of the Trigeminus. 596 B. H. POLLARD, It takes the course described by van WısHE but also gives from its anterior branch a twig which passes through the ectethmoid into the nasal capsule. Abducens and Facial groups. The Abducens arises from the base of the medulla oblongata and enters a small canal in the basal cartilage of the skull, which however it leaves within the skull, taking its exit with the Trigeminus. It lies very close to the Gasserian but does not enter into any relation with it. The Facial is a very large nerve. The following branchs may be distinguished: (1) Ramus ophthalmicus superficialis s. frontalis with R. oticus. (2) Ramus buccalis. (3) Nerves to the postorbital mucous canal. (4) Ramus mandibularis. (5) Ramus hyoideus s. jugularis. (6) Ramus palatinus s. petrosus superficialis major. The Ramus ophthalmicus ‘superficialis (fig. 9) in the ectethmoid canal anastomoses with the median branch of the Ramus ophthalmicus profundus and gives off first a branch (1) supplying the dermal nasal, then (2) another branch which supplies one mucous ampulla and some portion of the skin. It then (3) dips into the nasal capsule reappear- ing to supply another ampulla above the anterior part of the snout and an ampulla in the Os terminale. It does not supply the median ethmoid mucous canal. The Ramus buccalis passes downwards from the ganglion and under the eye forms one trunk with the maxillaris superior. Before doing so however it gives off a small branch to the postorbital mucous canal and a long branch supplying the mucous canal in the maxilla. The common trunk of the buccalis and maxillaris superior gives off branches to the mucous canal in the premaxilla and to the antorbital region. ‘The main stem enters the nasal capsule previously receiving a very fine commissure from the palatine through the outer cartilagi- nous wall and lies on the floor of the nasal cavity. Beneath the nasal opening it divids into 2 branches one of which penetrating the solid anterior cartilaginous wall of the nose reaches the ethmoid mucous canal (fig. 10), while the other supplies a mucous ampulla and the tip of the snout giving also some twigs to the skin below the nasal tentacle. On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 397 The root of the ophthalmicus sup. and buccalis is ganglionic for a considerable portion of its extent. Before the chief ganglionic swelling a branch of considerable size is given off within the skull wall. This branch sends out two smaller branches to the mucous canal in the postfrontal and posterior suborbital and a branch which passes down- wards and joins the maxillaris superior from which however it is separable. It continues on over the masseter where it divides into several branches which run down to the region behind the articulation of the jaws. These branches were figured by MÜLLER who thought they were motor branches to the masseter. The Ramus mandibularis is well described by van Wine. The mandibularis internus, the alveolaris of VON PLESSEN and RABINOVICZ appears to correspond in course and position with the chorda tym- pani of mammals. It runs between the purely dermal metapterygoid and quadrate. The Ramus hyoideus is a posttrematic branch which supplies the Retractor hyomandibularis and opercularis, the muscles of the oper- cular flap and the intermaxillaris posterior. The Glossopharyngeus gives off a fine branch which passes dorsally and vertically upwards and penetrates the process of the Pe- trosum. It appears to supply the skin above 1). The posttrematic branch supplies the Ist levator arcuum and the 1st interarcualis ventralis. In the Vagus pharyngeal, pretrematic and posttrematic branches may be easily distinguished. The Ramus supratemporalis consists of several fairly stout branches. The last gill branch cannot be said to give off a pretrematic branch. There is no 5th gill slit and the nerve is small. The Ramus recurrens closely corresponds to a post- trematic branch. It supplies muscles behind the gills which in higher animals enter into the service of the larynx. Certain of the nerves of Polypterus may be grouped in the following manner: see page 398. After giving off the Ramus recurrens the vagus divides into two large branches, the upper being the Ramus intestinalis which has a long course accompanying the intestine and the lower being the Ramus bronchialis to the swimbladder. On reaching the latter the nerve divides into many branches some of which proceed forwards to the laryngeal opening but the majority pass a considerable way down the body. 1) It doubtless supplies one of the mucous canal organs. Zool, Jabrb, V. Abth. f. Morph, 27 H. B. POLLARD, g Gill nerves ensory Mot Motor DEOE Sensory (partly) Upper Median Lower Pharyngeal | Pretrematic | Posttrematic III Commisure | R. o. prof. | Comm. to | Oculomotor. to 10:08; Oculomotor. V R. 0.. 8. (?) R. palatinus |R. mx. sup.) R. mand. disappears VI and VII R. o. s. |R. buce. and|R.mand. ext.| Abducens | R. pal. = |R. mand. int.) R. hyoideus mucous others mucous Petr. sup. | = chorda mucous tymp. IX Dorsal br. R. palatinus = Gill branch. Jacobsonian Comm, | x R. supra- | R. lat. me- | R. lat. inf. Several Branches Branches temp. and |dius mucous|(not in Poly- branches with also lateralis sup. pterus pres. R. recurrens mucous. ? in Urodeles) vagi ? R. intestinalis. The relations of the last two nerves which proceed from the cranium are of special interest. They are really spinal nerves. The eleventh nerve arises from the medulla almost under the vagus roots, that is considerably forwards. It runs obliquely through the cranial wall which must here be considered of vertebral origin and before exit divides into two branches one of which passes upwards and supplies muscles extending from the petrosum to the shoulder- girdle, that is to the supraclavicle. The other branch passes down- wards behind the gills and under the last gill slit, joins the larger following nerve. It has no dorsal roots (figs. 12, 13). The twelfth nerve arises by 2 roots, a dorsal and a ventral. The. dorsal does not pass through the bone of the skull but interverte- brally and then swells out to form a considerable and clearly marked ganglion. Like a spinal nerve it then joins the ventral root. The ventral root passes through the skull wall and on its exit like the eleventh divides into 2 branches one of which passes upwards to supply the neck muscles while the stouter passes down and gives off 3 stems to the branchial plexus after which it passes for- wards and supplies the coracoarcuales. The greater portion passes on and joins the eleventh and the two conjoined supply the branchio- mandibular or geniohyoid muscle. — On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 399 Comparison. The close similarity which exists between the nerves of Poly- pterus and the Selachii has been already mentioned by vAN WIJHE in the preface to the German edition of his work on Ganoids so that little remains to be said on this point. I wish however further to emphasize the exceeding primitiveness of Polypterus in the structure of its ophthalmicus profundus. It is far more primitive than in the majority of the Selachii. On account of recent work on the nervous systems of Urodeles especially by von PLESSEN and RABINOvICZ and WILDER it is possible to institute careful comparisons of Polypterus with Amphibian forms. This however can best be done by actual comparison of figures so I have endeavoured to make some of Poly- pterus as clear as possible. The nomenclatures are as follows: von P. u. KR. WILDER here III. Nasalis R. ophth. prof. R. ophth. prof. (median) Zweig a Nasalis internus (part.) Main branch a Piety Nas. ext. External branch R. mx. sup. V. R.comm.c. supramx. sup. R. supramx. inf. | Boa R. pal. R. pal. R. palatinus VII. Nebenganglion Ganglion R. frontalis R. ophth. sup. R. o. s. R. supramx. sup. B. m.,s. R. buccalis 1) Zweige 0. w. Nasalis int. (part.) Main stem R. hyoideo-mandib. R. jugularis R. hyoideus R. comm. c. Gloss Same Jacobsonian comm. R. buccalis mit N. der R. mand. R. mand. ext. h. m. begleitet R. alveolaris R. alv. R. mand. int. It will thus be seen that the nerves of Polypterus and Urodeles are of the same type and one has to search for differences rather than similarities. Differences are in Urodeles seen in the ophthalmicus profundus which has fused with the trigeminal ganglion and lost to a considerable extent its commissures with the ophth. sup. Differences are also seen in the mandibular supply. The course of nerves in Polypterus is more primitive and on the whole anastomoses are less frequent and marked. 1) cf. Srannius “Der Ramus buccalis, dem R. subeutaneus malae höherer Wirbelthiere vergleichbar”, Zootomie der Fische und Amphibien, 1, p. 158. 2371” 400 H. B. POLLARD, It follows that in the nerves as in the muscles Polypterus forms a link between the Selachii and Amphibia. Furthermore by this com- parison much light is thrown on the nerves of higher animals including man. The Gasserian ganglion must be considered as resulting from the fusion of 2 ganglia, the Neben- and Hauptganglia of von PLESSEN and Rapinovicz, the one being Facial and the second Trigeminal probably also containing the profundus ganglion. Also, the supposed ophthalmicus and maxillaris superior of the Trige- minal are really Facial for the greatest part — that is to say in their phylogenetic history. Primordial Cranium (figs. 9, 10, 11 etc.). Although the description of the skull by Traquair is clear and in general accurate yet there is one important point which he failed to see and another which was incorrect as well as a few details in which his description is not perfectly satisfactory. I have therefore ventured to give a figure of the primordial cranium from above. It was reconstructed from sections 35 mw in thickness of my smallest specimen, 21 cm in length. All the sections were studied carefully and then about 1 in 8 drawn with the embryograph with a magni- fication of 9. From the drawings by measurement the reconstruction was made. In one or two points only where the sections were not satisfactory owing to the difficulty of cutting, comparison was necessary with another specimen. The first point is the persistence of a small sheet (figs. 11, 30) of cartilage partially roofing over the supracranial fontanelle. It may be regarded as indicating the former existence of a complete cartila- laginous tegmen cranii which has become unnecessary by the great development of the frontal bones and their adequate support by the orbitosphenoids. As it is at present it can have no functional im- portance and is merely a rudimentary structure. The second point concerns the snout. There is no ossification of the cartilage in front of the nasal septum. The form of the carti- lage in this region is very important. Behind the nasal opening is a slight forward projection which tends to become separate. Where the upper and lower cartilaginous edges of the nasal opening meet in parts there is a slight projection becoming somewhat larger in the older specimen. It lies just at the base of the tentacle, The carti- lage of the snout ends terminally as two horizontal ledges above and below the mucous canal enclosed in the dermal ethmoid. The upper On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 401 ledge is slight and unremarkable but the lower is larger and projects considerably further. It is formed from the floor of the nose and the lower thickening of the septum nasale. In one specimen there was a slit in the cartilage above the nasal capsule on a level with the ectethmoid canal. It was not present in the youngest specimen and must be considered as arising in Polypterus first. The orbitosphenoid in front is replaced to a certain extent by a downward process of the frontal. To its posterior upper angle runs a prolongation of the parietal and the fusion of the two elements is complete though in sections what is of parietal origin can be distin- guished by pigment in the Haversian canals. The statement of Acassız that the orbitosphenoid of Polypterus is a descending process of the frontal is a natural one though it is now known that its origin is double. The labyrinth region of the primordial cranium is of exceeding interest and importance. Looking at it somewhat from behind (fig. 13) one notices directly the remarkable vestibular protuberance which is thin walled and remains long cartilaginous. Behind it the Glossopharyngeus takes its exit. Above is the bone occupying the external upper angle of the occiput. This bone may be called the Petrosum. Traversing its external surface horizontally may be seen a ridge which in front runs up to the articulation for the hyo- mandibular. Where the ridge ends posteriorly is seen a small foramen which transmits a dorsal branch of the Glossopharyngeus. The pe- trosum above is prolonged to form the important projection which supports the posttemporal scale and which has been variously called epiotic, opisthotic or craniospinal process. Internally the petrosum sends in that process which articulates with the exoccipital and in the hollow below the two processes lies the large opening which trans- mits not only the entire vagus nerve but also a large venous channel, a part of the jugular. On the upper surface of the skull the backward process of the squamoso-parietal enters into intimate relation with the tegmen cranii the petrosum and the exoccipital. In old specimens the fusion of the bones in this region is complete. In front of the vertebral elements which have been drawn into (fig. 24) the base of the skull there occurred in the youngest specimen of Polypterus a small oval block of cartilage curiously surrounded by a thin shell of bone and above it lay the threadlike termination of the notochord. 402 H. B. POLLARD, Comparison. To compare the primordial cranium of Polypterus with that of Selachians one has to make three obvious postulates: (1) That the perichondrial bones be considered as non existent. (2) That the supracranial fontanelle be considered to have a complete cartilaginous tegmen cranii of which only the remains are now known. (3) That vertebral elements be considered as completely se- parate. Granting these a most wonderful similarity will be seen to exist between Polypterus and Selachians, with Chlamydoselachus and the Notidanidae. The likeness may be noticed not only generally in the (elongated) guitar shape but in many special points which it will be necessary to take seriatim. The cartilage in Polypterus is, though extensive, not specially massive therein agreeing rather with Chlamydoselachus than with the Notidanidae. It is also fairly uniform in special tracts. In the occipital region the resemblance between the three types is seen in the slope of the exoccipitals and in the low occipital crest and also in the furrow leading to the vagus opening. There is no parietal pit (Parietalgrube) in Polypterus for where it should occur we find the great fontanelle. However attached to the parietals at the point where it existed there is a little mass of tissue (unfortunately too macerated in the sections to reveal its structure) which is pig- mented and can be seen as a darker spot through the glassy bones. Possibly this indicates where the ductus endolymphatici once opened. Various foramina described by GEGENBAUR in the Notidanidae must be considered as uniting to form the large vagus foramen of Poly- pterus. No less indicative of a genetic connection with the Notidanidae is the protuberance of the saccular or vestibular wall with the relation of the facial and glossopharyngeal nerves. The ridge on the pterotic which serves for the attachment of the retractor hyomandibularis and levatores arcuum is comparable with one present in Chlamydoselachus leading in the latter to a considerable process termed pterotic by GARMAN. The prominent process above is the epiotic of the same author. In the orbital region the supraorbital band deserves special at- tention, It corresponds to the outer rim of the orbital ledge of Se- On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 403 lachii and must be considered once to have been continuous with the skull wall along its whole extent. The sensory (mucous canal) nerves in Selachii pass through the orbital ledge forming a row of foramina. In Polypterus the corresponding branches of the ophthalmicus super- ficialis pass up in the space between the band and the skull wall. In the anterior and posterior regions they still pass through the thin cartilage. ‘The posterior foramen in the figure is that of the Ramus oticus of van WiHE. The anterior is one of the many unnamed branches. With regard to the passage of the ophthalmicus superficialis from the orbit to its destination the relation is so close between Polypterus and the Notidanidae that the same description will almost serve for both. “Mit dem Austritte durch den Canalis praeorbitalis oder das Foramen praeorbitale gelangt der Nervenstamm auf die Oberfläche des Craniums, wo er bei manchen in eine Rinne eingebettet wird. Diese besteht bei den Notidaniden. Am Ende der Rinne beginnt bei den- selben ein zweiter Canal, der einen Theil des Nerven aufnimmt und seitlich um die Nasenkapsel herum nach aussen und unten leitet, so dass dieser Nervenzweig an der lateralen Unterfläche zur weitern Ver- breitung seinen Austritt erhält. Diesen Canal will ich als Ethmoidal- Canal unterscheiden. Der nicht in ihm eintretende Theil des Nerven nimmt medianwärts seinen Weg und verläuft gegen das Rostrum” (GEGENBAUR, Unters. Heft 2, p. 70). The ethmoidal regions appear at first to show great differences but it may yet be demonstrated that the condition in Polypterus may be derived from that of Chlamydoselachus and the Notidanidae. In the latter types the prefrontal pit (Praefrontal-Lücke) is large and the nasal capsules are wide apart while the bridge of cartilage be- tween is flat and thin. Hexanchus and Chlamydoselachus are in this region more primi- tive than Heptanchus. In Heptanchus the thickened rim (gewulsteter Rand) of the prefrontal pit cuts off a portion of the latter forming a bridge in front of it. This portion forms what may be called the pineal opening for just beneath it (Carrie) lies the anterior end of the epiphysis. In Polypterus the two rims of the prefrontal pit must be considered as having united simultaneously with the raising of the nasal septum which is thin in the middle but massive dorsally and ventrally. Growth forwards of the rim gives rise to the small horn in front of the nasal opening and the ledge above the mucous canal in the dermethmoid, 404 H. B. POLLARD, In Osteolepis, depicted by PANDER, the condition must have ap- proached that of Heptanchus for the depression of the nasal plates indicates the existence of the prefrontal pit and the pineal aper- ture is in a similar position to that of Heptanchus, that is, quite anterior. In Polypterus the ethmoidal cartilage has grown backwards and dorsally so that the pineal opening is pushed backwards and no longer has a separate existence being lost in the large supracranial fontanelle. The epiphysis, it may be mentioned, extends far: forward (WALDScHMIDT). When the Stegocephali are reached the pineal aperture is parietal as in Lizards. In his great work on the skull of Urodeles Prof. WIEDERSHEIM, fourteen years ago, indicated relationships between the Phanerobran- chiata and Selachii, at the same time pointing out that the Urodeles are by no means a homogeneous group. On comparing the primordial cranium of a young Polypterus with that of Urodeles the general resemblance is seen to be so great that an anatomist seeing it alone for the first time would certainly place it among the latter. On closer comparison however it will be found to agree entirely with no one group. General similarity is seen in the exoccipitals, in the opisthotic (which has hitherto in this paper been generally called petrosum to guard against too close comparison with the opisthotic or intercalare of Teleostei), in the supra- and basi- occipital cartilaginous bands, in the orbitosphenoids, and in the extent of the supra- and infracranial fontanelles. The Phanerobranchiata may be considered most nearly related to Polypterus on account of the greater extent of their primordial skull, the greater prominence of the opisthotic and of the saccular wall. They differ however considerably in the structure of their nasal capsules. Polypterus has no posterior nares and its nasal capsule is very com- plete. In one specimen, there was a slit in the roof of the nasal capsule, not present in the youngest, which may be considered as the first indication of that incompleteness which is met with in so many of the tailed Amphibians. Siren agrees with Polypterus in the presence of a rostral pro- jection (seen again in Salamandra atra) and of the postorbital process which is a partial supraorbital band (PARKER). In Menobranchus there is a curious resemblance in the oval block of cartilage representing the basioccipital. In Amphiuma the replacement of the Orbitosphenoid by down- ward processes of the parietal and frontal is carried much further than On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 405 the similar phenomenon in Pol; RE There is some resemblance in the nasal capsule. The rest of the Urodeles depart less from Polypterus in the relations of the antorbital region of the nasal capsule. In the Axolotl some approach also is made in the form of the rostral cartilage though in a different way from Siren. Other resemblances no doubt might be found on careful search for which at present I have not the requisite knowledge. Traquair and BripgE have pointed out the similarity of the orbitosphenoid in its later stages to the sphenethmoid of the Anura. A likeness is also seen in a median and longitudinal section of the skull. The Anura are well known to differ very much anatomically from the Urodela and it is by no means astonishing that certain distinctive characters of the Anura can be traced in Polypterus. In the Anura the tegmen cranii reappears. The Amphibia differ from the Crossopterygian form in: (1) the non-inclusion of vertebral elements (that is of the two ossified vertebrae of Polypterus) in the skull, (2) the absence of an ossified ectethmoid corresponding with the loss of an ethmopalatine articulation, ; (3) in the presence of true posterior nares, (4) in the appearence of a prootic with the simultaneous re- duction of the parasphenoid. Thus it has been indicated that the primordial cranium of Polypterus admits of comparison with the skull of Chlamydoselachus showing also similarities witht he Notidanidae. It also leads on to the Amphibia which however acquire several new and distinctive characteristics. On the commencement of bone formation. No animal, accessible for study, is known to me which can be considered to lie between the Selachii and Polypterus or in other words in the latter we have the earliest form with an ossified primor- dial cranium and it therefore will be the most suitable type to explain the origin of perichondrial bones. In others “abbreviation of deve- lopment” becomes a factor. It is usually stated that such bones arise at the exits of important nerves for the protection of the same. In my youngest specimen which I cut into sections the ossification though considerable had by no means reached the adult stage. The 406 H. B. POLLARD, preorbital canal was only slightly ossified at its commencement and the groove for the ophthalmicus superficialis and profundus was scar- cely ossified at all. More ventrally towards the ethmopalatine articu- lation the ectethmoid ossification was almost complete scarcely any trace of cartilage being left. In an older specimen of which the nasal region was cut in sections the groove was partially ossified, the ecteth- moid supporting the nasal bones (figs. 9, 11). Again the foramen for the exit of the Trigeminus (fig. 28) lay behind the orbitosphenoid which only formed part of its anterior and inferior boundary. The rest was formed purely by cartilage. Here then in two critical instances we see that the bone does not arise to protect the exit of the nerve. Some other reason must there- fore exist and that view seems more probable which suggests that bones arise through Natural Selection, at the periphery of cartilage where they are of actual use to meet mechanical stress from the action of muscles or the working of joints. The ectethmoid arises at the ethmopalatine articulation, secondarily also supporting the frontal at its anterior extremity (fig. 33). In the palatine cartilaginous bar at the same time an autopalatine is formed just at the articulation and not extending either forward to its tip or backwards. The orbitosphenoid extends from the parasphenoid to the frontal sustaining the stress of the temporal muscle which is largely affixed _ to the free edge of the frontal. A simple model of its action may be made by hanging a string with a heavy weight at each end over two boards placed with their bases together and leaning apart. Po- steriorly the frontal also is supported by the sphenotic and postfrontal, the sphenotic in turn rests on the wing of the parasphenoid. The opi- sthotic besides giving attachment to muscles and ligaments, supports especially the posttemporal scale, which will be referred to again later. Below it rests on the exoccipital and wing of the parasphenoid. In old specimens the squamosoparietal process fuses with it. The exoccipitals with the fused vertebrae articulate with the verte- bral column and support especially the opisthotic against the stress of the neck muscles. | Other good examples are seen in the pterotic of Teleostei and in the vertebral column, where vertebrae primitively arise to support the ribs and processes. The bones thus picked out, to use a figurative ex- pression, may attain a greater or less independence. The first suprapharyngobranchial articulates with On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 407 the saccular protuberance of the skull (fig. 24). In the youngest specimen the bone forming in this region showed a tendency to become separate though it never does so in Polypterus. However in exactly the same spot arises the stapes or operculum in the Urodeles as a small nucleus of cartilage belonging to the auditory capsule. One may imagine the stapes of Urodeles arising in some ancestral form as an ossification of the auditory wall, comparable with the ectethmoid or with the pterotic of Teleostei, in the articular region of the pharyngobranchial. This bone became more independent by gradual stages and replaced the pharyngobranchial itself. In the Stegocephali it is occasionally massive. The pharyngobranchials became lost and the stapes now developes as a separate nucleus. On certain of the dermal bones. The parietal must be regarded as a squamosoparietal (v. WIJHE). The small mucous bones at the edge of the preoperculum, including the spiraculars with that attached to the hyomandibular, as also the postparietals of Osteolepis and the small cheek bones of Lepidosteus are interesting as evidences of the method of formation of cranial bones but have no value for comparison with higher animals. That there are 6 supratemporals in Polypterus may be primitive but their position is not primitive. The typical number must be considered two. In Osteolepis there are three, two paired and one median unpaired. In Amia we find the typical two. Evidence of the secondary position of these bones in Polypterus is seen in the extension of the “squamosal” process backwards under them. This squamosal process from the squamosoparietal is curious. It runs down, that is, internally and somewhat outwards and closely apposes itself, in the young specimens to the supraoccipital transverse cartilage and the exoccipital and also to the opisthotic. At this spot the bone so resembles bone arising perichondrially that from the sections one could not determine, which it was. In old specimens the anchylosis in this region is complete. The projection then passes upwards and outwards and to it one of the stoutest tendons of the neck muscles is attached while it is also connected by ligament with antero-internal process from the posttem- poral scale (figs. 13, 23). The posttemporal scale where it appears at the surface is oval with the long axis directed towards the pectoral fin. It shows the granulated appearance of the rest of the cranial bones, that is, this portion is essentially superficial, It is supported, mainly by the opi- 408 H. B. POLLARD, sthotic or craniospinal process, in the following manner. From the outside of the uppermost end of the process a ligament passes to its lateral edge, underneath a supratemporal. From the inside of the process a stouter ligament passes to its posterior third. This liga- ment in older animals becomes completely ossified. At its anterior edge the posttemporal scale is bound to the supratemporals by the ordinary ligaments of the scales while anterointeriorly it projects some way internally becoming attached by ligament to the squamosal process. At its posteroexternal edge is attached the ligament which sup- ports the supraclavicle (fig. 14) though the latter is also attached to the craniospinal process. The praeoperculum, as I have called the cheek bone, consists, as AGAssIz first showed, of two parts which in Amia be- come separate one being the preopercular and the other the lower postorbital. Beneath it lie one or (secondarily) two bones which correspond with the piscine socalled jugal. The operculum is borne by the bent hyomandibular. The latter is attached by ligament to the stylohyal but also by a quadrato hyomandibular ligament to the quadrate. This ligament however proceeds downwards and backwards so that the quadrate really supports the hyomandibular and not vice versa. The upper articulation of the hyomandibular is very slight and not well marked. Its bent form is specially shaped to suit such a function. Comparison with the Stegocephali. The relationship of the primordial cranium of Polypterus with that of Urodeles and Anura leads naturally to a comparison of the dermal bones of Polypterus and the Stegocephali, the ancestors in ge- neral of the Amphibia. In Polypterus there is no prefrontal, the ectethmoid taking its place. Its anterior suborbital represents the lachrymal while its po- sterior suborbital is the postorbital of Stegocephali. There is no median ethmoid in the latter. In the squamosal region the homologies are no longer so easy to see. First in Polypterus it must be noticed that in comparison with certain of the Devonian fish, especially Osteolepis, the opercular series has become elongated and has acquired more independence than it had in its fossil representatives, at the same time extending further back- wards. The operculum in Polypterus is borne by the hyomandibular which in turn is a I have shown above chiefly sustained by the quadrate eventually, Supposing the hyomandibular to become lost, or fused with On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 409 the quadrate or possibly to degenerate into a cartilaginous tympanic annu- lus then the operculum must, if it is to remain, fix itself to the quadrate. In Stegocephali there was apparently no hyomandibular and the oper- culum did shift forwards somewhat and attach itself to the quadrate becoming the supratemporal, so called, the squamosum of Amphibia and Reptilia (Baur). The other elements of the opercular series also shifted forwards and became somewhat reduced, the suboperculum be- coming the quadrato jugal and the praeoperculum the jugal. The small plates below the praeoperculum appear to be lost. The accompanying woodcuts represent Polypterus and a Stego- cephalan. The general similarity will be seen. Woodeut 1. Woodeut 2. Woodeut 11). Surface of skull of Polypterus, chiefly from WIEDERSHEIM, with the mucous canals marked in deep lines. Woodeut 2. Metopias diagnosticus from ZITTEL. 0 Dermethmoid (abs. in Metopias), 1 Nasal, 2 Frontal, 3 Parietal, 4 Squamosal (piscine), 5 Premaxilla, 6 Anterior suborbital or lachrymal, 7 Maxilla, 8 Postfrontal, 9 Posterior suborbital or postorbital, 10 Preoperculum or jugal (reptilian), 11 Oper- culum or squamosal (reptilian) or supratemporal (stegocephalan), 12 Suboperculum or quadratojugal, 13 Supratemporals or dermosupraoceipitals, 14 Posttemporal scale or epiotie (Gehérdeckknochen), 0 Jugal (piscine) abs. in Metopias. 1) In Woodeut 1 the opercular mucous canal is wrongly joined to the main cranial. Careful study of Polypterus and comparison of figures of fossils (Panper) show that a canal formerly ran back in the pre- operculum. I have had occasion to revert to the subject in a later paper. 410 H. B. POLLARD, The differing names of homologous bones are as follows: Polypterus Stegocephali. DermalmedianEthmoid absent Nasale accessorium absent (? Septomaxillary, frog) Ant. suborbital Lachrymal Polypterus Stegocephali absent (? Os terminale) Prefrontal Supratemporal Supraoccipital (Parieto) squamosum Squamosum Post. suborbital Postorbital Posttemporal scale Epiotic (Gehördeckknochen) Operculum Supratemporal (Squamosum or tympanic, Uro- deles) Suboperculum Quadrato-jugal Preoperculum Jugal Jugal absent Through the researches of EBERHARD FrAAs on the Labyrinth- odonts of the Trias of Swabia one can compare the back of the skull, not only dermal bones but cartilage bones, of these animals with Po- lypterus and it will be seen that in essential characteristits they agree remarkably. In Polypterus vertebrae are being drawn into the skull so that the © two condyles are not perceived. In the Stegocephali they are com- pletely visible, which may be because, like the Amphibia, no vertebral elements intrude or because as in higher vertebrates the vertebrae have been completely swallowed. This appears likely because in Cyclo- tosaurus there is a foramen corresponding to the hypoglossus foramen in the skull. In the Stegocephali the exoccipitals do not meet in the middle line above the Foramen magnum. They are continued above to the supraoccipitals. In Polypterus they become connected rather with the parietals from which as described above a projection runs back and upwards towards the posttemporal scale. This process seems to correspond with a process in Cyclotosaurus passing to the socalled epiotic. The vagus foramen lies in these Stegocephali between the exocci- pital and a process which FRAAS calls exoccipitale laterale. In Masto- donsaurus and Cyclotosaurus there is this curious difference that this exoccipitale laterale runs in the eñe up to the epiotic and there shows the dividing suture while in Cyclotosaurus it meets a downward On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 4i process from the epiotic and the suture is some distance from the surface. On comparison with Polypterus it will be seen that the relation Woodeut 3. Woodcut 5. > Woodeut 3. Back of skull of Mastodonsaurus from EBERHARD FRAAS. Woodeut 4. Back of skull of Cyclotosaurus from FRAAS. Woodeut 5. Back of skull of Polypterus very diagrammatic. 1 Supraoccipital (dermal) or supratemporal (piscine), 2 Epiotic or posttemporal scale, * Ossified ligament to opisthotie in Cyclotosaurus and Polypterus, 3 Occipitale laterale or exoccipital, 4 Exoceipitale laterale or opisthotie, 5 Supratemporal (stegocephalan), squa- mosal (reptilian) or operculum, 6 Vagus foramen, 7 Foramen magnum, 8 Supraclavicle (dermal) of Polypterus, 9 Pharyngobranchialis 1, + Squamosal process, 412 H. B. POLLARD, of these bones is indicated in both directions. In spite of Fraas’ denial, the bone bounding the vagus foramen externally must be con- sidered as a fused exoccipital and opisthotic (or petrosum). In old specimens of Polypterus the suture between the two elements is al- most completely obliterated and the opisthotic passes upward and back- ward supporting the posttemporal scale, being tied to it in the young specimens by a stout ligament, in old by a bone arising in that liga- ment. The posttemporal scale corresponds in all relations to the epiotic of Stegocephali and thus we see that the transition to Mastodonsaurus is by the disappearance of the ligaments, while to Cyclotosawrus it is by enlargement of the bone arising in the ligament. Palatal Region (fig. 15). In addition to the bones of the palate described by TRAQUAIR there is in front of the parasphenoid a small median un- paired bone formed by the fusion of the bones of several small teeth, the lowest number observed being 4. The parasphenoid continues forward dorsally to it as a spicule underlying the nasal septum. In a short previous notice I have called the unpaired bone vomer though the adjoining paired bones correspond to the vomer of Urodeles which I have called dermopalatines. If this homology is pushed further one comes to the conclusion that the vomer of Mammalia is a dermopala- - tine a reversing of names which is not justifiable. ‘Therefore it must be concluded that this bone which seems unpaired ab origine is a new bone comparable to the dermethmoid above and which, only doubtfully reappears again in the animal kingdom. One may call ita dermal subrostral. The metapterygoid is purely a dermal bone and we have there- fore paired metapterygoids, ectopterygoids, entopterygoids, vomers and an unpaired parasphenoid and subrostral, ten bones in all in the pa- late. The entopterygoid articulates far in front with the parasphenoid. Comparing the palatal bones of Polypterus with Branchiosaurus or the frog (cf. especially Rana pipiens PARKER, Batrachia III) ani- mals which I trust I have shown are certainly comparable with one another, one sees that the space between the entopterygoid and para- sphenoid in Polypterus has in the latter animals widened considerably and forms the well known membranous portion below the eye. If this comparison is legitimate it willbe seen that the entopterygoid be- comes the palatine in these higher forms. The metapterygoid in On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterüs. 413 R. pipiens is a separate bone occupying a position similar to that in Polypterus. In the Reptiles there are 4 pairs of bones, pterygoids, transverse, palatines and vomers and it seems quite possible that the so called pterygoids may be metapterygoids, the transverse may re- present the ectopterygoid and the palatines the entopterygoid. How- ever I only venture to put this forward as a suggestion. In seeking for a form to derive the condition of the teeth in Polypterus it will be seen that Chlamydoselachus is a satisfactory as any though one has to neglect the specialized form of the palatopterygoid teeth. The mouth and throat are lined with shagreen. To evolve the condition of Polypterus one has to consider the bases of teeth lying below the cranium and anterior two vertebrae as fusing to form the parasphenoid, while in front similarly some teeth form the subrostral bone. Below the quadrato-pterygopalatine bar certain teeth bases early form the metapterygoid, ectopterygoid and vomer, the metaptery- goid arising below the quadrate, the ectopterygoid below the pterygoid cartilage behind the ethmopalatine articulation and the vomer below the interarticular region. In Selachii the corresponding teeth are always present but do not fuse by their bases. The entopterygoid arises in the roof of the mouth between the palatopterygoid bar and the floor of the cranium. Woodeut 6. Woodcut 7. Woodcut 6. Palatal region of Rana pipiens from PARKER. Woodcut 7. Palatal region of Polypterus. 1 Vomer, 2 Palatine or entopterygoid, 3 Pterygoid or ectopterygoid, 4 Metapterygoid, * Space below the eye which becomes so great in Anura, Zool, Jahrb. V. Abth, f, Morph, 28 414 H. B. POLLARD, Shoulder girdle and Pectoral fin (fig. 16—18). The true dorsal surface of the fin is directed backwards and is unprovided with scales. The true ventral surface looks forwards and is provided with light coloured scales, which must be considered con- tinuous with the ventral scales of the body. These scales pass some- what round the pro- and metapterygial edges of the fin. The fin is twisted in the same direction as the fin in Teleostei but through a greater angle. The muscles show signs of a differentiation from the primitive Selachian condition but the differentiation does not proceed very far. The following elements may be distinguished: 1) A levator muscle taking its origin from the inner surface of the dermal clavicle and proceeding to the upper or propterygial edge of the fin belonging rather to the posterior or true dorsal surface. 2) Protractor or extensor muscles over the anterior or true ventral surface the superficial portions taking their origin from the edge of the dermal clavicle and proceeding to the distal cartilaginous rays of the fin, that is, to where the bony rays commence. Deeper portions arise from the edge of the metapterygium and especially from the meso- pterygium proceeding to the same region as the superficial muscles. 3) A depressor muscle arising from the coracoid and lower part of the dermal clavicle and affixing itself to the metapterygium. Some tendons arise from the fasciae of the body muscles posteriorly. 4) Retractor or flexor muscles corresponding on the posterior sur- face to the extensors on the anterior. The nerve supply to the fin is from the hypoglossal and first 4 spinal nerves. The XIIth or hypo- glossal nerve as it passes down behind the gills gives off first a fine commissure to the Ist spinal (primitively the 3rd) and then divides into 3 branches one of which continues forward to join the XIth nerve and supply the geniohyoid. The second runs down above the pro- pterygium and supplies the uppermost (anterior) portion of the pro- tractor. The 3rd branch joins the first spinal nerve. The 1st spinal nerve runs in a straight course to this anastomosis and then two branches pass on one of which (possibly mostly derived from XII) supplies the levator muscle and then proceeds to the anterior or ventral sur- face supplying the protractors. The second branch runs straight over the dorsal hinder surface and supplies the flexors or retractors. The 2nd and next spinal nerve runs straight to the fin and is some- what deeper placed than the others. Near the fin it divides into 2 On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 415 branches one of which supplies directly the lower retractor muscle while the other runs through the foramen in the shoulder girdle with the artery to the fin, penetrates the tough connective tissue of the articulation possibly supplying sensory branches to it and then runs on in a ligament along the proximal part of the metapterygium and eventually supplies the deeper protractor muscle. Two more spinal nerves reach the fin. The most anterior divides into 2 branches one of which supplies the retractors while the other runs under the metapterygium and supplies the protractors. The last nerve innervates the depressor muscle. It is thus seen that 5 spinal nerves supply the fin and of them at least 4 divide into a dorsal branch supplying the dorsal or poste- rior side and a ventral supplying the anterior or true ventral side. This arrangement is strikingly Selachian. On comparing the fin of Polypterus with lower animals it is Woodeut 8. Woodeut 9. Woodeut 10. Woodeut 8. Pectoral fin of Chlamydoselachus from GARMAN. Woodcut 9. Pectoral fin of Polypterus. Woodeut 10. Forearm and hand of Ranodon from WIEDERSHEIM. 1 Scapula. 2 Coracoid. 3 Humeral portion of shoulder girdle. 4 Foramen. 5 Propterygium or ulna, 6 Mesopterygium (proximal part) or intermedium and cen- tralia. 7 Metapterygium or radius. 8 Distal part of mesopterygium possibly giving rise to distal carpals. 9 Rays or metacarpals. * Foramen intercarpale. 28% 416 H. B. POLLARD, again seen that the best for the purpose is Chlamydoselachus. The shouldergirdle in the former is considerably reduced but shows the same essential character even to the shape of the foramen for the nerve and bloodvessel. The propterygium is smaller in Chlamydo- selachus. In neither does it appear to bear rays. The mesoptery- gium in Chlamydoselachus still articulates with the shoulder girdle. On carefully removing the muscles from a Polypterus fin several nerve foramina or foramina for vessels are seen and also superficial indi- cations of a former division of the apparently homogeneous part of the cartilage into a number of blocks exactly as in Chlamydoselachus. The distal partially ossified rays of Polypterus correspond to the 2 distal rows of Chlamydoselachus and in both animals the second row shows an alternate arrangement with the first. In the smallest Polypterus, whose fin was cut in horizontal sections a third very small row was present alternating with the second, that is in line with the first row. Very curious is the existence of a small cartilage in front of the propterygium and applied to it at two thirds of its length distally (WIEDERSHEIM). The similarity of the metapterygium and propterygium to the elements of the forearm of Amphibia has struck several observers and has been represented by Emery who concludes that the propterygium represents the radius and the metapterygium the ulna. However direct comparison appears to show that the interpretation must be reversed — and that the ulna is really preaxial or propterygium and the radius is the metapterygium. The mesopterygium forms probably the inter- medium and centralia and the chief foramen in the ossified part repre- sents the intercarpal foramen. The metacarpals and phalanges may have been derived in the Amphibia by a reduction of the rays of Polypterus. Possibly however Polypterus may now possess more fin rays than its ancestors. Evidences of the division of rays are fairly frequent. It is even possible that the nerve supply from 5 spinal nerves may indicate the primitive condition of 5 rays but I would not wish to lay great stress on this point prithowy further comparative and embryological evidence. From the above it is seen that there is great probability that the Pentadactyle hand is derived from a Crossoptery- gian fin. One has however to account for the humerus. Previous- ly I put forward a theory which I am about to repeat though I do so now with greater caution because Prof. WIEDERSHEIM informs me that it does not agree with certain embryological facts. On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 41 On examining the glenoid region it is seen especially in sections that the cartilage which persists between the scapular and coracoid ossi- fications is rodlike (fig. 22). Supposing a Polypterine form to change its habitat from water to land, the pressure on the articulation would be changed and increased and those animals which could develop ossi- fication would have the advantage over those that could not. As can be well seen in the case of the ectethmoid of Polypterus or the pterotic of Teleostei a bone arising thus would become a separate bone and the steps from this condition to that of a perfect humerus are easy to conceive and at the same time also the shape of the articulation can be explained. The articulation between shoulder girdle and fin is a convexo-concave one as between humerus and radius or ulna while the articulation between shoulder girdle and humerus is concavo-convex. This last point appears to me not unim- portant. Secondarily in higher animals the independent development of the humerus would be pushed back to the cartilage stage in onto- geny like for instance the palatine cartilage where it occurs. It is also conceivable that the humerus should separate off as a block of cartilage but the above view seems more rational. On the aortic vessels (fig. 19). In commencing this work it was not my intention to deal with the bloodvessels and my observations are by no means complete. Yet certain relations are of great interest. The origin of the aortic trunks is depicted by MULLER and Boas. The first branchial efferent artery runs in a groove in the first suprapharyngobranchial and, on leaving it, forward to the orbital wings of the parasphenoid into which it penetrates joining a vessel to be described. A fine nerve can be seen in this region accompanying the artery and joining the Palatine. It may be sympathetic. The second branchial artery is very stout. It is the systemic and supplies the dorsal aorta. The artery of the 3rd branchial arch of the left side has a similar course to the second but is much slighter. The 4th was not observ- ed to join the aorta at all. The 3rd branchial of the right side showed a difference from that of the left in that it ran into the mesen- teric artery which arises where to two systemics meet. The dorsal aorta runs both forwards and backwards. The precardiac portion penetrates immediately into the skull passing into the body of the 418 H. B. POLLARD, last vertebra which takes part in the formation of the cranium. Fur- ther forwards it lies between the cranium and the parasphenoid divid- ing and passing out with each wing of the latter to join the efferent lst branchial. The common trunk thus formed runs on as the oph- thalmic artery on each side. The postcardiac portion of the aorta gives off as mentioned above, the artery to the intestines and then the subclavians on each side, continuing as the dorsal aorta backwards beneath the vertebral column. The existence of the precardiac portion was mentioned by MÜLLER and it is of importance for it is exceedingly primitive. It occurs (AYERS) in Chlamydoselachus and several sharks and is one more indication of the genetic connection between them and Polypterus. It is also seen in Myxine. The persistence of the 3rd branchial artery is a character often seen in Amphibia. The general homology of the vessels is wellknown. On the suspension of the jaws (fig. 20). On examining the hyomandibular it will be seen that it can take very little part in the suspension of the jaws a point referred to before. It is however very large in size and its service is to bear the operculum. The operculum is stated by van WiJHE to show car- tilage at the joint so that it does not represent merely a membrane bone. The upper jaw is tied by the tough skin of the palate to the parasphenoid for considerable part of its extent but posteriorly it is very free, a fact corresponding with the great development of the Levator maxillae superioris. The outer posterior edge is fastened to the posterior edge of the preoperculum and in fact the opercular series, hyomandibular and upper jaw are raised together by this levator muscle. The ethmopalatine ligament is extensive and Selachian in appear- ence. The pterygopalatine bar flattens and curves above the ecto- pterygoid but near the ethmopalatine articulation it is rounder in section. At the articulation it is ossified. In. front it is prolonged some little way and this prearticular portion is long unossified. Comparing this suspension with that of Chlamydoselachus it will be seen that once more we meet with similarity. The bend in the hyomandibular of Polypterus, though signified in Chlamydoselachus is secondary and developed with the development of the operculum from the opercular fold. Branchiostegal rays are present in Chlamydo- On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 419 selachus and it is probably their inclusion in the operculum of Poly- pterus that gives the cartilaginous articulation. The prearticular prolongation of the pterygopalatine cartilage of Polypterus is of importance and points to a former extension as in Chlamydoselachus. Passing to the Urodeles we find that the quadrate has become the sole suspensorial element and further that it shows many variations. The condition in Menopoma appears to me to be the most typical and primitive. Here only the anterointernal process is fused with the cartilage. The pterygoid cartilage is a separate piece, the dermal bones having taken away all the function of the pterygopalatine bar. Prof. WIEDERSHEIM has pointed out to me that Menopoma lies in the direct line of general Urodele descent. The state in the rest of the Urodeles, that is to say the prolongation of the posterointernal angle to the auditory region is not specially difficult to derive from the typical condition. In Ranodon the pterygopalatine bar fuses with the antorbital process remaining continuous. It extends at some distance from the base of the skull. So here the tendency of the palatine to fuse with the antorbital process with loss of the articulation is manifested in the Urodeles. It is seen in the developing Lepidosteus and also in the tadpole and also in the Cyclostomi. Such seems to me the manner of evolution of the suspensorium of the Amphibia. I do not consider it as derived from that of Chimaera and the Dipnoi by fenestration and reduction of continuous cartilage. Thymus and Thyroid (fig. 21 and 6). The thymus is a paired organ lying dorsally to the gill clefts behind the wing of the parasphenoid. It is whitish and slightly lobed. It did not appear to be divided into a number of portions. The thyroid is a paired oval body similar in appearance to the thymus lying at the side of the basibranchial between the aortic trunks to the 1st and 2nd branchial arches. The oral cavity is curiously prolonged at the side of the tongue into a pouch only separated from the exterior by the skin supporting the jugular plates. Below the tubelike prolongation there lies at the side of the ceratohyoid a yellow glandular mass. Similar patches are seen ventrally to the gills (fig. 6). 420 H. B. POLLARD, On the relations of Chlamydoselachus to. Polypterus. These relations may, thanks to the descriptions of GARMAN and AYERS, be here summarized in a list: (1) The mantle fold over the gills is a structure from which the operculum and opercular fold of Polypterus may be derived. (2) The mouth is terminal. (3) The nostrils are laterally placed occupying an exactly ana- logous position in Osteolepis (PANDER). (4) Maxillary teeth are present more numerously massed to- gether at the angle of the mouth. In the Crossopterygidae esp. Osteolepis and Polypterus the maxilla is most massive and extensive posteriorly. Here is a phylogenetic stage confirming what Herrwia deduced from ontogeny — that bones are formed from tooth bases. (5) The slime canals show such a distribution as to allow the derivation of the Polypterine arrangement from them. (6) The disposition of the scales suggests the formation at ridges on the tail and fins of fulcra and fin rays. (7) Teeth extend down the pharynx and over the gills as in Polypterus. (8) The primordial cranium shows similarities with Polypterus — especially in the low occipital crest and in the snout, the latter point applying especially to fossil Crossopterygidae ( Osteolepis). (9) The Conus arteriosus shows 6 or 7 rows of valves. In Polypterus the number, 9, is very great. (10) Precardiac dorsal aorta is present. (11) The fin may well be considered an ancestral form of the Polypterine fin. Some further relations with the Urodeles. Elsewhere I have given some account of the auditory organ as I was not aware that it had been already described. Perhaps I may be allowed here to express my sincere apologies to Prof. Rerzrus for not acknowledging his priority. It is not now necessary for me to publish my drawings for it was a great satisfaction to me to learn how closely they agreed with those of Prof. Rerzıus (Biol. Untersuch. Leipzig 1881). There is a small otolith in the recessus utriculi, In On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 491 the higher level of the sacculus, the elongation of the external semi- circular canal and in the division of the auditory nerve Polypterus shows distinct Urodelan characters. I failed to find the ductus and saccus endolymphaticus but as depicted by Rerzius the saccus shows a difference from the other Ganoids in its expansion and leads to the condition of higher vertebrates. As is well known the ribs in Polypterus represent an ontogenetic stage in the Urodela. In the Stegocephali the ribs are formed of two different elements fused together. ZırrEL (Handbuch der Paläontologie) denies that the Amphibia can be derived from the Stegocephali direct but then comparatively little is known of their primordial cranium and of their anatomy generally where as Polypterus which I take to represent fairly well the ancestor of the Stegocephali shows especially in these regions and not in the dermal bones the characters, which must be assigned to the ancestral form of the Amphibia. Polypterus is fitted to be the ancestor of Amphibia in so far as its teeth are simple but allied Crossopterygidae possessed Labyrinthodont teeth. Conclusion. In the present paper it has been my endeavour to trace the relationships of Polypterus below to the most archaic Selachii, above to the Stegocephali and Amphibia. To this end I have described and compared the muscles of the cranial region and have done my best to fill up gaps in our knowledge of the peripheral nervous system, the cranium, dermal bones, palatal region, shouldergirdle and pec- toral fin, bloodvessels and jaws. Incidentally points which I believe to be new have been noted in the fate of the retractor hyomandi- bularis muscle, in the relations and history of branches of the Trige- minal and Facial nerves as well as perhaps of the Vagus, in the wandering of the pineal aperture, in the origin of the columella, in bone formation, in the homologies of the opercular series and in the origin of the humerus. Should only part of the results stand the test of further re- search it will be seen how true is the sentence of AGAssiz: “L’etude de la téte de ce poisson ouvre, comme on vient de le voir, un champ entièrement neuf à l’ichthyologie”. July 1891. 422 H, B. POLLARD, Bibliography. Acassız, À, Poissons fossiles, T. 2, 2e partie, p. 32—52 (Skull ete.). Brive, T. W., Some points in Cranial Anatomy, in: Birmingham Phil. Soc., Vol. 6, Part 1, 1886. Emery, Beziehungen des Cheiropterygiums zum Ichthyopterygium, in: Zool. Anz., Vol. 10, 1887. Harscuex, Die Rippen der Wirbelthiere, in: Verhand. d. Anat. Gesell- schaft in Berlin, Jena 1889. HerrwiG, Ueber das Hautskelet der Fische, in: Morph. Jahrb., Vol. 5, 1879. Huxzey, Classif. of Devonian Fishes, in: Mem. Geol. Survey, Dec. 10, 1861. — On Ceratodus Forsteri, in: Proc. Zool. Soc. 1876. Leypic, Histologische Bemerkungen über den Polypterus bichir, in: Zeit. f. wiss. Zool., Vol. 5, 1854. MÜLLER, JOHANNES, Bau und Grenzen der Ganoiden, in: Abh. d. Berl. Akad. d. Wissensch. 1846. (— — Archiv für Anatomie, 1843). PARKER, Structure and Development of Skull of Salmon, in: Phil. Trans. 1873. (Reıssner, Ueber die Schuppen von Polypterus und Lepidosteus, in: Arch. f. Anat. 1859.) Rerzıus, Biologische Untersuchungen, Gehörorgan von Polypterus, Stock- holm 1881. (STEINDACHNER, Polypterus ete. aus dem Senegal, in: Stzb. d. math.- naturw. Classe d. k. Akad. d. Wiss., Vol. 60, 1869.) TrAquAıR, On the Cranial Osteology of Polypterus, in: J. of Anat. and Pye, VOL 10, 2871. Wieprersuerm, Lehrbuch, p. 380 etc. Wanpscnmivr, Centralnervensystem und Geruchsorgan von Polypterus, in: Anat. Anz. 1887. van Wısue, Visceralskelet und Nerven der Ganoiden, in: Nied. Arch. f. Zool., Vol. 5, 3, 1882. — — Mesodermsegmente und Nerven des Selachierkopfes, in: k. Akad. d. Wiss. Amsterdam, 1882. (Wirrıanson, Scales and dermal Téeth ete., in: Phil. Trans. 1849.) On the Anatomy and Phylogenetie Position of Polypterus. 423 v. Ammon, Permische Amphibien der Rheinpfalz, München 1889. AYERS , vard, Vol. 17, 1889. Morphology of the Carotids, in: Bull. Mus. Comp. Zool. Har- Baur, Squamosum und Supratemporale, in: Anat. Anz. 1886. Carrie, in: Arch. de Biologie, T. 3, 1882. Fraas, EBERHARD, Die Labyrinthodonten der schwäbischen Trias, in: Palaeontographica, Zirren, Vol. 36, Stuttgart 1890. GARMAN, ead, Vol. 12, 1, 1885. Chlamydoselachus anguineus, in: Bull. Mus. Comp. Zool. Har- von PLESSEN und 'RABINOVICZ, Kopfnerven von Salamandra mac., Mün- chen 1891. Wiper, H. H., Contrib. to Anat. of Siren lac. Abtheil. f. Anat. 1891. — — 2nd paper in the same. in: Zool. Jahrb., Vol. 4, Zirret, Handbuch der Paläontologie, Vol. 3, 1 and 2, München 1890. For general information W1IEDERSHEIM’S Textbooks and W. Mar- CHETT JacKson’s Forms of Animal Life have been consulted. Lettering of Figures. Amp. Ampulla. Anast. Anastomosis. Ant. sub. Anterior suborbital. Ang. Angulare. Art. Articulare. A.s.c. Anterior semicircular canal. Aud. Auditory organ. B.m. Branchiomandibularis or Ge- niohyoid. Br. Branchial vessel. Bs. oce. Basioceipital. C. eth. Canalis ethmoidalis. C.p. Canalis preorbitalis. C. aor. Canal for precardiac Aorta. Ce. br. Ceratobranchial. Ce. hy. Ceratohyoid. C. tr. Cornua trabeculae. Co. a. Conus arteriosus. Comm. Commissure. Cor. Coracoid. Cor. arc. Coracoarcuales. Cr. occ. Crista oceipitalis. Cr.sp. Craniospinal or opisthotie process. D. A. Dorsal aorta. D. cl. Dermal clavicle. D. eth. Dermethmoid, Dep. Depressor muscle. Ect. eth. Ectethmoid bones. Ect. pty. Ectopterygoid. Ent. pty. Entopterygoid. Epiph. Epiphysis. Eth. pal. lig. Ethmopalatineligament. Ex.occ. Exoccipital. Fr. Frontal. Gass. Gasserian ganglion. Gang. Ganglion. H. M. Hyomandibular. H. sc. Horizontal semicircular canal. Hum. Humeral cartilage. Hy. Hyoidean artery. Hyp. Hypophysis. Imz. a. Intermaxillaris anterior. Ima. p. Intermaxillaris posterior. I. are. v. Interarcuales ventrales. Inf. br’. Infrapharyngobranchial. I. tr. Intertrabecula or rostrum. Int. br. Intranasal branch. Jcb. Jacopson’s organ. Jug. Jugular. Jug. pl. Jugular plate. Lb. Labial. Lev. Levator muscle. Lev. arc. Levatores arcuum, 424 L. m. s. Levator maxillae superioris. Lig. Ligament. Lig.hy.md.Mandibulohyoid ligament. Mass. Masseter muscle. Mant. Mantle or opercular fold. Mc. Mucous canal. Mck. Meckelian cartilage. © M. mck, Mento-meckelian bones. Mes. Mesenteric artery. Ms. py. Mesopterygium. Mt. py. Metapterygium. Mt. pty. Metapterygoid. Mx. Maxilla. N. Nasal (bone or aperture). Na’. Inhalent nasal aperture. Na?. Exhalent nasal aperture. Nas. int. Nasalis internus. Na. sept. Nasal septum. Nch. Notochord. N. Nerve. N.olf. Olfactory nerve. Op.f. Opercular flap. Op. m. Opercularis muscle. Olf. Olfactory organ. Op. 0. Opisthotic. Opt. Optic nerve. Ophth. Ophthalmic. O. s. Orbitosphenoid. Os. term. Os terminale. Otl. Otolith. Par. Parietal. P.c.a. Precardiac aorta. P. cl. Postelavicle. P.cor. Processus coronoideus. Pmx. Premaxilla. Pr. hm. Protractor hyomandib. Prot. Protractor muscle. Prepal. Prepalatine bar. P.s. c. Posterior semicircularcanal. Pro. py. Propterygium. Post. temp. s. Posttemporal scale. Pr. sq. Squamosal process. Psph. Parasphenoid. Pty. Pterygoid. Pty.m. Pterygoid muscle. Py. Pituitary body. Qu. Quadrate, H. B. POLLARD, Re. hm. Retractor hyomandibularis. R.bronchi Ramus bronchialis. R.bucc. Ramus buccalis. R.dors. Ramus dorsalis. R. hy. Ramus hyoideus. R. int. Ramus intestinalis. R. lat. dors. Ramus lateralis dorsalis. R. lat. med. Ramus lateralis medius. R.m. e. Ramus mandibularis externus. R.m. «VII. Ramus mandib. internus. R. md. Ramus mandibularis. R.m.s. Ramus maxillaris superior. R. ope. Ramus opercularis. BR. 0.p. Ram. ophthalmicus profundus. R.o.s. Ramus ophth. superficialis. R. ot. Ramus oticus. R. pal. Ramus palatinus. R. ph. Ramus pharyngeus. R. postorb. Ramus postorbitalis. BR. post. tr. Ramus posttrematicus. R.pr.tr. Ramus praetrematicus. R. rec. Ramus recurrens. R.s. temp. Ram. supratemporalis. Sacc. Sacculus. Sc. Scapula. Scl. Subelavian artery. S. cl. Supraclavicle. Sp. Spiracle. Sp. m. Spiracular muscle. Sp. oss. Spiracular ossicles. Sph. 0. Sphenotic. St. pl. Sternal plate or infraclavicle. S. occ. Supraoccipital band. S. ob. Supraorbital band. Subr. Subrostral. Sup. br. Suprapharyngo-branchial. Symp. Sympathetic nerve. Susp. lig. Suspensory ligament. Temp. Temporalis muscle. T. cr. Tegmen cranii. Tend, Tendon. ' Thm. Thymus. Thr. Thyroid. U.l. Upper ledge (of snout). Vert. Vertebrae. Vo. Vomer. “V.A. Ventral aorta. On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. 5) y ‘ Explanation of the Figures. Tab. 27—30. Fig. 1. General side view of head showing inhalent and exha- lent apertures of the nose, the labial fold and extent of opercular flap. Fig. 2. View after removal of opercular series showing muscles undisturbed and upper and lower branches to the mucous canal of the VIIth nerve. Fig. 3. Further dissection especially to show jaw muscles and re- lations of Vth and VIIth nerves. The nasal vestibule is also opened. * represents the muscle at the angle of the jaw of unknown homology. Fig. 4. View after removal of jugular plate on one side. Fig. 5. View after removal of intermaxillaris ant. and post. The paired branchiomandibularis or geniohyoid muscle is seen. In the coraco- hyoideus is seen the tendon bone +}; * indicates the yellow mass possibly the remains of a former gill. Behind are seen the sternal plates or in- fraclavicles. Fig. 6. Ventral dissection, * indicate the curious yellow patches, 7 = muscles of doubtful homology. Fig. 7. Diagrammatic representation of the anterior cranial nerves. Third nerve blue, Trigeminal green, Facial red, Abducens black, Glosso- pharyngeus black. Ampullae in the mucous canals are represented in the nasal region. Though of course present elsewhere the sections did not allow of their exact representation. At each ampulla the nerve spreads out beneath a tall epithelium. * denotes a special branch of. the buccalis which supplies the mucous canal in the maxilla. Fig. 8. Vagus, hypoglossus and 4 spinal nerves. The roots of the last three spinal nerves are not represented. Fig. 9. Projection from serial sections of anterior region showing primordial cranium and some nerves. The ophthalmicus superficialis and profundus are represented proceeding through the preorbital canal and afterwards dipping into the nasal capsule. Cartilage blue, peri- chondrial bone yellow. The olfactory nerve and organ are dotted in. The split * indicates that incipient defection of cartilage met with in Urodeles. Anteriorly the form of the snout is completely shown, 496 H. B. POLLARD, Fig. 10. Similar projection from below showing the terminal dis- tribution of the buccalis and maxillaris superior and of the palatine. The ethmopalatine articulation also is seen. The slight shading of the cartilage in these two diagrams indicates the slight moulding over the olfactory organ. Fig. 11. Reconstruction of primordial cranium to show especially the tegmen cranii and the form of the snout. * marks the slight semi- detached socalled labial cartilages, + denotes in outline where the squamosal projection rests on the skull, +}; where parietal and frontal invade the orbitosphenoid. The extent of the ee or opisthotic projection is hardly seen. Fig. 12. Median section of the skull eee especially roots of nerves. * marks the great foramen through which proceeds the vagus and part of the jugular vein. Posteriorly above the parasphenoid runs the canal for the anterior aorta. Fig. 13. View of posterior region of skull slightly from below, especially to show relations of opisthotie process. The saccular pro- tuberance is marked while above it is the important ridge *. Fig. 14 Suspension of shouldergirdle. To the supraclavicle are mainly affixed the tendons of the muscles from the head to the shoulder- girdle. Fig. 15. Palatal Region, especially to show dermal subrostral bone. * marks the internal projection of the entopterygoid, + the space which in the Frog becomes so extended. Fig. 16. Fin in natural position — Extensor or true ventral surface. Fig. 17. Fin turned forward to show palmar or true dorsal surface. Fig. 18. Fin dissected to show dorsal or flexor surface with the nerve supply dividing into dorsal and ventral branches. Fig. 19. Diagram of aortic vessels — very diagrammatic, to show precardiac artery. Fig. 20. Suspension of jaws. Fig. 21. Thymus in natural position. Fig. 22. Horizontal section of shouldergirdle and fin showing relations of pro- and metapterygium to the shouldergirdle and the no- ticeable form of the cartilage between the caracoid and scapular ossi- fications. Fig. 23. The following sections were chosen from a number of drawings. The left side is somewhat anterior to the right. The first passes through the supratemporal mucous canal. It shows at * how long the supraoccipital cartilage remains separate from the otic. Blue indicates nerves, red arteries, dotted red veins, pale blue cartilage, yellow perichondrial bone. Fig. 24. Section through the parietals, posterior portion of the sacculus, and the basioccipital cartilage. On the right the suprapha- ryngobranchial is seen passing up to articulate with the saccular wall and the extent of ossification ‚of that region is shown. The internal cartilaginous canal of the extraordinarily long horizontal semicircular On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterüs, 497 canal is shown on both sides, opening on the left into the utricular cavity. * marks the spot where the stapes of Urodele arises. Fig. 25. Section through the posterior part of the auditory laby- rinth slightly anterior to 24. The relations of the brain to the auditory organ are shown. The notochord has nearly reached its termination. Fig. 26. Section through the widest part of the cranial and audi- tory cavity. Fig. 27. Section through spiracle, hyomandibular articulation and parasphenoid at its greatest extent. The first branchial artery and that from the precardiac aorta have met in the parasphenoid and fused to form the ophthalmic artery. Round the hyomandibular articulation the cartilage is considerably calcified. Internally is seen the cavity for the ampullae of the anterior vertical and horizontal semicircular canals. Fig. 28. Section through the posterior edge of the frontal, the anterior semicircular canal, the exit of the Trigeminus, and the pituitary space. The Abducens nerve has left the basicranial cartilage and runs below the root of the Trigeminus which is shown best on the left side. Only the posterior portion is seen in this section. It is seen not to be surrounded by bone. In a portion of the parasphenoid lies the palatine ganglion and the ophthalmic artery. On the right side the jugular vein does not yet accompany the anterior facial branch of the VIIth but on the left it does. In this section it is shown also how the metapterygoid is independent of cartilage. The pituitary space is roofed over by the posterior prolongation of the orbitosphenoid. Through the anterior semi- circular passage runs on the left side the Ramus oticus to the mucous canal above. Fig. 29. Section through sphenotics, posterior end of orbitosphe- noid and ophthalmicus profundus ganglion. On the left side the sphenotic has quite separated from the skull. The orbitosphenoid is interrupted on the left for the ophthalmicus profundus nerve. The Ra- mus ophthalmicus superficialis has quite separated from the Ramus buc- calis. On the right side the ectopterygoid is just appearing. Fig. 30. Section through the orbital region showing especially the relation of the temporal and pterygoid muscles, the form of the brain cavity and above all the remmant of the tegmen cranii. The partial invasion of the orbitosphenoid by a process from the parietal is indi- cated by the colouring. On the left side the separation of the post- orbital mucous canal is shown. Fig. 31. More anterior section through the region of the pineal gland showing the variation in shape of the orbitosphenoid and how it is invaded by the frontal. Fig. 32. Section through the eyes. The roof of the cranial cavity is completed by cartilage. Fig. 33. The following 3 sections are taken from another better preserved specimen. The magnification is 12 linear. The ethmopalatine articulation with the form of the bones taking part in it is shown. The anterior edge of the eye is cut. In the nasal capsule lies the nose 498 H. B. POLLARD, On the Anatomy and Phylogenetic Position of Polypterus. with many folded walls. Centrally runs the enormous olfactory nerve. The ethmoidal groove is seen containing the ophthalmicus superficialis and profundus. Below, the entopterygoid runs far beneath the para- sphenoid and is bound to it by ligament. Below the nose the intra- nasal branches of the palatine nerve are seen. Fig. 34. Section through nasal capsule in front of the ethmo- palatine articulation. In the anterior suborbital bone a mucous ampulla with tall epithelium is seen. The prepalatine cartilage is seen bone forming at first in the palatine bar only at the ossification. A branch of the Ramus buccalis is approaching the nasal cavity to form the nasalis internus. The Rami ophthalmici superficialis and profundus are seen to lie within the cartilaginous nasal capsule though certain bran- ches previously given off run to the dermal bones and mucous canal. In the nasal the mucous canal opens to the exterior. Fig. 35. Section through the Jacozson’s organ. The nasal passages are cut the lower leading to the inhalent posterior aperture and the upper to the tentacle. The dermethmoid and os terminale are shown. The latter may be the rudiment of the prefrontal. Above are seen the terminal branches of the ophthalmici superficialis and profundus, The nasalis internus of the buccal has penetrated the nasal capsule and lies at the edge of the nasal opening in the cartilage. The palatal pro- longation of the premaxilla reaches the parasphenoid. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Die Nierencanälchen des Amphioxus. Ein Beitrag zur Phylogenie des Urogenitalsystems der Wirbelthiere. Von Dr. Theodor Boveri, Privatdocent an der Universität München. (Aus dem zoologischen Institut zu München.) Hierzu Tafel 31—34 und 5 Textfiguren. Nachdem ich in meiner kurzen Mittheilung: Ueber die Niere des Amphioxus (7) hauptsächlich die phylogenetische Bedeutung der von mir entdeckten Excretionsorgane erörtert habe, gebe ich im Folgenden die ausführliche, durch genaue Abbildungen erläuterte und durch einige physiologische Experimente ergänzte anatomische Be- schreibung derselben. Es soll damit sowohl eine Lücke in unserer Kenntniss des Amphioxus ausgefüllt, als auch für die am oben er- wähnten Ort ausgesprochenen Hypothesen das ausführliche Thatsachen- material vorgelegt werden. Dasselbe wird die Möglichkeit bieten, die von mir vertretenen Homologien am Schluss dieser Arbeit noch ein- gehender zu begründen. Mehrere Monate nach dem Erscheinen meiner vorläufigen Mit- theilung veröffentlichte F. E. Weiss im Quarterly Journal of Micro- scopical Science einen kleinen Aufsatz, betitelt: Excretory tubules in Amphioxus lanceolatus (41). Diese „tubules“ sind die gleichen Dinge wie die von mir beschriebenen Nierencanälchen, und ich constatire somit gern, dass der genannte englische Forscher diese Canälchen gleichzeitig mit mir und gänzlich unab- hängig entdeckt und als Excretionsorgane erkannt hat. Der Weg, auf dem E. Weiss zu dieser Entdeckung gelangte, bestand in der Verfütterung von Farbstoffen, welche sich nach einiger Zool, Jahrb. V. Abth, f, Morph. 29 430 THEODOR BOVERI, Zeit in den Nierencanälchen anhäufen und diese unscheinbaren Bil- dungen dadurch nicht nur deutlich, sondern auch als Excretionsorgane kenntlich machen. Ich werde diese Versuche im IV. Capitel zu be- sprechen haben. Im übrigen glaube ich auf die Arbeit von Weıss nicht weiter eingehen zu müssen. Denn seine Beschreibung, welche sich aus- schliesslich auf Schnitte, überdies durch offenbar schlecht conservirtes Material gründet, ist ebenso wie seine Zeichnungen recht mangelhaft, so dass ich schon in meiner ersten Mittheilung eine in jeder Hinsicht genauere Darstellung des Sachverhalts glaube gegeben zu haben !). I. Allgemeine Anordnung und Gestalt. Die Nierencanälchen des Amphioxus erstrecken sich als paarige, segmental angeordnete Bildungen über die gesammte Kiemendarmregion, in der Weise, dass zu je zwei auf einander folgenden Kiemenbogen ein Nierencanälchen gehört, welches die Leibeshöhle mit dem Peribranchial- raum in Communication setzt. Um die Lagerung dieser Organe genau erläutern zu können, ist es nothwendig, einige Bemerkungen über die Gestaltung der Leibes- höhle im Bereich des Kiemendarms und über die Art der Abgrenzung derselben gegen den Peribranchialraum vorauszuschicken. Das Prin- cipielle an diesen Verhältnissen ist zwar durch die Untersuchungen von RoLpn (32), A. SCHNEIDER (34) und SPENGEL (40) zur Genüge aufgeklärt worden; allein da es sich gerade in der Region der Nieren- canälchen um einigermaassen complicirte Raumverhältnisse handelt, welche in den ohne Rücksicht auf unsere Frage abgefassten Abhand- lungen naturgemäss keine sehr eingehende Betrachtung fanden, habe ich der Darstellung der genannten Forscher hier und dort Ergänzungen hinzuzufügen, in Zusammenhang mit denen ich auch das bereits Be- kannte kurz recapituliren werde. 1) ne bei der Correctur. In der kürzlich erschienenen ausführlichen Abhandlung von Semon: „Studien über den Bauplan des Urogenitalsystems der Wirbelthiere“ heisst es (p. 102): „Weiss so- wohl wie Boveri halten diese Canälchen für Homologa der Vornieren- canälchen der Cranioten.“ — Ich habe dagegen zu bemerken, dass sich in der Arbeit von Weiss durchaus keine Andeutung findet, dass er eine derartige Homologisirung ins Auge gefasst habe, ja dass die von ihm mitgetheilten Thatsachen überhaupt kaum ausreichen könnten, um eine solche Vergleichung nahe zu legen. Die Nierencanälchen des Amphioxus. 431 Bis in die neueste Zeit war man, hauptsächlich wohl unter dem Einfluss der RoLpm’schen Schemata, gewohnt, die Gesammtheit der lateralen Kiemenbogenwände als die ursprüngliche Leibeswand des Amphioxus anzusehen, die ganze den Kiemenkorb umschliessende Wand aber als eine morphologisch untergeordnete Bildung zu be- trachten, entstanden aus der Vereinigung zweier über dem dorsalen Ende der Kiemenspalten hervorwachsender, sich ventralwärts wendender Ectodermfalten, in welche erst secundär die seitlichen Rumpfmuskeln und segmentale, zur Bildung der Genitalkammern bestimmte Leibes- höhlendivertikel hineinwachsen sollten. Für die Frage, um die es sich damals, als RoLpm seine schönen Untersuchungen veröffentlichte, ge- handelt hat: wo nämlich in dem Kiemendarmbereich des Amphioxus die Leibeshöhle zu suchen sei, für diese Frage war die vorgetragene Auffassung, welche sich nur auf die Untersuchung des ausgewachsenen Thieres und einige entwicklungsgeschichtliche Angaben KowALEVSKY’S (22) stützen konnte, principiell vollkommen richtig; denn sie verlegte die Leibeshöhle in die Wand des Kiemenkorbes selbst, bezw. in die Seitenfalten und kennzeichnete den Peribranchialraum als einen ecto- dermalen Hohlraum, was er thatsächlich ist. Allein die embryonale Entwicklung ist doch eine etwas andere, als man sich bisher vorstellte, und wenn man den Unterschied auch vielleicht sehr gering finden wird, so möchte ich doch glauben, dass er sich in vergleichend- anatomischer Beziehung noch als bedeutsam erweisen dürfte. Wir ver- danken die Kenntniss dieser Verhältnisse den kürzlich veröffentlichten Untersuchungen von Ray LANKESTER und A. WILLEY (26). Diese beiden Autoren haben den Nachweis geführt, dass, entsprechend der ventralen Lage der zuerst auftretenden Kiemenspalten, der Peri- branchialraum in der ventralen Medianlinie des Embryos als eine ganz schmale Rinne entsteht, die sich alsbald, und zwar nicht vorn, sondern hinter der Mitte beginnend, zu einem ebenso engen Canal schliesst (vergl. Textfigur I, S. 432)1). Die scheinbar doppelte Körperwand aber, welche wir beim ausgebildeten Thier in der Kiemen- region antreffen, kommt dadurch zu Stande, dass sich jener ectoder- male Canal allmählich seitlich und dorsalwärts ausdehnt (vergl. Text- figur II), mit seiner medialen Wand die Aussenfläche des Kiemenkorbes, mit seiner lateralen die Innenfläche der fälschlich sogenannten „Seiten- 1) Uebrigens lässt schon Kowaukvsky’s (22) fig. 33 (tab. 3) etwas derartiges erkennen, und im Text heisst es (p. 11): „man bemerkt, dass der untere Rand des Körpers in einer Art von Rinne liegt.“ 29% 432 THEODOR BOVERI, falten“ oder „Peribranchialfalten“ überziehend; mit andern Worten: es wachsen nicht seitliche Falten aus dem Körper heraus, sondern der Peribranchialraum wächstin den Körper hinein. Fig. I. Fig. II. Fig. I. Schematischer Querschnitt durch eine Amphioxus-Larve, um die ursprüngliche Lage und Gestalt des Peribranchialraums (0) zu zeigen. E Lumen des Kiemen- darms, D Leibeshéhle. (Nach LANKESTER und WiLLEY, vereinfacht.) Fig. IL. Schematischer Querschnitt durch eine ältere Larve. Der Peribranchialraum (©) hat sich verbreitert und strebt mit seinen seitlichen Enden dorsalwiirts. D Leibes- höhle, A Divertikel derselben, welcher nach LANKESTER und WILLEY die Anlage einer Genitalkammer vorstellen soll. (Nach LANKESTER und WILLEY, vereinfacht ) Den durch Fig. II dargestellten Zustand scheinen die englischen Autoren allerdings nicht wirklich beobachtet zu haben; allein es kann gar keinem Zweifel unterliegen, dass zwischen dem auf Schnitten nach- gewiesenen primitiven Verhalten der Fig. I und dem bekannten fertigen Zustand eine solche Entwicklungsstufe, wie Fig. II sie zeigt, vorhanden sein muss. Ob freilich LAnkeEster und Wırvey auch darin Recht haben, dass sie, wie in Fig. II dargestellt ist, das parietale Leibes- höhlenepithel durch den wachsenden Peribranchialraum faltenartig vor- geschoben werden lassen, wodurch zwei nur dorsalwärts in Zusammen- hang stehende Leibeshöhlenabschnitte geschaffen werden: ein medialer (D), in die ‚Kiemenbogen eingeschlossener und ein lateraler (A), aus dem die Genitalkammern hervorgehen, erscheint mir sehr zweifelhaft !). Zwar habe ich es selbst in meiner ersten Mittheilung als höchst wahr- 1) Vergl. hierzu meine mittlerweile erschienene Arbeit: „Ueber die Bildungsstätte der Geschlechtsdrüsen ete.“, in: Anat. Anz. Bd. 7, No. 6, Die Nierencanälchen des Amphioxus. 433 scheinlich bezeichnet, dass die Genitalkammern blinden segmentalen Leibeshöhlendivertikeln ihre Entstehung verdanken, und zwar auf Grund des von mir erbrachten Nachweises, dass „zwischen den Genitalkammern und dem jederseits über dem Peribranchialraum gelegenen Leibeshöhlen- abschnitt in der von dem Ectoderm des Peribranchialraums überzogenen Cutisgallerte eine zum Theil deutlich doppelte Schicht platter Zellen verfolgt werden kann, welche, der Entodermlamelle der Medusen ana- log, die Genitalkammern morphologisch als segmentale Blindsäcke der Leibeshöhle erscheinen lässt“, als welche man sich dieselben ja seit Rozpx wohl allgemein entstehend dachte. Allein wenn diese Auf- fassung auch richtig und nicht etwa (vergl. Cap. V) eine andere Mög- lichkeit der Entstehung der Genitalkammern verwirklicht sein sollte, ist es doch kaum denkbar, dass, wie es nach der Darstellung von LANKESTER und Wiczey der Fall wäre, ein mittlerer lateraler Bereich der Leibeshöhle die Grundlage für diese Organe abgiebt. Denn die Genitalkammern müssen ja aus segmentalen Abschnitten des Cöloms hervorgehen; die Leibeshöhle aber hat auf dem in Rede stehenden Stadium ihre Segmentirung längst verloren (vergl. HATSCHEK 17, 18) und könnte höchstens noch in ihrem dorsalen Bereich, da wo sie sich von den Urwirbeln abge- trennt hat, eine Strecke weit segmen- tal sein. Der fertige Zustand, den ich in der aus meiner vorläufigen Mittheilung herübergenommenen Fig. III schematisch dargestellt habe, wäre Fig. III. Schematischer Querschnitt durch die Kiemenregion des ausgewachsenen Amphi- cœus. Links ist ein (secundäres) Kiemenstäbchen der Länge nach getroffen, rechts eine Kiemen- spalte; dem entsprechend zeigt die linke Seite von dem Nierencanälchen (X) sowohl die peribranchiale als auch eine peritoneale Mün- dung, die rechte den quergetroffenen nach vorn ziehenden Schenkel. — A Genitalkammer. BEE == A: | B peritoneale Mündung des Nierencanälchens X. C Peribranchialraum. PD Leibeshöhle. E Darmlumen. #' Subbranchialgefäss. @ Aorta; die der linken Seite durch ein Kiemengefäss | mit dem Subbranchialgefäss verbunden. H excretorischer Abschnitt der Kiemenge- fässe, 434 THEODOR BOVERI, also so zu erklären, dass sich das ursprünglich dorsale Ende der Leibeshöhle über den nach aufwärts wachsenden Peribranchialraum lateral- und dann ventralwärts umgebogen hätte, so dass die Genital- kammern (A) den metameren Dorsalbereich der ursprünglichen Leibes- höhle darstellen würden. Nach dieser Auffassung, der, wie gesagt, im V. Capitel noch eine zweite gegenüberzustellen sein wird, lassen sich zweckmässiger Weise 5 Abschnitte der Leibeshöhle unterscheiden, die in der linken Hälfte der Fig. III, wo ein Kiemenbogen der Länge nach getroffen ist, in Zusammenhang zu erkennen sind: 1) ein unpaarer medianer, im Endostyl des Kiemenkorbes ohne Unterbrechung fortlaufender Canal, das Endostylcélom (SPENGEL), 2) die von hier jederseits ausgehenden, in die Kiemenbogen einge- schlossenen Canale, die man in ihrer Gesammtheit als Branchial- cölom bezeichnen könnte, 3) an dieses sich jederseits anschliessend ein paariger Abschnitt, der sich dorsalwärts vom Peribranchialraum zwischen diesem, der undurchbohrten Kiemendarmwand und der Rumpf- musculatur erstreckt, das subchordale (SPENGEL) oder dorso- pharyngeale Cölom (Ray LANKESTrER), 4) im Anschluss an dessen laterales unteres Ende jene oben erwähnte Mesodermlamelle, 5) endlich die segmentalen Genitalkammern. Ein Theil dieser Verhältnisse ist in Fig. 5e (Taf. 32), einem der schematischen Fig. III entsprechenden Schnitt, zu sehen: nämlich das subchordale Cölom (Cô) und von diesem ausgehend medianwärts der Cölomcanal des Kiemenbogens (ck), lateralwärts die Mesodermla- melle (ml). Gehen wir nun daran, das, was im Vorstehenden in kurzen Zügen skizzirt worden ist, im Einzelnen, soweit es unseren Gegenstand be- rührt, näher auszuführen, so ist vor allem hervorzuheben, dass ein Célomcanal nicht in allen Kiemenbogen vorhanden ist, sondern nur in den sog. „primären Bogen“, wogegen er in den „secundären“ oder „Zungenbalken“ (den tongue bars der englischen Autoren) fehlt. Diese Differenz ist entwicklungsgeschichtlich leicht verständlich : die sich neu anlegenden Kiemenspalten lassen zunächst nur primäre Kiemenbogen zwischen sich übrig, welche also Theile der ursprünglichen, zwischen Darm und Aussenwelt (Atrium) vorhandenen Körperschichten und je einen Abschnitt des dazwischen eingeschlossenen Cölomraumes enthalten müssen. Die secundären Bogen dagegen wachsen erst nach- träglich von den dorsalen Rändern der ursprünglichen Kiemenspalten zungenartig nach abwärts (vergl. besonders die schönen Abbildungen von Wırrey, 46) und theilen dadurch jede primäre Spalte in zwei Die Nierencanälchen des Amphioxus. 435 secundäre. Diese Zungenbalken nun sind zwar im Ganzen den primären Bogen sehr ähnlich, allein sie enthalten, abgesehen von anderen später noch zu besprechenden Unterschieden, keinen Cölomcanalt). Zwar hat noch in neuester Zeit Ray LANKESTER (25) auch für diese secundären Bogen einen Leibeshéhlencanal beschrieben, d. h. einen Hohlraum, der einerseits mit dem subchordalen, andrerseits mit dem Endostylcélom zusammenhängen solle. SPENGEL (40) hat dagegen in Bestätigung älterer Angaben SCHNEIDER’Ss (34) diese Behauptung mit Evidenz als unrichtig erwiesen. Ray LANKESTER’s Cölomcanal des Zungenbalkens ist ein Blutgefäss, wie dies SCHNEIDER und SPENGEL bereits ausgesprochen haben und ich im Folgenden bestätigen werde. Die besprochene Differenz zwischen den primären und secundären Kiemenbogen tritt uns am deutlichsten entgegen bei der Betrachtung einer Serie von Querschnitten durch ein ganzes Thier, oder richtiger gesagt, von Schnitten, welche die Kiemenbogen der Länge nach treffen, welche also in etwas schräger Richtung durch das Thier gelegt werden. SPENGEL berichtet, dass er sehr viel Zeit damit verloren habe, der- artige Schnitte herzustellen, dass es ihm jedoch nicht gelungen sei (p. 261), und er meint, man könnte höchstens einmal durch Zufall einen solchen Schnitt erlangen. Es ist dies jedoch nicht ganz richtig. Der Grund, warum solche Längsschnitte durch die Kiemenbogen fast niemals gelingen, liegt nicht etwa darin, dass es schwierig wäre, das Object richtig zu orientiren, sondern darin, dass fast bei allen Indi- viduen die Kiemenbogen in sagittaler Richtung mehr oder weniger stark gekrümmt sind. Findet man ein Exemplar — und solche kommen vor — wo die Kiemenstäbchen bei seitlicher Ansicht des Korbes in gerader Linie verlaufen, so ist es gar nicht schwer, längsgetroffene Kiemenbogen serienweise zu erhalten, wie Fig. 5 a, b, c lehrt, welche nur wegen der schlechten Conservirung in nebensächlichen Dingen etwas schematisch gehalten werden musste. Der Schnitt der Fig. 5 c hat einen primären Kiemenbogen seinem grössten Durchmesser nach getroffen; er zeigt, wie sich das subchordale Cölom (C6) in den Kiemenbogen hineinsenkt (ck). In Fig. 5 a ist in gleicher Weise ein secundärer Bogen durchschnitten ; in diesem fehlt der Célomcanal vollständig. Ausser dieser Differenz 1) Dass ich den Kiemenbogen der schematischen Fig. III (S. 435) mit einem Cölomcanal ausgestattet habe, obgleich dieser Bogen nach der Lagerung des Nierencanälchens ein secundärer sein muss, werde ich im V. Capitel rechtfertigen, 436 THEODOR BOVERI, zwischen primären und secundären Bogen zeigen die beiden ange- führten Schnitte noch einen weiteren Unterschied hinsichtlich des Verhaltens der Leibeshöhle, bezw. des Peribranchialraums. In Fig. 5a dringt der Peribranchialraum (P) sehr weit dorsalwärts empor, der Winkel, in welchem sich seine laterale Wand auf den secundären Kiemen- bogen umschlägt, ist dem obern Ende des Bogens sehr nahe gerückt. Im Bereich des primären Bogens (Fig. 5 c) liegt dieser Winkel viel weiter ventralwärts, das subchordale Cölom ist also in dieser Ebene ausge- dehnter. Diese Differenzen sind der Ausdruck des wellenförmigen Verlaufs jener dünnen Wand, welche das subchordale Cölom vom Peribranchialraum trennt, jener Lamelle, die JOHANNES MÜLLER (29) als Ligamentum denticulatum bezeichnet und Ronpu recht gut, wenn auch etwas umständlich beschrieben hat. Die beste An- schauung von den fraglichen Raumverhältnissen giebt das plastische Bild der Fig. 4 (Taf. 31). Dasselbe ist dadurch entstanden, dass ich an einem ganzen gehärteten Thier und zwar an einem sehr grossen Exemplar die linke Körperseite mit einem Rasirmesser in sagittaler Richtung schichtenweise abtrug bis zu einer Ebene, welche auf den Querschnittsbildern der Fig. 5 durch die rothe punktirte Linie (4) bezeichnet ist. Man erhält auf diese Weise den medialen Theil des subchordalen Cöloms und den Kiemenkorb frei präparirt. Dieses Bild habe ich mit der Loupe gezeichnet, dann vergrössert und der Deut- lichkeit halber leicht schematisirt. Da sich die Nierencanälchen wegen ihrer Kleinheit und Zartheit bei auffallendem Licht kaum wahr- nehmen lassen, sind dieselben nach durchsichtigen Präparaten ein- gezeichnet worden, wie solche in Fig. 1 und 2 (Taf. 31) abgebildet sind. Mit Hilfe der entsprechenden Querschnitte (Fig. 5) wird man sich in Fig. 4 leicht orientiren. Zu oberst sind 2 Myocommata mit ihrer bindegewebigen Umrahmung angeschnitten; ausser dieser Schnitt- fläche zeigt die Figur noch eine zweite: den im Zickzack verlaufenden Durchschnitt des Ligamentum denticulatum (ld). Der Bereich zwi- schen beiden Schnittflächen gehört der Leibeshöhle an, und zwar sieht man auf die peritoneale Seite des undurchbohrten Abschnittes der Kiemendarmwand :), welche, den Kiemenbogen entsprechend, leichte schräge Furchen erkennen lässt. Der am weitesten dorsal gelegene Teil dieses Leibeshöhlenabschnittes springt tief medianwärts gegen die Epibranchialrinne (SPENGEL) vor (vergl. d. Querschn. Fig. 5). Ven- 1) Es wird sich unten zeigen, däss diese hier der Einfachheit wegen gebrauchte Bezeichnung nicht völlig zutreffend ist. Die Nierencanälchen des Amphioxus. 437 tralwärts von dem Durchschnitt des Ligamentum denticulatum erblickt man die Kiemenbogen mit den obersten Synaptikeln (SPENGEL) von ihrer ectodermalen (atrialen) Fläche. Sehr deutlich wird nun an die- ser Figur, We sich die Leibeshöhle längs eines jeden primären Bogens als tiefe Falte heraberstreckt, um sich schliesslich in den in diesem Bogen eingeschlossenen Cölomcanal fortzusetzen, wogegen an jedem _ secundären Bogen, wenn auch etwas complicirt durch die hier ange- lagerten Nierencanälchen, die viscerale Wand der Leibeshöhle direct in die parietale übergeht. Noch besser ersichtlich wird das letztere Verhalten an Fig. 3 (Taf. 31), welche, der Fig. 4 ganz ähnlich, sich nur dadurch von der- selben unterscheidet, dass der Schnitt, welcher das subchordale Cölom eröffnet hat, etwas weiter lateralwärts geführt worden ist. Auf diese Weise ist die ganze Wand, welche den obersten Theil des Peribran- chialraums von dem subchordalen Cölom trennt, bis zu der unteren, horizontalen Schnittfläche erhalten geblieben, und ihr wellenförmiger Verlauf von einem primären Bogen zum nächsten mit Ueber- springung des dazwischen gelegenen secundären Bogens tritt deutlich hervor. Den beschriebenen plastischen Bildern möchte ich nun noch zwei ganz entsprechende, aber bei durchfallendem Licht ent- worfene gegenüberstellen (Fig. 1 u. 2, Taf.31), von denen das erstere nach dem Leben, das letztere nach einem gehärteten und gefärbten Präparat gezeichnet ist. Da Präparate dieser Art für das Studium der Nierencanälchen weitaus die wichtigsten sind und besonders eine Beobachtung der lebenden Organe nur auf diesem Wege möglich ist, will ich die Methode, nach welcher diese Präparate hergestellt sind, etwas eingehender beschreiben. Das Verfahren ist für lebende und gehärtete Thiere genau das gleiche. Das Thier wird in der Rücken- lage festgesteckt und sodann die Wand des Peribranchialraums vom Porus aus in der ventralen Mittellinie gespalten. Die beiden auf diese Weise getrennten Seitenwände werden hierauf vom Kiemendarm ab- gezogen und mit Nadeln fixirt. Auf diese Weise erhält man den Kiemenkorb vollkommen frei, und das Ligamentum denticulatum wird der Präparation zugänglich. Um nun die eine Seite des Kiemenkorbes sammt den zugehörigen Nierencanälchen abzutrennen und der mikro- skopischen Untersuchung sofort zugänglich zu machen, sind drei Ver- bindungen zu lösen. Zuerst durchtrenne ich das Ligamentum denti- culatum, indem ich längs einer in den Querschnittsbildern der Fig. 5 mit x bezeichneten Linie ein sehr scharfes kleines Messerchen mit 438 THEODOR BOVERI, leichtem Druck entlang fiihre, welches die diinne Membran leicht durchschneidet. Sodann spalte ich den Endostyl der Länge nach, eine Operation, die sich mit jeder Nadel ausführen lässt. Endlich ist noch die Verbindung des Kiemenkorbes mit der Epibranchialrinne (längs der Linie y in Fig. 5) zu lösen. Da an dieser Stelle die Stützsub- stanz nur sehr schwach entwickelt ist, während sie in den unmittel- bar angrenzenden Theilen des Kiemenkorbes und der Epibranchialrinne eine ziemliche Mächtigkeit besitzt, so genügt in der Regel ein kurzes ruckartiges Anziehen am Kiemenkorb, um jene Stelie des geringsten Widerstandes ohne jegliche Verletzung der zu betrachtenden Theile zum Reissen zu bringen. Damit ist nun die eine Hälfte des Kiemen- korbes vollkommen isolirt, und wenn es sich um ein lebendes Thier handelt, braucht man das Präparat nur mit der entodermalen Seite nach unten auf den Objectträger zu bringen und durch ein paar ent- sprechende Borsten gestützt mit einem dünnen Deckglas zu bedecken, um das Bild der Fig. 1 (Taf. 31) vor sich zu haben, welches der Be- obachtung mit den stärksten Immersionslinsen zugänglich ist. Bringt man dagegen ein gleiches Präparat in gehärtetem und gefärb- tem Zustand unter das Mikroskop, so werden die Nierencanälchen durch die darunter gelegene dicke Schicht der sehr intensiv sich fär- benden Entodermzellenkerne fast gänzlich unsichtbar gemacht. Es ist deshalb in diesen Fällen nöthig, das Entoderm der Kiemenbogen, bezw. Kiemenleisten (siehe unten) im Bereich der Nierencanälchen ab- zukratzen, was sich in der Regel ohne besondere Schwierigkeit aus- führen lässt. Abgesehen von den Nierencanilchen sind solche Ansichten, wie ich sie in Fig. 1 und 2 von dem dorsalen Bereich des Kiemenkorbes gegeben habe, schon öfter abgebildet worden. Man erkennt die Skelet- stäbchen der Kiemenbogen, welche dorsalwärts bogenförmig in einander übergehen (mit den von Spencer entdeckten „Bügeln“ an den pri- mären Bogen), und den optischen Schnitt durch das die Stäbchen über- kleidende Epithel. Nach diesen Bildern möchte es scheinen, als reich- ten die Kiemenspalten bis herauf zu jenem Punkt, wo die hintere Epithelwand des einen Bogens parallel der Skeletarcade auf die vor- dere des nächsten übergeht. Dies ist jedoch thatsächlich nicht der Fall; vielmehr befinden sich die oberen Ränder der Kiemenspalten eine beträchtliche Strecke weiter ventralärts, was wohl am besten aus einer Vergleichung mit Fig. 4 hervorgeht, wo die Kiemen- spalten bis zu ihrem obern Ende sichtbar sind. Nimmt man die Nierencanälchen (nk) als Anhaltspunkt für die Vergleichung, so con- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 439 statirt man an dem plastischen Bild, dass die Kiemenspalten unter- halb des horizontal verlaufenden Canälchen-Abschnittes endigen und dass der ganze dorsalwärts hiervon gelegene Bereich, der an Fig. 1 und 2 noch von den Kiemenspalten durchschnitten zu werden scheint, von einer undurchbohrten, gegen das subchordale Cölom gerichteten Wand gebildet wird. Die Täuschung, zu welcher die durchsichtigen « Präparate verleiten, kommt aber dadurch zu Stande, dass 1) die in Rede stehende Wand sehr dünn und deshalb ganz durchscheinend ist, und dass 2) die Kiemenbogen sich als Leisten auf diese dünne Lamelle fortsetzen, und zwar so continuirlich in fast allen ihren Thei- len, dass an den fraglichen Totalpräparaten der Uebergang des rings- um freien Kiemenbogens in die mit der medialen Wand des sub- chordalen Cöloms verwachsene „Kiemenleiste“ nicht wahrzu- nehmen ist. Zum genauern Studium dieser Verhältnisse empfehlen sich hori- zontale Längsschnitte, wie solche in Fig. 7 und 8 (Taf. 32) abge- bildet sind. In Fig. 7, dem dorsaleren der beiden Schnitte, sieht man, wie noch sämtliche Kiemenbogen der Wand des subchordalen Cöloms als Leisten aufsitzen; in Fig. 8 sind die secundären Bogen bereits frei, die primären dagegen noch mit jener Wand verwachsen (verg!. Fig. 3, 4 und die Schnitte Fig. 5a und c), um sich weiter ventral- warts gleichfalls von derselben abzulösen. An den in Rede stehenden Präparaten ist nun noch eine bisher, wie mir scheint, übersehene Thatsache zu constatiren. Auf den ersten Blick wird man den in Fig. 7 abgebildeten Schnitt für nichts anderes als ein Stück Darm- wand erklären, zusammengesetzt (abgesehen von den Nierencanälchen) aus Darmepithel, welches sich von Strecke zu Strecke faltenartig er- hebt, aus visceralem Leibeshéhlenepithel und der dazwischen einge- schlossenen Stützsubstanz. Dies stellt sich jedoch bei eingehenderer Betrachtung als nicht ganz richtig heraus. Gehen wir von dem Schnitt der Fig. 8 aus, so finden wir, wie der Epithelüberzug an den ringsum freien secundären Bogen medialwärts von Entoderm, lateralwärts von dem in den vorliegenden Präparaten äusserst stark pigmentirten Atrialepithel gebildet wird. Gleiches Epithel, aber pigmentlos, trägt die gegenüberliegende Wand, und dieses laterale Atrialepithel setzt sich, wo sich die primären Kiemenleisten erheben, eine Strecke weit auf dieselben fort, ungefähr so weit reichend, wie an den secundären Bogen, und an diesen Stellen nun gleichfalls pigmentirt. Vergleicht man damit den Schnitt der Fig. 7, so ergiebt sich ohne weiteres, dass das Atrialepithel in nicht unbeträchtlicher Ausdehnung bis in die 440 THEODOR BOVERI, Höhe dieses Schnittes heraufreicht. Man erkennt dasselbe an den Ansatzstellen der Kiemenleisten durch seinen starken Pigmentgehalt, und auch das zwischenliegende pigmentlose Epithel, welches die dünne Wand zwischen je zwei Leisten überzieht, kann nur Atrialepithel sein. Der entsprechende Querschnitt (Fig. 5b) giebt darüber Aufschluss, wo sich die dorsale Grenze dieses Epithels gegen das Darmepithel befindet. Es ist jener Punkt (ungefähr bei y), wo die ziemlich flachen Zellen plötzlich durch viel höhere, bei stärkerer Vergrösserung eigen- thümlich schaumig erscheinende Zellen ersetzt werden. Am Flächen- präparat (Fig. 1 u. 2) ist die Stelle durch den oben erwähnten schein- baren Dorsalrand der Kiemenspalte markirt. So stellt sich also die dorsale Grenzlinie des Peribranchialraumes nicht nur als eine einfache Wellenlinie — die Berge an den secun- dären, die Thäler an den primären Bogen — heraus, sondern jeder Berg trägt noch zwei durch die Breite des secundären Bogens getrennte Erhebungen, welche, scheinbar an der Innenseite der undurchbohrten Kiemendarmwand, bis nahe an die epipharyngeale Rinne vordringen. Nach diesen Vorbemerkungen können wir daran gehen, die Nieren- canälchen selbst nach Gestalt und Lage zu betrachten, wobei ich meiner Schilderung zunächst die in der mittleren Region des Kiemenkorbes bestehenden Verhältnisse zu Grund lege. Das Nierencanälchen ist, wie Fig. 1 und 4 (Taf. 31) zeigen, ein mit kurzen Seitensprossen besetztes Röhrchen, welches in seinem Haupt- stamm, von vorn nach hinten betrachtet, zuerst ungefähr vertical auf- steigt, dann sich mehr oder weniger scharf nach hinten krümmt, um sich schliesslich nochmals eine kurze Strecke weit aufwärts zu biegen. Wo diese letztere Krümmung beginnt, befindet sich auf der ventralen Seite die Ausmündungsöffnung in den Peribranchialraum (np), welche man zweckmässiger Weise benutzt, um von hier aus einen vorderen langen, zuerst vorwärts, dann abwärts verlaufenden, und einen hinteren kürzeren aufsteigenden Schenkel des Nierencanälehens zu unterschei- den. Jeder Schenkel endigt mit einer in die Leibeshöhle führenden Oeffnung, welche in der Regel ein wenig erweitert, am vorderen Schen- kel sogar gewöhnlich sehr weit ist (Fig. 1). Ich bezeichne diese Peritonealcommunicationen einem alten Gebrauche gemäss als „Trich- ter“. Ausser diesen beiden End#Trichtern besitzt das Canälchen noch eine variable Anzahl anderer, in der mittleren Region des Kie- a nat Die Nierencanälchen des Amphioxus, 441 menkorbes in der Regel 3 oder 41). Diese öffnen sich auf kurzen Seitenröhrchen, welche sämmtlich längs der gleichen dorsal- und cranial- warts gerichteten Kante dem Hauptcanälchen aufsitzen und durch bald grössere, bald kleinere Zwischenräume von einander getrennt sind, so dass ihre Stellung mancherlei Variationen darbietet. So finden wir in Fig. 1 einen solchen Seitentrichter an dem hinteren, zwei dagegen am vorderen Schenkel entspringen, ohne dass damit ein be- stimmtes Gesetz bezeichnet wäre; nicht selten liegt z. B. einer der Seitentrichter genau der peribranchialen Mündung gegenüber. Auf dem Querschnitt erscheint das Canälchen entweder rundlich, oder, wie ich es häufiger angetroffen habe (Fig. 8, Taf. 32), seitlich comprimirt. Die Seitensprossen entspringen gewöhnlich mit etwas verengtem Lumen aus dem Hauptcanälchen (Fig. 5a, b, Taf. 32), um sich gegen die Mündung zu wieder etwas zu erweitern. Doch trifft man in dieser Hinsicht sehr beträchtliche Variationen (vergl. Fig. 5, Taf. 32, Fig. 14—17, Taf. 35), und es scheint, dass hierbei nicht allein individuelle Verschiedenheiten, sondern auch verschiedene Contractions- zustände in Betracht kommen. Stets aber zeigt sich auf Schnitten, welche einen Trichter der Länge nach treffen, dass der laterale Rand über den medialen emporragt (Fig. 5, 15, 17). Um nun die Lagerung der Canälchen zu erläutern, verweise ich zuerst auf die bereits besprochene plastische Fig. 4 (Taf. 31), in wel- cher 3 auf einander folgenden Nierencanälchen mit ihrer Umgebung dargestellt sind. Man erkennt vor allem, dass die Canälchen streng segmental angeordnet sind, und zwar branchiomer, indem zu je zwei auf einander folgenden Kiemenbogen ein Canälchen gehört. Die- selben zeigen sich mit ihrer ganzen medialen Seite der medialen Wand des subchordalen Cöloms angeschmiegt und sind in der Weise zu den Kiemenbogen orientirt, dass ihre Mündung in den Peribranchialraum (np) ungefähr auf die Mitte je eines secundären Kiemenbogens triftt, von wo aus dann die beiden oben beschriebenen Schenkel nach vorn und hinten ausgehen. Genauer betrachtet, liegt die peribran- chiale Mündung in jenem Winkel, wo die Aussenfläche des secundären Bogens in die laterale Wand des Peribranchialraums übergeht, und ist in Fig. 4 dadurch sichtbar gemacht, dass diese Wand längs der Schnittlinie 7d abgetrennt und weggenommen gedacht ist. Der hin- tere Schenkel reicht nicht weit über den secundären Bogen nach rück- 1) Wie Fig. 10 (Taf. 33) lehrt, kommen aber auch Fälle mit 7 Seitentrichtern vor. 449 THEODOR BOVERI, wärts, der vordere dagegen zieht fast bis zum nächst vorderen pri- mären Bogen und hier dann am Hinterrande jener Falte, welche sich weiter ventralwärts zum Célomcanal des Bogens schliesst, eine Strecke weit nach abwärts. Eine weitere Beschreibung dieses Lagerungsverhältnisses dürfte durch Fig. 4 überflüssig gemacht werden, und wir können uns nun zur Betrachtung der nach der Natur gezeichneten Präparate wenden. Als ein der Fig. 4 durchaus entsprechendes, nur bei durchfallendem Licht gezeichnetes Bild erwähne ich das der Fig. 2, in welcher die segmentale Anordnung der Nierencanälchen (nk) und die Lagerung derselben zum Kiemenkorb in Uebereinstimmung mit dem oben Be- schriebenen zu erkennen sind. Die gleichen Verhältnisse, nur grösser und deutlicher, zeigt Fig. 1, in welcher ich besonders auf die Lage der an Flächenpräparaten gewöhnlich nicht sehr gut sichtbaren peribran- chialen Mündung aufmerksam mache. Für das Verständniss der beiden letztgenannten Figuren erinnere ich daran, dass nur scheinbar die Kiemenspalten sich dorsalwärts von den Nierencanälchen ausdeh- nen, thatsächlich vielmehr, wie oben ausführlich auseinandergesetzt wurde, hier eine continuirliche, aber durchsichtige Wand vorliegt, an welcher nur die Fortsetzungen der Kiemenbogen leistenartig nach innen vorspringen. Von den verschiedenen auf Taf. 32 u. 33 abgebildeten Schnitt- präparaten ist wohl das der Fig. 5a (Taf. 32) sowohl für die Auftassung der Topographie als auch für die vergleichend-anatomische Betrachtung das instructivste. Wie schon oben erwähnt, ist der Schnitt der Länge nach durch einen secundären Bogen geführt (vergl. die punktirte rote Linie 5a in Fig. 4) und trifitt demzufolge in dem dorsalen Winkel des Peribranchialraumes die Mündung (np) des zu- gehörigen Nierencanälchens. Da zufälliger Weise auch ein Seiten- trichter, der jener Mündung genau gegenüberliegt, getroffen worden ist, so illustrirt der Schnitt sehr schön die durch das Nierencanälchen hergestellte Verbindung zwischen der Leibeshöhle und dem Peribran- chialraum. Er zeigt ferner, dass die mediale Wand des Canälchens unmittelbar der Innenwand des subchordalen Cöloms aufliegt, so dass das Nierenepithel als directe Fortsetzung des an dieser Stelle eigenthümlich modificirten Cölomepithels erscheint. Der Schnitt der Fig. 5b, etwas weiter nach vorn, zwischen dem secundären und dem nächst vordern primären Bogen geführt (vergl. die Linie 5b in Fig. 4), giebt den Querschnitt durch den vordern Nierenschenkel, gleichfalls mit einem der Länge nach getroftenen Seiten- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 443 trichter. Der Schnitt 5 c endlich, welcher einen primären Bogen der Länge nach getroffen hat (vergl. die Linie 5 ¢ in Fig. 4), enthält von dem Nierencanälchen nichts mehr, lässt aber noch den constanten Begleiter eines jeden Canälchens, nämlich das specifisch ausgebildete Cölomepithel (fz), welches im nächsten Capitel eingehender zu besprechen sein wird, erkennen. ‘ Von den zahlreichen horizontalen Längsschnitten, welche ich angefertigt habe, ist einer der lehrreichsten der in Fig. 14 (Taf. 33) wiedergegebene. Der Schnitt, der eine beträchtliche Dicke besitzt, stammt aus der rechten Hälfte des Kiemendarms in der Höhe der peribranchialen Nierenmündungen und ist so gelegt, dass dem Be- schauer die dorsale Schnittfläche zugekehrt ist. Man erkennt, quer- durchschnitten, eine secundäre (JZ) und ein Stück der nächst vorderen primären Kiemenleiste (J), beide verbunden durch jene Wand, welche den bis hier herauf reichenden Peribranchialraum (P) von dem dorsopharyngealen Cölom (Cö) trennt. Dieser Wand lateral- warts angelagert enthält der Schnitt einen grossen Theil des Nieren- canälchens, und zwar hauptsächlich den der Länge nach angeschnit- tenen vorderen Schenkel, der ja (vergl. Fig. 1, 2 u. 4) eine Strecke weit nahezu horizontal verläuft. Infolge der Dicke des Schnittes ist auch die ganze untere Wand der angeschnittenen Canalstrecke sicht- bar und in dieser, genau dem Skeletstab der secundären Kiemenleiste entsprechend, die peribranchiale Ausmündungsôffnung (np). Nach vorn zu sieht man das Canälchen sich gabeln in einen die Richtung des angeschnittenen Hauptcanälchens einhaltenden, der Länge nach ge- troffenen Seitentrichter und in die eigentliche Fortsetzung des Haupt- canälchens, welche nach unten und ein wenig lateralwärts verläuft. Als Ergänzung zu diesem Bild, wenn auch von einem andern Thier stammend, kann die Fig. 8 (Taf. 32) dienen, in welcher ein der Fig. 14 ganz entsprechender Schnitt, nur um eine kurze Strecke weiter ventralwärts geführt, abgebildet ist. Hier haben sich die secundären Kiemenbogen bereits von der Wand des subchordalen Cöloms abgelöst, und nur die primären stehen durch dieselbe noch mit einander in Verbindung. Längs jeder primären Kiemenleiste ist das subchordale Cölom rinnenartig medialwärts ausgebuchtet, und am Hinterrande dieser hier noch flachen Rinne erkennt man den quer durchschnittenen ab- steigenden Theil des vordern Nierenschenkels (nA). Eine nach meinen Erfahrungen seltene Abnormität in Bezug auf die Lagerung der Nierencanälchen ist in Fig. 7 (Taf. 32) abgebildet. Der Schnitt eutspricht nach Lage und Höhe genau dem der Fig. 14; 444 THEODOR BOVERI, er zeigt 3 Paare von Kiemenleisten mit 3 Nierencanälchen, welche da- durch merkwürdig sind, dass die peribranchiale Mündung (np) nicht auf den Skeletstab des secundären Bogens trifit, sondern dass sich die- selbe ungefähr in der Mitte zwischen diesem und dem nächst vorderen primären Bogen öffnet. Dieser Verschiebung entsprechend reicht auch der vordere Nierenschenkel weiter nach vorn als sonst, nämlich bis an den Skeletstab des primären Bogens, den er in den typischen Fällen (Fig. 8 und 14) nicht erreicht. Nachdem wir im Vorstehenden lediglich die Nierencanälchen aus der mittlern Region des Kiemendarms betrachtet haben, erübrigt noch, ihre Ausdehnung nach vorn und hinten und die Mo- dificationen, welche sie in Anlehnung an die besondere Gestal- tung des Kiemenkorbes hier und dort erleiden, mit einigen Worten zu besprechen. Wie schon oben erwähnt, begleiten die Nierencanälchen den Kiemenkorb vom vordersten bis zum hintersten Ende, so dass an jedem secundären Bogen vom ersten bis zum letzten ein Canälchen mündet. Ihre Zahl hängt also von der Zahl der Kiemenbogen ab und muss, wie diese, mit dem Alter des Thieres zunehmen. Um eine un- gefähre Vorstellung zu erlangen, wie sich diese Zahlenverhältnisse für ein ausgewachsenes Individuum gestalten, habe ich an einem genau 4 cm langen Thier eine schon in meiner vorläufigen Mittheilung er- wähnte Zählung ausgeführt, welche für die rechte Seite 133 Kiemen- bogen und 91 Nierencanälchen ergab. Ich hob damals hervor, dass ich in diesem Fall an den beiden vordersten Bogenpaaren keine Canälchen hätte nachweisen können; doch ist mir dies seither gelungen. Die Gesammtzahl der Nierencanälchen eines erwachsenen Amphioxus würde also ungefähr 180 betragen, eine Zahl, die wahrscheinlich inner- halb gewisser Grenzen variiren wird. Um die Gestalt der vordersten und hintersten Canälchen festzu- stellen, ist es fast unerlässlich, die oben besprochenen Flächenpräparate zu Hilfe zu nehmen, und zwar wo möglich von lebenden Thieren, da am conservirten Object durch die dichten tiefer gelegenen Theile die Deutlichkeit der ohnehin nicht ganz leicht nachzuweisenden Bildungen allzu sehr beeinträchtigt wird. Wie schon seit Jon. MÜLLER bekannt und auch bei RoLpn (fig. 13, tab. 5) ganz gut, wenn auch etwas schematisch abgebildet ist, reichen die vordersten Kiemenspalten nicht mehr so weit dorsalwärts, wie-die weiter hinten gelegenen, sondern ihre oberen Enden, welche im mittleren und hinteren Theil des Kiemen- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 445 korbes in einer Horizontallinie liegen, „fallen“, wie Ropu sich aus- “drückt, „in einer Bogenlinie rasch ab“. Mit anderen Worten: die Kiemenspalten werden immer kürzer, auch der Peribranchialraum dringt ganz entsprechend weniger weit dorsalwärts vor, das subchordale Cölom dagegen dehnt sich, je weiter nach vorn, um so mehr ventral- wärts aus. Diese kurze Beschreibung der in Rede stehenden Ver- hältnisse wird genügen, um die Fig. 9 (Taf. 33) verständlich zu machen, welche einen Theil des fraglichen Bereichs aus der linken Hälfte des Kiemenkorbes vorstellt. Man erkennt die oberen Enden zweier Kiemenspalten — es sind, von vorn gerechnet, die 4. und 5. — getrennt durch die Skeletstäbe, welche sich auf den dorsalen undurchbohrten Theil der Kiemendarm- wand fortsetzen. Der Kiemenbogen, welchen die beiden abgebildeten Spalten begrenzen, ist der zweite secundäre; an ihm mündet das zweite Nierencanälchen (nk), welches mit dem ersten vollkommen über- einstimmt. Im Vergleich zu den homodynamen Gebilden der mitt- leren Kiemendarmregion ist dieses Canälchen von ausserordentlicher Einfachheit. Man kann es am besten als eine fast vertical gestellte Rinne bezeichnen, welche sich cranialwärts in ganzer Länge gegen die Leibeshöhle öffnet und an ihrem ventralen Ende vermittelst eines kurzen Röhrchens in den Peribranchialraum mündet. Verfolgt man von hier die oberen Ränder der Kiemenspalten nach hinten, so werden die Canälchen successive grösser, es zeigt sich ein nach vorn gerichteter Schenkel, an die Stelle des einfach lang-spaltförmigen Trichters treten 2, dann 3, bis schliesslich etwa am 20. Canälchen die oben beschriebene Gestalt erreicht ist. Einer ganz ähnlichen Vereinfachung wie am vorderen Ende des Kiemendarmes begegnen wir auch am hinteren. Auch hier werden ja die Kiemenspalten successive kürzer, wenn auch in anderer Weise, dadurch nämlich, dass sich der zuerst horizontal verlaufende Endo- styl plötzlich stark nach aufwärts biegt, wodurch sich die Seitenwände des Kiemenkorbes in dorsoventraler Richtung bedeutend verkürzen. Auf allen bekannten Abbildungen, welche eine Totalansicht des durch- sichtig gedachten Thieres geben, ist dieses Verhalten gut zu erkennen; neuerdings hat SPENGEL (40, p. 290) eine sehr gute Zeichnung der Skeletbildungen, welche die jüngsten Kiemenspalten begrenzen, geliefert. Zum Unterschied von dem vordern Ende, wo wir die Vereinfachung der Nierencanälchen lediglich als eine Anpassung an die hier vor- liegenden specifischen Verhältnisse des Kiemenkorbes anzusehen haben, repräsentirt die verschiedene Ausbildung, welche die Canälchen von Zool. Jahrb, V. Abth. f, Morph, 30 446 THEODOR BOVERI, hinten her erkennen lassen, verschiedene Stufen des Entwicklungsganges, — den dieselben von ihrer ersten Anlage an bis zu dem oben geschil- derten typischen Zustand durchlaufen müssen. Ich habe deshalb aus diesem Bereich 3 Canälchen abgebildet (Fig. 11—13, Taf. 33), von denen wir am besten zuerst das der Fig. 13 als das jüngste und letzte, nämlich am letzten secundären Kiemenbogen gelegene ins Auge fassen. Dasselbe stellt einen einfachen, schmalen, kurzen Trichter dar, dessen oberes weiteres Ende sich in die Leibeshöhle öffnet, während das untere engere in den Peribranchialraum mündet. Gleichfalls noch sehr einfach ist das in Fig. 12 abgebildete Canälchen, welches am 5. secundären Bogen — von hinten gezählt — liegt. Hier erkennt man nun schon die Grundlage der spätern Gestalt: einen hinteren kürzeren und einen vorderen längeren, zum primären Bogen ziehenden Schenkel, beide mit einem Trichter endigend, von denen der hintere wohl der einzigen Peritonealöffnung des in Fig. 13 wiedergegebenen Canälchens entspricht, während der vordere eine Neubildung ist. Noch weiter vorgeschritten ist endlich das Canälchen der Fig. 11, das ausser den beiden Endtrichtern bereits einen Seitentrichter aufweist. Die Entwicklung von diesem Zustand bis zu dem fertigen besteht ver- muthlich in einem Weiterwachsen des vordern Schenkels und in der Bildung neuer Seitentrichter an der gewachsenen Canalstrecke. An Thieren, bei denen die Zahl der Kiemenspalten noch im Zu- nehmen begriffen ist, müsste man die Entstehung neuer Nierencanälchen von den ersten Anfängen an verfolgen können. Mir selbst ist dies nicht gelungen, obgleich ich einige, allerdings schlecht conservirte halbgewachsene Individuen daraufhin untersuchte. Mich intensiver um die Aufklärung dieses Punktes zu bemühen, schien mir aber nicht lohnend zu sein. Denn für so wichtig ich — in vergleichend-ana- tomischer Beziehung — die Entwicklungsgeschichte der zuerst auf- tretenden Canälchen halte, so wenig Interesse scheint mir der Bil- dungsmodus neuer Nierencanälchen im fertigen Thier darzubieten. Il. Der feinere Bau. Die Fadenzellen. Das Epithel der Nierencanälchen besteht aus relativ kleinen, an- nähernd cubischen Zellen mit kugligen Kernen (Fig. 15 u. 16, Taf. 33). Im lebenden Zustand sind die Zellen nicht von einander abzugrenzen ; das ganze Epithel erscheint im “optischen Schnitt als gleichartiger matter Streifen, der an der dem Lumen zugekehrten Seite deutlich Die Nierencanälchen des Amphioxus. 447 und dicht gekörnelt ist, während er an der entgegengesetzten ein mehr homogenes Aussehen zeigt (Fig. 1, Taf. 31). Auch an Schnitten durch conservirtes Material ist dieser Gegensatz wahrzunehmen (Fig. 15 und 16). Nicht selten findet man das Epithel in grösserer oder geringerer Ausdehnung mit intensiv gelben Körnchen oder Tröpf- chen besetzt, unter Umständen so stark, dass das sonst im Farben- bild des Beleuchtungsapparates verschwindende Nierencanälchen durch den intensiv gelben Ton in seinem ganzen Verlauf sichtbar wird. In Fig. 1 sieht man diese normaler Weise gelben Ablagerungen durch rothe Tröpfchen ersetzt, welche sich nach Fütterung von carminsaurem Ammonium (siehe Capitel IV) in dem Epithel der Canälchen anhäufen. In Fig. 1 habe ich versucht, die Flimmerhaare des Nieren- epithels annähernd so, wie sie im lebenden Zustand erscheinen, wieder- zugeben. Es sind relativ lange Geisselfäden — vielleicht noch länger, als ich sie gezeichnet habe — welche in lebhaftester Bewegung gegen die peribranchiale Mündung hin schlagen und einen von allen Trichtern her zu dieser Oeffnung convergirenden Strom erzeugen. Nicht selten sieht man, wie sich kleine Theilchen von dem Epithel ablösen und durch die Strömung in den Peribranchialraum geführt werden. Die Anordnung der Flimmerhaare, wie ich sie im lebenden Zustand und auch auf Schnitten (Fig. 16, Taf. 33) angetroffen habe, macht es mir im höchsten Grade wahrscheinlich, dass jede Zelle des Nierenepithels — einem, wie es scheint, beim Amphioxus allgemein gültigen Gesetz entsprechend — nur eine Geissel trägt; doch konnte ich hierüber zu voller Sicheit nicht gelangen. An dieser Stelle möge gleich eine an die peribranchiale Mündung des Nierencanälchens sich anschliessende Flimmerrinne (Fig. 1 f) Erwähnung finden, welche an der Aussenseite des secundären Kiemen- bogens nach hinten verläuft und so die in dem Röhrchen erzeugte Be- wegung noch eine Strecke weit fortführt. Nach aussen folgt auf das Nierenepithel eine dünne Stützlamelle (Fig. 14—17), welche jedoch nur auf der lateralen Seite dem Canälchen ausschliesslich eigenthümlich ist, wogegen die mediale Epithelwand direct den hier vorhandenen Stützgebilden aufliegt, nämlich einestheils der zwischen dem subchordalen Cölom und dem Peribranchialraum ausgespannten dünnen Lamelle (Fig. 5 b, 16, 8), anderntheils den Kiemenstäbchen (Fig. 14). An dem freien Trichterrand geht das Epithel des Nierencanäl- chens in ein ganz plattes Epithel über, welches nun die Aussenfläche der Stützlamelle überzieht (Fig. 5, 15—17), wie es den ganzen Bin- 30 * 448 THEODOR BOVERI, nenraum des subchordalen Cöloms — mit einer sofort zu erwähnen- den Ausnahme — auskleidet. Medialwärts nämlich, wo der Rand des Trichters mit der Wand der Leibeshöhle verwachsen ist, schliesst sich eine specifische Art von Zellen an (Fig. 15—16 fz), die zu dem Epithel des Nierencanälchens in Beziehung stehen und die ich, ihrer Form nach, als Fadenzellen bezeichnen will. Am besten übersieht man die Anordnung dieser eigenthümlichen Zellen am lebenden Flächenpräparat (Fig. 1 fz). Man erkennt hier, wie jedes Nierencanälchen auf jener Seite, wo sich die Trichter befin- den, also hauptsächlich dorsal- und cranialwärts, von einem bogen- formigen breiten Feld grosser, stark lichtbrechender Zellen umgriffen wird, welche, rund, oval oder birnförmig, in annähernd gleichen Zwi- schenräumen der medialen Wand des subchordalen Cöloms aufliegen. Obgleich die einzelnen Zellen ganz gleichmässig in dem Feld verteilt sind, gehören sie doch zu einzelnen Gruppen zusammen, deren jede einem Trichter entspricht. Jede Zelle läuft nämlich in einen feinen, aber deutlich doppelt contourirten Faden aus, der mit den übrigen Ausläufern der gleichen Zellengruppe zu einem Trichter hinzieht und in der Mündung desselben eine Strecke weit verfolgt werden kann. Wie die Fäden hier endigen, lässt sich auf dünnen Querschnitten erkennen, welche ein Trichterröhrchen der Länge nach getroffen haben; beson- ders gute Resultate ergaben mir Präparate, die nach Picrin-Salpeter- säurehärtung (eine Mischung von conc. wässriger Picrinsäure und 10-prozentiger Salpetersäure zu gleichen Theilen) in Hämatoxylin ge- färbt und in Glycerin eingebettet worden waren. Zwei solche Schnitte sind in Fig. 15 u. 16 (Taf. 33) abgebildet. Fig. 15 zeigt, wie sich unmittelbar an den medialen Trichterrand die Fadenzellen mit ihren grossen, ziemlich homogen erscheinenden Kernen und spärlichem Plasma anschliessen. Eine davon ist in Folge der Präparation von der Stütz- lamelle abgelöst. Von jeder Zelle sieht man den zugehörigen Faden ausgehen, der bei Hämatoxylinbehandlung eine farblose Axe und eine intensiv gefärbte Rindenschicht unterscheiden lässt. Die Fäden ziehen frei durch die Leibeshöhle schräg abwärts in die Trich- teröffnung hinein gegen die laterale Wand des Canälchens und heften sich mit ihren Enden an die Zellen des Nierenepithels an. Die ober- sten und äussersten Fäden treten an die lateralen Randzellen des Trichters (Fig. 15 u. 16) und scheinen zum Theil mit den obersten Endothelzellen, welche die Aussenseite des Canälchens überziehen, in Verbindung zu stehen; die untersten innersten dringen etwa bis zu der Stelle vor, wo die Mündungsröhrchen dem Hauptcanälchen auf- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 449 sitzen, und gehen gleichfalls ohne scharfe Grenze in die hier gelegenen Epithelzellen über, wie dies besonders in Fig. 16 deutlich zu sehen ist, wogegen in dem Präparat der Fig. 15 die untersten Fäden vor ihrer Vereinigung mit der Wand des Canälchens schräg durchschnitten worden sind. Endlich ist an Fig. 16 noch zu erwähnen, dass zwei Fadenzellen sich an den medialen Trichterrand anheften, wo das Nierenepithel sich eine kurze Strecke weit von der Stützlamelle ab- hebt. Dieses Ausnahmebild erklärt sich so, dass hier ein Schnitt vor- liegt, der das Mündungsröhrchen nahe am Uebergang der lateralen in die mediale Wand getroffen hat. Unklar ist mir geblieben, ob die Fadenzellen da, wo sie mit ihren kolbenförmigen medialen Enden der Stützlamelle aufliegen, sich gegen- | seitig berühren oder ob sie, wie es nach den Flächenbildern anzu- nehmen wäre, relativ grosse Zwischenräume zwischen sich lassen, an denen die Stützlamelle frei zu Tage liegt. Ich habe versucht, die Frage durch Behandlung des lebenden Gewebes mit Silbernitrat zu lösen und habe auf diesem Wege in der That ein sehr charakte- ristisches Silberbild erhalten: während nämlich im übrigen Bereich des Cölomepithels die bekannten zarten Endothelgrenzlinien auftraten, ergab das Fadenzellenfeld ein enges Maschenwerk mit kleinen, rund- lichen Maschenräumen und äusserst dicken Netzbalken, ein ungefähres Negativ zu dem Bild, welches das Fadenzellenfeld in Fig. 1 bietet. Ob jedoch hieraus auf die letztere der beiden oben erwähnten Mög- lichkeiten geschlossen werden darf, wage ich nach den Erfahrungen, welche ich früher über die Bedingungen der Silberreduction gemacht habe (6), nicht zu entscheiden. Einen wie characteristischen Bestandtheil des Excretionsapparats die Fadenzellen ausmachen, mag ein Blick auf Fig. 9—13 lehren, wo dieselben überall genau der Grösse und Trichterzahl der Canälchen entsprechend anzutreffen sind. Sowohl am lebenden, wie am conser- virten und gefärbten Flächenpräparat fallen sie viel leichter in die Augen als die blasseren Canälchen und können so zum Aufsuchen der letzteren, besonders an schwierigeren Stellen, wie ganz vorn und hin- ten, gute Dienste thun. Schliesslich ist in diesem Capitel noch die Gestaltung der peri- branchialen Ausmündungsöffnung der Nierencanälchen genauer zu betrachten. Ich verweise zu diesem Zweck auf Fig. 17 (Taf. 33), welche, der gleichen Serie wie Fig. 5 entnommen, dem Schnitt der Fig. 5a entspricht; nur ist dieselbe dadurch von letzterer unterschieden und bemerkenswerth, dass der allerdings sehr dicke 450 THEODOR BOVERI, Schnitt zwei Seitentrichter getroffen hat. In Bezug auf die Mündung zeigt die Figur, dass sich das Nierencanälchen nicht einfach an seiner tiefsten Stelle in den Peribranchialraum öffnet, sondern dass sich an das Hauptcanälchen ein eigenes kurzes Ausflussröhrchen anfügt, wel- ches, an der medialen Seite beginnend, in scharfem Winkel knieförmig nach unten aussen umbiegt, um sich in dem Winkel zwischen der lateralen und medialen (von den secundären Kiemenstäbchen gebildeten) Wand des Peribranchialraums in diesen zu öffnen. Dass dieses End- stück noch zu dem Nierencanälchen und nicht bereits zum Peribran- chialraum gehört, lässt sich leicht dadurch feststellen, dass das Epi- thel desselben genau den gleichen Charakter trägt wie das des übrigen Theils des Canälchens, sich dagegen von dem platten Atrialepithel der lateralen Wand des Peribranchialraums und dem grosszelligen und blasskernigen, häufig pigmentirten Epithel des Kiemenbogens scharf absetzt, am sichersten vielleicht dadurch, dass sich die Farbstoffauf- speicherung nach Carminfütterung bis zu jenem Punkt heraberstreckt. Das Bild, welches die beschriebene Ausmündung am Flächen- präparat darbietet, ist in Fig. 1 einigermaassen zu erkennen. Das Endstück liegt, wie man hier sieht, nicht in der Continuität des Canälchens, sondern setzt sich gegen dasselbe scharf ab und wird, was auf der Zeichnung nicht wiedergegeben werden konnte, erst bei tieferer Einstellung sichtbar. | Ill. Die Blutgefässe (Glomeruli). Die Gefässe, welche die Nierencanälchen mit Blut versorgen, ge- hören in das System der Kiemengefässe. Diese haben erst in allerjüngster Zeit eine sehr sorgfältige und dankenswerthe Bearbeitung durch SPENGEL (40) gefunden. Seine Resultate, soweit uns dieselben hier interessiren, sind in Kürze die folgenden. In jedem Kiemenbogen verlaufen 2 enge Gefässe, ein Haupt- und ein Nebengefäss. Während das letztere sich im primären und secundären Bogen ganz gleich- artig verhält, nämlich „längs des innern Randes unmittelbar unter dem pharyngealen Epithel“ verläuft (p. 283), zeigen die Hauptgefässe eine verschiedene Anordnung. In dem primären Bogen, der seiner ganzen Länge nach von einem Cölomcanal durchsetzt wird, verläuft das Hauptgefäss — abgesehen von seinem alleruntersten Abschnitt — an dem hintern äussern Rand des Kiemenbogens, wo es, unmittelbar unter dem Atrialepithel, zwischem diesem und dem Cölomepithel an- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 451 getroffen wird. In dem secundären Kiemenbogen dagegen verläuft das Hauptgefäss in einem Hohlraum des Skeletstabes. Sämmtliche Haupt- und Nebengefässe münden in ein Längsgefäss ein, das „auf dem obern Theil des sog. Ligamentum denticulatum über den ganzen Kiemenkorb verläuft“. „Es liegt zwischen dem niedrigen Epithel, welches dort die Kiemenspalten verschliesst und dem Peritonealepithel des dorsalen Cöloms“. An die Stelle, wo sich Haupt- und Neben- gefäss eines jeden Bogens mit dem Längsgefäss vereinigen, schliesst sich ein kurzes Gefäss an, das die Verbindung mit der Aorta her- stellt (p. 285). Dieser Darstellung, welche ich im Wesentlichen bestätigen kann, habe ich nach meinen Untersuchungen einige Ergänzungen hinzuzu- fügen, welche ich einerseits wohl der Verwendung besser conservirten Materials, andererseits aber und vor allem dem Umstand verdanke, dass es mir gelungen ist, durch Carminfütterung die Blutgefässe mit rother Farbe zu imprägniren und dadurch am unverletzten Kiemen- darm ihren Verlauf deutlich sichtbar zu machen. Die Gefässe im secundären Kiemenbogen finde ich ganz so, wie SPENGEL dieselben beschrieben hat, ebenso kann ich im primären Bogen das von ihm nachgewiesene Haupt- und Nebengefäss consta- tiren. Allein ausser diesen beiden Gefässen existirt im primären Bogen noch ein drittes, welches seiner Lage nach dem Hauptgefäss des secundären Bogens entspricht, indem es nämlich, wie dieses, im Innern des dreikantigen Skeletstabes verläuft. Auf guten Quer- schnitten (Fig. 6, 7, 14 ve!) ist dieses Gefäss als ein in der Regel “ schlitzförmiger, von flachen Kernen ausgekleideter Canal meist deut- lich nachweisbar, allerdings schwerer als das entsprechende Gefäss des secundären Bogens, da es nicht, wie letzteres, annähernd im Cen- trum des Skeletstabes liegt, sondern (Fig. 6) dort, wo sich der Stab zu der dünnen medialwärts gerichteten Lamelle auszieht. Dieser Um- stand bringt es mit sich, dass der schlitzförmige Spalt besonders auf Schrägschnitten durch den Kiemenbogen — Schnitten, wie man sie ja auf Quer- und Horizontalschnitten durch ein ganzes Thier zu sehen bekommt — undeutlich oder durch die benachbarten dicht ge- lagerten Kerne des pharyngealen Epithels gänzlich verdeckt wird. Uebrigens vermag ich das fragliche Gefäss nicht allein auf Schnitten nachzuweisen, sondern auch an jenen schon erwähnten, unten noch ein- gehender zu besprechenden Präparaten mit Carminfüllung der Blut- gefässe (Fig. 2 vel). Um nun jede Verwirrung in der Bezeichnung der beschriebenen 452 THEODOR BOVERI, Blutgefässe zu vermeiden, möchte ich folgende Benennungen für die- selben vorschlagen. Die einander der Lage nach entsprechenden Ge- fässe der beiden Arten von Kiemenbogen, nämlich diejenigen, welche in der Skeletaxe verlaufen, nenne ich ,, Axengefässe“ und unterscheide dieselben als äusseres: dasjenige, welche im Skelet- stab verläuft, und inneres: dasjenige, welches in den freien Rand der von dem Skeletstab nach innen ziehenden axialen Lamelle ein- geschlossen ist (Fig. 6ve! und vi'). Dasjenige Gefäss dagegen, wel- ches dem primären Bogen specifisch ist (SPENGEL’s Hauptgefäss des primären Bogens), nenne ich Cölomgefäss (Fig. 6 vc), da dasselbe unmittelbar an den in dem primären Bogen eingeschlossenen Leibes- höhlencanal angrenzt. Von Interesse für unsern Gegenstand werden diese Gefässe erst im dorsalen Bereich des Kiemendarmes, wo ein Theil derselben nicht allein in unzweifelhafte Beziehung zu den Nierencanälchen tritt, son- dern auch in eine besondere Anordnung übergeht, welche die Bezeich- nung ,Glomeruli“ für diese Gefässbezirke rechtfertigt. Schon SPENGEL hat diese Verhältnisse theilweise erkannt und in seinen figg. 23—27 abgebildet; allein er spricht doch nur von einem auf dem obern Theil des Ligamentum denticulatum verlaufenden Längsgefäss, in welches alle Haupt- nnd Nebengefässe münden, während es sich thatsächlich um ein Gefässnetz handelt, was freilich auf Schnitten nicht leicht, unter Umständen, bei schwacher Turgescenz der Gefässe, gar nicht nachgewiesen werden kann. Ich ziehe es vor, die fragliche Anordnung zuerst an einem con- struirten Bild zu erläutern und die Richtigkeit dieser Darstellung erst nachträglich an Figuren, welche nach der Natur gezeichnet sind, zu erhärten. In der schon im I. Capitel erwähnten Fig. 3 (Taf. 31) ist ein Theil des dorsalen Bereichs des Kiemendarms, so wie man ihn durch die oben beschriebene Präparationsmethode erhält, plastisch dargestellt. Am untern Rand der Figur sieht man die querdurch- schnittenen Kiemenbogen, von denen die secundären (II) bereits frei sind, während die primären (I) noch als Leisten an der in glei- cher Ebene durchschnittenen lateralen Wand des Peribranchialraumes, welche die Zungenbalken bogenförmig überspannt, festsitzen. Nach oben von dieser Schnittfläche sieht man auf die mediale Wand des subchordalen Cöloms mit den Nierencanälchen. In diese Figur nun sind sämtliche in dieser Region vorhandenen Blutgefässe eingezeichnet. Auf der untern Schnittfläche erkennt man die Querschnitte der be- schriebenen Kiemengefässe: in jedem Kiemenbogen das äussere und Die Nierencanälchen des Amphioxus. 453 innere Axengefäss (ve und vi) und ausserdem in jedem primären Bogen das Cölomgefäss (vc), welches am Hinterrand jener Rinne ver- läuft, die sich weiter ventralwärts zu dem Cölomcanal des Kiemen- bogens schliesst. Die Zeichnung ist in der Weise durchsichtig ge- gedacht, dass die tiefer gelegenen Gefässe in blasserem Ton durch die darüber gelegenen Theile hindurchscheinen, während die oberflächlich verlaufenden in tieferem Ton gehalten sind. Verfolgt man nun die einzelnen Gefässe von unten nach oben, so ergiebt sich, dass alle in- neren Axengefässe, genau dem Verlauf ihres Bogens folgend, sich bis an den oberen Rand des Kiemenkorbes erstrecken, wo sie in ein stärkeres Gefäss (vkn) übergehen, welches nach kurzem Verlauf in die Aorta (a) der betreffenden Seite einmündet. Das Gleiche gilt für das äussere Axengefäss des primären Bogens (ve). Das Cölomgefäss dieses Bogens dagegen (vc) und dasäussere Axengefäss des secundären Bogens treten in Be- ziehung zu den Nierencanälchen, in der Weise, dass sich zwischen dem Cölomgefäss je eines primären und dem äussern Axengefäss des nach hinten folgenden secundären Bogens ein Gefässnetz einschaltet, dasin seiner Lage dem zu den beiden Bogen gehörigen Nie- rencanälchen entspricht. | Gehen wir, um diese Gefässbildung näher zu analysiren, von dem secundären Bogen aus, so finden wir, wie das äussere Axengefäss desselben genau in der Höhe des Nierencanälchens und etwa an jenem Punkt, wo letzteres sich in den Peribranchialraum öffnet, in ein System bedeutend weiterer anastomosirender Gefässe (gl) übergeht, welche, nach hinten und vorn sich ausbreitend, in letzterer Richtung mit dem Cölomgefäss des nächst vordern primären Bogens in Verbindung stehen.. Dieses letztere Gefäss beginnt gleichfalls da, wo es sich dem Nierencanälchen nähert, bedeutend anzuschwellen und schickt, dem Verlauf des vordern Nierenschenkels entsprechend, Gefässchlingen nach oben hinten, während sein Hauptstamm als vordere Begrenzung des Glomerulus, ungefähr dem Verlauf des Kiemenbogens folgend, weiterzieht, um in der Nähe des obern Randes ziemlich scharf nach hinten abzubiegen. An dieses nun annähernd horizontal nach hinten ziehende Gefäss, welches von unten her einen Theil der Netzbalken des Glomerulus aufnimmt, schliessen sich endlich zwei kurze ab- führende Gefässe (vkn) an, von denen das vordere in dem Bogenwinkel des secundären, das hintere in dem des darauf folgenden primären Bogens verläuft, um nach Aufnahme der an der Glomerulusbildung 454 THEODOR BOVERI, nicht betheiligten Kiemengefässe, als gemeinsame Kiemennieren- vene in die Aorta zu münden. So wiederholt sich ‘die gleiche Ge- fässanordnung von einem Nierencanälchen zum andern, um nur ganz vorn und ganz hinten, der einfacheren Gestaltung dieser Canälchen entsprechend, sich gleichfalls zu vereinfachen. In Fig. 3 ist mit 7 ein Gefäss bezeichnet, welches zwei benach- barte Glomeruli mit einander in Verbindung setzt, und welches, wenn es sich gleichmässig wiederholte, die horizontal verlaufenden obern Begrenzungsgefässe der Glomeruli zu einem einheitlichen Längsgefäss vereinigen würde, wie ein solches nach SPENGEL in dieser Gegend über den ganzen Kiemendarm verlaufen soll. Ich habe jedoch die fragliche Verbindung (7) nur ein einziges Mal auf einem Flächen- präparat von der Art der Fig. 2 andeutungsweise constatiren können, sonst niemals, auch nicht auf Schnitten. Nun muss freilich zugegeben werden, dass gewisse Gefässe beim Amphioxus dermaassen collabiren können, dass sie bis auf jede Spur verschwinden, und es wäre also immerhin möglich, dass jene Communication überall besteht. Allein wenn dies auch der Fall sein sollte, so glaube ich doch behaupten zu dürfen, dass dieselbe fast niemals zur Beförderung von Blut benützt wird, dass vielmehr das Blut des Cölomgefässes, zu dessen Wegführung jenes Gefäss vor allem dienen würde, regulärer Weise durch den Glo- merulus, bezw. dessen oberes Begrenzungsgefäss nach hinten abge- leitet wird, eine Einrichtung, die, wie ich unten näher ausführen werde, von physiologischer Bedeutung sein dürfte. Von den Präparaten nun, welche das geschilderte und in Fig. 3 schematisch gezeichnete Verhalten der Blutgefässe illustriren sollen, ist das wichtigste das in Fig. 2 wiedergegebene, welches die gleiche Ansicht des Kiemendarmes, wie Fig. 3, nur bei durchfallendem Licht und genau nach der Natur entworfen, darstellt. Das Präparat ist einem Individuum entnommen, welches 28 Stunden mit carminsaurem Ammonium gefüttert (vergl. Capitel IV) und dann in Alkohol abgetödtet worden war. Wie ich schon in meiner vorläufigen Mit- theilung berichtet habe, speichert sich bei einem solchen Fütterungs- versuch der Farbstoff in den Blutgefässen auf, wird jedoch nicht nur, wie ich damals schrieb, in den Glomeruli angetroffen, sondern auch in den eigentlichen Kiemengefässen. Alle auf diese Weise roth gefärbten Gefässbezirke sind in die Figur eingezeichnet, mit Ausnahme der inneren Axengefässe, welche, für die Niere ohne Bedeutung, nur die Deutlichkeit der Zeichnung beeinträchtigt hätten. Eine Vergleichung von Fig. 2 mit Fig. 3 wird lehren, dass sich die in letztere Figur Die Nierencanälchen des Amphioxus, 455 eingezeichnete Gefässanordnung streng an das durch das Präparat der Fig. 2 Vorgeschriebene hält. Dern wenn auch die Carminfüllung der Blutgefässe in diesem Präparat eine mehr oder weniger discontinuir- liche ist, so genügt dieselbe doch, um über die Art und Weise, in welcher die gefärbten Stellen in Zusammenhang zu bringen seien, im Wes£ntlichen keinen Zweifel zu lassen. Ob bei der Ergänzung, welche ich in Fig. 3 auf Grund der Fig. 2 vorgenommen habe, jede Capillar- schlinge und Masche richtig ist, das ist ja ziemlich gleichgültig: das Wichtige, was Fig. 2 mit Evidenz erkennen lässt, ist dieses, dass 1) die Nierenregion des Kiemendarms im Vergleich zur eigentlichen Kiemenregion ausserordentlich viel blutreicher ist, was sowohl durch Erweiterung als durch Anastomosenbildung der Gefässe bedingt ist, dass 2) dieser specifische Gefässcharakter nur dem Cölomgefäss (ve) des primären und dem äussern Axengefäss (ve!) des secundären Bogens zukommt, und dass 3) jedes der von den genannten Gefäss- paaren gebildeten Netze einem Nierencanälchen entspricht. Gerade in Betreff dieses letztern Punktes ist Fig. 2 von Wichtigkeit. Auf den ersten Blick könnte es ja scheinen, als gehöre der grössere Theil des Gefässnetzes nicht zu dem Nierencanälchen, da er sich (Fig. 2 u. 5) cranial- und vor allem dorsalwärts von demselben ausbreitet. Achtet man dagegen auf die von jedem Nierencanälchen ausstrahlenden Fadenzellen, so zeigt sich, dass der Bereich, in dem sich diese Zellen an der Wand festsetzen, genau der Ausdehnung des Glomerulus entspricht, ja dass sich der Verlauf der einzelnen Gefässe, speciell der des Cölomgefässes, so genau der Begrenzung des Fadenzellenfeldes anpasst, dass die ausschliessliche Zugehörigkeit der fraglichen Gefäss- bezirke zu den Nierencanälchen, i. e. ihre Glomerulus-Natur, keinem Zweifel unterliegen kann. Ich komme dabei wieder auf die Frage nach dem Vorhandensein des in Fig. 3 gezeichneten Gefässastes 7 zurück. Mein oben mitge- theilter negativer Befund in dieser Hinsicht scheint mir, wie erwähnt, von physiologischer Bedeutung zu sein. Denn der Mangel eines directen Abzugscanals für das Blut des Cölomgefässes würde sehr gut zu der deutlich sichtbaren Tendenz stimmen, möglichst viel Blut unter dem Fadenzellenfeld vorbeizuführen. Was nun die Schnittpräparate anlangt, so ist ja auf allen abge- bildeten Schnitten durch Nierencanälchen ein mehr oder weniger grosser Bereich der zugehörigen Gefässe sichtbar, und bedürfen die- selben nach dem Vorausgegangenen kaum einer Erläuterung. Ich be- schränke mich deshalb auf die Besprechung von nur zweien dieser 456 THEODOR BOVERI, Figuren, wobei ich bemerke, dass die rothe Farbe der Blutgefässe nicht eine Färbung der Blutflüssigkeit, etwa durch die oben erwähnte Fütterungsmethode veranlasst, vorstellt, sondern dass lediglich in der Zeichnung das sichtbare Gefässlumen durch den rothen Ton deutlich gemacht ist. Als wichtigste Ergänzung zu den Flächenpräparaten hebe ich die Schnitte der Fig. 5 (Taf. 32) hervor. Man erkennt zu oberst den Querschnitt der Aorta (a), die sich, in ihrem ventralen Theil stark seitlich comprimirt, an der Epibranchialrinne hinzieht (Fig. 5b). An den Schnitten, welche die Kiemenbogen getroffen haben (a und c), sieht man in diesen abgeplatteten Theil der Aorta die „gemeinsame Kiemen-Nieren-Vene“ (vkn) einmünden. Der Schnitt der Fig. 5 a, welcher durch einen secundären Kiemenbogen gelegt ist, zeigt weiterhin, in den Skeletstab eingeschlossen, das äussere Axengefäss (vel), welches sich, medialwärts von dem Nierencanälchen, in einen in gleicher Richtung aufsteigenden Glomerulusast fortsetzt. Weiter oben ist ein anderer Ast des Glomerulus quer durchschnitten. Endlich lässt diese Figur noch ein Stück von dem innern Axen- gefäss (ve), nämlich die Einmündung desselben in die gemeinsame Kiemen-Nieren-Vene, erkennen. Der übrige Theil des Gefässes würde, wenn er noch in den Bereich des Schnittes gefallen wäre, unter der medialen Entodermzellenleiste weiter verlaufen. Das zweite Schnittpräparat, dessen Gefässe ich mit einigen Worten besprechen will, ist das der Fig. 14 (Taf. 33). Als Horizontalschnitt, der die Mündung des Nierencanälchens enthält, zeigt diese Figur, wie das in dem secundären Bogen verlaufende äussere Axengefäss (ve!) in den Glomerulus übergeht: das Gefäss ist aus der Mitte des Skelet- stabes nach aussen dicht unter das Nierencanälchen gerückt und giebt einen Glomerulusast nach vorn ab. Weiter nach links folgt sodann der Durchschnitt eines zweiten Astes und darauf in eigenthümlichem Verlauf ein angeschnittener dritter, der unterhalb des längsgetroffenen Seitentrichters von der medialen an die laterale Seite des Canälchens hinüberzieht. Man findet nämlich häufig — vielleicht ist es sogar ein constantes Vorkommen — einzelne Capillarschlingen, welche ihr Nieren- canälchen lateral vollkommen umgreifen, wie dies.auch in Fig. 3 an dem mittlern und dem links gelegenen Glomerulus dargestellt ist. Endlich zeigt die Figur noch das auffallend schwach gefüllte Cölom- gefäss des primären Bogens (vc) und die an der Glomerulusbildung nicht betheiligten Kiemengefässe (vi, ve! und vi). Die Nierencanälchen des Amphioxuss 457 IV. Physiologisches. Es war weder meine Absicht, noch auch wäre es bei dem mir zur Verfügung stehenden spärlichen Material möglich gewesen, ein- gehendere Untersuchungen über die Physiologie der beschriebenen Organe anzustellen. Es kam mir vielmehr nur darauf an, die excre- torische Function derselben unzweifelhaft festzustellen und eventuell darzuthun, dass die so vielfach zu beobachtende Differenzirung ex- cretorischer Apparate, die sich in dem Ausscheidungsort einerseits des carminsauren Ammoniums, andererseits des Indigcarmins aus- prägt, auch hier besteht. Dass die Segmentalröhrchen des Amphioxus Harncanälchen seien, dies dürfte wohl schon nach der Analogie gefolgert werden. Denn Canälchen, welche die Leibeshöhle mit der Aussenwelt in Ver- bindung setzen und durch ihre Wimperauskleidung einen Strom von innen nach aussen erzeugen, bilden den Excretionsapparat sowohl bei verschiedenen Würmern als auch bei höheren Wirbelthieren und lassen in unserem Fall um so weniger eine andere Deutung zu, als in dem fraglichen Leibeshöhlenabschnitt nichts vorhanden ist, was durch die Segmentalorgane nach aussen geführt werden könnte. Wesentlich verstärkt wird die Berechtigung dieser Deutung durch die Beziehungen der Segmentalröhrchen zum Blutgefässystem. Die Durchspülung der Organe mit Blut ist beim Amphioxus eine so äusserst spärliche, und selbst in den Kiemen, welche ihrer Function gemäss ja zu den blutreichen Organen gehören, haben wir (vergl. be- sonders Fig. 3) eine so schwache Blutgefässentwicklung angetroffen, dass dagegen die Blutmenge, welche sich in den zu den Segmental- organen gehörigen weiten Gefässnetzen ansammelt, als eine ganz enorme bezeichnet werden muss. So kann dieselbe nicht aus dem Ernährungsbedürfniss der benachbarten Organe erklärt werden, sondern es muss, wie ich schon in meinem Vortrag betont habe, angenommen werden, dass sich in den fraglichen Gefässbezirken an dem Blut eine specifische physiologische Veränderung vollzieht, welche wohl kaum eine andere als eine excretorische sein könnte. Um dies exact zu beweisen, dachte ich zuerst an einen chemi- schen, bezw. optischen Nachweis von Harnbestandtheilen in den Ca- nälchen. Allein bei der Kleinheit derselben ist ein solcher wohl kaum möglich, und so blieb nur der eine Weg übrig, eine Aufspeicherung von Farbstoffen, welche lebenden Thieren auf irgend einem Wege ein- verleibt worden waren, in den Segmentalröhrchen oder den von mir 458 _ PHEODOR BOVERI, als Glomeruli gedeuteten Gefässbezirken anzustreben, ein Verfahren, welches ja bei positivem Resultat die excretorische Function ohne weiteres sicherstellt. Diese Untersuchungsmethode ist bekanntlich von HEIDENHAIN, CHRZONSCZEWSKY und WirricH für Wirbelthiere ausgebildet worden, mit dem Resultat, dass gewisse Substanzen, für die das carminsaure Ammoniak als Typus gelten kann, in den Mavpiaui’schen Körperchen zur Ausscheidung kommen, während andere, wie das indigschwefelsaure Natron (Indigcarmin), durch das Epithel der gewundenen Harncanälchen excernirt werden. Auch bei Wirbellosen wurden diese Versuche mit Erfolg ausgeführt. Besonders hat A. KOWALEVSKY (23) in neuerer Zeit systematische Untersuchungen in dieser Richtung an Vertretern fast sämmtlicher Metazoén-Typen angestellt und dabei sehr bemerkenswerthe Resultate zu Tage gefördert. Ich selbst experimentirte bei Amphioxus sowohl mit Indigcarmin als auch mit carminsaurem Ammoniak. Die Farbstoffaufnahme wurde in allen Fällen durch die active Thätigkeit der Thiere bewirkt, indem dieselben in gesättigte (Meerwasser-)Lösungen des Farbstoffes, welche überdies mit kleinsten Farbstoffpartikelchen erfüllt waren, gebracht wurden. Ein Durchlüftungsapparat sorgte dafür, dass diese Theilchen fortwährend in Suspension erhalten waren. So wurde nicht nur ge- färbtes Wasser durch den Darm geleitet, sondern es wurden auch mit dem durch den Darmcanal circulirenden Wasserstrom fortwährend Farbstofitheilchen aufgenommen und durch den After wieder entleert, ein minimaler Theil davon aber von der Darmwand resorbirt und im Körper vertheilt. Ich beschreibe zunächst den gelungenen Versuch, den ich mit Indigcarmin (GRÜBLER) anstellte. Ein Amphioxus wurde auf 24 Stun- den in die Lösung gebracht, worauf er eine starke Bläuung zeigte. Diese hatte mikroskopisch nachweisbar ihren Hauptsitz im Darm- epithel und in der gesammten Stützlamelle, dagegen nicht im Blut- gefässystem. Das Thier wurde sodann auf 27 Stunden in reines Wasser übertragen, nach welcher Zeit die Blaufärbung fast ganz ge- schwunden war. Die mikroskopische Untersuchung zeigte eine reichliche Ansammlung blauer Tröpfchen im Epi- thel der Segmentalröhrehen — ganz entsprechend den rothen Trépfchen in Fig. 1 —, auch jetzt im Blut keine Spur des Farbstoffes. Um sich von dem positiven Resultat des Versuches zu überzeugen, ist es durchaus nothwendig, die Nierencanälchen lebend zu untersuchen, oder wenigstens dieselben vor dem Abtödten, das mit Die Nierencanälchen des Amphioxus. 455 absolutem Alkohol zu geschehen hat, vollkommen frei zu präpariren Denn sobald auf die abgetödteten Organe ein nur ganz schwach wasserhaltiger Alkohol wirkt, ist der Farbstoff in wenigen Augen- blicken ausgezogen, und auch in absolutem Alkohol geschieht dies nach einiger Zeit, weshalb es nöthig ist, das Präparat alsbald in Xylol, bezw. ein Harz überzuführen. Schon nach diesem Experiment allein kann über die Nieren-Natur der Segmentalröhrchen kein Zweifel mehr bestehen, und es ergiebt sich aus demselben, dass die Nierencanälchen des Amphioxus in ihrer Function mit den Harn- canälchen der höhern Wirbelthiere übereinstimmen. Von den Versuchen mit carminsaurem Ammoniak habe ich den einen schon in meiner vorläufigen Mittheilung, wenn auch nicht ganz richtig, beschrieben. Das zu diesem Versuch verwendete Individuum wurde auf 28 Stunden in die Farbstoftlösung gebracht (das Wasser enthielt auch Indigcarmin, welches jedoch bei diesem Versuch kein Resultat ergab), worauf der frei präparirte Kiemenkorb theils im lebenden Zustand, theils in 70-proc. Alkohol conservirt, mikroskopisch untersucht wurde. In meiner kurzen Mittheilung habe ich berichtet, dass sich der Farbstoff in den „Glomeruli“ angesammelt habe, was auch in der That der Fall ist, wie Fig. 2 (Taf. 31) lehrt, welche ein von dem in Rede stehenden Individuum stammendes Präparat dar- stellt. Allein, wie in der Figur weiterhin zu erkennen ist, zeigt sich der Farbstoff auch in sämmtlichen Kiemengefässen, und auch in andern Gefässen habe ich denselben angetroffen. Er ist in der Blutflüssigkeit gelöst und circulirt mit dieser durch den ganzen Körper. Im Epithel der Nierencanälchen dagegen findet sich von demselben keine Spur. So bringt also dieses Experiment für sich allein über die Function der Segmentalorgane und der dieselben begleitenden Gefässnetze keine Entscheidung, wohl aber ergiebt dasselbe ein Resultat im Zusammen- hang mit einem zweiten Versuch. In diesem letztern Fall wurde ein Amphioxus auf 41 Stunden in das carminhaltige Seewasser ge- bracht und sodann auf 50 Stunden in reines Wasser übertragen, nach Ab- lauf welcher Zeit makroskopisch jede Röthung des Thieres verschwunden war. Dem entsprechend ergab auch die mikroskopische Untersuchung, dass sämmtliche Gefässe vom Farbstoff frei waren, mit Ausnahme der Glomeruli, welche wenigstens zum Theil eine mehr oder weniger ausgedehnte Färbung aufwiesen. Dieser Befund ist sonach dahin zu interpretiren, dass das im Blut gelöst gewesene Carmin zum weit- aus grössten Theil ausgeschieden ist, dass sich dasselbe in den Glo- meruli am längsten hält und dass diese somit wohl als der Ort ange- 460 THEODOR BOVERI, sehen werden müssen, an welchem die Entfernung des Farbstoffes aus dem Blut von Statten geht. Also auch in diesem Punkt wäre Ueber- einstimmung mit den höhern Wirbelthieren vorhanden. Nun ergab aber dieser Versuch noch ein weiteres, sehr bemerkens- werthes Resultat. Es zeigte sich nämlich eine Ansammlung rother Tröpfchen im Epithel der Nierencanälchen, und zwar um so reichlicher, je mehr der zugehörige Glomerulus bereits éntfärbt war. Das Präparat der Fig. 1 (Taf. 31), welches von diesem Versuch stammt, lässt diese Carminablagerungen in reichlicher Menge erkennen, im Glomerulus ist keine Röthung mehr nachweisbar. Wie diese That- sache zu erklären sei, ist mir zweifelhaft. Denn die Aunahme, dass das aus den Glomeruli ausgeschiedene Carmin noch die Zellen der Nierencanälchen zu passiren habe, erscheint ziemlich unwahrscheinlich, und doch wüsste ich Angesichts der mitgetheilten Thatsachen keine andere Erklärung. Allein wie dem auch sein möge, jedenfalls stehen die Nierencanälchen des Amphioxus durch das constatirte Verhalten in einem Gegensatz zu den auf diese Verhältnisse hin geprüften Harn- canälchen der Cranioten, und es wäre interessant, zu untersuchen, ob vielleicht die Vornierencanälchen der letztern, die ja meiner Meinung nach den Nierencanälchen des Amphioxus homolog sind, da, wo sie noch functioniren, ein der geschilderten Eigenthümlichkeit ent- sprechendes Verhalten erkennen lassen. Aehnliche Versuche, wie den zuletzt besprochenen Carminversuch : und mit ganz ähnlichem Resultat: nämlich einerseits Färbung der Blutflüssigkeit, andererseits Carminablagerung in dem Epithel der Segmentalröhrchen, hat auch E. Weiss (41) angestellt: ist derselbe ja doch seinerseits gerade hierdurch zur Entdeckung der Canälchen geführt worden. Schliesslich sind noch zwei Eigenthümlichkeiten des Excretions- apparats unseres Thiers anzuführen, welche den bei den höheren Wirbelthieren bestehenden Zuständen gegenüber als physiologische Besonderheiten bezeichnet werden dürfen. Die eine betrifft die Ge- staltung der Glomeruli. Während bei den Cranioten der Glomerulus entweder aus einem einfachen, ausserordentlich langen und dicht aufgeknäuelten Gefäss besteht oder ein weites Vas afferens sich in ein dichtes Maschenwerk sehr zarter Capillaren auflöst, die ihrer- seits wieder in ein weites Vas efferens übergehen, und sonach das Princip dieser Art von Glomerulusbildung wesentlich in einer Ober- flächenvergrösserung des excretorischen Gefässabschnittes zu beruhen scheint, welche die Reinigung der Gesammtblutmenge während der Zeit Die Nierencanälchen des Amphioxus. 461 ihres Durchpassirens durch den Glomerulus ermöglicht, sehen wir beim Amphioxus an äusserst enge zuführende Gefässe eine Anzahl sehr weiter Glomerulusschlingen sich anfügen, deren Gesamtquerschnitt den der ersteren um ein Vielfaches übertrifft Der Glomerulus des Amphioxus verhält sich also wie ein von einem Fluss durchströmter See, und es scheint bei demselben darauf abgesehen zu sein, durch sehr langsamen Wechsel des Blutes diesem Zeit zu lassen, sich seiner Zersetzungsproducte zu entledigen. Ohne Zweifel muss diese Art der Glomerulusbildung gegenüber derjenigen der Cranioten als eine primitive bezeichnet werden. Eine zweite Besonderheit der Nierencanälchen des Amphioxus ‘sind die im I. Kapitel ausführlich beschriebenen Fadenzellen. Ihre Function ist mir unklar geblieben. Die in meinem Vortrag aus- gesprochene Vermuthung, die Fäden möchten als Muskeln wirken, muss ich nach genauerem Studium der an den überlebenden Canälchen zu beobachtenden Gestaltveränderungen wieder aufgeben. Denn diese Veränderungen, welche offenbar als Absterbeerscheinungen angesehen werden müssen, sind vielfach derart, dass sie durch eine Contraction oder Erschlaffung der Fadenzellen nicht hervorgebracht werden könn- ten. Ich möchte deshalb jetzt eher glauben, dass diese Zellen dem Chemismus der Excretion dienen, wobei der oben schon betonte Um- stand, dass das Fadenzellenfeld genau der Ausdehnung des Glo- merulus entspricht, daran denken liesse, dass die Fäden eine Bezie- hung zwischen den Blutgefässen und den Nierencanälchen zu vermitteln hätten. Ich habe auf Grund dieser Erwägung speciell darauf ge- achtet, ob sich in den Fadenzellen vielleicht Farbstofftheilchen nach- weisen liessen. Es war jedoch auch mit den stärksten Vergrösse- rungen nichts zu entdecken, was freilich noch kein Beweis gegen die An- wesenheit von Farbstoff ist, da derselbe in den feinen Fädchen und dem schwachen Plasmaüberzug der Kerne in so dünner Schicht vor- handen sein müsste, dass er kaum wahrgenommen werden könnte. — Vielleicht werden eingehendere Untersuchungen und an reicherem lebenden Material, als es mir zur Verfügung stand, die Frage lösen. V. Ueber die morphologische Bedeutung der Nierencanälchen, des Peribranchialraums und der Genitalkammern des Amphioxus. Dieses Schlusscapitel ist bestimmt, für die drei phylogenetischen Hauptsätze, welche ich schon in meinem Vortrag als die wesent- Zool. Jahrb. V, Abth. f. Morph. 31 469 THEODOR BOVERI, lichsten Resultate meiner Untersuchungen aufgestellt habe, die ein- gehendere Begründung zu bringen. Ich bedauere, dass dieselbe nicht so vollständig sein kann, wie es wohl möglich wäre, wenn uns die postlarvale Entwicklung des Amphioxus genauer bekannt wäre. Es war ein Grund für die lange Verzögerung in dem Erscheinen dieser Arbeit, dass ich einestheils gehofft hatte, in Aussicht gestellte genauere Auf- schlüsse über die fragliche Entwicklungsperiode abwarten zu können, und dass ich anderntheils mich selbst um diese Aufklärung bemühte *), leider vergeblich. Immerhin glaube ich der Meinung sein zu dürfen, dass die von mir vertretenen Homologien auf solide Fundamente auf- gebaut sind und wenigstens mit dem gegenwärtigen Stand unserer thatsächlichen Kenntnisse in gutem Einklang stehen. A. Die Nierencanälchen des Amphioxus sind homolog den Vornierencanälchen der Cranioten. Um diesen Satz zu begründen, müssen wir vor allem eine genaue Definition der Vornierencanälchen aufstellen, die sich hauptsächlich auf Grund der Ergebnisse von Rickert (33) und van WisHuE (43, 44) folgendermaassen wird formuliren lassen: Die Vornierencanälchen sind Röhrchen, welche in segmentaler Anordnung, und zwar primär auf jedes Körpersegment eines treffend, die Leibeshöhle mit der Aussenwelt in Verbindung setzen. Sie ent- stehen als Ausstülpungen (solide Wucherungen) des parietalen Meso- blasts im Bereich des ventralen Abschnittes der Mesoblast-Segmente, entspringen jedoch später, infolge von Wachsthumsverschiebungen, aus der unsegmentirten Leibeshöhle Man findet dann ihre Leibeshöhlen- mündungen ventralwärts an die Mündungen der blindsackförmigen Anlagen der Urnierencanälchen angrenzen und jedes Canälchen in Be- ziehung zu einem am Darm verlaufenden, die Subintestinalvene mit der Aorta verbindenden segmentalen Quergefäss, welches dort, wo es an der Mündung des Canälchens vorüberzieht, einen Glomerulus bil- det. Ursprünglich hat offenbar jedes Vornierencanälchen für sich allein direct am Ectoblast gemündet (RUcKERT, 33, FeLıx, 9), später vereinigen sich diese Mündungen zu einem Längscanal, über dessen Entstehung (siehe unten) noch Zweifel bestehen. 1) Anmerkung bei der Correctur. Wie ich vor einigen Monaten im Anatomischen Anzeiger mitgetheilt habe (7 a), ist es mir seither ge- lungen, einen für die folgenden Betrachtungen wichtigen Punkt aus der Entwicklungsgeschichte des Asiphioxus, nämlich die Entstehung der Genitalkammern, aufzuklären. Die Niereneanälchen des Amphioxüs. 463 Vergleichen wir nun mit den im Vorstehenden charakterisirten Bildungen die Nierencanälchen des Amphioxus, so haben wir dabei ohne Zweifel auf beiden Seiten die indifferenten Anfangszustände zu Grunde zu legen. Das Vornierencanälchen ist in seiner ersten Anlage ein einfaches kurzes Röhrchen, das Nierencanälchen des Amphioxus gleichfalls (vgl. Capitel I); diese beiden Zustände vergleichen wir mit einander. Sollte überdies auch der weitere Gang, den die beider- lei Excretionscanälchen in ihrer specifischen Ausgestaltung einschla- gen, charakteristische Uebereinstimmungspunkte bieten — um so besser ; fehlen solche, so bedeutet dieser Umstand keinen Einwand gegen un- sere Hypothese. Leider besitzen wir von den Nierencanälchen des Amphioxus nicht die geringste Kenntniss ihrer Entwicklung, und gewisse werthvolle Kri- terien für die Vergleichung sind uns dadurch vorenthalten. Allein es darf dieser Mangel im vorliegenden Fall nicht überschätzt werden. Denn der vollkommen ausgebildete Amphioxus erhebt sich ja kaum über dasjenige Cranioten-Stadium, welches durch die Anlage der Vornieren- canälchen bezeichnet wird, jedenfalls nicht über das Stadium der Ur- nieren-Anlage und bietet demnach so primitive Verhältnisse dar, dass das Verhalten des ausgebildeten Thieres immer noch mit sehr frühen Entwicklungsstadien der Cranioten in Parallele zu setzen ist. Und in der That, wenn wir nun unsere Vergleichung damit beginnen, dass wir einen Querschnitt durch die Kiemenregion eines ausgewach- senen Amphioxus und einen Querschnitt durch die Vornierenregion eines Selachierembryos auf einem Stadium, wo die Anlagen der Ur- nierencanälchen noch als Blindsäcke erscheinen, neben einander stellen, so ergiebt sich eine sehr auffallende Uebereinstimmung. Ich habe, um dieselbe zu illustriren, zwei schon in meiner vorläufigen Mitthei- lung enthaltene schematische Querschnitte wieder abgebildet (Fig. IV a und b), über deren Genauigkeit einige Bemerkungen vorausgeschickt. werden müssen. Der Querschnitt durch den Selachierembryo ist nach den bei RÜCKERT und van WIJHE wiedergegebenen Präparaten ent- worfen und hält sich so eng besonders an die von letzterem in fig. 6c—9 (tab. 30) abgebildeten Schnitte, dass gegen denselben kaum ein Einwand erhoben werden dürfte. Etwas schematischer musste der Querschnitt des Amphioxus gehalten werden, allerdings nur in einem einzigen Punkt. Ich habe nämlich in den der Länge nach angeschnit- tenen secundären Kiemenbogen, an welchem das Nierencanälchen mün- det, einen Leibeshöhlencanal eingezeichnet, obgleich in demselben, wie art 464 THEODOR BOVERI, Fig. 5a (Taf. 32) lehrt und auch im I. Capitel ausführlich ausein- andergesetzt wurde, ein soleher nicht vorhanden ist. Allein die Be- rechtigung, ja sogar die wissenschaftliche Nothwendigkeit, sobald es I UN Fig. IV a. Schematischer Querschnitt durch die Kiemenregion des ausgewachsenen Amphioxus. Links ist ein (secundäres) Kiemenstäbchen der Länge nach getroffen, rechts eine Kiemenspalte ; dem entsprechend zeigt die linke Seite von dem Nierencanälchen (X) sowohl die peribranchiale als auch eine peritoneale Mündung, die rechte den querge- troffenen nach vorn ziehenden Schenkel. — A Genitalkammer. 2 peritoneale Mündung des Nierencanälchens X. © Peribranchialraum. D Leibeshöhle. E Darmlumen. # Sub- branchialgefäss. @ Aorta; die der linken Seite durch ein Kiemengefäss mit dem Sub- branchialgefäss verbunden. 4 excretorischer Abschnitt der Kiemengefässe. Fig. IV b. Schematischer Querschnitt durch einen Selachier-Embryo ; links Vor- nierenregion , rechts Urnierenregion. — A blindgeschlossene Anlage des Urnierencanäl- chens (die punktirten Linien rechts deuten die spätere Eröffnung in den Urnierengang an. B peritoneale Mündung des Vornierencanälchens, © Vor- bezw. Urnierengang. D Leibeshéhle. # Darmlumen. # Subintestinalvene. G Aorta, linkerseits durch ein P. Mayer’sches Darmgefäss mit der Subintestinalvene verbunden. ZH excretorischer “ Abschnitt des P. Mayer’schen Gefässes. sich um eine Vergleichung mit den Cranioten handelt, an der frag- lichen Stelle Leibeshöhle einzusetzen, kann nicht zweifelhaft sein. Denn der Mangel derselben beim Amphioxus ist verursacht durch die Kie- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 465 menbildung. Werden in der betrachteten Region Kiemenspalten nicht mehr gebildet — und dies muss angenommen werden, wenn man die Nierencanälchen des Amphioxus mit den Vornierencanälchen vergleichen will (siehe unten) — so erstreckt sich die Leibeshöhle ununterbrochen längs des frühern Kiemendarms, wie es in Fig IVa gezeichnet ist. Damit hört aber der directe Uebergang von visceralem in parietales Leibeshöhlenepithel, wie er bei Amphioxus am oberen Rand der Kiemenspalten und auch am oberen Ende der secundären Kiemenbogen gerade im Bereich der Nierencanälchen besteht, auf, und die Canälchen, welche beim Amphioxus mit beiden Peritonealblättern in Beziehung stehen, müssen ihre Verbindung mit einem von beider . aufgeben. Um zu entscheiden, welcher Zusammenhang aufgegeben wird, ist die Frage zu beantworten, aus welchem Blatt des Cölom- epithels die Nierencanälchen hervorgehen, eine Frage, die ja an und für sich schon für unsere Vergleichung von fundamentaler Bedeutung ist. Obgleich nun über diesen Punkt entwicklungsgeschichtlich nichts bekannt ist, kann es doch, meines Erachtens, keinem Zweifel unter- liegen, dass die Nierencanälchen aus dem parietalen Blatt des Mesoblasts entstehen; es ergiebt sich dies ohne weiteres aus ihrer Einmündung in einen ectoblastischen Hohlraum, den Peribran- chialraum. Demnach ist es wohl selbstverständlich, dass bei der oben erwähnten Leibeshöhleneinschiebung, oder richtiger gesagt, bei der nicht mehr erfolgenden Verwachsung von parietalem und visceralem Leibeshöhlenepithel das Nierencanälchen nur mit seinem Mutterboden, der parietalen Wand, in Verbindung bleibt, dass also die zu ergän- zende Leibeshéhle medialwärts von dem Nierencanälchen vorbei- zieht, wie es in Fig. IVa gezeichnet ist. Auf diese Weise nun erhalten die beiden Querschnitte eine so grosse Uebereinstimmnng, dass das Verhältniss der Excretionscanälchen zur gesammten Configuration der Leibeshöhle mit unserer Hypothese gewiss im besten Einklang steht; ja die Uebereinstimmung wird sogar eine schlagende, wenn man, wie ich es thue (siehe unten); die Genital- kammern mit der sich anschliessenden Mesodermlamelle den Urnieren- blindsäcken der Cranioten als homolog betrachtet. Ein vergleichender Blick auf die beiden Figuren erklärt dies deutlicher als viele Worte. Allein auch für denjenigen, der diese letztere Homologie nicht aner- kennt, ist damit kein Einwand gegen die erstere gegeben. Denn er muss annehmen, dass die Urnierencanälchen eine Neuerwerbung der Cranioten sind, dass sich auch für ihre ersten Anlagen beim Amphi- oxus überhaupt keine Homologa finden, und so fällt für ihn das Cri- 466 THEODOR BOVERI, terium, welches für die Constatirung eines Vornierencanälchens in dessen Lageverhältniss zur Urnierenanlage gegeben ist, weg. Eine zweite Frage ist die, wie sich die verglichenen Organe in der Längendimension des Körpers zu anderen Organen und Organsystemen verhalten. In dieser Hinsicht scheint zunächst ein Gegensatz darin zu bestehen, dass die Vornierencanälchen bei ihrer Anlage genau den Ursegmenten entsprechen, also myomer angeord- net sind, die Nierencanälchen des Amphioxus dagegen im ausgewach- senen Zustand und ohne Zweifel auch bei ihrer Entstehung bran- chiomer, indem jedes Canälchen einer primären Kiemenspalte ent- spricht. Allein dieser Unterschied ist insofern nur ein scheinbarer, als die Zahl der zuerst auftretenden Kiemenspalten des Amphioxus mit der Zahl der in gleicher Längenausdehnung vorhandenen Muskel- segmente übereinstimmt, wie aus den Abbildungen von WırLey, z. B. aus fig. 3 (tab. 13), deutlich hervorgeht. Dass die Canälchen aber später auf eine geringere Längenausdehnung zusammenrücken, ist um so weniger störend, als bei den Vornierencanälchen ganz das Gleiche beobachtet wird. Schwerer wiegend scheint auf den ersten Blick ein zweiter Unter- schied zu sein. Für die Nierencanälchen des Amphioxus ist äusserst charakteristisch ihre Beziehung zum Kiemendarm, den sie in sei- ner ganzen Länge begleiten und über den sie weder vorn noch hinten hinausreichen ; die Vornierencanälchen der Cranioten dagegen stehen zum Kiemendarm in keiner Beziehung, sondern werden überall cau- dalwärts von demselben, wenn auch direct an sein hinteres Ende angrenzend, angelegt. Allein auch dieser scheinbare Gegensatz löst sich bei näherer Betrachtung zu schönster Uebereinstimmung auf. Da nach den entwicklungsgeschichtlichen Befunden jede primäre Kiemenspalte des Amphioxus einer Cranioten-Kiemenspalte äquivalent ist und nicht etwa ein Complex von Kiemenspalten des Amphioxus einer Spalte der Cranioten entspricht, so lässt das phylogenetische Verhältniss zwischen dem Kiemenkorb des Amphioxus und dem der Cranioten nur zwei Auffassungen zu: entweder ist die grosse Kiemen- spaltenzahl des Amphioxus das Primäre, und der Zustand der Cra- nioten erklärt sich durch Verschwinden des grössten hinteren Theils dieser zahlreichen Spalten — oder die geringe Zahl von Kiemenspalten, die wir bei den Fischen treffen, repräsentirt den Aus- gangspunkt, und es hat sich beim Amphioxus secundär ein Abschnitt des nutritorischen Darmcanals ia Kiemendarm umgewandelt. Die letztere Möglichkeit wird von Donrn (8) vertreten (vgl. Studien IX, Die Nierencanälchen des Amphioxus. 467 p. 417), seiner Gesammtanschauung gemäss, wonach (V, p. 161) als Vorfahren des Amphioxus und der Tunicaten Fische anzusehen sind, „welche mit den heute lebenden Fischen die allernächsten phylo- genetischen Beziehungen besassen“. Die entgegengesetzte Auffassung wurde besonders von GEGENBAUR (12—14), HAEcKEL (15, 16) und BALFOUR (2) betont, und wohl die grosse Mehrzahl der vergleichenden Anatomen steht auf diesem Standpunkt. Derselbe ist auch der mei- nige. Zwar möchte ich nicht bestreiten, dass am Amphioxus manches scheinbar Primitive als Degeneration aufgefasst werden könne; — allein als Gesammterscheinung ist er ein ursprünglicher, kein degenerir- ter Organismus. Sein durchgreifender Charakter ist Einfachheit und Indifferenz, aber nicht Entartung. Dies ist so vielfach aus- einandergesetzt worden, dass ich nur oft Gesagtes wiederholen könnte, wollte ich näher darauf eingehen. Wenn wirklich am Amphioxus etwas rückgebildet ist, so können es Fang- und Fresswerkzeuge, Sinnesorgane, vielleicht Bewegungsorgane sein. Denn die eigenthümliche Lebens- und Ernährungsweise dieses Thiers könnte eine secundäre Erwerbung darstellen, wenn dies auch, meiner Meinung nach, nicht nothwendig angenommen werden muss. Aber wie ein Fisch, der die Lebensweise des Amphioxus annimmt, seine guten Kiemen, seinen vortrefflichen Kreislauf rückbilden soll, warum er seine Nieren vereinfachen, warum er indifferente Geschlechtsorgane gewinnen soll und den bereits besessenen Ausführweg für deren Pro- ducte aufgeben, um dafür den höchst rohen Process eines Platzens der Leibeswand treten zu lassen — das dürfte doch schwer annehm- bar zu machen sein. Um aber auf unsere specielle Frage zurückzukommen, so würde die Ableitung des Amphioxus-Kiemenkorbes aus dem der Fische nicht allein eine Vermehrung der Kiemenspalten, sondern auch eine dieser Vermeh- rung entsprechende Verschlechterung in der Ausbildung der Kiemen- bogen und ihres Gefässsystems bedeuten: kurz einen Gang vom Differenzirten zum Indifferenten, der aller geschichtlichen Entwicklung widerspricht. Allein auch der Standpunkt, dass die Kiemenverhältnisse der Fische aus denen des Amphioxus durch Verschwinden einer gewissen Zahl der hinteren Kiemenspalten abzuleiten seien, lässt noch zwei An- sichten über das Schicksal dieses von der Athmungsfunction ent- hobenen Körperabschnittes zu. GEGENBAUR, der die gesammte Kiemen- darmregion des Amphioxus dem Kopf der Cranioten als gleich- werthig erachtet (12—14), ist der Meinung, dass mit der Rück- 468 THEODOR BOVERI, bildung jener hinteren Kiemenspalten eine entsprechende Reduc- tion und Verkürzung dieses Körperabschnittes erfolgt sei, so dass die ganze ehemals Kiemen tragende Körperregion noch in den Kopf der Cranioten einginge. VAN WiJHE hat dagegen die Anschauung ausgesprochen (44, 45), dass dieser Theil bei den Fischen zum Vorderrumpf werde, so dass also nur der vorderste Theil des Amphioxus-Körpers, soweit die Kiemenspalten persistiren, dem Kopf der Cranioten entspräche. Ich muss mich im Princip der Ansicht von van Wine anschliessen und finde seine Argumente sehr beweiskräftig. Wenn ich dieselben hier nicht näher erörtere, so geschieht es deshalb, weil sich das, meiner Meinung nach, ausschlaggebende Argument alsbald aus dem Folgenden ergeben wird. Ich verkenne zwar keineswegs die Bedeutung der von GEGENBAUR für seine Anschauung ins Feld ge- führten Gründe und möchte nicht bestreiten, dass nach der erfolgten Differenzirung von Kopf und Rumpf der erstere vielleicht aus einer beträchtlich grössern Zahl von Segmenten als den von van WIJHE statuirten neun zusammengesetzt gewesen sei. Allein dass wir in der Kiemenregion des Amphioxus noch undifferenzirt den Kopf- und vordern Rumpfabschnitt der Cranioten vor uns haben und dass bei der phylogenetischen Entwicklung dieser höhern Wirbelthiere in erster Linie ein sehr beträchtlicher Antheil des Amphioxus-Kiemen- darms in den Rumpf einging, erscheint mir zweifellos!), und ich möchte mir erlauben, die Ueberzeugung auszusprechen, dass auch GEGEN- BAUR auf Grund der seit seiner letzten Aeusserung in dieser Frage ans Licht gebrachten Thatsachen dieser Auffassung beistimmen wird. Acceptirt man dieselbe, d. h. nimmt man an, dass bei alten Ahnen unserer heutigen Fische im vorderen Theil des jetzigen Rum- pfes Kiemenspalten vorhanden waren, so ist es, bei der Lagerung der Vornierencanälchen in eben diesem vorderen Rumpfabschnitt, nicht zweifelhaft, dass diese Canälchen einstmals in 1) Ich erwähne nebenbei, dass ich mich auch der GEGEnBAUR’schen Vorstellung, wonach die Rippen und die Skeletbogen der Kiemen homo- dyname Bildungen seien, nicht anschliessen kann. Denn nach meiner Auffassung (vgl. Fig. IV a und b) enthält ein und derselbe Querschnitt durch die Kiemenregion des Amphioxus sowohl den Mutterboden für die späteren Rippen (zwischen dem subchordalen Cölom und den Geni- talkammern einerseits und der Rumpfmusculatur andrerseits) als auch den Mutterboden für die knorpeligen Kiemenbogen (in den Kiemen- stäbchen), so dass also beiderlei Skeletbildungen potentia in einem und demselben Segment neben einander vorkämen. Die Nierencanilchen des Amphioxus. 469 den Bereich der nunmehr riickgebildeten Kiemen- spalten gefallen sind, wie es nach meiner Hypothese der Fall sein muss. Allein wir brauchen uns damit nicht zu begnügen. Denn es lie- gen Thatsachen vor, welche die Richtigkeit dieses Schlusses. fast un- zweidettig beweisen. Wir kommen damit zu dem weitaus wichtigsten Punkt unserer Betrachtungen. Bei seinen schönen Untersuchungen „über die Entwicklung des Herzens und der grossen Gefässstämme bei den Selachiern“ hat P. Mayer (27) gefunden, dass ein Stück der rechten Subintestinalvene „durch segmentale Quergefiisse mit der Aorta in Verbindung tritt“. Er zählte „an verschiedenen Embryonen von Scyllium canicula, Torpedo, Pristiurus und Mustelus bis zu 6, meist jedoch mit Sicher- heit nur 4. Dass sie segmental auftreten, lässt sich sowohl an der gleichen Zahl Querschnitte erkennen, welche zwischen je zweien liegen, als auch daran, dass genau oder fast genau gegenüber jedem Quer- gefäss die Aorta auch auf der andern Seite einen Zweig abgiebt‘ (p. 350, 351). Rickert (33) hat diese Angaben bestätigt und in werthvoller Weise vervollständigt, indem er nicht nur die strenge, genau den Ur- segmenten entsprechende Metamerie der Quergefässe bewies, sondern auch unzweifelhafte Beziehungen derselben zu den Vor- nierencanälchen feststellte. Seine Resultate hierüber sind so wich- tig, dass ich dieselben ausführlich mit seinen eigenen Worten anführe: p. 241. ,,1) Die Anzahl der Gefässe stimmt mit der Anzahl der Vornierensegmente überein, so dass hinter jedes Vornierendivertikel ein Gefäss zu liegen kommt. 2) Die mittleren Gefässe (drei bis vier) sind die stärksten, während die übrigen um so rudimentärer werden, je näher dem proximalen oder distalen Ende sie gelegen sind. Ebenso sind zur gleichen Zeit von den Vornierendivertikeln die beiden mittlern die am besten ausge- bildeten; von den übrigen sind die vorderen rudimentär, die hinteren noch in der Entwicklung zurück. 3) Das Gefässsystem erlangt seine vollkommenste Ausbildung zu gleicher Zeit, in welcher die Vornierenanlage den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. Von da ab beginnt bei beiden gleichzeitig ein Rückbildungsprocess, welcher gleichzeitig sein Ende erreicht. 4) Die Rückbildung verläuft bei beiden in der gleichen Weise: sie setzt gleichzeitig am proximalen und distalen Ende ein, schreitet von da gegen die Mitte der Anlage vor, bis schliesslich nur noch ein 470 THEODOR BOVERI, Gefäss (das dritte) und eine peritoneale Oeffnung der Vorniere (wahr- scheinlich vom vierten Divertikel) erhalten ist. 9) Die Gefässe treten in directe Verbindung mit der Vornieren- anlage, insofern die wohl ausgebildeten mittleren derselben eine Glo- merulusbildung zeigen.“ Der Schluss „einer morphologischen Zugehörigkeit dieses Gefässsystems zur Vornierenanlage“, den RÜCKERT aus diesen Resultaten zieht, dürfte in der That unabweisbar sein. Ich stehe nun nicht an, die PAut Mayer’schen Gefässe mit Bestimmtheit als Homologa einer entsprechenden Zahl von Kiemengefässen des Amphioxus in Anspruch zu nehmen. Denn ich wüsste gar nicht, wie man jene Gefässbogen, deren An- ordnung aus ihren Beziehungen zur Vorniere allein nicht erklärbar ist, anders deuten wollte !), und sie liefern mir so für die oben schon wahrscheinlich gemachte Anschauung, dass der Kiemendarm der Cra- nioten sich früher bis in den Bereich der Vorniere nach rückwärts erstreckt habe, den stricten Beweis. Allein nicht nur dies allein ! Ich glaube durch die im III. Capitel mitgetheilten Thatsachen und durch die im IV. Capitel beschriebenen physiologischen Experi- mente bewiesen zu haben, dass von jedem Kiemenbogen des Am- phioxus bestimmte Gefässe in ihrem obersten Abschnitt in Beziehung zu den Nierencanälchen treten, indem sie, einem jeden Canälchen genau entsprechend, einfache Netze bilden, welche sich physiologisch als Glomeruli documentiren. Die Kiemengefässe des Amphi- oxus stehen demnach zu den Nierencanälchen genauin der nämlichen Beziehung wie die P. Mayer’schen Ge- fässe der Selachier zu den Vornierencanälchen, und wenn also die ersteren Gefässe den letzteren homolog sind, so müssen auch die Vornierencanälchen den Nierencanälchen des Amphioxus homolog sein. Endlich scheinen mir auch noch in Bezug auf den feineren Bau bedeutsame Uebereinstimmungspunkte zwischen den Vornieren- 1) P. Mayer ist geneigt, dieselben auf die Quergefässe der Anne- liden zu beziehen, und auch Rückerr stimmt dieser Ansicht zu. Diese Auffassung scheint mir jedoch entschieden viel weiter abzuliegen als die meinige, mit der sie übrigens durchaus nicht in Widerspruch steht, da man ja gerade in den Kiemen®efässen der Wirbelthiere Homo- loga der Quergefässe der Anneliden erkennen will; so BEpparn (4). Die Nierencanälchen des Amphioxus. 471 canälchen der Cranioten-Embryonen und den Nierencanälchen des Amphioxus nachweisbar zu sein. Schon im Jahr 1856 hat M. SCHULTZE (35) die Vornierencanälchen junger Neunaugen (11 Tage nach dem Auskriechen aus dem Ei) nach dem Leben abgebildet und folgender- maassen beschrieben: „Es sind 3 nach unten gerichtete durchsichtige Zapfen sichtbar, welche aus der unter der Chorda liegenden, stark pigmentirten Masse herabreichen. Dieselben machen fast den Eindruck von hohlen Röhren, jedoch zeigt eine genauere Betrachtung, dass dieselben nicht von einem Canal durchzogen sind, sondern nur eine über die Oberfläche herüberlaufende Rinne besitzen.“ — Ganz den gleichen Bau zeigen die vordersten Nierencanälchen des Amphioxus, wie ich im I. Capitel beschrieben und in Fig. 9 (Taf. 33) abgebildet habe; es sind gleichfalls nicht Röhren, sondern nur wimpernde Rinnen, die an der tiefsten Stelle in den Peribranchialraum ausmünden. Ich erinnere weiterhin an die im II. Capitel beschriebenen Faden- zellen, welche als constante Begleiter eines jeden Nierencanälchens sich für den Fall eines mit nur einem Trichter ausgestatteten Canalchens folgendermaassen charakterisiren lassen: ein Bündel faden- förmig metamorphosirter Zellen des visceralen (vielleicht z. Th. auch des parietalen) Cölomepithels zieht vom Glomerulus gegen die Mündung des Canälchens und heftet sich hier fest. Sollte für diese Bildung ein Homologon bei den Crarioten vorhanden sein, so müsste dasselbe aus einem Zellenstrang bestehen, der sich frei durch die Leibeshöhle erstreckt, medialwärts an dem excretorischen Abschnitt des P. Mayer’schen Gefässes, lateralwärts an der Mündung des Vornieren- canälchens befestigt. In der That scheint bei Selachierembryonen etwas Derartiges vorhanden zu sein. Schon Rückerr berichtet (p. 240), „dass das (P. Mayer’sche) Gefäss nicht einfach an der Vornierenfalte vorbeiläuft, sondern sich gegen deren offene Basis etwas ausbuchtet und dabei eine solide, aus Rund- und Spindelzellen bestehende Sprosse in das Innere der Falte treibt, welche die letztere fast vollständig ausfüllt“. Auch bildet er dieses Verhalten in fig. 18 (tab. 15) ab. Noch deutlicher ergiebt sich eine Uebereinstimmung mit den Faden- zellenbündeln des Amphioxus aus der Abhandlung von van WiyHE (44). Aus seiner eigenen Darstellung scheint dies allerdings nicht hervor- zugehen. Er beschreibt (p. 480) seinen „Glomus“ als einen gefäss- führenden Strang, der von der dorsalen Lippe eines Vornierentrichters in schräger Richtung zur ventralen Lippe des nächst folgenden zieht. „Der Strang erstreckt sich, in seiner Mitte ringsum vom Peritoneal- epithel bekleidet, frei durch die Leibeshöhle und ist an beiden Enden 472 THEODOR BOVERI, befestigt.“ van Wie illustrirt dieses Verhalten durch eine Serie von Querschnitten (fig. 6 c—f, tab. 30), die in der That mit seiner Beschreibung übereinstimmen. Allein dieselbe bezieht sich lediglich auf die linke Seite des Embryos, wo die P. Mayer’schen Gefässe fehlen und wo wir demnach secundäre Zustände in der Gefäss- versorgung der Vornierencanälchen erwarten müssen. Betrachten wir dagegen die Abbildungen, die van WiyHE von der rechten Seite des Embryos giebt (linke Seite seiner Figuren 6 e—h), so zeigt sich eine wesentlich andere Anordnung des Zellenstrangs. In fig. 6 e ist ein P. Mayer’sches Gefäss der Länge nach und in Verbindung mit der Aorta angeschnitten, auf dem nächsten Schnitt 6 f treffen wir bei gls eine in der Höhe der Vornierentrichter gelegene nach hinten ge- richtete Ausbuchtung dieses Gefässes: den primitiven Glomerulus (van Wısne’s Glomus). Auf dem nächsten Schnitt (6 g) fügt sich an diese Gefässausbuchtung der Zellenstrang an, in dessen Centrum noch eine Spur der Gefässauskleidung sichtbar ist. Noch einen Schritt weiter nach rückwärts (6 h) endlich sieht man den Strang in die ventrale Lippe des Vornierentrichters übergehen. Hier haben wir also that- sächlich einen Zellenstrang vor uns, der vom visceralen Blatt des Peritoneums frei durch die Leibeshöhle zum pa- rietalen Blatt hinüberzieht, dort vom Glomerulus ent- springend, hier in die Mündung des Vornierencanäl- chens übergehend!). Die ausserordentlich grosse Uebereinstimmung mit den Fadenzellenbündeln des Amphioxus, die sich in diesem Be- fund ausspricht, scheint mir, besonders bei dem so ephemeren Be- stand der Selachier-Vorniere, zu auffallend zu sein, als dass dieselbe als eine zufällige bezeichnet werden könnte. Und da die besprochene Eigenthümlichkeit bei keiner der übrigen Nierenbildungen der Verte- braten angetroffen wird, betrachte ich sie als ein wichtiges Document für die behauptete phylogenetische Verwandtschaft der Vornieren- canälchen mit den Nierencanälchen des Amphioxus. 1) Herr Prof. Rückert war auf meinen Wunsch so freundlich, seine Präparate auf den in Rede stehenden Punkt hin nochmals durch- zusehen, wobei sich meine aus van Wısur’s Abbildungen gewonnene Vermuthung vollkommen bestätigte. Und zwar fanden sich die be- wussten Zellenstränge nicht nur auf der Seite der P. Mayer’schen Ge- fässe, frei vom Glomerulus in den Trichter hinüberziehend, sondern auch auf der linken Seite des Embryos liess sich an horizontalen Längs- schnitten die gleiche Anordnung mit Sicherheit constatiren, Die Nierencanälchen des Amphioxus. 473 Das Resultat der vorstehenden Erörterungen glaube ich dahin zusammenfassen zu dürfen, dass sich zwischen den beiden verglichenen Nierencanälchen nicht nur keine Differenzen herausgestellt haben, welche der Homologisirung Schwierigkeiten bereiten könnten, sondern im Gegentheil so enge und schwerwiegende Anknüpfungspunkte, dass die vertretene Homologie aufs beste begründet erscheint, ja besser, als man bei der grossen Kluft zwischen Acraniern und Cranioten billig erwarten durfte. Diese Erkenntniss ist nun nicht nur für die Phylogenie der Vor- niere von Wichtigkeit, sondern sie liefert auch für manche andere ‚bisher zweifelhafte oder ganz unausführbare Homologiebestimmungen höchst bedeutsame Anhaltspunkte, wie sich aus den beiden folgenden Abschnitten dieses Capitels ergeben wird. Sie scheint mir aber über- dies berufen zu sein, über eine andere, viel umstrittene Frage das letzte Wort zu sprechen: ich meine das Problem des Amphioxus- Kopfes. Ich glaube, dass es, auf Grund der beschriebenen Lagerung der Nierencanälchen, keinem Zweifel unterliegen kann, dass in jenem gleichartigen vordern Körperabschnitt des Amphioxus, der sich bis zum Ende des Kiemendarmes erstreckt, Kopf und Vorderrumpf der Cranioten noch undifferenzirt enthalten sind. Denn es kommen in diesem Bereich Organe, welche bei den Cranioten für den Kopf specifisch sind (Kiemenspalten), und solche, welche wir bei diesen | höheren Wirbelthieren auf den Rumpf beschränkt finden (Vornieren- canälchen und Geschlechtsorgane), neben einander vor. Der Kiemendarm der Cranioten entspricht also nur dem vordersten Abschnitt des Amphioxus - Kiemendarmes, und der Craniotenkopf ist — in seiner visceralen Sphäre — dadurch zu Stande ge- kommen, dass sich von den Kiemenspalten des Amphioxus nur eine Anzahl !) der vordersten erhalten hat, die bintern sich aber rück- bildeten, während gleichzeitig in jenem nunmehr als Kopf zu bezeich- nenden vordern Abschnitt die Vornierencanälchen und die eventuell hier vorhandenen Keimdrüsensegmente degenerirten, um nur im hintern Theil der ehemaligen Kiemendarmregion, dem nunmehrigen Vorder- rumpf, zu persistiren. Die einzelnen Etappen freilich, unter denen sich diese in der 1) Die Frage nach der Zahl der Segmente, welche ursprünglich in den Kopf der Cranioten eingegangen sind, darf hier bei Seite gelassen werden. Die Lösung derselben kann, wenn sie überhaupt möglich ist, nur aus der Ontogenie der Cranioten hervorgehen. 474 ŸHEODOR BOVERI, Geschichte der Wirbelthiere so hoch bedeutsame Differenzirung voll- zog, werden uns wohl für immer unbekannt bleiben. B. Der (ursprüngliche) Vornierengang der Cranioten ist homolog — wenn auch nicht complet — dem halben Peribranchialraum des Amphioxus. Vermuthungsweise ergiebt sich dieser Satz schon als Folgerung aus dem vorigen. Denn wenn die Vornierencanälchen der Cranioten den Nierencanälchen des Amphioxus homolog sind, so ist es gewiss einigermaassen wahrscheinlich, dass auch der Gang, in den die ersteren münden, aus dem Raum, in welchen sich die letzteren eröffnen, ent- standen ist. Um die Berechtigung dieser Ableitung zu erweisen, haben wir uns zunächst mit den Resultaten über die Entwicklung des Vor- nierenganges auseinanderzusetzen. Aus den vielen, einander zum Theil widersprechenden Angaben scheint mir folgender Stand der Frage zu resultiren. Es müssen bei der Entstehung des Ganges vor allem zwei Abschnitte desselben scharf auseinandergehalten werden: näm- lich der im Bereich der Vorniere selbst gelegene und der diesen Ab- schnitt caudalwärts fortsetzende. Betrachten wir zuerst den letzteren, so entsteht derselbe bei Selachiern (VAN WiJHE, RÜCKERT, BEARD) und bei Säugethieren (HENSEN, 20, Graf Sper, 39, FLEMMING, 10, Bonnet, 5) aus dem Ectoblast, und zwar in der Weise, dass er sich von vorn nach hinten aus dem Ectoblast abschnürt, ein Vor- gang, der sich zuweilen unter Vermittlung einer Rinnenbildung des Ectoblasts (RÜCKERT) abspielt. Bei Amphibien (MoLLIER, 28) und Vögeln (FeLıx, 9) dasegen — Reptilien scheinen noch unsicher — wächst der Gang einfach als Fortsetzung des vordern Abschnittes nach hinten und ist, aus sogleich einleuchtenden Gründen, als Derivat des Mesoblasts anzusehen. Was nun die Entstehung des im Bereich der Vornierencanälchen selbst gelegenen Gangabschnitts anlangt, so scheinen nunmehr alle neueren Autoren einig zu sein, dass derselbe überall — jedoch mit einer sogleich zu erwähnenden Einschränkung — durch Verschmelzung der lateralen Enden der Vornierencanälchen zu Stande kommt, also mesoblastischen Ursprungs ist. Wir müssen jedoch, um den hier bestehenden Verhältnissen gerecht zu werden, etwas weiter zurück- greifen und das Verhalten der lateralen Enden der Vornierencanälchen vor der Ausbildung des Ganges ins Auge fassen. Während van Wise für die Entwicklung der gesammten Vornierenanlage der Se- Die Nierencanälchen des Amphioxus, 475 lachier jede Betheiligung des Ectoblasts in Abrede stellt, gelang es Rickert, aufs klarste darzuthun, dass sich die Vornieren- canälchen auf einem sehr frühen Stadium ihrer Ent- wicklung nicht allein mit dem Ectoblast verbinden, sondern dass an dieser Verlöthungsstelle überdies eine Wucherung des Ectoblasts Platz greift, welche Rickert zu der, allerdings mit grosser Vorsicht ausgesprochenen Ansicht führt, dass eine materielle, wenn auch sehr untergeordnete Betheiligung des Ectoblasts an dem Aufbau der Vor- niere, bezw. des im Bereich der Vornierencanälchen gelegenen Ganges, statthat. Neuerdings hat Ferıx (9) die RückerrT’schen Angaben für das Hühnchen wenigstens insofern be- stätigt, als er gleichfalls vorübergehende Beziehungen der Vornieren- canälchen zu entsprechenden Wucherungen des Ectoblasts feststellen konnte. Von den hier in Kürze mitgetheilten Thatsachen sind für uns vor allem die letzterwähnten bedeutungsvoll; denn sie beweisen, wie schon Rickert hervorgehoben hat, dass die Vornierencanälchen ur- sprünglich am Ectoblast gemündet haben, ganz ebenso, wie sich die Nierencanälchen des Amphioxus an einer ectoblastischen Wand, der des Peribranchialraums, nach aussen öffnen. Die hiermit festgestellte höchst wichtige Uebereinstimmung hätte eigentlich schon sub A bei der Erörterung der Homologie der Excretionscanälchen selbst aufge- führt werden sollen ; die Wiederholung jedoch, die dadurch nothwendig geworden wäre, bestimmte mich zu der eingehaltenen Stoffanordnung. Allein das von Rickert und FELIx in der Ontogenese der Cra- nioten-Vorniere constatirte Stadium scheint auf noch frühere phylogenetische Stufen als die des Amphioxus zurückzuweisen, auf eine Zeit, wo sich die Nierencanälchen auf die noch nicht faltenartig eingezogene äussere Haut eröffnet haben, und es erhebt sich nun die Frage, ob sich die gegenwärtigen Ausführungsverhältnisse der Cranioten schon von diesem frühen phylogenetischen Stadium an selbständig ent- wickelt haben, oder ob sie aus den Verhältnissen des Amphioxus ab- zuleiten sind. Ich selbst vertrete, wie ich schon in meiner vorläufigen Mittheilung auseinandergesetzt habe, die letztere Möglichkeit und will nun versuchen, diese Auffassung ausführlicher zu begründen. Sie setzt vor allem voraus, dass ursprünglich der ganze Vor- nierengang, sowohl der im Bereich der Vorniere selbst gelegene als auch dessen caudale Fortsetzung, ecto- blastischen Ursprungs war, und es wird also zu untersuchen 476 THEODOR BOVERI, sein, wie sich die entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen zu dieser Annahme stellen. Gehen wir bei dieser Betrachtung von dem distalen, hinter der Vornierenanlage sich erstreckenden Abschnitt des Ganges aus, so stehen sich hier, wie oben erwähnt, zwei differente Entwicklungs- modi schroff gegenüber, einerseits die ectoblastische, anderseits die mesoblastische Entstehung des Ganges, eine Verschiedenheit, die Zweifel erwecken müsste, dass es sich wirklich in beiden Fällen um das gleiche Organ handelt, wenn nicht die Lagerung und die Be- ziehungen zu andern Theilen (Vorniere, Urnierencanälchen, Cloake) genau die gleichen wären. Es bleibt also nur übrig, den einen Ent- wicklungsmodus als eine cänogenetische Veränderung des andern an- zusehen und zu entscheiden , welcher als der ursprüngliche, welcher als der abgeleitete in Anspruch genommen werden muss. Wäre für eine solche Entscheidung gar kein Moment aufzufinden, so würde ich mich für berechtigt halten, die ectoblastische Entstehung bis zum Beweis des Gegentheils für die primäre zu erklären, und zwar deshalb, weil sie eine phylogenetische Anknüpfung an niedere Zustände (Amphioxus) gestattet, was für die mesoblastische nicht der Fall ist. Allein es scheint mir, dass sich der palingenetische Cha- rakter der ectoblastischen Entstehungsweise schon durch eine Ver- gleichung der beiden ontogenetischen Befunde zum mindesten sehr wahrscheinlich machen lässt. Die Art, wie der Gang bei dem meso- blastischen Entwicklungstypus entsteht, mit freiem Ende zwischen Ectoblast und Mesoblast nach hinten wachsend, vielleicht mit einem geringen Beitrag vom letzteren Keimblatt, kann unmöglich als Reca- pitulation eines phylogenetischen Entwicklungsganges aufgefasst werden. Denn diese Entwicklungsweise würde phylogenetische Stadien voraus- setzen, auf denen der Gang entweder zwischen Ectoblast und Meso- blast blind endigt oder wo er in die Leibeshöhle einmündet, Stadien, die niemals existirt haben können. Es wäre also nur folgender Aus- gangspunkt denkbar. Der aus dem Bereich der Vorniere selbst stam- mende mesoblastische Theil des Ganges (siehe unten) hat ursprünglich unmittelbar hinter der Vorniere am Ectoblast gemündet. Im Laufe der Phylogenie hat sich die Mündungsstelle immer mehr nach hinten verschoben, der Gang hat sich entsprechend verlängert. Ontogenetisch würde sich diese Verlegung der Ausmündungsöffnung zunächst dadurch ausgeprägt haben, dass der durch Vermehrung seines eigenen Zellen- materials nach hinten wachsende. Gang sich mit seinem blinden Ende am Ectoblast entlangschébe. Aus diesem Modus aber wären als Ab- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 477 kürzung, bezw. cänogenetische Veränderung die beiden jetzt bestehenden abzuleiten: einerseits das freie Auswachsen des mesoblastischen Ganges ohne Beziehung zum Ectoblast, anderseits die Verlegung der Gangbildung in den Ectoblast. Allein diese ganze Deduction erscheint mir im höchsten Grade unwahrscheinlich. Denn erstens ist gar nicht einzusehen, warum der Gang, wenn er zuerst direct hinter der Vorniere, also im Vorder- rumpf, gemündet hat, seine Mündungsstelle, ohne Wanderung der Vorniere, lediglich durch ausserordentliche Verlängerung seiner selbst *), nach hinten bis zum After verschoben haben soll; zweitens lässt es sich nicht verstehen, wie ein an der Bildung des Vornierenganges zunächst ganz unbetheiligtes Keimblatt dazu kommen soll; plötzlich von einer bestimmten Stelle an den Mesoblast zu vertreten und die Bildung des Ganges fortzuführen; drittens aber, und dies ist der wichtigste Punkt, geht aus den Daten über die ectoblastische Ent- stehung des Ganges (vergl. besonders die Darstellung von FLEMMING, Bonnet und Rickert) mit voller Sicherheit hervor, dass derselbe auf früheren phylogenetischen Stufen ein gegen den Ectoblast offener Halbcanal gewesen ist, wonach man sich den oben sup- ponirten phylogenetischen Entwicklungsgang so vorstellen müsste, dass der ursprüngliche geschlossene mesoblastische Canal zunächst durch eine ectoblastische Rinne ersetzt worden sei, die sich erst secundär wieder zu einem Rohr geschlossen hätte — eine Annahme, deren Ab- surdidät augenfällig ist. Es ist also, meines Erachtens, nur die eine Auffassung möglich, dass die ectoblastische Entstehung des Vornierenganges die primäre ist, und zwar nehme ich dieselbe nicht allein für den distalen, sondern auch für den nun zu betrachtenden proximalen Ab- schnitt als höchst wahrscheinlich in Anspruch. Ich würde die Richtigkeit dieser letztern Annahme sogar für unzweifelhaft halten, wenn sich die Vermuthung RüÜcKERT’s bestätigen sollte, dass bei der Ablösung der Vornierencanälchen vom äussern Keimblatt ectoblastische Elemente mit abgespalten werden, um in die Bildung des nun sich anlegenden Ganges einzugehen. Wie triftig 1) Man könnte vielleicht einwenden, die Vorniere habe sich früher bedeutend weiter nach hinten erstreckt. Demgegenüber ist hervorzu- heben, dass das distale Ende der Vorniere — nach den Erörterungen sub A — nicht weiter als bis an das ursprüngliche Ende des Kiemen- darmes gereicht haben kann, so dass von hier bis zur Cloake noch immer ein sehr weiter Weg ist. Zool, Jahrb. V. Abth, f. Morph. 39 478 THEODOR BOVERI, und wohl begründet diese Vermuthung RÜCKERT'S ist, mag aus seinen Abbildungen und seiner Beschreibung ersehen werden; ich selbst, der ich überdies Gelegenheit hatte, die überaus klaren Präparate des Herrn Prof. Rickert durchzusehen, wüsste in der That nicht, wie man die von ihm mitgetheilten Bilder anders als im Sinne einer materiellen Betheiligung des Ectoblasts am Aufbau des proximalen Vornierengang- Abschnittes deuten sollte. Damit wäre aber, wie gesagt, die ursprüng- lich eetoblastische Natur des ganzen in Rede stehenden Gang- abschnittes in meinen Augen bewiesen. Denn sollte der Betheiligung des Ectoblasts an der Vornieren-Anlage lediglich die Bedeutung zu- kommen, dass die Vornierencanälchen früher auf die Haut gemündet haben, so wäre zwar eine segmentale Verlöthung derselben mit dem Ectoblast, aber dann Lösung an der Verlöthungsstelle zu erwarten. Die von Rickert wahrscheinlich gemachte Abspaltung von Ectoblastzellen dagegen könnte nur in dem Sinn ausgelegt werden, dass diese Zellen den Gang bilden oder dereinst ge- bildet haben. Nimmt man diese Auf- HU 6 fassung, die ich in der sche- matischen Fig. V a bildlich dargestellt habe (die schwar- zen Theile bedeuten ecto- blastische, die schraffirten mesoblastische Abkunft), an, so lassen sich, meiner Mei- nung nach, die verschiedenen ontogenetischen Befunde, bis zur vollen Verdrängung des Fig. V a,b. Schematische Darstellung der Vor- ectoblastischen Antheils niere, um die allmähliche Umwandlung des ecto- durch Mesoblast, aus dem blastischen Vornierenganges in einen meso- blastischen zu veranschaulichen. Die schwarzen gezeichneten Zustand sehr Pa À Ne die schraffirten meso- einfach ableiten. Es lässt sich leicht verstehen, wie sich zunächst das vorderste Vornierencanälchen im Laufe der Phylo- genie allmählich verlängern und der zwischen ihm und dem nächsten Canälchen gelegene Abschnitt des ectoblastischen Ganges sich cor- relativ verkürzen kann, bis er schliesslich ganz verschwunden ist, und das erste und zweite Canälchen gemeinsam in das nun vorderste Ende des Ganges münden (Fig. V b).-In ganz gleicher Weise kann dieser Process nach hinten fortschreiten, indem das zweite, dritte Canälchen Die Nierencanälchen des Amphioxus. 479 dem Beispiel des ersten folgen. So erklärt sich der ontogenetische Befund bei den meisten Cranioten, dass das vorderste Canälchen nach hinten sich biegend, in das zweite, dieses in das dritte u. s. w. ein- mündet und dadurch ein rein mesoblastischer Ausführungsgang geschaffen wird. Während nun in gewissen Fällen, die als ursprüng- lichere anzusehen sind, diese Verdrängung des ectoblastischen Ganges durch einen mesoblastischen sich auf den Bereich der Vornieren- canälchen beschränkt, erstreckt sich dieselbe in anderen Cranioten- abtheilungen auch auf den distalen Abschnitt des Ganges, so dass in den extremen Fällen der ganze Vornierengang mesoblastischen Ur- sprungs ist. Dass dieser Zustand trotz seiner scheinbaren Einfachheit doch als der am meisten cänogenetische anzusehen ist, glaube ich durch die vorstehenden Erörterungen annehmbar gemacht zu haben. Nachdem hiermit die nothwendige Basis für eine Vergleichung des Vornierenganges mit dem Peribranchialraum gewonnen ist, wollen wir nun zunächst, wie bei der Vergleichung der Nierencanälchen selbst, die Formverhältnisse, wie sie sich auf dem Querschnitt präsen- tiren, neben einander stellen. Die Unterschiede, welche hier ins Auge springen, dass 1) der Peribranchialraum unpaar ist, der Vornieren- gang paarig, und dass 2) der Querschnitt des ersteren ausserordentlich viel grösser ist, als der des letzteren, dürften wohl von keinem ver- gleichenden Anatomen als essentielle empfunden werden. Denn was zunächst den ersteren Punkt betrifft, so verlangt das Paarigwerden des zuerst unpaaren Raumes nichts anderes, als dass die Ränder der ursprünglichen Peribranchialrinne, anstatt sich in der ventralen Mittel- linie zu vereinigen, eine Verwachsung mit dem Boden der Rinne ein- gehen, eine Weiterbildung, die mit der gegenseitigen Verwachsung der beiden Rinnenränder anfänglich combinirt sein könnte. Darin also sehe ich keine Schwierigkeit; wäre ja doch schon ein Amphioxus mit paarigem Peribranchialraum ein ganz wohl denkbares Thier. Dass aber der Peribranchialraum, einmal paarig geworden, zu einem so engen Canal, wie es der Vornierengang ist, zusammenschrumpfen kann, ist unzweifelhaft und liesse sich durch zahlreiche Beispiele aus dem ganzen Thierreich belegen. Die Gründe dieser Verkümmerung werden aus dem Folgenden, wie ich glaube, sehr einleuchtend werden ; dagegen mag hier schon darauf hingewiesen sein, dass sich auch in der Ent- wicklung des Vornierenganges ein so zu sagen rudimentärer Cha- rakter deutlich ausprägt. Ich meine damit die von fast allen Forschern, welche die ectoblastische Entwicklung des Vornierengangs studirt haben, constatirte Thatsache, dass die Bildung des Ganges bei ein 327 480 THEODOR BOVERI, und demselben Thier unter sehr beträchtlichen Variationen in Bezug auf die jeweilige Länge der Eetoblastleiste, auf die Art der Ablösung der Leiste vom äussern Keimblatt etc., auch unter bedeutenden Symmetriestörungen verläuft, unter Verhältnissen also, welche wir bei der Anlage rudimentärer Organe zu treffen gewohnt sind. Gehen wir nun dazu über, die Lagebeziehungen zu andern Organen mit einander zu vergleichen, so besteht in dieser Hinsicht gewiss eine so grosse Uebereinstimmung, wie man bei den bedeutenden Grössenunterschieden nur immer erwarten kann (Fig. IV a und b). Abgesehen von der Verbindung der beiden Gänge mit den als homo- log zu betrachtenden Nierencanälchen , ist besonders der Einfluss hervorzuheben, den die Lagerung derselben auf die Gestaltung der Derivate des Mesoblasts ausübt, ein Verhältniss, das bei einer Vergleichung von Fig. IV a und b ohne weiteres anschaulich wird, auf das ich übrigens im Abschnitt C dieses Capitels noch ausführlicher zurückzukommen habe. Besteht sonach in dieser Hinsicht eine nicht gering anzuschlagende Uebereinstimmung, so könnte vielleicht ein anderer Punkt in der Ent- wicklungsgeschichte Veranlassung zu einem Einwand geben: nämlich dieser, dass sich der Vornierengang an der Seite des Körpers, etwa in der Höhe der Aorta, aus dem Ectoblast abschnürt, während die Rinne, welche zur Bildung des Peribranchialraums führt, in der ventralen Mittellinie des Körpers auftritt. Allein auch diese auf den ersten Blick nicht unbedeutend erscheinende Differenz dürfte ihre un- gezwungene Erklärung finden. Der Peribranchialraum entsteht in engster Beziehung zu der Kiemenanlage des Amphioxus; ebenso muss ja der Vornierengang nach meiner Hypothese als ehemaliger Kiemengang angesehen werden. Nun liegen aber beim Amphioxus die ersten Kiemenspalten zur Zeit der Entstehung des Peribranchial- raums rein ventral, um erst später durch Wachsthumsverschiebung ihre seitliche Lage zu gewinnen; die Kiemenspalten der Cranioten dagegen werden gleich lateral angelegt. So wenig Anhaltspunkte wir für die Deutung dieses Unterschiedes haben, so wenig ist derselbe doch jemals als ein Grund angesehen worden, an der Homo- logie der Cranioten- Kiemenspalten mit denen des Amphioxus zu zweifeln. Und ganz ebensowenig kann der Unterschied im Ent- stehungsort des Peribranchialraumes und des Vornierenganges gegen deren Homologisirung geltend gemacht werden. Im Gegentheil: wenn die Kiemenspalten (und Vörnierencanälchen), die bei den Cra- nioten lateral angelegt werden, beim Amphioxus ventral ent- Die Nierencanälchen des Amphioxus. 481 stehen, so kann es nur als ein Beweis für die Homologie der zu jenen Organen hier und dort gehörigen Gangbildungen angesehen werden, wenn in dem Ort ihrer ersten Anlage die gleiche Differenz vorhanden ist. Vergleichen wir nun weiterhin das Verhalten von Vornierengang und Peribranchialraum in der Längsrichtung des Körpers, so besteht hier ein ähnlicher Unterschied zwischen beiden, wie er sich für die Nierencanälchen ergeben hat: dass nämlich der Peribranchial- raum, wie schon sein Name sagt, die Kiemen umschliesst, während das vorderste Ende des Vornierenganges die Kiemenregion der Cra- nioten nicht erreicht. Allein die Differenz ist nicht so gross, wie es auf den ersten Blick scheinen möchte. Denn erstens müssen ja, wenn die Vornierencanälchen der Cranioten den Nierencanälchen des Am- phioxus homolog sind, im Bereich des vordersten Vornierengang- abschnittes, soweit die Canälchen reichen, ehemals Kiemenspal- ten vorhanden gewesen sein, und zweitens erstreckt sich auch beim Amphioxus der Peribranchialraum sehr weit über den Kiemen- korb nach hinten, und zwar nicht nur bis zum Porus, sondern noch ein beträchtliches Stück darüber hinaus gegen den After. Der Unter- schied reducirt sich also wesentlich darauf, dass bei der Umgestaltung des Peribranchialraums in den Vornierengang der vorderste Abschnitt, soweit bei den Cranioten die Kiemenspalten persistiren, rückgebildet wird, und dass das vorderste Ende des bleibenden Gangabschnittes sich blind abschliesst. Dass eine solche partielle Rückbildung möglich ist, kann von vornherein nicht bezweifelt werden; die Ontogenie des Amphioxus liefert uns aber überdies Anhaltspunkte, wie wir uns diesen Vorgang zu denken haben. Nach den Beobachtungen von Ray LANKESTER und Wırzey erfolgt nämlich der Verschluss der Peribranchialrinne nicht, wie man wohl erwarten möchte, von vorn nach hinten, sondern es schliesst sich zunächst ein kurzer, hinter den Kiemenspalten gelegener und bis zum Porus reichender Canal ab, der sich allmählich nach vorn verlängert, so dass die vor- dersten Kiemenspalten zu allerletzt von der directen Beziehung zur Aussenwelt abgeschlossen werden. Es ist also im Bereich des zu- künftigen Vornierenganges ein fertiger Canal schon gebildet, solange die (persistirenden) Kiemenspalten sich noch direct nach aussen öffnen, und die Umgestaltung zu den bei den Cranioten bestehenden Ver- hältnissen könnte dadurch eingeleitet werden, dass die Entwicklung des Peribranchialraums auf dem bezeichneten embryonalen Stadium stehen bleibt. Damit wären die Kiemenspalten vom Peribranchialraum 482 THEODOR BOVERI, emancipirt, der letztere könnte sich hinter der Kiemenregion ab- schliessen, und die im Bereich der Kiemenspalten zunächst noch vor- handenen „Peribranchialfalten“ würden sich im Laufe der Phylogenie allmählich gänzlich rückbilden. Dabei möchte ich noch auf einen Umstand aufmerksam machen, den ich bereits in meinem Vortrag erwähnt habe. Rückerr berichtet (p. 214), dass bei Torpedo-Embryonen mit 4 Visceraltaschen die Zellen des äusseren Keimblattes, welche an der Seitenfläche des Em- bryos im Allgemeinen abgeplattet oder cubisch erscheinen , längs der Vornierenanlage (des sog. Segmentalwulstes) Cylinderform annehmen, und dass diese Ectoblastanschwellung sich auch cra- nialwärts von der Vornierenanlage fortsetzt. Gerade dieser Umstand veranlasste RÜCKERT, diese Verdickung als etwas mehr Nebensächliches anzusehen und dieselbe im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der verdickte Ectoblastbereich auf eine Ein- senkung der darunter gelegenen Organe treffe, an welchen Stellen stets Verdickungen des äusseren Keimblattes aufträten. Ich möchte nun dieser Auffassung nicht gerade widersprechen, aber doch darauf hinweisen, dass z. B. in Rückerr’s fig. 1 die Ectoblastverdickung nicht genau mit der Einsenkung zusammenfällt, und dass es demnach möglich erscheint, dieselbe als eine Erscheinung von morphologischer Bedeutung anzusehen, wie es RÜCKERT für den im Bereich der Vor- niere gelegenen Theil ja selbst thut. Eine streifenförmige Ecto- blastwucherung aber, die sich als Fortsetzung des ecto- blastischen Vornierenantheils nach vorn, dorsalwärts von den Kiemenspalten, hinzöge, dürfte wohl als letzter Rest der alten Peribranchialrinne aufgefasst werden und würde somit an- zeigen, dass sich der Vornierengang — als Peribranchialraum — früher weiter nach vorn erstreckt hat. Vielleicht giebt diese Bemer- kung Veranlassung, dass bei künftigen Untersuchungen die fragliche Region einer genaueren Prüfung mit Rücksicht auf den angeregten Punkt unterzogen wird. Was schliesslich das Verhalten von Peribranchialraum und Vor- nierengang an ihrem hinteren Ende betrifft, so bestehen hier zwar gleichfalls Unterschiede, aber nur solche, die sich sehr leicht im Sinne einer Weiterbildung des einen Zustandes in den anderen er- klären lassen. Solange der (ectoblastische) Vornierengang am äusseren Keimblatt nach hinten wächst, entspricht sein hinteres Ende, welches mit dem Ectoblast noch in Verbindung steht, dem Porus bran- chialis des Amphioxus, Ob es nun schon Acranier gegeben hat, Die Nierencanälchen des Amphioxus. 483 bei denen der Porus in der Gegend des Afters mündete, oder ob erst bei den Cranioten eine Verlegung desselben nach hinten eingetreten ist, muss unentschieden bleiben; jedenfalls bietet die in Rede stehende Differenz keine Schwierigkeit für unsere Homologisirung. Was aber vollends die Ablösung des hintersten Vornierengangendes vom Ectoblast und die Einmündung desselben in die Cloake, bezw. in den Urogenitalsinus anlangt, so handelt es sich dabei um einen secundären Vorgang, mit dessen Erklärung wir uns hier überhaupt nicht zu be- fassen haben. Zum Schluss bleibt uns noch zu untersuchen übrig, wie sich die beiden verglichenen Gangbildungen hinsichtlich der Zeit ihres ersten Auftretens zu einander verhalten. Als den richtigsten Maasstab für diese Vergleichung dürfen wir wohl das Auftreten der Kiemenspalten ansehen. Bei Torpedo-Embryonen zeigen sich nach RÜCKERT die ersten Spuren des Vornierengangs auf einem Stadium, auf welchem 4, noch sämmtlich geschlossene Kiementaschen angelegt sind; zur Zeit, wo der Vornierengang bis in die Gegend der Cloake nach hinten gewachsen ist, sind sämmtliche 6 Kiementaschen angelegt; nur die letzte ist noch geschlossen. Für den Amphioxus stehen uns so genaue Angaben nicht zur Verfügung. Wir können nur sagen: die ersten Andeutungen der Peribranchialrinne werden un- gefähr zu einer Zeit auftreten, wo 5—7 primäre Kiemenspalten an- gelegt sind. Immerhin genügen diese Daten, um die Behauptung zu rechtfertigen, dass die Entstehungszeit des Vornierenganges und des Peribranchialraumes mit der von mir angenommenen Homologie beider Bildungen im besten Einklang steht. Obgleich schon in den vorstehenden Betrachtungen mehrfach Momente enthalten sind, welche in direct positiver Weise für eine Ab- leitung des Vornierenganges aus dem Peribranchialraum sprechen dürften, handelte es sich bei diesen Erörterungen doch mehr darum, zu zeigen, dass für die Homologisirung der beiden Bildungen kein Hinderniss besteht. Dass wirklich die eine aus der andern ent- standen ist, dafür lassen sich nun noch einige Punkte geltend machen, die im Folgenden besprochen werden sollen. Wir dürfen, wie ich im ersten Abschnitt dieses Capitels gezeigt zu haben glaube, als sicher annehmen, dass gewisse alte Vorfahren der Cranioten mit dem Amphioxus darin übereinstimmten, dass sie eine grosse Zahl von Kiemenspalten besassen, von denen die hinteren 484 THEODOR BOVERI, den vorderen Theil des spätern Rumpfes der Cranioten einnahmen. Auch dürfen wir es wohl als gewiss ansehen, dass die Ausbildung dieser zahlreichen Kiemen, wie beim Amphioxus, eine noch sehr pri- mitive war; und dass, im Zusammenhang hiermit, die Kiemenspalten eine ansehnliche Länge hatten und sich somit von einem ventralen Kiel aus hoch in die Seitentheile des Körpers empor erstreckten. Wir sind zu dieser Annahme um so mehr berechtigt, als ja auch die bei den Cranioten noch jetzt vorhandenen Kiemenspalten in den meisten Fällen eine sehr beträchtliche dorso-ventrale Ausdehnung besitzen. Wir werden auf der andern Seite wahrscheinlich nicht fehl gehen, wenn wir diesen supponirten Vorfahren der Cranioten eine weit gegen die Ventralseite vordringende seitliche Rumpfmusculatur zuerkennen ; denn der Amphioxus und die Cranioten weisen dieselbe in so wesent- lich übereinstimmender Weise auf, dass schwerlich an eine zweimalige un- abhängige Entstehung gedacht werden darf. Waren aber die beiden genannten Eigenthümlichkeiten in einem Thier vereint, so folgt dar- aus, dass dasselbe auch einen Peribranchialraum besessen haben muss. Denn eine tief herabreichende seitliche Längsmusculatur setzt eine continuirliche, unzerspaltene Körperwand voraus, welche nur dann vorhanden sein kann, wenn für die seitlich emporwachsenden Kiemen- spalten durch eine beiderseits längs der Bauchfläche sich entwickelnde Einfaltung eine zweite innere Wand geschaffen wird, welche nun ohne Beeinträchtigung des Bewegungsapparates in ihrer ganzen Höhe durch- brochen werden kann. Diese Einfaltung ist aber nichts anderes als ein Peribranchialraum. Ich halte diese Erwägung für sehr wichtig. Denn wenn den Vor- fahren der Cranioten der Peribranchialraum zuerkannt wird, mit andern Worten, wenn dieselben die Organisation des Amphioxus durchlaufen haben, so ist, meiner Meinung nach, die Folgerung, dass sich dieser Gang in den Vornierengang umgebildet habe, nicht zu umgehen. Zwar wäre ja an und für sich die Annahme einer vollständigen Rückbildung des Peribranchialraums ganz wohl statthaft; allein dieselbe würde nicht allein zu der Consequenz führen, dass sich an der nämlichen Stelle, wo dieser ectoblastische Gang rückgebildet worden ist, nämlich längs der Mündungslinie der Vornierencanälchen, ein neuer ectobla- stischer Canal anlegt, sondern sie steht auch mit der zeitlichen Entstehung des Vornierenganges in schroffem Widerspruch. Der Vornierengang legt sich auf einem Stadium an, welches, nach der Ausbildung der Kiemenspalten und nach der Differenzirung des Meso- blasts zu urtheilen, einer tieferen phylogenetischen Stufe als der Die Nierencanälchen des Amphioxus. 485 des ausgebildeten Amphioxus entspricht, und somit kann der Gang nicht eine Neuerwerbung der Cranioten sein, sondern er muss ent- weder auf eine uns unbekannte Vorfahrenreihe zurückweisen oder vom Amphioxus her übernommen, d. h. aus dessen Peribranchialraum ent- standen sein. Der Grund, warum man dieser Ableitung zunächst ein gewisses inneres Sträuben entgegensetzt, ist wohl der, dass dieselbe die An- nahme eines sehr weitgehenden Functionswechsels zu fordern scheint. Der Name „Peribranchialraum“ erweckt die Vorstellung einer Kiemenhöhle; wie soll diese sich in einen Nierengang umge- wandelt haben ? Allein wir dürfen nicht vergessen: der Peribranchial- raum ist ja bereits Harnleiter; er ist, wie der Vornierengang vieler männlicher Cranioten, bezw. wie die Derivate des Vornierenganges bei anderen, Ausführungsgang der Geschlechtsproducte. Er giebt also nur eine seiner ursprünglichen Functionen, die der Ab- leitung des Athemwassers, auf, um sich lediglich im Dienst der andern zu erhalten. Und nicht nur die functionellen Beziehungen zu anderen Organen sind dem Peribranchialraum und Vornierengang gemeinsam, sondern sogar die directe Thätigkeit der den Gang hier und dort aus- kleidenden Zellen ist die gleiche. Eine Untersuchung des Vornieren- gangs ausgewachsener Exemplare von Myxine glutinosa überzeugte mich, dass das Epithel desselben ein unzweifelhaftes Drüsenepithel ist, indem die Zellen sowohl die körnige Beschaffenheit als auch die basale Streifung von Nierenepithel in exquisiter Weise erkennen lassen. Schon W. Mürter (30) hat dieses Verhalten erkannt; er schreibt dar- über (p. 110): „Das Epithel erscheint einschichtig, cylindrisch, die einzelnen Zellen 0,01 breit, in der Höhe zwischen 0,027 und 0,07 wechselnd; ihre Aussenfläche ist deutlich längsstreifig....“ „Die kurzen Zellen führen stets nur Spuren von gelblichen Pigmentkörnern in ihrem Protoplasma, die langen enthalten letztere in um so grösserer Menge, je beträchtlicher ihre Höhe ist.“ Der Vor- bezw. Urnieren- gang von Myzine ist also nicht nur Ausführungsgang, sondern auch harnbereitendes Organ, und zwar ist die Excretion, soweit sie durch Nierenepithel, nicht durch Glomeruli vermittelt wird, jedenfalls zum weitaus grössten Theil, wenn nicht ausschliesslich, auf den Gang localisirt. Denn das Epithel der Urnierencanälchen kommt, wenn es überhaupt zur Excretion befähigt ist, was ich nach seinem Aussehen bezweifeln möchte, gegenüber der Masse des Vornierengangepithels kaum in Betracht !). Br, Es wäre keine unwichtige Aufgabe, wenn Forscher, denen lebende 486 THEODOR BOVERI, Ganz das Gleiche gilt nun für den Peribranchialraum des Am- phioxus. Jon. MÜLLER (29) war der Erste, der an unverletzten Thieren an der ventralen Wand des Peribranchialraums auf deren Innenseite eine Anzahl bohnen- oder nierenförmiger drüsiger Körperchen antraf, in denen er selbst schon die Nieren vermuthete. Spätere Unter- suchungen, besonders von W. MüLLer, Hasse (19), LANGERHANS (24) und RorpH (32) ergaben, dass jene drüsigen Körperchen nichts anderes sind als modificirte Stellen des Atrialepithels, denen nach der Structur ihrer Zellen mit Bestimmtheit eine drüsige Function zugeschrieben werden darf. So schlossen sich die genannten Forscher der von Jon. MÜLLER ausgesprochenen Ansicht an und deuteten jene modificirten Epithelwülste als „Nieren“, eine Anschauung, die bei dem noch fehlenden Nachweis typischer Nierenbildungen wohl allgemeine Gel- tung erlangte. Und mit Recht! Denn, wie E. Weiss (41) kürzlich ge- zeigt hat, finden sich bei Thieren, welche mit Carmin gefüttert worden waren, reichliche Farbstofitröpfchen in jenen Zellen vor, womit die excretorische Natur derselben bewiesen ist. Und gleichzeitig konnte Weiss durch die Methode der Farbstoff-Fütterung feststellen, dass auch das atriale Epithel der secundären Kiemenbogen als Nierenepithel fungirt. Bei der grossen Ausdehnung des Peribranchialraums ergeben diese einzelnen excretorischen Bezirke eine recht beträchtliche Fläche, eine jedenfalls grössere, als jene ist, welche von dem Epithel der Nierencanälchen dargestellt wird, und somit fun- girt der Peribranchialraum nicht nur als Ausführungsgang der Vor- nierencanälchen, sondern er spielt auch als harnbereitendes Organ eine sehr bedeutende Rolle. Die Ableitung des Vornierenganges aus dem Peribranchialraum erhält aber durch diese Thatsachen auch in func- tioneller Hinsicht einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. So bleibt also eigentlich nur noch die grosse Formverschie- denheit der beiden verglichenen Hohlräume als einer Erklärung be- dürftig übrig. Allein auch diese lässt sich in vollkommen befriedigender Weise geben. Die Formverhältnisse des Peribranchialraums sind be- dingt durch die in denselben einmündenden Kiemenspalten. Lässt sich dies schon am fertigen Thier deutlich erkennen, so wird es noch klarer aus der Ontogenie. Solange die später rechtsseitigen Kiemen- spalten noch allein, als kleine Oeffnungen, die Ventralseite des Körpers einnehmen, ist der Peribranchialraum ein enger ventraler Canal; mit Myxinen zur Verfügung stehen, durch Fütterungsversuche mit Farb- stoffen die beregte Frage zur sicheren Entscheidung brächten, Die Nierencanälchen des Amphioxus. 487 dem Auftreten der linksseitigen Kiemenspalten verbreitert er sich, um mit der Verlängerung der Spalten nach oben ganz parallel empor- zuwachsen und so schliesslich einen ausgedehnten Spaltraum vorzu- stellen, der dem Amphioxus etwas so Eigenartiges und so lange Zeit Missverstandenes, gleichsam eine doppelte Leibeshöhle verleiht. So- bald sich die wenigen bei den Cranioten fortbestehenden Kiemen- spalten vom Peribranchialraum emancipiren — sie können dies thun, weil der im Zusammenhang mit diesen Vorgängen sich differenzirende „Kopf“ der Beweglichkeit des Rumpfkörpers entbehren kann — und sobald die im Bereich des persistirenden Peribranchialraums vorhan- denen Kiemenspalten sich rückbilden, fällt die Nothwendigkeit für dessen weites, den Darm beiderseits fast in seiner ganzen Höhe be- vleitendes Lumen weg. Als Harn-bereitendes und Harn-ausführendes Organ und als Ei- bezw. Samenleiter kann und muss der Peribranchial- raum zu einem engen Canal, dem Vornierengang, zusammen- schrumpfen, der die Kenntniss seiner Entwicklung nothwendig voraus- setzt, um als ein dem Peribranchialraum vergleichbarer Canal erkannt zu werden. So glaube ich auch diesen Abschnitt mit der Behauptung schliessen zu dürfen, dass die Annahme einer Homologie zwischen Peribranchial- raum und Vornierengang eine sehr gut begründete ist. Es handelt sich hierbei freilich nicht um eine so directe Vergleichbarkeit wie bei den Nierencanälchen, es besteht keine complete Homologie zwischen den beiden Räumen; allein wir dürfen nicht ausser Acht lassen, wie äusserst gross die Kluft zwischen dem Amphioxus und schon den niedersten Cranioten ist, und welche gewaltigen Um- und Weiterbil- dungen auch andere Organe während dieser uns gänzlich unbekannten Zwischenperiode erfahren haben. Auch darf wohl darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir von den Acraniern nur einen einzigen Re- präsentanten kennen, von dem es ja keineswegs sicher, ja nicht ein- mal wahrscheinlich ist, dass gerade er genau alle die Eigenthümlich- keiten, welche den directen Vorfahren der Cranioten zukamen, besessen und conservirt hat. Und wenn ich also bei meiner Vergleichung den Standpunkt eingenommen habe, dass sich der Vornierengang aus den beim Amphioxus bestehenden Verhältnissen ableiten lasse, so soll da- mit nur gezeigt sein, dass meine Hypothese den Prüfstein des uns einzig zugänglichen concreten Falles nicht zu scheuen brauche; keines- wegs soll damit bestritten werden, dass die beiden uns bekannten Zustände vielleicht divergente Weiterbildungen eines ausgestorbenen gemeinsamen Ausgangszustandes sein könnten, 488 THEODOR BOVERI, C. Die Anlagen der Urnierencanälchen, die Gono- Nephrotome (RÜCKERT) der Cranioten sind homolog den Genitalkammern des Amphioxus. Dieser Satz ist, wie ich in meiner vorläufigen Mittheilung be- richtet habe, der Ausgangspunkt für meine Untersuchungen gewesen, und er hat meines Erachtens, da er zur Entdeckung der Nieren- canälchen geführt hat, eine nicht zu verachtende Probe für seine Richtigkeit abgelegt. Es sind jedoch gerade gegen diesen Theil meiner Anschauungen mehrfach Bedenken erhoben worden, sowohl mündlich und brieflich von Seiten sehr competenter Beurtheiler, als auch in einer vortrefflichen Arbeit von Semon (37), welche die morphologische Bedeutung der Urniere in ihrem Verhältniss zur Vorniere zum Gegen- stand hat. Nichtsdestoweniger glaube ich an meiner Auffassung fest- halten zu müssen. Denn wenn auch die Entwicklungsweise der Geni- talkammern des Amphioxus noch unbekannt ist, scheinen mir für die Entstehung derselben doch nur zwei Möglichkeiten offen zu stehen, die beide in gleicher Weise mit meiner Hypothese in besten Einklang gebracht werden könnten '). Um dies klar .zu machen, gehe ich von den Resultaten aus, welche über die Differenzirung des Mesoblasts bei den Crani- oten, speciell bei den Selachiern, hauptsächlich durch die Unter- suchungen von SEDGWICK (36), VAN WısHE (44), RABL (31), RÜCKERT (33) und ZIEGLER (47) gewonnen worden sind. Zur Illustrirung dieser Verhältnisse habe ich in Fig. 19a (Taf. 34) einen schematischen Quer- schnitt durch einen Selachier-Embryo dargestellt, welcher auf Grund der Angaben der genannten Autoren, mit besonderer Anlehnung an fig. 2 von Rast (31) entworfen worden ist. Derselbe zeigt die Con- figuration des Mesoblasts, wie sie auf einem Stadium unmittelbar vor der Entwicklung des Vornierengangs besteht. Wir können an dem Querschnitt eines jeden ursprünglichen Ur- segments folgende Abschnitte unterscheiden: 1) Anmerk. bei der Correctur. Bei der Lectiire der nachstehenden Erörterungen bitte ich meinen mittlerweile erschienenen Aufsatz über die Entstehung der Genitalkammern des Amphioxus (7 a) zu berück- sichtigen. Wie ich dort nachweisen konnte, ist von den beiden in der vorliegenden Arbeit aufgestellten Entwicklungsmöglichkeiten die zweite verwirklicht. Demgemäss bitte ich auch, die Figg. 18 a und b (Taf. 34) nicht mehr als Illustration eines hypothetischen Entwicklungsmodus, sondern als schematische Darstellung des wirklichen Sachverhalts an- zusehen, Die Nierencanilchen des Amphioxus. 489 1) am weitesten dorsal gelegen, das Myotom (mi, roth), aus einem medialen Muskelblatt und einem lateralen Cutisblatt bestehend, die dorsalwärts in einander übergehen ; 2) an das Muskelblatt des Myotoms sich anschliessend, zwischen Darm und Chorda sich einbuchtend, das Sclerotom (scl, blau); 3) medialwärts an das Sclerotom, lateralwärts an das Cutisblatt des Myotoms angrenzend, das röhrenförmige Nephrotom oder Gono- Nephrotom (gnt, gelb). Bis an das ventrale Ende des Gono-Nephrotoms reicht die Seg- mentirung, welche in der Zeichnung durch Schraffirung des Hohl- raumes angedeutet ist. Hier schliesst sich dann endlich 4) die unsegmentirte Leibeshöhle (lh) an, von der Splanchno- und Somatopleura (grün) begrenzt. Sehr ähnliche Verhältnisse hat HATScHEK für den Amphioxus beschrieben. In Fig. 15a habe ich mit einigen Modificationen eine hierauf bezügliche Abbildung dieses Forschers (18, fig. 1 u. 2) wieder- gegeben, welche einen Schnitt aus der Körpermitte einer Larve mit 5 Kiemenspalten darstellt. Betrachtet man die Cölomdifferenzirungen zunächst ohne Rücksicht auf die von mir eingetragenen Farben, so zeigt sich jedes Ursegment in einen dorsalen segmentalen Abschnitt, den Urwirbel, und einen ventralen unsegmentirten, die Seitenplatten, zerlegt. Am Urwirbel unterscheidet HATSCHEK ganz entsprechend den Zuständen bei den Cranioten ein Muskelblatt und Cutis- blatt und fügt dann hinzu: ,,Ventral vom Muskelblatt, als Fort- setzung desselben, finden wir, noch dem Urwirbel zugehörig, ein plattes Epithel, welches unmittelbar dem Darmblatt sich anschmiegt. Mit Rücksicht auf seine spätere Bestimmung nenne ich dasselbe Scleral- blatt oder Sclerotom.“ Man hat allgemein die Uebereinstimmung dieses Befundes mit den bei den Cranioten constatirten Verhältnissen hervorgehoben und als eine höchst wichtige Errungenschaft der vergleichenden Entwick- lungsgeschichte anerkannt, dabei aber gar nicht darauf aufmerksam gemacht, dass ja nach dieser Darstellung dem Amphioxus ein sehr wesentlicher Abschnitt des Cranioten-Ursegments, nämlich das Gono- Nephrotom, vollständig fehlt. Denn nach den Angaben HATSCHER’s würde, sobald man sich die Abgrenzung von Urwirbel und Seiten- platten noch nicht vollzogen denkt, das Sclerotom unmittelbar in die Splanchnopleura, das Cutisblatt in die Somatopleura übergehen, wo- gegen sich ja bei den Cranioten an diesem Punkt ein specifischer segmentaler Abschnitt, das Gono-Nephrotom, einschiebt. 490 THEODOR BOVERI, Nun hebt zwar HATSCHEK hervor, dass sich seine Schilderung auf die Region zwischen Athemporus und After beziehe, eine Region, welche, besonders nach meiner eigenen Auffassung, hinter denjenigen Kürperabschnitt fällt, welcher der Urnierenregion der Cranioten ent- spricht. Und es könnten also hier wohl abweichende Verhältnisse bestehen. Allein der Querschnitt, den HATSCHEK von dem zunächst in Rede stehenden Stadium abbildet, stammt aus der Körpermitte einer Larve mit 5 Kiemenspalten, aus einer Gegend also, welche nach den späteren Längenverhältnissen ein beträchtliches Stück vor den Athemporus fällt. Ich bin nun der Meinung, dass in dieser Region ein dem Gono- Nephrotom der Selachier entsprechender Mesoblastabschnitt vorhanden sein muss. Denn wenn an zwei homologen Gebilden, wie es das Ursegment eines Amphioxus und das eines Cranioten sind, die End- abschnitte, nämlich einerseits die Seitenplatten, andererseits das Scleromyotom, einander genau entsprechen, so muss meines Erachtens ein in dem einen Fall vorhandenes specifisches Mittelstück, welches die beiden Endabschnitte mit einander verbindet, auch in dem andern Fall vorhanden sein. Es kann dieser Abschnitt vielleicht noch wenig differenzirt, er kann vielleicht auch rudimentär sein, aber dass er vor- handen ist, und zwar in Gestalt eines unmittelbar an das dorsale Ende der Seitenplatten angrenzenden seg- mentalen Abschnittes, scheint mir aus den für die Ursegmente — im Uebrigen festgestellten Homologien nothwendig zu folgen. Betrachten wir nun den HatscHeK’schen Querschnitt mit Rück- sicht auf diese Frage, so wären zwei Möglichkeiten denkbar. Ent- weder der (von der Leibeshöhle abgeschlossene) ,,Urwirbel“ des Am- phioxus enthält, wie HATSCHEK selbst angiebt, nur das Myotom und Sclerotom; dann muss ein gewisses Stück des dorsalen blinden Endes der Leibeshöhle dem Gono-Nephrotom entsprechen. Und da für dieses letztere die Segmentirung ein wesentliches Characteristicum bildet, so wäre zu erwarten, dass das dorsale Ende der Leibeshöhle eine Strecke weit segmental wäre. — Oder aber, wir haben das Gono-Nephrotom in dem ventralen Theil des Urwirbels zu erkennen, wie ich dies in Fig. 18 a durch die gelbe Farbe dieses Abschnittes veranschaulicht habe. Ich möchte nun diese letz- tere Möglichkeit einstweilen für die wahrscheinlichere halten, und zwar auf Grund einer Anmerkung bei HArscHek (p. 662), in der es heisst: „Die Frage, ob die Abgrenzung von Urwirbeln und Seitenplatten bei Amphioxus an genau entsprechender Stelle erfolgt, wie bei den andern Die Nierencanälchen des Amphiokiis. 491 Wirbelthieren, werde ich an anderm Orte ausführlich erörtern.“ Aus diesem Satz scheint mir hervorzugehen , dass die Abgrenzung eben nicht an der gleichen Stelle wie bei den Cranioten: zwischen Sclero- myotom und Gono-Nephrotom, sondern weiter ventralwärts erfolgt, und dass somit der dem Gono-Nephrotom entsprechende Ab- schnitt noch in den Bereich des „Urwirbels“ zu liegen kommt. Nach diesen Erörterungen, welche zum Zweck hatten, zu ermitteln, welcher Mesoblasttheil der Amphioxus-Larve dem Gono-Nephrotom der Cranioten homolog sein könnte, können wir zu der Frage übergehen, aus welchem Theil der Larve die Genitalkammern des fertigen Amphioxus hervorgehen. Sollte sich als Grundlage für diese Or- gane einer jener beiden Mesoblastabschnitte herausstellen, die ich im Vorstehenden als die einzig möglichen Homologa der Gono-Nephro- tome bezeichnet habe, so würde ich den oben sub C aufgestellten Satz für bewiesen halten. In der That müsste die Entwicklungsgeschichte der Genital- kammern eine sehr unerwartete und unvorhersehbare sein, wenn die vermuthete Ableitung nicht das Richtige treffen sollte. Vor allem wird es wohl nicht zweifelhaft sein können, dass die Genitalkammern, wie die Geschlechtsdrüsen aller übrigen Wirbelthiere, mesoblasti- schen Ursprungs sind. Da dieselben weiterhin segmental sind und zwar eine den Muskelsegmenten und also auch den Ursegmenten entsprechende Metamerie aufweisen, müssen sie aus segmentalen Abschnitten des Mesoblasts hervorgehen. Denn dass sie ihre Seg- mentirung erst secundär gewinnen, erscheint ausgeschlossen. Fassen wir nun von diesem Standpunkt aus die Lagerung einer fertigen Genitalkammer zu den übrigen Derivaten des Urseg- ments ins Auge, so ist dieselbe eine derartige, dass die abgeschlossene Kammer sowohl aus segmentalen Divertikeln des subchordalen Cöloms, als auch aus dem ventralen blinden Ende des Urwirbels entstanden sein könnte. Die erste Möglichkeit — illustrirt durch Fig. III, S. 433 — wird dadurch gegeben, dass, wie ich nachgewiesen habe, von dem Endothel der Genitalkammern aus, eine in der Stützlamelle verlaufende platte Zellenschicht bis gegen den unteren lateralen Winkel des sub- chordalen Cöloms verfolgt werden kann, wo dieselbe allerdings stets innerhalb der Stützlamelle blind zu endigen und nicht in das Epithel des Cölomraums überzugehen scheint (vergl. Fig. 5, Taf. 33). Diese Thatsache dürfte kaum anders auszulegen sein als dahin, dass die Genitalkammern auf gewissen Entwicklungsstadien direct an das subchordale Cölom angrenzen, so dass sie sich also an dieser Stelle 499 THEODOR BOVERI, aus demselben abgeschniirt haben könnten. Wie schon erwähnt, müsste für diese Ableitung vorausgesetzt werden, dass der Theil des Cöloms, aus dem die Kammern entstanden sind, segmental war. Nun ist ja beim Amphioxus primär die ganze Leibeshöhle segmentirt, und man könnte zunächst annehmen, dass sich die Abtrennung schon zu so früher Zeit vollzogen habe. Dies ist jedoch sicher nicht der Fall, vielmehr erfolgt die Entstehung der Genitalkammern jedenfalls auf einem späteren Stadium als dem der Fig. 13a. Es wäre also nur die eine Möglichkeit denkbar, dass das dorsale Leibeshöhlenende der Fig. 18 a eine Strecke weit noch segmentirt ist, und dass ge- rade aus diesem Stück die Genitalkammern hervorgehen. Man hätte sich demnach vorzustellen, dass sich beim Emporwachsen des Peri- branchialraums dieses segmentale Leibeshöhlenende über den obern Rand des Peribranchialraums lateralwärts und dann abwärts krümmt, worauf es sich hier als Genitalkammer abschliesst!). Ein derartiges segmentales Leibeshöhlendivertikel wäre aber, wie oben dargelegt wurde, als Homologon des Gono-Nephrotoms der Cranioten anzusehen. Die zweite Möglichkeit, nämlich die einer Ableitung der Genital- kammern aus den Urwirbeln, ergiebt sich aus der directen Nach- barschaft beider Hohlräume. Noch beim ausgebildeten Amphioxus trifft die Fläche, längs welcher die bauchigen Genitalsäcke an die laterale Wand des Peribranchialraums angeheftet sind, auf das untere Ende des vereinigten Sclero-Myotoms, so zwar, dass dieses spitzkantig . zulaufende Ende genau bis zur Mitte der Anheftungsfläche der Genital- kammern herabreicht. Ich habe diese Ableitung, welche sich an die in Fig. 13 a ausgedrückte Auffassung des Urwirbels anschliesst, in Fig. 15 b dargestellt. Das Sclerotom hat sich als langes Diver- tikel zwischen Muskel und Chorda bis zum obern Rand des Muskels ausgedehnt, und die Genitalkammer stellt sich, indem sie sich einer- seits an das skeletogene Blatt des Sclerotoms, andererseits an das Cutisblatt des Myotoms anschliesst, als der in Abschnürung begritfene untere Theil des Urwirbels dar, den ich oben als mögliches Homo- logon des Gono-Nephrotoms bezeichnet habe. Ich will mich nun in keiner Weise für eine der beiden Möglich- keiten aussprechen, nur der Ueberzeugung Ausdruck verleihen, dass wohl eine von beiden verwirklicht sein muss. Für das, was ich be- weisen will, ist es gleichgültig, nach welchem der beiden Modi sich 1) Die spätere dorsale Wand- des subchordalen Cöloms ginge so- nach aus einem Theil der ursprünglichen Splanchnopleura hervor. Die Nierencanälchen des Amphioxus. 493 die Genitalkammern bilden: sie gehen in beiden Fallen aus einem an die unsegmentirte Leibeshéhle sich unmittelbar anschliessenden seg- mentalen Mesoblastabschnitt hervor, mit andern Worten: sie sind ursprünglich die segmentalen Verbindungscanäle zwi- schen der unsegmentirten Leibeshöhle und den Sclero- Myotomen gewesen. Daraus würde aber ihre Homologie mit den Gono-Nephrotomen der Cranioten mit voller Sicherheit folgen. Dass zwischen diesen beiden Organsystemen auch sonst eine nicht geringe Uebereinstimmung besteht, habe ich schon in meiner vor- läufigen Mittheilung betont. Vor allem ist zu bemerken, dass die Urnierencanälchen der Cranioten auch in der Längsrichtung des Körpers eine Region einnehmen, welche derjenigen, in welcher sich beim Amphioxus die Genitalkammern erstrecken, ungefähr entspricht. Nach den Zählungen von Ray LANKESTER, die ich bestätigen kann, beträgt die Zahl der Genitalkammern 26; die erste trifft auf das 10., die letzte auf das 35. Myotom, unmittelbar vor dem Porus branchialis. Das Verhältniss der Kammern zu den Nierencanälchen lässt sich, da die letztern der Myomerie nicht folgen, nur dahin präcisiren, dass sie nicht so weit nach vorn reichen, wie diese, dass sie sich dagegen nach hinten beträchtlich über dieselben hinaus erstrecken. Vergleichen wir damit die Verhältnisse der Urnierencauälchen, so wissen wir durch die Untersuchungen von van WIJHE (43, 44) und RÜCKERT (33), dass bei Selachiern die vordersten Canälchen in den Segmenten der Vorniere angelegt werden, wo sie sich allerdings bald wieder rück- bilden. Nur bei Myxine dürften nach der Darstellung W. MüLLeEr’s functionirende Vor- und Urnierencanälchen in den gleichen Segmenten vorkommen. Da nun die Vornierencanälchen der Cranioten einer An- zahl der mittleren, und zwar jedenfalls hinter das 10. Myotom fallenden Nierencanälchen des Amphioxus entsprechen, so steht das gemeinsame Vorkommen von Vor- und Urnierencanälchen in den gleichen Segmenten mit meiner Hypothese in bestem Einklang. Was die Ausdehnung der Genitalkammern und Urnierencanälchen nach hinten anlangt, so scheint sich auch darin, wie ja von vorn herein zu erwarten, Myxine am engsten an Amphioxus anzuschliessen. Selbst die Zahl der bei Myxine vorhandenen Urnierencanälchen — ich zähle bei Myxine glutinosa ungefähr 32!) — stimmt mit der Zahl der Genitalkammern des Amphioxus (26) annähernd überein. Der 1) Fiirerincer (11) giebt für Bdellostoma heterotrema 39—40, für Myxine australis 58—60 Urnierencanälchen an. Zool, Jabrb. V. Abth. f. Morph, 33 494 THEODOR BOVERI, hinterste Abschnitt des Urnierenganges, in der Ausdehnung von 14 bis 16 Muskelsegmenten, trägt bei Myxine keine Urnierencanälchen, und diesem Abschnitt würde bei Amphioxus der Bereich zwischen der letzten Genitalkammer und dem After entsprechen, der sich über 16 Muskelsegmente erstreckt. Bei der Variabilität aller solcher Zahlen- verhältnisse ist die hierin sich aussprechende Uebereinstimmung gewiss eine grosse '). Von grösster Bedeutung ist ferner der von RÜckerr erbrachte Nachweis, dass die Urgeschlechtszellen der Selachier ursprünglich in dem ventralen Bereich des Gono-Neph- rotoms ihre Lage haben. Man wird kaum fehlgehen, wenn man diese entwicklungsgeschichtliche Thatsache als eine phylogene- tische Reminiscenz ansieht und annimmt, dass bei gewissen Vorfahren unserer Cranioten die Geschlechtsdrüsen sich in jenem dauernd seg- mentalen Mesoblastabschnitt entwickelt haben, den wir, seiner Lage nach, als das Homologon der Genitalkammer des Amphioxus ansehen müssen. Für nicht weniger wichtig halte ich die Gestaltverschie- bungen, welche sich am Mesoblast sowohl bei den Cranioten wie beim Amphioxus in sehr übereinstimmender Weise ausbilden und dort mit der Entstehung des Vornierenganges, hier mit der des Peri- branchialraums im engsten Zusammenhang stehen. Man möge, um sich hiervon zu überzeugen, die beiden Figuren 18 b und 19b (Taf. 34) mit einander vergleichen. Die letztere Figur giebt im Anschluss an Fig. 19 a einen schematischen Querschnitt durch die Urnierenregion eines Selachierembryos nach der Bildung des Vornierenganges. Man erkennt noch leicht die in den Ursegment-Querschnitt der Fig. 19 a eingezeichneten Abschnitte; nur das Sclerotom hat sich wesentlich verändert, indem es sich nicht nur zu einer engen Falte erhoben, sondern auch seine Wand zu einem Mesenchym aufgelockert hat, welches dem skeletogenen und Fascienblatt des Amphioxus-Sclerotoms ent- spricht. Die für unsere Betrachtungen hervorzuhebende Umgestaltung 1) Bei den Selachiern begleiten die Urnierencanälchen den Ur- nierengang bis an sein hinterstes Ende, ja bei Scylliwm canicula und Pristiurus finden sich nach Baurour und Rickert caudalwärts von der Einmündung des Urnierenganges in die Cloake noch die Ru- dimente von 2—3 Urnierencanälchen. Ob dieses Verhalten einen pri- mitiven Zustand vorstellt, oder ob es als eine Weiterbildung des bei Myxine constatirten Befundes aufzufassen ist, wage ich nicht zu ent- scheiden. Die Nierencanilchen des Amphioxus. 495 ist aber die, dass die dorso-ventrale Axe des Ursegments — wenn dieser Ausdruck statthaft ist — nicht mehr geradlinig vom Myotom durch das Gono-Nephrotom in die Leibeshöhle verläuft, sondern dass sie eine doppelt-winkelige Biegung, etwa einem S oder N entsprechend, erlitten hat. Und zwar stellen die Seitenplatten einerseits, das Myo- tom (nebst Sclerotom) andererseits die Endschenkel, das Gono- Nephro- tom, als der am meisten aus seiner ursprünglichen Richtung abge- lenkte Theil, den mittleren Schenkel vor. Bedingt aber ist diese Formveränderung zweifellos durch das Einwachsen des Vornieren- ganges, welches gerade in der Richtung gegen die Grenze zwischen Gono-Nephrotom und Leibeshöhle erfolgt. Schon RÜCKERT sagt hier- über (p. 252): „Die Anwesenheit des Vornierenganges ist offenbar für die Gestaltveränderung des ventralen Somitenabschnittes mit verant- wortlich zu machen, insofern sie dazu beitragen muss, denselben me- dianwärts zu verdrängen.“ Ganz entsprechende Verhältnisse bietet uns (Fig. 18 b) der Amphioxus dar, nur dass hier die ganz gleich- artige doppelt-winkelige Knickung noch viel ausgeprägter ist. Wir unterscheiden auch hier an der Axe des Ursegments einen der Leibes- höhle folgenden aufsteigenden Schenkel, der in den (primären) Kiemen- bogen verläuft und sich dann über dem Peribranchialraum nach aussen biegt. Damit beginnt der mittlere Schenkel, der wesentlich von der Genitalkammer, dem Gonotom, gebildet wird, und daran schliesst sich in abermals stark winkliger Knickung ein zweiter aufsteigender Schenkel in Gestalt des vereinigten Sclero-Myotoms an. Und wie bei den Cranioten der Vornierengang, so ist es hier der als Homologon dieses Ganges anzusehende Peribranchialraum, an dessen Aus- dehnung und Form sich die beschriebene charakteristische Configu- ration der Mesoblastderivate anlehnt. Endlich sehe ich es, wie schon in meiner vorläufigen Mittheilung bemerkt, als eine nicht unwichtige Uebereinstimmung an, dass die Genitalkammern des Amphioxus, behufs Entleerung der Zeugungsstoffe, durch alljährlich entstehende, dann wieder vernarbende Oeffnungen mit dem Peribranchialraum in Communication treten, während die Nephro- tome der Cranioten — als Urnierencanälchen — sich dauernd in den Vornierengang eröffnen. Wenn man sich überlegt, wie die Commu- nication zweier ursprünglich von einander abgeschlossener und aus ganz verschiedener Grundlage sich entwickelnder Körperhohlräume, wie es der Vornierengang und die Urnierencanälchen sind, phylo- genetisch entstanden sein kann, so wird man kaum eine naturge- mässere und befriedigendere Lösung finden können als die, welche 33* 496 . THEODOR BOVERI, sich hier darbietet: dass die dauernde, zu einem fixirten embryonal- mechanischen Process gewordene Einmiindung durch ein zeitweiliges, noch regelloses Platzen der Scheidewände, beim ausgebildeten Thier, vorbereitet worden. ist. Ich gehe nun dazu über, die Einwände zu besprechen, die Semon gegen meine Anschauungen erhoben hat. Ich hatte erwartet, dass ein solcher Einwand sich auf entwicklungsgeschichtliche That- sachen stützen würde, sei es dass seit meiner vorläufigen Mittheilung neue in Betracht kommende Verhältnisse aufgedeckt worden wären, sei es dass die bekannten eine andere Deutung erfahren sollten. Bei Semon finde ich weder das Eine noch das Andere. Denn wenn auch seine sehr wichtigen und dankenswerthen Resultate an Embryonen gewonnen worden sind, so handelt es sich doch schon um so alte Stadien, dass die beschriebenen Zustände in Rücksicht auf unsere Frage als fertige bezeichnet werden können; ja Semon betrachtet es gerade als eine Stärke seiner Argumentation, dass er sich, wenig- stens hinsichtlich der Vorniere, auf die so zu sagen fertigsten Verhält- nisse, die überhaupt aufzutreiben waren, die von Ichthyophis, stützen kann. Und so besteht denn auch seine Beweisführung lediglich darin, dass er auf die ausserordentlich grosse Uebereinstimmung hinweist, welche zwischen den ausgebildeten Vornierencanälchen und den — Urnierencanälchen der Amphibien in jeder Hinsicht zu bemerken ist. Ganz abgesehen von der Uebereinstimmung der Canälchen selbst, die „bei einer so heterogenen Entstehung (wie ich sie postulire) als ein wahres Wunder erscheinen müsste“, hebt Semon vor allem die Be- ziehungen beider Arten von Canälchen zu ihren Marpramrschen Kör- perchen hervor und sagt hierüber (p. 481): „Wenn das Urnieren- canälchen im Grunde nichts anderes ist als der Ausführgang der Keimdrüse, wie ist es zu erklären, dass sich in die ursprünglich ein- heitliche Bildung jenes (MArrıcarsche) Körperchen einschiebt und die Continuität in gewissem Sinne trennt, so dass die Verbindung jetzt nur noch durch den Innentrichter aufrecht erhalten wird? Und wenn diese Continuitätstrennung durch ein so complicirtes Gebilde, wie das Marrısur’sche Körperchen der Urniere es ist, noch begreiflich wäre, wie ist es zu erklären, dass wir ein Gegenstück zu letzterem mit allen wesentlichen Eigenthümlichkeiten seines zusammengesetzten Baues auch an den Canälchen der Vorniere wiederfinden, die doch nach Boverr genetisch ganz anders zu beurtheilende Bildungen sein sollen? Wie Die Nierencanälchen des Amphioxus. 497 sollen wir die völlig übereinstimmenden Einmiindungen der Vornieren- und Urnierencanäle in ihre zugehörigen Mawpriam’schen Körperchen durch Innentrichter, wie die völlig gleichen Beziehungen zur freien Leibeshöhle mittelst Aussentrichter verstehen, wenn die eine Bildung nicht aus der andern abzuleiten wäre?“ Auf dieser Grundlage kommt Semon zu dem Schluss, es sei un- denkbar, „dass Vornierencanälchen und Urnierencanälchen heterogene Bildungen sind“, und er formulirt seine Auffassung, in Anlehnung an einen Ausspruch Rückerr’s, dahin, dass die Urnierencanälchen, bezw. ihre Matpicut’schen Körperchen, die zweite Ge- neration der Vornierencanälchen, bezw. der MALPrIGHI- schen Körperchen der Vorniere vorstellen, welchen Satz er meiner Auffassung als ganz verschieden davon gegenüberstellt und als die einzig richtige Lösung des Problems der Beziehung zwischen Vor- und Urnierencanälchen hinstellt. Ich gestehe, dass ich über die Art dieser Beweisfiihrung etwas erstaunt bin. Die Frage, die ich mir vorgelegt und zu beantworten gesucht habe, ist die: Was waren die Urnierencanälchen früher? Es ist also eine phylogenetische Frage. Und ich habe dieselbe zu lösen versucht nach dem allgemein anerkannten Princip, das bei solchen Versuchen Anwendung findet, dass ich nämlich die Urnierencanälchen und vor allem ihre verschiedenen Entwicklungs- etappen mit den fertigen und Entwicklungs-Zuständen ähnlich ge- lagerter Organe bei tiefer stehenden Organismen verglichen habe. Die hierauf gegründete, schon in meiner ersten Mittheilung deutlich dar- gelegte Anschauung, dass die Urnierencanälchen aus Mesoblastab- schnitten hervorgehen, welche denjenigen, aus welchen beim Amphi- oxus die Genitalkammern entstehen, homolog sind, diese Anschauung wird von Semon mit keinem Wort widerlegt. Er begnügt sich viel- mehr, wie wir gesehen haben, damit, meiner Auffassung die ausser- ordentliche Uebereinstimmung der Urnierencanälchen mit den Vor- nierencanälchen und zwar der fertigen Urnierencanälchen mit den fertigen Vornierencanälchen entgegenzuhalten, um darauf die Folgerung zu bauen, die beiden Arten von Canälchen könnten un- möglich heterogene Bildungen sein. Allein was kann denn in dieser Frage mit fertigen Verhältnissen bewiesen werden? Welche Ueber- einstimmung finden wir nicht auch sonst zwischen Organen, die ganz verschiedenen Ursprungs sind? Wie können sich z. B. zwei ausge- * bildete Kopfknochen ähneln, von denen der eine als eine Verknöcherung des Primordialcraniums, der andere als eine ehemalige Schuppenbildung 498 THEODOR BOVERI, aufzufassen ist? Wo es sich um die Frage handelt, ob zwei Organe heterogene Bildungen sind oder nicht, kann eben doch nur die Genese die Entscheidung bringen. Allein davon einstweilen ganz abgesehen: der principielle Fehler der Semon’schen Beweisführung scheint mir ganz anderswo zu liegen. Ich frage: was soll das heissen: „Die Urnierencanälchen sind die zweite Generation der Vornierencanälchen“, oder: „Die Urnieren- canälchen sind aus den Vornierencanälchen abzuleiten“? Ich glaube nicht, dass jemand darauf eine Antwort geben kann. Besonders die letztere Art der Definition, das „Ableiten“, zeigt aber deutlich, welcher Irrthum hier unterläuft. Da man ähnliche Organe verschie- dener Thiere von einander ableitet, womit gesagt sein soll: das Organ, welches wir bei diesem Thier vorfinden, war bei einem Vor- fahren desselben, der uns bekannt ist, jenes Organ — durch diese Art, Beziehungen zwischen verschiedenen Thieren zu statuiren, kommt die Idee zu Stande, man könne auch Organe eines und des- selben Thieres ,,von einander ableiten“. Dass dies ein Irrthum ist, braucht kaum betont zu werden. Denn wenn man ein Organ von einem andern ableitet, so darf eben dieses andere bei dem gleichen Thier nicht mehr vorhanden sein. Ich will also zwar nicht in Abrede stellen, dass durch den RückerT’schen Satz: die Urnierencanälchen seien eine neue Gene- ration von Vornierencanälchen, oder noch besser — weil unverfäng- licher — durch den Ausspruch (p. 267), dass die Urnierencanälchen eine „vermehrte und verbesserte Auflage“ der Vornierencanälchen seien, bildlich ein gewisses Verhältniss zwischen den beiderlei Ex- cretionscanälchen ausgedrückt wird; gegenüber der Art jedoch, wie dieser Ausspruch von Seiten Semon’s verwerthet wird, nämlich als Ersatz für eine phylogenetische Hypothese, kann ich nicht umhin, zu betonen, dass derselbe im Grund doch nur eine Phrase ist und in Rücksicht auf die Phylogenie ohne jeden Sinn. Dies wird auch sofort deutlich, wenn man sich darüber klar zu werden versucht, wie sich denn Semon nun eigentlich die phylo- genetische Entwicklung der Urnierencanälchen denkt, Ich finde keinen Anhalt, um seine Meinung über diesen Punkt, um den es sich doch vor allem handelt, zu erkennen. Nimmt er an, dass die Urnieren- canälchen, so wie wir sie jetzt finden, plötzlich bei irgend einem Wirbelthier so zu sagen „über Nacht‘ aufgetreten sind? Dann ist ihre Entstehungsart (die, nebenbei bemerkt, schon durch die ontogenetischen Befunde vollkommen ausgeschlossen werden kann) doch wohl nicht Die Nierencanälchen des Amphioxus. 499 weniger „wunderbar“ als die von mir vertretene „Heterogenie“. Oder denkt er sich den jetzigen Zustand aus einfacheren Zuständen all- mählich abgeleitet? Nun dann giebt er eben zu, dass die Urnieren- canälchen früher etwas anderes waren, als was sie jetzt sind, dass sie also auch etwas anderes waren als die Vornierencanälchen ; d. h. er steht im Princip auf meinem Standpunkt, und ich sehe nicht ein, warum er denselben bekämpft. Nichts scheint mir für eine richtige Auffassung des Verhältnisses zwischen Urnieren- und Vornierencanälchen lehrreicher zu sein, als eine Vergleichung mit dem Verhältniss zwischen den primären und secundären Urnierencanälchen. Ich wähle dieses Beispiel um so lieber, als dasselbe auch von Semon angeführt wird, und zwar als Argument gegen meine Auffassung. Er sagt (p. 471): „Wir haben gar keine andere Wahl, als das dorsal und lateral von dem Vornierensystem auftretende System der primären Urnierencanälchen ebenso für die nächst jüngere Generation der Vornierencanälchen zu erklären, als wir es mit der zweiten, dritten und vierten Generation der Urnierencanälchen der ersten (Generation) gegenüber thun.“ — Ich will gegen diesen Satz nichts einwenden; nur muss ich auch hier wieder erklären: er sagt über die Phylogenie der primären Urnierencanälchen ebenso wenig aus wie über die der secundären, tertiären und quaternären. Will man aber der von SEMON angeregten Vergleichung eine phylogenetische Fassung geben, so muss es gerade umgekehrt heissen: Die secundären etc. Urnierencanälchen haben phylogenetisch mit den primären ebensowenig etwas zu thun, wie diese selbst mit den Vornieren- canälchen. Auf diesen Punkt will ich noch etwas näher eingehen. Die primären Urnierencanälchen sind in ihrer ersten Anlage röhren- förmige Abschnitte des Ursegments, Organe also von gleicher Werthig- keit wie die Leibeshöhle und wie die Myotome. Ueber die Entstehung der secundären Urnierencanälchen besteht noch keine vollkommene Klarheit. SEMPER, in seiner grundlegenden Abhandlung über das Urogenitalsystem der Plagiostomen (38), leitet dieselben von den pri- mären ab, aus denen sie durch Sprossung hervorgehen sollen; nach FÜRBRINGER (11) entstehen dieselben bei Amphibien und Vögeln durch Sprossung vom Bauchfell oder retroperitoneal durch einen Process, der auf Sprossung zurückzuführen ist. In beiden Fällen aber — und das ist für unsere Betrachtungen das Wichtige — ist ihre Entstehung von der der primären Urnierencanälchen durchaus verschieden, — 500 THEODOR BOVERI, Ganz das Gleiche gilt auch für das Verhältniss zwischen den primären Urnierencanälchen und den Vornierencanälchen. Hier ist die „Hetero- genie“ sogar eine noch viel auffallendere. Denn die secundären Urnierencanälchen entwickeln sich wenigstens in unmittelbarem ört- lichen Anschluss an die primären, direct zu excretorischen Zwecken, wobei es vielleicht einstweilen als das Wahrscheinlichste bezeichnet werden darf, dass sie aus ursprünglichen secundären Peritoneal- trichtern der erstern abzuleiten sind. Zwischen den primären Ur- nierencanälchen und den Vornierencanälchen dagegen besteht durch- aus kein derartiges Verhältnis. Vor allem ist ihre Entstehung eine fundamental verschiedene. Schon FÜRBRINGER (11) hat dies in seinen mustergültigen kritischen Ausführungen BALFOUR gegenüber betont. Auch Rickert (33), der meines Erachtens fast zu weit geht in der Anerkennung der Uebereinstimmung zwischen Vor- und Urnieren- canälchen, hebt diese Verschiedenheit hervor und drückt den Gegen- satz in der Entwicklung beider Arten von Nierencanälchen sehr treffend in dem Satz aus (p. 261): „Der Pronephros entsteht durch Aus- stülpung aus dem Somiten, der Mesonephros dadurch, dass ein be- nachbarter, dorsal angrenzender Abschnitt des Somiten als solcher sich in die Anlage eines Urnierencanälchens umbildet.“ Also das Vor- nierencanälchen ist eine Wucherung oder Ausstülpung des untersten Abschnittes der lateralen Somitenwand, das Urnierencanälchen ist ein Abschnitt des Somiten selbst. Hält man dies fest, so bedarf auch eine andere, wohl all- gemein herrschende Anschauung einer Correctur, dass nämlich, wie dies neuerdings von SEMON wieder betont wurde (p. 471), „die Ur- nierenanlagen ontogenetisch überall weit später auftretende, jüngere Bildungen sind, als die Vorniere“. Dieser Satz hat höchstens insofern eine gewisse Berechtigung, als die Urnierencanälchen als Harn- organe jüngere Bildungen sind als die Vornierencanälchen; in ihrer Anlage dagegen sind die Urnierencanälchen ebenso alt, ja wir dürfen wohl sagen, älter als jene; denn der spätere Hohlraum sowohl wie die spätere Wand des Urnierencanälchens sind als Abschnitte des Somiten vor- handen, noch ehe vom Vornierencanälchen das Geringste wahrzunehmen ist. Was also die Ontogenie der Cranioten über das Verhältniss der Vor- nierencanälchen und (primären) Urnierencanälchen lehrt, ist dieses, dass 1) die beiden Arten von Canälchen vollkommen verschie- den entstehen und dass 2) die Urnierencanälchen als An- lagen zwar ebenso alt oder älter sind als die Vornieren- canälchen, dass sie aber erst bedeutend späterin den Die Nierencanälchen des Amphioxus, 501 Dienst der Excretion treten und sich zu Nierencanäl- chen ausbilden. Zieht man aus diesem Ergebniss einen Schluss auf die Phylogenie, so kann derselbe nur dahin lauten, dass es Wirbelthiere geben oder gegeben haben muss, bei denen neben den Vornierencanälchen als den noch alleinigen Excretionscanälchen die Homologa der Ur- nierencanälchen in anderer Function vorhanden sind. Ein solches Thier aber ist der Amphioxus. Schon bei diesem Ur- wirbelthier müssen wir die Homologa der Urnierencanälchen voraus- setzen, und es bleibt wohl nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse keine andere Wahl als die, diese Homologa in den Genital- kammern zu erkennen. Wäre es denn nun wirklich so wunderbar, wenn sich die Genital- kammern des Amphioxus auf dem schon in meiner ersten Mittheilung skizzirten Weg zu Nierencanälchen umgebildet hätten? Ich kann nicht finden, dass dieser Annahme besondere Bedenken im Wege stehen. Denn die Schwierigkeiten, die Semon als so unüberwindliche hinstellt, berühren die Frage dieser Umbildung überhaupt gar nicht. Semon meint, es sei unmöglich, dass die Ur- und Vornierencanälchen (bei Amphibien) eine so ausserordentliche Uebereinstimmung aufweisen könnten, wenn sie heterogene Bildungen wären. Er übersieht dabei aber vollständig, dass diese von ihm aufgefundene Uebereinstimmung eine secundäre Erwerbung ist, auf Eigenschaften beruhend, welche so- wohl die Vornieren- als auch die Urnierencanälchen erst gewonnen haben, nachdem sie längst als Excretionscanälchen neben einander, und zwarin sehr verschiedener Gestalt bestanden hatten. Das primitive Vornierencanälchen ist ein einfaches kurzes Canälchen oder gar nur eine wimpernde Rinne (siehe Cap. V, Abschn. A), deren Peri- tonealcommunication einem Glomerulus gegenüber liegt; das ur- sprüngliche Urnierencanälchen ist gleichfalls ein einfaches, wahrschein- lich gegen die Leibeshöhle offenes Röhrchen, und sein Glomerulus bildet sich in der Wand des Canälchens selbst. Alle die von Semon so sehr betonten Uebereinstimmungspunkte (vergl. S. 498) fehlen noch; sie beruhen auf einer bei gewissen Cranioten auftretenden Convergenz bei der feineren Ausgestaltung der beiderlei Excretionscanälchen, die gewiss sehr merkwürdig und interessant ist, aber mit der Frage nach der Vorgeschichte der Urnierencanälchen in gar keinem Zusammen- hang steht. Im Gegentheil: sobald wir uns an primitive Verhältnisse halten, wie sie z. B. bei Myxine vorliegen, müssen wir uns wundern, wie ausserordentlich verschieden die Vor- und Urnierencanälchen 502 THEODOR BOVERI, sowohl der Gestalt als auch dem feineren Bau nach von einander sind (vergl. W. MÜLLER). Bei der Entscheidung, ob meine Hypothese alee ist, handelt es sich also lediglich darum, ob die Entstehung jener primitivsten Form von Urnierencanälchen, wie wir sie bei den My- xinoiden oder bei Selachier-Embryonen vorfinden, aus den Genitalkammern des Amphioxus annehmbar gemacht werden kann. Und dies scheint mir sehr wohl möglich zu sein. Die erste Voraus- setzung fiir diese Annahme ist die, dass die Genitalkammern mit dem subchordalen Cölom in offener Communication stehen, ein Verhalten, das schon bei einem Amphioxus-artigen Thier verwirklicht gewesen sein könnte. Durch diese Oeffnungen ziehen sich die Sexualzellen allmählich aus den segmentalen Kammern herüber in die unsegmentirte Leibes- höhle, die mittlerweile durch die Rückbildung der Kiemenspalten des Rumpfes (siehe Abschnitt A) zu einem einheitlichen, den Darm rings umgebenden Hohlraum geworden ist. Diese vorausgesetzte phylo- genetische Wanderung der Sexualzellen scheint mir durch die Onto- genese der Selachier bewiesen zu werden, indem ja hier, wie RÜCKERT gezeigt hat, die Urgeschlechtszellen sich zunächst im ventralen Be- reich des Somiten, im Gono-Nephrotom , vorfinden. Allerdings soll nach RÜckERT der Uebergang von diesem segmentalen Zustand der Geschlechtsdrüse in den nicht-segmentirten dadurch zu Stande kommen, dass einfach der betreffende Abschnitt des Somiten in die gemeinsame Leibeshöhle einbezogen wird. Allein für die in der lateralen Wand des Gono-Nephrotoms gelegenen Urgeschlechtszellen bleibt doch keine andere Möglichkeit, um an die mediale Seite der späteren Urniere zu gelangen, als die einer Wanderung; und ich glaube daher nicht fehlzugehen, wenn ich die bei Selachiern constatirten ontogenetischen Befunde in dem erwähnten Sinn auslege. Weiterhin würden nun die in solcher Weise von ihrer Function als Träger der Geschlechtsorgane befreiten Kammern ihre früher vor- übergehende Einmündung in den Peribranchialraum (Vornierengang) in eine dauernde verwandeln, was übrigens gleichfalls schon zu einer Zeit geschehen sein könnte, wo die Geschlechtszellen ihre Lage noch in den Kammern hatten. So also entstehen in metamerer Folge einfache, die Leibeshöhle mit dem Vornierengang in Verbindung setzende Gänge, die wahr- scheinlich zunächst als Ausleitungsorgane für die Geschlechtsproducte Verwendung finden, bis entweder der Porus abdominalis oder die sonst Die Nierencanälchen des Amphioxus. 503 bei den Cranioten vorkommenden Ausführungs-Einrichtungen diese Function übernehmen !). Sollte es nun nicht ganz plausibel, um nicht zu sagen, wahr- scheinlich sein, dass diese aus den Genitalkammern entstandenen Canäle der Excretion dienstbar gemacht werden? Die Bedingungen dafür sind vorhanden. Die Canälchen münden in einen bereits als Harn- leiter fungirenden Gang, den Vornierengang, und es ziehen Blutgefässe an ihnen vorbei, die, nachdem sie früher die Geschlechtszellen zu ernähren hatten, sogar als sehr wohl entwickelt vorausgesetzt werden dürfen. So lässt sich wohl nichts gegen die Annahme einwenden, dass diese Gefässe, anstatt wie früher Ernährungsflüssigkeit in die Canälchen abzugeben, Zersetzungsproducte in dieselben ausscheiden, womit die Grundlage für die Urnierenglomeruli geschaffen ist. Im Laufe der Phylogenie wandeln sich dann diese einfachen excretorischen Gefässbezirke behufs Steigerung ihrer Func- tion in complieirte Gefässknäuel um, und damit ist die Form der Ur- nierencanälchen mit ihren Marpi@xrschen Kôrperchen, wie sie uns heute noch — allerdings ohne Peritonealcommunication — bei den Myxinoiden erhalten sind, erreicht. Mit dieser Entwicklungsstufe können wir unsere Betrachtungen abschliessen, und ich möchte nur nebenbei noch auf einen Punkt auf- merksam machen, ohne einstweilen besonderes Gewicht darauf zu legen. Es könnte, besonders auf Grund der von SEMON aufgedeckten Thatsachen, daran gedacht werden, dass die Ausleitung des Samens durch die Urnierencanälchen, wie sie bei den meisten Cranioten be- steht, sich in directer Continuität an jenen Zustand entwickelt hätte, wo, wie oben erwähnt, die zu Genitalcanälchen gewordenen Kammern zur Ausführung der in der Leibeshöhle sich entwickelnden Geschlechts- producte, und zwar sowohl der Eier, als des Samens, verwendet wurden. Der Grund aber dafür, dass später nur noch der Samen diesen Weg nimmt, für die Eier dagegen andere Ausführwege ge- schaffen werden, könnte in der Entwicklung des Urnieren- elomerulus gelegen haben, welcher ja das Lumen des Canälchens fast vollkommen verschliesst und dasselbe dadurch für die Eier un- wegsam machen muss. Wie gesagt, sind unsere Kenntnisse aller ein- 1) Ich kann hier über diese ebenso interessanten wie einstweilen schwierigen Probleme hinweggehen, da sie für die Entscheidung der im Vorstehenden aufgeworfenen Frage nicht in Betracht kommen. Gerade über diese Punkte versprechen übrigens die Untersuchungen Semon’s sehr werthvolle Aufschlüsse, 504 THEODOR BOVERI, schlägigen Verhältnisse noch zu gering, um diese Anschauung vor der Hand über den Werth einer blossen Vermuthung zu erheben. Ich fasse meine Resultate zum Schluss folgendermaassen kurz zusammen: Es sind beim Amphioxus bereits alle Elemente des Nierensystems der Cranioten vorhanden, theils in der gleichen Function (Vornierencanälchen), theils in Com- bination mit andern Functionen (Peribranchialraum = Vornierengang), theils in ganz anderer Verwendung (Genitalkammern— Urnierencanälchen). Wie in seiner ganzen tibrigen Organisation, so zeigt sich der Am- phioxus auch in seinem Urogenitalsystem den Cranioten gegenüber in einem Zustand von Einfachheit und In- differenz, der bei den letzteren auf friihen ontogene- tischen Stadien recapitulirt wird. Diese Thatsache beweist, dass wir die beim Amphioxus nachweisbaren Zustände der Excretions- und Geschlechtsorgane als die urspriinglichen ansehen diirfen, aus denen sich die bei den Cranioten bestehenden Verhältnisse all- mahlich entwickelt haben. Der Amphioxus wird damit aus seiner bisherigen Sonderstellung herausgerissen und documentirt sich, wie hinsichtlich aller übrigen Organe, so auch in Rücksicht auf das Urogenitalsystem im Wesentlichen als der Urtypus der Vertebraten, als das wahre Urwirbelthier. 13. 14. Die Nierencanälchen des Amphioxus. 505 Literaturverzeichniss. Batrour, F. M, A monograph on the development of Elasmo- branch Fishes, London 1878. BALrour, F. M., Handbuch der vergleichenden Embryologie. Deutsch von Verrer. Jena 1880/81. Bear», J., On the origin of the segmental duct in Elasmobranchs, in: Anatom. Anzeiger, Bd. 2, No. 21, 1887. Bepparp, F. E., Note on the paired dorsal vessel of certain earth- worms, in: Proc. R. Physic. Soc. Edinburgh., vol. 8, 1885. Bonnet, R., Ueber die ectodermale Entstehung des Worrr’schen Ganges bei den Säugethieren, in: Sitz.-Ber. d. Gesellsch. f. Morph. u. Phys. in München, 3. Jahrg., 1887, Heft 2. Boveri, Tu., Beiträge zur Kenntniss der Nervenfasern, in: Ab- handl. d. K. bayr. Akad. d. Wiss., 2. CI, Bd. 15, 2. Abth., 1885. Boveri, TH; Ueber die Niere des Amphioxus, in: Sitz.-Ber. d. Gesellsch. f. Morph. u. Phys. in München, Jahrg. 6, 1890, Heft 2, auch in: Münch. Med. Wochenschrift, 1890, No. 26. . Boveri, Tu., Ueber die Bildungsstätte der Geschlechtsdrüsen und die Entstehung der Genitalkammern beim Amphioxus, in: Anat. Anz. Anz., Bd. 7, No. 6, 1892. Donrn, A., Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers, in: Mittheilungen a. d. Zoologischen Station zu Neapel, 1882—1890. Feux, W., Die erste Anlage des Excretionssystems des Hühnchens, in: Festschrift für Näserı und Köruıker, Zürich 1891. Fremmine, W., Die ectoblastische Anlage des Urogenitalsystems beim Kaninchen, in: Arch. f. Anat. u. Phys, Anatom. Abth., 1886. FÜRBRINGER, M., Zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungs- geschichte der Excretionsorgane der Vertebraten, in: Morph. Jahr- buch, Bd. 4, 1878. GEGENBAUR, C., Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. III. Das Kopfskelet der Selachier, ein Beitrag zur Erkenntniss der Genese des Kopfskelets der Wirbelthiere, Leipzig 1872. GEGENBAUR, C., Grundriss der vergleichenden Anatomie, 2. Aufl. Leipzig 1878. GEGENBAUR, C., Die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskeletes, in: Morph. Jahrbuch, Bd. 13, 1888. 506 THEODOR BOVERI, Hagckez, E., Anthropogenie. Harckeı, E., Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschichte, in: Jen. Zeitschrift, Bd. 10, Supplement. Harscuex, B., Studien über Entwicklung des Amphioxus, in: Ar- beiten a. d. Zoolog. Institut d. Univ. Wien, Tom. 4, H. 1, 1881. Harsomek, B., Ueber den Schichtenbau von Amphioxus, in: Ver- handl. d. Anatom. Gesellschaft in Würzburg. Anat. Anzeiger, Bd. 3, No. 23—25, 1888. Hassz, C., Zur Anatomie des Amphioxus lanceolatus, in: Morph. Jahrbuch, Bd. 1, 1875. Hensen, V., Beobachtungen über die Befruchtung und Entwicklung des Meerschweinchens und Kaninchens, in: Arch. f. Anat. und Phys., 1875. HerrwiG, O., Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbelthiere. Kowatevsky, A., Entwicklungsgeschichte des Amphioxus lanceolatus, in: Mém. Acad. Impér. des Sciences de St. Pétersbourg, (7. Série) Tome 11, 1867. Kowauevsxkx, A., Ein Beitrag zur Kenntniss der Excretionsorgane, in: Biologisches Centralblatt, Bd. 9, 1889. LANGERHANS, P., Zur Anatomie des Amphioxus lanceolatus, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 12, 1876. LAnNKESTER, E. Ray, Contributions to the knowledge of Amphioxus lanceolatus YARRELL, in: Quart. Journ. Mier. Science, (new Series) No. 113, vol. 29, 1889. LaNKESTER and Wizzey, The development of the atrial chamber of Amphioxus, in: Quart. Journ. Micr. Science, (new Series) No. 124, vol. 31, 1890. Mayer, P., Ueber die Entwicklung des Herzens und der grossen Gefassstimme bei den Selachiern, in: Mittheilungen a. d. Zoo- logischen Station zu Neapel, Bd. 7, 1886/87. Moruier, S., Ueber die Entstehung des Vornierensystems bei Am- phibien, in: Arch. f. Anat. u. Phys. Anatom. Abth. 1890. Miter, Jon, Ueber den Bau und die Lebenserscheinungen des Branchiostoma lubricum, in: Abh. K. Acad. d. Wiss. Berlin, Jahrg. 1842. Mürver, W., Ueber das Urogenitalsystem des Amphioxus und der Cyclostomen, in: Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft, Bd. 9 (Neue Folge, Bd. 2), 1875. Ragz, C., Ueber die Differenzirung des Mesoderms, in: Verhandl. d. Anatom. Gesellschaft in Würzburg. Anat. Anz., Bd. 3, No. 23 bis 25, 1888. Roreu, W., Untersuchungen über den Bau des Amphioxus lanceo- latus, in: Morphol. Jahrbuch, Bd. 2, 1876. Rickert, J., Ueber die Entstehung der Excretionsorgane bei Se- lachiern, in: Arch. f. Anat. u. Phys., Anatom. Abth., 1888. SCHNEIDER, ANT, Beiträge zur “vergleichenden Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte der Wirbelthiere, Berlin 1879. 39. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. Die Nierencanälchen des Amphioxüs. 507 SCHULTZE, M. Die Entwicklungsgeschichte von Petromyzon Planeri. Gekrönte Preisschrift. Haarlem 1856. SEDGWICK, A., Development of the kidney in its relation to the Wolffian body in the chick, in: Quart. Journ. Micr. Science, 1880. Semon, R., Ueber die morphologische Bedeutung der Urniere in ihrem Verhältniss zur Vorniere und Nebenniere und über ihre Ver- bindung mit dem Genitalsystem, in: Anatom. Anzeiger, Bd. 5, Na.16:u. 17, 1890. SEMPER, C., Das Urogenitalsystem der Plagiostomen und seine Be- deutung für das der übrigen Wirbelthiere, in: Arbeiten a. d. Zoolog.- zootom. Institut in Würzburg, Bd. 2, 1875. Graf Spez, Ueber directe Betheiligung des Ectoderms an der Bil- dung der Urnierenanlage des Meerschweinchens, in: Arch. f. Anat. u. Phys., Anatom. Abth. 1884. Spencer, J. W., Beitrag zur Kenntniss der Kiemen des Amphioxus, in: Zoolog. Jahrbücher, Bd. 4, Abth. f. Anat. u. Ontog., 1890. Weiss, F. E., Excretory tubules in Amphioxus lanceolatus, in: Quart. Journ. Micr. Science, (N. 8.) No. 124, vol. 131, 1890. van Wine, J. W., Die Betheiligung des Ectoderms an der Ent- wicklung des Vornierengangs, in: Zoolog. Anz., 1886, No. 236. van Wisue, J. W., Ueber die Entwicklung des Excretionssystems und anderer Organe bei Selachiern, in: Anatom. Anz., Bd. 3, No. 2 und 3, 1888. van Wuxe, J. W., Ueber die Mesodermsegmente des Rumpfes und die Entwicklung des Excretionssystems bei Selachiern, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 33, 1889. y van Wuue, J. W., Die Kopfregion der Cranioten beim Amphioxus nebst Bemerkungen über die Wirbeltheorie des Schädels, in: Anat. Anz., Bd. 4, No. 18, 1889. Wizzey, A., The later larval development of Amphioxus, in: Quart. Journ. Micr. Science for March 1891. ZIEGLER, H. E., Der Ursprung der mesenchymatischen Gewebe bei den Selachiern, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 32, 1888. 508 THEODOR BOVERI, Tafelerklärung. Tafel 31-34. Für alle Figuren gelten folgende gemeinsame Bezeichnungen: a Aorta. Ch Chorda dorsalis. Cö Cölom. E Epibranchialrinne. fz Fadenzellen des Nierencanälchens. KD Kiemendarm. m Myotom. ms Myoseptum. nc Mündung des Nierencanälchens in die Leibeshöhle. nk Nierencanälchen. np Mündung des Nierencanälchens in den Peribranchialraum. P Peribranchialraum. s Synaptikel. ve Cölomgefäss des primären Kiemenbogens. ve! äusseres Axengefäss des primären Bogens. vi! inneres ” ” ” ” ve! äusseres 5 » secundären „ vi" inneres ” ” ” ” vkn gemeinsame Kiemen-Nieren-Vene. I primärer Kiemenbogen. II secundärer Kiemenbogen (Zungenbalken). Tafel 31. Fig. 1. Ein Nierencanälchen der linken Seite mit dem umliegenden Theil des Kiemenkorbes, nach dem Leben gezeichnet. Das Thier, von dem das Präparat stammt, war mit carminsaurem Ammon gefüttert worden und zeigt demzufolge Ablagerungen von Carmin in der Wandung des Nierencanälchens. f Flimmerrinne, welche von der peribranchialen Mündung des Nierencanälchens an der Aussenseite des Kiemenbogens nach hinten zieht. Vergr. °°. Fig. 2. Ein Stück von dem dorsalen Theil des linken Kiemen- darmes mit 3 Nierencanälchen, von der lateralen Seite gesehen. Carmin- fütterung; der Farbstoff ist in den Blutgefässen abgelagert, wodurch die „Glomeruli“ sehr schön zur Anschauung gebracht werden. (Alcohol, Hämatoxylin). Vergr. ®2°, Die Nierencaniilchen des Amphioxus. 509 Fig. 3. Desgl., plastisch dargestellt, nach Schnitten und nach dem Präparat der Fig. 2 reconstruirt, um die Anordnung der Blutgefässe zu zeigen. 1 eine selten zu constatirende Gefässverbindung. Vergr. ca. #7”. Fig. 4. Desgl., plastisch reconstruirtes Bild, um die Anordnung der Nierencanälchen und das Lagerungsverhältniss derselben zu den Kiemenbogen zu illustriren. /d das durchschnittene sog. Ligamentum denticulatum. Vergr. ca. 22°, Tatel:32, Fig. 5 a, b, c. Stücke aus 3 nahe auf einander folgenden Schnitten, welche parallel den Kiemenspalten durch ein in Alcohol ge- härtetes Thier geführt worden sind. ml Mesodermlamelle, welche einen morpholog. Zusammenhang zwischen dem dorsopharyngealen Cölom und den Genitalkammern vermittelt. In a ist ein secundärer Kiemen- bogen der Länge nach durchschnitten und dementsprechend auch die Ausmündung des Nierencanälchens in den Peribranchialraum getroffen. b geht durch eine Kiemenspalte zwischen einem primären und dem nach hinten folgenden secundären Kiemenbogen. In e ist ein pri- märer Kiemenbogen der Länge nach getroffen. ck Cölomcanal des primären Bogens. Mit x und y sind Stellen bezeichnet, welche durch- trennt werden müssen, um Flächenpräparate mit Totalansichten der Nierencanälchen (wie in Fig. 1 u. 2) zu erhalten. Vergr. *2°. Fig. 6. Querschnitt durch einen primären Kiemenbogen. (Picrin- säure, Carmin.) Vergr. *2°. Fig. 7. Ein Stück aus einem Horizontalschnitt durch den dorsalen Theil des rechten Kiemendarmes, in der Höhe der Mündungen der Nierencanälchen in den Peribranchialraum. Diese Oetfnungen treffen ausnahmsweise nicht auf die secundären Kiemenbogen, sondern auf die nach vorn davon gelegene Kiemenspalte. (Picrinsiiure, Hämatoxylin.) Vergr. #22, Fig. 8. Desgl., weiter ventralwärts, mit quer getroffenem vorderen Schenkel des Nierencanälchens. Vergr. *°°. Tafel 33. Fig. 9—13. Verschiedene Formen von Nierencanälchen, nach dem Leben gezeichnet; das der Fig. 9 liegt am 2. Zungenbalken von vorn, das der Fig. 10 stammt aus der Mitte des Kiemendarmes und ist durch aussergewöhnliche Länge bemerkenswerth; das der Fig. 11 liegt weit hinten, das der Fig. 12 noch weiter nach rückwärts und zwar am 5. Zungenbalken von hinten, das der Fig. 13 endlich am letzten Zungen- balken. Vergr. 432°. Fig. 14. Ein Stiick aus einem dicken Horizontalschnitt durch den rechten Kiemendarm in der Höhe der Nierencanälchen. (Alkohol, Car- min.) Vergr. 2°. Fig. 15 u. 16. Zwei Querschnitte durch Nierencanälchen, um die Beziehungen der Fadenzellen zu den Nephrostomen zu zeigen. (Picrin- Salpetersäure, Hämatoxylin, Glycerin.) Vergr. "12°. Zool, Jahrb, V, Abth, f, Morph, 34 510 THEODOR BOVERI, Die Nierencanälchen des Amphioxus. Fig. 17. Dicker Schnitt durch ein Nierencanälchen mit Umgebung, aus einem, parallel den Kiemenspalten geführten Schnitt durch ein ganzes Thier stammend. Die Mündung des Nierencanälchens in den Peribranchialraum der Länge nach getroffen. (Alkohol, Carmin.) Ver- gross. 25°, Tafel 34. Schematische Querschnitte zur Illustrirung der Mesoblast-Differen- zirungen bei Acraniern (Fig. 18) und Cranioten (Fig. 19). In diesen Figuren bedeutet: mt (roth) Myotom, sel (blau) Sclerotom, gt (gelb) Gonotom, gnt (gelb) Gono-Nephrotom, Ih (grün) Leibeshöhle, bezw. Seitenplatten, P (schwarz) Peribranchialraum, vg (schwarz) Vornierengang. Die durch Schraffirung des Lumens ausgezeichneten Mesoblast- abschnitte sind segmental. Fig. 18a. Querschnitt durch die Körpermitte einer Amphioxus- larve mit 5 Kiemenspalten; mit Zugrundelegung der Figg. 1 u. 2 bei Harscuex (Ueber den Schichtenbau von Amphioxus). Fig. 18 b. Querschnitt durch die Kiemen- und Genitalregion eines jungen Amphioxus. Der Schnitt ist so gelegt gedacht, dass beiderseits ein primärer Kiemenbogen der Länge nach durchschnitten ist. Fig. 19a. Querschnitt durch einen Selachierembryo vor der Bil- dung des Vornierenganges; mit Zugrundelegung der fig. 2 von Rası (Ueber die Bildung des Mesoderms). Fig. 19 b. Querschnitt durch einen Selachierembryo mit ausge- bildetem Vornierengang, entworfen nach den Abbildungen von Rast, Rickert, VAN WIJHE und ZIEGLER, mit specieller Anlehnung an die fig. 14 des letztgenannten Autors (Der Ursprung der mesenchymatischen Gewebe bei den Selachiern). Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. An endeavour to show that the tracheæ of the Arthropoda arose from setiparous sacs. By Henry M. Bernard, M. A. Cantab. : With 3 woodcuts. Briefly stated, the problem we have here attempted to solve is this: Certain Chætopod Annelids migrated on to the land at an early geological period, and are now represented by the Tracheata, so called because of their breathing organs which are chitin-lined invaginations of the outer cuticle; — whence came these respiratory organs? In the first place we feel fairly safe in affirming that they must have arisen from some previous structures, which first assisted, and ultimately by a gradual change of function monopolised, the respiration. That the trachez are entirely new formations is very improbable. The thickening of the cuticle which seems to have taken place early, per- haps primarily as a protection against desiccation, would make it less and less plastic for the formation of such purely ectodermal structures as trachex. We have then to ask, what structures were there in the original Chætopod Annelid which were available for development into tracheæ, and which will satisfy all the conditions ? Some authors have suggested the nephridia, but this hardly sa- tisfies all the conditions; it does not, for instance, explain the diffuse arrangement of the tracheæ in Peripatus. Other writers, again, limit themselves to the safer, because more indefinite derivation from dermal 34 * 519 HENRY M. BERNARD, glands. With this I agree, but propose to specify these dermal glands, and to endeavour to show that they were the bristle or acicular glands of the original Chætopod. This homologising of tracheæ with setiparous sacs obviously meets the objections of those who assert that no dermal glands are known in the Annelids which could have given rise to tracheæ, setiparous glands having apparently been overlooked. But since we know that the bristle sacs, even among the Chætopod Annelids themselves, are plastic organs, and may either secrete a bristle or change into long coiled “‘spinning” glands (e. g. Polyodontes), we rei I think, fairly ask why they could not form tracheæ ? Fig. 1 is a diagram of an Annelidan bristle, growing from a single cell at the bottom of an ectodermal pit. It seems clear that from the very first air might get down between the bristle and the walls of the pit, especially if there were any irregularities in the smoothness of the former. There seems to be no limit to the modi- fication of bristles for, far less essential functions than that now under discussion. Every diminution in the size of the bristle would be an advantage, and its ultimate dis- appearance would leave an ectodermal respi- ratory pit which might well have been the starting point of all known forms of tra- : chez. Fig. 1. Diagram of an An- That such a pit as this was, as a ea aes: growing from matter of fact, the starting point of all forms pit. (From Boas, Lehrbuch der of tracheæ there can, I think, be little doubt. rene) The further development of its proximal end either to ramify through the body to aerate the separate tissues directly, or to form tufts or leaves for the aerating of blood streams presents little difficulty. I may perhaps here mention, as no part of the argument, that in certain Insect larvie the stigmata or openings of the tracheæ show an extraordinary resemblance to hair papillæ. No definite argument, of course, can be founded upon this extraordinary similarity. The projection of the end of a chitinous tracheal tube above the level of the cuticle, so that the opening-lies on a papilla is a very natural phenomenon. Though no argument can be built on it, it at once be- An endeavour to show that the tracheæ arose from setiparous sacs. 513 comes interesting if the connection between hair sacs and tracheæ can be established. Before going further, it may perhaps be well to point out that, beside the ordinary sete of the Annelids, certain bristles were modi- fied into supporting organs. Each parapodium or branch of a para- podium developed one large bristle which hardly appeared above the surface of the body and whose functions were almost purely skeletal, giving firmness to the whole parapodium. These supporting bristles are known as acicula. We shall find that while some tracheæ are to be referred to ordinary bristle sacs, others can only be referred to acicular sacs. Let us take the different groups of the Tracheata separately, the order chosen being that which best suits the exigencies of our ar- gument. The Hexapoda. As, in discussing origins, we must necessarily avoid specialised forms, we naturally confine our attention to the primitive conditions still visible in the embryos. Fig. 2 is the embryo of Melolontha, and Fig. 3 the same of Ay- drophilus. A row of stigmata is seen on each side just above the bases of the limbs. They occur from the first thoracic to almost the last abdominal segment. When we compare the position of these openings and the probable position of the acicular glands of the ori- ginal Tracheatan-Annelid, their origin from such glands seems very probable. In order to make this clearer it is necessary to make some suggestion as to the origin of the appendages of the Tracheata. In the Crustacean-Annelid, which is the term I have proposed !) for the Annelidan ancestor of the Crustacea, both branches of the parapodia were originally retained, the ventral as gnathobases or jaw-pieces, and the dorsal as swimming plates. These latter were then gradually transformed into ambulatory legs. In the Tra- cheatan-Annelid which, according to the theory, early migrated to the land, the ventral parapodia would be those most probably developed into locomotory limbs. There could be no question of using the ventral parapodia of the trunk limbs as accessory jaws, because the head was not bent round in these early land Arthropods, as I have 1) The Apodidæ, a morphological study. Macmillan 1892, 514 HENRY M. BERNARD, shown was probably the case in the primitive Crustacea, to, receive the food thus held. All the biting and catching actions were carried on at the anterior end of the body, round an anterior mouth, by means Fig. 3. Fig. 2. Embryo of Melolontha (after GRABER, from KORSCHELT and HEIDER’S Lehr- buch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte), showing the position and strietly meta- merie arrangement of the stigmata, and the originally metastomial position of the an- tennæ and oral appendages. Fig. 3. Embryo of Hydrophilus (after HEIDER, from LANG’s Text-book of Com- parative Anatomy), showing the position and metamerie arrangement of the stigmata. The oral appendages have moved forward to cover the mouth. of the more anterior pairs of parapodia, modified into mandibles and maxillæ, as we shall presently try more minutely to describe. Thus, in the Tracheatan-Annelid, the ventral parapodia along the trunk would naturally be used as limbs, to be developed later into the variously formed ambulatory legs. The dorsal parapodia, on the other hand, would disappear. We assume, then, that when the dorsal Hirknöflinm itself disap- peared its acicular gland persisted, modified for new functions, viz., in the present case, to form the tracheæ of the Hexapoda. : This supposition that the trachex are acicular glands is in itself not improbable. The acicula, as has already been mentioned, are not so much protective bristles as supporting structures for the parapodia, An endeavour to show that the tracheæ arose from setiparous sacs. 515 which are but folds of the skin. It seems to require no great stretch of the imagination to believe that, as the dorsal parapodia gradually went out of use, owing to the specialisation of the ventral parapodia as ambulatory limbs in adaptation to a land life, the acicular glands might acquire a new function. They would obviously be no longer required to secrete the large supporting bristles; they would therefore, if we may use the expression, be at the disposal of the animal for use in some other way. It would, further, be the acicular glands in preference to any other setiparous glands which would be thus liable to modification; because the more protective bristles would probably be as functional on land as in the water. We have, indeed, among the Chetopod Annelids, an almost exact parallel to the case here imagined. In Polyodontes (a Chætopod An- nelid) the dorsal branch of the parapodium degenerates and fuses with the ventral branch. Its acicular gland is retained as an additional skeletal support for the fused parapodia. But its bristle glands develop into what Eısıc !) calls a “spinning gland”. This fact is especially interesting to us because, as we shall see below, these bristle- and acicular glands in the Tracheatan-Annelid not only formed tracheæ but also spinning glands. Reference to Figs. 2 and 3 shows how well this origin of the tra- cheæ agrees with facts. We find in each trunk segment dorsally to the limb, i. e. exactly in the place of the vanished parapodium (as- suming the limb to represent the ventral branch), a stigma which seems to me to receive its full explanation as a derivative of an aci- cular gland. These trachex are, however, not the only developments of the acicular glands in the Hexapoda. There are other structures most important for our argument. BürscHhLı?) has already claimed the larval spinning gland on the 2nd maxilla as homologous with the tra- cheæ, i. e. as the modified tracheal invagination of the 1st trunk seg- ment. This, as I have just stated, is most important for our argument, because there can be little doubt that spinning glands are, as a rule, to be homologised with setiparous glands, such a transformation oc- curring, as above described, among the Annelids. If, then, this larval spinning gland is homologous with the trachex, it leaves little doubt 1) ef. Die Capitelliden des Golfes von Neapel, p. 324. 2) Zur Entwicklungsgeschichte der Biene, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 20, 1870, 516 HENRY M. BERNARD, that the tracheæ are also homologous with setiparous glands; and these, owing to their metameric arrangement and position on the body we specify as the acicular glands of the dorsal PAPE of the original Tracheatan-Annelid. The row of homologous structures is, however, by no means ex- hausted. Assuming the antennæ to have originally belonged to the Ist segment, three pairs of parapodia, viz. those of the 2nd, 3rd and 4th segments moved forward in the original Tracheatan-Annelid to form the Hexapodan jaws and maxille round the anteriorly placed mouth. The twist round of each parapodium first of all from the vertical into the horizontal plane, and secondly in the horizontal plane towards the anterior end of the body, would allow of both branches of the parapodium being used, the ventral as the jaw, the dorsal as palp. And so, as a matter of fact, we find that the head limbs of the Tra- cheata are almost invariably biramose. In the course of their deve- lopment (cf. Fig. 2) they show from the first a much greater similarity to broad leaf-like parapodia than do the rudiments of the specialised ambulatory legs which, we believe, represent only one, viz. the ventral branches of the original parapodia. Thus the whole parapodium being turned round, the acicular glands (either dorsal or ventral, probably the latter) would naturally also come to point forward, a position from which but a very slight displacement would cause them to open in the mouth. In the Antennata we find, as we should expect from this derivation that the salivary glands often occur in as many as three pairs. This homology of the salivary glands of the Hexapoda with the tracheæ is not new. CARRIÈRE ‘), from his study of the embryology of Chalicodoma muraria, goes even further, and claims not only the sali- vary glands but also the tentorium as homologous with tracheæ. It is obvious that a deduction of them all from acicular or setiparous glands explains these homologies. I have also endeavoured elsewhere ?) to show that the salivary glands of Apus are acicular glands; spinning glands are well known developments of setiparous glands, and it is difficult to see why the tracheæ should not also be deduced from si- milar structures. If this view of the origin of the salivary glands from acicular glands be correct, it shows that the Protracheata form an isolated group, be- 1) Carrière, Arch. f. mier. Anatomie, vol. 35, p. 1890, 2) cf. reference at the foot of page 538. An endeavour to show that the trachex arose from setiparous sacs. 517 cause it has been clearly shown that the salivary glands of Peripatus are a pair of nephridia brought into the buccal cavity by the de- velopment of a kind of rampart which encloses their openings with the mouth and jaws. This very remarkable process does not seem to have any parallel in the development of the Hexapoda; it is never- theless possible that the salivary glands may be nephridia, as is some- times assumed. .I do not, however, think that this origin is so likely as the one here proposed, which homologises the salivary glands, larval sericteries and tracheæ with a row of chætopodan acicular glands. Not only are the salivary glands of the Insecta of purely ectodermal origin, but the fact that the process of the conversion of one pair of neph- ridia is visible in the development of Peripatus shows that this arrange- ment of salivary glands was comparatively recently acquired in this particular case, just as, also in this particular case, the acicular gland of the 2nd pair of appendages (excluding the antenna) develop into slime or spinning glands, whereas in the Hexapoda they appear to develop into salivary glands. This of course assumes that each pair of sali- vary glands belongs to a different segment !). Perhaps the homologies here claimed may help to solve some of the vexed questions with regard to the morphology of these salivary elands. In the meantime I think there is some reason for believing that they and the tracheæ are to be referred to acicular glands. Protracheata. The development of the tracheæ from setiparous glands, again, throws light on their diffuse arrangement of the former in the Pro- tracheata, as compared with their strictly metameric arrangement in the Hexapoda. This remarkable difference in the arrangement of the tracheæ has always prevented the establishment of any very close relationship between Peripatus and the Hexapoda. It is true that some species of Peripatus (e. g. P. capensis) show a tendency to develop rows of stigmata, but this can easily be explained on the theory I am here trying to establish. As above stated, we can deduce the simple ecto- dermal invaginations which, we think, were the starting point of tracheæ, not only from acicular glands, but from any setiparous glands. 1) cf. KorscHerr und Herper, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte, -p. 832. 518 HENRY M. BERNARD, Now, if we suppose that the original Peripatus adopted from the first a hidden burrowing manner of life, a supposition borne out by the very slight development of the limbs for free locomotion, it would have no great use for protective bristles. And, as a matter of fact, we find that Peripatus, like many burrowing larve, has no bristles, at least on the body. The stiff points at the tips of the papillæ with which the body is covered can hardly be claimed as such. The disappearance of the bristles would leave their secreting sacs free to develop into tracheæ. This derivation of the tracheæ in Peripatus from ordinary setiparous, not from acicular, glands agrees as well with their scattered arrangement as with their tendency to be arranged in rows, and further with the fact that, in this latter case, the number of stigmata is considerably greater than the number of the legs. We may further perhaps see in the comparative insignificance of the dispersed tracheæ in Peripatus as compared with the imposing branched tracheæ opening through the stigmata of the Hexapoda a perpetuation of the comparative in- significance of the bristle sacs by the side of those secreting the acicula. This reference of trachex to setiparous sacs thus explains away in a very simple manner the difficulty that the tracheæ of Peripatus are scattered over the body, while in the Hexapoda they are regu- larly and metamerically arranged. The slime or spinning glands on the appendages of the 2nd segment have already been mentioned, and, like the sericteries of many Hexa- pod larve and the salivary glands of the imago, may be homologised with setiparous glands. The coxal glands, which are generally supposed to be setiparous glands, will be discussed later on in connection with the Arachnida. Myriapoda. The glands of the Myriapoda are so numerous that diligent study is required to unravel their homologies. In face of this difficulty, we must confine ourselves here to suggesting that the deduction of tracheæ from setiparous sacs, either from acicular sacs or from ordinary bristle sacs, will harmonise the very different arran- gements of the stigmata found in this group. In Sewtigera the tracheæ are grouped into structures approaching book-leaf tracheæ arranged in a row down the dorsal middle line, An endeavour to show that the tracheæ arose from setiparous sacs. 519 These lungs project into the pericardium and aerate a blood stream !), thus offering an interesting parallel to the lung books of the Spiders which also aerate a blood stream, whereas the tubular tracheæ seek out the tissues themselves and oxygenate them directly. The lungs of Scutigera may be developed from groups of ordinary bristle sacs which, as we have seen, appear to have formed the tracheæ in Peripatus. But there can be no doubt that in this, as in many other respects, the Scutigeride are highly specialised. The most primitive condition, among the other Myriapoda at least, is found among the Diplopoda, in which the tracheæ are metameri- cally arranged as in the Hexapodan embryo, and may then be homo- logised with the acicular glands of the dorsal parapodia. It is an important point for our argument, that on every double segment there are two stigmata, showing thereby that a very intimate connection exists between the limbs (or parapodia) and the tracheæ, a connection which our theory fully explains. The stink glands which occur in each segment in the Zulidæ just above these acicular tracheæ may perhaps be the glands of the original parapodial setæ. The presence of coxal glands in the Myriapoda, also deducible from setiparous (probably acicular) sacs, is especially interesting, leading us on to the last group which we have to consider — the Arachnida. . The Arachnida. An attempt has been made to deduce the tracheæ of the Arach- nids from the abdominal gills of a Limulus-like ancestor. At the outset, we repeat what we have said with regard to the nephridial origin of the tracheæ “it will not explain all the conditions”; it leaves the cephalothoracic tracheæ of the Acarids and of the Solpugide to be separately accounted for. Our theory avoids this difficulty. On turning to the Arachnida we naturally expect different con- ditions, considering the specialisation of this group. Their whole or- ganisation shows them to have been very early differentiated from the primitive Tracheatan-Annelid. It is however a striking fact that the row of structures corresponding with the Hexapodan spinning and salivary glands and tracheæ is not lateral but ventral. We have the poison glands in the cheliceræ, the maxillary glands in the basal joint 1) see SixcLAIR, A new mode of respiration in the Myriapoda, in Ann. and Mag. N, Hist. March 1892. 590 HENRY M. BERNARD, of the pedipalps, coxal glands and trachex in the cephalothorax ; book-lungs or tracheæ and the spinning glands in the abdomen. This row forms a striking parallel to that just described occurring along the lateral line of other Tracheata. The question is: are they homo- logous structures both with one another and with the corresponding row in the Hexapoda, or, in other words, can they be referred to setiparous or acicular glands of the original Tracheatan-Annelid? The parallel between the lateral row in the Hexapoda and the ventral row in the Arachnida is so remarkable that, without yielding to any un- due love of symmetry, it is difficult to avoid the conclusion that they must be related structures. The closeness of the parallel is only disturbed by the much debated coxal glands in the Arachnida; these seem to have nothing corresponding to them in the lateral rows of the Hexapoda. In the present article I shall therefore leave the coxal glands out of consideration, merely remarking that so great an authority as EısıG!) believes them to be modified setiparous glands, and that my own researches, as far as they go, tend to confirm this view. If this prove correct, the ventral row of homo- nomous structures in the Arachnida is complete. If we assume that the parapodia of the original Annelid had both dorsal and ventral branches, each with its aciculum, we might then perhaps assume that in the Hexapoda the dorsal. row of acicular sacs, in the Arachnida the ventral row became specialised along somewhat similar lines in adaptation to new methods of life. It were now perhaps vain to speculate on the original cause of this interesting difference. A parallel, however, between Peripatus and the Arachnids is at once suggested. In both these animals the row of glands to be deduced from setiparous sacs is ventral. On the other hand, the two are in striking contrast; in Peripatus the trachex are diffused, and may be assumed to be the sacs of scattered bristles, while in the Arachnida the tracheæ are confined to the ventral rows before mentioned, the animals themselves being, as a rule, richly covered with bristles. Taking these ventral structures in order, we have the glands of the chelicere generally admitted to be setiparous glands?). The maxillary glands have all the appearance of being a cluster of seti- parous glands, judging from Schimkewitsch’s drawing *). Passing 1) Die Capitelliden des Golfs von Neapel, pp. 393, 400. 2) Korsonezr und Hener, Erriwicklungsgeschichte, p. 608. 3) Étude sur l’anatomie de l Epeire, in: Ann, Se, Nat. 1884, An endeavour to Show that the tracheæ aïose from setiparois sacs. 551 over the coxal glands, because of their doubtful origin, the fact that in some cases we have tracheæ on the cephalothoracic segments, is of prime importance for our argument. Their bearing on the sub- ject I shall endeavour presently to point out. Following the row on to the abdomen, we have book-leaf tracheæ, tubular tracheæ and spinning glands. My assumption that these are all homologous structures simplifies matters very much. Taking the tracheæ first, it is a matter of indifference whether they develop into concentrated lungs specialised for the aeration of a blood stream, as is the case in the Scutigeride, or into long tubular trachez for the aeration of the tissues directly. Both forms are de- ducible from the same structure. This derivation of both forms of trachez from setiparous (acicular) glands at once explains the presence of tracheæ on the cephalothorax of the Arachnida, this being one of the principle difficulties in the way of those who would deduce the Arachnidan abdominal tracheæ from embedded gills. This latter, at least as explained by MAcLEop and more recently by Laurte'), is one of those fascinating but seduc- tive hypotheses which at first sight seem convincing, but which have to be given up in the face of the great morphological difficulties which they involve. It compels us, for instance, to assume that the cephalothoracic tracheæ have had an entirely different origin, so that, as I have pointed out elsewhere”), it is necessary to assume that the same structures, tubular trachex, have had two independent origins in the same animal! For example, in the Solpugide, the tubular tracheæ of the abdomen are considered to be modified lung books, but the tubular tracheæ of the thorax are a new formation. As far as I can discover from the examination of series of sections of Galeodes, there is absolutely no difference between the tracheæ which open through the large stigmata of the thorax and those opening through the more insignificant stigmata in the abdomen. It is difficult to believe that they had a separate origin. The embedded gill theory must, I think, definitely give way before some simpler theory, such as that here put forward. The development of book-leaf tracheze from ectodermal invaginations such 1) Lauri, Respiratory organs of Scorpio and Slimonia, in: Zool. Anz., No. 386, 1892. 2) Some observations on the relations of the Acarids to the Arachnida, in: Journal of the Linnean Soc. Zoology, vol. 24. 599 HENRY M. BERNARD, as acicular glands presents no greater difficulty than does the deve- lopment of long ramified tubular tracheæ from the same starting point. Continuing the row, we come to the spinning glands of the Araneida. These are regarded, with almost general consent as de- rivatives of setiparous glands, and would not here claim much attention but for the light they throw on the tracheæ. It is difficult to avoid the conclusion that they are homologous structures. The deduction of tracheæ from setiparous glands indeed necessitates this homology. We should have no difficulty, then, in explaining why the spinning glands arise in practically the same relation to the abdominal limbs as do the tracheæ. That some of the setiparous glands should form tracheæ and some sericteries or spinning glands, is what we should expect from what we have seen in the Hexapoda. It seems to me that there is nothing in the way of these homo- logies except the Limulus theory of the origin of the Arachnids. I have already pointed out some of the difficulties in the way of this derivation, and here, surely, in these spinning glands on jointed leg- like processes we find another serious difficulty. The spinning mawmillæ are not easily deducible from the specialised abdominal plates of a Limulus or a Eurypterid. The mamillæ show no trace of having passed through such a stage in their development, and, further, their developmental history shows that they are not new structures but are © the rudiments of the abdominal limbs which the racial form of the whole group possessed in almost every segment, and as such remind us of nothing so much as the legs of Peripatus with their coxal setiparous glands. In this connection I may mention that I have lately confirmed the view of some earlier observers that the spinning gland of the mite Tetranychus tiliarum opens at the tip of the pedipalp in a position exactly corresponding with the spinning glands of Peripatus. This is especially interesting because the mites show traces of being derived from primitive Araneids. The Arachnids thus present us with a ventral row of structures strikingly resembling the lateral row in the Hexapoda, both being deducible from a row of acicular glands. Each contains salivary (or poison) glands, spinning glands and tracheæ. In the Arachnids, however, a new development appears, viz: the coxal glands, which, I believe with Eisia, may also be referred-to setiparous glands. An endeavour to show that the tracheæ arose from setipärous Sacs. 593 Summary. The deduction of tracheæ from setiparous glands is thus found to harmonise many of the anomalies presented by the tracheal systems of the Arthropoda. We explain the diffuse arrangement of the tracheæ in Peripatus by deducing them from the bristle glands which were scattered over the surface of the body, as is still the case in many living Chetopods and in most other Tracheata. The regular metameric arrangement of the tracheæ of the Hexa- poda is explained by referring them back to the acicular glands of vanished dorsal parapodia. This derivation finds some support in the claims of BürschLı and Carrière that the tracheæ are homo- logous with the larval spinning glands and salivary glands of the Insecta. The row of lateral segmentally arranged stigmata found in the embryo is no longer quite complete in the adult owing to later specialisation of parts of the body. The conditions in the Myriapoda are also to some extent explained. The lateral row of stigmata may be considered as the acicular glands of vanished dorsal parapodia ; the stink glands occurring just above them in some families may be groups of parapodial setiparous glands. The dorsal “lungs” of Scutigera may also be groups of bristle glands joined in the middle line, perhaps homologous with the stink glands of the Iulide. In the Myriapoda we also find setiparous glands on the coxæ of the legs, as in Peripatus. In the Arachnida, the row of derivatives from the dorsal acicular glands has disappeared, at least, they are not developed in the lateral line as in the Hexapoda. Instead of a lateral, we have a ventral row of structures which may be deduced from the acicular glands of either the dorsal or the ventral parapodia; a point which can only be determined when we know more about the origin of the Arach- nidan limb. These structures show apparently almost exactly the same modifications as those of the lateral rows of the Hexapoda and Myriapoda. We have salivary or poison glands, tracheæ (lungs or tubes) and spinning glands. This ventral row in the Arachnida has, however, certain modifications (the coxal glands) which apparently have nothing to correspond with them in the Hexapoda. The Crustacea help us to homologise these also with aci- cular glands, as I shall endeavour to show in a subsequent publication. In the foregoing argument we have assumed little which may not be readily granted, that is, apart from the question of the 524 HENRY M. BERNARD, Origin of the tracheë. origin of the coxal glands of the Arachnids. It is obvious, however, that our derivation of trachez from setiparous glands is not seriously affected, if we leave these glands entirely out of consideration. On the other hand, if it can be shown that the coxal glands of the Arach- nida are developments of Annelidan acicular or setiparous glands, the ‘argument brought forward in this paper would be considerably strengthened. Nachdruck verboten. Vebersetzungsrecht vorbehalten. The Lateral Line System in Siluroids. By H. B. Pollard, B. A. B. Sc., Scholar of Ch. Ch. Oxford. (Aus der anatomischen Anstalt in Freiburg i. B.) With plates 35—36. The stimulus to the production of the present paper was given by Prof. Huxtey’s “Essay on the classification of Devonian fish” com- bined with the fact, that Prof. WIEDERSHEIM possessed at his labora- tory considerable material of Siluroids. The work has been completed in the “Anatomische Anstalt” at Freiburg i. B. It is again my pleasing duty to express my deep gratitude to Prof. WIEDERSHEIM for his continued and absolutely unstinted libe- rality and to the Governing Body of Ch. Ch. Oxford for funds to enable me to proceed with the work. The specimens herein examined and described comprise : Clarias — several specimens. Callichthys paleatus Tenyas, Porto Allegre. Auchenaspis biscutatus GEOFFR., Cameroon. Trichomycterus tenuis (or Pygidium tenue) WEYENBERGH, Sierra de Cordoba. Chaetostomus guairensis STEIND., Caracas. Other forms were examined but not cut in sections and are not here described. In Prof. WIEDERSHEIM’s name, thanks are due to Herr Geh. Rath Mögıus of Berlin and Dr. GÜNTHER of the British Museum for their very great kindness in sending most valuable material. Clarias. The following description is mainly based on the examination of a nearly adult specimen. The cranium without the lower jaw was Zool. Jahrb, V. Abth. f. Morph. 35 596 H. B. POLLARD, longitudinally divided in halves by means of a fretsaw and one half was decalcified in picric acid, stained in Alum carmine and cut into sections of 35 w thickness. It was then easily possible to construct a diagram of the canals, sense organs and nerves within an outline sketch of the skull and bones drawn on a large scale. The advan- tage of making the first rough outline very large is that then every section, where there are several hundred, is represented by a readily perceptible and measurable interval. The canals in Clarias are as represented in Fig. 1 throughout the greater part of their extent of uniform calibre broadening only where two systems join!). ‘The canals open to the surface by com- paratively few pores, that is to say, never in a dendritic manner. The tubes occupy the centre of the massive dermal bones and pass from one bone to another without alteration in size whether the union of the bones through which they pass is ligamentous as for example of the opercular and squamosal or sutural as of the squamosal and post- frontal. Clarias shows interesting transitions from the more primi- tive ligamentous union of dermal bones to a much indented sutural connection. When a canal is about to communicate with the exterior it gives off towards the surface a branch which varies very greatly in length. Usually the branch runs for a space in a superficial groove of the bone (as for example pore 5 of the supraorbital system) roofed only by membrane. It then leaves the bone running in the dermis : where it is enclosed by a tough cellular tissue and finally opens by a pinhole aperture. Infraorbital canal. This commences with pore No. 1 be- hind the tubular opening of the nose and above the anterior part of the autopalatine. It runs backward a short distance and opens by another pore No. 2 which lies just in front of the small bone corre- sponding to the antorbital of Amia. Between these two pores lies the first sense organ which is only partially enclosed by rudimentary der- mal bone. The third pore opens between the antorbital and lachry- mal bones. The second sense organ lies within the antorbital and on the upper internal portion of the mucous tube. ‘Sense organs do not necessarily lie at the base of the canals. The fourth pore is situated between the lachrymal and suborbital bones beneath the centre of the 1) In the terminal portions however of some systems e. g. the supra- orbital, there is a tendency towards reduction to a rudimentary state. The Lateral Line System in Siluroids. 597 eye. The third sense organ lies in the lachrymal. The fourth sense organ lies in the suborbital where the mucous canal begins to curve up round the back of the orbit and just behind this sense organ arises the branch which leads to the fifth-pore. This branch possesses a special importance and will be referred to in the comparison with other forms. It passes off backwards and slightly downwards lying in a groove of the suborbital and roofed in only by membrane. It opens between the suborbital and large postorbital. The suborbital canal continues its course obliquely upwards through the large postorbital, the fifth sense organ lying not far from the centre of this bone. A little behind the centre of the bone another branch is given off also lying in a groove of the bone and roofed in by mem- brane. The sixth pore is situated between the postorbital, postfrontal and supratemporal (HuxLEY). The suborbital canal joins the supraorbital in the postfrontal bone and is then continued as the main line of the body. Supraorbital canal. The first pore of this system is situated just medianly to the external tubular opening of the nose. It leads to the canal lying in the nasal bone. The second pore lies at the side of this bone comparatively close to the first. Between the two is the first sense organ enclosed in the substance of the bone in the posterior part of which lies also the second sense organ. The canal then passes into the prefrontal (dermal) bone and shortly gives off a branch which leads to the third pore. The branch runs in a groove for some distance backwards almost parallel to the mucous canal. The latter continues its course straight posteriorly lying close to the edge of the peculiar depression of the frontals. The third sense organ lies on it at some distance posteriorly to the level of the eyes. The next branch given off from the canal shows this peculiarity that it does not open to the exterior but runs for some distance towards the middle line. It is distinctly rudimentary and gives very strongly the impression that it formerly united with its fellow of the opposite side. It will be necessary to refer to this point later. Close behind this transverse branch lies the fourth sense organ and in proximity to it the corresponding fifth branch and pore. This branch runs in a groove of the bone above the course of the mucous canal and it is noteworthy that it does not open near any suture. In Clarias it is by no means a rule that pores should open at sutures. The fifth sense organ is placed only slightly posterior to the above branch, the third, fourth and fifth being fairly close together and not far from 35* 528 H. B. POLLARD, the centre of the frontal bone. Near the suture of the frontal and postfrontal bones the last branch of the supraorbital system is given off. It is large and does not correspond to an ordinary branch but is rather a continuation of the main canal. Near its origin it contains a sense organ. It lies in a groove of the frontal and squamosal, and leads to the last pore, the fifth or perhaps morphologically the sixth, of the supraorbital system. The main canal in the postfrontal near the edge of the latter unites with the infraorbital system and it is noteworthy that it is directed downwards and outwards in its last portion. Continuation of the main line. Behind the junction of the supra- and infraorbital systems in the postfrontal the main line continues backwards near the internal edge of that bone and passes into the squamosal within which it shows a sense organ, No. 6 and then in the anterior third of the squamosal it gives off the operculo- mandibular system at an angle of 60°. It then makes a sharp curve and at the apex of the curve is situated the 7th sense organ. This lies on the inner wall of the canal and just opposite to it a long branch is given off which runs directly outwards in the squamosal and is nearly of the same calibre as the main stem. Reaching the edge of the bone it turns backward at a right angle and then lies for some distance in a groove of the bone termed by Huxrey suprascapula. It opens by a pore near the suture. | The main canal passes backwards and outwards in the squamosal near the edge of which it encloses the 8th last cranial sense organ. It then continues into the suprascapula and on as the lateral line of the body. Innervation. For convenience it is best to regard the lateral line system in the adult Clarias as one organ sui generis, — as much so as the auditory organ for example and to think of the nerves merely as branches corresponding to the various branches of the audi- tory nerve. They all arise from the same region of the brain though they take different directions. The first five organs of the supraorbital line are supplied as shown in the figure by the Ramus ophthalmicus superficialis. The twig which supplies the first sense organ does so from the median side having curved beneath the canal. The remaining four organs are supplied each by a separate twig and in the case of organs four and five the twig runs backward: | The five organs of the infraorbital line are supplied from the The Lateral Line System in Siluroids. 529 Ramus buccalis, the first and second by one twig, the rest by sepa- rate twigs which as in the case of organs four and five separate very early from the buccalis and take long independent courses. The buc- calis and ophthalmicus superficialis unite to form one trunk some way from the ganglion, into which they pass. The ganglionic mass belong- ing to the Trigeminus and Facial nerves lies inside the skull beside the brain but the ophthalmicus superficialis and buccalis lie outside the cranium. The sixth sense organ of the supraorbital system is supplied by a nerve which runs entirely intracranially till it pierces the dermal bone to reach the sense organ. It arises dorsally from the ganglion, not from the ophthalmicus superficialis and may well be considered in Clarias an independent nerve. The sixth organ of the main canal is supplied by the Ramus oticus which arises with the common trunk of the buccalis and ophthalmicus superficialis. It runs upwards intracranially and reaching the dermal bone turns sharply back over a sensory nerve, which runs out transversely, and proceeds to the sense organ. The Ramus oticus gives off also a sensory branch which does not pass to any organ of the mucous canal system. The seventh organ of the main canal is supplied by the Glossopharyngeus. This nerve also gives off another sensory branch to the top of the skull. The root of this nerve closely accompanies the Vagus. The eighth organ is supplied by the first branch of the Ramus lateralis vagi, which also passes dorsally towards the middle line as the Ramus supratemporalis. This joins the recurrent nerve of the Facial. The ganglion of the Ramus lateralis vagi is situated intracranially and the root of the nerve arises far forward on the medulla from the same region as the mucous branch of the Facial nerve. A large branch of the Facialis (Fig. 1x) arises dorsally from the fused Facial and Trigeminal ganglia and proceeds upwards towards the roof of the skull. From the same region of the ganglion arises also a nerve (Fig. 1y) which runs forward intracranially and penetrates the dermal bone passing beneath the supraorbital mucous canal between or- -gans 4 and 5. It supplies the roof of the skull external to the sense organs 3, 4 and 5 of the supraorbital system. The branch + passes enclosed within the frontal and postfrontal bones transversely outwards crossing beneath the Ramus oticus. (Corresponding nerves are pre- sent in some Teleostei and Polypterus.) From a posterior dorsally placed ganglionic extension arises the great Ramus dorsalis recurrens 530 H. B. POLLARD, facialis (often wrongly called trigemini) or „Schädelhöhlenast“. It passes upwards intracranially to the parietal bone in which it lies taking its course directly backwards near the depression in the centre of the parietal. It supplies the mucous canal at the base of the dorsal fin. Auchenaspis biscutatus. (Fig. 2.) The head of a specimen 5 centimetres in length was cut in sections 30 « thick and a reconstruction of the nerves and organs made as with Clarias. Auchenaspis is one of the African Siluroids and does not differ greatly from Clarias though less primitive in many respects. The canals are by no means so uniform in calibre as in Clarias and de- generate in their terminal portions especially the supraorbital and mandibular systems. Furthermore the pores are not always simple apertures for in two cases a branch splits dichotomously. Infraorbital canal. Near the anterior edge of the snout about half way between the middle line and the base of the anterior barbule may be seen two pores. The most external is the first pore of the infraorbital system. The second pore of this system is situated at some little distance further back and more medianly the tubule leading to the first pore curving outwards and forwards and that to | the second inwards and backwards. Between the two and slightly nearer the second lies the first sense organ. A very small dermal bone encloses the canal in this region just above the anterior end of autopalatine. The second sense organ occurs only a short distance posterior to the first. It is surrounded by a thin ring of bone formed around the canal. The third pore opens in front of and external to the nasal opening. From this point the canal curves gracefully out to the fourth pore which occupies a corresponding position in re- lation to the eye. At the middle of the curve lies the third sense organ here also only enclosed in a thin ring of bone. So far the canal has mainly been protected by membrane alone. Beyond the fourth pore the direction of the curve is reversed and the canal passes below the eye. The fifth pore lies opposite the centre of the eye and the sixth is situated at the end of a short branch which arises di- rectly posterior to the eyeball. Until it enters the frontal bone near the origin of the latter branch the suborbital canal is never enclosed in more than rudimentary bone. The fourth and fifth sense organs lie The Lateral Line System in Siluroids. 531 normally between the fourth and fifth and fifth and sixth pores re- spectively. Supraorbital canal. This canal commences with a pore placed far laterally on the snout near the base of the first barbule. From this pore a long branch passes towards the median line in front of the terminal pore of the suborbital system. Arriving nearly at the middle line it runs backwards alongside the specially solid dermeth- moid but not enclosed in bone. It does not communicate it with its fellow of the opposite side. After passing a short distance backward the canal gives off a branch outward which opens at a pore, the se- - cond, close to the first of the infraorbital line. At the origin of this branch lies the small first sense organ, From this point the canal runs straight backwards. The second sense organ lies at the level of the nasal opening and the third pore just beyond the same. Hitherto only feeble bone has been developed in the immediate neighbourhood of the sense organs but shortly the canal passes into the substance of the frontal bone. The third sense organ occurs at the level of the front of the orbit and close to it a rather large branch is given off which passes towards the middle line and splitting dichotomously opens by two pores, 4a and 4b. The canal then takes an outward and backward direction and at the level of the middle of the eye contains the fourth sense organ. Posteriorly to this the large branch containing the 5th sense organ is given off towards the crown of the head. The canal passes outwards, joins the infraorbital and is then continued backwards as the main canal of the body. Maincanal. This continues straight backwards from the junction of the supra- and infraorbital systems and at the level of the broadest part of the skull is found the sixth sense organ. Close to this the operculo-mandibular canal passes off laterally. In the squamosal bone lie the seventh, eighth and ninth sense organs. Between the seventh and eighth a branch passes off outward and backward and opens in a pore, No. 7, just beyond the edge of the dermal bones of the skull. The branch given off between the eighth and ninth sense organs passes - inwards and backwards and opens in the dermis between the pro- jecting angles of the squamosal and parietal bones. The ninth sense organ is the last belonging to the head. Operculo-mandibular canal. The first pore is situated on the under surface of the lower jaw near its extremity. From it a tube curves forwards and upwards passing into the dentary bone 532 H. B. POLLARD, in which it turns and runs backwards. There was no communication with the opposite side. In Fig. 2, this canal is represented diagrama- tically as if seen through the head. The first sense organ is rudi- mentary. The next four pores and sense organs lie in the lower jaw, in the dentary and articular bones and occur at fairly regular inter- vals. The sixth pore lies at the articulation of the lower jaw. Thence the canal is continued backwards and upwards in the preopercular bone lying outside the quadrate. Sense organs 6, 7, and 8 offer no special peculiarity. The branch given off between the 7th and 8th organs is stouter than the average, runs out- side the interoperculum and branches dichotomously opening at pores 8a and 8b. The last portion of the canal lies in the dermis outside the dilatator operculi muscle and gives off one more branch to the 9th pore. The opercular canal joins the main canal just above the articulation of the hyomandibular with the pterotic. There are therefore in the operculo-mandibular system 8 sense organs and 9 pores one of the latter being double. Innervation. The infraorbital system is supplied by the Ra- mus buccalis which gives off a twig to each of the 5 sense organs. The buccalis lies remarkably far removed from the surface and the twigs which supply the two posterior sense organs are long and pass transversely outwards. The supraorbital system is supplied by the ophthalmicus superficialis. The nerve to the first sense organ curves under the canal and approaches the organ from the median side. The twigs to the 3rd and 4th sense organs run upwards and slightly back- wards the ophthalmicus superficialis in this region lying deep down. It has a common origin with the buccalis. The fifth sense organ is supplied by a nerve which runs to it intracranially apparently quite separate from the ophthalmicus super- ficialis. The sixth organ of the main line is supplied by the Ramus oticus which arises dorsally from the large ganglion and passes through the cartilage and perichondrial bone just in front of the curve of the an- terior semicircular canal. From the same portion of the ganglion arise nerves (Fig. 2, x and y) corresponding to those in Clarias. One branch runs outwards near the infraorbital canal and the other passes medianly to the crown of the head. These two branches do not supply sense organs of the lateral line. The seventh sense organ is supplied by the Glossopharyngeus, the eighth and ninth by branches from the Vagus. The first of these The Lateral Line System in Siluroids. 533 gives off a nerve which curves upwards and joins the great dorsal re- current nerve of the Facialis. The Vagus continues on to supply the lateral line of the body. The operculo-mandibular system receives its nerve supply from the Ramus mandibularis facialis which does not divide into externus and internus. This nerve passes out from its ganglion in company with the Ramus hyoideus and both together run through a canal in the hyomandibular after leaving which they separate. The mandibu- laris gives off branches regularly to the sense organs, the more poste- rior curving slightly back, the rest forwards. In the opercular region the nerve is enclosed in the same bone as the mucous canal but in the lower jaw it lies just below or internally to the articular and dentary bones. The last nerve to be described is the great recurrent dorsal branch of the Facialis. This stoutest of all the nerves passes upwards and backwards inclining medianly. In position it arises internally to the anterior semicircular canal of the ear and a portion of its ganglion occupies the common space enclosed by cartilage. The nerve runs back into the parietal bone which it leaves before the posterior end of the cranium is reached. It then takes a deeper course among the body muscles and divides one portion passing on probably to supply a dorsal canal, though this was not actually observed, while the other becomes closely applied to the first spinal ganglion. No interchange of fibres could be observed however and the nerve penetrates the stout bone which runs out to support the shouldergirdle in Siluroids and follows a direction towards the pectoral fin. In the parietal as before mentioned this recurrent nerve receives the supratemporal branch from the Vagus. Callichthys paleatus. (Figs. 3 and 4.) A young specimen about 3 cm in length. The lateral line system is comparatively little developed though at this stage there are no signs of actual degeneration. The number of sense organs is small. Infraorbital system. This commences at a pore placed in front of and below the eye which leads into a canal in the suborbital bones. The first sense organ is situated below the anterior third of the eye. The second and third pores open also below the eye the second sense organ lying directly below its centre. The canal 534 H. B. POLLARD, then curves upwards and joins the supraorbital canal simultaneously opening at a large double pore. In the curve lies the third sense organ. There are thus 4 pores and 3 sense organs in this system. Supraorbital canal. The first pore lies at some little distance anterior and median to the front tubular opening of the nose and the first sense organ is found close to this structure. The second pore is close to the posterior nasal opening. So far the canal has curved outwards, Now however it takes a sharp turn inwards to the third pore which lies between the eyes above the frontal bone. The second sense organ is near this pore. Again the canal curves outward to the double pore at the junction of supra- and infraorbital systems having on its way the third sense organ. There are four pores and three sense organ in this system. Main canal. The main canal continues backwards in the post- frontal possessing in that bone one sense organ No. 4 and opening by a pore at its hinder edge. In the squamosal it curves somewhat inwards. Sense organ 5, pore 5, sense organ 6 follow regularly, the last two structures being near together. Beyond the 6th sense organ a remarkable phenomenon occurs not as far as I know hitherto recorded in any other animal. The canal widens to three lines its diameter and forms a regular sac inside not in the bone (the “suprascapular”). Beyond this sac pore No. 7 in seen followed by sense organ 7 and pore 8. Opercular canal. There is no canal in the mandible and in the preopercular region only a small canal is found with three pores and two sense organs. These lie beneath the eye. The direction of the canal is sharply upwards. Innervation. The three sense organs of the infraorbital line are supplied by three nerves which represent the buccalis in this animal. They take separate courses only arising together from the same ganglion. The first sense organ of the supraorbital canal is supplied by a twig approaching it from the median side. Sense organs 2 and 3 are supplied by twigs which do not curve backwards, this indicating that probably they have not shifted their position at all during their development. The ophthalmicus superficialis gives off a number of sensory branches to the skin in addition to the twigs to the sense organs. Organ No. 4 on the main canal is supplied by a Ramus oticus which has an origin quite independent of the buccalis. It arises dor- The Lateral Line System in Siluroids. 535 sally from the ganglionic mass and passes through the skull wall just in front of the anterior semicircular canal. Thus it never appears outside the cranium. The 5th organ is supplied by the Glossopharyn- geal which also gives off other sensory branches. The 6th sense organ is supplied by the 1st or supratemporal branch of the Vagus. A commissure as in the other Siluroids passes up to join the great recurrent dorsal branch of the Facialis. The last cranial sense organ is supplied by a twig from the Ramus late- ralis vagi. Trichomycterus tenuis. (Fig. 5.) A small and very young specimen 2!/, cm iu length. Infraorbital system. The infraorbital system commences just posterior and external to the nasal tentacle at the inner base of which is situated the anterior opening of the nose. The first portion consists of one sense organ with the short tube belonging to it. The condition is really larval only that part of the canal in the immediate neighbourhood of the sense organ being completely closed and two pores being present. Bone has been formed round about the sense organ. Behind this first sense organ for a long space no trace of canal or organs could be found. Behind and below the eye occurs the next pore and from it the canal leads upwards and backwards curving posteriorly at the back of the orbit. Directly behind the eye lay the second sense organ enclosed in the postorbital bone. Above it the canal joins the supraorbital, opening at the point of junction by a large pore. There are therefore 2 sense organs and 4 (half) pores in this system. Supraorbital system. This commences slightly further for- ward than the infraorbital the first pore lying exactly internal to the nasal tentacle and bordering on the anterior narial aperture. As in the infraorbital line the first sense organ with its tube is separated, though to a less extent, from the following portion. The second (half) pore opens internally to and not far from the posterior narial opening. The sense organ is enclosed in a small ring of bone representing the free nasal. Beyond the interruption the canal commences again by a pore situated nearly at an equal distance from the edge of the orbit and 536 H. B. POLLARD, the nose. The second sense organ lies exactly at the level of the centre of the eye in the frontal bone. The 4th pore occurs slightly more posteriorly and beyond it the canal curves outwards to join the infra- orbital at the large pore behind the eye. The 3rd sense organ lies midway between the pores. There are in the supraorbital system 3 sense organs and 5 pores, four of the latter being really half pores. Main canal. The main canal is continued backwards from the junction of the supra- and infraorbital systems. Sense organ 3 occurs in what is probably the postfrontal bone, though the latter becomes intimately applied to cartilage, above the articulation of the hyoman- dibular. Pore 5, sense organ 4 and pore 6 follow at regular intervals the canal taking a straight course backwards. The 5th sense organ is situated not far from the 6th pore. Beyond it the canal which lies here in the “suprascapular” bone becomes markedly increased in calibre. At this part of its course it is not bounded internally imme- diately by bone but faces a large space in which lies the structure which has been called the swim bladder and which communicates with the sacculus of the ear. The canal continues as the body line backwards. There is no operculo-mandibular canal at this stage. Innervation. The two organs of the infraorbital system are supplied by two twigs representing the buccalis. The first runs clo- sely apposed to the maxillaris superior. The supraorbital organs are supplied by the ophthalmicus superficialis the first receiving its nerve from the median side. Sense organ 3 in the main line is supplied by the Ramus oticus, 4 by the Glossopharyngeal and 5 by the first branch of the Vagus. A supratemporal branch could not be detected running into the recurrens facialis. This latter nerve gives off remarkably far forward the large nerve which proceeds to the pectoral fin which in this case has unmistakeably no connection with the first spinal ganglion. Chaetostomus guairensis. (Fig. 6.) Young specimen, 3 cm in length. Suborbital canal. This has a very long course at the side of the snout. It commences far forward and the first pore is quite laterally placed. The canal curves upwards and backwards, enclosed in a thin tube of bone the skin in this region possessing no other The Lateral Line System in Siluroids. 537 ossification. Where the canal ceases to curve sharply the second pore occurs and near it lies the first sense organ which is rudimentary. The third pore is still some way in front of the level of the nose and the second sense organ which lies midway between the two pores is small. It lies in one of the smallscale-like bones. The 3rd sense organ is at the level of the anterior part of the incompletely divided nasal opening where the bones begin to be more continuous. The 4th pore opens in front of and below the eye. The 4th sense organ is at the anterior level of the orbit. Behind it occurred a slight ano- maly in that before the 5th sense organ is reached two pores (5a and 5b) are seen below the orbit. The other side did not however show this peculiarity. The 5th sense organ, 6th pore and 6th sense organ follow in regular succession. The 7th pore is reached by a compara- tively long branch which lies over the squamosal bone. The canal curves upwards behind the eye at the edge of this bone and in the postfrontal, which is small it unites with the supraorbital canal. No sense organ and no pore is found near the junction and what is worthy of notice the canal runs almost in a continuous line with the supra- orbital. There are 6 sense organs and 7 pores in this system. Supraorbital system. The first two pores lie not far apart in front of the nose and between them is the rudimentary first sense organ. The second sense organ and 3rd pore lie laterally and internal to the nose. The canal then curves outward and backward to the level of the front of the orbit where the 3rd sense organ is situated. Directly behind this and between the eyes a broad canal passes across to join its fellow of the opposite side in the frontal bones. The 4th sense organ lies in the frontal bone at the level of the middle of the orbit and behind it a branch is given off which passes medianly towards the junction of the parietal and squamosal bones without however passing beyond the frontal. The canal then curves outwards to join the infraorbital in the postfrontal bone. The median branch contains a sense organ 5. There are 5 sense organs and 4 separate pores in this canal, the median commissure starting between sense organs 3 and 4 taking the place of a pore and no pore being formed at the junction with the infraorbital canal. Main canal. This continues backwards in the postfrontal from the junction of supra- and infraorbital systems, Near the suture of 538 H. B. POLLARD, the postfrontal and squamosal sense organ 7 is seen and behind it in the centre of the squamosal is given off the opercular canal. The 8th sense organ lies near this spot and behind it also in the squa- mosal the important branch leading to pore 8 passes off downwards and outwards towards the shoulder girdle. Sense organ 9 is the last belonging to the cranium. The system then continues on as the lateral line of the body. Opercular canal. This canal passes downwards and outwards in the squamosal in which it shows the pore marked 4 in the figure (Fig. 6). So far and for a considerable space beyond no sense organ occurs. The canal passes into the preoperculum and there lies the sense organ marked 2. Close beneath this sense organ the hyoid and operculum articulate with the hyomandibular. Close to this sense organ opens pore 3. The canal continues further in the preoperculum giving off pore 2 and containing sense organ 1. At the point of at- tachment of the interoperculum it passes into the dermis and branches dichotomously one branch, the anterior, opening shortly at pore 1 and not continuing on into the lower jaw while the other branch, really a continuation of the canal, runs backward and downward in the interoperculum showing in that bone the sense organ marked 1‘ in Fig. 6. From the interoperculum a short branch runs out below the head and opens at pore 1’. This is represented diagrammatically in the figure. Innervation. The sense organs of the infraorbital line are innervated by branches representing the buccalis. Owing to poor pre- servation of the material the nerve to the first sense organ could not be traced. Sense organs 2 and 3 are supplied by one branch and sense organs 4, 5 and 6 by their own branches. ‘These nerves do not run in common with the ophthalmicus superficialis. The supraorbital system is supplied by the ophthalmicus super- ficialis in the normal manner. The first sense organ receives its nerve from the median side while the 5th is supplied by a nerve which runs intracranially. Organ 7 of the main line is supplied by the Ramus oticus which as in other Siluroids arises independently from the sum- mit of the ganglion plexus and passes through the bone in front of the anterior semicircular canal of the ear. This branch crosses over the branch marked x. The 8th sense organ is supplied by the Glosso- pharyngeus and the 9th by the first branch of the Vagus. The main lateral trunk of the Vagus continues en down the body giving off branches to the respective sense organs, The Lateral Line System in Siluroids. 539 The .opercular canal is innervated by the hyomandibular nerve which perforates the hyomandibular. After the hyoid nerve passes downwards a branch proceeds forwards and supplies successively or- gans 2 and 1 in the preoperculum and then organ 1’ in the inter- operculum. The great recurrent branch of the Facial leaves the complex of ganglia belonging to Trigeminus and Facial dorsally and proceeds upwards to the parietal bone in which it lies for part of its course receiving the supratemporal branch of the first Vagus branch and giving off more posteriorly the branch which passes by the 1st spinal ganglion on its way probably to the pectoral fin. Branches x and y are given off anteriorly from the dorsal region of the same ganglion complex. They do not supply lateral line organs. Comparison of the several forms. Clarias and Auchenaspis (Figs. 1 and 2). Both of these are African Siluroids and as might be expected the morphological differences in their mucous canal systems are slight. Clarias is more primitive in that the canals are of almost uniform calibre throughout and there is less manifestation of the tendency of the terminal por- tions of the canals to become functionless and rudimentary. In Cla- rias also the sense organs and pores occur in the terminal portions of the supra- and infraorbital canals at much more regular intervals. In both forms the infraorbital system possesses 5 sense organs and 6 pores and these may be considered as corresponding each to each, for not only do the numbers agree but the nerve twigs follow the same courses. Branches 5 and 6 do not in Auchenaspis show so markedly as in Clarias that extension and direction on which I wish to lay special stress. As the dermal bones are much reduced in Auchenaspis the close relationship of pores to sutures, which exists in Clarias is not seen. In neither Clarias nor Auchenaspis is there any sense organ be- tween pore 6 and the junction with the supraorbital. In the supra- orbital system Clarias possesses 6 sense organs and Auchenaspis but 5. Pores 1 and 2 in Auchenaspis are situated at the ends of long branches which cannot be considered primitive. The space between sense organs 1 and 2 is great in Auchenaspis, the snout being con- siderably elongated. In both forms branch 3 is directed outwards and backwards behind the nose. Branch 4 which in Awchenaspis di- 540 i. B. POLLARD, vides dichotomously corresponds to that branch which in Clarias does not open to the exterior but joins its fellow of the opposite side. It is evident that sense organ 4 in Auchenaspis corresponds functionally to the two sense organs 4 and 5 in Clarias one pore having been lost in the former animal. Auchenaspis is the more normal but it seems more probable that Clarias shows the more pri- mitive arrangements for pores do not arise above solid dermal bone such as occurs below pore 5 of Clarias, whereas it is known that they and corresponding sense organs may disappear (ALLIS). It may be here noted that pores 3 and 6 in Clarias also open above dermal bone and not near sutures. Sense organ 6 is in both forms situated in the noteworthy canal directed towards the crown of the head or where the Ductus endolymphatici of the ear would open if present. The main canals, that is the squamosal portions of the lateral line system agree in the two animals save that the sharp curves of Clarias are not present in Auchenaspis while pore 8 and sense organ 9 of the latter are not present in the former. The course of the nerves is essentially the same in both. The Ramus oticus is slightly more independent in Auchenaspis. A mandibular canal is present in both with several pores. The exact number in Clarias was not observed. Callichthys and Trichomycterus. Comparing these two South American forms, my specimens of both of which were young, the resemblance is seen to be close. Callichthys was somewhat older than Trichomycterus and does not show so many larval characteristics. Organ 1 infraorbital of Trichomycterus is not represented in Callichthys while below the eye two more sense organs are seen in the latter. Sense organ 3 in the latter corresponds to sense organ 2 in the former. In both the pore at the junction of the infra- and supraorbital systems is present. The snout in Zrichomycterus is more elongated than in Callichthys the two in this respect showing a relation analogous to that which obtains between Auchenaspis and Clarias. It does not affect the number of sense organs or pores. In the supraorbital line the sense organs. and pores correspond each to each and in both the first sense organ is supplied by a nerve from the median side. The pores and sense organs also correspond exactly in the main canal but the expansion between pores 6 and 7, in the suprascapular bone, which is so marked in @allichthys is much less prominent in Trichomycterus. No opercular canal is present in the latter. The The Lateral Line System in Siluroids. 541 innervation is essentially the same in both. A ramus mandibularis of the Facialis is present though there is no trace in the latter of a corresponding mucous canal. In Trichomycterus also the nerve from the great Recurrens facialis which proceeds to the pectoral fin arises far forward at the level of the 5th sense organ and then runs comparatively near the surface directly crossing the space in which lie the slight expansion of the canal between pores 6 and 7 and the bladder leading to the sacculus. Comparing Chaetostomus, another South American form, with the two last a remarkable difference is seen which may however be in great part due to difference in age of the specimens. Thus in Chaeto- stomus the sense organs and pores, and even canals are more numerous. In place of the two sense organs of Zrichomycterus or three in Call- ichthys there are in Chaetostomus 6 present in the infraorbital system. In the last named the infraorbital canal is much extended distally corresponding to the extension of the snout in front of the nose. In Trichomycterus the elongation of the snout has taken place more behind the nose. Thus probably from its relations the 3rd sense organ in Chaetostomus corresponds to the 1st in Trichomyeterus. Sense organ 2 in the latter and 3 in Callichthys are not present at all in Chaeto- stomus 1). In the supraorbital canal the resemblance is greater but sense organ 2 of Chaetostomus is wanting in the others and in them also there is no trace of the median branch containing sense organ 5, The pore at the junction of supra- and infraorbital systems is closed in Chaetostomus. The canal in the interoperculum of the last is not present in the other two and of them only Callichthys possesses a preopercular canal. Its two sense organs correspond with those of Chaetostomus but the canal does not join the main canal. Simple pores in Zrichomycterus and Callichthys often represent branches or commissures in Chaetostomus. Thus the transverse com- missure in the frontal is only represented by pores 3 and 4, respectively in the former pore 7 by the half pore or pore 3, branch 8 by pore 6. No great differences in the innervation are to be noticed except for the peculiar position in Trichomyeterus of the sensory nerve which proceeds to the pectoral fin. Chaetostomus and the African forms. On comparing the mucous canals of Chaetostomus, Clarias and Auchenaspis the truly 1) Unless a shifting downwards has occurred in Ch. Zool, Jahrb. V. Abth, f. Morph. 36 549 H. B. POLLARD, remarkable fact is seen, that they agree closely. The bearing of this will be evident when it is remembered how far removed the South American and African faunas are and how ancient the former is. Chaetostomus, also belongs to that subfamily of Siluroids which possibly contains the most archaic representatives of all the Teleostei, forms in which a protective armour is present consisting of scutes which are little more than aggregations of true dermal teeth and dermal teeth also which agree in essential characters with the teeth of the oral cavity. (The importance of this last point has been in- dicated by Herrwia.) We learn thus that the mucous canals of Clarias and Auchenaspis represent a very early type. Making the comparison now in detail and commencing with the infraorbital system it will be seen that the latter is much more elongated in Chaetostomus than in Clarias, Auchenaspis to a certain extent however lying between the two. It seems probable that the first pore in Chaetostomus is not represented in the others. The rest of the pores however correspond. Pore 6 in Chaetostomus and 5 in Auchenaspis does not as pore 5 in Clarias stand at the end of a branch of considerable morphological importance but is like an ordinary pore. Pores 7 in Chaetostomus and 6 in the other two are situated at the ends of considerable branches. In all three forms there is no sense organ between this pore and the junction of supra- and infraorbital systems. Correspondingly — there is no pore at that junction. In the supraorbital system the sense organs correspond exactly save for the already mentioned extra one no. 5 in Clarias. The branch to pore 3 in all bends backwards and outwards behind the nose. The most striking feature is the distribution of the branch which proceed medianly between sense organs 3 and 4. In Chaetostomus it forms a well developed frontal commissure, in Clarias it is a complete commissure but one becoming somewhat rudimentary, in Auchenaspis it is no longer a commissure, but opens with a dichotomous division at 2 pores. The median branch containing sense organ 5 (6 in Clarias) corre- sponds in all three being however most developed in Clarias. In the main canal it may be noticed that in all three forms, the opercular canal is in complete communication with the body line and the branch extending towards the shouldergirdle is present. The interesting branch extending to pore 8 in Auchenaspis is indicated only in Chaetostomus. The Lateral Line System in Siluroids. 543 The mandibular canal of Clarias and Auchenaspis is not present in Chaetostomus. My observations on the opercular canal of Clarias are unfortunately not complete but comparison of Auchenaspis and Chaetostomus reveals interesting facts. They do not agree quite so closely as in the other regions. Firstly a peculiarity is seen in Chaetostomus that no sense organ is present between pores 2 and 3. Secondly if pore 1 corre- sponds to pore 6 of Auchenaspis both being the last in the upper jaw, then probably pores 6 and 8 of the latter correspond to pores 1 and 2 of the former. Then however branch 8 of the latter which branches dichotomously would correspond to pore 3 of the former whereas the branch leading to the pore marked 7’ in Chaeto- stomus and branch 8 in Auchenaspis both run downward and back- ward outside the interoperculum. In the interoperculum in Chaetostomus a sense organ occurs not however represented in Auchenaspis. In the innervation the homology of all three forms is complete and a special feature in common is seen in the distribution of the nerve in Chaetostomus and Auchenaspis which proceeds from the great recurrent trunk of the Facial towards the pectoral fin. Siluroids and Amia. The lateral line system has been beauti- fully described by Aruıs for Amia and thus a fairly exact comparison is rendered possible. Sense organs are far more numerous in Amia than in any of the Siluroids and also the dendritic branching and manifold multiplication of pores is entirely absent in the latter, which therefore in this respect stand at a much lower stage. Again I failed to observe any lines of pit organs but they are in some cases represented by rudimentary branches. Special instances will be detailed below. I have tried to make out as far as possible the homologues of the separate organs, estimating the general position, method of branching of the nerves, position in homologous bones, course of the nerve twigs to the organs they supply and lastly the direction in which the branches pass off from the canals to the pores. The accom- panying table represents the homologies as thus discovered. In the infraorbital system the antorbital cross commissure which lies in the dermethmoid in Amia is not present in Siluroids. Sense organs 1 and 2 of Clarias and Auchenaspis appear to corre- spond to sense organs 5 and 6 of Amia lying in the antorbital bone, 3 of Clarias and Auchenaspis to 8 of Amia in the lachrymal, 4 to 36* 544 H. B. POLLARD, 10 in the suborbital, 5 to 11 in the (lower) postorbital. The branch in Clarias which proceeds out between sense organs 4 and 5 corresponds to pore 11 in Amia. This branch must be regarded as the last rudiment of a canal represented in Amita by the vertical line of pit organs. The homology of the first sense organ in Chaetostomus is not clear. The rest correspond as in Clarias and Auchenaspis. The branch, so long in Clarias, which terminates at pore 6 corresponds to pore 12 in Amia and appears also to be the rudiment of a canal represented in Amia by the hori- zontal line of pit organs. Sense organ 14 of Amia is not present in the three forms Clarias, Auchenaspis and Chaetostomus but occurs in Trichomycterus and Callichthys as also does the pore represented in Amia by the system of pores 15—7. The first two organs of the supraorbital system lie in the nasal bone median to the nose. In Amia 3 organs are present in the same bone. It appeared to be a fairly constant phenomenon that the nerve twig supplying the first organ in Siluroids approaches it from the median side. It is not recorded if this is the case in Amia. There can be little doubt that organ 4 of the Siluroids corresponds to 5 of Amia for pore system 6 in the latter runs medianly in the centre of the frontal bone as does the branch in Auchenaspis. Even in Amia — where more sense organs as a rule are present sense organ 5 of Clarias is not represented. The branch passing towards the crown of the head and containing one sense organ is exactly homologous in Amia and the three Siluroids chiefly under consideration. In the main canal organs 15 and 16 of Amia are represented by a single organ in the Siluroids the Ramus oticus being evidently homologous. Behind this point in all the forms the operculo-man- dibular joins with the main line within the squamosal. No pore is present however at the point in the Siluroids. It is hard to say which is the more primitive — absence of a simple pore or presence of a secondary multified pore system. The organ supplied by the Glossopharyngeus is evidently homo- logous throughout as also is that supplied by the 1st branch of the Vagus. In sections I could discover nothing in the Siluroids to represent the middle pit line nor is a supratemporal cross commissure present. On the other hand in Amia there is no representative of the remarkable a Zu The Lateral Line System in Siluroids. 545 branch which proceeds into the suprascapula towards the shoulder- girdle (branch to pore 7 in Clarias and Auchenaspis, 8 in Chaetostomus). Organ 9 in Auchenaspis corresponds to organ 20 in Amia and in the former a branch proceeds medianly and backwards to pore 8 and corresponds to the rudimentary canal re- presented in Amia by the dorsal line of pit organs, a complete canal in Polypterus. Comparing the mandibular line of Auchenaspis and Amia one can only affirm that the 5 organs in the former generally represent the 10 in the latter. In the preoperculum organs 15 and 16 of Amia are not represented in the Siluroids. 11 and 12 of Amia are supplied by one branch of the nerve and may correspond to 6 of Auchenaspis and 13 and 14 of the former would then probably correspond to 7 and 8 of the latter. The canal of the interoperculum of Chaetostomus is not represented in Amia, unless it can be regarded as the rudimentary proximal portion of a canal represented in Amia by the gular line of pit organs. Clarias | Auchenaspis | Chaetostomus | Trichomycterus| Callichthys Amia Infraorbital 1 Sense organs 1 1 2 _ 5 2 2 3 1 —- 6 3 3 4 — 1 8 4 4 5 _ — 10 5 5 6 — 2 11 — — — 2 3 14 Supraorbital 1 1 1 1 1 2 2 2 2 — — 3 3 3 3 2 2 5 4 4 4 3 3 6 5 = = _ A = 6 5 5 = nw 7 Main canal 6 6 3 4 ic 7 7 8 4 5 17 f 18 8 8 5 6 \19 _ 9 10 6 7 20 11 Preopercular _ 6 1 Fi x 112 zur 7 — — 13 = 8 2 — 2 14 Mandibular Indefinite | Indefinite — (5) — — — (10) Interopercular = — ily Sun = 546 H. B. POLLARD, Comparison with the Placodermi. Since the mucous canals of fish run in the dermal bones it is evident that their course may with favourable material be traced in fossil forms. Grooves have been depicted by PANDER in his work on the Placodermi which can only have been occupied by mucous canals. The comparison of these grooves with the tubes of the Siluroids yields results which I hope to show have special value in determining the phylogeny of the Tele- ostei. More than 20 years since, Prof. HuxLey following up the work of PANDER came to the conclusion that the Placodermi possessed undoubted affinities with the Siluroids and especially that Coccosteus was a near ally of Clarias. I propose to consider how far this con- clusion is borne out by the distribution of the lateral line system. I have ventured to reproduce a figure from PANDER (Fig. 7) of Coccosteus with the mucous canals marked in red. In Coccosteus the infraorbital canal runs in the suborbital bone in the posterior part of which a groove passes from the main stem (5 in Fig. 7) backwards and downwards towards where one must consider the articulation of the lower jaw to have been placed. This stem appears to correspond with branch no. 5 in Clarias. The infraorbital trunk then passes upwards into the postorbital bone in which it gives off a complete trunk (6 in Fig. 7) which proceeds backwards in the postorbital crossing into the bone marked y by HuxLey, his supra- temporal in Clarias, which I take to be the preopercular notwith- standing its occurrence as a true cranial bone. This groove cor- responds to the branch 6 of Clarias. In the preopercular it joins another groove representing in Cocc- osteus the opercular canal of other forms. One part of this groove passes upwards and backwards exactly as in Clarias into the squa- mosal bone, near the posterior and upper corner of which the groove curves backwards and downwards and passing into the suprascapular probably continued as the body line. The possibility is however open that the groove in the suprascapular may represent the branch to pore 7 in Clarias'). At the posterior angle of the squamosal a short groove runs upwards and inwards. Returning to the infraorbital canal it may Hale seen that from trunk 6 in the postorbital the groove runs upwards into what one must con- 1) Cf. a recent paper by Traquarr in: Ann. and Mag. Nat. Hist. (6), 5, 1890. A “supratemporal” commissure is present in Coccosteus I have observed traces of a corresponding one in Synodontis [Sept. 92.] The Lateral Line Systems in Siluroids. 547 sider the fused frontal and postfrontal bones in which it joins the supraorbital system. The supraorbital groove commences at the anterior edge of the prefrontal which it traverses passing then into the frontal where it meets the infraorbital system. In the frontalthereisa fully developed frontal transverse commissure as in Chaeto- stomus or in Clarias. (The existence of this commissure is also re- corded by BODENSTEIN in Cottus and Gurren in Lepadogaster and Gobiesox. It may be not infrequent in Teleostei.) With regard to the continuation of the groove posteriorly and downwards in the preoperculum two views are admissible between which in the absence of further evidence it is difficult to decide. Either it may as in the great majority of Ichthyopsida continue on into the mandible as the operculomandibular canal or as in Chaeto- stomus it may (Fig. 6 1‘) run into the interoperculum. The absence of a connection between the supraorbital system and the lateral line of the body dorsally — that is the portion termed in this paper “main canal” — appears very remarkable. Functionally it may have been replaced by the commissure 6. In addition to the phenomena hitherto described in the Siluroids it is worthy of note that in those forms which possess a highly de- veloped dermal armour, so far as I have been able to examine them, a faint line may be seen crossing the parietal bone. It could not be traced at all in sections but is optically apparent on careful examination of the surface. Should it indicate the existence of a former canal, which is not an unreasonable supposition, it would be a structure homologous with the middle dorsal line of pit organs of Amia, with perhaps the transverse commissure described by SAGE- MEHL in the Characinidae, and the transverse commissure of other Placedermi e. g. Asterolepis and finally possibly the transverse com- missure of Chlamydoselachus which lies in front of the openings of the ductus endolymphatici (GARMAN). In Bothriocephalus, judging only from the literature to which I have had unfortunately to confine myself, a canal seems to have been present corresponding to an extension of branch 6 of the supraorbital system of Clarias. The last groove which remains for comparison in Coccosteus is the one present in the coracoid plate (?dermoclavicle) and the interest which it possesses lies in the fact that the strongly marked branch leading to pores Tin Clarias and Auchenaspis, 548 H. B. POLLARD, 8 in Chaetostomus, which practically runs on to the shoulder- cirdle may represent its proximal portion. Comparison withthe Selachii. If the foregoing comparison of the Siluroids with Coccosteus is correct the latter is in certain re- spects a link between the former and the Selachii. The following ac- count of the resemblances is based upon GARMAN’s description of the distribution of the mucous canals in Selachii and Holocephala. The interest lies chiefly in the infraorbital and opercular lines. It can hardly be doubted that Heptanchus and Chlamydoselachus in which the orbital (infraorbital) canal bends backward are the most primitive forms. Chlamydoselachus is from GARMAN’S description the best for comparison. From the “orbital” at the back of the eye a line passes horizontally backwards on to the mantle. This line is termed by GARMAN the “angular”. Some distance along its course it gives off a branch to the mandible the “oral”. Continuing further it is termed “jugular”. After a short space it turns upwards and forwards as the “spiracular” a branch turning down and then forward as the “gular”, this joining the oral. The space between orbital and oral is according to GarMAN longer than is normal; he terms it “the long jugular”. Bearing this fact in mind it is surely not stretching the homologies too far to recognize in the “oral” the groove in the suborbital of Coccosteus marked 5, the homologue of branch 5 in Clarias. Further the angular plus jugular represents the line in Coccosteus, numbered 6 which passes from the infraorbital to the opercular, from the post- orbital bone into the preopercular, and which corresponds to branch 6 in Clarias. Then the “spiracular” of Chlamydoselachus is the oper- cular canal of Teleostei, and the “gular” corresponds possibly to the downward branch in Coccosteus, the interopercular canal of Chaeto- stomus, branch 8 of Auchenaspis and probably the terminal gular pit line of Amia. In putting forward these homologies I do not mean to assert that there is any close genetic relationship between Chlamydo- selachus and Coccosteus. That I do not believe. — An interesting parallel is offered in the transition from Polypterus through fossil Crossopterygidae to Chlamydoselachus, which it may be permissible here to recapitulate. In Polypterus the opercular canal does not join the main canal. From the opercular canal in the middle of the preoperculum a rudimentary branch extends forwards in a groove in that bone. Anteriorly there are indications that it joined the infra- orbital canal. In Osteolepis one of the fossil forms described by PANDER, the canal indicated by these rudiments is fully developed thus showing u The Lateral Line System in Siluroids. 549 the transition to the condition of this canal in Chlamydoselachus. Other homologies are to be discovered which however do not concern us here. Has the branch no. 7 of Clarias, the representative pro- bably of the groove in the coracoid plate of Coccosteus any homologue in the animal kingdom? I have seen no record of any such unless parts at least of the “pleurals” of Raiadae are such. They pass out on the shouldergirdle. Garman appears to me to be not quite clear in his attempts at explanation of their origin. In one place he remarks: — “No doubt the pleural originated as a branch of the orbital”. Further on he says: — “The origin of the pleurals - of the Batoids-...... is a question of considerable interest. Our only clue to the solution of the problem is to be seen in Chlamydo- Seinehus. The fact ..... leads, at the least, to a strong pre- sumption that the Batoidei are indebted for their pleurals and sub- pleurals to a Galeoid ancestor resembling Chlamydoselachus as far as the possession of spiracular and gular canals is concerned if not further”. In the absence of knowledge of the innervation one cannot speak definitely but it appears to me more probable that the pleurals had the same origin as the groove on the coracoid plate in Coccosteus the rudimentary branches in the Siluroids. Conelusion. From the foregoing examination and comparison of the mucous canals of certain Siluroids namely Clarias, Auchenaspis, Chaetostomus, Trichomycterus and Callichthys, in addition to certain details the following general results are arrived at: 1) Clarias and Auchenaspis, two African Siluroids, resemble each other in their lateral line system. 2) Chaetostomus agrees remarkably with the two preceding, some structures rudimentary in the two first being fully developed in the last. Chaetostomus is a South American Siluroid. 3) Comparison of the three preceding with Amia shows general _ resemblances but no close genetic connection. The multifid systems of pores in Amia are represented by simple pores in Siluroids, or sometimes pores are absent. The pit lines of Amia are represented by rudimentary canals in Siluroids. 4) Trichomycterus and Callichthys, at young stages have similar mucous canals which are little developed. 550 H. B. POLLARD, 5) The resemblance of Chaetostomus to Clarias and Auchenaspis is important, because a) The African and South American faunas are widely separate; b) Chaetostomus in its dermal skeleton is most archaic. Clarias is thus shown to have a very ancient type of lateral line system. 6) Comparison of the mucous canals of Clarias and Coccosteus, as far as can be discovered from PANDer’s figures supports Prof. HuxLEY’s view that the Placodermi and Siluroids have a genetic relationship. 7) Taking (6) as true Coccosteus forms in the relations of the infraorbital and opercular canals a link with the Selachii. A parallel case is seen in the transition from Polypterus ‚through the fossil Crossopterygidae to Chlamydoselachus. 8) One important feature, the presence of a canal, may be con- fined to the Rays and Siluroids. March 1892. Literature. Auuts, Lateral line system in Amia Calva, in: Journal of Morphology, vol. 2, April 1889 (with literature). Bopenstein, Seitencanal von Cottus gobio, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 37, 1882. Garman, Lateral canal system of the Selachia and Holocephala, in: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard, vol. 17, 1888. Guriret, Recherches sur les Lépadogasters, in: Arch. de Zool. Exp. et Gen. (ser. 2), T. 6. Huxzey, Preliminary essay upon the systematic arrangement of the fishes of the Devonian epoch, in: Mem. Geol. Survey United Kingdom, 1861, Dec. 10. Paper, Ueber die Placodermen des devonischen Systems, St. Petersburg 1857. SAGEMEHL, Das Cranium der Characiniden, in: Morph. Jahrb., Bd. 10, 1884. The Lateral Line System in Siluroids. 551 Explanation of Figures. ANT. antorbital bone. D). ETH. dermethmoid. E. eye. FR. frontal bone. LA. lachrymal. MX. maxilla. N. nose. NA. nasal bone. OP. operculum. PA. parietal. P. MX. premaxilla. P. OP. preoperculum. P.OR. postorbital. PR. FR. prefrontal. PO.FR. postfrontal. R.buce. Ramus buccalis. R.hm. Ramus hyomandibularis. R.hy. Ramus hyoideus. R.m. VII Ramus mandibularis fa- cialis. R.o.s. Ramus ophthalmicus super- ficialis. R. ot. Ramus oticus. R. rec. VII Ramus lateralis nervi trigemini (STANNIUS). S. OR. suborbital bone. SQ. squamosal. S. Se. Suprascapular. S.temp. Supratemporal nerve. x. nerve to preopercular region. y. nerve to supraorbital region. IX Glossopharyngeus (dorsal branch). X Ramus lateralis vagi. X branch to pectoral fin. Frontal commissure in Fig. 7. Nachdruck verboten. Ucbersetzungsrecht vorbehalten. Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. Von B. L. Maier. (Aus dem Zoologischen Institut zu Heidelberg.) Hierzu Tafel 37. I. Frühere Arbeiten. Die ersten Aufzeichnungen über den Bau der Egelaugen finden sich in BrAun’s „Systematischer Beschreibung einiger Egelarten‘ (1805) [1]. Der Verfasser beschreibt die Augen als schwarze Flecken und fand hinsichtlich ihres Baues, „dass besonders bei den grössern Arten der Egel diese schwarzen Flecke mit einer dem übrigen Körper gleich festen Haut bedeckt waren“ und „sich kaum merklich kugelicht über die Oberfläche erhoben; sowie sie geöfinet wurden, floss so viel einer hellen mit schwarzen Punkten leicht gemischten Flüssigkeit hervor, als sich in dem kleinen Abschnitte hatte aufhalten können“. BRAUN bezweifelt aber, dass diese als Augen gedeuteten Punkte Sehorgane seien, und theilt mit, dass eine Reihe von Versuchen, um das Licht- empfindungsvermögen nachzuweisen, ein negatives Resultat gehabt hätte. Diesem Zweifel entgegnete E. H. Weser (1827) [2] in zwei Mit- theilungen. Ueber den Bau bei ganz jungen Individuen von Hirudo medicinalis schreibt er: „Sie sind über die Oberfläche des Thieres wie eine Warze erhaben und erstrecken sich als Cylinder ein Stück in das Innere des Thieres; — das Ende der cylindrischen Augen ist mit einer convexen Haut überzogen, die sich durch grössern Glanz Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 553 von der des übrigen Körpers unterscheidet und sehr durchsichtig ist und daher für eine Hornhaut gehalten werden muss. Unter ihr liegt an dem Ende jedes Auges eine schwarze Platte, die weit intensiver schwarz ist als andere schwarze Flecken des Thieres, und welche vielleicht eine Blendung vorstellt; der untere Theil des Cylinders hat dieses schwarze Gebilde nicht.“ Aus seiner Zeichnung geht hervor, dass bei den ganz jungen Individuen nur das vorderste Ende des Auges ringförmig von Pigment umgeben ist. Branpr (1834) [3] beschreibt am Auge eine schwarze Haut, die nach vorn hin und aussen von einer gewölbten und durchscheinenden Hornhaut abgeschlossen sei. Ausser- dem constatirte er ein Nervenfädchen „im Auge“. Daraufhin deutete JOHANNES MÜLLER (1854) [4] das Auge als eine Anschwellung des Sehnerven ohne eine Linse oder einen Glaskörper. Einen solchen, sowie eine vorgelagerte Linse glaubte R. WAGNER (1841) [5] zu er- kennen. Derselbe giebt in seinen „Icones zootomicae‘ zuerst eine Zeichnung der Kopfnerven und ihres Zutritts zu den Augen vom Hirudo. Wesentlich Neues wurde bekannt durch Leypia’s Untersuchungen (1861) [6]. Diese erstreckten sich nicht nur auf die Augen von Hirudo (bei LeypiG Sanguisuga), sondern auch auf jene von Aulastomum gulo (bei Leypia Haemopis vorax), Nephelis vulgaris, Clepsine biocu- lata, Piscicola geometra und P. respirans. Das Auge von Hirudo medicinalis beschreibt er als längliche Glocke, bestehend aus einer abschliessenden Haut, einem Pigmentbecher, eigenthümlichen zellen- förmigen Gebilden und dem in der Längsaxe verlaufenden Nerv. Die äusserste Hülle, die Pigmenthaut (Chorioidea), besteht nach ihm aus innern rundlichen und äussern verzweigten Pigmentzellen. Nach innen folgt auf die Pigmenthaut eine abschliessende helle Schicht, Sclerotica genannt. Dieselbe schliesst nach Leypie’s Untersuchungen eigenthümliche, stark lichtbrechende, zellenartige Elemente ein. Letztere, von ihm Glaskörperkugeln genannt, zeichnen sich durch eine dicke Membran einen grossen Hohlraum und einen mit der Membran in continuirlichem Zusammenhang stehenden Kern mit einem Nucleolus aus. Diese Zellen erfüllen den Innenraum jedoch nicht ganz, sondern lassen Raum für ein centrales, in der Axe der Glocke verlaufendes Gebilde, in dem L. eine Fortsetzung des Nervus opticus erblickt. Einen Zusammenhang dieses Nerven mit den hellen Zellgebilden konnte er nicht finden und lässt ihn am vordern Ende des Auges sein Ende nehmen. In analoger Weisr beschreibt er den Bau des Auges von Nephelis vulgaris. Dieses zeichnet sich durch rundlich-ovale Gestalt aus und besteht wie bei Aulastomum aus einer Sclerotica, einer etwas 554 B. L. MAIER, kürzern Pigmenthülle, einer Masse heller Zellen, die sich regelmässig um ein Centrum, einen Axenkörper, gruppiren. Letztern selbst hat er bei seiner Kleinheit mit den ihm zu Gebot stehenden Mitteln nicht untersuchen können. Auf seinen Zeichnungen lässt er den Nerv in derselben Weise wie bei Aulastomum an das Auge herantreten. Aus denselben Theilen soll das birnförmige Auge von Clepsine bioculata bestehen. Bei Piscicola fand Leypia ausser den vier Augen des Kopfes noch zehn Augen im Endsaugnapfe. Sämnitliche bestehen aus einer Pigmentschale und grossen zelligen Gebilden. Ueber das Verhalten des Nerven konnte er bei dieser Art nichts Sicheres mittheilen. Ausser den Augen beschreibt LeypıG noch ähnliche pigmentlose Sinnesorgane. 1875 [7] gab Ranke eine Beschreibung des Auges von Hirudo medicinalis, bestätigte im Wesentlichen die Angaben Lrypia’s und beschrieb die Endigung des Nervus opticus näher. Nach seinen Beobachtungen befände sich in einem mittlern, vorn von den Glas- körperkugeln freigelassenen Raume, welcher rundlich oder den Glas- körperkugeln entsprechend eckig erscheint, eine Anzahl runder, scharf contourirter Körnchen, welche oft eine bestimmte Anordnung zeigten. Sie convergirten wie die lichtpercipirenden Elemente im centralen Abschnitt der Retina in Bogenlinien gegen den Mittelpunkt oder gegen eine mediane Längslinie. Unter diesen Körnchen, oder richtiger kleinen Zellen, glaubte RANKE eine vordere Schicht von stäbchentragenden Zellen von der unmittelbar dahinter gelegenen Anhäufung stäbchen- loser Zellen unterscheiden zu können. Letztere deutet er als Ganglion opticum, erstere als die Netzhaut. Dementsprechend glaubt er eine Verbindung des Nerven mit den Glaskörperkugeln bestimmt leugnen zu können; wie er sagt, treten die Nervenfasern zu dem Ganglion opticum, sich mit seinen Zellen verbindend. Hieraus schliesst RANKE, dass das Auge von Hirudo durch die Contractionen der das Auge begleitenden Muskeln in Gestalt und Wirksamkeit verändert werde; dass nämlich bei Verkürzung des Auges in der Längsaxe die Glas- körperkugeln aus dem Auge hervortreten und vor dem Ganglion opticum sich zu einer Linse zusammenlegen, so dass das Auge erst in dem Augenblick, in welchem es zum Sehen benutzt wird, zu einem Sehapparat gestaltet wird, welcher dann auch ziemlich vollkommenen Ansprüchen an das Sehvermögen genügt. Daneben würde das Auge im eingezogenen Zustande der Tast- und Geschmacksempfindung dienen. Weitere Angaben über die Egelaugen findet man bei CARRIÈRE (1885) [3]. Derselbe bestreitet, dass das „Auge“ yon Hirudo ein Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 555 Sehorgan sei, vornehmlich wegen des abweichenden Baues. Die ana- tomische Bildung schildert er ähnlich wie Leypia. Das Ganglion opticum Ranke’s sowie dessen Stäbchenzellen konnte er nicht finden, verfolgte aber den Nerven in der Axe des Auges bis „dicht an das Vorderende“ und beobachtete einzelne Nervenfasern, die sich vom Hauptstamme abzweigten, zwischen den „Innenkörpern“. Mit letzterm Namen bezeichnet er nämlich die Glaskörperkugeln Leypi&s. Diese besitzen nach CARRIÈRE eine feste, mit Hämatoxylin oder Carmin nicht tingirbare Wand, welche durch feine Poren ein gestricheltes Aussehen . erhält. Bei den gegen das Hinterende hin gelegenen Innenkörpern beschreibt er knopf- und leistenartige Vorsprünge, die verschieden weit in das Lumen des Körperchens hineinragen und im Gegensatz zu der aus homogener Masse bestehenden Wand granulirt sind. Bei den Clepsiniden dagegen findet CARRIERE wirkliche Augen. „Die Augen einer jungen Clepsine zeigen theils unregelmässige Kugel-, theils Eiform und bestehen aus einem halbkugeligen Becher von grossen, in der Peripherie pigmentirten Zellen mit verhältnissmässig kleinem Kern. Halb in diesem Sehbecher, halb ausserhalb desselben liegt eine kugelige „Linse“, aus kleinern, durchsichtigen und kernhaltigen Zellen zu- sammengesetzt. Die „Linsenzellen“ haben hier wohl weniger die Be- deutung eines lichtbrechenden Körpers, sondern dienen in erster Linie zur Ausfüllung der Höhlung des Augenbechers. Aus CARRIÈRES Zeichnung folgt, dass die Augen ganz junger Clepsinen, ähnlich wie nach E. H. WeBEr’s Zeichnung diejenigen von Hirudo, gegen das vordere Ende stärker als gegen das hintere Ende pigmentirt sind. Etwa gleichzeitig mit CARRIERE veröffentlichte C. O. WHITMAN zwei Arbeiten [9 u. 10]: ,,The segmental sense organs of the leech“ (1884) und ,,The external morphology of the leech‘ (1885). In ersterer giebt WHITMAN eine kurze Beschreibung der grossen, hellen Zellen. In jeder dieser Zellen erkennt er ,,a vacuole-like space occupying a central position, which is probably filled with some kind of fluid. — The protoplasm of these cells form a thick peripheral envelope with a rounded thickening on one side, which projects into the vacuolar space. The very small nucleus is usually located near the base of this internal protuberance’. Im Uebrigen stimmt seine Beschreibung mit der von LEYvıG überein. Ein Zusammenhang der hellen grossen Zellen mit dem Nerv scheint ihm wahrscheinlich, doch kann er ihn nicht nachweisen. Ausser den Augen beschreibt er bis dahin un- bekannte „segmental sense organs“. Dieselben finden sich nach seinen Beobachtungen segmental wiederkehrend jeweils auf dem ersten Ringe 556 B. L. MAIER, eines jeden Körpersomits in einer bestimmten Anzahl von Längs- reihen über den ganzen Körper verbreitet. Ueber ihren Bau schreibt WHITMAN: „In sections of the segmental papillæ we find all the elements of the eye except the pigment. There is a branch of the lateral nerve, that runs to each, and from four to six or more of those peculiar large glassy cells are found a little below the epidermal cap, which is convex and free from pigment.“ Mit diesen Sinnesorganen in denselben Reihen und an der Stelle, an der wir diese „segmental sense organs“ erwarten müssten, haben die Augen ihre Lage. In einer ein Jahr später (1886) [11] erschienenen Arbeit „The jeeches of Japan“ vergleicht und beschreibt WuıTMmAn die Augen vom „land-leech“ (Macrobdella sestertia) und dem „Japanese medicinal leech (Hirudo nipponica). Hier constatirt er ebenfalls das Vor- kommen von Kernen in den „large clear cells“. Diese selbst seien sehr gross und ihrem Aussehen nach augenfällig verschieden von irgend welchen bis jetzt an andern Theilen des Blutegels bekannten Zellen. Er habe aber dieselben Zellen in den segmental papillæ ebenfalls ent- deckt. Einen Nerv hat er bis „up to these cells“ verfolgt, ohne einen Zusammenhang beider finden zu können. Der einzige Unterschied in der Zusammensetzung zwischen dem Auge und den segmental papillæ liege in dem Fehlen der Pigment- schicht, also ganz in analoger Weise wie bei den im Jahre vorher‘ untersuchten Arten. Das Vorkommen solcher grosser Zellen ausserhalb der Augen findet sich aber lange vor der Wnrrman’schen Veröffentlichung bei Leypia verzeichnet. Aus dem Vorkommen der hellen Zellen bei den drei bekannten Sinnesorganen, nämlich den Augen, den „becherförmigen Organen“ und den „segmental sense organs“ folgert WHIrmMAN, dass sie vermuthlich Sinneszellen seien. Diese, wie aus meinen Untersuchungen hervorgehen wird, richtigen Angaben stösst Wmrtman in dem „Postsceript“ zu dieser Arbeit wieder um. Hier bestreitet er die Nervennatur des Axenstranges, und zwar aus folgenden zwei Gründen: erstens sei der Augennerv vor dem Eintritt in das Auge dreimal so dick wie die stärkste Stelle in der axialen Fibrillenschnur, zweitens aber habe bei einer von ihm näher beschriebenen Goldfärbung der ,,optic nerve“ eine entschieden nelken- rothe Färbung angenommen, dagegen die Fasern im Innern des Auges „die axialen Fibrillen“, eine schmutzig-blaue Farbe, genau wie die Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 557 Epidermiszellen und die hellen Zellen. „These two facts show quite conclusively, that the axial fibres are not a direct continuation of the optic nerve.“ Bei der Vergleichung des Auges mit dem „homologen“ segmental sense organ kommt der Verfasser zu dem Resultate, dass die axialen Fibrillen ähnlich innervirt werden wie die Sinneszellen eines segmentalen Sinnesorgans, sowie dass die hellen Zellen eines solchen denjenigen der Augen ähnlich gelagert sind. Was sei da natürlicher, als dass man die axialen Fibrillen als die Sinneszellen des Auges auffasse? In dem etwas verbreiterten Ende der Sinnes- zellen oder der axialen Fibrillen will Warrman Nuclei gesehen haben. Bei keinem seiner Präparate ist er im Stande gewesen, die axialen Fasern, d. h. die Sinneszellen, bis zur Epidermisdecke (epidermal cap) zu verfolgen; trotzdem hält er es für möglich, dass sie bis dahin reichen. Falls aber dieselben in Wirklichkeit nicht bis zur Epidermis reichten, also völlig von ihr getrennt wären, so sagt er: „this would not of course be any obstacle in the way of accepting the view I have presented.“ Weitere, den Bau der Egelaugen zwar nicht berührende, aber doch nicht zu übergehende Angaben machte Ararny 1888 [12]. Unter anderm bestätigt er das Vorkommen der von WHITMAN ent- deckten segmentalen Sinnesorgane, berichtigt aber einige Irrthümer WurrmAan’s, nämlich dass sich genannte Organe nicht nur auf den ersten Ringen jedes Somits, sondern meist auf allen finden, sowie dass die von WHITMAN angegebenen Reihen nicht die einzigen sind. Diese „Tastkegelchen“ hält Aparuy für „die primitiven Sinnesorgane der Hirudineen“, die durch segmentale Differenzirung in der Kopfgegend die Augen hervorgehen lassen. Den phylogenetischen Bildungsgang der Augen stellt sich ApaTuy derart vor, „dass von den auf ein Somit- drittel fallenden Tastkegelchen einer oder zweier benachbarter Längs- linien eines an Grösse und Pigmentirung die anderen allmählich über- traf, wobei letztere sich dementsprechend verkleinerten und bis auf heut zu Tage kaum noch nachzuweisende Reste geschwunden sind: so kann ein Auge das Aequivalent von acht Tastkegelchen bilden, ohne deshalb aus Verschmelzung derselben entstanden zu sein“. Nach Aparuy besteht der Hirudineenkörper aus einer Anzahl von (innern) Somiten, deren jedes äusserlich eine Anzahl von Ringen zeigt. Ur- sprünglich kamen auf jedes Somit 3 oder 2X3 oder 4X 3 Ringe; durch Verkürzung oder Reduction im Laufe der phylogenetischen Entwicklung kommt eine Abnahme in der Zahl der Ringe zustande und zwar am Einzelkörper in verschiedener Weise. Die meisten Ringe Zool. Jahrb. V. Abth, f. Morph. 37 558 B. L. MAIER, enthält die Mittelregion, gegen Vorder- und Hinterende nimmt die Zahl der Ringe für je ein Somit ab. Eine solche Verkürzung kann erfolgen durch einfache Längenabnahme oder durch Verschmelzung von Ringen, während die Reduction darauf beruht, dass bei einer Functionsänderung die überflüssigen Organe auf dem letzten Somit- drittel zurückgebildet werden und verschwinden und mit diesen auch die äussere zugehörige Ringelung. In seinen Zeichnungen giebt APATHY die Richtungen der Augen an bei Hirudo, Nephelis, Clepsine bioculata, heteroclita, sexoculata, tessulata und marginata, sowie Abbildungen der Tastkegelchen von Clepsine sexoculata und heteroclita. Nach diesen Abbildungen bestehen die Tastkegelchen aus einer Anzahl gegen einen ausserhalb der Körperoberfläche gelegenen Punkt convergirender Sinneszellen mit Tasthärchen und einem hinten an die Sinneszellen herantretenden Nerv. Die Sinneszellen ähneln den Epidermiszellen, sind aber bedeutend länger als sie. Auf den Zeichnungen finden sich aber keine hellen, grossen Zellen, wie sie WarrmAN als zum Sinnes- organ zugehörend beschreibt. Auch bei meinen Untersuchungen konnte ich mich nicht davon überzeugen, dass die überall zerstreut vor- kommenden hellen Zellen den segmentalen Sinnesorganen als inte- grirender Bestandtheil zugehörten. II. - Eigene Untersuchungen. Art der Untersuchungen und Methoden. Meine Untersuchungen erstreckten sich auf folgende Arten: Hirudo medicinalis L. Aulastomum gulo Moqu. Tax. Nephelis 1) vulgaris Moqu. Tann. Clepsine bioculata Sav. 7 marginata O. Fr. Minune. » sexoculata Brrem. Piscicola piscium. Siimmtliche Arten wurden in lebendem erwachsenen Zustande unter- sucht. Junge Exemplare konnte ich keine erhalten, ausser einigen jungen Clepsinen, die von dem Mutterthier herumgetragen wurden; der Bau 1) Araruy bezeichnet eine grosse Form von Nephelis mit N. grandis; ich fand ebenfalls zwei bisher als N. vulgaris beschriebene Formen, eine kleine bis zu 3 cm grosse sowie eine grosse etwa 9 cm lange; ob dies Nephelis grandis Ararny ist, kann ich, da Ararıy sie nicht genau genug beschreibt, wicht sagen. Uebrigens stimmen beide Formen im Bau der Augen überein. Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 559 der Augen stimmte aber bereits mit jenem der erwachsenen Thiere über- ein. Die Beobachtungen wurden sonst an lebendem, wie frisch abge- tödtetem, gehärtetem Material, auf Schnittserien und Macerationsprä- paraten gemacht. Zum Tödten der Thiere wurde meist schwacher Alkohol, dem etwas Todtinktur zugesetzt war, verwandt. Zum Härten benützte ich Alkohol, Sublimat, Chrom-Osmium-Essigsäure, Pikrin-Schwefelsäure und Pikrin- Essigsäure. Besonders vortheilhaft erwiesen sich die in Alkohol oder in Pikrin-Schwefelsäure gehärteten Exemplare. Zum Färben der Prä- parate in toto, um die anatomischen Details zu beobachten, empfahl sich GrenacHer’s Alauncarmin wie auch Bräunung durch Osmium- siure. Zum Studium der histologischen Einzelheiten wurden die Augen theils durch Zerzupfen isolirt und getrennt, theils in dünne Schnitte zerlegt. Zu letzterem Zwecke wurden die Präparate in der bekannten Weise in Paraffin eingebettet und mit dem Mikrotom in Schnitte von 3 bis 7 u Dicke zerlegt. Untersucht wurden letztere theils in Kanadabalsam oder Damarlack, theils in Wasser. Zum Er- kennen der Einzelheiten waren Färbungen nöthig. Solche waren viel- fach recht schwierig. Gute Resultate ergaben meist nur Doppelfär- bungen. Angewandt wurden: DerArıenv’sches Hämatoxylin, Boraxcarmin, Osmiumsäure, Gemisch von Fuchsin, Orange und Methylgrün, ferner Methylenblau und Goldfärbungen. Empfehlenswerth war sehr starke Behandlung des Präparats in toto mit Osmiumsäure nach Behandlung mit Alkohol. Das Präparat wurde in '/,—1-procentiger Osmiumsäure so lange gelassen, bis dasselbe äusserlich dunkelbraun bis schwarz war; dann zeigte sich die Structur im Innern nur schwach gefärbt. Weiter empfahl sich Färbung in toto mit Boraxcarmin und Nachfärbung der Schnitte mit Hämatoxylin, nach Conservirung in Alkohol oder Sublimat. Sodann gab die besten Resultate nach Härtung mit Pikrinschwefelsäure starke Behandlung mit Osmiumsäure und Färbung mit Boraxcarmin (Salzsäurebehandlung). Der Verlauf der Nerven wurde deutlich durch Anilinfarben oder aber durch Goldimprägnation, durch Behandlung mit Goldchlorid und Reduction in schwacher Essigsäure (im Sonnenschein) oder nach dem Gozer-Mays’schen Verfahren (Goldchloridkali, Arsensäure bei Erwärmung auf 45° im Sonnenschein). Das Pigment wird von schwacher Salzsäure überall stark angegriffen, so dass es meist beim Ausziehen des Boraxcarmins mit saurem Alkohol stark verblasst, wobei Zellkerne und Zellgrenzen deutlich sichtbar werden. Macerirt wurde theils in verdünntem Glycerin, theils in 20°/, Salpetersäure. Doch werden bei dieser Behandlung die Objecte so spröde, dass die „Innenkörper“ (CARRIÈRE) sehr leicht zerbrechen und insbesondere der Nerv sehr leicht abreisst. Da die Pigmentzellen sehr fest zusammen- hängen, kann man durch Schläge auf das Deckglas das Auge kaum auseinanderbringen, sondern muss dasselbe mit Nadeln zerzupfen, eine Procedur, bei welcher grosse Zerstörungen, insbesondere Zerreissungen der Nerven nur selten vermieden werden. 37* 560 B. L. MAIER, Lage und Richtung der Augen von Hirudo und Aulastomum. Bei Hirudo medicinalis und Aulastomum gulo finden sich je zehn Augen, und zwar liegen dieselben paarweise auf dem 1., 2., 3., 5. und 8. Ringe. Von diesen Augen stehen diejenigen des 1. Ringes zunächst der Medianlinie des Thierkörpers; jeweils etwas weiter von derselben entfernt folgen diejenigen der anderen Ringe. Die Richtung der beiden vordersten Augen geht der Medianlinie des Körpers beinahe parallel mit fast unmerklicher Abweichung nach der Seite des Thieres. Einen jeweils etwas grösseren Winkel mit der Medianlinie bildet die Richtung der folgenden Augen und zwar der Reihe nach von vorm nach hinten, und zwar derart, dass der Richtungsunterschied der Längs- axe der Augen auf dem 5. Ringe und der Medianlinie bereits über 90° beträgt, so dass diese Augen nicht nur nach der Seite, sondern bereits etwas nach hinten sehen. In noch grösserm Maasse ist dies bei dem hintersten Augenpaare der Fall. Ich kann somit die hierüber vorliegenden Angaben ApATHY’s bestätigen. Die Augen sind also in Form eines Hufeisens angeordnet. Ihre Axen sind von einem ge- dachten Mittelpunkt des Hufeisens radiär nach aussen gerichtet Legt man einen dorsoventralen Schnitt durch die Längsaxse des Auges, so sieht man, dass letztere zu der Körperoberfläche ungefähr in einem Winkel von 60 bis 70° geneigt ist und dass das Auge unmittelbar unter der Epidermis seine Lage hat. Durch die Art und Weise der Wölbung der Körperoberfläche erscheint in Folge obengenannter Neigung der Längsaxe des Auges zu ihr (bei einem Blick von oben auf das Vorderende des Egels) die Axe einzelner Augen bedeutend verkürzt, so dass man glaubt, kleinere Augen vor sich zu haben. Durch einen leisen Druck mit einem Objectträger in der Längsaxe des Auges auf die Körperhaut kann man sich überzeugen, dass der Unterschied in der Länge der Augen nur gering ist. Mit ihrem vordern Ende be- rühren die Augen unmittelbar das Körperepithel, während das Hinter- ende weit in die Musculatur des Kopfes hineinreicht. Bei der folgenden Beschreibung möge unter dem vordern Ende des Auges dasjenige verstanden sein, welches der Körperoberfläche zunächst liegt; unter dem ,,Hinterende“ das nach dem Körperinnern liegende. Bau des Auges von Hirudo und Aulastomum. Das Auge von Hirudo médicinalis hat die Gestalt eines nach hinten halbkugelig abgeschlossenen Cylinders. Seine Längsaxe beträgt Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 561 circa 0,525 mm, sein Durchmesser circa 0,2 mm. Die Umwandung dieses Cylinders wird von einer circa 0,04 mm dicken Pigmentlage, welche am Hinterende auf das doppelte anschwillt, gebildet (Fig. 1 u. 2 Pg). Diese Pigmenthülle setzt sich aus spindelförmigen oder sternförmig verzweigten, fest in einandergefügten Zellen zusammen, die einen durch angesäuerten Alkohol leicht ausziehbaren schwarzen Farbstoft enthalten. Das Gefüge der Pigmentzellen ist nach innen zu sehr dicht und besteht dort aus dicht an einander gedrängten kleinen, rund- lichen Zellen, während die äussern lockerer zusammengestellt, be- . deutend grösser als die innern sind und sich durch lange Fortsätze auszeichnen, mit denen sie weit in das Körperparenchym und die Musculatur hineinragen. Ueberall zwischen diesen Zellen bemerkt man Fasern von Bindegewebe, welches auch an den Stellen, wo das Auge nicht von der Pigmenthülle umschlossen ist, seine Umhüllung bildet (Fig. 1 u. 2 Bg u. Bof). Die Pigmentlage fehlt vorn zwischen dem Körperepithel und dem Auge, und diese pigmentfreie Partie setzt sich auf der ventralen Seite des Auges in Gestalt eines bogen- förmig-dreieckigen Ausschnitts ungefähr durch das erste Drittel der Augenlänge hin fort. Eine der Sclerotica Leypıg’s entsprechende Hülle zwischen der Pigmentschicht und dem Innern konnte ich nicht finden. Das Letztere ist erfüllt von kugel- oder birnförmigen, manchmal polygonal abge- platteten, äusserst stark lichtbrechenden Zellen (Fig. 1 u. 2 Lz) von beträchtlicher Grösse. Ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,06 und 0,02 mm. Es sind dies die Glaskörperkugeln Leynpia’s oder die Innenkörper Carrikre’s. Sie sind wirkliche Zellen und be- stehen aus einer feinen Membran (Fig. 6 M), einem verhältnissmässig sehr kleinen, linsenförmigen Kern (Fig. 6 Ne) mit Nucleolus und einer nicht besonders ansehnlichen Plasmamasse (Fig. 6 Z-Pl). Weitaus den grössten Raum nimmt jeweils eine grosse, von besonders be- schaffenem Plasma umwandete „Kapsel“ ein, in welche das äussere Plasma fast immer in Form eines oder mehrerer Knöpfe (Fig. 2 Kn) oder Leisten einspringt. Die grössten dieser Zellen, bei welchen die knopfartigen Einstülpungen meistens fehlen, befinden sich vorn. Von hier aus gegen das Hinterende nimmt die Grösse der Zellen nach und nach ab, hingegen die Grösse sowie die Zahl der „Knöpfe“ allmäh- lich zu. Diese Zellen stehen im Zusammenhang mit dem Nerv (Fig. 6 Nz, Fig. 1 Nz). Dieser letztere zweigt sich vom obern Schlundganglion ab, verästelt sich wiederholt, versorgt auch die von Leypi& beschriebenen „neuen“ Sinnesorgane, dient aber nicht allein 562 B. L. MAIER, der Sinnesfunetion. Er tritt an das Hinterende des Auges heran, theilt sich daselbst in zwei oder drei Aeste (Fig. 1 N), durchbricht mit einem Ast die Hinterwand der Pigmenthülle und verläuft axial durch das Auge (Fig. 1 Na, Fig. 2 N), ohne an seiner Dicke be- sonders einzubüssen, bis gegen das vordere Ende. Von der Eintritts- stelle ab sendet er Zweige zwischen die hell-lichtbrechenden Zellen, die sich mit diesen verbinden (Fig. 1 Nf). Die vordern ventralen Zellen, welche manchmal etwas aus dem Cylinder hervortreten, werden aber nicht von dem in der Längsaxe verlaufenden Zweig versorgt, sondern von einem der oben erwähnten Aeste (Fig. 1 Nv). Dieser zieht von dem Trennungspunkte längs der Ventralseite des Auges nach vorn und tritt mit den erwähnten Zellen in Verbindung. Jeder dieser beiden Nervenzweige stellt ein Bündel von Nerven- fasern dar, zwischen welchen man ein faseriges Stützgewebe be- obachtet. Eingehüllt wird jedes Bündel durch eine Scheide von Bindegewebsfasern (Fig. 1 Ns). Ebensolche Fasern durchziehen auch die freien Zwischenräume zwischen den hellen Zellen des Auges (Fig. 1 Bof). Möglicherweise sind die zwischen der Pigmentlage und dem Innern des Auges befindlichen derartigen Fasern die ,,Sclerotica“ Leypie’s. Wo das Vorderende des Auges an das Körperepithel herantritt, zeigt letzteres eine strahlenförmige Anordnung der Zellen um die Augenaxe (Fig. 1 Ep). Ebensowenig wie CARRIERE Konnte ich das von RANKE im Auge beschriebene und gezeichnete Ganglion opticum entdecken. RANKE’S Angaben sind daher wohl sicher irrthümlich. Auch die Warrman’- schen Angaben über die Sinneszellen in der Axe des Hirudo-Auges muss ich als unrichtig bezeichnen; es sind nirgends Zellgreuzen oder Kerne im Axenstrang nach Art seiner Darstellung zu beobachten, wohl aber ist die Structur der Nervenfasern im Auge wie auch an der Zutrittsstelle des axialen Nerven genau ersichtlich, so dass auch das Vorkommen von Sinnes- und Ganglienzellen nach Art der WuirmMan’- schen Zeichnung ebenfalls bestritten werden muss. /wischen den Augen von Hirudo und denen von Aulastomum gulo konnte ich selbst in den Grössenverhältnissen keine Unterschiede entdecken. Es gilt also das über den Bau des Hirudo-Auges Gesagte auch für das von Aulastomum gulo. Lage und Stellung der Augen von Nephelis. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den soeben beschriebenen Augen und demjenigen von Nephelis (octoculata) vulgaris und der Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 563 anderen Nephelis-Form (N. grandis APATHY?) beruht auf ihrer ab- weichenden Lage. Während das Auge von Hirudo unmittelbar unter der Epidermis liegt, ist das von Nephelis zwischen die Musculatur eingebettet. Die acht Augen, zu welchen manchmal noch zwei rudi- mentäre hinzukommen, liegen zu je zweien auf dem zweiten und dritten und zu vieren auf dem fünften Ringe; die rudimentären liegen auf dem vierten Ringe. Von diesen Augen ist das vorderste Paar, welches der Längsaxe des Körpers zunächst steht, nach vorn gerichtet, mit unmerklicher Abweichung nach der Seite, das nächste von der _ Medianlinie etwas mehr entfernte nach vorn und der Seite, die beiden hintern Augenpaare, die neben einander auf einem Ringe liegen, nach der Seite und etwas nach hinten, insbesondere das äussere Paar. Bau des Auges von Nephelis. Die vordern beiden Augenpaare sind grösser und birn- bis kugel- förmig, die beiden hintern kugel- bis linsenförmig, die rudimentären linsenförmig gestaltet. Der Durchmesser der grossen Augen beträgt circa 0,15 mm, der der rudimentären circa 0,06 m. Jedes Auge wird von einer Pigmentschicht umhüllt (Fig. 3 u. 3b Pg); allein diese findet sich nur an der hintern Hälfte; die vordere Hälfte wird von Binde- gewebe eingefasst. Die Zellen des Pigmentbechers sind sehr dicht zusammengefügt und verhältnissmässig kleiner als bei ÆHirudo. Fort- sätze der Pigmentzellen, die sich zwischen Bindegewebe und Mus- culatur hineinerstrecken oder wie bei Hirudo mit dem Hautpigment zusammenhängen, finden sich nicht. Der innere, ungefähr kugel- förmige Hohlraum wird von den hellen Zellen erfüllt (Fig. 3 Lz). Die- selben besitzen einen verhältnissmässig grossen Kern (Fig. 3 Ne), der frei in der Plasmamasse liegt, dagegen relativ kleinere „Kapseln“ (Fig. 3 Ka) mit kleinern „Knöpfen“ (Fig. 3 Kn). Solcher Zellen finden sich in den grössern Augen (Fig. 3b Lz) mehrere Lagen über einander, in den rudimentären hingegen nur eine einzige Lage (Fig. 3 Lz). In letzterm Falle sind sie derartig angeordnet, dass die Kapseln gegen das Hinterende, die Kerne gegen das Vorderende zu liegen kommen, und zwar so, dass die durch den Kern und den Mittelpunkt der Kapsel gedachten Linien gegen den vordern Pol des Auges con- vergiren. Wesentlich anders als bei Hirudo gestaltet sich bei Nephelis der Nervenzutritt (Fig. 3 Nz). Der zum Auge tretende Nerv zweigt sich hier von einem grössern Strang ab, welcher zwischen der Epi- dermis und dem Auge verläuft. Derselbe tritt daher, ohne die Pigment- hülle zu berühren oder gar zu durchbrechen, am vorderen Ende heran 564 B. L. MAIER, und zwar direct zu den lichtbrechenden Zellen, manchmal etwas von der Seite. Obwohl ich einige Male einen Zusammenhang der grossen hellen Zellen mit dem Nerven zu sehen glaubte, konnte ich einen solchen bei der Feinheit der Nervenfasern und ihrer Hartnäckigkeit gegen Färbeversuche mit voller Sicherheit nicht nachweisen. Da ich bei keiner Behandlungsweise einen Zutritt des Nerven zum Auge nach Art der Leypia’schen Zeichnung, wobei der Nerv wie der axiale Strang bei Hirudo unter Durchbrechung der Pigmenthülle am Hinter- ende axial durch das Auge hindurchziehen würde, bemerken konnte, so muss Lreypie sich hierin wohl geirrt haben. Allerdings schreibt derselbe: „den Axenkörper selber, obgleich wegen Kleinheit und zarter — Natur des Objects kaum weiter untersuchbar, halte ich nach dem, was sich darüber beim Blutegel erforschen lässt, für die Fortsetzung und das Ende des Sehnervs.“ Lage und Bau der Augen von Clepsine. Eine grosse Mannigfaltigkeit in der Zahl der Augen herrscht bei den verschiedenen Arten der Gattung Clepsine. Clepsine bioculata besitzt zwei ungefähr im Winkel von 45° gegen die Medianlinie des Körpers gerichtete, nach vorn und aussen gewandte Augen, Cleps. marginata vier nach vorn und der Seite gerichtete, Cleps. sexoculata sechs Augen, von denen vier nach vorn und aussen, zwei nach hinten und der Seite gestellt sind. Bei sämmtlichen Arten liegen dieselben noch tiefer in der Musculatur als bei Nephelis. Ueberall konnte ich Pigment- und Bindegewebshülle, helle Zellen und Nerv beobachten. Die die hintere Halbkugel des Auges umfassende Pigmentschale besteht hier aus, im Verhältniss zu den hellen, inneren Zellen grossen, unver- ästelten Zellen (Fig. 4 Pg) mit ziemlich grossen Kernen (Fig. 4 Ne). Beim Ausziehen des Pigments mit saurem Alkohol löst sich dasselbe streifenförmig gegen das Augeninnere radiär auf und lässt die Kerne erblicken. Wie bei Nephelis erfüllen stark lichtbrechende, langgestreckte Zellen das Innere, deren „Kapseln“ keine Knöpfe: zu besitzen scheinen; wenigstens konnte ich davon nichts beobachten (Fig. 4 Lz u. Ka). Am Vorderende des Clepsine- Auges zeigen die hellen Zellen dünne, faserförmige Fortsätze (Fig. 4 Nz). Beobachtet man dieselben näher und verfolgt ihren Verlauf ausserhalb des Auges, so sieht man, dass sie nichts anderes sind als die Nervenfasern des zum vorderen Pole des Auges tretenden Nerven. Letzterer ist von einer deutlich Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 565 wahrnehmbaren Bindegewebsscheide umhüllt (Fig. 4 Bg u. Ns) und besteht aus einem Bündel von Nervenfasern, zwischen welchen man wieder Fasern eines Stützgewebes verfolgen kann. Bau und Lage der Augen von Piscicola geometra. Piscicola piscium besitzt nicht allein am Mund-, sondern auch am Endsaugnapf Augen, und zwar vier in ersterem und zehn rudimentäre in letzterem. Letztere unterscheiden sich von denen des Vorderendes . durch ihre Kleinheit und die geringe Anzahl heller Zellen. Ihre An- ordnung ist die einer Kreislinie mit dem Mittelpunkt des Saugnapfes als Centrum, ihre Richtung von diesem radiär nach aussen gewandt. Die Stellung der vier Augen des Kopfendes ist derart, dass die beiden vorderen im Winkel von 45° gegen die Medianlinie geneigt nach vorn und der Seite, die hinteren in demselben Winkel nach hinten und der Seite sehen. Die Augen sind halbmondförmig, und zwar ist die Breite ungefähr fünfmal so gross wie die Länge. Die Pigment- schale (Fig. 5 Pg), welche das Auge hinten umschliesst, ist ziemlich dünn, aber intensiv schwarz und besteht aus einem Geflecht von schmalen, verästelten Zellen. Das Innere dieser Schale wird von den bekannter hellen Zellen erfüllt (Fig. 5 Lz), die im Wesentlichen mit den hellen Zellen der übrigen Species übereinstimmen. Sie scheinen auf den ersten Blick im Gegensatz zu denjenigen der anderen Arten mehr als eine knopflose Kapsel zu enthalten. Dies erklärt sich aus der unregelmässigen Faltung der Wand einer einzigen Kapsel, deren mehr oder minder tiefe Einstülpungen bewirken, dass bei einem Schnitte scheinbar mehrere Kapseln getroffen werden (Fig. 10—14). Am Vorderende des Auges kann man, wenn auf dem Schnitt die betreffende Stelle getroffen ist, zwei von der Seite her äusserst nahe bei einander verlaufende parallele Contouren verfolgen, die sich mit der Zellwand verbinden, während an der Verbindungsstelle eine Oeffnung gegen den Raum zwischen den beiden Linien aufzutreten scheint (Fig. 5 Nz). Beobachtet man die Linien näher, so sieht man, dass dieselben von einem über das Auge hinweg verlaufenden Nerven aus- gehen (Fig. 5 N). Zwischen obigen Linien lässt sich nun allerdings nur stückweise die Nervenfaser als graue Linie verfolgen, die sich alsdann an oben beschriebener Stelle mit der hellen Zelle verbindet. Die beiden dunklen Linien aber stellen die die Nervenfaser begleitende Bindegewebsscheide dar. Manchmal zieht der das Auge versorgende Nerv nicht geraden Wegs zum Auge hin, sondern biegt, nachdem 566 B. L. MAIER, er erst eine Strecke parallel über das Auge hinweggezogen, mit einer Krümmung nach ihm ab. Die histologischen Verhältnisse der Egelaugen. Die Augen der von mir untersuchten Thiere stimmen im Wesent- lichen überein: 1) in der Pigment- und Bindegewebshülle (Fig. 1—5 Pg u. Bg); 2) im Besitz der grossen, hellen, mit dem Nerven in Verbindung stehenden Zellen (Fig. 1—5 Lz); 3) dem Augennerv (Fig. 1—5 N). Dagegen unterscheiden sie sich wesentlich in Lage und Art des Nervenzutritts. In der Gestalt finden sich Uebergänge vom teller- oder linsenförmigen bis zum walzenförmigen, langgestreckten Auge von Hirudo. Die Pigmenthülle. Obwohl die Augen im Vorkommen eines Pigmentbechers überein- stimmen, so unterscheiden sich die Formen der denselben bildenden Zellen bei allen Gattungen. Ueberall sind die Zellen fest in einander gefügt, theils durch Verästelungen wie bei Hirudo, Aulastomum und Piscicola (Fig. 1, 2 u. 5), theils durch unpigmentirtes Bindegewebe. Verhältnissmässig gross sind diese Zellen bei Clepsine, kleiner bei — Nephelis, sehr klein bei Piscicola, dagegen sehr verschieden in Gestalt und Grösse bei Hirudo und Aulastomum (Fig. 1—5). Während die Zellen von Clepsine keine Fortsätze zeigen, zeichnen sich diejenigen von Hirudo durch sehr lange Verästelungen aus (Fig. 1). Bei allen Formen, ausser bei Hirudo und Aulastomum, bildet das Pigment eine für sich abgeschlossene Hülle der hinteren Augenhälfte, bei den genannten dagegen umwandet es auch die Seiten, begleitet den eintretenden Nerven bereits eine ziemliche Strecke vor dem Eintritt (Fig. 1), reicht mit seinen Fortsätzen tief in das Gewebe der Umgebung des Auges und steht mit dem Hautpigment in Ver- bindung. Ueberall ähneln die Pigmentzellen den Bindegewebszellen. Eine Regelmässigkeit in der Anordnung der Pigmentzellen nach Art der pigmentirten Retinazellen höher organisirter Augen ist nicht vor- handen; ebensowenig konnte ich einen Zusammenhang von Pigment- zellen mit einem Nerven finden, dagegen constatiren, dass die in der Nähe des Auges verlaufenden Nerven mit Augenpigmentzellen nicht in Verbindung stehen. Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 567 An den Stellen, wo das Auge nicht von Pigmentzellen umhiillt wird, bildet faseriges Bindegewebe die Umwandung. Ausserdem findet sich solches Bindegewebe in der Umgebung der Pigmentzellen. Die hellen oder lichtpercipirenden Zellen. Die Innen- oder hellen Zellen erfüllen bei allen Formen das Innere des Auges. Aber nicht allein im Auge finden sich dieselben, sondern auch im Parenchym zerstreut entweder einzeln oder in Gruppen und zwar bei allen Arten. Manchmal weisen diese letztern einen etwas einfacheren Bau auf. Alle diese Zellen zeichnen sich durch ihre Grösse und ihr starkes Lichtbrechungsvermégen aus. Bis WxiITMAN an den Augenzellen von Macrobdella die Kerne gefunden und gezeichnet, wurde ihr Charakter als Zellen bestritten. Man kann an ihnen aber mit Sicherheit alle zur Zelle gehörigen Theile wahrnehmen. Sie sind äusserst schwer tingirbar, insbesondere bei Hirudo und Aulastomum ; hier färbt sich Kern und Plasma sehr selten. Tinction mit deutlichem Kern lieferte Boraxcarmin, doch färbt sich hierbei das Plasma fast nicht. Letzteres gelingt durch starke Bräunung mit Osmiumsäure oder an Schnitten nach sehr langer Färbung mit äusserst verdünntem Hämatoxylin. An Macerationspräparaten (mit 20% Salpetersäure) kann man ohne Färbung die Structur wahrnehmen. Betrachtet man eine solche Zelle von Hirudo in einem dünnen Schnitte, so sieht man von aussen nach dem Centrum zu: 1) ein dünnes Häutchen (Fig. 6 M); 2) eine ungefähr */,, der Länge des Zelldurchmessers dicke, aus radiären Streifen (Plasmazügen) bestehende Zone, die obigem Häutchen anliegt (Fig. 6 Z-P1); 3) eine dunkle, diese Zone nach innen abschliessende Linie (Fig. 6 M-PI); 4) eine aus sehr feinen radiären Streifen bestehende zweite Zone (Fig. 6 J-Pl) und 5) im Innern ein weitmaschiges Netz von Protoplasma (Fig. 6 J-M); ausserdem sieht man, je nachdem der Schnitt durch die Zelle ge- führt ist: 6) den in der äussern Plasmazone gelegenen Zellkern (Fig 6 Ne), sowie auch 7) ein von der Wand aus in das Innere der Zelle vorspringendes kolben- bis zapfenförmiges Gebilde (Fig. 2 Kn, Zelle links), be- stehend aus den’ feinen Streifen der innern Zone, der nach aussen 568 B. L. MAIER, folgenden dunkeln Linie und einem körnigen oder faserigen Plasma, welches die Fortsetzung der ersten Zone bildet. — Dieses letztere Gebilde kann sich, wenn es quer getroffen ist, auf den Schnitten auch als eine im Innern der Zelle gelegene Scheibe darstellen (Fig. 2 Kn, Zelle links oben), die aus den unter 2, 3 und 4 genannten Theilen in concentrischen Ringen in der obigen um- sekehrten Reihenfolge von innen nach aussen gebildet ist. Besieht man die unter 3 genannte Linie genauer (Fig. 6 M-Pl), so erkennt man, dass dieselbe aus unzähligen, verhältnissmässig dicken, nahe an einander gereihten, radiären Streifen besteht, dass dieselben sowie auch diejenigen des äussern und innern Kranzes Protoplasmastructuren sind. Ich benenne die unter 2—4 genannten Theile vorläufig: 2) äusser- stes Protoplasma, 3) mittleres Plasma, 4) innerstes Plasma, ferner 7) den Knopf. Vergleicht man die hellen Zellen von Nephelis mit den oben be- schriebenen, so findet man: 1) die Membran (Fig. 8 M); 2) einen (ziemlich leicht tingirbaren) Kern (Fig. 8 Ne); 3) etwas weiter innen, als bei Hirudo, die dunkle Linie des mittleren Plasma (Fig. 8 M-PI); 4) der Zone des innern Plasma (Fig. 8 J-Pl); 5) dem Knopf völlig entsprechende, aber verhältnissmässig kleinere Gebilde (Fig. 3 Kn). An Stelle der äussern streifigen Plasmazone findet sich ein grob- maschiges Plasma (Fig. 8 Z-P1). An den hellen Zellen von Clepsine sexoculata und bioculata sieht — man ebenfalls die dunkle, mittlere Plasmalinie (Fig. 9 M-Pl), an der ihrer Feinheit wegen die Streifung nur schwer erkannt wird, sowie die innere Plasmazone (Fig. 9 J-Pl), vermisst jedoch den Knopf. Der Zellkern ist im Verhältniss zu Nephelis noch grösser, ebenso die äussere Plasmazone, in welcher er liegt (Fig. 9 Ne u. Z-Pl). Bei Piscicola, die in ihrem ganzen Bau sich als ursprüngliche Form zu erkennen giebt, sind die hellen Zellen äusserst gross, haben einen in Plasmazüge (Fig. 11—14 Z-Pl) eingelagerten grossen Kern (Fig. 11—14 Ne). Den übrigen Raum nimmt die, wie oben klargelegt, auf Schnitten bald als einfaches, bald als mehrfaches Gebilde erschei- nende Kapsel ein, an welcher sich die bei Hirudo beschriebenen Plasma- structuren ebenfalls beobachten lassen (Fig. 11—14 M-Pl, J-Pl). Demnach bestehen die hellen Zellen der untersuchten Hirudineen (Fig. 6—14): 1) aus der Membran (M), 2) aus dem Zellkern (Ne), 3) aus dem Zellplasma (Z-Pl), 4) aus einer Kapsel (Ka), gebildet aus der mittleren Plasmalinie (M-Pl); der inneren Plasmazone (J-Pl) und dem innersten Plasmanetz (J-M). Bei allen Formen, ausgenommen Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 569 Clepsine, finden sich Einstülpungen des äusseren Zellplasmas in die Kapsel: die Knöpfe. Was also LeypıG als Kern ansah, ist obige Ein- stülpung, und was Carrière als poröse Membran beschrieb, ist das äussere streifige Zellplasma, welches bei Hirudo relativ sehr dünn ist. Die Zellmembran ist überall sehr dünn und zeigt keine besondere Structur. Das Zellplasma. Betrachtet man dagegen das oben als äusseres beschriebene . Zellplasma genauer, so zeigt sich auf den Schnitten, die ziemlich durch das Centrum der Zelle geführt sind (Fig. 7 Z-Pl), eine lockere Streifung; wo aber die Zelle nahe der Oberfläche angeschnitten ist, so dass man ein Flächenbild dieser Plasmazone erhält, da erscheint es als ein Netzwerk, ganz ähnlich dem bei Nephelis (Fig. 2, linke Zelle). Ein ebensolches Netz bildet dasselbe in der Umgebung des Zellkerns, sowie da, wo der Raum zwischen Kapsel und Membran etwas grösser wird (Fig. 2, untere rechte Zelle), und ausserdem da, wo es sich in den „Knopf“ einstülpt (Fig. 2 Kn). In demselben Maasse, wie bei Nephelis, Clepsine und Piscicola diese äussere Plasmazone zunimmt, nimmt die Grösse der Kapsel relativ ab. Der Zellkern. Der Zelikern ist überall in das äussere Plasma eingelagert. Bei Hirudo und Aulastomum, bei welchen er am kleinsten ist, hat der- selbe die Gestalt einer stark abgeplatteten Linse und hat gerade Platz zwischen Membran und Kapsel (Fig. 2 Ne), und zwar derart, dass er mit seiner platten Seite an die Membran angedrückt erscheint und der kürzeste Durchmesser nur um Geringes kleiner ist als die Breite der Plasmaschicht. Eine Regelmässigkeit in der Lagerung des Zellkerns konnte ich nicht feststellen; dagegen hat derselbe bei den Augen von Clepsine und Piscicola und den rudimentären von Nephelis (Fig. 3—5 Ne) jeweils in dem nach. aussen gelegenen Theil der Zelle seinen Platz, während die Kapsel hier stets in der hintern Hälfte liegt. Dem grössern Raum entsprechend, in welchem der Kern liegt, erreicht die Abplattung bei Nephelis, Clepsine und Piscicola nicht den Grad wie bei Hirudo. Ueberall ist am Kern eine feine Membran und ein Gerüst- werk zu erkennen, manchmal ein Nucleolus. 570 B. L. MAIER, Die Zellkapsel. Mit Ausnahme von Piscicola hat die Kapsel die Gestalt einer regelmässigen Kugel oder eines Eies, bei genannter Gattung ist die Gestalt wechselnd in Folge der Unregelmässigkeit der Einstülpungen. Die Wand der Kapsel besteht bei allen Arten aus einer äussern, sehr dünnen, dunklen (Fig. 6—14 M-Pl) und einer nach innen sich an- schliessenden breitern, lichtern (J-Pl) Schicht von jedenfalls besonders modificirtem Plasma. Ursprünglich hielt ich diese Kapsel für eine Vacuole. Dem steht aber ausser der besonders differenzirten Wand entgegen, dass, wie bei Hirudo und Aulastomum deutlich zu beob- achten ist, der innere Raum nicht nur mit Flüssigkeit erfüllt ist, sondern von weitmaschig angeordneten, äusserst feinen Plasmazügen durchzogen wird. Diese innerste Plasmapartie (Fig. 6 J-M) färbt sich am schwersten; nur bei Behandlung mit starker Osmiumsäure nach Härtung mit Pikrinschwefelsäure liess sie sich völlig deutlich wahrnehmen. Am grössten und deutlichsten sind die als „Knopf“ beschriebenen Gebilde bei Hirudo und Aulastomum ausgebildet; aber auch hier finden sie sich nur bei den die Mitte und den Grund des Auges ausfüllenden Zellen, während die vordern kleine oder gar keine Knöpfe zeigen. Bei Nephelis (Fig. 3 Kn) ist der Knopf etwas kleiner als bei Hirudo. Entsprechende Gebilde finden sich bei Piscicola (Fig. 10—14 Kn). Daselbst geben uns über die Entstehung und Erklärung desselben theils die im Auginnern, theils auch frei im Parenchym liegenden Zellen Aufschluss (Fig. 10—12). Man findet an solchen Zellen Kapseln, deren Oberfläche nicht straff gespannt kugelig erscheint, sondern in Folge von kleinern oder grössern Einbuchtungen an der dem Kern zugewandten Hälfte einen wellenförmigen Umfang zeigt (Fig. 10, rechte Zelle). Sind diese Einbuchtungen entsprechend tief, so entsteht dasselbe Bild, wie es die Zelle bei Hirudo mit einem oder auch zwei bis drei Knöpfen aufweist. Wie sich in ähnlicher Weise das schein- bare Vorkommen mehrerer Kapseln am Grunde dieser hellen Zellen als eine Kapsel mit besonders stark entwickelten Einbuchtungen erklärt, ist bereits oben geschildert worden. Ob aber nicht auch vor- kommt, dass einzelne Kapseln sich derart durchschnüren, dass in Wirklichkeit mehrere Kapseln am Grunde einer Augenzelle liegen, will ich dahingestelit sein lassen. Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 571 Zusammenhang der hellen Zellen mit dem Nerv. Ueber das Verhalten der hellen Zellen zum Nerv schreibt Leypie: „An zerzupften Augen schien es mir zwar öfters, als ob sich von den Zellen ein feines Stielchen wegzöge, aber es wollte sich niemals eine unbezweifelbare Verbindung mit den Axenfasern zeigen. Nach allem, was ich sehen konnte, muss ich vielmehr annehmen, dass der Axenstrang bis zum obern Ende des Auges einfach heraufsteigt und hier ganz frei und unbedeckt endet.“ RANKE glaubt ebenfalls eine . Verbindung mit den „Glaskörperkugeln“ bestimmt leugnen zu können, ebenso CARRIERE. WHITMAN dagegen lässt den Nerv mit besondern Sinneszellen des Axenstrangs in Verbindung treten. Thatsächlich stehen aber die hellen Zellen mit den Fasern des Nervus opticus im Zusammenhang. Bei Hirudo (Fig. 6 u. 7 Nz), Aulastomum (Fig. 1 Nz), Clepsine (Fig. 4 Nz) und Piscicola (Fig. 5 u. 14 Nz) habe ich dies bestimmt nachgewiesen. Bei Aulastomum und Hirudo beobachtet man an Präparaten, die nach Conservirung in Pikrinessigsäure stark mit Osmiumsäure gebräunt sind, wenn der Schnitt entsprechend geführt ist, einen Fortsatz der Zelle. Bei genauerer Betrachtung ergiebt sich, dass derselbe aus vier parallelen Contouren besteht, von welchen die beiden äussern nicht in die eigentliche Zelle übergehen, sondern an deren Peripherie vorbeilaufen und in ihrem Aussehen sich in nichts von den die Zelle umgebenden Bindegewebsfasern unterscheiden ; zwischen den beiden innern Linien kann man eine hellgraue, fein- streifige Masse wahrnehmen. Verfolgt man diesen Fortsatz weiter, so findet man, dass er in eine Nervenfaser des Axenstrangs übergeht. Demnach stellen die beiden innern Linien die Grenze der Nervenfaser, die äussern ihre Bindegewebsscheide dar (Fig. 6 u. 7 N). Noch deut- licher sind diese Verhältnisse an Präparaten wahrzunehmen, die nach Conservirung in Pikrinschwefelsäure erst mit Osmiumsiiure stark ge- bräunt und sodann mit Boraxcarmin gefärbt wurden. Hier nimmt die Nervenmasse eine rothbräunliche Farbe an, so dass sie mit Sicherheit von allen andern Gewebsarten unterschieden werden kann. An Schnitt- serien lässt sich sodann der gesammte Nerv mit seinen Verzweigungen, seinem Absenden einzelner Fasern zwischen die hellen Zellen und deren Zusammenhang mit letztern unter Verbindung der eigentlichen Nervenfaser mit dem Zellplasma genau verfolgen (Fig. 1). Auch an Macerationspräparaten ist der Zusammenhang der Zellen mit einer zutretenden Nervenfaser zu beobachten, doch zerreissen die Nerven- fasern sehr leicht, besonders dann, wenn man durch Zerklopfen die 572 B. L. MAIER, Zellen zu trennen sucht. In analoger Weise treten, wie bereits oben beschrieben, die Nervenfasern bei Clepsine und Piscicola mit den hellen Zellen in Verbindung. Der Nerv. Der Nerv ist, wie bereits gesagt, schwer zu färben. Die eigent- lichen Nervenfasern scheinen jeder Aufnahme von Farbe zu wider- stehen, und nur die Stütz- und Scheidenelemente nehmen Farbstofte auf (Anilinfarben, Goldausscheidungen). Ein Nervenquerschnitt zeigt äusserlich eine wohl bindegewebige Scheide (Fig. 1 u. 4 Ns), sodann ein Bündel von Nervenfasern, zwischen welchen sich eine färbbare faserige Masse von Stützgewebe findet. Diesen Bau konnte ich bei Aulastomum und Hirudo bestimmt beobachten. Sehr mannigfach finden sich Varicositäten der Nervenfasern. Auffallend ist der Unterschied hinsichtlich des Zutritts des Nerven zum Auge. Hiernach stellen sich die Augen von Piscicola, Clepsine und Nephelis als invertirte Augen dar, aus denen das complicirtere Auge von Hirudo und Aulastomum, das scheinbar nicht invertirt ist, in weiter unten dargestellter Weise sich entwickelt haben kann. Function der beschriebenen Organe. Schon Braun, der die beschriebenen Organe von Hirudo zuerst. eingehender untersuchte, bezweifelt, dass dieselben Augen seien. In neuerer Zeit schliesst sich CARRIÈRE dieser Ansicht an, indem er schreibt: „Die bekannten becherförmigen, pigmentirten Organe an dem Kopfe der Hirudineen kann ich nicht für Augen halten — ihr Bau ist zu abweichend von allen bekannten Lichtsinnesorganen, und die Anwesenheit von Pigment kann für sich allein nicht als entscheidend betrachtet werden.“ Dagegen hält er, obwohl er keine wesentlichen Unterschiede im Baue gefunden hat, inconsequenter Weise die Augen der Clepsiniden für unzweifelhafte Sehorgane. Da nun, wie meine Untersuchungen ergaben, die Organe bei allen studirten Arten übereinstimmend gebaut sind, so müssen sie wohl auch dieselbe Function besitzen, Ihr Bau spricht unzweifelhaft für die Deutung als Sinnesorgane. Durch Versuche, wie sie LeypIG gemacht hat, ist nachgewiesen, dass die Blutegel Lichtempfindungsvermögen haben müssen. Wenn auch allein der Umstand, dass die verschiedenen Theile der beschriebenen Organe in prägnanter Weise optisch verschieden sich verhalten, indem eine tiefschwarze Pigmenthülle eine Gruppe von Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 573 äusserst stark lichtbrechenden, krystallklaren, glänzenden Zellen um- giebt, darauf hindeutet, dass die Organe zur Wahrnehmung eines Lichtreizes dienen, so wird diese Vermuthung dadurch zur Sicherheit, dass die Zellen in dem Pigmentbecher bei den Hirudineen unzweifel- haft Sinneszellen sind. Einen weitern Beweis, dass die Organe Augen sind, liefert ihre Uebereinstimmung oder Aehnlichkeit mit dem Bau der Augen von Turbellarien (insbesondere denen von Planaria) und Nemertinen, zwei Abtheilungen, bei welchen der Charakter der be- treffenden Sinnesorgane als Augen niemals in Frage gekommen ist. Bei den genannten Ordnungen bestehen die Augen aus einem Pig- mentbecher und einem lichtpereipirenden Apparat und sind invertirt. Die lichtempfindlichen Elemente sind bei den einzelnen Gruppen verschieden gestaltet. Am einfachsten sind sie bei den Tricladen, hier erfüllen koibenförmige Sinneszellen das Innere des Pigmentbechers. Bei den Polycladen unterscheidet man an der Sinneszelle einen kegelförmigen, den Kern enthaltenden Theil und ein verhältnissmässig dickes, stark lichtbrechendes, schwer zu färbendes Rhabdom. Bei den Rhabdocölen bildet Bönmig ein Auge ab, in welchem ähnliche Stäbchenzellen vom Pigmentbecher umschlossen sind. In allen drei Fällen stehen die Sinneszellen mit den Ganglienzellen eines vor dem Auge liegenden Ganglion opticum im Zusammenhang. Bei den Nemertinen zeigen die lichtempfindlichen Elemente einen ziemlich complicirten Bau. Eine durch eine Fibrille vom Gehirn versorgte Ganglienzelle sendet einen Fortsatz mit einer spindelförmigen Anschwellung an einen licht- brechenden, schwer tingirbaren Krystallkegel, der einem stabartigen Gebilde aufsitzt. Vergleicht man die einfachern Augen der Hirudineen mit den erwähnten, so zeigt sich eine Uebereinstimmung im Vor- kommen: 1) des Pigmentbechers, 2) der auf dieselbe Weise inner- virten Sinneszellen. Bei letztern findet sich in der Anordnung ihrer Theile eine weitere Aehnlichkeit. Bei der Uebereinstimmung der Lage der Stäbchen im Rhabdocölen-Auge, der Stäbchengebilde und Krystall- kegel im Nemertinen-Auge und besonders des Rhabdoms und des den Kern enthaltenden kegelförmigen Gebildes bei den Polycladen, scheint mir der Schluss nicht unberechtigt, dass die Kapseln der hellen Zellen des Hirudineen- Auges und obige Stäbchengebilde einander homolog seien. Aber nicht bloss die übereinstimmende Lage scheint mir für diese Ansicht zu sprechen, sondern auch die Gestalt dieser „Stäbchen“ ; die verhältnissmässig grosse Dicke der Rhabdome im Polycladen-Auge, sowie auch der Stäbchen im Rhabdocölen-Auge rechtfertigen den Aus- druck „Stäbchen“ nur im übertragenen Sinne und lassen vermuthen, Zool. Jahrb. V. Abth. f. Morph. ü 38 574 B. L. MAIER, dass sie nicht völlig structurlose Gebilde sind. Zwischen den kolben- formigen Sehzellen der Planarien und den hellen Zellen mancher Hirudineen (Clepsine) besteht sogar eine gewisse Aehnlichkeit. Des Weiteren darf wohl auch nicht ausser Betracht gelassen werden, dass sich die Sehkolben der Planarien, die Krystallkegel der Nemertinen und die Sinneszellen der Polycladen als untingirbar erweisen, wie ja auch die hellen Zellen der Hirudineen gegen Aufnahme von Färbe- mitteln sich äusserst hartnäckig zeigen und lange Zeit für unfärbbar galten. Es wären also die Rhabdome des Polycladen - Auges den „Kapseln“ zu vergleichen und die kegelförmigen „Zellen“ bei den Polycladen und die Krystallkegel bei den Nemertinen dem vordern, den Kern enthaltenden Theil der hellen Zellen der Egel. Aus alledem geht hervor, dass die lichtpercipirenden Elemente des Egelauges die mit dem Nerv in Verbindung stehenden hellen Zellen sind. Eine Linse oder ein besonderer Glaskörper ist nicht vorhanden. Hiermit dürfte die Frage, welcher Function die Organe dienen, dahin entschieden sein, dass sie Augen sind. Nachdem die Bedeutung der hellen Zellen als lichtempfindliche Sinneszellen klargestellt ist, bleibt bezüglich der unter der Epidermis zerstreut im Parenchym liegenden isolirten derartigen Zellen keine andere Deutung, als dass sie ebenfalls, wenn auch nicht in dem Maasse wie die mit Pigmenthülle versehenen Augenzellen, der Lichtempfindung dienen. Bemerkungen über die Entstehung der Hirudineen- Augen. Die Entstehung der Hirudineen-Augen denkt sich Araray durch Weiterausbildung eines segmentalen Sinnesorgans zu einem Auge auf Kosten von mehreren hierbei bis zum Verschwinden reducirten solchen Augen. Aparuy scheint hauptsächlich deshalb zu dieser Ansicht ge- kommen zu sein, weil die Augen in denselben Reihen mit genannten Organen ihren Platz haben. Doch beweist dies meiner Ansicht nach nur, dass, wenn einmal Sinnesorgane serienweise in jedem Segmente auftreten, alle Sinnesorgane, welcher Function sie auch immer dienen, dieser Anordnung entsprechend ihren Platz haben, ohne aber aus einem einer andern Thätigkeit dienenden Organe entstanden sein zu müssen. Soweit aus meinen Untersuchungen hervorgeht, bestehen alle „segmental sense organs“ aus einer Gruppe von den Epidermis- zellen ähnelnden, etwas längern und gegen einen aussen gelegenen Pol convergirenden Sinneszellen, zu welchen man deutlich einen Nerven Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 575 hinzutreten sieht. Wie bereits oben gesagt, konnte ich mich nicht davon überzeugen, dass die isolirten hellen Zellen, die im Parenchym frei eingelagert scheinen, in der von WHITMAN erwähnten Art zu obigen Sinnesorganen als integrirender Bestandtheil gehören. Auch bei ApırHy finden sich keine hellen Zellen eingezeichnet. Ich kann daher nicht wie WHITMAN eine Homologie im Bau der Augen und der „segmental sense organs‘ finden. Ich wüsste daher auch nicht, wie ich mir die Wandlung zu erklären hätte. Nach meinem Dafür- halten ist das Auge der Hirudineen durch Zusammenhäufung von isolirten hellen Zellen, wie sie bei allen Arten zerstreut im Parenchym liegen, entstanden, wozu dann eine Hülle von pigmentirtem Binde- sewebe gekommen wäre. Die hellen Zellen wären wohl als vom Ectoderm entstammte, umgewandelte Epidermiszellen zu denken. Doch die definitive Deutung kann nur die Entwicklungsgeschichte liefern. Aus obiger Annahme über die Entstehung der Egelaugen erklärt sich auch der Unterschied zwischen dem Hirudo-Auge und dem einfacher gebauten. Letzteres ist wahrscheinlich durch Verschmelzung von zwei Augen, oder richtiger eines Auges und eines in der Nähe des Auges ge- legenen Zellhaufens entstanden. Bei Nephelis fand ich nämlich vor den Augen der beiden vordern Paare Haufen von hellen Zellen unmittelbar unter der Epidermis derart, dass von der Oberfläche nach innen folgende Gewebepartien folgten: 1) Epidermis, 2) Haufen von Sinneszellen, 3) Parenchymgewebe, 4) das Auge; von letzterm lief in gerader Richtung ein Nervenzweig zu dem genannten Zellhenaufen. Nimmt man nun an, dass das Parenchym zwischen dem Auge und den Sinneszellen- haufen durch eine Wucherung der Sinneszellen — sei es vom Zellen- haufen, sei es vom Auge oder von beiden aus — verdrängt würde, und dass an den Seiten des so entstandenen grossen Haufens, dessen Hinterende das Augenpigment bereits umfasst, ebenfalls eine Hülle von pigmentirtem Bindegewebe auftreten würde, so würde sich hier- durch die walzenförmige Gestalt des Hirudo-Auges, seine Lage un- mittelbar unter der Epidermis, die doppelte Art des Nervenzutritts, sowie der Umstand, dass das Hirudo-Auge scheinbar nicht invertirt ist, erklären. Der am Hinterende die Pigmenthülle durchbrechende axial verlaufende Nervenast wäre alsdann als das Homologon des das Nephelis-Auge versorgenden Nerven zu deuten, der vorn ventral zum Auge tretende Ast als dem den Sinneszellenhaufen versorgenden Zweig homolog anzusehen. Es liesse sich also das Hirudo-Auge eventuell gleichfalls als invertirtes Auge zu betrachten. 38* 576 B. L. MAIER, Die halbmondförmige Gestalt des Auges von Piscicola denke ich mir entstanden aus der ursprünglichen linsenförmigen, wie sie sich bei den rudimentären Augen des Endsaugnapfes noch findet, durch die Verbreiterung und dorsoventrale Abplattung des Vorderendes bei der Bildung des Mundsaugnapfes. Eine definitive Entscheidung über die Entstehung der Augen der Hirudineen überhaupt, geschweige denn der einzelnen Species, ist zur Zeit jedoch, da die Entwicklungsgeschichte der Augen nicht genügend bekannt ist, unmöglich. Die obigen Untersuchungen ergeben also: Die untersuchten Organe sind Augen. Ihre Hauptbestandtheile sind: eine zellige Pigmentschicht und eine aus grossen, stark licht- brechenden Zellen bestehende Retina. Im Innern dieser Zellen findet sich eine aus modificirtem Plasma bestehende Kapsel, in welche sich das Zellplasma gewöhnlich knopf- oder leistenartig einstiilpt. Diese Kapsel ist wahrscheinlich den Stäbchengebilden der lichtempfindlichen Zellen anderer Augen homolog. Die lichtempfindlichen Zellen stehen in Verbindung mit je einer Faser des Nervus opticus. Dieser tritt bei den Augen von Nephelis, Clepsine und Piscicola vorn an das Auge heran, bei Hirudo und Aulastomum in doppelter Weise, indem ein Hauptzweig die Hinterwand durchbricht und axial das Auge durch- zieht, und ein zweiter Zweig sich vorn ventral mit den vordersten | Zellen verbindet. Vorliegende Arbeit wurde im Zoologischen Institut zu Heidelberg ausgeführt. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. BürscaLi, spreche ich für die freundliche Unterstützung mit Rath und That sowie für das lebhafte Interesse, das er meiner Arbeit widmete, meinen wärmsten Dank aus. Heidelberg, im Januar 1892. Nachschrift. Als vorstehende Arbeit bereits abgeschlossen war, erhielt ich durch die freundliche Vermittelung der Heidelberger Universitäts- bibliothek eine mir bis dahin unzugängliche Arbeit von WHITMAN: Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 577 „Some new facts about the Hirudinea“ (in: Journal of Morphology, 1889). Meine Arbeit wurde ungefähr zur Zeit des Erscheinens obiger Veröffentlichung begonnen. In besagter Schrift schildert WHITMAN mehrere in vorstehender Arbeit beschriebene Thatsachen — allerdings ohne irgend einen Beleg oder Zeichnung. Er erkannte vor allem den Zusammenhang des Nervus opticus mit den hellen Zellen und den Charakter der letzteren als Sinnes- und zwar als Lichtsinneszellen. Daneben sind erwähntem Forscher aber eine Reihe von Einzelheiten ver- schlossen geblieben, die in obiger Arbeit geschildert sind. Vor allem ‚scheint mir seine Annahme über die Entstehung der Augen nicht richtig zu sein. WmıitmaAn leitet ebenso wie ApATHy die Augen von den segmental sense organs ab. Von den letztern behauptet er, „they are double organs both in structure and in function“. Er ist der Ansicht, dass die medianen, langgestreckten Zellen dieser Organe als Tastzellen, die letztere umgebenden hellen Zellen als visual cells auf- zufassen wären. ,,Thus we have a visual and a tactile organ combined, both derived from a common mass of indifferent epidermal cells, and both supplied by fibres from a common nerve branch.“ Zu der Ansicht, dass die Augen von solchen „Doppelorganen‘“ abstammen, wurde er vorzüglich durch eine Beobachtung am Ciepsine-Auge ge- leitet. Er schreibt: ,,A vertical section in the plane of the optical axis reveals the compound nature of the eye, and the identity of its structure with that of the segmental sense-organs. Here stands the tactile part of the organ, an exact copy of every feature seen in the corresponding part of a segmental sense-organ; and below and behind, but in continuity with the tactile portion, lies a mass of the visual cells. The common nerve runs up in front of the visual cells, dwindl- ing gradually in size as its fibres pass to the cells, and at length it is lost in the tactile cells.‘ Dass in dem Auge von Clepsine irgend welche andern als in obiger Arbeit beschriebenen Theile sich finden, muss ich nach meinen, an dünnen Schnittserien oder an Macerations- präparaten gemachten Beobachtungen direct in Abrede stellen. Nirgends habe ich Elemente, die dem „tactile part of the organ“ entsprechen würden, gefunden, sondern der ganze Innenraum der Pig- menthülle besteht aus hellen oder Sinneszellen. Die Angaben Wurt- MAN’S müssen daher wohl auf Irrthum beruhen. Entgangen ist WHIT- MAN die doppelte Art des Nervenzutritts bei Hirudo und Aulastomum sowie auch die Art des Nervenzutritts bei Nephelis. Hierüber schreibt derselbe „the nerve is again axial“, ohne aber die Zutrittsstelle näher zu bezeichnen; aus der Darstellung folgt aber, dass er dieselbe nach 578 B. L. MAIER, Art derjenigen von Hirudo annimmt. Auf irgend welcher andern Basis als auf der Auffindung des Zusammenhangs der grossen hellen Zellen mit dem Nerven scheint Wuirman’s Begründung des Augen- charakters der beschriebenen Organe nicht gestellt zu sein. In obiger Arbeit aber wird dieser durch Vergleichung mit den Sehorganen anderer Organismen näher befestigt und.über die Entstehung der Augen wohl eine glaubhaftere Annahme gegeben. Heidelberg, im Februar 1892. Literatur-Verzeichniss. 1) Braun, Systematische Beschreibung einiger Egelarten, Berlin 1805, M6: 2) E. H. Weser, Ueber Augen beim Blutegel, in: Mecker’s Archiv und Oxen’s Isis, 1827, p. 301. 3) JOHANNES MÜLLER, Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch- physiologischen Wissenschaften im Jahre 1833, in: Archiv für Ana- . tomie und Physiologie, 1834, p. 65. 4) R. Wagner, Icones zootomicae, 1841, tab. 27. 5) A. Moquin-Taxnon, Monographie de la famille des Hirudinées, Paris 1846. 6) Fr. LeypiG, Augen und neue Sinnesorgane der Egel, in: Archiv für Anat. und Physiol., Jahrg. 1861, p. 588. 7) J. Ranke, Beiträge zu der Lehre von den Uebergangssinnesorganen : das Gehérorgan der Acridier und das Sehorgan der Blutegel, in: Zeitschrift für wiss. Zool., Bd. 25, 1874, p. 143. 8) J. Carrière, Die Sehorgane der Thiere, München und Leipzig 1885, p. 26. 9) C. O. Wuırman, The segmental sense organs of the leech, in Amer. Naturalist, 1884, p. 1104. 10) Derselbe, The external morphology of the leech, in: Proceed. Amer. Acad. Arts Sc. (new ser.) vol. 12, Boston 1885. 11) Derselbe, The leeches of Japan, in: Quart. Journ. Micr. Se. 1888, p. 316. 12) SrgpHAN Aparuy, Analyse der äussern Körperform der Hirudineen’ in Mitth. Zool. Stat. Neapel, Bd. 8, 1888, p. 153. 13) A. Lane, Die Fauna und Fiora des Golfes von Neapel, Bd. 11: Die Polycladen, Leipzig 1884, p. 198. Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen-Auges. 579° 14) L. Boumie, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien, in: Zeit- schrift wiss. Zool., Bd. 51, p. 259. 15) O. Bürser, Untersuchungen über Anatomie und Histologie der Nemertinen, nebst Beiträgen zur Systematik, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 50, 1890, p. 226. 16) ©. O. Wutrman, Some new facts about the Hirudinea, in: Journ. Morph., vol. 2, 1889. Ausserdem die Lehr- und Handbücher der Zoologie und vergleichenden Anatomie von Lryvıc (auch Tafeln zur vergl. Anatomie), Lane, Voer und YUNG. Erklärung der Abbildungen. Pafelisn Bedeutung der Buchstaben: Bg Bindegewebe; Bof Bindegewebsfaser; Ep Epithelzelle ; J-M inneres Maschenwerk in der Zellkapsel ; J-Pl innere Plasmaschicht oder innere Plasmazone; Ka Zellkapsel ; Kn knopfartige Einstülpung; Lz lichtempfindliche (helle) Zelle; M Zellmembran; M-PI mittlere Plasmaschicht oder äussere Kapselwand ; N Nervus opticus; Na axialer Nervenstrang; Nv ventraler Nervenstrang ; Ne Zellkern; Nel Nucleolus; Nf Nervenfaser; Ns Bindegewebsscheide des Nerven; Nz Nervenzusammenhang mit Lz; Pg Pigmentzelle ; Z-Pl Zellplasma. Unter Längsschnitt durch das Auge ist ein Schnitt vom vordern zum hintern Pole zu verstehen, auch wenn der betr. Durchmesser der längste nicht ist. Fig. 1. Längsschnitt durch das Auge von Aulastomum gulo. Länge 0,5200 mm, Breite 0,2015 mm (Figur etwas schematisirt). -580 B. L. MAIER, Beiträge zur Kenntniss des Hirudineen- Auges. Fig. 2. Querschnitt durch das Auge von Hirudo medicinalis. Durchmesser 0,1950 mm, Kn links oben quergetroffener Knopf, Kn‘ rechts längsgetroffener Knopf. Fig. 3. Längsschnitt durch ein rudimentäres Auge von Nephelis vulgaris. Länge 0,0585 mm, Breite 0,0780 mm, Länge der rechten Lg 0,0420 mm, Breite 0,0234 mm. Fig. 3a. Längsschnitt durch ein Auge des vordern Paares von Nephelis (schematisch). Länge 0,1505 mm. Fig. 4 Längsschnitt durch ein Auge von Clepsine sexoculata. Länge 0,1005 mm, Breite 0,0936 mm. Fig. 5. Längsschnitt durch ein Auge von Piscicala geometra, dem kürzesten Querdurchmesser nach. Länge 0,0715 mm, Breite 0,1005 mm Fig. 6 u. 7. Schnitte durch helle Zellen von Hirudo medicinalis (bei den Plasmastructuren ist die Streifung etwas zu stark gezeichnet). Länge von 6. 0,0510 mm, von 7. 0,0485 mm. Fig. 8. Schnitt durch eine frei im Parenchym liegende Zelle von Nephelis vulgaris. Länge 0,0525 mm. Fig. 9. Schnitt durch eine frei liegende Zelle von Clepsine marginata. Länge 0,0210 mm. Fig. 10—12. Schnitte durch frei im Parenchym liegende Zellen von Piscicola geometra. Kn verschiedene Gestalten der Einstülpung in die Kapsel. Zellen circa 0,06 mm lang. Fig. 13—14. Schnitte durch helle Zellen aus dem Auge von Piseicola, Zellstructur. Ka Kapseln, Länge von 13. 0,06 mm, von 14. 0,075 mm, Breite 0,0221 mm. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien nebst einem Anhange über parasitische Schläuche in der Leibeshöhle von Rotatorien. Von Dr. Bertram aus Braunschweig. (Aus dem Zoologischen Institut in Rostock.) Hierzu Tafel 38—40. Die Sarcosporidien sind wegen ihres häufigen Vorkommens in den Muskeln verschiedener Thiere sowie wegen der Krankheitserschei- nungen, welche gleichzeitig bei ihrem Vorhandensein bei einigen Haus- säugethieren beobachtet wurden, schon sehr oft Gegenstand der Unter- suchung gewesen. Die während der letzten Jahre vorgenommenen Forschungen haben Abweichungen von den frühern Resultaten er- geben, so dass es nicht undankbar erschien, nochmals Beobachtungen auf diesem Gebiete anzustellen. Die Arbeiten über die Sarcosporidien und die parasitischen Schläuche in der Leibeshöhle von Rotatorien wurden von mir im zoologischen Institut der Universität Rostock aus- geführt. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Fr. BLOCHMANN für das Interesse, wel- ches er jederzeit für ‘meine Arbeiten hegte, sowie für seine gütige Unterweisung meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Die früher ,Mrescaer’sche Schläuche“, Raıney’sche Körperchen“, „Psorospermien“ etc. benannten Sarcosporidien !) wurden 1843 in den 1) Der Name „Sarcosporidia“ wurde von Bavpranr (32!) in einer allgemeinen Darstellung der Sporozoa aufgestellt. 582 BERTRAM, Muskeln einer Hausmaus von MIESCHER (1) entdeckt. 1846 fand sie v. HessrinG (2) in den Muskeln vom Reh, später (1853) derselbe Forscher beim Ochsen, Kalbe und in der Herzmusculatur des Schafes. Von v. SIEBOLD (3) wurden die Schläuche ebenfalls 1853 beim Schlacht- vieh in München und Breslau sowie bei der Ratte beobachtet. Bei letzterem Thier wies sie auch BıscHorr (5) 1853 nach. RAINEY (4), LEUCKART (7), WALDEYER (8), VircHow (9) beschrieben die Sarco- sporidien vom Schwein, später lieferten LEISERING u. WINKLER (11), DAMMANN (16), FÜRSTENBERG (22), ROLOFF (24) Abhandlungen über die beim Schafe vorkommenden Sarcosporidien. GERLACH (15), SIE- DAMGROTZKY (26), Pürz (39) trafen sie beim Pferde an, KRAUSE (6) beim Hunde und der Katze, PAGENSTECHER (12) beim Maskenschwein, Manz (17) beim Kaninchen, RATZEL (20) beim Affen (Inuus), v. Niz- DERHÄUSERN (28) bei der Ziege, Jonau (35) beim Hirsch und Büffel, BLANCHARD (42) beim Känguruh (Macropus penicillatus), HUET (42) beim Seehund (Otaria californica), v. HARDENBERG [n. RIPPING (13)] beim Hasen, Künn (10) beim Huhn, Rivorra (23) ausserdem bei an- dern Vögeln, WırL (persönliche Mittheilung) beim Gecko (Platy- dactylus facetanus AuD.). LINDEMANN (19) hat beobachtet, dass Gre- garinen in den Herzklappen eines Menschen durch Veränderung der Klappen eine tödtlich endigende Wassersucht herbeiführten. Die Gregarinen bildeten Anhäufungen von 3 mm Länge und 1 mm Breite und hatten das Aussehen von bräunlichen Kernen. BLANCHARD (42) spricht die Vermuthung aus, dass es sich um Sarcosporidien aus der Gruppe Miescheria gehandelt haben könne. In der Musculatur des Menschen sind mit Ausnahme dieses Falles, der, wie BLANCHARD auch selbst zugiebt, nicht alle Zweifel ausschliesst, Sarcosporidien bisher nicht gefunden worden. Eingehendere Untersuchungen über den anatomischen Bau der beim Reh und Schwein vorkommenden Sarcosporidien führten vy. Hess- LING (2), Raıney (4), LEUCKART (7), VircHow (9) und Manz (17) aus, während DAMMANN (16), LAULANIE (34), Moror u. RAILLIET (37) über die beim Schafe sich findenden Sarcosporidien genauere Beob- achtungen anstellten. Alle Bemühungen, die Entwicklungsgeschichte der Schläuche näher zu erforschen, sind bis jetzt leider fruchtlos geblieben, alle da- hin zielenden Uebertragungsversuche waren von negativem Erfolg begleitet. Was den Keimbildungsprocess und das Wachsthum der Schläuche anbetrifft, so spricht Pürz (39) die Vermuthung aus, dass an der Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 583 Spitze der beim Pferde vorkommenden Sarcosporidien bis zum voll- endeten Wachsthum durch Zelltheilung fortgesetzt neue Pseudonavi- cellenhaufen sich bilden, und dass die Psorospermiensäckchen der Schafe zu wachsen scheinen, indem an der Innenfläche ihrer Cuticula eine Zelltheilung anhebt, wodurch Häufchen gebildet werden, die an ihrer Peripherie eine Hülle erhalten. PFEIFFER (43) giebt an, dass ausser den Sichelkeimen und den diese Sichelkeime beherbergenden Rundzellen am Rande der im Schafösophagus sich findenden Schläuche noch grössere Gebilde vorkommen, mit einem Inhalt von 2, 4, 6 und mehr färbbaren Kernen. Nach seiner Ansicht stehen dieselben mit dem Wachsthum des Schlauches in Verbindung, und es handelt sich entweder um die nachträgliche Entwicklung von Keimen, die von der ersten Infection her schon vorhanden waren, oder um eine an Ort und Stelle entstandene 2., 3. u. s. f. Generation des Para- siten. Auch Combination dieser beiden Vorgänge ist nicht auszu- schliessen. - Die sichelförmigen Körperchen sollen nach Manz (17) und Pretr- FER (43) aus Rundzellen ihren Ursprung nehmen. Nach Manz be- sitzen die Körperchen eine sehr zarte Membran, innerhalb welcher sich der protoplasmatische Inhalt von der Membran zurückzieht und kräftigere Contouren erhält. Die Membran platzt nach kurzer Zeit, der wurstförmige Inhalt tritt aus und ist das bekannte nieren- oder bohnenförmige Körperchen geworden. PFEIFFER (43) giebt an, dass in den Rundzellen Sichelkeime ent- stehen, indem sich der plasmatische Inhalt, welcher den Kern ent- hält, an einer Seite der Rundzelle zusammenzieht '). Die Untersuchungen wurden von mir hauptsächlich an Sarco- sporidien des Gecko’s, des Schweines und des Schafes ausgeführt. Das Material wurde sowohl frisch in Eiweisslösung (Eiweiss 20, Kochsalz 1, Aq. dest. 180) als auch in conservirtem Zustande untersucht. Als beste Conservirungsmittel erwiesen sich Alcohol und Sublimatlösung (1:20 Aq.). Die von den Objecten angefertigten Schnitte wurden, nachdem sie auf den Objectträger aufgeklebt waren, nachträglich mit DELAFIELD’scher Hämatoxylinlösung, welche die besten Resultate lie- ferte, gefärbt. 1) Prerrrer hat in dem wässerigen und dem Glycerinextract der Sarcosporidien vom Oesophagus des Schafes ein Mittel kennen gelernt, welches ähnlich dem Kocn’schen Tuberculin in kleinen Dosen eine ganz prompte Fieberwirkung, in grossen Dosen Collapserscheinungen bei geimpften Kaninchen hervorruft. 584 BERTRAM, Sarcocystis') platydactyli nov. spec. Die in den Muskelfasern des Gecko’s (Platydactylus facetanus Aup. s. Platydactylus mauritanicus L.) vorkommenden Sarcosporidien, deren anatomischer Bau zuerst beschrieben werden soll, sind von Herrn Privatdocenten Dr. L. Wizz aufgefunden. Das auf der Insel Menorca (Mai-Juli 1890) gesammelte, in Sublimat, Chromessigsäure und Chromosmiumessigsäure conservirte Material wurde mir von Herrn Dr. Witt in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt, und ich spreche demselben dafür meinen verbindlichsten Dank aus. Rücken-, Brust- und Bauchmuskeln scheinen mit Vorliebe von den Parasiten befallen zu werden. Die Schläuche sind makroskopisch als gelblich weisse Gebilde deutlich wahrnehmbar und erreichen durchschnittlich eine Länge von 2 mm und eine Breite von 0,4 mm (Taf. 38, Fig. 1). Die Gestalt der Schläuche ist eine langgestreckte bis länglich-ovale. Sie haben in der Muskelfaser ihren Sitz und sind von dem Sarcolemma, häufig auch noch von einer dünnen Schicht quergestreifter Substanz umschlossen. Die Muskelfaser selbst ist bauchig aufgetrieben. Die Hüllmembran (Cuticula) der Schläuche besteht aus zwei Schichten, einer äussern, im Durchschnitt 0,007 mm dicken, gestrichelt aussehenden Schicht und einer innern, sehr dünnen, structurlosen, zarten Haut (Taf. 38, Fig. 3). Höchstwahrscheinlich werden die dunk- lern Linien, welche in der Mitte in schräger Richtung, an den Enden nahezu parallel der Längsaxse des Schlauches verlaufen und das ge- strichelte Aussehen der Membran hervorrufen, durch Risse in der- selben veranlasst. Einen vollständigen Zerfall der Cuticula in Stäb- chen habe ich nicht beobachtet. Von der Hüllmembran, und zwar scheint sich besonders die innere Schicht derselben daran zu bethei- ligen, gehen Fortsätze in das Innere, welche anastomosiren und ein Maschenwerk oder Kammersystem darstellen (Taf. 38, Fig. 2). Jede Kammer bildet eine geschlossene Abtheilung. Die Faserzüge sind an der Peripherie des Schlauches stärker entwickelt als im Centrum. Hier sind die Hohlräume kleiner. In den Kammern sind sichelför- mige Körperchen enthalten, bei ihrer Vertheilung darin ist jedoch ein grosser Unterschied zu constatiren (Taf. 38, Fig. 2). Während die 1) Der Name Sarcocystis wird zuerst von R. Lankesrer (30) ge- braucht. Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 585 der Peripherie anliegenden Maschenräume mit einer grossen Anzahl sichelförmiger Körperchen gefüllt sind, nimmt die Menge derselben nach dem Centrum immer mehr ab. In einigen Kammern, welche in der Nähe des Centrums liegen, finden sich sichelförmige Körperchen in geringer Menge und körnige Massen, in andern nur die letztern (Taf. 38, Fig. 4). Auf diese Verhältnisse werde ich später noch näher eingehen. Die sichelförmigen Körperchen sind 0,003—0,004 mm lang und bis 0,001 mm breit. Das Protoplasma ist homogen, der Kern deutlich zu erkennen. Die ausgebildeten Körperchen haben eine sichelförmige Gestalt. Der Inhalt der Schläuche war stets der- selbe, und es ist deshalb anzunehmen, dass dieselben in ihrer Ent- wicklung zum Abschluss gekommen waren. In der Musculatur junger Geckonen hoffte ich frühere Entwicklungsstadien der Schläuche zu finden, jedoch ohne Erfolg. Bessere Resultate lieferten die Unter- suchungen der Sarcosporidien des Schweines und des Schafes. Sarcocystis miescheri Ray LANKESTER. Die Länge der vollständig entwickelten Sarcosporidien des Schweins schwankt zwischen '/, und 3 mm, die grösste von mir beobachtete Breite beträgt 0,4 mm. Die Membran, welche auch an den kleinsten aufgefundenen Schläuchen nachzuweisen war, besteht aus zwei Schichten. Diese lassen sich jedoch nur dann deutlich er- kennen, wenn die äussere Schicht in Stäbchen zerfallen ist (Taf. 38, Fig. 5, 6, 7). Die Dicke der Membran ist grossen Schwankungen unterworfen und nicht von der Grösse der Schläuche abhängig, da kleinere Schläuche in vereinzelten Fällen eine dickere Cuticula auf- weisen, als die grüssern. Auch findet nicht immer ein Zerfall der äussern Schicht in Stäbchen statt (Taf. 38, Fig. 8, 9, 10), dagegen sind in einigen Fällen Risse in der äussern Membran vorhanden (Taf. 38, Fig. 11, Taf. 39, Fig. 17). Die intacte Membran ist an den Enden des Schlauches bedeutend dicker als in der mittlern Region. Hiermit stimmt auch die Thatsache überein, dass bei eingetre- tenem Zerfall die Stäbchen an den Enden am längsten sind. Eine Zähnelung des Randes bei intacten Membranen, wie PAGENSTECHER (12) sie anführt, habe ich nicht beobachtet, wohl aber zeigten sich bei in Zerfall begriffenen Schläuchen an der Oberfläche der Cuticula Zacken und Risse (Taf. 38, Fig. 12). Nach Vırcnow (9) sollen die sogenannten Cilien und Borsten an der Oberfläche bei einigen Schläu- 586 BERTRAM, chen erst nach dem Zerreissen der Faser auftreten, zum Muskel- primitivbündel gehören und Querstreifen der Muskelfaser darstellen. In mit Hämatoxylin gefärbten Schnitten zeigte sich nun dieser Zerfall der äussern Schicht in Stäbchen ebenfalls deutlich. Die Stäbchen weisen eine dunklere Färbung als die umgebende, häufig noch sehr gut erhaltene, quergestreifte Substanz auf. Befreit man einen Schlauch aus der ihn umgebenden Muskelfaser, so bleibt der Stäbchenbesatz stets mit dem Schlauche in Verbindung. Diese Umstände dürften darauf hindeuten, dass es sich nicht um ein zum Primitivbündel ge- höriges Product handelt. Raısey (4) erblickte in den Stäbchen ein Bewegungsorgan, RIvOLTA (23) gelangte sogar zu der Ansicht, dass es die starrgewordenen Cilien eines bewimperten Infusors seien. Der Zerfall der äussern Schicht der Cuticula in Stäbchen wird von Lreuckart (7) dadurch erklärt, dass zwischen den benachbarten Poren- kanälchen, welche die Schlauchhaut durchbohren sollen, Rissbildungen auftreten. Manz (17) und BürscaLıi (33) haben sich dieser Deutung angeschlossen; der letztere Forscher spricht noch die Vermuthung aus, dass sich unterhalb der porösen und gewöhnlich in den Borstenbesatz zerfallenden Haut noch eine continuirliche zusammenhängende Mem- bran oder doch eine nicht zerfallende Hautschicht finde. Diese ist, wie erwähnt, in der That vorhanden, und es lassen sich auch zuweilen Risse in der äussern Membran nachweisen. An den Stäbchen lassen sich keine Structurunterschiede wahrnehmen. Die innere Schicht der. Membran stellt eine homogene dünne Haut dar, die in einzelnen Fällen von fasriger Beschaffenheit ist. Die Innenfläche derselben ist mit 0,003—0,004 mm grossen Zellen ausgekleidet. Das Protoplasma der- selben ist gekörnt, der Kern gross (Taf. 38, Fig. 11). Von der in- nern Schicht der Membran gehen Fortsätze in den Schlauch und bilden ein feines Maschenwerk, welches, wie bei den Sarcosporidien des Geckos, ein Kammersystem bildet (Taf. 38, Fig. 8, 12). Die Kammern sind bei ausgebildeten Schläuchen gleichmässig mit zu Ballen zusammengelagerten sichelförmigen Körperchen angefüllt. In ihrem Protoplasma finden sich dunkle Körnchen, gewöhnlich 2 Vacuolen und ein Kern. Derselbe liegt seitlich vom Mittelpunkte nach dem einen Ende der Sichel zu. Neben den sichelförmigen Körperchen finden sich in den einzelnen Kammern noch stark lichtbrechende Körnchen von rundlicher Gestalt. Bei der Zerreissung eines Schlauches treten die sichelförmigen Körperchen nur aus den von dem Risse getroffenen Kammern hervor, wodurch sichergestellt ist, dass die Maschenräume abgeschlossen sind. Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien, 587 Ueber die Entstehung der sichelförmigen Körperchen in den Sarco- sporidien des Schweines habe ich Folgendes ermitteln können. In kleinen Schläuchen finden sich an den Enden rundliche, bis 0,006 mm grosse Zellen (Taf. 38, Fig. 10). Das Protoplasma derselben ist ho- mogen, der Kern gross, unregelmässig. In einem Schlauche fand ich diese Zellen in Theilung begriften vor (Taf. 38, Fig. 8 und 9). Jede Zelle ist von Gerüstsubstanz umgeben, deren Verbindung mit der Cuti- cula deutlich wahrnehmbar ist. Die Zellen liegen also in einer abge- schlossenen, von Gerüstsubstanz umgebenen Kammer, und es bleiben auch die von ihnen gebildeten Zellen in derselben. Letztere wandeln sich dann in die sichelförmigen Körperchen um. Die einzelnen Stadien dieses Vorgangs liessen sich an den Sarcosporidien des Schweins nicht verfolgen, es wird sich jedoch bei der Besprechung der Sarco- spuridien des Schafes zeigen, dass diese Deutung die richtige ist. Eine Theilung der sichelförmigen Keime selbst, wie v. HESSLING (2) und Manz (17) sie beobachtet haben, vermochte ich nicht zu con- statiren, auch habe ich niemals gesehen, dass dieselben Bewegungen ausführten. Die Schläuche können nun dem Untergange anheim fallen. Zu- erst tritt ein Zerfall der sichelförmigen Körperchen und des Kerns derselben ein, letzterer scheint allerdings am widerstandsfähigsten zu sein. Schliesslich bleibt in den Kammern eine feinkörnige Masse zu- rück (Taf. 38, Fig. 12). Die Oberfläche der Cuticula des in Fig. 12, Taf. 38 abgebildeten Schlauches ist mit Zacken und Vorsprüngen versehen, die Cuticula selbst ist unversehrt, so dass in diesem Falle eine Auswanderung der sichelförmigen Körperchen in das umliegende Gewebe, wie es PFEIFFER (43) beschreibt, wohl nicht angenommen werden kann. Im Zerfall be- findliche sichelförmige Körperchen lassen sich dagegen in den Kam- mern deutlich erkennen. Ist die Cuticula selbst nicht mehr intact, so scheint eine Einwanderung von Leukocyten in die noch vorhan- denen Theile des Schlauches stattzufinden (Taf. 38, Fig. 13 und 13a). Das Eindringen der Leukocyten findet von allen Seiten statt. Die Gerüstsubstanz und die übrigen Bestandtheile des Schlauches sind an den von den Leukocyten eingenommenen Stellen vollständig oder bis auf geringe Reste verschwunden. Beiläufig will ich erwähnen, dass, sobald ein Zerfall der Sarco- sporidien eintritt, eine Ablagerung von Kalksalzen in den Schläuchen und der Umgebung derselben stattfinden kann. 588 BERTRAM, Die von mir untersuchten Sarcosporidien des Pferdes erreichten im Oesophagus eine Länge von 9 mm und wiesen Ähnliche anatomische Verhältnisse wie die Sarcosporidien des Schweines auf (Taf. 39, Fig. 14). Die äussere Schicht der Cuticula kann in Stäbchen zerfallen, während von der innern Schicht Fortsätze sich in das Innere der Sarcocystis erstrecken, welche ein Kammersystem bilden. Auch hier finden sich an den Enden vereinzelter Schläuche bis 0,006 mm grosse Zellen mit homogenem Protoplasma. Sarcocystis tenella Ramu. und Balbiana gigantea RaıLL. Die Grössenverhältnisse der Sarcosporidien des Schafs sind be- deutenden Schwankungen unterworfen. Während die jugendlichsten von mir beobachteten Schläuche eine Länge von 0,04 mm und eine Breite von 0,006 mm erreichten, finden sich im Oesophagus der Schafe Sarcosporidien von der Grösse einer Haselnuss. Bei den jüngsten von mir aufgefundenen Schläuchen stellt die Cuticula eine homogene, sehr dünne Membran dar (Taf. 39, Fig. 22 und 23). Fort- sätze, welche in das Innere des Schlauches ausgehen, lassen sich nicht erkennen. In einem älteren Stadium finden sich dann bei einigen Schläuchen dieselben Schichten, wie wir sie an der Cuticula der Sarcosporidien des Schweines kennen gelernt haben (cf. S. 585 u. f.). . Die äussere Schicht kann in Stäbchen zerfallen, während sich von der innern dünnen Membran zu einem Maschenwerk sich vereinigende Fortsätze in den innern Raum des Schlauches begeben. In verein- zelten Fällen ist die Aussenfläche der Cuticula kleiner Sarcosporidien mit feinen Vorsprüngen besetzt (Taf. 39, Fig. 16). Diese Vorsprünge sind an der Cuticula grosser Sarcosporidien, welche früher als Psoro- spermiensäckchen bezeichnet wurden, stets vorhanden. Besonders schön sind dieselben an mit 30-procent. Salpetersäure behandelten und mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten sichtbar (Taf. 39, Fig. 19, 20, 21). Bei in Eiweisslösung untersuchten frischen Hüllmembranen erscheinen die Vorsprünge auf der Cuticula als unregelmässige, fein gekörnte, dunkle Felder von verschiedener Grösse (Taf. 39, Fig. 18). Die Mem- bran selbst ist bei grossen Sarcosporidien bis 0,004 mm dick, muss also im Verhältniss zur Grösse und im Vergleich mit dem Durch- messer der Cuticula kleiner Sarcosporidien, welche ebenfalls eine Dicke von 0,004 mm erreichen kann, als sehr dünn bezeichnet werden. Die Cuticula grosser Sarcosporidien ist von dem Sarcolemma und einer Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 589 Schicht Muskelsubstanz umgeben ; diese sind wiederum von einer bis 0,009 mm dicken, homogenen Bindegewebsmembran eingeschlossen. Es folgen also von aussen nach innen: 1. Bindegewebsmembran, 2. Sar- colemma und Muskelsubstanz, sowie-3. Cuticula (Taf. 39, Fig. 19, 20, 21). Dem Sarcolemma liegen gut erhaltene Muskelkerne an. Die- selben sind auf den Schnitten in geringer Menge vorhanden, was durch die Ausdehnung, welche die Muskelfaser durch die Sarcosporidie er- leidet, leicht erklärlich ist. Auch in der Bindegewebsmembran lassen sich Kerne nachweisen. Die Bindegewebsmembran selbst ist von fas- rigem Bindegewebe (Perimysium) umgeben. Die die Cuticula ein- schliessende Muskelsubstanz mit dem Sarcolemma und homogene Binde- gewebsmembran liessen sich an von grossen Sarcosporidien angefertigten Querschnitten immer nachweisen. Die innere Fläche der Cuticula ist mit 0,005 —0,006 mm grossen, unregelmässig, jedoch meist rundlich gestalteten Zellen ausgekleidet. Das Protoplasma der Zellen ist gekörnt, der Kern gross (Taf. 39, Fig. 28). Der Inhalt der jugendlichsten Schläuche besteht aus 0,004 bis 0,005 mm grossen Zellen, deren Umrisse nur an einigen Stellen deutlich hervortreten (Taf. 39, Fig. 22 u. 23). Das Protoplasma ist fein granulirt, der Kern 0,002—0,003 mm gross. Von Ballenbildung und Gerüstsubstanz ist nichts wahrzunehmen. In älteren, schon eine äussere und innere Schicht der Cuticula aufweisenden Schläuchen sind die Zellen schärfer abgegrenzt und 0,004—007 mm gross (Taf. 39, Fig. 24 u. 25). Ihr Protoplasma ist homogen, der Kern unregel- massig. Ferner sind in der Mitte und dem obern Ende des Schlauches (Fig. 25, Taf. 39) die ersten Anfänge von Ballenbildung vorhanden. Das Protoplasma der an der Ballenbildung betheiligten Zellen ist dunkler, die Grenzen der Zellen sind undeutlich, die Kerne in denselben jedoch gut zu erkennen. Ist die Ausbildung des Schlau- ches weiter fortgeschritten, was mit der Grösse desselben nicht in Uebereinstimmung zu stehen braucht, da in sehr kleinen Schläuchen schon zu Ballen zusammengelagerte sichelförmige Körperchen und Ge- rüstsubstanz vorhanden sein können, so finden sich die runden Zellen mit homogenem Protoplasma nur noch an den Enden und den Seiten des Schlauches (Taf. 39, Fig. 26). Die Gerüstsubstanz tritt bei diesen entwickelteren Stadien deutlich hervor, in der Mitte sind die sichel- förmigen Körperchen zu Ballen vereinigt. Dieser Bau lässt sich noch in Schläuchen nachweisen, welche ca. 1 mm lang sind und an Breite mit der Breite der Muskelfaser übereinstimmen oder das Sarcolemma bauchig aufgetrieben haben. Zool. Jahrb. V. Abth. f. Morph. 39 590 BERTRAM, Die grösseren Sarcosporidien des Schafes zeigen in ihrem inneren Bau eigenthümliche Verhältnisse. Die mit der Cuticula in Verbindung stehende Gerüstsubstanz und Vertheilung der sichelförmigen Körper- chen in den Kammern verhält sich in derselben Weise wie beim Gecko. Die Menge der sichelförmigen Körperchen nimmt nach dem Centrum in den einzelnen Kammern ab (Taf. 39, Fig. 29). Die in der Umgebung des Centrums liegenden Kammern enthalten in Zerfall begriffene sichelförmige Körperchen und körnige Zerfallsmassen. In der Mitte sehr grosser Sarcosporidien findet sich ein Hohlraum, in welchen körnige Massen eingelagert sind. Der Hohlraum in der ab- gebildeten, 5 mm im Quer- und 9 mm im Längsdurchmesser halten- den Sarcosporidie ist 1,1 mm breit und 2,3 mm lang (Taf. 39, Fig. 29). Die Gerüstsubstanz ist im Centrum zerrissen und hat sich contrahirt, wodurch die Kammern an den Rändern des Hohlraums kleiner er- scheinen und langgestreckt sind. Die der Cuticula unmittelbar anlie- genden Kammern weichen von den übrigen dadurch ab, dass. sie sehr klein sind und ihr Inhalt aus Zellen mit hellem Protoplasma und grossen Kernen besteht (Taf. 39, Fig. 19 u. 20). In einigen Kammern findet sich eine Zelle mit einem Kerne, in andern eine Zelle mit zwei Kernen, noch andere schliessen viele Kerne, die in eine homo- gene, protoplasmatische Grundmasse eingebettet sind, ein. Die darauf folgenden, nach dem Innern des Schlauches zu liegenden Kammern enthalten eine grössere Menge von runden und ovalen Zellen mit hellem, feinkörnigem Protoplasma und grossen Kernen. Fig. 32, Taf. 40, stellt eine solche Kammer dar, welche von mit sichelförmigen Kör- perchen angefüllten Maschenräumen umgeben ist. Aus den geschilderten Verhältnissen dürften folgende Schlüsse zu ziehen sein: Die in den jüngsten Stadien befindlichen, stellenweise nicht scharf abgegrenzten Zellen, welche ich als Sporoblastenmutterzellen be- zeichnen möchte, bringen durch Kerntheilung und simultanen Zerfall des Plasmas Zellen mit homogenem Protoplasma und grossem Kern, die Sporoblasten, wie sie sich in den Schläuchen Taf. 39, Fig. 24 u. 25 finden, hervor. Um diese scheidet sich Gerüstsubstanz aus, und die von ihnen später gebildeten Zellen, aus welchen die sichelförmigen Körperchen hervorgehen, bleiben zu Ballen zusammengelagert. An den Schlauchenden findet bei mittelgrossen Schläuchen fortwährend Zelltheilung, Ballenbildung und Wachsthum des Schlauches in der Längsrichtung der Muskelfasern, d. h. in der Richtung des geringsten Widerstandes, statt. Durch Vermehrung der Ballen nimmt die Dicke Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 591 des Schlauches zu, und das Sarcolemma wird derartig ausgedehnt, dass die Sarcosporidie scheinbar nicht mehr ihren Sitz in der Muskel- faser hat. Es lässt sich die sehr dünne Schicht Muskelsubstanz und das Sarcolemma nur durch die Untersuchung von Querschnitten und bei Anwendung geeigneter Färbemittel nachweisen. Sobald der Widerstand, welcher von dem Sarcolemma auf das Wachsthum des Schlauches ausgeübt wurde, aufgehoben ist, findet nicht nur an den Enden des Schlauches, sondern an der gesammten Peripherie Zelltheilung, Ballenbildung und Wachsthum statt. Die sichelförmigen Körperchen zerfallen im Centrum grosser Sarcosporidien. Ein Artunterschied zwischen den bei Schafen vorkommenden kleinen Sarcosporidien und sogenannten Psorospermiensäckchen oder Sarco- cystis tenella Ratti. und Balbiana gigantea RaıLL. oder intercellu- laren Schläuchen und intracellulären Schläuchen nach Preirrer (43) ist nicht vorhanden, da sich die grossen Sarcosporidien aus den klei- nen entwickeln. Warum gerade die Sarcosporidien in der Kehlkopf-, Schlund- etc. Musculatur eine bedeutendere Grösse als in andern Muskeln, z. B. dem Herzen, erlangen, ist fraglich, jedoch steht anzunehmen, dass der von der Umgebung ausgeübte Druck hindernd auf das Wachsthum einwirkt. Diejenigen Organe, deren Muskeln die grössten Sarcospori- dien am häufigsten beherbergen, sind entweder von grossen Körper- höhlen, wie der Schlund, oder von lockerm Bindegewebe, wie der Kehlkopf, eingeschlossen. Da sich bei Schafen neben grossen Sarco- sporidien im Schlunde häufig auch kleine Schläuche finden, in denen nur sichelförmige Körperchen enthalten sind und deren weiteres Wachsthum in Folge dessen ausgeschlossen ist, so ist es wahrschein- lich, dass neben andern Ursachen auch noch die Wachsthumsenergie in Frage kommt, welche bei einigen Sarcosporidien grösser ist als bei andern. LAULANIÉ (34) hat unter 272 mit Sarcosporidien behafteten Scha- fen 6 mit Psorospermiencysten unter dem Brustfell, 10 unter dem Bauchfell und 27 unter Brust- und Bauchfell gefunden. Auch in diesen Fällen wird es sich um in Muskelfasern liegende Sarco- sporidien gehandelt haben, die nach dem Zerreissen der oberflächlich gelegenen Fasern unter die serösen Häute getreten sind. Der einzige Fall, in welchem Sarcosporidien im Darmcanal und zwar im submucösen Bindegewebe des Dickdarms angetroffen sind, ist von BLANCHARD (42) angeführt. Die Schläuche sind beim Kän- guruh aufgefunden und weichen von den beim Schaf vorkommenden at 592 BERTRAM, grossen Sarcosporidien auch durch ihren Bau ab. Während sich beim Schaf die kleinsten Kammern an der Peripherie der Sarcosporidie finden, ist es beim Känguruh umgekehrt, indem hier die kleinsten Maschen im Centrum auftreten. ZURN (27) hat zwei grössere Schläuche an der harten Hirnhaut eines Schafs gesehen. Ferner haben Pürz (39) und andere Beob- achter in einzelnen Fällen kleine Schläuche und rundliche Säckchen frei im Bindegewebe des Schlundes angetroffen, auch kommen nach Preirrer (43) intercellulär kleine Schläuche in den Augenmuskeln des Schafs vor. Es scheint also, als ob die Schläuche nicht stets in den Muskelfasern ihren Sitz haben müssen, sondern ausnahmsweise auch in andern Geweben vorkommen können. Bei den von mir vorgenommenen Untersuchungen, welche sich auf die verschiedensten Muskeln, wie Zungen-, Kau-, Schlundkopf-, Kehlkopf-, Schlund-, Nacken-, Zwischenrippen-, Zwerchfell-, Herz-, Bauch- und Lendenmuskeln, erstreckten, habe ich die kleinen Sarco- sporidien nur in den Muskelfasern angetroffen. Auch liess sich bei daraufhin untersuchten grossen Sarcosporidien zwischen Bindegewebs- membran und Cuticula stets das Sarcolemma mit anliegenden Kernen und Muskelsubstanz nachweisen, woraus hervorgeht, dass auch diese in der Muskelfaser ihren Sitz haben. Es ist jedoch nicht ausge- schlossen, dass das Sarcolemma durch den von der Sarcosporidie aus- geübten Druck zum Zerreissen gebracht wird und sich in Folge dessen später nicht mehr nachweisen lässt. Derartige Fälle habe ich nicht beobachtet. Das Vorkommen von Sarcosporidien im Bindegewebe ge- hört sicherlich zu den Seltenheiten. Die Entwicklung der Sarcosporidien hat mit der Bildung der sichel- förmigen Körperchen ihren Abschluss gefunden. Wie schon erwähnt, habe ich niemals eine Bewegung der sichelförmigen Körperchen, Unterschiede in ihrem Bau oder fadenartige Anhänge an einzelnen derselben, wie sie von DAMMANN (19) beobachtet sind, gesehen. PAGENSTECHER (12) hat zwi- schen den Pseudonavicellen spermatozoidenähnliche Körper, deren Köpfe etwas linglich waren und deren Schwanzfäden sich deutlich bewegten, bemerkt und führt an, dass dieselben in kleinern, runden, zwischen den Pseudonavicellen zerstreuten Zellen ihren Ursprung zu nehmen schienen, obwohl dies mit Sicherheit sich nicht herausgestellt hätte. Von keinem andern Untersucher sind jedoch derartige Gebilde beob- achtet, und es muss fraglich erscheinen, ob dieselben zu den Schläuchen gehört haben. Nach Preırrer (43) sind die Sichelkeime nicht alle einander gleich, sondern kommen in zwei gut von einander zu unter- Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 593 scheidenden Arten vor und zwar als einfache Sicheln, welche Be- . wegungen ausführen, und Sichelkeime mit differenzirtem Inhalt. Die von mir untersuchten sichelförmigen Körperchen haben stets dieselbe Gestalt und denselben Inhalt gehabt. Von Prrirrer (43) wird auch eine Wanderung der sichelförmigen Keime im Innern der Sarcosporidien angenommen. PFEIFFER (43 p. 120) sagt: „Weil die Cysten der Sarcosporidie auf dem Oesophagus des Schafes und im Darm des Känguruh (BLANCHARD) im Innern nur ein leeres Fasergerüst, am Rande aber jugendliche Kerntheilungen und jugendliche Parasiten- formen zeigen, nehmen wir auch für die Muskelschläuche des Schweins an, dass die Sicheln zur Peripherie wandern und hier weiteres Wachsthum des Sorus verursachen.“ Gegen diese Ansicht Prcirrers sprechen die Thatsachen, dass die sichelförmigen Keime in abgeschlossenen Kammern liegen und bei längerer Anwesenheit in demselben Organismus ein Untergang der sichelförmiges Kör- perchen häufig beobachtet wird, so im Centrum der Sarcosporidien des Geckos, des Schafs und ein totaler Zerfall der Schläuche beim Schwein. Die an der Peripherie grosser Sarcosporidien des Schafs sich findenden Zellen, aus welchen Ballen sichelförmiger Körperchen her- vorgehen und welche das Wachsthum des Schlauches veranlassen, sind als Producte der Sporoblastenmutterzellen zu betrachten; ein Beweis dafür, dass dieselben aus sichelförmigen Körperchen hervorgegangen sein sollen, ist nicht zu erbringen. Was das Vorkommen der Sarcosporidien beim Schaf anbetrifft, so habe ich dieselben in den verschiedensten Muskeln des Körpers, die grössern Formen dagegen nur in der Kehlkopf-, Pharynx-, Schlund-, Zungen- und Gaumensegelmusculatur angetroffen. In den Monaten Mai bis December habe ich von 185 untersuchten Schafen 182 mit Sarcosporidien behaftet gefunden. Mit Ausnahme eines Falles, in welchem bei einem älteren Schafe neben grossen Schläuchen nur zwei sehr kleine, ohne sichelförmige Körperchen, vorhanden waren, habe ich die übrigen jugendlichen Schläuche, in welchen eine Ausbildung sichelförmiger Körperchen noch nicht stattgefunden hatte, in grösserer Menge bei einem acht Monate alten Lamm gefunden. Ferner waren dieses und noch andere Lämmer aus derselben Herde mit kleinen, sichelförmige Körperchen enthalten- den Schläuchen infieirt. Grosse Sarcosporidien waren bei diesen Thieren nicht vorhanden. Die Infection ist daher wahrscheinlich nur bei jüngeren Thieren möglich, da sich bei diesen die Jugendstadien - 594 BERTRAM, des Parasiten finden, während bei älteren Thieren, mit Ausnahme des erwähnten Falles, nur ausgebildete Formen beobachtet werden. Die fraglichen Lämmer wurden im März auf der Weide geboren und sind von der Geburt ab bis zur Untersuchung auf der Weide geblieben. Da Stallfütterung ausgeschlossen ist, so muss die Infection beim Weide- gange stattgefunden haben. Die behüteten Wiesen sind trocken, mit Klee und Süssgräsern bestanden. Die Wasserlöcher, welche zum Tränken benutzt wurden, hatten morastigen Grund. In Embryonen vom Schaf, Schwein, Rind fanden sich keine Sarco- sporidien, ebenso lieferten Blutuntersuchungen negative Resultate. Es wäre vielleicht möglich gewesen, noch jugendlichere Ent- wicklungsstadien aufzufinden, wenn mir vom Anfange der Unter- suchung an Material von Lämmern zur Verfügung gestanden hätte. Vereinzelt in den Muskelfasern angetroffene ein- und zweizellige Ge- bilde erweckten den Verdacht, Jugendstadien vorzustellen, jedoch liess sich ein definitiver Beweis des Zusammenhanges derselben mit den Sarcocystis-Schläuchen nicht erbringen. Allem Anschein nach findet die Infection auf der Weide resp. bei Grünfütterung statt. Ob ein Zwischenwirth vorhanden ist oder ob die Infection direct stattfindet, muss noch dahingestellt bleiben. Erst wenn es nicht gelingen sollte, sehr junge Individuen zu inficiren, dürfte die directe Uebertragung ausgeschlossen werden. Mit Magensaft und Trypsinlösung behandelte sichelförmige Kör- perchen wurden, wie ich beobachtete, aufgelöst, Formveränderungen, wie Ausstülpungen am Rande und späterer Zerfall zeigten sich, wenn auf die Körperchen filtrirter menschlicher Speichel einwirkte. Manz (17) brachte Schläuche, theils isolirt, theils innerhalb der frischen Muskelfaser in feuchte Erde, in Zuckerwasser und liess das Fleisch an der Luft und im Wasser faulen, immer trat ein körniger Zerfall des Inhalts auf. Preirrer (43) giebt an, dass die von ihm beobachteten beweglichen Keime, mit filtrirtem menschlichem Speichel warm auf dem Objecttisch im hängenden Tropfen beobachtet, sich sehr bald in bewegliche Amöboidformen umwandeln, um später in Rundzellenform überzugehen. Ueber diesen Rundzellenzustand hinaus ist noch keine Cultur geglückt. In dem Filtrat des Vormagens der Wiederkäuer und auch des zweiten Magens gehen nach PFEIFFER die Sicheln sofort zu Grunde. Was schliesslich die Natur und Bedeutung der Schläuche anbetrifit, so haben hierüber seit ihrer Entdeckung die verschie- densten Ansichten bestanden. MiescHer (1) spricht sich nicht dar- Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien 595 über aus, ob der Parasit vegetabilischer oder animalischer Natur sei und lässt es zweifelhaft, ob die Schläuche einen eigenthümlichen Krankheitszustand der primitiven Muskelbündel darstellen, in welchen sich statt der Fibrillen jene kleinen bohnen- oder nierenförmigen Körperchen entwickelt haben, während v. StEBOLD (3) sich geneigt fühlt, die Schläuche den schimmelartigen Entophyten beizuzählen. Der Ansicht Ramezy’s (4), nach welcher das erste Anzeichen von Cysticercus cellulosae die Gegenwart von nierenférmigen Körperchen sei, welche nach ihrer weiteren Entwicklung den Muskelschlauch ver- liessen und sich zwischen den Muskelfasern zu den Blasenwürmern weiter ausbildeten, trat besonders LEUCKART (7) entgegen und wider- legte dieselbe. Von LEucKArT (7) wurden die Sarcosporidien als den Gregarinen verwandte Organismen betrachtet, und auch Rıprına (13) zählt dieselben diesen Sporozoen zu. Nach VircHow (9) stehen die Schläuche einer gewissen Form der Psorospermien oder Gregarinen nahe. RATzEL (20) ist der Mei- nung, dass die Ursache vielleicht in der Fütterung oder abnormen Lebensweise zu suchen sei. ROLOFF (24) hat die Ansicht ausgesprochen, dass die innerhalb der Muskelfasern liegenden Schläuche Haufen von Lymphkörperchen, die sich mit einer Membran umgeben haben, sind. Küax (10) bezeichnet die Sarcosporidien als Synchytrium miesche- rianum und stellt dieselben wie auch Zürn (27) zu den pflanzlichen Parasiten, während RıvoLrtA (23) dieselben von eingewanderten Infu- sorien ableitet. Bürscauı (33) bespricht die Sarcosporidien unter den Sporozoen und erachtet eine nähere Verwandtschaft derselben mit den Sporozoen nicht für unwahrscheinlich. Die Aehnlichkeit der Keime der Sarcocystis mit den sichel- oder stäbchenförmigen Keimen der Gregariniden ist nach seiner Ansicht nicht zu leugnen, jedoch bemerkt der Autor, dass dies allein nicht ausreichen dürfte, eine nähere Beziehung fest zu be- gründen und bezeichnet einstweilen die Frage nach dem systematischen Anschluss der besprochenen Organismen, welche nur auf Grund einer genauen Bekanntschaft mit ihrem Entwicklungsgange gelöst werden dürfte, als eine offene. Diesen Ausführungen BürschLrs müssen wir uns bis jetzt voll- ständig anschliessen. Wollen wir die Sarcosporidien zum Schluss noch mit den Coc- cidien vergleichen, so finden wir, dass bei den Coccidien nach Bildung der Cystenhaut aus dem protoplasmatischen Leib eine verschiedene Anzahl von Sporen, aus welchen die sog, sichelförmigen Keime und 596 BERTRAM, Restkörper hervorgehen, sich entwickeln, während bei den Sarcospo- ridien höchstwahrscheinlich ein einzelliger Organismus in das Innere der Muskelfaser gelangt, der die Sporoblastenmutterzellen erzeugt. Aus den Sporoblastenmutterzellen gehen weiterhin die Sporoblasten hervor. Um diese scheidet sich Gerüstsubstanz aus, und die von ihnen gebildeten Zellen, aus welchen die sichelförmigen Körperchen hervor- gehen, bleiben zu Ballen zusammengelagert. Ferner findet bei den Sarcosporidien an den Schlauchenden und, von einem gewissen Zeit- punkte ab, auch an der gesammten Peripherie Zelltheilung, Bildung von Ballen sichelförmiger Körperchen und Wachsthum des Schlauches längere Zeit hindurch statt. Parasitische Sehläuche in der Leibeshöhle von Rotatorien. Im Juli 1891 wurden in der Leibeshöhle von Rotatorien, welche von Herrn LEvANDER aus Helsingfors in der Unter-Warnow bei Rostock gesammelt waren, von Herrn Professor BLOCHMANN para- sitische Schläuche aufgefunden. Die eingehenderen Untersuchungen über diese Schläuche, welche von mir im Juli und August ausgeführt wurden, unterstützte der Umstand, dass eine grosse Anzahl von Ro- tatorien mit Parasiten inficirt war. Auf jeder Excursion war ich im Stande, Material zu erlangen. Theils wurden die Untersuchungen an lebenden, theils an mit heisser Sublimatlösung (1:20 Aq.) oder 70-proc. Alcohol abgetödteten Rotatorien vorgenommen. Als Färbe- mittel leisteten das Hämatoxylin und vorzüglich das Pikrokarmin aus- gezeichnete Dienste. Empfehlenswerth ist es, den Rotatorien nach dem Abtödten den Fuss abzuschneiden, damit der Farbstoff leichter ein- dringen kann. Die Abbildungen wurden mit der Camera lucida ent- worfen. Die Schläuche liegen frei in der Leibeshöhle und werden durch die Contractionen des Thieres hin und her geschoben (Taf. 39, Fig. 33). Häufig sind dieselben in so grosser Menge vorhanden, dass das Thier vollgepropft und selbst der Fuss mit denselben angefüllt ist. Die Bewegungen des Thieres sind dann träge und schwerfällig. Bei der- artig inficirten Thieren tritt innerhalb kurzer Zeit der Tod ein. Die ausgebildeten Schläuche sind cylindrisch, an den Enden zugespitzt oder abgerundet. Sie werden bis 0,09 mm lang und bis 0,03 mm breit. Die Hülle der Schläuche ist eine homogene, sehr dünne, struc- turlose Membran, von derselben in das Innere ausgehende Fortsätze lassen sich nicht erkennen (Taf. 40, Fig. 33a). Ihre Festigkeit ist Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 597 sehr gering, bei leichtem Druck auf das Deckglas platzt die Membran an verschiedenen Stellen. Der Inhalt der ausgebildeten Schläuche besteht aus rundlichen bis ovalen, meist durch gegenseitigen Druck polyedrisch gestalteten Zellen (Taf. 40, Fig. 34). Die Zellen sind bis 0,006 mm gross, das Protoplasma ist gleichmässig dunkel gefärbt, der Kern rund, das Kernkörperchen in mit Pikrokarmin oder Hämato- xylin gefärbten Präparaten deutlich wahrnehmbar. Um nun über die Entwicklungsgeschichte Näheres in Erfahrung zu bringen, wurden mit ausgebildeten Schläuchen behaftete und mit reifen Eiern versehene Rotatorien in Wasser übertragen, welches nicht aus der Unter-Warnow entnommen war und nur Flagellaten und Algen enthielt. Zu diesen Versuchsthieren wurden solche gesetzt, welche bei. der Untersuchung mit stärkern Systemen frei von Schläuchen resp. deren jüngern Entwicklungsstadien, die ich später beschreiben werde, waren. Die Beobachtungen wurden im hängenden Tropfen oder in mit wenig Wasser angefüllten kleinen Uhrschälchen, welche in eine feuchte Kammer gestellt wurden, ausgeführt. Die bei dreissig Ver- suchen gewonnenen Resultate sind folgende: Die mit Schläuchen behafteten Rotatorien sterben etwa nach 48 Stunden, einige schon nach 3—4 Stunden. Während des Absterbens des Rotators oder kurz nach dem Tode zerfallen gewöhnlich die Schläuche (Taf. 40, Fig. 35). Die in denselben enthaltenen Zellen werden frei und gelangen in die Leibeshöhle Nach dem Freiwerden der Zellen platzt in den meisten Fällen die Körperwand des Räder- thieres am Vorderende nach kurzer Zeit, und die in der Leibeshöhle befindlichen Zellen gelangen in grösserer Menge in das umgebende Wasser. Eigenbewegungen der Zellen habe ich nie beobachtet, scheinbare Be- wegungen wurden häufig durch Bacterien, welche an die Zellen an- stiessen, hervorgerufen. Die hinzugesetzten von Schläuchen freien Rotatorien sowie die nach kurzer Zeit aus den Eiern, die von den inficirten Thieren ge- tragen wurden, geschlüpften jungen Rotatorien, welche sich ebenfalls bei der Untersuchung, die unmittelbar nach dem Ausschlüpfen ausge- führt wurde, als nicht mit Schläuchen behaftet erwiesen, nehmen die in der Flüssigkeit befindlichen, aus den gestorbenen Räderthieren stammenden Zellen in grösserer Menge auf. Nach 2 bis 3 Tagen — bei einem Versuche nach 24 Stunden — sind in der Leibeshöhle der im Anfange des Versuchs von Schläuchen freien und besonders der jungen Rotatorien Zellen und junge Schläuche, die alsbald heran- wachsen, nachweisbar (Taf. 40, Fig. 36a—c). Nach wiederum zwei 598 BERTRAM, Tagen haben die Schläuche ihre vollständige Reife erlangt, so dass zwischen der Aufnahme der Zellen und der vollständigen Ausbildung der Schläuche ein Zeitraum von nur etwa drei Tagen liegt. Ueber den Zusammenhang der Zellen und Schläuche in der Leibeshöhle der Versuchsthiere mit den aufgenommenen Zellen habe ich Folgendes in Erfahrung bringen können. Den Durchtritt der aufgenommenen Zellen durch die Wandung des Magendarms habe ich an lebenden Thieren und an Schnittserien nicht beobachtet. Die Untersuchungen an leben- den Thieren werden durch die Bewegung derselben und die geringe Grösse der Zellen erschwert. Die Gestalt der in der Leibeshöhle nach der Infection auftretenden Zellen und die Weiterentwicklung derselben dürfte jedoch alle Zweifel betreffs der Herkunft derselben ausschliessen. Die Zellen sind bis 0,006 mm gross, das Protoplasma ist fein gekörnt, was bei den in ausgebildeten Schläuchen vorhandenen Zellen nicht der Fall ist, der Kern gross, rund, das Kernkörperchen deutlich wahrnehmbar (Taf. 40, Fig. 37 a). Diese Zellen vermehren sich durch Theilung, bleiben zusammen- gelagert und bilden dann junge Schläuche, welche Anfangs eine rund- liche Gestalt haben '(Taf. 40, Fig. 37b u. ¢ u. Fig. 39« u. b). Die Schläuche sind stets von einer dünnen, structurlosen, homogenen Mem- bran umgeben, das Protoplasma ist fein gekörnt, Kerne und Kern- körperchen haben denselben Bau wie die einzelnen Zellen. Die Zellen sind jedoch nicht scharf abgegrenzt (Taf. 40, Fig. 37d). Der Durchmesser der noch rundlichen Schläuche beträgt nie mehr als 0,009—0,01 mm. Es ist möglich, dass bei dieser Grösse der Zeit- punkt eingetreten ist, in welchem der Raum zwischen Magendarm- wandung und Körperwand nicht mehr genügt, um eine Weiterent- wicklung der Schläuche nach allen Richtungen zu gestatten. Es tritt ein Wachsthum in der Richtung des geringsten Widerstandes, in der Längsrichtung, ein, und die kugelige Form geht bei der fortschreiten- den Entwicklung in die cylindrische, schlauchförmige über. Während der ersten Periode sind Protoplasma und Kerne in den cylindrischen Schläuchen demjenigen der rundlichen Schläuche vollständig gleich. In einigen Schläuchen, welche mit Pikrokarmin gefärbt sind, lassen sich in diesem Stadium Kerntheilungen mit ziemlicher Sicherheit er- kennen (Taf. 40, Fig. 38). Der Uebergang in die ausgebildete Form geschieht allmählich, die Zellen grenzen sich erst undeutlich, dann schärfer ab, zuletzt besteht der Inhalt des Schlauches aus scharf von einander abgegrenzten Zellen von der beschriebenen Gestalt (Taf. 40, Fig. 36c u. Fig. 39d). Die Schläuche können wieder zerfallen, das Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 599 Rotator platzen, die Zellen von andern Rotatorien aufgenommen werden und zur Bildung von Schläuchen Veranlassung geben. Die Schläuche haben sich bis jetzt bei Brachionus urceolaris EHrkt., Brachionus oon Gosse, Brachionus amphiceros EHRBG. gefunden. In der Leibeshöhle von Rotatorien sind parasitische Schläuche bis jetzt nicht aufgefunden, dagegen ist von SOROKIN (1) und NOWAKOWSKY (2) beobachtet, dass Rotatorieneier durch in denselben schmarotzende Chytridiaceen (Catenaria anguillulae Sorox., Chytridium gregarium Now. und Chytridium macrosporum Now.) zerstört werden. Die in der Leibeshéhle aufgefundenen Schläuche haben einige Aehnlichkeit mit den Zoosporangien des Chytridium macrosporum, welches von NOWAKOWSKY in zwei Exemplaren aufgefunden wurde. Der Inhalt des, von einer dünnen Haut umschlossenen Zoosporangiums bestand aus farblosem, feinkörnigem Protoplasma, welches in kurzer Zeit in . verhältnissmässig grössere, vieleckige Klümpchen zerfiel. In dem aus dem Ei vortretenden Halse des Zoosporangiums waren die Plasma- klümpchen in eine einfache Reihe locker geordnet und zeigten, von dem gegenseitigen Drucke befreit, ovale Gestalt. Bei weiterm Ver- gleich mit den von mir gefundenen Schläuchen ist nun jedoch als besonderer Unterschied hervorzuheben, dass durch eine am Ende des Halses des Zoosporangiums entstandene Oeffnung Schwärmsporen nach aussen traten und sich eilig entfernten. Dieselben hatten eine ellip- tische Gestalt, die Zahl der Cilien und die Stelle, wo diese heraus- kamen, konnte Nowakowsky jedoch nicht deutlich erkennen. Wie erwähnt, haben die aus den Schläuchen in der Leibeshöhle von Rotatorien frei werdenden Zellen niemals Bewegungen ausgeführt. Dieser Unterschied tritt auch beim Vergleiche mit den übrigen Chy- tridiaceen !), aus deren Zoosporangien Schwärmer hervorgehen, zu Tage. Ende Juli fand sich in der Leibeshöhle eines Rotators eine von einer 0,004 mm dicken Wandung umgebene, 0,026 mm im Durchmesser haltende Cyste. Im Innern der Cyste waren rundliche Körperchen in eine feinkörnige Masse, soweit sich dieses beobachten liess, einge- lagert. Aehnliche Cysten habe ich bei der weitern Untersuchung nicht wieder zu Gesicht bekommen. Ob diese Cyste vielleicht mit der Entwicklung der Schläuche in Verbindung steht und ähnlich wie bei den Olpidiaceen eine Dauer- 1) Es wurde zum Vergleiche die im Scuenk’schen Handbuche der Botanik von Zorr angeführte Literatur über Chytridiaceen benutzt. 600 BERTRAM, spore, welche nach einer Reihe von Schwärmsporengenerationen gebildet wird, darstellt, ist fraglich. Einige Aehnlichkeit mit den Chytridiaceen lässt sich immerhin nicht leugnen, jedoch bin ich ausser Stande, eine sichere Ent- scheidung über die wahre Stellung der parasitischen Schläuche zu treffen. Bis Ende September fanden sich die Schläuche in grosser Menge, im Laufe des October waren sie seltener anzutreffen und verschwanden schliesslich, trotzdem noch Rotatorien vorhanden waren. ~l Literatur. A. Sarcosporidia. MirscHher, F., in: Archiv f. Anatomie, Physiologie und wissen- schaftliche Medicin von Dr. Jon. Mixture, 1843, p. 63. v. Hessuixe, Th, in: Zeitschrift f. wiss. Zoologie, Bd. 5, 1854. v. SıEBoLp, C. Th, in: Zeitschrift f. wiss. Zoologie, Bd. 5, 1854. Raıey, G., in: Philos. Transact. Royal Society London, vol. 147, 1857, p. 111--127. Prrronerro, E., Poche parole intorno ai corpusculi del Rainey, in: Il Medico veterinario, 1859. Krause, W., in: Zeitschrift f. ration. Mediein, Bd.18, 1863, p. 156, u. Nachrichten v. d. Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, 1865, No. 12, p. 305. LeuckARt, R., Die menschlichen Parasiten, Leipzig u. Heidel- berg, 1863. WALDEYER, in: Medicin. Centralblatt, (No. 54) 1863, p. 849. Vircnow, R., Darstellung der Lehre von den Trichinen, 1864, p. 20, u. in: Vircnow’s Archiv, 1865, Bd. 32, p. 356 u. f. Küns, J., Mittheilungen des landwirthschaftl. Instituts zu Halle, 1865. LeiserinG u. Wiınkter, Bericht über das Veterinärwesen im König- reiche Sachsen für das Jahr 1865, Dresden, Jahrg. 5, p. 41, u. in: Archiv f. Pathol. Anatomie v. R. Vırcnow, Bd. 37, p. 431, 1866. ee ne 36. 37. Beitriige zur Kenntniss der Sarcosporidien. 601 PAGENSTECHER, H. A., in: Verhandl. Naturhist.-med. Ver. Heidel- berg, 1862—65, Bd. 4, p. 20—22. Rierine, L. H., in: Zeitschrift f. rat. Med., 1865, Bd. 23. Cogsozp, T. Sp., in: Transact. Pathol. Soc. vol. 17, 1866; Lancet, Jan. 1866; Veterinarian 1877; ferner Parasites, a treatise on the Entozoa of man and animals, London 1879, p. 276 u. f. . GerracHh, Die Trichinen. Hannover 1866. Dammann, ©, in: Archiv Pathol. Anat. von R. Vırcnow, 1867, Bd. 41, p. 283. . Manz, W., in: Archiv f. Mikroskop. Anat., 1867, Bd. 3. . WALDENBURG, in: Archiv f. Pathol. Anat. von R. Vırcuow, 1867, Bd. 41, p. 435. . LiNDEMANN, K., in: Deutsche Zeitschrift f. Staatsarzneikunde, 1868. Rarzer, F., in: Archiv f. Naturgesch., 1868, Bd. 1, p. 154. . ZENKER, in: Verhandl. Phys.-med. Soc. Erlangen, 1865—68, p. 20. “ FÜRSTENBERG, M. H., in: Mittheil. Naturw. Ver. Neu-Vorpommern u. Rügen, 1869, 1. Jahrg., p. 41—55. Rıvorra, in: Journ. des Vet. du Midi, 1869, p. 445 u. 521. Rozorr, F., in Medic. Centralblatt, 1868, 6. Jahrg. (No. 21), p. 234, u. Arch. f. Pathol. Anat. von R. Vircuow, 1867, Bd. 46, p. 437. . Pauricks, in: Zeitschrift f. pract. Veterinärwissenschaften, 1873, p. 79, u. Guritr u. Herrwie’s Magazin, 1872, Bd. 38. ). SIEDAMGROTZKY, O., in: Jahresbericht d. Ges. f. Natur- u. Heilkunde, Dresden (Sept. 1871 — April 1872) 1872, p. 69— 70. id. in: Lotos, 22. Jahrg., 1872, p. 251. id. in: Wochenschrift f. Thierheilkunde u. Viehzucht (Apam), Bd. 16, 1872, p. 97—101. . Zorn, Die Schmarotzer auf und in dem Körper unserer Haussäuge- thiere, Weimar 1872. v. NIEDERHÄUSERN, in: Zeitschrift f. pract. Veterinärwissenschaft, Bd: LD: 79. 1873. . Beate, L., Microscope in medicine, 4 ed., 1878, p. 485. . Lanxester, E. Ray, On Drepanidinum ranarum the cell-parasite of the frog’s blood and spleen (Gauzes Würmchen), in: Quart. Journ. Micr. Sc. N. S., vol. 22, p. 53—65. . Lanessan, J. L. pe, Traité de zoologie, T. 1, Protozoaires. BALBIANT, in: Journal de Micrographie, herausgegeben von PELLETAN, T. 6, 1882. id. Lecons sur les Sporozoaires, Paris 1884, p. 106. . Bürscauı, O., in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs, 1882 —1889. LauLanté, in: Revue vétérinaire, 1884, p. 57. . JoneH, in: Bladen . . . . van veeartsenijkunde in Nederlandsch Indie, 1885, u. in: Schweizer Archiv f. Thierheilkunde, 1886, p. 320. Mouté, in: Bull. Soc. centr. 1886, p. 125 u. 694. Moror et Ramet, in: Bull. Soc. centr. de Med. Vétér., 1886, p. 130 et 369. 602 BERTRAM, 38. Sticker, in: Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkunde, Bd. 12, 1886, ». 381. 39. Piz, H., in: Archiv f. Path. Anat. von R. Vircnow, Bd. 109, u. Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkunde, Bd. 14, 1888, p. 112. 40. Scauzz, in: Der Thierarzt, 1887, No. 1. 41. Neumann, L. G., Traité des maladies parasitaires non microbiennes des animaux domestiques, Paris 1888. 42. Buancuarp, R., Traité de zoologie médicale, 1889—90, 2. Bd. T. 1, p. 32—68. 43. Preirrer, L., Die Protozoen als Krankheitserreger sowie der Zellen- u. Zellkernparasitismus derselben bei nicht bacteriellen Infections- krankheiten des Menschen, Jena 1891, p. 116 u. £. B. Parasitische Schläuche. . SOROKIN, in: Annales Sc. Nat. Botan. (Ser. 6) T. 4, 1876. 2. Nowaxkowsky, in: Beiträge zur Biologie der Pflanzen v. Conn, Bd. 2, Heft 1, 1877 3. DE Bary, A, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, 1884. 4. ScHEnK, Handbuch der Botanik, 1890. Die Pilze von Dr. W. Zorr. Erklärung der Abbildungen. Die Abbildungen wurden, wenn nichts anderes angegeben, bei ca. 800-facher Vergrösserung gezeichnet. Tafel 38. Fig. 1. Platydactylus facetanus Aup. mit Sarcosporidien (s). (Nat. Gr.) Fig. 2. Längsschnitt durch eine Sarcosporidie von Platydactylus. 55-f. Vergr. m Muskelfaser, e Cuticula. Fig. 3. Schnitt durch die Wand einer Sarcosporidie von Platy- dactylus. m Muskelfaser, ac äussere Schicht der Cuticula, ic innere Schicht der Cuticula, g Gerüstsubstanz, k sichelförmige Körperchen. Fig. 4 Maschenräume aus dem Centrum der Sarcosporidie von Platydactylus. gz Kammer mit Zerfallsmassen. Fig. 5. Sarcosporidie aus dem Zwerchfell vom Schwein. Die äussere Schicht der Cuticula ist in Stäbchen zerfallen. Im Innern des Schlauches Sporenballen. Fig. 6 u. 7. Cuticula aus der Mitte einer Sarcosporidie vom Schwein. Fig. 7 bei 1200-facher Vergr. Fig. 8. ROSE aus dem Zwerchfell vom Schwein. m Mus- kelfaser, ¢ Cuticula, g Gerüstsubstanz, # Kerntheilung. Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien. 603 Fig. 9. Tiefere Schicht derselben Sarcosporidie bei 1000-facher Vergr. g in das Innere vorspringende Zacken, von welchen die Gerüst- substanz abgerissen ist. Fig. 10. Sarcosporidie vom Schwein. An dem Ende Zellen mit hellem Protoplasma. Fig. 11. Wandstück einer Sarcosporidie vom Schwein. 2 Zellen an der Innenfläche der Cuticula, e Cuticula, r Risse in der Cuticula. Fig. 12. Im Zerfall befindliche Sareosporidie vom Schwein. ¢ Cuti- cula, g Gerüstsubstanz, & sichelförmige Körperchen. Die Linien am Rande deuten die Grenzen der Muskelfaser an. Fig. 13. Einwanderung von Leukocyten in eine zerfallene Sarco- sporidie vom Schwein. g Gerüstsubstanz, { Leukocyten. 13a Randzone derselben Sarcosporidie. m Muskelfaser. Tafel 39. Hig. 14. Sarcosporidie vom Pferd. Fig. 15. Querschnitt durch eine Sarcosporidie vom Schaf. m Mus- kelfaser. Fig. 16. Querschnitt durch eine Sarcosporidie vom Schaf. m Mus- kelfaser, ¢ Cuticula mit Vorsprüngen. Fig. 17. Cuticula einer Sarcosporidie vom Schaf mit Rissen. Fig. 18. Oberfläche der Cuticula einer grossen Sarcosporidie aus dem Oesophagus vom Schaf. Fig. 19, 20, 21. Schnitte durch die Wand grosser Sarcosporidien aus dem Oesophagus vom Schaf. c Cuticula, sm Sarcolemma und Mus- kelsubstanz, b Bindegewebsmembran, b faseriges Bindegewebe (Peri- mysium), m (Fig. 21) Querschnitt durch eine Muskelfaser, 2 innerer Raum der Sarcosporidie. An der innern Fläche der Cuticula der Fig. 19 u. 20 liegen Zellen mit 1, 2 und mehrern Kernen. Fig. 22. Jugendliche Sarcosporidie vom Schaf, 0,047 mm lang und 0,006 mm breit. % Kern. Fig. 23 wie Fig. 22. Länge 0,12 mm, Breite 0,011 mm. Fig. 24 u. 25. Aeltere Sarcosporidien vom Schaf. In der Mitte und dem obern Ende der S. Fig. 25 finden sich die ersten Anfänge von Ballenbildung. Fig. 26. Sarcosporidie vom Schaf. Die Enden des Schlauches enthalten helle Zellen, in den mittlern Theilen finden sich Ballen mit sichelförmigen Körperchen. Fig. 27. Sarcosporidie vom Schaf mit hellen Zellen an den Enden. Fig. 28. Zellen an der Innenfläche der Cuticula einer grossen Sarcosporidie vom Schaf. Fig. 29. Theil eines Querschnittes einer grossen Sarcosporidie aus dem Oesophagus vom Schaf. 55-fache Vergrösserung. b Bindegewebs- membran, m Sarcolemma und Muskelsubstanz, ¢ Cuticula, & Kammern mit einer grossen Anzahl sichelförmiger Körperchen angefüllt, %‘ Kam- mern mit einer geringen Menge sichelförmiger Kérperchen und Zerfalls- massen, g Gerüstsubstanz, welche sich contrahirt hat, ö innerer Hohlraum. 604 BERTRAM, Beiträge zur Kenntniss der Sarcosporidien, Tafel 40. Fig. 30. Geriistsubstanz aus dem Centrum einer grossen Sarco-. sporidie vom Schaf (Eiweisslösung). Fig. 31. Schnitt durch die Gerüstsubstanz einer grossen Sarco- sporidie vom Schaf. In den Kammern sind Zerfallsmassen und im Zer- fall befindliche sichelförmige Körperchen enthalten. Fig. 32. Schnitt durch eine Sarcosporidie vom Schaf. # Kammer mit grossen, rundlichen Zellen in der Nähe der Cuticula, Die Maschen- räume in der Umgebung enthalten sichelförmige Körperchen. Fig. 33. Brachionus amphiceros mit ausgebildeten Schläuchen in der Leibeshöhle (264-f. Vergr.). 33a Schlauch mit abgelöster Cuticula. Fig. 34. Zellen mit ausgebildeten Schläuchen. Fig. 35. Geplatztes Rotator mit Zellen, welche nach dem Zerfall der Schläuche frei in der Leibeshöhle liegen und in das umgebende Wasser gelangen. Fig. 36. Junge Schläuche (a, b) und ein ausgebildeter Schlauch (c) in der Leibeshöhle eines lebenden Rotators. Fig. 37. Einzelne Zellen (a) und junge (b, c, d) nach der In- fection in der Leibeshöhle sich findende Schläuche (Pikrokarmin). Fig. 38. Junger Schlauch mit Kerntheilungen (Pikrokarmin). Fig. 39. Junge Schläuche (a, b, c) und ein ausgebildeter Schlauch (d). (Hämatoxylin.) Berichtigung. Durch ein bedauerliches Versehen, welches die geehrten Abonnenten freundlichst entschuldigen wollen, sind die zu der Arbeit „ÄNDERSSON, Zur Kenntniss des system. Nervensystems der urodelen Amphibien“ ge- hörigen Tafeln XV—XVII im 2. Heft dieses Bandes falsch numerirt worden. Es muss nämlich statt XV—XVI, statt XVI—XV, statt XVII—X VIII und statt XVIII—XVII heissen. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Poble) in Jena. — 994 - Zoolog. Jahrbücher Bd.5 Abth. £ Morphol. End I. 17 yy | | SI m NE -— Endf Boos EC Lith. Ansk GC Moller, Jens Sslensky,del. ME à " = J ‘ * a“ à 2 | . é Zu | | D 7 agi LS à : nr. 7 . u D Zoolog. Jahrbücher Bd.5 Abth f Morphol. HAnr = Kur - Ng “a ‘ = Fir er oe L => nn _ : = 7 stay Fischer Je x Salenskyydel. Verl. v. Gustav "her Jena Lith. Anst.v.G.CMiiller Jena. Be Le : : L Zoolog. Jahrbücher Bd 5Abth f Morph. ee Salensky. del Verl Gustav Fischer. Jen: Lith v.G.C.Müller Jena. . ‚Jahrbücher bd.5.Abth, f Morphol Em 2 Salensky del seo, Ng y, @ lo. RTS X ure di Fig. 38D. Nh Fig 414. er — See u a SS | „5 Gustav Fischen . 5 Lithv Wesser, Jena Serie PC--1----——-==-- Be Selensky, del z ‚ Gustav fischer , - y, del Verl.v.Guste r, Jena. . Lith.Ansty.6.CMiller,Jena Zoolog. Jahrbücher Bd. 5 Abth. Morphol AS Gio” I ' 7 Dinsch Prth Ca Si 3 Ss >3 Su Ly ST ne III BE N an Oe DL TES GOONS Verlag ¥ Gus cher in Jena = = LivWesser Jena. Salensky del. © = Zoolog. Jahrbücher. Bd. 5 Abth.f Morphol. Fig 58 E. Fig 61D. "os Dike ae Sale neky del. x, Gustav Fischer in Jena Verlag Ir Wesser Jena. Zoolog. Jahrbiicher Bd. 5 Abth f Morphol. Fig. 69€. Salensky del. Verla TithvWesser, Jena Zoolog Jahrbicher Bd.3 Abth f Mesphol. * m Zoolog. Jahrbücher Bd.3 Abth f/Morphol _ Taf 10 [ De <= REE ay en H Riese del AF or Yerl .Wstay F I olog. Jahrbücher Bd.5 Abt f Morphol. 1. Riese.del ; ; ; : Lith Ansi v GC Müller, J © œ Pretest Jahrbücher Bd. 5. Abth.f.Morphol f j = 4 Te 2.2 Tara Xrnif un Kg.1. Fig.17 Fig. 16. 4 R Lats. 3X , ap RLati.sX RLALMEX | RaintX ; } ; 2 \ Ral. | | | FJINWU == - Cr" 06as F3 Hp == Ir - —----Gfuc . rol VI 2° ama VU mM a | \ i y -7comm ae 56 ie dere 00dob» 00002 yon Gustav Fischers Jeng : 2 Wilder del verlag FE" pees Lith Anst EA -Finke/Lapızg. ee ee ee | Taf 15. Zoologische Jahrbücher Bd. 5. Abth.f Morphol. -(V,, De: M Per, a 1 tf, UP ron 7 6 {22 Vy fin, À trop 7 Ar 62 SDN Tn Big AGE Prey 7 Le von GustaVFischer in 7, DE: Verlag von in Jona, Wilder del. \ vKlinkowström del Verlag vol Gustav Fischer inJena 2 1 1 ! 1 i b LithAnstv.5 À Funke Leipzig "EURE SL 4 ABISNA [191 ot, SER Fi AS uosssopuy 9 “ydltoy SUM CPL UGLY OZ rn &ix- } ‘= y. mm ; RE ne T6 ~ = | Lith.Anstv A.Giltsch, dena. Verl.v Gustav Fischer, Jena-. Zoolog Jahrbücher Bd. 5 Abth f Morph. en | Taf 17 Lith Ansty. À Giltsch, dena. Verl.v; Gustav Fischer dena. j Zoolog. Jahrbücher Bd 5 Mbth J Morph. Verl vßusiay Fischerdena. LithAnstwA Giltsch, dena. Abth.f Morph. ne, Tr DA log Jar ee ena Verl. v. Gustav Fischer Zoolog, Jahrbücher Bd. 3Abth.f Morph. lif 20 te > — = - = ~ : NS HAS \) A NH Mee . Frenzel fec. Verl. y. Gustav Fischer d S a! = © x 2} = ce zZ Gust oo 20008505, 020° Y Ve rl. a 3 m , $” bs he : .È 4 Joolay Jährbücher Bd. 5 Abthl Morph. Lith. Ansty. A Gilisch,Jena ste peran pe 72 Verl.v. Gustav Nischen, Jena | | | a - NE = oe I EN — /f| Sl) ne Plate del. Verl. v. Gustav Bscher, Jena : * Lith.Anst.vA.Giltsch, Jena NS -Abeh.t Maxphol. ; f pe Fig 1. 4- SS : \ er es ie ‘ ope = Rdal.med 11 | R.bronch- - ------ eS ee © Dr | wir Pe Rlat.dors x ee SIR N D CS bang Jarc.v.! --- ; Jare ya = — pp & |! ae Nr = Thr: _ ae : ar Es fy 2 a wes } Je /| Fi post tr: RT a Lee N + | ; À ae Be {2€ \ Aypagl....: | agp. \ HP | en -Co.,a | Jar: } Jaren. | N ee N Ast. oor Gill slit. - - - emp. Mant. St pl. Rdors op Le oT Gate Rop R ze PR DW x Fipost eat RPh Lars Bots uy Ros Le Gang Gym a ‘ae i pp ie fe Done Rehm Psp N - i 1 Sposs 5 _\ 2 7 ‘ ; I ; ge it \ R.bucc Tar 2 Fig. 7 Fig. 3: I : : MS N -a =~ -Nas.int Comm Ahi né. br. Susy. hg Pal ALA AMM Ramat AA # - 1 —— x . R ! 1 1 ne m a NE ne | u | Ptym De Vmp? Rhy Rme i Hmd. Rpal. ms * Rpal Rmd Mass Lb Amit VU. Del.ad nat.H.B.Pollard. Verlag von GustavFischer m Jena nr » ry 1 4 LE ~~ 2 =? ' ~. Zoologische Jahrbücher Bd. 5. Abth. f Morphol. en >» Big. 9. = x À ~~ Eat. ply i Het ply. em RER ---Ect.eth Pesan 7) a, ( 4 Int. br: R pal. Rms. + bree. 1 ' Wolf T.sph d Fost. temp.s. Fig.13 \ Lig \ ‘À HS ‘ tr Slemp. get ----Soce. A Ex.oee. X a Verlag von Gusiav Fischer in Jena Lith Anstx KA Finke Leave | 2 Taf.29. Zoologische Jahrbücher Bd.5. Abth.f Morphol. Post temps L.stemp Dr hig 25. f Ridge === xa x FR bekanı= =-_—., Opm ! Aud. |; i \ Sup.br! Enoce 2 : Fig. 24: > 2 ‘ Prot 4 = Br Radom. ----- | Sp3 ____# Dep. À a \ # Xe HM --:Ÿ | \ { __ DU Infor: "Bs.occ. Neh Sc Se teh ree Hum. ’ Tee | N 4 | = Se ep. PA Sp3_ = HM. ZB ._ Rehm Rope. --"" Lerure Mtpy.--- (ap Del ad nat. HB. Pollard * "an Verlag von Gustav Fischer in Jena a ische Jahrbücher Bd. 3.Abth.f. Morphol. Fig.26. R.ot. _ Rost Al.buce Vl AS FTUGO -- > \ = Pop. - I PSE A A Pop Susplig ' + PA Jrfbr” OÙ. Psph. Int br! Temp. Ros ss a Post.fr K.op.(gang.) De IR past.orb D \ Net c'e Fig. 32. Fr. Y \ ci ty. Hyp. Ent py” Mt pty. | Gass Gee Pr Au Fig33. = Eth. pallg. Rpal.ine. | = CA , x Rpatext Se: = Pie / Fig 35 le lok 4 Y) Qa op f Ect.eth £ = x Nolf. Musept Ros J Nea sept.- - op \ Pr Jntbr.. 27 \ | HE 26 ect Is. ter Li Job ---- N ABHOR NN oS Ser Ve ; y Pmax ER, E & Nas.int /{ | af | Rpartrepal, 4 | \ H Vo. : fl Psph i | \Æpal ' ! ‘ 1 \ i ) Ect ply. Ent pty. Eith.patlg. Pal Ed ne buce Psph Pr. Rpal Vo sine | Mo PJ x Ma I d nat HB Folle : 5 ig x | 1 ad nat HB Pollard Verlag von GustavFischer in, Te ae | © Zoolog Jahrbücher Bd.5. Abth f Morphol. L Boveri del vi’ Lith, Anst Werner & Winter Franxfart 2 er Bd.5. Abth.f Morphol. | | Taf 55. — Zoolog. Jahrbücher bd.5. Abth.f/ Morphol net sel Zoolog. Jahrbiicher Bd. 5 Abth. f Morphol. \\ ee RmVE-\ 2 INS BLENDE (A. y. 2 Rehm. Rbucel............ = tell NQ Auchenaspis. Clarias. en SE ee nr AE Fig.6. Ra Chaetostomus. H.B..Pollard del Verlag v Gustav Fischer Jena Lith. Ansty.G.C Mul Brel | LS temp, ET, JENA. u . Callichthys. Rbucc. Rm.W. Rhy. An N Fig. 5. Ras R.buce Rim VE Rhy- Rt R.ot. kK. 13 ay RR rec VI. À % 2 » . = Coccosteus (after Pander) Trichomycterus. Fi Varlagy (ist iv Fisel ee 7 HB. Pollard del. Verlag v.üistav Fischer Jena. 14 -& eg Zoologisthe Jahrb , Tat! 37. 5. Abth.f! Morphol. erlag von. Gustav Fischer in Jena i Zee Fr coe , Bertram del, Verl v Gustay Fischer, Jena. Lith.Anst v.A.Giltsch, Jena Jena a a 5 El Le 5 u = > & ¥ ‘os Le - Nico Bd. 5 Abth.£ Morph. Fe 96 ICH) 292 Lith.Anst.v. À Gütsch, Jena Serials N 1542 x 2 he < > we rs > ” . x Er x Pity ~ 2 Le SE : = + > \ : £ E a £ ~ a x a > = 4 n ~ a :* . ron 5 se = “ 1 a . ” \ À a - os “ . * 5 | pee ” nt 4 : x es PR Pr ere > = 4 ee PET PAR nn, Herr SAG oe > ne : R se = ; 7 ~ # RUFEN : ss x : 9 u 4 + 27 à » Ne 2 ee en a 2 cd £ EE tt 27 re | m 6 > “ en nenn nn ln Em mo Rep re D acter EVE Vas wat ra “+ R= DT ae RY TE = . tits tint et I Ie TE NE * SAS SA, wa Bh a ee % ' Se