SNL EN MIN DES Ro N.) Su He a à # b 2 RES er yy } > de © oe ES ey ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER. ABTHEILUNG FUR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER THIERE. HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. J. W. SPENGEL IN GIESSEN. SIEBTER BAND. MIT 42 LITHOGR. TAFELN UND 54 ABBILDUNGEN IM TEXT. he J EN A, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1894. TTL A TL. Heft I (ausgegeben am 15. September 1893). Koazer, Aveust, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. Mit Tafel 1—6 und 12 Figuren im Text Prare, Lupwie H., Studien über opisthopneumone noces en IL. Mit Tafel 7—12 Heft II (ausgegeben am 30. December 1893). Bercu, R. S, Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. II. Mit Tafel 13 KLInckowström, A., Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. Mit Tafel 14 und 15 und 12 Figuren im Text à Bercu, R., Die Gattung Gastropteron. Mit Tafel 16 und 17 Leypic, F., Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. Mit Tafel 18 Maas, Orro, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Corn- acuspongien. Mit Tafel 19—23 Heft III (ausgegeben am 11. Mai 1894). JAcerskiotp, Dr. L. A, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. Mit Tafel 26—28 BERNHARD, Henry M., On the Relations “at the aolronbns bi ihe aniso- tropous Layers in striped Muscles. Mit Tafel 29 . Mıranı, A, Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. Mit Tafel 30—32 und 18 Figuren im Text : Samassa, Dr. Pauz, Ueber die Nerven des none Fühlers von Helix pomatia. Mit Tafel 33 und 34 und 1 Figur im Text Seite fi Ps 93 235 249 281 309 331 Inhalt. Heft IV (ausgegeben am 4. August 1894). Kuinckowstrom, A. v., Zur Anatomie der Pipa americana. Integument. Mit Tafel 35 und 36 und 2 Figuren im Text 6 GRÖNBERG, G., Zur Anatomie der Pipa americana. Verdauungs-, Respi- rations- und Urogenitalorgane sammt Nervensystem. Mit Tafel 37 und 38 und 1 Figur im Text Se Kuinckowstrom, A. v., Zur Anatomie der Pipa americana. Gefässsystem und subeutane Lymphsäcke. Mit Tafel 39 und 4 Figuren im Text ; LunpBorG, HERMAN, Die Entwicklung der Hypiphver and fies Saedne vasculosus bei Knochenfischen und Amphibien. Mit Tafel 40 und 41 und 4 Figuren im Text Ferpinanp Scumipt, Die Furchung und Keimblätterbildung es Selon matophoren. Mit Tafel 42 Seite 609 629 647 667 688 RE Nachdruck verboten. ! Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Anatomie der Gattung Siphonaria. Von Dr. August Köhler in Giessen. (Aus dem Zoologischen Institut zu Giessen.) Hierzu Tafel 1—6. Die vorliegende Arbeit soll ein Beitrag zur Lösung der Frage nach den verwandtschaftlichen Beziehungen und der systematischen Stellung der Gattung Siphonaria sein. Meinen Erörterungen liegen ausser den Angaben früherer Untersucher, deren Arbeiten ich an der Spitze des Literaturverzeichnisses zusammengestellt habe, eigne Unter- suchungen an mehrern Arten zu Grunde. Dieselben bilden den Gegen- stand des ersten Abschnitts dieser Arbeit. Sie erheben allerdings nicht den Anspruch auf eine Vollständigkeit, wie man sie etwa von einer Monographie erwarten müsste, dazu reichte mein Material schon in quantitativer Hinsicht nicht aus, da mir von jeder Art nur einige wenige Exemplare zu Gebote standen; auch in qualitativer Hinsicht war es nicht günstig. Ich hatte durchweg kleinere Arten, deren Prä- paration, da sie schon längere Zeit in Alcohol aufbewahrt gewesen waren, häufig so viel Schwierigkeiten bot und doch nur unsichere Resultate erwarten liess, dass ich vorzog, die allerdings zeitraubende, aber hier zuverlässigere Ergebnisse versprechende Methode der Unter- suchung auf Schnittserien anzuwenden. Auch hier habe ich mich meist auf die Untersuchung der gröbern anatomischen Verhältnisse beschränkt und bin nur bei einzelnen Punkten, wo es unumgänglich schien, auf die Histologie eingegangen, soweit es der Conservirungszustand des Materials gestattete. Zool. Jahrb, VII, Abth, f. Morph, Î 4 AUGUST KÖHLER, Der zweite Abschnitt ist der Vergleichung der Befunde bei den von mir untersuchten Arten mit den Ergebnissen der Arbeiten meiner Vorgänger gewidmet. Abgesehen von HALLER’S Arbeit sind es meist nur kleinere Mittheilungen, die, ohne weit in Details einzudringen, in - grossen Zügen den Bau einzelner Arten, zum Theil mit Beschränkung auf einzelne Organsysteme behandeln, sie enthalten, wie es bei einer derartigen Behandlung leicht der Fall ist, in manchen Punkten irr- thümliche Angaben; da jedoch fast keiner der Untersucher dieselbe Art vor sich gehabt hat, wie der andere (abgesehen von STUDER, V. JHERING und mir), und meine Untersuchungen mich belehrt haben, dass zwischen äusserlich ähnlichen Arten im innern Bau nicht un- beträchtliche Differenzen vorkommen können, so bin ich bei der Kritik dieser Angaben möglichst vorsichtig gewesen, um nicht meiner- seits durch übereilte Schlüsse die Zahl der Irrthümer noch zu ver- mehren. Im dritten Abschnitt endlich habe ich den Versuch gemacht, die Stellung von Siphonaria zu den übrigen Gastropoden näher zu be- leuchten, soweit mir nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt- nisse eine sichere Entscheidung möglich schien. Ich ergreife hier die Gelegenheit, den Herren, die mich bei der Abfassung dieser Arbeit unterstützt haben, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. In erster Linie bin ich meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor SPENGEL, der mir die Anregung zu vorliegender Unter- suchung gab, zu wärmstem Danke verpflichtet für das Interesse, das er stets meiner Arbeit bewahrte, und die reichen Unterstützungen an Literatur und Vergleichsmaterial, die er mir stets bereitwilligst zu- kommen liess; von den hier beschriebenen Siphonarien verdanke ich seiner Güte: Siphonaria pectinata L. var. lineolata Str., vom Cap; Siphonaria laeviuscula REEVE, von Valparaiso (aus dem Museum zu Kopenhagen); Siphonaria stellata var. luzonica REEVE, Nordaustralien (aus dem Museum GODEFFROY). Ferner danke ich den Herren Geheimrath MoEgius und Professor VON MARTENS, die mir aus den reichen Schätzen des Berliner Museums folgende Arten überliessen : Siphonaria pectinata L., aus Gabun; Siphonaria redimiculum REEVE, von den Kerguelen ; Siphonaria aspera Krauss, von Saldanha. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 3 Herr Professor von Martens hatte ausserdem die grosse Liebens- würdigkeit, die Bestimmungen der von mir untersuchten Arten zu revidiren resp. die nicht bestimmten zu bestimmen. Herr Dr. PLATE war so freundlich, mir zwei aus dem Sencken- bergischen Museum in Frankfurt stammende Arten: Siphonaria pectinata L., von Casa blanca und Siphonaria subrugosa Sow., von Chile zu überlassen, auch ihm statte ich hier meinen besten Dank ab. Herrn Professor PELSENEER bin ich verpflichtet für die leihweise Ueberlassung der Arbeit Nogre’s über Siphonaria, die ich übersehen hatte. Abschnitt IL. Siphonaria pectinata L. Das Thier, das ich Taf. 1, Fig. 1 von der Seite und Fig. 2 von der ventralen Fläche gesehen abgebildet habe, ähnelt äusserlich am meisten einer Patella. Im Ganzen hat es die Gestalt eines flachen Kegels. Die Basis wird zum grössten Theil vom Fuss gebildet; vorn ist dieser abgestutzt, und hier wird der Kopf des Thieres sichtbar. Dieser ähnelt dem eines Limnaeus, doch fehlen die Fühler, und Augen sind am conservirten Exemplar wenigstens von aussen nicht zu erkennen. Die Ventralfläche des Kopfes wird durch eine seichte Furche in sagittaler Richtung getheilt, auf deren Grund die Mundöffnung liegt; Kopf und Fuss sind durch eine tiefe, quere Furche, die sich noch etwas auf die Seiten des Körpers hinauf erstreckt, getrennt. Auf der rechten Seite liegt in der Fortsetzung dieser Furche, am hintern Rande des Kopfes, die Geschlechtsöffnung (gô). Fuss und Kopf werden von einer Mantelfalte (mf) überragt, die eine ringsum verlaufende Mantel- rinne überdeckt, welche vorn über dem Kopf am tiefsten ist. In dieser Mantelrinne bemerkt man rechts, etwas vor der Mitte, eine kurze Falte, die etwa die Höhe der Mantelfalte erreicht. Auf den Fig. 1 u. 2 ist sie mit al bezeichnet. Auf ihrer dorsalen Fläche, dicht am Rand befindet sich die Afteröffnung (Taf. 1, Fig. 3 u. 4 af); ich habe sie daher Anallappen genannt. Der Anallappen und der darüber liegende Theil der Mantelfalte begrenzen eine bei Spiritusexemplaren gewöhn- lich spaltförmige Oeffnung, welche in die Athemhöhle führt, das Athem- loch (Fig. 1, 3, 4 alo, Taf. 1). Auf der Rückenfläche des Thieres be- merkt man den Ursprung eines hufeisenförmigen Adductors; er weist Ls 4 AUGUST KOHLER, auf der rechten Seite eine dem Athemloch entsprechende Liicke auf, welche eine vorn rechts gelegene, etwa elliptische Partie von dem übrigen Adductor abtrennt; die beiden Theile des Adductors sind mit ad und ad’ bezeichnet (Fig. 1 u. 3, Taf. 1). Zwischen dem Vorder- rand des abgelüsten Theiles rechts und dem des übrigen Adductors links entspringen längs einer schwach nach vorn convexen Linie (4) Muskeln, die in die Mantelfalte und in die Kopfhaut ausstrahlen; in ähnlicher Weise entspringen über dem Athemloch Muskelfasern, die sich in die Mantelfalte begeben. Die Ursprungsstelle des Adductors zeigt bei Spiritusexemplaren eine gelblichgraue Farbe; bei genauer Betrachtung bemerkt man jedoch, dass sie durch hellere, quer ver- laufende Streifen mehr oder weniger vollständig in rundliche Abschnitte getheilt wird (Fig. 1 u. 3): diese Querstreifen sind Enden von Faser- bündeln, die wir bei der Betrachtung des Bodens der Mantelhöhle näher kennen lernen werden. Die Athemhöhle. Auf der von den Muskelursprüngen umrahmten Rückenfläche sieht man schon von aussen die Organe, die der Decke der Athemhöhle an- resp. eingelagert sind, hindurchschimmern ; behufs genauerer Unter- suchung eröffnet man jedoch am besten die Athemhöhle, indem man, vom Athemloch ausgehend, ihre Decke am rechten vordern und hintern Rand ablöst und nach links hinüberschlägt. Nach einem solchen Prä- parat ist Fig. 3, Taf. 1, gezeichnet. Man erkennt, dass die Athemhöhle den von den Muskelursprüngen umrahmten Raum nicht ganz bean- sprucht, indem am linken Rande, dem Athemloch gegenüber, eine den Vorhof (at) enthaltende Spitze des Herzbeutels vorspringt; um die Decke der Athemhöhle glatt nach links hinüberklappen zu können, muss hier auch die Wand dieser Partie des Herzbeutels durchschnitten werden, so dass man in seine Höhle hineinsieht. Auch hinten reicht die Athemhöhle nicht ganz bis an den Adductor heran, sondern es bleibt ein schmaler, sichelförmiger Raum zwischen dem Adductor und ihrem hintern Rand frei. Die Decke der Athemhöhle wird zum grössten Theil von zwei zum pallialen Organcomplex gehörenden Organen ein- genommen. In der vordern Hälfte liegt der grössere Theil der Niere (ren), der ungefähr die Gestalt eines gleichschenkligen Dreiecks hat, dessen eine abgerundete Spitze nach hinten gerichtet ist, während die ihr gegenüberliegende Seite vorn quer zur Längsaxe des Thieres verläuft. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 5 Hinter der Niere zieht in grossem Bogen die sichelférmig ge- krümmte Kieme (ci) dahin; ihr dem Stiel einer Sichel entsprechender Theil reicht bis ins Athemloch hinein, fast bis an den Rand der Mantel- falte. Während die Kieme auf das Dach der Athemhöhle beschränkt bleibt, schlägt sich die Niere an der Stelle, wo der Herzbeutel vor- springt, auf den Boden der Mantelhöhle um und bildet dort einen rundlichen Lappen, der etwa ein Drittel des ganzen Organs ausmacht. Hinter diesem untern Nierenlappen liegt ein mit Flimmerepithel über- kleideter, schmaler Wulst (wb, Fig. 3, Taf. 1), der in der Nähe des Afters beginnt, parallel dem hintern Rand der Athemhöhle nach links verläuft, dort dicht hinter dem Herzbeutel auf die Decke der Athem- höhle übergeht und am hintern Rand der Kieme, das dort befindliche, auf der Zeichnung roth angelegte Gefäss bedeckend, wieder dem Athem- loch zustrebt. Klappt man das Dach der Athemhöhle in seine natür- liche Lage zurück, so kommen die beiden Theile des Wimperbandes einander gegenüber zu liegen. Am Eingang der Athemhöhle, der vordern Partie des Adductors angelagert, zeigen Fig. 3 u. 4 noch einen kleinen Wulst (os), auf den wir weiter unten zurückkommen werden. Nach dieser allgemeinen Orientirung wenden wir uns zur Schilde- rung der einzelnen die Athemhöhle begrenzenden Theile. Das Dach der Athemhöhle, soweit es nicht von den oben er- wähnten Organen eingenommen wird, ist eine ziemlich dünne Membran. Beide Seiten, die der Innenfläche der Schale anliegende wie die gegen die Athemhöhle gewandte, sind mit einem niedrigen Epithel bekleidet ; zwischen den beiden Epithelien gewahrt man in der Bindesubstanz zahlreiche von geronnenem Blut erfüllte Räume (Fig. 7—12, 14, 15, Taf. 1; Fig. 16, Taf. 2; Fig. 2, Taf. 5, dah). In dem vor der Niere gelegenen Theil des Athemhöhlendaches sind diese Bluträume lange, ungefähr senkrecht zum vordern Nierenrande verlaufende, sich ver- zweigende oder anastomosirende Canäle; in dem hinter der Niere ge- legenen Theil stellen sie jedoch ein unregelmässiges Netzwerk mit nur wenig gestreckten Maschen dar. Die Kieme, deren Lage in der Athemhöhle wir schon oben kurz geschildert haben, zeigt einen ziemlich complieirten Bau. Schon bei der Betrachtung des Taf. 1, Fig. 3 abgebildeten Präparats überzeugt man sich, dass dieselbe aus einer grossen Zahl neben einander ge- reihter Blätter besteht, die etwa die Form eines gleichschenkligen Dreiecks haben. Mit ihren Grundlinien, die senkrecht zum hintern Rand der Niere stehen, sind sie am Dach der Athemhöhle ange- 6 AUGUST KOHLER, wachsen, zumeist so, dass grössere und kleinere mit einander ab- wechseln; im Ganzen nimmt die Grösse der Blätter von dem dem Athemloche zunächst gelegenen Ende nach dem am Pericard gelegenen hin ab. Die beiden Flächen jedes Blattes zeigen eigenthümliche Falten und Runzeln; untersucht man die Kieme auf Querschnitten durch das Thier an den Stellen, wo sie parallel zu ihrer Längsrichtung, die ein- zelnen Blätter somit senkrecht, getroffen sind, so zeigt sich, dass die Unebenheiten auf den Seitenflächen der Blätter theils durch Faltungen des einzelnen Blattes, theils durch auf beiden Seiten entspringende, secundäre Blättchen verursacht werden (vergl. Taf. 2, Fig. 18, 19, 20 cé). Jedes einzelne Blatt trägt an seinem hintern Rand ein zuführendes, an seinem vordern ein abführendes Gefäss. Erstere entspringen alle aus einem am Hinterrand der Kieme unter dem dorsalen Ab- schnitt des Wimperbandes gelegenen gefässartigen Blutraume (ka, Fig. 3, Taf. 1), der an seinem hintern Rande durch zahlreiche Oeffnungen mit dem dort entwickelten Lacunennetze in Verbindung zu stehen scheint. Dieser Canal ist die Kiemenarterie oder das zuführende Kiemengefäss. Die abführenden Gefässe münden alle in ein am Vorderrande der Kieme, zwischen ihr und der Niere verlaufendes Ge- fäss, das abführende Kiemengefäss (kv, Fig. 3, Taf. 1). Auf den Querschnitten Taf. 2, Fig. 16—20 ist seine Lage ebenfalls zu er- kennen. Eine allgemeine Orientirung über die Lage der Niere ist schon oben gegeben, ebenso ihre Gestalt in grossen Zügen geschildert worden. Wir sahen, dass sie aus einem grössern, dem Dach der Athemhöhle anliegenden dorsalen und einem kleinern, dem Boden derselben ange- hörenden ventralen Theile besteht. Beide Theile gehen auf der linken Seite der Athemhöhle, die Wand des Herzbeutels bedeckend, ohne scharfe Grenze in einander über. Dies ist auf Fig. 3, Taf. 1, da gerade an dieser Stelle der Herzbeutel eröffnet ist, nicht gut zu sehen; jeder Querschnitt durch diese Gegend des Thieres, wie z. B. einer der Taf. 2, Fig. 18—20 abgebildeten, lässt jedoch den Uebergang deutlich erkennen. Weder der dorsale, noch der ventrale Lappen der Niere sind in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmässig dick; ersterer ist an seiner nach hinten gewandten Spitze am dünnsten, von da nimmt die Dicke nach vorn und besonders nach rechts (auf das Thier bezogen) beträchtlich zu, und dicht bei der nach dem Athemloche zu gelegenen Spitze des dorsalen Nierenlappens erhebt sich ein ziemlich kräftiger Fortsatz, der sich nach hinten und rechts ein Stück über die Kieme hinweglegt. Diese Nierenpapille (renp) ragt jedoch nicht ganz Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 7 frei in die Athemhöhle hinein, wie es nach Fig. 3, Taf. 1, den Anschein haben könnte, sondern sie ist durch ein dünnes Blättchen, das zwischen den Kiemenblättchen von der Decke der Athemhöhle entspringt, wie durch ein Frenulum an diese befestigt. Auf einer Reihe von Quer- schnitten (Taf. 2, Fig. 19, 20) erkennt man, dass dieses Blättchen (fre) wie ein Kiemenblatt seitlich secundäre Blättchen trägt; auf dem Fig. 20 abgebildeten Schnitt ist es nur durch das grosse, an seinem freien Rande sich zeigende Gefäss von einem Kiemenblatt zu unterscheiden. Auf der Spitze dieser Nierenpapille liegt die äussere Oeffnung der Niere, der Nierenporus (renpo, Fig. 3, Taf. 1). Im Innern besitzt die Niere den charakteristischen schwammigen Bau, wie wir ihn bei vielen Gastropoden finden. Das excretorische Epithel besteht aus kleinen cubischen, auf der freien Oberfläche oft halbkuglig vorgewölbten Zeller, in denen ich keine festen Concremente finden konnte. Soweit ich nach den mir vorliegenden Präparaten ur- theilen kann, zeigen dorsaler und ventraler Lappen keinen wesent- lichen Unterschied in ihrem Bau, nur ist der ventrale Lappen an- scheinend reicher an Muskelfasern. Die Niere des in Schnitte zerlegten Exemplars war reichlich mit Blut erfüllt; Fig. 1, Taf. 5, zeigt ein kleines Stück aus einem Schnitt durch dieselbe: man erkennt das excretorische Epithel und die Bluträume im Innern der Niere. Die Untersuchung der Gefässe ist nicht immer leicht. Sind sie mit geronnenem Blut reichlich erfüllt, so lassen sie sich auf Schnitten und auf Totalpräparaten gut verfolgen; sind sie dagegen leer und ihre Wände collabirt, so ist es nicht möglich, sie mit Sicherheit zu erkennen. Was ich an meinem Material ermitteln konnte, habe ich in Fig. 3, Taf. 1, eingezeichnet. Es fallen zunächst zwei starke Gefässe (kv, u. kv,) ins Auge, die das abführende Kiemengefäss mit dem Vorhof verbinden. Das eine, kv,, verläuft am vordern Rand der Niere und entspringt dicht hinter dem rechten Ende des abführenden Kiemen- gefässes; das andere, Av,, entspringt mehr nach der Mitte zu, vor der hintern Spitze des obern Nierenlappens und verläuft, bald dessen ganze Dicke einnehmend, bald nur der ventralen Wand angelagert, quer durch denselben. Beide Gefässe convergiren nach der Spitze des Herzbeutels und münden gemeinsam in den Vorhof. In die vordere dieser beiden secundären Kiemenvenen, wie ich die Gefässe kv, und kv; nennen will, dringt ein langes, der Vorhofmusculatur angehöriges Faserbündel ein, das an der Decke der Niere, ein gutes Stück rechts von der Medianlinie, inserirt (Taf. 1, Fig. 3 mu). In dem Vorhof liess es sich, da er zusammengefallen war, nicht weiter 8 AUGUST KOHLER, verfolgen. Ein zweiter kürzerer und schwächerer Muskel liegt in einem kleinern Gefäss, das von der obern Seite des dorsalen Nierenlappens herabkommt und mit den Kiemenvenen gemeinsam in den Vorhof miindet. Ein ähnliches Gefäss scheint auch etwas weiter nach hinten, an der Uebergangsstelle zwischen dem obern und untern Nierenlappen in die hintere Kiemenvene dicht bei ihrer Ausmiindung in das Herz einzutreten; es führt wohl Blut aus dem ventralen Lappen und aus der linken Hälfte des dorsalen in das Herz. Wahrscheinlich ergiessen sich auch noch andere kleinere Gefasse in die Kiemenvenen und das abführende Kiemengefäss, wenigstens sah ich eine Anzahl auf einem in Glycerin und Essigsäure aufgehellten Präparat der Decke der Athem- hohle; leider war jedoch die Blutvertheilung in der Niere des in Quer- schnitte zerlegten Exemplars für die Verfolgung dieser Gefässe nicht günstig, so dass ich dort die Richtigkeit dieser Beobachtung nicht priifen konnte. Mehr Erfolg hatte die Untersuchung anderer Gefässe, die mit dem zuführenden Kiemengefäss in Verbindung stehen. Sie sind, soweit sie auf Flächenpräparaten bei schwacher Vergrösserung sicht- bar waren, in Fig. 3, Taf. 1, eingezeichnet; auf Schnittserien lässt sich nachweisen, dass sie sich im dorsalen Nierenlappen und zwar zunächst vorwiegend an seiner ventralen Fläche verbreiten. Das eine dieser Gefässe entspringt rechts, gerade der Kiemenpapille gegenüber, und verläuft in dem Frenulum über die Kieme hinweg und dringt am medialen, nach hinten gewandten Rand der Papille in die Niere ein, um sich da, wie oben angedeutet, zu verzweigen; das andere steht ganz im Hintergrund der Athemhöhle, am Ursprung des zuführenden Kiemengefässes mit diesem in Verbindung und verläuft dem nach rechts und hinten gewandten Rande der Niere entlang in querer Richtung bis zu dem abführenden Kiemengefäss. Auf diesem Wege sendet es sowohl nach vorn, als auch nach hinten Gefässe aus. Die vordern gehen in die Niere, die hintern treten in ein Gefässnetz ähnlich dem vor der vordern Kiemenvene gelegenen ein, das sich links zwischen Hinterrand der Niere und Vorderrand der Kieme ent- wickelt hat. Man kann sich leicht überzeugen, dass das abführende Kiemengefäss, soweit es jenes Gefässnetz begrenzt, an vielen Stellen mit ihm communicirt. Ich will die beiden Gefässe rechtes (ren) und linkes (lzn) zuführendes Nierengefäss nennen (vergl. Fig: 3; af). Mit dem Herzbeutel communicirt das Innere der Niere durch eine gut ausgebildete Renopericardialpforte. Sie liegt dicht hinter dem Eintritt der Kiemenvenen in das Atrium und steht etwa senk- Beitrage zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 9 recht zur Längsaxe des Thieres. Auf Querschnitten erscheint sie daher mehr oder weniger genau längs getroffen ; eine Abbildung gebe ich nicht, weil ich von der vorliegenden Art keinen dazu geeigneten (Querschnitt habe. Der Boden der Athemhöhle wird von einer dünnen Membran ge- bildet, die ich in meiner vorläufigen Mittheilung Diaphragma ge- nannt habe. Das Diaphragma ist wesentlich musculöser Natur. Ich habe schon oben darauf aufmerksam gemacht, dass der Adductor durch quere Streifen, die an seinem äussern Rande entspringen und nach innen verlaufen, in eine Anzahl rundlicher Abschnitte getheilt wird: diese Streifen sind die Ursprungsportionen von Muskelbündeln, die von den Seiten und von hinten in das Diaphragma eintreten, sich dort ausbreiten und unter einander verflechten; ein Theil der hinter der Athemöffnung entspringenden Fasern zieht im Bogen in dem zwischen dem Rande der Athemhöhle und dem Wimperbande gelegenen Raum nach der gegenüberliegenden Seite. Auch aus dem Adductor treten Fasern in das Diaphragma ein, besonders in der vordern untern Wand des Herzbeutels (Fig. 12, 14, 15, Taf. 1, und Fig. 17, 18, Taf. 2). Die Aufgabe dieser Musculatur ist wohl die Verengerung resp. Er- weiterung der Athemhöhle. Von den dem Dach der Athemhöhle angehörenden Organen gehen nur die Niere und das Wimperband auf den Boden über, jedoch nicht die Kieme. Am Athemloch, dem rechten abgelösten Theil des Ad- ductors angelagert, liegt der schon oben genannte Wimperwulst (os) und darunter ein Ganglion (go); es ist das Osphradium oder Geruchsorgan, auf das ich bei der Schilderung des Nervensystems noch zurückkommen muss (Taf. 1, Fig. 3, 4, 8, 9). Die Leibeshöhle. Unter dem Diaphragma liegt die Leibeshöhle — ich gebrauche diesen Ausdruck hier nicht im Sinne von Célom —, die grösstentheils von den Ernährungs- und Fortpflanzungsorganen erfüllt wird. Nur links, unter dem untern Nierenlappen, breitet sich der Herzbeutel aıs. Er ist ein ziemlich ausgedehnter Hohlraum, wie man auf den Fig. 14, 15, Taf. 1, und Fig. 16—20, Taf. 2, erkennt, wo der Herz- beutel mit pe bezeichnet ist. Mit der Grenze der untern Niere stimmt die Grenze des Herzbeutels nicht genau überein: nach vorn und links hinten ragt der Herzbeutel, nach rechts hinten dagegen die Niere weiter vor. Gerade dem Athemloch gegenüber, wo er am meisten 10 AUGUST KOHLER, in die Athemhöhle vorspringt, ist der Herzbeutel am weitesten; hier liegt das Herz. Die dünnwandige Vorkammer (at) liegt nach oben rechts und vorn gewandt, die Kammer (ve) unten, links und etwas nach hinten. Man kann diese Lage des Herzens aus den Querschnitten Fig. 18, 19, 20, Taf. 2, leicht erkennen. Auch Fig. 3, Taf. 1, kann eine Vorstellung davon geben, wenn man sich das Dach der Athem- höhle in seine natürliche Lage zurückgeklappt denkt. Die in die Vor- kammer miindenden Gefasse kommen alle aus dem Dach oder dem Boden der Athemhöhle und sind schon besprochen; die von der Kammer ausgehenden will ich aus praktischen Gründen später beschreiben. Zu- nächst haben wir die Organe, welche in der Leibeshöhle liegen und von jenen Gefässen versorgt werden, näher ins Auge zu fassen. Es sind das, wie schon bemerkt, die Ernährungs- und Fortpflanzungs- organe, und zwar nehmen erstere vorwiegend die linke, letztere die rechte Hälfte des zur Verfügung stehenden Raumes ein. Die Ernährungsorgane. Der Mund ist eine einfache Oeffnung, die bei den conservirten Exem- plaren auf dem Grund der an der Ventralseite des Kopfes gelegenen Längsfurche liegt. Er führt in ein ganz kurzes Rohr mit musculösen Wandungen und sternförmigem Lumen, an dessen oberem Ende in einer quer verlaufenden Furche ein Kiefer liegt. Derselbe ist halbkreis- formig und besteht aus mosaikartig neben einander gereihten, braunen Stäbchen, die theils am Boden, theils an der Rückenwand der Furche befestigt sind; erstere sitzen direct den Epithelzellen auf, letztere auf einem vom Epithel der dorsalen Wand der Furche ausgeschiedenen, geschichteten Cuticularsaum, der nach dem Rande der Furche hin an Dicke stetig zunimmt; er ist eine Verdickung der den vordern Theil der Mundhöhle auskleidenden Cuticula. Gute Schnitte durch den Kiefer, welche das beschriebene Verhalten erkennen lassen, erhält man gewöhnlich nur auf Sagittalschnitten. Ich habe einen solchen, von einer andern Art, auf Taf. 5, Fig. 4 abgebildet. Die Zusammen- setzung des Kiefers aus Stäbchen ergiebt sich aus der Combination solcher Schnitte mit Flächenschnitten durch den vordern, median ge- legenen Theil des Kiefers, wie man sie auf Querschnitten durch das Thier erhält (Taf. 5, Fig. 5)1). Die Stäbchen am freien, ventral ge- 1) Auch dieser Schnitt stammt von einer andern Art, von Siphonaria laeviuscula, bei der die Stäbchen nur etwas länger sind als bei pectinata. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 11 legenen Theile des Kiefers sind hier ziemlich genau quer getrofien, nach den Seiten und nach dem dorsalen Rande zu werden die Schnitte schräg, man kann hier die Stäbchen in Zusammenhang mit den Epithel- zellen beobachten. Mit dieser Kieferfurche beginnt die eigentliche Mund- höhle. Die nach vorn und oben direct vor dem Kiefer gelegene Wand ist mit einem starken, aus Quer- und Längsfasern bestehenden, wohl musculösen Polster ausgestattet (ein Stück davon zeigt Fig. 4, Taf. 5, po), von hinten springen die zwei lang-eiförmigen, an ihren der Mundhöhle zugewandten Enden mit einander verbundenen Stützbalken der Zunge (st) unter der Radulatasche (rt) vor. Sie sind auf den Querschnitten Taf. 1, Fig. 7—12 eingezeichnet; die Bilder sind jedoch für die Demonstration dieser Organe nicht instructiv, da durch die Geschlechtsorgane und durch Contractionszustände die ursprüngliche symmetrische Lage dieser Theile wesentlich gestört ist. Ich werde daher den Bau der Stütz- balken bei einer andern Art, bei der auch ihr Erhaltungszustand besser ist, eingehender beschreiben. Ueber den von den Stützbalken gebildeten Theil der Mundhöhlen- wand breitet sich das vordere Ende der Radula aus. Ihre Bildungs- stätte ist eine kurze, nach oben umgebogene Radulatasche (rt), die in ihrem Bau keine wesentlichen Abweichungen von den Verhältnissen darbietet, die schon von andern Gastropoden bekannt sind. Ihren Ursprung aus der Mundhöhle zeigt Taf. 1, Fig. 7 u. 8; ziemlich genau quer getroffen ist sie Fig. 9; die folgenden Schnitte fallen dagegen schon in die Gegend, wo sie sich dorsalwärts umbiegt, man erhält also hier keine reinen Querschnitte mehr. An einer heraus- präparirten Radula zählte ich ausser dem Medianzahn jederseits 38 Zähne, so dass die Formel 38.1.38 ist. Die Zähne bilden fast gerade, nur schwach nach vorn convexe Querreihen. Um eine Vor- stellung von der Form der Zähne zu geben, habe ich Taf. 2, Fig. 21 ausser dem Medianzahn (mit o bezeichnet) den 2., 11., 20. und 31. Zahn abgebildet. Der Medianzahn ist langgestreckt, auf der schmalen Basis erhebt sich eine ganz kurze, einfache Spitze. Die folgenden Zähne sind breiter und haben eine starke, zweizackige Spitze (Fig. 21 2). Von den beiden Zacken der Spitze tritt zunächst die laterale an Grösse zurück, und am Grunde der Spitze tritt auf der lateralen Seite eine neue Zacke auf (Fig. 21 11). Gehen wir weiter nach der Seite, so stumpft sich auch die mediale Zacke der Spitze ab. Sie erscheint jetzt gerade abgestutzt, mit einer leichten Einkerbung in der Mitte, zugleich tritt an ihrem Grunde, gegenüber der lateralen, eine kleine, mediale Zacke auf (Fig. 21 20, Taf. 2). Dann schliessen 12 AUGUST KOHLER, sich Zähne an, die, indem die Spitze immer kürzer wird und die Zacken an der Basis beiderseits gleich gross werden, fast symmetrisch gebaut erscheinen (Taf. 2, Fig. 21 31). Diese Form behalten sie bis zum Rande, nur werden sie in der Richtung von vorn nach hinten kürzer, während ihr Querdurchmesser ungefähr der gleiche bleibt. Lateral vom letzten Zahn findet man zuweilen noch ein kleines Körn- chen, das wohl einem rudimentären Zahn entsprechen dürfte. Die Vergrösserung aller in Fig. 21 abgebildeten Zähne ist die gleiche; es geht aus der Abbildung deutlich hervor, dass die Grösse der einzelnen Zähne von der Mitte nach dem Rande stetig abnimmt. Ueber der Radulatasche, auf der dorsalen Fläche des Schlund- kopfes, entspringt der Oesophagus (oe, Taf. 1, Fig. 4, 6, 8—10, 12—14). Er dringt, sich hin und her krümmend, in die Tiefe hinab und geht hier ohne scharfe Grenze in den weiten, sackförmigen Magen über. Die Wand des Oesophagus zeigt zahlreiche Längsfalten, an deren Bildung sich das aus schmalen, hohen Flimmerzellen zusammengesetzte Epithel und eine Längsmuskelschicht betheiligen, während die aussen liegenden, quer verlaufenden Muskelfasern über die Falten hinweg- ziehen. Der Magen liegt dicht über dem Fusse und ist in Fig. 4 nur zum kleinsten Theil zu sehen, nämlich vorn der Uebergang in den Oesophagus und rechts hinten ein kleines Stück. Fig. 6, Taf. 1, die Darmcanal und Leber, von der ventralen Seite gesehen, darstellt, zeigt ihn jedoch in seiner ganzen Ausdehnung. Er ist ein weiter, dünn- wandiger Sack, dessen Form wesentlich durch seinen Füllungszustand und die Dimensionen der umliegenden Organe bedingt wird; gewöhn- lich ist er, wie überhaupt der Darm, mit aufgenommenen Nahrungs- mitteln erfüllt, Resten von Algen, Diatomeen und leider auch Sand, welch letzterer bei der Anfertigung der Schnittserien sich in sehr störender Weise bemerklich macht. Bei dem in Schnitte zerlegten Exemplar war der Darm in seinem vordern Theil ziemlich leer, er enthielt nur etwas Gerinnsel, und man sieht hier die Wand ähnliche Falten bilden wie im Oesophagus (Taf. 2, Fig. 16—20 m). Eine Einschnürung, die sich etwa in der Mitte des Magens be- findet, scheint mir nicht von wesentlicher Bedeutung zu sein, wenigstens konnte ich, trotzdem sie einigermaassen constant aufzutreten scheint, keine wesentlichen Unterschiede in dem Bau der vordern und hintern Hälfte des Magens erkennen. Ungefähr in der Mitte der hintern Hälfte des Magens entspringt der Dünndarm (Taf. 1, Fig. 6 d,; Fig. A). Derselbe wendet sich am Boden der Leibeshöhle zunächst nach vorn, steigt vor der Herzkammer in die Höhe (Fig. 4, Taf. 1) Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 13 und biegt, dicht unter dem Diaphragma liegend, nach hinten um (d,, Fig. 4, Taf. 1; Fig. A); er bildet so eine erste, vertical stehende Schleife. Dann wendet sich der Darm nach links (Fig. 4) und lauft am Rande der Eingeweidemasse nach vorn (Fig. 4, 6 d,), sinkt hinter dem Herzen in die Tiefe und verläuft parallel mit d, nach hinten (Fig. 6 d,), steigt hier wieder zur Dorsalseite hinauf und zieht schräg nach vorn unter dem Diaphragma nach der Aiteröffnung (d,, Fig. 4, 6), die auf der dorsalen Seite des Anallappens liegt. Am Darmcanal sind zwei Paare von Anhangs- drüsen entwickelt. Vorn finden sich zwei Speicheldrüsen (spdr), deren jede eine rundliche, gelappte Masse darstellt, von der der dünne Ausführgang sich bis zur Wand der Buccalmasse verfolgen lässt. Bei dem in Schnitte zerlegten Exemplar waren die Drüsen im Verhältniss viel mächtiger ent- wickelt; auf den Fig. 8—15, Taf. 1, findet man | sie zwischen den verschiedenen Theilen des ch Darmeanals eingeklemmt. Rist Ale Dern und In den hintern Theil des Magens miinden Herz von Siphonaria pecti- : FA nata. oe Oesophagus, m zwei Verdauungsdrüsen (Leber) von sehr wagen, d,—d, Darm, ve ungleicher Grösse. Die stärker entwickelte Ventrikel, at Vorhof, aa (hep,, Fig. 4, 6) mündet dorsal vom Ursprung PAR Giles des Diinndarms durch ein weites Loch in den Magen, ihre Hauptmasse ist auf der ersten der angeführten Figuren auf der Dorsalseite zu sehen, in der zweiten Figur erkennt man die kleinern, auf der Ventralseite gelegenen Lappen des Organs, die sich zwischen die Darmschlingen eindrängen. Die kleinere Drüse (hep,) nimmt das hinterste Ende der Leibeshöhle ein, sie mündet durch einen dünnen, kurzen Gang ventral in den hintersten Abschnitt des Magens; Fig. 4, Taf. 1, zeigt sie von der dorsalen, Fig. 6 von der ventralen Seite. Die Leber erscheint äusserlich aus einzelnen Lappen und Läppchen zusammengesetzt, ich habe versucht, auf der Zeichnung den Habitus, so gut es mir möglich war, wiederzugeben. Den Bau der Leberzellen übergehe ich hier, da ihr Conservirungszustand ein zu ungünstiger war. Die Geschlechtsorgane. Die Geschlechtsorgane nehmen den rechts gelegenen kleinern Ab- schnitt der Leibeshöhle ein, wie es Fig. 4, Taf. 1, zeigt. Man bemerkt 14 AUGUST KOHLER, hinten die Zwitterdriise (gw), vor ihr, unter dem Enddarm und zum Theil von der Leber bedeckt, cine drüsige, aus Schleim- und Eiweissdrüse zusammengesetzte Masse (sd), aus der vorn der Spermoviduct (spov) entspringt, der in die hintere Fläche des vordern rechten Adductorabschnitts eindringt. Ihm dicht angelagert verläuft ein weit engerer Canal, der Ausführgang des Recepta- culum seminis (rs). Vor dem Receptaculum liegt eine abgeplattete Drüse von rundlichem Umriss, die Prostata (pr), die durch einen engen Gang in das abgerundete Ende eines hohlen, cylindrischen Schlauches (gel) mündet, der sich dann am Kopf, vor der Kopf und Fuss trennenden Furche durch die Geschlechtsöffnung nach aussen öffnet. Ich will ihn Genitalcloake nennen. Eine klarere Ueber- sicht über den Zusammenhang und die Form der einzelnen Theile des Geschlechtsapparats giebt Fig. 5, Taf. 1, die ihn frei präparirt und auseinandergebreitet zeigt. Oben in der Figur findet man die grosse Zwitterdriise (zw); etwa im Centrum ihrer untern Fläche entspringt der in der Mitte stark aufgetriebene, gewundene Zwittergang (zwg). Derselbe tritt, nachdem er einen seitlichen Fortsatz, die Samen- blase (sb), entsendet hat, in die aus Schleim- und Eiweissdrüse ge- bildete Genitalmasse über, deren Oberfläche vielfach durchfurcht ist (sd und ed). Auf der Zeichnung sieht man am untern, in Beziehung auf das Thier vordern Rand der Genitalmasse in der Fortsetzung eines solchen Wulstes den Spermoviduct (spov) entspringen. Er ist mit dem Gang des Receptaculums (rs) aus dem Muskel herauspräparirt, und man erkennt, wie er mit diesem in der Nähe des Prostataganges in die Genitalcloake (gel) einmündet. Nach dieser allgemeinen Orientirung können wir uns zur Schilde- rung der einzelnen Abschnitte des Genitalapparats an der Hand der abgebildeten Schnitte wenden. Der erste Schnitt (Fig. 7, Taf. 1) zeigt die Geschlechtsöffnung gö. Sie führt in einen schräg ins Innere vorspringenden dickwandigen, musculösen Schlauch, die Genitalcloake (gel), die sich scharf nach hinten umbiegt. Auf dem abgebildeten Präparat ist der erste Theil längs geschnitten, während darüber der nach hinten sich wendende Theil im Querschnitt getroffen ist; die Communication der beiden Lumina ist auf den vorangehenden Schnitten leicht nachzuweisen. Der Lichtdruck Taf. 5, Fig. 3, der ein Stück eines Horizontalschnittes durch ein anderes Exemplar, das der var. lineolata angehört, darstellt, zeigt ebenfalls einen Querschnitt durch den Anfangstheil der Genital- cloake mit seiner stark musculésen, aus quer und längs verlaufenden Beitrige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 15 Muskelbündeln zusammengesetzten Wand. Das Epithel ist aus hohen, cylindrischen Zellen gebildet, die wahrscheinlich Wimpern tragen, der Conservirungszustand meines Objectes liess jedoch eine sichere Ent- scheidung dieser Frage nicht zu. Fig. 8 stellt einen weiter hinten geführten Schnitt dar. Der distale Theil der Genitalcloake ist hier nicht mehr getroffen, sondern nur das hintere, umgebogene Ende mit seinem etwas erweiterten Lumen. Ein paar Schnitte weiter biegt die Genitalcloake wieder nach vorn um und geht, nachdem sich ihr Hohl- raum etwas erweitert hat, in den auf der Figur links von ihr gelegenen, mit spov bezeichneten Canal, den Anfang des Spermoviducts, über. Die Längsfaserbündel, die ihn umgaben, verlaufen allein in der ur- spriinglichen Richtung nach hinten, indem sie sich bald zu einem Retractor der Genitalcloake vereinigen, der bis Fig. 16, Taf. 2, r zu verfolgen ist; dann dringen seine Fasern in die Muskelmasse des Adductors ein. Auf dem Lichtdruck Fig. 3, Taf. 5, ist der Retractor der Lange nach getroffen. Auf der ganz kurzen Strecke vom Ueber- gang in den Spermoviduct bis zu der Stelle, wo vorn die Biegung nach unten stattfindet, nimmt die Genitalcloake zwei weitere Canäle auf. Zunichst vorn, dicht hinter der Biegung, einen feinen, mit niederm Epithel ausgekleideten Canal (Fig. 7), der zunächst in der Musculatur eingehüllt bleibt (Fig. 8). Hinter dem Anfang des Spermoviducts aber tritt er nach ein paar dicht aneinander gelegten Windungen aus den sich zum Retractor zusammenschliessenden Lingsfasern aus und wendet sich medianwärts, um in die Prostata einzutreten. Diese selbst (pr, Fig. 8—15, Taf. 1, und Fig. 16, 17, Taf. 2) stellt einen dick- wandigen, in dorsoventraler Richtung abgeplatteten Schlauch dar, der eine mit der Spitze dorsal gewandte, im Sinne der Conchyliologen linksgewundene Spirale von etwa 1'/, Windung beschreibt. Bei dem andern ältern Exemplare, nach dem die Fig. 4 u. 5 entworfen sind, war jedoch die Spirale rechtsgewunden, und das dem Ausführgang zugekehrte Ende nach vorn umgeschlagen. Ueber den feinern Bau der Prostatawand kann ich nach meinen Präparaten, der ungenügenden Conservirung wegen, keine befriedigende Auskunft geben. Man kann nur leicht erkennen, dass die Wand der Prostata aus zwei Schichten zusammengesetzt ist, einer innern, dem Lumen zugewandten, ziemlich dünnen, und einer äussern, die an den meisten Stellen viel mächtiger ist. Letztere besteht aus Drüsenzellen von anscheinend birnförmiger Gestalt, mit deutlichem Kern und körnigem, sich in Carmin schwach färbendem Inhalt; man gewinnt an vielen Stellen den Eindruck, dass eine Anzahl solcher Zellen zu einem „Acinus‘ vereinigt seien. Die 16 AUGUST KOHLER, innere Schicht zeigt schon bei schwacher Vergrésserung eine deutlich ausgeprägte radiäre Streifung, die auch auf den Uebersichtsbildern angedeutet ist; auf diinnen Schnitten, bei starker Vergrésserung, sieht man, dass sie zum grossen Theil von den halsartigen, innern Ab- schnitten der Driisenzellen gebildet wird, die ebenfalls mit Secret- körnchen erfüllt sind. Zwischen diesen scheinen sich noch dünne Cylinderzellen mit kleinen, länglichen Kernen zu befinden, die, nach vorhandenen Resten zu urtheilen, mit Wimperhaaren versehen waren; auch an mit Carmin gefärbten, in toto eingelegten Stücken der Prostata, an denen man die Wand von der äussern Fläche betrachtet, lassen sich ausser den grossen Kernen der Drüsenzellen, die bei hoher Einstellung sichtbar sind, bei tiefer Einstellung noch die kleinen Kerne unter- scheiden, welche an den Knotenpunkten eines nicht ganz regelmässigen, etwas verwaschen gezeichneten Netzwerkes liegen. Bei etwas dickern Schnitten sind die beiden Schichten scharf gegen einander abgegrenzt ; es scheint hier zwischen beiden Schichten das eben erwähnte Faser- netz zu liegen, Sicheres habe ich jedoch darüber nicht ermitteln können. Der Ursprung des zweiten Canals, des Stiels des Recepta- culums, ist Taf. 1, Fig. 8 abgebildet. Er entspringt aus einer Er- weiterung am Uebergang des Spermoviducts in die Genitalcloake, durchdringt den Retractor der letztern und verläuft parallel mit dem Spermoviduct auf seiner dorsalen Seite nach vorn (Fig. 7 rs), dann durch den vordern Adductor nach hinten. Fig. 15 tritt er dann unter dem Athemloch aus ihm heraus und lässt sich bis zum Receptaculum verfolgen. Fig. 18, Taf. 2, liegt er dicht am Receptaculum; ich habe seine Einmündung nicht besonders abgebildet, da sie schon auf den Fig. 4 u. 5, Taf. 1, dargestellt ist. Die Wand des Receptaculumstieles ist glatt; sie besteht aus einem einfachen Wimperepithel, die Musculatur ist nur schwach entwickelt. Das Receptaculum selbst ist eine dünnwandige Blase; sein Inhalt war an dem in Schnitte zerlegten Exemplare nicht zu bestimmen: über diese Frage und über den Bau der Wand werde ich bei der Beschreibung anderer Arten die nöthigen Angaben machen. Der Spermoviduct (spov) schliesst sich direct an die oben erwähnte Erweiterung an. Er verläuft, wie schon bemerkt, ventral vom Stiel des Receptaculum seminis, genau wie dieser durch den Adductor und stellt auf dieser Strecke ein ziemlich dickwandiges, mit starker Längs- und Ringmusculatur versehenes Rohr dar, dessen Lumen von einem etwa 6--8 Längsfalten bildenden Cylinderepithel ausgekleidet ist. Dieser einfache Bau erhält sich bis zum Eintritt in die Leibes- Beitrige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 17 höhle (Fig. 17, 18, Taf. 2). Da verdickt sich der ganze Spermoviduct erheblich, und sein Lumen theilt sich in zwei Rinnen. Die Wand der einen gleicht in ihrem Bau vollkommen der Wand der Prostata, sie mag daher Prostatarinne heissen; die andere dagegen zeigt grosse Aehnlichkeit mit der Schleimdriise, ich nenne sie daher Schleim- rinne. Auch in dieser hat eine Sonderung der Zellen in Driisen- und Flimmerzellen stattgefunden, jedoch ohne dass erstere aus dem Kpithel herausgetreten wären ; es wechseln vielmehr ziemlich regelmässig grosse, farblose Zellen mit grobmaschigem Plasma mit ganz dünnen, faden- formigen ab, die an ihrem verbreiterten Ende die Wimpern tragen. Die Schleim- und Eiweissdrüse, sowie Zwittergang und Zwitterdriise habe ich bei der vorliegenden Art nicht genauer untersuchen können, da die Schnitte hierfür nicht tauglich waren; ich habe in den Fig. 16 —20, Taf. 2, nur die allgemeinen Lageverhältnisse dargestellt. Man sieht in Fig. 17, Taf. 2, den Spermoviduct unten und links von der Schleimdrüse umgeben, ebenso in Fig. 18; Fig. 19 ist der Sperm- oviduct verschwunden, und an seiner Stelle gewahrt man Windungen des Zwitterganges (zg); daneben liegt links die Eiweissdrüse (ed), darüber und darunter die Schleimdrüse (sd). Schnitte, auf denen die Zwitterdrüse getroffen ist, habe ich nicht abgebildet; ich werde das bei der Beschreibung von Siphonaria stellata var. luzonica nach- holen. Die Blutgefässe. Wir wenden uns nun zur Darstellung der Blutgefässe. Werfen wir einen Blick auf Fig. 19, Taf. 2, so sehen wir am medialen Rande des Herzbeutels aus der Kammer ein starkes Gefäss entspringen, das gleich nach seinem Eintritt in die Leibeshöhle eine Anschwellung zeigt. Dicht hinter dieser Anschwellung theilt sich das Gefäss in zwei Theile, einen nach hinten verlaufenden, die Arteria posterior oder ab- dominalis, welche die im hintern Körperabschnitt gelegenen Ein- geweide versorgt (Taf. 2, Fig. 20 ap), und einen zweiten, die Arteria anterior oder cephalica, die, zunächst zwischen den Leberlappen eingebettet, durch die erste Darmschlinge hindurchtritt (Fig. 19 aa), sich dann dem Boden der Athemhöhle dicht anlagert (Fig. 18, Taf. 2) und so bis zum Rand der Athemhöhle nach rechts und. vorn verläuft. Dann wendet sie sich nach unten (Fig. 14, Taf. 1), geht rechts an der Visceralcommissur vorbei und tritt ventral vom Darm durch den Schlundring hindurch (Fig. 13, 12), um sich dort zu verzweigen. Zu- erst geht unter dem Receptaculum seminis (Fig. 14, Taf. 1) ein Zool. Jahrb. VII, Abth, f. Morph. 9 18 AUGUST KOHLER, Gefäss nach links (Fig. 15, Taf. 1; Fig. 16, Taf. 2, «), das sich der Ventralseite des Oesophagus dicht anlagert und nach vorn verläuft (Taf. 1, Fig. 15—10), weiter lässt es sich nicht mit Sicherheit ver- folgen. Darauf gehen etwas weiter nach links zwei Gefässe (7, u. Ba) nach vorn ab, von denen das medial gelegene (8,) bis zu dem Schlund- kopf zu verfolgen ist (Fig. 12—8, Taf. 1); das laterale (#,) scheint schon vorher zu endigen. Ferner entspringen direct neben einander etwa in der Medianlinie zwei nach hinten verlaufende Gefässe (7, U. y»), die unter den Pedalcommissuren, dicht der Fussmusculatur angelagert, verlaufen (Fig. 13—15, Taf. 1). Fig. 16, Taf. 2, ist einer der letzten Schnitte, auf denen sie mit Sicherheit zu erkennen waren. Auf der lateralen Seite des Spermoviducts, am Ursprung des Anallappens, findet sich Fig. 17 u. 18, Taf. 2, ebenfalls ein mit Blut erfüllter Raum (0), der mit der Arteria cephalica communicirt, wie ich bei zwei Exem- plaren nachweisen konnte; ich bin jedoch trotzdem zweifelhaft, ob man ihn als Gefäss ansprechen darf, da ihm eine eigne Wand zu fehlen scheint; es ist immerhin möglich, dass er seine Entstehung einem zu- fälligen Riss in der Wand der Arterie verdankt, die an dieser Stelle recht dünn ist. Aus den Verzweigungen der Arterien tritt das Blut frei in die Leibeshöhle: es sammelt sich, nachdem es die Organe umspült hat, in einem Sinus, der besonders deutlich auf der linken Seite, an der Grenze des Athemhöhlendaches auf den abgebildeten Schnitten zu be- obachten ist (st Fig. 7—15, Taf. 1; Fig. 16—20, Taf. 2); ich will ihn Pallialsinus nennen. Von ihm treten alle in das Dach der Athem- höhle gehenden Gefässe aus; der Ursprung des zuführenden Kiemen- und des linken zuführenden Nierengefässes sind Fig. 20 durch * ange- deutet. Vorn am Kopf mündet in den Pallialsinus ein anderer Sinus, der ventral vom Pericard liegt, ich habe ihn auf Fig. 7—18 mit si bezeichnet. Das Nervensystem. Das Nervensystem besteht aus 2 Cerebralganglien, 2 Pedalganglien und 3 Ganglien der Visceralcommissur, von denen ich schon in meiner vorläufigen Mittheilung die beiden äussern als Pleurointestinalganglien, das mittlere als Abdominalganglion bezeichnet habe. Zwischen diesen Ganglien bestehen die typischen Verbindungen ; die Cerebralganglien (eg) sind dorsal vom Darm durch eine ziemlich lange Cerebralcommissur (ce) verbunden; sie ist auf Fig. 14, Taf. 1, zum grössten Theil dargestellt - ihre Lage ist allerdings wie die vieler anderer Theile des Schlund- Beitriige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 19 ringes durch die starken Contractionen des Thieres und die dadurch bedingten Verschiebungen der benachbarten Organe ziemlich gestört, doch ist ihre Lage dorsal vom Oesophagus deutlich zu erkennen. Die Cerebralganglien sind am besten auf Fig. 10, Taf. 1, dar- gestellt; von dem rechten entspringt rechts auf der Ventralseite das Cerebropedalconnectiv (cp), das bald mit einem unter ihm ge- legenen, vom Pedalganglion nach vorn verlaufenden Nerven verschmilzt, um mit ihm gemeinsam in das vordere Ende des Pedalganglions einzutreten (Fig. 11, 12, Taf. 1, pg). Die nach innen und unten ge- richtete Spitze des linken Cerebralganglions (Fig. 10, Taf. 1) ist der Anfang des linken Cerebropedalconnectivs. Es liegt den äusserst kurzen Cerebropleural- und Pleuropedalcon- nectiven (Fig. 12, Taf. 1), welche die drei stark genäherten Ganglien mit einander verbinden, ganz dicht an. Rechts verhält sich die Sache ähnlich, nur ist die gegenseitige Lage der Ganglien eine etwas andere, indem das Pleurointestinalganglion ganz auf die Rücken- seite, dicht unter den Boden der Athemhöhle, verlagert ist, während das Cerebralganglion der ventralen Seite genähert ist. Fig. 11 zeigt einen kurzen, dicken, mit einer Rinde von Ganglienzellen versehenen Nervenstrang zwischen Pleurointestinal- und Cerebralganglion, das Cerebropleuralconnectiv, Fig. 12 u. 13 einen ähnlichen Strang zwischen Pedal- und Pleurointestinalganglion, das Pleuropedal- connectiv. Vom rechten Pleurointestinalganglion geht ein starker Nerv nach hinten, der Anfang der Visceralcommissur (Fig. 14 vw). Man sieht auf der eitirten Figur, wie er dorsal von der Arteria cephalica liegt, so dass diese nicht durch den von der Visceralcommissur und den vordern Ganglien gebildeten Ring hindurchtritt. Die folgende Figur (Fig. 15) zeigt den Eintritt der Commissur in das rechts ge- legene Abdominalganglion (ag). Dies Ganglion ist auch noch auf dem Taf. 2, Fig. 16 abgebildeten Schnitt getroffen; auf der me- dialen Seite entspringt die linke Hälfte der Visceralcommissur, die man Fig. 15, Taf. 1, unter dem Darm zum linken Pleurointestinal- ganglion verfolgen kann. Die Pedalganglien (pg) sind doppelt unter einander verbunden, durch eine starke vordere (Fig. 14 1 pe) und schwächere hintere (Fig. 16, Taf. 2, 2pc) Pedalcommissur. Ein paar Buccalganglien, wie gewöhnlich mit den Cerebral- ganglien verbunden, liegen an der Ursprungsstelle des Oesophagus (Fig. 8, Taf. 1, bg). Aus den schon in der Einleitung hervorgehobenen Gründen muss 9%# Dis 20 AUGUST KOHLER, ich auf eine erschépfende Darstellung der peripherischen Nerven ver- zichten; nur die von den Ganglien der Visceralcommissur ausgehenden Nerven will ich etwas eingehender schildern. Die Cerebralganglien entsenden eine grössere Anzahl Nerven nach vorn, in den Kopf, zu den Augen und in die beiden Falten, zwischen denen die Mundöffnung liegt; auf den Schnitten Fig. 7—9 sind diese Nerven dargestellt. Von den beiden Pedalganglien entspringen die Nerven zumeist auf der lateralen Seite; der Ursprung eines solchen vom rechten Pedal- ganglion, dicht hinter dem Pleuropedalconnectiv ist Fig. 14, Taf. 1, abgebildet; ein ähnlicher entspringt links (Fig. 13), ein anderer auf derselben Seite, am Hinterende des Ganglions (Fig. 16, Taf. 2). Von jedem Pedalganglion geht ausserdem am hintern Ende ein ziemlich starker Nerv gerade nach hinten (Taf. 2, Fig. 16 ff., m5, n,.). Noch einen Nerven muss ich erwähnen, der am vordern Ende des rechten Pedalganglions zugleich mit dem Cerebropedalconnectiv entspringt. Fig. 11 zeigt beide Nervenstränge mit einander verschmolzen, der aus beiden gebildete Faserstrang ist mit pg bezeichnet; ein paar Schnitte weiter nach vorn (Fig. 10) tritt das Cerebropedalconnectiv cp in das Cerebralganglion ein, während darunter der Nerv (ng) sich bis zum hintern Ende der Genitalcloake verfolgen lässt, wo er sich verzweigt (Fig. 9 ng). Das rechte Pleurointestinalganglion entsendet dicht neben einander drei starke Nerven, die sich zunächst gemeinsam nach vorn wenden, die zwei lateral gelegenen biegen dann nach rechts um. Der eine davon schwillt am vordern Rande des Athemloches zu einem Ganglion (go Fig. 9, Taf. 1) an, das in dem mit Wimperepithel bedeckten Wulst liegt (os), den wir schon oben als Geruchsorgan kennen gelernt haben. Nerven habe ich von diesem Ganglion nicht ausgehen sehen. Der andere Nerv ist dem eben beschriebenen, auf den zwischen Fig. 9 u. 10 gelegenen Schnitten dicht angelagert, er verläuft jedoch schon hinter dem Ganglion go nach dem Mantelrand zu, auf Fig. 9 findet man ihn daher schon in die Mantelfalte eingetreten, über dem Athemloch, das der Schnitt tangirt hat (n,). Hier theilt er sich: ein kleinerer Ast liess sich ein kurzes Stück nach vorn in der Mantelfalte verfolgen, ein stärkerer Nerv verläuft über dem Athemloch nach hinten. Dieser ist am innern Rand der Mantelfalte auf allen Fig. 10, Taf. 1, bis Fig. 20, Taf. 2, abgebildeten Schnitten deutlich zu erkennen, mit Ausnahme der Fig. 11—15, auf denen die betreffende Partie des Körpers nicht mit abgebildet ist. Von Strecke zu Strecke giebt er Nerven in die Mantelfalte ab; ich konnte ihn bis etwa an das hintere Ende des Athemloches verfolgen. Der dritte Nerv (n,) liegt auf den drei ersten Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 21 abgebildeten Schnitten (Fig. 7—8) am innern Rand der vordern Partie des Adductors; an dessen vorderm Ende geht er in den den Kopf überdeckenden Abschnitt der Mantelfalte über und löst sich dort in mehrere starke, nach dem Rand der Falte sich wendende Nerven auf. Aus dem Abdominalganglion sah ich am hintern Ende drei Nerven entspringen, die alle drei nach hinten verlaufen. Der eine verlässt das Ganglion auf der dorsalen Seite und wendet sich dann mit der Arteria cephalica nach links (Taf. 2, Fig. 17, 18 n,); ich habe ihn bis zum Herzbeutel, an die Umbiegungsstelle der Niere und weiter bis zum Renopericardialporus verfolgen können ‘und schliesse daraus, dass er Pericard und Niere versorgt. Die beiden andern ent- springen etwas hinter dem ersten. Der dünnere, dorsal gelegene (n, Fig. 17, Taf. 2) kreuzt den Spermoviduct und dringt zwischen ihm und dem Receptaculum in die Genitalmasse ein (Fig. 18 »;); dort lässt er sich noch ein kurzes Stück dem Spermoviduct entlang ver- folgen. Der weit stärkere, mehr ventral gelegene (n,) bleibt auf der rechten Seite, sendet Fig. 18 zwei Nerven nach rechts in den Anal- lappen, tritt unter dem Enddarm hindurch (Fig. 19, 20) und lässt sich hier am rechten Rand der Leibeshöhle bis in die Gegend des hintern Endes des Athemloches verfolgen, dann tritt er in die Seiten- wand des Körpers ein, wo er sich in zwei Aeste spaltet. Der lateral gelegene Ast wendet sich nach aussen und tritt in die Mantelfalte ein. Dort angelangt, verläuft er nach hinten, indem er hier eine ähn- liche Lage einnimmt wie der vom Pleurointestinalganglion ausgehende Nerv », im vordern Theil der Mantelfalte Von dem linken Pleurointestinalganglion entspringen zwei Nerven, einer auf der linken Seite und einer hinten. Der Ursprung des linken ist Taf. 1, Fig. 14 n, abgebildet. Er legt sich ziemlich dicht einem vom Pedal- ganglion kommenden Nerven an, geht mit diesem nach oben und vorn, um in die Musculatur einzudringen. In den Fig. 10 u. 12 abgebildeten Schnitten ist er zweimal getroffen, einmal in seinem Verlaufe in der Leibeshöhle und dann das bereits in die Musculatur eingetretene Stück. Er durchbohrt den Adductor und gelangt so in die Mantelfalte, wo er sich bis etwa in die Mitte des Körpers verfolgen lässt; Taf. 2, Fig. 16—18 habe ich ihn abgebildet (n,). Auf Fig. 16 liegt noch ein kleiner, nicht weiter bezeichneter Nerv unter ihm; es ist ein kurzer, nach vorn verlaufender Ast von ihm selbst. Der Verlauf des am hintern Ende des Pleurointestinalganglions entspringenden Nerven geht aus den Fig. 16—20, Taf. 2, hervor, wo er mit n, bezeichnet ist. Er liegt neben den Pedalnerven am Boden der Leibeshöhle und nähert 22 AUGUST KOHLER, sich allmählich dem linken Rand derselben; ich konnte ihn da nicht weiter verfolgen. Die Augen liegen ziemlich weit vorn am Kopfe links und rechts von der Mundöffnung in der Haut. Sie sind bei conservirten Thieren in der Regel von aussen nicht sichtbar, da sie, wie es scheint, bei Contractionen des Thieres eingestiilpt werden kénnen; auf Schnitten sind sie jedoch stets gut zu erkennen. Fig. 44, Taf. 3, zeigt ein Auge auf dem Grund einer kleinen Hauteinstiilpung gelegen. Das- selbe hat die Form eines kleinen Bläschens. Der grösste Theil der Wand wird von der Retina gebildet, in der man zwei Schichten unter- scheiden kann, eine äussere, die Zellkerne enthält, und eine innere, deren feinerer Bau völlig durch das schwarze Pigment verdeckt ist. Dies Pigment fehlt nur auf einer ziemlich kleinen, der Haut zuge- wandten Stelle des Augenbläschens, wo die Retina in die aus durch- sichtigen Zellen gebildete „innere Cornea“ übergeht. Das Hautepithel, soweit es dieser ,,innern Cornea“ anliegt, ist ebenfalls dünn und durch- sichtig und bildet die „äussere Cornea“. Das Innere der Augenblase ist von einer im Leben wahrscheinlich gallertigen, im conservirten Auge geronnenen „Linse“ erfüllt. Die Eintrittsstelle des Sehnerven ist auf dem abgebildeten Schnitt nicht getroffen. Die Otocysten liegen in der gewöhnlichen Lage an der Innen- fläche der Pedalganglien; sie sind hier, wie bei den meisten andern Arten, die mir zur Verfügung standen, schlecht conservirt und zer- drückt; ich gebe deshalb hier keine Abbildung, sondern verweise auf die Abbildungen von Siphonaria redimiculum REEVE (Taf. 3, Fig. 35 ot), wo sie besser erhalten waren. Ueber Zahl und Form der Otolithen kann ich keine Angaben machen; sie hatten sich vermuthlich bei der Vorbehandlung der betreffenden Stücke mit den verschiedenen Con- servirungs- und Färbungsflüssigkeiten aufgelöst, ohne eine Spur zu hinterlassen. Zum Schluss noch ein paar Worte über Drüsen, die sich an einigen Stellen der Körperoberfläche ausgebildet haben. Soviel ich mit den einfachen, von mir angewandten Färbungsmethoden ermitteln konnte, sind diese Drüsen kurze Einsenkungen des Hautepithels, deren Zellen zunächst niedrig bleiben, gegen den Grund des Blindsäckchens aber länger werden und sich zum Theil in grosse Drüsenzellen mit klarem, schwach färbbarem Inhalt umwandeln. Die Kerne der Drüsen- zellen liegen peripher ; sie sind ziemlich gross und rundlich. Ausser ihnen bemerkt man noch kleinere, längliche Kerne mehr nach dem Lumen zu, die jedenfalls zwischen die secernirenden Elemente einge- Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 23 schalteten Zellen angehôren, deren Form ich jedoch nicht bestimmen konnte. Das ganze, etwa birnförmige Organ ist von einer Hülle von Fasern umsponnen, die höchst wahrscheinlich musculöser Natur sind. Da ich über keinen zur Abbildung geeigneten Schnitt verfüge, habe ich eine nach verschiedenen Präparaten combinirte Zeichnung auf Taf. 2, Fig. 29 gegeben. Diese Drüsen finden sich in ziemlich beträchtlicher Anzahl in der Haut des Kopfes, in den Seitentheilen des Fusses — vom Rand der Sohle an bis zur Ansatzstelle der Mantelrinne — und auf der ventralen Fläche des Anallappens. Drüsen von ähnlichem Bau finden sich in der Mantelfalte, nur weicht ihre Form etwas ab, indem die einzelnen Drüsenzellen länger und schmäler sind. Die kurzen Epithelschläuche, in welche die ein- zelnen Driisenzellen einmünden, sind in einer Reihe dem Rand der. Mantelfalte entlang angeordnet, und zwischen ihnen befinden sich noch andere Drüsen mit stark färbbarem Zelleib; über ihren feinern Bau und ihre Mündungsweise habe ich jedoch nichts Sicheres ermitteln können. Siphonaria laeviuscula Sow. Von der Gestalt des Thieres gilt fast genau das über die vorher- gehende Species Gesagte, wie überhaupt fast alle Siphonarien in ihrer äussern Erscheinung nur wenig von einander abweichen. Der einzige, auch in der Form der Schale sich zeigende Unterschied ist der, dass das Thier im Verhältniss höher ist als Siphonaria pectinata, wie schon aus dem Vergleich der einander etwa entsprechenden Querschnitte Fig. 20 u. 25, Taf. 2, hervorgeht. Der innere Bau weist dagegen einige nicht unerhebliche Abweichungen auf. Da ich keine Exemplare secirt habe, kann ich der Beschreibung nur die Taf. 2, Fig. 22—26 abgebildeten Querschnitte zu Grunde legen. Von einem Exemplar habe ich allerdings die Decke der Athemhöhle eingelegt und gefärbt, die Abweichungen von der vorigen Art sind jedoch hier so unbedeutend, dass ich auf eine Wiedergabe dieses Präparates verzichten kann. So ist ein sich über Dach und Boden der Athemhöhle hinziehendes Wimperband vorhanden, unter seinem der Decke der Athemhöhle zugehörigen Theil liegt das zuführende Kiemengefäss, das mit dem das Hinterende des Thieres umsäumenden Theil des Pallial- sinus durch ein Gefäss- oder besser Lacunennetz in Verbindung steht. Ebenso ist das Gefässnetz im vordern Theil des Athemhöhlendaches vorhanden, das Blut aus dem überm Kopf gelegenen Theil des 24 AUGUST KOHLER, Pallialsinus in die vordere Kiemenvene leitet; auf den Uebersichts- bildern Fig. 22 u. 23, Taf. 2, habe ich diese Gefässe angedeutet. Die Kieme stimmt in ihrem Bau mit der von Siphonaria pecti- nata überein, ein Blick auf die Abbildungen (Fig. 25 u. 26 cé) zeigt jedoch, dass die Faltungen und die Anzahl der den einzelnen Blattchen aufsitzenden secundären Blättchen besonders in dem am Athemloche liegenden Theil der Kieme viel beträchtlicher sind als bei dem in Schnitte zerlegten Exemplar von S. pectinata. Das zuführende Kiemengefäss habe ich schon oben erwähnt; auch das abführende (Fig. 25 u. 26 kv,) ist gerade wie bei der andern Art vorhanden. Die Niere zerfällt ebenfalls in einen grössern, dem Dach, und einen kleinern, dem Boden der Athemhöhle angehörenden Lappen, sie weicht nur darin etwas ab, dass die hintere Grenze jenes nicht von dem linken zuführenden Nierengefäss (len, Fig. 3, Taf. 1), das auch hier vorhanden ist, gebildet wird; sie erstreckt sich vielmehr über das Gefäss hinaus nach hinten, bis fast an den vordern Rand der Kieme. Auch ein rechtes zuführendes Nierengefäss ist vor- handen; es ist Fig. 26, Taf. 2, bei rzn mit dem „Frenulum“ abgebildet, und Fig. 25 stellt es in der Nierenpapille dar, an deren Basis es sich verzweigt. Die vordere Grenze des obern Nierenlappens wird auch hier von der vordern Kiemenvene gebildet, die wieder zwei Muskeln enthält (Fig. 24 kv,, mu). Sie nimmt auch aus der Niere kommende kleinere Gefässe auf; ich habe auf der angeführten Figur einige (medial- wärts von ihr) eingezeichnet. Die hintere Kiemenvene, Fig. 25 u. 26 mit kv, bezeichnet, ist ein starkes Gefäss das den obern Nieren- lappen von links vorn nach rechts hinten durchschneidet. An der Mündung in den Vorhof nimmt sie ein aus dem dorsalen Nierenlappen kommendes Gefäss (nv, Fig. 25, Taf. 2) auf, in geringer Entfernung davon ein zweites, das ich jedoch nicht besonders abgebildet habe. Auch aus dem ventralen Nierenlappen geht ein Gefäss hervor (nv, Fig. 25 u. 26), das aber mit den Kiemenvenen zusammen direct in den Vorhof mündet; ein Theil des Blutes fliesst jedoch aus dem ventralen Nierenlappen in das dem dorsalen angehörende Gefäss nv, und durch dieses dem Herzen zu. Am Eingang der Athemhöhle, dem vordern Theile des Adductors angelagert, findet sich auch hier das Geruchsorgan (os) mit seinem Ganglion (go, Fig. 23, Taf. 2). Die Ernährungsorgane stimmen mit denen von Siphonaria pectinata überein; ob vielleicht die Radula Abweichungen zeigt, die für die Unterscheidung der Arten verwendbar sind, habe ich nicht untersucht, da dies für die Fragen, auf deren Beantwortung es mir Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 95 zunächst ankommt, ohne Bedeutung ist. Einen Schnitt durch den Kiefer habe ich auf Taf. 5, Fig. 5 wiedergegeben ; die nöthigen Er- läuterungen habe ich schon im voraus bei der Beschreibung der voran- sehenden Art gegeben. Hervorheben möchte ich noch, dass die beiden Darmschlingen nicht ganz so weit nach vorn reichen wie bei Siphonaria pectinata; die erste Schlinge ist auf dem letzten der abgebildeten Schnitte (Fig. 26, Taf. 2, d,, d,) tangirt. Speicheldrüsen und Leber verhalten sich wie bei Siphonaria pectinata. Beträchtlichere Verschiedenheiten weist dagegen der Geschlechts- apparat auf. Fig. 22 zeigt einen Schnitt, der durch den vordern Theil der Geschlechtsöffnung gefallen ist. Von hier geht ein stark musculöser Schlauch mit engem Lumen nach innen und hinten: es ist der Penis. Aus seiner Wand treten zahlreiche Faserbündel in die Fussmusculatur ein, die vermuthlich einen Retractor bilden; sie sind Fig. 22 nur angedeutet, auf dem Lichtdruck Fig. 5, Taf. 5, r aber von der folgenden, nahe verwandten Art naturgetreu dargestellt. Nach hinten verschwindet die Musculatur; Fig. 23 ist sie nur noch auf der ventralen Seite mächtig entwickelt; auf der dorsalen sind zahlreiche Spalten (pr), Ausläufer des Prostatalumens, vorhanden, gegen das sich der Hohlraum des Penis an der Einmündungsstelle scharf absetzt. Diese selbst habe ich nicht abgebildet, sie liegt ein paar Schnitte hinter dem dargestellten. Die beiden folgenden Schnitte (Fig. 24 u. 25) fallen ganz in die Prostata (pr), die hier viel complicirter gebaut ist als bei der vorigen Art. Am übersichtlichsten ist noch der Fig. 25 abgebildete Schnitt. Er zeigt, dass die Drüsen (grau angelegt) hier nicht überall entwickelt sind. Ein Stück der dorsalen Wand ist ganz frei davon ; auf der in der Figur rechts, im Thier links gelegenen Seite sind sie sehr schwach ausgebildet, während links (in der Figur) ein starkes Polster und unten zwei hohe, bei x mit ihren Kanten verschmolzene Falten aus mächtig entwickelten Drüsen zusammengesetzt sind. Nach links von diesen beiden grossen gewahrt man noch eine ganz kleine, wie es scheint, mit Wimperepithel bekleidete Falte (p), die vorn in der, Fig. 24 ebenfalls mit g bezeichneten Furche entspringt und hinter den beiden grossen, zu einem Wulst verschmelzenden drüsigen Falten in die, Fig. 25 mit p, bezeichnete Furche übergeht. Sie lässt sich in eine kleine Aussackung verfolgen, die auf der zwischen den abge- bildeten Schnitten gelegenen Strecke, ungefähr an der auf Fig. 24 mit * bezeichneten Stelle blind endet. Den feinern Bau des Drüsen- gewebes habe ich auch hier der ungenügenden Conservirung wegen 26 AUGUST KOHLER, nicht studiren können; er scheint mir nicht wesentlich von dem der vorigen Art verschieden. Die Furche, in die der Penis mündet, setzt sich noch ein Stück nach hinten fort. Dort münden (Fig. 23, Taf. 2) zwei Canäle, einer mehr dorsal und lateral (rs), der andere mehr medial und ventral (spov). Ersterer hat ziemlich stark musculöse Wandungen; er durchbohrt den Adductor, und in Fig. 24 sieht man ihn bereits aus diesem heraus- treten. Fig. 25 legt er sich der Prostata an, und Fig. 26 finden wir ihn, ziemlich dünn geworden, unter der Eiweissdrüse. Er geht hier noch ein Stück gerade nach hinten und erweitert sich zum Recepta- culum seminis, das hier Spermatophoren enthält. Der andere | Canal ist der Spermoviduct. Er verläuft mit dem Stiel des Receptaculums durch den Adductor, tritt mit ihm in die Leibeshöhle ein; Fig. 25, Taf. 2, zeigt ihn unter dem letztern liegend. Er er- weitert sich hier, indem die Wand drüsig wird, genau in derselben Weise wie bei der vorigen Art, geht so bis an die Medianebene und biegt dann gerade nach hinten um. Auf Fig. 25 ist der quere, durch den Körper verlaufende Anfangstheil getroffen ; Fig. 26 zeigt einen (Querschnitt, auf dem man deutlich die beiden Rinnen erkennt, die sich wie bei der vorigen Art durch den histologischen Aufbau ihrer Wand unterscheiden. Am hintern Ende trennen sich die Rinnen ganz, die Schleimrinne (sr) geht in die Schleimdrüse (sd) über, und in die Prostatarinne (prr) mündet die Eiweissdrüse (ed) und der Zwittergang, dem seitlich die Samenblase ansitzt. Letztere, auf den Figuren mit sb bezeichnet, war hier nach vorn umgeschlagen, daher ist sie mit Stücken ihres Ausführganges schon auf dem Fig. 26 abgebildeten Schnitt getroffen. Der Zwittergang ist mit reifen (?) Spermatozoen angefüllt; er sowie die Zwitterdrüse weichen nicht von den später zu beschreibenden entsprechenden Organen von Siphonaria luzonica ab, weshalb ich sie hier übergehen kann. Eine auffallende Abweichung bietet das Blutgefässystem in dem Verhalten der Aorta dar. Während Herz und Herzbeutel ganz die schon bei der zuerst beschriebenen Art geschilderte Lage ein- nehmen, weicht die Aorta cephalica durch ihren Verlauf in einem wichtigen Punkt ab. Während sie bei Siphonaria pectinata durch die erste Darmschlinge hindurchtritt, so dass deren beide Schenkel d, und d, sich vor ihr vereinigen, ist dies bei unserer Art nicht der Fall (Fig. B); die beiden Darmschenkel vereinigen sich hinter der Arterie, die nicht ein Stück durch die Eingeweide hindurchdringt, sondern längs der Pericard und Leibeshöhle trennenden Wand nach Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 7 oben (Fig. 25 aa) und dann allerdings wie bei Siphonaria pectinata nach der rechten Seite hinüber verläuft. Hier verzweigt sie sich in ähnlicher Weise wie dort; ich habe die einzelnen Gefässe ziemlich genau verfolgt, muss jedoch hier auf eine eingehende Darstellung der- selben verzichten, da die abgebildeten Figuren dazu bei weitem nicht ausreichen, die Zahl der zu diesem Zweck er- forderlichen Figuren aber in keinem Verhältniss zur Bedeutung der Sache gestanden hätte. i Das Nervensystem zeigt, soweit ich es unter- suchen konnte, dieselbe Zusammensetzung wie bei Siphonaria pectinata; einzelne Theile sind in den Fig. 23—26 abgebildet. So zeigt Fig. 23 das schon oben erwähnte Geruchsorgan mit seinem Ganglion (os u. go), Fig. 24 das linke Cerebral- ganglion (cg) mit einem Theil der Cerebral- commissur, darunter das linke Pleuralgan- : 2 : 8 Fig. B. Darm und glion (plg) und die beiden Pedal ganglien (pg) ; Herz von Siphonaria lae- über den Pedalganglien liegt ein Stück der Visceral- viuseula. Wegen der Be- : R QE 3 deutung der einzelnen commissur (v2), rechts in Zusammenhang mit dem heile Abdominalganglion (ag), von dem der Herz- 8. 13. beutel und Niere versorgende Nerv (n,) ausgeht. Auch einen der vom Abdominalganglion nach hinten verlaufenden Nerven habe ich Fig. 25 u. 26 abgebildet (»,). Hautdrüsen sind wie bei Siphonaria pectinata am Mantelrand und an der Seite des Fusses und des Kopfes entwickelt, ich habe letztere, um eine Vorstellung von ihrer Vertheilung zu geben, in die abgebildeten Figuren eingezeichnet (Fig. 22—26 dr). \ vergl. Fig. A, Siphonaria subrugosa Sow. Diese Art steht anatomisch der vorangehenden sehr nahe, ich gebe daher hier nur einige Abbildungen vom Geschlechtsapparat, die bei der grossen Aehnlichkeit der beiden Arten das über Siphonaria lae- viuscula Angegebene ergänzen können. Fig. 27 u. 28 stellt den Penis mit der Prostata noch im Zusammenhange mit der Geschlechts- öffnung einmal von aussen und einmal von innen gesehen dar; pr ist die Prostata, pe der Penis, von dem auch ein Querschnitt Fig. 7, Taf. 5, abgebildet ist. Der Penis ist ein sehr dickwandiges Rohr mit engem Lumen, welch letzteres mit einem bei dem vorliegenden Exem- plar stark macerirten Epithel ausgekleidet ist; sonst besteht die Wand 28 AUGUST KOHLER, aus mehrfachen Lagen von Ringmuskeln, zwischen denen man die Querschnitte von mehr längs verlaufenden Faserbündeln erkennt. Das distale Ende des Penis war bei allen untersuchten Exemplaren ausge- stülpt, wie der Fig. 30 abgebildete Schnitt zeigt; es ragt als ziemlich umfangreiche Papille, an deren Spitze sich bei * das Lumen nach aussen Öffnet, in die die Ausführgänge des Geschlechtsapparats auf- nehmende Grube hinein. Während diese bei der vorhergehenden Art nur eine seichte Furche war, ist sie hier durch den ausgestiilpten Penis zu einem ziemlich grossen, blasenförmigen Hohlraum erweitert, in den ausser dem Penis hinten noch der Stiel des Receptaculums und der Spermoviduct einmünden (wie es Fig. 27 u. 28, Taf. 2, von Siphonaria laeviuscula dargestellt ist). Querschnitte durch die beiden letztern Canäle habe ich Taf. 5, Fig. 6 abgebildet; der obere, grössere ist der Stiel des Receptaculums, der darunter gelegene dünnere der Spermoviduct. Beide sind mit vermuthlich flimmerndem Cylinder- epithel ausgekleidet, das mehrere Längsfalten bildet; der Haupttheil der Wand wird auch hier von Musculatur gebildet, und zwar liegt nach innen zu eine Schicht längs verlaufender Fasern, nach aussen dagegen Ringfasern. An der Mündung des Spermoviducts beobachtete ich ein ziemlich dickes Polster von wahrscheinlich einzelligen Drüsen. Ausdrücklich hervorheben will ich noch, dass die Aorta cephalica sich hier zur ersten Darmschlinge gerade so verhält wie bei der vorher- gehenden, ja auch von der chilenischen Küste stammenden Art. Siphonaria redimiculum REEVE. Von dieser Art hatte ich zwei Exemplare, die ich beide Taf. 3, Fig. 41 u. 42 abgebildet habe. Fig. 41 ist das jüngste Exemplar, es war nur 2!/, mm lang; das Fig. 42 abgebildete war schon bedeutend älter und etwas über 8 mm lang. Zunächst fällt es auf, dass die Thiere in ihrer Gestalt etwas von den seither beschriebenen Arten abweichen, was sich auch in der Form der Schale äussert ; die Spitze liegt nämlich nicht nahe der Medianlinie ungefähr in der Mitte des Thieres, sondern links und weit nach hinten, so dass bei der Be- trachtung von oben ein Theil des Adductors von dem hier vorspringen- den Eingeweidesack verdeckt wird. Dies Verhalten ist offenbar als eine Andeutung einer spiraligen Aufwindung des Fingeweidesackes aufzufassen. Da ich die beiden Exemplare gern in unverletztem Zustand schneiden wollte, habe ich nichts präparirt; die Organe der Athemhöhle, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 99 die in ihrer Lage und Ausdehnung etwas von denen der andern Arten abweichen, habe ich daher nur insoweit darstellen können, als sie bei Betrachtung des Thieres von der dorsalen Seite mit Hülfe einer Lupe sichtbar waren. Das Dach der Athemhöhle zeigt im grossen Ganzen denselben Bau wie bei den andern Arten; die Blutgefässnetze im vordern und hintern Theil desselben habe ich allerdings nicht mit derselben Sicher- heit wie bei den andern Arten erkennen können, glaube aber nach einigen Beobachtungen, dass sie trotzdem vorhanden sind, sich jedoch, da sie blutleer sind, an den meisten Stellen der Wahrnehmung ent- ziehen. Die Kieme (ct) ist in der schon oben geschilderten Weise aus einzelnen Blättchen zusammengesetzt; bei dem ganz jungen Thiere sind es einfache, glatte Falten (Fig. 37, 38, 39, Taf. 3, ct); bei dem ältern sind sie gefaltet und tragen kleine, secundäre Blättchen (Fig. 43 ct). Am hintern Rande, unter dem Wimperband (wb), ist ein zuführen- des Kiemengefäss, am vordern ein abführendes (kv,) vor- handen. Die Gestalt der Kieme im Ganzen weicht jedoch etwas ab: sie ist nicht sichelförmig, sondern nur ganz schwach w-förmig ge- krümmt; verglichen mit der Grösse des ganzen Thieres, ist sie schwächer entwickelt als bei den andern Arten. Auch hinsichtlich der Verbindung des abführenden Kiemengefässes mit dem Vorhof findet sich bei unserer Art eine bemerkenswerthe Abweichung: ich konnte nämlich nur eine secundäre Kiemenvene nachweisen. Dieselbe ist auf den Fig. 36 —39 u. 42 mit kv, bezeichnet; Fig. 36 zeigt auch den einen der beiden Muskeln, die sich hier wie bei allen untersuchten Siphonarien in diesem Gefässe befinden (mu). Dies Gefäss entspricht in allem der vordern von den beiden Kiemenvenen, die wir bei den andern Siphonarien finden; von der hintern konnte ich keine Spur erkennen. Es ist mir auch nicht wahrscheinlich, dass sie mir in Folge mangelhafter Füllung mit Blut entgangen sein sollte, denn ich habe bei allen andern unter- suchten Siphonarien die beiden Gefässe stets gleichmässig stark mit Blut erfüllt gefunden. Das Fehlen der hintern Kiemenvene steht viel- leicht in Zusammenhang mit der verhältnissmässig geringern Ent- wicklung des sich nach der linken Seite hinziehenden Theiles der Kieme. Der Bau der Niere war bei dem ganz jungen Exemplar ver- hältnissmässig noch recht einfach; einiges davon, was in etwas ver- schwommenen Umrissen durch das Dach der Athemhöhle durch- schimmerte, habe ich Fig. 41, Taf. 3, wiederzugeben versucht. Aus 30 AUGUST KOHLER, dieser Figur, in Verbindung mit den Fig. 36—39 abgebildeten Quer- schnitten, ersieht man, dass die Niere ein einfacher Sack ist, der durch Falten, die grésstentheils von dem Boden bis zu der Decke herabreichen, in eine grosse Anzahl neben einander liegender, röhren- förmiger Hohlräume abgetheilt wird. Bei dem ältern Exemplar ist das Querschnittsbild weit complicirter. Ein grösserer, gemeinsamer Hohlraum, wie ihn bei dem jüngern Fig. 57 u. 38 zeigen, ist nur noch in der Nierenpapille nahe dem Nierenporus vorhanden, wie Fig. 43 erläutert, die einen Querschnitt durch ein Stück des Daches der Athem- höhle mit der Nierenpapille und dem benachbarten Theil der Kieme darstellt. Der auf dieser Figur abgebildete Schnitt hat gerade den Nierenporus getroffen, eine einfache, rundliche Oeffnung mit wulstigen Rändern, in deren Nähe das Lumen der Niere mit einem cubischen Epithel ausgekleidet ist, das den Uebergang zwischen dem Nieren- epithel und dem Epithel der Athemhöhle vermittelt. Die Reno- pericardialpforte ist Fig. 37 von dem ganz jungen Exemplar abgebildet; sie stellt einen kurzen, quer verlaufenden Canal dar, der mit Wimperepithel ausgekleidet ist. Auch hier ist am Eingang der Athemhöhle ein Geruchsorgan entwickelt; bei dem grössern Exemplar schimmerte es durch die Decke der Athemhöhle durch und ist Fig. 42, Taf. 3, dargestellt; Schnitte durch dasselbe und das Ganglion zeigen die Fig. 33—35. Die Form des Darmcanals wird zunächst durch die Taf. 3 abgebildeten Schnitte des ganz jungen Thieres erläutert. Fig. 31 zeigt die an der Mundöffnung gelegene Furche, in welcher der hufeisen- formige Kiefer (k) liegt; die beiden Schenkel des Hufeisens erscheinen auf dem Schnitt quer getrofien. Der folgende Schnitt fällt schon in die eigentliche Mundhöhle. Von hinten springen die Enden der beiden Stützbalken der Radula (st), die hier mit einander verwachsen sind, vor; über ihnen liegen die vordersten Reihen der Radulazähne. Einen Schnitt durch den Stützbalken der Radula bei stärkerer Vergrösserung habe ich Taf. 5, Fig. 8 abgebildet. Auf manchen Schnitten erinnert der Stützbalken stark an die Abbildung, die PLATE von dem Stütz- balken von Dentalium dentale giebt. Wie dort ist ein Netz von einer auf der Flächenansicht längsstreifig erscheinenden Substanz vorhanden. Einen protoplasmatischen Belag an dem Rand der Maschen habe ich allerdings nicht erkennen können, da die Conservirung keine tadellose war; dagegen sind leicht in den Maschen des Netzes Kerne zu con- statiren, die entweder in der Mitte der Maschen frei liegen oder dem Netzwerk angelagert sind. Die Maschen sind mit einer homogenen, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 31 oft durch die Conservirungsmittel geronnenen, farblosen Masse ange- füllt, in der zuweilen schwarze Körnchen auftreten. Betrachtet man einen Schnitt, der in senkrechter Richtung zu den eben beschriebenen geführt ist, wie der von mir abgebildete Taf. 5, Fig. 8, so wird man belehrt, dass die Aehnlichkeit mit Dentalium keine so bedeutende ist, wie es nach dem einen Schnitt den Anschein hatte. Denn während bei jenem der Stützbalken aus polyedrischen Zellen zusammengesetzt ist, erscheint hier die Substanz, welche auf dem Querschnitt das Netz bildete, in der Form von langgestreckten Zügen, die anscheinend die ganze Dicke des Stützbalkens durchsetzen. Besonders nach dem medianen Rande des Stützbalkens, wo er durch Muskelfasern mit dem gegenüberliegenden zusammenhängt, sind diese unter einander im Allgemeinen parallelen Züge gut zu erkennen. Es ist schwer, sich auf Grund der ziemlich unvollkommenen Präparate, die mir allein zur Verfügung stehen, eine Vorstellung von dem histo- logischen Aufbau des Stützbalkens zu machen; es ist möglich, dass hier ähnliche Zellen wie bei Dentaliwm vorhanden sind, nur hätten sie dann nicht die Gestalt eines nach allen drei Dimensionen etwa gleich ausgedehnten Polyeders, sondern stellten prismatische Zellen dar; es ist aber auch nicht auszuschliessen, dass die fein längsge- streiften, faserigen Massen modificirte Muskelzellen vorstellen, zwischen denen die eigentlichen Stützzellen mit ihrem farblosen Inhalt liegen. Die Untersuchung dieses eigenthümlichen Gewebes muss spätern Unter- suchungen vorbehalten bleiben; ich theile meine spärlichen Beobach- tungen hier nur mit, weil aus ihnen wenigstens das eine hervorgeht, dass die Stiitzbalken auch bei Siphonaria nicht aus ächtem Knorpel- gewebe gebildet sind. Oesophagus und Magen kann ich übergehen, da ich dem bei den vorhergehenden Arten Erwähnten nichts Neues hinzuzufügen habe; da- gegen sind ein paar Worte über den Verlauf des Dünndarms nöthig. Der grössern Anschaulichkeit halber gebe ich als Grundlage für die Beschreibung die nachstehenden Figuren, die, schematisch gehalten, den Darmcanal von Siphonaria pectinata (Fig. A) und von der vor- liegenden Form (Fig. C) darstellen. Erstere Figur ist nach Fig. 4 u. 6, Taf. 1, entworfen, Fig. C ist nach ihr, unter Berücksichtigung der Abweichungen, welche die Untersuchung der beiden Schnittserien er- kennen liess, construirt. Aus der Vergleichung der beiden Figuren ergiebt sich sofort, dass bei unserer Form, und zwar, wie ich aus- drücklich bemerke, sowohl bei dem grössern wie bei dem kleinern Exemplar, die zweite, nach vorn gerichtete Darmschlinge (d,, d,) fast 32 AUGUST KOHLER, ganz fehlt; sie ist nur durch eine leichte, nach links gerichtete Aus- biegung des Darmstiickes d, angedeutet, die ich auf Fig. C mit d,, , bezeichne. Auf den Taf. 3 abgebildeten Querschnitten verräth sich das Vorhandensein dieser Ausbiegung dadurch, dass d,, das Fig. 39 nahe der Medianlinie lag, in Fig. 40 ganz an den linken Rand gerückt ist. Verfolgt man die Serie weiter, so sieht man über dem Ende des Fig. A. Fig. C. Fig. A. Darm und Herz von Siphonaria pectinata. Fig. C. Darm und Herz von Siphonaria redimiculum. oe Oesophagus, m Magen, d,—d, Darm, ve Ventrikel, at Atrium, aa Arteria anterior, ap Arteria posterior. Magens auch die beiden mit d, u. d, bezeichneten Darmquerschnitte mit einander verschmelzen. Diese Umbiegungsstelle des Darmes liegt ebenso wie das blinde Ende des Magens in dem nach hinten vor- springenden, rudimentären Eingeweidesack. Die beiden Speicheldrüsen sind bei dem jüngern Thier noch ziemlich einfach gebaut; ich habe die Drüsenzellen, da sie sich zu mangelhaft conservirt hatten, nicht eingezeichnet, sondern mich auf die Wiedergabe der Umrisse des ganzen Organs beschränkt. Dieselbe Methode habe ich aus dem gleichen Grunde bei der Darstellung der Leber anwenden müssen; ich gebe in Fig. 39 einen Schnitt durch die Einmündung der grossen, links und vor der Abgangsstelle des Dünndarms gelegenen Leber; Fig. 40 stellt dagegen die Communication der kleinen, sich auf der ventralen Seite und hinter dem Pylorus in den Magen öfinenden Leber mit letzterm dar. Ueber den Geschlechtsapparat der vorliegenden Form hat STUDER einige Mittheilungen gemacht. Nach ihm ist eine Zwitter- drüse, ein Receptaculum seminis und ein Penis vorhanden, in dessen Ende eine Drüse mündet, die DALL als Hoden angesprochen Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 33 hat. Von den mir vorliegenden beiden Exemplaren besass keines einen völlig ausgebildeten Geschlechtsapparat. Die Anlagen der einzelnen Theile waren im Verhältniss zu der Grösse, die sie bei den andern erwachsenen Siphonarien erreichen, noch ziemlich unbedeutend und die histologische Differenzirung auch bei dem ältern noch wenig vor- geschritten. Ich beginne mit der Beschreibung des jüngern Exemplars. Das erste, was man vom Geschlechtsapparat gewahrt, wenn man die Schnittserie von vorn nach hinten durchmustert, ist die Anlage des Penis. Sie ist eine kleine, von Cylinderepithel ausgekleidete, schlauch- formige Einstülpung, deren Mündung Fig. 32b pe dargestellt ist. Sie dringt nach vorn zu in die Musculatur ein und zeigt an ihrem blinden Ende eine nach innen und oben umgebogene kurze Aussackung, die von etwas grössern Zellen ausgekleidet ist; es wird wohl die Anlage der Prostata sein (Fig. 32a pr). Der zweitnächste Schnitt von diesem aus (Fig. 32) tangirt schon das umgebogene Ende, und auf dem darauf folgenden verschwindet die Anlage ganz. An die Mündung der Penis- anlage schliesst sich ein ganz kurzes, seichtes Grübchen an, dessen dorsalem Rand ein enger, mit cubischem Epithel ausgekleideter Canal anliegt. Sein vorderes Ende tritt dicht an das Epithel des Grübchens heran, ich war jedoch nicht im Stande, sicher zu entscheiden, ob er hier mündet oder noch blind geschlossen ist. Dieser Canal verläuft auf demselben Weg, den beim Erwachsenen Spermoviduct und Recepta- culumstiel einschlagen, durch den Adductor nach hinten und tritt unter dem Athemloch nach links in die Leibeshöhle. Ich will diesen Canal den Geschlechtsgang nennen. Auf den Figg. 33—36, die seine Lage zu den andern Organen erläutern sollen, habe ich ihn mit gg bezeichnet. Bei seinem Eintritt in die Leibeshöhle wird der Geschlechts- gang etwas weiter und entsendet ein kurzes Divertikel medianwärts (Fig. 37 d,); kurz darauf verbreitert er sich ziemlich bedeutend (Fig. 37a gg), und unter der Mitte seiner ventralen Fläche bemerkt man einen kleinen Canal (zwg), der am Beginn der Verbreiterung sich dicht an ihn anlegt, möglicher Weise auch mit ihm communicirt. Beide Canäle lassen sich so, wie es Fig. 37a darstellt, auf etwa 9 Schnitten (— 90 u) nach hinten verfolgen, dann endet der erweiterte Geschlechts- gang blind, und der kleine Canal (zwg) bleibt allein übrig (Fig. 38, 39). Ein paar Schnitte hinter dem Fig. 39 abgebildeten endet der Canal, der jedenfalls die Anlage des Zwittergangs ist, indem er sich zu einem Bläschen erweitert, dessen Wand eingefaltet zu sein scheint; ich gebe hier keine Abbildung, da das Bläschen durch den Druck der umliegenden Organe stark deformirt ist und deshalb auf den Schnitten Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 3 34 AUGUST KOHLER, keine klaren Bilder liefert. Dies Bläschen halte ich für die Anlage der Zwitterdriise. Nebenstehende Figur (D) soll zum Schluss in sche- matischer Weise eine Uebersicht über die einzelnen Theile der Anlage des Geschlechtsapparats geben; die Buchstabenbezeichnungen sind die- selben wie auf der Tafel. Die Anlagen des Penis, sowie die der Zwitterdrüse und des Zwittergangs sind beim Vergleich mit den Ge- schlechtsorganen einer ausgewachsenen Siphonaria schon an ihrer Lage leicht wieder zu erkennen; die grésste Abweichung zeigt der mittlere Ab- schnitt des Geschlechtsapparats, der Genitalgang mit seinem verdickten Ende und dem seitlichen Blindsäckchen. Es fehlt nämlich das Re- ceptaculum, wenn nicht das eben erwahnte Blind- h säckchen seine Anlage darstellt, die allmählich, etwa \? aw durch Spaltung des Geschlechtsgangs, einen geson- derten Ausführgang gewinnen müsste. Das verdickte | Ende des Genitalgangs stellt wohl die Anlage der Eiweiss- und Schleimdrüse dar. Bei dem Altern 4 2 Exemplar war das Receptaculum mit seinem Stiel, [9-5 ie wi h ‘den, schon vollk selb- | 9 wie wir unten sehen werden, schon vollkommen se SAPIN ständig; Zwischenstufen standen mir nicht zur Ver- fügung, ich muss daher die Frage nach der ersten Anlage des Receptaculums offen lassen; das oben Angedeutete soll nur eine Vermuthung sein. \ go N A er Fig. D. Geschlechtsapparat einer ganz jungen Siphonaria re- N dimieulum. zw Zwitterdrüse, zwg Zwittergang, gg Geschlechtsgaug, pe ee go Geschlechtsöffnung, pe Penis, pr Prostata, § Anlage des Recepta- culums ? Die Untersuchung des ältern Exemplars ergab theilweise wenig befriedigende Resultate. Gerade über die Schleim- und Eiweissdrüse, die bei dem erwachsenen Thier — abgesehen von der bei meinen Exem- plaren zumeist mangelhaften Conservirung und schlechten Schnittfähig- keit — complicirte und schwer verständliche Querschnittsbilder liefern, hatte ich bei dem in Rede stehenden Exemplar Aufklärung zu erhalten gehofft, sah mich aber in meinen Erwartungen durch den Umstand getäuscht, dass der Magen in seinem hintern Theil Sandkörner ent- hielt, die beim Schneiden an den betreffenden Stellen manches zer- störten. Die Penisanlage ist, wie man nach der Grösse des Thieres erwarten kann, in der Entwicklung schon beträchtlich vorgeschritten : sie hat an Grösse zugenommen und ist in Folge dessen aus der Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 35 Musculatur nach dem Kopf zu in die Leibeshöhle eingetreten. Der distale Theil hat sich dabei ganz auf den proximalen zuriickgeschlagen, so dass man auf einem Querschnitt, wie ihn Fig. 9, Taf. 6, darstellt, beide Theile annähernd quer getroffen über einander sieht. Der äussere Theil hat eine stark musculése Wand gewonnen und documentirt sich schon dadurch als eigentliches Copulationsorgan; das Lumen engen einige von der musculösen Wand vorspringende Falten ein (auf unserer Figur ist eine derselben so getroffen, dass sie das Lumen auf dem Schnitt vollständig in zwei Hälften theilt). Der innere ist verhältniss- mässig dünnwandig geblieben und zeigt nur viele hohe, in das Lumen vorspringende Falten. Im Innern dieser Falten, sowie überhaupt nach aussen von dem Prostataepithel liegt mit Ausnahme einer dorsal ge- legenen Stelle, wo das Epithel selbst ziemlich niedrig ist, ein Gewebe, in dem man nur äusserst zahlreiche Zellkerne erkennt; die Structur der Wand erscheint also noch recht verschieden von der, die man sonst bei ausgewachsenen Siphonarien beobachtet. Eigenthümlich ver- hält sich der auf Fig. 9 mit x bezeichnete Theil der Prostata: er stellt einen Canal ohne innere Falten vor, der dicht hinter dem Uebergang des Penis in die Prostata entspringt und nun an der ventralen Seite derselben nach vorn verläuft, ohne dass er sonst nachweisbar mit dem übrigen Lumen communicirte. Sein blindes, etwas erweitertes Ende bildet den am weitesten nach hinten reichenden Theil der Prostata. Nur der Vollständigkeit halber, denn ich weiss nicht, wie ich ibn deuten soll, erwähne ich einen ganz feinen, mit Cylinderepithel ausge- kleideten Canal, der in der Nähe der Mündung aus dem Penis ent- springt und sich ein Stück weit in dessen Musculatur nach vorn ver- folgen lässt; dann wird er so undeutlich, dass sich sein weiterer Verlauf nicht mehr feststellen lässt; vielleicht kann eine anatomische Untersuchung des erwachsenen Thieres, zu der mir leider das Material nicht zu Gebote steht, über diesen Canal Aufklärung geben. In demselben Maasse wie bei Penis und Prostata ist auch bei den übrigen Theilen des Geschlechtsapparats die Entwicklung vorge- schritten. Am auffallendsten macht sich das, wie schon oben erwähnt, dadurch bemerklich, dass hinter dem Penis statt des einfachen Ge- schlechtsgangs zwei Canäle münden, der Spermoviduct und der Stiel des Receptaculums. Letzterer endet noch vor dem Ein- tritt des Spermoviducts in die Leibeshöhle blind, ohne eine Anschwel- lung und ohne dass sich eine besondere Differenzirung in seiner Wand nachweisen liesse; ein eigentliches Receptaculum ist also noch nicht zur Ausbildung gekommen. Im Spermoviduct beginnt in dem 36 AUGUST KOHLER, hintern Theil seines Verlaufs im Adductor eine etwa bis in die Mitte des Lumens vorragende Falte; eine Verschiedenheit der Wand in den beiden durch die Falte getrennten Hälften lässt sich aber hier noch nicht nachweisen. Nach seinem Eintritt in die Leibeshöhle bemerkt man jedoch, dass auf der einen Hälfte unter dem Epithel sich Gruppen von grossen Kernen (ke) befinden, während auf der andern die Epithel- zellen selbst etwas grösser sind. Ich gebe Fig. 10, Taf. 6, eine Ab- bildung des Spermoviducts, welche die betreffenden Verhältnisse, so gut sie eben auf dem Präparat zu erkennen waren, veranschaulicht. Ich werde wohl kaum fehlgehen, wenn ich annehme, dass die grossen Kerne Entwicklungsstadien der Drüsenzellen der Prostatarinne (prr) des Spermoviducts angehören, während der übrige Theil der Wand die Schleimrinne (sr) umschliesst. Nach einer kurzen Strecke ver- schwinden diese Kerne an der Prostatarinne, und der Spermoviduct öffnet sich zweimal, und zwar zuerst an der Seite der Prostatarinne in einen mit stark in das Lumen vorspringenden Falten versehenen Hohlraum, den ich eben wegen dieser Verbindung mit der Prostata- rinne für die Anlage der Eiweissdrüse halte (Fig. 53, Taf. 4, ed); dann schliesst sich die Schleimrinne mit einer aus der Eiweissdrüse stammenden Rinne (ge) ab, um sich nach kurzem Verlauf in einen der Eiweissdrüse ähnlichen kleinern Hohlraum zu öffnen, der sich zum grossen Theil nach vorn über die Schleimrinne zurückschlägt (Fig. 54—56, Taf. 4, sd). Dieser Hohlraum ist vermuthlich die Anlage der Schleim- drüse. Unter der Schleimrinne bemerkt man die Anlage des Zwitter- gangs (Fig. 53—56, Taf. 4, zwg); er verläuft unter dem Spermoviduct bis dicht vor die Stelle, wo er sich zum ersten Mal öffnet, und biegt dann nach links um. Er kommt da in die Gegend, welche bei der Anfertigung der Schnitte aus dem schon oben genannten Grund be- schädigt wurde, und ist da natürlich nicht zu verfolgen; es ist wahr- scheinlich, dass er dort, nahe dem Ende der Prostatarinne, in den Hohlraum ed einmündet. Nach hinten lässt sich der Zwittergang gut verfolgen: er liegt da, ähnlich wie auf Fig. 38 von dem jungen Exemplar dargestellt, zwischen Enddarm und Magen, nur etwas weiter nach rechts und beginnt schon sich in Windungen zu legen. Er mündet dann in die Zwitterdrüse, welche links an der von den andern Arten her bekannten Stelle liegt und schon den typischen Bau zeigt, den ich bei den folgenden Arten näher schildern werde. Deutlich als Eier erkennbare Zellen sind aber auf diesem Stadium noch ziemlich selten ; die Elemente, welche den grössten Theil des Organs einnehmen, scheinen Entwicklungsstadien von Spermatozoen zu sein. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 37 Die grossen arteriellen Gefässe verhalten sich bei unserer Art zu der Darmschlinge nicht wie bei den beiden vorhergehenden Arten, sondern wie bei Siphonaria pectinata, d.h. die Arteria ce- phalica tritt durch die Darmschlinge hindurch, wie die Schnitte Fig. 37 u. 38, Taf. 3, und in schematischer Weise die Textfigur © (S. 32) es zeigen; sie läuft dann unter dem Boden der Athemhöhle nach rechts, wo sie sich in ähnlicher Weise wie bei den seither betrachteten Arten verzweigt. Nach hinten geht ausser der grossen Arteria abdominalis, die dicht am Herzen entspringt, noch ein ganz schwaches Gefäss weiter nach rechts von der Aorta ab; es verläuft links vom Magen nach hinten. Das Nervensystem zeigt die schon bekannte Zusammensetzung aus neun Ganglien, die hier bei dem ganz jungen Thier noch ziemlich übersichtlich angeordnet sind. Fig. 32 zeigt die beiden Cerebral- ganglien, das rechte oben mit dem Anfang der Cerebralcommissur, das linke unten mit dem Ursprung eines Nerven. Fig. 33 zeigt die beiden Buccalganglien (bg), einen Querschnitt durch den vordersten Theil des Geruchsorgans (gs), das Pleurointestinalgan- glion (plg) rechts und das Cerebropleuralconnectiv (cpl) links, sowie die beiden Cerebropedalconnective (cp). Fig. 34 hat ebenfalls noch das Geruchsorgan, jedoch an der Stelle, wo es ins Athemloch einbiegt, getroffen; dann sieht man die beiden Pleurointestinalganglien und die beiden Pedalganglien (pg). Der folgende Schnitt (Fig. 35) zeigt dieselben Ganglien; er tangirt die hintere Kante des Geruchs- organs, und dorsal von den Pedalganglien bemerkt man die Oto- cysten (ot), kleine Bläschen mit niedrigem Epithel ausgekleidet, die nur hier einigermaassen genügend conservirt waren. Fig. 36 endlich zeigt das letzte Ganglion, das Abdominalganglion (ag), und über dem Fuss die hintern Enden der Pedalganglien. Auch einige Nerven habe ich in die Schnitte eingezeichnet und, soweit es thunlich war, mit Bezeichnungen versehen, die mit den bei Siphonaria pectinata angewandten übereinstimmen; ich verweise daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das dort Gesagte. Siphonaria aspera Krauss. Das Thier zeigt nicht die äussere Asymmetrie wie die voran- gehende Art, sondern nähert sich in dem Aussehen mehr Siphonaria pectinata L., ist jedoch nicht so stark abgeflacht. Es ist die einzige Art, die eine etwas lebhaftere Färbung zeigte; während bei Siphonaria 38 AUGUST KOHLER, redimiculum REEVE und Siphonaria subrugosa Sow. die Färbung ein eintöniges Grau war, das nur am Mantelrand regelmässig alternirende helle Flecken unterbrachen, zeigt die vorliegende Art am Kopf und an den Seiten des Fusses zahlreiche unregelmässige schwarze Flecken auf der Grundfarbe, einem diistern Graubraun, das rein nur an der Ventralseite des Kopfes, auf der Fussohle und in der Mantelrinne auf- tritt. Auch am Mantelrand sind die schwarzen Flecken vorhanden; ich habe sie Fig. 45, Taf. 4, auf dem kleinen Stück der Mantelfalte, das über das Athemloch wegzieht, dargestellt. Man erkennt auf der Zeichnung, dass die farblosen Partien vorspringende Zacken bilden, während die pigmentirten Theile meist eingezogen sind. Es hat den Anschein, als ob diese Zacken mit den Rippen der Schale in Beziehung ständen, denn sie sind im Allgemeinen stark entwickelt bei stark ge- rippten und schwach entwickelt bei schwach gerippten Arten. Bei der Schilderung des innern Baues brauche ich nur auf zwei Organsysteme einzugehen, die wesentliche Abweichungen von den seither betrachteten Arten darbieten und die sich ähnlich bei einer andern Art finden, über die ich hernach noch Einiges mitzutheilen habe. Es ist der am Dach der Athemhöhle gelegene Organcomplex, be- sonders die Niere und die Geschlechtsorgane. Die Abweichungen des erstern sind ziemlich gering. Fig. 45, Taf. 4, welche das Dach der Athemhöhle, von der Innenseite gesehen, darstellt, zeigt beim Vergleich mit Fig. 3, Taf. 1, die ein entsprechendes Präparat von Siphonaria pectinata L. darstellt, dass der Hauptunterschied in der viel grössern Ausdehnung des dorsalen Nierenlappens besteht. Er tritt bei unserer Art über die vordere Kiemenvene hinaus beträchtlich nach vorn in den Theil des Athem- höhlendaches hinein, der bei den andern Arten von dem Gefässnetz eingenommen wird; dies ist in Folge dessen bei Siphonaria aspera auf einen schmalen Streifen reducirt. Nach hinten reicht die Niere, wie wir allerdings schon bei andern Arten, z. B. Siphonaria lae- viuscula REEVE, subrugosa Sow. und redimiculum ReEvE, fanden, bis zum abführenden Kiemengefäss. Auch bezüglich der Mündung der hintern Kiemenvene habe ich eine kleine Abweichung zu er- wähnen, die ich bei einem Totalpräparat beobachten, allerdings auf der Schnittserie durch ein anderes Exemplar nicht unzweifelhaft wieder- finden konnte; sie gabelt sich nämlich noch innerhalb der Niere vor dem Eintritt in das abführende Kiemengefäss. Die Nierenpapille ist bei unserer Art ziemlich klein, auf ihrer Spitze liegt wie gewöhnlich der Nierenporus (renpo). Der Theil der Niere, der auf dem Boden Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 39 der Athemhöhle liegt, gleicht in Form und relativer Ausdehnung ganz dem von Siphonaria pectinata. Ebenso ist das Wimperband (Fig.51, Taf. 4, wb) und das Geruchsorgan vorhanden, letzteres ist jedoch zufällig auf keinem der abgebildeten Schnitte getroffen. Die Geschlechtsorgane zeigen in ihren rein männlichen Theilen einen von den andern Arten ziemlich abweichenden Bau. Ich habe die im vordern Abschnitt des Körpers gelegenen Theile Fig. 46, Taf. 4, schwach vergrössert dargestellt. An die Geschlechtsöffnung, welche die gewöhnliche Form und Lage besitzt, schliesst sich eine Art Atrium von ganz geringer Ausdehnung an, in das vorn ein ziemlich dicker Canal (pr,) einmündet, der nach längerm Verlauf zu einem grössern drüsigen Körper (pr) anschwillt, von dem, in der Fortsetzung des Canals (pr,), ein dünner Schlauch (fl) abgeht. Der Canal (pr,) ist der Stiel der Prostata, er besitzt auf dem Querschnitt (Taf. 4, Fig. 47—49) ein ziemlich complicirt gestaltetes Lumen, das durch Falten der Wandung eingeengt wird. Der im Lichtdruck (Taf. 6, Fig. 12) wiedergegebene Schnitt geht durch eine Stelle, wo der Canal gebogen ist, ähnlich wie Fig. 46 rechts von der Bezeichnung pr,, daher ist er auf dem Schnitt dreimal getroffen. Die Wand des Canals zeigt an- nähernd die schon bei den vorhergehenden Arten beschriebene und von Siphonaria subrugosa Taf. 5, Fig. 7 pr mit abgebildete Structur, ein Epithel und darunter ein von Fasern durchzogenes Lager von Drüsenzellen ; unsere Figur, die allerdings in erster Linie der Dar- stellung des Penis dienen soll, giebt auf der linken Seite, wo die Schnittrichtung günstig ist, den Habitus des Gewebes, soweit es bei der geringen Vergrösserung möglich ist, wieder. Gegen das Ende des Canals wird die Wand ventralwärts dünn (Fig. 49 pr,), dann mündet er in die umfangreiche Prostata. Die eine Rinne, die dorsale in Fig. 49, erhält sich ein Stück weit in der Wand der Prostata und bildet dann, indem sie sich abschnürt, den Anhang fl, den ich als Flagellum bezeichne, ohne damit für seine morphologische Bedeutung etwas präjudiciren zu wollen. Er ist mit Wimperepithel ausgekleidet; darüber liegt eine lockere Muskelschicht, deren Dicke die Höhe des Epithels nur wenig übertrifit. Zwischen den Muskeln liegen Zellen, die den Drüsenzellen der Prostata ähneln, jedoch kleiner sind. Die Prostata selbst, deren hinter dem Abgang des Flagellums gelegenen Abschnitt Fig. 50 im Querschnitt darstellt, weist im Innern ein sehr complicirtes Faltensystem auf. Das Gewebe der Wand ist leider recht mangelhaft erhalten; es zeigt jedoch deutlich den dem Lumen zugewandten gestrichelten Saum, das darunter liegende 40 AUGUST KOHLER, Gewebe scheint mir aus zerfallenen Driisenzellen zu bestehen, wie ich sie bei den andern Arten in der Prostata beschrieben habe. Eine der Furchen ist besonders ausgezeichnet: ihre Wand bilden ver- hältnissmässig sehr grosse Zellen, deren Kerne fast ungefärbt bleiben und ein oder mehrere stark gefärbte Kernkôrperchen enthalten. Sie erinnern sehr an die von HALLER aus der Penisrinne von Siphonaria gigas Less. beschriebenen und abgebildeten Zellen (9, tab. 3, fig. 27 u. 28). Hinter dem Prostatastiel miindet ein stark musculéser Schlauch, dessen Miindung in das Atrium Fig. 48, Taf. 4, bei pe dargestellt ist; es ist der Penis. Auf diesem Schnitt schon bemerkt man zwei ins Innere vorragende Falten, die noch besser auf einem genau quer ge- fübrten Schnitt hervortreten, den ich Fig. 12, Taf. 6, abbilde. Der Verlauf der Muskelfasern in der Wand und in den Falten, die das Lumen bis auf einen schmalen &-fürmigen Spalt einengen, ist gut sicht- bar; man bemerkt auch ein unten aus der Wand sich abzweigendes Faserbiindel, das in die Musculatur des Fusses eintritt und wahr- scheinlich als Retractor fungirt. Nach hinten zu wird die Wand des Penis diinn und bedeckt kappenartig die Enden der beiden Falten. Einen Schnitt nahe an diesem Ende stellt Fig. 49 dar. Vom Epithel waren nur sehr spärliche Reste erhalten. Etwas mehr nach aussen zu münden ebenfalls zwei Canäle, ein langer, stark gewundener von vorn, der Stiel des Receptaculums (rec) und ein anderer (spov), der Spermoviduct, von hinten (Fig. 46, Taf. 4). Auf dem Schnitt Fig. 47, Taf. 4, ist bei rs,, die Mündung des Receptaculums getroffen, von da geht der Canal im Bogen vor dem Prostatastiel nach oben, wo er sich mehrfach hin- und herwindet; diese Windungen sind Fig. 47 u. 48 mit rs,, bezeichnet. Von da tritt der Canal neben dem Penis herab und in den Adductor hinein (Fig. 48 rs,), wo er wie gewöhnlich mit dem Spermoviduct nach hinten verläuft. Fig. 50 zeigt ihn in der Leibeshöhle; er verläuft schräg nach links, um in das Receptaculum (rs, Fig. 50 u. 51) zu münden. Die Wand des Receptaculumstiels ist in Folge der geringern Entwicklung der Musculatur beträchtlich dünner als bei Siphonaria laeviuscula und subrugosa. Das Receptaculum selbst ist eine weite Blase, deren Wand stellenweise noch mit hohem Cylinderepithel bedeckt ist; ihr Inhalt besteht aus Spermatophoren. Diese sind länglich walzenförmige Körper mit langem fadenartigen Anhang. Sie sind ziemlich spröde ; ein Versuch, ein Knäuel derselben zu entwirren, missglückte mir des- Beitrige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 41 halb. Ihre Farbe ist gelblich, nach den Schnitten, die sich überall auf der Serie im Receptaculum finden, ist der dickere Theil mit einer diinnern, der fadenartige Theil mit einer ziemlich dicken, hornigen Hülle versehen; letzterer hat im Querschnitt etwa die Form eines Linsendurchschnitts. Der Inhalt der Spermatophoren war zu einer krümlichen Masse zerfallen, da die Conservirungsflüssigkeit durch die Wand anscheinend nicht genügend hatte einwirken können. Auch im Stiel des Receptaculums bemerkte ich Spermatophoren. Der Spermoviduct tritt, wie schon oben erwähnt, von hinten zu der Geschlechtsöffnung; seine Mündung ist Fig. 47 mit spov be- zeichnet. Der ganze Raum, in den die vier Canäle einmünden, zeigt starke Falten, die zum Theil möglicher Weise für den Weg, den die Geschlechtsproducte einzuschlagen haben, von Bedeutung sind; ihre Untersuchung versprach jedoch bei dem Contractionszustand des Thieres, da jedenfalls auch andere, zufällige Falten vorhanden sind, keinen Erfolg. Der Spermoviduct geht zunächst mit dem Receptaculumstiel als enges Rohr mit musculöser Wand nach hinten bis unter das Athem- loch. Dann wendet er sich nach links in die Leibeshöhle und macht dort eine Schlinge nach vorn, so dass er Fig. 49 dreimal getroffen ist, einmal im Adductor und zweimal in der Leibeshöhle. Hier voll- zieht sich auch die Differenzirung seiner Wand und die Spaltung in zwei Rinnen. In dem dorsal gelegenen, nach hinten verlaufenden Schenkel der Schlinge haben beide Rinnen schon ihre charakteristischen Wandungen erhalten. Einen noch etwas weiter nach hinten geführten Schnitt habe ich bei stärkerer Vergrösserung auf Taf. 6, Fig. 11 wieder- gegeben. Schon auf den ersten Blick kann man die beiden Rinnen, die jetzt medial gelegene Schleimrinne (sr) und die lateral gelegene Prostatarinne (prr) unterscheiden. Einzelheiten des histologischen Auf- baues sind allerdings nicht leicht zu erkennen, da die Photographie eben nicht, wie die Zeichnung, schöner zu werden pflegt als das Prä- parat; doch wird der Leser an der Hand der Beschreibung wohl die gröbern Verhältnisse erkennen; auf Feinheiten einzugehen verbietet ohnehin die mangelhafte Conservirung. Die Schleimrinne zeigt einen ziemlich einfachen Bau: ihre Wand besteht aus hohen Zellen mit hellein Inhalt, zwischen denen man dünne Fäden bemerkt, die sich gegen das Ende hin verbreitern; denselben Elementen begegnen wir auch in der Schleimdriise; ich werde sie bei der folgenden Art, die besser erhalten ist, schildern. In der Prostatarinne treten die beiden schon mehrfach erwähnten Schichten, auf dem abgebildeten Schnitt besonders deutlich an der dorsalen und medialen Wand, scharf 42 AUGUST KOHLER, getrennt hervor. Die innere, dem Lumen zugekehrte Schicht zeigt senkrecht auf der Trennungslinie stehende feine Streifen, die am freien Ende verbreitert sind; auf demselben sitzt, bei starker Vergrösserung erkennbar, ein Büschel von Wimperhaaren. Die Zwischenräume zwischen den Streifen sind mit einer sich schwach tingirenden, trüb erscheinen- den Masse erfüllt, die den grössten Theil der äussern Schicht aus- macht. Auf dünnen Schnitten und auf dickern beim Wechsel der Ein- stellung beobachtet man, dass diese Zwischenräume überall mit jener äussern Schicht in Zusammenhang stehen, dass also die beide trennende Membran siebartig durchlöchert sein muss. In Folge dessen ver- schwindet ja auch die scharfe Trennungslinie überall da, wo der Schnitt nicht genau senkrecht zur Wand geführt ist, wie es unsere Abbildung am obern Ende der lateralen Wand der Prostatarinne bei * zeigt: die vorher scharfe Grenzlinie löst sich in einzelne Fasern auf, was mir wahrscheinlich macht, dass sie von einem Netz von solchen gebildet wird. Die äussere Schicht ist sehr mangelhaft erhalten, nach den Befunden bei andern Arten schliesse ich, dass sie aus Drüsen- zellen zusammengesetzt ist; in den dunklen Punkten, welche man auf dem Lichtdruck sieht, erkennt man zuweilen grosse Kerne. Trotzdem habe ich gerade dieses Präparat zur Darstellung gewählt, weil es am schärfsten die Zusammensetzung der innern Schicht aus zweierlei Ele- menten zeigt, von denen die einen sicher in die Drüsenschicht herab- reichen und meiner Ansicht nach die ausführenden Theile der Drüsen- zellen sind, während ich die andern für Wimperzellen halte, wie sie auch sonst im Drüsenepithel von Mollusken beobachtet worden sind. Verfolgt man den Spermoviduct weiter nach hinten, so öffnet sich die Prostatarinne, indem sie, wie Fig. 50, Taf. 4, darstellt, mit der Eiweissdrüse in Communication tritt; die Schleimrinne erweitert sich nach der lateralen Seite hin (sd,) und setzt sich endlich in die Schleimdrüse fort. In das hintere Ende der Prostatarinne mündet der Zwittergang ein. Allem Anschein nach ist auch eine Samen- blase vorhanden, doch konnte ich dies leider nicht sicher feststellen, da in Folge der schlechten Schnittfähigkeit des Objects die Serie an dieser Stelle lückenhaft ist. Die Form der Darmwindungen ist eine ähnliche wie bei Siphonaria pectinata L.: es sind ebenfalls zwei nach vorn gerichtete Schleifen vorhanden; durch die erste (d,, d,) tritt die Arteria anterior (Fig. 50, Taf. 4), die Arteria posterior verzweigt sich gleich bei ihrem Ursprung, vielleicht sind auch zwei Eingeweidearterien vorhanden; man kann das auf den Schnitten durch das ganz blutleere, plattgedrückte Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 43 Gefäss nicht entscheiden. Die zweite Darmschlinge (d,, d,) ist Fig. 51 tangirt. Auch Speicheldriisen und Leber verhalten sich ahnlich wie bei Siphonaria pectinata. Die grössere vordere Leber mündet mit einer weiten, ausgebuchteten Oeffnung vor dem Pylorus links, die kleinere, hintere dagegen ganz am Hinterende des Magens durch einen kurzen Ausführgang. Den Schlundring habe ich bei einem Exemplar, so gut es an dem Spiritusmaterial ging, herauspräparirt; ich habe in der Anordnung der Ganglien keine Abweichungen von den andern Arten beobachten können. Bei dem in Schnitte zerlegten Exemplar waren die Ganglien so zerdrückt und gegen einander verschoben, dass ich die Untersuchung aufgab. Gut waren an dem herauspräparirten Schlundring die Oto- conien zu beobachten: in jeder Otocyste lag eine grössere Anzahl kugliger oder ellipsoidischer Körperchen, deren Durchmesser ich bei dem grössten runden zu 16 mw, bei den kleinern ovalen zu 11 X 9 u bis 9 X 6 w bestimmte. Siphonaria stellata HELBLING var. luzonica REEVE. Die Exemplare dieser Art, die mir zur Verfügung standen, waren in histologischer Beziehung in den meisten Organen besser erhalten als die im Vorhergehenden beschriebenen ; in Folge der Conservirung (wahrscheinlich in starkem Alcohol) waren sie jedoch ausserordentlich stark contrahirt, was ihre Untersuchung auf Schnittserien — präparirt habe ich keine — sehr erschwerte. Nach meinen Untersuchungen schliesst sie sich sehr nahe an die vorangehende Art an; ich kann mich daher in der Beschreibung kurz fassen. Wie bei dieser erstreckt sich die Niere nach vorn über die vordere Kiemenvene hinweg, in der ich aber nur den langen Muskel nachweisen konnte, der kurze scheint zu fehlen. An dem in sagittaler Richtung geschnittenen Exemplar konnte ich die Gablung der hintern Kiemenvene innerhalb der Niere, wie ich sie schon bei der vorher- gehenden Art erwähnt habe, nachweisen. Auf einer Querschnittserie konnte ich auch die Innervirung der Kieme, wenigstens der rechten, über dem Athemloch gelegenen Theils feststellen, es liessen sich zwei Nerven von dem unter dem Geruchsorgan gelegenen Ganglion bis in die Kieme verfolgen. Das Verhältniss der Aorta zum Darm, sowie die Art der Auf- windung desselben sind wie bei Siphonaria aspera; ebenso verhalten sich die Anhangsdrüsen des Darms, Speicheldrüsen und Leber. Auch 44 AUGUST KOHLER, die bei derselben Art beschriebene doppelte Eingeweidearterie, resp. die Theilung der einzigen dicht hinter ihrem Ursprung konnte ich fest- stellen. Auch beim Geschlechtsapparat finden wir dieselben Theile wieder wie bei Siphonaria aspera, den Penis, die Prostata, deren Stiel allerdings bei der vorliegenden Form bedeutend kiirzer ist, so dass sie näher am Kopf liegt, von der Prostata entspringend ein Flagellum, ferner das Receptaculum mit seinem stark gewundenen Ausführgang, den Spermoviduct mit seinen Anhangsdriisen, Zwittergang mit Samen- blase und die Zwitterdrüse. Da die histologische Erhaltung hier zum Theil genügend war, so trage ich einiges nach, was ich bei den andern Arten übergehen musste. Zunächst gebe ich Taf. 6, Fig. 13 ein Stück eines Querschnitts durch die Wand der Prostata wieder. Ich habe eine Stelle ausge- wählt, wo dieselbe ziemlich dünn war, weil hier der Bau verständlicher ist als an den Stellen, wo die Wand durch die mächtige Entwicklung der Drüsenschicht verdickt ist. Die Abbildung zeigt, dem Lumen zu- gewandt, zunächst einen Saum von Wimperhaaren (wh), darunter eine Schicht von hier ziemlich niedrigen Zellen, deren Kerne bei & zu sehen sind; darunter liegen die Drüsenzellen mit ihren grossen, stark tingirten Kernen bei K, von erstern geschieden durch das schon mehrfach er- wähnte, hier im reinen Querschnitt als scharfe Linie erscheinende Netz- werk. Die Drüsenöfinungen sowie die Gruppirung der Drüsenzellen zeigt dieser Schnitt leider nicht deutlich, letzteres ist besser auf Schnitten durch dickere Stellen der Wand zu sehen, ich habe eine solche jedoch nicht besonders abgebildet. Auch der Bau der Schleimdrüse war hinreichend erhalten, so dass ich aus diesem Organ ein paar Zellen abbilden kann. Sie geben zugleich eine Vorstellung von dem Bau der Schleimrinne des Spermoviducts, die ja von den gleichen Zellen ausgekleidet ist. Fig. 52, Taf. 4, zeigt, dass die Drüsenzellen Cylinderzellen sind, mit farblosem Inhalt und basalständigem Kern, in dessen Umgebung der Inhalt ge- wöhnlich etwas trüb und dadurch dunkler erscheint, zwischen ihnen liegen andere, auf dem Schnitt fadenförmig erscheinende Zellen, die sich dunkler tingiren und an ihrem verbreiterten, freien Ende Wimpern tragen. Sie sind durch die dicken Drüsenzellen stark zusammengepresst ; das freie Ende erscheint auf Schnitten parallel zur Oberfläche des Epithels meist sternförmig im Querschnitt zwischen den secernirenden Elementen, und die Kerne liegen in der Regel in der Nähe dieses Endes. Aehnlich ist der Bau der Eiweissdrüse, doch sind hier die Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 45 Zellen dicht mit Schollen einer sich in Carmin blass rosa farbenden Substanz erfüllt, und aus diesem Grund sind vielleicht die Wimper- zellen dazwischen nicht zu erkennen, ich glaube wenigstens nur an einigen Stellen etwas davon bemerkt zu haben. Fig. 14, Taf. 6, habe ich ein Stückchen der Eiweissdrüse abgebildet. Das Receptaculum war wieder mit Spermatophoren gefüllt, deren Inhalt sich auch hier nicht gefärbt hatte, jedoch soweit con- servirt war, dass man seine Zusammensetzung aus dicht zusammen- gepackten Fäden erkennen konnte. Die Wand der Blase zeigte an einigen Stellen ein schönes Cylinderepithel, dessen Zellen fast homo- genes Plasma und schwach färbbare Kerne mit einem kleinen Nucleolus besassen; an andern Stellen war die Wand ganz dünn zusammen- gedrückt und keine Zellen mehr zu erkennen. Zwittergang und Samenblase waren bei den untersuchten Exemplaren mit Sperma erfüllt. Einen Schnitt durch die "Zwitterdrüse bilde ich Fig. 15, Taf. 6, ab. Das Organ zeigt auf dem Durchschnitt aussen eine Rinde, die aus einzelnen Haufen von Eizellen besteht; nach innen zu findet man Spermatozoen und Bildungsstadien von solchen, durch eine sehr feine bindegewebige Membran zusammengehalten. Aus der Ver- gleichung einer grössern Reihe von Schnitten ziehe ich den Schluss, dass es sich gabelnde Schläuche sind, die von der Mündung des Zwitter- gangs aus divergiren. Sie enthalten nur die männlichen Geschlechts- producte; wie sich die peripheren Eihaufen zu ihnen verhalten, habe ich nicht feststellen können; das Wahrscheinlichste ist mir nach meinen Präparaten, dass sie den äussersten Enden der spermabildenden Schläuche aufsitzen; einen unzweifelhaften Uebergang zwischen beiden habe ich allerdings auf keinem Schnitt beobachten können. Abschnitt I. Ein Ueberblick über die Anatomie der im Vorhergehenden be- schriebenen Siphonaria-Arten, noch mehr aber die Vergleichung der Resultate der vorliegenden Untersuchung mit den Ergebnissen, zu denen Arbeiten anderer Forscher über Angehörige derselben Gattung geführt haben, zeigen, dass im innern Bau in manchen Punkten beträchtliche Abweichungen eintreten, trotz der geringen Unterschiede in der Körper- form — auf die Structur der Schale gehe ich hier nicht ein —, die 46 AUGUST KOHLER, sich nur auf grössere oder geringere Verschiedenheiten in der Höhe und auf eine grössere oder geringere Abweichung des Apex der Schale nach hinten und links beschränkt. Auf den folgenden Seiten sollen die wichtigsten Organsysteme nach einander durch die einzelnen Arten verfolgt werden, und ich beginne hier mit den Organen der für die Siphonarien so charakte- ristischen Athemhöhle, und zwar zunächst mit den Athmungsorganen. Da finden wir zunächst die Kieme; doch ist das Gefässnetz, das in diesem Organ entwickelt ist, nicht das einzige, für das die Bedingungen gegeben sind, die wir bei einem respiratorischen Gefäss- netz voraussetzen müssen; auch der vordere Theil des Athemhöhlendachs enthält ein Gefässnetz, das, wie Fig. 1, Taf. 5, zeigt, sehr blutreich ist. Wenn auch die Gefässe nicht wie bei einer typischen Pulmonatenlunge in die Athemhöhle vorspringen, so steht es doch einerseits mit einem venöses Blut enthaltenden Pallialsinus in Verbindung, der ja auch der Kieme das Blut zuführt, und andrerseits mündet es in die vordere Kiemenvene, die arterielles Blut direct in die Vorkammer führt. Aehn- lich verhält es sich bei Siphonaria pectinata ausserdem noch mit dem zwischen der Niere und der linken Hälfte des abführenden Kiemen- gefässes gelegenen Theil des Athemhöhlendaches, der bei den andern Arten noch von der Niere eingenommen wird. Da Siphonaria nach den Angaben von Hurron (5) und TENISON-Woops (von HUTTON citirt, die Arbeit selbst, in den Transactions of the Royal Society of Tasmania, war mir nicht zugänglich) öfters Luft zu athmen scheint, so dürften wohl die namhaft gemachten Stellen auch Gelegenheit haben, ihre respiratorische Function auszuüben. Siphonaria besitzt also im vordern Theil des Athemhöhlendaches ein als Lunge fungirendes, wenn auch nicht ganz in der typischen Form ausgebildetes Organ, obgleich der Theil, den frühere Beobachter der Lunge angesprochen haben, jetzt als Niere erkannt worden ist. Die Kieme. Wir wenden uns jetzt zur Kieme. Sie zeigte bei den Siphonarien, die meiner Untersuchung zu Grunde lagen, wenig Verschiedenheiten. Was zunächst Gestalt und Ausdehnung der Kieme als Ganzes angeht, so zieht sie stets in querer Richtung in einem nach vorn offenen Bogen vom Athemloch nach dem gegeniiberliegenden Rand der Athemhöhle (Taf. 1, Fig. 3; Taf. 4, Fig. 45); nur Siphonaria redimiculum weicht insofern etwas ab, als der Bogen nur sehr flach ist und die Kieme Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 47 mehr die Gestalt eines S-förmig schräg von vorn nach hinten ziehenden Streifens bekommt (Taf. 3, Fig. 41 u. 42). Der Vergleich der letztern Figur mit den beiden oben eitirten lehrt, dass der Unterschied haupt- sächlich durch eine viel schwächere Entwicklung des linken, nach vorn umbiegenden Theils der Kieme bedingt ist; bei Siphonaria redimiculum macht er etwa nur '/, des ganzen Organs aus, während er bei den andern Arten etwa t/, darstellt. Bei dem ganz jungen Exemplar von S. redimiculum scheint er noch gar nicht ausgebildet zu sein (Fig. 41), denn die Kieme endet eine ziemliche Strecke vom linken Rand der Athemhöhle entfernt (Fig. 39, Taf. 3, stellt bei cé ihr linkes Ende dar). Sehr stark gebogen ist die Kieme nach HALLEr bei Siphonaria gigas Less. (9, tab. 2, fig. 11 u. 14); dabei ist ihre Breite im Verhältniss zu ihrer Länge viel unbedeutender als bei den von mir untersuchten kleinern Arten. Bei Siphonaria ionasi Dxr. ist die Kieme nach NOBRE, soweit ich seine Beschreibung ohne Abbildung verstehe, wohl ähnlich wie bei S. pectinata. Siphonaria tristensis Sow. schliesst sich, nach der Zeichnung Darr’s zu urtbeilen, in der Form der Kieme wohl am nächsten an Siphonaria redimiculum an, das ganze Organ hält sich jedoch dichter an dem Adductor und scheint ausserdem im Verhältniss zur Grösse des Thieres bedeutender entwickelt zu sein; allerdings scheint mir die Figur dafür nicht ganz maassgebend, da das theilweise abgelöste Dach der Athemhöhle im Verhältuiss zur Grösse des übrigen Thieres etwas zu gross gezeichnet ist. Bedeutender weichen die Angaben Hurron’s über Siphonaria australis Quoy & GAIMARD ab, wonach zwei Kiemen vorhanden sein sollen, eine an der Decke und eine am Boden der Athemhöhle. Erstere stimmt nach Beschreibung und Abbildung (5, tab. 15, fig. 2) ungefähr mit der von Siphonaria aspera Krauss überein, sie ist nur schwächer gebogen. Eine zweite, am Boden der Athemhöhle gelegene Kieme, die allerdings weniger entwickelt sein soll als die erste, ist meines Wissens ausser von Hurron noch von keinem andern Beobachter ge- sehen worden. Es scheint mir- deshalb nicht unmöglich, dass eine Täuschung durch das ventrale Wimperband vorliegt; es wäre jedoch auch möglich, dass die Kieme ebenso wie die Niere und das Wimper- band auf die ventrale Fläche der Athemhöhle übergeht; ohne eine er- neute Untersuchung der von Hurron beobachteten Species wird sich die Sache kaum sicher entscheiden lassen. Auf der Abbildung von Siphonaria dimensis Quoy & GAIMARD (1, tab. 25, fig. 6) ist die Kieme als schmales, fast gerades und quer durch die Athemhöhle verlaufendes Band dargestellt; die Biegung ist also noch viel schwächer als bei 48 AUGUST KOHLER, der eben erwähnten Art. Auffallender als dies wäre eine Eigen- thiimlichkeit in der relativen Lage von Niere und Kieme; als erstere betrachte ich nämlich ein hinter der Kieme gelegenes, als „Organ de viscosité‘ bezeichnetes Organ. Ich glaube, dass es den durch das Dach der Athemhöhle durchschimmernden ventralen Nierenlappen vor- stellt, dessen hinteres Ende über die Kieme hinausragt. Auffallend ist auch, dass LACAZE-DUTHIERS (6, p. 89) die Kieme „au dessus du corps renal“ liegen lässt, nach der bei uns üblichen Orientirung des Thieres, also vor der Niere, während sie in Wirklichkeit dahinter liegt; es ist vielleicht ein Druckfehler, „au dessus“ statt „au dessous“. Die Structur der Kieme ist bei allen Siphonarien die gleiche, sie ist aus grössern und kleinern, etwa dreieckigen Blättchen zusammen- gesetzt, die gefaltet sind und mehr oder weniger stark entwickelte secundäre Lamellen an den Seiten tragen. Bei den ganz jungen Thieren stellen sie einfache, ungefaltete und unverzweigte Lamellen dar (Taf. 3, Fig. 37,38 1239): Die Grösse der Blättchen variirt ziemlich bedeutend, am kleinsten sind sie im Allgemeinen am linken Ende der Kieme; sie nehmen von da an Grösse zu, dann in der Nachbarschaft der Nierenpapille wieder ab, um in dem vor dem Athemloch gelegenen Theil der Kieme wieder eine beträchtliche Grösse zu erreichen. Ausserdem sind überall zwischen den grössern ein oder mehrere kleinere Blättchen eingeschaltet. Die einzelnen Blättchen stehen am dichtesten am rechten Ende der Kieme; grösser werden die Zwischenräume zwischen ihnen nach dem linken zu. Jedes Blättchen trägt, wie auch HALLER für seine Art angiebt und fig. 14, tab. 2, und fig. 25, tab. 3, abbildet, an dem vordern Rand ein abführendes, am hintern ein zuführendes Gefäss; erstere münden alle in ein am Vorderrand der Kieme verlaufendes abführendes Kiemengefäss, und letztere stammen aus einem am Hinterrand befindlichen zuführenden Kiemengefäss. Was ich als ab- führendes Kiemengefäss bezeichne, setzt sich nach HALLEr’s Nomen- clatur aus drei Theilen zusammen, dem rechts gelegenen Theil der vordern Kiemenvene und den beiden Aesten der hintern Kiemenvene (9, fig. 11 u. 14, tab. 2); ich habe aber aus practischen Gründen für das Gefäss eine einheitliche Bezeichnung gewählt und auch den Namen „sammelgefäss“, den ich in meiner vorläufigen Mittheilung gebraucht hatte, fallen lassen. Das abführende Kiemengefäss war bei allen von mir untersuchten Siphonarien deutlich zu erkennen, nur in der Nach- barschaft der Nierenpapille schien es immer etwas undeutlich. Auch die übrigen Beobachter haben es, soweit sie ihr Augenmerk auf die — Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 49 Kiemengefässe richteten, beschrieben und abgebildet, so DALL bei Sipho- naria tristensis Sow. (2, fig. 7, tab. 5) und Hurron bei Siphonaria australis (5, fig. 3 u. 4, tab. 15). Das abführende Kiemengefäss steht mit der Vorkammer des Herzens in der Regel durch zwei Gefässe in Verbindung, die vordere und hintere secundäre Kiemenvene, wie ich sie jetzt nennen will („abführende Kiemengefässe“ in meiner vorläufigen Mittheilung). Die vordere liegt bei Siphonaria pectinata, laeviuscula, subrugosa und redimiculum am vordern Rand der Niere; ebenso verhält sich Sipho- naria gigas Less. nach HALLER. Bei Siphonaria aspera Krauss und stellata HELBLING var. luzonica REEVE durchsetzt sie die Niere quer. Charakteristisch für das Gefäss waren bei allen von mir untersuchten Arten Muskelfaserbiindel, die aus der Vorhofsmusculatur stammen und eine Strecke weit in dem Gefäss verlaufen. Es sind meist zwei vor- handen; beide inseriren an der dorsalen Wand der Niere, der eine ziemlich nahe dem Herzen, der andere auf der rechten Seite des Thieres, nicht sehr weit vom Ende des Gefässes. Bei Siphonaria stellata HELBLING fand ich nur einen Muskel. Von den andern Be- obachtern wird er nicht erwähnt. Wie sich das in Rede stehende Gefäss bei den übrigen Siphonarien verhält, konnte ich aus den Angaben der schon mehrfach citirten Beobachter nicht ersehen, da die vordere Kiemenvene selbst da, wo das abführende Kiemen- gefäss erwähnt oder abgebildet wird, nicht mit Sicherheit zu er- kennen ist. Die hintere Kiemenvene durchsetzt bei den Arten, wo sie überhaupt nachzuweisen ist, stets die Niere und entspringt etwa in der Mitte des abführenden Kiemengefässes, so bei Siphonaria pectinata, laeviuscula, subrugosa, aspera und stellata var. luzonica; ebenso ver- hält sich Siphonaria gigas (9, tab. 2, fig. 14 hkv) nach HALLER und Siphonaria tristensis nach Dau (2, tab. 5, fig. 7). Hurron (5) erwähnt weder im Text noch in der Tafelerklärung die Gefässe; auf seiner fig. 3, tab. 15, scheint er das hintere dargestellt zu haben, vielleicht auch beide; ich kann das, da ich die Art aus eigner Anschauung nicht kenne, aus der Figur nicht sicher entnehmen. Bei Siphonaria redimiculum habe ich keine hintere Kiemenvene gesehen; ich halte es auch, wie schon erwähnt, nicht für wahrschein- lich, dass ich sie tibersehen haben sollte, weil sie blutleer war, denn die schwächere Entwicklung der linken Hälfte der Kieme lässt das Fehlen eines ihr Blut aufnehmenden Gefässes verständlich erscheinen; die vordere genügt dann eben für die ganze Kieme. Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 4 50 AUGUST KOHLER, Bei einer Art (S. luzonica) konnte ich die Innervirung eines Theils der Kieme und zwar des rechten Endes beobachten: es waren zwei Nerven vorhanden, die von dem unter dem Geruchsorgan gelegenen Ganglion ausgehen. Besteht in den Angaben über den Bau der Kieme eine ziemlich erfreuliche Uebereinstimmung bei den verschiedenen Autoren, so weichen sie doch in ihren Ansichten über die morphologische Bedeutung des von uns seither einfach als „Kieme“ bezeichneten Organs weit von ein- ander ab. Eine Entscheidung zwischen den verschiedenen Ansichten, die für die Beurtheilung der verwandtschaftlichen Beziehungen von Siphonaria zu andern Gastropoden von der grössten Bedeutung ist, muss sich vorwiegend auf vergleichend anatomische Betrachtungen stützen, das ist jedoch nicht möglich, wenn wir uns, wie wir es hier zu thun beabsichtigen, auf die Gattung Siphonaria beschränken: bei der Einförmigkeit des Baus, den die Kieme bei den Siphonarien auf- weist, finden wir von dem Weg, auf dem das Organ seine jetzige Gestalt erreicht hat, fast nichts als den einen Endpunkt, an dem alle Arten angelangt sind, und ein Punkt genügt nicht, um die Richtung einer Linie festzulegen. Ich muss daher jetzt auf die Erörterung der morphologischen Bedeutung der Kieme verzichten, da ich den Zu- sammenhang nicht durch Vorführung von Material, das andere Gastro- poden uns liefern, unterbrechen kann; im folgenden Abschnitt werde ich Gelegenheit haben, diesen Gegenstand ausführlicher zu behandeln. Ich gehe jetzt zur Betrachtung der Niere über. Die Niere. Die Niere ist stets aus zwei Lappen zusammengesetzt, von denen der eine das Dach, der andere den Boden der Athemhöhle einnimmt; an der Stelle, wo der Herzbeutel in die Athemhöhle vorspringt, gehen sie ohne scharfe Grenze in einander über. Der ventrale Lappen zeigt in Form und Ausdehnung kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Arten, ich habe ihn nur von Siphonaria pectinata abgebildet, ungefähr die gleiche Gestalt und Lage hat er bei den andern Arten. Ebenso verhält sich nach Dau Siphonaria tristensis; bei Siphonaria australis ist er auf Hurron’s Zeichnung (5, tab. 15, fig. 3) ziemlich klein dar- gestellt, ebenso bei Quoy u. GAIMARD (1, tab. 25, fig. 6 e), wo sein hinteres Ende, hinter der Kieme durch das Dach der Athemhöhle hindurchschimmernd, dargestellt ist. LAcAzE-DUTHIERS (6) erwähnt den untern Lappen nicht; NoBre (7) vergleicht den ventralen Lappen, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 51 den er irrthümlich für die ganze Niere halt, mit einer Lanzenspitze; was er für den Ausführgang hält, ist jedenfalls die ventrale Hälfte des Wimperbands. Bei der von HALLER untersuchten Siphonaria gigas ist der untere Lappen verhältnissmässig ausgedehnt (9, tab. 2, fig. 12 In). Hat über die Deutung des untern Nierenlappens kaum je ein Zweifel bestanden, so ist der obere um so mehr Gegenstand der Con- troverse gewesen. Bei den von mir untersuchten Exemplaren hatte der obere Nierenlappen eine ziemlich verschiedene Ausdehnung. Am kleinsten war er bei Siphonaria pectinata, wo er noch nicht einmal den von der Kieme und der vordern Kiemenvene eingeschlossenen Raum ganz einnahm (Taf. 1, Fig. 3); bei Siphonaria laeviuscula und subrugosa war dies dagegen der Fall, ebenso bei Stphonaria redi- miculum, wo der zur Verfügung stehende Raum in Folge der geringern Grösse der Kieme allerdings auch kleiner ist (Taf. 3, Fig. 42); am weitesten dehnt er sich aus bei Siphonaria aspera und stellata, wo er sich vor der vordern Kiemenvene noch über einen Raum ausbreitet, der etwa halb so gross ist wie der zwischen Kieme und vorderer Kiemenvene eingeschlossene (Fig. 45, Taf. 4). Stets liegt an dem dem Athemloch genäherten Ende der Kieme bei den erwachsenen Sipho- narien eine Papille, die bei Siphonaria aspera verhältnissmässig klein ist; auf ihrer Spitze findet sich der Nierenporus. Diese Nieren- papille ist stets durch eine Falte, das Frenulum, das zwischen den Kiemenblättern an der Decke der Athemhöhle entspringt, an dieser befestigt; das Frenulum gleicht ganz einem mittelgrossen Kiemenblatt, nur trägt es an seinem Rand ein starkes Gefäss, das sich in der Niere verzweigt, das rechte zuführende Nierengefäss. Ein zweites zuführendes Nierengefäss fanden wir ganz links, wo es gemeinsam mit dem zu- führenden Kiemengefäss aus dem Pallialsinus entspringt. Die ab- führenden Nierengefässe waren schwieriger nachzuweisen; sie münden, wie ich bei der Beschreibung der einzelnen Arten mitgetheilt habe, in die Kiemenvenen und das abführende Kiemengefäss. Stets konnte ich eine entwickelte Renopericardialpforte nachweisen; sie liegt hinter der Mündung der Kiemenvenen, senkrecht zur Längsaxe des Körpers. Quoy u. Gararp (1[?]), Dar (2) und, soweit ich seine Aus- führungen verstehe, auch Nopre (7) betrachten den obern Nierenlappen als Lunge, eine Ansicht, die schon Hurron (5) und LAcAzE-DUTHIERS (6) widerlegt haben. Ganz abweichend würde sich Siphonaria gigas Less. verhalten. Bei dieser Art glaubt HALLER eine vollständige Trennung 52 AUGUST KOHLER, des obern Lappens in zwei Halften beobachtet zu haben, von denen die rechts gelegene eine rechte, die linke mit dem untern Lappen eine von ersterer völlig getrennte linke Niere bilden soll. Bei der Wichtig- keit, die der Sache zukommt, citire ich hier die uns interessirenden Stellen wörtlich. Zunächst lesen wir p. 11: „Die rechte Niere ist eine schöne acinöse Drüse mit einem kurzen Ausführungsgange. Dieser spaltet sich nach hinten zu und geht in die zwei Lappen der rechten Niere über (fig. 11, 14 rn). Der eine dieser Lappen endet nach hinten an jener Stelle, wo die hintere Kiemenvene in die der Kieme an- liegende Anastomose übergeht. Dieses ist der längere Lappen. Der vordere, nach links dem Pericard zuziehende Lappen stösst beinahe an das Pericard, und zwar zwischen dem Austritt der beiden Kiemen- venen (fig. 13 rechts). Eine Mündung in das Pericard, einen Nieren- trichter, habe ich an der rechten Niere nicht auffinden können. Doch wäre es immerhin möglich, dass eine solche unter dem Austritt der beiden Kiemenvenen sich in reducirtem Zustand befindet. Wenigstens sehe ich dort zwei kleine Oeffnungen.“ Ueber die Mündung der rechten Niere sagt HALLer: „Man wird da (d. h. auf der citirten fig. 14, tab. 2) erkennen, dass an jener Stelle, wo in der Nähe des rechts- seitigen Endes der Kiemenreihe die grössten Kiemen liegen, unter der Kiemenreihe sich ein kleiner, jedoch sehr deutlicher Höcker vorfindet (fig. 14 a), bis zu welchem der Ausführungsgang der rechten Niere zu verfolgen ist. Dieser Höcker verbindet sich dann durch eine Falte (fig. 14 6), welche zwischen den Einzelkiemen gelegen ist, mit der Kiemenarterie: Querschnitte liessen deutlich erkennen, dass eine der grössten venösen Lacunen zwischen denen, welche zwischen den Acinis der rechten Niere so zahlreich lagern, durch diesen queren Gang mit der Kiemenarterie direct in Verbindung steht (fig. 34 v) und somit das venöse Blut aus dieser Niere direct in die Kiemenarterie entleert wird. Ein Querschnitt weiter nach rechts zeigt, dass der Nierengang (fig. 34 ng) durch jene beschriebene Papille (fig. 33 w), welche aus Nierengewebe gebildet wird, nach aussen mündet.“ Der Abschnitt über die linke Niere lautet (p. 12): „Anders verhält sich die linke Niere. Diese besteht aus einem compacten untern, nach hinten der ganzen untern und hintern Pericardwand sowie dem Kiemenhöhlenboden auf- liegenden Lappen (fig. 12, 13 Int) und dem schon beschriebenen obern Nierenlappen (fig. 11, 14 nl). Diese beiden Lappen hängen an der hintern Pericardwand mit einander zusammen; hier vereinigen sich ihre Sammelgänge. Der Ausführgang mündet in Form eines kurzen, kräftigen Fortsatzes an der linken Seite des Pericardiums, überdeckt Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 53 von einem Muskelbiindel (welches auf fig. 13 m durchschnitten wurde), in die Kiemenhöhle. Führt man durch dieses Mündungsstück, welches am Kiemenhöhlenboden fest angewachsen ist, Sonden ein, so wird man bei vorsichtiger Behandlung die eine (a) in das Lumen der linken Niere, die andere in die Mündung der Niere in das Pericard (b) leicht einzuführen im Stande sein. Somit ist der Gang des Nierentrichters der linken Niere sehr kurz und zweigt sich vom Endgang der Niere ab. Die Trichtermündung befindet sich in der linken Ecke des Peri- cards, unweit von der Herzkammer entfernt.“ Das Resultat seiner Untersuchungen fasst HALLER in den Worten zusammen: „Aus diesen Untersuchungen resultirt somit, dass S. gigas paarige Nieren besitzt, wenngleich es sich auch nicht leugnen lässt, dass die rechte Niere in Rückbildung begriffen ist.“ Das Ergebniss der Arbeit HALter’s steht somit in Widerspruch mit den Resultaten meiner Untersuchungen, welche die Existenz einer einzigen Niere lehrten, wie es auch alle andern frühern Untersucher angenommen hatten. Form und Lage der Niere von Siphonaria gigas stimmt allerdings ganz mit dem überein, was ich bei Siphonaria laeviuscula beobachtete; auch die Nierenpapille mit ihrem Frenulum hat HALLER beschrieben und abgebildet (fig. 14, tab. 2 « und £); die auf ersterer gelegene Oeffnung kommt nach ihm allerdings nur der rechten Niere zu. Eine weitere wichtige Uebereinstimmung besteht in dem Verhalten des Ge- fässes, das durch die Falte @ aus der Kiemenarterie (nach meiner Nomenclatur zuführendes Kiemengefäss) in die Niere eintritt; es ist offenbar die von mir als rechtes zuführendes Nierengefäss beschriebene Ader. Harrer hält es für ein abführendes Gefäss, und ich neigte Anfangs auch zu dieser Ansicht, ich habe sie aber aufgegeben, denn es scheint mir nicht wahrscheinlich, dass das Blut in diesem Gefäss eine andere Richtung haben soll als in den dicht daneben entspringen- den zuführenden Gefässen der Kiemenblättchen; ausserdem habe ich ja andere Gefässe beschrieben, die in die Kiemenvenen zum Theil dicht an ihrem Uebergang in das Atrium münden und somit sicher Blut aus der Niere herausführen; directe Beobachtungen hat natürlich HALLER so wenig wie ich anstellen können. Nach meiner Auffassung würde also nur ein Theil des Bluts die Kieme passiren, ein anderer durch die Niere dem Herzen zuströmen; ein dritter Theil des Blutes kann noch ausserdem durch das Gefässnetz im vordern Theil der Athemhöhle gehen, ohne Kieme oder Niere zu passiren. Auch die 54 AUGUST KOHLER, pericardiale Oeffnung der von mir beschriebenen Renopericardialpforte scheint HALLER gesehen zu haben, halt sie jedoch fiir reducirt, eine Ansicht, zu der man bei der von ihm angewandten Untersuchungs- methode leicht kommen kann, da der Canal immer sehr eng und der Trichter nur klein zu sein scheint. Soweit lassen sich unsere beider- seitigen Befunde ganz gut vereinigen, anders aber ist es mit der Oeffnung und dem Renopericardialporus der „linken“ Niere und mit der Trennung der Nieren durch die hintere Kiemenvene. Ich habe die Gegend, wo die linke Nierenôffnung nach HALLER liegen soll, auf meinen sämmtlichen Serienschnitten wiederholt sorgfältig durchgesehen, ohne eine in die Athemhöhle führende Mündung der Niere anzutrefien. Ich habe auch einige Präparate von dem Dach der Athemhöhle ge- macht, und da habe ich allerdings ein Loch vor dem linken Ende der Kieme gefunden, durch das man wenigstens in die obere Niere ge- langen konnte; es führt aber nicht in das Lumen, sondern in Blut- räume und ist der gemeinsame Ursprung des linken zuführenden Nierengefässes und des zuführenden Kiemengefässes ; selbstverständlich mündet es nicht in die Athemhöhle, sondern in den Pallialsinus. Ebensowenig konnte ich den von HALLER angegebenen linken Reno- pericardialporus finden. Was die Trennung der Niere durch die hintere Kiemenvene anlangt, so könnten allerdings einzelne Schnitte (wie Fig. 26, Taf. 3) den Anschein erwecken, als theile das Gefäss das Nierengewebe vollständig, andere Schnitte, wie Fig. 19, 20 u. 25, Taf. 2, zeigen dagegen unzweifelhaft, dass das Nierengewebe über dem Gefäss in innigem Zusammenhang steht. Die hintere Kiemenvene trennt die Continuität des obern Nierenlappens hier ebensowenig, wie es die vordere bei Siphonaria aspera und stellata thut, wo sich ja bekanntlich die Niere über sie hinweg nach vorn erstreckt. Bei Siphonaria re- dimiculum liess sich sogar die hintere Nierenvene gar nicht nachweisen, und bei dem ganz jungen Thier lässt sich auf der Schnittserie ohne Schwierigkeit feststellen, dass die Niere ein einheitliches Lumen besitzt. Wären zwei Nieren vorhanden, so müssten sie, da sie ja den primitiven Zustand darstellen, gerade bei jungen Thieren mit aller Deutlichkeit zu beobachten sein. Es war mir leider nicht möglich, Siphonaria gigas zur Nachuntersuchung zu erhalten, obgleich Herr Graf HALLER sich in liebenswürdigster Weise bereit erklärt hatte, mir Exemplare dieser Art zur Verfügung zu stellen, falls sich solche noch unter dem von der Corvette ,,Vittor Pisani“ gesammelten Material finden sollten; zu meinem Bedauern war dies jedoch nicht der Fall. Dass die Wider- sprüche in unsern beiderseitigen Angaben in der specifischen Ver- Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 55 schiedenheit der von HALLER und mir untersuchten Formen begründet sein sollten, will mir nicht wahrscheinlich diinken, denn solche fun- damentalen Unterschiede dürften wohl kaum innerhalb einer Gattung vorkommen, die gerade mit Bezug auf die Organe der Athemhöhle eine gewisse Einförmigkeit zeigt. Ich fürchte, dass der verdiente Anatom hier das Opfer einer Täuschung geworden ist: die „Aus- führgänge“ der beiden Nieren erinnern in ihrem Verlauf verdächtig an die von mir beschriebenen zuführenden Nierengefässe. Am hintern Rand der Kieme, das zuführende Gefäss bedeckend, verläuft ein aus hohem Flimmerepithel gebildetes Wimperband; ganz links schlägt es sich hinter dem Pericard auf den Boden der Athemhöhle um und zieht, auf einer ziemlich starken Falte liegend, dem hintern Kiemenrand entlang wieder nach dem Athemloch zu, wo es in der Nähe des Afters endet. Der einzige von den frühern Be- obachtern, der die am Boden der Athemhöhle liegende Hälfte wenigstens richtig erkannt hat, ist HALLER; HuTToNn zeichnet etwas an den hintern Rand der ventralen Kieme, was man darauf beziehen kann, wenn nicht die ganze ventrale Kieme in Wirklichkeit nur ein stark entwickeltes Wimperband ist. NoBrE hat die Falte für den Ausführgang der Niere gehalten. Die Circulationsorgane. Das Herz liegt in dem geräumigen Herzbeutel auf der linken Seite des Körpers. Ich fand stets den Vorhof nach rechts oben und vorn, die Kammer nach unten und hinten gerichtet. DALL zeichnet bei Siphonaria tristensis das Herz mit seiner Längsaxe parallel dem Körper (2, tab. 5, fig. 7 h) den Vorhof nach vorn und die Kammer nach hinten; HALLER giebt für seine Art an, dass der Vorhof rechts, die Kammer links liegt, aus der Zeichnung geht ferner hervor, dass der Vorhof etwas nach vorn liegt. In die Vorkammer münden die beiden Kiemenvenen aus dem Dach der Athemhöhle und mit ihnen Gefässe aus dem obern und untern Nierenlappen; der Ventrikel legt sich der Medialwand des Herzbeutels an und entsendet von dort aus seine Gefässe in den Körper. Die Anordnung dieser Gefässe war bei den von mir untersuchten Arten etwas verschieden. Bei Siphonaria pectinata entsprangen zwei Gefässe mit ziemlich stark erweiterter ge- meinsamer Wurzel aus dem Ventrikel, eine Arteria posterior, die nach hinten in die Eingeweide geht, und eine Arteria anterior, die sich nach links wendet. Ebenso verhalten sich Siphonaria lae- 56 AUGUST KOHLER, viuscula und subrugosa. Bei Siphonaria redimiculum beobachtete ich ausser der Arteria posterior noch ein kleines, von der Arteria anterior nach hinten dem Magen entlang verlaufendes Gefäss. Bei Siphonaria aspera und stellata theilt sich die Arteria posterior gleich bei ihrem Ursprung, so dass zwei Eingeweidearterien vorhanden sind. Von Siphonaria australis hat Hurron die vordere Arterie gezeichnet; NOBRE giebt eine Abbildung des Herzens (fig. 6) mit einer starken Arterie, von der zwei schwachere nach hinten abgehen, ein Verhalten, das sich dem bei Siphonaria aspera beschriebenen nähert. Bei Siphonaria gigas erwähnt HALLER zwei Arterien, die aus einem gemeinsamen er- weiterten Abschnitt, den er als Bulbus arteriosus bezeichnet, ent- springen. Einige interessante Thatsachen ergeben sich, wenn wir die Lage der Arterien, besonders der Arteria cephalica zu andern Organen ins Auge fassen. Aus der Beschreibung der einzelnen Arten ist dem Leser schon bekannt, dass der Darm nach seinem Abgang von dem Magen eine nach vorn gerichtete Schlinge beschreibt. Bei Siphonaria pectinata, redimiculum, aspera, stellata, sowie nach Hurron bei Siphonaria australis geht nun die Kopfarterie unter dem dorsalen, zuriicklaufenden Schenkel der Schlinge hinweg, so dass sie durch die Schlinge nach der rechten Seite hinübertritt, wie am besten Fig. A und ©, 8. 32 illustriren; bei Siphonaria laeviuscula und subrugosa dagegen geht sie dicht vor dem vordern Ende der Schlinge nach rechts hinüber, ohne also die Schlinge zu durchsetzen (Fig. B, S. 27). Wie sich die andern Arten in dieser Beziehung verhalten, geht aus der Literatur nicht hervor. Der zweite Punkt betrifft die Beziehungen des vordern Theils der Aorta anterior zum Nervensystem. Zuerst hat v. JHERING diesem Gegenstand seine Aufmerksamkeit geschenkt. Er giebt (3, p. 204) für Siphonaria lineolata!) p’ Ors. an, dass die Pedalarterie zwischen Pedal- und Parapedalcommissur, über letzterer, hindurchzieht. Dann hat Bouvier (8, p. 3) eine nicht näher bestimmte Siphonaria untersucht und gefunden, dass die Arteria anterior wie bei Limnaeus unter der Visceral- commissur und über den beiden Pedalcommissuren hinwegzieht. Ich habe die Angaben des französischen Forschers bei den von mir unter- suchten Arten bestätigt gefunden; das Gefäss geht zwischen Abdominal- 1) Diese Art ist möglicher Weise mit der auch von mir untersuchten S. pectinata var. lineolata Krauss identisch, die Beschreibung der Ge- schlechtsorgane passt allerdings wieder nicht. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 57 und Pleurointestinalganglion ventral von dem beide verbindenden Stiick der Commissur nach links und dann über das rechte Pedalganglion nach vorn. An dem direct vor den Pedalganglien gelegenen Theil entspringen stets zwei kleine Gefässe, die unter den Pedalganglien nach hinten verlaufen, ich habe sie mit y, und y, bezeichnet (Taf. 1, Fig. 13—15; Taf. 2, Fig. 24; Taf. 3, Fig. 34). Die Ernährungsorgane. Der Darmcanal gliedert sich in Schlundkopf, Oesophagus, Magen, Dünndarm und Enddarm. Auf eine Vergleichung der wichtigsten Theile des Schlundkopfs, des Kiefers und der Radula gehe ich hier nicht ein, weil die Unterschiede des erstern bei den einzelnen Arten, soweit ich sie kenne, nur sehr geringfügig sind; die eingehende Behandlung der Radula hätte aber nur systematisches Interesse und würde hier zu weit führen. Ein paar Worte will ich nur über die beiden Speichel- drüsen bemerken. Ihre Form war auf den von mir untersuchten Arten eine sehr wechselnde, selbst die einzelnen Individuen einer Art gleichen einander in dieser Hinsicht nicht. Es kommt dies daher, dass die einzelnen Theile der beiden Drüsen meist überall in die Zwischen- räume zwischen den benachbarten Organen eingedrungen und bei den Contractionen des Thieres deformirt worden sind. Bei Siphonaria pectinata habe ich sie in situ abgebildet, sie waren hier rundlich; als mehr oder weniger längliche Gebilde stellen sie Quoy u. GAIMARD, DALL, Hurron und HALLER dar. Als Oesophagus fasse ich das kurze, meist stark gewundene Rohr auf, das vom Schlundkopf aus nach dem Boden der Leibeshöhle herabsteigt. Dort geht es in einen weiten, etwas hinter der Mitte leicht eingeschnürten Sack über, den ich als Magen bezeichne; an dessen hinterm Ende münden die beiden Mitteldarmdrüsen ein, und hinter der Mündung der linken entspringt der Darm. Ich habe diese Theile des Darmcanals auf Taf. 1, Fig. 6 von Siphonaria pectinata abgebildet; die andern Arten verhalten sich im Wesentlichen ebenso. Auch Huron schildert diesen Theil des Darms von Siphonaria australis ähnlich. Dart und HALLeEr finden bei den von ihnen untersuchten Arten im Ganzen ähnliche Verhältnisse, nur liegt nach Dart und mehr noch nach HALLER die Einschnürung viel weiter nach hinten, als ich es bei meinen Arten gefunden habe; sie deuten auch ihre Befunde etwas anders und fassen nur den kleinen, hinter der Einschnürung gelegenen Theil als Magen auf, während sie den davor gelegenen Theil 58 AUGUST KOHLER, als eine besondere Differenzirung des Vorderdarms betrachten. Aehn- lich sieht NoBRE die Verhältnisse bei Siphonaria jonasi DER. an; nach seiner Zeichnung war der vor der Einschniirung gelegene Theil leer und wohl in Folge davon so diinn. Ich habe zwischen beiden Ab- theilungen nie einen Unterschied in der Structur der Wand nachweisen können; beide hatten auch stets den gleichen Inhalt, der aus Resten von Algen und Diatomeen, häufig mit Sand vermischt, bestand, ich hielt es deshalb für richtiger, den ganzen erweiterten Darmtheil als Magen zu bezeichnen. Der eigentliche Darm ist ziemlich eng. Er entspringt stets auf der linken Seite und übertrifft das Thier an Länge bedeutend, weshalb er sich in Schlingen legt. Bei den meisten Arten sind zwei Schlingen vorhanden (vergl. die schematischen Figg. B, S. 27, und C, S. 32). Der Darm wendet sich vom Pylorus aus nach vorn (d,), in der Nähe des Vorderendes des Magens biegt er nach oben und hinten um und verläuft über die Leber hinweg bis zum Enddarm nach hinten (d,), dann wendet er sich wieder nach links und vorn (d,), ehe er jedoch soweit wie das erste Mal vorgedrungen ist, kehrt er wieder um (d,) und erreicht, am Boden der Leibeshöhle verlaufend, den Enddarm (d,), in den er allmählich ohne scharfe Grenze übergeht. So verhielten sich von meinen Arten Siphonaria pectinata, laeviuscula, subrugosa, aspera und stellata. Genau ebenso verhalten sich nach Hurron Siphonaria australis und nach Nopre Siphonaria jonasi; bei Siphonaria tristensis ist nach Dart die erste Darmschlinge d,, d, ziemlich kurz. Complicirter sind die Windungen bei Siphonaria gigas, indem der Darm sich von dem Pylorus aus nicht gleich nach vorn wendet, sondern zunächst ein Stiick gerade nach hinten geht; dann bildet der Darm auf der von mir mit d, bezeichneten Strecke, kurz vor dem Uebergang in den Enddarm, noch eine in die Leber eingeschlossene, nach hinten offene Schleife. Auch der Enddarm weicht bei dieser Art, abgesehen von seiner eigenthiimlichen Pigmentirung, durch seine Form und Verbindung mit dem übrigen Darm ab. Einfacher ist dagegen der Darm von Siphonaria redimiculum: hier fehlt die zweite Darmschlinge, resp. sie ist nur durch ein kurzes, S-förmig gebogenes Stück angedeutet (Fig. C, S. 32). Noch einfacher ist der Darm bei Siphonaria diemenensis nach QuoY u. GAIMARD; hier scheint der Zeichnung nach der Enddarm genau quer zu verlaufen und schliesst sich gleich vorn an das vordere Ende der von mir mit d, bezeichneten Darmstrecke an; die ganze Zeichnung (1, tab. 25, fig. 4) macht mir übrigens den Eindruck, als ob sie etwas schematisch gehalten sei. u Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 59 Die Leber ist von allen frühern Beobachtern gesehen und richtig gedeutet worden; Angaben über ihre Mündung finde ich jedoch nur bei Hurron, der von mehreren „hepatic ducts‘ spricht, und HALLER, der die Mündung der linken grössern, aus einem grössern und einem kleinern Lappen zusammengesetzten, und der rechten, ebenfalls aus zwei Lappen bestehenden Leber genau beschreibt. Ich hatte in meiner vorläufigen Mittheilung irrthümlich die linke Leber als die einzige an- gegeben, habe jedoch nachträglich bei meinen sämmtlichen Arten auch die zweite kleinere nachweisen können. Ihre Mündung liegt jedoch mehr ventral und weiter nach hinten, als es bei Siphonaria gigas der Fall ist, so dass ihre Lage auf der rechten Seite nicht so klar hervor- tritt. Die Fortpflanzungsorgane. Eine unerwartete Verschiedenheit zeigte der Geschlechtsapparat bei den einzelnen Arten. Allen gemeinsam ist der Besitz einer Zwitterdrüse. Von den frühern Beobachtern haben Quoy u. GAIMARD die Zwitterdrüse beobachtet, aber für das Ovarium gehalten ; Dart scheint mir die Zwitterdrüse ganz übersehen zu haben — was bei der Präparation von ungenügend conservirtem Spiritusmaterial leicht möglich ist, da sie dann fest mit der Leber verklebt ist und sich von ihr auch im Aussehen kaum unterscheidet — denn was er als ,,ovary“ bezeichnet (0, fig. 3, tab. 5), ist sicher die Schleim- und Eiweissdriise; die „small spiral mucus gland“ am hintern Ende ist wahrscheinlich ein Stück des Zwittergangs. Zuerst haben v. JHERING, bald darauf auch STUDER und Hurron nachgewiesen, dass der ver- meintliche Eierstock Eier und Sperma zugleich producirt, also eine echte Zwitterdrüse ist. Auch HALLER wies bei Siphonaria gigas eine Zwitterdrüse nach und bildet einen Schnitt durch das Organ (tab. 2, fig. 22) ab. Nach ihm sind getrennte Follikel vorhanden, die Eier resp. Sperma produciren. Ich habe bei Siphonaria stellata ähnliche Bilder auf Schnitten bekommen wie HALLER, aber nicht mit Sicherheit entscheiden können, ob die weiblichen getrennt von den männlichen in den Zwittergang münden oder ob sie etwa nur periphere Aus- sackungen der letztern bilden. NoBr& stellt sich, jedenfalls mit Un- recht, wieder auf den von Quoy u. GAIMARD vertretenen Standpunkt. Aus der Zwitterdrüse geht ein stark gewundener, oft strotzend mit Sperma gefüllter, ziemlich dünnwandiger Zwittergang ab, den auch Quoy u. GAIMARD, Hurron, NOBRE und HALLER abbilden; auch Dart hat ihn wohl, wie ich oben äusserte, gesehen und als Schleim- 60 AUGUST KOHLER, drüse beschrieben. Drüsen, wie sie Hatter abbildet, konnte ich bei meinen Arten nicht finden; die gelben Concretionen in den Zellen habe ich allerdings an einigen Stellen auch gefunden. Bei den von mir untersuchten Arten konnte ich auch eine am Zwittergang ansitzende Samenblase nachweisen; ausser bei v. JHE- RING, der eine Vesicula seminalis erwähnt, finde ich jedoch in der Literatur nichts darüber. Sie ist môglicher Weise bei allen Arten vorhanden, aber, weil sie meist in der Schleimdrüse eingebettet liegt, bei der Präparation seither übersehen worden. Der Zwittergang mündet dann bei allen Siphonarien in ein mehr oder weniger rundliches, drüsiges Organ, das von verschiedenen Be- obachtern verschieden gedeutet worden ist. Quoy u. GAIMARD bilden es ab und bezeichnen es als Uterus (J, fig. 5, tab. 25); Datu hat es ebenfalls gesehen und als Ovarium gedeutet; v. JHERING erwähnt eine Eiweissdrüse und meint damit wohl jedenfalls das in Frage stehende Organ. Hurron unterscheidet in ihm zwei Theile, einen hinter der Mündung des Zwittergangs gelegenen, „albumen gland“ (g, fig. 2, tab. 15), und einen davor befindlichen, den er als ,,swollen portion of oviduct“ bezeichnet (f, fig. 2, tab. 15). Auch auf Nopre’s Abbildung der „weiblichen Geschlechtsorgane“ ist ein Körper gezeichnet, den man für diese Drüsenmasse halten muss. HALLER konnte bei Siphonaria gigas ebenfalls diesen Abschnitt nachweisen; er unterscheidet darin eine Eiweissdrüse mit einem eigenthümlichen Anhang, über sie ver- läuft in zwei Schlingen der ‚weibliche Geschlechtsgang“, der sich dann vor der Eiweissdrüse noch einmal stark verdickt und zusammen- knäuelt. Am Beginn der verdickten Stelle mündet die Eiweissdrüse in den weiblichen Gang. Der verdickte Theil desselben zeigt ein hohes Cylinderepithel (fig. 36 ep.), darunter liegen lange, nach aussen hin zusammengeschlängelte, tubulöse Drüsen, in denen zwei Arten von Zellen, nach HALLEr’s Ansicht verschiedene Secretionsstadien, beobachtet wurden. Ich konnte bei meinen Arten, soweit sie ausgebildete Geschlechts- organe hatten, drei Theile unterscheiden: 1) den drüsigen Theil des Spermoviducts, 2) die Eiweissdrüse und 3) die Schleimdrüse. Der Spermoviduct ist ein ziemlich gerade von vorn nach hinten verlaufender Canal (nur bei Siphonaria pectinata war er etwas gewunden), dessen Lumen durch eine starke, von der dorsalen Seite herabhängende Falte in zwei Rinnen geschieden wird. Die beiden Rinnen unterscheiden sich wesentlich durch den Bau ihrer Wand, wie ich des nähern bei der Beschreibung von Siphonaria aspera dargelegt Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 61 habe; ich nannte die eine, weil ihre Wand die grésste Aehnlichkeit mit der Wand der Prostata hat, Prostatarinne, die andere, weil sie sich ähnlich zur Schleimdrüse verhält, Schleimrinne. An ihrem hintern Ende geht diese Schleimrinne in die Schleimdriise iiber, ein Organ, das aus stark abgeplatteten, wie die Blätter eines Buchs neben einander liegenden Tubulis zu bestehen scheint, deren Wand mit einem charakteristischen, bei Siphonaria stellata näher beschriebenen Epithel bedeckt ist. Die Eiweissdrüse ähnelt in den gröbern Verhältnissen ihres Baues der Schleimdrüse sehr, besonders auf Schnitten sind sie nur an der Verschiedenheit der zelligen Elemente, wie ich ebenfalls bei Siphonaria stellata geschildert habe, zu unterscheiden. Sie mündet von der Seite der Prostatarinne in den Spermoviduct. An der vordern Seite der Drüsenmasse wendet sich der Sperm- oviduct nach rechts, um in den Adductor einzutreten. Dabei verliert er die Falte, die sein Lumen in zwei Rinnen theilte und in Verbindung damit schwinden auch die Drüsenzellen, um einem einfachen Epithel Platz zu machen. Man kann ihn, da seine Wand jetzt vorwiegend von Muskelfasern gebildet wird, als musculösen Theil dem drüsigen gegenüberstellen. Aehnliches haben, soweit sich aus ihren Angaben ersehen lässt, QuoY u. GAIMARD bei Siphonaria diemenensis und NOBRE bei Siphonaria jonasi gefunden, doch giebt keiner dieser Autoren an, dass der Canal eine Strecke weit im vordern Theil des Adductors verläuft; DALL zeichnet ihn sogar deutlich ausserhalb (fig. 3, tab. 5). Auch Hurron hat bei Siphonaria australis die ,,swollen portion of oviduct“ sich in einen Gang von ähnlicher Gestalt und Lage wie der Spermoviduct meiner Arten umwandeln und in die Musculatur ein- treten sehen; da er jedoch ein besonderes Vas deferens beschreibt, so deutet er ihn als Oviduct. Bei Siphonaria gigas, die nach HALLER ebenfalls ein Vas deferens besitzt, setzt sich der dicke, driisige Theil des Geschlechtsgangs, der nach seiner Lage offenbar dem Spermoviduct der von mir untersuchten Formen entspricht, bis zur Miindung in die Geschlechtsöffnung fort. Gewöhnlich mündet der Spermoviduct neben dem Copulationsorgan in die gemeinsame Geschlechtsöffnung auf der rechten Seite, bei Sipho- naria tristensis dagegen mündet der Spermoviduct mit dem Stiel des Receptaculums zusammen in eine kleine, von der Geschlechtsöffnung aus nach hinten gerichtete Aussackung, die Datu als Uterus be- zeichnet. Bei den Arten, die ein besonderes Vas deferens besitzen sollen, verhält sich die Mündung des Oviducts ähnlich wie im ersten 62 AUGUST KOHLER, Fall; so öffnet sich der Oviduct bei S. australis nach Hurron in die gemeinsame Geschlechtsöffnung. Der weibliche Geschlechtsgang bei Siphonaria gigas mündet nach HALLER an derselben Stelle, nur scheint die Grube, welche die beiden Geschlechtsöffnungen sonst einschliesst, hier kaum ausgebildet zu sein. Bei Siphonaria lineolata D’ORB. sind nach v. JHERING „die Leitungswege eine Strecke weit getrennt, treten schliesslich aber wieder in einer Geschlechtscloake zusammen“. Ich will hier gleich das Receptaculum anschliessen. Es be- steht aus einem längern und kürzern Stiel und einer Blase, in der ich in einigen Fällen Spermatophoren nachweisen konnte. Der Stiel verläuft in seinem distalen Ende parallel neben dem Spermoviduct, ebenfalls im Adductor. Gewöhnlich ist er dünner und weniger musculös als der Spermoviduct, nur bei S. laeviuscula und subrugosa verhält er sich umgekehrt. Nach meinen Untersuchungen mündet er bei Siphonaria laeviuscula, subrugosa, redimiculum, aspera und stellata direct in die gemeinsame Geschlechtsöffnung, bei den drei zuerst ge- nannten Arten hinter der Mündung des Penis, neben dem Sperm- oviduct, bei den beiden letzten aber vor dem Spermoviduct, nachdem er zuvor mehrere Windungen in der Leibeshöhle beschrieben hat. Aehnlich wie ich beschreiben Quoy u. GAIMARD und Hurron das Receptaculum, erstere als ,,vessie propre à plusieurs mollusques pul- mones“. Dau zeichnet es auffallend kurzgestielt, STUDER und V. JHERING erwähnen nur seine Existenz, ohne es zu beschreiben. Die von HALLER untersuchte Art soll auch hier von den andern abweichen; das Receptaculum ist eine ganz kurz gestielte Blase, die in den dicken drüsigen Theil des Geschlechtsgangs dicht vor seinen Windungen einmündet. Ganz abweichend verhält sich Siphonaria pectinata. Allerdings geht auch hier der Spermoviduct mit dem Stiel des Receptaculums durch den Adductor hindurch auf die Geschlechtsöffnung zu, beide Canäle treten aber wieder in die Leibeshöhle hinein und vereinigen sich zu einem einzigen Schlauch, der eine sehr starke Längs- und Ringmusculatur erhält und durch einen nach hinten verlaufenden Retractor unter dem Athemloch am rechten Rand der Leibeshöhle an dem Adductor befestigt wird. Diese Genitalcloake, wie ich sie nannte, mündet an der Stelle, wo auch bei andern Arten die Ge- schlechtsöffnung liegt, aus. Auch in den rein männlichen Theilen des Genitalapparats herrscht eine gewisse Verschiedenheit. Die einfachsten Verhältnisse beobachtete ich bei Siphonaria laeviuscula, subrugosa und vielleicht redimiculum. Beitriige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 63 Hier mündet am vordern Rand der gemeinsamen Geschlechtsöffnung ein Schlauch mit sehr stark musculösen Wänden, der Penis, der ge- wissermaassen den Ausführgang einer Prostatadrüse mit sehr com- plieirt gestaltetem Lumen darstellt. Die Wand der Prostatadrüse zeigt einen sehr charakteristischen Bau, den ich mehr oder weniger deutlich bei allen von mir untersuchten Arten wiederfand. Von Sipho- naria redimiculum habe ich allerdings keine geschlechtsreifen Thiere vor mir gehabt, ich bin aber geneigt, aus der Anlage zu schliessen, dass die in das Ende des Penis mündende Drüse, die auch STUDER erwähnt, bei dem ausgebildeten Thier nicht sehr viel von der bei den andern Arten beschriebenen abweichen wird. Den kleinen, vom Lumen des Penis aus in dessen Wand eindringenden Canal, den ich schon oben erwähnt habe, müssen wir allerdings hier ausser Betracht lassen, ich finde auch bei keiner andern Art etwas ähnliches beschrieben. Nach der Abbildung, die Dat giebt, zu urtheilen, könnte auch Sipho- naria tristensis hierher gehören, doch stimmt mir die Beschreibung nicht recht, selbst wenn ich davon absehe, dass DALL offenbar irr- thümlich die Prostata als Hoden angesprochen hat, denn es soll ein „very large and stoute penis“ vorhanden sein, der eingeschlossen ist in ein „preputium, consisting of two spirally coiled muscular layers“. Etwas Derartiges habe ich aber bei keiner meiner Arten gesehen, auch sonst in der Literatur keine ähnliche Angabe gefunden; die Sache scheint mir daher doch einer erneuten Untersuchung bedürftig. Eine höhere Differenzirung zeigen Siphonaria aspera und stellata var. luzonica. Das Copulationsorgan besteht hier aus zwei getrennten Theilen, einem rein musculösen und einem drüsigen, die neben ein- ander gemeinsam in die Geschlechtsöffnung ausmünden. Der rein musculöse, den ich als Penis bezeichne, hat im Innern zwei einander gegenüber stehende musculöse Falten, der drüsige dagegen zerfällt in 3 Theile, den Stiel, die eigentliche Prostata und das Flagellum. Sie zeigen alle in ihrer Wand die subepithelialen Drüsen, ein Abschnitt der eigentlichen Prostata war jedoch durch besonders grosse, eigen- thümliche Zellen ausgezeichnet, über die ich aber wegen mangelhafter Erhaltung leider keine nähern Angaben machen kann. Ganz ähnlich ist wohl das Copulationsorgan von S. diemenensis zusammengesetzt, wenn man die jedenfalls zutreffende Annahme macht, dass die von Quoy u. GAmarn als Hoden und Vas deferens bezeichneten Theile in Wirklichkeit Prostata resp. Stiel sind. Das Flagellum würde aller- dings dann fehlen, aber die Figuren können doch im grossen Ganzen 64 AUGUST KOHLER, richtig sein, und nicht ,,figures, which, seem to owe a good deal to the imagination of the artist“, wie DALL meint. Bei den bis jetzt angeführten Arten ist kein Vas deferens vor- handen, fiir zwei wird ein solches aber in der Literatur angegeben: zuerst von Hutton für Siphonaria australis und dann für Siphonaria gigas von Hater. Bei der erstern Art soll es von der ,,swollen portion of the oviduct’ entspringen und in die Prostata einmünden. Ich muss gestehen, dass mir letztere Angabe etwas verdachtig scheint und mich vermuthen lässt, dass vielleicht eine Verwechslung mit dem Flagellum vorliegt, dessen Ende manchmal bei meiner Siphonaria stellata der Driisenmasse fest anliegt, ohne dass jedoch eine Com- munication der Lumina stattfände. Was mich allerdings an dieser Annahme wieder irre machen könnte, ist der Umstand, dass es, der Zeichnung nach zu urtheilen, mit Spermoviduct und Receptaculumstiel durch die Musculatur zu verlaufen scheint, was ich bei dem Flagellum nie beobachtet habe, doch bei der verschiedenen Lage, in der ich es sonst angetroffen habe, nicht für unmöglich erklären darf. Bei Sipho- naria gigas entspringt es aus dem „weiblichen Gang“, ehe er die Windungen auf der Eiweissdrüse macht und verläuft direct nach der männlichen Geschlechtsöffnung, wo es neben dem verhältnissmässig kleinen Penis mündet (fig. 19, tab. 2). Diesen ‚männlichen Gang“ hat HALLER nicht auf Schnitten untersucht, dagegen hat er den Penis genau beschrieben und abgebildet. Er ist in seinem dicksten Theil ein wesentlich drüsiges Organ, wie der abgebildete Querschnitt (fig. 27, tab. 3) lehrt, seine Wand ist zum Theil dünn, zum Theil stark ver- dickt. Der verdickte Abschnitt der Wand begrenzt theilweise eine Rinne, die ,,Penisrinne“ r, die mit ausserordentlich grossen Zellen aus- gekleidet ist; daran schliesst sich die nach dem Lumen zu concav vorspringende drüsige Wand des Penis, die aus tubulösen, unter einem Cylinderepithel gelegenen Drüsen zusammengesetzt ist, ähnlich wie die Wand des „weiblichen Geschlechtsgangs“. Nach der Spitze er- streckt sich die Penisrinne nicht, sie hört vorher plötzlich auf; nach der Mündung zu verstreicht sie allmählich, ebenso wie die drüsige Wand, die sich jedoch andrerseits bis zur Spitze des Penis erstreckt. Der der Mündung zugewandte Theil des Penis ist nach dem Ver- schwinden der Rinne und der Drüsenwand nur mit Cylinderepithel ausgekleidet. ’ Die Discussion dieser von den verschiedenen Beobachtern über den Geschlechtsapparat der einzelnen Arten gemachten Angaben ist kein sehr viel Erfolg versprechendes Unternehmen. Ausser HALLER, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonuria. 65 der aber eine Form untersucht hat, die von den andern vielleicht gerade in diesem Organsystem weit abweicht, hat keiner meiner Vor- ginger Angaben tiber den Bau der einzelnen Abschnitte gemacht, was für eine sichere Identificirung derselben von der grössten Wichtigkeit wäre, und dann scheint mir selbst die Darstellung der gröbern ana- tomischen Verhältnisse nicht über jeden Zweifel erhaben. Ich habe ja auf den vorhergehenden Seiten schon an verschiedenen Stellen meine Bedenken geäussert, womit ich allerdings keinen weitern Vorwurf gegen die betreffenden Autoren erheben will, hat doch mich selbst mancher missglückte Versuch belehrt, dass die kleinen Siphonaria- Arten in conservirtem Zustand für die Präparation sehr ungünstige Objecte sind, deren Untersuchung ohne Anwendung der Schnittmethode kaum weit führen kann. Zwitterdrüse, Zwittergang und vielleicht auch die Samen- blase kommen wohl allen Siphonarien zu, dann fangen aber die Verschiedenheiten an. Zunächst ist Siphonaria gigas auszuscheiden, wo sich der Zwittergang in zwei Theile spalten soll, einen männlichen und einen weiblichen Gang. Bei den andern mündet der Zwittergang in den drüsigen Theil des Spermoviducts, der Schleim- und Eiweissdrüse aufnimmt und mit ihnen die compacte Drüsen- masse bildet. Aus dieser geht der musculöse Theil des Sperm- oviducts neben dem Stiel des Receptaculums zur Geschlechts- öffnung. Das einfachste und wohl auch primitivste Verhalten scheint mir das bei Siphonaria laeviuscula, subrugosa und vielleicht auch redimiculum zu sein, wo beide Canäle neben einander hinter dem Copulationsorgan ausmünden, das hier in zwei hinter einander gelegene Abschnitte, einen musculösen Penis und eine Prostatadrüse, differenzirt ist. Bei Siphonaria aspera und ähnlichen ist insofern eine höhere Entwicklungsstufe erreicht, als beide Abschnitte sich fast vollkommen von einander getrennt haben und nur an ihrer Mündung zusammenhängen. Wie der Befund bei Siphonaria pectinata zu er- klären sein wird, lässt sich schwer sagen; die Genitalcloake kann dadurch entstanden sein, dass der Endabschnitt eines der neben ein- ander mündenden Canäle sich mächtig entwickelt und die Mündungen der andern, eventuell unter Rückbildung der äussern Theile, aufge- nommen hat; vielleicht ist aber auch die Genitalcloake eine völlige Neubildung, die von der gemeinsamen Geschlechtsöffnung aus ent- standen ist; wir können diese Frage nicht sicher beantworten, da uns Zwischenformen fehlen, die vielleicht verwandte Arten oder Jüngere Zool. Jahrb, VII, Abth, f, Morph, 5 66 AUGUST KOHLER, Entwicklungsstadien aufweisen; das eine glaube ich aber bestimmt annehmen zu diirfen, dass das Verhalten kein primitives ist. Noch weniger passt Siphonaria gigas zu den tibrigen. Wenn man auch nach der Lage annehmen darf, dass der ,,weibliche Geschlechts- gang‘‘ dem Spermoviduct und das von HALLER als Penis bezeichnete Organ der sonst als Prostata gedeuteten Driise entspricht, so sind doch andrerseits im feinern Bau der Wand beider Organe Unterschiede vorhanden, über die man sich nicht so ohne weiteres hinwegsetzen kann. Eine erneute Untersuchung des Geschlechtsapparats der Sipho- narien an auch fiir feinere histologische Untersuchungen ausreichend conservirtem Material scheint mir sehr wünschenswerth zu sein, da auch mein Material in dieser Hinsicht den Anforderungen nicht geniigte. Aus der Entwicklung der Geschlechtsorgane habe ich zwei Stadien untersuchen kénnen und schon oben ausführlich beschrieben; es ist leider eine Art, von der mir keine erwachsenen Thiere zu Gebote standen, Siphonaria redimiculum. Ich habe auch dort gleich die Deutung der einzelnen Theile versucht, so dass ich hier nicht mehr darauf zuriickzukommen brauche; allgemeinere Schliisse aus den dort niedergelegten wenigen Beobachtungen zu ziehen, scheint mir nicht rathsam. Das Nervensystem. Die Angaben über das Nervensystem sind in der Literatur recht spärlich. Die beste Beschreibung und Abbildung verdanken wir HALLER, der die grosse Siphonaria gigas untersucht hat. v. JHERING hat das Nervensystem von Siphonaria lineolata beschrieben, aber nicht abge- bildet; eine ziemlich schematische Abbildung giebt Hurron; die Be- schreibungen der andern Autoren sind so allgemein gehalten, dass ich sie hier übergehen kann. Die Mittheilung Bouvier’s über das Ver- halten der Arteria anterior zu Visceralcommissur und Schlundring habe ich schon oben berücksichtigt. Ich habe bei meinen Arten das Nervensystem nur auf Schnitt- serien untersuchen kénnen, da ich fiir diesen Zweck nicht soviel Material opfern konnte, wie bei der Schwierigkeit der Präparation an den kleinen, stark gehärteten Thieren erforderlich gewesen ware. Diese von mir angewandte Untersuchungsmethode ist aber sehr zeit- raubend und fiihrt trotzdem in manchen Fallen nicht einmal zum Ziel, da die Nerven und Ganglien durch die Contractionen der absterbenden Thiere fast stets verlagert, an einander gepresst oder sonst unkenntlich Beitriige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 67 gemacht werden. Ich habe daher nur die wichtigsten Nerven, die von den Ganglien der Visceralcommissur ausgehenden, verfolgt. Der Schlundring besteht aus drei Paaren von Ganglien, den Cerebral-, den Pedal- und den Pleurointestinalganglien (Commissuralganglien, v. JHERING ; Pleuralganglien, HALLER). Dieselben sind durch die bekannten Commissuren resp. Connective verbunden, die Pedalganglien durch zwei, eine vordere und eine hintere, die Pedal- und die Parapedalcommissur. Zwischen den beiden Pleurointestinal- ganglien liegt die kurze Visceralcommissur, die rechts ein Abdo minal- ganglion (hinteres Eingeweideganglion) enthält. v. JHERING hat das Abdominalganglion nicht gefunden, Hurron hat die Cerebropleural- connective übersehen, ebenso die zweite Pedalcommissur, auch be- schreibt er nur zwei ,,parieto-splanchnic ganglia“, beide auf der rechten Seite; es sind offenbar rechtes Pleurointestinal- und Abdominalganglion : das linke erwähnt er nicht, hat es aber gezeichnet. Wie gewöhnlich sind auch zwei Buccalganglien (vordere Eingeweideganglien, HALLER) vorhanden, von denen zwei Connective zu den Cerebral- ganglien fiihren; aus der sie verbindenden Commissur entspringt nach HALLER und v. JHERING ein Nerv. Ich gehe nun zu den peripherischen Nerven über und werde mich hier auf diejenigen beschränken, die ich selbst auf meinen Schnitten habe untersuchen können, im Wesentlichen die von der Visceral- commissur und ihren Ganglien ausgehenden Nerven. Das rechte Pleurointestinalganglion entsendet drei Nerven, von denen einer den vordern und einer den hintern Theil des Mantels versorgt. Der dritte ist nur kurz und endet unter dem Geruchsorgan am Eingang der Mantelhéhle mit einem ziemlich grossen Ganglion, von dem ich einige Nerven zur Kieme verfolgen konnte. HALLER beschreibt nur zwei Nerven, einen vordern und einen hintern. Ersterer innervirt den Mantel und den vordern Theil des Genitalapparats, der hintere die Kieme und den Vorhof des Herzens. Die Abweichungen zwischen unsern Angaben sind jedoch hier nicht so gross, wie sie scheinen: der zum Geruchsorgan gehende und der hintere Mantelnerv, die ich beschrieben habe, liegen nämlich so dicht an einander, dass man sie erst auf Schnitten trennen kann; sie beide stellen wohl zusammen das vor, was HALLER als den hintern Nerven bezeichnet. Auch der p. 22 erwähnte, mit Ganglienzellen versehene „Nerv. trunc.“ unter einer Falte (x), die er wie ich für das Geruchs- organ hält, ist wohl nichts anderes als dieser hintere von beiden Nerven, wenn es auch aus der Beschreibung nicht ganz klar hervor- m 5 ES 68 AUGUST KOHLER, geht. Nur beziiglich des vordern besteht eine Verschiedenheit; ich habe zu den Geschlechtsorganen gehende Aeste nicht finden können. Von dem Abdominalganglion sah HALLER wie ich drei Nerven abgehen, die, wie ich ebenfalls fand, Geschlechtsorgane, Niere und Enddarm versorgen; ausserdem sollen sie nach HALLER Theile der Leber versorgen, was ich nicht habe nachweisen können, doch für wahrscheinlich halte. Dagegen sah ich einen Ast in den hinter der Athemhöhle gelegenen Theil der Mantelfalte eintreten, wo er nach hinten verlief. Vom linken Pleuralganglion sah ich zwei Nerven entspringen, einen am linken Rand, der einem Pedalnerven dicht anlagert und nach dem Mantelrand verläuft — es ist offenbar der von HALLER mit s bezeichnete Mantelnerv — und einen andern am hintern Ende, der neben dem Pedalnerven am Boden der Leibes- höhle nach hinten und links verläuft; ich kann ihn in, keinem der von HALLER beschriebenen Nerven wiedererkennen. Von den bei Siphonaria gigas beschriebenen eigenthümlichen Darmnerven habe ich bei meinen Arten keine Spur finden können. Von Sinnesorganen konnte ich an der Innenfläche der Pedal- ganglien ein paar Otocysten mit zahlreichen Otoconien nachweisen ; auch HALLER, NOBRE, HUTTON und y. JHERING erwähnen sie. Ferner sind deutliche Augen wohl bei allen Arten vorhanden und nur wegen ihrer versteckten Lage von einigen Autoren wie HUTTON, TENISON- Woops (nach Hurron) und NOBRE übersehen worden; ich konnte bei Siphonaria laeviuscula auch den Opticus nachweisen. Ueber frühe Entwicklungsstadien hat Hurron einige Angaben ge- macht, bezüglich deren ich auf das Original verweise; als besonders wichtig hebe ich hervor, dass ein freischwimmendes Veligerstadium mit nautiloider Schale und Deckel vorhanden ist. Das Thierchen wird auf diesem Stadium durch einen links gelegenen Adductor in der Schale festgehalten ; bei der weitern Entwicklung soll die Schale ab- geworfen werden. Abschnitt II. Wir kommen jetzt zur Erörterung der letzten und wichtigsten Frage, der nach den Verwandtschaftsbeziehungen und der davon ab- hängenden systematischen Stellung der Siphonarien. Es ist gegen- wärtig kein Zweifel, dass die Verwandten von Siphonaria nur bei den Pulmonaten oder bei den Tectibranchien zu suchen sind; zu Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 69 diesem Resultat ist jeder der neuern Beobachter, die das Thier unter- sucht haben, gekommen, und das geht aus seiner ganzen Organisation auch so klar hervor, dass eine nähere Begründung überflüssig ist. Als wesentlichster Unterschied zwischen den Tectibranchien und den Pul- monaten, speciell den Basommatophoren, die hier zunächst in Betracht kommen, ist aber die Thatsache anzusehen, dass erstere in der Athem- höhle, die mehr oder weniger weit geöffnet ist, ein Ctenidium, eine typische Kieme, besitzen, während bei diesen das Ctenidium fehlt und auf der Wand der Athemhöhle ein respiratorisches Gefässnetz zur Entwicklung kommt. Dabei ist noch die Athemhöhle bis auf eine kleine, meist auch verschliessbare Oeffnung abgeschlossen. Wir haben also zunächst nach dem morphologischen Werth der Kieme von Siphonaria zu fragen. Darüber finden wir drei verschiedene Ansichten vertreten: 1) die Kieme von Siphonaria ist der Mollusken- kieme, dem Ctenidium, nicht homolog, sondern eine Neubildung, entstanden durch die Anpassung an eigenthümliche Lebensbedingungen ; 2) die Kieme von Siphonaria entspricht einer Reihe von Ctenidien, und jedes der „Kiemenblättchen‘ ist einem ganzen Ctenidium homolog ; 3) die ganze Kieme von Siphonaria entspricht einem einzigen Ctenidium, wie wir es bei den übrigen Prosobranchiern und den meisten Tectibranchien unzweifelhaft in der Kiemenhöhle finden. Für die erste Annahme hat sich von den Autoren, die Siphonaria als Pulmonaten in Anspruch nehmen — das sind Quoy u. GAIMARD, DALL, STUDER, Hurron, LACAZE-DUTHIERS, NOBRE und BOUVIER — nur Hurron direct ausgesprochen, indem er (5, p. 342) schreibt: „evidently they (d. i. die Kiemen) are adaptive in origin and not homologous with the gills of other Mollusca“; auch Datu ist dieser Meinung, ganz un- zweifelhaft geht dies auch aus einem an mich gerichteten Brief hervor, in dem er kurz seine Meinung über diese Frage darlegt; dass LACAZE- DUTHIERS dieser Ansicht ist, schliesse ich daraus, dass er Siphonaria mit Gadinia zusammenstellt und ihre Kieme als „premiere ébauche d’une branchie‘ bezeichnet; die andern Autoren treten dieser Frage überhaupt nicht näher. Die zweite Ansicht ist erst kürzlich von HALLER aufgestellt worden, der Siphonaria mit Umbrella und Thylodina zusammengestellt und diesen Formen, wie überhaupt allen Pleurobranchien, eine Kiemenreihe ähnlich derjenigen der Chitonen zuschreibt. Für die dritte Möglichkeit hat sich zuerst v. JHERING entschieden, indem er Siphonaria zu den Steganobranchien stellte, direct neben die Pleurobranchiden, und auch ich habe diese Ansicht über die Kieme 70 AUGUST KOHLER, in meiner vorläufigen Mittheilung, ohne sie allerdings näher zu be- gründen, aufgestellt. Ehe ich die Begründung hier versuche, möchte ich zuerst einige Bemerkungen über die Pallialorgane der Tecti- branchien überhaupt vorausschicken, die ich durch einige Zeichnungen auf Tafel 4 näher erläutere; dieselben machen keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen nur einige Thatsachen vorführen, die mir für die Vergleichung mit Siphonaria von besonderer Wichtig- keit zu sein scheinen; vielleicht kann ich bei einer andern Gelegenheit die Athemhöhle der Tectibranchien einmal ausführlicher bearbeiten. Zum Ausgangspunkt wähle ich das Dach der Athemhöhle von Bulla striata BruG. Ich habe dasselbe abpräparirt und von der Innenseite in Fig. 60, Taf. 4, dargestellt. In der vordern linken (auf das Thier bezogen) Ecke liegt das Herz in dem Herzbeutel, der Ventrikel (ve) nach unten und vorn, das Atrium (at) nach oben und hinten gerichtet. Hinter dem Herzen liegt die Niere (ren); sie besitzt einen trapezförmigen Umriss, die kürzere Grundlinie liegt dem Herz- beutel, die längere dem Hinterrand der Athemhöhle an. Am rechten Schenkel der Niere erhebt sich eine Membran, welche bis zum Herzen nach vorn verläuft und sich dann schräg nach rechts und vorn wendet; sie trägt die Kieme (ct), die, wie schon VAYSSIERE, allerdings bei einer andern Art (14), richtig beschreibt, aus Falten dieser Membran besteht, die bald nach der einen und bald nach der andern Seite vorspringen. Der nach vorn gerichtete, zum grössten Theil festgewachsene Rand der Kieme trägt die Kiemenvene, der nach hinten gerichtete das zuführende Kiemengefäss; letzteres habe ich auch an meinen Präparaten gut ohne Injection erkennen können und daher eingezeichnet. Die Nierenöffnung hat VAyssıkrE nicht beschrieben ; sie liegt, wie aus meiner Fig. 60 hervorgeht, auf einer kleinen Papille, die an der hintern rechten Ecke der Niere hinter der Kieme vorspringt. Ganz ähnlich verhalten sich die Organe des Pallialcomplexes bei Scaphander lignarius, nur erscheinen sie, wie ein Vergleich unserer Fig. 59 mit 60 zeigt, in der Richtung von hinten nach vorn mehr zusammengeschoben, so dass alle Organe im Verhältniss zur Breite viel kürzer sind als bei Bulla. Die Kieme ist wieder ähnlich gebaut wie bei Bulla; um eine Vorstellung von der complicirten Faltung zu geben, bilde ich Fig. 18, Taf. 6, einen Schnitt ab, der senkrecht zu den Falten etwa durch die breiteste Stelle der Kieme geführt ist. Die Nierenöffnung liegt auch am rechten Nierenrand hinter der Kieme nahe dem zuführenden Kiemengefäss; ich habe sie Fig. 19, Taf. 6, auf einem Querschnitt abgebildet. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 71 Etwas abweichend verhält sich Acera bullata. Während Kieme und Herz sich im Allgemeinen wie bei den beiden andern Arten ver- halten, hat sich die Niere über die Insertion des abführenden Kiemen- rands hinaus weit nach rechts ausgebreitet, so dass sie bis nahe an den Mantelrand reicht (Fig. 62). Die Nierenöffnung liegt wie bei den beiden andern Arten hinter der Kieme auf einem kleinen, sich auf dieselbe erstreckenden Fortsatz (Fig. 62 u. 61 renpo). Die Anatomie von Gastropteron meckeli hat VAYSSIÈRE in einer schönen Monographie ausführlich beschrieben, und ich würde mich auf die Anführung seiner Angaben hier beschränken können, wenn nicht ein eigenthümlicher Zufali den französischen Gelehrten bei dem Auf- suchen des Nierenporus auf falsche Bahn geleitet hätte. VAYSSIÈRE fand nämlich einen schwarzen Punkt vor dem After, dorsal von der Kieme, der direct der Wand des BoJanus’schen Organs aufsass; nach längerer Maceration glaubte er darin Oeffnungen zu erkennen, und es lag nahe, den schwarzen Punkt für die Nierenöffnung zu halten. Ich habe die Sache auf Schnittserien nachuntersucht und dabei fest- stellen können, dass der schwarze Punkt mit der Niere nichts weiter zu thun hat; es ist ein kleines Bläschen mit schwarz pigmentirter Wand, das durch einen äusserst engen Canal mit der Epidermis in Verbindung steht (Fig. 17, Taf. 6); was es eigentlich bedeutet, habe ich noch nicht ermitteln können. Die Nierenöffnung liegt ganz hinten in dem Winkel, den die Membran, welche die einzelnen Kiemen- blättchen trägt, mit der Körperwand bildet; sie kann daher erst sicht- bar werden, wenn man den freien Theil der Kieme nach oben klappt. Bei meinen conservirten Exemplaren war sie bei der Betrachtung von aussen kaum zu erkennen, dagegen lässt sie sich auf Schnitten sehr gut nachweisen (Fig. 57, Taf. 4, renpo), Die Kieme ist, wie VAYSSIÈRE zutreffend beschreibt, halb gefiedert. Auf einer Membran, die vorn die Kiemenvene, hinten das zuführende Kiemengefäss trägt, sitzen ge- faltete Lamellen, in denen das Blut circulirt; ich habe Fig. 58 einen senkrecht zu den einzelnen Kiemenblättern geführten Schnitt abge- bildet, der die Membran (me) und die darauf sitzenden Blätter (bl) schön zeigt; letztere tragen an ihrem freien Rand die abführenden Gefässe (kv), die weiter vorn in die Kiemenvene münden; das hintere Ende dieses Gefässes ist schon bei kv getroffen. Doppelt gefiederte Kiemen kennen wir von den Pleurobran- chiden. Nach Lacaze-Durnrers (11) bildet die Kieme hier eine horizontale, dreieckige Membran, deren Basis am Körper befestigt ist, während die Spitze frei bleibt; auf ihrer obern und untern Seite ent- 12 AUGUST KÖHLER, springen dann die Lamellen, die wieder secundäre tragen. Der hintere freie Rand der Membran trägt einen zuführenden Canal. In der an- gewachsenen Basis ist ebenfalls ein zuführendes Netzwerk vorhanden, während am vordern freien Rand, den ich kurz den abführenden nennen will, die Kiemenvene zum Herzen verläuft (fig. 1, tab. 9). Die An- ordnung der Lamellen zeigt sehr schön ein der Sagittalebene des Thieres paralleler Schnitt durch die Kieme; ich bilde Taf. 6, Fig. 16 einen solchen durch die Kiemenspitze eines kleinen Oscanius ab. Die Niere mündet nach LAcAzE vorn, unter der Basis der Membran (li. tab. 10, 52.25). Aehnlich gebaut ist nach VAyssıkrz (16) die Kieme von Thylodina, nur scheint sich, wie ich aus den Abbildungen schliesse, der bei Pleuro- branchus nach aussen gerichtete abführende Rand nach oben ge- wandt zu haben, so dass jetzt die Lamellen nicht mehr eine dorsale und eine ventrale, sondern eine mediale und eine laterale Reihe bilden. Fast genau ebenso verhält sich der hintere Theil der Kieme von Umbrella nach Moqutn-Tanpon (1 2), doch ist, vorn wenigstens, der abführende Rand ventral gewandt (tab. 1, fig. 6), und ausserdem setzt sich die laterale Reihe der Kiemenblättchen kopfwärts bis über die Medianlinie des Körpers in der zwischen Fuss und Mantel gelegenen Furche fort (tab. 4, fig. 3). Auch an diesem Theil liegt das zuführende Gefäss dorsal, das abführende, die Kiemenvene, ventral. An der Stelle, wo der freie, doppelt gefiederte Theil der Kieme in den einfach ge- fiederten übergeht, münden beide Kiemenvenen in den Vorhof. Etwas hinter dieser Stelle mündet unter der Kieme die Niere aus (12, tab. 1, fig. 6 a). Vergleicht man diese verschiedenen Arten mit einander, so zeigt sich in der Gestalt der Kieme eine ziemlich beträchtliche Variation, doch lässt sie sich, wie auch BERNARD (19) hervorhob, stets als eine gewöhnlich etwa dreieckige Falte des Integuments auffassen, die mit einer Seite, der Basis, von der Körperwand entspringt und am vordern, kopfwärts gerichteten Rand die in den Vorhof mündende Kiemenvene, am hintern, analwärts gewandten das zuführende Kiemengefäss trägt. Die Insertionsstelle dieser Falte beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Basis, sondern dehnt sich auf den abführenden (Bulla, Scaphander, Acera) oder zuführenden (Gastropteron, Pleurobranchiden, Umbrella, Thylodina) Rand aus, wie auch in den schematischen Figuren E (Bulla) und H (Gastropteron oder Plewrobranchus) durch eine punktirte Linie angedeutet ist. Auch die Gefässvertheilung entspricht daher in Wirklich- keit nicht genau dem angenommenen Schema, indem die Kiemenvene Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 73 beim Austritt aus dem Herzen sich gabelt (Fig. E); wie dieses Verhalten phylogenetisch zu erklären ist, müssen spätere Untersuchungen lehren: es kann in der Ausbildung einer zweiten Kiemenvene an der Nieren- basis seinen Grund haben, ebenso gut aber auch durch eine Ver- schiebung des Herzens dem Verlauf der Kiemenvene entlang zu Stande kommen. Bei Gastropteron und den Pleurobranchiden ist es das zu- führende Kiemengefäss, das ein ähnliches Verhalten zeigt. Auch die Fig. E. Fig. F. Fig. 6. Fig. K. Fig. E. Anordnung der Pallialorgane, Herz, Niere und Kieme bei Bulla. Fig. F. Querschnitt durch die Gegend der Nierenmündung bei Pleurobranchiden. Fig. G. Desgl. bei Umbrella, es ist der hintere freie Theil der Kieme getroffen. Fig. H. Anordnung der Pallialorgane bei Gastropteron. Denkt man sich die Nieren- öffnung weiter nach vorn gerückt und die Kieme doppelt gefiedert, so hat man die An- ordnung der betreffenden Organe bei den Pleurobranchiden. Fig. J. Schnitt durch die Gegend der Nierenmiindung bei Gastropteron. Fig. K. Schnitt durch den vordern, in der Mantelfurche angewachsenen Theil der Kieme bei Umbrella. at Vorhof, f Fuss, ka zuführendes Kiemengefäss, kv abführendes Kiemengefiiss, 1, 1, Kiemenblättehen, mf Mantelfalte, ren Niere, renpo Nierenporus (wegen Mangel an Raum nur in Fig. F eingetragen), ve Ventrikel. Für alle Querschnitte ist derselbe Umriss zu Grunde gelegt, ohne Rücksicht auf die verschiedene Ausbildung des Fusses bei den verschiedenen Formen, 74 AUGUST KOHLER, Art und Weise, wie die Vergrösserung der den Gasaustausch ver- mittelnden Oberfläche in beiden Fällen erreicht wird, ist eine ver- schiedene: bei Bulla, Scaphander etc. ist die ganze Membran zwischen den beiden Gefässen, wie wir oben sahen, abwechselnd nach unten und oben gefaltet; bei den Pleurobranchiden dagegen bleibt sie ziemlich glatt und ist auf ihren beiden Seiten mit alternirenden Fiederblättchen besetzt. Auch Gastropteron zeigt den letztern Typus, jedoch mit der Abweichung, dass nur auf der nach aussen und oben gewandten Fläche der Membran die Lamellen zur Ausbildung kommen, und die Lamellen sind ihrerseits nicht gefiedert wie bei Pleurobranchus, sondern nur gefaltet. Beide Arten der Oberflächenvergrösserung, die „Fiederung“ wie die „Faltung“, lassen sich leicht als Modificationen der einen gemeinsamen, schon oben angenommenen Anlage erklären. Die Haut- Fig. L. Fig. M. 9 2 a a / " SS , - me \ pr Nez 2 b SS | cr \ N NEA 1 3 1 3 Fig. L. Schema der gefiederten Kieme. Fig. M. Schema der gefalteten Kieme. a, b die beiden Blätter der die Kieme bildenden Hautduplicatur, welche die Bluträume einschliessen ; 1, 2, 3 die sogenannten Kiemenblättchen. falte, welche die Kieme, im Grund genommen, darstellt, besteht ja als solche aus zwei Blättern, a und b, Fig. L und M, zwischen denen die Blutflüssigkeit circulirt. Dies findet, wie auch BERNARD ausführt, in der Weise statt, dass an den Kanten des Blattes je ein grösserer Blutraum die Zu- resp. Abfuhr des Blutes übernimmt, während sich zwischen ihnen ein Netz von kleinern Bluträumen ausbildet, das den — 7 Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 75 eigentlich respiratorischen Theil vorstellt. Die Leistungsfähigkeit des Organs steht nun in geradem Verhältniss zur Grésse der Oberfläche, welche die in dem respiratorischen Theil der Kieme enthaltene Blutmasse dem sauerstoffhaltigen Medium darbietet, und diese kann bei geringer Entwicklung der die Bluträume durchsetzenden Trabekel der Summe beider Oberflächen des respiratorischen Theils gleichgesetzt werden. Kine Vergrésserung der mittlern, die respiratorische Oberfläche bilden- den Theile der beiden Blätter ohne gleichzeitige Verlängerung der zu- und abführenden Gefässe, welche die Höhe der Leistung nicht oder gar ungünstig beeinflusst, hat aber zur Folge, dass sich in der Mitte Falten ausbilden und zwar, soweit mir bekannt, meist so, dass die von beiden Blättern gebildeten Falten mit einander alterniren. Drei derartige Falten zeigt die schematische Figur L, die den einfachsten Fall des bei Pleurobranchus ausgebildeten Typus darstellt. An einer solchen Kieme kann man dann zwei Reihen von Falten oder Lamellen (Kiemenblättchen) unterscheiden, die den beiden Seiten einer dünnen Membran, der Axe aufsitzen. Steht die Axe in horizontaler Richtung von dem Körper ab (Fig. F), so dass die Kiemenblattchen auf beiden Seiten gleichen Raum zur Ver- fügung haben, so ist ihre Zahl auf beiden Seiten gleich, wie man aus Vayssızre’s Angaben über die Pleurobranchiden des Marseiller Golfes entnehmen kann (17); neigt sie sich dagegen in einer oder der andern Richtung, so dass sich eine Seite mehr oder weniger der Körperwand anlegt, so ist auf letzterer die Zahl der Kiemenblättchen eine geringere, wie z. B. bei Thylodina, sie können sogar auf der letztern ganz fehlen, wie bei Gastropteron. Der Kieme von Thylodina entspricht nach Lage und Bau voll- kommen der hinter der Mündung der Kiemenvenen gelegene Theil der Kieme von Umbrella; für den vordern Theil der Umbrella-Kieme aber finden wir bei Thylodina kein entsprechendes Gegenstück. Er scheint dadurch als eine Neubildung entstanden zu sein, dass die laterale Reihe der Kiemenblättchen sich über den vordern Rand der eigent- lichen Kieme auf den Boden der Mantelrinne ausgedehnt hat, und in Verbindung damit hat sich eine- besondere, von vorn in das Herz ein- tretende Kiemenvene ausgebildet. Diese Annahme scheint mir wenigstens mit Rücksicht auf das Verhalten von Thylodina plausibler als die, dass im vordern Theil die Kiemenaxe nach Rückbildung der medialen Kiemenblättchenreihe mit der Seitenwand des Körpers in grösserer Ausdehnung verwachsen sei; diese Auffassung würde die Lage des fraglichen Kiemenabschnitts vor dem Herzen und die Ausbildung der 76 AUGUST KÔHLER, zweiten Kiemenvene nicht erklären, falls man nicht noch ausserdem eine Verlagerung des Herzens nach hinten annehmen wollte. Ohne auffällige Veränderung der Form, Anzahl und Grösse der Falten einer doppelt gefiederten Kieme kann eine wesentliche Ver- grösserung der Oberfläche erreicht werden, wenn sich an der Bildung einer respiratorischen Lamelle nicht nur das eine Blatt, z. B. auf Fig. L das Blatt b, an der Bildung der Lamelle 1 betheiligt, sondern jede Lamelle durch die gleichmässige Faltung beider Blätter gebildet wird, wie Fig. M (S. 74) zeigt; es ist dies in schematischer Darstellung das Verhalten, das wir bei Bulla, Scaphander und Acera gefunden haben und dem wir, wie ich in Bestätigung einer Angabe von BERNARD hier nachtragen will, auch bei Aplysia begegnen. Von einer Axe kann hier nicht mehr die Rede sein, der ganze respiratorische Theil ist eine gefaltete Membran. Das hat BERNARD (19, p. 249) mit Recht hervorgehoben; er geht jedoch zu weit, wenn er die Existenz einer Axe, eines „support branchial‘‘ überhaupt bei Tectibranchien leugnet, denn bei Gastropteron und den Pleurobranchiden ist er sicher vor- handen, wie ich selbst bestätigen konnte, ebenso nach VAYSSIÈRE’S und Moguin-Tanpon’s Beschreibung bei Umbrella und Thylodina. Diese Axe kann allerdings ihrerseits noch gefaltet sein, wie wenigstens meine Schnitte von Gastropteron zeigen, und ebenso kénnen sich die einzelnen Lamellen verhalten. Wir kommen nun zur Kieme von Siphonaria. Sie besteht aus einer Reihe von gefalteten, häufig secundäre Lamellen tragenden Blatt- chen, die in ihrem Bau und ihrer Lage zwischen dem zuführenden und abführenden Gefäss ganz den Kiemenblättchen von Umbrella oder Pleurobranchus entsprechen. Sie entspringen allerdings nicht von einer Axe, sondern direct von dem Dach der Athemhöhle, ähnlich wie die vordern Kiemenblättchen von Umbrella von der Seite des Körpers. Meines Erachtens ist dieser Unterschied aber nicht schwer zu erklären: die Kieme von Siphonaria lässt sich z. B. aus der doppeltgefiederten Kieme leicht ableiten, wenn man eine Reduction der Kiemenblättchen auf einer Seite der Axe und Verlöthung der letztern mit der Unter- lage annimmt. Uebrigens besitzt auch ein anderer Opisthobranchier, Lobiger, nach MAZZARELLI eine ähnliche kammförmige Kieme wie eine junge Siphonaria. Lässt sich so die Kieme von Siphonaria nach ihrem Bau leicht an die Kieme der Pleurobranchiden resp. Umbrellen anschliessen, so ist andrerseits ihre Lage eine ganz ähnliche wie bei den Tectibranchien Beitrige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. rer mit gut ausgebildeter Athemhöhle, wie besonders eine Vergleichung des Daches der Athemhöhle von Bulla (Fig. 60, Taf. 4) mit einem entsprechenden Präparat von Siphonaria zeigt (vergl. aspera, Fig. 45, Taf. 4). Diese Aehnlichkeit ist noch etwas grösser bei Siphonaria redimiculum, wo das linke Ende der Kieme nicht so stark entwickelt ist. Besondere Erwähnung scheint mir hier die Uebereinstimmung in der Lage der Kieme zur Niere, speciell der Nierenmündung bei Sipho- naria und diesen Opisthobranchiern zu verdienen. Geht man von dem Mantelrand aus, so liegt der Nierenporus stets dicht hinter der Kieme, bei Formen mit ausgebildeter Athemhöhle, wo beide Organe in dem Dach derselben liegen, also links von der Kieme, so bei Bulla, Acera, Scaphander (Fig. 59—62, Taf. 4; Fig. 19, Taf. 6), sonst unter derselben, so bei Gastropteron (Fig. 57, Taf. 4), Umbrella (12, fig. 6, tab. la), Pleurobranchus (11, fig. 2, tab. 10 y). Bei Acera und Bulla liegt die Nierenmündung sogar auf einer kleinen Papille, die sich über die Kieme hinüberlegt (Fig. 61 u. 62), ganz ähnlich wie bei Siphonaria, wo dieselbe ja einem Kiemenblättchen anliegt. Die Unterschiede in der Anordnung der das Dach der Athemhöhle einnehmenden Organe bei Siphonaria einerseits und den meisten Cephalaspideen andrerseits scheinen mir hauptsächlich in einer Verlagerung des Herzens nach links und einer Verlängerung der Kieme nach derselben Seite zu be- stehen. Der Abstand des Vorhofs von der Kieme wird dadurch ver- grössert, und in Folge dessen hat eine Sonderung der das Blut dem Herzen zuführenden Gefässe in der Weise stattgefunden, dass sich jetzt zwei Abschnitte unterscheiden lassen, einer, der vom Herzen vor oder in der Niere nach dem ausführenden Rand der Kieme hin verläuft und bei allen Siphonarien durch die secundären Kiemenvenen gebildet wird, und einer, der am ausführenden Rand selbst liegt, das ausführende Kiemengefäss. Als ein Zeugniss für diese Wanderung des Herzens nach links ist es vielleicht aufzufassen, dass sich der Vorhofsmusculatur angehörende Muskelfasern in der vordern Kiemen- vene befinden. Diese Verschiebung des Herzens scheint mir bedingt durch den mit der eigenthümlichen Lebensweise verknüpften, relativ vollständigen Abschluss der Athemhöhle nach aussen; der den Porus tragende Theil der Niere musste im Interesse der Function in die Nähe des Athemlochs rücken, während das Herz eher in dem ent- fernteren Theil der Athemhöhle liegen konnte. Die Entstehung zweier secundärer Kiemenvenen scheint, wie ein Vergleich von Siphonaria redimiculum mit den andern Arten lehrt, in der zunehmenden Aus- bildung der patelloiden Form begründet zu sein, denn dabei dehnte 78 AUGUST KÖHLER, sich die Athemhöhle besonders nach hinten und links aus, und in dieser Richtung verlängert sich auch der links von der Nierenpapille gelegene Theil der Kieme, dessen Blut speciell von dem hintern Gefäss dem Herzen zugeführt wird. Die Ausdehnung der Niere am Dach der Athemhöhle scheint mir für die Vergleichung von keiner besondern Wichtigkeit zu sein, da sie sowohl bei den verschiedenen Siphonarien als auch bei den ver- schiedenen Tectibranchien mannigfachen Variationen unterliegt; ich erinnere nur an Siphonaria pectinata und aspera, sowie Bulla striata und Acera bullata (Fig. 1, Taf. 1; Fig. 45, Taf. 4; Fig. 60 u. 61, Taf. 4). Grössere Beachtung verdient vielleicht der Umstand, dass ein Theil der Niere auf dem Boden der Athemhöhle liegt, was ich bei keiner der andern Formen gefunden habe. Die Uebereinstimmung, welche die Kieme von Siphonaria be- sonders mit Bezug auf ihre Lage zu den andern Organen der Athem- höhle mit den Kiemen der Tectibranchien zeigt, scheint mir den Schluss zu rechtfertigen, dass wir es hier mit homologen Organen zu thun haben, eine Ansicht, die noch unterstützt wird durch die Art der Innervirung; sie ist bei Siphonaria die gleiche wie bei den meisten Tectibranchien: die Nerven entspringen von dem am Eingang der Athemhöhle gelegenen Ganglion (Kiemenganglion, Ganglion olfactorium), das mit dem ersten Ganglion der Visceralcommissur in Verbindung steht und von einem charakteristischen Sinnesepithel bedeckt wird. Es erhebt sich nun die Frage, wie die Kieme in beiden Fällen zu deuten sei. Meines Wissens ist noch kein begründeter Zweifel darüber erhoben worden, dass die Kieme der Bulliden eine echte Kieme, ein Ctenidium sei und somit der Prosobranchierkieme homolog. Das beweist ihre Innervirung von einem Kiemenganglion aus, das VAYSSIERE in seiner Arbeit tiber die Bulliden genauer untersucht hat; bald darauf wiesen SPENGEL (15) und später BERNARD (19) nach, dass über diesem Ganglion sich ein Sinnesepithel befinde. SPENGEL deutete das Ganglion mit dem Epithel darüber als Geruchsorgan und erklärte es fiir homolog den bei den verschiedensten Mollusken verbreiteten, mit der Kieme in Verbindung stehenden Sinnesorganen, der Pseudo- branchie der Monotocardier und den „Kiemenganglien“ der Diotocardier, wenn wir uns auf die Prosobranchier be- schränken wollen. BERNARD dagegen giebt nur die Homologie mit den Kiemenganglien der Diotocardier zu, dem die Pseudo- branchie nicht direct homolog sein soll. Es ist hier nicht der Ort, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 79 auf diese Frage näher einzugehen; für unsern Zweck genügt es, dass feststeht, dass die Kieme der Cephalaspideen ebenso von einem „Branchial“-Ganglion und Geruchsorgan innervirt wird wie die Kiemen der niedern Prosobranchier, es beweist das, dass sie ebenso gut wie jene ein Ctenidium ist. Etwas anders liegen die Dinge bei Umbrella und den Pleuro- branchen. Hier weicht die Kieme in ihrem Bau etwas ab, und es fehlt auch das Geruchsorgan bezw. das Kiemenganglion, doch ist bei Umbrella am ausführenden Kiemenrand ein Nervengeflecht entwickelt, das von einem Nerven versorgt wird, der vom rechten Ganglion der Visceralcommissur entspringt, das in seinem vordern Theil jedenfalls dem Pleurointestinalganglion von Siphonaria entspricht. Von diesem Nervennetz konnte BERNARD Fasern zu kleinen, zerstreuten Epithel- inseln verfolgen, die wie das Epithel des Geruchsorgans aus Sinnes- und Wimperzellen bestanden. BERNARD halt, wie mir scheint mit Recht, dieses Nervennetz mit den Epithelinseln fiir ein gewissermaassen diffuses Geruchsorgan. Dieses Verhalten der Innervirung gestattet allerdings keinen sichern Entscheid in der Frage, die durch HALLER (9) aufge- worfen wurde, ob nämlich Umbrella und die Pleurobranchiden eine einzige Kieme oder eine Kiemenreihe, ähnlich wie die Chitonen, besitzen. Ich habe aber schon oben bei der Vergleichung der Kiemen der ein- zelnen Tectibranchier unter einander nachzuweisen gesucht, dass eine principielle Uebereinstimmung in dem Bau ihrer Kiemen besteht und dass trotz der anscheinend grossen Verschiedenheiten die doppelt ge- fiederten Kiemen der Pleurobranchen und die gefalteten der Bulliden sich unter Annahme eines in beiden Fallen nur wenig verschiedenen Entwicklungsprocesses, einer Faltenbildung, aus der gleichen Anlage ableiten lassen. Ferner konnte ich die bei allen Tectibranchiern im Wesentlichen, gleiche Lage der Kieme in Bezug auf andere Organe, speciell die Nierenmündung, feststellen, und aus diesen Gründen schliesse ich, dass das Respirationsorgan der in Frage stehenden Formen ein einziges Ctenidium ist. Diese Erwägungen gelten in noch höherm Grade für Siphonaria, wo wir ja noch ein wohlausgebildetes Geruchsorgan in typischer Lage finden; ich halte mich also zu dem Schluss berechtigt, dass die Kieme von Siphonaria ein echtes Ctenidium ist und nicht eine secundäre Neubildung in Anpassung an die eigenthiimliche Lebensweise. Dadurch scheint mir aber eben der Beweis erbracht, dass Siphonaria ein Opisthobranchier ist und kein Pulmonate. Andere Organsysteme sind für die Beurtheilung der Verwandt- 80 AUGUST KOHLER, schaft nicht so gut zu verwerthen, da sie keine für die Ordnungen besonders charakteristischen Merkmale liefern oder unsere Kenntnisse dariiber noch nicht so ausgebreitet und gesichert sind, dass sich eine ausführliche Vergleichung verlohnte, ich will deshalb hier nur auf das Nervensystem und die Geschlechtsorgane eingehen. Das Nervensystem steht, worauf HALLER mit Recht aufmerk- sam macht, dem Nervensystem der Umbrellen, besonders Thylodina, am nächsten, nur ist die Verkürzung der Commissuren und Connective nicht so weit vorgeschritten. Es sind wie dort zwei Cerebral-, zwei Pedal- und zwei Buccalganglien sowie drei Ganglien der Visceral- commissur vorhanden. Die beiden Cerebralganglien sind bei Thylodina allerdings durch eine der Pedalcommissur angelagerte Subcerebral- commissur verbunden, die bei Siphonaria nicht nachgewiesen werden konnte, dagegen ist bei beiden eine zweite Pedalcommissur (Parapedal- commissur) vorhanden und zwischen den beiden Buccalganglien geht ein Nerv von der Commissur ab. Auch die Uebereinstimmung zwischen den Ganglien der Visceralcommissur ist recht gross, wie sich bei der Vergleichung der von ihnen abgehenden Nerven zeigt. Das rechte Ganglion von Thylodina entspricht dem Pleurointestinalganglion von Siphonaria, es versorgt wie dieses die rechte Seite des Körpers mit der Kieme; ein „Kiemenganglion“ wie bei Siphonaria ist allerdings von VAYSSIERE (16, 17) nicht beobachtet worden und wird wie bei Umbrella fehlen. Das mittlere Ganglion versorgt die Geschlechts- organe, wie das Abdominalganglion von Siphonaria; Nerven, die in die rechte Seite des Körpers eintreten, und solche, die Herz und Niere versorgen, werden nicht angegeben. Das linke Ganglion, dem linken Pleurointestinalganglion der Siphonarien entsprechend, entsendet wie dieses Nerven in die linke Seite des Körpers. Finden wir im Nervensystem eine grosse Uebereinstimmung mit den Umbrellen, so zeigen die Geschlechtsorgane Anklänge an die Bulliden. Eine Vergleichung im Einzelnen kann ich allerdings hier nicht durchführen, da wir, trotz der schönen Untersuchungen von MAZZARELLI und Anderen, den Geschlechtsapparat bei zu wenigen Formen genau genug kennen; ich muss mich deshalb auf die Ver- gleichung der gröbern anatomischen Verhältnisse beschränken, zumal es hier nicht meine Aufgabe sein kann, ohne eingehende eigne Unter- suchungen in eine Discussion dieser ziemlich verwickelten Frage ein- zutreten. Wie bei den Cephalaspideen und Anaspideen zerfällt der aus- führende zwittrige Theil des Geschlechtsapparats in zwei Theile, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 81 einen engen Zwittergang und einen weitern Theil, der die Schleim- und Eiweissdrüse aufnimmt. Dieser letzte Theil ist bei den Bulliden sehr kurz (,,cloaque sexuel“, VAYSSIùRE), bei Siphonaria dagegen stellt er den langen Spermoviduct vor und besitzt eine driisige Wand; in dieser Hinsicht erinnert Siphonaria an Acera bullata und die Aplysien, bei welchen dieser Abschnitt („grande condotto ermafrodisiaco“, Mazza- RELLI [21, 22]) ebenfalls sehr lang ist. Das Receptaculum seminis scheint mir nach Bau und Function der „poche copulatrice“ (VAYSSIÈRE) oder der SwAMMERDAM’schen Blase (MAZZARELLI) der übrigen Tecti- branchien zu entsprechen, sein Inhalt, Spermatophoren, deuten wenigstens darauf hin. Wie es sich jedoch mit den Homologien der von mir beschriebenen Samenblase verhält, kann ich nicht sicher an- geben; vielleicht entspricht sie dem bei Philine und Doridium vor- handenen Anhang des Zwitterganges. Ohne engern Zusammenhang mit dem übrigen Geschlechtsapparat ist das Copulationsorgan, mit alleiniger Ausnahme von Sipho- naria gigas und pectinata. Es besteht wie bei der Mehrzahl der Opisthobranchier aus einem musculösen und einem drüsigen Abschnitt, der erstere zerfällt aber nicht, wie es bei den Bulliden Regel ist, in einen eigentlichen, vom Ausfiihrgang der Prostata durchbohrten Penis und eine Penisscheide, sondern er stellt entweder ein einfaches muscu- löses Rohr dar, in das sich die Prostata öffnet, oder er mündet als musculöser Schlauch neben dem ausführenden Abschnitt der Prostata. Auf die eigenthümlichen Abweichungen einzelner Arten, die meines Erachtens einen ziemlich beträchtlich modificirten Zustand darstellen, brauche ich hier nicht noch einmal einzugehen. Ein weiterer Unterschied gegen die Bulliden ist der, dass eine deutliche Flimmerrinne fehlt, da beide Geschlechtsöffnungen dicht neben einander, am Boden einer Furche liegen. Das Verhalten der eben betrachteten beiden Organsysteme spricht auch für die Zugehörigkeit der Siphonarien zu den Tectibranchiern, aber weiter gehen und insbesondere ihre Stellung so präcisiren, wie es HALLER gethan hat, möchte ich nicht. Zunächst kann ich Sipho- naria nicht für einen der ältesten Opisthobranchier halten, denn die Hauptgründe, auf welche HALLER seine Ansicht stützt (9, p. 27), scheinen mir zum Theil wenigstens nicht stichhaltig. HALLER führt zunächst das Nervensystem an: dasselbe zeigt allerdings einzelne Eigenschaften, die schliessen lassen, dass es primitiver sei als das der Umbrellen, z. B. die längern Connective und das Osphradium, aber die phylogenetische Entwicklung der Umbrellen selbst ist noch nicht Zool. Jahrb, VII. - Abth. f. Morph. 6 82 AUGUST KOHLER, festgestellt; dann das Vorhandensein doppelter Nieren, solche sind aber bei keiner Siphonaria ausser gigas gefunden worden, und es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass bei dieser Form ein Be- obachtungsfehler vorliegt. Der Geschlechtsapparat, auf den HALLER weiter hinweist, ist aber im Allgemeinen nicht einfacher als der der Cephalaspideen gebaut. Auch dafiir, dass die Kieme wirklich einer Ctenidienreihe entspricht, scheint mir kein Beweis erbracht, ich habe vielmehr oben bei Besprechung der Athemhöhle den Nachweis geführt, dass sie sich ohne Schwierigkeit als ein einziges Ctenidium auffassen lässt. Was endlich die Kiemenvenen anlangt, so ist ihre Existenz durch die Entfernung des Herzens von der Kieme bedingt, und ich glaube nicht, dass hier ein primäres Verhalten vorliegt, es scheint vielmehr, wie ich schon oben ausführte, gerade ein erworbener Zustand zu sein. Dann möchte ich die Siphonarien nicht so nahe, wie es HALLER thut, mit den Umbrellen vereinigen, denn wenn auch Schale, Körperform und Nervensystem dies rechtfertigen könnten, so sprechen doch der Besitz einer wohl ausgebildeten Athemhöhle mit Osphradium und der Bau der Geschlechtsorgane, der sich dem bei den Cephalaspideen herrschenden Typus anschliesst, dagegen. Dazu kommt noch ein drittes, nämlich gewisse Beziehungen, die vielleicht zu Formen bestehen, die man zu den Pulmonaten, speciell zu den Basommatophoren rechnet. Es sind Gadinia, Auricula und Amphibola. Am ähnlichsten, schon durch die äussere Form, ist Gadinia. Auch die Athemhöhle zeigt nach Dati (13) und LaAcAzE- DuTHiErs (6) eine gewisse Uebereinstimmung mit der von Siphonaria. Sie breitet sich allerdings nicht so weit aus, sondern lässt, wie ich bei Gadinia peruviana constatiren konnte, den rechten, hintern Theil frei, die Niere ist auf das Dach der Athemhöhle beschränkt, an dem auch der Herzbeutel grösstentheils liegt; ein typisches Osphradium ist aller- dings nicht vorhanden. An dem Dach der Athemhöhle, vor der Niere, ist aber ein ähnliches Gefässnetz entwickelt wie bei Siphonaria, übrigens ist aber nicht allein diese Stelle der Athemhöhlenwand ge- fässreich, sondern auch auf dem Boden derselben und ausserhalb, im Mantelrand (nach LAcAZE-DUTHIERS), findet man zahlreiche Bluträume. Die Organe der Leibeshöhle, besonders die Geschlechtsorgane, deren durch LACAZE-DUTHIERS gegebene Beschreibung ich bei meiner vor- läufigen Untersuchung bestätigt finde, weichen aber ziemlich stark von Siphonaria ab. Die beiden andern Gattungen sind noch nicht gründlich unter Anwendung der neuern Methoden untersucht worden ; Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 83 ich halte es deshalb für das Gerathenste, von einer Discussion der Beziehungen, die sich eventuell zwischen Siphonaria und diesen Pul- monaten auf Grund der vorliegenden Beobachtungen vermuthen lassen, abzusehen und weitere Untersuchungen abzuwarten, vielleicht wird es in einiger Zeit mir selbst möglich sein, durch Untersuchung des mir gegenwärtig zur Verfügung stehenden Materials, zwei Exemplare von Gadinia peruviana und zwei Exemplare von Ampullarina fragilis, die ich der Liberalität des Berliner Museums verdanke, etwas zur Lösung dieser Frage beizutragen. Das eine scheint mir aber jetzt schon sicher zu stehen: die hier nachgewiesenen Beziehungen von Siphonaria zu den Tectibranchien werden bei der Beurtheilung der systematischen Stellung dieser Gattung stets in erster Reihe in Rücksicht gezogen werden müssen. Nachtrag. Während des Drucks der vorliegenden Arbeit habe ich in Neapel durch die Güte des Herrn Dr. SCHIEMENZ zwei Exemplare der von HALLER untersuchten Siphonaria gigas erhalten. Ich habe einstweilen den Geschlechtsapparat und die Niere genauer untersucht und will hier nur kurz die von mir beobachteten Thatsachen mittheilen. Was zunächst die Niere anlangt, so habe ich keine wirkliche Trennung des obern Nierenlappens durch die hintere secundäre Kiemen- vene (hintere Kiemenvene, HALLER) beobachten können, auf manchen Querschnitten erscheint vielmehr das Gefäss völlig in die Nieren- substanz eingebettet, ohne dass dorsal oder ventral von ihm eine scharfe Grenze zwischen den rechts und links gelegenen Theilen der Niere zu erkennen wäre. Ebensowenig ist es mir gelungen, einen zweiten Nierenporus und die damit in Verbindung stehende Reno- pericardialpforte zu finden: die von HALLER gezeichnete Oeffnung ist ein Kunstproduct, wahrscheinlich dadurch entstanden, dass er beim Ablösen der Decke der Athemhöhle das linke zuführende Nierengefäss von dem Sinus, aus dem es entspringt, abgeschnitten hat; ein prä- formirter, das Nierenlumen mit der Mantelhöhle in Verbindung setzender Porus ist es sicher nicht. Auch Harrer’s Darstellung des Geschlechtsapparats muss ich in zwei Punkten entgegentreten: erstens ist nämlich kein Vas deferens 6* 84 AUGUST KOHLER, vorhanden (ich habe die distalen Theile des Geschlechtsapparats in toto herauspraparirt, geschnitten, und bei der Durchsicht der Serie hatte mir ein Vas deferens nicht entgehen können), und zweitens sitzt das Receptaculum nicht mit einem kurzen Stiel auf dem Spermoviduct auf, sondern mündet durch einen langen, neben dem genannten Canal verlaufenden Gang neben Spermoviduct und Penis aus. Die Geschlechts- organe sind also im Wesentlichen denen der beiden von mir unter- suchten südamerikanischen Arten ähnlich gebaut. Auf diese kurze Mittheilung muss ich mich einstweilen beschränken, weil sich eine ausführliche Darstellung nicht ohne Abbildungen geben lässt; bei der Beschreibung einer Anzahl anderer, ebenfalls von der Reise des Vettor Pisani stammender Siphonarien, die mir Herr Graf HALLER gütigst zur Bearbeitung überliess, werde ich das Fehlende nachholen. Ebenfalls erst nach Abschluss der Arbeit an andern Opistho- branchiern (z. B. Actaeon und Scaphander) angestellte Untersuchungen machen es mir wahrscheinlich, dass auch hinsichtlich eines hier nicht weiter discutirten Organs, nämlich des Wimperbandes, zwischen den Siphonarien und den genannten Arten eine Uebereinstimmung besteht, die auch Zeugniss von der Verwandtschaft der genannten Formen ablegt. Literaturverzeichniss. a) Literatur über Siphonaria. 1) Quoy et Gamarp, Voyage de l’Astrolabe, Zoologie, Tome 2, 3, Paris 1832 —1835. 2) W. H. Dati, Remarks on the anatomy of the genus Siphonaria with a description of a new species, in: Amer. 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Vayssıöre, Recherches anatomiques sur les genres Pelta et -Thylodina, in: Ann. Sc. Nat. Zool. (6), T. 15, 1883. — — Recherches zoologiques et anatomiques sur les mollusques opisthobranches du Golfe de Marseille, in: Ann. du Musée @ Hist. Nat. de Marseille, Zoologie, T. 2, 1885. H. pe Lacaze-Dutsiers, Le système nerveux et les formes em- bryonnaires du Gadinia Garnoti, in: Compt. Rend. Acad. Paris, Tome 100, 1885. F. Bernarp, Recherches sur les organes palléaux des Gastéropodes prosobranches, in: Ann. Sc. Nat. Zool. (7), T. 9, 1890. R. Perrier, Recherches sur l’anatomie et l’histologie du rein des Gastéropodes prosobranches, in: Ann. Sc. Nat. Zool. (7), T. 8, 1889. G. F. Mazzareti1, Richerche sulla morfologia e fisiologia dell’ apparato riproduttore nelle Aplysie del Golfo di Napoli, in: Atti Accad. Napoli, Vol. 4, Serie 2a, Append. No. 5, 1891. — — Intorno all’ apparato riproduttore di alcuni Tectibranchi (Pleurobranchaea, Oscanius, Acera), in: Zool. Anz., Jahrg. 14, 1891. — — Richerche sulla morfologia delle Oxynoidae, in: Soc. Ital. d. Scienze (detta dei XL), T. 9, No. 1, 1892. 86 AUGUST KOHLER, Erklirung der Abbildungen. Die sämmtlichen Querschnitte von Siphonarien sind so gezeichnet, dass ihre dem Kopfende zugekehrte Fläche dem Beschauer zugewandt ist, ebenso sind die meisten andern Querschnitte gezeichnet, mit Aus- nahme derjenigen, deren Nummer mit einem * bezeichnet ist. Folgende Bezeichnungen haben für alle Figuren Gültigkeit: aa Arteria anterior. ad Adductor. ad, Theil des Adductors vor dem Athemloch. af After. ag Abdominalganglion. ah Athemhôhle. al Anallappen. alo Athemloch. ap Arteria posterior, Eingeweide- arterie. bg Buccalganglion. cc Cerebralcommissur. cg Cerebralganglion. cp Cerebropedalconnectiv. cpl Cerebropleuralconnectiv. ct Kieme. d,—d, Darmcanal. dah Dach der Athemhühle. ed Eiweissdrüse. jl Flagellum. gcl Genitalcloake. go Ganglion olfactorium, Kiemen- ganglion. hep, linke Leber. hep, rechte Leber. k Kiefer. ka zuführendes Kiemengefäss. kv, vordere secundäre Kiemenvene. kv, hintere secundäre Kiemenvene. kv. abführendes Kiemengefäss. lzn linkes zuführendes Nierengefäss. m Magen. mf Mantelfalte. mh Mundhöhle. mu Muskel in der Kiemenvene. n Nerven. nv abführende Nierengefässe. oc Auge. oe Oesophagus. os Geruchsorgan. ' ot Otocyste. pe Pericard. pe Penis. 1 pec 1. Pedalcommissur. 2 pec 2. Pedalcommissur. pg Pedalganglion. plg Pleurointestinalganglion. pr Prostata. pr, Prostatastiel. prr Prostatarinne oviducts. des Sperm- Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 87 r Radula. ren Niere. renp Nierenpapille. renpo Nierenporus. rp Renopericardialpforte. rs Receptaculum. rs, Stiel des Receptaculums. rt Radulatasche. rzn rechtes zuführendes Nieren- gefäss. sb Samenblase. sd Schleimdrüse. si Pallialsinus. spdr Speicheldrüse. spov Spermoviduct. sr Schleimrinne desselben. st Stützbalken der Radula. ve Ventrikel. vi Visceralcommissur. wb Wimperband. zw Zwitterdrüse. zwg Zwittergang. a, 6, y Blutgefasse (Aeste der Arteria anterior). - Wate) 1 Alle Figuren dieser Tafel beziehen sich auf Siphonaria pectinata L. Fig. 1. Das Thier nach Entfernung der Schale von der rechten Seite gesehen. mf Mantelfalte, 7 Ansatzlinie der Mantelfalte zwischen den Vorderenden des Adductors. Vergr. 3. Fig. 2. Dasselbe von der Bauchseite gesehen, f Fuss, u« Spalte, an deren Boden die Mundöffnung liegt. Vergr. 3. Fig. 3. Das Thier von der Riickenseite gesehen. Die Decke der Athemhéhle ist rechts, vorn und hinten abgelöst und nach links hinüber- geschlagen. Auch der Herzbeutel ist zum Theil eröffnet. Vergr. 6. Fig. 4 Dasselbe. Das Dach der Athemhöhle ist ganz entfernt, ebenso der Boden, so dass die Leibeshöhle eröffnet ist. Vergr. 71/5. Fig. 5. Die Geschlechtsorgane aus dem Thier herauspräparirt und von der Bauchseite gesehen. Der Theil der Genitalcloake, der in der Fussmusculatur steckt, ist abgeschnitten, ebenso der Retractor. Ver- grösserung 61/,. Fig. 6. Darm, Leber und Herz von der ventralen Seite gesehen, der Schlundkopf ist nicht mit dargestellt. Vergr. 8. Fig. 7. Querschnitt eines jüngern Exemplars durch die Gegend der Geschlechtsöffnung. rs, Stiel des Receptaculums, spov Spermoviduct, gel Genitalcloake, mh hinteres Ende der Mundhöhle, in den Schlundkopf eingebettet, spdr die Ausführgänge der beiden Speicheldrüsen, ah vorderer Theil der Athemhöhle. Vergr. 22. Fig. 8. Desgl. weiter nach hinten. Ausser den im Vorhergehenden genannten Organen zeigt der Schnitt noch os das Geruchsorgan, pr, den Prostatagang und die Mündung des Receptaculumstiels rs,. oe Oeso- phagus, bg Buccalganglien. Vergr. 22. Fig. 9. Desgl. Der Schnitt hat den Vorderrand des Athemlochs tangirt (alo). r Retractor der Genitalcloake, pr vorderes Ende der Prostata, ng Genitalnerv. Vergr. 28. Fig. 10. Desgl. Der Schnitt fällt wie die folgenden durch das Athemloch. plg rechtes Pleurointestinalganglion, cg rechtes und linkes Cerebralganglion. Vergr. 28. k Kopf, 88 AUGUST KOHLER, Fig. 11. Stück aus einem dicht auf den vorhergehenden folgenden Schnitt. Zwischen cg und plg rechtes Cerebropleuralconnectiv, pg vor- derste Spitze des Pedalganglions. Vergr. 33. Fig. 12. Schnitt dicht hinter dem vorhergehenden. Er hat alle Ganglien des Schlundrings und den grüssten Theil der Cerebralcom- missur cc getroffen. m Vorderende des Magens. Vergr. 33. Fig. 13. Stück aus dem nächstfolgenden Schnitt. pg Pedalganglion mit Pleuropedalconnectiv. Vergr. 33. Fig. 14. Querschnitt etwas weiter nach hinten. vw rechte Hälfte der Visceralcommissur, aa Arteria cephalica, 1 pec erste Pedalcommissur, pe Pericard. Vergr. 28. Fig. 15. Desgl. ag Abdominalganglion, vi linke Hälfte der Visce- ralcommissur, plg linkes Pleurointestinalganglion. Vergr. 28. Ma fel 72! Die Figuren 16—21 beziehen sich auf Siphonaria pectinata L., die Figuren 22—25 auf Siphonaria laeviuscula Rerve und die Figuren 27—29 auf Siphonaria subrugosa Sow. Fig. 16. Querschnitt durch die Gegend des Athemlochs hinter den auf der vorangehenden Tafel dargestellten. kv, rechtes Ende des ab- führenden Kiemengefässes, aa Arteria cephalica, 2 pec zweite Pedal- commissur. Vergr. 22. Fig. 17. Desgleichen. cé rechtes Ende der Kieme, ren oberer Nierenlappen, kv, Ursprung der vordern Kiemenvene, d, d, erste Darm- schlinge, spov Spermoviduct, sd Schleimdriise. Vergr. 22. Fig. 18. Desgl. etwa t/,, mm hinter dem vorangehenden. renp Nierenpapille, af Atrium in Verbindung mit der vordern Kiemenvene kv,, rs Receptaculum seminis und Stiel, die sich in einem der folgenden Schnitte vereinigen. Vergr. 22. Fig. 19. Desgl. etwa durch die Mitte des Athemlochs. ka zu- führendes Kiemengefäss, kv, hintere Kiemenvene, renp Nierenpapille, d, Enddarm, in den Anallappen al eintretend, ed Eiweissdrüse (durch den gekörnelten Ton von der Schleimdrüse unterschieden), sb Samen- blase, zwg Zwittergang. Fig. 20. Desgl. durch das hintere Ende des Athemlochs. rzn rechtes zuführendes Nierengefäss mit dem „Frenulum“ fre, durch * ist der Ursprung des linken zuführenden Nierengefässes und des zuführenden Kiemengefässes aus dem Pallialsinus bezeichnet. ap Arteria posterior, d, d, zweite Darmschlinge. Vergr. 22. Fig. 21. Einige Radulazähne. Die über den einzelnen Zähnen stehenden Zahlen bedeuten ihren Platz in einer Querreihe; der Median- zahn ist mit O bezeichnet, der zweite von ihm aus mit 2 etc. Ver- grösserung 190. Fig. 22. Querschnitt durch den Kopf von Siphonaria laeviuscula Reeve. Er entspricht Fig. 7, Taf. 1. pe Penis. Vergr. 15. Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria, 89 Fig. 23. Desgl. weiter nach hinten. rs, Mündung des Recepta- culumstiels, spov Mündung des Spermoviducts, pr Prostata. Der Schnitt entspricht sonst etwa Fig. 9, Taf. 1. Vergr. 15. Fig. 24. Desgl. durch das vordere Ende des Athemlochs. In der Prostata pr ist die Drüsensubstanz hell angelegt, das Epithel durch eine dunklere Linie bezeichnet. Wegen der innerhalb der Prostata angebrachten Bezeichnungen muss ich auf den Text S. 25 verweisen. Vergr. 15. Fig. 25. Desgl. durch den vordern Theil der Kieme, Nierenpapille und Herz. Er entspricht etwa Fig. 17. Fig. 26. Desgl. ungefähr durch die Mitte des Athemlochs. Das rechte Ende der Kieme ist etwa an der Stelle getroffen, wo die Blättchen am höchsten und ihre Faltung und Verzweigung am stärksten sind. Der Ventrikel ve in Verbindung mit dem Anfang der Arterien a. Vergr. 15. Fig. 27. Penis und Prostata von Siphonaria subrugosa Sow. von aussen und oben gesehen. Fig. 28. Desgl. von innen und unten. Fig. 29. Querschnitt, der die Geschlechtsöffnung getroffen hat. pe Vorderende des Penis, der zum Theil vorgestülpt ist, seine Mündung ist bei * tangirt. Vergr. 11. Fig. 30. Schema einer Hautdrüse von Siphonaria. d Drüsenzellen, k Kerne der dazwischen liegenden Zellen, mus Muskelfasern, ep Epi- dermis des Thieres. | Tate led: Die Figuren 31—43 beziehen sich auf Siphonaria redimiculum Resve und zwar Fig. 31—41 auf ein ganz junges, Fig. 42 u. 43 auf ein älteres Exemplar. Fig. 44 bezieht sich auf Siphonaria pectinata L. Fig. 31. Querschnitt durch die Mundöffnung. % Kiefer, oc Auge. Vergr. 74. Fig. 32. Querschnitt durch den Kopf, 18 Schnitte (à 10 w) hinter. dem vorangehenden. F' Vorderrand des Fusses, pe Penis, pr Prostata- anlage. Vergr. 74. Fig. 32a. Stück eines um 30 u weiter nach hinten gelegenen Quer- schnitts mit Penis und Prostataanlage. Vergr. 150. Fig. 32b. Desgleichen aus einem Schnitt, der 20 w hinter dem Fig. 32a abgebildeten liegt. gö Geschlechtsöffnung. Vergr. 150. Fig. 33. Querschnitt, 210 uw hinter dem vorangehenden, er ent- spricht etwa Fig. 8, Taf. 1. gg Geschlechtsgang. Vergr. 74. Fig. 34. Desgleichen 70 w hinter dem vorhergehenden, entspricht mit Ausnahme der Ganglien etwa Fig. 9, Taf. 1. Fig. 35. Desgl. 40 u hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 36.- Desgl. 110 w hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 37. Desgl. 170 u hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 37a. Ende des Geschlechtsgangs gg und Anfang des Zwitter- gangs zwg, aus einem Querschnitt 70 w hinter dem vorangehenden. Vergr. 340. 90 AUGUST KOHLER, Fig. 38. Desgleichen 100 w hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 39. Desgl. 270 u hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 40. Desgl. 340 u hinter dem vorigen. Vergr. 74. Fig. 41. Das ganz junge Exemplar von Siphonaria redimiculum Reeve nach Entfernung der Schale vom Riicken gesehen. Vergr. 19. Fig. 42. Das ältere Exemplar derselben Art, ebenso. Vergr. 5. Fig. 43. Nierenpapille und Nierenporus renpo aus einem Quer- schnitt durch das altere Exemplar. Vergr. 58. Fig. 44. Auge von Siphonaria pectinata L., aus einem Quer- schnitt durch das Thier. ep Epidermis, ac äussere Cornea, ic innere Cornea, re Retina, pi Pigment, 2 Linse. Taste ke 143 Die Figuren 45—51 beziehen sich auf Siphonaria aspera Krauss, in Betreff der übrigen vergleiche die einzelnen Nummern. Fig. 45. Decke der Athemhöhle von Siphonaria aspera, von innen gesehen. Vergr. 11. Fig. 46. Vorderer Theil des Geschlechtsapparats von derselben Art. Fig. 47. Rechte Hälfte eines Querschnitts durch den Kopf. Ver- grösserung 15. Fig. 48. Rechte Hälfte eines Querschnitts durch die Gegend der Geschlechtsöffnung. Vergr. 15. Fig. 49. Querschnitt durch den vordern Theil des Athemlochs, entspricht ungefähr Fig. 25, Taf. 2. Vergr. 15. Fig. 50. Desgl. etwa durch die Mitte des Athemlochs. Vergr. 15. Fig. 51. Desgl. hinter dem Athemloch. ap, ap, die Eingeweide- arterien. Vergr. 15. Fig. 52. Schnitt durch die Wand der Schleimdrüse von Siphonaria stellata var. luzonica. sz Schleimzellen, wz Wimperzellen. Vergr. 190. Fig. 53—56. Schnitt durch die Anlage der Schleim- und Eiweiss- drüse von Siphonaria redimiculum Rv. o aus der Eiweissdrüse in die Schleimdrüse führende Rinne. Fig. 57*. Schnitt durch den Nierenporus von Gastropteron meckeli Kosse. Der Schnitt ist kein reiner Querschnitt durch das Thier, sondern geht schräg von oben nach hinten und unten, etwa parallel dem hintern Rand der Kieme. mr Mantelrand, sh Schalenhöhle, ren Niere, d End- darm, renpo Nierenöffnung, ka zuführendes Kiemengefäss, ct Kieme. Vergr. 15. Fig. 58%. Schnitt aus derselben Serie, etwas weiter nach vorn. bl Kiemenblättchen, kv Spitze der Kiemenvene, kv, abfiihrendes Gefäss am Rand der einzelnen Blättchen; die übrigen Bezeichnungen wie oben. Vergr. 15. Fig. 59. Decke der Athemhöhle von Scaphander lignarius von innen gesehen. mr Mantelrand, ct Kieme, ar abführender Rand der- selben, ka zuführendes Gefäss, ren Niere, renpo Nierenöffnung, at Atrium, ve Ventrikel. Natürl. Grösse. Beitrige zur Anatomie der Gattung Siphonaria. 91 Fig. 60. Desgleichen von Bulla striata. renpo Nierenöffnung, sonst die Bezeichnungen wie oben. Vergr. 3. Fig. 61. Desgl. von Acera bullata. Die Bezeichnungen wie oben. Fig. 62. Querschnitt durch das Dach der Athemhöhle von Acera bullata. ct Hinterende der Kieme, m Mantel, sonst sind die Be- zeichnungen wie oben. Mate D: Fig. 1. Dorsaler Nierenlappen von Siphonaria pectinata, Stück eines Querschnitts. » Nierenlumen, rzn rechtes zuführendes Nieren- gefäss. Fig. 2. Querschnitt durch den vordern Theil der Athemhöhle von derselben Art. dah Dach der Athemhöhle mit den Bluträumen 8, pr Prostata, spdr Speicheldrüse, oe Oesophagus. Fig. 3. Vorderer rechter Theil eines Horizontalabschnitts durch Siphonaria pectinata var. lineolata. gel Genitalcloake, r ihr Retractor, spov Spermoviduct, rs, Receptaculumstiel. Fig. 4 Kiefer von Siphonaria striatocostata Dxr., Westafrika, einer der Siphonaria aspera nahestehenden Form. ep Epithel, cu Cuti- cula, sé Stäbchen des Kiefers, sé, den Epithelzellen aufsitzende Stäbchen, po Muskelpolster. Fig. 5. Stiick eines Querschnitts von Siphonaria laeviuscula, der den vordern Rand des Kiefers getroffen hat. ep Epithel, sé Stäbchen, cu Cuticula. Fig. 6. Querschnitt durch den musculösen Theil des Spermoviducts und den Stiel des Receptaculums von Siphonaria subrugosa. spov Sperm- oviduct, rs, Stiel des Receptaculums. Fig. 7. Stück eines Querschnitts von derselben Art. pe Penis, y Retractoren, pr ein Stück der Prostata, oe Oesophagus: Fig. 8. Zungenbalken von Siphonaria redimiculum. k Kerne, f Fasern. Tafel‘ 6. Fig. 9. Stück eines Querschnitts von Siphonaria redimiculum. pe Penis, pr, x Theile der Prostata, m Magen. Fig. 10. Schnitt durch die Anlage des Spermoviducts von der- selben Art. prr Prostatarinne, sr Schleimrinne, f Falte, ke Kerne der Drüsenzellen, m Epithel des Magens, a Epithel der Athemhöhle. Fig. 11. Querschnitt durch den Spermoviduct von Siphonaria aspera. prr Prostatarinne, sr Schleimrinne. Fig. 12. Stück eines Querschnitts, der zwischen den Fig. 48 u. 49, Taf. 4, abgebildeten Schnitten liegt, von Siphonaria aspera. pr, Prostata- stiel, pe Penis, r Retractor. Fig. 13. Stück eines Schnitts durch die Wand der Prostata von Siphonaria stellata. wh Wimperhaare, 4 Kerne des Wimperepithels, K Kerne der Drüsenzellen. 92 AUGUST KOHLER, Beiträge zur Anatomie der Gattung Siphonaria. Fig. 14. Stück eines Schnitts durch die Schleim- und Eiweissdrüse von derselben Art. ed Eiweissdrüse, sd Schleimdrüse. Fig. 15. Schnitt durch die Zwitterdrüse von derselben Art. spg Spermatogonien, sp Spermatozoen, o Eier. Fig. 16. Kieme von einem jungen Oscanius, der Schnitt ist senk- recht zur Axe der Kieme, ungefähr parallel der Medianebene des Thiers. a Axe, fi gefiederte Kiemenblättchen. Fig. 17. Schnitt durch den „point noir“ von Gastropteron meckeli. ep Epidermis, ag Ausführgang, pi pigmentirte Wand des Bläschens. Fig. 18. Kieme von Scaphander lignarius, aus einem Querschnitt durch das Dach der Athemhöhle. % Kieme, ren Niere, mr Mantelrand. Fig. 19*. Nierenöffnung von Scaphander lignarius. Stück aus einem ähnlich gerichteten, aber weiter nach hinten geführten Schnitt, wie Fig. 18. mr Mantelrand, ren Niere, renpo Nierenporus, bg Blut- gefäss der Niere, ka Kiemenarterie, zuführendes Kiemengefäss. — Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. II. Die Oncidiiden. Ein Beitrag zur Stammesgeschichte der Pulmonaten. Von Dr. Ludwig H. Plate, Privatdocent der Zoologie in Marburg i./H. Hierzu Tafel 7—12. Einleitung. Nachdem ich im ersten Theile (19) !) dieser Studien gezeigt habe, dass die Opisthopneumonie — der medicinisch gebildete Leser verzeihe diesen Ausdruck — bei den Testacellen eine secundäre Erwerbung darstellt, gebe ich im Folgenden eine eingehende Untersuchung einer andern Pulmonatengruppe, bei der jene Lagerungsweise der Athem- kammer mit grosser Wahrscheinlichkeit als ein primitives Verhältniss gedeutet werden darf. Es sind die Oncidiiden, jene namentlich im Indo-pacifischen Oceane so ausserordentlich artenreiche Familie, die seit ihrer Entdeckung durch BucHANAN und seit Cuvier’s classischer Monographie die Aufmerksamkeit der Zoologen besonders wegen ihrer amphibischen Lebensweise auf sich gezogen hat. Der einleitungsweise ausgesprochene Gedanke, der mich zur Ausführung dieser Unter- suchungen veranlasst, und von dessen Richtigkeit ich mich im Laufe derselben mehr und mehr überzeugte, ist nicht neu, sondern findet sich zuerst in der grossen, ideenreichen, leider aber hinsichtlich 1) Die Zahlen verweisen auf das Literaturverzeichniss am Schlusse der Abhandlung. 94 LUDWIG H. PLATE, des Beobachtungsmaterials nicht überall zuverlässigen Arbeit von JHE- RING’s (13) über das Nervensystem und die Phylogenie der Mollusken. VON JHERING gebührt das Verdienst, zuerst auf manche Uebereinstim- mungen in der Organisation der Oncidiiden mit den Opisthobranchiern hingewiesen und betont zu haben, dass sie die Brücke von diesen zu den zwittrigen Lungenschnecken schlagen. Da ich in vielen wichtigen Punkten seinen Ausfiihrungen im Folgenden entgegenzutreten haben werde, ist es mir angenehm, gleich in dieser Einleitung meine Uebereinstimmung mit ihm in dieser Fundamentalfrage hervorheben zu können. Seine Nach- folger BERGH (2, 3) und Semper (4) gelangten auf diesem theoretischen Gebiete zu ganz entgegengesetzten Anschauungen; sie stellen die Oncidiiden nicht an den Anfang, sondern an das Ende der phyletischen Entwicklungsreihe der Pulmonaten, und was für vON JHERING ar- chaistische Charaktere sind, das deuten sie als zufällige Convergenz. Leider begründen SEMPER und BERGH ihre Ansichten über die Ver- wandtschaftsbeziehungen der in Rede stehenden Organismen nicht mit der Ausführlichkeit, welche einer vergleichend-anatomischen Abhandlung allein Saft und Kraft verleiht, und dies gilt in noch weit höherem Maasse von JOYEUX-LAFFUIE (1), welcher die kleine nordeuropäische Oncidiella celtica eingehend bearbeitet hat. Während SEMPER und BerGu das Hauptargument der von JHERING’schen Nephropneusten- Theorie, dass die Lunge der Oncidiiden ein umgewandelter Ureter sei, durch den Nachweis zu entkräften suchten, dass die Niere von dem Athemgewebe vollständig getrennt und, wie bei allen übrigen Pulmonaten, dem Dache der Mantelhöhle eingelagert sei, stellte sich JoYEUX-LAFFUIE auf die Seite von JHERING’s. Nach ihm sollen in der That Niere und Lunge bei Oncidiella identische Organe sein. Alle diese diver- girenden Meinungen über eine principiell so wichtige Familie liessen weitere Untersuchungen als wünschenswerth erscheinen, und so mögen denn die folgenden Blätter ein wenig zur Klärung der Thatsachen und der aus ihnen sich ergebenden Schlüsse beitragen. Die letztern gipfeln in den Sätzen, dass die Oncidiiden zwar archaistische, aber in mancher Hinsicht auch secundär umgewandelte Formen sind, dass sie den Basommatophoren näher stehen als den Stylommatophoren und dass sie auf die Tectibranchier als phyletischen Ausgangspunkt hinweisen. — Zur Ausführung der Untersuchung stand mir ein reiches Material zur Verfügung, das ich dem freundlichen Entgegenkommen der Directoren des Berliner, Kieler, Frankfurter (a. M.) und Britischen Museums sowie den Herren Prof. SPENGEL, Generalconsul v. MÖLLEN- DORFF und Dres. SARASIN, STRUBELL, SIMROTH und VorgT verdanke. Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 95 Allen diesen Herren sei hiermit mein herzlichster Dank ausgesprochen. Da die Systematik der Oncidiiden noch wenig bearbeitet ist — fast jedes grüssere Museum besitzt noch novae species — so habe ich auch diesem Gebiete einige Aufmerksamkeit zugewandt. Die Durch- sicht des grössten Theils der Semper’schen Originale, die sich in Berlin befinden, war mir hierbei eine sehr wesentliche Hilfe. Um zukünftigen Bearbeitern das Studium nach dieser Richtung hin zu erleichtern, sei bemerkt, dass auch die Originale der im Folgenden zuerst beschriebenen 17 neuen Arten mit den wichtigsten Präparaten über Penis, Penisdrüse und Radula Eigenthum des Berliner Museums geworden sind. Herrn Prof. von Martens danke ich bestens für einige biologische Notizen, die mehrere von ihm gesammelte Arten betreffen. Ich gliedere die folgende Abhandlung in drei Capitel; das erste wird die Anatomie, das zweite die Systematik, das dritte die Ver- wandtschaftsbeziehungen der Oncidiiden behandeln. Erster Abschnitt. Die Anatomie der Oncidiiden. Capitel I. Die äussern Gestaltungsverhiltnisse der Oncidiiden. Im Habitus gleichen sich die verschiedenen Species dieser Familie ganz ausserordentlich, so dass es häufig selbst demjenigen, der sich schon längere Zeit mit der Gruppe beschäftigt hat, schwer fällt, ein- zelne Arten, die in der innern Organisation erheblich von einander abweichen, bei äusserer Betrachtung zu unterscheiden. Es gilt dies freilich nur für die Species einer und derselben Gattung, da die fünf Genera, welche ich statt der einen bis jetzt gebräuchlichen glaube aufstellen zu müssen, auch im Habitus charakteristische Merkmale erkennen lassen. Ehe ich zu der Schilderung dieser äussern Gattungs- unterschiede übergehe, schicke ich eine kurze allgemeine Beschreibung der Gestalt und der verschiedenen für die Systematik wichtigen Körper- regionen voraus, obwohl ich hierbei fast nur Bekanntes zusammen- zustellen vermag. Die Oneidiiden sind nackte, schalenlose Gastropoden von ovaler (Fig. 4, 6, 10), lang-ovaler (Fig. 5, 8, 9) oder seltener rundlicher (Fig. 2, 3, 7) Körperform, von meist ziemlich unscheinbarer Färbung 96 LUDWIG H. PLATE, und von einer Grösse, die zwischen wenigen Millimetern und 10 cm schwankt. An jedem Thier lässt sich eine Dorsal- und eine Ventral- fläche unterscheiden. Die Dorsalfläche erscheint durchaus einheitlich und wird daher in ihrer Totalität als Rücken oder — weniger correct — als Mantel bezeichnet. Sie zeichnet sich durch sehr verschiedenartige Sculpturverhältnisse, nach denen vornehmlich die einzelnen Arten ab- gegrenzt werden können, aus, indem sie bald glatt, bald mit Erhebungen bedeckt ist, welche die ganze Scala von winzigen, nur mit der Lupe wahrnehmbaren Wärzchen bis zu kiemenartigen Bäumchen (Fig. 96, 99) durchlaufen. Diese letztern sind unter den Oncidiiden übrigens keines- wegs weit verbreitet; sie kommen nur bei einer Gattung, Oncidium, und auch innerhalb dieser nur bei fünf Arten vor, während in der Regel nur rundliche oder kegelförmige Tuberkel in wechselnder Grösse, Zahl und Anordnung sich über den Rücken vertheilen. Als zusammen- gesetzt bezeichne ich diese Papillen dann, wenn sie (Fig. 99 c) selbst wieder auf ihrer Oberfläche mit kleinern Körnern bedeckt sind; sie leiten durch Auswachsen der letztern (Fig. 99 b) direct zu den Jugend- formen der Kiemenbäumchen hinüber. — Wie SEMPER zuerst gezeigt hat, finden sich bei vielen Oncidiiden eigenartige, durch die inverse Lage der Stäbchen an die Wirbelthiere erinnernde Augen in grösserer Anzahl auf dem Rücken. Es sind kleine schwarze Punkte, die fast immer auf dem Scheitel der grössern Papillen (Fig. 99c) sitzen und bald einzeln (Fig. 7), bald in Gruppen (Fig. 99 c) auftreten. Manch- mal sind sie nicht leicht zu finden, weil sie von einem sphincterartigen Ringwall umzogen sein können, der sich im contrahirten Zustande über sie hinüberlegt. Aber in solchen Fällen entsteht auf der Papille ein kleines Grübchen und markirt so diejenigen, welche mit Sehorganen versehen sind. Die Zahl und Vertheilung der Rückenaugen ist für die Systematik von Wichtigkeit. Man kann folgende Regel in dieser Hinsicht aufstellen. Sehr zahlreiche Augen zerstreuen sich ohne Gesetz- mässigkeit über den ganzen Rücken und treten auch bis dicht an den Mantelrand heran (Fig. 7); wird die Zahl geringer, so beschränken sie sich auf das „Mittelfeld“, das vielfach durch die Eingeweide buckel- förmig hervorgetrieben wird oder sich in der Färbung auszeichnet. Sind nur ganz wenige, etwa 2—4, vorhanden, so sitzen sie auf dem höchsten Punkte des Mittelfeldes, dem „Scheitel“, der ja für ein Seh- organ besonders geeignet sein muss. Das Mittelfeld hat ungefähr die halbe Länge und Breite des Rückens, aber es ist keine scharf abge- Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 97 grenzte Region, sondern nur ein zur Erleichterung der Beschreibung eingefiihrter Begriff. Die Ventralfläche des Kürpers zerfällt, wie die Betrachtung von Fig. 2—4 lehrt, in drei scharf von einander abgesetzte Regionen‘ in die Kriechsohle des Fusses, in den vor diesem gelegenen Kopf und in eine Zone (hyp), welche ringförmig jene beiden umgiebt und als Unterseite des Rückens angesehen werden kann, da sie mit diesem in der scharfen Kante, welche die Contour des Körpers bestimmt, zu- sammenstisst. Diese Region ist für die Familien der Oncidiiden und der Vaginuliden sehr charakteristisch, kommt aber sonst bei keiner andern Pulmonatengruppe vor. Sie gliedert sich in zwei breite Streifen zu beiden Seiten des Fusses und in je eine schmälere vor dem Kopfe und hinter dem Fusse, die aber alle vier continuirlich zusammen- hängen und sich äusserlich nicht von einander absetzen. Durch ihre wechselnde Breite, Farbung und zuweilen auch durch ihre Sculptur sind diese Abschnitte fiir die Systematik von grosser Bedeutung, und wir geben ihnen daher eine besondere Bezeichnung und nennen sie Hyponota. Dieser Ausdruck ist bequemer als der von SIMROTH für die Vaginuliden angewandte gleichwerthige: Hyponotaeum. Ich ver- stehe unter Hyponotum (Hyp) im Folgenden jeden der links und rechts neben dem Fuss gelegenen Theile der Unterseite des Riickens; die in der Mediane gelegenen Abschnitte werde ich hingegen als Kopf- resp. als Fusshyponotum bezeichnen. Das Kopfhyponotum legt sich über den Kopf kapuzenförmig hinüber, ist aber sehr verschieden stark bei den einzelnen Arten entwickelt, so dass bei den in Alcohol con- servirten Thieren der Kopf bald frei hervorragt (Fig. 1, Peronina alta), bald — und dies gilt fiir die Mehrzahl — vollstandig von ihm verdeckt wird (Fig. 2, 3, 4). Aber auch im letztern Falle scheinen die lebenden Thiere immer im Stande zu sein, die Fühler so weit auszustrecken, dass sie unter dem Kopfhyponotum hervorragen. Das Hyponotum entspricht, da es Rücken und Fuss mit einander verbindet, eigentlich den Körperseiten der übrigen Schnecken. Ab- weichend an ihm ist vornehmlich seine Stellung, dass es in der Fussebene liegt oder nur wenig geneigt zum Boden getragen wird, wodurch die flache, wenig gewölbte Körperform der Oncidiiden bedingt wird. Die lebenden Thiere pflegen das Hyponotum der Unterlage direct anzuschmiegen. Nur in einzelnen Fällen steigt das Hyponotum mehr oder weniger steil zum Rücken empor (Fig. 1), und dann wird der Körper höher und der Habitus schneckenähnlicher. Für die Systematik kommt vornehmlich das Verhältniss der Breite der Sohle zur Breite Zool. Jahrb, VIL Abth. f. Morph. 7 98 LUDWIG H. PLATE, des Hyponotums in Betracht, und wir werden dieses im zweiten Ab- schnitt bei den einzelnen Arten kurz mit Hyp = = S bezeichnen. Es schwankt Hyp zwischen !/, und 11/, S, was natürlich ein sehr verschiedenes Aussehen der Körperunterseite bedingt. An conservirten Exemplaren fällt dieses Verhältniss beim Vergleich einer grössern An- zahl von Individuen oft ziemlich ungleich aus, je nachdem das Thier beim Absterben den Fuss oder den Mantelrand mehr contrahirte. Man wird sich dann damit begnügen müssen, das durchschnittliche Verhältniss oder die Grenzwerthe anzugeben; jedenfalls darf diese Bestimmung bei Aufstellung einer neuen Art nie fehlen, da ohne dieses Hülfsmittel eine Uebersicht über die zahlreichen Arten gar nicht zu gewinnen ist. Der Kopf trägt auf der Stirnfläche zwei Ommatophoren, die ge- wohnlich wie bei den Stylommatophoren eingestülpt werden können, während sie bei Oncis montana und Oncidina australis nur die Spitze gegen die Basis einzuziehen vermögen. Die Mundöfinung wird links und rechts eingefasst von einem grossen „Lippensegel‘“, einer lappen- artigen Verbreiterung des untern Kopfrandes, wie sie auch sonst mehr- fach bei Land- und Süsswasserpulmonaten (Limnaea, Glandina) be- obachtet wird. Die Grösse des Kopfes ist bei den einzelnen Arten oft ziemlich ungleich (vergl. Fig. 1 u. 2). Der Kopf trägt immer die Oefinung des Penis, und zwar entweder auf der rechten Stirnhälfte oder am rechten Aussenrande. Der Fuss erscheint bei allen nicht ganz schlecht conservirten Thieren durch zarte Längs- und Querfurchen in zahllose kleine Felder getheilt (Fig. 93, 94). Prof. v. MARTENS beobachtete, dass beim Kriechen bogenförmige Wellenlinien über den Fuss laufen. Die Sohle endet vorn hinter dem Kopfe immer quer abgestutzt, hinten ver- schmälert sie sich und läuft in eine abgerundete Spitze aus. Die Seitenränder sind sehr niedrig, so dass die Kriechfläche und die seit- lichen Hyponota fast in einer Ebene liegen. Wo der Fussrand der rechten Seite mit dem Hyponotum zusammentrifft, wird er von einer tiefen Furche, der „Fussrinne“ (Fig. 1), begleitet, welche bei der weib- lichen Geschlechtsöffnung beginnt und sich nach vorn, wie SEMPER zuerst nachgewiesen hat, bis zu der Mündung der Fussdrüse in den zwischen Kopf und vorderem Fussrand gelegenen Querspalt verfolgen lässt. Diese Furche ist nach ihrer Lage offenbar homolog der bei den Aplysien und Bulliden vorkommenden Flimmerrinne, durch welche das Sperma dem Begattungsorgan zugeführt wird. Bei den Oncidiiden | À pa Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 99 läuft das Vas deferens in seinem mittlern Abschnitte unmittelbar neben jener Rinne in der Fussmusculatur hin und kann daher wohl als ein abgeschniirter Theil derselben angesehen werden, obwohl der ent- wicklungsgeschichtliche Beweis hierfiir noch nicht erbracht ist. In diesem Punkte weist die einzige Arbeit, welche wir über die Ent- wicklung der Oncidiiden durch JovEuUx-LAFFUIE (1) besitzen, eine em- pfindliche Lücke auf. Es fragt sich nun noch, welche Function die Fussrinne der Oncidiiden gegenwärtig versieht. Zu einem rudimentären Organ scheint sie durch jene Abschnürung nicht degradirt worden zu sein, denn sie ist überall gut ausgebildet anzutreffen. Die Fuss- drüse steht schwerlich in functioneller Beziehung zu ihr, wenigstens ist es wenig wahrscheinlich, dass ihr Secret dadurch dem rechten Hyponotum zugeführt wird und dieses schlüpfrig erhält; es müsste sich in diesem Falle eine grössere Beweglichkeit der rechten Körper- seite nachweisen lassen. Ich vermuthe daher, dass die Rinne auch jetzt noch ab und zu als Samenrinne functionirt, um eine Selbst- befruchtung zu ermöglichen. Ich habe an einer andern Stelle (19, p. 613) darauf hingewiesen, welche Rolle die Vesicula seminalis bei der Selbst- befruchtung, deren Vorkommen für die Zwitterschnecken sicher er- wiesen ist, wahrscheinlich spielt. Diese männliche Samenblase ist nun bei den Oncidiiden, abgesehen von Oncidiella maculata und reticulata, immer vorhanden und nicht selten von ausserordentlicher Grösse und ausserdem bei ausgewachsenen Thieren immer mit Sperma gefüllt. Bietet sich nun zur Zeit der weiblichen Geschlechtsreife, welche bei den Pulmonaten immer auf die männliche folgt, keine Gelegenheit zur Begattung, so wird jenes aufgespeicherte Sperma auf dem gewöhn- lichen Wege in den Penis befördert, dieser stülpt sich hervor und überträgt dasselbe in die Rinne, welche er vermöge seiner Länge immer zu erreichen vermag und in der nun die Samenfäden bis zur weib- lichen Geschlechtsöffnung wandern. Da das Seewasser die Spermato- zoen abtödtet, muss die Rinne vollständig geschlossen werden können ; daher finden wir überall die Furche von zwei vorspringenden Falten begrenzt, die sie zu einem Canal abzuschliessen vermögen. Für die Systematik ist endlich die Lage der Oeffnungen verschiedener innerer Organe von Wichtigkeit. Hinter der Fusspitze, und von dieser bald verdeckt, bald frei hervorragend — dies scheint nur von dem jeweiligen Contractionszustande des Fusses abzuhängen — liegt, genau in der Mediane, die Afterpapille (Fig. 1,3 an). Hinter derselben durchbricht eine zweite Oeffnung, das Athemloch (Fig. 1—4 ail), die Fläche des Hyponotums. In der Regel ist auch sie median gelagert, 7* 100 LUDWIG H. PLATE, bei fiinf Arten hingegen (Oncis glabra, montana, semperi; Oncidina australis; Oncidium vaigiense) ist sie etwas nach rechts verschoben (Fig. 3). Das Athemloch liegt bald mehr dem Anus, bald mehr der Peripherie des Hyponotums genähert. Dieses wechselnde Verhältniss lässt sich am leichtesten dadurch ausdriicken, dass man sich eine Linie vom After durch das Athemloch bis zum Rande des Hyponotums gezogen denkt, ihre Linge gleich 1 setzt und nun den Abstand beider ’ Oeffnungen als Bruchtheil dieser Einheit angiebt. Es bedeutet also z. B. im Folgenden: Entfernung des Athemloches = '/, = 1 mm, dass die Lungenhöhle sich 1 mm hinter dem Anus und 2 mm vor dem Körperrande öffnet. Die weibliche Geschlechtsöffnung schwankt nur sehr wenig in ihrer Lage. Sie befindet sich meist dicht neben und rechts von dem After, und nur in seltenen Fällen (Peronina alta [Fig. 1], Oncis semperi, Oncidium multinotatum, aberrans und tenerum STOL.) rückt sie etwas weiter nach vorn. Die männliche Geschlechts- öffnung liegt stets am Kopfe, bei den Gattungen Oncidium und Oncis nach vorn und innen vom rechten Tentakel, bei Oncidiella, Oncidina und Peronina nach aussen von demselben, in der vom Kopf und Hyponotum gebildeten Rinne. Das Genus Peronina nimmt eine Sonderstellung ein, indem diese Oeffnung doppelt ist, da die Penis- drüse nicht in den Penis, sondern dicht neben ihm ausmündet (Fig. 1 pe u. pdr). Das Charakteristisch im Habitus der Gattungen der Oncidiiden lässt sich in den folgenden Befunden erblicken : A. Männliche Geschlechtsöffnung nach vorn und innen vom rechten Fühler. I. Oneidium. Hyponota schmäler als die Fussohle (Fig. 93, 94). Kopf meist gross, so dass er am lebenden Thiere ohne Zweifel frei hervorragt. Gestalt oval oder lang-oval. Körper gewölbt. Mantelrand nicht gekerbt, ohne grosse, vielzellige Drüsen. Rücken zuweilen mit Kiemenbäumen, meist mit Rückenaugen, die in Gruppen angeordnet sind. II. Oneis. Hyponota so breit oder breiter als die Sohle (Fig. 2, 3). Kopf klein, fast immer weit überragt von dem breiten Kopfhyponotum. Gestalt breit-oval, rundlich. Körper plattgedrückt, schildförmig. Mantel- rand nicht gekerbt, ohne vielzellige Drüsen. Rücken nie mit Kiemen- bäumen, häufig mit Augen, die dann einzeln stehen. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 101 B. Männliche Geschlechtsöffnung nach aussen vom rechten Fühler. II. Oncidiella. Gestalt oval. Körper gewülbt. Mantelrand fein gekerbt oder gelappt (Fig. 4, 100, 101), vielfach auch mit kurzen, radialen Rippen besetzt, mit grossen, vielzelligen Drüsen, welche auf der Spitze der grössern Kerblappen ausmünden. Kopf klein. Von den Tentakeln bis zum Athemloch läuft jederseits neben dem Fuss- rande und auf der rechten Seite etwas nach aussen von der Fussrinne eine zarte Längsfalte (Fig. 4 a), die „Hyponotallinie“, welche das Hyponotum in eine breite, fein gekörnelte Aussenzone und in eine schmale, glatte Innenzone sondert. Die Fussrinne setzt sich nach hinten bis zum After fort, und ihre Falten gehen in den Randwulst des Anus über. Keine Rückenkiemen und Rückenaugen. IV. Oneidina. Gestalt lang-oval, nicht besonders stark gewölbt. Mantelrand glatt. Kopf mittelgross. Keine Hyponotallinie. Keine Kiemen und Rückenaugen. Die Fühler können nicht vollständig ein- gestülpt werden. Athemloch rechts vom After. V. Peronina. Gestalt oval. Die Hyponota steigen steil vom Fuss zum Rücken empor. Mantelrand nicht in viele Kerblappen ge- sondert. Rücken mit einigen wenigen Augen, ohne Kiemen. Weib- liche Geschlechtsöffnung um !/, der Körperlänge nach vorn verschoben, männliche doppelt, eine für den Penis und eine für die Penisdrüse. Historisches. In seiner Abhandlung über den Bau und die Entwicklung des Oncidium (Oncidiella) celticum Cuv. hat JoYEUX- LAFFUIE in übersichtlicher Weise die allmähliche Vervollkommnung unserer Kenntnisse von den Oncidien geschildert und mit Recht die verschiedenen Versuche getadelt, die von frühern Autoren gemacht worden sind, die Gruppe ohne vorheriges gründliches Studium in Gattungen zu zerlegen. Von diesen Bestrebungen eines BLAINVILLE, FERUSSAC, GRAY und Anderer legen die von ihnen eingeführten Namen, Peronia, Oncis Oncidiella, Zeugniss ab. Da ich im Folgenden zwei derselben eben- falls gebrauchen werde, will ich hier auseinandersetzen, welche Gattungs- begriffe von jenen Autoren diesen Namen beigelegt wurden, und ob die- selben überhaupt in dem ursprünglichen Sinne aufrecht erhalten werden können; dies erscheint um so nothwendiger, als sich BERGH (2, p. 128) gegen eine weitere Zerspaltung der Gattung Oncidium ausgesprochen hat, während Semper (4) nur zwei Gattungen, Oncidiwm und Oncidina, beibehalten will. 102 LUDWIG H. PLATE, BucHANAN (5) war der erste, der ein hierher gehöriges Thier fand und unter dem Namen Onchidium typhae in die Wissenschaft einführte. Seine Genusdiagnose lautete freilich ungenügend: ,,Brachia (d. h. die Lippensegel) duo ad latera capitis. Tentacula duo. Os an- ticum. Anus posticus, infra“. Dafür aber war die Schilderung der äussern Gestaltverhältnisse um so ausführlicher und wurde von guten Abbildungen begleitet. Ueber die innere Organisation gab zuerst Cuvier (6) in einer grundlegenden Abhandlung Aufschluss, die noch jetzt zu dem Besten gehört, was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist. Die Thiere, welche er untersuchte, waren durch den Forschungsreisenden PÉRON gesammelt worden und wurden daher diesem zu Ehren als Onchidium peronii bezeichnet. DE BLAINVILLE (7) brachte zuerst Verwirrung in die Nomenclatur. Da Cuvier viel tiefer in seinen Stoff eingedrungen war als BUCHANAN, so hatte er ver- schiedene Irrthümer des letztern, z. B. dass die Thiere getrennt- geschlechtlich sein sollten, berichtigt. Obwohl DE BLAINVILLE die Oncidien nicht aus eigner Anschauung kannte und daher eigentlich gar nicht urtheilsfähig war, glaubte er doch aus der Verschiedenheit der Angaben jener Forscher schliessen zu dürfen, dass es sich um zwei verschiedene Gattungen handle. Deshalb schuf er (8, 9) für die von CuVIER secirte Form den Namen Peronia mauritiana; Onchidium BucHANAN sollte getrenntgeschlechtlich 1) sein, eine Cloake besitzen, auf dem Lande leben und zu den Pulmonaten gehören, Peronia BLAIN- VILLE hingegen ein hermaphroditischer Meeresbewohner sein, dessen nächste Verwandte unter den Dorididen zu suchen wären, und keine Cloake aufweisen. Da aber BLAINVILLE sich auf einem Irrwege befand, indem Onchidium typhae und Onchidium peroni sich ganz nahe stehen, so ist die Gattung Peronia BLAINVILLE zu cassiren. — Zu diesem Schlusse gelangte schon SToLICZKA (11); trotzdem ist der Gattungsname Peronia von spätern Autoren mehrfach angewandt worden, aber im andern Sinne als von DE BLAINVILLE. GRAY, ADAMS (27, p. 233) und neuer- dings auch FISCHER (28, p. 494) verwenden ihn für die mit kiemen- artigen Rückenanhängen versehenen Formen ; aber, wie SEMPER richtig bemerkt, ist dieser Unterschied ganz irrelevant, da ganz nahestehende Arten hierin differiren. Der Gattungsname Peronia lässt sich also auch in diesem Sinne nicht aufrecht erhalten und ist definitiv zu streichen. Um aber die Erinnerung an den Forschungsreisenden, der 1) In dem Manuel de Malacologie bezweifelt pm BLAINvizze selbst die Richtigkeit dieser Angabe, giebt sie aber nicht auf. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 103 zuerst diese Thiergruppe nach Europa brachte, wach zu erhalten, habe ich einer neuen Gattung den Namen Peronina beigelegt. — Die von GRAY zuerst mit einer ganz ungenügenden Diagnose aufgestellte Gattung Oncidiella umfasst die heterogensten Elemente; H. und A. Apams rechnen hierher eine Anzahl Arten, die vornehmlich aus Neu-Seeland stammen und durch gekerbten Mantelrand und grosse Manteldrüsen ausgezeichnet sind. Diese bilden in der That eine natürliche Gruppe, wie FISCHER u. Crosse (21, p. 694) zuerst ausführlich dargethan haben, und auf diese Formen ist daher die Gattung Oncidiella zu be- schränken. — Frrussac spaltete von denjenigen Oncidien, welche wie Oncidium typhae im Brackwasser leben, die eigentlichen marinen Formen mit der Bezeichnung Oncis ab. Da die letztere Gattung jeder morpho- logischen Diagnose entbehrt, so ist sie natürlich ganz unhaltbar und auch nie praktisch verwandt worden. Ich werde diesen Namen für eine der Gattung Oncidium nahestehende Gruppe von Arten verwenden. Capitel II. Der Darmeanal der Oncidiiden. Ueber den Darmcanal der Oncidiiden liegen ausfiihrlichere Mit- theilungen vor von Cuvier (6, O. peroni), von R. BERGH (2, O. peroni und ©. verruculatum) und von JOYEUX-LAFFUIE (Oncidiella celtica) ; vereinzelte Angaben verdanken wir SEMPER (4). Dieses Organsystem verhalt sich in allen fiinf Gattungen ziemlich gleichartig und ist in allen wesentlichen Verhältnissen schon von den genannten Forschern erkannt worden. Das Mundrohr (Fig. 11—14 mr) ist kurz und steigt, je nach dem Contractionszustande des Thieres, senkrecht oder schräg von der Mundöffnung nach oben, um sich dann zu dem Schlundkopf (Pharynx) zu erweitern. Seine Wandung ist dick und musculés, wie man am besten auf einem Querschnitte sieht (Fig. 85), das innere Epithel längsgefaltet (Fig. 11) und von einer derben Chitincuticula bedeckt, die bei den grossen Arten schon unter der Lupe erkannt werden kann. Der Schlundkopf, Pharynx, welcher in seinem Innern den Zungenapparat birgt, ist bei den Gattungen Oncidium (Fig. 12, 15, 17), Oncis und Oncidiella 1—11/, mal so lang und ungefähr ebenso hoch, wie seine grösste Breite am Hinterende beträgt; bei Oncidina australis (Fig. 13) ist seine Längsaxe mehr entwickelt, und er erscheint daher gestreckter, während diese bei Peronina alta (Fig. 14) stark verkürzt 104 LUDWIG H. PLATE, ist, wodurch der Pharynx ein gedrungenes und höheres Aussehen er- halt. Ueberall lassen sich die seitlichen Hinterbacken (hb) und die median zwischen ihnen liegende und höckerartig nach aussen vor- springende Radulapapille (pap) leicht unterscheiden. Diese Papille, welche am hintersten Ende die Odontoblasten enthält, ragt bei den verschiedenen Species sehr ungleich weit aus der medianen Furche hervor. Bei Oncidiella accrensis hob sie sich äusserlich überhaupt nicht ab; Oncidium vaigiense, marmoratum, aberrans, Oncis lata, coeca und Peronina alta zeigten sie nur als ganz kleinen, kaum bemerkbaren Vorsprung. Hingegen sind Oncidium multinotatum, nigrum, tonganum, Oncis inspectabilis, Oncidiella pachyderma, reticulata und Oncidina australis durch eine relativ weit vorspringende Zungenscheide ausge- zeichnet. So finde ich sie z. B. bei einem Exemplar von Oncidina australis (Fig. 15) von !/, der Länge des Schlundkopfes ; bei Oncidium peroni mass die Basis des Pharynx 15 mm in der Langsaxe, während die Papille 5 mm weit vorragte. Je nach dem Contractionszustande der Schlundkopfmusculatur zeigen natiirlich auch die Individuen der- selben Art kleine Differenzen hinsichtlich dieser Verhältnisse. — Der Pharynx wird durch ein complicirtes System von Muskeln, die sich um den Mund herum, am Nacken und an der Fussfläche inseriren, in Bewegung gesetzt. Ich habe dieselben nur bei Uncidium verru- culatum (Fig. 15 von der Seite, Fig. 12 schräg von oben auf den etwas zur Seite geneigten Pharynx gesehen) und Oncidium peroni naher untersucht, aber bei den übrigen Arten den Eindruck gewonnen, dass auch bei ihnen gleiche oder ganz ähnliche Verhältnisse obwalten. Die meisten dieser Muskeln laufen nach vorn und dienen als Pro- tractoren zum Ausstülpen der Radula. Sie zerfallen in folgende Gruppen: 1) 2 Protractores dorsales laterales (pr. dors. lat.), welche an der Basis des Oesophagus entspringen und über das Mundrohr hinweg zur Mundregion ziehen; 2) jederseits 2 oder mehrere starke Biindel, Prot. ventrales et posteriores (pr. post.), die an den Hinterbacken entspringen und unter dem Schlundkopf (resp. wenn er beim contrahirten Thiere aufgerichtet ist [Fig. 15], hinter demselben) nach vorn laufen; 3) 2 kleine Bündel, Prot. dorsales et anteriores (pr. dors. ant.), die von der Dorsalseite des Mundrohres entspringen ; 4) 2 kleine Bündel, Prot. ventrales et anteriores (pr. vent. ant.), die in gleicher Weise von der Ventralfläche des Mundrohres ent- springen und sich an der Haut der Mundregion inseriren. Studien über opisthopneumone Lungenschuecken. 105 Als Retractoren fungiren: 1) 2 starke dorsale Muskeln (ret. dors.), die dort entspringen, wo das Mundrohr in den Pharynx übergeht; sie sind grösser als irgend einer der andern Buccalmuskeln und fallen daher am leichtesten ins Auge. Sie ziehen schräg nach oben zum Nacken und beim vorgestülpten Schlundkopf nach hinten. ; 2) 2 seitliche Muskeln (ref. lat), die sich an die Fussfläche an- heften, nachdem sie sich zwischen die Protractores posteriores hindurchgeschoben haben. Die Beschreibung, welche BERGH (2, p. 133) von diesen Muskeln entwirft, ist etwas zu knapp gehalten, um eine klare Vorstellung zu erwecken; doch scheint er sie alle mit Ausnahme der Prot. dors. lat. und der Retr. lat. gesehen zu haben. Beim Einstülpen der Radula wirkt ohne Zweifel auch der elastische Zug etwas mit, welchen die an die Unterfläche der Radulapapille tretende Arteria pharyngealis ausübt, da diese nach hinten mit den grossen Gefässen am Ganglien- ring fest vereinigt ist (Fig. 11 a. phar.). Hinsichtlich des innern Baues des Schlundkopfes ist nur die Radula mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen. Ueber die Weichtheile besitzen wir die Angaben von JOYEUX-LAFFUIE über Oncidiella celtica, die noch leicht erweitert werden können, da sie an einer sehr kleinen Art gewonnen wurden und nicht frei sind von Irr- thümern. Die folgenden Beobachtungen sind an Oncidium verruculatum und peroni gewonnen worden; sie gelten aber im Wesentlichen auch für alle andern Arten. — Die Wandung des Schlundkopfes ist muscu- löser Natur, wobei der Verlauf der Fasern in den verschiedenen Re- gionen wechselt. Hinter dem Mundrohr und an der Ventralseite des Pharynx wird die Musculatur ganz besonders stark und bildet hier zwei über einander liegende mächtige Polster (Fig. 11 mu!, mu?), welche der Hinterwand des Mundrohres eng sich anschmiegen. Sie dienen einmal dem löffelförmigen Stützbalken der Radula (stb) zur Unterlage, der auf ihnen wie auf einem Federkissen ruht, und gewähren ausser- dem einigen bei der Bewegung der Raspel thätigen Muskeln (mb, protr) einen festen Anheftungspunkt, gegen den sie sich zusammenziehen. Der Stützbalken hat wie gewöhnlich die Form eines Lôffels oder einer Rinne, deren Seiten vorn in einander übergehen und hinten nach aussen auseinanderweichen und so mit getrennten Hinterenden in die Hinter- backen eintreten, mit deren Wandung sie verwachsen. Im hintern Abschnitt der Rinne und zwischen den divergirenden Schenkeln liegt ein dicker, bindegewebiger und von Epithel überkleideter Strang 106 LUDWIG H. PLATE, (ko Fig. 11, 11a), wie der Kolben in einem Pumpenrohr, der sich nach hinten in die Radulapapille fortsetzt und den ich deshalb den Kolben der Zungenscheide nennen will. Er wird dadurch in seiner Lage gehalten, dass er mit der Hinterwand der Papille (Fig. 11a) und ausserdem mit dem Dache des Pharynx in einer Weise verwächst, die am leichtesten aus dem Querschnitt (Fig. 11b) zu ersehen ist. Das Lumen des Schlundkopfes verschmälert sich nach hinten einmal zu einem Canal, der über dem Kolben verläuft und in diesen sich rinnen- förmig einsenkt (cav. phar. Fig. 11 u. 11b), und bildet ferner einen auf dem Querschnitt U-förmigen Raum um den Kolben herum (cav. phar.!), die Zungenscheidenspalte, in welcher das Hinterende der Radula ruht. Der Kolben verwächst daher mit Ausnahme seines vordersten Endes längs zweier Längslinien mit dem Dache des Pharynx und kann als ein Längswulst desselben angesehen werden, der in cav. phar.! hinab- hängt, selbst aber den Blindsack (cav. phar.) des Pharynxlumens auf- nimmt. In Fig. 11 war der Schnitt nicht genau median, sondern etwas nach links ausgefallen; man sieht daher ein kleines Stückchen dieser linken Verwachsungszone bei a. — Die Radula wird von Zellen aus- geschieden, die im Hintergrunde der Zungenscheide, in der Papille ihren Sitz haben. Diese Odontoblasten sind hier, wie es scheint, in grosser Zahl (Fig. 11a od) vorhanden und unterscheiden sich durch ihre hohe cylindrische Gestalt von den niedrigen Zellen, welche sonst das Epithel der Zungenscheide bilden und für das weitere Wachsthum der Zähne von Bedeutung sind. Die Zähne sitzen einer gemeinsamen Chitinlamelle auf, die in der Scheide nach vorn zu allmählich dicker wird, indem das Epithel der Aussenwand der Scheide ihr neue Substanz- massen auflagert (Fig. 11a). Das Epithel, welches den Kolben über- zieht, bildet zahlreiche kleine Fortsätze, die sich zwischen die Zähne einschieben und durch Chitinabsonderung deren Heranwachsen be- wirken. Diese Fortsätze finden sich aber nicht mehr am Vorderende des Kolbens (Fig. 11b), so dass in dieser Höhe die Zähnchen schon ihre definitive Gestalt erlangt haben. Man kann also sagen, die Raspel wird angelegt von den Odontoblasten im Hintergrunde der Zungen- scheide, deren übriges Epithel das weitere Wachsthum der Basalplatte und der Zähnchen bedingt. Ich schliesse mich hiermit ganz derjenigen Anschauung über Bildung und Grössenzunahme der Radula an, welche RössLer (16) zuerst näher begründet hat, nur ist es mir nicht ge- lungen, einige wenige, besonders grosse Odontoblastenzellen, welche nach jenem Autor für die Pulmonaten und Opisthobranchier charakte- ristisch sind, zu finden. .Ich erblicke hinter den jüngsten Zähnen nur 7 ee ie > Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 107 eine grosse Anzahl hoher schmaler Zellen, die demnach mit den Odonto- blasten der Prosobranchier übereinstimmen würden. — In der Scheide muss die Radula eine rinnenförmige Gestalt annehmen (Fig. 11 b); ihre obern Längsränder (bei a) stülpen sich, mit Ausnahme der Vorder- region der Scheide, noch einmal nach innen und unten um, senken sich also gleichsam mitsammt dem zugehörigen Raum der Radula- tasche in die Substanz des Kolbens ein, wie dies auf Fig. 11 ange- deutet ist. Nachdem die Radula die Scheide verlassen hat, tritt sie in die von dem Stützbalken gebildete Rinne ein und schlägt sich vorn und seitlich über dessen Kanten hinüber; sie bekleidet also in der eigentlichen Pharynxhöhle auch die Aussen- und die Ventralfläche des Stützbalkens (Fig. 11a). Wo sie aufhört, geht das unter ihr liegende Epithel direct in das Epithel des Schlundkopfes über. — Zum Zungen- apparat gehören endlich noch folgende Muskeln. Von den Aussen- flächen des Stützbalkens ziehen in seiner hintern Hälfte eine Anzahl von Muskeln quer zur Pharynxwand und befestigen ihn an dieser (mu Fig. 11a, 11b). Als Retractoren der Radula fungiren Muskel- bündel, welche von der Hinterwand des Schlundkopfes entspringen und vorn in die dünne Muskelschicht unter der Basallamelle auslaufen (reir Fig. 11 u. 11a). Ihre Antagonisten, die Protractoren (protr Fig. 11), entspringen von dem dicken Polster (mw!) und inseriren an der ven- tralen Randlinie der Radula. Ueber den Bau der Radula lasse ich weiter unten noch einige Bemerkungen folgen. Das Epithel des Schlundkopfes wird überall von einer derben Cuticula bedeckt, die nach den Entdeckungen von JOYEUX-LAFFUIE und Dau (17, p. 135, und 18, p. 162) bei Oncidiella celtica und borealis sich zu einem echten Kiefer verdickt. Ich kann diese Angaben bestätigen, gebe aber Semper darin völlig Recht, dass in diesem Be- funde nichts Auffälliges liegt, da der Kiefer eben nur eine besondere Differenzirung der Cuticula darstellt. Auf eine andere Bildung, die physiologisch wohl einem Kiefer entspricht, hat BERGH zuerst aufmerksam gemacht. Er erwähnt 2 „pa- latal plates“. Ich habe diese Cuticularverdickung bei allen grössern Oncidium-Arten angetroffen. Wie man aus Fig. 11 u. 16 (pal) ersieht, liegt diese Platte hinter dem Eingange zum Oesophagus, und bei Oncidium verruculatum springt sie manchmal (ob immer?) wie ein echter Kiefer faltenförmig vor. Stets aber ist sie unpaar und macht sich durch etwas dunklere Färbung bemerkbar. Zwischen vier etwas hin und her gewundenen Längslinien, die je zu zweien an beiden Seiten verlaufen, können noch zartere Längsfalten, und eventuell auch 108 LUDWIG H. PLATE, quere Linien auftreten. Auf einem Horizontalschnitt (Fig. 20) fallen nur vier niedrige Chitinleisten (c) auf; die Cuticula zwischen denselben ist nicht besonders verdickt. Aehnliche verdickte Streifen habe ich bei Oncidium peroni auch an der Vorderwand des Schlundkopfes be- obachtet. Jene Platte kann wegen ihrer Lage hinter dem Oesophagus nicht als Rudiment eines Kiefers gedeutet werden. — Fiir den Histo- logen ist an dem Schlundkopf der Stiitzbalken und der Kolben der Zungenscheide von besonderem Interesse. Man begegnet in der Mol- luskenliteratur zahlreichen Angaben, welche diesen Organen eine Zu- sammensetzung aus Knorpelgewebe zuschreiben. Einige derselben habe ich in dem ersten Theile dieser Studien namhaft gemacht (19, p. 534) und zugleich nachgewiesen, dass wenigstens bei Daudebardia und Testacella echte Knorpelelemente nicht angetroffen werden, sondern dass nur Muskelfasern und Bindegewebszellen jene Stützgebilde auf- bauen. Für die Oncidien liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Joyeux- LAFFUIE (1, p. 251) unterscheidet bei Oncidiella celtica einen „carti- lage de support“ und einen „cartilage producteur“ de la radula; ersterer ist identisch mit dem Stützbalken der Raspel, letzterer mit dem Kolben der Zungenscheide. Der cartilage producteur soll die Radula erzeugen (,,donne naissance‘‘), wovon natürlich nach dem oben Gesagten nicht die Rede sein kann, und sich auf feinen Schnitten dar- stellen „avec des caracteres qui le feraient volontiers prendre pour un fibrocartilage de vertebre“. Obwohl die mir zur Verfügung stehen- den Exemplare von Oncid. celtica nicht besonders für histologische Zwecke conservirt waren, liessen sie doch deutlich erkennen, dass der Kolben aus einfachem faserigen Bindegewebe (Fig. 11a ko) sich zu- sammensetzt. Die Fasern sind einer homogenen Grundsubstanz ein- gebettet, die an manchen Stellen, namentlich am Aussenrande, so überwiegt, dass die Fasern weit auseinanderliegen ; kleine helle Partien dieser Grundsubstanz, in denen auch Zellen liegen können, kommen zahlreich zwischen den eng zusammengedrängten Fasern vor und können dadurch den Anschein von Faserknorpel erwecken. Ebensowenig kann ich die Knorpelnatur des Stützbalkens zugeben. Dieser besteht, wie bei Daudebardia und Testacella, aus Muskelfasern und Bindegewebs- zellen, die aber hier viel mächtiger und zahlreicher entwickelt sind als bei jenen Gattungen. Schnitte, die horizontal oder transversal (Fig. lla, 11 b) geführt sind, geben das gleiche Bild, das ich in Fig. 11¢ wiederzugeben versucht habe. Zu äusserst liegt eine bindegewebige, faserige Hülle (bi). Die Muskeln (mu) spannen sich quer und parallel zu einander zwischen der Innen- und Aussenwand des Balkens aus Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 109 und stehen auf diesen senkrecht. Zu jedem Muskel scheint nur ein Kern zu gehören. An dem Vorderende des Balkens liegen sie so eng zusammen, dass die Bindegewebszellen zwischen ihnen fast völlig zuriicktreten. Ueberall sonst aber sind sie massenhaft entwickelt und erfüllen als grosse polygonale Blasen (z) alle Zwischenräume zwischen den Muskeln. Sie scheinen im Innern von einer wasserklaren Flüssig- keir oder Gallerte erfüllt zu sein. Die Zellmembranen sind zart, aber doch sehr deutlich. Der runde oder ovale, scheibenförmige Kern schmiegt sich der Membran eng an; ebenso wird derselben ohne Zweifel eine Protoplasmaschicht anliegen, die aber sehr zart sein muss, da ich sie selbst mit einer Wasserimmersionslinse nicht wahrzunehmen vermochte. Es sind dies offenbar die gleichen Zellen, wie ich sie für den Stützbalken der Dentalien (20) ausführlich geschildert habe, nur mit dem Unterschiede, dass bei diesen die Zellwände sehr viel dicker sind und dass sie allein, ohne die Betheiligung von Muskeln, die Unter- lage der Radula aufbauen. Man kann also nach dem histologischen Verhalten drei verschiedene Arten von Stiitzbalken der Raspel bei den Gastropoden unterscheiden: 1) sie bestehen ausschliesslich aus grossen, blasigen, mehr oder weniger dickwandigen Bindegewebszellen (Dentalium); 2) sie setzen sich zusammen aus blasigen Bindegewebs- zellen und Muskeln, und keins von diesen beiden Elementen tiberwiegt in erheblicher Weise (Oncidien); 3) die Muskeln bilden die Haupt- masse des Stiitzbalkens, gegen sie treten die Bindegewebszellen ganz zurück. Es lassen sich diese drei Typen kurz als der bindegewebige, der gemischte und der musculöse einander gegenübersetzen, selbst wenn bei einer vergleichenden Untersuchung vieler Schnecken Ueber- gänge von dem einen zum andern nachgewiesen werden sollten. Die Radula ist schon von verschiedenen Oncidien-Arten (1, 2, 4, 21, 25) untersucht worden. Da ihr Bau für die Systematik vieler cephalophoren Molluskengruppen ein ausgezeichnetes Hülfsmittel ab- giebt, hegte ich von vornherein die Hoffnung, wenigstens generische Charaktere aus ihr ableiten zu können. Meine Erwartungen sind auch eingetroffen, wenn auch nicht in dem Maasse, wie es bei dieser arten- reichen und dabei äusserlich so gleichförmigen Gruppe wünschens- werth wäre. Die Gattungen Oncidiella, Peronina und Oncidina sind leicht zu unterscheiden; zwischen Oncidiwm und Oncis, die ja auch sonst mannigfache Uebereinstimmungen darbieten, sind die Unter- schiede geringfügiger, und bei ihnen ist eine Sonderung nicht immer ‘möglich, wenn man auch immer erkennen kann, dass die betreffende Art einem der beiden Genera angehört. Jede Querreihe der Radula 110 LUDWIG H. PLATE, besteht aus einem Rhachiszahn und aus zahlreichen Pleuralzähnen, von denen der erste noch ziemlich klein ist, während die übrigen mit Ausnahme der äussersten grésser sind. An jedem Pleuralzahn kann man folgende Theile unterscheiden, deren verschiedene Ausbildung fiir die Systematik von Wichtigkeit ist: den „Sockel“ (so Fig. 21a, bei seitlicher Betrachtung des Zahns), welcher sich nach hinten in eine dünne Platte, die „Basalplatte“, verlängert, den Hauptzahn (hz) und das nach aussen von diesem gelegene „Seiten- oder Nebenzähnchen“ (sz), welche beide dem Sockel aufsitzen. Durch den Sockel und die Basal- platte ist der Zahn an der subradularen Chitinmembran (ch. m) be- festigt. Der Hauptzahn ist plattenförmig, in der Mitte verdickt und an den Seiten dünner (Fig. 21, 8). Der Rhachiszahn ist immer sehr klein, dreispitzig und dadurch ausgezeichnet, dass sich die Basalplatte auch nach vorn von dem Sockel ausbreitet und hier mit ihren Seiten- rändern in die Seitenzähnchen übergeht (Fig. 21 0). Die charakte- ristischen Kennzeichen der Gattungen sind nun folgende: Oneidiella. 1) Die Basalplatten einer Querreihe (Fig. 22 bas) laufen mit geraden, einander parallelen Rändern nach hinten. Zwischen je zwei benachbarten Rändern entsteht so eine seichte Rinne, die bei schwächerer Vergrösserung wie eine Linie erscheint; diese geraden und in der Längsrichtung des Körpers verlaufenden Linien geben der Radula ein in die Augen fallendes Gepräge, vornehmlich in der äussern Hälfte. Bei Oncidiella maculata, borealis und reticulata sind die Innenränder der Basalplatten verdickt, wodurch diese Linien noch deutlicher werden. 2) Die Hauptzähne nehmen von innen nach aussen an Grösse ab; sie sind meist im ganzen äussern Drittel jeder Querreihenhälfte sehr klein, so dass ein breiter Spalt zwischen den Querreihen geschaften wird. ; Oncidina (Fig. 24). Die Zähne sind ungewöhnlich gross, in den innern zwei Dritteln von gleicher Grösse, im äussern nach aussen kleiner werdend; die Hauptzähne kurz und breit, dreieckig, die Seiten- zähne nur als Höcker ausgebildet. Peronina (Fig. 25). Die Zähne sind sehr klein (Fig. 24 u. 25 sind bei der gleichen Vergrösserung gezeichnet) und nehmen von innen nach aussen an Grösse zu, so dass die äussersten lange schmale, linealförmige Hauptzähne aufweisen. Die Seitenzähne sind stark ent- wickelt und fehlen nur an den äussersten Pleuralzähnen. Oncidium und Oneis (Fig. 21, 21a, 23, 23a, 24a). Die Basal- platten der Pleuralzähne verschmälern sich nach hinten, so dass die Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 111 zwischen ihnen liegenden Rinnen einen spitzen Winkel bilden. Die Hauptzähne erreichen gewöhnlich in der Mitte oder jenseits der Mitte jeder Querreihenhälfte ihr Maximum und nehmen dann nach aussen an Grösse ab; zuweilen sind sie überall ziemlich von gleicher Grösse (Oncidium marmoratum, nigrum, multinotatum, Oncis inspectabilis). Bei allen Oncis-Arten, mit alleiniger Ausnahme von Oncis inspectabilis, sind die Hauptzähne (Fig. 23, 23a) kurz, halbkreisförmig, und dies gilt auch fiir Oncidiwm amboinae, eine Art, die auch in der Gestalt der Lungenhöhle und Niere mit den Oncis-Species übereinstimmt. Bei Oncidium und bei Oncis inspectabilis hingegen sind die Hauptzähne viel länger als breit (Fig. 21, 24a). Ein anderer, ebenfalls nicht ganz scharf durchzuführender Unterschied besteht darin, dass bei der Gattung Oncis und bei Oncidium amboinae, vaigiense und luteum der Sockel sich als ein dunkler, gebogener Längsstreifen in die Basalplatte fortsetzt (Fig. 23, 23a), während bei der Mehrzahl der Oncidium- Arten der Sockel scharf abgesetzt erscheint und ein solcher Fortsatz fehlt. Die Speicheldrüsen treten bei den Oncidiiden in zwei gering- fügigen Modificationen auf. Die eine, welche als die compacte be- zeichnet werden kann, kommt den Gattungen Oncidium, Oncis, Oncidina und Peronina zu, die andere findet sich bei Oncidiella und ist durch ihre gestreckte Form ausgezeichnet. Im erstern Falle ist das Organ (Fig. 12, 14, 17, 29, 31a sal) eine rundliche, compacte Masse, indem die Endschläuche und -lappen der baumförmig verästelten Drüse grösstentheils eng neben einander liegen und höchstens auf der Ober- fläche faserig auseinanderstehen. Die beiden Drüsen liegen den Seiten des Pharynx auf und steigen diesen angeschmiegt zur Fussfläche herab, um hier in der Nähe der Gehirnganglien die Arteriae salivales (Fig. 85 4) aufzunehmen; sie sind nicht durch Bindegewebe oder durch diese Gefässe direct an den Ring der Nervencentren befestigt. Der von Seiten- zweigen und Drüsenlappen freie Theil des Ausführungsganges ist nur kurz und mündet an der gewöhnlichen Stelle neben der Wurzel des Oesophagus in den Pharynx. Es findet sich also hier das bei Pul- monaten sehr seltene, sonst nur noch bei den Vaginuliden wieder- kehrende Verhalten, dass die Speicheldrüsen vor dem Ganglienringe liegen und ihr Ausführungsgang diesen daher nicht durchbohrt. Die Grösse der Drüsen schwankt etwas bei den einzelnen Arten. Nach BERGH soll bei Oncidium peroni (2, p. 134 u. 143) die rechte Drüse kleiner sein als die linke, was ich nach Untersuchung von mehreren Exem- plaren als sicheres Criterium nicht anerkennen kann. Peronina alta 112 LUDWIG H. PLATE, (Fig. 14), die durch den auffallend kleinen Pharynx ausgezeichnete Form, besitzt auch sehr kleine Speicheldrüsen. Bei Oncidiella maculata entsprechen die Speicheldrüsen ganz den Angaben, welche JoyEux-LAFFuIE (1, p. 254) für Oncidiella celtica gemacht hat, und die hier vorliegenden Abweichungen von den übrigen vier Gattungen sind vermuthlich dem ganzen Genus eigenthümlich, da ich sie noch für sechs andere Arten habe nachweisen können. Sie bestehen darin, dass die Drüsen langgestreckt, bandförmig sind, dass ihre Drüsenlappen nicht dicht zusammensitzen und dass ihre Hinter- enden direct durch Bindegewebe an die Cerebralcommissur ange- heftet sind. Der Oesophagus (Fig. 17, 11, 13, 14, 15, 18 oes) entspringt der Dorsalfläche des Pharynx, biegt sich, diesem aufliegend, zum Boden der Leibeshöhle herab, um hier den von den Nervencentren gebildeten Ring zu durchbohren und sich mit einem weitern, ungefähr ebenso langen Abschnitt bis zum Magen fortzusetzen. Er ist innen längs- faltig und einfach cylindrisch, wenn er keine oder nur wenig Nahrung resp. Sandmassen beherbergt. Sehr häufig aber enthält er grosse Mengen der letztern und kann dann im ersten Abschnitt (Fig. 14) oder noch gewöhnlicher im zweiten stark magenartig!) erweitert sein. JOYEUX-LAFFUIE (1, p. 254, 255) hält diese Anschwellung bei Oncidiella celtica für eine constante Bildung, was ich nach den an andern Arten dieses Genus gemachten Erfahrungen bestätigen kann, dieser Sack erreicht häufig eine ganz bedeutende Grösse — bei Oncidiella accrensis bildete er einmal !/, der gesammten Eingeweidemasse — und liegt immer quer hinter dem Pharynx und vor den vordern Leberportionen (Fig. 32). Gegen den Magen ist der Oesophagus äusserlich (Fig. 17) nicht scharf abgesetzt, aber innerlich sind dieselben durch eine Quer- falte (Fig. 18), an der die Längsleisten des Schlundrohres ihr Ende erreichen, deutlich geschieden. Der Magen mit seinen complicirten Verhältnissen ist von Cuvier (6) knapp und exact geschildert worden, und BERGx (2) hat diese Beschreibung im Einzelnen vervollständigt, während die Angaben von JOYEUX-LAFFUIE (1, p. 255) und neuerdings von v. JHERING 1) Bei einem Exemplar von Oncidina australis war diese Erweite- rung viel grösser als der Muskel- und Chylusmagen zusammengenommen. Bei Oncidium vaigiense traf ich ihn so angeschwollen, dass er sich vom Boden der Leibeshöhle zwischen Ober- und Unterleber bis zur Dorsal- fläche des Eingeweideknäuels erhob und bei der Eröffnung des Thieres sofort sichtbar war. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 113 (12, p. 204) ungeniigend und fehlerhaft sind. Die verschiedenen Gattungen weichen im Bau dieses Theiles des Verdauungscanals nur unwesentlich von einander ab. Ich schildere zunächst die Verhältnisse von Oncidium verruculatum (Fig. 18). Man kann hier an dem Magen 3 oder noch besser 4 Abschnitte unterscheiden (s¢’—st’), von denen der dicke, rundliche Kaumagen (st) und der links vor ihm liegende trichterförmige Chylusmagen (st!!!) wegen ihrer Grösse zuerst ins Auge fallen. Sie hängen beide durch ein schlauchförmiges Verbindungsstück, den Magenschlauch (st!), mit einander zusammen. Endlich schiebt sich zwischen Chylus- magen und eigentlichen Darm ein kurzes, doppeltheiliges Rohr ein, das BERGH schon zum Darm rechnet, das ich aber mit Cuvier als Endabschnitt des Magens (si’F)) aus gleich zu schildernden Gründen ansehen will. Der Oesophagus wird durch die oben erwähnte Quer- falte vom Cardialtheil des Magenschlauches gesondert; gleich hinter derselben ôfinen sich die beiden vordern Leberportionen, auf der dor- salen Seite der Ausführgang der obern Leber (d. hep!), auf der ventralen derjenige der untern Leber (d. hep”), von denen der erstere, der Grösse der zugehörigen Drüse entsprechend, der grössere ist. Beide Gänge sind im Innern mit Längsfalten bedeckt, und ihre Oeffnungen sind so geräumig, dass die Sandmassen häufig bis tief in die Leber eindringen. Von jeder Leberöffnung gehen zwei Falten, die eine Rinne zwischen sich fassen, aus, vereinigen sich nach kurzem Verlauf und bilden so eine gemeinschaftliche Gallenrinne (ri), die durch den ganzen Magen- schlauch und Chylusmagen bis in die vordere Hälfte des Endabschnittes hineinzieht (Fig. 18). Ihre Wände sind so hoch, dass sie sich zu einem vollständigen Canal zusammenlegen können, der das Gallen- secret fast bis zum Darm befördert. Vermuthlich dient demnach die Hinterleber, welche sich im Hintergrunde des Kaumagens (Fig. 18 d. hep?) öffnet, vornehmlich dazu, mit ihrem Secret die im Kau- und Chylus- magen befindlichen Nahrungsmassen zu durchtränken, während Ober- und Unterleber in vielen Fällen die Galle direct in den Darm ergiessen. Bei Peronina alta läuft die Gallenrinne etwas anders aus. Als eigent- liche Rinne, die von zwei Falten gebildet wird, erstreckt sie sich nur durch die hintere Hälfte des Endabschnitts des Magens; in die vordere setzt sich nur eine Falte fort in Gestalt eines grossen dreieckigen Lappens. — Die geschilderte Gallenrinne, welche allen Oncidien zu- kommt, ist bis jetzt übersehen worden; nur Beran (2, p. 144) scheint ihr letztes Ende beobachtet zu haben, denn er erwähnt bei Oncidium peroni zwei Falten, die aus dem Chylusmagen sich 9 mm weit in Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 8 114 LUDWIG H. PLATE, den Anfangstheil des Darms fortsetzen und sich hier vereinigen. Das Dasein dieser Faltenbildung scheint mir dafiir zu sprechen, dass der Endabschnitt (Fig. 18 st!) noch zum Magen gerechnet werden muss. Hierauf weist auch der Verlauf der iibrigen Falten hin. Im Chylus- magen sind dieselben bekanntlich ausserordentlich stark entwickelt (s#/1), füllen fast das ganze Lumen desselben aus und machen sich schon, ehe man ihn aufgeschnitten hat, in einer feinen Längsstreifung auf der äussern Oberfläche bemerkbar. Wie man aus dem Querschnitt Fig. 26 ersieht, ist die musculöse Wandung des Chylusmagens nur dünn und besteht vornehmlich aus Ringfasern. Die hohen Falten (a) verstreichen nach vorn hin allmählich. Sie sind dicht besetzt mit Reihen von niedrigeren Falten, und ebensolche (b) finden sich auch in grosser Zahl zwischen den Hauptfalten. Dieselben sind überall von einem mässig hohen Cylinderepithel bedeckt, an dem ich (vielleicht nur wegen des Erhaltungszustandes) Cilien nicht zu entdecken vermochte. Diese Falten des Chylusmagens werden im Innern von einem zarten, binde- gewebigen Maschenwerk, das vom Blute durchströmt wird, erfüllt und sind also wegen ihrer grossen Oberfläche zur Aufnahme flüssiger und gelöster Nahrung sehr geeignet. Zwischen gewöhnlichen Bindegewebs- zellen kommen einzelne grössere (c) vor, die sich mit Hämatoxylin intensiv blau färben und die ich für Drüsenzellen halten würde, wenn ich einen Ausführgang an denselben hätte bemerken können. — Die Hauptfalten des Chylusmagens, deren Zahl etwa 6—8 beträgt, setzen sich direct fort in die niedrigen Leisten des Endabschnittes und werden in der vordern, ampullenartig erweiterten Hälfte desselben wieder etwas höher als sie Anfangs waren und Jaufen hier fein gegabelt aus (Fig. 18). Die feinen, viel niedrigeren Falten des Darmes sind deutlich von diesen Gabelästen getrennt, meist liegt zwischen beiden eine kleine, völlig glatte Zone, und hierhin haben wir daher die Vordergrenze des Magens zu verlegen. Eine solche glatte Zone kann sich auch zwischen die beiden Hälften des Endabschnittes einschieben, wie ich dies z. B. bei einem Exemplar von Oncidium peroni beobachtet habe. Ueber den dicken Kau- oder Muskelmagen mögen hier einige histologische Angaben folgen. Cuvier hat zuerst auf die beiden Sehnenplatten aufmerksam gemacht, welche den dorsalen und ventralen Pol des rundlichen Gebildes stark abplatten (Fig. 29, 17, 18 pl) und durch ihr bläulichweisses, glattes Aussehen auffallen. An sie setzen sich die dicken Muskellagen an, welche die linke und rechte Seiten- wand des Kaumagens bilden (Fig. 27 pl). Diese Zeichnung, welche einen Querschnitt durch die hintere Region des Magens darstellt, lässt Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 115 den Unterschied in der Dicke zwischen der Sehnenplatte (pl, pl’) und der Seitenwand deutlich erkennen. Bei den grossen Arten fallt dieser Unterschied in der Dicke besonders auf. So waren bei einem Exemplar von Oncid. peroni die Sehnenplatten !/, mm, die Vorder- und die Hinter- wand 1 mm, die Seitenwände in der Mitte 8 mm stark. BERGH hat gezeigt, wie die letzteren aus abwechselnden Schichten von Ring- und Längs- (Aequatorial- und Meridional-)fasern zusammengesetzt sind; aber dies gilt nur für die an den Magenschlauch anstossende und für die mittlern Regionen des Muskelmagens. Im hintern Drittel, also im Fundus des Magens, besteht die Wandung fast ausschliesslich aus Ringfasern (Fig. 27), zwischen denen gefässartige Blutlacunen verlaufen (bl). Zwischen den Muskelzügen liegen hier und da grosse, unregelmässig gestaltete Zellen, von denen jede eine ganze Anzahl kleiner Kerne (b) aufweist (Wander- zellen ?). Auch die Sehnenplatten sind rein musculös, und es ist daher diese Bezeichnung nur ihrer Function entlehnt. Die Muskeln sind aber viel zarter und schliessen viel enger an einander als in der Seitenwandung, und dadurch wird ihre grössere Festigkeit und ihr anderes Aussehen bedingt. Jede Platte wird an der Peripherie (pl’) nach aussen zu immer zarter und läuft hier schliesslich unmerklich aus. — Das Epithel, welches den Muskelmagen auskleidet und die ausserordentlich dicke Chitincuticula ausgeschieden hat, bildet auf den Schnitten (Fig. 27, 28) zahlreiche wellenförmige Erhöhungen. Die Zellen sind cylindrisch, mässig hoch, mit kleinem, basalständigem Kern. Sie werden nicht durch eine Basalmembran zusammengehalten, sondern stossen nach aussen direct an eine bindegewebige Zone von geringer Dicke (0,084 mm, Fig. 28 bi), die aus Fasern und Zelien besteht und den Uebergang zur Musculatur bildet (mu). Die Cuticula ist an den den Wellenthälern entsprechenden Stellen ca. 0,17 mm dick, vor den Wellenbergen nur ungefähr halb so stark. Sie setzt sich aus ebenso- viel Chitinsäulen zusammen, wie Epithelzellen vorhanden sind, und erscheint daher schon bei schwächerer Vergrösserung deutlich radial gestreift. Eine viel zartere horizontale Streifung deutet an, dass jede Chitinsäule durch Uebereinanderlagerung zahlreicher dünner Schichten von ihrer Epithelzelle gebildet worden ist. Unerklärlich in ihrer Ent- stehung und Bedeutung sind mir kleine Hohlräume (Fig. 28 a) ge- blieben, die in der Cuticula hier und da vorkommen und nicht selten vor den Epithelthälern reihenartig angeordnet sind. Sie enthalten einen kugligen oder scheibenförmigen Chitinpfropf, der bald homogen, bald etwas bröcklig erscheint und im Jetztern Falle wie eine Zelle aus- sehen kann; bei Anwendung von Farbstoffen bleiben diese Gebilde 8 *# 116 LUDWIG H. PLATE, aber völlig farblos, so dass ich glaube, dass sie aus derselben Substanz wie die umgebende Cuticula bestehen. Die vorstehenden Angaben beziehen sich zunächst nur auf den Magen von Oncidium verruculatum; aber sie gelten in allen wesent- lichen Punkten für sämmtliche Oncidiiden, da diese nur in dem Grössen- verhältniss der einzelnen Theile zu einander abweichen. Es ist daher nicht richtig, wenn JoyEux-Larruie (1, p. 255) nur den Kaumagen erwähnt und Cuvier’s ganz correcte Behauptung, dass der Magen dreitheilig!) sei, in Zweifel zieht, zumal schon FISCHER u. Crosse (21) die Verhältnisse für Onc. celtica ganz richtig geschildert hatten. Bei allen (mir bekannten) ÖOncidiella- Arten sind die vier Magen- abschnitte in typischer Ausbildung vorhanden, aber der Chylusmagen ist verhältnissmässig sehr klein (Fig. 32 st!!!) so dass er, namentlich wenn er leer ist, leicht übersehen werden kann. Um den Endabschnitt zu erkennen, muss man das Organ aufschneiden, da er sich äusserlich nicht abhebt; nur bei Oncidiella celtica (ob auch andere Oncidiellen ?) ist der Endabschnitt sehr kenntlich, weil er nämlich ein kleines Di- verticulum besitzt, das FISCHER u. CROSSE ganz richtig hervorheben, während JovEux-LAFFUIE es übersehen zu haben scheint. Auch bei Oncidina australis ist der Chylusmagen sehr klein, noch nicht halb so gross wie der Kaumagen. Die Abbildung, welche v. JHERING kürz- lich (12, tab. 4, fig. 6) von dem Magen des Oncidium verruculatum veröffentlicht hat, ist ganz mangelhaft, wie der Leser sofort erkennen wird, wenn er sie mit meiner Fig. 17 vergleicht ?). Wenn er im Text sagt, der Magen setzt sich aus einem dünnhäutigen Abschnitt und dem Muskelmagen zusammen, so ist diese Charakterisirung zwar wenig genau, aber nicht gerade falsch, da in der That Magen I, III und IV viel zartere Wandungen haben als II. 1) Cuvier betrachtet den Magenschlauch, obwohl er ihn abbildet, nicht als besondern Magenabschnitt wie BerGH und ich; daher nennt er den Magen drei- anstatt viertheilig. 2) Wozu nach den weit bessern Zeichnungen von Cuvier und BERGH die Literatur noch um eine solche Abbildung bereichern! An dem Schlundkopf ist alles verkehrt eingetragen, die Radulapapille liegt vor anstatt hinter den Buccalganglien, und der Oesophagus läuft nicht über diese hinweg, sondern entspringt hinter ihnen. Von den Magenkammern ist nur der Kaumagen zu erkennen. Der Chylusmagen und der End- abschnitt sind gar nicht angedeutet. Eine solch flüchtige Zeichnung ist geeignet, den nicht mit dem Material aus eigener Anschauung be- kannten Leser vollständig zu verwirren ! Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. eed Die Leber zerfällt in drei Portionen, die gesondert einmiinden und die wir kurz nach ihrer Lage als Ober- (hep'), Unter- (hep?) und Hinterleber (hep?) unterscheiden wollen. Die erstere breitet sich über dem Oesophagus und Magenschlauch aus (Fig. 29 hep'), nimmt einen Theil der Darmschlingen zwischen ihren Lappen auf und mündet links- seitig und etwas von oben (Fig. 17, 18 d.hep') in den Cardialtheil des Magenschlauches ein. Die Unterleber liegt unter dem Oesophagus und Magenschlauch und ist daher bei der Eröffnung des Thieres zu- nächst nicht sichtbar. Ihr Gallengang liegt demjenigen der Oberleber gegenüber (Fig. 17, 18 d.hep?). Bei den Oncidiellen ist die Lage der beiden vordern Leberportionen etwas anders. Man bezeichnet sie hier anstatt als Ober- und Unterleber richtiger als rechte und linke Drüse, da sie beide in gleicher Höhe sich zu beiden Seiten des ersten Darmabschnittes ausbreiten (Fig. 32). Es hängt dies mit der mehr medianen Lage des Magens zusammen, der bei den übrigen Gattungen ganz nach links gerückt ist, wodurch hep? nach dem Boden der Leibes- höhle hingedrängt wird. Die Hinterleber liegt hinter dem Kaumagen (Fig. 29 hep?), links neben und theilweise über den Geschlechtsorganen ; sie mündet am Hinterrande der dorsalen Sehnenplatte des Kaumagens in diesen ein (d. hep*). Das Grössenverhältniss der drei Leberabschnitte unterliegt manchen Schwankungen. Bei den meisten Arten ist die Ober- leber weitaus am grössten (d. h. massigsten), während Unter- und Hinterleber gleich gross sind oder nur wenig differiren. Die Ab- weichungen von dieser Regel und die nähern Einzelheiten ergeben sich aus folgender Zusammenstellung, in der die relative Grösse der Leberportionen durch die Anzahl der beigesetzten * angedeutet wird. OL, UL, HL = Ober-, Unter-, Hinter-Leber. i 1), OL"? Ul nie: Oncidium nigrum, aberrans, marmoratum. Oncis lata, coriacea, martensi, inspectabilis. Oncidiella accrensis, maculata, bei denen HL von sehr geringer Grösse ist. 2) OL = oder nur wenig grösser als UL**: HL* nur wenig kleiner als diese: Oncidiella celtica, pachyderma. On- cidium multinotatum. HL* sehr klein: Oncidiella reticulata. Peronina alta. 118 LUDWIG H. PLATE, 3) (OLAS = Hit: Oncidium verruculatum, vaigiense, amboinae, griseum, tumidum, branchi- ferum. Oncis semperi, coeca. II. 4) UL***, OL**, HL*: Oncidina australis. Oncidiella borealis, obscura, bei denen HL ganz klein ist. IH. DH), E00 SUR Oncidium peroni, nebulosum, bei denen der Unterschied zwischen HL und OL nicht erheblich ist. Bei Aufstellung dieser Uebersicht habe ich die Grösse der Leber- lappen nur mit dem Auge abgeschätzt, eine natürlich nicht ganz zu- verlässige Methode. Da ausserdem individuelle Schwankungen, die vielleicht auch auf verschiedenen Contractionszuständen beruhen, nicht selten beobachtet werden, so giebt jene Liste nur ein ungefähres Bild der bei den Oncidiiden vorkommenden Variationen. Immerhin zeigt sie, dass alle drei Leberportionen das Maximum an Volumen und Masse aufweisen können und dass der artenreichsten Gattung (Oncidium) auch die grösste Verschiedenartigkeit zukommt. Besonders variabel ist die Hinterleber, welche in Gruppe III das Maximum repräsentirt, dagegen bei mehreren Oncidiellen und Peronina alta so klein wird, dass man sie rudimentär nennen könnte, wenn sie nicht in Färbung und histologischem Aufbau ganz unverändert wäre und daher offenbar noch functionirte. Nach Joyeux-LAFFuIE (1, p. 256) sollen die beiden vordern Leberportionen bei O. celtica in den Oeso- phagus eintreten, was ich schon oben berichtigt habe; ihre beiden Gallengänge sollen sich ferner vor ihrer Einmündung vereinigen, was ich bestätigen kann, wenn auch manchmal das gemeinsame Stück des Ausführganges so verschwindend klein ist, dass man richtiger nur von einer gemeinsamen Mündung spricht. Bei den übrigen Oncidiellen scheint das gewöhnliche Verhalten vorzuliegen, doch muss ich gestehen, auf diesen Punkt aus Vergesslichkeit nicht besonders geachtet zu haben. Der Darm der Oncidiiden hat, wie bei allen sandfressenden Thieren, eine ansehnliche Länge und verläuft unter Bildung mehrerer Windungen, die eine ganz constante Lagerung haben. BERGH giebt Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 119 seine Grésse bei einem 6,5 cm messenden Oncidium peroni (2, p. 136) auf 14 cm an; bei einem Exemplar von Oncidium verruculatum fand ich ihn 31/, mal so lang wie den Körper. Die Länge des Darms ist bei den einzelnen Gattungen etwas ungleich, was eine verschiedene Lage der Darmschlingen zur Folge hat. Man kann vier Typen der- selben unterscheiden. Der erste (Fig. 29) ist für Oncis semperi und für die Gattung Oncidium charakteristisch, bei deren sämmtlichen Arten, mit Ausnahme von vieren (Onc. amboinae, griseum, luteum und multinotatum), er an- getroffen wird. Nachdem der Darm vom Endabschnitt des Magens zunächst eine kurze Strecke am Boden der Leibeshöhle sich nach vorn gewandt hat, biegt er nach rechts um, legt sich quer über den Oeso- phagus hinüber und gelangt so zur rechten Körperwand; an dieser steigt er empor zur dorsalen Fläche des Eingeweideknäuels und be- schreibt hier zwischen den Lappen der Oberleber (hep!) eine ganz charakteristische Figur, deren man sofort bei Eröffnung des Thieres vom Rücken her ansichtig wird. Der Darm (Fig. 29 int!) bildet zu- nächst eine oberflächliche S-förmige Schlinge, steigt dann etwas herab und kehrt nun in einem grossen Bogen (int?), dessen Lage aus der Figur zu ersehen ist, ungefähr zu derselben Stelle zurück, an der er seine dorsale Lagerung begann. Von hier zieht er, scharf umbiegend, neben der rechten Körperwand und unter den Geschlechtsorganen gerade nach hinten zum After. Der zweite Typus in der Anordnung der Darmschlingen findet sich bei allen Oncis-Species mit Ausnahme von Oncis semperi, bei Oncidina auslralis, Peronina alta und bei Oncidium amboinae, griseum, luteum und multinotatum. Ein Vergleich zwischen Fig. 30, welche diesen Situs von Oncis coriacea darstellt, und Fig. 29 lässt den Unterschied sofort erkennen. Der Darm ist hier etwas länger geworden und be- schreibt daher eine Schlinge mehr. Nachdem er Anfangs wie beim ersten Typus am Boden der Leibeshöhle quer entlang gezogen ist, betritt er bei imt! die dorsale Oberfläche des Eingeweideknäuels. Er beschreibt nun nach vorn einen grossen Bogen, welcher dem rück- läufigen Abschnitte nt (= int? der Fig. 29) eng anliegt, wendet sich mit einer grossen Schlinge (nt?) nach hinten, zieht rechtsseitig, von der Leber verdeckt und daher in Fig. 30 nicht sichtbar (zwischen int und int?‘), wieder nach vorn, um dann in ini* überzugehen. Mit Typus I verglichen ist also der Darm vermehrt worden um die Strecke int? bis int’, die eine nach hinten gekehrte Schlinge bildet, wie dies noch deutlicher aus Fig. 31 erhellt, da auf ihr der ganze Verlauf des 120 LUDWIG H. PLATE, Darms frei zu übersehen ist. Sie wurde entworfen nach einem In- dividuum, das mir mit der Etiquette „Oncidium tumidum SEMP., SEMPER’Sches Originalex., Singapore“ vom Berliner Museum überwiesen worden war und das zu SEMPER’sS Schilderung auch vollständig passte, so dass ich annahm, ausnahmsweise auf eine Oncidium-Species mit dem Darmtypus II gestossen zu sein. Später untersuchte ich 5 Exem- plare aus Ponape, die auch völlig mit der Semper’schen Diagnose von Onc. tumidum übereinstimmten, die aber sämmtlich den Darmtypus I aufwiesen. Dieser letztere ist, wie wir schon hervorhoben, für die Gattung Oncidium besonders charakteristisch, denn von 16 unter- suchten Arten fehlte er nur bei fünfen, und er ist daher auch wohl als der ursprüngliche anzusehen, woraus dann folgen würde, dass bei Oncidium tumidum eine Varietät mit längerem, nach Typus II an- geordnetem Darm vorkommt und dass dieser letztere sich aus Typus I entwickelt hat. Der Leser könnte vielleicht die Vermuthung hegen, dass die Lage der Darmschlingen nicht ganz constant sei und bei demselben Thiere aus dem einen in den andern Typus übergehen könne. Eine derartige Umlagerung ist ausgeschlossen, weil der Darm durch zahlreiche Bindegewebsfäden !) (Fig. 29 bi) an die benachbarten Organe und die Haut befestigt ist, so dass er sich nicht verschieben kann; mögen die Exemplare einer Art daher auch noch so ausgestreckt oder noch so contrahirt sein, sie stimmen in diesem Punkte stets überein. Von Oncidium amboinae und griseum untersuchte ich je 3, von Oncidium luteum 2, von Oncidium multinotatum 1 Individuum. Der Typus II war bei allen ganz rein ausgesprochen. Bei ersterer Art war die Strecke von int? bis int? (Fig. 31) nach vorn umgebogen, so dass die Kuppe des Bogens den Punkt int! berührte. Oncidium nigrum (Fig. 3la) ist durch eine noch ausgiebigere Verlängerung des Darms charakterisirt; in Folge dessen sind die Spiralwindungen noch zahlreicher geworden und nehmen einen solchen Raum ein, dass der Chylusmagen und ein beträchtlicher Theil des Muskelmagens und der Oberleber von ihnen verdeckt werden. Im Vergleich mit Typus II (Fig. 31) zeigt diese neue, dritte Form des Situs intestinalis noch zwei vollständige Kreisschlingen des Darms mehr. Er tritt bei int! (Fig. 31a) auf die Rückenfläche des Ein- geweideknäuels über, beschreibt bis ini? den ersten, bis ni? den 1) Zu diesen gehören auch die zwei „tendinous cords“, welche BEerGx besonders aufgefallen sind und die Muskel- und Chylusmagen an einander heften, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. al zweiten Kreis; es folgt nun die bekannte c-fôrmige Schlinge, welche in die zwei rückläufigen Spiralwindungen überführt. Dieser dritte Typus stellt die höchste Differenzirungsstufe dar, welche überhaupt bei den Oncidiiden angetroffen wird; ich bin demselben nur bei dieser einen Art begegnet. Bei dem vierten und letzten Typus ist der Darm kürzer als bei den vorhergehenden. Er ist charakteristisch für die Gattung Oncidiella, welcher er, soweit ich nach der Untersuchung von 7 Arten urtheilen kann, ausnahmslos zukommt. Der Darm (Fig. 32, Onc. celtica) läuft vom Endabschnitt des Magens an der Dorsalfläche des Eingeweide- knäuels annähernd median nach vorn (int!), wobei er die Oberleber (hep!) auf der rechten, die Unterleber (hep?) auf der linken Seite hat. Diese beiden Leberportionen sind hier also, wie schon oben bemerkt wurde, etwas anders orientirt als bei den übrigen Oncidiiden, so dass ‘die Bezeichnung. Ober- und Unterleber nicht zutreffend ist. Der Darm windet sich nun um das Vorderende der Oberleber herum, wobei er auf eine kurze Strecke durch diese verdeckt wird, verläuft dann in einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Bogen nach innen und endlich ziemlich gerade nach hinten und frei über die Geschlechts- organe hinweg, so dass er bis ganz in die Nähe des Afters sichtbar bleibt. Dieser letzte Abschnitt hat häufig (Oncidiella maculata) eine ungefähr mediane Lage, oder er ist auch, wie bei One. celtica und andern Arten, etwas nach rechts verschoben. Ich habe diesen vierten Typus, obwohl der Darm hier besonders einfach verläuft, nicht zuerst geschildert, weil es mir unmöglich erscheint, Typus I (und damit auch Typus II und III) direct von ihm abzuleiten. Es fehlt dem Typus IV jenes Anfangsstück des Darmes, welches dem Boden der Leibeshöhle aufliegt, indem der ganze Darm der Dorsalfläche des Eingeweide- knäuels angehört. Vielleicht hängt dies mit der Anwesenheit einer Oesophaguserweiterung bei den Oncidiellen zusammen, die ja häufig durch Sand so colossal aufgetrieben wird, dass sie den ganzen Raum unter den vordern Leberportionen einnimmt, so dass hier kein Ab- schnitt des Darmes mehr Platz findet. Der Darm behält überall bis zum After (Fig. 17) das gleiche Kaliber bei, und man kann daher auch nicht von einem besonders abgesetzten Enddarm reden; nur bei wenigen Arten erweitert er sich auf seiner letzten Strecke ampullenartig (alle Oncis-Species, Oncidium vaigiense, amboinae, luteum, multinotatum, marmoratum, aberrans, nigrum) und trägt dann immer am Vorderende dieser Ampulle einen schlauchförmigen Anhang, die von SEMPER zuerst gesehene Rectal- 122 LUDWIG H. PLATE, drüse. Ausser bei den genannten Arten findet sich diese auch bei Oncidina australis, wo sie, dem Enddarm eng angeschmiegt, zunächst gerade nach vorn läuft und dann plôtzlich in spitzem Winkel nach der entgegengesetzten Richtung umknickt. Bei den 7 untersuchten Oncis-Arten und aus der Gattung Oncidium bei den oben erwähnten Species und Oncidium steenstrupi ist die Driise viel länger und knäuel- förmig aufgewunden. Die hier genannten Arten sind die einzigen, bei denen die Drüse bis jetzt beobachtet wurde. Sie scheint danach bei der Gattung Oncis immer vorzukommen, während sie bei Oncidium nur vereinzelt auftritt und bei Oncidiella und Peronina fehlt. Sie findet sich, wie gesagt, in der Regel zusammen mit einer Enddarm- erweiterung, oberhalb deren sie dann einmündet; nur bei Oncidina australis — über Onc. steenstrupi fehlen noch Untersuchungen nach dieser Richtung hin — wird sie ohne dieselbe angetroffen. Wahr- scheinlich dient die Rectaldrüse dazu, mit ihrem Secret die Sandmassen des Rectums zu durchtränken und schlüfrig zu machen, so dass sie leicht durch die Afterpforte herausgepresst werden Können; sie wird also vornehmlich für jene Arten Bedürfniss sein, welche den Sand in einer Enddarmampulle periodisch aufstauen. Der Darm sieht bei allen Oncidiiden in ganzer Länge äusserlich fein parallelstreifig aus (Fig. 17, 19); es sind niedrige Längsfalten (Fig. 18), welche in das Lumen hineinragen und nach aussen durch die dünne Darmwand hindurchschimmern. Sie sind ganz charakte- ristisch .angeordnet, indem sie nämlich im spitzen Winkel längs einer Linie zusammentreffen, so wie dies Fig. 19 veranschaulicht. Diese Linie verläuft in der Mediane des Darmes, und die Falten stehen daher schräg zur Längsaxe des Darmes (Fig. 17). — Nachdem der Darm in die Fussohle eingetreten ist, die er fast senkrecht durchsetzt, nimmt er den kurzen Ureter auf und muss demnach in seinem äussersten Abschnitte als Cloake bezeichnet werden. Capitel III. Lunge und Niere. Die meisten Oncidiiden führen eine amphibische Lebensweise. Sie finden sich an den Meeresküsten innerhalb der Gezeitenzone, bald über, bald unter der Wasseroberfläche, und diesem wechselnden Aufenthalte entspricht die Athmung, die im ersteren Falle durch eine Lunge, im letztern vermittelst der im Mantel gelegenen Blutgefässe (Hautathmung) Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 123 unterhalten wird. Die Oncidiiden fiihren also eine Existenz, wie wir sie theoretisch fiir die tectibranchiaten Stammformen der Lungen- schnecken bei ihrem Uebergange aus dem Meere an das Land voraus- setzen müssen. Herrn Prof. v. MARTENS verdanke ich die Mittheilung, dass Oncis martensi, welche er lebend bei Singapore beobachtete, ausserhalb des Wassers sich herumbewege und, ins Wasser gesetzt, aus diesem herauskrieche. Dieses Thier scheint also schon den Land- aufenthalt zu bevorzugen. Bei einzelnen Oncidiiden hat sich dieser Wechsel des umgebenden Mediums schon vollständig vollzogen; für Oncis montana (siehe im zweiten Abschnitt) ist es unzweifelhaft, dass sie das feuchte Element fiir immer verlassen hat, und für Oncidium aberrans, typhae und steenstrupi ist das Gleiche wahrscheinlich, da sie bis jetzt nur auf dem Lande ausserhalb der Gezeitenzone ange- troffen worden sind. Die Vermuthung, dass bei diesen Arten die Lunge besonders entwickelt sei, hat sich nicht bestätigt; die zwei zuletzt genannten Species standen mir zwar nicht zur Verfügung; da aber STOLICZKA und SEMPER von keiner ungewöhnlichen Enthaltung des Lungengewebes berichten und da dieses auch bei Oneis montana und Oncidium aberrans ganz normal ist, so scheint es ausgeschlossen zu sein, dass die reinen Landbewohner eine höhere Difterenzirungsstufe der Lunge als ihre amphibisch lebenden Verwandten aufweisen. Es giebt unter den Oncidiiden nur eine kleine, von 2 Species der Gattung Oncidiella gebildete Gruppe, die hinsichtlich der Ausbildung der Lunge eine Sonderstellung einnimmt; bei Oncidiella celtica und maculata ist das Lungengewebe ganz reducirt, so dass offenbar die Gaserneuerung im Blute fast ausschliesslich durch die Hautathmung besorgt wird. Hiermit stimmt auch gut überein, was wir über die Lebensweise der Oncidiella celtica wissen. JOYEUX-LAFFUIE, der diese Thiere in der Freiheit und im Aquarium sorgfältig beobachtet hat, berichtet (1, p. 237 u. 278), dass sie in feuchten Felsenspalten leben und diese zur Zeit der Ebbe nur verlassen, um Nahrung zu suchen; bei be- decktem Himmel und feuchtem Wetter bleiben sie viel länger — mehrere Stunden — ausserhalb ihrer Zufluchtsorte als bei Sonnenschein und trockener Witterung und kriechen nur so lange umher, wie die Rücken- fläche noch feucht ist. Sobald diese anfängt trocken zu werden, flüchten sie wieder in ihre nassen Schlupfwinkel zurück, und gelingt es ihnen nicht, diese rechtzeitig zu erreichen, so trocknet der Mantel ein und sie gehen rasch zu Grunde. Offenbar athmen sie also auch ausserhalb des Wassers genau so wie in demselben durch die Haut des Rückens. Ob daneben durch das von Zeit zu Zeit geöffnete Athemloch auch die 124 LUDWIG H. PLATE, Lunge an der Respiration sich betheiligt, lässt sich gegenwärtig nicht entscheiden, jedenfalls kann dies nur in untergeordneter Weise ge- schehen. Wahrscheinlich findet die Athmung ausschliesslich durch die Haut statt, da Joyrux-Larruiz die Thiere länger als einen Monat völlig untergetaucht am Leben erhalten konnte. Die fünf übrigen von mir untersuchten ÖOncidiella- Arten verhalten sich hinsichtlich des Lungengewebes ganz normal wie die Gattung Oncidium. Im Folgenden will ich die Mantelhöhle mit dem Lungengewebe und der Niere nur vom descriptiven Standpunkte aus behandeln; wie wir diese Athemkammer zu deuten haben, ob sie morphologisch gleich- werthig der Pulmonatenlunge ist oder ob sie eine Bildung sui generis darstellt, soll erst später erörtert werden. Gegen den Terminus Mantelhöhle ist jedenfalls von vorn herein nichts einzuwenden, da wir die ganze Rückenfläche als Mantel bezeichneten und diese mit ihrem hintern Abschnitt das Dach der Höhle bildet; ebenso ist der Ausdruck Lungenhöhle gerechtfertigt, denn mit Ausnahme jener zwei Oncidiella- Arten fungirt sie zweifellos überall als Lunge. Die Lungenhöhle tritt uns bei den Oncidiiden in dreifacher Gestalt entgegen; in den Gattungen Oncidium (Fig. 33), Oncidiella und Peronina ist sie links und rechts von der Mediane gleich ausge- bildet, ist also völlig symmetrisch; bei dem Genus Oncis (Fig. 34) dehnt sie sich rechterseits noch einmal soweit nach vorn aus wie links, welche Differenzirung wir als halbsymmetrisch bezeichnen wollen; endlich bei Oncidina (Fig. 35) ragt sie nach links nur ganz wenig über die Mediane hinaus, und ihre Hauptmasse liegt asymmetrisch auf der rechten Seite. Den Uebergang von der Mehrzahl der Oncis- Arten zu Oncidina bildet Oncis montana, deren linker Lungenhôhlen- schenkel nur wenig grösser ist als bei Oncidina. In allen Fällen stösst die Athemkammer, wie bekannt, mit ihrem rechten Vorderende an den Herzbeutel hinan (Fig. 33, 34 per), ist von sichelförmiger Gestalt und wird von einer vordern und einer hintern Wand begrenzt, die beide in ihrem medianen Theile so gekriimmt sind, dass die Con- cavität nach vorn gekehrt ist. Diese beiden Wände sind sehr ver- schieden von einander. Die vordere, welche wir als Diaphragma bezeichnen wollen (Fig. 33, 34 dia), trennt die Lunge von der Leibeshöhle; sie ist dünn, von hellgelblichem oder weisslichem Aus- sehen, wird nicht von Lungengewebe überzogen (Fig. 33, 34, 37, 38, 39 dia) und erscheint daher glatt und glänzend. Die Hinterwand ist ein Theil des Mantels und daher wie dieser sehr dick; ihre Innen- fläche ist — mit Ausnahme jener zwei Oncidiella-Arten — ganz über- Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 125 zogen von dem stark entwickelten Gefässnetz der Lunge, welches genau denselben Anblick gewährt wie das Respirationsorgan einer Pul- monate !), nur dass hier die Gefässe noch viel höher vorspringen, die Crypten zwischen ihnen noch viel tiefer sind als es bei den meisten Lungenschnecken, z. B. bei unsern gewöhnlichen Helix-Arten, der Fall ist. Die Lunge dieser periodischen Wasserathmer macht also keineswegs, wie man vermuthen könnte, den Eindruck, als ob sie ein im ersten Entstehen begriffenes, noch wenig ausgeprägtes Organ sei. Das Lungen- gewebe überzieht auch die Niere allseitig (Fig. 33), so dass ihre Ober- fläche einem zarten Maschenwerk gleicht. Obwohl das Diaphragma, namentlich in seinem medianen Abschnitt, eine gewölbte Fläche dar- stellt, kann man doch sagen, dass es im Allgemeinen senkrecht zur Fuss- und zur Rückenfläche steht. Daher stösst es dorsalwärts nach Art eines gothischen Gewölbes mit der Hinterwand der Athemkammer zusammen, und es fehlt eine scharf abgegliederte Dachfläche. Das Lungengewebe erstreckt sich an der Hinterwand bis zur Spitze des Gewölbes und greift hier auch etwas auf die anstossende Region des Diaphragmas über. Wo Vorder- und Hinterwand ventralwärts zu- sammenstossen, ist das Bild in den Seitenflügeln der Lungenhöhle gleich dem eben geschilderten; im mittlern Abschnitte aber findet sich ein deutlicher horizontaler Boden, gebildet von dem hinter der Fuss- spitze gelegenen Theile des Hyponotums. Dieser Boden ist ebenso dick und musculös und ebenso dicht von Lungengewebe überzogen wie die eigentliche Hinterwand, als deren nach vorn umgeschlagener Ventralrand er anzusehen ist. Nur eine Region desselben ist glatt, nämlich die Umgebung des Athemloches, wodurch ein häufig schon durch die hellere Färbung sich abhebendes und nach vorn bis zum Diaphragma reichendes Feld abgegrenzt wird. Auf die verschiedene Lage des Athemloches bin ich schon im ersten Capitel eingegangen und komme daher hier nicht darauf zurück. Dagegen bleibt noch Einiges über den Verlauf der Hauptgefässe der Lunge und deren histologischen Aufbau hinzuzufügen. Die Haupt- masse des venösen Blutes gelangt in die Leibeshöhle und von hier durch reihenartig angeordnete Spalten (Fig. 33 0, 0’, 0“) in grosse Sinus, die in der Fussohle und der seitlichen Körperwandung gelegen sind und das Blut nach hinten in das Gefässnetz der Lunge leiten. Das Blut, welches so dem Maschenwerk des Bodens zugeführt wird und 1) Schon Cuvier sagte von ihr: „... ressemble pour le fond à celui de la limace terrestre et du colimacon des jardins“. 126 LUDWIG H. PLATE, hier seine Gaserneuerung erfahrt, tritt in mehrere starke Gefasse, die parallel zu einander und senkrecht zur Fussfläche auf der rechten Halfte der Hinterwand angeordnet sind (Fig. 30) und in einen grossen, hinter dem Herzen gelegenen Sinus (Fig. 36, 43 sin) einmiinden, welcher das Blut direct dem Atrium zuführt. Diese grossen parallelen Pulmonalvenen (Fig. 50 gef) geben der Lunge ein sehr charakte- ristisches Aussehen; sie stehen auch mit den Blutlacunen in Ver- bindung, welche die rechte Hälfte der Niere umspinnen. Der eben erwähnte Sinus zieht sich nach links in ein Gefäss aus, welches äusserlich nicht hervortritt und das Blut aus der ganzen linken Hälfte der Athemkammer sammelt, und ausserdem münden die Gefässe des Daches der Mantelhöhle direct in ihn ein, so dass durch diesen Sinus das gesammte Blut der Lunge dem Herzen zugeleitet wird. Betrachtet man einen Horizontalschnitt durch die Lungenhöhle bei stärkerer Vergrösserung (Fig. 41, von Oncidium verruculatum), so lässt sich Folgendes feststellen: Das dünne Diaphragma (dia) ist rein musculös; es setzt sich der Hauptmasse nach aus horizontal und dorsoventral verlaufenden Fasern zusammen, die aber einzelne Blut- lacunen zwischen sich beherbergen. Gegen die Lungenhöhle zu schliesst das Diaphragma mit einem niedrigen Epithel ab, während seine der Leibeshöhle zugekehrte Fläche von einer zarten, epithelartigen Schicht tiefschwarzer Pigmentzellen bedeckt wird (pig). Dass die Binde- gewebszellen, welche die Leibeshöhle überal) mit einer feinen Pseudo- peritonealmembran auskleiden, schwarz pigmentirt sind, gilt nicht für alle Oncidium-Arten und wird sonst nur noch bei einigen Arten der Gattung Oncidiella beobachtet, während bei den drei andern Gattungen, soweit meine Kenntnisse reichen, das Peritoneum ungefärbt ist. Das Pigment findet sich an der Innenfläche von Rücken und Seitenwandung (nie auf der Sohle) bei folgenden Arten: Oncidium verruculatum, nangkauriense, palaense, simrothi, luteum und nigrum; Oncidium peront und nebulosum zeigen unter dem Rücken einen leichten, dunklen Anflug, der auch fehlen kann. Oncidiwm tumidum ist in der Jugend nur ganz gering pigmentirt, je älter und grösser die Thiere aber werden, um so mehr häuft sich der Farbstoff an. Eine schwärzliche Auskleidung der Leibeshöhle finde ich ferner bei zwei Oncidiella- Arten (One. celtica, borealis). Das Lungengewebe an der Hinterwand (Fig. 41 hi) der Athemkammer ist von der musculösen Hauptmasse nicht scharf geschieden, aber dennoch heben sich beide Zonen sehr deutlich gegen einander ab, zumal wenn sich Pigmentzellen (pig‘) zwischen beide Schichten einschieben, wie dies bei einzelnen Arten Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 127 stellenweise vorkommt. Das Gewebe wird gegen die Höhle zu von einem sehr zarten Plattenepithel begrenzt, dessen man erst bei starker Vergrösserung ansichtig wird. Darunter folgen netzartig angeordnete, sehr feine Bindegewebsfibrillen, in deren Maschen Zellen liegen. Die Zellen liegen eng bei einander, und ihre Kerne geben der betreffenden Region bei schwächerer Vergrösserung (Fig. 41) ein dicht punktirtes Aussehen. Die Blutlacunen erstrecken sich vielfach unmittelbar unter der Epithelmembran, deren Zartheit den Gasaustausch wesentlich be- günstigen muss (bl), oder sie liegen etwas nach aussen. Die Fibrillen müssen contractil sein, denn bei einzelnen Individuen sind die Schnitte durch die Lungenhöhle fast ohne alle Gefässe, während sie bei andern, die im erschlafften Zustande abstarben, weit klaffen. Das im Vorstehenden über Ausdehnung und Bau des Lungen- gewebes Gesagte bezieht sich auf die Gattungen Oncidium, Oncis, Oncidina, Peronina und auf die Gattung Oncidiella mit Ausnahme von zwei sehr abweichend gebauten Arten (0. celtica und maculata), zu deren Schilderung ich jetzt übergehe. Die hier vorliegenden Verhältnisse lassen sich nur auf Schnittserien deutlich erkennen, und hätte Joyeux-Larrure solche angefertigt, so wäre er nicht in denselben Fehler wie v. JHERING verfallen und würde nicht Niere und Lungenhöhle zusammengeworfen haben. Ein derartiger Irrthum ist freilich bei Oncidiella celtica und maculata — aber auch nur bei diesen Arten — sehr leicht erklärlich, denn das Eigenthümliche im Bau ihrer Mantelhöhle besteht in Folgendem: 1) ist die Niere so ausserordentlich gross, dass sie jenen Raum fast vollständig erfüllt und das Lumen der Athemkammer auf ein Minimum beschränkt, und 2) ist auch das Lungengewebe stark reducirt, die Wände der Lungen- höhle erscheinen glatt, faltenlos und erst auf Schnitten erkennt man, dass auch hier dicht unter dem Epithel Blutgefässe, wenn auch in beschränkterer Zahl, entlang ziehen und eventuell einen Gasaustausch vermitteln können. Hierzu kommt 3) — wie ich vorweg bemerken will — dass die Niere nicht den gewöhnlichen lamellösen Bau der Pulmonatenniere zeigt, sondern einen weiten, schlauchförmigen Sack mit geringer Fältelung der Innenfläche darstellt. Oeffnet man nun die Mantelhöhle unter der Präparirlupe in der gewöhnlichen Weise, so reisst man unvermeidlich auch den Nierensack auf und kann dann leicht dazu kommen, die niedrigen Falten des letztern als Lungen- gewebe zu deuten. Einige Zeichnungen mögen das Gesagte weiter erläutern. Die Figg. 43—46 stellen Horizontalschnitte dar, welche in der Richtung 128 LUDWIG H. PLATE, vom Rücken gegen den Fuss hin auf einander folgen. Die Niere ist mit rothen Contouren eingetragen, und man erkennt, dass die Lungen- höhle (cav. pul) neben derselben fast überall nur als schmaler, spalt- förmiger Raum auftritt und nur im rechten Schenkel über dem Boden (Fig. 45, 46) eine etwas grössere Ausdehnung annimmt. Die Niere hingegen ist von ungewöhnlicher Grösse. Der linke und rechte Flügel der Lungenhöhle dehnen sich gleich weit nach vorn aus, wie bei der symmetrischen Mantelhöhle von Oncidium und Peronina. Die Figg. 47 —49 sind nach Querschnitten entworfen und folgen auf einander von hinten nach vorn; auf dem hintern (Fig. 47) ist die Athemkammer noch ziemlich gut entwickelt, auf dem mittlern tritt sie schon sehr gegen die Niere zurück, und auf dem vordern ist sie überhaupt nicht mehr getroffen, sondern nur noch die Niere, weil diese die Lungen- höhle nach vorn überragt. — Obwohl die Wände beider Organe sich vielfach eng an einander legen und mit einander verwachsen, sind sie doch immer deutlich zu unterscheiden. Die Mantelhöhle wird überall von einem ganz niedrigen Plattenepithel ausgekleidet, das man nur an den etwas über das Niveau vorspringenden Kernen erkennen kann, das Nierenepthel hingegen ist cylindrisch oder cubisch. Die Gefässe unter dem Epithel sind nur ganz schwach entwickelt. Die Niere der Oncidiiden durchzieht als ein langgestrecktes, schlauchförmiges Organ die ganze Lungenhöhle, von der rechten Vorderecke unmittelbar hinter dem Herzbeutel bis in den äussersten Winkel der linken Spitze, und wir können daher wie bei der Mantel- hôhle eine symmetrische (Gattung Oncidium, Oncidiella und Peronina, Fig. 33 re), eine halbsymmetrische (Gattung Oncis, Fig. 34 re) und eine asymmetrische (Gattung Oncidina, Fig. 35 re) Lagerung resp. Gestalt derselben unterscheiden. Sie ist von so an- sehnlicher Grösse und hebt sich — abgesehen von Oncidiella celtica und maculata — so scharf von der Lungenhöhle, in die sie bruch- sackförmig hineinragt, ab, dass ich nicht begreife, wie v. JHERING sie hat übersehen und beide Organe hat zusammenwerfen können, um dann auf einer so flüchtig gewonnenen Grundlage seine Theorie des verschiedenen phyletischen Ursprungs der Nephro- und der Branchio- pneusten aufzubauen. Ich beginne mit der Schilderung des Excretionsorgans der Gattung Oncidium, da dieses die grösste Mannigfaltigkeit aufweist. Die Niere tritt uns hier in zweifacher Differenzirung entgegen, nämlich 1) als ein überall mit ganz dicht stehenden, hohen Lamellen versehenes Organ, von dessen Lumen sich eben wegen dieses Blätterwerkes nur Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 129 wenig erhalten hat, und 2) mit niedrigen, unregelmässig gestellten Falten und geräumigem Lumen. — Der lamellöse Typus ist innerhalb der Gattung fast ausschliesslich herrschend; er findet sich nämlich bei allen Oncidiwm-Arten mit Ausnahme einer einzigen (One. amboinae). Die Niere beginnt hier in der rechten Vorderecke der Lungenhöhle als ein kurzer, hinten verschmälerter Schlauch, der am Boden liegt und so vollständig von dem Athemgewebe überzogen ist, dass er meistens äusserlich gar nicht hervortritt. Diese Strecke, welche nach vorn bis an den Herzbeutel heranzieht, möge als „rückläufiger Schenkel“ bezeichnet werden (Fig. 40 re. rec.). Die Niere steigt nun senkrecht nach oben, bis zum Dache der Lungenhöhle, biegt sich aber schon etwas unterhalb desselben mit ihrer Hauptmasse nach hinten und links rechtwinklig um (Fig. 36—40 stellen diesen senkrecht stehenden Nierenschlauch [re, «| auf Horizontalschnitten, die von oben nach unten einander folgen, dar). Die Fig. 33 ist so gezeichnet, dass man von oben in die Lungenhöhle sieht. Man sieht daher nur das obere verschmälerte Ende dieses senkrecht aufsteigenden Schenkels (re, «), während das untere durch den horizontal nach links ziehenden Abschnitt (re, ?) verdeckt wird. Dieser Theil re,? ist der am meisten entwickelte des ganzen Organs (Fig. 37); er liegt der Hinter- wand der Athemkammer streckenweise eng an, so dass das Lungen- gewebe auf ihn übertreten und so die ganze Niere überziehen kann. Weiter nach links verschmälert sich das Organ etwas (re, y Fig. 33, 37) und schmiegt sich noch enger an die Hinterwand an, um dann diese zu verlassen und quer durch das Lumen der Höhle hindurch sich bis zur linken Bodenfläche und unter dem daselbst befindlichen Gefässnetz bis zum vordersten Winkel der Kammer fortzusetzen (Fig. 33, 38, 39 re,d). Hier an diesem letzten Abschnitt, etwas hinter der am meisten nach links vorgeschobenen Spitze der eigentlichen Niere ent- springt der kurze, glattwandige Ureter (Fig. 39, 42 ur), der sich in die Fussmusculatur einsenkt und innerhalb derselben in den Enddarm einmündet (Fig. 40). Die Nebennieren, welche v. JHERING (14, p. 18) als isolirte kleine Lappen bei Oncidium verruculatum gesehen haben will, habe ich nie finden können und bin überzeugt, dass sie gar nicht existiren, ebensowenig wie Harnconcremente in der eigentlichen Lungenwand. Wahrscheinlich hat v. Juerıng den rückläufigen Schenkel der Niere, welcher ja ganz vom Lungengewebe überzogen wird, falsch interpretirt. Wie schon gesagt, kann man den Bau der Niere als lamellös be- zeichnen. Auf der Wand sitzen überall zahllose dünne Lamellen und Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 9 130 LUDWIG H. PLATE, springen gegen das Lumen vor, von dem sie nur einen centralen, canal- artigen Raum frei lassen (Fig. 36—40). Complicirt wird dieses Faltenwerk dadurch, dass die Lamellen vielfach unter einander verwachsen (Fig. 41) und so Nischen bilden. Auch die innern Kanten der Lamellen hangen grösstentheils durch eine Membran unter einander zusammen (Fig. 37), wodurch streckenweise der Eindruck hervorgerufen werden kann, als habe der Centralcanal seine eigene Wandung. Es handelt sich aber hier nur um eine an vielen Stellen fensterartig durchbrochene Membran, die durch Verwachsung der ursprünglich freien (Fig. 41 a) innern Kanten der Lamellen entstanden ist. — Die Renopericardialpforte hat Bercu (2, p. 138, Anm.) zuerst gesehen, während die übrigen Autoren ihrer nicht gedenken. Er fand sie bei Oncidium tumidum „at the upper attachment of the atrium of the heart“; an anderer Stelle (3, p. 180) fügt er ergänzend hinzu, sie liege „unterhalb des Grundes der Vorkammer, ein wenig links“. In der That ist sie überall vor- handen, auch bei Oncidiella (Fig. 46 nsp), wo JOYEUX-LAFFUIE sie vergeblich gesucht hat. Sie liegt stets an derselben Stelle, neben und nach innen von der Basis der Vorkammer, und verläuft als kurzer, flimmernder Canal (Fig. 41 nsp), annähernd parallel zur Fussfläche, so dass sie auf Horizontalschnitten fast in ganzer Länge übersehen werden kann. Bei grossen Arten (Oncidium peroni, verruculatum, tumidum) ist die pericardiale Oeffnung schon unter dem Präparir- mikroskop sehr deutlich zu erkennen. Das histologische Verhalten der Niere habe ich nur bei Oncidium verruculatum näher untersucht, so gut dies bei dem für derartige Zwecke nicht ganz genügenden Conservirungszustande möglich war. Die eigentliche Niere trägt überall Secretionszellen, auch auf der Membran, welche den Centralcanal begrenzt. Die Zellen sind nur mässig hoch, 0,017—0,021 mm oder noch niedriger, von cubischer oder cylindrischer Gestalt auf dem Schnitt (Fig. 41, 42). Ihr Inhalt erscheint als eine klare, nur von wenigen Körnchen durchsetzte Flüssig- keit. Der kleine runde Kern hat seinen Sitz in der basalen Hälfte; in der distalen liegt noch ein zweites Korn — zuweilen auch mehrere — von ungefähr gleicher Grösse wie der Kern oder noch etwas massiger (Durchmesser 0,002 — 0,004 mm), welches das Hämatoxylin ebenso intensiv wie der Nucleus aufspeichert; ich halte diese Gebilde, auf welche v. JHERING zuerst aufmerksam gemacht hat‘), für harnsaure 1) Ich bedaure, dass ich durch ein Versehen in meiner vorläufigen Mittheilung (23) die Angabe gemacht habe, dass diese Coneremente fehlten. Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 131 Concremente. Die Epithelzellen haben iiberall das gleiche Aussehen ; Cilien habe ich nirgends angetroffen. Zwischen den beiden Epithel- schichten einer Lamelle ruht eine zarte, bindegewebige Membran. — Im Ureter nimmt das Epithel eine etwas andere Beschaffenheit an. Die Zellen sind viel niedriger (Fig. 42) (etwa 0,004 mm), ihr Proto- plasma ist sehr dichtkörnig, der Kern sehr gross, so dass er fast die Halfte der ganzen Zelle einnimmt. Cilien liessen sich auch hier nicht erkennen, obwohl ein zartes Gerinnsel, das den Zellen iiberall auflag, darauf hinzuweisen schien, dass sie urspriinglich vorhanden waren. Die Niere mündet zunächst in eine Papille (Fig. 42 wr’) hinein und öffnet sich durch diese erst in den eigentlichen Ureter (wr). Die Papille durchsetzt wie ein Septum den Anfangstheil des Ureters und theilt diesen dadurch in zwei Kammern (Fig. 39, 42). Der Harnleiter ist viel breiter als die kleine Oeffnung, durch die er mit dem End- darm communicirt (Fig. 40). Ueber die Lage der Uretermiindung liegen schon einige Angaben vor, obwohl keiner der frühern Untersucher sie wegen ihrer versteckten Lage beobachtet hat. Joyeux-LAFFUuIE sieht das Athemloch als Nierenporus an, da nach ihm Niere und Lungen- höhle dasselbe Organ sind. v. JHERING vermuthet und SEMPER sagt direct, das Excretionsorgan münde in die Lunge (4, p. 253), ohne die Lage dieser Oeffnung näher zu bezeichnen. BERGH (3, p. 186) schliesst sich dieser Auffassung an. Die Nierenpore soll nach ihm „am hintersten Theile der obern Wand der Lungenhöhle“ gelegen sein. Obige Be- merkungen sind nicht richtig, da in allen 5 Gattungen der Enddarm das Nierensecret aufnimmt (Fig. 46 wr, rec) und dadurch zur Cloake wird. Ein etwas einfacheres Bild gewährt, wie schon bemerkt wurde, die Niere von Oncidium amboinae. Die Lungenhöhle und die Niere sind zunächst dadurch bemerkenswerth, dass sie ausnahmsweise inner- halb der Gattung Oncidium halbsymmetrisch gestaltet sind. Die letztere besitzt einen rückläufigen Schenkel wie die vorige Gruppe. Ihr cha- rakteristisches Merkmal besteht darin, dass die hohen Lamellen fehlen. Die centrale Urinkammer ist sehr geräumig, indem die Wand nur mit niedrigen Leisten, die netzförmig, unregelmässig angeordnet sind, be- deckt ist. Statt der tiefen Spalten und Nischen finden sich hier nur seichte Alveolen. Die Niere der übrigen Gattungen lässt sich leicht auf eins der zwei Stadien von Oncidium zurückführen. Bei Oncis ist sie stets lamellös gebaut und halbsymmetrisch gestaltet (Fig. 34). Die ein- fachste Form ohne rückläufigen Schenkel repräsentirt Oncis montana 9% 132 LUDWIG H. PLATE, und ferner auch, wie hier eingefiigt sein mag, Peronina alta. Bei allen übrigen Oncis-Arten ist der rückläufige Abschnitt vorhanden und reicht ungefähr so weit nach hinten, wie die linke Vorderecke der Lungenhöhle nach vorn. — Bei Oncidina australis liegt die lamellöse Niere asymmetrisch fast ganz auf der rechten Seite des Körpers, ent- sprechend der asymmetrischen Gestalt der Lungenhöhle (Fig. 35); ein rückläufiger Schenkel fehlt ebenfalls. Wie bei Oncidium amboinae die Niere durch die geringe Entwicklung der Falten charakterisirt war, so gilt dies in gleicher Weise auch für die meisten Oncidiella-Species, nämlich für die Arten: accrensis, pachy- derma, borealis und obscura. Die Niere hat hier dieselbe Gestalt wie bei Oncidium, also auch einen am Boden liegenden rückläufigen Schenkel, und steht auch in demselben Verhältniss zur Ausdehnung der Lungenhöhle. Die Lamellen, welche von der Wandung in das Lumen der Niere vorspringen, stehen weit auseinander und bilden ein unregelmässiges Wabenwerk. Oncidiella reticulata verhält sich darin abweichend, dass ein unterer rückläufiger Schenkel fehlt. Es verläuft nämlich die Niere in ganzer Länge dicht am Boden der Lungenhöhle, steigt aber dann, wie gewöhnlich, am Herzbeutel senk- recht nach oben und biegt sich nun zu einem kurzen, rückläufigen Schenkel nach hinten um, der aber über dem Hauptnierenschlauch liegt und daher als oberer Ramus recurrens zu bezeichnen ist. Ganz eigenartig ist endlich die Niere von Oncidiella maculata und celtica modifieirt. Sie ist hier so enorm ausgedehnt, dass sie die Lungenhöble fast vollständig ausfüllt, während die Falten der Wandung auf ein Minimum reducirt sind. Dieses gilt besonders für Onc. maculata (Fig. 43—49 re), ja es erscheint mir überhaupt noch zweifelhaft, ob die Niere der letztern nicht richtiger als glattwandig und faltenlos bezeichnet werden muss, denn die niedrigen Leisten, weiche unregel- mässig auf den Wänden sich vertheilen, brauchen nicht constante Bildungen zu sein, sondern wurden vielleicht erst durch Contractions- erscheinungen beim Absterben des Thieres hervorgerufen. Auf die ungewöhnliche Grösse des Nierenschlauches und seine Beziehungen zur Lungenhöhle bin ich oben schon eingegangen. Zum Verständniss der Abbildungen sei noch Folgendes bemerkt: der rückläufige Schenkel ist mit re!, der darauf folgende, gleich hinter dem Herzbeutel senkrecht in die Höhe steigende Abschnitt mit re? bezeichnet worden; hieran schliesst sich re?, horizontal im Bogen nach hinten und links ziehend ; wo dieses in den am Boden des linken Flügels der Mantelhöhle liegenden Abschnitt re* übergeht, entspringt (Fig. 46) der ganz kurze Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 133 Ureter. Vergleicht man die Lage desselben mit derjenigen von Oncidium verruculatum (Fig. 39, 40 ur), so erkennt man sofort den Unterschied. Bei Oncidiella sind Niere und Lungenhöhle zwar auch wie bei Oncidiwm symmetrisch gestaltet, aber die beiden seitlichen Schenkel sind länger, und da der After stets median gelagert und der Ureter immer sehr kurz ist, so liegt dieser weit von der linken Nierenspitze ab. Nach dem Gesagten wird der Leser aus den Abbildungen Fig. 34 u. 35 er- sehen können, wie sich in dieser Hinsicht die Gattungen Oncis und Oncidina verhalten. Bei Oncidiella celtica sind die secretorischen Falten etwas stärker ausgeprägt als bei Onc. maculata, aber ihre Zahl ist gering, und nur wenige ragen weit in das Lumen hinein. JOYEUX-LAFFUIE zeichnet auf tab. 16, fig. 1 u. 2 seiner Abhandlung die Falten viel zu reich entwickelt; ich gebe daher in Fig. 49a noch die Abbildung eines Querschnittes durch den linken und rechten Nierenschenkel und füge hinzu, dass auf den meisten Schnitten die Falten noch weniger hervor- treten. Capitel IV. Die Geschlechtsorgane. Die zur Fortpflanzung dienenden Organe der Oncidiiden sind mehr als irgend ein anderes Organsystem von den frühern Forschern unter- sucht worden; trotzdem aber sind wir nur über einen Theil derselben, über die Begattungsorgane, vornehmlich durch SEMPER gut unterrichtet, während die eigentlichen Sexualorgane, die an conservirtem Material ihres bröckligen Zustandes wegen fast immer nur sehr schwer aus- einanderzulegen sind, noch dringend weiterer Aufklärung bedürfen. Namentlich die accessorischen Drüsen (Eiweiss- und Schleimdrüsen) sind bis jetzt zu wenig beachtet worden, weil sie in der Regel innig mit einander verkleben und dann schwer zu unterscheiden sind; auch mir ist es nicht gelungen, zu ganz zweifellosen Resultaten über ihren Bau und ihre Lagerung zu gelangen, und es wird dies auch wohl erst demjenigen Forscher möglich sein, der Gelegenheit hat, frisches Material zu untersuchen. Bis jetzt ist nur Joyeux-LAFFUIE in dieser ange- nehmen Lage gewesen, aber wenn seine Angaben richtig sind, so sind gerade die Geschlechtsorgane der Oncidiella celtica einfacher gebaut als die irgend einer andern Oncidiide. 134 LUDWIG H. PLATE, 1, Die eigentlichen Geschlechtsorgane, Ich beginne mit der Schilderung der in der hintern Hälfte der Leibeshöhle (Fig. 29) gelegenen eigentlichen Geschlechtsorgane des Oncidium verruculatum (Fig. 50a). Die verschiedenen Lappen der Zwitterdrüse (herm) sitzen an zarten Ausführgängen, die sich mit ein- ander vereinigen und so einen gemeinsamen Canal, den Zwittergang (29) bilden. Derselbe wird, gleich nachdem er diese Gabeläste aufgenommen hat, dicker, erhält eine drüsige Wandung und verläuft unter korkzieher- artigen Windungen. Sein Caliber verschmälert sich darauf wieder, und er trägt hier eine colossal entwickelte Vesicula seminalis (Ves. sem), einen schlauchförmigen Anhang von 19 mm Länge und 2—3 mm Breite, der trotz seiner Grösse bis jetzt übersehen worden ist. — Es folgt nun derjenige Abschnitt, dessen Einzelheiten zur Zeit noch ganz unge- nügend bekannt sind. Er besteht aus einem grossen, sackförmigen Gebilde, dem Spermoviduct (spov), dessen männlicher Halbcanal gegen den faltenreichen weiblichen an Grösse sehr zurücktritt, so dass man das ganze Gebilde auch als Uterus bezeichnet hat; er ist leicht daran kenntlich, dass an seinem einen verschmälerten Ende zwei Ausführ- gänge, der Oviduct (ov) und das Vas deferens (vdf), entspringen. Um den Spermoviduct herum liegen Drüsenmassen, die in der Regel so aufgequollen sind, dass man sie kaum isoliren kann; ich hoffe nicht zu irren, wenn ich an ihnen einen „Spiralgang“ (spi) und zwei Eiweiss- drüsen (a/b) unterscheide. Der Spiralgang ist ein weisslicher, dicker, zu einer dichten Spirale aufgewundener Canal, der leicht in mehrere Portionen zerfällt und dann den Eindruck macht, als ob zwei oder mehrere spiralige Drüsenschläuche vorhanden seien. Ich glaube mich aber von seiner einheitlichen Natur überzeugt zu haben. Dieser Spiral- gang stellt die Fortsetzung des Zwittergangs dar und geht mit seinem hintern Ende in den Uterus über, nicht weit von der Ursprungsstelle des Oviducts und des Vas deferens. Der Spiralgang nimmt dort, wo er mit dem Zwittergang zusammenhängt, die zarten Ausführgänge der viellappigen Eiweissdrüsen auf. An dem Uterus springt eine Portion wie ein Anhang (app) besonders vor; hier sind die Falten im Innern so hoch und zahlreich entwickelt, dass sie schon von aussen durch eine zarte Strichelung der Oberfläche sich bemerkbar machen. Der Oviduct ist kurz und verläuft ziemlich gerade zur weiblichen Geschlechtsöffnung; er trägt in der distalen Hälfte das grosse (Durch- messer bis zu 10 mm), rundliche und kurzgestielte Receptaculum seminis (Rec. sem), das mit einer krümligen, zum Theil braunroth u pe ] Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 135 gefärbten Masse unbekannter Natur und mit Spermatozoen gefüllt ist. Neben dem Oviduct erstreckt sich das etwas dünnere Vas deferens (vdf), tritt zusammen mit demselben in die Fussmusculatur, öffnet sich aber dann nicht sofort nach aussen, sondern zieht, wie SEMPER zuerst ge- zeigt hat, in dem Fussgewebe verborgen nach vorn in den Kopf, bricht hier wieder in die Leibeshöhle durch und verbindet sich mit dem Penis. Jene in die Fussmusculatur eingesenkte Strecke liegt dicht neben der Fusswimperrinne und zeichnet sich durch ein sehr enges Lumen aus. — Die Behauptung SEMPER'S (34, p. 222), dass das Receptaculum seminis dauernd durch einen Canal mit dem Spermoviduct in Ver- bindung stehe, wie dies als constante oder als pathologische Bildung von einzelnen Stylommatophoren und den Vaginuliden bekannt ist, ist durchaus irrig. Die Oncidiiden sind daher nicht triaul im Sinne v. JHERINGS (12, 15), und die von letzterm aus der Triaulie abge- leiteten Schlüsse sind daher hinfällig, — Auch mit Brren’s Schilde- rung (2) kann ich mich nicht ganz einverstanden erklären; er unter- scheidet 1) eine „albuminiparous gland‘ von weisslicher Farbe, die wohl mit meinem Spiralgange identisch ist, da sie „with finer windings“ versehen sein soll; 2) spricht er von einer „mucous gland“, deren Ausführgang die Samenblase trägt, und die daher meinem Uterus- Spermoviduct entspricht. Die Eiweissdrüsen, welche ausser dem Spiral- gange existiren, hat demnach BERGH übersehen oder diese Gebilde zusammengeworfen und auch darin geirrt, dass er den Uterus als eine Anhangsdrüse auffasst. Der Zwittergang soll sich gabeln und sein kurzer, weiblicher Ast sich „near the albuminiparous gland“ öffnen, eine Ausdrucksweise, die so unbestimmt gehalten ist, dass man sofort erkennt, dass auch BErGH über die Verhältnisse sich nicht klar ge- worden ist; der männliche geht nach demselben Autor in das Vas deferens über. Brrcu verlegt also unrichtiger Weise die Spaltung in Ei- und Samenleiter an das Ende des Zwitterganges, über dessen Ausdehnung wir übereinstimmen, während sie in Wahrheit, wie bei den Stylommatophoren, erst am Ende des Spermoviducts eintritt, was schon aus der Cuvier’schen Abbildung der Geschlechtsorgane zu er- sehen ist. Ueber den histologischen Bau der besprochenen Organe sei Folgen- des bemerkt. Die Zwitterdrüse wird nach aussen umhüllt von einer dünnen Membran (Fig. 55 a), in der Kerne und wirr sich kreuzende Faserbündel unterschieden werden können. Die kegelförmigen Acini werden nach aussen von einer bindegewebigen Membran begrenzt, die an der Spitze des Kegels in den Ausführgang mit niedrigem Epithel 136 LUDWIG H. PLATE, übergeht. An dem untersuchten Exemplar fanden sich grosse Epithel- zellen nur in der peripheren Hälfte der Acini (ov), während sie in der centralen fehlten; hier waren sie offenbar durch successive Theilungen in die zahlreichen kleinen Samenmutterzellen übergegangen, welche das Lumen der Acini erfüllten und theilweise schon in reife Spermato- zoen verwandelt waren. Die grossen peripheren Epithelzellen machten den Eindruck heranreifender Eier, so dass ich hieraus schliesse, dass die weiblichen Zeugungsstoffe aus der äussern, die männlichen aus der innern Hälfte der Acini hervorgehen. Die Samenfäden bestehen aus einem leicht sichelförmig gebogenen Kopfe und einem langen Schwanzfaden. — Die lange Vesicula seminalis hat verhältnissmässig dünne Wände (0,01 mm), die die gewöhnliche Zusammensetzung aus Ringmuscularis und niedrigem Epithel erkennen lassen. Ich fand sie voll gepfropft von wirr sich kreuzenden Spermatozoen, während diese in den Acini büschelweise angeordnet waren. Ausser dem Oncidium verruculatum, dessen Geschlechtsorgane im Vorstehenden geschildert wurden, habe ich noch 15 andere, zu der- selben Gattung gehörige Arten untersucht, von denen freilich manche so ungenügend conservirt waren, dass nicht viel an ihnen zu erkennen war. Es kommen danach folgende Modificationen des geschilderten Typus vor: 1) Die drüsige Verdickung des Zwitterganges greift in einzelnen Fällen auf die Gabeläste erster und zweiter Ordnung, also auf die Ausführgänge der Acini, über, so bei Oncidium multinotatum, aberrans und nigrum. Meistens hingegen ist sie auf den eigentlichen Zwitter- gang beschränkt. 2) Die Vesicula seminalis ist in der Regel sehr gross, schlauch- förmig, an der Basis stielförmig verjüngt. Bei Oncidiwm nigrum hin- gegen (Fig. 53) ist es eine ovale, an dem einen Ende spitz ausgezogene gestielte Blase, während sie bei Oncidiwm branchiferum kegelförmig gestaltet und ungestielt ist. Verhältnissmässig klein finde ich sie bei Oncidium marmoratum, nämlich noch nicht 1 mm lang und am freien Ende etwas angeschwollen. 3) Der Spiralgang und die 2 Eiweissdrüsen sind immer vorhanden. Bei Oncidium nigrum scheinen aber noch zwei accessorische, ebenfalls spiralig gedrehte Drüsenschläuche vorzukommen. Wie aus Fig. 53 ersichtlich ist, münden der Zwittergang und die Eiweissdrüsen dicht neben einander in -den Spiralgang (spir), der sich über jene Stelle hinaus zu einem Blindsack (sp!) verlängert. Er nimmt ausserdem die beiden Anhänge sp? und sp? auf, die sich um einander herum- Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 137 winden und wohl nicht genau das gleiche Secret liefern, denn sp* zeigt ein dunkleres Aussehen als das weissliche sp?. 4) Der faltige Uterusanhang ist bei den verschiedenen Arten ver- schieden stark ausgeprägt. Bei Oncidiwm nigrum (Fig. 53 app) hebt er sich schon durch seine schwärzliche Farbung besonders ab. 5) Der Oviduct ist immer kurz und verläuft daher ohne Knäuel- bildung ziemlich gerade zur Vulva. Eine Ausnahme hiervon macht nur Oncidium nangkauriense (Fig. 84 ov), wo der Oviduct sehr lang und zu einem Knäuel zusammengedrängt ist. Besondere Erwähnung verdient ferner dieser Canal von Oncidiwm aberrans (Fig. 54): er zerfällt hier nämlich in zwei Abschnitte von ziemlich gleicher Länge ; der vordere ist dünn und geht an der Einmündungsstelle des Recepta- culum seminis plötzlich in den noch einmal so starken (1 mm Durch- messer) hintern über. — Bei Oncidium multinotatum ist die weibliche Geschlechtsöffnung etwas nach vorn verschoben und liegt 5!/, mm vor dem After. Dies macht sich auch in der Lage des Oviducts bemerkbar, insofern derselbe nicht, wie gewöhnlich, in den hintersten Winkel der Leibeshöhle eindringt, sondern etwäs vor diesem den Fuss durchbohrt. Das Vas deferens folgt ihm in seinem Verlaufe und ist daher ebenfalls etwas nach vorn verlagert. Der Oviduct trägt immer eine sehr grosse, rundliche Anhangs- blase das Receptaculum seminis. Ich finde dieses stets entweder sitzend oder ganz kurz gestielt. Dies gilt auch für Oncidium peroni, dem BERGH (2, p. 145) irrthümlicher Weise eine Samenblase von 10 mm Durchmesser und mindestens zweimal so langen Ausführgang zuschreibt. Bei Oncidium griseum ist das Receptaculum seminis eine sehr grosse, rundliche Blase von ca. 8 mm Durchmesser, die an einem !/, mm langen Stiele sitzt. Sie hat die Eigenthümlichkeit, dass die Wand der distalen Calotte in einer Ausdehnung, die ungefähr mit der Polar- zone einer Globuskugel verglichen werden kann, sehr viel zarter ist als an den übrigen Theilen. Da sie in der Regel mit den Nachbar- organen verklebt ist, so wird sie beim Präpariren gewöhnlich abge- rissen, und die Samenblase erscheint dann offen. 6) Das Vas deferens ist in seinem ersten Abschnitt, von seinem Ursprung am Spermoviduct bis zum Eintritt in die Fussmusculatur, immer kurz und verläuft ziemlich gerade, bildet wenigstens nie einen Knäuel. Die Geschlechtsorgane von Peronina alta haben mit denjenigen von Oncidium grosse Aehnlichkeit. Ein Spiralgang ist vorhanden. Der Oviduct und der Anfangstheil des Vas deferens verlaufen gerade, 138 LUDWIG H. PLATE, ohne Schlängelung. Receptaculum seminis sehr gross, sehr kurz ge- stielt. Dagegen ist die Vesicula seminalis eine kurzstielige, 31/, mm lange, eiförmige Blase, und die drüsige Erweiterung des Zwitterganges greift auch auf die Gabeläste erster Ordnung über. Dasselbe Verhalten zeigt auch der Zwittergang der Gattung Oncis, für die im Uebrigen Folgendes charakteristisch ist. Ein Spiralgang ist vorhanden. Die Vesicula seminalis ist eine gestielte Blase. Der Oviduct ist kurz, gerade; das Vas deferens (Anfangsabschnitt) hin- gegen ist länger, hin und her gewunden (0. lata) oder zu einem Knäuel zusammengelegt (O. coriacea, semperi, martensi, inspectabilis, coeca). Das Receptaculum ist eine grosse, runde Blase, die kurz gestielt oder sitzend ist; nur bei O. semperi ist der Stiel länger. Die Gattungen Oncidina und Oncidiella stimmen in dem Besitz einer schlauchförmigen Oviductdrüse (Fig. 51, 52 gl), die sonst nicht beobachtet wird, und in dem Mangel eines Spiralganges überein. Ferner zieht sich bei beiden der Uterus in einen besonders grossen seitlichen Anhang, der im Innern hohe Falten trägt, aus (app). Bei Oncidiella celtica soll dieser Blindsack nach JoyEUX-LAFFUIE spiralig hin und her gewunden sein. Im Uebrigen differiren beide Genera in folgender Weise: Oncidina australis (Fig. 51): Gabeläste des Zwitterganges mit Ausnahme der letzten Endzweige drüsig erweitert. Vesicula seminalis klein, gestielt. Oviduct lang, etwas gewunden verlaufend und all- mählich dicker werdend. Vas deferens — Anfangstheil sehr lang und zart, im distalen Abschnitt ein Knäuel bildend. Receptaculum gross, der ersten Hälfte des Oviducts ohne Stiel ansitzend. Oncidiella (Fig. 52): Gabeläste des Zwitterganges einfach, nicht verdickt. Die Vesicula seminalis fehlt der One. reticulata vollständig, bei Onc. maculata ist sie nur durch eine kleine, linsenförmige Erweiterung des Zwitterganges angedeutet, während sie bei Onc. celtica, borealis und obscura zwar auch noch sehr klein ist, aber doch schon einen selbständigen Anhang darstellt. Als ein noch etwas grösseres, schlauch- förmiges Gebilde treffen wir sie bei Onc. accrensis und pachyderma an. Der dicke Oviduct und der dünne Anfangstheil des Vas deferens kurz. Receptaculum seminis sehr gross und langgestielt. — Spiralgänge scheinen bei Oncidiella ganz zu fehlen. JoYEUx-LAFFUIE gedenkt ihrer nicht, sondern erwähnt nur zwei langgestreckte Eiweissdrüsen, und auch bei den 7 von mir untersuchten Oncidiellen habe ich sie ver- geblich gesucht. Man kann hier (Fig. 52) den Zwittergang direct bis in den Spermoviduct (spov) verfolgen, der dicht daneben zwei lange, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 139 lockere oder zu einem dicken Packet verknäuelte Schläuche (alb), die Eiweissdrüsen, aufnimmt. Wie man aus vorstehender Schilderung ersieht, stimmen die eigent- lichen Geschlechtsorgane der Oncidiiden in den verschiedenen Gattungen zwar in allen Grundzügen mit einander überein, lassen aber doch generische Unterschiede erkennen, die aus dem Verhalten des Zwitter- ganges, der Samenblasen, des Oviducts und des Vas deferens sich er- geben. Eine weitere Bestätigung würde dieser Satz wahrscheinlich erfahren, wenn es gelänge, tiefer in den Bau der Spiralgänge und Eiweissdrüsen einzudringen, eine dankbare Aufgabe für denjenigen Forscher, dem frisches Material zur Verfügung steht. Ich stelle zum Schlusse die wichtigsten Unterschiede hier noch kurz einander gegenüber. A. Geschlechtsorgan mit Spiralgang und ohne Oviductdrüse: Die Gabeläste des | Receptaculum | Vas deferens Zwitterganges sind seminis (Anfangstheil) I. Oncidium: | in der Regel nicht | sitzend oder | kurz, nicht ver- verdickt kurz gestielt knäuelt II. Peronella: | verdickt £ n III. Oneis: = x lang, hin und her gewunden oder verknäuelt B. Ohne Spiralgang, mit Oviductdrüse: IV. Oncidina: | verdickt | sitzend | lang, hin und her gewunden V. Oncidiella: | nicht verdickt lang gestielt | kurz 2. Die Copulationsorgane. Auf die grosse Mannigfaltigkeit, welche den Oncidiiden in dem Bau der Begattungsorgane zukommt, hat SEMPER zuerst hingewiesen und sie durch Wort und Abbildung ausfübrlich erläutert. Ich kann seine Schilderung fast in allen Punkten bestätigen, in einzelnen auch erweitern. Die Complication im Endapparat des Vas deferens beruht 140 LUDWIG H. PLATE, theils darauf, dass eine mehr oder weniger entwickelte Penisdrüse sich mit dem Samengange verbindet oder auch fehlt, theils darauf, dass der erigirbare Abschnitt im Innern von einer harten Gewebe- masse ausgekleidet wird, die fiir den Histologen interessant ist. Wir werden ihren Bau weiter unten auseinandersetzen; hier sei nur be- merkt, dass SEMPER sie als Knorpel bezeichnet und daher einen Penis mit resp. ohne „Knorpelrohr‘“ unterscheidet, während BERGH mit Recht hervorhebt, dass diese Bildungen so eigenartig sind, dass sie nicht einfach ,,knorplig“ genannt werden können, da dieser Ausdruck eine sanz bestimmte histologische Bedeutung besitzt. Die Schwierigkeit lässt sich offenbar nur durch Einführung eines neuen Wortes aus dem Wege räumen, und so sei denn dieses Gewebe als ‚„chondroides‘“ im Folgenden bezeichnet. SEMPER unterscheidet im Bau der Copulationsorgane 6 ver- schiedene Gruppen, die ich alle mit Ausnahme einer einzigen (On- cidium cinereum) aus eigner Anschauung kenne; diesen würden sich die Begattungsorgane von Oncidina und Peronina als zwei weitere Gruppen anreihen. Ich halte es jedoch für zweckmässiger, Oncidium cinereum mit zur dritten Gruppe zu ziehen, so dass ich nur 7 Kategorien der Begattungsorgane unterscheide. Zwei grössere Abtheilungen lassen sich ferner aufstellen, je nachdem die männliche Geschlechtsöffnung nach innen oder nach aussen vom rechten Fühler gelegen ist. Es ergiebt sich hieraus folgende Uebersicht über die bislang beobachteten Differenzirungen. A. Die männliche Sexualöffnung nach innen vom rechten Fühler: Oncidium und Oncis. I. Mit Penisdrüse und mit Chondroidgewebe im Penis. Dies ist die weitaus grésste Unterabtheilung, denn sie umfasst, soweit unsere jetzigen Kenntnisse reichen, nicht weniger als 17 On- cidiiden; 16 derselben sind Species der Gattung Oncidium, während eine Art zu Oncis gehört. Das Chondroidgewebe, welches die Aufgabe hat, dem Begattungsorgan Festigkeit zu verleihen, tritt uns innerhalb des Penis in zweifacher Form entgegen, einmal in Gestalt von kleinen Zahnchen, die zugleich als Reizapparat wirken, und zweitens als ein in der Wandung des Penis liegendes Rohr. Der Penis beginnt nach meiner Auffassung an der Ursprungsstelle seines Retractors (Fig. 56, bei 0) und geht vorn (bei a) in einen musculösen Endsack (pens) über, der direct an die vordere Geschlechtsöffnung (o. ge) anschliesst. Bei der Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 141 Begattung wird der Penis durch den Endsack und durch die Genital- öffnung nach aussen vorgestülpt, ragt auch in der Ruhe häufig mehr oder weniger weit in den Endsack hinein (Fig. 56). Denkt man sich den Penis völlig eingestülpt, so nehmen die Chondroidzähnchen sein vorderes Ende ein, während das unbezahnte Chondroidrohr den ganzen hintern Abschnitt erfüllt und, wenn es überhaupt ausgebildet ist, stets bis zum Retractor reicht. In vielen Fällen sind nun aber diese beiden Abschnitte, der bezahnte und der zahnlose, nicht gleichzeitig vorhanden, und daraus ergeben sich folgende Untergruppen innerhalb dieser Ab- theilung. 1) Penis vorn mit Chondroidzähnen, hinten mit Chondroidrohr. 1. Oncidium vaigiense Q. G. 2. 3 steenstrupi >. 3 A) multinotatum n. sp. 4 # marmoratum LESS. 5: x aberrans >. 6. 3 nigrum n. Sp. 7 4 typhae Bucn. 8. “3 ambiguum S. 9. Oncis montana n. sp. 10. _,, glabra S. 2) Penis vorn mit Chondroidzähnen, hinten weich, ohne Chondroid- elemente. 11. Oncidium peroni. 12. M nebulosum. 13. 5 branchiferum. 14. 5 verruculatum Cuv. 19. a tumidum S. 16. à savignyi >. 3) Penis vorn glatt, ungezahnt, hinten mit Chondroidrohr. 17. Oncidium amboinae n. sp. Il. Mit Penisdrüse und ohne Chondroidgewebe. 18. Oncidium samarense S. 19. 7 multiradiatum S. 20. 3 trapezoideum 8. 21: 2 dämeli S. 22. ar griseum n. sp. 142 LUDWIG H. PLATE, II. Ohne Penisdrüse und mit Chondroidelementen. 1) Nur mit Chondroidzähnen. 23. Oncidium graniferum S. 2) Vorn mit Chondroidzähnchen, hinten mit Chondroidrohr. 24. Oncidium luteum S. 25. Oncis coriacea S. 26. 4, semperi n. Sp... 27. 4, martensi n. sp. 28. ,, inspectabilis n. sp. 3) Vorn weich, ohne Zähne, hinten mit Chondroidrohr. 29. Oncis lata n. sp. 30. ,, coeca n. sp. 4) Ohne Zähne, ohne Chondroidrohr, aber mit ,,knorpliger“ Penis- papille. 31. Oncidium cinereum Q. G. SEMPER’S Angaben über diese Form sind zu wenig ausführlich. Der hintere Theil des Penis soll von einem dünnen, knorpelharten, aber keine Knorpelzellen aufweisenden Rohr durchzogen sein, welches vorn in eine lange, undurchbohrte Papille übergeht, die „knorplig“ zu sein scheint. Es gehören in diese Abtheilung alle bekannten Oncis-Species mit Ausnahme von Oncis montana und glabra. IV. Ohne Penisdrüse und ohne Chondroidelemente. 32. Oncidium palaense S. 33. N papuanum 8. 34. > ovale 8. Bs nangkauriense N. SP. 5 simrothi n. sp. B. Die männliche Sexualöffnung nach aussen vom rechten Fühler: Peronina, Oncidina und Oncidiella. V. Mit Penisdrüse, Chondroidzähnen und Chondroidrohr. 37. Peronina alta n. sp. VI. Ohne Penisdrüse, aber mit Chondroidzähnen und Chondroidrohr. 38. Oncidina australis S. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 143 VII. Ohne Penisdriise und ohne Chondroidelemente. 39. Oncidiella celtica Cuv. 40. ‘ reticulata S. 41. = steindachneri S. | 42. à carpenteri Srearns. | Diese Abtheilung enthält 43. 2 maculata n. sp. alle auf ihre Copulations- at 2 Arena | organe hin untersuchten 45. a accrensis N. Sp. | Oncidiella-Arten. 46. ‘3 pachyderma n. sp. | 47. is obscura n. Sp. | | Ich gehe nach dieser orientirenden Uebersicht zu einer Besprechung der mannigfachen Differenzirungen im Einzelnen über und beginne mit der Schilderung des Penis. Dieser besteht immer aus einer dicken, musculösen Hülle mit Ring- und Längsfasern, deren Lage ich in Fig. 57 mit mu ange- deutet habe. Nach innen von ihr liegen jene festeren Partien, welche von dem Chondroidgewebe erzeugt werden. Ich fasse dasselbe als eine Abart des sogenannten „zelligen (blasigen) Bindegewebes“ auf, die dadurch ausgezeichnet ist, dass die Zellwände eine ungewöhnliche Dicke angenommen haben. Wie schon angedeutet wurde, tritt es theils als Bestandtheil der Zähnchen am Vorderende des Penis auf, theils bildet es ein Rohr, welches in der hintern, stets unbezahnten Hälfte des Penis seinen Sitz hat und sich nach hinten bis zur Einmündungs- stelle des Vas deferens ausdehnt. Fig. 57 zeigt einen solchen Penis mit bezahntem und unbezahntem Abschnitt von Oncis montana, und in gleicher Ausbildung wird er bei den oben mit I, 1, II, 2, V und VI bezeichneten Gruppen angetroffen. Fig. 59 stellt den Penis von Oncis lata dar, bei dem der vor dem Chondroidrohr (chr) gelegene Theil seine gewöhnliche weichhäutige Beschaffenheit bewahrt hat, wie dies für die Abtheilungen I,3 und III, 3 charakteristisch ist. Der ent- gegengesetzte Fall, dass der vordere zahntragende Abschnitt ausge- bildet, der hintere hingegen weichhäutig geblieben ist, findet sich bei der Gruppe I, 2. — In dem Chondroidrohr tritt uns das Gewebe in zwei wenig von einander differirenden Modificationen entgegen (Fig. 66, 67). Die Zellen haben eine rundliche oder polygonale Gestalt und sind bis auf den großen centralen Kern von einer vollständig wasser- klaren Flüssigkeit erfüllt, so dass sie wie Blasen aussehen. Nach aussen werden sie von einer dicken homogenen Wandung begrenzt. Entweder schliessen nun die einzelnen polygonalen Zellen ganz lücken- 144 | LUDWIG H. PLATE, los an einander (Fig. 66, von Oncidium amboinae, Fig. 57 chr), oder die mehr rundlichen Zellen lassen zahlreiche Lücken zwischen sich, die entweder leer sind oder von einer ganz durchsichtigen Substanz erfüllt werden (Fig. 67 von Oncidium marmoratum, Fig. 59 von Oncis lata). Dass ich in diesen Zellen selbst mit Wasserimmersion keinen feinkörnigen protoplasmatischen Wandbelag oder kein den Zellsaft durchsetzendes Netzwerk von Protoplasmafäden entdecken konnte, liegt wohl nur an ihrer Kleinheit (bei Onc. marmoratum hatten sie einen Durchmesser von ca. 0,014 mm). Je nach den einzelnen Arten sind nun diese Zellen in dem Chondroidrohr zu einer, zwei, drei oder mehr Lagen angeordnet, wie dies schon SEMPER hervorgehoben hat; sehr haufig nimmt nach hinten die Zahl der Schichten zu, so dass das Rohr an seiner Basis sich kegelförmig verdickt. Hinsichtlich dieser Einzelheiten vergl. den speciellen systematischen Theil dieser Ab- handlung. Ich fiirchte nicht, Widerspruch zu begegnen, wenn ich behaupte, dass man ein derartiges Gewebe nicht als „Knorpel“ bezeichnen kann, da man hierunter eine ganz bestimmte histologische Bildung versteht, die von diesem Chondroidgewebe total verschieden ist. Physiologisch gleichen beide einander vollständig, insofern sie feste und dabei doch elastische Gewebepartien erzeugen. Das Chondroidgewebe scheint bei den Mollusken weit verbreitet zu sein und zwar einmal in den Copu- lationsorganen (Triboniophorus, zahlreiche Opisthobranchier) und zwei- tens in den Stützpolstern der Radula (Dentaliwm, Prosobranchier). Dass es bloss eine Modification des blasigen Bindegewebes darstellt, lässt sich an den Zähnchen im vordern Penisabschnitt der Oncidiiden sehr schön verfolgen. Bei manchen Arten (Fig. 65 von One. tumidum) werden diese noch aus einer grössern Anzahl gewöhnlicher Binde- gewebszellen von gestreckter Form aufgebaut, ohne dass eine chitinige Zwischensubstanz sie mit einander verbindet. Andere Species, z. B. Oncis montana (Fig. 58), Peronina alta (Fig. 61), zeigen in jedem Zahn mehr oder weniger zahlreiche blasige Zellen, die aber mit derben Chitinwänden an einander grenzen. Endlich auf einer dritten, am häufigsten anzutreffenden Differenzirungsstufe ist die Zahl der Zellen sehr verringert, dafür aber die von denselben nach allen Seiten aus- geschiedene Chitinsubstanz erheblich vermehrt worden (Fig. 62 von Oncidium verruculatum, Fig. 63, 64 von Oncidium branchiferum). Der Bau, die Grösse, die Anzahl und die Gruppirung der Peniszähne ist für die Systematik von Wichtigkeit und soll daher im speciellen syste- matischen Theile näher berücksichtigt werden. à ay) Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 145 Das Lumen des Penis wird von einem Epithel ausgekleidet, das im hintern Abschnitt immer leicht nachzuweisen ist. In der vordern Region überzeugt man sich von seiner Anwesenheit auch ohne Mühe, wenn derselbe unbezahnt ist (Fig. 59), und dies gilt auch für manche der von grossblasigen Zellen erfüllten Zähne (Fig. 58). Bei jenen Zähnen hingegen, die fast ganz aus Chitin bestehen und nur wenige kleine Zellen enthalten, habe ich ein besonderes Epithel vermisst (Fig. 63, 64). Diese Verhältnisse verdienen noch näher untersucht zu werden. Ein Penis ohne Chondroidelemente wird bei den Gruppen II, IV und VII angetroffen. Die letztere umfasst sämmtliche auf ihre Copu- lationsorgane hin untersuchte Oncidiellen. Bei manchen derselben (vielleicht im ausgewachsenen Zustande bei allen) enthält der Penis merkwürdiger Weise grosse Mengen von Kalk, der wohl auch den Zweck hat, dem hervorgestülpten Gliede grössere Festigkeit zu ver- leihen. SEMPER hat diese Concretionen schon von Oncidiella celtica, borealis und carpenteri erwähnt, während sie nach ihm bei One. reti- culata in „saugnapfähnlichen Organen“ liegen sollen. JOYEUX-LAFFUIE verdanken wir den interessanten Nachweis, dass es harnsaurer Kalk ist, welcher im Lumen des Penis aufgespeichert wird. Er bildet bei manchen Individuen so beträchtliche Massen (Fig. 68 von Oncidiella maculata), dass der Penis in durchfallendem Lichte an vielen Stellen ganz schwarz aussieht. Das Epithel schmiegt sich diesen Concretionen immer ganz eng an und deutet schon hierdurch an, dass es dieselben ausgeschieden hat. Am besten orientirt man sich auf Querschnitten über die Lage dieser Gebilde. Das Epithel stülpt sich zu zahlreichen, verschieden tiefen Säcken und Gruben ein, und in diesen sitzen die ovalen, spindelförmigen oder rundlichen Concretionen (Fig. 70 von Oncidiella reticulata), deren inneres Ende vielfach etwas zugespitzt ist und in das Lumen des Penis frei hineinragt. Wird also nun das Begattungsorgan hervorgestülpt, so kommt diese Innenfläche nach aussen zu liegen, und jene freien Enden können wie Zähnchen als Reiz- organ fungiren. Dass die Concretionen dabei abgeworfen würden, wie Joyeux-Larrure (1, p. 329) meint, scheint mir durch nichts bewiesen zu sein. Man müsste in diesem Falle doch ab und zu ausgewachsene Individuen antreffen, welche gar keine oder nur sehr wenige Kalk- körper enthielten, was nach den von mir an Oncidiella celtica, macu- lata, borealis, obscura und reticulata gewonnenen Erfahrungen, denen freilich nicht allzu viel Exemplare zu Grunde liegen, nicht vorkommt. Jugendliche Individuen hingegen, deren hintere Geschlechtsorgane noch Zool. Jahrb, VII. Abth. f. Morph. 10 ‘TNA RE 146 LUDWIG H. PLATE, klein und unentwickelt sind, entbehren sehr häufig der eigentlichen Concretionen, enthalten jedoch im Muskelgewebe winzige zerstreute Kalkkörperchen, wie sie in der bindegewebigen Umhüllung fast aller Organe und in der Haut auftreten können. Meines Erachtens werden also die harnsauren Kalkmassen nicht abgestossen — man kann daher auch nicht von einer excretorischen Function des Penis sprechen —, sondern sie erfüllen denselben Zweck wie das Chondroidgewebe, die Wandung des Begattungsorganes rauh und fest zu machen. — Bei Oncidiella reticulata, obscura und (nach SEMPER) carpenteri weist der Penis noch eine Eigenthümlichkeit auf. Er zerfällt bei den ersteren beiden Arten (Fig. 69) in einen breiten vordern Abschnitt (pe) und einen schmalen, hintern (pe‘). Wo diese in einander übergehen, inserirt sich ein kurzer, rundlicher Blindsack (bl), der ebenso wie das Hinter- ende von pe dicht von Concretionen erfüllt ist, die bei Onc. reticulata ausnahmsweise glasartig durchsichtig aussehen. Bei Onc. carpenteri ist die Strecke pe‘ kaum vorhanden, so dass der Blindsack der Einmündungsstelle des Vas deferens sehr genähert ist. Wird nun der Penis dieser drei Arten vorgestülpt, so bildet der Blindsack eine als Reizapparat dienende Papille, ähnlich wie bei Oncis lata (Fig. 59 pap) und andern Arten. Eine Penisdrüse findet sich bei den Gruppen I, II und V, d. h. sie kommt sehr vielen Oncidiwm-Arten und Peronina alta zu, während sie innerhalb der Gattung Oncis fehlt mit Ausnahme von Oncis mon- tana. Die Genera Oncidina und Oncidiella entbehren derselben, nach unsern jetzigen Kenntnissen, stets. An der Driise kann man in der Regel 4 verschiedene Abschnitte unterscheiden (Fig. 56 von Oncidium verruculatum). Erstens einen sehr langen ,,Endschlauch“ (pdr), welcher die eigentliche Drüse darstellt und zu einem dicken Knäuel zusammen- gewunden ist. Dieser Schlauch verschmälert sich nach vorn zu etwas und geht dann plötzlich in einen dicken, spindelförmigen „Muskelsack“ (pdrmu) über, aus dem ein wiederum viel schmälerer ,,Ausfiihrgang“ (pdrd) hervortritt. Er mündet in einen weiten „Endsack“ (pdrs), der sich mit dem Endsack des Penis vereinigt und so mit diesem an der vordern Geschlechtsöffnung ausmündet. Der Ausführgang birgt in seinem Innern ein merkwürdiges Gebilde, einen hohlen Chitinstachel, der vorn in der Regel zugespitzt endet und hier aus einer Oeffnung das Secret des Endschlauches hervortreten lässt. Bei der Begattung wird der Endsack hervorgestülpt, und der Stachel bohrt sich mit dem - Penis zusammen in die Vulva ein. Ein solcher Stachel, auf dessen verschiedene Gestalt und deren Bedeutung für die Systematik schon Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 147 SEMPER aufmerksam gemacht hat, fehlt nur bei Oncis montana (Fig. 71); sonst ist er überall vorhanden. — Bei einer Anzahl von Arten wird die Penisdriise etwas einfacher, indem Muskelsack und Ausfiihr- gang zusammenfallen und sich dann nur 3 Regionen unterscheiden lassen: der Drüsenschlauch (Fig. 71, 73 pdr), der nach vorn dünner wird, der stark musculöse Stachelabschnitt (Fig. 73 pdrmu), der sich kegelförmig nach vorn verbreitert, und der Endsack (pdrs). Diese mittlere Strecke stülpt sich bei Oncidium multinotatum, Peronina alta und Oncis montana mit einer grossen Papille (Fig. 71, 72 pap) in das Lumen des Endsackes ein. Sie trägt auf ihrer Spitze eine kleine Oeffnung, aus welcher bei den ersteren beiden Arten der Stachel her- vorgestülpt wird (Fig. 72 st). Eine solche Papille habe ich bei On- cidium marmoratum und nigrum vermisst, vielleicht nur deshalb, weil hier zufällig der Stachelabschnitt ganz aus dem Endsack zurück- gezogen war. — Noch etwas einfacher endlich gestaltet sich der Bau der Penisdriise bei Oncidium vaigiense und aberrans. Man könnte sie zweitheilig nennen, insofern der Drüsenschlauch scheinbar direct mit seinem vordern verjüngten Ende in den Endsack einmündet. Eine mittlere, musculöse Region fehlt vollständig. In Wahrheit ist aber auch hier ein stachelführender Abschnitt, eben jenes Vorderende des Drüsenschlauches, vorhanden, so dass der Unterschied nur auf dem Mangel einer dicken Muscularis dieser Strecke beruht. Wer eine grössere Anzahl von Oncidiiden untersucht, dem wird nicht entgehen, in welch auffallendem Grössenverhältniss Penis und Penisdrüse zuweilen zu einander stehen. Da letztere doch nur einen Anhang an ersterm darstellt, so sollte man erwarten, das Ueberge- wicht der Masse bei dem Copulationsorgan anzutreffen. Bei einzelnen Arten erreicht die Drüse aber eine geradezu enorme Grösse, so dass der Penis daneben fast völlig verschwindet. Dies ist z. B. bei Pero- mna alta der Fall, wovon ein Blick auf Fig. 73 den Leser überzeugen wird. Der Penis mit Retractor hat hier eine Länge von 5—6 mm, die Drüse hingegen von 220 mm, also ein Verhältniss von ca. 1:37! Aehnlich verhalten sich Oncidiwm multinotatum : Penisdrüse 530 mm (12mal so lang wie das ganze Thier), Penis 40 mm; Oncidium nebu- losum: Penisdrüse 208 mm, Penis mit Retractor 23 mm. Aus der wechselnden Grösse der Penisdrüse kann man auf sehr verschiedene Secretmengen schliessen, die bei der Ejaculation des Spermas abge- geben werden; warum aber die Arten sich in diesem Punkte ungleich verhalten, ist bei unsern ungenügenden Kenntnissen der Lebensge- wohnheiten der Oncidiiden noch ganz unaufgeklärt. 10* 148 LUDWIG H. PLATE, Die Vielgestaltigkeit, in der uns der Penisdriisenstachel entgegen- tritt, ist aus den Fig. 74, 75, 76, 77, 79, 82 und 83 zu ersehen. Einzelheiten hierüber werde ich im speciellen systematischen Abschnitt vorbringen. An den Stacheln kann man immer eine derbe äussere und eine zarte innere Chitinwandung unterscheiden, die ich als Cuti- cula externa und interna bezeichnen will (Fig. 74, 76—78). Zwischen beiden breitet sich eine dünne Protoplasmaschicht aus, die in den meisten Fällen — vielleicht immer — nicht continuirlich ist, sondern sich in unregelmässig angeordneten, theilweise anastomosirenden Längs- strängen ausbreitet (Fig. 77, 80 a) oder aus einzelnen Zellen besteht (Fig. 81). In diesen feinkörnigen Bändern liegt von Strecke zu Strecke ein Kern von geringer Grösse. Da die Penisdrüse sonst überall von Epithel ausgekleidet wird, so sind vermuthlich jene Protoplasmastränge resp. -zellen auch aus einem solchen hervorgegangen, das sich zu- nächst in ein Syncytium verwandelte und dann auf bestimmte Linien beschränkte oder dessen Zellen auseinanderrückten. Ich halte sie daher für eine modificirte Matrixschicht, die nach innen und nach aussen eine Cuticula absonderten. In der äussern Chitinlage finden sich nun manchmal noch zahlreiche grössere Zellen, die nach allen Seiten anastomosirende Ausläufer abgeben und daher ungefähr wie Knochenkörperchen aussehen (Fig. 77, 78, 80 c). Manche derselben stehen mit den Matrixstreifen in Zusammenhang (Fig. 78), weshalb sie wohl als nach aussen verlagerte Zellen derselben anzusehen sind. Vielleicht stellen sie auch die letzten Reste eines ursprünglich vor- handenen äussern Epithels dar, welches der Cuticula externa ihren Ursprung gab. Diese grossen Zellen sind, wie schon SEMPER betont hat, in sehr verschiedener Weise bei den einzelnen Arten angeordnet und können daher für die Systematik verwerthet werden. Die Basis des Stachels ist wohl immer kegelförmig verbreitert (Fig. 75, 79), indem sich die Muscularis des Drüsenausführganges in sie fortsetzt. Bei Peronina alta dringen ausnahmsweise diese Muskeln zwischen der Cuticula externa und interna bis zur Spitze des Stachels vor, durchsetzen ihn also in ganzer Länge. Da der Penis in seiner Länge erheblichen Schwankungen unter- worfen ist, so ist es begreiflich, dass auch die Anheftungsstelle des Retractor penis am Boden der Leibeshöhle bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten gelegen ist. Ich unterscheide in dieser Hinsicht 4 verschiedene Stadien: erstens der Rückzieher inserirt sich ungefähr in der Höhe der Nervencentren, zweitens weiter nach hinten neben dem Pericard, drittens im hintersten Winkel der Leibeshöhle ; endlich der vierte Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 149 Fall, wo die Anheftung in einem, in der linksseitigen Kérperwandung gelegenen Canal erfolgt, nimmt eine ganz isolirte Stellung ein und findet sich auch nur bei einer Art (Oncidium nangkauriense). In keiner der drei artenreichen Gattungen Oncidium, Oncis, Oncidiella sehen wir eine Anheftungsstelle bevorzugt, sondern alle drei Modi neben einander auftreten; oft verhalten sich ganz nahe stehende Species hierin verschieden. Näheres hierüber im systematischen Theile. — Die merkwiirdigen Verhältnisse von Oncidium nangkauriense (Fig. 84) sind durch die ungewöhnliche Länge des Penis hervorgerufen worden. Derselbe misst hier nämlich 55 mm, d. h. er ist 2'/, mal so lang wie der ganze Körper und beschreibt daher in der Leibeshöhle eine grosse S-förmige Schlinge und — im vordern Abschnitt — zahlreiche kurze Windungen. Er ist sehr einfach gebaut, da eine Penisdrüse und Dif- ferenzirungen aus Chondroidgewebe fehlen. Im hintersten Winkel der Leibeshöhle, links neben der Eintrittsstelle des Enddarms in den Fuss, öffnet sich ein Canal, der in der linken Körperwand liegt und sich nach vorn fast bis zum Anfange des zweiten Körperdrittels erstreckt: er läuft am Boden der Leibeshöhle entlang, liegt also in der Linie, in der die Seitenwand des Körpers und die Fussfläche zusammen- stossen. In diesen Canal, der also gleichsam eine Fortsetzung der Leibeshöhle darstellt, tritt der Penis ein und heftet sich hier auch mittelst eines kurzen Retractors (retr) an. Wo Muskel und Penis zu- sammenhängen (bei «), mündet, wie gewöhnlich, das Vas deferens (Vdf*) ein, das im Innern jenes Canals zahlreiche kurze Windungen beschreibt, in der Leibeshöhle ziemlich gerade (Vdf?) verläuft, ganz vorn (Vdft) aber wieder ein Knäuel bildet. Capitel V. Das Nervensystem. Ueber das Nervensystem der Oncidiiden liegen ausfiihrlichere Mit- theilungen nur von v. JHERING (13, p. 230), BERGH (2, p. 131; 3, p. 176) und JoyEux-LAFFUIE (1, p. 296) vor, mit denen ich aber in manchen Einzelheiten, die weiter unten erörtert werden sollen, nicht übereinstimme. Während die im Vorhergehenden erörterten Organ- systeme eine ungeahnte Fülle morphologischer Differenzirungen er- kennen liessen, die im erfreulichen Gegensatz stand zu der Gleich- förmigkeit der äussern Erscheinung, tritt uns das Nervensystem bei «Jen Arten in derselben typischen Ausbildung entgegen und variirt 150 LUDWIG H. PLATE, nur in ganz nebensächlichem Detail. Am leichtesten lässt es sich natürlich bei den grossen Species aus seiner dicken bindegewebigen Umhüllung herauspräpariren, weshalb sich die folgende Schilderung auf Oncidium peroni bezieht. Die Ganglien des Centralnervensystems liegen hinter und unter dem Schlundkopf am Boden der Leibeshöhle dicht bei einander und fassen, wie gewöhnlich, den Oesophagus zwischen sich. Man kann folgende Centren unterscheiden: 1) die zwei Gehirnganglien (Fig. 85 cer), die durch eine schmale und ziemlich lange Cerebralcommissur, welche über den Oeso- phagus hinwegzieht, mit einander verbunden werden; 2) die zwei Pedalganglien (Fig. 87 ped), welche dicht unter den Cerebralganglien liegen und durch eine doppelte, unter dem Oeso- phagus verlaufende Commissur zusammenhängen; die vordere (pede) ist ungefähr 3mal so breit wie die hintere und liegt auch etwas über dieser; ; 3) die drei Ganglien der Visceralkette, nämlich ein linkes und ein rechtes Pleuralganglion (Fig. 85, 87 pl), die mit den Pedal- und Cerebralganglien ihrer Seite eng verwachsen sind und eine unter dem Schlund verlaufende Visceralcommissur zwischen sich fassen, der das Visceralganglion ganz asymmetrisch eingelagert ist. Es liegt nämlich dem linken Pleuralganglion stark genähert, so dass das linke Theilstiick der Visceralcommissur ca. !/, mm, das rechte 3 mm misst. Die Gehirnganglien sind noch durch eine zweite Commissur mit einander verbunden, die bei allen Oncidiiden vorkommt, aber bis jetzt übersehen worden ist. Es ist dies eine zarte untere Commissur (Fig. 85 r), welche sich zwischen die Arterien der Fussdrüse (o) und des Schlundkopfes («) einschiebt. Die vorstehende Schilderung, welche auch für alle übrigen On- cidiiden gilt, weicht von den früher gegebenen in folgenden Punkten ab. 1) v. JHERING (13) hat das Visceralganglion vollständig übersehen und zeichnet sämmtliche Commissuren viel zu kurz im Verhältniss zu ihrer Breite. Die hintere Pedalcommissur bezeichnet er irrthümlich als die subcerebrale, obwohl sie in keiner Weise mit den Gehirn- ganglien zusammenhängt. 2) BERG!) hat das Visceralganglion zuerst gesehen, aber ihm 1) Ich beziehe mich hier nur auf die im Morph. Jahrbuch gegebene Schilderung, die immerhin noch besser ist als diejenige in den Chal- lenger-Reports. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 151 ist das Ungliick begegnet, die linke und die rechte Seite mit einander zu verwechseln; wahrscheinlich hat er das ganze Nervensystem zuerst herauspräparirt und dasselbe dann durch ein Versehen umgedreht und so gezeichnet, wie denn auch auf seiner Abbildung die Pedalganglien über den Visceralganglien liegen. Er lässt daher das Visceralganglion nach rechts verschoben sein und behauptet, das linke Pedalganglion sei etwas grösser als das rechte, während thatsächlich das umgekehrte Verhalten vorliegt. Ein solches Ueberwiegen des rechten Pedalganglions habe auch ich bei Oncidium peroni beobachtet (Fig. 87), bei einzelnen anderen Arten mag es auch zutreffen, jedenfalls aber nicht bei allen. 'BERGH zeichnet ferner sein rechtes Pedalganglion irrthümlicher Weise weit ab von dem zugehörigen Cerebral- und Pleuralganglion. Bei Onc. peroni ist in der That das linke Cerebropedal-Connectiv (Fig. 87) etwas länger als das rechte, aber bei weitem nicht in dem Maasse, wie man nach der Bereu’schen Abbildung erwarten sollte. Die hintere Pedalcommissur hat der verdienstvolle dänische Zoolog entweder ganz übersehen oder sie fälschlich, wie v. JHERING, als Subcerebral-Com- missur interpretirt. Die letztere Möglichkeit hat aber wenig Wahr- scheinlichkeit für sich, da er diese Commissur hinter die Visceral- commissur verlegt und angiebt, sie lasse sich bis zu den Gehirnknoten verfolgen, was beides nicht zutrifft. Vermuthlich hat er sich durch einen Rest der bindegewebigen Umhüllung der Visceralcommissur ‘ täuschen lassen. — v. JHERING deutet die Brrau’sche Abbildung in einer andern Weise (12, p. 225), aber seine Auffassung scheint mir nicht zulässig, da ja das mittlere Ganglion d mit dem einen Cerebral- ganglion direct verbunden ist und daher kein Genitalganglion sein kann. 3) Mit Joyeux-LaAFFuIE stimme ich hinsichtlich der Nervencentren fast vollständig überein; nur vermisse ich auch bei ihm die untere Cerebralcommissur, und mit Unrecht lässt er ferner das Visceral- ganglion nach rechts verschoben sein, während es doch in Wahrheit links von der Medianebene der Centren liegt. Ich habe es absichtlich vermieden, für die soeben erwähnte untere Gehirncommissur die Bezeichnung ,,Subcerebralcommissur“ zu ver- wenden und ebenso auch nicht von einer Parapedalcommissur ge- sprochen, denn es lassen sich zur Zeit die Homologien zwischen den verschiedenen unteren Commissuren, solange deren Beziehungen zu den Arterien noch nicht feststehen, unmöglich bestimmen. Nach Vv. JHERING (12, p. 198) soll die Subcerebralcommissur der Pedal- commissur sich eng anschmiegen, wie dies in der That aus den schénen 152 LUDWIG H. PLATE, Vayssızre’schen Arbeiten über die Tectibranchier klar hervorgeht. Sie soll aber auch vollständig in die Cerebropedal-Connective aufgenommen werden können und dann als eine zweite Commissur der Pedalganglien erscheinen. So deutet v. JHERING die zweite Pedalcommissur bei den Limnäen, Heliciden, Oncidien und Vaginuliden als eine subcerebrale. Ich bestreite, dass für diese Auffassung irgend ein Beweis erbracht ist, denn wenn er von den Nudibranchien, wo im Wesentlichen die gleichen Verhältnisse vorliegen, nur dass hier beide Pedalcommissuren verhältnissmässig lang sind, sagt, die eine derselben entspringe zwar von den Pedalganglien, aber ihr Ursprung läge in den Cerebralganglien, so ist dies einfach eine Phrase, durch welche die Sache nicht ge-° fördert wird. Es scheint mir zunächst das Richtigste zu sein, diese vordern und hintern Verbindungsstränge der Fusscentren der Nudi- branchien und der Pulmonaten für echte Pedalcommissuren zu halten und sie für beide Abtheilungen zu homologisiren ; letztere stimmen auch darin überein, dass kein Gefäss zwischen diesen beiden Com- missuren hindurchtritt. Erst wenn entwicklungsgeschichtlich der Nach- weis erbracht ist, dass eine dieser Commissuren cerebralen Ursprungs ist, kann diese als subcerebral bezeichnet und dem gleichnamigen Strang der Tectibranchier homolog gesetzt werden. Ich vermuthe aber, dass für die Pulmonaten dies überhaupt gar nicht zu erweisen sein wird, da ich die oben erwähnte untere Gehirncommissur für das Homo- logon der Subcerebralcommissur der Tectibranchier halte. Zunächst : sei hervorgehoben, dass sie in gleicher Weise auch bei den Limnäen vorkommt, wo sie nach LACAZE-DUTHIERS (30, p. 453) jederseits einen zarten Nerven abgiebt, welcher unter dem Schlunde mit der Labial- arterie nach vorn läuft und die Ventralfläche des Kopfes versorgt. Dieselben Seitenzweige finden wir auch bei den Oncidiiden wieder., Auch bei den Bulliden (Gastropteron, Scaphander, Philine, Bulla) giebt die Subcerebralcommissur nach VAYSSIERE (31) jederseits einen Nerven an den Rüssel ab und bei Umbrella (32) einen solchen, der den Rüssel und Seitentheile des Kopfes versorgt. Aus dieser Uebereinstimmung in der Lage und dem Verhalten der abtretenden Nerven folgere ich die Homologie dieser Commissuren für die Tectibranchier und Pul- monaten. Ob eine Subcerebralcommissur in diesem Sinne auch bei Nudibranchiern vorkommt, müssen weitere Untersuchungen lehren; viel- leicht dass sich die sog. Labialcommissur von Archidoris (33, p. 1078) als eine solche erweist. Das, was v. JHERING und BERGH bei dieser Abtheilung so genannt haben, ist als eine Pedalcommissur aufzufassen, es sei denn, dass entwicklungsgeschichtlich der cerebrale Ursprung Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 153 nachgewiesen werde. — Eine Parapedalcommissur habe ich bei den Oncidiiden nicht aufgefunden, obwohl sie vielleicht vorhanden ist, da sie bei Tectibranchiern und Basommatophoren (Limnäen) nachgewiesen ist und sich die Oncidiiden meines Erachtens in phylogenetischer Hin- sicht zwischen diese beiden Familien einschieben. In meiner vorläufigen Mittheilung habe ich die hintere Pedalcommissur so bezeichnet, aber nach v. JHERING (12, p. 199) soll die Parapedalcommissur nach hinten einen Nerven abgeben und zusammen mit der eigentlichen Pedalcom- missur die Pedalarterie umfassen. Dies trifit für die Oncidiiden nicht zu, und daher kann bei diesen von einer Parapedalcommissur nicht die Rede sein. Ob übrigens diese Beziehung zur Pedalarterie , constant angetroffen wird, scheint mir noch zweifelhaft zu sein, da VAYSSIERE fiir Aplysia angiebt, dass die Aorta anterior zwischen jenen beiden Pedalsträngen hindurchtrete. Man ersieht aus der vorstehenden Kritik, dass es nicht überflüssig war, die Ganglien der Oncidiiden einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen, und dasselbe glaube ich fiir das noch weniger gepflegte Gebiet der Nerven behaupten zu diirfen. Sehen wir von den Cere- brobuccal-Connectiven (Fig. 85 1) ab, so verlassen folgende Nerven jederseits die Gehirnganglien: 1) ein Nervus oralis (2) für den Mundrand, 2) ein Nervus frontalis et nuchalis (3) für Stirn (die Region zwischen den Fühlern) und Nacken, 3) ein starker Nervus labialis (4), welcher sich in mehrere Aeste auflöst und die Lippensegel versorgt, 4) ein Nervus tentacularis (5) für den Fühler und das auf ihm befindliche Auge, 5) ein Nervus acusticus, dessen schwer zu ermittelnde Lage JOYEUX-LAFFUIE zuerst richtig erkannt hat. Hierzu kommt auf der rechten Seite (6) ein starker Penisnerv, der mit mehreren Aesten in das Begattungsorgan und die Penisdrüse eindringt. — Von der untern Cerebralcommissur gehen jeder- seits 2 Nerven ab: der eine tritt nach hinten und innen an die Wurzel der Arteria pharyngealis und ist ein Gefässnerv, der andere verläuft nach vorn an den Hinterrand des Mundrohres, vielleicht auch Seiten- zweige an die Fussdriise abgebend. y. JHERING hat mehrere Cerebralnerven nicht beachtet, während Bercu ihre Zahl zu hoch angiebt, indem er, abgesehen vom Fühler-, Penis-, und vom Lippensegelnerv 2 Nervi orales, 2 labiales und mehrere Nervi bulbi pharyngei unterscheidet. Letztere sind gar nicht 154 LUDWIG H. PLATE, vorhanden, indem der Pharynx ausschliesslich von den Buccalganglien und Connectiven versorgt wird. Die Buccalconnective verlaufen näm- lich zuerst frei, dann treten sie in die Schlundkopfmusculatur ein und ziehen unter der Oberfläche derselben zur Wurzel des Oesophagus, hinter dem die zwei kleinen Buccalganglien gelegen sind und frei zu Tage treten. Aus Fig. 88 ist ersichtlich, wie die Seitenzweige c, d und der von der Commissur entspringende Nerv e in den Pharynx eindringen, während b zur Speicheldrüse, a zum Oesophagus hinzieht. — Auch JoYEux-LAFFUIE weicht von meiner Darstellung der Gehirn- nerven etwas ab; nach ihm sollen bei Oncidiella celtica der Nervus oralis und labialis mit gemeinsamer Wurzel entspringen, und auch der Penisnerv soll ein Seitenzweig dieses Nerven sein. Dass derartige Verschmelzungen bei einzelnen Individuen auftreten können, ist wohl unzweifelhaft, aber ich halte dies nicht für die Regel, da ich mich bei Oncidiella celtica, accrensis und pachyderma von dem typischen Verhalten überzeugen konnte. Von den Pleuralganglien treten jederseits drei starke Nerven ab, die schräg nach aussen zur Körperwand verlaufen; ich habe sie in den Zeichnungen mit V, VI, VII, und III, IV, VIII bezeichnet. VII und VIII gabeln sich, in der Regel schon nach kurzem Verlaufe. Im Einzelnen verhalten sich die entsprechenden Nerven beider Seiten nicht ganz gleich; namentlich ist Nerv III stärker und länger als V und lässt sich bis neben das Vorderende des Herzbeutels verfolgen, wobei er sich eine Strecke lang der Aorta posterior eng anschmiegt (Fig. 85). Das Visceralganglion entsendet zwei starke Nerven J und II. I legt sich ebenfalls mittelst Bindegewebe dem zum Hinterkörper führenden Hauptgefäss eng an. Im hintersten Winkel der Leibeshöhle gabelt er sich und umgreift von der Ventralseite her den Enddarm. Der linke Gabelast ist etwas länger als der rechte, schiebt sich zwischen Receptaculum seminis und Rectum und tritt dann zur linksseitigen Hälfte der Lungenhöhle und Niere. Der kürzere Gabelast verhält sich ebenso auf der rechten Seite (Fig. 85). Nerv JZ verbindet sich wiederum auf das engste mit der hintern Aorta. Schon gleich hinter seiner Wurzel gabelt er sich zum ersten Male. II (Fig. 85) tritt auf den gemeinsamen Aortenstamm über, während der Hauptnerv weiter nach hinten zieht und sich dann noch einmal spaltet. ZT? lässt sich als ein starker Nerv bis zum Hinterende des Pericards und zu den benachbarten Nierentheilen verfolgen. Ueber das Schicksal von ZI? bin ich leider nicht zu sichern Resultaten gekommen; wahrscheinlich Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 155 dringt dieser Nery zusammen mit der Genitalarterie in die Geschlechts- organe ein. Vom Nerven J habe ich keine Zweige an diese heran- treten sehen, es bleibt daher kaum eine andere Möglichkeit, den Ur- sprung der Genitalnerven abzuleiten. V. JHERING und BERGH machen über die Nerven der visceralen Kette nur ungenaue Angaben. JOYEUX-LAFFUIE hat auf der linken Seite die drei Pleuralnerven richtig erkannt, auf der rechten aber den mittlern übersehen. Den Nerven Z hat er nicht mit seinen zwei Gabelästen bis zur Lungenhöhle verfolgt, sondern lässt diese im Rectum und Vagina + Vas deferens enden. Nerv II soll mit dem einen Aste in die Geschlechtsorgane übertreten. Die Pedalganglien geben von ihrer Ventralfläche jederseits drei starke Nerven ab (Fig. 85, 86, 87 a, f, g), einen vordern, einen mittlern und einen hintern, die in der Regel schon dicht an der Wurzel in mehrere feinere Stämme zerfallen und dadurch ein büschelartiges Aussehen annehmen. Der linksseitige Nerv (g) besteht immer aus zwei langen Strängen, während er rechts bei Oncidium peroni in noch zahlreichere Gabeläste zerfällt, entsprechend der bedeutenderen Grösse des rechten Fusscentrums. Ausserdem giebt jedes Pedalganglion noch drei zarte Nerven ab, von denen der mittlere sich direct an der Wurzel oder etwas später zu gabeln pflegt (b, c, d). Beide Seiten verhalten sich in diesem Punkte oft ungleich (Fig. 36). Man könnte im Zweifel sein, ob diese Nerven nicht eher als Derivate der Pleuralganglien zu betrachten sind. Sie entspringen nämlich jener Zone, in der die beiden Ganglien jeder Seite breit verwachsen sind. Sucht man die Ganglien hier von einander zu lösen, so bleibt oft der eine oder der andere dieser Nerven an dem Pleuralganglion hängen, als ob er zu diesem gehörte. Da sie aber, wie die übrigen Pedalnerven, sich in die Fussohle einbohren, nehmen sie ihren Ursprung auch sicherlich in den Fusscentren. Bei Oncidiella pachyderma war die Zahl der zarten Fussnerven etwas grösser, in- dem vermuthlich auch 5 und d sich an der Wurzel gabelten. v. JHE- RING und BERGH erwähnen die starken Pedalnerven, JoyEUX-LAFFUIE auch noch den einen von den drei zarten. — Von der Anwesenheit strickleiterartiger Quercommissuren zwischen den Pedalnerven habe ich mich nie überzeugen können. Ich muss in diesem Punkte v. JHE- RING gegen SEMPER (29, p. 481) Recht geben. Von den Sinnesorganen sei hier der Ommatophoren zunächst kurz gedacht. Bei der Mehrzahl der Arten können sie durch einen kurzen Retractor (Fig. S5 mu), der sich in der Höhe des Hinterendes 156 LUDWIG H. PLATE, des Pharynx am Boden der Leibeshéhle anheftet, in letztere zuriick- gezogen werden; sie sind also einstiilpbar, wie die Fiihler der Styl- ommatophoren. Zwei Species jedoch, die beide auch darin überein- stimmen, dass das Athemloch bei ihnen nach rechts verschoben ist, Oncis montana (Fig. 3 t, Fig. 89) und Oncidina australis (Fig. 35 #) machen merkwiirdiger Weise eine Ausnahme von dieser Regel. Hier sind die Fiihler zwar auch hohl, aber sie sind dort, wo sie sich in die Leibeshöhle öffnen, durch eine Muskelplatte geschlossen, die nur von dem Fühlernerven (Fig. 89 n) durchbrochen wird. Ein eigent- licher Retractor fehlt noch vollständig. Als erste Andeutung desselben sind vielleicht die zarten Muskelfasern (mw) anzusehen, welche im Fühler selbst liegen. Sie entspringen im basalen Abschnitt des Fühlers, von den Seiten und von jener Verschlussplatte und inseriren sich an der Spitze, die sie etwas einzustülpen vermögen. Wie man sieht, be- steht in diesen Fällen eine grosse Aehnlichkeit mit den Fühlern der Basommatophoren. Die merkwürdigen Rückenaugen der Oncidiiden habe ich, da sie von SEMPER — und neuerdings auch von v. LENDENFELD (22) — eingehend untersucht worden sind, nur hinsichtlich ihres Vorkommens und ihrer Gruppirung bei den verschiedenen Gattungen geprüft. Es ergab sich Folgendes. Aus der Gattung Oncidium sind durch SEMPER, STOLICZKA an mich zusammen 30 Arten genauer bekannt geworden. Unter diesen tragen 26 die Augen in Gruppen, bei einer (Oncidium luteum) stehen sie einzeln, endlich bei drei Species (Oncidium amboinae, multinotatum, aberrans) fehlen sie vollständig. Es ist häufig sehr schwer, sich von dem Mangel der Rückenaugen zu überzeugen, will man nicht den ganzen Rücken in endlose Schnittserien zerlegen, da dieselben, wie schon SEMPER gezeigt hat, in ihre Rückenpapillen zurückgezogen werden können und dann oberflächlich nicht sichtbar sind. Glaubt man eine augenlose Form vor sich zu haben, so ist es rathsam, wenigstens das Scheitelfeld, die centrale Region des Mittelfeldes, in Schnittserien zu zerlegen. Hier an der am höchsten gelegenen und daher zur Umschau am besten geeigneten Stelle des Rückens pflegen sich nämlich die Augen am längsten zu erhalten, was ich daraus schliesse, dass Oncidium vaigiense, marmoratum und nigrum nur eine solche centrale Gruppe von 3—4 Augenflecken aufweisen, wahrend der ganze übrige Rücken derselben entbehrt. Zur Gattung Oncis gehören zur Zeit 8 Arten; von diesen besitzen zwei (Oncis lata und coeca) keine Augenflecke, die übrigen haben Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 157 zahlreiche, über den ganzen Rücken sich vertheilende Einzelaugen ; ab und zu kommt es aber auch hier vor, dass 2—3 Augen so eng zusammenriicken, dass sie eine Gruppe bilden. So finde ich bei zwei Individuen von Oncis montana eine solche Gruppe auf dem Scheitel- felde, während die übrigen ca. 30 Augen einzeln stehen. Ein drittes Exemplar zeigte hier ebenfalls ein Einzelauge. Oncis martensii hat 70—80 Einzelaugen, daneben ca. 12 Doppelaugen. — Wenn sich dem- nach auch die Gattungen Oncidium und Oncis nach der Vertheilung der Augenflecke nicht ganz scharf trennen lassen, so bietet doch dieses Moment ein wichtiges systematisches Hiilfsmittel, indem jene ganz überwiegend Gruppen-, diese Einzelaugen trägt. Bei Peronina alta findet sich eine Gruppe von 2 Augen auf dem Scheitelfelde und ausserdem 5 Papillen mit je einem Augenflecke. Meine frühere Angabe (23), dass hier nur Einzelaugen vorkämen, ist daher nicht ganz richtig. Endlich die beiden letzten Genera, Oncidina und Oncidiella, ent- behren der Rückenaugen vollständig. Auf das wahrscheinliche Fehlen der Augen bei Oncidium aberrans hat schon SEMPER hingewiesen und zugleich betont, dass dieses dann eine bedeutungsvolle Ausnahme des von ihm aufgestellten Satzes sein wiirde, wonach die Oncidien des Indischen Oceans stets Augen besitzen, um mit ihrer Hülfe rechtzeitig die ihnen nachstellenden Periophthalmus- Arten zu erblicken und dann dieselben durch einen Spriihregen der Hautdrüsen zuriickzuschrecken. Dieser Satz lässt sich nicht linger auf- recht erhalten, denn ausser jener Art stammen auch die andern oben von mir erwähnten blinden Arten aus einem Gebiete, in welchem jene Fische heimisch sind: Oncidium amboinae und Oncis coeca von Amboina, Oncidium multinotatum von Manilla, Oncis lata von Neu-Britannien. Es geht hieraus hervor, dass eben nicht alle Arten dieses Hülfsmittel im Kampfe ums Dasein sich erworben haben; vielleicht sind diese blinden Formen in einer andern, uns noch nicht bekannten Weise ge- schützt. Ich halte es übrigens für verfehlt, die Augen bloss als Watie im Kampfe gegen die Periophthalmus- und Boleophthalmus-Species anzusehen, denn sie finden sich auch bei Oncis montana, die ausser- halb des Wassers hoch oben am Berge lebt. Ferner kommt Peri- ophthalmus koelreuteri an der Westküste von Afrika vor, aber trotzdem ist Oncidiella maculata von Angra pequena augenlos. Es ist wohl sicher, dass die Oncidiiden noch zahlreiche andere Feinde besitzen, vor denen sie durch jene Augen gewarnt werden und sich dann noch rechtzeitig im Sande vergraben können. Es ist interessant, dass unter 158 LUDWIG H. PLATE, den Mollusken nur noch die Chitonen solche zahlreiche tiber den Riicken vertheilte Augen besitzen, Thiere, die in ihrer tragen Lebens- weise und in dem Bediirfniss, ihrer Feinde frühzeitig ansichtig zu werden, ganz mit den Oncidiiden übereinstimmen. Der Mangel der Augen bei den Oncidiellen hängt wohl damit zusammen, dass sie allein jene riesigen, vielzelligen Hautdrüsen besitzen, die am Mantelrande ausmünden und die ich als Giftdrüsen deute. Dann würden jene auf- fallenden hellen Flecke am Mantelrande, die sich bei so vielen On- cidiellen (Fig. 4) scharf vom dunklen Untergrunde abheben und in der Lage jenen Drüsen entsprechen, Schreckfarben sein, die ihren Trägern eine ganz charakteristische, sich dem Gedächtniss der Feinde einprägende Zeichnung verleihen. Ein Geruchsorgan, das ich bei den in vieler Hinsicht noch so primitiven Oncidiiden sicher zu finden erwartete, fehlt merkwürdiger Weise in der Lungenhöhle vollständig. Capitel VI. Das Blutgefässystem. Das Blutgefassystem hat Joyeux-LaFFUIE eingehend geschildert, obwohl ihm nur eine für derartige Untersuchungen wenig geeignete Art zur Verfügung stand. Ich kann seine Angaben fast in allen Punkten bestätigen und in einigen erweitern. Der Herzbeutel mit dem Herzen liegt in einer nischenförmigen Einstülpung der rechten Seitenwand des Körpers und ungefähr in der Mitte desselben. Man gewinnt von dieser Nische am besten eine Vor- stellung bei den Oncis-Arten (Fig. 34). Sie wird auf der ganzen rechten Seite von der dicken Musculatur der Haut begrenzt, während sie gegen die Leibeshöhle zu nur in der hintern Hälfte durch ein musculöses Septum (sep) abgeschlossen wird, das in der vordern fehlt, so dass hier eine freie Communication mit der Leibeshöhle bestehen bleibt. In diesem Divertikel ruht nun der dünnwandige, ovale, von einem Epithel ausgekleidete Herzbeutel und giebt die Aorta von seinem Vorderende ab. Auf der ganzen rechten Seite und am Boden besitzt er keine eigne Wandung ausser dem Epithel, das somit direct dem Muskelfilze der Haut aufsitzt; auf der Dorsalseite und auf der Innen- seite der Vorderhälfte hingegen begrenzt eine zarte Muscularis das Pericard nach aussen, die übrigens mit dem Septum verwachsen ist und daher vielleicht als dessen Fortsetzung anzusehen ist. Wie dem Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 159 auch sei, man kann auf alle Fille an der Innenwand des Herzbeutels einen derben Abschnitt, das Septum, und einen zarthäutigen unter- scheiden. Bei Oncidiwm (Fig. 33), Oncis (Fig. 34), Oncidiella und Peronina bildet das Septum die hintere Hälfte der Innenwand, bei Oncidina (Fig. 35) hingegen gerade umgekehrt die vordere. — Das Aussehen des Herzbeutels wird nicht selten dadurch etwas verändert, dass bei erwachsenen Thieren Theile der Oberleber und der Geschlechts- organe, namentlich der Eiweissdrüse, in die Nische eindringen, so dass man bei der Eröffnung des Thieres von der Dorsalseite zunächst nichts von dem Pericard wahrnimmt (Fig. 30). Das letztere wird dann dem Boden der Nische angepresst, so dass Kammer und Vorkammer an- nähernd horizontal liegen (Fig. 34), während sie sich normaler Weise nach allen Seiten gleichmässig ausdehnen, wobei dann der zarte Ab- schnitt der Innenwand mit dem Septum in derselben Ebene liegt und dessen directe Fortsetzung bildet (Fig. 33, 35). In meiner vorläufigen Mittheilung habe ich diese Verhältnisse so dargestellt, als ob die horizontale Herzstellung und die Verlagerung der Eingeweide in die Pericardnische nur bei den Oncis- Species vorkämen. Dies ist nicht ganz correct; sie werden auch bei einzelnen Oncidium-Arten beobachtet, wenn auch viel seltener als bei Oncis, und umgekehrt entbehrt diese sie in der Jugend meistens. Der vermuthete Unterschied zwischen einer horizontalen und einer verticalen Herzstellung lässt sich demnach nicht aufrecht erhalten. Hingegen differiren die Gattungen etwas hin- sichtlich der Lage des Herzens zur queren Mittellinie des Körpers. Bei Oncidium, Oncidina, Oncidiella und Peronina reicht das Herz gerade bis an diese hinan, bei Oncis jedoch noch um die halbe Peri- cardlänge über sie hinaus. — Dass das Herz der Oncidiiden die bei den Opisthobranchiern übliche Stellung hat, diese Thiere also opistho- pneumon sind, ist seit Cuvrer’s classischen Untersuchungen bekannt. Die Vorkammer ist dünnwandig und wird von einem System zarter Muskelfäden durchsetzt (Fig. 90 at), die Kammer besitzt viel dickere Wandungen und im Innern zahlreiche derbe Muskelzüge. Die Klappen (kl, kl’) am Eingange des Ventrikels hat schon JoYEUx-LAFFUIE richtig geschildert. | Das arterielle Blutgefässystem bietet manche Besonder- heiten dar, die sich aber schwer beurtheilen lassen, weil über das Gefässystem der Pulmonaten noch zu wenig Vergleichsmaterial vor- liegt. Zunächst fällt auf, dass sich die Aorta nicht gleich an ihrer Wurzel in zwei starke Hauptgefässe, die Aorta anterior und posterior, theilt, sondern dass die letztere scheinbar gar nicht vorhanden ist. 160 LUDWIG H. PLATE, Das erste Gefäss (Fig. 85 A), welches die Aorta abgiebt, ist ein winziger Seitenzweig, der an den Darm tritt. Etwas weiter nach vorn entspringt als erstes grosses Seitengefäss die Arteria visceralis (a. visc.), welche Leber, Magen und Theile des Darmes speist und daher als Homologon einer Aorta posterior angesehen werden diirfte, wenn sie sich bis zu den hintern Geschlechtsorganen fortsetzte. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Noch etwas weiter nach vorn gabelt sich die Aorta in zwei mächtige Stämme, von denen der eine nach vorn in den Kopf, der andere bis in den hintersten Winkel der Leibeshöhle verfolgt werden kann. Der erstere entspricht unzweifelhaft der typischen Aorta ant. seu cephalica der Pulmonaten, ob aber der letztere als Aorta posterior anzusehen ist, wage ich nicht zu entscheiden. Die Arteria genitalis freilich (a. genit.) wird von diesem hintern Hauptgefäss abgegeben, und insofern ‘entspricht es der typischen Aorta post.; aber dieses Gefäss ist auch zugleich Arterie der Lungenhöhle und kann deshalb mit gleichem Recht als homolog jenem Seitenzweige der Art. cephalica angesehen werden, welcher bei den Pulmonaten als Arteria pulmonalis fungirt. Ehe dieses Gefäss die Genitalarterie abgiebt, entsendet es zwei zarte Zweige (o,r) zur Basis des Pericards. Ferner entstammen demselben mehrere Ausläufer (a. int), welche zum Enddarm hinziehen. Endlich, im hintersten Winkel der Leibeshöhle, schmiegt es sich an die Ventralfläche des Rectums mit zwei Gabelästen an, die zusammen mit den Gabelästen des Visceralnerven I verlaufen; der linke, etwas grössere versorgt die linke Hälfte der Lungenhöhle, der rechte, kleinere die rechte. Dass die*Pulmonalarterie bei den Oncidiiden so unge- wöhnlich stark ist, ist nicht weiter auffallend, denn einmal führt sie, wie gesagt, gleichzeitig auch den Geschlechtsorganen das Blut zu, und zweitens sehen wir bei andern Pulmonaten mit weit nach hinten verlagerter Athemkammer (Daudebardia, Testacella) dieses Gefäss ebenfalls mächtig entwickelt (vergl. 19, tab. 36, fig. 89—92 pli). JOYEUX- LAFFUIE hat diese Beziehung der Aorta post. der Oncidiiden zum Respirationsorgan nicht erkannt und vermuthet deshalb, die ursprüng- liche Aorta post. der Pulmonaten habe sich hier in eine Art. visceralis und eine Art. genitalis gespalten, was natürlich mit dem Nachweis jener Beziehung unhaltbar wird. Die Arteria visceralis giebt in der Regel 7 Gefässe ab, die von der Wurzel nach der Spitze zu auf einander folgen, nämlich: 1) 2 Arterien an die Oberleber (Fig. 85 », Fig. 17); 2) von derselben Seite der Visceralis entspringend wie diese Ge- fässe, eine Arteria stomacalis (a. sto), welche sich dort ansetzt, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 161 wo Chylusmagen und Endabschnitt des Magens. zusammen- stossen ; 3) von der gegentiberliegenden Seite der Visceralis entspringend, zwei Gefässe an die Unterleber (y) ; 4) zwei Gefässe (W) für den Muskelmagen. Endlich lauft die Arterie mit mehreren Endzweigen in der Hinter- leber aus (w). Von dieser Darstellung der Verzweigung der Arteria visceralis wird man leicht kleine Abweichungen constatiren kônnen, wenn man eine grössere Anzahl von Individuen derselben Art untersucht. Nament- lich die Gefässe der Ober- und der Unterleber verhalten sich variabel. Erstere empfängt häufig drei, zuweilen sogar bis zu fünf Gefässen; an letzterer habe ich bis zu vier Gefässen angetroffen, nicht selten ver- einigen sich aber auch ihre zwei Gefässe am basalen Abschnitt zu einem einzigen. Die Aorta cephalica bietet in dem Verhalten der Arterien der Speicheldrüsen eine Besonderheit dar. Diese Gefässe zweigen sich bei den übrigen Pulmonaten ab, ehe die Aorta in den Ring der Nerven- centren eindringt, hier aber verlassen sie dieselbe zugleich mit der Pharynx- und der Fussarterie, nachdem die Aorta den Nervenring passirt hat. Es hängt dies offenbar mit der ungewöhnlich weit nach vorn verschobenen Lage der Speicheldrüsen zusammen, auf die ich schon früher aufmerksam gemacht habe. Das reiche Verzweigungs- system der Aorta anterior ist aus Fig. 85 und 86 ersichtlich. Dieselbe giebt auf der ganzen Strecke bis zu den Ganglien nur einen kleinen Ast (uw) an den Oesophagus ab. Wir vermissen also hier die Sperm- oviductarterie, was wohl ohne Zweifel eine Folge der Lage der Ge- schlechtsorgane am hintern Körperpole ist. Die Aorta cephalica ver- läuft, wie gewöhnlich, unter dem Darm und tritt durch den von der Visceralkette und den Pedalganglien gebildeten Ring. Sie entsendet darauf nach vorn eine Arterie an die Fussdrüse (0), eine zweite an den Pharynx («) und je ein starkes Gefäss (7) nach der Seite, das als Parietalarterie bezeichnet werden kann, weil es mit seinen End- ästen sich in der Seitenwandung des Vorderkörpers ausbreitet. Die Parietalarterie giebt gleich an der Wurzel einen Seitenzweig (?) an die Umgebung des Mundes ab, die Oralarterie. Von dieser entspringt auf der rechten Seite die starke Penisarterie (0), deren Endäste auch auf die Penisdrüse übergreifen und die ausserdem mit ¢ das Vas deferens-Knäuel versorgt. Weiter nach aussen geht die Arteria salivalis (n) von y ab. Sie lässt sich durch die ganze Speicheldrüse hindurch, Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. ala! 162 LUDWIG H. PLATE, am Sammelgang derselben entlang ziehend, verfolgen und läuft schliess- lich mit mehreren Aestchen in dem Pharynx (9°) und dem Oesophagus (3“‘) aus. Das Gefäss x setzt sich bis zur Körperwandung fort. Die mit x bezeichnete Seitenarterie von 7 verhält sich auf beiden Seiten sehr ungleich, auf der linken ist sie ganz klein und tritt in den Fuss, auf der rechten hingegen läuft sie als ein mächtiges Gefäss zum Muskel- sack der Penisdriise und versorgt ausserdem mit mehrern Seiten- zweigen den Driisenendschlauch. Die Pharynxarterie (a) tritt an das Hinterende des Schlundkopfes (Fig. 11 a. phar.), bohrt sich hier mit einem Gabelaste sofort in diesen ein, während ein zweiter an dessen Ventralfläche eine Strecke nach vorn läuft und dann in das Mundrohr eintritt. Die Arterie der Fussdrüse (e) giebt auf ihrer Unterseite die Pedal- arterie ab (Fig. 85, 86 e). Diese zieht am Boden der Leibeshöhle unter den Pedalganglien hinweg nach hinten, um etwas hinter den Nervencentren sich mit drei Gabelästen in die Fussohle einzusenken. — Zwischen den Arterien des Schlundkopfes und der Fussdrüse, und mit diesen durch Bindegewebe eng verwachsen, spannt sich bogenförmig die Subcerebralcommissur aus. Hinsichtlich des Venensystems kann ich den von Joxux- LAFFUIE gemachten Angaben nichts Neues hinzufügen und verweise deshalb auf dessen Arbeit. Capitel VIL Die Fussdriise. Die Fussdriise ist bei allen Oncidiiden verhältnissmässig schwach ent- wickelt. Sie miindet, wie wir durch Semper wissen, in der zwischen Fuss und Kopf gelegenen Rinne in der Mediane aus. Sie erstreckt sich von hier aus nach hinten, so dass der kurze Ausfiihrgang ganz im Fussgewebe ein- gebettet ist, während in der Regel die eigentliche Drüse als ein flacher Sack von dreieckiger oder rundlicher Gestalt die Fussohle durchbricht und frei in die Leibeshöhle hineinragt (Fig. 35 fdr). Er dehnt sich dabei unter dem Hinterende des Pharynx und nicht selten auch unter den Nervencentren aus. In einzelnen Fallen ist die Driise weniger entwickelt; sie bricht dann nicht in die Leibeshöhle durch, sondern bleibt auf ihrer Dorsalfliche überall von einer zarten, zur Fuss- musculatur gehörigen Muskelschicht bedeckt, fällt aber dabei doch als eine flache Erhebung des Bodens auf (Oncidium multinotatum, Peronina Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 163 alta und, wie es scheint, auch Oncis lata und coeca). Endlich bei Oncis montana ist sie so klein, dass sie vollständig in der Fussohle verborgen liegt und sich auch äusserlich nicht bemerkbar macht. Eine genaue histologische Untersuchung war bei dem Erhaltungs- zustand der mir zur Verfügung stehenden Thiere nicht möglich. Ich beschränke mich deshalb auf folgende kurze Notizen. Man kann zwei verschiedene Typen unterscheiden. Bei dem einen, für die Gattung Oncidiella charakteristischen fehlt ein dichter Besatz von innern Falten. Die Wandung ist glatt oder trägt nur vereinzelte niedrige Leisten; sie enthält eine grosse Menge flaschenförmiger, einzelliger Drüsen, die in den verschiedenen Theilen der Drüse verschieden angeordnet sind — bald mehr an den Seiten, bald mehr am Rücken oder am Boden — und sich mit Hämatoxylin intensiv färben. Der zweite Typus kommt bei Oncidium und Oncis vor. Hier besteht die Drüse aus zahllosen sehr eng stehenden Falten, die quer verlaufen und durch Leisten unter einander verwachsen sind, so dass sie, ähnlich wie in der Niere, ein complicirtes Wabenwerk erzeugen (Fig. 91). Ein centraler Canal durch- zieht die Drüse und empfängt durch zahlreiche Poren das zwischen den Falten erzeugte Secret. Der Canal besitzt gleichsam seine eigene Wandung, indem die freien Enden der Falten sich gabeln und bis auf jene Poren mit einander verwachsen. Die Falten und der Canal werden überall von einem niedrigen, einfachen Epithel ausgekleidet, welches das Secret ausscheidet. Die grossen einzelligen Drüsen fehlen voll- ständig in der eigentlichen Drüse, während sie dem Ausführgange vereinzelt ansitzen. Zweiter Abschnitt. Die Systematik der Oncidiiden. In diesem Abschnitte sollen die von mir untersuchten 32 Arten nach Habitus und innerer Organisation geschildert werden, soweit sich hieraus systematische Charaktere ableiten lassen. Bei einer äusserlich so überaus gleichartigen Gruppe wie den Oncidiiden kann die Syste- matik der Mithülfe der Anatomie nicht entbehren. Dies hat auch schon Semper klar erkannt und auf die Bedeutung der Copulations- organe für ein sicheres Wiedererkennen der Arten hingewiesen. Aus Ihr 4 164 LUDWIG H. PLATE, dem ersten Abschnitte geht zur Geniige hervor, welche grosse Mannig- faltigkeit den übrigen Organen zukommt, dass eigentlich nur das Nervensysten und das Blutgefässystem uns überall in derselben typischen Ausbildung entgegentreten, während die Radula, die relative Grösse der Magenabschnitte, die Lagerung der Darmschlingen, der Enddarm, die Lungenhöhle, die Niere und die hintern Geschlechtsorgane ebenso sehr wie die Begattungswerkzeuge geeignet sind, in den Dienst der Systematik gestellt zu werden. Es lassen sich hiernach 5 verschiedene Gattungen mit folgenden Diagnosen aufstellen. I. Gattung: Oncidiwm BucHan. (emend. PLATE). Hyponota an den Körperseiten schmäler als die Fussohle, es schwankt Hyp zwischen !/, und ?/, S; nur bei Oncid. vaigiense ist ausnahmsweise Hyp = S. Rand des Mantels nicht gekerbt, ohne grosse, vielzellige Driisen. Der Rücken trägt bei Oncid. verruculatum, savignyi, peroni, branchiferum und ferrugineum Less. Kiemenbäum- chen, die in den andern Gattungen nie vorkommen. Die Rückenaugen sind meist vorhanden und dann immer in Gruppen angeordnet; nur bei Oncid. luteum stehen sie einzeln und fehlen vollständig bei Oncid. amboinae, multinotatum und aberrans. Die männliche Geschlechts- öffnung liegt nach vorn und nach innen vom rechten Fühler. — Die Leibeshöhle ist viel breiter als die Fussohle, sie erstreckt sich daher weit über die Hyponota hinüber. Die Lungenhöhle und die Niere sind symmetrisch gestaltet, nur bei Oncid. amboinae und luteum halb- symmetrisch. Die Niere ist innen mit einem dichten Blätterwerk von — hohen Falten besetzt; nur bei Oncid. amboinae sind diese viel niedriger und stehen weiter auseinander. Darmschlingen meist nach Typus I, zuweilen nach Typus II, bei Oncid. nigrum nach Typus III gelagert. Chylusmagen immer gross. Pharynx ohne Kiefer. Radula siehe 8S. 110. Speicheldrüsen breit, nicht am Gehirn befestigt. Gabeläste des Zwitter- ganges in der Regel nicht verdickt. Hintere Geschlechtsorgane mit Spiralgang, aber ohne Oviductdriise. Receptaculum seminis sitzend oder kurz gestielt. Vas deferens (Anfangstheil) kurz, nicht verknäuelt. Copulationsorgane vielfach mit Penisdriise. II. Gattung: Oncis n. g. Hyp = 1—1'/, S. Mantelrand nicht gekerbt, ohne grosse Drüsen. Rücken nie mit Kiemenbäumen. Die Rückenaugen fehlen oder stehen einzeln. Die männliche Geschlechtsöffnung nach vorn und innen vom Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 165 rechten Fühler. Die Leibeshöhle ist nur wenig breiter als die Fussohle, sie greift daher nur wenig auf die Hyponota über, so dass eine breite, musculöse Ringplatte die Leibeshöhle nach aussen begrenzt. Die Lungenhöhle und die Niere sind halbsymmetrisch, letztere mit dichtem Blätterwerk. Darmschlingen nach Typus II, nur bei Oncis semperi nach Typus I angeordnet. Chylusmagen gross, Pharynx ohne Kiefer. Radula siehe 8. 110. Speicheldrüsen breit, nicht am Gehirn befestigt. Gabeläste des Zwitterganges verdickt, Receptaculum seminis sitzend oder kurz gestielt, Vas deferens (Anfangstheil) lang, hin und her ge- wunden oder verknäuelt. Ein Spiralgang ist vorhanden; keine Oviduct- drüse. Eine Penisdrüse wird nur bei Oncis montana angetroffen. IT. Gattung: Oncidiella Gray (emend. FISCHER et Crosse). Hyp = |; —1 8. Hyponota jederseits mit einer zarten, dem Fussrande parallelen Falte, der Hyponotallinie, welche von den Fühlern bis zum Athemloch zieht und den übrigen Gattungen fehlt. Die Fuss- rinne setzt sich nach hinten noch über die weibliche Geschlechtsöffnung hinaus fort, und ihre Falten verwachsen mit dem Ringwalle des Afters. Der Mantelrand ist unregelmässig, fein gekerbt oder gelappt und ist vielfach auch mit kurzen, radialen Rippen besetzt. In demselben liegen grosse, vielzellige Drüsen, welche auf der Spitze der grössern Kerblappen ausmünden. Rückenkiemen !) fehlen, ebenso Rückenaugen. Männliche Geschlechtsöffnung nach aussen von und etwas hinter dem rechten Fühler. Leibeshöhle wie bei Oncidium. Lungenhöhle und Niere symmetrisch, letztere entweder von der gewöhnlichen Gestalt und dann mit niedrigen, weitläufigen Falten besetzt oder (One. celtica, maculata) fast glattwandig und so gross, dass sie die ganze Lungenhöhle aus- füllt. Darmschlingen nach Typus IV. Chylusmagen und Magenend- abschnitt sehr klein. Oesophagus erweitert. Pharynx zuweilen mit unpaarer Kieferplatte. Radula siehe S. 110. Speicheldrüsen schmal, bandförmig, am Gehirn befestigt. Geschlechtsorgane ohne Spiralgang, mit Oviductdriise. Gabeläste des Zwitterganges nicht verdickt, Re- ceptaculum seminis langgestielt, Vas deferens (Anfangstheil) kurz. Penis zart, ohne Penisdrüse, meist mit Kalkconcretionen im Lumen. 1) Bei Oncidiella incisa Q. G. könnten sie vielleicht vorhanden sein, da Quoy u. Gamarnp eine Abbildung von dieser Art geben, auf der baumartige Anhänge sich über den ganzen Rücken vertheilen. Im Text werden sie aber nicht erwähnt. 166 LUDWIG H. PLATE, IV. Gattung: Peronina n. g. Die seitlichen Hyponota sind fast senkrecht nach oben gerichtet und tiberragen den Fuss nur wenig. Mantelrand glatt. Keine Kiemen auf dem Rücken. Weibliche Geschlechtsöffnung um !/, der Körper- länge nach vorn verschoben, männliche rechts neben dem rechten Tentakel; letztere ist doppelt, indem Penis und Penisdrüse zwar dicht neben einander, aber doch deutlich getrennt ausmünden. Eine Gruppe von Rückenaugen im Scheitel und mehrere Einzelaugen am Rande des Mittelfeldes. Lungenhöhle und Niere symmetrisch. Hinsichtlich der innern Organisation siehe die später folgende Schilderung der einen Art. V. Gattung: Oncidina SEMPER. Hyp = !/,;, 8. Mantelrand ungekerbt, ohne grosse Drüsen. Rücken ohne Kiemenbäume oder Augen. Die Fühler können nicht völlig eingestülpt werden. Athemloch nach rechts verschoben !). Männ- liche Geschlechtsöffnung nach aussen von und etwas hinter dem rechten Tentakel. Lungenhöhle und Niere asymmetrisch, fast ausschliesslich auf der rechten Seite liegend. Hinsichtlich der innern Organisation siehe die später folgende Schilderung der einen Art. Um dem Systematiker die Erkennung obiger Gattungen zu er- leichtern, lasse ich hier noch eine tabellarische Uebersicht der generischen Unterschiede folgen, in welche jedoch die vereinzelten Ausnahmen nicht aufgenommen sind. Ein — bedeutet Fehlen des betreffenden Charakters, ein + Vorhandensein desselben, eine ( ) beschränktes Vorkommen. Oneidium Oneis Oncidiella Oncidina Peronella Verhiltniss der |Hyp = 1}, bis Hyp = 1 bis Hyp = 1}, bis Hyp =1/, S\Hyp = 1, 8, seitlichen Hypo- ?/, 8 1718 18 steil empor- nota zur Sohle | | steigend Mantelrand glatt iglatt gekerbt, mitiglatt glatt grossen, viel- | | zelligen Drü- | sen | | Riickenkiemen lzuweilen vor- = = ae =n, handen 1) Eine derartige Verlagerung des Athemloches ist zur Zeit nur noch bekannt von Oncis glabra, montana, semperi und Oncidium vaigiense. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 167 Te ES CT | Oncidiwm | Oncis | Oncidiella Oncidina | Peronina — tl EE D De am SE Rückenaugen in Gruppen leinzeln oder — — - theils in Grup- oder — pen, theils einzeln | | Männliche Ge- |nach vorn und innen vom |nach aussen und seitlich vom rechten schlechtsöffnung rechten Fühler Fühler | Hyponotallinie u — + en zn Leibeshöhle breit, auf die/schmal, nur we-| breiter als die Sohle, daher beträchtlich Hyp. breit | nig breiter als) auf die Hyponota übergreifend ; wie übergreifend | die Fussohle,| bei Oncidium daher kaum auf die Hyp. übergreifend Lungenhöhle und|symmetrisch |halbsymme- symmetrisch jasymme- open Gestalt der Niere trisch | trisch Bau der Niere Falten hoch, dicht stehend |Falten niedrig, Falten hoch, dicht stehend weit ausein- ander stehend Darmschlingen I (II, III) IL (1) IV Il | II nach Typus Chylusmagen gross ee sehr klein sehr klein jgross Spiralgang d. hin- + + — | — + tern Geschlechts- | organe | Chondroidele- + oder — + dafür meist + + mente im Penis Kalkconcre- | mente | Penisdriise + oder — | (+ oder) — — == 1e Rectaldrüse + oder — + — | + — Unter diesen fünf Gattungen stehen sich Oncidium und Oncis be- sonders nahe, so dass ich lange geschwankt habe, ob ich sie überhaupt in Gegensatz zu einander bringen sollte. Ich habe mich hierzu ent- schlossen in der Ueberzeugung, dass ein Fortschritt in der Kenntniss dieser artenreichen Gattungen nur durch sorgfältige Analyse der ‘zwischen ihnen bestehenden Differenzen, mögen diese auch nur unbe- deutend sein, erzielt werden kann. Fast jede grössere Sammlung be- sitzt, wenigstens nach meinen Erfahrungen, noch neue Oncidiiden; sollte sich später die Zahl der Arten, welche Charaktere der beiden Gattungen in sich vereinigen, beträchtlich vermehren, so wird man die Oneis-Formen als Subgenus zusammenfassen. Aus praktischen Gründen sollte ferner ein Speciesname immer nur einmal innerhalb der ganzen 168 LUDWIG H. PLATE, Familie verwandt werden, als ob dieselbe nur eine Gattung enthielte, denn die grosse Mehrzahl der Malacozoologen wird diese äusserlich so ähnliche Gruppe immer nur als Oncidium bezeichnen und sich auf die Unterscheidung mehrerer Gattungen nicht einlassen. Von Ueber- gangsformen zwischen Oncidium und Oncis sind mir folgende bekannt geworden : 1) Oncidium amboinae leitet zu Oncis hinüber durch die verhältniss- mässig breiten Hyponota (= ?/, S), die halbsymmetrische Lungen- höhle und Niere, die Radula, durch die Lage der Darmschlingen, Besitz der Rectaldrüse und den Mangel der Penisdrüse. 2) Oncidium luteum desgl. durch die Einzelaugen, die halbsym- metrische Lunge und Niere, Lage der Darmschlingen, Besitz der Rectal- drüse, den gewundenen Anfangstheil des Vas deferens und den Mangel der Penisdrüse. 3) Oncidium vaigiense desgl. durch die Breite der Hyponota (= S) und durch den Längsstreifen in den Basalplatten der Radula. Diese drei Arten sind aber im Habitus und ihrer Leibeshöhle nach echte Mitglieder der Gattung, zu der ich sie gestellt habe. 1. Oncidium verruculatum CuviER. Die untersuchten Thiere stammten von Amboina, Ceylon und den Nicobaren. Das grösste Exemplar, welches mir zu Gesicht gekommen ist, zeigte folgende Maasse!): Länge 50 mm; grösste Breite, in der Mitte des Körpers, 33 mm; Länge des Fusses 32, grösste Breite des- selben 26 mm. Er endet vorn quer abgestutzt und verschmälert sich hinten zu einer abgerundeten Spitze. Das Hyponotum erreicht an den Seiten des Körpers eine Breite von 8 mm, daher Hyp etwas kleiner als !/, S. Bei einzelnen Exemplaren hat sich der Fuss in der Trans- versalrichtung contrahirt, und es wird dann Hyp etwas grösser als 1/, 8. Am vordern Körperende verschmälert sich das Hyponotum auf 2—3 mm Breite, so dass der grosse Kopf, wenn er nicht ganz eingezogen ist, mehr oder weniger weit unter demselben hervorragt ; am hintern ist Hyp ca 4 mm breit. — Der After wird von der Fuss- spitze verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung vom After un- gefähr 1/,. Die Art ist leicht kenntlich an den Kiemenbüscheln (Fig. 33, 98, 99), welche auf dem hintersten Viertel der Rückenfläche in 1) Die Maasse beziehen sich hier und im Folgenden immer auf conservirte Thiere, werden daher in der Regel ungefähr um ein Drittel zu klein sein. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 169 grösserer Anzahl angebracht sind; in der hintern Hälfte dieser Region stehen sie viel dichter beisammen als in der vordern. Jedes Bäumchen gliedert sich in einen kurzen nackten Stamm und in eine halbkuglige Krone kleiner Aeste, die in kurze, fingerförmige Endzweige aus- laufen. Bei der nahe verwandten Oncidium savignyi SEMPER (Fig. 96) sind diese Endzweige viel länger und schlauchförmig. SEMPER giebt an, dass die Kiemenbüschel an ihrer Basis meist von einem regel- mässigen Kranz kleinerer Papillen umgeben werden, was ich nicht. bestätigen kann. Die Basis (Fig. 99) ist ganz nackt, und auch die nächste Umgebung derselben zeigt die gewöhnliche grobkörnige Sculptur der Rückenhaut: zahllose Warzen und Höcker, die ganz unregelmässig neben einander stehen. Wahrscheinlich liegt hier eine Verwechslung mit O. savignyi SEMP. vor, denn bei dieser ist die Basis der Kiemen- büschel mit kleinen Warzen bedeckt, und unterhalb der langen ver- zweigten Anhänge findet sich ein Kranz kleinerer, unverzweigter (Fig. 96 «). Die Warzen, welche die Rückenhaut von O. verruculatum überall dicht bedecken und derselben ein ganz grobkörniges Aus- sehen verleihen, sind theils einfache (e, d), theils zusammengesetzte (c). Erstere sind von sehr verschiedener Grösse und endigen je nach dem Contractionszustand kegelförmig oder rundlich; die letztern sind grösser und tragen auf ihrer Oberfläche selbst wieder mehrere kleinere Wärz- chen. Wachsen diese weiter aus, so entstehen die kleinen Kiemen- büschel, welche man vornehmlich am Vorderrande der Kiemenregion antrifit (b). Man kann demnach diese eigenthümlichen Respirations- organe als eine besondere Differenzirung der zusammengesetzten Pa- pillen ansehen. Dies geht auch aus ihrem histologischen Bau hervor. Sie bestehen ganz überwiegend aus Muskelfasern, die direct mit der Musculatur des Rückens zusammenhängen; ausserdem werden sie von zahlreichen Blutgefässen und einzelnen Nerven durchzogen. Das Epithel ist dasselbe wie sonst auf dem Rücken (Fig. 98). — Einzelne der grössern Papillen tragen Gruppen von Augenflecken, über deren Zahl und Vertheilung Semper nähere Angaben mitgetheilt hat. Seine Be- obachtung, dass ältere Individuen weniger Augen besitzen als die jüngeren, kann ich bestätigen. — Die Färbung des Rückens ist bei ältern, im Alcohol etwas verblassten Exemplaren gleichmässig gelblich- grau; frische Exemplare zeigen ausserdem schwärzliche oder bräun- liche Flecken und Binden, die in ihrer Anordnung keiner bestimmten Regel folgen. Die ganze Unterseite ist gleichförmig gelblich-weiss. Hinsichtlich des innern Baues beschränke ich mich auf folgende Angaben. Peritoneum am Rücken und an den Seiten schwarz pig- 170 LUDWIG H. PLATE, > mentirt. Darmschlingen nach Typus I (siehe S. 119) gelagert. Die Oberleber bildet die grösste Leberportion. Hinterleber gleich oder etwas grösser als die Unterleber. Keine Rectaldriise. Fussdrüse frei hervorragend. Vesicula seminalis sehr gross, schlauchförmig (Fig. 50). Bei einem Individuum von 4 cm Länge ist sie 9 mm lang und bis zu 2 mm breit. Receptaculum seminis kurz gestielt, 5 mm Durch- messer. Penis vorn mit Zähnen (Fig. 60, 62) ausgekleidet, hinten weich, ohne Chondroidelemente. Das Nähere über diese Zähne siehe bei SEMPER. Anheftung des Retractor penis III‘). Penisdrüse vier- theilig (siehe S. 146). Der Stachel der Penisdrüse (Fig. 83) an der Spitze mit einseitiger Verdickung. 2. Oncidium nangkauriense n. sp. Fundort: Nangkauri, eine Insel der Nicobaren. 2 Exemplare, aus dem Kieler Museum. Gestalt, Grösse: Gestreckt oval, am hintern Körperende etwas mehr zugespitzt als am vordern, so dass die Gestalt auch ei- förmig genannt werden kann. Länge 22, grösste Breite des Körpers 141/,, des Fusses 13 mm. Breite des Hyponotums 2—3 mm, daher Hyp ca. 1/, S (Fig. 93, 94). Höhe 12 mm. Diese Angaben be- ziehen sich auf das grössere Exemplar; das zweite war etwas kleiner. Mantelsculptur: Die Rückenfläche ist überall gleichmässig dicht- und feinkörnig; keine Kiemenbäume. Die Körner sind alle recht klein, so dass erst bei Lupenbetrachtung eine grössere und eine kleinere Sorte unterschieden werden kann (Fig. 95). Einzelne der grösseren tragen 2—3 Augenflecke, die etwa zu 10—15 Gruppen angeordnet sind. Ihre Zahl ist nicht sicher zu bestimmen, da die Augen mehr- fach so in die Haut zurückgezogen sind, dass man sie erst auf Schnitten erkennt. Nur wenige Augengruppen finden sich auf dem Mittelfeld des Rückens, die meisten stehen nach aussen von diesem und treten zum Theil dicht an den Mantelrand heran. Färbung: Mantel schmutzig-gelbbraun. Die Körner haben viel- fach einen dunklen, ins Schwarzblaue spielenden basalen Rand und eine helle Spitze (Fig. 95). Unterseite gelblich. 1) Die verschiedene Insertion des Retractor penis bezeichne ich, wie folgt: I = Anheftung neben den Nervencentren. II — Anheftung neben dem Pericard. III = Anheftung im hintersten Winkel der Leibeshöhle. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 171 Lage der Oeffnungen: Afterpapille frei (Fig. 94) in einer rundlichen Ausbuchtung der Fusspitze hervorragend. Athemloch median, seine Entfernung vom After = !/,. Lage der Geschlechts- öffnungen wie gewöhnlich. Peritoneum pigmentirt. Darmschlingen nach Typus I. Keine Penisdrüse. Vesicula seminalis gross, schlauchförmig, 3'/, mm lang. Der Penis (Fig. 84) ist ganz ausserordentlich lang, 55 mm, also un- gefähr 2!/,mal so lang wie der Körper. In Folge dessen dringt er in der auf S. 149 näher geschilderten Weise in eine canalförmige Ein- stülpung der linken Körperwand und befestigt sich am Vorderende derselben mittelst eines kurzen Retractors. Der Penis ist überall weich, ohne Chondroidelemente. Der Anfangstheil des Vas deferens, d. h. der neben dem Oviduct verlaufende Abschnitt ist kurz, während der lange Oviduct zu einem Knäuel zusammengelegt ist. Receptaculum seminis sitzend. 3. Oncidium nebulosum SEMPER. 1 mittelgrosses Exemplar aus Ponape. Der Semper’schen Schilderung füge ich noch Folgendes hinzu. Die Seiten des Fusses sind an diesem 36 mm langen Thiere unge- wöhnlich hoch, nämlich 4 mm, so dass das Hyponotum ganz über dem Boden zu schweben scheint. Hyponotum glatt, an den Körperseiten und hinter der Fussspite 4 mm breit, — !/, S, vor dem Kopf nur halb so breit, so dass dieser frei hervorragt. Färbung: Der ganze Rücken ist gleichmässig schwarzbraun mit Andeutungen von einzelnen hellern und dunklern Flecken. Fussohle braungelb. Hyponotum und Seiten des Fusses gelblichweiss, ersteres theilweise mit bräunlichem Anfluge. Lippensegel auf der Unterseite gelblichweiss, oben blauschwarz. Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, 2/,. Männliche Geschlechtsöffnung wie gewöhnlich nach vorn und etwas nach innen vom rechten Tentakel, diesem etwas näher liegend als dem untern Rande des rechten Lippensegels. — Peritoneum unter dem Rücken ganz schwach pigmentirt. Darmschlingen nach Typus I. Hinter- leber so gross wie die Unterleber oder noch etwas grösser. Unter- leber kleiner als diese beiden. Vesicula seminalis 4 mm lang, von birnförmiger Gestalt, mit dem verjüngten Ende aufsitzend. Recepta- culum seminis sehr gross, 51/, mm Durchmesser, sitzend. SEMPER giebt den Penis auffallend kurz an (2,5 mm). Ich finde ihn 8 mm 172 LUDWIG H. PLATE, lang, wovon 2 mm auf den vordern bezahnten, 6 mm auf den weichen Abschnitt fallen. Dazu kommt noch ein Endsack von 3'/, und ein Retractor mit 12 mm Länge. Insertion des letztern II. Die Penis- zähne zeichnen sich durch ihre braune Färbung aus. Sie sind alle gleich gross und enthalten je 3—4 Zellen im Innern der Chitinsubstanz. Mit diesem immerhin kleinen Begattungsapparat verbindet sich eine enorme viertheilige Penisdriise, von der ich mir folgende Maasse notirt habe: Endsack 6, Stachelabschnitt 11, Muskelsack 11, Driisenschlauch 180 mm, zusammen 208 mm, oder fast 6 mal die Körperlänge. Der Drüsenstachel ist 2!/, mm lang und entspricht in der Gestalt seiner Spitze ganz der SemPper’schen Abbildung. 4. Oneidium peroni Cuv. Peronia mauritiana BLAINVILLE. Oncidium tonganum Q. G. Peronia tongana Q. G. Oncidium melanopneumon BERGH. Peronia corpulenta GouLn ? Das von Cuvier (6) unter diesem Namen ausführlich beschriebene Thier ist offenbar identisch mit dem von Quoy u. GAIMARD (10) als Oncidium tonganum aufgeführten, aber ich kann Semper nicht Recht geben, wenn er den letztern Namen anstatt des 20 Jahre ältern CuvIER- schen einzubürgern sucht. Es widerstreitet dies allen Prioritätsgesetzen. Cuvier hat diese Art eingehend nach Habitus und innerem Bau ge- schildert, und dies allein genügt, um seiner Speciesbezeichnung dauernde Anerkennung zu sichern. Der Umstand, dass er die Habitusbilder (fig. 1—3) in !/, der natürlichen Grösse gezeichnet hat, kann hier- gegen ebensowenig ins Gewicht fallen, wie dass man an diesen Zeichnungen nicht alle Einzelheiten des Baues der Riickenpapillen erkennen kann. Da Cuvier ausdriicklich betont, die Thiere hatten eine Länge von 5!/, Zoll, so sieht jeder Leser sofort, dass die Habitus- bilder in verkleinertem Maasstabe ausgeführt sind, damit alle Zeich- nungen auf einer Tafel Platz finden. Was würde SEMPER sagen, wollte ein Forscher die von ihm entdeckten Arten aufheben, - bloss weil er bessere Zeichnungen derselben geliefert hätte? Und mehr haben Quoy u. GAIMARD in Bezug auf Oncidium peroni nicht geleistet. — Ebenso ist BERGH’S (2) Oncidium melanopneumon synonym mit One. peroni, denn auch bei dieser Art ist die Lungenhöhle mehr oder weniger dunkel pigmentirt. — Wahrscheinlich ist auch Peronia cor- pulenta GouLp (26, p. 293) dasselbe Thier. Mir standen Exemplare Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 173 von Ponape und Mauritius zur Verfügung. Die Art ist an ihrer Grösse und der Vertheilung der zusammengesetzten Riickenpapillen tiber den ganzen Riicken leicht zu erkennen. Diese Biischel sind von sehr ver- schiedener Grösse. Die grössten, welche ich gesehen habe, hatten 4 mm Durchmesser und setzten sich aus ca. 50 kleinen Papillen zu- sammen, während die ganz kleinen nur wenige Papillen aufweisen. Man könnte sie auch schon als Kiemenbäumchen bezeichnen, denn sie unterscheiden sich von diesen nur durch etwas geringere Entwicklung der Papillen. Während diese Büschel für gewöhnlich ziemlich gleich- mässig über den ganzen Rücken sich vertheilen, machte ein Exemplar von den Fouquets-Riffen (Mauritius) hiervon eine Ausnahme. Sie standen hier auf dem Mittelfelde weit auseinander und waren durch glatte Hautflächen von einander getrennt. — Hinsichtlich der Augen- gruppen kann ich SEMPER’s Angabe bestätigen, dass dieselben bei jüngern Individuen viel zahlreicher sind als bei ältern. Sie scheinen also wie bei Oncidium verruculatum im Alter rückgebildet zu werden, als ob mit der zunehmenden Grösse die Zahl der Feinde, welche sie zu bewältigen vermögen, und damit auch das Bedürfniss nach Seh- organen geringer würde — Athemloch median, seine Entfernung 1/,—1/,. After verdeckt. Die Breite des Hyponotums schwankt be- trächtlich, je nach den Contractionszuständen, zwischen ?/, und etwas über !/, S. Färbung des Rückens schwärzlich bis hellbraun, der ganzen Unterseite hell gelblichbraun. Peritoneum unpigmentirt oder nur in ganz schwachen Wolken angedeutet. Darmschlingen nach Typus I. Hinterleber am grössten. Oberleber etwas kleiner. Unterleber am kleinsten. Vesicula seminalis sehr gross: ein 10 mm langer und 3 mm dicker Schlauch, der an einem 4 mm langen, dünnen Stiel sitzt. Das Receptaculum seminis hat ungefähr 13 mm Durchmesser und ist sehr kurz gestielt, fast sitzend am Oviduct befestigt. Insertion des Retractor penis I. Der eigentliche Penis hat eine Länge von 15 mm, davon fallen 3 mm auf das vordere Zahnrohr, 12 mm auf den weichen Abschnitt. Der Penis mit Endsack und Retractor erscheint immer noch winzig im Vergleich mit der ca. 25 mal längern, viertheiligen Penisdrüse, dessen Stachel tief braunschwarz gefärbt und 7 mm lang ist. 5. Oncidium tumidum SEMPER. 1 mittelgrosses Exemplar von Singapore, 5 von Ponape. — Der Semper’schen Schilderung sei Folgendes hinzugefügt. Auch die Augen- tuberkel sind nicht glatt, sondern mit kleinen Körnchen dicht besetzt. 174 LUDWIG H. PLATE, Sind die Augen daher stark zuriickgezogen, so erscheint der Rand der centralen Grube höckrig oder gezähnelt. — Hyp = 1/, S oder etwas mehr. — After frei sichtbar, in einen Ausschnitt des Fusses hineinragend. — Peritoneum am Riicken bei erwachsenen Thieren stark pigmentirt, in der Jugend fehlt es oder ist nur gering entwickelt. Lage der Darmschlingen bei den 5 Exemplaren von Ponape nach Typus I, bei einem sechsten Individuum aus Singapore hingegen nach Typus IL Das Nähere hierüber siehe auf S. 120. Oberleber am grössten. Unterleber und Hinterleber, die beide ungefähr gleich gross sind, etwas kleiner. Vesicula seminalis schlauchförmig, 5 mm lang und bis zu 2 mm dick. Receptaculum seminis eine grosse Blase von 7mm Durchmesser, die sitzend am Oviduct befestigt ist. Penis vorn. mit Chondroidzähnen, hinten weich. Insertion des Retractor penis II. Die viertheilige Penisdrüse ist 10 mal so lang wie der Penis mitsammt dem Retractor. 6. Oneidium simrothi n. sp. 2 Exemplare von den Nicobaren (Nangkauri), aus dem Kieler Museum. Länge 14, Breite des Körpers 10, des Fusses 7!/,, Höhe 7 mm. pm — 108: Rückensculptur überall grobkörnig. Es lassen sich unter- scheiden: 1) ganz kleine Tuberkel, die nur mit der Lupe sichtbar sind; 2) mittelgrosse, mit dunklem Rand und hellerer Spitze; 3) grosse, flache Augentuberkel, von denen eins, von 1 mm Durchmesser, in der Mitte des Rückens steht, während 5 resp. 8 andere, die ebenso gross oder etwas kleiner sind, um das Mittelfeld herumstehen. Jeder dieser Tuberkel mit tiefer, centraler Grube, in welche mehrere Augen zurückgezogen sind, so dass sich deren Zahl nicht genau ermitteln lässt. Färbung: Rücken gelblich-grau, bei dem einen Exemplar ein- farbig, aber am Rande und auf dem hintern Drittel mit geringem dunklen Anfluge, bei dem andern mit zerstreuten, grauschwarzen, wolkigen Flecken, von denen die grössten 11/,—2 mm Durchmesser haben und vornehmlich um die Augenpapillen herumstehen; die meisten Flecken sind aber viel kleiner. — Unterseite gelblich. Lage der Oeffnungen: Afterpapille frei in einen Ausschnitt des Fusses hineinragend. Athemloch median, seine Entfernung !/,. Männliche Oeffnung vor und unter dem rechten Fühler, in der Mitte zwischen diesem und rechtem Lippensegelrand. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 175 Peritoneum pigmentirt. Lage der Darmschlingen nach Typus I. Keine Penisdriise. Der Penis bis zum Ursprung des Retractors ist nur 4 mm lang und ganz ohne Chondroidelemente; er ist daher so einfach gebaut wie bei wenigen Oncidiwm-Arten. Insertion des Re- tractors Il. Der Penis flimmert im Innern, und zahlreiche einzellige Drüsen von birnförmiger Gestalt münden zwischen den Epithelzellen aus. 7. Oneidium vaigiense Q. G. (Fig. 10, 79). Die Beschreibung, welche Quoy u. Gamarp (10, p. 429) von dieser, von den Marianen stammenden Form gegeben haben, ist ganz ungenügend. Sie lautet: ,,Onchidium parvum, subglobosum ; dorso ele- vato, rotundo, levi, maculis nigris notato“. Länge 6—8 Linien. Auf die hier zu schildernde Art passt aber diese Beschreibung vollständig, und obwohl ihre Identität mit der von den französischen Forschern untersuchten Form ohne Vergleich mit den Originalexemplaren sich nicht feststellen lässt, will ich sie als erwiesen annehmen, um so den alten Namen brauchbar zu machen. — 3 Exemplare von Neu-Hannover (Exped. Gazelle). Grösse, Gestalt: Das Thier ist stark zusammengezogen, hoch- gewolbt, fast halbkuglig. Länge des grössten, stark zusammengezogenen Thieres 22 mm, Breite des Körpers ebenso viel, des Fusses 10, Höhe 131/, mm. Bei 2 Exemplaren ist Hyp = °/, S, bei dem dritten ist ausnahmsweise Hyp ungefähr — S, was zur Zeit von keiner andern Oncidium-Species bekannt ist. Am Kopf und am Fuss verschmälert sich das Hyponotum auf ein Viertel resp. die Hälfte der Breite. Der Fuss ist überall gleich breit, vorn breit abgestutzt, hinten verschmälert. Körperumriss breit-oval, fast rund. Rückensculptur: Eine gleichmässige, feine Körnelung, die mit blossem Auge noch eben zu erkennen ist, bedeckt wie bei On- cidium marmoratum Less. (Fig. 92) den ganzen Rücken. Alle Körn- chen sind ungefähr gleich gross und besitzen ein winziges centrales Pünktchen, vermuthlich den Porus einer Driisenzelle. 3 oder 4 schwarze Augen, jedes mit centralem hellen Fleck, sitzen dicht neben einander im Mittelpunkt des Rückens. Andere Augenflecke waren nicht zu er- kennen. Färbung sehr bunt. Der ganze Rücken (Fig. 10) ist gelb und schwarzbraun marmorirt. Die Grundfarbe ist hellgelb. Auf derselben stehen zahlreiche breite unregelmässige Bänder und Flecke von schwarz- brauner Farbe, welche bei dem kleinern Exemplar zusammen fast ebenso viel Oberfläche bedecken wie die Grundfarbe, während bei den 176 LUDWIG H. PLATE, grôssern die letztere überwiegt. Kopf und Lippensegel bläulich und verhältnissmässig sehr klein, wie bei der Gattung Oncis. Hyponotum rein weiss, ebenso die niedrigen Seiten des Fusses, dessen Sohle schmutzig-gelb gefärbt ist. Lage der Oeffnungen: Afterpapille nur halb verdeckt vom Hinterrande des Fusses oder frei. Athemloch gross, mit schmalem blassgelben Saume, etwas nach rechts verschoben, seine Entfernung vom After !/,. Weibliche Oeffnung wie gewöhnlich, männliche nach vorn und innen vom rechten Fühler direct an dessen Basis. Diese Art steht dem Oncidium steenstrupi S. sehr nahe, aber ich habe mich durch Betrachtung der Semper’schen Orginale dieser Art davon überzeugt, dass beide verschieden sind. Bei One. steenstrupi beträgt Hyp höchstens '/, S, während bei Onc. vaigiense Hyp unge- wöhnlich breit ist. Ferner ist die Färbung des Rückens bei jener Art gelblich-grau mit verwaschenen bräunlichen Flecken und ihr Athem- loch genau median. Peritoneum unpigmentirt. Darmschlingen nach Typus I ange- ordnet. Oberleber am grössten, Unterleber etwas kleiner, Hinterleber am kleinsten. Enddarm mit ampullenartiger Erweiterung und Rectal- driise. Ueber die Vesicula seminalis habe ich in Folge schlechter Erhaltung nichts ermitteln können. Das Receptaculum seminis stellt eine grosse, sehr kurz gestielte Blase mit 5 mm Durchmesser dar. Der Penis ist klein, nämlich mit Retractor (Insertion II) nur 10 mm, wovon je 3 mm auf den Endsack und eigentlichen Penis kommen. Dieser besteht aus einem vordern, noch nicht 1 mm langen, bezahnten Abschnitt und einem hintern mit Chondroidrohr. In ersterm sitzen nur ungefähr 25—30 Zähne, die alle mit Ausnahme der vordersten gleich lang (0,087 mm) sind. Die Chondroidzellen liegen in dem Rohr in einer Schicht, nur ganz vorn und ganz hinten schieben sich einige Zellen ein, so dass 2—3 Lagen entstehen. Die Zellen lassen kleine Lücken zwischen sich, wie bei Fig. 67. Die Penisdrüse erscheint äusserlich zweitheilig, d. h. der 55 mm lange Drüsenschlauch geht scheinbar direct in den Endsack über, in den er mit einer kleinen Papille vorspringt. In Wahrheit trägt aber auch hier der vorderste Abschnitt einen 1/,—%/, mm langen Stachel, dessen Form aus Fig. 79 zu ersehen ist. Seine Oeffnung ist schräg abgestutzt. An der Spitze fehlen Zellen in der Chitinmasse, während sie in der hintern Hälfte massenweise vorhanden sind. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. ih er 8. Oncidium amboinae n. sp. (Fig. 8). 10 Exemplare von Amboina, durch Prof. v. MARTENS gesammelt. Die folgenden Maasse beziehen sich auf das grösste Exemplar. Gestalt, Grösse: Lang-oval; die grösste Breite (19 mm) fällt mit der Körpermitte zusammen; Länge 29 mm. Der Körper ist mässig gewölbt. Grösste Fussbreite 9 mm. Die Hyponota messen längs der beiden Körperseiten 5—6. mm, hinter der Fusspitze verschmälern sie sich auf die Hälfte, vor dem Kopf auf ein Drittel dieses Maasses. Hyp = */, S; hat sich der Fuss in unnatürlicher Weise stark in der Quere zusammengezogen, so kann Hyp auch fast so breit wie S werden. Kopf und Lippensegel verhältnissmässig klein, wie bei Oncis. Mantelsculptur: Der Rücken zeigt eine glatte Grundfläche, auf der zahlreiche niedrige Warzen erster Ordnung von ca. 1 mm Durchmesser sitzen; sie stehen auf dem Mittelfelde ganz zerstreut, bis zu 6 mm von einander. Auf den Rändern hingegen viel dichter, nur !/,—1!/, mm von einander entfernt und zu unregelmässigen Längs- reihen angeordnet. Zwischen diesen grösseren Warzen finden sich kleinere zweiter Ordnung und ganz kleine dritter Ordnung, die auf dem Mittelfelde auch viel sparsamer und zerstreuter als peripher an- gebracht sind. — Augen fehlen vollständig. — Die Hyponota sind glatt. Man erkennt auf ihnen schon mit blossem Auge zahlreiche kleine, bräunliche oder weissliche Flecke, die unregelmässig vertheilt sind, sich aber namentlich am Aussenrande des Vorder- und Hinter- endes anhäufen. Sie liegen in der Haut, sind daher entweder Con- cremente oder Drüsen. Unter der Lupe fallen ferner sehr zahlreiche, überall gleichmässig vertheilte, winzige Pünktchen von weisser Farbe auf, wie es scheint, die Oeffnungen von Drüsen. Färbung (Fig. 8): Einigermaassen constant ist nur die Färbung der Unterseite, während die des Rückens sehr variabel ist. Hyponota, Kopf und Sohle sind schwarz, erstere mit weissem, 1—11/, mm breitem Randsaum, der allmählich in das Schwarz übergeht und der Unter- seite ein charakteristisches Aussehen verleiht. Die Sohle ist entweder ebenso tief schwarz wie die Hyponota oder etwas lichter, graulich, bei einem Exemplar sogar in der Mitte weisslich. Hinsichtlich der Färbung des Rückens kann man die mir vorliegenden Thiere in zwei Gruppen sondern: 1) Das Mittelfeld des Rückens wird von einem un- regelmässigen, milchweissen Fleck eingenommen; die Seitenflächen haben eine schmutzig-gelbbraune Farbe. Ueber das Mittelfeld läuft in der Mediane eine breite, an den Rändern unregelmässige, grau- Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 12 178 LUDWIG H. PLATE, braune Binde, so dass die helle Grundfarbe des Mittelfeldes in zwei Längsstreifen auftritt (Fig. 8). 2) Das Mittelfeld ist weisslich und wird nur wenig von bräunlichen Flecken, Wolken und Ringen durch- setzt. Die Seitenflächen sind braun und weiss gesprenkelt, sehr hell- bräunlich oder auch weisslich gefärbt. Bei der Mehrzahl der Exem- plare trägt das Mittelfeld des Rückens ferner zahlreiche (ca. 20—30) graue bis tiefschwarze Ringe, die einen hellweissen Fleck umgrenzen. Die grössten dieser augenähnlichen Flecken haben einen Durchmesser von 1'/, mm. Das Aussehen des Rückens wird dadurch sehr eigen- artig und ähnlich dem von Oncidium multinotatum (Fig. 5), das aber eine ganz helle Unterseite besitzt. Diese schwarzen Ringe umgeben jedesmal eine Warze erster Ordnung. Am Rand des Rückens verläuft in der Regel ein heller Saum, und auch auf diesem stehen zahlreiche solche Ringe. — Die Fühler sind schwärzlich, an der Spitze zuweilen weisslich gefärbt. Die Fussrinne ist frei von Pigment, erscheint daher weisslich und hebt sich dadurch scharf von der dunklen Um- gebung ab. Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung vom After 1/,—1/,. Weibliche Oefinung wie ge- wohnlich, männliche nach vorn und etwas nach innen vom rechten Fiihler, in der Mitte zwischen diesem und dem Unterrand des Lippen- segels. Peritoneum unpigmentirt. Die Darmschlingen nach Typus Il ge- lagert. Radula 103, 1, 105; die äussern Pleuralzähne ohne Neben- zahn. Die Oberleber weitaus am grössten. Die Unterleber ungefähr so gross wie die Hinterleber oder etwas grösser. Enddarm mit am- pullenartiger Erweiterung und einer vor dieser einmündenden Rectal- driise. Sehr merkwürdig verhält sich die Lungenhöhle; sie ist ebenso wie die Niere halbsymmetrisch gestaltet, also wie bei den Oncis-Arten, was sonst nur noch bei Oncidiwm luteum vorkommt. Die Niere leitet zu den Oncidiellen hinüber, indem sie statt des hohen, dichten Blätter- werkes der echten Oncidium-Species nur mit niedrigen und wenig zahlreichen Falten besetzt ist. Die Vesicula seminalis ist oval, 2!/, mm lang und sitzt einem 2 mm langen, dünnen Stiel auf. Receptaculum seminis gross, kurz gestielt. Keine Penisdriise. Der Penis ist klein: Endsack 2 mm, eigentlicher Penis 7 mm, Retractor mit Insertion II 6 mm. Der eigentliche Penis zerfällt in einen vordern, 2 mm langen, weichen Abschnitt und einen hintern mit Chondroidrohr, dessen Zellen in zwei Schichten angeordnet sind, und nur ganz vorn und ganz hinten, wo das Rohr sich etwas verdickt, eine dritte Lage bilden. Der Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 179 hintere Abschnitt springt, ähnlich wie bei Fig. 59, mit einer Papille, die aber hier rein musculös ist, in den vordern vor. 9. Oncidium griseum n. sp. 3 Exemplare unbekannter Herkunft, wahrscheinlich von einer der polynesischen Inseln. Grösse, Gestalt: Länglich-oval, vorn und hinten gleich- mässig abgerundet. Länge 27!/, mm, grösste Breite in der Mitte des Körpers 20 mm. Die Höhe ist recht beträchtlich (16 mm), so dass der Rücken fast halbkuglig gewölbt ist. Die Hyponota haben an den Seiten des Körpers eine Breite von 6 mm, aber sie sind schräg nach oben gerichtet und ragen daher bei Betrachtung der Bauchseite nur 3 mm jederseits über den Fuss, dessen grösste Breite 17 mm beträgt, vor. Hyponotum vor dem Kopf 2, hinter der Fusspitze 4 mm breit. Der Kopf und namentlich die Mundsegel sehr gross. Rückensculptur: Der Rücken ist überall dicht mit Papillen und Granula bedeckt. Erstere entsprechen den zusammengesetzten Papillen, Fig. 99 c. Sie haben ungefähr 1 mm Durchmesser und schliessen mit einer flachen Scheibe ab, deren Rand 5—8 kleine Körner trägt. Sie stehen zerstreut über dem ganzen Rücken, etwa 3—6 mm von einander entfernt. Die Granula sind viel kleiner als diese Papillen, aber unter sich auch ungleich gross; sie stehen überall ganz dicht neben einander. Einige Papillen tragen 1—3 Augenflecke, aber diese sind zum grössten Theile eingestülpt, so dass sich ihre Zahl und An- ordnung nicht ermitteln lässt. Färbung des Rückens weisslich-grau. Unter der Lupe sieht man, dass die Spitzen der Papillen und Warzen etwas heller gefärbt sind. Fuss und Hyponotum hellgelb. Lage der Oeffnungen: After frei. Athemloch median, dem Aussenrande stark genähert, daher Entfernung vom After */,. Männ- liche Oeffnung wie bei voriger Art. Diese Species steht dem Oncidium trapezoideum SEMPER sehr nahe, welches sich jedoch von ihr unterscheidet durch andere Lage der männlichen Geschlechtsöffnung und des Athemloches, dessen Entfern ung = 1/, ist, durch eine grössere Anzahl von Radulazähnen, durch grössere Breite des Hyponotums (Hyp = ?/, S) und durch einen schmalen hell. gelben Saum, welcher den Rücken einfasst. Ich habe diese Unter- schiede theils der Semper’schen Beschreibung, theils der Besichtigung eines Originalexemplars, das sich in Berlin befindet, entnommen. 12* 180 LUDWIG H. PLATE, Peritoneum unpigmentirt. Radula 90, 1, 90. Die Pleuralzähne werden nach aussen zu immer schmäler und länger, so dass die äusser- sten linealförmig aussehen. Lage der Darmschlingen II. Oberleber am grössten; die beiden andern Portionen gleich gross und kleiner. Keine Rectaldriise. Vesicula seminalis schlauchförmig, 2—5 mm lang, Receptaculum seminis 7!/, mm im Durchmesser betragend und sehr kurz gestielt. Sie hat die Eigenthümlichkeit, dass die distale Calotte viel diinnwandiger ist als die übrigen Theile, daher leicht abreisst, wenn sie mit den benachbarten Organen verklebt war. Das Organ erscheint dann als ein tiefer Becher. Penis sehr einfach, ohne Chon- droidgewebe. Er misst mit Retractor (Insertion II) nur 17 mm, wäh- rend die viertheilige Penisdriise ungefähr 7mal so lang ist. Der Stachelabschnitt der letztern stülpt sich papillenförmig in den End- sack ein, der Stachel ist 3mm lang und endet vorn genau so wie bei Onc. tumidum (Fig. 82). 10. Oncidium palaense SEMPER. 1 Exemplar von Amboina; ob dieses wirklich ein Oncidiwm pala- ense ist, liess sich nicht vollkommen sicher entscheiden, weil es merkwürdiger Weise der Copulationsorgane vüllig entbehrte. Dieses Verhalten ist um so auffallender, als die hintern Geschlechtsorgane vollständig normal und ganz ähnlich denjenigen von Oncidium verru- culatum ausgebildet waren; ja die Zwitterdrüse enthielt sogar, ebenso wie die 3 mm lange Vesicula seminalis, eine Menge reifer Spermato- zoen, während grosse Zellen, die als Eianlagen gedeutet werden könnten, nur spärlich vorhanden waren. Das Vas deferens entsprang in der gewöhnlichen Weise dem Spermoviduct, trat neben der weib- lichen Geschlechtsöffnung in die Fussmusculatur ein und zog in dieser neben der Fussrinne bis zum rechten Lippensegel, um hier blind zu enden. Es handelte sich also hier nicht um einen weiblichen Zwitter, bei dem der männliche Apparat rückgebildet oder unterdrückt war, sondern um den pathologischen Mangel des Begattungsorgans; da wir durch EisiG (36) und Krorz (35) wissen, dass sich der Penis der Basommatophoren als eine selbständige Ectodermwucherung anlegt und sich erst secundär mit dem Vas deferens verbindet, so erklärt sich ein derartiger Mangel einfach als eine Hemmungsbildung, wie solche auch ab und zu bei Schnecken beobachtet worden sind (34, 37, p. 356). Im Uebrigen stimmte das Thier ganz mit der SEMPERr’schen Beschreibung überein. Peritoneum pigmentirt. Darmschlingen nach Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 181 Typus I gelagert. Oberleber am grössten, Unter- und Hinterleber gleich gross und zusammen so gross wie jene. — 11. Oncidium luteum SEMPER. 2 Exemplare der Semper’schen Originale von Singapore. Der Beschreibung des Entdeckers sei Folgendes hinzugefügt: Hyp unge- fähr — 1}, S—4 mm. Vor dem Kopf verschmälert sich Hyp auf 1'/, mm, hinter der Fusspitze auf etwas über 2 mm. Der Kopf ist klein und bei stark zusammengekrümmten Thieren so unter dem Hypo- notum verborgen, dass er kaum sichtbar ist. After verdeckt, Athem- loch von einem hellen Saum umgeben, seine Entfernung 1/,. Der Rücken sieht lehmbraun aus, wie auch Semper angiebt; nur die Spitzen der Tuberkel sehen heller, nämlich grünlich-weiss, wasser- farbig aus. Eine nähere Untersuchung zeigt jedoch, dass letztere Färbung in Wirklichkeit dem ganzen Rücken zukommt. Jener lehm- farbige Ueberzug lässt sich mit einem Messerchen leicht abschaben und stellt sich dann unter dem Mikroskop als eine feine Schlamm- schicht dar. Auf Schnitten sieht man zahlreiche einzellige Drüsen im Epithel ausmünden, deren Secret offenbar dazu dient, die Schlammkörnchen zusammenzukitten und dem Thiere so zu einer aus- gezeichneten Schutzfärbung zu verhelfen. — Die Augen stehen ein- zeln auf den Tuberkeln, wodurch diese Art in einen Gegensatz zu allen andern Oncidium-Species tritt, die entweder Gruppen von Augen oder gar keine besitzen. — After verdeckt. Athemloch median, mit der Entfernung 1/5. Das Peritoneum ist pigmentirt. Lage der Darmschlingen U. Enddarm mit Erweiterung und Rectaldrüse. Die Lungenhöhle und die Niere sind halbsymmetrisch, was innerhalb der Gattung Oncidium nur noch bei Onc. amboinae vorkommt. Hierdurch, durch die Einzel- augen, die Lagerung der Darmschlingen und durch die Rectaldrüse leitet One. luteum zur Gattung Oncis hinüber, bei der diese Charak- tere fast ausnahmslos angetroffen werden. 12. Oncidium multinotatum n. sp. (Fig. 5). 1 Exemplar aus Cavite, Manila, darch Prof. von MARTENS ge- sammelt. Gestalt, Grösse: Lang-oval, vorn und hinten gleichmässig ab- gerundet. Länge 40!/,, Breite 25 mm. Länge des Fusses 30, Breite desselben 14!/, mm. Höhe des Thieres 13'/, mm, dasselbe kann 182 LUDWIG H. PLATE, daher noch als flachgewölbt bezeichnet werden. Hyp an den Körper- seiten 6 mm breit, daher Hyp noch nicht ganz !/, S. Hinter dem Fuss verschmälert sich Hyp auf 5, vor dem Kopf auf 3 mm. Der Kopf und die Lippensegel sind kleiner als bei den meisten Oncidium- Arten. Riickensculptur: Der Riicken ist tiber und tiber mit flachen Warzen bedeckt, von denen die grösseren 1 mm, die kleineren !/, mm Durchmesser haben. Erstere stehen 11/,—3 mm auseinander, wäh- rend letztere dicht zusammengedrängt sind. Die Hyponota sind ganz glatt. Färbung: Die Grundfarbe des Rückens ist ein schmutziges Hellbrann, auf dem schwarze, unregelmässige Flecke zu 4 undeutlichen Längsbinden angeordnet sind (Fig. 5). Zwei von diesen fassen das Mittelfeld zwischen sich, die beiden andern liegen nach aussen davon. Der Rand des Rückens wird von einem hellen Saume gebildet, auf dem auch einzelne schwarze Flecke stehen. Sehr charakteristisch wird das Aussehen des Rückens dadurch, dass die grossen Papillen auf ihren abgeflachten Spitzen schwarze oder grauschwarze Pigment- kreise tragen. Die ganze Oberseite ist wie übersät mit diesen Ringen, welche am zahlreichsten auf dem Mittelfelde stehen, aber auch bis dicht an den Randsaum hinantreten. Die Vermuthung lag nahe, sie möchten Sehorgane darstellen; auf Schnitten stellte sich jedoch her- aus, dass sie nur durch Pigmentzonen, denen grosse einzellige Drüsen eingelagert sind, hervorgerufen werden; echte Augen hingegen fehlen vollständig. Fühler, Stirn und Lippensegel zeigen die gewöhnliche graue Färbung des Alcoholmaterials. Die Hyponota und die Sohle sind gleichmässig hellgelb gefärbt. Lage der Oeffnungen: After verdeckt, Athemloch gross, me- dian gelegen, mit der Entfernung !/,. Männliche Oeffnung in der Mitte zwischen rechtem Fühler und Lippensegel-Unterrand, etwas nach innen verschoben ; die weibliche bildet eine 1 mm hohe Papille und ist etwas nach vorn verschoben, so dass sie 51/, mm vom After ent- fernt liegt. Dies erinnert an das Verhalten von Peronina alta. Peritoneum unpigmentirt. Pharynx ziemlich klein, hoch, mit weit vorspringender Radulapapille. Radula: 76, 1, 76; der Rhachiszahn ist typisch. Der erste Pleuralzahn (Fig. 24a, 1) ist noch klein und sein Seitenzahn fast ebenso gross wie der Hauptzahn. Der zweite Pleuralzahn zeigt die normale Grösse. Die Seitenzähnchen nehmen bis zum 40. Pleuralzahn allmählich an Grösse zu und erreichen von hier bis zum 50. Zahn ein Drittel der Länge des Hauptzahns. Weiter Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 183 nach aussen werden sie wieder kleiner und fehlen nur den 2—3 äus- sersten Randzähnen. Die Hauptzihne werden nach dem Rande zu schmal und linealférmig. Lagerung der Darmschlingen IL Ober- und Unterleber gleich gross, Hinterleber nur !/, so gross. Enddarm mit Ampulle, deren Epithel zahllose zu Längsreihen angeordnete Zöttchen bildet, und Rectaldriise. Der Zwittergang weicht hier und bei Onci- dium aberrans darin von den übrigen mir bekannten Arten der Gat- tung ab, dass seine verdickte Partie (wie bei Fig. 51) auch auf die Gabeläste erster und zweiter Ordnung übergreift, während diese sonst zart bleiben. Die Vesicula seminalis entzog sich der Beobachtung. Receptaculum seminis gross, sitzend. Wegen der nach vorn ver- lagerten Vulva dringen Oviduct und Vas deferens 3!/, mm vor dem hintersten Winkel der Leibeshöhle in die Haut ein. Der Penis ist verhältnissmässig lang (30 mm), aber sehr dünn (noch nicht 1 mm Durchmesser); sein Endsack ist 3 mm, der Retractor (mit Insertion II) 6 mm lang. Der neben dem Penis liegende Vas deferens-Abschnitt ist lang, verknäuelt und windet sich spiralig um den Penis herum. Die dreitheilige Penisdrüse ist 12mal so lang wie das ganze Thier, näm- lich 530 mm. Sie hat grosse Aehnlichkeit mit derjenigen von Pero- nella (Fig. 73), denn auch hier springt der kegelförmige Stachelab- schnitt mit einer Papille in den Endsack vor. Der 4 mm lange Stachel (Fig. 77) ist durchsichtig, biegsam. Die Lage seiner vorderen Oeffnung geht aus der Zeichnung hervor, seinen feineren Bau habe ich im Anschluss an Fig. 77, 78, 80 schon im vergleichend-anatomi- schen Abschnitt besprochen. Der Penis enthält vorn eine 4'/, mm lange bezahnte Region. Die Zähne sind schmal, spitz-kegelförmig, überall so ziemlich von gleicher: Länge (0,132 mm). Ihre Chondroid- zellen sind (wie in Fig. 58) einreihig über einander geschichtet, nur an der Basis liegen sie in mehreren Reihen. In dem Chondroidrohr des hintern Penisabschnittes liegen die Zellen vorn in 1—2 Lagen, aber sehr rasch nimmt nach hinten die Zahl der Schichten zu und beläuft sich dann auf ca. 10. 13. Oncidium branchiferum n. sp. 2 Exemplare aus Cavite, Manila, durch Prof. v. MARTENS ge- sammelt. Gestalt, Grösse: Lang-oval, vorn und hinten in gleicher Weise abgerundet. Das grössere Exemplar zeigte folgende Maasse: Länge 27'!/,, Breite 18, Höhe 12'/, mm. Länge des Fusses 22, Breite des- selben 13 mm. Hyponotum an den Körperseiten 41/, mm breit, Hyp 184 LUDWIG H. PLATE, =1/, 8. Hyp hinter der Fusspitze nur 3 mm breit, vor dem Kopf noch schmäler, so dass der grosse Kopf weit darunter hervorragt. Rückensculptur: Die Art ist leicht kenntlich an den kleinen Kiemenbüscheln, welche auf dem hintersten Sechstel des Mantels in geringer Zahl stehen. Bei dem kleineren Exemplar zähle ich 12 der- selben, bei dem grössern sind es etwas weniger. Sie stehen besonders dicht unmittelbar am Hinterrande des Mantels und haben das Aus- sehen der noch nicht ausgewachsenen Kiemenbäumchen von Oneidium verruculatum (Fig. 99 b), d. h. sie tragen kleine fingerförmige Fort- sätze. Die grössten haben eine Höhe von 1!/, mm, werden aber im Leben wohl auf das Doppelte sich auszustrecken vermögen. — Die Rückenfläche erscheint schon für das blosse Auge stark gekörnelt, weil sie übersät ist mit rundlichen Warzen, von denen die grössten 1!/, mm Durchmesser erreichen. Sie stehen ca. 3—4 mm auseinander. Die Zwischenräume zwischen ihnen sind dicht erfüllt von kleineren Warzen und Körnern, die in allen Uebergängen bis zu winzigen Pünktchen herabsteigen. — Die grossen Warzen des Mittelfeldes tragen Gruppen von Augen, welche aber nur bei dem kleineren Individuum deutlich zu erkennen waren. Ich zähle hier 8 solche Tuberkel mit je 2—4 Augen- flecken. Färbung: Das Mittelfeld ist gelblich mit schwarzbraunen Flecken und Wolken, die Aussenzone ist schwarzbraun. Am Rande tritt bei dem grösseren Exemplar wieder die helle Grundfarbe hervor, und der dunkle Farbenton erhält sich hier nur in Gestalt von radienförmig angeordneten kurzen Binden. Bei dem kleineren Thier fehlt diese Strichelung. Die Färbung scheint überhaupt ziemlich variabel zu sein, denn die grossen Warzen sehen bei dem älteren Thier schwärzlich, bei dem jüngeren hellgelblich aus. Sohle und Hyponotum rein hellgelb, um das Athemloch herum ein schwärzlicher Anflug. Kopf blauschwarz. Lage der Oeffnungen: After halb verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung ?/,. Männliche Oeffnung an der gewöhnlichen Stelle, aber ziemlich weit nach innen, fast median, in der Mitte zwischen Fühler und Lippensegelrand. Peritoneum unpigmentirt. Radula 88, 1, 88. Die Seitenzähnchen erhalten sich bis zu den äusser- sten Pleuralzähnen. Lagerung der Darmwindungen I. Oberleber dop- pelt so gross wie die Unterleber und wie die Hinterleber. Keine Rectaldriise. Vesicula seminalis kegelförmig. Receptaculum seminis gross, mit sehr kurzem Stiel, fast sitzend. Der Penis ist verhältniss- mässig lang, 13 mm, davor ein 4 mm langer Endsack, dahinter ein Retractor (Insertion III) von 8 mm. Der Penis trägt vorn ein kleines Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 185 Zahnrohr, alles Uebrige ist weich. Die Zähne (Fig. 63, 64) haben die gewöhnliche hakenförmige Gestalt und nehmen von vorn (0,007 mm) nach hinten (0,017 mm) an Grösse zu. In ihrer Basis liegen, je nach der Grösse, 1—4 Zellen, welche die Chitinsubstanz des Zahnes ausge- schieden haben. Aehnliche Zellen in fast epithelartiger Anordnung liegen auch in der derben Chitinmembran, welche die Zähne in Querreihen und in Quincunxstellung trägt. Die Penisdriise ist viertheilig, kurz, indem der Endschlauch nur 35 mm misst. Der Stachel ist gerade, farblos, vorn verschmälert und etwas über 1 mm lang. Er enthält — mit Ausnahme der Basis — nur wenige sternförmige Zellen. Die Oeffnung an der Spitze mit kleiner schaufelförmiger Verdickung, ähn- lich wie in Fig. 82. 14. Oncidium marmoratum Less. (Fig. 6). 5 Exemplare von Neu-Hannover, gesammelt durch die Expedition der „Gazelle“. Die Schilderung, welche Lesson (24, p. 297) von dieser Art, die im Hafen Praslin auf Neu-Irland sehr gemein war, entwirft, ist zu knapp und ungenügend, um ein sicheres Wiedererkennen zu ermög- lichen. Die mir vorliegenden Exemplare stimmen aber völlig mit der- selben überein, so dass ich mich für berechtigt halte, die Identität anzunehmen. Gestalt, Grösse: Breit-oval, stark gewölbt und hoch, im zu- sammengezogenen Zustande fast halbkuglig erscheinend. Die Maasse des grössten Thieres waren: Länge 20, Breite 17, Höhe 9 mm. Länge des Fusses 14'/,, Breite desselben 9 mm. Hyponotum an den Seiten 51/,, hinter dem Fusse 4, vor dem Kopfe 2!/, mm. Daher Hyp = etwas über !/, S, zuweilen auch 5/, 8. Rückensculptur: Die Rückenfläche erscheint für das blosse Auge glatt; mit Hülfe einer Lupe aber erkennt man, dass sie dicht bedeckt ist mit ganz kleinen Wärzchen, die so nahe zusammenstehen (Fig. 92), dass sie sich vielfach polygonal abgrenzen. Jedes Wärzchen trägt — meist in der Mitte — einen winzigen weissen Flecken, und diese heben sich von dem schwarzen Untergrund so deutlich ab, dass sie schon vom unbewaffneten Auge wahrgenommen werden. Ich ver- muthete hier den Porus einer Drüse und war daher etwas überrascht, als ich auf Schnitten schwarze Pigmenthaufen als die Ursache dieser hellen Flecke erkannte. Fig. 97 zeigt einen solchen Schnitt. Unter dem Epithel breitet sich eine Drüsenzone aus, welche von zahlreichen schwarzen Pigmentkörnchen durchsetzt ist und der Muscularis aufliegt. 186 LUDWIG H. PLATE, Das Pigment bildet in den Wärzchen dichtere Ansammlungen (pig = 1; UN, deren Grösse ungefähr jenen hellen Punkten entspricht; diese kommen demnach offenbar durch totale Reflexion des Lichtes an diesen Haufen zu Stande. Färbung: Die Grundfarbe des Rückens ist ein gleichmässiges Schwarz, das bisweilen etwas heller wird und dann einen Stich ins Grau aufweist. Je grösser die Thiere werden, desto mehr scheint ein solcher grauer Ton hervorzutreten. Hellbraune unregelmässige Flecken und Bänder (Fig. 6) vertheilen sich in sehr variabler Anordnung auf diesem Untergrunde. Sie können auf ein Minimum reducirt sein oder fast die Hälfte der Rückenfläche einnehmen. Am Rande des Rückens ein sehr schmaler Saum von derselben gelblich-weissen Farbe, wie sie das Hyponotum bedeckt. Auf der Sohle wird dieses Gelb etwas dunkler. Der kleine Kopf, die Fühler und die Lippensegel sind schwärzlich-grau. Um das Athemloch herum ein schmaler hellgelber Ring. Die Rückenaugen sind sehr schwer zu finden. Ich habe immer nur eine Gruppe von 3 oder 4 Augen im Scheitelpunkte des Rückens entdecken können, die als helle, schwarz umrandete Flecken sich bemerklich machen ; überall sonst fehlen sie. Die Lage der männlichen und weiblichen Genitalöffnung ist typisch. After halb verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung beim ausgestreckten Thiere 1/,. Die meisten Exemplare waren aber so zusammengezogen, dass das Athemloch neben dem After lag. Peritoneum unpigmentirt. Radula 115, 1, 115. Die Seitenzähnchen der Pleuralzähne werden am Aussenrande kleiner und kleiner und fehlen den 3 letzten. Lagerung der Darmschlingen I. Oberleber am grössten; Unter- und Hinterleber viel kleiner, erstere etwas grösser als letztere. Enddarm mit Ampulle und Rectaldrüse. Vesicula semi- nalis klein, noch nicht 1 mm lang, schlauchförmig, am freien Ende ange- schwollen. Receptaculum seminis gross, kurzgestielt. Das Copulations- organ ist klein; sein Endsack relativ lang (5 mm), der eigentliche Penis nur 2 mm, wovon !,, auf den vordern Zahnabschnitt fallen, während 4/, von einem Chondroidrohr durchzogen werden; der Retractor mit der Insertion II schwankt je nach dem Contractionszustand zwischen 2—9 mm Länge. Im Anfangstheil des Penis finden sich nur ungefähr 16 Zähne von vielzelliger Structur; die vordersten haben eine Länge von 0,042 mm, die hintersten von 0,125 mm. Die Chondroidzellen in dem hintern Rohr liegen in einer Schicht, haben eine kuglige oder polyedrische Gestalt und lassen Lücken zwischen sich (Fig. 67), die Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 187 ohne Inhalt sind oder von einer klaren Flüssigkeit erfüllt werden. Die Penisdrüse ist dreitheilig. An den Endsack schließt sich der Stachelabschnitt an, der fast ebenso dick ist wie jener. Dann folgt der Drüsenschlauch, dessen proximales Ende wie gewöhnlich beträcht- lich zarter ist als das distale. Der Stachel ist farblos, klein (etwas über 1 mm) und stimmt in der Gestalt mit demjenigen von Oncidium multinotatum (Fig. 77) überein, aber im histologischen Bau findet sich eine kleine Vereinfachung. Die sämmtlichen Zellen (Fig. 81 a) liegen in einer Schicht, es fehlen also die in die Cuticula externa verlagerten Zellen (Fig. 77, 78c). Man könnte jenen Zellen bei Betrachtung von der Seite (a) eine epithelartige Anordnung zuschreiben, wenn nicht die Flächenansicht (a’) lehrte, dass sie nur durch feine Ausläufer zusammen- hingen. 15. Oneidium aberrans SEMPER. 2 Exemplare, Semper’sche Originale, als deren Fundort Singapore angegeben wird. Gestalt: Gestreckt-oval. Das grössere Thier zeigte folgende Maasse: Länge 27, Breite 16, Höhe 11 mm. Der Fuss hat eine Länge von 21, eine Breite von 8 mm. Hyp an den Seiten 5 mm breit, daher etwas. über 1/, S. Hinter der Fusspitze wird Hyp 4, vor dem Kopf 2mm. Der Kopf ist gross und ragt unter dem Hyp frei hervor- Die Rückenhaut ist sehr dick (!/, mm). Rückensculptur und Färbung siehe bei Semper. Die tiefschwarzen kleinen Pünktchen, welche sich überall auf dem Rücken vorfinden, werden, wie SEMPER richtig angiebt, durch das dunkle Secret von einzelligen Hautdrüsen hervorgerufen. Augen fehlen voll- ständig auf dem Rücken. Lage der Oeffnungen: After verdeckt, Athemloch median, seine Entfernung, wenn Hyp nicht zusammengezogen ist, ?/;. Der weibliche Genitalporus springt in Gestalt einer kleinen Warze vor und liest 5 mm nach vorn vom After, ist also ungewöhnlich weit ver- schoben. Peritoneum unpigmentirt. Radula 83, 1, 83. Das Mittelzähnchen des Rhachiszahns springt weit vor über die Basalplatte. Die Seitenzähnchen an den Pleuralzähnen sind gut entwickelt mit Ausnahme der 5 äusser- sten. Lage der Darmschlingen nach Typus I. Oberleber am grössten, Unterleber bedeutend kleiner, Hinterleber noch kleiner. Enddarm mit Ampulle und Rectaldrüse. Entsprechend der nach vorn verschobenen Lage der Vulva treten Oviduct und Vas deferens 3 mm vor dem hinter- 188 LUDWIG H. PLATE, sten Winkel der Leibeshöhle in die Haut ein. Die drüsig verdickte Partie des Zwitterganges greift auf die Gabeläste der Zwitterdriise etwas tiber. Die Vesicula seminalis ist eine ovale, 2 mm lange Blase, die an einem kurzen Stiele sitzt. An dem Oviduct lassen sich — ab- weichend von den iibrigen Oncidiiden — 2 Abschnitte unterscheiden, ein dünner proximaler und ein noch einmal so dicker distaler (Fig. 54). Wo beide in einander übergehen, heftet sich das grosse Receptaculum seminis an. Beachtenswerth ist ferner die ungewohnliche Kürze (3 mm) des ersten Abschnittes vom Vas deferens (Fig. 54), während er in der Regel grösser ist als der Oviduct. Das Copulationsorgan misst ca. 30 mm und ist nicht viel kiirzer als die zweitheilige Penisdriise. Der Stachel der letzteren ist farblos, leicht gebogen, 11/, mm lang und verschmälert sich vorn zu einer quer abgestutzten Spitze (Fig. 76). Die Zellen im Chondroidrohr des Penis schliessen (wie in Fig. 66) lückenlos aneinander. Die übrigen Einzelheiten des Baues der Ge- schlechtsorgane sind schon von SEMPER hervorgehoben worden; ich kann sie bestätigen. 16. Oneidium nigrum n. sp. 1 Exemplar von Borneo, durch GERARD gesammelt. Gestalt, Größe: Lang-oval, im Habitus sehr an die vorige Art erinnernd. Länge 41, Breite 26, Höhe 14 mm. Länge des Fusses 31, seine Breite 13 mm. Hyp an den Seiten 9 mm, daher ca. 2/, S, vor dem Kopf, der verhältnissmässig klein ist, 41/,, hinter der Fuss- spitze 6 mm. Rückensculptur: Dem unbewafineten Auge erscheint der Rücken grobkörnig, da er überall mit kegelförmigen, grossen Papillen, die ausgestreckt 11/, mm hoch sind, bedeckt ist. Sie stehen 1—3 mm weit auseinander. Zwischen ihnen sitzen zahlreiche kleinere Warzen. Der Rand des Rückens ist mehrfach gewellt, was wohl nur Folge be- sonderer Contractionszustände ist. | Färbung: Ueberall gleichmässig grauschwarz, so daß das ganze Thier sehr düster aussieht. Die Warzen sind noch etwas dunkler ge- färbt als der Rücken. Wie bei Onc. aberrans erkennt man unter der Lupe zahllose kleine schwarze Pünktchen, auf dem Mantel die einzeln oder in Gruppen stehen. Rückenaugen finden sich nur im Scheitelpunkt des Rückens. Hier sitzt eine flache, runde Warze von 11/, mm Durchmesser mit einer centralen Grube, in welche 3 Augen zurückgezogen waren. Die Retina war vielschichtig. Die Linse bestand aus einem vordern Ab- Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 189 schnitt, der von einer Riesenzelle gebildet wurde, und einem hintern, fiinfzelligen. Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung 1/,. Männliche Genitaléfinung wie gewöhnlich, die weibliche bildet eine kleine Papille dicht neben dem After. Hieran läßt sich die Art sofort von Onc. aberrans unterstheiden. Die Leibeshöhle wird zwar innen nicht von einer besondern Pig- mentschicht ausgekleidet, aber das Peritoneum erscheint dennoch schwärzlich, weil die ganze Rückenhaut von fein vertheiltem Pigment durchsetzt ist. Die düstere, schwarzbraune Färbung erstreckt sich auffallender Weise auch auf fast alle Eingeweide: Speicheldrüsen, Magen, Leber, Darm, Geschlechtsorgane und Lungengewebe, so dass der Speciesname nigrum sich nicht nur auf das Aeussere des Thieres bezieht. — Pharynx mit stark vorspringender Lungenscheide. Radula 137, 1, 137. Am Rhachiszahn ist das Mittelzähnchen kleiner als die seitlichen. Das Seitenzähnchen fehlt nur an den 3 oder 4 äussersten Pleuralzähnen. Auf die ganz eigenartige Lagerung der Darmwindungen (Fig. 31 a) — Typus III — bin ich im allgemeinen Teile dieser Ab- handlung eingegangen. Oberleber nicht viel grösser als die Unter- leber; Hinterleber viel kleiner. Enddarm mit Ampulle und Rectal- drüse. — Die drüsige Verdickung des Zwitterganges setzt sich auf die Ausführgänge der Zwitterdrüse fort (wie in Fig. 51). Die Vesicula seminalis ist eine ovale, 4 mm lange Blase, die an einem 2 mm langen, dünnen Stiel sitzt (Fig. 53 Ves. sem.). Der Spiralgang, welcher den Zwittergang und die Ausführgänge der 2 Eiweissdrüsen aufnimmt, ist kurz (spir), setzt sich aber in einen spiraligen Blindsack (sp!) fort und besitzt ausserdem 2 um einander herumgewundene Anhangsdrüsen (sp?, sp*), die ich von andern Oncidiiden nicht kenne. Das von hohen Falten durchzogene Diverticulum des Spermoviducts (app) zeichnet sich durch schwärzliche Färbung aus. Receptaculum seminis sehr kurz gestielt, 5 mm im Durchmesser betragend. Oviduct und Vas deferens treten etwas vor dem hintersten Winkel der Leibeshöhle in die Haut ein. Der eigent- liche Penis (11 mm) zerfällt in einen bezahnten und unbezahnten Ab- schnitt, beide ungefähr von gleicher Länge; in ersterem stehen die Zähne zwar auch, wie gewöhnlich, in Querringen und Quincunxstellung, aber die Ringe sind durch weite Abstände getrennt, und die Zahl der Zähne ist daher nur klein. Die vordersten derselben messen 0,014 mm, die hintersten 0,087 mm, im Innern derselben liegen 3—5 Zellen. Die Zellen des Chondroidrohres liegen vorn in 2, auf der grössten Strecke in 3—4, an der Basis in 4—5 Lagen. Die Penisdrüse ist dreitheilig 190 LUDWIG H. PLATE, mit 90 mm langem Endschlauch. Der Stachel misst 1,3 mm und ist hellbräunlich gefärbt. Seine Gestalt ist aus Fig. 75 ersichtlich. Insertion des Retractor penis II. II. Die Gattung Oneis. 17. Oneis coriacea SEMPER. 10 Exemplare von den Philippinen. Gestalt breit-oval, vorn und hinten gleichmässig abgerundet (Fig. 30). Das grösste Exemplar zeigte folgende Masse: Länge 43, grösste Breite in der Mitte des Körpers 38, des Fusses 11 mm. Das Hyponotum (131/, mm) ist daher an den Körperseiten noch etwas breiter als der Fuss; vor dem Kopf verschmälert es sich auf ungefähr die Hälfte, hinter dem Fuss auf ?/, der Breite. — Das Semper’sche Exemplar hatte bei 47 mm Länge nur 27 mm Breite; letztere Zahl ist wohl durch einen Druckfehler aus 37 entstanden. Da die Leibes- höhle sich nicht oder nur sehr wenig in die Hyponota fortsetzt (Fig. 34), sondern nur unter dem Mittelfeld des Rückens liegt, so springt dieses als ein flacher länglicher Wulst über das Niveau der Randzone hervor. Grösste Höhe ca. 13 mm. Rückensculptur: Semper nennt die Rückenfläche „stark gra- nulirt“. Für manche Individuen trifft dies zu, indem der lederartig feste Mantel mit dicht stehenden groben Körnern überall bedeckt ist. Die Art ist aber etwas variabel, und so kommen andere Individuen vor, die nur als schwach granulirt oder fast glatt bezeichnet werden können, indem die Körner niedriger sind und weiter, oft 1 mm, aus- einander stehen (Fig. 30). Stets finden sich zwischen diesen Körnern ganz kleine, sehr dicht stehende Granula, die aber erst bei Lupen- betrachtung auffallen. Die Augenflecke treten stets einzeln auf und sitzen auf den grösseren Körnern; ihre Vertheilung ist ganz un- regelmäßig, ebenso ihre Zahl, die zwischen 30 und 100 schwankt. Die Färbung dieser Art ist sehr variabel, wie schon aus der SEMPER’SChen Schilderung hervorgeht. Lage der Oeffnungen: Afteröffnung frei sichtbar an dem Alcoholmaterial, obwohl das ausgestreckte Fussende des lebenden Thieres sie wohl bedecken wird. Athemloch median, seine Entfernung vom After */,. Männliche Geschlechtsöffnung nach vorn und innen vom rechten Fühler. Die Radula soll nach Semper mindestens 240 Zähne in jeder Querreihe aufweisen; diese Zahl ist nach meinen Erfahrungen etwas Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 191 zu hoch gegriffen, ich zähle 110, 1, 110. Lage der Darmschlingen II. Oberleber nur wenig grösser als die Unterleber, Hinterleber viel kleiner. — Die Vesicula seminalis ist eine Blase von 3—4 mm Durchmesser, die an einem dünnen, 2 mm langen Stiel sitzt. Receptaculum seminis sehr kurz gestielt. Vas deferens (Anfangstheil) lang, zu einem Knäuel zusammengewunden, von chocoladenbrauner Färbung. 18. Oncis lata n. sp. 4 Exemplare von Neu-Britannien. Gestalt (Fig. 2) breit oval, fast kreisférmig und mässig hoch. Alle 4 Exemplare sind ungefähr gleich gross. Länge 29 mm; die Breite schwankt je nach dem Contractionszustand zwischen 24 und 27 mm. Bei einem Thier sind sogar Länge und Breite gleich (27 mm), so daß dieses als kreisförmig bezeichnet werden kann. Die Fussohle hat ihre grösste Breite am Ende des vordern ersten Drittels und be- trägt hier 7—81/, mm. Die Hyponota sind in dieser Höhe ungefähr ebenso breit wie der Fuss; nach hinten spitzt sich dieser allmählich zu, und die Hyponota übertreffen ihn an Breite. Das Hyponotum ist hinter der Fusspitze noch einmal so breit wie vor dem Kopf, der von geringer Grösse ist und weit vom Vorderhyponotum überragt wird. Rückensculptur: Die ganze Rückenfläche ist gleichmässig weitläufig grobkörnig. Die Granula sind kegelförmig, bis höchstens 1 mm hoch und stehen 4—5 mm auseinander; der Mantel erscheint durch sie wie mit kleinen Dornen gespickt. Zwischen ihnen befinden sich andere Körner von halber Grösse und etwa 2 mm Distanz und zwischen diesen noch kleinere, ungefähr 1 mm auseinander. Alle diese 3 Sorten von Tuberkeln sind mit blossem Auge sichtbar. Endlich ist noch der ganze Rücken dicht besät mit winzigen Körnchen, die erst mit Hülfe der Lupe zu erkennen sind. — Augenflecke fehlen. Die Färbung des Rückens ist gleichmässig braun (Fig. 2), bald etwas heller, bald etwas dunkler. Der Mantel ist ausserdem dicht besprenkelt mit kleinen gelblich-weissen Flecken, welche auf den Spitzen der 3 grösseren Sorten von Granula sitzen. — Die Hyponota sind gleichmässig grünlich-grau gefärbt und werden von einem schmalen gelben Randsaum eingefasst. Fuss grau, ungefärbt. Athemloch eben- falls mit gelblicher Umrandung. Lage der Oeffnungen: Afterpapille niedrig, aber sehr gross, vollständig von der Fusspitze verdeckt. In !/, Entfernung das me- diane kleine Athemloch. Männliche Geschlechtsöffnung wie gewöhnlich, dicht neben dem Tentakel. 192 LUDWIG H. PLATE, Radula 165, 1, 165. Lage der Darmschlingen II. Oberleber am grössten; Unterleber halb so groß, Hinterleber noch kleiner. Die Vesicula seminalis ist eine rundliche Blase von 3 mm Durchmesser, die an einem 1 mm langen Stiel sitzt. Während ich bei andern Arten in diesen männlichen Samenblasen immer nur frei neben einander liegende Samenfäden antraf, fand ich hier bei einem Individuum einen unregel- ‘ mässig-rundlichen Ballen in derselben, der nach aussen von einer dünnen Membran begrenzt war und den man wohl als ein Spermato- phor, das eventuell bei der Selbstbefruchtung zur Anwendung kommt, ansehen muss. In dem Receptaculum seminis desselben Thieres befand sich eine braunrothe krümelige Masse, wie solche fast immer hier an- getroffen wird. Diese Samenblase war, wie gewöhnlich, sehr kurz gestielt, fast sitzend. Der Anfangstheil des Vas deferens ist mässig lang, etwas hin und her gewunden, ungefarbt. Oviduct kurz und gerade. Der eigentliche Penis ist 7 mm lang, davon entfallen 2 mm auf den vordern, weichen, 5 mm auf den hintern, von einem Chondroid- rohr durchzogenen Abschnitt (Fig. 59). Dieser springt in jenen mit einer 0,283 mm hohen Papille vor, die auch aus Chondroidzellen gebildet wird. In dem Rohre liegen diese Zellen in 3—4 Lagen über einander und schliessen so wenig eng an einander, dass man wohl annehmen muss, es befinde sich noch eine homogene Zwischensubstanz zwischen ihnen, da sie sonst gegen einander verschiebbar sein müssten. An der Basis der grossen Papille sitzen noch einige kleinere, aber rein musculöse (pap’). Der Retractor ist sehr kurz, seine Insertion I. 19. Oncis semperi n. sp. 2 Exemplare von Mindanao. Gestalt breit-oval, fast rund. Vorder- und Hinterende sind gleichmässig breit abgerundet. Länge 241/, mm, Breite 191/,, Länge der Fussohle 161/,, grösste Breite derselben 7 mm. An den beiden Körperseiten ist Hyp — S oder noch etwas breiter. Am Kopf hingegen beträgt Hyp nur 31/,—4, hinter der Fusspitze 5 mm. Kopf sehr klein, er wird weit vom Hyp überragt. Rückensculptur: Auf der Aussenfläche des Mantels verlaufen eine Anzahl von niedrigen Furchen parallel dem Rande um das Mittel- feld herum, sie sind vermuthlich erst beim Absterben aufgetreten. Der Rücken erscheint sonst für das blosse Auge glatt, aber unter der. Lupe sehr fein- und dichtkörnig. Weitläufig zerstreut, 1—2 mm von einander entfernt, erheben sich auf der ganzen Rückenfläche sehr kleine Wärzchen, die bei dem einen Exemplar schon mit unbewafinetem Auge Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 193 erkannt werden können. 25—30 derselben tragen je einen Augenfleck ; die Vertheilung der Augen ist ganz unregelmässig, sie treten zum Theil ganz nahe an den Mantelrand heran. — Die Hyponota sind glatt. Farbung des Riickens schmutzig hellbraun. Ueber dem Mittel- felde verlaufen 2 oder 3 hellere verwaschene Längsbinden, die durch dunklere Streifen getrennt werden. Die meisten Augenpapillen liegen in der Mitte eines weissen Fleckes von sehr geringer Grésse. Bei dem einen Exemplar sind fast alle Wärzchen rein weiss, so dass das Thier sehr fein gesprenkelt erscheint. Sohle hellgelb. Der ganze Kopf und die Hyponota sind gleichmässig dunkelblau gefärbt, die letzteren ausser- dem von einem 1—1!/, mm breiten, weisslich-gelben Rand eingefasst (ähnlich wie Fig. 2). Das Athemloch liegt inmitten eines ebenso ge- färbten Fleckes. Auch die weibliche Geschlechtsöffnung und die ganze Fussrinne sind gelblich-weiss gefärbt und heben sich dadurch scharf von der dunkelblauen Umgebung ab. Lage der Oeffnungen: Afterpapille verdeckt, ebenfalls hell gefärbt. Das grosse Athemloch ist ein klein wenig aus der Median- linie heraus nach rechts gerückt; seine Entfernung vom Anus ?/, = 13/, mm. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt ziemlich weit, nämlich 21/, mm vom After entfernt. Männliche Geschlechtsöffnung nach innen vom rechten Fühler und neben demselben; da der Kopf sehr zusammengezogen ist, nimmt sie fast die Mitte zwischen beiden Fühlern ein. Radula 89, 1, 89. Die Seitenzähnchen fehlen an den 15 äussersten Pleuralzähnen jederseits. Lage der Darmschlingen ausnahmsweise I, während sie bei allen andern Species dieser Gattung II ist. Hinter- leber so gross wie die Unterleber, beide etwas kleiner als die Ober- leber. Die Vesicula seminalis ist spindelförmig, ungefähr 1—2 mm lang. Das Receptaculum seminis ist eine Blase von 2 mm Durchmesser und sitzt auf einem Stiel von 1°/, mm Länge. Vas deferens-Anfangs- theil Jang, ein Knäuel bildend, ungefärbt. Oviduct kurz. Der Penis ist sehr lang, 26 mm, also noch etwas länger als die Leibeshöhle, auf deren Boden er in leichten Schlängelungen entlangzieht, um sich im hintersten Winkel mit einem kurzen Retractor anzuheften. Der Penis zerfällt in einen 8 mm langen vordern Abschnitt, dessen Zähne alle von ziemlich gleicher Grösse sind, mit Ausnahme der vordersten viel kleineren, und in einen hintern mit Chondroidrohr, dessen Zellen epithelartig zu einer Schicht angeordnet sind und nur an der Basis bis zu 3 Lagen bilden. Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 13 194 LUDWIG H. PLATE, 20. Oncis montana n. sp. (Fig. 3). 3 Exemplare von der Insel Sibugan, Philippinen. Herr General- consul Dr. v. MÖLLENDORFF, dem,ich dieselben verdanke, theilt mir mit, dass die Thiere hoch oben am Berg, an Felsen und alten Baum- stämmen gefunden wurden. Ein derartiger Aufenthalt auf dem Lande, in einiger Entfernung von dem Meere, ausserhalb der Gezeitenzone, ist bis jetzt wahrscheinlich gemacht worden für Oncidiwm typhae, das zwischen den Blättern von Typha elephantina an den Ufern (Miin- dung?) indischer Flüsse lebt, für Oncidium steenstruppi SEMP., wel- ches nach den Angaben von SEMPER in Sambelang am Gangeshafen in verfaulten Baumstämmen vorkommt, und für Oncidium aberrans SEMP., welches nach demselben Forscher in Singapore (?) unter Baumrinde angetroffen wurde. Es lässt sich gegenwärtig also noch nicht angeben, ob diese drei Arten dauernd auf dem Lande leben, oder ob sie nicht zeitweilig in das Meer- oder Brackwasser zurücksteigen und eine am- phibische Existenz führen, was nach der Lebensweise der übrigen Oncidium-Arten sehr leicht möglich wäre. Hierüber fehlen noch die Beobachtungen. Für die hier zu schildernde Oncis montana geht aus den obigen Bemerkungen hervor, dass sie ein vollständiges Landthier ist, und deshalb ist diese Art von besonderm Interesse. Grösse, Gestalt: Das grösste der 3 Exemplare zeigt folgende Maasse: Länge 26, Breite 24 mm; Länge des Fusses 12, seine Breite 8 mm, daher Hyp —S. Das Hyp ist hinter der Fusspitze ebenso | breit wie auf beiden Seiten des Körpers. Vor dem Kopf ist dasselbe aber nur halb so breit (Fig. 3). Höhe ca. 7 mm. Die Gestalt ist breit-oval, fast kreisrund, vorn und hinten gleichmässig abgerundet. Die Fühler können nicht vollständig eingestülpt werden. Rückensculptur: Der Rücken erscheint selbst bei Betrach- tung mit einer starken Lupe glatt oder höchstens mit ganz winzigen, dicht stehenden Körnchen bedeckt. — Die Augen stehen einzeln, jedes inmitten eines weissen Fleckes. ‘Diese weissen Flecke wölben sich vielfach zu ganz flachen Tuberkeln empor, aber es macht den Eindruck, als ob dies erst in Folge einer Muskelcontration beim Ab- sterben eingetreten sei. Die Zahl der Augen ist bei dem grössten Exemplar grösser (35) als bei den zwei kleineren (31, 27). Das Mittel- feld trägt mit Ausnahme seines Centrums, das bei zwei Thieren 3 dicht beisammen stehende, bei dem dritten Thier nur ein Auge auf- weist, keine Augenflecke. Diese stehen vielmehr auf der Randzone und vertheilen sich unregelmässig auf zwei concentrischen Ovallinien, von Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 195 denen die innere der Grenze des Mittelfeldes, die äussere der Mitte der Randzone entspricht. Färbung: Die Grundfarbe des Rückens ist gleichmässig blau- schwarz. Sie ist dicht besät mit zahllosen, kleinen, rundlichen, gelb- lich-weissen Flecken (Fig. 3), die auf der Randzone besonders eng stehen, während sie auf dem Mittelfeld kleiner sind und weiter aus- einander rücken. Man kann grössere und kleinere Flecken unter- scheiden; erstere haben ca. 1 mm Durchmesser, letztere sind oft so klein, dass sie kaum zu sehen sind. Im Centrum der grösseren sitzen die Augen. Die Fussohle ist hell gelblich gefärbt. Die Hyponota sind rein weiss-gelb, die Stirnfläche des Kopfes und die Fühler sind bläulich-schwarz pigmentirt. Lage der Oeffnungen: Die Afterpapille liegt frei hinter der Fusspitze (Fig. 3 an). Das kleine runde Athemloch (atl) ist stark nach rechts verschoben, so dass es in der Verlängerung des Fuss- randes liegt; seine Entfernung vom After ca. 1/,. Am Kopfe fallen unter den 2 Fühlern (¢) 2 Grübchen auf den Lippenwülsten (¢ Drüsen- öffnungen ?) auf. Männliche Geschlechtsöffnung wie gewöhnlich. Der Retractor der Fühler ist noch nicht in der typischen Weise angelegt; er wird nur angedeutet durch einige zarte Muskelfäden, die aber nicht aus der Höhle des Fühlers hervortreten (Fig. 89) und nur im Stande sind, die Spitze etwas einzustülpen. Eine vollständige Ein- stülpung des Fühlers wird durch eine zarte Gewebsplatte unmöglich gemacht, welche die Leibeshöhle gegen den Fühler abschliesst. — Ra- dula 110, 1, 110. Die Gestalt der Zähne fast typisch (Fig. 23). Am Rhachiszahn ragt das Mittelzähnchen weit vor und setzt sich nach hinten in einen scharfen, medianen Kiel fort. Lage der Darmschlingen II. — Vesicula seminalis sehr klein. Receptaculum seminis kurz ge- stielt. Unter den Oncis-Arten sind diese und O. glabra S. die ein- zigen, welche eine Penisdrüse (Fig. 71) besitzen, die bei meiner Spe- cies durch den Mangel eines Stachels ausgezeichnet ist. Der Penis hat ohne den Rückziehmuskel eine Länge von 5 mm und weist die beiden gewöhnlichen Abschnitte auf, wie aus Fig. 57 ersichtlich ist. Der vordere nimmt ungefähr !/, des ganzen Organs ein und ist dicht mit schmalen, schlauchförmigen Zähnen besetzt, die von vorn (0,075 mm) nach hinten (0,125 mm) allmählich an Grösse zunehmen und aus einer Säule von Chondroidzellen sich aufbauen (Fig. 55). In dem Chrondroidrohr liegen die Zellen vorn in 2—3, weiter nach hinten in 9—6 und noch mehr Lagen über einander. Der Retractor penis ist sehr lang und inserirt sich im hintersten Winkel der Leibeshöhle. 13% 196 | LUDWIG H. PLATE, Die Penisdrüse ist dreitheilig. Der Drüsenschlauch verschmälert sich nach vorn (Fig. 71 a b), wie gewohnlich, geht dann in einen dickeren, musculösen Abschnitt b c über, der mit einer Papille in den Endsack vorspringt. Anm.: Vorstehende Art ist der Oncis glabra S. offenbar sehr äbnlich. Die äussern Unterschiede, welche die von mir entdeckte Art charakterisiren, sind: die andere Färbung; die Augen sitzen nicht auf besonderen Papillen ; der Körper ist nicht so hoch, aber breiter als bei der SempEr’schen Species; das Athemloch scheint noch weiter nach rechts gerückt zu sein. Dazu kommt der Mangel des Penis- drüsenstachels und die geldrollenartige Anordnung der Zellen der Peniszähne, welche bei O. glabra unregelmässig neben einander liegen. — Uebrigens kann es keinem Zweifel unterliegen, dass das Oncidium glabrum SEMPER eine echte Oncis-Species ist. Dies geht schon aus SEMPER’S Schilderung hervor, die ich durch Nachuntersuchung der Originale in einigen Punkten erweitern kann. Hyp —S$S, an der breitesten Stelle sogar — 1!/, S. Hinter dem Fuss ist Hyp 5 mm breit, vor dem Kopf 2!/, mm. Die Entfernung des Athemlochs vom After beträgt !/,. Lage der Darmschlingen II. 21. Oneis martensi n. sp. (Fig. 7). Von dieser schönen Art stand mir 1 Exemplar, das durch Herrn Prof. v. MARTENS in Singapore (östlich von der Stadt, an der schlam- migen Mündung eines kleinen Baches) gesammelt worden war, zur Verfügung; ich benenne sie dem Entdecker zu Ehren in dankbarer Erinnerung an die gemeinsam mit ihm verlebten Tage. Die zwischen Anführungszeichen gesetzten Stellen der folgenden Beschreibung ent- stammen dem Tagebuche des Herrn Prof. v. MARTENS. Gestalt, Grösse (Fig. 7 in natürlicher Grösse): Breit-oval, fast kreisförmig, vorn und hinten breit abgerundet. Länge 421], „frisch 66 mm“, Breite 401/, mm. Länge der Fussohle 27, deren Breite 11 mm; ihren Contour habe ich in jener Zeichnung durch eine punktirte Linie angedeutet. Hyp in der Mitte des Körpers 16, vor dem Kopf 4, hinter der Fusspitze 9 mm breit. Hyp daher = 1!/, S. Fuss vorn quer abgestutzt, nach hinten allmählich verschmälert. Kopf und Lippensegel klein. ‚Fühler denen von Succinea nicht unähnlich, ihr unteres Ende angeschwollen, das obere mehr cylindrisch, dick und stumpf, die Augen an der Spitze bräunlich. Die Sohle zeigt beim Kriechen bogenförmig fortschreitende Wellenlinien.“ Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 197 Rückensculptur: Der Rücken ist weitläufig gekôrnelt. Man kann unterscheiden 1) „grössere, in der Längsrichtung zusammen- gedrückte Warzen“, die ungefähr 1 mm Durchmesser haben und 1/,— 1 mm hoch sind; sie stehen 3—6 mm auseinander; 2) kleinere War- zen, die nur !/, so gross sind oder noch kleiner und 1—2 mm aus- einander stehen. Unter der Lupe erweist sich die ganze Rückenfläche dicht besetzt mit punktförmigen Körnchen, die auch auf die grossen Warzen hinauftreten. Hyponota glatt. Augen vertheilen sich in grosser Zahl (ca. 90) und ohne be- stimmte Ordnung über den Rücken und treten bis dicht an den Mantel- rand hinan. Sie sitzen einzeln auf den grossen Warzen, jedoch gilt diese Regel nicht ausnahmslos, denn auf ungefähr 12 Warzen sitzen 2 Augenflecke, so dass man in diesen Fällen von einer Gruppe sprechen kann. Farbe des Rückens hell-gelblich, so dass die Augenflecke sich sehr deutlich abheben. Hyp etwas intensiver gelb. Fussohle hell- eraubraun. Der Kopf und die Umgebung der weiblichen Geschlechts- öffnung sind schwarzgrau. Das lebende Thier war an den Hyponota neben den Seiten des Fusses „schwarz marmorirt“. Von dieser Pig- mentirung war am conservirten Thiere nichts mehr zu sehen. Lage der Oeffnungen: After frei. Athemloch median, mit der Entfernung !/,. Weibliche Genitalöffnung typisch, männliche etwas nach innen verschoben, fast median. Die Hyponota der Körperseiten „legen sich beim Kriechen der Unterlage dicht an“. „Es hält sich ausserhalb des Wassers auf und kriecht, in dieses gesetzt, wieder heraus. Mit der Hand gefasst, biegt es sich chitonartig ein.“ Radula 130, 1, 130; am Rhachiszahn ragt das Mittelzähnchen nicht so weit vor wie die Seitenzähnchen. Lage der Darmschlingen II. Oberleber am grössten, Unterleber ungefähr halb so gross, Hinterleber noch kleiner. Hinsichtlich der hintern Geschlechtsorgane liess sich wenig erkennen. Der Anfangstheil des Vas deferens ist lang, kaffeebraun, zu einem Knäuel zusammengewunden. Receptaculum seminis gross, kurz gestielt. Der Penis weist die zwei gewöhnlichen Abschnitte auf. Die Chondroidzähne nehmen von hinten (0,056) nach vorn (0,016) rasch an Grösse ab. Jeder Zahn ist an der Basis bräunlich gefärbt, In dem Chondroidrohr lassen sich die einzelnen Zellen kaum erkennen, da die chitinige Zwischensubstanz dunkelbraun gefärbt ist und es völlig undurchsichtig macht. Retractor mit Insertion II. Keine Penis- drüse, 198 LUDWIG H. PLATE, 22. Oncis inspectabilis n. sp. 1 Exemplar von Lampee, Birma, gesammelt durch ANDERSON. Gestalt, Grösse: Oval (im Leben vielleicht lang-oval), vorn und hinten gleichmässig abgerundet. Länge 39'/,, Breite 21 mm. Die Höhe ist verhältnissmässig beträchtlich, 9 mm. Länge des Fusses 20, Breite desselben 8 mm. Hyp an den Seiten 7—8 mm, daher = S; vor dem Kopf 3 mm, hinter dem Fuss 5 mm breit. Rückensculptur: Der Rücken ist glatt; erst mit Hülfe einer Lupe erkennt man eine sehr feine, dichte Punktirung. Hyponota glatt. Etwas über 40 Einzelaugen vertheilen sich regellos über den Rücken und treten zum Theil bis dicht an den Mantelrand hinan. Die Färbung des Rückens ist sehr unscheinbar, daher der Speciesname. Ueber die Mitte desselben läuft ein heller, weisslicher Streifen von der Breite des Mittelfeldes, zu beiden Seiten ist er schmutzig dunkelbraun und weisslich gesprenkelt. Braune Flecken und Wolken durchsetzen auch den Mittelstreifen. Charakteristisch wird die Rückenfärbung dadurch, dass jedes Auge im Centrum eines weisslich-gelben, runden oder ovalen Fleckens sitzt. Der Rand ist etwas lichter, und das Schwarzbraun vertheilt sich hier in zahlreichen, radienartigen, kurzen Streifen. Die Färbung der Unterseite erinnert sehr an Oncis semperi. Die Sohle ist gleichmässig hellgelb. Die Hyponota sind schwarzblau, mit Ausnahme eines 2 mm breiten, weiss- lichen Randsaumes, der in gleicher Art auch das Athemloch einfasst. Kopf und Fühler sind ebenfalls schwärzlich gefärbt. Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, mit der Entfernung !/,. Geschlechtsôffnungen an der gewöhnlichen Stelle. Schlundkopf mit weit vorspingender (11/, mm) Radulapapille. Radula 103, 1, 103. Am Rhachiszahn ist das Mittelzähnchen viel kürzer als die beiden Seitenzähnchen. Die letzteren fehlen jederseits an den 7 äussersten Zähnen einer Querreihe. Lage der Darmschlingen II. Oberleber am gréssten, Unterleber etwas kleiner, Hinterleber noch kleiner. Vesicula seminalis gross, oval, 2 mm Längsdurchmesser, an einem Stiel von etwas über 1 mm Länge sitzend. Receptaculum seminis 3 mm Durchmesser, sitzend. Vas deferens-Anfangstheil lang, zu einem dichten Knäuel hin und her gewunden, von hellbrauner Farbe. Der Penis besteht aus einem bezahnten (2 mm) und einem unbezahnten (8 mm) Abschnitt. Die Zähne nehmen rasch an Grösse von vorn nach hinten zu, die vordersten sind 0,012 mm, die hintersten 0,137 mm lang; erstere enthalten nur 1—2, letztere zahlreiche Chondroidzellen. Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 199 In dem Chondroidrohr liegen die kleinen Zellen vorn in ca. 6 Schichten über einander, nach hinten zu wird diese Zahl noch grösser. Insertion des Retractors II. Anm. Die vorstehende Art ist der Oncis semperi mihi äusser- lich sehr ähnlich und nur an der beträchtlicheren Grösse und den zahlreicheren Augen von ihr zu unterscheiden, Verhältnisse, die an sich bei so geringem Untersuchungsmaterial, wie es mir vorlag, zur Aufstellung verschiedener Species nicht berechtigen würden. Aber ein Blick auf die Ausbildung der Geschlechtsorgane zeigt sofort, dass wir es hier mit verschiedenen Arten zu thun haben. 23. Oncis coeca n. sp. (Fig. 9). 1 Exemplar von Amboina (Expedition ,,Gazelle“). Gestalt, Grösse: Lang-oval, vorn und hinten gleichmässig ab- gerundet, die beiden Ränder der Körperseiten fast parallel. Länge 26!/, mm, Breite 15'/, mm. Der Fuss hat eine Länge von 21!},, eine Breite von 6 mm. Hyp an den Seiten — S. Hinter der Fuss- spitze ist Hyp = 3, vor dem Kopf = 1!/, mm. Kopf und Lippen- segel klein. Rückensculptur: Der Rücken ist überall mit grösseren und kleineren Warzen besetzt, die aber so flach sind, dass man sie erst unter der Lupe erkennt und der Rücken dem unbewaffneten Auge glatt erscheint. Die Hyponota sind glatt. Augen fehlen auf dem Rücken vollständig, daher der Speciesname. Färbung (Fig. 9): Der Rücken ist schmutzig braun gefärbt und mit einzelnen gelblichen Flecken und Streifen von verschiedener Grösse besetzt. Die Warzen sind zum grossen Theil weisslich gefärbt und geben der Dorsalfläche ein gesprenkeltes Aussehen. Viele von diesen werden nun von einem tiefschwarzen Halbkreis, der zuweilen auch zu einem geschlossenen Ringe wird, eingefasst, was eine sehr charakteristische augenähnliche Zeichnung bedingt. Es ist nun von Interesse, dass derartige Ringflecken auch bei Oncidium multinotatum und amboinae (Fig. 5, 8) vorkommen, und dass diese Arten, ebenso wie Oncis coeca, zu den nicht mit Rückenaugen versehenen Formen ge- hören und insofern eine Sonderstellung innerhalb ihrer Gattung ein- nehmen. Vermuthlich stellen diese Pigmentringe ein Vorstadium in der phyletischen Entwicklung der Rückenaugen dar, da ja in diesen das Pigment ebenfalls ringförmig angeordnet ist. Stellen wir uns auf den Boden der Semper’schen Hypothese über die Entstehung der 200 LUDWIG H. PLATE, Riickenaugen, so können wir annehmen, dass eine Wucherung von Epidermiszellen, welche bis dahin theilweise als Tastzellen fungirt hatten und daher mit Nerverfasern in Verbindung standen, sich in einen der- artigen Pigmentring einsenkte und sich vorn in die Zellen der Linse, hinten in die eigentliche Retina umwandelte. Es. würden damit alle Elemente des Oncidienauges gegeben sein. Für die Anschauung, dass jene beiden Oncidium-Arten primitive Organisationsverhältnisse be- wahrt haben, lässt sich, wie später dargelegt werden soll, die halb- symmetrische Gestalt der Lungenhöhle und der einfache Bau der Niere von Onc. amboinae sowie die weit vorn gelegene weibliche Ge- schlechtsöffnung von Onc. multinotatum anführen. — Die Färbung der Unterseite ist bei Oncis coeca sehr charakteristisch. Die Sohle ist grau-gelblich, und ein ebenso gefärbter, 1 mm breiter Saum bildet all- seitig den Rand der im Uebrigen schwarzblauen Hyponota. Die Seiten des Fusses sind schwarzblau überlaufen, die Fussfurche hingegen ist gelblich gefärbt und hebt sich dadurch scharf von der dunklen Um- gebung ab. Die Afterpapille und das Athemloch sind weisslich-gelb umrandet. Stirn, Fühler und Mundsegel sind hellgrau gefärbt. Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, mit der Entfernung ';;. Die Geschlechtsöffnungen an der gewöhn- lichen Stelle, die männliche ziemlich weit nach innen verschoben. Radula 87, 1, 87. Mittelzähnchen des Rhachiszahns kleiner als die Seitenzähnchen. Lage der Darmschlingen II. Oberleber sehr gross, Unter- und Hinterleber ungefähr von gleicher Grösse, aber weit kleiner als jene. Die Vesicula seminalis ist eine runde, 1'/, mm im Durch- messer betragende Blase, welche an einem dünnen, 3 mm langen Stiele sitzt. Receptaculum seminis sitzend. Vas deferens-Anfangstheil dick, lang, stark verknäuelt. Der eigentliche Penis hat eine Länge von 5 mm, sein Retractor misst 4 mm und heftet sich etwas vor dem Vorderende des Herzbeutels an. Der Endsack des Penis erreicht 2 mm und besitzt einen besondern Retractor. Am Penis kann man einen vordern Abschnitt von etwas über 1 mm Länge und einen hintern unterscheiden. Der erstere ist hier, wie bei Oncis lata, weich, ohne Zahnbesatz, während letzterer in der typischen Weise von einem Chondroidrohr, dessen Zellen in 2—3 Lagen angeordnet sind, ge- stützt wird. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 201 II. Die Gattung Oncidiella. 24. Oncidiella maculata n. sp. (Fig. 4, 101). Zahlreiche Exemplare von Angra Pequena. Grösse, Gestalt: Das grösste Exemplar hatte 11 mm Länge, 8';, mm Körperbreite, 6 mm Höhe, 5 mm Fussbreite (Fig. 4). Das kleinste Individuum war stark nach der Sohlenfläche zusammenge- krümmt und daher ungewöhnlich gewölbt; seine Maasse waren: Länge 8 mm, Kôrperbreite 6!/, mm, Fussbreite 3 mm, Höhe 4 mm. Hyp (je nach dem Contractionszustand) = '/, bis fast 1/, 8. — Die Ge- stalt ist oval, auch die (in Alkohol) ausgestreckten Thiere sind ziem- lich stark gewölbt, während diejenigen, welche sich contrahirt haben, halbkuglig erscheinen. Der Mantelrand ist, den Ausmündungsstellen der grossen Drüsen entsprechend, gekerbt (Fig. 101), und obwohl die Kerben bei vielen Individuen nur schwach ausgeprägt sind, fallen sie doch sehr ins Auge, weil sich an sie je ein flacher, hellgelb oder weiss- lich gefärbter Höcker, welcher eben jene Drüsen in sich birgt, an- schliesst. Die Zahl derselben schwankt zwischen 20 und 24; sie stehen etwa 1 mm auseinander. Hautsculptur: Der Rücken ist glatt oder sehr feinkörnig; die grössern weissen Flecke erheben sich als flache Warzen. — Die Hyponota (Fig. 4) zerfallen in ein äusseres und ein inneres Feld. Es läuft nämlich von den Löchern der eingestiilpten Tentakel (2) jeder- seits eine zarte Falte (a), welche wir oben die Hyponotallinie genannt haben, bis zum Athemloch. Die Fussrinne der rechten Seite ist hier- von verschieden und liegt nach innen von ihr und dem Fusse so dicht angeschmiegt, dass sie bei Betrachtung der Ventralfläche zunächst nicht ins Auge fällt, da sie von dem vorspringenden Fussrande ver- deckt wird. Das Aussenfeld des Hyponotums ist ungefähr 4mal so breit wie die Innenzone und ganz dicht mit sehr kleinen hellen Wärz- chen besetzt, die nur unter der Lupe zu bemerken sind und die Oeff- nungen von Drüsen darstellen. — Augen fehlen auf dem Rücken. Färbung: Die Grundfarbe des Rückens ist bei den meisten Exemplaren schieferblau, bei einigen auch grau oder hellbräunlich; auf derselben vertheilen sich grosse zusammenhängende weissliche Flecken und Bänder in der mannigfaltigsten Weise. Sehr häufig zieht ein solcher heller Streifen über die Mittellinie des Rückens und wird zuweilen so gross, dass er das ganze Mittelfeld oder asymmetrisch dessen eine Seitenhälfte einnimmt, Auf der ganzen Mantelfläche stehen ausser- 202 LUDWIG H. PLATE, dem zahlreiche kleine weisse Flecke in !/,—1 mm Entfernung von einander und zwischen ihnen, aber viel enger zusammen, winzige, mit blossem Auge eben sichtbare Pünktchen (Fig. 101). — Die Unterseite ist hellgelblich gefärbt, die Sohle ein klein wenig dunkler als die Hypo- nota. Ein dunklerer Ton, der sehr verschieden stark ausgebildet sein kann, erstreckt sich vom After nach aussen zum Rande. Ebenso ist das Stirnfeld dunkel gefärbt. Lage der Oeffnungen: After von der Fusspitze verdeckt. Athemloch median, seine Entfernung '/,. Männliche Geschlechtsöff- nung nach aussen und etwas hinter dem rechten Tentakel. Die Fuss- rinne ist sehr deutlich und setzt sich nach hinten bis zum After fort; trotzdem fällt die weibliche Geschlechtsöffnung (Fig. 47 ov) nicht mit dem After zusammen. Peritoneum unpigmentirt. Radula 105, 1, 105. Die Gestalt der Zähne (Fig. 22) ist wenig charakteristisch. Der Rhachiszahn ist durch einen langen Mittelfortsatz ausgezeichnet. Kein Kiefer. Die linke Leber ist beträchtlich grösser als die rechte; die Hinterleber ist ganz klein, fast rudimentär. Auf die Besonderheiten im Bau der Niere, ihr ausser- ordentlich grosses, die Lungenhöhle fast vollständig erfüllendes Volumen und auf den Mangel innerer Lamellen, bin ich im 3. Capitel des ver- gleichend-anatomischen Theiles dieser Abhandlung näher eingegangen. Eine Vesicula seminalis fehlt als besonderer Anhang, dagegen ist in der untern Hälfte des Zwitterganges eine kleine Anschwellung (Fig. 52 Ves. sem.) vorhanden, die vermuthlich als Samenblase fungirt. Die beiden Eiweissdrüsen machten den Eindruck, als ob sie aus einem dicht verknäuelten Drüsenschlauche beständen. Der Spermoviduct mit grossem, hohlem Anhang (app). Oviduct dick und kurz, mit schlauch- förmiger, zarter Anhangsdrüse (gl) und grossem, langgestieltem Recepta- culum seminis. Penis (Fig. 68) sehr einfach, 3 mm lang, mit zahl- reichen Concretionen. Retractor ebenso lang, Insertion II. 25. Oncidiella celtica Cuv. 7 Exemplare von Polperro, Kiiste von Cornwall (Berliner und Britisches Museum). Der ausführlichen Schilderung von Joyeux-LAFFUIE (1) sei Folgen- des hinzugefiigt. Die Hyponotallinie ist auch hier in typischer Aus- bildung vorhanden und grenzt ein inneres, gelblich gefarbtes Feld der Hyponota von dem grau-blauen äussern ab. Das innere stimmt in der Färbung mit der Fussohle überein. Fiscuer u. Crosse (21, p. 688) geben an, dass die Thierchen bis zu 27 mm lang werden. Meine Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 203 Exemplare waren (im etwas zusammengezogenen Zustande) nicht länger als 10 mm, aber dennoch völlig geschlechtsreif. Hyp an den Körper- seiten = S oder noch etwas breiter. — Mit Kiefer. Der Chylusmagen und der kleine Blindsack des Magenendabschnittes sind von FISCHER u. CROSSE richtig erkannt worden, während Joyeux-LAFFUIE sie über- sehen hat. Auch eine Gallenrinne ist vorhanden. Rechte und linke Vorderleber ungefähr gleich gross, Hinterleber etwas kleiner. Niere und Lunge zeigen dieselben abweichenden Verhältnisse wie die vorher- gehende Art. Das Peritoneum ist schwärzlich pigmentirt. 26. Oncidiella acerensis n. sp. (Fig. 100). Zahlreiche Exemplare aus Akkra, durch BucHhHoLz gesammelt (Berliner Museum). Gestalt, Grösse: Die Thiere sind fast sämmtlich stark nach der Bauchseite zusammengekrümmt und erscheinen dadurch sehr hoch. Das grösste Exemplar misst in diesem Zustande: 12 mm in der Länge, 10 mm in der Breite, 6 mm in der Höhe. Umriss oval. Der Fuss ist 5 mm breit. Hyp = ‘|, S oder noch etwas schmäler. Vor dem Kopf wird Hyp halb so breit, hinter dem Fuss tritt keine Ver- kürzung ein. Mantelsculptur: Der Rücken (Fig. 100) ist über und über mit grossen, glatten Warzen von 1 mm Durchmesser bedeckt, die auf dem Mittelfelde etwas weiter auseinander stehen als am Rande. Zahl- reiche kleinere Warzen, die sich dem unbewaffneten Auge entziehen, sitzen zwischen den grössern. Der Mantelrand ist überall gleichmässig fein gekerbt; ein Alterniren von grössern und kleinern Kerblappen, wie es sonst bei den Oncidiellen meist beobachtet wird, liess sich hier nicht constatiren, vielleicht nur weil die mit den grossen Drüsen ver- sehenen Zipfel sich stärker zusammengezogen hatten. Die Unterseite des Mantels nach aussen von der Hyponotallinie ist, wie gewöhnlich in dieser Gattung, dicht mit ganz kleinen Wärzchen besetzt, nach innen hingegen glatt. — Die Rückenhaut ist ziemlich dünn, noch nicht 1/, mm stark. Die Färbung des Rückens ist sehr unansehnlich, ein bläuliches Grau, das auf dem Mittelfelde lichter wird; zuweilen wird sie auch schmutzig-grau oder schwärzlich. Die Hyponota sind graublau oder grau, die Fussohle gelblich. Lage der Oeffnungen: After frei oder verdeckt. Athemloch median mit der Entfernung 1/,—1/,. Geschlechtsöffnungen typisch. Peritoneum unpigmentirt. Kein Kiefer. Die Zungenpapille ist äusser- 204 LUDWIG H. PLATE, lich kaum bemerkbar. Radula 78, 1, 78. Der erste Pleuralzahn ist klein, nur halb so gross wie der Rhachiszahn ; der dritte bis zwölfte sind die grössten von allen Pleuralzähnen, indem diese nach aussen zu kleiner werden. Die Seitenzähnchen fehlen den 5 äussersten Pleural- zähnen. Chylusmagen sehr klein. Rechte Vorderleber am grössten, linke etwas kleiner, Hinterleber nur halb so gross wie letztere, aber immerhin noch gut entwickelt. Die symmetrisch gestaltete Athem- kammer wird von einem gut ausgebildeten Gefässnetz bedeckt. Niere ähnlich wie bei Oncidium, mit einer Anzahl hoher Falten. Die Vesi- cula seminalis ist schlauchförmig. An den beiden weisslich - gelben Eiweissdrüsen liess sich eine Verknäuelung nicht bemerken. Oviduct und Vas deferens - Anfangstheil kurz und gerade verlaufend. Recepta- culum seminis gross, mit langem Stiel. Der Penis ist sehr zart, 2 mm lang und geht, wie bei Onc. maculata (Fig. 68), ganz allmählich in den Endsack über, so dass man beide Abschnitte nicht scharf trennen kann. Der Retractor (2 mm) heftet sich 1 mm vor dem Vorderende des Herzens an (Insertion I). Im Penis wie auch im Vas deferens lagen zahlreiche, winzige Kalkkörnchen, eigentliche, in Epitheltaschen befindliche Concretionen fehlten jedoch an dem einen hieraufhin unter- suchten Exemplar vollständig, wahrscheinlich weil dasselbe noch nicht geschlechtsreif war. 27. Oncidiella pachyderma n. sp. 2 Exemplare von Victoria, durch BucHHOoLZ gesammelt (Berliner Museum). Gestalt, Grösse: Diese Art steht äusserlich der vorigen sehr nahe, aber die Rückenhaut ist viel dicker, 1 mm oder noch etwas mehr. Das grössere Exemplar zeigte folgende -Maasse: Länge 12, Breite 9, Höhe 6 mm. Breite der Sohle 5 mm. Hyp = !, 8. Die Sculptur der Rückenfläche und die Ausbildung des Mantel- randes ist dieselbe wie bei der vorigen Art, so dass man beide für identisch halten könnte, nur sind die grossen Warzen in der Mehrzahl conisch zugespitzt und stehen auf dem Mittelfelde ebenso dicht wie am Rande. Färbung des Rückens gleichförmig schmutzig-braun mit rost- gelblichem Anfluge; die Randlappen und die grössern Papillen zeigen diesen Anflug am deutlichsten. Hyponota blass röthlich-gelb, während die Fussohle ebenso, aber intensiver, mehr rostgelb gefärbt ist. An der verschiedenen Färbung der Hyponota lassen sich One. accrensis und pachyderma sofort unterscheiden. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 905 Lage der Oeffnungen: After verdeckt. Athemloch median, 1/,—1/, Entfernung. Geschlechtsöffnungen typisch. Peritoneum unpigmentirt. Die Zungenpapille springt am Pharynx weit vor. Radula 83, 1, 83. Die innersten Pleuralzähne sind auch hier die grössten. Alle drei Leberportionen sind ungefähr von gleicher Grösse, höchstens ist die Hinterleber etwas kleiner als die beiden andern. Chylusmagen ausserordentlich klein. Lungenhöhle und Niere wie bei voriger Art. Die Zwitterdrüse ist braunroth gefärbt. Die Geschlechtsorgane stimmen in allem Uebrigen mit der vorigen Art überein. 28. Oncidiella reticulata SEMPER. 4 Exemplare, die SemPEr’schen Originale, von Sydney (Berliner Museum). Der ziemlich ausführlichen Semper’schen Beschreibung sei Folgen- des hinzugefügt. Die Rückenhaut ist sehr dünn. Hyponota an den Seiten ca. !/, S, bald etwas mehr, bald etwas weniger. Die Hyponotal- linie ist sehr deutlich und läuft von den Fühlern bis zum Athemloch. Das von ihr eingesäumte Feld ist glatt, während der Rand des Hypo- notums unter der Lupe sehr feinkörnig erscheint. Die Poren der grossen Drüsen sind mit der Lupe zu erkennen. Den Ausführgängen derselben entsprechen radiale hellgelbliche Streifen, die sich von dem schwärzlichen Untergrunde des Rückens scharf abheben (Schreckfarben?). Das Mittelfeld des Rückens ist manchmal heller gefärbt und kann dann, indem dunklere Streifen sich vom Rande auf dasselbe fortziehen, die von SEMPER erwähnte netzförmige Zeichnung aufweisen. Die ganze Unterseite ist gelblich gefärbt, die Sohle noch etwas intensiver, ins Rostgelbe überspielend, als die Hyponota. Kopf klein, hellgelblich. After verdeckt, Athemloch median, mit Entfernung +/,. Peritoneum unpigmentirt. Situs der Darmschlingen nach Typus III (Fig. 32), aber mit der Modification, dass der Bogen int? mit seiner Spitze nach vorn (nicht nach der Seite) gewandt ist. Zungenpapille am Pharynx stark vorspringend. Radula 100, 1, 100. Das Mittel- zähnchen des Rhachiszahns ist stark verlängert. Rechte und linke Vorderleber ungefähr gleich gross, Hinterleber sehr viel kleiner. Die Lungenhöhle mit reich entwickeltem Gefässnetz. Niere mit der typischen Faltenbildung, aber dadurch abweichend, dass der rückläufige Nieren- schenkel über dem Hauptabschnitte des Organs liegt. Die Vesicula seminalis fehlt. Der eigentliche Penis lässt sich auch hier von dem Endsack kaum trennen. Auf den ersten Blick (Fig. 69) freilich könnte 206 LUDWIG H. PLATE, es scheinen, als ob der dünne, 4 mm lange Abschnitt (pe‘) als Penis, der davor gelegene dicke und noch einmal so lange als Endsack zu deuten seien. Aber bei Oncidiella carpenteri ist pe’ kaum vorhanden, da das Vas deferens direct in den weiten Canal einmündet; es würde also in diesem Falle das Begattungsorgan nur aus dem Endsack bestehen, was doch schwerlich anzunehmen ist. Ich rechne deshalb auch noch die hintere, in der Regel durch einen Knick abgesetzte Hälfte (pe) des weiten, vordern Abschnittes zum Penis, zumal hier die hellen Con- cretionen massenhaft vorkommen, während sie im Endsack fehlen oder nur vereinzelt angetroffen werden. Pe läuft am Hinterende in einen kleinen Blindsack (bl) aus, der besonders dicht mit Concretionen erfüllt ist und beim hervorgestülpten Organ als Reizpapille wirkt. Wo pe’ das Vas deferens aufnimmt, befindet sich eine zweite Erweiterung. Der Retractor ist sehr kurz, heftet sich aber wegen der Länge des Penis dennoch im hintersten Winkel der Leibeshöhle an. 29. Oncidiella borealis Daun. 5 Exemplare von Alaschka (Berliner Museum). Darr’s (17, p. 135) kurze Beschreibung des Habitus, die auch von SEMPER nicht erweitert worden ist, erwähnt manche Einzelheiten nicht, die zum sichern Erkennen der Art nothwendig sind. Gestalt oval, bei etwas zusammengezogenen Exemplaren ist der Rücken stark gewölbt. Das grösste der mir vorliegenden Individuen muss, ausge- streckt, folgende Maasse besessen haben: Länge 11, Breite 6, Höhe 4 mm. Breite des Fusses etwas über 3 mm, Hyp = 1/, 8. Der Mantelrand ist mit ca. 25 grossen, conischen Papillen besetzt, die ihn gekerbt erscheinen lassen. Hyponotallinie deutlich, nach aussen von derselben sind die Hyponota sehr fein gekörnelt, nach innen glatt. Kopf und Lippensegel verhältnissmässig gross. Hinsichtlich der Färbung ist hinzuzufügen, dass die dunkle Farbe des Rückens sich auch auf die Hyponcta, bis an die Hyponotallinie ausdehnt. Nach innen von derselben ist die ganze Unterseite hell gefärbt. Kopf auf der Stirn dunkel, alles Uebrige hell. After verdeckt. Athemloch median, in der Entfernung !/,. Peritoneum schwärzlich wegen des durchscheinenden Pigments. Mit Kiefer. Radula 88, 1, 88, während Binney (25) nur 61, 1, 61 angiebt. Die innersten Pleuralzähne (mit Ausnahme der ersten drei) sind die grössten und nehmen nach aussen an Länge ab. Der Mittel- haken des Rhachiszahns übertrifft die seitlichen an Länge, falls er nicht abgenutzt ist. Linke Vorderleber am grössten, rechte kleiner, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 207 Hinterleber noch kleiner. Vesicula seminalis ein ganz kleiner, schlauch- formiger Anhang. Semrer’s Schilderung von dem Penis kann ich be- : stätigen. Niere und Lungenhöhle wurden auf Schnitten untersucht. Die Gefässe, welche die Lunge ausmachen, sind zwar vorhanden, aber sie springen nicht über die Oberfläche der Wandung vor, obwohl das Gewebe nicht in besonderem Maasse contrahirt ist. Die Niere zeigt die Lamellen in der linken Hälfte in der gewöhnlichen Weise, in der rechten fehlen sie hingegen in dem obern, über dem rückläufigen Schenkel gelegenen Hauptschlauche. Es spricht sich also hierin und in der geringen Ausbildung der Lungengefässe der erste Schritt zu jener Umbildung aus, die wir bei Oncidiella celtica und maculata kennen gelernt haben. ‘ 30. Oncidiella obscura n. sp. 2 Exemplare von Urville Island, Neu-Seeland, gesammelt durch Finscu (Berliner Museum). Ich glaubte Anfangs in dieser Art das Oncidium mgricans von Quoy u. Garmarp (10, p. 214) vor mir zu haben. Die sehr knappe Diagnose dieser Art lautet: „Onchidium corpore minimo, ovali, desuper carinato, toto nigro; tentaculis apice tuberculatis“. Aus der Zeichnung scheint hervorzugehen, dass der Rücken mit kleinen Warzen bedeckt ist und dass am Mantelrande 18 weisse Flecken, welche kleinen Kerb- lappen entsprechen, stehen. Die Länge soll 3 Linien (= 6,75 mm) betragen. Heimath: Neu-Seeland. Die mir vorliegenden Thiere sind nun weit grösser, ihr Rücken ist glatt, es fehlt auch jede Spur einer Carina, und deshalb halte ich mich für berechtigt, sie als neue Art anzusehen. Gestalt oval. Länge 14'/,, Breite 11, Höhe 6 mm. Fuss 5 mm breit. Hyp = */,—3/, S, vor dem Kopf und hinter dem Fuss ver- schmälert sich Hyp. Der Kopf ist klein. Sculptur: Der Rücken ist ganz glatt. Die Kerbung des Mantel- randes ist an dem einen Thier sehr verwischt. Hyponotallinie deut- lich; das nach aussen von ihr liegende Feld des Hyponotums ganz glatt. Färbung: Die Grundfarbe des Rückens ist schwarz. Auf der- selben vertheilen sich überall ganz kleine, milchweisse Punkte, die nur mit der Lupe sichtbar sind, und grössere, die schon mit blossem Auge beobachtet werden können. Dazu kommen grosse, unregelmässige, gelblich-weisse Flecken und Binden und geben dem Rücken ein ge- sprenkeltes Aussehen. Diese Binden haben vielfach im Centrum eine dunklere Stelle und in deren Mitte einen der grösseren milchweissen 208 LUDWIG H. PLATE, Punkte. Bei dem einen Exemplar treten die hellen Partien den dunklen ‘ gegenüber mehr zurück als bei dem andern. Am Mantelrande stehen in regelmässigem Abstande (2 mm) von einander 19 gelblich-weisse, radiale, kurze Streifen, welche den Manteldrüsen in ihrer Lage ent- sprechen. Bei dem dunklen Exemplar sind sie nur schwach ausge- prägt. Stirn schwärzlich. Unterseite nach aussen von der Hyponotal- linie hell gelblich-weiss, nach innen zu wird das Gelb intensiver. After verdeckt. Athemloch median, in der Entfernung 1/,. Peritoneum unpigmentirt. Radula 104, 1, 104. Mittelhaken des Rhachiszahns verlängert. Die Pleuralzähne nehmen von innen nach aussen nur wenig an Grösse ab. Kein Kiefer. Linke Vorderleber etwas grösser als die rechte. Hinterleber ganz klein, fast rudimentär. Chylusmagen so klein, dass er sich äusserlich nicht abhebt. Die Niere, wie bei Onc. reticulata, mit oberem rückläufigen Schenkel. Vesicula seminalis klein, schlauchförmig. Receptaculum seminis gross, mit dickem Stiel. Der Oviduct zerfällt ähnlich wie bei Oncidium aberrans (Fig. 54) in einen dünnen hintern und einen viel dickern vordern Abschnitt. Wo beide zusammenstossen, mündet das Receptaculum ein. Der Penis ist genau so gebaut wie bei Onc. reticulata (Fig. 69), nur erscheinen die Concremente bei durchscheinendem Lichte schwarz. Endsack + pe 6 mm, pe’ 41/, mm lang. Retractor sehr klein, mit Insertion III. IV. Die Gattung Oncidina. 31. Oncidina australis GRAY-SEMPER. Gestalt lang-oval, an beiden Enden gleichmässig abgerundet. Die Lippensegel sind sehr gross und legen sich hakenförmig gekrümmt um die beiden Vorderecken des Fusses. Die Fühler können nicht völlig eingestülpt, sondern nur, wie bei Oncis montana, an der Spitze etwas eingezogen werden. — Ein mittelgrosses Exemplar zeigte folgende Maasse: Länge 30, Breite 13 mm. Breite des Fusses 8 mm, der Hyponota an den Seiten 21/,—3 mm; demnach Hyp = !/, S. Vor dem Kopf bleibt die Breite des Hyp dieselbe, hinter dem Fuss ver- ringert sie sich etwas. Hinsichtlich der Mantelsculptur und der Fär- bung habe ich der Semper’schen Schilderung nichts hinzuzusetzen. Augenflecke fehlen auf dem Rücken. — Afterpapille von der Fuss- spitze verdeckt. Das Athemloch ist stark nach rechts verschoben, seine Entfernung vom After '/,. Männliche Geschlechtsöffnung rechts neben und etwas unter dem rechten Tentakel. — Peritoneum unpig- Br ee Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 209 mentirt. Schlundkopf langgestreckt (61/, mm), niedrig, mit weit vor- springender Zungenscheide (Fig. 13). Kein Kiefer. Radula mit un- gefähr 70 Zähnen in jeder Querreihe. Dies ist eine verhältnissmässig niedrige Zahl, aber dafür sind dieselben auch ungewöhnlich gross und breit. Ihre Gestalt (Fig. 24) ist sehr charakteristisch, so dass diese Art die einzige unter allen mir bekannten Oncidiiden ist, welche man an der Radula sofort erkennen kann. SEMPER’s Abbildung der Zähne stimmt sehr wenig; ich vermuthe, dass ihm vielleicht in Folge von Etiquettenverwechslung bei Anfertigung derselben gar keine Radula von Oncidina, sondern von irgend einer andern Art vorgelegen hat, denn die unregelmässigen und weit nach vorn vorspringenden Basal- platten, welche er an den Pleuralzähnen zeichnet, fehlen hier voll- ständig. Die Gestalt des Rhachiszahnes mit seinen niedrigen Haken ist aus meiner Abbildung ersichtlich. An den Pleuralzähnen ist das Seitenzähnchen (A) überall nur als ein niedriger, abgerundeter oder ganz zu äusserst auch wohl eckiger Höcker ausgebildet. Der Haupt- zahn ist breit-dreieckig, mit grosser, gebogener Innenkante und kürzerer, steil abfallender Aussenlinie. Der Oesophagus erweitert sich beträcht- lich, nachdem er den Nervenring passirt hat, und schiebt sich zwischen die beiden Vorderleberportionen. Chylusmagen sehr klein, wie bei den Oncidiellen. Lagerung der Darmschlingen nach Typus II. Ober- leber noch einmal so gross wie die Unterleber; Hinterleber von der halben Grösse der letzteren. Der letzten Strecke des Enddarms sitzt eine schlauchförmige Rectaldrüse an, die zuerst gerade nach vorn läuft, dann in spitzem Winkel nach hinten umbiegt. Lungenhöhle asymmetrisch (Fig. 35), fast vollständig auf der rechten Seite liegend, wie schon SEMPER richtig angegeben hat. Die Niere ist wie bei Oncidium dicht mit Lamellen im Innern besetzt, entbehrt aber eines rückläufigen untern Schenkels. Herzbeutel hinter der Körpermitte; an der Innenwand desselben ist die vordere, neben dem Ventrikel liegende Hälfte ver- dickt (s). — An den hintern Geschlechtsorganen ist mir das Verhalten der Eiweissdrüsen, die zu einer grossen, bröckligen Masse verklebt waren, unklar geblieben. Der Zwittergang (Fig. 51 zg) setzt sich mit seiner drüsigen Verdickung auf die Gabeläste erster und zweiter Ord- nung fort. Die Vesicula seminalis ist eine kleine, gestielte Blase. Der Spermoviduct ist sehr kurz, hinten kugelförmig angeschwollen, mit grossem, faltenreichem, geknicktem Uterusanhang (app). Spiral- gänge fehlen. Oviduct und Vas deferens sind verhältnissmässig lang; ersterer trägt ein sitzendes Receptaculum seminis, wird gegen die Mündung hin allmählich dicker und nimmt ganz vorn noch eine schlauch- Zool. Jahrb, VI, Abth. f, Morph. 14 210 LUDWIG H. PLATE, formige Anhangsdriise (gl) auf. Er bohrt sich, wie schon SEMPER beobachtet hat, etwas vor der Vulva in die Fussmusculatur ein (Fig. 35 ov) und zieht eine kleine Strecke in dieser und neben der Lunge nach hinten. Der zarte Anfangstheil des Vas deferens verknäuelt sich ein wenig und tritt mit dem Oviduct in die Haut ein. Der Penis (Fig. 35) ist ungefähr 11/, mal so lang wie der Körper und beschreibt daher in der Leibeshöhle mehrere Windungen. Seine Structur hat SEMPER in einer eingehenden Schilderung erörtert, die ich bestätigen kann. Der kurze Retractor mit Insertion ILI. V. Gattung: Peronina n. g. 32. Peronina alta n. sp. 1 Exemplar aus Indien, wahrscheinlich von Madras (Britisches Mus.). Gestalt oval. Der Kopf (Fig. 1) ragt 2 mm weit frei unter dem Mantel hervor, obwohl das Thier sich beim Absterben etwas zu- sammengezogen hat. Länge des Thieres 24, des Mantels 22 mm; grösste Breite des Körpers 15, des Fusses 13!/, mm, so dass also dieser nur ganz wenig von den Hyponota überragt wird. Dies wird dadurch bedingt, dass die Hyponota, deren grösste Querausdehnung in der Mitte des Körpers ca. 5 mm beträgt, steil, fast senkrecht vom Fuss aus emporsteigen. Grösste Höhe 11 mm. Hautsculptur: Der Mantel ist sehr weich. Seine ganze Fläche ist dicht mit Granula bedeckt, unter denen man 3 verschiedene Sorten unterscheiden kann. Erstens grosse, runde, flache Höcker von ca. 1 mm Durchmesser, die sehr unregelmässig vertheilt sind, so dass sie bald eng beisammen, bald 2—3 mm von einander sitzen. Unter der Lupe erweist sich auch ihre Oberfläche sehr zart granulirt. Einige von ihnen tragen auch Augenflecke, die in einer kleinen centralen Grube sitzen, und zwar finden sich drei derartige Papillen in der Nähe des Vorderrandes, zwei in der Nähe des Hinterrandes, eine im Centrum des Mittelfeldes. Die letztere enthält 2 Augenflecke, die übrigen je einen. Andere Augen ausserhalb des Mittelfeldes habe ich nicht ge- sehen. Zweitens finden sich auf dem Rücken kleinere, aber ebenso gebildete Tuberkel, die mit blossem Auge noch deutlich sichtbar sind ; drittens ganz kleine Körnchen, die nur mit der Lupe erkannt werden können. Die Hyponota und die Oberseite des ungefähr 2 mm breiten Fussrandes sind glatt. Färbung: Der Mantel ist blaugrau mit einzelnen verwaschenen Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. Dial hellen Flecken; er wird am Rande von einem 1/,—1 mm breiten hell- gelblichen Saume eingefasst (Fig. 1, 102). Nach innen von diesem, zum Theil auch auf ihn übertretend, verläuft eine schmale Zone von zerstreuten, sehr kleinen, tiefschwarzen Punkten und strichförmigen Flecken (Fig. 102). Aus dieser Zeichnung geht auch hervor, dass die Granula erster Ordnung (7) nicht ganz bis an den Rand hinantreten ; bei den meisten derselben ist der Rand blauschwarz, die Mitte lichter gefärbt. Die Vertheilung von Hell und Dunkel kann auf diesen Warzen aber auch ganz unregelmässig sein. Der Kopf, die Hyponota und die Rückenfläche des Fussaumes sind grau gefärbt. Ueber die Mediane des Kopfes läuft ein etwas hellerer Streifen. Die hellgelbliche Fuss- sohle ist lichter gefärbt als irgend eine andere Körperregion. Lage der Oeffnungen: Afterpapille verdeckt (Fig. 1 an). Athemloch (atl) median, 2 mm von derselben entfernt, unmittelbar am Rande des Hyponotums. Sehr bemerkenswerth ist die Lage der weiblichen Geschlechtsöffnung; sie (2) liegt 5 mm, !/, der Körper- länge, vor dem After, und an derselben beginnt auch erst, wie ge- wöhnlich, die Fussrinne. Die männliche Geschlechtsöffnung (¢) liegt rechts neben dem rechten Tentakel und 21/, mm tiefer als dieser, aber in derselben, auf der Fussfläche senkrecht stehenden Ebene, die man sich durch beide Fühler gelegt denken kann. Wie schon oben erwähnt wurde, ist diese Oeffnung doppelt, indem Penis und Penisdrüse dicht neben einander ausmünden. Peritoneum unpigmentirt. Schlundkopf sehr klein und gedrungen (Fig. 14). Die Zungenscheide ist so winzig, dass sie kaum über die Oberfläche vorspringt. Auch die Speicheldrüsen sind kleiner als ge- wöhnlich (sal). Radula: ca. 100, 1, 100. Ihre Gestalt ist aus Fig. 25 ersichtlich. Die Seitenzähnchen sind an den Pleuralzähnen überall (mit Ausnahme der alleräussersten) gut entwickelt. Die Hauptzähnchen derselben werden nach aussen zu immer schmäler und länger, so dass die letzten 25—30 Pleuralzähne linealförmige Blätter besitzen. Kein Kiefer. Lagerung der Darmschlingen II. Alle Magenabschnitte gut ausgebildet. Die Gallenrinne läuft im Endabschnitt in eine dreieckige Falte aus. Ober- und Hinterleber ungefähr gleich gross, Hinterleber sehr klein, noch nicht halb so gross wie der Muskelmagen. Lungen- höhle symmetrisch, mit gut entwickeltem Gefässnetz. Niere dicht mit Lamellen im Innern besetzt, wie bei Oncidiwm, mit kurzem rückläufigem Schenkel; beide Organe sind gelblich gefärbt. Der Herzbeutel reicht bis zur Mittellinie heran, sein Septum ist schwach ausgebildet, als ein 14* 2119 LUDWIG H. PLATE, schmaler dorso-ventraler Streifen am Hinterrande. — Die hintern Geschlechtsorgane mit Spiralgang. Die verdickte Partie des Zwitter- ganges setzt sich auf die Gabeläste fort. Die Vesicula seminalis ist eine eiformige Blase von 31/, mm, die an einem kurzen Stiel sitzt. Receptaculum seminis sitzend. Oviduct und Vas deferens sind sehr kurz und treten einige mm vor dem hintersten Winkel in die Haut ein, entsprechend der Lage der Vulva. Zwischen dem Penis, der mit Retractor nur 5 mm lang ist, und der riesigen Penisdrüse (220 mm) besteht ein merkwürdiges Missverhältniss (Fig. 72, 73). Der Endsack des Penis ist grösser als das eigentliche Begattungsorgan, dessen vor- derer Abschnitt (0,198 mm Länge) 13—15 Chondroidzähne (Fig. 61) von 0,056 mm Höhe aufweist, die zu 4 Ringen unregelmässig ange- ordnet sind. Jeder derselben enthält zahlreiche kleine Zellen. Das hintere Ende des Penis birgt ein Chondroidrohr von 0,792 mm Länge, dessen Zellen in 2—3 Schichten neben einander liegen. Die Penis- drüse ist dreitheilig. Der Stachelabschnitt wird von einem dicken, kegelförmigen Muskelmantel umhüllt und springt kegelförmig in den Endsack vor (Fig. 72). Die so entstehende Papille (pap) trägt auf ihrer Spitze noch einen brustwarzenähnlichen Aufsatz mit centraler Oeffnung, durch welche der Stachel hervorgetrieben wird und um die herum zahlreiche weisse Pünktchen (Drüsen ?) beobachtet werden. Der Stachel ist fast 2 mm lang, spitzt sich nach vorn allmählich zu und endet vorn quer abgestutzt (Fig. 74). Eigentliche Chondroidzellen habe ich in ihm nicht wahrgenommen. Unter der äussern, derben Cuticula (cut. ext.) liegt eine feinkörnige Schicht, in der ich Kerne wahrzu- nehmen glaube. In ihr liegen auch zahlreiche quere Ringfasern (rm). Darauf folgt nach innen diejenige Schicht, welche die Hauptmasse des Stachels ausmacht. Sie ist längsfaserig, und die Fasern gehen in die Musculatur der kegelförmigen Partie über. Zu innerst liegt eine zarte Cuticula (cut. int.), der vielleicht ebenfalls eine zarte Proto- plasmaschicht mit Kernen anliegt. Wenigstens könnte man gewisse Elemente so deuten, wenn sich auch ein sicherer Nachweis nicht er- bringen lässt, da die Farbstoffe nicht eindringen. Wy Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 213 Dritter Abschnitt. Die systematische Stellung und die phylogenetische Bedeutung der Oncidiiden. Ueber die Verwandtschaftsbeziehungen der.Oncidiiden sind fast ebenso viel verschiedene Ansichten geäussert worden, wie Untersuchungen über den Bau derselben angestellt worden sind. Sie lassen sich in zwei Gruppen sondern, je nachdem eine Zugehörigkeit zu den Nudi- branchiern (DE BLAINVILLE, Brock, 38) oder zu den Pulmonaten (Cuvier, FÉRuSsAC und zahlreiche ältere Autoren, neuerdings SEMPER, BERGH, JOYEUX-LAFFUIE und — wenn auch nur in bestimmter Be- schränkung — v. JHERING) behauptet wurde. Wie man sieht, hat die letztere Anschauung immer die Majorität für sich gehabt, und sie ist namentlich stets von denjenigen Forschern vertreten worden, welche die Oncidiiden aus eigenen Untersuchungen kannten. Die Oncidiiden sind daher auch in allen Lehrbiichern an die Seite der Pulmonaten gestellt worden. Wenn nun auch nach dieser Richtung hin eine fast vollstandige Uebereinstimmung der Meinungen herrscht, so gehen doch die Ansichten tiber die engeren Verwandtschaftsbeziehungen weit aus- einander. SEMPER und BERGH sehen in den Oncidiiden aberrante Formen, welche das eine Ende einer bestimmten Entwicklungsreihe der Stylommatophoren darstellen. Sie leiten sie daher von beschalten Heliciden ab und halten den Aufenthalt im Wasser fiir einen secun- dären Zustand, während sie die Landlungenschnecken selbst auf Tecti- branchier zurückführen. Ganz im Gegentheil hält v. JHERING die Oncidiiden für primitive Geschöpfe. Sie sollen der Stammform der „Nephropneusten“ nahe stehen, und da diese als Descendenten der Nudibranchier angesehen werden, so würden der Wasseraufenthalt und der Mangel einer Schale als archaistische Charaktere zu deuten sein. Ich selbst möchte im Folgenden für eine Ansicht eintreten, der ich schon in meiner vorläufigen Mittheilung Ausdruck gegeben habe und ‘die gewissermaassen in der Mitte zwischen den genannten Auffassungen liegt. Die Oncidiiden stellen einen aberranten Seiten- zweig der Stammform der Pulmonaten dar und sind daher trotz einzelner secundärer Modificationen (Ver- lust der Schale etc.) als primitive Formen anzusehen, aus denen sich zunächst dieBasommatophoren, später durch Uebergang auf das Land auch die Stylommato- phoren entwickelten. Sie leiten sich selbst von Tecti- 214 LUDWIG H. PLATE, branchiern ab, und ihre äussere Aehnlichkeit mit den Nudibranchiern ist eine rein zufällige. I. Dass die Oncidiiden den Pulmonaten und nicht etwa einer Ab- theilung der Opisthobranchier zuzurechnen sind, wird durch folgende Thatsachen bewiesen. 1) Die am hintern Körperpole gelegene, der Respiration dienende Höhle ist eine echte Pulmonaten-Lungenhéhle im morphologischen Sinne, wie dies aus ihrem Baue, ihrer Innervirung und ihren Bezie- hungen zu andern Organen hervorgeht. Sie weicht von der typischen Athemkammer der zwittrigen Lungenschnecken nur in ihrer Lage ab, stimmt aber in allen wesentlichen Verhältnissen mit ihr überein. Sie wird, wie diese, überdacht von einer Duplicatur der Rückenhaut, einem Mantel, der, wie bei den Bulliden, von der hintern Hälfte der rechten Körperseite und vom hintern Körperpole entspringt und dessen freier Rand in der für die Pulmonaten charakteristischen Weise mit der Körperwand allseitig bis auf das Athemloch verwächst. Dass sich der Ursprungsrand des Mantels von der übrigen Rückenfläche nicht be- sonders abhebt und daher für die äussere Betrachtung der Mantel nicht scharf abgegrenzt wird, ist durchaus auch nicht auffallend, denn wir sehen auch bei allen typischen Pulmonaten den Mantel hinten gleichmässig in die Haut des Eingeweidebruchsackes übergehen, und nur der Verwachsungsrand des Mantels pflegt scharf abgesetzt zu sein. Eine allseitige scharfe Abgrenzung des Mantels kommt bei den Pul- monaten nur ausnahmsweise bei secundär veränderten Formen (Arion, Limax, Triboniophorus) vor. Die Oncidiiden nehmen also unter den Pulmonaten nur insofern eine Sonderstellung ein, als der Verwachsungs- rand des Mantelrandes sich nicht äusserlich abhebt, was offenbar da- mit zusammenhängt, dass die Seitenflächen des Körpers in die Hypo- nota umgewandelt und in die Kriechfläche eingezogen sind. v. JHERING (12, p. 208) scheint mir die Verhältnisse vollständig zu verkennen, wenn er sagt, die Lungenhöhle liege in der Wand des Körpers, wo- mit doch ausgedrückt sein soll, dass ein dem Mantel der Limnäen oder Heliciden homologes Gebilde bei den Oncidiiden völlig fehle. Ich sehe eine Bestätigung meiner Auffassung namentlich in den folgenden Befunden. Wie bei den typischen Pulmonaten breitet sich das reich : entwickelte Gefässnetz, die Lunge, nur auf der Innenfläche des Mantels aus, tritt aber nicht auf den Boden der Lungenhöhle, das Diaphragma, über. Da dieses ja ursprünglich die Seitenwand des hintern Körper- endes bildete, so liegt es nicht parallel dem Rücken, sondern steht ungefähr senkrecht auf diesem und der Fussohle und bildet so die Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 215 dd Vorderwand der Athemkammer. In die Mantelhöhle ragt bruchsack- fürmig die Niere hinein und durchzieht dieselbe als langgestrecktes Organ in ganzer Ausdehnung. Es ist dies ein typischer Pulmonaten- charakter, der, soviel ich weiss, bei keinem Opisthobranchier, ausge- nommen Siphonaria (42), angetroffen wird. Obwohl die Niere strecken- weise mit dem Diaphragma verlöthet, ist sie doch, wie die Niere der Pulmonaten, als eine Ausstiilpung des Mantels anzusehen, wie daraus hervorgeht, dass sie auf ihrer ganzen Oberfläche von Lungengewebe überzogen wird. Das Herz der Oncidiiden liegt nicht mehr, wie bei den Opisthobranchiern, frei in der Leibeshöhle, sondern ist, wie bei den Pulmonaten, in die Basis des Mantels geriickt, so dass nur noch die Innenwand des Pericards an die Leibeshéhle angrenzt. Das Rectum verlauft mit seinem letzten Abschnitte unmittelbar neben der Lungen- höhle, öffnet sich aber freilich nicht in diese, wie man erwarten sollte, sondern mündet selbständig neben dem Athemloche aus. Dieses Ver- halten ist als ein secundäres zu deuten, denn die Vaginuliden (siehe SIMROTH, 39, 40), welche den Oncidien nach vielen Richtungen hin so ähnlich sind, dass sie als ein Seitenzweig derselben angesehen werden können, zeigen in dieser Hinsicht noch die ursprünglichen Verhält- nisse: der Enddarm verläuft mehr oder weniger weit innerhalb des Mantels und mündet in der Nähe des Athemlochs in die Lungenhöhle aus. Bei der nach jeder Richtung hin secundär umgewandelten Vagi- nulidengattung Atopos, auf die ich später noch eingehen werde und die nicht, wie SIMROTH will, an den Anfang, sondern an das Ende dieser Reihe zu stellen ist, fallen After und Athemloch schon zu- sammen. Eine Verlagerung des Anus aus der Mantelhöhle heraus wird auch sonst bei stark modificirten Pulmonatenformen beobachtet, z. B. bei Daudebardia saulcyi — bei deren nächsten Verwandten (Daud. rufa) der After zusammen mit der Niere noch in das Athem- loch sich öffnet —, Limax arbustorum, Amalia marginata (19) und andern, und in den hier erwähnten Fällen nimmt das Rectum auch den Ureter auf und wird so zur Cloake, wie dies ja auch für die Oncidiiden gilt. Die Oncidiiden zeigen also in der Lage des Afters und des Nierenporus schon dieselbe Differenzirungsstufe, die wir sonst nur bei den höchstentwickelten Stylommatophoren antreffen, was schon allein genügen würde zum Beweise, dass die Oncidiiden nicht als die Stammform der Pulmonaten, sondern als ein aberranter Seiten- zweig derselben zu betrachten sind. — Endlich geht die Homologie der Mantelhöhle der Oncidiiden mit der Lungenhöhle der Pulmonaten aus der gleichen Innervirung hervor. Das Nervensystem der Oncidiiden 216 LUDWIG H. PLATE, hat mit demjenigen der Limnäen eine grosse Aehnlichkeit; es unter- scheidet sich von diesem eigentlich nur dadurch, dass es in der Visce- ralkette bloss 3, nicht 5 Ganglien aufweist, indem nämlich von den Pleuralganglien sich noch keine Commissuralganglien, welche selbst keine Nerven abgeben, sondern nur zur Regulirung des Faserverlaufs dienen, abgespalten haben. Wir unterscheiden daher bei den Oncidiiden zwei Pleural- und ein Visceralganglion, bei den Limnäen ausser diesen noch zwei Commissuralganglien. Die Pleuralganglien der Limnäen geben jederseits nur einen Nerven ab, welche den über den Ver- wachsungsrand frei nach aussen vorspringenden Theil des Mantels, rechts ausserdem noch das Geruchsorgan versorgen. Da dieser Theil des Mantels bei den Oncidiiden, ebenso wie das Geruchsorgan, fehlt, so ist es nicht zu verwundern, dass die drei Pleuralnerven jederseits nicht mehr an den Mantel hinantreten, sondern in den Seitenwan- dungen des Körpers enden. Sie verhalten sich also schon ebenso, wie der linke und der eine rechte Pleuralnerv bei den Daudebardien und Testacellen. Die Hauptmasse der Nerven, welche bei den Pulmo- naten in den Wandungen und Organen der Mantelhöhle angetroffen werden, entstammt dem Visceralganglion. Bei den Limnäen ent- sendet dieses einen Nerven zum Athemloch, einen zweiten zum Spindel- muskel und Diaphragma, einen dritten, der mit der Aorta verläuft und ebenfalls Theile des Diaphragmas zu versorgen scheint, endlich einen vierten, der an das Dach der Mantelhöhle (Herzbeutel und Niere) und an die Genitalorgane hinantritt. Bei den Testacellen (siehe LACAZE-DUTHIERS, 41) enden alle drei Nerven des Visceralganglions ausschliesslich in der Mantelhéhle. Ganz in Uebereinstimmung hier- mit sehen wir bei den Oncidiiden die Ausläufer der zwei Visceral- nerven theils in der Mantelhöhle, theils in den hintern Geschlechts- organen enden. 2) Auf die Pulmonatennatur der Oncidiiden weist die schon eben betonte Aehnlichkeit des Centralnervensystems mit demjenigen der Limnäen hin. Bei beiden Gruppen finden wir die gleiche untere Ge- hirncommissur und dieselben doppelten Pedalstränge. Im Gegensatz zu den Nudibranchiern sind die Cerebral- und die Pleuralganglien deut- lich getrennt, und zum Unterschiede von den Tectibranchiern sind die vordere und hintere Pedal-, die Visceral- und die untere Gehirncom- missur ganz kurz, und die letztere liegt weit ab von der zuerst ge- nannten. Der Pulmonatenhabitus spricht sich ferner in dem Visceral- ganglion aus, indem bei den Opisthobranchiern ein solches nur aus- nahmsweise in der Visceralcommissur (Notarchus, Tylodina) angetroffen Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 217 wird. Der Penisnerv entspringt bei den Oncidiiden und Pulmonaten dem rechten Gehirnganglion; bei den Tectibranchiern finde ich ein solches Verhalten nur für Umbrella mediterranea angegeben, wo ein Nerv der Unterlippe einen Ast zum Begattungsorgan entsendet, wäh- rend bei den Bulliden dieser Nerv dem rechten Pedalcentrum entstammt. Bei den Nudibranchiern scheint der Penisnerv aus dem rechten Pleural- ganglion oder aus einem besonderen Genitalganglion der Visceralcom- missur hervorzugehen. 3) weisen die Geschlechtsorgane auf die Zugehörigkeit der Onci- diiden zu den Lungenschnecken hin. Es geht dies aus der Lage der weiblichen Geschlechtsöffnung ausserhalb der Mantelhöhle hervor, wäh- rend diese bei allen Opisthobranchiern, die einen deutlich entwickelten Mantel besitzen, mit dem After und Nierenporus in der Mantelhöhle gelegen ist. Die Oncidiiden besitzen ferner, wie die zwittrigen Lungen- schnecken, keine Ampulle, keine besondere Schleimdrüse (neben der Eiweissdrüse) und keine Spermatocyste, Organe, die bei den Opistho- branchiern fast nie fehlen, sie weisen aber in der dem Zwittergange ansitzenden Vesicula seminalis eine für die Pulmonaten charakteristische Samenblase auf, die meines Wissens bei den Hinterkiemern noch nicht beobachtet worden ist. Die partielle Einlagerung des Vas deferens in die Kérperwand kommt ebenfalls nur bei den Lungenschnecken vor. 4) Die Niere der Oncidiiden zeigt in der Lagerung (siehe oben) und in dem lamellésen Bau dasselbe Verhalten wie die übrigen Pul- monaten, während sie bei den Opisthobranchiern frei in der Leibes- höhle liegt. Die innern Lamellen finden sich auch bei Tectibranchiern, während dieses Organ bei den Nudibranchiern nie compact ist, sondern sich aus einem ausgebreiteten Röhrensystem zusammensetzt. 5) Der Besitz einer Fussdrüse, die den Opisthobranchiern immer abgeht, und 6) das Fehlen einer Blutdrüse, die bei den Hinterkiemern, abge- sehen von den cladohepatischen Nudibranchiern, in weitester Verbreitung angetroffen wird, sprechen in demselben Sinne. 7) Endlich weist, wenn auch nur in untergeordneten Zügen, der Darmcanal auf die Pulmonatennatur der Oncidiiden hin. Das Mund- rohr schliesst nach hinten nicht mit einer besonderen ,,Lippenscheibe“ (BERGH) ab, wie solche bei den Opisthobranchiern weit verbreitet ist. Es fehlt also die sogenannte „innere Mundöffnung“. Die Radula be- steht aus zahlreichen unter sich gleichen Pleuralzähnen, wie bei den Pulmonaten, während bei den Tectibranchiern die Zahl derselben meist gering bleibt und eine Differenzirung in Lateral- und Marginalzähne 218 LUDWIG H. PLATE, eingetreten ist. Bei den holohepatischen Nudibranchiern, zu denen die Oncidiiden eventuell ja auch Beziehungen aufweisen könnten, finden wir zwar zahlreiche Pleuralzähne, aber in der Regel eine nackte Rhachis. Der Darm der Oncidiiden ist lang und in mehrern Windungen der Leber eingebettet, während er bei den Hinterkiemern fast immer kurz ist. Unter den Pulmonaten stehen die Oncidiiden den Bas- ommatophoren weit näher als den Stylommatophoren. Sie sind, wie jene, Wasserbewohner. Sie besitzen nur ein Paar Fühler, die in einzelnen Fällen die Fähigkeit, sich einzustülpen, noch nicht erworben haben. Neben der Mundöffnung breiten sich, wie bei den Limnäen, grosse Lippensegel aus. Die Copulationsorgane sitzen am Kopf, weit vor der weiblichen Geschlechtséfinung, und ein Theil des Vas deferens liegt in der Körperwandung. Bei den Gattungen Oncidina und Oncidiella zeigt der Zwittergang die einfachsten Verhältnisse: er bildet nur einen ganz kleinen Spermoviduct und gabelt sich dann sofort in den männlichen und weiblichen Ausführgang, was an die bei den Basommatophoren bestehenden Verhältnisse erinnert. Ein mehrtheiliger Magen, von dem ein Abschnitt wegen der stark entwickelten Muscula- tur als Kaumagen bezeichnet werden kann, findet sich bei Limnaea, und bei einer Auricula-Art hat v. JHERING (12, p. 206) sogar be- sondere „plaques stomacales“ entdeckt. Im Nervensystem sind die Pleural- und Visceralganglien noch deutlich getrennt, und die Com- missuren verhalten sich genau wie bei den Limnäen. Diesen Uebereinstimmungen gegenüber fallen die Aehnlichkeiten, welche zwischen Oncidien und Stylommatophoren bestehen, kaum ins Gewicht. Man könnte in dieser Beziehung hervorheben: 1) die Fühler, welche auf ihrer Spitze die Augen tragen und meistens völlig eingestülpt werden können. Jedoch hat schon Brock hervorgehoben, dass diese Augen zuerst in der Haut des Kopfes ent- stehen, also wie bei den Basommatophoren, und dann erst von den später sich anlegenden Fühlern passiv in die Höhe gehoben werden. Ursprünglich sind bei der Stammform der Pulmonaten die Fühler wohl solide und nicht einstülpbar gewesen. Sie erhielten sich so nur bei zwei der Oncidiiden und den Wasserlungenschnecken, während sie bei den meisten Oncidiiden und bei den Stylommatophoren allmählich hohl wurden und besondere Retractoren erhielten. Da die Augen der Hinter- kiemer in der Haut liegen, so muss dieser Zustand als der primäre angesehen werden, der sich nur bei der einen Familie erhalten hat. Von jenen zwei Oncidiiden ist Oncidina australis in mehrfacher Be- Studien über opisthopneumone Lungenschnecken, 919 ziehung die ursprünglichste der ganzen Familie, während Oncis montana auch in der Lage des Athemloches primitive Verhältnisse bekundet. Ganz ähnlich, d. h. fast völlig solide, aber dennoch mit Retractor ver- sehen, sind die Fühler bei den Vaginuliden. 2) die Fussdrüse; diese ist zwar bei den Oncidiiden nur von ge- ringer Grösse, aber doch im Wesentlichen gleich derjenigen der Land- lungenschnecken. Da dieses Organ nur für den Aufenthalt auf dem Lande von Nutzen ist, so erklärt es sich leicht, dass es von den Basommatophoren allmählich eingebüsst wurde, während die Stylom- matophoren es erheblich weiter entwickelten. 3) die starke Ausbildung der gefässführenden Falten und Maschen in der Lunge. Dass die Basommatophoren sich von den dauernden oder zeitweiligen Landbewohnern durch schwächere Ausbildung der Lunge unterscheiden, hängt wohl mit der bei ihnen viel intensiveren Hautathmung zusammen. Wissen wir doch durch v. SIEBOLD und PauLy, dass die Limnäen in tiefen Seen auf die Luftathmung völlig verzichten und ihre Lunge als Kieme gebrauchen können; ein derartiger Wechsel wäre nicht möglich, wenn nicht die Hautathmung einem grossen Theile des Respirationsbedürfnisses genügte, Bei den Stylommatophoren hingegen kann die Hautathmung nicht eine sehr bedeutende Rolle spielen, sonst würden die grossen Gefässe sich bis nahe an die Oberfläche verfolgen lassen, und dies gilt auch für die Oncidiiden mit Ausnahme der Oncidiellen und der mit Rückenkiemen versehenen Formen. Hier ist also eine stark entwickelte Lunge von Nöthen. 4) das Geruchsorgan, das sich in der Mantelhöhle der Basommato- phoren erhalten hat, aber bei den Oncidiiden und den Stylommato- phoren mit alleiniger Ausnahme der Testacellen verschwunden ist. 5) den langen Spermoviduct (= Spiralgang), welcher den drei Gattungen Oncidium, Oncis und Peronina zukommt. Es tritt also hier die Spaltung in Oviduct und Vas deferens, wie bei fast allen Stylommatophoren, erst in einiger Entfernung vom Zwittergang ein. Es sind aber gerade diejenigen Genera, welche durch den Besitz von Rückenaugen und durch die Complieirtheit der Begattungsorgane sich als die am meisten differenzirten und höchststehenden Formen innerhalb der Familie erweisen, welche für die Beurtheilung der Ver- wandtschaftsbeziehungen am wenigsten geeignet sind. Aus diesen Auseinandersetzungen folgt, dass, wenn in der That, wie ich gleich zeigen werde, die Oncidiiden als die primitivsten Pul- monaten anzusehen sind, die Basommatophoren ursprünglichere Ver- 220 LUDWIG H. PLATE, haltnisse bewahrt haben als die Stylommatophoren. Man wird daher nicht anzunehmen haben, dass die ersteren durch erneute Anpassung an das Wasserleben aus letzteren hervorgegangen sind, sondern wird ihre Lunge und ihren Wasseraufenthalt direct von den gleichen Ver- haltnissen der Oncidiiden ableiten miissen. Die tectibranchiaten Stamm- formen der Pulmonaten waren Litoralbewohner, die in Folge des mit Ebbe und Fluth wechselnden Wasserniveaus eine amphibische Lebens- weise annahmen und die Kiemenhöhle zur Lunge umwandelten. Sie wurden dadurch, wenn auch ohne Verlust der Schale, oncidienartig, und die weitere Differenzirung erfolgte, indem sie theils an der Meeres- küste blieben, theils in das Süsswasser einwanderten, theils zu reinen Landthieren wurden. II. Obwohl es nach dem Gesagten nicht zweifelhaft sein kann, dass die Oncidiiden den Pulmonaten zuzurechnen sind, so besitzen sie doch andrerseits in ihrer Anatomie, und zwar in den verschiedensten Organsystemen, so viele Anklänge an die Opisthobranchier, dass diese Aehnlichkeit nicht als zufällige Convergenz, sondern nur als die Folge gleichen phyletischen Ursprungs angesehen werden kann. Diese Ueber- einstimmungen berechtigen uns, in den Oncidiiden archaistische Formen zu sehen, die der opisthobranchiaten Stammform der Lungenschnecken näher stehen, als irgend eine andere zur Zeit bekannte Pulmonaten- gruppe. Es findet diese Beziehung ihren Ausdruck vornehmlich in den folgenden Verhältnissen: = 1) Die Oncidiiden sind opisthopneumon, die Lunge liegt hinter dem Herzen, und daher ist die Vorkammer nach hinten, die Kammer nach vorn gewandt. 2) Die Leber ist dreitheilig, was sonst unter den Pulmonaten — ich rechne Ancylus zu den Tectibranchiern — nur noch bei den Vaginuliden und vielleicht der Triboniophorus-Gruppe 1) vorkommt, von denen erstere als Seitenzweige von den Oncidiiden abzuleiten sind, während eine drei- und mehrtheilige Leber bei den Hinterkiemern vielfach beobachtet wird. 3) Der Magen besteht aus drei resp. vier Abschnitten; der erste ist dickwandig und wird von einem festen Chitinüberzug ausgekleidet, der dem Kaumagen vieler Opisthobranchier entspricht. 4) Es finden sich nur drei Ganglien der Visceralkette, wie solches nicht selten bei den Hinterkiemern, aber sonst bei keiner Lungen- 1) Nach Kererstern, während nach Beren (in: Verh. Zool.-bot. Ges. Wien, 1870) nur zwei Leberportionen vorhanden sind. Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 291 schnecke beobachtet wird. Die Pedal- und Cerebralganglien liegen dicht zusammen, während sie bei den eigentlichen Pulmonaten, falls nicht ganz secundäre Verhältnisse (Heliciden, Triboniophorus) vor- liegen, immer deutlich durch Connective getrennt bleiben und nur Pedal- und Visceralganglien sich häufig beträchtlich nähern. Das Gehirn giebt, wie bei vielen Hinterkiemern, links fiinf, rechts sechs Nerven ab, während bei den übrigen Pulmonaten die Zahl derselben sich erhöht. 5) Die Bewaffnung des Penis mit Zähnen ist bei den Hinter- kiemern eine gewöhnliche Erscheinung, unter den Pulmonaten nur den Oncidiiden und Triboniophorus eigenthümlich. Bei oberflächlichem Studium könnte man leicht der Ansicht von BLAINVILLE und Brock huldigen, dass unter den Hinterkiemern die Nudibranchier die nächsten Beziehungen zu den Oncidiiden dar- bieten; scheinen doch hierfür der Habitus, der Mangel einer Schale und die bei einigen Arten vorhandenen baumförmigen Rückenkiemen zu sprechen. Bei gründlicher Erwägung aber stellen sich dieser An- schauung so erhebliche Bedenken entgegen, dass wir diese Ueberein- stimmung nur als Convergenzerscheinungen, als Analogien, deuten können. Nähere Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Nudibranchiern und Oncidiiden könnten eventuell für die holohepatischen Hinterkiemer, also für die phanero- und cryptobranchiaten Dorididen, bestehen; für die cladohepatischen Formen sind dieselben von vorn herein wegen der diffusen Leber und Niere, wegen der Lage des Afters in der vordern Körperhälfte, an der rechten Seite oder am Rückenrand, und wegen der diaulen, mit einem pyxicaulen Penis versehenen Genitalpapille aus- geschlossen. Aber auch die Dorididen weichen in so vielen Punkten vollständig von den Oncidiiden ab, dass man diese nicht von jenen ableiten kann, vielmehr die zwischen beiden Gruppen bestehenden Uebereinstimmungen theils als Analogien (Mangel der Schale und der Kiefer), theils als Erbtheil einer gemeinsamen tectibranchiaten Stamm- form (compacte Leber) anzusehen hat. Im Folgenden seien diejenigen Organisationsverhältnisse der Dorididen kurz hervorgehoben, welche bei den Oncidiiden fehlen oder in ganz anderer Ausbildung angetroffen werden. Die Dorididen besitzen keinen Mantel. Die die Afteröffnung umgebenden Kiemen sind durch ihre symmetrische Stellung und durch ihren federförmigen Bau ganz verschieden von den baumförmigen „Kiemen“, welche bei einigen wenigen, der am höchsten differenzirten Gattung angehörenden Oncidien regellos über die Rückenfläche ver- 222 LUDWIG H. PLATE, theilt sind. Der Anus liegt auf dem Rücken, etwas hinter der Körper- mitte; neben ihm die Nierenöffnung. Vorn auf dem Rücken, hinter dem Kopfe, die Rhinophorien. In der Haut zahlreiche Kalkspicula. Mund- röhre nach innen von einer „Lippenscheibe“ abgeschlossen. Radula fast immer ohne Rhachiszahn. Speicheldrüsen langgestreckt, weit nach hinten reichend. Magen einfach, sackförmig, ohne Kaumagenabschnitt, häufig nur als eine Höhle in der Leber angedeutet. Leber mit nur einem Gallengange und meistens mit Gallenblase. Darm kurz. Pericard frei in der Leibeshöhle. Die verästelte Niere breitet sich über der hintern Eingeweidemasse aus und besteht aus dicht an einander liegenden Röhren und hohlen Platten. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist doppelt (Vulva und Schleimdrüsengang) und liegt dicht neben der männlichen, vorn an der rechten Körperseite, unweit vom rechten Tentakel. Zwitterdrüse nicht compact, sondern die Leber überziehend. Receptaculum seminis (Spermatothek) mit einem vaginalen Ausführ- gang und einem andern zur Schleimdrüse (Ampulle), dem eine Sper- matocyste ansitzt. Vas deferens mit Prostata oder prostatischem Ab- schnitt. Ueber dem Centralnervensystem eine Blutdrüse. Cerebral- und Pleuralganglien mehr oder weniger breit verwachsen. In der Visceralcommissur noch kein oder nur ein ganz kleines Genitalganglion. Keine hintere Pedalcommissur. Eine Subcerebralcommissur, welche mit Pedal- und Visceralcommissur meist in einer gemeinschaftlichen bindegewebigen Scheide liegt. Buccalganglien in der Regel mit kleineren gastro-ösophagalen Ganglien. Die zwei Augen liegen in der Rückenhaut. Diese zahlreichen Differenzen machen einen näheren Anschluss der Oncidiiden an die Dorididen, und damit an die Nudibranchier über- haupt, unmöglich. Ich stimme R. Beran, dem besten Kenner der Nudibranchier, völlig bei, wenn er sagt, dass die Oncidien von diesen Gastropoden ziemlich weit abstehen. Da wir nun oben sahen, dass eine Anzahl wichtiger Charaktere den Oncidiiden mit den Opistho- branchiern gemeinsam ist, so müssen die Vorfahren der jetzigen Tecti- branchier als die phyletische Wurzel der Oncidien angesehen werden. Zu den oben aufgezählten opisthobranchiaten Organisationsverhältnissen der Oncidiiden, die alle auch speciell auf die Tectibranchier passen, lassen sich noch einige Merkmale hinzufügen, die ausschliesslich der letzteren Gruppe entlehnt sind: die compacte Leber und Niere und das Vorhandensein einer zweiten Pedalcommissur; wie bei den Bulliden liegt die Mantelhöhle am hintern Körperpole, und die Lage des Afters, des Nierenporus und der weiblichen Genitalöffnung zeigt ähnliche Ver- haltnisse. Endlich sind die Copulationsorgane der Oncidiiden, wie bei Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 993 Bulliden und Aplysien, vorn am Kopf angebracht und mit der Vulva durch eine Flimmerfurche verbunden. Wenn diese auch nicht mehr normaler Weise als Samenrinne fungirt, so ist doch kaum zu bezweifeln, dass.sie urspriinglich als solche diente, und dass das der Fussmuscu- latur eingelagerte Vas deferens durch Abschniirung aus der Rinne entstanden ist. Die Tectibranchier scheinen mir auch deshalb als Ausgangspunkt für phyletische Umbildungen besonders geeignet zu sein, weil schon innerhalb der Gruppe selbst eine ausserordentliche mor- phologische Mannigfaltigkeit (Gehäuse und Mantel auf den verschie- densten Stadien der Weiter- oder Rückbildung, Fuss mit oder ohne Parapodien, Pharynx mit oder ohne Kiefer, Kaumagen mit Horn- oder Kalkplatten, Radula mit wenigen oder zahlreichen Pleuralzähnen, mit fehlendem oder gut entwickeltem Rhachiszahn, Penis einfach oder be- waffnet etc.) angetroffen wird, die ein reiches Differenzirungsvermögen der Vorfahren der jetzt lebenden Formen bekundet. Bei Lobiger und Siphonaria (siehe KÖHLER, 42) finden wir sogar schon den Mantel bis auf ein Athemloch mit der Körperwandung verwachsen. Immerhin ist es nicht möglich, die Oncidiiden auf eine der zur Zeit bekannten Familien der Tectibranchier direct zurückzuführen ; aber aus der Lage der Mantelhöhle und der Samenrinne lässt sich der Schluss ziehen, dass die Bulliden ihnen verhältnissmässig am nächsten stehen. Bei diesen ist auch der Geschlechtsapparat noch monaul, zeigt also die ursprünglichen Verhältnisse, aus denen sich, soweit hierüber nach der Entwicklung der Pulmonaten geurtheilt werden kann, die di- und triaulen Leitungswege entwickelt haben müssen. Nach dieser Voraus- setzung muss bei den Oncidiiden die Lungenhöhle ursprünglich asymmetrisch sich vom hintern Körperpole längs der rechten Seite ausgedehnt haben, wie dies gegenwärtig bei Oncidina australis noch der Fall ist. Erst später wird sich hieraus die halb symmetrische Mantelhöhle von Oncis und die ganz symmetrische der drei übrigen Gattungen entwickelt haben. Eine durch die Rückbildung der Schale bedingte secundäre Symmetrie ist ja bei den Gastropoden eine häufige Erscheinung. Jene Art documentirt sich auch in anderer Weise als die primitivste Oncidiide: die Rückenaugen fehlen; die Fühler sind noch nicht einstülpbar; die Vulva liegt noch ein kleines Stück vor dem Anus, nicht unmittelbar neben ihm; die männliche Sexualöffnung befindet sich, wie bei den Bulliden, an den Seiten des Kopfes und ist noch nicht auf die Stirn gerückt. Es fehlt ein langer Sperm- oviduct (Spiralgang) und eine besondere Penisdrüse. Von Oncidina 294 LUDWIG H. PLATE, a aus fiihrte die phyletische Entwicklung nach einer Richtung hin zu Oncidiella, nach einer andern zu den drei übrigen Gattungen. | III. Semper und BERGH sehen die Oncidiiden als einen eigenartig modificirten Endzweig in der Entwicklungsreihe der Stylommatophoren an; sie leiten sie von beschalten Landbewohnern ab und nehmen daher eine secundäre Anpassung an den Aufenthalt im Meere an. Eine nihere Begriindung dieser Anschauung vermisst man freilich bei ihnen. Ich halte sie fiir durchaus verfehlt, weil es erstens, wie schon y. JHE- RING näher ausgeführt hat, näher liegt, die amphibische, halbmarine Lebensweise als einen urspriinglichen Zustand anzusehen; weil sie zweitens die zahlreichen Uebereinstimmungen mit den Tectibranchiern unerklart lässt, und weil drittens die Lage der weiblichen Geschlechts- ütinung gegen sie spricht. Wäre die Semper’sche Auffassung richtig, so müsste die Lungenhöhle ursprünglich vorn gelegen und allmählich längs des rechten Körperrandes sich nach hinten verschoben haben. Es hätte auf jenem Stadium der After noch innerhalb der Lungenhöhle sich geöffnet, und ausserhalb dieser und nach rechts vom After, wie bei den Basommatophoren, würde die Vulva gelegen haben. Denkt man sich nun den Pallialcomplex so gedreht und nach hinten ver- schoben, dass der After median am hintern Körperpole zu liegen kommt, so fallen die Athem- und die Geschlechtséfinung auf die linke Körper- seite. Die erstere konnte leicht etwas nach rechts in die Medianebene wandern und so hinter den After zu liegen kommen; aber wie war es möglich, dass der Genitalporus sich auf die rechte Seite verschob, da doch der Enddarm dem Oviduct bei einer solchen Verlagerung hindernd im Wege stand, und warum rückte er gerade bei der im Uebrigen so ein- fach gebauten Oncidina am weitesten nach vorn? Auf diese Frage giebt es keine Antwort. Die Lage der Vulva beweist in der That schon an sich zur Genüge, dass die Lage der Mantelhöhle am linken Körperpole als ein primitives Verhältniss gedeutet werden muss. Da ich im Vorhergehenden schon gezeigt habe, dass die Oncidiiden einerseits den Basommatophoren weit näher stehen als den Stylommato- phoren und andrerseits sich selbst nur von Tectibranchiern abge- leitet haben können, brauche ich auf eine Widerlegung v. JHERING’s, der in ihnen den Ausgangspunkt für die Landlungenschnecken sieht und sie auf die Nudibranchier zurückführt, nicht näher einzugehen. So glücklich der Gedanke v. JHERING’s war, die Oncidiiden als archa- istische Formen zu deuten, so verfehlt sind seine weitern Ausführungen. Der Cardinalpunkt derselben ist, dass der Ausführgang der Niere sich zur Lunge umgewandelt haben soll, und dass deshalb in der Wand der Lungen- Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. 295 di höhle noch Harnconcremente, welche die sogenannten „Nebennieren“ bil- den, vorkommen (14, p. 18). Aber diese Angabe ist unrichtig. Die Harn- concremente finden sich nur im eigentlichen Nierengewebe, sonst nir- gends. Wäre die Lunge ein modificirter Ureter und bekundeten gerade die Oncidien die ursprünglichen Verhältnisse am deutlichsten, wie V. JHERING behauptet, so müsste sich doch bei diesen die Niere in die Lunge öffnen. Statt dessen mündet sie in den Enddarm. Die Onci- diiden haben speciell in der Niere die primitiven Charaktere längst eingebüsst und sind daher weniger als irgend eine andere Pulmonaten- abtheilung geeignet, den Ausgangspunkt einer Familie ,,Nephropneusten“ zu bilden. Ich hoffe, dieser Theorie, gegen die ich mich schon früher auf Grund des Vorhandenseins eines Geruchsorgans, das wie bei den Limnäen innervirt wird, ausgesprochen habe, ist damit endgültig der Boden entzogen. IV. Obwohl die Oncidiiden die Organisationsverhältnisse der tectibranchiaten Urform der Pulmonaten treuer als irgend eine andere Abtheilung bewahrt haben, so sind sie doch selbst in mehrfacher Hin- sicht secundär umgebildet worden. Sie stellen daher nicht die Stamm- form selbst, sondern einen aberranten Seitenzweig derselben dar. Es sind namentlich die folgenden Verhältnisse, durch welche die primitiven Charaktere verwischt werden : 1) der Verlust der Schale und damit des Spindelmuskels; da der Retractor des Penis wohl ursprünglich, wie bei den übrigen Pulmonaten, ein Seitenzweig des letzteren dar- stellte und daher mit diesem weit nach hinten verlief, so ist die An- heftung (III) des Retractors im hintersten Winkel der Leibeshöhle als der ursprüngliche Modus anzusehen. Ich traf ihn unter den von mir untersuchten Arten siebenmal an und zwar dreimal bei Species, die auch in andern Organen primitive Verhältnisse bewahrt haben. Es sind dies Oncidina australis, welche, wie oben gezeigt wurde, an die Wurzel aller zur Zeit bekannten Oncidiiden gestellt werden muss, Oncis montana, bei der das Athemloch nach rechts verschoben ist, und Oncis semperi, deren Vulva etwas nach vorn von dem Anus liegt und bei der das Athemloch ebenfalls noch nicht vollständig median ge- lagert ist. 2) der Verlust des Geruchsorgans; 3) der Verlust des Kiefers; 4) die Niere ragt so weit in die Lungenhöhle vor, dass sie mit dem Boden derselben streckenweise verwächst; sie öffnet sich in den Enddarm; 5) der Anus liegt ausserhalb der Lungenhöhle ; Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 15 VIG. = LUDWIG H. PLATE, 6) die Aorta spaltet sich erst in beträchtlicher Entfernung von der Wurzel in eine Aorta anterior und posterior, und die letztere ist in zwei Hauptgefässe, eine Arteria visceralis und eine Arteria genito- pulmonalis, aufgelöst; 7) der Rücken hat eigenartige Augen und in einzelnen Fällen baumförmige Anhänge entwickelt. V. Unter den Pulmonaten giebt es nur eine Familie, welche den Oncidiiden so nahe steht, dass sie als ein weiter entwickelter, völlig an das Landleben angepasster Seitenzweig derselben angesehen werden kann; es sind dies die Vaginuliden. : Ich hoffe später in einem dritten Theile dieser Studien diese Gruppe ausführlich behandeln zu können und gehe daher hier nur kurz auf ihre Beziehungen zu den Oncidien ein. Diese gelangen zum Ausdruck in den folgenden Organisationsverhalt- nissen der Vaginuliden, welche denen der Oncidiiden gleichen oder ihnen sehr ähneln: die Seiten des Körpers sind zu Hyponota umge- wandelt und setzen sich über dem Kopf in eine Kappe fort; die Lungenhöhle liegt wie bei Oncidina und Oncis an der rechten Seite des hintern Körperpoles und mündet durch ein median gelegenes Athemloch nach aussen; die Speicheldrüsen liegen vor dem Ring der Nervencentren, ihre Ausführgänge treten daher nicht durch diesen hindurch; der Magen ist mehrtheilig, ein Abschnitt ist ein Muskel- magen und nimmt die Hinterleber auf, während in einen vorderern, dünnwandigerern sich zwei Vorderleberportionen [nach v. JHERING (12), während SIMROTH (39) nur eine Vorderleber erwähnt] ergiessen. Das Secret der Vorderleber wird durch eine Falte bis in den Darm ge- leitet; die Lage der Darmschlingen ist wie bei Oncidiella; das Herz liegt vor dem Vorderende der Lunge; die männliche Geschlechtsöffnung liegt vorn am Kopf, die weibliche hingegen nur etwas weiter nach hinten in der mittlern Körperregion; das Vas deferens tritt neben der Vulva in die Haut und zieht in dieser nach vorn zum Penis; die Cerebralganglien sind den Pedalcentren stark genähert; 2 Pedalcom- missuren; 5 Cerebralnerven, dazu rechts noch ein sechster zum Penis. Die Vaginuliden haben in einzelnen Befunden sogar noch ursprüng- lichere Verhältnisse bewahrt als die Oncidiiden. Hierhin rechne ich, dass der After sich noch in die Lunge öffnet, dass ein Kiefer vor- handen ist, dass der letzte Abschnitt des Enddarms mehr oder weniger weit der Wand der Athemkammer eingelagert ist, obwohl alle Ueber- gänge bis zu fast völliger Loslösung des Darmes beobachtet werden, dass die Aorta sich gleich an der Wurzel in die beiden Hauptgefässe Studien tiber opisthopneumone Lungenschnecken. 297 theilt, dass der Zwittergang sich an seinem untern Ende, wie bei Oncidina und den Basommatophoren, in Oviduct und Vas deferens spaltet, und dass endlich der Geschlechtsapparat triaul ist, da das Receptaculum seminis einen Ausführgang zur Vagina und einen zum Vas deferens abgiebt. Es sind dies alles Charaktere, welche wir fiir die Stammform der Pulmonaten in Anspruch nehmen miissen, da sie auch manchen Basommatophoren und Stylommatophoren zukommen. — In anderer Hinsicht haben sich die Vaginuliden hôher differenzirt als ihre oncidienartigen Stammformen: sie sind zu völligen Land- thieren geworden; die Verlagerung der Organe des Pallialcomplexes nach vorn hat begonnen, die Vulva ist bis zur Mitte der rechten Körperseite, das Pericard bei vielen Arten noch viel weiter nach vorn gerückt; die Lippensegel der Oncidiiden sind zu den untern Fühlern geworden, daher ihr gespaltenes Ende und die eingelagerten grossen Drüsen; die Fussdrüse ragt frei in die Leibeshöhle hinein; die Visceral- ganglien verschmelzen zu einer einheitlichen Masse; die Samenrinne geht verloren, und ein Schälchen tritt auch bei den Embryonen nicht mehr auf. — Alle diese Umbildungen erreichen ihren höchsten Grad bei der interessanten Raubvaginulide Afopos, und ich verstehe nicht, warum SIMROTH, ihr Entdecker, sie an die Wurzel des Vaginuliden- stammes setzt, da doch alles auf eine weitgehende secundäre Umge- staltung hinweist. Der riesige, testacellenartige Pharynx mit den spitzen Raubzähnen, die eine Leber, der kurze Darm, die stark entwickelte Fussdrüse, die hochgradig verschmolzenen Nervencentren und die Lage der Buccalganglien unter dem Pharynx bekunden diese nicht minder deutlich als die weit nach vorn verlagerte Lungenhöhle, deren Athem- loch mit dem After und der weiblichen Geschlechtsöffnung zusammenfällt, ein unter den Pulmonaten einzig dastehender Fall. Es ist sehr interessant, dass diese Verlagerung dieselbe Orientirung der Pallial- organe herbeigeführt hat, welche die Basommatophoren und die Styl- ommatophoren, deren Lunge ja in gleicher Weise entstanden zu denken ist, charakterisirt. Obwohl die Untersuchungen über diesen Punkt noch nicht abgeschlossen sind, so ergiebt sich doch aus Sımrorm’s Darstellung, dass der Herzbeutel links von der Hauptmasse der Niere und in ihm der Ventrikel links vom Atrium liest. Dass hier keine ursprüngliche Lagerungsweise vorliegt, wie SIMROTH annimmt, geht mit aller Evidenz auch daraus hervor, dass das Vas deferens, obwohl es dicht neben dem Penis sich von dem Zwittergange abspaltet, doch nicht direct zu ihm hinzieht, sondern sich erst in die Haut einbohrt und so auf dem gewöhnlichen Wege sein Ziel erreicht. Dieser Weg in: 228 LUDWIG H. PLATE, ist aber nur verständlich, wenn der Samenleiter einen abgeschniirten Theil der Flimmerrinne der Tectibranchier darstellt. Die Ergebnisse der vorstehenden Erörterungen finden ihren kürzesten Ausdruck in dem nachstehenden Schema des Stammbaums | der hier erörterten Gastropoden: Tectibranchia x Stammform der Pulmonata \ Ve ots pt tite \ Oneidiella Nudibranchia Non CIE | VA \ Basom- Peronina a: BE mato- Holohepatica \ N har seh Cladohepatica _matophora Marburg i/H., im März 1893. Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 999 Literaturverzeichniss. 1) J. Joveux-Larrure, Organisation et développement de I’ Oncidie, in: Arch. Zool. exper., T. 10, 1882, p. 225 384. 2) Brereu, R., Report on the Nudibranchiata, in: Challenger Reports, vol. 10, 1884, p. 126—151. 3) — — Ueber die Verwandtschaftsbeziehungen der Onchidien, in: Morph. Jahrb., Bd. 10, p. 172. 4) Semper, C., Reisen im Archipel der Philippinen, Theil 2, Bd. 3, Landmollusken, Heft 5 u. 6 und Ergänzungsheft. 5) Bucuanan, Fr., An account of the Onchidium, a new genus of the class of Vermes, found in Bengal, in: Trans. Linn. Soc. London, vol. 5, 1800, p. 132—134. 5) Cuvier, G., Mém. sur l'Onchidie, genre de Mollusques nuds, voisin des Limaces, et.sur une espece nouvelle, Onchidium Peronü, in: Ann. du Museum, T. 5, Paris 1805. 7) BzaINVILLE, DE, Mém. sur quelques Mollusques pulmobranches, in: Journ. de Physique, T. 85, Paris 1817, p. 437—444. 8) — — in: Dictionnaire des Sc. 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In den Zeichnungen bedeutet: alb Eiweissdrüse. an After. atl Athemloch. atr Atrium. bas Basalplatte der Radulazähne. bi Bindegewebe. bl Blutlacunen. cav. pul. Lungenhöhle. cer Cerebralganglion. cut Cuticula. dia Diaphragma. ep Epithel. fdr Fussdrüse. ge Geschlechtsorgan. gef Blutgefässe. hb Hinterbacken des Pharynx. hep Leber. herm Zwitterdrüse. hyp Hyponotum. int Darmcanal. mr Mundrohr. mu Muskel. n Nerv o Eizellen. OL Ober- UL Unter- | Leber. HL Hinter- oes Oesophagus. ov Oviduct. pap Papille. pdr Penisdriise. pdrs Penisdriisenendsack. 231 pdrmu Penisdriisenmuskel-(Stachel) abschnitt. pe Penis. ped Pedalganglion. pens Penisendsack. pes Fuss. pl Pleuralganglion. phar Pharynx. pr Protractor. pul Lunge. rad Radula. re Niere. rec Rectum. rec. sem. Receptac. seminis. retr Retractor. sal Speicheldriise. sep Septum des Herzbeutels. so Sockel der Radulazähne. spov Spermoviduct. stb Stiitzbalken der Radula. sto Magen. te Tentakel. vdf Vas deferens. ve Ventrikel, ves. sem. Vesicula seminalis. zdr Zwitterdrüse. zg Zwittergang. * beliebige Vergrösserung. montana n. sp. 2/1, von der Ventralseite. Patol 7. Fig. 1. Peronina alta n. sp. 14/1, von der Seite. Fig. 2. Oneis lata n. sp. 14/1, von der Ventralseite. Pig. 3. i Fig. 4. Oncidiella maculata n. sp. 2/1. Fig. 5. Oncidium multinotatum n. sp. nat. Gr. 232 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 5 Fig. Fig. ine Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. to} Fig. 5 Fig. Fig. LUDWIG H. PLATE, 6. Oncidium marmoratum Less. nat. Gr. 7. Oncis martensii n. sp. nat. Gr. 8. Oncidium amboinae n. sp. nat. Gr. 9. Oncis coeca n. sp. nat. Gr. 10. Oncidium vaigiense Q. G. nat. Gr. 11. Oncidium verruculatum Cuv. 5/1, Schlundkopf fast median - halbirt. 11 a. % 1 » 13/1, Querschnitt durch den Schlundkopf. LB = sy » 16/1, Querschnitt durch den Schlundkopf. lle. Oncidiella celtica Cuv. Stützbalken der Radula, Horizontal- schnitt. 12. Oncidium verruculatum Cuv., Schlundkopf halb von oben und halb von der Seite. Oncidina australis Gr. S. 41/1, Schlundkopf. Peronina alta n. sp. 4/1, orales Oncidium verruculatum 3/1, Schlundkopf. 2 if Schlundkopf von oben geöffnet. 2 3 2/1, Darmcanal und Arteria visceralis. ” ” 4/1, Magen. A fi Verlauf der Falten im Dünndarm. N 3 Schlundkopf, Horizontalschnitt, SEI- BERT Oc. I, Obj. OO. = a Radula. Pleuralzahn von der Seite. Oncidiella Celtica Cuv. * Radula. Oncis montana n. sp. Radula, SeiserT, Oc. II, Obj. V. . Oncis martensi n. sp. Radula, Seiserr, Oc. I, Obj. V. Tafel 8. Oncidina australis, Semr., Radula, Serpert, Oc. II, Obj. IV. . Oncidium multinotatum n. sp. Radula, SEIBERT, Oc. I, Obj. V. Peronina alta n. sp. Radula, Seiser, Oc. I, Obj. IV. Oncidium verruculatum, Chylusmagen-Zotten, SEIBERT, Oc. I Obj. OO. 5 yr Muskelmagen, Sue, Oc. I, Obj. OO. ‘ 14/1, Situs viscerum. Oncis coriacea Sump. nat. Gr., Situs viscerum. Oncidium tumidum Sump. 13/1, Situs viscerum. ? . Oncidium nigrum n. sp. 14 a ‘Situs viscerum. Oncidiella celtica Cuv. 3/1, Situs viscerum. Oncidium verruculatam 2/1, Lungenhöhle, Pericard. Oncis coriacea Semr. 3/1, jh Oncidina australis Gn.- Sem». 3/1, Lungenhöhle, Pericard, Tadel. Fig. 36—40. Oncidium verruculatum 8/1, Horizontalschnitte durch Lungenhöhle und Herz, in dorso- ventraler Richtung auf einander folgend. Fig. 41. à : Nierenspritze, Horizontalschnitt. Fig. 42. Communication zwischen Niere und Ureter 16/1, a al hnité Fig. 43, 44. Oneidiella maculata n. sp. Lungenhöhle und Herz, Hori- zontalschnitte in dorsoventraler Richtung 81/1, die Umrisse der Niere sind roth eingetragen. Made ls 10: Fig. 45—46. Oneidiella maculata n. sp., Fortsetzung der Serie Fig. 43, 44. Fig. 47-- 49. if 4 » » Querschnitte vom Hinterende nach vorn 84/1. Fig. 49a. Oncidiella celtica Cuv., Querschnitt durch die mittlere Region der Niere 13/1. Fig. 50. Oncis martensu n. sp., die rechte Hälfte der Lungenhöhle und Niere von innen gesehen 2/1. Fig. 50a. Oncidium verruculatum, Geschlechtsorgane 21/1. Fig. 51. Oncidina australis Gr. -Semp., Geschlechtsorgane 4/1. Fig. 52. Oncidiella maculata n. sp. à 5/1. Fig. 53. Oncidium nigrum n. sp. 5/1. Fig. 54. Oncidium aberrans Semr., Vas deferens und Oviduct 4/1. Fig. 55. Oncidium verruculatum, Acinus der Zwitterdrüse, SerBerr, @e..1.,Obj; EL Baten sine Fig. 56. Oncidium verruculatum 3/1, Copulationsorgane. Fig. 57. Oncis montana n. sp, Penis, SEIBERT, Oc. II, Obj. II. Fig. 58. cat gi ba Den KE Pig: 90. Oncis lata n. sp., Penis, SEIBERT, Oc. EObj: I. Fig. 60. Oncidium verruculatum , hintercr | Abschnite! des hervor- gestülpten Penis *. Fig. 61. Peronina alta n. sp., Peniszahn, Surpert, Oc. I, Obj. V Fig. 62. Oncidium verruculatum, Peniszähne. Fig. 63. Oncidium branchiferum n. sp, Peniszihne aus der hintern Hälfte des Penis *. Fig. 64. Le Fr. » » Peniszähne aus der vordern Hälfte des Penis *. Fig. 65. Oncidium tumidum Semr., Peniszahn *. Fig. 66. Oncidiwm amboinae n. sp., Zellen aus dem Chondroidrohr. cocc Coccidien? *. Fig. 67. Oncidium marmoratum Less., Zellen aus dem Chondroidrohr * Fig. 68. Oncidiella maculata n. sp., Penis, Serperr, Oc. I, Obj. OO. Studien iiber opisthopneumone Lungenschnecken. 933 . 69. Oneidiella reticulata Sem». Penis 2/1. LUDWIG H. PLATE, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. ig. 70. SEIBERT, Oc. I, Obj. I. Fig. Fig. Total. Oncidiella reticulata Semr, Querschnitt durch den Penis, Oncis montana n. sp. 5/1, Penis. Peronina alta n. sp. 10/1, Penis. i NT Penis: BIRNEN Ponisdrunenstachel, SEIBERT, Oc. I, Obj. II. Oncidium nigrum N. SP. Penisdrüsenstachel, SRIBERT, Oct 120,0: Oncidium aberrans Semv., Penisdrüsenstachel, SEIBERT, Oc. I V. Oncidium multinotatum n. sp., Penisdrüsenstachel, SEIBERT, Oe. 1, Oba IV. % I ” ” ” ” 3 vaigiense Q. G. Penisdrüsenstachel, Seıgerr, Oc. I, Obj. IL. . multinotatum n. sp., Basis des Penisdriisenstachels *. us marmoratum Less. Penisdrüsenstachel *. Tafel 12: Oncidium tumidum Semr., Penisdrüsenstachel, SEIBERT, Oc. I, OB is verruculatum A SEIBERT, Oc. I, Obj. V. nangkauriense n. sp., Penis 21/1. = peroni Cuv., Nervensystem und Gefässe 2/1. a verruculatum Pedalganglien und Gefässe von der Ventralseite. i peroni Cuv. 7/1, Pedal-, Pleural-, Visceralganglien. > verruculatum, Buccalcommissur *. Oncis montana n. sp, Fühler 9/1. Oncidium verruculatum 3/1, Herz. 3 peroni Cuv., Fussdriise, Längsschnitt 3/1. 5 marmoratum Luss., Hautsculptur, Lupenvergrösser. i nangkauriense n. sp. Fussculptur 21/1. ir 4 » » Hinterende des Fusses 23/1. n » » Hautsculptur, Lupenvergrösser. : savign yi 8 Semp., Kieme 5/1. 5 marmoratum DEss., oberflächliche Schicht der Haut, SEIBERT, Oc. I, Obj. I. i verruculatum, Kieme, Seiserr, Oc. I, Obj. OO. Hautsculptur ar Oncidiella acerensis n. sp. 13/1. | maculata n. sp. Seitenrand des Körpers *. Peronina alta n. sp., Seitenrand des Körpers *. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 1159 Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Embryologie der Crustaceen. II. Die Drehung des Keimstreifens und die Stellung des Dorsalorgans bei Gammarus pulex. Von Dr. R. S. Bergh in Kopenhagen. Hierzu Tafel 13. Die vorliegende Mittheilung hat nur den Zweck, künftigen For- schern eine Grundlage fiir die Orientirung des Gammariden-Embryos in den frühern Stadien der Entwicklung zu bieten. Die Vernach- lässigung der Betrachtung durchsichtig gemachter Eier hat alle frühern Forscher auf diesem Gebiete hinsichtlich der Orientirung der frühern Stadien auf einen Irrweg geführt; da sie nämlich von der Thatsache ausgingen, dass der Keimstreifen in spätern Stadien nach der Längs- axe des Eies orientirt ist, setzten sie stillschweigend voraus, dass dasselbe auch in den frühern Stadien der Fall sei; und sie beschrieben ihre Querschnitte durch die Eier in der Weise, als seien dieselben zu- gleich Querschnitte durch den Keimstreifen. Das ist aber für die frühern Stadien entschieden unrichtig, wie aus der hier folgenden Dar- stellung und aus den beigegebenen Abbildungen zu entnehmen, und deshalb sind die Darlegungen der Autoren über die frühern Ent- wicklungsstadien der Gammarinen sämmtlich cum grano salis zu ver- stehen und eigentlich, so wie sie vorliegen, recht wenig brauchbar. Ueber die Entwicklung der Amphipoden ist überhaupt nicht sehr viel gearbeitet worden, auch während der neuern, mit guten und schlechten embryologischen Arbeiten sonst so reichlich ausgestatteten Epoche. Fast Alles, was in der neuern Zeit über die Embryologie Zool. Jahrb. Vil. Abth. f. Morph. 16 236 R. S. BERGH, der Amphipoden geleistet wurde, verdankt man den Russen und Russinnen. Diese sämmtlichen Forscher haben aber, wie gleich am Anfang hervorgehoben, den Fehler begangen, nur mittels zweier Metho- den zu untersuchen: theils betrachteten sie die Eier und Embryonen in toto als undurchsichtige Objecte; theils untersuchten sie Schnittserien. Nun ist es aber Thatsache, dass es eine Periode der frühern Ent- wicklung giebt, in der es unmöglich ist, bei Betrachtung der Eier bei auffallendem Licht als undurchsichtige Objecte die Stadien genauer zu bestimmen, indem mehrere auf einander folgende Stadien sich bei solcher Betrachtung vollkommen ähnlich darstellen, und wenn man mit dem Objecte genauer vertraut ist, erkennt man leicht, dass in den Serien von Bildern ganzer Eier und Embryonen, die die Autoren ge- geben haben, grosse Lücken vorhanden sind. So sind z.B. die figg. 8, 9, 10, 11 von ULJAnın !) keineswegs unmittelbar auf einander folgende Stadien; in der Abhandlung von SOPHIE PEREYASLAWZEWA über » Gammarus poecilurus ?) ist ein weiter Sprung zwischen den Stadien fig. 9 und 10 sowie zwischen fig. 10 und 11; in Mart RossısKaya’s Darstellung der Entwicklung von Orchestia littorea*) findet sich eine entsprechende grosse Lücke zwischen den Stadien fig. 8 und 9 (ebenso in den Querschnittsfiguren zwischen den Stadien fig. 22 und 24); in der Abhandlung von SOPHIE PEREYASLAWZEWA über die Entwicklung von Caprella*) ist ebenso ein weiter Sprung zwischen Stadium fig. 8 und 9; endlich ist in der Schilderung der Entwicklung von Amphithoé picta von Marre RossuskAya5) eine grosse Lücke zwischen den Querschnittsfiguren 37—39 und 40—41 (übrigens auch zwischen den Stadien fig. 35—36 und 37—39). Und aus Querschnittserien allein den Embryo zu reconstruiren, diirfte hier wegen der gleich zu er- wähnenden Schrägstellung des Keimstreifens in gewissen Phasen mit 1) B. UzyaniN, Zur Entwicklungsgeschichte der Amphipoden, in: Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 35, 1881, S. 440 ff. 2) SOPHIE PEREYASLAWZEWA & Marre RoOSSrISKAYA, Études sur le développement des Amphipodes. I. PEREYASLAWZEWA, Le développement de Gammarus poecilurus Rrak., in: Bull. Soc. Imp. Natur. Moscou, 1888, (Nouv. sér.) T. 2, p. 183 ff. 3) Desselben Werks II. Theil: M. Rossusxaya, Le développement d’ Orchestia littorea Spence Bars, ibid. p. 561 ff. 4) Desselben Werks III. Theil: PEREYASLAwZEwA, Le développe- ment de Caprella ferox Czrnw., ibid. p. 582 ff. 5) Desselben Werks IV. "Theil: M. RossriskaAYA-KOSCHEWNIKOWA, Développement de la Synamphithoé valida Czernıawsky, et de l'Amphi- thoë pieta Raruxer, ibid. 1890, (Nouv. ser.) T. 4, p. 82 ff. Beitriige zur Embryologie der Crustaceen. 937 ganz besondern Schwierigkeiten verbunden sein. Ueberhaupt ist es aus dem genannten Grunde nicht leicht, die Querschnitte durch die Gammarus-Eier auf den frühern Entwicklungsstadien zu deuten. Ich weiss dariiber mitzureden, da ich eine Anzahl Querschnittserien von den unten zu besprechenden Stadien angefertigt und untersucht habe. Es war meine urspriingliche Absicht, diese Untersuchung etwas weiter auszudehnen und namentlich die Frage nach der Bildung der Keimblätter in Angriff zu nehmen, da das, was bis jetzt darüber vor- liegt, mir wenig brauchbar erscheint. Da indessen Gammarus in dieser Hinsicht kein besonders günstiges Object ist, und da es andererseits nicht meine Absicht war, eine Monographie der Gammarus-Entwick- lung überhaupt zu liefern, da ich nächstens andere Aufgaben auf- nehmen werde, so begnügte ich mich mit den vorliegenden Resultaten, die nicht ganz ohne Interesse sein dürften und die jedenfalls einen künftigen Monographen der Gammarus-Entwicklung vor solchen Irr- thümern wie diejenigen, in die die frühern Forscher alle hineingerathen sind, bewahren werden. — Trotzdem ich also keine eingehende Dar- stellung der Keimblätterbildung geben kann, will ich doch nicht un- erwähnt lassen, dass es mir nach dem, was ich gesehen habe, keines- _ wegs wahrscheinlich ist, dass das Entoderm durch Zusammenlagerung ursprünglich zerstreuter Dotterzellen entstehe, wie PEREYASLAWZEWA und RossııskAYA meinen; vielmehr entsteht dasselbe, wie ich glaube, durch Einwucherung von Blastodermzellen an einer bestimmten Stelle, die also dem Blastoporus entsprechen dürfte. Und was die Bildung der Muskelplatten betrifft, so ist es mir zwar nicht gelungen, dieselbe vollständig zu verfolgen; ich möchte aber auf solche Schnitte wie den in Fig. 18 abgebildeten hinweisen (Querschnitt des Eies, Längsschnitt des Keimstreifens), wo die mit M und m bezeichneten Zellen kaum in anderer Weise zu deuten sind denn als ein Myoblast und eine von ihm nach vorn ausgehende (und von ihm abstammende) Muskelplatten- | zellenreihe; die Uebereinstimmung mit den Verhältnissen bei Mysis | ist ja ganz schlagend!). Wie viele solche Myoblasten bei Gammarus | vorhanden sind, kann ich nicht genau angeben, da ich sie nur in Solchen Längsschnittserien des Keimstreifens deutlich erkannt habe | und da es hier nicht immer mit geniigender Klarheit zu sehen ist, 1) Zur Zeit, als ich meine vorläufige Mittheilung über Gammarus | schrieb (in: Zool. Anz., 1892, p. 268 ff), waren mir diese Verhältnisse noch nicht klar geworden. | 16* 238 R. S. BERGH, wo die eine Zelle aufhört und die nächste anfängt. Jedenfalls ist die Zahl derselben jederseits 3 oder 4. Die Methode der Untersuchung, die für die Erkenntniss der hier zu erwähnenden Verhältnisse sich am besten bewährt, ist dieselbe, die ich für das Studium der Mysis-Eier benutzt habe !): die am besten in PErEnyT’scher Flüssigkeit fixirten Eier und Embryonen werden (nach Abpräpariren der Eihaut, die jedoch gewöhnlich am Dorsalorgan an- haften bleibt) in Hämatoxylin oder Alaunkarmin nicht zu stark gefärbt und in Glycerin durchsichtig gemacht. Die Eier müssen unter einem mit Wachsfüsschen versehenen Deckglase untersucht werden ; sie können dann leicht hin und her gerollt werden, was nothwendig ist, um die- selben von verschiedenen Seiten betrachten zu können. Ausser Gammarus pulex untersuchte ich noch einen von mir leider nicht bestimmten Meeres-Gammarinen, der sich ganz wie die Süsswasserforın verhält, und ferner einige Entwicklungsstadien von Hyperia; doch waren dieselben alle schon etwas weiter entwickelt. Bei Hyperia findet sich genau die gleiche regelmässige Anordnung der Zellen in Längs- und Querreihen wie bei Mysis und Gammarus; sie lässt sich hier sogar mit der grössten Leichtigkeit am lebenden Ob- ject wahrnehmen; das Ei von Hyperia ist überhaupt ein schönes, glashelles, durchsichtiges Material; sogar die Zelltheilungen (nament- lich die Theilungen der Aequatorialplatten) lassen sich hier am lebenden Object verfolgen. Auch der Modus der Aufeinanderfolge der Zell- theilungen im ectodermalen Keimstreifen scheint derselbe zu sein wie bei Gammarus (vergl. weiter unten). Inwiefern aber derselbe Drehungs- vorgang wie bei Gammarus auch bei Hyperia stattfindet, darüber kann ich nichts Bestimmtes angeben, da mir bei dieser die ganz jungen Stadien der Entwicklung des Keimstreifens fehlten. So viel vermag ich jedoch zu sagen, dass der genannte Vorgang entweder schon auf einem früheren Stadium als bei Gammarus beendigt ist oder gar nicht stattfindet. Wir wollen nun zunächst untersuchen, wie der ganz junge Keim- streifen von Anfang an gelegen ist und danach die einzelnen Phasen des Drehungsvorgangs näher verfolgen. 1) Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. I. Zur Bildungsge- schichte des Keimstreifens von Mysis, in: Zool. Jahrbücher, Bd. 6, Abth. f. Anat. u. Ontog., 1893, p. 491 ff. Beitrige zur Embryologie der Crustaceen. 239 Das erste Erscheinen des Keimstreifens manifestirt sich bei Gam- marus durch eine höchst regelmässige Anordnung der Zellen der be- treffenden Region des Blastoderms; gleichzeitig werden die Zellen höher und dichter gestellt. Kurz nachdem er zum Vorschein gekommen ist, zeigt er das in Fig. 1 dargestellte Aussehen. Die ihn zusammen- setzenden Zellen sind nach zwei sich kreuzenden Liniensystemen an- geordnet, nämlich erstens Linien, die etwa quer zur Längsaxe des Eies verlaufen, und zweitens bogenförmigen Längslinien, deren Conca- vität nach einer verdickten Partie (% u. /, links in der Figur) sieht. Diese verdickte Partie entspricht der spätern Leberregion + Kopf- anlage und die ihm gegenüberliegende Partie, wo der Keimstreifen auf- hört (nahe der rechten Seite der Figur), entspricht dem künftigen Hinterende der Embryonalanlage. Der Keimstreifen verläuft also in einem solchen Stadium quer über das Ei hinüber, und die beiden Liniensysteme sind folglich nach der Lage der Embryonalanlage in umgekehrter Weise zu deuten: die quer über das Ei verlaufenden sind die Längslinien; die bogenförmigen, deren Concavität gegen die ver- dickte Zellenmasse sieht, sind Querlinien der Embryonalanlage. Nach diesen Liniensystemen sind also die Zellen des Keimstreifens in Längs- reihen und bogenförmigen Querreihen geordnet. Es findet sich eine sehr deutliche mediane Zellenreihe (em); zu beiden Seiten von dieser sind die übrigen Reihen symmetrisch gruppirt; hinten geht die mediane Zellenreihe in einen breitern, mehr unregelmässigen Complex von Zellen über, und deshalb divergiren hier die ihr zunächst liegenden seitlichen Längsreihen. Diese verlaufen weiter vorn fast parallel zu einander, die mehr seitlich gelegenen Längsreihen divergiren aber auch rechts und links weiter vorn, so dass sie nicht als gerade, sondern als schräge Längsreihen zu bezeichnen sind. Die Anordnung der Zellen nach orthogonalen Trajectorien ist hier, in den seitlichen Regionen des Keimstreifens, sehr deutlich. Der Keimstreifen ist weder hinten noch seitlich ganz scharf ab- gegrenzt, sondern seine Zellen gehen hier in gewöhnliche Blastoderm- zellen ziemlich unmerklich über; am Rande des Keimstreifens stehen die Blastodermzellen dichter gehäuft (eine etwas genauere Darstellung dieser Verhältnisse auf einem spätern Stadium folgt weiter unten). Wie ich für Mysis nachgewiesen habe, bilden bei der eben genannten Gattung die grösseren Urzellen (Teloblasten), die die Zellenreihen nach vorn producirt haben, in den frühern Entwicklungsstadien eine sehr scharfe hintere Begrenzung des Keimstreifens, und dasselbe ist nach andern Forschern bei den Isopoden der Fall. Um so auffallender ist 240 R. $. BERGH, es, dass bei Gammarus in keinem einzigen Stadium der Entwicklung solche Urzellen nachgewiesen werden konnten. Vielleicht haben wir es hier mit einem ähnlichen Verhältnisse wei bei Rhynchelmis unter — ” den Anneliden zu thun, wo die Urzellen sehr frühzeitig verschwinden, ehe noch die Zellenreihen deutlich geworden sind; doch konnte ich auch während der Furchung keine solche Zellen specifischer Art nach- weisen; möglicher Weise haben spätere Forscher in dieser Hinsicht mehr Glück. In Fig. 2 ist ein auf demselben Stadium befindliches Ei von der entgegengesetzten Seite bei schwächerer Vergrösserung dargestellt. Man erkennt das Vorderende der Embryonalanlage, das durch einen von den gewöhnlichen Blastodermzellen ausgefüllten Zwischenraum von dem schon entwickelten, in seiner Bedeutung noch räthselhaften Dorsal- organ (ds) getrennt ist. Dieses Organ liegt mit Bezug auf die Median- linie der Embryonalanlage fast vollkommen symmetrisch, gegenüber dem eben erwähnten Schlitz, der sich zwischen die seitlichen An- schwellungen der Kopfanlage (k) einsenkt. In der ganzen vordern Region der verdickten Zellenmasse lässt sich keine solche Regelmässigkeit der Anordnung der Zellen erkennen; dies stimmt gut mit den Verhältnissen bei Mysis überein. Die ver- dickte Partie setzt sich übrigens aus zwei differenten Abschnitten zu- sammen, einem vordern einschichtigen und einem hintern zweischich- tigen, wie aus dem Längsschnitt Fig. 17 zu ersehen ist. Der vorderste. Theil der Embryonalanlage (%) besteht nur aus einer Schicht von grossen, hohen Ectodermzellen ; hinter dieser Region wird das Ectoderm allmählich niedriger, und innerhalb desselben findet sich eine innere Schicht (en), das Entoderm; noch weiter hinten wird das Ectoderm wieder höher und das Entoderm schwindet; an einer Stelle findet sich aber innerhalb des Ectoderms ein Myoblast (M) und einer seiner Abkömmlinge, eine Muskelplattenzelle (m). Zwischen dem Hinterende des Keimstreifens und dem Dorsalorgan besteht das Ectoderm aus niedrigen, platten Elementen. Am Dorsalorgan klebt noch ein Stück der Eihaut fest am Ei; zwischen demselben und den Zellen des Dor- salorgans ist ein heller Raum vorhanden, in den die Zellen Ausläufer hineinsenden (die Möglichkeit, dass dieses Aussehen durch ein Zu- sammenschrumpfen hervorgerufen ist, scheint mir jedoch nicht ausge- schlossen). Bemerkenswerth ist die Lage der Kerne nahe am äussern Rande der Zellen; dieselbe ist wahrscheinlich mit der vermeintlich secretorischen Function des Organs in Zusammenhang zu bringen Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. 941 (vergl. hierüber namentlich die Erfahrungen von KOoRSCHELT!) an andern Objecten). Dasfolgende Stadium ist bei entsprechenden Vergrösserungen von der Bauchseite und von der Rückenseite in Fig. 3 und 4 darge- stellt. Der Drehungsvorgang hat angefangen: die Längsreihen der Zellen des Keimstreifens verlaufen nicht mehr quer über das Ei, son- dern in schräger Richtung: von links und hinten nach rechts und vorn (in Fig. 3, die von der Ventralseite gesehen ist, präsentirt es sich natürlich umgekehrt). Die Dimensionen des Keimstreifens haben durch Vermehrung seiner Elemente erheblich zugenommen. Auffallend ist der Unterschied im Verlaufe der mehr seitlichen Liniensysteme der rechten und der linken Seite; es mag dies einfach darin begründet sein, dass die Reihen der rechten Seite ziemlich flach über die breite Eiseite sich ausdehnen, während die der linken Seite über die vordere starke Krümmung sich hinabsenken. Das Dorsalorgan liegt noch im- mer symmetrisch vor dem Keimstreifen, wie aus Fig. 4 ersichtlich. In Fig. 5 ist das Hinderende der medianen und der ihr zunächst ge- legenen seitlichen Zellenreihen bei stärkerer Vergrösserung dargestellt. Man sieht, wie die seitlichen Reihen divergiren; die mediane Reihe scheint sich in zwei divergirende Reihen zu gabeln, zwischen die noch eine kleine zweireihige Zellenmasse von hinten eingeschoben scheint. Urzellen sind nicht zu sehen. Auf dem nächsten Stadium (Fig. 6) ist der Drehungsvor- gang noch etwas weiter vorgeschritten: der Winkel, den die Median- ebene des Keimstreifens mit der Längsaxe des Eies bildet, ist be- deutend kleiner als der Winkel zwischen jener Ebene und der Fläche, die das Ei der Quere nach halbirt. In Fig. 7 und 8 sind bei schwä- cherer Vergrösserung Eier dargestellt, die halb resp. ganz umgedreht sind; in Fig. 8 ist das Dorsalorgan sichtbar, es liegt noch immer symmetrisch gegenüber dem Schlitz zwischen den Kopfanlagen. Kopf- anlagen und Leberregion sind deutlich als vorderer schmälerer und hinterer breiterer lappenförmiger Vorsprung unterschieden. — In Fig. 10 ist ein Stück des Hinterendes des Keimstreifens bei stärkerer Vergrösserung abgebildet; man sieht, dass eine scharfe Grenze zwischen den Zellen des Keimstreifens und den gewöhnlichen Blastodermzellen nicht existirt. Die letztern sind sehr vacuolenreich, von Pflanzenzellen- 1) E. Korscmerr, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns, in: Zool. Jahrbücher, Bd. 4, Abth. f. Anat, u. Ontog., 1889, p. 1 4. 242 R. S. BERGH, ähnlichem Bau; in der Nähe des Keimstreifens werden die Zellen höher und 'schmäler ; ihr Protoplasma wird dichter (die Vacuolen verschwin- den), und die Zellen ordnen sich zu deutlichen Längsreihen an. Ur- zellen sind also auch in diesem Stadium nicht nachzuweisen. Auf dem folgenden Stadium (Fig. 11) ist der Drehungs- vorgang fast vollendet; doch fällt die Längsaxe des Eies noch nicht ganz genau in die Medianebene des Keimstreifens, sondern bildet mit demselben noch einen, allerdings sehr spitzen Winkel. Die ganze Embryonalanlage ist seit dem vorhergehenden Stadium sehr stark ge- wachsen; sie dehnt sich jetzt über die ganze Ventralfläche aus, und am Vorderende und Hinterende ist sie sogar ein Stück über die Dor- salfläche des Eies emporgewachsen. Die Segmentirung hat angefangen deutlich zu werden, und zwar sind es sowohl die Neuralwülste (#) wie die Extremitätenanlagen (gl), die sie so kenntlich machen. Erstere zeigen sich als ziemlich wohlumgrenzte Längsverdickungen, die seg- mental angeschwollen sind und zu beiden Seiten der sehr deutlichen medianen Zellenreihe (em) liegen; im hintern Theil des Keimstreifens werden sie undeutlich und schwinden schliesslich ganz. Die Extremi- tätenanlagen sind ziemlich gut sowohl von den Neuralwülsten wie von einander getrennt; ihre der Medianlinie zunächst liegende Seite ist am kräftigsten entwickelt; lateralwärts verstreichen sie ganz unmerk- lich. Noch sind nur drei Paare davon deutlich geworden. Das Dorsalorgan nimmt das Centrum der Rückenfläche ein, wie aus Fig. 12 zu ersehen; es liegt etwa in der Mitte zwischen den Kopfanlagen und dem Hinterende des Keimstreifens. In Fig. 15 und 16 endlich ist ein letztes Stadium darge- stellt, in dem die Drehung des Keimstreifens beendigt und die Seg- mentirung des Embryos weit vorgeschritten ist. Die Medianebene des Keimstreifens (durch die noch immer sehr deutliche mediane Zellen- reihe bestimmt) fällt mit der Längsaxe des Eies zusammen; die mediane Zellenreihe besteht auf solchen späteren Stadien immer aus sehr kurzen, breiten Elementen. Der Keimstreifen hat sich noch viel weiter aus- gebreitet; die Partie des Eies in der Umgegend des Dorsalorgans, die noch von abgeplatteten Blastodermzellen umgrenzt wird, ist sehr klein geworden, wie aus Fig. 16 zu ersehen. Die ursprünglichen grossen, ectodermalen Zellen des Dorsalorgans sind von einem dichten Mantel von kleinern Zellen anderer Herkunft überzogen worden; schon auf dem vorhergehenden Stadium (Fig. 12) liess sich übrigens ein Anlauf hierzu erkennen. Die Neuralwülste und Extremitätenanlagen treten jetzt viel schärfer und deutlicher hervor als vorhin; auch sind die Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. 243 Extremitätenanlagen nun seitlich sehr gut abgegrenzt, fallen ziemlich scharf ab und verstreichen nicht ganz allmählich, wie auf dem vorher- gehenden Stadium. In Fig. 16 lässt sich zugleich ein anderes in- teressantes Verhältniss erkennen, nämlich die Weise, in der sich die oben erwähnten bogenförmigen Querreihen von Zellen des Keimstreifens zur Bildung der Extremitätenanlagen und der Segmente überhaupt zusammenschliessen. Eine Anzahl solcher Querreihen schliessen sich nämlich mit einander eng zusammen und grenzen sich gegen die davor- liegenden und die nachfolgenden ziemlich scharf ab, und zwar fand ich fast immer jedes Segment, jede Extremitätenanlage bei ihrem ersten Auftreten aus vier solchen bogenförmigen Querreihen zusammen- gesetzt; dies ist sowohl an dem verdickten, mehr medialen Theil (der Extremitätenanlage) wie an der mehr lateral gelegenen, diinnern Ab- theilung (dem übrigen Theil des Segments) erkennbar. Die stärkeren Bogenlinien, die je zwei solche Gruppen von vier Querreihen von ein- ander scheiden, sind die Ausdrücke von seichten Furchen, die sich zwischen jene einsenken; jede Gruppe von vier Querreihen ist von vorn nach hinten schwach gewölbt. Später vermehrt sich die Zahl der Querreihen, zuerst in der medialen, später in der lateralen Partie, in der unten zu erwähnenden Weise, und schliesslich wird die An- ordnung in Querreihen (wie in Längsreihen) gänzlich aufgegeben. — Eine eigenthümliche Anordnung weisen in dieser Phase auch die Zellen der Leberregion (2) auf: dieselben sind auch sehr regelmässig nach orthogonalen Trajectorien gruppirt. In den Neuralwülsten ist jeden- falls innerhalb der vordern Region schon auf diesem Stadium die reihen- förmige Anordnung der Zellen aufgegeben. Aus der obigen Schilderung geht also Folgendes hervor: Der Keimstreifen erfährt bei Gammarus auf den frühern Stadien der Entwicklung eine sehr auffallende Lage- verschiebung, indem er Anfangs quer über das ovale Ei verläuft, sich nachher schräg Stellt und schliess- lich seine definitive Stellung einnimmt, indem die Längsaxe des Eies zuletzt in seiner Medianebene fällt. Was die Ursache und was die Bedeutung dieses gewiss höchst sonderbaren Drehungsvorganges ist, vermag ich nicht aufzuklären. Dagegen möchte ich hervorheben, wie die Erkenntniss der Drehung einen wesentlichen Einfluss auf die Deutung der anfänglichen Lagerung des Dorsalorgans üben muss. Nach den frühern Forschern, zunächst B. ULsanın und Marte RossısKkAYA, soll sich das Dorsalorgan zuerst asymmetrisch an der einen Seite der Keimscheibe resp. des Keim- 244 R. S. BERGH, streifens anlegen und erst nachträglich nach der dorsalen Medianlinie hinauf verschoben werden. Ware diese Darstellung richtig und wollte man nun Gammarus mit seinem unpaaren Dorsalorgan mit Formen vergleichen wie z. B. Mysis, die paarig angelegte Dorsalorgane be- sitzen, so miisste man annehmen, dass das einfache Dorsalorgan von Gammarus nur dem einen (dem rechten oder linken) der beiden paarig angelegten von Mysis entspräche, während die andere Anlage, die andere Halfte des Organs, verschwunden ware. Wir haben nun aber gesehen, dass die Stellung des Dorsalorgans zum Keimstreifen gleich vom Anfang an symmetrisch ist, dass es gleich von Anfang an in seiner definitiven Lage, mitten am Riicken, angelegt wird. Der Keim- streifen macht während der frühern Entwicklung eine auffallende Lage- veränderung durch; das Dorsalorgan bleibt aber ruhig an seinem Platze. Wollen wir daher Gammarus und Mysis in der genannten Beziehung mit einander vergleichen, so miissen wir die un- paare Anlage des Dorsalorgans bei jener den beiden paarigen bei dieser Gattung homolog setzen. Mit andern Worten: entweder ist die unpaare Anlage durch Verschmelzung der paarigen oder diese sind durch Theilung jener entstanden. Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass die Zelltheilungen im vordern und mittlern Theil des Keimstreifens von Gammarus nach genau demselben Schema verlaufen, das ich für Mysis entworfen habe, davon abgesehen, dass bei jenem keine Urzellen vorhanden sind. So lange die reihenförmige Anordnung der Zellen in der genannten Region des Keimstreifens deutlich ist, sind die Mitosen mit grosser Constanz!) hier so gestellt, dass die Aequatorialplatten senkrecht zur Längsrich- tung des Keimstreifens stehen, dass also bei jeder Theilung eine vordere und eine hintere Zelle entstehen. Schon in den Figg. 1, 3, 6, 11 sind solche Verhältnisse zu erkennen; bei stärkerer Vergrösserung sind Stücke des Keimstreifens aus einem jüngern und einem ältern Stadium mit Mitosen in Fig. 9 und 13 dargestellt. In den bogen- förmigen Querreihen schreitet ganz wie bei Mysis die Vermehrung der Zellen von der Medianebene nach den Seiten hinaus fort, so dass man medial von einer Mitose zwei, lateral von derselben nur eine Zellen- reihe antrifft; dieses Verhalten ist besonders in Fig. 13 deutlich zu erkennen. Nur die mittlere Zellenreihe (em) scheint in der Beziehung ihren eigenen Weg zu gehen und nicht immer durch frühzeitige Ver- 1) Ausnahmen von dieser Regel kommen nur äusserst selten vor und sind wohl auf trophische Anomalien zurückzuführen. Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. 945 mehrung ihrer Zellen den seitlichen vorauszueilen. — Bei Mysis konnte ich es wahrscheinlich machen, dass diese Gesetzmässigkeit in der Auf- einanderfolge der Zelltheilungen durch den Umstand bedingt wird, dass die mehr medial gelegenen Urzellen des Ectodermkeimstreifens früher als die mehr lateral gelegenen anfangen, kleinere Zellen zu produciren, unter der Voraussetzung, dass bei gleichen Ernährungsbedingungen die Intervalle zwischen zwei auf einander folgende Zelltheilungen die- selben sind. Bei Gammarus, wo keine Urzellen nachgewiesen werden konnten, habe ich auch keinen solchen ersten Anstoss zu dieser Ge- setzmässigkeit der Aufeinanderfolge der Theilungen auffinden können ; jedenfalls müssen sich aber beim ersten Auftreten des Keimstreifens ähnliche Factoren geltend machen: die medialen Reihen müssen sich aus irgend einem Grunde früher ausbilden als die lateralen. Im ganz hintern und seitlichen Theil des Keimstreifens kommen jedoch auch Zelltheilungen vor, die nach einer andern Richtung als der eben erwähnten orientirt sind; sie sind in den Figg. 1 und 11 bei y zu erkennen. Wie man sieht, gabeln sich dicht hinter y die Längs- reihen; vor y findet sich eine einfache Zellenreihe, hinter y sind zwei solche Reihen vorhanden. In den Zellen y selbst sind Mitosen er- kennbar, deren Aequatorialplatten (die schon gespalten sind) senkrecht zu den bogenförmigen Querlinien gestellt waren; es findet also hier eine Längstheilung der Zellen statt, sie trennen sich in mediale und laterale Tochterzellen. Diese Art der Theilung finden wir bei Mysis nicht; überhaupt ist das Aussehen des hintern Theils des Keim- streifens bei dieser Gattung und bei Gammarus recht verschieden. Bei Mysis laufen auch in der hintern Region alle Längsreihen fast genau parallel mit einander, sie divergiren nicht; bei Gammarus divergiren aber die mehr lateralen Längsreihen besonders in ihrem hintern Theil sehr bedeutend und verhalten sich mit den bogenförmigen Querreihen als orthogonale Trajectorien. Es mag dies zu der ganzen Form der Eier und der Ausbreitungsweise der Keimstreifen in diesem und in jenem Falle in Beziehung stehen. Während es leicht war, bei Mysis die Anzahl der Längsreihen des Keimstreifens anzugeben, lässt sich solches bei Gammarus schwerlich thun; denn wegen der erwähn- ten Gabelung einiger der Längsreihen hinten kann die Zahl derselben im vordern und im hintern Theil des Keimstreifens ziemlich verschieden ausfallen; ich habe deshalb auch gänzlich auf derartige Zahlenangaben verzichtet. Sobald die Organe anfangen sich anzulegen, wird die regelmässige, reihenförmige Anordnung der Zellen im Keimstreifen sowie die Regel- 246 R. S. BERGH, mässigkeit im Verlaufe der Zelltheilungen nach und nach aufgegeben. Dies ist aus Fig. 14 ersichtlich, die den vordersten Abschnitt der medianen Partie des Keimstreifens auf dem Stadium Fig. 11 darstellt. In den beiden der medianen Zellenreihe (em) zunächst liegenden seit- lichen Reihen finden vorn die Zelltheilungen nach sehr verschiedenen Ebenen statt, und aus der einfachen Zellenreihe wird demgemäss vorn ein Strang, der auf dem Querschnitt viel mehr als eine Zelle enthält und in dem die Zellen durchaus keine regelmässige Anordnung nach einer bestimmten Richtungsebene mehr zeigen. In dieser Region sind nämlich die Neuralwülste im Begriff, sich zu bilden und sich zu seg- mentiren; besonders in der rechten Hälfte der Figur fängt die Seg- mentirung an, deutlich zu werden. Ich möchte aus solchen Bildern wie Fig. 14 schliessen, dass jederseits nur eine der seitlichen Zellen- reihen, nämlich die der medianen Reihe zunächst gelegene, in die Bil- dung der Bauchkette eingeht, vermag aber nicht den genügenden Be- weis für diese Vermuthung zu liefern. Auch in der medianen Reihe finden vorn die Zelltheilungen unregelmässig statt, so dass mehrere Zellen neben einander auf dem Querschnitt gelegen sind. Hinten und seitlich in der Figur gehen dagegen die Theilungen noch in der ur- sprünglichen, regelmässigen Weise vor. In die Bildung der Extremi- tätenanlagen gehen jederseits mehrere von den Längsreihen ein, wie aus den Figg. 11, 15, 16 deutlich zu erkennen ist. Kopenhagen, im März 1893. Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. 947 Erklärung der Abbildungen. Tafel 13. blz Blastodermzellen. ks Keimstreifen. dz Dotterzellen. | Leberregion. do Dorsalorgan. M Myoblast. eh Eihaut. m kleinere Zellen der Muskel- em mediane Zellreihe des Ecto- platten. dermkeimstreifens. n Neuralwiilste. en Entoderm. x Quertheilungen, y Längsthei- gl Extremitätenanlagen. lungen der Zellen im Keim- k Kopfanlage. streifen. Fig. 1. Ei mit einem sehr jungen, noch ganz quer gestellten Keimstreifen. Die verdickte Partie durch dunkleren Ton hervorgehoben. SEIBERT, Obj. II, Oc. 2. Fig. 2. Ein Ei in demselben Stadium der Entwicklung, umge- dreht, so dass der vorderste Theil der Embryonalanlage und das Dor- salorgan sichtbar sind. Schwächere Vergrösserung (Zeiss, Obj. AA, Oc. 2). Fig. 3. Folgendes Stadium. Die Drehung des Keimstreifens hat angefangen. Viele Mitosen sind sichtbar. SEIBERT, Obj. II, Oc. 1. Fig. 4. Dasselbe Ei in ähnlicher Weise wie Fig. 2 gedreht. Zxtss, Obj. AA, Oc. 2. Fig. 5. Hinterende der mittleren Zellenreihen des Keimstreifens in demselben Stadium. Zeıss, Obj. D, Oc. 1. Fig. 6. Der Drehungsvorgang ist weiter vorgeschritten; zahlreiche Mitosen. SEIBERT, Obj. II, Oc. 1. Fig. 7. Dasselbe Ei, etwas gedreht. Zeiss, Obj. AA, Oc. 2. Fig. 8. Dasselbe Ei, noch weiter umgedreht. Das Dorsalorgan ist sichtbar. Zeiss, Obj. AA, Oc. 2. Fig. 9. Partie des Ectodermkeimstreifens desselben Stadiums, um die Stellung und Anordnung der Mitosen zu zeigen. Zeiss, Obj. D, We; 1. Fig. 10. Hinterende eines Theils des Keimstreifens auf demselben Stadium, um den Uebergang der Zellen des Keimstreifens in gewöhn- liche Ectodermzellen zu zeigen. Zeiss. Obj. D, Oc. 1. 248 R. S. BERGH, Beiträge zur Embryologie der Crustaceen. Fig. 11. Die Drehung des Keimstreifens ist fast vollendet. Neu- ralwülste und Extremitätenwülste legen sich an. SEIBERT, Obj. II, Oc. 1. Fig. 12. Dasselbe Stadium vom Rücken gesehen. Zeiss, Obj. AA, Ver. Fig. 13. Partie des Ectodermkeimstreifens dieses Stadiums (ziem- lich weit hinten) mit zahlreichen Mitosen. Zeiss, Obj. D, Oc. 1. Fig. 14. Partie des Keimstreifens weiter vorn; die der Median- linie zunächst liegenden Mitosen sind nach sehr verschiedenen Rich- tungen orientirt. Zeiss, Obj. D, Oc. 1. Fig. 15. Weiter entwickeltes Stadium von der Bauchfläche gesehen. Die Segmentirung sehr deutlich. Srrpert, Obj. II, Oc. 1. Fig. 16. Dasselbe Ei von der Seite gesehen. SEIBERT, Obj. II, Ge: Fig. 17. Querschnitt durch das Ei (Längsschnitt durch den Keim- streifen) auf dem Stadium Fig. 1. Zeiss, Obj. D, Oc. 1. Fig. 18. Theil eines Querschnitts aus einer andern Serie durch ein Ei auf demselben Stadium, um einen Myoblasten und eine von diesem ausgehende Zellenreihe zu zeigen. Zrıss, Obj. D, Oc. 1. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. Von A. Klinekowström. (Aus dem Zootomischen Institut der Universität zu Stockholm.) Hierzu Tafel 14—15 und 13 Textfiguren. I. Die Entwicklung des Parietalauges und der Zirbel bei Iguana tuberculata und Tejus teguixin. Schon seit einiger Zeit mit Untersuchungen über das sog. Pinealauge der Wirbelthiere beschäftigt, war ich natürlich darauf bedacht, als ich mich einige Monate im Jahre 1891 zu wissenschaft- lichen Zwecken in Surinam aufhielt, von der dort sehr häufigen Iguana tuberculata Material zu einem genauern Studium des Pinealauges in morphologischer und embryologischer Beziehung zu sammeln. Diese Aufgabe schien mir um so dankbarer, als uns zwar mehrere Verfasser gute Darstellungen über die Entwicklung des fraglichen Gebildes bei den Lacertidae und Anguidae gegeben haben, dagegen, soweit mir bekannt, keine Untersuchungen über die Verhältnisse bei den Iguanidae vorliegen. Auch schien es mir wahrscheinlich, dass die Untersuchung einer der grossen exotischen Formen betrefis der Entwicklung des Pinealauges manches, was das Studium unserer kleinern einheimischen Arten im Dunkel liess, aufzuklären geeignet sein würde. Es gelang mir, theils selbst, theils durch die Hülfe eines surina- mischen Landwirths, Mijnheer C. A. van Brussez, im Laufe der Jahre 1891 und 1892 ein nicht unbeträchtliches Material zusammenzubringen, so dass ich, als ich mich im Anfang dieses Jahres an die Arbeit setzte, über eine Serie von Iguana-Embryonen in 6 verschiedenen Stadien (9, 14, 18, 24, 26, 35—40 Tage alt) und ausserdem eine kleine Samm- lung gut conservirter Gehirne von erwachsenen, theilweise über meter- 250 A. KLINCKOWSTROM, langen Thieren verfügen konnte. Auch von Tejus teguixin hatte ich durch Mijnheer van BRUSSEL gut fixirte Embryonen bekommen, die sich insbesondere fiir das Studium der ersten Stadien der Epiphysis sehr nützlich zeigten. Da sämmtliche Arbeiten, die das Pinealauge behandeln, der neuesten Zeit angehören und ausserdem meistens mit einem mehr oder weniger eingehenden Literaturbericht anfangen, so glaube ich hier auf einen historischen Rückblick verzichten zu können. Die bahnbrechenden Entdeckungen DE GRAAF’s und SPENCER’s, die in rascher Folge sich ihnen anschliessenden Untersuchungen ‚von BERANECK, STRAHL & MARTIN, FRANCOTTE, SELENKA, LEYDIG und Andern sind so neuen Datums, dass sie wohl allen Anatomen, welche sich fiir das fragliche Organ interessiren, im Gedächtniss sind !). Ich werde im Folgenden erst die Entwicklung des Pinealauges selbst und nachher die Entwicklung und das Schicksal des Parietal- nerven und der proximalen Zirbel bei Iguana und Tejus schildern. Entwicklung des Pinealauges bei Iguana tuberculata. Stadium I (9 Tage). In einer kurzen Mittheilung (7) ?) habe ich schon an einem andern Ort über die erste Entstehung des Pinealauges aus der abgeschnürten Spitze der primären Zirbelausstülpung berichtet. Die dort abgebildeten Schnitte: (Fig. A) ?) zeigt die Höhle des Pineal- auges noch in offener Verbindung mit der eigentlichen Zirbelhöhle. Fig. 7 und Fig. H stellen ein etwas älteres Stadium dar: die Zirbelhöhle Fig. A. Sagittalschnitt durch die Und die Höhle des Parietalauges sind Epiphysisausstülpung eines 9tägig. Em- hier ganz getrennt, und die Abschnü- bryos von /guana. E Zirbel, ec Ecto- Ä > re el derm, m Mesoderm, P Parietalauge, Zg YUNS des Pinea auges vom proxImalen Dach des 3. Ventrikels, V, dritter Ven- Zirbeltheile ist fast vollendet. Auf trikel. (Vergr. 11/ ; die Structurver- 3 : - hältnisse sind schematisirt.) diesem Stadium (9 Tage) bestehen 1) Gute Literaturberichte über die ältern Arbeiten finden sich bei Spencer (9) sowie für die neuere Zeit im „Zoologischen Jahresberichte“ der Zool. Stat. v. Neapel. 2) Siehe Literaturverzeichniss. 3) Die mit Buchstaben bezeichneten Figuren sind in den Text eingefügt. Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 251 sowohl Zirbel als Pinealauge aus hohen, keil- oder spindelförmigen Zellen von durchaus derselben Beschaffenheit wie diejenigen der Epiphysisausstülpung von Anguis und Lacerta auf einem entsprechenden Stadium. Uebrigens sind auf dieser Entwicklungsstufe durchaus keine histologischen Verschiedenheiten zwischen der zukünftigen Linse und Retina wahrzunehmen. Von dem auf spätern Stadien so auffallenden Wimperbesatz im Innern des Auges ist hier fast nichts zu sehen. Wie aus der Fig. 7 hervorgeht, ist schon jetzt die Wölbung der Linse sehr deutlich, was um so auffallender ist, als auf der fraglichen Ent- wicklungsstufe vom zukünftigen Parietalnerven noch nichts zu sehen ist. Sowohl Augenblase als Zirbel liegen, von lockerm Mesoderm umgeben, dicht unter dem Ectoderm. Stadium II (14—18 Tage). Die Embryonen von 14—18 Tagen zeigen, wie ich schon früher (7) bemerkt habe, bezüglich der Structur des Pinealauges unter ein- ander nur wenige Differenzen, im Vergleich mit den 9-tägigen Embryonen dagegen nicht unbeträchtliche Abweichungen. Die Fig. 8 stellt einen sagittalen Schnitt durch das Pinealauge eines 18-tägigen Embryos von Iguana dar. Die Convexität der Linse ist kaum deutlicher, als es auf dem vorigen Stadium der Fall war; die Höhle des Auges ist auf den Sagittalschnitten von einer halb- mondförmigen in eine mehr kreisrunde Form übergegangen. Die die Höhle bekleidenden Zellen tragen deutliche Wimpern. Die Kerne der Zellen der Linse sind denen der Retina auf diesem Stadium durch- aus gleich; sie sind hier wie dort von rundlicher Form und dicht an einander gedrängt. Bei näherer Untersuchung zeigen sich jedoch auch Veränderungen von anderer Art, die als Fortschritte in optischer Be- ziehung zu bezeichnen sind. Diese Veränderungen bestehen in der Zertheilung der Augenwand in zwei Schichten und im Anfang der Pigmentbildung im Retinatheile desselben. Die erste dieser Ver- änderungen wird dadurch bewirkt, dass in der Wand der Augenblase die Kerne im peripherischen Theile der Zellen sich zusammendrängen, wodurch wir eine peripherische kernreiche und eine cen- trale kernlose, wimpertragende Zone bekommen. Diese zwei Zonen sind an der Linse sowohl als an der Retina zu unterscheiden, doch sind sie an der letztern viel deutlicher von einander abgegrenzt als an der Linse. Die Kerne sind im Vergleich mit denen des 9-tägigen Embryos kleiner geworden und zeichnen sich (auf Carminpräparaten) durch eine viel intensivere Färbung aus. Die Pigmentbildung hat auf Zool. Jahrb, VII, Abth. f, Morph, rt 252 A. KLINCKOWSTROM, . dieser Entwicklungsstufe schon im ganzen Retinatheil angefangen, indem ganz kleine, intensiv schwarze, spärliche Körnchen sowohl in die innere als in die äussere Schicht eingestreut sind. Wichtiger als alle die oben besprochenen Veränderungen ist jedoch für das zukünftige Sinnesorgan das Hinzutreten eines starken, aus dem Zwischenhirndache stammenden Nerven, des zuerst in seinem ganzen Verlauf von BÉRANECK beschriebenen Parietalnerven. Wie und wann sich dieser Nerv bildet, muss zwar noch eine offene Frage bleiben. Am 9. Tage ist noch nichts davon zu sehen; am 14. Tage dagegen ist er schon fertig ausgebildet. Da ich den Nerven und seine centralen Theile besonders beschreibe (siehe Abth. 2), be- schränke ich mich hier auf seine Beziehungen zum Auge selbst. In Fig. C sehen wir den im Verhältniss zum Auge recht starken Nerven von unten in die Mitte der Retina eindringen. Ueber die Beziehungen der Nervenfasern zu den Retinazellen habe ich auf diesem Stadium keine nähern Aufschlüsse erhalten. Die ganze Augenblase liegt noch dicht unter dem Ectoderm, vom Dache des Zwischenhirns hat sie sich aber bedeutend entfernt. Das von zahlreichen Blutgefässen durchsetzte Mesoderm fängt an sich con-, centrisch um das Auge zu ordnen, die erste Anlage der spätern binde- gewebigen Augenkapsel bildend. Stadium II (24—26 Tage). Die dritte Entwicklungsstufe (Fig. 1 und Fig. 13) zeigt uns das Pinealauge in seiner höchsten Entwicklung; denn wenn auch Retina und Linse auf spätern Entwicklungsstufen eine höhere Entwicklung ihrer Elemente zeigen mögen, so muss doch mit den schon im fol- genden Stadium (35—40? Tage) wahrzunehmenden regressiven Ver- änderungen der nervösen Theile des Auges der Rückbildungsprocess des ganzen Organes als angebahnt betrachtet werden. Im Vergleich mit dem vorhergehenden Stadium bemerken wir folgende Fortschritte. Linse und Retina sind scharf von einander getrennt. Die Pigment- bildung in der Retina ist bedeutend fortgeschritten, und das ganze Organ ist von einer kugligen Form in eine mehr plattgedrückte über- gegangen. Betrachten wir nun zunächst die verschiedenen Theile des Auges. Die Linse, ursprünglich von biconvexer Form, ist allmählich platter geworden, was am deutlichsten an ihrem innern Rande zu sehen ist, so dass sie im vorliegenden Entwicklungsstadium eher als plan-convex denn als biconvex bezeichnet werden kann. Sie be- +. ig Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 253 steht durchweg aus länglichen Zellen mit ovalen Kernen; die centralen Enden der Linsenzellen tragen jetzt eine ganz deutliche Wimper- bekleidung. Die Retina zeigt, von aussen nach innen gezihlt, folgende Schichten : 1) Eine äussere Schicht von cubischen Zellen mit kugligen Kernen (FRANCOTTE’S (4) A [couche cellulaire externe)). 2) Eine Schicht von feinen Nervenfasern, die aus dem Pineal- nerven ausstrahlen (FRANCOTTE’S B [couche moléculaire)]). 3) Eine Schicht von Zellen mit dicht zusammengedrängten ovalen oder rundlichen Kernen (FRANCOTTE’S C [couche cellulaire interne|). 4) Kine von schwarzen Pigmentkörnchen erfüllte Schicht (FRAN- corre’s D [couche de bâtonnets|). 5) Einen schmalen pigmentfreien Streifen, der wimpertragenden Innenseite der Retina angrenzend (diese Schicht scheint bei Anguis zu fehlen). Besser als an den vorigen und nachfolgenden Stadien lässt sich hier die Ausbreitung des Nerven im Auge feststellen (Fig. 13). Gleich an seinem Eintritt von unten und hinten ins Auge wird der Nerv von den cubischen Zellen der äussern Kernschicht (1) scheidenartig um- geben. Nach dem Eintritt ins Auge breitet sich der Nerv zwischen der äussern Schicht cubischer Zellen und der aus längern cylinder- oder stabförmigen Zellen bestehenden innern Schicht aus. Von der Nervenschicht sieht man zahlreiche feine Fasern, die sich zwischen die Zellen der oben erwähnten Schicht 3 hineinschieben, in die innern Schichten der Retina eindringen. Man kann sie oftmals bis in die Nähe der Pigmentschicht verfolgen. An zahlreichen Stellen dringt das Pigment aus der Pigmentschicht in feinen Strängen und Körnerreihen zwischen die Kerne der innern Körnerschicht hinein. Diese Pigmentschicht reicht aber bei Iguana nicht (wie es bei Anguis der Fall ist) bis an die Spitzen der stab- formigen Zellen, sondern diese sind hier immer fast ganz pigmentfrei und bilden so die innerste wimpertragende Schicht der Retina. Zwischen der Linse und dem Ectoderm hat das mesodermale Lager bedeutend an Dicke zugenommen. Wie schon erwähnt, wird die ganze Augen- höhlung von einem dichten Ueberzug von theilweise durch geronnene Flüssigkeit zusammengeklebten Cilien bekleidet. Stadium IV (85—40? Tage). Das genaue Alter der diesem Stadium angehörenden Embryonen lyfe 254 A. KLINCKOWSTROM, kenne ich leider nicht, glaube aber durch Vergleichung mit den vorigen Stadien ihr Alter auf 35—40 Tage feststellen zu können. Abgesehen von einer allgemeinen Zunahme an Grösse und einem bedeutenden Fortschritt der Pigmentbildung in der Retina, zeigt dieses Stadium grosse Aehnlichkeit mit dem oben beschriebenen (24—26 Tage). Die Linse gleicht in ihrer Form der des vorigen Stadiums ziemlich ge- nau, aber die Zellen haben eine lang-cylindrische oder keilförmige Gestalt angenommen; die innere (untere) Spitze der Zellen trägt hier wie auf den vorhergehenden Stadien einen deutlichen Wimperbesatz. Charakteristisch für die Linse auf dieser Entwicklungsstufe sind eigen- thümliche, hier und da vorkommende Zellen, die sich von den um- gebenden langgestreckten Linsenzellen theils durch ihre bedeutende Grösse (10 u), theils durch ihre kuglige Form und (an Boraxcarmin- präparaten) helleres Protoplasma unterscheiden; ihre grossen ovalen oder runden Kerne zeigen deutliche karyokinetische Theilungsfiguren. Da ich ahnliche Zellen weder auf jüngern noch in ältern Entwicklungs- stufen angetroffen habe, so kann ich über ihre Bedeutung und ihr weiteres Schicksal nichts mittheilen. Die Retina zeigt auf dem fraglichen Stadium grosse Ueberein- stimmung mit derjenigen der Embryonen von 24—26 Tagen. Die dort beschriebenen 5 Retinaschichten sind auch hier sämmtlich vorhanden. Von diesen haben sich nur die Pigmentschicht und die Nervenfaser- schicht erheblich verändert. In der erstern hat sich das Pigment bedeutend vermehrt, so dass ich jetzt an meinen Präparaten die ein- zelnen Zellen nicht mehr unterscheiden konnte. Die Nervenfaser- schicht scheint schon den Höhepunkt ihrer Entwicklung überschritten zu haben. Sie ist viel schwächer als bei den Embryonen von 24—26 Tagen, die Fasern sind schwer zu unterscheiden, und zwischen ihnen haben sich kleine Pigmentkörnchen gebildet. Auch im Nerven selbst ist der nervöse Theil im Vergleich zu der bindegewebigen Hülle be- deutend reducirt, ein Vorgang, der, wie wir sehen werden, beim er- wachsenen Thiere bis zum gänzlichen Schwinden der Nervenfasern in den medialen Theilen des Nerven gehen kann. Das ganze Auge wird auf diesem Stadium von einer bindegewebigen Kapsel von mesodermaler Herkunft umgeben; zwischen der Linse und dem Ectoderm ist das Mesoderm immer dicker geworden und zeigt eine bei Angws von STRAHL u. MARTIN (10) beschriebene, an die Cornea der paarigen Augen erinnernde Structur. Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 255 Das Pinealauge bei der erwachsenen Iguana. Nachdem wir den Gang der Entwicklung des Pinealauges in den verschiedenen embryonalen Stadien verfolgt haben, bleibt es uns iibrig, mit einigen Worten das Schicksal des Organs beim erwachsenen Thiere zu berühren. Ausser einem ganz kleinen, 14—50 Tage alten Thierchen habe ich mehrere erwachsene Iguanen bezüglich des Pinealauges unter- sucht. Die Gehirne waren alle in Pikrinschwefelsäure oder 0,5 °/, Chromsäure fixirt. Zunächst ist hervorzuheben, dass unter den ver- schiedenen erwachsenen Individuen zahlreiche Schwankungen bezüglich der Ausbildung des Pinealauges bestehen. Denn während bei einigen die Rückbildung so weit gegangen ist, dass der aus gelblich-braunem Pigment und unregelmässig gehäuften Zellen bestehende untere Theil des Pinealauges fast gar keine von den Retinacharakteren des em- bryonalen Auges behalten hat, besitzen andere eine hoch differenzirte Retina, so die in Fig. 2 und Fig. 15 abgebildeten. Bei andern wieder ist die Retina so intensiv schwarz pigmentirt, dass es fast unmöglich ist, irgend welche feinern Structurverhältnisse zu unterscheiden. Kaum bei zwei Thieren findet man im Pinealauge ganz dieselben Verhältnisse. Ich werde mich deshalb darauf beschränken, das Pineal- auge des oben erwähnten jungen Thieres und das in Fig. 2 u. Fig. 15 abgebildete, von einem erwachsenen, ca. meterlangen Thiere stammende Auge zu beschreiben. Bei dem von mir untersuchten jungen Thiere hatte das Pineal- auge ungefähr dieselbe Form wie bei dem Embryo von 35—40 Tagen. Der horizontale Durchmesser war 312 «, der verticale 117 u. Die Linse war flach-biconvex und stimmte bezüglich der Structur ziemlich mit derjenigen der Embryonen überein; die wichtigsten Verschieden- heiten waren der Schwund des Wimperüberzuges, von welchem jedoch in der Nähe der Retina deutliche Reste sichtbar waren, und das Fehlen der schon vorher beschriebenen eigenthümlichen Zellen. Die Retina ist überfüllt mit intensiv schwarzem Pigment, das sich nicht nur in der Pigmentschicht, sondern sowohl in der äussern Zellen- schicht als in der Nervenfaserschicht ausbreitet; am wenigsten pig- mentirt ist die innere Zellenschicht. Von der an den Embryonen nachweisbaren innersten pigmentfreien Schicht ist hier nichts zu sehen. Nach innen von dem Pigment sehe ich nur eine Reihe von langen Wimpern oder Stäben, ähnlich den von Rirrer (8, p. 214) bei Phryno- soma beschriebenen , die durch geronnene Flüssigkeit zusammenge- klebt zu sein scheinen. 256 A. KLINCKOWSTROM, Im Innern des Auges sieht man Tropfen von geronnener Fliissig- keit und einzelne freie, unregelmässige Zellen. Fig. 2 und Fig. 15 stellen einen Sagittalschnitt durch eines der am höchsten entwickelten Augen dar, die ich bei Iguana gefunden habe. Es stammt von einem alten, ungefähr meterlangen Thiere und ist in Pikrinschwefelsäure fixirt und in toto mit Boraxcarmin gefarbt. Die Retina hat die Form einer Kugelcalotte, die von der gewaltig gewachsenen Linse deckelartig überragt wird, angenommen. Die Oberseite der Linse hat die bei den Altern Embryonen und dem eben besprochenen jungen Thiere beschriebene Form behalten, die untere (innere) Fläche aber zeigt, wahrscheinlich in Folge des starken Wachsthums der Linse, unregelmässige Wucherungen. Von dem em- bryonalen Wimperüberzug ist an der untern Fläche der Linse nichts mehr zu sehen. Die Linse selbst besteht aus langen, unregelmässig stab- oder keilförmigen Zellen, zwischen welchen sich zahlreiche Lymph- spalten finden. In der Retina sind von den bei den Embryonen beschriebenen Schichten die vier äussersten leicht zu erkennen. Die äussere Zellenschicht besteht aus Zellen mit kugligen Kernen, die im Allgemeinen wie bei dem Embryo in einer Reihe liegen. In der Nervenfaserschicht scheinen die nervösen Elemente gänzlich geschwunden zu sein: die ganze Schicht erscheint als ein gelblicher feinkörniger Streifen, in welchen hier und da feine Pigment- körnchen aus der Pigmentschicht hineindringen. Die innere Zellen- schicht hat, im Vergleich mit derjenigen der Embryonen, an Mächtigkeit abgenommen und ist kaum breiter als die äussere Zellen- schicht; die Kerne sind länglich-oval. Die Pigmentschicht ist bei dem fraglichen Thiere verhältnissmässig schwach pigmentirt. Das Pigment, das eher braun als schwarz zu nennen ist, liegt in Gestalt von feinen Körnchen im Innern der langen, regelmässig stabförmigen Zellen. Eine Verlängerung der pigmentirten Stäbe in der Nähe des Eintrittsortes des Parietalnerven, wie sie SPENCER beschreibt, habe ich ebensowenig wie die von diesem Verfasser beschriebenen Kegel in der äussern Zellenschicht gesehen (9, p. 196). Nach innen von der Pigmentschicht finde ich eine sehr eigenthümliche Bildung: einen 10 —12 u breiten Streifen von glasheller, stark lichtbrechender Substanz, die, nach innen gegen die Augenhöhle unregelmässig gezackt, sich nach aussen den Spitzen der Pigmentstäbe dicht anschmiegt; bei starker Vergrösserung bekommt man den Eindruck, dass man es mit einem Secret der Pigmentzellen zu thun hat. Wimpern habe ich in À TRE Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 957 dieser Schicht nicht gesehen. Nach innen von dem oben erwähnten eigenthümlichen Secret, von welchem sie durch ihre Farbe leicht zu unterscheiden ist, liegt die gewöhnliche geronnene Augenflüssigkeit, in welcher wie bei dem jungen Thier hier und da freie Zellen (Leuco- cyten ?) zu sehen sind. Nach aussen wird das ganze Auge von einer dicken, bindegewebigen Kapsel, in welcher grössere Pigmentanhäufungen zu sehen sind, um- geben. Diese geht in einen starken, bindegewebigen Strang über, der vom Eintrittspunkte des ehemaligen Parietalnerven, aus dessen binde- gewebiger Scheide er offenbar abstammt, nach hinten zieht. II. Entwicklung des Parietalnerven. Unter den verschiedenen Streitfragen, welche die Untersuchungen über das Pinealauge der Saurier hervorgerufen haben, nimmt zweifels- ohne die Innervirung des fraglichen Organs die wichtigste Stelle ein. Denn zu fast sämmtlichen Aufgaben, die dem Forscher auf diesem Gebiete entgegentreten, sei es die Homologie des Pinealauges der Saurier mit dem gleichnamigen Organ der Cyclostomen oder mit dem unpaaren Auge der Tunicaten, sei es die Beantwortung der Frage, ob wir es mit einem Sinnesorgane oder nicht zu thun haben, kann die Frage nach dem Dasein und Verlaufe des Pinealnerven zumeist als Schlüssel betrachtet werden. Von den Forschern, die sich mit Untersuchungen auf dem frag- lichen Gebiete beschäftigt haben, ist Fr. Leypi& wohl der einzige, der noch heute das Dasein eines das Parietalauge innervirenden Nerven leugnet; er sucht noch immer die als nervöse Theile be- schriebenen Gebilde für bindegewebige Stränge oder sogar für Lymph- gefässe zu erklären. Unter den Forschern, die das Dasein des Nerven annehmen, bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten bezüglich seines Ursprungs und Verlaufs. Die ältere Anschauung, durch SPENCER, FRANCOTTE, HOFFMANN, RITTER u. A. vertreten, will in dem Parietal- nerven die Verbindung des Auges mit seinem Mutterboden, der proxi- malen Zirbel, sehen, während STRAHL u. MARTIN mit BÉRANECK, auf ihre embryologischen Untersuchungen gestützt, die Unabhängigkeit des Parietalnerven von der Zirbel behaupten. Von der Annahme aus- gehend, dass der Parietalnerv in seiner Entwicklung mit dem Sehnerven 258: A. KLINCKOWSTROM, der paarigen Augen homolog sei, kommen die verschiedenen Verfasser zu sehr verschiedenen Schlussfolgerungen, je nachdem sie am meisten Gewicht auf die Entstehung des Auges aus der Zirbel oder auf die Unabhängigkeit des Nerven von der letztern legen. Zur erstgenannten Kategorie gehört Horrmany (6), der die Befunde von BÉRANECK und STRAHL u. Martin bezüglich des Ursprungs des Nerven bezweifelt, zu der letztern dagegen BÉRANECK (2, 3) selbst, der durch die Ueber- zeugung von der Richtigkeit seiner Angaben dazu kommt, den Zu- sammenhang des Pinealauges und der Zirbel durchaus zu leugnen! In meiner ersten Mittheilung (7) habe ich schon, diesen beiden An- sichten theilweise entgegentretend, in, wie ich glaube, überzeugender Weise nachgewiesen, dass der Parietalnerv nicht wie die Sehnerven durch unvollständige Abschnürung der Augenblase zu Stande kommt, sondern als eine Neubildung, die durch Auswachsen von Faserzügen, sei es von dem Hirndache zum Retinalboden, sei es vice versa, im Laufe der Entwicklung entsteht. Am Ende des 9. Tages ist bei Iguana die Blase des Parietalauges vollkommen von der Zirbel abgeschnürt, ohne dass es möglich ist, irgend welche Spur von einem das Auge mit der Zirbel oder dem Medullarrohre ver- bindenden Nerven zu entdecken. Diese Thatsache, deren Richtigkeit ich an mehreren lückenlosen Serien von Sagittalschnitten constatirt habe, zeigt deutlich genug, dass wir im Parietalnerven durchaus kein Homologon zu den Sehnerven vor uns haben. Die paarigen Augen werden bekanntlich nie von ihrem Mutter- boden getrennt, sondern verbleiben immer durch die aus den Pedunculi optiei sich allmählich entwickelnden Nervi optici mit ihm in Verbin- dung. Ganz anders das Parietalauge: hier ist die Abschnürung eine vollständige, und im Laufe der Entwicklung kommt eine Zeit, wo das Pinealauge als eine allseitig geschlossene Blase unmittelbar nach vorn von der proximalen Zirbel, von dem Dache des Zwischenhirns nur durch eine dünne Schicht von Mesoderm getrennt, zu liegen kommt. Dazu kommt noch, dass, wie ein Blick auf die Fig. 7 deutlich genug zeigt, wenn der Parietalnerv die letzte Verbindung zwischen Augenblase und Zirbel darstellen sollte, er nicht am Boden der Retina, Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 959 wie es der Fall ist, eintreten wiirde, sondern seitlich, etwa an der Grenze zwischen Linse und Retina. In einer kleinen Anschwellung des Medullarrohres nach vorn und rechts von der Zirbelausstiilpung haben wir vielleicht die erste Anlage des künftigen Parietalcentrums zu erblicken (Fig. H Cp.). Erst auf dem folgenden Stadium (14—18 Tage) finden wir zum ersten Mal einen Parietalnerven, der sich in geschlängeltem Verlaufe von dem Boden der Retina des Parietalauges bis zu dem im Dache des Zwischenhirns liegenden, von BERANECK entdeckten Parietalcentrum erstreckt (Fig. B und C). Fig. B, Fig. C. Fig. B. Sagittalschnitt durch Parietalauge und Zirbel eines 18tägigen J/yuana- Embryos. 52 Blutgefiisse, Æ Zirbel, ec Ectoderm, m Mesoderm, P Parietalauge, Zg Dach des 3. Ventrikels, V, dritter Ventrikel. (Vergr. '!%/ ; die Structurverhältnisse sind schematisirt.) Fig. C. Schnitt aus derselben Serie wie Fig. B, nur mehr nach rechts von der Mittelebene. cp Parietalcentrum, übrige Bezeichnung wie in Fig. B. Dieses Parietalcentrum zeigt sich bei dem 14—18-tägigen Embryo als eine kleine Anhäufung von Zellen nach vorn und rechts vom Ur- sprung der primären Epiphysisausstülpung (Fig. D und Fig. 3). Auf dem folgenden Stadium (24—26 Tage) sieht man, dass das sog. Parietalcentrum nichts anderes als die erste Anlage des rechten Ganglion habenulae ist; denn in diesem Centrum endet der Parietal- nerv mit einem ausgebreiteten Bündel von ganz feinen, welligen Fasern (Fig. G). Auf diesem Stadium angelangt, hat das Parietalcentrum bei Iguana den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht, und schon im folgenden Stadium (35—40 Tage) habe ich vergebens versucht, den Eintritt des Nerven in das Ganglion habenulae wiederzufinden. Der Parietalnerv jselbst, der am 14—1Stägigen Thier sich als ein 8—10 « breites Bündel von feinen, welligen Nervenfasern vom 260 MA. Fig. D. Horizontalschnitt durch das Mittel- und Zwischenhirn eines 18täg. Iguana-Embryos. Mh Mittelhirn, PC Parietalcentrum, PN Parietalnerv, JV, dritter Ventrikel. (Vergr. 8/3 die Structurverhältnisse sind schematisirt.) Die Embryonen von 35—40 A. KLINCKOWSTRÖM, Parietalcentrum bis zur Retina er- streckt (Fig. 9 und Fig. C), hat sich bei dem 24—26tägigen Embryo mit einem bindegewebigen Perineurium umgeben und hat auf dieser Ent- wicklungsstufe durchaus dasselbe Aus- sehen wie die übrigen embryonalen Hirnnerven (Fig. 4). Vom Boden der Retina verläuft nunmehr der Parietal- nerv nicht wie beim 14—18tigigen Embryo direct zum Parietalcentrum, sondern wendet sich erst unter ziem- lich starkem Winkel nach hinten, um nach Erreichung der Zirbelspitze, sich der Vorderseite des Zirbelschlauches anschmiegend, in die Falte zwischen Plexus und Zirbel einzudringen und, sich nach rechts wendend, ihren cen- tralen Theil, das rechte Ganglion ha- benulae, zu erreichen (Fig. E, F u.G). Tagen stimmen bezüglich der topo- graphischen Verhältnisse mit denjenigen von 24—-26 Tagen überein. PA. RS LEE > es we À Oot Se TERRES > 4 # Ÿ em es 3, GE KR = EFF Z LESE É ; pe N 4 if Ë 2 ZS: fé | ZEN A wee De. AN LV P| LE iZ & NX er NE OPE PIN | FI Was \ IN IN & \ N N À Fig E Zirbel, Sagittalschuitt durch das VH Vorderhirn, MH Mittelhirn, PA Parietalauge, Pl Plexusfalten, Zwischenhirn eines 26tägigen Jguana-Embryos. V, dritter Ventrikel. (Vergr. *°/,; die Structurverhältnisse sind schematisirt.) Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 261 > é a ao: Vo 8, Bi 2 5 D Fig. F. Schnitt aus derselben Serie wie Fig. EE PN Parietalnerv, Pc Parietal- centrum. Uebrige Bezeichnung wie in Fig. E. Dagegen hat sich der Rückbildungsprocess, der zum Schwund der centralen Theile des Nerven geführt hat, auch auf den peripherischen Fig. G. Frontalschnitt durch das Zwischenhirn eines 26tägigen /guana-Embryos. Bl Blutgefässe, C Quercommissur, Hk Ectoderm, GH Gangl. habenulae, m Mesoderm, Ep Zirbellumen, Pl Plexusfalten, PN Parietalnerv, V, dritter Ventrikel. (Vergr. en die Structurverhältnisse sind schematisirt.) 262 A. KLINCKOWSTROM, Theil des Parietalnerven erstreckt und zu einem theilweisen Schwunde der Nervenfasern geführt, der die Erkenntniss des Nerven oft sehr erschweren wiirde, wenn dieser nicht noch immer von dem stattlich entwickelten Perineurium umgeben wäre. Bei den erwachsenen Thieren ist die beim Embryo schon ange- bahnte Rückbildung der Nervenfasern unter Fortbestand des Peri- neuriums noch weiter gegangen, indem, wie ich schon gesagt habe, bei den von mir untersuchten Individuen sämmtliche nervöse Elemente im Parietalnerven verschwunden waren. Von den ganzen Nerven bleibt auf diesem Stadium nur das ge- wissermaassen hypertrophische Perineurium übrig, das als ein dicker bindegewebiger Strang oder Schlauch vom Boden der Retina nach hinten bis zur Zirbelspitze verläuft, um, sich diesem Gebilde an- schmiegend, gerade wie beim 24—26tägigen Embryo nach unten zu ziehen. Durch den Schwund der Nervenfasern net jener Strang oder Schlauch auf den Querschnitten oftmals eine täuschende Aehnlichkeit mit einem Gefässe, und ohne die vorhergehenden embryologischen Untersuchungen wären für ein solches Gebilde Leypia’s Ansichten ohne weiteres acceptabel. Der Vergleich mit den umgebenden wirklichen Gefässen mit ihren zahlreichen Seitenzweigen kann uns jedoch bei umsichtiger Unter- suchung vor Fehlschlüssen bewahren. In seinem distalen Theil ziem- lich erweitert, zieht der Strang nach hinten unter allmählicher Ab- plattung seines Anfangs im Querschnitt rundlichen, jetzt mehr ovalen Lumens. Endlich erreicht er die Spitze der Zirbel, an deren rechte Seite er sich anlegt (Fig. 5), und begleitet sie nach hinten und unten. Soweit es mir möglich gewesen ist, dem Strang zu folgen, scheint er nahe der Basis der Zirbel zwischen den Plexusfalten zu enden. III. Entwicklung der proximalen Zirbel. Von den verschiedenen Organen, die mit der Entwicklung des Parietalauges in Beziehung stehen, haben wir noch den proximalen Epiphysistheil zu besprechen. Am Ende des 9. Tages hat die primäre handschuhfingerförmige Epiphysisausstülpung (Fig. A) sich durch Abschnürung ihrer distalen Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 963 Spitze (Fig. H) in zwei Theile zerlegt; der eine, der distale, wird zum Parietalauge, der andere, der proximale stellt die Anlage der Zirbel dar. Auf diesem Stadium hat die Zirbel die Gestalt einer Cp ? Fig. H. Sagittalschnitt durch die Zirbelausstülpung eines 9tägigen Zguana-Embryos. Cp? Anlage der Parietalcentrum?, Æ Zirbel, ec Ectoderm, m Mesoderm, P Parietalauge, V, dritter Ventrikel, Zg Dach des 3. Ventrikel. (Vergr. 1°/,; die Structurverhältnisse sind schematisirt.) kugligen Blase, deren Durchmesser ungefähr */, von dem der Augen- blase ist; nach unten hängt er mit dem Zwischenhirndache zu- sammen und communicirt durch eine noch ziemlich weite Oefinung mit dem Ventrikel. Stadium II (14—18 Tage). Hier ist die Zirbel bedeutend in die Länge gewachsen und hat wieder eine an die primäre Zirbelausstülpung vor der Abschnürung des Auges erinnernde handschuhfingerförmige Gestalt angenommen; in- dessen liegt der Zirbelschlauch gewöhnlich nicht mehr nach vorwärts gedrückt zwischen Ectoderm und Medullarrohr, sondern hat durch das Wachsthum des Mesoderms die Möglichkeit gewonnen, eine aufrechte Stellung einzunehmen (Fig. 11). Das Innere des Zirbelschlauches steht durch eine enge Oeffnung in offener Verbindung mit dem dritten Ven- trikel. In der Mitte der vordern Seite der Zirbel sieht man oftmals eine kleine Ausbuchtung der Wand (Fig. B); es scheint mir eine Art von Narbe zu sein, die uns den Punkt zeigt, wo die Abschnürung der Augenblase von der Zirbelblase stattgefunden hat. Bezüglich der histologischen Structur hat sich der untere (proximale) Theil, abge- sehen von dem Auftreten von Wimpern an der Innenwand, nicht wesentlich verändert. Nicht so der obere (distale) Theil der Zirbel; in diesem haben die Kerne das für die Augenblase der fraglichen Ent- 264 A. KLINCKOWSTROM, wicklungsstufe schon beschriebene Aussehen (S. 251) angenommen. Bezüglich der Lagerung der Kerne in den Zellen zeigt aber die Zirbel eine Abweichung von der Augenblase, denn während in dieser die Kerne sich nach dem peripherischen Theil der Zellen drängen, eine innere kernfreie Zone frei lassend, streben in der Zirbel vielmehr die Kerne, sich in der Mitte der Zellen anzuhäufen, eine breitere äussere und eine schmälere innere kernlose Zone bildend. Stadium III (24—26 Tage). Das Längenwachsthum ist in stetiger Zunahme begriffen, und die ganze Zirbel stellt sich als ein langer, fingerförmiger Schlauch dar, der, vom Dache des Zwischenhirnes, wo er mit dem Innern des 3. Ven- trikels communicirt, aufsteigend, sich halbkreisförmig nach vorn ge- bogen erstreckt und mit seiner Spitze dicht hinter dem Parietalauge zu liegen kommt (Fig. E und F). Die beim vorigen Stadium be- sprochene „Narbe‘‘ ist meistens noch deutlich zu sehen, und, was nicht ohne Interesse ist, oftmals begegnet uns hier eine Anhäufung von schwarzen Pigmentkörnchen, welche in Aussehen und Structur grosse Aehnlichkeit mit denen der Retina des Parietalauges hat. Bezüglich der histologischen Structur der Zirbel auf diesem Stadium ist Folgendes zu bemerken. Die Wand zeigt zwei deutliche Schichten, nämlich eine äussere Lage von cubischen Zellen, deren rundliche Kerne sich im Vergleich mit denen der innern Lage durch eine schwächere Färbbarkeit aus- zeichnen, und eine innere Lage von langen, wimpertragenden, stab- oder keilförmigen Zellen mit ovalen Kernen. Die Wimpern an der Innenseite der Zirbelwand sind bedeutend gewachsen und können manchmal sogar denen der Plexusfalten an Länge gleichkommen. Ausserhalb der oben besprochenen ‚Narbe‘ ist kein Pigment in der Zirbel zu sehen; die Spitze der Zirbel weicht manchmal insofern von den oben beschriebenen Verhältnissen ab, als man hier drei Schichten findet, nämlich ausser den zwei besprochenen noch eine innere helle kernlose Zone (Fig. 4). Abgesehen von dem Mangel an Pigment und dem Fehlen einer Nervenfaserschicht finden wir also in der Zirbelspitze die aus der Parietalaugen-Retina bekannten Schichten wieder; die äussere und innere Zellenschicht entsprechen ein- ander in Lage und Aussehen, und die innere kernlose Zone der Zirbel brauchte nur die für das Auge eigenthümliche Pigmentirung, um ein voll- ständiges Homologon der innersten Retinaschicht zu werden. In der nächsten Abtheilung werde ich zeigen, dass dies manchmal wirklich der Fall sein kann. A Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 265 Stadium IV (35—40 Tage). Die Zirbel dieser Entwicklungsstufe gleicht fast ganz der des vorigen Stadiums sowohl in ihrer Gestalt als in ihrer histologischen Structur. Die Zirbel des erwachsenen Thieres. Beim Aufpräpariren des Gehirnes des erwachsenen Thieres findet man ohne Schwierigkeit die Zirbel, welche sich in Gestalt eines lang- gestreckten, kegelförmigen Gebildes, die Plexusfalten überlagernd, nach vorwärts zwischen die Hemisphären streckt. Von seiner Spitze zieht ein feiner Strang bis zum schwarz pigmentirten Pinealauge. Es ist dies der bindegewebige Rest des Parietalnerven, der, von Gefässen be- gleitet, nach vorn zieht. An Schnitten untersucht, zeigt die Zirbel in ihrem distalen Theil die vom Embryo her bekannte schlauchförmige Gestalt, in ihrem proximalen Theil aber hat sie durch zahlreiche Faltungen der Wand ein mehr oder weniger folliculäres Aussehen an- genommen. Die Wände sind mächtig verdickt und haben den innern Wimper- überzug verloren. Sie bestehen aus langen, stabförmigen Zellen, deren Kerne nach aussen angehäuft sind, eine innere kernlose Schicht frei lassend (Fig. 5); nach aussen ist die Zirbel von einer starken Hülle längsverlaufender bindegewebiger Fasern umgeben. IV. Einige andere mit dem Parietalauge in Beziehung stehende Bildungen. In dieser Abtheilung will ich einige, an einzelnen Embryonen be- obachtete Verhältnisse beschreiben, die, obwohl sie nicht bei der Mehrzahl vorhanden sind, mir doch für eine richtige Deutung der Zirbel, des Parietalauges und des Parietalnerven von grosser Bedeutung erscheinen. Drei verschiedene Gebilde fallen unter diese Categorie: 1) das Vorkommen von zwei Parietalnerven, 2) das Vorkommen eines von hinten zur Zirbel ziehenden Nerven, 3) die Bildung eines secundären „Auges“ aus der Spitze der proximalen Zirbel. 266 A. KLINCKOWSTROM, 1. Zwei Parietalnerven. Bei drei verschiedenen 18tagigen Embryonen (1 Sagittal-, 2 Hori- zontalserien) habe ich mich von dem Vorhandensein eines linken Parietalnerven überzeugt. In einem Falle (Fig. I) war dieser von fast gleicher Grösse wie der rechte, in den zwei andern aber bedeutend kleiner. Betreffs der Structur stimmen die bei- den Nerven vollkommen über- ein, ebenso in ihren Bezie- DR N NES hungen zum Gehirn und zum W À 2 (ZEON ry Parietalauge. Der linke Nerv Wr Le = NN tritt aus einer kleinen Zellen- 1 FE = anhäufung im Gehirndache hervor, die nach Lage und Aussehen vollkommen mit dem Ursprung des rechten, dem Parietalcentrum, überein- stimmt; da wiraber im vorigen Abschnitt nachgewiesen haben, Fig. I. Querschnitt durch die Zirbel eines dass dieses zu dem spätern See a Bone Gao, rechten Ganglion habenulae die Structurverhältnisse sind schematisirt.) gehört, so haben wir folglich im linken Parietalcentrum die Anlage eines Theiles des linken Ganglion habenulae. Beide Nerven treten dicht neben einander in das Auge ein. Obwohl das Dasein von .zwei Parietalnerven etwas eigenthümlich erscheinen kann, so liegt, wenn wir die Sache näher bedenken, nichts so Befremdendes darin, denn die Thatsache, dass der centrale Theil der Parietalnerven, die Ganglia habenulae, ein paariges Gebilde ist, spricht stark für die frühere Existenz eines aus dem linken Ganglion habenulae entspringenden, dem asymmetrischen rechten entsprechenden, linken Parietalnerven, der nachher durch Atrophie verschwunden ist. Ich werde im nächsten Abschnitt bei der Vergleichung des Parietalorgans der Cyclostomen mit demjenigen der Saurier auf diese Frage zurück- kommen. 2. Das Vorkommen eines hinter der Zirbel entspringenden Nerven. In einer Sagittalserie eines 18tägigen Embryos von Iguana habe ich ein sehr eigenthiimliches Gebilde beobachtet, ein Faserbiindel von Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 267 durchaus demselben Aussehen und derselben Structur wie der Parietal- nerv des betreffenden Embryos (der zu den mit zwei Nerven ausge- statteten Individuen gehörte). Sowohl die Structur als sein Verhalten zum Gehirn lassen keinen Zweifel über die nervöse Natur des frag- lichen Faserbündels, dessen Ursprung aus den Hirnzellen ein wenig hinter dem Zirbelschlauch deutlich zu sehen ist (Fig. 11 und 12). Vom Hirndach steigt er in etwas geschlängeltem Verlaufe nach oben und vorn, um, so viel ich sehen konnte, in der Zirbelwand im distalen Drittel des Zirbelschlauches zu enden. In keiner andern von den zahlreichen untersuchten Schnittserien habe ich etwas an diesen hintern Zirbelnerven Erinnerndes gesehen. Ich glaube jedoch, dass, wenn sich auch die Beobachtung nur auf ein einziges Individuum beschränkt, die Thatsache wichtig genug ist, um den Fachgenossen mitgetheilt zu werden. 3. Das Vorkommen eines secundären Auges an der Zirbelspitze. Bei der Beschreibung der Entwicklung der proximalen Zirbel habe ich schon die Thatsache hervorgehoben, dass nach Abschnürung des Parietalauges der distale Theil der Zirbel eine mit dem Auge ge- wissermaassen parallele Entwicklung durchläuft. Bei einigen Embryonen und einem erwachsenen Thiere ist die Entwicklung aber weiter vor- geschritten, indem es zur Bildung eines wirklichen „Zirbelauges“ gekommen ist, das bei dem erwachsenen Thiere sogar eine unpig- mentirte Linse, welche mit der Parietalaugenlinse übereinstimmt, be- sitzt. Bei den Embryonen, die dem dritten Stadium (24—26 Tage) angehören, zeigt sich das „Zirbelauge“ als eine kleine, vom proxi- malen Zirbelschlauch abgeschnürte Anschwellung der Zirbelspitze; im Innern dieser Anschwellung befindet sich ein Hohlraum, der gewöhnlich durch eine enge Oeffnung mit dem Lumen des Zirbelschlauches, von welchem es deutlich ein Abschnürungsproduct ist, in Verbindung steht. Die histologische Structur stimmt mit derjenigen der normalen Zirbel- spitze überein. In der innern Lage hat aber eine starke Pigment- bildung stattgefunden, die in Farbe und Beziehung zu den Zellen nicht von denen der Parietalaugen-Retina zu unterscheiden ist. Noch viel höher entwickelt ist das „Zirbelauge“ bei der er- wachsenen Iguana (Fig. 6 und Fig. 16). Beim Aufpräpariren des Schädeldaches war es als ein kleiner schwarzer Punkt an der Spitze der Zirbel zu sehen. Auf Sagittalschnitten untersucht, zeigt sich das „Zirbelauge“ als eine plattgedrückte Blase mit einem innern, von ge- ronnener Flüssigkeit gefüllten Hohlraum, der vom Zirbellumen voll- Zool. Jahrb. VII, Abth, f. Morph. 18 268 A. KLINCKOWSTROM, stindig getrennt ist. Die Wand der Blase geht nach hinten in die Zirbelwand über (der in Fig. 11 abgebildete Schnitt hat etwas schräg getroffen). Nach hinten ist die Wand des Zirbelauges überfüllt mit - schwarzem Pigment (wie es ja oft mit dem Auge selbst der Fall ist), das nur wenig von der histologischen Structur erkennen lässt. Nach vorn dagegen ist die Wand völlig pigmentfrei und nach aussen stark gewölbt; sie besteht aus stabförmigen Zellen, die mit denen der Parietalaugen-Linse eine unverkennbare Aehnlichkeit haben. RITTER (8, p. 217, 219— 220, 223—24) beschreibt bei Phrynosoma unter dem Namen „epiphysial vesicle“ ein Gebilde, das mit dem ,,Zirbel- auge“ von Iguana homolog ist. Auch die von SPENCER (9, p. 195) beschriebene „secundäre Augenblase“ bei Plica umbra gehört zweifels- ohne zu derselben Categorie. RırTTer kann aus Mangel an embryo- logischem Material nur wenig zur Erklärung dieses Gebildes beitragen, er bezweifelt sogar, dass es ein Abschnürungsproduct der Zirbel sei, betont aber die Möglichkeit, dass, wenn dies dennoch der Fall sein sollte, darin ein Homologon zu einem von den zwei Augenblasen der Neunaugen zu suchen wäre. Ich werde auf diese Fragen in einem folgenden Abschnitt manila kommen. SPENCER beschreibt das „Zirbelauge“ bei Plica umbra als mit der Wand des Pinealauges zusammengewachsen; bei zwei unter den von mir untersuchten /guana-Embryonen war dies auch der Fall. Indessen kann es sich hier ebensowohl um ein secundäres Zusammen- wachsen als um eine unvollständige Abschnürung des Parietalauges handeln. Thatsächlich macht die eigenthümliche, nach vorn gebogene und an der Basis verbreiterte Gestaltung der Zirbel bei den be- treffenden Embryonen ersteres viel wahrscheinlicher, und es möchte dann die ganze Erscheinung ihren Grund in einer zu spärlichen Entwick- lung der mesodermalen Schicht haben, welche die Zirbel durch den Druck des Ectoderms nach vorn, gegen das Pinealauge gepresst hat. V. Entwicklung der Zirbel bei Tejus teguixin. Wie bekannt, gehört Tejus zu den bezüglich des Parietalauges am schlechtesten ausgestatteten Formen unter den Sauriern, was schon der Mangel äusserer Merkmale (Cornealschuppe), sowie vor allem das Fehlen eines Foramen parietale erwarten lässt. SPENCER (9, p. 193) Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 969 beschreibt die mit Zejus nahe verwandte Ameiva, an welcher er keine Spur vom Parietalauge findet. Auch bei den Embryonen von Tejus kommt es niemals zur Abschniirung einer Augenblase, sondern die ganze primäre Epiphysis-Ausstülpung entwickelt sich zur Zirbel. Fig. J zeigt uns eines der frühesten Stadien von Tejus, die mir zur Ver- fiigung stehen; der allge- meinen Entwicklung nach entspricht der betreffende Embryo am nächsten der Itägigen Iguana oder ist wohl noch ein wenig jünger. Die Epiphysisausstülpung | : a 5 Fig. J. Sagittalschnitt durch die Zirbel eines hat die gewöhnliche hand- jungen Embryos von Tejus teguixin. E Zirbel, ec schuhfingerförmige Gestalt, Eetoderm, m Mesoderm, P Parietalauge, Zg Zwischen- = 2 A hirn, V, dritter Ventrikel. (Vergr.130/ ; die Structur- ist aber bei Tejus gerade verhältnisse sind schematisirt.) n gegen das Ectoderm, oder sogar ein wenig rückwärts gerichtet, anstatt wie bei Lacerta, Iguana und Anguis nach vorn gebogen zu sein. Die histologische Structur stimmt völlig mit derjenigen bei 9Itägigen Iguana-Embryonen (S. 251) überein. Die Spitze der Ausstülpung ist meistens ein wenig nach der Seite gebogen. Bei sämmtlichen Embryonen auf diesem Stadium ist die Epiphysis-Ausstülpung durch eine sehr deutliche Einschnürung in zwei mit einander in Verbindung stehende Höhlen getheilt. Die Bedeutung dieser Einschnürung wird durch eine Vergleichung mit dem ent- sprechenden Stadium von Iguana (Fig. A) klar. Die obere Höhle (P) stellt die Anlage der Parietalaugenblase, die untere (Æ) die der Zirbel dar. Aber bei Tejus schlägt die Entwicklung einen ganz andern Weg ein als bei den mit einem Pinealauge ausgestatteten Sauriern ; die angebahnte Trennung in Augenblase und proximalen Zirbelschlauch wird nicht nur nicht vollzogen, sondern sehr bald wieder im Laufe der Entwicklung ausgeglichen, und wenn wir im nächsten, zu unserer Verfügung stehenden Stadium (den 24—26tägigen Iguana-Embryonen am nächsten entsprechend) die fraglichen Verhältnisse wieder mustern, so finden wir keine Spur einer Abschnürung an der zu einem langen, keulenförmigen Schlauch umgebildeten Epiphysisausstülpung. In diesem Stadium hat die Epiphysisausstülpung bei Tejus grosse Aehnlichkeit mit der proximalen Zirbel der 18tägigen Iguana (Fig. B), ist aber 18* 270 A. KLINCKOWSTROM, keineswegs mit ihr homolog, denn bei Tejus besteht fragliches Ge- bilde aus der ganzen primären Epiphysisausstülpung, während bei Iguana schon am 9. Tag das distale Stück sich als Augenblase ab- geschnürt hat (Fig. A und H). Bezüglich der histologischen Structur weicht aber die Zirbel von Tejus von der der Iguana ab. Die ganze keulenförmige Zirbel besteht aus cylindrischen, keil- oder spindel- förmigen Zellen mit ovalen oder kugligen Kernen. Wimpern sind in keinem Theile der Zirbel zu sehen; der obere angeschwollene Theil der Zirbelausstülpung ist dagegen mit einer innern, sehr scharf abge- grenzten Lage überkleidet, welche die grösste Aehnlichkeit mit der an der Innenwand der Retina des Pinealauges der erwachsenen Iguana (S. 256) beschriebenen ,,Secretschicht hat. Im ganzen obern Theile der Zirbel findet sich feinkörniges Pigment, das eine grosse Aehnlich- keit mit dem Pigment im Parietalauge der 14—18tägigen Iguana zeigt. Die Zirbel des jungen Tejus. In ihrer äussern Gestalt sowohl als in ihrer histologischen Structur schliesst sich die Zirbel hier ziemlich nahe an die der Iguana an. Die Spitze hat die schlauchförmige Gestalt der embryonalen Zirbel bewahrt, die proximalen Theile aber haben follikelartige Taschen und Falten gebildet. Wimpern und Pigment fehlen in der Zirbel, Wimpern finden sich aber in den nach vorn liegenden Plexusfalten. VI. Allgemeine Schlussbemerkungen. Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten die Entwicklung des Pinealauges, des Parietalnerven und der proximalen Zirbel bei Iguana und Tejus, so gut es an dem vorliegenden Material zu machen war, verfolgt haben, erübrigt es uns, nachzusehen, wie sich die durch unsere Untersuchungen erhaltenen Thatsachen in unsere frühern Kennt- nisse einreihen und wie sie sich zu den gegenwärtigen Ansichten in den betreffenden Fragen stellen. Wenden wir uns zunächst zu den Sauriern. In seiner classischen Untersuchung ,,The pineal eye in Lacertilia“ (9) scheint Spencer keinen Zweifel an der Homologie des Parietal- nerven und derjenigen der paarigen Augen gehabt zu haben. Er be- schreibt immer den Nerven als von der Retina zur Zirbelspitze ziehend, Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 21] und auch in seinen Abbildungen (die mir übrigens ziemlich idealisirt scheinen) sieht man immer den Nerv seinen Ursprung direct aus der Zirbelspitze nehmen (l. c. Fig. 7, 8, 28, 34, 35, 36, 40). Bei vielen von diesen, Hatteria, Varanus, Lacerta u. a., ist das mit op. s (pineal stalk) bezeichnete Gebilde zweifelsohne der Parietal- nerv, der, wie wir gesehen, nicht aus der Zirbelspitze seinen Ursprung nimmt, sondern, wie aus vorliegender Untersuchung sowie aus denen von BÉRANECK (2 u. 3) und STRAHL & Marri (10) deutlich hervor- geht, der Zirbel entlang bis zum Hirndache verläuft; in diesen sämmt- lichen Fällen müssen wir die Spencer’schen Abbildungen als incorrect bezeichnen. In andern Fällen aber (Moloch, Plica) ist es möglich (für Plica umbra sogar sicher), dass das mit op. s bezeichnete Gebilde nicht der Parietalnerv, sondern die mit dem Parietalauge zusammen- gewachsene Spitze der Zirbel darstellt. Ob der ,,pineal stalk“ von Chamaeleo (1. c. Fig. 21) wirklich die letzte Verbindung zwischen der Zirbelspitze und dem auf einem sehr primitiven Stadium verharrenden Parietalauge darstellt oder nicht vielmehr — ebenso wie es bei Hatteria, Lacerta, Varanus u. a. der Fall war — als der unrichtig gezeichnete Parietalnerv aufzufassen ist, müssen wohl künftige embryo- logische Untersuchungen entscheiden. Dasselbe gilt auch von der eigenthümlich dilatirten Zirbelspitze von Cyclodus, die nach dem Stande unserer jetzigen Kenntnisse ebensowohl als ein nicht abgeschnürtes Parietalauge wie als ein Homo- logon der ganzen keulenförmigen Zirbel von Tejus, d. h. als Parietal- auge und „Zirbelauge“ zugleich, aufgefasst werden kann. Abgesehen von den Sauriern, giebt es nur eine einzige Gruppe unter den noch lebenden Wirbelthieren (das „Auge“ bei Amphioxus entzieht sich noch unserer Beurtheilung), wo das Parietalauge fort- besteht, nämlich die Petromyzonten, deren hochdifferenzirtes Pineal- auge von mehreren Verfassern, BEARD, GASKELL, OWSJANIKOW, SCOTT, untersucht und vor allen durch die ausgezeichnete Arbeit von AxL- BORN (1) bekannt ist. Der grösste Unterschied zwischen dem Parietal- auge von Petromyzon und demjenigen der Saurier besteht darin, dass bei Petromyzon das Auge in zwei über einander liegende Blasen (AHLBORN’S Ep, und Ep.) zerfällt; zuweilen stehen die beiden Blasen noch mit einander in offener Verbindung (so bei dem von AHLBORN Il. e. fig. 47] abgebildeten Individuum). Die untere Blase ruht auf einem Ganglion, dem sog. „Zirbelpolster‘‘, das durch einen tractus- ähnlich ausgezogenen Stiel mit dem linken Ganglion habe- nulae in Verbindung steht. Von dem Zirbelpolster dringt ein dickes 272 A. KLINCKOWSTROM, Nervenfaserbiindel in den untern (ventralen) Theil der Blase ein. Die obere grössere Blase, die auch am besten ihren augenähnlichen Cha- rakter beibehalten hat, steht durch den beim erwachsenen Thiere eines Lumens entbehrenden Zirbelstiel mit dem Zwischenhirndach unmittelbar vor der Commissura posterior in Verbindung (2, fig. 43 u. 44). In diesem Zirbelstiele (AHLBORN’s Ep. 1) sehe ich nun an einer mir zur Ver- fügung stehenden Sagittalschnittserie von Petromyzon zahlreiche Nervenfasern, die von der Gegend der Comm. posterior, dem Zirbel- stiele entlang ziehend, sich bis in die Nähe der obern Augenblase verfolgen lassen. Leider macht der ziemlich mangelhafte Conservirungs- zustand des Thieres (unfixirtes Spiritusmaterial) eine nähere Unter- suchung der fraglichen Verhältnisse unmöglich. Dass GASKELL (5), der das Pinealauge von Ammocoetes untersucht hat, auch diese Nerven- fasern gesehen hat, geht aus seiner Beschreibung hervor. Er betrachtet sogar den ganzen Zirbelstiel als einen Nerv und nennt ihn den rechten Parietalnerven. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung wird durch die Entwicklungsgeschichte sowie durch die Thatsache, dass sich das Lumen der Augenblase in den distalen Theil des Zirbelstiels fortsetzt, klar genug erwiesen. Dass GASKELL auf die frühere Entwicklungs- geschichte der Zirbel einzugehen vermeidet, darf man ihm allerdings nicht tibel nehmen, da er auf diesem Wege nach seiner Anschauungs- weise zu dem Schluss kommen wiirde, dass die paarigen ,,medialen Augen“ aus einer unpaarigen Ausstülpung der dorsalen Magenwand seines ,,Crustacean ancestor‘‘ entstanden wären, was die ohnedies mehr als problematische Existenz jenes interessanten Thieres nicht gerade glaubwürdiger gemacht hatte! Versuchen wir nun festzustellen, in wie weit sich eine Homo- logisirung des Pinealauges der Cyclostomen mit dem der Saurier durchführen lässt. Was vor allem bei Petromyzon ins Auge fällt, ist die asymmetrische Innervation der untern Augenblase vom linken Ganglion habenulae aus. Durch unsere Untersuchungen wissen wir jetzt, dass auch bei den Sauriern das Parietalauge von einem der Ganglia habe- nulae innervirt wird. Hiermit scheint mir die Homologie des Parietalauges mit der untern Augenblase von Petromyzon festgestellt, und auf diese Annahme gestützt, werde ich es versuchen, auch die übrigen Theile des Auges der Cyclostomen und der Saurier zu homologisiren. Der ganz kurze Parietalnerv von Petromyzon geht unmittelbar unter dem Auge in das Zirbelpolsterganglion über; wir müssen dem- gemäss in jenem ein Homologon zum Parietalcentrum sehen. Die Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 273 obere Augenblase, die bei Petromyzon das eigentliche Auge darstellt, wird natürlich als Homologon der proximalen Zirbelspitze aufzufassen sein, eine Anschauung, die durch das Vorkommen eines „Zirbelauges“ an der Spitze der proximalen Zirbel bei mehrern Sauriern (Iguana, Plica, Phrynosoma) eine starke Stütze gewinnt. Das eigenthümliche Verhältniss, dass es bei den Cyclostomen das linke, bei den Sauriern dagegen das rechte Ganglion habenulae ist, das den Nerv zum Parietalauge sendet, findet in dem Vorkommen von zwei Parietal- nerven bei einigen /guana-Embryonen seine Erklärung. Denn hat das Parietalauge der gemeinsamen Vorfahren der Cyclostomen und Saurier zwei Nerven gehabt, so ist es leicht zu begreifen, dass bei einem Theil ihrer Nachkommen (den Cyclostomen) der rechte, bei einem andern Theil (den Sauriern) der linke Parietalnerv zu Grunde ge- gangen ist, während bei andern (wie bei gewissen Zguana-Individuen) beide beibehalten sind. Wie aus GASKELL’s und meinen Beobachtungen hervorgehen dürfte, wird die obere Augenblase („Zirbelauge“) von Petromyzon von hinten her innervirt. Es ist nicht unmöglich, dass wir in diesen, dem Zirbel- stiel entlang ziehenden Nervenfasern Homologa zu den bei einem Iguana-Embryo beobachteten hintern Zirbelnerven (S. 266) vor uns haben. Die Vorfahren unserer Saurier waren also wahrscheinlich mit einem unpaarigen Sehorgan versehen, das aus zwei hinter ein- ander liegenden Blasen (Parietalauge und Zirbelauge) bestand, von welchen die hintere durch einen stielförmigen Schlauch (proximale Zirbel) mit dem Gehirn verbunden war. Die vordere Augenblase war von den zwei aus den Ganglia habenulae stammenden Parietalnerven Fig. K,. Fig. K,. Fig. K. Schematische Darstellung der verschiedenen Theile des Parietalorgans der Saurier (1) und der Cyclostomen (2). P Parietalauge, PN; rechter Parietalnerv, PNy linker Parietalnerv, Z Zirbel (,,Zirbelauge‘‘), ZS Zirbelstiel, PC; rechtes Parietalcentrum, PC} linkes Parietalcentrum, GH Gangl. habenulae, ¢ tractusartiger Theil desselben, OP Commissura posterior. 274 A. KLINCKOWSTROM, innervirt, die hintere aber bekam wahrscheinlich ihre Nervenfasern von hinten (hinterer Zirbelnerv). Fig. K zeigt die Lage der ver- schiedenen Theile bei Iguana (1) und Petromyzon (2). Bezüglich der Art, in welcher das Parietalorgan allmählich zu Grunde gegangen ist, scheinen zwei verschiedene Degenerationswege zu bestehen. Denn während bei einigen Formen (Anuren, Chamaeleo), soviel wir wissen, das ParietaJauge sich wirklich abschnürt, um nach- her mehr oder weniger vollständig zu atrophiren, finden wir, dass bei andern (Tejus, Cyclodus, Gecko) die Abschnürung niemals stattfindet, sondern sich nur in früh-embryonaler Zeit anbahnt, um nachher wieder zum primitiven Stadium der einfachen Epiphysisaus- : stülpung zurückzukehren. N Dies ist wahrscheinlich auch : der Fall bei den meisten TaN übrigen Wirbelthieren, bei V, N welchen noch keine Spuren eines Parietalauges nach- Fig. L. Sagittalschnitt durch die Zirbel eines gewiesen sind. Für die jungen Embryos von Larus. E Zirbel, ec Ectoderm, m Mesoderm, P? Parietalauge?, Zh Zwischenhirn, Annahme, dass auch unter Vs dritter ‚Ventrikel. (Vergr. 130/; die Structurver- den Vögeln zuweilen die hältnisse sind schematisirt.) £ i Anlage eines Parietalauges ganz wie bei Tejus vorhanden ist, spricht der in Fig. L abgebildete Sagittalschnitt durch die Epiphysisausstülpung eines etwa 4tägigen Embryos von Larus canus. Es ist sogar möglich, dass die letzten Spuren einer Theilung der Epiphysis-Ausstülpung in Parietalauge und „Zirbelauge‘“ bei den Säugethieren noch nicht ganz verschwunden sind, sondern dass künftige Untersuchungen auch hier ebenso wie bei den Vögeln die letzten Reste der Anlage eines Parietalauges nachweisen werden. KR ne. Zusammenfassung. I. Parietalauge. 1) Das durch Abschnürung des distalen Theils der primären Epiphysis-Ausstülpung entstandene Pinealauge zeigt sich bei Iguana am 9. Tage als eine von der proximalen Epiphysis mehr oder weniger vollständig abgeschnürte ovale Blase. reas Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 275 2) Die Anfangs stark biconvexe Linse nimmt im Laufe der Ent- wicklung eine flachere, schwach biconvexe oder sogar planconvexe - Form an. 3) Am 14.—18. Tage hat sich die ganze Innenseite der Augen- höhle mit einem Wimperüberzug ausgekleidet. Ein starker Nerv ver- bindet die Unterseite (über das Vorkommen von zwei Parietalnerven siehe Abschn. IV) der Augenblase mit dem Dache des Zwischen- hirns. Die Retina zeigt zwei Zonen, eine innere kernlose und eine äussere kernreiche. Schwarzes Pigment fängt an sich in den Retinazellen zu zeigen, und aus dem umgebenden Mesoderm beginnt sich eine, den Nerven und das Auge umgebende bindegewebige Kapsel zu bilden. 4) Am 24.—26. Tage hat der Parietalnerv den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht, durch Hineinwachsen (?) der Nervenfasern ist die Retina in eine äussere und innere Zellenschicht getheilt, zwischen welchen der Nerv als eine dünne Faserschicht zu sehen ist. In der innern Zone hat sich jetzt reichliches Pigment gebildet. 5) Am 35.—40. Tage zeigt der Nerv und die Nervenfaserschicht deutliche Zeichen der Rückbildung. Das Pigment hat an Menge be- deutend zugenommen. 6) Bei der erwachsenen Iguana zeigt das Pinealauge die für rudimentäre Organe charakteristischen individuellen Schwankungen und Abweichungen. 7) Die nervösen Elemente scheinen fast ganz in der Retina ver- schwunden zu sein, und die Pigmentbildung hat eine Ausdehnung ge- wonnen, die manchmal jede Erkenntniss der Structurverhältnisse un- möglich macht. II. Der Parietalnerv. 1) Der das Pinealauge innervirende Nerv ist seiner Entwicklung nach nicht den Sehnerven der paarigen Augen gleichwerthig. 2) Am Ende des 9. Tages ist bei Iguana noch keine Spur eines in die von der Zirbel schon vollständig abgeschnürten Augenblase ein- dringenden Nerven zu sehen. 3) Am 14. Tage ist der Nerv gebildet und zieht vom Boden der Augenblase zu einer im Dache des Zwischenhirns liegenden Zellen- anhäufung, dem Parietalcentrum. 4) Das Parietalcentrum liegt asymmetrisch rechts von der Mittellinie, unmittelbar nach vorn von der Zirbelausstülpung. 5) Am 24.—26, Tage hat sich der Nerv mit einer bindegewebigen 276 A. KLINCKOWSTROM, Scheide (Perineurium) umgeben, und das Parietalcentrum liegt nun im Bereiche des rechten Ganglion habenulae. 6) Am 35—40. Tage zeigt der Nerv unzweideutige Rückbildungs- erscheinungen, die schon zum Schwund seiner centralen Theile gefiihrt zu haben scheinen. 7) Beim erwachsenen Thier sind die nervösen Elemente völlig atrophirt, und nur das verdickte Perineurium bleibt vom Parietal- nerven übrig. 8) Bei einigen Embryonen von Iguana kommen zwei Parietal- nerven, einer aus jedem Ganglion habenulae, vor. III. Die proximale Zirbel. 1) Am Ende des 9. Tages hat die Zirbel bei Iguana die Gestalt einer mit dem 3. Ventrikel communicirenden Blase, die eine mit der Parietalaugenblase vollkommen übereinstimmende Structur zeigt. 2) Im Laufe der Entwicklung bekommt die Zirbel eine innere Wimperbekleidung und wandelt sich allmählich in einen länglichen Schlauch um. 3) Die untern (proximalen) Theile der Zirbel behalten eine an das Medullarrohr erinnernde Structur, während die distalen Theile eine an die Retina des Parietalauges erinnernde Entwicklung durchlaufen. 4) Die kegelförmige Zirbel des erwachsenen Thieres behält in ihrem distalen Theile die schlauchförmige Gestalt wie beim Embryo, während sie in ihrem proximalen Theile durch Wucherungen der Wand eine folliculäre Umwandlung erfährt. 5) Die Epiphysisausstülpung von Tejus zeigt in früh-embryonaler Zeit ganz wie diejenige von Iguana eine Einschnürung, die einen distalen Theil (Pinealaugenblase) und einen proximalen Theil (Zirbel) zu unter- scheiden erlauben. 6) Später schwindet diese Einschnürung wieder, und die ganze primäre Epiphysisausstülpung entwickelt sich zur Zirbel. 7) Die Zirbel zeigt in einem (der 24—26tägigen Iguana ent- sprechenden) Stadium Spuren von Pigment, die aber nachher wieder zu verschwinden scheinen. 8) Bei einem Embryo von Iguana zieht ein dem Parietalnerven ganz ähnliches Nervenbündel vom hintern Theile des Zwischenhirndaches zur Hinterseite der Zirbel. 9) Bei einigen Zguana-Embryonen und bei einem erwachsenen Thier hat sich an der Spitze der proximalen Zirbel ein secundäres, pigmentirtes „Zirbelauge“ entwickelt. Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 277 IV. Schlussbemerkungen. 1) Das Parietalorgan der Petromyzonten ist mit demjenigen der Saurier vollkommen homolog, und sämmtliche Theile bei diesen haben ihr Homologon bei jenen, wie aus Iguana. 1) Parietalauge. 2) „Zirbelauge“ und distaler Theil des Zirbelschlauches. 3) Proximaler Theil des schlauches. 4) Rechter Parietalnerv. 5) Linker Parietalnerv. 6) Parietalcentrum. 7) Hinterer Zirbelnerv. Zirbel- folgender Uebersicht erhellt: Petromyzon. 1) Untere Augenblase. 2) Obere Augenblase. 3) Zirbelstiel. 4) — 5) Linker Parietalnerv. 6) Zirbelpolster. 7) Nervenfasern von der Gegend der Commissura posterior zur obern Augenblase. 2) Die wirkliche Bedeutung des Parietalorgans von Chamaeleo, Cyclodus u. a. kann nur durch weitere embryologische Untersuchungen festgestellt werden. 3) Auch ausserhalb der Cyclostomen und Saurier ist es möglich, Spuren von der Theilung der primären Epiphysisausstülpung in Parietal- auge und Zirbel in früh-embryonaler Zeit wiederzufinden. Stockholm, 1893. 278 10! A. KLINCKOWSTRÖM, Literatur. . AHLBORN, F., Das Gehirn der Petromyzonten, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 39, p. 191. € Béraneck, Ep., Ueber das Parietalauge der Reptilien, in: Jenaische Zeitschr. f. Nat., Bd. 21 (N. F. Bd. 14), p. 374. — —, Sur le nerf pariet. et la morphologie du 3™° ceil des Ver- tebres, in: Anat. Anz., Jahrg. 7, p. 674. FRAncoTTE, P., Recherches s. le dével. de l’epiphyse, in: Arch. de Biol: AS "pl 215%: GaskELL, On the origin of Vertebr. from a Crustacean ancestor, in: Quart. Journ. Micr. Sc., (N. 8.) vol. 31, p. 379. Horrmann, C. K., in: Bronn’s Kl. u. Ord. d. Thierreichs; Reptilien, Ths: Kuincxowstr6m, A., Le prem. dével. d. I’ wil pinéal chez Iguana tuberculata, in: Anat. Anz., Jahrg. 8, p. 289—299. Rrrrer, W. E., The parietal eye in some Lizards, in: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard Coll, vol. 20, No. 8, 1891. Spencer, B., The pres. and struct. of the pineal eye in Lacertilia, in: Quart. Journ. of Micr. Sc., (N. 8.) vol. 27, p. 165. StranuL & Martin, Die Entw. d. Pinealauges bei Anguis fragilis, in: Arch. f. Anat. u. Physiol, Anat. Abth., Jahrg. 1888, p. 146. : 20 <0 Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. 279 Erklärung der Abbildungen. Tafel 14. Fig. 1. Querschnitt durch das Parietalauge eines 26tägigen Em- bryos von Iguana. (Nacuer, Ob. 6 X Oc. 1.) Fig. 2. Sagittalschnitt durch das Parietalauge einer erwachsenen Iguana. (Nacuer, Ob. 6 X Oc. 1.) Fig. 3. Ursprung des Parietalnerven bei einem 14tagigen Embryo von Iguana (Sagittalschnitt). PA Parietalnerv, PC Parietalcentrum, C Commissur, M Mesodern, bl Blutgefäss. (Nacaer, Ob. 7 X Oc. 3). Fig. 4. Zirbelspitze und Parietalnerv eines 26tägigen Embryos von Iguana (Sagittalschnitt). E Zirbel, Pl Plexusfalten. (Nacnet, Ob. 7 X Oc. 1.) Fig. 5. Querschnitt durch die Zirbel einer jungen Iguana. El Lumen der Zirbel, PN Rückgebildeter Parietalnerv. (NAcHEr, Ob. 6 X Oc. 2.) Fig. 6. „Zirbelauge“ einer erwachsenen Iguana. ZA ,Zirbelauge“, ZP Zirbelspitze, P Pigmentzellen. (Nacuet, Ob. 3 X Oc. 3.) Tafel 15. Mikrophotographien von einigen besonders wichtigen Schnitten durch Parietalauge und Zirbel bei Iguana. Fig. 7. Sagittalschnitt durch die Zirbel eines 9tägigen Embryos (zu vergleichen mit Fig. A und H. Vergr. 150} ). 280 A. KLINCKOWSTRÖM, Beiträge zur Kenntniss des Parietalauges. Fig. 8. Sagittalschnitt durch das Parietalauge eines 18tägigen Embryos. Vergr. 285}. Fig. 9. Schnitt aus derselben Serie wie Fig. 8; man sieht den Parietalnerven sich vom Auge bis zum Zwischenhirndach erstrecken (zu vergleichen mit Fig. C). Vergr. 58/,. Fig. 10. Schnitt aus derselben Serie wie Fig. 9, nur mehr medial. Vergr. 587: Fig. 11. Schnitt aus derselben Serie wie Fig. 10, den Verlauf des hintern Zirbelnerven zeigend (zu vergleichen mit Fig. B). Vergr. 58/,. Fig. 12. Ein Theil desselben Schnittes unter stärkerer Vergrös- serung, um den Austritt des Nerven zu zeigen. Vergr. ?°°/,. Fig. 13. Querschnitt durch das Parietalauge eines 26tägigen Em- bryos (zu vergleichen mit Fig. 1). Vergr. 15°/,. | Fig. 14. Sagittalschnitt durch die Zirbel und das Parietalauge eines 26tägigen Embryos (zu vergleichen mit Fig. 4 und Fig. E. Vergr. 55/,. Fig. 15. Sagittalschnitt durch das Parietalauge einer erwachsenen Iguana (zu vergleichen mit Fig. 2). Vergr. 58/.. Fig. 16. Schnitt durch das „Zirbelauge“ desselben Thieres (zu vergleichen mit Fig. 6). Vergr. °8/,. (Sämmtliche Negative sind auf Epwarp’s isochromatischen Platten aufgenommen.) D Nachdruck verboten, Uebersetzungsrecht vorbehalten. Die Gattung Gastropteron. Von Prof. Dr. R. Bergh in Kopenhagen. Hierzu Tafel 16 u. 17. Die Steganobranchien (Tectibranchien) zerfallen nach P. Fischer !) in drei grosse Gruppen, die Cephalaspidea (Bulliden sensu lat.), die Anaspidea (Aplysien) und Notaspidea (Pleurobranchiden). Die as pido- cephalen Steganobranchien zeichnen sich vor den andern Gruppen durch das Dasein eines besondern Stirnschildes aus. Eins der Endglieder dieser Gruppe bilden neben den Philiniden die Gastro- pteriden; von denselben sind durch Reduction die Doridiiden abgeleitet. In einer unter der Leitung von Jon. Fr. MEckEL (1813) entstan- . denen Inaugural-Dissertation ?) hat Kosse diese so ausgeprägte und nicht verkennbare Thierform an zahlreichen, von MEckeEr bei Napoli gesammelten Individuen untersucht und derselben den Gattungs- namen Gastropteron beigelegt. Im folgenden Jahre (1814) wurde die- selbe von RAFINESQUE unter dem Namen Sarcopterus erwähnt, aber in seiner gewöhnlichen Manier; selbst mit Kenntniss der Beschreibung und der Figuren von Kosse war die Identificirung (BLAINVILLE) des Sarcopterus mit dem Gastropteron nicht leicht *). Noch ein Jahr später 1) P. Fischer, Man. de Conchyliologie, 1887, p. 550—551. 2) J. Fr. J. Kosse, De pteropodum ordine et novo ipsius genere, 1813, p. 10—16, fig. 11—14. 3) RAFINESQUE, Quadro dei generi di moll. pteropodi, in: Specchio delle Sc., vol. 2, 11., 1 Nov. 1814. — Rarınesqur, Précis des découy. somiologiques, 1814. — Vgl. Binney and Tryon, The complete writings of Const. Smauız RAFINESQUE, 1864, p. 10, 12, 16. 289 R. BERGH, (1815) hat Oken') dieselbe Gattung in sein Lehrbuch, aber den von ihm gegebenen Namen Parthenopia vorziehend, aufgenommen. Die Gattung wurde schnell eingebürgert, kommt aber bei den Malacologen meist unter dem Namen Gasteropteron vor. Sie wurde, und zwar von Anfang ab, mehrfach unter die Pteropoden gestellt, erst BLAINVILLE ~ (1825) rangirte sie?) unter den Acères (Bulliden). DELLE CHIAJE ®) lieferte (1823, 1841) einige Notizen über den innern Bau dieser Thier- form (Clio amati p’Cu.), welche etwas über die von KossE gegebenen hinausgingen. Später figuriren die Gastropteren in den verschiedenen malacologischen Lehrbüchern und Sammelwerken, ohne dass jedoch die Kenntniss derselben in irgend einer Weise erweitert worden wäre, bis auf einige Notizen von Hancock *) (1852) über das Stirnschild (Ge- ruchsorgan) und vor allem die von SOULEYET (1852) gelieferte °) all- gemeine anatomische Untersuchung des Thieres. Einige Jahre nachher (1860) veröffentlichte Kroun ©) etliche Bemerkungen über die Schale und die Larve dieses Gastropteron. Nach einer längern Pause folgt dann (1877) die wichtige, wenn auch nicht ganz genaue Arbeit von JHERING *) über das Nervensystem des Gastropteron und endlich (1880) die vorzügliche, monographisirende Abhandlung von VAYSSIÈRE *). In seiner bekannten Arbeit über die Geruchsorgane und das Nerven- 1) Oxen, Lehrb. d. Zoologie, Bd. 1, 1815, p. 830. 2) BEN LE, Man. de Malacologie, 1825, » 479. — Rang, Man: ? . de Vhist. nat. des moll, 1829, p. ies wee PHILIPPI, Enumer. moll. Sie. vol. 1, 1836, p. 124; vol. 2, 1844, p. 97. — CanTRAINE, Malacol. méditerr., 1841, p. 83—85, tab. 4, fig. 4. 3) DELLE CHIAIE, Mem. sulla storia e notomia degli an. senza ver- tebre, vol. 1, 1823, p. 53—59, tab. 2, fig. 1—8. — Descr. e pro degli an. della Sicilia citeriore, vol. 5, 1841, p. 81—82; vol. 6, 1841, tab. 55. 4) Fete, On the olf. appar. in the Bullidae, in: Ann. Mag. Nat. Hist., (2. 8.) vol. 9, 1852, p. 189—190. 5) Voy. ae la Bonite, Zool. T. 2, 1852. 6) A. Kroun, Ueber die Schale und die Larven d. Gasteropteron Meckelii, in: Arch. f. Naturg., Jg. 26, Bd. 1, 1860, p. 64—68, tab. 2, fig. 2, 3. 7) H. v. JueriG, Vergl. Anat. d. Nervensystems u. Phylog. d. Mollusken, 1877, p. 213—214, tab. 3, fig. 11. 8) Vayssıcar, Rech. anat. sur les moll. de Ja fam. des Bullidés, in: Bibl. de l'Ec. des Hautes Et., Sect. des sc. natur., T. 20, art. 2, 1880, p. 11—72, tab. 1—6. — Vayssière, Rech. zool. et anat. sur les moll, opisthobr. du Golfe de Marseille, I. Tectibranches, 1885, p. 39— 43, tab. 2, fig. 35—41. Die Gattung Gastropteron. 283 system der Mollusken (1881) hat SPENGEL !) schliesslich einige werth- a volle Beiträge gegeben. Die Gruppe der Gastropteriden umfasst bisher nur die Gattung Gastropteron Kosse. Corpus anterius supra disco cephalico (tentaculari) tectum postice soluto et magnopere mobili. Corpus posterius liberum (a cauda pedis solutum), breve-sacciforme; anteriore parte dextri lateris limbo palliah prominenti praeditum (postice interdum in flagellum abienti). Solea utringue in pleuropodium latissimum continuata. Testa interna tenuissima, cuticularis, anfractu ultima latissima, spira parva calcarea. Bulbus pharyngeus fortis, duabus partibus compositus; anteriore majore, subprismatica, taenüs circularibus confertis cincta, et pone sicut intra aperturam oralem superne utrinque lamina mandibulari obliqua instructa ; et posteriore e massa lingual: formata. Radula non multiseriata; rhachis viz angusta nuda; pleurae dente laterali magno et serie dentium externorum (5) brevi. Ventriculus inermis. — Prostata elongata. Glans penis sine sulco. Die Gastropteren erhalten durch die colossalen Pleuropodien eine eigenthiimliche Gestalt, die sie augenblicklich kenntlich machen. Der Vorderkörper ist oben durch ein wappenschildförmiges Schild bedeckt, dessen Hinterende frei hervorragt, sehr beweglich ist und mit nach oben?) gleichsam sipho-artig zusammengerollten Rändern als Tastorgan fungirt. Der kurz-sackförmige Hinterkörper ist ganz frei, vom Hintertheile des Fusses (dem Schwanze) gelöst; längs etwa der vordern Hälfte des rechten Seitenrandes findet sich ein kleines Mantelgebräme, das von oben die Kieme und die in ihrer Nachbarschaft liegenden Oeffnungen deckt; hinten setzt sich das Ge- bräme bei der typischen Art in eine sehr bewegliche Peitsche (Fia- gellum) fort?). Die Samenrinne und die Geschlechtsöffnungen wie in 1) Spencen, Die Geruchsorg. u. das Nervensystem d. Mollusken, in: Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. 35, 1881, p. 359, tab. 17, fig. 7, tab. 18, fig. 21. 2) Bei den todten Individuen waren die Ränder immer nach unten eingerollt. 3) Auch bei den Doridien kommen einige Arten mit (vgl. Taf. 17, Fig. 28), andere ohne Flagellum vor. Zool. Jahrb. Vil. Abth. f. Morph. 19 284 R. BERGH, den nächststehenden Gruppen, ebenso (die Nierenpore und) die Anal- papille. Die Fussohle hinten mit einer ausgeprägten langen Driise; der Schwanz lang. Der Fuss setzt sich jederseits in einen machtigen Fussfliigel fort. Es findet sich eine innere, äusserst dünne, cuticulare und deshalb lange übersehene Schale, deren letzte grosse und weite Windung einen grossen Theil der hintern Eingeweidemasse von oben deckt; das kleine hintere Ende der Schale ist nautiloid mit einem Paar Windungen und etwas, bald mehr bald weniger, verkalkt. Der starke Schlundkopf besteht gleichsam aus zwei Theilen; einem vordern grössern , von fast prismatischer Form und mit dicht stehenden circuliren Muskelbändern ausgestattet; dicht innerhalb des Mundes findet sich oben jederseits eine kleine, schmale, gelbliche, schräg stehende Mandibelplatte, aus dicht gedrängten Stäbchen zusam- mengesetzt; — und einem hintern Theile, von der Zungenmuskelmasse gebildet. Die Raspel enthält eine nicht bedeutende Anzahl von Zahn- plattenreihen; die Rhachis ist nicht sehr schmal, nackt; an den Pleurae kommt eine sehr starke Seitenzahnplatte vor und eine kurze Reihe von (5) schwächern Aussenplatten ; die Formel ist also: 5.1.0.1.5. Der Magen ist unbewaffnet. Die Glans penis zeigt keine Furche. Die Prostata sehr lang, cylindrisch. Von der Gattung war bisher nur eine einzige Art, die unten- stehende aus dem Mittelmeere, bekannt; hier kommt eine neue aus dem Stillen Meere hinzu !). 1. Gastropteron meckeli BLAINV. M. mediterr. 2. Gastr. pacificum Ban. M. pacific. 1. Gastropteron meckeli BLAINV. Taf. 16, Fig. 1—27; Taf. 17, Fig. 1—10. Gastropteron Kossz, 1. c. 1813 ?). Gastroptera meckeli Bzainv. 1. c. 1825, p. 479. 1) Das von A. Apams (On some new sp. of moll. from the North of China and Japan, in: Ann. Mag. N. H., (3. 8.) vol. 8, 1861, p. 139—140) erwähnte Gastropteron sinense dürfte nach der Diagnose (!) und Be- schreibung kaum als mit dem G. pacificum identisch betrachtet werden können, eher vielleicht als eine Varietät des G. meckeli. 2) Die Artbenennung Gastropteron meckeli findet sich nirgends bei Kosse. Der Artname scheint von Bramvınıe (1825) zu stammen. Die Gattung Gastropteron. 285 Clio amati ». Cutasn, 1. c. vol. 1, 1823, p. 53—59, 69, 72, tab. 2, fig. 1—8. Gasteropteron meckelii p. Cutasn, 1. c. vol. 2, 1841, p. 84—88; vol. 5, 1841? p. 81; vol. 6, 1841, tab. 55. — Nova ed. vol. 5, p. 81. Color clypei frontalis sicut podarii cum pleuropodiis purpureus vel e rubro aurantiacus vel roseus ; clypeus frontalis sicut pleuropodia albo marginata; ubique in partibus rubris maculae albidae ut pluri- mum parciores. Limbus pallialis cum flagello. Hab. M. mediterr. Von dieser Form hatte ich in der Station von Napoli im Jahre 1877 Gelegenheit drei lebende Individuen zu untersuchen und zu beobachten. Dieselben variirten an Länge von 16-21 mm; Vaysstkre (l. c. p. 15) giebt die Länge zu 20—24 mm an bei einer Breite von 25—30. — Die mächtigen Pleuropodien waren von bräunlich- scharlachrother Farbe, ein wenig stärker an der Aussen- als an der Innenseite, auch kräftiger gegen den freien Rand hin gefärbt; VAYSSIERE zu Folge (l. c. p. 16) variirt die Farbe aber, dem Aufent- haltsboden nach, von schwacher Rosafarbe bis schmutzig Rosa-orange und Purpurroth. Der Rand der Pleuropodien ist durch eine sehr feine, unter der Loupe aus feinsten Punkten gebildete weisse Linie geziert. An der Aussenseite der Fussflügel eine geringe Anzahl von theilweise nicht ganz kleinen, etwas länglichen, rundlichen oder un- regelmässigen weissen Flecken, die spärlicher an der Innenseite vor- kamen. Die Fussohle roth, mit spärlichen weissen Flecken. Die Um- gegend des Aussenmundes orangegelb. Der Rücken des Körpers röthlich, vorn und hinten, besonders am Grunde des Flagellums, stärker roth; die schöne weisse Randlinie der Pleuropodien setzt sich, hier etwas breiter, auf den Vorderrand des vordern Schildes fort und mitunter rings um dasselbe hinauf; eine ähnliche Linie, schwach bläulich schimmernd, erstreckt sich längs des Flagellums und nimmt die Spitze desselben vollständig ein. Die Körperseiten weisslich; die Kieme röthlich-gelb. Diese Individuen wurden an der Wasseroberfläche kriechend von mir gesehen sowie an der Wand des Glasbehälters; die Pleuro- podien waren dann emporgeschlagen, mit dem Rande sich deckend, meistens klappte der rechte Fussflügel über den linken; vorn ragte das nach vorn umgeschlagene Hinterende des Vorderschildes mit hinauf- und zusammengebogenen, gleichsam einen Sipho bildenden Rändern 135 286 R. BERGH, mehr oder weniger hervor !); hinten zeigte sich die Peitsche (Flagellum), die sich fingerartig suchend bewegte, meistens nach hinten und oben so- wie etwas nach rechts getragen. VAyssıERE sah die Thiere nie an dem Meeresspiegel oder an dem Wasserspiegel in der Glasschale am Fusse hingleiten; DELLE CHIAJE hat aber solches schon beobachtet. Schwimmend bewegen die Thiere sich lebhaft und oft sehr schnell und dann fast wirbelnd, indem die Fussfliigel, beide gleichzeitig, ab- wechselnd über den Riicken und unter dem Fusse zusammengeschlagen werden, während das etwas gehobene Vorderschild der Schwimm- richtung nach bewegt und die Peitsche zusammengezogen und gerade gehalten wird. Die Fischer der Umgegend von Napoli nennen das Thier wegen dieses Schwimmens ganz bezeichnend palommella di mare oder farfalla marina. — Diese Thiere leben meistens in einer Tiefe von 35—80 Meter auf Sandboden, auch in geringerer Tiefe, an der Grenze des Corallen- oder Zosteren-Bodens (VAYSSIERE, S. LO BIANCO) ?). Die Nahrung ist animalisch, hauptsächlich aus Foraminiferen und andern ganz kleinen Thieren bestehend. Die Copulation ist nie bei dieser Form beobachtet; Kroun hat?) die ersten Stadien der Ent- wicklung oberflächlich gesehen. Ausser den oben erwähnten drei Individuen aus dem Golfe von Napoli habe ich noch mehrere (9), theilweise sehr grosse Individuen aus der Station von Triest (GRAEFFE) und ein Paar kleinere aus dem Busen von Marseille, alle in Alcohol schön conservirt, unter- suchen können. Die Individuen variirten ziemlich an Grösse, in Länge (der Pleuropodien) von 18—33 mm. Die drei grössten stimmten in diesen Verhältnissen fast vollständig überein; die Länge der Pleuropodien betrug 27—33, die Breite der Thiere bei ganz ausgeschlagenen Fuss- flügeln 35—42 mm, die Dicke dieser Organe (am Grunde) bis 3,2 mm. Die Länge des eigentlichen Körpers 22—24 mm, von welchen die 16—18 auf den Hinterkörper kamen, bei einer Höhe bis 14—12 und einer Breite bis 14—12 mm; die Breite des Vorderschildes 1O—11 mm, der freie Hinterrand desselben in der Mitte bis 6—6,5 mm vortretend; 1) Meistens ragte der umgebogene Schild viel stärker, als von Vayssière (1 c. 1885, tab. 2, fig. 36) dargestellt, hervor. 2) in: Mitth. aus der Zool. Stat. zu Neapel, Bd. 8, 1888, p. 418. 1) A. Kroun, Ueber die Schale und die Larven d. Gasteropteron Meckelii, in: Arch. f. Naturg., 26. Jahrg., Bd. 1, 1860, p. 64—68, taf. 2, fig. 2, 3. Die Gattung Gastropteron. 287 die Linge des Schwanzes 12—13, der zusammengezogenen Peitsche 3—5 und der schlaffen 5—8, der Kieme 6—8 mm. — Die Farbe aller dieser Individuen war noch sehr schén erhalten, gelbroth oder noch mehr roth, besonders an der ganzen Bauchseite und an der obern Seite der Pleuropodien, am Vorderschild mitunter ein wenig blasser, be- sonders vorn; am Hinterkérper mehr hell réthlich-grau oder rôthlich- gelblich, am (rechten) Mantelgebräme und an der Peitsche wieder stark roth oder scharlachroth. Die Kieme hell roth-gelblich oder (seltener) mehr gelblich mit oft zusammenfliessenden rothen Flecken am freien Rande der Blätter. An beiden Seiten der Fussflügel grössere und kleinere, rundliche, länglich-ovale und unregelmässige, weisse Flecken von einem Durchmesser bis zu (aber selten) 6 mm; in ge- ringerer Menge und kleiner kommen solche oft auch am Vorder- schilde und an der Fussohle vor. Der Rand der Fussflügel so wie auch die Ränder des Stirnschildes und der äussere Rand der Peitsche von einer weissen Linie eingefasst, die sich über das Ende der letz- tern ganz verbreitet. Die Umgegend des Aussenmundes gelb oder gelblich. Durch die Bedeckungen des Hinterkörpers schimmerten mehr oder weniger deutlich an der Unterseite ganz vorn die Windungen der Prostata durch, dann mitunter die gelbe Schleimdrüse, ferner der graue Magen, der Pylorustheil des Darmes und die röthlich - gelbe Leber. An der obern Seite schimmerte die Kieme gelblich durch das Mantelgebräme; hinter derselben die weissliche (bis 3 mm vortretende) Analpapille; innerhalb des Mantelgebrämes die rothe Blutdrüse und mehrere Windungen des grauen oder grünlich-grauen Darmes, ferner die stark gelblichen Lappen der Leber und mehr hinten die gelb- _rothe verzweigte Zwitterdrüse. Von der Unterseite betrachtet, zeigt sich diese Thier- form wegen der grossen (ausgeschlagenen) Fussflügel als eine rund- liche oder ein wenig quer-ovale Scheibe, meistens mit einem geringen oder etwas tiefern medianen Ausschnitte des Vorderrandes, in welchem der Kopf (der Aussenmund) erscheint; der eigentliche Fuss ist nur undeutlich von den Fussflügeln zu unterscheiden. — Von der obern Seite, bei ausgeschlagenen Fussflügeln, gesehen, zeigt sich, unten gleichsam von den Flügeln eingefasst, der Körper des Thieres, welcher nur in einer geringen Strecke, die der Länge und fast der Breite des Vorderschildes entspricht, an den Fuss befestigt ist; der grosse Hinter- körper ruht also nur an dem Fuss (Schwanze) und ist von dem- selben frei. 288 R. BERGH, An der obern Seite ist ein Vorderkörper vom Hinterkörper deut- lich geschieden. Die untere Seite des Vorderkörpers ist mit dem Fusse verwachsen; die obere ist viel grésser, mitunter etwa doppelt so gross wie die untere Seite, vom grossen Stirnschilde gebildet. Dasselbe steigt etwas schräg nach hinten empor, ist abgeplattet oder ein wenig convex, ganz eben; die Form ist mehr oder weniger deutlich fiinfeckig; der Vorderrand gerade oder ein wenig (einfach oder zweifach) ausgekerbt, mit dem Kopfe verwachsen; die Seitenränder parallel oder ein wenig auswärts divergirend, über die Körperseiten etwas vortretend; die nach innen allmählich breiter werdenden, convergirenden Hinterränder bilden mit ihrer etwas ausgezogenen Mittelpartie, deren Ränder nach unten (nach dem Tode) meistens etwas eingerollt sind, gleichsam eine Art Sipho, welcher so wie überhaupt die Hinterränder den vordern Theil des Hinterkörpers deckt. — Dieser Hinterkörper ist mehr als doppelt so lang wie der Vorderkörper und etwas dicker, ganz kurzwurstförmig; das Vorderende, vorn in den eigentlichen Vor- derkörper übergehend, vom Hinterrande des Schildes gedeckt, ist durch dasselbe etwas abgeplattet; das etwas dickere, gerundete Hinter- ende ein wenig nach rechts gedreht. Längs des rechten Randes dieses Hinterkörpers verläuft in seinen vordern drei Vierteln ein dünnes Mantelgebräme, ziemlich schmal (bis 3 mm breit), das die Kiemenhöhle und die derselben zunächstliegenden Organe von oben deckt (Taf. 17, Fig. 1 b); hinten biegt sich das Gebräme etwas nach oben und verlängert sich in die cylindrische, spitz zulaufende Peitsche (Fig. 1 d); eine seichte Einsenkung hinter der letzten Strecke des Gebrämes (oberhalb der Analpapille), mitunter nach hinten von einer schwach vortretenden Linie begrenzt, stösst an die Gegend der Zwitter- driise. An der linken Seite, dem Mantelgebräme gegenüber, markirt eine schwach vortretende Linie gleichsam das Fehlen derselben. Die ziemlich starke Kieme bildet (Taf. 17, Fig. 1 c; Taf. 16, Fig. 18, 19) ein etwas zusammengedrücktes, der Kante nach gebogenes, nach hinten spitz zulaufendes, nur in der Spitze ganz freies semipennates Organ. Dasselbe ist mit breiter Grundfläche am Boden der kleinen Kiemen- höhle befestigt; von der Grundfläche erhebt sich dann der flügelartige Fortsatz, der die Grundlage der Kieme und die Anheftungsstelle der Blätter ist, der Unterrand dieses Flügels präsentirt sich gleichsam als eine Rhachis der Kieme; die Innenseite des Flügels ist eben oder fein senkrecht gefurcht; an der Aussenseite sind die schrägen Kiemenblätter befestigt. Diese letztern, an Anzahl meistens 25—30 betragend, sind an beiden Seiten mit feinen Querfalten versehen (Fig. 18, 19), deren | Die Gattung Gastropteron. 289 Anzahl meistens 20—25 betrug; die Kiemenblätter nehmen vom Grunde gegen die Spitze an Höhe und Breite allmählich ab; ihre obere Spitze ist frei, ein wenig gebogen, die freie Spitze der Blätter absolut und relativ ein wenig länger gegen das Ende der Kieme hin. — Hinten, am Grunde der Kieme, die nach hinten gerichtete, stark vortretende, abgestutzte, dicke Analpapille (Fig. 157, 16 a). Oben am Grunde der letztern zeigt sich immer sehr deutlich die schwarze Nieren- pore (Fig. 15%, 16 5). Vorn am Grunde der Kieme findet sich die deutliche, aber wenig vortretende Vulva, von derselben fängt mit einer geringen Erweiterung die ein wenig vortretende Samenrinne an, die sich längs der rechten Seite des Vorderkörpers bis an die Penis- öffnung unweit vom Munde fortsetzt (Fig. 26 c). — Die Körper- seiten (des Vorderkörpers) ziemlich niedrig, besonders vorn, nach oben in die Furche zwischen dem Stirnschild und dem Hinterkörper, nach hinten in die Unterseite des letztern übergehend. Längs der rechten Seite verläuft die erwähnte Samenrinne. — Der Fuss, wie erwähnt, breit; im ausgekerbten Vorderrande ein suborales, durch hellere Farbe ausgeprägtes Drüsenlager. Median am Hinterende (Schwanze) zeigt sich an der Unterseite durchschimmernd ein, meistens jederseits von einer ganz feinen Falte eingefasster, etwa 2—3,5 mm langer, schmaler, etwas hellerer, schwach gelblicher Streifen, der mit einer ganz feinen Oeffnung in einigem Abstande vom Schwanzende endigt; von der schrägen Pore zieht eine mediane Furche an das Schwanzende, mitunter mit einem dünnen, aus der Pore austretenden _ (Fig. 22 c) Schleimfaden versehen; es ist die hintere Fussdrüse. Die Fussflügel etwas länger, aber besonders breiter als der eigentliche Fuss, gegen den Rand hin allmählich etwas dünner, der Rand mit- unter ganz fein rundzackig. Die zuerst von DELLE CHIAJE, dann von KROHN theilweise ge- sehene, danach von VAYSSIÈRE !) genauer untersuchte Schale liegt frei in einer engen Höhle unterhalb der allgemeinen Bedeckungen des Hinterkörpers; die untere Wand dieser Höhle wird von einer dünnen Membran gebildet, welche die Eingeweidemasse einhüllt uud die Schale absetzt. Die äusserst dünne, fast farblose, ganz cuticulare Schale deckt mit ihrer letzten weiten Windung die ganze hintere Eingeweide- masse von oben. Die cuticulare Schale setzt sich hinten in eine ganz kleine, unter der Lupe als ein kleiner weisslicher Punkt sichtbare, dünne, verkalkte, weisse fort, deren letzte Windung noch ziemlich weit 1) Vayssière, 1. c. 1880, p. 18, tab. 1, fig. 3. 290 R. BERGH, ist und sich in eine kleine Spira von etwa 11/, Windungen fortsetzt. Die Schale ist radiat streifig, sehr leicht in kleine eckige Tafelchen zer- brechend; der Durchmesser durch die letzte Windung der kalkigen Schale bis etwa 0,7 mm betragend, der Diam. der kleinen Spira etwa 0,13 mm (vergl. Taf. 17, Fig. 12, 18). Wenn das Thier von oben der Länge nach geöffnet wird, zeigt sich an der Grenze zwischen Vorder- und Hinterkörper ein starker Ringmuskel, an welchen sich das diinne zusammenhangende Lager von Längsmuskeln heftet, das den Hinterkörper deckt. Von der — Gegend des Ringmuskels geht ein mit dem Vorderende der Einge- weide des Hinterkörpers verschmolzenes Dissepiment aus, das im Innern die aussen angegebene Trennung in zwei Körpertheile durch- führt. Die vordere Körperhöhle enthält das Centralnerven- system, den Schlundkopf und die Speiseröhre mitsammt den Speichel- drüsen, und vorn rechts den Penis mit der langen, gewundenen, unterhalb der andern Eingeweide liegenden Prostata. Das Dissepiment wird hinten von der Speiseröhre, der Aorta ant. und von Nerven durchbohrt. Nach Spaltung des erwähnten Längsmuskellagers und Entfernung der membranösen Schale zeigen sich die dicht unter jenem liegenden, die hintere Körperhöhle ganz ausfüllenden Einge- weide; ganz vorn und rechts das Pericardium, hinter demselben die grosse weisse Niere, innerhalb dieser und jenes die langgestreckte, lappige Blutdrüse; zur linken Seite derselben und der Niere die gelb- liche oder roth-gelbliche Leber mit der langen, wegen des Inhalts meistens grauen Schlinge des Darmes; hinten an der obern Seite der Leber endlich die lappige, rothe Zwitterdriise. An der Unterseite der hintern Eingeweidemasse zeigt sich vorn der durchschimmernde graue Magen, ganz hinten mitunter ein Theil der Zwitterdrüse, sonst nur die Leber. Der vorzüglichen Untersuchung des Centralnervensystems von VAYSSIERE (l. c. p. 57—69, tab. 5, fig. 42, 47; tab. 6, fig. 48, 49, 55) ist fast gar nichts hinzuzufügen. — Bei den meisten der in Alcohol aufbewahrten Individuen fand sich dasselbe den vordersten Theil des Schlundkopfes umfassend, also weit nach vorn liegend, seltener an der Mitte desselben. Es ist mehr oder weniger an verschiedenen Stellen von klaren Zellen umhüllt; seine Farbe ist meistens weisslich ; die Nervenzellen, besonders die der pedalen und der pleuralen Ganglien, erreichen einen Durchmesser bis 0,16—0,2 mm. — Die cerebralen Ganglien (Taf. 16, Fig. 1 a) sind etwas abgeplattet, von rundlichem Die Gattung Gastropteron. 291 oder (besonders das linke) kurzovalem Umrisse; die (obere) ver- bindende Commissur höchstens nur unbedeutend länger als der grösste Durchmesser des Ganglions, mitunter viel kürzer (Fig. 1 a); sie sind ferner durch eine ziemlich weite, dünne untere inter- cerebrale Commissur, welche erst von VAYSSIERE gesehen wurde, verbunden. Der Gehirnknoten giebt einen Nerven an den vordern Theil des Stirnschildes; dann einen dickern, der unweit von diesem Ganglion ein kurzspindelförmiges Ganglion (Fig. 1) bildet, von welchem Nerven durch die Länge des Stirnschildes hinaufsteigen, von diesem letztern Ganglion geht der nicht kurze, dünne N. opticus nach oben und hinten ab; dann zwei dünnere und ein dickerer Nerv an den Aussenmund und die Mundröhre; endlich geht vom hintern Theile des Gehirnknotens der dünne N. auditivus (Fig. 1, 2 a) ab, und nach (Fig. 1%) hinten die ziemlich lange cerebro-buccale Commissur. Durch ein etwas längeres vorderes -äusseres Connectiv steht das Cerebral- ganglion mit dem pedalen Ganglion in Verbindung, durch ein kurzes oder (rechts) sehr kurzes hinteres-inneres mit dem pleuralen. — Die etwas mehr gelblichen pleuralen Ganglien bestehen jedes aus 3 gesonderten Ganglienknoten; das rechte pleurale (Fig. 1 c) Ganglion zeigt dieselben aber von einer gemeinschaftlichen Kapsel umhüllt, während sie im linken (Fig. 1 d) von einander mehr getrennt sind. Das rechte pleurale Ganglion ist so gross oder ein wenig grösser als der Gehirnknoten, auch ein wenig abgeplattet, von gerundetem, dreihöckerigem Umrisse; die drei deutlich geschiedenen, aber gegen einander gedrückten, das Ganglion zusammensetzenden Nervenknoten fast von derselben Grösse, Der vordere ist das eigentliche pleurale Ganglion, die andern viscerale. Von dem hintern Ganglion geht nur ein ziemlich starker N. genito-branchialis (Fig. 1 c) ab, welcher nach hinten an die Gegend des Vorderendes der Kieme verläuft, wo der- selbe sich m ein Gangl. branchiale entwickelt, das etwa so gross wie eins der erwähnten drei Ganglien war; dieses Ganglion giebt einen Nerv an die Kieme und, wie es schien, ein Paar dünnere an die Samenrinne (und wahrscheinlich an das von SPENGEL angegebene Ge- ruchsorgan). Ferner geht vom rechten pleuralen Ganglion die pleurale Commissur ab, und von seinem hintersten Theil das nicht ganz kurze pleuro-pedale Connectiv. Das linke (Fig. 1d) pleurale Ganglion ist vom rechten sehr verschieden, obgleich auch aus drei Ganglien zusammengesetzt; dieselben sind nur wenig oder kaum kleiner als die dem rechten Ganglion angehörenden, fast gleich gross. Das obere, das wirkliche pleurale Ganglion, ist von ovaler Form und bildet wie 299 R. BERGH, eine Anschwellung am cerebro-pleuralen Connectiv; an dieses schliessen sich zwei viscerale, ein fast kugelrundes Ganglion, und hinten ver- bindet sich mit diesem ein mehr ovales oder birnförmiges. Vom obern Ganglion geht das pleuro-pedale Connectiv (gleichsam als eine Fortsetzung des cerebro-pleuralen) aus, etwa doppelt so lang wie das cerebro-pleurale. Vom mittlern dieser Ganglien geht ein Nerv längs der Körperseite ab; und das hintere Ganglion liefert ausser der pleuralen Commissur einen langen Nerven, welcher unten das Dis- sepiment durchbohrt und in die hintere Eingeweidemasse eindringt (um, VAysstire zu Folge, die Niere und die Analgegend zu versorgen). Die pleurale Commissur ist als eine schlaffe Schlinge zwischen dem hintersten Theile der pleuralen Ganglien ausgespannt (Fig. 1 999); vom linken Theile der Commissur geht der feine N. genitalis ab (Fig. 1), welcher an der Seite der Schleimdrüse ein kleines Gang]. genitale bildet, welches Aeste an die verschiedenen Theile des Genitalsystems abgiebt. — Die pedalen Ganglien (Fig. 1 bb) sind gelblich, ein wenig zusammengedrückt, von rundlichem Umrisse, ein wenig grösser als die cerebralen ; sie sind durch das etwas längere cerebro-pedale Connectiv mit dem cerebralen und durch das kürzere pleuro-pedale mit dem obern Knoten des pleuralen Ganglions verbunden. Unter sich sind die Ganglien durch die pedale und die parapedale Com- missur verbunden. Die pedale Commissur ist nicht viel dünner als die obere cerebrale, aber viel länger (Fig. 1 ff); die parapedale noch länger, aber viel dünner (Fig. 1 hhh), etwa von der Mitte der letztern geht ein Nerv an den Fuss ab. Vom Vorderende des Fussknotens (Fig. 1) geht ein erst von VAyssırrk klar aufgefasster Nerv nach vorn ab, welcher Anastomosen mit einem oder zwei Gehirnnerven hat. Vom vordern Theil des Fussknotens gehen respective nach aussen und nach innen 1—3 Nn. pediaei antt. ab, ferner ein gleich gegabelter N. pleuro- podialis für den Fussflügel und ein starker N. pediaeus magnus für den eigentlichen Fuss. Vom rechten Fussknoten geht endlich noch ein starker N. penis an das Penisorgan ab, diesem selbst und der Prostata mehrere Aeste spendend. — An der Mitte der ziemlich langen, dünnen cerebro-buccalen Commissur, die einige Nerven an den Schlund- kopf giebt, finden sich die schwach gelblichen buccalen Ganglien. Dieselben (Fig. 1%), am Hinterende des Schlundkopfes unter dem Pharynx liegend (Fig. 3), sind von ovaler Form, durch eine meistens winklige Commissur verbunden, die etwa doppelt so lang wie der Durchmesser des Ganglions ist, von der Mitte der Commissur geht ein N. radularis an die Raspelscheide ab; vom Aussenende des Ganglions Die Gattung Gastropteron. 293 geht ein Nerv an den Schlundkopf und die Speicheldriise ab, und ein anderer an die Speiseröhre, welcher sich weiter nach hinten verlängert, sich an dieser und an dem Magen verästelnd. Am Ende der von den grossen Nn. tentaculares (Gangl.) abgehenden Nn. optici finden sich die Augen. Dieselben (Fig. 1 dl) liegen auf einer Querlinie, etwas von einander entfernt, ziemlich tief in der Gegend des Halses zwischen Vorder- und Hinterkérper; wenn das freie Hinterende des Schildes siphoartig, wie wohl meistens, gehoben ist, hat das Licht somit freien Zutritt zu der Körpergegend, in deren Tiefe die Augen verborgen liegen. Dieselben sind von ovaler Form, meistens von etwa 0,23 mm längstem Durchmesser; die Cornea und die Retina mit ihren relativ ziemlich grossen Zellen wie gewöhnlich ; das ziemlich reichliche Pigment schwarz; die grosse Linse von un- gefahr 0,16 mm Durchmesser, stark gelb. Der Verlauf der vom Gehirnganglion ausgehenden Gehörnerven (Fig. 1) ist von VAyssıkre genau verfolgt worden. Die Otocysten liegen aussen und vorn, nahe dem Aussenrand der Fussganglien in der Nähe ihres Ueberganges in das pleuro-pedale Connectiv (Fig. 1 mm). Sie sind planconvex, kleinen, klaren Uhrgläsern ähnlich, von ovalem oder rundlichem Umriss, von meistens etwa 0,12 mm Durchmesser, eine Menge (etwa gegen 100) klarer Otokonien ent- haltend; dieselben waren rundlich oder oval, von etwa 0,007—0,013 mm Durchmesser (Fig. 2). SPENGEL giebt (l. c. p. 359, tab. 17, fig. 70; tab. 18. fig. 21) ein an der Unterseite des Mantelgebrämes, unweit vom Vorderende der Kieme liegendes Geruchsorgan an. VAyssıkrE sowie ich werden dasselbe beim lebenden Thiere übersehen haben; ich habe dasselbe bei allen in Alcohol aufbewahrten Individuen vergebens gesucht. Die Haut zeigt sich unter der Lupe überall, aber bald mehr bald weniger stark, roth punktirt. Genauer untersucht, zeigte dieselbe überall ein aus ganz feinen Zellen (von einem Diam. bis 0,04 mm) gebildetes Epithel. Die Haut selbst ist wesentlich von einem ziemlich dichten Lager von einander in allen Richtungen kreuzenden Muskel- fibrillen und Muskelfasern gebildet. Demselben sind ziemlich dicht stehend eine Unmasse von schön rothen Pigmentzellen eingelagert, die rundlich sind, von einem Durchmesser bis 0,018 mm, mit deut- lichem Kern. Am Stirnschilde, aber noch viel mehr am Hinterkörper findet sich eine sehr grosse Menge von Chromatophoren (Taf. 17, Fig. 2), den vorigen ähnlich, aber mit sehr stark verzweigten Aus- 994 R. BERGH, läufern; an den übrigen Körpertheilen kommen die Chromatophoren viel spärlicher vor. Ferner finden sich, ziemlich zahlreich zerstreut, kugel- oder sackförmige, in den Pleuropodien oft auch flaschen- formige Drüschen; massenhaft kommen Drüschen am Grunde des Flagellums vor; die Drüschen meistens einen längsten Durch- messer bis 0,02 (selten bis 0,04) mm erreichend. Endlich kommen in nicht geringer Menge klare, körnige, runde oder unregelmässige Kalkkörperchen vor, von einem Durchmesser bis 0,02 mm; grössere, mitunter bis 0,24—0,3 mm lange (bei einer Breite bis 0,02) sind mitunter am Flagellum vorhanden. Die Farbe der gelblichen oder weiss- lichen Flecken rührt wesentlich vom Fehlen der rothen Pigmentzellen her; die Kalkkörperchen traten hier und da auch in etwas grösserer Menge auf. Wie zuerst von VAyssıkrE nachgewiesen, enthält das Hinterende des Schwanzes eine mediane Fussdrüse. Dieselbe schimmert un- deutlich durch die Haut, besonders von der obern Seite, hat eine Länge bis etwa 3,5 bei einer fast durchgehenden Breite von 0,5 mm, nur das Hinterende ist ein wenig dicker (Fig. 22); sie ist gelblich und besteht aus zwei der Länge nach neben einander liegenden Hälften, deren enge Höhlen sich gemeinschaftlich, durch einen unter der Lupe kaum sichtbaren schrägen Porus, (3—4 mm) vor dem Ende des Schwanzes öffnen ; aus dem Porus hängt mitunter ein langer dünner Schleimfaden (Fig. 22 c). Die die Drüse zusammensetzenden Follikel sind denen des circumbuccalen Drüsenlagers ähnlich (s. unten), von einem Durch- messer bis 0,04 mm, aber meistens zu kleinen Acini verbunden. Die Musculatur der Bedeckungen des Hinterkörpers ist schwach, die des Fusses stärker, noch stärker die des Stirnschildes, aber be- sonders die der mächtigen Pleuropodien. Unter den hier sich in allen Richtungen kreuzenden Muskelfasern kommen in nicht geringer Menge breite und starke, schwach gelbliche Muskelbänder vor. — An der obern Seite der Fussohle, aber von derselben gelöst, kommen zwei starke, mitunter mehrköpfige, neben einander verlaufende, aber ganz ge- sonderte Muskel (Mm. contractores corporis mediani) vor, die vom vordern (-äussern) Theile der Hülle des Hinterkörpers entspringen und sich vorn, oft mit mehrern Schwänzen, unterhalb des Aussenmundes anheften. Ausserhalb derselben finden sich zwei bis drei etwas kürzere und weniger starke Muskel (Mm. contractores corporis laterales), die vom Grunde der Pleuropodien etwas vor der Gegend des Ursprunges der vorigen Muskel entspringen und sich wie die letztern, aber mehr Die Gattung Gastropteron. 295 nach aussen inseriren'). Endlich kommt noch jederseits ein starker, von den Seitentheilen des Stirnschildes entspringender Muskel hinzu, welcher sich wie die letztern inserirt. Der senkrechte oder rundliche Aussenmund so wie wenigstens der vordere Theil des kurzen, aber starken Mundrohrs (Fig. 3a) ist von einem circumbuccalen Drüsenlager (Fig. 3 6) einge- fasst, das wenigstens unten einen ziemlich dicken weisslichen Kragen um das Vorderende des Schlundkopfes bildet (Fig. 15 6). Das Lager ist unten in der Mitte am stärksten. Die dasselbe zusammensetzenden Drüschen sind kugel- oder birnförmig, meistens von einem Durchmesser von 0,12 mm, klar, sich jedes für sich durch einen kurzen oder etwas längeren Ausführungsgang öffnend (Fig. 20, 21). — Der eigenthümliche, schwach gelbliche Schlundkopf hatte bei den grössten Individuen eine Länge von 4,5—5 mm bei einer Breite von 2,5—2,75 und einer Höhe von 2,25—2,5. Das Organ besteht aus zwei, durch eine mehr oder weniger starke Einschnürung geschiedenen Partien (Taf. 16, Fig. 3, 15). Die vordere (Fig. 3d) ist ein wenig länger als die hintere, vorn niedriger, hinten höher und etwas dicker, von subprismatischer Form, mit abgeplatteter Unterseite, etwas gewölbten Seitenflächen, welche oben in einander, unten in die Unterseite gerundet übergehen; die Aussenseite zeigt eine Menge von (meistens ungefähr 25—28) dicht stehenden, mehr gelblichen, circulären Muskelbändern; die Innenseite ist meistens ganz fein längsstreifig. Die Wände des Schlundkopfs im Ganzen dick, nur im obern und in den Seitenecken dünn; die Lichtung dreieckig, meistens pfeilförmig (Fig. 8). Am Vorderende des Schlundkopfs eine kleine, senkrecht-ovale Lippenscheibe (Fig. 9) mit senkrechtem oder L-förmigem Innenmunde, in dessen Tiefe sich oft oben schon die Mandibelplatten zeigen. Der Mund ist von einer bis 0,02 mm dicken gelblichen Cuticula überzogen ?). Hinter dem Innenmunde, in der Nähe des obern Winkels findet sich jederseits eine kleine, etwas schräg gestellte, bräunlich-gelbe, gelbliche oder gelblich-weisse, selten kastanienbraune Mandibelplatte (Fig. 4, 5). Dieselben liegen also einander genähert; sie sind am innern Ende ein wenig breiter (Fig. 5 a), von einer Länge von ungefähr 0,55—0,7 mm bei einer Breite bis 0,3, nicht dick; sie sind aus dicht gedrängten, 1) Das Verhalten dieser Muskeln ist ganz das gleiche wie bei den Doridien. 2) Dagegen habe ich die von Vaysstmre (L c. 1880, p. 24, tab. 2, fig. 17) angegebenen „chitinösen Papillen“ nicht sehen können, 296 R. BERGH, geraden oder wenig gebogenen Stäbchen zusammengesetzt, die eine Hühe bis 0,1 mm erreichen bei einer Breite von meistens 0,005, selten bis 0,007; die Stäbchen sind mitunter an der Spitze dicker oder gabelig, meistens von schrägen Furchen (Fig. 6, 7) durchzogen. Die Innenseite dieses Theils des Schlundkopfes sonst von einer nicht sehr dicken Cuticula überzogen, die mitunter hier und da etwas verdickt ist. Die hintere Abtheilung des Schlundkopfes (Fig. 3 e) ist etwas kürzer und dicker als die vordere, von rundlichem Umrisse, haupt- sächlich mit der Länge nach und bogenförmig verlaufender Muscu- latur; sie wird wesentlich nur von der Zunge mit den Zungenmuskel- massen gebildet!). Etwa in der Mitte der obern Seite geht die Speiseröhre ab (Fig. 3 g), und neben derselben münden die Speichel- drüsen ein (Fig. 3 h), hinten an der Unterseite springt die kräftige Raspelscheide hervor (Fig. 3f). Die Höhle der hintern Abtheilung des Schlundkopfes ist fast ganz von der Zunge eingenommen; sie öffnet sich mit ziemlich weiter Lichtung in die Höhle der vordern Abtheilung. — Von der obern Seite des Vorderendes des Schlund- kopfs gehen zwei kurze, aber starke Muskeln (Mm. protrusores bulbi) an die Umgegend des Aussenmundes ab und vom vordern Theile des Stirnschildes mehrere dünne an das Vorderende des Schlundkopfes; vom vordern Theile der Zungenmuskelmasse gehen an jeder Seite ein oder zwei lange dünne Muskeln ab, welche längs des Schlundkopfes verlaufen, um sich an der Mundröhre zu inseriren (Fig. 3); median verläuft längs der Unterseite des Schlundkopfes ein ähnlicher Muskel ?). Die Zunge ist stark, kurz und breit (Fig. 10), sowie auch ziem- lich hoch; das Vorderende, sowie die vordere Hälfte der obern Seite zeigt eine tiefe, von der röthlich-braunen Raspel ausgekleidete Kluft, welche etwa an der Mitte der Zunge durch das einfache, quergehende Raspeldach begrenzt wird (Fig. 10). Die Zunge wird hauptsächlich von den sehr kräftigen Mm. linguales supp. und inff. gebildet. Die Raspel ist schön braunroth oder carmoisinroth, besonders längs der Mittellinie; die Raspelscheide ist am Ende und median längs .der obern Seite gelblich, sonst durch die durchschimmernde Fortsetzung der Raspel gefärbt. In der Raspel kamen bei den in dieser Beziehung untersuchten zwölf Individuen 5—9 Zahnplattenreihen vor; weiter nach 1) Die vordere Partie des Schlundkopfs der Gastropteren entspricht dem ganzen Schlundkopf der Doridien, welchen die ganze hintere Partie mit der Zunge fehlt. 2) Alle diese Muskeln kommen ganz in derselben Weise bei den Doridien vor. Die Gattung Gastropteron. 297 hinten fanden sich deren meistens 12—13 (in zwei Fällen 8, und in zwei 10—11) entwickelte, zwei halbentwickelte und eine ganz junge und farb- lose ; die Gesammtzahl der Reihen betrug also meistens 20—23 1), in einem Falle 17. Die vorderste oder die zwei vordersten Reihen waren immer un- vollständig, und die Zahnplatten der Zunge überhaupt, besonders die grossen Seitenzahnplatten abgenutzt und die Dentikel der letztern abge- brochen. Die Rhachis der Raspel (vgl. Taf. 17, Fig. 4) nicht schmal, von schräg nach hinten gegen die Mittellinie verlaufenden, von der Spitze des Grundstückes der Seitenplatten ausgehenden Fältchen durchzogen ; mitunter zeigt sich auch eine feine mediane Längsfalte. Die Pleurae enthalten eine starke Seitenplatte und 5 Aussenplatten; nur ein einziges Mal sah ich deren hinten 6. Die Seitenplatten sind roth- kastanienbraun, gelb-braun oder braun-gelb; die Aussenplatten immer mehr gelblich. Die Länge der Seitenplatten betrug bei den grossen Individuen 0,4—0,45 mm, ihre Höhe bis 0,3; die Höhe der Aussen- platten 0,24—0,29 ; 0,2—0,26; 0,14; 0,11 und 0,075—0,09 mm. Die starken Seitenplatten (Taf. 16, Fig. 11, 12, 13 5; Taf. 17, Fig. 5) haben einen abgeplatteten Körper, von welchem sich der gebogene starke Haken emporkrümmt. Der Körper ist nach hinten zugespitzt; an der Innenseite trägt derselbe einen fein gezähnelten Kamm; die Anzahl dieser Dentikel ziemlich variabel, meistens 10—18 betragend, mitunter nur 4—7; auch ihre Höhe variirt (Fig. 11—13), meistens ist sie 0,007—0,009, mitunter 0,016 mm; an der Aussenseite der Seitenplatten kommt ein starker flügelartiger Fortsatz (Fig. 11, 12) vor; in den verschiedenen Stellungen präsentiren diese Platten sich mit sehr verschiedenem Aussehen. Die Aussenplatten nehmen nach aussen an Grösse allmählich ab (Taf. 17, Fig, 7); sie sind einiger-' maassen von der Form der Seitenplatten, nur fehlt der innere Kamm ganz, und der äussere Flügel ist länger (Taf. 17, Fig. 8—10). — Die Pulpe der Raspelscheide ist wie bei verwandten Thierformen gebaut, und jede Zahnplatte wird durch mehrere grosse Odontoblasten mit starkem Kern gebildet (Taf. 17, Fig. 23) ?). Die Speicheldrüsen sind weisslich, langgestreckt, mehr als doppelt so lang wie der Schlundkopf (10—14 mm lang bei einem Durchmesser von ungefähr 0,4), fast cylindrisch, an der Oberfläche 1) Vayssrère giebt (1. c. 1885, p. 42) die Anzahl den Zahnplatten- reihen zu etwa 40 an. 2) Vgl. RössLer, Die Bildung der Radula bei der cephalophoren Moll., in: Ztschr. f. wissensch. Zool., Bd. 41, 1885 (p. 461—463); tab. 24, fig. 8, 9, 14 (Pleurobranchaea), 11 (Philine), 12—13 (Bulla striata). 298 R. BERGH, ganz feinknotig (Fig. 14); sie liegen ganz frei, meistens einige Biegungen machend, ausserhalb der Speiseröhre, vorn münden sie durch einen ganz kurzen Ausführungsgang neben dem Pharynx ein, hinten ist ihr meistens etwas abgeplattetes Ende an die Gegend der Cardia oder an das hintere Ende der Speiseröhre geheftet (Fig. 3 h, 15 ff). Die Speiseröhre (Fig. 3 9, 15 e) etwa doppelt so lang wie der Schlundkopf (7—9 mm lang bei einem Diam. von meistens 0,8); der hintere Theil ist mitunter etwas erweitert (Fig. 17); die Innenseite zeigt feine Längsfalten. Die Speiseröhre steigt nach hinten und unten und etwas links hinab, durchbricht die Leber, um sich gleich zum Magen zu entwickeln. Dieser letztere (so wie der Pylorustheil des Darmes) liegt mit einer Strecke seiner (grauen) Unterseite entblösst, ist sonst ringsum von der Leber eingefasst; der Magen (Fig. 15 g) ist unregelmässig rundlich oder mehr quer-oval, erstreckt sich nach oben und rechts; seine Wand ist kaum so dick wie die der Speise- röhre; sein grösster Durchmesser 5—-7 mm betragend. An seiner Innenseite kommen 4—7 ziemlich weite, runde und ovale, von ziemlich starken Trabekeln eingefasste Gallenöffnungen (Fig. 15 g) vor, in deren Boden oft 2—3 andere Oeffnungen erscheinen. Vom linken Ende des Magens geht der Darm aus. Der Magen und der Darm waren oft fast ganz leer, oder der Inhalt war unbestimmbare thierische Masse, mit feinen Sandkörnchen, zerbrochenen Spikeln von Spongien, Fora- miniferen und Diatomeen vermischt. Der Darm geht, von der Leber eingehüllt, erst nach vorn, fast bis an das Vorderende derselben (Fig. 15 hhh), biegt dann rechts und etwas nach hinten, steigt wieder nach vorn und nach oben, dann links, in einer Furche an der Ober- fläche der Leber längs der Blutdrüse, von der Niere bedeckt, ver- laufend; geht dann in einem Bogen nach hinten, biegt nach rechts und verläuft an die (bis 3 mm vortretende) Analpapille (Fig. 15 2), in der letzten Strecke in einer Furche an der Oberfläche der Leber fast ganz entblösst. Die ganze Länge des Darmes bei den grössern In- dividuen 3,5—4 cm betragend, bei einem Durchmesser von 3—1,5 mm. Die Innenseite, besonders in der letzten Strecke, mit feinen Längs- falten. Der Darm war, wie erwähnt, entweder leer oder zeigte einen ähnlichen Inhalt wie der Magen, war somit fast farblos oder dunkel- grau, ja Schwarz-grau. Die Leber ist von eigenthümlichem Bau, bildet eigentlich keine zusammenhängende, compacte Masse, sondern besteht aus einer nicht geringen Anzahl von gesonderten, ziemlich stark verzweigten Lappen, Die Gattung Gastropteron. 299 die dicht an einander gedrängt sind, und deren kurze und dicke Läpp- chen unter einander sich oft vermischen; diese Lappenbildung ist auch an der freien feinkérnigen Fläche der Leber sichtbar: Das übrigens gerundete Hinterende der Leber verlängert sich, etwas gedreht, nach rechts vorn und unten in eine fast immer kurze, seltener etwas ausge- zogene (Taf. 16, Fig. 24 a), am Ende gerundete Spitze, die aber nie spiralig gerollt ist und die fast immer das Hinterende der Zwitterdriise über- ragt (Fig. 24 a). Die Farbe ist gelblich, gelblich-grau oder bräunlich- gelb. Die Höhlen der Läppchen verschmelzen allmählich zu grössern, welche sich zu meistens 2—3 in rundliche Crypten öffnen, die mit weiten, runden Oeffnungen in den Magen münden (Fig. 15 g). Das Pericardium ist gross, rechts ganz vorn an der hintern Eingeweidemasse liegend, vorn an das Diaphragma, hinten an die Niere, unten an die Kieme stossend; es liegt quer und ein wenig von unten nach oben gerichtet. Die dünne, rechts liegende Vorkammer ist ein wenig länger als die sich links anschliessende Kammer, die viel mehr musculös und von weisslicher Farbe ist; die Klappen wie ge- wohnlich. Die Aorta sich, wie gewöhnlich, schnell in eine Aorta ant. und post. theilend, deren Verzweigungen durch die schön gelungenen Injectionen VAYSSIERE’s !) verfolgt sind. Aus den Lacunen und be- sonders der grossen vordern und hintern Körper-Lacune sammelt sich die Hämolymphe allmählich in Venenstämmen, die auch von VAYSSIERE verfolgt sind ?), die schliesslich in die Niere münden, von welcher ab die Hämolymphe in die Kieme passirt. Die wegen ihrer gelb-rothen bis scharlach- oder carmoisinrothen, ganz selten schwach gelblich-weissen Farbe sehr ins Auge fallende Blutdrüse ist lang-gestreckt, bei den grössern Individuen 8—10 mm an Länge betragend bei einer Breite von 3—4 (vorn) bis 1,5 mm, der Länge nach gebogen (die Convexität links Kehrend), abgeplattet, in den Rändern mehr oder weniger, aber im Ganzen wenig lappig; das vordere Ende meistens erheblich stärker, die Stärke nach hinten abnehmend. Selten ist die Drüse auf die vordere Hälfte reducirt. Die Drüse ist vorn an das Pericardium und an die Niere geheftet, dann an den Darm, in dieser Strecke mehr oder weniger innerhalb der Niere entblösst liegend; hinten ist sie an die Schleimdrüse und an die Samenblase befestigt. Die Kieme (Taf. 16, Fig. 18, 19; Taf. 17, Fig. 1 c) wurde oben 1) Vgl. L c. 1880, p. 43—45. 2) Vgl. 1. c. 1880, p. 45—47. Zool. Jahrb. VII. Abth. f, Morph. 20 300 R. BERGH, beschrieben. Langs ihres untern Randes, in der Rhachis, verläuft die V. branchialis, deren Aeste längs des einen Randes der Kiemenblätter emporsteigen und die Hämolymphe in die Falten an den Seiten der- selben hereinlassen; die längs des andern Randes verlaufende Arteriola branchialis verbindet sich mit denen der andern Blätter und bildet die im obern Theile der Kieme liegende Art. branchialis, die sich in die Vorkammer des Herzens öffnet. Das Innere des flügelartigen Fort- satzes, der die Grundlage der Kieme bildet, ist meistens gelblich- weiss, mitunter schwarz. Die weissliche Niere ist gross, von gerundet-dreieckiger Form, mit der Spitze nach oben, oder mehr länglich; an den grossen Indi- viduen 8—9 mm lang bei einer Breite bis 7—8 und einer Dicke von 1,2—2 mm; sie grenzt vorn an das Pericardium, oben an den Darm (und die Blutdrüse), hinten an die Leber, unten an die Kieme. Ihre obere Seite ist frei, und der grösste Theil der untern lässt sich leicht lösen, nur vorn ist sie an die Blutdrüse und das Pericardium inniger befestigt und aussen an die Gegend der Kieme. Die obere Seite zeigt ein durchschimmerndes feines Netzwerk von anastomosirenden Balken, deutlicher und mehr durchscheinend in der hintern Hälfte. Die hin- tere Hälfte des Organs enthält eine weite Höhle, die vordere ist mehr compact, schwammig. Der Bau der gewöhnliche; in der Substanz ziemlich zahlreiche, schwach gelbliche Krystalle von einem Durch- messer bis 0,035 mm. Bei zwei Individuen glaube ich das peri- cardio-renale Organ unten in der Nähe des Grundes der Vor- kammer gesehen zu haben als einen kleinen Sack von einer Länge von 0,42 mm. Als äussere Mündung der Niere wird wohl die immer sehr deutliche, kohlenschwarze Platte (Fig. 15%, 16 b) aufzufassen sein, die unweit von der Analpapille nach vorn liegt. Dieselbe ist kreisrund, von einem Durchmesser von 0,12 mm, ganz eben; sie liegt dem Nierengewebe unmittelbar auf. Nie habe ich an derselben eine deutliche Oefinung beobachtet; nach Maceration und Druck habe ich aber mitunter 1—2 Oefinungen (nach VAysstirE 5—6) auftreten sehen. Sie enthält eine Menge von kleinern und grössern schwarzen Pigment- körnern. Die an der grössten Länge der obern Seite der Leber ruhende Zwitterdrüse war bei den verschiedenen Individuen sehr ver- schieden entwickelt; wenn stark entwickelt, lässt sie sich von der Leber ziemlich leicht lösen, median an der Unterseite verläuft ein starkes Gefäss. Die Drüse variirt auch sehr an Farbe; mitunter ist sie hell gelblich-weiss oder graulich-weiss, meistens röthlich oder mehr Die Gattung Gastropieron, 301 oder weniger stark roth. Ihre Form ist seltsam (Fig. 23, 24 b), lang- gestreckt, mit starken, "ziemlich kurzen, aber oft wieder getheilten Seitenästen, die oft gleichsam die Leber umarmen; bei voller Ent- wicklung rücken die Aeste nahe an einander, und die Zwitterdrüse bildet dann mehr gleichsam ein Schild; wenn ganz wenig entwickelt, präsentirt sich die Drüse mit isolirten grössern Lappen. Sie ist ab- geplattet, die Dicke bis 2,5 mm betragend. Die Drüse ist aus Lappen und Läppchen zusammengesetzt, die sich zuletzt in birnförmige Acini auflösen. In diesen Acini kommen peripherisch Eizellen, central Zoospermien vor; an einigen Stellen glaube ich gesonderte oogene und spermatogene Acini gesehen zu haben. Aus vielen Stammästchen und mehrern Stammästen bildet sich allmählich der Zwitterdrüsengang, der vor der Mitte (Taf. 16, Fig. 23 a, 25 a) der Längsaxe der Drüse etwa median frei hervortritt; derselbe ist in der ersten Strecke ganz dünn, bil- det dann eine gebogene, wurstförmige, ziemlich kurze (2—3 mm lange), auch weissliche Ampulle (Fig. 25 b), setzt sich dann, Anfangs noch dünn, dann dicker (Fig. 25 c), oft hier und da eingeschnürt, gelblich oder röthlich-gelb, immer von der Leber umhüllt, gegen die vordere Genitalmasse hinab fort; in der letzten, nicht ganz kurzen Strecke, in der sie theilweise an diese Masse angelöthet ist, ist der Gang wieder dünn, weisslich (Fig. 25 c‘); die Länge des Ganges von der Ampulle ab betrug 3—4 cm; er mündet in das obere Divertikel des Vestibulum genitale ein. Unweit von dieser Einmündung des Zwitter- drüsenganges, nur mehr nach unten, öffnet sich in dasselbe ein (Fig. 25 d) anderer Gang (Ductus anonymus), der in der ersten längern Strecke nicht viel dünner als der dicke Theil des Zwitter- drüsenganges ist, dann etwas dünner wird, um sich plötzlich stark (bis zu etwa 0,75 mm) zu erweitern; dieser dickere Theil (Fig. 25 e) ist fast immer röthlich-gelb, verschmächtigt sich allmählich, während sich die röthliche Färbung nach und nach verliert, schliesslich wird der Gang ganz dünn und verliert sich oder heftet sich etwa da, wo die Eiweissdrüse an das Divertikel stösst 1), an. (Dem Anschein nach mündet auch dieses Ende des Ganges in das Divertikel. Wahrschein- lich ist es, dass das Ende c‘ des Zwitterdrüsenganges sich in def, den Ductus anonymus, fortsetzt, und dass f also das wirkliche Ende des Zwitterdrüsenganges ist. Diesen Uebergang von c’ in d habe ich 1) Es ist dieser Gang, welchen Vayssırre (1 c. 1880, p. 50, tab. 5, fig. 42 Cef) als den Zwitterdrüsengang darstellt; diesen letztern scheint. er nicht gesehen zu haben. 20 * 302 | R. BERGH, aber absolut nicht verfolgen künnen). Die ganze Länge dieses Ganges, der, lose an die vordere Genitalmasse gelôthet, sich um dieselbe in mehreren Windungen schmiegt, beträgt 2,5—3 cm. In das untere Divertikel (Fig. 25 h) des Vestibulum genitale öffnet sich die immer weissliche oder gelblich-weisse Spermatotheke (Fig. 257%); dieselbe ist kugelförmig, von einem Durchmesser von 1,5—2,25 mm; sie war mitunter leer, meistens mit Samen, mit Detritus vermischt, gefüllt; der Ausführungsgang so lang oder ein wenig länger als die Blase, in seiner ganzen Länge oder in der letzten Hälfte schön roth, nur selten weisslich wie die Blase. Die vordere Genitalmasse (Fig. 27) ist unregelmässig kugelförmig, nur ein wenig zusammengedrückt, von 4—5,5 mm grösstem Durchmesser, weisslich oder gelblich- weiss, haupt- sächlich von der Schleimdrüse gebildet, deren lange Windungen zum grössten Theile der Länge nach gehen. Nach oben an der Hinter- seite der Schleimdrüse findet sich die mehr opake und kalkweisse, kleinere Eiweissdriise. Der Schleimdrüsengang tritt frei her- vor; an demselben gleichsan zwei Divertikel oberhalb des Vestibulum genitale (Fig. 25%); das obere hat einen Durchmesser von 1 mm, nimmt den Zwitterdrüsengang auf; in das untere, welches röthlich oder roth ist, mündet die Samenblase. Das Vestibulum geni- tale ist ziemlich kurz, roth an der Aussen- wie an der Innenseite mit Längsfalten der letztern. Die äussere Geschlechtsöffnung zeigt meistens jederseits einen kleinen vortretenden Lappen. — Die von dieser Geschlechtsöffnung, der Vulva, ausgehende ganz schmale, ziem- lich kurze Samenrinne, verläuft zur männlichen Genital- öffnung unweit vom Kopfe (Fig. 26 c). An dieser ist die lange Vorhaut mit dem Penis befestigt. Dieses gestreckt - kegelförmige (Fig. 26 b), an der rechten Seite des Schlundkopfs liegende Organ hat eine Länge von 6—11 mm bei einem Durchmesser am Grunde von 0,7—0,9; es ist meistens in seiner ganzen Länge aussen carmoisinroth, mitunter gelblich-weiss und nur in der letzten Strecke oder an der Spitze roth; die Innenseite der ziemlich dünnen Wand ist meistens gelblich. Die Höhle ist vom Penis fast ausgefüllt; derselbe ist meistens so lang (Taf. 17, Fig. 3) oder etwas länger als die Vorhaut, allmählich gegen die Spitze verschmächtigt, gelblich, selten ist die letzte Strecke roth punktirt, an Durchschnitten rund, an der Ober- fläche ganz eben (ohne Samenfurche); meistens liegt er ausgestreckt, mitunter etwas eingerollt. Durch die ganze Länge des Penis zieht sich, dem Contractionszustande nach mehr oder weniger geschlängelt der ziemlich dickwandige Gang der Prostata. Diese Prostata ist Die Gattung Gastropteron. 303 ganz eigenthümlich, mit ihren vielen Windungen am Boden der vordern Eingeweidehöhle unterhalb der Speiseröhre und der Speicheldrösen gelagert (Fig. 26 a); sie ist sehr lang-gestreckt, cylindrisch, kaum vorn ein wenig verdünnt, schwach gelblich, stark und zähe; ausge- streckt betrug ihre Länge bei den kleinsten Individuen 3,5—6 cm bei einem Durchmesser von 0,3—0,5 mm, bei den grössten 8—9 cm bei einem Durchm. von etwa 0,5 mm; die Wand zeigt ein starkes Ring- und Längsmuskellager, die enge Höhle ist von einem drüsenartigen Zellenlager ausgekleidet. Ein an seinem Grunde an der untern Wand der hintern Leibeshöhle ziemlich breiter, aber schnell sich verschmä- lernder M. retractor penis verläuft zwischen den Windungen der Prostata direct an den Grund des Penis, wo er sich anheftet; ein besonderer dünner Nerv begleitet den Muskel bis an seinen Ursprung. 2. Gastropteron pacificum Ben. n. sp. Taf. Poo Pis) 28; Taf. 17; Big: 10-26; Color clypei frontalis sicut podarii cum pleuropodiis lutescens rubro punctatus. Limbus pallialis sine flagello. Hab. M. pacific. Von dieser Art fand sich eine Anzahl (13) Individuen, bei Un- alaschka (Aleutischen Inseln) von Dati im August 1874 aus einer Tiefe von 9—15 Faden (auf Steinboden) gefischt. Der einzigen Notiz Darr’s zu Folge war das lebende Thier gelblich, rothfleckig. Die in Alcohol aufbewahrten Individuen hatten zum Theil noch ihre ursprüngliche Farbe behalten; sie zeigten sich am Stirnschilde so wie am Fusse mit den Pleuropodien hell gelblich mit zahlreichen rothen, mehr oder weniger gruppirten, mehr oder weniger dichtstehenden Punkten, die an der ganzen Unterseite wie an der freien Spitze des Stirnschildes dichter standen; der Hinterkérper grau, mitunter, be- sonders vorn, mit rothen zerstreuten Punkten; die Kieme weisslich. Die Individuen waren meistens von fast derselben Grösse; die Länge der Pleuropodien 7,5 mm, die Breite des Thieres bei ausgeschlagenen Fussflügeln 12 mm, die Höhe bis 5,5 mm betragend. Diese Art ist also vielleicht im Ganzen kleiner als die typische, mit welcher sie in den allgemeinen Formverhältnissen sonst überein- stimmt. Der Fuss von den Pleuropodien meistens deutlich abge- 304 R. BERGH, grenzt; der Schwanz mit medianer, abgegrenzter (Fig. 14 6), kurzer Spitze; die Pleuropodien sind kleiner als bei jener Art, auch ein wenig kürzer. Das Mantelgebräme ist enger, nur hinten ein wenig breiter, gerundet endigend, aber ohne Spur von Peitsche. Wegen der Enge des Mantelgebrämes ist die Kieme fast entblösst, relativ grösser als bei der vorigen Art, mehr nach unten gerichtet; die Blätter wie bei jener, aber weniger zahlreich (16—20) und die freie Spitze derselben länger; die Analpapille wie oben, die schwarze Nierenpore dem Anus mehr genähert; die Genitalöffnungen und die Samenrinne auch wie bei der typischen Art. Die Eingeweide schimmerten ganz in derselben Weise wie bei der vorigen Art durch und an der obern Seite des Stirnschildes mitunter die Augen (Fig. 11); die Lageverhältnisse der Eingeweide ganz wie bei jener. Die Schale verhielt sich ganz wie bei der typischen Art; ganz hinten spiralig, kalkweiss (Fig. 12, 13), radiär streifig, sehr leicht in kleine eckige Tafeln zerbrechend ; der Durchmesser dieses Theils der Schale meistens etwa 0,6—0,66 mm betragend, der Durchmesser der kleinen Spira etwa 0,1—0,12 mm; die Dicke der Schale etwa 0,003 mm. Die grosse cuticulare letzte Windung der Schale auch wie ge- wöhnlich. Das Centralnervensystem wesentlich wie bei der typischen Art; im Ganzen schien die obere cerebrale Commissur etwas kürzer, und die cerebro-pedalen und pleuro-pedalen Connective etwas länger. In dem zweiten der linken pleuralen Ganglien kommen etwa 7—9 (grössere) Nervenzellen vor, im dritten 17—20. Der Durchmesser der Zellen bis 0,16 mm betragend. Die Lage und die übrigen Verhältnisse der Augen wie bei der typischen Art. Die Otocysten auch ganz wie bei der letztern, von einem Durchmesser von 0,11 mm; die Otoconien dunkler als gewöhn- lich, rundlich oder oval, von einem Diam. bis 0,013 mm, ihre Anzahl etwa 60—80 betragend. Die Verhältnisse der Haut wie bei dem G. meckel:. DieYFussdrüse gelblich, 0,8—1,5 mm lang, die zwei Hälften mehr geschieden (Fig. 14a); die Pore wie gewöhnlich; die Fuss- furche stärker, länger, sich an die Spitze des kleinen (Fig. 14 b) me- dianen Schwanzlappens erstreckend. Die Musculatur wie bei der typischen Art; die Mm. con- tractores corporis laterales und mediani wie erwähnt. Die Mundröhre wie bei der vorigen Art, das circumorale Drüsen- Die Gattung Gastropteron. 305 lager aber weniger stark. Der Schlundkopf 3—3,5 mm lang; die Form und der Bau wie oben. Die Cuticula des Innenmundes (Fig. 15) dunkler; die Mandibelplatten (Fig. 16) meistens innen ein wenig breiter, selten rothbraun, meistens dunkel schmutzig-braun, 0,6—0,8 mm lang bei einer Breite nach innen von 0,18mm; die Stäbchen bis 0,06 mm an Länge messend bei einem Durchmesser von etwa 0,009 (Taf. 16, Fig. 28). Die Zunge auch ganz wie oben; bei den 10 genauer untersuchten Individuen kamen in der dunkel schmutzig-braunen oder gelblich-braunen Raspel 6—8 Zahnplattenreihen vor, weiter nach hinten in der Raspelscheide 9—14 entwickelte, zwei halb entwickelte und eine ganz farblose Reihe; die Gesammtzahl der Reihen somit 20—22. Die Zahnplatten wie gewöhnlich. Die Anzahl der Dentikel des Innen- randes der Seitenplatten inconstant, 12—20 betragend; die Länge dieser Zahnplatten (Fig. 17 a, 18, 19, 22) meistens 0,35 mm betragend bei einer Höhe bis etwa 0,22. Die Anzahl der Aussenplatten (Fig. 17 bb, 20) ist meistens auch 5, in einzelnen Reihen, besonders nach hinten, kamen auch 6 vor (Fig. 17); die Höhe der innersten betrug 0,2, der zwei äussersten meistens 0,09—0,08 mm 1). — Die äussern Muskeln des Schlundkopfes wie bei der typischen Art. Die Speicheldrüsen wie bei der vorigen Art. Der ganze Ver- dauungscanal schien auch ganz dieselben Verhältnisse darzubieten; die Speiseröhre war mitunter in einer grössern oder kürzern Strecke magenartig erweitert. Der Darm wegen seines Inhalts meistens schwarz-grau. Die Leber schmutzig gelblich, von gewöhnlichem Bau; die Gallenöffnungen des Magens wie oben. Das Pericardium mit dem Herzen wie gewöhnlich; die Blut- drüse immer schmutzig-gelblich, etwas kürzer, aber breiter als bei der typischen Art. — Die Niere weisslich, auch kleiner, von der gewöhnlichen Form, nur etwas kürzer; die runde oder ovale, schwarze Nierenplatte unweit von der Analpapille ganz wie bei dem Gastr. meckeli, von einem Durchmesser von 0,12—0,14 mm; auch mit 1—2 feinen, zweifelhaften Löchern. Die Lage der Zwitterdrüse wie gewöhnlich; sie ist mehr gelblich als die Leber oder mehr röthlich-gelb, mitunter selbst stärker röthlich; sie war nie stark entwickelt; in den Läppchen entweder keine reifen Geschlechtselemente oder grosse Eizellen. Der Zwitter- 1) Mitunter haben die Zahnplatten, besonders die der Raspelscheide, eine sonderbare chitinöse, nicht eng anliegende Hülle (Taf. 17, Fig. 22). 306 R. BERGH, drüsengang wie gewöhnlich, immer aber braun-grau. Die vordere Genitalmasse von einem grössten Durchmesser ven 3,2—5 mm, gelblich und weisslich. Die Spermatotheke weisslich, kugelförmig, von 1,5 mm Durchmesser; ihr Gang immer auch weisslich, ein wenig länger als die Blase; das Verhältniss der an die Schleimdrüse gehefteten und und um dieselbe geschlungenen Röhren liess sich wegen der geringen Grösse und des Erhärtungszustandes nicht bestimmen. Das Vestibulum genitale scharlachroth. — Die Prostata ist wie bei der typischen Art lang und cylindrisch, nie aber wie bei dieser mit ganz feinen, in ein- ander geschlungenen Windungen. Dieselben sind weniger solide, bald ein kleines, dickes, am Kopfe des Penis eingerolltes, etwa 2 mm langes (Fig. 25) Knäuel bildend; bald ein viel längeres (5—6 mm) (Fig. 24, 26), abgeplattetes, dessen ausgerollte Windungen an Länge etwa 2—2,5 cm messen; die ganz dünne Scheide (Fig. 24—26 c), die die Prostata einhüllt, ist vorn am Grunde des Penis, hinten an die Umgegend der Cardia befestigt. Die Vorhaut des Penis ist am Grunde dick, und an der einen Seite mehr oder weniger sackartig vortretend (Fig. 24 —26 b), nach vorn zugespitzt, die Länge betrug 2—2,5 mm; der Penis selbst (Glans) ganz kurz, kurz kegelförmig, ohne Längsfurche (Fig. 26). Tafelerklärung. Eine Mehrzahl der Figuren ist mit Cam. gezeichnet; Vergr. ist dann angegeben. Tate 16: Gastropteron meckeli Buaınv. Fig. 1. Das Centralnervensystem, von oben; alle Ganglien sowie die Augen mit Cam. gezeichnet (Vergr. 55); a Ganglia cerebralia, bb G. pedalia, ¢ rechtes pleurales G., d linkes pleurales G., e Commissura intercerebralis (inf.), ff Comm. pediaea, ggg Comm. pleuralis, hhh Comm. parapedalis, à Comm. cerebro-buccalis, 4 Ganglia buccalia, { Augen, mm Otocysten. Fig. 2. Otocyste (Vergr, 350); a N. auditivus (vgl. Fig. 1 mm). Die Gattung Gastropteron. 307 Fig. 3. a Mundröhre, 6 circumbuccales Drüsenlager, ¢ Mm. pro- trusores bulbi, d vordere Abtheilung des Schlundkopfes, e hintere (Zungen- muskelmasse), f Raspelscheide, g Speiseréhre, unter dem Pharynx linkes buccales Ganglion, h Speicheldriise. Fig. 4 Vorderster Theil der obern Wand der vordern Abtheilung des Schlundkopfes mit den Mandibelplatten, von unten gesehen. Fig. 5. Rechte Mandibelplatte (Vergr. 200); a inneres Ende. Fig. 6. Elemente der Mandibelplatte (Vergr. 350). Fig. 7. Ein einzelnes Element (Vergr. 750). Fig. 8 Senkrechter Durchschnitt der vordern Abtheilung des Schlundkopfes, a oben. Fig. 9. Lippenscheibe mit Innenmund (des Schlundkopfes). Fig. 10. Die Zunge, von oben; @ Raspelscheide, vorn die einge- senkte Raspel, hinter derselben das Raspeldach. Fig. 11. Seitenzahnplatte (Vergr. 200). Fig. 12. Aehnliche, vom Rande (Vergr. 200). Fig. 13. 6 Seitenzahnplatte, @ erste Aussenplatte (Vergr. 200). Fig. 14. Stück der Speicheldrüse (Vergr. 55). Fig. 15. Verdauungssystem; aa Mm. protrusores bulbi, 6 circum- buccales Drüsenlager, ce vordere, d hintere Abtheilung des Schlund- kopfes, e Speiseröhre, ff Speicheldrüsen, g Magen mit Gallenöffnungen, hhh Darm, i Analpapille, & Nierenpore. Fig. 16. a Analpapille, b Nierenpore (Vergr. 100). Fig. 17. Erweiterung an der Speiseröhre. Fig. 18. Kieme (Vergr. 55); a freie Spitze, b angehefteter Rand. Fig. 19. Freie Spitze der Kieme (Vergr. 100). Fig. 20. Stück des circumbuccalen Drüsenlagers (Vergr. 100). Fig. 21. Drüschen desselben (Vergr. 350). Fig. 22. Fussdrüse (Vergr. 55); a Nerv, b Gefäss, c Schleimfaden. Fig. 23. Zwitterdrüse; a Zwitterdrüsengang. Fig 24. Hinterende des Körpers, a gedrehtes Ende der Leber, b Zwitterdrüse. . Fig. 25. a Zwitterdrüsengang, b Ampulle desselben, c dickerer Theil der Fortsetzung des Zwitterdrüsenganges, c’ dünnerer Theil, d ‘ Ductus anonymus, e Ampulle desselben, f Endtheil des Ductus ano- nymus, g oberes Diverticulum des Vestibulum genitale, h unteres Diver- tikel desselben, à Spermatotheke, % Vestibulum genitale. Fig. 26. a Prostata, b Praeputium mit Penis, ¢ Samenrinne. Fig. 27. Vordere Genitalmasse, von der rechten Seite; @ Zwitter- drüsengang, b Ductus anonymus mit seiner Ampulle, ¢ Spermatotheke. Gastropteron pacificum Ben. Fig. 28. Stück der Mandibelplatte (Vergr. 350). Tate. Gastropteron meckeli BLAINVILLE. Fig. 1. a Rücken, b Mantelgebräme, ¢ Kieme, d Peitsche (Flagellum). 308 Fig. 2. R. BERGH, Die Gattung Gastropteron. Stück der Haut von einem grüssten Durchmesser von 0,28 mm (Vergr. 200). Fig. 3. Fig. 4. Fig. '5. Fig. 6. Fig. 7. Glans penis (Vergr. 55). Vorderes Ende der Raspel (Vergr. 100). Seitenzahnplatte, vom Rande (Innenseite) (Vergr. 350). Stiick einer Seitenzahnplatte, von oben (Vergr. 350). Reihe der Aussenplatten, von der Aussenseite, @ äusserste Aussenplatte (Vergr. 350). Fig. 8. Hie. :( 9: Fig. 10. Fig. 11. Augen. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. mit Furche. Fig. 15. Mandibel. Fig. 16. unten (Vergr. Fig. 17. Erste (innerste) (Vergr. 350). Dritte Aussenplatte (Vergr. 350). Drei Aussenplatten; a äusserste (Vergr. 350). Gastropteron pacificum Ben. Hinterende des Stirnschildes mit durchschimmernden Kalkige Schale (Vergr. 55); « Hinterende der Leber. Kalkige Schale, von der Unterseite (Vergr. 55). a Fussdrüse ( Vergr. 100), b medianer Lappen des Schwanzes Vorderende des Schlundkopfs (Lippenscheibe), oben die Vorderende des Schlundkopfs mit den Mandibeln , von 55). Stück der rechten Hälfte der Raspel, a Seitenzahnplatte, bb äusserste der (6) Aussenplatten (Vergr. 350). Fig. Fig. Fig. Fig. Mie, 22: (Vergr. 350). Fig. 28. platte. Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26. Zwei Seitenzahnplatten aus der Raspelscheide (Vergr. 350). Seitenzahnplatte, von oben (Vergr. 350). Eine Reihe von Aussenplatten; @ äusserste (Vergr. 350). Abnorme Aussenplatte (Vergr. 350). Seitenzahnplatte mit eigenthümlicher chitinöser Hülle Pulpenzellengruppe (Odontoblasten) für eine Seitenzahn- a Prostata, b Penisscheide, c Scheide der Prostata. Aehnliche eines andern Individuums; a, b, ce wie oben. Aehnliche noch eines andern Individuums (Vergr. 55); a, b, c wie oben, die Glans penis schimmert deutlich durch. Fig. 27. Fig. 28. Doridium diomedeum Ben. Schale, von oben (Vergr. 3). Hinterende des Mantelgebrämes mit a Peitsche, Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. Von F. Leydig in Würzburg. Hierzu Tafel 18. Die Ergebnisse über Structuren des Nervensystems, wie ich sie aus meinen bisherigen Untersuchungen erhalten zu haben glaube, be- stimmten mich, auf die Retina zurückzugehen. Was ich jetzt bezüglich des Sehnerven vorzulegen mir gestatte, steht im Einklang mit meinen anderweitigen Wahrnehmungen, obschon dadurch allerdings die Frage nach dem letzten Verhalten des Sehnerven noch nicht gelöst wird. Immerhin können die Befunde dazu dienen, dass man auf Verhältnisse im Bau der Retina aufmerksamer wird, die bis dahin weniger beachtet wurden. Dass ich in vorliegenden Bemerkungen auch Sonstiges, was die Structur der Retina betrifft, berücksichtigt habe, liegt in der Natur der Sache: ist doch das feinere Gefüge der Netzhaut von so ver- wickelter Art, dass von einer abschliessenden Kenntniss noch auf lange hinaus wohl kaum die Rede sein kann. Zuletzt nahm ich auch einigen Bezug auf die Nervensubstanz überhaupt und die einschlägigen Fragen. Im Bau der Retina, selbst innerhalb engerer Gruppen der Wirbel- thiere, kommen bekanntlich typische Verschiedenheiten vor, beispiels- weise in der Dicke der einzelnen Schichten, An- und Abwesenheit von Blutgefässen, Grösse und Form der Gewebstheile, weshalb es nothwendig ist, vorauszuschicken, dass sich meine diesmalige Unter- suchung auf das embryonale Auge von Salmo fontinalis beschränkt. Nur daneben habe ich die Retina des noch fadendiinnen Aales, An- guilla vulgaris, angesehen und auch das nicht in durchgreifendem Maasse. 310 F. LEYDIG, Dann môchte ich auch noch zum voraus erwähnen, dass die von mir gegebene bildliche Darstellung sich auf ein Stadium der Ent- wicklung bezieht, welches auch HOFFMANN veranschaulicht hat :). Ein Blick auf die beiderseitigen Abbildungen kann sofort lehren , dass unsere Wahrnehmungen in den Grundzügen übereinstimmen, und was abweichend erscheint, liegt darin, dass ich der histologischen Structur etwas weiter nachgegangen bin, auch dabei stärkere Vergrösserung an- gewendet habe. I: Die Sclera besteht aus Knorpelsubstanz, welche einwärts und nach aussen durch einen bindegewebigen Ueberzug abgegrenzt wird. Das dunkle Pigment der Augenumhüllung könnte dem ersten Anblick nach jenem für gleich gehalten werden, welches in den gewöhnlichen Chromatophoren enthalten ist, allein es weicht doch stark davon ab. Die Pigmentkörner sind nämlich messingfarbig, und die das Pigment einschliessenden Zellen stellen grosse Platten vor mit rauhem, leicht zackigem Rand und stossen derartig an einander, dass sie an ein Epithel erinnern können. Ein leichter Kernfleck hebt sich ab, ohne in Car- minlösung sich zu färben. Es mag beigefügt werden, dass die gleichen eigenthümlichen Pigmentzellen, neben den gewöhnlichen dunklen Chromatophoren, auch an der Umhüllung des Rückenmarkes sich vorfinden. Dort können sie auch ausser dem centralen hellen Fleck noch eine Anzahl von Flecken ähnlicher Beschaffenheit enthalten. Die zelligen Elemente der Pigmentschicht der Netzhaut, Lamina pigmentosa, besitzen in dem nach aussen gewendeten Theil des Zellkörpers einen grossen Kern ?). Die vom Zellenleib abgehenden langen und vielfach verästelten Ausläufer erstrecken sich nicht bloss in die Stäbchenschicht hinein, sondern auch durch sie hindurch und bilden dabei um die Theile des Stratum bacillosum durch fortgesetzte Auffranzung und Verfilzung der Ausläufer ein feines dichtes Netz, jedoch in beachtenswerther Weise so, dass ein lichter Raum um die Stäbchen sich absteckt. Die letzten oder innersten Enden der Aus- läufer der Pigmentzellen sind hell, ohne Pigment, und was mir be- 1) ©. K. Horrmans, Zur Ontogenie der Knochenfische, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 23, Fig. 12. 2) Vergl. Fig. 1, welche eine Uebersicht der Schichten und ihrer Structur giebt. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 311 sonders verdient hervorgekehrt zu werden, sie hôren nicht für sich auf, sondern sie stehen in Zusammenhang mit dem Netzwerk der äussern Molecularschicht. Die ,,haarfeinen Ausläufer“ der Pigment- zellen, theils pigmentirt, theils pigmentfrei, werden schon von M. SCHULTZE hervorgehoben !), doch scheint er sie nicht so weit ver- folgt zu haber, um ihre Verbindung mit gedachtem feinen Fäserchen- werk zu erkennen. Oder müsste es etwa nicht bei jeder Thierart der Fall sein ? Hier am Embryo ist schon gut zu sehen, dass die fadigen Zellen- enden des Stratum bacillosum zugespitzt oder auch mittelst breiteren Fusses mit der äussern Molecularschicht zusammenhängen. Zum Bau der eben gedachten Zone möchte anzuführen sein, dass, ob- schon diese dünne „äussere Molecularschicht“ in ihrem netzigen Ge- füge mit der dicken ,,innern Molecularschicht“ übereinstimmt, doch die erstere darin etwas verschieden von letzterer sich darstellt, dass sie mir ein wenig weitmaschiger zu sein scheint. Das eigentliche Verhalten der Membrana limitans externa, welche die „äussere Körnerschicht“ von den Stäbchen scheidet, ver- mochte ich an meinen Präparaten nicht herauszufinden. Ich kann darüber nur soviel berichten, dass vor dem Beginn der kegelförmigen Verlängerungen der Stabschicht, zwischen den äussern hellen und dem innern plasmatischen Theil der Elemente, eine Grenzlinie sich hinzieht, nicht gleichmässig, sondern aus einzelnen Strichelchen bestehend, also in fortwährend unterbrochenem Zuge. Dieses Aussehen lässt sich aber gut vereinigen mit dem, was M. SCHULTZE, W. KRAUSE und SCHWALBE über den Bau der Membrana limitans externa aussagen, indem sie erklären, es handele sich nicht um eine isolirbare Hautschicht, sondern um ein „siebartig durchlöchertes Grenzgebilde‘‘ oder um eine „fligran- artig durchbrochene Schicht“. Das Flechtwerk der äussern molecularen Schicht zeigt sich innig verbunden mit der nach einwärts von ihr folgenden Zellenlage, welche W. Krause genauer beschrieben und als Ganzes Membrana fenestrata genannt hat. Im senkrechten Schnitt erscheinen die Kerne schmal, umgeben von wenig Zellsubstanz; von der Fläche gesehen *), wird ihr Zellkörper nicht bloss deutlicher, sondern es lässt sich klar erkennen, dass die Zellsubstanz sich in Ausläufer fortsetzt, die in 1) z. B.: Nervenendigung in der Netzhaut des Auges, in: Sitzungs- bericht d. Niederrheinischen Gesellsch. 1869. 2) Siehe Fig. 2. 312 F. LEYDIG, netzförmige Verbindung treten. Schon in seiner ersten Mittheilung bezeichnet der Genannte !) die Elemente zutreffend als „grosse, multi- polare, platte Zellen“. In der „innern Körnerschicht‘“, welche von beträchtlicher Dicke ist, erscheinen die mehr nach aussen liegenden Nuclei dichter zusammengerückt als jene, welche einwärts folgen. Letztere sind etwas grösser, und an ihnen ist der schwache Saum eines in Fädchen sich ausziehenden Zellkörpers eher zu erkennen als an den kleinen aus- wärts gelegenen Kernen. Doch wird eine umschliessende Zellsubstanz auch diesen nicht wohl allgemein fehlen, da sich wahrnehmen lässt, dass ein Theil der Kerne durch einen dünnen Stiel mit den die „innere Körnerschicht“ durchziehenden Radialfasern zusammenhängt und ihnen wie Beeren aufsitzt, mit der Richtung nach einwärts. Dieser Stiel geht nun wohl nicht vom Kern selbst aus, sondern es ist anzunehmen, dass ihm eine zarte, kaum wahrnehmbare plasmatische Umhüllung des Kerns den Ursprung giebt. An den Kernen, welche nahe dem Rande der „innern molecularen Schicht“ liegen, verliert sich der Stiel des Kerns in Form eines feinen Fäserchens in das letztgenannte Stratum. Bevor ich in der Aufzählung der Eigenschaften, welche die faseri- gen und zelligen Elemente darbieten, fortfahre, möge des Systems von Lücken, welche schon in den bisher durchgangenen Schichten vorkommen, besonders gedacht werden. Aus Abbildungen von M. SCHULTZE erhellt bereits, dass Stäbchen und Zapfen von besondern Hohlräumen oder Lücken umgeben sind, und es war vorhin zu melden, dass die Lücken von den Pigmentzellen und ihren verzweigten und sich verfilzenden Ausläufern umzogen und begrenzt werden. Man er- hält beim nähern Betrachten einer grössern Anzahl von Präparaten durchaus den Eindruck, dass diese Hohlräume keineswegs nur die Geltung von Kunstproducten haben können, vielmehr weist ihr so regelmässiges Auftreten und die gleichmässige Folge darauf hin, dass es sich um ein typisches Structurverhältniss handeln müsse. Die gleiche Ansicht drängt sich uns auf, wenn wir das Lücken- oder Spaltsystem in der „innern Körnerschicht“ gut ins Auge fassen. Die Kerne halten eine ganz bestimmte Gruppirung ein: sie stehen auf der senkrecht durchschnittenen Retina strang- oder bandartig bei- sammen und bedingen auf solche Weise die Abgrenzung von Räumen. 1) Wicaezm Krause, Die Membrana fenestrata der Retina, in: Göt- tinger Nachrichten, 1868. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 313 Unmöglich Kann man die letztern für künstlich durch die Präparation erzeugte ansprechen: das Gleichbleiben des Bildes nöthigt zur An- nahme, dass natürlich angelegte, mit homogener Substanz erfüllte und in vorgezeichneter Richtung verlaufende Hohlgänge das Gewebe der Retina durchsetzen. Die bisherigen Beobachter scheinen kaum auf diesen Punkt ge- achtet zu haben, obschon Manchem bereits das „eigenthümlich ge- bänderte Aussehen“ der innern Körnerschicht aufgefallen war; dass letzteres durch das Vorhandensein des Lückenwesens hervorgerufen wird, halte ich für zweifellos. Die Radialfasern heben sich in der innern Körnerschicht in Gestalt derberer, auch wohl blattartig verbreiterter Züge ab; nach auswärts gehen sie über in das Netzwerk, welches die Zellenausläufer der Membrana fenestrata bilden; einwärts verbinden sie sich mit dem Spongioplasma der ,,innern molecularen Schicht“. Es leugnet zwar SCHWALBE den Zusammenhang der Radialfasern mit dem Netzgewebe der innern molecularen Schicht, allein ich glaube da und dort solche Verbindungen zu sehen. Andrerseits kann ich nicht der Auffassung zustimmen, dass die dreieckigen Figuren, welche man jenseits der Ganglienzellen- und Nervenfaserschicht an der Innenfläche der Mem- brana limitans interna erblickt, einzig und allein die Ansatzstellen der Radialfasern sind. Denn beim Durchmustern vieler Dreiecke meine ich zu finden, dass sie auch entstehen durch das Zusammentreten von Fortsätzen, welche aus den Ausläufern der Ganglienzellen entspringen. Im Querschnitt haben die Radialfasern gern das Aussehen eckiger, sich scharf abhebender Körper !), deren Ecken oder Spitzen sich mit dem dazwischen liegenden Schwammwerk verbinden. Die den Radial- fasern zugehörigen Kerne lassen sich da und dort unterscheiden. Einschaltungsweise möge an dieser Stelle auf eine frühere An- gabe von mir Bezug genommen werden. Gelegentlich meiner Studien über das Bälkchen- und Netzwerk in den Zellen von Sericterien der Raupen habe ich erwähnt, dass die Einzelbalken des zierlichen Längs- gitters in ihrer Mitte leicht anschwellen und damit Spindelgestalt annehmen. Man erhalte, wenn man sich das Balken- und Netzwerk der Zelle in vergrössertem Maasstabe vorstelle, ein Bild, welches den Radialfasern, sammt Netz dazwischen, in der Retina der Wirbelthiere ver- glichen werden könne; nur von der Spindelform der Balken habe man ab- 1) Siehe auf Fig. 2. 314 F. LEYDIG, zusehen !). Allein wie jetzt gemeldet werden kann, auch diese Be- schaffenheit wiederholt sich in der Retina, denn man begegnet auch spindelförmig angeschwollenen Radialfasern. Die innere moleculare Schicht liess man, wie der noch ge- bräuchliche Name festhält, früher bestehen aus einer homogenen Grund- lage, die mit kleinen Körnern dicht besetzt sei; M. ScHULTzE hat dann zuerst ihren „fein-netzförmigen Bau“ erkannt, und H. MÜLLER äusserte hiezu, es knüpfe sich ein besonderes histologisches Interesse an die Frage, ob diese Netzbildung der Molecularschicht ‚mit evident nervösen Elementen zusammenhinge oder aus Intercellularsubstanz hervorgehe“, eine Bemerkung, welche man in Erinnerung bringen darf in Anbetracht von Fragen, welche uns heutigen Tages be- schäftigen. Die das Schwammwerk senkrecht durchsetzenden Fasern erweisen sich in den mir vorliegenden Schnitten einerseits als zartere Fortsetzungen jener Fasern, welche die innere Körnerschicht durchkreuzen, und andrer- seits sind es Streifen, welche mit Ausläufern der Ganglienzellenschicht zusammenhängen. Vergeblich sehe ich mich an ihnen nach Eigen- schaften um, welche mich bestimmen könnten, sie als Nervenfasern anzusprechen. Ferner besteht in der Molecularschicht ein Structurverhältniss, welches man bisher in anderer Weise, als ich thun möchte, ausgelegt hat. Es unterschieden nämlich H. MÜLLER und M. ScHULTZE in der besagten Retinalage hellere und dunklere Zonen oder Streifen und deuteten sie auf „concentrische Schichtung“. Der Letztgenannte hat auch noch die Angabe, es sei an dieser Bildung jedenfalls das „spon- giôse Bindegewebe“ betheiligt, welches an den dunklern Bändern engere Maschen bilde. Nach dem, was ich am Embryo von Salmo vor mir habe, handelt es sich um die Gegenwart von hellen Bahnen, welche tangential verlaufen. Das Spongioplasma der innern molecularen Schicht erzeugt zunächst die unzählbare Menge kleiner Nebenräume, und an gewissen Stellen halten bereits diese Nebenräume eine an- nähernde Längsgruppirung ein, aus welcher Anordnung weiterhin die betreffenden Bahnen hervorgehen. Es lässt sich verfolgen, wie schon da und dort die Waben zusammenfliessen, um einen canalartigen, wenn auch noch kürzeren Raum entstehen zu lassen. Immerhin springen auch ins Innere der auf solche Weise zu Stande gekommenen 1) Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere, 1883, („Schwammiges Gefüge der Zellsubstanz“, p. 51). Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 315 Hohlgänge bleibende Bälkchen des Spongioplasmas vor. Das Bild er- innert an Nervenröhren. Vereinzelt in dem Wabenwerk trifft man Kerne an, deren Vor- handensein man nach der Entstehung der Schwammsubstanz aus Zellenleibern wohl erwarten darf. Ich will nicht unterlassen zu bemerken, dass ich im Auge des Aelchens (Anguilla vulgaris) in keinem Schnitte etwas von den so- eben erwähnten Bahnen sehe: die Molecularschicht stellt sich hier durch- weg als ein gleichmässig feines Schwammwerk dar. Auf die innere Molecularschicht folgt die Ganglienzellen- schicht. Der Kern der einzelnen Zellkörper ist gross, hingegen der umschliessende Zellenleib dünn und nach aussen aufgelöst in ein Bälkchenwerk, welches als feines Fadenwesen sowohl die Ganglien- körper unter sich verbindet als auch mit dem Spongioplasma der innern moleculären Schicht zusammenhängt. Der Zellkörper erzeugt insbesondere auch senkrechte Streifen, welche den in der Molecular- schicht endigenden Fortsetzungen der Radialfasern entgegenkommen und sich wahrscheinlich, nach Allem, was zu sehen ist, auch mit ihnen verbinden. Endlich gewahre ich noch bei genauem Verfolgen der Ausläufer der Ganglienzellen, dass manche an die Innenfläche der Membrana limitans interna sich verlieren unter Wiederholung feinster netzförmiger Auflösung. Daneben fallen freilich viel mehr ins Auge die längst bekannten dreieckigen Ansatzstellen der MüLLer’schen radiären Stützfasern, wobei ich jedoch abermals vorbringen möchte, dass manche dieser Dreiecke einen nähern Ursprung haben, indem sie von Fortsätzen der Ganglienzellen herrühren. Zwischen der Membrana limitans interna und der Ganglienzellen- schicht zieht die Nervenfaserschicht hin, bezüglich welcher ich es mir zur besondern Aufgabe machte, die Art, wie die Nervenfasern ausgehen, zu ermitteln. Ich bin daher mit anhaltender Aufmerk- samkeit immer wieder auf die Stellen zurückgegangen, wo die Nerven als solche aufhörten. Das Ergebniss der Prüfung war hierbei immer das gleiche: die röhrigen Elemente des Nervus opticus sind bei ihrem Eintritt ins Auge von ziemlicher Breite und verschmälern sich alsdann allmählich. In ihrer Wand unterscheidet man Kerne, ausserdem aber, was zwar kein Beobachter bisher anzeigt, erstreckt sich noch von der Wand weg ins Innere der Röhren ein zartes Fachwerk. Das Innere der Nervenröhren ist also von ebenso wabigem Charakter, wie ich es an den Nervenröhren anderer Körpergegenden bei verschiedenen Thieren erkannt habe. Zool. Jahrb, VII. Abth. f. Morph. 21 316 F. LEYDIG, Richtet man nun ferner mit aller Schärfe den Blick darauf, in welcher Weise doch eigentlich ein solches wabiges Endstück der Nervenröhre ausgehe, so kann man nichts anderes finden, als dass sowohl die Linie der Wand der Röhre als auch die Linien des innern Fachwesens zuletzt in Continuität stehen mit dem Waben- wesen, welches von den Ausläufern der Ganglienzellen hervorgebracht wird. Hat man nun aber die Ueberzeugung gewonnen, dass das Spongio- plasma der Nervenröhre mit dem Spongioplasma der Ganglienkürper- schicht zusammenfliesst, so muss nothwendig gefolgert werden, dass die eigentliche, in der Röhre eingeschlossene Nervensubstanz oder das Hyaloplasma in die helle, homogene Substanz, welche als Ausfüllungs- masse zwischen dem Wabengerüst enthalten ist, übertritt, ohne sich von dieser morphologisch abzuheben. I: In der Vertheilung des Pigments innerhalb der Lamina pig- mentosa machen sich grosse Verschiedenheiten bemerklich, indem es in der einen Gegend fast ganz zurücktritt, in einer andern aber sich angehäuft zeigt; es kann auch wohl die ganze Pigmentmasse in zwei Lagen sich trennen, in eine äussere und eine innere. Man darf des- halb wohl schliessen, dass den Pigmentzellen auch hier im Auge Be- wegungsfähigkeit zukommt und dadurch mancherlei Verschiebungen der Farbkörner bewirkt werden. Vielleicht ist es nicht unzweckmässig, daran zu erinnern, dass ich vor Jahren schon am Auge gewisser Arthropoden, und zwar am frischen Thier, Verschiebungen des Pigments unmittelbar beobachtete; dann auch, dass ich feine Muskelfäden beschrieb, deren Thätigkeit ich mit der Aenderung in der Pigmentvertheilung in Beziehung brachte. Wenn Andere, GRENACHER z. B., mir gegenüber das Vorkommen dieser contractilen Elemente in Abrede stellen, so mögen sie sich jetzt durch das Werk von Exner !) belehren lassen, dessen Verfasser im Auge der Lepidopteren, besonders bei kleinen Nachtschmetterlingen, Muskel- fasern, welche in die Pigmentzellen übergingen, ebenfalls zu Gesicht bekommen hat; doch seien sie allerdings bei andern Insectenarten anatomisch schwer nachzuweisen, und bei Krebsen waren sie gar nicht aufzufinden. 1) Sısmunp Exner, Die Physiologie der facettirten Augen von Krebsen und Insecten, 1891. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 317 Ueber die Verschiebung oder Wanderung des Pigments im Auge der Insecten und Krebse hat der genannte Forscher höchst bedeut- same Versuche angestellt und hebt hervor, dass das Pigment bald ganz verschwunden und nach hinten gerückt sein kann, ein andermal die Räume zwischen den Kegeln ganz mit Pigment erfüllt seien. Die Verschiebung des Pigments hänge vom Licht ab: matte, dem Ab- sterben nahe Thiere zeigten keine Wanderung des Pigments mehr. Dies Alles deutet, wie man wohl annehmen muss, auf ein contractiles Plasma hin. Zu den noch bestehenden Unklarheiten und Lücken ge- hört für mich die Frage, wie die Muskelfäden im Auge der Insecten sich zu den Farbzellen im Auge der Wirbelthiere verhalten, und ob sie vielleicht histologisch gleichwerthig sind den fadigen Ausläufern der Pigmentzellen. Das interessante Buch des Wiener Physiologen ist darnach ange- than, um solche Naturforscher, welche über morphologische und physi- kalische Kenntnisse zugleich verfügen, zu ermuntern, das eröffnete Feld weiter zu betreten. „Das Auge der Wirbellosen — sagt EXNER — ist ein Proteus im Vergleich zum Auge der Wirbelthiere, ja letz- teres könnte Jeden langweilen, der den Reichthum des erstern kennen gelernt hat.“ Ich möchte den Gegenstand nicht verlassen, ohne noch einer Er- scheinung am Insectenauge zu gedenken, die mir in letzterer Zeit auf- fiel und vielleicht mit der besagten Verschiebung des Pigments zu- sammenhängt. Doch habe ich ausdrücklich beizusetzen, dass ich lediglich mit der Lupe, und nur äusserlich, das Auge angesehen habe. Wenn ich nämlich an trockenen Insecten, welche ich vor Jahr und Tag gesammelt und mit Cyankalium oder in starkem Alcohol rasch getödtet hatte, die Augen durchmustere, ergiebt sich eine merk- würdige Verschiedenheit in der Vertheilung des dunklen Pigments. Bei den einen Individuen, z. B. von Coleopteren oder Hymenopteren, zeigt sich das Auge gleichmässig dunkel, bei andern aber ist eigen- artige Fleckenbildung zugegen, in Form schwarzer, nach Zahl, Grösse und Gruppirung verschiedener dunkler Figuren. Man sieht gleichsam als Anfang hierzu einige helle, gekrümmte, wegartig durch die sonst noch ebenmässig schwarze Fläche ziehende Linien, und von da bis zur Auflösung des Schwarz in Inselflecken begegnen uns vielerlei Ueber- gänge. Die Gruppirung solcher Inselflecken drückt sich oftmals in charakteristischen Zeichnungen aus, z. B. so, dass eine dunkle, traubige Figur auf grauem Grund sich abhebt. Dergleichen zierlichen Flecken- gruppen begegnen mir z. B. an Dytiscus, dann unter den Hautflüglern 21* 318 F. LEYDIG, bei Arten von Vespa, Bombus, Psithyrus, Xylocopa, Anthidium u. a. Zur Erklärung dieser Bilder liesse sich vermuthen, dass die Lage des Pigments, wie sie gerade im Augenblick des Todes bestand, sich fort- erhalten hat. Doch bleibt der Zweifel, ob nicht vielleicht schon die Anordnung der Weichtheile im Innern des Auges und das Eintrocknen an sich derartige Pigmentfiguren erzeugen könne. Immerhin möchte die Sache einer nähern Prüfung nicht unwerth sein. III. Die Gerüstsubstanz erstreckt sich in Form eines feinern oder gröbern Maschenwerkes von der Membrana limitans interna bis zur Membrana limitans externa, ja bis über die letztere hinaus lassen sich noch ihre Ausläufer verfolgen. Die derbern senkrechten Züge oder Radialfasern galten dem Ent- decker H. MÜLLER anfänglich für nervös. Ich habe dann zuerst in meiner „Histologie“ im Jahre 1857, p. 224, auf Grund eigener Unter- suchung den Ausspruch gethan: „das radiäre Fasersystem der Autoren scheint mir sammt der M. limitans gleichsam den Stützapparat oder Rahmen abzugeben, in welchem die specifischen und nervösen Gebilde der Retina enthalten sind.“ Bald nachher klang es allerdings von allen Seiten: „die MÜüLLEr’schen Fasern gehören unstreitig dem Binde- gewebe an“, ohne dass auch nur ein einziger Autor sich bewogen ge- funden hätte, anzugeben, wer denn diese der ersten Auffassung doch so sehr widersprechende Ansicht geäussert hat. | Die Continuität der Gerüstsubstanz, sowohl der Bälkchen, Plätt- chen und Fäserchen unter sich, als auch ihr Zusammenhang mit andern zelligen Elementen der Retina ist ein Ergebniss, das aus den oben an- geführten Beobachtungen hervorgeht und mir beachtenswerth erscheint. Das feine Netz an der Innenfläche der Membrana limitans interna, sowie das Netzwerk zwischen den Zellen der Ganglienkérperschicht, weiter nach aussen das „Neurospongium“ der innern Molecularschicht — alle bieten sie Verbindungen dar. Das Gleiche findet sich in der Richtung gegen das Netzwesen der ,,Membrana fenestrata“. Und so lässt sich auch nicht tibersehen, dass die äussere Molecularschicht, die äussere Körnerschicht, sowie die Elemente der Stabschicht durch feine, fadige Ausläufer zusammenhängen, ja dass selbst zuletzt die zart gewordenen, fadigen Enden der Zellen der Lamina pigmentosa in das Netzwesen der äussern Körnerschicht übergehen. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 319 IV. Die schematischen Figuren über die Endigungs weise des Ner- vus opticus, wie sie in zahlreichen Schriften gleichmässig wiederkehren, beruhen in der Hauptsache immer auf dem, was M. ScHuLTrzE als das Resultat seiner Studien glaubte aufstellen zu können. Der Ge- nannte bemerkt indessen selber zu seinen Zeichnungen, dass er den „directen Uebergang von Fasern des Opticus in die Fortsätze der Ganglienzellen“ nicht gesehen habe, sondern er folgert den Zusam- menhang nur aus dem ,,iibereinstimmenden Verhalten einzelner Ganglien- zellenausläufer und der Nervenfasern der Netzhaut“. Danach, meint er, sei an dem directen Uebergang der Fasern in die Ganglienzellen nicht zu zweifeln. Mit den „Nervenfasern der Netzhaut“, auf welche sich M. ScHuLTzE beruft, sind ,,ausserordentlich feine Fäserchen“ gemeint, welche die innere granulirte oder moleculäre Schicht durchziehen. Und es handelt sich hierbei wohl um dieselben Streifen, welche schon von H. MÜLLER erwähnt und für verschieden von den ,,Radialfasern im engern Sinne“ bezeichnet werden, doch dem Autor nur vermuthungsweise für ner- vös gelten. Weiter nach aussen nimmt M. SCHULTZE „ausserordentlich feine Fäserchen“ in der äussern granulirten Schicht für Nervenfasern in Anspruch, und zuletzt werden von ihm die Zapfen- und Stäbchen- fasern in gleichem Sinne gedeutet, weil sie „vollständig den dickern Fasern der Opticusschicht gleichen“ und „mit Fetzen der granulirten Substanz“ zusammenhängen: sie seien sämmtlich „durch und durch nervös“. Alles dieses verknüpfend, kommt schliesslich der Letztge- nannte zu der zuerst von H. MÜLLER vertretenen Ansicht, dass die Endigung des Sehnerven in den Stäben und Zapfen stattfinden möge. Und M. ScHuLTzE bestimmt dies näher dahin, dass höchst wahr- scheinlich die Grundmasse der ganzen Aussenglieder der Stäbchen nervös sei. Er denkt sich die Stäbchen als „lamellös geschich- tete Hülfs- und Uebertragungsapparate‘“‘, umhüllt von den feinsten Nervenfasern. Immerhin hat sich unser Gewährsmann der Zweifel, ob seine Gesammtauffassung die richtige sei, niemals ganz er- wehren können, wie dies gar manche Stelle seiner Mittheilungen deutlich genug erkennen lässt. Denn während er z. B. sich damit zu beruhigen sucht, dass die Frage nach der Nervenendigung in der Netzhaut durch die Annahme, die Fibrillen der Faserkörbe der Zapfen und Stäbchen seien nervös, eine befriedigende Lösung zu finden scheine, so kommt doch sofort wieder die Unsicherheit in der Auffassung zum 320 F. LEYDIG, Ausdruck in dem Geständniss: „Wie sich das spätere Definitive ge- stalten wird, ist vorläufig noch nicht abzusehen.“ Bei dieser Gelegenheit mag auch daran erinnert werden, dass ich die Ansicht, die Elemente des Nervus opticus hingen zuletzt mit den Stäben zusammen, seiner Zeit stützen zu können glaubte durch meine Wahrnehmungen am Auge der Arthropoden. Obschon ich nun zwar noch daran festhalte, dass die Stabelemente der Wirbelthiere und jene im Auge der Arthropoden sich aufeinander beziehen lassen, so haben doch vollständigere Arbeiten Anderer, welche unterdessen über das Auge der Arthropoden erschienen sind, gezeigt, dass die Verhältnisse viel zusammengesetzter sind, als ich sie dazumal gekannt hatte, meine Gründe daher vielleicht jetzt wenigor in die Wagschale fallen können. Wie man weiss, ist W. Krause!) der Auffassung, dass die Stäbchen und Zapfen die Endorgane des Nervus opticus vorstellen, in entschiedener Weise entgegengetreten: nach ihm kommt den genannten Theilen die Bedeutung eines katoptrisch-dioptrischen Apparats zu; die Endigung des Nervus opticus sei an der Grenze zwischen der Stabschicht und der Membrana fenestrata zu suchen, und die nervösen Fäserchen hörten mit den unipolaren Körnern auf, welche die innere Körnerschicht bilden. Unverkennbar ist in allen bisherigen Arbeiten über den Bau der Retina, insoweit sie mir bekannt geworden sind, das Bemühen der Untersucher darauf gerichtet gewesen, eine Continuität gewisser radialer und schiefer Fibrillen, abgerechnet die verticalen Stützfasern, mit den zelligen Elementen der Ganglienkörperschicht und den Fasern des Nervus opticus nachzuweisen. Ausser Beachtung ist hierbei die homo- gene Substanz zwischen den faserigen Zügen geblieben. Und doch ist auch diese ausfüllende Materie bei Lösung der uns beschäftigenden Frage in Rechnung zu ziehen. Die Stelle der Netzhaut, welche vor allem in dieser Beziehung zu berücksichtigen ist, liegt zwischen Ganglienzellenschicht und Nerven- faserschicht. Zufolge meiner oben angeführten Beobachtungen ergeben sich dort nachstehende Structurverhältnisse : 1) Die „Nervenfasern“ sind Röhren, welche in ihrem Innern einen wabigen Bau besitzen, also eine Scheidung in Gerüstsubstanz und In- halt, mit andern Worten in Spongioplasma und Hyaloplasma auf- zeigen. 1) Wicuezm Krause, Die Nervenendigung in der Retina, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 12. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 321 2) Das Spongioplasma der Wand und des Innern der Nerven- röhren geht ohne Unterbrechung in jenes Wabenwerk über, welches von den Ausläufern der Ganglienkörper erzeugt wird. 3) Das Hyaloplasma oder der Inhalt der Nervenröhren tritt in die helle Substanz ein, welche sich in den Wabenräumen befindet. Wenn Horrmann, der das Object in gleichem Stadium vor sich hatte, sagt, dass man recht schön hier sehe, wie von den einzelnen Ganglienzellen ein feiner Fortsatz abtrete, der unmittelbar in eine Faser der Opticusfaserschicht übergehe, so will er, wie aus der Ab- bildung zu entnehmen ist, mit dem dort gezeichneten feinen Strich die ganze Nervenröhre ausdrücken, während er damit, was die von mir gegebene Figur ersichtlich machen kann, nur einen Theil der Nervenscheide versinnlicht hat. Von der Differenzirung der Nerven- röhre, welche ich finde, enthält die Abbildung überhaupt nichts. Auch Angaben Anderer nach dieser Richtung hin können nicht gegen meine Aufstellung geltend gemacht werden, denn obschon z. B. Manz!) die „peripherischen“ Fortsätze der Ganglienkörper in die be- nachbarten Bündel der Opticusfasern sich verlieren lässt, so wird auch nicht entfernt Auskunft darüber ertheilt, wie sich die Verbindung „mit andern Elementen der Retina“ vollzieht. Auch alle sonstigen ein- schlägigen Figuren sind in schematischem Sinne gefasst. Die Autoren, obschon sie einräumen, dass in dem „Fasergewirr der Molecularschicht“ die Fortsätze der Ganglienkörper, nach ge- wöhnlicher Annahme Endzweige von Nervenfasern, derart verschwinden, dass an eine Verfolgung des Verlaufs nicht zu denken sei, wollen trotzdem zwischen „leitenden“ Fasern und „bindegewebigen oder stützenden‘“ Fasern unterscheiden. Es wäre nun freilich von grösster Bedeutung, das Dasein der „leitenden Fasern“ mit Sicherheit nach- weisen zu können, was in den Schnitten, welche ich vor mir habe, unmöglich ist. Ich würde nach dem, was ich wahrzunehmen vermag, für die nächste Aufgabe halten, durch Reagentien die nervöse Substanz in Umstände zu bringen, dass sie sich von der Zwischenmaterie für unsere Wahrnehmung abhebt. Für mich ist, wie aus Obigem folgt, nur Gerüstwerk und homogene Zwischensubstanz unterscheidbar. We Nach den Vorgängen bei der Entwicklung zeigt sich bekanntlich die Retina als eine Hervorstiilpung aus dem Centralnervensystem. Und 1) Manz, Die Ganglienzellen der Froschnetzhaut, in: Zeitschr. f rationelle Medicin, Bd, 28. 322 F. LEYDIG, auch für die spätere Zeit ist mehrfach auf die Aehnlichkeiten hingewiesen worden, welche im Bau zwischen Gehirnsubstanz und Retina zu Tage treten. Ein weiterer bedeutsamer Schritt in dieser Richtung war es, als man den Satz aussprach, die epitheliale Aus- kleidung des Gehirns und Riickenmarkes sei gleichzustellen den Stäbchen- und Zapfenzellen in der Retina. Soviel ich weiss, hat W. Krause solches zuerst geäussert, und SCHWALBE, welcher diesen Gesichtspunkt ebenfalls durchführt, nennt die Zapfen- und Stäbchen- lage sowie die äussere Körnerlage geradezu „Neuroepithel“ im Gegen- satz zu allen übrigen Schichten, welche er „Gehirnschicht‘ heisst. Und im fernern Hinblick auf das histologische Gefüge drängte sich schon den Beobachtern der Gedanke auf, dass das bindegewebige Ge- rüst der Retina mit der sogenannten Neuroglia des Centralnerven- systems zusammengestellt werden darf, es sei eben die Sehhaut „ein Stückchen Gehirn“. Zur Bekräftigung der ganzen Auffassung möchte ich einen kleinen Beitrag hier anfügen, der sich mir ergeben hat durch Untersuchung des Tectum der Lobi optici vom Embryo des Salmo fontinalis 1). Die Rinde des Tectum ist feinspongiöses Gewebe, gleich der Molecularschicht der Retina, welches sich daher auch bei geringerer Vergrösserung wie Punktsubstanz ausnimmt. Indem wir von aussen nach innen gehen, macht sich vor allem dieselbe Erscheinung geltend, über welche ich seiner Zeit bezüglich des Gehirns der Eidechse zu berichten fand ?). Es steht nämlich das spongiöse Gewebe nach aussen in Verbindung mit jener Zellenschicht, welche um diese Zeit die An- lage der Hirnhäute bildet, derart, dass die Zellen der Hirnhaut zarte, fädige, dabei verästelte Fortsätze einwärts zur spongiösen Substanz abgeben, was um so deutlicher ist, als die Fortsätze einen hellen Lymphraum durchbrücken. In der spongiösen Substanz selber unter- scheidet man stärkere, senkrecht verlaufende Fasern, deren Ursprung aus Fortsetzungen des Netzwerkes unverkennbar ist. Sie erinnern durchaus an die Radialfasern der Retina und vereinigen sich einwärts zu einer stärkern fasrigen Platte. In der spongiösen Schicht fallen lichte Hohlgänge auf, die inner- halb der schwammigen Materie wie ausgegraben erscheinen. Sie reihen sich in ihrem ganzen Wesen an die röhrigen Bahnen an, über welche 1) Vergl. Fig. 4. 2) Parietalorgan der Amphibien und Reptilien, in: Abhandlungen Senkenbergisches Institut, Frankfurt a, M. 1890. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 323 bezüglich der Retina oben zu berichten war. Auch Lymphräume, welche Blutgefässe umgeben, zeigen sich zugegen. Die eingebetteten Ganglienzellen sind von zweierlei Art: die einen sind klein, rundlich und liegen entweder vereinzelt oder in Gruppen; die andern haben einige Grösse und besitzen mehrere starke Ausläufer. Die rundlichen wie die verästigten Zellen erscheinen von Lymphräumen umzogen. Die innere Lage des Tectum liesse sich nach der für die Retina angenommenen Terminologie als „Körnerschicht‘“ bezeichnen: sie besteht zwar ebenfalls aus spongiöser Substanz, zugleich mit senkrechten Faserzügen, welche aus der vorhin erwähnten Platte hervorgehen, aber es sind in ihr eine Menge kleiner Kerne, umhüllt vom winzigen Zellen- leib, angehäuft. Durch den Verlauf der Faserzüge haben die Kerne eine säulen- oder auch kegelförmige Gruppirung. Am hintern Ende des Tectum sinkt diese „Körnerschicht“ in ihrer Dicke so herab, dass sie zu einer Epithellage der Hirnhaut wird, unter gleichzeitiger Ab- nahme der Grösse ihrer Kerne. Die grosse Formähnlichkeit der Ganglienkörper dieser Schicht des Tectum mit den Elementen der ,,innern Körnerschicht“ der Retina ist nicht zu verkennen. Wozu sich auch noch gesellt, dass sie den Faserzügen, welche den Radialfasern der Retina verglichen werden dürfen, durch Stiele verbunden sind. Danach darf man es wohl auch für zulässig halten, wenn Andere, z. B. HENLE, die ‚innere Körner- schicht“ der Retina für ein Stratum gangliosum erklären. Indem ich mich bloss an die Verhältnisse von Salmo halte, so wäre nur beizu- fügen, dass die Elemente der ,,innern Körnerschicht‘“ der Retina et- was kleiner sind als die entsprechenden Gebilde im Tectum, sonst aber auch in Form des Nucleus und der Nucleolen, sowie des Zell- leibes, in allen Stücken mit jenen übereinstimmen. Selbstverständlich sind die Bilder, welche uns Reihen von Schnitten durch das Tectum darbieten, wegen Verschiedenheit in der Anordnung der Zellen, Kerne, Züge der Nervenfasern und der Gerüstsubstanz sehr mannigfaltig, und es würde ein besonderes Studium erfordern, dies im Einzelnen topographisch zu verfolgen. Von mir wurde nur eine Stelle ausgewählt, welche in ihrem Gefüge an den Bau der Retina, abgesehen von der Epithelialschicht, gemahnt. Letztere, was nebenbei gesagt sein mag, besteht im vordern Winkel der Höhlung aus hohen, mit Flimmerhärchen besetzten Stabzellen, die aber hinterwärts bald zu niedrigen cubischen Zellen herabsinken. Noch auf einen weitern Zug, worin der Bau der Retina mit 394 F. LEYDIG, andern Gewebsschichten, welche ebenfalls zusammengesetzterer Art sind, Aehnlichkeit zeigt, könnte hingedeutet werden. Die Zellen des Epithelialgewebes, z. B. des Integuments, gehen, wie neuere Ermittelungen bestimmter darzuthun vermochten, ohne Unterbrechung in die darunter folgenden Zellen der Bindegewebslage über. Das gleiche Verhalten kehrt nun auch in der Retina wieder, insofern die einer epithelialen Schicht gleichzusetzenden Stäbchen und Zapfenzellen durch ihre fädigen Enden ebenfalls in Continuität stehen mit der spongiösen Gerüstsubstanz, welche einen Haupttheil der Retina bildet. Ich darf wohl bei dieser Gelegenheit auch Beobachtungen heranziehen, welche ich seiner Zeit an Schnitten durch die Netzhaut vom gehärteten Auge der Larve des Erdsalamanders gemacht habe. Um die grossen Kerne der äussern Körnerschicht ging zur Umhüllung die winzige Menge einer feinreticulären Substanz, und diese stand im Zu- sammenhang mit dem dichten und feinen Netzwerk der Molecularschicht. Ich glaubte im Besondern verfolgen zu können, dass die nach einwärts gerichteten Enden der Stäbchenzellen mit dem Schwammwerk der Molecularschicht zusammenhängen !). Und wie man die Lage der Stäbchen- und Zapfenzellen des Auges mit der epithelialen Bekleidung der Höhle des Central- nervensystems vergleichen darf, so steht auch am letztern Ort die Continuität der Zellen mit dem Schwammgerüste des Gehirns und Rückenmarkes ausser Zweifel. Schon W. Krause hat längst hervor- gehoben, dass die „Neuroglia* im Rückenmark mit der Epithellage des Centralcanals zusammenhänge, und als ich später diesem Structur- verhältniss ebenfalls nachging, war zu berichten, dass, insoweit ich zu sehen vermag, die Cylinderzellen, welche die Höhlen der Nerven- centren auskleiden, einwärts in lange Fäden sich ausziehen, und damit „schliesslich mit dem Reticulum‘‘ zusammenfliessen ?). Wenn Blutgefässe die Retina durchsetzen, z. B. beim Aal, so bleiben sie in der bindegewebigen Schicht und lassen die epitheliale Lage frei, was sich wieder mit der bezeichneten Betrachtungsweise in Einklang bringen liesse. VI. Meine Bemerkungen über den Bau der Retina stehen in enger Verbindung mit den Ansichten, zu denen ich durch Untersuchung der Nervensubstanz überhaupt und des Verhältnisses von Spongio- 1) Zelle und Gewebe, 1885, p. 193. 2) a. a. O., p. 189, Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 325 plasma und Hyaloplasma zu einander geführt worden bin. Es haben zwar meine Angaben mannigfachen Widerspruch erfahren, doch ist denselben auch Zustimmung zu Theil geworden und zwar von Seite tüchtiger Histologen, so durch Nansen und RoHpe. Vielleicht muss, nach bekannter Erfahrung, erst einige Zeit vergehen, bis man die Richtigkeit der Sache allgemeiner gelten lässt. Einstweilen erlaube ich mir aber doch einigen Punkten ein paar Worte zu widmen. So kann ich z. B. mein Befremden nicht ganz unterdrücken, wenn BürscHaLı in dem sehr interessanten und wichtigen Werke: „Unter- suchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma‘ sagt, dass ich „gelegentlich von einem spongiösen Bau der Nervenfaser“ spreche, während die ganze Frage doch zuerst von mir angeregt und hinreichend deutlich behandelt wurde, zu meinem Nachtheil freilich nicht in der breiten Art, wie man es jetzt immer mehr für nothwendig erachtet. Dass der genannte Autor auch sonst sich nicht der Mühe unterziehen mochte, meine Veröffentlichungen genauer anzusehen, er- giebt sich aus gar mancher Stelle seines Buches. So z. B. soll ich den Axencylinder aus structurlosem Hyaloplasma bestehen lassen, welches sich im Centrum der markhaltigen Faser ansammele, während ich ausdrücklich bemerke, es „könne die eigentliche Substanz des Nerven, also Axencylinder und Mark von einem einspringenden Fach- werk durchsetzt sein“. In Anbetracht des Axengebildes der Nervenröhren wäre übrigens zu melden, dass unterdessen an quer durchschnittenen Nerven mir Bilder zu Gesicht kamen, die mir neu waren und vielleicht auf manche Eigenschaften des Axencylinders einiges Licht werfen. An Durch- schnitten der Ohrgegend des Embryo von Salmo fontinalis war es, allwo zum Vorschein kam, dass die röhrigen Elemente des zum Sinnes- epithel der Hörleiste tretenden Nerven in der Mitte ihres Innern, wenn quer getroffen, ein eckig-zackiges Körperchen zeigten. Leicht konnte man sich dahin aufklären, dass ein quer angeschnittener Faden oder Strang die Nervenröhre durchzieht, und weiterhin liess sich er- mitteln, dass das Schwammwerk oder Spongioplasma, welches die Nervensubstanz oder das Hyaloplasma durchsetzt, mit bezeichnetem Strang zusammenhängt. Letzterer stellt sonach eine fadige Ver- dickung des Schwammwesens dar, ungefähr so, wie es die ,,Radial- fasern“ der Retina sind im Vergleich zu dem Wabenwesen der ,,Mole- cularschicht“. Und ich kann nicht umhin, auch zu bemerken, dass die Radialfasern der Retina auf ihrem Querschnitt genau dieselbe eckig- zackige Gestalt, bei gleicher Lichtbrechung, aufzeigen wie dieser die 326 F. LEYDIG, Nervenréhre durchziehende Axenfaden. Es ware sonach in unserm Falle der letztere ein central verdichteter Spindeltheil des Gerüst- werkes (Spongioplasma) der Nervensubstanz !). Nach und nach habe ich auch in andern Nerven desselben Em- bryos, dort wo bereits Nervenröhren zugegen waren, den besagten Axenfaden angetroffen, aber auch, was mir beachtenswerth scheint, oftmals vermisst und zwar bei Anwesenheit des gewöhnlichen Maschen- wesens. Seine Ausbildung wird sonach von unbekannten Einflüssen abhängig sein. In mehrern Figuren, welche Rerzıus über Querschnitte mark- haltiger Nervenfasern veröffentlicht hat, und zwar aus dem Lumbar- plexus des Frosches, tritt die erwähnte Anordnung der Gerüstsubstanz ebenfalls klar hervor ?). Und ebenso darf gar wohl ins Gedächtniss zurückgerufen werden, dass bereits vor mehr als dreissig Jahren REISSNER*), indem er, bei mässiger Vergrösserung, quer durchschnittene Nervenfasern veran- schaulicht, vom Axencylinder sagt, dass er nur selten eine kreisförmige Begrenzung zeige, häufiger sternförmig sich ausnehme. Das stimmt genau zu dem Aussehen, welches sich mir am Nervus acusticus zu- nächst dargeboten hatte. Noch gestatte ich mir, einige der allgemeinern Fragen, welche zum Vorigen Bezug haben, zu berühren. Ich habe seiner Zeit ausdrücklich und an verschiedenen Orten hervorgehoben, dass, wenn ich das Hyaloplasma als homogene Substanz bezeichne, dies nur den Gegensatz zum Spongioplasma ausdrücken soll, und führte aus, dass man wohl auch im anscheinend homogenen Hyaloplasma ‚‚Structuren“ anzunehmen habe, wie ich denn selbst schon mit meinen optischen Hülfsmitteln da und dort vom Netzwerk des Spongioplasmas ein feineres Schwammgerüst in die homogene Substanz sich verlieren sah. Zur Erläuterung zog ich ein physikalisches Bei- spiel heran, das ich im Nachstehenden wiederholen zu dürfen glaube *): „Indem wir das Hyaloplasma homogen nennen, heben wir durch, diese Bezeichnung den Gegensatz zum Spongioplasma hervor, etwa so, wie wir das Wasser homogen heissen gegenüber den Gebilden, welche 1) Vergl. Fig. 7. 2) Gustav Rerzıus, Bau des Axencylinders der Nervenfasern, in: Verh. Biol. Verein in Stockholm, 1889. 3) Reıssner, Neurologische Studien, in: Arch, f. Anat. u. Phys, 1861. 4) Zelle und Gewebe, p. 206, Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 827 bei dessen Erstarrung auftreten. Es wird aber Niemand in Abrede bringen wollen, dass in dem Wasser vor seinem Uebergang in Eis nicht schon Structuren vorhanden wären; vielmehr ist anzunehmen, dass bereits vorher die Theilchen zu bestimmten Gestalten geordnet und gelagert gewesen sind, ohne dass die sinnliche Wahrnehmung etwas davon zu fassen vermag. Erst wenn die Verdichtung fort- schreitet und die Krystallisation beginnt, verschwindet auch für unser Auge die homogene Beschaffenheit. Dem Auftreten der Eisnadeln sind eben wohl uns unsichtbare innere Structuren vorausgegangen. In gleichem Sinne nehme ich die homogene Natur des im Schwammwerk der Zelle befindlichen Hyaloplasma.“ Wenn Bürscauı, dem offenbar erheblich bessere Linsensysteme als mir zur Verfügung standen, jetzt betont, dass es kein ganz homo- genes Plasma gebe, sondern dass es allezeit von wabigem Bau sei, so kann er doch nicht umhin, zugleich zu sagen, dass „schaumiges“ Plasma in anscheinend ganz homogenes übergehen könne, womit er aber dann wieder meiner Auffassung sich nähern würde. Ein wesentlicherer Unterschied in dem, was ich über das Ver- hältniss von Spongioplasma und Hyaloplasma vor die Augen bekam, und dem, was BürschLı gesehen hat, thut sich darin hervor, dass ich den Schwammcharakter des Protoplasmas oder das Balken- und Blätter- werk und die davon umschlossenen, das homogene Hyaloplasma ber- genden Höhlungen ganz nach dem Schema auffasse, für das ein gut gereinigter eigentlicher Schwammkörper als Modell dienen könnte !). Es würden danach Verbindungen der Hohlräume unter einander be- stehen. Nach BürscaLı aber erzeugt das Spongioplasma abgegrenzte, geschlossene Kämmerchen; die Substanz des Hyaloplasmas sei durch- weg „discontinuirlich‘“ durch zahlreiche zarte Scheidewände der Waben getrennt. Und was nun insbesondere den Bau der Nervenröhren be- trifit, so seien in ihrem wabigen Wesen die Wände der Kämmerchen als das Substrat der Nervenleitung zu betrachten, denn sie allein erstreckten sich continuirlich durch die Nervenfaser. Meine Auf- fassung, dass die Substanz des Hyaloplasmas als das Enthaltene im physiologischen Rang dem Einschliessenden oder der Wand vorangeht, wird für eine „seltsame Vorstellung“ erklärt. Muss aber, frage ich, nicht Jeder, welcher die mit unverkenn- barer Genauigkeit und Schärfe gezeichneten Abbildungen auf den Tafeln des genannten Autors betrachtet, mit Verwunderung sich ein- 1) Vergl. a. a. O. p. 2, Anmerkung 4. 328 F, LEYDIG, gestehen, dass ja, wenn die Deutung des Heidelberger Forschers die richtige ist, alsdann das nach ihm Untergeordnete oder das Hyalo- plasma in viel reichlicherer Menge zugegen ist als das Wabenwerk, das, wie er dafür hält, das Bedeutungsvollere wäre? Man möchte mancher Figur gegentiber beinahe sagen, dass sie an den Aufbau eines Gewebes aus Zellen erinnere, angesehen unter ganz geringer Ver- grösserung und mit den Augen eines Beobachters, der nur erst die Wand der Zellenkämmerchen kannte. Bei dem Gewichte, welches doch der ganzen Frage innewohnt, wollte ich es für angemessen halten, alle die Punkte, auf welche sich meine Auffassung stützt, hier in Kürze zu wiederholen, nahm aber doch davon Abstand, da dem, welcher von meinen wenigen, den Gegenstand betreffenden Arbeiten Notiz nehmen will, dieselben doch leicht zur Hand sein werden 1). Nun zum Schlusse sei noch einmal in einigen Worten der schwierigen Frage gedacht, wie sich die Nervensubstanz wohl inner- halb des übrigen Plasmas verhalten möge. Nach den vorliegenden Beobachtungen über die Retina, welche sich meinen frühern Aufstellungen unterordnen lassen, gehen die fadigen Ausfranzungen der Nervenscheide in das Bälkchenwesen über, das mit dem allgemein als Gerüstsubstanz angesprochenen Schwammgewebe (Spongioplasma) in Verbindung tritt, während der Inhalt der Nerven- röhre sich in die Zwischensubstanz oder ins homogene Hyaloplasma verliert. Es verschmilzt also anscheinend Hyaloplasma und Nerven- substanz ohne Grenze ?). Und doch darf wohl angenommen werden, dass ein Unterschied, demnach auch eine Grenze zwischen beiden be- stehen wird, was nachzuweisen kaum anders als durch Anwendung chemischer Hülfs- und namentlich Färbemittel gelingen kann. Schon seiner Zeit habe ich die Bilder, welche Craccio über Nerven- enden im Muskel gegeben hat, in ähnlichem Sinne ausgelegt, dabei auch Mittheilungen von L. GErLACH über Nervenendigung in der Musculatur des Froschherzens im Gedächtniss gehabt und möchte gar manches der neuesten Zeit Angehörige, z. B. Zeichnungen Cucartrs über Nervenenden, so auffassen, dass dort Partien des nervösen Hyalo- plasmas durch Härtung und Färbung aus dem übrigen Hyaloplasma 1) Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. — Zelle und Gewebe. — Altes und Neues über Zelle und Gewebe, Zool. Anz. 1888. — Berichtigender Artikel im Biol. Centralbl. — Argulus foliaceus, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 33. 2) Siehe Fig. 3. Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. 329 gesondert wurden und sich dadurch als Striche und Flecken dar- stellen. Etwas bleibend Unbefriedigendes liegt aber bei allen diesen Be- strebungen darin, dass die Mittel der Untersuchung nicht ausreichen, um die morphologischen Studien erheblich zu vertiefen. Wir werden die Empfindung nicht los, dass auch hier die Structuren doch eigent- lich zusammengesetzter sind, als wir nach dem ersten Eindruck ge- schlossen haben, und wir daher nie am Ende der Nachforschung stehen. Habe ich doch z. B. in mehr als einem Fall mich überzeugt, dass der Strang eines Spongioplasmas, der bei schon starker Vergrésserung keine weitere Sonderung seiner Substanz zu haben schien, doch, nach- dem die Vergrösserung möglichst gesteigert war, sich abermals in Fachwerk und Inhalt auflöst, demnach im Feineren das Bild wieder- holt, welches Spongioplasma und Hyaloplasma in ihrem gegenseitigen Verhältniss sonst gewähren. Wie soll man dem gegenüber zu festeren Vorstellungen in den obschwebenden Fragen gelangen! 330 F. LEYDIG, Einiges zum Bau der Netzhaut des Auges. Erklärung der Abbildungen. Tafel 18. Alle Figuren beziehen sich auf Salmo fontinalis. Fig. 1. Embryonale Retina im senkrechten Schnitt. a Pigmentschicht, b Stabschicht, c Limitans externa, d äussere Körnerschicht, e äussere Molecularschicht und Membrana fenestrata, f innere Körnerschicht, g innere Molecularschicht, h Ganglienzellenschicht, i Nervenfaserschicht, k Limitans interna. Fig. 2. Zellen der Membrana fenestrata von der Fläche, a; drei Radialfasern in der innern Körnerschicht, quer getroffen, b. Fig. 3. Uebergang einer Nervenröhre in das von den Ganglien- zellen erzeugte Netzwerk. (Willkürliche Vergrösserung.) Fig. 4. Aus dem Tectum der Lobi optici, nahe dem vordern Ende. a Anlage der Hirnhaut, b Theil der Rinde des Tectum (spongiöse Substanz, Ganglien- zellen, bindegewebiges Fachwerk, Blutgefäss, Lymph- bahnen). Fig. 5. Aus dem vorigen Schnitt zwei Gerüstzüge mit den durch Stiele angehefteten kleinen Zellen. Fig. 6. Ein Stückchen derselben Partie, noch mehr vergrössert; zwischen den Zellen netziges Wesen. Fig. 7. Stück des Gehörnerven, quer durchschnitten. Man sieht die sternförmige Form des Axenfadens. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. Von Dr. Otto Maas. Hierzu Tafel 19—23. Einleitung. In meiner Darstellung der Metamorphose von Esperia lorenzi hatte ich betont, dass die dabei eintretende Umkehr der Schichten der Larve eine so merkwiirdige Thatsache sei, dass ihre Bekraftigung auch durch Beispiele an andern Kieselschwämmen wiinschenswerth erscheine, und hatte zu diesem Zwecke meine entsprechenden Be- obachtungen an einer Axinella und an Clathria coralloides kurz an- gedeutet. — Die weitere Ausarbeitung der Metamorphose, nicht nur an diesen beiden Schwämmen, sondern an Vertretern aller Familien der Cornacuspongia (Monaxonida s. str.) war der erste Zweck meiner ausführlichen hier vorliegenden Arbeit. Der zweite Hauptzweck war, auch das Zustandekommen der Larve aus dem Ei an einer Reihe von Beispielen vergleichend zu untersuchen, um damit einen sichern Boden für die Homologisirung mit den Larven der andern Schwammordnungen zu gewinnen und die von der bisherigen etwas abweichende Auf- fassung des Schwammkörpers als eines im erwachsenen Zustande wohl dreischichtigen, dem Wesen nach aber doch nur zweiblättrigen Organismus zu stützen, die ich an andrer Stelle ausgesprochen hatte (44). Mittlerweile ist die ausführliche und von glänzenden Abbildungen begleitete Arbeit von Y. DELAGE (10) erschienen, die die Metamorphose Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 99 332 OTTO MAAS, und Umkehr der Schichten von verschiedenen Typen der Kieselhorn- schwimme, nämlich: Spongilla, Esperia, Reniera und Aplysilla be- handelt, die aber von den vorläufigen Mittheilungen dieses Autors iiber denselben Gegenstand (8, 9) in manchenn Punkte nicht unwesentlich abweicht. Nachdem er dort die Geisselkammern der Esperia von Zellen der mittlern Schicht durch Theilung hergeleitet hatte und für die Geisselzellen der Larve eine Verwendung als Auskleidung der ausführenden Canale darstellte, werden jetzt nach ihm, wie auch ich in meiner Arbeit (43) gesagt habe, die Geisselzellen der Larven zu den Geisselzellen der Kammern. Dieser Verwendungsprocess findet bei allen vier von ihm untersuchten Arten statt, nur dass er nicht direct vor sich geht, sondern dass die Geisselzellen zuerst (ent- weder alle, oder nur in grösserer oder geringerer Zahl) von amöboiden Zellen gefressen und nachher als Zellen der Kammern wieder aus- gestossen werden. Dass meine Untersuchungen in vielen Punkten sehr mit den seinigen übereinstimmen und mit meiner ersten Darstellung von Spongilla nicht zu vereinbaren sind, habe ich schon in meiner frühern Arbeit über Esperia erwähnt (43, p. 409)1). Ich habe mittlerweile 1) Da Deracws im Jahre 1893 erschienene Arbeit im Jahre 1892 gedruckt und vom December 1891 datirt ist, meine damalige Arbeit im Februar 1892 abgeschlossen wurde und im Juni 1892 herauskam, so hat sie DELAGE, wie es scheint, nicht mehr berücksichtigen können. Nichtsdestoweniger wäre wohl eine Erwähnung meines Esperia-Auf- satzes in einer Anhangsnote am Platz gewesen, um so mehr als meine Spongilla-Darstellung ausführlich kritisirt wird. Um so erstaunter war ich daher, eine erst nach Vollendung dieser Arbeit erschienene Note Deracr’s (in: Arch. Zool. Exp. 1893) zu lesen, worin er sich beklagt, dass ich ihn ungenügend citirt und seinen vorläufigen Mittheilungen nichts Wesentliches hinzugefügt habe. Den Fachgenossen, die die letztern und meine Esperia-Arbeit kennen, möchte ich die Entscheidung darüber überlassen, da mir persönlich solche Prioritätsstreitigkeiten durchaus fern liegen, und will nur nochmals die Verschiedenheit seiner vor- läufigen Mittheilungen von der ausführlichen Arbeit hervorheben. Sehr verwahren möchte ich mich aber gegen die Art und Weise, wie DerAGE meinen zweiten Aufsatz „über die Auffassung des Spongien- körpers“ (44) behandelt, der ebenfalls lang vor seiner Arbeit erschienen war, und wonach darin nichts weiter als eine nochmalige Beschreibung des Zurückziehens der Geisselzellen enthalten sein soll. Dies ist viel- mehr in dem betreffenden Aufsatz nur Nebensache, in Wahrheit handelt es sich darin um eine Auffassung des sog. Mesoderms der Spongien, wie sie in Derace’s Mittheilung gar nicht enthalten war, wie sie aber Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 333 meine Priiparate und Beobachtungen des Siisswasserschwamms durch Vergleich mit dem marinen Material einer Revision unterzogen und bin in der That durch diesen Vergleich zu wesentlich andern Deu- tungen gelangt als friiher. Ich werde darauf in einem speciellen Capitel zurückzukommen haben. Wenn ich also trotz der Uebereinstimmung meiner neuern Unter- suchungen (43, 44) mit DELAGE’s jüngster Schrift (10) abermals mit einer Arbeit über die Embryologie der Kieselschwämme hervortrete, so geschieht dies aus verschiedenen Gründen. Erstens kann ich als neues und von DELAGE nicht studirtes Moment auch die Entwicklung vom Ei an bringen, zweitens bestehen doch auch einige nicht unwesentliche Differenzpunkte zwischen der DELAGE’schen und meiner eigenen Darstellung der Metamorphose, und drittens endlich verlohnt es, die so eigenthümliche Verlagerung der Schichten, bei der DELAGE und ich zwar übereinstimmen, die aber doch wohl zuerst von Manchem bezweifelt wurde, an recht zahlreichen Beispielen zu constatiren. Und die von mir untersuchten Arten sind völlig andere wie die DELAGE’s. Je mehr die Entwicklungsgeschichte in die Breite gegangen ist, desto mehr hat es den Anschein, als seien die Unterschiede innerhalb einer einzelnen Gruppe viel grésser, als man meist annahm, und als habe man öfters zu früh mit andern Gruppen homologisirt. Ich habe mich deswegen bemüht, ehe ich an den Vergleich mit andern Schwäm- men herantrat, aus allen Familien der Cornacuspongia Vertreter zu finden und deren Embryologie zu studiren, und habe dabei in der That gesehen, dass zwischen den Larven grosse Ver- schiedenheiten existiren und es nur dann, wenn man eine ganze Reihe verschiedener Arten kennt, möglich ist, zu sagen, was das Essentielle in ihrem Bau ist, und die Zugehörigkeit und Bedeutung dieser oder jener Zellsorten zu bestimmen. Ich habe das Material, das ich hier gebe, so ausgewählt, dass sowohl nach dem System RıpLey u. Denpy’s wie nach dem Vos- MAER’s sämmtliche Untergruppen der Cornacuspongia behandelt wer- den. (Den Ausdruck Monaxonida will ich deswegen nicht gebrauchen, weil die darunter fallenden Clavulina, wie diese Autoren selbst an- zu meiner Freude sich ganz ähnlich in seiner ausführlichen Arbeit findet, und ferner um den Vergleich mit Sycandra, der DELAGE früher ebenfalls misslungen war. 22 + 334 OTTO MAAS, geben, den Tetractinelliden viel näher stehen, und weil ich auch noch Hornschwämme in meine Betrachtung ziehen möchte.) — Obwohl nun auch alle Familientypen VosmAEr’s in meiner folgenden Darstellung ihre embryologische Abhandlung finden, so folge ich doch, wie es mich der Bau der Larven lehrt, der Eintheilung von RıpLey u. DENDY. Nach Ausschluss der Potamospongia unterscheiden diese: 1. Homorhaphidae mit den Subfamilien Renierinae und Chalininae. 2. Heterorhaphidae. 3. Desmacidonidae. 4. Axinellidae. Nach der Ansicht, die ich mir, von den Larven ausgehend, über die Verwandtschaft dieser Gruppen abgeleitet habe, stehen sich 1 und 2 unter einander näher und bilden eine Gruppe, ebenso 3 und 4, und die Hornschwämme schliessen sich an die erstern an. Bei der Reihenfolge meiner Darstellung beginne ich aber, um an Bekanntes anzuschliessen, mit der Gruppe 3 und 4. Ich gebe daher zunächst die Metamorphose der Larve von Axinella als Beispiel von 4, dann als Beispiel von 3 die Entwicklung aus dem Ei der ebenso gebauten Larve von Myxilla rosacea; ferner als Beispiel von 2 die Metamor- phose von Gellius, die etwas verschieden ist, und für 1 die Entwicklung aus dem Ei von Chalinula. — Andere hierher gehörige Species werden nebenher behandelt werden. Daran schliesse ich die Beobachtungen an Hornschwämmen und werde dann auch der Spongilla vergleichend gedenken, ehe ich meine Einzeldarstellungen zur Homologisirung zu- sammenfasse. Untersuchungsmethoden. Mein Bestreben bei der Untersuchung ging darauf, möglichst frisches Material in möglichst natürlichen Bedingungen beobachten und con- serviren zu können. — Während einer einjährigen Benutzung eines Arbeitsplatzes in der Zoologischen Station von Neapel, für dessen Ueberlassung ich dem Königlich preussischen Cultusministerium meinen Dank sage, habe ich durch die vortrefflichen Einrichtungen dieser Station und durch die unermiidliche, oft gerühmte Gefalligkeit des Herrn Lo Branco Gelegenheit gehabt, wöchentlich durchschnittlich mehrere Male eine grosse Anzahl von Cornacuspongien zu unter- suchen. Von diesen waren zu jeder Jahreszeit eine oder die andere Art, in den wärmern Monaten bis gegen Herbst gleichzeitig mehrere Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 335 geschlechtsreif und sandten Larven aus. Ich gebe zum Vortheil der Nachuntersucher darüber unten eine Tabelle ‘). Zur Gewinnung der Larven wurden die betreffenden Schwammstiicke in grosse und weite Glaser vertheilt, die wieder ihrerseits der Gleichmäs- sigkeit der Temperatur wegen in die Bassins gestellt wurden, das See- wasser in den Gläsern durch Nachgiessen erneuert und für Lichtabsper- rung gesorgt. Die ausschwärmenden Larven wurden theils mit FLEMMING- scher Lösung (Einwirkung 1 bis 3 Minut.) conservirt, theils zum Weiter- züchten verwandt, die betreffenden Schwammstücke aber nicht länger als 24 Stunden benutzt, da die später ausschlüpfenden Larven nicht mehr normal sind. Von jedem Schwamm wurden grössere Stücke in Alkohol absolutus, kleinere in FLemmina’scher Lösung conservirt. Bei der Me- thode mit Alkohol ist darauf zu achten, dass man denselben mehrfach wechselt, zuerst nach 5 Minuten, dann etwa nach einer Stunde, dann etwa nach einem Tage, und dass die betreffenden Stücke in Tuben mit Bind- faden so in der Höhe befestigt sind, dass sie stets in concentrirtem Alkohol hängen, und der mit Seewasser gemischte zu Boden sinkt. Bei dieser Behandlung bleiben sogar die Larven in den Follikeln ohne jede Schrumpfung und mit allen histologischen Details erhalten. Die zum Züchten bestimmten Larven wurden in grosse flache Glas- schalen von 15 bis 30 cm Durchmesser und 3 bis 5cm Höhe, die mit See- wasser halb gefüllt waren, vertheilt, und diese an lichtgeschützten Orten aufgestellt. Das Wasser darin wurde mehrfach nachgefüllt, nach dem Festsetzen der Larven grösstentheils abgezogen und erneuert. — Ich bin zu dieser Methode gekommen, weil in der Circulation der Aquarien die jungen Schwämmchen sich nicht hielten, sondern rasch von Bakterien überwuchert wurden. 1) Verzeichniss der in Neapel beobachteten Schwamm- larven, nach der Jahreszeit geordnet: Januar: Clathria coralloides. Februar: Dictyonella spec. Marz: — April: Chalinula fertilis. Mai: „ Juni: Reniera rosea, R. incrustans. Juli: Reniera spec. August: Myxilla spec., Euspongia officinalis, Cacospongia spec. September: Gellius varius, Pachychalina spec., Hircinia variabilis. October: Esperia lorenzi, Axinella crista-galli, Desmacidon spec., Gellius spec. November: Myzilla rosacea. December: Esperia lingua. Im Ganzen 18 Species. 336 OTTO MAAS, Ueber die Schnelligkeit der Umwandlung als Kriterium eines normalen Verlaufs kann ich meine frühern Beobachtungen (42 u. 43, p. 422) wie auch die DELAGE’S nur bestätigen. Nach etwa 3 Tagen kann man schon ein richtiges Schwämmchen mit Poren und Osculum haben; ich habe aber mittels der grossen Glasschalen noch ganz ansehnliche Stücke bis zu 14 Tagen alt und darüber erzielt. Um einzelne Stadien in bestimmten Momenten fixiren zu können, hatte ich die Schalen mit Paraffin ausgegossen; man konnte alsdann die betreffenden Objecte ausscheiden, in einem Uhrgläschen mit See- wasser herausholen, conserviren, härten und färben, dann das Paraffın lösen und das betreffende Object je nachdem zum Aussichtspräparat oder zum Schneiden verwenden. Ich kann diese Methode als durch- aus zuverlässig empfehlen; irgend welche schädliche Einwirkung des Paraffins habe ich nicht wahrgenommen. Um eine grössere Anzahl von Larven auf einmal zu conserviren, benutzte ich solche Glasschalen, die nicht mit Paraffin ausgegossen waren. Nach Absaugung des Seewassers wurden alle Proceduren mit FLemMina’scher Lösung, Alkohol und Färbung in der grossen Schale gemacht und dann die sämmtlichen darin vorhandenen Schwämmchen (oft waren es über 30), nachdem sie eine Zeit in starkem Alkohol gestanden, nach einander mittels eines Instruments abgesprengt. — DELAGE hat in seiner Arbeit ein ähnliches Verfahren empfohlen (10, p. 421), Loslösung vom grossen Deckglas mit dem Messer. Mir hat ein Platinspatel mit abgerundeten Ecken die besten Dienste ge- leistet. Es ist auf diese Weise mit einiger Uebung möglich, die jungen Schwämmchen vollständig intact, auch mit Erhaltung des der Unterlage aufsitzenden Epithels abzulösen, natürlich erst nach guter Fixirung und Erhärtung. An Wasserpflanzen setzen sich die ver- schiedenen Larven sehr ungern an. Ich habe eine ganze Reihe von Algen verschiedener Farbe, von der gewöhnlichen Ulva an, zu diesem Zweck durchprobirt und nur mit Halymenia dichotoma solche Resul- tate erhalten, dass ich Blättchen zum Schneiden zurichten konnte. Die Beobachtung der lebenden Larven geschah zum grossen Theil in den grossen Schalen vermittels eingetauchter Linsen, theilweise auch an Exemplaren, die sich an eingehängten Deckgläsern oder an der obersten Wasserschicht festgesetzt hatten, oder in Uhrschalen, die in grössern Schalen schwammen, um kühl zu bleiben. Sehr geeignet ist die letzte Methode, wenn sich die Larven angesetzt haben. Man taucht alsdann die Uhrschalen in grössere Gläser unter und kann sie Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 337 jeder Zeit herausnehmen und nach Wasserabsaugung unter das Mikro- skop bringen. Doch sind alle diese Vorrichtungen nur auf kurze Zeit und mit Vorsicht zu benutzen wegen der anormalen Bedingungen, besonders der grellen Belichtung, der die Larven dabei ausgesetzt sind. Gerade fiir die ersten Stadien des Festsetzens aber geniigen sie vollkommen. Das Conserviren geschah, nachdem ich verschiedene andere Fliissig- keiter nebenher probirt, schliesslich nur noch mit FLEMMING’scher oder mit dessen von HERMANN modificirter Lösung; die Einwirkung dauerte je nach Zweck und Grösse 1—3—6 Minuten. — Zum Durchfärben habe ich die üblichen Mittel angewandt, zumeist Boraxcarmin; zum Nachfärben und zur Hervorhebung verschiedener histologischer Details auch Anilinfarben. Besonders will ich hier nur das Verfahren mit Gentianaviolett und Orange G erwähnen, das von FLEMMING für einen andern Zweck (Centrosomen) angegeben wurde, das aber auch hier zur Differenzirung der verschiedenen Zellelemente gute Dienste thut. Bezüglich des Einbettens und Schneidens habe ich nichts Besonderes zu erwähnen; die Schnittdicke betrug meist 4 bis 5 w, für besondere Zwecke auch weniger, für andere Zwecke auch manchmal viel mehr. Wo eine Orientirung vor dem Schneiden nöthig war, geschah sie nach der früher erwähnten Methode (42, p. 530) durch Aufkleben auf Leber. Gute Einzelbilder von Zellen erhält man durch vorsichtiges Zer- klopfen der gehärteten und gefärbten Larven in Glycerin unter dem Deckglas. Zur Darstellung der Spicula benutzte ich das frühere Verfahren (43, p. 419) mit Eau de Javelle. Um erwachsene Schwämme zu schneiden, habe ich nicht Ent- kieselung angewandt, sondern Objecte ausgesucht, die nicht allzu viel Spongin und Nadeln enthielten und nicht von Fremdkörpern durch- setzt waren. — Es sind dies Verhältnisse, die oft bei den gleichen Gattungen in verschiedenen Species wechseln, und die Wahl des sünstigen Objects ist hier ebenso wie für die Beobachtung der Metamorphose eine Hauptsache. Die Arbeit wurde in den Zoologischen Instituten von Berlin und Giessen fertig gestellt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, beiden Herren Institutsdirectoren, Herrn Geheimrath Prof. F. E. SCHULZE und Herrn Prof. SPENGEL, für die freundliche Aufnahme und ihr In- teresse an meinen Arbeiten meinen besten Dank zu sagen. 338 OTTO MAAS, Beschreibender Theil. - 1. Die Metamorphose der Larve von Awinella crista-galli spec. nov. Die Schwammspecies, aus der die betreffende Larve stammt, ist neu und bietet in mehrfacher Beziehung Interesse. Ich méchte aber, da ja VOSMAER sie gewiss in seiner Monographie bringen wird, mich hier ebensowenig wie an andern Stellen auf systematische Beschreibung ein- lassen, sondern nur das geben, was zur Kennzeichnung und Wieder- auffindung direct nothwendig ist. Der Schwamm ist von ansehnlicher Grösse, bildet Krusten, die seitlich comprimirt und gewunden sind wie ein Hahnenkamm. Die Oberfläche ist unregelmässig wellig. Oscula sind unscheinbar, nicht auf Erhebungen oder in Grup- pirung stehend. Farbe ziegelroth bis scharlachroth. Spicula sind sämmtlich stecknadelförmig, aber von zweierlei ver- schiedenem Umfang, 1) grüssere, die in Zügen liegen, und 2) kleinere, die die Rinde und Oberfläche stachlig machen. Fleischnadeln sind nicht vorhanden. Das Skelet setzt sich aus diesen Spicula mit Hülfe von viel Spongin in folgender Weise zusammen: die Stabnadeln bilden aufsteigende gefiederte Züge, die sich wiederholt theilen, bis sie zur Oberfläche kommen, dann die Gewebsbalken zwischen den subdermalen Lacunen tragen und nach oben in Bündel kleiner Stabnadeln nach allen Seiten ausstrahlen (Taf. 20, Fig. 16 u. 17). — Diese letztern sind nicht durch Spongin zusammengehalten, wohl aber die tiefern Züge und zwar um so mehr, je näher sie den Stämmen liegen (Taf. 20, Fig. 17). Canalsystem nach dem dritten Typus. Subdermalräume von besonders starker Entwicklung. Durch die Abwesenheit jeglicher Mikrosklera und das charakte- ristische Skelet „aus einer deutlichen festen Axe von parallelen Spicula und locker zusammenhängenden peripheren Spicula“ als Axinella ge- kennzeichnet. Von den bestehenden Arten, speciell von polypoides ver- schieden; der Form und Farbe wegen möchte ich den Namen crista- galli vorschlagen. Die Larven liegen im mütterlichen Körper nicht in ganzen Nestern zusammen, sondern zerstreut und zwar sehr nahe der Ober- fläche, so dass sie von aussen leicht gesehen werden, indem sie als ovale Buckel von noch dunklerm Roth als der übrige Schwamm die Rindenschicht desselben deutlich vorwölben. Dennoch geschieht aber das Freiwerden nicht durch Dehiscenz dieser dünnen Rinde, sondern auf dem Wege des Canalsystems. Beim Durchschlüpfen durch dessen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 339 ziemlich enge Ausgangsöffnungen kommt den grossen Larven ihre Formveränderlichkeit und Streckungsfähigkeit sehr zu Statten. Ihre Grösse ist sehr bedeutend, 1,2 mm im Längs- und 8,0 mm im Querdurchmesser; sie stehen damit in der Mitte zwischen Larven von Esperia lingua und Esperia lorenzi und gehören zu den grössten überhaupt beobachteten Schwammlarven. Ihre Farbe ist ebenfalls sehr auffallend, nämlich scharlachroth; nur der nach hinten gerichtete Pol ist etwas heller, ungefähr orange (ähnlich wie die von DELAGE abgebildete Esperella-Larve, der sie auch in Bezug auf Spiculation ähnlicher erscheinen als letztere meiner Ab- bildung von Esperia). | Die Bewegung dieser Axinella-Larven ist im Vergleich zu allen andern Schwammlarven, die ich kenne, eine ausserordentlich schwer- fällige; ihre Cilien sind nämlich im Verhältniss zu dem sehr grossen Körper von nur geringer Länge, und ein Schopf besonders langer Wimpern, wie ihn die Larven anderer Gruppen tragen, der die Bewegung sehr fördert, fehlt hier. Dagegen ist die Contractilität sehr entwickelt; die Larve kann ihre eigenen Dimensionen verändern, ihre Längsaxe sehr vergrössern, so dass sie ihre Breite um mehr als das Vierfache übertrifft, und sich dann wieder zusammenziehen, so dass ihr Längsdurchmesser gleich dem queren ist. Durch diese Art der Fortbewegung und ihre Grösse gleicht sie im Wasser eher einem Wurm als einer Schwammlarve. Eine Scheu vor dem Licht ist eben- falls sehr ausgesprochen, doch ist die Reaction darauf, wohl wegen der allgemeinen Schwerfälligkeit der Bewegung, nicht so markant wie bei andern Larven. Die Betrachtung der lebenden Larve unter dem Mikroskop lässt bei auffallendem Lichte die Verschiedenheit der Pole deutlich wahr- nehmen, doch ist der hintere hellere Pol nicht so scharf von dem übrigen Gewebe abgegrenzt wie sonst. Der vordere Pol zeigt keine Differen- zirung und ist genau wie die Seite der Larve beschaffen. Bei durchfallendem Licht ist.der Compactheit der Larve halber fast nichts zu erkennen, auch an der Randpartie nicht. Nur wenn die Larve sich etwas streckt, erkennt man daselbst eine Schraffirung, die die Zusammensetzung des Randepithels aus sehr dünnen Cylindern anzeigt, und man kann die dichtflimmernden, kurzen Geisseln daran schlagen sehen. Wenn die Larve sich ganz besonders streckt, so scheint der epitheliale Zusammenhang etwas gelockert; man nimmt alsdann wahr, wie die peripherischen Enden der einzelnen Geisselzellen etwas auseinandertreten, und kann die einzelne Geissel an jeder Zelle 340 OTTO MAAS, sehen (Taf. 22, Fig. 52). — Der hintere Pol zeigt ebenfalls cylindrische Zellen in epithelialer Anordnung, jedoch ohne Geissel und nicht so extrem schlank. Diese Larve, die im Leben so wenig erkennen liess, erwies sich dafür als ein um so giinstigeres Object fiir feine Schnitte, indem bei ihr die Nadelentwicklung gering ist und die histologischen Details, insbesondere die Differenzirung zweier verschiedenen Hauptzellen- schichten, besonders klar hervortreten. Die Larve besteht nämlich, um von einzelnen Besonderheiten zu- nächst abzusehen, 1) aus einer Schicht von ausserordentlich schlanken, kleinkernigen, geisseltragenden Cylinderzellen, die die Oberflache mit Ausnahme des hintern Pols ausmachen, und 2) aus einer Masse von viel grössern und grosskernigen Zellen, die, in einer gallertigen Grund- substanz eingelagert, die innere Masse und das Hinterende der Larve bilden (Taf. 20, Fig. 18). Die lang gestreckten Cylinderzellen sind ebenso angeordnet, wie es schon von mir und DELAGE für Esperella beschrieben worden ist. Sie sind so ausserordentlich gestreckt, dass der Durchmesser ihrer Kerne viel grösser ist als der der Zellen und sich deswegen die Kerne, damit die Zellen neben einander stehen können, mehrschichtig eruppiren müssen. Es kommt dann dadurch, dass die Kerne jeweils in der innern Hälfte der gestreckten Zellen liegen, eine schraffirt aus- sehende Zone von Zelleibern und eine gleich breite Zone von Zell- kernen darunter zu Stande (Taf. 21, Fig. 31), ein Bild, das ein mehr- schichtiges Zellenlager vortäuschen Könnte, wenn man sich nicht an Zupfpräparaten überzeugte, dass es sich nur um ein einschichtiges Epithel handelt (Taf. 22, Fig. 50). Gleich schlanke Zellen, nur ohne Geisseln, habe ich öfters gefunden, Uebergangselemente dagegen zwischen ihnen und den Zellen der innern Masse nicht. Die Kerne der Geisselzellen sind sehr chromatinreich und färben sich mit den üblichen Mitteln viel intensiver als die aller übrigen Elemente der Larve. Es entsteht dadurch ein, schon bei schwacher Vergrösserung wahrnehm- barer, scharfer Unterschied zwischen der äussern und der innern Schicht der Larve, wie ich ihn bei keiner andern Species so deutlich ausge- sprochen gefunden habe. Das rothe Pigment liegt in der schraffirten Zone des Epithels. Bei der innern Schicht ist zunächst die Grundsubstanz bemerkens- werth; sie ist sehr reichlich entwickelt im Verhältniss zum gesammten Gewebe (Taf. 20, Fig. 18), von starker Consistenz, weniger gallertig als gummiartig zu bezeichnen, so dass man die Larve ohne grossen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 341 Schaden ordentlich quetschen kann und schon mechanische Gewalt ausüben muss, um sie zum Platzen zu bringen, während andere Larven einfach durch Deckglasdruck zerfliessen. In dieser zihen Substanz eingebettet liegen die Spicula und zwei Hauptsorten von Zellen. Es sind dies erstens solche, die ein grob und ungleich granulirtes Protoplasma besitzen und oft mit tingirbaren Ein- lagerungen, die unverarbeitetes Nährmaterial darstellen, ausgefüllt sind (Taf. 21, Fig. 31 ma,). In manchen Fällen zeigen diese Zellen fast keine solchen Dotterkörner, dann aber oft amöboide Ausläufer und können bei lebend zerzupften Larven auf dem Objectträger weiter kriechen. Ihr Kern ist bläschenförmig mit Nucleolus; wo Chroma- tin wahrzunehmen ist, besteht es aus unregelmässigen Brocken. Auch die Bildner der Spicula haben einen solchen bläschenförmigen Kern, dagegen ist ihr Protoplasma ganz hyalin (vgl. Fig. 7). Die andere Zellsorte besitzt ein ganz gleichmässiges Protoplasma das erst mit starker Vergrösserung eine feine Granulirung erkennen lässt (vielleicht der Ausdruck der Wabenstructur, vgl. DELAGE) (Taf. 20, Fig. 18, und Taf. 21, Fig. 31 ma,). Ihr Kern ist meist oval und zeigt ein feines Gerüst, indem das Chromatin gleichmässig vertheilt ist, ohne sich irgendwo anzuhäufen. Im Protoplasma ist ausserdem noch eine besondere Differenzirung nachweisbar, die namentlich bei Plasmafärbung mit ver- schiedenen Anilinfarben hervortritt und dann bei sämmtlichen Zellen dieser Gattung im ganzen Präparate gesehen wird. Es ist dies eine helle, wie eine Vacuole aussehende Stelle, in deren Mitte ein kreis- rundes Fleckchen erscheint (Taf. 21, Fig. 31 ma,, v). — Ich habe dieses Bild, nachdem ich einmal darauf aufmerksam geworden, ganz regelmässig gesehen; ob es sich hierbei um Centrosomen handelt, vermag ich nicht anzugeben. Diese beiden Zellsorten liegen nicht regellos in der Grundsubstanz zerstreut, sondern zeigen eine bestimmte Anordnung. Die mit Dotter- einlagerung, die offenbar weniger differenzirten Zellen, die sich in ihrem Aussehen den Blastomeren nähern, liegen im peripheren Theil der Larve nur vereinzelt, im hintern axialen Theil aber ziemlich compact zusammen. Die andern, nämlich die differenzirten Elemente, gehen von hier strahlenförmig aus, so dass sie sich radiär stellen und oft in die Verlängerung der peripheren Geisselzellen fallen (Taf. 20, Fig. 18). Eine Anzahl von ihnen, die sich durch mehr gestreckt-spindelförmige Gestalt auszeichnen, liegt dagegen tangential, und diese Zellen scheinen es zu sein, die vermöge ihrer Anordnung das Zusammenziehen der 349 OTTO MAAS, Larve bewirken. Wir haben es also sonach mit schon in der Larve entwickelten contractilen Faserzellen zu thun. Nach vorn zu werden auch diese Zellen der zweiten Sorte, die gestreckten wie die stern- förmigen, spärlicher (vgl. Fig. 18), und wenn wir uns dies Verhältniss noch ausgesprochener denken, so haben wir ein Bild wie bei Esperia, wo eine Art Lücke zu Stande kommt. Auch die Spicula folgen dieser Anordnung; sie sind alle stab- bis nadelförmig. Auf den ersten Anblick scheinen sie regellos zerstreut, nur am hintern Pol in stärkerer Menge vorhanden zu sein. Mit dem Verfahren der langsamen Zerstörung der Weichtheile ohne Druck (42, p. 419) bekommt man aber Präparate, die besagen, dass die Nadeln ein deutliches Gerüst bilden, das mehr nach der Peripherie zu liegt, im Hinterende in der Axe ziemlich ausgefüllt ist, nach vorn aber einen grossen Hohlraum lässt, gerade da, wo auch die Zellen sehr spärlich werden. Es ist dies eine Anordnung, die nicht leicht aufzufinden ist, die aber für viele Schwämme wiederkehrt und für den Vergleich sich als wichtig erweist (Taf. 23, Fig. 71). Am Hinterende der Larve sind ebenfalls die Zellen mit gleichmässigem Protoplasma und feinstructurirtem Kern zu sehen, jedoch bilden sie hier eine Art Epithel, indem sie mit ihrer grössten Ausdehnungsfläche sich gegen- seitig berührend angeordnet sind. Bemerkenswerth ist, dass sich hier auch verschiedene Zellen mit kleinen Kernen finden, wie die der Geissel- zellen; es wären diese Larven somit vielleicht ein Uebergang zu solchen, bei denen das Geisselepithel ganz um die Larve herumgeht, doch sind keine Wimpern an dieser Stelle zu sehen. Ferner ist noch eine Art von Zellen zu erwähnen, die nach Grösse, Form und Aussehen vielmehr den Zellen der innern Masse gleichen, die sich aber zwischen die äussern Zellen in deren epithelialen Ver- band hinein einschieben. Man könnte sie mit den épidermiques ver- gleichen, die DELAGE als über den ciliées lagernd beschrieben hat und die erst nach der Metamorphose zu einem Epithel zusammenfliessen sollen. Auf die ganze Auffassung dieser Zellen werde ich noch unten zu sprechen kommen; hier will ich nur erwähnen, dass die bei Axinella in Rede stehenden Elemente jedenfalls nicht épidermiques genannt werden können, sondern eher drüsenartig erscheinen. Ihr Kern ist wie der der differenzirten Zellen der innern Masse von einem sehr feinen Chromatingerüst erfüllt (Taf. 21, Fig. 31 dr); der Zelleib ist nicht glatt, sondern voluminös, voll von kleinen Granulationen, die oft auf die Oberfläche heraustreten und dort, einem Secret ähnlich, Kügelchen bilden (Fig. 31). Das durch die ganze Anordnung her- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 343 vorgerufene Bild ähnelt ausserordentlich dem eines Drüsenepithels höherer Thiere. Durch die Anwesenheit dieser Zellen wird an dem bestimmten Eindruck der Zweischichtigkeit nichts geändert. Festsetzen und Metamorphose. Das Larvenleben ist hier wie überall von sehr kurzer Dauer, wenn normale Verhältnisse vorliegen. Die von mir beobachteten In- dividuen waren sämmtlich im Lauf der ersten 24 Stunden nach dem Ausschwärmen angesetzt. Das Festsetzen geschieht normaler Weise (vergl. darüber 43, p. 423) am vordern Pol, nicht so genau apical wie z. B. bei Esperia, aber stets mit dem vordern Drittel der Larve, die sich dann, ohne sich auf die Seite zu legen, sehr schnell aus- breitet, ihre ovale Form verliert und sich abflacht. Das sich daraus ergebende Bild gleicht dem aller andern Schwämm- chen während der Metamorphose. Die Peripherie wird von einem fast hyalinen Hof gebildet, der durch amöboide Bewegung seine Form fortwährend ändert; die Mitte zeigt noch in ihrer Kuppelform die Rundung der Larve und ist hier bei Axinella tief roth und ganz undurchsichtig. Zwischen beiden Theilen befindet sich eine Zone von Gewebe, das im Ausbreiten befindlich ist und deswegen etwas weniger undurchsichtig und nicht pigmenterfüllt erscheint. An der kuppel- förmigen Mittelpartie sieht man mit auffallendem Licht Wellenlinien verlaufen, die mit dem Abflachungsvorgang in Zusammenhang stehen, und zugleich erkennt man, dass diese Partie, während der Rand schon deutlich amöboid ist, noch flimmert. Doch erlahmt die Geisselbe- wegung sehr schnell, die einzelnen Cilien werden kürzer, zuletzt er- scheinen sie wie amöboide Fortsätze, das Bild der Streifung, wie es durch das Cylinderepithel hervorgebracht wurde, verschwimmt, und man gewahrt bald am Rand einen Contour von platten Zellen. Indem die Cilien nach kurzer Zeit ganz verschwinden, gewinnt man den Eindruck, als ob sich ihre Zellen ins Innere zögen, resp. von platten Zellen überwachsen würden, ganz wie ich es bei Esperia nach dem Leben geschildert (43, p. 427, fig. 10 u. 11). Dass dieser Vorgang, die Zurückziehung sämmtlicher kleinkerniger Geisselzellen ins Innere und ihre Umwachsung durch die Elemente der vormals innern Schicht, wirklich stattgefunden hat, zeigen Schnitte, die durch etwa 3/, Stunde nach dem Ansetzen conservirte Exem- plare gefertigt wurden. In Fig. 20, Taf. 20, bilde ich einen solchen, senkrecht zur Unterlage, nicht ganz durch die Mitte geführten 344 OTTO MAAS, Schnitt ab (in der Mitte selbst ist die Form viel höher gewölbt, aber die Anordnung der Gewebe die gleiche). Dadurch, dass die beiden Schichten sich hier histologisch ausserordentlich scharf unterscheiden, ist das Bild ein ungemein tiberzeugendes. Die kleinkernigen Geissel- zellen liegen im Innern in einer compacten Masse zusammen und werden nach aussen von den früher im Innern liegenden Elementen ma, und ma, umgeben. Diese sind, wie auch schon in der Larve, in einer sehr reichlichen Gallerte eingebettet, während nach innen zwischen den frühern Geisselzellen keine Bindesubstanz zu sehen ist, sondern Kern an Kern liegt. Durch diese Vertheilung der Gallerte wird das Bild der Umkehr der Schichten noch schärfer (vgl. auch Taf 21, Fig. 33). Bemerkenswerth ist, dass im abgebildeten Stadium die Umwachsung der kleinkernigen Elemente noch nicht vollständig vor sich gegangen ist, diese letztern vielmehr noch nach der Unterlage zu, sich noch an der Peripherie befinden (Fig. 20 a). Ein Stadium, das den Uebergangscharakter noch mehr trägt, bringe ich, allerdings nicht von Axinella, sondern von Clathria coral- loides. — Es sei zuvor bemerkt, dass die Larve dieses Schwammes im Bau mit der von Axinella principiell tibereinstimmt, noch ahnlicher der von Esperia ist. Sie besteht aus den nämlichen zwei Haupt- gewebsschichten und führt in ihrem Innern gedornte Stabnadeln und Doppelschaufeln. Auch bei ihr tritt der histologische Unterschied zwischen schlanken, epithelartig angeordneten Geisselzellen und den übrigen, in einer Gallerte liegenden Elementen sehr stark hervor. Fig. 19, Taf. 20 ist einer Schnittserie entnommen, die durch eine, einige Minuten nach dem Ansetzen abgefasste Clathria-Larve an- gefertigt ist. Man sieht, namentlich bei Vergleichung der ganzen Serie, aber auch im einzelnen Schnitt, sehr deutlich den Verschiebungsvorgang der beiden Schichten in verschiedenen Abstufungen. An der untern Seite, dem Ansatzpole zu, zeigen die Cylinderzellen noch ihren epi- thelialen Verband, aber sie beginnen, wie die Wellenlinien in ihrer Kernschicht zeigen, sich bereits von der Oberfläche zu entfernen. . Noch mehr ist dies in den übrigen seitlichen Theilen der Larve zu erkennen. Am entgegengesetzten Pol x, dem Hinterpol der Larve, bilden, wie dies bereits in dem freischwimmenden Stadium der Fall war, differenzirte Zellen (ma,) die epitheliale Bekleidung; von hier aus setzt sich letztere jetzt über die Cylinderzellen fort, manchmal an den äussersten Stellen noch einschichtig, während an andern Stellen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 345 (ep) bereits eine Reihe von Zellen dieser innern Masse herüberge- wachsen sind. Dem ganzen Bild nach (Fig. 19) zeigt sich in diesem Vorgang eine bestimmte Richtung; man gewinnt den Eindruck, als ob die Zellen der früher innern Masse um die Ecken, da wo in der Larve das Cylinderepithel aufhört (x, u. 2,), herumstrebten und von innen nach aussen flössen. Nach den Stadien, die ich erhalten habe, muss ich annehmen, dass die Verlagerung der Schichten vom hintern Pol aus mit ihrer ganzen Masse erfolgt und nicht an der ganzen Peri- pherie zellenweise vor sich geht. Mit sehr starken Vergrösserungen bemerkt man, dass die vorher lahg gestreckten Cylinderzellen ihre Form etwas geändert haben (Fig. 32, Taf. 21). Wo dieselben noch wie in der Larve die Peri- pherie bilden, zeigen sie auch noch die gleiche Anordnung, die Kern- zone, die schraffirte Aussenzone, und sie tragen Geisseln (Fig. 32 a). Wo sie aber bereits von differenzirten Zellen (ma,) überwachsen sind, da ist die epithelartige Anordnung, deren Ausdruck die Schraffiriung ist, mehr oder weniger verloren gegangen. Auch sind die einzelnen Cylinderzellen nicht mehr so lang gestreckt, und ihr Protoplasma hat sich bei einigen ganz um den Kern zurückgezogen (Fig. 32 a,). Dies sind die Stadien, die im Leben schon den Eindruck hervor- rufen, als zögen sich die Geisseln ins Innere zurück. Wo letztere kürzer werden, nähern sie sich in der Form amöboiden Fortsätzen, und diese sind von den gleichen Gebilden, wie sie bald darauf die Epithelzellen (ma,) aussenden (Fig. 32), nicht zu unterscheiden. An denjenigen Stellen, wo die Umformung am weitesten vorgeschritten ist, liegen nicht nur epitheliale, sondern auch andere Elemente der früher innern Masse (ma,) nach aussen von den Cylinderzellen, und die Cylinderzellen selbst sind zu unregelmässigen Gebilden geworden, die jetzt wie früher sehr wenig Protoplasma im Verhältniss zum Kern aufweisen. A Noch besser treten diese Veränderungen an dem etwas weiter fortgeschrittenen Stadium direct nach der Metamorphose hervor (Axinella siehe oben u. Fig. 20). In der innern Masse sieht man auch bei starker Vergrösserung (Taf. 21, Fig. 33) nichts weiter als die Kerne der vormaligen Cylinderzellen (a); nur hier und da eine amö- boide Zelle (am) mit Einlagerung; alles Andere, sogar die Spicula liegen nach aussen zu, letztere meist in tangentialer Richtung; nur wenige Nadeln ragen, von Zellen (ma,) begleitet, bereits in die klein- kernige Masse hinein (Fig. 20, Taf. 20). Es ist bemerkenswerth, dass schon auf diesem Stadium ein Theil 346 OTTO MAAS, der Elemente der friiher innern Masse den endgültigen Zustand, wie er auch im erwachsenen Schwamm besteht, erreicht hat. Es sind dies diejenigen von den differenzirten Zellen (ma,), die jetzt das äussere Epithel bilden. Eine grosse Anzahl histologisch ganz ähnlicher Elemente liegt indess noch unterhalb derselben und unterscheidet sich von ihnen einstweilen durch nichts als die Lage. Es sind das die- jenigen Zellen, die später theilweise ebenfalls epitheliale Lagerung ge- winnen, als Auskleidung von Cavitäten, theils aber als Bindegewebs- . und contractile Faserzellen in der Gallerte zurückbleiben. Was noch ausserdem übrig ist, sind die amöboiden Zellen mit dem bläschen- förmigen Kern und Nucleolus (ma,), die auch im erwachsenen Schwamm als Wanderzellen fungiren. Alle diese Elemente aber mitsammt den Spicula liegen als zusammenhängende Masse noch um die Menge der kleinkernigen herum, so dass wir einstweilen, wie in der Larve, zwei Schichten, nur in umgekehrter Lagerung wie dort, vor uns haben. Die gegenseitige Durchwachsung beider jetzt noch getrennter Schichten, deren Elemente doch später eine morphologische Zusammen- gehörigkeit gewinnen, ist die nächste Aufgabe der Metamorphose. Diese folgenden Veränderungen spielen sich im Innern ab, sind weniger markant und gehen auch etwas langsamer vor sich. Es ent- steht dadurch für das Auge des Beobachters eine ,,Ruhepause‘, die jedoch nur scheinbar ist. Allerdings sieht man bei Betrachtung des lebenden Thieres von jetzt ab etwa 12 bis 24 Stunden lang keine wesentliche Veränderung. Der amöboide Hof breitet sich noch etwas aus, die Hauptmasse des Schwämmchens flacht sich noch ein wenig ab, erscheint aber immer noch opak wie zuvor, höchstens wird die rothe Farbe etwas blasser; kurz, der äussere Eindruck bleibt derselbe bis ungefähr einen Tag nach dem Ansetzen, wo zuerst durchscheinende Lücken im Gewebe auftreten. Im Innern aber sind vor dieser Zeit wichtige Veränderungen vor sich gegangen, wie Schnitte lehren, die von solchen Stadien, etwa 10 Stunden nach dem Ansetzen, gewonnen wurden (Taf. 20, Fig. 21); es hat nämlich die Durchwachsung der beiden Zellenschichten ihren Anfang genommen. Dies zeigt sich am offenbarsten zunächst an den Spicula. Während diese auf den frühern Stadien meist tangential und unregelmässig ausserhalb der kleinkörnigen Elemente liegen, gewinnen sie jetzt eine mehr radiär zur Oberfläche gerichtete Stellung und gelangen auch in die kleinkernige Masse bis zur Unterlage herab (Fig. 21 sp). Mit ihnen zugleich wachsen Zellen, die sie stets begleiten, in dieses Gewebe hinein. Es sind dies eben- falls differenzirte Elemente (ma,); doch nimmt ihre histologische Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 347 Structur bald ein noch weiter ausgezeichnetes Gepräge an, so dass man diese an Spicula liegenden Zellen von den übrigen Bindezellen unterschei- den kann. Am weitesten in der innern Masse verbreiten sich ihrer Natur nach die amöboiden Zellen; sie kommen auch mitten unter die klein- kernigen Zellen zu liegen und zeigen dadurch ebenfalls die gegenseitize Durchwachsung beider Schichten an. Oft enthalten sie starke Einlage- rungen, und man könnte in der That, namentlich bei schwacher Vergrös- serung, den Eindruck gewinnen, als seien diese Einlagerungen ähnliche oder gleiche Gebilde wie die Kerne der kleinkernigen Zellen der innern Masse. Diese Elemente sind aber so klein, dass sich selbst an dünnsten Schnitten, auch von 3 wu, nicht mit Sicherheit ent- scheiden lässt, ob solche kleine Kerne in oder auf einer amöboiden Wanderzelle liegen. Auf die Frage, ob wir hier in einzelnen Fällen einen Fressprocess vor uns haben, werde ich noch unten kommen; von morphologischer Wichtigkeit ist dies jedenfalls nicht; denn es sind überhaupt nur eine verschwindende Anzahl von kleinkernigen Zellen, die ein solches zweifelhaftes Verhalten zeigen, die grösste Mehrzahl von ihnen ist frei und ohne Verbindung mit den amöboiden Wanderzellen. Die kleinkernigen Zellen selbst zeigen einen nur schwach entwickelten Plasmakörper in Form einer schmalen Zone um den Kern; sie liegen so gedrängt, dass sie sich gegenseitig berühren müssen; ob damit eine Art Syncytium sämmtlicher Zellen hergestellt wird, lasse ich dahingestellt. Im obern Theile des Schwammes beginnen sich die gestreckten und differenzirten Zellen (ma,) etwas zu ordnen, indem sie sich theils nach der Peripherie zu näher aneinanderlegen, theils nach innen zu verschieben und dadurch zwischen drin einen lichtern, von viel weniger Zellen ausgefüllten Raum lassen (Fig. 21 sw). — Es ist dies die erste Andeutung der subdermalen Cavitäten, die auch im Leben als ein Hellerwerden zu beobachten ist (s. oben). Die Ausbildung dieser Subdermalräume sowie aller übrigen Hohl- raumsysteme ist der nächste Fortschritt, den uns die Metamorphose liefert. Dass gerade die Subdermalräume noch vor den ausführenden Gängen und vor den Kammern in der innern Masse sichtbar werden gewöhnlich geschieht dies gleichzeitig), hat jedenfalls darin seinen Grund, dass diese Räume bei Axinella crista-galli eine excessive Ent- wicklung im erwachsenen Schwamm gewinnen, während die ausführen- den Gänge nebst der Cloake viel weniger umfangreich und auch die Oscula kaum ins Auge fallend sind. Dies ist aber für die Morpho- Zool. Jahrb, VII, Abth. f. Morph. 23 348 OTTO MAAS, logie nicht wesentlich; im Grossen und Ganzen erfolgt die Entwicklung der einführenden Cavitäten sowie der ausführenden gleichzeitig aus lauter einzelnen getrennten Anlagen, die erst nachträglich mit einander in Verbindung kommen. Das Auftreten aller dieser Lacunen ist schon im Leben sichtbar dadurch, dass der Schwamm immer durchscheinender wird und zu gleicher Zeit, ohne seine Masse zu vermehren, an allgemeiner Aus- dehnung zunimmt. Eine richtige Vorstellung von diesen Vorgängen lässt sich aber nur an Schnitten gewinnen. Man sieht alsdann (Taf. 20, Fig. 22), dass sich jetzt aus den vorher dünnen Stellen im obern Theil des Schwämmchens richtige Hohlräume gebildet haben (su), die von epithelialen Zellen ausgekleidet werden. Gleichzeitig formen sich dadurch in diesem obern Theil des Schwämmchens, dem Ectosom, zwischen den Hohlräumen die Ge- websbalken der Rinde, welche Stützelemente, nämlich Bindezellen in allen Richtungen und radiär gestellte Spicula aufweisen. Die Lacunen innerhalb der kleinkernigen Zellenmasse sind noch nicht so weit vorgeschritten und treten auch im bald folgenden Sta- dium noch sowohl durch geringern Umfang wie durch weniger scharfe Begrenzung nicht so hervor wie die oberflächlichen Cavitäten (Taf. 20, Fig. 23). Namentlich durch den Mangel eines deutlichen Epithels * unterscheiden sie sich auf diesem Stadium von den einführenden Räumen und sind einstweilen blosse Lacunen in der kleinkernigen Masse (Fig. 23 ex). Die Frage, wie überhaupt ihr Epithel gebildet wird, ist nicht leicht zu entscheiden; gerade weil noch auf diesem Stadium die Begrenzung der ausführenden Lacunen durch kleinkernige Zellen (a) geschieht, sollte man meinen, dass nach einer Umformung derselben zum glatten Epithel dieses Verhalten auch im erwachsenen Schwamm zutreffe. Dem ist aber nicht so; denn die kleinkernigen Zellen, also die Wimperzellen der Larve, gehen sämmtlich in Zellen» der Kammern auf. Während auf dem frühern Stadium sich nur ganz wenige von ihnen zu Gruppen zu ordnen begannen, sieht man auf diesem Stadium (Taf. 21, Fig. 34) die Kammerbildung in verschiedener Abstufung. Die vorher regellos gelagerten kleinen Zellen beginnen sich in bestimmter Weise zusammenzusetzen; es bilden sich aus ihnen lauter kleine Gruppen von etwa zehn Zellen auf dem Schnitt, die je eine Kammer vorstellen und in sich einen Hohlraum erkennen: lassen. Wie die histologische Veränderung, die Bildung des Kragens vor sich geht, habe ich bei der Kleinheit des Objects nicht wie DELAGE verfolgen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 349 können; dass aber aus einer schlanken Geisselzelle der Larven durch Contraction des Plasmas die Geisselzelle der Kammer wird, ist kein schwer zu fassender Vorgang, zumal neuerdings Formveränderungen bei ausgebildeten Kragenzellen beschrieben worden sind. Solche kleine Kammern liegen oft zu vielen an einer grössern Höhle, deren Auskleidung meist noch von eben solchen kleinkernigen Zellen gebildet wird. Diese letztern zeigen aber dann keine epithe- liale Anordnung, sondern sind nur zusammengedrängte Reste von Elementen, die noch nicht zu Kammern gefügt sind. In Wirklichkeit wird das Epithel nunmehr von ähnlichen differenzirten Zellen (ma,) gebildet, wie sie auch die Auskleidung der Subdermalräume ausmachen, und dieser Process wird durch die vollkommene Durchwachsung beider Zellenschichten angebahnt. Er ist, wie starke Vergrösserung erkennen lässt (Taf. 21, Fig. 34), nicht unähnlich dem Darüberschieben der platten Zellen über die kleinkernigen bei der Metamorphose. Auch hier bilden diese letztern zunächst die Aussenlage, werden aber von den andern überwachsen und ziehen sich nach innen zurück. An der Verschieden- heit der Kerne, namentlich an deren Grösse erkennt man deutlich, dass die Auskleidungszellen ganz andere Elemente sind als die klein- kernigen (a u. ma,, Fig. 34). Die Subdermalräume sind auf diesem Stadium vollständig ge- bildet und von einem Plattenepithel ausgekleidet. Eigentlich erscheinen sie wohl nur auf den Schnitten von einander getrennt; durch Com- bination einer ganzen Serie bemerkt man, dass in Wirklichkeit überall Verbindungen vorhanden sind. Wir haben somit einen einzigen sub- corticalen Hohlraum, der immer nur da unterbrochen ist, wo die Nadelzüge, von entsprechenden Gewebsbalken begleitet, zur Oberfläche gelangen. Die Gewebsbalken der Rinde schliessen ausser der Gallerte in dieser eingebettete, contractile Faserzellen und Bindezellen ein. Be- sonders unterhalb der Haut bemerkt man Ansammlungen solcher Zellen mit äusserst feinen, doppelt färbbaren Einlagerungen; diese Körner sind aber von den innerhalb amöboider Wanderzellen (ma, — am) liegenden leicht zu unterscheiden. Die Zellen, die die Spicula begleiten, sind ebenfalls vom Typus der gewöhnlichen differenzirten Elemente (ma,) etwas abweichend geworden. Ihr Kern ist im Ver- hältniss grösser, das Chromatinnetz in demselben äusserst fein und reich verzweigt, und ihr Plasma zeigt Streifungen (s. Tab. 21, Fig. 39). Es sind dies die Zellen, die eine spongin-ähnliche Substanz aus- scheiden und dadurch die Nadeln zu Zügen zusammenhalten (Taf. 20, 23* 350 "OTTO MAAS, Fig. 23 sp,). Es giebt Schwämme, bei denen es Zeit Lebens bei diesem Sta- dium bleibt, wo also kein richtiges Spongin entwickelt wird, dennoch aber Nadelziige bestehen, die allzeit nur von solchen Zellen (masz) ein- gehüllt werden. Hier dagegen kommt es frühzeitig zur Abscheidung von Spongin ausserhalb der Zellen. Zum deutlichen mikroskopischen Nachweis empfiehlt sich Orange G, das diese Zellen (ma,), noch ehe Spongin für sich erscheint, sehr deutlich macht und auch im er- wachsenen Schwamm die Kittsubstanz stark differenzirt, gegenüber der ursprünglichen rothen oder blauen Vorfärbung. — Ausser den radiären Hauptzügen sieht man, von ihnen abgehend, an jungen Schwämmchen noch seitliche Züge zweiter Ordnung, wie sie auch im erwachsenen Schwamm bestehen (Taf. 20, Fig. 17, 23, 24 sp, u. sp,), und ferner sind, davon nach der Oberfläche zu ausstrahlend, weitere, einzel liegende Nadeln vorhanden (Taf. 20, Fig. 24 sp), die nicht von Zellen- strängen begleitet werden, sondern unregelmässig stachlig an der Oberhaut hervorstehen. Auf der Unterfläche ruht das Schwämmchen nur mit seiner Randpartie, indem es hohl aufsitzt. Dieselbe besteht in ihrem periphersten Theil nur aus einer Schicht von amöboiden Epithelzellen (Fig. 24 R), wird aber nach innen mehrschichtig mit da- zwischenliegender Gallerte und Bindezellen (s. Fig. 24 R, F). Amöboide Wanderzellen kommen in allen Theilen des Gewebes noch in grösserer Zahl vor; bald mit, bald ohne Einlagerungen, stets aber mit bläschenförmigem Kern und Nucleolus und ungleichmässigem Protoplasma (Fig. 34, 35 am). Aus ihnen, nicht aus den differen- zirten Zellen (ma,) gehen die Geschlechtszellen des Erwachsenen hervor. Zur völligen Ausbildung des Schwammkörpers fehlt diesem Stadium, das etwa der Zeit vom 1. bis 2. Tag entspricht, noch die Verbindung der Hohlräume unter sich und mit der Aussenwelt, also die Bildung von Poren und Osculum und das Ein- und Austreten des Wasser- stroms. Diese Oeffnungen treten gewöhnlich am 3. Tage auf und lassen sich schon im Leben beobachten; namentlich sieht man die Poren da haufig, wo Nadelziige das Epithel zeltstangenartig vorge- dacht haben. Zu den Seiten solcher Stangen kann man dann kleine rundliche Oeffnungen von wechselnder Form erkennen, die sich öffnen und schliessen. Dieselben scheinen nur von einer Zelle gebildet zu werden; an Schnitten ist das schwer nachweisbar (Taf. 21, Fig. 36), aber alle Aufsichtsbilder sprechen dafür (Fig. 37). Sie führen in die geräumigen Subdermalhöhlen, wie es aus Fig. 24 und Fig. 36 ersicht- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 351 lich ist. An diesen Subdermalhöhlen, direct oder durch einen unregel- mässigen Gang mit ihnen verbunden, sitzen die Kammern. Die Com- munication der Kammern mit diesem Raum, der eigentliche Kammer- porus im Gegensatz zum Hautporus, ist ausserordentlich fein (vielleicht sind es mehrere), manchmal gar nicht sichtbar, jedenfalls immer nur eine verschwindend kleine Lücke zwischen den einzelnen Kragen- geisselzellen; die Communication der Kammern mit den abfiihrenden Lacunen dagegen ist weit, niemals durch einen trichterförmigen Gang gebildet (Fig. 35, Taf. 21). Diese abführenden Lacunen liegen im Schwamm unterhalb des Systems der subdermalen Hohl- räume (vergl. Taf. 20, Fig. 24 ex u. sw), und zwischen beiden haben wir ein kammerbergendes Parenchym. So sind auf diesem Sta- dium die beiden Hohlraumsysteme des Schwammes, das einführende und das ausführende, durch Form wie durch Lagerung deutlich ver- schieden. Die ausführenden Lacunen sammeln sich zu einer einzigen grössern (man kann die Communication durch Vergleich der ganzen Serien con- statiren) und führen dann in einem ziemlich senkrecht aufsteigenden Cloakenrohr hinaus (Fig. 24 Cl). Dieses Endstück der ausführenden Canäle leitet nach der Oberfläche in das freie Wasser, ohne mit den Subdermalräumen zu communiciren, vielmehr ist es von diesen durch Gewebsbalken getrennt, die ebenso wie das Gewebe der Rinde von zwei Epithellagern mit dazwischen in Gallerte eingebetteten Bindegewebszellen gebildet werden. Das Osculum ist ebenfalls form- veränderlich, seine äussere Wandung besteht auf diesem Stadium aus epithelartigen Zellen, die der Contraction fähig sind und die Oeffnung dadurch völlig schliessen können. Solche Zellen sind in grosser Menge daselbst angehäuft (Taf. 21, Fig. 38), später treten sie aus dem epi- thelialen Verband in die Tiefe und bilden so den Sphincter. Die Züge der Spicula sind jetzt noch ausgesprochener und zeigen den Charakter der Axinelliden, ein durch Spongin zusammengehaltenes inneres Skelet mit Verzweigung, das nach aussen in einzelnen Nadeln ausstrahlt. Die vier Hauptabschnitte der Metamorphose, die ich bei Esperia nach dem Aussehen des lebenden Objects abgegrenzt (43, p. 436) und an ungefähre Zeitintervalle geknüpft hatte, lassen sich auch hier sehr deutlich am Schnittmaterial unterscheiden: 1. Das Stadium während der Umkehrung der Schichten, Metamorphose im engern Sinn (noch innerhalb der ersten halben Stunde). 352 OTTO MAAS, 2. Umkehr der Schichten vollendet; die äussere Schicht bildet auch den amöboiden Rand; beide Schichten stellen sich getrennt von einander als compacte Massen ohne Hohlraum dar (nach einer Stunde). 3. Von der 1. Stunde bis über den 1. Tag hinaus. Gegen- seitige Durchwachsung der Schichten (äusserliche Ruhepause) bis zum ersten Auftreten von Hohlräumen. 4. Vom Beginn des 2. Tages an Bildung dieser Hohlräume, also der subdermalen, der ausführenden und der Kammern bis zur völligen Ausbildung des Canalsystems, das durch Porus und Osculum mit der Aussenwelt in Verbindung tritt. Fertiger Schwamm mit in Zügen angeordneten Nadeln am 3. Tag. Vergleich mit frühern Beobachtungen. Es erscheint wünschenswerth, die hier von Azxinella gegebene Dar- stellung der Metamorphose, bei der das Schicksal der einzelnen Ele- mente der Larve bis zu den Organsystemen des jungen Schwammes verfolgt werden konnte, mit den bis jetzt von Kieselschwammlarven gewonnenen Resultaten in Vergleich zu bringen. Dabei sollen jedoch zunächst nur diejenigen Cornacuspongien berücksichtigt werden, die in die gleiche Gruppe wie Azinellu gehören; es sind dies diejenigen Species, die in den Rınıey & Denpy’schen Familien der Desmacidonidae und Axinellidae unterzubringen sind (s. 0. S. 334) und deren Larven am Hinterende keinen Pigmentfleck und keine Krone besonders starker Cilien aufweisen. Die vorstehend beschriebenen Larven von Azinella und Clathria sind neu. Im Ganzen sind die Beobachtungen in dieser Gruppe spärlich und, abgesehen von der allerjüngsten Zeit, weniger in zusammen- hängenden Darstellungen als in gelegentlichen Notizen niedergelegt. Hierbei zu nennen sind Bemerkungen von METScHNIKOFF über Esperia und Raspailia (48), Angaben von O. Scumipr über Amorphina? und Esperia (59), von Vosmaer über Myxilla (82) und Beschreibung der Larven von Æsperia-Arten resp. deren Verwandlung von Carrer (5, 6), RıpLey & Denpy (58), Wizson (88) und DELAGE (8). Diese letzten habe ich in meiner eigenen Arbeit über Esperia bereits besprochen (43, p. 410). Seitdem hat Hanirscu eine gute Beschreibung einer Esperia-Larve gegeben (24), die ich nicht nur der Vollständigkeit halber, sondern auch wegen der Richtigkeit seiner Auffassung der Larvenschichten erwähne. Endlich ist die grosse und werthvolle Arbeit DeLaGe’s zu nennen (10), in der u. A. die Metamorphose von Esperella !) sordida dargestellt wird, deren Larve sich jedoch durch die Abwesenheit der Schaufelnadeln von den von mir beschriebenen Æsperia-Larven 1) unterscheidet. 1) Esperia und Esperella sind sonst Synonyma; der letztere Aus- druck ist von VosMAER vorgeschlagen, weil es einen Schmetterling Esperia giebt. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 353 Ich werde die Uebereinstimmungen wie die Meinungsverschieden- heiten zwischen den einzelnen Autoren und meiner Darstelluug nach der Zeitfolge der Metamorphosenvorgänge (nicht chronologisch nach den Autoren) kurz durchgehen. Dabei sollen zu gleicher Zeit Einzelheiten der Beobachtung, die mehr den Spongiologen interessiren, und Ab- schweifungen, die die obige Darstellung unübersichtlich gemacht hätten, ihren Platz finden, sowie ferner Bemerkungen über andere in dieselbe Gruppe gehörige Larven, die ich ebenfalls beobachten konnte. Mit meiner frühren Darstellung von Esperia stimmen die hier für Azinella mitgetheilten Befunde fast durchweg überein, und wie ich gleich von vornherein bemerken will, bestehen auch zwischen DeELAGE und mir keine principiellen Differenzen, nachdem er in seiner neuen Arbeit manche frühren Angaben über Esperia modificirt hat. Nicht ganz bestätigen kann ich VosmArr’s Aussagen über die Larve eines Schwammes „which probably belongs to the genus Myxilla“. Er beschreibt da (82, p. 2) eine Schicht von sehr kleinen Kernen, direct unter dem einschichtigen Geisselepithel. Es kann aber nach seiner eigenen Beschreibung und nach seiner allerdings sehr skizzen- haften Abbildung kein Zweifel sein, dass diese kleinen Kerne nicht, wie er meint, eine besondere Schicht darstellen, sondern wie bei Esperia, Axinella etc. Kerne des Geisselepithels selbst sind, nur wird an Schnitten, wie ich dies bereits oben hervorgehoben (S. 340), dieses Ver- haltniss schwer erkannt, weil der Zellkürper ausserordentlich lang und schmal ist. Um mich nicht nur auf diesen Analogieschluß zu verlassen, habe ich mich auch durch eigene Beobachtung an den Larven von Myxilla rosacea überzeugt, dass der Bau genau derselbe ist wie bei denen anderer Desmacidoniden. Auch das Hinterende der Larve ist ähnlich und trägt keine Cylinderzellen, sondern wie bei Esperia plattere Elemente; ich sehe aber diese Zellen (Taf. 19, Fig. 10, Taf. 21, Fig. 30) als zur innern Masse gehörig und nicht als einen flachen Theil des Aussenepithels an. Beiläufig will ich erwähnen, dass auch RınLrr & Denpy eine Myxilla- Larve aufführen (58, L), die ähnlich wie die von Esperia gestaltet sel, und dass sie ein bestimmtes Arrangement des Stabnadeln bemerkt haben. In meiner Auffassung der zwei Hauptschichten der Larve stimme ich mit HanrrscH und besonders D£ELAGE überein, dagegen ergeben sich bezüglich der einzelnen Elemente der innern und hintern Masse, . die ich als eine ursprünglich einheitliche Keimschicht den Geisselzellen gegenüberstelle, einige Differenzpunkte mit dem letztern Forscher. Dieser unterscheidet nämlich als Zellen der innern Masse besondere cellules épidermiques und ausserdem intermédiaires und amoeboides. Diese letztern sind die von mir bei Esperia als m |, hier ma, bezeich- neten Elemente mit bläschenförmigem, einen Nucleolus enthaltenden Kern; sie haben, wie ich auch durch die Entwicklung aus dem Ei zeigen kann, noch mehr den Charakter von Blastomeren, sind, kurz gesagt, weniger differenzirt als die übrigen. Es besteht also für sie ein Unter- schied, wenn auch mehr ein gradueller, der die Aufstellung einer be- 354 OTTO MAAS, sondern Kategorie rechtfertigt. Dagegen kann ich keinen histologischen noch genetischen Unterschied zwischen DELAGE’s épidermiques und inter- médiaires finden, die beide ein gleichmässig granulirtes Protoplasma und Kern mit feinem Chromatin-Gerüst aufweisen, also zusammen meinen differenzirten Zellen (ma ,) entsprechen. DELAGE selbst giebt auch an mehreren Stellen zu (10, p. 406, 438 etc.), dass eine Unterscheidung besonderer épidermiques von den intermédiaires kaum durchführbar ist, und nimmt darum als Criterium der Bezeichnung épidermiques die zu- künftige Rolle, die diese Zellen nach der Metamorphose spielen. Aber auch dieses Merkmal ist, wenn man es überhaupt als zulässig aner- kennen würde, nicht durchgreifend ; denn es sollen nach den ersten Vor- gängen der Metamorphose, wenn die épidermiques die Oberhaut gebildet haben, die intermediaires die einführenden Gänge und später auch die ausführenden auskleiden ; sie sind also ebenso epithelial. In Bezug auf die thatsächliche Rolle, die diese Zellen spielen, stimmen meine Beobach- tungen völlig mit denen DerAge’s überein; in der Auffassung aber ent- ferne ich mich von ihm und sehe in allen die gleichen Elemente (ma ,), wie ich dies auch früher an Beispielen aus der Histologie der Schwämme kurz ausgeführt hatte (44). Die Epidermiszellen des Schwammes entstehen nicht als besondere Schicht, sondern bilden sich hervor aus der Masse unter sich indifferenter Zellen (ma ,), welche [neben den indifferenzirten Zellen (ma ,)] im Innern der Larve liegt und zugleich das Material für die epitheliale Bedeckung des Schwammes nach aussen wie in seinen Hohl- räumen und ausserdem für die contractilen Elemente abgiebt. Diese Arbeitstheilung zwischen den Zellen (ma ,) geschieht aber erst in spä- teren Stadien der Metamorphose (Fig. 38); kurz nach dem Ansetzen ist eine Unterscheidung dieser Elemente noch nicht gegeben (Fig. 21). Immerhin ist eine theilweise vorzeitige Differenzirung contractiler Elemente auch in der Larve möglich; gerade bei Axinella habe ich eine Schicht solcher Zellen beschrieben, die, in einander geflochten, die Larve sehr energisch verkürzen können, ähnlich wie auch Oscar Scamipr Zellen von Amorphina darstellt. (59, p. 136). Im Allgemeinen aber sind die differenzirten Elemente (ma,) unter sich indifferent gegen- über den amöboiden ma ,. Die Gleichwerthigkeit zeigt sich auch darin, dass eine Differen- zirung von épidermiques (also von solchen Zellen, die die Oberhaut liefern sollen) nicht an bestimmte Regionen der innern Masse gebunden ist, sondern überall auftreten kann. Laut Deragr’s Beschreibung liegen solche epidermoidale Zellen in der Larve bei Esperia über den Geisselzellen, bei Spongilla unter denselben, bei Reniera nach vorn zerstreut, am Hinterende gesammelt, und schon diese verschiedenen An- ordnungen, noch mehr aber das ungleiche Aussehen solcher „epider- miques“ hätte zeigen können, dass es sich nicht um eine morphologische Schicht handelt, sondern gelegentliche Differenzirungen, die bei den ein- zelnen Species sehr verschieden sein können. Die DreraGr'schen Bei- spiele sind alle von Cornacuspongien, aber doch aus sehr verschiedenen Gruppen entnommen; ich selbst habe zunächst aus einer Gruppe, den Desmacidoniden, eine Reihe von Vertretern untersucht, die sich hierin Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 355 verschieden verhalten, und es scheint mir der Nutzen der extensiven Methode, des Vergleichs méglichst vieler Species, darin zu liegen, dass man das allgemein fiir den Bau der Larven Wichtige von zufälligen Species- unterschieden abstrahiren kann. Man vergleiche zu diesem Zwecke die Abbildungen (Taf. 19, Fig. 10, Taf. 20, Fig. 18, Taf. 21, Fig. 30 dieser Arbeit und Literatur 43, fig. 17, sowie 10, fig. 1 « und y auf tab. 17). Bei Esperia lorenzi fand ich epidermoidal umgeformte Zellen am Hinterende, am sogenannten nackten Pol, in epithelialer Anordnung und ausserdem im Innern eine Anzahl. (Auch Derace findet am Hinterende seiner Esperella besondere Zellen, die er aber zu den intermediaires rechnet.) Bei Axinella stehen am hintern Pol epithelartig geordnete Zellen (ma ,), aber nicht wie beim erwachsenen Schwamm platte, son- dern cylindrisch neben einander gestellte Elemente; andere finden sich im Innern auf ähnliche Weise differenzirt. Bei Myxilla rosacea besitzt der Hinterpol ein richtiges Plattenepithel, wie beim erwachsenen Schwamm, während bei andern Schwämmen (vergl. VosmAER 82, fig. 8) hier auch cubische Elemente stehen können. Alles dies scheint mir darauf hinzuweisen, dass eine Differenzirung der Zellen, die später die Oberhaut des Schwammes bilden, überall in der innern Masse statt- finden kann, und dass, wenn eine Localisirung dieser Elemente Platz greift, sie am hintern Pol erfolgt. Die Lage der céllules épidermiques bei Esperella, die Derase dort als über den ciliees zerstreut liegend beschreibt, würde dagegen sprechen, doch sind diese Zellen meiner Auffassung nach keine Epidermis- zellen; ich kann mir ein solches Lager über sich bewegenden Geisseln, das sich erst nach der Metamorphose zusammenschliesst, auch nicht vorstellen und möchte die in Rede stehenden Elemente am ehesten den von mir bei Azxinella beschriebenen Drüsenzellen (s. 0. S. 342) gleich- setzen. Ich komme zu dieser Deutung, weil ich finde, dass die von mir beobachteten Drüsenzellen erstens die gleiche Körnelung besitzen wie die von DELAGE abgebildeten Elemente und zweitens ein Secret liefern, welches auf der Oberfläche der Larve in einzelnen Tröpfchen zusammengeballt hervortritt (Taf. 21, Fig. 31 dr) oder auch zusammen- fliessen kann. Auch scheinen mir Drrace’s Zellen zwischen und nicht über den Geisselzellen ihre Lage zu haben und lassen sich dem- nach der innern Masse zurechnen. Vielleicht hängt das Secerniren mit der Anheftung zusammen, wie dies auch VosMmAER ausgesprochen hat (82, p. 2) und wie ich es ähn- lich auch bei der Beschreibung von Esperia lorenzi vermuthet hatte (43, p. 422). Eine allgemeine Erscheinung sind solche secretorische Zellen aber jedenfalls nicht; sie kommen wohl nur bei den Larven derjenigen Schwämme vor, die auch im erwachsenen Zustand Drüsen- zellen besitzen, welche die Oberfläche schleimig machen. Ueber den Pol des Ansetzens herrschten früher Ansichten, die sehr unter einander abwichen. Ich habe bereits bei Esperia erörtert (43, p. 423), warum die Autoren so sehr differiren, und die Erklärung darin gefunden, dass bei Schwammlarven ein anormales Festsetzen leicht vor- 356 OTTO MAAS, kommt, so dass man nur bei einer Statistik über eine grosse Anzahl von Fallen ein sicheres Resultat erhalten kann. Gerade bei Esperia lorenzi, wo der hintere Pol eine so charakteristische Anordnung der Spicula aufweist, konnte ich mit Sicherheit feststellen, dass derselbe nach der Metamorphose aufwirts gerichtet und nicht er, sondern der vordere Pol zum Ansetzen verwandt worden war. Auch DeraGe hat in allen Fallen das Vorderende als Ansatzbasis benutzt gefunden, und seine Beobachtungen sind um so werthvoller, als er sicherlich nur ge- sunde und voll entwickelte Larven vor sich hatte (10, p. 439), die nicht durch Zerschneiden aus dem Körper der Mutter gewonnen wurden, sondern aus unyerletzten Schwimmen in normaler Weise durch das Osculum ausgeschwarmt waren. Meine obigen Aussagen über die Schnelligkeit der Metamorphosen- vorgänge und namentlich die von mir mehrfach betonte Kürze des Larven- lebens (42, p. 540; 43, p. 422) bestätigt auch DELAGE in einer interessanten Statistik, wonach sich von 100 ausgeschwärmten Larven bis zum folgenden Tage 35, bis zum zweiten 12, bis zum dritten 1 ange- setzt hatten, die übrigen, ohne sich je festzuheften, zu Grunde gingen. Ich habe oft beobachtet, dass solche Larven vom 2. oder 3. Tage oder später zu Boden sanken, mit dem Theil, auf den sie gerade gekommen waren, liegen blieben und, wenn auch verzerrt, manche Vorgänge der Metamorphose durchmachten oder durchzumachen versuchten. Solche anormalen Fälle scheinen manchen Autoren als Untersuchungsobject ge- dient zu haben; diese Larven sterben aber bald ab, ohne weitere nor- male Veränderungen durchzumachen. Dass eine gesunde Larve, die schon festgeheftet war, sich wieder los machen kann, habe ich mehrfach gesehen und auch früher be- schrieben (42, p. 538). DeraGe hat dies bei Æsperella beobachtet und dann auch constatirt, dass an manchen Stellen Flimmern noch da sind, wenn die Larve an andern Stellen schon im Abflachen ist. Es stimmt das mit meinen Beobachtungen der lebenden Axinella (siehe oben S. 343) und an Esperia (43, p. 427) völlig überein. Der wichtigste Punkt der ganzen Metamorphose ist meiner Meinung nach diejenige Veränderung, die sehr schnell nach dem Ansetzen vor sich geht, nämlich die Zurückziehung der geisseltragenden Elemente ins Innere und das Darüberwachsen der Zellen der früher innern Masse, von der eine Anzahl der speciell differenzirten Elemente (ma,) die Epi- dermis des Schwamms bilden. Bei der histologischen Verschiedenheit der innern und äussern Zellen ist keine Verwechslung möglich, und meine Figuren der Esperia- Arbeit wie der Vergleich derer von DerAGE tab. 17, fig. 2, 2a etc. mit denen meiner jetzigen Arbeit, die vor dem Erscheinen der DELAGE- schen Schrift gezeichnet waren, insbesondere Taf. 20, Fig. 18, 19, 20, und Taf. 21, Fig. 31, 32, 33, lässt keinen Zweifel aufkommen. Im Gegensatz zu Drrase befinde ich mich in einem nebensäch- lichern Punkt. Er lässt die cellules ciliées ausschliesslich von épidermiques und zwar an beliebigen Punkten, nur nach vorn zu schneller, über- wachsen werden; nach meiner Ansicht handelt es sich aber um eine > on ee Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 357 regelrechte Umwachsung der Geisselzellen durch die ganze vorher innere Masse, nicht allein durch deren epidermoidale Elemente, die, wie ich oben betont (S. 353), nicht scharf von den intermédiaires abzu- trennen sind. Diese epithelialen Elemente haben in der Larve eine verschiedene Lage; als geschlossenes Epithel liegen sie meist schon am hintern Pol zusammen, und von diesem aus, nicht an der ganzen Per- pherie, geht die Umwachsung meiner Ansicht nach vor sich. Das schliesst nicht aus, dass auch nach vorn zu an der Unterlage differen- zirte Zellen (ma,) sehr bald durchbrechen und dort ihre amöboiden Aus- läufer aussenden; aber im Ganzen handelt es sich um einen in be- stimmter Richtung, nämlich vom Hinterpol nach vorn, fortschreitenden Vorgang. Dafür scheinen mir auch die Beobachtungen derjenigen Autoren zu sprechen, die eine Abflachung der Geisselzellen vom hin- tern Pol aus beschreiben (82, p. 2, u. 88, p. 514). „Abflachung“ allerdings irrthümlicher Weise, in Wirklichkeit ist dies ein Darüber- schieben des epithelialen Lagers in der genannten Richtung. Einen ganz unzweideutigen Hinweis für die Richtung, in der die Umwachsung vor sich geht, giebt mir Fig. 19, Taf. 20; man kann an ihr noch er- kennen, was bei den Larven der hintere Pol war, und sieht, wie sich die innere Masse um die Ecken, die gleichmässig das hintere Ende der kleinkernigen Schicht bilden (x, u. &,), nach vorn zu herum- schieben. An diesem Process nehmen alle Zellen der innern Masse Theil. Dafür scheint mir auch Drnace’s eigenes Bild einer Esperella nach der Metamorphose (tab. 17, 3 @) zu sprechen. Die „ciliees“ bilden dar- auf eine compacte Masse und lassen nur die centrale Partie etwas frei. Vergleicht man damit das Aufsichtsbild, das ich von Esperia ge- geben (43, fig. 22), so wird man erkennen, dass es sich um ganz die gleichen Verhältnisse handelt, sogar was Einzelheiten, wie die dort von mir erläuterten ringförmigen Anordnungen der kleinkernigen Zellen, betrifft. Um die letztern herum liegt die gesammte Menge der früher innern Zellen, wie dies auch aus meiner Abbildung (43, fig. 25) her- vorgeht. Nun beginnt laut DELaAGE ein sehr merkwürdiger Vorgang. Eine Anzahl der Geisselzellen soll von amöboiden Zellen gefressen werden; die nicht gefressenen senden ebenfalls Fortsätze aus, und alle diese Zellen mit den amöboiden zusammen sollen dann ein Syncytium bilden. Später lassen die kleinkernigen Geisselzellen, auch die schon gefressenen, die nämlich zu diesem Zweck wieder ausgestossen werden, aus sich die Kammern hervorgehen. Die Verwendung der Elemente selbst, die histologische Verän- derung von fadenförmigen Geisselzellen bis zu rundlichen Kammerzellen stimmt mit meinen Befunden überein; den Fressprocess kann ich aber nicht bestätigen, noch weniger die Wiederausstossung und die morphologische Verwendung schon gefressener Elemente, sondern glaube, dass die angewandten Methoden DeuAcr’s, so detaillirt seine Beobach- tungen auch sind, nicht hinreichen, um einen derartig merkwürdigen Vorgang zu beweisen. Auch er selbst hat diesen Process, wie mir 358 OTTO MAAS, scheint, zu verschiedenen Zeiten verschieden beurtheilt und legt ihm jetzt schon weniger Wichtigkeit bei. Früher sollte sogar (9, p. 268) die Einziehung der ciliées ins Innere durch die amöboiden Zellen er- folgen, indem diese die erstern von der Oberfläche wegfrassen; jetzt sind es, wie auch bei meiner Darstellung, differenzirte Zellen der innern Masse, die sich einfach über die Geisselzellen schieben, und diese letztern bleiben als Lager im Innern eine Zeit lang erhalten; dann erst geht ihre Vertheilung im Innern, „dissömination“ vor sich, die den Fressprocess erleichtert. (Diese dissémination ist jedenfalls derselbe Vorgang, der von mir als Durchwachsung der beiden Zellenschichten bezeichnet ist und eine verhältnissmässig längere Zeit andauert.) Ferner soll der Process des Fressens bei verschiedenen Arten in sehr un- gleichem Grad zum Ausdruck kommen; bei Spongilla sollen alle cellules ciliées gefressen werden, bei Æsperella die verschwindende Minderheit, bei Aplysilla wieder ein grüsserer Theil. Schon daraus erhellt, dass es sich um einen sehr wenig constanten Vorgang bandelt. Noch un- sicherer erscheint dieser, wenn man dazu in Rechnung zieht, dass die Veränderungen der Metamorphose, speciell das Fressen, laut Drags selbst, in verschiedenen Theilen des Schwammes zu verschiedenen Zeiten vor sich gehen. In der Mitte eilen die Erscheinungen voran, so dass ein Theil von Zellen im Innern schon gefressen ist, wenn nach der Peripherie zu noch freie Zellen liegen, und dass ferner auf einem spätern Stadium in der centralen Partie schon frei gewordene Zellen sich be- finden, während nach aussen zu solche ciliées eben gefressen worden sind. Eine weitere Anzahl soll ja diesem Fressprocess überhaupt nicht unterliegen. Man erkennt schon daraus, wie wenig haltbar diese ganze Vorstellung ist; denn welche Zellen schon gefressen und wieder frei, welche noch nicht gefressen und noch frei, und welche über- haupt immer frei geblieben sind, ist doch absolut nicht zu entscheiden. Die ganze Beobachtung ist ja keine directe, sondern nur an Schnitt- bildern durch Vergleichung angestellt, und dass die Vorgiinge im Innern schneller vor sich gehen, ist nur eine Annahme, die, um eine andere Annahme zu stiitzen, vorgebracht ist. Wie weit bei der ausserordentlichen Kleinheit der Zellen Schnitte zur Erkenntniss ausreichen, auch wenn sie, wie DrrAGE betont, 3 u dick sind (ich selbst habe nicht nur, wie Drtack zu meinen scheint, Schnitte von 4 bis 5 u, sondern ebenfalls solche von 3 u angefertigt), lasse ich dahingestellt. Auf den eben besprochenen Stadien ist eine besonders innige Durchwachsung der vorher getrennten Schichten und ihrer Elemente wahrzunehmen; es kommt dabei bei der Kleinheit des Objects sehr oft zu Bildern, wo man selbst bei dünnsten Schnitten nicht entscheiden kann, ob die Kerne der ciliées in oder auf der amöboiden Zelle (ma,) liegen, da die Kerne der Geisselzellen laut Derack selbst einen Durchmesser von 1 bis 1!/, u besitzen. In manchen Fällen (dies sind aber die Ausnahmen) sieht man an amöboiden Zellen wirkliche unzweifelhafte Einlagerungen ungefähr von der Grösse und Gestalt des Zellkerns einer cellule ciliée. Mit grossem Geschick hat aber Deragz selbst Unterschiedezwischen solchen Ee D Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 359 Einlagerungen und echten Kernen von cellules ciliées herausgefunden, sowohl in Structur wie in Tingirbarkeit (10, p. 424 u. a.). Dennoch will er Uebergiinge nachweisen und erklärt, dass man es in beiden Fällen mit Kernen von cellules ciliées zu thun habe. Die Unter- schiede seien nur dadurch bedingt, dass das eine Mal die Kerne zu freien, das andere Mal zu gefressenen Zellen gehören. Meiner Ansicht nach beweisen die Unterschiede in Grösse und Tinctionsfähigkeit, dass wir in einem Fall geformte deutolecithale Elemente, im andern Fall wirkliche Kerne vor uns sehen. Auch sehe ich nicht ein, warum wir auf solchem Stadium keinen Zellen mit Dottermaterial mehr begegnen sollen. In der Larve sind dieselben zweifellos vorhanden, und während der ersten Stadien der Metamorphose ist keine Gelegenheit zur Auf- arbeitung des Dotters gegeben; es erscheint also nur natürlich, dass auch in dieser Entwicklungsphase noch Zellen mit Nährmaterial exi- stiren. Ich kann nur wiederholen, dass die von mir früher angegebene Doppelfärbung mit Malachitgrün nach Boraxcarmin auch hier ihre Wir- kung zeigt, indem der grüne Farbstoff beim langsamen Auswaschen aus den echten Kernen der Geisselzellen schon herausgeht, während er noch an den Dotterkörnern fest heftet. (Dass die letztern sich gegenüber Boraxcarmin und andern Reagentien so wie wirkliche Kerne verhalten, hat nichts Befremdliches.) Manche Umstände geben immerhin zu bedenken, ob nicht ein Theil der Einlagerungen in amöboiden Zellen (am, ma,) des jungen Schwamms aus Kernen von Geisselzellen unter degenerativen Verän- derungen hervorgegangen ist. Hierher gehört die Thatsache, dass die Häufigkeit solcher Zellen mit Einlagerungen auf diesem Stadium manch- mal grösser ist als auf vorangegangenen Phasen. Ich selbst habe in meiner Esperia-Arbeit solche Zellen abgebildet (tab. 28, fig. 26, 27 m,), allerdings ohne ihnen eine solche Deutung zu geben, hatte sie aber mit m, im Gegensatz zu den schon in der Larve Einlagerungen tragenden Elementen m, bezeichnet. Auch die wenigen etwas unklaren Angaben H. V. Witson’s (88, p. 515) wie die Bemerkung Dernpy’s (in: Quart. Journ. 1888) lassen die Existenz solcher Zellen als möglich erscheinen. Es könnte der Process des Fressens von Geisselzellen ein hie und da vorkommender pathologischer Vorgang sein; eine morphologische Bedeutung hat er jedenfalls nicht, und von einem Wiederausstossen der gefressenen Elemente kann vollends keine Rede sein. Wie dem jedoch sei, die Hauptsache bleibt die definitive Rolle, die den Geisselzellen zukommt, d. h. die Feststellung, dass die Geissel- zellen der Larve nicht zum „Ectoderm“ des Schwammes, sondern zu Kammerzellen werden, wie es DELAGE in einer vorläufigen Mittheilung über Spongilla, ich in meiner Arbeit über Esperia lorenzi, weiterhin DeraGe an vier verschiedenen Kieselschwammformen, und ich hier wieder an neuen Beispielen zeigen konnte. (Abgesehen von den dargestellten Formen Azinella und Clathria besitze ich aus dieser engern Gruppe noch die entsprechenden Präparate von Myxilla, Desmacidon, Dictyo- nella, von Species aus andern Gruppen einstweilen nicht zu reden.) 360 OTTO MAAS, Auch in der Verwendung aller übrigen Zellenelemente der Larve befinde ich mich grösstentheils in Uebereinstimmung mit DrLAGE, wenn nur seine definitive Darstellung in Betracht kommt. In seiner vor- laufigen Mittheilung allerdings (8) hatte er die Bekleidung der aus- fiihrenden Gänge von den Geisselzellen der Larve hergeleitet, und ich selber hatte in meiner Esperia-Arbeit noch geglaubt, dass einige der Geisselzellen, die nicht zu Kammern verbraucht würden, sich zu aus- führenden Gängen anordneten, hatte aber damals bereits betont, dass sich jedenfalls auch die differenzirten Zellen (ma,) an der Bil- dung der Canäle betheiligten (42, p. 435). Jetzt finde ich, wie auch DELAGE seither, die Geisselzellen nur zu Kammerzellen verwandt und die Auskleidung der Canäle durchweg von epithelialen Elementen (ma,) gebildet. Zu der frühern Anschauung bei Esperia war ich mit ge- wissem Recht gekommen, weil ich auf einem bestimmten Stadium aus- führende Canäle von kleinkernigen Zellen a begrenzt sah (43, tab. 28, fig. 25, 26); auch DretacE hat solche jetzt beschrieben, aber gefunden, dass die cellules ciliees nicht die dauernde Auskleidung bleiben, sondern dass sich epitheliale Elemente darüber schieben, wie ich auch an Axinella bestätigen konnte (siehe oben u. Taf. 21, Fig. 34, 35), wo ebenfalls die ausführenden Lacunen zuerst nur Lücken innerhalb der Masse der kleinkernigen sind, dann aber von differenzirten Zellen (ma,), die hereinwachsen, ihre Begrenzung bekommen. Ein Unterschied zwischen DerAgr’s und meiner Darstellung besteht darin, dass bei ihm die „cavites exhalantes“ und „cavites superficielles“ gleichzeitig entstehen oder die letzteren später, während ich meinerseits für Axinella, wie VosmAEr für seine Myxilla, beobachtet habe, dass die Subdermalräume sich merklich früher anlegen. Dieselben sind be- reits deutliche Spalten, wenn von ausführenden Canälen noch nichts zu sehen ist, und sind schon grosse Hohlräume mit richtigem Epithel auf einem Stadium, wo die ausführenden Lacunen kaum erst Spalten in der kleinkernigen Masse sind. Es mag dies aber daher kommen, dass bei Axinella crista-galli auch im erwachsenen Schwamm das aus- führende Canalsystem eine geringe Entwicklung zeigt, während die Sub- dermalräume ganz excessiv ausgebildet sind und einen sehr mächtigen Raum unter der Rinde einehmen; es muss dieses Verhältniss dann auch in der Ontogenie hervortreten. Bei Esperia erfolgt nach meiner eigenen frühern Zeichnnng und Beschreibung (43, p. 431) die Bildung der beiden Systeme von Hohlräumen gleichzeitig. In der Art und Weise, wie aus denjenigen innern Zellen der Larve, die ich als ma, im Gegensatz zu den primitiven (ma ,) bezeichnet habe, sich zuerst die epithelialen Elemente der Oberhaut differenziren, dann die ähnlich aussehenden der Hohlräume, zuerst der subdermalen und dann auch der ausführenden Gänge; wie dann aus übrig gebliebenen Zellen (ma ,) sich contractile Zellen um die Gänge herum bilden, darin kann ich wiederum nur graduelle, zeitlich verschiedene Differenzirung derselben Elemente erblicken, wie ich das bereits in einem allge- meinen Aufsatze ausgeführt habe (44), wonach die epidermalen und die Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 361 contractilen Zellen des Schwammes einerlei Ursprungs sind. Ich kann deshalb die Unterscheidung Dernace’s von speciellen épidermiques als nicht gerechtfertigt erklären und citire zum Beweis dieser nur graduellen Unterscheidung seine eigenen Worte: (10, p. 372) „les cellules inter- médiaires, qui n’ont pas pris place dans l’epithélium des cavités exha- lantes, se transforment en éléments conjonctifs fixes, sauf un certain nombre que nous verrons former l’epithélium des voies inhalantes“. Auch die allgemeinen Anschaungen, die DeLaGe bezüglich des „Meso- derms“ giebt (10, p. 409), stimmen mit den meinigen, früher geäusserten (44) überein. Ich gebe ein Bild eines Osculums, das solche Auskleidezellen und contractile Zellen noch in einem indifferenten Stadium erkennen lässt (Taf. 21, Fig. 38). Die Stelle zeichnet sich einstweilen nur durch eine stärkere Anhäufung dieser Elemente (ma,) aus, da wo später der Sphincter liegt, resp. ein Zug von contractilen, unter dem Oscularepithel liegenden Zellen. Einstweilen sind alle noch gleich; später flachen sich die einen mehr ab und bedecken die anderen, die als contractile Elemente in die Tiefe rücken. Es entspricht dies den früher eitirten Anschauungen Mrncuin’s; jedoch werden diese Stränge contractiler Zellen nie so different von den Epithelzellen wie die Sphincteren der Horn- schwämme. Bezüglich der Zellen, die an den Spicula liegen, hat Derace einen kleinen Fehler der Auslegung, nicht der Beobachtung, gemacht. Er betont, dass sie bei Esparella intermediaires seien [sie gehörten also zu meinen differenzirten Zellen (ma ,)]), während bei Spongilla die Spicula- Bildner einen Kern mit Nucleolus hätten, also den amöboiden ähnlich seien. Ich kann nach Studium von Larven im miitterlichen Körper aufs bestimmteste versichern, dass bei Hsperia, bei Axinella, kurz bei allen die Spicula-Bildner nicht von dem Charakter der differenzirten Kernzellen ma, sind, sondern einen Kern mit Nucleolus besitzen, wie die Zellen (ma ,) (Taf. 19, Fig. 7 und 9). Der Fehler DruAacr’s besteht darin, das er die Zellen für Spicula-Bildner hält, die die Nadeln in Zügen zusammenhalten (s. o. S. 349), die also zu ganz anderem Zwecke in der Nähe der Nadeln liegen; es sind das also conjonctives par excellence, die Sponginbildner werden, nicht Kieselbildner. Bezüglich der Ein- und Ausfuhröffnungen wie der Anlage des Ge- sammt-Canalsystems stimmen meine Beobachtungen mit denen Dxvacer’s überein; nur konnte ich das Auftreten der Poren nichtin einer bestimmten weit nach aussen liegenden Kreislinie finden, sondern sah sie, sogar an Schnitten, überall an der Oberfläche zerstreut. Sie scheinen mir, wie auch DELAGE vermuthete, nicht inter-, sondern intracelluläre Bildungen zu sein; dies sagt das Aufsichtsbild wie der Schnitt (Taf. 21, Fig. 36 und 37). An letzteren sieht man ein ähn- liches Verhältniss einer einzigen sehr weit nach innen geschlagenen Zelle, wie es MiscHaın bei Kalkschwämmen beschrieben hat. — Das Osculum ist auch im erwachsenen Schwamme nicht hervortretend; ich habe gefunden, dass es stets nach dem Erscheinen der Poren zum 362 OTTO MAAS, Durchbruch kommt, und glaube also noch an seine mechanische Ent- stehung (vergl. 42, p. 549 und 10, p. 399). 2. Entwicklung der Larve von Myxilla rosacea 0. S. aus dem Ki. Der Schwamm, aus dem ich die Larven erzielte, stimmt mit den Beschreibungen , die verschiedene Verfasser, LIEBERKÜHN, SCHMIDT, VOSMAER, RIDLEY & DEnpY von Myxilla rosacea geben, ziemlich gut überein; zur Controle aber, und weil VOsmAER vielleicht eine neue Eintheilung vornehmen will, möchte ich kurz die Charakteristik geben. Der ganze Schwamm bildet eine ziemlich massive, unregel- mässige Kruste, von der zottige Fortsätze ausgehen. Farbe grau bis grau-röthlich, Oscula klein, aber deutlich, mit Sphincteren. — Auf Steinen oder Schneckenschalen. Von Nadeln sind vorhanden: a) Megasklera 1. stark gedornte, stecknadelförmige (Taf. 19, Fig. 13 sp. ,) von wenig verschiedener Grösse; 2. glatte, nicht spitzige Nadeln von ähnlicher Grösse (13 sp,) und 3. glatte Nadeln, die viel schlanker und kleiner sind. — b) Mikro- sklera: Chelae (Fig. 14), die an beiden Seiten gleich sind, und stark gekrümmte Sigmata. Das Skelet setzt sich daraus in der Weise zusammen, dass die dornigen Nadeln, an den Enden verbunden, ähnlich wie bei Reniera, ein Netzwerk bilden, dessen Maschen meist dreieckig sind. Nach der Rinde zu hört dieses Maschenwerk auf, und das Hautskelet besteht aus glatten Nadeln, die in Bündeln liegen und aus der Oberfläche herausragen (Fig. 15). Die kleinern glatten Nadeln können überall im Gewebe liegen. Ob sie eigentlich Skeletnadeln im Stadium der Bildung sind oder Fleisch- nadeln entsprechen, kann ich nicht entscheiden. Spongin ist wenig entwickelt, nur in den Enden der Spicula. Die eigentlichen Mikro- sklera sind im ganzen Schwamm zerstreut, nur in den Membranen be- sonders reichlich. Canalsystem nach dem dritten Typus. Auffällig sind sehr starke Züge von spindelförmigen Zellen der mittlern Masse, die im Schwamm sich mannigfach verzweigen, oft einen Durchmesser von zehn Spindelzellen haben und auf mehrere Centimeter weit im Gewebe verfolgt werden können (ähnlich Taf. 21, Fig. 40). Der Schwamm ist insofern ein dem Studium günstiges Object, als die Unterscheidung der einzelnen Zellen des Embryos von vorn herein bei ihm klarer hervortritt als bei manchen andern Genera, die sich sonst ähnlich verhalten, und insofern als die Quantität des Spongins gering ist, so dass das Schneiden weniger Schwierigkeiten macht als bei Schwämmen, deren Nadeln in Zügen geordnet sind. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 363 Die fertige Larve hat, um dies vorwegzunehmen, eine ähnliche Structur wie die aller Desmacidoniden. Sie ist etwa 0,5 mm gross; den Gegensatz zwischen kleinkernigen, schlanken Wimperzellen und der innern Masse, welche reichliche Gallerte mit viel grössern Zellelementen enthält, ist sehr ausgesprochen. In den Wimperzellen befindet sich kein Pigment wie bei Esperia und Axinella. Nur der innere Theil schimmert schwach rôthlich durch. Diese Färbung riihrt, wie Zupf- praparate zeigen, von Zellen der innern Masse (ma,) her, die mit Körnchen dicht beladen sind. Schon im Leben lässt sich die Verschiedenheit der Pole gut sehen ; man erkennt am hintern Pol so scharf wie bei keiner andern Species ganz flache Zellen (Fig. 10 sp); der übrige Theil der Larve trägt Geisseln, dieselben sind stark und ihre Bewegung lebhaft. Von Nadeln trägt die Larve Stabnadeln und gleich endende Doppel- schaufeln. Die Metamorphosenvorgänge sind die gleichen wie von Esperia, Azxinella etc. Diese Larven schwärmen im November aus; in den zu dieser Zeit conservirten Stücken fanden sich fast lauter ganz reife Larven und wenig frühere Stadien; um solche bis zum Ei zurück zu erhalten, musste ich im October conservirte Stücke zur Hülfe nehmen. Die Eier liegen im Gewebe des Schwammes zerstreut, niemals in Nestern und werden jedes von einem Follikel eingeschlossen, der in Trägern eingespannt ist, wie ich dies von Esperia lorenzi beschrieben und abgebildet habe (43, fig. 21). Die Träger, die aus meist sehr ge- streckten Bindezellen (ma,) bestehen, schliessen eine dünne Gallerte ein, in der oft noch Spicula und zwar von der kleinen glatten Sorte liegen (Taf. 19, Fig. 1). Es wird diese Anordnung das Durchbrechen der reifen Larve in das Canalsystem wesentlich erleichtern und ausser- dem das Wachsthum des Eies im Follikel ermöglichen, das während der Furchung thatsächlich stattfindet. Das Ei ist, wie Uebergangsstadien zeigen, aus einer gewöhnlichen amöboiden Zelle der mittlern Masse (am), nicht aus fixen Zellen (ma,) entstanden und hat während dieser Heranbildung eine Anzahl von Zellen resp. deren Material in sich aufgenommen, das nun als Dotter (stark färbbare „Pseudozellen‘“) figurirt. Das reife Ei (Fig. 1) ist noch beträchtlich kleiner als die Larve, von ovaler Gestalt und etwa 0,2—0,3 mm Längsdurchmesser. Es ist mit Dotterkernen, die in zähem Protoplasma eingebettet liegen, aufs Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 94 364 OTTO MAAS, dichteste erfüllt. Diese Körner sind an Grösse und Tingirbarkeit sehr verschieden, im Allgemeinen im Ei grösser als in spätern Furchungs- stadien. Das Keimbläschen ist als kreisrunde, scharf umschriebene Lücke, näher am einen Pol, innerhalb der Dotterkörner sichtbar (Fig.1n). In seinem Innern gewahrt man den Nucleolus, der fast stets aus zwei Halbkugeln besteht; oft sind diese beiden auch auseinandergerückt, so, dass ein Kern zwei Nucleolen aufweist. Um sich über die Furchung zu orientiren, ist man auf Schnitt- bilder angewiesen; doch darf man sich nicht mit einzelnen Schnitten begnügen, sondern muss Serien anfertigen und die Schnitte entweder in der Vorstellung oder besser im Papiermodell zusammensetzen, weil sonst leicht durch schiefe Schnittrichtung ein falsches Bild, namentlich ungleiche Furchung, wo sie noch nicht eingetreten ist, vor- getäuscht werden kann. Die erste Furche, durch die die Zweitheilung bewirkt wird, geht meridional; Bilder wie Fig. 2 sind nicht selten anzutreffen. Auch die zweite Furche verläuft in meridionaler Richtung und zwar senk- recht zur ersten. Man erkennt dies daran, dass eine ganze Anzahl Schnittbilder von vier fast gleichen Zellen hinter einander in der Serie erscheinen (Taf. 19, Fig. 3), wenn die Schnittrichtung genau trans- versal war. Es gelang mir auch, ein solches Stadium als Ganzes zu isoliren, das ich in Ansicht von aussen darstelle (Taf. 19, Fig. 4). Die folgende Theilung geht in äquatorialer Richtung vor sich und zwar so, dass jede der vier Zellen in zwei ungleiche Theile zerlegt wird. Da dieser Vorgang in den einzelnen Blastomeren nicht gleichzeitig stattfindet und der Embryo eine gewisse Grösse besitzt, so erschliesst man diese Verhältnisse nur durch Construction ; das einzelne Schnitt- bild für sich ist nicht so überzeugend, weshalb ich es auch nicht wiedergebe. Das Stadium ist ein ähnliches wie das 8zellige bei vielen andern Thiergruppen, wo vier Mikromeren auf vier Makromeren aufsitzen, so zwar, dass die einzelnen Elemente nicht ganz radiär, sondern spiralig orientirt sind. Von der Inäqualität der äquatorialen Theilung kann man sich noch auf dem gleich folgenden Stadium (Fig. 5) überzeugen, wo einige Zellen sich weiter gefurcht haben, im Ganzen aber doch noch wenig Blasto- meren vorhanden sind; die Theilstücke an einem Pol sind dann merklich kleiner als die am andern. Ks zeigen aber noch alle, soweit das Protoplasma in Betracht kommt, einen ähnlichen histologischen Charakter; sie sind von Dotterkörnern vollgepfropft, zwischen welchen man bei den meisten den Kern als helles Bläschen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 365 mit dunkelrothem Nucleolus erkennen kann. Alle Zellen liegen um eine Furchungshöhle herum, platten sich gegenseitig etwas ab, nur nach der Höhle zu zeigen sie einen mehr runden Contour. Es ist besonders festzuhalten, dass die Ungleichwerthigkeit der Pole gleich von vorn herein bestanden hat, dass sie von diesem Stadium an durch die ungleiche Grösse der Zellen deutlich hervortritt und von nun an bis zur freischwärmenden Larve bestehen bleibt. Wenn wir also Bilder erhalten wie Fig. 6 und Fig. 8, wo die kleinen Zellen nicht nur am Pol, sondern an der ganzen Peripherie sitzen, so ist der hintere Pol auf dem Schnitt nicht getroffen, und wir haben es mit einem Schief- oder Querschnitt zu thun, wie sich auch daran zeigt, dass die Umrisse solcher Schnitte kreisrund sind, die der Längsschnitte oval. Die Theilungen gehen weiter, aber nicht mehr in regelmässiger und genau verfolgbarer Weise ; nur so viel lässt sich sagen, dass die um Weniges grössern Zellen des hintern Pols in der Theilung etwas zurückbleiben und dadurch der Anfangs geringe Grössenunterschied zwischen ihnen und den vordern Elementen mehr hervortritt. Auch wird dadurch eine theilweise Umwachsung der grössern Blastomeren hervorgerufen. Fig. 6 z. B. ist ein Querschnitt aus dem obern Theil des Embryos, an einer Stelle, wo die kleinen Zellen die grössern schon umlagert haben. Die letztern liegen nach hinten und innen zu und zeigen sich jetzt von abgerundeten und unregelmässigen Formen. Die Furchungshöhle ist auf diesem Stadium noch deutlich sichtbar (Fig. 5 u. 6 H). Ein Theil der Zellen beginnt bereits auf diesem Stadium seinen blastomerenartigen Charakter zu verlieren. Die Elemente am vordern Pol weisen nämlich jetzt weniger Dottermaterial auf und einen andern Kern als ursprünglich; derselbe ist von einem dichten Chro- matingerüst erfüllt, kein helles Bläschen mehr mit Nucleolus, wie das noch bei den Zellen des hintern Pols der Fall ist. Mit zunehmender Vermehrung der Zellen wird diese Unterschei- dung immer deutlicher. Auf einem solchen Stadium (Taf. 19, Fig. 7) lassen sich die äussern Zellen von der innern Masse ziemlich gut ab- grenzen. Sie sind heller, von unregelmässiger, meist rundlicher Ge- stalt; haben einen kleinen Protoplasmaleib, aber einen im Verhältniss dazu grossen Kern, der sehr chromatinreich ist. Nach den Seiten sind mehrere Schichten von ihnen zu erkennen; am vordern Pol bilden sie nur eine einzige Schicht in deutlich epithelialer Lagerung. Die innern Zellen haben meist an Grösse abgenommen; die massigsten davon liegen mehr nach dem hintern Pol zu. Die Theilungen gehen jetzt aber auch hier schneller vor sich; es hat sogar den Anschein, 24* BGG OTTO MAAS, als ob einige Zellen sich simultan in eine Anzahl kleinerer Stiicke spalteten; wenigstens sieht man sie, während sie noch nach aussen gegentiber einer andern Zelle ein Ganzes bilden, bereits in einzelne kleine Theile im Innern zerfallen (vgl. Fig. 7). — Die äussern Zellen (a) zeigen keine Spur des Dotters mehr in ihrem spärlichen Proto- plasma; die innern (ma) dagegen enthalten noch sämmtlich Dotter- elemente, manchmal mehr, manchmal weniger. Auch die einzelnen Körner sind sehr ungleich in Gestalt und in Tingirbarkeit, stets kleiner als im Ei und in den ersten Blastomeren und zeigen auf alle Weise Spuren des Verfalls. Die Bildung der Spicula in der innern Masse hat bereits begonnen. Einzelne Zellen (ma), die sich vor den andern durch hyalines Proto- plasma auszeichnen, die aber den gewöhnlichen bläschenförmigen Kern mit Nucleolus besitzen, tragen in ihrem Innern ein deutliches, an beiden Enden zugespitztes Kieselbälkchen (Fig. 7 sp). — Das erste Auftreten muss in einzelnen Zellen ausserordentlich früh und die Weiterbildung sehr schnell erfolgen; denn auf diesem Stadium sind schon einige recht grosse Spicula ausserhalb von Zellen vor- handen. Beide Zellsorten, die der innern wie der äussern Masse, theilen sich jetzt rasch weiter, und es kommt dadurch ein Bild zu Stande, das die Verschiedenheit derselben sehr ausgeprägt zeigt (Taf. 19, Fig. 8). Die äussern Zellen bilden ein zusammenhängendes Lager; Zellenleiber können kaum erkannt werden; die kleinen Kerne befinden sich nahe an der Peripherie (Fig. 8 a). Ein schraffirter Protoplasma- saum, der von dieser Kernschicht bis zur Oberfläche reicht, wie in der Larve, ist noch nicht gebildet; denn diese Zellen sind jetzt noch rund- liche und nicht gestreckte Elemente. Auch die Geisseln sind noch nicht zu sehen. Die innern Zellen sind viel kleiner als vorher, auch nicht mehr von gleich rundlicher Form, sondern bald etwas gestreckt, bald unregelmässig; sie liegen sehr dicht aneinander, nur durch eine schmale Schicht einer zähen Substanz getrennt. An Grösse und Form sind sie unter einander zwar verschieden, aber in histologischem Cha- rakter durchaus gleich, alle mit Kern, indem sich ein Nucleolus sowie einzelne Chromatinbrocken erkennen lassen, und mit geringen Dotter- einlagerungen im Plasma. Dieses Stadium charakterisirt sich also dadurch, dass die zwei Schichten der Larve histologisch sowohl wie durch ihre Lage sehr deutlich verschieden sind, dass aber inner- halb der einzelnen Schichten Differenzirungen noch nicht eingetreten sind, der endliche Charakter der Elemente nicht erreicht ist und dass Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 367 speciell in der innern Schicht alle Elemente unter einander noch fast gleich sind. Die weitere Differenzirung aller Elemente zeigt sich auf einem folgenden Stadium (Taf. 19, Fig. 9). Die äussern kleinkernigen Zellen sind nicht mehr rundliche, unregelmässige Gebilde, sondern haben sich in den meisten Partien des Embryos gestreckt und zu cylindrischen Zellen umgeformt. Diese liegen besonders an den Seiten bereits richtig epithelartig angeordnet (a,) derart, dass die Kerne, die sich in jeder Zelle tiefer als die Zellenmitte befinden, sich ineinander schieben und auf die Weise durch eine Schicht von einigen u Breite von der Ober- fläche getrennt werden. Letztere wird gebildet von den eigentlichen hohen Cylindern, die, gedrängt neben einander stehend wie in der Larve, das Bild einer Schraffirung hervorrufen. Die so ausgebildeten Zellen zeigen auch bereits Geisseln. Am Vorderende (a) und nach hinten zu ist diese Anordnung noch nicht erreicht, die Zellen sind hier (a) einfach cylindrisch, nicht stäbchenförmig, und die Kerne brauchen des- halb keine solche ineinander gedrängte Lage anzunehmen. In der innern und hintern Masse hat zunächst eine starke Ab- scheidung von gallertiger Bindesubstanz stattgefunden, in der die Zellen nunmehr lose eingebettet liegen (Fig. 9 Gal). Nach dem vorigen Stadium zu schliessen, scheint dieser Process derart vor sich zu gehen, dass die Zellen nach ausssen zwischen einander eine zähe Masse ab- sondern, die zuerst vielleicht nur der periphere Theil der Zelle ist, dass dann diese zähe Substanz sich mehr und mehr verflüssigt, und so die vorher nahe an einander liegenden Zellen weiter auseinander- rücken. Durch das Auftreten dieser Bindesubstanz ergiebt sich auch eine wesentliche Volumzunahme der Larve. Schon vorher, während der Furchung, bei der Differenzirung ist der Embryo ohne eigentlich an Masse zu zunehmen, auseinander gegangen, und dies tritt jetzt in besonders starkem Grade ein (vgl. Fig. 7 und 9). Die Elemente der innern Masse, die sich vorhin noch ziemlich glichen, lassen sich auf diesem Stadium in zwei Gruppen eintheilen. Die einen haben wie seither die rundlich unregelmässige Form der undifferenzirten Zelle (ma ,), sie zeigen in ihrem Kern ausser einigen Chromatinbrocken einen Nucleolus und in ihrem Protoplasma Dotter- einlagerungen. Die andern Elemente (ma,) haben eine mehr ge- streckte Form, ein gleichmässig granulirtes Protoplasma und einen Kern mit feinem Chromatingerüst. Schon auf dem vorigen Stadium allerdings waren einzelne Zellen dieser Art von spindelförmiger Ge- stalt zu erkennen (Taf 19, Fig. 8 ma,). Es waren dies aber nur 368 OTTO MAAS, wenige, und solche ausgesprochenen Formen wie auf diesem Stadium, theils epithelzellenartig, theils sternformig (Fig. 9 ma,), kamen über- haupt nicht vor. Es lässt sich mit Sicherheit schliessen, dass diese Zellen (ma,) ohne Dotter und mit Chromatingeriist im Kern differen- zirte Elemente sind, während die mit Dotterresten sowie mit bläschenför- migem, einen Nucleolus enthaltendem Kern die urspriinglichern dar- stellen. Von diesen werden nach und nach immer mehr zu differen- zirten Zellen (ma,) ausgebildet (zwischen denen erst später eine wei- tere Arbeitstheilung eintritt), während ein Theil (ma,) noch in der Larve persistirt und sogar in den Schwamm bei der Metamorphose mit hinübergenommen wird. Dort sind diese Zellen zu den amöboiden Wanderzellen (am) geworden und bilden das Material, aus dem die Generationszellen stammen. Eine Furchungshöhle ist auf dem jetzigen Stadium als kleiner Rest nur ausnahmsweise vorhanden (Taf. 19, Fig. 9 H); meist erscheint die ganze innere Masse von Bindesubstanz ausgefüllt. Im abgebildeten Schnitt gerade begrenzen einige epithelartig differenzirte Zellen (ma 5) die Bindesubstanz nach vorn, so dass zwischen diesen und kleinkernigen Elementen eine Lücke bleibt, der Rest der Furchungshöhle. Andere differenzirte Zellen von wenig regelmässiger Form haben sich am hintern Pol zusammengelegt. Ausser den Stecknadeln sind jetzt auch einige Doppelschaufel- nadeln vorhanden; dieselben liegen hier und da zerstreut, nicht wie bei Esperia, wo die einseitigen Schaufeln in Kugelbündeln auftreten. Wie die erste Entstehung dieser Schaufeln innerhalb der Zellen zu Stande kommt, würde bei ihrer eigenthümlichen Form grosses Inter- esse haben; doch ist die Kleinheit des Objects der Art, dass selbst gute Systeme von Vergrösserung wirkungslos bleiben. Noch ist das zum Ausschlüpfen fertige Stadium hiermit nicht ganz erreicht, aber die Veränderungen, die dazu führen, sind nicht mehr tiefgreifend und bestehen weniger in Hervorbringung neuer Elemente als in Arrangirung der bereits producirten. Zunächst fällt auf, dass die reife Larve, wie sie sich im Follikel und im Canalsystem des Schwammes findet (Fig. 10), eine bedeutend gestrecktere Form hat, es tritt dadurch der Unterschied zwischen Längsschnitt und Querschnitt (Fig. 11) auf diesem Stadium noch mehr hervor als früher. Die kleinkernigen Zellen sind jetzt noch viel schlanker geworden und haben sich auch vorn epithelartig geordnet; sie bilden überall mit Ausnahme des jetzt sehr hervortretenden Hinterpols die Begrenzung der Larven und haben alle sehr lange und starke Geisseln. Das Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 369 optische Bild, das vom Epithel, selbst an diinnsten Schnitten, geboten wird (a), nämlich die Zone von dicht an einander liegenden Kernen und der davon bis zur Oberfliche gehende schraffirte Saum, ist das gleiche wie bei allen Larven dieser Gruppe. In der innern Masse sind die undifferenzirten Elemente mit Dotter (ma,) jetzt nicht mehr überwiegend gegenüber den differenzirten, sondern nur noch in ge- ringer Zahl vorhanden. Es lassen sich unter den letztern Zellen (ma,) spindelige, sternförmige und epitheliale Formen erkennen. Platte Zellen liegen besonders am hintern Pol und bilden da ein richtiges Epithel, wie es sich von dem des erwachsenen Schwammes kaum unterscheidet. [Von hier aus geht ja auch die spätere Um- wachsung der Geisselzellen vor sich.] Die nicht differenzirten Zellen liegen (vergl. Querschnitt Fig. 11) ziemlich in einem Klumpen in der Axe der Larve zusammen und zwar, wie aus dem Längsschnitt (Fig. 10) hervorgeht, in der hintern Hälfte, nicht ganz am Pol. Radial von ihnen (Fig. 11) strahlen eine Anzahl spindeliger Elemente (ma ,) aus, andere liegen mehr tangential und dienen vielleicht, ähnlich wie bei Axinella, zur Contraction. In der hintern Hälfte der Larve haben auch die Spicula ihre Lagerung, die stecknadelförmigen mehr in einem Bündel in der Rich- tung der Längsaxe angeordnet, die Doppelschaufeln davon nach vorn zu zerstreut, (an der entsprechenden Stelle, wo bei Esperia die Bogen- nadeln liegen. Es zeigt sich auch darin ein System; denn diese Doppelschaufeln liegen nie hinten, und die Stabnadeln sind sehr genau axial orientirt. Nach vorn liegen gar keine Nadeln, überhaupt sind daselbst die geformten Elemente sehr spärlich gegenüber der Gal- lerte, so dass sich leicht hier eine unregelmässige Lacune finden kann. Auf diesem Stadium durchbrechen die Larven ihren Follikel, ge- langen in die ihn umgebenden Maschen des Canalsystems und schwärmen mit starker Kraft, wie von einer Pumpe getrieben, zum Osculum aus. 2a. Vergleich mit fremden und eigenen Beobachtungen in derselben Gruppe. Es ist sehr wenig über die Furchung der Cornacuspongien und fast nichts über die Differenzirung des gefurchten Materials zu den Elementen der Larve bis gegenwärtig bekannt. Immerhin aber liessen sich, wenn man die ganze Ordnung heranziehen wollte, manche fruchtbare Gesichtspunkte gewinnen, und die Aehnlichkeit mit dem von Ketter skizzirten Aufbau der Chalinula-Larve wird dem Spongiologen aufgefallen sein. Doch gehört letztere in eine andere Untergruppe (s. o. S. 334), die wir noch besonders zu behandeln haben werden. 370 OTTO MAAS, Aus der hier zu betrachtenden Untergruppe der Axinellidae plus Desmacidonidae liegt fast nichts vor, was über die Entwicklung der Larve im miitterlichen Kérper Aufschluss giebt, nicht einmal gelegent- liche Andeutungen. Deun die oben aufgeführten Beobachter (S. 352) haben im günstigsten Falle etwas von der Metamorphose, meist aber nur die reife Larve gesehen. O. Scumipr behauptet von Esperia (59, p. 134), dass man „von einer Furchung nicht reden könne“, er hat mit den damaligen Hülfs- mitteln die zellige Natur des Embryo-Innern nicht erkannt und weiter nichts als Dotterelemente gesehen. RıpLey & Denpy (55, LI) beschreiben eine Larve von Esperia und Myxilla im mütterlichen Gewebe, aber sie geben keine frühern Stadien, sondern schildern nur (p. XX) die Entwicklung der Doppelschaufeln, die mir etwas zweifelhaft erscheint. Dass von den bei Torsent gelegentlich seiner faunistischen und anatomischen Studien (78, p. 100) kurz erwähnten Larven eine oder die andere hierher gehört, trotzdem er sie in die Gruppe der Renierinen stellt, ist bei dem Umstand, dass dieselben theilweise der Cilienkrone und des Pigmentpols am Hinterende entbehren, wohl möglich, aber bei der in der Systematik herrschenden Verwirrung nicht zu entscheiden. Neues hat er übrigens nicht gebracht; bemerkenswerth ist nur in seiner Beschreibung das frühe Auftreten der Spicula vor jeder andern Differen- zirung, was auch mit meinen Befunden übereinstimmt. H. V. Winson (88, p. 511) erzählt; dass die Larve von Esperella nicht aus einem Ei, sondern aus einer Gemmula entstände; in seiner eigenen, sehr kurzen Beschreibung wird man diese merkwürdige An- gabe aber schwerlich begründet finden. Er scheint irregeführt worden zu sein dadurch, dass sich bei der Bildung des Eies eine ganze Anzahl von Zellen zusammenlegen, die aber grossentheils als Nährmaterial verbraucht werden (wie dies am besten von Fiırprer [15] für Spon- gilla nachgewiesen ist), und dadurch, dass nachher der Zerfall der Furchungselemente in etwas eigenthümlicher Weise (s. u.) vor sich geht. Dass es sich nicht um Gemmula-Bildung, sondern um den gleichen Process der Eibildung wie bei andern Schwämmen handelt, geht aus seinen eigenen Worten (p. 512) hervor. Später soll (p. 514) die reife Gemmula wieder zerfallen, „ein Process, der oberflächliche Aehnlichkeit mit Segmentation habe“. Es ist dies aber wirkliche Segmentation, wie seine eigene Figur (88, fig. 2) zeigt. Dieselbe weist Zellsorten von zweierlei Grösse auf, die gleichen Elemente wie bei mir, die einen deut- lich polar angeordnet. Die innern Theilstücke scheinen aus Gruppen von Zellen zu bestehen, und dadurch ist Wizson offenbar irregeführt worden, indem er nicht erkannte, dass eine einzelne Gruppe trotz ihres Zerfalls einem Makromer entspricht. Dies ist der gleiche Vorgang, den wir oben (S. 366) als simultanen Zerfall der Furchungselemente bezeichnet haben und den auch Kerrer erwähnt hat (28, p. 333). — Wiırson hat nicht genügend viele Stadien gesehen, um den Zusammen- hang zu erkennen; auch seine weitern Angaben sind nur sehr mangel- haft, z. B. diejenige, dass die äussern Zellen am Haupttheil der Peri- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 371 pherie sich zu Geisselzellen umwandeln, am hintern Pol aber „flach“ bleiben sollen. Wir haben gesehen, dass der hintere Pol überhaupt nicht den äussern Geisselzellen, sondern nach Genese und Histologie der innern Masse zuzurechnen ist. Damit fallen auch seine weitern Angaben über die Metamorphose, wonach bei derselben das Flach- werden sich auch auf die Geisselzellen übertrüge (vgl. oben). Bei solchem Mangel an Angaben wird es erwünscht sein, noch wenigstens kurz dasjenige anzudeuten, was mir von Material aus dieser Gruppe vorliegt. Es ist zu bemerken, dass nicht alle Angehörigen der- selben die Bilder in gleicher Deutlichkeit zeigen. Die Furchung ist allerdings stets inäqual, aber diese Ungleichheit der Blastomeren ist bei den einzelnen Species verschieden stark ausgesprochen. Während z. B. eine Desmacidon-Art, die ich untersuchen konnte, die Unterschiede der Blastomeren auf frühen Stadien sehr scharf zeigte, noch besser als My«illa, sind bei Axinella die einzelnen Furchungselemente viel weniger verschieden und auch bei der Grösse der Larven schwieriger nach Schnittbildern zu reconstruiren. Zudem bleiben bei der weiter fort- schreitenden Theilung die Blastomeren nicht an der Oberfläche, und es wird dadurch eine scheinbare Morula gebildet, die aber in Wirklichkeit aus zwei Schichten besteht, weil die äussern Zellen durch stärkere Theilung eine Art Epibolie veranlasst haben. Auch die Furchungshöhle wird dadurch in verschiedener Weise beeinflusst; bei der einen Species, oft gerade bei solchen mit starkem Grössenunterschied der einzelnen Blastomeren, wie Myxilla, Desmacidon, bleibt sie ziemlich lange sichtbar, bei Esperia bleibt nur ausnahms- weise eine Spur von ihr erhalten, bei Axinella dagegen wird sie schon früh durch Hereindringen der Blastomeren ausgefüllt. Wie dieses Verhältniss sich auch stellen mag, eine Zweiblättrigkeit des Keimes, d. h. eine Zusammensetzung aus zwei durch Lage und histologische Charaktere verschiedenen Zellsorten, tritt immer ein. Nur zeigt sich die Zweischichtigkeit, je nachdem die Furchungsvorgänge deutlich ausgesprochen oder zu einer Morula-Bildung verwischt sind, früher oder später. Auch bei Azinella, dem Extrem der Reihe, wo ein Stadium wie Fig. 5 bei Myxilla nur angedeutet ist, zeigt sich ein solch spätes Stadium mit zwei Schichten entsprechend Fig. 8 sehr deutlich. Die zukünftigen Geisselzellen beginnen sich epithelial zu ordnen; im Innern sind dottererfüllte Zellen vorhanden, die zuerst dicht an einander liegen, dann aber zwischen sich eine Bindesubstanz aus- scheiden. Zu gleicher Zeit differenzirt sich eine Anzahl Dotterzellen (ma ,), d. h. sie verlieren ihren Dotter, bekommen einen fein struc- turirten Kern, eine gestreckte oder platte Gestalt (ma ,), so dass das Stadium erreicht ist, wie wir es als freischwärmende Larve abgebildet haben (Taf. 20, Fig. 18). Am klarsten und frühsten ausgesprochen ist das Verhältniss der Zweiblättrigkeit bei zugleich bestehender Furchungshöhle an Desmacidon; doch konnte ich die betreffende Species nicht zum Studium gebrauchen , weil starke Nadelzüge durch massig ent- wickeltes Spongin zusammengehalten werden und deswegen Schnitt- 372 OTTO MAAS, serien nicht zu erzielen sind. Es fällt an einem herausgegriffenen Stadium auf, dass die Spicula sich ausserordentlich früh zu bilden begin- nen, wenn nämlich noch lange nicht alle Makromeren ins Innere gerückt sind, und bemerkenswerth ist besonders, dass sie an der ganzen Peri- pherie an der Grenze beider Schichten liegen, direct unter den Mikro- meren, zwischen diesen und den grossen Zellen. Die gleiche Lagerung zeigt sich bei Esperia, wo indessen noch andere specifische Eigenthümlichkeiten hervortreten. Die innern Zellen, Makromeren, theilen sich hier besonders schnell, und wenn auch ein genügender Gréssenunterschied zwischen ihnen und den äussern meist nachzuweisen ist, so besteht die Hauptdifferenz doch im histo- logischen Charakter. Eine Furchungshöhle bleibt ziemlich lange er- erhalten, und die von mir in der Larve erwähnte, meist nachträglich mit Gallerte erfüllte Lacune (43, tab. 28, fig. 15 h) ist vielleicht als Rest einer solchen aufzufassen. Die äusseren Zellen nehmen eine eigen- thümliche Gestalt an, nach der Peripherie ganz eben, nach innen einen Buckel bildend (Taf. 21, Fig. 25 mi) und unterscheiden sich dadurch von den Zellen der Myxilla auf gleichem Stadium. Die inneren Zellen sind rund, mit Dottereinlagerung dicht erfüllt, manche schon simultan zerfallen (Fig. 25 ma). Diese Theilung der innern ist auf dem folgenden Stadium ersichtlich; es resultirt ein Bild (Fig. 26), auf dem innere und äussere Schicht wenig an Grösse der Elemente ver- schieden sind. Wenn man weiter bedenkt, dass sich aus dieser innern Schicht bald gestreckte Elemente (ma ,) differenziren, die über- all, auch nahe der Peripherie, umherliegen, so wird man einsehen, dass die Eintheilung in zwei Schichten nicht auf jedem Stadium leicht und augenfällig ist, und auch verstehen, wie durch ein solches Bild frühere Forscher sich über die Blätterbildung täuschten und Wırson auf die Idee einer Gemmula kam. Wenn man aber das vorangehende Stadium berücksichtigt (Fig. 24) und die noch frühern, die sich ganz ähn- lich wie bei Myxilla verhalten, so wird man an dem Aufbau aus zwei Schichten nicht zweifeln, um so weniger, als auch das unmittelbar nach- her folgende Stadium dieselben wieder sehr scharf zum Aus- druck bringt. Es entsteht nämlich ein Bild (Fig. 27), wo die äussern Zellen sich sehr schnell theilen und in Gruppen liegen, gerade als sei jede Gruppe aus einer Makromere entstanden (Fig. 27 a, @ı, @u, Ai), und wo die innern zugleich mit Abscheidung der Gallerte mehr und mehr Diffe- renzirungen aufweisen (ma ,, ma ,), so dass dadurch ein Uebergangs- stadium zur fertigen Larve, wie wir sie früher beschrieben haben (44, p. 417), erreicht ist. Die Anordnung der larvalen Elemente nach be- stimmten Richtungen und die Streckung der Larve ist, ganz wie bei Myxilla, das letzte Moment, das vor dem Ausschlüpfen zur Geltung kommt, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 373 3. Die Metamorphose der Larve von Gellius varius Bwx. Rıprey u. Denpy, p. 38. Der Schwamm, aus dem die von mir beobachteten Larven stammen, würde nach VosmAarr’s wie Ripury & Denpy’s System unter die Gattung Gellius fallen, durch die Abwesenheit von Anker- resp. Schaufel- nadeln, durch das Vorhandensein anderer Mikrosklera und durch ein netzartiges Skelet von Makrosklera. Es zeigt sich durch die Be- schaffenheit seiner Larven, dass er trotz der Anwesenheit von Mikro- skleren den Renieren und Chalinen näher steht als Esperella und andern Desmacidoniden, dass also weniger die An- und Abwesenheit von Mikroskleren im Allgemeinen als besonders von Chelae eine scharfe Differenz innerhalb der Gruppe der Halichondria macht. Der mir vorliegende Schwamm zeigt einige Abweichungen von G. varius spec., die ihn vielleicht zur Varietät stempeln; er bildet drehrunde, mannichfach verzweigte und öfters verflochtene Stränge von 1—2 cm Dicke. Die äussere Gestalt ist dadurch knorrigen Baumwurzeln nicht unähnlich, um so mehr, als diese Stränge nie senkrecht aufsteigen, sondern wagrecht oder etwas geneigt auf dem Meeresgrund sitzen. Farbe grau-gelb. Oscula klein, unscheinbar. Von Nadeln sind vorhanden: 1) Megasklera, an beiden Enden zugespitzt, gerade oder leicht gebogen, 2) Mikrosklera, sehr klein, von C-férmiger Gestalt, in grosser Menge. Das Skelet setzt sich nach Art des Renieridentypus zusammen, indem einige Nadeln an den Enden durch wenig Spongin verbunden sind. Im Innern ist es reticulär, die Maschen meist eine Nadel dick; nach aussen liegen dickere Züge mit sehr wenig Spongin, die radiär und tangen- tial zur Oberfläche stehen und die Subdermalräume und Rinde stützen. Die Mikrosklera liegen, als Fleischnadeln und besonders zur Span- nung von Membranen verwandt, überall im Gewebe. Canalsystem nach dem dritten Typus. Die Larven liegen im mütterlichen Körper in Gruppen und zwar stets in der Axe eines solchen cylindrischen Schwammstückes, da also, wo das Skelet seine dünnsten Maschen bildet (Taf. 23, Fig. 72). Der Querschnitt eines solchen Stückes ist annähernd kreisrund, und inner- halb desselben bildet die Larvenmasse einen zweiten Kreis. Die freischwärmenden Larven sind gross (1 mm im Längs-, 0,7 mm im Querdurchmesser), aber auch durch ihre Bewegung und Farbe ziemlich auffallend. Sie sind nämlich über die Hauptfläche des Körpers blendend weiss, und am hintern Pol befindet sich ein kreisrunder, braun-violetter Pigmentfleck von ungefähr 0,4 mm Durchmesser. Inner- halb dieses dunkelbraunen Ringes bleibt dann ein Kreis übrig, der ebenfalls bräunlich, aber nur von ganz hellem Ton ist, etwa so, als 374 OTTO MAAS, ware hier dasselbe Pigment nur viel spärlicher vertheilt. Die Larve bewegt sich ziemlich rasch und geschickt , ihre Wimpern gehen vom Vorderpole über den ganzen Körper bis an die Stelle des Pigment- ringes; hier sitzt als Abschluss ein Kranz von mehr als doppelt so langen und auch etwas stärkern Wimperhaaren, die aber ebenso als Cilien functioniren (nicht als straffe Borsten wie bei einigen andern Species). Durch diese scharf markirte Verschiedenheit der Pole ist es leicht, die Schwimmrichtung im Glase sogar ohne optische Hülfs- mittel zu controliren. Man sieht, dass der pigmentirte Pol stets nach hinten gerichtet ist; die Vorwärtsbewegung geht aber nicht in gerader Linie, sondern in den bekannten schraubenförmigen Drehungen vor sich. Manchmal steht die Larve auch an einem Orte still; der Pig- mentpol ist dann nach unten gekehrt, und das Spiel der Wimpern dient nur dazu, sie um ihre Axe zu drehen. Ueberhaupt ist die Larve zur Beobachtung der Vorgänge am lebenden Object geeignet, und ich habe deshalb in diesem Abschnitt hierauf Nachdruck gelegt. Bei durchfallendem Licht erscheint die Larve bei ihrer Dicke natürlich mit Ausnahme der Randpartie ziemlich undurchsichtig. Letztere bietet bei guter Einstellung das Bild einer hellern Zone mit Schraffirung (Taf. 22, Fig. 41 a), und dicht darunter kann man beim Uebergang zum undurchsichtigen Gewebe mehr oder minder grobe Körnelungen wahrnehmen. Diese Gebilde sind nicht etwa als Kerne der hohen Geisselzellen zu deuten, sondern als Körnelung in den Zellen der innern Masse. Letztere ist nicht überall gleich undurch- sichtig, sondern hat, wie eine genaue Einstellung auf den optischen Schnitt zeigt, in der Axe der Larve eine nach vorn zu schmälere, nach hinten breitere, etwas weniger opake Region (s. Fig. 41). Dies kommt einerseits durch die Vertheilung der Gallerte gegenüber den geformten Elementen zu Stande, andrerseits dadurch, dass hier nicht die dichtgedrängten Kerne der Geisselzellen von dem optischen Schnitt getroffen werden, sondern nur die lichtere Bindesubstanz und ihre Elemente, während an dem übrig bleibenden Theil zwischen der äussersten schraffirten Randpartie und dieser hellen Stelle kleinkernige Geissel- zellen und ausserdem Zellen der mittlern Masse in den optischen Schnitt fallen. Nach vorn zu verjüngt sich diese innere Masse meist plötzlich mittels einer leichten Einkerbung, um dann ziemlich spitz zu enden; sie er- hält dadurch meist eine lanzettartige Gestalt (vgl. Fig. 41). Da- durch aber, dass der äussere Umriss diese Contourirung nicht eben- falls mitmacht, sondern mehr oval gerundet bleibt, ergeben sich ver- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 375 schiedenartige und instructive Bilder. Wenn die äussere Oberfläche der leichten Einkerbung folgt, so entsteht dadurch eine vorn spitze, hinten stumpfe Larve wie Fig. 41. Bleibt aber der äussere Umriss der Larve mehr oval, so kommt ein scheinbarer Zwischenraum zwischen der äussern Cylinderepithelschicht und der innern Masse zu Stande (Fig. 46). Dies sind wohl die Bilder, die Ganry zur Annahme einer Leibeshöhle verleitet haben. Bei der Conservirung tritt an solchen Larven die Lanzettform wieder sehr gut hervor (vgl. Fig. 47). Auf jeden Fall kommt die innere Masse hier am Vorderpol der Oberfläche sehr nahe, so dass es bei schwacher Vergrösserung beinahe aussieht, als sei sie durchgebrochen und als fehlten hier die Geisselzellen (Fig. 41). Bei starker Vergrösserung (Fig. 49) erkennt man jedoch, dass dieselben auch hier als epitheliale Decke vorhanden sind, dass aber allerdings der Protoplasmasaum viel schmäler ist und keine solche Schraffirung zeigt. Die Begrenzung ist vielmehr undeutlich, und es scheint, als ob hier eine Bewegung der Elemente in beständiger Hebung und Senkung stattfinde, so dass man immer mehrere Con- touren sieht und den Eindruck gewinnt, als ständen die sonst parallel geordneten Geisselzellen hier etwas wirr durcheinander. Geisseln sind ebenfalls vorhanden, aber hier am apicalen Pol nicht anliegend, son- dern wie bei einem Haarscheitel auseinandergetheilt (Fig. 49). Am Hinterende stehen keine Wimpern; dass da aber wenigstens bei ge- sunden Larven kein regelloser Durchtritt der innern Masse stattfindet, erkennt man schon daran, dass die Grenzlinien nach aussen, wie auch bei Esperia und andern Beispielen betont wurde, eine sehr scharfe ist, so dass ein Epithel angenommen werden muss. Welcher Art dasselbe aber ist, lässt sich im Leben hier nicht erkennen. Feine Schnitte durch die Larve zeigen, dass ihre Elemente die- selben sind wie bei den Larven der andern Gruppe (s. 0.) und dass nur geringfügige Modificationen, verursacht durch den Pigmentfleck und die starken Geisseln am Hinterende, bestehen. Im Wesentlichen ist die Larve gleich der von Esperia etc. gebaut und setzt sich aus zwei Hauptgewebsschichten zusammen, 1) der innern Masse, der Bindesubstanz mit verschiedenen Zellarten, von denen eine Anzahl den hintern Pol bilden, und 2) einem dichten, geschlossenen Geisselepithel, das die Oberfläche der Larve mit Aus- nahme dieses hintern Pols ausmacht. Man kann schon von lebenden Larven, besser jedoch nach Härtung, Färbung und Einschluss in Glycerin die einzelnen Zellen des Geisselepithels isoliren und sieht als- dann, wie ausserordentlich dünn dieselben sind ; so schlank, dass sie selbst 376 OTTO MAAS, bei stärkster Vergrösserung nur wie ein Faden erscheinen und der Kern den dreifachen Durchmesser wie die Zelle hat (Taf. 22, Fig. 50). An Präparaten, die das Epithel in mehr oder weniger lockerm Zu- sammenhang bis zur völligen Isolation zeigen, gewahrt man, dass die Schraffirung um so dichter ist, je mehr Kerne da sind, und kann deutlich erkennen, wie die scheinbar vielkernige Anordnung entsteht (Fig. 50 a). An ihrem peripheren Theil, da wo sie die Geissel trägt, ist jede Zelle etwas stärker und quer abgestutzt; dadurch kommt ein Zusammenschluss, die scharfe Contourirung der Larve nach aussen zu Stande. Die Geisseln, auch die gewöhnlichen, sind ziemlich stark und so lang etwa wie die Zellen, die sie tragen (also grösser als bei Esperia). Ganz besonders lang sind aber eine Reihe von Geisseln, die am Hinterpol einen Ring bilden und von etwas breitern, aber auch höhern Zellen getragen werden; auch deren Kerne sind deutlich grösser als die der übrigen kleinkernigen Elemente, verhalten sich aber in Bezug auf Tingirbarkeit, Reichthum an Chromatin ebenso wie diese. Die innere Masse setzt sich zusammen aus einer kaum färbbaren Bindesubstanz von schwacher Consistenz. und schneller Gerinnbarkeit. In ihr sind die bekannten zwei verschiedenen Zellsorten zu unter- scheiden, die undifferenzirten (ma,) mit grobgranulirtem Plasma und Nucleolus im Kern, und die differenzirten (ma,) mit feinem Chromatin- gerüst im Kern. Es lassen sich aber, namentlich wenn man die Be- obachtung lebend zerzupften Materials heranzieht, noch Detailunter- schiede finden (Taf. 22, Fig. 51). Unter der ersten Kategorie (ma, ) sind solche, die in der Form stets rundlich bleiben, keine amöboiden Fortsätze ausstrecken und mit Dotter schwer beladen sind; ferner solche, die kaum Spuren von Dotter aufweisen, auf dem Objectträger weiterkriechen (am), was die andern wohl wegen des Dotters und ihres noch ursprünglichern blastomerenartigen Charakters nicht können. Ausserdem finden sich, jedoch seltener, ganz runde Zellen von sehr kleinen, aber gleichmässigen Körnchen dicht erfüllt, bei denen sich auch das Protoplasma auffallend stark tingirt. Zellen mit ganz klarem Protoplasma, aber ebenfalls mit Nucleolus im Kern, sind die Spicula- bildner von spindliger bis gestreckter Form (Fig. 51 spb). Unter den differenzirten Zellen (ma,) giebt es ebenfalls verschiedene Formen von solchen an, die sich durch ihre rundliche Gestalt den undifferen- zirten nähern (ma,), bis zu langgestreckten, ferner sternförmige und platte epithelartige (Fig. 51 ep). Von Spicula sind, trotzdem der erwachsene Schwamm auch Fleisch- nadeln enthält, in der Larve nur Makrosklera, und zwar in der Form Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 371 von Stabnadeln vorhanden. Diese haben, wie alle Elemente der innern Masse, ihre bestimmte, aber nicht ganz leicht erkennbare Anordnung; sie liegen besonders in der hintern Hälfte (Taf. 23, Fig. 71), jedoch nicht in einem gewaltigen Bündel, wie bei Esperia, sondern kleine Einzelbündel bildend, die zu einander in schiefen Winkeln stehen. Nach vorn zu setzen einzelne Nadeln dieses Verhältniss fort, aber nur am Rand, die Mitte der vordern Hälfte bleibt von Nadeln frei. Dadurch kommt eine bestimmte, gerüstartige Anordnung in der Larve zu Stande. Im vordern Theil der Larvenaxe fehlen nicht nur die Spicula, sondern sind auch Zellen sehr spärlich (vgl. o. S. 369). In der hintern Hälfte liegen die undifferenzirten Zellen ziemlich dicht gedrängt in der Axe, mehr nach der Peripherie zu die differenzirten. Am Pol bilden die letztern ein deutliches Epithel von kegel- oder keilförmigen Elementen. Die ganze Larve hat also eine epitheliale Bedeckung; dieselbe ist allerdings verschiedener Art und Herkunft, indem sie vorn und seitlich aus Geisselzellen besteht, hinten aus differenzirten Zellen der innern Masse. Aber es verdient Betonung, dass die Abgrenzung hier nicht so leicht zu ziehen ist wie bei Desmacidoniden, wo die Kerne der Geisselzellenschicht plötzlich und scharf endigen; denn hier folgen grade an der Grenze diejenigen Geisselzellen, die die doppelt so grossen Geisseln tragen. Deren Kerne sind ebenfalls grösser, nähern sich dadurch den differenzirten Zellen (ma,) am Hinterende, und der Irrthum, dass alles zusammen ein einziges Epithel sei und die hintern Zellen nur flacher als die andern, wäre hier wenigstens entschuldbar. Die Unterscheidung wird um so mehr verwischt, als sich auch das braun-gelbe Pigment nicht an eine Zellenschicht gebunden zeigt, sondern in beiden vorhanden ist (Taf. 23, Fig. 68). Die Hauptmasse gehört allerdings der innern Schicht an, namentlich an den Seiten, wo der Durchschnitt des Pigmentringes getroffen ist; aber auch die grossen und sogar die kleinen Geisselzellen enthalten besonders in ihrem peri- pheren Theil diesen, aus äusserst feinen Körnchen bestehenden Farb- stoff. Es erhellt aus diesem Schnitt, wie dadurch der optische Ein- druck hervorgerufen wird, den das Aufsichtsbild bietet. Dieser Pigmentring ist das schönste Leitzeichen für die Be- obachtung des Ansetzens, das sehr bald — in sämmtlichen von mir verzeichneten Fällen am ersten Tage — erfolgt. Man erkennt, dass der vordere Pol zum Festheften benutzt und der hintere Pol mit dem Pigmentring deutlich nach aufwärts gerichtet ist (Taf. 22, Fig. 42 x); der eine Theil der Larve flimmert noch, während auf der andern 378 OTTO MAAS, Seite bereits Pseudopodien ausstrahlen. Diese selbst stehen nament- lich im Beginn äusserst scharf ab, ganz radiär und sind sehr lang und spitz, was diesem Uebergangsstadium ein sehr charakteristisches Aus- sehen verleiht. Schon in der ersten Viertelstunde flacht sich die Larve zusehends ab (Fig. 43) unter deutlichen Wellenbewegungen ihrer runden Partien. Der Pigmentring ist noch zu sehen, aber doch etwas ver- wischt; die Pseudopodien sind auf diesem Stadium nach allen Rich- tungen ausgestreckt, breiter und lassen mitunter die Kerne der zu- gehôrigen Zellen erkennen. Wo sie aber an der noch scharf umrissenen Larvenpartie zuerst auftreten (Fig. 43 links u. 42 rechts), sind sie stets lang spitz und radiär abstehend. Die Erklärung für diesen verschie- denen Habitus der Pseudopodien finde ich darin, dass sie verschie- denen Ursprungs sind. Die langen steifen Pseudopodien sind nämlich den Geisselzellen zugehörig und sind weiter nichts als sich umformende Geisseln, wie denn die Geisseln sowohl als der ganze langgestreckte Zelleib während der Metamorphose sich um den Kern contrahirt und dadurch von der Oberfläche zuriickzieht. Die breiten und lebhaft spielenden Pseudopodien dagegen gehören sicher zu den differenzirten Zellen der innern Masse (ma, ep), die sich auf diesem Stadium über die Geisselzellen herüberschieben. Es erhellt hieraus, wie schwer es ist, nur nach Beobachtung dieser Randpartie im Leben den Ver- änderungen zu folgen, man kann dabei leicht die eine Zellsorte mit der andern verwechseln und die darüber geschobenen Zellen (ma,) für abgeflachte Geisselzellen halten, um so mehr, als die Nachbarschaft oft noch wirklich aus flimmernden Geisselzellen besteht. Wo solche Wellenlinien auftreten, ist stets eine Uebergangszone, in- dem sich daselbst plattes Epithel aus Zellen der vorher innern Masse in der Richtung vom Pigmentpol her über die sich contrahirenden Geisselzellen zieht. Man bekommt dann bei günstigen Stellen mit scharfer Einstellung Bilder, wie ich sie bereits von Esperia gezeichnet und gedeutet habe, (43, fig. 10 und 11) und auch oben bei Azwinella erwähnen Konnte. Mitunter scheint es, als ob die weit auseinander- gerückten, noch theilweise sichtbaren Geisseln zu dem flachen Epithel gehörten; in Wirklichkeit stehen dann diese Geisseln in einer andern Ebene, wo Epithelzellen noch nicht die Decke bilden. (Vgl. dazu Taf. 22, Fig. 53, und Erklärung.) Nach etwa einer halben Stunde ist die völlige Abflachung erreicht, das Pigment mehr oder weniger zerstreut und der ganze Rand amö- boid (Taf. 22, Fig. 44). Wo es gelingt, die Peripherie scharf einzu- stellen, sieht man dieselbe nunmehr aus dem definitiven platten Epi- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 379 thel gebildet. — Dass die Vorgänge der Verschiebung der beiden Keimlager in bekannter Weise stattgefunden haben, zeigen Schnitte auf diesem Stadium, deren Beschreibung jedoch nur eine Wieder- holung des von Esperia Bekannten sein würde. Die Kerne der Geissel- zellen sind an Kleinheit und Tingirbarkeit so sehr von den andern verschieden, dass sie auch dann noch erkannt werden, wenn sich der zu- gehörige Zelleib nicht mehr lang gestreckt zeigt, und die definitiven Epithelzellen erweisen sich ebenso unverkennbar als differenzirte Zellen (ma,) der früher innern Masse; dies wird schon am lebenden Object durch die Grösse der Kerne der Pseudopodienzellen ersichtlich (Fig. 43). Nachdem so der erste Hauptabschnitt der Metamorphose geschehen ist und die geisseltragenden Zellen nach innen gerückt sind, tritt eine äusserliche Ruhepause von ein bis zwei Tagen ein. Der Schwamm ist auf diesem Stadium wenig durchsichtig, ziemlich flach, die Rand- partie in steter amöboider Bewegung; sonst aber sind Veränderungen nicht vorgekommen. Im Innern finden sich zu dieser Zeit die amö- boiden Zellen der Larve mit ihren charakteristischen Einlagerungen sehr häufig. Letztere färben sich nach Osmium-Behandlung nicht mehr mit Carmin, während der Kern der ehemaligen Geisselzellen dasselbe sehr begierig aufnimmt. Das Protoplasma der Zellen (am) selbst nimmt besonders durch Paracarmin eine distincte Färbung an; ihre Einlagerungen bleiben aber grau-schwarz und von den frei umher liegenden kleinen Kernen, die nur in Grösse mit ihnen übereinstimmen, scharf unterscheidbar. Dieses äusserliche Ruhestadium entspricht einer innerlichen gegenseitigen Durchwachsung der verschiedenen Schichten (Taf. 23, Fig. 69), deren Elemente sich ja zu dem haupt- sächlichsten Organsystem, dem Wassercanalsystem, zusammenfinden müssen. Dessen Anfänge zeigen sich zuerst am zweiten Tage als Lacunen, d. h. hellere Lücken in grauem Gewebe, das dadurch weniger opak wird. Aber diese Durchsichtigkeit ist nicht, wie z. B. bei Esperia, mit zunehmender Entwicklung der Canäle und Kammern eine fort- schreitende, sondern hört bald auf; der Schwamm beginnt nämlich auf diesem Stadium massiger zu werden und seine definitive Form anzunehmen. Dieselbe ist nicht wie bei Esperia ein ansteigender Kegel, sondern ein compacter, öfters verzweigter Cylinder. Der Rand zieht sich mehr und mehr zusammen, bis aus dem flachen Uebergangssta- dium (Taf. 22, Fig. 44 und 69) eine drehrunde Form geworden ist (Taf. 22, Fig. 45, und Taf. 23, Fig. 70), welche natürlich undurch- sichtig erscheint, trotz der Lacunen und Kammern (Taf. 22, Fig. 45); Zool. Jahrb. Vii. Abth. f. Morph. 25 380 OTTO MAAS, denn der Durchmesser ist gross genug, um sie trotz der Lücken des Gewebes vollkommen opak zu machen. Das abgebildete Stück (Fig. 45) hatte eine Desmacidon-Larve umwachsen, die im gleichen Bassin gehalten worden war, und dadurch zeigte sich sehr charak- teristisch der Unterschied zwischen beiden Species. Die Zeichnung ist nach dem Leben gefertigt; ich habe aber von den betreffenden Exemplaren ein Dauerpräparat angefertigt, um jederzeit die grosse Formverschiedenheit bei gleicher Entwicklungsphase vorweisen zu können. Schnitte durch solche dicke, undurchsichtige Cylinder von Gellius zeigen, dass schon Kammern und Canäle vorhanden sind (Taf. 23, Fig. 70). Deren Entstehungsweise ist genau dieselbe, wie es bei Axinella ausführlich geschildert wurde; ein Unterschied besteht nur in so weit, als hier keine Subdermalräume gebildet werden und die Zeitfolge im Auftreten der verschiedenen Theile des Canalsystems eine andere ist als bei Axinella. Am frühesten erscheinen hier die ausführenden Lacunen als Lücken in der kleinkernigen Zellmasse, die sich sehr bald mit diffe- renzirten Elementen (ma,, ep) auszutapeziren beginnen. Die ehemaligen Geisselzellen haben Anfangs wirr zusammengelegen, jetzt beginnen sie sich mehr in kleinere Gruppen zu ordnen. [Solche Gruppen sind aber nicht mit amöboiden, Einlagerungen tragenden Zellen zu ver- wechseln ; denn letztere färben sich, wie oben erwähnt, auf ganz be- sondere Weise.]| Auf diesem Stadium sind also schon einzelne wirkliche Kammern aus den kleinkernigen Elementen geformt (Fig. 70 k), theils liegen die entsprechenden Zellen (a) noch regellos im Gewebe. Die ausge- bildeten Kammern gruppiren sich um die grossen, bereits gebildeten Aus- fuhrcanäle (ex) herum. Das Osculum selbst ist bei diesem Schwamm nicht central, sondern seitlich, an einer nicht weiter hervorragenden Stelle gelegen (Fig. 70 Cl und O). Die einführenden Canale gehen in radiärer Richtung durch die Rinde direct in das tiefer gelegene Parenchym des Choanosoms, ohne sich vorher zu Subdermalräumen zu verbreiten (Fig. 70, in). Hierdurch kommt ein ziemlich durchgrei- fender Unterschied gegenüber dem Habitus des Schnittbildes von Azxinella zu Stande (vgl. Fig. 70 mit Taf. 20, Fig. 23 und 24). Auch sonst ergeben sich durch die abweichende Configuration des Baues von Gellius einige Modificationen, die jedoch von untergeordneter Be- deutung sind. Weil Gellius keine Nadelzüge bildet, sondern seine Spicula, nur an den Enden zusammengeklebt, in Maschen zusammen- haften, so sieht man auch auf diesem Stadium (Fig. 70) die Nadeln Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 381 im Gewebe zerstreut liegen und keine Ansammlungen verursachen ; nur hie und da stossen einige im Winkel der künftigen Masche zu- sammen. Durch die Abwesenheit von Spiculaziigen werden auch keine zackigen Hervortreibungen der Peripherie gebildet, sondern diese hat einen einheitlichen, abgerundeten Contour, wie es der cylindrischen Figur des jungen Schwämmchens entspricht. Solche kleinen Cylinder wachsen niemals in radiärer Richtung durch Ausbreitung der Randmembran, sondern stets unter Beibehaltung ihrer eigenthümlichen Form. Ich habe durch sorgfältige Züchtung nach Ablauf der ersten Woche solche drehrunde Schwämme von meh- reren mm Länge und 1 mm Durchmesser erzielt. 3a. Vergleich mit frühern und eigenen Beobachtungen aus der gleichen Gruppe. Die hier geschilderte Metamorphose von Gellius, einem Vertreter der Heterorhaphiden, stimmt vollständig mit den an Desmacidoniden etc. gewonnenen Resultaten überein. Anders aber verhält es sich, namentlich was das Schicksal der Geisselzellen der Larve anbetrifft, mit den Vor- gängern, ausser DELAGE, von denen die einen die Geisselzellen ver- schwinden, die andern in das „Ectoderm“ des Schwammes über- gehen lassen. Bei der Verschiedenartigkeit in den Ansichten der Vorgänger ist die Beweisführung gegen sie leichter, als wenn alle für eine Art der Verwendung der Larvenelemente einstünden. Ausserdem finden sich in den betreffenden Darstellungen sowohl Lücken wie ferner Beobachtungen. die sich auf das von uns Geschilderte ohne Zwang umdeuten lassen, die die damaligen Autoren aber nicht richtig auslegen konnten, zumal wenn sie nur an einer Species arbeiteten. Merscunikorr hat (48, p. 10) gelegentlich einer Arbeit über Kalk- schwämme die Kieselschwämme nur in einer Anmerkung erwähnt. Es geht daraus hervor, dass er das Geisselepithel der Larven verschwinden sah, ohne dass er angeben konnte, ob es abgeworfen war oder was sonst aus demselben wurde. O. Scaminr hat von hierher gehörigen Larven Amorphina und Reniera untersucht und sagt von ersterer (59, p. 135): „Die Cilien werden zurückgezogen, schwinden, nicht aber die Zellenlage, zu der sie gehören.“ Er hat weder auf Schnitten noch durch directe Beobachtung das Schicksal dieser Zellen bei der Metamorphose beobachten können, und ohne Uebergang bringt er gleich ein viel späteres Stadium nach dem Ansetzen mit einer „protoplasmatischen Aussenschicht, ein Syn- cytium, das nur aus Verschmelzung jener Exodermzellen hervorgegangen sein kann“ (l. c. p. 136). Eine solche Verschmelzung ist aber blosse Vermuthung, und gewiss hat dabei die damals herrschende Vor- 25* 382 OTTO MAAS, stellung vom Schwammorganismus als einem Syncytium mitgespielt. In Wirklichkeit ist diese „protoplasmatische Aussenschicht“ wohl die vorher innere Masse der Larve, wie auch daraus hervorgeht, „dass in sie ein grosser Theil der Nadeln dislocirt ist“. Es entspricht dies genau meinem Stadium Fig. 20, Taf. 20. Auch von Reniera bespricht O.Scuamipr ohne Uebergang ein sehr spätes Stadium; „der junge Schwamm besteht aussen aus dem Syncytium, in welches wie bei Amorphina die Nadeln zum Theil eingedrungen sind, und welches die veränderlichen Poren zeigt. Im Innern liegen Körner, Zellen und isolirte Wimperkörbe“. Es ergiebt sich ohne Zwang, dass wir hierin die bekannten zwei Schichten im Stadium der Durchwachsung vor uns haben. Die äussere Schicht mit Nadeln, den Hauptporen etc., das ,Syncytium“ ist wieder die früher innere Masse der Larve, und die Wimperkörbe, Körner etc. die jetzt im Innern liegen, sind, wie ich gezeigt habe, aus den Geissel- zellen der Larve hervorgegangen. Die Körner sind wahrscheinlich noch nicht zu Kammern gruppirte kleinkernige Zellen. Später „erscheint auch eine Leibeshöhle“ und ein Osculum. 0. Scumipr hat also eine Anzahl von Veränderungen richtig gesehen, ohne sie jedoch in Zusammen- hang bringen und deuten zu können. Auch Barroıs (2) bringt, wenn er sich auch gerade bei dieser Gruppe mehr mit der Furchung befasst hat, eine Reihe schöner Beob- achtungen namentlich biologischer Art, betreffs der Kürze der normalen Metamorphose, des Pols des Ansetzens etc. Auch seine Bemerkungen über den sog. Durchbruch der innern Schicht sind von Interesse. Die Kammern entstehen nach ihm gesondert und treten erst nachträglich mit einander in Verbindung. Seine Homologien aber und Folgerungen, die er aus den angesetzten Stadien abstrahirt, gehen von falschen Voraus- setzungen bezüglich der Verwendung der Keimlager der Larve aus und sind deshalb nicht zu verwenden. Eine wesentliche Bereicherung der Kenntniss der Silicospongien- Entwicklung geschah durch Krıuer’s Arbeit über Chalinula (28, p. 329 ff). [Die Darstellung der Furchung wird unten noch besprochen werden.| Die freischwärmende Larve ist der von Gellius hier beschriebenen ziemlich ähnlich, hat einen pigmentirten hintern Pol und ein geissel- tragendes ,,Ectoderm“. Wie aber aus Kerzer’s Abbildung hervorgeht, hat er dessen Zusammensetzung aus den einzelnen Zellen gar nicht erkannt; er bildet nämlich sehr grosse und breite Cylinderzellen ab, während ich nach genauen Schnitten an Chalinula versichern kann, dass das Geisselepithel auch hier sehr schmalzellig und kleinkernig ist und die Kerne dadurch nicht, wie KELLER zeichnet, einschichtig, sondern vielschichtig liegen. Es ist daher auch nicht zu verwundern, dass er nach der Metamorphose diese Zellen nicht wieder gefunden hat, sondern das amöboide Ectoderm des jungen Schwämmchens aus den Geisselzellen ableitet, während es doch in Wirklichkeit aus viel grössern Zellen mit viel grössern Kernen besteht. Die Vertheilung der Spicula, die in den peripheren Partien der Larve zerstreut, nur gegen den hintern Pol zu angehäuft liegen, ist von KezLer treffend beschrieben. Das Ausschwärmen soll durch die Dermalostien erfolgen ; ich habe mich Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 383 aber gerade an Chalinula fertilis durch stundenlanges geduldiges Davor- sitzen überzeugt, dass auch hier wie überall die Larven Stück für Stück aus dem Osculum emporschnellen. Die Einbuchtung an der Larve, über die KeLzer sich so ausführlich auslässt (28, p. 337) ist ohne jede morphologische Bedeutung; sie kommt bei allen Schwammlarven, zumal wenn sie einmal angestossen hatten, leicht vor. Auch sind seine ganzen Zuchtmethoden nicht einwands- frei. Die Larven haben Tage gebraucht, bis sie sich angesetzt haben, sind nachher offenbar auf einen beliebigen Punkt ihrer Oberfläche zu liegen gekommen (dadurch erklärt sich das Umlegen auf die Seite, das Kewtier als morphologisch wichtig auffasst) und haben nachher versucht, ihre Metamorphose durchzumachen. Die eigentliche Metamorphose hat Keuter nicht verfolgen können, sondern bringt gleich späte Stadien. Der junge Schwamm ist gebildet (p. 339) „von einer oberflächlichen Lage flacher contractiler Epithel- zellen, darunter ein Mesoderm mit Kieselnadeln und im Innern nadel- freie Zellen, Entoderm“. Die erste Schicht soll vom Geisselectoderm, die beiden andern von der innern Masse der Larve sich herschreiben. Diese Beschreibung an und für sich ist sehr richtig, dagegen die Be- ziehung zu den Blättern der Larve falsch gedeutet. Es kann laut Kerrer’s eigenen Worten, besonders aber, wenn wir noch seine Abbil- dung (fig. 24 u. 25) heranziehen, kein Zweifel sein, dass wir es hier ebenfalls mit Stadien nach Umkehr der Larvenschichten (ent- sprechend unsern Figg. 20 und 21) zu thun haben, und dass die äussere epitheliale Schicht plus dem ,,Mesoderm“ aus der vorher innern Masse der Larve, die innere Schicht nadelfreier Zellen dagegen aus dem Geissel- epithel herstammt. Dass sich späterhin in dieser innern Masse „ein centrales Magenrohr ausbildet“, hat KELLER richtig beobachtet; ebenso dass sich einzelne Gruppen von „Entoderm“-Zellen isolirt formiren und dann um das Magenrohr herum ordnen. Der Kerurr’schen Darstellung gegenüber bedeutet die Arbeit MarsHarr’s über Reniera (46) kaum einen Fortschritt, denn es lassen sich aus ihr, auch abgesehen von der verfehlten Deutung der Metamorphose, auch viele bloss beschreibende Einzelheiten nicht be- stätigen. Die innere Masse der Larve soll z. B. keine distincten Zellen enthalten! Man braucht aber nur eine Larve unter dem Deck- glas zu zerdrücken, und kann sich, ohne Anwendung von Reagentien, vom Gegentheil überzeugen. Auch kann ich nicht finden, dass das Schwimmen mit dem pigmentirten Pol nach vorn geschehen soll. Dies kommt wohl ausnahmsweise vor; da aber der Pigmentfleck, wie Mar- SHALL selbst ausführt, der lichtscheuen Larve als eine Art primitives Sinnesorgan dient, so wird er dem Lichte zugekehrt sein, von dem die Bewegung abführt (vgl. DecaGe 10, p. 461). Marsuanr’s Larven wurden von ausgeschnittenen Schwammstücken gewonnen, dann gelangen viele nicht ganz reife Individuen zur Freiheit, und alle möglichen Abnormitäten kommen vor, wie er einige selbst gesehen hat (46, p. 226). — Auch der mehrfach erwähnte Durchbruch des Cönoblastems ist pathologisch ; dies zeigen MarsHALr’s eigene Figuren von Larven (fig. 3 u. 4). Richtig ist aber, dass das Ansetzen mit dem, dem Pigment entgegengesetzten 384 OTTO MAAS, Pol erfolgt, so dass man den farbigen Fleck noch eine Zeit lang nach- her beobachten kann. Wie sich Marsnazz die Bekleidung des zu- künftigen Schwammes vorstellt, da das Exoderm zu einer „undeutlichen Schicht“ wird, ist nicht ganz ersichtlich. Die innere Masse lässt nach dem Ansetzen einen Hohlraum erkennen, der von Epithel ausgekleidet sein soll, und „hat sich dadurch in Mesoderm und Entoderm zerlegt“. Alle spätern Abbildungen sind rein schematisch und darauf gerichtet, durch Darstellung von Divertikeln, die von diesem Hohlraum ausgehen, die Célenteraten-, ja Actinien-Natur der Spongien nachzuweisen. Solche Divertikel kommen aber absolut nicht vor, sondern die Geissel- kammern legen sich hier wie überall bei Cornacuspongien getrennt an. [MaArsmarnv's fig. 13 spricht für den jetzt erkannten Entwicklungs- gang. Ebenfalls zu den Larven mit Pigmentfleck gehören die meisten der reinen Hornschwämme, wie sie namentlich durch F. E. Scuunze be- schrieben wurden (68, 69, 70). Da dieselben aber einige Abweichungen bieten, so sollen sie in einem speciellen Anhangscapitel besprochen werden. Trotzdem also die frühern Beobachter die Verwendung der Larven- elemente nicht richtig deuten konnten, deshalb, weil eine Verfolgung der Metamorphose mit den damaligen Hülfsmitteln schwer möglich war, zeigen sie in vielen Punkten einen Hinweis auf die von Drnacr und mir geschilderten Vorgänge, und manche ihrer Bilder lassen sich auf die unsrigen beziehen. Es besteht für die Verwendung der Keimlager kein Unterschied zwischen der Gruppe der Homorhaphiden und der andern Larven- gruppe; DerAGE hat deswegen die Metamorphose von Reniera nur gestreift. Bemerkenswerth ist aber, dass er in den Larven dieses Schwammes wenigstens Zellen mit eigenthümlichen Einlagerungen findet, die er für Dotterkörner hält, die er aber von gefressenen Kernen, wie sie später vorkommen sollen, unterschieden wissen will (10, p. 450). Ich habe nach dem Princip, stets eine ganze Anzahl verwandter Formen zu untersuchen, auch noch andere Vertreter dieser Gruppe mit pigmentirten Larven vorgenommen und verfüge über mannichfache Stadien von Pachychalina, Chalinula, zwei Species Reniera und andern. Alle diese zeigten mir genau dieselben Verhältnisse der Metamorphose wie Gellius, das Ansetzen mit dem Vorderpol, das Ueberwachsenwerden der Geisselzellen durch die platten Zellen der vorher innern und hin- tern Masse etc. Die Unterschiede waren nur von secundärer Art und mehr dazu geeignet, vorher etwas zweifelhafte Punkte, wie die Con- figuration der Pole, durch Vergleich völlig klar zu stellen. Taf. 22, Fig. 46 giebt die Larve von Reniera in optischem Schnitt zum Ver- gleich mit der von Gellius. Man sieht die eigenthümliche Form, die das innere Gewebe annimmt, während das äussere oval bleibt. Bei der Conservirung legt sich dann die äussere Epitheldecke ganz an die innere Masse an, und es entsteht dadurch eine Form wie Fig. 46a. Auch am hintern Pol, da wo die langen Wimpern sind, wird dann die schon im Leben sichtbare Einkerbung ausgesprochener und zu einer richtigen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 385 Einkrampfung. Dieser hintere Pol zeigt einzelne Verschiedenheiten, wie unter den Larven der vorherigen Gruppe, im Ganzen aber die gleiche Zusammensetzung aus Zellen der innern Masse. Dieselben liegen bei Gellius als cubische oder etwas gestreckte Elemente, wie sie Platz finden (Taf. 23, Fig. 68), bei Reniera bilden sie ein ganz richtiges Plattenepithel (Fig. 67). Bei andern Renieriden (DELAGE) zeigen sie sich im Durchschnitt conisch. Auch das Pigment hat eine verschiedene Vertheilung. Bei Gellius liegt es am ganzen hintern Pol, stärker noch seitlich als Ring, da wo die grossen Cilien liegen, angehäuft und er- streckt sich ziemlich reichlich auch noch auf die gewöhnlichen kleinkernigen Geisselzellen (Taf. 23, Fig. 68). Bei Reniera (Fig. 67) ist es fast nur auf die grossen Cilienzellen beschränkt; in den Epithelzellen des Hinterpols ist nur ein helleres und spärlicheres Pigment, in den klein- kernigen Geisselzellen gar keins zu sehen. Bei Chalinula (Fig. 66) besteht wieder ein anderes Verhältniss, indem da das Pigment in gleicher Stärke an allen Zellen des hintern Pols sitzt, ohne einen Ring zu bilden, während sich Hornschwämme in Bezug darauf mehr an Gellius anschliessen (Fig. 75). Der Kranz besonders kräftiger Wimpern ist, wenn auch verschieden stark entwickelt, ein Zeichen dieser Gruppe, während er den Larven der andern Gruppe fehlt; bald ist er, wie bei Gellius, ein Kranz viel längerer, aber nur wenig dickerer und doch sehr beweglicher Cilien, bald besteht er, wie bei manchen Renieren, aus sehr straffen, fast borsten- artigen Cilien. Bei Chalinula ist der Kranz nur angedeutet. Etwas verschieden habe ich auch die Pseudopodien gefunden; denn die Zellen, die diese bilden, sind verschieden gross und ihre Bewegung von verschiedenem Habitus. Bei Pachychalina sah ich sie extrem lang (Taf. 22, Fig. 54) und aus vielen Zellen zusammengesetzt, oft eine ganze Strecke weit über die Schwammperipherie herausragen; ich besitze Dauerpräparate, wo solche unter dem Deckglas Centimeter weit von einem Schwämmchen bis zum andern verfolgt werden können. Am vordern Pol kommt das innere Gewebe bei allen Larven dem Rande sehr nahe, und die Geisselzellen stehen daselbst nicht so regulär (vgl. Fig. 41, 49). Es erklären sich daraus wohl die Ansichten von Barroıs und MaArsmaru über das Durchbrechen durch das Ectoderm. Die eigentliche Umwachsung geht jedoch vom hintern Pol aus. Ueber das Schicksal von dessen Pigment bei der Metamorphose vermag ich nur anzugeben, dass es sich auflöst, also wohl ein Larvenorgan dar- stellt. Alle Larven sind sehr lichtscheu und fliehen, den Pigmentpol der Lichtquelle zugerichtet, so dass auch schon durch die Bewegungsart der vordere Pol zum Ansetzen bestimmt erscheint. Ulvablätter suchten sie als Siedelplatz nicht gern auf, wohl aber deren Schatten. Alle spätern Vorgänge, die Bildung der von einander unabhängig entstehenden Kammern, deren Anschluss an eine zuerst von kleinkernigen Zellen, dann von plattem Epithel ausgekleideten Höhle, die von vornherein bestehende Unterscheidung eines Choanosoms und eines Ectosoms, alles dies ist übereinstimmend wie bei Gellius und Axinella. Höchstens treten einige zeitliche Verschiebungen ein, indem bei den 386 OTTO MAAS, einen diese, bei den andern jene Hohlraumsysteme, je nach der spätern Entwicklung, sich auch in der Ontogenie früher zeigen, so z. B. tritt bei Reniera die Cloakenhéhle sehr früh auf, was vielleicht MarsHann den Anlass zur Schilderung seiner Entodermbildung gegeben hat (46, tab. 14, fig. e, f, g). 4. Die Entwicklung der Larve von Chalinula fertilis aus dem Ki. Die Veranlassung, gerade an Chalinula in dieser Gruppe die Vor- gange der Furchung und Differenzirung der Schichten vorzuführen, ist eine mehrfache. 1) erschien es einerseits nach den schénen Untersuchungen yon Kerrer (28), als sei hier eine Ungleichheit der Furchung schon durch verschiedene Pigmentirung der Blastomeren ausgesprochen; andrerseits erweckten auch manche Punkte der Krrrer’schen Darstellung, wie z. B. die Ungleichheit gleich nach der ersten Theilung, Bedenken. 2) sind im Verhältniss zur kleinen Larve von Chalinula die Zell- elemente ziemlich gross, auch die Geisselzellen, und die Larve wird da- durch übersichtlicher. 3) ist bei Chalinula fertilis der mütterliche Schwamm besser zu schneiden als sämmtliche andern mir bekannten Halichondrien, dadurch dass die Nadeln immer nur in dünnen Längszügen an einander gereiht und durch wenig Spongin verbunden sind. 4) liegen die Eier und Larven nicht im Parenchym zerstreut, son- dern in Nestern zusammen, manchmal in dicken Schichten in den untern Partien des Schwamms, so dass man auf einem einzigen Schnitt eine Menge zu gleicher Zeit treffen kann. So gedrängt dieselben aber auch liegen, niemals stösst Follikel direct auf Follikel, sondern stets ist dazwischen noch eine bindegewebige Masse, oft mit einem Zug Nadeln, zu erkennen, der sich dann zwischen den einzelnen Follikeln gitterantig ve dit) (Taf. 23, Fig. 57). Durch die gedrängte Lage werden die Blastonerent in den Follikeln fest zusammen- gepresst, so dass sie nicht rund wie bei Myxilla, sondern gegenseitig. abgeplattet sind. Es kommen dadurch auch gegenseitige kleine Ab- plattungen der ganzen Embryonen vor, die man sich aber, um Miss- deutungen vorzubeugen, stets als von rein mechanischen, nieht morpho- logischen Ursachen herrührend vorstellen muss. Es wäre allerdings für die Beobachtung sehr angenehm, wenn das „Entoderm“, wie es Krıuer darstellt, sich durch Pigmentirung gleich von vornherein vor den übrigen Blastodermzellen auszeichnete und da- durch die in Bezug auf Grösse so schwer nachweisbare Verschiedenheit der spätern Furchungszellen deutlicher würde, so dass die Zweischichtig- keit, die durch den Zusammenschluss zu einer Morula verwischt wird, scharf ‚hervortreten‘ könnte. Mit dieser Verschiedenheit der Pigmen- tirung steht es aber, wie ich gleich zu Anfang bemerken will, leider nicht so; , vielmehr ist dieselbe nur auf einen Theil des „Entoderms“, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 387 den Pol, beschränkt und tritt auch nicht so früh bei der Keimblatter- bildung auf, sondern erst bei der histologischen Differenzirung. Darauf, wie auf alle kleinen Abweichungen von der Keuurr’schen Darstellung, werde ich unten beim Vergleich zu kommen haben und schildere einst- weilen nur kurz meine eigenen Resultate. Das reife Ei hat nicht die Grösse der ausschärmenden Larve; die Hauptvolumenszunahme findet aber während der histologischen Differenzirung durch Ausbildung der Gallerte statt, nicht während der Furchung, und die nutritive Rolle, die die amöboiden Zellen der mitt- leren Masse ausüben, ist meiner Ansicht nach schon vor der Furchung so gut wie beendet. Nur einzelne Zellen dieser Art sind zu dieser Zeit am Rande des Follikels übrig geblieben (Taf. 23, Fig. 57 am), während zur Zeit der Bildung des Eies eine reichliche Menge solcher Elemente das Ei als allseitiger Mantel bekleidet. Diese Zellen werden zu den Dotterschollen verarbeitet, mit denen das reife Ei dicht erfüllt ist, so dass vom Protoplasma wenig sichtbar bleibt. Das Ei ist nackt, doch kann man zu gewissen Zeiten erkennen, dass die peri- pherste Protoplasmaschicht etwas dichter ist und sich stärker färbt, was vielleicht einer Pseudomembranbildung nach Eintritt eines Sper- matozoons entspricht. Richtungskérper und Befruchtung habe ich trotz vieler darauf gerichteter Bemühungen nicht beobachtet, kann auch nur sagen, dass die Kieselschwämme durch die Menge der sich gleichfalls tingirenden Dotterelemente dafür äusserst ungünstige Ob- jecte sind. Was ich mit Sicherheit gesehen habe, ist die auffallend periphere Lage des Keimbläschens; und da dieses oft nicht nur de- central, sondern direct am Rande liegt (Taf. 23, Fig. 57 n), ohne durch eine Zone von Proto- oder Deutoplasma von der Umgebung getrennt zu sein, so lässt sich wohl annehmen, dass dieses Verhalten kein zu- fälliges ist, sondern mit der Ausstossung der Richtungskörper in Zu- sammenhang steht. Die erste Furchung zerlegt das Ei in zwei gleiche Hälften; die Theilungsebene selbst ist nicht ganz gerade und regelmässig, aber die beiden Theilstücke sind, wie hervorzuheben ist, durchaus gleich, und nachdem man vorher das Ei als ein nicht rundes, sondern längliches Gebilde (Taf. 23, Fig. 58), mit Unterscheidung einer Längsqueraxe erkannt hat, so kann man sagen, die erste Furchung verläuft meri- dional. Ebenso die zweite; doch sind die daraus entstandenen Theil- stücke, wenn auch an Grösse so gut wie gleich, in der Anordnung nicht so ganz regelmässig und etwas gegen einander verschoben. Blickt man vom Pol aus auf ein solches Stadium (Fig. 59 «), so sieht 388 OTTO MAAS, man, dass sich nur zwei Zellen, diese aber mit einer ganzen Flache berühren, die beiden andern Zellen überhaupt nicht. An dem ent- gegengesetzten Pol findet das umgekehrte Verhältniss statt. Ich sehe darin das Anzeichen der in neuerer Zeit mehrfach erwähnten spiraligen Drehung, wie sie hervorgebracht wird durch die bei der Zusammendrängung der Follikel gebotene möglichste Ausnutzung des Raumes, also ein rein mechanisches, nicht morphologisches Verhält- niss. In der Mitte entsteht zwischen den vier Furchungsstücken ein kleiner Spalt (Taf. 23, Fig. 59 7), die erste Andeutung der Furchungs- höhle, die aber eigentlich nur virtuell bleibt. Von diesem viertheiligen Stadium ab wird die Furchung inäqual. Die nächste Ebene schneidet jedenfalls in äquatorialer Richtung die beiden vorangehenden [allerdings nicht gleichzeitig uud regulär, wie es bei anderen Thiergruppen bekannt ist]. Es bilden sich da- durch an einem Pol des Keims grössere Furchungszellen als am an- dern (Taf. 23, Fig. 60); auch die vorhin angedeutete spiralige Ver- schiebung ist auf diesem Stadium noch deutlich zu constatiren, ebenso die Furchungshöhle noch mit Sicherheit wahrzunehmen. Letztere bleibt aber nicht erhalten. Bei fortschreitender Thei- lung kommen Blastomeren und zwar die grössern ins Innere zu liegen; alle Theilstücke sind dicht gegen einander gepresst und platten sich gegenseitig ab, so dass der Raum möglichst ausgenutzt wird (Fig. 61). Es ist nicht ganz leicht, auf diesem Stadium die Ungleichheit der Furchung mit Sicherheit zu erkennen, da die Grössendifferenz der Blastomeren gering ist und bei der dichten Lagerung eine soge- nannte Morula vorgetäuscht wird. Namentlich kann man durch die Schnittrichtung eines einzelnen Schnittes irregeführt werden und, z. B. wenn derselbe quer durch die obere Hälfte geht, eine äquale Furchung irrthümlich annehmen. Bei Zuhülfenahme von Schnitten aller Rich- tungen überzeugt man sich jedoch vom inäqualen Typus. Immerhin besteht die Ungleichheit in einer nur geringen Grössendifferenz; an Färbung und Füllung mit Dotterelementen sind alle Zellen einst- weilen noch gleich. Einen Unterschied in der Kernstructur habe ich mich zu constatiren bemüht; doch ist auf diesem Stadium, wo die Dotterkörner leicht alle andern Dinge verdecken, ein solcher schwer zu sehen. In den grossen Zellen scheint der Kern deutlich zwischen der Masse der Dotterkugeln als bläschenförmige Lücke durch, erfüllt mit heller Flüssigkeit und tief tingirtem Nucleolus, während der Kern der kleinern Zellen meist überhaupt nicht zu erkennen ist. Derselbe ist nämlich kein helles Bläschen mit Nucleolus, sondern ein Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 389 reichliches Cromatin enthaltender Kern, der dann mit einfacher Carminfärbung sich von den Dotterkörnern nicht abhebt. Ausserdem sind häufig diese Zellen (mi) in Theilung begriffen und dann die Kernbestandtheile noch schwerer innerhalb der Dotterfüllung nach- weisbar. Bei fortschreitender Theilung machen sich zwischen den Theil- stücken auch Unterschiede am Zelleib geltend (Taf. 23, Fig. 62). Die äusern Zellen (Mikromeren) werden zugleich mit Abnahme ihres Umfangs ärmer an Dotterelementen. Die Makromeren enthalten noch viel Dottermaterial und sind dadurch bräunlicher; sie zeigen aber kein besonderes Pigment, vielmehr ist der ganze Keim von gelb- licher Farbe, die natürlich in den dotterreichern Zellen intensiver ist, einfach vermöge deren grösserer Masse, nicht aber durch Anhäufung eines speciellen Farbstoffes. Ein solcher tritt nämlich erst bei der histologischen Differen- zirung auf, wenn sich die innern Zellen ebenfalls weiter getheilt haben und Verschiedenheiten unter sich aufweisen. Auf diesem Stadium (Taf. 23, Fig. 63) bilden die äussern Zellen ein Lager hellerer Ele- mente, das die übrige. Masse mit Ausnahme des hintern Pols umgiebt; sie zeigen keinen Dotter mehr, und ihre Kerne sind structurirt. Eine Lagerung der einzelnen Zellen in Gruppen, die je von einer grössern Zelle abstammen könnten, wie bei Esperia (Taf. 21, Fig. 27), habe ich nicht beobachtet; vielmehr wird durch den dichten Zusammenhalt aller Theile des Embryos eine einfache Schicht hergestellt. Nach vorn zu sind diese Zellen noch weiter ausgebildet und nähern sich in ihrer Anordnung bereits dem Cylinderepithel (Fig. 63 a). In der innern Masse ist als erste und unzweifelhafte Andeutung der jetzt begin- nenden Differenzirung das Auftreten der Spieula zu erwähnen. Die selben bilden sich in der bekannten Weise innerhalb von Zellen; mit dem Wachsthum der Nadeln strecken sich auch die be- treffenden Zellen, bis sie denselben zuletzt nur noch lose anliegen. Das Erscheinen vieler Spicula muss gleichzeitig und schnell vor sich gehen, denn man findet mitunter auf erstaunlich frühen Stadien der Entwicklung schon sehr grosse Nadeln. Ferner zeigt sich auf diesem Stadium die Intercellullarsubstanz und zwar dadurch, dass die Zellen, die früher an einander lagen, etwas auseinanderweichen und eine schwach tingirbare gerinnende Masse zwischen sich zeigen; dadurch wird der Gesammtumfang der Larve grösser. — Zum ersten Mal ist jetzt auch das Pigment des später hintern Pols zu sehen (Pi); dasselbe kommt jedoch nicht allen Zellen der innern Masse zu, sondern ist 390 OTTO MAAS, von Anfang an auf die des hintern Pols beschränkt; es ist einstweilen nur schwach entwickelt und scheint in Körnchen suspendirt zu sein, welche nicht unähnlich kleinen Dotterkörnern aussehen, jedenfalls von anderer Natur als der in den Geisselzellen der andern Gruppe vor- kommende Farbstoff sind. Hervorhebung verdient, dass das Pigment erst dann deutlich auf- tritt, wenn ein gewisser Grad von histologischer Differenzirung erreicht ist, und namentlich auch am entgegengesetzten Pol die zukünftigen Geisselzellen sich bereits eylindrisch und epithelial geordnet zeigen. Die Zellen der innern Masse sind im Uebri- gen noch gleichartig, zwar kleiner als die Blastomeren, aber in der Structur noch denselben verwandt, alle mit etwas Dottermaterial und den bekannten Kernen. Auf einem weiter vorgeschrittenen Stadium (Fig. 64) beginnen sich auch unter diesen Zellen Unterschiede zu zeigen, indem ein Theil nach vermehrter Theilung zu differenzirten Elementen (ma,) wird, theils mit langgestrecktem, theils mit sternförmigem Protoplasmakörper. Deren Kern ist meist oval mit sehr feinem Chromatingerüst. Die übrigen Elemente sind noch vom Charakter wie früher (ma,); die Spicula sind reichlicher geworden, liegen stets der Peripherie nahe und am hintern Ende etwas gedrängter (Fig. 64 pi). Die Gallert- substanz ist ziemlich entwickelt, namentlich in der vordern Hälfte der innern Masse, wo auch die meisten der differenzirten Elemente liegen. Das äussere Epithel hat am Vorderpol bereits den Charakter wie in der Larve, hier stehen sehr gestreckte cylindrische Zellen, an denen bereits Geisseln zu erkennen sind; an den Seiten ist dieses Epithel noch aus unregelmässigeren Zellen zusammengesetzt. Die Entwicklung von diesem Stadium an bis zur freien Larve be- steht zunächst darin, dass das äussere Zellenlager (a) sich an der ganzen Peripherie zum Geisselepithel umbildet. Festzuhalten ist aber, dass hier die Zellen nicht so extrem gestreckt sind wie bei andern Cornacuspongienlarven; dadurch kommt keine so vielseitige Kern- masse zu Stande, sondern die Nuclei erscheinen zu zwei, höchstens zu drei auf dünnen Schnitten hinter einander geschoben. Die Nadeln im Innern nehmen die erwähnte Stellung (s. 0. S. 342) sehr deutlich ein und bilden dadurch ein ähnliches Gerüst wie in der Gellius-Larve (Fig. 71). Die indifferenten Zellen haben sich an Zahl sehr vermindert, so dass nur eine beschränkte Anzahl von ihnen in den Schwamm mit hinübergenommen wird; die meisten Zellen der innern Masse Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 391 sind Elemente ohne Dotter (ma,). Das Pigment, in kleine, rundlichen Zellen des Hinterendes, bildet, von der Fläche gesehen, keinen Ring, sondern einen einfachen Kreis, ohne dass eine Zone von besonderer Intensität ausgebildet ist. Die Gallerte vermehrt sich stärker, und die ganze Larve streckt sich, bis eine richtige, nach vorn spitzere, nach hinten abgestumpftere Eiform erreicht ist. Wahrscheinlich dieser Streckung ist der Ausschlüpfungsact, d. h. das Bersten des Follikels, zu danken; die Larven gelangen ins Canal- system und schwärmen durch die röhrenförmigen Oscula aus. Da die Larven dichtgedrängt in grossen Mengen im Schwamm bei einander liegen, so ist der Untergang des betreffenden Gewebsstücks, das aus nichts als Larven und Follikeln bestand, sicher und eine weit- gehende Schädigung des mütterlichen Schwammes zu erwarten ; doch führt dies nicht zum Untergang desselben. Auch ist die Massen- anhäufung der Larven nicht überall die Regel, und bei andern Schwamm- arten, wo wie bei Esperia die Larven ganz zerstreut im mütterlichen Gewebe sitzen, wird der Geburtsact die mütterlichen Schwämme wenig afficiren. Ueber die Metamorphose, die ganz gleich der von Gellius ete. verlauft, vergl. oben. 4a. Vergleich mit andern Beobachtungen aus derselben Gruppe. Von frühern Beobachtern der Furchung der Halichondrida ist be- sonders KErrer’s zu gedenken (28, p. 321), der sich des nämlichen Ob- jects bedient hat und dem das Verdienst zukommt, trotz der Sewierig- keiten die Ungleichheit der Furchung erkannt zu haben. Einige Abweichungen seiner Darstellung von der meinen sind bereits oben be- rührt, dagegen kann ich in den Grundzügen seine Beobachtungen nur bestätigen, und wo dies, wie z. B. bezüglich der ersten Theilung, be- züglich des Pigments und anderer Punkte nicht der Fall ist, ist mehr die Verschiedenheit der Untersuchungsmethoden daran Schuld. Ich muss daran festhalten, dass auch bei Chalinula die erste Furchung das Ei in zwei gleiche Hälften theilt, dass die zweite ebenfalls noch gleiche Theilstücke hervorbringt und dass erst dann die Inäqualität eintritt, wie ich es bei Myzilla ausführlich geschildert habe und wie es auch dem Verhalten anderer Schwämme entspricht. Wenn KELLER die erste Furchung bereits inäqual erscheinen lässt, so ist daran wohl Schuld (28, p. 333), dass bei seiner Methode starke Schrumpfungen unvermeid- lich sind. Auch seine Bilder 9 und 10, wo die Embryonen ganz weit von der Follikelwandung zurückgezogen sind, weisen auf solche Schrumpfungen hin. Zudem hat er herausgeschälte Furchungsstadien und in toto untersucht, und wie leicht da Irrthümer unterlaufen, ist be- 399 OTTO MAAS, greiflich. Meine Resultate sind an Schnitten und durch deren Zu- sammensetzung gewonnen, von Exemplaren, die auf verschiedene Weise gehartet waren und ungeschrumpft der Follikelwand dicht anlagen. Auch ein anderer Punkt der Kerrer’schen Darstellung kann nicht bestätigt werden, nämlich dass das Pigment den primären Entoderm- zellen charakteristisch zukomme; ein darauf hinweisendes Bild (wie Kezzer’s fig. 14) konnte ich niemals erhalten. Wenn man, wie KELLER es gethan, conservirte und aufgehellte Embryonen in toto untersucht, : so ist man bei solchen mit Pigment nicht im Stande, zu entscheiden, ob man wirklich frühere Stadien (wie Fig. 62) oder nicht vielmehr spätere (wie Fig. 63 und 64) vor sich hat. Meine Methode bestand hier darin, mit einem Gemisch von Alcohol absolutus und Sublimat zu härten, mit Boraxcarmin nur schwach zu färben, so dass das gelbe Pigment an Schnitten trotz des Tinctionsmittels sichtbar war. Alsdann war auf den eigentlichen Furchungsstadien und noch bei deutlicher Zweiblättrigkeit keine Spur des Pigments zu sehen, sondern solches fiel erst zugleich mit der histologischen Differenzirung auf. Dass diesem Pigment keine morphologische Bedeutung zukommt, sondern dass es ein Larvencharakter ist, sehen wir auch aus den schon früher angedeuteten Verschiedenheiten bei den einzelnen Species und Genera (Fig. 66, 67, 68), wo es bald der einen, bald der andern Schicht ausschliesslich, bald beiden zugleich zukommt. Sehr geschickt ist von Krruer der Nach- weis der Zweiblättrigkeit an der scheinbaren Morula geführt worden (28, p. 334): „Man überzeugt sich beim Rollen unter dem Deckgläschen, dass an der Oberfläche ein deutlich umgrenztes Feld existirt, dessen Zellen sich durch Grösse vor. den übrigen peripherischen Zellen aus- zeichnen. Dieses Feld wird später zum hintern Pol der Larve.“ Von frühern Forschern sind O. Scumipt und CARTER nur der ge- schichtlichen Vollständigkeit halber hier zu erwähnen. Die Darstellung der Furchung von Reniera nach MArsHALL (46), wonach in der grossen Höhlung einer Blastula zuerst Körnchen auftreten und dann darin freie Kernbildung stattfindet, bedarf keiner Discussion. Eine Blastula ist beim Embryo von Reniera zu keiner Zeit vorhanden, sondern dessen Inneres zu jeder Zeit von distincten Zellen erfüllt. Barroıs hat (2) über die Furchung seiner Isodietya nur verein- zelte Angaben gemacht, die sich aber zumeist gut auf die obigen beziehen lassen. Nach ihm ist die Furchung bis zu Ende äqual, d. h. er bildet ein zweitheiliges und ein viertheiliges Stadium ab, die aus gleichen Blasto- meren bestehen, und dann gleich einen Morulahaufen vieler Zellen. Dass zwischendrinn die von KerrLer und mir untersuchten Stadien der Inäqualität liegen, ist klar; wichtig ist aber, dass er die Gleichheit der ersten beiden Theilungen erkannt hat. Auch seine Dar- stellung, wonach er die Larve trotz der verschiedenartigen Elemente aus nur zwei Schichten bestehen lässt und als eine Art Amphi- blastula auffasst, ist bemerkenswerth, sowie der Hinweis, dass die Grenze von Ectoderm und Entoderm die Bildungsstätte der Nadeln bezeichne. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 393 v. Lenpenretp (33, tab. 41, fig. 2) giebt eine Abbildung der Larve von Phoriospongia; ich kann aber diesen nadeltragenden Schwamm ebensowenig wie andere Spongiologen als Hornschwamm ansehen und erblicke in der typischen Anordnung der Nadeln das Ge- rüst, wie es den meisten Halichondria-Larven zukommt. Diese An- ordnung ist von LENDENFELD sehr treffend beschrieben als im Allgemeinen tangential und am hintern Pol ein convergirendes Bündel bildend. Auch die Weichtheile stimmen, soweit sie bei der Conservirung erkannt werden konnten, damit überein, dass wir es mit einem richtigen Kiesel- hornschwamm, vielleicht aus der Verwandtschaft von Gellius, zu thun haben. Endlich hat noch Torsent gelegentlich seiner Studien über die Halichondrien der französischen Küste (79, p. 100) einige schätzens- werthe Angaben über Renieriden-Furchung und -Larven gemacht. Er hat zunichst Larven mit und ohne Pigmentfleck unterschieden, die letzteren kommen bei den Genera Amorphina und Dendoryx vor. In wie weit dieselben in unsern Gruppen unterzubringen sind, wage ich bei der jetzt herrschenden Unklarheit der Systematik nicht zu ent- scheiden. Er hat ferner gesehen, dass bei einzelnen Schwämmen die Eier im Gewebe zerstreut, bei andern in Ansammlungen vorkommen, und spricht in letzterm Fall (p. 103) von „poches ovariennes“. Be- züglich der Furchung gehen seine Angaben kaum über Barroıs hinaus; er berichtet von einer Aufhellung der peripheren Partien nach Ablauf der Furchung, von gleichzeitigem Auftreten der pigmentirten Calotte etc. ohne in Einzelheiten einzugehen. Die Spicula liegen auch nach seiner Beschreibung direct unter dem Epithel zerstreut und nach hinten zahl- reicher; besonders zu betonen ist das auch von ihm gefundene ausser- ordentlich frühe Auftreten derselben. Seiner Ansicht, dass diese Spicula nur spicules de tension, nicht Skeletnadeln seien, und dass diese letztern wie bei den Kalkschwämmen erst nach dem Ansetzen auftreten (78, p. 116), kann ich nicht beipflichten, vielmehr glaube ich gezeigt zu haben, dass die Stabnadeln in der Larve richtige Skeletnadeln sind, die sich nach dem Ansetzen durch Spongin -ausscheidende Zellen zusammen- schliessen. Ich selbst habe noch Betrachtungen über die Furchung und die Bildung der Larve von zwei verschiedenen Species von Reniera ge- macht und möchte in Hinblick auf die abweichenden Marsnazr’schen Angaben hinzufügen, dass diese Vorgänge in ganz ähnlicher Weise ver- laufen wie bei Chalinula. Untergeordnete Differenzen sind allerdings ebenso wie unter den Larven der Desmacidoniden wahrzunehmen, so ist z. B. bei Reniera die Constatirung, dass die Blastomeren ungleich werden, noch schwieriger als bei Chalinula; da aber ein späteres, deut- lich zweischichtiges Stadium nach vor Ausbildung der Larve eintritt, entsprechend dem vom Chalinula (Fig. 63), so ist die vor- angegangene Ungleichheit der Theilung ebenfalls anzunehmen und ge- langt auch in günstigen Fällen zum Nachweis. Allerdings ist dieser schon deswegen schwieriger, weil Reniera für das Mikrotom ein un- günstiges Object ist und sich lückenlose zusammensetzbare Serien 394 OTTO MAAS, kaum herstellen lassen. Die Geisselzellen sind bei Reniera im ausgebildeten Zustand nicht wie bei Chalinula verhältnissmässig breite Cylinder, sondern ebenso extrem gestreckt und bilden ein eben- solches Keimlager wie bei den Desmacidoniden. Die innere Masse enthält die bekannten Elemente (ma, und ma,), die Nadeln sind ziem- lich gross, zeigen deswegen kein so deutliches Gerüstarrangement; es lässt sich nur sagen, dass sie am Hinterende zahlreich und am Vorder- ende mehr zerstreut tangential unter der Oberfläche liegen. Im Ganzen sind die Beobachtungen an Reniera nur Bestätigung der Befunde an Chalinula. Anhang I, Stadien aus der Entwicklung der Hornschwämme (Hircinia variabilis und Euspongia offieinalis). Die Entwicklung der Hornschwämme soll hier nur anhangsweise besprochen werden; denn sie ist, soweit ich sie verfolgt habe, der der vorher besprochenen Kieselschwämme sehr ähnlich, so dass eine genauere Darstellung nur eine Wiederholung sein würde. Einzelne kleine Verschieden- heiten sollen aber kurz hervorgehoben werden, die die Hornschwämme schon während der Bildung der Larve kennzeichnen und ihre Stellung im System der Cornacuspongien pricisiren. Die von mir untersuchten Larven zeigen einen Pigmentfleck am Hinterpol und eine Krone, resp. ein Kreisfeld längerer Cilien. Dadurch nähern sie sich sehr den Larven der oben erwähnten zweiten Gruppe (S. 373) und zeigen, dass die Horn- schwämme nicht nur Abkömmlinge der Kieselschwämme, sondern sogar einer bestimmten Gruppe derselben näher verwandt sind als die Gruppen der Kieselschwämme unter sich, dass also die Abtrennung einer besondern Ordnung der Fibrospongia nur vom Bequemlichkeits- standpunkt, nicht vom morphologischen aus zu rechtfertigen ist. Die Angaben über Entwicklung der Hornschwämme sind verhältniss- mässig gering, es liegen keine speciellen Darstellungen der Furchung etc. an irgend einem Vertreter vor, wohl aber hat F. E. Soauzze in seinen Monographien gelegentlich des Baues der erwachsenen Schwämme auch eine Reihe werthvoller Mittheilungen über einzelne Stadien der Furchung und Larvenbildung besonders an Huspongia officinalis, sowie von Hircinia, Aplysilla u. a. gemacht. Auch bei Barroıs findet sich einiges über die Entwicklung im Follikel bei Verongia rosea (2); die Metamorphose hat zum ersten Mal Deracz an Aplysilla dargestellt (10, p. 379). Meine Befunde über Furchung stimmen mit den Scaurzr’schen An- gaben der Thatsache nach ziemlich überein; dagegen muss ich in der Deutung von ihm abweichen. Es kommt dies dadurch, dass ich zwischen den von ihm beschriebenen Stadien noch weitere fand, die mir eine andere Erklärung, entsprechend meinen Befunden an Kiesel- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 395 schwämmen, boten. Es künnte nach seiner Darstellung scheinen, als sei die Furchung vollständig äqual, als führe sie zu einer ,wahren Morula“ (69, p. 644) und als bildete sich aus dieser durch eine Art von Delamination nach aussen die Wimperzellenschicht der Larve, nach innen die Bindesubstanz (69, p. 645). Dies ist aber nicht zu- treffend. Die Furchung ist nämlich, wie ich mich an Schnitten von Hircinia aufs sicherste überzeugen konnte, eben so inäqual wie bei der Heterorhaphiden, Desmacidoniden etc.; es tritt aber die Ungleichheit der Blastomeren wie bei den obigen Cornacuspongien in verschiedener Deutlichkeit in die Erscheinung, und eine Furchungshöhle wird nicht gebildet oder vielmehr sofort wieder ausgefüllt und daher eine Morula vorgetäuscht. Im Einzelnen lässt sich Folgendes nachweisen. Die zwei ersten Theilungen sind genau äqual, die dritte etwas inäqual, und von da ab ist mit Weitervermehrung der Blastomeren die Inäqualität sicher vorhanden. (Einen Unterschied in der Farbe der Zellen, wie ihn Barrois angiebt, habe ich so wenig wie Scaurze finden können, viel- mehr glaube ich, dass es sich, wie bei Chalinula, dabei schon um das spätere Larvenpigment handelt.) Nunmehr rücken, mit Zunahme der Theilstücke, eine Anzahl davon ins Innere, genau wie bei Chalinula geschildert. Scuurze’s eigene Worte über Huspongia (69, p. 643) lassen sich hierzu anführen: „Bei der weiter fortschreitenden Theilung bleiben die Furchungszellen nicht sämmtlich an der Oberfläche, sondern gerathen zum Theil nach innen.“ Alsdann muss man aber das Morulastadium !) als ein nur scheinbares, in Wirklichkeit dasselbe als zweischichtigen Keim ansehen. Zur andern, irrthümlichen Auffassung konnte man leicht gelangen, weil im Gewebe ausserordentlich viele „abgefurchte“ Stadien, deren einzelne Zellen so gut wie gleich aussehen, und ferner sehr viele Stadien der fast reifen Larve zu finden sind, so dass man beim Fehlen eines Zwischengliedes leicht auf den Gedanken einer Morula mit nachfolgender Delamination kommen kann. Es handelt sich also, nachdem bei den Kieselschwämmen die Inäqualität der Furchung sichergestellt ist, darum, auch hier ein solches Zwischerstadium aufzufinden, das die Zweischichtigkeit eben erst ent- standen und noch keine histologischen Differenzirungen im Innern zeigt. Es ist mir dies bei Hircinia auch gelungen; der Seltenheit nach zu schliessen, in denen dieses Stadium in Schnitten durch conservirte Exemplare auftritt, muss es im Leben sehr schnell vorbeigehen; aber vorhanden ist es, genau wie ich es abbilde (Taf. 23, Fig. 73), und unter- scheidet sich von den entsprechenden Stadien bei Myxilla, Chalinula etc. nur wenig. Die äussere Schicht, die der Mikromeren (a), hat eine grössere Mächtigkeit als bei den Kieselschwämmen ; sie ist mehrere Zellen tief. 1) Vgl. hierzu auch die werthvolle Darstellung von A. BRAUER, Zur Entwicklung von Hydra, in: Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. 52, 1892. Zool, Jahrb. VU. Abth. f. Morph, 26 396 OTTO MAAS, Dann folgt nach innen, durch einen Zwischenraum deutlich getrennt, die Masse der Makromeren (ma). Von histologischen Unterschieden unter den letztern ist nichts zu sehen; alle Zellen haben noch den Charakter der Blastomeren, sind mit Dotterkérnern angefüllt und zeigen (im Gegensatz zur äussern Schicht) den bläschenförmigen Kern wie im Ei. Eine Bindesubstanz ist noch nicht gebildet, auch sind die äussern Zellen nicht epithelial geordnet, sondern liegen neben einander, wie es ihre rundliche Form mit sich bringt. Wo man ein solches Bild wie Fig. 73 gesehen hat, da wird man nicht mehr an eine Morula denken können; denn die Bedingung für das Zustandekommen eines solchen zweiblättrigen Keimes (Fig. 73) ist eine inäquale Furchung, wie sie bei genauerm Zusehen wirklich besteht. Aus diesem zweiblättrigen Stadium entwickelt sich die Larve, in- dem sich die äussern Zellen stark theilen, strecken, epithelial ordnen und Geisseln bekommen, die innern ebenfalls durch Theilung an Um- fang kleiner und an Zahl grösser werden, eine sehr reichliche Binde- substanz zwischen sich ausscheiden und sich grösstentheils zu differen- zirten Elementen (ma,) umwandeln (vgl. Fig. 75). Wir haben also eine ähnliche Zusammensetzung der Larve aus zwei Schichten wie bei Kieselschwämmen, mit einigen geringen Ab- weichungen. Eine solche besteht z. B. darin, dass sich undifferenzirte Zellen (ma,) in der Hornschwammlarve überhaupt kaum finden, sondern fast nur Zellen mit structurirtem Kern (ma,) in der Bindesubstanz ein- gebettet liegen. Die Geisselepithelschicht ist in der fertigen Larve, wie es schon an der Anlage zu erkennen war, sehr mächtig im Ver- gleich zu der innern Masse entwickelt, viel stärker als bei Kiesel- schwämmen; ein weiterer Unterschied von letztern besteht darin, dass die Geisselzellen nicht am hintern Pol aufhören, sondern die ganze Larve bekleiden; denn die Geisseln des hintern Pols sind länger (was die Autoren theilweise nicht beachtet haben), und die zugehörigen Zellen und Zellkerne sind, wie man an Schnitten mit Sicherheit sehen kann, grösser als die des übrigen Geisselepithels. Es entsprechen diese Zellen wohl der Cilienkrone, wie wir sie bei Gellius etc. gefunden haben, nur dass dieselbe sich hier weiter ausgedehnt hat und zu einem völligen Kreisfeld geworden ist. Ein Durchbruch am vordern Pol, wie ihn DerAce abbildet und discutirt, findet normaler Weise nicht statt, hier ist die Larve, wie ScHuzze schon beschrieben hat, und wie ich nach Beobachtung an Cacospongia, Euspongia, Hircinia u. a. versichern kann, mit dem gleichen Geisselepithel ausgestattet wie an den Seiten, höchstens dass dasselbe gegen die Zeit des Ansetzens hin seine genaue epitheliale An- ordnung einbüsst und sich dadurch schon im Leben etwas different erweist (Taf. 22, Fig. 50), ähnlich wie bei Kieselschwämmen, wo die innere Masse dem vordern Pol sehr nahe, aber während des Larven- lebens nicht zum Durchbruch kommt (vgl. oben). Die Hornschwammlarven bieten im Aquarium ein ähnliches Bild wie die der Kieselschwämme der zweiten Gruppe, Gellius etc. Das Pigment ist ebenso in einem Ring gelagert, aber die grössern Zellen Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 397 mit ihren Cilien bilden zum Unterschied davon nicht nur einen offenen Ring, sondern, wie man schon am lebenden Object erkennt, einen ge- schlossenen Kreis. Man sieht dies leicht an der Stellung der Geissel- haare, die hier einen Schopf bilden (Fig. 50), die aber bei Gellius an der entsprechenden Stelle, um im Bilde zu bleiben, eine Tonsur frei lassen (Fig. 46, 48). Die Larve von Hircinia ist nur durch die Grösse und den hellen, weissen Ton von der Euspongia-Larve unterschieden, in allen andern eben geschilderten Configurationen gleich. Ich habe beobachtet, dass die Larven von Hircinia das Licht aufsuchen; ob das nur zu gewissen Zeiten der Fall ist, kann ich nicht angeben; vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Siedelplätze der erwachsenen Schwämme der Wasseroberfläche nahe liegen. Die Metamorphose ist an den betreffenden Larven auch an Schnitten gut zu verfolgen. Die Zellkerne der Geisselzellen sind hier, wenn auch nicht durch Grösse, so doch durch Tingirbarkeit von denen der innern Masse noch viel stärker unterschieden als bei allen Kieselschwämmen, so dass das Auseinanderhalten beider Schichten während der Meta- morphose leichter wird. Ausserdem ist das Pigment des hintern Pols sehr resistent gegen Alkohol etc. und kann mitsammt den Geisselzellen, an die es gebunden ist, noch eine Zeit lang nach dem Ansetzen verfolgt werden. Die Bilder sind auch den bei Kieselschwämmen schon geschilderten ganz entsprechend. Die Geisselzellen werden von durchbrechenden Elementen der früher innern Masse überwachsen, und man sieht ihre kleinen, tiefgefärbten Kerne in grösserer oder geringerer Entfernung von der Oberfläche liegen, die sie früher gebildet haben. Die Ober- fläche des metamorphosirten Schwämmchens setzt sich aus epithelial angeordneten Zellen (ma,) der früher innern Masse zusammen, darunter liegen andere ähnliche Elemente in der bindegewebigen Grundsubstanz, die epithelialen aber sowohl wie die bindegewebigen sind durch ihren grossen blassen Kern mit Chromatinnetz von den Geisselzellen deutlich verschieden. Letztere haben ihre Schlankheit verloren, und ihr ganzes Protoplasma hat sich um den Kern gesammelt. Auf frühen Stadien der Metamorphose liegen sie nicht in einer compacten Masse zusammen, sondern in ringförmigen Streifen, von oben gesehen (Taf. 23, Fig. 77), so dass man denken könnte, es ginge die ganze Einziehung schubweise vor sich. Man kann sich sehr leicht solche Gesammtansichten des jungen Schwämmchens verschaffen, weil dieses sich nämlich, wie schon Detace an Aplysilla gezeigt hat, durch sehr grosse Abflachung aus- zeichnet und dadurch ein gutes mikroskopisches Object bietet, das man in toto unter dem Deckglas mit den allerstärksten Vergrösserungen betrachten kann; so flach ist der Fladen. Vielleicht geht auch diesem Stadium einzelner Ringe ein anderes voraus, wo, wie bei Esperia ete. geschildert, die kleinkernigen Zellen dazwischen einen zusammen- hängenden breiten Ring bilden (43, fig. 22). Mit zunehmender Ab- flachung wird dann dieser Ring in lauter einzelne Ringstreifen ausein- andergezogen, die noch unter einander durch quere Brücken in Zu- sammenhang stehen können. 26* 398 OTTO MAAS, Solche Anhäufungen der Geisselzellen sind andere Bildungen als die von DELAGE bei Aplysilla beschriebenen „tubes“; denn letztere liegen meist radiär, treten später auf und stellen die der Aplysilla eigenthümlichen sackförmigen, grossen Kammern dar. Hier aber liegen die Geisselzellenstreifen circular und sind wohl mit dem Abflachungs- process in Beziehung zu bringen. Später ordnen sich die kleinkernigen Zellen zu Kammern und zwar immer verhältnissmässig sehr wenige zu einer einzigen Kammer. In der übrigen Masse entstehen gesonderte Lücken, die erst nachträglich unter sich in Verbindung treten. Einzelne Zellen der Bindesubstanz legen sich zu gewundenen Strängen zusammen und scheiden zwischen sich eine Hornmasse aus (Taf. 23, Fig. 76 ma,,) ganz ähnlich wie es bei den erwachsenen Schwämmen ausführlich von ScuunzE beschrieben worden ist. Diese Elemente ma, sind differenzirte Zellen, nur ist ihr fein structurirter Kern etwas grösser, analog den Zellen, die in Kieselschwämmen das die Nadeln zusammenhaltende Spongin hervorbringen. Ueber die Herkunft der Filamente kann ich nur Vermuthungen aus- sprechen. In der Larve finden sich, aber nur in der freischwimmenden, nicht schon im Embryo, runde Körper vom Umfange einer Dotterzelle, die aber vollständig untingirt bleiben, eine deutlich doppelt contourirte Mem- bran aufweisen und in ihrem Innern ein kugliges, aber ebenfalls nicht färb- bares Bläschen beherbergen. Solche Körper erkennt man auch reich- lich im jungen Schwämmchen wieder (Taf. 23, Fig. 76 Fi). Manchmal haben sie da eine weniger rundliche Form, die oval oder sogar kantig werden kann (Fig. 78 F%,), oder die eine Ecke zieht sich mehr oder minder lang aus (Fig. 78 Fi,). Ob dies der Anfang einer Faden- bildung ist, vermag ich nicht zu sagen; immerhin ähneln die Körper recht sehr den Köpfen der Filamente der erwachsenen Schwämme, und es verdient Beachtung, dass sie nicht im Embryo schon da sind, son- dern wohl erst während des Aufenthaltes im freien Wasser hineingelangt; danach zu schliessen, könnten es auch Algen sein. Der Schnitt (Taf. 23, Fig. 76) zeigt im Uebrigen ähnliche Ver- hältnisse wie Kieselschwämme auf diesem Stadium; die äussern Zellen haben sich an manchen Stellen mehr, an andern Stellen weniger epi- thelial geordnet (ep, ma ,); die Geisselzellen (a) liegen in strangförmigen Gruppen, dazwischen die Elemente der vorher innern Masse in galler- tiger Grundsubstanz eingebettet, während die Geisselzellen durch keine Intercellular-Substanz von einander getrennt sind. Die Weiterentwicklung des Canalsystems erfolgt in der bekannten Weise. Anhang II. Bemerkungen über die Entwicklung der Spongillen. Bevor ich die Gruppe der Cornacuspongien abschliesse und zu Vergleichungen übergehe, muss ich noch der Spongillen gedenken, die Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 399 ja im System hierher gehéren und sich speciell an die Homorhaphidae (Chalininae und Renierinae) anschliessen sollen. Mit meinen an Esperia gewonnenen (vergl. 43, p.409) und mit meinen hier dargestellten Resultaten liessen sich meine frühern Ergebnisse bei Spongilla nicht vereinbaren. Ich habe daher noch vor dem Erscheinen der Arbeit von DELAGE meine damaligen Befunde einer erneuten Prüfung unterzogen, theils an alten Präparaten, theils an frischem, im Sommer 1892 in Berlin gesammeltem Material, und mache jetzt von meinem früher geäusserten Vorbehalt Gebrauch (42, p. 528), manche Beobachtungen anders zu deuten, muss aber zu gleicher Zeit einige Beobachtungen thatsächlich berichtigen. Wenn ich auch in manchen wichtigen Punkten der neuen Drenacu’schen Darstellung nicht beipflichten kann, so z. B. darin, dass cellules ciliées gefressen werden und wieder herauskommen, so stimmt doch die von ihm angegebene Verwendung der Larvenschichten im Allgemeinen mit meiner frühern Darstellung an Esperia und meiner jetzigen für die Cornacuspongien überein. Diese Verwendung der Larvenschichten ist eine andere, als sie für Spongilla früher von mir beschrieben wurde, und ich sehe den Werth meiner damaligen Untersuchung nach der Gorrtre’schen vorzugsweise in dem mittels des Horizontalmikroskops ge- führten Nachweis, dass die Geisselzellen der Larve bei der Metamor- phose nicht abgeworfen werden, sondern ihre Geisseln einziehen und sich umwandeln. Ueber das Ziel dieser Verwandlung war ich aus Gründen, die die Spongilla-Entwicklung weniger durchsichtig erscheinen lassen, zu nicht richtigen Ergebnissen gekommen, zumal da damals die Metamorphose der marinen Cornacuspongia mir weder aus eigner An- schauung bekannt war, noch auch von anderer Seite eine nur einiger- massen richtige Darstellung über die ganze Gruppe vorlag. Was ich damals als Umwandlung der cylindrischen Ectodermzellen in flache gedeutet habe, ist, wie ich mich jetzt überzeugen konnte, derselbe Process, den ich bei Esperia als Darüberschieben der differenzirten Zellen (ma,) der innern Masse über die Geisselzellen be- schrieben habe. In der That ist das von mir nach dem Leben gezeich- nete Stadium fig. 10 von Esperia ganz entsprechend der fig. 13, die ich damals von Spongilla gegeben, nur sind, wie ich jetzt weiss, die Geisseln nicht den platten Zellen zugehörig, sondern darunter gelegenen zuzurechnen, was bei Beobachtung am Leben leicht zu verwechseln ist. Das folgende von Spongilla gegebene Bild Fig. 14 entspricht der von Esperia gezeigten fig. 11; die flachen Zellen sind aber nicht, wie ich damals meinte, die frühern Geisselzellen, sondern Zellen der innern Masse (ma,); ebenso kommen von diesen die pseudopodienartigen Fort- sitze der Randpartie. Eine unrichtige Deutung der Pseudopodien kann aber um so eher vorkommen, als auch die Geisselzellen beim Zu- rückziehen ins Innere der Larve ihre Geisseln zunächst in einen amö- boiden Fortsatz verwandeln, und ob ein soleber dann von einer Geissel- zelle (a) oder von einer flachen Zelle (mag) herrührt, ist bei der Schnellig- keit der Vorgänge und bei der Schwierigkeit der Beobachtung am lebenden Object kaum zu entscheiden. Ein instructiver Vergleich mit den Bildern von Spongilla ergiebt sich auch aus der an Gellius ge- 400 OTTO MAAS, wonnenen Fig. 53, wo die verschiedenen Wellencontouren wahrend der Abflachung (vergl. ob.) je einen verschiedenen Stand des Einziehungs- processes zeigen. Während an der äussern Wellenlinie noch das ur- sprüngliche Geisselepithel oben zu erkennen ist, nach unten bereits nicht mehr in epithelialer Anordnung, zeigt die mittlere ein Epithel von platten Zellen und daneben auch Geisseln. Diese letztern gehören aber zu Cylinderzellen, die zwischen Linie I und II liegen, und die platten Zellen bilden das definitive Epithel, wie es noch besser an der Wellenlinie III hervortritt. So haben wir hier an einem Stück die verschiedenen Phasen der Vorgänge, die bei Spongilla in fig. 11—14 gegeben worden sind, und es wäre kaum zu entscheiden, zu welchen Zellen die Wimpern, zu welchen die Pseudopodien gehören, ob zu den platten Zellen (ma,) oder zu den Cylinderzellen (a), wenn es nicht weitere Mittel zur Aufklärung gäbe. An Schnitten mariner Spongien wird sofort klar, dass wir es mit einem Ueberwachsungsvorgang zu thun haben, weil hier die Kerne der Geisselzellen ausserordentlich klein und stark tingirbar gegenüber den Kernen der platten Zellen erscheinen und weil hier bei der grossen Masse von extrem schlanken Geisselzellen ein ganzes Lager von Kernen gebildet wird, das auf jedem Stadium der Metamorphose am Schnitt gut zu erkennen ist (vergl. Fig. 19, 20 etc). Nicht so bei Spongilla; hier sind die einzelnen Geisselzellen nicht so extrem schlank, dass ihr Kern breiter wäre als die Zellen, sondern einfach cylindrisch. Darum unterscheiden sie sich in Grösse und Habitus nicht so sehr von Zellen der innern Masse (ma,) und bilden ferner auch kein dichtes, viel- kerniges Lager, sondern nur eine einzige Schicht von Kernen auf dem Schnitt. Durch diese Umstände wird die Verfolgung der Geisselzellen während der Metamorphose schwieriger; aber auch hier kann man, wenn man die Bildner mariner Schwämme kennt, constatiren, dass die Geisselzellen ins Innere gelangen. Dies findet nicht, wie DELAGE in seiner ersten Mittheilung behauptet hat, dadurch statt, dass sie durch amö- boide Zellen (ma ,) von der Oberfläche weggefressen werden, sondern, wie ich an Esperia nachgewiesen, durch einfaches Darüberwachsen seitens an- derer Zellen (ma,). Die Ueberwachsung kann von allen Seiten her er- folgen, da die Larve ja an ihrer ganzen Peripherie Geisselzellen trägt und keinen freien Pol aufweist, wo die innere Masse an der Oberfläche liegt. Doch hat auch dieses Verhalten sein Analogon bei marinen For- men, nämlich bei den Hornschwämmen, wo das mächtige Lager der Geisselzellen ebenfalls die ganze Peripherie bildet und demzufolge durch- brochen werden muss. Der Vorgang des Darüberwachsens erhellt auch durch richtige Deutung meiner früheren fig. 18, wo ich s. Zt. „Wimperzellen in epi- thelialem Verband mit flachen Zellen“ darstellen wollte. Das betreffende ~ Stadium ist ein Schnitt, auf welchem hineinziehende Geisselzellen ge- troffen sind, während die platten Zellen der früher innern Masse zu- gehören. Die darüber wandernden Zellen (ma,) sind nicht alle so ge- streckt und platt, sondern öfters auch cubisch und werden erst mit zunehmendem Wachsthum des Schwammes ganz epithelial und platten- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 401 förmig, während sie auf frühen Stadien der Metamorphose oft noch Spindelform haben. Hieraus erklären sich meine Bilder 42, fig. 24 u. 25. Ich habe s. Zt. bereits in der Larve geformte Kammern beschrieben ; DerAse führt jedoch diese Bilder auf gewöhnliche Lacunen der innern Masse zurück. Allerdings mag für manche Fälle diese Erklärung zu- treffen, in vielen andern Fällen handelt es sich aber, wie ich nach erneuter Durchsicht der Präparate glaube, dennoch um geisselkammer- artige Gebilde. Die betreffenden Hohlräume sind nämlich fast immer kuglig und liegen direct unter den Geisselzellen; ihre Kerne sind sehr klein, denen der zukünftigen Kammerzellen ähnlich, so dass diese Ge- bilde noch am ehesten als vorzeitig auftretende Kammern angesehen werden könnten, in ähnlicher Weise, wie solche auch bei Esperia manchmal vorkommen (43, p. 419). Auch andere Theile des Canal- systems des Schwamms können ja in der Larve ihre vorzeitige An- deutung finden, so z. B. erscheinen die Lacunen der innern Masse schon von richtig epithelialen Zellen begrenzt. Jedenfalls ist dieses Verhalten nicht pathologisch, sondern höchstens ungewöhnlich, denn derartige Stücke entwickeln sich, wie Drenacx selbst sagt, weiter. Wenn die Geisselzellen im Innern liegen, so werden sie durch den Process der gegenseitigen Durchwachsung der Schichten (vgl. oben) und mit zunehmender Abflachung mehr und mehr im Gewebe zerstreut. Die ' spätere Anordnung zu Gruppen etc. geschieht, wie dies nach Analogie zu erwarten ist. Warum die Zellen, die bereits ins Innere gerückt und dort sogar vertheilt sind, von den amöboiden noch einmal gefressen und dann als Zellen der Kammern wieder ausgeworfen werden sollen, dafür kann ich weder theoretisch eine Nothwendigkeit oder auch nur Möglichkeit erkennen, noch einen thatsächlichen Beweis in Denacn’s Erörterungen finden. DeraGe möchte es vor allem ausschliessen, dass man die Kerne ge- fressener Geisselzellen für Dotterkörner erklärt. Er bestreitet daher das Vorkommen von dotterhaltigen Zellen in der Larve, geht aber dabei in seinem Eifer so weit, dass er sogar die Dotterzellen in meinen figg. 19 und 20 für groupes polynuclées [also für amüboide Zellen, die Geissel- zellen gefressen haben] hält, trotzdem dies Stadien sind, die mit der Metamorphose gar nichts zu thun haben, sondern aus Embryonen im mütterlichen Körper stammen. Im Uebrigen kommen auch in der Larve, ebenso wie bei Esperia etc. noch Zellen mit Dottermaterial vor. Auch sonst lassen sich hier gegen den Process des Fressens alle die Ein- wände geltend machen, die schon oben bei Esperella etc. hervorgehoben (S. 357) wurden, so die Unmöglichkeit, einen derartigen Vorgang aus Combinirung von Schnittbildern zu schliessen; die Verschiedenartigkeit, die der Process bei den verschiedenen Species zeigt, und die Thatsache, dass man, laut Drrase selbst, zu allen Stadien der Metamorphose einer Anzahl freier Geisselzellen begegnet, sogar bei Spongilla, wo der Fress- process am ausgesprochensten sein soll. Es erscheint mir dies um so beachtenswerther, als gerade bei der Spongilla-Larve die Geissel- zellen in viel geringerer Anzahl vorhanden sind als bei marinen Kiesel- schwämmen. Man wird daher auch in Schnitten von angesetzten Stadien 402 OTTO MAAS, überhaupt nicht so viele kleinkernige Zellen erwarten dürfen wie bei den marinen Formen. Wahrscheinlich theilen dieselben sich mehrfach, ehe sie zu Kammerzellen werden, darauf weisen auch Kerntheilungs- bilder in diesen Stadien hin. Der Act des Fressens tritt mitunter, vielleicht in pathologischer Weise, ein. Dafür spricht auch die Thatsache, dass laut DeraGe auch nicht nur cellules amoeboides, sondern auch ectodermiques (differenzirte Ele- mente ma,) unter Umständen Geisseln fressen sollen (10, tab. 14, fig. 5 y u. Erkl.). Schon dadurch ist zu ersehen, dass wir dem Vorgang keinen morphologischen Werth beilegen dürfen; noch besser aber dadurch, dass die kleinkernigen Zellen (a) sich auch zu Kammern ordnen können, ohne jemals mit den amöboiden in Berührung gekommen zu sein. Irgend etwas, das auf eine Wiederausstossung hindeutet, habe ich niemals ge- sehen. Auf die schon a priori gegen diese Theorie sprechenden Gründe, dass eine schon einmal gefressene Zelle, die sogar, wie DELAGE zugiebt, ihre Structur verändert hat, als morphologisches Element wieder aus- gestossen wird und functionirt, will ich nicht eingehen, da der Autor selbst diese Schwierigkeit empfunden hat und dennoch seine Ansicht beibehält. Die spätere Entwicklung des Canalsystems ist von DELAGE ausführ- lich geschildert worden; ich habe um so weniger hinzuzufügen, als die Vorgänge mit den von mir an Esperia geschilderten übereinstimmen, und möchte nur wiederholen, dass die Kammern, die einführenden Gänge etc. einzeln entstehen, erst secundär mit einander in Verbindung treten und dann erst mit der Aussenwelt. Die Larve wird man, trotzdem sie eine Reihe verschiedener Zell- elemente enthält, als zweischichtig bezeichnen. Die Entwicklung aus dem Ei, die ich, durch den Vergleich mit marinen Schwämmen angeregt, nochmals studirt habe, rechtfertigt diese Anschauung. Ich habe meiner frühern Darstellung, wo ich, wie SchuLze bei Euspongia, eine äquale Furchung und eine Morula beschrieben hatte, denselben Commentar zu geben, wie oben zu F. KE. Scuuuzr’s Auffassung von Euspongia. Die Morula ist nur eine scheinbare; gerade bei Spongilla ist ein Grössenunterschied der Furchungszellen noch weniger wahrzunehmen als bei den Hornschwämmen. Dennoch wird man nach dem Voran- gehenden (oben S. 371 u. 395) wenigstens eine Ungleichwerthigkeit der Furchungselemente annehmen müssen, die schon im Verlauf der Seg- mentirung ins Innere rücken und die Furchungshöhle von vorn herein ausfüllen. Die Figuren von Furchungen mit wenigen und gleichen Blastomeren, die Fırprer (14, fig. 20—24) und ich (42, fig. 4) abbildeten, entsprechen schon einem nicht mehr so frühen Stadium und müssen Quer- schnitte durch den untern Theil eines etwa 12- bis 20zelligen Embryos sein, bei dem sich auf dem genauen Längsschnitt doch die schwache Andeutung der Ungleichheit finde. Die ersten Furchungen sind jedenfalls äqual an Grösse und Werth. Von einem bestimmten Stadium an tritt eine Ungleichheit ein (wie Gogrre berichtet, aber lange nicht so stark, wie er es abbildet), zu einer bestimmten Zeit ist der Haufe der Furchungszellen ganz solide; darauf aber zeigt sich, noch ehe eine Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 403 histologische Differenzirung eintritt, die grosse Höhle am später vordern Pol. Was sie bedeutet, darüber sind nur Vermuthungen möglich ; was sie dagegen nicht ist, lässt sich mit Bestimmtheit sagen, nämlich keine Furchungs- und keine Gastralhéhle. Die nunmehr eintretende histologische Differenzirung geschieht in ähnlicher Weise, wie ich es oben bei marinen Formen und schon früher für Spongilla geschildert habe. Auf diese Weise schliesst sich sowohl die Metamorphose als auch die Larvenbildung von Spongilla im mütterlichen Körper den ent- sprechenden Vorgängen bei marinen Schwämmen an, wenn auch einige Besonderheiten nicht zu verkennen sind. Die auffallendste derselben ist die Ausbildung der Höhle. Diese stellt aber vielleicht nur einen Anpassungscharakter dar und dient möglicher Weise dazu, den Umfang der Larve wegen des Schwimmens im süssen Wasser zu vergrössern. Man braucht sich nur zu denken, dass die bei marinen Schwammlarven an gleicher Stelle bestehende Spärlichkeit der Gewebselemente durch einen Selectionsprocess mehr und mehr sich ausbildet, und die Höhle ist dann gegeben. Allgemeiner Theil. 1. Zusammenfassung und Vergleichung der besprochenen Entwicklungsvorgiinge und Larventypen. Wie wünschenswerth es ist, bei entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchungen nicht nur einen Vertreter einer Gruppe vorzunehmen, sondern möglichst viele aus verschiedenen Familien, erhellt auch durch die oben angeführten Beispiele von Cornacuspongien. Der Ent- wicklungsmodus und die Larven derselben zeigen trotz der grossen Gesammtübereinstimmung doch manche interessante Unterschiede; erst durch deren Berücksichtigung lässt sich das, was wichtig und allen gemeinsam ist, herausschälen und ein besseres Verständniss für die Furchung, histologische Differenzirung und Metamorphose gewinnen als an einem einzelnen Vertreter. ‘Durch dieses an vielen Kiesel- schwämmen gewonnene Gesammtbild erhält man eine Basis zur Ver- gleichung mit den übrigen Schwammgruppen und, weitergehend, auch mit den höhern Abtheilungen des Thierreichs. Ausserdem lassen sich aus den einzelnen Unterschieden innerhalb eng begrenzter Gruppen mit zunehmender Kenntniss wohl manche biologische Gesetze der Ab- AOA OTTO MAAS, änderung, der Einwirkung der directen Lebensbedingungen auf die Entwicklung erkennen. Aus äusserlichen und praktischen Griinden empfehlt es sich, den Vergleich der untersuchten Schwammentwicklungen nicht ab ovo vor- zunehmen, sondern von der freischwärmender Larve auszugehen und davon nach rückwärts und vorwärts zu schreiten. Wenn wir zunächst von den in Anhangscapiteln behandelten Larven der Hornschwämme und Spongillen absehen, die beide eine vollständige Bewimperung auf- weisen, so haben wir unter den eigentlichen Cornacuspongienlarven, die sämmtlich am hintern Pol keine Wimperzellen tragen, zunächst zwei Typen zu unterscheiden. Diese beiden Larventypen, die, wie ich zeigen werde, systematisch Bedeutung haben, weisen schon rein äusser- lich Verschiedenheiten auf, die bei schwacher Vergrösserung, theil- weise sogar mit blossem Auge wahrgenommen werden können. Das mächtige Epithellager von Cilienzellen, das bei beiden Typen an den vordern und seitlichen Partien der Larve die Oberfläche bildet, hört bei den einen am Hinterende einfach auf, und es tritt daselbst, während die Geisselzellenlage roth, orange oder scharlach gefärbt ist, die innere Masse ohne weitere Färbung als die des gewöhnlichen Protoplasmas zu Tage. Bei den andern dagegen liegt da, wo die gewöhnlichen Geisselzellen aufhören, ein Kranz besonders starker Cilien, der auch von ent- sprechend grössern Zellen getragen wird. Ausserdem ist die hier am hintern Pol die Oberfläche bildende Masse resp. deren Zellen pig- mentirt, und meistens tragen auch die grossen Geisselzellen und diese sogar vorzugsweise den Farbstoff, so dass wir hier am hintern Ende einen violetten, braunen oder gelben Pigmentring haben, während der übrige Körper rein weiss ist. Mag dieses dunkle Pigment aber in den grossen Geisselzellen oder in Zellen der innern Masse liegen, stets ist es in gut wahrnehmbaren Körnchen suspendirt, während bei der ersten Gruppe von Larven, wo die Geisselzellenregion gefärbt ist, das Pigment in unmessbar feiner Weise vertheilt ist. Diese Färbungs- unterschiede sind bei auffallendem Licht natürlich gut zu sehen und wurden schon von frühern Beobachtern, die allerdings die Bedeutung nicht würdigten, abgebildet. Als typisches Habitusbild der ersten Gruppe nenne ich die Figur der Æsperia-Larve von O. SCHMIDT (59, fig. 18), als Beispiel der zweiten das MARSHALL’sche von Keniera (46, fig. 1). Diese Unterscheidungen lassen Schlüsse auf die Systematik zu. Von Larven, die ich untersucht habe, gehören zur ersten Gruppe ausser Esperia noch Myxilla, Desmacidon, Clathria, Dictyonella und Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 405 Axinella, und zur zweiten Gruppe ausser Reniera und Chalinula noch Gellius, Pachychalina und Toxochalina. Es zeigt sich also, dass Genera wie Gellius trotz der Mikroskleren in den erwachsenen Schwimmen dennoch Formen ohne Mikroskleren wie Reniera etc. näher stehen als solchen Formen, die unter ihrer Mikrosklera noch Chelae (Schaufelnadeln) besitzen. Diese Formen mit Chelae sind sämmtlich unter der ersten Gruppe, und ähnlich sind auch die Larven von Axinella und verwandten Formen gebaut. Zur ersten Gruppe gehören RıpLey u. Denpy’s Familie Desmacidonidae (mit den Unter- familien Eetyoninae und Æsperellinae) und die Axinellidae; zur zweiten die RipLeyY u. Denpy’schen Homorhaphidae (mit den Unter- familien Renierinae und Chalininae) und die Heterorhaphidae (Unter- familie Gelliinae). Es bedeutet das eine Abweichung von VOSMAER’S System, denn er bringt Axinella bei den Halichondridae s. str. unter, weil sie keine Mikroskleren besitzt, während er andrerseits unter seinen Desmacidonidae neben Formen wie Myzilla und Desmacidon auch Formen ohne Chelae wie Gellius etc. aufführt, die anders gebaute Larven haben, und ferner stellt er unter seine Ectyoninae Clathria, deren Larve Esperia-ähnlich ist. Die Einwendung, dass es sich nur um Larvencharaktere handelt, ist deswegen nicht berechtigt, weil 1) die Unterscheidung auf eine ganze Anzahl von Genera zutrifft, 2) weil diese Larvencharaktere gleichzeitig mit andern Gattungsunter- scheidungen vorhanden sind (nur hat man die VosMAER’schen Gattungen etwas anders in Familien zu gruppiren), und 3) weil noch weitere Unterschiede im Innern der Larve hinzukommen. Die grossen Geisselzellen, die bei den Larven der zweiten Gruppen in Ringanordnung am Hinterende stehen, liefern auch den Schlüssel zum Verständniss der Hornschwammlarven, z. B. der oben geschilderten von Hircinia. Dort bilden die grössern Geisselzellen nicht nur einen Ring, sondern stehen in einer Kreisfläche am Hinterende; sie sind in grosser Anzahl vorhanden, entsprechen aber durchaus den Zellen, die bei Gellius den Ring bilden, wie auch aus der von frühern Beobachtern nicht gesehenen Thatsache hervorgeht, dass sie grösser sind als die übrigen Wimperzellen. Damit verliert der Unterschied, dass die einen Larven vollständig bewimpert (scheinbar nicht heteropol wie die andern) seien, seine Bedeutung, es handelt sich nur um eine völlige Ausdehnung der Ringschicht um das ganze Hinterende herum. Ebenso haben wir es bei den Süsswasserschwämmen, die allerdings eine etwas andere Sorte von Geisselzellen aufweisen, mit einer völligen Um- wachsung zu thun, die, wie beim Vergleich der Furchung etc. ausgeführt 403 OTTO MAAS, wird, weniger vom morphologischen als vom mechanischen Standpunkt aus zu erklären ist. Dass die unstreitig von den eigentlichen Cornacu- spongien abtrennbaren Gruppen der Hornschwämme und Spongilliden sich auch in ihren Larven unterscheiden, giebt der systematischen Verwerthbarkeit der Larventypen neue Bekraftigung. Auch schliessen sich die Hornschwämme mebr an Typen wie Chalinula an, und es ist bemerkenswerth, dass ihre Larven, soweit ich sie gesehen habe, in Uebereinstimmung damit zur zweiten Gruppe gehören. Interessant wäre es, wenn sich auch DELAGE’s Aplysilla-Larve derart verwerthen liesse ; dieselbe ist nämlich ohne Pigmentring und nähert sich dadurch wie in andern Besonderheiten mehr der ersten Gruppe. Es würde dies für eine polyphyletische Abstammung der Hornschwämme sprechen; allerdings nicht in dem Sinn LENDENFELD’s, der den einen Theil, zu dem gerade Aplysilla gehört, unter dem Namen Hexaceratina, weit abseits stellt, als näher verwandt mit Hexactinelliden, sondern die Anschauung wäre die, als könnten aus verschiedenen Gruppen der Cornacuspon- gier durch Zurücktreten der Nadeln und Ueberwiegen des Spongins Hornschwämme entstehen. Die zwei verschiedenen Wurzeln der Fibro- spongien lägen dann nicht so heterogen, wie es LENDENFELD annimmt; dafür spricht auch der Bau der Larve, der sich trotz der genannten Verschiedenheiten bei beiden Gruppen in den Hauptzügen ganz ähn- lich, dagegen von dem anderer Schwammlarven (Tetractinelliden) sehr verschieden erweist. Die genannten Unterschiede sind, was ihre Verwendbarkeit er- höht, schon im Leben ohne weitere Hilfsmittel sichtbar; eine Reihe anderer Differenzen treten erst an feinen Schnitten hervor, und es bedarf der Untersuchung, welche von Bedeutung sind und welche nicht. Bei den Larven der zweiten Gruppe, denen mit Pigmentfleck, ist die Beschaffenheit der stärkern Geisseln merklich verschieden, bei den einen sind es mehr Borsten als Wimpern, bei den andern sind es lange und dünne Haare. Es ist dies kein Unterschied zwischen Ruhe und Bewegung (vgl. S. 374), denn die letztern sehen auch in der Ruhe schlaff und nicht borstenartig aus, sondern vielleicht ein Species- unterschied. Derselbe ist aber von keiner weittragenden Bedeutung, wie denn auch die Gesammtgrösse der Larve bei ganz nahe ver- wandten Species ausserordentlich differiren kann. Die Verschieden- heiten in der Vertheilung des körnigen Pigments am Hinterpol sind bereits oben erörtert (S. 392). Da dasselbe bald nur in Zellen der innern Masse, bald auch in den Geisselzellen liegt, so ist es klar, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 407 dass wir seine Lage nicht morphologisch verwerthen kénnen, wie einige Autoren annehmen, laut welchen die Entodermzellen von vornherein gefarbt seien, die Ectodermzellen nicht, sondern dass es sich beim Pigmentring nur um ein Larvenorgan handelt. Auch der Vorderpol kann Differenzirungen enthalten, so die von mir bei Esperia geschilderten Zellen, die ihn, im Leben schon sichtbar, als schleimiger Ueberzug bedecken. Es bleibt zu erwägen, ob man diese Zellen für Geisselzellen halten soll, die schon ihre Metamor- phose angefangen haben und daher nicht mehr ihre scharfe epitheliale Lagerung zeigen. Hierfür spricht, dass auch die andern Geisselzellen an dieser Stelle locker erscheinen und dass auch bei andern Schwammlarven hier namentlich kurz vor der Metamorphose sich ähnliche Veränderungen des epithelialen Verbandes zeigen (vgl. oben). Eine andere Ansicht, die ich früher aussprach, wäre die, dass wir es mit einer Art von Drüsenzellen zu thun hätten, die bei Esperia nur rudi- mentär entwickelt wären, während sie bei Axinella durch Zahl und Grösse sehr hervortreten (vgl. S. 355). Auch Vosmaer hat bei Myxilla ähnliche Zellen beschrieben, die er der innern Masse zurechnet, und HEIDER bildet solche Elemente auch in der Blastosphära von Oscarella, die doch nur eine Art Zellen enthalten soll, ab. Einfache Schleim- trépfchen, wie DELAGE in seiner neuen kritischen Auslassung meint, sind die von mir bei Esperia beschriebenen Gebilde jedenfalls nicht, denn zu Schleimtröpfchen gehören absondernde Zellen, wie ich sie bei Axinella noch vor dem Erscheinen der DELAGE’schen Arbeit ge- deutet habe. Das Lager der Geisselzellen selbst ist im Allgemeinen bei den ver- schiedenen Gruppen ganz übereinstimmend, sowohl als ganzes Epithel, als hinsichtlich der einzelnen Zellen. Die extreme Schlankheit der Zellen, die bis zu !/, des Kerndurchmessers gehen kann, so dass sich die Kerne ent- sprechend ordnen müssen, ist bereits von mir und andern beschrieben. Irrthümlich hat man wohl ein solches Zellenlager als mehrschichtig auf- gefasst und als einschichtiges Epithellager mit darunter liegenden kleinen, kleinkernigen Zellen dargestellt. Wer aber histologische Bilder höherer Thiere kennt, dem wird ein solches Epithel nicht fremd sein; bemerkens- werth ist nur, dass ein derartig complicirt gebautes Lager in Larven vorkommt, während doch sonst bei Larven einfach cylindrische Zellen neben einander stehen. Bezüglich der Schlankheit existiren einige Abstufungen ; die extremste Form habe ich bei Awinella und Myxilla gefunden; auch noch bei Esperia kommen sehr schlanke Zellen vor, bei Gellius und Reniera sind dieselben etwas weniger gestreckt, bei 408 OTTO MAAS, Chalinula viel weniger. Dadurch wird auch das Verhalten der Süss- wasserschwämme begreiflich, wo die Geisselzellen gewöhnliche Cylinder sind, so dass ihre Kerne in einfacher Lage neben einander stehen. Die Hornschwämme haben sehr gestreckte Elemente und nähern sich darin am meisten Gellius. Auch bei Betrachtung der Elemente der innern Masse sehen wir Unterschiede, zunächst in der bei sämmtlichen richtigen Cornacu- spongien schon in der Larve reichlich entwickelten Ausrüstung mit Spicula. Alle Schwämme, die im erwachsenen Zustand Schaufelnadeln aufweisen, zeigen solche neben den stabförmigen Nadeln auch in der Larve, die andern wie Toxochalina, Gellius zeigen in der Larve nur Makrosklera, trotzdem sie im erwachsenen Zustande Mikrosklera, als Toxa und Sigmata, besitzen. Es zeigt auch dieser Umstand, dass wir in den Schaufelnadeln (Chelae) eine besondere Art der Mikro- sklera zu sehen haben sowohl in phyletischer wie in physiologischer Beziehung, und dass wir die Formen, die solche besitzen, im System von den andern trennen dürfen (vgl. S. 405). Sämmtliche Species zeigen auch ein gewisses Arrangement der Nadeln in der Larve, aber in sehr verschiedener Ausprägung. Das eigenthümlichste Beispiel dieser Art bildet Esperia, wo ich es genau beschrieben habe (43, p. 419). Die Stabnadeln liegen da sämmtlich in einem grossen Bündel in der hintern Hälfte der Larve in der Axe, die Toxa nach vorn zerstreut, die Schaufelnadeln dagegen am Hinter- ende in Kugelbündeln zusammen, die ihrerseits einen Kranz bilden. In diesem Verhalten ist keine morphologische Radiärsymmetrie, sondern eine Anpassungserscheinung und Ausnutzung des Raumes zu erblicken, wie ich bereits früher erörtert habe. Es geht dies auch daraus hervor, dass bei verwandten Formen wie Desmacidon die Stabnadeln ebenso axial geordnet sind, die Schaufelnadeln dagegen nach vorn zu zerstreut liegen. Diese sind hier Doppelschaufeln, können sich also aus rein mechanischen Gründen nicht derart zu Kugelbündeln verankern. Bei Gellius ist das Arran- gement der Nadeln schwerer zu durchschauen ; jedoch ist auch hier eine Gesetzmässigkeit zu erkennen. Die Stabnadeln sind beträchtlich kleiner und haben nicht die '/,—1/, Länge der Larven; sie liegen deswegen auch nicht als einfaches Bündel in der hintern Hälfte, sondern bilden dort ein, aus schrägen Maschen aufgestelltes Gerüst, und dieses setzt sich nach vorn zu, aber da nur aus ganz wenigen Nadeln bestehend, die nahe der Oberfläche liegen, fort. Eine ähnliche Anordnung kommt bei Chalinula, Reniera und andern vor, nur dass da die Spicula, weil Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 409 dieselben im Verhältniss zur Larve viel grösser sind, kein Gerüst, sondern in der hintern Hälfte ein nach dem Pol zu convergirendes Bündel bilden, während ein anderer Theil überall nahe der Oberfläche zerstreut, aber stets tangential liegt. Dieses Verhältniss, das häufigste, scheint überall da vorzukommen, wo die Larve noch nicht sehr modi- fieirt ist, und steht jedenfalls mit der Art der Entstehung der Spicula in Zusammenhang. Es spricht dafür, dass hier am Hinterpol das Zell- material überhaupt reichlicher gedrängt liegt, während am Vorderpol mehr Gallerte und verhältnissmässig wenig Zellen liegen. Wenn man sich vorstellt, wie hier das Gewebe locker ist, so fehlt nicht viel bis zur Bildung einer Höhle, wie sie bei Spongilla thatsächlich existirt. Man könnte sich nach den Grundsätzen natürlicher Zuchtwahl sehr gut vorstellen, wie das hier dünne Gewebe bei den Schwämmen, die durch das Brackwasser in das Süsswasser einwanderten, allmählich einem Hohlraum Platz machte, der das Schwimmen im süssen Wasser durch Volumvergrösserung erleichterte. Wir hätten hier die Entwicklung einer potentiellen Anlage zum Organ. Auch in der Ausbildung der zelligen Elemente der innern Masse finden sich zahlreiche kleine Verschiedenheiten; als gemeinsam stellt sich jedoch heraus, dass bei allen Larven der einen wie der andern Gruppe zwei verschiedene Zellsorten zu erkennen sind; die einen haben grob granulirtes Protoplasma, das meist noch gröbere Einlagerungen enthält. Ihr Kern ist, ähnlich dem Eikern, ein Bläs- chen mit Nucleolus; wenn das Chromatin sichtbar ist, zeigt es sich in groben, unregelmässigen Brocken. Es sind dies die Zellen (ma ,), die ich als undifferenzirte Elemente bezeichnet habe. Denen stehen gegenüber die Zellen mit gleichmässigem Protoplasma (ma,), deren structurirter Kern ein sehr feines Chromatingerüst zeigt, die ditfe- renzirten Elemente. Die ersten sind meist nur in geringer Anzahl im Verhältniss zu den bereits differenzirten Elementen in der Larve enthalten. Unter den differenzirten Zellen (ma,) finden sich ebenfalls Ver- schiedenheiten in Ausbildung und Anordnung, die aber nicht syste- matisch verwerthbar sind. Manche zeigen bereits die Form contractiler Faserzellen, liegen meist tangential und werden bei einigen Larven allem Anschein nach zur Contraction verwandt. Andere Larven haben solche Zellen in radiärer Anordnung, die sich dann im dichtern Haufen der undifferenzirten Zellen verlieren. Andere Zellen etc. zeigen eine epitheliale Ausbildung besonders am Hinterpol. Sie sehen von der Oberfläche polygonal aus, liegen pflasterartig neben einander und sind A10 OTTO MAAS, ganz flach, so bei Myzilla; bei andern Schwämmen dagegen finden wir am hintern Pol mehr cubische, bei wieder andern cylindrische Elemente. Wieder andere Zellen zeigen den Charakter von fixen Bindegewebszellen, die in der Gallerte liegen. Bei der einen Species sind, wie die Figuren zeigen, diese, bei der andern Species jene Zellen mehr hervortretend, und ich kann bei allen diesen quantitativen und qualitativen Abstufungen keine so festen Kategorien anerkennen, son- dern fasse in Anbetracht dieser Gradationen die innere hintere Masse als einheitlich auf. Dafür spricht 1) das spätere Schicksal, nach meiner wie nach DE- LAGE’s Darstellung, wo cellules épidermiques und intermédiaires zur epithelialen Bedeckung, die einen auf der Oberfläche, die andern in Hohl- räumen, benutzt werden; 2) die Herkunft dieser Zellen beim Embryo, die DELAGE, welcher seine Beobachtungen erst an der schwimmenden Larve begann, nicht in Erwägung ziehen konnte. Bei allen Cornacuspongien haben wir nämlich etliche en vor der fertigen Larve ein Stadium im mütterlichen Körper, wo wir (Fig. 8 u. 73) einen rein zweischichtigen Embryo sehen; die spätern Geissel- zellen liegen, wenn auch nicht epithelial, so doch in erkennbarer An- ordnung kleinkernig und in grösserer Anzahl um die übrige Masse herum. Letztere ist eine einheitliche Schicht von lauter gleich aussehenden Zellen, alle mit grob granulirtem Proto- plasma und Dottereinlagerungen mit bläschenförmigem und einen Nucle- olus enthaltendem Kern; es sind also die undifferenzirten Elemente (ma,). Aus diesen Zellen gehen mit fortschreitender Entwicklung, durch Theilung und Differenzirung nach der einen Seite die epithelialen, die contractilen und bindegewebigen Elemente der Larve hervor, auf der andern Seite bleiben davon eine Anzahl undifterenzirter zurück, die in den Schwamm als Material der Geschlechtszellen hinüberge- nommen werden. Die Differenzirung geht in verschiedenen Larven verschieden weit. Bei der einen Species kann das, was bei einer andern eine definitive Configuration des Hinterpols ist, ein nur vorüber- gehender Zustand sein und ein richtiges Plattenepithel ausgebildet werden; bei der einen Larve können ganze Züge contractiler Spindel- zellen in Function treten, während bei andern solche Zellen erst im jungen Schwamm auftreten u. s. w. Alle diese Zellsorten leiten sich aber von einer einzigen Schicht undifferenzirter Elemente (ma) ab, die von einer andern Schicht kleinerer Zellen (a), abgesehen vom einen Pol, überlagert wird. Das Zustandekommen dieses zweiblättrigen Stadiums wird man Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 411 sich nach Analogie mit hôhern Thiergruppen als durch Epibolie ge- schehen denken und das Stadium selbst als „epibolische Gastrula‘ (oder ev. epibolische „Pseudogastrula“) bezeichnen können, wenn es Jemand um Worte zu thun ist. Eine solche Bezeichnung hätte auch eine theilweise Berechtigung, aber die Dinge liegen nicht so einfach. Denn 1) wirken zwei Factoren bei der Hervorbringung dieses zwei- schichtigen Stadiums, die Umwachsung nicht nur, sondern auch die Ungleichheit der Furchungstheile, und diese beiden beeinflussen sich in verschiedener Weise gegenseitig; 2) sind die Unterschiede innerhalb derselben Schwammgruppe in Bezug auf Ungleichheit der Furchung, das Hervorbringen einer Furchungshöhle und den Grad der Umwachsung beträchtlicher, als dass sich daraus ein morphologisches Bild mit ein- heitlicher Bezeichnung ergeben sollte. Gerade die ersten Vorgänge können sich schon ziemlich abweichend verhalten und werden durch accidentelle Ursachen mitbestimmt, z. B. durch die Lagerung der Embryonen im mütterlichen Körper. Das vergleichende Studium solcher Verhältnisse und deren directe Ein- wirkung auf den Keim wäre vielleicht für spätere Untersuchungen ein interessantes Feld. Die beiden ersten Furchungen sind bei sämmtlichen Species äqual, ihre Elemente stehen meridional und senkrecht zu einander; die Ungleichheit beginnt von da ab, also mit der dritten Furche. Diese schneidet äquatorial die vier vorhandenen Theilstücke durch, aber nicht bei allen Species gleichzeitig, ferner ist die Ungleich- heit der dadurch entstandenen 4+ 4 Theilstiicke bei der einen Species mehr, bei der andern weniger hervortretend. Die Fur- chungshöhle, die virtuell stets auf diesem Stadium vorhanden ist, wird auf dem folgenden Stadium deutlicher, dann insbesondere, wenn die Ungleichheit der spätern Blastomeren eine beträchtliche ist; in diesem Fall bleibt die Höhle auch ziemlich lang bestehen. Wenn dagegen eine spiralige Drehung schon des vierzelligen Stadiums sicht- bar ist und dementsprechend bei der äquatorialen Furchung eine Zelle nach der andern durchschnitten wird, und wenn ferner die Ungleichheit der Theilstücke nicht so ausgesprochen ist, ist eine Höhlung viel weniger deutlich wahrzunehmen. Auch ver- schwindet sie sehr bald dadurch, dass die Eier sehr eng gepresst im Follikel liegen und die Blastomeren zugleich mit ihrer Vermehrung ins Innere gedrängt werden. Auf einem spätern Stadium mit noch verhältnissmässig wenigen Theilstücken ist bei solchen. Formen der Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 27 412 OTTO MAAS, Unterschied zwischen Makromeren und Mikromeren kaum wahrnehmbar, was den Anlass zur Beschreibung einer Morula gegeben haben mag. Bei einiger Aufmerksamkeit und mit besondern Hülfsmitteln kann man jedoch, namentlich auf einem etwas spätern Stadium, Unterschiede sowohl im Kern wie im Zelleib nachweisen, derart, dass das Protoplasma der einen Zellen etwas klarer wird und ihr Kern eine Structur aufweist, während die andern dottergefiillten noch wie das Ei einen bläschen- formigen Kern mit Nucleolus besitzen. Aus dem erwähnten Stadium geht bei Embryonen sowohl mit als ohne Höhle dadurch, dass sich die äussern Zellen schneller theilen als die innern, jenes Stadium der deutlichen Zweischichtigkeit hervor, das für die gesammten Cornacuspongien charakteristisch ist. Bei einigen Formen, wie Desmacidon, besteht selbst auf diesem Stadium noch eine Höhle, die erst durch Ausfüllung mit Gallerte verschwindet, bei andern ist dieses Stadium compact. Wie sich aus einem solchen Embryo die Larve bildet dadurch, dass sich nach Ausscheidung der Spicula die einzelnen Schichten histologisch differenziren, ist oben berührt worden. Die einzelnen Typen bilden bei diesen Vorgängen nur graduelle Unterschiede, ebenso wie die fertigen Larven im innern Bau principiell übereinstimmen und nur in Aeusserlichkeiten differiren, deren Bedeutung oben gewürdigt worden ist. Auch das Verhalten während des Larvenlebens ist bei allen dasselbe. Die Bewegungen und der Habitus dieser Cornacuspongien - Larven im Meerwasser sind sehr charakteristisch und machen eine Verwechslung mit Cölenteraten-Larven unmöglich. Das Larvenleben ist stets nur von sehr kurzer Dauer, und das Ansetzen geschieht in normalen Fällen immer mit dem vordern Pol. Noch übereinstimmender sind bei allen die Vorgänge der eigent- lichen Metamorphose. Die äussere Geisselzellenschicht, die in der Larve den grössern Theil der Oberfläche ausgemacht hat, kommt ins Innere zu liegen, und die Zellen der innern Masse, die am Hinterpol, manchmal schon in epithelialer Lagerung, zu Tage traten, wachsen um sie herum, bis sie vollständig die Bedeckung bilden. Einen Durch- bruch derselben durch die Masse der Geisselzellen glaube ich nicht annehmen zu müssen, vielmehr erscheint es mir nach meinen Bildern, besonders von Clathria, als geschähe diese Umwachsung vom Pol aus. Wenn aber ein so umfangreiches Lager wie das der Geisselzellen in der Larve ins Innere rückt, müssen nothwendig Faltungen desselben eintreten, worauf auch meine Bilder von Clathria und die DELAGE- schen von Esperella hindeuten. Der Schnitt kann möglicher Weise Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 413 dann so treffen, dass die innere Masse durch die Geisselzellen durch- gedrungen zu sein scheint, wihrend man in Wirklichkeit durch Ver- gleichung der ganzen Serie die Schicht der kleinkernigen Zellen unter einander in Zusammenhang findet. Ein wirklicher Durchbruch der Geisselzellenschicht muss bei Spongilla und den Hornschwimmen er- folgen, deren Larven vollständig bewimpert sind. Nach Analogie so- wohl wie nach den bei den letztern auftretenden Bildern lässt sich aber annehmen, dass auch hier der Vorgang nicht regellos an der ganzen Peripherie stattfindet, sondern eine gewisse Direction in der Umwachsung sich geltend macht. Die Umwachsung geht sehr schnell vor sich, ist meist in weniger als 1/, Stunde beendet, und es tritt nun bei allen Schwämmen eine äusserliche Ruhepause ein, während welcher im Innern die gegenseitige Durchdringung der beiden Gewebsschichten herbeigeführt wird. Diese anscheinende Pause, während der der junge Schwamm mit Ausnahme der durchsichtigen dünnen Randpartie ganz opak aussieht, dauert etwa 11/, Tage; alsdann zeigen auftretende Lücken und hellere Stellen, dass die Bildung des Canalsystems begonnen hat. Die Art der Ver- wendung des Zellenmaterials zu den Canälen ist bei allen genau die gleiche; das Auftreten der einzelnen Hohlräume zeigt jedoch einige Verschiedenheiten. | In den meisten Fällen lassen sich bei diesen Schwämmen fast gleichzeitig zweierlei Arten von Hohlräumen unterscheiden, die einen in der Masse der kleinkernigen Zellen, also tiefer gelegen, die andern in der äussern parenchymatösen Masse. Die erstern Lacunen sind die Andeutungen der ausführenden Gänge, um die sich dann die kleinkernigen Zellen gruppiren, wenn sie sich histologisch zu Kammern ausbilden. Die andern Spalten sind die Anlagen des zuführenden Systems. Dies wäre das typische Verhalten; da aber, wo die Sub- dermalräume des erwachsenen Schwammes eine weitgehende Entwick- lung erreichen, treten sie auch im jungen Schwämmchen sehr früh und noch vor den ausführenden Lacunen auf. Sie zeigen sich dann als Spalten, die parallel der Schwammoberfläche liegen und sich bald stark erweitern, während in gewöhnlichern Fällen die einführenden - Gänge einen radiären Verlauf nehmen. In der räumlichen Anordnung der beiden Hohlsysteme können wir stets ein Choanosom von einem Ectosom dadurch unterscheiden. Ob die Zellen, die die einführenden Canäle resp. ihre Erweiterungen, die Subdermalräume, auskleiden, sich von demselben Material der Oberfläche ableiten, ist bei 27* 414 OTTO MAAS, der Kleinheit der Objecte nicht zu entscheiden: jedenfalls sind es ganz dieselben Zellen (ma,), die sich in der Larve als differenzirte Elemente vorfinden. Ein Theil von diesen, der nicht zu Gängen oder Oberflächenbekleidung verwandt ist, bildet sich zu contractilen Faser- zellen aus; dies erfolgt aber ziemlich spät, und es bleibt noch ein weiterer Rest von solchen Zellen (ma,) zu anderer Verwendung übrig. Die ausführenden Lacunen behalten nämlich nicht die kleinkernigen Zellen als Begrenzung, sondern je mehr sich Kammern ausbilden, desto mehr zeigt sich auch die Wand der ausführenden Gänge von gestreckten Epithelzellen (ep, ma,) gebildet. Die letztern beweisen durch Grösse ihres Kerns und ihres Protoplasmaleibs, dass sie nicht aus Umformungen von kleinkernigen Zellen entstanden sein können. Manchmal erfolgt da, wo im erwachsenen Schwamme die ein- führenden Gänge sehr reducirt sind, gegenüber einem mächtig ent- wickelten Cloakenrohr die Bildung der ausführenden Hohlränme ausser- ordentlich früh. Doch sind alles dies nur zeitliche Verschiebungen, im Princip ist nur festzuhalten, dass alle Hohlräume getrennt von einander entstehen und erst nachträglich mit einander in Verbindung treten, sowie ferner, dass wir es mit zwei durch Herkunft und Lage verschiedenen Hohlraumsystemen zu thun haben. Der letztere Umstand ist noch auf ganz vorgerücktem Stadium bei völlig ausgebildetem Canalsystem wahrzunehmen (Taf. 20, Fig. 24). Wir sehen alsdann am tiefsten gelegen die ausführenden Lacunen, mehr nach der Ober- fläche zu die Subdermalräume und zwischen beiden Arten von Lücken ein die Kammern enthaltendes Parenchym. Von der Oberfläche sind die Subdermalräume durch eine Rinden- partie getrennt, durch welche die intracellulären Poren hindurchleiten. Der Wasserstrom gelangt, je nachdem, durch die Poren direct oder durch Subdermalräume in die einführenden Gänge und dann in die Kammern; manchmal sitzen auch Kammern direct den Subdermal- räumen an. Während die Kammern mit dem einführenden System nur durch einen kaum sichtbaren Spalt, den Kammerporus, in Verbindung stehen, öffnen sie sich, wie aus ihrer Entstehungsgeschichte hervorgeht, weit nach den ausführenden Hohlräumen. Letztere vereinigen sich zu einem Cloakenrohr, das, ohne mit den andern Hohlräumen zu com- municiren, aufsteigt und mit dem Osculum ausmündet. In den meisten Fällen habe ich beobachtet, dass die aus einer Larve hervorge- - zu Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 415 gangenen Schwämmchen auch nur ein Osculum besassen , andrerseits gesehen, dass sich oft mehrere Larven zusammensetzten. Es liesse sich aus solchen Zygosen vielleicht das Entstehen vieler Oscula an jungen Schwämmchen erklären. Doch ist dies nur eine Wahrschein- lichkeit, und es erscheint nicht einwandsfrei, das Osculum als Kriterium der Individualität des Schwammes zu benutzen. Die Fortentwicklung des Parenchyms erfolgt in ähnlich überein- stimmender Weise bei den verschiedenen Gruppen wie die Ausbildung des Canalsystems. Zwischen den contractilen und den bedeckenden Elementen tritt eine Arbeitstheilung ein, derart, dass die erstern namentlich in der Umgebung der Gänge (als Sphincteren) in das Parenchym rücken, und dass sich durch weitere Abflachung der letztern nunmehr auch ein histologischer Unterschied bemerkbar macht. Andere differenzirte Elemente sind zu einer Art Bindegewebszellen geworden und haben eine sternförmige unregelmässige Gestalt oft mit feinen Ausläufern angenommen. Wieder andere sind es, die zu einer be- sondern Art von Bindezellen werden, indem sie sich zu Gruppen zu- sammenlegen und die Abscheidung von Spongin beginnen, durch welches die Nadeln in Zügen zusammen gehalten werden. Auch die Zellen, die bei den Hornschwämmen das echte Spongin liefern, sind von gleicher Herkunft. Es bleiben noch die in der Larve undifferenzirt gewesenen Ele- mente (ma,) übrig, die als solche in den jungen Schwamm mit hinüber- genommen werden. Würde der Process der Differenzirung dort weiter fortschreiten, so hätten wir bald keine solchen Elemente mehr. Da sie aber in Wirklichkeit im Schwamm stets zahlreich vorhanden sind, so ist zu schliessen, dass sie sich von nun ab vermehren, indem sie ihre histologischen Eigenthümlichkeiten beibehalten, speciell in Bezug auf den Kern. Sie liefern die amöboiden Wanderzellen (am), und aus diesen und zwar nur aus diesen gehen dann die Geschlechts- producte hervor. Wir haben also, wenn wir die Entwicklung dieser Elemente zurückverfolgen, eine sehr frühe Sonderung der Generations- und Soma-Zellen, eine Continuität des Keimplasmas, indem sich die letztern Zellen gewissermaassen von den erstern subtrahiren, und ins- besondere ist bemerkenswerth, dass der Unterschied beider sich im Kern nachweisen lässt. 416 OTTO MAAS, 2. Vergleich mit dem Entwicklungsgang in andern Schwammgruppen. Zur Verwerthung des Gesammtbildes, das sich aus der Betrachtung einer Reihe von Cornacuspongien ergiebt, ist es nöthig, der Stellung zu gedenken, die die betreffende Gruppe in der Classe einnimmt, und zu prüfen, ob sie eine ursprüngliche oder eine von andern abgeleitete ist. Wir sind für die Cornacuspongien nicht in der glücklichen Lage, unsere untersuchten Objecte, wie es viele Autoren thun, als sehr ur- sprünglich und darum ohne weiteres für schwerwiegende Folgerungen brauchbar zu bezeichnen, vielmehr müssen wir dieselben als recht modificirte Vertreter des Typus ansehen. Wir nehmen dabei die ver- gleichende Anatomie zu Hülfe und ersehen daraus, dass nicht, wie es früher eine Zeit lang galt, die Monaxonier eine ursprüngliche Gruppe sind, sondern dass (wir folgen dabei den lichtvollen Ausführungen VosMAER’s) die Kieselschwämme mit viel-(sechs-)strahligen Nadeln die ältesten Formen darstellen, dass innerhalb der Ordnung sich eine Degeneration geltend macht, die bis zu den mit einstrahligen Nadeln versehenen Halichondrien (s. a.) führt, und dass bei diesen Formen „in dem Spongin ein neues Moment hinzukommt, das sie wieder in die Höhe bringt“. Wir haben also die oben betrachteten vier Gruppen der Cornacuspongien ziemlich, und die Hornschwämme voll- ständig am Ende eines Zweiges zu sehen. Auf der andern Seite ist zu berücksichtigen, dass auch Formen wie Plakina und Oscarella nicht als ursprüngliche, sondern trotz ihres einfachern Canalsystems nur als nach anderer Seite abgezweigte gelten können, so dass Species der Tetraxonia wie Tethya, von denen man nur ungeschlechtliche Ver- mehrung kennt, oder gar Hexactinelliden, von denen man gar nichts von der Fortpflanzung weiss und schwerlich so bald wissen wird, in morphologischer Hinsicht wichtiger wären. Die Kalkschwämme hängen mit den Kieselschwämmen wohl nur an der Wurzel zusammen, worauf schon das sehr frühe Auftreten der Spicula bei den letztern hinweist. Andrerseits zeigen sich aber doch so viel Gleichheiten im Schwammbau, eine den Kieselschwämmen ganz entsprechende Abstufung der einzelnen Familien in der Vollkommenheit der Ausbildung des Canalsystems und der histologischen Elemente, dass wir nicht nur, wie selbstverständlich, auf eine gemeinsame Abstammung, sondern auch auf ein zeitweises Zusammengehen als Schwämme zu Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 417 schliessen berechtigt sind. Ob wir uns das so zu denken haben, dass sich aus skeletlosen, aber im übrigen Bau typischen Schwämmen sehr früh nach der einen Seite die Kalk-, nach der andern Seite die Kiesel- spongien abgeleitet haben, oder wie es auch möglich ist, dass bei pri- mitiven Kieselschwämmen die Kieselsalze des Skelets durch Kalksalze ersetzt wurden, bleibt dahingestellt. Was die Zusammengehörigkeit beider Gruppen noch mehr zur Erscheinung bringt, ist die grosse Uebereinstimmung im Entwick- lungsmodus, bei dem sich in beiden Gruppen je zwei ver- schiedene, aber auf einander zurückführbare Typen feststellen lassen. Sehr übereinstimmend mit dem oben geschilderten Bild der Cornacuspongien - Entwicklung ist der eine bei Kalkschwämmen vor- kommende Typus, wie er uns besonders von Sycandra raphanus durch die zuverlässigen Untersuchungen F. E. Scaurze’s bekannt geworden ist (63 u. 67). Die einzelnen Homologien, auf die von mir bereits in einer frühern Mittheilung (44) und dann später von DELAGE (10, p. 402) aufmerksam gemacht wurde, sind so offen- bar, dass sie kaum einer besondern Erwähnung bedürfen und schon beim Blick auf die Abbildungen klar werden. Die Geisselzellen der Sycandra-Larven am vordern Pol entsprechen durch Lage und Herkunft wie durch Verwendung nach der Metamorphose genau den Geisselzellen der Kieselschwammlarve, nur scheinen sie weniger zahlreich entwickelt zu sein, so dass die grössern, dotterreichen Zellen von ihnen nicht umschlossen werden. Auf diesen letzten Unterschied möchte ich aber um so weniger Gewicht legen, als wir nach meinen Untersuchungen in der Entwicklung der Kieselschwämme diese Um- schliessung in verschiedenem Grad ausgebildet sehen und bei Myzilla z. B. in gewissen Stadien ebenso gut von einer Amphiblastula reden könnten. Die grossen dotterreichen Zellen sind die Homologa dessen, was ich bei Kieselschwämmen innere, hintere Masse genannt habe, und auch hierin liegt ein Beweis, diese letztere einheitlich aufzufassen. Bei Sycandra selbst sind in der freischwärmenden Larve gewöhnlich noch keine Differenzirungen dieser Zellen eingetreten, auch ist bis jetzt nicht näher verfolgt, wie solche nach dem Festsetzen vor sich gehen. Allein nicht nur nach Analogie, sondern auch nach dem wenigen That- sächlichen, was vom Schicksal der grossen Zellen in weitern Stadien bekannt ist, zeigt sich, dass dieselben nicht nur die Bedeckung, son- dern auch die Spiculazellen und andere Elemente des sog. Mesoderms liefern. Darauf weisen insbesondere die Beobachtungen von METSCHNI- KOFF nachdrücklich hin (50, tab. 21, fig. 13, fig. 15), wo in den 418 OTTO MAAS, grossen Zellen der freischwärmenden Larve vorzeitig schon ähnliche Differenzirungen stattgefunden haben wie sonst bei Kieselschwämmen. Auch die Embryonalentwicklung zur Larve lasst sich fast Schritt für Schritt zum Vergleich heranziehen. Hier wie dort verlaufen die ersten Furchungen äqual und in meridionaler Richtung. Später er- folgt mit Eintritt der äquatorialen Furche die Ungleichheit der Theil- stücke, nur dass dies bei Sycandra erst zwischen dem 8- und 16- zelligen Stadium stattfindet. Deren Resultat ist ein aus zwei ver- schiedenen Zellsorten gebildeter Keim, dessen eine Elemente durch Nahrungsdotter, dessen andere durch Geisseln bemerkenswerth sind. Ob das Einstülpen der grossen Zelle, die ,,Pseudogastrulation der Sycandra, der Umwachsung bei den Kieselschwämmen entspricht, also eine Invaginations-Pseudogastrula einer epibolischen Pseudogastrula, sei einstweilen dahingestellt. Jedenfalls ist der bei der Metamorphose eintretende Vorgang des Umwachsenwerdens der Geisselzellen bei Sycandra, die „Gastrulation“, durchaus parallel dem entsprechenden Vorgang bei Kieselschwämmen, und die Verschiedenheiten, die dabei eintreten, lassen sich leicht daraus erklären, dass die Larven der erstern eine Höhle haben, die der letztern nicht, so dass, wie auch DELAGE betont, das Hineinrücken der Geisseln bei den letztern aus mechanischen Gründen erschwert ist. Es sei nun noch bemerkt, dass die Amphiblastula-Larve bei den Kalkschwämmen nicht nur an Sycandra, sondern an einer ganzen Anzahl von Formen vorkommt und, wenn auch nicht das ursprüng- lichste Verhalten darstellend, doch nicht als cänogenetisch so bei Seite gestellt werden darf, wie es von manchen Theoretikern ge- schieht. Sie erscheint bei Ascandra lieberkühni laut KELLER (26), bei Ascandra contorta laut BARROIS (1), bei Leucandra aspera laut METSCHNIKOFF (50) und bei Ascaltis botryoides laut TOPSsENT (78). Ganz abweichend und, soweit die jetzigen Beobachtungen reichen, schwer mit der an Sycandra und den Kieselschwämmen gewonnenen Kenntniss zu vereinbaren, ist, soweit jetzt bekannt, die Entwicklung von Ascetta. Hier soll eine richtige Blastula als freischwärmende Larve vorkommen, in deren Höhlung Zellen einwandern, welche zum Ento- und Mesoderm werden, während die Geisselzellen sich zur Bedeckung des künftigen Schwammes umformen sollen. Wenn man jedoch die betreffenden Angaben von O. Scumipt und METSCHNIKOFF genauer prüft und namentlich auch die Lücken be- denkt, die die Angaben jener speciell über das Festsetzen aufweisen, so wird man ohne Zwang zu der folgenden Hypothese über den wahren de. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 419 Verlauf der Ascetta-Ontogenie gelangen !). Die sog. Blastula scheint mir zu keiner Zeit eine echte Blastosphära von ganz gleichen Zellen darzustellen, vielmehr sind am hintern Ende die Zellen von vorn herein grösser, und ob diese alle wirklich Cilien tragen, ist bei dem Umstand, dass die frühern Untersucher nicht geschnitten haben, sondern an der lebenden Larve beobachteten, nicht mit Sicherheit zu sagen. Jeden- falls folgt aber laut Abbildung (50, tab. 23, fig. 9) später ein Stadium, wo die hintern Zellen deutlich verschiedenartig sind, kaum dass noch etwelche ins Innere gewandert wären. Wir haben also eine Larve vor uns, die der Amphiblastula von Sycandra entsprechen Könnte, nur dass die granulirten Zellen hier eine geringe Ausdehnung besitzen. In spätern Phasen bilden mehr und mehr solcher granulirter Zellen, vom hintern Pol aus einrückend, die innere Masse, und solche Larven (50, tab. 23, fig. 10) lassen sich dann noch! besser den Stadien von Kieselschwämmen, besonders von Myxilla vergleichen. Ob es dabei zu einer nachträglichen Schliessung am hintern Pol kommt und dann auch dort Geisselzellen sitzen, scheint mir nicht wesentlich (wir hätten dann ein Verhalten, das unter den Noncalcarea dem der Horn- schwämme analog wäre). Doch macht es nach den Abbildungen den Eindruck, als sei hier bei Ascetta der hintere Pol von allem An- fang an bis zur Metamorphose different und aus granulirten Zellen gebildet, entsprechend dem Verhalten von Esperia etc. Nach Allem, was die Untersuchungen METSCHNIKOFF’s und O. Scumipt’s über die Metamorphose bringen und nicht bringen, schliesse ich, dass auch diese in einer den Kieselschwämmen und Sycandra entsprechenden Weise vor sich geht. Schon O. Scumipt’s Ueberlegung, dass das Geisselzellenlager der Larve zu mächtig sei, um einzig nur die Bedeckung des Schwammes zu liefern, veranlasst neben andern Erwägungen DELAGE zu dem Schlusse, dass die Geisselzellen ins Innere rücken und zu Kragenzellen werden. Noch deutlicher scheint mir die Umkehr der Schichten aus METSCHNIKOFF’s Figuren hervorzugehen, 1) Es ist dies eine ähnliche Hypothese wie die DrLaces (10, p. 403), zu der ich aber, was ihre Wahrscheinlichkeit erhöht, unab- hängig gelangt bin. Auch von dritter Seite ist, wie mir seither mitgetheilt wurde, ebenfalls unabhängig dieselbe Ansicht ausge- sprochen worden, nämlich von E. A. MıncHım, der den muth- maasslichen Verlauf der Ascetta-Entwicklung schon in seinen Vor- lesungen ähnlich wie oben hinstellte. Wirkliche Sicherheit wird aber nur durch die thatsächliche Beobachtung erreicht werden; viel Glück demjenigen, der bald mit modernen Mitteln der Technik an diese Unter- suchung herantreten wird. 490 OTTO MAAS, sowohl aus solchen, die einen differenten Hinterpol an der Larve zeigen, als besonders aus einem Stadium nach der Metamorphose (50, tab. 23, fig. 15). Hier liegt mehr nach aussen eine Masse granulirter Zellen und ganz nach innen eine Anzahl von Cylinderzellen. Ich sehe nicht ein, warum man diese letztern gewaltsam aus den innern Zellen der Larve herleiten soll, während sie doch im Aussehen ganz den frühern Geisselzellen gleichen. Die zwei weitern Zellsorten, die METSCHNIKOFF findet, lassen sich durchaus meinen differenzirten und undifferenzirten Elementen (ma, u. ma,) vergleichen. Ich glaube daher, dass auch hier die Geisselzellen der Larve die gleiche Rolle haben wie bei Syc- andra und dass die innere Masse der Ascetta-Larve die Bedeckung, die Spiculabildner etc. liefert (nur mit der Modification, die sich durch das zeitlich spätere Auftreten der innern Masse von selbst ergiebt). Noch leichter lässt sich die von METSCHNIKOFF beschriebene Larve von Ascetta blanca (50, tab. 23, fig. 17) als Amphiblastula auffassen und mit Sycandra homologisiren. Auch in andern Schwammgruppen darf man wohl eine Amphi- blastula, d. h. eine Larve, die am vordern Pol Geisselzellen, am hintern Pol Körnerzellen trägt, als nicht selten vorkommend annehmen. Sie ist wenigstens mehrfach und zwar bei weit auseinanderstehenden Genera gefunden worden. Nassonow bildet (54, tab. 19, fig. 9) von Clone eine solche Larvenform ab, und interessant ist, dass auch Chondrosia (Gummina) eine solche laut Barroıs (1) besitzen soll. Die Entwicklung von Halisarca ist trotz METSCHNIKOFF’S Unter- suchung (50, p. 349 ff.) noch nicht genügend bekannt. Mir scheint die Larve ziemlich an die der Cornacuspongien, speciell der Hornschwämme zu erinnern. Schon der Verlauf der Furchung ist ganz ähnlich wie in dieser Gruppe (50, p. 353), „die ersten vier Zellen sind noch gleich, bei weiterer Zerklüftung bemerkt man kleinere und grössere Ele- mente“, die Furchungshöhle ist sehr klein; der Autor betont, wie schon früh Zellen ins Innere rücken, die er als Zellen eines zweiten Blattes in Anspruch nimmt. Er nennt diese Zellen ihres körnigen Aussehens wegen Rosettenzellen (und es erscheint mir bemerkenswerth, dass dieselben nicht von einer Blastosphära von cylindrischen Zellen ins Innere wachsen, sondern auf einem indifferenten frühen Furchungs- stadium). Meiner Ansicht nach sind die Rosettenzellen meinen un- differenzirten Elementen (ma,) gleich zu setzen; es ergiebt sich das auch daraus, dass diese Zellen mit fortschreitender Ausbildung an Zahl geringer und zwischen ihnen andere Elemente, „die feinkérnigen Mesodermzellen‘‘ sichtbar werden, jedenfalls ganz derselbe Process, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 491 den ich als Differenzirung in Anspruch genommen habe. Die er- wachsene Larve besteht, ausser dieser innern Masse, aus einem äussern Geisselepithel, das an einem Pol deutlich verschiedene stärkere Zellen aufweist; sie ist also auch hierin den Cornacuspongien, speciell den Hornschwämmen nicht unähnlich, und ich glaube, dass man deshalb Halisarca im System noch weiter von Oscarella stellen muss, als man es bisher gethan hat. Es wird sich bei günstiger Gelegenheit an Schnittserien heraus- stellen, dass hier ebenfalls die Geisselzellen ins Innere rücken und zu Zellen der Kammern werden; METSCHNIKOFF’s Angaben weisen an mehreren Stellen auf diese Auffassung hin, namentlich da, wo er dar- stellt, wie die Geisseln verloren gehen (50, p. 356) und man erst mit Reagentien ein von den Geisselzellen sehr verschiedenes Plattenepithel darstellen kann. Nach meiner Ansicht ist das letztere nicht aus den Geisselzellen entstanden, sondern es setzt sich zusammen aus darüber- gewanderten differenzirten (gleichmässig gekörnelten) Zellen der früher innern Masse. Auch die Abbildungen, besonders fig. 16 auf tab. 20, | können darauf hinweisen; tab. 21, fig. 1 zeigt ein späteres Stadium, das ich so auslege, als begännen sich im Innern die frühern Geissel- zellen zu Hohlräumen zu ordnen, und die andere Schicht liege darum herum, ohne dass sich ein Ectoderm deutlich abgeschieden habe, ganz entsprechend den Vorgängen bei Cornacuspongien. Recht abweichend scheint sich dagegen ein Entwicklungsmodus zu verhalten, der eine wichtige Schwammgruppe betrifft und an den weitgehende theoretische Erörterungen geknüpft worden sind, die Meta- morphose von Oscarella, die uns nach Heıper’s Darstellung vorliegt (25). Wir hätten hier eine Blastosphäralarve, deren hinterer, etwas differenter Pol sich gegen den vordern einstülpt; dadurch entstehen dann zwei ungleichwerthige Zellenlager, und durch radiäre Faltung des eingestülpten, des ,,Entoderms“, werden dann die Geisselkammern gebildet. Um diese Entwicklung mit der der Kieselschwämme zu ver- einbaren, weist DELAGE auf Hkıper’s eigene Aeusserung hin, wonach sich gelegentlich auch der vordere Pol einstülpen könne, und nimmt: an, dass das Zellenlager der Blastula bei Oscarella indifferent sei, und dass sich erst beim Ansetzen durch accidentelle Ursachen, je nachdem, die Zellen des einen oder des andern Pols in verschiedener Weise zu epidermiques oder zu Kammerzellen ausbilden können. In mancher Beziehung spricht für diese Fähigkeit der gelegent- lichen Differenzirung ein Punkt, den DELAGE nicht betont hat, nämlich dass auch bei der erwachsenen Oscarella die Epidermiszellen Geisseln 499 OTTO MAAS, tragen, mithin der histologische Unterschied zwischen ihnen und den Kammerzellen niemals so gross ist wie bei andern Schwämmen, ferner aber, dass auch beim erwachsenen die mesodermale Schicht stets auf sehr geringer Entwicklungsstufe bleibt und namentlich keine Stiitz- elemente (Nadeln) vorhanden sind. In Beriicksichtigung dieser histo- logischen Eigenthiimlichkeiten des erwachsenen Schwammes komme ich zu einer andern Möglichkeit und beziehe mich dabei auf HEIDER’S eigene Worte (25, p. 199), wonach er im Zweifel ist, ob der Ent- wicklungsgang, wenn sich der hintere Pol einstülpt, der normale ist +): Meine Ansicht ist, 1) dass sich normaler Weise der vordere Pol einstülpt, und 2) dass zwischen beiden Polen eine grössere Ver- schiedenheit existirt, als es zunächst den Anschein hat. Ich habe schon zu wiederholten Malen auseinandergesetzt, wie man nur aus sehr zahlreichen statistisch zusammengestellten Fällen den Pol des Festsetzens mit Sicherheit nachweisen kann, (43, p. 423) und dass Einstülpungen während des Larvenlebens, die HEIDER für morphologisch wichtig halt, bedeutungslos sein können (s. 0. S. 383). Ich glaube dem- nach, dass auch bei Oscarella wie überall die Einstiilpung mit dem vordern Pol beim Festheften, wie es HEIDER ebenfalls gesehen hat, die Regel ist. Zu der Annahme, dass die Blastophära nicht aus gleichartigen Zellen zusammengesetzt, sondern der hintere Pol (in meinem Sinne) differenzirt ist, komme ich durch HEIıDEr’s eigene Beschreibung. Abgesehen vom Pigment, das sich hier findet, haben die Zellen hier nicht den Aussenrand (Kragen, Exoplasma), den die übrigen seitlichen und vordern Zellen der Blastula aufweisen; laut BARROIS sollen sie auch hier stärker sein. Ich sehe also in diesen hintern Zellen schon die künftigen Epithelzellen, die ja auch im erwachsenen Schwamm ihre Geissel 1) Wer die Schwierigkeiten kennt, mit denen man zu kämpfen hat, um normale Stadien zu erhalten, der wird gegen eine im Binnen- land angestellte Untersuchung an marinen Schwammlarven einige Be- denken nicht verwinden können. Es gilt allerdings von der Hriner- schen Arbeit, dass sich in der Beschränkung der Meister zeigt, und es ist erstaunlich, welche Fülle von Beobachtungen und guten Folgerungen der Autor aus wenigen Stadien zu machen verstanden hat. Allein Hiper selbst sogar äussert Zweifel, ob die von ihm beobachtete Ent- wicklung die normale sei, und ich stehe nicht an, zu behaupten, dass auch bei Oscarella trotz aller Sorgfalt der Beobachtung eine Nach- untersuchung aus ähnlichen Gründen wie bei Ascetta erwünscht ist. ———— de ot Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 493 behalten. Ferner finden sich laut Hrıper’s sorgfältiger Beschreibung zwischen den Geisselzellen flaschenförmige Gebilde, die ähnlich wie meine Drüsenzellen bei Axinella aussehen, die also jedenfalls später dem Parenchym zugehören würden. Ich vergleiche demnach die Zellen des hintern Pols bei Oscarella plus einer Anzahl zwischen den übrigen Zellen liegender Elemente mit der innern hintern Masse der Kiesel- schwämme, mit den grossen Körnerzellen der Sycandra, mit dem Hinterpol etc. von Ascetta und setze die übrigen Geisselzellen der Oscarella-Larve den Geisselzellen s. c. dieser andern Formen gleich. Ich glaube, dass dieselben in derselben Weise zu Kammer- zellen werden; ja, ich möchte sogar in der Faltenbildung, die HEIDER beschreibt, einen entsprechenden Vorgang sehen wie in den Falten resp. Einsenkungen des Geissel- zellenlagers, die ich z. B. von Clathria abbilde (Taf. 20, Eig. 19). Auch die Herper’schen Divertikel sind ja noch nicht die Kammern selbst, sondern diese entstehen wohl erst durch weitere Faltungs- processe. Eine bedeutendere Abweichung ergiebt sich dann nur durch das Fehlen von „mesodermalen‘‘ Elementen in der Larve wie im jungen Schwamme. Wenn wir aber die verhältnissmässig geringe Ent- wicklung des Mesoderms der erwachsenen Oscarella im Vergleich zu dem der Cornacuspongien berücksichtigen, so können wir in dessen spätem Auftreten in der Ontogenie keine auffallende, sondern nur eine erwartete Differenz von den Kieselschwämmen erblicken, und diese erscheinen der Oscarella weniger fern, als es zuerst scheinen mochte. Aehnlich mag es bei weiterer Untersuchung mit der Entwicklung von Plakina gehen; in der That ist diese, wie sie von F. E. Schutze in einzelnen Stadien genau beschrieben, aber noch nicht im Zusammen- hang verfolgt ist (71), schon heute eher mit den Resultaten an Cornacuspongien und Sycandra zu vereinbaren, als dies von Oscarella gilt. Das Stadium der richtigen „Blastula“ scheint nur ein sehr vor- übergehendes zu sein. Die eigentliche Larve möchte ich nach ScHULZE’s eigner Beschreibung und Abbildung nicht als solche bezeichnen. Schon aus den Habitusbildern (71, fig. 22 und 30) ergiebt sich, dass der hintere Theil der Larve nicht hohl, sondern von Gewebe aus- gefüllt ist. In diesem hat SCHULZE auch Kerne erkannt; es ist also über allem Zweifel erhaben, dass wir hier eine ebensolche innere Masse wie bei Kieselschwämmen vor uns sehen. Wahrscheinlich sind auch schon Zellen nach dem vordern Theil gelangt, wo die Furchungs- höhle noch bestehen geblieben ist, so dass ein ganz ähnliches Ver- 494 OTTO MAAS, hältniss Platz greift wie bei Myxilla etc. (vgl. Fig. 9). Die Aehnlich- keit ist um so grösser, als bei Plakina monolopha, namentlich aber bei dilopha der hintere Pol durch Färbung deutlich verschieden ist. Jedenfalls haben wir keine Blastosphära, sondern eine der zwei- blattrigen Kiesel- und Kalkschwammlarve gut homologisirbare Larven- form vor uns. Das Festsetzen hat F. E. SchuLze nicht beobachtet, sondern das nächste Stadium, das er giebt, ist wenige Stunden später abgefangen. Dann sind aber gerade bei normalen Individuen schon eine Anzahl Veränderungen abgelaufen, und die Herkunft der Schichten bei solchen festgesetzten Stadien von den Schichten der Larve kann dann nur nach Analogie geschlossen werden. Ich glaube, entsprechend meinen Beobachtungen an Kieselschwämmen, andere Beziehungen annehmen zu müssen als SCHULZE, um so mehr, als auf seinen Abbildungen die jungen Schwämme sich den entsprechenden Stadien von Cornacuspon- gien ganz parallel verhalten. ScHULzE beschreibt zuerst ein Stadium, wo ein äusseres Epithel und eine innere Masse von wenig charakteri- sirten Zellen unterscheidbar sei. Dieses ist wohl das Stadium der gegenseitigen Durchwachsung der Schichten, und sicherlich ist das äussere Epithel von den darunterliegenden Zellen nicht so scharf ab- gegrenzt. Letzterer Umstand zeigt sich namentlich noch an einem etwas spätern Stadium, dessen Abbildung (l. c. fig. 27) für uns be- sonders wichtig ist. Das äussere Epithel ist von der darunter gelegenen Schicht nicht deutlich gesondert, diese mittlere Schicht dagegen gut von einer ganz innen gelegenen Schicht von Zellen, die einen Hohl- raum umgeben, abzutrennen. Letztere stammen nach meiner Ansicht, ganz entsprechend wie bei Sycandra etc., von den Geisselzellen der Larve. Ich befinde mich mit Scuunze nur in Differenz bezüglich der Deutung (weil nach ihm die der äussern Bedeckung sich von den Geisselzellen der Larven ableiten soll) und möchte auf Grund seiner eigenen Bilder dies Stadium nicht für dreischichtig sondern für das typische zweischichtige Stadium ansehen, welches nach dem Ansetzen die Schichten der Larve in umgekehrter Lagerung zeigt. Die äussere Masse sammt der epithelialen Bedeckung entspricht jedenfalls der innern hintern Masse (und vielleicht auch einem Theil der Geissel- zellen) der Larve, das innere Epithel der Hauptmenge der Geissel- zellen der freischwärmenden Larve. Es ist also dieses Stadium durch- aus homolog dem festgesetzten von Sycandra (67, tab. 19, fig. 8) und dem von Kieselschwämmen z. B. (hier Taf. 20, fig. 20; 43, fig. 25, Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 425 10, tab. 17, fig. 3a). Die Sonderung der Elemente ist erst so weit gediehen, dass sich aus der früher innern Masse der Larve einstweilen nur diejenigen Zellen geschieden haben, die das Epithel der Oberfläche bilden; die Auskleidungszellen der Canale sind noch nicht als solche wahrzunehmen, auch die Geisselzellen sind vorläufig nur um einen einheitlichen Hohlraum gruppirt, was wahrscheinlich wie bei Reniera mit einer starken und frühen Ausbildung des ausführenden Systems zusammenhängt. Die weitere Entwicklung rechtfertigt meine Deutung der Schichten; aus den innersten Elementen entstehen die Kammern, die Gänge bilden sich aus den äussern Zellen. Ich kann also nur in der Herleitung der Schichten aus der Larve Scxurze nicht Recht geben, der eben die zwischenliegenden Stadien der Metamorphose bei Plakina nicht beobachtet hat und deswegen zu andern Homologien gekommen ist. Seine Bilder, insbesondere die wichtige fig. 27, stimmen aber mit den von Sycandra und den Cornacuspongien be- schriebenen tiberein. 3. Vergleich mit andern Thiergruppen. Es kann keinem Zweifel unterworfen sein, dass der in seinem erwachsenen Zustand dreischichtige Körper der Spongien sich aus zwei Blättern aufbaut. Bei allen in dieser Arbeit behandelten Cornacu- spongien und auch bei Kalkschwämmen wie Sycandra tritt dieser zweiblättrige Zustand im Embryo innerhalb des mütterlichen Körpers und in der freischwärmenden Larve, sowie mit Umkehr der Schichten auch noch kurz nach der Metamorphose deutlich zu Tage, und auch diejenigen Schwämme, deren Larven nicht so sicher als zweischichtig in Anspruch genommen werden können (Ascetta, Plakina), zeigen die Zweischichtigkeit unzweifelhaft nach der Metamorphose. Als wirklich epitheliales Blatt repräsentirt sich auf solchem Zustand die Gesammtheit der Geisselzellen, die die Kammern aufbauen; dagegen haben sich die Zellen der äussern Bedeckung noch nicht vollständig abgeschieden, und das „Mesoderm“ erweist sich schon dadurch, dass diese Sonderung ontogenetisch wie phylogenetisch nicht so früh eintritt, nur zusammen mit dem Aussenepithel als einheitliches Blatt. Ich habe eine derartige Auffassung, laut welcher die Elemente des „Mesoderms“ des erwachsenen Schwammes sich in verschiedenen Phasen der Ontogenie herausbilden und ein Theil von ihnen der epi- thelialen Bedeckung näher verwandt ist als andern Zellen der mittlern 426 OTTO MAAS, Schicht, schon früher ausführlich erörtert (44), und DELAGE hat seit- her eine ähnliche Darstellung gegeben. Das Erste, was sich, abge- sehen von den Genitalzellen, zum mittlern Blatt abscheidet, sind die Zellen des Skelets, die Spicula-Bildner. Die contractilen Elemente und das eigentliche Epithel sind dann noch unter einander indifferent, und die Contractilitat kommt dann noch allen Zellen zu, ein Stadium, das phylogenetisch in der Schwammreihe etwa durch Ascetta clathrus dargestellt wird. Erst mit der Ausbildung der ein- und ausführenden Gänge werden alle epithelialen Elemente definitiv, und die übrig bleibenden differenzirten Zellen sind (ma,) dadurch zu Zellen des Bindegewebes geworden. In letzterm liegen nunmehr gewöhnliche Binde- gewebszellen und besondere, die die Nadeln zu Ziigen zusammenhalten, ferner die oben erwähnten Skeletbildner und endlich eine Reihe von aus der Embryonalzeit her undifferenzirt gebliebenen Zellen, die amö- boiden Wanderzellen, aus denen die Geschlechtsproducte hervorgehen. Wir sind also wohl berechtigt, von den Schwämmen als zwei- blättrigen Thieren zu reden; sehr viel schwieriger gestaltet sich aber die Frage, ob und wie diese zwei Blätter den Keimblättern der höhern Thiere zu vergleichen sind. Es liegen hierfür zunächst zwei Möglichkeiten vor: 1) Die grossen körnigen Zellen der Sycandra, die hintern innern Zellen der Cornacuspongien sind Ectoderm, die Geisselzellen Entoderm, wie es für Sycandra wenigstens F. E. SCHULZE ausgesprochen hat. 2) Die Geisselzellen entsprechen den Geisselzellen bei den Larven der höhern Thiere, sind also ectodermal; die grossen Zellen mit Dotter sind, wie überall im Thierreich, entodermaler Natur, bei der Meta- morphose tritt eine Umkehr ein: die Schwämme stehen also in ent- gegengesetzter Lagerung der Schichten wie alle andern Metazoen (BALFOUR). Wir werden jede der beiden Ansichten und etwaige Modificationen davon auf ihre Wahrscheinlichkeit zu prüfen haben und dann sehen, ob es nicht noch eine dritte Möglichkeit giebt. Für die Aufstellung der ersten Ansicht war der erwachsene Schwamm, nicht ein Entwicklungsstadium der leitende Ausgangspunkt. Man sträubte sich offenbar gegen den Gedanken, als sei das deutliche, äussere Epithellager, das man im erwachsenen Schwamm als Ecto- derm bezeichnet hatte, etwas anderes als das Ectoderm der übrigen Thiere und als käme dasselbe von etwas anderm her als von einem auch im embryonalen Leben so zu bezeichnenden Keimlager. Die Entwicklung von Sycandra, von der SCHULZE ausging, liefert, wenn Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 497 auch mit einigem Zwang, die Möglichkeit einer solchen Deutung, da bei diesem Schwamme die Verhältnisse in der Larve einfacher liegen und sich eine Furchungshöhle erhält. Dadurch war es möglich, das nach der Furchung sich ergebende Stadium, trotzdem es zweierlei sehr ver- schiedene Elemente enthält, noch als eine Art Blastula, als Amphi- blastula, zu bezeichnen und offen zu lassen, welchen der beiden Pole man als den ectodermalen und als den entodermalen anzusehen habe. Ohne Rücksicht auf die Bewegungsrichtung und die zwischendrein er- folgende „Pseudo“-Einstülpung erfolgte dann die Namengebung ent- sprechend dem Schicksal der Zellen im erwachsenen Schwamm, und so nannte SCHULZE die grossen Zellen der Larve wirkliches Ectoderm, die Geisselzellen Entoderm. Eine Schwierigkeit lag aber für diese Auffassung, wie alle ihre Vertreter auch eingestehen, darin, dass die Zellen mit ihrem Dotterreichthum ectodermal sein sollten, die Zellen mit Geisseln entodermal, also ein umgekehrtes Verhalten wie in allen andern Thiergruppen, und man half sich damit, diese Form der Onto- genie von Sycandra als cänogenetisch verändert zu bezeichnen. Eine Stütze für die Meinung, dass diese Entwicklungsart von Sycandra eine ganz abweichende sei und auch bei den andern Schwammgruppen keine Parallele finde, war der damalige Stand der Kenntnis von der Ent- wicklung der übrigen Schwämme. Man nahm an, dass sich bei den andern, speciell den Kieselschwämmen das spätere Epithel des Schwammes aus Geisselzellen der Larve bilde! und aus der innern Masse (,Entomesoderm“) die Kammerzellen und die Bindesubstanz, mit den Nadeln, ihren Ursprung nähmen. Daher musste man in der gezwungenen Homologisirung noch weiter gehen und die Geisselzellen der Kieselschwämme als homolog den dotterreichen, geissellosen Zellen von Sycandra betrachten, während die innere Masse bei den Kiesel- schwämmen, die man dann den Geisselzellen der Sycandra hätte ver- gleichen müssen, sich eigentlich gar nicht homologisiren liess. Dies um so weniger, als man erkannt hatte, was aber manche Theoretiker ignorirten, dass die grossen Zellen bei Sycandra nicht nur das Platten- epithel, sondern bestimmt auch Zellen der mittlern Masse, die Spicula- Bildner und wahrscheinlich noch mehr liefern. Nach den neuern Untersuchungen über die Kieselschwämme ist diese Schwierigkeit geschwunden; wir wissen, dass auch bei diesen die Geisselzellen der Larven die Kammern liefern, dass eine Umkehr der Schichten erfolgt und also auch hier die grossen Elemente Epithel + mesodermale Masse liefern. Es fragt sich, ob wir die Deutung der Lager, die schon bei Sycandra gezwungen erschien, für die ähn- Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 28 si 428 OTTO MAAS, : lich gebauten, aber weiter differenzirten Kieselschwarmlarven ebenfalls anwenden sollen, oder ob uns die letztern einen Fingerzeig geben, dass wir die Sycandra-Entwicklung anders deuten müsssen. Letzteres scheint mir in der That der Fall zu sein. Hatten wir bei den Kieselschwimmen ebenfalls eine hohle Keimblase, an deren beiden Polen verschiedenartige Zellen stiinden, so kénnte die Deutung als Ectoderm und Entoderm wie bei Sycandra bis zur fertigen Entwicklung in suspenso bleiben. Hier haben wir aber bei der Hervorbringung der zwei verschiedenen Zellenelemente verschiedene Abstufungen von Vorgängen der inäqualen Furchung, von deutlicher bis zu ver- schwundener Furchungshöhle und eine derartige Aehnlichkeit mit der Keimblätterbildung der höhern Thiere, dass wir zunächst für die Kieselschwämme Stellung nehmen können. Ein unbefangener Beobachter würde jedenfalls nach dem Studium der Kieselschwämme allein die ersten Vorgänge, die eine zweiblättrige Larve zu Stande kommen lassen, als wirkliche Gastrulation, vergleichbar der der höhern Thiere, und den Vorgang bei der Metamorphose als einen Umwachsungsprocess secundärer Natur, der bei den Schwämmen einzig dasteht, bezeichnen. Wenn man aber berechtigter Weise die zweischichtige Larve der Kieselschwämme, wie sie von Axinella, Esperia etc. beschrieben ist, zunächst mit der von Sycandra homologisirt und dabei die für letztere bis jetzt bestehende Anschauungs- und Bezeichnungsweise annimmt, so müsste man den Vorgang der Schichtenbildung bei Kieselschwämmen als Pseudogastrulation (und zwar als „epibolische“ Pseudogastrulation) und den mit dem Ansetzen verknüpften Process der Einwanderung der Geisselzellen als eigentliche Gastrulation auffassen. Um diese, wie mir scheint, durchaus gezwungene Auffassung für die Kieselschwämme zu retten, liessen sich verschiedene Versuche machen. Man könnte mit einigem Zwang auch die Kieselschwamm- larve als Amphiblastula mit Geisselzellen am vordern, mit massigen Elementen am hintern Pol bezeichnen. Man würde damit die eigent- liche Umwachsung leugnen und sagen, dass im Laufe der Furchung am einen Pol sich die einen, am andern Pol sich die andern Zellsorten gebildet hätten. In der That lässt der Furchungsprocess mancher Formen, wie z. B. Myxilla, eine solche Deutung zur Noth zu; jedoch sind von solchen hohlen Formen bis zur vollständigen Umwachsung, wie sie bei den Hornschwämmen vorkommt, und die man eigentlich kaum anders denn als Epibolie bezeichnen kann, durch eine Anzahl Kiesel- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 499 schwämme alle Uebergänge gegeben. Eine Verwirrung ist unmöglich, wenn man die Namen epibolische Gastrula und Amphiblastula zunächst ausschliesst und sich nicht an Worte, sondern an die Begriffe selbst hält. Alsdann sehen wir, dass zwischen den Larven von Sycandra einerseits und denen der Hornschwämme andrerseits kein principieller Unterschied vorhanden ist. An Sycandra schliessen sich Formen wie Myxilla an, daran solche wie Esperia, an diese Typen wie Reniera, Gellius, Chalinula und endlich Spongilla und die Hornschwämme, und bei diesen letzten Formen ist eine thatsächliche vollständige Um- wachsung unleugbar. Die Anhänger der von Sycandra ausgehenden Betrachtungsweise konnten noch ferner bemerken, dass die ersten Vorgänge, die zur Bildung der Larve führen, unter den einzelnen Arten sehr verschieden sind, also eher als Pseudogastrulation und Anpassung gedeutet werden könnten, während die spätere Umwachsung bei allen Formen gleich typisch auftritt. Aber auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Selbst wenn man den Umstand nicht hoch anschlägt, dass bei dieser zweiten „Gastrulation‘‘ bei Kieselschwämmen keine Höhlung auftritt (nach neuen, unveröffentlichten Beobachtungen soll auch bei Sycandra eine Höhle nicht nothwendig sein), und selbst wenn man alle spätern Lagerungen der kleinen Zellen, wie dies immerhin möglich ist, als fortgesetzte Faltungen des Geisselepithels auffasst, so sind doch die Vorgänge der Kammerbildung selbst mindestens so verschieden wie die, die zur Pseudogastrulation geführt haben. Letztere möchte ich daher eher als wirkliche Gastrulation ansprechen, zumal auch bei einer solchen innerhalb derselben Gruppe des Thierreichs vielerlei Abstufungen vorkommen können. Nachdem wir also sehen, dass die Gründe für die Ansicht, eine „Pseudogastrulation“ in der Bildung der Larve und eine Gastrulation im spätern Umwachsungsprocess bei Kieselschwämmen zu sehen, nicht zu- treffen, sind noch die Gründe zu erwähnen, die direct dagegen sprechen. Hierzu gehört vor allem, dass man doch dann von einer Gastrulation nicht reden kann, wenn auf dem derselben vorangehenden Stadium das zukünftige ,,Ectoderm“ keine einheitliche Schicht mehr, sondern eine Masse sehr verschieden differenzirter Zellen mit Bindesubstanz darstellt. Ferner kann man nicht einen Vorgang Gastrulation nennen, wenn das vorangehende Stadium bereits eine solide Larve ist und wenn das künftige ,,Ectoderm‘ vorher nicht wie bei Sycandra am Pol, sondern ganz nach innen liegt. Wir werden vielmehr mit Sicher- heit den bei Kieselschwämmen innerhalb des mütterlichen Körpers 28* 430 OTTO MAAS, stattfindenden Vorgang als Gastrulation und die bei der Metamorphose erfolgende Umwachsung als einen secundären Process ansehen und diese Ansicht, da man nicht von Kalkschwimmen auf Kieselschwimme übertragen darf, umgekehrt auf die Kalkschwämme anwenden. Wir diirfen letzteres um so eher thun, als dann einige Punkte der bis- herigen Sycandra-Auffassung, die gezwungen erscheinen, in Wegfall kommen, so. z. B. dass es die Ectodermzellen seien, die den Dotter in sich aufgespeichert halten. Man könnte sich zu dieser An- nahme noch, wenn auch widerstrebend, entschliessen, wenn diese Zellen sich nicht auch ausserdem einstülpten; man hat diesen Vorgang, um den Ectodermbegriff zu retten, für eine Pseudoeinstülpung erklärt. Aber zwei gezwungene Annahmen zu machen, die eine, um die andere damit zu erklären, scheint mir unangebracht, wenn man durch Weg- fallen beider eine zwanglose Vereinigung mit den mittlerweile studirten Typen erzielen kann. Eine Schwierigkeit liegt darin, dass wir nicht bloss diese eine heteropole Art der Larven bei den Schwämmen kennen (die allerdings bei Kalk- und bei Kieselschwämmen vorkommt), sondern dass es, eben- falls bei beiden Gruppen, noch einen zweiten Typus der Entwicklung giebt. Bei diesem, wie er durch Ascetta und Plakina repräsentirt wird, scheint eine der Blastula sich nähernde Larvenform hervor- gebracht zu werden, in deren Innerem erst nachträglich die andern Elemente, die man als Entoderm ansprechen kann, auftreten. Wie ich aber oben zu zeigen versucht habe, lässt sich auch dieser Typus wohl mit dem andern vereinigen, und die Metamorphose, die noch wenig bekannt ist, wird ebenfalls eine Verwendung der Geisselzellen zu Kammern ergeben ; wenigstens weist das, was vorliegt, hierauf hin, und es dürfte dieser Typen wegen keine besondere Hypothese noth- wendig sein. Anderer Ansicht in diesem letzten Punkt ist DELAGE, der im Anschluss an den verschiedenartigen Entwicklungsgang der Oscarella, Ascetta, Sycandra und der Kieselschwämme eine andere, sehr be- achtenswerthe Meinung ausgesprochen hat. Er nimmt eine indifferente Blastula als ontogenetisches , eine Protozoen - Colonie gleichartiger Individuen als phylogenetisches Ausgangsstadium an, an dem sich je nachdem, durch ‚„actuelle“ Ursachen früher oder später, Differenzirungen ausgebildet hätten; bei Oscarella durch das Festsetzen, bei Ascetta, am Ende des Larvenlebens. Es liessen sich dann bei Sycandra die zwei verschiedenen Zellenelemente nur schwer mit den Keimblättern der höhern Thiere vergleichen (10, p. 415), bei den Kieselschwämmen, wo Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 431 so viele verschiedenartige Elemente da sind, gar nicht mehr. Er kommt daher zu der Annahme, dass auch die Schwimme eine Diffe- renzirung einzelner Zellenelemente zeigen, dass diese Differenzirung aber nicht im Sinne der Blätterbildung höherer Thiere geschehe, sondern dass eine Arbeitstheilung unter den Zellen ein- getreten sei, indem die einen sich besonders zu epithelialen, die andern zu Stützelementen etc. ausgebildet hätten. Erstens scheinen mir aber die genannten Typen der Entwicklung nicht so sehr verschieden zu sein, wie DELAGE annimmt, sondern sich auf eine einheitliche Art erklären zu lassen (s. 0.); zweitens stimmt es mit seiner Auffassung, wonach die Schwämme dann folgerichtig ganz abseits der Metazoen von Protozoen abgeleitet werden müssen, nicht überein, dass die im mütterlichen Körper vor sich gehende Embryonalentwicklung, die DELAGE nicht studirt hat, sich so sehr leicht mit den ersten Stadien anderer Thiergruppen vergleichen lässt. Allerdings könnte man auch sagen, die Bildung des zweischichtigen Keimes sei keine Recapitulation der Phylogenie, sondern die kleinen Zellen müssten aus rein mechanischen Ursachen die grossen umwachsen. Die Verschiedenheit der vorkommenden Processe spricht sehr für die grosse Wichtigkeit der in der einzelnen Ontogenie wirken- den physiologischen Factoren. Auch liesse sich geltend machen, dass die Zellelemente, die bei den Schwämmen umwachsen werden, nicht, wie bei höhern Thieren, später der Verdauung vorstehen, sondern Genitalzellen, Stützelemente etc. liefern. Daraus könnte man schliessen, dass, so ähnlich der erste Umwachsungsvorgang bei den Schwämmen der Epibolie bei höhern Thieren ist, diese Aehnlichkeit doch nur auf Analogie beruhe, dass die Schwämme also ebenfalls die Tendenz zur Schichtenbildung im Keime zeigen, dass diese Schichten aber nicht den Blättern der übrigen Thiere entsprächen. Wie dem auch sei, jedenfalls wird aus dieser Auseinandersetzung so viel hervorgehen: entweder darf man die Keimschichten der Schwämme gar nicht mit den Blättern der übrigen Thiere vergleichen, oder, wenn man homologisirt, ent- sprechen die Geisselzellen dem Ectoderm, die grossen Zellen dem Entoderm. Noch schwerer zu beantworten ist die Frage, wie und warum aus einer solchen zweischichtigen, schwärmenden Form sich der Schwamm- organismus entwickelt habe; hier greifen aber blosse Hypothesen Platz, wie solche von BALFOUR (1), von HEiDEr (25) und von VOSMAER (80) 432 OTTO MAAS, geäussert worden sind. Die Annahme Batrour’s, dass das Ueber- wachsen der grossen, der Nahrungsaufnahme vorstehenden Zellen da- mit in Zusammenhang stehe, dass jetzt bei der festsitzenden Lebens- weise die Nahrung aufnehmenden Elemente über einen möglichst grossen Raum ausgedehnt werden miissen, konnte so lange bestehen, als wir noch an die Rolle der Plattenepithelien als Ernährer der Zellen glaubten. Jetzt ist aber, besonders nach LeNDENFELD’s Untersuchungen (34), wohl ziemlich sicher anzunehmen, dass diese Function den Kragen- geisselzellen zukommt. Ferner wäre bei BaLrour’s Hypothese die geringfügige Rolle dieser letztern im Verhältniss zu ihrer grossen Aus- bildung nicht zu erklären. Der Hrıper’schen Theorie, nach der „eine Gastrula-ähnliche Stammform sich mit ihrem Mund festsetzte, um auf diese Weise an Steinen nach Nahrung zu suchen“, kann ich, so geist- reiche Ausführungen sie auch weiter enthält, deshalb nicht beipflichten, weil ich ihre Voraussetzung nicht anerkennen kann; denn ich halte die Larve nicht für eine Blastula, sondern für heteropol, und ich glaube ferner, dass dieselbe sich nicht mit ihrem entodermalen Pol, sondern wie Sycandra und die Kieselschwämme mit dem entgegen- gesetzten festsetzt. Plausibler erscheint mir eine Hypothese Vos- MAER’S (80), „dass in einer Colonie von Protozoen Functionsdifferenzen in den einzelnen Zellen aufgetreten wären, durch Bildung von Spicula die Larve zu schwer zum Schwimmen wurde und zu Boden sank“. „Als festsitzende Thiere mussten sie sich in einer besondern Weise entwickeln, um den Kampf ums Dasein auszuhalten; es musste die Nahrung und Athmung gesichert sein, und so bildete sich bei einer im Ganzen niedrigen Entwicklungsstufe doch ein ausgeprägtes Canal- system aus.“ Für diese Hypothese spricht, wie VOosMAER selbst bemerkt, das frühe Auftreten der Spicula, und wie ich jetzt wieder beobachten konnte, sind die Spiculoblasten die ersten Zellen, die sich aus den indifferenten Zellenelementen der innern Masse herausdifferenziren. Eine grosse Schwierigkeit für die Auffassung liegt aber, wie mir scheint, in folgender Ueberlegung: Das Festsetzen ist Folge der Ausbildung von Spicula, die Spicula sind von Kalk oder Kiesel, Kalk- und Kiesel- schwämme sind in ihrem Bau und Hauptzügen übereinstimmend, der eigenthümliche Schwammbau ist aber doch wohl erst in Folge des Festsitzens erworben, kann also das Festheften eine Folge der Spicula- ausbildung sein? Vielleicht liesse sich dieser Schwierigkeit durch die Annahme begegnen, dass die ersten Schwämme Kieselschwämme waren und dass von einem Theil dieser durch Ersatz der kiesel- Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 433 sauren Salze durch Kalksalze die Kalkschwämme abstammten. Die primitiven Kalkschwämme, wie die Asconen, waren dann rückgebildete Formen. Es scheint mir aber ebenso gut möglich, dass das Festheften nicht eine Folge der Spieulabildung ist, sondern umgekehrt, und dass das Festheften seinen Grund in einer Veränderung im Modus der Nahrungsaufnahme hat, die (nicht in einer Protozoencolonie, sondern) an einem zweischichtigen Thier eintrat. In Folge grossen Wachsthums bilden sich dann in der innern Masse Gänge und Hohlräume aus, die dieselbe der Durchströmung zugänglich machten, und dass die Geisselzellen ihre Rolle als geisseltragende Elemente beibehalten, aber ihren Ort wechseln, was doch der Kernpunkt der ganzen Metamorphose ist, wäre dann so zu erklären, dass dieselben Elemente, die vorher zur Locomotion des Ganzen gedient, durch eine Art von Functionswechsel vermöge der ,0eco- nomie der Mittel“ zur Erzeugung dieser Strömung durch den Körper verwandt wurden. Aber auch diese An- sicht, eine Modification der VosmArRr’schen, ist einstweilen eine blosse Hypothese. Jedenfalls lässt sich aber von der Stellung der Schwämme fol- gendes aussagen : Die Schwämme sind echte Metazoen, insofern als sie Eier und Sperma bilden, und als verschiedene Zell- sorten zu Geweben von specifischer Leistung ausge- — bildet sind. Sie sind möglicher Weise auch in so fern echte Metazoen und haben noch ein Stück weiter den Stamm- baum mit diesen gemeinschaftlich, als sie von zwei- blättrigen Ahnen sich herleiten, deren beide Blätter man dem Ectoderm und Entoderm vergleichen kann. Sie haben aber jedenfalls von da an (wenn nicht von Anfang an) einen von allen übrigen Metazoen ab- weichenden Entwicklungsgang eingeschlagen dadurch, dass die Geisselzellen der Locomotion nach innen kamen. Sie sind auf keinen FallCölenteraten, in so fern als ihre Gewebschichten dem äussern und innern Blatt der Cölenteraten nicht homolog sind und als ihr Canal- 434 OTTO MAAS, system absolut anderer Herkunft ist. Jede Homo- logisirung der erwachsenen Cölenteraten mit den Spongien EL der entwicklungsgeschichtlichen Grundlage. Sie zeigen in der nach dem Festsetzen erfolgenden Entwicklung eine Ausbildungsart ihrer Gewebe und Organe, die von der aller übrigen Thiere principiell verschieden ist. Die -Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 435 Literaturverzeichniss. (Die Literatur, soweit sie Angaben über Embryonalstadien und Larven enthalt, ist hier ziemlich vollständig, andere Werke über Schwämme jedoch nur in so weit aufgeführt, als der Text direct auf sie Bezug hat.) t, 2. 3. 10. IT: 13. Bazrour, F. M., On the morphology and systematic position of the Spongida, in: Quart. Journ. Micr. Sc., vol. 19, 1879. Barrois, Cu., Mémoire sur |’ embryologie de “quelques Éponges de la Manche, in: Ann. Sc. Nat., (sér. 6), T. 3, 1876. BOWERBANK, IS, Monograph of the British Spongiadae, vol. 1—3, London, Ray-Society, 1864, 1866, 1874. CARTER, J. 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F' Ansatzstellen. d Dottereinlagerung. M Mesoderm im Erwachsenen. ma, undifferenzirte Zellen. HT Furchungshöhle. ma, differenzirte Zellen. E Embryo. ep epithelial diff. Zellen. X. hintererer Pol. spb Spicula-Bildner. Pi Pigment. SP15953 Spicula-Ziige. k Geisselkammer. am amöboide Wanderzellen. f Follikel. sp Stabnadeln. Tafel 19. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Myxilla rosacea. Fig. 1—3, 5—11 sind Schnitte, 4 ein körperliches Bild, 12—14 Isolationspräparate. Fig. 1. Ei im Follikel (f). Letzterer durch Träger (ir) von dem übrigen dichten Gewebe des „Mesoderms“ geschieden. n Keimbläschen mit 2 deutlichen Nucleolen, d Dottereinlagerungen. Fig. 2. Zweitheiliges Stadium im Längsschnitt. (Von nun an ist der Follikel weggelassen.) Fig. 3. Querschnitt durch ein viertheiliges Stadium ziemlich durch die Mitte. Fig. 4. Ein ebensolches viertheiliges Stadium in der Ansicht von der Seite. Man erkennt, dass auch die zweite Furche meridional ein- geschnitten hat, und die vier Blastomeren gleich sind. Fig. 5. Stadium nach Eintritt der inäqualen Furchung im Lähgs- schnitt. Man erkennt kleinere Zellen am einen Pol, grössere, ganz blastomerenartige am andern Pol, theilweise auch nach innen gedrängt, so dass eine Furchungshöhle (7), wenn auch deutlich vorhanden, so doch reducirt ist. ma Makromeren, mi Mikromeren. Fig. 6. Querschnitt durch ein weiter vorgeschrittenes Stadium. Beide Zellsorten, besonders aber die kleinern haben sich weiter getheilt. Letztere (a) liegen um die erstern herum und zeigen structurirte Kerne. Furchungshöhle noch deutlich. 440 OTTO MAAS, Fig. 7. Längsschnitt durch ein etwas vorgeschritteneres Stadium (Vergrösserung etwas stärker). Beide. Zellsorten haben sich stark ver- mehrt, namentlich die äussern (a). Letztere haben ihren Dotter ver- loren, und ihr Protoplasma erscheint gering im Vergleich zum stark tingirten Kern, die Zellen beginnen sich bereits epithelial an einander zu schliessen. Die grössern Elemente (ma) im Innern zeigen noch starke Dottereinlagerungen, bläschenförmige Kerne mit Nucleolus wie als Blastomeren. Einige Spicula sind bereits gebildet; manche andere in Spiculoblasten erkennbar (spb). Sonst aber sind alle Zellen der innern Masse unter einander noch gleich. Fig. 8. Querschnitt aus dem hintern Drittel durch ein vorge- rückteres Stadium. Die äussern Zellen (a) sehr vermehrt, epithelial ge- lagert, die einzelnen Zellen aber noch nicht gestreckt und deshalb ihre Kerne noch an der Peripherie des Embryos. Die innern Zellen ebenfalls weiter getheilt, dicht an einander liegend; manche haben bereits ihren Dotter verloren, zeigen eine längliche Gestalt und einen structurirten Kern und sind dadurch zu differenzirten Elementen (ma,) geworden, während die grösste Mehrzahl (ma,) noch rundliche Gestalt, Blasto- merenkern (n) und Dottereinlagerungen (d) aufweist. Fig. 9. Längsschnitt durch eine Larve kurz vor dem Ausschlüpfen. Die äussern Zellen sind nach weiterer Vermehrung an einem Theil der Oberfläche bereits zu einem Epithel sehr gestreckter Cylinderzellen (@,) geworden, an einem andern Theil noch nicht (a). Die Geisseln beginnen zu erscheinen. In der innern Masse ist reichlich Gallerte ausgeschieden (gal); dadurch werden die Elemente derselben auseinander- gedrängt; es lässt in derselben sich deutlich eine Anzahl differenzirter Zellen (ma,) von einer ebenso grossen Anzahl undifferenzirter (may) unterscheiden. Ausser den stabförmigen Spicula (sp) sind auch Doppel- schaufeln (ch) zu erkennen. H Rest der Furchungshöhle. Fig. 10. Längsschnitt durch die freischwärmende Larve. Die äussern Zellen (@,) bilden überall, mit Ausnahme des hintern Pols, die Oberfläche und zwar als hocheylindrisches Epithel, dessen Kerne von der Peripherie durch einen Saum Protoplasma entfernt sind, der wie schraffirt erscheint. Die Gallerte hat zugenommen, die Furchungshöhle ist dadurch verschwunden und die ganze Larve gestreckt. Die diffe- renzirten Elemente (ma,) überwiegen an Zahl vor den undifferenzirten (ma ,). Letztere liegen in einem gedrängten Haufen in der centralen Partie der hintern Larvenhalfte. Auch die Nadeln zeigen eine gewisse Anordnung, die Stabnadeln mehr axial in der hintern Hälfte, die Chelae zerstreut davor liegend. Am hintern vorgewölbten Pol zeigen die differenzirten Elemente sich bereits als epitheliales Lager. Fig. 11. Querschnitt aus dem hintern Drittel der freischwärmenden Larve, um die mehr centrale Lage der undifferenzirten Elemente (ma,) und die davon radiär ausstrahlenden differenzirten (ma,) zu zeigen. In den ersteren kleine, aber deutliche Dottereinlagerungen. Fig. 12. Zeigt vom erwachsenen Schwamm die Verbindung der dornigen Stabnadeln an den Enden durch Sponginsubstanz, wodurch ein Maschenwerk entsteht. Sponginsubstanz (§) deutlich geschichtet. 2 Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 441 Fig. 13. Die verschiedenen Formen der gedornten (sp,) undj un- gedornten (sp,) Stabnadeln im erwachsenen Schwamm. Fig. 14. Die Schaufeln (ch) und Sigmata (sig) aus demselben Prä- parat. Fig. 15. Die Anordnung der verschiedenen Nadelsorten im er- wachsenen Schwamm. In der Tiefe das Maschenwerk aus dornigen Stabnadeln (sp,) durch Spongin zusammengehalten, nach der Peripherie die ungeordneten Stabnadeln (sp,) ausstrahlend. Die andern (ch) als Fleischnadeln verwandt. ep äussere Haut. Tafel 20. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Awinella crista-galli n. sp. bis auf Fig. 19, letztere auf Clathria coralloides. Fig. 16. Schnitt aus dem Skelet. Spiculazüge (sp,), durch Spon- ginmasse verkittet, quergetroffen; peripher ausstrahlend, unverbundene Spicula (sp). Fig. 17. Anordnung der Skeletelemente in einem ganzen Lappen des Schwammes. Der Weichkörper durch Schattirung angedeutet. su Subdermalräume, ep äussere Haut, sp, Hauptzüge von Spicula, sp, Seitenzüge und sp peripher ausstrahlende lockere Nadeln. Fig. 18. Freischwärmende Larve von Axinella, in umgekehrter Orientirung wie Fig. 10 von Myxilla, entsprechend den Vorgängen des Festheftens. Der beim Schwimmen nach vorn gerichtete, beim Ansetzen verwandte Pol ist hier nach unten gewandt, der hintere Pol (x) nach oben; a äussere Geisselzellen, dr drüsenartige Zellen, ma, undifferenzirte Zellen, ma, differenzirte Elemente, die in der innern Masse und Gallerte (gal) liegen. Anordnung siehe Fig. 10 [vergl. Taf. 21, Fig. 31]. Fig. 19. Schnitt durch die Larve von Clathria coralloides in den ersten Minuten nach dem Festsetzen. Zeigt das Umwachsenwerden und Nachinnenrücken der Geisselzellen in verschiedenen Graden. Im untern Theil der Figur bilden die Geisselzellen noch die Oberfläche und zeigen epithelialen Verband, an den Seitentheilen dagegen sind sie mehr oder weniger von der Oberfläche entfernt (das Epithel sieht wie gefaltet aus) und werden von Plattenepithelzellen (ep), die vom hintern Pol (x) kommen, umwachsen. In der Lagerung dieser differenzirten Zellen ma, (ep) scheint eine bestimmte, um die Ecken wv, und x, des hintern Pols herumstrebende Richtung erkennbar. Die Larve dieser Art enthält Schaufelnadeln (ch). Sonst Figurenbezeichnung wie oben. (Vgl. Fig. 32.) Fig. 20. Schnitt durch die Larve von Azinella noch innerhalb der ersten Stunde nach dem Festsetzen. Die Umwachsung und Nach- innendrängung der kleinkernigen Geisselzellen (a) ist fast vollständig . erfolgt, nur an einer Stelle der Ansatzbasis noch nicht. Ein Theil der differenzirten Elemente bildet nunmehr die äussere Haut (ep), andere (ma,) liegen zusammen mit den undifferenzirten Zellen (ma,) mit der Gallerte als ganze Schicht um die zusammengedrängte Masse der früher aussen befindlichen Geisselzellen herum (vgl. Fig. 33). 442 OTTO MAAS, Fig. 21. Schnitt durch eine junge Awinella vom ersten Tag. Die Aussenfläche ist vollständig von differenzirten Zellen der früher innern Masse gebildet, die jetzt epithelartig (ep) angeordnet sind. Die beiden Schichten beginnen sich gegenseitig zu durchwachsen. Unter der Haut in der äussern Schicht wird das Gewebe etwas lockerer, die erste An- deutung der Subdermalräume (sw). Die innere Masse der kleinkernigen Geisselzellen wird von Spicula mit begleitenden Zellen durchkreuzt, auch sind undifferenzirte Zellen (früher ma,, von nun ab als am be- zeichnet) in ihr zu sehen. (Dies sind die Zellen, die DELAGE als groupes polynuclées in Anspruch nimmt.) Fig. 22. Schnitt durch die junge Axinella am 2. Tag; der Schwamm sitzt nicht mit der ganzen Unterfläche, sondern mit bestimmten Fusstellen (F') auf. Der peripherste Theil der Basis wird von amö- boiden Epithelzellen gebildet, die dadurch eine Randmembran darstellen, welche aus zwei Lagen, aussen nur aus einer Zellenlage besteht. Der Schwamm nimmt bestimmte Contouren an. Dies wird theilweise da- durch zu Stande gebracht, dass die Spicula sich zu mehreren ordnen und sich radiär stellen, die erste Andeutung der spätern Züge. Eine Anzahl Subdermalräume haben sich bereits gebildet, auch die klein- kernigen Zellen (a) beginnen sich zu ordnen, haben sich aber noch nicht zu Kammern formirt (vergl. auch Fig. 34). Die amöboiden, mit stark tingirten Einlagerungen versehenen Zellen sind überall zu sehen. Von den übrig gebliebenen, nicht als Epidermis verwandten differenzirten Elementen (ma,) ist ein Theil zur Auskleidung der Subdermalräume, der Rest als Bindegewebszellen verbraucht. Fig. 23. Schnitt durch den jungen Schwamm am 3. Tag. Epi- dermis (ep), Randmembran (R) und Ansatz-Füsschen (F') wie oben. Sub- dermalräume weiter ausgebildet und grösser. Die gegenseitige Durch- wachsung der Schichten weiter vorgeschritten. Auch die kleinkernigen Zellen haben sich gruppirt, theilweise zu Kammern (k), theilweise liegen sie um unregelmässige Lacunen herum. Diese letztern sind die Anlage der ausführenden Canäle und durch Lage und Begrenzung von den Subdermalräumen, die dem einführenden System angehören, leicht zu unterscheiden. Die ausführenden Gänge zeigen noch keine epitheliale Begrenzung, sondern sind Lücken in den Zellen a (vergl. auch Fig. 35). Spieulazüge weiter ausgebildet, auch seitliche Züge auftretend (vergl. Bus). Fig. 24. Schnitt durch einen mehr als 3 Tage alten Schwamm, der alle Eigenthümlichkeiten des Schwammbaues bereits aufweist. P Porus, O Osculum, Cl Cloake. In letztere münden die jetzt epithelial begrenzten ausführenden Gänge (ex) der Kammern (k). Es sind so zwei Hohlraumsysteme gebildet, deren Grenze die Kammern bilden; unter der Haut liegen die subdermalen Lacunen, eigentlich nur durch Gewebsbalken mit Spiculazügen unterbrochen, sowie durch das aus- führende Cloakenrohr, das in das Osculum endigt. Der Wasserstrom (}) führt durch den Porus in die Subdermalräume, von diesen direct oder indirect in die Kammern, aus diesen in die tiefliegenden, aus- führenden Gange und von diesen durch die Cloake zum Osculum. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 443 am amöboide Wanderzellen, zukünftige Genitalzellen, ma, differenzirte Bindegewebszellen, sp, und sp, Spiculaziige erster und zweiter Ordnung, sp lockere periphere Nadeln. Sonst wie oben. Water. a Die Figuren sind sämmtlich Schnitte verschiedener, der Gruppe 2 der Cornacuspongien angehöriger Schwämme in verschiedenen Ent- wicklungsstadien. Die Vergrösserung ist durchweg grösser als in Taf. 19 und 20, um die histologischen Verhältnisse zu zeigen. Fig. 25, 26, 27. Randpartie des Embryos von Esperia im mütter- lichen Körper in verschiedenen Stadien der Ausbildung. Fig. 25. Frühes Stadium, auf dem aber bereits die Unterscheidung der beiden Schichten sehr deutlich ist. Die innern grossen Zellen mit starken Dottereinlagerungen (d), mit bläschenförmigem Kern und Nucle- olus, die äussern viel dotterärmer mit structurirtem Kern. Spicula bereits gebildet und an der Grenze beider Schichten gelegen. Fig. 26. Beide Zellarten haben sich weiter vermehrt. In der innern Schicht lassen sich bereits einige differenzirte Elemente unter- scheiden (ma,). Die äussern Zellen sind bei Esperia auf diesem, wie auf dem vorangehenden Stadium durch ihre spindelförmige Gestalt be- merkenswerth. Fig. 27. Die äussern Zellen (a) liegen so, als seien sie gruppen- weise aus je einer Zelle entstanden (@, @,, @n, Gm). Im der innern Masse haben die differenzirten Zellen zugenommen. Fig. 28, 29, 30. Hinterer Pol der Larve von Myxilla kurz vor dem Ausschlüpfen, um die Veränderungen der dort liegenden Zellen zu zeigen. Fig. 28. Der hintere Pol x nimmt zwischen den Geisselzellen @ eine nur kurze Strecke ein, die Zellen an ihm sind differenzirte Ele- mente der innern Masse (ma,), aber noch ziemlich grosse und auch regelmässig gelagerte. Fig. 29. Der Pol beginnt sich vorzuwölben, die Zellen an ihm stehen dicht gedrängt, aber in Längsrichtung (ma). Fig. 30. Freie Larve, durch starke Gallertenthaltung ist der Hinterpol sehr vorgetrieben; die Zellen an ihm liegen platt epi- thelial (ma, ep). Sonst undifferenzirte Zellen im Innern (ma,) mit Dotterresten und Blastomerenkern. Fig. 31. Randpartie der freien Larve von Azinella. Man erkennt die einzelnen Elemente und ihre Lagerung in der Schicht der Geissel- zellen a. Zwischen denselben zahlreiche, wie Drüsenzellen aussehende grössere Zellen, die die Oberfläche nicht nur erreichen, sondern mit einem Secrettropfen (?) noch darüberragen. Ihr Kern zeigt ein feines Netzwerk, ihr Protoplasma ist dicht mit feinen Körnchen erfüllt. An den Zellen der innern Masse zeigt sich die Verschiedenheit im Bau der Kerne und des Protoplasmas zwischen den differenzirten (ma;) und den undifferenzirten Zellen (ma,). Erstere haben ausser dem Kern noch ein eigenthümliches, vacuolenartiges Gebilde (v), das in jeder einzelnen Zelle regelmässig zu finden ist. Zool. Jahrb, VII. Abth. f. Morph, 29 444 OTTO MAAS, Fig. 32. Randpartie von Clathria coralloides (vergl. Fig. 19) sofort nach dem Festsetzen. a noch unverändertes Geisselzellenlager, a, Geissel- zellen, die ihren straffen epithelialen Verband aufgegeben und von differenzirten Zellen epithelartig (ep) überlagert werden. Fig. 33. Randpartie einer Axinella ‘/, Stunde nach dem Fest- setzen (Stadium wie Fig. 20). Nach aussen zu die differenzirten Zellen (ep), die sich epithelartig angeordnet haben, weiter nach innen zugleich mit der Gallerte die übrigen (ma,) und die undifferenzirten (ma |), nunmehr amöboide Wanderzellen. Ganz im Innern die früher äussern Zellen in dichter Masse, unter ihnen auch eine amöboide mit Ein- lagerungen zu erkennen (die sich schwer von den Kernen der Zellen a unterscheiden lassen). Fig. 34. Gruppirung der kleinkernigen Zellen @ zu Kammern (k) und um ausführende Lacunen (ex). In die letztern wachsen als Be- grenzung Zellen herein (ma,), die sich von den kleinkernigen Zellen a durch Grösse des Zelleibs und Kerns unterscheiden (vergl. Fig. 22 und 23). Fig. 35. Ausschnitt aus einem jungen Schwamm, wie Fig. 24, Täf. 20; Configuration des Canalsystems vollendet. Subdermalraum mit epithelialer Begrenzung führt in die Kammern; letztere öffnen sich mit weiterm Ausgang in ausführende Gänge (en), die nunmehr eben- falls epitheliale Begrenzung aufweisen. Sonst amöboide Wanderzellen (am) [die künftigen Geschlechtszellen], Bindesubstanzzellen (ma,) und Spongin ausscheidende Bindezellen (ma,), die die Nadeln verkleben (vergl. Fig. 39). Fig. 36. Ein Hautporus, der durch den Gewebsbalken der Rinde in einen Subdermalraum führt. Der Porus (P) stellt sich als Durch- bohrung einer einzigen Zelle dar. Fig. 37. Die Epidermis mit verschieden weit geöffneten Poren, von oben gesehen. Die gewöhnlichen Plattenepithelzellen ohne deutliche Begrenzung. Am Porus stets nur eine einzige Zelle erkennbar. Die gezeichneten Zellen (ep) sind nicht „Mesoderm“ unter der Oberhaut, sondern die Oberhaut selbst. Fig. 38. Oscularendigung der Cloake von Axinella. Auf der Aussen- fläche Epidermis (ep), die von den darunter gelegenen Bindegewebszellen der Rinde (ma,) deutlich verschieden ist. Im Innern des Cloakenrohrs hat sich aber die Trennung der epithelialen Elemente von den con- tractilen (co), die den spätern Sphincter bilden, noch nicht ganz voll- zogen. Fig. 39. Ein Spiculazug von Axinella aus dem jungen Schwamm. sp, primärer, sp, seitlicher Ast, sp lockere Nadeln. Spongin ist noch nicht als einheitliche Hülle gebildet, sondern wird von den Spongio- blasten (ma,), einer besondern Form der Zellen der Bindesubstanz (may), ausgeschieden. Streifige Zeichnung der Zellen. Fig. 40. Nadelzüge einer Myxilla - Species vom erwachsenen Schwamm, bei dem ein ähnlicher Zustand Zeit Lebens bestehen bleibt, d. h. niemals Spongin abgeschieden wird, sondern die Nadeln nur durch Zellen (ma,) in unregelmässigen Maschen zusammengehalten werden. Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 445 Tafel 22. Sämmtliche Figuren sind nach dem Leben gezeichnete Habitus- bilder mit Ausnahme von Fig. 47, 50 und 51. Letztere geben Iso- lationspräparate der Larve, 47 eine ganze Larve nach Fixirung und Farbung. Fig. 41—44. Die Larve und die ersten Vorgänge des Festheftens von Gellius varius, nach dem Leben gezeichnete Skizzen (Dauer der Vorgänge 1/, Stunde). Fig. 41. Die freie Larve im optischen Schnitt. Man sieht am hintern Pol (x) den Pigmentring (pi) sowie die Krone längerer Geisseln. Das äussere Epithel (a) als schraffirter Randsaum zu erkennen. Am vordern Pol ist diese Anordnung verwischt. Die seitlichen Partien er- scheinen dunkler wegen der hier auf dem optischen Schnitt getroffenen Kerne der Geisselepithelzellen. Fig. 42. Larve kurz nach dem Ansetzen von oben; der früher hintere Pol mit dem Pigment dem Beschauer zugekehrt, so dass man den Vorderpol als zum Ansetzen verwandt erkennt. An zwei Stellen bereits deutliche Pseudopodien der Randmembran (R). An der einen Seite die ersten, spitzen Pseudopodien, an der andern Seite noch das flimmernde Geisselepithel als Begrenzung. Fig. 43. Pseudopodien allerseits, auch auf der zurückgebliebenen Seite ausgebrochen. Abflachung fortschreitend, was sich in Wellen- linien ausspricht. Einige grosse Kerne der Randzellen auch im Leben zu erkennen. Fig. 44. Ausbreitung fast vollendet, nur in der Mitte ist noch etwas von der ovalen Larvenform übrig. Pigment am Verschwinden. Fig. 45. Exemplar eines Gellius vom 4. Tag, der um einen ebenso alten Desmacidon herumgewachsen ist. Beide Schwämmchen unterscheiden sich bereits durch ihre Form, der junge Gellius beginnt die Form von drehrunden Krusten zu zeigen, die Esperia wächst als Röhre mit terminalem Osculum in die Höhe. Letzteres liegt bei Gellius seitlich und ist viel unscheinbarer. Fig. 46 und 47. Die Larve von Reniera spec. vor und nach dem Abtödten. Zeigt, dass die eigenthümliche Gestalt, die die Larven nach dem Abtödten annehmen, die im Leben durch die Configuration der beiden Schichten präformirt ist. Am hintern Pol erscheint nach Färbung ein deutliches Epithel (ep) (Fig. 47), das sich aber durch die Grösse und Lagerung seiner Kerne deutlich von dem Geisselepithel unterscheidet. Fig. 48. Der hintere Pol nach dem Leben in stärkerer Vergrösse- rung. Zeigt ebenfalls das Epithel mit den dicht an der Oberfläche lagernden Kernen, während die Kerne der Geisselzellen (a) durch einen breiten Randsaum von der Oberfläche getrennt sind. Fig. 49. Der vordere Pol bei scharfer Einstellung und sehr starker Vergrösserung. Zeigt die wirre Stellung der Geisselzellen daselbst, während an den Seiten durch ihre gleichmässige Stellung das Bild der Schraffirung hervorgerufen wird. 29* AAG OTTO MAAS, Fig. 50 und 51. Isolirte Zellen der freischwärmenden Larve von Gellius varius. Fig, 50. Die Geisselzellen, mehr oder weniger noch an den epi- thelialen Verband erinnernd (Druckpräparat). Fig. 51. Die Zellformen der innern Masse (ma,) die undifferenzirten Zellen mit verschiedenen Dottereinlagerungen, zum Theil amöboid (am). spb Spiculabildner, ma, differenzirte Zellen, manche von gewöhn- licher Form, andere als lange Spindelzellen, andere als Plattenepithel- zellen entwickelt. Fig. 52. Die Randpartie der Axinella-Liarve im Leben bei starker Dehnung, wodurch Lücken zwischen den Geisselepithelzellen auftreten und die einzelnen Zellen und Geisseln sichtbar werden. Nach innen zu die undurchsichtige Masse der Kerne. Fig. 53. Aufsicht auf die in Metamorphose begriffene Randpartie von Gellius (Stadium zwischen Fig. 42 und 43) bei stärkerer Vergrösserung. Wellenlinien der Abflachung. Man erkennt drei verschiedene Contouren I, II und III, die den Process der Metamorphose in verschiedenem Grad zeigen. An J oben noch Geisselzellen in epithelialer Lagerung, unten auseinandergerückte Geisseln. An IJ nur noch vereinzelte Geisseln aus der Tiefe her sichtbar, Epithelzellen sich darüberschiebend. An III oben noch einige Geisseln sichtbar, sonst vollständiges Plattenepithel. Die am meisten verschiedenen Stadien sind die mit @ und ep bezeichneten Punkte. Fig. 54. Randpartie mit Randmembran (R), von der einige amö- boide Zellen besonders weit nach aussen gekrochen sind, ohne darum den Zusammenhang unter sich und mit dem Schwamm zu verlieren. Fig. 55. Junge Myxilla noch am 1. Tag. Die Masse der klein- kernigen Zellen im Innern ist ringförmig und lässt dadurch in der Mitte eine Partie hellern Gewebes frei (ma). Fig. 56. Schwärmende Larve von Euspongia officinalis. Vorderer Pol ähnlich wie bei Reniera; am hintern Pol Pigmentring, die längern Geisseln aber nicht in einer Krone, sondern in einer ganzen Calotte angeordnet. Tatel 23: Enthält Schnitte durch Entwicklungsstadien von Chalinula fertilis, Reniera, Gellius und Hireinia variabilis. Fig. 57—66 von Chalinula fertilis. Fig. 57. Reifes Ei im Follikel, die andern Follikel dicht an- grenzend, nur durch dünne Gewebsschichten mit einfachen Spicula- reihen getrennt und sich gegenseitig abplattend. Keimbläschen (m) ganz an der Peripherie. Amöboide Wanderzellen (am) in der Nähe des Follikels. Fig. 58. Zweitheiliges Stadium, längsgeschnitten, die einschneidende Furche hat einen welligen Verlauf. Fig. 59. Viertheiliges Stadium, quergetroffen ; eine kleine Furchungs- höhle erkennbar. Fig. 59a. Ansicht desselben Stadiums vom Pol. Man sieht, dass sich nur zwei Zellen an den Enden berühren, dass also eine spiralige Drehung stattgefunden hat. Dies tritt auch an spätern Stadien: Die Embryonal-Entwicklung und Metamorphose der Cornacuspongien. 447 Fig. 60 hervor, wo sich bereits ein geringer Grüssenunterschied zwischen den Blastomeren bemerkbar macht. Furchungshöhle (H) klein, aber deutlich nachweisbar. Fig. 61. Theilung weiter fortgeschritten, aber die Theilstiicke ins Innere gerückt; dadurch die Furchungshöhle ganz ausgefüllt. Unter- schiede zwischen den verschiedenen Theilstücken (ma und mi) in Grösse, Dottergehalt und Kernstructur. Fig. 62. Theilung, besonders an den äussern Zellen, weiter vor- geschritten; dieselben werden dadurch aus Mikromeren zu dem äussern Lager (a). Die Zellen der innern Masse sehr fest gegen einander ge- presst, sich gegenseitig abplattend. Fig. 62. Beginn der Differenzirung, Längsschnitt, in der innern Masse hat sich die Gallertsubstanz gebildet, ausserdem sind in ihr nahe der Oberfläche die ersten Spicula aufgetreten (spb Spiculabildner). Sonst die Zellen der innern Masse noch unter einander gleich; mit Dotter, Blastomerenkern und unregelmässiger Gestalt; durch die Gallertent- wicklung nicht mehr eng zusammenliegend ; die äussern Zellen zu einem Lager geordnet, besonders am Vorderpol stärker getheilt und schon etwas cylindrisch, die seitlichen noch rundlich. Pigment am Hinterpol auftretend. Fig. 64. Längsschnitt kurz vor dem Ausschlüpfen. Differenzirung in der innern Masse vorgeschritten; man unterscheidet ausser den ur- sprünglichen, noch dotterhaltigen Zellen (ma,) differenzirte Elemente mit structurirtem Kern (ma,), besonders nach der Peripherie zu. Spicula im hintern Larventheil; in der Gegend des Pols ist das Pigment stark entwickelt; in den übrigen Zellen der innern Masse zeigen sich nur vereinzelte Körnchen. Die äussern Zellen haben sich stark vermehrt und bilden am andern Pol bereits ein richtiges Cylinderepithel. Fig. 65. Querschnitt durch die freie Larve etwas hinter der Mitte. Das äussere Geisselepithel (a) ist nicht so vielkernig wie bei den Des- macidoniden. Im centralen Theil der innern Masse hauptsächlich un- differenzirte Zellen (ma,), im peripheren die differenzirten (ma,), dazwischen und weiter peripher die Spicula. Fig. 66. Hinterer Pol, Längsschnitt, stärker vergréssert. Man sieht keine stärkern Cilien, das Pigment (pi) ist in einer ganzen Anzahl von Zellen gleichmässig in feinen Kérnchen daselbst vertheilt. Fig. 67. Ein ähnlicher Schnitt durch Reniera. Das Pigment ist in einer zweimal getroffenen Ringzone vertheilt und reicht auch bis zu den grössern Geisselzellen (a @). In den epithelialen Zellen, die die Be- grenzung des Hinterpols sonst bilden, ist dagegen nur spurenweise Pigment vorhanden. Im Innern differenzirte und undifferenzirte Zellen wie oben. Fig. 68—72 von Gellius varius. Fig. 68. Ein eben solcher Längsschnitt durch den hintern Pol der Larve. Das Pigment (pi) liegt in den Epithelzellen des hintern Pols, besonders an der Grenze gegen die Geisselzellen in einer Ringzone, reicht aber auch über die grossen Geisselzellen (@«) bis zu den gewöhn- lichen (a) hinein. Zellen ma, und ma, wie oben. 448 OTTO MAAS, Die Embryonal-Entwick u. Metamorphose der Cornacuspongien. Fig. 69. Junger Gellius vom 1. Tag nach dem Festheften. Die frühern Geisselepithelzellen (a) liegen in unregelmässigen Gruppen im Innern. Die Epidermis (ep). vollständig gebildet, am Rand in die amö- boide Membran (R) übergehend. F' Ansatzfuss, am—ma, früher un- differenzirte Zellen der Larve, jetzt amöboide Wanderzellen des Schwam- mes, ma, differenzirte Zellen der Bindesubstanz. Fig. 70. Schwämmchen vom 4. Tag, zeigt bereits im Wesentlichen die Charaktere des Schwammbaues. P Poren gebildet, die sich in lange einführende Canale öffnen. Die Zellen a@ haben sich an den meisten Stellen zu Geisselkammern (%) formirt, diese münden mit breiten Oeff- nungen in die ausführenden Lacunen (ex). Cl Cloake mit Osculum in seitlicher Lage. Der Schnitt zeigt die drehrunde Form, die die Kruste bereits angenommen hat. R Randmembran nur an einer Seite (sonst Buchstaben wie oben). Fig. 71. Larve von Gellius nach Entfernung der Weichtheile, um die Anordnung der Spicula zu zeigen; der Umriss der Larve zur Orien- tirung eingetragen. Fig. 72. Ein Querschnitt durch den erwachsenen Schwamm bei ganz schwacher Vergrösserung, um die Lage der Embryonen (E) im mütterlichen Körper zu zeigen. sp, Masche des Nadelgerüstes. Fig. 73—78 beziehen sich auf Hircinia variabilis. Fig. 73. Zweischichtiger Embryo aus dem mütterlichen Körper. Unterscheidet sich von dem der Kieselschwämme durch die viel mächtigere Entwicklung der äussern Schicht (a), deren Zellen durch Dotterarmuth, Kleinheit, structurirten Kern von den innern Zellen (ma), die noch Blastomerencharakter zeigen, deutlich verschieden sind. Fig. 74. Stück eines angeschnittenen Follikels; zeigt den epi- thelialen Charakter dieser „mesodermalen“ Zellen. Mehrere sind doppel- kernig, die Kerne sind alsdann nur halb so gross wie die andern. E Lage des Embryos. Fig. 75. Längsschnitt durch den hintern Pol der freien Larve. Grössere Zellen (a «) mit stärkern Geisseln bilden hier die Bedeckung; das Pigment liegt vorzugsweise in der Einkerbung, wo diese in die ge- wöhnlichen Geisselzellen übergehen (vergl. auch Fig. 66, 67, 68). Differen- zirte Zellen (ma,) im Innern. Fig. 76. Stück des auffallend flachen Schwämmchens nach der Metamorphose 1. Tag. Die Epidermis gebildet; besondere Zellen (ma;) legen sich zur Sponginausscheidung in Zügen an einander. Die frühern Geisselzellen (a) jetzt im Innern. Ferner sind grosse, cystenartige, doppeltcontourirte Körper mit kleiner Blase im Innern zu sehen (Fila- ment-Mutterzellen ?). Fig. 77. Ausschnitt aus einem Aufsichtsbilde eines solchen Schwam- mes. Die circulär verlaufenden Haufen der Zellen @ scheinen durch das Epithel (ep, am) durch. R differenzirte Zellen am Rand. Fig. 78. Die algenähnlichen Einschlüsse (Filamentzellen ?) in ver- schiedenen Zuständen. Fi nicht mehr in runder Form, Fi,, , mit Fortsatz. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1189 Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, Von Dr. L. A. Jiigerskiéld, Docent der Zoologie an der Universität Upsala. Hierzu Tafel 24—28. Den ersten Anstoss zu den Untersuchungen, deren Resultate ich auf den nachfolgenden Seiten zusammengefasst habe, erhielt ich dadurch, dass der Vorsteher des hiesigen Zoologischen Instituts, Herr Prof. TycHo TULLBERG, mir anbot, einige soeben aus Java gekommene eigenthümliche Nematoden zu bearbeiten. Dieses Anerbieten war mir um so willkommener, als ich mich schon vorher ein wenig mit jener Gruppe beschäftigt und während meines Aufenthalts auf der Zoo- logischen Station Kristineberg an der schwedischen Westküste sowie auf meinen Reisen nach verschiedenen Punkten der Küsten Norwegens Material davon gesammelt hatte. Noch mehr erhielt ich aus dem hiesigen Museum, dessen Sammlungen mir auf die zuvorkommendste Weise von Herrn Prof. TuLLBERG zur Verfügung gestellt wurden. Hierfür ist es mir eine angenehme Pflicht ihm öffentlich meinen besten Dank abzustatten. Allen denen, die mir durch Ueberlassung von Material beigestanden, bin ich zu dem grössten Dank verpflichtet. Ich möchte besonders erwähnen die Herren Prof. C. PARONA in Genua, Dr. O. v. Linstow in Göttingen, Inspector LEVINSEN in Kopenhagen, Conservator SCHNEIDER in Tromsö, Conservator A. ArPpELLÖF in Bergen, Prof. W. LECHE, Amanuensis O. CARLGREN und Freiherrn A. v. KLINCKOWSTROM in Stock- holm, die Docenten AURIVILLIUS und LÖNNBERG sowie die cand. phil. EKMAN und SJÖSTEDT hierselbst. Zool, Jahrb. VI, Abth. f, Morph. 30 450 L. A. JAGERSKIOLD, In seinem Systema Helminthum !) beschreibt Diesinc unter dem Namen Peritrachelius insignis n. g. n. sp. einen im Magen von Inia geojjroyi DESM. gefundenen, bis dahin unbekannten Nematoden. Die kurzen, nur auf äussere Merkmale gegründeten Gattungs- und Art- diagnosen Dresina’s finden sich unverändert in einem späteren Werke ?) wieder, wo er auch Abbildungen des betreffenden Schmarotzers liefert. vy. DRASCHE, der in einer Reihe von Abhandlungen die Ergebnisse seiner so sehr willkommenen Revisionen der Originalexemplare Digsina’s und Morın’s mitgetheilt hat, giebt*) eine auch bezüglich der Ana- tomie eingehende Beschreibung von Peritrachelius. Aus seiner Arbeit erfahren wir, dass dieser Spulwurm, der sich äusserlich in der That nicht von den gemeinen Ascaris-Arten unterscheidet, in seinem Ex- cretionssystem ein Organ mit abweichendem Bau besitzt. Dasselbe ist unpaarig und bildet „ein zuerst fast fadenförmiges, dann immer mehr sich verbreiterndes und endlich nach hinten zu sich wieder verlierendes Band, das sich vom Kopfe bis etwa zum Ende des ersten Körperdrittels längs einer der Seitenlinien erstreckt“. v. DrASCHE lenkt auch die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung, welche das Epithel des Darmes erreicht hat und der er eine grosse Bedeutung beizulegen scheint. Er liefert auch eine Darstellung der Berichte früherer Verfasser über ähnliche anatomische Verhältnisse. Er kennt MEHLIS’, SCHNEIDER’s und v. SIEBOLD’s Beschreibungen des Excretionsorgans von Ascaris spiculigera Rup. und der sehr nahe- stehenden Larvenform „Filaria piscium‘“. In einem spätern Aufsatze *) liefert derselbe Verfasser eine Kritik von Dinsine’s Conocephalus typicus ’) und weist nach, dass dieser Wurm nichts als eine Peritrachelius-Art ist. Er ist nämlich in seiner Anatomie dem Peritrachelius insignis ganz ähnlich. Ausser bei diesen Arten ist ein ähnliches Excretionsorgan bei Ascaris osculata Rup. von Bastian ®) gefunden worden. 1) Vol. 2, p. 209—210. 2) 16 Gattungen von Binnenwürmern und ihre Arten, in: Denk- schriften Math.-naturw. Cl. k. Akad. d. Wissensch. Wien, Bd. 9. 3) Zur Charakteristik der Nematodengattung Peritrachelius. 4) Revision der in der Nematoden-Sammlung des k. k. zoologischen Hofcabinetes befindlichen Originalexemplare Dissine’s und Mouın’s, pa 110: 5) Revision der Nematoden, p. 669. 6) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 591. Beiträge zur Kenhtniss der Nematoden. 451 Ich habe versucht, durch eine Zusammenstellung dessen, was über Ascariden mit abweichenden Excretions- und Ernährungsorganen bisher bekannt ist, sowie durch Untersuchung solcher Arten, bei denen ähn- liche Verhältnisse zu erwarten waren, einige Klarheit theils gerade über die abweichenden Organe, theils über die Systematik dieser Arten zu verbreiten. Daraus erhellt, dass die nachfolgenden Beschreibungen - keineswegs monographischer Natur zu sein beanspruchen. Abgesehen von dem, was die Nahrungs- und Excretionsorgane- betrifft, werde ich im Gegentheil nur wenige und unvollständige Angaben liefern. Bevor ich nun dazu übergehe, über das, was ich gefunden habe, zu berichten und eine vergleichende Darstellung davon zu liefern, will ich eine tabellarische Uebersicht der betreffenden Thiere geben, wobei ich theils Angaben aus der mir zugänglichen Literatur auf- nehme, theils auch diejenigen Beobachtungen einfüge, welche ich selbst habe machen können !). 9 } Org., worin die Paras, Parasiten. Wirthe. gefunden sind. - Mergus merganser Lin. = serrator LIN. Pelecanus americanus REICH. trachyrhynchus LATH. onocrotalus Lin. bi fuscus Lin. Phalacrocorax carbo Lin. ® graculus Lin. Carbo brasiliensis NEUWIED „ cristatus ILLIG. | at 9 29 Speiseröhre und agen. Ascaris spiculi- gera Rup. 5 dilophus Sw. » Pygmaeus PALL. Plotus anhinga Lin. Tachypetes aquila VIEILLOT * Larus canus?) Lin. *.,, fuscus Lin. FAR argentatus BRÜNNICH sk toy marinus Lin. J 1) v. Liystow’s Compendium der Helminthologie hat mir dabei, besonders wenn es galt, Angaben iiber die zahlreichen Wirththiere zu erhalten, sowie auch bei mehrfachen anderen Gelegenheiten grossen Nutzen gewährt. 2) Die mit * versehenen Arten sind solche, welche, soviel ich weiss, bisher noch nicht als Wirthe der respectiven Parasiten bekannt waren. 30* 452 L. A. JAGERSKIOLD, Org., worin die Paras. Parasiten. Wirthe. gefunden sind. { Larus tridactylus Lin. \ * Lestris parasitica Lin. ‘5 pomarina TEMM. Colymbus arcticus Lin. os rufogularis MEYER Weenie erste ss » septentrionalis Lin. | Speiseröhre und Bun: odiceps auritus LATH. N Magen. I a cristatus LATH. m dominicensis LATH. à minor LATH. * Uria grylle Lin. » troile TEMM. Alca torda Lin. { Phoca groenlandica MULL. » barbata O. Farr. Ascaris osculata } » Vitulina Lin. Rup. Halichoerus grypus O. FABR. Cystophora cristata NIss. Trichecus rosmarus Lin. Magen und mit- unter Darm; bei Ph. vitulina Nasenhöhle. Ascaris lobulata Mundhöhle und | Platanista gangetica Cuv. | \ J Hyperoodon rostratus Pon'ropp. Monodon monoceros Linn. ? Phocaena communis LEss, Rup. SCHNEIDER Dickdarm Phoca groenlandica MÜLL. |: barbata O. FABr. Magen und mit- a hispida O. Farr. unter Darm; bei Ascaris decipiens vitulina Lin. Halichoerus gry- KRABBE E Halichoovia grypus O. Fasr. | pus auch Mund- Cystophora cristata NILss. höhle. | Trichecus rosmarus Lin. Aue pue À Phoca barbata O. FaBr. Magen Coss. Lagenorhynchus albirostris J. E. | GRAY Ascaris simplex ke leucas PALL. Magen. un ai Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 453 " : Org., worin die Paras. Parasiten. Wirthe. gefunden sind. BT Balaenoptera rostrata O. FABR. ere » Sibbaldii J. E. GRAY Magen. ; Otaria jubata DES». Ascaris küken- | Hall CES L Beluga leucas PAu. | Magen. Ascaris (Peritra- chelius) typi- ! Clymenia sp. Magen. cus!) DIESING Ascaris (Peritra- lus) insignis ? Inia geoffroyi Desm. Magen. DIESING In die obige Tabelle sind nur solche Formen aufgenommen wor- den, welche ein Excretionsorgan besitzen, das beziiglich seines Baues von dem bei Ascaris megalocephala, lumbricoides und andern Formen bekannten entsprechenden Organ abweicht und dem von v. DRASCHE und Andern geschilderten Typus an gehôrt. Die kraftige Ausbildung des Darmepithels, welche bei allen diesen Arten vorhanden ist, findet man auch bei allen anderen von mir untersuchten, im Magen der Wirbel- thiere schmarotzenden Ascariden wieder. Der Bau des Darms kann folglich nicht als fiir diese Formen besonders charakteristisch betrachtet werden, wie es dagegen mit dem des Excretionsorgans der Fall ist. Diese Beschaffenheit des Darmes ist also, wie es aus dem oben Ge- 1) Ich bin etwas unschliissig gewesen, wie ich diese Art eigentlich benennen sollte. Sie wurde zuerst in der Revision der Nematoden von dem damals blinden Dirsine, der ihr Aussehen ganz unrichtig aufgefasst hatte, unter dem Namen Conocephalus typicus n. g. n. sp. beschrieben. KrABBE, dem Originalexemplare zu Gebote standen, wies in seiner 1878 herausgegebenen Arbeit nach, dass hier ein Irrthum Dissıne’s vorläge. Die Art sei eine typische Ascaris und zwar eine neue. Krassr be- schreibt dieselbe als Ascaris conocephalus n. sp. Fünf Jahre später veröffentlichte v. DrAscHE einen Theil seiner Untersuchungen über die Originalexemplare Dırsıng’s, macht offenbar ohne Kenntniss vom Auf- satze KrapBre’s auch auf den Irrthum Dissine’s aufmerksam und nennt das Thierchen Peritrachelius typicus. Dieses letztere Verfahren, wodurch die Form mit Beibehaltung des von Diesıng gegebenen Artnamens, der jedoch die Priorität hat, derjenigen Gattung einverleibt wird, welcher sie eigentlich angehört, es mag nun Ascaris oder ein daraus abgeson- derter Peritrachelius sein, halte ich für richtiger, und danach bin ich denn auch verfahren. 454 L. A. JAGERSKIOLD, sagten hervorgeht, auch nicht so sehr alleinstehend, wie es v. DRASCHE zu meinen scheint. Und in der That ist ja zu erwarten, dass die Ernahrungsorgane der Parasiten sich als von demjenigen Organe, in welchem sie schmarotzen, bedingt erweisen werden, wahrend das Ex- cretionsorgan vielleicht in irgend einer Abhangigkeit von der Nahrung steht, welche der Wirth und mittelbar also auch der Schmarotzer geniesst. Schon bei einer fliichtigen Priifung der obigen Liste ersieht man, dass alle diese Spulwiirmer bei warmbliitigen Thieren gefunden sind, deren Nahrung ausschliesslich oder doch grösstentheils aus Fischen besteht. Uebrigens finden wir, dass die meisten dieser Wohnthiere das Meer und seine Küsten bevölkern. Aber noch etwas ist zu be- merken. Die Schmarotzer kommen in den bei weitem meisten Fällen in den vordern Theilen des Nahrungscanals vor: in der Mundhöhle, in der Speiseröhre und im Magen. Ueber eine und die andere Art giebt es freilich Angaben, dass sie auch in andern Theilen der Ver- dauungsorgane beobachtet sei, aber diese Fälle sind so selten, dass sie als Ausnahmen zu bezeichnen sind. Um nun zu ermitteln, ob ein Excretionsorgan der oben ange- gebenen Form in der That nur bei solchen Ascariden anzutreffen ist, welche in zu den beiden höchsten Classen der Wirbelthiere gehörenden Fischfressern schmarotzen, habe ich theils die Literatur durchmustert, theils gewisse andere Spulwürmer untersucht, z. B. Ascaris transfuga Rup. aus dem Darme des braunen Bären, Ascaris ensicaudata ZEDER aus dem Darmcanal von Turdus-Arten, Ascaris compar SCHRANK aus Jungen von Tetrao tetrix, Ascaris sp. aus dem Darme von Grus ci- nerea, Ascaris incurva Rup. aus Xiphias und Ascaris holoptera Ru». aus dem Darm von Testudo graeca. Aber bei keiner dieser Arten habe ich irgend etwas Aehnliches entdecken können. Aus der Literatur ersehen wir, dass weder Ascaris megalocephala CLOQUET noch lumbricoides CLOQUET noch mystax ZEDER ein solches Excretionsorgan besitzen. Bei Ascaris clavata Rup. ist dieses Organ zwar einseitig, es erreicht aber bei weitem nicht dieselbe Entwicklung wie bei Ascaris spiculigera u. a. Besonders möchte ich hervorheben, dass Ascaris halicoris Owen, die im Magen von Halicore cetacea Inia. vorkommt, wie PARONA') mitgetheilt hat, ein nur schwach ausge- bildetes Excretionsorgan besitzt, was ich selbst später habe constatiren können. Das Wohnthier lebt, wie bekannt, ausschliesslich von pflanz- licher Nahrung. 1) Intorno all’ Ascaris halicoris Owen, p. 5. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 455 Nur bei einer Art, Ascaris rotundata Rup., die im Magen vieler Rochen und Haie schmarotzt, konnte ich einen annähernd ähnlichen Bau des Excretionsorgans finden. Im Nachfolgenden werde ich auch diese Form im Zusammenhang mit den vorhergehenden besprechen. Das von mir oben mitgetheilte Verzeichniss umfasst im Ganzen 9 Arten, über welche wir mit Sicherheit wissen, dass ihre Excretions- organe nach dem angedeuteten, abweichenden Plan gebaut sind. Zu diesen neun kann man ferner Ascaris rotundata hinzufiigen. Aber unter der Menge von Ascariden, tiber welche wir gerade genug wissen, um sie, wenngleich mit Schwierigkeit, identificiren zu können, deren Anatomie aber unbekannt ist, giebt es ohne Zweifel noch mehr Arten, die hierher gehören. Von Ascaris nasuta SCHNEIDER und von Ascaris granulosa desselben Verfassers, welche beide der Ascaris spiculigera so äusserst nahe stehen und beide in der Speiseröhre und im Magen fischfressender Vögel schmarotzen, können wir fast mit Gewissheit behaupten, dass sie nach demselben Plan gebaut sein werden’). Ich kann mich auch der Vermuthung nicht erwehren, dass die durch v. Linstow beschriebene Ascaris patagonica?) aus dem Magen von Phoca jubata und vielleicht auch die bei Diomedea leucops gefundene Ascaris arctica v. Linstow?) in ihrer Anatomie den obigen ähnlich sein werden. Leider besitzen wir keine Angaben über ihren innern Bau. Dagegen ist es möglich, dass von den beiden Arten, welche Cops unter dem Namen Ascaris kükenthali und Ascaris bulbosa aufgestellt hat, sich die erstere künftig als mit Ascaris simplex Run., die spätere mit Ascaris decipiens KRABBE identisch erweisen wird. Coss liefert in seiner sonst ausführlichen Arbeit keine befriedigende Beschreibung oder Zeichnung von den Lippen dieser Arten, und ohne eine solche ist es schwer zu entscheiden, ob eine neue Form vorliegt oder nicht *). Von den in meinem Verzeichniss enthaltenen Arten habe ich über heit gehabt, eine Ascaris auriculata Rup. aus dem Magen einer in Surinam gesammelten Schlange zu untersuchen. Diese Form scheint in Betreff der Nahrungs- und Excretionsorgane in allem Wesentlichen mit Ascaris spiculigera, lobulata und osculata übereinzustimmen, denen sie ja auch äusserlich ähnelt. : 2) Helminthologische Untersuchungen, 1880, p. 41, 42. 3) Auf mein Ersuchen, mir einige Individuen dieser Arten aus dem Zoologischen Institut in Jena zu überlassen, wo Coss seine Untersuchung ausgeführt hatte, antwortete mir Herr Prof. W. KükentHAL, dass Cops kein Material übrig gelassen habe. Ich habe deshalb diese Frage nicht entscheiden können, 456 L. A. JAGERSKIOLD, Ascaris osculata Rup., Ascaris spiculigera Rup., Ascaris lobulata SCHNEIDER, Ascaris decipiens KrABBE und Ascaris simplex Run. verfügt. Ausser diesen und der mehrfach an dieselben erinnernden Ascaris rotundata Rup. habe ich auch Ascaris clavata Run. unter- sucht. Da nämlich die vielen Ascariden, welche bei den Knochen- fischen schmarotzen, beziiglich ihrer Anatomie nur sehr wenig er- forscht sind, gewährt es meiner Ansicht nach ein gewisses Interesse, wenigstens eine von denselben in einigen Beziehungen kennen zu lernen, und zwar um so mehr, als der Vergleich zwischen der Ascaris spiculi- gera-Gruppe und den andern Ascariden dann ein wenig vielseitiger wird. Ich habe es auch fiir angemessen gehalten, gleichzeitig das zu veröffentlichen, was ich an ein Paar für die Wissenschaft neuen Formen — Ichthyonema pellucidum und Oxyuris flagelloides — welche von schwedischen Forschern kiirzlich aus den Tropen heimgebracht worden, von Interesse gefunden zu haben glaube. Besonders die erstere Art bietet in ihrem Bau eins und das andere dar, was unsere Kenntniss von den Ernährungsorganen der Nematoden ergänzt. Meine Untersuchungsmethoden sind ganz einfach: Prapariren und Anfertigen von Schnittserien. Durch den vordern Theil des Thieres wurden diese Serien immer liickenlos gemacht, aber weiter nach hinten zerlegte ich die Exemplare in Stiicke von passender Lange, die auf eine oder die andere Weise bezeichnet wurden ; dann wurde eine kleinere Anzahl Schnitte am Anfang und am Ende jedes Stiickes angefertigt. Auf diese Weise erhielt ich leicht einen Ueberblick über die feinere Ana- tomie des Thieres und konnte entscheiden, ob und wo fernere Schnittserien zu machen waren. Die meisten der von mir selbst gesammelten Thiere wurden mit warmem Sublimat oder mit einer Mischung von Sublimat und Alkohol zu gleichen Theilen fixirt, die mit ca. 1°/, Eisessig versetzt war. Ein Theil ist mit Perenyi’s Flüssigkeit behandelt worden. Ausserdem hat mir nur altes Alkoholmaterial zur Verfügung gestanden. Das Ein- betten geschah nach der an der Station zu Neapel ausgebildeten Me- thode mit allmählichem Niedersenken in Chloroform. Ich benutzte ein vom Instrumentenmacher A. F. Nyman in Upsala verfertigtes Mikrotom. Mit Hülfe desselben wurden ohne Schwierigkeit Schnitte von einer Dicke von 5 u hergestellt und zwar auch durch ziemlich grosse und zarte Objecte, z. B. Theile von Ascaris megalocephala. Zum Färben gebrauchte ich meistens EnkuıcH’s Hämatoxylin, häufig in Verbindung mit Orange-G oder Eosin, aber auch andere Hämato- xylinmischungen sowie Safranin lieferten brauchbare Resultate. Nach diesen einleitenden Bemerkungen will ich über das berichten, was ich bei einer jeder der von mir untersuchten Arten gefunden habe. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 457 Ascaris osculata Run. SCHNEIDER, Monographie der Nematoden. KrasseE, Sælernes og Tandhvalernes Spolorme, p. 45, fig. 1. v. Lixsrow, Helminthologische Untersuchungen, 1880. NEHRING, in: Sitzungsber. Gesellsch. Naturf. Freunde Berlin, 15. April 1884, p. 59. (Nach v. Linsrow’s Compendium, Bd. 2, p. 195.) Von dieser Art gab mir mein Freund stud. phil. an der Hoch- schule zu Stockholm, Freiherr A. v. KLINCKOWSTROM, einige Exemplare, welche mir als Untersuchungsmaterial dienten. Er hatte dieselben in der Nasenhöhle einer im Oresund gefangenen Phoca vitulina Lin. gefunden. In SCHNEIDER’S, KRABBE’S und v. Linsrow’s Arbeiten findet sich keine Angabe tiber die Lage der Vulva. Ich habe dieselbe auf einem Drittel der Körperlänge, von vorn an gerechnet, angetroffen. Ueber die Anatomie der Art finden sich mehrere Angaben in den Werken früherer Forscher, jedoch hauptsächlich von Bastian und SCHNEIDER. Weiter unten werde ich alle mögliche Rücksicht auf dieselben nehmen, lasse sie aber hier bei Seite, um unnöthige Wieder- holungen zu vermeiden. Da der Hautmuskelschlauch des Thieres, welcher kräftig ausge- bildet ist, nur wenig Bemerkenswerthes ausser dem, was man schon von andern Ascariden kennt, darzubieten scheint, übergehe ich ihn hier mit Stillschweigen. Der Nahrungscanal besteht, wie gewöhnlich bei den Faden- würmern, aus drei Haupttheilen: Speiseröhre, Magendarm und End- darm. Diese bilden zusammen eine gerade Röhre, die sich durch die ganze Länge des Körpers erstreckt. Aber da, wo die Speiseröhre und der Magendarm in einander übergehen, finden wir zwei Appendices oder Blindsäcke, wenn man sie so nennen will, von denen der eine vom Darm aus nach vorn, der andere, der eine Fortsetzung der Speise- röhre bildet, nach hinten gerichtet ist (siehe Fig. 38, Taf. 28). Den Blindsack des Magendarmes findet man constant auf der Rückenseite, während die Fortsetzung der Speiseröhre ebenso regelmässig längs der Bauchseite des Darmes zu suchen ist. Die Speiseröhre setzt sich aus zwei verschiedenen Stücken zu- sammen: einem vordern, stark musculösen, nach hinten allmählich an Dicke zunehmenden und einem hintern, das nur mit spärlichen Muskel- fasern ausgestattet ist. Dieser hintere Theil des Oesophagus fällt bei allen von mir untersuchten Exemplaren der Ascaris osculata fast voll- 458 L. A. JÄGERSKIÖLD, ständig gerade mit dem oben beschriebenen sog. Blindsack zusammen. Dieser enthält indessen keine Fortsetzung der Oesophagushöhle. Der vordere Theil zeigt im Durchschnitt einen gerundet dreieckigen Umriss und eine dreieckige oder vielmehr sechseckige Höhlung mit drei ausspringenden und drei einspringenden Winkeln, welche Höhlung, wie gewöhnlich bei den Nematoden, eine ihrer vorspringenden Kanten gegen die Bauchseite richtet. Die chitinöse Membran, welche diesen Canal auskleidet, ist an den vorspringenden Kanten mittels kräftiger Fasern an dem die Speiseröhre äusserlich umgebenden Häutchen be- festigt. Die Stellen, wo sich diese Ligamente befestigen, sind nicht durch Längsleisten verstärkt, wie es bei der sehr nahestehenden Ascaris spiculigera Rup. der Fall ist. Der Zwischenraum zwischen der äussern Membran und dem Centralcanal ist theils von radiären Muskelfasern, theils, zwischen diesen, von einem körnigen Sarcoplasma ausgefüllt, ausserdem aber finden wir im vordersten Theil des Oesophagus kleine runde Kerne. Diese Kerne, welche nicht besonders zahlreich sind — ich habe deren gegen zwanzig gezählt — scheinen regelmässig ange- ordnet zu sein. Sie sind nämlich entweder derart gestellt, dass je drei auf ungefähr derselben Höhe liegen und zwar jeder vor seinem einspringenden Winkel der Wandung des Oesophagus, oder so, dass sechs Kerne auf denselben Querschnitt kommen. In letzterm Falle sind sie zu den ein- und ausspringenden Winkeln symmetrisch gestellt. Nach aussen von diesen Bestandtheilen finden wir schliesslich eine dünne, lockere Schicht von Längsmuskelfasern, die rings um die äussere Wandung der Speiseröhre kreisförmig geordnet sind. Schliesslich enthält dieser Theil der Speiseröhre ein Organ, das, wie ich im Folgenden nachzuweisen versuchen werde, wohl nichts als eine Art Drüse sein kann. Dieses Organ, das ganz und gar auf der Rückenseite des Centralcanals der Speiseröhre liegt und mit seinen zahlreichen Ausläufern und Verzweigungen die Musculatur durchsetzt, besteht zu äusserst aus einer, so viel ich feststellen konnte, structurlosen Membran, die einen feinkörnigen Inhalt ohne irgend eine Spur von Zellgrenzen oder auch nur von Kernen einschliesst. Ausserdem ist ein System von feinen Röhren vorhanden, welche, von einem Haupt- stamm ausgehend, sich in alle Ausläufer der Drüse hineinstrecken, jedoch in der Weise, dass jeder dieser Aeste in der Regel nicht mehr als einen Gang enthält. Das Hauptgefäss, welches im Querschnitt 8 „ misst, geht, nachdem es eine kleinere Erweiterung gebildet hat, in den Ausführungsgang über. Letzterer, der aus einem engen, aber deutlichen Canal besteht, mündet in die Höhlung der Speiseröhre und Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 459 findet sich stets an derselben Stelle wieder, nämlich ungefähr halbwegs zwischen der Mundöfinung und dem Nervenring in dem einspringenden Winkel, welcher zwischen den beiden dorsalen Zweigen des Oesophagus- canals gebildet wird (vergl. Fig. 2, Taf. 24, wo das entsprechende Organ von Ichthyonema pellucidum dargestellt ist). Uebrigens stellt sich heraus, dass der Ausführungsgang nicht von der Drüse im eigent- lichen Sinne gebildet wird, sondern von einer Ausstülpung der innern Chitinbekleidung des Oesophagus herrührt. Gleich dieser ist jener nämlich unempfänglich gegen die meisten Farbstoffe und stark licht- brechend, während die Drüsengänge in dieser Hinsicht ein ganz ent- gegengesetztes Verhalten zeigen. Der schroffe Uebergang zwischen dem innern Canalsystem der Drüse und ihrem Ausführungsgang ist gerade da, wo jenes die vordere Grenze der Drüse erreicht, leicht zu beobachten. Das oben beschriebene Organ übt unzweifelhaft durch sein Volumen einen rein mechanischen Einfluss auf den Bau der Speiseröhre aus. Auf einem Querschnitt am weitesten nach vorn durch den Oesophagus gewährt diese Höhlung das Bild eines regelmässigen, dreizackigen Sternes, aber weiter nach hinten, wo die Drüse ihre völlige Entwick- lung erreicht hat, lässt sich dieses Bild besser mit einem T vergleichen. Wenn ich hinzufüge, dass die Durchschnittspunkte der beiden Arme des T, ebenso wie der Mittelpunkt des dreizackigen Sternes sich unge- fähr in der Längenaxe der Speiseröhre befinden, so sieht man ohne weiteres ein, dass diese Veränderung von einer Massenzunahme des- jenigen Theils der Speiseröhre herrührt, welcher sich oberhalb der Aeste des T befindet, und dies ist gerade der Theil des Organs, welcher von der oben beschriebenen Drüse eingenommen wird. Am weitesten nach hinten nimmt die Drüse zwar an Umfang ab, und ihre Zweige werden kleiner und weniger zahlreich, aber sie lässt sich doch ohne Schwierigkeit durch den ganzen Vordertheil der Speise- röhre, d. h. fast bis zu ihrer Vereinigung mit dem Darm, verfolgen. Kurz vor dieser Vereinigung treten im Oesophagus gewisse Verände- rungen ein, welche den Uebergang zwischen seinem vordern und hintern Theil bezeichnen. Der Querschnitt des Organs, der bisher einem Dreieck mit auswärts gebuchteten Seiten glich, wird fast kreisrund; dann endigt die dorsale Drüse, und ein Paar neue Drüsenbildungen kommen zum Vorschein. Diese, welche innerhalb des hintern Theils der Speise- röhre liegen, münden durch zwei enge Gänge zu beiden Seiten der ventralen Ausstülpung des Oesophaguscanals nahe an der Basis des- selben und dicht an der Grenze zwischen dem vordern und hintern 460 L. A. JAGERSKIOLD, Theil der Speiseröhre (vergl. Fig. 5, Taf. 24, wo das entsprechende Organ von Ascaris rotundata Run. dargestellt ist). — Schliesslich sind drei Klappen oder Vorspriinge zu bemerken, welche den wohlbekannten „Zähnen“ der hintern Oesophagusanschwellung der Gattung Oxyuris sehr ahnlich sind, jedoch eine geringere Grôsse und eine diinne Chitin- bekleidung besitzen. Sie stehen mit je zwei Biindeln von Muskelfasern in Verbindung. Unmittelbar hinter diesen Klappen, die ganz und gar innerhalb des hintern Theils der Speiseröhre liegen, finden wir eine von der Höhlung desselben gebildete Erweiterung. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich diesem Apparat die Aufgabe eines Ventils beilege, das die Verbindung zwischen dem davor gelegenen Theil des Oesophagus- canals und dem hintern, mit der Höhlung des Darms in weit offener Verbindung stehenden Theil versperrt. Durch diese Klappen wird es verhindert, dass die einmal aufgenommene Nahrung durch die bei erneuter Nahrungsaufnahme erfolgenden Erweiterungen des Oesophagus wieder herausgesogen wird. Die Verbindung zwischen der Speiseröhre und dem Darm wird dadurch bewirkt, dass sich die Höhlung der erstern allmählich gegen die Rückenseite hin kriimmt und schliesslich an dieser Seite die Wan- dung des Organs durchbricht (vergl. Fig. 35, Taf. 27, mit Fig. 39, Taf. 28). Dabei wird ein Stück des Oesophagus in die Darmhöhlung selbst eingebogen und lässt sich eine Strecke nach hinten verfolgen (Fig. 36, Taf. 27). Die ventralen Theile der Speiseröhre bleiben in- dessen von diesem Durchbruch unberührt, und es sind gerade diese Theile, die den von vielen Verfassern beobachteten und beschriebenen „Blindsack“ des Organs bilden. Dieser Blindsack bildet also eigent- lich die Fortsetzung eines Theils der Speiseröhre und enthält nichts von der centralen Höhlung derselben (siehe Fig. 36, Taf. 27). Dagegen wird der Blindsack zum grössten Theil von den beiden ventralen Drüsen der Speiseröhre ausgefüllt. Diese haben einen körnigen Inhalt, und jede schliesst einen deutlichen Kern (Fig. 36, Taf. 27) sowie auch einen Canal ein, der sie in ihrer ganzen Länge durchzieht. Ich trage kein Bedenken, dieselben für einzellig zu erklären, und ihr Centralcanal ist demnach ein intracellulärer. Nach hinten verschmälern sich diese Drüsenzellen in hohem Grade, und die Hauptmasse des Blindsacks besteht dann aus einem körnigen Plasma, das mehrere Kerne, darunter einen überaus grossen, enthält. In diesem ganzen Anhang der Speiseröhre kann man zerstreute Muskelfasern wahrnehmen, welche sämmtlich in dorsoventraler Richtung verlaufen (siehe dieselbe Abbildung), Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 461 Die Wände des eigentlichen Darms bestehen aus einer einfachen Zellenlage, die in dem nach vorn gerichteten Blindsack dieselbe Be- schaffenheit wie im Haupttheil zeigt. Diese Zellenschicht ist jedoch nicht überall gleich dick. Langs des ganzen Organs ragen nämlich Gruppen von verlängerten Zellen in das Lumen des Darms hinein, welches dadurch, besonders am weitesten nach vorn, zu einem ver- zweigten und ziemlich verwickelten System von schmalen Spalten oder Canälen reducirt wird (siehe Fig. 35, Taf. 27). Weiter nach hinten ist der Hohlraum etwas weiter. Zwischen diesen Zellengruppen, die bei dieser Art sehr lang sind und dicht beisammen stehen, finden wir kleinere Epithelzellen, welche ‘sich, wie mir scheint, nur durch ihre Grösse, nicht durch ihren Bau von den andern unterscheiden. Nach innen zu wird die Darmwand von der bei den Nematoden von jeher beobachteten „Stäbchenlage“ begrenzt, die, wie ich später nachweisen werde, eine aus dichtgedrängten, feinen Stäbchen bestehende Cuticular- bildung ist. Nach aussen findet sich wie gewöhnlich eine wohl aus- gebildete Basalmembran. Der Darm ist nicht abgeplattet, wie es bei Ascarıs megalocephala und mystax der Fall ist, sondern hat einen rundlichen Querschnitt. Besonders die vordern Theile des Nahrungscanals enthalten eine Menge freier, kernführender Zellen (Fig. 35 und 36, Taf. 27); gewiss haben wir hier Epithelzellen vor uns, die aus der Mundhöhle und Speiseröhre des Wirthes stammen. Diese Zellen sind auch im Darmblindsack in recht grosser Anzahl vorhanden. Ich bin nicht in der Lage gewesen, Beobachtungen über die Anal- drüsen dieser Art zu machen; sie sind indessen in der Dreizahl vor- handen. Die Mündung des Excretionsorgans liegt an der Bauchseite dicht hinter der ventralen Zwischenlippe, also nicht, wie bei Ascaris decipiens KRABBE, zwischen den beiden ventralen Lippen. Von hier an kann man den Ausführungsgang ohne Schwierigkeit bis dicht hinter den Nervenring verfolgen, wo er sich mit dem eigentlichen Excretions- organ vereinigt. Ersterer besteht aus einer engen Röhre von derselben Substanz wie die Cuticula des Thieres und ist von einer Gewebslage um- geben, die von der Subcuticula, wie man das umwandelte Epithel der Nematoden im Allgemeinen nennt, durchaus nicht zu unterscheiden ist. Hieraus dürfte hervorgehen, dass die ganze Bildung als eine lange und schmale Einstülpung der Haut zu betrachten ist. Das eigentliche Excretionsorgan ist, wie gesagt, unpaarig und be- steht aus einer spindelförmigen Bildung, die an der Stelle, wo sie am mächtigsten ist, eine Breite von 0,7 mm und eine Dicke von 0,2 mm 462 . L. A. JAGERSKIOLD. besitzt. Es verbindet sich nach vorn mit dem Ausführungsgang und geht an seinem andern Ende in einen sehr schmalen und langen Anhang über, den man durch mebr als die halbe Kôrperlänge verfolgen kann. Der angeschwollene Theil erreicht ungefähr ein Viertel der Körper- länge. Der hintere, schmale Theil ist bei der Präparation sehr schwer unverletzt zu erhalten. Das Seitenfeld, dem das Excretionsorgan seiner ganzen Länge nach angewachsen ist, ist nämlich nach hinten am Darm befestigt, und da man diesen lostrennen muss, um einen Ueberblick über die hierher gehörigen Bildungen zu erhalten, so wird das Excre- tionsorgan sehr leicht beschädigt. Uebrigens scheint das Seitenfeld gar nicht von dieser Verwachsung beeinflusst zu werden, denn weder in seiner Gestalt noch in seinem Bau ist es an der linken, d. h. der mit dem Excretionsorgan ver- wachsenen Seite anders beschaffen als an der rechten. Nur ganz vorn ist seine ventrale Hälfte, welcher das Excretionsorgan anfänglich ange- wachsen ist, ein wenig gegen die Bauchseite ausgezogen, jedoch keines- wegs in so hohem Grade wie bei Ascaris spiculigera. Unser Organ ist von einer structurlosen, einfach contourirten Membran umgeben, die sich mit Hämatoxylin stark färbt. Die Hauptmasse des Organs besteht aus einem äusserst feinmaschigen Plasma, dessen wabige Structur erst bei 1500facher Vergrösserung deutlich hervortritt. In diesem Plasma findet sich eine Menge stark färbbarer Körner, die mitunter concentrisch angeordnet erscheinen. Diese Körner sind besonders dem Centralcanal, welcher sich durch das Organ in dessen ganzer Länge erstreckt, dicht angelagert (siehe Fig. 12, Taf. 25). Von diesem Centralcanal gehen Aeste aus, die ihrerseits eine zahllose Menge Nebenäste entsenden, welche das ganze Organ mit einem feinen Netze durchsetzen. Die Wandungen des Hauptgefässes und der gröbern Aeste erscheinen doppelt contourirt ; die Kleinsten Aestchen sind hingegen überaus dünn. Aber unsere Aufmerksamkeit wird nicht nur auf diese Theile, sondern auch auf ein grosses, scheibenförmiges Gebilde von ziemlich ovaler Form gelenkt, das ungefähr in der Mitte des angeschwollenen Vordertheils des Excretionsorgans liegt. Dasselbe zeigt eine grosse Aehnlichkeit mit einem riesigen Kern, misst etwa 450 « in der Länge, 360 u in der Breite und besitzt eine Dicke von ungefähr 80 u. Seine äussern Umrisse sind im Querschnitt unregelmässig, aber scharf; der Inhalt ist feinkörnig, mit einer Menge grösserer, runder und sehr chromatophiler Körper. Es wird überall von einer völlig homogenen Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 463 Substanz umgeben, die beim lebenden Thiere höchst wahrscheinlich von schleimiger oder sogar flüssiger Natur war. Derjenige Theil des Plasmas des Organs, welcher dieses Gebilde zunächst umschliesst, zeigt eine sehr dichte, concentrische Structur, vielleicht durch Druck hervorgerufen. Der Centralcanal, der sich sonst in der Mitte des Organs entlang zieht, wird hier vom Kerne auf die Seite gedrängt (siehe Fig. 12, Taf. 25). Im hintern, engen Theil des Excretionsorgans scheint es dem Canale an Verzweigungen zu fehlen. Wenigstens kommen sie überaus spärlich vor. Auch die chromato- philen Körner sind hier seltener. Da die Genitalien dieser Art nichts von besonderem Interesse darzubieten schienen, übergehe ich sie hier. Ascaris spieuligera Rup. Dizsine, Systema Helminthum. Lewy, in: Proceed. Acad. Philad. 1858 (nach v. Linstow’s Compen- dium, Bd. 1 *902). SCHNEIDER, Monographie der Nematoden. Parona, Elmint. Sard. in: Mus. Civic. Stor. Natur. Genova, (ser. 2 a) vol. 2. v. Linstow, Report on the Entozoa. Ascaris spiculigera Rup. hat unter den fischfressenden Seevögeln an den westlichen Kiisten Skandinaviens eine grosse Verbreitung. In den Tabellen über „Obductionen“, welche der nunmehrige Docent an der hiesigen Universität E. LÖnnBERG und der Verfasser dieser Zeilen gemeinschaftlich ausgearbeitet haben und welche die Arbeit des erstern über die Cestoden der norwegischen Westküste!) begleiten, wird dieser Wurm als ein bei sechs der häufigsten Arten vorkommender Parasit aufgeführt, und in der Provinz Bohuslän haben ihn LONNBERG und ich bei noch zwei Arten gefunden. Unter diesen acht Arten waren früher nicht weniger als sechs (in meiner Liste mit einem * versehen, siehe oben die Tabelle S. 451—453) als Wirthe dieses Schmarotzers unbekannt. Von den Möven waren es zumeist junge Vögel, die in- fieirt waren; die alten waren frei von diesem Parasiten oder be- herbergten nur ganz wenige Exemplare. Obgleich er eigentlich nicht in den Rahmen dieser Untersuchungen fällt, will ich hier einen Fund mittheilen, der auf eine eigenthüm- liche Art und Weise der Uebertragung dieser Parasiten hinzudeuten 1) Lönxgere, Helminthologische Beobachtungen von der Westküste Norwegens, p. 35 und 37, 464 L. À. JAGERSKIOLD, scheint. Im Magen eines Nestjungen von Phalacrocorax graculus Lin. fand ich nämlich ein grosses Individuum von Ascaris spiculigera. Das Nestjunge mochte wohl nicht älter als zwei, höchstens drei Tage sein. Da es also undenkbar war, dass sich der Schmarotzer auf ge- wöhnliche Weise im Wirthe hätte entwickeln können, gab es keine andere Möglichkeit, als dass er zusammen mit der Nahrung, welche die Mutter ihrem Jungen gegeben hatte, aus ihrem Magen in den seinigen übertragen worden war. Diese Art steht unleugbar der vorigen sehr nahe. Abgesehen von rein äussern Verschiedenheiten, wie z. B. der Form der Lippen, sind indessen auch einige, wenn auch geringe, anatomische Unter- schiede vorhanden, und diese werde ich in der nachfolgenden Be- schreibung hervorheben. Sie sind zwar an und für sich von geringer Bedeutung, es ist jedoch interessant zu sehen, wie sogar sehr geringe äussere Verschiedenheiten bisweilen von grössern innern begleitet sein können. v. Linstow') giebt an, er habe die Vulva in solcher Lage ge- funden, dass die Länge der davor und dahinter liegenden Theile des Körpers sich wie 5:13 verhalte. Diese Angabe stimmt fast ganz mit meinen Messungen überein. Der Darmcanal stimmt fast in Allem mit dem, was oben über Ascaris osculata Rup. angegeben wurde, überein. Indessen ist eine kleine Abweichung am Beginn der Speiseröhre vorhanden. Wir finden hier nämlich längsverlaufende Verstärkungen an der innern Membran der Speiseröhre und zwar gerade da, wo Fasern oder Ligamente aus- gehen, welche die hervorspringenden Theile der Speiseröhre mit der äussern Bekleidung derselben verbinden. Diese Verstärkungen bilden Längsleisten, sechs an der Zahl, und lassen sich bis zu einer Länge von etwa 100 « nachweisen. Aehnliche Verstärkungen an der Aus- kleidung der Speiseröhre sind vorher bei andern Gattungen beobachtet worden und zwar z. B. von SCHNEIDER ?) durchgängig bei der Gattung Strongylus, bei gewissen zu Oxyuris und Heterakis gehörenden Arten sowie bei Cucullanus, wo sie jedoch, wie bei der in Rede stehenden Ascaris, nur im vordern Theil der Speiseröhre vorhanden sind. BASTIAN ?) erwähnt und zeichnet ähnliche Gebilde bei Cucullanus 1) Report on the Entozoa, p. 4. 2) Monographie der Nematoden, p. 189, tab. 15, fig. 12. 3) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 575, tab. 27, fig. 13. Beiträge zur Kenniniss der Nematoden. 465 heterochrous Run. oder Dacnitis esuriens Dus., wie er Heterakis foveolata Rup. benennt. Schliesslich liefert LEUCKART !) in seiner Arbeit über die Parasiten des Menschen eine Abbildung von Dochmius duodenalis Dus., welche zeigt, dass diese Form mit ähnlichen Leisten versehen ist. Ihre Aufgabe ist es höchst wahrscheinlich, zur Befestigung für Muskeln oder vielleicht richtiger Ligamente zu dienen. Der vordere Theil der Speiseröhre, der im Querschnitt einen runderen Umriss als dasselbe Organ von Ascaris osculata Rup. auf- weist, misst ca. 4 mm, der hintere Theil mitsammt dem Blindsack der Speiseröhre 1,6 mm. Da der Darmcanal, wie schon erwähnt, in allen Theilen mit der Beschreibung übereinstimmt, welche ich von dem homologen Organ bei Ascaris osculata gegeben habe, halte ich es für genügend, darauf hinzuweisen, dass der von den Klappen gebildete, als ein Ventil fungirende Apparat sich auch hier an der entsprechenden Stelle findet; ebenso die Oesophagusdrüsen und zwar sowohl die dor- sale als die beiden ventralen mit ihren respectiven Ausführungsgängen. Die Mündung der dorsalen Drüse liegt jedoch hier vielleicht etwas weiter nach vorn, aber die Drüse in ihrer Gesammtheit ist ohne Zweifel bei den von mir untersuchten Exemplaren kürzer, höchstens durch drei Viertel des vordern Theils der Speiseröhre zu verfolgen. Ihre Aeste sind enger, aber zahlreicher. Der Einfluss, welchen die Drüse durch ihr Volumen auf die Lage des Centralcanals der Speise- röhre ausübt, ist hier etwas geringer als bei Ascaris osculata, vielleicht beruht dies jedoch auf zufälligen Verschiedenheiten der respectiven Drüsen. Schliesslich einige Worte über zwei rudimentäre Bildungen, die bei dieser Art vielleicht mit grösserer Deutlichkeit als bei der vorigen hervortreten, obgleich sie, wie es scheint, auch dort vorhanden sind. Sie bestehen aus hohlen Strängen, die im vordersten Theil der Speise- röhre zu beiden Seiten des ventralen ausspringenden Winkels des Centralcanals liegen. Der eine ist häufig kürzer als der andere. Sie besitzen ungefähr dieselbe Weite wie der Centralcanal der dorsalen Drüse, enden blind und erstrecken sich ungefähr ebenso weit nach vorn wie die dorsale Drüse. Wie ich später hervorheben werde, liegen hier die Ueberreste zweier ventraler Drüsen vor, welche ursprünglich auch dem vordern Theil der Speiseröhre der Nematoden zukamen und welche sich bei den freilebenden Mitgliedern dieser Ordnung noch jetzt finden. 1) Die menschlichen Parasiten, p. 46, fig. 30. Zool. Jahrb. VU. Abth. f. Morph. 31 466 L. A. JAGERSKIOLD, Der Darm und sein Blindsack unterscheiden sich in ihrem Bau auf keine Weise von denselben Organen bei Ascaris osculata. Das Excretionsorgan bei Ascaris spiculigera miindet, wie bei Ascaris osculata, unmittelbar hinter der ventralen Zwischenlippe aus. Der Ausführungsgang, der, nach allen Merkmalen zu urtheilen, aus der Körperbedeckung stammt, reicht bis unmittelbar hinter den Nerven- ring. Ersterer verläuft hier, abweichend von demselben Organ bei Ascaris osculata, parallel mit der Mittellinie der Bauchseite. Das linke Seitenfeld und zwar besonders dessen ventrale Hälfte, mit welcher das Excretionsorgan in seiner ganzen Länge verwachsen ist, ist gegen die Bauchseite hin gleichwie ausgedehnt. Die Ausdehnung wird offen- bar durch die Lage des Excretionsorgans verursacht, das bei dieser Art mehr ventral als bei den andern hier besprochenen liegt. An der Stelle, wo es am breitesten ist, wird es durch Ligamente an der ven- tralen Hälfte auch des andern Seitenfeldes befestigt, welche dann gleichfalls eine ziemlich bedeutende Dehnung nach der Bauchseite zu erleidet. Der spindelförmige Theil des Excretionsorgans nimmt nur langsam an Breite zu, sein Maximum, ca. 0,6 mm, erst auf tj, der Körperlänge, von vorn gerechnet, erreichend, bei Ascaris osculata bereits auf !/,. Der breite Theil des Organs hat in seinem hintern Rand einen Einschnitt, der durch die Vagina verursacht wird, indem diese, die bis dahin der Längsrichtung des Körpers gefolgt, sich kurz vor ihrer Ausmündung gegen die Mittellinie des Bauches hin biegt. Einen solchen Einschnitt habe ich weder bei Ascaris osculata noch bei irgend einer der andern Arten gesehen. Der hintere, haarfeine Theil des Organs mit seinem Centralcanal lässt sich bis unweit des Schwanzes des Thieres verfolgen. In seinem Bau stimmt das Excretionsorgan von Ascaris spiculi- gera vollständig mit dem von Ascaris osculata überein. Derselbe Centralcanal mit seinen Verzweigungen, welche in dem hintern, engern Theil fehlen, dasselbe feinmaschige Plasma mit seinen chromatophilen Körnern, auch letztere in der angeschwollenen Partie am zahlreichsten vorhanden, sowie schliesslich dasselbe kernähnliche Gebilde auch hier. Letzteres besteht aus einer ovalen oder richtiger schwach birnförmigen Scheibe, deren Längsaxe rechtwinklig zur Längsrichtung des Organs gestellt ist. Der grösste Durchmesser dieser Scheibe beträgt bei grossen Individuen ca. 400 «, der kleinste ca. 300 u. Bei Ascaris osculata hingegen ist die Längsaxe des Kerns derjenigen des Excre- tionsorgans selbst parallel gestellt. Diese verschiedene Lage oder vielleicht richtiger diese verschiedenartige Form der Kerne in den Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 467 Excretionsorganen der beiden Arten hat sich bei allen von mir unter- suchten Exemplaren als constant erwiesen. Ascaris lobulata SCHNEIDER. SCHNEIDER, Monographie der Nematoden. KrAB8e, Sælernes og Tandhvalernes Spolorme. Von dieser seltenen Art sandte mir der Inspector des Zoologischen Museums zu Kopenhagen Herr Dr. LEVINSEN freundlichst einige aus der Mundhöhle der Platanista gangetica Cuv. entnommene Individuen zur Untersuchung. Die von SCHNEIDER beschriebenen waren im Dickdarm derselben Thierart gefunden. SCHNEIDER scheint die weibliche Ge- schlechtsöffnung dieser Art nicht gesehen zu haben; bei einem 25 mm langen Exemplar fand ich dieselbe in einer Entfernung von 6 mm vom Vorderende. Die Vulva liegt folglich hier verhältnissmässig weiter vorn als bei den übrigen Arten dieser Gruppe. Da mir nur wenig Material zur Verfügung stand, war leider eine detaillirte Untersuchung unmöglich, doch konnte ich constatiren, dass das Excretionsorgan wesentlich in derselben Weise wie bei Ascaris spiculigera und osculata gebaut ist. Dasselbe beginnt sich unmittelbar hinter der Vereinigungsstelle des Darms und der Speiseröhre zu er- weitern, um sich dann in gleicher Höhe mit der Vulva wieder zu ver- jüngen. Sein bandförmiger Theil misst ca. 3,5 mm in der Länge bei einer Breite von 1 mm. Die Speiseröhre besteht auch hier aus zwei verschiedenen Theilen, und der hintere mit seinem kleinen Anhang erscheint im Verhältniss zum sehr langen und biegsamen vordern Theil ungemein kurz (siehe Fig. 37, Taf. 28). Das Epithel des Darms ist offenbar von derselben Beschaffenheit wie bei den vorhergehenden Arten. Ascaris decipiens KRABBE. Krasge, Sælernes og Tandhvalernes Spolorme. In der Sammlung des hiesigen Zoologischen Instituts fand sich ein Glas mit Spulwürmern aus dem Rachen und der Mundhöhle eines grauen Seehunds (Halichoerus grypus NıLsson) aus der Provinz Bohus- län. Diese Würmer, welche also aus einem Wohnthiere stammten, bei dem man diesen Parasiten bisher nicht gefunden hatte, haben mir als Material für meine Untersuchungen gedient. Die Anatomie dieser Art war bisher völlig unbekannt. 317 468 L. A. JAGERSKIOLD, KRABBE liefert in seinem Berichte, dem einzigen bisher vorlie- senden, ausser guten Zeichnungen und einer Beschreibung der Ober- lippe und Schwanzpapillen des Männchens nur eine Angabe über die Maximallänge der verschiedenen Geschlechter, für Weibchen und Männ- chen 60, beziehungsweise 45 mm. Die verhältnissmässig bedeutende Dicke — 2,5 mm — zusammen mit dem stumpfen Hinterende und dem unbedeutend verschmälerten Vordertheil verleihen besonders den Weibchen ein plumpes Aussehen. Bei der in Rede stehenden Art ist der Darm mit einem nach vorn gerichteten Blindsack versehen, während die Speiseröhre bald einen Anhang besitzt, bald eines solchen entbehrt (vergleiche Fig. 40, Taf. 28, mit Fig. 41 auf derselben Tafel). Dies ist jedoch nicht so auf- zufassen, als könnten in Folge individueller Variationen der hintere Theil des Oesophagus sammt seinen Drüsen, welche, wie wir gesehen, bei den vorhergehenden Arten zum grössten Theil gerade im Anhang der Speiseröhre enthalten waren, mitunter fehlen. Im Gegentheil, bei einer Vergleichung der angeführten Zeichnungen sehen wir leicht, dass die Speiseröhre desjenigen Exemplars, dem der Oesophagusanhang fehlt, ganz dieselbe Länge erreicht wie der Oesophagus nebst seinem „Blindsack“ bei dem andern. Wir finden ferner, dass bei dem erstern Exemplar der hinterste, engere und gleich dicke Theil der Speiseröhre gegen die vordere, an Dicke nach hinten zunehmende Partie scharf abgesetzt ist, und dass von diesen verschiedenen Theilen der Speise- röhre, dem vordern und dem hintern, der erstere dem eigentlichen Oesophagus, der letztere dem Anhang desselben an Grösse genau ent- spricht. Das Resultat, zu welchem wir durch Messungen und auf Grund äusserer Aehnlichkeiten gelangt sind, wird auch, wie ich unten nachweisen werde, durch innere Aehnlichkeiten bestätigt. Ich wage daher ohne Bedenken zu behaupten, dass der Blindsack der Speise- röhre, wenn er bei Ascaris decipiens vorkommt, mit einem gewissen bestimmten morphologisch unterschiedenen Theil (dem hintern) der Speiseröhre selbst homolog ist. Dass dies auch bei Ascaris osculata und Ascaris spiculigera, deren Speiseröhre immer einen Anhang zu besitzen scheint, der Fall ist, wird durch die anatomische Ueberein- stimmung bestätigt und ergiebt sich übrigens fast von selbst. Der vordere Theil unseres Organs gleicht in allem Wesentlichen den entsprechenden Theilen der schon oben beschriebenen Spulwürmer. Die radiären Muskelfasern sind zu distincten Bündeln mit reichlicher zwischenliegender kérniger Substanz vereinigt. Die langsverlaufenden Muskelfasern bilden einen einfachen Kranz, der dem Umkreis des Beitriige zur Kenntniss der Nematoden. 469 Organs folgt und der an den Ligamenten und Fasern, durch welche die vorspringenden Ränder des Centralcanals der Speiseröhre an der Peripherie befestigt werden, sich einwärts biegt und die Seiten des- selben bis in die einspringenden Winkel begleitet (s. Fig. 26, Taf. 26). Hierdurch werden auf jedem Querschnitt eigentlich drei Kränze von durchschnittenen Muskelfasern gebildet. Die longitudinalen Muskel- elemente fehlen im Hintertheil der Speiseröhre gänzlich. Die dorsale Drüse mündet in gewöhnlicher Weise ungefähr 0,1 mm vor dem Nervenring und ist besonders gut entwickelt. Gleich hinter dem Ende der Drüse, d. h. gerade vor dem Uebergang zwischen dem vordern und dem hintern Theil der Speiseröhre und vor der Ausmündung der ventralen Oesophagusdrüsen, finden wir ein Bündel circulärer Fasern, welche in einem weiten Ringe die Höhlung der Speiseröhre umgeben. Diese Fasern stehen mit drei Zellen in Verbindung, von denen jede gegenüber einem einspringenden Winkel dieser Höhlung liegt. Diese Zellen sehen mit ihren deutlichen Kernen Ganglienzellen sehr ähnlich. Aber ob hier Elemente von nervöser oder von musculöser Natur vor- liegen, darüber wage ich mich nicht zu äussern; am wahrscheinlichsten ist es vielleicht jedoch, dass wir es hier mit einer Art von Sphincter- bildung zu thun haben. Dicht hinter diesem vermuthlichen Sphincter münden nun die beiden ventralen Drüsen mittels zweier langer, deutlicher Ausführungs- gänge. Ich mache besonders darauf aufmerksam, dass diese Drüsen unmittelbar vor dem Anfang des engeren Theiles der Speiseröhre ausmünden, denn dadurch zeigt es sich, dass dieser Theil dem An- hang des Oesophagus der Ascaris osculata, spiculigera und gewisser Individuen von decipiens entspricht. Die Drüsen selbst enthalten je einen etwas degenerirten Kern und einen intracellulären Canal. Sie lassen sich fast durch den ganzen hintern Theil der Speiseröhre ver- folgen. Der Querschnitt der letztern wird eine kleine Strecke hinter der Verengung dreieckig. Wir finden hier auch das aus drei Klappen be- stehende Ventil wieder, welches ich bei den vorhergehenden Arten beschrieben habe. Ich sagte dort (siehe unter Ascaris osculata S. 460), dass eine jede dieser Klappen durch zwei Bündel von Muskelfibrillen eingestellt werde. Dies ist auch hier der Fall, und zwischen je zwei von diesen Bündeln sieht man einen deutlichen Kern. Vermuthlich entsprechen diese Retractoren, denn als solche fungiren sie ohne Zweifel, jeder einer Muskelzelle. Als ich oben den Unterschied in der Form des vordern und des 470 L. A. JAGERSKIOLD, hintern Theiles der Speiseröhre erwähnte, sagte ich, dass letzterer gleich dick sei. Dies ist jedoch nicht ganz richtig, denn ganz vorn zeigt er eine Anschwellung, welche offenbar durch den Ventilapparat und den grössern Raum, den seine Musculatur erfordert, verursacht wird (siehe Fig. 41, Taf. 28). Von da an bis zur Vereinigung der Speiseröhre und des Darmes scheint ihre Höhlung stets weit offen zu sein. Die Wände der Speiseröhre enthalten hier nur wenige, zerstreute Muskeln. Bei einigen Individuen fand ich den engen Theil des Oeso- phagus stark S-férmig gekrümmt, was sicher von einer zufälligen Zu- sammenziehung oder Krümmung des Vordertheiles des Thieres herrührt. Die Vereinigung zwischen den beiden vordern Abtheilungen des Darmcanals kommt dadurch zu Stande, dass die Rückenseite der Speiseröhre und die Bauchseite des Darmes durchbrochen werden. Dabei rücken Theile der Oesophaguswand in die Höhlung des Darmes mit hinein und bilden, zurückgebogen, gleichsam einen Kragen rings um die Oeffnung. Die obige Beschreibung bezieht sich auf diejenigen Exemplare, bei denen der Darmcanal in der Weise gebaut ist, wie es Fig. 41, Taf. 28 zeigt. Bei jenen hingegen, wo auch die Speiseröhre mit einem Anhang versehen ist, wie es Fig. 40 derselben Tafel darstellt, gleicht der Bau des Organs fast ganz dem der beiden oben beschriebenen Arten Ascaris osculata und spiculigera. Der Unterschied zwischen den ver- schiedenen Formen der Speiseröhre, welche wir kennen gelernt haben, besteht eigentlich darin, dass die ventralen Oesophagusdriisen der nach dem osculata-Typus, wie ich ihn nenne, organisirten Individuen in einem Blindsack liegen, dem das Lumen fehlt und der nur einem Theil der Oesophaguswand entspricht, während dasselbe Organ bei dem simplex-Typus, wie ich ihn nennen möchte, sich im hintern Theil der Speiseröhre selbst wiederfindet. Der Bau des eigentlichen Darmes weist keine wesentlichen Ab- weichungen von dem bisher bekannten Verhalten auf. Sowohl im Blindsack als im Haupttheil des Darmes bilden die Epithelzellen zahl- reiche, in die Höhlung des Organs hineinragende, büschelartige Bil- dungen. Diese sind, wie gewöhnlich, durch die verschiedene Länge der Zellen hervorgerufen. Auf einem Querschnitt kann man sogar zehn solche Büschel oder mehr finden. Die im Vordertheil des Lumens und im Blindsack befindlichen Epithelzellen strecken ihre Enden weit in die Höhlung des Darmes hinein und verleihen dadurch diesen Bildungen ihr eigenthümliches Aussehen. Die ,,Stabchenlage“ schmiegt sich jeder der freien Spitzen an, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 471 und wahrscheinlich kann man gerade in Folge der hierdurch ver- ursachten Biegung und Knickungen die verschiedenen Stäbchen der- selben unterscheiden. Sie erscheinen wie die Haare eines dichten Pelzes. Bei dieser Art, wie bei Ascaris osculata, enthalten die Speise- rôhre, der Darm und auch der Blindsack eine Menge platter, kern- führender Epithelzellen. Ihr Ursprung aus den Geweben des Wirthes unterliegt keinem Zweifel. Auch bei Ascaris decipiens erlangt das Excretionsorgan die- selbe eigenartige Entwicklung wie bei den früher beschriebenen Formen. Dasselbe miindet jedoch hier zwischen die beiden ventralen Lippen aus, was eben durch das Fehlen der Zwischenlippen ermôglicht wird. Bei Ascaris osculata und spiculigera, wo letztere vorhanden sind, haben wir ja auch gesehen, dass die Mündung des Excretionsorgans erst hinter der ventralen Zwischenlippe liegt. Der Ausführungsgang zeigt dieselben einer Hautausstülpung zu- kommenden Merkmale, welche wir bei Ascaris osculata und spiculigera beobachtet haben, und verläuft mit der Mittellinie der Bauchseite parallel bis dicht hinter den Nervenring; dort biegt er sich nach der linken Seite, um sich nach einer kleinen Anschwellung mit dem Ex- cretionsorgan zu vereinigen. Auch bei dieser Art scheint die Cuticula im blasenförmigen Theil des Ausführungsganges mit einigen kleinen Vorsprüngen oder Leisten versehen zu sein. Die Seitenfelder, welche beiderseits sowohl an Grösse als in ihrem Bau kaum irgend eine Verschiedenheit zeigen, enthalten eine Menge von kleinen Kernen — 4 « im Durchmesser — mit je einem Nucleolus. Die Seitenfelder sind übrigens der Länge nach in zwei Hälften ge- theilt, welche nach innen auseinandergebogen sind. Das Excretions- organ ist in seiner ganzen Länge nur am ventralen Theil des linken Seitenfeldes befestigt. Bei einem 40 mm langen Individuum konnte ich dasselbe bis etwas hinter die weibliche Geschlechtsöffnung, d. h. bis unmittelbar hinter die Mitte des Thieres verfolgen, bei einem andern, das ich mit Hülfe von Serienschnitten untersuchte, noch eine Strecke weiter nach hinten. Wahrscheinlich liegen hier individuelle Variationen vor. Die grösste Breite des Organs beträgt 1,2 mm. Erst etwas hinter der Vereinigung der Speiseröhre und des Darms erreicht es diese Breite, um sich sodann nach einer Strecke von ca. 11 mm ziemlich plötzlich wieder zu verjüngen, sobald es der nach vorn verlaufenden Schlinge der Vagina begegnet. Die Partie der Körperhöhle, in welcher der 472 L. A. JAGERSKIOLD, ausgebreitete Theil des Excretionsorgans liegt, enthält ausser letz- term nur den Darm. Zuäusserst am Excretionsorgane finden wir eine dünne, structur- lose Membran, die ein körniges Protoplasma von feinwabiger Structur umgiebt. Diese Hauptmasse des Organs wird von einer Menge feiner Verästelungen seines Centralcanals durchzogen. Rings um diese Ver- ästelungen sowie um den Centralcanai findet sich nun eine Menge kleinerer und grösserer, tropfenähnlicher Gebilde angesammelt. Diese Tropfen oder Körner, die sich ziemlich gut in Hämatoxylin färben, kommen auch in der Plasmamasse des Organs selbst zerstreut vor, sind aber hier kleiner. Es hat den Anschein, als ob diese Tröpfchen um die Verästelungen des Canalsystems zu grössern zusammenflössen, wodurch dieses fast das Aussehen eines zahlreiche grössere und kleinere Früchte tragenden Baumes erhält. Die kernähnliche Bildung von der Form einer ovalen Scheibe, welche wir bei Ascaris spiculigera und Ascaris osculata gesehen haben, fehlt hier, aber statt dessen finden wir ein reich verzweigtes Netz von chromatophiler Substanz. Auf guten Querschnitten erweist sich dieses Netz als aus einer Menge Körner zusammengesetzt, sehr ähnlich denen, die den Inhalt der Analdrüsenkerne von Ascaris megalocephala und des kernartigen Körpers im Excretionsorgane desselben Thieres bilden. Diese Körner werden von einer Membran zusammengehalten, die jedoch nicht immer mit wünschenswerther Deutlichkeit hervortritt. Das Netz nimmt einen grossen Theil des bandförmig verbreiterten Ab- schnittes des Excretionsorgans ein und besitzt eine Länge von nicht weniger als ca. 6 mm (siehe Fig. 14, Taf. 25). Der hintere enge Theil des Excretionsorgans bietet nichts von besonderem Interesse dar. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt, wie oben angegeben, un- gefahr in der Mitte des Körpers; bei den meisten der von mir unter- suchten Individuen sogar einen oder einige Millimeter dahinter. Die Lage der Vulva ist fast immer durch eine von einer Falte der Haut ge- bildete Erhebung ausgezeichnet, auf der man die Geschlechtsöffnung findet. Die Vagina, welche zuerst eine Schlinge von etwa 5 mm nach vorn macht, erweitert sich ein paar Millimeter hinter der Umbiegungs- stelle zu einem Eiersack oder Uterus. Dieser spaltet sich ungefähr 6 mm hinter dem vordersten Punkt der Vagina, d. h. dicht hinter der Vulva, in zwei Aeste oder Hörner, die je eine Länge von 8 mm haben. Die Ovarialröhren nehmen die Mitte des Körpers ein, lassen jedoch vorn einen grössern Theil frei als hinten. Bei dem Individuum, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 473 einem mittelgrossen Weibchen von 40 mm Länge, welchem alle diese Maasse entnommen sind, reichten die Ovarien bis 6 mm von der Schwanzspitze, während das von ihnen im vordern Ende des Thieres freigelassene Stück fast die doppelte Länge erreichte, und vor der Vagina bildeten die fadendünnen Ovarialréhren nur je eine Schlinge, die wenig dazu geeignet war, die Körperhöhle auszufüllen, welche hier nur von dem Darm und dem angeschwollenen Excretionsorgan ein- genommen wird. Die Drüsengebilde, „drüsige Organe“, die Copp) bei Ascaris kükenthali und bulbosa beschreibt, habe ich in reichlicher Menge auch bei Ascaris decipiens sowie bei Ascaris simplex gefunden. Sie bestehen, wie mir scheint, theils aus polygonalen, kernführenden Körperchen, wie sie Coss beschreibt, theils aus zahlreichen die erstern umgebenden Körnchen. Diese beiden Elemente liegen, wenn ich so sagen darf, in dem Bindegewebe verwickelt, das wie ein Netz den Darm und das Excretionsorgan, wo dies am breitesten ist, mit den Seitenfeldern verbindet. Einen wirklichen Zusammenhang mit dem Darm oder überhaupt etwas, was man als Ausführungsgänge deuten könnte, habe ich nicht wahrnehmen können. Deshalb kann ich nicht, wie Cops, glauben, dass etwa hier Gebilde vorlägen, die einigermaassen mit „den hintern Darmdrüsen der höhern Thiere“ analog wären, oder auch nur, dass sie mit dem Darmcanal in Ver- bindung ständen. Ich glaube vielmehr, dass es sich hier um etwas handelt, was den „floating cells from the general cavity of body“ entspricht, welche BasrTran ?) unter andern Formen auch bei Ascaris lumbricoides gefunden hat. Und wenn diese meine Annahme richtig ist, so fehlen Gebilde, die mit jenen ,,driisigen Organen“ homolog sind, auch solchen Spulwürmern nicht, welche darauf angewiesen sind, im Darm der Wohnthiere zu leben. Ausser bei Ascaris decipiens und simplex habe ich ähnliche Körperchen bei Ascaris spiculigera, Ascaris osculata und Ascaris clavata gefunden. Leider stand mir kein frisches Untersuchungs- material zur Verfügung, noch war es mir sonst möglich, auf die Frage nach der Natur dieser Zellen einzugehen. Wie ich aber oben ange- deutet habe, bin ich geneigt, ihnen die Bedeutung einer Art Blut- körperchen beizulegen. 1) Beitrage zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden, p. 7. 2) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 581, tab. 23, fig. 12. 474 L. A. JAGERSKIOLD, Als ich Coxp’s Darstellung von Ascaris bulbosa näher prüfte, fiel mir die Aehnlichkeit auf, welche zwischen der Anatomie dieser Art und dem Bau von Ascaris decipiens KrABBE herrscht. Freilich waren die von dem amerikanischen Zoologen untersuchten Würmer grösser, die Männchen 50 und die Weibchen 80 mm, während die grösste für Ascaris decipiens angegebene Länge resp. 45 und 60 mm beträgt, und auch sonstige wichtigere Verschiedenheiten waren vor- handen, so z. B. soll die Vulva bei Ascaris bulbosa nur ein wenig hinter dem vordern Drittel des Körpers liegen. Da aber gute Zeich- nungen von den Lippen dieser Art fehlen, und da die Abbildung, welche Copp von den Schwanzpapillen liefert, eine grosse Aehnlich- keit mit Krapse’s Figur von denselben Gebilden bei Ascaris decipiens darbietet, so liegt die Vermuthung nahe, dass wir hier in der That zwei identische Formen vor uns haben. Beide sind bei Phoca barbata gefunden. Ich hoffe, dass Copp selber bald durch Veröffentlichung der erforderlichen Zeichnungen diese Frage entscheiden wird. Ascaris simplex Rup. Syn. Ascaris angulivalvis Crepuın. » ? Asearis kitkenthali Coss. Rupozpxi, Entozoorum historia. ss Entozoorum synopsis. Crepuin, Ascaris angulivalvis, eine neue Spulwurmart aus dem Schnabel- walfische. KraB8e, Sælernes og Tandhvalernes Spolorme. v. Linstow, Report on the Entozoa. Coss, Beiträge zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden. JÄGERSKIÖLD, Einiges über die Schmarotzer der nordatlantischen Ba- länopteriden. In einem frühern Aufsatze ') habe ich Zweifel darüber ausge- drückt, ob KrABBE berechtigt war, die Ascaris angulivalvis CREPLIN’S mit der Ascaris simplex RupOLPHI’s zusammenzuziehen. Ich stützte diese meine Ansicht eigentlich darauf, dass weder KRABBE noch Linstow die „Bursa‘“ des Männchens mit einem einzigen Worte erwähnt hatten. Ich zog, da ich selbst nicht in der Lage gewesen war, Asca- riden aus irgend einem Zahnwal zu untersuchen, daraus den Schluss, dass ein solches Gebilde bei Ascaris simplex fehle, und darauf grün- deten sich meine Zweifel. Inzwischen habe ich nun durch das Ent- 1) Einiges über die Schmarotzer der nordatlantischen Balänopte- riden, p. 132, Beitrage zur Kenntniss der Nematoden, 475 gegenkommen des Herrn Inspectors Levınsen Gelegenheit gehabt, mehrere Exemplare von Ascaris simplex aus Beluga leucas zu unter- suchen. Und da die Bursa bei den Männchen dieser Art ebenso gut entwickelt ist wie bei Exemplaren von Ascaris angulivalvis aus Ba- laenoptera rostrata (O. FABRICIUS) und sich kein wesentlicher Unter- schied im Uebrigen vorfindet, zweifle ich nunmehr nicht im geringsten daran, dass KRABBE berechtigt war, CREPLIN’s Namen nur als Synonym aufzunehmen. Ich erhielt indess die Sendung aus Kopenhagen zu spät, als dass ich Zeit gehabt hätte, dieselbe einer eingehenden anatomischen Unter- suchung zu unterwerfen, und habe deshalb zu diesem Zweck nur über einige aus Balaenoptera sibbaldii (J. E. Gray) stammende Individuen verfügt. Ich erhielt dieselben während einer Reise nach Finmarken von Herrn Conservator SPARRE-SCHNEIDER in Tromsö geschenkt, und sie waren damals eine längere Zeit in schwachem Alcohol auf- bewahrt gewesen. Dass ich folglich von dieser Art keine Schnittserien habe anfertigen können, sondern ausschliesslich auf Präpariren ange- wiesen war, versteht sich von selbst. Die Speiseröhre besteht — wie es Fig. 42, Taf. 28 zeigt — aus zwei Theilen, von denen der vordere wie gewöhnlich nach hinten allmählich an Dicke zunimmt und der hintere mit einer kleinen An- schwellung beginnt, sich dann verjüngt und ein Aussehen hat, welches darauf hindeutet, dass seine Musculatur bei weitem nicht so stark ausgebildet ist wie die des erstern Theils. Weder die Speiseröhre noch der Darm besitzt einen Blindsack oder Fortsatz, worin also ein Unterschied von den früher beschriebenen Arten liegt. Der Darm ist mit mehrern Reihen von Gruppen verlängerter Zellen versehen ; jede Gruppe hat im Allgemeinen die Form eines V mit nach hinten gerichtetem Winkel. Das Vorhandensein derselben kann man bereits an der Aussenseite des Organs wahrnehmen. Das Excretionsorgan ist bandförmig und erstreckt sich un- gefähr durch ein Drittel des Thiers. Soweit ich habe sehen können, ist der Kern sehr langgestreckt und eylindrisch und weicht dadurch von dem im Excretionsorgan der Ascaris spiculigera und osculata befindlichen ab. Bei einem ca. 72 mm langen Weibchen dieser Art fand ich die Vulva 36 mm vom Kopf entfernt. Auch bei einem andern Weibchen aus Beluga leucas, das die beträchtliche Länge von 150 mm hatte, lag die Vulva sehr nahe der Mitte: 70 mm vom Vorderende des Thiers entfernt. Damit stimmt nicht vollständig v. Linstow’s Angabe 476 L. A. JAGERSKIOLD, überein, dass bei etwa 70 mm langen Individuen dieser Art, aus Otaria jubata, die weibliche Geschlechtsöffnung so gelegen sei, dass der vor derselben befindliche Theil des Körpers sich zu dem hintern wie 3:4 verhalte. Die Vagina ist lang und eng. Der Uterus ist hinten zweihörnig - gabelförmig, wie ihn Copp bezeichnet. Die weiblichen Genitalien zeigen eine grosse Aehnlichkeit mit Copp’s Beschreibung von denselben Organen bei Ascaris kükenthali. Vergleicht man die leider sehr unvollständigen Angaben, welche ich über Ascaris simplex habe liefern können, mit CoBB’s ausführ- licher Beschreibung von Ascaris kükenthali, so sieht man sogleich die grosse Uebereinstimmung, die zwischen ihnen herrscht, eine Ueberein- stimmung, die um so merkwürdiger wird, als es sich herausstellt, dass die Angaben und Zeichnungen CoBB’s sich sehr gut auch mit den- jenigen, welche CREPLIN und KRABBE über die erstgenannte Art ge- liefert haben, in Einklang bringen lassen. Wenn man noch hinzufügt, dass Ascaris kükenthali bei Beluga leucas PALLAS gefunden ist, die von KRABBE als einer der vielen Wirthe gerade für Ascaris simplex angegeben wird, so liegt die Annahme nahe, dass es sich hier um zwei in der That identische Arten handelt. Da ich indessen, wie ich früher (siehe S. 455 Anm. 2) erwähnt habe, keine Individuen von Ascaris kükenthali zur Vergleichung bekommen konnte, muss diese Frage vor- läufig offen bleiben. Ascaris rotundata Rup. DresiNG, Systema Helminthum, vol. 2. ÖERLEY, Entozoen der Haie und Rochen, p. 108 und 217. v. Lixsrow, Helminthologische Untersuchungen. Von dieser Art habe ich an unserer Westküste in der Provinz Bohuslän und bei Bergen in Norwegen ein ziemlich reiches Material gesammelt und zwar den grössten Theil aus dem Magen mehrerer Rochen: Raja batis Lin., Raja fullonica Lin. und Raja radiata DONOVAN. Aber auch im Darmdivertikel von Scymnus microcephalus SCHNEIDER habe ich ein paar Individuen gefunden, die ich jedoch nicht näher untersucht habe. Unsere Kenntniss von diesem Parasiten beruht, ab- gesehen von den unvollständigen Diagnosen RupoLPHrs und DIESING’S, auf den Aufsätzen von OERLEY und v. Linsrow. Aber wenn auch letzterer eine correcte und, was das Aeussere betrifft, recht vollstän- dige Beschreibung und ersterer ein paar anatomische Angaben geliefert haben, so muss diese unsere Kenntniss doch als eine sehr mangelhafte bezeichnet werden. Im Nachfolgenden werde ich das mittheilen, was Beitriige zur Kenntniss der Nematoden. 471 ich über diese Art beobachtet habe, die zwar in ihrem Bau an die vorigen erinnert, doch viele und interessante Abweichungen aufweist. Die gréssten weiblichen Exemplare, die ich untersuchte, hatten eine Länge von etwas über 50 mm. Die grössten Individuen nahmen nach hinten etwas an Dicke zu, was vermuthlich von der stärkern Entwicklung der Genitalien herrührte. OErLEY !), der sagt „Körper nach vorn und hinten gleichmässig verjüngt“, scheint nur über jüngere Exemplare verfügt zu haben, worauf auch das von ihm angegebene geringe Maximalmaass — 30 mm — hindeutet. Die Vulva habe ich nicht, wie der erwähnte Verfasser, in der Körpermitte, sondern bei allen Exemplaren auf !/, der Körperlänge, von vorn gerechnet, ge- funden. Schliesslich habe ich kleine Seitenmembranen beobachtet, welche ganz vorn anfangen und sich ungefähr bis zur Höhe der weib- lichen Geschlechtsöffnung verfolgen lassen. Ihre Breite ist unbedeutend — nicht mehr als 6 u. Bei einer Untersuchung der Mundbewaffnung dieser Art findet man nicht viel, was an eine Ascaris erinnert. Die drei schwach aus- gebildeten Lippen sind eigentlich nur kleine rnndliche Erhebungen, welche ihrerseits je eine centrale Erhebung tragen. Die dorsale Lippe ist grösser als die Seitenlippen. Ausser der oben erwähnten centralen Papille oder Erhebung trägt jede Lippe zwei andere, eine zu jeder Seite der centraleu und peripherisch von der letztern. Die beiden Papillen der dorsalen Lippe und die ventralen der Seitenlippen ent- sprechen den Submedianpapillen SCHNEIDER’S und sind stärker ausge- bildet als die dorsalen Papillen der Seitenlippen, welche den Seiten- papillen desselben Verfassers entsprechen (siehe Fig. 25, Taf. 26). Rings um jede Lippe kann man einen Umriss beobachten, der in eine um die Mundöffnung herum verlaufende äussere Linie übergeht. Ausser- dem findet sich zwischen diesem zusammenhängenden Umriss und der unten beschriebenen Zahnleiste eine zweite, innere Linie, die vor der Mitte jeder Lippe eine Unterbrechung zeigt. Ueber die Natur dieser Gebilde bin ich nicht ganz im Klaren, muthmasslich entsprechen sie jedoch erhabenen Leisten an der Cuticula. Die Mundöffnung selbst ist dreieckig und von einer zusammenhängenden Zahnleiste umgeben; auch letztere ist dreieckig, aber mit abgerundeten Ecken. Die hier gegebene Beschreibung stimmt recht gut mit der durch v. Liystow ?) gelieferten überein; da dieser aber das Thier wahr- 1) Entozoen der Haie und Rochen, p. 217. 2) Helminthologische Untersuchungen, 1880, p. 44, tab. 3, fig. 8. 478 L. A. JAGERSKIOLD, scheinlich nur im Profil untersucht hat — wenigstens liefert er keine Abbildung von demselben in irgend einer andern Lage — so sind seine Angaben nicht besonders vollständig. Vor allem geht nicht aus denselben hervor, ob er gesehen hat, dass die Zahnleiste ununter- brochen ist. Die Cuticula, welche die bei der Gattung Ascaris vorkommenden verschiedenen Schichten aufweist, scheint mir nichts von besonderm Interesse darzubieten, weshalb ich sie hier tibergehe. Die sog. Subcuticula lässt sich, wenngleich bisweilen mit Schwierig- keit, überall zwischen der Cuticula und den Muskeln nachweisen. Nirgends habe ich in dieser Schicht Kerne wahrgenommen, obgleich sie in den Seitenfeldern so haufig und bei dieser Art überall gross und deutlich sind. Die Subcuticula geht wie gewöhnlich in die Seiten- felder und die Medianlinien über. Letztere zeigen in ziemlich regel- mässig wiederkehrenden Zwischenräumen grosse, flaschenähnliche Aus- sackungen, die im Querschnitt stark an jene der Muskelzellen erinnern. Eine jede dieser Aussackungen enthält einen, mitunter wohl auch zwei distincte Kerne (siehe Fig. 28, Taf. 27, wo jedoch ein Schnitt abgebildet ist, in welchem der Kern nur tangirt ist). Jeder ventralen Aussackung entspricht dem Anschein nach eine dorsale; sie nehmen nach hinten zu an Grösse und Menge ab. Die Seitenfelder erreichen ihre grösste Entwicklung erst hinter dem Nervenring, sich bis zur Speiseröhre erstreckend und dieselbe theilweise umfassend. Ganz vorn weisen sie eine Reihe mehr oder minder regelmässig geordneter Kerne auf (siehe Fig. 27, Taf. 27), die gross und deutlich sind und stark chromatophile Kernkörperchen be- sitzen. Sie messen ca. 28 u. Der ausschliesslich mechanische Ein- fluss, den diese Kerne sowie übrigens das ganze Seitenfeld von dem Excretionsorgan erfahren, soll im Zusammenhang mit diesem letztern Organ berührt werden. Zellgrenzen sind nicht zu sehen, dagegen kann man dicht unter den schwachen Seitenmembranen (siehe sf auf Fig. 27 und 28, Taf. 27) einen von dem übrigen Seitenfeld scharf ab- gegrenzten ‘Theil beobachten. Besonders wenn sich das Object aus irgend einer Ursache contrahirt hat, lässt sich wahrnehmen, dass eine Spalte rings um denselben entsteht. Dieser enthält eine Reihe von Kernen, welche etwas kleiner als die übrigen des Seitenfelds, sonst aber von derselben Art sind. Auch in diesem Theil habe ich keine wirk- lichen Zellgrenzen angetroffen. Dieses Gebilde, das sich durch die ganze Länge des Thieres bis an den After verfolgen lässt, nimmt nach hinten an Höhe zu, und aus einer verhältnissmässig niedrigen, in das EN EEE Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 479 Seitenfeld sich einschiebenden Leiste wird es eine Art Scheidewand, durch die letzteres in zwei Hälften getheilt wird und die bis zur innern Grenze desselben oder bis zum Excretionsorgan reicht (siehe Fig. 29, Taf. 27). In Folge der Theilung, welche das Seitenfeld der Länge nach durch diese Scheidewand zum Theil in Verbindung mit dem Excretionsorgan erleidet, ordnen sich auch dessen anfänglich in einer regelmässigen, einfachen Reihe gestellte Kerne in zwei parallele Reihen, eine zu jeder Seite des oben genannten Gebildes. Letzteres scheint mir erst dann recht beachtenswerth zu werden, wenn es mit den Längs- scheidewänden, die bei den Nematoden so häufig vorkommen, zusammen- gestellt wird. Möglicherweise wird es embryologischen Untersuchungen gelingen, nachzuweisen, dass sich diese als Syncytien bilden. Frühere Verfasser haben nicht selten gut ausgebildete Kerne in den Seitenlinien beobachtet, so z. B. BürscHLı!), der bei Oxyuris diesingi und Oxyuris blattae- orientalis zwei verschiedene Arten von Kernen aus dem Seitenfeld beschreibt, und zwar eine Reihe grösserer in der Mitte und eine Reihe kleinerer zu beiden Seiten der erstern, ein Verhältniss, das mit dem, was ich bei Ascaris rotundata gefunden ‚habe, Aehnlichkeit darbietet. Ferner THIESING?), der eine Doppel- reihe von Kernen im Seitenfeld der Frlaria sanguinis-hominis Lewis abbildet und Rzewusk1®), der in den Seitenfeldern von Strongylus paradoxus Menu. Kerne gesehen hat. Auch STADELMANN *) findet bei Strongylus convolutus OSTERTAG zwei Reihen von Kernen an der- selben Stelle; schliesslich giebt LEUCKART ?) an, er habe häufig zahl- reiche Kerne in den Seitenfeldern angetroffen. In einer Hinsicht weicht der Muskelbau dieser Form von dem- jenigen ab, den wir bei Arten der Gattung Ascaris zu finden gewohnt sind. Die fibrilläre Substanz ist nämlich nicht wie sonst bei dieser Gattung so angeordnet, dass sie eine, einen grossen Theil der sog. Marksubstanz des Muskels mit ihren Seiten umgebende Rinne bildet, sondern ist hier zu einer ziemlich dicken Scheide zusammengestellt, die in ihrer ganzen Breite an die Subcuticula angrenzt. Diese Muskel- 1) Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta orientalis, p. 273. 2) Beiträge zur Anatomie der Filaria sanguinis hominis, fig. 2. 3) Untersuchungen über den anatomischen Bau von Strongylus para- doxus Mexx, p. 12. 4) Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus Osrer- TAG, p. 14. 5) Die menschlichen Parasiten, p. 14. 480 L. A. JAGERSKIOLD, form, welche von SCHNEIDER urspriinglich als platymyarisch bezeichnet wurde, findet sich tibrigens ausser bei den meisten Meromyariern auch bei einigen Filaria-Arten, bei Ascariden aber ist sie meines Wissens bisher nicht beobachtet worden. Mehr als wahrscheinlich ist, dass die Ursache dieser Anordnung der Fibrillen in der verhältnissmässig ge- ringen Zahl der Muskelzellen bei dieser Art und in der grossen Breite, welche jeder Muskelzelle zukommt, zu suchen ist. Diese Anordnung scheint demnach von einer schwächern Entwicklung der Musculatur bedingt zu sein. Uebrigens ist nicht die ganze fibrilläre Substanz in dieser Weise angeordnet. Bei einer Untersuchung mittels sehr starker Linsen (Zeiss Hom. Apochr. Im. 2 mm) zeigt es sich, dass ein Kranz von Fibrillen rings um das Sarcoplasma der Zellen läuft. Wo die Muskelzelle ihre grösste Anschwellung aufweist, d. h. wo der Kern und die zu den Medianlinien gehenden Ausläufer des Muskels liegen, da erstreckt sich dieses Lager peripherischer Fibrillen jedoch nicht immer um die ganze Zelle herum, sondern lässt den innern Theil der Peripherie frei. Die Ausläufer von dem hinter dem Nervenring be- findlichen Theil der Musculatur vereinigen sich mit dem Gewebe der Medianlinien, während die Ausläufer von der in der Nähe des Nerven- rings gelegenen Musculatur unmittelbar zu jenem gehen. Bei den Ernährungsorganen finden wir die drei gewöhnlichen Abtheilungen wieder. Die Speiseröhre besteht auch bei dieser Art aus zwei Theilen. Aber der hintere bildet einen zumeist angeschwollenen Bulbus (Fig. 43, Taf. 28). Ein Blinddarm oder ein Anhängsel am Ueber- gang zwischen dem Oesophagus und dem Darm ist nicht vorhanden. Die Speiseröhre misst ca. 7 mm in der Länge, ihr Bulbus 1 mm. Der vordere, nach hinten an Durchmesser gleichmässig zunehmende Theil der Speiseröhre zeigt in der Hauptsache denselben Bau wie bei den oben beschriebenen Ascaris-Formen. Jene Kerne, welche dort als in sehr beschränkter Anzahl vorkommend erwähnt wurden, sind hier dagegen zahlreich vorhanden und liegen zu je dreien zwischen den vorspringenden Ecken der Oesophagushöhlung (siehe Fig. 29, Taf. 27). Ich zählte bei einem Individuum zehnmal drei solche Kerne. Mitunter stehen sie jedoch gerade vor den genannten Ecken, sind aber in solchem Fall kleiner. Uebrigens nehmen sie nach hinten an Grösse zu und werden zu gleicher Zeit mehr abgeplattet. Sie besitzen dann die Gestalt langgestreckter Scheiben, welche derart gestellt sind, dass ihre kleinste Ausdehnung rechtwinklig zum Radius der Speiseröhre gerichtet ist. Ihre Breite in radialer Richtung beträgt ca. 50 u, während die Dicke ca. 12 uw misst. Die Länge übersteigt bisweilen Beiträge zur Kenntnis$ der Nematoden. 481 300 u. Gewiss können wir in dieser ihrer Form das Resultat des Drucks der Muskeln erblicken, welche, wenn sie sich zusammenziehen, eben in dieser Richtung wirken miissen. Die Kerne sind, wenn ich mich so ausdriicken darf, allmählich abgeplattet worden. Und dieser Eindruck wird dadurch noch mehr gesteigert, dass ihr Querschnitt schwach keilförmig ist und zwar mit der Spitze gegen das Centrum der Speiseröhre zu gerichtet (siehe Fig. 29, Taf. 27). Einen andern Beweis für die Plastieität dieser Kerne finden wir darin, dass der dorsale Kern am häufigsten sowohl an Form als an Grösse von den ventralen verschieden ist; dieses Verhalten hat seinen Grund wohl in dem durch die dorsale Oesophagusdriise ausgeübten Drucke. SCHNEIDER?) erwähnt, er habe häufig im Oesophagus Kerne ge- sehen und sie besonders bei Oxysoma?) in der hier beschriebenen Weise angeordnet gefunden. Er sagt aber, sie fehlten bei allen Asca- riden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie schon aus meiner Be- schreibung von Ascaris osculata hervorgeht. LEUCKART 3), der eben- falls in der Speiseröhre der Nematoden Kerne wahrgenommen hat, schliesst daraus, dass dieses Organ aus mehreren Zellen gebildet ist. Ich kann nicht umhin, dieser Ansicht beizutreten, und ich halte den Oesophagus der Spulwürmer für ein sehr complicirtes Gebilde; er ist also nach meiner Meinung keineswegs als ein einziges colossales Primitivbündel zu betrachten, wie es SCHNEIDER *) alternativ vor- schlägt. Rzewuskı°) bildet drei Kerne aus dem hintersten Theil der Speiseröhre ab und ist der Ansicht, das ganze Organ sei aus nur drei langgestreckten Zellen gebildet, eine Ansicht, die sich mit dem Funde zahlreicher Kerne im Oesophagus anderer Spulwürmer kaum vereinigen lässt. Und da die Untersuchungen Bürscaur's®) darthun, dass sich die Speiseröhre in der That aus einer vielzelligen Röhre entwickelt, dürfte diese Frage als entschieden gelten. Die Längsmuskelfasern finden sich bei dieser Art theils rings um die Peripherie des Organs, theils in der Wand der centralen Höhlung, also in derselben Weise, wie ich es oben bei Ascaris decipiens KRABBE 1) Monographie der Nematoden, p. 192, tab. 15, fig. 1. 2) Ibid. tab. 16, fig. 2. 3) Die menschlichen Parasiten, p. 46. 4) Monographie der Nematoden, p. 194. 5) Untersuchungen iiber den anatomischen Bau von Strongylus paradoxus Ment, p. 14. 6) Zur Entwicklungsgeschichte des Cucullanus elegans Zen., p. 107, fig. 8. Zool. Jahrb, VIL. Abth. f. Morph, 32 482 L. A. JAGERSKIOLD, geschildert habe. Zu innerst in dem einspringenden Winkel zwischen den Aesten des Centralcanals erreichen sie eine grössere Dicke (s. Fig. 4, Taf. 24). In dem hintern, angeschwollenen Theil der Speiseröhre fehlen diese Längsmuskelfibrillen. Die dorsale Oesophagusdrüse gleicht in ihrem Bau demselben Organ von Ascaris osculata, spiculigera, decipiens u. a. Die Aus- mündung befindet sich ungefähr auf einem Viertel der Entfernung zwischen dem Munde und dem Nervenringe, von vorn gerechnet. Aber zwei Aeste der Drüse erstrecken sich von hier nach vorn fast bis an die Spitze der Speiseröhre. Hinten können wir das Organ bis in den schmalen Hals hinein verfolgen, welcher den Oesophagusbulbus mit dem Vordertheil der Speiseröhre verbindet (siehe Fig. 5, Taf. 24). Die Drüse bewirkt in Folge des grössern Raumes, den sie beansprucht, eine Anschwellung des dorsalen Theiles der Speiseröhre (siehe Fig. 4, Taf. 24); der dorsale Radius übertrifft auch die beiden andern be- trächtlich an Länge. In dem plasmatischen Inhalt der Drüse treten einige stark chro- matophile Körner hervor, die bei Färbung mit Hämatoxylin und Orange-G einen gelb-rothen Farbenton annehmen. Diese in dem Plasma fein vertheilten Körner oder richtiger Tröpfchen finden sich mit Aus- schluss anderer Gebilde in dem die Drüse durchsetzenden Gefäss- system wieder, wo sie sich zu grössern Klumpen vereinigen (s. Fig. 4, Taf. 24). Ich halte mich für durchaus berechtigt, diese Substanz als das Secret der Drüse anzusehen. Dass ich diese Thatsache nur bei dieser Art vollkommen deutlich habe constatiren können, beruht wahrscheinlich auf der vorzüglichen Conservirung des Materials, das mir von derselben zu Gebote stand. Auch bei den im Vorhergehenden beschriebenen Formen habe ich übrigens, wenn auch weniger deutlich, Aehnliches beobachten können. Am Uebergange zwischen den beiden Theilen der Speiseröhre, der ja äusserlich durch eine gut ausgebildete Einschnürung gekenn- zeichnet ist, finden wir wieder die ventralen Drüsenmündungen (siehe Fig. 5, Taf. 24) und kurz dahinter den Ventilapparat mit seinen drei Muskelbündeln, von denen jedes einen Kern einschliesst. In dem Bulbus selbst dagegen fehlt fast jede Musculatur; nur zerstreute Fasern verbinden den Centralcanal mit der äussern Membran. Der Querschnitt der Anschwellung ist rundlich-sechseckig, und ihr vorderer Theil enthält viele kleinere Kerne. Allein die zwei ventralen Drüsen nehmen doch den grössten Raum ein. Sie sind verzweigt und be- schränken sich nicht auf den Raum ventralwärts vom Centralcanal, ne Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 483 wie es, wie wir gesehen haben, bei den homologen Gebilden der oben abgehandelten Ascariden der Fall war, sondern sie umgeben die ganze Höhle, indem sie alles andere Gewebe verdrängen. Jede dieser Drüsen enthält einen grossen, unregelmässig gestalteten Kern mit langen Aus- läufern. Bezüglich der Structur erinnert er sehr an den Kern im Excretionsorgane desselben Thieres, d. h. seine Grundmasse ist fein- körnig und schliesst eine Menge rundlicher, chromatophiler Kern- körperchen ein. Wo sich die Speiseröhre und der Darm vereinigen, fehlt jeder eigentliche Blindsack. Doch habe ich an der Rückenseite des Darmes, wo sich bei den andern Arten der Blindsack findet, eine schwache Andeutung einer Ausstülpung beobachtet. Der Darm hat einen runden Querschnitt, und sein Epithel besteht aus längern, zu Gruppen ange- sammelten Zellen, die in die Höhlung des Organs hineinragen, und aus kürzeren, in ihrer Structur ähnlichen Zellen, welche die Zwischen- räume zwischen den Gruppen ausfüllen, ein Verhalten, das sich in nichts von dem unterscheidet, was wir bei den früher beschriebenen Arten kennen gelernt haben. Die Structur der Darmzellen ist deutlich faserig mit einem da- zwischen liegenden, wabigen Plasma. Sie haben also ein Aussehen, welches darauf hindeutet, dass eine Secretion bei ihnen stattfindet. Die die ganze Innenfläche des Organs auskleidende Stäbchenlage ist wohl entwickelt und erreicht eine Dicke von ca 8 u. Kurz ehe das Darmepithel aufhört und das des Rectums beginnt, ist diese Stäbchen- lage auf eine eigenthümliche Weise verändert. Die Stäbchen, welche bisher dichtgedrängt standen, stehen nun sehr locker und erscheinen vergrössert und von anderer Gestalt. Sie sind gegen die Spitze zu verschmälert, messen nicht weniger als 24 « in der Länge (s. Fig. 18, Taf. 25) und erinnern lebhaft an stark entwickelte Flimmerhaare oder Geisseln. Diese eigenartige Ausbildung der Stäbchenlage in einem Theil des Darmcanals steht übrigens nicht so ganz isolirt da. Bei einem neuen Ichthyonema, das ich weiter unten beschreiben werde, werden wir die ganze Innenseite des Darmes mit einer in ähnlicher Weise umgewandelten Stäbchenlage bedeckt finden (vergl. S. 498 und Fig. 16, Taf. 25). Die Epithelzellen selbst, von denen diese Stäbchen getragen werden, sind etwas höher als die andern. Um den vordersten Theil des Rectums finden wir einen Sphincter mit den Fibrillen zuinnerst und zuäusserst einer Marksubstanz, die nur einen einzigen Kern ent- halt. Als Antagonisten dieses Sphinctermuskels wirken einige Muskel- stränge, welche das hinterste Stück des Darmes mit der Körperwand IH 32° 484 I. A. JÄGERSKIÖLD, verbinden. Von den drei bei den Ascariden gewöhnlich vorhandenen Analdrüsen ist die an der Rückenseite befindliche gut ausgebildet. Das Excretionsorgan von Ascaris rotundata öftnet sich ziemlich weit hinten. Von seiner Ausmündung an — ca. 50 u hinter dem Nervenring — kann man sodann an einem Thiere, das mittels Glycerins durchsichtig gemacht worden, den Ausführungsgang fast in der ganzen Länge desselben, eine Strecke von ungefähr 0,25 mm, nach hinten ver- folgen. Die Deutlichkeit, womit sich dieser abzeichnet, rührt daher, dass seine Innenseite mit einer mächtigen, aus mehrern Schichten bestehenden Cuticula ausgekleidet ist. Unter dieser Cuticula finden wir eine Subcuticula, die hie und da einen vereinzelten deutlichen Kern zeigt (siehe Fig. 27, Taf. 27). Von der ventral liegenden Aus- mündung an können wir den Ausführungsgang bis an das linke Seiten- feld verfolgen. Vor seiner Vereinigung mit dem eigentlichen Ex- cretionsorgan bildet dieser Ausführungsgang eine ziemlich grosse Er- weiterung, in welche zahlreiche längere und kürzere Vorsprünge von der Cuticularbekleidung des Gefässes hineinragen. Die Function dieses Gebildes ist mir völlig räthselhaft. Möglicher Weise handelt es sich hier um irgend einen Ventilapparat, der die Aufgabe hat, den Abgang der Ausscheidungsproducte zu regeln. Für den ganzen Ausführungs- gang gilt das über ähnliche Organe der früher beschriebenen Ascariden Gesagte: er ist unzweifelhaft als eine Einstülpung der Haut zu be- trachten. Das eigentliche Excretionsorgan besteht aus einem Hauptast, der längs des linken Seitenfeldes des Thieres liegt und zum Theil von dessen Gewebe umschlossen wird, und aus einem engern Ast, welcher, von dem Haupttheil nahe am Anfang desselben ausgehend, die Körper- höhle durchkreuzt (siehe Fig. 28, Taf. 27, und vergleiche damit auch Fig. 27 und 29 derselben Tafel) und dann das rechte Seitenfeld be- gleitet. Beide Aeste konnte ich bis etwas hinter die weibliche Ge- schlechtsöffnung, d. h. bis nahe an die Mitte des Thieres verfolgen. Der linke oder Hauptast nimmt ziemlich rasch an Umfang zu und erreicht seine grösste Breite (bei grossen Exemplaren nahezu 0,2 mm) dicht hinter seiner Vereinigung mit dem Ausführungsgang, d. h. un- gefähr da, wo der vordere Theil der Speiseröhre endet. Er zeigt dort einen ovalen Querschnitt, dann nimmt sein Volumen von neuem ab, um in eine haarfeine Spitze auszulaufen. Der rechte, schwächere Ast ist mehr gleichmässig dick; er erreicht zwar niemals die Weite des Hauptastes, doch scheint er sich auch nicht mit gleicher Schnellig- keit zu verengern. u Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 485 Die Aeste des Excretionsorgans verlaufen, wie ich schon erwähnt habe, an den Seitenfeldern entlang und werden theilweise von dem Gewebe derselben umfasst. Indessen sind sie selten vollständig darin eingebettet; wenn dies aber einmal der Fall zu sein scheint, so ist das umgebende Gewebe auf der Innenseite so dünn, dass es sich jeder Messung entzieht (siehe Fig. 13, Taf. 25). Besonders die hintern, engern Theile liegen sehr oberflächlich und kommen dadurch mit der Körperflüssigkeit in nahe Berührung. Uebrigens übt der grössere linke’ Theil des Organs, wo er am umfangreichsten ist, einen nicht unbe- deutenden Druck auf das umgebende Seitenfeld aus. Dies sieht man am besten an den hier gelegenen Kernen, die stark abgeplattet sind (siehe Fig. 13, Taf. 25). Im rechten Seitenfelde und in denjenigen Theilen des linken, wo das Excretionsorgan nicht angeschwollen ist, sind die Kerne wieder von normaler Form. Das ganze Excretionsorgan wird von einem Centralcanal durch- setzt, welcher, abgesehen von dem zum rechten Theil gehenden Aste, nur wenige und zwar unbedeutende Aeste entsendet. Zwischen dem Excretionsgefäss und der äussern Wand des Organs finden wir eine wabige und körnige Plasmamasse. Nach aussen ist der ganze Ex- cretionsapparat von einer structurlosen Membran begrenzt, welche ihn von den Seitenfeldern scharf trennt. Aber nicht nur bezüglich der Masse, sondern auch bezüglich des innern Baues ist ein Unterschied zwischen den Aesten des Excretionsgefässes vorhanden. Der linke Ast schliesst nämlich, wo er am weitesten ist, ein grosses, kernähn- liches Gebilde ein (siehe Fig. 13, Taf. 25, und Fig. 29, Taf. 27). Letzteres, das in der Form mehr oder minder unregelmässig ist und kleine Vorsprünge zeigt, liegt stets nach innen vom Excretionsgefäss und zwar zwischen diesem und dem Seitenfelde. Der Kern besteht aus einer feinkörnigen Grundmasse, welche viele grössere und kleinere Klumpen von stark chromatophiler Substanz einschliesst. Die Vorsprünge des Kerns sind alle gegen das Excretionsgefass gerichtet. Um dieses, und zwar zwischen demselben und dem Kern liegt eine dichtkörnige Substanz, die sich kaum mit Hämatoxylin färbt, aber das Licht ziemlich stark bricht. Diese Substanz scheint unter der Mitwirkung des Kerns erzeugt zu werden. Bei einem von den Exemplaren, welche ich mit Hülfe von Schnittserien untersucht habe, hat es sogar den Anschein, als ob sie im Kern selbst gebildet würde und aus diesem in das Excretionsgefäss hineinströmte (siehe Fig. 13, Taf. 25). Ich habe eine Menge solcher runder Ansammlungen ge- 486 L. A. JÄGERSKIÖLD, zählt, alle durch einen Strang derselben schwach gefärbten Substanz mit der das Gefäss umgebenden Masse in Verbindung stehend. Ob diese Substanz, die ja sehr wahrscheinlich, falls sie nicht das Excretionsproduct selbst ist, doch in engem Zusammenhang mit dem- selben steht, im Kern oder nur unter der Mitwirkung desselben, z. B. zwischen den zahlreichen, auf der gegen das Excretionsgefass ge- kehrten Seite befindlichen Vorsprüngen des Kerns erzeugt wird, darüber wage ich mich gegenwärtig nicht zu äussern. So viel halte ich jedoch für sicher, dass das kernähnliche Gebilde eine bedeutende Rolle bei der Excretion spielt. Ascaris elavata Run». Dresiné, Systema Helminthum, vol. 2. a Revision der Nematoden. v. Laxsrow, Helminthologische Untersuchungen (1880). Diesen Wurm habe ich bei den dorschartigen Fischen an der Westküste Skandinaviens allgemein gefunden. Gewöhnlich fand ich ihn im Magen, selten im Darm schmarotzend, welch letzteres Organ v. Linstow als den Sitz desselben angiebt. Derselbe Verfasser erwähnt in seiner Beschreibung keine Zwischen- lippen; solche sind jedoch vorhanden, wenn sie auch nicht gross sind. Die Art erweist sich dadurch als zur Scuxeiper’schen Gruppe D ge- hörig, welche „Lippen ohne Zahnleisten mit Aurikeln und Zwischen- lippen“ besitzt. Ueber die meisten derjenigen Formen, die SCHNEIDER in seiner Monographie als zu dieser Abtheilung gehörig aufführt, sagt er: „Schwanz dicker als Hals“. Aehnlich verhält es sich auch mit Ascaris clavata. Die Ursache liegt wahrscheinlich darin, dass die Genitalien, die mit ihren langen, gewundenen Röhren einen grossen Raum beanspruchen, im hintern Theil des Körpers liegen, den vordern aber frei lassen. Die Vulva liegt ungefähr auf ?/, der Körperlänge, von vorn ge- rechnet. Man findet sie am leichtesten, wenn man das Thier längs der Rückenseite öffnet und, sobald man die lange und enge Vagina aufgefunden hat, dieselbe nach vorn verfolgt, ein Verfahren, das mich sowohl bei dieser Art als bei andern zum Ziel führte. Der vordere Theil des Körpers von Ascaris clavata ist mit Seiten- membranen versehen (siehe Fig. 30, Taf. 27). Sie beginnen kurz hinter der Basis der Lippen und nehmen rasch an Höhe zu. Ihre grösste Breite — ca. 0,15 mm — erreichen sie ungefähr da, wo die Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 487 Krümmung des Vorderendes am grössten ist, dann nehmen sie allmählich ab, um nach ungefähr 8 mm ganz zu verschwinden. Die mehrschichtige Cuticula des Thiers bietet ebensowenig wie die Subeuticula und die Längslinien irgend etwas Neues von Interesse dar; nur von den Seitenfeldern ist zu bemerken, dass sie ähnlich wie bei Ascaris rotundata der Länge nach in drei Stränge getheilt sind — einen in der Mitte, der die beiden andern trennt (siehe Fig. 30, Taf. 27) — und dass sie zahlreiche Kerne enthalten. Der Hautmuskel- schlauch ist im vordersten und hintersten Theil des Thiers am mäch- tigsten, in der Mitte hingegen ziemlich dünn. Der Vordertheil des Thiers ist bei beiden Geschlechtern nach der Bauchseite zu gekrümmt, die Ursache dieser Biegung ist wohl in der verschiedenen Entwicklung zu suchen, welche die Musculatur dieses Körpertheils auf dem Rücken und auf dem Bauch erreicht hat. Aus Fig. 30, Tat. 27 ersehen wir sofort, wie sehr ersterer in dieser Hin- sicht zurücksteht, und das Resultat davon muss ja eine Krümmung in der entgegengesetzten Richtung sein. Die Speiseröhre besteht wie gewöhnlich aus zwei Theilen; der vordere misst 5 mm in der Länge, der hintere einschliesslich des „Blindsacks“ 1,4 mm. Aeusserlich erinnert sie sehr an das betreffende Organ von Ascaris osculata und spiculigera. Die Längsfasern sind im vordern Theil zahlreich vorhanden und wie gewöhnlich an der Peri- pherie und um den Centralcanal vertheilt. Die Kerne, die zu dreien vorkommen, haben die Gestalt langgestreckter Scheiben und sind in derselben Weise wie bei Ascaris rotundata gelagert, hier aber noch mehr abgeplattet (siehe Fig. 30, Taf. 27). Ihr Inhalt besteht nur aus stark chromatophilen Körnern und zwar, soviel ich sehen konnte, ohne irgend eine andere Substanz dazwischen. Die dorsale Drüse mündet weit vorn, ungefähr 0,16 mm vom vordern Ende des Oesophagus; sie hat sehr schmale, aber lange Aeste, die sich mitunter rings um die ganze Speiseröhre, also auch in die Wände an deren ventraler Seite hinein erstrecken. Dass sie unter solchen Verhältnissen keinen Einfluss auf die Topographie des Organs ausübt, ist ja selbstverständlich. Der hintere Theil des Oesophagus ist, wie schon erwähnt, mit einem Blindsack versehen, und einen Blindsack besitzt auch der Darm. Wie gewöhnlich wird ersterer von den ventralen Theilen der Oeso- phaguswand gebildet, während letzterer an der Rückenseite der Speise- röhre liegt. Aber auf Querschnitten erscheint der Darmblindsack mittels feiner Bindegewebsfäden am linken, der Fortsatz der Speise- 488 L. A. JAGERSKIOLD, röhre am rechten Seitenfeld befestigt. Beide Organe haben sich also um 90° um ihre Längsaxe gedreht. Dadurch gewinnen sie mehr Raum, denn bei der ungemein dicken Muskellage, die Ascaris clavata besitzt, ist die Körperwand an den Seitenfeldern am dünnsten und die Körperhöhle demnach in lateraler Richtung am breitesten. Ganz hinten im musculösen Theil der Speiseröhre findet sich ein Sphincter, welcher demjenigen von Ascaris decipiens auch darin gleicht, dass er mit drei Zellen in Verbindung steht. Die zwei ventralen Drüsen münden dicht an dem Sphincter zwischen diesem und dem Ventilapparat, und ihre langen Ausführungsgänge lassen sich mit Leichtigkeit an dem letztern vorbei verfolgen; erst hinter demselben beginnen die Drüsen selbst, welche nachträglich den sog. Blindsack ausfüllen. Dieser, der aus der Fortsetzung der zwei ventralen Drittel der Oesophaguswand besteht (vergl. Fig. 36, Taf. 27), ist der Länge nach in zwei von einander fast freie Cylinder getheilt. Die verlängerten Zellengruppen des Darms sind sehr gross; ihre Zellen messen sogar 180 «, während die zwischen ihnen befindliche Darmwand eine Dicke von nur 40 u hat. Das Protoplasma der Zellen ist von faseriger Structur und enthält überdies eine Menge kleiner runder, dunkler Körner. Da ich kein lebendes Material untersucht habe, kann ich mich leider weder über die Natur dieser Körner noch über die Bedeutung äussern, welche sie etwa für die Verdauung be- sitzen. Der Darm nimmt hinten an Weite zu, aber zu gleicher Zeit nimmt die Darmwand an Dicke ab. Gleichzeitig werden die mehr- erwähnten Zellengruppen zahlreicher, aber niedriger. Die innere Stäbchenlage zeigt keinerlei Veränderung an der Grenze zwischen dem Darm und dem Rectum. Letzteres ist von einem einzelligen Muskel- sphincter mit seinem Kerne an der Rückenseite und den Fibrillen zu- innerst umgeben (siehe as, as Fig. 7, Taf. 24). Die Subeuticula des Rectums weist nicht nur Kerne, sondern auch Zellgrenzen auf, und die dem Darme zunächst liegenden Zellen haben ein viel mehr chromatophiles Protoplasma, das ausserdem dichter ist als das der andern. Die Cuticula des Mastdarms scheint nicht bis an die Epithelschicht des Darms heranzureichen, sondern lässt hier eine Spalte offen. Bis an diese Spalte kann man nun Ausläufer sowohl von den chromatophilen Subeuticularzellen als auch von den drei birn- formigen Analdrüsen verfolgen (siehe Fig. 7, Taf. 24). Letztere sind meiner Meinung nach nichts als umgewandelte Epithelzellen, und die oben erwähnten dunklen Zellen, von denen ein Paar auf Fig. 7 sicht- Beitrage zur Kenntniss der Nematoden. 489 bar ist, bilden eine Art von Uebergang zwischen ihnen und den andern Zellen der Subeuticula. Der Inhalt der Analdrüsen ist feinkörnig, zeigt aber gegen die Peripherie hin eine ziemlich deutliche Faserung in radialer Richtung. Der Kern ist bei Ascaris clavata stark verzweigt, und sein Inhalt be- steht nur aus dicht angehäuften, chromatophilen Körnern, die von einer dünnen Membran umschlossen werden. Das Excretionsorgan ist bei Ascaris clavata wie bei Ascaris osculata, spiculigera u. a. oben behandelten Formen unpaarig. Die Ausmiindung befindet sich erst weit hinten und zwar ungefähr 0,15 mm hinter dem Nervenring. Der Ausfiihrungsgang ist besonders Anfangs sehr eng; bevor er sich mit dem Excretionsorgan im engern Sinne vereinigt, schwillt er jedoch zu einem kleinen blasenähnlichen Behälter an, in welchem die Cuticula eine Reihe kreisförmiger Fältchen bildet (siehe Fig. 15, Taf. 25). Der Uebergang zwischen dem ectodermalen Ausführungsgang und dem Excretionsorgan selbst ist, wie aus der an- geführten Zeichnung zu ersehen, sehr schroff und durch einen doppelten Contour bezeichnet. Das eigentliche Excretionsorgan zeigt nirgends auch nur eine Andeutung eines bandförmig verbreiterten Theils, wie wir ihn bei Ascaris osculata, spiculigera u. a. gesehen haben, vielmehr verschmälert es sich nach hinten allmählich und gleichmässig und lässt sich durch mehr als das halbe Thier verfolgen. Im Quer- schnitt ist es oval mit einem grössten Durchmesser von 0,06 mm in seinem vordern Theil; hinten hat sich dieses Maass auf etwa 0,04 mm verringert. Das Excretionsorgan ist von einem structurlosen Häutchen umgeben und von einem unverzweigten Canal durchsetzt, der nach hinten an Weite zunimmt. Zwischen diesem Canal und der äussern Membran finden wir ein feinkörniges Plasma und in diesem Plasma einen langgestreckten Kern, der sich durch den grössern Theil des Organs erstreckt (siehe Fig. 30, Taf. 27). Es hat sogar den Anschein, als drehte er sich spiralig fast ein Mal um die Axe des Organs. Sein Inhalt ist körnig, färbt sich mit Hämatoxylin stark und ist von einer dünnen Membran umgeben. Wie wir sehen, unterscheidet sich dieser lange, ich möchte fast sagen fadenförmige Kern von andern bei Ascaris clavata nur durch die Form. Bei dieser Art habe ich jene büschelähnlichen Gebilde wiederge- funden, welche SCHNEIDER !) bei Ascaris megalocephala und lumbri- coides sowie bei Strongylus armatus beschreibt. Obgleich ich dieselben 1) Monographie der Nematoden, p. 220, 490 L. A. JAGERSKIOLD, keiner eingehendern Untersuchung unterziehen konnte, glaube ich doch sagen zu können, dass sie den „drüsigen Organen“ CoBB’S homolog sind (siehe oben 8. 473). Bemerkenswerth ist, dass sie bei Ascaris clavata, die ein unpaariges, linksseitiges Excretionsorgan be- sitzt, nur an dieser Seite vorkommen (siehe Fig. 30, Taf. 27). Ichthyonema DrEsinc. Dissine, Revision der Nematoden, p. 698. Wacener, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer, in: Naturkund. Verhandl. Holland. Maatsch. d. Wetensch. Haarlem 13, 1857. (Nach WiLLEmors-SuHm, p. 17.) WILLEMOES-SUHM, Ueber einige Trematoden und Nemathelmithen. v. Linsrow, Ueber Ichthyonema sanguineum (Filaria sanguinea Run.). Mund dreieckig, von vier niedrigen Erhebungen umgeben. Eine Mundhöhle fehlt, aber die Höhlung der Speiseröhre ist vorn trichter- förmig erweitert. Eine Drüse mit einem grossen Kern liegt in der Wand der Speiseröhre an der Rückenseite und mündet in deren Höhle aus. Polymyarier. Seitenfelder breit, aber niedrig. Darm ohne After. Uterus weit, den ganzen Körper durchziehend, an jedem Ende mit einem Ovarium zusammenhängend. Eier und Embryonen entwickeln sich im Uterus. Vulva und Vagina fehlen. Embryonen vorn stumpf; aber mit lang ausgezogenem Schwanz. Männchen viel kürzer als Weibchen (1:33—1:20), mit gespaltenem Hintertheil und zwei Spieula sowie einem accessorischen Stück. Die Weibchen leben in der Leibeshöhle von Knochenfischen. Ichthyonema pellucidum n. sp. © Medianlinien schmal, Seitenlinien etwa doppelt so breit wie die schwachen Muskelfelder. Muskelzellen im Durchschnitt in radialer Richtung höchstens doppelt so breit wie in tangentialer. Zwei laterale Poren in der Cuticula, ungefähr in gleicher Höhe mit dem hintern Theil der Speiseröhre gelegen und die Form einer Längsspalte be- sitzend. Weibchen 132—360 mm lang und 2—5 mm im Durchmesser. Männchen unbekannt. In der Leibeshöhle von Tetrodon stellatus LAckr. gefunden. Javasee. Unter den grossen Sammlungen, welche der Docent ©. AURIVILLIUS von seiner Reise nach Java heimbrachte, fanden sich auch einige Nematoden, die ich auf Verlangen des Herrn Prof. TULLBERG unter- sucht habe. Es stellte sich heraus, dass sie zu der von DiEsiNG auf- Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 491 gestellten Gattung Ichthyonema gehörten. Obgleich wir bereits zwei gute Arbeiten über Arten dieser Gattung besitzen, hielt ich mich doch für berechtigt, meine Untersuchung zu veröffentlichen, denn theils handelt es sich um eine bisher unbekannte Form, theils weichen die Resultate, zu denen ich gekommen bin, von denjenigen meiner Vor- ginger in einigen Beziehungen ab. Leider aber sind, da alle mitge- brachten Exemplare Weibchen waren, meine Angaben unvollständig, und nicht ohne gewisse Bedenken habe ich eine neue Art aufgestellt. Die Figg. S und 9 der Tafel 24 geben eine ungefähre Vorstellung von dem Aussehen des betreffenden Wurmes. Sie stellen in natür- licher Grösse das grösste und das kleinste der sieben Exemplare dar, die mir zur Verfügung standen. Es fällt uns sogleich ihr durchsich- tiges Aussehen und die im Verhältniss zur Länge ziemlich ansehnliche Dicke auf. Das grösste Exemplar misst in der Länge ca. 360 mm und ist 5 mm breit: die entsprechenden Maasse für das kleinste sind 132 und 2 mm. Herr Docent AurıviırLıus hat mir mitgetheilt, ihr Aussehen sei, als er sie gefunden, nicht nennenswerth anders als das der Spiritusexemplare gewesen. Sie wurden der Leibeshöhle von Tetro- don (Crayracion) stellatus Lacke. (BLEEK.)!) entnommen, wo sie, spiralig zusammengerollt, am Mesenterium befestigt waren. Ich habe bei dieser Form weder Papillen noch Erhebungen um den Mund wahrnehmen können, wie sie v. WILLEMOES-SUHM und v. Linstow bei den von ihnen geschilderten Repräsentanten dieser Gattung gesehen haben. Dies hat jedoch vielleicht seinen Grund darin, dass mir kein lebendes Material zu Gebote gestanden hat. Die Cuticula ist ziemlich dick, im Vordertheil mittelgrosser Individuen misst sie ca. 9 « auf dem Durchschnitt. Die Oberfläche wird von parallelen Längsfurchen bedeckt, die sich sowohl auf Quer- schnitten als auf Flächenpräparaten wahrnehmen lassen. Sie liegen ungefähr 4 « von einander entfernt. Wahrscheinlich sind eben diese Furchen die Ursache, dass das Thier bisweilen, wenn man es in auf- fallendem Licht betrachtet, ein irisirendes Aussehen darbietet. Auf Schnitten, die in Glycerin eingelegt sind, kann man sehen, dass die Cuticula aus mehreren verschiedenen Schichten besteht. Ich habe indessen der Zusammensetzung der Cuticula keine besondere Aufmerk- samkeit gewidmet und erwähne diese Thatsache nur deshalb, weil v. WILLEMOES-SUHM und v. Linsrow, wie es scheint, bei den von 1) Herr Prof. F. A. Smirr ist so gütig gewesen, die von Herrn Dr. Aurıvınvıus mitgebrachten Exemplare dieses Fisches zu bestimmen, 492 L. À. JÂGERSKIOLD, ihnen beschriebenen Ichthyonema-Arten nichts Aehnliches beobachtet haben. Die Subcuticula, welche ohne Grenze in die Medianlinien und die Seitenfelder übergeht, enthält wie diese eine unendliche Menge hellerer Flecken von rundlicher Form und ungefähr 1 « im Querschnitt. v. WILLEMOES-SUHM !), der wahrscheinlich ähnliche Gebilde gesehen hat, hält sie für Ueberreste degenerirter Kerne. Die relative Grösse der verschiedenen Bestandtheile des Haut- muskelschlauches lässt sich vielleicht am besten an einem Stück des- selben studiren, das man aufgeschlitzt und unter einem Deckgläschen ausgebreitet hat. An einem solchen Präparat, das unweit der Mitte eines mittelgrossen Individuums genommen war, betrug die Breite des Seitenfeldes nicht weniger als 2 mm, jedes der vier Muskelfelder mass dagegen nicht mehr als 1 mm an Breite und die Mittellinien nur je 0,025 mm. Dieses Verhältniss unter den verschiedenen Bestandtheilen des Hautmuskelschlauches giebt unzweifelhaft ein sehr gutes Art- merkmal ab. Von einem Excretionsorgan mit einer ventralen Ausmündung und einem oder zwei Längsgefässen, kurz einem solchen, wie wir es bei der Mehrzahl der Nematoden kennen gelernt haben, habe ich keine Spur finden können. Auch v. WILLEMOES-SUHM ?) ist in diesem Punkte nicht glücklicher gewesen, doch glaubt er einmal „mit ziemlicher Sicherheit“ einen Porus excretorius beim Männchen von Ichthyonema globiceps beobachtet zu haben; v. Linstow *) hingegen hat beim Weib- chen von Ichthyonema sanquineum zwei Seitengefässe gefunden. Ich habe freilich bei den Exemplaren, die mir Herr Dr. v. Linsrow zuge- sandt hat, nichts derartiges entdecken können, aber der Grund mag ja darin liegen, dass das Material längere Zeit in Spiritus aufbewahrt worden war, vielleicht ist die Ursache auch bei mir selbst zu suchen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass auch bei Dracunculus medi- nensis Lin., der dem Ichthyonema unstreitig sehr nahe steht, ein Fxcretionsorgan fehlt 4). In Anbetracht aller dieser übereinstimmenden Angaben ist es als wünschenswerth zu bezeichnen, dass die Unter- suchungen v. Linsrow’s bestätigt und womöglich durch den Nachweis eines Porus excretorius ergänzt werden. 1) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 19. 2) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 20. 3) Ueber Ichthyonema sanguineum, p. 127, tab. 4, fig. 1. 4) Leuckart, Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 653. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 493 Wenn so meine Bestrebungen, ein nach dem gewöhnlichen Plan gebautes Excretionsorgan aufzufinden, gescheitert sind, so habe ich dafür zwei räthselhafte Gebilde angetroffen, die möglicher Weise mit Ausscheidungsorganen im Zusammenhang stehen könnten. Sie bestehen aus zwei Längsschlitzen oder Poren, wenn man sie so nennen will, die in der Cuticula in gleicher Höhe mit dem hintern Ende der Speise- röhre, d. h. ungefähr 2 mm hinter dem Munde liegen. Diese Schlitze stehen mit je zwei engen und ziemlich unbedeutenden Canälen in Ver- bindung, die ich eine kurze Strecke in dem Gewebe des Seitenfeldes verfolgt habe. Die einzigen Gebilde, die ich je erwähnt gefunden habe, welche etwa diesen entsprechen könnten, sind die von Marton !), BürscHLı?) und besonders von DE Man?) beschriebenen „Seiten- organe“. Marion und Bürschtı betrachten dieselben als Sinnesorgane, während DE Man hingegen unschiüssig ist. Er hat nämlich diese Gebilde, welche aus einer Vertiefung oder Höhlung der Cuticula be- stehen und von wechselnder Form sind, bei einigen Gattungen mit einem von hinten kommenden Canal in Verbindung gefunden und ist daher geneigt, sie als Excretionsorgane zu betrachten. Leider stand mir kein lebendes oder auch nur hinreichendes Material von Zchthyo- nema pellucidum zur Verfügung, und ich kann mich daher nicht mit Bestimmtheit über diesen Punkt äussern. Doch hat es den Anschein, als dürften diese lateralen Halsporen mit ihren doppelten Canälen in der That den Seitenorganen homolog sein. Bei Untersuchung der Muskelfelder, welche, wie schon er- wähnt, sehr schmal sind, sehen wir alsbald, dass unser Thier ein typischer Polymyarier ist. Darüber belehrt uns bereits die Fig. 21, Taf.26 mit genügender Deutlichkeit, aber wo möglich noch beweisendere Bilder bieten die Querschnitte dar. Jede Zelle ist mit einem langen Ausläufer versehen, der zur nächsten Medianlinie geht. Hier be- festigen sie sich häufig in Gruppen und rufen so Ausbauchungen an dieser hervor. Von den in der Nähe des Nervenringes liegenden Muskelzellen gehen jedoch die Ausläufer unmittelbar nach diesem Organ. 1) Recherches zoologiques et anatomiques sur des Nématoides non parasites marins, p. 68. 2) Beiträge zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, p. 16. — Zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens, p. 5—6. 3) Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee - Nema- toden, p. 2—3. 494 L. A. JAGERSKIOLD, v. Linsrow') giebt als kennzeichnend fiir die Gattung Ichthyo- nema an, dass sie zu den ScHneiper’schen Holomyariern gehört; ferner sagt er, dass bei Ichthyonema sanguineum zahlreiche Nerven vom Nervenring nach den vier Muskelfeldern gehen. Durch die Güte Herrn Dr. v. Linstow’s bin ich in der Lage gewesen, einen Theil seines eigenen Materials untersuchen zu können, und ich habe dabei die Musculatur so deutlich polymyarisch wie nur irgend möglich ge- funden. Zur Stütze dieser meiner Angabe liefere ich (Fig. 22, Taf. 26) eine Zeichnung von zwei durchschnittenen Muskelzellen. Auch habe ich mich davon überzeugen können, dass die Nerven, welche v. Lin- stow direct vom Nervenring nach dem Muskelfelde gehen sah, nichts als Ausläufer des markerfüllten Theils der Muskeln selbst sind. v. WILLEMOES-SUHM ?), der zweite Forscher, der die Anatomie der Gattung Ichthyonema eingehend untersucht hat, behauptet, keine Marksubstanz an den mit starker Längsstreifung von oben nach unten verlaufenden Muskelfibrillen gesehen zu haben. An einer andern Stelle deutet er an, dass er Zchthyonema globiceps Rup. — die von ihm studirte Form — für holomyarisch hält. Leider hat mir diese Art nicht zur Verfügung gestanden, aber, gestützt auf meine Be- obachtungen an Ichthyonema pellucidum und sanguinum kann ich nicht umhin zu glauben, dass auch Zchthyonema globiceps polymyarisch sein wird. Darauf deutet die Längsstreifung, die den ,,Fibrillen“ zu- kommen soll. Wahrscheinlich hat v. WILLEMOES-SUHM die Muskel- zellen als Fibrillen aufgefasst. Die Gattung Ichthyonema vermehrt also die Anzahl der angeblichen Holomyarier, die sich bei einer ge- nauern Untersuchung als Polymyarier herausgestellt haben, und bietet eine weitere Stütze für die von BÜrscHLı ?) ausgesprochene Ansicht dar, dass diese ganze Gruppe in der That eine künstliche ist. Die Musculatur nimmt gleich den andern Hautschichten nach hinten beträchtlich an Dicke ab. Im vordern Theil des Thieres misst der Hautmuskelschlauch 28 « an Dicke; davon kommen ca. 20 u auf die Hautmusculatur. Bezüglich des Nervensystems kann ich keine auch nur an- nähernd vollständigen Angaben liefern. An dem mir zu Gebote stehenden Material habe ich eigentlich nur den Nervenring studiren können, der den Oesophagus in einer Entfernung von etwa '/, mm von der Mund- 1) Ueber Ichthyonema sanguineum, p. 127 und 132. 2) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 19. 3) Giebt es Holomyarier? p. 408. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 495 öffnung umgiebt (siehe Fig. 19, Taf. 26). v. WILLEMOES-SUHM!) er- klärt, weder Zellen noch Kerne im centralen Nervensystem von Ich- thyonema globiceps gesehen zu haben. Bei Ichthyonema pellucidum dagegen habe ich deutliche Ganglienzellen gesehen, die einen Kern und ein Kernkörperchen enthalten und über 24 « im Durchmesser betragen. Sie waren sehr wenig zahlreich, erschienen symmetrisch angeordnet und lagen in den ventralen und lateralen Theilen des Nervenringes. Viele Muskelausläufer gehen, wie oben angedeutet, direct nach dem centralen Nervensystem. In Folge der grossen Menge und Feinheit dieser Ausläufer und der Schmalheit der Muskelfelder scheint es fast, als gingen vier Nervenstämme vom Nervenringe zu den Muskeln. v. Lınstow hat auch wirklich, wie oben erwähnt, die Thatsache in diesem Sinne gedeutet. Im Nahrungscanal finden wir nur zwei von den gewöhnlichen Theilen wieder, nämlich die Speiseröhre und den Darm. Das Rectum fehlt ganz und gar und ebenso der Anus. Die Speiseröhre, die ganz vorn eine bulbusähnliche Anschwellung besitzt, ist im Verhältniss zur Länge des Thieres und des Darms ungemein kurz, bei einem 360 mm langen Exemplare nur 2 mm lang. Der Mund besteht aus der vordern Oeffnung der Oesophagusröhre, deren Ränder ein Drejeck mit eingebogenen Seiten bilden. Eine Mund- höhle im eigentlichen Sinne des Wortes ist nicht vorhanden, aber dafür ist die Höhlung der Speiseröhre innerhalb der oben erwähnten Anschwellung trichterförmig erweitert und ersetzt demnach gewisser- maassen die mangelnde Mundhöhle (siehe Fig. 19, Taf. 26). Möglicher Weise fungirt dieses Gebilde als eine Art von Saugnapf. Weiter hinten zeigt sich auf Querschnitten das bei den Nematoden häufige Bild: ein dreizackiger Stern mit drei ausspringenden und drei einspringenden Winkeln. Auf einer kürzern Strecke unmittelbar am Anfang der Speiseröhre ist jedoch dieses Bild etwas complicirter, indem die Wand der Speiseröhre eine Falte oder eine hervorragende Leiste an der Spitze jeder ausspringenden Kante der Höhlung bildet. Der Oeso- phaguscanal bekommt dadurch im Querschnitt ein Aussehen, als wäre er aus drei Y zusammengesetzt. Die Fig. 1, Taf. 24 wird uns besser als jede Beschreibung eine Vorstellung von diesem Verhältniss geben. Dieses Gebilde verleiht offenbar dem Lumen der Speiseröhre eine ge- steigerte Fähigkeit, sich zu erweitern, indem es ungefähr auf dieselbe Weise wie die Falten einer Mappe wirkt. Wir sehen sicherlich hier 1) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 20, 496 L. A. JAGERSKIOLD, eine Anordnung, analog derjenigen, welche wir später bei Oxyuris flagelloides n. sp. werden kennen lernen und welche bereits unter an- dern bei Ascaris ferox Himpr. & EHRENBERG bekannt ist. Gleich- zeitig mit dieser Veränderung zeigt sich auch eine Verdickung an der innern Cuticula der Speiseröhre. Diese Verdickung beschränkt sich auf die einspringenden Theile der innern Auskleidung des Oesophagus, die einer Raspel sehr ähnlich sind. Wahrscheinlich haben wir hier ein, wenn auch schwaches, Organ zur Zerkleinerung der Nahrung vor uns. Nach einer Strecke von ca. 60 u erhält die Speiseröhre ihr gewöhnliches Aussehen wieder. Ich komme jetzt zu einem Gebilde, das sicherlich demjenigen homolog ist, welches ich oben unter dem Namen der „dorsalen Oeso- phagusdrüse“ bei Ascaris osculata, spiculigera, decipiens, rotundata und clavata beschrieben habe. Hier aber hat es eine ganz andere Form. : Es besteht aus einem in der dorsalen Oesophaguswand zwischen den Muskeln gelagerten, spindelförmigen Organ. Vorn steht es mit einem feinen Gang in Verbindung, der sich unter fast rechtem Winkel in die centrale Höhlung der Speiseröhre öffnet (siehe add Fig. 2, Taf. 24). Nach hinten verjüngt es sich stark. Bei einem Individuum, dessen Oesophagus ungefähr 1,5 mm mass, zeigte es eine Länge von 1,2 mm bei einer grössten Breite von ca. 0,08 mm, während der Durchmesser der Speiseröhre sich an derselben Stelle auf 0,16 mm belief. Bereits ganz vorn wird das Lumen der Speiseröhre nach der Bauchseite zu gedrängt, und seine Excentricität nimmt zu, bis die Drüse ihren grössten Durchmesser erreicht hat. Hier beträgt die Weite der Drüse mehr als 1/, von derjenigen des Oesophagus an der- selben Stelle. Aber nicht nur die Lage des Oesophaguscanals, sondern auch seine Form verändert sich. Je excentrischer er zu liegen kommt, desto kleiner wird sein ventraler Ast, ja, zuletzt erscheint die Höhlung der Speiseröhre nur in Form einer in dorso-ventraler Richtung zu- sammengedrückten Spalte (siehe Fig. 3, Taf. 24). Ohne Zweifel ist dies nicht ausschliesslich durch den Druck der Drüse bewirkt, sondern vielleicht in noch höherm Grade durch die von ihrer Anwesenheit be- dingten Veränderungen in der Menge und Lage der Muskeln. Der Einfluss, den die dorsalen Muskeln auf die innere, zähe Chitinröhre des Oesophagus üben müssten, bleibt nämlich ganz und gar oder doch in einem wesentlichen Grade aus, und die Bedeutung davon ist keines- wegs zu unterschätzen. Wenn aber die dorsale Drüse in ihrer äussern Form Unähnlich- keiten mit den früher beschriebenen Gebilden zeigt, so erweist sich Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 497 dagegen ihr innerer Bau als mit dem jener Gebilde übereinstimmend. Derselbe Centralcanal mit feinen Verzweigungen, dasselbe körnige Protoplasma, hier wie dort die Hauptmasse des Organs ausmachend, dieselbe structurlose, das Ganze umschliessende Membran. Nur in einer Beziehung tritt eine Verschiedenheit hervor: die Substanz der Drüse enthält hier einen Kern, der ungefähr am Anfang des letzten Drittels der Drüse gelegen ist und nicht weniger als ca. 30 « im Durchmesser beträgt. Sowohl v. WILLEMOES-SUHM !) als v. Linsrow?) beschreiben, jener beim Weibchen von Ichthyonema globiceps, dieser beim Weibchen von Ichthyonema sanguineum, ein blasenähnliches Gebilde, das im hintern Theil der Speiseröhre liegt. v. WILLEMOES-SUHM spricht sogar von einer Zelle mit einem deutlichen Kern. Beide sagen, dass diese Blase an der Stelle liegt, die ich oben für Ichthyonema pellucidum angegeben habe. Da ich, wie schon erwähnt, durch v. Linstow’s Ge- fälligkeit in den Stand gesetzt bin, Ichthyonema sanguineum zu unter- suchen, so kann ich mittheilen, dass das blasenähnliche Gebilde nichts anderes als ein Theil der dorsalen Drüse ist. An einer Serie von Querschnitten hält es nicht schwer, die Ausmündung derselben auf- zufinden und das ganze Organ sodann nach hinten zu verfolgen. Es erreicht eine verhältnissmässig viel grössere Ausbildung als bei Ichthyonema pellucidum (vergl. Fig. 6, Taf. 24, mit Fig. 3 derselben Tafel), und sein Plasma ist viel grobkörniger, im Uebrigen scheint jedoch kein wesentlicher Unterschied vorhanden zu sein. Der Kern ist indessen mit einer äusserst homogenen Substanz umgeben, die im Leben des Thieres wahrscheinlich flüssig war und offenbar der kern- führenden Blase oder Zelle v. WILLEMOES-SUHM’s entspricht. Schliess- lich bin ich nicht ganz sicher, ob sich ein Centralcanal durch die ganze Drüse erstreckt. Aus dem, was wir bei Ichthyonema pellucidum und sanguineum gefunden haben, können wir mit grosser Wahrscheinlichkeit den Schluss ziehen, dass auch Ichthyonema globiceps ein gleichartiges Drüsen- gebilde besitzen wird. In der Wand der Speiseröhre finden sich ausser der dorsalen Drüse auch zwei langgestreckte cylindrische Gebilde, die an beiden Enden blind geschlossen sind und bei Untersuchung mittels sehr 1) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 21, tab. 13, fig. 6. 2) Ueber Ichthyonema sanguineum, p. 127. Zool, Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 33 498 L. A. JAGERSKIOLD, starker Vergrösserungen eine centrale Höhle aufweisen. Es sind höchst wahrscheinlich die Rudimente zweier subventraler Oesophagusdrüseu, wie sie bei einer Menge freilebender Nematoden vorkommen. Der Darm entbehrt, wie schon erwähnt, einer hintern Oefinung. Vorn ist er weit und drängt sogar den umfangreichen Uterus ein wenig auf die Seite, verengt sich aber weiter hinten immer mehr, und gleichzeitig nimmt auch die Darmwand selbst an Dicke ab; während sie ganz vorn ca. 24 u beträgt, ist sie dagegen in ihrem hintersten Theil nur ungefähr 5 « dick. Zuäusserst am Darme finden wir eine deutliche Basalmembran und nach innen davon die eigentliche Darm- wand, die, wie es scheint, ein Syncytium mit zahlreichen, scharf con- tourirten Kernen bildet (siehe Fig. 16 und 17, Taf. 25). Letztere messen ca. 6 « und enthalten ein oder mehrere Kernkörperchen. Be- sonders deutlich konnte ich dieselben nachweisen, indem ich ein Stückchen des in Alkohol aufbewahrten Darmes mit Osmiumlösung (ca. 0,1°/,) behandelte. Nach einer solchen Behandlung trat auch am deutlichsten eine andere Eigenthümlichkeit der Darmwand hervor. An dieser zeigten sich nämlich dann zahlreiche dunkle Linien, die mit einander ein weitmaschiges Netz bildeten (siehe Fig. 23, Taf. 26). Diese Zeichnung trat auch bei Färbung durch Hämatoxylin hervor, aber nicht so deutlich wie nach der Osmiumbehandlung. Die Maschen des Netzes massen 1,5 bis 2 mm in der Länge und 0,15 mm in der Breite. Ich glaubte zuerst, hier die Grenzen riesiger Darmzellen ge- funden zu haben, aber nachdem ich in mehrern Fällen gerade vor diesen vermutheten Zellengrenzen liegende Kerne habe beobachten können, scheint mir diese Ansicht unhaltbar zu sein. Vielleicht ist es nur ein System seichter Furchen in der Darmwand, das dieses Bild hervorruft. Ueberall in der Darmwand liegen eine Menge tropfen- ähnlicher Körnchen von einer Substanz, die für alle Farbstoffe un- empfänglich zu sein scheint. Ueber die Natur dieser Körperchen kann ich leider nichts mittheilen. Innen wird der ganze Darm von einer Stäbchenlage ausgekleidet, aber dieselbe ist nicht so beschaffen wie bei der Mehrzahl der Nema- toden, sondern die Stäbchen stehen weit von einander, sind sehr lang und nehmen gegen die Spitze hin an Dicke ab (siehe Fig. 16, Taf. 25). Das Ganze bietet viel Aehnlichkeit mit einer Decke aus grossen Wimpern. Aber wenn ich auch nicht in der Lage war, das fragliche Gebilde an lebenden Thieren studiren zu können, so glaube ich doch nicht fehlzugreifen, wenn ich es als eine eigenthümlich ausgebildete Stäbchen- lage und nicht als ein Wimperkleid betrachte. Diese Lage misst ye Beitriige zur Kenntniss der Nematoden. 499 ganz vorn ca. 20 w in der Dicke, nimmt aber in demselben Maasse wie die Darmwand an Mächtigkeit ab, und um sie ganz hinten wahr- nehmen zu können, sind die stärksten Vergrösserungen erforderlich. vy. WILLEMOES-SUHM !) sagt in seiner Beschreibung des Darms von Ichthyonema globiceps, er bestehe aus mehrkernigen, grossen Zellen und besitze keine innere Cuticula. Da er aber keine Schnitte gemacht hat, ist es möglich, dass er eine Stäbchenlage wie die von Ichthyonema pellucidum hat übersehen können. Der hinterste Theil des Darmes läuft in eine feine Spitze aus und ist mittels zahlreicher Bindegewebsfasern an der Körperwand be- festigt. Schliesslich ein paar Worte über die Genitalien. Sie bieten keine Abweichungen von dem dar, was wir bereits von Ichthyonema und Dracunculus kennen. In jedem Körperende ein fast 2 mm langes Ovarium, dessen Dicke 0,1 mm beträgt (siehe Fig. 19 und 20, Taf. 26), und ein weiter Uterus, der den grössern Theil des Körperinnern ein- nimmt, das ist Alles. Keine Spur von einer Geschlechtsöffnung oder von einer Vagina. An dem Uebergang zwischen dem Ovarium und dem Uterus zieht sich ersteres zu einem schmalen Halse zusammen. Der Uterus, der ventralwärts vom Darm liegt, enthält eine Menge Eier und Junge auf verschiedenen Entwicklungsstadien. Er ist mit einer gut ausgebildeten Musculatur ausgestattet, die aus anastomosirenden Fasern besteht. Bezüglich der Embryologie dieser Form habe ich keine Studien gemacht. Die von mir beobachteten Embryonen waren denjenigen ähnlich, welche v. WILLEMOES-SUHM ?) abgebildet hat. Aus der obigen Beschreibung von Ichthyonema pellucidum und aus den kurzen Vergleichungen mit Ichthyonema globiceps und Ich- thyonema sanguineum dürfte hervorgehen, dass diese drei Arten zwar gut von einander zu unterscheiden sind, aber doch in mehrern wich- tigen Beziehungen einander gleichen. Von Ichthyonema globiceps unter- scheidet sich unsere Art vor allem durch ihre sehr schmalen Median- linien, aber auch durch die verhältnissmässig grössere Breite der Seitenfelder. Auch ist das Verhältniss zwischen der Breite und der Länge des Thieres ein anderes — 1:68 bei Ichthyonema pellucidum, 1:100 bei Ichthyonema globiceps. Schwieriger ist es, bestimmte Unterscheidungszeichen für Ichthyonema sanguineum und Ichthyonema 1) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, p. 21. 2) Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen, tab. 13, fig. 16. 33* 500 L. A. JAGERSKIOLD, pellucidum anzugeben, aber abgesehen von der Verschiedenheit der Körpergrösse — das Maximalmaass für die erstere Art ist 40 mm in der Länge und 1 mm in der Breite, für die letztere resp. 360 mm und 5 mm — und den verschiedenen Wohnthieren — Siisswassercypriniden in dem einen Falle, ein tropischer Ostracionide in dem andern — Verschiedenheiten, die an und für sich eine Ver- wechslung der Formen auszuschliessen scheinen, sind auch gewisse, wenngleich minutiöse, anatomische Unterschiede vorhanden. So z. B. zeigen die Muskelzellen von Ichthyonema pellucidum auf Durchschnitten eine Breite in radialer Richtung, die höchstens doppelt so gross wie die tangentiale ist, während die Muskeln von Ichthyonema sanguineum sehr schmale, radial gestellte Scheiben bilden. Ferner ist der Central- canal der Speiseröhre bei der erstern Art dünnwandiger und weiter als bei der letztern, und die Oesophagusdriise von Ichthyonema san- guineum übertrifft an Grösse fast die Speiseröhre selbst, was dagegen bei Ichthyonema pellucidum nicht der Fall ist. Diese letztere Unähn- lichkeit könnte jedoch vielleicht eine zufällige sein. Am Schluss seiner Arbeit über Ichthyonema') liefert v. Linstow eine Charakteristik dieser Gattung. Aus meinen Untersuchungen hat sich nun ergeben, dass einige der von ihm aufgestellten Merkmale nicht mehr stichhaltig sind. In Folge dessen habe ich oben (siehe S. 490) bei Auf- stellung der Diagnose von Ichthyonema pellucidum zugleich eine solche für die Gattung Ichthyonema entworfen, wie ich sie mir gedacht habe. Oxyuris flagelloides n. sp. ©. Mund dreieckig, von drei Lippen umgeben, deren jede gerade vor einer Kante der Höhlung der Speiseröhre steht und drei Papillen trägt. Dicht hinter den Lippen und mit ihnen abwechselnd finden sich drei zahnähnliche Vorsprünge, mit einem chitinösen Ring ver- bunden. Cuticula um den Hals allseitig aufgebläht. Oesophagus ca. 0,65 mm lang, wovon 0,20 mm auf den hintern Bulbus kommen, der mit dem gewöhnlichen Zahnapparat versehen ist. Vulva 3 mm vom vordern Körperende. Anus ca. 10 mm von der Schwanzspitze. Dicke des Schwanzes 0,3 mm. Grösste Dicke des Thieres 2 mm, Länge 25 mm. Lebt im Blinddarm von Atherura armata GERV.?). Kamerun. 1) Ueber Ichthyonema sanguineum, p. 132. 2) Zwischen dieser Art und Atherura africana Gray sind die Unterschiede nur sehr gering. Da indessen das betreffende Thier in Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 501 Ein Glas, das etwa zehn vom Cand. phil. Y. Ssésrepr gesammelte Individuen der oben beschriebenen Art enthielt, wurde mir von Herrn Prof. T. TuLLBERG gütigst zur Verfügung gestellt. Leider waren es sämmtlich Weibchen und, da das Wohnthier erst lange nach dem Tode dem Sammler zugänglich wurde, nichts weniger als gut erhalten, weshalb ich über dieselbe nur einzelne und unzusammenhängende Angaben liefern kann. Diese Art weist, nach der Beschreibung ScHNEIDER’s zu urtheilen, eine grosse Aehnlichkeit mit Oxyuris flagellum HEempricH & EHREN- BERG aus Hyrax syriacus SCHREBER auf. Da aber SCHNEIDER, der doch die Nematoden so gründlich kannte, mit keinem Wort andeutet, dass die Mundtheile dieser letztern Art in irgend einer Weise von der Regel abweichen, und da auch einige, wenn auch kleine, Verschieden- heiten bezüglich der relativen Grösse der Körpertheile vorhanden sind, so hielt ich es für das Richtigste, vorläufig eine neue Art aufzustellen. Wie aus der Diagnose erhellt, nehmen die Lippen dieser Form im Verhältniss zum Lumen des Oesophagus eine Lage ein, die von der bei allen bisher bekannten Nematoden ganz und gar abweicht (siehe Fig. 34, Taf. 27). Wir können nicht hier wie sonst von einer dorsalen und zwei ventro-lateralen Lippen, sondern vielmehr von einer ventral und zwei subdorsal gelegenen sprechen. Die Ursache dieses Verhaltens ist meiner Ansicht nach in der rein mechanischen Einwirkung zu suchen, welche die drei in der Diagnose erwähnten zahnähnlichen Vorsprünge auf die Mundpartie das Thiers ausüben müssen. Soviel ich nach dem mir zur Verfügung stehenden Material habe urtheilen können, stehen diese Vorsprünge mit den Muskeln der Speiseröhre in Verbindung und besitzen dadurch wahrscheinlich einen gewissen Grad von Beweglichkeit. Mögen sie jedoch fest oder beweglich sein, so glaube ich doch nicht zu irren, wenn ich ihnen eine reizende oder stechende Einwirkung auf die Darmwand des Wohnthiers zuschreibe. Um aber diese Function ausüben zu können, ist es nöthig, dass sie frei liegen, eine Anforderung, die sich als ganz unvereinbar mit der normalen Lage der Lippen erweist, denn da diese zahnähnlichen Vorsprünge jeder Hinsicht mit Pucurron’s Beschreibung von Atherura armata (siehe Documents relatifs & la mammalogie du Gabon, in: Archives Museum Hist. Nat., T. 10, Paris 1858—61) übereinstimmt und da es noch immer ungewiss ist, ob die Arten wirklich identisch sind, habe ich diesen letztern Namen benutzt. Sollte es sich in Zukunft heraus- stellen, dass beide Namen eine und dieselbe Art bezeichnen, so ist der von Gray gegebene als der ältere beizubehalten. 502 L. A. JAGERSKIOLD, eben mit den ausspringenden Theilen des Speiseröhrencanals alterniren, so würden sie wenigstens theilweise von den freilich ziemlich niedrigen, aber doch nach innen vorspringenden Lippen gedeckt werden. Ich glaube deshalb, dass die Lage dieser letztern sich derart verändert hat, dass sie, nachdem sie ursprünglich mit den ausspringenden Kanten der Speiseröhre alternirt haben, nunmehr mit den Zähnen alterniren. Der Ring, welcher diese Zähne trägt, ist meiner Ansicht nach von einer Verdickung im vordern Theil der innern cuticularen Auskleidung der Speiseröhre gebildet. Sie sind folglich in dem vordersten, erwei- terten Theil der Höhlung des Oesophagus befestigt. Bei zwei andern zu derselben Gattung gehörenden Arten, Oxyuris obesa Dies. und Oxyuris curvula Run., finden wir!) Zahnbildungen, die, wenn auch complicirter und weiter nach innen in der Speiseröhre gelegen, doch möglicher Weise als homolog mit den oben erwähnten von Oxyuris flagelloides zu betrachten sind. Der Oesophaguscanal zeigt in seinem vordern Theil einen Querschnitt (Fig. 32, Taf. 27), der an denjenigen erinnert, welchen SCHNEIDER ?) bei Ascaris ferox beschrieben und abgebildet hat. An der Grenze zwischen dem vordern und dem hintern Theil der Speiseröhre und zwar gerade in dem schmalen Hals, der dieselben verbindet, kann man auf Querschnitten die Ausführungsgänge der hintern, subventralen Drüsen wahrnehmen. Diese Drüsen sind unzweifelhaft denjenigen homolog, die wir vorhin bei mehreren Ascariden beschrieben haben. Der Ausführungsgang des Excretionsorgans ist sehr eng und mündet nicht weit vor der Vulva aus. Er steht mit einem grossen, blasenähnlichen Canal in Verbindung, der wenigstens zum Theil von der eingestülpten Cuticula gebildet wird. Die äussere Wand dieser Blase liegt, ohne für Muskeln Raum zu lassen, dicht an die innere Seite der Körperbedeckung gedrückt. Dadurch entsteht ein von jeder Musculatur freies Feld, in dessen Mitte der Excretionsporus sich be- findet, wie es SCHNEIDER auch bei Oxyuris flagellum beschreibt. Die Ovarien erstrecken sich einander ungefähr parallel durch den vordern Theil des Thiers und gehen ohne scharfe Grenze in die Ovi- ducte über, die sich, nach zwei Umbiegungen, ein Stückchen vor dem After mit dem weiten, schlauchartigen Uterus vereinigen (siehe Fig. 31, Taf. 27). 1) Monographie der Nematoden, p. 190, tab. 7, fig. 2, 4. 2) Monographie der Nematoden, p. 189, tab. 15, fig. 17. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 503 Nachdem ich nun geschildert habe, was ich bei jeder Art für sich gefunden, werde ich eine Zusammenfassung dessen liefern, was mir von Interesse scheint, und gleichzeitig eine Darstellung der Beobachtungen und Ansichten früherer Forscher. Diese vergleichende Darstellung wird sich aber auf die Ernährungs- und Excretionsorgane beschränken. Wo ich bei der Beschreibung eines andern Organsystems einen Ueber- blick für nöthig hielt, ist er bereits im Vorhergehenden eingeführt worden. Ernährungsorgane. Bei allen von mir oben beschriebenen Nematoden mit Ausnahme der Oxyuris flagelloides, wo die Beschaffenheit des Materials hindernd im Wege stand, habe ich im vordern Theil der Speiseröhre dorsal- wärts vom Centralcanal ein Gebilde gefunden, das ich nur als eine Art Drüse deuten konnte. Hierfür spricht zuvörderst die Thatsache, dass es durch einen deutlichen, von mir stets angetroffenen Gang in den Nahrungscanal einmündet. Zu diesem schwer wiegenden Grund kommt ferner, dass der Bau des Organs, wie er in der Beschreibung von Ascaris rotundata dargestellt worden, an den einer Drüse erinnert. Im Vorhergehenden haben wir gesehen, dass es unter zwei ver- schiedenen Formen auftritt: entweder reich verzweigt, so bei den unter- suchten Ascaris-Arten, oder als ein unverzweigter, compacter, mehr oder weniger cylindrischer oder spindelförmiger Strang, so bei Ich- thyonema. Wir haben auch gesehen, dass es je nach seinem Volumen oder seiner Form einen mehr oder weniger starken Einfluss auf den Centralcanal der Speiseröhre ausübt. Schliesslich haben wir bei einigen Formen — Ichthyonema, Ascaris spiculigera und osculata — zwei Ge- bilde gefunden, die aller Wahrscheinlichkeit nach Rudimente sind und zwei subventralen Drüsen entsprechen, die symmetrisch zur Längsaxe des Nahrungscanals und der dorsalen Drüse liegen. Bei einer nähern Untersuchung der Literatur stellt sich heraus, dass diese Thatsachen nicht so ganz vereinzelt dastehen. SCHNEIDER ') erwähnt, dass er bei Ascaris megalocephala einen Canal in der Wand der Speiseröhre gefunden habe, der sich auf der Rückenseite in deren centrale Höhlung öffnete, und hieraus schliesst er, es müsse eine Drüse in der Oesophaguswand liegen. Als vielleicht zu einer solchen gehörend, deren Mündung er aber übersehen hat, betrachtet er auch die bei Enoplus liratus SCHNEIDER (= Dorylaimus sp.) und Eustrongylus ?) 1) Monographie der Nematoden, p. 191 und 192—193, tab. 15, fig. 16. 2) Monographie der Nematoden, tab, 15, fig. 13—15. 504 L. A. JAGERSKIOLD, wahrgenommenen Canalsysteme. LEUCKART!) beschreibt dieses Canal- system gleichfalls und sagt, dass es vorn mit drei Stämmen anfängt und sich hinten dichotomisch verzweigt. Er glaubt aber, dass hier ein Apparat vorliege mit der besondern Aufgabe, den Druck, der bei Erweiterung der Speiseröhre entsteht, gleichmässiger zu vertheilen und die Plasticität des Organs zu erhöhen. Da ich aus Mangel an Material keinen Eustrongylus habe untersuchen können, um zu ermitteln, ob Drüsenmündungen wirklich fehlen, so wage ich kein Urtheil darüber abzugeben, welche von diesen Ansichten die richtige ist; die oben mit- getheilten Wahrnehmungen scheinen aber zu Gunsten SCHNEIDER’S ZU sprechen. Sind diese Canäle wirklich Theile von Drüsen, so haben wir hier wahrscheinlich einen Fall, wo alle drei vordern Drüsen der Speiseröhre gleichzeitig gut entwickelt sind. Ehe ich LEUCKART’sS und SCHNEIDER’S Arbeiten verlasse, erlaube ich mir die Aufmerksamkeit auf einige Zeichnungen und Angaben zu lenken, die das Vorkommen einer dorsalen Oesophagusdrüse bei For- men anzudeuten scheinen, wo dieselbe bisher nicht constatirt ist. Ver- gleicht man ScHNEIDER’s Zeichnung von einem Querschnitt durch die Speiseröhre eines Strongylus armatus Run.?) mit z. B. Fig. 3, Taf. 24, dieser Arbeit, so kann einem die auffallende Aehnlichkeit in der Orga- nisation derselben nicht entgehen. Und LEUCKART?) erwähnt, dass bei Dochmius (Strongylus) duodenalis Dusını ein zusammenhängender Strang von körniger Substanz auf der Rückenseite durch die ganze Länge der Speiseröhre hinzieht. Vielleicht haben wir auch hier ein Drüsengebilde vor uns. Noch bei einer Strongylus-Form — dem von STADELMANN *) be- schriebenen Strongylus convolutus OSTERTAG — sind ähnliche Gebilde beobachtet worden. Aber hier sollen nicht weniger als drei vorhanden sein, von denen jedoch das dorsale am grössten ist. Jede dieser „Körnermassen“, die STADELMANN als Drüsen bezeichnet, enthält nach diesem Verfasser einen Kern, und deswegen erklärt er die Drüsen für einzellig. Ein Canalsystem, wie SCHNEIDER es beobachtet und ich oben beschrieben habe, erwähnt er nicht. Seiner Behauptung, dass die drei Kerne, die SCHNEIDER 5) aus der Speiseröhre von Oxysoma 1) Die menschlichen Parasiten, p. 369—-370. 2) Monographie der Nematoden, tab. 15, fig. 12. 3) Die menschlichen Parasiten, p. 422—423. 4) Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus ÖsTER- TAG, p. 24. 5) Monographie der Nematoden, tab. 16, fig. 2. Beitrige zur Kenntniss der Nematoden. 505 abbildet, jeder zu einer Drüse gehören, kann ich nicht ohne weiteres zustimmen. Es kann sein, dass dies der Fall ist, aber ebenso wahr- scheinlich können es grosse Kerne sein, die dem eigenen Gewebe des Oesophagus angehören. Wir haben oben gesehen (siehe 8. 458 u. 480), dass solche vorkommen, und zwar bisweilen in grosser Anzahl. Von den Verfassern, die Angaben über Driisengebilde im Oeso- phagus der parasitischen Nematoden geliefert haben, bleibt nur noch Cops’) zu erwähnen. Ohne Zeichnungen zu liefern oder in Einzel- heiten einzugehen, behauptet er, in der Speiseröhre der Ascaris küken- thali und Ascaris bulbosa eine Drüse gefunden zu haben. Und bei Oxyuris vermicularis?) glaubt er gesehen zu haben, wie ein gleich- artiges Organ „in der Nähe des Mundes‘‘ mündet. Er betrachtet es als eine Art Speicheldrüse. Indessen sind Oesophagusdriisen nicht nur bei den parasitischen Nematoden vorhanden. Bei den freilebenden marinen Formen erlangen sie eine noch reichere Entwicklung. DE Man’) liefert in einer gross- artigen Arbeit über Nordsee-Nematoden eine Darstellung seiner Be- funde auf diesem Gebiet. Er beschreibt die Drüsen der Speiseröhre folgendermaassen: „Die Oesophagealdrüsen stellen sich im Allgemeinen als drei in ihrem hintern Theile dichotomisch verästelte oder zahl- reiche, querlaufende Seitenäste aufnehmende Längsröhren dar, welche in der Muskelwand des Oesophagus gelegen sind, von hinten nach vorn verlaufen und in die Mundhöhle ausmünden. Die Hauptcanäle der Drüsen verlaufen in den Dreiecksmitten des Oesophagus.“ Hieraus lässt sich ersehen, dass sie nach demselben Plan gebaut sind wie die dorsale Drüse bei den Ascariden. pe Man sagt ferner, dass die Drüsengänge gefüllt sind „mit einer im Leben sich strömend fort- bewegenden und fluctuirenden, körnigen Flüssigkeit“, was offenbar dem Verhalten bei Ascaris rotundata gleicht. Vor pe Man hatte allerdings schon Marton‘) diese Drüsen gefunden, er hatte sie aber missverstanden und glaubte, dass sie durch Oeffnungen ganz hinten in der Wand der Speiseröhre in den Darm mündeten. Ihre wirklichen Miindungen, die er auch gesehen, sollten zu andern Drüsen, „glandes 1) Beiträge zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden, p. 5 u. 20. 2) ibid. p. 27. 3) Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee-Nematoden, p. 3—5. 4) Recherches zoologiques et anatomiques sur les Nématoides non- parasites marins, p. 53, 54. 506 L. A. JÄGERSKIÖLD, en boyau“ gehören. BürschLı!) hatte inzwischen Marıon’s Arbeit kritisirt und dabei behauptet, dass Oesophagusdrüsen überhaupt nicht vorhanden wären. Ich habe indessen mit Hülfe von Schnittserien Enoplus communis BAST., eine der von DE MAN so genau studirten Formen, untersucht und bin dabei in der Lage gewesen, das Vor- handensein der von ihm beschriebenen Drüsen constatiren zu können. Dass pe Man keine hintern Oesophagusdrüsen mit deutlichen Aus- führungsgängen beobachtet hat, wie ich sie oben (S. 459, 469, 482, 488 u. 502) beschrieben habe, lässt sich leicht daraus erklären, dass alle in seiner Arbeit geschilderten Arten eines hintern Bulbus entbehren. Aus dem Obigen lässt sich mit Sicherheit entnehmen, dass vordere Oesophagusdriisen eine weite Verbreitung bei den Nematoden haben. Ausser bei den sechs Formen, wo DE Man sie beobachtet, und den Arten, wo MARION seine „glandes oesophagiennes“ gefunden hat, sind sie mit mehr oder weniger Sicherheit bekannt und mehr oder weniger vollständig beschrieben bei Ascaris megalocephala (SCHNEIDER), Ascaris kükenthali und bulbosa (Coss), Ascaris clavata, rotundata, decipiens, spiculigera, osculata (JÄGERSKIÖLD), Strongylus convolutus (STADEL- MANN), und höchst wahrscheinlich sind sie auch bei Sérongylus ar- matus, Dochmius duodenalis und Eustrongylus vorhanden; ferner bei Ichthyonema pellucidum und sanguineum (JÄGERSKIÖLD). Aber wie bereits aus obiger Darstellung zu ersehen sein dürfte, scheint dabei ein wichtiger Unterschied zwischen den freilebenden und den para- sitischen Formen zu bestehen. Bei jenen sind es immer drei gleich crosse Drüsen: eine dorsale und zwei subventrale, bei diesen scheint wenigstens in den meisten bisher bekannten Fällen nur die dorsale Drüse erhalten zu sein. Aber an einer Stelle und zwar derjenigen entsprechend, wo die subventralen Drüsen bei jenen gelegen sind, finden wir bisweilen bei diesen rudimentäre Gebilde, die darauf hindeuten, dass sie auch hier einmal vorhanden waren, aber später reducirt worden sind. Und sind STADELMANN’s Beobachtungen richtig, so haben wir in Strongylus convolutus vielleicht gerade eine Form, wo sie gegen- wärtig in der Rückbildung begriffen sind. In Betreff der histologischen Natur dieser Drüsen liegen STADEL- MANN’S?) Angaben vor, wonach sie einzellig sind, und MArrons *), der 1) Zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens, p. 13. 2) Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus OSTERTAG, p. 24. 3) Recherches zoologiques et anatomiques sur des Nématoides non- parasites marins, p. 53, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 507 sie ebenso bestimmt für mehrzellig erklärt. Es ist nicht leicht, sich in dieser Frage eine Ansicht zu bilden, und wenn ich mich dem erstern Verfasser anschliesse, so geschieht es auf Grund dessen, was ich bei der Gattung Ichthyonema (siehe S. 497) gefunden habe. Dies scheint die dorsale Drüse in ihrer einfachsten Form zu sein: ein spindel- formiges oder cylindrisches, beutelartiges Gebilde, das einen grossen, deutlichen Kern einschliesst. Aber schon hier, besonders bei Ich- thyonema pellucidum, finden wir ein gut entwickeltes, intracelluläres Canalsystem. Nicht nur im vordern, sondern auch im hintern Theil der Speise- röhre ist es mir gelungen, Drüsen mit deutlichen Mündungen nach- zuweisen. Ich habe sie bei Ascaris osculata, spiculigera, decipiens, clavata und rotundata sowie bei Oxyuris flagelloides gefunden. In allen diesen Fallen waren es zwei, die sich gleich vor dem aus drei Klappen bestehenden Ventil, das ganz vorn im hintern Theil der Speise röhre lag, öffneten. Diese Drüsenmündungen tangiren, so zu sagen, die Grenze des vordern Theils des Oesophagus. Ich wage nicht zu behaupten, dass diese Drüsen bei allen Nema- toden vorkommen, die eine besondere hintere Abtheilung der Speise- röhre haben, aber es scheint mir höchst wahrscheinlich. Bei den Gattungen Rhabditis, Diplogaster, Tylenchus und Aphelenchus ist ein deutlicher, hinterer Bulbus vorhanden, und an den von BirscHut !) gelieferten Zeichnungen sieht man bei einigen zu dieser Gattung ge- hörenden Arten drei grosse Kerne in diesem Bulbus liegen. Vielleicht haben wir hier Drüsenbildungen vor uns und zwar denen entsprechend, die ich bei den Ascariden gefunden, und die Anzahl der Kerne deutet darauf hin, dass sie in der Dreizahl vorhanden sind. Bei einigen andern freilebenden, von demselben Verfasser beschriebenen Nema- toden ?) sehen wir deutlich drei Drüsen, sie liegen aber nicht in einer zwiebelähnlichen Anschwellung eingebettet, sondern sind frei und bilden einen Kranz um die Speiseröhre am Uebergang dieser in den Darm. Die paarigen von DE Man?) bei Euchromadora vulgaris BAST. ganz am Anfang des Darms gefundenen Drüsen sind mit den oben ge- 1) Zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens, tab. 1, fig. 3a u. 5a. 2) Beiträge zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, p. 50, 54 u. 59, tab. 4, fig. 23a u. 24a; tab. 5, fig. 29b u. 30a, ferner tab. 6, fig. 34a u. 36 f. 3) Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee-Nematoden p. 72, tab. 12, fig. 15. 508 L. A. JÄGERSKIÖLD, schilderten wohl kaum homolog. Dagegen spricht unter anderm die Thatsache, dass sie mehrzellig sind. Wir haben also nicht weniger als zwei Arten von Drüsen im Oikos phagus der Nematoden kennen gelernt: im vordern Theil drei Stück und zwar eine dorsale und zwei subventrale, von denen die zwei sub- ventralen bei den meisten parasitischen Formen reducirt sind; im hintern Theil sind bis jetzt nur zwei subventral liegende Driisen nach- gewiesen, aber die Thatsachen, die BUrscntt bei freilebenden Formen (siehe oben) geschildert, lassen vermuthen, dass auch hier ursprünglich drei vorhanden gewesen sind. Aus welchen Ursachen die hintere dor- sale Drüse, z. B. bei Ascaris osculata, spiculigera, clavata und ge- wissen Exemplaren von decipiens und zwar bei denen, wo die Speise- röhre einen Blindsack besitzt, reducirt worden, lässt sich leicht denken. Da die Vereinigung zwischen der Speiseröhre und dem Darm derartig ist, dass die Höhlung der erstern die dorsale Wand des Organs durch- bricht, welche dabei in den Darm eingezogen wird und einen Kragen um die Oeffnung bildet, so bleibt selbstverständlich kein Raum für die dorsale Drüse, die ursprünglich an dieser Stelle gelegen war, übrig. Eigenthümlich ist es, dass wir bei Formen wie Ascaris rotundata und gewissen Exemplaren von decipiens keine dorsale Drüse antreffen. Ich habe mir selbst diese Thatsache nicht befriedigend erklären können. Mehrere der von mir untersuchten Formen besitzen einen soge- nannten Blindsack, der sich ein Stück hinter der Vereinigung der Speiseröhre und des Darms an der Bauchseite des Darms entlang er- streckt. Dies ist der Fall bei Ascaris osculata, spiculigera, clavata und einigen Individuen von decipiens. Bei Ascaris clavata ist dieser Blind- sack hinten, der ganzen oder fast der ganzen Länge nach in zwei Hälften getheilt, von denen jede einem Drittel der Oesophaguswand entspricht. Einem solchen Anhang an der Speiseröhre scheint immer ein Blindsack am Darm zu folgen. Ausser bei den Ascaris- Arten kommt so etwas meines Wissens nur bei dem zuerst von DIESING, dann genauer von v. DrascHE') beschriebenen Lecanocephalus spinu- losus vor, einer Form, die der Gattung Ascaris sehr nahe steht. Hier ist der Blindsack sogar fast doppelt so lang wie der Haupttheil der Speiseröhre. 1) Revision der in der Nematoden-Sammlung des k. k. zoologischen Hofcabinets befindlichen Original- Exemplare Dresrne’s und Morım’s, p:108,, tab...3,,fig./11. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 509 SCHNEIDER!) giebt eine Beschreibung und Zeichnung von diesen Gebilden, aber er hat das Divertikel der Speiseröhre als hohl aufge- fasst. Dies ist bekanntlich bei den Formen, die ich untersucht habe, nicht der Fall, und es ist unwahrscheinlich, dass die andern — 4s- caris nasuta SCHNEIDER, mucronata SCHRANK und acus Rup. — ihnen hierin nicht gleichen sollten. ScHNEIDER’s Vermuthung, dass ein Diver- tikel an der Speiseröhre nur bei solchen Arten vorkomme, die entweder Zwischenlippen und „Aurikeln‘“ oder Zwischenlippen und „Löffel“ be- sitzen, also zu einer seiner Gruppen C oder D gehören, hat sich auch nicht bewahrheitet. Ascaris decipiens, die zur A-Gruppe gehört, hat nämlich bisweilen ein solches Divertikel. BasTIan ?) erwähnt dieses Divertikel als bei Ascaris spiculigera und Filaria piscium vorhanden. Nach den Abbildungen zu urtheilen, scheint auch er geglaubt zu haben, dass es einen Fortsatz von der Höhlung des Nahrungscanals enthalte. Seine Angabe, dass Ascaris osculata nur am Darm mit einem Blindsack versehen sei, habe ich nicht bestätigen können. Entweder hat der englische Forscher Exem- plare der damals noch unbekannten Ascaris decipiens untersucht, die oft im Magen von Robben mit Ascaris osculata zusammen vorkommt, oder es mag sein, dass Ascaris osculata in dieser Hinsicht variirt, wie wir es auch bei Ascaris decipiens gesehen haben. Im Folgenden will ich nachzuweisen suchen, dass diese blindsack- artigen Gebilde nichts Anderes sind als umgewandelte Theile des hintern Bulbus der Speiseröhre. Bei Ascaris rotundata besteht die Speiseröhre aus zwei Theilen: einem nach hinten an Dicke zunehmenden vordern Theil und einem zwiebelartig angeschwollenen hintern. Aeusserlich stimmt sie also mit dem entsprechenden Organ der Gattung Oxyuris überein. Ganz vorn befindet sich in dem hintern, angeschwollenen Theil bei Ascaris rotun- data, wie erwähnt (S. 482), ein aus drei Klappen bestehender Ventil- apparat, ein getreues, verkleinertes Abbild des für die Oxyuriden so charakteristischen. Wir ersehen hieraus, dass sich die Aehnlichkeit bis auf den innern Bau erstreckt. Doch nicht nur bei Ozyuris ist die Speiseröhre nach diesem Plan gebaut, wir finden denselben bei einer Menge freilebender Nematoden wieder. Die Gattungen, wo dies der Fall ist, sind so zahlreich, dass mich eine erschöpfende Behand- 1) Monographie der Nematoden, p. 35, 193, tab. 16, fig. 3. 2) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 575, tab. 22, fig. 9. 510 L. A. JAGERSKIOLD, lung derselben zu weit führen würde. Deshalb nur einige Andeutungen. In der Synopsis, die BÜTscHLı '!) in seiner Arbeit über die Nematoden des Kieler Hafens giebt, zählt er folgende Genera auf: Anguillula, Plectus, Cephalobus, Rhabditis, Tylenchus, Aphelenchus, Diplogaster, die alle gerade durch diese hintere, zwiebelähnliche Anschwellung ge- kennzeichnet sind, und er halt sie fiir so innig verwandt mit Oxyuris, dass er in einem in derselben Arbeit?) enthaltenen Stammbaum diese Gattungen von einer Rhabditis-Form herleitet. Bei diesen Formen zeichnet sich die hintere Anschwellung der Speiseröhre, die wohl sicher als homolog mit derjenigen von Oxyuris betrachtet werden kann, durch einen Mangel an Muskeln aus, auch sind nur sehr wenige kernhaltige Zellen in ihrer Wand vorhanden. Es wird allgemein angenommen, dass dieser Theil Drüsen ?) enthält, doch sind Drüsenmündungen und Ausführungsgänge ähnlich den bei Ascaris rotundata, clavata und oscu- lata u. a. von mir beschriebenen bis jetzt nicht nachgewiesen worden. Wir haben aber gesehen, dass der zwiebelartigen Anschwellung von Ascaris rotundata ganz dieselben Eigenschaften zukommen, und ich nehme daher keinen Anstand, dieses Gebilde mit dem hintern Bulbus bei Oxyuris und einer Menge anderer freilebender Nematoden zu homologisiren. Andrerseits lässt sich wohl nicht leugnen, dass der Oesophagusbulbus von Ascaris rotundata dem hintern Theil der Speiseröhre von Ascaris simplex und derjenigen Form von Ascaris decipiens, die keinen soge- nannten Blindsack an der Speiseröhre hat, entspricht. Erstere Art habe ich allerdings nicht anatomisch untersuchen können, doch ist es mehr als wahrscheinlich, dass ihre Speiseröhre mit derjenigen der eben erwähnten Form von Ascaris decipiens übereinstimmt (vergl. Fig. 41, Taf. 28, mit Fig. 42 auf derselben Tafel). Von derselben wissen wir mit Sicherheit, dass der Ventilapparat und die hintern Oesophagus- drüsen, welche Organe eben im hintern Theil der Speiseröhre liegen, in allem Wesentlichen denjenigen im Bulbus der Ascaris rotundata gleichen. Hieraus lässt sich schliessen, dass der hintere Oesophagusab- schnitt von Ascaris rotundata als ein schwächer entwickelter oder vielleicht richtiger als ein reducirter Oesophagusbulbus betrachtet 1) Zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens, p. 55. Vergl. auch fig. 3a, und 5a tab. 1, in derselben Arbeit. 2) ibid. p. 54. 3) LEeuckArT, Die menschlichen Parasiten, p. 50. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 511 werden kann. Wir haben aber oben gesehen, dass die Organe, welche das eine Mal ihren Platz im hintern Theil der Speiseréhre haben, ein ander Mal in dem blindsackartigen Anhang dieses Organs (siehe 8. 470) wiederzufinden sind. Hieraus können wir den Schluss ziehen, dass dieser Anhang an und für sich sowie auch das zunächst liegende Stück des Oesophagus nichts Anderes sind als ein eigenthümlich differenzirter Oesophagusbulbus. Bekanntlich fehlt bei der Speiseröhre von Ascaris lumbricoides und megalocephala jede äussere Andeutung, dass sie zwei histologisch verschiedene Theile umfasse. Auf einer Serie von Schnitten durch den hintersten Theil dieses Organs von Ascaris megalocephala fand ich allerdings mehrere grosse, eigenthümlich gestaltete Kerne, sehr ähnlich denjenigen, welche wir aus dem Excretionsorgan derselben Art werden kennen lernen, aber von unregelmässiger Form, im Uebrigen hatte die Speiseröhre aber denselben überaus musculösen Bau, welcher eben den vordern Theil des Oesophagus der Nematoden auszeichnet. Und so fand sich dort ein gut ausgebildeter Ring von Fasern, der den hin- tersten Theil des Centralcanals umgab, gerade ein solches sphincter- artiges Gebilde, wie ich oben bei Ascaris decipiens und clavata be- schrieben habe (siehe S. 469 u. 488). Einen derartigen musculösen Sphincter erwähnen auch Vogr u. Yung!) bei Ascaris lumbricoides. Nimmt man nun an, dass die Sphincterbildungen bei allen diesen Formen an der entsprechenden Stelle liegen, was ich für berechtigt halte, so geht daraus hervor, dass der hintere Theil der Speiseröhre bei Ascaris lumbricoides und megalocephala reducirt ist. Das ist der Fall auch bei Ichthyonema pellucidum und wahr- scheinlich auch bei den andern Arten derselben Gattung, ferner nach RZEWUSK1?) bei Strongylus paradoxus aus den Lungen von Haus- schweinen. Nach STADELMANN’s 3) Beschreibung zu urtheilen, scheint auch Strongylus convolutus keinen Oesophagusbulbus zu besitzen. THıEsıng giebt allerdings an, dass der hintere Theil der Speiseröhre bei Filaria sanguinis-hominis Lewis reicher an körniger Substanz sei, aber aus seinen Zeichnungen geht hervor, dass wenigstens kein di- stineter Bulbus vorhanden ist. Bei Strongylus duodenalis gleicht das Verhalten sehr demjenigen bei Ascaris megalocephala, nach dem, was 1) Lehrbuch d. prakt. vergl. Anat., p. 359. 2) Untersuchungen über den anatomischen Bau von Strongylus paradoxus Men, p. 14, tab. 1, fig. 9. 3) Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus OsTEr- TAG, p. 25. 512 L. A. JAGERSKIOLD, LEUCKART!) mittheilt Wie ich aus den Zeichnungen und Be- schreibungen dieses Verfassers schliessen kann, findet sich ein hinterer Oesophagusbulbus auch bei Strongylus longevaginatus Dies. und Eu- strongylus gigas Rup. nicht. Dass der hintere Theil der Speiseréhre und die darin enthaltenen Drüsen wirklich fehlen, habe ich indessen nur bei den drei zuerst angeführten Arten constatiren können, es ist auch schwer, in der Literatur véllig zuverlässige Angaben hierüber zu finden, da man nicht wissen kann, ob die Aufmerksamkeit des Forschers besonders auf diesen Punkt gerichtet war, und man auch die Unter- suchungsmethoden nicht kennt, die ihm zu Gebote gestanden haben. Indessen hat es doch den Anschein, als fehlten bei Dochmius, Stron- gylus und Eustrongylus diese Theile wirklich. Zwar spricht SCHNEIDER ?) von einem hintern Bulbus bei Strongylus, auf seinen Zeichnungen *) ist aber ein solcher nicht zu sehen, und LEUCKART’s, RZEWUSKIS und STADELMANN’S Angaben stimmen gut mit einander und mit SCHNEIDER’S Bildern überein. Die Reduction oder der Wegfall eines zum Nahrungscanal ge- hörigen drüsenreichen Theils hat höchst wahrscheinlich seinen Grund in veränderten Lebensverhaltnissen. Bei einer Durchmusterung der Formen, wo eine solche Reduction stattgefunden hat, ist auch zu er- sehen, dass sie alle in Organen leben, die ihnen eine bereits zube- reitete oder sehr leicht zu verwerthende Nahrung bieten. Das ist der Fall bei den beiden Spulwürmern, dem des Menschen und dem des Pferdes, die im Dünndarm ihrer Wirthe leben; von Dochmius giebt LEUCKART) *) ausdrücklich an, dass er sich vom Blut des Wirththieres nährt. Ebenso ist es wohl auch mit den andern Strongylus-Arten, welche alle im Nahrungscanal, in den Lungen oder, wie Strongylus armatus Rup., auch im Arteriensystem ihrer Wirthe leben. Auch von der Nahrung, welche Ichthyonema in der Leibeshöhle seines Wirths erhält, sind wir berechtigt anzunehmen, dass sie wenig Behandlung erfordert, um vom Organismus aufgenommen zu werden. Aber nicht nur der Verlust des hintern Theils der Speiseröhre deutet auf eine Rückbildung des Nahrungscanals bei Ascaris lumbri- coides und megalocephala hin, sondern auch das Gewebe des Darms selbst ist im Vergleich mit dem, was wir bei Ascaris osculata, spiculi- gera, decipiens u. a. beobachtet haben, schwach entwickelt. Es be- 1) Die menschlichen Parasiten, p. 423. 2) Monographie der Nematoden, p. 133. 3) ibid., tab. 8, fig. 7, und tab. 9, fig. 2 und 4. 4) Die menschlichen Parasiten, p. 423. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 513 steht bekanntlich aus einer gleichdicken Lage von Epithelzellen ohne jede Spur von den zahlreichen Gruppen verlängerter Zellen, die wir bei jenen gefunden, oder von der faserigen Structur, die wir dort kennen gelernt haben und die auf eine secretorische Thätigkeit hinweist. In Erwägung aller dieser Punkte glaube ich nicht zu kühn zu sein, wenn ich behaupte, dass eine Veränderung des Aufenthalts- orts und die ihnen dort zugeführte reichliche Menge schon fertigen Speisebreies eine Reduction der Nahrungsorgane bei Ascaris lumbri- coides und megalocephala hervorgerufen hat. Diese Vermuthung findet eine Stütze in dem, was wir bei Rhabdonema nigrovenosum Run. be- obachten. Die frei in der Erde lebende Generation dieser Art zeigt sich im Besitz eines wohl entwickelten hintern Oesophagusbulbus, während ein solcher den in den Lungen der Frösche schmarotzenden Formen fehlt !). Ob die Verschiedenheit in diesem Fall sich auch auf das Darmepithel erstreckt, bin ich leider nicht in der Lage ge- wesen constatiren zu können. Gegen die hier aufgestellte Ansicht, dass ein Aufenthalt im Darm des Wirths und die damit gegebene Möglichkeit, sich die schon von diesem bereitete Nahrung zu Nutzen zu machen, reducirend auf das eigene Ernährungsorgan des Schmarotzers einwirkt, lässt sich ein- wenden, dass dies bei den zahlreichen Arten der Gattung Oxyuris, die wir kennen, nicht zutrifft. Sie finden sich ja sammt und sonders im Darm ihrer Wirthe, und bei ihnen allen ist der hintere Oesophagus- bulbus wohl entwickelt. Eine nähere Prüfung der Bedingungen, unter denen sie leben, wird uns jedoch vielleicht den Grund erkennen lassen. LEUCKART ?) giebt ausdrücklich an, dass sich Oxyuris vermicularis Lin. von den Excrementen ihres Wirths nährt. Auch die andern Oxyuriden kommen unter Verhältnissen vor, die darauf hindeuten, dass sie sich von ähnlichen Stoffen ernähren. BüÜTscHLı?) sagt: ,,Uebrigens finde ich auch in der einfachen Lebensweise der Oxyuriden einen wesent- lichen Stützpunkt meiner Ansicht, wonach diese Gattung zu der frei- lebenden, jedoch vorwiegend faulende organische Stoffe aufsuchenden Anguillula in nächster Beziehung steht. Sämmtliche bis jetzt näher bekannten Oxyuriden leben im Darm ihrer Wohnthiere, und eine grosse 1) Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 145. 2) Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 301 u. 344. 3) Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus, p. 376. Zool. Jahrb, VIL, Abth, f, Morph, 34 514 L. A. JÄGERSKIÖLD, Anzahl derselben suchen hier gerade denjenigen Theil (das Rectum) auf, wo die Fäulniss am meisten vorherrscht.“ Die Oxyuriden nähren sich also nicht von der vom Wohnthier schon bereiteten Nahrung, sondern begnügen sich mit dem, was dieses nicht selbst verwerthen kann. Und hierin liegt eine natürliche Er- klärung für den primitiven Standpunkt, auf dem ihre Ernährungs- organe verharren. Bei zwei von den Formen, die ich untersucht habe, näm- lich bei Ascaris rotundata und Ichthyonema pellucidum, erscheint die cuticulaartige Auskleidung des Darms, die sogenannte Stäbchen- schicht, eigenthümlich verändert (siehe S. 483 u. 498). Aus der Art dieser Veränderung können wir schliessen, dass die Schicht wirklich aus dicht stehenden, mehr oder weniger groben Stäbchen gebildet ist. SCHNEIDER?!) sagt von dieser Bildung: „Ob dieser Saum aus Stäbchen besteht oder von Porencanälchen durchsetzt ist, lässt sich schwer ent- scheiden. Denn stehen die Poren dicht, so muss es als eine noth- wendige Folge erscheinen, dass die Schicht leicht in Stäbchen zerfällt.“ LEUCKART ?) dagegen spricht es deutlich als seine Ansicht aus, dass dieses Gebilde eine von Poren durchsetzte Cuticula ist. Doch sagt er an einer andern Stelle in Bezug auf Dochmius duodenalis *): „In den von mir untersuchten Exemplaren war letztere (= die Cuticular- schicht) überall in einen dichten Borstenbesatz zerklüftet, wie bei Eustrongylus gigas.“ Diese zwei Formen nähern sich also in diesem Fall dem Ichthyonema pellucidum. Und einen ähnlichen Bau hat Coss *) für die Auskleidung des Darms von Ascaris kükenthali und bulbosa gefunden. Bei Ascaris clavata bin ich in der Lage gewesen, die drei an- geschwollenen, birnförmigen Zellen, die das Rectum umgeben, unter- suchen zu können. Ich glaube gefunden zu haben, dass diese Zellen eine Art Drüsen sind, die durch Fortsätze einen Theil ihres Inhalts in die Oeffnung zwischen der Cuticula des Rectums und der Zellen- bekleidung des Darms entleeren. Uebrigens sind diese Analdrüsen nur differenzirte Epithelzellen. Unter den Zellen, welche die Wand des Rectums bilden, befinden sich mehrere, deren Plasma dieselben Veränderungen, nur in weniger hohem Grade aufweist. 1) Monographie der Nematoden, p. 197. 2) Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 56. 3) ibid., p. 423. 4) Beiträge zur Anatomie und Ontogenie der Nematoden, p. 6 u. 25, tab. 2, fig. 17. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 515 Bei Ascaris megalocephala sind diese Zellen zu einer Art Syn- cytium verschmolzen und bilden ein zusammenhängendes Band um das Rectum. Es enthält drei Kerne, die allerdings viel grösser sind als die in den meisten andern Organen gewöhnlichen, aber in ihrer Struc- tur vielen von diesen gleichen. Ihr ganzer, von einer Membran zu- sammengehaltener Inhalt besteht aus chromatophilen Körnern. Auch dieses Band zieht sich zwischen der Cuticula des Rectums und dem Epithel des Darms hin, ungefähr so wie bei Ascaris clavata. Wahr- scheinlich functionirt es als eine Art Drüse. Bastıan ') betrachtet dieses Organ als einen Muskelsphincter und vergleicht die Kerne, ,,the three bodies“, deren Natur ihm unbekannt ist, mit denen im Excretionsorgan. SCHNEIDER ?) hat dagegen den wirk- lichen Muskelsphincter gesehen und beschrieben und weist nach, dass die drei Körper Kerne sind, die bei allen Ascariden vorkommen, äussert sich aber über die Function der Zellen unbestimmt. LEUCKART *) hält sie für einzellige Drüsen, sagt aber, dass sie neben dem Anus ausmünden. Wie jedoch aus Obigem erhellt, widerspricht diese An- gabe dem, was ich gefunden habe. DE Man *) beschreibt bei Enoplus communis Bast. und brevis Bas’. drei um das Rectum liegende Zellengruppen und zwar eine mediane auf der dorsalen Seite desselben und zwei subventrale. Er hilt sie fiir Driisen, und ohne Zweifel sind sie homolog mit den drei Anal- drüsen der Ascaris. Er hat auch bei andern Gattungen ähnliche Organe gefunden, ihnen aber keine besondere Untersuchung zu Theil werden lassen. _ Meines Erachtens haben wir hier eine der vielen Aehnlichkeiten 2 ischen freilebenden und schmarotzenden Nematoden, die im Kleinen wie im Grossen durch die Untersuchungen der letzten Jahre nach- gewiesen worden sind. Excretionsorgane. Ehe ich zum eigentlichen Excretionsorgan übergehe, will ich mit einigen Worten seines Ausführungsgangs gedenken. Stets habe ich diesen seiner Natur nach mit der äussern Körperbekleidung in Ueber- 1) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 589, tab. 25, fig. 5. 2) Monographie der Nematoden, p. 214—215, tab. 21, fig. 9—11. 3) Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 57. 4) Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee-Nematoden, p. 19, tab, 1, fig. 11. 84 * 516 L. A. JÄGERSKIÖLD, einstimmung gefunden, und zwar nicht nur bei Nematoden, die wie Ascaris rotundata, clavata und spiculigera u. a. in der einen oder andern Weise abweichende Absonderungsorgane besitzen, sondern auch bei Ascaris megalocephala und Oxyuris flagelloides. Auf Schnittserien ist der schroffe Uebergang vom Hautgewebe des Ausführungscanals in das Excretionsorgan leicht zu beobachten (vgl. Taf. 25, Fig. 15). Letzterm Organ zunächst erweitert sich oft der Ausführungsgang und bildet einen kleinen, blasenartigen Behälter. Mit diesem in Zusammen- hang stehen dann Leisten oder Fortsätze der Cuticula. Die Function der letztern ist mir aber ziemlich räthselhaft (vgl. S. 471, 484 u. 489). Weder bei Bastian, SCHNEIDER noch LEUCKART habe ich irgend eine Angabe finden können, woraus sich schliessen liesse, dass sie die Natur des Ausführungsgangs beachtet hätten. Eine von ersterm ') ver- öffentlichte Zeichnung lässt eher das Gegentheil vermuthen. Dagegen habe ich in STRUBELL’S interessanter Arbeit?) über Heterodera schachtii SCHMIDT Bilder von Larven gefunden, die gerade im Begriff sind sich zu häuten. Hier sieht man, wie sowohl die innere Bekleidung des äussersten Theils des Excretionsorgans als auch die Cuticula des Rec- tums gleichzeitig mit der ausgewachsenen Körperhülle abgestossen werden. Und hierin haben wir ohne Zweifel einen Beweis, dass auch bei dieser Form ein von der Cuticula eingestülpter Ausführungsgang zum Excretionsorgan gehört. Wahrscheinlich ist dies auch bei den meisten andern Nematoden der Fall. Bei der Mehrzahl der oben behandelten Ascariden gehört das Excretionsorgan einem abweichenden Typus an: unpaarig und durch einen bandförmig verbreiterten Theil ausgezeichnet. Dies ist der Fall bei Ascaris osculata, spiculigera, lobulata, decipiens und simplex. Diese Art von Absonderungsorganen ist zuerst von v. SIEBOLD ?) be- schrieben worden, der sie mit dem Namen „Lemniscus‘ bezeichnete. SCHNEIDER‘), der es für „ein durch die stärkere Wucherung seiner Wand ausgezeichnetes Gefäss‘ hält, sagt, dass er in demselben mehrere kleinere Kerne gesehen habe. Vermuthlich hat er die chromatophilen Körner und Klumpen, die das Organ in grosser Menge enthält, für solche gehalten, denn wirkliche kleine Kerne sind nicht vorhanden. 1) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, tab. 25, fig. 9. 2) Heterodera Schachtii Scumipt, tab. 1, fig. 23 u. 24. 3) Helminthologische Beiträge. Vierter Beitrag, p. 310—311. 4) Monographie der Nematoden, p. 218—219, tab. 18, fig. 5. ey Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 517 Dagegen hebt er die grosse Aehnlichkeit zwischen dem „eiförmigen Körper“ des Organs und „der kernartigen Kugel“ hervor, die er vorher aus dem Excretionsorgan anderer Ascariden beschrieben hat. Schliess- lich ist SCHNEIDER nicht ganz davon überzeugt, dass nicht vielleicht in dem andern Seitenfeld ein engeres Excretionsgefäss vorhanden sei. BASTIAN !) sagt vom Excretionsgefiiss der Ascaris osculata und spieuligera: „In both it gives off numerous branches in the substance of the left lateral band, and ramifies still more minutely in a peculiar, elongated development from this structure existing in the anterior part of the body (tab. 26, figs. 6 u. 7). This prolongation constitutes the so-called “lemniscus“ of SıeBoLn.“ Offenbar hat hier Basrıan keinen Unterschied zwischen dem Gewebe des Seitenfelds und dem des Excretionsorgans machen können, denn nirgends habe ich eine An- deutung davon gefunden, dass das Canalsystem desselben sich über die Grenzen des Organs hinaus erstreckt. Auch in einem andern Punkt entfernen sich Basrtıan’s Beobachtungen von denen ScHNEIDER’s und den meinigen. Er beschreibt nämlich, wie die „lemnisci“ ausser dem Centralcanal noch eine andere Höhlung enthalten: „in A. osculata it seems to be hollowed out in the greater part of its extent into a flat, elongated oval cavity . . . (tab. 26, fig. 6); whilst in A. spiculigera only the rudiment of a central cavity exists near the middle of the organ in the form of a small somewhat fiddle-shaped cavity (tab. 26, figs. 14 and 16).“ Vielleicht hat BasTIAN nur schlechtes Material zur Verfügung gehabt, denn diese von ihm geschilderten Höhlungen sind offenbar nichts anderes als ScHNEIDER’s „eiförmige Körper“ und die von mir beschriebenen Kerne. Bastıan’s Abbildung fig. 16, tab. 26, stellt dies ausser allen Zweifel. Ich habe bereits oben die Vermuthung ausgesprochen, dass der englische Zoologe vielleicht Ascaris decipiens untersucht hat in dem Glauben, es sei Ascaris osculata. Seine Beschreibung des Excretions- organs dieser Art scheint meine Annahme zu bestätigen. Bei der wirklichen Ascaris osculata unterscheidet sich der Kern des Excre- tionsorgans nur unbedeutend von dem der Ascaris spiculigera. Bei Ascaris decipiens wiederum ist es denkbar, dass das hier vorhandene chromatophile Netz, das vielleicht aus einem langgestreckten Kern hervorgegangen ist, den Eindruck einer grossen Höhlung machen kann. 1) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 590—592. 518. L. A. JAGERSKIOLD, v. DRASCHE !) giebt eine gute Darstellung unseres Organs. Auch er schildert einen oder mehrere Hohlräume mit einem structurlosen Inhalt, also dasselbe Verhalten, das BASTIAN beobachtet hat. Vielleicht lagen wohl auch bei Peritrachelius insignis, der von v. DRASCHE be- schriebenen Art, ursprünglich eine Art Kerne in diesem Hohlraum. Coss liefert in seiner Arbeit keine Angaben über den feinern Bau des Excretionsorgans. LEUCKART ?) ist im Gegensatz zu allen andern Verfassern der Ansicht, dass es sich hier um ein Gebilde handelt, das homolog ist mit den sogenannten „Kopfdrüsen“, einzelligen Drüsen, die bei Doch- mius in der Nähe des Mundes ausmünden. Weiter unten werde ich nachweisen, weshalb ich dieser seiner Ansicht nicht beitreten kann, erlaube mir aber zu betonen, dass er dieses Gebilde als eine ein- zellige Drüse betrachtet. Suchen wir nun zu einem Ganzen zuzammenzufassen, was uns von dieser Art von Excretionsorgan bekannt ist, so ergieht sich: dass es sich längs des einen Seitenfeldes durch einen grossen Theil der Körperhöhle erstreckt; dass es einen Centralcanal ent- hält, der eine Menge Zweige abgiebt; dass dieser Centralcanal mit dem Ausführungsgang des Organs zusammenhängt, der durch eine Einstülpung von aussen gebildet ist und sich nahe dem vordern Ende des Thieres öffnet; dass es in einem Theil seines Verlaufs bandartig verbreitert ist; dass dieser Theil Protoplasma mit einer Menge grösserer und kleinerer chromatophiler Körner enthält und einen kernartigen Körper einschliesst, der bisweilen zu einem netz- artigen, vielfach verzweigten Gebilde umgewandelt erscheint; und dass es nach hinten in einen langen, fadenförmigen Theil übergeht, der eine Fortsetzung des Canals enthält und blind endigt. Vergleichen wir nun einerseits diese Art von Excretionsorgan mit dem, was uns von Ascaris rotundata bekannt ist, und andrerseits mit dem, was wir bei Ascaris clavata finden, so sehen wir, dass es an Aehnlichkeiten durchaus nicht fehlt. Auch bei Ascaris clavata finden wir ein unpaariges Excretions- organ, das in seinem Plasma ausser dem Centralcanal noch einen langgestreckten Körper enthält, der aus dicht gehäuften Körnern be- steht mit chromatophiler Substanz von derselben Art, wie wir sie in dem kernartigen Körper bei Ascaris osculata und spiculigera gefunden 1) Zur Charakteristik der Nematodengattung Peritrachelius, p. 189 —190, tab. 12, fig. 3—13. 2) Die menschlichen Parasiten, Bd, 2, p. 417 Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 519 haben. Sein wesentlicher Unterschied besteht also nur in zwei Punkten und zwar theils darin, dass die Mündung des Organs bei Ascaris clavata weiter hinten liegt, theils darin, dass demselben der bandartig verbreiterte Theil fehlt. Wir haben aber bereits gesehen, dass die Mündung auch bei Arten mit typisch bandartigem Exeretionsorgan in ihrer Lage wechseln kann (vergl. Ascaris decipiens S. 471), je nach den äussern Umständen. Auch eine grössere Menge Protoplasma und ein dadurch bedingtes reicheres Canalsystem weist vielleicht auf eine grössere Thätigkeit des Organs, bildet jedoch keinen principiellen Unterschied. Aber ein Excretionsorgan wie das von Ascaris clavata steht keineswegs vereinzelt da. Theils können wir mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass alle Ascariden mit dem, was SCHNEIDER „Löffel und Zwischenlippen“ nennt, die eine homogene Gruppe bilden, zu der auch Ascaris clavata gehört, auch in dieser Beziehung einander gleichen werden. Vor allem aber kennen wir mehrere freilebende Nematoden, die ein einseitiges , Excretionsorgan haben, und schon SCHNEIDER‘) deutet an, dass wir bei diesen ein Gegenstück zu dem finden können, was wir bei Ascaris spiculigera kennen gelernt haben. Solche Formen sind unter andern Heterodera schachtti Scamipr ?), Tylenchus tritici Bast. (= Anguillula scandens SCHNEIDER) ?), Tylenchus askenasyi BUTScHLI und Tylenchus fungorum BÜTSCHLI *). Andrerseits bietet Ascaris rotundata das Beispiel eines Excretions- systems, das eine Art Zwischenglied zwischen dem als typisch fiir alle Nematoden betrachteten, in zwei etwa gleiche Längsstämme getheilten Organ bildet und dem, dessen Hauptzüge wir soeben aufgezählt haben. Bei Ascaris rotundata finden wir nämlich einen längs des linken Seiten- feldes verlaufenden Zweig, der in seinem stark angeschwollenen Mittel- theil einen Kern einschliesst. Aber von dem vordern Theil dieses linken Gefässes geht ein viel engerer Gang aus, der nach einer Durch- kreuzung der Leibeshöhle dem rechten Seitenfelde folgt. Er besitzt aber keinen angeschwollenen oder verbreiterten Theil, enthält auch keinen Kern. Wäre der schwache, rechte Zweig völlig reducirt, so würde voll- 1) Monographie der Nematoden, p. 219. 2) Srrugerı, Heterodera Schachtii Schmipr, p. 17. 3) Monographie der Nematoden, p. 219. 4) Beiträge zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, p. 34. 520 L. A. JÄGERSKIÖLD, ständige Uebereinstimmung mit dem Excretionsorgan von Ascaris osculata und spiculigera u. a. entstehen. Würde aber dieser Zweig eine höhere Entwicklung erreichen, so hätte dieses Organ die grösste Aehnlichkeit mit dem, was wir bei Ascaris megalocephala finden. Bastian!) sagt, dass der linke, den Kern enthaltende Zweig im Allgemeinen gröber ist als der rechte. Besonders ist das bei Ascaris marginata der Fall. Fig. 11a und b, Taf. 25, veranschaulichen Schnitte durch die beiden Zweige des Excretionsorgans von Ascaris megalo- cephala. Wir können uns leicht von dem bedeutenden Grössenunter- schied überzeugen, der auch bei dieser Art besteht. Hierin erblicken wir ohne Zweifel eine Annäherung an das Verhalten bei Ascaris rotundata. Diese Anschwellung des linken Zweiges ist höchst wahrscheinlich eine Folge des grössern Raumes, den der Kern beansprucht. Im Obigen habe ich viel von diesem Kern oder kernartigen Körper geredet, der eine bedeutende Grösse erreicht und im angeschwollenen Theil des Excretionsorgans bei Ascaris osculata und verwandten Arten sowie bei Ascaris rolundata zu finden ist. SCHNEIDER, der denselben erwähnt, betrachtet ihn als wahrscheinlich homolog mit einem ähn- lichen Gebilde, das er nahe am Anfang des linken Zweiges des Ex- cretionsorgans bei Ascaris megalocephala, lumbricoides und Strongylus armatus gefunden hat. Er vermuthet, dass es ein grosser Zellkern sel. Es ist von einer Membran umgeben und mit einer Menge chro- matophiler Kerne angefüllt (siehe Fig. lla, Taf. 25). In der nächsten Umgebung zeigt das Protoplasma eine deutlich concentrische Structur, welche an diejenige bei Ascaris osculata erinnert (siehe Fig. 12, Taf. 25). Ohne Zweifel sind diese Gebilde wirklich von derselben Art und homo- log mit dem grossen, unregelmässig gestalteten Kern im Excretions- organ von Ascaris rotundata (siehe Fig. 13, Pat 725). : Durchmustern wir die Kerne in andern Organen von Ascaris megalocephala, so sehen wir, dass sie sich zwar in der Grösse, nicht aber der Art von dem in Rede stehenden Gebilde unterscheiden. Be- sonders finden sich ganz hinten in der Speiseröhre kleinere Kerne mit derartiger Structur. Und in den Analdrüsen derselben Art befinden sich Körper mit ganz demselben Aussehen, die zweifellos nur grosse Kerne sind. Bei Ascaris clavata erinnern sämmtliche Kerne in ihrem Aussehen sehr an die fraglichen Körper. Man vergleiche z. B. die, 1) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 589, tab. 26, fig. 2, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 521 welche im Seitenfeld dieser Art liegen, mit denen im Excretionsorgan von Ascaris megalocephala (siehe Fig. 15 u. lla, Taf. 25). Ich nehme also keinen Anstand, alle diese Gebilde fiir wirkliche Kerne zu erklären. Noch abweichendere Verhältnisse treffen wir bei Ascaris clavata und insbesondere bei Ascaris decipiens an. Bei ersterer hat sich der Kern in die Lange gestreckt und gleichzeitig verjüngt, bei letzterer zu einem Netz von bedeutender Ausdehnung umgewandelt. Die Be- standtheile dieses Netzes sind dieselben wie diejenigen des Kerns in den Absonderungsorganen der andern Arten, und ein anderes entsprechendes Gebilde ist nicht vorhanden. Es ist deshalb höchst wahrscheinlich, dass es sich aus einem solchen Kern entwickelt und mit demselben homolog ist. Aber solange noch keine embryologischen Untersuchungen darüber angestellt sind, dürfte es doch verfrüht sein, dies mit Sicher- heit zu behaupten. Ausser SCHNEIDER giebt auch BASTIAN !) eine gute Schilderung des Kerns von Ascaris megalocephala, äussert sich aber nicht über dessen Natur. Er hält ihn aber für gleichartig mit den drei Körpern, die er im Gewebe um das Rectum beobachtet hat. LEUCKART ?) dagegen glaubt dieses Gebilde für eine Art Sinnes- organ halten zu müssen. Er sagt: „Ebenso besitzen einzelne para- sitische Nematoden (die grössern Ascaris-Arten, Oxyuris curvula) in der linken Seitenlinie dicht an der Abgangsstelle des Excretionscanals neben den untern Ganglienzellen ein rundes oder ovales Bläschen von etwa 0,06 mm Grösse, das durch die derbhäutige Beschaffenheit seiner Wand und seinen flüssigen Inhalt an die Gehörbläschen erinnert und vielleicht gleichfalls den Sinnesorganen zugehört.“ Dasselbe liegt indessen, wie aus Fig. lla, Taf. 25, deutlich hervorgeht, nicht im Ge- webe des Seitenfeldes, sondern im Excretionsorgan selbst. Auch ist es nicht das Gewebe des Seitenfeldes, das wenigstens bei Ascaris megalocephala die „Anastomose“ des Excretionsgefässes umgiebt. Hier ist es wie in seinem ganzen vordern Theil von einer dicken Schicht körnigen Protoplasmas umgeben, das offenbar den Hauptbestandtheil des Organs bildet und in der Structur demjenigen des Seitenfeldes ganz unähnlich ist. Leuckarr’s?) Zeichnung ist also in dieser Hinsicht irreleitend. 1) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 589, tab. 25, fig. 9. 2) Die menschlichen Parasiten, Bd, 2, p. 31, fig. 14, 522 L. A. JAGERSKIOLD, Besonders Bürschuı ') betont mehrfach die selbständige Stellung der Absonderungsorgane den Seitenfeldern gegenüber. Und dies kann nicht oft genug geschehen. LEUCKART scheint im Gegentheil den Seitenfeldern eine excretorische Thätigkeit zuzuschreiben. Allerdings ist es schwer zu entscheiden, wie die Sachen sich in dieser Beziehung verhalten, gegen eine solche Annahme spricht jedoch die Thatsache, dass die Seitenfelder beiderseits gleich entwickelt sind auch bei Formen mit einseitigem Excretionsorgan. Am wahrschemlichsten ist es wohl, dass die Seitenfelder nur die Aufgabe haben, aus der Körperflüssigkeit Nahrung aufzunehmen, die dann auf osmotischem Wege der ganzen Subcuticula zu Gute kommt. Und die Verbindung zwischen denselben und dem Fxcretionsorgan, die in den meisten Fällen wirklich besteht, dürfte nur rein äusserer Natur sein. Kehren wir aber zum Excretionsorgan und seinem Kern zurück. Wir haben gesehen, dass alle diese grossen, kernartigen Körper bei Ascaris osculata und ihr nahe stehenden Arten, Ascaris rotundata, Ascaris megalocephala und den andern mit relativ symmetrisch ent- wickelten Excretionsorganen homolog sind. Ferner haben wir gesehen, dass sie als riesige Zellkerne zu betrachten sind. Sind diese Schluss- folgerungen richtig — und nach meinem Dafürhalten kann kein Zweifel darüber bestehen — so kann das eigentliche Excretionsorgan bei Ascaris megalocephala und mit ihr übereinstimmenden Arten oder bei Ascaris spiculigera und ihresgleichen kaum anders als von einer ein- zigen Zelle gebildet angesehen werden, eine Schlussfolgerung, zu der bereits LEUCKART bezüglich des Excretionsorgans von Ascaris spiculi- gera gekommen zu sein scheint (siehe oben 8.518). Das Excretions- organ bestände also bei den meisten Nematoden zum Theil aus einer kurzen, röhrenförmigen Einstülpung der Haut, zum Theil und in der Hauptsache aus einer grossen Zelle mit einem intracellulären Canalsystem. Diese Zelle hat häufig eine complieirte Form : hufeisen- förmig bei den meisten, H-förmig bei andern (z. B. Oxyuris). Bei den meisten, wenn nicht bei allen marinen Nematoden besteht das Excretionsorgan aus einer einzigen Zelle, die sich an der Bauch- seite auf der Höhe des Hinterendes der Speiseröhre öffnet, also un- gefähr auf derselben Stelle wie das Excretionsorgan bei den para- sitischen Formen. Nach meinem Dafürhalten ist diese einzellige, so- 1) Beiträge zur Kenntniss des Nervensystems der Nematoden, p. 91. — Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaeto- notus, p. 398, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 593 genannte Ventraldriise homolog mit dem Excretionsorgan der übrigen Nematoden und zwar sowohl der parasitischen als auch der Land- und Süsswasserformen. Ja, mit grosser Wahrscheinlichkeit dürfen wir darin den Urtypus des Excretionsorgans der letztern erblicken. DE MAN!) beschreibt bei Enoplus communis Bast. eine Ventral- drüse, die sich in ihrem Bau dem Excretionsorgan der andern Nema- toden sehr nähert und vielleicht als eine Art ,,morphologisches Zwischenglied“ betrachtet werden kann. Sie ist H-förmig und links in der Mitte des H liegt der recht grosse Kern. Die Art, wie diese Drüse ausmündet, erinnert auch an das, was wir bei den parasitischen Formen kennen gelernt haben. pe Man sagt hierüber: „Der Aus- führungsgang der Drüse liegt stets an der linken Seite; in seinem Laufe nach vorn hin bleibt er zuerst an der linken Körperseite liegen, biegt sich dann, noch bevor er den Nervenring erreicht, nach der ventralen Mittellinie hin, in welcher er bis an den Ausmündungs- porus verharrt; an seinem Vorderende erscheint er öfters ange- schwollen und fein längsgestreift, und er mündet mittelst eines kurzen, chitinisirten Röhrchens (tab. 1, fig. 13) nach aussen.“ Ich denke mir, dass die Umbildung des Excretionsorgans dadurch veranlasst ist, dass an dasselbe grössere Anforderungen gestellt wurden. Es hat dann an Grösse zugenommen und ist wegen der langgestreckten Gestalt des Thieres gezwungen worden, hauptsächlich in die Länge zu wachsen. Da bot sich längs der von der Musculatur mit ihren An- hängen und Fortsätzen freien Seitenfelder wahrscheinlich der beste Raum. Gleichzeitig mit diesem Wachsthum und in Folge des durch die grössere Ausdehnung der Zelle erschwerten Umsatzes entsteht nun ein intracelluläres Canalsystem, das bei den meisten Arten einfach, bei einigen reich verzweigt ist. Auch ist es möglich, dass bei ge- wissen Formen eine Arbeitstheilung in der Excretionszelle selbst be- ginnt. Das Verhalten bei Ascaris spiculigera und gleich gebauten Formen und bei Ascaris rotundata scheint mir so etwas anzudeuten. Auch dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, dass der Kern des ein- zelligen Organs eine gewisse Rolle bei der Absonderung spielt. Was die erhöhten Anforderungen an die Thätigkeit des Excretions- organs stellt, könnte entweder die Veränderung in der Ernährung sein, wenn z. B. eine Art anfängt von verwesenden Pflanzenstoffen zu leben, oder auch nur die bedeutendere Körpergrösse, die bei den Nematoden 1) Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee - Nema- toden, p. 19—20, tab. 1, fig. 12, 524 L. A. JÄGERSKIÖLD, meistens eine Folge der parasitischen Lebensweise zu sein scheint. Man denke nur an die verschiedenen Generationen von Rhabdonema nigrovenosum und Leptodera appendiculata SCHNEIDER. Uebrigens hat es den Anschein, als ob auch die Zellen anderer Organsysteme als des excretorischen bei dem allseitigen Wachsthum des Thieres nur an Grösse, nicht an Zahl zunähmen. Wenigstens deuten verschiedene Angaben darauf hin. So hat LEUCKART !) 1 mm lange Darmzellen bei Dochmius und Sclerostomum angetroffen. Derselbe Verfasser *) giebt die Maximallänge der Muskelzellen von Sclerostomum hypostomum auf fast 2 mm bei einer Breite von 0,126 mm an. Zuletzt will ich einige Angaben anführen, die mit der Einzellig- keit des Excretionsorgans der Nematoden im Widerspruch stehen. So sagt SCHNEIDER?), er habe mehrere Kerne in der Wand des Ex- cretionsorgans gefunden; Zeichnungen davon giebt er nicht. Wenn aber diese Kerne denen gleichen, die er im Excretionsorgan von As- carts spiculigera gefunden hat (siehe oben S. 516), so sind es ganz einfach Klumpen und Körner von chromatophiler Substanz, die durch- aus nicht regelmässig angeordnet sind und bei genauerer Untersuchung gar keine Aehnlichkeit mit Kernen zeigen. Und nach den Zeichnungen zu urtheilen, die STADELMANN ?) vom Excretionsorgan des Strongylus convolutus liefert, gilt dasselbe von dem, was dieser dort zu sehen geglaubt hat. Bürscntı 5) sagt ausdrücklich, dass er niemals Kerne im Excretionsorgan gesehen habe, und in der recht reichhaltigen Lite- ratur über diesen Gegenstand habe ich auch keine anderweitigen An- gaben darüber finden können. Auch habe ich trotz des genauesten Suchens keine andern Kerne in diesem Organ entdecken können als nur den grossen am Anfang des linken Zweiges. BASTIAN sagt am Ende seiner Darstellung von der Morphologie des Excretionsorgans der Nematoden ®): ‚And at present the balance of evidence is decidedly in favour of the view I have adopted, that the so called ventral glands met with in some Nematoids, and the axial 1) Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, p. 55. 2) ibid., p. 34. 3) Monographie der Nematoden, p. 217. 4) Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus Osrer- TAG, tab. 10, fig. 7. 5) Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta orientalis, p. 278. 6) On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free, p. 597, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 525 tubes seen in the Ascarides, Cucullanus, and other animals — organs communicating with the exterior by a median pore — are all only modifications of one and the same structure.‘ Die Schlüsse, zu denen ich in diesem Punkte gekommen bin, stimmen also mit den Ansichten des englischen Forschers überein. Als diese meine Untersuchung bereits abgeschlossen und ein grosser Theil niedergeschrieben war, erhielt ich durch den Zoologischen Jahresbericht von 1891 Kenntniss von Cosp’s Abhandlung : ,, Ozyuris- larvae hatched in the human stomach under normal conditions.“ Es ist mir leider nicht gelungen, dieselben im Original zu erhalten !), aber aus dem Referat im obigen Jahresbericht habe ich ersehen, dass CoBB zu demselben Ergebniss wie ich gekommen ist. Ich erlaube mir ein paar Zeilen aus diesem Referat anzufiihren: „Es folgt eine Beschreibung der Larvenorganisation, besonders des excretorischen Systems, welches zuerst als einzellige ventrale Drüse, die sich rasch vergrössert und gabelt, angelegt wird und so Beziehungen zu den einzelligen Bauchdrüsen der freilebenden Nematoden zeigt. Aus der rein zu- fälligen Einlagerung der Excretionscanäle in die Seitenfelder bei vielen Nematoden folgt keine Zusammengehörigkeit dieser beiden von einander unabhängigen Organe.“ Dies war mir um so willkommener, als ich aufs lebhafteste das Bedürfniss empfand, gerade von Seiten der Embryologie eine Stütze für meine Ansicht zu erhalten, aber Mangels geeigneten Materials ver- hindert war, meine Untersuchungen auf dieses Gebiet auszudehnen, eine Lücke, die ich aber später hotfe ausfüllen zu Können. Zum Schluss einige Worte über die systematische Stellung, die Ascaris osculata, spiculigera, lobulata, decipiens und simplex zuerkannt werden muss. Wir haben gesehen, dass DIESING und v. DRASCHE wegen des Baues des Excretionsorgans und des Nahrungscanals bei einigen verwandten Formen eine neue Gattung Peritrachelius haben bilden wollen, welche sie aber fiir nahe verwandt mit Ascaris halten. Wir haben jedoch gefunden, dass ein derartiges Ernährungsorgan noch 1) Während der Correctur habe ich Coss’s Aufsatz bekommen und bin ich dadurch womöglich noch mehr überzeugt worden von der Rich- tigkeit der hier oben ausgesprochenen Ansichten, 526 I. A. JAGERSKIOLD, vielen andern Ascaris-Arten, besonders solchen, die im Magen des Wohnthieres leben, zukommt, wie z. B. Ascaris clavata und rotundata. Auch steht das Excretionsorgan nicht ganz vereinzelt da. Ausser- dem kennen wir gegenwärtig zu wenige Ascariden in anatomischer Hinsicht, als dass wir diese Gattung mit Vortheil in mehrere zerlegen könnten. Deshalb finde ich vorläufig noch keinen Grund, diese Formen herauszulösen, um aus ihnen eine neue Gattung zu bilden, und zwar um so weniger, als sie zu zwei von SCHNEIDER’s Gruppen gehören. Die Möglichkeit ist ja keineswegs ausgeschlossen, dass das Excretions- organ in Folge der ähnlichen Lebensweise, welche diese Formen führen, seine besondere Ausbildung erhalten hat. Aus diesen Gründen schlage ich vor, bis auf weiteres oben genannte Formen in der Gattung Ascaris beizubehalten und ihr auch Peritrachelius typicus und insignis ein- zuverleiben. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. 527 Verzeichniss der benutzten Literatur. Basrıan, H., On the anatomy and physiology of the Nematoids parasitic and free, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London 1866. Bürschti, Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta orientalis L., in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 21, 1871. — Beiträge zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, in: Nova Acta Ksl. Leop.-Carol. Deutsch. Acad. Naturf., Bd. 36, No. 5, 1873. — Giebt es Homolyarier? in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 23, 1873. — Zur Kenntniss der freilebenden Nematoden, insbesondere der des Kieler Hafens, in: Abh. Senckenb. Naturf. Ges., Bd. 9, 1874. — Beiträge zur Kenntniss des Nervensystems der Nematoden, in: Arch. Mikrosk. 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A., Einiges über die Schmarotzer der nordatlantischen Balänopteriden, in: Biol. Foren. Förhandl., Stockholm, Bd. 3, No. 7, 1891, 528 L. A. JÄGERSKIÖLD, KrAB8E, H, Saelernes og Tandhvalernes Spolorme, in: Oversigt K. Danske Videnskab. Selskabs Förh., 1878. LeucxART, R., Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, Leipzig u. Heidel- berg 1876. v. Lixsrow, Ueber Ichthyonema sanguineum (Filaria sanguinea Run.), in: Archiv Naturg., Jahrg. 40, Bd. 1, 1874. — Helminthologische Untersuchungen, ibid. Jahrg. 46, Bd. 1, 1880. — Report on the Entozoa, in: Voyage H. M. S. Challenger, vol. 23, part 71, 1888. ; LösnBERG, E., Helminthologische Beobachtungen von der Westküste Nor- wegens. Erster Theil: Cestoden, in: Bih. t. K. Sv. Vet. Ak. Handl., Bd. 16, Afd. 4, No. 5, 1890. DE Man, J., Anatomische Untersuchungen über freilebende Nordsee- Nematoden, Leipzig 1886. | Marton, A. Recherches zoologiques et anatomiques sur les Nématoides non parasites marins, in: Ann. Sc. Nat. Zool., 1870, 8, Art. 14. Parona, C., Intorno all’ Ascaris halicoris Owen ed a qualche altro Nematode raccolti in Assab dal Dott. V. Racazzı, in: Annali Museo Civico Genova (Ser. 2a), vol. 7, 1889. v. Rzewusk1, R., Untersuchungen über den anatomischen Bau von Stron- gylus paradoxus Menu. Inaugural-Diss. Leipzig 1887. SCHNEIDER, A., Monographie der Nematoden, Berlin 1866. v. SIEBOLD, C., Helminthologische Beiträge. Vierter Beitrag: Ueber geschlechtslose Nematoideen, in: Archiv Naturg., Jahrg. 4, Bd. 1, 1838. STADELMANN, H., Ueber den anatomischen Bau des Strongylus convolutus ÖSTERTAG nebst einigen Bemerkungen zu seiner Biologie. Inaug.-Diss. Berlin 1891 (auch in: Archiv Naturg., Jahrg. 58, Bd. 1). STRUBELL, A., Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung des Rübennematoden Heterodera Schachtii Scumipr, in: Bibliotheca Zoo- logica LEUCKART-CHun, Heft 2, 1888. Tuıesıne, H., Beiträge zur Anatomie der Filaria sanguinis hominis. Inaug.-Diss. Leipzig 1892. v. WILLEMOoRS-SuHm, R., Ueber einige Trematoden und Nemathelminthen. Inaug.-Diss. Leipzig 1870 (auch in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 21). Ortry, L., Die Entozoen der Haie und Rochen, in: Természetrajzi Füzetek, vol. 9, 1888. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 529 Erklärung der Abbildungen. Tafel 24. Fig. 1. Ichthyonema pellucidum. Querschnitte durch den Vorder- theil der Speiseröhre. Zeıss 2/DD. Axssn’s Camera. Fig. 2. Ichthyonema pellucidum. Querschnitt etwas weiter hinten durch dasselbe Organ. Zeiss 2/DD. Agge’s Camera. add Ausführungs- gang der dorsalen Oesophagusdriise. Fig. 3. Ichthyonema pellucidum. Querschnitt noch weiter hinten durch dasselbe Organ. Zeiss 2/DD. Aggrs Camera. dd dorsale Oeso- phagusdriise, rd rudimentäre Oesophagusdriisen. Fig. 4. Ascaris rotundata. Querschnitt durch den Vordertheil der Speiseröhre. Zeiss 2/DD. AgBBr’s Camera. dd dorsale Oeso- phagusdrüse. Fig. 5. Ascaris rotundata. Querschnitt durch den halsartigen Theil zwischen dem vordern und hintern Abschnitt der Speiseröhre. Zæiss 2/DD. Assr’s Camera. dd hinterster Theil der dorsalen Oeso- phagusdrüse, vd Mündungen der subventralen Drüsen. Fig. 6. Ichthyonema sanguineum. Querschnitt durch die Speise- röhre. Zeiss 2/DD. Assr’s Camera. dd dorsale Oesophagusdrüse, die hier einen Kern enthält. Fig. 7. Ascaris clavata. Längsschnitt durch das Rectum. Zeiss 2/DD. Azsr’s Camera. ad dorsale Analdrüse mit ihrem Kern, ad‘ durch- schnittene Halspartie von einer der Analdrüsen, as, as der an zwei Stellen durchschnittene Analsphincter. Fig. 8. Ichthyonema pellucidum. Natürliche Grösse. Fig. 9. Ichthyonema pellucidum. Natürliche Grösse. Fig. 10. Oxyuris flagelloides. Natürliche Grösse. Tafel 25. Fig. 11a. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch das linke Seitenfeld und den linken Ast des Excretionsorgans. Ausser dem Cen- tralcanal sieht man den durchschnittenen Kern. Zeiss 2/DD. Asse's Camera. Zool. Jahrb, VU. Abth. f. Morph. 35 530 L. A. JAGERSKIOLD, Fig. 11b. Durchschnitt durch den rechten Zweig des Excretions- organs. Zeichnung nach demselben Schnitt wie Fig. 11a. Zeiss 2/DD. Aspr’s Camera. Fig. 12. Ascaris osculata. Durchschnitt durch das linke Seiten- feld und das Excretionsorgan. In der Mitte ist der durchschnittene Kern sichtbar. Zeıss 2/DD. Ages Camera. Fig. 13. Ascaris rotundata. Querschnitt durch die linke Seiten- linie und den linken Zweig des Excretionsorgans. Auch hier sieht man den Querschnitt des Kerns. Zeıss 2/DD. Agges Camera. Fig. 14. Ascaris decipiens. Mittelstück des Excretionsorgans und das „chromatophile netzartige Gebilde“. Vom Centralcanal ausgehende Zweige sind im Interesse grösserer Deutlichkeit fortgelassen. Zeiss 2/a,. ABBE’s Camera. Fig. 15. Ascaris elavata. Querschnitt durch das linke Seitenfeld gerade dort, wo das Excretionsorgan und der Ausführungsgang sich vereinigen. Zeiss 2/DD. Asse’s Camera. Die Linie oe bezeichnet den Umriss der Speiseröhre, exa Ausführungsgang des Excretionsorgans, ex vorderster Theil des Excretionsorgans. Fig. 16. Ichthyonema pellucidum. Querschnitt durch den vordern Theil des Darms. Die Contouren sind mit Assr’s Camera und Zeıss’ Comp.-Oc. 2 und hom. Apochr. Im. 2 mm gezeichnet, die Einzelheiten mit Hülfe eines stärkern Oculars. Saffraninfärbung. Fig. 17. Ichthyonema pellucidum. Ein Stück des Darms, von der Innenfläche gesehen. Vergrösserung desselben wie in Fig. 16. Prä- parat mit Osmiumdämpfen gefärbt. Fig. 18. Ascaris rotundata. Querschnitt durch den Darm vor seiner Vereinigung mit dem Rectum. Zeiss 2/DD. Ares Camera. Tarte 796. Fig. 19. Ichthyonema pellucidum. Vorderes Ende. Nacner 2/3. Asspr’s Camera. nr Nervenring, ov vorderes Ovarium, ut Uterus. Fig. 20. Ichthyonema pellucidum. Hinteres Ende. Nacuer 2/3. Aspr’s Camera. ov hinteres Ovarium, u? Uterus, d Darm. Fig. 21. Ichthyonema pellucidum. Stück eines Muskelfeldes. Nacuer 2/5. ABBe’s Camera. ml eine der Medianlinien. Fig. 22. Ichthyonema sanguineum. Querschnitt durch zwei Muskel- zellen. Contouren mit ABBes Camera und Zeiss Comp.-Oc. 2 und hom. Im. Apochr. 2 mm gezeichnet, die Einzelheiten mit stärkerer Ver- grösserung Fig. 23. Ichthyonema pellucidum. Ein Stück des Darms. Zkıss 2/AA. Axsse’s Camera. Die schwarzen Punkte bezeichnen Kerne. Fig. 24. Ascaris rotundata. Mundtheile im Profil gesehen. Zeiss 2/DD. Axssr’s Camera. Fig. 25. Mundtheile derselben Art von vorn. Zeiss 2/DD. Asepr’s Camera. Fig. 26. Ascaris decipiens. Querschnitt durch den Oesophagus. Zeiss 2/DD. Agge’s Camera. dd dorsale Oesophagusdriise. Beiträge zur Kenntniss der Nematoden, 531 Tafel 27. Alle Zeichnungen sind bei Herstellung der Phototypen um ein Drittel verkleinert worden. Fig. 27. Ascaris rotundata. Umrisse von Querschnitten durch den Vordertheil. Zeiss 2/DD. Asse’s Camera. exa Ausführungsgang des Excretionsorgans, einen Kern in der Subcuticula aufweisend. sf Mittelpartie des Seitenfeldes, dd dorsale Oesophagusdrüse. Fig. 28. Umrisse combinirt aus 10 auf einander folgenden 5 u dicken Querschnitten weiter hinten durch ein anderes Individuum der- selben Art. Zeiss 2/DD. Assr’s Camera. lex und rex linker und rechter Zweig des Excretionsorgans; man sieht, wie dieser aus jenem entspringt, dd dorsale Oesophagusdriise, sf Mittelpartie des Seiten- feldes. Fig. 29. Umrisse eines Querschnitts durch dasselbe Individuum wie der Schnitt 27, noch weiter nach hinten. lex und rex linker und rechter Zweig des Excretionsorgans, dd Oesophagusdriise. Fig. 30. Ascaris clavata. Umrisse eines Querschnittes durch den Vordertheil des Thieres. Zriss 4/B. Assr’s Camera. dd dorsale Oeso- phagusdrüse, ex Excretionsorgan, exb „büschelförmiger Anhang“ des Excretionsorgans (siehe S. 489 —490). Fig. 31. Oxyuris flagelloides. Zeiss 2/A,. ABBews Camera. ov Spitzen der Ovarien, v Vulva, a After. Fig. 32. Umrisse eines Querschnitts durch das Vordertheil der- selben Art. Die beiden äussersten Linien geben die äussere und innere Grenze des angeschwollenen Theils der Cuticula an. Zeiss 2/DD. ABBE’s Camera. Fig. 33. Oxyuris flagelloides. Halbschematische Zeichnung des vordern Kérperendes. Zeiss 2/AA. ¢ einer der ,Zähne“. Fig. 34 Oxyuris flagelloides. Mundtheile. Zeiss 2/DD. Asse’s Camera. Die innerste dunkle Zeichnung giebt die Mündung des Oeso- phaguscanals an. ¢ zahnartiges Gebilde. Fig. 35. Ascaris osculata. Umrisse eines Querschnitts durch die Speiseröhre und Anfang des Darms gerade dort, wo sich beide ver- einigen. Zeiss 2/DD. Ages Camera. oe Theile der Speiseröhre, einen Kragen um deren Mündung in den Darm bildend, vd, vd ventrale Oesophagusdriisen, ic intracellulärer Canal. Fig. 36. Querschnitt weiter hinten aus derselben Serie wie oben. Zæiss 2/DD. Ages Camera. oe eingebogene Theile der Speiseröhre. vd, vd ventrale Oesophagusdriisen, im ,,Blindsack* der Speiseröhre liegend. ic, ic intracelluläre Canale in den Drüsen. Tafel 28: Fig. 37. Ascaris lobulata. Speiseröhre und Vordertheil des Darms. Zuiss 2/A,, ausgezogener Tubus. Axssn’s Camera. Fig. 38. Ascaris osculata. Dasselbe Organ. Zeıss 2/A,, einge- schobener Tubus. A»BE’s Camera. 35* 532 L. A. JÄGERSKIÖLD, Beiträge zur Kenntniss der Nematoden. Fig. 39. Ascaris spiculigera. Dasselbe Organ. Zutss 2/A,, ein- geschobener Tubus. Aspr’s Camera. Fig. 40. Ascaris decipiens. Dasselbe Organ mit „Blindsack“ am Oesophagus. Zeiss 2/A,, eingeschobener Tubus. Assr’s Camera. Fig. 41. Ascaris decipiens. Dasselbe Organ, ohne „Blindsack“ am Oesophagus. Zeiss 2/A,, eingeschobener Tubus. Apres Camera. Fig. 42. Ascaris simplex. Dasselbe Organ. Zriss 2/A,, einge- schobener Tubus. ABBe’s Camera. Fig. 43. Ascaris rotundata. Speiseröhre mit ihrem angeschwol- lenen Bulbus. Zeıss 2/A,, eingeschobener Tubus. A»se’s Camera. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. On the Relations of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. By Henry M. Bernard, M. A., Cantab. (From the Huxley research laboratory, South Kensington.) With Plate 29. In complete sections of small Crustaceans, specially fixed and prepared for histological purposes, muscles are found in every stage of contraction, many with the wave of contraction fixed in its course (fig. 1 and 2). With a large selection of such slides at my disposal, I have carried out a long series of measurements and comparisons with the help of a Zeıss apochromatic homogeneous immersion lens (1,4 n. a. 2™), my object being to see whether the phenomena of muscle contraction throw any light on VERworn’s recently published theory of protoplasmic movements '). It was obvious from the outset that VERworn’s theory might be brought into harmony with ScHÄrer’s ?) interesting observations as to the fine structure of the anisotropous layers in the wing muscles of Flies. Indeed SCHÂFER, from the special study of these fibres by means of photography, seems to arrive at almost the same conclusion as VERWORN from the study of the Protozoa, that muscle contraction should be deduced from the simpler forms of protoplasmic movements, i.e. from the extrusion and retraction of the pseudopodia of the Amoeba. VERWORN, following ENGELMANN’s dictum that the anisotro- 1) Die Bewegung der lebendigen Substanz., Jena 1892. 2) in: Proc. Roy. Soc. London, vol. 49, 1891, p. 280, and further a summary in Quaın’s Anatomy, 10. ed. 534 HENRY M. BERNARD, pous layer alone contracts, concludes that in the muscle fibril, the isotropous layer represents the attracting substance towards which the anisotropous substances retreat, ‘‘as a pseudopodium is drawn in towards the nucleus”. SCHÂFER, on the other hand, explains the con- traction of the fibril as the retreat of the isotropous substance into the anisotropous substance as the “hyaloplasm retreats into the spongio- plasm”. On this point of difference, as to which layer attracts the other, I have no doubt, as will be seen from what follows, that SCHÂFER’S view is correct. I had, then, the following questions to try and answer: 1) Can the phenomena presented by the muscle fibrils in the different phases of contraction be explained as the attraction of the isotropous layer towards, and its absorption by, the anisotropous layer? 2) Is this the only factor in the movement of contraction? 3) Can the anisotropous layers be considered as nuclear, attracting as such the clear protoplasmic substance, VERWORN having shown nuclear attraction to be a probable explanation of the movement of contraction in living Rhizopods ? IK Selecting muscles (Fig. 1,2) which showed different states of ex- pansion and contraction along their lengths, so as to be able to make trustworthy comparisons, when possible, between the “elements” of the same fibril, or at least between the “elements” of fibrils of the same muscle, I found: 1) In the state of the greatest expansion the “elements” were often thrown into a zig-zag (Fig. 5); this arrangement may be due to the hand- ling of the animal after death, or it may indicate an abnormal degree of active expansion in the death agony. Each “element” had the appear- ance of being a spindle-shaped body with the staining matter con- tracted into a spindle-shaped mass in the centre (Figs. 4, 5, 6, 7, and part of 9). 2) In the normal state, the fibril is to all appearance absolutely cylindrical (Figs. 10, 11, 12, 13, and parts of 9 and 14). This appearance is very difficult to reconcile with Haycrarr’s remarkable collodium impressions +). I cannot myself help thinking that these impressions are due to differences of hardness along the fibril. But even if the striated appearance be due to the form of the fibril, not only have these remark- 1) On the minute structure of striped muscle &e., in: Proc. Roy. Soc. London, 1891, vol. 49, p. 287. On the Relations of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. 535 able forms but also their regular changes during contraction to be accounted for. The appearance may be due to the form, but the form must be due to some constitutional heterogeneity of which it is to be considered as the expression. 3) At the commencement of contraction, the isotropous layer dis- appears, while measurements show that the anisotropous or stained layer lengthens (cf. diagram Fig. 24). This may perhaps mean that the isotropous substance has mixed with the anisotropous, causing its slight increase in length. This is the German “Uebergangsstadium”, when, under ordinary light, all striation except KRAUSE’S discs dis- appears (Figs. 15, 16, 17, and part of 14). Under polarised light, however, the striation is still visible, and ENGELMANN assumes there- from that the isotropous layer persists per se !), and that the slight shor- tening of the element is due to the active contraction of the anisotropous layer. I think, however, taking into account the diffusion of the stain which was formerly confined to the anisotropous layer, that the above is the more probable explanation viz: the anisotropous substance has drawn in the isotropous, at the same time consequently itself increasing in length. The apparent persistence of the isotropous layers in polarised light may be explained as due to an optical change produced in the ends of the anisotropous layers by mixture with the isotropous. On the other hand, it is of interest for our point that ENGELMANN has to assume that the isotropous layer gives up something (i. e. „water”) to the anisotropous. MERKEL?) has further tried to explain the pheno- menon as a mixture of the “plasmatic” (isotropous) substance with the “disdiaklastic” which, compounded with a “kinetic” substance, forms the anisotropous layer. SCHÄFER also describes the isotropous substance as retreating into the anisotropous, which, in wing muscles of Flies has, as shown by his photographs, a regular structure for its reception. Again, Krause 3) describes the isotropous layer as drawn in between a number of stiff longitudinally arranged rods composing the anisotropous layer. There is thus considerable evidence in favour of the view that the molecules of isotropous substance are drawn in in some way among the molecules of anisotropous substance. This might take place: 1) Neue Untersuchungen iiber die mikrosk. Vorgange bei der Muskel- contraction, in: PrLüger’s Archiv, Bd. 18, 1878. 2) Ueber die Contractionen der quergestreiften Muskelfaser, in; Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 9, 1881. 3) Handbuch der allgem. und mikr. Anatomie, 1876, p. 92. 536 HENRY M. BERNARD, a) aS a general mixture, which I think occurs in Crustacean muscles, accounting thereby for the slight lengthening of the aniso- tropous layer, or, b) where more rapid contractions or expansions are required e. g. in the wing muscles of Flies, by the rapid flowing in and out of the isotropous layers into regular pits in the anisotropous substance, such as are clearly revealed in ScHÄreEr’s photographs. From this point of view, SCHAFER’s pits would be a natural and necessary specialisation of the simpler conditions in which the substances freely mix. 4) In the final stage of contraction, the whole compartment has shortened to the utmost. The stained substance is found massed at each end of the “element”, which ends are somewhat swollen. HENSEN’s disc is become so pronounced that the isotropous and anisotropous layers appear to have changed places (“Umkehrungsstadium”; Fig. 18, 19, 20, 21, 22). This swollen condensed appearance at the ends of the “elements” might be explained as due to the close union of the isotropous and anisotropous substances, which in the transition stage had been but loosely mixed. That the isotropous substance has been completely absorbed by the anisotropous follows from the fact that whereas the former has completely disappeared, the latter has not materially changed its length (cf. diagram Fig. 24). The swelling and condensed staining at the ends of the “element” appear to me quite inconsistent with the persistence of the isotropous layer per se (ENGELMANN). If this explanation of the phenomena is correct, the inverse stage should be most pronounced in those less differentiated fibrils in which the isotropous and the anisotropous substances freely mix, i. e. in which the staining element in the anisotropous substance has no definite structure, but is free to move and mix with the iso- tropous substance. On the other hand, in the highly specialised wing muscles of Flies, SchÄrer’s photographs show that the anisotropous layer has a definite structure; hence it simply draws in the isotrop ous substance without itself becoming disorganized and massed at the end of the element. There would therefore in this case be no swelling round Krause’s discs, but rather a sinking in. ScHÄrER, further speaks of a slight deepening of Hrnsen’s disc. But there is certainly nothing so pronounced as that observable at this stage in Crustacean muscles (Fig. 21 and 22). This slight deepening of HENSEN’S disc in these highly specialised wing muscles, however, is very interesting, as it serves to link the phenomena together. On the Relations of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. 537 From a long and careful study of the best attainable microscopic images of Crustacean muscle in all stages of contraction, and from a comparison of my own results with those recorded by ENGELMANN, KÖLLIKER, KRAUSE, MERKEL, RETZIUS, Router, SCHÄFER and others, I am convinced that the isotropous layer in some way disappears into the anisotropous. The anisotropous substance must then be either, 1) an unorganised mass, capable on stimulation of free mixture of its substance with the isotropous substance, and this seems capable of explaining the phenomena visible in Crustacean muscles (cf. the figs. and the diagram 24); or 2) it presents a definite structure in adaptation to greater physiological activity, the isotropous substance no more mixing freely with the anisotropous substance as a whole, but flowing rapidly in and out of longitudinal pits. This discovery by SCHÄFER of the longitudinal pits in the anisotropous layer in the most rapidly contracting and expanding muscles known to us seems to me by its obvious specialisation in the interests of rapidity, to throw a flood of light on the real nature of muscle contraction. EE The next point was; “Is the attraction of the anisotropous layers for the isotropous the essential factor in muscle contraction”? Confining myself entirely to Crustacean muscle, I made a great many measurements always along the same fibrils or along fibrils of the same muscle‘), in order to ascertain whether the fully contracted “element” was shorter than the anisotropous layer in the expanded ,,element”, i. e. to ascertain whether the anisotropous layer remained the same length after the merging of the isotropous layer in it. A little longer and a little thicker it might be, owing to the absorption of so much new substance, but materially shorter it ought not to be?). This indeed is what I 1) It was also necessary to confine the measurements to the middle portion of muscles, as near the ends, the “elements” were often irregular in length. Fig. 23 is a drawing to scale of the extreme end of a fibril. 2) The assumption that the anisotropous layer shortens on getting thicker, seems to me to rest entirely on the very artificial supposition that the fibril is provided with membranous elastic hoops around these layers. It is obvious that if the membranous investment of the iso- tropous layers (that is, if any such exist) were equally elastic, no con- traction could take place in the manner described, for the isotropous layers would lengthen in the same proportion as the anisotropous shorten. As a matter of fact, the existence of any investing membrane has yet to be proved. What Scuärer speaks of as a membrane, as revealed by his photographs, seems to refer to the outer ring of the anisotropous substance itself, rather than to a true investing membrane. 538 HENRY M. BERNARD, actually found. There was no appreciable difference between the length of the fully contracted elements and the anisotropous layer in the expanded elements. From this it follows that the total longitudinal contraction of the “element” could be explained by the absorption of the isotropous substance, and by this alone. I further analysed ENGELMANN’s elaborate series of measurements *). The Roman numbers in the first column refer to ENGELMANN’S cases, selected because they specify the stages of contraction measured. In each case, I have marked the figures to be compared with asterisks. I have kept to ENGELMANN’s divisions of the contracting elements into separate layers, although, as stated above, I do not believe in the per- sistence of the isotropous layers as separate layers, either in the tran- sition or contracted stage. ENGELMANN’S comparative lengths of the anisotropous and isotropous layers at different stages of contraction of the muscle element. stage observed. aniso. iso. total 1 expanded =7,0 3.0" 1b contracted 4,5 1,5 6* expanded *6 0,0 tte IT. L homogeneous 3,7 4,3 8 contracted 3 2 5* III expanded 6 5 11 | homogeneous 5 2 7 IV expanded 5 7,5 12,5 “ | homogeneous 4 3 7 Vv expanded 5 7 12 * | homogeneous 4 3 7 expanded Fl 9 16 homogeneous 5,8 3,6 9,4 VII commencement | of inverse 6,2 1,8 8* expanded *5 5 10 X. homogeneous 4 3 7 contracted 3,2 1,8 5* XI expanded =D 5 10 * | contracted 3 1 4* 1) Mikrometrische Untersuchungen an contrahirten Muskelfasern, in: Pruüger’s Archiv, Bd. 23, 1880, On the Relation of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. 539 Here we find the total length of the contracted “element” is either the same as (case X) or but very slightly shorter than the anisotropous layer in the extended “element”. In those cases in which it is shorter, the diminution amounts to !/,® in case I, !/," in case II, 1/,% in case XI, giving an average (including case X) of ca. */, ®. This amount of contraction is not too large to be attributed to unavoidable error in making these very difficult and delicate meas- urements. In support of this it is specially noteworthy that case X shows that the contracted “element” is exactly the length of the anisotropous layer in the expanded element, and that case VIII implies nearly the same thing. In this latter case we have the commencement of the fully contracted stage, with the contracted element” still longer than the anisotropous layer in the expanded element”. This :/, or, taking the length of the anisotropous layer as, on the average, half of the whole expanded “element”, !/,, of the latter, is hardly worth considering, when we remember that the “element” is often contracted 50%, and more. As the isotropous layers are often more than half of the whole length of the “element”, their absorption in the anisotropous layer alone is enough to explain the strongest contraction. Fig. 24 embodies these measurements in a diagram, which it seems to me shows conclusively that the essential element in con- traction is the absorption of the isotropous by the anisotropous sub- stance. This diagram also shows at a glance that if we grant ENGEL- MANN’S persistent isotropous layer in the contracted “element” (2’) the shortening of a to a” is a very small factor in the contraction of the element” ; this is also clear from the cases themselves, where the iso- tropous layer is always seen to have shortened far more than the anisotropous. Beyond this testimony from ENGELMANN’s tables, we may mention further that Krause, one of the founders of our knowledge of striped muscle, maintained that the anisotropous layers suffered no con- traction. On turning to the wing muscles of Flies, we have different con- ditions. SCHÂFER describes the anisotropous layers as contracting longitudinally when laterally swelled up by the absorption of the iso- tropous substance. It seems to me that the flowing in and out of the isotropous layers into the anisotropous pits would bring about all the contraction required of these muscles, which, from the nature of the 540 HENRY M. BERNARD, wing mechanism is not a great amount. On the other hand, the con- traction of the anisotropous layers would be an additional and com- plicated element in the mechanism of contraction almost inconsistent with extreme rapidity. It seems to me that the additional amount. of contraction thus gained would be very slight and very costly. In this connection it is interesting to note that the dice-box shape of “element” of these wing muscles (Fig. 25), which seemed to me so distinct under the microscope (cf. also Rerzrus’ figures)'), do not ap- pear in SCHÄFER’S photographs at all. I would like to suggest that the dice-box shape is due to the isotropous substance running a short way down the anisotropous pits, which may be its normal position, ready to flow in either direction for contraction or for expansion. Some of SCHÂFER’S photographs (2, 2a, 4, 4a) show the exact reverse of the dice-box shape. The distal ends of the anisotropous substance seem to have collapsed, as if the isotropous substance had been drawn out of them in extreme expansion (cf. the extreme expansion in Cru- stacean muscles, Figs. 5, 6, 7, 8). From these observations and measurements it seems that the whole contraction of the muscle ,,element” can be accounted for by the movements of the isotropous substance, and that the anisotropous layer takes no direct active share in the contraction of the fibril, but only indirectly causes the contraction by absorbing the isotropous substance. II. The third question is: Can the anisotropous layers be considered as masses of nuclear substance attracting the clear protoplasmic sub- stance, VERWORN having shown this to be a probable explanation of the movement of contraction in living Rhizopods? According to SCHÂFER, this absorbing anisotropous substance is comparable with the staining spongioplasm of a living cell. The essential similarity of this with VeERworn’s theory needs no insistence. Experimental evidence as to the nature of the anisotropous sub- stance was clearly difficult to obtain. Fig. 4 suggested to me an ex: hausted muscle perhaps being regenerated from a large nucleus; whether it will bear such an interpretation or not I cannot say. I therefore tried to experiment with exhausted muscle. I caught a number of large Blue-bottles — Musca vomitoria. Some were kept resting under glass, the others, one at an time, I 1) Biologische Untersuchungen, Bd, 1, tab, 15, figs. 23 and 27. On the Relation of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. 541 compelled to fly about a nearly empty room. In a few minutes they dropped down exhausted, so that no pushing or handling could induce them to fly. They were instantly killed in boiling water, cut down the back with a razor, and plunged into FLEmmrine’s fluid, a fresh fly being at the same time similarly treated. The further processes of staining, washing out, embedding &c. were as nearly as possible the same for both. From many comparisons of these exhausted wing muscles with the homologous muscles in the untired flies I invariably obtained the same result, which I have embodied in the drawing (Fig. 25 A and B). The enormous swelling of the sarcosomes must not detain us here. The point which here interests us most is the complete absence in the exhausted muscle of anisotropous zones and of any differentiation by means of stains. While in the fresh fibre, the anisotropous areas are clearly discernible, in the tired muscle the Stain is diffuse, pervading not only the whole fibre, but also the enlarged sarcosomes. It must however remain an open question whether we can con- clude from this disappearance of a distinct anisotropous layer a using up of the anisotropous substance. We are, however, justified in con- cluding that the capacity for contraction is in some way due to the differentiation of the layers, and that the fibril can no longer function when that differentiation disappears. This is so much evidence in favour of the mixture of the two substances above suggested as being the essential element in muscle contraction. Looking then for other evidence, it is worth recording the well- known fact that the anisotropous layers stain deeply with all ordinary stains which stain the nucleus. Further, ALTMANN !) has employed a mixture of fuchsin which will not stain the nucleus, and which also does not stain the anisotropous layers in muscle fibre. More striking evidence has however lately been given in favour of the anisotropous layers being nuclear. As is well known, one of the most remarkable features in nuclein is its large proportion of phosphorus. The recent researches of LILIENFELD and Montr?) have shown that the anisotropous layers are especially rich in phosphorus. This, combined with the evidence, positive and negative, to be derived 1) Die Elementar-Organismen und ihre Beziehungen zu den Zellen, Leipzig 1890. 2) Ueber die mikrochemische Localisation des Phosphors, in: Zeitschr. Physiol. Chemie, Bd. 17, Nov. 1892, p. 423. 542 HENRY M. BERNARD, from the action of stains, points strongly to the nuclear character of the anisotropous layers. Further, in muscles which have the nuclei arranged in rows along the axes of the fibres, a correspondence, which may be accidental, between the nuclei à the anisotropous layers !) has been observed by VOSSELER, as quoted by Ermer ?). More important still, however, is the fact that in well-stained muscle fibres of Galeodes the nuclei appear not to stain (Fig. 26, 27, 28). Whereas, in one whole series of sections the nuclei are well stained (Fig. 29), but the muscle fibres themselves are unstained. It is not easy to avoid the suggestion that the staining matter is in the one case in the fibrils and in the other in the nuclei, i. e. that the sub- stances are identical (cf. further Fig. 4). The variations in the arrangement of the staining substance must have some significane. Sometimes there are 3 bands (Fig. 27, cf. also the accessory discs found in Crustacean muscles), at others 2 (cf. the staining substance in Crustacean muscles divided by a very variable HENSEN’S disc) and at others again only 1 band (Figs. 26, 29). May not this mean that the staining substance is in a state of flux, — being perpetually used up and renovated. That a large supply of nuclein is of importance to striped muscle is evident from the great number of nuclei found in the sarcoplasm (Fig. 29), and from the fact that a great multiplication of the nuclei of the formative cells is one of the first phases in the development of this tissue. HEnsEN’s discs would then be an expression of the diminish- ing quantity of staining substance which tends to mass at the ends of the anisotropous layers in immediate contact with the iso- tropous substance. It would be difficult to obtain direct evidence of this; indirect evidence however seems to be afforded by the Umkehrungs- stadium, in which HENSEN’s disc is much widened. There is thus some very definite evidence in favour of the view that the anisotropous layers are masses of nuclear substance. If this is the case, then, as VERWORN’s general theory requires, the fibrils 1) In the Arachnid Galeodes the nuclei (Fig. 29) seem sometimes to break up so that a nuclear fragment corresponds with, a stripe, but on the other hand, they seem occasionally to join end to end, so that we have long rod-like nuclear masses. 2) in: Zeitschrift f. wiss. Zool., Bd. 53, 1892. „Die Entstehung und Ausbildung des Muskelgewebes, insbesondere der Querstreifung des- selben, als Wirkung der Thätigkeit betrachtet“. On the Relation of the isotropous to the anisotropous Layers in striped Muscles. 543 of striped muscles might be explained as strands of protoplasmic sub- stance differentiated from the sarcoplasm by often repeated strains brought about by the attraction of rows of small masses of nuclear substance for the intervening layers of protoplasmic substance, — a proposition which is as simple as it is probable. One further point deserves notice: if contraction is brought about by the flowing of the isotropous layers into the anisotropous, KRAUSE’S discs could, I think, be explained as the optical expression of some differentiation produced by the strain which would take place at that point, as shown in the diagram Fig. 31 (cf. Eimer I. c.). This suggestion receives some support from the occasional finding of similar discs in Hensen’s clear bands, such as I have found and figured (Fig. 25, 30). From the foregoing the following provisional conclusions seem warranted : 1) The isotropous layers retreat into the anisotropous. 2) This retraction is alone sufficient to account for muscle con- traction. 3) There is a certain amount of positive evidence tending to show that the anisotropous layer is a mass of nuclear substance. I cannot then help thinking that ScHÂFER’s photographs and VER- woRn’s general theory of protoplasmic movements have advanced and materially simplified our conceptions of the morphology and physiology of that long-standing enigma, striped muscle. Explanation of the table. Table 29. Fig. 1. Muscle of Apus, showing a wave of contraction: above, it is fully expanded; in the middle, is the homogeneous or transition stage; and below is the inverse or fully contracted stage; cf. Fig. 9, which is an isolated fibril of the same. Fig. 2. A muscle of Branchipus, showing a wave of contraction, from full expansion above to the homogeneous stage below; cf. Fig. 14 which is an isolated fibril of the same. Fig. 3. A fully contracted muscle of Branchipus, the fibrils of which are in the inverse stage: showing the sarcoplasm drawn together longitudinally, and the chromatin threads springing out from between the fibrils. 544 4H. M. BERNARD, On the Relation of the isotrop. to the anisotrop. Layers. Fig. 4 Peculiar staining of a muscle, the fibrils of which showed no striation; for suggested interpretation see text p. 540. Figs. 5, 6, 7, 8. Fully (? abnormally) expanded elements. Fig. 5 shows the zig-zag arrangement generally found under these conditions. Fig. 9. Fibril from Fig. 1 showing in its length various stages of the “element” from full expansion to contraction. Figs. 10, 11, 12, 13. Fibrils showing the assumed normal degree of expansion. Fig. 13 was near the very end of the fibril where the length of the “elements” is often irregular, cf. Fig. 23. Fig. 14. Fibril from Fig. 2, showing different phases of the “elements”. Figs. 15 and 16. Fibrils entering upon the homogeneous stage. Fig. 17. Fibrils in the homogeneous stage. Fig. 18. Homogeneous stage passing into the contracted or inverse stage. Figs. 19, 20. Fully contracted fibrils; the inverse stage. Figs. 21 and 22. The same; 22 is intended to show the highly refractive swollen ends of the “elements”. Fig. 23. (ef. Fig. 13) to show the end of a fibril having the ter- minal “elements” longer than the rest. Fig. 24. Diagram founded upon the foregoing, the measurements being taken from ENGELMANN's tables (p. 538). A expanded, B homo- geneous, C inverse or contracted stage. K Krausr’s discs. 7 isostropous layers, 7’ and 7’ ENGELMANN’s persistent isotropous layers seen under polarised light (cf. however text p. 535). «a anisotropous layer, a’ the length of ENGELMANN’s anisotropous layer in the contracted fibril. The shortening of a to a“ is seen to be unable to account for the whole contraction of the element. m Hxxsen’s discs, considerably widened in C. Fig. 25. A wing muscles of Musca vomitoria untired. B the same, exhausted, both drawn to scale. In A these elements have their typical form and striation, and were 2 u in thickness, the sarco- somes being 1 u. In B the striation has disappeared, the fibrils measured slightly less, and the sarcosomes slightly more than 2 u across. Figs. 26 and 27. Two stained muscle fibres of Galeodes, showing different arrangements of staining substance. Fig. 28. The same in cross section, the extremely delicate sarco- lemma is not drawn: the nuclei have not stained. Fig. 29. Ditto, the stained nuclei are seen in a row in the axial sarcoplasm, the fibrils remaining unstained. Fig. 30. Wing muscle, showing in addition to Krausr’s discs the dark bands in the middle of Hexsew’s clear spaces. Fig. 31. Diagram showing the probable origin of both these dark bands, as the optical expression of strains as indicated by the arrows. Nachdruck verboten, Uebersetzungsrecht vorbehalten. Beitrage zur Kenntniss der Reptilienlunge. Von A. Milani. (Aus dem Zoologischen Institut in Giessen.) Hierzu Tafel 30—32. I. Lacertilia. In der Literatur finden sich nur zwei ausführliche Arbeiten, die sich mit der makroskopischen Beschreibung der Reptilienlunge be- fassen. Sie stammen beide von J. F. MECKEL und sind betitelt: „Ueber das Respirationssystem der Reptilien‘ !) und „Beiträge zur Geschichte des Respirationssystems der Amphibien“ ?). Wenn auch der Werth dieser, auf selbständigen Untersuchungen beruhenden Ab- handlungen durchaus nicht verkannt werden soll, so werden sie doch kaum im Stande sein, Jemand, der der Angelegenheit fremd gegen- übersteht, ein vollkommen klares Bild von dem Aussehen und dem Bau der Reptilienlunge zu geben. Es liegt dies in Verschiedenem begründet. Einmal ist die MEckEr’sche Ausdrucksweise undeutlich, zuweilen sogar unverständlich; sodann sind die bei einer derartigen Arbeit zur Orientirung unerlässlichen Abbildungen nur in sehr be- schränkter Zahl vorhanden und nicht gerade vorzüglich ausgeführt; endlich erstreckt sich die Untersuchung immerhin nur auf eine kleinere Anzahl von Gattungen und Species. Von Autoren, die sich nach MECKEL noch mit dem Gegenstande 1) in: Mecxer’s Deutsches Archiv für die Physiologie, 1818, Bd. 4, p. 60 ff. 2) ibid. 1819, Bd. 5, p. 213 £. Zool, Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 36 546 À. MILANI, beschäftigt haben, sei insbesondere LEREBOULLET !) erwähnt. Auch H. MILnE-EpwArDs?), OwEN), Srannius‘) und F. E. SCHULZE?) haben uns Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge geliefert. Nichts- destoweniger ist die Angelegenheit nicht wesentlich über den status quo hinausgekommen. Es schien sich daher wohl zu lohnen, sie an der Hand eines umfangreichen Vergleichsmaterials und unter An- wendung geeigneter Präparationsmethoden einmal einer gründlichen Bearbeitung zu unterwerfen. Auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Prof. Dr. J. W. SPENGEL, habe ich mich im Zoologischen Institut zu Giessen mit dieser Untersuchung befasst; im Nachfolgenden gebe ich die Re- sultate derselben wieder. Ich beschränke mich dabei in der Publi- cation zunächst auf die Ordnung der Lacertilia und behalte mir die Mittheilungen über die Chelonia, Crocodilia und Ophidia für später vor. Die Anfertigung der Präparate geschah nach dem SEMPER’schen Trockenverfahren, wie folgt: Nachdem das Thier, die Bauchseite nach oben gekehrt, auf dem Präparirtisch befestigt worden war, wurde zunächst die Trachea freigelegt und möglichst nahe am Kehlkopf quer durchschnitten, hierauf die Lunge mit Hülfe einer in das freie Tracheaende eingebundenen Glas- canüle, an die sich ein kurzes Stück Gummischlauch setzte, mit Luft gefüllt und alsdann der Schlauch mittels eines Quetschhahnes ver- schlossen. Durch diese Operation wurde das sich nunmehr an- schliessende Herauspräpariren der Lunge wesentlich erleichtert. Eine Fixirung des Präparats erfolgte auf die Weise, dass dieses, mit 1/, %, Chromsäurelösung möglichst prall gefüllt, in einem Gefäss, das dieselbe Flüssigkeit enthielt, ca. 12—24 Stunden (je nach der Grösse des Objects) deren Einwirkung ausgesetzt blieb. Die weitere Behandlung war wie üblich: gründliche Auswaschung mit Wasser, Härtung in „steigendem Alkohol“. Aus dem absoluten Alkohol wurden 1) Aus. LEREBOULLET, Anatomie comparée de l’appareil respiratoire dans les animaux vertebres, Paris 1838, p. 64 ff. 2) H. Minne-Epwarps, Lecons sur la physiologie et l’anatomie com- parées, Paris 1857, T. 2, p. 305 — 307. 3) R. Owen, On the anatomy of Vertebrates, London 1866, vol. 1, p. 524 ff. 4) H. Srannıus, Handbuch der Zootomie. 2. Theil. Die Wirbel- thiere, 2. Aufl, 1856, 2. Buch, p. 206 ff. 5) F. E. Schuzze, Die Lungen, in: Srricker’s Handbuch der Lehre von den Geweben, Leipzig 1871, Bd. 1, p. 464—488. Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 547 die Präparate in eine Mischung von gleichen Theilen Terpentinöl und Alkohol gebracht und nach ca. 24 Stunden in reines Terpentinöl ge- legt, worin sie so lange blieben, bis Alkoholströmungen nicht mehr zu bemerken waren. Nunmehr konnten die Präparate getrocknet werden ; dies geschah, nachdem das in den Lungenräumen befindliche Ter- pentinöl soweit wie möglich durch die Trachea entleert worden war, in der Nähe einer Wärmequelle. Dabei hatte es sich als zweckmässig erwiesen, die Wandungen der Präparate mit Hülfe eines mit der Canüle in Verbindung stehenden Gebläses ausgespannt und prall zu erhalten, Soweit es irgend möglich war, wurden die Untersuchungen an frischem Thiermaterial ausgeführt. Dieses erhielt ich theils aus den Terrarien des Giessener Zoologischen Instituts, theils durch gefällige Vermittlung des Herrn Prof. SPENGEL aus den Zoologischen Gärten zu Frankfurt aM. und Hamburg und dem Aquarium zu Berlin. Ich verfehle nicht, auch an dieser Stelle den Herren Directoren der genannten Anstalten, insbesondere des Zoologischen Gartens zu Frank- furt a./M., vor allem aber Herrn Prof. SPENGEL für die gütige Ueberlassung des zum Theile sehr kostbaren Materials und der zur Präparation erforderlichen Hülfsmittel meinen verbindlichsten Dank zu sagen. In den Fällen, in denen frische Objecte nicht zu beschaffen waren, beschränkte ich mich auf die mir aus der Institutssammlung zur Ver- fügung gestellten, in Spiritus conservirten Thiere. Die Präparate wurden auch hier nach der geschilderten Methode hergestellt. Wenn auch von einer Fixirung im eigentlichen Sinne des Wortes bei diesen Spiritusobjecten nicht mehr die Rede sein konnte, so wurde dennoch eine Durchtränkung derselben mit Chromsäure vorgenommen, da sich dies für die weitere Behandlung der Präparate als vortheilhaft er- wiesen hatte. Naturgemäss liessen sich von Thieren, die schon längere oder kürzere Zeit in Alkohol gelegen hatten, überdies manchmal schlecht conservirt waren, nicht so vollkommene Präparate erzielen, wie dies bei frischem Material möglich war. Ich werde daher, wo mir nur Spiritusobjecte zu Gebote gestanden haben, dies besonders bemerken und muss, falls sich irrthümliche Darstellungen als Folge mangelhafter Präparate ergeben haben sollten, um geneigte Nachsicht bitten. Was Systematik und Nomenclatur betrifft, so werde ich mich nach BouLENGER’s Catalogue of the Lizards in the British Museum richten. Die Lunge der Lacertilier ist, wie die Wirbelthierlunge tiberhaupt, 362 548 A. MILANI, ihrer Anlage nach ein paariges Organ; beide Lungen haben sack- oder eiförmige Gestalt und im Allgemeinen gleiche Grösse. Bei denjenigen Lacertiliern, deren Körper eine schlangenähnliche Gestalt aufweist, erscheinen sie, in Anpassung an die Leibesform, mehr langgestreckt, schlauchartig; gleichzeitig findet eine mehr oder weniger starke Rückbildung der einen Lungenhälfte statt, die sogar bis zum vollständigen Schwunde derselben führen kann. Ich werde Gelegenheit haben, hiervon noch ausführlicher zu sprechen. Eine Trachea ist stets vorhanden; sie geht entweder mit zwei Bronchialöffnungen direct in die Lungen über, oder sie spaltet sich in (meist) kurze Bronchien. Die Einmündungsstelle der Luftwege befindet sich auf der Ventralseite der Lungen, i. d. R. ziemlich nahe deren vorderem Ende. Während der dahinter gelegene, umfangreichere Ab- schnitt der Lungen für gewöhnlich abgerundet erscheint, läuft der vordere Theil in einen bald kürzern, bald längern stumpfspitzigen Zipfel aus. „Bei der Mehrzahl der Lacertilier umschliessen die beiden Lungen, wie die Lungen der höher stehenden Amphibien, einen weiten cen- tralen Hohlraum, dessen Wandung mit einem Netzwerk leistenartiger Erhebungen versehen ist. Dieselben sind nicht alle gleich hoch, sondern springen mehr oder minder weit in das Binnenlumen des Lungen- sackes vor. Die durch das System der höchsten Leisten gebildeten polygonalen Hauptmaschen werden im Grunde durch ähnliche Leisten geringerer Höhe, welche von den Hauptzügen abgehen, in kleinere Abtheilungen gebracht, diese wieder durch noch niedrigere Wälle in neue Abschnitte zerlegt und so fort, bis schliesslich eine Menge abgerundet-polygonaler, meistens vier-, fünf- und sechseckiger Nischen oder Alveolen entstehen, die alle mit ihrem flachen Grunde der Wand des Lungensackes selbst anliegen, zu Seitenwandungen die der Lungenwand mehr oder weniger senkrecht aufstehenden Leisten haben und mit ihrer Oeffnung in den allgemeinen Luftraum des Lungensackes schauen.“ (SCHULZE, 24, p. 481.) Die grössern Nischen mögen Alveolen, die kleinern Crypten heissen. Die Leisten, die sie begrenzen, sind nicht glattwandig, sondern zeigen parallel mit ihren freien Rändern verlaufende zickzackförmige Faltungen. SCHULZE sagt (p. 481), dass im vordern Theile der Amphisbänen- [und Schlangen-|Lunge die der Lungenwand senkrecht aufstehenden Hauptleisten mit secundären Leistennetzen besetzt seien. Die durch sie umgrenzten Crypten lägen also mit ihrem Grunde nicht mehr der Lungenwand selbst, sondern der Leistenwandung an und schauten mit Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 549 ihrer Oeffnung nicht mehr gegen das allgemeine Binnenlumen des ganzen Lungensacks, sondern zunächst gegen den von den betreffenden Hauptleisten umschlossenen Maschenraum. Amphisbänen-Lungen habe ich auf diese Verhältnisse hin nicht untersucht, dagegen fand ich die von SCHULZE für die Schlangen-Lunge gemachten Angaben nicht bestätigt. Ohne auf diese Dinge hier näher einzugehen, sei nur kurz bemerkt, dass sich die Alveolenwandungen der Schlangen-Lungen im Wesentlichen ebenso verhalten, wie ich dies für die Lacertilier angegeben habe. Von der oben beschriebenen einfachen Lacertilier-Lunge werde ich im speciellen Theile ausgehen und mich schrittweise zu complicirtern Formen wenden. Was den histologischen Bau der Lacertilier-Lunge betrifft, so findet sich eine ausführliche und dabei bündige Behandlung dieses Punkts bei Schuzze (24, p. 482 484). Des Nähern verweise ich auf diese Arbeit und bemerke hier nur kurz, dass nach meinen Unter- suchungen (an Lacerta muralis und Anguis fragilis), deren Resultate mit den SCHULZE schen im Wesentlichen übereinstimmen, die Lacer- tilier-Lunge zu äusserst aus einer Schicht faserigen Bindegewebes be- steht, worauf nach innen hin eine ziemlich starke Lage glatter Muscu- latur folgt. Diese setzt sich in das Leistensystem fort und tritt be- sonders stark entwickelt in dessen freien Rändern auf, die daher verdickt erscheinen. In den Wandungen dieser Leisten verbreitet sich ein äusserst fein- maschiges Gefässnetz, dessen Capillaren ich mit Blutkörperchen voll- gepfropft fand. Das Capillarnetz liegt so oberflächlich, dass es über die Alveolenwand hinausragt. Die freien Ränder der Alveolenwände sind mit Wimperepithel bedeckt. Bei Sphenodon punctatus Gray!) sind die Lungen noch von überaus einfachem Bau. „Ihe two bronchi are very short and terminate immediately behind their entrance into the lungs. They are simple bags with large cells in small number, more resembling the lung of a Batrachian than of a Lizard“ (GÜNTHER, 13, p. 622). 1) Die Familie der Hatteriidae, deren einziger heute noch vorkom- mender Vertreter Sphenodon punctatus ist, ist bekanntlich in der Syste- matik von den übrigen Lacertiliern abgezweigt und zur besondern Ord- nung der Rhynchocephalia erhoben worden. Für meine Zwecke schien eine getrennte Behandlung der beiden Ordnungen nicht erforderlich, ich werde daher die Sphenodon-Lunge bei den Lacertiliern besprechen, 550 A. MILANI, Das von mir untersuchte, in Spiritus aufbewahrte Exemplar zeigt einen beträchtlichen Unterschied in der Grösse der beiden Lungen, dergestalt, dass die linke um mehr denn !/, kleiner ist als die rechte. Ob und wie weit dies als eine normale Erscheinung zu betrachten ist, kann ich nicht entscheiden. Es ist nämlich nicht unmöglich, Fig. A. dass die Lungen ursprünglich gleich gross waren, dass aber die linke, als das Thier conservirt wurde, collabirt war und nun durch den Alkohol der- art gehärtet worden ist, dass sie eine Ausdehnung auf ihre alte Grösse nicht mehr zuliess. Eigentliche Bronchien, d. h. geson- derte Rohre, in die sich die Trachea spaltet, sind nicht vorhanden. Die Trachea geht vielmehr mit zwei Bron- chialöffnungen unmittelbar in die Lun- gen über (Fig. A). Die Aussenwand der Lunge zeigt buckelartige Auftreibungen, die dem Umfang der im Innern befindlichen Alveolen entsprechen. Der von der Eintrittsstelle der Luftwege kopfwärts gerichtete Zipfel ist wohl entwickelt. Dicht hinter der Mündung der Trachea bilden die Lungen eine mässige Aussackung. Während bei den Lacertiliern Alveolen und Crypten im Allge- meinen nur in der vordern Partie der Lungen wohl ausgebildet sind, nehmen sie bei Sphenodon (Taf. 30, Fig. 1) die Innenseite der Lungen- wand in ihrer gesammten Oberfläche ein. Auf der ventralen sowie auf der dorsalen Seite zieht sich von vorn nach hinten eine Reihe von Alveolen hin, die sich ebenso wie die im hintersten Lungenabschnitt befindlichen durch Grösse und Tiefe vor den übrigen auszeichnen. Der kopfwärts gerichtete Zipfel enthält die kleinsten Alveolen. Die die Alveolen begrenzenden Leisten sind relativ hoch; sie lassen deutlich die Eingangs erwähnte Fältelung erkennen. Die Wände der Crypten sind nur schwach entwickelt; in einigen der grössern „Zellenräume“ !) fehlen sie ganz. 1) Mit Bienenzellen haben diese Alveolen in der That eine gewisse Aehnlichkeit. Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 551 Aehnliche primitive Verhältnisse im Bau der Athmungsorgane wie bei Sphenodon finden sich in der Familie der Teiidae. Bei Lacerta ameiva [Ameiva surinamensis (LAur.)], Tupinambis maculatus [? Callopistes maculatus GRAVENH.] und Tupinambis ameri- canus [? Tupinambis spec.]') „stellen die Lungen Säcke dar, deren innere Fläche in ihrem vordern Theil durch etwas tiefere Zellen un- gleich ist als im hintern.“ Bei Tupinambis americanus geht „von dem äussern und innern Theil des Umfangs der sich in den obern Theil der Lunge 6ffnenden Luftréhre ein stark vorspringender, knorpliger Längenstreifen bis gegen das hintere Ende“ der Lunge; von den beiden Seiten des Streifens gehen zahlreiche quere Hauptäste ab, die sich selbst wieder verzweigen. (MEckEL, 18, p. 73—74.) Ueber Teius cyaneus [? Cnemidophorus lemniscatus (DAun.)] vgl. auch CUVIER 6, p. 27. Aus der Familie der Teiidae habe ich zwei Vertreter untersucht und zwar Tupinambis teguixin (L.) und Ameiva surinamensis (LAUR.), beides- mal Spiritusobjecte. Ich finde die Lungen des Tupinambis teguixin von ungleicher Grösse und zwar die linke etwas kleiner als die rechte. Möglicher Weise ist diese Asymmetrie auf die Conservirung oder Präparation zurückzuführen (vgl. Sphenodon, S. 550). Die Luftröhre gabelt sich in zwei kurze Bronchien. Die beiden Fig. B. Lungen sind von eiförmiger Gestalt. Ihr grösster Querdurchmesser ist etwas hinter der Mitte ihrer grössten Längenausdehnung gelegen, das vordere Ende erscheint zipfelförmig zugespitzt. Auf der Ventralseite zeigt jeder Sack eine mässige Auf- treibung. Diese bildet gleichsam eine kleine Tasche, die sich eine kurze Strecke weit am Bronchus entlang zieht (Fig. B). Die beiden Längsstreifen, deren MEcKEL bei Tupinambis ameri- canus Erwähnung thut, sind auch im Innern der Lunge von Tupinambis teguixin vorhanden. Sie bestehen übrigens nicht aus Knorpel, sondern aus glatter Musculatur. Sie gehen vom Rande der Bronchusmündung 1) Ich war bemüht, mit Hülfe von Bourenégr’s Catalogue of the Lizards in the British Museum die jetzt gültigen Namen für die in den verschiedenen Arbeiten gebrauchten Speciesnamen zu finden, und habe sie in |] beigefügt. Da es jedoch die betreffenden Verfasser fast durch- weg unterlassen haben, die Autornamen beizufügen, so kann ich keine Garantie dafür übernehmen, dass die von mir angegebenen Namen stets auch wirklich die Species bezeichnen, die ursprünglich gemeint war, 552 A. MILANI, aus; der eine verstreicht auf der medialen, der andere auf der lateralen Seite. Die Hauptäste, in die sie sich spalten, zertheilen sich in feinere und feinste Zweige, entsprechend der Ausbildung der Alveolen, in deren freien Rändern sie verlaufen. Das Alveolennetz ist äusserst feinmaschig; die dasselbe bildenden Leisten sind niedrig, gegen den hintern Abschnitt der Lunge hin nehmen sie noch weiter an Höhe ab. Die Lungen von Ameiva surinamensis (vgl. auch Carus, 8, tab. 5, fig. 9) sind nahezu gleich gross. Sie stimmen sowohl hinsichtlich ihrer äussern Gestalt, als auch in ihrem innern Bau im Wesentlichen mit der Teju-Lunge überein. Auch hier stehen die beiden Säcke nur in- direct durch sehr kurze Bronchien mit einander in Verbindung. Die beiden „Seitenstreifen“, deren Ausläufer sich in den freien Rändern der Alveolenwände verzweigen, sind wohl entwickelt. Während jedoch die Lungen von Tupinambis teguixin (und Sphenodon punctatus), ab- gesehen von dem Alveolensystem, eine weitere Gliederung noch nicht aufweisen, kommt es bei Ameiva surinamensis zu einer, allerdings nur unbeträchtlichen, weitern Vergrösserung der respiratorischen Oberfläche. Es springt nämlich von der dorsalen, sowie von der ventralen Wand der Lunge gegen das Lumen hin eine Reihe unter einander paralleler Septen vor, die senkrecht zur Längsaxe des Organs verlaufen (Fig. C). Ueber ihre freien Ränder zieht sich je einer der stärkern, von den Seitenstreifen ausgehenden Aeste hin. Diese Septen sind ihrerseits wieder mit Alveolen besetzt. Nach der lateralen und medialen Seite der Lunge zu nimmt ihre an und für sich nur sehr geringe Höhe allmählich ab. Ich werde noch häufiger Gelegenheit haben, auf Fig. C. diese Septenbildung, den ersten Anfang zur weitern v Complication der Lacertilier- Lunge, zurückzukommen. 1 ue Den beiden vorerwähnten Familien stehen nach dem Bau ihrer Lungen die Scincidae am nächsten. Bei Scincus officinalis Laur. „verläuft vom Ein- tritt der Luftröhre an in der Richtung derselben an der äussern Seitenwand der Lunge durch die ganze Länge derselben bis zu ihrer Spitze eine einfache Reihe dicht stehender Zellen, welche sich durch ihre Grösse sehr leicht von den übrigen, die ganze Fläche der Lunge ungleich machenden gewöhn- lichen unterscheiden. Die obern sind die engsten, aber tiefsten, die darauf folgenden die grössten, die untersten wieder kleiner als diese. d Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 553 Ausser dieser obern Zellenreihe ist ihr gegenüber noch eine zweite untere, um die Hälfte kürzere vorhanden. Neben beiden Hauptreihen haben sich niedrigere Nebenzellen ausgebildet, während der übrige Raum durch die gewöhnlichen flachen und grössern Zellen angefüllt wird“ (MECKEL, 18, p. 74—75). Ueber Scincus bistriatus [Mabuia aurata (Scaneïp.)] siehe SCHULZE, 24, p. 481. Bezüglich des Chalcides ocellatus (FORSK) vgl. LEREBOULLET, 15, p. 80, und Cuvier, 6, p. 29. MECKEL giebt (19, p. 223) fiir diese Species (Seps ocellatus) an, dass „die rechte Lunge nach allen Richtungen um 1/, grösser sei als die linke“. Diese Bemerkung scheint mir auf ein mangelhaftes Pra- parat zuriickzufiihren zu sein. In dem meinigen, das von einem Thier gewonnen ist, welches für meine Zwecke mit Chloroform abgetödtet wurde, finde ich die beiden Lungen vollständig symmetrisch gebaut (Taf. 30, Fig. 2). Eigentliche Bronchien sind nicht vorhanden. Im Bereiche der Bronchialöffnung zeigt die Lunge äusserlich eine mässige Einschnürung, der im Innern eine Verdickung der Wand entspricht. Dies hat zur Folge, dass der vordere Lungenzipfel gegen den Hauptraum etwas abgesetzt erscheint. Das Alveolensystem ist verhältnissmässig weitmaschig. Etwa in der Mitte der Lunge (bezogen auf deren Längenausdehnung) befinden sich die grössten Alveolen; von da aus nehmen sie sowohl nach dem vordern als auch dem hintern Abschnitt hin an Weite ab'). In der vordern Partie und zwar speciell auf der ventralen und dorsalen Seite sind die Alveolen am tiefsten, gegen den hintern Theil hin wird die Höhe ihrer Wände geringer. Die Lungen des Eumeces algeriensis PETERS werden durch zwei kleine Bronchien mit der Trachea verbunden. Der vordere kurze Zipfel erscheint, wie ich dies bei der vorigen Species beschrieben habe, von dem hintern Lungenraum etwas (allerdings nur wenig) abgesetzt. Der innere Bau ist überaus einfach (Taf. 30, Fig. 3). Von Septen- bildung ist nichts zu bemerken, wohl aber zieht sich auf der Dorsal- seite einer jeden Lunge eine Reihe grösserer Alveolen hin. Hinter der Mitte der Lunge (bezogen auf deren Längenausdehnung) nehmen sämmt- 1) Im Allgemeinen werden die Alveolen in der hintern Partie der Lacertilier-Lunge weiter. Ich lasse es dahingestellt sein, ob die von mir constatirte Grössenabnahme nicht vielleicht als eine Folge unvollkom- mener Präparation anzusehen ist. 554 A. MILANI, liche der innern Wandung angehôrige Zellenräume an Umfang zu, an Tiefe dagegen ab. Im hintern Abschnitte verschwinden sie vollständig, so dass dieser sich als ein dünner, häutiger Sack darstellt. Ueber seine innere Wandung setzt sich die in den Alveolenrändern verlaufende glatte Musculatur in Form eines zarten Netzwerkes fort. Seitenstreifen sind nicht vorhanden. Die Lungen von Tiliqua scincoides (WHITE) finde ich asymmetrisch gebaut: Die rechte um etwas über '/, kleiner als die linke. Ich habe indessen Grund, anzunehmen, dass dieses Verhalten abnormal und auf eine mangelhafte Conservirung !) zurückzuführen ist. Etwa in der Mitte ihrer Längenausdehnung zeigt die linke Lunge eine Verengerung, hinter der sie sich jedoch bald wieder von neuem und zwar stärker als in ihrem vordern Theile erweitert. Es sind keine Bronchien, sondern zwei (relativ grosse) Bronchial- öffnungen vorhanden. Der vordere Zipfel ist wohl ausgebildet und erscheint auch hier gegen den grössern hintern Lungenabschnitt etwas abgesetzt. Auf der Ventralseite zeigt die Lunge dicht hinter der Bronchial- öffnung eine mässige Aussackung. Von den schmalen Muskelstreifen findet sich in jeder Lunge nur einer und zwar auf der Medialseite. Was die Alveolen im Innern der Lunge betrifft, so bilden sie ein ziemlich feinmaschiges Netz. Vier davon, die auf der Ventralseite in der Verlängerung der Bronchialknorpel hinter einander gelegen sind, zeichnen sich durch besondere Grösse und Tiefe aus. Links und rechts neben ihnen ziehen sich noch je drei weitere Alveolen hin, die zwar nicht so umfangreich sind wie jene, indessen die durchschnittliche Grösse der die Lungenwand bedeckenden Zellenräume bei weitem über- steigen. Von der dorsalen Seite springen ca. 20 unter einander parallele Septen nach dem Lungeninnern vor. Sie stehen auf der Lungenwand nicht senkrecht, sondern sind gegen diese etwas geneigt und zwar derart, dass sich der spitze Winkel nach dem vordern Ende der Lunge hin öffnet. In dem vordern Theile rücken je zwei davon ziemlich nahe zusammen, gleichsam nur eine einzige Scheidewand bildend. Weiter hinten, von da an, wo sie anfangen niedriger, die Wand der Lunge dünner zu werden, folgen sie meist einzeln auf einander. Diese Septen sind nicht glattwandig, sondern von dem Alveolennetz der Lunge über- 1) Es handelt sich auch hier um ein Spiritusobject. Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 555 kleidet 1). Die durch sie gebildeten Nischen erreichen in dem vordersten Drittel der Lunge ihre grösste Tiefe. Kopfwärts sowohl wie schwanz- wärts werden sie von da aus allmählich flacher und nehmen an Um- fang ab. In dem vordern Lungenzipfel stellen sie sich nur noch als grössere Alveolen dar. In dem hintern Theile der Lunge verschwinden sie mit dem Alveolensystem zuletzt vollständig. Die Lunge erscheint hier wie bei Humeces algeriensis dünnwandig und häutig. Lygosoma verreauxi (A. Dum.) hat, entsprechend dem langge- streckten Körper des Thieres, Lungen von schlauchförmiger Gestalt. Die rechte finde ich bei dem von mir untersuchten, bereits längere Zeit in Alkohol aufbewahrten Exemplar um ein Kleines kürzer als die linke. Eigentliche Bronchien sind nicht vorhanden. Der vordere Lungen- zipfel ist relativ gross. Die beiden Säcke, auf deren lateralen und medialen Seiten je ein Muskelstreifen verläuft, sind sehr dünnwandig und erweisen sich als im Innern äusserst einfach gebaut. Alveolen finden sich nur im vordern Theile, der hintere verhält sich wie bei Tiliqua scincoides. „Le poumon droit de Bipes lineatus [? Chalcides lineatus (LEU- CKART)| est de la moitié plus court que le gauche“ (Cuvirr, 6, p. 29). „Bei Acontias ist die linke Lunge ganz abortiv“ (STANNIUS, 27, p. 206). Im Anschlusse an die drei zuletzt genannten Species mögen zu- nächst aus andern Lacertilier-Familien einige Vertreter besprochen werden, die ebenfalls durch einen schlangenähnlichen Körperbau charak- terisirt sind. Bei Anguis fragilis L. constatirt bereits Nrrzscu (20, p. 13) asym- metrische Lungen und findet, dass die rechte länger ist als die linke. MECKEL äussert sich (18, p. 70—72 und p. 84-85; 19, p. 221) hierüber folgendermassen: „Die beiden Hälften der Lungen hängen nur mittelbar durch die Bronchien zusammen. Die linke ist (bisweilen nicht ganz um ein Drittel) kleiner als die rechte; sie verläuft in der- selben Richtung wie diese vom Kopf zum Schwanz. Die beiden Säcke sind in ihrem ganzen Umfang und bis zu ihrem hintern Ende zellig; der pulmonale Theil [?] ist sehr feinzellig.“ Vergl. ferner SCHULZE, 24, p. 481. 1) Dies ist überall, wo solche Septen auftreten, der Fall, ich werde in Folge dessen künftighin davon absehen, es jedes Mal besonders zu erwähnen, 556 A. MILANI, Indem ich nach meinem eignen Befunde die vorstehenden An- gaben der ältern Autoren im Wesentlichen bestätigen kann, habe ich noch hinzuzufiigen, dass sich im vordern Theile der Lunge auf der ventralen Seite eine Scheidewand erhebt, die sich von der medialen nach der lateralen Seite erstreckt und ungefähr parallel der dorsalen Lungenwand verläuft (Fig. D und E). Durch dieses Septum wird der kleinere vordere Theil (allerdings nur unvollkommen) vom Hauptraume der Lunge abgeschieden. Einige auf der Ventralseite, in der Nähe der Bronchusmündnng gelegene Alveolen zeichnen sich durch Grösse und Tiefe vor den benachbarten aus. Nach dem hintern Ende hin nehmen sämmt- liche Zellenräume an Grösse zu, = ihre Wandungen werden gleich- zeitig niedriger. Seitenstreifen sind vorhanden, allerdings nicht gerade deutlich zu erkennen. Von Lacerta apoda | Ophisaurus apus (PALLAS)] bemerkt PALLAS, 23, p. 433: „Pulmones (tab. 10, fig. 1 1.1.) a corde incipiunt et utrinque oesophago, ventriculique anteriori parti longitudinaliter accumbunt: sinister major (5“ 6°“ longus) laxiore membrana versus spinam ad- nexus; dexter minor breviorque (4” 5‘) propter spatium hepati, cui adcubat, necessarium membrana etiam strictiore longitudinaliter ad- natus. Uterque pulmo non ultra 5‘ ab anteriore extremitate, qua subacuti sunt, tracheae bronchos brevissimos recipit; uterque, sed praesertim sinister, postica extremitate vesicularis, inflatus; at majori parte parenchymate elegantissime cavernoso infarcti sunt.“ Siehe auch Cuvier, 6, p. 82. Ich habe von einem eingegangenen noch frischen und von einem für meine Zwecke mit Chloroform abgetödteten Thiere Präparate an- gefertigt und finde beidesmal die rechte Lunge grösser als die linke. In dem ersten Falle erweist sich diese um ca. !/, kleiner als jene, bei dem zweiten Präparat ist die Differenz minimal. Die Lungen (Taf. 30, Fig. 4) stellen sich als zwei schlauchförmige Organe dar, von ziemlich gleicher Weite. Ihr grösster Querdurchmesser ist ca. 8—9-mal in ihrer Länge enthalten. Aeusserlich lassen sie kleine Auftreibungen erkennen, die den Grundflächen der im Innern befindlichen Zellenräume entsprechen. In der vordern Lungenpartie markiren sich Fig. D. Fig. E. Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 557 auf diese Weise nur die Crypten, weiter hinten prägen sich auch die Alveolen aus. Diese Erscheinung, deren ich bereits bei Sphenodon punctatus Erwähnung gethan habe und die in einer ganzen Reihe von Prä- paraten wiederkehrt, insbesondere bei solchen, die von frischem Material gewonnen wurden, dürfte wohl auf die Wirkung der in den Leisten verlaufenden Musculatur zurückzuführen sein, die sich nach dem Tode der Thiere contrahirt. Ich werde weiterhin davon nicht mehr be- sonders Notiz nehmen. Die Bronchien sind zwar kurz, aber deutlich zu erkennen. Ebenso wie in der äussern Gestalt der Lungen zeigt Ophisaurus apus auch in deren innerem Baue eine grosse Uebereinstimmung mit Anguis fragilis. Es findet sich nämlich auch bei dem Scheltopusik im vordern Theile einer jeden Lunge ein Septum, das dem bei der vorigen Art beschriebenen vollständig entspricht. Das Alveolen- netz setzt sich indessen hier nicht so weit nach hinten fort wie bei der Blindschleiche, verschwindet vielmehr vor dem letzten Drittel der Lunge vollständig, so dass der hintere Abschnitt, wie bei Eumeces algeriensis, glattwandig erscheint. Dicht hinter der Bronchusöffnung befinden sich auf der Ventral- seite einige grössere Alveolen, diesen gegenüber auf der dorsalen Lungenwand liegen einige von ähnlichem Umfang. Von den charakteristischen Längsstreifen ist nur je einer auf den Medialseiten zu constatiren. Ophisaurus ventralis (L.) „hat zwei längliche, einfache, zellige Lungen, deren linke in Hinsicht auf Länge und Weite ?/, der rechten beträgt‘ (MEcKEL, 19, p. 221). Bei dem zur Familie der Pygopodidae gehörigen Bipes lepidopus |Pygopus lepidopus (LaAcÉP.)] theilt sich die Trachea in zwei sehr kurze Bronchien. ,,Die linke Lunge ist um ein Drittheil länger und enger als die rechte, wie sie durchaus einfach, länglich, feinzellig“ (MECKEL, 19, p. 222). Für das Genus Amphisbaena [Familie der Amphisbaenidae| giebt MECKEL (18, p. 62—85) eine doppelte Lunge an, das Lungen- rudiment ist klein und auf der rechten Seite gelegen, es wendet sich kopfwärts; der Eingang nimmt die hinterste Stelle ein. Der Ver- bindungsgang der Lungen ist sehr kurz; die Nebenlunge mündet in den vordern Theil der Hauptlunge, in den von unvollkommenen 558 A. MILANI, Knorpeln umgebenen Theil derselben. Die Hauptlunge ist in ihrem ganzen Umfang und bis zu ihrem hintern Theil zellig. STANNIUS constatirt bei den Amphisbäniden ebenfalls ungleich- grosse Lungen, behauptet aber, dass die linke rudimentär sei (27, p. 206). Ganz unverständlich erscheint das, was WIEDERSHEIM über die Amphisbänenlunge bemerkt: „Die Trachea liegt hier der ganzen medi- alen Circumferenz der Lunge innig an, ist bis in die Gegend ihres Hinterendes von zarten Knorpelringen umgeben und an vielen hinter einander liegenden Stellen ihrer lateralen Wand gegen die Lunge hinein durchbohrt. Es ist nur eine Lunge entwickelt; dieselbe zeigt kein einheitliches Lumen mehr, sondern ist von einem Bälkchennetz durch- flochten‘“‘ (WIEDERSHEIM, 35, p. 635). Allem Anschein nach hat nicht eine Amphisbänenlunge, sondern die von Typhlops reticulatus der Beschreibung zu Grunde gelegen. Für Amphisbaena fuliginosa L. erwähnt Cuvier zwei Lungen: „Le petit poumon a des parois épaisses et trés celluleuses; le grand n’a cette méme structure que dans le quart de sa longueur. Ses cellules deviennent assez promptement plus larges, moins profondes et les parois de la moitié postérieure ne sont plus que celles d’une simple vessie, qui conserve jusqu’au bout un grand diamètre“ (CUVIER, Op 1351): Im Gegensatze hierzu behauptet SMALIAN, dass diese Species keine paarigen Lungen habe: ,,Der eine Lungensack ist langgestreckt, die Hauptmasse seiner driisigen Elemente [?] kommt dem vordern Theil zu, während er in seinem hintern Abschnitt sich mehr als Luft- reservoir darstellt“ (SMALIAN, 26, p. 189). Auch bei Amphisbaena strauchi BEDR. findet sich nach v. BEDRIAGA „keine zweite rudimen- tire Lunge. Der einfache Lungensack ist langgestreckt (etwa 34 mm); er dehnt sich, allmählich enger werdend, bis zum Becken“ (BEDRIAGA, 3.7D. 65). Amphisbaena cinerea [Blanus cinereus (VAND.)] hat nach dem- selben Autor ,,einen einfachen, langgestreckten Lungensack, der sich, allmählich enger werdend, bis zum Becken ausdehnt. Es ist weder eine Spaltung der Trachea in zwei Bronchien, noch eine zweite rudi- mentäre Aussackung vorhanden“ (BEDRIAGA, 3, p. 63). Vgl. auch SMALIAN, 26, p. 189. Trogonophis wiegmanni Kaur. „hat nur eine Lunge“ (BEDRIAGA, 3, p. 63). „An der Stelle, an welcher die Trachea in sie einmündet, ist sie in zwei, hinten und vorn zugespitzte, Theile gespalten, doch kann Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 559 man immer nicht von einer paarigen Lunge, sondern nur von einem ge- gabelten Lungensacke reden, da die Theilung der Lunge nicht auf die Trachea geltend gemacht ist. Die beiden Lungentheile sind ungleich gross, indem der rechte etwa */,; der Länge und !/, der Breite des linken an einander entsprechenden Stellen beider erreicht. Der erste Theil spitzt sich schneller zu als der linke. Die vordern Spitzen der Lungensäcke sind die kürzern, die hintern die längern. Die von den hintern und vordern Enden der Lungentheile einge- schlossenen Winkel, von denen der eine, in dessen Scheitel die Trachea eintrifft, nach vorn, der andere nach hinten geöffnet ist, sind sehr spitz“ (SMALIAN, 26, p. 189— 190). Dem Anops kingii BELL „kommen paarige Lungen ebenfalls nicht zu. Es ist weder ein Lungenrudiment, noch eine Spaltung der Trachea in zwei Bronchien zu constatiren“ (SMALIAN, 26, p. 189). Chirotes propus [ Chirotes canaliculatus (Bonn.)| hat zwei Lungen. Die rechte ist 21/, Zoll lang, 2 Fig. F. Linien weit, sehr länglich, überall zellig, hinten weniger fein als vorn; die linke 6 Linien lang, nicht völlig 1 Linie im Durchmesser. Die Trachea theilt sich in zwei kurze Bronchien‘* (MECKEL, 19, p. 222). Le poumon droit est un cylindre grêle, qui se termine en pointe et ne se prolonge pas en arriére autant que le foie. La gauche n’a pas le cin- quiéme du droit, il est rudimentair‘‘ (CUVIER, 6, p. 29). „Bei Lepidosternon ist die linke Lunge nicht sehr viel kleiner als die rechte“ (STANNIUS, 27, p. 206). Amphisbaena alba L. hat nach meinen, an einem Spiritusobject vorgenommenen Untersuchungen eine paarige Lunge, deren beide Theile einen bedeutenden Grössenunterschied aufweisen (Fig. F). Während nämlich die linke Lunge wohl aus- gebildet ist, erscheint die rechte bloss als kleiner Anhang. Ohne sich in Bronchien zu spalten, mündet die Trachea mit zwei Bronchialöffnungen in die beiden Abtheilungen der Lunge. Die beiden Bronchial- öffnungen liegen einander nicht genau gegenüber, die zur rechten Lunge führende befindet sich viel- mehr eine Kleinigkeit weiter vorn als die der linken. Beide Lungen besitzen einen von der Eintritts- 560 A. MILANI, stelle der Luftwege sich kopfwärts ziehenden zipfelförmigen Fortsatz. Er bildet bei der rudimentären rechten sogar den Haupttheil, wahrend hier die hintere Partie nur von ganz geringer Ausdehnung ist. Die rechte Lunge liegt mit ihrer medialen Seite der medialen Seite der linken und der Trachea innig an. Ihre Innenwand ist von einem engmaschigen Alveolensystem überkleidet. In der linken Lunge sind die Alveolen nur im vordern Theile wohl entwickelt; weiter nach hinten werden sie allmählich grösser, ihre Wände niedriger, zuletzt verlieren sie sich fast vollständig. Auf der medialen Seite verläuft ein Muskelband. STANNIUS findet bei Typhline [Zyphlosaurus|, einem Vertreter der Familie der Anelytropidae „die linke Lunge ganz abortiv“ (STAN NIUS, 27, p. 206). Zurückkehrend zu den Formen, die in ihrem Körperbau dem all- gemeinen Lacertiliertypus folgen, will ich zunächst die Geckonidae besprechen. Bei Gecko aegyptiacus [Tarentola annularis (GEOFFR.)| „verläuft von der Eintrittsstelle der Luftröhre an, in der Richtung derselben an der äussern Seitenwand der Lunge, durch die ganze Länge der- selben bis zu ihrer Spitze eine einfache Reihe dicht stehender Zellen, welche sich, ungefähr 15 an der Zahl, durch ihre Grösse sehr leicht von den übrigen, die ganze innere Fläche der Lunge ungleich machenden gewöhnlichen unterscheiden. Die fünf obern, namentlich die dritte bis fünfte, sind die engsten, aber tiefsten, die darauf fol- genden fünf bis sechs die grössten, die untersten wieder kleiner als diese. Die obern steigen von oben nach unten schräg herab und haben auf '/, Linie Durchmesser über 2 Linien Tiefe. Langs des äussern Randes dieser Zellenreihe verläuft übrigens ein knorpliger Längsvorsprung bis fast zum hintern Ende; er giebt bald nach seinem Entstehen einen weit kleinern, nur ungefähr die Mitte erreichenden Ast ab“ (MECKEL, 18, p. 74—75). „Ebenso wie bei der vorigen Art, verhalten sich die Lungen von Gecko vittatus Hourruyn, Gecko phyllurus |Gymnodactylus platurus (WHITE)], Gecko laevis [| Thecadactylus rapicaudus (HouTTuyn)], und Gecko fascicularis | Tarentola mauritanica (L.)|‘‘ (MEcker, 19, p. 228). Ueber Lacerta turcica | Hemidactylus turcicus (L.)] siehe MECKEL, 18 pens: Ueber Gecko guttatus [Gecko verticellatus (LauR.)| siehe CUVIER, 6, p. 28. Nach meinen Untersuchungen an TYarentola mauritanica und Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 561 Gecko verticellatus habe ich zunächst die MEcKEL’schen Angaben dahin klarzustellen, dass unter der „äussern Seitenwand der Lunge“ deren Dorsalseite zu verstehen ist; ,oben‘* und „unten“ ist identisch mit vorn und hinten. Eigentliche Bronchien fehlen in beiden Fällen. Bei Gecko verti- cellatus treten beide Lungen in der Einmündungsstelle der Trachea durch eine überaus weite Oeffnung mit einander in directe Verbindung. Während der Zipfel, in den der vordere Abschnitt der Lunge aus- läuft, hier verhältnissmässig gross ist, zeigt er bei Tarentola mauri- tanica nur eine geringe Ausbildung. Der hintere Theil erscheint bei diesem breit und rundlich, bei jenem zugespitzt (vgl. auch CuvIEr, 6, p. 28). ; Hierzu muss ich allerdings bemerken, dass mir von Gecko verti- cellatus nur Spiritusmaterial zur Verfiigung gestanden hat, während ich im Stande war, von Tarentola mauritanica ein frisches Stück zu untersuchen. Sehr wahrscheinlich würde das Studium dieser Ver- hältnisse an einem frischen Exemplar von Gecko verticellatus zu den- selben Ergebnissen geführt haben wie bei der andern Art. Die Lungen sind hier sowohl wie dort sehr dünnwandig und zart, die in ihrem Innern befindlichen Alveolen verhältnissmässig flach. Der hintere Theil der Lungen verhält sich ähnlich, wie bei Eumeces algeriensis angegeben worden ist. Die von MECKEL beschriebenen, auf der Dorsalseite befindlichen grössern „Zellen“ (Alveolen) werden besser als Nischen zu bezeichnen sein, nach Analogie des bei Tiligua scincoides erwähnten Vorkommnisses. Sie werden nämlich durch Septen gebildet, die von der dor- salen Wand entspringen und sich von der medialen nach der lateralen Seite hinziehen. Diese Nischen setzen sich bis in den vordern Lungen- zipfel hinein fort. In dem einen Präparat von Gecko verticellatus finde ich auf der Ventralseite eine Reihe von grössern Alveolen, die sich ungefähr von der Lungenmitte bis gegen das Hinterende hinziehen. Die Lungen der Zonuridae stimmen im Wesentlichen mit denen der Geckonidae überein. Ueber Cordylus |Zonurus spec.?| vergl. auch MecKEL, 18, p. 73. Bei Zonurus giganteus (SmirH) gabelt sich die Trachea in zwei kurze Bronchien. Der vordere Zipfel erscheint (allerdings nur sehr wenig) gegen den grössern Raum der Lunge abgesetzt. Aeusserlich zeigt diese keine Besonderheiten. Das im Innern befindliche Alveolen- Zool. Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 37 562 A. MILANI, system erstreckt sich auch über den hintern Theil der Lungensäcke. Daselbst befinden sich auf der Ventralseite einige kleine Septen, die unter einander und mit den gegenüberliegenden, von der dorsalen Wand entspringenden parallel laufen. Von den bekannten Seitenstreifen konnte ich nichts entdecken. An die beiden vorbeschriebenen Familien schliessen sich, dem Bau ihrer Athmungsorgane nach, die Lacertidae an. Da ich die Lungen von Lacerta ocellata Daun, Lacerta viridis (Laur.), Lacerta agilis L. und Lacerta muralis (Laur.), abgesehen von den Gréssenunterschieden, die sich aus der verschiedenen Kürper- grösse der Species von selbst ergeben, vollkommen übereinstimmend gefunden habe, schicke ich zunächst sämmtliche, das Genus Lacerta sowie die verschiedenen Arten betreffenden Literaturangaben voraus, um dann das Berichtigende und Ergänzende für alle gemeinsam folgen zu lassen, ohne die einzelnen Arten getrennt abzuhandeln. „Die Lungen von Lacerta stellen zwei länglich-ovale Säcke dar, mit spitz ausgezogenem Hinterende, welches bis ins Niveau der Gallen- blase sich erstreckt. Beide Säcke sind ziemlich von gleicher Grösse; sie umschliessen einen weiten centralen Hohlraum, der mit Wimper- epithel ausgekleidet ist. In den Wänden finden sich glatte Muskel- fasern und die Mucosa erhebt sich zu einem äusserst feinen filigran- artigen Trabekelwerk, welches nach vorn zu, an der Einmündung- stelle des Bronchus, einen besonders dichten, badeschwammartigen Charakter [?] annimmt; weiter nach hinten wird die Lunge immer dünner, transparenter, amphibienähnlich“ (WIEDERSHEIM, 35, p. 648). Bei Lacerta viridis „steigt längs dem äussern Rande der Lunge eine aus ungefähr 12 Zellen, von denen die mittlern die grössten sind, gebildete Reihe bis gegen das hintere Ende der Lunge herab. Diese Zellen sind da, wo sie in den weiten Lungensack einmünden, am weitesten und durch beträchtliche Querwände völlig von einander getrennt.‘ (MECKEL, 18, p. 74.) „On voit dans les parois pulmonaires du lézard des souches |? Lacerta agilis L.| deux cordons principaux dirigés dans le sens de la longueur, desquels partent des filets transverses qui composent avec les premiers les plus grosses mailles. La continuation de ces mémes cordons forme successivement de plus petits mailles, concen- triques aux premières en devenant de plus en plus déliées. Il y a d’ailleurs dans leur côté externe une série de cloisons membraneuses transversales rudimentaires, qui sont soutenues par les branches prin- Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 563 cipales du filet, lesquelles forment des divisions incomplétes de la vessie pulmonaire en un certain nombre de petites poches transversales. Les séries des cellules, ainsi formées, dont les couches les plus extérieures sont concentriques à celles plus rapprochées de l’axe du sac pulmonaire, varient beaucoup, pour le nombre d’un genre et même d’une espèce à l’autre.“ (Cuvier, 6, p. 133.) Ueber Lacerta ocellata siehe auch Cuvier, 6, p. 27 und p. 133, ausserdem (Lacerta jamaicensis) MECKEL, 18, p. 73. Ueber Lacerta agilis vgl. SCHULZE, 24, p. 481. WIEDERSHEIM’S Angabe, dass das Hinterende der Lacerta-Lunge „spitz ausgezogen“ sei, beruht ohne Zweifel auf ungenügender Ex- pansion des Präparates. Ich habe bei allen genannten Species den hintern Theil sehr schön abgerundet gefunden. Die Bronchien sind kurz; dicht hinter ihrer Einmündungstelle in die Lungen zeigen diese auf der Ventralseite eine mässige Ein- schnürung. Es kommt hierdurch zur Bildung ähnlicher Verhältnisse, wie ich sie bei Tiligua scincoides, Chalcides ocellatus, Eumeces al- geriensis und Zonurus giganteus geschildert habe. Während die meisten der bisher beschriebenen Lacertilierlungen auf dem Querschnitt von nahezu kreisförmiger Gestalt erscheinen, geben die Lungen von Lacerta ein Bild wie Fig. G. Im Innern (Taf. 30, Fig. 5—7) liegen auf der Ventralseite in der Verlängerung des Bronchus einige grössere Alveolen. Unter dem „äussern Lungenrand“ MEcKEL’s, sowie der côté externe“ Cuvier’s, wo sich die „grössern Zellen“ oder die Z m „serie de cloisons membraneuses“ befinden sollen, ist die Dorsalseite zu verstehen. Die Zahl dieser „grössern Zellen‘, oder, nach meiner Terminologie, Nischen, beträgt 14—15. Sie setzen sich bis in den vordern zuge- spitzten Theil der Lunge hinein fort. Die sie bildenden Septen stehen nahezu senkrecht zur Längsaxe der Lunge (Fig. H). Fig. G. V d Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Formen mit sehr ein- fachen Lungen zeigen die Agamidae bereits eine gewisse Complica- tion im Bau ihrer Luftriume; sie bilden hierdurch den Uebergang zu denjenigen Lacertiliern, die in Bezug auf die Entwicklung des Respira- tionsapparats die höchste Stufe einnehmen. Bei Agama calotes [Calotes ophiomachus (MERR.)] befindet sich ausser der ,,obern Zellenreihe‘“, die beim Gecko „von dem Eintritt 37* 564 A. MILANI, Fig. H. Fig. L der Luftréhre an, in der Richtung derselben an der äussern Seiten- wand der Lunge, durch die ganze Länge derselben bis zu ihrer Spitze als eine einfache Reihe dicht stehender Zellen verläuft, welche sich durch ihre Grösse sehr leicht von den übrigen, die ganze innere Fläche der Lunge ungleich machenden gewöhnlichen unterscheiden“, — — „ihr gegenüber eine zweite untere, um die Hälfte kürzere. Zugleich haben sich neben beiden Hauptreihen niedrige Nebenzellen angebildet, während der übrige Raum zwischen beiden durch die gewöhnlichen flachern und grössern Zellen angefüllt wird. Die Zellen der untern Reihe zeichnen sich durch besondere Tiefe aus.“ (MEcKEL, 18, p. 78.) Vgl. auch CUVIER, 6, p. 28. Bei Calotes jubatus (D. B.) münden die Luftwege nicht so nahe dem vordern Ende der Lunge wie bei den bis jetzt besprochenen Lacertiliern; der vordere Zipfel erscheint in Folge dessen verhältniss- mässig gross (Fig. I). Bronchien im strengern Sinne des Wortes sind nicht vorhanden. Unter der MEcKEL’schen „obern‘“ und „untern Zellenreihe‘“ ist die auf der dorsalen und ventralen Seite befindliche Reihe von grössern Nischen zu verstehen. Dass diese kürzer ist als jene, kann ich übrigens nach meinem Präparat nicht bestätigen. Ich Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 565 habe sie beide annähernd gleich lang gefunden. Während die Scheide- wände, die die Nischen der dorsalen sowie die vordersten der ven- tralen Reihe bilden, ungefähr senkrecht zur Längsaxe der Lunge stehen, sind die 5 hintersten ventralen Septen gegen sie geneigt und zwar so, dass die Oeffnungen dieser Nischen nach dem vordern Theil der Lunge zu schauen (Fig. I). Das Alveolennetz ist bei Calotes jubatus nur schwach entwickelt. Bei Uromastix hardwickei Gray gabelt sich die Luftréhre in zwei Bronchien, die beinahe in einem rechten Winkel aus einander gehen und von denen der linke etwas länger ist als der rechte. Sie miinden etwa in dem vordern Sechstel der Lunge. Die beiden Lungensäcke haben eine schön birnförmige Gestalt. Hinter der Eintrittsstelle der Luftwege sind sie auf der Ventralseite etwas aufgetrieben. Das Bild, das sie auf dem Querschnitt geben, ist nahezu dasselbe, wie ich es für die Lacertidae dargestellt habe. Während bei sämmtlichen bis jetzt besprochenen Lacertiliern das Innere einer jeden Lunge nur einen einzigen Hohlraum darstellt, kommt es bei Uromastix hardwickei (Taf. 30, Fig. 10) in jedem Lungensack durch das Auftreten einer Zwischenwand zur Bildung zweier gesonderter Abtheilungen, einer hintern und einer vordern, die nur durch eine einzige Oeffnung mit einander in Verbindung stehen. Die Scheidewand verläuft im vordern Theil der Lunge von der ventralen zur dorsalen Seite und zwar so, dass die Stelle, in der sie die ventrale Lungenwand trifft, etwas weiter vorn gelegen ist als der entsprechende Ort auf der Dorsalseite. Die Oeffnung, die die beiden Kammern mit einander verbindet, liegt hart an der Lungenwand; sie nimmt die Mündung des Luftröhrenastes in sich auf, so dass sich dieser in die beiden Kammern gleichzeitig öffnet. Die hintere Abtheilung übertrifft die vordere um ein Vielfaches an Grösse. Von ihrer dorsalen Wand springen drei unter einander parallele Septen gegen den Binnenraum der Lunge vor. Die hinterste (grösste) ist gegen die Längsaxe der Lunge geneigt (vgl. auch Calotes jubatus). Zwischen diesen drei grössern Septen befinden sich noch je einige kleinere. In der vordern Kammer kommt es sowohl auf der dorsalen als auch auf der ventralen Seite zur Ausbildung je eines ähnlichen, aller- dings nur sehr kleinen Septums. Das Alveolensystem zeigt eine reiche Entwicklung. In der vordern Partie haben die Alveolen eine be- trächtliche Tiefe, nach hinten zu werden sie mit dem Wachsen ihres Umfangs flacher. Seitenstreifen sind nicht vorhanden. 566 A. MILANI, Uromastix acanthinurus BELL stimmt im Bau seiner Lungen im Wesentlichen mit der vorigen Art überein. Die Zahl der dorsalen Septen finde ich bei ihm etwas grösser als bei hardwickei, allerdings in den beiden Säcken verschieden gross. Nach einem leider nicht sehr gut ausgefallenen Präparat von Amphibolurus barbatus (Cuv.) folgen dessen Lungen demselben Bau- plane wie die des Uromastix: eine vordere kleine, eine hintere grosse Kammer, beide communicirend durch eine einzige Oeffnung, in die der Bronchus einmiindet; Nischen auf der Dorsalseite. Die Alveolen haben eine geringe Tiefe. Bei Stellio vulgaris [Agama stellio (L.)] findet eine Theilung jedes Lungensackes statt. „Dicht unter dem Eintritte des kurzen Luftröhrenastes begiebt sich eine von der äussern zur innern Wand der Länge nach verlaufende Scheidewand von oben nach unten, wo- durch der Sack in eine obere vordere, weit kleinere und eine untere, weit grössere Hälfte zerfällt, welche beide durch eine verhältniss- mässig enge Oeffnung, die gemeinschaftliche Mündung des Luftröhren- astes, zusammenhängen. Der hintere Sack wird wieder auf ähnliche Weise, doch sehr unvollkommen durch eine ansehnliche, vom hintern Ende nach vorn auslaufende Scheidewand in zwei Hälften getheilt. Ausserdem springen vom obern Rand des obern Sackes eine kleine Leiste, von dem hintern des untern mehrere grössere und kleinere hervor, wodurch noch kleinere und unvollkommenere Abtheilungen gebildet werden.“ Zwischen den beiden Abtheilungen findet nur an „ihrer gemeinschaftlichen Oeffnung in den Luftröhrenast ein Zusammen- hang statt.“ (MEcKEL, 18, p. 75 und 76). Siehe auch Cuvier, 6, p. 28. Schon äusserlich fällt die Lunge von Agama stellio dadurch auf, dass sie von der typischen Eiform abweicht. Auf der Ventralseite erscheint sie nämlich etwa von der Mündung des Bronchus an bis gegen die Mitte ihrer Länge taschenartig aufgetrieben. Der hintere Theil ist von der lateralen zur medialen Seite etwas zusammenge- drückt. Indem er sich mit seiner medialen Seite dem Darmrohr an- schmiegt, macht er gleichzeitig eine Drehung um seine Längsaxe, so dass er gegen den vordern Abschnitt um nahezu 90° verlagert er- scheint. Er liegt in Folge dessen mit seiner lateralen Seite nicht mehr der lateralen, sondern der dorsalen Leibeswand des Thieres an. Abgesehen von der etwas unklaren Formulirung sind die An- gaben, die MECKEL über den innern Bau der Stellio-Lunge macht, voll- kommen correct. Beitrige zar Kenntniss der Reptilienlunge. 567 Was die Scheidewand betrifft, die die Lunge in zwei Abtheilungen sondert, so liegen hier die Verhältnisse ebenso wie bei Uromastix und Amphibolurus. Das grosse Septum im hintern Abschnitt der Lunge scheint sich von der ventralen zur dorsalen Wand zu erstrecken. Da jedoch eine Verlagerung der hintern Lungenpartie stattgefunden hat, haben wir es, nach Analogie der übrigen hier befindlichen kleinern Septen, als von der medialen zur lateralen Seite verlaufend aufzufassen. Diese kleinern Septen bilden Nischen, ähnlich den hintersten ven- tralen des Calotes jubatus. Seitenstreifen scheinen zu fehlen. Bei Draco volans L. „läuft die Luftréhre unter der Speiseröhre weg, geht in die Brusthöhle ein und verzweigt sich in die Lungen; gleich beim Eintritt in die Lungen verliert sie ihre knorpligen Ringe. Die Lunge besteht aus zwei Flügeln und zwei kleinen Anhängen. Sie liegt in dem vordern Theil der Brusthöhle zu beiden Seiten neben dem Herzen (fig. 2, hz), erstreckt sich in die Bauchhöhle herab und liegt links neben dem Magen und rechts neben der Leber. Jeder Lungenflügel (fig. 6, cc) ist 13 Linien lang und hat die Gestalt eines länglichen, in eine feine Spitze (fig. 6d) auslaufenden Sackes. Die Lunge besteht aus vielen grossen Lungenzellchen, die vieleckig sind; auf denselben verzweigt sich die Lungenarterie. An jedem Lungen- flügel befindet sich nach vorn ein merkwürdiger, zwei Linien langer Anhang (fig. 6, bb), der die Gestalt eines Ovals hat und ebenfalls aus Zellchen besteht.“ (TIEDEMANN, 29, p. 27.) Mit der Familie der Agamidae stehen durch die Beschaffenheit ihrer Athmungsorgane die Iguanidae in naher verwandtschaftlicher Beziehung. Beim Leguan [Iguana tuberculata Laur.| ist die Septenbildung, wie sie für die Lunge des Stellio beschrieben wurde, „noch mehr ver- vollkommnet. Die Lunge ist durch eine längere Scheidewand in zwei Hälften geschieden, welche sich von denen des Stellio vorzüglich da- durch unterscheiden, dass die hintere untere verhältnissmässig weit ansehnlicher, ungefähr halb so lang als die vordere ist. Noch deut- licher als dort öffnet sich der Luftröhrenast zugleich in beide Säcke. Aehnliche Zellen als dort finden sich auch hier, aber in grösserer Menge und von beträchtlicherer Tiefe.‘ (MECKEL, 18, p. 76.) Vgl. auch Cuvikr, 6, p. 28. Bei den drei von mir untersuchten Thieren (es handelt sich in allen drei Fällen um frisches Material) finde ich die rechte Lunge 568 A. MILANI, stärker ausgebildet als die linke. Die Eintrittsstelle der Bronchien ist ziemlich weit vom vordern Ende der Lunge entfernt, in Folge dessen erscheint ihr kopfwarts gerichteter Theil, der in einen spitzen Zipfel ausläuft, verhältnissmässig gross; er nimmt etwa ein Fünftel der ganzen Lange der Lunge ein (Fig. K). Dicht hinter der Einmiindungstelle der Luftwege zeigt jede Lunge auf der Ventralseite eine Auftreibung. Im Uebrigen bieten die Ath- mungsorgane von Iguana tuberculata äusserlich keine Besonder- heiten dar. Die Scheidewand (Taf. 31, Fig. 13, 14, 12; Taf. 30, Fig. 11), die im Innern einer jeden Lunge die Bildung zweier Abtheilungen bewirkt, Fig. K. zieht sich, hinter der Eintrittsstelle des Bronchus beginnend, schräg von vorn nach hinten, von der ventralen zur dorsalen Lungenwand; sie beschreibt dabei einen flachen Bogen, dessen Concavität der vordern Kammer zuge- wandt ist. In dieser Zwischenwand befindet sich nahe an der medialen Wand der Lunge eine Oeffnung, die die beiden Kammern unter einander v d verbindet. Es mündet übrigens nicht wie bei Uromastix, Agama stellio und Amphibolurus barbatus der Luftröhren- ast unmittelbar in diese Communica- tionsstelle ein, wie MECKEL behauptet, sondern er öffnet sich bereits vorher in den vordern Lungenraum. Allerdings muss ich bemerken, dass sich die Bronchialknorpel bis zu der in der Scheidewand befindlichen Oeffnung fortsetzen. Sie bilden auf der Seite des Septums, die dem vordern Theil der Lunge zugekehrt ist, eine flache Rinne. Wie ich bereits erwähnt habe, sind die Lungen bei den drei von mir untersuchten Thieren ungleich gross. Merkwürdiger Weise zeigen sie auch in ihrem innern Bau eine gewisse, ebenfalls constante Asym- metrie, dergestalt, dass die rechten Lungen (in allen drei Fällen) von den linken in denselben Punkten abweichen; diese wie jene stimmen unter einander wieder überein. Der Unterschied erstreckt sich auf die Ausbildung der Septen, die sich von der dorsalen Wand der hintern iQ Io Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 569 Kammer erheben. Wahrend diese in den rechten Lungen keinen be- trächtlichen Grössenunterschied aufweisen, zeichnen sich in den linken zwei davon durch besondere Höhe aus (Fig. K). Die grösste entspringt hier nicht eigentlich mehr von der dorsalen Lungenwand, sondern nimmt von dem hintersten Punkt der Lunge ihren Ausgang und verläuft zwischen der lateralen und medialen Seite ungefähr parallel der früher erwähnten Zwischenwand, die die Lunge in zwei Hälften abtheilt. Ich lasse es dahin gestellt sein, ob diese Abweichung, ebenso wie der Unterschied in der Grösse der Lungen, nicht doch vielleicht nur zufällig und auf eine ungleichmässige Ausdehnung bei der Präparation zurückzuführen ist. An die grössern Septen schliessen sich in den rechten Lungen sowohl wie in den linken nach vorn zu je zwei Reihen kleinerer an. Die der einen Reihe erstrecken sich von der lateralen Lungenwand nach der gegen die hintere Kammer gekehrten Seite der grossen Zwischenwand ; die andern y von dieser nach der Medialseite der Lunge (Fig. L). Sie sind unter einander annähernd parallel und be- grenzen Nischen, die die grosse Scheidewand zu 4 m beiden Seiten flankiren. In der vordern Kammer findet sich auf der dor- salen Seite eine grössere Reihe hinter einander lie- gender Nischen; ihre Wände zeichnen sich meist durch eine besondere Dicke aus. Dieser ersten Nischenreihe gegenüber ist hier noch eine zweite kürzere vorhanden, die ihren Platz zwischen der lateralen Wand der Lunge und der grossen Scheidewand einnimmt (Fig. L). Das Alveolen- system, das die Wand der Lunge in allen Theilen bedeckt, erreicht besonders im vordern Abschnitt und hier wieder innerhalb der Nischen eine mächtige Entwicklung. Verschiedene der kleinern Nischen werden in Folge dessen zu gangartigen Säcken eingeengt. Im hintern Theil der Lunge verhalten sich die Alveolen im Wesentlichen ebenso wie bei Uromastix. Ctenosaura acanthura (SHaw) sowie Brachylophus fasciatus (Brongn.) folgen nach meinen an Spiritusmaterial angestellten Unter- suchungen im Bau ihrer Lungen demselben Plane wie die vorige Art. Bei Brachylophus befinden sich auf der dorsalen Wand der hin- tern Kammer 5 Septen, die alle mit der grossen, die Lunge durch- setzenden Scheidewand ungefähr parallel laufen. Die durch sie gebildeten Nischen stellen sich in Folge dessen als Taschen dar mit kopfwärts gerichteten Oeffnungen. Die hinderste Tasche ist die grösste. Fig. L. d 570 A. MILANI, Ueber Anolis bullaris (Anolis carolinensis D. u. B.) vgl. LERE- BOULLET, 15, p. 79 und Cuvier, 6, p. 28. Von der Gattung Phrynosoma habe ich zwei Vertreter untersucht und zwar Phrynosoma cornutum (HARLAN) und Phr. orbiculare (L.). Thre Lungen (Taf. 30, Fig. 8) weichen beträchtlich von denen der vorgenannten Iguaniden ab, zeigen sich aber bei beiden Species vollständig übereinstimmend gebaut. Die wohl entwickelten Bronchien münden ziemlich nahe dem cranialen Ende der Lunge, so dass deren vorderer Theil sehr kurz erscheint. Die Lungensäcke sind von beträchtlichem Umfang. Sie sind von der lateralen zur medialen Seite etwas zusammengedrückt. Von vorn nach hinten nehmen sie in dorso-ventraler Richtung stark an Aus- dehnung zu. Ihr hinterer Theil ist in ähnlicher Weise um seine Längsaxe gedreht, wie ich es für Agama stellio beschrieben habe; allerdings ist die Verlagerung bei Phrynosoma nicht so bedeutend wie dort. Ein Septum, das wie bei Uromastix, Iguana etc. die Lunge in zwei Abtheilungen sondert, ist bei Phrynosoma nicht vorhanden. Der Bronchus setzt sich eine kleine Strecke weit in das Innere der Lunge hinein fort, sich an deren Medialseite hinziehend. Dabei bilden seine Knorpel nicht vollständig geschlossene Ringe, sie treten vielmehr auf der Seite, die der medialen Lungenwand zunächst ge- legen ist, etwas aus einander, gleichzeitig aber mit dieser in Verbin- dung. Auf dem so entstehenden Rohre stossen unter einem Winkel von nahezu 90° zwei Septen zusammen, die ebenfalls in der Längsaxe der Lunge verlaufen (Taf. 30, Fig. 9; Fig. M). Sie entspringen von der gegenüberliegenden Lungenwand und erstrecken sich nicht weiter nach hinten als die Bronchialknorpel selbst. Es kommt durch diese Scheidewände im vordern Abschnitt der d Lunge zur Bildung von drei kleinen, den Bronchus umgebenden Kammern, von denen die eine auf der ventralen, die andere auf der lateralen, die dritte auf der dorsalen Seite der Lunge gelegen ist. Mit ihren Oeffnungen schauen sie nach dem hintern Lungenraum. Innerhalb dieser Kammern können durch das Auftreten von kleinern Septen noch Unterabtheilungen entstehen. In dem hintern Hauptraum der Lunge befindet sich auf der ven- tralen sowohl als auch auf der dorsalen Seite je eine Reihe von Nischen, ähnlich den bei Calotes beschriebenen. Von dem caudalen Rande springt (wie bei Agama stellio) ein grösseres Septum vor, das unge- Fig. M. [4 Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 571 fähr parallel der ventralen Wand der Lunge zwischen deren lateralen und medialen Seite verläuft (Fig. N,aa). Zwischen ihm und der dor- salen Nischenreihe treten noch zwei ähnliche Septen auf, bb, cc, die mit dem erstern gleiche Richtung haben, von diesem jedoch an Grösse wesentlich iibertroffen werden; das zweite ist seinerseits wieder höher A: Seog als das dritte. In den Ecken, die von diesen : wag @ Septen und der Lungenwand gebil- ao det werden, befindet sich je eine weitere Reihe kleiner Nischen. Ihre Zwischenwände sind unter einander parallel und stehen senkrecht zum Verlauf der Septen. Das weitmaschige Alveolensystem ist von einfachem Bau. Nach hinten zu werden die Zellenräume grösser, ihre Wände niedriger. Von dem Eingangs mehrfach erwähnten Muskelstreifen konnte ich auch bei Phrynosoma nichts bemerken. Bei Agama marmorata | Polychrus marmoratus (L.)| „spaltet sich der sehr kurze Luftröhrenast in der Substanz der Lunge sogleich in zwei kleine Zweige, einen vordern und einen hintern. Von diesen öffnet sich der erste in eine kleine, ungefähr nur !/,, der ganzen Lunge betragende dreieckige vordere Abtheilung, welche den Luft- röhrenast nach vorn überragt und durch eine Querwand von der hin- tern geschieden ist. Diese Querwand ist ganz vollständig, und beide Abtheilungen hängen daher, wenn gleich in der Substanz der Lunge, doch nur mittelst des kurzen Luftröhrenastes zusammen. Ausserdem findet sich, wie bei Calotes, am obern und untern Rande der Lunge in dem obern Theile der hintern Abtheilung eine Reihe von drei, von vorn nach hinten auf einander folgenden, grossen und tiefen Zellen, welche sehr deutlich eine unvollkommene Wiederholung der beschriebenen Abtheilung der Lunge in mehrere, nur durch den Luft- röhrenast zusammenhängende Säcke sind. Die Querwände sind nur unvollkommen in zwei Hälften zerrissen, was mit der stärkern Aus- dehnung der Lunge zusammenzuhängen scheint. Ausserdem sind die Wände der ganzen vordern so wie des vordern Drittheils der hintern Lungenabtheilung ziemlich feinzellig. Nach hinten werden die Zellen plötzlich sehr weit und niedrig.“ Das hintere Ende der Lunge läuft in vier Anhänge aus, von denen zwei dem obern [dorsalen] und untern [ventralen] Rand entsprechen, Fig. N. 572 A. MILANI, die beiden übrigen in der Mitte liegen. ,,Alle sind gleich lang, weiter an ihrer Grundfläche, und ihrem vordern Ende angeschwollen und fast doppelt so lang als die eigentliche Lunge.“ Von den Zellen findet sich in ihnen keine Spur. (MECKEL, 19, p. 226—227.) Durch das Vorhandensein der auch von MECKEL erwähnten Scheide- wand, die die Lunge in zwei Abtheilungen sondert, folgt Polychrus marmoratus im Bauplan seiner Lungen den schon beschriebenen Iguaniden !). Der Bronchus mündet ebenso wie bei Iguana tubercu- lata in die vordere Kammer ein und zwar etwas vor der Oeffnung, die die beiden Lungenabtheilungen mit einander verbindet. Seine Knorpel setzen sich, in der Scheidewand verlaufend, bis zur erwähnten Oeffnung hin fort. Mecker’s Angabe, dass sich die Bronchien inner- halb der Lunge in zwei Aeste spalten ?), beruht ohne Zweifel auf un- richtiger Auffassung. In der vordern Kammer erheben sich sowohl auf der dorsalen als auch auf der ventralen Wand einige kleine Septen. Was unter MECKEL’s „grossen und tiefen Zellen‘, die sich in dem ,,obern“ [vor- dern] Theil der hintern Abtheilung am ,,obern“ [dorsalen] und „untern“ |ventralen] Rand befinden sollen, zu verstehen ist, dürfte aus Früherem erhellen. Völlig unklar bleibt indessen der Satz: „Die Querwände sind nur unvollkommen in zwei Hälften zerrissen etc.“ Die die Lungenwand bedeckenden Alveolen sind ziemlich gross. Die langen Anhänge des hintern Abschnittes der Lunge erstrecken sich, zwischen den Eingeweiden verlaufend, bis in die Beckenhöhle hinein. Bei dem von mir untersuchten Thier (Spiritus-Object) finde ich auf der linken Seite deren vier, auf der rechten nur drei ausgebildet. Sie sind annähernd gleich gross, nur der in der Fortsetzung der dor- salen Lungenwand entspringende Zipfel ist etwas länger als die übrigen. Abgesehen von ihrem vordern Theile, wo sich einige grössere Alveolen befinden, sind sie vollständig glattwandig, dabei ausserordentlich dünn. Im Anschluss an Polychrus marmoratus, dessen Lunge durch die zipfelförmigen Ausstülpungen besonders charakterisirt ist, mögen noch zwei Lacertilier- Familien Erwähnung finden, bei denen ähnliche Vor- kommnisse angetroffen werden. 1) Von Phrynosoma abgesehen. 2) Derartige Vorkommnisse zeigen unter den Lacertiliern nur die Varanidae (vgl. diese). Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 573 Bei dem zur Familie der Uroplatidae gehörigen Gecko fimbriatus [Uroplates fimbriatus (SCHNEID.)| „sind die mittlern zwei Viertheile des untern Randes einer jeden Lunge in längliche Säcke ausgezogen. Dieselben gehen ununterbrochen in die Lunge über, sind an der Grund- fläche und ihrem freien Ende etwas weiter als in ihrem übrigen Ver- lauf und folgen dicht neben einander von vorn nach hinten in einer einfachen Reihe. Die mittlern sind bei weitem die längsten und an- sehnlich, indem sie auf den Durchmesser von 1—11/, Linien die Länge von 6—8 Linien haben. Der oberste und unterste sind plötzlich viel kürzer, nur 1—1!/, Linien lang. Durch ihren Bau unterscheiden sie sich von der übrigen Lunge, indem nur ihre Anfangshälfte und auch diese weit schwächere, durch faserigknorplige Vorsprünge gebildete Zellen hat als die eigentliche Lunge, während ihr Endtheil bloss häutig und ganz einfach ist. Ihre Zahl und Anordnung ist auf beiden Seiten gleich, indem sich auf der rechten Seite nur 6, auf der linken 8 finden. Zwar sind die rechten etwas weiter, allein nicht länger, und auch jene Verschiedenheit ist nicht so bedeutend, dass nicht hier, wie in so. vielen Fällen, von dem Gesetze des Vorherrschens der rechten vor der linken Hälfte eine bedeutende Ausnahme stattfände. Uebrigens ist die Lunge ganz einfach, ohne Spur einer andern Abtheilung als der vorerwähnten Zellen, die von vorn nach hinten allmählich be- deutend an Tiefe ab- und an Umfang zunehmen, aber doch nicht ganz verschwinden.“ (MEcKEL, 19, p. 224—225.) Bei Chamaeleon vulgaris Daun. |Familie der Chamaeleontidae| befinden sich unter der Eintrittsstelle des Bronchus ,,2 von vorn nach hinten auf einander folgende Scheidewände, von welchen die untere län- gere bis zum hintern Ende der Lunge herabreicht, die obere weit kürzer ist. Zwischen beiden und dem obern und untern Rande der Lunge er- strecken sich die weiten Gänge, welche unter ihnen so wie oben zu einer gemeinschaftlichen Höhle zusammenfliessen, die sich in die Lungenanhänge spaltet. Die vordere ist nur in ihrem kleinern obern Theile vollkommen, im untern durch viele Oeffnungen durchbrochen“ (MECKEL, 18, p. 76). „An der vordern untern Wand der Lunge finden sich (wie bei Gecko fimbriatus) [Uroplates fimbriatus] vier kleinere und an dem hintern Ende (wie bei Polychrus) vier grössere Zipfel. Diese, von denen einer bis zwei wieder in zwei gespalten sind, sind nicht so lang wie bei Polychrus.“ (MECKEL, 19, p. 228.) 574 A. MILANI, „Dans le caméléon ordinaire, parmi les caméléoniens les poumons sont très-vastes, surtout le poumon droit, et munis de nombreux appen- dices vésiculeux de longueur variable, situés entre les viscères et dirigés pour la plupart vers la partie inférieur du corps. Le poumon gauche a six appendices ou troncs principaux disposés le long du sac principal; chacun d'eux se divise en deux vessies d’inégale grandeur. Je trouve le même nombre d’appendices principaux au poumon droit, mais leur division n° a rien de régulier; le premier et le dernier sont simples, les quatres intermédiaires sont ramifiés de la manière suivante: le deuxième et le cinquième ont trois branches, le troisième deux et le quatrième quatre; en sorte qu’il y a en tout quatorze vessies accessoires. La plupart de ces appendices sont encore celluleux, les plus longs seu- lement sont membraneux et ne présentent que quelques stries circu- laires dues aux vaissaux sanguins. Ces vessies placées entre les viscères s'étendent jusqu’à la partie la plus reculée de l’abdomen. Les poumons sont divisés longitudinalement en trois sacs: deux supérieurs, l’un interne plus grand, qui se continue avec la trachée et avec les appendices, l’autre externe qui règne à côté du précédent, et un inférieur, ventral plus petit.“ (LEREBOULLET, 15, p. 80.) „Von dem hintern Ende [der Lunge] gehen bei den Chamaeleonten besondere Blindschläuche aus, die weit in die Leibeshöhle einragen. Sie deuten eine Einrichtung an, die bei den Vögeln andere functionelle Beziehungen gewinnt.“ (GEGENBAUR, 10, p. 598.) Vgl. auch MILNE- Epwarps, 9, p. 306. „Bei den Chamäleonten wird durch Erhebung einer oder mehrerer [?] von der Lungensackwandung gegen die Bronchusausmündung vor- ragenden grossen Scheidewände, welche ebenso wie die übrige Lungen- wand selbst mit Alveolen umgrenzenden Leisten besetzt sind, das Lumen jedes Lungensacks in zwei oder mehrere, wenn auch nicht vollständig geschiedene Hauptabtheilungen gebracht.“ (SCHULZE, 24, p. 481.) Wenn WIEDERSHEIM (36, p. 1) unter Verweisung auf die Angaben von STANNIUS (Zootomie), C. K. HOFFMANN (in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs), Owen (Anatomy of Vertebrates), GEGENBAUR (Grundzüge der vergleichenden Anatomie) und F. E. SCHULZE (in: Srricker’s Handbuch) die einschlägige Literatur als „äusserst spärlich“ bezeichnet, so sind ihm offenbar die citirten Arbeiten von MECKEL und LEREBOULLET entgangen. Sie geben im Wesentlichen bereits dasselbe, was WIEDERSHEIM in seinem Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 575 Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere und in seiner das Respirationssystem der Chamäleonten betreffenden Schrift darüber bringt. Der Vollständigkeit wegen mége indessen auch hieraus das Wichtigste angefiihrt werden. „An der Stelle, wo der Bronchus aufhört, gelangt man durch drei grosse runde Oeffnungen [?] in das eigentliche Lungengewebe hinein. Sie führen in drei grosse, parallel mit einander in der Längsaxe des Organs liegende Hohlräume, welche in ihrem vordern Abschnitt durch solide Scheidewände von einander abgekammert sind. Nach kurzem Verlauf aber zeigen sich diese, anfangs von kleinen und spärlichen, weiter nach hinten jedoch von gréssern Oeffnungen durchbrochen, so dass also Verbindungen der Hohlräume unter einander zu Stande kommen. Noch weiter nach rückwärts schwindet vollends jede Spur der Scheidewände, so dass schliesslich eine einheitliche Lungenhöhle zu Stande kommt und das sackförmige Organ den Charakter einer Amphibien- oder Eidechsen - Lunge annimmt. Jene Septalbildungen sind nicht etwa zufällig und in ihrer Anordnung wechselnd, wie F. E. SchuLzE anzunehmen scheint, sondern es handelt sich um eine ganz typische Anordnung derselben, deren letzte Ursache in den Gefässverhältnissen zu suchen ist. Letztere grundiren gewisser- maassen die gesammte Lungenarchitectur in ihren Hauptzügen vor, d. h. sie sind das bestimmende Moment für die Anlage des bei Cha- mäleoniden zum ersten Mal in die Erscheinung tretenden intrapulmo- nalen (bronchialen) Röhrensystems [?], welches dann in der aufsteigenden Thierreihe bekanntlich eine so hohe Ausbildung erfährt.“ (WIEDERS- HEIM, 36, p. 8—9.) Die Anhänge der Lunge „erscheinen als wurst- oder auch als glockenförmige Schläuche, bezw. Blasen, welche übrigens nur vom ven- tralen und hintern (d. h. caudalwärts gerichteten) Lungenrand aus- gehen und sich ganz so, wie die Luftsäcke der Vögel, in die zwischen den übrigen Eingeweiden des Cöloms befindlichen Interstitien einbohren. Nach Form, Grösse und Zahl unterliegen sie den allermannigfachsten Schwankungen und es lässt sich hierüber kein bestimmtes Gesetz auf- stellen. Dies gilt sowohl für verschiedene Individuen, als auch für Rechts und Links in einem und demselben Exemplar. Nur Eines lässt sich dar- über mit Sicherheit aussagen, nämlich das, dass sie am ventralen Lungen rand, wo sie oft ganze Serien von fransenartigen Anhängen darstellen, nie zu so starker Entwicklung gelangen, wie am Hinterrande, wo eine grössere Ausbreitungsmöglichkeit vorhanden ist und wo die gesammte 576 A. MILANI, Hauptmasse der Lunge in der Regel in zwei bis drei grosse, an ihrem Ende häufig zipfelartig sich spaltende Beutel zerschlissen erscheint. Diese erstrecken sich nach hinten ins äusserste Ende der Bauchhöhle bis zur Cloake, d. h. sogar noch bis in die Schwanzwurzel hinein.“ (WIEDERSHEIM, 36, p. 11—12.) „Am dorsalen Lungenrand finden sich zahlreiche Rippeneindriicke.“ (WIEDERSHEIM, 35, p. 665.) Chamaeleon monachus GRAY stimmt in der Structur seiner Athmungsorgane der Hauptsache nach mit der vorigen Species überein. (WIEDERSHEIM, 36, p. 1.) Da manches von den vorstehenden Literaturangaben (speciell der Mecker’schen Ausführungen) in Folge unglücklich gewählter Bezeich- nungen und schwieriger Ausdrucksweise kaum verständlich sein dürfte, ausserdem aber auch noch einiges zu corrigiren und zu ergänzen ist, so werde ich auf den Bau der Chamäleon-Lunge nochmals näher eingehen. Das von mir untersuchte Exemplar gehört der Species Chamae- leon basilicus CoPE an. Im vordern Abschnitt einer jeden Lunge verlaufen von vorn nach hinten zwischen der lateralen und medialen Seite zwei Septen (Fig. O). Das kleinere derselben, nächst der ventralen Lungenwand befind- liche, hat mit dieser ungefähr parallele Richtung, das andere ver- streicht nahezu parallel der Dorsalseite der Lunge (Fig. P). Vorn treffen beide auf den Rand der Bronchusöffnung. Hier ist ihre gegenseitige Entfernung am geringsten, nach hinten zu vergrössert sie sich. Durch diese Scheidewände kommt es in jedem Lungensack zur Bildung von drei Kammern, einer ventralen, einer dorsalen und einer zwischen diesen beiden in der directen Verlängerung der Luftwege gelegenen dritten. Diese, die ich als mittlere bezeichnen will, tritt mit den erstgenannten Kammern in unmittelbare Verbindung da- durch, dass sich in den beiden Septen kurz hinter deren Vereinigungs- stelle mit dem Bronchusrand je eine Oeffnung befindet. Auch den hintern Theil der Septen finde ich in der Weise, wie es MECKEL und WIEDERSHEIM angegeben haben, unregelmässig per- forirt. (Auf der schematischen Zeichnung ist dies nicht zum Ausdruck gebracht worden.) Der craniale Lungenzipfel ist gegen die dorsale Kammer, an die er sich nach vorn anschliesst, durch ein Diaphragma abgegrenzt; eine Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 511 darin befindliche Oeffnung vermittelt die Verbindung zwischen diesen beiden Lungenabtheilungen. Von der dorsalen Wand des erwähnten Zipfels erheben sich drei kleine, nach dem Innern vorspringende Septen, wodurch es dort zur Fig. O. Fig. P. 7 d Bildung von drei kleinen Nischen kommt. Drei eben solche Nischen finden sich auf der dorsalen Wand der dor- salen Kammer. Das weitmaschige Al- veolennetz, das auch die bei- den Scheidewände überkleidet, ist auf den vordersten Ab- schnitt der Lunge (einschliess- lich des vordern Zipfels) be- schränkt. Seitenstreifen fehlen. Bezüglich der langen Fortsätze, in die der hintere ventrale und der caudale Theil der Chamäleon-Lunge ausläuft, verweise ich auf die citirten Angaben der ältern Autoren. Chamaeleon pumilus Daup. scheint sich im Bau seiner Lungen wesentlich anders zu verhalten als die vorigen Arten. MEcKEL findet unter den von ihm untersuchten Lacertiliern die Lunge hier „am unvollkommensten, in der That ganz froschartig, die Zellen sehr gross, die Wände niedrig, und im Innern kaum im vordern Theile etwas abgetheilt.“ Der hintere Theil ist einfach und äusserst weitzellig. (MECKEL, 18, p. 78.) Zool, Jahrb, VIl. Abth, f. Morph, 38 578 A. MILANI, „Les poumons sont deux petits sacs simples ovales, de grandeur égale; ils manquent d’appendices“ 1). (Cuvier, 6, p. 29 u. 134.) Die beiden zum Schluss noch zu besprechenden Familien der Helodermatidae und Varanidae weisen innerhalb der Lacertilier ohne Zweifel die complicirtesten Lufträume auf. „In Heloderma suspectum Core we find that the central cavity is divided into several smaller ones by means of partitions (fig. 5). These smaller cavities or air-sacs are subdivided into air-cells, just as we have seen in the case of the frogs lung. The bronchus is continued into the lung (which it enters at its inner and anterior sixth) until it reaches the wall, which divides the posterior sac from those lying in front of it; here it ends as a cir- cular opening. This posterior sac is simpler in its structure than those lying anterior to it. The subdivision of the inner surface of the lung beginns at the anterior end and gradually proceeds backward. The air-sacs have encroached upon the central cavity until noth- ing but a small tube or semi-bronchus is left. I am not inclined to call this a bronchus, because it is perforated all along its walls with the openings of the air-sacs. It might be considered as a single atrium or third air-cavity, which communicates with the bronchus.“ (MILLER, 17, p. 170.) Varanidae. In Monitor niloticus | Varanus niloticus (L.)] ,,each bronchus enters the lung a little above the middle of its length and emits a short branch with cartilaginous rings for the upper portion of the lung: the principal stem does not penetrate far into the substance of the lung; its cartilaginous rings soon disappear and there remains only a membranaceous tube with numerous lateral openings. The lungs of both sides are nearly equally developed and of moderate capacity; their interior is amply provided with cells and meshes, less so in their posterior extremity“. (GÜNTHER, 12, p. 112.) In Regenia ocellata | Varanus exanthematicus (Bosc)]| „the two bronchi penetrate so far into the substance of the lungs, that they nearly reach their posterior extremity and the length of each bron- chus is equal to that of the undivided trachea: each bronchus opens 1) Ob bei Chamaeleon pumilus die Zipfel wirklich fehlen, oder ob diese Behauptung nicht vielleicht auf ein mangelhaftes Präparat zurück- zuführen ist, wage ich hier nicht zu entscheiden. Ich selbst habe diese Art nicht untersuchen können. Beitriige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 579 by several lateral foramina, but emits only one short branch, which again is provided with incomplete cartilaginous rings. The lungs of both sides are nearly equally developed and of moderate capacity, their interior is amply provided with cells and meshes, even in their posterior extremity“. (GÜNTHER, 11, p. 61.) „Ihe two genera Regenia and Monitor being closely allied, Re- genia albogularis | Varanus albogularis (Daup.)| does not differ from what I have previously noted in any of the principal points, more resembling Regenia ocellata in some minor respects and in others Monitor niloticus.“ (GÜNTHER, 12, p. 113.) Bei Tupinambis bengalensis | Varanus bengalensis (Daun.)| „theilt sich der Luftröhrenast, indem er die Lunge etwas vor ihrer Mitte erreicht, in einen grössern hintern und einen kleinern vordern Zweig“; dieser geht nach oben, jener verläuft in der Richtung des Stammes. „Beide ver- laufen eine ziemliche Strecke weit ausserhalb der Substanz der Lunge, dann treten sie in dieselbe und senden dicht neben einander eine an- sehnliche Menge meistens paarweise stehender Gänge ab, welche sich zu Säcken erweitern, die bis zur Oberfläche reichen und die in dem Maasse weiter und an ihrer innern Fläche weitmaschiger sind, als sie später abgehen. Zuletzt zerfallen beide Zweige in zwei grosse Säcke, von welchen die hintern beträchtlich grösser und weiter als die vordern, beide sehr weitmaschig, doch der vordere viel weniger als der untere sind“. (MEcKEL, 18, p. 77.) Ich verdankte dem glücklichen Zufall, dass gerade im Sommer 1892, da ich meine Untersuchungen begann, die Gattung Varanus im Zoologischen Garten meiner Vaterstadt Frankfurt a. M. durch eine Anzahl stattlicher Exemplare vertreten war, sowie der Liebenswürdig- keit des damaligen wissenschaftlichen Directors Herrn Dr. HAACKE, der die abgestorbenen Stücke in äusserst liberaler Weise dem Zoolo- gischen Institut zu Giessen überliess, die Möglichkeit, von den com- plieirt gebauten Athmungsorganen dieser Thiere einige wohlgelungene Trockenpräparate anzufertigen und näher zu studiren. Die Species, die ich an der Hand von frischem Material unter- sucht habe, sind: Varanus bengalensis (Daup.), Varanus varius (SHAW.), Varanus griseus (DAUD.). Ausserdem haben mir Varanus niloticus (L.) und Varanus salvator (LAUR.) in Spiritusobjecten zur Verfiigung gestanden. Wahrend die Lungen bei den genannten Arten unter einander im Wesentlichen iibereinstimmen, zeigen sie beträchtliche Abweichungen 38% 580 von den bisher besprochenen Formen und zwar nicht nur in ihrem innern Bau, sondern auch in der äussern Gestalt (Fig. Q). Fig. Q. Die Bronchien, in die sich die Trachea gabelt, sind im Verhältniss zur Grösse der Lunge sehr lang zu nennen. Sie münden auf der Ventralseite der Lungen- säcke etwas vor deren halber Lange (vgl. auch die vor- stehenden Citate). Der vordere Abschnitt einer jeden Lunge ist in einen langen, stumpfspitzigen Zipfel ausgezogen, der sich, unter dem Coracoideum und der Clavicula hinziehend, ziemlich weit gegen den Hals hin erstreckt (Taf. 51, Fig. 17; Fig. Q). Bei Varanus sal- vator zeichnet er sich durch besondere Linge aus. Auch bei den Varaniden findet in ähnlicher Weise, wie ich es bei Agama stellio und Phrynosoma beschrieben habe, eine Verlagerung der Lungen statt. Dabei schmiegen sich die beiden Säcke innig an einander, und es umfasst der linke mit seinem vordern ventralen Ab- schnitt den rechten, während dieser mit seiner hintern dorsalen Partie eine Strecke weit der Ventralseite des lin- ken aufgelagert ist. Dadurch, dass der vordere ventrale Theil der rechten Lunge seinerseits etwas gegen die linke hinübergebogen ist, kommt es zu einer fast vollstän- digen Ueberdeckung der Bronchien, Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 581 Die Oberfläche zeigt eine Menge von grössern und kleinern Auf- treibungen, die den im Innern verlaufenden Gängen entsprechen. Bei Varanus bengalensis stülpt sich in der vordern ventralen Partie einer jeden Lunge einer dieser Gänge zu einem ziemlich um- fangreichen, über die Oberfläche hervorragenden Zipfel aus. Diese beiden Zipfel sind kopfwärts gerichtet, sie haben eine schwer zu be- schreibende, unregelmässig-kuglige Gestalt. Zwischen ihnen befindet sich noch eine unpaare, in der Medianebene verlaufende dritte Aus- sackung. Diese entstammt der rechten Lunge, sie ist ebenfalls dem Vorderende des Organs zuge- wandt (Fig. Q). Während übrigens die beiden zuerst beschriebenen Zipfel eine ausschliessliche Eigenthümlichkeit von Varanus bengalensis zu sein scheinen, tritt der zuletzt genannte auch bei Varanus varius und Varanus griseus auf. In Bezug auf den innern Bau der Lunge zeichnen sich die Vara- niden vor den übrigen Lacertiliern ') besonders dadurch aus, dass sich bei ihnen die Bronchien eine Strecke weit in das Lumen der Lunge hinein fortsetzen und sich darin in zwei Aeste gabeln (Fig. R). Der Hauptstamm verläuft in der Lunge von vorn nach hinten, gleichzeitig sich von der ventralen nach der dorsalen Seite wendend. Kurz hinter seinem Eintritt in die Lunge zweigt sich von ihm und zwar von seiner Dorsalseite ein klei- neres und engeres Rohr ab, das sich im Bogen nach dem vordern Zipfel begiebt. Fig. R. 1) Wenigstens der bei weitem grössten Mehrzahl. Ueber ab- weichende Vorkommnisse bei einigen Iguaniden und bei Heloderma vergl. diese. 582 A. MILANI, Hinter dieser Gablungsstelle treten die Knorpel des Hauptastes, die bis dahin geschlossene Ringe darstellen, aus einander und bilden nur noch eine Rinne. Diese wird durch das von der lateralen, medialen und dorsalen Seite an sie herantretende Lungengewebe zu einem Rohre ergänzt, das sich, im Anschluss an den Hauptast des Bronchus, auch nach Aufhören der Bronchialknorpel nach hinten fort- setzt, allmählich weiter wird und im hintern Abschnitte der Lunge in einen Sack ausläuft. Die Wand dieses Rohres — ich möchte es Bronchialrohr nennen — ist von zahlreichen kleinern und grössern Oeffnungen siebartig durchbrochen. Einige davon zeichnen sich durch Grösse und regelmässige Anordnung vor den übrigen aus. Sie liegen in dem lateralen und medialen Rande der aus Knorpelbogen be- stehenden rinnenförmigen Fortsetzung des Bronchus und bilden dort je eine Reihe. Bei Varanus varius finde ich in jeder Reihe deren 9, bei den übrigen Species nur 5-6. Alle diese Oeffnungen führen in Gänge, die, die Lunge durchziehend, sich nach deren Wandung hin- begeben. Sie nehmen mit ihrer Entfernung vom Bronchialrohre an Weite zu. Jeder von ihnen giebt während seines Verlaufes eine grössere Zahl von Aesten ab, die sich selbst wieder in feinere und feinste Zweige spalten. Ganz ähnlich, wie ich es soeben für den hintern Theil der Lunge beschrieben habe, liegen die Verhältnisse in ihrem vordern Abschnitte: der sich hier hinein begebende kleinere Luftröhrenast setzt sich nach Aufhören der Knorpelringe in einen allmählich weiter werdenden Gang fort. Von diesem aus führen, ebenso wie vom Bron- chialrohre, verschiedene Canale, die sich in der mannigfachsten Weise verzweigen, nach der Lungenwand hin. Die Wandungen des gesammten, den Lungenhohlraum durch- ziehenden Gangsystems sind von Alveolen ausgekleidet. Diese sind im Centrum der Lunge eng und tief, da, wo sich die Gänge der Ober- fläche nähern, werden sie grösser und flacher. An vielen Stellen finde ich die Wandungen der Canäle von kleinen Oeffnungen durchbrochen, so dass es dort zur Communication zwischen benachbarten Hohlräumen kommt. Ob dieses Vorkommniss normal ist, kann ich nicht entscheiden; es ist nicht unmöglich, dass diese Perforation der zarten Wände der Gänge erst nach dem Tode der Thiere, bei der Präparation entstanden ist. Es würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen, wollte ich eine Beschreibung von Lage und Richtung sämmtlicher das Innere der Varanus-Lunge durchsetzenden Canale und Canalchen geben, ich Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 583 muss mich daher auf eine Schilderung des Verlaufes der gréssern Gänge beschranken. Was zunächst die Gänge betrifft, die reihenweise zu beiden Seiten der rinnenförmigen Bronchusfortsetzung gelegen sind, so beschreiben sie einen Bogen von der dorsalen über die laterale oder mediale nach der ventralen Seite der Lunge (Fig. S). Dabei steigen die vor- dersten etwas gegen das craniale Ende an, während die mittlern un- gefähr in der Querschnittebene verlaufen, die darauf folgenden da- gegen sich nach dem caudalen Theil der Lunge wenden. Mit diesen letzteren haben die sich hinter ihnen noch vom Bronchialrohre abzweigenden Canale ungefähr Fig. S. gleiche Richtung. ae Im vordern Abschnitte der Lunge sind die grössern Gänge, die von dem hier verlaufenden Hauptrohre (der Fortsetzung des kleinen Bronchus- astes) abgehen, alle kopfwärts gewandt. Am Schlusse dieser Arbeit dürfte es sich wohl der Mühe lohnen, einmal zu prüfen, ob und wie weit 2 die darin niedergelegten Ergebnisse uns darüber aufzuklären vermögen, in welcher Weise und auf welchem Wege sich aus den einfachen Lungenformen der Lacertilier die complicirteren entwickelt haben; ob sich fernerhin einerseits die auf der primitivsten Stufe stehenden Lacertilierlungen ableiten lassen von den Lungen der höhern Amphibien und ob andrerseits Uebergänge vorhanden sind nach den Lungen der Vögel hin und denen der höhern Amnioten überhaupt. Dem Leser der obigen Beschreibungen wird es nicht entgangen sein, dass sich innerhalb der Lacertilierlungen gewisse Typen unter- scheiden lassen. Ich will sie nach den charakteristischsten Vertretern als Sphenodon-Typus, Lacerta-Typus, Iguana-Typus und Varanus-Typus bezeichnen. Die nach dem Sphenodon-Typus gebauten Lungen stellen Säcke dar, deren Innenseite entweder voll- ständig oder mit Ausschluss des hintern Abschnittes mit Alveolen und Crypten bedeckt ist; eine weitere Complication ist noch nicht ein- getreten. Wir treffen solche einfache Lungenformen bei den Hatteri- iden (Sphenodon punctatus)‘), den Teiiden (Tupinambis tequixin, Ameiva surinamensis), den Scinciden (Chalcides ocellatus, Eumeces 1) Als Repräsentanten der einzelnen Typen sind hier nur solche Thiere genannt, die ich entweder selbst untersucht habe oder so be- schrieben fand, dass Missverständnisse ausgeschlossen erscheinen. 584 A. MILANI, algeriensis, Mabuia aurata). Sie stimmen mit den Lungen der Am- phibien im Wesentlichen überein und unterscheiden sich von diesen nur dadurch, dass ihnen wie den Reptilienlungen überhaupt (ent- sprechend dem bei diesen Thieren entwickelten Hals) stets eine Trachea zukommt, während die Lungen der Amphibien fast durchweg unmittel- bar in den Kehlkopf übergehen. In der Lunge von Ameiva surinamensis kommt es zu einer weitern, allerdings nur ganz unbedeutenden Vergrösserung der respiratorischen Oberfläche dadurch, dass von der ventralen und dorsalen Seite einige kleine Septen nach dem Innern zu vorspringen. Diese Lunge bildet hierdurch ein Uebergangsglied zu complicirtern Formen und zwar zum Lacerta-Typus. Dieser ist dadurch charakterisirt, dass sich auf der innern Lungen- wand entweder von der Ventral- und Dorsalseite oder nur von dieser eine grössere Zahl wohlausgebildeter Septen erhebt. Der- artig gebaute Lungen finden sich bei Tiliqua scincoides, einem Mit- glied der Familie der Scinciden, die, wie wir bereits gesehen haben, auch Vertreter zum Sphenodon - Typus liefert, ausserdem bei den Geckoniden (Gecko verticellatus und vittatus, Tarentola mauritanica und annularis, Gymnodactylus platurus, Thecadactylus rapicaudus, Hemidactylus turcicus), ferner bei den Zonuriden (Zo- nurus giganteus), den Lacertiden (Lacerta ocellata, agilis, viridis und muralis) und endlich bei Calotes jubatus, einem Vertreter der Agamiden. Bei Beschreibung der einzelnen Lungen habe ich die darin auf- tretenden Septen nur auf ihre Gestalt, Grösse und Zahl hin betrachtet, ohne auf ihre Entstehungsweise einzugehen. Dies möge hier nach- geholt werden. Wirft man einen Blick auf die Septen in der Ameiva-Lunge oder auf die hintersten (niedrigsten) ') in der Lunge von Lacerta ocellata, so wird man bemerken, dass zwischen dem Alveolensystem und den Septen ein gewisses Zusammengehörigkeitsverhältniss vorhanden ist, derart, dass die Septen sich in ihren Theilen, die der Lungenwand zunächst liegen, gleichzeitig als Alveolenwände darstellen. Man wird ferner beobachten, dass die in den Septenrändern verlaufende Muscu- latur in directem Zusammenhang steht mit der Musculatur der Al- veolenwände und sich als deren Fortsetzung erweist. 1) Die grössern Septen verhalten sich ebenso wie die niedrigeren, nur gewinnt man bei diesen leichter Klarheit über die Entstehungs- weise, Beitrige zur Kenntniss der Peptilienlunge. 585 Es geht hieraus hervor, dass wir die Septen auf die Weise ent- standen denken müssen, dass sich mehrere neben einander liegende Al- veolenwände über das Niveau der iibrigen erhoben haben und gleich- zeitig mit einander verschmolzen sind. Dem entsprechend haben wir den Lacerta-Typus nicht als essentiell, sondern nur als graduell verschieden von dem Sphenodon-Typus an- zusehen. Darnach miissen wir ferner annehmen, dass Lacertilier, deren Lungen dem Lacerta-Typus folgen, hervorgegangen sind aus solchen, deren Lungen noch auf der Stufe des Sphenodon-Typus gestanden haben. Innerhalb der beiden Typen haben wir Lungen gefunden, die im Bereiche der Bronchus- oder Tracheamündung äusserlich eine Ein- schniirung zeigen (Chalcides ocellatus, Eumeces algeriensis, Tiliqua scincoides, die verschiedenen Lacertiden, Zonurus giganteus). Diese Einschnürung scheint zurückzuführen zu sein auf den Einfluss der Arteria und Vena pulmonalis, die sich an dieser Stelle über die Lunge hinziehen. Ihr entspricht im Innern eine mässige Verdickung der Lungenwand; in Folge dessen erscheint der kleinere vordere Abschnitt gegen den hintern Raum der Lunge etwas abgesetzt. Denken wir uns diese Verdickung nach dem Innern der Lunge zu fortschreiten, so würde dies zur Ausbildung einer Zwischenwand führen, die den Lungenhohlraum in zwei Kammern sondert. Solche Verhältnisse finden wir thatsächlich bei der Mehrzahl der Iguaniden und Agamiden, sie bilden das Characteristicum des Iguana- Typus. (Uromastix hardwickei und acanthinurus, Agama stellio, Iguana tuberculata, Ctenosaura acanthura, Brachylophus fasciatus, Amphibolurus barbatus, Polychrus marmoratus.) Ist schon hierdurch ein Weg gewiesen, auf dem sich Lacertilier- Lungen, die dem genannten Typus angehören, entwickelt haben aus einfachern Formen, so deutet ihr übriger Bau darauf hin, dass wir sie vom Lacerta-Typus ableiten müssen. Die dort vorhandenen Septen finden sich nämlich auch hier, jedoch in beträchtlicherer Zahl und weit ansehnlicherer Grösse. Bei Iguana tuberculata erreicht das sich darüber hinziehende Al- veolensystem eine ganz besondere Ausbildung. In Folge dessen werden die durch die kleinern Septen gebildeten Nischen zu gangartigen Säcken eingeengt. Mit dem Fortschritt, den wir die Lacertilierlunge haben nehmen sehen, geht eine fortschreitende Ausbildung der Luftwege Hand in Hand. Bei einer grössern Zahl der den beiden ersten Typen angehörigen 586 A. MILANI, Formen spaltet sich die Trachea nicht in gesonderte Rohre, sondern mündet mit zwei Bronchialöffnungen unmittelbar in die Lungen ein, bei andern kommt es zur Bildung von wirklichen Bronchien, die aller- dings nur sehr kurz sind. Längere Luftröhrenäste treten erst bei den Agamiden und Iguaniden auf; ihre relativ stärkste Entwicklung erreichen sie hier bei Iguana tuberculata, deren Lunge wir als die complicirteste von sämmtlichen Formen kennen gelernt haben, die zum Iguana-Typus gehören. Bei Iguana tuberculata und Polychrus marmoratus setzt sich überdies ein Theil der Bronchialknorpel ın Gestalt einer auf der Vorderseite der grossen Zwischenwand verlaufenden Rinne in das Innere der Lunge hinein fort. Letzteres Vorkommniss, in dem wir Verhältnisse angedeutet finden, die in der Lunge der Vögel und Säugethiere eine besonders charak- teristische Entwicklung erlangt haben, lässt uns nach einem Zwischen- eliede suchen, das in dieser Beziehung (eventuell auch in Bezug auf den übrigen Bau) eine angemessene Verbindung der Lacertilier mit den warmblütigen Amnioten herstellt. Ein solches Uebergangsglied, wie es charakteristischer gar nicht gedacht werden könnte, bildet in der That der Varanus-Typus. (Familie der Varaniden: Varanus bengalensis, niloticus, varius, griseus, salvator, exanthematicus, albogularis.) Hier setzen sich die Bronchien, deren extrapulmonaler Theil grösser ist als bei allen übrigen Lacertiliern, nicht nur als geschlossene Rohre in das Innere der Lunge hinein fort, sondern spalten sich darin auch in je zwei Aeste, wovon sich der eine nach dem vordern, der andere nach dem hintern Abschnitte der Lunge begiebt. Von den beiden Bronchialästen und deren Verlängerung gehen zahlreiche, das Innere der Lunge durchziehende Gänge aus, die sich in der mannichfachsten Weise verzweigen. Die grössern Gänge dieses intrapulmonalen Röhrensystems, das vollständig an das der Vogel- lunge erinnert, können sehr wohl entstanden gedacht werden durch eine noch weiter gesteigerte Fortbildung der Septen und ihres Al- veolenbezugs, deren Anfänge beim Lacerta- bezw. Iguana-Typus fest- gestellt worden sind. Es wird hierdurch der Lungenhohlraum auf einen in der Verlängerung des Bronchus liegenden Gang reducirt, der sich durch den Mangel der Knorpel als etwas vom Bronchus wesentlich Verschiedenes erweist. Innerhalb der grössern Gänge wiederholt sich der Process der Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 587 Septenbildung und eine dem entsprechende Entwicklung des Alveolen- systems, woraus sich die Entstehung der kleinern Canale erklärt. Die Thatsache, dass sich die intrapulmonale Bronchusfortsetzung, in einen vordern und einen hintern Ast spaltet, weist darauf hin dass die Varanus-Lunge aus einer urspriinglich zweikammerigen Lunge, wie sie uns im Iguana-Typus entgegentritt, hervorgegangen sein muss. Es erübrigt noch in kurzen Worten auf einige Lacertilier zurück- zukommen, deren Lungen nicht ohne Weiteres einem der vier ge- nannten Typen eingereiht werden künnen. Es sind dies das Cha- maeleon, Heloderma suspectum und Phrynosoma. Was zunächst die Chamaeleon-Lunge betrifft, so betrachtete man bisher als das Eigenthümlichste daran die langen zipfelförmigen Fort- sätze. Man stellte diese (gewiss auch mit Recht) in Parallele mit den Luftsäcken der Vogellunge und glaubte auf Grund dieses Charac- teristicums in der Chamaeleon-Lunge den Ausgangspunkt für die Vogellunge gefunden zu haben. Hiermit war man ohne Zweifel zu weit gegangen. Wie wir ge- sehen haben, finden sich solche Luftsäcke ausser bei Chamaeleon auch bei Uroplates fimbriatus und Polychrus marmoratus. Zieht man in Betracht, dass die Lungen der betreffenden Thiere keinerlei weitere Anklänge an die Vogellunge aufweisen, dass ausserdem die drei ge- nannten Lacertilier weder durch den übrigen Bau ihrer Athmungs- organe, noch durch sonstige Beziehungen mit einander näher verwandt sind, dass ferner Polychrus marmoratus, der zu den Iguaniden ge- hört, in seinem übrigen Lungenbau vollständig dem Typus folgt, der für diese Familie charakteristisch ist, dass endlich auch bei den Vara- niden (hier allerdings nur kleinere) Aussackungen gefunden werden, die sich über das Niveau der Lunge erheben, so wird man den Zipfeln der Chamaeleon-Lunge unmöglich eine phylogenetische Bedeutung bei- messen können. Ihrer Entstehung nach sind derartige Ausstülpungen ohne Zweifel zurückzuführen auf die in den complicirteren Lacertilier- Lungen auftretenden Nischen und Taschen, wovon mehrere über die Oberfläche der Lunge hinausgewachsen sind, erst wohl nur kürzere Anhänge, schliesslich lange Zipfel bildend. Die Möglichkeit, solche Fortsätze zu entwickeln, muss nach den voranstehenden Betrachtungen als bei allen complicirteren Lacertilier- Lungen vorhanden zugegeben werden. Der Grund, der mich veranlasst, der Chamaeleon-Lunge eine Sonderstellung einzuräumen, liegt also nicht in dem Vorhandensein 588 A. MILANI, der Luftsäcke, vielmehr in dem Auftreten der zwei grossen Septen, die den Lungenhohlraum in drei Kammern abtheilen. Wir können uns ihre Entstehung nur dann erklären, wenn wir die Chamaeleon- Lunge von einer Form ableiten, die der Zipfel ursprünglich entbehrte. Hier müssen sich zwei vom Hinterende entspringende Septen mächtig entwickelt und nach dem Rande der Bronchusmündung hin vorgedrängt haben. Sollte eine Communication zwischen den durch diese Septen gebildeten Kammern, bezw. zwischen diesen und dem Bronchus nicht aufhören, so mussten in den Septen Lücken bleiben. Wir finden solche in Gestalt je einer grössern runden Oeffnung, die die Septen kurz hinter der Bronchusmündung durchbrechen. Die hinter den Septen vorhandene Communication zwischen den drei Kammern können wir uns vielleicht auf die Weise zu Stande ge- kommen denken, dass mit der Ausbildung der Zipfel eine Resorbirung des hintern Theiles der Septen eingetreten ist. Darauf scheint auch die früher erwähnte Perforation desselben hinzudeuten. Was das Diaphragma betrifft, das sich auf der Grenze zwischen der dorsalen Kammer und dem sich hieran anschliessenden vordern Zipfel befindet, so dürfte es auf zwei kleine Septen zurückzuführen sein, die von zwei gegenüberliegenden Seiten der Lungenwand auf einander zugewachsen sind und sich bis auf eine Communications- öffnung vereinigt haben. Die Lunge von Heloderma suspectum scheint, soweit dies aus der Mitver’schen Abbildung ersichtlich ist, Verhältnisse darzubieten, wie wir sie ähnlich bei den Schildkröten antreffen werden. Der Bronchus, der sich in das Innere der Lunge bis in deren hintern Abschnitt hinein fortsetzt, communicirt durch eine Anzahl von Oeffnungen mit Kammern, die gebildet werden durch Scheidewände, welche von der Lungenwand in den Hohlraum vorspringen. Eine Spaltung des intra- pulmonalen Bronchus findet nicht statt. Dies verdient deshalb be- sonders hervorgehoben zu werden, weil wir hiernach die Lunge von Heloderma suspectum ableiten müssen von einer Form, die noch nicht auf der Stufe des Iguana-Typus gestanden hat. Wir haben bereits in Calotes eine Agamide kennen gelernt, deren Lungen sich von dem Typus, der für diese Familie charakteristisch ist, entfernen. Einen zweiten ähnlichen Fall treffen wir innerhalb der Familie der Ieuaniden bei Phrynosoma. Auch hier wird die Abweichung durch das Fehlen der dem Iguana- Typus eigenthümlichen Zwischenwand hervorgerufen. Dies ist in der That merkwürdig. Im Uebrigen sind Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. 589 die bei Phrynosoma vorkommenden Verhältnisse einfacher zu deuten, als es vielleicht auf den ersten Blick hin scheinen möchte. Die beiden grossen Septen, die sich vom hintern Rande erheben, ent- sprechen vollständig denen, die wir bei Agama stellio und Iguana tuberculata an demselben Orte gefunden haben, nur dass sie bei diesen nicht so stark entwickelt sind. Was die im vordern Abschnitt auf- tretende Abkammerung betrifft, so müssen wir sie uns auf die Weise entstanden denken, dass drei ursprünglich freie Zipfel (ein dorsaler, ein lateraler und ein medialer), den hintersten Abschnitt des Bronchus zwischen sich einschliessend, mit einander verwachsen sind. Ueber die auch bei verschiedenen Lacertiliern vorkommende Rück- bildung der einen Lunge werde ich mich bei Besprechung der Ophidier- Lungen noch ausführlich verbreiten. Hier sei nur kurz bemerkt, dass wir darin weiter nichts als eine Anpassung an die langgestreckte Körpergestalt der betrefienden Thiere zu erblicken haben, der eine phy- logenetische Bedeutung nicht zukommt, da die primitivsten Schlangen, die Pythoniden und Boiden, noch mit paarigen, nicht Sehr asym- metrischen Lungen ausgestattet sind. Ich kann diese Arbeit nicht schliessen, ohne den Herren, die die Liebenswürdigkeit gehabt haben, mich dabei mit Rath und That zu unterstützen, vor allem meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. J. W. SPENGEL, und dem Assistenten am Zoologischen Institut zu Giessen, Herrn Dr. A. KOHLER, auch an dieser Stelle meinen verbind- lichsten Dank zu sagen. Literaturverzeichniss. 1. Bepparp, F. E., Note on the systematic position of Monitor, in Anatomischer Anzeiger, 1888, p. 204—206. 2. — On certain points in the visceral anatomy of the Lacertilia, particulary of Monitor, in: Proc. Zool. Soc. Lond., 1888, p. 98—107. 3. v. Brepriaca, J., Amphisbaena cinerea Vand. und A. strauchi v. Brpr., erster Beitrag zur Kenntniss der Doppelschleichen, in: Arch. f. Naturg., Jahrg. 50, Bd. 1, 1884, p. 23— 77. . Cuvier, G., Règne Animal, T. 3, p. 58 u. 60. — Lecons d’ Anatomie Comparée, Paris 1805, T. 4, p. 323—347. — Leçons d’ Anatomie Comparée, rédigées et publiées par Duvernoy, 2, éd, Paris 1840, T. 7. aus 590 29. A. MILANI, . Carus, C. G., Lehrbuch der vergleichenden Zootomie, Leipzig 1834, 2. Th., p. 592. . — Erläuterungstafeln zur vergleichenden Anatomie, Leipzig 1848, Hert" 2, tab. 10 ap. 9: . Epwarps, H. Mıune, Lecons sur la Physiologie et l’ Anatomie com- parées, Paris 1857, T. 2, p. 305—307. . GEGENBAUR, C., Grundriss der vergleichenden Anatomie, 2. Aufl., Leipzig 1878, p. 598. . GÜNTHER, A., On the anatomy of Regenia ocellata, in: Proc. Zool. Soc. 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Beitrige zur Kenntniss der Reptilienlunge. 591 30. Townson, Tracts and observations in natural history and physio- logy, 1799, p. 111. 31. Trevrranus, G. R., Die Erscheinungen und Gesetze des organischen Lebens, Bremen 1831, Bd. 1, p. 243— 247. 32. VALLISNIERI. Istoria del Cameleonte Africano, 1715 (Op. fisico- mediche, vol. 1, p. 385). 33. Wasner, R., Icones zootomicae, Leipzig 1841, tab. 16, fig. 1, 23, 24. 34. WIEDERSHEIM, R., Zur Anatomie und Physiologie des Phyllodactylus europaeus, in: Morph. Jahrb., Bd. 1, 1876, p. 495 —534. 35. — Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere, Jena 1883, p. 664—665. 36. — Das Respirationssystem der Chamaeleoniden, in: Ber. Naturf. Ges. Freiburg i. B., Bd. 1, 1886, Heft 3, p. 1—15. 37. — Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere, 4. Auf, Jena 1893, p. 449—450. 38, Wizzrams, Tx., Respiration, in: Topp, Cyclopaedia Anat. Physiol., vol. 5 (Supplementary Vol.). Erklirung der Abbildungen. Tafel. 30: Fig. 1. Mediale Hälfte der rechten Lunge von Sphenodon punc- tatus. Fig. 2. Dorsale Hälfte beider Lungen von Chalcides ocellatus. Am lateralen Rande der linken Lunge ist einer der Seitenstreifen zu erkennen. Fig. 3. Links dorsale, rechts ventrale Hälfte der rechten Lunge von Eumeces algeriensis. Fig. 4 Links laterale, rechts mediale Hälfte der linken Lunge von Ophisaurus apus. Fig. 5. Dorsale Hälfte der linken Lunge von Lacerta viridis mit dem daranhängenden medialen Abschnitte der rechten Lunge. Fig. 6. Dorsale Halfte der linken Lunge von Lacerta ocellata. Fig. 7. Laterale Hälfte der linken Lunge von Lacerta ocellata. Fig. 8. Laterale Hälfte der linken Lunge von Phrynosoma cor- nutum. Fig. 9. Querschnitt durch die vordere Partie der linken Lunge von Phrynosoma cornutum, von hinten gesehen. Fig. 10. Dorsale Hälfte der linken Lunge von Uromastix hard- wicker, 5992 A. MILANI, Beiträge zur Kenntniss der Reptilienlunge. Fig. 11. Linke Lunge von Iguana tuberculata. Von der hinteren Kammer ist die dorsale Partie abgetragen, so dass die grosse Zwischen- wand freigelegt erscheint. In dieser befindet sich die Oeffnung, die die beiden Kammern der Lunge mit einander verbindet. Tatel 31. Fig. 12. Dieselbe Lunge wie Fig. 11. Von der vordern Kammer ist die dorsale Partie abgetragen. Die Abbildung zeigt, wie der Bron- chus in die Lunge mündet und seine Knorpel sich in Gestalt einer Rinne bis zu der in der Scheidewand befindlichen Oeffnung fortsetzen. Während die Abbildungen, bei denen nichts Besonderes bemerkt ist die Lunge so darstellen, dass der vordere Abschnitt derselben auf der Tafel nach oben, der hintere nach unten gerichtet ist, ist in Fig. 12 das Präparat umgekehrt orientirt. Fig. 13. Mediale Hälfte der linken Lunge von Iguana tuberculata. Fig. 14 Laterale Hälfte derselben Lunge. Fig. 15. Aussenansicht der Lungen von Polychrus marmoratus, von der ventralen Seite gesehen. Auf dem Bilde befindet sich das Vorderende der Lunge (mit der Trachea) zunächst dem rechten Tafel- rande, während die langen, zipfelförmigen Fortsätze dem Hinterende des Organs entsprechen. Fig. 16. Laterale Hälfte der linken Lunge von Varanus varius. Der Schnitt ist grösstentheils ausserhalb des intrapulmonalen Bronchus hergegangen, nur an zwei Punkten sind Stücke davon angetroffen. Die Abbildung ist orientirt wie Fig. 12. Fig. 17. Ventrale Ansicht beider Lungen von Varanus begalensis. Die äussere Wand ist abgetragen. Vgl. Fig. Q, S. 580. Fig. 18. Querschnitt durch die rechte Lunge von Varanus varius, von vorn gesehen. Der Schnitt ist etwas hinter der Gabelungsstelle intrapulmonalen Bronchus. Tafel 32. Fig. 19. Mediale Hälfte der rechten Lunge von Varanus benga- lensis. Fig. 20. Links mediale Hälfte, rechts laterale Hälfte der rechten Lunge von Varanus griseus. Fig. 21. Mediale Hälfte der linken Lunge von Varanus varius. = Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia, Von Dr. Paul Samassa, Privatdocent in Heidelberg. Hierzu Tafel 33 u. 34. Vor Kurzem hat Rertzıus !) interessante Beobachtungen über das sensible Nervensystem der Mollusken veröffentlicht, die er mit Hülfe der GotgT’schen Methode unternommen hatte. Er fand unter anderem, dass im Tentakel von Arion eine grosse Zahl von Sinneszellen sich schwärzt, die offenbar mit den seinerzeit von FLEMMING beschriebenen identisch sind. Die centralen Fortsätze derselben gehen in das Tentakel- ganglion, wo aber Rerzius ihr weiteres Schicksal nicht verfolgt hat. Ich habe mir nun zur Aufgabe gestellt, den Bau des Ganglions etwas genauer zu ermitteln und gebe hiebei RETZIUS gerne zu, dass dies am besten im Zusammenhange mit dem centralen Nervensystem zu geschehen habe. In der That habe ich auch Präparate der Schlund- ganglien mit der GoLarschen Methode angefertigt; doch sind meine diesbezüglichen Untersuchungen von einem Abschlusse noch weit ent- fernt, und ich weiss auch nicht, wann ich dieselben werde wieder aufnehmen können, da mich mein gegenwärtiger Aufenthalt an der Zoologischen Station in Neapel naturgemäss auf andere Themata hin- weist. Ich theile daher meine Beobachtungen über das Tentakelganglion mit, sowie auch einen merkwürdigen Befund über die Innervirung 1) Rerzıus, G., Das sensible Nervensystem der Mollusken, in: Bio- logische Untersuchungen, N. F. Bd. 4, 1892. Zool, Jahrb, VII, Abth, f, Morph, 39 594 PAUL SAMASSA, des Tentakelmuskels, der, wie ich glaube, Anspruch auf allgemeineres Interesse hat. Zum Object meiner Untersuchung diente mir Helix pomatia, da ich mir den von Rerzius untersuchten Arion nicht in genügender Menge hatte verschaffen kénnen; bei der nahen Verwandt- schaft der beiden Thiere glaube ich aber unbedenklich an die Be- obachtungen von Rerzius anknüpfen zu können. Meine Untersuchungen wurden während eines gelegentlichen Ferien- aufenthaltes in Graz unternommen, und ich erlaube mir, Herrn Prof. Drascu, der mir in seinem Institute in liebenswiirdigster Weise Gast- freundschaft gewährte, sowie auch Herrn Assistenten HENNICKE hiefür meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Einige Vorbemerkungen über die Technik dürften nicht überflüssig sein. Ich habe nur vollständig ausgestreckte Tentakel verarbeitet; solche zu erhalten, gelingt am besten durch Combinirung der beiden bereits von FLEMMING !) angegebenen Kunstgriffe: ich umschnürte den Fühler mit einem Faden an der Basis und legte ihn in 2-proc. chrom- saures Kali, wo er sich meistens sehr schön ausstreckt, so dass höchstens ein Viertel aller amputierten Fühler zur Untersuchung unbrauchbar war, was ja bei diesem leicht zu beschaffenden Material gar keine Rolle spielt. Die völlig ausgestreckten Fühler wurden dann nach der schnellen Methode Gouai’s behandelt und kamen auf vier Tage in ein Gemisch von 4 Theilen 2-proc. Kali bichromicum und einen Theil l-proc. Osmiumsäure; hierauf auf höchstens einen Tag in ?/,-proc. Silbernitratlésung. Man findet dann meist eine so grosse Zahl von Fasern geschwärzt, dass das Studium ihres Verlaufes dadurch sehr erschwert ist, und es ist daher vortheilhaft, den Fühler bereits nach 6 oder 8 Stunden der Silberlösung zu entnehmen, wo eine geringere Zahl geschwärzter Fasern einen bessern Ueberblick gestattet. Be- sondere Sorgfalt habe ich darauf verwendet, das Object möglichst bald, nachdem es der Silberlösung entnommen war, zu schneiden ; es gelang 1) Fremmine, W., Untersuchungen über Sinnesepithelien der Mol- lusken, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 6, 1870. Zur Anatomie der Land- schneckenfühler und zur Neurologie der Mollusken, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 22, 1872. — Rerzıus (1. c.) war die letzgenannte Arbeit FLeu- mıng’s offenbar unbekannt, da er davon spricht, es sei ihm durch Um- schnürung des Fühlers an der Basis gelungen, „das Problem zu lösen“, die Fühler ausgestreckt zu conserviren, Ueber die Nerven des augentragenden Fiihlers von Helix pomatia. 595 mir dies vor allem dadurch, dass ich dasselbe, nachdem es in einen Tropfen Celloidin auf ein Stiickchen Hollundermark gebracht worden war, nicht in Alkohol, sondern in Chloroform hartete. Ich erreichte damit, dass ich den Fühler eine Stunde, nachdem er der Silberlösung entnommen war, bereits schneiden konnte und Schnitte von der völlig genügenden Dicke von 25 u erhielt. Sehr viel wäre mir daran ge- legen, die mit der Gorsr’schen Methode erzielten Resultate mit der Methylenblaumethode nachprüfen und bestätigen zu können; leider hatte ich nicht mehr Glück als Rerzıus und trotz zahlreicher und variirter Versuche völligen Misserfolg. Ich möchte damit aber Nie- mand vor neuerlichen Versuchen abschrecken, da ich fest überzeugt bin, dass vielleicht mittels eines Kunstgriffs, bei Anwendung von Prä- paraten verschiedener Fabriken u. s. w. schliesslich doch noch ein Re- sultat sich erzielen lassen wird; ich habe auch die Absicht, weitere diesbezügliche Versuche anzustellen, sobald sich Zeit und Gelegenheit dazu bietet. Auf die Anatomie des Schneckenfühlers gehe ich nur in so weit ein, als zum Verständniss unumgänglich ist und verweise im Uebrigen auf die ausführlichen Darstellungen von Leyvie !), FLEMMING ?) und SIMROTH #). Der Fühler stellt einen einstülpbaren Schlauch dar, bei dessen Eröffnung zunächst nur der Rückziehmuskel des Tentakels zu sehen ist. Dieser wird bald nach seinem Abgang vom Columellarmuskel hohl und nimmt den Fühlernerv und den von demselben abgehenden Opticus auf. Unter der Spitze des Fühlers geht der Fühlernerv in das Fühler- ganglion über, das zusammengepresst birnförmig ist und mit seiner Breitseite in der Frontalebene liest. Am Ganglion kann man eine obere Partie unterscheiden (s. die Zeichnung auf S. 602, 07’), die das oberste Drittel des Ganglions umfasst und aus dem sechs kurze, finger- formige Fortsätze (f) zum Epithel gehen; der Ausdruck Nerv ist hier nicht angebracht, da sich in diesen Fortsätzen sowohl Ganglien- zellen als auch im Centrum Punktsubstanz befindet, die erst nahe unter dem Epithel aufhört. Von dieser oberen Partie ist der untere Theil des Ganglions (w7’) durch eine leichte Einkerbung (%) geschieden, die an Flächenpräparaten leicht zu sehen ist; der untere Theil ver- jüngt sich allmählich und geht in den Fühlernerv über. Dorsal vom 1) Leyoıe, F., Zur Anatomie und Physiologie der Lungenschnecken, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 1, 1865. 2) MS ve: 3) Sımrorn, H., Ueber die Sinneswerkzeuge unserer einheimischen Weichthiere, in; Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd, 26, 1876. 39 * 596 PAUL SAMASSA, Ganglion liegt das Auge und dorsal von diesem inserirt sich die Haupt- masse des Riickziehmuskels in der Falte, welche über dem Auge ver- läuft und schon am lebenden Thier leicht zu sehen ist. Ventral und seitlich scheint der Muskel in dem Bindegewebe zu enden, das das Ganglion umgiebt. Ich gehe nun zur Schilderung meiner Befunde iiber; auf die Sinneszellen brauche ich nicht genauer einzugehen, da dies von RETZIUS bereits ausführlich geschehen ist. Ich möchte nur zwei Punkte be- . sonders hervorheben: erstens, dass der periphere Fortsatz der Sinnes- zellen ausnahmslos dicker ist als der centrale, was auch Rerzius her- vorhebt, und zweitens, dass sich unter den Sinneszellen Formen finden, welche deutliche Uebergänge von der typischen bipolaren Form der- selben zur unipolaren darstellen, wovon man sich durch die Figg. 1, 9, 8a, 6 und 4 leicht tiberzeugen kann; auch diese Thatsache wurde übrigens bereits von FLEMMING und von RETZIUS beobachtet. Wenn ich diese beiden Punkte besonders betone, so geschieht dies mit Rück- sicht auf eine Hypothese, die von v. LENHOSSÉK 1) vertreten wird und die mir in der Hauptsache sehr glücklich erscheint; der genannte Forscher nimmt nämlich an, dass die Sinneszellen, welche er bei Lumbricus ganz im Epithel der Haut liegend fand, den Spinalganglien- zellen der Wirbelthiere entsprechen, und homologisirt den centralen Fortsatz derselben dem Fortsatze der Spinalganglienzellen, der in das Rückenmark eintritt, während der Fortsatz, der in den Nerven über- geht, bei Lumbricus angedeutet sein soll durch eine Faser, die mit- unter vom centralen Fortsatz nicht weit vom Epithel abgeht. Dieser letztern Homologisirung kann ich mich nun nicht anschliessen ; denn da in einigen Fällen bei Wirbelthieren gefunden wurde, dass der centrifugale Fortsatz der Spinalganglienzelle stärker ist als der centri- petale; da ferner die Uebergangsformen zwischen bipolarem und uni- polarem Typus, auf die ich oben hingewiesen habe, bei den Spinal- ganglienzellen sich sowohl vergleichend - anatomisch als auch ent- wicklungsgeschichtlich nachweisen lassen, so scheint mir der Gedanke viel näher liegend, dass der periphere Fortsatz der Spinalganglien- zelle dem peripheren Fortsatz jener Form von Sinneszellen entspricht, wie sie bei Mollusken vorkommen. Diese letztern haben umsomehr als 1) Lennosséx, M. v., Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester Forschungen, in: Fortschr. der Medicin, Bd. 10, 1892. — Ur- sprung, Verlauf und Endigung der sensiblen Nervenfasern bei Lumbricus, in: Arch. f. mikr, Anat., Bd. 39, 1892. Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia. 597 Ausgangspunkt zu dienen, als sie den Sinneszellen von Lumbricus gegenüber bereits eine höhere Stufe der Ausbildung vorstellen; un- gelöst bleibt freilich die Frage, warum der periphere Fortsatz der Spinalganglienzelle ganz andre Regionen des Körpers versorgt als die, von denen die Spinalganglienzelle herstammt; doch kann auch die Annahme v. LENHOSSEK’s dieses schwierige Problem nicht erklären. Nach dieser Abschweifung kehre ich wieder zu meinem Thema zurück und erwähne der Vollständigkeit halber, dass ich in einem Falle (Fig. 8, *) zwei kurze Fortsätze am peripheren Fortsatz einer Sinneszelle beobachtet habe; ich weiss natürlich nicht, ob diesem ver- einzelten Vorkommen irgend welche Bedeutung zukommt. Ich wende mich nunmehr dem centralen Fortsatz zu; derselbe verläuft, wie dies auch Rerzius beschreibt, innerhalb der Fortsätze des Ganglions gegen die obere Partie desselben; doch sind Bilder von Rerzıus wie etwa fig. 1, tab. 4 offenbar combinirt. Ich habe, um möglichst genau zu sein, in den Figuren nur das wiedergegeben, was ich direct mit dem Zeichen- apparat zeichnen konnte; die Umrisse des Ganglions hierbei immer in entsprechender Grässe wiederzugeben, verbietet natürlich die Rück- sicht auf den Raum; der Uebelstand ist daher unvermeidlich, dass die Bilder dadurch weniger anschaulich werden; vielleicht schafft die Zeichnung auf Seite 602 hier etwas Abhülfe, in die ich die Resultate schematisch eingetragen habe. — Ueber die Art der Endigung der centralen Fortsätze im Ganglion konnte Rerzıus nichts Sicheres er- mitteln; nach seiner fig. 1, tab. 4 könnte es scheinen, als ob einige Fasern durch das Ganglion hindurchgingen, um direct in den Tentakel- nerven überzugehen. Im Uebrigen giebt RETZIUS an, dass das Ganglion von einem Gewirr von Fasern erfüllt sei vom Typus der aus der Kleinhirnrinde der Säugethiere bekannten Moosfasern ; RETZIUS zeichnet sie auch fig. 1, tab. 4 und fig. 4, tab. 6 dem Ganglion rein schematisch ein, wohl nur um ihre Existenz in demselben anzudeuten. Da alle Fasern im Ganglion nach Rerzıus diesem Typus angehören sollen, so möchte ich zunächst meine diesbezüglichen Beobachtungen be- sprechen, bevor ich auf den Faserverlauf eingehe. Das Charakteristische der Moosfaser besteht bekanntlich darin, dass sich an derselben in bestimmten Abständen mehrere nadelförmige Krystalle von chrom- saurem Silber finden, die sich gerade in der Faser kreuzen. Ich habe nun zwar auch derartige Fasern gesehen, im Ganzen aber doch nur als Ausnahme, und zwar bloss im obern Theil des Ganglions; hin- gegen sind die Fasern hier fast immer varicös, während im untern Theile die Fasern meistens glatt sind; gewissermaassen als Ersatz für 598 PAUL SAMASSA, die Varicositäten finden sich mitunter die Krystalle. Es scheint mir wohl nicht zweifelhaft, dass die Differenz zwischen Rerzius und mir über diesen Punkt auf einer etwas verschiedenen Behandlung der Objecte beruht. Meine eignen Beobachtungen über das Verhalten des centralen Fortsatzes der Sinneszellen ergeben, dass derselbe, immer baumförmig verzweigt, entweder in den Fortsätzen oder im obern Theil des Ganglions endigt; die Verzweigungen sind meist varicös und enden in kleinen Auftreibungen (Endknépfchen). Die Entfernung von der Zelle, in der der Fortsatz sich theilt, ist grossen Schwankungen unter- worfen; so sehen wir in Fig. 7, wie direct von der Sinneszelle be- reits ein Fortsatz abgeht; in Fig. 1 findet die Theilung fast unmittel- bar nach Abgang des Fortsatzes statt, und auch die Zweige enden bald, zum Theil mit Endknöpfchen. In Fig. 5 findet gleichfalls bald eine Theilung des Fortsatzes statt, die Enden der Zweigchen liegen aber offenbar ausserhalb des Präparats. Andrerseits kann man mit- unter beobachten, wie der centrale Fortsatz, ohne Zweige abzugeben, bis in den obern Theil des Ganglions herabsteigt, um sich hier erst zu verästeln (Fig. 2). Derartige Fälle sieht man weit seltener; doch ist es natürlich auch ein grösserer Zufall, wenn man den Fortsatz auf eine so weite Strecke hin von der Sinneszelle aus auf einem Präparat verfolgen kann; häufiger trifft man schon Fasern, welche man der Richtung nach, aus der sie kommen, mit grosser Wahrscheinlichkeit als centrale Fortsätze ansprechen kann, wenn man auch den Zusammen- hang mit einer Sinneszelle nicht sieht (Fig. 12). Im untern Theile des Ganglions habe ich Endigungen von Sinneszellen nicht nachweisen können; hingegen konnte ich mich an einigen wenigen Präparaten, die ich von einem vordern Fühler angefertigt habe, überzeugen, dass auch hier Sinneszellen vorkommen und dass deren centrale Endigung ebenso ist wie am augentragenden Fühler (Fig. 11); ob die etwas abweichende Form der Verzweigung in Fig. 11 für den Vorderfühler typisch ist, kann ich mangels einer genügenden Zahl von Präparaten nicht sagen. Die hier geschilderte Art der Endigung der centralen Fortsätze ist die einzige, die ich habe nachweisen können; ich will dieselbe, um einen kürzeren Ausdruck dafür zu haben, als sensible Endbäumchen be- zeichnen. Durch das Ganglion hindurch in den Tentakelnerven tretende Fasern habe ich nie beobachten können; wo dies mitunter bei der ersten Betrachtung der Fall zu sein schien, liess sich bei genauer Analyse des Bildes immer erkennen, dass es sich um mehrere ver- schiedene Fasern handelte. Es liegt nun zwar im Charakter der an- Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia. 599 gewandten Methode, dass man nicht mit Sicherheit sagen kann, dass die hier dargestellte Form der Endigung die einzige ist, die vorkommt, es scheint aber doch recht wahrscheinlich. Zwischen den sensiblen Endbäumchen finden sich häufig Endver- zweigungen, die denselben völlig ähneln, aber aus Fasern entstehen, die aus dem Ganglion in die Fortsätze aufsteigen: hier findet eine Durchflechtung mit dem sensiblen Endbäumchen statt, wie dies auf Fig. 9, 10, 14 und 15 zu sehen ist. Die Ausbreitung der Endbäumchen beider Art findet hauptsächlich in der Frontalebene statt, und man findet an Schnitten, die in dieser Richtung geführt sind, bei gut ge- lungener Reaction in den Fortsätzen ein Gewirr von varikösen Fasern (Fig. 16,5); in dasselbe treten von oben die centralen Fortsätze der Sinneszellen, von unten Fasern aus dem untern Theil des Ganglions, deren Schicksal sich an solchen Präparaten freilich nicht weiter ver- folgen lässt. An sagittal geführten Schnitten ist von der Durch- flechtung weit weniger zu sehen, und jede Faser zeigt nur wenige Theilungen. Bevor ich den Faserverlauf weiter bespreche, möchte ich das Wenige, was ich über Ganglienzellen beobachten konnte, einschalten. Leider schwärzt sich der Körper der Ganglier .ellen nur ganz aus- nahmsweise, und in der beträchtlichen Zahl von Präparaten, die ich angefertigt habe, fand ich nur fünf geschwärzte Ganglienzellen, die ich sämmtlich abbilde. RETzZıUS zeichnet zwar in fig. 1, tab. 4 und in fig. 4, tab. 6 mehrere Ganglienzellen ab; da dieselben aber zum Theil ausserhalb der Umrisse des Ganglions liegen, so ist der Verdacht wohl nicht unbegründet, dass Rerzius Sinneszellen für Ganglienzellen ge- halten hat. In Folge des erwähnten Uebelstandes ist es natürlich sehr schwer, über das Verhältniss der Fasern zu den Ganglienzellen Aufklärung zu gewinnen; immerhin kann man an Schnitten, welche genau quer durchs Ganglion gehen, von einer Faser, die senkrecht auf die Ganglienzellenschicht verläuft und gerade vor den Ganglienzellen aufhört, mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass dieselbe der Fortsatz einer Ganglienzelle s°’: doch ist diese Methode natürlich nur mit grosser Vorsicht zu gebrauchen. Von den abgebildeten Gan- glienzellen stehen die von Fig. 23 und 25 in ihrem Bau sehr nahe; in Fig. 23 sehen wir eine unipolare Zelle (a), deren Fortsatz sich bald nach seinem Abgange verästelt; die Zweige enden meist mit Endknöpfchen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit können wir auch die daneben gelegene Faser b für den Fortsatz einer Ganglienzelle halten; hier ist die Verästelung viel reicher als bei der Zelle a. Bei der 600 PAUL SAMASSA, Zelle der Fig. 25 entspringen am gleichen Pol zwei sich verästelnde Fortsitze. Zum Studium wenig brauchbar sind die in Fig. 24 ab- gebildeten Zellen, da sich hier offenbar den Fasern ein Niederschlag von chromsaurem Silber aufgelagert hat. Hingegen ist Fig. 26 von grösserem Interesse; an der hier abgebildeten Zelle gehen auf der der Punktsubstanz zugewandten Seite eine ganze Anzahl von Fasern ab, von denen einige von einem gemeinsamen Stiel entspringen ; die Fasern sind alle glatt und ohne Varicositäten und geben theils gar keine, theils wenige Zweige ab; auch ist nur an einer einzigen ein End- knöpfchen zu bemerken. Ein Vergleich der Fig. 26 mit Fig. 23 und 25 zeigt deutlich den sehr verschiedenen Charakter der beiden Zellen- arten; bei der spärlichen Zahl der Beobachtungen ist es aber natürlich nicht möglich, zu sagen, welche Bedeutung dieser Verschiedenheit zu- kommt. Was die Fasern betrifft, die in der Punktsubstanz verlaufen, so habe ich die sensibeln Endbäumchen und die sich mit denselben durch- flechtenden Endigungen der aufsteigenden Fasern bereits beschrieben ; bezüglich der letztern muss ich noch bemerken, dass dieselben im untern Theil des Ganglions, aus dem sie stammen, ganz dasselbe Aus- sehen besitzen wie die andern Fasern dieser Partie; sie lassen sich ein Stück weit zwischen den andern Fasern verfolgen, ihren Ursprung konnte ich aber nicht ermitteln. — Eine dritte Art von Fasern ist nur auf gut gelungenen Frontalschnitten zu sehen ; es sind dies Fasern, welche aus dem Tentakelnerven kommen, den untern Theil des Ganglions durchsetzen, ohne Zweige abzugeben und sich dann im obern Theil des Ganglions gabeln, wobei jeder Zweig in einen Fortsatz aufsteigt (Fig. 16, a). Soviel ich sehen konnte, theilt sich jede Faser nur ein- mal; wie jeder Zweig im Fortsatz endigt, konnte ich nicht mit Sicher- heit ermitteln, da offenbar die Theilungsstelle und die Endigung in andrer Ebene liegen; doch halte ich es für wahrscheinlich, dass dies in Form von Endbäumchen geschieht, denn wir sehen in Fig. 16 die Zweige in den Fortsätzen aufsteigen, die von dem charakteristischen Fasergewirr der Endbäumchen erfüllt sind; in Fig. 17 sehen wir bei stärkerer Vergrösserung, wie ein Zweig im Fortsatz aufsteigt, in den von oben ein centraler Fortsatz einer Sinneszelle eintritt, der sich verästelt. Die Ganglienzellen, welche diesen Fasern zugehören, liegen höchst wahrscheinlich im centralen Nervensystem. Ganz entsprechende Fasern finden sich übrigens auch im Ganglion des vordern Fühlers (Fig. 22); wie die Abbildung lehrt, sind die Fasern hier etwas stärker; da ich die Fasern nur auf einem Präparat gesehen habe, Ueber die Nerven des augentragenden Fiihlers von Helix pomatia. 601 kann ich jedoch nicht sagen, ob dies für die Vorderfühler charakte- ristisch ist. Hiermit wäre die Zahl der Fasern, bei denen sich ein bestimmter Verlauf erkennen lässt, erschöpft, und es erübrigt nur noch, den Charakter der Fasern, die den untern Theil des Ganglions erfüllen, an der Hand der Abbildungen zu besprechen. Fasern mit zahlreichen varikösen Fortsätzen (Fig. 13) sind verhältnissmässig selten; häufiger sind Fasern mit gewundenem Verlauf (Fig. 18, 19), welche zahlreiche glatte Aestchen abgeben, die sich zum Theil weiter verästeln; Anfang und Ende dieser Fasern konnte ich nicht ermitteln. Mitunter sieht man Fasern, die einen Seitenzweig abgeben (Fig. 20, 21, a), der gegen den Rand des Ganglions verläuft und unmittelbar vor einer Ganglien- zelle aufhört (Fig. 20, 21, a); man kann hier wohl mit grosser Wahr- scheinlichkeit annehmen, dass es sich um den Fortsatz der Ganglien- zelle handelt. Auch die Fasern des Tentakelnerven gehen mit der bereits besprochenen Ausnahme direct in das Fasergewirr im zweiten Theile des Ganglions ein, wo ich ihr weiteres Schicksal nicht verfolgen konnte. Wenn ich an der Hand des Schemas (auf S. 602) die Resultate meiner Untersuchung zusammenfasse, so ergeben sich als die ermittelten Bestandtheile des Tentakelganglions: 1) Die centralen Fortsätze der Sinneszellen, die sich baumförmig verzweigen (sensible Endbäumchen). 2) Aus dem untern Theil des Ganglions aufsteigende Fasern un- bekannten Ursprungs, deren verzweigte Endigungen sich mit den sensiblen Endbäumchen durchflechten. 3) Fasern, die, aus dem Tentakelnerv stammend, sich im obern Theil des Ganglions in zwei Aeste theilen, die in die Fortsätze auf- steigen. 4) Stark gewundene Fasern mit Seitenästen im untern Theil des Ganglions. 5) Fasern, die einen Ast gegen die Ganglienzellenschicht entsenden, der wahrscheinlich der Fortsatz einer Ganglienzelle ist. 6) Ganglienzellen mit einem oder mehreren, meist verzweigten Fortsätzen. Wenn die im Vorstehenden zusammengefassten Ergebnisse über den Bau des Tentakelganglions auch noch mancher Ergänzung bedürfen, so lässt sich doch bereits soviel sagen, dass das Tentakelganglion wahrscheinlich nur durch den Mangel motorischer Elemente in seinem Bau vom Gehirn verschieden ist, Es ist — wie ja auch die Ent- 602 PAUL SAMASSA, nee M a Ai ue ae Mar T Tentakelnerv, wZ’ unterer Theil, 07’ oberer Theil, / Fortsätze des Ganglions, K Kerbe, welche den untern Theil vom obern scheidet, Æ äussere Grenze des Epithels, S Sinneszelle, pF peripherer Fortsatz derselben, GZ Ganglien, /—6 vergl. den Text. wicklungsgeschichte lehrt!) — eine sensible Partie des Centralnerven- systems, und der Tentakelnerv wäre demnach als ein Connectiv zu bezeichnen. Die Beobachtung, über die ich nunmehr berichten will, hat mit dem Tentakelganglion nichts zu thun, da sie aber gleichfalls am Fühler 1) Scumipr, F., Studien zur Entwicklungsgeschichte der Pulmonaten, I. Die Entstehung des Nervensystems, Inaug.-Diss, Dorpat 1891. Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia. 603 gemacht wurde, mag sie hier ihren Platz finden; es handelt sich um eigenthümliche Gebilde am peripheren Ende des Tentakelmuskels, die wahrscheinlich zur Innervirung desselben in Beziehung stehen. Man sieht nämlich an Schnitten, die das periphere Ende des Muskels treffen, in demselben Zellen geschwärzt (Fig. 27—29 mS), die grösser sind als die Sinneszellen und mitunter eine höckrige und mit kurzen Fortsätzen bedeckte Oberfläche haben; sie senden einen starken, unverzweigten Fortsatz zur Körperoberfläche, während ein oder mehrere Fortsätze central entspringen, die sich im Muskel verzweigen; an manchen Zellen findet sich nur ein Fortsatz von beträchtlicher Dicke (Fig. 28 a), der erst in den mehr central gelegenen Partien des Muskels Zweige ab- giebt. Die Verästelung der centralen Fortsätze findet hauptsächlich in der Fläche statt, da ein nahezu frontal geführter Schnitt (Fig. 27) dieselben am besten wiedergiebt !); das ist auch der Grund, warum ein einem Sagittalschnitt entnommenes Bild (Fig. 29) einen so verschiedenen Anblick gewährt. In den tieferen Partien des Muskels finden sich mehr oder weniger starke Fasern (Fig. 30, 31), die sich in zahlreiche Aest- chen theilen, die meist mit knopfförmigen Verdickungen enden : diese Endverzweigungen haben grosse Aehnlichkeit mit den Verzweigungen der motorischen Nerven in den Muskeln der Körperwand von Arion, wie sie von Rerzius beschrieben und abgebildet werden; charakteristisch ist jedoch für sie, dass der unverzweigte Stiel immer der Peripherie, die Verzweigungen dem Centrum zugewendet sind. Wie weit central- wärts man im Muskel derartige Verzweigungen findet, habe ich nicht genau ermittelt, doch scheint es mir, dass dies auf eine verhältniss- mässig nicht sehr weite Strecke hin der Fall ist. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass auch diese Fasern Fortsätze der oben be- schriebenen Zellen sind. Wenn wir uns nun fragen, welches die Bedeutung der geschilderten Zellen sei, so legt wohl die Gorcrsche Methode selbst die Antwort nahe, dass es sich um nervöse Zellen handle. Ist dies aber der Fall, so wäre das ein sehr eigenthümlicher und auch in theoretischer Be- ziehung wichtiger Befund; bevor man sich daher zu dieser Annahme entschliesst, ist es jedenfalls wünschenswerth, jede andere Deutung der Zellen ausschliessen zu können, um so mehr, als es ja bekannt ist, dass mit der Methode Gouar’s nicht bloss nervöse Elemente gefärbt 1) Die eigenthümliche Form des Muskelumrisses in Fig. 27 rührt daher, dass die Insertionslinie des Muskels nicht gerade, sondern etwas gebogen ist, 604 PAUL SAMASSA, werden. Zunächst ware an Pigmentzellen zu denken; man sieht aber an allen Präparaten das Pigment ganz deutlich neben den geschwarzten Zellen und Fasern und kann sich leicht davon überzeugen, dass die Verästlungen des Pigments eine ganz andere Form haben; das ware also mit Bestimmtheit auszuschliessen. Plausibler erscheint die An- nahme, dass es sich um Zellen handle, die die Befestigung des Muskels am Epithel vermitteln. Dagegen scheint mir aber vor allem die Form der Verzweigungen zu sprechen; denn die Zweige gehen mitunter senkrecht, ja sogar rückläufig von ihrem Stamm ab, während bei der vorausgesetzten Function ein gerader Verlauf in der Hauptrichtung des Zuges als das Zweckmässigste erscheinen müsste; ich glaube also auch diese Annahme ausschliessen zu müssen. Hingegen kann ich noch einen indirecten Beweis für die nervöse Natur der Zellen beibringen. Man kann sich nämlich durch makro- skopische Präparation leicht davon überzeugen, dass an dem Rück- ziehmuskel des Tentakels von seinem Abgange vom Columellarmuskel bis zu seinem peripheren Ende kein Nerv herantritt. Ich finde auch in der Literatur keine Angabe über einen solchen Nerven bei Helix; in dem Lehrbuch der vergl. Anatomie von VoGTr und Yung findet sich allerdings die Angabe, dass der Tentakelnerv ein gemischter Nerv sei und den Rückziehmuskel innervire; man kann sich aber durch makroskopische Präparation leicht davon überzeugen, dass dies den Thatsachen nicht entspricht; es gehen weder vom Nerv noch vom Ganglion Zweige ab, die zum Muskel treten; wenn man den Muskel spaltet und an seinem periphern Ende auf die dorsale Seite schlägt, während das Ganglion ventral zu liegen kommt, so sieht man unter dem Mikroskop keine Verbindung zwischen Ganglion und Muskel, eine Thatsache, die auch Schnittserien bestätigen. Andrerseits wäre aller- dings eine Innervirung vom Nerven des Columellarmuskels möglich ; derselbe strahlt aber unter spitzem Winkel zu der Richtung des Ten- takelmuskels in den Columellarmuskel ein, und wenn ein besonderes Bündel für den Tentakelmuskel vorhanden wäre, so müsste dasselbe also unter spitzem Winkel in denselben umbiegen, was doch recht unwahrscheinlich ist. Hingegen lässt sich leicht beobachten, dass auf schwache Reize, die die Spitze des Tentakels treffen, derselbe einge- zogen wird, ohne dass sich irgend eine Zurückziehung des Körpers bemerken lässt; das heisst also, dass der Tentakelmuskel allein sich contrahirt, wobei die Abgangsstelle desselben vom Columellarmuskel den fixen Punkt abgiebt. Da aber, wie oben ausgeführt, die An- nahme einer besondern Nervenleitung für den Tentakelmuskel vom ’ Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia. 605 Centralnervensystem aus auf grosse Schwierigkeiten stösst, so bleibt das Wahrscheinlichste, dass eine directe Uebertragung des Reizes auf den Muskel stattfindet und zwar vermittels der fraglichen Zellen. Die Function derselben wäre also, mitihrem peri- pheren Fortsatze Sinnesreize aufzunehmen und mit ihren centralen Fortsätzen auf den Muskel zu über- tragen; man könnte dieselben demnach als motorische Sinnes- zellen bezeichnen. Es ist wohl klar, dass dies die primitivste Form eines nervösen Apparats ist, die man sich denken kann und die man bisher im Thierreiche gefunden hat; denn bei den Côlenteraten ist das Nervensystem einerseits schon complicirter, während andrerseits bei den einfachen Nervenzellen, die man z. B. bei Hydra beschrieben hat, bisher immer noch der Nachweis ihrer Verbindung mit dem Muskel fehlt. Es fragt sich nun, in welcher Weise diese Zellen ent- standen sein dürften. Da ein Zusammenhang mit dem centralen Nervensystem sich nicht nachweisen lässt, so scheint es mir auch nicht wahrscheinlich, dass sie von diesem aus entstanden sind. Der Gedanke liegt viel näher, dass die motorischen Sinneszellen sich an Ort und Stelle aus Epithelzellen gebildet haben und dass ihre Aus- bildung gleichen Schritt hielt mit der Ausbildung des rückzieh- baren Tentakels, der ja wohl zweifellos als eine Anpassung an das Landleben zu betrachten ist; desgleichen leuchtet wohl ein, dass es sehr im Interesse des Thieres sein muss, die Spitze des Tentakels, die wichtige Sinnesorgane trägt, bei jeder Berührung so rasch als möglich in Sicherheit zu bringen; gewiss ist es auch auffallend, wie rasch der Tentakel bei Berührung zurückgezogen wird in Vergleich zu den andern viel langsameren Reactionen des Thieres. Man könnte die im Vorstehenden vorgetragene Meinung über die Genese der mo- torischen Sinneszellen kurz dahin zusammenfassen, dass sich im Ten- takelmuskel in Anpassung an den besondern Zweck desselben, un- abhängig vom centralen Nervensystem ein locales Nerven- system ausgebildet hat. Ist diese Auffassung richtig, so ist sie insofern von allgemeinerem Interesse, als sie zeigt, auf wie unsicherem Boden sich alle Hypothesen über die Phylogenie des Nervensystems bewegen, die die Homologie desselben in allen Thierclassen zur Vor- aussetzung haben; andrerseits wirft sie ein interessantes Licht auf die larvalen Nervensysteme, die bei verschiedenen Thieren beschrieben worden sind. Ich muss mich mit diesen Andeutungen begnügen, da es doch gewagt wäre, an einen Befund, der nur mit einer Methode gemacht 606 PAUL SAMASSA, wurde, weitgehende Speculationen zu kniipfen; ich glaube aber immer- hin gezeigt zu haben, dass der Gegenstand von so allgemeinem Interesse ist, dass eine baldige Nachuntersuchung, vor Allem mit andern Me- thoden, gewiss gerechtfertigt wäre. Zum Schluss seien mir noch einige Bemerkungen mehr persönlicher Art gestattet, die aber doch im engen Zusammenhange mit dem im Vor- stehenden behandelten Thema sind. Ich habe mich in einer frühern Arbeit!) der Meinung der Brüder HERTwIG angeschlossen, dass wir „mit der Bezeichnung Nervensystem einen physiologisch und morphologisch streng begrenzten Begriff verbinden“. Ich präcisirte denselben folgender- maassen: „Wir werden in letzterer Beziehung (nämlich vom morpho- logischen Standpunkt) als nervös ein Organsystem zu verstehen haben, das aus percipirenden Apparaten, einer Verbindung derselben mit Gan- elienzellen, der letztern unter sich und schliesslich mit der Musculatur besteht.“ Das Localnervensystem im Tentakelmuskel von Helix würde nun offenbar dieser Definition nicht entsprechen, da hier eine Ver- bindung der nervösen Zellen unter einander fehlt, für den Zweck der- selben auch irrelevant wäre; andrerseits würde auch die Bezeichnung „Organsystem‘ nicht passen, da es sich ja nur um einzelne Zellen handelt. Da sich aber natürlich der Begriff den neu gefundenen Thatsachen anpassen muss und nicht umgekehrt, so müsste man die Definition des Nervensystems dahin erweitern, dass man statt ,,Organsystem“ „Gewebe“ setzt und die „Verbindung der Ganglienzellen unter einander“ als nicht wesentlich weglässt. Dass diese Umgestaltung nothwendig ist, zeigt gewiss „die Unvollkommenheit der anatomischen Betrachtungs- weise“, wie sich W. NAGEL ?) ausdrückt, und ich stimme mit diesem Forscher völlig darin überein, dass die physiologische Diagnose des Nervensystems der morphologischen vorzuziehen sei — leider muss ich aber hinzufügen, wenn man erstere anwenden kann. Dies ist aber bei Ctenophoren nicht der Fall, vorausgesetzt, dass man als physio- logisches Erkennungszeichen des Nervengewebes die Fähigkeit, einen Reiz zu leiten, ohne selbst contractil zu sein, anerkennt; wenn man auf diese Fähigkeit experimentell an den verschiedenen Geweben des 1) Samassa, P., Zur Histologie der Ctenophoren, in: Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 40, 1892. 2) Nager, W., Versuche zur Sinnesphysiologie von Beroe ovata und Carmarina hastata, in: Pruöücer’s Arch. f. d. ges. Physiol., Bd. 54, 1893. Ueber die Nerven des augentragenden Fiihlers von Helix pomatia. 607 Ctenophorenkérpers hätte prüfen können, so hätte ich diese Methode gewiss einer langwierigen vergleichend-histologischen Untersuchung vorgezogen; letztere musste eben als Ersatz für erstere eintreten. Wenn aber NAGEL den Umstand, dass ein Thier auf einen Reiz mit Bewegung antwortet, für genügend hält, um bei diesem Thier ein Nervensystem vorauszusetzen, so vermag ich seinen Standpunkt nicht zu theilen; denn dann hätte jedes Protozoon ein Nervensystem, und der Begriff des Nervensystems wird einfach unbrauchbar. Unter allen Umständen wird man fordern müssen, dass man als Nervensystem mindestens ein Gewebe, also besonders differenzirte Zellen und nicht Theile von solchen bezeichne; denn sonst wird in den Mikrokosmos der Zelle ein Begriff hineingetragen, der nur für den Makrokosmos des Zellenstaates Geltung hat. Es liegt also durchaus nicht, wie NAGEL meint, ein Widerspruch darin, wenn ich die Möglichkeit offen liess, dass sich bei den Ctenophoren, z. B. in Muskelbrücken, die ja keine selbständigen Zellen vorstellen, nervöse Vorgänge abspielen, den Thieren als solchen aber ein Nervensystem absprach. Neapel, 1. December 1893. 608 PAUL SAMASSA, Ueber die Nerven des augentragenden Fühlers von Helix pomatia, Erklärung der Abbildungen. aF aufsteigende Faser. mS motorische Sinneszelle. cF' centraler Fortsatz d.Sinneszelle. pF’ peripherer Fortsatz der Sinnes- E äussere Grenze des Epithels. zelle. G Umriss des Ganglions. S Sinneszelle. GZ Ganglienzelle. T Tentakelnerv. MEF Muskelfortsatz der motori- 7ZM Tentakelmuskel. schen Sinneszelle. Sämmtliche Figuren sind mit Serserr'schen Apochromaten und Appk’schem Zeichenapparat in der Höhe des Objecttisches gezeichnet; die Richtung nach oben in den Zeichnungen entspricht der peripheren Richtung in den Präparaten. Tate leo: Fig. 1—10. Sinneszellen aus dem hintern Tentakel. Vergr. Fig. 2 und 10: 280, sonst: 372. Fig. 11. Sinneszelle aus dem vordern Tentakel. Vergr.: 280. Fig. 12—20. Fasern aus dem Ganglion des hintern Fühlers. Vergr. Fig. 12—15: 372; 16: 193; 17: 186; 18—20: 372. Tafel 34. Fig. 21. Fasern aus dem Ganglion des hintern Fühlers. Vergr. 280. Fig. 22. Fasern aus dem Ganglion des vordern Fühlers. Vergr. 186. Fig. 23—26. Ganglienzellen aus dem Ganglion des hintern Füh- lers. Vergr. Fig. 23: 280; 24—26: 372. Fig. 27—29. Motorische Sinneszellen aus dem peripheren Ende des Rückziehmuskels des hintern Fühlers. Vergr. Fig. 27 u. 28: 280; 29: 372. Fig. 30 und 31. Motorische Endigungen im Rückziehmuskel des hintern Fühlers. Vergr. Fig. 30: 186; 31: 372. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 1244 Nachdruck verboten, Uebersetzungsrecht vorbehalten. Zur Anatomie der Pipa americana. Von 6. Grönberg und A. v. Klinekowström. (Aus dem Zootomischen Institut der Universität zu Stockholm.) I. Integument. Von A. von Klinekowström. Hierzu Tafel 35—36 und 2 Textfiguren. Vorwort. Zu den Aufgaben, die ich mir für meine Reise in Surinam 1891 bis 1892 gestellt hatte, gehörte auch das Einsammeln von nach mo- dernen Methoden conservirtem Material, welches die Unterlage für eine monographische Bearbeitung der Pipa americana abgeben könnte. Mit Unterstützung des Gouverneurs von Surinam, Mijnheer van Ascn-vAN Wıusck, des Herrn Dr. J. SpitzLi, des Herrn C. A. van BrussEL und meiner farbigen Gehülfen gelang es mir auch, eine ge- nügende Anzahl von den in den Waldpfützen ziemlich häufigen Thieren zu erlangen. Als ich im Frühjahr 1892 die Arbeit aufnahm, standen also zu meiner Verfügung ausser gewöhnlichem Spiritusmaterial eine Reihe von gut gelungenen Injectionspräparaten sowie mit Pikrin- schwefelsäure behandelte Embryonen und mehrere, nach verschie- denen Methoden fixirte und conservirte Organsysteme der erwachsenen Thiere. Unter diesen Umständen war es mir eine wahre Freude, das Anerbieten meines Freundes, Herrn G. GRÖNBERG, Assistenten am Zool. Jahrb. Vil. Abth. f. Morph. 40 610 A. v. KLINCKOWSTROM, hiesigen Zootomischen Institut, den Darm, die Respirationsorgane, das Urogenital- und Nervensystem bearbeiten zu wollen, anzunehmen. Ihm sowie vor allem meinem geehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. W. Lecue, erlaube ich mir jetzt beim Abschluss der Untersuchung meinen besten Dank auszusprechen. Stockholm, 10./l. 1894. Einleitung. In der mir zugänglichen Literatur finde ich über die Haut der Pipa nur sehr spärliche Angaben, die übrigens fast alle zu der wunder- baren Brutpflege des Thieres in Beziehung stehen. Diese Angaben gehören auch zum grössten Theile einer Zeit an, wo die noch mangel- hafte Technik fast alle feinern histologischen Untersuchungen an . nicht frischem Material unmöglich machte. Der Holländer Ruyscu ist der Erste, der die wissenschaftliche Welt mit den wunderbaren Rückenwaben des Pipaweibchens bekannt machte. In seinem „Thesaurus Animalium“, 1725, giebt er eine kurze Beschreibung sowohl von den mit Eiern oder Jungen ge- füllten Waben als von ihren häutigen Deckelchen. Seine Beobachtungen wurden jedoch von seinen Zeitgenossen ziemlich skeptisch aufgenommen, und noch 1779 sehen wir bei Bonnet (1), dass selbst die Frage nach der Existenz der Waben trotz der Angaben von P. Camper, PH. FIRMIN u. A. noch als eine offene galt. Bonner, dem übrigens nur ein achtzehnjähriges (!) Spiritusexemplar zur Verfügung stand, be- schreibt oberflächlich die sternförmigen Gebilde an den Vorderzehen und die Tentakelchen am Oberkieferrande. Genauer als von RuyscH wird die Rückenhaut von ihm untersucht. Er hat in den Waben- wänden Pigment und Blutgefässe erkannt (1, p. 430). Er beschreibt auch die Deckelchen der Waben und hat die Verschiedenheit ihrer Structur von dem Innern der Waben beobachtet. C. Mayer (7), 1825, der vielen Organsystemen unseres Thieres eine eingehende Untersuchung gewidmet, beschreibt das Waben- deckelchen als ,,ein der Hornhaut ähnliches Operculum“ und ver- muthet, dass sich die Waben in den Interstitien der warzenähnlichen Hautfalten bilden (7, p. 543). Dieselbe Auffassung hat auch J. WyMAN (12), 1854, der unter den mir zugänglichen Verfassern sich am ein- gehendsten mit den betreffenden Gebilden beschäftigt hat. Er ver- muthet, daß die Wabenbildung auf einen Invaginationsprocess der Zur Anatomie der Pipa americana. 611 Haut zurückzuführen sei: „Their presence (von den Eiern) excites increased activity in the skin, it thickens, is gradually built up around each egg, which it at length encloses in a well-defined pouch‘ (12, p. 369). Er beschreibt die conischen Papillen der Haut und sagt von den Deckelchen, dass sie unter dem Mikroskop eine undeutliche fibrilläre Structur zeigen; er hat auch Pigment in den Deckelchen gesehen. Das zu meiner Verfügung stehende Material bestand theils aus mehreren, in starkem Spiritus conservirten Männchen und Weibchen, theils aus in Pikrinschwefelsäure und in 0,5-proc. Chromsäure fixirten Weibchen und Männchen sowie aus drei in Pikrinschwefelsäure fixirten Rückenhäuten von wabentragenden Weibchen und zwei Spiritusexem- plaren von Weibchen mit Waben. 1. Aeussere Merkmale der Haut im Allgemeinen. Obwohl ich eine nicht unbedeutende Anzahl von Individuen beider Geschlechter zu meiner Verfiigung hatte, ist es mir doch nicht ge- lungen, zwischen dem Männchen und dem noch nicht „tragenden“ Weibchen irgend welche Verschiedenheiten in Bezug auf Farbe oder äussere Structur der Haut aufzufinden. (Die Thiere waren alle, mit Ausnahme der tragenden Weibchen, am Ende der grossen Trocken- zeit eingefangen, d. h. unmittelbar vor dem Anfang ihrer Laichzeit.) Sowohl Männchen als Weibchen sind an der ganzen Oberseite des Körpers einfarbig grau- oder braun-schwarz, an der Unterseite da- gegen schmutzig grau- oder gelb-weiss, mehr oder weniger schwarz- grau marmorirt. Ein schwarz-grauer medianer Längsstreifen zieht an der Ventralseite von der Beckengegend bis auf die Höhe des Schulter- gürtels, wo er sich T-förmig gabelt und einen Ast gegen jede Schulter sendet. Das für die Haut der Pipa charakteristische Merkmal bilden jedoch die Hautpapillen; sie sind über den ganzen Körper mit Ausnahme der Schwimmhäute an den Hinterfüssen, der Cornea und der stern- förmigen Spitzen der Vorderzehen verbreitet. Schon bei schwacher Lupenvergrösserung zeigen die Hautpapillen ihre charakteristische Gestalt, die einem Kegelchen, an dessen Gipfel ein ziemlich spitziges Stachelchen steht, gleicht (Fig. 5, 6, 11); diese Stachelchen sind, wie wir später sehen werden, reine Epidermisbildungen und mit den bei 40* 612 A. v. KLINCKOWSTROM, vielen andern Anuren, Bufo, Bombinator u. a., vorkommenden Ge- bilden homolog, obwohl sie dort auch nicht annähernd in derselben Menge wie bei Pipa vorhanden sind. Die Hautpapillen sind an ver- schiedenen Stellen des Körpers von sehr ungleicher Grösse, am kleinsten (Höhe 100—45 u, Breite 70—30 u) an den Füssen und Zehen, auf den Tentakelchen und an der Oberseite des Kopfes, am grössten dagegen (Höhe 800—75 u, Breite 850—70 u) auf dem Rücken und an der Oberseite der Schenkel. Es scheint mir, als wären die Papillen bei dem Weibchen grösser als bei dem Männchen, der Unter- schied ist jedoch so unbedeutend, dass er wohl wahrscheinlich in dem Grössenunterschied der Geschlechter seinen Grund hat. Bei ziemlich starker Lupenvergrösserung sieht man unter günstigen Verhältnissen am unteren Rande der grössern Papillen zuweilen eine ganz kleine Einkerbung: es ist die Mündung einer Giftdrüse Von Drüsenanhäufun- gen, welche den „Parotiden“ der Kröten und anderer Anuren homolog wären, findet sich bei Pipa keine Spur. Dagegen finden sich auf dem Rücken zahlreiche Knötchen von ovaler Form, 1—2 mm hoch und 2—5 mm lang, die in Reihen angeordnet sind und oft zu mehr oder weniger perlschnurähnlichen Leisten unter einander verschmelzen. Auf jedem derartigen Knötchen kann man schon bei schwacher Lupen- vergrösserung ohne Schwierigkeit 1 —4 ovale Giftdrüsenöffnungen unter- scheiden. Zwei solche Drüsenreihen (Fig. 1 a,) verlaufen in flachem Bogen zu den Seiten der Mittellinie des Körpers, zwei andere (Fig. 1 a,,) erstrecken sich von der Gegend der Mundwinkel bis an den After hin. Kleinere, aus verschmolzenen Knötchen entstandene Leistchen finden sich auch an der Oberseite des Kopfes (Fig. 1 a,,). Ausserdem finden sich zahlreiche Giftdrüsenöffnungen an den Körperseiten (Fig. 1 b) und namentlich auch am Unterkieferrande. 2. Feinere Structur der Haut. a) Epidermis und Häutungsschicht. Die Oberhaut der Pipa stimmt in ihrer allgemeinen Structur mit derjenigen der übrigen Anuren überein und zerfällt wie bei diesen in zwei Theile, die Häutungsschicht und die Epidermis im engern Sinn, welch letztere wie gewöhnlich eine Hornschicht und eine Schleimschicht erkennen lässt. Die Häutungsschicht zeigt sich auf den Querschnitten als ein homogener, structurloser, con- tinuirlicher Streifen (Fig. 3 H), der das Stratum corneum nach aussen Zur Anatomie der Pipa americana. 613 begrenzt. Die Hautungsschicht ist völlig verhornt und wird dem- gemäß von Boraxkarmin und ähnlichen Farbstoffen nur schwach gefärbt; sehr schön zeigt sich dagegen die Häutungsschicht auf den mit Pikrokarmin behandelten Schnitten, wo sie durch eine lebhaft gelbe Farbe scharf von der rothgelben Hornschicht absticht. Unter sehr günstigen Verhältnissen kann man sogar an diesen Präparaten die Grenzen der gewöhnlich einander dachziegelartig überragenden Zellen sehen. Ganz anders erscheint die Sache von oben gesehen. In dieser Richtung lässt die Häutungsschicht deutlich ihre Zusammensetzung aus grossen (20—30 « im Durchmesser), polygonalen Zellen mit runden, stark abgeplatteten Kernen erkennen (Fig. 4). Auffallend schön aber zeigt sich die Structur der Häutungsschicht an den bei der Häutung abgestossenen Hautfetzen, wo die Bruchlinien fast immer den Zell- grenzen folgen. An diesen Hautfetzen kann man auch am besten das Verhältniss der Häutungsschicht zu den Hautpapillen studiren. Die Stelle jeder Papille zeigt sich auf einem solchen abgestossenen Fetzen als eine kleine, mit den gewöhnlichen polygonalen Platten- zellen bedeckte Kuppel (Fig. 6), an deren Spitze das schon erwähnte hornige Stachelchen seinen Platz hat. Das Stachelchen selbst ist, wie man an Fig. 6 am besten sieht, nichts als eine umgebildete Epidermis- zelle. An den Häutungsfetzen ist das Stachelchen hohl; an Quer- und Horizontalschnitten durch die Oberhaut bemerkt man, dass dies seinen Grund darin hat, dass die unterliegende Hornschichtzelle gleich- falls stachelförmig zugespitzt ist. Wenn bei dem Abstossen der Häutungsschicht die oberste Zellenlage der Hornschicht durch weiter fortschreitende Verhornung sich zur Häutungsschicht umwandelt, so wird die oben erwähnte Zelle zum Stachelchen an Stelle des bei der Häutung abgestossenen Stachelchens. Die an der Oberfläche durch die von F. E. ScHULzE (10) be- schriebenen zackigen Fortsätze rauh gekörnte Häutungsschicht ist gewöhnlich durch sehr feine, im Innern der Zellen eingeschlossene Pigmentkörnchen mehr oder weniger braun bis schwarz gefärbt; be- sonders in den Spitzen der Papillen kann diese Pigmentirung bis zu völliger Undurchsichtigkeit gehen. Wie aus den obenstehenden Angaben hervorgeht, finden sich bei Pipa ebensowenig wie bei unsern einheimischen Anuren irgend welche Andeutungen einer Cuticula der obern Hornschicht. Hornschicht. Auf die Häutungsschicht folgt die Epidermis im engern Sinne mit 3—4 Zellenlagen, von welchen ich nach dem Vorgang von Fr. LeypiG (6), P. Scuutz (9) u. A. die beiden obern 614 A. V. KLINCKOWSTROM, als Hornschicht (Stratum corneum) bezeichne (Fig. 3 Sc). Die oberste dieser zwei Zellenlagen besteht aus abgeplatteten, polygonalen Zellen mit ziemlich undeutlichen Zellgrenzen und mit ebenfalls abgeplatteten Kernen. Die Verhornung ist in dieser Zellenlage schon ziemlich weit vorgeschritten, was am besten an Pikrokarminpräparaten zu sehen ist, wo die fraglichen Zellen eine lebhaft roth-gelbe Farbe annehmen, die sowohl von der gelben Häutungsschicht als von der rothen Schleim- schicht absticht. Die zweite Zellenlage, die man ebenfalls zur Horn- schicht rechnen muss, da sie bei Pikrokarminfärbung die oben besprochene Farbe zeigt, wenn auch nicht in so hohem Grade wie die erste Lage, besteht aus Zellen, die viel weniger abgeplattet sind als die der überliegenden Schicht. Die obere Grenze dieser Lage bildet zwar noch eine gerade Linie, die untere aber nicht, da sich die Zellen mehr oder weniger zwischen die cubischen oder cylindrischen Zellen der obersten Zellenlage der Schleimschicht einschieben. Die Kerne sind hier auch bedeutend weniger abgeplattet ais die der vorigen Zellenlagen. Schleimschicht. Die zwei untersten Lagen der Epidermis, die ich nach dem Vorgang friiherer Autoren als Schleimschicht oder Stratum mucosum bezeichne (Fig. 3 Sm), bestehen aus lebenskräftigen, noch nicht verhornten Zellen von cubischer oder cylindrischer Gestalt. Die obere Lage besteht aus mehr oder weniger rundlichen Zellen von sehr unregelmassiger Gestaltung mit rundlichen Kernen; sie stellen, wie auch Scuunz (9) fiir Salamandra richtig bemerkt, eine Ueber- gangsform zwischen den Zellen der Hornschicht und denen der untersten Lage der Schleimschicht dar. Die unterste, an die Cutis grenzende Lage von Zellen besteht aus länglichen, annähernd cylindrischen Zellen, die palissadenartig neben einander stehen. Nach oben zu ist die Grenze dieser Zellenlage sehr unregelmässig, indem zahlreiche Zellen sich in die Lange gezogen haben und zwischen die überliegenden Zellen eingeschoben sind, ohne jedoch darum ihre Verbindung mit der Cutis zu verlieren. Die rundlichen Kerne, die oft in Theilung be- griffen zu sein scheinen, liegen im obern Theile der Zellen. An der untern Seite sind die Zellen, wie es bei den Amphibien gewöhnlich der Fall ist, mit unregelmässig gezackten, franzenähnlichen Fortsätzen ausgestattet, die in die Cutis eindringen. b) Cutis. Der oberste, an die Epidermis grenzende Theil der Cutis ist ge- wohnlich, aber keineswegs immer, pigmentfrei und zeigt sich daher Zur Anatomie der Pipa americana. 615 auf den Querschnitten als eine helle, „hyaline Basalschicht (Fig. 3, 5, 10 ML), auf welche eine von schwarz-braunen, verästelten Pigment- zellen angefüllte Schicht (Fig. 3, 5, 10 P) folgt. Auf die Pigment- schicht folgt lockeres Bindegewebe (Fig. 10, 13 LB); in dieser Schicht verzweigen sich zahlreiche Nerven und Gefässe. Auf das lockere Bindegewebe folgt der Haupttheil der Cutis, der aus welligen, mit der Hautoberfläche parallelen, hier und dort von senkrechten Faserzügen durchsetzten Fasern besteht (Fig. 10 TC und Fig. 13 WF und SB). Die welligen Fasern, Anfangs sehr fein, werden bald gröber und derber. In dieser sog. tiefen Cutislage verlaufen auch zahlreiche Blutgefässe und Nerven. Zu unterst liegt wieder eine dünne Schicht von lockerm, feinfasrigem Bindegewebe, welche die Haut nach innen abschliesst. c) Drüsen. Einer der wichtigsten Charaktere der Pipahaut ist ihre, wie es ja wohl bei einem so ausschliesslich Wasser bewohnenden Thiere zu erwarten war, im Vergleich mit andern Anuren, z. B. Rana oder Bufo, auffallende Drüsenarmuth. Niemals sieht man hier, wie es bei jenen so häufig der Fall ist, Drüse an Drüse, nur durch dünne Bindegewebs- züge von einander getrennt. Bei Pipa liegen im Gegentheil die Drüsen stets von einander isolirt, und sogar in den oben erwähnten Knötchen und Leistchen der Rückenhaut trifft man nur eine relativ geringe An- zahl Drüsen, die um das Mehrfache ihres eigenen Durchmessers von einander abstehen. Die Haut der Pipa ist mit den beiden, den Anuren gewöhnlich zukommenden Drüsenarten, Schleim- und Gift- oder Körner-Drüsen ausgestattet. Schleimdrüsen. Die Schleimdrüsen (Fig. 7) sind über die ganze Körperhaut verbreitet; in ihren allgemeinen Structurverhältnissen stimmen sie ziemlich mit den Schleimdrüsen unserer Kröten (Dufo vulgaris) überein. Sie sind aber bedeutend kleiner als bei diesen. Ihre gewöhnlichste Form ist die einer Kugel von 70—80 u im Durch- messer, die durch einen senkrecht verlaufenden Ausführgang, von der- selben Länge wie der Durchmesser der Kugel, mit der Hautoberfläche verbunden ist. Die äussere Schicht der Drüsenwand besteht aus einer Lage äusserst feiner, contractiler Fasern mit stark abgeplatteten Kernen. Das eigentliche Drüsenepithel besteht aus grossen , kugligen oder cubischen Zellen mit runden Kernen. Der Ausführgang besteht aus ein bis zwei concentrischen Zellenlagen, die mit den oberen Zellen- lagen der Epidermis in Zusammenhang stehen. 616 A. V. KLINCKOWSTROM, Giftdrüsen. Die Gift- oder Körnerdrüsen sind bei Pipa über den grössten Theil der Hautoberfläche verbreitet, und zwar sowohl auf der ventralen als auf der dorsalen Seite des Körpers. An den Zehen, Schwimmhäuten und Tentakeln fehlen sie aber ganz. Auch die Gift- drüsen (Fig. 10) stimmen in ihrer histologischen Structur mit denen der übrigen Anuren überein. Sie sind von den Schleimdrüsen durch ihre bedeutende Grösse (Durchm. 300—600 «) und durch ihr von körnigem Secret erfülltes Innere leicht zu unterscheiden. Die Drüsenwand zeigt drei verschiedene Schichten: 1) eine binde- gewebige Tunica propria, 2) eine Schicht von spindelförmigen, con- tractilen Fasern von sehr charakteristischem Aussehen, 3) das eigent- liche Driisenepithel. Erwähnenswerth ist, dass bei allen von mir untersuchten Schnitten (von drei Thieren) nur Reste von dem Drüsen- epithel übrig waren, indem sämmtliche Giftdrüsen von körnigem Secret prall angefüllt waren. d) Papillen. Wie ich schon bei der Beschreibung der äussern Merkmale der Haut erwähnt habe, erhält die Haut der Pipa ihr charakteristisches, rauhes, höckriges Aussehen durch dicht stehende Papillen von sehr schwankender Grösse. Auf Quer- und Horizontalschnitten überzeugt man sich, dass sowohl Oberhaut als Cutis an dem Aufbau der Papillen theilnehmen. Jede Papille besteht nämlich aus einer kuppelförmigen Erhebung des lockern Bindegewebes, die die überliegende Epidermis zu einer conischen oder kegelförmigen Papille auftreibt (Fig. 5 u. 11). Da die Pigmentschicht gewöhnlich in ziemlich gerader Linie unter den Papillen verläuft, ohne in ihr Inneres einzudringen, so ist wohl der Cutistheil der Papillen zunächst als eine Auftreibung des Binde- gewebes des obern Cutissaumes anzusehen. Blutgefässchlingen aus den Capillaren des lockern Bindegewebes (Fig. 5 Bl) treten durch die Pigmentschicht ins Innere der Papillen. Der feinere histologische Bau dieser Papillen ist schwer zu ermitteln. In ihrem obern Theile, gerade unter dem Stachelchen, habe ich öfters mehrere über einander liegende rundliche Zellkerne (Fig. 11 x) beobachtet; möglicher Weise haben wir es hier mit einer Art von tastkörperartigen Nervenendigungen zu thun. Einer ganz besondern Modification dieser Papillen begegnen wir an den Zehensternen und an den Lippenrandtentakelchen; diese Papillen, die gewöhnlich zu den kleinern gehören, sind dadurch charakterisirt, dass das Bindegewebe des obern Cutissaumes nicht nur in ihr Inneres eindringt, sondern sich auch in der Form propria- Zur Anatomie der Pipa americana. 617 ähnlicher Membranen zwischen die Schleimschichtzellen einschiebt, was an Querschnitten baum- oder dendritenartige, an Horizontal- schnitten aber sternförmige Gebilde, welche die im Innern der Papillen liegenden Capillarschlingen umgeben, hervorruft. e) Haut der verschiedenen Körpertheile. Von der oben dargestellten allgemeinen histologischen Structur der Haut zeigt die Haut der verschiedenen Körpertheile nur geringe Abweichungen. Die Rückenhaut des Weibchens vor der Fort- pflanzungszeit unterscheidet sich von der männlichen Rückenhaut durch ihre ein wenig bedeutendere Dicke, die in einer stärkern Entwicklung des lockern Bindegewebes ihren Grund hat. Sehr eigenthümlich ist aber die Vertheilung des Pigments in der Lederhaut. Ueber den ganzen, während der Fortpflanzungszeit Waben tragenden Theil der Rückenhaut finden sich unter der gewöhnlichen Pigmentschicht (Fig. A p) im lockern Bindegewebe und in den obern Theilen der tiefen Cutis- Fig. A. Schnitt durch die Rückenhaut eines Pipaweibchens. p Pigmentschicht. P Pigment- anhäufungen in der Cutis. (NacHET Obj. 3 X Oc. 1.) lage zerstreute unregelmässige, intensiv schwarze Anhäufungen von Pigment (P). Auf der Rückenhaut eines in Pikrinschwefelsäure fixirten Weibchens, wo die Haut nur sehr wenig durch die Hartung verändert war, konnte ich deutliche, seichte Gruben beobachten, die runde Form und einen Durchmesser von 3—4 mm bei einer Tiefe von 1—0,5 mm besassen. Ihre Verbreitung und Anordnung stimmten völlig mit der An- ordnung der Walben des tragenden Weibchens überein, und ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, dass wir es in diesen Gruben mit den Narben der Waben des vorigen Jahres zu thun haben. Durch Auf- 618 A. v. KLINCKOWSTROM, hellung der Haut mit Toluol habe ich mich iiberzeugt, dass die oben erwähnten Gruben zu den Pigmentanhäufungen der Cutis in Beziehung stehen, da die Pigmentanhäufungen sich unter den Gruben befinden. Sie mögen daher in irgend welcher Beziehung zur Bildung oder Rück- bildung der Wabentaschen stehen. Die Haut des Bauches ist im Vergleich mit der des Rückens dadurch charakterisirt, dass die Hautpapillen bedeutend kleiner sind und weniger dicht stehen ; auch ist die Pigmentschicht hier spärlicher entwickelt, und die wagerechten Fasern der tiefen Cutislage sind schwächer und weniger wellig als in der Rückenhaut. Die Haut der Extremitäten schliesst sich in ihren proxi- malen Theilen der Körperhaut an, nimmt aber in den distalen Theilen den Charakter der Zehenhaut an. Die Haut der Zehen ist bedeutend dünner als die Körperhaut, die Papillen sind sehr klein und dichtstehend. Die wagerechten Fasern der tiefen Cutislage sind stark entwickelt und zeigen einen sehr schön gesetzmässigen Verlauf (Fig. 13). Die sternförmigen Spitzen der Vorderzehen. Die eigenthümlichen sternförmigen Gebilde an den Vorderzehen der Pipa, Fig. B. die dem Thiere sogar den Namen Sternfinger (Astero- dactylus) eingetragen ha- ben, sind zuerst von BONNET (1, p. 427) beschrieben wor- den. Er ist auch der Erste, der eine vergrôsserte Ab- bildung von den Zehen- spitzen der Pipa giebt. Schon bei einer ober- flächlichen Beobachtung be- merkt man leicht, dass jede der vier Vorderzehen, anstatt spitz auszulaufen, Zehenstern von Pipa. mit einem kleinen stern- HS Hauptstrahl. NS Nebenstrahl. förmigen Gebilde endigt. EN Unter 30—40maliger Ver- grösserung bemerkt man nun Folgendes: Die Zehe endigt in vier Strahlen oder Tentakelchen (Fig. B HS), die in der Form eines rechtwinkligen Kreuzes stehen; der Durchmesser des ganzen Gebildes betrug bei einem mittelgrossen Weibchen 2,25 mm, die Länge der Zur Anatomie der Pipa americana, 619 Strahlen 0,75—0,85 mm und ihre Breite an der Basis circa 0,40 mm. Sie enden mit einer stumpfen Spitze und tragen je vier winzige Neben- strahlen (Fig. B NS) von 0,15 mm Länge. Dies sind die „kleinen Haken“ (petits crochets) Bonnet’s. Diese kleinen Nebenstrahlen stehen nicht, wie die grössern Hauptstrahlen, kreuzförmig, sondern zwei und zwei einander gegeniiber. Die Zehensterne werden durch ein Knorpel- skelet gestützt; dieses, das eine Fortsetzung der letzten Phalanx des Fingers ist, endigt kreuzförmig mit vier, den Hauptstrahlen ent- sprechenden Knorpelstäbchen, die ihrerseits in kleinere, die Neben- strahlen stützende Fortsätze auslaufen. Der Knorpel wird von einem derben, fasrigen Perichondrium umgeben, das in ein von Nerven, Blut- gefässen und Lymphräumen durchsetztes lockeres Bindegewebe über- geht. Die Spitzen der Nebenstrahlen haben eine glatte, papillenlose, dünne Oberhaut, und dicht unter dieser liegt der in dickes, fein- fasriges Bindegewebe eingebettete Knorpel. An den Hauptstrahlen finden sich zahlreiche kleine Papillen von dem oben erwähnten für diese Gebilde und die Tentakelchen eigenthümlichen Typus. Lippenrandtentakelchen. Am Kopfe der Pipa finden sich mehrere tentakelähnliche Hautfortsätze, die ich, obwohl es mir nicht gelungen ist, an dem für Nervenstudien nicht speciell conservirten Material Nervenendigungen nachzuweisen, dennoch als Tentakelchen bezeichnen werde, da ich vermuthe, dass ihnen eine sensorische Func- tion zukommt. Die grössten von diesen Tentakelchen sind an den Mundwinkeln gelegen (Fig. 1 ¢ u. Fig. 2 m.t). Sie haben bei einem mittelgrossen Weibchen eine Länge von 5--7 mm, sind gewöhnlich platt spatelförmig und am Rande unregelmässig gezackt. Unter der Lupe zeigt sich der Rand mit weichen, stachellosen, langen Papillen von ganz bedeutender Grösse (Länge bis 2,5 mm, Breite an der Basis bis 0,9 mm) besetzt. In ihrem Innern finden sich grosse, schon ma- kroskopisch wahrnehmbare Lymphräume, die mit dem ventralen Lymph- sack in offener Verbindung stehen. Die übrigen Tentakelchen (Fig. 2 t, u. £,) liegen alle am Rande der Oberlippe und sind von lang- gestreckter, mehr oder weniger fadenförmiger Gestalt. Das grösste (Fig. 2 ¢,) liegt in der Medianlinie gerade unter den Nasenlöchern und hat eine Länge von 3—5 mm und an der Basis eine Breite von 1—2 mm. Es endigt in einer stumpfen Spitze. Von den übrigen Tentakelchen (Fig. 2 ¢,) sitzen 1 bis 4 an jeder Seite der Oberlippe ; sie sind klein, fadenförmig und laufen unter allmählicher Verjüngung in ein ziemlich spitzes Ende aus. In Grösse und Anzahl zeigen diese 620 A. V. KLINCKOWSTRÖM, Tentakelchen bedeutende Schwankungen sowohl bei verschiedenen Individuen als an der rechten und linken Seite desselben Thieres. Sammtliche Tentakelchen stimmen in ihrer feineren Structur tiberein. Ihr Inneres besteht aus lockerem Bindegewebe, das von zahlreichen Nerven, Blutgefässen und Lymphräumen durchsetzt ist. Die Papillen der Tentakelchen sind theils von dem gewöhnlichen stacheltragenden Typus, theils von der stachellosen, für Tentakel und Zehensterne eigenthümlichen Art, deren charakteristisches, sich zwischen die Epi- dermiszellen einschiebendes Bindegewebe ich schon bei Besprechung der Papillen im Allgemeinen beschrieben habe. 3. Rückenhaut des Weibehens während der Tragzeit. So leicht es dem Forscher auch ist, an Ort und Stelle während der grossen Trockenzeit mit Hülfe der Eingeborenen jede gewünschte Anzahl der in den beinahe eingetrockneten Wasserpfützen blockirten Pipakröten einzufangen, so schwer ist es, der Eier oder Junge tragenden Weibchen habhaft zu werden. Denn erst nachdem die schweren Wolkenbrüche der Regenzeit, Wald und Flur metertief unter Wasser setzend, ihnen den Weg durch das unermessliche Waldesmeer geöffnet haben und sie ihre Pfützen und Höhlen verlassen, um frei im Urwalde herumzuschwärmen, beginnt ihre Laichzeit. Durch die Hülfe eines surinamischen Landwirthes, Mijnheer C. A. van BRUSSEL, ist es mir jedoch gelungen, einige „trächtige‘‘ Weibchen zu erhalten. Sämmtliche schienen sich am Ende der Tragzeit zu befinden, denn nur bei einem waren die Wabenjungen noch mit einem Schwanz ausgestattet, während sie bei den übrigen in der äussern Körpergestalt schon ganz den Eltern glichen, und dazu kommt, dass bei diesen bereits mehrere der Waben- deckelchen abgefallen waren. Schon bei oberflächlicher Beobachtung zeigt die Rückenhaut die grössten und durchgreifendsten Veränderungen. Die ganze Rückenoberfläche ist kissenartig aufgeschwollen und von 40—50 mm von der Schnauzenspitze bis zu 20—25 mm vom After mit runden, schwarzen Flecken von 5—6 mm Durchmesser dicht be- setzt; dies sind die Wabendeckelchen (Fig. 9 W.D). Hier und dort ist ein Deckelchen abgefallen, und man sieht den Kopf und die Ex- tremitäten des jungen Thieres aus der Wabe hervorragen, oder wenn, wie es manchmal der Fall ist, die junge Pipa schon ausgeschlüpft ist, Zur Anatomie der Pipa americana. 621 erblickt man die Wabe selbst, ein kreisrundes Loch, das in eine poly- gonale, 10—15 mm tiefe Tasche hineinfiihrt. Die verschiedenen Wabendeckel sind durch Hautbrücken von 5—0,5 mm Breite ge- trennt; diese Brücken zeigen dieselbe Structur wie die Rückenhaut des noch nicht tragenden Weibchens, d. h. kleinere und grössere Hautpapillen mit ansitzenden Stachelchen. Von den Giftdriisenleisten und Knötchen (Fig. 1), die wir an der normalen Rückenhaut kennen gelernt haben, findet sich hier keine Spur. Schneidet man nun an den Körperseiten die in der Mitte 15—17 mm dicke Rückenhaut durch, so kann man das ganze Wabengebiet (das ja von der unter- liegenden Musculatur durch den mächtigen cranio-dorsalen Lymph- sack getrennt ist) abheben und die unverletzte Unterseite zum Vor- schein bringen. Die ganze Unterseite der wabentragenden Rücken- haut, die an der normalen Haut sich als eine weisse, ebene, von einem starken Blutgefässnetz überzogene Fläche darbietet, ist hier durch weisse Linien von Bindegewebe (1—0,5 mm breit) in rhom- bische oder polygonale Felder getheilt, durch deren dünnere Wände, den Boden der Waben, die schwarzen Jungen hindurchschimmern. In diesen bindegewebigen Grenzlinien der Wabenboden verlaufen die stärkeren Aeste der sehr erweiterten Blutgefässe, zu den dünnwandigen Wabenboden zahlreiche feinere Zweige abgebend. Ein Querschnitt durch die wabentragende Rückenhaut (Fig. 8) zeigt nun Folgendes: Die ganze Haut ist in polygonale Zellen oder Waben eingetheilt ( W). Diese Waben sind nach oben theils durch die runden Deckelchen (W.D), theils, da die Waben grösser sind als die Deckelöfinung, durch die zwischen den Deckelchen liegenden Hautbrücken (D) be- grenzt. Von einander sind die Waben durch dünne, schwach pig- mentirte Septen, auf welchen sich zahlreiche Gefässe verzweigen, ge- trennt (S). Nach unten werden die Waben theils durch ihre eigenen, einer taschenförmigen Einstülpung der Epidermis entsprechenden Wände, theils durch eine darunter liegende bindegewebige Membran, die der untern lockern Bindegewebsschicht und Theilen der tiefen Cutislage entspricht, begrenzt (W. B). Die weissen Linien auf der Unterseite der Haut bezeichnen die Grenzen der Wabensepta gegen diese untere Bodenmembran. Die Deckelchen der Waben zeigen von aussen unter der Lupe eine un- ebene, fein gekörnte, schwarz-braune Oberfläche. Sie sind am Waben- rand fest angewachsen oder wenigstens angeklebt, und ziehen, wenn man sie abreisst, gewöhnlich die Häutungsschicht mit sich. Unter den Deckelchen beschreibt WyMAN (12) nur eine Lage von gallert- 622 © A, v. KLINCKOWSTROM, artigem Stoffe (a layer of gelatinous matter). Davon habe ich an meinen Exemplaren nichts gesehen, wohl aber eine mehr oder weniger zerrissene Membran, die mir mit dem Rande des Deckels in Zu- sammenhang zu stehen scheint. Feinerer Bau der Waben. Erst durch mikroskopische Un- tersuchung der Waben wird die volle Weite der Veränderungen der Rückenhaut klar, Veränderungen, die zum Theil so tiefgreifend sind, dass ihre Erklärung und Zurückführung auf die von der normalen Haut her bekannten Verhaltnisse sehr schwierig ist. Die Waben zerfallen in zwei Theile, nämlich: die Wabe selbst, eine taschenförmige Einstülpung der Epidermis und der Pigmentschicht, und den Waben- deckel mit den unterliegenden Membranen. Wabendeckel. Die Structur des Deckelchens und ihr Verhält- niss zum Wabenrande lassen sich am besten auf Querschnitten unter- suchen. Schon bei schwacher Vergrösserung nimmt man ohne Schwierig- keit wahr, dass die Deckel (Fig. 12 W.D) eine von den umgebenden Theilen durchaus verschiedene Structur besitzen. Bei starker Ver- grösserung (Fig. 14) stellt sich der Deckel als eine Scheibe aus horn- artigem Stoffe dar. Ihre obern Theile zeigen eine deutliche wage- rechte Streifung, die in der Nähe des Wabenrandes sogar den Eindruck einer fasrigen Structur macht. In den untern Theilen des Deckels wird diese Streifung immer undeutlicher, und die tiefsten Schichten zeigen eine fast homogene Structur. Ausserdem zeigt der Waben- deckel bei Behandlung mit Färbemitteln breite, wagerechte Zonen, die mehr oder weniger stark gefärbt sind (Fig. 14 D). Der Deckel ist an Spiritusmaterial lederartig; völlig entwässert, wird er aber äusserst spröde und springt schon bei leisem Druck (z. B. mit dem Deckglas) in Stücke. Das Grenzgebiet des Deckels gegen den Waben- rand zeigt nun Folgendes. Die Epidermis der zwischen den Deckeln liegenden Hautbrücken (Fig. 12 u. 14 Ep), deren Bau durchaus mit der Structur der normalen Oberhaut übereinstimmt (auch Gift- und Schleimdrüsen sind in den Hautbrücken vorhanden), schlägt sich über den Wabenrand um und geht in das Epithel der Wabentasche über (Fig. 12 Ww). Da der Durchmesser der Wabe grösser ist als der des Deckels, entsteht hier eine Falte, die oft durch Hautpapillen auf Querschnitten einen gezackten Umriss erhält. An der Ober- und Unter- seite dieser Falte ist nun das Deckelchen angeheftet, so dass Deckel- scheibe und Wabenrand in Folge dieser Anordnung so zu sagen in einander eingefalzt sind. Der Stoff, aus welchem die Deckelscheibe besteht, ist mit der Häutungsschicht fest verbunden, und beim Ab- Zur Anatomie der Pipa americana. 623 heben des Deckels wird die Häutungsschicht, die ja übrigens niemals sehr fest auf der Haut sitzt, mit losgerissen (Fig. 14 H). Die Deckel- substanz ist in alle, auch die kleinsten Unebenheiten der Epidermis eingepresst und drängt sich in die Falten zwischen den Papillen in einer Weise ein, die durchaus den Eindruck eines einst klebrigen oder schleimigen, später erhärteten Stoffes hervorruft. An der Oberseite des Wabenrandes schlägt sich bald der Deckelstoff in starker Falte um sich selbst, um in die Deckelscheibe überzugehen (Fig. 12 0. @). An der untern Seite dagegen folgt die Deckelsubstanz der Epidermis eine Strecke weit, um dann bedeutend verdünnt, das Wabenloch ver- lassend, sich ins Innere der Wabe umzuschlagen und als eine viel- fach zerrissene und gefaltete Membrane sich zwischen den Deckel und das in der Wabe liegende Junge zu legen (Fig. 12 D. M). Wabentaschen. Die Wabentaschen (Fig. 8 W) sind von einem Epithel ausgekleidet, das eine directe Fortsetzung der Epidermis ist. Der Uebergang zwischen Epidermis und Wabenepithel zeigt folgende Eigenthümlichkeiten. Die Epidermis, die am Wabenrande noch durch- aus ihre von der Rückenhaut her bekannte Structur behalten hat (Fig. 14 E), verdünnt sich bedeutend; die Häutungsschicht verschwin- det, und von der Hornschicht bleibt nur ein ausserordentlich dünnes einfaches Plattenepithel übrig, das die innere Bekleidung der Waben liefert (Fig. 15 P.E). Auch die Zellen der untern Lage der Schleim- schicht verlieren ihre regelmässige cylindrische Form und werden mehr cubisch oder kuglig. Zahlreiche weite, dünnwandige Capillaren (Fig. 15 Bl) drängen sich ins Epithel hinein, manchmal bis dicht unter das innere, die Hornschicht entsprechende Plattenepithel, und tragen so zur Störung der ursprünglichen Anordnung der Zellen der Schleimschicht bei (Fig. 15 #). Auch die unter der Epidermis liegende Pigmentschicht und das obere Bindegewebe (Fig. 15 P) folgen der Epidermis in ihrem Einstiilpungsprocess. Die Pigmentschicht wird an den Wabenrändern durch die in Folge der Wabenbildung ein- tretende Vergrösserung der Oberfläche bedeutend verdünnt, und die verästelten Pigmentzellen bilden hier nur ein durchsichtiges Netzwerk unter dem Epithel. Das Bindegewebe wird zwischen den dicht an einander liegenden Wabentaschen zu langen, den Wabenwänden paral- lelen Faserbündeln ausgezogen (Fig. 19 Bi); auch hier verlaufen zahlreiche, aus der tiefen Cutislage zwischen die Waben aufsteigende Blutgefässe. Der Boden der Waben besteht aus der Wabenwand, d. h. Epithel und Pigmentschicht, und der zwischen diesen und der untern Schicht von lockerm Bindegewebe zusammengedrängten tiefen Cutislage, 624 A. v. KLINCKOWSTROM, deren derbe, wellige Fasern durch den Druck der Waben dicht auf einander gepackt sind. Auch die hier verlaufenden grébern Gefässe sind im Vergleich mit der normalen Haut bedeutend erweitert. Von den in der noch nicht wabentragenden Rückenhaut gewöhnlichen Schleimdrüsen ist jede Spur in den Wabenwänden verschwunden. Von den Giftdrüsen aber sieht man hier und dort zwischen und unter den Wabentaschen die im günstigsten Falle linsenförmig zusammenge- drückten Reste, deren Ursprung nur an ihrer eigenthümlichen con- tractilen Faserschicht zu erkennen ist. In seinem „Lehrbuch der vergl. Anat. der Wirbelthiere“ (11) sagt WIEDERSHEIM: „Auch die Waben auf dem Rücken von Pipa dorsigera sind als vergrösserte Hautdrüsen aufzufassen .. .“ (11, p. 24). Ich muss aber bekennen, dass, wenigstens bei den mir zur Verfügung stehenden Entwicklungsstufen , soweit ich sehen kann, nichts für eine solche Ansicht spricht, im Gegentheil scheint mir die Structur des Wabenepithels, die sich nur schwer von einer Gift- oder Schleim- drüsenwand ableiten lässt, am Wabenrande aber factisch allmählich in gewöhnliche Epidermis übergeht, deutlich für einen einfachen Ein- stülpungsprocess der unter dem Ei liegenden Oberhaut zu sprechen, eine Erklärung, die ohnedies schon durch ihre Einfachheit für sich selbst spricht. Ich will gern zugestehen, dass die in der waben- tragenden Rückenhaut vorliegenden Veränderungen am Ende der Tragzeit von durchgreifender Art sind, die in Ermangelung ver- mittelnder Zwischenstufen eine Erklärung der Wabenbildung sehr erschwert, muss aber an einer einfachen Einstülpung der Epidermis, bis auf weitere Beweise für das Gegentheil, als dem Wahrscheinlichsten festhalten, einer Ansicht, die auch von den ältern Autoren, MAYER (7), Wyman (12) u. A. ausgesprochen ist. Noch schwerer als die Waben ist jedoch die Entstehung der Deckelchen zu erklären. Sie stellen sich nämlich durchaus als eine Bildung ,,sui generis dar, und ihr feingestreifter, horn- oder chitinartiger Stoff ist, soweit ich sehen kann, von keinem Theile der Haut abzuleiten. Der Deckel ist eine runde Scheibe mit umgebogenen Rändern, die, am Wabenrande festgeklebt, später in eine zwischen Deckel und Jungen liegende, zerfetzte Membran übergeht. Bei dem Versuch, die schwierige Frage nach dem Ursprung dieser Deckelscheibe in befriedigender Weise zu beantworten, boten sich uns drei Möglichkeiten dar, die der Reihe nach geprüft werden müssen. Das Deckelchen muss entweder vom Weibchen selbst oder vom Männchen oder endlich vom Ei stammen. Gegen die erste dieser Annahmen sprechen folgende That- Zur Anatomie der Pipa americana, 625 sachen: Nirgendwo finde ich das Deckelchen in irgend welcher Con- tinuität mit der Haut, immer sieht man vielmehr zwischen Deckel- substanz und Epidermis die abgestorbenenen Zellen der Häutungs- schicht. In der Rückenhaut finden sich auch gar keine Gebilde (Driisen z. B.), durch welche man die Entstehung eines Gebildes von der Form und Grösse der Deckelscheibe erklären könnte. Die zweite Hypothese scheint mir noch unwahrscheinlicher, denn zur Zeit der Begattung sind ja die Waben noch nicht gebildet, womit natürlich auch die Möglichkeit der Bildung des Deckels durch das Männchen weefallt. Es bleibt also nur übrig, die Möglichkeit ins Auge zu fassen, dass die Deckelscheibe vom Ei selbst herzuleiten wäre. Bei der Begattung werden die Eier in irgend welcher Weise auf den Rücken des Weibchens gebracht und wahrscheinlich erst dort vom Männchen befruchtet. Um bei dem wasserbewohnendem Thiere hier zu verbleiben, müssen die Eier mit einer klebrigen Oberfläche ver- sehen sein. Bald nachher bilden sich die Waben unterhalb der Eier. Bei diesem Process muss natürlich ein Augenblick kommen, wo die Oberseite des Kies die Wabenöffnung wie einen gewölbten Deckel ver- schliesst. Angenommen, dass die Eier hier verbleiben (die Lage, dicht unter dem Deckel, der von Wyman (12) abgebildeten, noch an dem Dotter liegenden Embryonen spricht thatsächlich dafür), ohne tiefer in die Wabe zu sinken, so wäre es wohl möglich, dass bei der Ent- wicklung des Jungen die Eihüllen als Deckelscheibe die Wabenöffnung verschlössen. Ich will allerdings gern zugestehen, dass das Ganze nur eine Hypothese ist; aber da diese Hypothese die einzige ist, die, soweit ich sehen kann, die Thatsachen in befriedigender Weise zu er- klären im Stande ist, so halte ich mich für berechtigt, sie den Fach- genossen vorzulegen, bis zukünftige Beobachtungen sie bestätigen oder verwerfen. Stockholm 1893. Zool. Jahrb, VII. Abth. f. Morph. 41 626 11: 12. A. V. KLINCKOWSTRÖM, Literaturverzéichniss. Bonnet, Cu., Sur le Pipa ou crapaud d. Surinam, in: Observations et Mém. s. 1. Phys. Rozrer, T. 14, 1779, p. 425—436. Camper, P., Over de voorteelling der Americanschen Padden of Pipae, in: Verhandl. Maatsch, te Haarlem, D. 6, St. 1, 1761, p. 266 — 284. Ecxer und WIEDERSHEIM, Die Anatomie des Frosches, Braunschw. 1864— 82. Fermin, PH, Développement parfait du mystère de la génération du fameux crapaud de Surinam, nommé Pipa, Maastricht 1765, 80. Horrmann, C. K., Bronn’s Classen und Ordnungen, Bd. 6, Abth. 2, 1876. Lrypie, Fr, Ueb. d. allgem. Bedeckungen d. Amph., in: Arch. f. Mikr. Anat., Bd. 12, p. 119. Mayer, C., Beiträge zu einer anatomischen Monographie der Gattung Pipa, in: Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Nat. Cur., Vol. 12, P. 2, 1825, p. 527—552, Prirzxer, W. Die Epidermis d. Amphibien, in: Morph. Jahrb., Bd. 6, p. 469—527. SCHULZ, P., Ueber die Giftdrüsen der Kröten und Salamander, in: Arch. f. Mikr. Anat., Bd. 34, p. 11—57. SCHULZE, F. E., Ueb. cuticulare Bildungen und Verhornungen von Epithelzellen bei den Wirbelthieren, in: Arch, f. Mikr. Anat., Bd. 5, p. 292. WIEDERSHEIM, R., Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbel- thiere, 2. Aufl., 1886. Wyman, J., Observations on the development of the „Surinam toad“ (Pipa americana), in: Sillim. Amer. Journ., (2. Ser.) Vol. 17, p. 369, 1854. Zur Anatomie der Pipa americana. 627 Erkliirung der Abbildungen. Tafel 35. Fig. 1. Dorsalseite eines Pipaweibchens, die Lage der Giftdrüsen- knötchen zeigend. a, a,, a,,, grössere Drüsenknötchen, b vereinzelte Drüsenöffnungen, ¢ Mundwinkeltentakelchen. Tafel: 36. Fig. 2. Ventralseite des Kopfes von Pipa. mt Mundwinkel- tentakelchen, m Nasenöffnungen, ¢, und ¢,, Oberkiefertentakelchen. Fig. 3. Schnitt durch die Haut des Rückens einer Pipa 9. H Häu- tungsschicht, M.L Membrana limitans, Sc Stratum corneum, Sm Str. Malpighii, P Pigment (Nacker, Ob. 7 X Oc. 1). Fig. 4. Flächenbild eines abgestossenen Hautfetzens von Pipa (Leitz, Ob. 3 X Oc. 3). Fig. 5. Schnitt durch eine Hautpapille aus der Rückenhaut von Pipa. E Epidermis, C Corium, St Stachel, Pa Papille, Sch. D Schleim- drüse, N Nerven, Bl Blutgefässe (NacuEt, Ob. 3 X Oc. 3). Fig. 6. Hautpapille aus einem abgestossenen Hautfetzen von Pipa (Nacuzt, Ob. 7, Oc. 3). Fig. 7. Schleimdrüse von Pipa. Se Secret. Die übrigen Buch- staben wie an den vorigen Figuren (Nacuer, Ob. 7 X Oc. 1). Fig. 8. Schnitt durch die Rückenwaben eines ,trächtigen“ © von Pipa. D Dermis, $ Scheidewände der Waben, W Wabe, W. B Wabenboden, W.D Wabendeckelchen (Loupenvergrösserung). Fig. 9. Rückenhaut mit Waben, von oben gesehen. h Rücken- haut, übrige Buchstaben wie in den vorigen Figuren (Loupenver- grösserung). Fig. 10. Giftdrüse aus der Rückenhaut von Pipa ©. D. M Drüsen- mündung, @.D Giftdrüse, L.B, obere Schicht von lockerem Binde- gewebe, L. B,, untere dgl., 7, C tiefe Cutislage (Nacuet, Ob. 3 X Oc. 2). Fig. 11. Schnitt durch eine Hautpapille von Pipa (NAcukr, Ob. 7 x Oc. 2). Buchstaben wie bei den vorigen Figuren. 41* 628 A. v. KLINCKOWSTROM, Zur Anatomie der Pipa americana. Fig. 12. Schnitt durch den obern Theil der Wabe einer „träch- tigen“ Pipa. Em Embryo (Larve) im Innern der Wabe, Dm Deckel- membran, Ww Wabenwand, Bi Bindegewebe, 0.G obere Grenze des Wabendeckels gegen die Haut (Vergr. ?°/,). Fig. 13. Schnitt durch die Lederhaut von der Zehe von Pipa. W wagerechte Faserzüge, senkrechte bindegewebige Bündel. Fig. 14. Schnitt durch den Wabendeckelrand. D Deckel (NAcHer, Ob tx Oc. 12). Fig. 15. Schnitt durch die Wabenwand einer „trächtigen“ Pipa. PE Pflasterepithel (Nacazr, Ob. 7 X Oc. 3.) Nachdruck verboten. Vebersetzungsrecht vorbehalten. Zur Anatomie der Pipa americana. Von G. Grönberg und A. von Klinckowstrôm. (Aus dem Zootomischen Institut der Universitat zu Stockholm.) 2. Verdauungs-, Respirations- und Urogenitalorgane sammt Nervensystem. Von G. Grönberg. Hierzu Tafel 37—38 und 1 Textfigur. Verdauungsorgane. Soweit ich weiss, ist C. Mayer (7) der Erste, der eine Be- schreibung von den Verdauungsorganen der Pipa geliefert hat. Diese Beschreibung, die nur den makroskopischen Bau des vorliegenden Organsystems umfasst, ist indessen sehr kurz und enthalt nur die wichtigsten Thatsachen. Später hat F. E. Schutze (9) die Hornzähne untersucht. Hiervon abgesehen, sind die Verdauungsorgane der Pipa niemals Gegenstand weiterer Erforschung gewesen. Eine genaue Be- schreibung der betreffenden Organe schien mir deshalb von einem ge- wissen Interesse zu sein. Die Mundhöhle und der Schlund. Die Mundspalte ist wie bei andern Anuren sehr weit und führt in eine Mundhöhle, die wohl die der meisten Amphibien an Grösse übertrifft. Schon bei makroskopischer Untersuchung begegnen uns 630 G. GRONBERG, hier viele Eigenthümlichkeiten. Was allen Beobachtern zunächst auf- gefallen, ist die totale Abwesenheit einer Zunge. Das Vorkommen eines Zungenrudiments unter dem Boden der Mundhöhle ist schon von HOFFMANN (5) erwähnt. Zähne fehlen wie bekannt vollständig. Auch auf Schnitten von Larven waren von ihnen keine Spuren zu erkennen. Sowohl bei erwachsenen Thieren als bei Larven finden sich aber Hornzähne, welche von F. E. SCHULZE genau untersucht und beschrieben sind (9). Hinter dem häutigen Saume der Oberlippe liegen die Choanen, welche nicht so weit von einander getrennt sind wie bei Rana und Bufo. Ihre Lage und ihr Aussehen sind übrigens aus Fig. 2 ersicht- lich. Von den Choanen gehen nach hinten zwei Schleimhautfalten, welche, schwach convergirend, hinter einer kleinen Oeffnung sich ver- einigen. Diese kleine Oeffnung ist die Mündung der beiden Tubae Eustachii, welche hier im Gegensatz zum Verhalten bei Rana und Bufo gemeinschaftlich in die Rachenhöhle münden. Hinter dieser Stelle sehen wir unregelmässig angeordnete Schleim- hautfalten, welche in die Längsfalten des Schlundes und des Oeso- phagus direct übergehen. Mit besonderm Interesse ging ich an die Untersuchung der Glan- dula intermaxillaris. Es war ja zu erwarten, dass mit dem Verlust der Zunge diese Drüse eine Rückbildung een haben würde. So ist es auch der Fall. Wie ich mich auf Frontal- und Sagittal- schnitten leicht überzeugen konnte, ist die Hauptmasse der Drüse zwar recht gut entwickelt, ihre Ausführungsgänge aber sind ganz ob- literirt. Auf die Mundhöhle folgt ohne bestimmte Grenze der Schlund, welcher durch seine Grösse ausgezeichnet ist. Aus Fig. 3, welche das Verhältniss der verschiedenen Theile des Darmcanals zeigt, geht deut- lich hervor, dass der Schlund unbedingt der voluminöseste Theil des Darmeanals ist. Welche Rolle dieser colossale Schlund spielt, ist schwer zu entscheiden. Unmöglich ist es nicht, dass er eine respi- ratorische Bedeutung hat, eine Ansicht, für welche auch der Gefäss- reichthum der Schlundwand spricht. An der ventralen Wand des Schlundes circa 35 mm von der Spitze des Unterkiefers liegt der schlitzförmige Aditus ad laryngem. Der Vorderdarm. Zwischen dem Schlund und dem Vorderdarm lässt sich keine ge- naue Grenze aufstellen, sondern der Schlund geht unmittelbar in den En Zur Anatomie der Pipa americana, 631 Oesophagus über. Die Grenze der Speiseröhre gegen den Magen zeichnet sich dagegen durch einen recht gut entwickelten Ringmuskel aus. Uebrigens hat der Magen bei Pipa eine Grösse und eine Ent- wicklung erreicht, die wir bei keinem andern Amphibium finden. Sowohl die Schleimhaut des Oesophagus als diejenige des Magens zeigen sehr stark entwickelte Längsfalten. Die Falten des Oesophagus sind Fortsetzungen der Längsfalten des Schlundes und gehen un- mittelbar in die Falten des Magens über, welche, den ganzen Magen durchziehend, gegen den Pylorus sich zusammendrängen, um, nach und nach niedriger werdend, an dieser Stelle ganz aufzuhören. In der Wandung des Munddarmes sowohl als in der des gesammten Darmtractus kann man bei Pipa wie bei andern Amphibien folgende drei Hauptschichten unterscheiden: die Mucosa, die Muscularis und die Serosa. Die Mucosa ist im Oesophagus aus nur zwei getrennten Schichten zusammengesetzt. Zu innerst, d. h. dem Lumen zunächst, finden wir ein Cylinderepithel und unter diesem eine aus fibrillärem Bindegewebe gebildete Schicht, gewöhnlich die Submucosa genannt. Eine Tunica propria mucosae in diesem Bindegewebe zu unterscheiden, ist nicht möglich; als eine Muscularis mucosae fungiren aber zerstreute Bündel von glatten Muskelfasern. Die bei Rana im Oesophagus sich befindenden Drüsen sind hier nicht vorhanden. Ihre Rolle scheint dagegen von kleinen Längsrinnen übernommen zu sein. Diese Längsrinnen — mit den zwischen den schon erwähnten Längsfalten liegenden Rinnen nicht zu verwechseln — findet man auf Querschnitten in grosser Anzahl. Sie sind klein, oft halb- cylindrisch und haben einen Durchmesser von 30—140 u. Fast alle waren, wie Fig. 5 zeigt, mit einem Secret erfüllt, das sich mit Häma- toxylin nur sehr schwach färbt. Soviel mir bekannt, sind solche secernirenden Längsrinnen im Oesophagus bisher nicht beobachtet worden. In der Mucosa des Magens kann man vier Schichten unterscheiden : 1) Epithel, 2) eine Bindegewebsschicht, die wir als Tunica propria bezeichnen können, 3) eine Muscularis mucosae und 4) eine zweite Bindegewebsschicht, die als eine Submucosa anzusehen ist. Das Epithel ist ein Cylinderepithel, in welchem zahlreiche Becherzellen zu sehen sind. Im Magen können wir zwei verschiedene Formen von Drüsen unterscheiden: Fundusdrüsen und Pylorusdrüsen. Jene sind schon an der Cardia spärlich vorhanden, werden aber im mittlern Theile des Magens sehr zahlreich und bilden hier eine zusammenhängende Schicht; 632 G. GRONBERG, diese aber sind auf den Pylorustheil beschrankt. Die beiden Driisen- formen gleichen übrigens so vollständig den gleichnamigen Drüsen bei Rana, dass eine weitere Beschreibung hier ganz unnôthig ware. — C. MAYER sagt (1. c. p. 539): „Am Pylorus bemerkt man einen Ring von Drüsenöffnungen.“ Da dieser Verfasser die Magenwand nicht mikroskopisch untersucht hat, so müssten diese Drüsenöffnungen wohl gross und mit unbewaffnetem Auge resp. mit Lupe wahrnehmbar sein. Ich habe sie jedoch nicht einmal auf Schnittserien sehen können; am Pylorus finden sich nur die kleinen, dicht liegenden Pylorusdrüsen, von denen oben schon die Rede war. Die Muscularis mucosae, die besonders in den erhabenen Tbeilen der Falten gut entwickelt ist, zerfällt in zwei Schichten, eine innere Ring- und eine äussere Längsschicht. Was die ausserhalb der Submucosa liegende Muscularis betrifft, so kann man zwei deutlich gesonderte Schichten unterscheiden , eine äussere Längs- und eine innere Ringschicht. Sowohl im Oesophagus als im Magen ist die Ringschicht viel stärker entwickelt als die Längs- schicht. Die Serosa ist wie gewöhnlich von dem die Muscularis be- kleidenden Peritoneum gebildet. Der Mitteldarm. Der Mitteldarm, vom Magen durch einen Sphincter scharf ab- gesetzt, ist in seinem ersten Abschnitt blasenartig aufgetrieben, sein übriger Theil aber stellt in seiner ganzen Länge ein enges Rohr dar, dessen erster Abschnitt nach vorn läuft und so mit dem Magen und dem aufgetriebenen Theil des Mitteldarms eine Schlinge bildet, in welcher die Bauchspeicheldrüse liegt. Nach hinten gekrümmt, erfüllt er mit seinen Windungen den rechten Theil der Bauchhöhle, um schliesslich wieder aufsteigend, in den Enddarm überzugehen. Der ganze Mitteldarm hat an seiner Innenseite dicht neben einander stehende Längsfalten, welche jedoch in dem ersten auf- getriebenen Abschnitt bei den von mir untersuchten Exemplaren kaum bemerkbar waren. Wir sehen also, daß das bei Rana esculenta vor- kommende, sehr complieirte Faltensystem der Pipa americana ganz fehlt und dass wir hier nur einfache Längsfalten haben. Das Epithel der Schleimhaut ist ein Cylinderepithel, dessen Zellen mit einem Cuticularsaum versehen sind. Zwischen den Cylinderzellen sind Becherzellen ziemlich reichlich vorhanden. Die unter dem Epithel liegende Schicht, in welcher man eine Tunica propria von der Sub- mucosa nicht unterscheiden kann, besteht aus lockerem, grossmaschigem , ic Me oneal Zur Anatomie der Pipa americana. 633 Bindegewebe, welches eine nicht geringe Anzahl von Leukocyten ent- halt. Eine Muscularis mucosae fehlt in diesem Theil des Darmrohres. Von den LiEBERKÜHN’Schen Drüsen, die bei vielen andern Amphibien im Mitteldarm reichlich vorkommen, habe ich keine Spur finden können. Die Muscularis besteht wie gewöhnlich aus zwei Schichten, von welchen die innere Ringschicht kräftiger entwickelt ist als die äussere Längsschicht. — Die der Muscularis anliegende Serosa ist eine dünne Peritonealbekleidung. Der Enddarm. Der Enddarm bei Pipa bildet nicht wie bei Rana den grössten Theil des Darmrohres, sondern ist hier nur ganz klein. Die Schleim- haut zeigt keine Längsfalten, sondern stellt eine ganz ebene Fläche dar. Das Epithel besteht aus Cylinderzellen, zwischen welchen Becherzellen in grosser Anzahl vorkommen. Unter dem Epithel liegt eine Binde- gewebsschicht. Drüsen fehlen vollständig. Die Muscularis besteht aus zwei Schichten, von welchen, im Gegensatz zum Verhalten bei Rana (ef. ECKER u. WIEDERSHEIM, Die Anatomie des Frosches, Th. 3, p. 15), die innere Ringschicht zwei- bis dreimal stärker ist als die äussere Längsschicht. Ausserhalb der Muscularis haben wir natürlich noch das Peritoneum (Serosa). Die Leber. Die Leber besteht aus drei scharf von einander getrennten Lappen, von denen der rechte der grösste ist. Der linke ist beinahe von der- selben Grösse, der mittlere aber sehr klein. Neben dem rechten Lappen liegt die Gallenblase, deren Ausführungsgang, der Ductus cysticus, mit den drei Ductus hepatici und Aesten der Arteria hepatica und der Pfortader ein Geflecht bildet, das, quer in der Leibeshöhle liegend, die Leberlappen und die Gallenblase mit einander verbindet. Die drei, Ductus hepatici vereinigen sich mit dem Ductus cysticus zu einem gemeinschaftlichen Ductus choledochus, welcher in den Mitteldarm circa 10 mm hinter dem aufgeblasenen Theil desselben einmiindet. Schon 5—8 mm von dem Eintritt in den Darm hat sich der Ductus pancreaticus mit ihm vereinigt. Was den feimern Bau der Leber betrifft, so scheint er mir nur wenig von demjenigen bei Rana abzuweichen. Pigment kommt jedoch reichlicher vor als bei unsern gewöhnlichen Repräsentanten der Gattungen Rana und Bufo, wo bekanntlich die Leber sehr wenig pigmentirt ist. 634 G. GRONBERG, Die Pigmentanhaufungen liegen unregelmassig zerstreut; eine corticale Schicht von einer centralen zu unterscheiden ist kaum môglich. Eine einfache Reihe von Pigmentanhäufungen am Rande dürfte wohl die corticale Schicht repräsentiren, aber im Gegensatz zum Verhalten bei Triton (EBERTH, 1. c. fig. 2) besteht diese corticale Schicht nicht nur aus isolirten Pigmentzellen, sondern auch wie die centrale Schicht aus grossen Zellenanhäufungen. Da der Pigmentreichthum mit der Jahres- zeit, der Reife der Geschlechtsproducte und dem Leben in der Freiheit oder in der Gefangenschaft in Zusammenhang zu stehen scheint, so will ich nur hinzufiigen, dass das von mir untersuchte Thier im Monat December, also während der Trockenzeit und zwei Monate vor der Zeit der Begattung, getödtet wurde, nachdem es schon eine längere Zeit in der Gefangenschaft gehalten worden war. Das Pancreas. Das Pancreas hat eine langgestreckte Form und liegt in dem Winkel, welchen der Magen mit dem aufsteigenden Theil des Diinn- darmes bildet (Fig. 1). Sein Ausführungsgang vereinigt sich, wie oben schon bemerkt, mit den vereinigten Ausführungsgängen der Leber. Respirationsorgane. Kehlkopf. Der Erste, der den Kehlkopf bei Pipa beschrieben hat, ist C. MAYER, welcher in seiner im Jahre 1825 publicirten Abhandlung (7) eine sehr ausfübrliche Beschreibung liefert. Diese Beschreibung, die haupt- sächlich den Kehlkopf des Männchens berücksichtigt, ist, obwohl übrigens sehr vollständig, nicht mit Figuren versehen und deshalb für einen nicht über Präparate verfügenden Leser schwer zu ver- ‚stehen. Abbildungen des in Rede stehenden Organs finden wir erst bei HENLE (4). Allen Anstrengungen zum Trotz habe ich seine Ab- handlung nicht erhalten können, und seine Untersuchungen sind mir nur aus den Angaben HorrmAnn’s in Bronn’s Classen und Ordnungen des Thierreichs bekannt. In dieser Arbeit finden wir aber die Ab- bildungen Hente’s. Leider ist jedoch, nach HorrmAanNn’s Wiedergabe zu urtheilen, Hrnte’s Beschreibung vom Kehlkopf des Männchens in- correct, indem er die ventrale Seite als dorsale und umgekehrt be- schreibt, wodurch seine Auffassung der verschiedenen Knorpel natürlich ganz unrichtig geworden ist, Zur Anatomie der Pipa americana. 635 Der Larynx des Mannchens ist fast ganz, derjenige des Weibchens nur zum Theil knéchern. Beim Männchen ist er zweimal so gross wie beim Weibchen. In beiden Geschlechtern besteht er aus sechs Knorpeln resp. Knochen, die zusammen eine hohle Kapsel von glocken- förmiger Gestalt bilden, deren breiterer Theil nach hinten liegt. Die ventrale Wand dieser Kapsel wird von einem Knorpel ge- bildet, der, in eine Spitze auslaufend, weiter nach vorn reicht als der andere Knorpel des Kehlkopfs. Der hintere Theil des Knorpels ist bedeutend breiter, besonders ist dies beim Weibchen der Fall. Sein vorderer Theil hat an der innern Seite zwei Gelenkflächen zur Articu- lation mit den Cartilagines arytaenoideae externae der beiden Seiten. An der innern Fläche, in der Medianlinie, 4 mm vor dem hintern Rand, findet sich ferner beim Männchen ein zapfenähnlicher Vorsprung von 5 mm Länge, der nach vorn gerichtet ist. Auch dieser Fortsatz ist verknöchert. Ein Homologon dieses Knorpels ist unter den Anuren nur bei Dactylethra vorhanden, so weit es sich um Kehlkopfknorpel handelt. Dieser Knorpel gehört nämlich nicht ursprünglich dem Kehlkopfe an, sondern ist sicher ein Theil des Zungenbeins. Dies geht daraus her- vor, dass er beim Weibchen und bei den Larven durch seine vordere Spitze mit dem Corpus des Zungenbeins zusammenhängt, und es existirt, wie ich mich auf Schnittserien von Larven überzeugt habe, keine Grenze zwischen dem Zungenbein und dem genannten Knorpel, sondern jenes geht in diesen continuirlich über. Beim Männchen ist jedoch diese Verbindung verschwunden und das Zungenbein vom Kehlkopf getrennt. Wir haben also hier einen Theil des Kehlkopfes, der ein Derivat des Zungenbeins ist und den wir mit der Cartilago thyreoidea der Säugethiere vergleichen können (cfr. Dugoıs, 1). Die diesen Knorpel bildenden Theile des Zungenbeins entsprechen jedenfalls den hintern Hörnern oder den sogen. Columellae. Wenn Dusoıs’ Anschauung richtig ist, dass die Cartilago thyreoidea bei den Säugethieren aus dem 4. und 5. Visceralbogen nebst zugehöriger Copula hervorgegangen ist, so können wir hier zum ersten Malim Thierreich von einerCartilago thyreoidea im Sinne des Säugethier- schildknorpels sprechen. Die verschiedenen Theile des Zungen- beins bei Pipa und die homologen Theile bei Rana und Dactylethra sind in der umstehenden Abbildung veranschaulicht. Beim Männchen ist diese Cartilago thyreoidea fast vollständig verknöchert, nur die vordere Spitze ist knorplig, und in der Mitte be- 636 G. GRONBERG, A. () : JAN Fig. A. Zungenbein und Kehlkopf von Rana (I), Dactylethra (Il) und Pipa (II). H, vorderes Horn, H, hinteres Horn, A und B Fortsätze des Zungenbein- körpers, L Larynx (Z, bezeichnet die Lage des Larynx bei Rana), Br Bronchien, O Aus- buchtung resp. Loch durch welche Muskeln treten. kundet eine Sutur, dass diese Verknécherung von zwei paarigen Centren ausgegangen ist. Noch deutlicher wird dies, wenn man den ent- sprechenden Knorpel beim Weibchen betrachtet. Hier ist nämlich der grösste Theil knorplig, indem nur zwei trabekelförmige Partien sich in Knochen umgewandelt haben. Seitlich grenzt der Schildknorpel an einen andern Knorpel, welcher die Seiten und die dorsale Wand des Kehlkopfs bildet und den Namen Cartilago cricoidea erhalten hat. Er scheint auch dem gleichnamigen Knorpel der übrigen Anuren zu entsprechen und ist der grösste Knorpel des Kehlkopfs. Eine Verknöcherung dieses Knorpels findet nur beim Männchen statt und ist auch hier eine recht unvollständige. Die verknöcherten und knorpligen Theile sind am besten auf Fig. 11 zu sehen. Beim Weibchen dagegen ist der Ringknorpel vollständig unverknöchert. Die hintere Wand des Larynx ist häutig und hat zwei Oeffnungen, durch welche man in die mit unvollständigen Knorpelringen versehenen Bronchien hineingelangt. Endlich bemerken wir im vordern Theil des Kehlkopfs die Carti- lagines arytaenoideae. Diese sind an ihrer Lage zu beiden Seiten des Einganges in den Larynx leicht zu erkennen. Doch haben wir beim Männchen nicht wie gewöhnlich nur zwei Knorpel, sondern der Knorpel jeder Seite hat sich in zwei getrennte Theile differenzirt, so dass man einen inneren knorpligen, dem Eingang zum Larynx zunächst liegenden Theil von einem äussern verknöcherten unterscheiden kann. Dieser äussere Knorpel, oder, besser gesagt, dieser Knochen, welchen wir Cartilago arytaenoidea externa nennen können, hat eine halbkreis- formige Gestalt und bildet mit demselben Knochen der andern Seite nn, Zur Anatomie der Pipa americana. 637 einen Ring, welcher die knorpligen Cartilagines arytaenoideae internae umschliesst. Sie haben übrigens eine sehr eigenthümliche Form. Sie erstrecken sich nämlich mit zwei langen Fortsätzen in die Höhle des Kehlkopfs hinein und sind, wie ©. Mayer sagt, „frei im Larynx be- weglich, so dass sie an die innere Wand der Höhle desselben, wie der Schwengel in der Glocke, anschlagen können“. Die Angabe Horr- MANN’S in Bronn’s Classen und Ordnungen des Thierreichs, dass „dieser Fortsatz hinlänglich in seiner Lage befestigt ist, um nicht in Musse hin und her schwingen zu können“, ist, wenn nicht unrichtig, doch sehr unklar und leicht misszudeuten. Die Sache liegt nämlich so, dass diese Fortsätze zwar nicht bei den Bewegungen des Thieres frei hin und her schwingen, aber doch gut beweglich sind, und, wie wir bald sehen werden, haben die Cartilagines arytaenoideae externae ihre eignen Muskeln. Wahrscheinlich ist diese Einrichtung ein Apparat, um eine Art Stimme hervorzubringen, denn eigentliche Stimmbänder fehlen bei Pipa vollständig, und es würde von grossem Interesse sein, zu erfahren, ob Pipa wirklich eine diesem Apparat entsprechende Stimme hat. Mein Freund, Freiherr A. von KLINCKOWSTRÖM, der lebende Waben- kröten in Surinam oftmals beobachtet hat, will niemals einen Laut von ihnen gehört haben. Beim Weibchen sind nur zwei knorplige Cartilagines arytaeno- ideae vorhanden, welche mit den umgebenden Knorpeln innig ver- bunden sind. Muskeln des Kehlkopfes. Die Kehlkopfmuskeln bei Pipa sind schon von HENLE beschrieben worden !). H. unterscheidet aber nur zwei Muskeln. Den einen, welcher indessen in drei Theile zerfällt, nennt er „Erweiterer‘“, den andern beschreibt er unter dem Namen ,,Compressor“. An der lateralen Wand des Kehlkopfs liegen drei Muskeln, welche, von den hintern Theilen des Schild- und des Ringknorpels ausgehend, an verschiedene Punkte des Aryknorpels sich ansetzen (Fig. 18—20). Diese drei Muskeln sind mit ihren Bäuchen in der Art vereinigt, dass es fast umöglich ist, zu bestimmen, ob wir hier drei ursprünglich selbständige Muskeln vor uns haben oder ob nicht zum mindesten 1) Seine Beschreibung bezieht sich auf die Muskeln des Männchens, und auch ich habe hier nur das Verhalten bei diesem Geschlecht be- rücksichtigt. 638 G. GRONBERG, zwei von ihnen von einem Muskel stammen, dessen Sehne sich in zwei getheilt hat. Von den drei Sehnen setzt sich eine an die knorp- lige Cartilago arytaenoidea interna an. Dieser Theil des Muskels oder dieser Muskel, wie man will, entspricht dem Musculus di- latator laryngis bei Rana. Eine andere Sehne liegt neben der vorigen zwischen ihr und dem hoch aufstehenden Theil der Cartilago arytaenoidea externa, biegt sich aber ventralwärts um und begegnet an der ventralen Seite des äussern Aryknorpels der entsprechenden Sehne von der andern Seite. Sie verbindet sich unter Bildung einer Art Aponeurose sowohl mit ihrem Gegenstiick als mit den beiden innern Aryknorpeln. Dieser Muskel entspricht mit Sicherheit dem hohen, lateralwärts liegenden Constrictor des Larynx (siehe WIEDERSHEIM in 2). Die dritte Sehne, die übrigens die stärkste von den dreien ist, setzt sich an den genannten aufstehenden Theil des verknôcherten Aryknorpels an. Sie setzt diesen Knorpel mit seinem langen Fort- satz in Bewegung. Da wir bei Rana und den iibrigen Anuren keinen Knorpel haben, welcher mit dieser zweiten Cartilago arytaenoidea homolog ist, so ist es schwierig, diesen Muskel mit irgend einem bei Rana zu vergleichen. Die zwei Muskeln bei Rana, welche mit zwei von diesen Muskeln homolog sind, gehen von den hintern Theilen des Columellae aus. Dass nun diese Muskeln bei Pipa von den hintern Theilen des Schild- knorpels ihren Ursprung nehmen — denn sie gehen nur zu einem geringen Theil von dem Ringknorpel aus, und dieses Verhalten kann man wohl als secundär betrachten — ist natürlich ein weiterer Be- weis fiir die Homologie zwischen den Columellen und der Cartilago thyreoidea. Der andere von HENLE beschriebene Muskel dient wohl, wie HENLE auch annimmt, als Compressor. Er scheint einem der von WIEDERSHEIM |. c. unter dem Namen hoher, medianwärts lie- gender Constrictor und tiefer Constrictor laryngis be- schriebenen Muskeln zu entsprechen. Bronchien und Lungen. Die Bronchien sind beim Männchen etwas kürzer als beim Weib- chen. Während sie beim erstern nur eine Lange von 15 bis 20 mm haben, sind sie beim letztern ca. 25 mm lang. Die Knorpelringe der Bronchien sind nicht vollständig, also eigentlich keine wirklichen Ringe, Zur Anatomie der Pipa americana, 639 sondern auf die laterale Seite beschränkt, so dass der Bronchus auf der medialen Seite membranös ist. Die Lungen sind nach demselben Typus wie die Lungen bei andern Anuren gebaut, haben aber eine höhere Entwicklung erreicht. So finden wir an ihrer Innenfläche nicht nur das gewöhnliche reiche Netzwerk von erhabenen Maschen, sondern es sind auch die ins Lumen einspringenden Bälkchen von einer Stärke und Entwicklung wie bei keinem andern Amphibium. Die hierdurch gebildeten Nischen sind deshalb sehr gross, und das gemeinsame Lumen des Lungensackes ist, mit dem Verhalten bei andern Anuren verglichen, sehr beschränkt. * Ein eigenthümlicher, nur bei Pipa vorkommender Muskel ist zu- erst von C. MAYER unter dem Namen Musculus pulmonum proprius beschrieben worden. Er sagt in seiner eitirten Arbeit p. 538: „Am merkwürdigsten von allen Muskeln ist aber der diesem Thiere eigen- thümliche Lungenmuskel, Musc. pulmonum proprius. Er entspringt 1'/, Linie breit und 1/, Linie dick von dem Darmbeinkamm unter- halb des Musc. latissimus dorsi, geht nach auf- und einwärts, heftet sich an die hintere Fläche des untern Sackes der Lunge seiner Seite an und verbreitet sich mit dicken, strahlenförmig auseinanderfahrenden Fasern an dieser hintern Wandung der Lunge. Seine Wirkung ist wohl, die Lunge zurückzuziehen, zu erweitern und so die Inspiration zu befördern.“ Nervensystem. Gehirn. Das Gehirn der Pipa ist meines Wissens zuerst von C. MAYER beschrieben worden. Seine Beschreibung berücksichtigt aber nur die äussere Gestalt dieses Organs und ist nicht von Abbildungen begleitet. Von dem Gehirn von Rana weicht das Gehirn von Pipa nicht unerheblich ab. Die äussere Gestalt desselben ist aus den Ab- bildungen Fig. 21 und 22 zu ersehen !). Die Grosshirnhemisphären sind 1) Die Abbildungen Fig. 21 und 22 sind nach Gehirnen ‚gemacht, welche in Kıeınengere’s Pikrinschwefelsäure fixirt sind. Wie ich mich durch Versuche überzeugt habe, verlieren Gehirne bei dieser Methode nicht wenig an Volumen. Da nun das Gehirn vorn und hinten be- festigt ist, hat dies zur Folge, dass das ganze Organ im Verhältniss zu seiner Länge etwas zu schmal wird. 640 G. GRONBERG, wie bei Rana in der Olfactorialgegend mit einander verbunden. Zwischen Gross- und Mittelhirn sieht man eine kugelförmige Erhebung, welche vom Aderhautknoten (Supraplexus) und der Epiphysis gebildet wird. Uebrigens wird das Zwischenhirn vom Vorderhirn vollständig bedeckt. Das Mittelhirn gleicht nur wenig demjenigen von Rana. Wir haben hier nicht die bei diesem Thiere wohl gesonderten Corpora bigemina, sondern einen in der Längsaxe des Gehirns gestreckten, fast einheitlichen Körper (Fig. 21). Wenn es auch nicht zu einer scharfen Trennung in verschiedene Theile gekommen ist, so findet sich doch auf der Oberseite eine seichte Längsfurche und eine noch schwächere Querfurche. Man könnte also hier von Corpora quadrigemina reden. Wie bei Rana ist das Kleinhirn nur durch einen queren Wulst am vordern Ende der Fossa rhomboidalis, unmittelbar hinter dem Mittel- hirn, repräsentirt. Das Nachhirn ist im Verhältniss zu den andern Theilen des Gehirns sehr gross. Die Fossa rhomboidalis hat dieselbe Form wie bei Rana, nur ist sie etwas länger. Von besonderm Interesse ist das Gehirn der noch mit Schwanz versehenen Larven. Ein solches ist in Fig. 23 dargestellt. Eine Ver- gleichung mit Fig. 21 zeigt uns die abweichende Gestalt der ver- schiedenen Theile bei der Larve und dem erwachsenen Thier. Das Gehirn der Larve hat nicht dieselbe gestreckte Form wie das Gehirn des erwachsenen Thieres, sondern ist sehr kurz und breit. Die Fossa rhomboidalis ist bei den Larven sehr klein. Vergleichen wir dagegen Fig. 23 mit Fig. 24, so finden wir eine andere, recht merkwürdige Thatsache, nämlich die verschiedene Lage des Gehirns im Kopfe bei dem jungen und dem erwachsenen Thiere. Während der Abstand vom Vorderende des Gehirns zur Schnauzen- spitze bei der Larve kaum die Länge des Grosshirns erreicht, über- trifft er beim erwachsenen Thiere die doppelte Länge des ganzen Ge- hirns. Dieses eigenthümliche Verhalten findet wohl seine Erklärung in dem grossen Wachsthum der vordern Gesichtstheile. . Um den innern Bau des Gehirns zu studiren, habe ich Serien sowohl von Quer- als von Sagittalschnitten angefertigt. Die auf diese Weise gewonnenen Resultate habe ich in der Fig. 25 zusammengefasst. Da die für Pipa eigenthümlichen Verhältnisse im Bau des Gehirns aus dieser Figur deutlich hervorgehen, habe ich aus den Serien keine einzelnen Schnitte abgebildet. Die Schnitte stimmen auch mit solchen von Rana, wie sie von OSBORN (8) abgebildet sind, in den meisten Punkten überein, zeigen jedoch einige wichtige Abweichungen. Die von Osporn beschriebene Commissur, das Corpus cal- Zur Anatomie der Pipa americana. 641 losum, ist bei Pipa nur im Larvenstadium vorhanden (Fig. 25). Beim erwachsenen Thiere verschwindet das Corpus callosum; nur die Commissura anterior bleibt übrig, bildet aber eine wohlentwickelte Commissur. Die Commissura superior hat dieselbe Lage wie bei Rana. Eine Com- missura posterior findet sich nur bei erwachsenen Individuen, fehlt aber den Larven; die punktirte Linie auf der Fig. 25 bezeichnet ihre Lage. — Die Glandula pinealis verhält sich wie bei Rana. Gehirnnerven. Die Gehirnnerven von Pipa sind schon im Jahre 1843 von FiscHer (3) beschrieben worden. Wie ich jedoch durch Untersuchung mehrerer Exemplare habe feststellen können, stimmt seine Beschreibung in einigen Punkten nicht mit der Wirklichkeit überein, sondern es ver- halten sich die Gehirnnerven in allem Wesentlichen wie bei Rana. So habe ich nicht die von ihm erwähnte Radix minor des Nervus trigeminus finden können; dasselbe gilt auch für einen von ihm ab- gebildeten Nerven, der nahe dem sechsten Nerven abgehen soll. * x * Das Riickenmark und das peripherische Nervensystem habe ich nicht näher untersucht. Nur dem zweiten Spinalnerven habe ich eine genaue Untersuchung gewidmet, und ich kann nur die Angaben von V. JHERING (6) bestätigen. Dieser Nerv tritt nämlich durch ein Foramen in dem ersten Wirbel aus, nicht wie gewöhnlich zwischen dem ersten und zweiten. Uebrigens verhält sich der Nerv wie bei Rana. Was die mit dieser Thatsache in Zusammenhang stehende Frage nach der Reduction der Wirbelzahl bei Pipa betrifft, so habe ich Larven von ca. 15 mm Körperlänge, deren Schwanz sich soeben in Rückbildung befand, sowohl auf Längs- als auf Querschnitten untersucht. Ich hoffte nämlich, auf diese Weise eine Verschmelzung der zwei ersten Wirbel zu einem constatiren zu können. Meine Schnitte von Larven auf diesem Stadium, dem einzigen, von welchem ich Repräsentanten habe, deuten jedoch nicht auf eine solche Bildung des ersten Wirbels aus zwei ursprünglich getrennten hin. Da ich aber nur ein einziges Stadium untersucht habe, lassen sich aus dem negativen Resultat keine definitiven Schlüsse ziehen. Zool, Jahrb. VIl. Abth. f. Morph. 49 642 G. GRONBERG, Urogenitalsystem. Auch das Urogenitalsystem von Pipa habe ich untersucht, doch stimmen diese Organe mit den entsprechenden von anderen Anuren so vollständig überein, dass eine Beschreibung derselben ganz unnöthig ist. Die von mir bemerkten Verschiedenheiten will ich indessen mit einigen Worten erwähnen. Die Nieren sind dicker als bei den meisten andern Anuren, na- mentlich ist dies beim Weibchen der Fall, wo die Niere fast so dick wie breit ist. Bei einem der von mir untersuchten Weibchen hatten die Nieren eine Länge von 24 mm, ihre Breite betrug 5 mm und die Dicke 4 mm. Das Vorderende ist zugespitzt, das Hinterende läuft wohl auch in eine Spitze aus, welche aber lateralwärts umgebogen ist, so dass die ganze Niere an dem hintern Ende stumpf und breit aussieht. Die Niere des Männchens hat eine etwas andere Gestalt. Bei dem auf Fig. 1 in natürlicher Grösse abgebildeten Exemplare war sie 30 mm lang, 9 mm breit und 4 mm dick. Das vordere Ende ist nicht zugespitzt wie beim Weibchen, sondern die ganze Niere ist von gleicher Breite. Das Hinterende ist auch nicht umgebogen. Die Nieren sind an vielen Stellen des medialen Randes eingekerbt. Solcher Incisuren, deren beim Männchen gewöhnlich nur 3 bis 5 sind, können beim Weibchen bis zu 7 vorhanden sein. Die bei andern Anuren vorkommenden Nephrostomen sind auch bei Pipa vorhanden, treten aber nur auf einem sehr beschränkten Gebiet der ventralen Seite auf. Wie ich auf Querschnitten habe fest- stellen können, erinnern sie sehr an die Nephrostomen von Rana und andern Anuren, wie sie von SPENGEL (10) beschrieben sind. So habe ich, wie SPENGEL, oft zwei Trichterstiele zu einem gemeinsamen Ne- phrostom vereinigt gesehen, dagegen habe ich das umgekehrte Ver- hältniss nicht constatiren können, nämlich dass ein Trichterstiel sich theilt und mit zwei Nephrostomen verbindet. Die Eileiter vereinigen sich zu einem gemeinsamen Gange ca. 10 mm vor dem Austritt in die Cloake. Der Theil, welcher bei Rana den Namen Uterus erhalten hat, ist, wenn auch nicht so dünn- wandig wie bei dieser, doch als ein scharf abgesetzter Abschnitt vor- handen, welcher, wie bei Untersuchung auf Schnitten sich zeigt, der für den Eileiter so charakteristischen Drüsen entbehrt. Zur Anatomie der Pipa americana. 643 Schliesslich ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem Lehrer, Herrn Professor W. LECHE, meinen tief gefiihlten Dank für sein meiner Arbeit stets gezeigtes Interesse Öffentlich auszusprechen. Ausserdem bin ich meinem Freunde, Freiherrn AxEL von KLINCKOWSTRÖM, der mir mit grösster Bereitwilligkeit das Material zur Verfügung stellte, grossen Dank schuldig. 10. Literatarverzeichniss. . Dusors, Eve., Zur Morphologie des Larynx, in: Anat. Anz. Jg. 1, 1886. . Ecxer und WIEDFERSHEIM, Die Anatomie des Frosches, Braunschweig 1864—82. . FiscHer, J.G., Amphibiorum nudorum neurologiae specimen primum, 1843. . Hentz, J., Vergleichend - anatomische Beschreibung des Kehlkopfs, Leipzig 1839. . Horrmann, C. K., Amphibien, in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. . v. JHERING, H., Ueber die Wirbelsäule von Pipa, in: Morph. Jahrb., Bd. 6, 1880. . Mayer, C., Beiträge zu einer anatomischen Monographie der Rana pipa, in: Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Nat. Cur., Vol. 12, 1825, p. 527. . Osporn, Henry, A., The origin of the corpus callosum, a contribution upon the cerebral commissures of the Vertebrata, in: Morph. Jahrb., Bd. 12, 1887. . ScHULzE, F. E., Ueber cuticulare Bildungen und Verhornungen von Epithelzellen bei den Wirbelthieren, in: Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. 5, 1869, p. 295—316. SPENGEL, J. W., Das Urogenitalsystem der Amphibien, in: Arb. Zool.-zoot. Inst. Wiirzburg, Bd. 3, 1876. 42* 644 G. GRONBERG, Erklirung der Abbildungen. Tafel 30: Fig. 1. Der gesammte Situs viscerum, !/,. Alle Organe sind in ihrer natürlichen Lage gezeichnet, die Dünndarmschlinge ist nur etwas zurückgeschlagen, um den rechten Hoden zu zeigen. H Herz. Lg,, Lg, rechte und linke Lunge. M Magen‘). D Mittel- darm. D, erweiterter Theil desselben. L,, L,, L, rechte, mittlere und linke Leber. P Pancreas. Hb Harnblase. F'K Fettkörper. Fig. 2. Das Dach der Mundhöhle, 1/,. T, Schnauzenspitzententakel. 7’, Tentakel des Oberkiefersaumes. T, Mundwinkeltentakel. Ch Choanae narium. Eu Mündung der Tuba Eustachüi. a zwei Längsfalten, welche, von den Choanae narium ausgehend, hinter der Mündung der Tuba Eustachii sich vereinigen. 06 unregelmässige Falten, die in die Längsfalten des Schlundes übergehen. Fig. 3. Tractus intestinalis, 1/,. a Schlund. b Oesophagus. c Magen. d Mitteldarm. d, erweiterter Theil desselben. e Enddarm. Bei * bezeichnet die punktirte Linie die Lage des Larynx. Fig. 4—9. Gemeinschaftliche Bezeichnungen. Ep Epithel. B Bindegewebsschicht. Rm Ringmuskelschicht. Lm Längsmuskelschicht. § Serosa. Fig. 4 Querschnitt durch die Wand des Oesophagus, um die secernirenden Längsrinnen zu zeigen. Vergrüss. 25. Lr secernirende Längsrinnen. Fig. 5. Querschnitt durch eine secernirende Längsrinne im Oeso- phagus. Vergröss. 325. Fig. 6. Querschnitt durch die Wand des Magens (Fundusregion). Vergröss. 45. T.pr Tunica propria mucosae. Mm Muscularis mucosae Sm Sub- mucosa. Dr Fundusdriisen. 1) Der Magen und der Darm sind mit encystirten Nematoden be- setzt. Dies war bei allen von mir untersuchten Exemplaren der Fall. Zur Anatomie der Pipa americana. 645 Fig. 7. Längsschnitt durch die Darmwand am Pylorus. Vergrôss. 10. Sph der am Pylorus befindliche starke Ringmuskel. Fig. 8 Querschnitt durch die Wand des Mitteldarms. Vergröss. 65. Fig. 9. Querschnitt durch die Wand des Enddarms. Vergröss. 65. Tafel 38. Fig. 10. Kehlkopf des Männchens von der Ventralseite. Fig. 11. Kehlkopf des Männchens von der Dorsalseite. Fig. 12. Kehlkopf des Männchens von vorn. Fig. 13. Cartilagines arytaenoideae externae des Männchens von der Ventralseite gesehen. Fig. 14. Dieselben Knorpel von der Dorsalseite gesehen. Fig. 15. Querschnitt durch den Larynx des Männchens. Fig. 16. Kehlkopf des Weibchens von der Ventralseite. Fig. 16a zeigt die natürliche Grösse. Fig. 17. Kehlkopf des Weibchens von der Dorsalseite. Fig. 18. Kehlkopf des Männchens mit seinen Muskeln von der ventralen Seite. Fig. 19. Derselbe von der dorsalen Seite. Fig. 20. Derselbe von vorn. Für die Figuren 10—20 gültige Bezeichnungen. thyr Cartilago thyreoidea. crie Cartilago cricoidea. aryt Cartilago arytaenoidea. aryt, unverknöcherter Aryknorpel des Männchens, von mir auch Cart. arytaenoidea interna genannt. aryt. verknöcherter Ary- knorpel des Männchens, von mir auch Cart. arytaenoidea externa ge- nannt. a aufstehender Theil desselben, an welchen sich ein Muskel an- setzt. b Fortsatz, welcher sich in die Höhle des Larynx frei hinein- erstreckt. c Gelenkfläche am Aryknorpel zur Articulation mit der Cart. thyreoidea, d Gelenkfläche an demselben Knorpel zur Articulation mit der Cart. cricoidea. Br Bronchien. Kr Knorpelringe derselben. $, Sehne des Musculus dilatator laryngis. S, Sehne des hohen lateralwärts liegenden Constrictors. §, Sehne des zur Cart. aryt. externa gehenden Muskels. JM, der gemeinschaftliche Bauch dieser drei Muskeln. M, hoher, medianwärts liegender oder tiefer Constrictor. Zb Theil des Zungenbeinkörpers, welcher mit dem Schildknorpel zusammenhängt und abgeschnitten worden ist. Fig. 21. Das Gehirn des erwachsenen Thieres von oben, 5/;. Fig. 22. Dasselbe Gehirn von unten. I— XI bezeichnen auf den Figuren 21 und 22 den ersten bis elften Gehirnnerven. 646 G. GRONBERG, Zur Anatomie der Pipa americana. Fig. 23. Gehirn der Larve, "/,. Fig. 24. Das Gehirn des erwachsenen Thieres, um seine Lage im Kopfe zu zeigen. Nat. Grösse. Fig. 25. Sagittalschnitt durch das Gehirn der Larve, aus vielen Schnittserien combinirte Abbildung, 15/,. ak Aderhautknoten. ca Commissura anterior. cbl Cerebellum. ce Corpus callosum. chm Chiasma nerv. opticorum. cs Commissura superior. ep Epiphyse. F.M. Foramen Monroi. hyp Hypophyse. inf Infundibulum. olf Nervus olfactorius. olf.c. Verbindung der beiden Hemisphären in der Olfactorialgegend. v, und v,, dritter und vierter Ventrikel. * Die punktirte Linie bezeichnet die Lage der Commissura posterior beim erwachsenen Thiere. Nachsehrift. Nachdem dieser Aufsatz schon in Druck gegeben war, bin ich durch die Güte des Herrn Prof. SPENGEL in den Stand gesetzt, die Abhandlung Hente’s näher. kennen zu lernen, und ich will hiermit nur hinzufügen, dass die Wiedergabe HorrmAnn’s richtig ist und die Verwechslung der Dorsal- und Ventralseite des Kehlkopfs schon bei HENLE sich findet. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Zur Anatomie der Pipa americana. Von 6. Grénberg und A. von Klinckowstrém. (Aus dem zootomischen Institut der Universität zu Stockholm.) Ill. Gefassystem und subcutane Lymphsäcke. Von A. von Klinekowström. Hierzu Tafel 39 und 4 Textfiguren. Einleitung. C. Mayer (7) und Rupowput (10) (dessen Arbeit mir leider nicht zur Verfügung steht) sind die Ersten, die sich mit der Angiologie der Pipa beschäftigt haben. Der Erstere (7, p. 544) beschreibt die drei aus dem Truncus arteriosus entspringenden Gefässbogenpaare und giebt später eine kurze Beschreibung von dem Verlaufe der wich- tigsten Schlagadern, hebt aber keine von den bedeutenden Verschieden- heiten hervor, die zwischen Pipa und unsern einheimischen Anuren (Rana, Bufo u. a.) bestehen. - Auch MECKEL (8), der sich verhältnissmässig eingehend mit dem Herzen von Pipa beschäftigt, scheint diese Abweichungen übersehen zu haben, denn nachdem er das Arteriensystem von Rana beschrieben hat, sagt er (8, p. 240): „Die übrigen ungeschwänzten Gattungen bieten keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten dar.“ Die Forscher |Röse (9), Boas (1,2) u. A.|, die in neuerer Zeit Pipa zu angiologischen Zwecken bearbeitet haben, beschäftigen sich, so viel ich weiss, nicht mit dem Arteriensystem, haben dagegen das 648 A. V. KLINCKOWSTROM, Herz in ziemlich erschöpfender Weise untersucht. Ebensowenig wie das Arteriensystem scheint das Venensystem, abgesehen von den cen- tralen Theilen (Sinus venosus und den in ihn einmündenden Gefässen) untersucht zu sein. Mayer (7) widmet den Venen der Nieren und der Eingeweide eine nähere, wenn auch nicht erschöpfende Beschrei- bung (7, p. 545). Er beschreibt hier die V. renales, revehentes principales und ihre Verbindung mit der V. abdominalis an- terior und das Nierenpfortadersystem, scheint aber vollkommen zu ignoriren, dass „diese so merkwürdigen Einrichtungen“ bei jedem ge- wöhnlichen Frosch eben so gut wie bei Pipa bestehen. Unter diesen Umständen erschien mir eine Untersuchung des peripheren Gefäss- systems nicht überflüssig, was sich auch durch die Auffindung einiger theilweise nicht unbedeutenden Abweichungen von den bisher auf dieses Organsystem hin untersuchten Anuren bestätigt hat. Be- züglich des Herzens konnte ich nur die Angaben früherer Forscher bestätigen, gestützt auf eine Reihe gut gelungener Injectionspräparate, welche ich während meines Aufenthaltes im Surinam 1891—1892 an- gefertigt habe. I. Arterien. Aus dem dicken, vom Pericardium umgebenen Truncus arteri- osus entspringen lateralwärts nach jeder Seite die drei für die Anuren charakteristischen Gefässbogen (Fig. 1 u. 2, I, II, IID); sie sind durch Bindegewebe mehr oder weniger dicht verbunden bis an das distale Ende der Carotidendrüse, wo der Ductus pulmonalis sich schräg nach hinten, der D. aorticus und die A. carotis communis dagegen schräg nach vorn wenden (Fig. 1). I. Ductus caroticus. Das vorderste und zugleich schwächste von den drei Bogenpaaren ist der Ductus caroticus (Fig. 1 u. 2 I); er ist vor seiner Ein- mündung in die Carotidendriise nur sehr wenig mit den übrigen zwei Gefässbogen verbunden und zeigt manchmal einen geschlängelten Ver- lauf (Fig. 2). Er mündet in die grosse Carotidendrüse (CD) ein. Die Carotidendriise, verhältnissmässig grösser als bei Rana, ist im distalen Theil retortenförmig angeschwollen; die feinere Structur zeigt nichts besonders Auffallendes, Aus der Carotidendriise ent- springen folgende Gefässe: Zur Anatomie der Pipa americana. 649 A. Die A. hyoideo-lingualis (L) entspringt wie bei Rana aus dem vordern und seitlichen Theil der Carotidendriise, wendet sich kopf- und medianwärts, um sich bald zu spalten in: 1) die A. laryngea (la), die mehrere Zweige an die ventrale und dorsale Seite des Kehlkopfes und in die umgehenden Muskeln entsendet (Fig. 1), und 2) die A. pharyngea inferior (pi), das dem bei Rana im Innern der Zunge verlaufenden Theil der A. lingualis entsprechende Gefäss, die, den M. laryngoglossus (M.l.g.) durch den Hyoidknorpel begleitend, sich am ventralen Schlundrande verzweigt (Fig. 3), worin ein wesentlicher Unterschied zwischen Pipa und Rana gegeben ist. B. Die A. carotis communis (Ca) verläuft in Begleitung des Ductus aorticus bis zum Ursprung der A. anonyma, wendet sich dann, wie bei Rana, kopf- und medianwärts (Fig. 1), um sich an den Seiten der hier unpaaren Tuba Eustachii zwischen Os petrosum und Os pterygoideum einzusenken; während dieses Theiles ihres Verlaufs giebt die A. carotis comm. nur einen Zweig an die lateralen Theile des Schlundes ab (Fig. 1 u. 3 pa). Am vordern Rande des Pterygoideums theilt sich die A. carotis communis in zwei Aeste von gleicher Starke: 1) Die A. carotis interna wendet sich nach innen und drangt sich, nach Abgabe eines Aestchens an das winzig kleine Auge und eines Zweiges zum vordern Theile der Orbita, durch den im innern Augenhöhlenwinkel bestehenden grossen Schlitz (am nächsten durch Vereinigung des Foramen opticum und des Foramen nervi abducentis gebildet) in die Schädelhöhle hinein. 2) Die A. carotis externa verläuft unter den M. temporalis und theilt sich hier in drei Zweige: a) die A. pharyngea ascendens für die Gegend der Tuba Eustachii und die Schlundwand ; b) die A. submaxillaris für den M. temporalis und den Unter- kiefer ; c) die A. palatina fiir den Gaumen, die Choanen und die Nasenhöhle. Wie wir sehen, sind die Verschiedenheiten, die zwischen Pipa und Rana bezüglich der Carotiden bestehen, und von welchen der wichtigste der abweichende Verlauf der dem Zungentheile der A. lingualis ent- sprechenden A. pharyngea inferior ist, dessen Verbreitung an der 650 A. V. KLINCKOWSTROM, untern Schlundwand wohl zunächst in der Rückbildung der Zunge bei Pipa ihren Grund hat, keine primären, sondern nur secundäre, durch die Verschiedenheiten der betreffenden Organe des Kopfes (Auge, Tuba Eustachii, Zunge) bei diesen Thieren bedingte. II. Ductus aorticus (JJ). Der Ductus aorticus (Fig. 1 u. 2 ZI) wendet sich, von der A. carotis communis begleitet, erst seitlich nach oben, dann schlägt er sich, wie bei Rana, um den riesigen Schlund, um sich nach unten (caudalwärts) zu wenden und sich auf der Höhe des vordern Theiles des Steissbeines mit dem Ductus aorticus der andern Seite zur Aorta descendens zu vereinigen. In diesem Theil seines Verlaufes giebt er folgende Aeste ab: A. Die A. anonyma (A). Die A. anonyma entspringt aus dem D. aorticus seitlich vom Schlunde auf der Höhe des dritten Wirbels (Fig. 1A) und verläuft schräg kopfwärts, um sich in der Gegend der Achselhöhle in die A. subclavia und die A. cutanea posterior zu spalten. Sie giebt folgende Zweige ab: 1) Die A. pharyngea media (pm) verläuft parallel mit der von der A. carotis entspringenden A. pharyngea anterior und ver- zweigt sich wie diese an dem seitlichen Theile des Schlundes. 2) Die A. occipito-vertebralis (Ov) entspringt von der A. anonyma auf der Höhe des Querfortsatzes des zweiten Wirbels, wendet sich nach vorn und innen, um sich auf der Höhe des ersten Wirbels zu theilen in: a) einige kleine Zweige zu der umliegenden Musculatur; b) die A. vertebralis, die caudalwärts verläuft, parallel mit der Wirbelsäule, ventral von den Querfortsätzen, um in der Mitte des Steissbeines unter allmählicher Verjüngung zu enden; sie giebt so- wohl spinale Zweige als Zweige zur Rückenmusculatur ab; c) die A. occipitalis. Die A. occipitalis bildet die unmittel- bare Fortsetzung der A. occipito-vertebralis, geht zwischen dem Quer- fortsatze des ersten Wirbels und dem Hinterhaupt hindurch, um ins Os oceipitale laterale einzudringen ; sie tritt aus dem knöchernen Canal wieder hinaus an der Grenze zwischen Parietale und Squamosum, ver- läuft über dem M. temporalis und theilt sich in: «) die A. orbito- nasalis (on), die nach vorn verläuft und Zweige zur Haut und zur Zur Anatomie der Pipa americana. 651 Nasenhöhle abgiebt, 8) die A. maxillaris superior zum Ober- kieferrande. 3) Die A.cutanea anterior (Cu,) entspringt von der A. ano- nyma in der Mitte zwischen dem Ursprung der A. occipito-vertebralis und der Theilung der A. anonyma in die A. cutanea posterior und die A. subclavia (Fig. 1 Cu,). Die A. cutanea anterior verläuft kopf- warts, um, nach Abgabe eines Muskelastes, sich unter den M. levator anguli scapulae drängend, die Haut zu erreichen, wo sie sich verästelt. 4) Die A. cutanea posterior (Cu,) ist der untere (hintere) der zwei Endäste der A. anonyma. Sie verläuft lateralwärts, um in der Achselhöhlengegend die Haut zu erreichen und, die bei Rana der A. cutanea magna zukommenden Functionen übernehmend, sich dort über den grössten Theil der dorsalen und ventralen Rumpfoberfläche auszubreiten (Fig. 1). 5) Die A. subclavia (Su) verläuft erst seitlich kopfwärts, um sich in der Nahe des medialen Kopfes der M. triceps in die A. brachialis und den gemeinsamen Stamm der Schulterarterien zu spalten. Aeste der A. subclavia: a) die A. cutanea brachii verzweigt sich an der Haut des Oberarmes und giebt einen starken Zweig zum M. triceps ab; b) die A. brachialis folgt der hintern Seite des Humerus, um sich wie bei Rana in «) die A. ulnaris und #) die A. radialis zu theilen. Nach Abgabe der A. brachialis spaltet sich die A. sub- clavia in zwei Aeste: c) die A. scapularis superior, die seitlich nach vorn zwischen Scapula und Caracoideum zieht, um sich in der Gegend des Humerus- gelenks zu verzweigen; | d) die A. coracoclavicularis giebt erst einige Zweige zum M. coracohumeralis, dringt dann wie bei Rana zwischen Clavicula und Coracoideum ein, um sich in den Brustmuskeln zu verzweigen. B. A. intestinalis (J). Gleich nach der Vereinigung der beiden Ductus aortici zur Aorta descendens giebt diese die gemeinsame Magenarterie ab, die sich bald in drei Hauptzweige spaltet (Fig. 7J), nämlich: 1) die A. gastrica (G) die sich auf dem Magen, der Leber, der Gallenblase und dem obern Theil des Darmes ausbreitet ; 2) die A. mesenteriaca superior (Msp), die sich auf dem Darm verästelt, zwischen der A. gastrica, und 3) die A. mesenteriaca media (m.m.), die kurz nach ihrem Ursprung die A. splenica (sp) zur Milz abgiebt. 652 A. V. KLINCKOWSTROM, C. Die Aa. urogenitales. Die 4—6 Aa. urogenitales geben wie beim Frosche zwei paarige Zweige zu den Nieren und den Geschlechtstheilen ab. D. Die A. mesenteriaca inferior (m). Die A. mesenteriaca inf. entspringt aus der Aorta descendens dicht beim Ursprung der Aa. iliacae communes (Fig. 4); sie giebt einen Ast an jede Niere (vr), einen an den Anfangstheil der Eileiter (ro) und zwei Zweige ans Rectum. E. Die Aa. iliacae communes (JJ). Dicht hinter den Nieren giebt die Aorta, ganz wie bei Rana, die beiden Aa. iliacae communes ab (Fig. 4). Diese theilen sich bald in: 1) die A. femoralis interna (f%), die die A. epigastrico- vesicalis zur Bauchmusculatur und zur Harnblase abgiebt und sich dann in einen Ramus cutaneus zur Haut und Zweige zur Muscu- latur (M. triceps femoris u. a.) theilt; 2) die A. femoralis externas. ischiadica, die, aus dem Becken tretend, wie bei Rana auf der obern Seite des Oberschenkels verlauft, um, iiber den Kopf des M. gastrocnemius hinziehend, am Unterschenkel auf die Vorderseite iiberzugehen und, als A. tibialis antica zwischen Astragalus und Calcaneus hinziehend, sich in die fiir die Zehen bestimmten Arterien zu theilen. Zweige der A. ischiadica: a) A.haemorrhoidalis posterior, die nach hinten verläuft, um sich zu theilen in: «) einen Ramus muscularis zum M. rectus internus, semitendinosus u. a. und 8) einen Ramus in- testinalis zur Cloake und zum hintersten Theile des Rectums (Fig. 7 hp). b) A. cutanea femoris, die, nach vorn und oben verlaufend, sich an der Dorsalseite des Oberschenkels und am hintern Theil des Rumpfes in der Haut verästelt. c) Ein starker Muskelzweig fiir den M. triceps femoris, iliopsoas, gluteus, quadratus femoris, semimembranosus und rectus internus. d) A. suralis sive M. gastrocnemii. Die A. suralis ver- lauft im Innern des M. gastrocnemius, sich dort verzweigend. e) Ein Zweig zum Kniegelenk. f) A. cutanea cruris, die sich an der Haut des Unterschenkels verzweigt. Zur Anatomie der Pipa americana. 653 g) 2 Rami M. tibialis antici zum gleichnamigen Muskel. Am distalen Ende des Tarsus theilt sich die A. tibialis antica in zwei Zweige, deren Aeste die Zehen, die Schwimmhaut und die Fuss- musculatur mit Blut versorgen. F. A. sacralis media (As). Nach Abgabe der Aa. iliacae communes setzt sich die Aorta jetzt bedeutend fort, um nach Abgabe zweier Aeste zu den Mm. iliococcygei unter allmählicher Verjiingung an der Spitze des Os coceygis zu enden (Fig. 4). III. Ductus pulmocutaneus (111). Der dritte und hinterste der drei aus dem Truncus arteriosus entspringenden Gefassbogen ist der Ductus pulmocutaneus (hier rechter D. pulmopharyngeus). Er wendet sich am distalen Ende der Carotiden- driise nach hinten, um die dorsale Seite der entsprechenden Lunge zu erreichen und sich hier als A. pulmonalis zu verzweigen (Fig. 1 u. 2). Er giebt nur einen Zweig ab, nämlich A. die A. pharyngea posterior (pp), ein feines Gefäss, dem Ursprung nach mit der mächtigen A. cutanea magna der höhern Anuren völlig homolog, aber mit durchaus anderm Verlaufe. Die A. pharyngea posterior wendet sich seitlich kopfwärts, um sich an der Schlundwand zu verästeln, hinter der aus der A. ano- nyma stammenden A. pharyngea media (Fig. 3). Hatten wir es im Bereiche des Ductus caroticus nur mit mehr oder weniger secundären Abweichungen von dem gewöhnlichen Anuren- typus zu thun, die hauptsächlich durch die Verschiedenheiten in Grösse und Lage der Organe bedingt erschienen, so begegnen wir da- gegen im Bereiche des Ductus aorticus Abweichungen von weit grösserer Bedeutung, welche wenigstens theilweise als primäre zu bezeichnen sind. Von diesen heben wir zunächst die bei der erwachsenen Rana spurlos verschwundene A. caudalis (sacralis) hervor, deren Anwesenheit bei Pipa sich deutlich als Vererbung von niedern Entwicklungsstufen bekundet. Auch die Versorgung der Haut der Rücken- und Bauch- seite des Rumpfes mit zwei mächtigen, aus der A. anonyma stammen- 654 A. V. KLINCKOWSTROM, den Aa, cutaneae, und der damit zusammenhängende Mangel der für den héheren Anuren so charakteristischen, aus dem Ductus pulmo- cutaneus stammenden A. cutanea magna weist auf eine nähere Ver- 14 15 16 13 12 iI JTE EEE) Stith Bee 1I Uf BY [p= ee Rn ae Ar < 10 ER a EEE ee en oe ae en SY Sey of une Ta Fig. A. Schematische Darstellung der wichtigsten Theile des Arteriensystems von Pipa. t Truncus arteriosus, Z Ductus caroticus, 27 D. aorticus, J/Z D. pulmocutaneus, 1 A. carotis comm., 2 A. pharyngea anterior, 3 A. hyoideo-lingualis, 4 A. pulmonalis, 5 A. intestinalis, 6 A. mesenteriaca inferior, 7 A. iliaca comm., 8 A. sacralis (caudalis), 9 A. femoralis ext, Z0 A. femoralis int., 72 Aa. urogenitales, 72 A, cutanea post. 13 A. subelavia, 74 A. cutanea ant., 75 A. occipito-vertebralis, 76 A. pharyngea media, 17 A. pharyngea post. wandtschaft mit den Urodelen hin. Schwerer zu deuten ist gewiss die A, anonyma der Pipa, aus welchem mächtigen Gefässe die sämmt- lichen bei Rana aus dem Ductus aorticus direct entspringenden Zur Anatomie der Pipa americana. 655 Zweige (Aa. oesophageae (pharyngeae), A. occipito-vertebralis und A. subclavia) ihren Ursprung nehmen, Auffallend ist auch der Umstand, dass die A. vertebralis, die so- wohl nach Ursprung als nach Function durchaus dem gleichnamigen Fig. B. Schematische Darstellung der wichtigsten Theile des Arteriensystems von Rana. Bezeichnung wie Fig. A. — /7 A. cutanea magna. Gefäss der andern Anuren entspricht, dennoch durch ihre Lage ventral von den Querfortsätzen der Wirbel der bei Pipa fehlenden A. costo-cervicalis zu entsprechen scheint. 656 A. Y. KLINCKOWSTRÖM, II. Venensystem. Hauptvenenstämme (Fig. 6). In den weiten Sinus venosus (Fig. 6 Sv) miinden einander gegenüber zwei venöse Hauptstämme ein; es sind dies die beiden Ductus Cuvieri. Der rechte entsteht durch Zusammenfluss von drei Gefässen: 1) der rechten obern Hohlvene, 2) der rechten Lebervene, 3) der untern Hohlvene. Der linke Ductus Cuvieri wird durch zwei Stämme gebildet: 1) die linke obere Hohlvene, 2) die linke Lebervene. I. Obere Hohlvenen (CS). Die obern Hohlvenen verlaufen kopfwärts, um nach Empfangen der Vy. jugulares externae (Fig. 6 LE) sich nach aussen zu wenden und als Vv. anonymae (Fig. 6 VA) mit den drei Aortenbogen parallel zu verlaufen bis zu ihrem Ursprung aus dem Zusammenfluss der V. jugularis interna (JZ) und der V. cutanea magna (Cm). A. Vena jugularis externa (lingualis) (IE). Die V. jugularis ext. vereint sich mit der V. anonyma zur V. cava superior hinter den Arterienbogen (Fig. 1 u. 6); sie verläuft dorsal von diesen und ventral vom Kehlkopfe und dem Zungenbein. Die Jugularen wenden sich jetzt medianwärts und anastomosiren mit ein- ander an der Ventralseite des Zungenbeins (Fig. 6 x); aus dem so gebildeten Gefässbogen entspringen zwei Gefässe, die Vv. linguales (Ph), diese wenden sich nun nach aussen und hinten, anastomosiren mit einem Ramus communicans von der V. anonyma (Fig. 6 a) und treten durch eine Oeffnung im Zungenbein, um sich an der Ven- tralseite des Schlundes bis zum Unterkiefer zu verzweigen (Fig. 3). B. Vena anonyma (VA). Die V. anonyma wendet sich, wie schon oben beschrieben, nach aussen (Fig. 1 u. 6), den Arterienbogen Anfangs dicht angeschmiegt. Sie nimmt ihren Ursprung aus zwei beinahe gleich dicken Aesten der V. jugularis interna und der V. cutanea magna. Zweige der V. anonyma: 1) Ramus communicans V. anonymae (a), eine kleine Vene, in die Anonyma dicht bei ihrem Zusammenfluss mit der V. ju- gularis ext. einmündend; sie verläuft kopfwärts, ventral von den Zur Anatomie der Pipa americana. 657 Arterienbogen (Fig. 1), um mit der V. lingualis kurz vor ihrem Durch- tritt durch den Zungenbeinknorpel zu anastomosiren. 2) Die Vena laryngea miindet in die V. anonyma seitlich von der vorigen (Fig. 1 u. 6) ein; sie verläuft auch ventral von den Arterien- bogen und verzweigt sich am Kehlkopf und am Zungenbeinknorpel. 3) Vena jugularis interna (JJ). Die V. jugularis int. wendet sich kopfwärts und medianwärts, die A. occipito-vertebralis begleitend (Fig. 1), empfängt auf der Héhe des zweiten Wirbels Aeste aus der Riickengegend (V. vertebralis des Frosches), verläuft dann weiter nach vorn, dorsal vom M. levator anguli scapulae, um, nach Aufnahme eines starken Astes von den obern Schultermuskeln, insbesondere dem M. infraspinatus, und einer Hautvene, der V. cutanea anterior, der A. cutanea ant. entsprechend, sich am Kopfe zu verzweigen. Kurz vor ihrer Einmiindung in die V. anonyma empfangt die V. jug. int. einen ziemlich schwachen Zweig, dessen weiterer Verlauf es mir jedoch nicht gelungen ist zu verfolgen. 4) Vena cutanea magna (CM). Diese Vene, welche die directe Fortsetzung der Vena anonyma darstellt, verläuft erst parallel mit der A. anonyma und der A. cutanea posterior, um in der Achsel- höhle die Vena subclavia (Vs) aufzunehmen (Fig. 1). Später wendet sich die V. cutanea magna nach hinten und verlauft so, starke Zweige yon beiden Seiten empfangend, in dem dem Saccus lateralis des Frosches entsprechenden schwammigen Bindegewebe zwischen Saccus ventralis und S. cranio-dorsalis (Fig. 1). II. Vena cava inferior (C1). Die untere Hohlvene, die stärkste von den drei in den rechten Ductus Cuvieri einmiindenden Gefässen, verläuft nach unten, dorsal von der kleinen mittlern Leber, aus welcher sie zwei Vv. hepaticae empfängt (Fig. 6 Hm, u. Hm,), um am vordern Ende der Nieren aus dem Zusammenfluss der beiden starken Vy. renales revehentes und einigen kleinern Venen aus den Fettkörpern und Geschlechts- organen zu entstehen (Fig. 6). III, Lebervenen, Ausser den zwei in die V. cava inferior einmündenden Venen aus dem mittlern Leberlappen sind noch zwei grosse Vv. hepaticae vor- handen (Fig. 6 VHd u. VHs); je eine kommt aus einem der grossen seitlichen Leberlappen; sie münden direct in den Ductus Cuvieri ein. Zool. Jahrb. VII Abth. f. Morph. 43 658 A. V. KLINCKOWSTROM, IV. Venen des Darmes. Bei Pipa ist nur eine einzige Vena mesenteriaca vorhanden (Fig. 6 V.mes), welche eigentlich aus zwei in der Mitte des Darmes mit einander anastomosirenden Gefässen besteht. Die V. mesenteriaca hat also zwei Oeffnungen: eine vordere, die das Blut des vordern Darmabschnittes in die V. abdominalis ant. führt, und eine hintere, deren directe Fortsetzung der Stamm der Pfortader bildet (Fig. 6). Am hintersten Theil des Dünndarms verlässt die V. mesenteriaca den Darm, um nach Aufnahme einer Vene vom Rectum sich als Vena portica nach vorn zu wenden. Nach Aufnahme der Milzvene (sp) und zweier starker Vv. gastricae (G) theilt sich die Pfort- ader in drei Zweige, für jeden der drei Leberlappen einen (Fig. 6 P,, P,, P,). Die Pfortader des rechten Leberlappens erhält die Venen der Gallenblase. Die Pfortader des linken Leberlappens dagegen nimmt die grosse Vena abdominalis anterior (Vab) auf. V. Vena abdominalis ant. und die Nierenpfortadern. Nach ihrem Ursprung aus der linken Leberpfortader verläuft die V. abdominalis ant., den vordern Theil der V. mesenteriaca und eine kleine Magenvene (Fig. 6 g) aufnehmend, wie beim Frosch nach hinten, um sich über der Beckensymphyse in zwei dorsalwärts verlaufende Zweige zu spalten (Fig. 5). Diese Zweige schlagen sich im weiten Bogen um Darm und Urogenitalien herum, um sich nach Aufnahme der Vv. femorales (Fe), der „vordern Beckenvenen“ (V.B.V) und der Vv. vesicariae mit den Vv. ischiadicae (VJ) zu den Vv. renales advehentes principes zu vereinigen. Die V. renales advehentes principes (Vrp) wenden sich jetzt kopf- wärts, erreichen die Nieren (Fig. 5), an deren äusserer dorsaler Seite sie verlaufen, indem sie von aussen Zweige aus den Genitalien em- pfangen und nach innen Zweige zu dem Nierenpfortadersystem ab- geben. So erreichen sie, allerdings bedeutend verjiingt, das vordere Ende der Nieren, setzen sich aber kopfwarts zu fort und legen sich, nach Aufnahme einer Vene aus der Riickenmusculatur, als Vv. ver- tebrales an die Seiten der Wirbelsäule, wo sie auf der Höhe des vierten Wirbels zu enden scheinen. VI. Venen der hintern Extremititen. Die hintern Extremitäten besitzen drei Venenstämme, die alle in den die V. abdominalis anterior mit den Vv. renales advehentes prince. verbindenden Gefässbogen einmünden (Fig. 5). Zur Anatomie der Pipa americana. 659 Die grösste ist die V. ischiadica, die die Hauptvene der hintern Extremität darstellt. Die beiden andern, die V. femoralis und eine beim Frosche fehlende Vene, die ich als „vordere Becken- vene“ bezeichne, spielen bei Pipa nur eine untergeordnete Rolle. A. Vordere Beckenvene (VBV). Die vordere Beckenvene miindet in den von der V. abdominalis anterior stammenden Bogenast ventral von den Köpfen des M. ad- ductor longus und des M. vastus internus. Sie bezieht ihre Zweige theils aus diesen zwei Muskeln, theils aus der Bauchmusculatur. B. Vena femoralis (Fe). Die beim Frosche so stark entwickelte V. femoralis zeigt sich bei Pipa als ein, dorsal von M. vastus internus, in den Abdominalvenen- bogen einmündendes Gefäss von gleicher Stärke wie die „vordere Beckenvene“. Die V. femoralis erhält einige kleine Aeste aus den umgebenden Muskeln und theilt sich dann in zwei Aeste: 1) die Vena cutanea femoris (cu), die, nach aussen zwischen M. rectus anterior und M. gluteus verlaufend, sich in der Haut des Oberschenkels verzweigt, und 2) die V. musculi tricipitis femoris, die sich im gleichnamigen Muskel verzweigt. C. V. ischiadica (VJ). Die gewaltige V. ischiadica (Fig. 5) verläuft von ihrer Ver- einigungsstelle mit der V. abdominalis, der V. renalis advehens prin- ceps und der bei Pipa paarigen V. vesicalis (Fig. 5 b) erst gerade nach hinten, um sich dann nach aussen zu wenden und in Begleitung des gleichnamigen Nerven und der Arterie zum Knie zu ziehen. Hier zieht die V. ischiadica nach innen vom Kopfe des M. gastrocnemius, die Arteria ischiadica dagegen nach aussen (dorsal) von demselben. Hinter dem Kniegelenk kreuzen wieder Vene und Arterie einander, so dass diese an der äussern (vordern), jene an der innern (dorsalen) Seite der Tibia verläuft. Die untern Verzweigungen der V. ischiadica bieten nur wenig Interesse dar, weshalb ich auf eine genauere Be- schreibung derselben verzichte. Vergleichung des Venensystems von Pipa und Rana. Wie aus den hier gewonnenen Ergebnissen hervorgeht, bestehen zwischen dem Venensystem von Pipa und dem unserer einheimischen 43* 660 A. Vv. KLINCKOWSTROM, Anuren Verschiedenheiten von nicht geringerer Bedeutung als die beim Arteriensystem besprochenen. Ebenso wie bei jenen fallen diese Abweichungen in zwei Kategorien: Abweichungen von secundärer Be- deutung, welche durch die veränderte Lage und Grösse der verschie- denen Körpertheile verursacht sind, und Abweichungen von primärer Bedeutung, die durch Vererbung von vorhergehenden Formen ihre Erklärung finden. Zur erstern Kategorie gehören wahrscheinlich die Abweichungen im Bereich der V. jugularis ext., die in der Rück- bildung der Zunge im Verein mit der gewaltigen Entwicklung des Schlundes wohl ihre Erklärung haben mögen. Auch die Abweichungen im Gebiete der V. jugularis int. scheinen mir nur von secundärer Bedeutung zu sein. Was die im Verlaufe der V. cutanea magna be- stehenden Abweichungen betrifft, so sind sie wahrscheinlich als primäre zu bezeichnen. Denn obwohl die V. cutanea magna in ihrem proxi- malen Verlaufe sowie in ihrer Verbindung mit der V. subclavia bei Pipa durchaus der V. cutanea magna des Frosches entspricht, hat sie bei jener einen ganz andern Verlauf als bei diesem, indem sie sich hier damit begnügt, die aus der A. anonyma stammende A. cutanea post. zu begleiten und nach hinten zu verlaufen (Fig. 1), statt wie beim Frosch in weitem Bogen um den M. pectoralis zu ziehen. Auch der ganze Kopftheil der V. cutanea magna des Frosches fehlt bei Pipa, und seine Function ist hier auf andere Gefässe, theils auf den Kopftheil der V. jugularis int., theils auf eine der A. cutanea ant. entsprechende Vene übergegangen. Ich glaube, dass diese Verhältnisse ursprünglichere sind als die der andern Anuren, deren gewaltige V. cutanea magna wohl Hand in Hand mit der bei Pipa noch fehlenden, aus dem Ductus pulmocutaneus stammenden A. cutanea magna erworben ist. Sehr interessant ist der Verlauf der Vv. renales advehentes prin- cipes, bekanntlich eines Restes des hintern Abschnittes der Cardinal- venen, die bei Pepa ausserhalb der Nieren sich in zwei mit der sog. V. azygos der Urodelen homologe Gefässe an den Seiten der Wirbel- säule fortsetzen. Wäre nun auch das vorderste Stück der Cardinal- venen (wie es bei Bombinator der Fall ist) erhalten, so würden wir bei Pipa thatsächlich eine directe Verbindung der Venen des Beckens und der hintern Extremitäten mit dem Ductus Cuvieri haben, die jetzt aber durch den Schwund der beim vierten Wirbel endenden V. azygos (vertebralis) verloren gegangen ist. Wahrscheinlich nur von secundärer Bedeutung sind dagegen die im Bereiche des Pfortadergebietes be- stehenden Abweichungen, die in der Dreitheilung der Leber ihren Grund haben. Was endlich die gewaltige Entwicklung der Vy. ischi- Zur Anatomie der Pipa americana. 661 adicae anbelangt, so hat sie ihren natürlichen Grund in der Riick- bildung der Vv. femorales, einer Riickbildung, die mir aber ebenso- wenig wie das Vorhandensein einer beim Frosche fehlenden „vordern Beckenvene“ von grösserer Bedeutung zu sein scheint. Anhang zum Gefässsystem. Die subeutanen Lymphsäcke von Pipa. Da mir nur Spiritusmaterial zur Verfügung steht, muss ich auf eine genauere, auf Injectionen gestützte Untersuchung der Lymphräume Fig. C. Lymphsäcke der Dorsalseite von Pipa. 1. Saccus cranio-dorsalis, 2. S. fron- talis, 4. S. femoralis, 5. S. lateralis, 6. S. cruralis, 7. S. dorsalis pedis, 5. S. brachio- ulnaris, 9. S. brachio-radialis, f Septum frontale, dS. dorsale, 7 S. inguinale, pe S. perineale, fe S. femorale, da lockeres Bindegewebe zwischen S. dorsalis und ventralis. 662 A. V. KLINCKOWSTROM, von Pipa verzichten und mich mit einer topographischen Beschreibung der grössern subcutanen Lymphsäcke und der Abweichungen, die sie von denjenigen des Frosches darbieten, begnügen. Die subcutanen Lymphräume der Pipa zeigen im Allgemeinen grosse Uebereinstimmug von denen unserer gemeinen Frösche (siehe EcKER u. WIEDERSHEIM, 3, Th. 2, p. 102—115). Die wichtigsten Abweichungen sind folgende: Der Saccus cranio-dorsalis (Fig. C 7) erstreckt sich nicht wie beim Frosche ungetheilt bis zur Schnauze, sondern ist ein wenig hinter den Augen durch ein queres bindegewebiges Septum (Fig. C f) in zwei sehr ungleiche Abtheilungen getheilt; von diesen bezeichne ich die vordere kleinere als Saccus frontalis (Fig. C 2). Der Bauchsack, Saccus abdominalis, hat bei Pipa eine bedeutend grössere Ausbreitung als bei Rana; die bei- den bei diesem befind- lichen, quer über Brust und Kehle ziehenden Septa (Septum thora- cicum und Sept. ma- xillare) sowie die An- sätze des M. subma- xillaris an der Haut fehlen nämlich bei Pipa ganz, und die drei ven- tralen Lymphsäcke des Frosches (Saccus ab- dominalis, S. thoracicus und 8S. submaxillaris) sind dadurch zu einem einzigen, die ganze Ventralseite des Rum- pfes bedeckenden Lymphsack, den ich Saccus ventralis (Fig. D 3) nennen möchte, verschmolzen. Die paarigen seit- lichen Rumpfsäcke Fig. D. Lymphsäcke der Ventralseite von Pipa. 3. Sac- cus ventralis, 70. S. brachialis anterior, a. Septum abdo- 8 acc. laterale 8) minale; übrige Bezeichnungen wie in Fig. C. sind, der platten, schei- Zur Anatomie der Pipa americana. 663 benfôrmigen Gestalt der Pipa entsprechend, fast ganz verschwunden. Ein lockeres, schwammiges Bindegewebe nimmt fast die ganzen engen Zwischenräume zwischen dem Sept. dorsale und abdominale ein (Fig. C und D da). Nur am hintern Theile der Körper- seiten besteht ein wirklicher Sacc. lateralis als ein dreieckiger, durch die dorsalen, abdominalen und inguinalen Septa begrenzter Raum (Fig. C und D 5). Der Sacc. iliacus hat seine Selbständigkeit bei Pipa durch den Schwund des ihn gegen den Sacc. femoralis abgrenzenden Theiles des Septum inguinale verloren und besteht nur als eine Einstiilpung des Sacc. femoralis unter den Sacc. craniodorsalis (Fig. C 4; der Pfeil bezeichnet die Verbindung zwischen Sacc. femo- ralis und Sacc. iliacus). An der vordern Extremität bestehen drei selbständige Lymphsäcke : 1) Der Sacc. brachio-ulnaris (Fig. C und D 8), der dieselbe Ausbreitung wie beim Frosch hat und dazu noch den bei diesem im Bereich des obern Theiles des Sacc. brachialis anterior liegenden Raum einnimmt. 2) Der Sacc. brachio-radialis (Fig. C 9), der den dorsalen Theil der vordern Extremitäten einnimmt. 3) Der Sacc. brachialis anterior (Fig. D 10), der hier bei Pipa bedeutend kleiner als bei Rana ist, da der ganze obere Theil durch den Schwund des proximalen Theiles des Septum brachiale an- ticum ulnare mit dem Sacc. brachio-ulnaris vereint ist. Ein beim Ellenbogen liegendes, das Sept. brachiale anticum radiale mit dem Sept. brachiale anticum ulnare verbindendes Septum bildet die hintere Grenze des Sacc. brachialis anterior. Die hintere Extremität hat 4 Lymphsäcke, nämlich: 1) Den Sace. femoralis (Fig. C u. D 4), welcher in Folge des Schwundes des Septum femorale intermedium und des Sept. femorale inferius die ganze Oberfläche des Oberschenkels eingenommen hat (sein Verhältniss zum Sacc. iliacus ist schon besprochen); er wird nach oben vom Sept. inguinale, nach unten vom Sept. femoro-crurale begrenzt. Das Sept. femorale superius ist ganz wie bei Rana vor- handen, und vom Sept. perineale zieht ein Septum von der Hinter- seite des Oberschenkels bis zur halben Lange desselben, wo es endigt. 2) Der Sacc. cruralis (Fig. C u. D 6) erstreckt sich wie beim Frosch um den ganzen Unterschenkel herum; ein bindegewebiges Septum zieht an der Oberseite vom Sept. femoro-crurale bis zur halben Linge des Unterschenkels, die Haut mit dem äussern Rande des M, gastrocnemius verbindend. 664 A. V. KLINCKOWSTROM, Der Sacc. dorsalis pedis und der Sacc. plantaris pedis sind beide bei Pipa vorhanden. Der Sacc. dorsalis pedis (Fig. C u. D 7) nimmt fast den ganzen Umfang der Ferse ein, der Sacc. plantaris pedis dagegen ist zu einem ziemlich schmalen Raum zwischen den beiden an der Innenseite der Ferse hinziehenden, vielfach durchlécherten Septen geworden. Stockholm 1893. Literaturverzeichniss. 1. Boas, Ueber den Conus arteriosus und die Arterienbogen der Amphibien, in: Morph. Jahrb., Bd. 7, p. 488. 2. — Beitrage zur Angiologie der Amphibien, ibid. Bd. 8, p. 169. 3. Ecxer & WIEDERSHEIM, Die Anatomie des Frosches, Braunschw. 1864—1882. 4. Frirscn, Zur vergleichenden Anatomie des Amphibienherzens, in: Arch. f. Anat. u. Physiol., 1869. 5. Hocusterrer, Beiträge zur Entwicklung des Venensystems der Amnioten, in: Morph. Jahrb., Bd. 13, p. 575. 6. LancGernans, Notiz zur Anatomie des Amphibienherzens, in: Zeit- schr. wiss. Zool., Bd. 23, p. 457. 7. Mayer, C., Beiträge zu einer anatomischen Monographie der Gattung Pipa, in: Nov. Acta. Acad. Leop.-Carol. N. C., Vol. 12, P. 2, p. 527. 8. Meckeı, System der vergleichenden Anatomie, Th. 5, Halle 1821 — 1831. 9. Rôse, C., Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Herzens der Wirbelthiere, in: Morph. Jahrb., Bd. 14, p. 27—96. 10. Runporpnı & Breyer, Observationes anatomicae circa fabricam Ranae Pipae, Berolini 1811. Zur Anatomie der Pipa americana. 665 Erklärung der Abbildungen. —$—— Tafel 39. I Ductus caroticus, II D. aorticus, III D. pulmo-cutaneus, A À. anonyma, a Ramus communicans v. anonymae, Ad Aorta descendens, A.ic Arterienast zum M. iliococ- cygeus, As A. sacralis media, B Gallenblase, b V. vesicalis, Ca A. carotis comm., Car Cardia, CD Carotidendriise, CJ V. cava inferior, CM V. cutanea magna, CS V. Cava superior, Cu,, Cu, A. cutaneae, cut V. cutanea femoris, D Darn, F Fettkörper, Fe Vena femoralis, Fi A. femoralis int., G A. gastrica, g kleine Magenvene, H Haut, Hm,, Hm, mediale Lebervenen, Hp Ramus intestinalis, A. hae- morrhoidalis post., J A. intestinalis, J E V. jugularis exterior, JI V. jugularis int., Il A. iliaca comm., L A. hyoideo-lingualis, L, linker Leberlappen, L, rechter Leberlappen, L, medialer Leberlappen, la A. laryngea, Lar V. laryngea, La Larynx, M Magen, Mgt M. geniohyoideus, Mi A. mesenteriaca inf., M.ic M. iliococcygeus, M. lg M. laryngoglossus, m.m À. mesenteriaca media, msp À. mesenteriaca superior, Mz Unterkiefer, NB N. brachialis, Ov A. occipitovertebralis, p Pylorus, PLE; Ps Pioctadern, pa A. pharyngea ant., Ph V. lingualis (pharyngea), pi A. pharyngea inf, pm À. pharyngea media, pp A. pharyngea post., PD rechte Lunge, pt Processus transversus, Pu V. pulmonalis, R Rectum, Ra Radix aortae, ro Ramus genitalis der A. mesen- teriaca inf, ry Ramus renalis der A. mesen- teriaca inf, 666 A. v. KLINCKOWSTROM, S Milz, Schl Schlund, Sp A. splenica, Su A. subclavia, Sv Sinus venosus, Ub Blase, Ug Aa. urogenitales, Va V. anonyma, V.ab V. abdominalis anterior, VBV Vordere Beckenvene, iota: zeigend. Fig. Fig. Fig. zeigend. Fig. Fig. Fig. oo bo we Zur Anatomie der Pipa americana. Ve V. epigastrica, V. Hs V. hepatica sin., V. Hd V. hepatica dextr., Vi V. ischiadicae, V.ms V. mesenteriaca, Vg V. genitales, V.rp Vv. renales advehentes princ., V.rr Vv. renales revehentes, Vs V. subclavia. Ventralseite von Pipa 2, den Verlauf der A. anonyma Herz und Arterienstamme von Pipa. Schlund von Pipa von der Ventralseite gesehen. Steissbeingegend von Pipa, den Verlauf der A. sacralis Nieren und Nierengefässe von Pipa von der Dorsalseite. Venen der Eingeweide von Pipa. Arterien der Eingeweide von Pipa. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Die Entwicklung der Hypophysis und des Saccus vasculosus bei Knochenfischen und Amphibien. Von Herman Lundborg. (Aus dem Zootomischen Institut der Universitat zu Stockholm.) Hierzu Tafel 40—41 und 4 Textfiguren. Geschichtlicher Ueberblick. Selbstverständlich hat ein Organ, welches des Räthselhaften so viel bietet wie die Hypophysis, die Aufmerksamkeit des Forschers seit langem in hohem Grade auf sich gelenkt. Nicht zum wenigsten galt dieses Interesse der Entwicklung desselben. Beziiglich der Hypophysisentwicklung bei Knochenfischen und Amphibien stammen meines Wissens die ersten Angaben von W. MÜLLER her. Im Jahre 1871 erschien seine verdienstvolle Ab- handlung: „Ueber die Entwicklung und den Bau der Hypophysis und des Processus infundibuli cerebri“. MüLLER behandelt die Hypo- physis sowohl vergleichend-embryologisch wie vergleichend-anatomisch ; er glaubt, dass die Hypophysis sich aus dem Entoderm entwickle. Vier Jahre später publicirte GoETTE seine Untersuchung von Bombinator („Die Entwicklungsgeschichte der Unke“); in dieser widmet er seine Aufmerksamkeit auch der Hypophysisentstehung. Er erweitert wesentlich unser Wissen auf diesem Gebiete, indem er con- statirt, dass die Hypophysis nicht aus dem Entoderm, sondern aus dem Ectoderm sich ableitet. Dies gab Veranlassung zu einer Reihe neuerer Untersuchungen von BALFOUR, MIHALKOVICS, KÖLLIKER u. A., die das Verhältniss auch bei andern Thieren auf das sorgfältigste 668 HERMAN LUNDBORG, studirten. Alle diese Forscher sind in übereinstimmender Weise zu dem Resultat gekommen, dass derselbe Entwicklungsmodus auch bei den Säugethieren, Vögeln, Reptilien und Knorpelfischen herrscht. Betreffs der Entstehung unseres Organes bei den Knochenfischen entstanden jedoch verschiedene Ansichten. DoHRN, der zuerst die Teleosteer (Belone, Hippocampus, Lophius) in dieser Hinsicht unter- suchte, publicirte seine Befunde (,,Studien zur Urgeschichte des Wirbel- thierkörpers; 2. Die Entstehung und Bedeutung der Hypophysis bei den Teleostiern“) in: Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel, Bd. 3. Er hält in dieser Abhandlung an der ältern Ansicht von der ento- dermalen Herkunft der Hypophysis fest. Auf Grund seiner Be- obachtungen erklärt er ferner die Hypophysis der Teleosteer für eine vor dem Mund liegende, nicht mehr zum seitlichen Durchbruch ge- langende Kiemenspalte. Donrn’s Auffassung stehen die von C. K. HorrMAnN an Salmoniden gemachten Befunde gegenüber. Nach diesem Forscher ist es nämlich leicht, bei Lachsen und Forellen zu sehen, dass die Hypophysis sich aus dem Ectoderm ableitet. Es scheint jedoch, als ob Donrx in seiner ursprünglichen Auffas- sung schwankend geworden und auf die Seite Horrmann’s übergegangen ist. Denn er schreibt einige Jahre später in einer seinen ,,Studien“ (4. Die Entwicklung und Differenzirung der Kiemenbogen der Selachier, in: Mitth. Zool. Station Neapel, Bd. 5, p. 103) in einer Anmerkung Folgendes: „In der 3: Studie (Hypophysis von Petromyzon) habe ich schon erwähnt, dass ich von Neuem die Entstehung des Mundes und der Hypophysis der Teleostier auf die Betheiligung von Ectoderm und Entoderm untersucht habe. Ich bin dabei ebenso wie Prof. HOFFMANN (Zur Ontogenie der Knochenfische. in: Arch. f. mikr. Anatomie, Bd. 23, p. 99) zur Erkenntniss gekommen, dass in der That Ectoderm die Mundbucht und die Hypophysis bildet. Ausführlicher werde ich später darüber sprechen.“ Dieses „später“ aber ist meines Wissens noch nicht gekommen. In seiner 3. Studie (Die Entstehung und Bedeutung der Hypo- physis bei Petromyzon Planeri) sagt er: „Ich habe nun zuvörderst an- zuerkennen, dass in der That das Stomodaeum eine ganz ausser- ordentliche Entwicklung bei Petromyzonembryonen nimmt, eine so grosse, dass sie mich sehr schwankend gemacht hat, ob nicht bei den Teleostiern gleichfalls ein auffallend tiefes und so zu sagen latent geschehendes Einwachsen des Ectoderms stattfindet, eine Annahme, gegen die ich mich in den vorhergehenden Studien mit allem Nach- druck erklären zu müssen,;glaubte.“ Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 669 Eigene Beobachtungen. Im Frühling 1893 begann ich im Zootomischen Institut der Uni- versität zu Stockholm die Entwicklung der Hypophysis und des Saccus vasculosus bei Amphibien und Knochenfischen zu verfolgen. Als Object der Untersuchungen dienten mir Embryonen von Salmen (Salıno salar und alpinus), Axolotl und Triton in verschiedenen Stadien der Entwicklung. Es wurden Serienschnitte durch den Kopf sowohl in sagittaler als frontaler Richtung angefertigt. 1) Von Salmo salar habe ich folgende Altersstufen gehabt: 49, 53, 59, 65, 71, 80, 86, 93 Tage und sodann 17 mm lange Larven und 18 mm, 19, 20, 21, 22,5, 23,5, 24, 25, 26, 27 und 28. 2) Von Salmo alpinus: 40, 50, 57 und 67 Tage. 3) Von Siredon (Axolotl): Stad. 13, 15, 16, 18 (nach BAMBEKE, Nouvelles recherches sur l’embryologie des Batraciens, in: Archives de Biologie, Tome 1, 1880) und 15, 20, 26 mm lange Larven. 4) Von Triton: eben ausgeschlüpfte Larven. Zunächst einige Worte über die von mir angewandten Methoden. Bei der Fixirung verwandte ich theils die KLEINENBERG’sche Pikrinschwefelsäure, theils wässrige Sublimatlösung. Einige Em- bryonen fixirte ich auch in FLemuıng’scher Flüssigkeit, in der Absicht, die Structur des Saccus vasculosus zu studiren. Das fixirte und gehärtete Material färbte ich entweder in Borax- karmin, Saffranin, Hämatoxylin-Eosin, oder ich verwandte die drei- fache Färbung (Methylgrün, Fuchsin, S-Orange) nach Bronpr-Exrricu. Es scheint mir, als ob Hämatoxylin - Eosin die besten Bilder ge- geben hat. Betreffs der Bedeutung der von mir angewandten Namen In- fundibulum und Lobus infundibuli schliesse ich mich an die Bezeich- nung von W. MÜLLER an; er sagt: „Man kann von der frühesten Entwicklung an zwei Abschnitte an der Zwischenhirnbasis unterscheiden: einen vordern, welcher constante Lagebeziehungen zum Chiasma nervorum opticorum zeigt; ich werde ihn im Folgenden als Trigonum cinereum bezeichnen, und einen hintern, für welchen ich die alte Be- zeichnung des Infundibulums beibehalte. Dieser hintere Abschnitt ent- wickelt sich bei Fischen und Amphibien zu einem umfangreichen Ge- bilde, welches bei erstern in Form paariger, bei letztern in Form eines unpaaren Fortsatzes constant seine Lagerung in dem Raum zwischen Keilbein und Ende der Arteria basilaris und ihrer Scheide 670 HERMAN LUNDBORG, (dem frühern mittlern Schädelbalken) hat. Dieses Gebilde, gewöhn- lich als Lobus inferior benannt, werde ich als Lobus infundibuli be- zeichnen.“ I. Die Entwicklung der Hypophysis von Salmo salar. Stadium I (53 Tage alt). Fig. 1 zeigt den Kopf eines Lachsembryos (53 Tage), an dem die drei primären Hirnblasen abgegrenzt sind. Das erste Hirnbläschen liegt unter dem zweiten, und wenn man eine Linie von der obern hintern Grenze desselben nach der obern vordern zieht, so geht diese Linie, mit geringer Neigung aufwärts, nahezu horizontal. Der mittlere Schädelbalken (Ms s. Fig. 1) — das ist das Bindegewebe zwischen dem Infundibulum (7) und dem Mittelhirn — hat auch eine gerade, horizontale Lage. Die Unterkieferanlage und das unmittelbar darunter liegende Herz reichen nach einer Ebene hin, die caudal von dem Infundi- bulum liegt. Das Ectoderm hat im vordern Theil des Embryos ein sehr ver- schiedenes Aussehen in verschiedenen Abschnitten. Oben und vorn besteht es aus einer einfachen Reihe niedriger Zellen. Im untern Abschnitt erfährt das Ectoderm bemerkenswerthe Veränderungen; es besteht hier aus zwei Schichten, einer oberflächlichen, in welcher die Zellgrenzen undeutlich sind, und einer tiefern, deren ovale Zellen Seite bei Seite angeordnet sind (in Fig. 1 roth gezeichnet). In der Nähe der Stelle, wo sich die Hypophysis bildet, wird die oberflächliche Schicht dünner, und an der Einstülpungsstelle selbst scheint sie zu Grunde gegangen zu sein. Es ist die tiefere Schicht, welche sich faltet, wie es am besten aus der Betrachtung der Abbildungen (Fig. 1 u. 2) erhellt; das Ectoderm mit seinen beiden Schichten geht so weiter nach hinten unmittelbar unter dem Infundibulum hin, bis es den vordern Theil der Unterkieferanlage erreicht, in welche die äussere Schicht übergeht. Es ist wichtig, daran festzuhalten, dass die Ober- haut und das Infundibulum vom ersten Anfang an in unmittelbarer Berührung mit einander sind, man kann also nicht von einem Vor- wachsen des Ectoderms bis an das Infundibulum reden. Das eben Dargelegte ergiebt sich aus dem Studium von Sagittal- schnitten (Fig. 1). Mustern wir nun Querschnitte, so finden wir auf Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 671 Schnitten, welche vor der Unterkieferanlage gelegen sind, zwei Ecto- dermeinstiilpungen dicht neben einander (Fig. 2). Das Infundibulum schiebt sich jedoch zwischen deren beide Scheitel herab. Sie sind nicht ganz solid, denn in beiden ist ein kleines Lumen sichtbar. Auch auf diesen Schnitten findet man, dass in die Hypophysisschläuche nur die tiefere Schicht des Ectoderms eingeht. Ich könnte dieselben Worte anwenden wie DoHRN von Hippo- campus-Embryonen, wenn ich nur sein „Darmblatt“ in Ectoderm veränderte. Er schreibt: „Auf Querschnitten bemerkt man, wie es in der That zwei nach den Seiten und nach oben von der Mitte her ge- richtete Ausstülpungen [d. h. bei Salmoniden Einstülpungen]| des Darmblattes [hier des Ectoderms] sind, welche die ursprüngliche Anlage der Hypophysis bilden.“ Stadium II (57—93 Tage alte Embryonen). Untenstehendes Schema (Fig. A) zeigt verschiedene Entwicklungs- stufen der Hypophysis in Bezug auf ihre äussere Form und ihre Be- ziehung zum Ectoderm. Wenn man die schematisirten Zeichnungen (1—5) miteinander vergleicht, so findet man leicht, dass die Hypo- Fig. A. 4 (86 Tage) 5 (93 Tage) Fig. A. Schematische Darstellung der Hypophysisentwicklung im Stadium II. ---- die innere Schicht des Ectoderms, == die äussere Schicht des Ectoderms. physis während ihrer Entwicklung dorsoventral zunimmt, und schon bei 7itägigen Embryonen existirt eine Andeutung eines besondern Hypophysenganges. Dieser Gang wird länger während 12—15 Tagen, worauf er zuerst von der eigentlichen Hypophysis abgeschnürt wird 672 HERMAN LUNDBORG, und sodann rasch verschwindet. Der Hypophysengang ist immer solid und seine Länge nicht gross; wenn er am vollständigsten entwickelt ist, geht er vertical, wie es scheint, aus dem Ectoderm hervor und bildet die Vereinigung zwischen diesem und dem zweiten Viertel der Hypophysis. Die Hypophysis selbst erfahrt auch Veränderungen, indem die Paarigkeit, die im Anfang dieses Stadiums sehr deutlich ist, allmählich verschwindet und zwar zuerst in der Mitte des Organs dadurch, dass die Scheidewand zwischen den beiden ursprünglichen Schläuchen zu Grunde geht. In demselben Maasse, wie der Gang sich anlegt, geschieht eine Vereinigung der ventralen Ränder der Hypophysenhälften. Stadium III (17—20 mm lange Larven). Erst 93 Tage nach der Befruchtung schliipften die Salmon salar- Embryonen aus, welche ich zu meiner Verfügung gehabt habe; sie waren um diese Zeit 17 mm lang. Die Hypophysis ist auf diesem Stadium von ihrem Mutterboden abgeschniirt und keine Spur des Fig. B. 3 a ee Ha > VA 4 GE HE 1 2 3 4 5 Fig. B zeigt die Begrenzungslinien der Hypophysis und des Lumens des Infundibulums bei einer 19 mm langen Larve von Salmo salar; Querschnitt. 1 aus einem Querschnitt durch den vordern Theil der Hypophysis; 2. aus einem Querschnitt etwas weiter nach hinten ; 3. aus einem Querschnitt ungefähr durch die Mitte der Hypophysis; 4 u. 5 aus Querschnitten durch die hintern Theile der Hypophysis. My Hypophysis, Gli Glandula infundibuli, Z Infundibulum, Zé Lobus infundibuli. Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vaseulosus bei Knochenfischen ete. 673 Hypophysenganges mehr vorhanden. Der hinterste Abschnitt ist noch deutlich paarig (Fig. 6, 8, 9). Die Form des Organs ist verschieden, je nachdem man die Quer- schnitte verschiedenen Stellen entnimmt. Fig. B giebt ein deutliches Bild vom Lumen des Infundibulums und von der darunter liegenden Hypophysis. 1 ist dem allervordersten Theil der Hypophysis ent- nommen; 3 zeigt die Verhältnisse in der Mitte des Organs, und 4—5 zeigen uns die hintere paarige Partie. Die relative Stärke der Hypophysis ist, wie man sieht, am grössten in 2, etwas vor der Mitte; von diesem Punkte nimmt sie nach vorn und hinten ab. Das Infundibulum ist gleichfalls von sehr verschiedenem Aus- sehen; in Fig. B, 1 und 2 ist es tellerförmig ausgebreitet mit einem gegen die Hypophysis hervorragenden Stiel; in 3 ist es ventralwarts verbreitert; in 4 steht das Infundibulum im Zusammenhang mit den Höhlen der Lobi infundibuli; in 5 sehen wir noch etwas von diesen Höhlen, aber das Infundibulum ist im Begriff, in den Gang des Saccus vasculosus überzugehen. Fig. 8 ist ein Horizontalschnitt aus einer 18 mm langen Salmo salar-Larve; hier ist der hintere Theil der Hypophysis nebst den um- gebenden Gefässen abgebildet. Fig. 9 veranschaulicht theils die Paarigkeit des Organs im hintern Abschnitt, theils zeigt sie uns, wie die Wände beider Röhren sich stellenweise in das Lumen eingestülpt und sich in längsverlaufende Falten gelegt haben. Diese Faltungen scheinen für dieses Stadium höchst charakte- ristisch zu sein. Stadium IV (21—26 mm lange Larven). Die Paarigkeit der Hypophysis ist völlig verschwunden; diese hat aber noch keine sehr complicirte Structur angenommen. Bei sorg- fältigem Studium der Querschnitte kann man jedoch bei den jüngsten Larven beobachten, dass aus denjenigen Falten, die schon im Stadium III auftreten, durch Verwachsung ihrer Ränder neue längsverlaufende Röhren entstehen. Diesen Vorgang veranschaulicht Fig. 11. Nach diesem Princip scheint die Entwicklung der Hypophysis fort- zugehen ; doch je älter die Larven werden, um so schwerer wird es, Schritt für Schritt die immer complicirter werdenden Faltungen und Zusammenwachsungen zu verfolgen. Ferner scheint im Grossen und Ganzen die Hypophysis von oben nach unten abgeplattet zu werden, Zool, Jahrb. VII. Abth. f. Morph. 44 674 HERMAN LUNDBORG, indem die Länge und Breite zunehmen. Zwischen dem niedrigen Zellenlager, welches den Boden des Infundibulums bildet, und dem Hypophysisparenchym selbst entsteht allmählich eine homogene, in Eosin färbbare Masse mit spärlichen Zellen. Am Ende dieses Stadiums sind die Zellen der Hypophysis sehr dicht zusammengedrängt und eigentliche Lumina fehlen. Die ursprüngliche Paarigkeit macht somit während der Ontogenie allmählich einem complicirten System von Schläuchen Platz. II. Die Entwicklung der Hypophysis von Salmo alpinus. Die Verhältnisse bei Salmo alpinus sind beinahe dieselben wie bei Salmo salar, doch habe ich einige Verschiedenheiten beobachtet. Die Eier sind kleiner und somit auch die Zellen, welche dichter zu- sammengedrängt sind. Die Totalbilder, die man von diesem Material erhält, sind viel undeutlicher als diejenigen von Salmo salar. Die Entwicklung verläuft schneller, denn schon bei 40tägigen Embryonen kann man die erste Anlage der Hypophysis erkennen. Der Unterkiefer liegt bei diesen noch etwas mehr caudalwärts von der letztern. Dass die Hypophysis auch hier doppelt ist, habe ich bei sorgfältigem Stu- dium von Querschnitten gefunden. Vergleich der vorliegenden Resultate mit denen früherer Untersucher. Es scheint mir, als ob DoHrN in Seinen „Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers“, Abhandl. IT: „Ueber die Entstehung und Be- deutung der Hypophysis bei den Teleostiern“ sehr schwache Gründe für mehrere seiner Behauptungen hätte. Ich citire einen Theil seiner Darstellung; in: Mitth. Zool. Station Neapel, Bd. 3, p. 265 schreibt er folgendes: „Ich habe bei jungen Stadien von Belone auf Querschnitten zwischen Dotter und Augen- blasen, sowie dem medialen, noch wenig gebeugten vordern Hirn- abschnitt mehrere sehr dünne Zellschichten beobachten können, bin aber ausser Stande, zu sagen, welchem Blatte diese Zellschichten angehören, ob sie eingewachsene Ectodermfalten oder nach vorn aus- gedehntes Darmblatt vorstellen. Ich habe auf den Abbildungen diesen Zellschichten meist die Farbe des Entoderms gegeben, weil ich schliess- lich am meisten dazu neigte, eine mediale Verlängerung des Vorder- darmes, resp. des Entoderms darin zu erblicken, aber ich muss aus- Die Entwickl. der Hypophysis u, des Saceus vasculosus bei Knochenfischen ete. 675 driicklich constatiren, dass ich zu keiner objectiven Sicherheit hierüber gelangt bin. Wer die Schwierigkeiten dieser Untersuchungen an Teleostiern mit ihren kleinen, dicht gedringten und — mit Ausnahme der Blutkérperchen — einander durchaus ähnlich sehenden Embryo- nalzellen aus Erfahrung kennt, wird sich dariiber nicht verwundern. Diese Feststellungen gewinnen aber darum eine grosse Bedeutung, weil die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Betheiligung des Ecto- derms an der Bildung der Hypophysis und damit an der Mundhühle der Teleostier davon abhängt.“ Ich gestehe, dass es mich nicht wundert, dass es DOHRN unmög- lich gewesen ist, zu entscheiden, ob „diese dünnen Zellschichten“ dem Ento- oder dem Ectoderm angehören, aber vielleicht sind Belone- Embryonen ein unzweckmässiges Material für die Entscheidung solcher Fragen. Sehr frühzeitig existiren, wie ich glaube, solche Schichten bei Salmoniden, aber ich muss sie im Gegensatz zu Done als ecto- dermale Bildungen deuten, denn auf etwas ältern Stadien sind diese bei Salmo salar verschwunden — sie haben sich dicht an das Ecto- derm angedrückt oder sie sind zu Grunde gegangen. Ich habe oben gezeigt, wie zu der Zeit der Entstehung der Hypo- physis das Ectoderm in einiger Entfernung caudalwärts von der Hypophysisanlage auf den Unterkiefer und gleich dahinter auf den Dottersack übergeht (Fig. 1). Donen schreibt ferner p. 267: „Um nun aber noch bestimmter festzustellen, bis wie weit das Entoderm in der Bildung der Mund- höhle geht und wo es mit dem Ectoderm sich verbindet, will ich gleich hier aussprechen, dass nach meinen Untersuchungen die Zähne der Kiefer ebenso wie die Gaumenzähne Bildungen des Entoderms sind, dass der Riss durch die Mitte der Mundspalte eine oder zwei kleine Falten übrig lässt, welche vor den Zähnen befindlich sind und in Verbindung mit den Lippen stehen, wie man auf Sagittalschnitten sehr klar erkennen kann (tab. 19, fig. 9—12), dass somit der ganze Bereich der Mundhöhle mit allen seinen Derivaten von der Schleimhaut des Entoderms ausgekleidet wird.“ Es scheint, als ob Donen seine Ansicht hauptsächlich auf diese „Falten“, Ueberreste von dem Riss, stützte, aber dies ist wenigstens in Bezug auf die Salmoniden nicht richtig; auch ich glaubte anfäng- lich, als ich etwas ältere Larven studirte und diese Falten wohl aus- geprägt fand, dass sie Ueberreste von dem Riss seien; bei Durch- musterung von jüngern Stadien aber beobachtete ich, dass die Falten 44* 676 HERMAN LUNDBORG, secundäre Bildungen im Ectoderm sind, wie Fig. 5 deutlich zeigt. Donrn hat auf tab. 19, fig. 11 eine Falte von der Oberlippe von Lophius piscatorius als einerseits von Ecto- und andrerseits vom Ento- derm bestehend gezeichnet. Da ich die Verhältnisse bei den Salmo- niden kenne, ist es mir unzweifelhaft, dass diese Zeichnung so zu ändern ist, dass die Falte beiderseits aus Ectoderm besteht (vergl. Big. 5, 1710): Aus dem oben Gesagten geht mit geniigender Deutlichkeit her- vor, dass diese Falten durchaus nicht zu beweisen vermögen, dass „die Zähne und der ganze Bereich der Mundhöhle mit allen seinen Derivaten von der Schleimhaut des Entoderms ausgekleidet wird“. Ich habe oben gezeigt — und dies ist zu beachten —, wie der Unterkiefer bei seiner ersten Entstehung verhältnissmässig weit caudal- wärts gelegen ist, und wenn die Hypophysis auftritt, liegt der Unter- kiefer hinter dieser Anlage, so dass das Ectoderm erst caudal davon auf den Unterkiefer übergeht. Ferner habe ich erwähnt, dass während des Verlaufs der Entwicklung der Unterkiefer nach vorn wächst, aber dass noch, wie es scheint, ein Uebergang zwischen dem Ectoderm des eigentlichen Kopfes und dem des Unterkiefers existirt. Dies wird natürlich nur dadurch möglich, dass das Ectoderm entweder allmählich in demselben Maasse, wie der Unterkiefer hervorwächst, sich einstülpt, oder dass die Verbindung zwischen dem Oberkopf und dem Unterkiefer so locker ist, dass sie bisweilen losgerissen wird, bisweilen neue secun- däre Verbindungen entstehen. Ich muss hier betonen, dass es nur die äussere Schicht des Ecto- derms ist, die auf solche secundäre Weise vereinigt wird. — Ich habe keine Einstülpung bei Lachsembryonen beobachten Können, un- geachtet ich darauf meine Aufmerksamkeit gerichtet habe; dem zu Folge spreche ich mich entschieden für die letztere Alternative aus. Besonders will ich constatiren, daß diese secundären Verbindungen nur in der Mitte des Kopfes auftreten, indem seitwärts schon eine Communication existirt. DOHRN hebt auch diese Verhältnisse bei Belone, Hippocampus und Lophius hervor, und hierauf baut er haupt- sächlich seine kühne Hypothese betreffs der Kiemennatur und der ur- sprünglichen Doppelseitigkeit des Mundes auf. Warum bricht denn der Mund früher seitwärts als in der Mitte durch ? Ohne Zweifel deshalb, weil der Druck zwischen dem zu dieser Zeit noch sehr ansehnlichen Dottersack und der nicht nachgiebigen Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 677 Eischale dorso-ventral am gréssten in der Mitte ist, während er seit- warts in Folge der Rundung sowohl des Kopfes als des Dottersacks geringer ist. Möglicher Weise handelt es sich um ein durch die Fixirung (und Härtung) erzeugtes Kunstproduct. Einen Querschnitt von Hippocampus, welchen DOHRN in seiner oben citirten Abhandlung (tab. 17, fig. 3) giebt, habe ich in Fig. C Fig. C. Fig. C. Querschnitt durch den Kopf eines jungen Hippocampus- Em- bryos (copirt nach Dourn); er zeigt gerade die Durchbruchsmitte und auf beiden Seiten des queren Vorderarms ein spaltförmiges Lumen, während die Mitte desselben noch geschlossen ist. Au Auge. Msp Mundspalte. @ Gefäss. Tr Trabeculae. wiedergegeben, weil ich finde, dass er meine Annahme stützt. Wir sehen namentlich, wie die untere Begrenzungslinie auf dem Querschnitt in der Mitte einen nach oben convexen Bogen bildet, während das Verhältniss seitwärts umgekehrt ist. Sollte es nun nicht wahrscheinlich sein, dass der Dottersack mit seiner Rundung die Erhebung in der Mitte und somit eine Verschiebung des embryonalen Gewebes von unten nach oben hervorgebracht hat? Auch ein anderer Umstand scheint für die erwähnte Annahme zu sprechen. RABL-RÜCKHARD, der sehr frühe Stadien von Lachsen studirt hat, beschreibt nämlich eine besondere Fixirungsmethode (Zur Deutung und Entwicklung des Gehirns der Knochenfische, in: Arch. f. Anat. und Physiol., 1882, p. 118, 119), um unnatürliche Verschiebungen in dem zarten embryonalen Gewebe zu vermeiden; solche Verschiebungen treten nämlich aus dem Grunde leicht ein, weil sich die Eihülle bei der Fixirung zusammenzieht. Dieser Methode bediente ich mich bei der Fixirung der Salmo alpinus-Embryonen, und da fand sich, dass der Durchriss des Mundes schon 40 Tage nach der Befruchtung geschehen war. Eine ent- 678 HERMAN LUNDBORG, sprechende Oeffnung trat bei Salmo salar-Embryonen, die ich nicht nach der Methode RABL-RÜCKHARD'S fixirt hatte, erst am 60. Tage auf. Man kann nicht wohl bezweifeln, dass dieser frühzeitige Durch- riss des Mundes bei Salmo alpinus natürlich war, während von der späten Erscheinung dieser Oeffnung bei Salmo salar jedenfalls nicht dasselbe angenommen werden kann. Andrerseits ist es wahr, daß die Entwicklung bei Salmo alpinus - Embryonen schneller zu geschehen scheint als bei diesen, was jedoch schwerlich die Zeitdifferenz von 20 Tagen annehmbar machen kann. Was endlich die Abhandlung Horrmann’s „Zur Ontogenie der Knochenfische“ betrifft, so stimmt seine Beschreibung der Hypophysis- entwicklung nicht in allen Punkten mit meinen Befunden überein, ungeachtet wir, wenn nicht dasselbe, so doch sehr ähnliches Ma- terial vor uns gehabt haben. HOFFMANN erwähnt, dass er Salm- und Forellenembryonen untersucht habe, aber welche Species von Salmen sagt er nicht. Salmo salar-Embryonen sind es ganz sicher nicht ge- wesen, denn da würde er ohne Zweifel die Paarigkeit der Hypophysis von der ersten Entstehung an bemerkt haben, und ausserdem würde er nicht Folgendes haben schreiben können: „Sie (die Hypophysis) bildet dann eine ziemlich starke Proliferation der Grundschicht des Hornblattes von ovaler Gestalt und vollständig solid, unmittelbar unter dem Theil des Gehirns gelegen, welcher dem Infundibulum ent- spricht.“ Ich habe oben hervorgehoben, dass man in frühern Stadien (von Salmo salar) sowohl die Paarigkeit des Organs als auch die zwei ursprünglichen Lumina leicht erkennen kann (Fig. 4). Im Uebrigen muss ich auf eine Unrichtigkeit in der Darstellung HOFFMANN’S aufmerksam machen. Er schreibt nämlich, wie wir oben gesehen haben, dass die Hypophysis „eine Proliferation der Grundschicht des Hornblattes, unmittelbar unter dem Theil des Gehirns gelegen, welcher dem Infundibulum entspricht“, aber sogleich da- nach: „Erst in einem viel spätern Stadium der Entwicklung, in wel- chem Salm und Forelle in Begriff stehen, auszuschlüpfen, fängt sie allmählich an, von ihrem Mutterboden sich abzuschnüren und rückt dabei unmittelbar an die Basis des Infundibulums heran!).“ Wie ich oben gezeigt habe, liegen vom allerersten Anfang an das Infundibulum und derjenige Theil des Ectoderms, welcher den Mutter- boden der Hypophysis bildet, in unmittelbarer Nähe von einander, so 1) von mir gesperrt. Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 796 dass man von einem Heranwachsen an die Basis des Infandibulums auf einem spätern Entwicklungsstadium nicht sprechen kann. Wenn man hervorheben will, dass die Hypophysis und das Ectoderm mit der Zeit sich von einander entfernen, so ist festzustellen, dass Binde- gewebe zwischen die genannten Bildungen einwächst aod eine räum- liche Trennung entsteht. III. Die Entwicklung der Hypophysis bei Siredon pisciformis und Triton. Betrefis der entsprechenden Verhältnisse bei Amphibien werde ich mich kurz fassen, denn sie bieten nicht viel von allgemeinem Interesse dar. Stadium I. (Der Axolotl hat hier das Aussehen, welches BAMBEKE als Stadium 13 bezeichnet.) Fig. 14 zeigt die erste Anlage der Hypophysis bei Siredon; sie erscheint als eine einfache Tasche, bestehend aus zerstreuten Zellen, die mit dem Ectoderm in Zusammenhang stehen. Zu dieser Zeit hat bereits die Kopfkriimmung angefangen. An der Gehirnbasis ist eine Anhäufung von Zellen, die ich auf Fig. 14 mit Zi bezeichnet habe, vorhanden ; sie entwickelt sich allmählich zu dem bei Amphibien un- paarigen Lobus infundibuli. Dorso-caudalwärts von dieser Stelle er- scheint die Héhle des Infundibulums, begrenzt von einem einfachen Lager cubischer Zellen; diese liegen jedoch nicht in einer geraden Linie, sondern am hintern obern Umfange der Hypophysentasche liegt es in einem stumpfen Winkel um; dann hat es die Richtung nach oben und vorn, bis dass es die sog. ventrale Gesichtskopfbeuge (REICHERT’S) erreicht; von da an geht dieses Lager in das beinahe horizontal gelegene Mittel- und Nachhirn über. Je älter die Larven werden, desto kleiner wird bis zu einem gewissen Grade der Winkel, den die beiden Schenkel dieses Zellenlagers mit einander bilden (vergl. Fig. 14, 15 und 16). Auf dieser Entwicklungsstufe ist von der Chordaanlage im vordern Theil des Körpers noch nichts zu sehen. Was die äussere Configuration des Embryos auf diesem Stadium betrifft, so bemerkt man leicht vorn an der untern Seite eine schwache Einbiegung, die der Mundbucht entspricht. Von ganz derselben Stelle entwickelt sich der Hirnanhang in der Richtung nach hinten und oben. 680 HERMAN LUNDBORG, Stadium II (Stad. 15 nach BAMBEKE) zeigt andere Verhältnisse. Der Hirnanhang hängt zwar noch mit dem Ectoderm zusammen, aber man kann nunmehr auch von einem Gang reden. Die Chorda dorsalis ist in dem bisher chordafreien Theile auf- getreten, so dass die vordere Spitze der Chorda nur wenig caudalwarts von der Hypophysis liegt. Die Zellen im Mittel- und Hinterhirn haben sich bedeutend vermehrt; gleichzeitig ist das Bindegewebe zwischen diesen Hirntheilen und dem Infundibulum reducirt. Fig. 15 und 17 veranschaulichen das Aussehen (beim Axolotl und bei Triton) besser als eine lange Beschreibung. Stadium III (Stad. 16 nach BAMBEKE). Diese Entwicklungsstufe (Fig. 16) zeigt uns, dass die Hypophysis nun abgeschniirt ist; jedoch sind noch deutliche Spuren des Ganges vorhanden. Der Hirnanhang wird vorn von der Hôhle des Infundi- bulums nur durch ein sehr diinnes Zellenlager geschieden. Hinten grenzt die Hypophysis an einen vor der Spitze der Chorda dorsalis gelegenen Knorpel, welcher eine schwache Concavität an der Hinterseite der Hypophysis hervorruft. Die Hypophysis selbst besteht nur aus einer Zellenanhäufung ohne Lumen. Aehnliche einfache Bilder geben auch ältere Larven von Siredon pisciformis; die Entwicklung erfolgt, wie es scheint, sehr langsam. EDINGER hat bei 15—20 cm langen Larven von Siredon einen Saccus vasculosus beobachtet; dieses Organ aber entsteht offenbar ziemlich spät, denn bei 2!/, cm langen Larven ist davon noch nichts vorhanden. IV. Glandula infundibuli oder Saceus vaseulosus. Auf denjenigen Schnitten, wo die Hypophysis auftritt, habe ich auch eine andere Bildung, die nach Rasu-RUckHARD Glandula infundi- buli genannt werden mag, beobachtet. Dieses Organ ist der Saccus vasculosus der ältern Autoren, ein Name, der in hohem Grade unzweckmässig ist. Schon GOTTSCHE fand, dass dieser Saccus reich an Blut sei, und er vermuthete, dass dies Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 681 von wirklichen Gefässen herrühre. Spätere Untersuchungen von STIEDA, Ussow und RAgL-RÜckHArD lehren jedoch, dass der Saccus vascu- losus eine ausgeprägte und vielfach verzweigte :) tubulöse Drüse ist, die nicht mit Blutgefässen versehen ist; nach RABL-RÜCKHARD werden die Wandungen der Drüsenschläuche aussen, wenigstens im hintern Abschnitt der Drüse, überall von Blut umspült, das frei in dem sinusartigen Hohlraum strömt, welchen nach aussen die binde- gewebige Wand des Saccus vasculosus, nach innen die Wandungen der Schläuche begrenzen. Diese Drüse steht bei den erwachsenen Forellen in Communication mit dem Infundibulum, und dem zu Folge schlägt RABL-RÜCKHARD vor, den ältern, unpassenden Namen Saccus vascu- losus gegen den mehr correcten Infundibulardrüse zu vertauschen. EDINGER hat jüngst (in seinen Untersuchungen über die ver- gleichende Anatomie des Gehirns, 1892) entdeckt, dass die Amphibien (Rana, Siredon von 15—20 cm Länge, Salamandra) ein der Glandula infundibuli der Fische entsprechendes Organ besitzen. Durch diese spätesten Untersuchungen ist es sehr wahrscheinlich geworden, dass der Hirnlappen der Hypophysis bei höhern Wirbel- thieren ein Rudiment von der Glandula infundibuli bei Amphibien und Fischen ist. Wir sehen also, dass die Kenntniss dieses Organs bis in die jüngste Zeit hinein sehr unvollständig gewesen ist, und bezüglich seiner Entwicklung habe ich in der Literatur nichts gefunden ?). 1) Dass es jedoch nicht bei allen Knochenfischen eine solche ver- zweigte, tubulöse Drüse vorstellt, habe ich selbst gesehen; bei Argyro- pelecus bleibt die Entwicklung auf einem viel frühern Stadium stehen, wie etwas Aehnliches auch bei Lachslarven stattfindet. 2) In einer Abhandlung: „Zur Deutung und Entwicklung des Ge- hirns der Knochenfische“ macht sich RaBz-RückHARD eben betreffs des Saccus vasculosus eines Irrthums schuldig, indem er theils in fig. 20, tab. 7 die Infundibulardriise als Lobus infundibuli bezeichnet, theils im Text schreibt: „In Betreff des hintern Abschnittes des Infundibulums, das hier zu einer besondern Höhe abgeschlossen erscheint (fig. 201.2), will ich bemerken [vergl. meine Fig. 10 Gli], dass dieser Anschein auch die Folge der nicht mathematisch streng eingehaltenen Medianrichtung bezw. der Dicke des Schnittes ist. Der 23mal lineare Querschnitt fig. 16 [vergl. damit meine Fig. 6 Li] nämlich, einem genau gleichaltrigen Embryo entnommen, lässt an dieser Stelle zwei einspringende Falten er- kennen, die mit der Bildung der Lobi inferiores (seu Infundibuli) in Beziehung stehen. Beide Faltenscheitel nähern sich so sehr in der Medianebene, dass die eine oder andre im Schnitt fast unvermeidlich mitgetroffen wird, eine Querscheidewand vortäuscht, die nicht besteht.“ 682 HERMAN LUNDBORG, Die erste Anlage der Glandula infundibuli erscheint bei Salmo salar am 65. Tag nach der Befruchtung (Fig. 4), bei Salmo alpinus schon am 50. Tag. Wir finden, dass die Zellenbegrenzung des In- fundibulums nur auf einer kleinen Strecke ein- oder zweischichtig ist. Aus dieser Stelle entwickelt sich die Glandula infundibuli. Das ein- schichtige Zellenlager, das auf Fig. 1 die Infundibularhöhle dorso- caudalwärts begrenzt, hat sich hier (Fig. 4) in hohem Grade vermehrt, und mit der Zeit entstehen daraus die so ansehnlichen Lobi infundibuli. Schon bei 17 mm langen Larven von Salmo salar (Fig. 7) findet man, dass der hinterste Abschnitt des Infundibulums sich von den übrigen Theilen abzugrenzen anfängt, indem eine vertical gestellte (siehe die Textfigur B, 5) spaltförmige Oeffnung zwischen dem eigentlichen In- fundibulum und der kleinen, sackartigen Anlage der Glandula infundi- buli auftritt. Dass die Oeffnung vertical geworden ist, ist nicht über- raschend, wenn wir bedenken, dass zu beiden Seiten von derselben die hintersten Theile der Lobi infundibuli liegen, welche ja bei den Knochenfischen bereits wohl entwickelte Bildungen sind. Weiter caudal- warts dagegen findet das Organ Platz, sich seitwärts in dem lockern Bindegewebe auszubreiten. Auf weiter nach hinten gefiihrten Querschnitten ist das Lumen der Glandula infundibuli umgekehrt T-förmig und ferner so, wie Fig. D Fig. D. LAD = 4 Fig. D. Zeigt die Begrenzungslinien des Lumens der Glandula infundibuli bei einer 19 mm langen Larve von Salmo salar; Querschnitt. 1 aus einem Querschnitt durch den vordern Theil der Glandula infundibuli, 2 und 3 aus Querschnitten weiter caudalwirts. 4 aus einem Querschnitt durch den hintern Theil der Glandula infundibuli. (2—4) es veranschaulicht. Binnen Kurzem differenziren sich die Zellen der Drüse von andern in dem Gehirn; sie werden kegelförmig, nach aussen, wo der grosse, runde Kern liegt, breiter und gegen das Lumen schmaler. Die Lücken, welche auf diese Weise auftreten, werden von drei- eckigen Zellen ausgefüllt (Fig. 13); es hat den Anschein, als ob diese Zellen ausschliesslich aus Kernsubstanz beständen. Ich glaube, dass die Glandula infundibuli schon auf spätern Larven- Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 683 stadien (26—28 mm) in Wirksamkeit tritt, denn ich habe immer bei diesen Larven beobachtet, dass hie und da im Lumen des Organs ein geronnener Inhalt mit körnigen Körperchen vorhanden ist. Zusammenfassung. I. Die Entwicklung der Hypophysis bei Salmoniden. 1) Die Hypophysis ist ene ectodermale Bildung. 2) Das Ectoderm besteht in der Gegend der Hypophysisanlage aus zwei Zellenschichten, einer oberflächlichen mit grössern, etwa cu- bischen Zellen und einer tiefern mit kleinern ovalen, dicht zusammen- gedrangten Zellen. 3) Die Hypophysis scheint nur aus dem tiefern Zellenlager gebildet zu werden. 4) Vom ersten Anfang an ist die Hypophysis doppelt, doch liegen die beiden Ectodermeinstülpungen dicht neben einander. 5) Zwischen diesen beiden Einstülpungen verdünnt sich die Scheide- wand nach einiger Zeit; sie zerreisst zuerst in der Mitte und später vorn und hinten. 6) Ein Hypophysisgang (richtiger „Hypophysisstiel“) tritt auf, aber er ist sehr kurz, solid und verläuft vertical. Sobald die Embryonen ausgeschlüpft sind, ist der Gang zu Grunde gegangen. 7) Die weitere Entwicklung der Hypophysis geschieht dadurch, dass längsverlaufende Faltungen und danach Verwachsungen auftreten. 8) Der Unterkiefer entsteht ziemlich weit hinten am Kopf des Embryos, aber er wächst sodann schnell nach vorn. 9) Auf einem Stadium, wo der Lachs im Begriff steht, auszu- schlüpfen, entwickelt sich sowohl am Ober- als auch am Unterkiefer je eine Hautfalte, die die Mundöffnung begrenzt. Diese Falten sind keineswegs Ueberreste von dem ursprünglichen Riss des Mundes, son- dern sie sind secundäre Bildungen im Ectoderm; das Ectoderm erstreckt sich auf dem Oberkopf weit nach hinten von dieser Falte, und die Zähne, welche caudalwärts davon entstehen, sind nicht, wie DoHrn behauptet, entodermale, sondern ectodermale Bildungen. I. Die Entwicklung der Glandula infundibuli. 1) Die Glandula infundibuli beginnt verhältnissmässig spät (am 65. Tage bei Salmo salar) sich vom Infundibulum abzugrenzen. 684 HERMAN LUNDBORG, 2) Beim Axolotl entsteht sie noch später; denn bei einer 21/, cm langen Larve ist von ihr noch nichts zu bemerken. 3) Eine verticale Communicationsöffnung ist immer vorhanden zwischen dem Infundibulum und der Anlage des Organs. 4) Die Anlage, die Anfangs aus einer einzigen Schicht runder, embryonaler Zellen besteht, differenzirt sich allmählich so, dass sie aus zwei Zellenschichten gebildet wird; die eine ist aus grössern, kapselförmigen Zellen zusammengesetzt, die andere aus kleinern, drei- eckigen Zellen, welche zwischen den Kegelspitzen liegen. 5) Die Glandula infundibuli fängt wahrscheinlich schon bei 26 mm langen Salmo salar-Embryonen an zu functioniren. SR Die Entwickl. der Hypophysis u. des Saccus vasculosus bei Knochenfischen etc. 685 Literaturverzeichniss. 1. Bamprxe, Cu. van, Nouvelles recherches sur l’embryologie des Batraciens, in: Arch. Biol., T. 1, 1880. . Bean, J., The old mouth and the new, in: Anat. Anz., Bd. 3, 1888. 3. DoHrn, A., Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers; 2. Die Entstehung und Bedeutung der Hypophysis bei den Teleostiern, in: Mitth. Zool. Station Neapel, Bd. 3, 1882. 4. — 3. Die Entstehung und Bedeutung der Hypophysis bei Petro- myzon Planeri, ibid., Bd. 4. 5. — 4. Die Entwicklung und Differenzirung der Kiemenbogen der Selachier, ibid., Bd. 5. 6. Epinger, L., Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns; 2. Das Zwischenhirn, in: Abhandl. Senckenberg. Ges. Frankfurt a. M., Bd. 18, 1892. . GoETTE, A., Die Entwicklungsgeschichte der Unke, 1875. . — Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere; 3. Ueber die Entwicklung des Centralnervensystems der Teleostier, in: Arch. f. mikr. Anat., Bd. 15, 1878. 9. Herpman, W. A., The hypophysis cerebri in Tunicate and Vertebrate, in: Nature, vol. 28. 10. Horrmann, C. K., Zur Ontogenie der Knochenfische, in: Arch. f. mikr. Anat., 1884. 11. 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Anat. und Entw., 1883. 19. — Weiteres zur Deutung des Gehirns der Knochenfische, in: Biol. Centralbl., Bd. 3, 1884. 20. SriepA, L., Studien über das centrale Nervensystem der Knochen- fische, in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 18 u. 23. 21. — Ueber den Bau des centralen Nervensystems des Axolotl, ibid., Bd. 23, 1875. 22. Ussow, M., De la structure de la moelle épiniere de quelques poissons osseux, in: Arch. Biol., T. 3, 1882. Erklirung der Abbildungen. Ags Aquaeductus Sylvii. Hyg Hypophysengang. Au Augenblase. I Infundibulun. Blk Blutkürper. Li Lobus infundibuli. Chd Chorda dorsalis. M Muskel. Chi Chiasma nervorum opticorum. | me Mesencephalon == 2. Hirn- Ds Dottersack. bläschen. Ect; Aeussere Schicht des Ecto- | Ms Mittlerer Schädelbalken. derms. pc Protencephalon = 1. Hirn- Ecty Innere Schicht des Ectoderms. bläschen. EctF Ectodermfalte. Pk Parachordalknorpel. G Gefäss. Tr Trabeculae. Gli Glandula infundibuli=Saceus | U Unterkiefer(anlage). vasculosus. vq Ventriculus IV. Hy Hypophysis cerebri. Fig. 1. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf eines 49tagigen Embryos (Salmo salar) (Lærrz, Obj. 3, Oc. 3). Fig. 2. Querschnitt durch den Kopf eines 53tägigen Lachsembryos (Salmo salar) in der Gegend des Infundibulums und der Hypophysen- anlage (NAcker, Obj. 3, Oc. 2). Fig. 3. Sagittalschnitt durch das Infundibulum, die Hypophysen- und Unterkieferanlage eines 59tagigen Lachsembryos (Salmo salar) (NacHET, Obj. 2, Oc. 1). Die Entwickl. der Hypophysis u, des Saccus vasculosus bei Knochenfischen ete. 687 Fig. 4. Sagittalschnitt durch die Hypophysis und die erste Anlage der Glandula infundibuli eines Embryos von Salmo salar, 65 Tage alt (NAcHET, Obj. 2, Oc. 1). Fig. 5. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf eines Stägigen Embryos von Salmo salar (Nacker, Obj. 1, Oc. 2). Fig. 6. Querschnitt durch den Kopf einer 19 mm langen Larve von Salmo salar in der Gegend der Lobi infundibuli und des hintern paarigen Theils der Hypophysis (Leitz, Obj. 3, Oc. 1). Fig. 7. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf einer 17 mm langen Larve von Salmo salar (Leitz, Obj. 3, Oc. 1). Fig. 8. Horizontalschnitt durch den Kopf einer 18 mm langen Larve von Salmo salar (Leitz, Obj. 3, Oc. 1). Zeigt die hintere paarige Partie der Hypophysis nebst den umgebenden Gefässen. Fig. 9. Querschnitt durch den hintern Theil der Hypophysis einer 18 mm langen Larve von Salmo salar (Lærrz, Obj. 7, Oc. 1). Fig. 10. Sagittalschnitt etwas seitwärts von der Medianebene von einer 21 mm langen Larve von Salmo salar (Lerrz, Obj. 3, Oc. 1). Fig. 11. Querschnitt durch die Hypophysis einer 24 mm langen Larve von Salmo salar (Nacuet, Obj. 3, Oc. 2). Fig. 12. Sagittalschnitt durch die Hypophysis, die Glandula in- fundibuli, den Lobus infundibuli und das Infundibulum selbst. Der Schnitt ist etwas seitwärts von der Medianebene gegangen. Salmo salar, 28 mm lang (Lerrz, Obj. 7, Oc. 1). Fig. 13. Sagittalschnitt durch die Glandula infundibuli; Salmo salar von 28 mm Länge (Lærrz, Obj. 7, Oc. 3). Fig. 14. Sagittaler Medianschnitt durch einen Embryo von Siredon (auf dem Stadium 13 nach Bampexe) (Lerrz, Obj. 3, Oc. 1). Fig. 15. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf eines Axolotl- embryos (auf dem Stadium 15 nach Bampexe) (Lerrz, Obj. 3, Oc. 3). Fig. 16. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf eines Axolotl- embryos (auf dem Stadium 16 nach BamprKr) (Leitz, Obj. 3, Oc. 1). Fig. 17. Sagittaler Medianschnitt durch den Kopf eines eben aus- geschliipften Embryos von Triton (Leitz, Obj. 3, Oc. 1). Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Die Furchung und Keimblatterbildung der Stylommatophoren. Von Dr. Ferdinand Schmidt in Giessen. Hierzu Tafel 42 und 1 Textfigur. Wenn ich dem ersten, die Entwicklung des Nerven- systems behandelnden Theile meiner „Studien zur Entwick- lungsgeschichte der Pulmonaten“!) die vorliegende Ab- handlung, die den Furchungsprocess und die Bildung der Keimblätter zum Gegenstand hat, folgen lasse, so bedarf dieses Vorgehen einer Erklärung, da es wohl manchem Leser — und zwar mit Recht — auffallen dürfte, dass ich nicht in umgekehrter, dem ontogenetischen Entwicklungsgange entsprechender Reihenfolge meine Beobachtungen mittheile. Es war ursprünglich nur meine Absicht, die Genese der einzelnen Organe und Organsysteme der Pulmonaten zu untersuchen und so den Versuch zu machen, wenigstens einen Theil der weiten Lücken in der Entwicklungsgeschichte der Gastropoden auszufüllen. Die gründlichere Bekanntschaft mit der einschlägigen Literatur aber liess es mir bald wünschenswerth erscheinen, auch die ersten Entwicklungsvorgänge und im Besonderen die Bildung der Keimblätter einer erneuten, sorgfältigen Untersuchung zu unterziehen, da auch die neuern, zum Theil sehr gründlichen Untersuchungen in diesen Fragen nicht zu übereinstimmenden Resultaten geführt haben und die Ansichten der verschiedenen Autoren in scharfem Gegensatze zu 1) Ferp. Scumipt, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Pulmo- naten. I. Die Entwicklung des Nervensystems. Inaug.-Dissert. Dorpat 1891. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 689 einander stehen. Durch Anwendung der Schnittmethode auch bei der Untersuchung der frühesten Entwicklungsstadien hoffte ich zu zuver- lässigern Resultaten zu gelangen als viele meiner Vorgänger, die in der Regel nur am lebenden Object oder, wenn auch am conservirten, so doch nicht in continuirliche Schnittserien zerlegten ihre Beobach- tungen machten. Da ich ferner den Furchungsprocess und die Keim- blatterbildung hauptsächlich an einer Form studirte, die bisher von Seiten der Embryologen keine Berücksichtigung gefunden, nämlich Succinea, so wird durch die in den folgenden Blättern niedergelegten Beobachtungen unsere Kenntniss der Entwicklungsgeschichte der Gastro- poden jedenfalls um eine Reihe von Thatsachen bereichert. Der vorliegende Aufsatz mag gleichsam als Einleitung zum zweiten Theil meiner Studien, der im Anschluss an den noch in den folgenden Blättern zu besprechenden Gastrulationsprocess die Entwicklung des Darmtractus und seiner Annexe enthalten soll, gelten. Als Untersuchungsobjecte dienten mir, wie schon erwähnt, in erster Linie die Kier von Succinea putris, ausserdem die von Limax agrestis, Clausilia laminata und einiger anderer Arten desselben Genus. Da meine Beobachtungen an den Eiern von Succinea am vollständigsten sind, die wenigsten Lücken aufweisen, lege ich diese meinen Schil- derungen zu Grunde und ziehe die an den Eiern der andern genannten Pulmonaten gewonnenen, die übrigens mit jenen vollständig überein- stimmen, im Anhange zum Vergleich heran. Die Eier unserer Landpulmonaten — ich sehe hier von den wenigen viviparen Formen ab — werden bekanntlich an geschützten, feuchten Orten abgelegt; von Succinea in kleinen, unregelmässigen Häufchen meist unter Steinen, faulendem Laube und Holzstücken, von Limax in gleicher Weise meist in der Erde, von Clausilia mehr ver- einzelt in der Regel unter Baumrinden oder Moospolstern'). Die 1) Da die im Terrarium abgelegten Eier sich öfters pathologisch entwickelten, zog ich es vor, die Eihäufehen im Freien aufzusuchen ; die Gegend, in der ich meine Beobachtungen machte, weist eine reiche Fauna auf, es war mir daher möglich, mich täglich mit frischem Mate- rial zu versorgen. Ich sammelte es an der Nordküste Estlands an den bis 200° hohen Felswänden und in den Schluchten des sog. Glints. Die äusserst üppige Vegetation, der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Luft begünstigen in dem schmalen, mit Gerüll und Kalkfelsen bedeckten Küstenstrich am Fusse des meist senkrecht zum Finnischen Meerbusen abstürzenden Glints die Entfaltung einer äusserst reichen Mollusken- fauna. Jeder alte, vermodernde Baumstamm lieferte mir in Menge die gesuchten Eihäufchen der ihn massenhaft bewohnenden Schnecken. Zool. Jahrb. Vil. Abth, f. Morph, 45 690 FERDINAND SCHMIDT. kleine Eizelle ist in eine mächtige Masse vollkommen durchsichtigen, zähflüssigen Eiweisses, das dem sich entwickelnden Embryo als Nähr- material dient, eingebettet; das Eiweiss wird von einer ziemlich derben, aus concentrischen Lamellen bestehenden Hülle umschlossen. Bei Succinea und Limazx ist diese Hülle vollständig durchsichtig und ge- stattet daher die directe Beobachtung der Entwicklungsvorgänge an der lebenden Eizelle; bei Clausilia dagegen ist sie mit einem dichten Belag kleiner Krystalle — von kohlensaurem Kalk (GEGENBAUR) !) — versehen und daher undurchsichtig ?). Die in den folgenden Blättern mitgetheilten Ergebnisse meiner Studien wurden durch Untersuchung sowohl der lebenden Objecte als auch der in gesättigter Sublimatlösung conservirten und in conti- nuirliche Schnittserien zerlegten gewonnen. Als Tinctionsmittel wandte ich Hämatoxylin, Borax- und Alauncarmin an. Der Furchungsprocess. Bei der in den folgenden Blättern enthaltenen Beschreibung des Furchungsprocesses übergehe ich die denselben einleitenden Vorgänge in der ungetheilten Eizelle, speciell die Bildung der Richtungskörperchen vollständig. Diese Vorgänge sind öfters Gegenstand eingehender Studien gewesen, und es dürften daher nur von einer sich speciell mit diesen interessanten Erscheinungen befassenden erneuten Untersuchung eventuell weitere Beiträge zur Erkenntniss dieser Vorgänge und deren Bedeutung erwarten lassen. Ich will hier daher nur darauf hinweisen, dass die Eier von Succinea und Limax sehr geeignete Objecte für 1) GEGENBAUR giebt eine genaue Schilderung der Eier und ihrer Umhüllungen bei Limax und Clausilia (Beiträge zur Entwicklungs- geschichte der Landgastropoden, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 3, 1851). 2) Die Eihäufchen der von mir untersuchten Pulmonaten und be- sonders die der Succinea putris werden — wie schon GEGENBAUR für Limax angiebt — häufig von pflanzlichen und thierischen Parasiten bewohnt, die schädigend oder vernichtend auf die Entwicklung der Schneckenembryonen einwirken. Ausser den auch von GEGENBAUR be- obachteten Fadenpilzen und einem 0,8—1,0 mm messenden Nematoden fand ich in den am Ufer eines Baches an der Küste des Finnischen Meerbusens gesammelten Eihäufchen von Succinea putris besonders häufig — in etwa 20°/, aller Fälle — eine weisse Dipterenlarve. In den von ihr bewohnten Eihäufchen war das Eiweiss vollständig ge- trübt und gelb gefärbt, die Eier und Embryonen abnorm entwickelt oder im Zerfall begriffen. In einigen wenigen Fällen endlich beobachtete ich in der Eiweissmasse einen kleinen Nais-ähnlichen Anneliden. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 691 derartige Untersuchungen sind. Ich konnte nicht nur die Ausstossung der Richtungskörperchen am lebenden Ei durch alle Stadien hindurch aufs deutlichste verfolgen, sondern auch die Eier auf allen Entwicklungs- stufen in tadellose Schnittserien zerlegen. Auch für das Studium des Vorganges der Kerntheilung liefern die in Furchung begriffenen Eier der genannten Pulmonaten vorzügliche Objecte. Bald nach Ausstossung der Richtungskörperchen, welche durch einen Strang zähen Eiweisses bisin die spätesten Stadien der Furchung mit dem Ei verbunden bleiben, theilt sich dieses in zwei einander gleiche Zellen. Der Theilungsvorgang beginnt mit einer leichten, grübchen- förmigen Einsenkung der Eioberfläche an der Stelle, wo die Richtungs- körperchen liegen. Diese Einsenkung wird bald zu einer allmählich über die Oberfläche des Eies sich ausdehnenden verticalen Furche, die, stetig sich vertiefend, endlich die Eizelle, in der unterdessen die Kerntheilung vor sich gegangen, in zwei Hälften zerlegt. Die so ge- bildeten beiden Zellen der ersten Generation, A und B, runden sich schnell vollkommen ab, so dass sie nur noch in einem Punkte ein- ander berühren. Bevor jetzt eine jede der beiden Zellen sich weiter theilt, vollzieht sich ein ganz eigenartiger Vorgang, der sicherlich von grossem Interesse ist. Etwa eine halbe Stunde nach erfolgter Theilung der Eizelle ‚beginnen die beiden Zellen A und B sich einander zu nähern, indem sie an den einander zugewandten Theilen ihrer Ober- fläche sich allmählich abplatten und sich mit den so entstehenden Flächen fest an aneinander legen. Dieser eigenthümliche Process schreitet langsam vorwärts, bis eine jede Zelle die Gestalt einer Halb- kugel angenommen hat, die durch die gleichartige Schwesterzelle zu einem ungefähr kugelförmigen Gebilde ergänzt wird. Eine nur schwer erkennbare oberflächliche Furche ist die einzige Andeutung der Zu- sammensetzung dieses Gebildes aus zwei mit einander verschmolzenen Zellen. Nur kurze Zeit währt dieser Zustand; bald fesselt den Beobachter eine neue Erscheinung. In der Ebene der ersten, verticalen Theilungs- furche, also der Berührungsfläche der beiden ersten Furchungselemente tritt eine Zone von durchsichtigem, nicht granulirtem Protoplasma auf, die bei Betrachtung sowohl des lebenden als auch des conser- virten Objects deutlich erkennbar ist. Im Centrum dieser hellen Zone erscheint dann ein Anfangs kleiner, kaum wahrnehmbarer, in der Folge sich aber schnell vergrössernder linsenförmiger Hohlraum, der von einer klaren Flüssigkeit, die zweifellos von den beiden Zellen 45* 692 FERDINAND SCHMIDT, ausgeschieden worden, erfüllt ist. Dieser Raum entsteht dadurch, dass die beiden Zellen, im Centrum der Berührungsebene beginnend, sich von einander lésen, indem sie aus der Gestalt einer Halbkugel all- mäblich in die einer flachen Schale übergehen ; nur in der Peripherie bleiben sie fest mit eimander verbunden, daher die von ihnen um- schlossene Höhlung nicht mit der Aussenwelt communicirt. Ich habe mich von dem Vorhandensein einer wirklichen Höhlung !) dadurch überzeugt, dass ich die fraglichen Furchungsstadien in Schnittserien zerlegte — man vergl. Fig. 1. Die nun folgenden Erscheinungen leiten die weitere Theilung der beiden ersten Furchungselemente ein. Der linsenförmige Hohlraum nimmt schnell an Grösse ab und verschwindet schliesslich vollständig, während gleichzeitig die beiden Zellen länglich-eiförmige Gestalt an- nehmen, wobei sie sich immer deutlicher gegen einander abgrenzen. In jeder Zelle geht unterdessen die Kerntheilung vor sich, und an ihrer Oberfläche deutet eine Anfangs nur seichte, sich aber schnell ver- tiefende Furche den beginnenden Zerfall der beiden ersten Furchungs- elemente in je zwei neue Zellen an. Die zweite, gleichfalls verticale Furchungsebene steht rechtwinklig auf der ersten. Die vier so entstandenen, einander vollkom- men gleichen kugelförmigen Zellen liegen in einer Ebene. Ich bezeichne die durch Theilung aus der Zelle A hervor- gegangenen Elemente als a und b, die Theilproducte der Zelle B als c und d. Bevor wir nun den Furchungsprocess weiter verfolgen, seien einige Bemerkungen über den eben geschilderten Vorgang der ,,Verschmel- zung“ der beiden ersten Furchungselemente gestattet. In der ent- wicklungsgeschichtlichen Literatur finden sich schon vereinzelt derartige 1) Razz beobachtete (Ueber die Entwicklungsgeschichte der Maler- muschel, eine Anwendung der Keimblätter-Theorie auf die Lamelli- branchiaten, in: Jen. Zeitschr. Naturwiss., Bd. 10, 1876) gleichfalls das Auftreten der hellen, durchsichtigen Protoplasmaschicht zwischen den mit einander verschmolzenen ersten beiden Furchungselementen bei Unio, nicht aber das Auftreten der von mir nachgewiesenen Höhlung. Er äussert sich folgendermaassen: „diese körnchenärmere Partie ist jedoch keineswegs, wie FLemminG will, als der erste Anfang einer Binnen- höhle des Keims, also als Furchungshöhle, aufzufassen.“ Die alleinige Beobachtung des lebenden Objectes lässt allerdings Zweifel an der Bil- dung einer wirklichen Höhlung gerechtfertigt erscheinen, ein Blick auf die von mir in Fig. 1 wiedergegebene Zeichnung eines Schnittes aber beweist das thatsächliche Vorhandensein einer solchen. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 693 Angaben; so hat z. B. QUATREFAGES !) an Anneliden ähnliche Be- obachtungen gemacht und For?) an Medusen — an den sich furchenden Eiern von Mollusken ferner WARNECK *), LEREBOULLET *), RagL *), BOBRETZKY 5), BRANDT ?) und Wourson®). Im Besonderen sind es WARNECK und nach ihm Worrson, die genaue Beschreibungen des ganzen Vorganges liefern ?). WARNEcK schildert eingehend nicht nur den Process der allmählichen Verschmelzung der Furchungselemente, sondern auch das „Auftreten eines hellen Raumes zwischen ihnen“. „Die beiden Kugeln, welche ganz frei geworden waren und sich etwas von einander entfernt hatten, bleiben nicht lange in dieser Lage, sie nähern sich wieder einander, und die Berührungsflächen glätten sich etwas ab, so dass die beiden Kugeln nun dicht an einander liegen . . .“ „Gleich nachdem sich die Kugeln einander genähert haben, erscheint zwischen ihnen ein heller Raum“, fährt der Autor dann fort und dis- eutirt schliesslich auch die Frage, ob dieser helle Raum wirklich eine Höhlung sei; seine sorgfältigen Beobachtungen führen ihn zur Ueber- zeugung, dass wir es in der That mit einer Höhlung, einem „Behälter für Eiweiss oder eine ähnliche Flüssigkeit“ zu thun haben. Nach 1) QuarreraGes, Note sur l’embryogénie des Annélides, in: Annal. Se. Nat., Zool. (3. ser.) T. 8, 1847. — Etudes embryogeniques. Mémoire sur l’embryogénie des Annélides, ibid. (3. ser.) T. 10, 1848. 2) Fou, Die erste Entwicklung des Geryonideneies, in: Jen. Zeitschr. Naturw., Bd. 7, 1873. 3) Warneok, Ueber die Bildung und Entwicklung des Embryos bei Gastropoden, in: Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou, T. 23, 1850. 4) LEREBOULLET, Recherches d’embryologie comparée sur le de- veloppement de la truite, du lézard et du limnée, in: Annal. Sc. Nat, Zool. (4 ser.), T. 18, 1862. 5) Rast, Ueber die Entwicklungsgeschichte der Malermuschel, in: Jen. Zeitschr. Naturw., Bd. 3, 1876, und: Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke, in: Morph. Jahrb Ba. 5, 1879. 6) Bosrerzxy, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastro- poden, in: Arch. Mikrosk. Anat., Bd. 13, 1877. 7) Branpt, Bemerkungen über die Eifurchung und die Betheiligung des Keimbläschens an derselben, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 28, 1878. 8) Bors»cous, Dmöpionarsuoe passurie Lymnaeus stagnalis, in: 3an. umm. Araremin uayks, 36, 1878. 9) Die Abhandlungen der genannten beiden Autoren scheinen nur wenig Beachtung bei den Fachgenossen gefunden zu haben, was hin- sichtlich Wourson’s wohl darauf zurückzuführen ist, dass er in einer nicht allen verständlichen Sprache schrieb; die höchst sorgfältigen Unter- suchungen WARrNnEcK’s, die schon im Jahre 1850 erschienen, verdienen gewiss volle Anerkennung. 694 FERDINAND SCHMIDT, WARNECK geht dann, wie erwähnt, auch Worrson auf den Process der Verschmelzung der Furchungselemente ein; seine Beobachtungen, die am Ei von Limnaeus gewonnen wurden, stimmen in allen wesent- lichen Punkten mit den Angaben WARNECK’s und den hier von mir mitgetheilten überein. Es drängt sich nun die Frage auf: welche Bedeutung hat diese auffallende, eben beschriebene Erscheinung? Dass dieselbe keines- wegs unwesentlich, sondern im Gegentheil wohl von allgemeiner Be- deutung sein diirfte, dafiir spricht schon die Thatsache ihres Vor- kommens bei ganz verschiedenen Thiergruppen, und sicherlich wird sie, wenn einmal die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt worden, auch noch bei einer viel gréssern Zahl sich furchender Eier nachgewiesen werden. Es ist nun zunächst nicht möglich, eine sichere Deutung des inter- essanten Processes, der in frappirender Weise an den Vorgang der Conjugation zweier Protozoen erinnert, zu geben, da die einzelnen Phasen desselben noch viel zu wenig genau bekannt sind. Es wird daher die Aufgabe — und vielleicht die dankbare Aufgabe — einer speciell mit dieser Frage sich beschäftigenden erneuten Untersuchung sein (eine solche lag nicht in meiner Absicht), den ganzen Vorgang auf allen Entwicklungsstufen am lebenden und am conservirten Object mit Benutzung der so hoch entwickelten Färbemethoden eingehend zu untersuchen, festzustellen, wie weit eigentlich die „Verschmelzung“ seht, ob etwa ein Austausch gewisser Bestandtheile zwischen den Furchungselementen stattfindet, und welche Rolle eventuell die Kerne bei dem ganzen Vorgange spielen. Hinsichtlich dieser Frage will ich hier nur noch erwähnen, dass ich mehrfach auf Schnitten durch die betreffenden Furchungsstadien die Kerne zweier mit einander ,,ver- schmolzener‘‘ Furchungselemente’ an der äussersten Peripherie der einander zugewandten Theile der Zelloberfläche gelagert fand. Kehren wir jetzt zu dem zuletzt beschriebenen Furchungsstadium, auf dem der Keim aus vier einander vollkommen gleichen Zellen be- steht, zurück. Nachdem die vier Zellen sich vollkommen abgerundet und dann einige Zeit in diesem Zustande verharrt, beginnt wieder der schon geschilderte Process der Verschmelzung je zweier Zellen mit einander, und zwar sind es einerseits die Zellen a und c, zwischen denen der Vorgang sich abspielt, andrerseits die Zellen b und d. Der Process vollzieht sich also nicht etwa zwischen den Theilproducten der Zelle A und ebenso zwischen denen der Zelle 5, sondern es verbindet sich je ein Theilproduct von A mit dem entsprechenden von 5. Zwischen Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 695 den mit einander verschmolzenen Zellen treten in schon bekannter Weise die linsenförmigen Hohlräume auf, dazu beginnen die beiden, etwa bisquitförmigen, aus je zwei Zellen zusammengesetzten Massen gleichfalls mit einander zu verschmelzen, so dass nun auch zwischen den beiden Tochterzellen der Furchungskugel A — und ebenso denen der Zelle B — der Process sich wiederholt. Der ganze Keim gewinnt wieder die Gestalt einer einzigen Kugel, an deren Oberfläche zwei sich kreuzende, schwach angedeutete Furchen die Zusammensetzung aus vier Zellen andeuten. Im Innern des so entstandenen Gebildes aber fliessen die einzelnen Hohlräume zu einer einheitlichen Furchungs- höhle zusammen. Hat dieser Zustand einige Zeit gewährt, so beginnen die einzelnen Zellen sich wieder von einander zu lösen, während in ihrem Innern der Process der Kerntheilung sich vollzieht. Die neue, horizontale, also senkrecht auf den bei- den ersten stehende Theilungsebene zerlegt jede der vier Zellen in eine grössere und eine bedeutend klei- nere, dem animalen Pol, also den Richtungskörperchen zugewandte. Die vier neu entstandenen kleinen Zellen — at, bi, c! und d! — erleiden in ihrer Lagerung bald eine Verschiebung im Sinne des Uhrzeigers (bei Betrachtung vom animalen Pol aus), so dass sie nicht direct über die grossen Zellen zu liegen kommen, sondern über die Furchen zwischen je zweien dieser letztern. Alle acht den Keim zusammensetzenden Zellen runden sich voll- kommen ab, um dann nach einiger Zeit wieder den Process der gegen- seitigen Annäherung und endlichen Verschmelzung durchzumachen. Dieser eigenthümliche Vorgang wiederholt sich überhaupt bis in die spätesten Furchungsstadien, doch kommt es später nicht mehr zur Bil- dung so vollständig abgerundeter Keimkugeln wie in den ersten Fur- chungsstadien, was seinen Grund darin hat, dass in späteren Stadien nicht mehr alle Zellen des Keimes gleichzeitig die Theilung durchmachen und daher auch nicht mehr gleichzeitig die derselben vorausgehenden Um- wandlungen erfahren. Die nächste, gleichfalls horizontale Furchungs- ebene theilt wieder die vier grossen Zellen am vege- tativen Polin je zwei ungleiche Elemente. Die neu ent- standenen vier kleinern Zellen a?, b?, c? und d? stehen in ihrer Grösse in der Mitte zwischen den kleinen Zellen am animalen Pol und den wieder den vegetativen einnehmenden Zellen a,b, ce und d. Während jetzt die acht untern, grössern Zellen noch in der Abrundung be- 696 FERDINAND SCHMIDT, griffen sind, werden an den vier kleinen Zellen des animalen Poles die eine neue Theilung einleitenden Erschei- nungen sichtbar, und bald wird eine jede derselben durch eine verticale Furche in zwei neue Elemente zerlegt. Es gehen so aus der Zelle a! die beiden Zellen a! und a, aus b! die Elemente b! und # hervor u. s. w Der Keim besteht also auf diesem Stadium aus sechzehn Zellen. Die jetzt folgende, wieder in horizontaler Ebene stattfindende Theilung betrifft wieder die vier gröss- ten, am vegetativen Pol gelegenen Zellen a, b, ¢ und d — es entstehen so die neuen Elemente a?, b?, c5 und d°, und es wird jetzt also der Keim aus zwanzig Zellen zusammenge- setzt. Die einzelnen Elemente runden sich nicht mehr so vollständig ab, sondern bleiben an den einander zugewandten Flächen mehr oder weniger stark abgeplattet; sie umschliessen eine geräumige, bleibende ') Furchungshöhle, und es ist das ganze embryonale Gebilde nun schon als Blastosphara zu bezeichnen. In seiner Entwicklungsgeschichte der Malermuschel hat RABL (in: Jen. Zeitschr. Naturwiss., Bd. 10, 1876) ein Schema des Furchungs- processes bei den Gastropoden und Lamellibranchiaten gegeben — ich werde auf dasselbe noch weiter unten zu sprechen kommen — das in weit instructiverer und übersichtlicherer Weise die Gesetzmässigkeit im Verlauf des ganzen Processes illustrirt, als es durch eine weit- laufige Beschreibung geschehen kann. In nebenstehendem Schema stelle ich in gleicher Weise den Furchungsprocess für Succinea dar. Wenn es bisher möglich war, eine jede Zelle der Blastosphära in ihrer Entstehung und Abstammung von den Furchungselementen der vorhergehenden Stadien auf das sicherste zu verfolgen und so ein vollständiges Furchungsschema zu entwerfen, gelang es mir in den jetzt folgenden Stadien nicht mehr, eine Gesetzmässigkeit in der Ent- 1) Ich gebrauche absichtlich den Ausdruck „bleibende“ Fur- chungshühle. Wir verstehen unter Furchungshöhle einen von den Furchungselementen umschlossenen Hohlraum; ein solcher ist nun, wie wir sahen, schon auf dem frühen zweizelligen Stadium vorhanden, schwindet aber wieder, wenn die beiden ihn umschliessenden schalenförmigen Zellen sich von einander gelöst haben. Besteht im folgenden Stadium der Keim aus vier in einer Ebene liegenden, vollkommen abgerundeten Ele- menten, so kann von einer Furchungshöhle nicht die Rede sein — eine solche wird aber wieder gebildet, wenn die vier Zellen in der oben ge- schilderten Weise den Process der „Verschmelzung“ durchmachen. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 697 Stad. I Il III IV V VI VII ee pain on) AE rer ee -(€) stehung neuer Elemente zu constatiren. Wahrend es bisher immer eine bestimmte Anzahl gleichaltriger Furchungselemente war, die gleichzeitig durch Theilung einer neuen Generation von Zellen den Ursprung gab, fand ich in den nun folgenden Stadien gleichzeitig in 698 FERDINAND SCHMIDT, verschiedenen Regionen der Blastosphära Zellen verschiedener Gene- rationen in Theilung begriffen. Die Blastosphära nimmt so allmählich an Grösse zu, während die sie zusammensetzenden Elemente in Folge der fortgesetzten Theilung in gleichem Maasse an Grösse abnehmen; doch wird das ursprüngliche Grössenverhältniss zwischen den Zellen immer noch beibehalten: am animalen Pol finden wir wie zu- vor bedeutend kleinere Elemente als am vegetativen. Genaue Grössenmaasse vermag ich nicht zu geben; es dürfte solches wohl auch nicht möglich sein, da die Zellen nicht mehr die reine Kugelgestalt zeigen, sondern, dicht an einander gelagert, in mannig- facher Weise gegen einander abgeplattet erscheinen und daher ver- schieden geformt sind. Noch längere Zeit hindurch aber lassen sich am vegetativen Pol vier auffallend grosse Zellen unterscheiden; endlich lösen sich auch diese in Folge der allmählich fortschreitenden Thei- lung in mehrere ungefähr gleich grosse Elemente auf. Während die Blastosphära so allmählich wächst, ist an den ein- zelnen Zellen und im Besondern denen der obern, dem animalen Pol zugewandten Hälfte eine eigenthümliche Erscheinung zu beobachten. Die Zellen ändern fortwährend ihre Form: bald haben sie die Gestalt einer schlanken Cylinderepithelzelle, balden runden sie sich zu fast kugligen Gebilden ab, bald entsenden sie in amöboider Bewegung proto- plasmatische Fortsätze in die Furchungshöhle. Dass diese letztere in Folge dessen fortwährend ihre Gestalt ändern muss, ist verständlich und wird durch die beigegebenen Abbildungen, die sämmtlich in ihren Contouren mit Hilfe der Camera entworfen wurden, deutlich illustrirt. In Fig. 5 sehen wir eine junge Blastosphära, deren Zellen sämmtlich mehr oder weniger kugelförmige Gebilde sind oder zum Theil in Folge des von den Nachbarzellen auf sie ausgeübten Druckes mehr kegel- förmige Gestalt angenommen haben. Die Furchungshöhle ist ein un- gefähr sphärischer Raum. Ein ganz anderes Bild gewährt ein Schnitt durch eine Blasto- sphära, die demselben Eihäufchen entnommen ist, also auf fast gleicher Altersstufe mit der vorigen steht, Fig. 6. Zwei der grossen, am vege- tativen Pol gelegenen Zellen zeigen schön ausgeprägte Kerntheilungs- figuren ; die kleinern Elemente des animalen Poles aber sehen wir in lebhafter amöboider Bewegung. Es handelt sich nicht etwa um ein „Kunstproduct“, um die Folgeerscheinung einer mangelhaften Conser- virung — diese muss ich im Gegentheil als vorzüglich gelungen be- zeichnen — denn die Erscheinung war auch am vollkommen normal ohne MMS di Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 699 sich entwickelnden lebenden Object deutlichst an Blastosphären von verschiedenem Alter zu beobachten. Wie auf dem abgebildeten Schnitte zu sehen, scheinen einzelne Zellen ganz mit einander verschmolzen zu sein. Ob solches in der That der Fall, vermag ich nicht zu entscheiden; die Zeichnung giebt das wieder, was ich bei Anwendung der stärksten mir zu Gebote stehenden Systeme — Oel- und Wasserimmersionen — zu unter- scheiden vermochte. Die Furchungshéhle zeigt auf diesem Stadium eine ganz andere Gestalt als auf dem vorher beschriebenen und ab- gebildeten. Vergleichen wir hiermit die ältern, in Fig. 7—9 dargestellten Stadien — die beiden grossen Zellen M! und M? sind hier zunächst nicht zu berücksichtigen ; ich werde auf dieselben später noch ausführlich einzugehen haben. In Fig. 7 und 8 sehen wir die Wandung der Blastosphära aus einem typischen Cylinderepithel gebildet, auf dem in Fig. 9 abgebildeten Schnitt aber wieder die eigenthümlichen, schon beschriebenen Gestaltveränderungen. Wie ich schon in der Einleitung bemerkte, habe ich ausser bei Succinea auch noch bei einigen andern Pulmonaten den Furchungs- process beobachtet, wenngleich nicht in der Vollständigkeit, wie dies mir bei Succinea möglich war. Was Limax betrifft, so stimmt die Furchung, so- weit ich dieselbe beobachtete, vollkommen mit dem für Succinea gegebenen Schema überein; ich verfolgte den Process bis zu dem Stadium, auf dem der Keim aus 12 Zellen in der bekannten typischen Lagerung und den für Succinea geschilderten (Grössenverhältnissen besteht. Es darf wohl mit grosser Wahrschein- lichkeit angenommen werden, dass auch in den weitern Stadien keine wesentlichen Abweichungen auftreten werden, da auch ältere Keime wieder ganz den Bau der entsprechenden Entwicklungsstadien bei Succinea aufweisen — ich werde darauf bei Besprechung der Keim- blätterbildung noch zurückkommen. Was Clausilia betrifft, so ist die directe Beobachtung des ganzen Furchungsprocesses an ein und demselben Ei nicht möglich, da, wie schon erwähnt, die ziemlich derbe, die Eiweissmasse umgebende Hülle durch einen starken Belag von Krystallen undurchsichtig gemacht ist. Es blieb mir daher nichts anderes übrig, als aus einer grössern Zahl von Einzelbeobachtungen den Verlauf des Furchungsprocesses zu re- construiren. Nach meinen Beobachtungen scheint nun auch be Clausiia der Vorgang vollständig mit dem für Succinea 700 FERDINAND SCHMIDT, beschriebenen tibereinzustimmen. Ich fand Keime auf den Stadien I bis V des für Succinea gegebenen Schemas. Bevor ich nun an die Besprechung der weitern Entwicklungs- vorgänge gehe, die zur Differenzirung der Furchungselemente zu den sogenannten Keimblättern führen, sei es mir gestattet, in Kürze meine hier niedergelegten Beobachtungen mit denen anderer Autoren, die den Furchungsprocess verschiedener Gastropoden untersuchten, zu vergleichen. Es wird dieser Vergleich — für die Gastropoden wenig- stens — zeigen, ob RABL Recht hat, wenn er es für „nicht unwahr- scheinlich“ hält, dass ‚jede mehr oder weniger scharf umschriebene Thiergruppe ein gemeinsames für alle Glieder dieser Gruppe giltiges Furchungsschema besitze, und dass es daher durchaus nicht undenkbar sei, dass man künftig einmal aus der grössern oder geringern Ueber- einstimmung im Furchungsprocesse auf eine engere oder weitere Ver- wandtschaft zweier oder mehrerer Thierformen werde schliessen können“ (Rabi, Ueber die Entwicklungsgeschichte der Malermuschel, in: Jen. Zeitschr. Naturwiss., Bd. 10, 1876, p. 342). Ueber die Furchung der Pulmonaten besitzen wir eine ganze Reihe sorgfältiger Beobachtungen — von einer Anzahl älterer, den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechender Arbeiten und einigen unvollkommenen Angaben sehe ich ab. Alle Autoren — ich nenne vor allem WARNECK !), Wonrson ?), For 3), RABL 4) — wurden zu Resultaten geführt, die mit den von mir für Succinea, Limax und Clausilia mitgetheilten Thatsachen in voller Uebereinstimmung stehen. Stets zerfällt das Ei zunächst in zwei, dann in vier gleiche Elemente, deren jedes sich dann in zwei un- gleiche Zellen, eine bedeutend grössere, dem vege- tativen, und eine kleine, dem animalen Pole zugewandte theilt. Dieses Furchungsstadium ist nach den vielen in der Lite- ratur vorhandenen Angaben überhaupt ganz charakteristisch nicht nur 1) Warneck, Ueber die Bildung und Entwicklung des Embryos bei Gastropoden, in: Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou, T. 23, 1850. 2) Bosssconus, Omépionarsuoe passurie Lymnaeus stagnalis, in: 3an. mm. Axanemiu HAVK®B, III, XXXVI, 1879. 3) For, Etudes sur le développement des Mollusques. III. Sur le développement des Gastéropodes pulmonés, in: Arch. Zool. expér., Vol. 8, 1879—1880. 4) Rast, Die Ontogenie der Süsswasserpulmonaten, in: Jen. Zeitschr., Bd. 8, Naturwiss., Bd. 9, 1875. — Ueber die Entwicklung der Teller- schnecke, in: Morph. Jahrb., Bd. 5, 1879. DRE Die Furchung und Keimbliitterbildung der Stylommatophoren. 701 fir die Pulmonaten, sondern wohl fiir alle Gastropoden. Bei den ver- schiedensten Arten dieser vielgestaltigen Formengruppe tritt es im Verlauf des Furchungsprocesses auf !), In seiner Entwicklungsgeschichte von Planorbis schildert RABL es auch für Doto, Tergipes und Aeolis, SALENSKY ?) für Calyptraea und Trochus, Bosrerzky*) für Fusus. Ferner weist es BLOCHMANN {) für Aplysia nach und in seiner ausgezeichneten Entwicklungsgeschichte der Neritina fluviatilis auch für diese Form ®). Bei Patella fand das betreffende Stadium Parren®), bei Bithynia Sarasin’) und bei Vermetus SALENSKY. ForL®) endlich beschreibt es auch bei den Heteropoden und Pteropoden ?). 1) Dass nicht überall der Entwicklungsgang ganz derselbe ist, dass bei der einen Form die Theilung der vier ersten Furchungselemente gleichzeitig erfolgt, bei der andern successive, dass ferner bei der einen Form Grössendifferenzen zwischen den einzelnen Elementen einer Ge- neration auftreten, während bei andern dies nicht nachweisbar ist, ändert nichts an der auffallenden Uebereinstimmung in dem betreffenden Entwicklungsstadium. Es spielen hier übrigens auch rein individuelle Variationen mit, wovon ich mich an den zahlreichen Eiern von Succinea, deren Furchung ich Schritt für Schritt verfolgte, überzeugen konnte. Aehnliches beobachteten auch andere Autoren; so bemerkt z. B. Parren (The embryology of Patella, in: Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. 6, 1886): „The first division is meridional and in the majority of cases divides the ova into two unequal parts, although I have often observed this stage when it was impossible to detect any difference in the two products“. 2) SALEnSKY, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobran- chien, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 22; vergl. auch Srecker, Ueber die Furchung und Keimblätterbildung bei Calyptraea, in: Morph. Jahrb. Bd. 2. 3) BoBRETZKY, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastro- poden, in: Arch. Mikrosk. Anat., Bd. 13. 4) Buocumann, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklung der Gastro- poden, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 38. 5) Ders., Ueber die Entwicklung der Neritina fluviatilis, in: Zeit- schr. wiss. Zool., Bd. 36. 6) Parren, The embryology of Patella, in: Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. 6. 7) Sarasin, P., Die Entwicklungsgeschichte der Bithynia tentaculata, Inaug.-Dissert., Wiesbaden 1882. 8) Fon, Etudes sur le développement des Hetéropodes, in: Arch. Zool. expér., T. 5. — Etudes sur le développement des Ptéropodes, ibid. T. 6. 9) Ich will hier kurz bemerken, dass ich vor Jahren auf Lesina an der dalmatinischen Kiiste Gelegenheit hatte, die Furchung eines nicht näher bestimmten marinen Gastropoden theilweise zu beobachten. Die lebhaft orange gefärbten Eier zeigten in ihrer Furchung bis zu dem 702 FERDINAND SCHMIDT, In allen Fallen verläuft dann die Furchung auch in gleicher Weise weiter. Zunächst schnürt sich von einem jeden der vier grossen Furchungselemente wiederum eine neue Zelle ab, worauf dann in wechselnder Weise sowohl die kleinen Zellen des animalen Poles — sie liefern stets ectodermale Elemente — als auch die vier grossen des vegetativen durch fortgesetzte Theilung immer neuen Zellen den Ursprung geben. Kine Verschiedenheit im Verlauf des Processes kommt bei den verschiedenen Formen dadurch zu Stande, dass die urspriinglichen vier grossen Zellen des vegetativen Poles nicht bei allen Arten von gleicher Grösse sind. Ist in ihnen eine grössere Masse von Dotter- material angesammelt, so erfolgt ihre weitere Theilung langsamer als die der kleinen Zellen — ich werde hierauf und auf die für den Process der Keimblätterbildung resultirenden Folgen später noch ein- zugehen haben. Wir finden also in der That einen für die Gastro- poden charakteristischen, allen Formen — soweit unsere augenblickliche Kenntniss reicht — gemeinsamen Furchungs- modus!). Es drängt sich nun die Frage auf, ob nicht „eine jede mehr oder letzten von mir untersuchten Stadium, auf dem der Keim aus 16 Zellen bestand, die vollkommenste Uebereinstimmung mit dem für Suceinea geschilderten Furchungstypus. 1) Wir finden in der Literatur allerdings einige Angaben, die dem widersprechen. So äussert sich v. JuErRING (Tethys, ein Beitrag zur Phylogenie der Gastropoden, in: Morph. Jahrb., Bd. 2, 1876) über die Furchung bei Tethys folgendermaassen: „Die Furchung ist von Anfang an eine ungleichmässige, indem durch dieselbe das Ei zunächst in zwei ungleich grosse Furchungskugeln zerfällt, von denen die grössere dunklere sich sehr viel langsamer weiterhin theilt, die kleinere hellere aber durch fortgesetzte Theilungen bald eine grössere Anzahl kleiner blasser Zellen liefert, welche die grossen Kugeln umwachsen“. Nach Ragı kann diese sehr kurze Schilderung „unmöglich dem wahren Sachverhalt entsprechen“, zumal v. JHERING selbst angiebt, dass die Ontogenese von Tethys „in genau derselben Weise“ verlaufe, wie bei vielen andern Opisthobranchiern, im Besondern den Aeolidiern, für die Rasn doch ganz andere An- gaben macht. Für Acera macht LanGernans (Die Entwicklung der Gastropoda Opisthobranchia, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 23, 1873) ab- weichende Angaben, die aber von RaBz nach eigenen Beobachtungen modificirt und in Einklang mit dem für die Gastropoden giltigen Fur- chungsschema gebracht werden (man vergl. fig. 8—10, tab. 38 in RagL’s Entwicklungsgeschichte von Planorbis). = Ss Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 703 weniger scharf umschriebene Thiergruppe ein gemeinsames für alle Glieder dieser Gruppe giltiges Furchungsschema besitze“, und ob unser bisher erworbenes Wissen uns berechtigt, „aus der grössern oder ge- ringern Uebereinstimmung im Furchungsprocesse auf eine engere oder weitere Verwandtschaft zweier oder mehrerer Thierformen‘“ zu schliessen. Ueberblicken wir die lange Reihe von Untersuchungen, die uns mit. dem Furchungsprocess bei den verschiedensten Thierformen be- kannt gemacht haben, so finden wir allerdings für eine Anzahl von Formengruppen eigenthümliche, bei allen Gliedern des Typus wieder- kehrende, mehr oder weniger scharf ausgeprägte Formen des Processes. Ein Beispiel lieferten uns die hier behandelten Gastropoden. Wenn nun dieser Furchungstypus auf diese eine Formengruppe beschränkt wäre, so könnten wir allerdings schon nach alleiniger Un- tersuchung der Furchung irgend eines Eies, dessen Herkunft uns un- bekannt, das aber den typischen Furchungsprocess durchmacht, das- selbe als Gastropodenei bestimmen. Dem ist aber keineswegs so. Wir sehen ein und denselben Furchungsmodus bei Thierformen der verschiedensten Typen, die ihren Platz weit von einander entfernt im Systeme einneh- men, auftreten. Einige Beispiele mögen dies illustriren: die Furchung vieler Turbellarieneier verläuft in den ersten Stadien in vollkommenster Uebereinstimmung mit dem für die Gastropoden giltigen Schema, und auch die später auftretenden Abweichungen sind nicht grösser als die bei vielen Gastropoden in den spätern Stadien sich geltend machenden. Wie weit verbreitet ist ferner im Thierreich die Form der totalen äqualen Furchung! Wir finden sie bei vielen Spongien und Cölenteraten, bei Nemertinen, bei Sagitia; sie ist der gewöhnliche Furchungstypus bei den Echinodermen und wiederum auch dem Amphioxus eigenthümlich. Ein genauer Vergleich aller bekannt gewordenen Furchungsformen führt zu dem Schluss, dass allerdings einzelne scharf umgrenzte Thier- gruppen einen allen Gliedern gemeinsamen Furchungstypus haben können, ja, dass einzelne Formen des Furchungsprocesses ausschliess- lich nur bei den Gliedern eines Formenkreises vorkommen und daher für diesen charakteristisch sein mögen, dass andrerseits aber typisch ausgeprägte Furchungsformen auch wieder bei Gliedern ganz ver- schiedener Formenkreise, die in keiner nähern verwandtschaftlichen Beziehung zu einander stehen, vorkommen und dass daher die ver- schiedenen Formen der Furchung nur mit grösster Vorsicht, oft gar nicht, zur Feststellung des genetischen Zusammenhanges der ver- schiedenen Formenkreise im Thierreich verwandt werden können. 704 FERDINAND SCHMIDT, Die Bildung der Keimbliitter. Wahrend die im vorigen Abschnitt besprochenen Entwicklungs- vorgänge, die schliesslich zur Bildung der Blastosphära führten, schon am lebenden Object mit vollster Klarheit sich beobachten und durch alle Stadien hindurch verfolgen lassen, ist zum Studium der nun sich abspielenden Vorgänge, der Bildung der Keimblätter, die Untersuchung der gut conservirten Objecte auf ununterbrochenen Schnittserien zur Controle der durch Beobachtung am lebenden gewonnenen Resultate unerlässlich. Die in den folgenden Blättern zu beschreibenden Vorgänge be- ginnen mit der Bildung des Mesoderms. Ich habe der viel um- strittenen Frage, in der noch immer keine Einigung erzielt werden konnte, ganz besondere Aufmerksamkeit zugewandt, habe zahlreiche Schnittserien durch die betreffenden Entwicklungsstadien angefertigt und kann meine Darstellung durch Mittheilung einer Reihe genauer Zeichnungen nach Schnitten, die wohl beweisender sein dürften als die so oft publieirten „optischen Durchschnitte“, stützen. Der Keim stellt auf dem zuletzt beschriebenen Stadium eine Blastosphära dar. Das Gebilde ist ungefähr von Kugelgestalt; die Wandungen, die eine wohlausgebildete Furchungshöhle umschliessen, werden von Zellen gebildet, die hinsichtlich ihrer Structur einander vollständig gleichen. Das Protoplasma der Zellen erscheint bei schwacher Vergrösserung äusserst fein granulirt; die Untersuchung mit Im- mersionssystemen lässt deutlich ein zartes Netzwerk erkennen. Um die Kerne herum ist dieses äusserst dicht, so dass man auf Schnitten schon bei geringer Vergrösserung die Kerne in eine intensiver ge- färbte Protoplasmaregion eingebettet findet (man vergl. die abgebil- deten Schnitte durch die verschiedenen Furchungsstadien). In den Grössenverhältnissen finden wir nach wie vor die erwähnten Unter- schiede: die Zellen des animalen Poles, der noch immer durch die mit ihm verbundenen Richtungskörperchen bezeichnet wird, sind kleiner als die vegetativen — es lässt sich jedoch keineswegs etwa eine Grenz- linie constatiren, die die grössern und kleinern Elemente scheidet, der Uebergang von den grossen Zellen der untern Hälfte zu denen der obern, animalen ist ein ganz allmählicher. Ich hebe dies besonders hervor, weil einige Autoren, wie z. B. Rast, für andere Gastropoden andere Angaben machen. Nach RagL (Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke, in: Morph. Jahrb., Bd. 5, 1879) sind bei Planorbis die Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 705 grössern, das Entoderm repräsentirenden Elemente dunkler gefärbt, ihr Protoplasma körnchenreicher als das der ectodermalen — man vergl. die figg. 12 und 17—19 der Ragr’schen Abhandlung — daher bei Planorbis schon an der Blastosphära die Zellen des später sich einstülpenden Entoderms leicht von denen des Ectoderms zu unter- scheiden sind. Andere Autoren dagegen fanden bei verschiedenen Formen eine Blastosphära, die hinsichtlich des Baues ihrer Elemente durchaus mit den von mir für Succinea geschilderten Verhältnissen übereinstimmt — man vergl. z. B. die fig. 16 in der Abhandlung PATTEN’s, The embryology of Patella (in: Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. 6, 1886), mit der von mir in Fig. 5 wiedergegebenen Blastosphära von Succinea. Während nun in den verschiedenen Theilen der Blastosphära die Zellen ihrer Wandung sich weiter theilen und so das ganze Gebilde allmählich an Grösse zunimmt, dringen am vegetativen Pol zwei grosse Zellen ins Innere der Furchungshöhle ein. Der Vorgang ist am lebenden Object nicht leicht zu beobachten, lässt sich aber am conservirten und in Schnitte zerlegten mit vollster Klar- heit verfolgen. In Fig. 7 und 8 sind zwei auf einander folgende Schnitte einer Serie durch das betreffende Stadium dargestellt ; eine jede der beiden Zellen M! und M? ist auf beiden Schnitten getroffen. In Fig. 10 gebe ich einen Schnitt durch einen andern Keim desselben Eihäufchens und in Fig. 9 endlich einen solchen durch einen dritten Keim vom selben Alter — die Schnittebene steht im letzten Falle rechtwinklig zu der der vorhergehenden Abbildungen und entspricht nicht genau der Medianebene, daher hier nur die eine Zelle M1 getroffen erscheint. Durch Vergleichung dieser Abbildungen erhält man eine bessere Vorstellung von dem ganzen Process, als eine detaillirte Beschreibung zu geben vermag. Die beiden Zellen werden gleichsam von ihren zum Theil in Theilung begriffenen Nachbarzellen ins Innere der Furchungs- höhle hineingedrängt. Eine leichte, am lebenden Object äusserst schwer erkennbare Einsenkung am vegetativen Pol bezeichnet die Stelle, an der die Einwanderung der beiden Zellen stattfindet. Sind die beiden Zellen vollständig ins Innere der Furchungshöhle gelangt, so schliessen die grossen Elemente am vegetativen Pol wieder die so entstandene Lücke in der Wandung. In Fig. 11 sehen wir die ,, Urmesodermzellen“ — denn so können wir nun die Zellen M! und M? bezeichnen — im Innern der Furchungshöhle neben einander liegen. Ich bezeichne von nun an Zool. Jahrb. VH, Abth. f. Morph. 46 706 FERDINAND SCHMIDT, einen Schnitt wie den vorliegenden als Querschnitt, einen Schnitt, der zu diesem rechtwinklig steht und etwa dem in Fig. 9 abgebildeten entspricht, als Langsschnitt. Ein solcher Schnitt, genau in der Medianebene geführt, trennt die beiden Urmeso- dermzellen und theilt das jetzt noch bilateral-sym- metrische embryonale Gebilde in zwei symmetrische Halften, deren jede eine Urmesodermzelle enthält. Ich habe hier noch die Frage nach der Abstammung der beiden Urmesodermzellen zu discutiren, zu untersuchen, ob sie nicht vielleicht durch Theilung einer einzigen Zelle, die dann als die eigentliche ur- spriingliche Urmesodermzelle zu bezeichnen wire, entstanden sind. So macht unter den Autoren, die gleich mir zwei Urmesodermzellen fanden, BLOCHMANN in seiner schönen Entwicklungsgeschichte von Neritina fluviatilis (in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 36, 1882) die be- stimmte Angabe, dass das Mesoderm in seiner ersten Anlage als eine einzige grosse Zelle erscheint, die sich dann in zwei, rechts und links von der Medianebene des bilateral-symmetrischen Embryos gelegene Urmesodermzellen theilt, aus denen im Verlauf der weitern Entwick- lung das mesodermale Gewebe hervorgeht. Ebenso lässt auch RABL!) bei Planorbis die beiden rechts und links von der Medianebene ge- legenen „Urzellen des Mesoderms“ durch Theilung einer einzigen grossen Zelle entstehen. Ich habe mich nun vergeblich bemüht, die beiden Urmesoderm- zellen bei Succinea auf eine einzige Mutterzelle zurückzuführen. Wie ich schon ausführte, haben alle Elemente der Blastosphära denselben histologischen Bau, keine einzige Zelle ist in irgend einer Weise aus- gezeichnet. Die Urmesodermzellen sind als solche erst zu erkennen, wenn sie schon beginnen in die Furchungshöhle hineinzurücken. Ob daher auch bei Succinea die beiden fraglichen Elemente durch Thei- lung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgehen oder nicht, muss ich unentschieden lassen. Während der Einwanderung der Urmesodermzellen in die Fur- chungshöhle haben sich die übrigen Zellen der Blastosphära fort- während vermehrt; das ganze Gebilde ist also stetig zellenreicher ge- worden, was auch beim Vergleich der Figg. 7 und 11 sogleich auffällt. Mit diesem Wachsthum geht eine allmähliche, anfänglich kaum nach- 1) Ragz, Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke, in: Morph. Jahrb., Bd. 5, 1879. — Ueber den „pediele of invagination“ und das Ende der Furchung von Planorbis, ibid. Bd. 6, 1880. — Theorie des Mesoderms, ibid. Bd. 15, 1889. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 707 weisbare Gestaltveränderung des ganzen Gebildes Hand in Hand. Während bisher die Blastosphära einen kugelförmigen Körper dar- stellte, tritt jetzt eine Abplattung und zwar im Sinne einer Verkür- zung der verticalen, also vom animalen zum vegetativen Pol ziehenden Axe ein, während gleichzeitig die Längsaxe merklich wächst und deutlich die Queraxe an Länge übertrifft. Die nächsten dem Beobachter auffallenden Vorgänge spielen sich im Innern der Furchungshöhle ab. Eine jede der beiden Ur- mesodermzellen theilt sich in zwei gleiche Elemente, und zwar fällt die Längsaxe der Kernspindeln in die Richtung der Längsaxe der Blastosphära. Ein Schnitt, in der Medianebene geführt, theilt daher auf diesem Stadium die Blastosphära in zwei symmetrische Hälf- ten, deren jede zwei Mesodermzellen enthält. Aus diesen vier Zellen geht im Verlauf der weitern Ent- wicklung die ganze Masse der mesodermalen Elemente hervor. Die Theilung der vier Zellen und die weitere Vermehrung der so entstandenen Elemente geht offenbar sehr schnell vor sich, denn in nur wenig ältern Blastosphären fand ich bereits eine grössere Anzahl Mesodermzellen, unter denen stets einige in Theilung begriffen waren; es gelang mir jedoch nicht mehr, eine Gesetzmässigkeit in der weiter fortschreitenden Vermehrung nachzuweisen. Solange nur wenige Mesodermzellen vorhanden sind, haben sie noch den alten embryonalen Charakter; es sind rundliche Zellen mit grossem, bläschenförmigem Kern. Nach fortgesetzter Theilung aber wandeln sie sich allmählich in die charakteristischen, meist spindelförmigen oder mit mehreren protoplasmatischen Fortsätzen versehenen mesodermalen Elemente um !). 1) Für verschiedene Gastropoden sind „Mesodermstreifen“ beschrieben worden — ich habe den Ausdruck hier vermieden, da von zwei wirklichen „Streifen“, also zwei reihenweise angeordneten meso- dermalen Zellencomplexen bei Succinea doch nicht die Rede sein kann. Wie erwähnt, theilt auf dem zuletzt beschriebenen Stadium ein Schnitt, in der Medianebene geführt, die Blastosphära der Succinea in zwei sym- metrische Hälften, deren jede zwei hinter einander liegende Mesoderm- zellen enthält; die kleine Höhlung der Blastosphära ist durch diese wenigen grossen, mesodermalen Elemente fast vollständig ausgefüllt. Während nun die Höhlung langsam anwächst, zerfallen die Mesoderm- zellen in zahlreiche, sich im Innern der Blastosphära vertheilende Ele- mente, ohne eigentliche „Streifen“ zu bilden. Will man auch bei Suc- 46* 708 FERDINAND SCHMIDT, Wahrend in dieser Weise aus den beiden Urmesodermzellen all- mählich das embryonale Mesoderm hervorgeht, spielen sich an der Blastosphära noch andere wichtige Vorgänge ab, die zur Sonderung der Elemente ihrer Wandung in ein Ectoderm und Entoderm führen. Wie ich schon erwähnte, ist allmählich eine Gestaltveränderung der Blastosphära eingetreten, eine Abplattung derselben im Sinne einer Verkürzung der verticalen Axe, während zugleich die Längsaxe merklich wächst und die Queraxe an Länge übertrifft. Diese Ab- plattung schreitet allmählich so weit fort, bis wir am Keim deutlich eine untere plane, ovale Fläche und eine gewölbte obere, in deren Mitte, den höchsten Punkt bezeichnend, noch immer die Richtungs- körperchen lagern, unterscheiden können. Bald darauf beginnt nun die Masse der grossen, die plane un- tere Fläche bildenden Elemente als geschlossene Zellenschicht sich in die Furchungshöhle einzustülpen — es entsteht aus der Blasto- sphära durch Embolie eine Gastrula, und wir können nach Beendigung des Processes nunmehr ein Ectoderm und das aus grössern Zellen bestehende Entoderm unterscheiden. Entsprechend der ovalen Gestalt der sich einstül- penden Zellenscheibe ist auch der Blastoporus nicht kreisförmig, cinea die für andere Formen, wie Planorbis, beschriebenen „Mesoderm- streifen“ (man vergl. v. ERLANGER, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Gastropoden. I. Theil. Zur Entwicklung von Bithynia tentaculata, in: Mitth. Zool. St. Neapel, Bd. 10, 1892. — Conkuın, Note on the em- bryology of Crepidula ete., in: Johns Hopk. Univ. Cire., vol. 10, No. 88, 1891, und in Zool. Anzeiger, 15. Jahrg., 1892. — BrocHmAnn, Ueber die Entwicklung der Neritina fluviatilis, in: Zeitschr. für wiss. Zool., Bd. 36, 1882. — Heymons, Zur Entwicklungsgeschichte von Umbrella medi- terranea Lam., in: Zeitschr. für wiss. Zool., Bd. 56, 1893. — Ferner Knıpowitsch, Zur Entwicklungsgesch. von Clione limacina, in: Biol. Centralbl., Bd. 11, 1891) wiederfinden, so wären sie in dem frühen, oben beschriebenen Stadium zu suchen und zwar jederseits durch zwei grosse Mesodermzellen, eine hintere und eine vordere, repräsentirt. Ich will hier noch hinzufügen, dass ich bei ältern Gastrulae, deren Inneres schon zahlreiche mesodermale Elemente enthielt, dem hintern Körperpol entsprechend mehrmals in jeder Körperseite einige grössere Mesodermzellen von embryonalem Charakter — zuweilen mit Kernspindeln — fand, während in der vordern Körperhälfte die zerstreuten Meso- dermelemente schon die charakteristische spindelförmige oder multipolare Gestalt angenommen hatten. Die Furchung und Keimblitterbildung der Stylommatophoren. 709 sondern länglich-oval. In Fig. 12, 13 sind Querschnitte durch ver- schiedene Stadien des Gastrulationsprocesses wiedergegeben. Auf die weitern Entwicklungsvorgänge gehe ich hier nicht ein, nur noch eines Umstandes will ich erwähnen. Während bisher alle Elemente des Keimes den gleichen histologischen Bau zeigten, ändert sich dies in der Folge. Die grossen Entodermzellen nehmen in Folge energischer Eiweissaufnahme enorm an Umfang zu; ihr Proto- plasma wird schwammig und umschliesst kleinere und grössere, stark lichtbrechende Tropfen, die oft zu einheitlichen Massen zusammenfliessen. Es scheint der Keim bei oberflächlicher Betrachtung aus einer cen- tralen compacten Masse und einer dieselbe umgebenden einschichtigen Hülle von zarten, durchsichtigen Zellen zu bestehen. Hiermit schliesse ich die Mittheilung meiner Beobachtungen. Die weitere Umwandlung der Gastrula, das Schicksal des Blastoporus, das Verhältniss des „Urdarms‘“‘ zum spätern Verdauungstractus sollen im zweiten Abschnitt meiner „Studien“, der die Entwicklung des Darm- canals und seiner Annexe zum Gegenstande hat, eingehend behandelt werden. Hier sei es mir nur noch gestattet, die Resultate meiner Untersuchungen über die Keimblätterbildung bei Succinea mit den Beobachtungen anderer Autoren zu vergleichen. Gehen wir von der Frage aus, ob die embolische Gastrula, deren Bildung bei Succinea ich beschrieb, auch bei verwandten For- men, im engern Sinne zunächst den Pulmonaten, sich finde oder nicht, so treffen wir in der Literatur sehr widersprechende Angaben. Mehrere ältere Autoren — es würde zu weit führen, wollte ich auf alle einzeln eingehen — machen theils nur unvollständige und unsichere Be- merkungen, theils Angaben, die mit dem von mir für Succinea Mit- getheilten keineswegs übereinstimmen und von BALFOUR in seinem bekannten Handbuch der Embryologie dahin zusammengefasst werden, dass bei den Heliciden eine „Gastrula durch Epi- bolie“ entstehe. Es stützt sich diese Angabe in erster Linie wohl auf verschiedene Mittheilungen v. JHERING’s!), Ray LANKESTER’s ?) und die Untersuchungen GEGENBAUR’s*) über die Entwicklungsge- 1) v. Juerine, Entwicklungsgeschichte von Helix, in: Jen. Zeitschr. Naturwiss., Bd. 9, 1875. 2) Ray Lanxester, Remarks on the shell-gland etc., in: Quart. Journ. Microsc. Sc. 1876. — On the development of the Pond Snail, ibid. 1874. 3) GEGENBAUR, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Land- gastropoden, in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 3, 1851. 710 FERDINAND SCHMIDT, schichte der Landgastropoden. v. JHERING lässt bei Helix die Ecto- dermzellen das Entoderm umwachsen, und Ray LANKESTER theilt mit, dass Limnaeus das Stadium der Blastosphära fehle, und ist nicht im Stande, die bei dieser Form zweifellos vorkommende Gastrula in ihrer Entwicklung zu verfolgen. „I am obliged‘, äussert er sich, „to leave for further inquiry the interesting question as to whether the in- vaginate gastrula of Limnaeus forms by emboly or epiboly or has an intermediate character.“ GEGENBAUR untersuchte die Entwicklung von Limax und Clau- sia. Er spricht von der „Maulbeerform“, die der Keim von Limax am Ende der Furchung annehme: „die Vermehrung der Furchungs- kugeln, oder vielmehr der aus ihnen entstandenen Zellen geht nicht durch den ganzen Dotter gleichmässig von Statten, sondern zeigt sich rascher an der Peripherie als im Centrum desselben, daher man in einem gewissen Stadium an ersterer eine mässige Schicht kleiner, dicht- gedrängter, dunklerer Zellen vorfindet, während im Innern deutlich ein rundlicher Haufen, etwa aus zehnfach grössern Zellen, die das Licht stark brechen, sich darstellt.“ Bei Clausilia hat nach GEGEN- BAUR der Embryo nach vollendeter Furchung ‚eine vollkommen runde Gestalt und bildet die oberste Zellenlage zu einem Flimmerepithel aus, vermöge dessen er jetzt zu rotiren beginnt. Die innerste Zellgruppe vergrössert sich sehr rasch durch energisches Wachsthum ihrer Ele- mente, welche jetzt als grosse, helle, das Licht stark brechende Zellen durch die kleinzellige peripherische Schicht sich erkennen lassen, wie Fig. 9 es darstellt. Hiermit ist die erste histologische Differenzirung des Embryo in zwei Theile, einen innern und einen äussern, den erstern überall umschliessenden gesetzt . . .“ Diesen Angaben nun steht eine Reihe von Beobachtungen ent- gegen, die für die Süsswasserpulmonaten wenigstens das Vorkommen einer embolischen Gastrula zweifellos fest- gestellt haben, so die Untersuchungen von For !), RABL ?) und WOLFSON *). In vollkommener Uebereinstimmung mit den Angaben dieser Autoren stehen dann die Resultate meiner an einem bisher un- 1) For, Sur le développement des Gastéropodes pulmonés, in: Arch. Zool. exper., T. 8, 1880. 2) Ragr, Die Ontogenie der Süsswasserpulmonaten, in: Jen. Zeitschr. für Naturwiss., Bd.9, 1875. — Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke, in: Morph. Jahrb., Bd. 5, 1879. 3) Boxsecous, IOpionamnoe passurie Limnaeus stagnalis. 3an. umn, Axan. HAYK'E. LITE XXXVI, 1879. Jr pt nn ES nn Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 1 berücksichtigt gebliebenen Landpulmonaten, an Succinea, ge- machten Beobachtungen, und auch für Limax und Clausilia kann ich auf Grund eigener genauer Untersuchungen im Ge- gensatz zu GEGENBAUR das Vorkommen einer embolischen Gastrula, diein ihrer Bildung in keiner Hinsicht von der der Succinea abweicht, constatiren. Ich habe eine grosse Zahl verschiedener Entwicklungsstadien von Limax und Clausilia so- wohl lebend als auch auf Schnittserien genau untersucht und konnte die Bildung der Gastrula durch Embolie durch alle Stadien hindurch verfolgen !). 1) Da ich die Furchung und Keimblätterbildung bei Hekx nicht selbst untersucht habe, vermag ich die Angaben v. JuErIng’s hinsicht- lich dieser Form nicht direct zu widerlegen; ich glaube jedoch auf dieselben kein Gewicht legen zu dürfen, da die ganze Art der Dar- stellung des genannten Autors berechtigte Zweifel an der Zuverlässig- keit seiner Beobachtungen weckt. v. JHERING meint (Ueber die Ent- wicklungsgeschichte von Helix, in: Jen. Zeitschr. Naturwiss., Bd. 9) über die Furchung sich kurz fassen zu können, da sie „nichts besonders Bemerkenswerthes“ darbiete, so dass schon die „Fig. 1—6 genügen würden“. Nach v. Juerıne theilt sich das Ei von Helix zunächst in zwei, dann in vier gleiche Furchungselemente, und „nun wird die Fur- chung eine ungleichmässige, indem eine der vier Kugeln sich rascher als die andern theilt . . .“ Die so entstehenden kleinern Zellen sollen schliesslich die grossen „umwachsen“ und bilden dann „eine geschlossene zarte Hülle um jene“. „Durch die bedeutende Vergrösserung des cen- tralen Zellenhaufens werden nur die äussern Zellen resp. die Membran, welche sie bilden, ausserordentlich verdünnt, so dass man in diesem Stadium nur sehr schwer und nach Osmiumbehandlung das dünne ge- schlossene Ectoderm erkennen und es als einen feinen Ueberzug, an dem man nur selten die Grenzen der einzelnen Zellen unterscheidet, über die dunklen, sehr scharf contourirten Entodermzellen nachweisen kann. Auch im weitern Verlaufe der Entwicklung bleibt das Ectoderm noch lange Zeit eine äusserst dünne, feine Membran.“ Zur Illustration dieses Verhältnisses theilt v. JHERING einige Zeichnungen mit, die nach seiner Ansicht allein schon „genügen würden“. Ich muss diese Ab- bildungen im Gegentheil als durchaus ungenügend bezeichnen. Die Zeichnung eines Furchungsstadiums, auf dem wie in fig. 5 nur einige Entodermzellen und die Richtungskörperchen abgebildet sind, während — wie der Autor selbst bemerkt — das gesammte Ectoderm, welches auf dem abgebildeten Stadium das Entoderm schon umwachsen haben soll, überhaupt nicht dargestellt ist, dürfte schwerlich von irgend jemandem als „genügend“ anerkannt werden. In der fig. 4 v. JHERINg’s würde ferner ein jeder unbefangene, mit der Furchung der Gastropoden Vertraute wohl nur die, allerdings misslungene, Abbildung eines Keimes 112 FERDINAND SCHMIDT, Wie ich schon kurz ausführte, wachsen die Entodermzellen bald nach erfolgter Invagination in Folge reichlicher Aufnahme von Eiweiss enorm an, während zugleich der Blastoporus relativ enger wird und am lebenden Object schwerer zu erkennen ist, zumal die stark licht- brechenden mächtigen Entodermzellen die Erkenntniss der Verhält- nisse bedeutend erschweren. Solche Stadien sind es, die GEGENBAUR beschrieb. Nach diesen Ausführungen dürfen wir das Vorkom- men einer embolischen Gastrula für die Pulmonaten, die Stylommatophoren sowohl als auch die Basommato- phoren, als typisch hinstellen. Wenden wir uns nun von den Pulmonaten in vergleichender Be- trachtung zu den übrigen Gastropoden, so kann ich mich kurz fassen, da diese Verhältnisse schon mehrfach erörtert wurden — ich verweise u. A. auf die Ausführungen von Rast, BOBRETZKY und BLOCHMANN. Wie schon erwähnt, ist die Masse des in der Eizelle angesammelten Dottermaterials bei den verschiedenen Formen eine sehr verschiedene. Ist sie eine geringe, so kommt es zur Bildung einer bläschenförmigen Blastosphära, die durch Embolie der grössern entodermalen Zellen zur Gastrula wird. Wir sahen in dieser Weise den Process bei den Pul- monaten sich abspielen und finden ganz dieselbe Form der Gastru- lation bei Paludina wieder. Ist die Masse des Dotters im Ei sehr bedeutend, so ist die Grössendifferenz zwischen den vier kleinen und den vier grössern Furchungselementen des oft erwähnten charakte- ristischen achtzelligen Stadiums eine sehr beträchtliche, und es kommt, da die weitere Furchung der dotterreichen grossen Zellen bedeutend langsamer sich vollzieht als die der kleinen dotterarmen oder dotter- freien Elemente, zu einer allmählichen Umwachsung der grossen Zellen durch die ectodermalen, also zur Bildung einer epibolischen Ga- strula, wie wir sie am besten ausgeprägt bei Nassa finden. Wir kennen endlich eine Reihe von Uebergängen zwischen den beiden extremen Formen der Gastrulation. So ist nach BLOCHMANN der Modus der Gastrulabildung bei Neritina „eine interessante Zwischen- form zwischen dem embolischen und dem epibolischen Typus, er ist gewissermaassen eine Combination beider‘. Es bleibt mir nun schliesslich noch die Aufgabe, die Resultate im typischen Stadium, das aus vier grossen und vier kleinen am ani- malen Pol gelegenen Zellen besteht, erkennen — v. JuErInG aber be- schreibt dieses Stadium für Helix nicht. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 713 meiner Untersuchungen hinsichtlich der Bildung des dritten Keim- blattes, des Mesoderms, mit den Beobachtungen anderer Auto- ren auf diesem Gebiete zu vergleichen. Die Frage nach der Bildungs- weise des Mesoderms, der Abstammung desselben vom Ectoderm oder Entoderm oder von beiden primären Keimblattern zugleich, ferner die Frage der Homologie des mittlern Keimblattes bei den verschie- denen Thiertypen ist bekanntlich in neuerer Zeit eine brennende ge- worden. Eine Reihe von Forschern widmet ihr specielle, eingehende Untersuchungen, deren Resultate einander zum Theil in schroffstem Gegensatze gegenüberstehen — neben dem Bestreben, die Homologie des mittlern Keimblattes für alle Formenkreise zu begründen, finden wir die klar ausgesprochene Negation eines solchen überhaupt. Es kann nun nicht meine Aufgabe sein, hier in dieser kurzen Abhandlung, deren Zweck es lediglich ist, neues, sicher begründetes Beobachtungsmaterial zu liefern, auf all dies einzugehen, und ich will daher nur eine kurze Uebersicht geben über das, was bisher über die Bildung des Mesoderms der Gastropoden festgestellt worden ist. Gehen wir zunächst wieder von den uns in erster Linie interes- sirenden Pulmonaten aus, so finden wir in den wenigen, bestimmte und beweisende Angaben liefernden und darum allein in Betracht kommenden Untersuchungen ganz übereinstimmende Mittheilungen : Ragz weist für Planorbis die Entstehung des Mesoderms aus zwei Urmesodermzellen nach, und Fou fand sie gleichfalls bei den Süsswasserpulmonaten; für Suceinea, also einen Landpulmonaten, führte ich den gleichen Nachweis in vorliegender Abhandlung'). Unter den übrigen Gastropoden sind dann die Urmesodermzellen von BLOCHMANN bei Neritina und von PATTEN bei Patella gefunden worden. Diesen 1) Wie ich schon im ersten Capitel dieser Abhandlung erwähnte, habe ich die Furchung und Keimblätterbildung bei Limax und Clau- silia nicht in gleicher Vollständigkeit wie bei Succinea verfolgen können, jedoch in allen untersuchten Stadien eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen den genannten drei Formen gefunden. Die beiden Urmeso- dermzellen habe ich bei Limax und Clausilia nicht gesehen, wohl aber junge Blastosphären, in deren Furchungshöhle schon mehrere Mesoderm- zellen lagen. Ich glaube mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen zu dürfen, dass auch bei Limax und Clausilia das Mesoderm wie bei Succinea von zwei Mutterzellen abstammt, dass mir nur die betreffenden Entwicklungsstadien nicht vorgelegen haben — mein Material war hin- sichtlich der genannten beiden Formen nicht genügend reichhaltig. 714 FERDINAND SCHMIDT, Angaben steht nun eine ganze Reihe anderer, meist widersprechender und zum Theil unsicherer Mittheilungen gegeniiber. Ein Theil der Autoren findet in der That einige wenige Zellen, die dem Mesoderm den Ursprung geben, während andern dieser Nachweis nicht gelingen wollte. Während ferner die einen die ersten Mesodermelemente mit grösserer oder geringerer Bestimmtheit vom Ectoderm herleiten, lassen die andern sie vom Entoderm abstammen. Gegen einen Theil dieser Arbeiten liesse sich immer noch der Einwand erheben, dass die Autoren die allererste Anlage des Mesoderms, die vielleicht doch in zwei Ur- mesodermzellen zu suchen ist, nicht gesehen, da sie zu weit vorge- schrittene Stadien untersuchten, bei einer der neuesten Untersuchungen aber, der Entwicklungsgeschichte von Paludina v. ERLANGER’S !) muss ein solcher Einwand angesichts der Ausführlichkeit und Bestimmtheit, mit der der Autor die Frage behandelt, wegfallen. Nach v. Er- LANGER geht das Mesoderm bei Paludina aus einer Aus- stülpung des Urdarms hervor! Der Urdarm sondert sich in zwei Schläuche, „welche beide an ihrem Hinterende zusammenhängen und durch den Blastoporus ausmünden. Der ventral gelegene kürzere Schlauch ist die Anlage des Mesoderms und sein Lumen das Cölom; der dorsale längere Schlauch die Anlage des Darms“. Bald „schnürt sich der Cölomsack ganz vom Darm ab und liegt bei seitlicher An- sicht ventralwärts von demselben“. Im Verlauf der weitern Entwick- lung „löst sich das Mesoderm ganz in die bekannten Spindelzellen auf, welche die Leibeshöhle vollkommen regellos durchsetzen. Sie hängen unter einander durch feine Fortsätze zusammen, kleiden einerseits die Innenseite des Ectoderms und andererseits die äussere Darmwand aus und lassen unter einander zahlreiche Lückenräume in der Leibeshöhle frei“. Es haben also die bisherigen Untersuchungen ergeben, dass das Mesoderm der Gastropoden mindestens auf zweierlei Weise entsteht, aus zwei (oder mehreren) Urmesoderm- zellen oder durch Ausstülpung vom Urdarm her. In letzterm Falle ist es sicher entodermalen Ursprungs, und es dürfte das vielleicht auch für alle Gastropoden gelten, bei denen Ur- mesodermzellen nachgewiesen wurden. Bei den Pulmonaten sahen wir eine Blastosphära entstehen, deren Wandung aus zweierlei Elementen bestand, den kleinern Ectodermzellen, die etwa die obere, dem ani- 1) v. Ertaneer, Zur Entwicklung von Paludina vivipara, I. Theil, in: Morph. Jahrb., Bd. 17, 1891. Die Furchung und Keimblätterbildung der Stylommatophoren. 715 malen Pol zugewandte Hälfte des sphärischen Gebildes einnehmen, und den grössern Zellen der vegetativen untern Hälfte. Aus der Masse dieser grössern Elemente treten schon frühzeitig zwei Zellen als Ur- mesodermzellen in die Furchungshöhle, während die übrigen als ge- schlossene Zellschicht sich in diese einstülpen. Wir können die Summe der grossen Elemente der untern Blastosphärahälfte als primäres Entoderm, aus dem sowohl das Mesoderm als auch das secundäre, zum „Urdarm“ sich einstülpende Entoderm hervorgeht, dem Ectoderm gegenüberstellen. In Ueber- einstimmung mit den Befunden bei den Pulmonaten weist BLOCHMANN für Neritina gleichfalls den entodermalen Ursprung der Urmesoderm- zellen nach und ebenso PATTEN für Patella. In den übrigen Fällen wird allerdings der ectodermale Ursprung des Mesoderms angegeben, aber — wie v. ERLANGER sehr richtig bemerkt — in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ,nur vermuthungsweise oder ohne genügende Be- weise‘ 1), Eine Uebereinstimmung in der Bildung des Meso- derms der Gastropoden scheint also wenigstens darin constatirt oder doch sehr wahrscheinlich gemacht zu sein, dass es seinen Ursprung aus dem primären Ento- derm nimmt, sei es nun schon sehr frühzeitig in Ge- 1) Nur Sarasın (Die Entwicklungsgeschichte der Bithynia tenta- culata, Inaug.-Dissert. Wiesbaden 1882) und Sazensxky (Etudes sur le développement du Vermet, in: Arch. Biol., T. 6, 1885) treten mit voller Bestimmtheit für den ectodermalen Ursprung des Mesoderms ein. SARASIN will überhaupt kein selbständiges Mesoderm gefunden haben; die meso- dermalen Elemente entstehen nach ihm „überall“ — „alle Organe bilden sich entweder direct oder indirect aus vom Ectoderm zu diesem Behufe eingewandertem Material, mit Ausnahme eines einzigen Organs: der Leber“. Diese auffallenden Angaben bedürfen jedenfalls noch der Be- stätigung, zumal der Autor selbst erwähnt, dass auf einem gewissen Entwicklungsstadium an der Uebergangsstelle des Ectoderms in das Entoderm einige von der äussern Lage abgeschnürte Zellen liegen, welche die ersten Mesodermzellen sein mögen. SALENSKY lässt bei Vermetus das mittlere Keimblatt, das anfänglich aus wenigen Zellen besteht, durch Delamination aus dem Ectoderm ent- stehen. Er unterscheidet übrigens zwei verschiedene Anlagen des Meso- derms, eine paarige bilateral-symmetrische und ein pericardiales Meso- derm, das dem ectodermalen Epithel der Schalendrüse seinen Ursprung verdankt! — auch diese Angabe ist sehr eigenthümlich und findet nirgends in der Literatur ein Analogon. 716 FERDINAND SCHMIDT, 4 stalt zweier oder einiger weniger Urmesodermzellen oder erst bedeutend später in Form einer Ausstülpung aus dem Urdarm. Seit der Zeit, da die vorliegende Abhandlung niedergeschrieben wurde — der Druck derselben wurde durch verschiedene Umstände verzögert — sind einige Arbeiten erschienen, deren ich hier nach- traglich in Kürze Erwähnung thun will, da sie das hier von mir be- handelte Thema gleichfalls berühren. Wie schon bemerkt, haben v. ERLANGER seine Untersuchungen über die Entwicklung von Paludina hinsichtlich der Entstehung des Mesoderms zu Resultaten geführt, die äusserst auffallend sind und in schärfstem Gegensatz stehen zu allen übrigen in derselben Frage ge- machten Beobachtungen. In dem „Lehrbuch der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte der wirbellosen Thiere‘‘ von KORSCHELT u. HEIDER findet das Befremdende dieser Thatsache (Sp. Theil, Heft 3, p. 1004, 1893) folgenden Ausdruck: „Nach dem, was bis jetzt über die Meso- dermbildung bekannt ist, können wir mit den von v. ERLANGER an Paludina gewonnenen Resultaten nicht übereinstimmen und müssen die- selben so lange skeptisch betrachten, bis sie besser gestützt oder durch erneute Untersuchungen (womöglich auch an andern Formen) wirklich bestätigt werden.“ Eine Bestätigung wäre in der That sehr wünschens- werth — eine solche aber bringt auch die neuere Publication v. Er- LANGERS über die Entwicklungsgeschichte der Bithynia tentaculata, in: Mitth. Zool. Stat. Neapel, Bd. 10, 1892), also einer der Paludina doch nahe stehenden Form, keineswegs! Es werden im Gegentheil bei dieser Form wieder die typischen ‚„Urmesodermzellen“ nachgewiesen, und derselbe Nachweis gelingt auch Conxurm für Crepidula (in: Zool. Anz., Jahrg. 15, 1892) und HryMmons in seiner ausführlichen Arbeit für Umbrella (in: Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 56, 1893). So hat also auch in den neuesten, sorgfältigen Untersuchungen die Anschauung v. ERLANGER’S keine Stütze gefunden; sie muss daher allen übrigen Mittheilungen über die Genese des Mesoderms der Gastropoden ganz unvermittelt gegenübergestellt werden, und eine erneute Untersuchung der in Frage kommenden Entwicklungsstadien bei Paludina bleibt wünschenswerth. Die Furchung und Keimblitterbildung der Stylommatophoren. 742 “ Tafelerklirung. Tafel 42: Die Figuren sind sämmtlich bei einer Vergrösserung von 36°/, ge- zeichnet und in ihren Contouren mit Hilfe der Camera lucida entworfen worden. Eine Beschreibung der einzelnen Figuren, die sämmtlich Schnitte durch verschiedene Stadien der Furchung und Keimblätterbildung dar- stellen, ist im Text der vorliegenden Abhandlung enthalten. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) inJena. — 1273 2 Zoologische Jahrbücher Bd. 7 Abth.f Morphol. ip \ ae ie VE BER CS a) md) iH VO ig2. ft ia spor Verlag von GustavFischer in Jena | Tih Anse E A Funke Leipzig = Ge. ifs a a N 4 i Eu Lifh Ansty BA Funke Leipzig Verlagvon Gustav Fischer m Jona. AXE gez Zoologische Jahrbücher Ba. 7 Abth.f Morphot. Verlauvon Gustav Fischer in Jena Zith Anst vE À Funke, Lepetg 4 4 u Zoologische Jahrbücher Bd. 7 Ab. F Morphol. Le ko ds Taf. 2 cn sta cher iy Je eriay* L 1 lt eo * A So NN NS Nr Sst PP ae En ET Zoolog. Jahrbücher. Bd. 7. Abth. f. Morphol. Vergr. 117. 5, Vergr. 150. 2. Vergr. 74. ; Vergr. 74. 3. Vergr. 28. uw von Gustay F Scher. Tenn: A Köhler phot Verla 1 Reprod J. B. AA 8. Vergr. 28. Obernetter, München. mm] ee ae ne ee er en torrent r E si Le i 4 Mi ET SSN OV gh ghey I i { AN WEIN ‘ ert Ae D ae . À © Zoolog. Jahrbiicher. Bd. 7. Abth. f. Morphol. Taf. 6. 11. Vergr. 74. 9. Vergr. 74. 13. Vergr. 200. 12; Vergr. 46. 14 Vergr. 117. 17. Vergr. 200. B Obernetter, München. Reprod. J A. Kö , | Bret Rae Verlag von Gustav Fischer, Jena. 9g. Jahrbücher. Bd.Z Abth. Morph. pr.vent. ant. “ -prdorsant | . ~- let ve SE ot * : : £ - ‘ 3 : 7 : : > PTE LP PE ee i he ; > 2: | : gt. - ee | . de "> v* l ñ Ca ent Bd.7 Abth.£ Morph. Eis ¢ Pr: ; 2 - » . A: | “ > x : . : ee + BE h ‘ D = | SJ |: 5 Pr. > = =) « Bu ’ : | ae | Fe NC = i ee) | 2 . 1 | | | | _ # ll — - [ = m * r uy : > Ne: + a SE ; Fe : à Ce # er, Oy 4 ores + Ing. Jahrbücher Bd.7. Abth.£ Morph. > = = à ox VV cav pul apul nN AO DON NOY LW pl D NS Loolog. Jahrbücher Bd. 7 Abth, f Morph. R.S. Bergh del y Gustav Fischer in J © CF > J ela oee/e IO CX Sr JS os‘ a @ » nf ) woop )0) Py I Al loa] x 4 L 4 | LS An : LA. —_ | us ns = = Zooloy. Jahrbücher Bd. 3 Auth.f Morph. * | Taf M. . — <= ang vn Gust it cher in Tena = - en — ” Zoolog. Jahrbücher. Bd. 7. Abth. f. Morph. Taf. 15 Klinckowström phot. Reprod. J. B. Obernetter, München. zustay Fi Verlag von G Fischer, Jena Na tek: BR we Lovley Jahrbücher Bd tAbth.f Morph. x 7 oe ® Ca ; LE. % \ à 12 we ; “+ LA u É .y ‘+ = = MIN Lith Anstv.KWesser,Jena L LS Verlag von Gustav Fischer in Jena. elpzig inkhardt, Le t. Julius KI 1. ANSI = = ges = 4, 1} + APT S (pe ARS LR I GES ere 8 ay d se F LT | L ‘ O.Maas gez Lith Anst Julius Kimkhardt Leipzig Zo 2 2 2 Jahrbiicher Bd.) Abth. f Morph, PR TEE TEE EE OS ome Tere ceed SS ne Q oo ¢ +9 nm 2° 2a 02.06 oe are oma 9 0000 9° ER FU Po 9 Ts ive OLA ss a ° | mag : eo 7 scherin J Lith. Anst. Julius Klinkhardt Leipag. Ve ———— tw ur A a 5 =. oT 14 : À ’ | oolog Jahrbücher Ba. AVR. Morph, 2 Py La | Se N. N À Ian, à x ‘ Vai =) Ss = == ——— | L Verlag vor Gustäfischer in Jena Lith Anst.Julius Klinkhardt, Leipzig. 0.Maas gez. Zoolog. Jahrbücher Bd. 7 Abth. f. Syst. 1 We yh. 1 Lichtdruck v- © Westphal, Stockholm Zoolog. Jahrbücher Bd. 7 Abth. f. 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