| Alex. Agassiz. Fibrary of the Museum COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Poundev by private subscription, in 1861. Deposited by ALEX. AGASSIZ. No. 20 560 | EIERN Be - ° ZOOLOGISCHE { ia, Ne — Pe IRRE NK ee Er Ku: N 1. ei) Na N: =. £ alve.L ww > Sy) PR \ I ÜUNTERSUCHUNGEN DU FN ei U, Ss Pa IN N IST = Dr. RUDOLF LEUCKART. ERSTES HEFT: SIPHONOPHOREN. Pe ) Solche isolirte Schwimmstücke von Abyla sind es auch, die Otto (Nov. Act. Leopold. T. XI, P. 2. p. 306) als Pyramis letragona beschreibt und abbildet. #) Bei Diphyes habe ich keine Aglaismaform beobachtet. Die Bildung der Saugröhrenhöhle scheint hier der Art zu sein, dafs beim Verlust des Schwimmstückes und Abreifsen des Stammes — Meyen fand (a. a. 0. $. 215) nicht selten den Körperstamm von Diphyes isolirt im Wasser schwimmen — gewöhnlich noch ein grölserer Theil des letzteren zurückbleibt. Dafs hier aber im Fall 95 Nachdem ich über unser Aglaisma solche Aufschlüsse gewonnen hatte, wurde mir auch, ich gestehe es. die selbstständige Natur der übrigen monogastrischen Diphyiden, der Eudoxien, im höchsten Grade verdächtig. Ich erinnerte mich an die Beobachtung von Sars (a. a. 0. S. 44), nach welcher der Stamm einer Diphyes bei der Berührung einst in viele kleine Stückchen zertrümmerte, von denen ein jedes aus einer Knorpelschuppe mit einer Saugröhre und dem dazu gehörenden Fangapparate, so wie aus einem Ge- schlechtsbläschen bestand; ich erinnerte mich daran, dals schon Sars auf Grund dieser Beobachtung den Vorschlag gemacht hatte, die Ersaeen (und Eudoxien) Eschscholtz’s aus dem Systeme zu streichen, weil sie wohl schwerlich etwas Anderes seien, als solche isolirt lebende Stücke, deren Knorpelschuppe von Eschscholtz als Saugröhren- stück gedeutet sei. Es lag hiernach sehr nahe, die beiden von mir in Nizza beobachte- ten Eudoxien mit den beiden dort lebenden Diphyiden, die Eudoxia campanula mit Diphyes acuminala, die E. cuboides mit Abyla pentagona in Zusammenhang zu bringen, zumal ich schon längst auf die Uebereinstimmung zwischen den Nesselknöpfen dieser Formen aufmerksam geworden war. Allein auf der andern Seite mufste ich doch auch die grofsen (schon von Busch a. a. 0. S. 45 hervorgehobenen) Verschiedenheiten der Eudoxien von den Gliedern des Körperstammes bei den genannten Diphyiden anerkennen. Nicht blols, dafs die Eudoxien in vieler Beziehung (Magensack, Saugröhrenstück, Geschlechts- anhang) eine sehr viel ansehnlichere Gröfse erreichten, als die einzelnen Anhänge der Diphyiden (die grölsten Schuppen von D. acuminata z. B. maafsen nur etwas über 4), nicht blofs dafs das Saugröhrenstück der Eud. campanula in seiner Gestalt sehr beträcht- lich von den Schuppen der D. acuminata abwich — auch der Umstand mulste hierbei stark ins Gewicht fallen, dafs ich mit den frühern Beobachtern bei Abyla Anfangs gar keine Deckstücke auffinden konnte. Allerdings war mir ein kleines Bläschen nicht entgangen, das an der Wurzel der reifern Magensäcke neben der. Geschlechtsknospe anhing und all- mählig eine dreilappige Form annahm, aber das Schicksal dieses Gebildes blieb mir lange Zeit hindurch unbekannt. Es schien mir fast zu gewagt, diesen Anhang als Ru- diment eines Deckstückes zu deuten, da sonst diese Anhänge doch schon bei viel weni- ger entwickelten Magensäcken ihre volle Ausbildung erreichten. Dazu kam noch die Bildung des Flüssigkeitsbehälters, der in den Deckstücken von Diphyes vollständig fehlte, wenn man nicht etwa die zwei kleinen lappenförmigen Anhangshöhlen des Stielkanales für die erste Andeutung desselben hätte halten wollen. Als ich nun endlich auch an dem Körper- stamme meiner Eudoxien vergebens nach einer Andeutung eines frühern Zusammenhanges mit andern Anhängen suchte, da wurde es mir zur Gewilsheit, dafs diese Thiere keine etwa zufällig aus dem Verbande eines Diphyidenstammes abgetrennte Bruchstücke seien. einer gänzlichen Abtrennung dieselben Vorgänge, wie bei Abyla stattfinden können, beweist die von Busch beschriebene (a. a. 0. S. 45) Muggiaea pyramidalis, die ich nur als die Aglaismaform von Diphyes Kochii Will betrachten kann. 56 Mitten in diesen Widerstreit von Thatsachen fiel nun aber eine Entdeckung, die plötzlich über die Natur der Eudoxien alle Zweifel löste. Ich beobachtete zum ersten Male (später natürlich noch -oftmals) die ausgebildeten Deckstücke von Abyla — und das so charakteristisch gebildete Saugröhrenstück von Eudoxia cuboides lag vor meinen Augen. Durch fortgesetzte Beobachtungen wurde es zur Gewilsheit : Die Arten des Gen. Eudoxia (Ersaea, Enneagonum u. s. w.), kurz alle wahren monogastri- schen Diphyiden, sind — nicht zufällig entstandene Bruchstücke, sondern — Ab- kömmlinge der poligastrischen Diphyiden, die auf einer gewissen Bil- dungsstufe ganz normal aus dem Verbande mit den übrigen Anhängen sich. loslösen und (mehr oder minder in ihrer Form verändert) ein selbststän- diges Leben führen. f Doch die genauere Darstellung des Diphyidenbaues mag hier selbst sprechen. Abyla pentagona, Das Saugröhrenstück dieser Form (Tab. II. Fig. 1) ist schon oben als Saugröhren- stück von Aglaisma so vollständig beschrieben, dafs ich einfach darauf zu verweisen habe. Das Schwimmstück erreicht in manchen Fällen (Ibid. Fig. 5) die Länge eines Zolles und eine sehr ansehnliche Breite. Wir haben dasselbe bei Aglaisma als eine vierseitige Pyramide bezeichnet, hier aber, im ausgebildeten Zustande, läfst es deutlich fünf Flächen und fünf Kanten unterscheiden. Die fünfte Kante ist durch die Entwicklung jener leistenförmigen Längserhebung entstanden, die im Rudiment schon bei Aglaisma vorkommt und einen zum Durchtritt des Körperstammes bestimmten Längskanal bildet. Das obere Ende des Schwimmstücks ist schräg abgestutzt *) und zeigt eine Form, die der Hinterfläche des Saugröhrenstückes entspricht, der es anliegt, und früher von uns mit der Giebelfläche eines Hauses verglichen wurde. Die Uebereinstimmung wird nur dadurch etwas verdeckt, dafs sich in der Nähe des untern Randes von dieser End- fläche ein slielförmiger Fortsatz erhebt, der die Verbindung zwischen Schwimmstück und Saugröhrenstück herstellt und zwischen den beiden hintern Zähnen am Rande der Saug- röhrenglocke in diese hineinragt. Die fünf Längsfirsten des Schwimmstückes (man vergl. die Abbildung Tab. IN. Fig. 6, die in der Vogelperspective entworfen ist) entsprechen den fünf Ecken dieser abgestutzten Endfläche und liegen in der Verlängerung der fünf Seitenfirsten des Saugröhrenslückes. Sie sind von einer sehr ansehnlichen Höhe und springen nach unten in einen scharfen Zahnfortsatz vor. Ihre Zähnelung läfst sich zum ") Bei der krystallhellen Beschaffenheit des Schwimmstückes kann man leicht die Existenz einer solchen Bildung übersehen. So ist es z.B. Otto ergangen, dessen Pyramis tetragona — die, wie schon erwähnt wurde, nichts Anderes ist, als das isolirte Schwimmstück unserer Abyla — keine Spur dieser Abflachung zeigt. 57 Theil schon mit unbewaffnetem Auge ganz deutlich erkennen. Die Flächen, die von diesen Firsten begrenzt werden, erscheinen natürlich gleichfalls als Verlängerungen der Seitenflächen am Saugröhrenstücke:; sind aber nicht eben, wie diese, sondern mehr oder minder tiefe Hohlkehlen, je nach der Entwicklung und Höhe der anliegenden Firsten. Die niedrigste von allen diesen Firsten ist die Scheitelfirste, in welche die Dachfirste des Saugröhrenstückes sich fortsetzt. Die accessorische Längsfirste, die den Durchtrittskanal des Körperstammes bildet, entspricht der linken Basalkante des Saugröhrenstückes. Sie trägt auf ihrer nach Innen zu gerichteten Abdachung einen lippenförmigen Vorsprung (Ibid. Fig. 6 f), der an einen ähnlichen aber viel kleinern Vorsprung der anliegenden Längsfirste sich einlenkt und hierdurch denn zur Bildung des erwähnten Kanales Veranlassung giebt 1). Natürlich ist dieser Kanal, den man gewissermafsen als Fortsetzung der Saugröhrenhöhle betrachten darf, nicht völlig geschlossen : er ist nur ein Halbkanal mit übergreifenden Rändern. Sein unteres Ende reicht nicht völlig bis zur Basis der Pyramide; die Lippe, die ihn bildet, verschmälert sich allmählig, nachdem sie etwa in der Mitte des Schwimmstücks ihre gröfseste Höhe erreicht hat sınd verschwindet schliefslich völlig (Tab. II. Fig. 1). Der Zahnfortsatz, in den die betref- fende Firste ausläuft, ist nur wenig beträchtlicher, als der Zahnfortsatz der Scheitelfirste. Bei der Betrachtung in der Seitenlage bemerkt man gewöhnlich überhaupt nur zwei Zahnfortsätze, diese aber von sehr ansehnlicher Länge. Sie entsprechen den Firsten a und d auf unserer Zeichnung. Der Zahn, den die Firste b bildet, ist freilich gleichfalls von beträchtlicher Länge, springt aber nur wenig nach unten vor, so dals er sich in der hervorgehobenen Lage nur wenig markirt. Die Schwimmhöhle ist (Tab. IH. Fig. 1) von ansehnlicher Weite, mit Schwimmsack, Diaphragma und Gefäfsen, wie gewöhnlich. Die vier Längsgefäfse entsprechen in Grup- pirung und Verlauf den vier Hauptlängsfirsten. Die Firste, die den Längskanal bildet, ist ohne Gefäfs. Der Körperstamm unserer Abyla (Ibid.), der im Grunde der Saugröhrenhöhle fest- sitzt, hat eben keine besondere Länge und tritt auch im ausgestreckten Zustande nur wenig über die Basis des Schwimmstückes hervor. Ich zählte selten mehr als 16—20 ausgebildete Magenanhänge, an die sich freilich nach oben noch eine Anzahl unentwickel- ter, zum Theil (im obersten Ende) noch bläschenförmiger Magensäcke anschliefst. Ziemlich constant findet sich unterhalb der Insertionsstelle des Schwimmstückes (das natürlich auch hier durch den Stielkanal mit dem Körperstamm und seinem Höhlensystem zusammen- hängt) auch ein kleines, meist bläschenförmiges Rudiment einer accessorischen Schwimm- glocke, wie wir es oben für Aglaisma (Tab. II. Fig. 3) beschrieben haben. In dem !) Quoy, und Gaimard bezeichnen diesen Vorsprung sonderbarer Weise als „drüsig«. Er ist in Nichts von der Substanz der übrigen Schwimmglocken verschieden. Leuckart, zool. Untersuch. I. fo) 58 obersten Ende des Körperstammes bis zu den ersten Rudimenten der Magensäcke sehe ich deutliche Cilien. Ueber die Bildung und Entwicklung der Magensäcke und des Fangapparates würde ich nur wiederholen müssen, was ich schon oben 8. 13—14) über diese Anhänge im Allgemeinen bemerkt habe. Ich habe keinerlei Besonderheiten dabei wahrgenommen. Die Nesselknöpfe sind von einer ziemlich ansehnlichen Gröfse, etwa 1‘ lang, mitunter auch länger (bis 4), wenn sie, wie es bisweilen der Fall ist, weniger gekrümmt sind. Die gröfsern Angelorgane, die in der Längsachse liegen, messen ;!-“ und haben eine ziemlich schlanke, stabartige Form. Die kleinern mehr bauchigen Angelorgane, die in mehrfachen Reihen senkrecht auf der Achse des Nesselknopfes aufsitzen, erreichen eine Gröfse von „45“. Die Angelorgane des Endfadens, die eine rundliche Form haben, —= 545145“. Das Angelband ist schon früher beschrieben. Neben den ersten Magensäcken mit reifen Nesselknöpfen, die etwa auf der Grenze des obern Dritttheils am Körperstamme unserer Abyla anhängen, bemerkt man ziemlich comstant (Tab. III. Fig. 2) zwei kleine Bläschen von etwa 31; ““, die nach unten zu immer - gröfser werden und dabei in auffallender Weise sich allmählig verändern. Das eine dieser Bläschen durchläuft dieselben Phasen der Entwicklung, die wir bei einer frühern Ge- legenheit als characteristisch für die Geschlechtsanhänge der Siphonophoren kennen gelernt haben. Die innere Höhle des Bläschens verwandelt sich (5/5; “‘) in vier Längsgefälse und einen diverlikelförmigen Centralraum; die erstern vereinigen sich (71;‘) an ihrem untern Ende durch die Bildung eines Ringgefälses; die Wand des Bläschens trennt sich von dem Kerne und öffnet sich (75 °“) in Mitten des Ringgefälses. Das Bläschen wird auf solche Weise zu einem glockenförmigen Anhange mit Mantel und Kern, der klöpfelartig vom Grunde des Mantels herabhängt und, wie wir wissen, zur Production der Geschlechtsstoffe bestimmt ist. Während die Eianlagen oder Saamenzellen sich hier allmählig entwickeln, nimmt der Mantel unter beständiger Grölsenzunahme die Form einer vierseiligen Pyramide an. Das zweite Anhangsbläschen ist nun aber gleichfalls inzwischen in eigenthümlicher Weise verändert. Je mehr der spätere Typus des Geschlechtsbläschens hervortritt, desto deutlicher wird es, dals wir es in dem zweiten Bläschen mit einem sonderbar geformten Deckstücke zu ihun haben. Die ersten Veränderungen desselben bestehen darin, dafs es eine fast kleeblattartige dreilappige Gestalt annimmt, mit einem Mittellappen und zweien Seitenlappen, die man schon deutlich unterscheidet, wenn der Anhang etwa Z{;“ milst (Ibid.). Die innere Höhle durchläuft dieselben Metamorphosen und bildet für jeden Lappen eine besondere Nebenhöhle. Diese kleeblattartige Form bleibt eine Zeitlang, bis der Anhang etwa auf ZI; ““ herange- wachsen ist. Die einzige Veränderung, die inzwischen mit ihm vorgeht, besteht darin, dafs die Innenfläche des Blattes sich mit der Spitze nach abwärts an den Körperstamm annähert 59 und die beiden Seitenlappen sich nach Innen einander zubiegen, als wollten sie den Stamm umfassen. Von da an wachsen die Seitenlappen sehr beträchtlich ; der Einschnitt, der sie von dem Mittellappen trennt, wird durch Wucherung der Substanz allmählig ausgeglichen, und so bildet sich nun unter beständiger Gröfsenzunahme (4) ein sattelarlig auf dem Stamme aufliegendes Deckstück aus, dessen Spitze mit einer schnabelförmigen Verlängerung versehen ist und weit nach hinten herabragt, während die Seitenflügel den Stamm und die Wurzel der anliegenden Anhänge allmählig überwölben (Ibid.). Die drei Nebenhöhlen haben sich in entsprechender Weise an diesen Veränderungen betheiligt. Die Mittelhöhle hat sich in einen langen und dünnen Kanal ausgezogen, der dem Stamme parallel herab- läuft, die Seitenhöhlen sind zwei weite und geräumige Säcke geworden, deren Längs- durchmesser fast unter rechtem Winkel auf der Mittelhöhle aufsitz. Zwischen beiden Seitenhöhlen entwickelt sich jetzt auch noch eine kleine zipfelförmige Aussackung, die nach Oben gerichtet ist und in der Verlängerung des untern Centralkanales liegt. Auf dem eben beschriebenen Stadium bildet das Deckstück, wie ich gesagt habe, eine sattelförmige Umhüllung: die beiden Seitenflügel sind noch isolirt, so dafs die Ge- schlechtskapsel, die jetzt etwa #““ mifst, als glockenförmiger Anhang zwischen ihnen nach Aufsen hervorragt. Aber bald beginnt eine Verwachsung dieser beiden Seitenflügel und mit ihr tritt das Deckstück in eine neue Phase der Entwicklung. Die ersten Spuren der Verwachsung zeigen sich an den oberen Enden der Flügel, die sich schon früher in der Mittellinie vor dem Körperstamm einander genähert haben und endlich auf einander stolsen. Von da schreitet die Verwachsung rasch nach unten und innen vorwärts, so dals sich die frühere Schuppe sehr bald in einen soliden Körper verwandelt, der in seiner Achse von dem Stamme unserer Abyla durchseizt wird. In der untern Hälfte beschränkt sich diese Verschmelzung auf die äufsern Ränder des Deckstückes. Im Innern bleibt hier eine kuppelförmig gewölbte Höhle, deren Grund von der Fortsetzung des Stammes durchbrochen wird und aufser dem Magenanhange mit seinem Fangapparate auch noch den Stiel der Geschlechtsglocke einschliefst. An der Insertionsstelle der letztern, die jetzt etwa 4“ mifst und bereits deutlich als eine viereckige Pyramide mit contractilem Schwimmsacke erscheint, hat sich zu dieser Zeit schon die Anlage einer zweiten Geschlechtskapsel ge- bildet, die freilich einstweilen noch (bei einer Gröfse von ;4;‘“) eine einfache bläschen- förmige Gestalt hat. Bei dem Beginne des eben geschilderten Vorganges war die Aufsenfläche des Deck- stückes noch ziemlich gleichmälsig gewölbt. Aber allmäklig treten an derselben vier Längsfirsten auf, die in regelmälsigen Abständen herablaufen, durch ebene Flächen gegen einander sich abgrenzen und allmählig den ganzen Körper in einen Würfel verwandeln, dessen hintere Fläche sich nach Unten in einen schirmarligen Anhang (den ursprünglichen Mittellappen) fortseizt. Mit Erstaunen erkennt man nun in dem Deckstücke und den umschlossenen Anhängen eine junge Eudoxia ceuboides. Die Schuppe 60 ist das sog. Saugröhrenstück dieses Thieres, die Geschlechtskapsel, deren Bewegungen schon lange begonnen haben, die sog. Schwimmglocke (vergl. Tab. II. Fig. 1 und Fig. 8). Die Identität mit Eudoxia euboides ist bei der charakteristischen Bildung der hier in Betracht kommenden Theile ganz aufser Zweifel. Nicht blos die Weichgebilde, Magensack und Nesselknöpfe, nicht bles die Schwimmglocke“ oder Geschlechtskapsel, auch das Deck- stück mit seinem Inhalte ?) ist in beiden Fällen gleich gebauet. Der einzige Unterschied, der aufser der Gröfse (die gröfste Länge bis zur Spitze beträgt 4‘) und dem Flimmer- kleide unseres Deckstückes hier vorkommt, besteht in der Bildung der obern Würfelhälfte und der Aufreihung an dem gemeinschaftlichen Körperstamm unserer Abyla. Die obere Körperhälfte ist offenbar in ihrer Ausbildung noch zurück. Der Würfel ist verhältnifsmäfsig noch niedrig, die Fläche, die ihn nach Oben begrenzt, in der Mitte, wo der Körperstamm eintritt, trichterförmig eingesenkt. Der obere Gefälsanhang ist noch kurz und zipfelförmig. Aber auch bei Eudoxia cuboides bietet die obere Körperhälfte, wie ich mich bald überzeugen mufste, in ihrer Entwicklung manche Verschiedenheiten. Je kleiner der Würfel, desto niedriger ist er, desto kürzer erscheint auch der Gefäls- anhang im Innern. Ich habe frei schwimmende Eudoxien gesehen (von 1° mit Schirm), bei denen der Unterschied in der Entwicklung dieser Theile mit denen der ausgebildeten Anhänge von Abyla fast Null war. Was nun aber die Aufreihung dieser Eudoxien betrifft, so kann man sich leicht über- zeugen, dafs dieselbe nur eine temporäre ist. Der Durchmesser der Deckstücke ist allmählig so ansehnlich geworden, dafs diese kaum mehr in den Kanal des Schwimm- stückes hineintreten können. Eine plötzliche Zusammenziehung des Stammes — und das letzte (gröfseste) Deckstück mit seinem Inhalte reifst ab, um als Eudoxia frei umher- zuschwimmen und ein selbstständiges Leben zu führen. Gar oftmals habe ich den Pro- cels dieser Abtrennung unter der Loupe beobachtet. Daher mag es denn auch kommen, dafs man keineswegs bei allen Exemplaren unserer Abyla solche Eudoxien antrifft, dafs der Körperstamm dieses. Thieres verhältnifsmäfsig überhaupt nur so kurz, die Zahl seiner Magensäcke mit Zubehör so gering ist. Zahlreiche Exemplare von Abyla waren mir durch die Hände gegangen, bevor die erste Eudoxienform an ihnen zur Beobachtung kam. Andern Zoologen scheint es noch weniger glücklich gegangen zu sein. Man würde sonst wohl schon längst die Deckstücke unserer Abyla gekannt haben, nicht der !) Wenn wir sehen, wie sich das Höhlensystem eines Deckslückes bei den Eudoxien in einen Apparat verwandelt, der sich in Nichts von dem Flüssigkeitsbehälter in dem sog. Saugröhrenstück der polygastrischen Diphyiden unterscheidet, so wird es wohl im höchsten Grade wahrscheinlich, was wir oben (S. 5) behaupteten, dafs der letztere nicht das Endstück des Körperstammes darstelle, sondern wirklich nur eine Nebenhöhle des Stammes sei, wie sie allen Anhängen des Siphonophoren- körpers zukommt. 61 Vermuthung huldigen können, dafs jene beiden Bläschen, deren Metamorphose wir oben beschrieben haben, in männliche und weibliche Geschlechtsanhänge sich verwandelten. Bei der Abtrennung unserer Eudoxien — mit diesem Namen dürfen wir jetzt wohl getrost die isolirten Bruchstücke unserer Abyla bezeichnen — zerreifst der Körperstamm, an dem sie (beständig freilich nur in geringer Anzahl, zu 2—4) aufgereihet sind, elwa in der Mitte zwischen je zweien Anhangsgruppen. Eine Zeitlang trägt die junge Eu- doxia noch den Stumpf dieses Stammes, der aus der obern Fläche des Würfels hervor- ragt, mit sich umher. Solche Formen wurden einige Male aufgefischt. Allerdings mafsen sie nur 2°, so dafs man wohl vermuthen darf, dafs ihr freies Leben noch nicht von langer Zeit her datire. Wenn das obere Ende des Würfels allmählig wächst, dann wird dieser Stumpf auch allmählig verloren gehen. Bei der oben erwähnten Eudoxia von 1“ Länge, bei welcher die obere Körperfläche immer noch etwas tellerförmig ver- tieft war, fand ich äufserlich kein Zeichen mehr, das auf eine frühere Aufreihung hin- wies. Aber in der Achse des Würfels konnte man deutlich noch einen längern Kanal unterscheiden, dessen oberes blindes Ende bis an die tellerförmige Grube der Scheitel- fläche reichte, während das untere sich unmittelbar in den Magenanhang fortsetzte. An ältern Exemplaren!) fehlt diese Verlängerung nach oben. Sie wird durch Ver- kleinerung allmählig schwinden. Das einzige Ueberbleibsel des früheren Stammes ist der Centraltheil des gesammten Höhlensystemes, der (Tab. III. Fig. 10) jene kurze Röhre bildet, die wir oben, bei unserer Darstellung des Eudoxienbaues, mit dem Namen des Körperstammes bezeichnet haben. Diphyes acuminata. Bei dem Gen. Diphyes ist die obere Locomotive bekanntlich keineswegs so rudimen- tär, wie bei Abyla. Sie stellt einen schlanken und pyramidenförmigen Anhang dar, welcher fast in der Verlängerung des unteren Schwimmstückes gelegen ist und einen Schwimmsack enthält, der in der Regel (so auch im vorliegenden Falle) an Gröfse und Kraftleistung den untern bedeutend übertrifft. Der feste Körper dieser Thiere setzt eine keilföürmige Masse zusammen, deren Form und Bewegungskraft eine Schnelligkeit der Locomotion zuläfst, wie sie sonst bei den Siphonophoren ganz unerhört ist. Mit der Geschwindigkeit eines Pfeiles schiefsen diese Thiere nach den verschiedensten Richtungen durch das Wasser. Die feste Körpermasse unserer vorliegenden Art (Tab. III. Fig. 11) milst 8S—9°, wovon etwa 5—6 auf das obere sog. Saugröhrenstück kommen. Die Form dieses ') Jüngere Eudoxien bis zu 1—14 “ werden im Ganzen übrigens nur selten angetroffen, sei es nun, weil sie vielleicht in gröfserer Tiefe leben, oder sich nur durch Kleinheit und Durchsichtig- keit der Beobachtung entziehen. 62 Saugröhrenstückes ist im Allgemeinen (Ibid. Fig. 12a und — im Querdurchschnitt — Fig. 13a) die Form einer vierseiligen Pyramide mit zwei breitern Seitenllächen (die in der untern Hälfte, wo sie die grölste Breite erreichen, etwa 2“‘ malsen) und zwei schmäleren zwischenliegenden Flächen, einer vordern und einer hintern 1). Die Firsten, welche diese Flächen begrenzen und in der Spitze der Pyramide zusammenlaufen, sind etwas leistenförmig erhaben und fein gezähnelt. Die Krümmung der hintern Fläche bildet eine nach unten allmählig aufsteigende Kurve, die kurz vor ihrem Ende ihre höchste Höhe erreicht, während das bei der Vorderfläche bereits in dem obern Dritttheile der Fall ist. Es gilt dieses aber nur von dem Zustande der Ruhe und Ausdehnung. Wenn der Schwimmsack, der der vordern Fläche anliegt, sich zusammengezogen hat, so er- scheint diese Vorderfläche fast eben oder selbst etwas concav, so dals dann das Saug- röhrenstück in der Seitenlage einige Aehnlichkeit mit der bekannten Form einer phrygi- schen Mütze hat. Auf den Seitenflächen bemerkt man bei näherer Untersuchung noch eine schwächere Längsfirste, die, der Rückenfirste entsprechend, in schwacher Krümmung bis zur Basis herabläuft und die Seitenfläche in zwei neben einander liegende Felder theilt. Das vordere dieser Felder reicht bis zum untern Ende des Schwimmsackes und ist hier quer abgestumpft. während das hintere sich mitsammt der Hinterfläche noch etwa 1 weit nach unten forisetzt, um durch Hülfe einer besondern Vorderwand einen würfelförmigen Aufsatz zu bilden, der im Innern (Fig. 12a) die zur Befestigung des Körperstammes bestimmte Höhle einschliefs. Das untere Ende dieses Aufsatzes ist schräg von hinten nach vorn abgestutzt, so dafs die vordern Ecken (in der Seitenlage) einen schlanken und ziemlich langen Zahnfortsatz bilden. Die Höhle, welche dieser Auf- satz einschlielst, hat eine zipfelförmige Gestalt und ragt bis in den Körper des Saug- röhrenstückes hinein ?). Die Schwimmhöhle des Saugröhrenstückes (Fig. 11) nimmt den ganzen von den vordern Feldern der Seitenflächen begrenzten Raum ein, reicht nach oben bis in die Spitze der Pyramide und mündet auf der Basis mit einer weiten kreisrunden Oellnung nach Aufsen. Am Rande dieser Oeflnung befindet sich ein breites Diaphragma. Der Gefäfsapparat des Schwimmsackes besteht (Ibid.), wie gewöhnlich, aus vier Längsstäm- men und einem Ringgefäfse, aber der Verlauf dieser Gefälse ist hier sehr eigenthümlich. Der Centralstamm, aus dem die Längsgefälse hervorkommen, tritt tief unten, nur in ge- ringer Höhe oberhalb des Ringgefäfses (unter der Kuppel der Saugröhrenhöhle) an den ) Das Saugröhrenstück der früher erwähnten zweiten Art war nur 2,‘ lang und hatte im Allgemeinen die Gestalt einer fünfseiligen Pyramide. Die eine unpaare Fläche bildete die vordere Schwimmhöhlenwand. ?) Meyen (a. a. O. S. 209) unterscheidet in dieser Höhle einen vordern und einen hintern Raum, der aber höchstens nur dann existirt, wenn das Schwimmslück mit seinem oberen Ende in dieselbe eingesenkt ist. 63 Schwimmsack. Die Berührungsstelle bezeichnet den Ursprung der Längsgefäfse. Von da laufen zwei Gefälse nach abwärts, zwei andere nach aufwärts. Die erstern öffnen sich nach einem sehr kurzen Verlauf in das Ringgefäfs; die andern steigen immer mehr aus einander weichend bis zur Spitze empor, bilden hier, an den Seitenflächen des Schwimm- sackes, einen ziemlich scharfen Bogen und laufen dann unter den Seitenfirsten der Vor- derfläche, fast parallel dem aufsteigenden Schenkel, gerades Weges herab zum Ring- gefälse. Der Flüssigkeitsbehälter (Tab. II. Fig. 11), der in der hintern Hälfte des Saugröhren- stückes gelegen ist, hat eine langgestreckte eylindrische, fast darmartige Form und eine ziemlich beträchtliche Weite. Nur die Enden desselben sind röhrenartig verengert. Wo das untere Ende in den Körperstamm sich öffnet, finde ich einen eigenthümlichen reusen- arligen Apparat, einen Kranz von festen stäbchenförmigen Zähnen, die mit ihrer Spitze nach unten in den Reproductionskanal hineinragen, indessen nur eine sehr geringe Gröfse besitzen. Das Schwimmstück unserer Diphyes (Tab. II. Fig. 12 b und — im Querdurchschnitt — 13 b) hat die Form einer viereckigen Säule, deren oberes in die Saugröhrenhöhle hineingesenktes Ende sich obeliskenartig zuspitzt und in einen stielförmigen Fortsatz aus- zieht, der den ganzen Apparat an dem gemeinschaftlichen Körperstamme befestigt. Die Basis dieses Körpers ist eben, nur an der vordern Ecke jederseits mit einem ansehn- lichen Zahnfortsatze versehen, der den würfelförmigen Anhang des Saugröhrenstückes zu wiederholen scheint. Die Firsten der Säule springen (Fig. 136) leistenförmig vor (na- mentlich gilt dieses von den vordern Firsten) und sind fein gezähnelt, wie die Firsten des Saugröhrenstückes. Der ganze Anhang ist (Fig. 11) dergestalt mit dem Saugröhren- stücke verbunden, dafs man ihn leicht für eine Verlängerung jenes würfelförmigen Auf- satzes halten könnte, den wir oben an dem Saugröhrenstücke vorgefunden haben. Die hintern Firsten des Schwimmstückes bilden eine Fortsetzung der hintern Firsten des Saugröhrenstückes, während die vordern Firsten in der Verlängerung des Zahnfortsatzes liegen, den wir an dem würfelförmigen Aufsatze des Saugröhrenstückes beschrieben haben. Der Schwimmsack (Ibid.) nimmt die hintere Hälfte des ganzen Anhanges ein. Er wiederholt im Kleinen die Form des Schwimnisackes im Saugröhrenstücke und reicht nach oben bis an das zugespitzte Ende. Seine Oeffnung befindet sich an der Basis des Schwimmstückes und läfst ebenfalls ein deutliches Diaphragma erkennen. Die hintere Wand des Schwimmstückes, an der der Schwimmsack anliegt, wird gewöhnlich von demselben mehr oder minder bäuchig aufgetrieben. Die Gefäfse des Schwimmsackes haben einen ziemlich gleichmäfsigen Verlauf und entspringen am Scheitel des Schwimm- sackes aus einem Centralkanale, der durch den Stiel des Mantels hindurchläuft. 64 Die hintere Hälfte des Schwimmstückes enthält einen ziemlich weiten Längskanal, der eine Fortsetzung der Saugröhrenhöhle darstellt und (Fig. 11) zum Durchtritt des Körperstammes mit seinen übrigen Anhängen bestimmt ist. Er entspricht dem rinnenförmigen Kanale, den wir oben an dem Schwimmstücke von Abyla beschrieben haben, ist aber hier durch feste Verwachsung der begrenzenden Lippen zu einer vollständigen Röhre geworden !). Die obere Oeflnung dieser Röhre, die in die Saugröhrenhöhle hineinführt, liegt an der Vorderfläche des Stieles, die untere, die sich nach Aulsen öffnet, zwischen den oben erwähnten Zahnfortsätzen an der Basis des Schwimmstückes. Der Körperstamm unserer Diphyes (Tab. II. Fig. 11) erreicht eine sehr beträcht- liche Länge. Ich habe Exemplare gefunden, bei denen derselbe im ausgedehnten Zustande mehrere Zoll lang nach Aufsen hervorragte und bis fünfzig ausgebildete Magensäcke trug. In der Regel ist die Zahl derselben freilich viel geringer. Wie bei allen Diphyiden sind die Magensäcke klein, auch die gröfsten kaum länger, als eine Linie. Ihre Bildung ist die gewöhnliche. Man könnte höchstens hervorheben, dafs die sog. Leberwülste — was auch für Abyla gilt — nur wenig entwickelt sind ?). An dem obern Ende des Körperstammes findet man beständig (vergl. unsere Abbildung) einen Haufen unausgebildeter Magensäcke, die zum Theil noch ihre primitive Blasenform besitzen. Jedem Magensacke entspricht ein Fangfaden mit nierenförmigen Nesselknöpfen, die auf ziemlich langen Stielen aufsitzen. ‚Die Zahl der Nesselknöpfe variirt beträchtlich, wie das bei dem beständigen Verluste dieser Apparate nicht anders sein kann. Ich habe Fangfäden gesehen, die zehn und sechszehn ausgewachsene Nesselknöpfe trugen, und andere, die deren nur zwei bis vier besafsen. Die Länge der Nesselknöpfe beträgt etwa 7“. Die Nesselorgane, die in dieselben eingebettet sind, stimmen in ihrer Grup- pirung mit Abyla überein, zeigen aber andere Dimensionen. Die grofsen besitzen bei einer Breite von z45“ eine Länge von Z;“', die kleinen von nur 715. Das Angel- band ist, wie schon früher erwähnt wurde, blafs und schmal und defshalb leicht zu über- sehen. Die Entwicklung der Nesselknöpfe zeigt die gewöhnlichen Verhältnisse, wie man nicht nur bei der Regeneration derselben an der Wurzel des ausgebildeten Fangfadens, sondern auch während der ersten Bildung bei den jungen noch unentwickelten Magen- !) Ueber die Bildung dieses Kanales habe ich keine directe Erfahrungen. Dals derselbe aber auch bei unserer Diphyes Anfangs nur rinnenförmig sei und von zwei Lippen begrenzt werde, die späterhin verwachsen, möchte wohl dadurch zur Gewifsheit werden, dafs bei manchen Diphyesarten (z. B. bei D. truncata Sars) beständig eine solche unvollständige Bildung vorkommt. ?) Meyen beschreibt bei seiner Diphyes (a. a. ©. S. 213) im Innern der Mundöffnung »eine scheinbare Tentakelbildung.« Sonder Zweifel sind es einige im Innern des Rüssels bisweilen vor- springende Wülste, die von M. in diesem Sinne gedeutet wurden. 65 säcken deutlich beobachten kann. Die erste Spur des Fangapparates zeigt sich schon bei Magensäcken von „15. Wenn die Magensäcke etwa bis zu der Gröfse von ;15“ herangewachsen sind, un- terscheidet man (Tab. II. Fig. 11) die ersten Rudimente der spätern Deckstücke. Sie erscheinen als kleine hohle (und flimmernde) Bläschen, die sich rasch abplatten und in eine Anfangs nur schmale und fast lanzettförmige Schuppe verwandeln. Späterhin Fr) krümmt sich die Schuppe nach dem Stamme zu zusammen und entwickelt sich namentlich in ihren Seitenflügeln (Fig. 14 a u.b) so ansehnlich, dals sie die Wurzel der Magensäcke mit den Fangapparaten und den inzwischen hervorgekommenen Geschlechtsanhängen immer mehr überwölbt und im Umkreis dieser Anhänge schliefslich einen glockenförmigen Man- tel von ziemlich ansehnlicher Gröfse (reichlich 3“) darstellt (Fig. 11). Die innere Höhle des Deckstückes hat sich nur bis zu einem gewissen Grade an diesen Verände- rungen betheiligt. Sie wächst nur wenig in die Länge, entwickelt aber späterhin zwei Seitenflügel, die sich freilich gleichfalls nur wenig verändern und in der Basis des Deck- stückes einen ziemlich weiten, bogenförmig nach Innen gekrümmten Hohlraum darstellen (Fig. 14). Die Ausbildung des Deckstückes, wie wir sie oben beschrieben haben, geht übrigens sehr rasch vor sich und ist schon ziemlich beendigt, wenn die ersten reifen Nesselknöpfe an dem Fangfaden der Magensäcke sich unterscheiden lassen. Die Bildung der Geschlechtskapseln geschieht später, als die der Deckstücke, erst dann, wenn diese letztern bereits die Schuppenform angenommen haben. Anfangs erschei- nen dieselben (Fig. 11) gleichfalls als kleine gestielte Bläschen, die einzeln je an der Wurzel eines Magensackes anhängen. Ihre Metamorphose wiederholt die schon mehrfach geschilderten Verhältnisse : das Bläschen verwandelt sich unter fortwährender Gröfsenzu- nahme allmählig in ein glockenförmiges Gebilde, das von einem Gefäfsapparate- durchzo- gen ist und einen kolbenförmigen Kern mit weiter flimmernder Höhle im Innern ein- schliefst. Es ist mir aufgefallen, dafs auf einer gewissen Bildungsstufe, bald nach der Isolation des Mantels, der Kern sehr häufig (weit constanter, als bei Abyla) zapfenförmig nach aufsen aus der Mantelöffnung hervorragt. Später ändert sich dieses Verhältnifs, indem der Mantel immer weiter über den Kern hinauswächst. Die gröfsesten Geschlechtsanhänge, die ich am Stamme unserer Diphyes beobachten konnte, mafsen etwa 4‘. Sie hatten die Gestalt einer vierseiligen Pyramide und waren mit Hülfe eines stielarlig verdünnten Fortsatzes, der den Centralkanal enthielt, am Körper- stamme befestigt. Der Mantel lag noch ziemlich dicht an, zeigte aber dennoch schon deutliche Contractionen. Die Geschlechtsstoffe waren nur unvollständig entwickelt, nament- lich die männlichen, die niemals eine Samenfadenform erkennen lielsen. Die Eier besalsen allerdings schon ihre genuine Bildung (Dotter, Keimbläschen, Keimfleck), waren aber ebenfalls noch von ihrer Reife entfernt. Meistens konnte ich an der Wurzel solcher Kapseln übrigens schon einen zweiten bläschenförmigen Geschlechtsanhang von etwa ;4; wahr- Leuckart, zovl. Untersuch. I. 9 66 nehmen. Dafs die Anhänge der einzelnen Diphyiden beständig desselben Geschlechtes sind, ist schon oben erwähnt worden. Ich habe die Eier oftmals in einer ganzen Reihe auf einander folgender Geschlechtskapseln unterscheiden können. Ich habe ausdrücklich hervorgehoben, dafs die Geschlechtskapseln unserer Diphyes, auch die gröfsesten, beständig in unvollständig entwickeltem Zustande angetroffen wurden. Meine Untersuchungen sind nun aber so zahlreich, dafs ich kaum annehmen kann, es sei hier irgend ein böser Zufall im Spiel gewesen. Ich glaube mich dadurch vielmehr voll- ständig zu der Annahme berechtigt, dafs die Geschlechtskapseln unseres Thieres nicht an ihrer ursprünglichen Bildungsstätte zur Reife kommen. Man könnte nun vielleicht an- nehmen, dafs die Geschlechtskapseln sich vor dem Abschlufs ihrer Entwicklung einfach aus dem Verbande mit den übrigen Anhängen des Diphyidenstammes abtrennten, allein ich kenne keine Beobachtung, die darauf hindeutete. Man mülste in solchen Fällen ausge- bildete Magensäcke finden, die entweder ganz ohne Geschlechtsanhänge wären, oder statt der grölseren Geschlechtskapseln einen jungen Nachwuchs zeigten. Aber die Geschlechts- kapseln fehlen niemals, und bilden beständig an den einzelnen auf einander folgenden Magensäcken eine fortlaufende Entwicklungsreihe. Ein Verhältnifs, wie das vermuthete, findet also nicht statt. Dagegen habe ich oftmals erfahren, wie leicht sich die grölseren Diphyidenstämme am Ende zerstückeln und in Glieder auflösen, die einzeln, gleich den Eudoxien von Abyla aus einem Deckstück mit Magenrohr und Geschlechiskapsel bestehen, auch wirklich gewils von jedem Zoologen, trotz des anhängenden Stammrudimentes, für Eudoxien gehalten werden würden. Diese Bruchstücke schwimmen mit Hülfe ihrer Ge- schlechtsglocke frei und selbstständig im Wasser umher : nach unseren Erfahrungen über die Eudoxienbrut von Abyla ist es gewils nicht allzu gewagt, wenn wir annehmen, dafs sie am lieben bleiben, sich in dieser oder jener Beziehung vielleicht verändern, ihre früheren Geschlechtsanhänge vollständig entwickeln und neue Geschlechtsanhänge hervorbringen. Aber wo ist nun diese Eudoxienform unserer Diphyes? Ich glaube, es kann kaum ein Zweifel darüber obwalten, dafs wir dieselbe schon oben als Eudoxia campanula kennen gelernt haben. Allerdings bieten die Formverhältnisse hier keine so augenfälligen Beweise für die Richtigkeit meiner Annahme, als bei E. cuboides; allerdings ist es mir sogar un- möglich gewesen, durch die Beobachtung von Zwischenformen eine positive Stütze für dieselbe zu gewinnen, aber dennoch braucht die Beweisführung auch hier um Anhalts- punkte nicht verlegen zu sein. Zunächst dürfen wir wohl nach der Analogie von E. cuboides auch für E. campanula einen Ursprung an einem Diphyidenstamme mit Sicherheit voraussetzen. Unsere D. acu- minata ist nun aber die einzige Form, die hier in Betracht kommen kann, denn die zweite Diphyes, von der ich nur ein Mal das Saugröhrenstück beobachtete, ist um Nizza jeden- falls zu selten, um eine so häufige Bildung, wie die Eudoxia campanula, produeiren zu können. Umgekehrter Weise erklärt unsere Annahme auch eben so leicht wie natürlich 67 das Schicksal jener abgetrennten Bruchstücke von D. acuminata, das sonst im höchsten Grade dunkel und räthselhaft sein würde. Gewinnt unsere Vermuthung nun schon auf solche Weise an Wahrscheinlichkeit, so wird sie wohl zur Gewilsheit, wenn wir sehen, dafs die Organisation der betreffenden Geschöpfe -in allen wesentlichen Zügen auf das Vollständigste übereinstimmt. Schon oben haben wir darauf aufmerksam gemacht, wie die Weichgebilde von E. campanula mit den entsprechenden Anhängen von D. acuminata eine auffallende Aehnlichkeit besitzen, wie namentlich auch die Gröfse und Bildung der Nesselknöpfe mit ihren Angelapparaten in beiden Fällen dieselbe ist. Ein Gleiches kann ich jetzt auch noch für die Genitalkapseln angeben. Die Genitalkapseln von D. acuminata lassen sich durch Nichts von den Genital- kapseln der E. campanula, die eine gleiche Bildungssiufe repräsenliren. namentlich eine gleiche Gröfse haben, unterscheiden. Freilich finden sich nun auch Unterschiede zwischen der E. campanula und den Bruch- stücken unserer Diphyes, allein diese Unterschiede beschränken sich nur auf die Bildung des Deckstückes und sind überdies nur solcher Art, dafs sie sich nach unseren Erfahrungen über die Gestaltveränderungen des Deckslückes bei Abyla hinreichend erklären lassen. Um diesen Ausspruch zu motiviren, bedarf es einer noch näheren Betrachtung der Deckstücke bei unserer Diphyes. Ich habe oben bemerkt, dafs die Deckstücke dieses Thieres einen glockenförmigen Mantel von etwa 4°“ oder etwas darüber darstellten. Diese Bezeichnung gilt indessen nur im Allgemeinen. Wenn man das ausgebildete Deck- stück näher untersucht, so wird man daran (Tab. II. Fig. 14c) zweierlei Theile unter- scheiden können, einmal den glockenlörmigen Körper, der die nebenliegenden Anhänge in seine Höhle einschliefst und sodann eine Art Handhabe, die zur Befestigung des Deck- stückes an dem Körperstamme bestimmt ist. Der ganze Apparat wird, wie bemerkt, von einer Schuppe gebildet, deren Seiten- flügel den Körperstamm mit seinen Anhängen umfassen und sich einander entgegenwölben. An dem glockenförmigen Körper stolsen diese Seitenllügel mit ihrem freien Rande an einander; noch mehr, der eine Seitenflügel greift mit seinem Rande gewöhnlich über den andern etwas hinüber. Die Höhle, die auf solche Weise gebildet ist, hat eine kuppel- förmige Wölbung, aber die Wände, die sie umgrenzen, sind von verschiedener Länge. Der Rückentheil der Schuppe, der dem Rande der Seitenflügel gegenüber liegt, milst bei einem Deckstücke von 4‘ reichlich 4“, während die Vorderwand der Kuppel nur etwas über 4“ mifst. Die untere Oeffnung der Glocke ist also schräg von vorn nach hinten abgestutzt oder setzt sich, mit andern Worten, nach hinten in einen Schirm fort. Die Handhabe besitzt in dem erwähnten Falle die Höhe von 4. Sie bildet den obern Theil der Schuppe. und stellt einen nach Oben zu verjüngten trichterförmigen Auf- satz dar, der eng dem Stamme anliegt und eine viel beträchtlichere Solidität hat, als der übrige glockenförmige Theil des Apparates., Zur Aufnahme des Stammes ist die Hand- 9* 68 habe rinnenförmig ausgehöhlt, mit zwei Lippen versehen, die eine Hohlkehle zwischen sich nehmen und sich nach unten in die Seitenflügel der Schuppe fortsetzen. Im Innern dieser Handhabe, die den jüngern Deckstücken fast völlig fehlt und erst allmählig bei den gröfseren als ein besonderer Abschnitt sich gebildet hat, liegt der gefäfsarlige Hohlraum des Deck- stückes, der zu dieser Zeit eine fast kleeblattartige Gestalt besitzt, indem sich zwischen den beiden Seitenhöhlen noch eine dritte mittlere Höhle gebildet hat, die senkrecht nach oben in die Substanz der Handhabe hineinragt (Ibid. Fig. 14c). Vergleicht man nun mit diesen Anhängen die Bildung des sog. Deckstückes bei E. cam- panula (Ibid. Fig. 15 a), so stellt es sich alsbald heraus, dafs hier nicht blos eine unver- kennbare Aehnlichkeit in den allgemeinsten Formverhältnissen obwaltet, sondern dafs es auch möglich ist, die beiden Deckstücke auf einander zurückzuführen. Die glockenförmige Saugröhrenhöhle wird bei E. campanula ebenfalls, wie wir es schon früher bemerkt haben, von ungleich hohen Wänden begrenzt, deren höchste Höhe bei einem Exemplar von etwas mehr als 2‘ etwa 4“ mifst, während die Höhe der gegenüberliegenden Wand etwas mehr als 4“ beträgt. Die übrige Länge kommt auf denjenigen Theil, der oberhalb der Kuppel gelegen ist und bei dem Deckstücke von D. acuminata als Handhabe von uns be- zeichnet wurde. Die Höhe dieses Abschnittes beläuft sich auf mehr als 4“. Die Unterschiede zwischen beiden Deckstücken beschränken sich also vornämlich auf diese sog. Handhabe. Die Handhabe bei D. acuminata muls sehr beträchtlich wach- sen, wenn sie sich wirklich in den entsprechenden Theil von E. campanula verwandeln soll. Nun aber finden wir, wie oben bemerkt wurde, in der Entwicklung dieses Theiles bei E. campanula manche Verschiedenheiten. Bei jüngern und kleinern Exemplaren ist derselbe nicht blols viel schlanker, sondern auch, wie ich jetzt noch hinzufügen will, viel niedriger, als bei ältern und gröfsern. Die Gröfsenverschiedenheiten der Eudoxien be- ruhen fast nur auf einer differenten Höhe dieses obern Aufsatzes.. Wir überzeugen uns also wirklich, dafs die Handhabe des Eudoxienkörpers an Gröfse allmählig während des spätern Lebens zunimmt; es ist immerhin möglich, dafs diese Gröfsenzunahme in der ersten Zeit des Lebens noch viel beträchtlicher gewesen sei. Eine solche Vermuthung liegt um so näher, als sich die Veränderungen der Eudoxienbrut bei Abyla ja gleichfalls vorzugsweise in einer Gröfsenentwicklung des obern Schuppentheiles aussprechen. Wenn wir nun aber annehmen, dafs sich bei den Bruchstücken unserer Diphyes, wie bei denen von Abyla, das obere Ende des Deckstückes vergröfsert, so wird sonder Zweifel daraus eine Bildung hervorgehen, wie wir sie bei E. campanula kennen gelernt haben. Der Längendurchmesser wird beträchtlich wachsen, der Querdurchmesser in glei- chem Verhältnifs zunehmen, zunächst an der Basis und von da allmählig nach oben fort- schreitend. Die Hohlkehle, die ursprünglich zur Aufnahme des Körperstammes bestimmt war, wird sich allmählig ausfüllen, bis auf ein Rudiment vielleicht völlig verschwinden. Ein solches Rudiment finden wir auch wirklich bei E. campanula : es ist die ebene Kör- 69 perfläche, die in Form eines schmalen Bandes von der Spitze herabläuft und zu den übrigen Theilen, namentlich der schirmartigen Verlängerung am Rande der Saugröhren- höhle dieselbe Relation hat, wie die Rinne an der Handhabe der Deckstücke bei D. acuminata. An diesen Veränderungen wird sich auch das Höhlensystem des Deckstückes bethei- liven. Es wird im Längendurchmesser wachsen : der obere zapfenartige Fortsatz wird sich ansehnlich ausziehen und eine Form annehmen, wie sie der sog. Flüssigkeitsbehälter bei E. campanula darbietet. Wenn wir nun ferner noch supponiren, dafs die Ränder der Seitenflügel an dem Deckstücke von D. acuminata (wie es ja auch bei Abyla der Fall ist) in der Mitte, wo sie auf einander stofsen, unter sich verschmelzen, so sind wirklich alle Unterschiede zwi- schen beiderlei Bildungen ausgeglichen. Getrost dürfen wir unter solehen Umständen also wohl behaupten, dafs nicht blofs unsere Diphyes acuminata eine Eudoxienbrut producire, wie Abyla pentagona, sondern auch dafs diese Brut die E. campanula sei. — Was wir hiermit nun für zwei Formen aus der Gruppe der Diphyiden nachgewiesen haben, gilt sonder Zweifel auch noch für viele andere. Die weitere Verfolgung dieser Thatsache müssen wir freilich der Zukunft überlassen. Unsere Kenntnisse über Eudoxien und Diphyiden sind im Augenblick noch so unvollständig, dals wir es nicht einmal wa- gen können, die einzelnen bis jetzt beschriebenen Eudoxien auf ihre Diphyidenformen zurückzuführen. Nur für die E. Eschscholtzi Busch (= Ersaea pyramidalis Will?) dürfte man vielleicht vermuthen, dals sie die isolirt lebende Brut der Diphyes Kochi Will sei. Ob übrigens alle Diphyiden eine Eudoxienbrut produeiren, läfst sich natürlich noch ‘nicht entscheiden. Allerdings hat eine Vermuthung dieser Art einige Wahrscheinlichkeit, aber wir dürfen doch nicht aufser Acht lassen, dafs in ähnlichen Vorgängen bei andern Thieren mancherlei Verschiedenheiten obwalten. Ich erinnere hier nur an die Cestoden, deren Glieder sich ja gleichfalls bald regelmäfsig von einander trennen, um isolirt als sog. Proglottiden fortzuleben, bald aber auch gewils beständig in ihrem primitiven Zu- sammenhange verharren. Eben so wenig lälst es sich gegenwärtig schon entscheiden, ob dieser Vorgang einer normalen Zerstückelung und Isolation ausschlielslich unter den Siphonophoren auf die Gruppe der Diphyiden beschränkt sei. Für die meisten übrigen Formen, für solche na- mentlich, bei denen die Geschlechtskapseln an ihrer Bildungsstätte zur vollständigen Reife kommen, bei denen sich dieselben nach ihrer Reife oder gar schon vorher vielleicht unmit- telbar von dem gemeinschaftlichen Körperstamme ablösen (Agalma, Epibulia u. a.), darf man allerdings wohl kaum ein solches Verhältnils voraussetzen. Dagegen giebt es aber auch andere, für welche ich in der That einen solchen Vorgang vermuthen möchte. Zu 70 diesen gehört namentlich die Apolemis uvaria. Ich habe nur ein einziges vollständiges Exemplar dieses Thieres angetroffen, hier aber vergebens nach ausgebildeten Geschlechts- anhängen gesucht, obgleich dasselbe im ausgestreckten Zustande fast einen Fuls maafs. Nur am letzten Ende des Stammes liefsen sich zwischen den Tastern einige kleine, offen- bar noch im Auswachsen begriffene Geschlechtsträubchen wahrnehmen. Aufser diesem Exemplare habe ich dagegen nicht selten auch die isolirten Bruchstücke von Apolemia gefunden, die meistens nur aus einem einzigen Magensacke mit den ansilzenden Tastern und Deckstücken bestanden und beständig mit deutlichen und ausgebildeten Eitrauben ver- sehen waren. Andere Beobachter haben dieselbe Erfahrung gemacht, so dafs man daraus wohl auf die Häufigkeit einer solchen Zerstückelung zurückschliefsen darf. Wenn ich nun aber sogar vermuthe, dafs dieser Vorgang ganz normal sei, so stülze ich mich da- bei besonders auch noch auf die anatomische Anordnung der Körperanhänge, die, wie schon oben bemerkt wurde, beständig gruppenweise (mit einem Magensacke) an dem Körperstamme befestigt und durch längere anhanglose Abschnitte von einander getrennt sind. Allerdings sind die isolirten Gruppen von A. uvaria — abgesehen von der Ent- wicklung ihrer Geschlechtskapseln — durch Nichts von den noch aufgereiheten Gruppen verschieden, allein das möchte sich hier vielleicht aus den auch sonst abweichenden Ver- hältnissen hinreichend erklären lassen. Unter den übrigen Siphonophoren, die sich leicht zerstückeln, erwähne ich nur noch der Praya cymbiformis, deren Bruchstücke (aus Deckstück, Magensack mit Tentakel und accessorischer Schwimmglocke) bereits von Quoy und Gaimard gekannt und unter dem Namen Rosacea ceutensis als besondere Thierform unverkennbar beschrieben sind. Bei der völligen Unkenntnils, in der wir über die Geschlechtsverhältnisse dieses Thieres sind, gewinnt die Zerstückelung derselben ein hohes Interesse — obgleich es mir freilich niemals gelingen wollte, durch die Untersuchung solcher Bruchstücke ein anderes, als dasselbe negative Resultat zu gewinnen, das ich schon oben erwähnt habe 1). II. Allgemeine Betrachtungen über die Natur und die systematische Stellung der Siphonophoren. Wenn wir den Bau und die Lebensgeschichte der Siphonophoren, wie wir sie in Voranstehendem kennen gelernt haben, im Zusammenhange überblicken, wenn wir na- !) Ich kann übrigens nicht umhin, hier nochmals auf jenen knopfförmigen Anhang aufmerksam zu machen, der, wie wir früher sahen, in den accessorischen Locomotiven von Praya vorkommt und morphologisch in jeder Hinsicht dem stempelförmigen Geschlechtskolben bei Epibulia u. s. w. ent- spricht. Sollte sich dieser — ich kann die Vermuthung nicht unterdrücken, obgleich mich Herr Vogt (a. a. O. S. 523) ausdrücklich auf die »aufser diesen Schwimmglocken noch vorhandenen 71 mentlich berücksichtigen, dafs sich die einzelnen Glieder des gemeinschaftlichen Körper- stammes bei den Diphyiden auf einer gewissen Entwicklungsstufe normal aus dem Ver- bande mit den übrigen Anhängen loslösen, um unter veränderter Form selbstständig ein eignes Leben zu beginnen, dann kann wohl darüber kein fernerer Zweifel mehr obwal- ten, dafs die Siphonophoren nicht einfache Thiere, sondern zusammen- gesetzte sog. Colonieen oder Thierstöcke seien. Es ist das eine Behauptung, die gelegentlich schon von frühern Beobachtern aus- gesprochen wurde, namentlich von Delle Chiaje, der die Siphonophorenstöcke (frei- lich höchst unpassender Weise) mit den zusammengesetzten \Farten- der Tunicaten ver- gleicht und die einzelnen Magensäcke geradezu Ascidien heilst. Lamarck und Milne Edwards haben sich gleichfalls für die zusammengesetzte Natur gewisser Siphonophoren (Stephanomia) entschieden; aber alle diese Stimmen sind vereinzelt und — unbeachtet geblieben. Selbst heute, nachdem diese Frage inzwischen durch die Darstellungen von mir !) und Vogt ?) von Neuem zur Sprache gebracht und in der Hauptsache übereinstimmend beurtheilt worden ist, nachdem auch Huxley — ohne von unsern Arbeiten zu wissen — (Institut 1851, Nr. 933, Edinb. Phil. Journ. 1852, p. 172) zu gleicher Ansicht gekom- men ist, selbst heute giebt es noch Zoologen (Troschel, ©. Schmidt), welche die zusammengesetzte Natur der Siphonophoren bezweifeln oder doch wenigstens noch nicht für erwiesen halten. Nur Kölliker hat sich nach mir und Vogt und Huxley bis jetzt Geschlechtsknospen« hingewiesen hat — vielleicht späterhin noch mit Geschlechtsstoffen anfüllen, die »accessorische Schwimmglocke« in diesem Falle also wirklich (wie ich ketzerischer Weise schon früher einmal vermuthet halte) die Geschlechtsanhänge von Praya vorstellen ? v) Vergl. die oben (S. 1) erwähnten Abhandlungen. ?) Ocean und Mittelmeer 1848. S. 303—323, Ztschr. für wissensch. Zool. 1851. S. 522. Ich muls es übrigens entschieden als einen Irrthum zurückweisen, wenn Herr Vogt an letzterm Orte behauptet, dafs er schon vor mir die zusammengeselzte Natur der Siphonophoren nachgewiesen habe. (So wenigsiens glaube ich es zu verstehen, wenn Herr Vogt sagt, „dals er seine Ansicht, obgleich sie mit der meinigen übereinstimme, mir doch nicht entlehne,* was ja Niemand behauptet hatte.) Bereits im Jahre 1847 habe ich in den Göltingischen Gelehrten Anzeigen (a. a. 0.) den Bau der Siphonophoren zur Sprache gebracht und mich — namentlich auch mit Rücksicht auf die monogastrischen Diphyiden , wie später in meiner Morphologie — für die zusammengesetzte Natur derselben entschieden. Herr Vogt verweist nun freilich, um seine Behauptung zu motiviren, auf „sein Ende 1847 erschienenes* Werk : Ocean und Mittelmeer, allein dieses Werk trägt die Jahres- zahl 1848 und ist auch, hier in Gielsen wenigstens, ganz nahe am Verlagsorte, erst im März und April des Jahres 1848 in den Buchhandel gekommen. Uebrigens erklärt Herr Vogt noch später (zool. Briefe 1851. I. S. 138) von den Siphonophoren : „In der That wissen wir von den meisten dieser seltsamen Thiere noch nicht einmal, ob wir sie als einfache Thiere mit vielen Saugmündun- gen oder als schwimmende Polypenstöcke betrachten sollen, wo an einem gemeinschaftlichen Stamme, der zum Schwimmen eingerichtet ist, eine bedeutende Anzahl einfacher Polypen sitzen.“ NE 72 in bestimmter Weise für die zusammengesetzte Natur der Siphonophoren öffentlich ausge- sprochen. Nach der voranstehenden Darstellung halte ich es indessen trolzdem für überflüssig, hier noch einmal ausführlich (wie das namentlich in meiner Abhandlung über den Bau der Physalien a. a. O. geschehen ist) eine Ansicht zu begründen, die schon durch die einzige Thatsache der Eudoxienbildung zur Genüge bewiesen wird. Nur Zweifelsucht, nur allzugrofse Liebe für angestammte, von Alters her überkommene Ideen wird in den Siphonophoren ') ferner noch einfache Thiere sehen können. Nach den nächsten Verwandten unserer Siphonophorenstöcke brauchen wir nicht allzuweit zu suchen. Wir finden sie, wie ich schon mehrfach hervorgehoben habe ?), in jenen sonderbaren polypenartigen Geschöpfen, die gewöhnlich mit dem Namen der Hydroiden bezeichnet werden und neuerdings bekanntlich durch ihre genetischen Beziehungen zu gewissen Scheibenquallen in hohem Grade die Aufmerksamkeit der Zoologen erregt haben. Vogt, Huxley und Kölliker sind über die Verwandtschaften unserer Sipho- nophoren derselben Ansicht. Der Erstere bezeichnet sie neuerlich geradezu „als Colonieen von Hydras-Polypen“ und letzterer möchte sie als Repräsentanten einer eignen Gruppe, als „schwimmende Polypen (Polypi nechalei)* zunächst an die Sertularinen, Tubularinen und Hydrinen anreihen. Die Analogie der Siphonophoren und Hydroiden ist in der That ganz unverkennbar. . In beiden Fällen haben wir Colonieen von röhrenförmigen Thieren mit Mund und Magen- ı) So viel wir bis jetzt wissen, gilt das für alle Siphonophoren, auch für die Velellen, die Herr Vogt noch in seinem letzten Berichte (Zischr. für wissensch. Zool.) für einfache Thiere hält, obgleich ich auch für sie (ebendas. S. 211) bereits das Gegentheil nachgewiesen zu haben glaubte. ?) Kölliker giebt an (a. a. O. S. 306), „dafs sich Herr Vogt zuerst bestimmt für die Polypennatur der Siphonophoren ausgesprochen habe.“ Allein auch hier möchte ich doch gern das Recht der Priorität für mich in Anspruch nehmen. Bereits in den Götlingischen Gel. Anz. (a. a. O. S. 1917) — also vor Herrn Vogt — habe ich bei der Betrachtung des Siphonophorenbaues nach einem Rückblicke auf die Hydroiden geäulsert : „Ueberhaupt lassen sich die Siphonophoren , wie es mir scheint, in jeder Beziehung den Hydroiden parallelisiren. Leiztere sind fesisitzende, erstere frei umherschwimmende Stöcke von Medusenammen.“ Viel mehr sagt Herr Vogt auch nicht, wenn er (Ocean und Mittelmeer $. 323) ausruft : „Nehmen wir uns den Muth, die Stephanomien, Hippo- podien und ihre Verwandte als schwimmende Polypencolonieen zu betrachten und erwarten wir, was uns die Zeit über die Seeblasen und die andern Röhrenquallen sagen wird“ — besonders wenn man daneben berücksichtigt, dafs die Röhrenquallen später in den Zoologischen Briefen als Repräsentanten einer eignen Klasse zwischen den Medusen (Quallenpolypen Vgt.) und Echinoder- men erscheinen. Erst in den letzten Mittheilungen über die Siphonophoren (Ztschrft. für wissensch. Zool. a. a. 0.) hat sich Herr Vogt bestimmt dahin ausgesprochen, „dafs die Siphonophoren schwim- mende Polypenkolonieen und zwar von Hydras-Polypen seien* — nachdem ich die Analogie zwi- schen beiden Gruppen schon längst in meiner Morphologie $S. 27 und meiner Abhandlung über den Bau der Physalien genauer begründet hatte. 73 höhle, die einfach in die Substanz des Leibes eingegraben ist und nach hinten sich un- mittelbar in eine gemeinsame Körperhöhle fortsetzt. In beiden haben wir Geschöpfe, deren Geschlechtsstoffe in besonderen mehr oder minder medusenarlig gestalteten Anhängen gebildet werden, die sich nicht selten auf einer gewissen Entwicklungsstufe lostrennen, um eine Zeitlang frei umherzuschwimmen und in manchen Fällen sogar ein eignes, völlig selbst- ständiges Leben zu führen. Allerdings giebt es auch Verschiedenheiten zwischen. beiden Gruppen, höchst auffallende Verschiedenheiten, die auf den ersten Blick vielleicht die her- vorgehobenen Analogieen vollständig verdecken, aber alle diese Verschiedenheiten reduciren sich’ in letzter Instanz auf die Lebensweise der betreffenden Thiere. Sie erschöpfen sich darin, dafs die Hydroiden festsitzende, die Siphonophoren schwimmende Colonieen sind. Die wesentlichsten Auszeichnungen der Siphonophoren bestehen in der Anwesenheit der Locomotiven (mit dem Luftsacke), in der Bildung des Stammes und der Anordnung der Fangapparate. Die sonstigen Eigenthümlichkeiten (Deckstücke, Taster) sind von untergeordneter Bedeulung, wie man schon aus ihrer weniger allgemeinen Verbreitung erschliefsen darf. Die Locomotiven der Siphonophoren vertreten offenbar die Stelle jener rankenförmigen Auswüchse, die nicht selten bei den Hydroiden an dem Wurzelende des Stammes vor- kommen und zur Befestigung der Colonie bestimmt sind. Die Beziehung zur Ortsbe- wegung ist so augenfällig, dafs wir über ihre Anwesenheit kaum noch ein weiteres Wort zu verlieren brauchen. Selbst die Zusammenhäufung derselben an dem einen Körper- ende, das beim Schwimmen das vordere ist, morphologisch aber offenbar dem Wurzelende der Hydroiden entspricht, wird sich aus mechanischen Gründen leicht erklären lassen. Gleiches gilt von dem Luftsacke, der in dem Körperstamm der Siphonophoren zwischen den Schwimmglocken eingebellet ist (zunächst nur bei den grölseren — schwereren — Arten, oder solchen, die der Schwimmglocken entbehren) und ein hydrostatisches Element darstellt, über dessen Beziehungen zur Ortsbewegung schon die frühesten Beobachter aulser Zweifel waren. Die Verschiedenheiten in der Stammbildung der Hydroiden und Siphonophoren fallen unter denselben Gesichtspunkt. Bekanntlich wachsen die Schwierigkeiten der Ortsbe- wegung mit der Gröfse der Widerstandsfläche gegen das umgebende Medium : die baum- artige Verästelung, die den festsitzenden Hydroidencolonieen zukommt, mufs bei den be- weglichen Siphonophoren einer einfacheren Bildung Platz machen. Die Aeste zweiter, dritter, vierter Ordnung u. s. w. gehen ein, so dals nur noch der centrale Stamm mit seinen einzelnen Anhängen übrig bleibt. Was endlich die verschiedene Bildung der Fangapparate betrifft, so läfst sich auch diese in letzter Instanz auf die hervorgehobenen Unterschiede in den äulseren Lebens- verhältnissen der Hydroiden und Siphonophoren zurückführen. Als bewegliche Thiere haben die letzteren jedenfalls ein gröfseres Nahrungsbedürfnils, als die fesisitzenden Leuckart, zool. Untersuch. 1. 10 74 Hydroiden — es kann uns nicht Wunder nehmen, wenn wir sehen, dals sich dieses auch in der Bildung jener Apparate ausspricht, von deren Thätigkeit doch zunächst das Maafs der Nahrungsaufnahme abhängt. Die kurzen Fangarme der Hydroiden, die den Mund um- geben, würden für die Bedürfnisse der Siphonophoren nicht ausreichen. Sie werden durch einen Apparat von ansehnlicher Länge ersetzt, der seine Wirkung in einem weiteren Kreise entfaltet, aber aus statischen Gründen auch zugleich dem Schwerpunkte des ganzen Körpers möglichst nahe rückt, die unmittelbare Nähe der Mundöffnung also verläfst, um, gleich den übrigen Anhängen des Körpers, an dem Stamme sich zu befestigen. Wenn wir die Siphonophoren als zusammengesetzte Thiere, als Thiercolonieen be- zeichnet haben — und die Vergleichung mit den Hydroiden hat sicherlich noch dazu bei- getragen, uns in dieser Auffassung zu bestärken — so haben wir dabei zunächst nur die sog. Magensäcke oder Saugröhren in das Auge gefalst. Aber diese polypenförmigen Wesen bilden nur eine einzige Gruppe jener zahlreichen verschieden gestalteten Anhänge, die wir bei der Betrachtung des Siphonophorenkörpers kennen gelernt haben. Ihre Orga- nisation entspricht ihren Leistungen, aber diese Leistungen erscheinen nur als ein Bruch- stück aus der Lebensgeschichte der Siphonophoren, das noch einer vielfachen Ergänzung bedarf, um sich zu dem Bilde einer abgeschlossenen, sich selbst erhaltenden Lebensform zu vervollständigen. Es sind die übrigen Anhänge des Siphonophorenkörpers, die sich diesen anderweitigen physiologischen Bedürfnissen der Thiercolonie anpassen, die als Fangapparate, Taster, Locomotiven, Deckstücke und Geschlechtskapseln eben so ausschliefslich für gewisse Leistungen organisirt sind, wie die Magensäcke für die Verdauung und Ernährung. Bei einer oberflächlichen Analyse” des Siphonophorenkörpers möchte man vielleicht am ersten geneigt sein, diese weiteren Anhänge als Hülfsapparate von untergeordneter Bedeutung zu betrachten. In der That erscheinen sie nach ihren physiologischen Leistungen als Organe — im Grunde aber doch wohl nicht mehr und nicht weniger, als die Magensäcke, die trotz ihrer individuellen Natur die Sorge für die materiellen Bedürf- nisse des ganzen Thierstockes übernommen haben. Die Gebilde, um die es sich hier handelt, sind nicht Organe der Ernährungsthiere, sondern mit den Ernährungsthieren Organe der Gesammteolonie, die, abgetrennt von den einzelnen Ernährungsthieren, in derselben Weise, wie diese, an dem gemeinschaftlichen Körperstamme anhängen und hervorknospen. Schon diese einzige Thatsache mufs der Vermuthung Raum und Stütze geben, dafs alle die manchfach verschiedenen Anhänge des Siphonophorenkörpers, nicht blofs die Magen- säcke, morphologisch als Individuen zu betrachten seien, dafs die Siphonophoren mit anderen Worten einen zusammenhängenden Verein von Individuen darstellen, dessen einzelne Glieder sich nach dem Gesetze der Arbeitstheilung, wie die zusammenhängenden Or- gane eines einfachen Körpers (vergl. hierüber Milne Edwards, introduct. ä la zool. 75 gener. p. 157) in die Aufgaben und Leistungen des Lebens gelheilt haben. Die anato- mischen Verschiedenheiten in der Bildung der betreffenden Körperanhänge können diese Ansicht nicht beeinträchtigen : wir finden solche ja auch bei den einzelnen Organen eines Körpers, die durch Bau, Form und Zusammenhang jedesmal für ihre Leistungen passend eingerichtet sind, ohne defshalb im etwaigen Falle (man denke hier z. B. an die Extre- miläten der Wirbelthiere oder die Segmentanhänge der Articulaten) ihre morphologische Uebereinstimmung zu verlieren. Auch die Betrachtung der einzelnen einer bestimmten Thierform zugehörenden Individuen zeigt uns Verhältnisse, die unmittelbar an die Er- scheinungen sich anreihen, auf die wir hier hingedeulet haben. Ueberall, wo auf dem Gebiete des thierischen Lebens eine Arbeitstheilung stattfindet, beobachten wir Verschie- denheiten, die der Art dieser Arbeitstheilung entsprechen. Oder wollte es Jemand in Abrede stellen, dafs die Verschiedenheiten zwischen Mann und Weib, die Verschieden- heiten zwischen den Geschlechtsthieren und Ammen sich wesentlich nur auf die verschie- denen Leistungen beziehen, die diesen Geschöpfen übertragen sind? (Man vergl. hierüber meine Auseinanderselzungen in dem Art. Zeugung, Wagner’s Handwörterbuch der Phy- siol. IV. S. 746 und 980). Die Verschiedenheiten, die in diesen Fällen zwischen den einzelnen Indivi- duen obwalten. gehen allerdings niemals so weit, wie bei den einzelnen Anhängen einer Siphonophorencolonie, allein das möchte sich schon dadurch hinreichend erklären lassen, dals die Arbeitstheilung, aus der jene Differenzen entsprungen sind, keineswegs eine so fundamentale ist, wie sie möglicher Weise bei den Siphonophoren stattfindet. Bei den getrennt lebenden sog. einfachen Thieren können natürlich nur die Aufgaben des Gattungslebens (der Fortpflanzung, Production der Geschlechtsstolle u. s. w.) zum Gegen- stand einer Arbeilstheilung gemacht werden, während die Sorge für die eigne Erhaltung einem jeden Individuum besonders überlassen bleiben mufs. Diese letztere nimmt nun aber die bei Weitem grölsere Menge aller einzelnen Organe in Anspruch; es ist erklär- lich, welshalb in solchen Fällen die Verschiedenheiten, die der Arbeitstheilung entsprechen, nicht bis zu einem vollständigen Polymorphismus hinführen. Ganz anders aber verhält sich das bei den zusammengeselzten Geschöpfen, die einen sog. Thierstock bilden. Bei diesen ist mit der Gemeinschaft des Nutritionsprocesses die Notliwendigkeit jener frühern Beschränkung in der Arbeitstheilung hinweggefallen. Die Thätigkeiten des individuellen Lebens können hier eben so gut, wie die des Gattungslebens, über die einzelnen Glieder der Colonie sich verlheilen, ohne dafs die Existenz derselben irgendwie gefährdet er- scheint. Die Unterschiede in der Organisation und Bildung, die den Grade der Arbeits- theilung entsprechen, werden hier ohne Weiteres einen vollständigen Polymorphismus hervorrufen können. Ob unsere Siphonophoren nun aber wirklich solche polymorphe Thiereolonieen dar- stellen, kann natürlich nur durch eine morphologische Analyse der einzelnen Körperan- 10* 76 hänge entschieden werden. Was wir bisher darüber bemerkten, hat uns einstweilen nur auf die Möglichkeit einer derartigen Einrichtung aufmerksam gemacht. Wir beginnen diese Analyse mit einem Rückblick auf die sog. Magensäcke, deren individuelle Natur wir als bewiesen ansehen dürfen, zumal wir ja wissen, dals die junge Siphonophore als isolirier sog. Magensack eine Zeitlang selbstständig zu existiren im Stande ist. Die Form und Bildung, unter der uns diese Individuen entgegentreten, ist im höchsten Grade einfach. Statt eines complicirten Geschöpfes mit äulsern und innern ver- schiedenen Organen finden wir einen ziemlich gleichförmigen Körper von cylindrischer Gestalt, der eine röhrenförmige Höhle im Innern umschliefst und sich anatomisch fast nur durch den Besitz einer Mundöffnung als eine individuelle thierische Bildung zu erken- nen giebt. Unter den übrigen Anhängen des Siphonophorenkörpers sind aber nur einige, die sich durch Form und Bildung und Genese so vollständig an diese Magensäcke anschlies- sen, dafs wir ihnen schon defshalb ohne Weiteres dieselbe individuelle Bedeutung vin- dieiren dürfen. Die Anhänge, die ich hier im Auge habe, sind die Taster der Physo- phoriden und die Tentakelbläschen der Physalien 1). Es giebt freilich gewisse Un- terschiede zwischen diesen Anhängen und den Masensäcken, aber diese Unterschiede beziehen sich, wie wir uns früher überzeugten, nur auf Verhältnisse von untergeordneter morphologischer Bedeutung und lassen sich überdies gar leicht auf die besondern Leistun- gen zurückführen, die von den betreffenden Gebilden übernommen sind. Es gilt dies namentlich für die Abwesenheit der Mundöffnung, durch welche sich die betreffenden Anhänge vorzugsweise von den Magensäcken unterscheiden. Ich fürchte übrigens nicht, dafs man diese Mundlosigkeit der Taster und Tentakel- bläschen etwa gar als einen Grund gegen die individuelle Natur derselben geltend machen wird. Ich müfste sonst darauf verweisen, dafs auch die Magensäcke bis zu einer ge- wissen Entwicklungsstufe der Mundöffnung entbehren, obgleich sie natürlicher Weise doch schon von ihrer ersten Bildung an als Individuen betrachtet werden müssen. Wir dürfen überhaupt nicht vergessen, dafs der Besitz einer Mundöflnung von dem Begriffe eines Individuums keineswegs so unzertrennlich ist, als man bei einer oberflächlichen Betrach- tung der thierischen Schöpfung leicht vermuthen möchte. Eine Mundöffnung findet sich nur da, wo sie durch Lebensweise und Nahrungsbeschaffenheit als nothwendig gefordert wird. Sie fehlt zahlreichen Parasiten, die auf endosmotischem Wege durch ihre Be- deckungen hindurch ihre flüssigen Nahrungsstoffe aufnehmen; sie fehlt selbst manchen frei lebenden Insekten im ausgebildeten Zustande, die dann zur Unterhaltung ihres Lebens einfach auf die Vorräthe angewiesen sind, die sie als Larven früher gesammelt haben. ") Für die letztern verweise ich hier auf meine Darstellung über den Bau der Physalien a. a. 0. S. 197 und 203. Zi So fehlt auch die Mundöffnung den Tastern und Tentakelbläschen, die gleich den übrigen mundlosen Anhängen des Siphonophorenkörpers auf Kosten der Ernährungsthiere aus dem Inhalte des Reproductionskanales erhalten werden, um ihrerseits dem Vereine dafür ihre eignen Thätigkeiten zu Gute kommen zu lassen. Mit der Erkenntnifs, dafs es aufser den Ernährungsthieren in den Siphonophoren- stöcken auch noch andere Individuen giebt, die mit gewissen besondern Leistungen be- traut sind und einen eignen, diesen Leistungen entsprechenden Bau besitzen, ist die wirk- liche Existenz eines Polymorphismus bei den Siphonophoren bereits bewiesen. Es kann sich ferner nur noch darum handeln, wie weit dieser Polymorphismus geht, ob wir be- rechtigt sind, auch aulser den Magensäcken, Tastein und Tentakelbläschen noch andere Anhänge des Siphonophorenkörpers als Individuen anzusehen. Wir wenden uns zur weitern Erörterung dieser Frage von den bisher betrachte- ten Anhängen zunächst zu den sog. Geschlechtskapseln, deren individuelle Natur schon defshalb einige Wahrscheinlichkeit für sich hat, weil wir wissen, dafs sich dieselben in vielen Fällen auf einer bestimmten Entwicklungsstufe aus dem Verbande mit den übrigen Anhängen loslösen, um frei, wie selbstständige Thiere, eine Zeitlang umherzuschwimmen. Freilich möchte dieser Umstand allein noch keineswegs für die individuelle Natur der betreffenden Anhänge entscheidend sein. Wir wissen ja durch Verany’s interessante Entdeckung (die ich mit Vogt, H. Müller u. A. völlig bestätigen kann), dals jene sonderbaren Wesen, die man als Hectocotylen bezeichnet, trotz ihrer freien und selbst- ständigen Bewegung doch nur die abgetrennten, für die Zwecke der Befruchtung eigens entwickelten Arme gewisser Cephalopoden darstellen. Man könnte möglicher Weise ja — und hat es (C. Vogt, !’Instit. 1. ce.) wirklich geihan — die Geschlechtskapseln unserer Siphonophoren mit diesen wunderlichen Gebilden in dieselbe Kategorie stellen. Ich mufs indessen gestehen, dafs mir eine solche Vergleichung mit den Hectocotylen voll- ständig verfehlt scheint. Ich will nicht einmal hervorheben, dafs man bei dieser Ansicht con- sequenter Weise auch die Proglotliden der Bandwürmer und andere aufgeammte Geschlechts- thiere für blofse heetocotylusartige Organe halten müfste. Aber darauf mufs ich ein besonderes Gewicht legen, dafs die Geschlechtskapseln der Siphonophoren nach dem ganzen Typus ihres Baues, wie auch schon oben gelegentlich hervorgehoben wurde, so vollständig mit gewissen selbstständigen Thierformen, mit den Scheibenquallen, übereinstimmen, dafs sie auf Grund dieser Analogie schon von Milne Edwards (l. e. p. 229) und Sars (a. a. 0. S. 39) als besondere Individuen betrachtet werden konnten. Es verräth nur eine unvollständige Kenntnifs vom Bau der Geschlechtskapseln, wenn man es wagt, diese Analogie in Zweifel zu ziehen. Allerdings besitzen die Geschlechtsanhänge der Siphonophoren, so weit wir sie bis jetzt mit Sicherheit kennen, weder Randfäden, noch Tentakel, noch Randkörperchen — aber ich glaube nicht, dafs man ernstlicher Weise in diesen accessorischen Ausstattungen (die nicht einmal ganz allgemein vorhanden sind) den morphologischen Typus der Medusen 73 suchen wird. Auch die Abwesenheit der Mundöffnung hat man zur Begründung eines Unterschiedes hervorgehoben. Wir haben diesen Umstand schon oben erläutert, schon oben darauf aufmerksam gemacht, dafs ein Thier, das von Seiten eines andern Thieres ernährt wird, eben so wenig, als der Foetus im Mutterleibe, einer Mundöffnung bedarf. Die Abwesenheit der Mundöffnung bei den sog. Geschlechtsanhängen weist uns nur darauf hin, dafs das freie Leben dieser Geschöpfe von kurzer Dauer ist. Sobald der Vorrath von Nahrungsstoffen im Innern sich erschöpft, werden dieselben dem Untergange anheim- fallen. Wollte man diesen Umstand gegen die individuelle Natur der betreffenden Bildungen geltend machen, so könnte man mit gleichem Rechte auch die individuelle Selbststän- digkeit der mundlosen Oestriden (und anderer mundloser Insekten) in Abrede stellen. Um die morphologische Uebereinstimmung der Geschlechtsanhänge bei den Siphono- phoren mit den Scheibenquallen zu erkennen, bedarf es nur einer unbefangenen Ver- gleichung. Der glockenförmige Mantel mit seinem kolbigen Anhange und seinem Gefäls- apparale repräsentirt dieselben eigenthümlichen Bildungsverhältnisse, wie wir sie bei den Scheibenquallen ohne Ausnahme vorfinden. Es gibt sogar Scheibenquallen (die Sarsiaden im Sinne von Forbes), die mit unseren Geschlechtskapseln in der specielleren Anordnung des Gefälsapparates und der Lagerung der Geschlechtsstoffe in den Wandungen des kolben- förmigen sog. Magenstieles vollständig übereinstimmen. Die morphologische Identität unserer Anhänge mit den Scheibenquallen wird noch augenfälliger, wenn wir berücksichligen, dafs diese letzteren mit wenigen Ausnahmen sich nicht auf direetem Wege aus einem Ei entwickeln, sondern nach dem Gesetze des sog. Generationswechsels an polypenförmigen Larven hervorknospen, die wir zum Theil schon oben unter dem Namen der Hydroiden als die nächsten Verwandten unserer Siphonophoren kennen gelernt haben. Der Entwicklungsprocels dieser Scheibenquallen wiederholt genau (vergl. Desor in den Annal. des se. natur. 1849. T. II. p. 204 — ebenso istes bei der spätern Knospenbildung mancher Scheibenquallen, vergl. Busch a. a. 0. S. 4) dieselben Vorgänge, die wir früher bei unseren Geschlechtskapseln beschrieben haben. Anfangs bestehen die jungen Scheibenquallen aus einem bläschenförmigen Keime, der eine Höhle im Innern einschliefst, und, wie das erste Rudiment der Geschlechiskapseln bei den Sipho- nophoren, an dem Körper der Ammen anhängt. Die Höhle zieht sich allmählig, wie bei den letzteren, in vier radiäre Kanäle aus, die unter der äulseren Bedeckung der Knospe verlaufen, eine fünfte centrale Ausstülpung zwischen sich nehmen und schliefslich durch die Bildung eines Ringgefälses zu einem zusammenhängenden Systeme vereinigt werden. Durch Isolation des Kernes im Umkreis der Centralhöhle (des spätern sog. Magenstieles), durch Aufbrechen des Mantels zwischen dem Ringgefäfse u. s. w. wiederholt die junge Schei- benqualle auch die späteren Entwicklungsphasen unserer Anhänge so vollständig, dafs wir sie in der That leicht mit denselben verwechseln könnten, wenn uns die Bildung der Tentakel, der Randkörperchen und Mundölfnung nicht davon unterrichtete, dals wir es hier 2 mit einem Geschöpfe zu thun haben, welches für ein längeres und freieres selbstständiges Leben bestimmt sei. Dals der Zusammenhang der Scheibenquallen mit ihren Mutterthieren durch einen . stielförmigen Fortsatz vermittelt werde, der von der kuppelförmigen Wölbung des Mantels abgeht, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden, obgleich es auch für unsere Frage nicht ohne Interesse ist, wenn wir beobachten, dafs dieser stielförmige Fortsatz bei manchen Scheibenquallen Zeitlebens persistirt ?). Unter solchen Umständen dürfen wir unmöglich noch weitern Anstand nehmen, die Geschlechtskapseln der Siphonophoren den übrigen polymorphen Individuen dieser Thiere zuzurechnen. Selbst die ansehnlichen Verschiedenheiten, die wir in der Entwicklung der- selben vorfinden, können uns in unserer Behauptung nicht irre machen. Wir wissen ja, dafs diese Verschiedenheiten durch die manchfachsten Uebergänge allmählig ausgeglichen werden, dafs sie den gemeinsamen Typus der Bildung nicht zu beeinträchtigen im Stande sind. Der Unterschied zwischen den einfachsten, fast nur bläschenförmigen weiblichen Anhängen der Physophoriden und den medusenförmigen Geschlechtsthieren der Diphyiden (oder Velellen) ist kaum gröfser, als der Unterschied zwischen den fadenförmigen Extre- miläten von Lepidosiren und den Flugwerkzeugen eines Vogels oder den Armen eines Menschen, kaum gröfser als der Unterschied zwischen dem Weber’schen Körper eines männlichen Säugethieres und dem weiblichen Leitungsapparate derselben Geschöpfe — und von allen diesen Gebilden kennen wir die morphologische Uebereinstimmung mit gröfsester Bestimmtheit. Die Verschiedenheiten der betrelfenden Gebilde entsprechen den verschiedenen Aufgaben, die denselben geworden sind — und ebenso ist es bei den Geschlechtsthieren der Siphonophoren. Die einen bleiben beständig sessil, sie verharren auf einer frühen Bildungsstufe; die anderen reifsen sich los, um sich eine Zeillang zu bewegen, sie werden mit einem entwickelten Locomolionsorgane ausgestattet; noch andere führen vielleicht eine längere Zeit hindurch ein selbstständiges Leben, sie bekommen aufser dem Bewegungs- apparate auch noch eine eigene Mundölfnung. Wir würden gegen das erste Gebot einer morphologischen Analyse verstofsen. wenn wir diese Verschiedenheiten auch auf die wesentliche Natur der betreffenden Bildungen übertragen wollten, wenn wir etwa be- haupteten (wie das von Herrn Vogt geschieht), dafs nur die letzteren Geschlechtskapseln Individuen, die ersteren aber blofse Organe seien. Wenn meine Ansicht übrigens noch einer weitern-Stütze bedarf, so möchte ich auch noch darauf hinweisen, dafs die Verschieden- heiten in der Ausbildung der betreffenden Anhänge nicht selten schon bei den männlichen und weiblichen Geschlechtskapseln desselben Thieres uns entgegentreten, unter Umständen also, wo wir sonst in der Thierwelt blofse relative Unterschiede anzulreffen gewohnt sind. ') Am auffallendsten ist dieses (unter den gröfsern Scheibenquallen) vielleicht bei Dianaea pileata, deren conischer Stiel beständig — nach meinen Untersuchungen — von einem kanalförmigen Gefälse durchzogen bleibt. 80 Die Gründe, mit denen wir so eben den Beweis für die individuelle Natur der Ge- schlechtskapseln bei den Siphonophoren geführt haben, gelten fast ohne Weiteres auch für die sog. Schwimmglocken dieser Thiere, von denen wir früher schon mehrfach hervorheben mufsten, dafs sie durch Bau und Entwicklung im Wesentlichen mit den Geschlechtskapseln übereinstimmten. Die Unterschiede zwischen beiden, die sich ihrer Hauptsache nach auf die Abwesenheit des Geschlechtskolbens bei den Schwimmglocken beschränken, werden uns vollkommen gerechtfertigt erscheinen, sobald wir dieselben mit den Leistungen der betreffenden Anhänge zusammenhalten. Die Aufgabe der Schwimmglocken erschöpft sich in der Production der Bewegungskraft und für diese reicht die Bildung, die ihnen geworden ist, vollständig aus. Die Schwimmglocken entsprechen nach Bau und Entwicklungsge- schichte dem Mantel der Scheibenquallen, der bekanntlich ein viel constanteres Gebilde ist, als der sog. Magenstiel, und keiner Scheibenqualle fehlt, wenn auch der letztere viel- leicht vermilst wird. Ist es uns gelungen, wie wir hoffen, die individuelle Natur der Geschlechtskapseln zu beweisen, so wird es gewils keinen Widerspruch finden, .wenn wir die Schwimm- glocken hier als die locomotorischen Individuen der Siphonophorencolonie bezeichnen ?). Es bleiben uns jetzt nur noch zweierlei Anhänge des Siphonophorenkörpers zur weitern Betrachtung übrig, die Deckstücke und die Fangapparate. In den bisherigen Fällen konnten wir unsere Ansicht von der polymorphen Natur der Siphonophoren zum Theil durch eine Vergleichung der einzelnen Anhänge mit ge- wissen verwandten Thierformen unterstützen, bei unserer gegenwärligen Untersuchung müssen wir auf dieses Beweismittel Verzicht leisten. Vergebens sehen wir uns nach Thieren um, die in Gestalt und Bildung an die Deckstücke oder Nesselknöpfe der Sipho- nophoren sich anschliefsen. Wir bleiben in unserer Beweisführung ausschliefslich auf die betreffenden Gebilde selbst, auf ihre Entwicklung und Analogie mit den übrigen Anhängen der Siphonophoren beschränkt. Aber auch hier finden wir hinreichende Gründe für die Behauptung, dafs die Deckstücke und Fangapparate der Siphonophoren morphologisch gleichfalls als Individuen zu betrachten seien. Was die erstern dieser Anhänge, die Deckstücke, betrifft, so zeigen dieselben noch im ausgebildeten Zustande eine unverkennbare Aehnlichkeit mit den Tastern und Ten- takelbläschen. Namentlich gilt dieses für die eylindrischen oder keulenförmigen Deckstücke, die sich in manchen Fällen so eng an die Taster anschliefsen, dals man z. B. bei Phy- !) Bekanntlich hat man die isolirten Schwimmglocken verschiedener Siphonophoren schon oftmals als besondere Thierformen (Pyramis, Gleba, Plethosoma, Cuneolaria u. s. w.) beschrieben. Ebenso sahen die ältesten Beobachter der Diphyiden in den beiden Schwimmglocken dieser Thiere zwei miteinander zusammenhängende Individuen, die sich nach hinten in gewisse gemeinsame Or- gane (Stamm mit Ernährungsthieren u. s. w.) fortsetzen sollten. 81 sophora die letzteren noch neuerlich für wirkliche Deckstücke hat halten können. Der wesentlichste Unterschied der Deckstücke besteht in der Festigkeit und der Starrheit der Wandungen, aber dieser Unterschied erscheint uns als nothwendig, wenn anders die betref- fenden Gebilde ihre rein mechanischen Leistungen erfüllen sollten. Bei den übrigen Deck- stücken ist diese formelle Uebereinstiimmung mit den Tastern freilich gröfstentheils ver- loren gegangen, die Grundzüge des Baues sind indessen trotzdem dieselben geblieben. Die Entwicklungsgeschichte der Deekstücke belehrt uns darüber, dafs alle die Verschie- denheiten dieser Gebilde nur einer allmähligen Umformung derselben primitiven Gestalt ihren Ursprung verdanken. Dazu kommt, dafs die Deckstücke in unverkennbarer Weise, gleich den übrigen Gliedern des Siphonophorenstockes, auf dem Wege der Knospenbildung entstehen, dafs ihre Knospen sogar eine Zeillang sich in Nichts (als höchstens durch ihre Stellung) von den Knospen der Ernährungsthiere, Geschlechtsihiere u. s. w. unterscheiden. Eine Knospe ist nun aber nach allen Lehren unserer Wissenschaft ein Individuum — wir würden uns einer Inconsequenz schuldig machen, wenn wir die morphologische Individualität der Deck- stücke bestreiten wollten. In den Fangapparaten der Siphonophoren haben wir zweierlei Gebilde zu unter- scheiden, den langgestreckten tentakelförmigen Fangfaden und die Nesselknöpfe, die freilich beide, wie wir uns früher überzeugen konnten, in den Grundverhältnissen ihres Baues unter sich übereinstimmen. Beide erscheinen in ihrer einfachsten Form als cylindrische Fäden mit einer Höhle im Innern : sie besitzen eine Bildung, wie wir sie — freilich manchfach modifieirt — auch in den übrigen Anhängen des Siphonophorenkörpers vor- gefunden haben. Erhält die Ansicht von der morphologischen Verwandtschaft der Fang- apparate mit den übrigen Anhängen schon hierdurch einige Wahrscheinlichkeit, so wird diese zur Gewifsheit, wenn wir beobachten, dafs die ersten Anfänge derselben gleichfalls als deutliche Knospen an dem Siphonophorenkörper auftreten. Die Knospen der Nesselknöpfe entstehen freilich nicht an dem gemeinschaftlichen Stamme, wie wir es sonst zu sehen ge- wohnt sind, sondern erst an dem Fangfaden, aber dieser Umstand kann uns in unserer Deutung um so weniger beirren, als wir auch bei anderen Anhängen des Siphonophoren- körpers bisweilen dasselbe Verhältnifs beobachten. Namentlich gilt dieses für die Ge- schlechtskapseln der Velellen, die an den kleineren peripherischen Ernährungsthieren her- vorkommen und doch von allen Anhängen des Siphonophorenkörpers vielleicht am un- verkennbarsien als selbstständige individuelle Bildungen dastehen. Wir haben mit Absicht bei unserer Analyse bis jetzt die Luftkammer und den Stamm der Siphonophorenstöcke aufser Acht gelassen — nicht etwa, weil das Gebilde wären, die überhaupt unsere Berücksichtigung nicht verdienten, sondern nur defshalb, weil unsere bisherigen Erfahrungen uns noch nicht zu einem Urtheil über die Natur derselben zu berech- tigen scheinen. Die architektonische Bildung des Stammes bei den Thierstöcken ist leider bis- Leuckart, zool. Untersuch. I. 11 82 her ganz unbeachtet geblieben, obgleich die Verschiedenheiten desselben schon längst zu einer genauern Untersuchung hätten veranlassen sollen. So viel scheint übrigens gewils (vergl. meine Bemerkungen hierüber in dem Polymerphismus S. 24), dafs die Achsen- bildung bei den Thierstöcken, wie bei den Pflanzenstöcken, nach einem wechselnden Typus vor sich geht. Schon eine Vergleichung der Siphonophorenstöcke mit den baumartigen Hydroidencolonieen wird das zur Genüge nachweisen. Was wir bei den letzteren Stamm und Zweige heilsen, ist ein Sympodium im Sinne der Botaniker, das durch Verkettung aus den Basilartheilen der einzelnen an einander hervorwachsenden Individuen entsteht. Die Terminalthiere sind bei den Hydroiden beständig die jüngsten Glieder der Gesammteolonie, Bei den Siphonophoren ist das anders. Wir haben bei diesen — wenn wir die unregel- mälsig hier und da nach Art der sog. Adventivknospen an dem Stamme hervorkommenden Gemmen aufser Acht lassen — zweierlei verschiedene Vegetationspunkte, von denen der eine an das Ende der Schwimmsäule (unter die Luftkammer) fällt, der andere an den Anfangstheil des eigentlichen Hauptstammes. In der Schwimmsäule sind die terminalen Individuen die jüngsten, in dem Hauptstamm sind es dagegen die basilaren. Wie diese Verschiedenheit, wie überhaupt die ganze Stammbildung bei den Sipho- nophoren zu erklären sei, wage ich nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden, doch möchte ich fast vermuthen, dafs der Stamm der Siphonophoren (wie bei den Pappeln und anderen Pflanzen) nur einen einzigen Sprofs darstelle und dem terminalen (ältesten) Ernährungs- thiere angehöre. Der Stamm der Siphonophorenstöcke ist nach meiner Meinung der Ba- silartheil des ersten aus dem Ei hervorgekommenen Ernährungsthieres, der durch fort- währenden Wachsthum an Länge (und Umfang) zunimmt und an bestimmten mehr oder minder genau fixirten Stellen die übrigen Knospen aus sich hervorkommen läfst. Die Luft- kammer ist das äufserste Ende (Wurzelende) des Thieres, die Luftblase, die sie im Innern einschliefst, eine besondere Auszeichnung desselben, die wir vielleicht mit allem Rechte ein blolses Organ heifsen. Doch die Frage nach der Natur dieser Theile mag sich späterhin entscheiden wie sie wolle, so viel steht fest, glaube ich, dafs die Siphonophoren nicht blofs zusammengesetzte Thierstöcke, sondern auch Colonieen mit polymor- phen Individuen seien. Bereits bei meinen frühern Darstellungen vom Bau der Siphonophoren (Zeitschrift für wissensch. Zool. a. a. O., über den Polymorphismus S. 13 ff) habe ich diese Ansicht zu vertreten gesucht. Sie ist mir heute, nachdem ich die wunderbare Bildung dieser Geschöpfe inzwischen noch näher kennen gelernt habe, zur sichersten Ueberzeugung ge- worden. Selbst jene Anhänge, die ich früher nicht besonders berücksichtigt hatte, die Deckstücke, Fangfäden und Nesselknöpfe, glaube ich heute gleichfalls mit vollem Rechte dem Kreise der polymorphen Einzelwesen in den Siphonophorencolonieen zurechnen zu dürfen. 83 Die erste Andeutung über den Polymorphismus der Siphonophoren rührt — was ich gern anerkenne ?) — von Herrn Vogt her, der sich in seiner ersten Mittheilung über diese Geschöpfe (Ocean und Mittelmeer $. 321) dahin entscheidet, dafs die Röhren- quallen als Colonieen schwimmender Polypen anzusehen seien, die aus verdauenden Indi- viduen, den sog. Saugröhren, aus geschlechtlichen Individuen, den sog. Samen- und Eikapseln, und' schwimmenden Individuen, den sog. Schwimmglocken „ beständen. Späterhin scheint Herr Vogt indessen diese Ansicht aufgegeben zu haben. Nur die Saugröhren werden in den jüngsten Mittheilungen (Zeitschr. für wissensch. Zool. a. a. O., Bilder aus dem Thierleben S. 158) noch als „Einzelthiere* aufgeführt, die übri- gen Anhänge dagegen, und namentlich die Geschlechtskapseln, als blofse Organe betrach- tet. Freilich mufs Herr Vogt trotzdem gestehen, dafs Alles, „was an den Siphonopho- ren knospt und sprofst, Schwimmglocken, Einzelthiere, Fangfäden, Geschlechtstrauben, sich genau nach demselben Typus entwickelt, wie die Scheibenquallen an den Hydraspolypen“ — eine Thatsache, die ich gerne unterschreibe °), die aber nothwendig, wie es mir we- nigstens scheint, in ihren Consequenzen zu der Annahme von der individuellen Natur aller dieser Anhänge hindrängt. Was Herrn Vogt bestimmt hat, seine frühere Deutung aufzu- geben, ist mir unbekannt; es scheint ihm gegenwärtig natürlicher zu sein, von „„Uebergängen zwischen Organen und Individuen‘ oder von Organen zu sprechen, „deren Individuali- sation allmählig zunehme“ u. s. w. Huxley ist durch seine Untersuchungen zu einem Resultate gekommen, das sich von dem unsrigen nur durch den Mangel der theorelischen Entwicklung unterscheidet. Nachdem er (Edinb. philos. Journal 1852 p. 172) die Aehnlichkeit der Siphonophoren mit den Hydroidenstöcken hervorgehoben hat, fügt er hinzu, dafs die Einzelthiere der- selben „present every degree of complication from the form of Hydra to that of a free- swimming independent Medusa“ , nach unserer Bezeichnungsweise also eine polymorphe Bildung darbieten. } Man würde übrigens irren, wenn man annehmen wollte, dafs die Siphonophoren durch ihren Polymorphismus von den Hydroiden unterschieden wären. Auch die Hydroiden sind polymorphe Geschöpfe, obgleich ihr Polymorphismus nicht so weit geht, wie der Polymorphismus der Siphonophoren. !) Ich mufs aber ausdrücklich bemerken, dafs mir diese Mittheilungen von Herrn Vogt — wie wohl den meisten Zoologen — früher entgangen sind, dafs meine Ansicht also ganz unab- hängig von denselben entstand und entwickelt wurde. ?) Auch Kölliker nennt (a. a. 0. $. 311) die Bildung der einzelnen Anhänge am Sipho- nophorenkörper eine »Sprofsenbildung«, bezeichnet aber trotzdem nur die Magensäcke als Indivi- duen (Polypen), die übrigen Gebilde dagegen ohne Weiteres als Organe. Es wird nicht einmal erwähnt, dafs man über die Natur dieser Bildungen vielleicht anderer Ansicht sein könnte — und auch wirklich gewesen ist. Ad 84 Der Polymorphismus der Hydroiden spricht sich zunächst und vorzugsweise in der Bildung besonderer Geschlechtsthiere aus. Die polypenförmigen Einzelthiere, die gewöhn- lich, wie bei den Siphonophoren, zu ansehnlichen Thierstöcken vereinigt sind, bleiben beständig geschlechtslos (sie sind vornämlich Ernährungsthiere, wie bei den Siphonopho- ren), produeiren aber zu gewissen Zeiten auf dem Wege der Knospenbildung eine Brut, die mit der Aufgabe der geschlechtlichen Fortpflanzung betraut ist. ' In der morphologischen Entwicklung dieser Geschlechtsthiere finden wir dieselben Verschiedenheiten, wie bei den Siphonophoren ; Verschiedenheiten, die aber auch hier ge- wils in allen Fällen mit den äufseren Lebensverhältnissen Hand in Hand gehen. Bald bleiben die Geschlechtsthiere der Hydroiden in einem beständigen Zusammenhang mit ihren Multerthieren : sie verharren dann als bläschenförmige, mehr oder minder einfach gebaute Anhänge auf einer frühern Entwicklungsstufe; bald irennen sie sich von ihren Multer- ihieren, um mit Hülfe eines eignen Bewegungsapparates nach Art der Scheibenquallen umherzuschwimmen und ein selbstständiges Leben zu führen. Die Unterschiede in der Entwicklung dieser Geschlechtsthiere wiederholen also im Wesentlichen dieselben Verhältnisse, welche wir früher bei den Siphonophoren kennen gelernt haben, nur scheint es, als ob die Extreme derselben hier noch weiter auseinander lägen. Auf der einen Seile ist es bei den Hydroiden sehr viel häufiger, als bei den Siphonophoren, dafs diese Geschlechtsthiere schon vor ihrer Reife (vor Ausbildung und Anlage der Geschlechtsstoffe) sich ablösen und dann als vollständige Scheibenquallen mit einem eignen Verdauungsapparate (mit Mundöffnung) umherschwimmen, auf der an- dern Seite kommt es aber auch oftmals vor, dals sie als einfache bläschenförmige An- hänge in ihrer ersten, primiliven Form verharren und nur durch die Entwicklung der Geschlechtsstoffe, der Eier oder Samenkörperchen, sich weiter auszeichnen. Man hat diese formellen Unterschiede für so bedeutend gehalten, dafs man, sich sogar berechtigt glaubte, die morphologische Uebereinstimmung der betreffenden Bildungen gänz- lich in Abrede zu stellen. Man hat die sessilen Geschlechtsthiere als blolse Geschlechts- organe gedeutet und den Hydroiden aufserdem noch die Fähigkeit zugeschrieben, nach den Gesetzen des sog. Generalionswechsels eine Medusenbrut zu produeiren. Obgleich es nach unsern bisherigen Erfahrungen ganz unerhört ist, dals ein geschlechtsreifes Thier (und als solches mülste man doch in diesem Falle einen Hydraspolypen betrachten) zu- gleich die Rolle einer Amme übernimmt 1), so fand diese Ansicht doch in unserer Un- ‘) Bekanntlich hat das Vorkommen der „Schneckenschläuche“ in der geschlechtsreifen Syn- apta digitala jetzt gleichfalls in einer andern Weise seine wahrscheinlichste Erklärung gefunden. Vergl. J. Müller, über die Entoconcha mirabilis und die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. (Beiläufig will ich hier erwähnen, dafs ich gleichfalls im Stande bin, mil Gegenbauer das para- sitische Vorkommen von Ophidium inbebe in der — unverleizten — Leibeshöhle von Holothuria tubulosa zu bestätigen.) ® S5 kenntnifs von den Schicksalen jener Scheibenquallen einige Stütze (vergl. hierüber Köl- liker, Zeitschrift für wiss. Zool. a. a.0. S. 301 ff). Man konnte möglichenfalls ja ver- muthen, dafs diese Quallen in ihren Nachkommen nicht direct zur Form und Bildung der Hydroiden zurückkehrten, dafs sie vielleicht nicht einmal geschlechtsreif würden — dals mit andern Worten mancherlei auffallende Unterschiede zwischen ihnen und den sog. Geschlechtskapseln stattfänden. Gegenwärtig dürfen wir indessen alle diese Vermuthungen wohl als widerlegt ansehen. Nachdem schon Desor (a. a. O0.) die medusenförmigen Spröfslinge von Syncoryne decipiens bis zu ihrer Geschlechtsreife verfolgt hat, lassen uns die Beobachtungen von Krohn (Arch. für Naturgeschichte 1851, Th. I, S. 267, Müller’s Arch. 1853, S. 137) nicht länger daran zweifeln, dals die Medusenbrut der Hy- droiden nicht blofs ganz allgemein zur Geschlechtsreife kommt !), sondern auch (gleich den sog. Geschlechtskapseln, vergl. Lov&n im Arch. für Naturg. 1837, Th. I, S. 249) in ihren Nachkommen die ursprüngliche Hydroidenform wiederholt. Von dieser Seite steht also unserer Behauptung von der morphologischen Ueberein- stimmung der frei lebenden Hydrasmedusen und jener sog. Geschlechtsorgane Nichts im Wege. Was unsere Behauptung aber wirklich zur Evidenz beweisen möchte, ist ferner der Umstand, dafs sich die späteren Scheibenquallen der Hydroiden nicht blofs bei ihrer ersten Bildung in Nichts (Form, Organisation, Brutstätte) von den spätern Geschlechts- kapseln unterscheiden, sondern auch im ausgebildeten Zustande durch Zwischenformen der manchfachsten Art, wie wir sie schon bei den Siphonophoren kennen gelernt haben, allmählig in diese sog. Geschlechtskapseln übergehen. Die meisten Hydrasmedusen trennen sich schon frühe vor der Anlage der Geschlechts- stolfe (wie wahrscheinlich bei Velella und andern Siphonophoren) von ihrem Mutterpolypen. Es ist natürlich, dafs sie unter solchen Umständen nicht blofs mit einem entwickelten Be- wegungsorgane (Mantel), sondern auch mit einem eignen Verdauungsapparate (Mund) aus- gestattet werden, um als eigne und selbstständige Geschöpfe existiren zu können. Die Hydrasmedusen dieser Art zeigen in der That nicht die geringste Verschiedenheit von den echten Scheibenquallen, so dafs man sie ohne Kenntnifs ihrer Entwicklungsgeschichte mit denselben ohne Weiteres zusammenstellen könnte. In andern Fällen ist der Zusammen- hang dieser Hydrasmedusen mit ihren Mutterthieren dagegen viel länger, so dafs sie be- reits vor ihrer Abtrennung zur Geschlechtsreife kommen. So beobachtete es namentlich R. Wagner (Oken’s Isis 1833, S. 256) bei der Medusenbrut von Coryne aculeata. In solchen Fällen wird das freie Leben der Hydrasmedusen voraussichtlich auch auf eine viel kürzere Dauer beschränkt sein. Leider ist uns die Organisation dieser medusenar- Y) Ich selbst habe in Nizza mehrere kleine, zum Theil ganz neue Scheibenquallen im 'ge- schlechtsreifen Zustande beobachten können, deren Abstammung von Hydroidenstämmen durch einen buckelförmigen Stiel auf der Rückenseite der Scheibe unverkennbar documentirt ist. 86 tigen Geschöpfe so wenig bekannt, dafs wir nicht ein Mal wissen, ob sie mit einer Mundöffnung versehen sind oder derselben entbehren , wie wir es früher für die medu- senförmigen Geschlechtsthiere der Diphyiden u.a. Siphonophoren, die unter ähnlichen Ver- hältnissen existiren, kennen gelernt haben. Jedenfalls scheint (nach den Darstellungen von Loven, a. a. 0.) eine solche Mundlosigkeit bei den medusenförmigen Sprölslingen von Campanularia geniculata vorzukommen, die sich freilich niemals von ihren Mutterthie- ren abtrennen, aber nichts desto weniger noch in unverkennbarer Weise die Form und Organisation der Medusen (Mantel mit Gefälsen, sogar mit Tentakeln) besitzen. An diese sessilen Medusenformen schliefsen sich nun (nach den von Kölliker a. a. 0. S. 303 neuerdings bestätigten Beobachtungen von Cavolini, Abhandlungen über Pflanzenthiere S. 63) unmittelbar die sog. Geschlechtskapseln von Pennaria, die in einem glockenförmigen Mantel einen centralen hohlen Zapfen (ohne Mundöffnung) umschlielsen, von dessen Basis vier Gefäfse in die Wand des Mantels übergehen, um an der Mündung desselben in ein feines Ringgefäls zusammenzufliefsen. Die Aehnlichkeit mit den Medusen wird noch dadurch erhöhet, dafs die Oeffnung des Mantels von vier kurzen Lappen um- geben ist, deren Basis je einen ocellenarligen Fleck trägt. Die weiblichen Geschlechts- anhänge von Tubularia (coronata?) zeigen im Wesentlichen denselben Bau, selbst wenn der Mantel vielleicht des Gefäfsapparates entbehren sollte, wie man nach Kölliker’s Angaben (a. a. 0. S. 300) fast vermuthen möchte. Bei den männlichen Geschlechtskapseln des- selben Thieres bleibt der Mantel beständig geschlossen : die männlichen Anhänge von Tuhularia erscheinen als einfache Bläschen mit einem hohlen Zapfen im Innern, der mit der Leibeshöhle der Mutterthiere in offenem Zusammenhang stehet. Die Geschlechtsstolfe findet man in dem Raume zwischen Zapfen und Mantel; es scheint kaum zweifelhaft, dafs sie ursprünglich in der Wand des Zapfens gebildet wurden und erst nach ihrer Lösung in jenen Hohlraum hineinfielen. Die Organisation, die wir hier kennen gelernt haben, wieder- holt sich in den Geschlechtskapseln vieler anderen Hydroiden, namentlich bei Coryne squamata (nach Wagner, Sars und eigenen Untersuchungen), bei Podocoryne carnea (Sars), bei Hydractinia (van Beneden und Leuckart), während es endlich noch andere Hydroiden gibt (aufser Sertularia cypressina, Thoa halecina u. a., namentlich unsere 1) Hydra), bei denen die Geschlechiskapseln als einfache Auswüchse ohne centralen Zapfen erscheinen. In den letzteren Fällen enthalten die weiblichen Geschlechtskapseln stets nur ein einziges Ei, obgleich sonst in der Regel eine gröfsere Anzahl (2—10) beobachtet wird. !) Eben so bei einer oceanischen Form des Gen. Hydra, die schon vor mehreren Jahren um Cuxhaven von mir beobachtet wurde, und sich durch traubenförmig zusammengruppirte weibliche Geschlechtskapseln (die männlichen stehen isolirt, meist auf demselben Ernährungsthiere, wie bei H. viridis) auszeichnet. 87 Bei den Siphonophoren betrafen die Verschiedenheiten in der Entwicklung der Ge- schlechtsthiere zum Theil auch die männlichen und weiblichen Anhänge derselben Art. Ob hier, bei den Hydroiden, vielleicht gleichfalls solche Geschlechtsverschiedenheiten vor- kommen, ist für den Augenblick noch unbekannt, aber auffallend mufs es jedenfalls er- scheinen, dafs die weiblichen Geschlechtsanhänge der Hydroiden offenbar viel häufiger, als die männlichen, in der Form und Entwicklung von einfachen bläschenförmigen Kapseln bisher zur Untersuchung gekommen sind. Es giebt selbst Arten unter den Hydroiden, bei denen bisher überhaupt nur weibliche Geschlechtskapseln aufgefunden werden konnten. Auf der andern Seite kann es auch keinem Zweifel unterliegen, dafs dieselben Arten, die vielleicht zu gewissen Zeilen einfache bläschenlörmige Geschlechtsanhänge tragen, zu andern Zeiten statt dieser Bläschen eine Medusenbrut produeiren. Freilich giebt es auch Formen, die, nach unseren bisherigen Kenntnissen, ausschliefslich entweder nur Geschlechtskapseln (Hydra, Coryne squamata u. a.), oder nur Medusen (die Arten des Gen. Syncoryne u. a.) hervorbringen, aber für andere Formen (Tubularia, Campanularia) möchte das Verhältnils, auf das wir hier hingedeutet haben, doch wohl genugsam bewiesen sein. Nichtsdestoweniger scheint es aber kaum, dafs sich diese Verschiedenheiten hier in allen Fällen durch die Annahme eines geschlechtlichen Dimorphismus so einfach, wie bei den Siphonophoren, erledigen lassen. Wir kennen die männlichen und weiblichen Geschlechtskapseln der Tubularien — und dennoch wissen wir, dals diese Thiere bis- weilen, statt der sessilen Geschlechtskapseln, eine Brut von frei beweglichen Medusen er- zeugen. Die endliche Lösung dieses scheinbaren Widerspruches müssen wir einstweilen noch der Zukunft überlassen. Wie diese Lösung aber auch ausfalle — wir fürchten nicht, dafs sie unsere Behauptung von der morphologischen Uebereinstimmung der Hydrasmedusen und der sog. Geschlechtskapseln beeinträchtigen werde. Es ist bekannt, dafs die Ent- wicklung des thierischen Leibes durch die äufseren Umstände in manchfacher Beziehung bestimmt werde; können es nicht möglicher Weise solche Verschiedenheiten in den äufseren Umständen sein, durch welche die Entwicklung der Geschlechtsknospen bei den Hydroiden bald auf einer mehr oder minder frühen Phase aufgehalten, bald auch ihrer völligen Voll- endung entgegengeführt wird? Die unzureichende Ausstattung eines Keimes bedingt nach meinen Beobachtungen (Art. Zeugung in Wagner’s H.W.B. der Physiol. Bd.IV. S.729) die Nothwendigkeit einer Larvenform — ich glaube kaum, dafs man die Verschiedenheiten zwischen einer sog. Geschlechtskapsel und einer Meduse höher anschlagen darf, als die Verschiedenheiten zwischen einem Echinoderm und seiner ersten infusoriellen Larven- bildung. Sind die Geschlechtskapseln der Hydroiden und die Hydrasmedusen nun aber wirklich nur Modificationen desselben Gebildes, wie wir nachgewiesen zu haben glauben, so wird man consequenter Weise, wenn man die ersteren noch fernerhin als blofse „Organe“ be- 88 trachten will, auch behaupten müssen, „dafs die quallenartigen Sprossen sammt und sonders nichts Anderes, als eine zweite eigenthümlich organisirte Form von Geschlechtskapseln darstellen, die, wenn auch eine Zeitlang frei umherschwimmend, doch nicht wirklich als Individuen anzusehen seien und auch kein eigentlich individuelles Leben führen“. Es ist das ein Axiom, über dessen Berechtigung wir mit Niemand streiten wollen. Mögen immer- hin Einzelne dasselbe vertreten — ich für mein Theil gestehe offen, mich nicht zu einer solchen Auffassung erheben zu können. Es scheint mir in der That unendlich viel ein- facher !), die sog. Geschlechtskapseln mitsammt den Hydrasmedusen, die doch in unver- kennbarer Weise wie andere Einzelwesen leben, als Individuen zu betrachten und das Verhältnifs derselben zu den Hydraspolypen von dem Gesichtspunkte der Arbeitstheilung aus aufzufassen. Bei den Hydroiden giebt es, nach meiner Ansicht, wie bei den Siphonophoren, besondere Geschlechtsthiere, die bald mit ihren Ernährungs- thieren zu einer gemeinschaftlichen Colonie verbunden bleiben und dann eine sehr einfache Organisation besitzen, bald auch für ein freies und selbstständiges Leben bestimmt sind und in diesem Falle nach Form und Bildung mit den Scheibenquallen übereinstimmen. Unsere Ansicht gewinnt, wie ich hoffe, noch mehr an Wahrscheinlichkeit, wenn wir darauf hinweisen, wie bei den Hydroiden nicht selten auch noch anderweitige Züge eines Polymorphismus vorkommen ?). So giebt es namentlich bei manchen colonieweis ver- bundenen Hydroidenformen besondere mit der Production der Geschlechtsthiere beauftragte Individuen, die man im Gegensatze zu den übrigen, den eigentlichen Ernährungsthieren, als proliferirende Individuen bezeichnen könnte ?). Bei Podocoryne carnea sind diese proliferirenden Einzelthiere mit einer geringeren Menge von kürzeren Fangarmen ver- sehen (Sars), bei Hydractinia (nach van Beneden und mir) enibehren sie sogar des Fangapparates — nur einige pelottenförmige Hervorragungen sind als Rudimente der Arme noch übrig geblieben — und der Mundöffnung, so dafs sie dann ausschliefslich in ihren Leistungen auf die Prolification beschränkt sind. Ebenso verhalten sich die proliferirenden Individuen der Sertularinen,, die sich durch ihre beträchtliche Gröfse und ihre Stellung in den Achseln der Zweige (daher die ältere Bezeichnung der sog. Achselzellen) von den Ernährungsthieren leicht unterscheiden lassen und ganz allgemein bei den genannten Formen vorzukommen scheinen. !) In diesem Sinne habe ich mich auch schon früher bei mehrfachen Gelegenheiten ausge- sprochen, obgleich Kölliker, der das Verhältnifs der Hydraspolypen und Hydrasmedusen jüngst nach seinen verschiedensten Seiten hin beleuchtet hat, dieser Möglichkeit mit keinem Worte gedenkt. ?) Vergl. Leuckart, über den Polymorphismus u. s. w. $. 22, 26. ®) Solche „proliferirende Individuen“ giebt es auch bei manchen Siphonophoren, wie nameni- lich bei Velella, wo dieselben in der Peripherie der Scheibe stehen und von dem einen ausschliefs- lich ernährenden (centralen) Thiere durch eine geringere Gröfse sich unterscheiden. Vergl. hierüber meine Bemerkungen in der Zischrft. für wissensch. Zool. a. a. O. S. 211. 89 Auch die rankenförmigen Ausläufer, mit deren Hilfe manche gröfsere Hydroidenstöcke auf ihrer Unterlage befestigt werden, möchten ohne Zweifel wohl ein neues Beispiel des Poly- morphismus uns vorführen. Schon ihre Uebereinstimmung mit den Zweigen des Thierstockes, die wir oben als das Product einer fortgesetzten Knospung kennen gelernt haben, wird diese Ansicht rechtfertigen. Es bedürfte zur völligen Bestätigung derselben vielleicht nicht einmal der interessanten Experimente von Cavolini (a. a. 0. S. 71), nach denen diese Triebe bei umgekehrten Polypenstöcken in einigen Wochen Mund und Tentakel bekommen, wie die Stiele der Ernährungsthiere, während die Knospen der früheren Zweige sich da- für in einfache fadenförmige Ranken ausziehen. — In dem Bilde des Polymorphismus, das wir mit seinen einzelnen Zügen soeben bei den Siphonophoren und Hydroiden aufgedeckt haben, begegnen wir u. a. auch der Er- scheinung des sog. Generationswechsels. Aus den Eiern dieser Thiere kommt, wie bei dem Generationswechsel, eine Brut, die beständig geschlechtslos bleibt und erst in einer spätern auf dem Wege der Knospenbildung erzeugten Generation zur Form und Bedeutung der Geschlechtsthiere zurückkehrt. Dieser Umstand an sich kann uns nicht überraschen, sobald wir nur bedenken, worauf ich schon bei einer frühern Gelegenheit hingedeutet habe (vergl. über den Polymorphism. S. 33, Art. Zeugung a. a. 0. $. 978), dafs die ganze eigenthümliche Erscheinung des sog. Generationswechsels sich in allen Fällen wesentlich nur als eine Arbeitstheilung auf dem Gebiete des Fortpflanzungslebens (Vertheilung der geschlechtlichen und ungeschlecht- lichen Vermehrung an verschiedene Individuen) ergiebt, mit dem Principe des Polymor- phismus also völlig übereinstimmt. Aber dieser Generalionswechsel ist hier nur ein einzelnes Glied einer Einrichtung, die das ganze Leben der betreffenden Thiere durch- ziehet und demselben einen so sehr eigenthümlichen Charakter aufdrückt. Aufser den Geschlechisthieren giebt es hier noch mancherlei andere heteromorphe Sprölslinge, deren Bildung wir nicht ohne Weiteres in die Vorgänge eines Generationswechsels mit ein- schliefsen können. Allerdings erreichen die Geschlechtsthiere in vielen Fällen eine gröfsere Selbstständigkeit, als diese übrigen heteromorphen Geschöpfe, aber es gilt das doch keineswegs für die Geschlechtsthiere aller Formen und mitunter sogar für männliche und weibliche Geschlechtsthiere in verschiedenem Grade. Das Verhältnifs, um das es sich hier handelt, wird deshalb denn auch durch die Amnahme eines einfachen Generationswechsels nur unvollständg bezeichnet. Man kommt der Wahrheit schon näher, wenn man dasselbe als einen Generationswechsel auflalst, der durch Hülfe einer polymorphen Ammengeneration vermittelt werde. Diese Auflassung empfiehlt sich um so mehr, als sie zugleich an die Entwicklungsgeschichte der wahren Scheibenquallen anknüpft, die bekanntlich auf dem Wege eines gewöhnlichen einfachen Generationswechsels an Jarvenartigen Ammen vor sich geht, welche mit den Ernährungs- thieren der Hydroiden (und Siphonophoren) die gröfseste Aehnlichkeit haben. Streng ge- Leuckart, zool. Untersuch. 1. 12 90 nommen palst diese Auffassung aber wiederum nur für gewisse Fälle, nur für jene, in denen die Geschlechtsthiere sich von ihrer Mutterstätte ablösen, um frei nach Art der Medusen ein eignes Leben zu führen *). Aber schon in diesen Fällen erreicht die (poly- morphe) Ammengeneration eine gröfsere Selbstständigkeit, als wir sie sonst bei den Vor- gängen des Generationswechsels zu beobachten gewohnt sind. Noch ein Schritt weiter und die Ammengeneration erscheint gewissermafsen als Hauptrepräsentant der betreffenden Thierart, während umgekehrter Weise die Geschlechtsthiere, die wir doch sonst gewöhnlich als den vollendeten Ausdruck der einzelnen Lebensformen ansehen, zu einem blofsen un- scheinbaren Gliede der polymorphen Colonie herabgesunken sind. Durch eine strengere und consequentere Arbeitstheilung geht der Generationswechsel allmählig in einen förmlichen Polymorphismus über. Die Frage nach der systematischen Stellung der Hydroiden und Siphonophoren hat durch die voranstehenden Erörterungen über die Natur dieser Thierformen schon ohne Weiteres, wie wir hoffen, ihre Erledigung gefunden. Auf der einen Seite erscheint es bei der Aehnlichkeit, ja der theilweisen Uebereinstimmung zwischen den Geschlechtsthieren dieser Geschöpfe und den echten Scheibenquallen nothwendig, diese Formen mit einander zu vereinigen — auf der andern Seite giebt es aber auch solche unverkennbare Unter- schiede in der Entwicklungsweise derselben und dem relativen Werthe ihrer einzelnen Entwicklungsformen, dafs diese Vereinigung unmöglich eine ganz vollständige sein kann. Ich habe schon bei verschiedenen Gelegenheiten darauf aufmerksam gemacht, dafs die Abtheilung der Cuvier’schen Radiaten zweierlei sehr verschiedene Typen in sich ein- schliefst, dafs die Acalephen mit den echten Polypen (den sog. Anthozoen) in allen we- senllichen Zügen ihrer Organisation übereinstimmen, mit den Echinodermen dagegen kaum eine gröfsere Aehnlichkeit haben, als etwa die Artikulaten mit den Vertebraten oder sonst einer Iypisch verschiedenen Thiergruppe mit bilateralem Körper. Die Abtheilung, die aus der Vereinigung der Acalephen und Polypen hervorgeht, habe ich — anknüpfend an die eigenthümliche Einrichtung des Nutritionsapparates — mit dem Namen der Coel- enteraten bezeichnet (zuerst in den Beitr. von Frey und Leuckart 8. 33). Dals wir zu einer solchen Vereinigung berechtigt, ja gezwungen sind, wenn wir überhaupt ein natürliches System erstreben, möchte sich heute wohl schwerlich noch län- ger in Zweifel ziehen lassen. Auch Huxley hat sich vor einiger Zeit (lInstit. 1851, N. 933) — olıne von meinen Ansichten zu wissen — in demselben Sinne ausgesprochen ") Die Eudoxienbildung bei den Diphyiden können wir wohl nicht als einen Generations- wechsel auflassen. Sie erscheint nur als die Trennung eines ursprünglich gröfsern Verbandes, als ein Vorgang, der bei den Erscheinungen der ungeschlechtlichen Vermehrung durch Wachsthunfspro- ducte (auch bei dem Generationswechsel, der ja nur eine besondere Form der ungeschlechtllichen Vermehrung darstellt) ganz aufserordentlich häufig ist. 91 und für die Abtheilung meiner Coelenteraten den Namen der Nematophoren (wegen der Ausstattung mit Fadenzellen) vorgeschlagen. In dieser Abtheilung der Coelenteraten können wir nun mit Fug und Recht drei Klassen unterscheiden, die Rippenquallen oder Ctenophoren (die wohl nur mit gänz- licher Verkennung ihres Baues nach dem Vorgange von Blainville hier und da, wie von Vogt, den Mollusken zugerechnet werden), die Scheibenquallen oder echten Acalephen und die wahren Polypen. In der Klasse der Scheibenquallen würden dann als einzelne Ordnungen aufser den wirklichen Scheibenquallen (Discophora) noch die Hy- droiden — mit ihren Medusenformen — und die Siphonophoren ihr Unterkommen finden können. Die Ordnung der Siphonophoren zerfällt nach unsern gegenwärtigen Kenntnissen wohl am natürlichsten in die Familien der Diphyiden, der Physophoriden, der Physaliden und Velelliden. Die Familie der Diphyiden enthält Siphonophoren mit eylindrischem Stamme ohne Luftblase, die nur mit wenigen — meist zweien — Locomotiven bewegt werden und der Taster entbehren. Die Nesselknöpfe sind einfach nierenförmig, die Geschlechtsthiere, so viel wir bis jetzt wissen, für beiderlei Geschlechter ganz gleich gebauet, meist auf ver- schiedene Stämme vertheilt und beständig, wenn auch in wechselndem Grade, medusen- artig. Hierher aufser den eigentlichen Diphyiden (Diphyes, Abyla und Verwandten) noch Epibulia, Praya, Hippopodius. Die Physophoriden sind Siphonophoren mit flaschenförmiger Lufthlase in dem obern Ende des ceylindrischen (nur bei Physophora in der untern Hälfte sackförmig ver- kürzten), meist mit zahlreichen Locomotiven versehenen Stammes, mit Tastern zwischen den Ernährungsthieren und schraubenförmig gewundenen Nesselknöpfen (wenn solche überhaupt vorkommen). Die Geschlechtsthiere sind beständig auf demselben Stamme vereint und zeigen in beiden Geschlechtern mancherlei meist sehr auffallende Verschie- denheiten. Die männlichen Geschlechtsthiere sind mehr oder minder medusenarlig, während die weiblichen einfache, fast bläschenförmige Anhänge mit einem einzigen Ei im Innern darstellen. Agalmä, Apolemia, Physophora, Athorybia, Stephanomia u. 5. w. Bei den Physaliden bestehen die Bewegungsapparate ausschlielslich in einer gro- (sen Luftblase, die den sackförmig verkürzten Stamm fast völlig ausfüllt. Die (mit ein- fachen rundlichen Nesselknöpfen versehenen) Fangapparate sind von den Ernährungsthie- ren getrennt und an der Wurzel besonderer sog. Tentakelbläschen befestigt. Taster und Geschlechtsthiere erst unvollkommen gekannt, letztere aber wahrscheinlich für beide Ge- schlechter verschieden. Physalia. Die Velelliden stimmen durch Abwesenheit der Locomotiven und Grölse der Luftblase (der sog. Schale) mit den Physalien überein, besitzen aber einen scheiben- 12* 92 förmig abgeplatteten Körper und gekammerte Luftblase. Nur ein einziges ausschliefslich für die Ernährung bestimmtes Individuum im Centrum der Scheibe. Die übrigen kleinern Ernährungsthiere sind zugleich für die Aufammung von förmlichen Scheibenquallen be- stimmt, die erst nach ihrer Abtrennung geschlechtsreif werden. Die Fangapparate erschei- nen als einfache Fäden ohne Nesselknöpfe im Umkreis der Körperscheibe. Hierher Ve- lella und Porpita. —_——en SB I Druckfehler: S. 56. Z. 8 v. o. polygastrischen statt poligastrischen S. 70. Z. 1 v. o. Apolemia statt Apolemi. S. 71. Z. 9 v. o. Formen statt Farten. S. 84. Z.2 v. u. inberbe statt inbebe. Druck von Wilh. Keller in Giefsen. ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN. DAR. 1. Fig. 4. Oberes Stammende von Agalma punctata mit Luftkammer und Luftsack im Innern. Bei a ein Haufen hervorknospender Schwimmglocken. Fünf Mal vergröflsert. Fig. 2. Schwimmglocke von Apolemia uvaria in der Profilansicht, Natürliche Gröfse. Fig. 3. Dieselbe in einer Ansicht von vorn. ® Fig. 4. Profilansicht einer Schwimmglocke von Praya eymbiformis in natürlicher Gröfse. Fig. 5. Entwicklung der Schwimmglocken von Agalmopsis rubra in ihren ersten Phasen. Natürliche Gröfse von a= 5“ vonb = 5,“ vonc = 75“. Fig. 6. Ein späteres Stadium aus der Entwicklungsgeschichte dieser Schwimmglocken. Na- türliche Gröfe = 4, Fig. 7. Junge, noch nicht völlig ausgebildete Schwimmglocke desselben Thieres mit Angel- organen (bei a). Acht Mal vergröfsert. Fig. 8. Accessorische Schwimmglocken von Praya cymbiformis mit stempelförmigem Central- anhang vor ihrer vollständigen Ausbildung. Acht Mal vergrölsert. Fig. 9. Früheres Entwicklungsstadium dieser Schwimmglocke. Natürliche Gröfßse = 773“. Fig. 10, Geschlechtsanhang (?) von Praya eymbiformis auf früher Entwicklungsstufe. Bei a eine zweite noch weniger entwickelte Knospe dieser Art. Natürliche Gröfse der Haupiknospe = 75“, der Nebenknospe = 375“. Fig. 11. Ein Stück vom Körperstamm der Agalmopsis rubra mit Magensack und Tastern (a). Bei b die hervorknospenden Nesselknöpfe (in reducirter Anzahl). Die Deckstücke sind hinwegge- lassen. Natürliche Grölse. Fig. 12. Ein Magensack von Epibulia filiformis mit Geschlechtsanhang (a), Fangfadenwurzel (b) und Deckschuppe. Bei c das Canalsystem der Deckschuppe. Fünf Mal vergröfsert. Fig. 13. Ein Magensack von Praya cymbiformis mit Fangfaden (b), accessorischer Schwimm- glocke, hervorknospendem Geschlechtsanhang (a) und Deckstück. Zwei Mal vergröfsert. Fig. 14. Isolirter Magensack desselben Thieres bei gleicher Vergröfserung. Fig. 15. Entwicklung der Magensäcke und Fangapparate am oberen Stammende desselben Thieres. Sechszehn Mal vergröfsert. Fig. 16. Zwillingstaster von Stephanomia contorla. Der gröfsere Taster enthält in seiner Spilze ein roth gefärbtes Secret. Fig. 17. Unvollständig entwickelter Magensack von Apolemia uvaria. Bei fünfundzwanzig- maliger Vergrölserung. Fig. 18. Nesselknopf von Hippopodius gleba bei achtzigmaliger Vergröfserung. Fig. 19. Nesselknopf von Agalma punctala. Zwanzig Mal vergrölsert. Fig. 20. Zweite Nesselknopfform desselben Thieres. Fünfzig Mal vergröfsert. Leuckart, zool. Untersuch. I. 13 94 Fig. 21. Querdurchschnitt durch den Nesselknopffaden von Agalma, um die Lagerung der Nesselorgane und ihr Verhältnifs zu dem Centralcanal zu verdeutlichen. Bei a das Angelband. Fig. 22. Eben solcher Querdurchschnitt durch den Nesselknopf von Hippopodius. Fig. 23. Entwicklung der Nesselknöpfe bei Hippopodius in ihren ersten Stadien. Achtzig Mal vergrölsert. Fig. 24. Junger, noch nicht vollständig entwickelter Nesselknopf desselben Thieres bei gleicher Vergröfserung. Fig. 25. Entwicklung der Nesselknöpfe bei Agalmopsis rubra. Fünfundzwanzig Mal ver- grölsert. v TAB. IH. Fig. 1. Deckstück von Agalma punctata. Fünf Mal vergröfsert. Fig. 2. Dasselbe Deckstück (in der Profilansicht) im Zusammenhang mit dem gemein- schaftlichen Körperstamm. Fig. 3. Deckstück von Agalma clavata, bei fünfmaliger Vergröfserung in der Profilansicht. Fig. 4. Deckstück von Praya cymbiformis vor vollständiger Ausbildung. Fünf Mal vergrölsert. Fig. 5—7. Entwicklung der Deckstücke bei Agalma punctata. Fig. 5= 33“, Fig.7= 25, Bieser Fig. 8 u. 9. Entwicklung der Deckstücke bei Epibulia filiformis. Fig. 8 = 1%‘, Fig. 9 = 4, Fig. 10. Ein Stück vom Körperstamm der Stephanomia contorta mit seinen Anhängen. Beia die Geschlechtsanhänge, männliche und weibliche an der Basis der Drillingstaster. Natürliche Gröfse. Fig. 11. Das Ende des Magenstieles mit unvollständig entwickelten Deckstücken. Fig. 12 u. 13. Entwicklung der Magensäcke mit Fangfaden und Deckschuppen bei Stepha- nomia contorla. Zwanzig Mal vergröfsert. Fig. 14. Ein Stück vom Körperstamm der Agalmopsis rubra mit Taster und Geschlechts- anhängen. Bei a,a die männlichen Geschlechtsanhänge. Natürliche Gröfse. Fig. 15. Weibliche Geschlechtsanhänge von Hippopodius gleba auf verschiedenen Stufen der Entwicklung bei achtmaliger Vergröfserung. Fig. 16. Männliche Geschlechtsanhänge von Stephanomia contorta auf verschiedenen Stufen der Entwicklung bei gleicher Vergröfserung. Fig. 17. Entwicklung der männlichen Geschlechtsanhänge von Epibulia filiformis. a = 77°, b = DE 4 d = 3 = SER Fig. 48. Ausgebildeter männlicher Geschlechtsanhang von Agalmopsis rubra bei fünfmaliger Vergröfserung. Fig. 19. Weibliche Geschlechtsanhänge von Agalmopsis bei zwanzigfacher Vergröfserung. Das Canalsystem im Innern ist bei a rudimentär, bei b in Form eines Netzwerkes entwickelt. Fig. 20. Unvollständig entwickelte weibliche Geschlechtsanhänge von Stephanomia contorta. Vierzig Mal vergrölsert. Fig. 21. Entwickelter weiblicher Anhang desselben Thieres, bei dreifsigmaliger Vergröfserung. Fig. 22. Weibliche Geschlechtsanhänge von Apolemia uvaria auf verschiedener Entwicklungs- stufe. Fünfzig Mal vergrölsert. Fig. 23. Eine junge Agalma punctata (vor Entwicklung der Schwimmglocken) mit einem einzigen ausgebildeten Magensacke. Grölse = 14%. Fig. 24. Ein junger Hippopodius gleba mit zwei Schwimmglocken. Sechs Mal vergröfsert. Fig. 25. Weichtheile desselben Thieres nach Abtrennung der Schwimmglocken, deren Inser- tionsstelle noch an den Stielen zu erkennen ist. "TAB. IE. Fig. 1. Vollständiges Exemplar von Abyla pentagona mit allen seinen einzelnen Anhängen. Bei sechsmaliger Vergröfserung. Fig. 2. Aglaismaform von Abyla pentagona (Aglaisma pentagonum) mit Schwimmstück bei viermaliger Ve rgröfser ung. a, Schwimmstück allein, sechs Mal vergröfsert. Fig. 3. Weichtheile von Aglaisma pentagonum, fünfundzwanzig Mal vergrölsert. Bei a ein neu hervorknospender Magenanhang mit Anlage des Fangfadens. Fig. 4. Saugröhrenstück von (Aglaisma pentagonum oder) Abyla pentagona in verschiedenen Lagen. Fünf Mal vergröfsert. a im Profil, b von hinten, e von vorn. Fig. 5. Schwimmstück von Abyla pentagona im Zustande der völligen Entwicklung. Natür- liche Gröfse. Fig. 6. Dasselbe Schwimmstück in der Vogelperspective. Vergrölsert. Fig. 7. Saugröhrenstück von Eudoxia cuboides, mit Flüssigkeitsbehälter im Innern. Sechs Mal vergröfsert. Fig. 8. Weichtheile von Eudoxia cuboides, bei zwanzigmaliger Ve rgrölserung. Fig. 9. Eudoxienform von Abyla pentagona (Eudoxia cuboides) mit allen ihren Theilen in der Profilansicht. Sechs Mal vergröfsert. Fig. 10. Eudoxia cuboides mit zwei entwickelten Geschlechtsanhängen (Schwimmstücken) von vorn gesehen. Sechs Mal vergröfsert. Fig. 11. Vollständiges Exemplar von Diphyes acuminata mit allen einzelnen Anhängen. Sechs Mal vergrölsert. Fig. 12. Saugröhrenstück (a) und Schwimmstück (b) von Diphyes acuminata in natürlicher Gröfse. Fig. 13. Querdurchschnitt durch das Saugröhrenstück (a) und Schwimmstück (b) desselben Thieres. Fig. 14. Deckstücke von Diphyes acuminata auf verschiedener Entwicklungsstufe. Fünfzehn Mal vergrölsert. Fig. 15. Saugröhrenstück von Eudoxia campanula mit Flüssigkeitsbehälter im Innern. Neun Mal vergröfsert. Fig. 16 u. 17. Eudoxia campanula (Eudoxienform von Diphyes acuminata) mit allen ein- zelnen Anhängen bei fünfmaliger Vergrölserung. Fig. 18. Dasselbe Thier bei zwölfmaliger Vergröfserung. Fig. 19. Ausgebildeter männlicher Geschlechtsanhang von Diphyes acuminata (Schwimmstück von Eudoxia campanula). Neun Mal vergröfsert. Fig. 20. Ausgebildeter weiblicher Geschlechtsanhang von Abyla pentagona (Schwimmstück von Eudoxia cuboides) bei neunmaliger Vergrölserung. = no u a, A PT TE We vrhlln. her Be a ö | ee im er ’ Hanni v, a! sky Kr Een LEER ICH) N RO } Ilka Ta m Ru 17 00, Kia Ill. fan. „wtahla kr ua nr Men eh mean re u war, Is FICK Wurde r rue re ie My N HE B l en el au Ba ind 74 ii Sue NET a rn] | EINE „a0 ee Kinn Alm en Ban WIRT N f ; vn L i j { Kin N, 4 i- Ir “ j alt RR aan Fun EEE Na Bay PA ui N Ei e a kehany R Ne a en 5 j Ar K jr p Le f 2 r s - a MN. ms u ne - ® Fig 22, ® Tig8. S © . * er & . ’ . 5 , A per 7 hir a - - * A D "a F ’ h E + < f- h ” ‘ * y % L} | u ” Zn ZZ 5 j “ ” [4 " | r L vucg' w ) ar 4 D ZOOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN Dr. RUDOLF LEUCKART. ZWEITES HEFT: SALPEN UND VERWANDTE. — a mZ——— "GIESSEN, 1854. J. RICKER’SCHE BUCHHANDLUNG. I Hal ERUYIE m, ® D AranaWär? ans iaszun u Sn V Rn I iur | { D ar :A I OR h & iR u \ al % Lyr. AR A q ER h RR. ; a a u Bo, DIE >. PEN OT. HORSE EINE ZOOLOGISCHE UNTERSUCHUNG voX Da. RUDOLF LEUCKART. MIT DREI LITHOGRAPHIRTEN TAFELN. m__— 2.—a——— ,_ GIESSEN, 1853. J. RICKER’SCHE BUCHHANDLUNG. „as Lau u u yN a Aal u » > an R N Mn 0 * R j Da er - ’ “ Berl Be ei‘ 4 Rn 1 1 A P Inu ai urn - e Ma N 5 De FR ? vi vn neh Er, ne Na | mag ES /EAOHTOLR 174 „Fa NR (A Y f et Bi A u ) Ps; N | . Behr. - \ Me 2 { N >. 2 x P #2 i h j ni f 1 ;2 . \ Ä u. Pr) ; Bir Bi u 7 \* eh, ' AR \ \ j pe \ A a R a Br vl Pi | N A er ; ei ' n | 3) 5 4 > k D - r 4 [2 0 j k 15 de A # N h iR P ’ 5 PR‘ ‘a N Aa 5 ar SPUR EDEN. APRIETIOSEOEN 2 I { 3 Y | TER aa a AR P eh | ” e s 2 | \ Te 2 r L, . u) P : 2 . A } 4 u a 2 - > r 5 > | IN - ’ ’ SUR ’ 5 eh nt b * = 2 RN j % EN E Pr # = E Tan 5 4 x | ee > 2 r üL EN a Fr | om E Bi AT Y, u Ä 1 - # e “u [3 P ’ r a: j ZUR ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DER TUN EIO RATEN ZOOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN VON Da. RUDOLF LEUCKART. MIT ZWEI LITHOGRAPHIRTEN TAFELN. GIESSEN, 1854. J. RICKER’SCHE BUCHHANDLUNG. Or \ i ars EEE u - 3 | 3. a re i 3 ne A ud nn Pr >. ar ko B | £ x Er ut: en et | a Bat vr uw LETKOTUURE u \ an | 2 >. BE ö I, h | j BE HLÖTDAHVERTE UHREN A e } 2 | j In - en e Mn. : h | I% ü . . \ ' $ h T $ f ? RU WUU EN ENT 0n I Ber BE n E DL ver fi > 0 ß We % N AD N CHEN "u y P nei e Y yes PL A nr dt | ve TEN 5 Br. 2% ER Va e (REN Li . j A: ‚ u > 2 ‘ , u Ki > » > 1% De: E 4 f ° u z ad Fa 5 ı W 1 Br u ’ f N 1: az I k E SE AıEP EN. Leuckart, zool. Untersuch. 1. = ® , D ö e f f } | = j (Au a 2417) u b { Er DE ©, u. R { x ri ‚A 5 A I \ f a f } ip L j > y f MU \ ah . 1 R ) jL nz ' ' ul 2 % 4 j F N - \ * & “ 2 v 7 - ’ Li ü ! R - na . p ir \ ö ee‘ \ ML a 4% un " 4 y { y [V I j > \ j = u un Auen \ j \ } X 1 i j A ’ } « 5 # U ‘ 3 j' I 4 i ı 4 j x N N a! Br P wg, ei wu Nie ar: X Ah Ko [ wei g Er a] q s T {} v 1 ke Ir F ’ { ' .- A hy % £ j N ‘ . i D ut AurR h Kih D 2 ' [ ‚ B ’ BR LEN ‚2. 1 a A ff 3 Az == v Hi, br, s 2 j wi ' TE } » ar \ z hin Pa di Tom r & > en Dr ” ni j s » Ds P} I kiss aM Ara i 2 re IE 0 n - A Ber”. Me 2 TU REr Et BR ‚ Le! > ı ” 2 N r # [1 7 } [ f u “ d Pr ir ae ) £ a ‚ F Uyı #n E 5 e fi LI I . . u 2, ; Es giebt vielleicht keine Thiergruppe, deren Geschichte in den Annalen unserer Wissenschaft mit einer solchen Menge ungenauer, fragmentarer und widersprechender Angaben verzeichnet steht, als die Gruppe der Salpen. Seit fünfzig Jahren sind diese Thiere unzählige Male von Zoologen und Anatomen beobachtet worden, und doch ist das Studium derselben immer noch versprechend und lohnend für den Forscher. Trotz den vortrefflichen neueren Darstellungen von Sars (Fauna littor. Norveg. 1846. I. p. 63) und Krohn (Annal. des science. natur. 1846. T. VI. p. 110), von Huxley (Philos. Transact. 1851. p. 567) und Vogt (Bilder aus dem Thierleben S. 26), auch trotz den vielfach ergänzenden Mittheilungen von H. Müller (Verhandl. der Würzb. Gesellsch. 1852. S. 57 und Zeitschrift für wiss. Zool. IV. S. 329) giebt es immer noch manche Punkte im Bau und Leben dieser sonderbaren Geschöpfe, die der weitern Aufklärung, manche Angaben, die der Bestätigung oder Widerlegung bedürfen. Mag es mir erlaubt sein, hierzu mein Scherflein beizutragen. Es ist bekannt, dafs das Mittelmeer an Salpen aufserordentlich reich ist. Die zuerst von dorther beschriebenen eilf Arten, die dem alten Forskäl (Deseript. animal. 1775. p. 112) als Typen seines Genus Salpa dienten, sind durch die fortgesetzten Beobach- tungen anderer Forscher allmählig zu einer ganz erklecklichen Menge herangewachsen. Durch die Entdeckung, oder vielmehr die Wiederentdeckung des Generationswechsels bei den Salpen ist die Zahl dieser Arten nun allerdings reichlich um die Hälfte verkleinert worden, aber trotzdem dürfen wir dieselbe wohl immer noch auf mehr als ein Dutzend veranschlagen. (Krohn beobachtete in Messina allein sieben gute Arten, zu denen H. Müller später noch drei andere hinzufügte.) Mir selbst sind während meines Aufent- haltes in Nizza vier Salpenarten zu Gesicht gekommen, S. pinnata, $. africana-maxima, S. runeinata-fusiformis und S. democratica-mucronata, die aber keineswegs die ganze Salpenfauna dieser Gegend ausmachen !). Die dritte und vierte Art wurden an einigen ) Vogt (a. a. 0. S. 38) beobachtete in Nizza aufserdem noch die S. punctata, Verany die S. Tilesii und S. bieaudata. (Die von Milne Edwards in der Prachtausgabe von Cuvier, Regne animal. Mollusq. Pl. 121 abgebildete Salpa clostra aus dem Nizzaer Golf scheint mir kaum von S. fusiformis specifisch verschieden zu sein.) 1* 4 windstillen Tagen in unermelslicher Menge auf der Oberfläche des Meeres zwischen Nizza und Villa franca angetroffen und vorzugsweise für meine Untersuchungen verwendet. S. pinnata und $. maxima-africana kamen dagegen immer nur vereinzelt, die erstere in ihrer Kettenform, die andere als Ammenform zur Beobachtung. Körperbildung. Ueber den Körperbau der Salpen im Allgemeinen kann ich mich kurz fassen. Ich darf denselben als hinreichend bekannt voraussetzen. Am leichtesten versinnlicht man sich die Gestalt und Bildung dieser Thiere durch den Vergleich mit einem diekwandigen Fasse, dessen Böden von einer weiten Oeffnung durchbrochen sind. Der innere Raum dieses Körpers ist die sog. Athemhöhle, die in diagonaler Richtung von der cylindrischen Kieme durchsetzt wird. Muskeln und Eingeweide liegen in der Wand des Körpers, die letzteren in der Regel (ausgenommen ist bekanntlich $. pinnata und einige andere ver- wandte Formen) zu einem kugligen Haufen (nucleus) zusammengeballt, der an dem einen Ende des Körpers mehr oder minder weit nach aulsen vorspringt. Das entgegengesetzte Ende ist durch die Annäherung des centralen Nervensystemes (Hirnganglion) charakte- risirt. Mund und After und Geschlechtsorgane münden an der inneren Fläche in die Athemhöhle aus. Ein Längsschnitt, der durch Hirnganglion und Kieme senkrecht auf die Leibesachse geführt wird, theilt den ganzen Körper in zwei symmetrische Hälften. Man hat bekamntlich viel darüber gestritten, welches Körperende bei den Salpen als das vordere, welches als das hintere aufzufassen sei, sich in neuerer Zeit aber wohl ziemlich allgemein dahin vereinigt, dafs das erstere in der Nähe des Nervenknotens, das andere dagegen in der des Nucleus zu suchen sei. Man bezieht sich zur Rechtfertigung dieser Ansicht auf die Schwimmbewegungen der Salpen, bei denen das erstere Ende nach vorn gekehrt ist, so wie darauf, dafs die betreffende Oelfnung zur Einfuhr von Wasser (und Nahrungsstoffen) in die Athemhöhle, die andere dagegen zur Ausfuhr bestimmt sei. Das regelmäfsige Spiel dieser Oeffnungen wird bekanntlich durch die Muskulatur und den Klappenapparat derselben unterhalten. Die Klappen der vorderen Oeflnung (eine obere und untere Leiste von halbmondförmiger Gestalt) sind von ansehnlicher Gröfse und nach innen gekehrt und werden bei einer Contraction der ringförmigen Körpermuskeln und der dadurch bewirkten Verengerung der Athemhöhle durch den Andrang des Wassers (auch wohl durch gleichzeitige Contraction der vorderen Schliefsmuskeln) vollständig geschlossen, so dafs dann nur noch die hintere, mit einer kürzeren, mehr ringförmigen Klappe versehene und kleinere Oeffnung zum Austritt übrig bleibt). Der Austritt des ") Die Klappe dieser hinteren Oeffnung kannte schon Pallas (Spicil. zool. Fasc. X. p. 27). Nichts desto weniger ist sie aber den spätern Anatomen bis auf Eschricht entgangen. Vgl. Eschricht, b) Wassers geschieht mit einer gewissen Gewalt, die den Körper nach dem Geselze des Rückstofses in entgegengesetzter Richtung, die Eintrittsöffnung also nach vorn, fortstöfst, um so weiter, je kräftiger die Zusammenziehung der Muskeln und der Austritt des Wassers stattfand. Der Eintritt des Wassers geschieht während der Erweiterung der elastischen Körperhüllen, bei der die vordere Oeflnung durch ein Paar besondere Längs- muskeln vergrölsert und die hintere gleichzeitig durch Zusammenziehung ihrer ringförmi- gen Sphincteren geschlossen wird. Der oben geschilderte Vorgang der Wasseraufnahme und Ausfuhr ist nun allerdingz der gewöhnliche bei den Salpen, allein von ältern und neuern Beobachtern (auch von Sars und Huxley) ist doch schon mehrfach mit Recht hervorgehoben worden, dafs sich diese Thiere auch in entgegengesetzter Richtung schwimmend fortbewegen können, durch einen Mechanismus also, bei dem die beiden Oeflnungen ihre gewöhnlichen Rollen geradezu vertauschen. Unter solchen Umständen scheint es nun, als seien die Gründe für die geltende Auf- fassung des Salpenkörpers keineswegs die sichersten. Die Bezeichnungen von vorn und hinten bei den Thieren haben überhaupt, wie sie wenigstens in der Regel gehandhabt werden, nur einen relativen Werth. Man berücksichtigt dabei vorzugsweise die Bewe- gungsart und die Haltung des Körpers, aber hierin giebt es bekanntlich schon bei nahe verwandten Thierformen nicht selten die grölsesten Verschiedenheiten. Wollen wir mit unsern Bezeichnungen die einzelnen Punkte des Körpers morphologisch bestimmen, so setzt das in allen Fällen eine Rücksicht auf den Typus des Baues, eine Vergleichung mit den verwandten Thierformen voraus. Die Thiere, mit denen die Salpen nach ihrem morphologischen Plane zunächst zusammengehören, sind bekanntlich die Aseidien. Auch hier haben wir an dem fest- sitzenden sackförmigen Körper zwei Oeflnungen, von denen die eine der Anheftungs- stelle gegenüber liegt, während die andere in gröfserer oder geringerer Entfernung unterhalb derselben — und zwar in der Mittelebene das Körpers — gelegen ist. Die erstere führt in den Athemsack und von da aus in den Mund, sie ist die sog. Athemöffnung, während die andere zur Ausfuhr des Wassers und der Exeremente dient und mit einem besondern Kloakraum zusammenhängt. Diese beiden Oeflnungen entsprechen demnach in physiologischer Beziehung den Endöffnungen der Salpen. Ueber ihre morphologischen Beziehungen zu denselben kann man indessen nicht ohne Weiteres entscheiden, da bei den Salpen der Kloakraum mit dem Athemraum zusammen- flielst und überdiefs, wie wir uns überzeugen mulsten, die Ein- und Ausfuhr des Wassers hier nicht so ausschliefslich und regelmäfsig durch dieselbe Oeffnung vermittelt wird. anatom.-physiol. Undersoegelser over Salperne in den Abhandlungen der Königl. dänischen Akadem. Th. VII, p. 318. (Ein Auszug der Eschricht’schen’ Schrift findet‘sich in Oken’s Isis 1843. $. 761.) 6 Nach dem gewöhnlichen funetionellen Verhalten wird man nun allerdings geneigt sein, die sog. vordere Oeffnung der Salpen mit der Athemöffnung der Ascidien, die enigegen- liegende mit der Kloaköffnung dieser Thiere zu parallelisiren, und die Lagerung der inneren Organe scheint mit einer solchen Auffassung auch wirklich am meisten überein- zustimmen. Durch die Vergleichung der betreffenden Thiere mit ‚dem höchst interessanten Gen. Dolioum — ich beobachtete in Nizza leider nur ein einziges Mal die geschlechts- reife Form von D. denticulatum — , das zwischen den Ascidien und Salpen gewisser- mafsen in der Mitte steht, wird diese Auffassung vollständig gerechtfertigt. Mit der Gestalt und den Endöflnungen der Salpen verbindet dieses Thierchen eine Kiemenform, die an die Bildung der Respirationsorgane bei den Ascidien sich anschliefst und den Innenraum des Körpers in eine förmliche Athemhöhle und eine Kloakhöhle abtrennt. Das Kiemenrohr der Salpen hat hier rechts und links eine blattförmige Ausbreitung , die sich dergestalt an die Seitenwände des Körpers ansetzt, dafs dadurch gewissermalsen ein diagonales Diaphragma gebildet wird. Nach der sog. hinteren Oeffnung zu ist dieses Diaphragma etwas gewölbt, es bildet also mit Hülfe der Körperwandungen zwischen den Seitenrändern einen förmlichen Kiemensack, der durch die vordere Endöffnung nach aulsen führt und, wie bei den Ascidien, mit der Mundölfnung zusammenhängt. Der hintere Kloak- raum nimmt, gleichfalls wie bei den Ascidien, die Afteröffnung und Mündungsstelle der (männlichen) Geschlechtsorgane auf und führt durch die hintere Endöffnung nach Aufsen. Die sog. vordere Oeffnung der Salpen entspricht also auch morphologisch der Athem- öffnung der Aseidien, die andere der Kloaköflnung. Die Lage dieser beiden Oeffnungen bei Salpen und Aseidien ist aber eine verschiedene, sonder Zweifel in Uebereinstimmung mit den Anforderungen der jedesmaligen Lebensweise; es fragt sich nun weiter, wie diese Verschiedenheit morphologisch zu erklären se. Wenn wir berücksichtigen, dafs die Lage der Kloaköffnung schon bei den Aseidien mancherlei Differenzen in ihrer Ent- fernung von der Athemöffnung zeigt), während die letztere im Verhältnifs zu den innern Organen beständig dieselbe Lage einnimmt, so wird man gewils zunächst der Vermuthung Raum geben, dafs die hervorgehobene Verschiedenheit auch bei den Salpen auf Rechnung der Kloaköffnung komme. Und dafs dem wirklich so sei, wird man nicht länger bezweifeln können, wenn man durch die Untersuchung von Salpenembryonen zu der Ueberzeugung kommt, dafs beide Oeffnungen auch bei diesen Thieren Anfangs einander angenähert sind, wie bei den Aseidien. Es giebt, wie wir später sehen werden, in der Entwicklungs- geschichte der Salpen eine Periode, in welcher der Nucleus und nicht die Kloaköffnung der Kiemenöffnung gegenüberliegt, in welcher also Verhältnisse existiren, wie sie bei den !) Man denke hier nur an Pyrosoma, dessen Kloaköffnung der Athemöffnung diametral gegen- überliegt, wie bei den Salpen. ; 7 Ascidien zeitlebens stattfinden. Erst später, wenn der Anfangs stark prominirende Nu- cleus allmählig in seiner Entwicklung zurückbleibt, ändert sich dieses Lagenverhältnifs, indem die Kloaköffnung von da an immer mehr nach rückwärts zu rücken scheint, bis sich allmählig die spätere Anordnung hervorbildet. Auch im ausgebildeten Zustande sind übrigens die beiden Endöffnungen der Salpen auf der einen, dem Nucleus gegenüberlie- genden Fläche beständig einander mehr angenähert, als auf der andern. Mag nun diese Lagenveränderung der Kloaköffnung eine wirkliche oder nur schein- bare sein, so viel ist gewils, dafs die Lage der Athemöffnung denjenigen Punkt bezeichnet, von dem aus wir am sichersten über die morphologische Anordnung des Salpen- körpers uns orientiren können. Die Lage der Athemöffnung ist bei Salpen und Aseidien dieselbe. Wenn diese Thiere nun aber wirklich, wie man ganz allgemein jetzt annimmt, Mol- lusken sind, wenn sie also denselben Typus des Baues uns vorführen, wie wir ihn bei den Muscheln, Schnecken, Tintenfischen finden, so kann wohl kaum darüber ein Zweifel obwalten, dals die sog. Athemöffnung derselben nicht das vordere, sondern das hintere Körperende bezeichnet. Die schon von Cuvier hervorgehobene Analogie zwischen den Blattkiemern und den festsitzenden Aseidien beweist das zur Genüge. Um dieses noch weiter zu erhärten, habe ich in den untenstehenden drei Figuren den schematischen Durchschnitt einer Bivalve (Fig. D, Ascidie (Fig. I) und Salpe (Fig. IN) neben einander gestellt und die morphologisch entsprechenden Theile mit den- selben Buchstaben bezeichnet. Fig. III. 1 Athemöffnung; 2 Kloaköffnung; 3 Fufs (Schwanz, Placenta); A Athemhöhle; B Kloak- höhle; a Kieme; 5b Mundlappen; ce Magen; d Geschlechtsdrüse; e Herz; f Ganglion. Ein Blick auf diese Abbildungen wird, glaube ich, mehr als eine weitere Auseinan- dersetzung dafür sprechen, dafs die sog. vordere Endöffnung der Salpen in der That morphologisch, d. h. im Verhältnifs zu dem Typus des Molluskenbaues, als hintere auf- zufassen sei, wie auch schon früher bisweilen (namentlich von Cuvier) ange- nommen wurde — obgleich diese frühern Annahmen weniger an die allgemein morpho- logischen Verhältnisse des Baues, als vielmehr an eine irrthümliche Auffassung der 3 functionellen Bedeutung der beiden Endöffnungen anknüpften ?). In Bezug auf die Lebens- verhältnisse der Salpen mag man die betreffende Oeffnung übrigens immerhin eine vordere heifsen — wir selbst werden in solchem Sinne mitunter diese Bezeichnung gebrauchen : diese Bezeichnung wird aber unrichtig, sobald man sie zum Zwecke einer weitern Orien- tirung oder gar einer Vergleichung mit andern Thieren zu Grunde legt. Dasselbe Schicksal, wie die Bestimmung von Vorn und Hinten, hat bei den Salpen auch die von Rücken und Bauch gehabt. Die grölsere Mehrzahl der Forscher hat sich dafür entschieden, die sog. Hirnfläche für die Rückenfläche anzusehen. Ich theile diese Ansicht vollkommen, nicht etwa, weil ich das Ganglion der Salpen und das sog. Gehirn der höhern Mollusken für homologe Gebilde halte, wie das — wenn auch vielleicht nur stillschweigend — gewöhnlich geschieht (das Ganglion der Salpen und Aseidien entspricht morphologisch offenbar dem sog. Kiemenganglion der Bivalven), sondern vielmehr dels- halb, weil — man vergl. unsere Abbildungen — die ganze Anordnung der Eingeweide, namentlich auch die Lage des Mundes, die bei allen Mollusken eine ventrale ist, am vollständigsten mit einer solchen Auffassung übereinstimmt. Dafs die Salpen mit der Kernfläche nach unten schwimmen, kann man hierbei nicht in Anschlag bringen; das thun auch die Heteropoden, obgleich bei ihnen der Nucleus ein dorsaler ist. Nach der Ana- logie mit diesen Schnecken hat man übrigens auch bei unsern Salpen die Kernfläche zur Rückenfläche stempeln wollen, aber diese Analogie ist doch nichts weniger als zwin- gend, da die Anwesenheit eines Eingeweideknäuels an sich noch keineswegs auch die Localisirung desselben an einem bestimmten Orte voraussetzt. Weit bedeutungsvoller scheint es, wenn Huxley zur Begründung dieser Ansicht auf die Lage des Herzens verweist, die doch bei allen Mollusken eine dorsale sei, allein auch bei den Salpen liegt das Herz seiner Hauptmasse nach über der Bauchfläche. Dafs es nicht bis an die dorsale Mantelfläche emporrückte, sondern in unmittelbarer Nähe des Mundes und Afters ange- troffen wird, hängt hier offenbar (abgesehen von der Bildung des Respiralionsapparates) mit der gewaltigen Entwicklung des Kloakraumes zusammen, durch welche die Rücken- fläche des Nucleus, der die vegetativen Eingeweide aufnimmt, der Bauchfläche im höch- sten Grade angenähert wurde. Was wir hier über die architektonischen Verhältnisse des Salpenkörpers bemerkt haben, gilt für beide Generationen, die der Ammen und der Geschlechisthiere, in dersel- ben Weise. Ammen und Geschlechtsthiere stimmen bei den Salpen bekanntlich in den wesentlichsten Verhältnissen ihres Baues unter einander überein und gleichen sich in manchen Arten ($. pinnata, S. democratica-mucronata u. a.), trotz einzelner Unterschiede in der Entwicklung der inneren und äulseren Theile, so auffallend, dafs sie fast augen- ») Cuvier erklärte die Kloaköffnung der Salpen (S. pinnata) delshalb für die vordere, weil er sie für die Eintrittsöfnung (Athemöffnung,) hielt. 9 blicklich als zusammengehörende Formen derselben Species erkannt werden. In andern Fällen finden sich aber auch schon in Gestalt und Gröfse und Habitus sehr merkliche Verschiedenheiten. Die äufsern Unterschiede zwischen den beiden Generationen der Salpen beziehen sich offenbar zum gröfsten Theile auf die Verschiedenheiten der Entwicklung und der spätern Lebensverhältnisse. Während die Ammen aus einem befruchteten Ei hervorgehen und beständig solitär sind, bilden sich die Geschlechtsthiere bekanntlich in grölserer An- zahl neben einander durch Knospung an einer gemeinschaftlichen Keimröhre und bleiben auch nach ihrer Geburt noch eine längere oder kürzere Zeit gruppenweis (zu einer sog. Salpenkette) unter sich vereinigt). Eine solche Verkettung setzt nun aber natürlicher Weise gewisse Einrichtungen voraus, und diese Einrichtungen (Haftorgane) eben sind es, auf denen vorzugsweise die äufsern Auszeichnungen der Geschlechtsthiere bei den Salpen beruhen. Wir werden den Bau dieser Haftorgane später noch besonders kennen lernen; ich will hier einstweilen nur darauf aufmerksam machen, dals die Anordnung derselben je nach der Art der Ver- einigung und der Form der Salpenkette (vergl. Krohn, 1. c. p. 125) bei den einzelnen Species mancherlei Verschiedenheiten darbietet. Die S. pinnata, deren Geschlechtsthiere bekanntlich eine ringförmig geschlossene Kette bilden, besitzt nur (Tab. 1. Fig. 2 c) ein einziges, aber sehr ansehnliches Haftorgan von beilförmiger Gestalt, das von der Median- linie der Ventralfläche hinter der Athemöffnung abgeht und, gleich den Speichen eines Rades, im Mittelpunkte der Kette mit dem Haftapparate der Nachbarn und gegenüber stehenden Individuen sich vereinigt. Bei S. mucronata finden sich (Ibid. Fig. 1 c) acht !) Ich kann die Ansicht von Krohn (l. c. p. 127) nicht theilen, dafs die gruppenweise Vereinigung der geschlechtlich entwickelten Salpen beständig das ganze Leben über dauere, indem eine Isolation nothwendig den Tod zur Folge habe. Die Auflösung einer Salpenkette ist allerdings wohl schwerlich jemals eine freiwillige, aber Zufälle der manchfachsten Art können sie mit grolser Leichtigkeit herbeiführen. Man trifft im freien Meere — je nach der Festigkeit des Verbandes häufiger oder seltener in den einzelnen Arten — neben gröfseren Salpenketten auch kleinere von 4,6, 8 u. s. w. Individuen und selbst vereinzelte Geschlechtsthiere in Menge, kann diese auch in der Gefangenschaft eben so lange, wie die solitären Formen, lebend erhalten. Für die Nothwen- digkeit des Todes in Folge der Vereinzelung möchte sich wohl schwerlich irgend ein physiologi- scher Grund anführen lassen, da bei derselben keinerlei wichtige Theile verletzt werden, und eine jede einzelne Salpe mit allen Organen zu einem selbstständigen Leben versehen ist. (Die Behauptung von Meyen in den Nov. Act. Acad. Caesar. Leopold. XVI. 1. p. 403, dafs vereinzelte Glieder einer Salpenkette sich wieder aneinander reihen könnten, ist so oft bereits, namentlich auch von Esch- richt, widerlegt worden und widerspricht so sehr allen unsern spätern Erfahrungen, dafs man sie trotz der Bestimmtheit, mit der sie vorgetragen wurde, für beseitigt ansehen darf. Wie wenig genau Meyen beobachtete, geht schon daraus hervor, dafs er eine Trennung und Wiedervereini- gung auch bei S. democratica, die doch beständig solitär ist, gesehen haben wollte.) Leuckart, zool. Untersuch. II. 10 (nicht sechs bis sieben, wie Sars angiebt) Haftapparate in vier Längsreihen hinter ein- ander, zweien lateralen und zweien ventralen. Die erstern dienen zur Verbindung mit den beiden seitlichen Nachbarn, die andern zur Verbindung mit den beiden gegenüberstehen- den : die Kette von $. mucronata besteht aus zwei neben einander liegenden Reihen mit alternirenden, diagonal stehenden Individuen ?). Die diagonale Stellung der einzelnen Individuen resultirt aus der verschiedenen Höhenlage der miteinander zusammen hängenden Haftapparate. Während die Haftorgane der bisher erwähnten Arten leicht auffallen, sind die von S. fusiformis (und S. maxima) — besonders bei den grölsern Individuen — im höchsten Grade rudimentär *). S. fusiformis bildet allerdings ebenfalls eine zweizeilige Kette mit alternirenden Individuen, die ihre Rückenfläche nach Aufsen kehren, aber der Längsdurch- messer der Kettenglieder fällt hier (wie Sars l. c. Tab. VIN, Fig. 44 so schön abge- bildet hat) mit dem Längsdurchmesser der Kette zusammen. Die Verbindung der Glieder wird nicht ausschlielslich durch Haftorgane vermittelt, sondern auch durch die lang aus- gezogenen Körperenden, die unterhalb der Endöffnungen an der Kernfläche in Form eines conischen Fortsatzes vorspringen®) und bei der Kettenbildung sich keilförmig über ein- ander schieben.- Die Haftorgane haben eine höckerförmige Bildung und beschränken sich auf die Mittellinie der Endanhänge und Bauchfläche, finden sich bei den erstern aber auch auf der dorsalen Fläche. Auch hier steht ein jedes Individuum mit dem vordern und hintern, wie den beiden gegenüberliegenden Nachbarn in Zusammenhang. Den solitären Salpenammen fehlen natürlich alle diese Einrichtungen. Ihr Körper ist an den Enden abgestumpft und ohne Haftorgane, dafür aber nicht selten (wie bei $. runeinala und S. democratica) von beträchtlicherer Gröfse und am Kernende mit Spitzen und Stacheln versehen. Die letztern Auszeichnungen sind Schutzapparate, die den Thieren um so mehr zu Statten kommen, als dieselben (wegen der Grölse ihrer Frucht- barkeit) nicht blols für den Haushalt der Salpen von höchster Bedeutung sind, sondern auch ziemlich allgemein, wie es scheint, an Beweglichkeit hinter den Ketten und Ketten- gliedern zurückstehen. ı) Nach der Entwicklung der Salpenketten dürfen wir diese Form der zweizeiligen Verket- tung — von allen überdiels die häufigste — als die Grundform betrachten. 2) S. fusiformis gehört zu denjenigen Formen, deren Kelten sich aufserordentlich leicht auflösen. °) Im Innern enthalten diese Fortsätze eine Verlängerung der Athemhöhle, wie ich gegen Sars (l. c. p. 68) behaupten mufs. 11 Körperwandungen. Die Körperhülle der Salpen, der sog. Mantel, besteht bekanntlich, wie schon Pallas und Cuvier nachgewiesen haben, aus zwei über einander liegenden Schichten, dem äufsern Mantel (der — wohl nur mit Unrecht so genannten — Schale) und dem innern (dem Mantel im engern Sinne des Wortes), die beide durch eine scharfe Grenze gegen einander abgesetzt sind und nur an den Endöffnungen des Körpers unter sich zusammenfliefsen. Bei macerirten Salpen (hier und da, wie bei S. pinnata, auch schon während des Lebens) lassen sich beide Schichten mit gröfsester Leichtigkeit von einander abtrennen, ohne dafs man indessen jemals einen Zwischenraum zwischen ihnen vorfände. Beide Schichten stehen trotz ihrer scharfen Begrenzung durch unmittelbare Contiguität in Zusammenhang. Der äufsere Mantel (Tab. I, Fig. 2 a) ist von beträchtlicher Dicke und einer ziem- lich consistenten (bei den gröfsern Formen fast lederartigen) Beschaffenheit, dabei aber so hyalin und durchsichtig, dafs man ihn — während des Lebens — nur auf einer dunkeln Unterlage mit Bestimmtheit wahrnimmt. Die innere Hülle (Ibid. b), die scheidenartig von diesem Mantel bedeckt wird, zeigt dagegen eine leichte Trübung, die freilich die Durch- sichtigkeit des Körpers nur wenig beeinträchtigt, aber immer schon hinreicht, die auffal- lenden Sonnenstrahlen unter irisirender Farbenzerstreuung zurückzuwerfen. Die Spitzen und Stacheln an der Körperfläche bei den Salpenammen kommen fast ausschlielslich auf Rechnung des äufsern Mantels. Nur die beiden langen und hornarligen Stacheln, die bei S. democratica unterhalb der Kloaköffnung (Tab. I, Fig. 3, Tab. I, Fig. 10) stehen, umschlielsen in ihrer Wurzel eine kurze, zapfenförmige Verlängerung des innern Mantels. Die Haftorgane der Kettenform erscheinen dagegen als Verlängerungen des innern Mantels, die eine wechselnde, bald höckerförmige (S. fusiformis), bald strangförmige (8. mucronata) oder leistenförmige (S. pinnata) Gestalt besitzen und die ganze Dicke des äufsern Mantels durchsetzen *). Das äufsere Ende dieser Verlängerungen bildet den Ansatzpunkt für die benachbarten Glieder der Kette und steht mit den Haftorganen der- selben in unmittelbarer Berührung und Verbindung ?). In histologischer Beziehung stimmen die beiden Mantellagen der Hauptsache nach vollständig überein. Beide bestehen aus einer structurlosen, ganz homogenen Grundsub- stanz, in welche zahlreiche kleine Körperchen eingebettet sind. Die Cellulose, die von ') Ich kann unter solchen Umständen Huxley (l. c. p. 574) nicht beistimmen, wenn er es für Unrecht hält, von eigentlichen Haftorganen bei den Kettensalpen zu sprechen. °) Bei zufällig isolirten Kettenthieren gehen diese Haftorgane allmählig, wie Sars (I. c. p. 83) beobachtete ,_ durch Verkümmerung verloren. Ich habe dieselben gleichfalls — namentlich bei S. fusiformis —Üniler solchen Umständen häufig vermilst. PIE: 12 Löwig und Kölliker (Annal. des sc. nat. 1846. T. V, p. 194) in den äufsern Bede- ckungen der Salpen nachgewiesen worden , beschränkt sich, wie bei den Ascidien (vgl. Schacht in Müller’s Arch. 1851. S. 156), auf die homogene Grundsubstanz ?), die in Säuren und Alkalien unverändert bleibt, während die Einlagerungen derselben bei län- gerer Behandlung mit diesen Reagentien verschwinden. Bei kleinen, eben geborenen Individuen (von S. democratica), bei denen der äufsere Mantel seine spätere Dicke noch nicht erreicht hat, sieht man in der Grundsubstanz derselben eine deutliche Schichtung — in den hintern Hörnern eine Längsstreifung —, die späterhin allmählig verloren geht. Die Substanz des äufsern Mantels wird schichtenweise, wie das auch die Entwicklungs- geschichte zeigt, nach und nach auf der äufsern Oberfläche des innern Mantels gebildet und abgelagert. Die körperlichen Einlagerungen dieser Cellulosemasse sind theils gekernte Zellen (von 455 — 750), theils auch blofse, scharf contourirte Kerne, die durch Gröfse (+5), Form und Aussehen mit den Kernen der eben erwähnten Zellen übereinstimmen und Anfangs wohl gleichfalls in einer Zellenhülle enthalten waren. Ich möchte das um so bestimmter behaupten, als ich mich überzeugt habe, dafs die langen Hörner der 8. democralica, die im ausgewachsenen Zustand fast blofse Kerne enthalten — nur an der Basis der kleinen Zähne dieser Hörner findet sich je eine helle bläschenförmige Kernzelle — bei der ersten Bildung statt dieser Kerne eine Anzahl gekernter Zellen umschliefsen. Die Form der Zellen ist verschieden, bald rund, bald auch keulenförmig, geschwänzt oder spindelförmig. Hier und da unterscheidet man selbst Zellen mit sternförmigen Ausläufern. Bei Salpa maxima finden sich (nach Löwig und Kölliker) aufser diesen Zellen und Zellenkernen in dem äufsern Mantel auch noch krystallinische, wahrscheinlich aus Kiesel- säure bestehende Ablagerungen, die ich aber eben so wohl bei S. democratica-mucronata, als bei S. runcinata-fusiformis und pinnata vermilste. So übereinstimmend nun aber auch im Wesentlichen beide Mantellagen nach ihrer histologischen Bildung sein mögen, so sind sie doch in anderer Beziehung sehr auffallend von einander verschieden. Der äufsere Mantel stellt, wie schon erwähnt wurde, ein Secrelionsproduct der Salpe dar; er verhält sich wie ein epidermatisches Gebilde und schliefst sich an diese auch insofern an, als er weder von Blutbahnen, noch von Nerven, Muskeln u. dergl. durchsetzt wird. Der innere Mantel ist dagegen nicht blofs reichlich mit derartigen Einlagerungen versehen, sondern auch mit allen übrigen Organen des Körpers in directem Zusammenhang. Der innere Mantel ist es, der mit den Eingeweiden, die in denselben eingelagert sind oder ihm anhängen, den eigentlichen Körper der Salpen zusammensetzt. ') Es ist ein Irrthum, wenn Huxley (l. e. p. 585) angiebt, dafs nur der äufsere Mantel der Salpen aus Cellulose bestehe. 13 In physiologischer Beziehung ist dieser äufsere Mantel der Salpen aber mehr, als ein blofs epidermatisches Gebilde. Er ist nicht blofs ein Schutzorgan, sondern durch seine Elastieität auch für die Bewegung und die Nahrungsaufnahme der Salpen von höchster Wichtigkeit. Die Muskeln der Athemhöhle, die den Eintritt und den Austritt des Wassers vermitteln, sind blofse Contractoren, wie wir uns später überzeugen werden. Die Er- weiterung der Athemhöhle geschieht nicht durch Muskeln, sondern, wie bei den Schei- benquallen u. a., durch eine elastische Substanz, und diese ist eben hier, bei den Salpen, der äufsere Mantel. Die Elasticität des innern Mantels ist sehr viel geringer, wie man schon aus der grofsen Tendenz zur Faltenbildung ') entnehmen kann, die denselben vor dem äufsern Mantel so auffallend auszeichnet. Dazu kommt noch, dafs der innere Mantel der Salpen auf beiden Flächen mit einem pflasterartigen Epithelium bekleidet ist *). In den erwachsenen Individuen ist es frei- lich schwer, ja fast unmöglich, von der Anwesenheit und der Anordnung dieses Epithe- liums sich überall eine klare Anschauung zu verschaffen. An den meisten Stellen sind dann diese Zellen so vollständig mit der Glassubstanz des innern Mantels verschmolzen, dafs nur noch die feinkörnige Beschaffenheit der’ innern und äufsern Oberfläche und die haufenweise Zusammengruppirung der feinen :Körnchen die Anwesenheit einer frühern Zellenlage andeutet. Nur an wenigen Stellen bleiben diese Zellen bestimmter, und zu diesen gehören (aufser dem Kiemenrohr, den Lippen, Bauchfalten und Seitenbögen, die freilich nur die innere Zellenlage zeigen) u. a. die conischen Körperfortsätze von S. fusi- formis. Hier findet man bei mieroscopischer Untersuchung eine innere Lage kleiner, heller und meist kernloser Zellen von „45 — 715“ und eine äufsere Schicht mit gröfsern (5) ebenfalls meist kernlosen Elementen, die im letzten Ende der Fortsätze noch etwas bauchig sind, sich aber nach dem eigentlichen Körper zu immer mehr abplatten und sich schliefslich in ziemlich regelmäfsige Schüppehen von sechseckiger Form verwandeln. Auch am Körper der S. fusiformis, pinnata u. a. kann man noch hier und da mitunter solche sechs- eckige Felder unterscheiden. Die Haftapparate von S.mucronata zeigen gleichfalls ziemlich deutliche Zellenüberreste, namentlich am Ende, nur gehören dieselben (wie auch die Zellen - des innern Mantels im Umkreis der Eingeweidehöhle) ausschliefslich der äufsern Lage an. Bei neugebornen Salpen sind diese Zellen nur wenig bestimmter, als im erwachsenen Zustande, obgleich man hier an den obern und untern Durchschnittscontouren des innern Mantels noch die von denselben herrührenden Verdickungen unterscheiden kann. Will !) Gewöhnlich sind diese Falten so scharf und bestimmt, dafs man sich fast versucht fühlt, sie für faserige Einlagerungen zu halten. 2) Es ist wiederum Eschricht, der zuerst (und allein bis jetzt) auf die Existenz dieser Zellenlagen aufmerksam gemacht hat (l. c. p. 313 u.a.a.0.). Wir werden uns später überzeugen, dals diese Zellen den Ueberrest der embryonalen Körperwand darstellen. 14 man sich ein deutliches Bild von der Anwesenheit dieses Zellenkleides verschaffen, so mufs man zu diesem Zwecke einen Embryo aus den mittlern Stadien der Entwicklung untersuchen. Bei S. democratica von etwa 1“ unterscheidet man beide Zellenlagen auf das Schönste. Die äufsere Zellenlage ist hier die diekere, und aus linsenförmig abge- platteten Elementen zusammengesetzt, die nach innen, gegen die Glassubstanz des Mantels, etwas hervorragen, während die Zellen der innern Lage umgekehrt nach Aufsen vor- springen, ihre gewölbtere Fläche also gleichfalls dem eigentlichen Mantel zukehren. Die Zellen beider Schichten messen etwa 715“ und enthalten einen feinkörnigen Inhalt, der namentlich im Umkreis eines blassen Kernes (von 45“) angehäuft ist. Die Zellen der innern Lage sind übrigens schon auf dieser Bildungsstufe weit weniger deutlich, als die der äufsern. Nach der Darstellung von Eschricht soll zwischen diesen beiden Zellenschich- ten statt eines soliden Mantels jederseits bei den Salpen ein Hohlraum eingeschlossen sein, den er mit dem Pleurasacke vergleicht und als „‚serösen Sack“ bezeichnet. Obgleich diese Annahme auch von Sars getheilt wird !), und selbst Huxley (l. c. p. 570) von einem solchen Raume spricht, so trage ich nach meinen Untersuchungen doch kein Bedenken, die Existenz einer derartigen Einrichtung in Abrede zu stellen. Offenbar hat sich Eschricht durch die hyaline Beschaffenheit des innern Mantels, wie durch seine scharfe Begrenzung und die Leichtigkeit, mit der sich derselbe unter gewissen Umständen von dem äufsern Mantel abirennt, täuschen lassen. Ich habe schon oben darauf hinge- wiesen, dafs nicht einmal (auch nicht in den frühern Stadien der Entwicklung, auf welche sich nach Huxley die Anwesenheit des serösen Sackes beschränken soll) zwischen beiden Mantellagen ein Hohlraum vorkommt; noch viel weniger aber gelingt es, zwischen der Athemhöhle und dem äufsern Mantel eine solche Bildung nachzuweisen ?). Muskulatur. Wir wissen zur Genüge, dafs der Muskelapparat der Salpen aus einer Anzahl bandförmiger Streifen besteht, die gürtelförmig, wie die Reifen eines Fasses, die Athem- !) Sars hält u. a. auch die Haftorgane (mit Eschricht) für „Fortsetzungen der serösen Säcke“. 2) Eschricht legt (vergl. 1. c. p. 316) diesen „serösen Säcken* eine grolse Bedeutung für das Zustandekommen der Respirations- und Locomotionsbewegungen bei und vermuthet, dafs sich dieselben bei jeder Zusammenziehung der Athemmuskeln von Aufsen her mit Wasser füllen. Er beschreibt bei S. zonaria sogar Oeffnungen in der äufsern Schale, durch welche das Wasser ein- und austrete, aber diese Oeffnungen sind, wie ich mich überzeugt habe, blofse, für die Aufnahme der höckerförmigen Haftorgane bestimmte Substanzlücken. Eine Einrichtung, wie sie Eschricht vermuthet, würde nur dann nölhig sein, wenn der äufsere Mantel absolut starr wäre, aber die Beobachtung lebendiger Salpen zeigt, dafs derselbe eine grofse Elastieität besitzt. 15 höhle und ihre Endöffnungen umgeben, aber sowohl bei den einzelnen Arten, als auch bei den Ammen und Geschlechtsthieren derselben Art nach Zahl, Verlauf und Entfernung in manchfach auffallender Weise differiren. Diese Muskelgürtel sind in den innern Mantel eingelagert, und zwar dergestalt, dafs sie mit ihrer innern Fläche unmittelbar auf der Epithelialbekleidung der Athemhöhle aufliegen, mit ihrer gegenüberliegenden Fläche aber eine Strecke weit von der äufsern Grenze des betreffenden Mantels entfernt bleiben. Die quergestreiften Muskelfasern oder Primitivbündel, welche diese Gürtel zusam- mensetzen, liegen in einfacher Reihe neben einander ?). Sie sind bandartig abgeplattet und in der Regel von einer sehr beträchtlichen Breite, so dafs die einzelnen Muskeln, auch die ansehnlichsten, doch nur wenige (5—9—12) Bündel zu enthalten pflegen. Die brei- testen Fasern, die ich beobachtete — vielleicht die breitesten bei den Wirbellosen — finden sich in den Rumpfmuskeln von S. fusiformis und S. mueronata, wo sie durch- schnittlich z;,— 5‘; messen. Die Fasern in den Klappenmuskeln sind beträchtlich schmäler, 30... oder Teac "schmäler , wie in den Aufhebern der Oberlippe an der Athemöffnung, deren Fasern (S. mueronata) nur 545“ im Querdurchmesser haben. In manchen Fällen bleiben übrigens auch die Rumpfmuskelfasern ziemlich weit hinter dieser colossalen Gröfse zurück, wie z. B. bei Salpa democratica, wo dieselben nur „5“ (bei Embryonen von 13 sogar nur z45) messen. Die Querstreifung dieser Primitivbündel, die sich an Bestimmtheit und Schärfe mit der Querstreifung der Muskelfasern bei den höhern Thieren dreist vergleichen kann, ist zuerst von Eschricht (l. c. p. 328) beobachtet worden. Dafs sie durch regelmäfsige, kurz auf einander folgende Zickzackbiegungen des Bündels hervorgerufen werde, wie v.Siebold (vergl. Anat. S.245) angiebt, davon habe ich mich nicht überzeugen können. Es schien mir vielmehr, als wenn dieselbe, wie das doch auch für die quergestreiften Muskeln der übrigen Thiere am wahrscheinlichsten ist, durch eine eigenthümliche Anord- nung der Muskelsubstanz selbst bedingt werde. Die Längsstreifung, die man noch aufser der Querstreifung in den Rumpfmuskeln unterscheidet, ist in der Regel weit weniger bestimmt und häufig durch ein gleichmäfsig körniges Aussehen vertreten. Ueberhaupt herrscht die Körnerbildung in den Primitivbündeln der Salpen in einem höhern Grade vor, als sonst gewöhnlich bei den quergestreiften Muskeln. Bei näherer Untersuchung wird man übrigens in dem feineren Bau der (breiten) Primitivbündel auch noch mancherlei andere histologische Eigenthümlichkeiten antreffen. Zu diesen rechne ich namentlich die Abwesenheit eines eigent- lichen Sarcolemma und die Trennung der Muskelfasersubstanz in eine äufsere Rindenschicht und eine Centralmasse. Die erstere ist freilich nur dünn (etwa 45‘), jedoch in manchen '‘) Schon Pallas hat diese Muskelfasern gesehen, irrthümlicher Weise aber als „laevissimae“ bezeichnet. 16 Fällen deutlich wahrzunehmen. Sie hat eine ziemlich homogene, helle Beschaffenheit, ist aber eben so gut, wie der körnige , längsgestreifte Inhalt, der Sitz der schon mehrfach erwähnten Querstreifung. Wo sich die Muskelbündel mit ihrem Ende an die Wand des Mantels ansetzen, da zieht sich diese Rindenschicht in einige kurze und zahnförmige helle Fortsätze aus, deren Spitzen mit der Hyalinsubstanz des Mantels zu verschmelzen scheinen. Der Inhalt der Muskelröhren setzt sich nur in die Wurzel dieser Ausläufer fort, wo er mit mehr oder weniger deutlicher Längsstreffung endigt, ohne die Spitze zu erreichen. Dals diese Muskelbündel durch reihenweise Verschmelzung von primitiven Zellen entstanden sind, wird durch die zahlreichen (schon von Eschricht beobachteten) ovalen Kerne bewiesen, die in die Rindensubstanz derselben eingeschlossen sind und in einfacher Längsreihe hinter einander liegen. Die Gröfse dieser Kerne ist bei S. mucronata reichlich 45“. Theilungen und Anastomosen, wie sie sonst so häufig bei den Primitivbündeln des Muskelgewebes vorkommen, habe ich nirgends aufgefunden, obgleich ich darauf ein besonderes Augenmerk richtete. Die Spaltungen und Vereinigungen der Muskelbänder reduciren sich ausschlielslich auf ein Auseinanderweichen und Aneinanderlegen der Pri- mitivbündel, wie man schon durch eine einfache Zählung der betreffenden Bündel mit Bestimmtheit constatiren kann. Wo etwa Differenzen in diesen Zahlenverhältnissen vorkommen, da wird man den Grund derselben beständig darin finden, dals das eine oder andere Bündel zwischen den übrigen mit einem lanzeitförmig zugespitzten Ende ' aufhörte. Eine ganz genaue und detaillirte Darstellung des Muskelapparates bei den verschie- denen Salpen würde ohne zahlreiche Abbildungen nicht gut möglich sein. Ich will mich hier defshalb auf einzelne allgemeinere Bemerkungen über die Anordnung desselben beschränken, und kann das um so eher, als wir ja schon durch anderweilige (freilich nicht immer ganz genaue und erschöpfende) Untersuchungen den Muskelapparat bei zahl- reichen Formen kennen gelernt haben. Ich habe die Muskelbänder der Salpen am Eingang uuserer Beschreibung mit gürtel- förmigen Reifen verglichen. Dieser Vergleich ist indessen — selbst wenn wir von der oft abweichenden Richtung der Muskelbänder absehen — streng, genommen nicht ganz richtig. Die Muskelbänder der Salpen, wenigstens die ansehnlichsten derselben, die sog. Athem- oder Bewegungsmuskeln, welche die Athemhöhle umfassen und zusam- mendrücken, sind vielleicht niemals vollständig geschlossen, sondern (Tab. I, Fig. 4) blolse Muskelbögen, welche die ventrale Fläche des Körpers in gröfserer oder geringerer Ausdehnung frei lassen. Bei S. runcinata sind dieselben unter den von mir beobachteten Arten am kürzesten, bei S. democratica dagegen am längsten. Bei letzterer reichen die ventralen Enden der Muskelbögen bis an die sog. Bauchfalten, so dafs sie in der Mittel- 17 linie fast zusammenstofsen, während sie bei S. runcinata nur wenig mehr, als die Hälfte der Seitenflächen überwölben. Dazu kommt noch, dals ein jeder dieser Muskelbögen aus einer rechten und linken Hälfte zusammengesetzt ist, die in der Mittellinie des Rückens beide auf einander stolsen, aber so dicht, dafs man sich nur durch Anwendung des Mikroscopes von der Existenz einer solchen Anordnung überzeugen kann ?). Die Muskelfasern der rechten und linken Seite hören in der Mittellinie des Rückens auf, um hier mit zugespitzten Enden zahnartig zwischen einander einzufassen. Die ventralen freien Enden dieser Muskelbögen sind beständig durch ziemlich gleiche Abstände von einander getrennt, während die dorsalen dagegen sehr gewöhnlich in grö- fserer oder geringerer Ausdehnung zur Bildung einer gemeinschaftlichen Masse mit ein- ander zusammentreten. Hier und da findet sich eine solche Vereinigung auch in der Mitte der seitlichen Bögen. Rechnen wir zu diesen Verschiedenheiten noch die wech- selnde Zahl der Athemmuskeln, die im Allgemeinen mit der Grölse zunimmt, so wird es erklärlich, dafs die Anordnung des Muskelapparates im Speciellen selbst für die zoolo- gische Charakteristik der einzelnen Arten nicht bedeutungslos ist. Um aus der grolsen Menge dieser Verschiedenheiten hier nur ein Paar Beispiele anzuführen, will ich auf die S. democratica-mueronata und runeinata-fusiformis verweisen. Bei S. democratica finden wir (Tab. II, Fig. 8 u. 9) sechs Athemmuskeln, von denen die beiden letzten und die drei vorhergehenden sich allmählig nach dem Rücken zu einander annähern. $. mucronata zeigt eine ähnliche Anordnung, nur ist hier (Ibid. Fig. 17) die Annäherung der betreffenden Muskeln zu einer vollständigen Verschmelzung geworden, und der erste (bei S. democratica) isolirte Muskelgürtel verloren gegangen, so dafs also die Zahl der bleibenden Muskeln auf fünf redueirt ist. Auch das letzte Muskelband, das der Kloaköffnung am nächsten liegt, erscheint so kurz und schmal, dafs man es leicht (mit Sars) vollständig übersehen könnte. Von den neun Muskelbändern der S. runecinata sind die drei ersten und die zwei letzten gleichfalls auf der Rückenfläche vereinigt. Bei S. fusiformis, der Kettenform von $. runcinata, ist die Zahl dieser Muskelbänder, wie bei der Kettenform der S. democratica, verringert. Wir finden hier (Tab. I, Fig. 4, Tab. I, Fig. 18) nur sieben Athemmuskeln, von denen der erste nicht einmal bis zur Rückenfläche emporsteigt, sondern in diagonalem Verlauf nur bis an die Mitte des zweiten Muskels hinantritt. Die folgenden ') Bei S. cordiformis sind diese beiden Seitenbögen auch auf der Rückenfläche — nach Eschricht — durch einen muskelleeren Raum von einander getrennt. Eschricht bezeichnet diesen Raum als „Mitteltheil* und legt darauf ein gewisses Gewicht, dafs er nach innen in die Athemhöhle eingedrückt sei. Ich sehe dasselbe auch bei meinen Exemplaren von $. runcinata — muls aber hinzufügen, dals diese Einsenkung erst nach dem Tode entstanden ist und während des Lebens (wohl auch bei S. cordiformis) nicht existirt. Leuckart, zool. Untersuch. II. 3 18 vier Muskeln und die beiden letzten bilden wieder in der Mittellinie des Rückens ein zusammenhängendes Querband. Dazu kommt, dafs das zweitletzte Muskelband in der Mitte seines seitlichen Verlaufes mit dem vorhergehenden Bande zur Bildung eines Xförmigen Doppelmuskels zusammentrit. Auch das möchte noch zu bemerken sein, dals der erste Athemmuskel an seinem freien Ende eine Strecke weit gespalten ist. Eine ähnliche Spaltung findet sich am Ende des letzten Muskelbandes, nur gelangt hier das dorsale Theilstück zu einer so ansehnlichen Entwickelung, dafs es mit dem enispre- chenden Stück der entgegenliegenden Seite zur Bildung eines selbstständigen Querbandes hinter der Kloaköffnung zusammentreten kann. Die Muskeln an den Endöffnungen der Salpen *) unterscheiden sich von den eben beschriebenen Athemmuskeln besonders dadurch, dafs sie keine Bögen, sondern vollstän- dige (nur hier und da in der Mittellinie unterbrochene) Sphincteren darstellen, auch nicht aus einer rechten und linken, sondern einer ventralen und dorsalen Hälfte zusammen- geselzt werden. Die seitlichen Enden dieser Hälften springen in der Regel zügelförmig eine Strecke weit (nach Aufsen) vor, nicht selten bis zur Berührung mit dem vordern und dem hintern Athemmuskel. So weit ich untersuchen konnte, stimmt die Anordnung dieser Ringmuskeln trotz manchfacher Abweichungen im Einzelnen (namentlich in Zahl und Stärke der Sphincteren) nicht blofs bei den verschiedenen Arten und Formen der Salpen, sondern auch an beiden Oellnungen des Körpers im Allgemeinen überein. Man kann diese Muskeln in ein System der äufsern Sphincteren und der innern ein- theilen. Das erstere besteht nur aus einem einzigen, aber (besonders im Umkreis der Athemöffnung) ziemlich kräftigen Ringmuskel, der durch seine Stärke, auch durch die histologische Entwickelung seiner Muskelbündel und seine Lage sich noch am meisten an die Rumpfmuskeln anschliefst. Das System der innern Sphineteren (das im Gegensatz zu diesem eben erwähnten Ringmuskel im Umkreis der Kloaköffnung seine stärkere Ent- wicklung zu erreichen scheint) wird von einer gröfsern Menge einzelner Muskeln zusammengesetzt, die aber rechts und links noch immer aus einer gemeinschaftlichen kurzen Wurzel (pinselförmiger Muskel Eschr.) hervorkommen. Die Stärke dieser Sphincteren ist beträchtlich geringer : sie bestehen meistens nur aus einem einzigen oder doch sehr wenigen (2—3) und noch dazu sehr schmalen Muskelbündeln. Was die Lage dieser beiden Systeme betrifft, so mufs darüber bemerkt werden, dafs das letztere System sich ausschliefslich auf die dünnhäutigen Klappen der Endöffnungen beschränkt, während das erstere an der Wurzel der Klappen, wo diese sich im Umkreis der End- ölfnungen erheben, gelegen ist. !) Man vergl. hierüber die vortreffliche Darstellung von Eschricht, |. c. p. 318. Tab. II, Fig. 41 und 12. 19 Die Athemöffnung besitzt aufser diesen Ringmuskeln und deren zügelförmigen Seiten- theilen, ganz allgemein, wie es scheint, auch noch zwei gerade Aufhebemuskeln (Tab. I, Fig. 1), die auf der Rückenfläche des Körpers in dem Raume gelegen sind, der von den noch später zu beschreibenden seitlichen Flimmerbögen begrenzt wird. Schon von Meyen und Sars sind diese Muskeln in einzelnen Fällen gesehen, ihrer Function nach aber nicht gehörig gewürdigt worden. Sie verlaufen natürlich der Länge nach und stofsen unter rechtem Winkel auf den Rand der Oberlippe. Ein jeder dieser beiden Muskeln besteht aus zwei parallelen, neben einander liegenden Bündeln. Nervensystem. Wenn man die Schärfe und Deutlichkeit berücksichtigt, mit der sich die Central- theile des Nervensystemes ‚bei den lebenden Salpen markiren, dann scheint es kaum glaublich, dafs man über die Existenz und die Anordnung eines solchen Apparates lange Zeit in Zweifel sein konnte. Die meisten der ältern Anatomen hatten indessen blofse Spiritusexemplare zur Untersuchung und dadurch wird es denn erklärt, dafs das wirk- liche Nervensystem bis auf Meyen (a. a. 0. S. 395) und Quoy et Gaimard (Oken’s Isis. 1836. S. 113) unbekannt bleiben konnte. Seit dieser Zeit wissen wir, dafs das Nervencentrum der Salpen, wie das der Asci- dien, aus einem unpaaren Ganglienknoten besteht, der (Tab. I, Fig. 1, 2, 3, 4 d) in der Mittellinie der Rückenfläche liegt und der Athemöffnung bis etwa auf ein Dritttheil der Körperlänge angenähert ist. (Bei Doliolum rückt dieser Nervenknoten fast bis in die Mitte des Körpers, doch finden sich auch schon bei den Salpen einige Verschieden- heiten in der Entfernung von der Athemöffnung.) Das Stroma des Nervenknotens bildet natürlicher Weise der sog. innere Mantel, der auch die übrigen Eingeweide einschliefst. In der Regel ist dieser Nervenknoten (und namentlich bei den kleinern Arten, z.B. S. democratica-mucronata, $. runcinata-fusiformis) von einer einfach sphärischen Gestalt, die keine Spuren einer weitern Zusammensetzung an sich trägt (Tab.1I, Fig. 6). Indessen giebt es auch Fälle, in denen das Ganglion eine vierlappige Gestalt zeigt, wie bei S. africana (Tab. I, Fig. 5). wo man zwei mittlere und zwei seitliche Lappen unterscheidet. Ob man hier freilich mit Recht an eine Zusammensetzung aus mehreren verschmolzenen Ganglien denken könne, will ich nicht entscheiden. Nach der Angabe von Marcusen (Froriep’s Tagesbl. Zool. III. S. 77) sollen diese Centraltheile eine blofse körnige Masse, keine eigentlichen Ganglienkörperchen enthalten, indessen ist es mir doch gelungen, bei S. pinnata mich mit Bestimmtheit von der An- wesenheit derartiger Gebilde zu überzeugen. Die Ganglienkörperchen dieses Thieres haben eine verschiedene, zum Theil sehr ansehnliche Grölse („5— 35‘) und umschlielsen, wie gewöhnlich, einen grofsen Kern von körnigem Aussehen. Die äulsere Hülle des 3*+ 20 Ganglions (Ganglienkapsel) besteht aus einer ziemlich dieken Membran mit kleinen und hellen Zellen von z+5‘ (S. runcinata). Die Nerven, die von diesem Ganglion ausstrahlen, verbreiten sich im innern Mantel der Salpen nach allen Richtungen, jedoch ist ihre Zahl dem gröfsesten Wechsel unter- worfen. Es gilt das mitunter selbst für beide Formen derselben Species, wie bei 8. runcinata-fusiformis, deren Ammenform 25 Nervenpaare erkennen läfst, während die geschlechtlich entwickelte Form nur 11 hat. Im Allgemeinen scheint die Zahl dieser Nervenpaare mit der Gröfse der Thiere sehr beträchtlich zuzunehmen. Die geringste Anzahl zähle ich bei S. democratica-mucronata (acht in beiden Generationen). Als Beispiel für die Ausbreitung dieser Nerven mag hier die Anordnung derselben bei S. fusiformis dienen (Tab. I, Fig. 4). Der vorderste Nerv, der aus der Ganglien- masse hervorkommt, verläuft seitlich neben der Mittellinie geraden Weges zur Ober- lippe der Athemöffnung, wo er sich jenseits des Sphincters dichotomisch spaltet und mit seinen Zweigen nach rechts und links verbreitet. Schon während seines frühern Ver- laufes hat er hier und da einen feinen Zweig abgegeben „ namentlich einen solchen für das hintere Ende des früher schon erwähnten Aufhebemuskels. Der zweite Nerv geht in einem weiten, nach innen concaven Bogen an die Ecke der Athemöffnung und scheint in der Oberlippe durch Hülfe einiger feiner Zweige mit den letzten Ausläufern des ersten Nerven zu anastomosiren. Die beiden folgenden Nerven verlaufen dicht neben den seit- lichen Flimmerbögen ?) nach vorn und unten, bis sie an der Seitenecke der Athem- öffnung ankommen und von da mit einem kurzen Bogen auf die Unterlippe übergehen. Sie zeigen hier ein ähnliches Verhalten, wie die beiden ersten Nerven in der Oberlippe, von denen sie gewissermafsen die Gegenstücke darstellen. Der fünfte Nervenstamm ist vorzugsweise für das vordere Ende der sog. Bauchfalte bestimmt. Er läuft unter ziemlich ») Hr. Vogt macht Eschricht den Vorwurf, dafs er diese Flimmerbögen selbst für Nerven gehalten habe. Obgleich nun ein solches Versehen bei der Untersuchung von Spiritusexemplaren sehr leicht möglich wäre — die Flimmerbögen der Ascidien sind von den meisten Anatomen bisher für Nerven gehalten —, so geht doch aus der Eschricht’schen Beschreibung (l. c. p-. 309) die völlige Haltlosigkeit dieses Vorwurfes hervor. Eschricht beschreibt bei S. cordiformis eine ganze Anzahl von Nerven, die in der Richtung der Seitenbögen verlaufen, gibt aber ausdrücklich an, dafs die stärksten derselben möglicher Weise Blutgefäfse sein könnten. Und wirklich sind diese proble- matischen Nerven nichts Anderes als die oberhalb der Seitenfurchen verlaufenden Gefälsbögen (vergl. unten). Die Seitenbögen selbst hat Eschricht (p. 310, Tab. Il, Fig. 1 a) von den Nerven unterschieden und als bogenförmige Falten auf der Innenwand der Athemhöhle beschrieben. „Diese Falten“, so fügt E. hinzu, „sollen zunächst der Gegenstand meiner Untersuchung sein, wenn ich jemals in den Besitz eines neuen Exemplares komme.“ — Unrichtig ist nur die Vermuthung von Eschricht, dafs die Nerven, um die es sich hier handelt, durch ihre Vereinigung an der ventralen, dem Nervenknoten gegenüberliegenden Körperfläche eine Art Schlundring darstellten. 21 rechtem Winkel mit der Längsachse des Körpers nach rechts und links und kreuzt sich in diesem Verlaufe mit der Ansatzstelle des ersten Athemmuskels an den zweiten. Von da an steigt derselbe nach vorn und unten herab, bis er sich neben dem vordern Ende der eben erwähnten Bauchfalte der weitern Nachforschung entzieht. Ein Ast, der aus diesem Nerven bald nach seinem Ursprung hervorkommt, tritt an den ersten Athem- muskel. Auch der zügelförmige Seitentheil des vordern Sphincters wird vielleicht von diesem Nervenstamme versorgt. Man sieht wenigstens, wie der spätere Verlauf unsern Nerven hart an dem untern Ende dieses Muskels vorbeiführt. Der folgende sechste Nervenstamm begleitet den fünften bis zur Vereinigung der beiden ersten Athemmuskeln. An dieser Stelle spaltet sich derselbe in zwei Aeste. Der vordere Ast bildet gewissermalsen die Fortsetzung des Hauptstammes und ist für den zweiten Athemmuskel bestimmt. Der andere Ast biegt sich dagegen unter rechtem Winkel um und verläuft als ein N. lateralis geraden Weges nach hinten. Er kreuzt sich mit den vier folgenden Athemmuskeln und den für dieselben bestimmten Nerven, giebt unterwegs auch mehrfache Aeste ab und lälst sich bis in die Nähe des letzten Athemmuskels verfolgen. Der siebente Nerv liegt im Anfang gleichfalls dicht neben den beiden vorhergehen- den, trennt sich aber schon ziemlich bald von denselben, um allmählig divergirend an die ventrale Hälfte des dritten Athemmuskels sich anzulegen. Ganz ähnlich ist der Verlauf des achten und des neunten Nerven, von denen der erstere für den vierten, der andere für den fünften und sechsten Athemmuskel bestimmt ist. Beide streichen in diagonaler Richtung von dem Ganglion nach hinten und unten, der letzte nach der Vereinigungs- stelle des fünften und sechsten Athemmuskels. Ein feiner Zweig, der bald nach dem Ursprung des achten Nerven aus demselben hervorkommt, versorgt aufserdem noch die dorsale Hälfte des zweiten Athemmuskels. Ein eben solcher Zweig des neunten Nerven tritt an die gemeinschaftliche, durch die Vereinigung der vordern Athemmuskeln entstan- dene Muskelmasse. Der zehnte Nerv ist, gleich dem ersten, der Medianlinie des Rückens genähert. Er verläuft geraden Weges nach hinten, spaltet sich am Ende mehrfach und verbreitet sich mit seinen Zweigen an dem letzten Athemmuskel und den Sphincteren der Kloaköffnung. Was endlich den eilften, letzten Ner#en betrifft, so verläfst dieser den innern Mantel des Körpers, um auf die Kieme überzugehen. Bei S. pinnata läfst sich derselbe bis zum ventralen Ende dieses Gebildes verfolgen, ein Umstand, der vielleicht zu der Annahme berechtigt, dafs seine letzten Ausläufer sich auch zwischen die Eingeweide des Nucleus hineinerstrecken. Ein besonderes Eingeweidenervensystem habe ich bei keiner einzigen Salpe entdecken können. Ich mufs übrigens erwähnen, dafs schon bei den einzelnen Individuen unserer S. fusiformis in der Verzweigung und der speciellen Anordnung des peripherischen Nerven- 22 apparates mancherlei kleine Verschiedenheiten vorkommen. So ist es namentlich nicht selten, dafs einzelne benachbarte Nerven an ihrem Anfangstheile mit einander verschmel- zen, während sich umgekehrt bisweilen die Wurzeläste der gröfsern Stämme als beson- dere kleine Nerven abtrennen. Selbst die rechte und linke Seite desselben Individuums bietet mitunter solche Abweichungen in mehrfacher Anzahl. Die Verschiedenheiten in der Zahl der Nervenstämme bei den einzelnen Arten, auf die ich oben hingewiesen habe, mögen sich zum grofsen Theil auf solche untergeordnete Verhältnisse reduciren. Der Typus der Anordnung im Allgemeinen wird dadurch nur wenig verändert. Um dieses durch ein neues Beispiel zu beweisen, mag hier noch eine kurze Darstellung von der Nervenverbreitung bei S. mucronata (Tab. I, Fig. 1) nachfolgen. Der erste von den acht Nerven dieser Art läuft neben der Mittellinie nach vorn und verhält sich in jeder Beziehung, wie der erste Nerv von S$. fusiformis. Der zweite vertritt die drei folgenden Nerven dieser Art. Er begleitet die flimmernden Seitenbögen in parallelem Verlauf bis zu den Ecken der Athemöffnung, von wo er sich auf die Unter- lippe umbiegt. Ein feiner Ast tritt in die Oberlippe hinein und vereinigt sich hier mit den Zweigen des ersten Nerven. Der dritte Stamm verläuft eine Zeitlang an der hintern Seite dieses zweiten, zwischen ihm und dem Flimmerbogen, hält dann aber einen mehr geraden Verlauf ein, so dafs er den letztern durchkreuzt und in die Bauchfläche des vordern Körperendes übertrit. Er scheint nach seiner Bestimmung mit dem fünften Nervenstamme von S. fusiformis übereinzukommen. Der vierte Nerv von S. mucronata, der geraden Weges nach den Seilen zu herab- steigt, kreuzt sich mit dem ersten Athemmuskel, an den er einen kleinen Ast abgiebt, und legt sich sodann an den vordern Rand des zweiten Athemmuskels, den er fast bis an sein ventrales Ende begleitet. Der folgende Aihemmuskel enthält den fünften Nerv, der schräg nach hinten und unten verläuft, mit einem ziemlich ansehnlichen Zweige aber auch die gemeinschaftliche Querbinde der drei vordern Muskeln versorgt. Der sechste Nerv ist für die untere Lippe und die Ecke der Kloaköffnung bestimmt, während endlich der siebente, der geraden Weges nach hinten zu verläuft, ohne die Dorsalfläche des Körpers zu verlassen, in der obern Lippe diesgr Oeflnung sich verbreitet, zugleich aber auch an die beiden letzten Athemmuskeln einen Ast enisendet. Der achte Nerv ist auch hier für die Kieme bestimmt. Bei den gröfsern Salpen läfst sich die Ausbreitung der Nerven nur schwer über- blicken. Ich will mich defshalb hier auf die Bemerkung beschränken, dafs bei $. runci- nata z. B. die gröfsere Menge der Nerven einen mehr oder minder diagonalen Verlauf nach hinten hat, um theils die Kloaköffnung, theils auch die hintern Athemmuskeln zu versorgen. Zehn Nervenpaare verbreiten sich nach vorn gegen die Athemöffnung: hin, 23 während der Rest in den Seitentheilen des Körpers herabsteigt und vorzugsweise für die vordern Athemmuskeln bestimmt ist. Das histologische Verhalten dieser Nerven ist insofern eigenthümlich, als man nir- gends, auch nicht ein Mal in den Stämmen, die Spur einer Faserbildung in denselben unterschei- den kann. Die Nerven der Salpen sind blolse Fäden, die in einer zarten Hülle einen feinkörnigen Inhalt umschliefsen. Man würde diese Nerven nach ihrem histologischen Aussehen ganz gut für primitive Nervenfasern halten können, wenn man nicht wülste, dafs die Nerven- stämme vielfach bei den niedern Thieren eine solche gleichförmige Beschaffenheit und alle möglichen Uebergänge zu der Bildung bei den höhern Thieren zeigen 1). Ueberdiefs ist der Durchmesser der Nervenstämme im Ganzen doch auch nicht unbeträchtlich dicker, als wir ihn bei einer einfachen Nervenfaser anzutreffen gewohnt sind. Ganglien, wie sie sonst bei den niedern Thieren so häufig in den Verlauf der Ner- venstämme eingeschaltet sind, fehlen bei unsern Thieren durchaus, es müfste denn sein, dafs sie zwischen den Eingeweiden im Nucleus versteckt wären. Für den Mantel glaube ich die Abwesenheit derselben auf das Bestimmteste behaupten zu dürfen. Was die letzten Endigungen der Nerven betrifft, so läfst sich darüber nur Weniges bemerken. Namentlich gilt das für die Hautnerven, die allerdings in ziemlich beträchtlicher ‚Menge aus den einzelnen Nervenstämmen und Zweigen hervorkom- men, sich auch wohl ein und das andere Mal verästeln, dann aber so dünn werden, dafs sie unter den zarten Contouren der Zellenüberreste und den Falten des innern Mantels nicht länger mit Bestimmtheit unterschieden werden können. Auch die Lippen- nerven, die für solche Untersuchung vielleicht am passendsten sein möchten, haben mir kein anderes Resultat geliefert. Mitunter sieht man allerdings in den Lippen und an andern Orten eine feinkörnige blasse Zelle mit Kern und spindelförmigen oder strahligen Aus- läufern (von 535,— 405‘), die man vielleicht gern für eine terminale Ganglienzelle hielte, aber niemals habe ich mich von einem Zusammenhange derselben mit dem Faden eines Hautnerven überzeugen können. So weit man die Nervenfäden mit Sicherheit unter- scheiden kann, sind. sie niemals mit einer Ganglienzelle in Verbindung. Das terminale Verhalten der Muskelnerven habe ich dagegen an dem M. levator der Oberlippe (bei S. mucronata) schön und bestimmt beobachten können. Wie ich schon oben erwähnte, bekommt dieser Muskel seinen Nerv aus dem ersten Stamme. Der Zweig, der für denselben bestimmt ist, läuft nach aufsen und tritt an das hinterste blasse ') Man vgl. hierzu vorzugsweise die Bemerkungen von Leydig in der Zeitschrift für wiss, Zool. 1853. S. 7. Uebrigens glaube ich einer der Ersten gewesen zu sein, der auf dieses eigen- thümliche Verhalten der Nerven bei den niedern Thieren aufmerksam gemacht hat (Bergmann und Leuckart, vergl. Physiol. S. 531). 24 und zugespitzte Ende des Muskels, indem er sich flügelförmig ausbreitet und dann ohne Weiteres mit der Substanz des Muskels verschmilzt. Sinnesorgane. Das wichtigste unter den Sinnesorganen der Salpen ist jedenfalls der zuerst von Milne Edwards (Observat. sur les Ascid. compos. p. 55) mit Sicherheit erkannte Appareil oculiforme, der unmittelbar -auf der obern Fläche des Nervenknotens aufsitzt und während des Lebens seiner Pigmentirung wegen leicht bemerkt wird. Man hat dieses Gebilde nicht selten für ein Gehörwerkzeug in Anspruch genommen — Huxley will sogar Otolithen in demselben aufgefunden haben 1) —, allein nichts desto weniger dürfte es doch wohl, wie auch Vogt (Bilder aus dem Thierleben S. 47) und H. Müller angeben, die Bedeutung eines Auges?) haben. Das Auge der Salpen, das bei keiner einzigen Art zu fehlen scheint — um so auffallender ist die Abwesenheit desselben bei Doliolum — bildet (Tab. I, Fig. 6) einen sphärischen oder birnförmigen (S. fusiformis) Aufsatz des Nervenknotens, der durch Hülfe eines kurzen, halsartigen Stieles mit demselben zusammenhängt und gegen den äufsern Mantel zu nicht unbeträchtlich vorspringt. Glaskörper oder Linse fehlt in diesem Auge, und in so fern ist dasselbe allerdings weniger entwickelt, als man sonst bei seiner Gröfse und dem directen Zusammenhange mit dem Ganglion vermuthen könnte. Das Auge der Salpen besteht seiner Haupimasse nach aus einer körnigen Substanz, die in das Parenchym des Nervenknotens ohne Grenzen übergeht und von einer häutigen Fortseizung der Ganglienkapsel bedeckt wird3). Die eben erwähnte körnige Masse nimmt vorzugsweise den Kern des Auges ein, während die peripherische Schicht desselben (S. pinnata) von zahlreichen und dicht stehenden kurzen Fasern (z45“) oder Stäbchen gebildet wird, die durch Aussehen und radiäre Gruppirung an die Elemente der sog. Stäbchenschicht im Auge der höhern Thiere erin- nern. Das meist röthliche oder schwarzbraune Pigment des Auges ist in Zellen einge- schlossen , die dicht unter dieser Haut auf der Oberfläche des eigentlichen Augenkörpers liegen. ‘) Es leidet keinen Zweifel, dafs hier eine Verwechselung mit den- Pigmentflecken des Auges vor sich gegangen ist. 2) Dasselbe gilt von dem entsprechenden Gebilde bei Pyrosoma, das Huxley gleichfalls für ein Gehörorgan mit Otolithen hält. (Dafs es indessen auch Tunicaten mit wirklichem Gehörorgan giebt, werden wir später bei der Beschreibung von Appendicularia sehen.) °) Da das Pigment des Auges in Spiritus gewöhnlich verbleicht, so ist es erklärlich, wie das Auge öfters (Meyen, Eschricht) als ein Theil des Gehirnes beschrieben werden konnte. 25 Auf die Verschiedenheiten in der Anordnung dieses Pigmentes sind wir namentlich durch Vogt und Müller, die das betreffende Gebilde am genauesten untersucht haben, aufmerksam geworden. Die Angabe des Letztern, dafs dieses Pigment bei den solitären Salpen beständig einen nach vorn offenen hufeisenförmigen Bogen bilde, finde ich bestä- tigt, obgleich dieser Bogen bei S. africana z. B. (Tab. I, Fig. 5) sehr viel bestimmter und stärker gekrümmt ist, als bei S. democratica u. a. Bei S. fusiformis (Fig. 6) ist der Pigmentfleck über die ganze Oberfläche des Auges verbreitet, bei S. pinnata (Fig.2) und S. muergnata (Fig. 1) dagegen auf drei etwas vorspringende Haufen beschränkt, von denen der unpaarige vordere der gröfseste is. Man könnte vielleicht einen jeden dieser Augenflecken für ein besonderes Auge halten, besonders da der innere Mantel über einen jeden derselben eine gewölbte Vorragung „„wie ein hellgeschliffenes Uhrglas‘‘ oder eine concav-convexe Linse bildet (Tab. I, Fig. 7). Der äulsere Mantel ist oberhalb des Auges nicht selten (S. pinnata) verdünnt, so dafs dadurch der Anschein einer wallartig (gewissermafsen durch ein Augenlid) begrenzten Conjuneliva entsteht. Dafs die Salpen auch mit Gehörorganen ausgerüstet seien, scheint mir sehr zweifelhaft. Allerdings hat H. Müller neuerlich (Zeitschr. für wiss. Zool. a. a. O. S.330) an der innern Seite des Gehirns rechts und links bei manchen Salpen ein ovales Bläschen aufgefunden, das neben der vordern Insertion des Kiemenbalkens mit einem ziemlich geraden und engen Ausführungssang in die Athemhöhle ausmündet, allein bei dem Mangel der Otolithen möchte die Deutung auf Gehörorgane doch sehr verdächtig sein. Jch habe diese Bläschen (die auch bei S. pinnata und S. fusiformis vorkommen sollen) leider übersehen, oder vielmehr nur bei den Embryonen von S. fusiformis aufge- funden, wo sie unterhalb des Gehirnes rechts und links ein paar tellerförmige Gruben von ziemlich ansehnlicher Gröfse darstellen (Tab. I, Fig. 18 z), deren Beziehungen mir erst jetzt deutlich geworden sind, nachdem ich inzwischen Müller’s Angaben kennen ge- lernt habe. | Ein anderes, der Gruppe der Sinnesorgane wahrscheinlich zugehörendes Gebilde ist das längliche Organ von Eschricht (,,ciliated fossa‘ Huxley, Schleifenorgan Vogt), das von Meyen bei Salpa pinnata — wo es übrigens schon von Cuvier und Chamisso gesehen war — als „Respirationsring“ zu den Athmungswerkzeugen hinzugerechnet wurde !). ') Cuvier beschreibt es hier (vgl. Isis, 1820. S. 265) als „einen kleinen unregelmälsigen Ring von gefäfsartiger oder nervöser Beschaffenheit“, den er lange für ein Loch gehalten habe, das in das Innere der Kiemen hineinführe. ChamisSo ist am meisten geneigt, dieses Gebilde nach dem Vorschlage seines Reisegefährten Eschscholtz für einen Nervenapparat zu halten. (De animal. quibusd. e classe vermium. Berol. 1819. p. 8.) | Leuckart, zool. Untersuch. I. 4 26 Das Gebilde, das wir hier namhaft gemacht haben, liegt beständig — es fehlt auffallender Weise, wie das Auge, bei Doliolum) — in der Mittellinie des Rückens vor dem Ge- hirne, bald in einiger Entfernung von demselben, wie ‘bei S. democratica-mucronata (Tab. I, Fig. 3 u. 5 e) und $. pinnata (Fig. 2 e), bald auch unmittelbar demselben ange- nähert, wie bei S. runeinata-fusiformis. Es stellt nach meinen Untersuchungen eine napf- oder flaschenförmige Vertiefung dar, die von dicken und zelligen, stark aufgewulsteten Rändern umgeben ist und durch eine mehr oder minder weit klaflende, von vorn nach hinten bisweilen schräg abgestutzte Oellnung mit der Kiemenhöhle zusammenhängt. Die Innenfläche dieser Grube ist im Umkreis des Randes mit ansehnlichen Flimmerhaaren besetzt, die während des Lebens in beständig schwingender Bewegung begriffen sind ?). Form und Bildung dieses Organes zeigt bei den einzelnen Arten manche Verschie- denheiten. Bei S. democratica-mucronata hat es (Tab.I, Fig. 9) eine fast flaschenförmige Gestalt und eine ziemlich beträchtliche Tiefe, so dafs es weit in die Substanz des innern Mantels hineinragt. Die untere Fläche dieses Mantels, die den Boden der Flimmer- grube bedeckt, ist auffallender Weise (Fig. 1, 3, 9 f) in einen ganz ansehnlichen zun- genförmigen Tentakel („‚languet“ Huxley) ausgezogen, der vor den Kiemen frei in die Athemhöhle hineinhängt und schon von Meyen gesehen, aber gänzlich verkannt wurde°). S. runeinata-fusiformis hat (Fig. 8) eine ovale Flimmergrube von nachenför- miger Gestalt, die sich durch eine eigenthümliche Querstreifung ihrer wulstigen Ränder auszeichnet. Wie es scheint, rührt diese Querstreifung daher, dafs die Zellen der Seiten- wände, die eine cylindrische Gestalt (45“‘) besitzen und einen grofsen ovalen oder fast viereckigen Kern (545°) umschliefsen, hier columnenweis in regelmälsigen Querreihen neben einander stehen. Der Boden der Grube selbst wird von abgeflachten, rundlichen !) Nach Huxley (l. ce. p. 602) soll es freilich auch hier als ein kleines Näpfchen zwischen den flimmernden Seitenbändern vorkommen, ich habe mich indessen vergeblich von der Anwesenheit desselben zu überzeugen gesucht. Uebrigens ist dieses Gebilde keineswegs elwa auf die Salpen beschränkt, sondern auch unter den Ascidien sehr weit verbreitet, wie von Krohn (Archiv für Naturg. 1852. I. S. 55. Anm.) und Huxley (Ann. of nat. hist. 1852. Vol. X. p. 128) schon her- vorgehoben worden. Es ist dasselbe Organ, das Savigny als „Tubercule anterieure“ bei vielen Ascidienformen beschrieben hat und dessen allgemeinere Verbreitung schon v. Siebold (vergl. Anat. S. 260. Anm. 1) vermuthet. 2) Nach Eschricht soll diese Flimmergrube aus zwei neben einander liegenden leisten- förmigen Blättern bestehen. Das äufsere dieser Blätter ist aber nur der Rand der Flimmergrube, und das innere wohl kaum etwas anderes, als der Boden derselben, der bei den von E. unter- suchten Spiritusexemplaren offenbar der Länge nach aufgerissen war. 3) Meyen (a. a. O. S. 398) hält die Flimmergrube bei S. mucronata nicht für einen Respi- rationsring, wie bei $. pinnata, sondern mit dem anhängenden Tentakel zusammen für das männ- liche Geschlechtsorgan ! 27 Zellen gebildet. Die Flimmergrube von S. pinnata ist flach und weit und von einem gewellten Rande umgeben, der sich nach vorn allmählig stark verdünnt und schliefslich kaum noch unterscheiden läfst. Die Verschiedenheiten, die in der Bildung dieser Grube bei den Individuen beider Generationen stattfinden, scheinen ohne grolse Bedeutung zu sein. Bei S. runcinata ist die Grube etwas gestreckter, als bei S. fusiformis; bei der solitären Form von $. pin- nata, wie es scheint, mit einem stärker gewellten Rande versehen, als bei der Ketten- form. Bei Salpa cordiformis findet sich (nach Eschricht) eine Flimmergrube, die eine Strecke weit vor dem Nervenknoten liegt, während sie bei der Geschlechtsform dieser Art (S. zonaria) bis dicht unter das vordere Ende des Ganglions gerückt ist. Dafs man über die Bedeutung dieser Grube von jeher einer unbestimmten An- sicht war, beweisen schon die zahlreichen Benennungen, die man für dieselbe vor- geschlagen hat. Man schien in früherer Zeit geneigt zu sein, das betreffende Gebilde mit den Respi- ralionsorganen in Beziehung zu bringen. Es war namentlich die Lage der Flimmergrube an dem Vorderrande des obern Kiemenendes ?), die für eine solche Annahme sprechen mufste. Allein diese Lage ist trotz ihrer Häufigkeit (sie findet sich nicht blofs in denjeni- gen Arten, wo die Flimmergrube dicht vor dem Nervenknoten liegt, sondern auch, vgl. Tab. I, Fig. 2, bei S. pinnata) doch keineswegs ohne Ausnahme. In manchen Fällen — und zu diesen gehört u. a. unsere $. mucronata (Tab. I, Fig. 1) — liegt das betreffende Gebilde eine nicht unbeträchtliche Strecke vor dem Kiemenende, sogar aufserhalb der gröfsern Blutströmungen, so dafs eine respiratorische Bedeutung dadurch im höchsten Grade zweifelhaft wird. Es bleibt unter solchen Umständen nur noch übrig, das betreffende Gebilde entweder für einen Drüsenapparat oder für ein Sinnesorgan zu erklären. Die grölsere Anzahl der Anatomen hat sich für die letztere Deutung entschieden und der Bau des betreffenden Organes scheint allerdings auch am meisten mit einer solchen Ansicht übereinzustimmen. Für ein Sinnesorgan ist es freilich eine unerläfsliche Bedingung, dafs es mit einem Nervenapparate versehen sei, und Nerven sind bisher bei unserer Flimmergrube noch nicht beobachtet worden. Eschricht, Sars und Huxley sprechen allerdings von einem Nervenpaare, das an das hintere Ende desselben hinantritt und ein specifischer Sinnesnerv sein dürfte, ich habe mich indessen (bei S. democratica-mueronata, S. pinnata) mit Bestimmtheit davon überzeugen können, dafs dieser Nerv an dem vordern Rande der ‘) Trotz dieser Lage der Flimmergrube findet sich übrigens keine eigentliche Verbindung mit der Kieme, auch keinerlei Zusammenhang mit den flimmernden Seitenbändern , die rechts und links an derselben vorbeigehen. (Freilich ist ein solcher Zusammenhang gar oftmals, und noch neuerlich von Vogt, a.a. 0. S. 57 und Krohn, a. a. O. S. 55 behauptet worden.) 4 * 25 Flimmergrube wieder zum Vorschein kommt und von da an die Oberlippe hinläuft. Der Nerv, um den es sich hier handelt, ist derselbe,‘den ich oben als ersten oder mittlern Oberlippennerv beschrieben habe.—Nichts desto weniger ist übrigens die Flimmergrube nicht nervenlos. Wo der erwähnte Nervenstamm das hintere Ende derselben berührt, da ent- sendet er einen feinen Ast, der immerhin für eine etwaige Sinneswahrnehmung ausreichen mag. So ist es wenigstens in denjenigen Formen, bei denen Flimmergrube und Gan- glion durch einen gröfsern Zwischenraum von einander abgetrennt sind. In den übrigen Fällen, in denen bereits die Lage der Flimmergrube die Anwesenheit. eines Nervenappa- rates vermuthen läfst, scheint ein besonderer kleiner Nervenstamm für dieselbe bestimmt zu sein. Hat man sich einmal für die sensorielle Bedeutung der Flimmergrube ent- schieden, so handelt es sich ferner darum, welche besondere Art von Sinneswahrneh- mungen durch sie vermittelt werde. Eschricht und Sars erklären die Flimmergrube für ein Gefühlsorgan, und letzterer beruft sich zur Stütze dieser Vermuthung noch besonders auf die Anwesenheit des Tentakels bei S. democratica-mucronata. Dafs dieser Tentakel zur Vermittlung einer Gefühlswahrnehmung dienen könne, will ich nicht in Ab- rede stellen, obgleich ich keinen Nerv in denselben hinein verfolgen konnte. Aber dieser Anhang ist nicht die Flimmergrube, nicht einmal ein Theil derselben, sondern (seinem Bau nach) gänzlich von ihr verschieden. Das Einzige, was er mit der Flimmer- srube gemein hat, ist die örtliche Lage. Wie nun aber die Flimmergrube als ein Gefühlsorgan agiren könne, ist nicht gut einzusehen. Auch Eschricht würde wohl schwerlich diese Deutung gewagt haben, wenn er durch die Untersuchung seiner Spiri- tusexemplare nicht zu einer irrthümlichen Ansicht über den Bau derselben gekommen wäre. Solche Bedenken mögen es denn auch gewesen sein, die Huxley zu der An- nahme brachten, als habe die Flimmergrube der Salpen die Bedeutung eines Geschmacks- organes. Aber auch mit dieser Annahme kann ich mich, besonders wegen der Lage des betrelfenden Organs, nicht einverstanden erklären. Der Geschmackssinn bezieht sich zunächst und unmittelbar auf die Nahrungsaufnahme : wenn also ein Geschmacksorgan seine volle Bedeutung entfalten soll, so muls es immer in der Nähe der Mundöffnung oder doch wenigstens an den Greiforganen gelegen sein. Die Geschmackswahrnehmungen, die unsere Flimmergrube vermitteln könnte, würden bei der gegebenes Lagerung der betreffenden Theile für die Salpen völlig werthlos sein. . Es bleibt unter solchen Umständen von den bekannten Sinneswahrnehmungen nur noch eine Gruppe übrig, die hier bei unserem Organe in Betracht kommen könnte. Ich meine die Gruppe der Geruchswahrnehmungen. In der That scheint die Flimmergrube der Salpen den Anforderungen eines Geruchsorgans nach allen Seiten hin vollständig zu entsprechen, so dafs wir nur wenig Bedenken tragen, sie für ein derartiges Gebilde zu erklären. Wir sind allerdings nicht gewohnt, bei den niedern Thieren ein besonderes u ze ee Geruchsorgan vorauszusetzen, aber nichts desto weniger haben wir in neuerer Zeit eine Anzahl von Thatsachen kennen gelernt, die auf eine allgemeinere Verbreitung solcher Organe hindeuten und wohl geeignet sein möchten, unsere Vermuthung auch in dieser Beziehung zu unterstützen. Die Gefühlswahrnehmungen der Sajpen scheinen bei der bekannten Beschaffenheit des äufsern Mantels und dem Mangel besonderer Tastapparate!) eben nicht sehr umfassend zu sein. Allerdings ist die innere Mantelfläche bei ihrem Nervenreichthum gewils zur Vermittlung solcher Perceptionen befähigt, allerdings mag auch vielleicht der Klappenapparat der Endöffnungen, in dem zahlreiche Nervenfäden verlaufen, mit dem schon mehrfach erwähnten Tentakel der Sitz eines feinen, unterscheidenden Gefühles sein, aber die Leistungen aller dieser Theile sind doch räumlich allzu sehr beschränkt, als dafs wir ihnen eine gröfsere Bedeutung für das Leben der Salpen vindi- ceiren könnten. Bauchfalten. Mit diesem Namen bezeichne ich hier nach dem Beispiele von Savigny und Eschricht jenes sonderbare, in vieler Beziehung immer noch so räthselhafte Organ, das bei den Salpen in der Mittellinie des Bauches zwischen dem vordern Körperende und dem Munde ausgespannt ist und schon von Cuvier (a. a. 0. S. 266) als eine „Längs- spalte oder eine hohle Falte des innern Mantels“* beschrieben wurde. So oftmals dieses Gebilde seither auch untersucht ist, so sind wir über den Bau und die Bedeutung des- selben doch immer noch im Unklaren. Es leidet allerdings keinen Zweifel, dafs dasselbe weder einen Theil des Kiemenapparates darstellt, wie Meyen (a. a. 0. S. 386) wollte, noch auch eine Art Fötalorgan ist, wie Eschricht (l. e. p. 357) zu vermuthen geneigt war; aber seine eigentliche Bedeutung ist immer noch unbekannt geblieben. Neuerdings hat man darauf hingewiesen (v. Siebold’s vergl. Anat. S. 264), dals die beiden lip- penförmigen Längsfalten, die neben der Bauchfurche in die Athemhöhle vorspringen, bei der Zuleitung der Nahrungsmittel zum Munde eine Rolle spielen dürften; so wahrschein- lich diese Vermuthung nun aber auch ist — sie ist um so wahrscheinlicher, als man diese Falten vielleicht (man vergl. hier die oben eingedruckten Holzschnilte) für die Ana- loga der sog. Labialpalpen oder Mundlappen bei den zweischaligen Muscheln halten dürfte —, so wird dadurch doch noch kein erschöpfender Aufschlufs über die Bedeutung des betreffenden Apparates geboten. Die Längslippen bilden nur einen Theil des Gebildes, ') Dafs auch der Tentakel bei $. democratica-mucronala kein Tastorgan sei. geht zur Genüge aus der vollständigen Abwesenheit eines Muskelapparates an demselben hervor. 30 . das man bei den Salpen in der Mittellinie des Bauches in unmittelbarer Nähe der Bauch- spalte antrifft. Schon Huxley hat (l. ec. p. 572) aulser den Längsfalten hier noch ein anderes Organ unterschieden, das er mit dem Namen „Endostyle‘“ bezeichnet und als einen dickwandigen langen Cylinder (a long tubular filament with very thick refracting walls) beschreibt, der unterhalb der Falten in die Substanz des innern Mantels eingebettet sei. Ich kann diese Angabe von Huxley) vollkommen bestätigen und glaube durch meine Untersuchungen zu der Behauptung berechtigt zu sein, dafs die Bauchfalte im Sinne der frühern Anatomen aus zweierlei verschiedenarligen Organen zusammengesetzt werde, die vielleicht nicht mehr mit einander gemein haben, als das problematische Geruchsorgan und der Tentakel von S. democratica-mucronata. Die weifse Längslinie, die man bei den lebenden Salpen in der Mittellinie des Bau- ches unterscheidet, rührt lediglich von diesem Endostyl her. (Bei S. democratica- mucronata ist derselbe, wie auch das problematische Geruchsorgan, die Kieme mit den seitlichen Flimmerbögen und selbst die Eingeweide des Nucleus mehr oder minder auf- fallend blau gefärbt.) In den einzelnen Arten der Salpen hat diese weifse Linie eine verschiedene Ausdehnung : der Endostyl hat eine verschiedene Länge und reicht bald mehr, bald minder weit nach hinten. Am kürzesten ist derselbe — wenn wir von Do- liolum absehen, bei dem er nur etwa ein Viertheil der Körperlänge beträgt — vielleicht bei S. mucronata (Tab. I, Fig. 1, 9), wo er kaum die Hälfte der Kiemenhöhle überragt. Bei S. demoecratica (Fig. 3, 9) ist er schon etwas länger, noch mehr bei $. fusiformis und bei S. pinnata reicht er endlich bis dicht vor die Mundöffnung. Für die eigentlichen Bauchfalten haben diese Verschiedenheiten keine Bedeu- tung, wie man ‚daraus abnehmen kann, als dieselben beständig, mag der Endostyl auch noch so kurz sein, nach hinten bis zur Mundöffnung fortlaufen (Fig. 1 h). Unter- sucht man nun —am besten bei einer Art mit kurzem Endostyl (S. democratica-mucronata) — den hintern freien Theil dieser Bauchfalten, so überzeugt man sich leicht, dafs die- selben von zwei leisten- oder lippenförmigen Duplicaturen des innern Mantels gebildet werden, die in die Athemhöhle vorspringen und durch eine Längsfurche von einander , getrennt sind (Tab.I, Fig. 11, h,h). Das Parenchym dieser Längsspalten stimmt mit dem des innern Mantels überein; die einzige Auszeichnung derselben besteht darin, dafs ihre Epitheliallage meist etwas deutlicher erscheint, als auf dem übrigen Mantel, und theil- !) Die wurmarligen, kurzen und weilslichen Fädchen, die Cuvier in der Tiefe der Bauch- spalte zwischen den Falten (bei Weingeistexemplaren) auffand, sind offenbar die zerbröckelten Ueberreste dieses Organes. Noch bestimmter ist dasselbe bei den Embryonen der Salpen von Eschricht fl. c. p. 303, 356 u. a. a. O.) gesehen und als „ein Paar dunkler Falten“ in der Tiefe der Bauchfurche beschrieben worden. 31 weise mit einem Flimmerbesatze versehen ist. Bei S. (pinnata und) fusiformis, bei der ich die fraglichen Gebilde am sorgfältigsten untersucht habe, beschränken sich diese Flim- mern auf die Innenfläche der rechten Falte, wo sie eine Art Flimmerband zusam- mensetzen, das über die ganze Länge der betreffenden Falte hinläuft. Die Flimmerhaare messen (wenigstens in der vordern Hälfte der Falte — in der hintern sind dieselben nicht unbeträchtlich kürzer —) etwa 785‘ und sind, wie schon H. Müller angiebt, von ansehnlicher Stärke, lanzeitförmig abgeplattet und einzeln, je eines auf einer Epithelial- zelle, befestigt. Bei S. mucronata scheinen diese Flimmerhaare (eben so auch bei andern Arten) auf beiden Falten vorzukommen. Wo diese Falten in ihrem Verlaufe nach vorn an dem hintern Ende des Endo- styles ankommen, da vertieft sich die Furche zwischen ihnen zu einer ganz ansehn- lichen Spalte (Tab. I, Fig. 11, 12 i), die sich oberhalb des Endostyles bis an das vordere Ende desselben fortsetzt. Die Wände der Spalte nehmen dabei eine sehr eigenthümliche Structur an. Die Falten behalten freilich ihr früheres Aussehen, wo aber die Innenfläche derselben in die Tiefe der Spalte übergeht, da entwickelt sich eine Lage grofser und abgeplatteter sechseckiger Zellen von „5“ (S. fusiformis, $. pinnata), die von H. Müller ihrem Aussehen nach mit Eiern oder Ganglienkugeln verglichen werden und durch ihren granulirten Inhalt, ihren bläschenförmigen Kern (von z4) und ihr Kernkörperchen (745) auch wirklich einige Aehnlichkeit mit diesen Gebilden erhalten. An den beiden Enden der Spalte werden diese Zellen etwas kleiner und rundlicher, ohne indessen ihr charakteristisches Aussehen zu verlieren. Der obere Rand dieser Zellenlage springt lippenförmig mehr oder minder stark (am stärksten bei S. pinnata‘) in die Bauch- spalte vor (Ibid. Fig. 11). Diese eben beschriebenen Zellen bilden aber noch nicht etwa den Endostyl, wie H. Müller anzunehmen scheint, sondern nur eine Auskleidung in der Tiefe der Bauch- spalte. Der Endostyl selbst (Tab. I, Fig. 1, 11, 12 g) liegt unterhalb dieser Spalte !) und ist, wie man an gelungenen Querschnitten (Fig. 11) mit Bestimmtheit wahrnehmen kann, durch eine horizontale Scheidewand von der Spalte abgetrennt, so dafs man ihn in der That mit Huxley als ein Gebilde von cylindrischer Gestalt betrachten darf. . Die Wände dieses Körpers bestehen aus zwei seitlichen Wülsten, die nach oben in die zellige Auskleidung der Bauchspalte übergehen und auf ihrer Innenfläche der Länge nach mit einer rinnenförmigen Aushöhlung versehen sind. Beide Rinnen setzen einen Kanal zu- sammen, der mit der Bauchspalte zusammenfallen würde, wenn er, wie erwähnt, nicht ‘) Nach den Beobachtungen von Huxley (Ann. of nat. hist. 1852. Vol. X) ist dieser Endo- styl auch bei den Ascidien ganz allgemein vorhanden. (Gleiches gilt auch bekanntlich von den eigentlichen Bauchfalten.) 32 durch ein dünnes, von den Seitenwänden abgehendes Septum gegen dieselbe sich abgrenzte ! ). Die histologische Untersuchung zeigt, dafs die Wände des Endostyles aus körnigen Cylinderzellen von 4,‘ gebildet werden, die einen grolsen Kern umschliefsen und senk- recht auf der Längsachse des Kanales neben einander stehen. Es gilt das wenigstens von den obern und untern Seitentheilen des Endostyles, die durch die rinnen- förmige Längsfurche auf der Innenfläche von einander getrennt sind. Die Längsrinne selbst ist in eine gleichmäfßsig körnige Substanz eingegraben und scheint in manchen Arten (S. fusiformis) mit Cilien bekleidet zu sein, die freilich an Gröfse und Deutlichkeit hinter denen des Flimmerbandes weit zurückbleiben. Gleich den übrigen Eingeweiden ist auch der Endostyl mit der Bauchspalte in die Substanz des innern Mantels eingebettet. Aber die Höhe dieser Organe und namentlich der Bauchspalte ist so beträchtlich, dafs die gewöhnliche Dieke des innern Mantels für sie nicht ausreicht. Der innere Mantel bildet im Umkreis derselben eine kiel- oder kammförmige Erhebung, die in den äufsern Mantel hinein vorspringt, sich aber nach hinten zu allmählig etwas abdacht (Fig.12). Die beiden Enden dieses Kieles sind abge- stutzt und oberhalb des Endostyles, zwischen ihm und den Bauchfalten, bogenförmig aus- geschnitten, so dafs der Endostyl nach vorn und hinten schnabelartig in Form eines stumpfen (auch wohl etwas gebogenen) Fortsatzes über die Bauchspalte hervorragt. Was den Innenraum des Endostyles betrifft, so scheint dieser am hintern Ende blind geschlossen zu sein, während er vorn dagegen mit der Bauchspalte und den seitlichen Flimmerbögen, die hier in die Bauchspalte übergehen, zusammenhängt (Tab. I, Fig. 10). Für die functionelle Bedeutung des Endostyles bietet uns der Bau desselben nur wenig Anhaltspunkte. Es ist kaum mehr als eine Vermuthung, wenn ich ihn als“ einen secretorischen Apparat betrachte (zumal ich vergebens nach einem Absonderungsproducte in seinem Innenraume gesucht habe). Auf der andern Seite läfst sich übrigens auch eine gewisse Aehnlichkeit des Endostyls mit der gegenüberliegenden Flimmergrube nicht verkennen. Ob diese freilich ausreicht, beiderlei Gebilde derselben Organengruppe zuzu- rechnen, will ich unentschieden lassen. Jedenfalls scheint es mir, als wenn die Ansicht von der secrelorischen Bedeutung des Endostyles einiges Gewicht gewinnen würde, falls sich die Richtigkeit der Siebold’schen Vermuthung über die Beziehungen der Bauchfalten !) Wenn man die Ränder der Bauchspalte aus einander zieht, dann zerreilst diese Scheide- wand gewöhnlich, so dafs es den Anschein gewinnt, als sei der Innenraum des Endostyles der tiefere Theil der Bauchspalte. Auf solche Weise erklärt es sich, wenn H. Müller (Verhandl. u. s. w. 8.59) die Wände des eigentlichen Endostyles und die Zellen der Bauchspalte zusammen- wirft und angiebt, dafs der Endostyl „im Innern der Bauchspalte* liege. 33 zu der Nahrungsaufnahme bestätigen sollte‘). Vielleicht, dafs dann auch die grolsen sechseckigen Zellen in der Tiefe der Bauchspalte als Drüsenzellen betrachtet werden dürften, zumal auch das Aussehen derselben in einiger Beziehung an die zelligen Ele- z mente des Endostyls erinnert. Verdauungsapparat. Der Darmkanal der Salpen ist bekanntlich in der Regel zu einem kuglichen Haufen zusammengeballt, der mit seinen Bedeckungen unterhalb der Kloaköffnung in der Mittel- linie der Bauchfläche mehr oder minder weit nach Aufsen vorspringt (Tab. I, Fig. 1, 3, 4, 18 i). Zu der Aufnahme dieses Eingeweideknäuels dient eine eigne, ziemlich geräu- mige Höhle (Fig. 1, 14 i) in der Substanz des innern Mantels, die nach allen Seiten hin vollständig geschlossen ist”), ohne jedoch von einer besondern Hülle ausgekleidet zu sein. Es giebt nur einige wenige Salpen, die eine andere Anordnung ‚des Darmkanales besitzen, und zu diesen gehört namentlich die schon von Cuvier beobachtete S. pinnata (S. eristata Cuv.), die sich defshalb denn auch mehr, als andere Formen, zu einer ana- tomischen Untersuchung des Verdauungsapparates eignet. Der Darmkanal dieses Thieres stellt eine lange und gerade Röhre dar, die bei den geschlechtlich entwickelten Individuen (eingehüllt in die Substanz des innern Mantels) in der Mittellinie der Bauchwand verläuft und an den Enden durch Mund und After in die Athemhöhle ausmündet (Fig. 2 1, Fig. 13). Der Mund liegt in der hintern Hälfte der Athemhöhle, dicht neben der ven- tralen Anheftungsstelle der Kiemenröhre und bildet gewissermafsen das äufserste Ende der Bauchfurche. Er hat eine ganz ansehnliche Weite und führt in einen Schlund, der sich nach hinten und unten zu trichterförmig verengt und in einen dünnen Oesophagus von mälsiger Länge auszieht. Dieser Oesophagus beschreibt einen kurzen Bogen, dessen Convexität nach hinten gerichtet ist, und erweitert sich sodann ziemlich plötzlich zu einem dieckern Darme, der unter den Bauchfalten nach vorne fortläuft, sich allmählig eiwas verdünnt und etwa mitten über dem kielförmigen Haftapparate, also in der Nähe der Athemöflfnung, seitlich (links) von den Bauchfalten, mit einem After aufhört. An der !) Dafs die Bauchfalten übrigens, wie v. Siebold (a. a. 0.) vermuthet, durch Aneinander- legen ihrer freien Ränder die zwischen ihnen befindliche Rinne in eine Röhre verwandeln können, steht bei der Abwesenheit der Muskelsubstanz in diesen Falten zu bezweifeln. Dafür dürfte aber die Flimmerbewegung in der Bauchrinne, die in der That nach dem Munde zu gerichtet ist, für den Transport der Infusionsthierchen, kleinen Krebsen und Algen, aus denen vorzugsweise die Nah- rung der Salpen besteht, vollständig ausreichen. _ 2) Die Scheidewand zwischen diesem Raum und der nach Aufsen geöffneten Athemhöhle ist von Eschricht mit dem Namen „Diaphragma* bezeichnet worden. Leuckart, zool. Untersuch. II. 5 34 Uebergangsstelle des Oesophagus in den eigentlichen Darm befindet sich ein sehr ansehnlicher Blindsack, der mit dem Darme in derselben Flucht liegt und schon von Cuvier gewils mit Recht als eine Ausstülpung des Darmes, als Magen, betrachtet wurde ?). th So wenigstens verhält sich der Darm bei den Kettenthieren von S. pinnata. Die solitiren Ammen zeigen dagegen mancherlei auffallende Verschiedenheiten, die sich theils (nach H. Müller) in der Duplieität des Magenblindsackes ?), theils aber auch und vor- nämlich in einer sehr abweichenden Lage des Darmkanales kundthun. Der Mund und Magen dieser Ammen hat allerdings die gewöhnliche Lagerung, aber der Darm derselben verläuft nicht unter der Bauchfurche, sondern, wie schon Chamisso (l. c. p. 7) wulste und von Quoy et Gaimard),.sowie von Müller und Vogt bestätigt wurde, im Innern des Kiemenrohres, so dafs der After hier in der Rückenwand des Körpers dicht hinter dem Ganglion seine Stelle findet. Diese letztere Eigenthümlichkeit ist um so auffallender, als sie nach den Beobachtungen von Chamisso auch bei der solitären Form von S. affınis vorkommt, obgleich hier die Kettenthiere, wie gewöhnlich, einen Nucleus besitzen. Im Wesentlichen ist übrigens bei den Salpen mit Nucleus die Bildung des Ver- dauungsapparates ganz dieselbe. Auch bei ihnen findet sich *) ein trichterförmiger Mund mit einem kurzen Oesophagus, ein weiter, beutelförmiger Magenblindsack und ein ein- facher, nach hinten zu etwas verdünnter Darm. Der einzige Unterschied besteht darin, dafs. dieser Darm nicht gestreckt verläuft, sondern mehr oder minder stark zusammengerollt ist. Bei S. democratica-mucronata bildet der Darm (Tab.I, Fig. 1, 14 I) eine enge Schlinge, zwischen deren Schenkel der Magensack mit dem blinden Ende nach der Athemhöhle zu emporragt. Die Lage des Darmes bei S. runcinata-fusiformis ist schwieriger zu analy- siren, doch kann ich die Angabe von Sars (l. c. p. 67) bestätigen, dals derselbe eine volle Windung macht, bevor er nach Aufsen führt. Die Afteröffnung liegt an der linken Seite dicht über dem Munde. !) Meyen, der den Zusammenhang dieses Sackes mit dem Darme übersehen hatte, beschreibt _ denselben als Gallenblase und läfst ihn mit dem für eine Leber gehaltenen Hoden communieiren. ?) Herr Vogt (a. a. O. S. 57) beschreibt bei S. pinnata überhaupt „zwei platte beutelförmige Blindsäcke, die man bisher, wegen ihrer platten Gestalt, für die Wände eines bedeutenderen Magen- sackes gehalten hat.“ Dafs indessen die aggregirten Individuen von S. pinnata wirklich nur mit einem einfachen Magensacke versehen sind, davon habe ich mich mit Bestimmtheit überzeugt. 5) Quoy et Gaimard (Isis a. a. O. Tab. VI, Fig. 14) geben freilich nur an, dals die Anord- nung des Darmkanales bei Salpa pinnata beträchtlich wechsele, bilden aber das oben erwähnte Ver- hältnifs bei einem solitären Individuum_dieser Art ganz deutlich ab. #) Bei neugebornen Salpen, deren Hoden noch nicht entwickelt ist, kann man die Bildung des Verdauungsapparates meist schon ohne alle Präparation sehr schön und deutlich beobachten. 35 Bei Doliolum (Fig. 15) ist die Darmschlinge von .beträchtlicher Weite, so dafs dadurch gewissermafsen eine Mittelform zwischen den Salpen mit und ohne Nucleus gebildet wird. Auffallender Weise liegt hier aber die Afteröffnung rechts von dem Munde und zwar an der Seitenwand des Körpers, wo sie in den von der eigentlichen Athemhöhle abgetrennten Kloakraum einmündet ?). _ Die aggregirten und solitären Formen von S. fusiformis und mucronata stimmen in der Bildung des Verdauungsapparates vollkommen überein. Die Lage und Zusammen- rollung zeigt eben so wenig Verschiedenheiten, als die Entwicklung des Magensackes, den ich auch bei den letztern (mit gröfsester Sicherheit namentlich bei S. demoecratica) einfach fand, obgleich er in andern Salpenammen (wie es z.B. von Home in den Lect. on compar. anat. Vol. II, Tab. 71 für S. gibbosa, die Ammenform der $. bicaudata an- segeben wird) wieder doppelt zu sein scheint. A In histologischer Beziehung ist zu bemerken, dafs der Darmkanal der Salpen der Muskelhaut entbehrt. Die Fortbewegung der Nahrungsstoffe und des Chymus ist hier lediglich die Aufgabe der Flimmerhaare, die man in allen Theilen des Tractus, von der Mundöflnung bis zum After, auf das Deutlichste unterscheidet. Die Wände des Darm- kanales bestehen aus einer ziemlich derben und glashellen Membran (Cellulose ?), in welche zahlreiche rundliche oder ovale Kernzellen von 75‘ eingebettet sind, und einer dicken, gelb gefärbten Schicht eylindrischer Drüsenzellen (von 5‘). Dafs die Salpen mit einer eigenen Leber versehen sind, ist mir im höchsten Grade unwahrscheinlich. In früherer Zeit glaubte man allerdings ganz allgemein an die An- wesenheit eines solchen Apparates, aber schon Krohn hat gezeigt (1. c.), dafs diese An- nahme nur aus einer Verwechselung mit andern dem Darme anliegenden Gebilden her- vorgegangen ist. Bald sind es die Ueberreste eines eigenthümlichen Fötalorganes, des Fettkuchens oder Eläoblasten (Krohn), die man für die Leber gehalten hat, bald auch und vorzugsweise (bei den Kettenthieren) die Blindsäcke des Hodens ?). Auch neuerdings haben sich übrigens noch manche Stimmen für die Existenz einer besondern Leber bei den Salpen ausgesprochen. So geben Müller und Vogt dem Magensacke die Bedeutung eines gallebereitenden Organes, während Huxley die Leber der Salpen möglicher Weise in einem eigenthümlichen, dem Darme anhängenden ") Bei Salpenembryonen kann man sich leicht überzeugen, dafs der Enddarm auch bei diesen Thieren eigentlich in den Kloakraum einmündet. 2) Bei der solitären S. democratica beschreibt Meyen (a. a. 0. S. 391) sogar die Fötuskette als Leber, klagt aber nichtsdestoweniger an einem andern Orte ($. 403) über den Zufall, der ihm niemals eine Salpe mit Keimstock in die Hände geführt habe. BE = 5) 36 gefälsartigen Apparate vermuthen möchte, der auch bei den Ascidien vorkommt und nach Krohn (Müller’s Arch. 1852. S. 332) hier gleichfalls als Leberapparat fun- siren könnte. 3 Ich muls indessen offen gestehen, dafs ich weder die eine, noch die andere der beiden Ansichten theilen kann. Was den Magensack betrifft, so stimmt dieser nach sei- nem histologischen Bau, wie schon H. Müller angiebt, mit dem dahinter liegenden Darme vollständig überein, was doch gewifs, wenn er ausschlielslich mit der Aufgabe der Gallensecretion betraut wäre, nicht der Fall sein würde. Die Drüsenzellen des Blind- sackes, die „bald Fett, bald einen intensiv gelben Farbestoff, bald beides zugleich als. Tropfen und Klumpen enthalten“, wird man gewils mit vollem Rechte als Leberzellen ansehen dürfen, aber ganz dieselben Zellen finden sich auch, wie erwähnt, in dem übri- gen eigentlichen Chylusdarme. Wir wollen selbst zugeben, dafs der Blindsack vorzugs- weise der Sitz dieser Drüsenzellen sei, aber dadurch wird er noch immer nicht zu einer Leber im eigentlichen Sinne des Wortes. Aehnliches kennen wir ja auch von andern, zum Theil ganz nahe verwandten Thieren, wie den kleineren Ascidien (Clavelina, Amaurueium),, bei denen sich das Leberdrüsenepithelium gleichfalls ausschliefslich oder doch vorzugsweise auf den Magen beschränkt. Und der Magen dieser Thiere ist doch offenbar dasselbe Gebilde, wie der Blindsack der Salpen, obgleich er sich nicht, wie dieser, durch eine seitliche Ausstülpung, sondern nur durch eine Erweiterung aus dem Darme hervorgebildet hat. (In andern Ascidien hat der Magen bekanntlich gleich- falls eine mehr oder minder excentrische, blindsackförmige Bildung.) Dafs übrigens der Blindsack der Salpen einen wesentlich andern Inhalt einschliefse, als der übrige Darm, ist mir nicht aufgefallen, obgleich H. Müller ausdrücklich (Zeitschrift für wissens. Zoologie a. a. O. S. 331) angiebt, dals die Nahrungsstoffe niemals in denselben hinein- gelangten. Das von Huxley beschriebene gefälsartige Anhangsgebilde des Darmes, das auch H. Müller beobachtet hat und wahrscheinlich schon von Quoy et Gaimard (Isis a. a. O. Tab. VI, Fig. 12) bei S. pinnata, wo es am Deutlichsten ist, gesehen wurde, besteht (Tab. I, Fig. 13, 15 m) aus einem ziemlich geraden Centralstamme, der dicht hinter dem Oesophagus einmündet, und einem engmaschigen Gefälsnetze, das die ganze hintere Hälfte des Darmkanales umspimt. Das letztere wird von vielfach anasto- mosirenden Röhren zusammengesetzt, deren Weite im Allgemeinen nach hinten zu immer mehr abnimmt. Hier und da sieht man zwischen den Anastomosen auch einen kurzen blindgeschlossenen Ausläufer, ein Umstand, der uns vielleicht darauf hinweist, dafs das betreffende Netzwerk mit dem Alter immer reicher und voller werde. Bei Doliolum, bei dem ich denselben Apparat gefunden habe, verläuft (Fig. 14) der Centralstamm an dem convexen Rande des bogenförmig gewundenen Darmes bis über die Hälfte des Tractus hinaus, wo er sich spaltet und mit seinen beiden Aesten im Um- 37 kreis des Darmkanales einen Gefälsring bildet. Aus dem hintern Rande dieses Gefäfs- ringes kommt eine grofse Menge von dünneren Längsgefäfsen hervor, die durch ihre Verästelungen und Anastomosen das terminale Netzwerk bilden. Bei S. pinnata ist (Fig. 13) die Grenze zwischen diesem Netzwerke und dem Centralstamm weniger scharf und bestimmt, indem das erstere durch fortgesetzte Spaltung unmittelbar aus letzterem hervorkommt. Wie sich die übrigen Salpen in dieser Hinsicht verhalten, weils ich nicht anzugeben, da man hier nur selten mehr als einzelne kleine Partieen des betreffenden Apparates beobachten kann. Wenn wir den Satz festhalten dürfen, dafs die Secretionsproducte der Leber in allen Fällen eine wesentlich gleiche Beschaffenheit und Zusammensetzung haben, wenn wir demnach nur solche Flüssigkeiten für Galle zu halten berechtigt sind, die durch die Anwesenheit von Gallenfett und Gallenfarbestoff sich auszeichnen — und bis jetzt: kennen wir noch keine sichere Ausnahme von diesem Satze —, so ist der eben beschriebene Röhrenapparat der Salpen und Ascidien gewils keine Leber. Der Inhalt desselben ist vollkommen farblos und ohne alle körperliche Elemente. Bei dem ziemlich homogenen Bau der Wandungen (der geringen Entwicklung der zelligen Auskleidung) wird man nicht einmal bestimmte histologische Anhaltspunkte für eine secretorische Bedeutung des Apparates gewinnen können, obgleich der Zusammenhang mit dem Darmkanale solche im höchsten Grade wahrscheinlich macht. Quoy et Gaimard beschrieben diese Gefälse als Lymphgefälse, doch hat schon Müller mit Recht die gänzliche Unzulässigkeit einer derartigen Ansicht hervorgehoben. Ob man dieselben nun aber (mit Müller) für ein Wassergefälssystem halten könne, will ich nicht entscheiden, obgleich es mir dünken will, als wenn sich bei der Aufgabe eines Wassergefälsapparates eine directe Ausmün- dung nach Aufsen oder in die Athemhöhle weit eher voraussetzen lassen dürfte, als ein Zusammenhang mit dem Darme, in dem noch Niemand bisher die Anwesenheit von Wasser nachgewiesen hat. Ueberdiefs vermilst man in dem betreffenden Apparate alle Veran- staltungen zu einem raschern Wechsel des Inhaltes, Einrichtungen, die doch in einem Wassergefäfsapparate wohl schwerlich fehlen würden. Unter solchen Umständen ist es mir nun am Wahrscheinlichsten, dafs das gefälsartige Anhangsgebilde am Darmkanal der Tunicaten einen Drüsenapparat vor- stellt, der dem Chymus gewisse (pankreatische?) Absonderungsproducte beimischt, viel- leicht auch, nach Art der Malphigischen Gefälse, die stickstoffhaltigen Zersetzungsproducte des Körpers nach Aufsen abführt. Das Erstere würde eine innigere Beziehung zu dem Verdauungsapparate voraussetzen, und wirklich scheint sich eine solche darin auszuspre- chen, dals die Salpen mit doppeltem Magensacke (nach H. Müller) abweichender Weise auch an ihrem Röhrensysteme mit einem doppelten Centralstamme versehen sind. 38 Athmungsorgane. Die Kieme der Salpen besteht bekanntlich aus einem cylindrischen Rohre !), das in schräger Richtung von vorn und oben nach hinten und unten ‘durch die Athemhöhle aus- gespannt ist und frei vom Wasser der Athemhöhle umspült wird (Tab. I, Fig. 1, 2, 3, 18 n). Die Enden desselben gehen ohne bestimmte Grenzen in die Substanz des innern Mantels über : nach Bau und Entwicklung erscheint die Kieme der Salpen nur als ein Anhangsgebilde dieses Mantels. Der hintere und untere Ansatzpunkt des Kiemenrohres ist beständig neben dem Munde, an der Wurzel des Nucleus, während der vordere und obere, je nach der Länge des Rohrs, ‚einige Verschiedenheiten darbietet. Bei S. mucronata, wo die Kieme verhältnils- mälsig kurz ist, findet sich dieser Ansatzpunkt viel weiter hinten (Fig. 1), als bei S. pinnata (Fig. 2) und andern grölsern Formen mit einer längern Kieme. Während das Ganglion, das in allen Salpen so ziemlich dieselbe Lage hat, bei S. mucronata noch eine Strecke weit vor der Kieme liegt, rückt diese in andern Fällen nach vorn bis dicht hinter das Ganglion oder selbst theilweise über dasselbe hinaus. Schon die Ammenform von S. mucronata, die sog. S. democratica, zeigt hierin ein abweichendes Verhältnifs (Fig. 3). Dieses vordere Ende des Kiemenrohres ist übrigens ziemlich allgemein etwas volu- minöser, als das hintere und dabei von den Seiten, besonders in der obern (oder hintern) Hälfte zusammengedrückt, so dals die Ansatzfläche desselben im Durchschnitt eine keil- förmige Gestalt hat. Eschricht (l. ce. p. 323) ist durch diese Bildung zu der Annahme verleitet, dals die Kieme der Salpen durch ein besonderes Aufhängeband (mesobranchium ) befestigt werde. Was er so nennt, ist nur der-hintere, stärker zusammengedrückte Rand der Kieme. Das unbewaflnete Auge unterscheidet an der Kieme der Salpen eine srofse Menge paralleler Querstreifen, die oftmals zu einem Vergleiche mit der Trachea Veranlassung gegeben haben. Uebrigens wird man sich bald überzeugen, dafs diese Querstreifen nicht (wie z. B. Meyen angiebt) rund um die Kieme herumlaufen, sondern nur auf die vor- dere Hälfte derselben beschränkt sind. Die Querstreifen bilden blofse Bögen und setzen sich noch dazu (Tab. I, Fig. 16) aus einer rechten und linken Hälfte zusammen, die beide von den Enden nach der Mittellinie der vordern Fläche, wo sie zusammenstofsen, immer mehr an Deutlichkeit abnehmen. Die obern Bögen sind in der Regel (namentlich bei S. pinnata) nicht unansehnlich kürzer, als die untern. !) Es ist nicht genau, wenn man die Kieme der Salpen als ein „Band“ beschreibt, dessen Seitenränder röhrenartig umgerollt seien. So weit ich beobachten konnte, bestehet dieselbe überall aus einem hohlen Cylinder, dessen Wände freilich nach dem Tode gewöhnlich zusammenfallen und Jann ein mehr.oder minder bandförmiges Gebilde darstellen. 39 Obgleich man bei dem ersten Anblicke vielleicht nicht abgeneigt ist, diese Bögen für erhabene Leisten zu halten, so reicht doch schon eine mäfsige Vergröfserung hin, eine andere Ansicht über dieselben zu gewinnen.- Die scheinbaren Leisten bestehen (wie Meyen zuerst entdeckt hat) aus colossalen Flimmerhaaren, die durch ihre Form und Gruppirung, auch durch ihre regelmälsige und kräftige Bewegung, die gröfseste Aehnlich- keit mit den Cilien in den sog. Rippen der Ctenophoren haben !). Statt der gewöhnlichen peitschenförmigen Gestalt besitzen diese Cilien — und Gleiches gilt auch von den schon früher erwähnten Cilien der Bauchfurche u. s. w. — eine zungen- oder lanzettförmige Bildung. Sie sind am Ende abgerundet, breit und platt (messen bei $. fusiformis etwa 5‘) und stehen einzeln auf einer gekernten vorspringenden Zelle (von etwa +15). Die rippenförmigen Flimmerleisten, die sie zusammensetzen, sind keilförmig nach Innen zu verschmälert, haben aber bei den einzelnen Arten eine verschiedene Länge und Breite. Sie lösen sich bei näherer Betrachtung in zahlreiche über einander stehende Querreihen auf, die gegen die vordere Mittellinie des Kiemenrohres immer kürzer werden und da- durch das oben erwähnte keilförmige Aussehen hervorrufen. Bei S.fusiformis enthalten die äufsern Querreihen etwa 12, die innern dagegen nur etwa 4 Cilien. Die Zahl dieser Flimmerrippen richtet sich natürlich nach der Länge der Kiemen und zeigt, wie diese, schon bei den 'einzelnen Generationen nicht selten mancherlei Ver- schiedenheiten. Sie beträgt bei S. mucronata z. B. etwa 60, bei S. democratica dagegen bis 100; bei S. fusiformis etwa 150, bei S. runcinata dagegen 180 u. s. w. Auf die Eigenthümlichkeit der Kiemenbildung bei dem nahe stehenden Genus Dolio- ium habe ich schon früher hingewiesen. Die Kieme dieses Thieres ist keine cylindrische Röhre, sondern eine Art Diaphragma, das in schräger Richtung, wie die Kieme der Sal- pen, durch die Athemhöhle hinläuft, aber rechts und links von einer Anzahl (bei D. denticulatum 24) querer Spalten durchbrochen wird. Die Ränder dieser Spalten sind von einem Flimmerbesatze eingefalst, der eine schöne Räderbewegung zeigt. Die Kieme der Salpen entspricht nach ihrem morphologischen Werthe nur dem mittlern, undurch- brochenen Stamme dieses Kiemenblattes ohne die Seitenflügel; sie entspricht (wenn wir noch einen Schritt weiter gehen) nicht dem bekannten Kiemensacke der Ascidien in seiner ganzen Ausdehnung, sondern — wie auch Huxley hervorhebt — nur dem gro- isen, schon von Savigny beschriebenen Längssinus an der kleinen Curvatur des Athem- sackes, der unterhalb des Ganglions hinläuft (,„‚hypopharyngeal band“ Huxl.) und den Respirationsapparat dieser Thiere in eine symmetrische rechte und linke Hälfte theilt. ') Mit Rücksicht auf die Darstellung vom Bau der Kiemen in der vergl. Anat. von Siebold (S. 275) will ich hier anführen, dafs diese Cilien die einzigen sind, die am Kiemenrohre der Salpen vorkommen. Wir dürfen übrigens nicht aufser Acht lassen, dafs auch bei den Salpen die respi- ratorische Thätigkeit nur schwerlich auf die Kiemen ausschliefslich beschränkt ist. Die ganze von unzähligen Blutströmen durchzogene Innenfläche des Mantels wird sonder Zweifel neben der Kieme den respiratorischen Gasaustausch vermitteln. Durch den Flimmerbesatz documenlirt die letztere nun allerdings ihre besondere Beziehung zum Ath- mungsgeschäfte, aber es giebt doch auch gewisse Stellen des innern Mantels, die eine Ciliarbekleidung tragen, und noch dazu sind das beständig solche, die von einem starken Bluistrome durchsetzt werden. Von der Ciliarbekleidung der Bauchfurche will ich hier nicht weiter reden, obgleich sie auch in respiratorischer Beziehung gewils nicht ohne Bedeutung ist. Dagegen sind es die schon mehrfach berührten seitli- chen Flimmerbögen, die ich als besondere Hülfsapparate der Athmung hervorheben möchte ?). Diese Flimmerbögen (Tab. I, Fig. 1, 2, 3, 18 o) gehen von dem dorsalen Ende der Kiemen aus und erscheinen gewissermafsen als die obersten Flimmerrippen, die sich von der Kieme auf die Innenfläche des Mantels fortsetzen und in einem weiten Bogen das vordere Ende der Respirationshöhle mit der Athemöffnung ringförmig umfassen. Die älteren Beobachter hatten von der Existenz dieser sonderbaren Bildung ent- weder gar keine oder doch nur (Cuvier, Meyen, Eschricht) eine höchst unvoll- kommene Kenninils, so dafs wir eigentlich erst den Untersuchungen von Huxley die Entdeckung der Flimmerbögen. verdanken ?). r Ueber das ventrale Ende dieser Bögen ist schon bei einer frühern Gelegenheit das Nöthige beigebracht worden. Es fällt (Fig. 10) mit dem vordern Ende der Bauchfürche und des Endostyles zusammen, so dals sich die Flimmerbekleidung der Seitenbögen ohne Unterbrechung in die der eben genamnten Organe fortsetzt. Die früher schon beschrie- bene Flimmergrube zeigt dagegen nirgends (wie auch H. Müller angiebt) einen Zusam- menhang mit diesem Apparate. 2) Wie die Bauchfurche aufser ihren anderweiligen Leistungen auch noch an dem Respira- tionsgeschäfte Antheil hat, so könnten diese seitlichen Flimmerbögen möglichen Falls auch bei der Besitznahme der Nahrung eine Rolle spielen, indem sie diese zunächst dem Flimmerbande der Bauchfurche und durch dessen Hülfe später der Mundöflnung überliefern. ?) Krohn (Arch. für Naturgesch. 1852. S. 55) und Vogt (a. a. ©. S. 50) haben übrigens dieselben Flimmerbögen unabhängig vonHuxley aufgefunden, auch schon auf die ganz allgemeine Verbreitung derselben bei den Tunicaten aufmerksam gemacht. Der bekannte „Nervenring“ im Um- kreis der Athemöffnung bei den Ascidien (Cuvier, delle Chiaje u. A.) ist nichts Anderes, als dasselbe Gebilde, das wir bei den Salpen hier beschrieben haben. 41 Cireulationsapparat. Seitdem wir zuerst durch die Untersuchungen von van Hasselt (Annal. des sc nat. 1824. T. III. p. 78) erfahren haben, dafs das Herz der Salpen sich abwechselnd bald nach der einen, bald nach der andern Richtung zusammenziehe und seinen Inhalt austreibe, hat der Kreislauf der Salpen und der Tunicaten überhaupt eine gewisse Be- rühmtheit erlangt. Es ist in der That auch ein höchst überraschendes Schauspiel, das plötzliche Stillstehen und Umkehren des Blutstromes, das in Folge dieses Wechsels in der Contraction des Herzens stattfindet und schlagender, als vielleicht irgend eine andere Thatsache, für die ausschliefsliche Abhängigkeit der Blutbewegung von der Propulsiv- kraft des Herzens sprechen dürfte. Man hat übrigens oftmals und noch neuerdings behauptet, dafs in diesem Wechsel des Kreislaufs eine ganz bestimmte Regelmälsigkeit obwalte, dafs das Herz der Salpen in gewissen gleichen Zeitpausen, von zwei zu zwei Minuten etwa (oder nach zwölf Contractionen) , die Richtung seiner Zusammenziehung ändere. Allein ich habe mich zur Genüge davon überzeugen können, dals dem nicht so ist, wenigstens nicht immer und unter allen Verhältnissen so ist. Es hat mir sogar geschienen, als ob der Kreislauf der Salpen mit Vorliebe nach einer bestimmten Richtung hingehe, und zwar nach jener, die im Allgemeinen mit der Blutbewegung der übrigen Mollusken übereinstimmt (bei der also das Blut durch die Respirationsorgane in das Herz zurückkehrt). Aber wahr ist es, dals diese Blutbewegung oftmals ohne allen scheinbaren Anlals eine längere oder kürzere Zeit hindurch geändert wird, und mitunter sogar in einem gegebenen Zeitraume -eine kürzere Dauer hat, als die entgegengesetzte Bewegung. Das Herz der Salpen ist an seinen Zusammenziehungen schon mit unbewalfnetem Auge leicht zu entdecken. Es ist (Tab. I, Fig. 17) ein kurzer, aber ziemlich weiter und gestreckter Cylinder, der in dem Winkel zwischen Bauchfurche nnd Kiemenrohr an der Wurzel des Nucleus in die Substanz des innern Mantels eingebettet ist (Fig. 1, 2, 18 p). Das eine Ende des Herzens liegt rechts neben der Mundöffnung , da wo die Bauchfurche aufhört, während das andere Ende etwas nach oben und hinten zu gerichtet ist. Es wird von einem eigenen zarthäutigen Pericardium umgeben (Fig. 17) — das Huxley nur mit Unrecht, wie es mir scheint, als einen wandungslosen Sinus betrachtet —, liegt aber nicht etwa ganz frei und lose im Innern dieses Raumes, sondern ist mit seiner (etwas kürzern) Rückenwand der ganzen Länge nach an demselben befestigt. Die Ränder im Umkreis der klappenlosen Oeflnungen sind gleichfalls mit den Enden des Pericardialsackes in festem Zusammenhang, so dafs also nur die eine, der Bauch- fläche des Körpers zugekehrte Herzhälfte von einer freien und losen Wand begrenzt Leuckart, zool. Untersuch. II. 6 42 wirdt). An dieser Wand nun sieht man die Contractionen des Herzens, die aber nicht etwa ruckweise, wie sonst, und in der ganzen Ausdehnung des Herzens zu derselben Zeit erfolgen, sondern wellenförmig durch eine Art peristaltischer Bewegung von dem einen Ende nach dem andern fortlaufen. So lange der Kreislauf seine frühere Richtung beibehält, folgen sich die einzelnen Wellen in gleichmälsigen Zeiträumen hinter einander und so schnell, dafs die zweite und dritte Welle schon beginnt, bevor die erste an dem Ende des Herzens angelangt is. Bei der Umkehr der Blutbewegung ist das anders. Hier verläuft die letzte Welle, ohne dafs ihr eine andere nachfolgt : das Herz steht einen - Augenblick still, um sodann ?) das Spiel seiner Zusammenziehungen in entgegengesetzter Richtung zu beginnen °). Eigenthümlich, wie die Zusammenziehung des Herzens, ist auch der histologische Bau seiner Wandungen. Die Muskelsubstanz desselben besteht aus einer einfachen Schicht von Muskelbündeln, die ringförmig, der Quere nach, verlaufen und ihrer Bildung nach im Wesentlichen vollkommen mit denen der Bewegungsmuskeln übereinstimmen. Sie sind, wie diese, quergestreifte platte Bänder (mit eingelagerten Kernen), die sich an manchen Stellen (namentlich in der Bauchwand des Herzens) in die schönsten Fibrillen auflösen. Der einzige Unterschied der Muskelbündel des Herzens besteht darin, dafs sie blasser und schmaler (4745— 45“) sind, als die meisten Rumpfmuskelbündel, auch an Länge hinter diesen zurückstehen. Man sieht, wie schon H. Müller angeführt hat, nicht selten Mus- kelbündel, die nur 54,“ messen und durch den Besitz eines einfachen Kernes anzeigen, dafs sie nach Art der sog. Faserzellen aus der Metamorphose einer einzigen Zelle her- vorgegangen sind. Solche kurze Muskelbündel haben eine rautenförmige Gestalt und sind mit ihren zugespitzten Enden zwischen die anliegenden Bündel eingeschoben , wie man das auch an andern Bündeln hier vielleicht noch schöner, als in den Athemmuskeln, beobachten kann. Verästelungen und Anastomosen der Muskelbündel, die doch sonst, wie wir jetzt wissen, im Herzen so häufig sind, fehlen gänzlich. « !) Schon Huxley hat auf diese eigenthümliche Befestigung des Herzens aufmerksam gemacht, ist durch dieselbe aber zu der Annahme verführt worden, dafs das Herz der Salpen keinen ge- schlossenen Cylinder darstelle, sondern nur ein rinnenförmig zusammengebogenes Blatt, dessen Seitenränder mit dem Pericardialraume zusammenhingen (l. c. p. 572). ?) An eine Drehung des Herzens, die nach Quoy et Gaimard (a. a. O. S. 112) das Um- kehren des Kreislaufes bewirken sollte, ist natürlich nicht zu denken. %) Bleibende Einschnürungen, die das Herz der Salpen in mehrere hinter einander liegende Abtheilungen zerfällten, fehlen eben so, wie die von Costa (Atti della Acad. di Napoli Vol. V. p. 193) beschriebene spiralförmige Klappe im Innern des Herzens, die das Blut durch ihre Bewe- gungen bald nach vorwärts, bald nach rückwärts treibe. Alle diese Angaben beruhen auf einer irrthümlichen Deutung der wellenförmigen Contractionen der Herzwand. 43 Bei den in Bezug auf den Kreislauf näher von mir untersuchten Salpen (S. runci- nata-fusiformis und democratica-mucronata) ist das Herz, wie man leicht und bestimmt beobachten kann, das einzige Gefäfs des Körpers. Der peripherische Kreislauf geschieht, wie schon von Huxley und Vogt hervorgehoben ist, in wandungs- losen Gängen von verschiedener Geräumigkeit, die sich mit einer gewissen Regel- mäfsigkeit in der Substanz des innern Mantels ) verbreiten. Am Genauesten ist diese Verbreitung der blutführenden Kanäle von Milne Edwards dargestellt (in der illustr. Ausgabe von Cuvier’s Rögne animal. Moll. Pl. 122), doch kann ich nicht — auch abgesehen davon, dafs M. E. diese Kanäle für Gefäfse hält — in jeder Beziehung mit den Angaben des berühmten französischen Zootomen übereinstimmen. Will man die Hauptbahnen der Blutströmung bei den Salpen kennen lernen, so orientirt man sich zunächst am leichtesten bei einem Fötus, bei dem der Kreislauf insofern einfacher ist, als hier einstweilen noch jene zahllosen kleinen Strömungen fehlen, die sich später von den Hauptbahnen abzweigen. Das Bild vom Kreislauf dieser Thiere ist seinen Hauptumrissen nach schon durch die Anordnung der Flimmerhaare im Innern der Athem- höhle gegeben. Das Blut bewegt sich aus der untern Oeflnung des Herzens in der Rich- tung der Bauchfurche und des Endostyles nach vorn und theilt sich am Ende des letztern in zwei Seitenströme, die ringförmig mit den Flimmerbögen die Athemöffnnng umfassen, am obern Ende der Kieme sich wieder sammeln und durch den Hohlraum des Kiemen- rohres in das Herz zurückkehren. So wenigstens ist es, wenn sich das Herz von hinten und oben nach vorn und unten zusammenzieht. Im andern Falle ist natürlich die Blut- bewegung auf der beschriebenen Bahn die umgekehrte. Der Kreislauf der erwachsenen Salpe (Tab. I, Fig. 18) ist im Wesentlichen der- selbe und nur, wie schon erwähnt, durch zahlreiche Seitenströmungen ausgezeichnet, die neben diesen Hauptbahnen in verschiedenem Sinne fortlaufen und vielfach unter sich zu einem Netzwerk zusammenhängen. Der ganze Mantel der Salpen ist von zahllosen grö- fsern und kleinern Blutwegen durchzogen. Die meisten dieser Seitenströme nehmen aus der ventralen Hauptlacune ihren Ursprung. Hier sieht man nach rechts und links eine Anzahl von Blutbahnen abgehen, die gleich den beiden vordern Seitenströmen bogenför- mig nach der Mittellinie des Rückens emporsteigen und der Bauchlacune gegenüber eine Rückenlacune zusammensetzen, die freilich an Weite und Blutreichthum hinter jener weit zurückbleibt, obgleich sie am vordern Ende auch mit den beiden Hauptseitenströmen zu- !) Es ist unrichtig, wenn Huxley angiebt, dafs diese Lacunen auf der Oberfläche des innern Mantels unter der sog. Schale gelegen seien und einen Ueberrest der „serösen Säcke* dar- stellten (die, wie wir schon oben bemerken mufsten, überhaupt nirgends und zu keiner Zeit exisliren ). Ge 44 sammenhängt. Diese Rückenlacune ist übrigens nicht der einzige Sammelpunkt für das Blut der accessorischen Seitenbögen, da diese auch sonst noch vielfach in den Seiten des Mantels unter einander communiciren. Die Blutbewegung in der Rückenlacune ist beständig der der Bauchlacune entgegen- gesetzt. Wenn also das Blut, wie wir es oben angenommen haben, sich in der erstern nach vorn bewegt, so fliefst dasselbe in der letztern und eben so in den accessorischen Längslacunen der Seitenwand nach hinten, ohne durch das Kiemenrohr hindurchzuströmen. An der Basis des Nucleus sammelt sich dieses Blut sodann in einem ziemlich geräumigen Sinus, in den sich auch das Kiemenblut ergielst, so dafs man denselben für eine Art Vorhof halten möchte, obgleich er eben so wenig, als die bisher beschriebenen Lacunen, von selbstständigen Wandungen ausgekleidet ist. Der gröfste Theil dieses Blutes tritt nun von da ohne Weiteres durch die hintere Oeflnung des Herzens, die mit dem betref- fenden Sinus zusammenhängt, von Neuem in den Kreislauf, aber ein anderer Theil dessel- ben gelangt erst vorher in die früherhin beschriebene Eingeweidehöhle, wo er die Wandungen des Darmkanales umspühlt, den durchgeschwitzten Chylus aufnimmt und dann gleichfalls in das Herz zurückkehrt. Das Bild, das man vom Kreislaufe der Salpen entwerfen kam, wird immer bei dem unendlichen Reichthume der Blutbahnen in dem innern Mantel dieser Thiere ein schema- tisches sein. Auch unsere Darstellung nimmt keine andere Bedeutung in Anspruch, doch wird dieselbe, wie ich wenigstens hoffe, nicht blofs eine übersichtliche, sondern auch eine ziemlich richtige und naturgemäfse Anschauung bieten. Ich will nur noch hinzufügen, dafs bei S. fusiformis auch die spindelförmigen Endfortsätze des Körpers von einem Blut- strome versorgt werden, der bogenförmig von der ventralen nach der dorsalen Fläche derselben hinläuft und eine neue Communication zwischen den beiden Längslacunen in der Mittellinie des Körpers herstellt. Bei den Arten ohne Nucleus ist der Kreislauf voraussichtlich insofern einfacher, als hier mit dem Eingeweideknäuel auch zugleich die blutführende Eingeweidehöhle hinweg- gefallen ist. Der Darmkanal liegt hier entweder in der Bauchlacune oder in der Kiemen- lacune, die gewils auch in selchen Fällen ganz einfach und ohne Seitenbahnen ist, wie ich es bei S. fusiformis und mucronata mit Bestimmtheit beobachtet habe '). Das Blut der Salpen ist vollkommen farblos und enthält spärliche, aber ziemlich großse (745,5) granulirte Körperchen, die bei S. democratica-mucronata sonderbarer !) Die vielfach wiederholte Angabe, dafs das Kiemenrohr ein Blutgefäfs enthalte, das sich nach allen Seiten hin verzweige und schliefslich in ein anderes Kiemengefäls hinüberführe, ist gewils (wenigstens für die Mehrzahl der Salpen) unrichtig, obgleich sie auch neuerlich noch von Herrn Vogt (a. a. 0. S. 44) vertreten wird. 45 Weise eine sehr unregelmäfsige, stäbchen- oder bogenförmige Gestalt haben und nicht selten mit Fortsätzen und Ausläufern der manchfachsten Form versehen sind !). Exeretionsorgane, Obgleich es höchst wahrscheinlich ist, dafs die Salpen nach Art der übrigen Mol- lusken mit einem nierenartigen Excretionsorgane versehen sind, so bleibt es doch einst- weilen noch ungewils, wo wir dasselbe zü suchen haben. Möglich, dafs sich späterhin vielleicht das schon oben beschriebene Anhangsgebilde des Darmkanales als Harnapparat ausweist. Von H. Müller ist übrigens neuerlich (Verhandl. u. s. w. S. 61) die Vermuthung aufgestellt worden, dals das schon von Forskäl beobachtete weilse oder schwach violette streifenförmige Organ, das bei S. pinnata (und S. cristata) in den obern Seitenwänden des Körpers vorkommt (Tab. I, Fig. 2 q) und nach dem Vorgange von Cuvier in früherer Zeit gewöhnlich als Ovarium betrachtet wurde ?), die physiologische Bedeutung einer harnabsondernden Drüse habe. Ich kann diese Ansicht nicht theilen, selbst wenn es sich bestätigen sollte, dafs das betreffende Gebilde eine weitere Verbreitung habe, als man demselben bisher zuschrieb. (Nach Müller finden sich bei S. bicaudata ähnliche, aber schwächere Streifen, die zu beiden Seiten der Bauchfurche gegen die Kiemenhöhle vorragen. Auch bei S. fusiformis fand ich mitunter ein schmales Streifenorgan in dem hintern Endfortsatze des Körpers.) Dafs dieses Gebilde überhaupt keine drüsige Natur habe, geht wohl zur Genüge daraus her- vor, dafs es, wie ich mit Bestimmtheit behaupten kann, ohne Ausführungsgang und selbst ohne eigne Wandungen ist. Das Streifenorgan von S. pinnata besteht aus einer Anhäu- fung von ziemlich grolsen (45) Zellen, die im Innern mehr oder minder reich mit dunkeln Körnern erfüllt sind °). Ich hielt diese Körnchen Anfangs für Fett, ') Das Blut von Doliolum scheint dagegen der körperlichen Elemente vollständig zu entbehren. ?) Eine scheinbare Stütze dieser irrthümlichen Annahme lag darin, dafs der Anheftungspunkt des Fötus bei den geschlechtlich entwickelten Salpen nur eine kurze Strecke von dem hintern Ende dieses Streifenorganes entfernt ist. Meyen (a.a. 0. S. 399) wollte sogar gesehen haben, wie sich die Eier allmählig von dem hintern Ende desselben ablösten ! °) H. Müller meint, dafs die zelligen Elemente, die gewöhnlich bei den Salpen zwischen den Darmwindungen im Nucleus vorkommen, mit diesen Zellen übereinstimmten — dafs das Vorkommen eines eigenen Streifenorganes bei S. pinnata demnach vielleicht durch die Abwesenheit des Nucleus bedingt werde. Ich mufs indessen gestehen, dafs mir die Zellen im Nucleus der Salpen, die vor- zugsweise bei jungen Individuen vor der männlichen Geschlechtsreife anzutreffen sind, mit den Elementen des Streifenorganes kaum eine Aehnlichkeit zu haben scheinen. Sie erscheinen, bei S. mucronata und fusiformis wenigstens (Tab. I, Fig. 1, 14), als kleine gelbgefärbte Fettzellen. 46 mufste mich aber später überzeugen, dafs sie durch Kali und ähnliche Stoffe nicht ver- ändert werden. Die Zellen, welche dieses Gebilde zusammensetzen, sind in die Substanz des. innern Mantels eingelagert, so dafs diese dadurch in zwei Lamellen, eine obere und eine untere, zerfällt wird. Aber beide Lamellen sind nicht vollständig von einander abgetrennt, sondern bleiben durch dünne und glashelle, hier und da verästelte Fasern (Cellulosefasern?) unter sich im Zusammenhang. Am zahlreichsten und deutlichsten sind diese Fasern in der Mitte des sog. Streifenorganes; es findet sich hier gewissermafsen ein cavernöser Hohl- raum, der von den Zellen des Streifenorganes ausgefüllt ist. Welche Bedeutung diesen Zellenhaufen beizulegen sein möchte, weils ich nicht. Sie sind einstweilen eben so räthselhaft, als viele andere Organe des Salpenkörpers. Nicht uninteressant ist es übrigens, wenn wir sehen, dals diese Gebilde in den beiden Gene- rationen der S. pinnata, wie schon die ältesten Beobachter wufsten, insofern einige Ver- schiedenheit darbieten, als sie in der solitären Form durch die Muskelgürtel jederseits in fünf kurze, hinter einander liegende Portionen getheilt sind, die bei der Kettenform (Tab. l, Fig. 2q) zu einem gemeinschaftlichen Körper von länglicher Gestalt zusammenhängen. Geschlechtsorgane. Die erste sichere Auskunft über die Geschlechtsorgane der Salpen verdanken wir den unermüdlichen Beobachtungen von Krohn (l. c. p. 115), die hier um so bedeutungs- voller waren, als dadurch die Frage nach der Fortpflanzungsweise und dem Generations- wechsel unserer Thiere ihre definitive Erledigung gefunden hat. Es ist jetzt eine aus- gemachte Thatsache, dafs die Geschlechtsorgane nur bei den aggregirten Individuen der Salpen gefunden werden, während die solitären Individuen, die aus den befruchteten Eiern hervorgehen, statt der Geschlechtsorgane einen Keimstock besitzen und ausschliefslich auf ungeschlechtlichem Wege, durch Knospenbildung, eine Nachkommenschaft hervorbringen. Männliche und weibliche Organe sind beständig, so viel wir bis jetzt wissen, bei den Salpen in demselben Individuum vereinigt. Die Salpen sind Zwitter, die sich aber dadurch vor den meisten übrigen zwitterhaften Thieren auszeichnen, dafs Eier und Samenkörperchen in einer sehr verschiedenen Zeit des Lebens zur Entwickelung kom- men !). Die neugeborne Salpe ist ausschlielslich, so zu sagen, weiblichen Geschlechtes. ‘) Ein solcher Vorgang scheint übrigens doch häufiger bei den Zwittern zu sein, als man bisher annahm. Er findet sich nach Davaine (Mem. de la Soc. de Biolog. T. IV. p. 315) bei der — hermaphroditischen — Auster, nach meinen Beobachtungen auch bei einer Anzahl Zwittergaste- ropoden, sehr auffallend namentlich bei Cymbulia Peronii. 47 Sie entbehrt, wie ich mit Herrn Vogt (a. a. 0. S. 77) bestätigen kann, nicht blofs der Samenkörperchen, sondern auch des Hodens, besitzt aber bereits ein ausgebildetes und entwickelungsfähiges Eichen, das schon in den ersten Stunden des Lebens — natürlich von den Samenelementen eines andern Individuums — befruchtet wird und dann, wie gewöhnlich, in ein neues Thier sich umbildet. Der Hoden mit den Samenkörperchen ent- steht erst später, während der Entwickelung des Embryo, die im Innern des mütterlichen Körpers vor sich geht und durch mancherlei höchst eigenthümliche Verhältnisse ausge- zeichnet ist. Die meisten Salpen, und zu diesen gehören auch die von mir beobachteten Formen ohne Ausnahme, produeiren nur ein einziges Eichen, das, wie schon Krohn gezeigt hat, von einer gestielten Kapsel umgeben wird, und Anfangs, vor der Befruchtung, mit- sammt dem Darmkanale in dem Nucleus eingeschlossen. Es liegt (Tab. I, Fig. 1, 14 r) in der Wurzel des Nucleus !) rechts neben dem Oesophagus und wird, wie die übrigen Eingeweide des Nucleus, frei von dem Blute des Sinus intestinalis umspühlt *). Der Durchmesser des primiliven Eies beträgt (bei S. mucronata ) 55‘. Es besteht aus einer körnigen, ziemlich hellen Dottermasse und umschliefst ein grofses bläschenförmiges Keimbläschen (;1;) mit einfachem Keimfleck. Von der Anwesenheit einer eigentlichen Dotterhaut habe ich mich nicht überzeugen können. Die einzige Umhüllung des Eies, die man mit Sicherheit unterscheidet, ist die Eikapsel (der Eierstock, wenn man will), die nach allen Seiten hin dicht auf der Oberfläche des Dotters aufliegt und innen mit einer Schicht von kleinen (345) gekernten Zellen bekleidet ist. Der Stiel der Eikapsel (Oviduct) ist ein ziemlich kurzer (4) und dünner (445) Gang, der sich nur an seinem vordern Ende etwas verdickt und, gleich der Eikapsel, aus einer structurlosen Membran mit innerer Epitheliallage gebildet wird. Er läuft von der Wurzel des Nucleus bogenförmig in der Substanz des innern Mantels nach vorn und oben und mündet oberhalb des Nucleus an der rechten Seite des Körpers in die Alhem- höhle. Im Umkreis dieser Mündungsstelle zeigt der innere Mantel eine schildförmige Verdickung von länglicher Gestalt (7;‘ lang, 55‘ breit), in der man zahlreiche kleine und gekernte Zellen, wie in der Eikapsel und dem Stiele, unterscheidet °). !) Bei den Salpen ohne Nucleus (nach Herrn Vogt, a. a. O. S. 67, Fig.8) zwischen Kloak- öffnung und Kiemenende an der ventralen Körperfläche. ?) Herr Vogt (a. a. O. S. 80) giebt freilich an, dafs das primitive Ei der Salpen an seinem Stiele frei in die Athemhöhle herabhänge, ich glaube indessen auf das Bestimmteste behaupten zu dürfen, dafs diese Angabe auf einer irrigen Beobachtung beruht. Schon Krohn und Huxley haben übrigens die Lage des Eies ganz richtig beschrieben. >) Nach Herm Vogt (a. a. 0. $.82) bildet diese Zellenschicht im Umkreis der äufsern weib- lichen Geschlechtsöffnung keine Erhebung, sondern eine napfförmige Vertiefung (Schifflein), was ich indessen gleichfalls für einen Irrthum halten muls. 48 Die Verhältnisse, die ich hier geschildert habe, beobachtet man nur bei reifen Ket- tenembryonen oder eben gebornen, jungen Salpen. Unmittelbar nach der Befruchtung, ja bisweilen vielleicht (nach Vogt) schon vorher — wenigstens vor der Geburt?) — tritt eine höchst sonderbare Lagenveränderung des Eies ein. Der Stiel der Ei- kapsel scheint sich nach Art eines Gubernaculum allmählig zu verkürzen, und dadurch wird dann das Ei aus seiner primitiven Lagerstätte hervorgezogen. Es rückt aus der Höhle des Nucleus allmählig nach vorn, bis es dicht hinter der frühern Mündungsstelle des Stieles anlangt und hier nun die schildförmige Verdickung des Mantels buckelförmig vor sich auftreibt. Das befruchtete Eichen liegt gewissermalsen (Tab. I, Fig. 2r) in einem Bruchsacke, der von dem innern Mantel — eigentlich nur dem untern Blatte des- selben — gebildet wird und zapfen- oder beerenförmig an der Stelle der frühern Ge- schlechtsöffnung in die Athemhöhle hineinragt. Eine Zeit lang kann man diese Oeffnung auf der Spitze des Zapfens (Tab. II, Fig. 1, 2, 3 y) auch noch ganz deutlich unter- scheiden ?). Untersucht man die Wandungen dieses Zapfens, den man füglich als Brutsack bezeichnen darf, so findet man in denselben — wenigstens bei S. pinnata und fusiformis — zwei über einander geschichtete Lagen. Die äufsere (Tab. II, Fig. 1—4.) hat ganz die gewöhnliche glashelle Beschaffenheit des innern Mantels, in den sie an der stiel- förmigen Anheftungsstelle ohne Grenzen übergeht®), während die innere (Ibid. #), die nur das vordere Segment des Eichens überdeckt, aus kleinern und gröfsern hellen Zellen mit punktförmigem Kerne zusammengeselzt ist. Ich vermuthe, dafs diese letztere Schicht !) Da bei den mehrgebärenden Salpenammen der Hohlraum im Umkreis der Fötuskette direct mit der Aufsenwelt communieirt, die reifen Embryonen auch schon im Mutterleibe nicht selten Athem- bewegungen machen, so wäre es ja möglich, dafs die Befruchtung in solchen Fällen schon vor der Geburt stattgefunden hälte. j *) Auch von diesem Vorgange giebt Herr Vogt eine abweichende Darstellung. „Der Stiel“, so sagt er (a. a. O. S. 82), „zieht sich bei der Lagenveränderung des Eichens ein, rollt sich um das kugliche Ovarium herum und hebt dieses so in die Höhe, dafs es sich in die napfförmige Ver- tiefung neben der Anheftungsstelle hineinzwängt.«e — Ich muls freilich gestehen, dals ich die Lagenveränderung des Eichens nicht Schritt für Schritt verfolgt habe; was ich jedoch beobachtete (und damit stimmen auch die Angaben von Huxley und H. Müller überein), spricht nur für eine Verkürzung, nicht für eine Umrollung des Stieles. Dazu kommt die Anwesenheit der Oefl- nung an der Spitze des Brutsackes, die wohl schwerlich zu Gunsten der Vogt’schen Darstellung sprechen dürfte. >) Nach Herrn Vogt ist diese äufsere Hülle des Brutsackes durch Verwachsung und Ver- schmelzung der Stielwindungen gebildet. H. Müller (Zeitschr. u. s. w. S.331) hält sie in Ueber- einstimmung mit unserer Darstellung für einen Theil des innern Mantels, lälst sie aber dadurch entstehen, dafs sich im Umkreis der primitiven zelligen Verdickung eine ringförmige Falte erhebe, die sich allmählig auf der Höhe des Vorsprunges schlielse. (die bei $S. mueronata, wenigstens auf den spätern Stadien der Entwicklung, fehlt) durch Wucherung und Weiterbildung aus den oben erwähnten Zellen im Umkreis der Geschlechts- öffnung hervorgegangen ist und finde den Beweis für die Richtigkeit dieser Vermuthung ') namentlich darin, dafs sie (Fig. 1, 2, 3 y), wie die äufsere Schicht, Anfangs von der kanalförmig ausgezogenen Geschlechtsöffnung durchsetzt wird. Die frühere Eikapsel läfst sich im Brutsacke nicht mehr auffinden. Der Innenraum des letztern ist ausschliefslich von dem Eichen eingenommen oder vielmehr von dem Dot- terhaufen, denn auch das Keimbläschen mit dem Keimflecke, das für das unbefruchtete Eichen so charakteristisch war, ist jetzt bereits geschwunden. Das hintere Segment des Dotters ist ohne alle Bedeckung; es ragt in eine — vielleicht erst durch die Wanderung des Eichens entstandene — Lacune des innern Mantels hinein und wird vom mütterlichen Blute umspühlt. Obgleich es nun übrigens, wie bemerkt, die Regel zu sein scheint, dals die Ketten- salpen nur ein einziges Ei, also auch nur einen einzigen Embryo, hervorbringen *), so kennt man doch einige Arten (S. zonoria und microstoma, wahrscheinlich— nach Krohn — auch S. Tilesii) mit einer grölsern Anzahl (3—5)gvon Embryonen. Wie in solchen Fällen. die primitiven weiblichen Organe gebaut sind, hat man noch nicht beobachtet, indessen dürfte es wohl das Wahrscheinlichste sein, dals die Eigenthümlichkeit dieser Formen in einer Mehrzahl der oben beschriebenen gestielten Eikapseln bestehe und nicht etwa blofs in einer Mehrzahl von Eiern in derselben Kapsel. Ich schliefse das wenigstens daraus, dafs ich bei einer S. zonaria mit fünf Embryonen nicht blofs für je einen Embryo einen besondern Anheftungspunkt in der Kiemenhöhle auffand, sondern mich auch ferner davon überzeugen konnte, dals diese fünf Embryonen auf einer verschiedenen Entwicke- lungsstufe standen. Die Keime derselben werden also wohl zu verschiedenen Zeiten befruchtet sein und zu verschiedenen Zeiten ihre primitive Lagerstätte verlassen haben. Die männlichen Organe der Salpen sind dieselben, die man in früherer Zeit gewöhnlich für eine Leber hielt, bis Krohn (zuerst in Froriep’s N. Not. 1841. N. 356) ihre wahre Natur erkannte und durch die Entdeckung der Samenfäden unwiderleglich !) Später, wenn bereits die Bildung des Embryo erfolgt ist, könnte man diese Zellenschicht (bei S. fusiformis) leicht für die erste Anlage des äulsern Mantels halten. In diesen Irrthum scheint Krohn verfallen zu sein, wenn er (l. c. p. 123) angiebt, dafs die Wand des Fruchtsackes sich in die äufsere Bedeckung des Fötus umwandele. *) Ebenso verhält es sich gewöhnlich (vgl. Huxley l. ec. p. 584) bei Pyrosoma, deren Eier sogar in einer gestielten Kapsel liegen, wie bei Salpa. Bei Doliolum Mülleri beobachtete Krohn (Arch. für Naturgesch. 1852. I, S. 58) ebenfalls nur ein einziges reifes Eichen, daneben aber noch ein besonderes „mit hellen und runden gekernten Bläschen angefülltes Organ“, das K. für ein Ovarium halten möchte, dessen Eikeime noch unvollständig entwickelt waren. Leuekart, zool. Untersuch. II. 7 50 feststellte. Sie bestehen überall, wie es scheint, aus zahlreichen längern oder kürzern Blindschläuchen, die sich (Tab. I, Fig. 19 s) mehrfach verästeln und durch Hülfe eines gemeinschaftlichen Ausführungsganges in die Athemhöhle ausmünden. Die Entwickelung des männlichen Geschlechtsapparates im Ganzen ist eine sehr ansehnliche — ein Umstand, der im Gegensatz zu der Bildung der weiblichen Organe aufserordentlich auffällt, durch die Art und die Besonderheiten der Befruchtung indessen hinreichend erklärt werden möchte (vgl. hierüber meine Bemerkungen in Wagner’s H. W. B. der Physiol. Art. Zeugung, 8. 907). Man findet den Hoden der Salpen beständig in der Nähe des Darmkanales, aber die Lage des leiztern wechselt bekanntlich mehrfach, und damit wechselt denn auch die Anordnung des männlichen Apparates. Bei S. pinnata (Tab.I, Fig. 2s) liegt der Hoden, der hier mit seinen langgestreckten, bündelförmig vereinigten Schläuchen ein fast keulen- arliges Aussehen hat, in der Mittellinie der Bauchfläche zwischen dem Darmkanale und dem Endostyle. Der Ausführungsgang ist nach vorn gerichtet und die Geschlechtsöffnung eine kurze Strecke hinter dem After gelegen. Bei den Salpen mit Nucleus ist der Hoden dagegen in die Eingeweidehöhle eingeschlossen. Er liegt hier mit seiner Hauptmasse an der Bauchfläche des Darmes, von wo er indessen zur Zeit der völligen Entwickelung nach rechts und links bis auf die Rückenfläche emporreicht und den Darmkanal auf solche Weise einhüllt*). Das Vas deferens mündet in diesen Fällen gleichfalls dicht neben dem After (Fig. 19 s). Es scheint übrigens, als ob die Verästelung, Form und Ausbreitung der Hodenschläuche, bei den einzelnen Salpenarten mancherlei Verschiedenheiten darbiete. So besitzt z. B S. mucronata ziemlich lange und zugespitzte Hodenschläuche, die vorzugsweise in der Längsachse des Nucleus verlaufen und den ganzen Darmkanal allmählig einhüllen, auch nach hinten zu über denselben noch eine Strecke weit hervorragen. Bei S. fusiformis sind die Hodenschläuche sehr viel kürzer und zu einer sattelförmigen Masse vereinigt, welche in den beiden Seitenlappen eine fast radiäre Anordnung darbietet, die Mittellinie der Rückenfläche aber beständig freiläfst. Histologisch bestehen die Hodenschläuche aus einer zarten und glashellen structur- losen Membran, deren Innenfläche von dick geschichteten hellen Samenzellen (+45) bedeckt ist. Auf der äufsern Fläche findet man zahlreiche geschwänzte oder spindelför- mige Kernzellen (5), die mitunter zu förmlichen Zellgewebsfasern unter sich zusam- menhängen und dann balkenartig zwischen den Hodenschläuchen und der Innenwand der !) Bei andern Salpen, auch bei $. maxima, wird dagegen (nach H. Müller, Zeitschr. u. s. w. S. 330) der Hoden von den Windungen des Darmes eingehüllt. 51 Eingeweidehöhle ausgespannt sind. Es leidet keinen Zweifel, dafs diese Zellen zur Befestigung der Hodenschläuche dienen. Ich habe schon früher erwähnt, dals die neugebornen Salpen einstweilen noch ohne Hoden sind. Die Entwickelung des Hodens geht von einem einzigen Schlauche aus, der sich erst allmählig durch fortgesetzte Ausstülpung in eine ramifieirte Drüse verwandelt. Die männlichen Organe von Doliolum *) behalten diese primitive Form und stellen auch im ausgebildeten Zustande einen einfachen (kürzern oder läneern) Blindschlauch dar. Bei Dol. Mülleri liegt dieser Hoden nach den Beobachtungen von Krohn (Archiv für Naturgesch. 1852. I, S. 58) dicht neben dem Darmkanale, die Mündung desselben dicht neben dem After. Bei D. denticulatum ist der Hoden dagegen (Tab. I, Fig. 15 s) von dem Verdauungsapparate abgetrennt. Er verläuft an der linken Seite des Körpers gestreckt von vorn nach hinten und mündet durch Hülfe eines kurzen, fast rechtwinkelig gebogenen Vas deferens in den Kloakraum. An dem Winkel zwischen Hoden und Samen- leiter befindet sich eine kurze, beutelförmige Ausstülpung mit körnigem Inhalt, unstreitig ein secretorisches Anhangsgebilde *), das bei den Salpen zu fehlen scheint. Entwickelung. Wir haben das Eichen der Salpen in dem Augenblicke verlassen, wo es durch die Verkürzung des stiellörmigen Oviductes schliefslich in seinem Brutsacke angekommen 3) ist. Zu dieser Zeit sind mit demselben bereits gewisse Veränderungen vor sich gegangen, die wir gewöhnlich als die ersten Zeichen der beginnenden Entwickelung betrachten. Das !) Ueber die Geschlechtsverhältnisse von Doliolum sind wir noch nicht völlig im Reinen. Nur von D. Mülleri wissen wir, dals es hermaphroditischen Geschlechtes sei, während dagegen bei D. dentieulatum bis jetzt immer blofs die männlichen Organe zur Beobachtung gekommen sind. Ob diese Art aber wirklich, wie Krohn vermuthet, getrennten Geschlechtes ist, möchten wir einst- weilen noch dahingestellt sein lassen. Die Möglichkeit eines solchen Verhältnisses wird man frei- lich — namentlich auch gegenüber den höchst interessanten und überraschenden Entdeckungen Ge- genbauer’s über den Generationswechsel von Doliolum (Zeitschr. für wiss. Zool. 1853. S. 13) — immerhin zugeben müssen. 2) Krohn hat offenbar, wie schon Huxley bemerkt (Ann. of nat. hist. 1852. T.X, p. 127), den Bau des Hodens bei Dol. denticulatum verkannt. Er sucht die Geschlechtsöffnung am vordern ‚(blinden) Ende des Hodenschlauches und hält den kurzen Ausführungsgang mit seinem Anhangs- gebilde (das übrigens auch von Huxley übersehen ist) für einen „rosettenförmigen“ Hoden. ®) Bei Doliolum und Pyrosoma fehlt ein Brutsack, wie bei den eigentlichen Ascidien. Das Eichen gelangt hier nach seiner Lösung in die Kloakhöhle, wo es eine längere oder kürzere Zeit bis zur Entwickelung des Embryo verweilt. 7* 52 Keimbläschen mit dem Keimflecke, das früher so deutlich war, ist verschwunden, und die Dottermasse selbst in einen Haufen sog. Furchungskugeln verwandelt. Es ist mir leider unmöglich gewesen, den Procefs der Dotterfurchung bei den Salpen durch alle einzelne Stadien hindurch zu verfolgen. Ich kann nur wenig mehr von ihm berichten, als dals er während der Wanderung des Eichens beginnt (was auch H. Müller beobachtet hat) und, wie bei den verwandten Aseidien, ein totaler Furchungs- procels ist. Bei der Ankunft im Brutsacke zeigt der Dotter die bekannte Maulbeerform (Tab. I, Fig. 1). Während der Wanderung hat das Eichen der Salpen so ziemlich sein früheres Volumen behalten. Sobald es aber im Brutsacke angekommen ist und hier der unmittel- baren Einwirkung des miütterlichen Blutes ausgesetzt wird, beginnt eine auffallende Gröfsenzunahme, die das ganze Entwickelungsleben hindurch anhält und es möglich macht, dals die junge Salpe schon im Leibe der Mutter bis auf ein Viertheil ihrer spätern Gröfse und darüber heranwächst !). Diese Gröfsenunterschiede zwischen Ei und Embryo bei den Salpen sind so aulffal- lend, dafs wir unwillkürlich durch dieselben an die bekannten Verhältnisse bei den Säuge- thieren erinnert werden. Es ist allerdings eine ganz allgemeine Regel, dafs das Ei und der Embryo der lebendig gebärenden Thiere während des Aufenthaltes im mülterlichen Körper allmählig an Gewicht und Gröfse zunimmt (vgl. Art. Zeugung a. a. 0. S. 936), aber nur selten beträgt diese Zunahme mehr, als das Doppelte oder Dreifache des frühern Gewichtes. Bei den Säugelhieren, wo diese Zunahme ungleich beträchtlicher ist, findet sich bekanntlich zum Zwecke einer grölsern Nahrungszufuhr ein besonderes Fötalorgan, ein Fruchtkuchen oder eine Placenta — es kann uns nach dem oben Bemerkten nicht besonders überraschen, wenn wir auch bei den Salpen ein solches Gebilde antreffen ° ). Die Bildung des Fruchtkuchens fällt bei den Salpen in die erste Periode der Embryo- nalentwickelung. Wenn die Dottermasse bis etwa auf das Doppelte ihres ursprünglichen Durchmessers herangewachsen ist und durch die fortgesetzte Klüftung sich allmählig in zahlreiche kleine Furchungskugeln von etwa „4,“ verwandelt hat, dann verliert sie ihre ») Quoy et Gaimard beschreiben eine Salpe von etwa Fufslänge (S. Forskalii), deren Embryo bei der Geburt 2 milst. Die neugeborne S. demoeratica hat eine Länge von reichlich 2‘, während die Mutter derselben (S. mucronata) nur 5’ lang ist. 2) Schon einige der ältesten Beobachter der Salpen (Cuvier, Chamisso) sprechen von einem fruchtkuchenartigen Gebilde, das die Verbindung zwischen Fötus und Mutter herstelle, schei- nen damit aber meistens nur die halsarlig verengte Anheftungsstelle des Fruchtsackes zu bezeichnen. Die ersten bestimmten Nachrichten von der Existenz einer Placenta verdanken wir Meyen (a. a. 0. S. 401). Sie sind durch die spätern Darstellungen von Krohn, Huxley und Vogt vollstän- dig bestätigt worden. 53 sphärische Gestalt. Es entsteht an ihr eine ringförmige Einschnürung, durch welche sich das vordere Ende in Form eines buckelförmigen Vorsprunges absetzt (Tab. II, Fig. 2). Diese Einschnürung bezeichnet die Grenze zwischen Fötus und Fruchtkuchen. Der Fruchtkuchen ist Anfangs von diesen beiden Theilen der ansehnlichere. Er ist, wenn man will, der Rest der Dottermasse, der nach der ersten Anlage des Embryo übrig bleibt (Dottersack) und nun, statt für die Zwecke der Entwickelung auf direciem Wege verwendet zu werden, sich in ein Hülfsorgan des Fötus verwandelt). Die Ver- änderungen, die mit diesem Theile vor sich gehen, sind ohne grofse Bedeutung. Sie beschränken sich auf die Herstellung einer gröfsern Contactlläche für den mütterlichen Blutstrom. Wir haben schon oben erwähnen müssen, dafs das hintere Segment des Dotters im Fruchtsacke frei von dem Blute der Mutter umspühlt wird. Durch die Abgrenzung des Embryonalkörpers ist dieses Segment nun das hintere Ende des Fruchtkuchens geworden. Anfangs besafs dasselbe natürlich, als Theil einer Kugeloberfläche, eine concave Gestalt ; aber diese geht rasch verloren, sobald nur die ersten Spuren der Embryonalentwickelung sich kundthun. Das hintere Ende des Fruchtkuchens plattet sich ab und bekommt in seiner Mitte einen grubenförmigen Eindruck, der immer tiefer in die Substanz des Fruchtkuchens hineindringt. Der Fruchtkuchen verliert seine ursprüngliche solide Beschaffenheit und verwandelt sich schnell, noch bevor man eine merkliche Veränderung der Embryonal- anlage beobachtet, in ein kuppelförmiges Gebilde (Tab. II, Fig. 3, 4, 5 u), dessen Innen- raum durch die hintere Oeffnung mit dem Circulationsapparate der Mutter zusammenhängt und als ein förmlicher Sinus für das mütterliche Blut betrachtet werden darf. Die Innen- wände, die von diesem Blute frei umspühlt werden, zeigen mancherlei unregelmäfsige Erhebungen, die meist rippenförmig von der Spitze der Kuppel bis zum Eingange herab- laufen. Nicht selten findet man auch einen zapfenförmigen Vorsprung, der von der Decke der Kuppel mehr oder minder weit in den Hohlraum hineinhängt. Eben so einfach, wie die Bildungsgeschichte des Fruchtkuchens, ist auch das Schick- sal seiner histologischen Elemente. Sie verharren auf der Entwickelungsstufe, die sie bei der Abtrennung des. Fruchtkuchens besafsen und bleiben, so zu sagen, beständige Fur- chungskugeln, an denen man nicht einmal eine äufsere Zellenmembran mit Sicherheit erkennen kann. | !) Bei den Salpen verwandelt sich also nicht der ganze Dotter in den Embryo, sondern nur ein Theil des Dotters: es findet sich, wie bei den höhern Thieren, ein Gegensatz von Embryo und Dottersack — ein Umstand, der gewils nur schwer mit jener Ansicht sich vereinigen lälst, als sei das primitive Verhältnifs der Embryonalanlage zum Dotter von einem durchgreifenden und syste- matischen Werthe. 54 Ganz anders verhält sich in dieser Beziehung der Embryonaltheil, dessen Fur- chungskugeln nicht blofs in kurzer Zeit ihre Zellenmetamorphose vollenden, sondern sich auch nach gewöhnlicher Weise späterhin in den einzelnen Organen (Zellengruppen ) des Fötus zu den differentesten Bildungen aus einander legen. Doch diese histologische Diffe- renzirung der Embryonalzellen fällt, wie gesagt, erst in eine spätere Periode des Ent- wickelungslebens und kann überdiefs nur beiläufig von uns hier in Betracht gezogen werden. Es ist zunächst unsere Aufgabe, die Formveränderungen des Embryonaltheiles zu verfolgen und dadurch eine Einsicht in den allmähligen Aufbau des Salpenkörpers zu gewinnen. Die erste Bildung dieses Embryonaltheiles ist schon oben geschildert worden. Sie geschieht durch Abschnürung oder, wenn man lieber will, durch Aufwulstung am vordern Ende der primitiven Dotterkugel. Der Embryonaltheil der Salpen bildet Anfangs, wie bereits Krohn wufste, 1. c. p. 123, einen nur kleinen buckelförmigen Vorsprung (Tab. II, Fig. 2), der aber rasch an Grölse zunimmt, so dafs er schon nach kurzer Zeit dem übrigen Dotter oder dem Fruchtkuchen an Masse gleichkommt. Diese Gröfsenzunahme geschieht vornämlich in der Querrichtung und verwandelt den Embryonaltheil in einen Körper von bohnen- oder nierenförmiger Gestalt. Hat derselbe nun ungefähr die Gröfse des Fruchtkuchens, der inzwischen bereits seine kuppelförmige Bildung angenommen hat, erreicht, dann bemerkt man (Tab. I, Fig. 2) im Innern eine lichte Stelle, die immer schärfer hervortritt und immer deutlicher als eine Höhle sich zu erkennen giebt. Ueber die Natur dieser Höhle kann kein Zweifel obwalten, wenn man sieht, wie sie fortwährend an Umfang zunimmt und den ganzen Körper des Embryo gleichmälsig durchzieht. Sie ist die erste Andeutung der spätern Athemhöhle ?). Die Wandungen im Umkreis der Athemhöhle haben Anfangs an allen Stellen so ziemlich dieselbe beträchtliche Dicke, die ungefähr der Höhe der Athemhöhle gleich- kommt. Aber schon nach kurzer Zeit wird man beobachten, wie sich durch Wucherung der Leibesmasse das eine Ende des fötalen Körpers immer mehr auftreibt und allmählig in einen soliden Höcker von ansehnlicher Gröfse verwandelt, der seitlich neben der Pla- centa nach Aufsen hervorspringt und fast in diagonaler Richtung auf der Längsachse des Embryo aufsitzt (Tab. II, Fig. 3). Schon von vorn herein darf man vermuthen, dals es der Nucleus ist, der auf solche Weise seinen Ursprung nimmt. !) Schon Krohn bemerkt (l. c. p. 123), dafs die Athemhöhle des Embryo eines seiner ersten Organe sei. Aufser Krohn vergleiche man über die Entwickelung der Salpen uud. ihrer Organe übrigens namentlich auch Vogt a. a. O. 59 Durch die Entwickelung des Nucleus wird uns bereits die Möglichkeit geboten, über die Lagerungsverhältnisse der jungen Salpe uns zu orientiren. Wir wissen, dafs der Nucleus an der Bauchfläche der Salpen hervortritt : es ist also die Bauchfläche, durch welche der junge Embryo mit seinem Fruchtkuchen zusammenhängt. Der Nucleus selbst bezeichnet natürlicher Weise das hintere Körperende. Für die Bestimmung der relativen Lagerungsverhältnisse zu der Mutter ist es hinreichend, zu bemerken, dafs dieser Nucleus nach hinten gegen die Kloaköffnung der Mutter gekehrt ist, die Längsachse des Fötus also ihrer Richtung nach mit der der Mutter zusammenfällt. Mit der Bildung des Nucleus ist gewissermalsen die erste Periode in der Entwicke- lungsgeschichte unserer Thiere abgeschlossen. Der Embryonaltheil hat sich in einen Körper verwandelt, an dem man die eigenthümlichen Züge des Salpenbaues in ihren all- gemeinsten Umrissen bereits erkennen kann. In rascher Folge treten jetzt nun, in der zweiten Periode der Entwickelung,, die einzelnen Organe des Salpenkörpers durch Differenzirung in der bisher noch ganz homogenen Körpermasse zu Tage !). Zunächst entsteht, ziemlich gleichzeitig, das Herz und der Nervenknoten, beide Anfangs (Tab. II, Fig. 4) als solide Zellenhaufen, die sich allmählig in der Masse der Körperwand isoliren und nach Aufsen begrenzen. p Das Herz (Ibid. i) hat bei seiner ersten Anlage °) eine ovale Form und liegt in dem Winkel zwischen dem Nucleus und der Bauchfläche oberhalb der Placenta. Das eine Ende desselben ist schräg nach hinten und oben, das andere nach vorn und unten gerichtet. Anfangs, wie gesagt, ein solider Zellenhaufen, hellt es sich allmählig im Innern auf und verwandelt sich dadurch in einen Schlauch, der ziemlich bald eine dünn- häulige Beschaffenheit annimmt und auch schon frühe ein Pericardium erkennen läfst. Die ersten schwachen Zusammenziehungen bleiben durch lange Intervalle von einander getrennt, lassen sich aber schon zu einer Zeit. beobachten, in der das Herz an seinen Enden noch geschlossen zu sein scheint. Eine Blutbewegung habe ich erst später, nach der Bil- dung der meisten übrigen Organe beobachten können, indessen möchte sich der Anfang derselben kaum jemals mit Sicherheit bestimmen lassen, da das Blut eine Zeit lang aller körperlichen Elemente zu entbehren scheint. !) Von einer Schichtung und Blätterbildung in der Substanz des Embryonalkörpers kann hier bei den Salpen nicht die Rede sein. ?) Es ist jedenfalls unrichtig, wenn Herr Vogt (a. a. O. S. 84) angiebt, dafs das Herz fast gleichzeitig mit der Athemhöhle seinen Ursprung nehme (und überdiefs von Anfang an als ein Hohlraum). Offenbar sind die ersten Phasen der Entwickelung nur unvollständig von Herrn Vost beobachtet, wie auch daraus hervorgeht, dafs er (S. 79, Fig. 14 x) die Athemhöhle in ihrer ersten Bildung als „Embryonalanlage* darstellt. 56 Der Zellenhaufen, der die erste Andeutung des Nervenknotens darstellt (Ibid.d) und am vordern Ende der Athemhöhle in diagonaler Richtung dem Herzen, dem er an Gröfse nicht nachsteht, gegenüber liegt, verwandelt sich auffallender Weise gleichfalls ziemlich bald in einen Hohlraum, dessen Wandungen freilich beständig eine sehr beträcht- liche Dicke behalten. In dieser Form besteht der Nervenknoten eine lange Zeit (Tab. II, Fig. 6. 7 d). Erst wenn die übrigen Organe sich allmählig entwickelt haben und die histologische Differenzirung beginnt, erst in der folgenden Periode der Bildungsgeschichte füllt sich dieser Hohlraum und verwandelt sich dann schnell wiederum in einen soliden Zellenhaufen, der durch seine sehr ansehnliche Gröfse leicht auffällt und von einer besondern Zellenhülle äufserlich umkapselt wird. Erst jetzt kann man eigentlich von einem Nervenknoten bei den Salpen sprechen, denn der primitive Zellenhaufen und der Hohlraum, der aus demselben hervorgeht, scheint weniger die erste Anlage des Ganglions selbst, als vielmehr nur die der Ganglienkapsel zu sein, in deren Innerem das Ganglion erst späterhin sich bildet. Kurz nach der Aushöhlung dieser Ganglienkapsel beobachtet man in der Rückenwand des Embryo eine neue Bildung (Tab. II, Fig.6). Es entsteht hier in der Mitte zwischen der Ganglienkapsel und der Wurzel des Nucleus, wie früher im Innern des Embryonal- körpers, eine lichte Stelle, die sich allmählig in einen länglichen Hohlraum verwandelt und jederseits durch die Wand der Athemhöhle hindurchbricht. Die Innenlage der Rücken- wand, die Anfangs beide Höhlen von einander trennte, wird durch diesen Durchbruch in einen cylindrischen Strang verwandelt, der von der Wurzel des Nucleus nach dem spä- tern Nervenknoten hinzieht') und natürlicher Weise nichts Anderes, als die erste Anlage der Kieme sein kann (Ibid. n). Die Höhle, durch welche die Kieme von der Körper- wand abgetrennt wird, ist die Kloakhöhle, die also auch bei den Salpen als ein eigner, von der Athemhöhle (im engeren Sinne des Wortes) verschiedener Hohlraum ihren Ursprung nimmt. Die räumlichen Verhältnisse der Kloakhöhle und der Kieme sind übrigens Anfangs noch manchfach abweichend. Die Kloakhöhle hat nur einen geringen Umfang und die Kieme eine nur unbeträchtliche Länge, dafür aber verhältnilsmälsig eine ganz ansehnliche Dicke, namentlich an dem vordern Ende, mit dem sie sich in die Rückenwand fortsetzt. Später ändert sich dieses Verhältnifs, hauptsächlich dadurch, dafs sich das hintere Ende der Kieme immer weiter von der Rückenwand ablöst und nach der Bauchfläche zu herabsteigt. ) So auch bei $. mucronata, obgleich hier später bekanntlich der Nervenknoten in ziemlicher Entfernung vor dem vordern Kiemenende liegt. 57 Während der Bildung der Kloakhöhle und der Kieme ist nun aber auch mit dem Nucleus eine Veränderung vor sich gegangen. Die Zellenmasse, die denselben bildete, hat sich unter beständiger Gröfsenzunahme in eine oberflächliche dünne Lage und einen Kern gesondert, der bald nach seiner Isolation in eine kleinere dorsale und eine gröfsere ventrale Hälfte zerfallen ist. Die letztere, die unmittelbar hinter dem Herzen liegt), nimmt ziemlich bald eine helle Beschaffenheit an und erscheint dann als ein Haufen gro- fser und bläschenartiger Zellen, die nach Form und Aussehen in auffallendem Grade mit den Elementen des sog. Schleimblattes bei den niedern Thieren übereinstimmen (Fig. 6, 7, 8v). Sie gleichen namentlich den fetterfüllten Zellen, aus denen sich bei den Ga- steropoden u. a. allmählig die Leber hervorbildet. Bei unsern Salpen hat man diesen Zellenhaufen früher gleichfalls (besonders ist das von Chamisso und Sars geschehen) als eine Leber beschrieben, bis Krohn endlich nachwies, dafs derselbe nur eine provi- sorische Bildung darstelle, und allmählig gegen das Ende des Entwickelungslebens wie- derum verschwinde *). Man mag diesen Körper immerhin mit Krohn und Vogt als Oelkuchen (Elaeoblastemum) bezeichnen, wenigstens so lange, als man über seine functionelle Bedeutung noch gänzlich im Ungewissen ist. Huxley vergleicht denselben mit der Thymus der Wirbelthiere, allein auch abgesehen davon, dafs die Bedeutung der Thymus kaum minder räthselhaft ist, als die unseres Oelkuchens, scheint mir diese Ana- logie etwas gar zu gewagt, da die Thymus doch wohl noch etwas mehr darstellt, als einen blofsen Haufen von Fettzellen. Mir ist es bis auf Weiteres das Wahrscheinlichste, dafs der Oelkuchen der Salpenembryonen nur ein vorläufiges Depot von Nahrungsstolfen bildet, die während der spätern Entwickelung allmählig verbraucht werden. Der Blut- reichthum dieses Zellenhaufens, den man an den zahlreichen kleinen Strömchen erkennt, die zwischen den Zellen hindurchlaufen und von Herrn Vogt — wohl etwas gar zu poetisch — mit den Sturzwellen einer Cascade verglichen werden, möchte sich immer- hin mit unserer Annahme leicht vereinigen lassen. Die obere Zellenmasse des Nucleus ist für den Darmkanal bestimmt, dessen Win- dungen mit der Zeit (Tab. II, 6, 71) immer deutlicher hervortreten, aber erst spät einen Kanal im Innern erkennen lassen. Der Magensack entsteht durch eine Ausstülpung aus dem Darmrohre. Von den beiden Endöffnungen des Darmes habe ich den Mund früher !) Auch bei den Arten ohne Nucleus findet sich hier während des Embryonallebens ein vor- springender Zellenhaufen, der sich zu einem Oelkuchen entwickelt. (Vgl. Vogt, a. a. O. S. 85.) ?) Schon Meyen hat übrigens die Natur dieses Zellenhaufens ziemlich richtig gekannt (a. a. Ö. 5. 401)‘, ihn aber unpassender Weise als „Dotter“ bezeichnet. Wie auch Krohn hervorhebt, ist diese Bezeichnung schon defshalb unpassend, weil das betreffende Gebilde auch bei den Ketten- embryonen vorkommt, die doch durch Knospenbildung (also ohne Beihülfe eines „Dolters“) entstehen. Leuckart, zool. Untersuch. II. 8 98 auffinden können, als den After, der Anfangs oberhalb des Mundes gelegen ist und zwi- schen Kieme und Rückenwand in die Kloakhöhle einmündet, während der Mund mit der Athemhöhle in Verbindung steht. Der Zwischenraum zwischen der äufsern Fläche des Nucleus und den Eingeweiden ist die erste Andeutung der Eingeweidehöhle, die ihre spätere Weite freilich nur sehr allmählig annimmt. Nach der Bildung des Darmkanales fehlt von den wichtigern Organen des Salpen- körpers nur noch das System der Bauchfalten mit dem Endostyle. Aber auch diese Gebilde lassen nicht lange auf sich warten. Die Bauchwand des Embryo, die sich schon seit längerer Zeit, schon seit der Abtrennung des Kiemenrohres, vor der Rückenwand durch eine beträchtlichere Dicke ausgezeichnet hat, bekommt schliefslich in der Mittellinie eine rinnenförmige Vertiefung, deren Seitenränder sich allmählig erheben und in die Bauch- falten (Tab. I, Fig. 7h) verwandeln. Gleichzeitig isolirt sich in der Tiefe der Bauchfurche oberhalb der Placenta ein streifenförmiges, ziemlich dunkles Blastem, das nach Form und Lage sich als die erste Andeutung des Endostyles zu erkennen giebt (Ibid. g). Die Bauchfalten sind Anfangs von beträchtlicher Höhe und springen weit in die Athemhöhle hinein vor. Das vordere Ende derselben geht Anfangs ohne bestimmte Grenzen in die dicke Substanzlage der vordern Körperwand über (Fig. 6). Nach einiger Zeit aber sieht man, wie das Innere dieser Körperwand sich aufhellt. Es entsteht in ihr (Fig. 7) ein Hohl- raum, wie wir das schon früher bei der Bildung der Athemhöhle und der Kloakhöhle beschrieben haben. Aber dieser vordere Hohlraum — er ist, wie man schon errathen haben wird, die erste Andeutung des oben als „„Vorkammer‘“ beschriebenen Raumes — bleibt nur klein und fliefst schon frühe mit der Athemhöhle zusammen, indem er nach hinten durch die Scheidewand in der Mitte hindurchbricht. Die Ueberreste dieser Scheide- wand erscheinen dann als ein Paar bogenförmiger Wülste, die vom vordern Ende der Bauchfalten bis zu dem Gehirne und dem vordern Kiemenende emporsteigen (Ibid. 0); sie erscheinen mit andern Worten als die erste Anlage der spätern Seitenbögent). Während sich so nun die innere Organisation der jungen Salpe immer vollkommener gestaltet, geht allmählig auch mit den äufsern Körperwänden eine Veränderung vor sich. Was man bisher mit diesem Namen bezeichnen konnte, ist eigentlich nichts Anderes, als der Rest der embryonalen Zellenmasse, der bei der Anlage der innern Organe nicht weiter verwendet wurde. Noch bei dem ersten Auftreten des Endostyles bestehen diese Wände aus einer dicken und gleichförmigen Zellenschicht, die das Höhlensystem des Körpers und die innern Organe von allen Seiten umschliefst und einhüllt. Von den spä- !) Eschricht hält (l. c. p. 360) diese Streifen unrichtiger Weise für die ersten Anlagen des „Nervenhalsbandes“ (vgl. oben S. 20 Anm.). 59 tern Oeffnungen ist einstweilen noch keine Spur vorhanden. Erst nach der Bildung der Seitenbögen bemerkt man (Fig. 7) am vordern Ende des Körpers einen queren Eindruck, der sich namentlich in der Seitenlage durch seine lippenförmigen Begrenzungen deutlich erkennen läfst. Dieser Eindruck ist die erste Anlage der Athemöffnung. Mitten über der Kloakhöhle entsteht zu gleicher Zeit ein ähnlicher, jedoch mehr runder Eindruck, der sich allmählig in die Kloaköffnung verwandelt, obgleich er wegen der beträcht- lichen Gröfse des Nucleus (welcher gegenwärtig fast noch die Hälfte der ganzen Körper- masse ausmacht) dem vordern Leibesende wohl eben so nahe, wenn nicht noch näher liegt, als dem hintern. Unmittelbar nach dem Auftreten dieser grubenförmigen Vertiefungen geschieht auch die Bildung des Cellulosemantels, der seiner Genese nach als ein Secret der zelli- gen Körperwand betrachtet werden mufs und theils auf der äulsern Fläche, theils auch im Innern derselben sich ablager. Am deutlichsten ist natürlicher Weise der äulsere Cellulosemantel (Fig. 8 a). dessen Bildung sich mit Leichtigkeit Schritt für Schritt ver- folgen liefs. Er erscheint Anfangs nur als eine auflserordentlich dünne Lamelle, die den ganzen Körper einhüllt und auch über die grubenförmigen Vertiefungen der spätern Kör- peröffnungen sich hinwegschlägt. Histologisch hat er eine vollkommen glashelle und homogene Beschaffenheit, aber hier und da zeigt er bereits eine zellenartige Einlagerung — vielleicht nur ein abgetrenntes Bruchstück der primitiven zelligen Körperwand. Die Existenz des innern Cellulosemantels giebt sich vornämlich dadurch zu erkennen, dals die Zellenschicht, die früherhin die äufsere Körperwand bildete, sich im Innern aufhellt und damit in zwei concentrische Lagen zerfällt, von denen die eine sich unter dem äufsern Cellulosemantel hinzieht, während die andere dagegen die Innenfläche des Höhlensystemes bekleidet. Die Duplicaturen der zelligen Körperwand, die Kieme, Bauchfalten und Seitenbögen, lagern im Innern gleichfalls eine mit dem untern Mantel continuirlich zusammenhängende Celluloseschicht ab. Die Entwickelungsgeschichte dieses Cellulosemantels beweist zur Genüge, dafs die Zellenschicht, deren Spuren wir bei den ausgebildeten Salpen an den beiden Ober- flächen des innern Mantels angetroffen haben, als die Ueberreste der primitiven Körperwand bei dem Embryo zu betrachten sind, dafs sie mit andern Worten das Rudiment eines Apparates darstellen, welcher für das Bildungsleben des Fötus von aller- höchster Bedeutung ist. Es gab eine Zeit, in der diese Reste den ganzen Leib des Embryo zusammensetzten, in der sich die einzelnen Organe allmählig nach einander dar- aus loslösten. Mit der Bildung dieser Theile hat die Zellenschicht ihre Bedeutung verloren ; sie geht der Verkümmerung entgegen, während sich jene Organe allmählig in selbststän- diger Weise weiter entwickeln. Zu der Zeit indessen, von der wir hier handeln, hat diese Zellenmasse noch immer eine ziemlich beträchtliche Dicke. Namentlich gilt solches von der innern Zellen- 8 * 60 lage, aus der sich durch fortgesetzte Differenzirung noch eine Reihe von einzelnen Organen hervorzubilden haben. Es ist zunächst der Muskelapparat, dessen Bildung wir in derselben beobach- ten. Ziemlich bald nach dem Auftreten des innern Mantels verliert die Zellenmasse dieser Schichte ihr ursprüngliches gleichmäfsiges Aussehen. Es ist, als ob eine Menge von fensterförmigen grolsen Lücken in derselben entständen (Fig. 7), zwischen denen die Substanz sich leistenförmig anhäufe. Anfangs bilden diese Leisten mehrere zusammen- hängende Querbänder, aber später schwinden die zwischen ihnen ausgespannten Brücken und dann unterscheidet man nur noch eine Anzahl gürtelförmiger Zellenwülste *), die durch Form und Anordnung mit den spätern Athemmuskeln übereinstimmen. . Bald nach der Anlage dieser Muskelgürtel entsteht in der Zellenbekleidung der Athemhöhle noch ein anderes Gebilde von grubenförmiger Gestalt, das dicht vor dem Nervenknoten gelegen ist (Fig. 8 e) und sich in die früher beschriebene problematische Flimmergrube verwandelt. Die innere Zellenschicht des Mantels ist übrigens nicht die ausschliefsliche Mutter- stätte dieser spätern Organe. Auch aus der äufsern Schicht entsteht ein solches Gebilde und zwar an der rechten Körperfläche in dem Winkel zwischen dem Herzen und dem Oelkuchen. Es erhebt sich hier ein buckelförmiger Vorsprung (Fig. 7, 8 w), der mit seiner Basis nach dem Herzen zu gekehrt ist und mit der Spitze nach der Bauchfläche hinsieht. Ueber die Natur dieses Gebildes haben wir in unserer bisherigen Darstellung noch keine Anhaltspunkte gefunden. Es ist die erste Andeulung des Keimstockes, eines Organes, das erst nach der Geburt zur völligen Entwickelung kommt und, wie wir uns später überzeugen werden, zur Aufammung der Geschlechtsthiere bestimmt ist. Es bedarf kaum noch der besondern Erwähnung, dals sich der Embryo während der Bildung und Entwickelung aller dieser Theile unter dem Einflusse des mütterlichen Blutes allmählig immer mehr vergröfsert hat. Die Placenta, die noch im Anfang dieser Periode reichlich eben so grols war, als der Fötus (Fig. 5), ist von demselben beträchtlich überflügelt worden, obgleich ihr Wachsthum noch keineswegs aufgehört hat. Die Verbindung mit dem Embryo, die sich Anfangs über die ganze Bauchfläche erstreckte, hat dabei natürlich immer mehr an Umfang abgenommen, so dafs sie gegen das Ende dieser Periode nur noch das mittlere Drittheil jener Fläche in Anspruch nimmt (Tab. II, Fig. 7. 8). Dazu kommt, dafs das obere Endstück der- selben von der Aufsenfläche der zelligen Bauchwand überwuchert und somit gewisser- )° Dafs die beiden Seitenhälften dieses Muskelapparates Anfangs, wie Krohn (l. c. p. 124) angiebt, von einander getrennt seien, ist mir nicht aufgefallen. Uebrigens geschieht die erste An- lage der Muskelbündel so schnell, dafs man nur selten einen Embryo auf diesem Stadium findet. 61 mafsen in die Körpermasse des Embryo hineingezogen ist. Man kann unmöglich ver- kennen, dafs die Placenta im Laufe der Entwickelung auch in anatomischer Hinsicht immer mehr zu einem Organe des Fötus herabsinkt, und wird es denn bei solcher Sachlage auch nicht im Geringsten auffallend finden, wenn man späterhin beobachtet, dafs sich der äulsere Cellulosemantel des Embryo auf die Seitenfläche der Placenta fortsetzt und diese dadurch (Fig. 8) in die Masse des embryonalen Körpers mit einschlielst. Die Veränderungen, die sonst übrigens mit der Placenta vor sich gegangen sind, erscheinen im Ganzen als höchst unbedeutend. Die regelmäfsige kuppelförmige Gestalt ist freilich verloren gegangen und hat einer mehr polsterförmigen Platz gemacht (Fig. 6, 7 a), aber im Innern findet sich noch immer dieselbe weite Höhlung für die Aufnahme des mütterlichen Blutstromes. Nur scheint es fast, als ob die Wandungen eine mehr schwammige Beschaffenheit besälsen, als ob sie von Hohlräumen und Gängen durchsetzt seien und dem mütterlichen Blute dadurch auf demselben Raume eine noch gröfsere Contactlläche darböten. Ueberblicken wir die Veränderungen, die in dieser zweiten Periode mit dem Embryo vor sich gegangen sind, so. werden wir bald zu der Ueberzeugung kommen, dafs dieselbe in organogenetischer Beziehung den unstreitig wichtigsten Theil des Embryonallebens umfals. Wie sich in der ersten Periode die allgemeinsten Umrisse der Körperform entwickeln, so äufsert sich in ihr die bildende Kraft durch die Anlage der einzelnen innern und äufsern Organe. Der dritten und letzten Periode ist es vorbehalten, dureh histologische Differenzirung diese Organe ihrer Vollendung entgegenzuführen und damit den Embryo zu einem selbstständigen Leben zu befähigen. Es kann hier nicht meine Absicht sein, diese allmählige Differenzirung weiter zu verfolgen und eine Darstellung der Histiogenese bei den Salpen zu geben. Meine Beob- achtungen sind hierzu nicht ausreichend — der Naturforscher, der flüchtigen Fufses der Meeresküste zueilt, hat zunächst noch andere und dringendere Aufgaben zu lösen. Ich will mich hier mit der einfachen Bemerkung begnügen, dafs bei unsern Embryonen einst- weilen von allen den spätern Producten einer Zellenmetamorphose noch keine Spur vor- handen ist. Alle die einzelnen Organe, deren Bildung wir beschrieben haben, theilen einstweilen noch dieselbe zellige Beschaffenheit, mag ihr späterer Bau auch noch so abweichend sein. Die Verschiedenheiten, die darin vorkommen, beschränken sich ohne Ausnahme nur auf untergeordnete Verhältnisse, auf Gröfse, Form und Inhalt. Die histologische Differenzirung der einzelnen Organe und Gewebstheile wird oflen- bar in hohem Grade durch den Kreislauf im Innern der jungen Salpe, der sich erst jetzt vollständig überblicken läfst, befördert. Ich habe diesen Kreislauf schon bei einer frühern Gelegenheit geschildert und will hier nur noch hervorheben, dafs er von dem mütterlichen Kreislaufe vollständig unabhängig ist. Zu keiner Zeit tritt das Blut der Mutter durch die Wandungen der Placenta hindurch in den Körper des Embryo. Der Austausch 62 zwischen Mutter und Fötus ist, wie bei den übrigen viviparen Thieren, wie namentlich auch bei den Säugethieren, nur ein endosmotischer, der durch die Substanz der Placenta hindurch von Statten geht und durch die beständige Bewegung der beiderlei Blutarten beträchtlich erleichtert wird. Die obere Fläche der Placenta, durch welche vorzugsweise dieser Austausch geschieht, ragt, wie wir wissen, nach Innen in den Körper des Embryo hinein und wird von dem Mediansinus der Bauchfläche umgeben. Dafs keinerlei Vermischung zwischen dem Blute des Embryo und der Mutter vor sich geht, kann man mit Bestimmtheit schon aus der verschiedenen Gröfse der Blutkör- perchen abnehmen. Die Blutkörperchen der Mutter übertreffen die des Embryo Anfangs reichlich um das Drei- bis Vierfache. Wir haben uns früher davon überzeugen können, dafs die Gröfse, Form und Bildung der einzelnen Organe bei ihrer ersten Anlage nicht immer gleich die spätere ist. Erst während der histologischen Differenzirung tritt hier eine weitere Vervollkommnung ein. Am auffallendsten sind vielleicht die Veränderungen des Nervenknotens, den wir auf einer frühern Entwiekelungsstufe als eine diekwandige Kapsel geschildert haben, der sich aber plötzlich — ohne dafs man sagen könnte, auf welche Weise — in einen sehr ansehnlichen Zellenhaufen mit einer Hülle verwandelt und als solcher dann mit seiner ganzen obern Hälfte in den äufsern Mantel hineinragt (Tab. I, Fig.Sd). Diese obere Hälfte ist durch eine ringförmige Furche von der untern abgetrennt : sie ist die erste Anlage des Auges, das freilich erst später, gegen das Ende der Entwickelungszeit, nachdem der ganze Ap- parat inzwischen durch den fortwährenden Wachsthum des übrigen Körpers an relativer Gröfse beträchtlich redueirt ist (Fig. 9 d), mit seinem Pigmentflecke versehen wird. ?) Die erste Bildung der peripherischen Nerven läfst sich eben so wenig mit Bestimmtheit beobachten, obgleich sich die ganze Körpermasse des Embryo durch die histologische Differenzirung allmählig beträchtlich aufgehellt hat und dadurch der micro- scopischen Analyse viel zugänglicher geworden ist, als früher. So viel ist gewils, dafs man (was auch von Herrn Vogt beobachtet wurde) plötzlich bei einem Embryo den ganzen Verlauf der Nerven überblicken kann, obgleich ein anderer, vielleicht nur wenig kleinerer, davon noch keine Spur zeigt. !) Wir haben früher (S. 24) den merkwürdigen Bau dieses Sinnesorganes kennen gelernt; ich will hier nachträglich noch die Bemerkung hinzufügen, dafs derselbe, so auffallend er auch ist, doch wohl nicht ganz allein steht. Bei Sagilta finden sich ähnliche Augen, wie bei den Salpen; nur sind die peripherischen Stäbchen hier von einer beträchtlichern Gröfse und in förmliche kleine Krystallkegel ausgewächsen, so dafs sich die Gesichtswerkzeuge dieser Thiere an die sog. zusam- mengesetzten Augen der Arthropoden (zunächst an die zusammengesetzten Augen mit glatter Horn- haut) anschliefsen. Auch das Gesichtsorgan der Salpen scheint mir eine Form dieser sog. zusammengeselzten Augen zu sein. a nu N 63 Der Keimstock, der Anfangs nur eine hügelförmige Erhebung der äufsern Zellenlage darstellte, zieht sich allmählig in dieser Periode zu einem zapfen- oder hornförmigen Fortsatz aus, dessen Innenraum mit dem Lacunensysteme des Embryo zusammenhängt. Er wächst in die Substanz des äulsern Cellulosemantels hinein, die ihn scheidenförmig umgiebt !), ohne indessen mit demselben in einen innigern Verband zu treten. Die Rich- ' tung, in der dieser Wachsthum vor sich geht, ist bei den einzelnen Arten verschieden, bei dem Embryo der S. fusiformis nach vorn in die Bauchwand hinein, bei dem der S. mucronata dagegen hornförmig nach der linken Seite um die Eingeweidehöhle herum. Was die Körperöffnungen betrifft, die sich bei der ersten Bildung nur als gruben- förmige Vertiefungen in der Zellenmasse der primitiven Körperwand zu erkennen gaben, so sind diese schon gegen das Ende der vorhergehenden Periode allmählig immer deut- licher und tiefer geworden, obgleich sie Anfangs immer noch von dem äufsern Cellulose- mantel geschlossen wurden. Aber auch die dünne Lamelle dieses Mantels geht schliels- lich verloren, und damit wird dann die Athemhöhle nach aufsen geöffnet. Die Klappen lassen sich mit ihrer Muskulatur schon früher unterscheiden. Sie haben Anfangs — wenigstens gilt das von der vordern Klappe — eine sehr ansehnliche Gröfse und ragen weit in den Raum der Athemhöhle hinein. Bald nach der Oeffnung der Athemhöhle beginnt auch das Spiel der Flimmerhaare im Innern derselben *), zunächst auf der Kieme, später auch auf den Seitenbögen und in der Bauchfurche. Durch diese letztern Veränderungen wird nun der Embryo befähigt, in eine selbst- ständige Beziehung zu der Aulsenwelt zu treten. Der Brutsack, der ihn früherhin (Fig. 6, 7 «) umschlossen, aber allmählig während der Entwickelung und der Gröfsen- zunahme des Fötus an Dicke sehr beträchtlich abgenommen hatte, zerreifst auf der Rückenfläche ?) und lälst den Embryo hervortreten. Ist das geschehen, so umgiebt der Rest dieses Brutsackes in Form eines ring- oder becherförmigen Wulstes nur noch die Anheftungsstelle der Placenta (Tab. I, Fig. 9 d). Der Embryo hängt mit seinem gan- zen Körper jetzt frei in die Athemhöhle der Mutter hinein, vollzieht auch im Innern der- !) Es ist also nicht ganz genau, wenn H. Müller (Zeitschr. u. s. w. $. 331) angiebt, dafs der Keimstock eine Einstülpung des äulsern Mantels sei. Er mufs vielmehr als eine Einstülpung in den äulsern Mantel bezeichnet werden. ?) Die äufsere Körperwand der Salpen trägt zu keiner Zeit des Embryonallebens Flimmerhaare. ») H. Müller will (a. a. 0.) dieses Hervortreten des Embryo nicht von einer Perforation des Brutsackes, sondern von einer Rückbildung jener ringförmigen Falte herleiten, durch welche nach seiner Ansicht die äufsere Hülle des Brutsackes entstanden ist. Jedenfalls ist aber die Bezeichnung „Entfaltung“ auch für solchen Vorgang nur ein bildlicher Ausdruck, da sich ja jene Hülle im Um- kreis des Embryo allmählig vollständig geschlossen hatte. 64 selben seine eignen Athembewegungen, die freilich nach einem andern Typus geschehen, als bei der Mutter, sonst aber natürlich durch denselben Mechanismus vermittelt werden. Unter solchen Umständen reift nun die junge Salpe mit Schnelligkeit ihrer völligen Ausbildung entgegen. Die Athemhöhle, die immer noch eine verhältnilsmäfsig nur geringe Geräumigkeit hatte, nimmt rasch an Umfang zu, um so rascher, als der Nucleus durch Verkleinerung des Oelkuchens (Fig.9 0) immer mehr an Gröfse zurücktritt. In demselben Verhältnifs, als die Athemhöhle wächst, rückt dann auch die Kloaköffnung allmählig nach hinten : die Leibesform und die relative Grölse der einzelnen Organe nähert sich allmählig ihrem definitiven Abschlufs. Endlich bilden sich auch Höcker und Fortsätze, wie sie die eine oder andere Art vielleicht auszeichnen; es bilden sich alle jene manchfaltigen, mor- phologisch aber höchst untergeordneten Specialitäten, durch welche sich die einzelnen Formen dieser Thiere von einander unterscheiden. Ist es nun so weit gekommen, so bedarf es nur irgend einer äufseren Veranlassung, einer zufälligen Erschütterung oder einer kräftigen Athembewegung — und der Embryo reifst von seiner Verbindungsstelle los, flottirt vielleicht noch einige Zeit im Innern der Athemhöhle und wird dann schliefslich bei dem Ausstolsen eines Wasserstromes durch die Kloaköffnung geboren. ? ) Die Wunde, die an der Seitenwand des mütterlichen Mantels bei dem Abreifsen des Embryo entsteht, wird durch die Ueberbleibsel des Brutsackes geschlossen. Die letztern stellen gewissermafsen eine Art Corpus luteum dar und bleiben noch eine längere Zeit hindurch nach der Geburt des Embryo sichtbar. Generationswechsel der Salpen. Die Salpen gleichen bei ihrer Geburt (Tab. I, Fig. 3) bereits den erwachsenen Thieren — sie gleichen ihnen vielleicht viel vollständiger, als irgend ein anderes Ge- schöpf. Das Einzige, was sie aulser ihrer geringern Grölse auszeichnet, sind die Reste der Placenta (Ibid. u) und des Oelkuchens (Ibid. 0), die durch die äufsern Bedeckungen hindurchscheinen und erst während des freien Lebens allmählig verloren gehen. *) Auf- !) Ueber die Zeitdauer der Entwickelung und ihrer einzelnen Phasen weils ich Nichts anzu- geben. Dals dieselbe aber nicht gar zu kurz sei, geht, wie auch Krohn hervorhebt, dar- aus hervor, dals die Mutter während der Entwickelung des Embryo auf das Drei- bis Vierfache ihrer frühern Länge heranwächst. 2) In manchen Fällen scheint ein kleiner Ueberrest der Placenta während des ganzen Lebens zu verbleiben. Noch bei ausgewachsenen Exemplaren von S. democralica (von 7‘) habe ich einen solchen als ein ‘kleines gestieltes Knöpfehen von gelblicher Farbe in dem äufsern Mantel unter- halb des Nucleus auffinden können. 65 fallender Weise aber gleichen die neugebornen Salpen nicht ihrer Mutter, sondern andern isolirt lebenden Individuen. Der Embryo von S. mucronata gleicht der $. democratica, der von S. fusiformis der $. runeinata u. s. w. Es ist das ein Verhältnils, das schon Cuvier und andere ältere Beobachter, das sogar schon Forskäl kannte, das unzählige Male seither aufgefunden wurde und doch bis auf die bekannte classische Arbeit von Steenstrup unverstanden und unverständlich blieb. Schon Chamisso hatte allerdings vor mehr als drei Decennien das Wort gesprochen, das dieses Räthsel einst lösen sollte, schon er hatte rein als den factischen Ausdruck seiner Beobachtungen den Generationswechsel der Salpen behauptet '). Aber das Wort ver- hallte, und die spätern (laut Quoy et Gaimard, a.a.0.$. 113) bestätigenden Beobach- tungen von Mertens, welche die Angaben von Chamisso vielleicht schon früher zu Ehren gebracht hätten, blieben in den Archiven von Petersburg, begraben. Gegenwärtig hiefse es leeres Stroh dreschen, wenn man den Generationswechsel der Salpen von Neuem beweisen wollte. Nach den Untersuchungen von Krohn und Sars, von Müller und Vogt ist es eine ausgemachte Thatsache, dafs die Salpen durch eine Zwischengeneration von Ammen sich fortpflanzen ; dafs sie mit andern Worten eine Brut gebähren, die geschlechtslos bleibt, aber auf ungeschlechtlichem Wege eine Nachkommenschaft hervorbringt, die zur Geschleehtsreife und zur vollendeten Form des Mutterthieres zurückkehrt. Was wir bisher verfolgt haben, ist die Entwickelungsgeschichte der Ammen, die der Geschlechtsorgane entbehren, zeitlebens entbehren, aber dafür in dem oben schon erwähnten Keimstocke ein Gebilde besitzen, an dem eine neue Brut von Salpen, von Geschlechtssalpen, durch Knospenbildung hervorkommt. Die Ammen der Salpen sind dadurch ausgezeichnet, dafs sie keine Larven sind, wie die Ammen vieler anderer Thiere mit Generationswechsel (auch die der zusammen- gesetzten Ascidien und Pyrosomen), sondern in morphologischer Beziehung sich unmittelbar an die Geschlechtsthiere anreihen, wie es sonst nur selten (bei den Aphiden, einigen Kiemenwürmern, vielleicht auch Gyrodactylus) der Fall ist ?). Der Generationswechsel ) Soz.B.l.c.p. 3: „Talis speciei metamorphosis generationibus in Salpis duabus succes- sivis perficitur, forma per generationes (nequaquam in prole seu individuo) mutata“. Ebenso p. 10 : »Qua seposita alternationem generationum legem esse, ut posuimus, genericam, omnibus communem speciebus, observationibus innititur“. ?) Ebenso verhalten sich nach Krohn’s Entdeckung (Arch. für Naturgesch. a. a. 0.) die Arten des Gen. Doliolum, die sich auch in sofern an die Salpen anschliefsen, als sie am hintern Körper- ende einen Keimstock besitzen. Aber der Keimstock von Doliolum ist nicht, wie der von Salpa, ein innerer Keimstock, sondern ein äulserer, der gewissermalsen eine schwanzarlige Verlängerung Leuckart, zool. Untersuch. II. 9 66 der Salpen nimmt damit natürlich eine weit einfachere Form an, als z. B. der der Medusen; er erscheint noch deutlicher und ausschliefslicher denn sonst als eine Arbeits- theilung auf dem Gebiete des Fortpflanzungslebens, bei der die beiden Hauptarten der Vermehrung, die geschlechtliche und die ungeschlechtliche, auf verschiedene Individuen und Generationen vertheilt sind (vgl. hierüber meine Auseinandersetzung in Wagner’s HWB. Art. Zeugung S. 978 fl.). Die Verschiedenheiten, die in der äufsern Körperbildung und der Entwickelung der innern Organe zwischen den Ammen und den Geschlechtsthieren bei den Salpen obwalten, haben wir schon früher kennen gelernt. Es bleibt uns nur noch übrig, die Bildung der spätern Geschlechtsthiere zu verfolgen, zu schildern, wie dieselben auf dem Wege der Knospenbildung allmählig an dem Keimstocke ihren Ursprung nehmen. Es bleibt ein unleugbares Verdienst von Eschricht, die Bedeutung dieses Keim- oder Knospenstockes (stolo prolifer), den man früherhin gewöhnlich als einen Eierstock betrachtete, erkannt und den Procels der Knospenbildung zuerst durch seine einzelnen Phasen hindurch verfolgt und dargestellt zu haben. In mancher Beziehung sind die Angaben von Eschricht sogar, wie wir uns überzeugen werden; genauer und richtiger, als die von spätern Beobachtern — ein Umstand, den wir um so mehr anerkennen müssen, als Eschricht bei seinen Beobachtungen auf die Untersuchung einiger weniger Spiritus- exemplare beschränkt war. Namentlich sind es die ersten Phasen der Knospenbildung, die ich hier im Auge habe (vgl. Eschricht, |. c. p. 340 sq.), jene Vorgänge, auf die man wohl vorzugsweise den Ausspruch von Herrn Vogt anwenden dürfte, dals es „kaum einen verwirrendern Gegenstand der Untersuchung‘ gebe, als die Entwickelungs- geschichte der Salpenknospen. Wir haben den Keimstock der Salpen oben als ein hohles haken- oder hornförmiges Gebilde von zelliger Structur verlassen, das in eine Scheide des äulsern Celluloseman- tels hineingesenkt ist und in seine innere Höhle einen Blutstrom aufnimmt. Eine solche Bildung des Keimstockes beobachtet man indessen nur bei den neugebornen Salpen- ammen. Bei den ausgebildeten Ammen hat der Keimstock (Tab. I, Fig. 10, 11) ein anderes Aussehen. Bei diesen ist derselbe in einen langen Strang ausgewachsen, der bald (Fig. 10) in einer spiraligen Tour um die Eingeweidehöhle sick herumschlingt (S. democratica, des Körpers darstellt. Auch der Generationswechsel von Doliolum zeigt mancherlei höchst eigen- thümliche Verhältnisse : er ist nicht blofs durch mehrfache Ammengenerationen, auch durch einen Dimorphismus der Knospenspröfslinge ausgezeichnet, wie Gegenbauer (a.a. O0.) gezeigt hat. Möchte uns G. recht bald mit diesen überraschenden Thalsachen noch weiter bekannt machen ! 67 S. cordiformis), bald auch an der Bauchfläche des Körpers nach vorn läuft und sich nach einem längern oder kürzern Verlaufe schlingenförmig umbiegt (S. runcinata) u. s. w. Dieser Strang nimmt von seiner Basis aus allmählig an Dicke zu und zeigt schon dem unbewaffnetem Auge ziemlich bald eine Doppelreihe dicht gedrängter Hervorra- gungen, die mit der Entfernung von der basalen Anheftungsstelle immer gröfser werden und sich am Ende als neugebildete junge Salpen zu erkennen geben. In den meisten Fällen (ausgenommen ist, so viel wir bis jetzt wissen, nur S. pinnata) ist diese Gröfsen- zunahme der Höcker oder Knospen an dem Keimstocke indessen keine continuirliche, sondern eine sprungweise. Die Knospenkette der Salpenammen besteht in der Regel (Fig. 16) aus drei bis vier stark abgesetzten Gruppen, von denen eine jede einen verschiedenen Entwickelungszustand repräsentirt. Während die Glieder der äufsersten Gruppe je nach der Gröfse der Muiterthiere eine oder mehrere Linien messen, sind die der ersten so klein, dafs ihre Anwesenheit nur mit Hülfe des Mikroscopes constatirt werden kann !). Wie die Gröfse dieser Knospen, so nimmt auch die Länge der ein- zelnen Gruppen nach dem freien Ende der Knospenkette zu, wie man schon von vorn herein vermuthen kann, obgleich die Zahl der Knospen in denselben keineswegs — in manchen Fällen nicht ein Mal annäherungsweise — übereinstimmt ?). Wir haben oben erwähnt, dafs der Keimstock der Salpenammen in einer Scheide des äufsern Cellulosemantels liege. An dem Basaltheil desselben schlielst diese Scheide so eng, dafs sich sogar die ersten knospenförmigen Erhebungen in derselben abdrücken. Später aber, wenn die Salpenknospen allmählig an Gröfse zunehmen, erweitert sich der Raum zwischen beiden zu einem förmlichen Hohlraume, in dem die Knospen- kette vollkommen frei gelegen ist (Tab. II, Fig. 10 x). Man darf diesen Hohlraum, der sich natürlich auf die Substanz des äufsern Mantels beschränkt, wohl füglich als Generations- oder Bruthöhle bezeichnen. Die Stellung der Embryonen in der Knospenkette ist in allen einzelnen Absätzen dieselbe, wenigstens so weit man sie mit blofsem Auge unterscheiden kann. Die Athem- oder Kloaköffnungen sind alle nach derselben Richtung gewendet, die letztern (Ibid.) nach Aulsen, die andern gegen das Innere des mütterlichen Körpers. Die Körper stehen in zwei alternirenden Reihen senkrecht auf die Längsachse der Keimröhre neben einander und sind mit ihren Bauchflächen einander zugekehrt : sie bieten also im Wesentlichen ) Ich darf hier bei der Beschreibung des Keimstockes wohl auch auf die vortrefflich ausge- führte Tab. IV der Eschricht’schen Abbildungen verweisen. ?) So hat schon Sars beobachtet (a. a. 0.$. 70) und mit Zahlen constatirt. Ich fand einmal bei S. runcinata das äulserste Glied aus 73, das folgende aus 24, bei S. democratica das erste aus 40, das zweite aus 65 Individuen gebildet. g%* 68 dasselbe relative Lagerungsverhältnils, wie wir es oben (S. 9) für die einzelnen Glieder einer Salpenkette — wenigstens in vielen *) Arten — angegeben haben. Wenn man die eben hervorgehobenen Verhältnisse erwägt, so wird kein weiterer Zweifel darüber obwalten können, dafs die einzelnen Sätze dieser Knospenbrut die spä- tern Salpenketten darstellen. Ein jeder Satz wird, wie ich mehrfach beobachtet habe, für sich und meist im Zusammenhang geboren, theilt sich aber nicht selten schon frühe in zwei oder mehrere Gruppen, die dann ein isolirtes Leben führen. Die Geburt geht durch eine Oeflnung am Ende der Bruthöhle (Fig. 10 y) vor sich, die wahrscheinlich auf rein mechanischem Wege bei der ersten Niederkunft entsteht, und von da an wäh- rend des ganzen spätern Lebens persistirt. Durch die Gröfsenzunahme der Knospen mit der Entfernung von dem basalen Ende des Keimstockes wird zur Genüge bewiesen, dafs das letztere die eigentliche Bildungs- stätte derselben sei. Hier finden wir die ersten Anfänge der jungen Brut, die in conti- nuirlicher Reihenfolge nach einander angelegt werden und unter beständigem Längen- wachsthum der Keimröhre ihre älteren Genossen immer mehr nach aufsen drängen. Diese ersten Anfänge sind von unbeträchtlicher Gröfse, so klein, dafs die Contouren des Keimstockes dadurch nicht im Geringsten verändert werden. Aber diese Anfänge wachsen; sie erreichen allmählig eine beträchtliche Gröfse, und der Keimstock, an dem sie anhängen, bleibt hinter ihnen immer mehr zurück. Anfangs der wesentlichste Theil der Knospen- kette, scheint er schlielslich nicht mehr, als ein Verbindungsstrang zwischen den ein- zelnen Gliedern ?). Die letzten Schicksale des Keimstockes sind schwer zu beobachten; dafs er aber verkümmert und am Ende vollständig verschwindet, geht schon daraus hervor, dafs man bei neugebornen Ketten vergebens nach seinen Ueberresten sich umsieht. Die primitive Verbindung durch Hülfe des Keimstockes wird durch die Ent- wickelung der schon früher beschriebenen Haftapparate ®) ersetzt. !) Dieses Lagerungsverhältnifs findet sich auch im embryonalen Zustand bei denjenigen Arten, bei denen die spätere Salpenkette (wie bei S. fusiformis) eine andere Anordnung hat. Die defini- tive Kettenbildung geschieht hier erst nach der Geburt und ist wohl wesentlich, wie auch Krohn vermuthet (1. c. p. 131), durch eine Formveränderung der neugebornen Thiere (Bildung der langen terminalen Fortsätze) bedingt. ?) Bei S. runcinala und democratica hat dieser Verbindungsstrang auch niemals jene beträcht- liche Dicke, als es (nach Eschricht |. c. p. 332) bei S. cordiformis der Fall ist. Die Keimröhre wird hier an beiden Seiten von den Embryonen überragt, sobald diese nur zu einer einigermalsen ansehnlichen Gröfse herangewachsen sind. °) Ich vermuthe, dafs diese Haftapparate bei ihrer ersten Bildung hohl sind und einen unmit- telbaren Zusammenhang zwischen dem blutführenden Lacunensysteme der einzelnen Glieder einer Kette vermitteln, gestehe aber offen, dafs ich dafür keine anatomische Thatsache anführen kann. 69 Man hat behauptet, dals der röhrenförmige Keimstock der Salpen aus mehreren über einander gelegenen Häuten bestehe. Ich habe indessen — abgesehen natürlich von der äufsern Cellulosescheide, die sich bei der Entwickelung der Knospen in keinerlei Weise betheiligt 1) — vergeblich versucht, diese beiden Häute darzustellen. Das Keimrohr der Salpen zeigt nur eine einzige Substanzlage und hat eine einfach zellige Beschaffenheit. Bei S. runeinata sind diese Zellen der Quere nach gestreckt, 745 lang, 545“ breit und mit deutlichen Kernen versehen. Die Keimröhre von S. democratica besteht dagegen aus kleinen, mehr rundlichen Kernzellen von ;45“. An der Anheftungsstelle der Keimröhre werden diese Zellen undeutlicher, bis sie allmählig in die rudimentäre äulsere Zellenschicht des innern Mantels übergehen. Der Hohlraum, den die Keimröhre ein- schliefst, communieirt, wie wir schon früher beschrieben haben, mit dem Lacunensystem des mütterlichen Leibes. Man sieht auf das Deutlichste, wie die Blutkörperchen an der einen Seitenwand der Keimröhre emporsteigen (Tab. II, Fig. 12) und später an der entge- gengesetzten Wand wiederum in den Kreislauf des mütterlichen Körpers zurückkehren °). Untersucht man nun den ersten Abschnitt dieser Keimröhre, der noch keine eigent- lichen Embryonen, sondern nur deren erste Anlagen erkennen läfst und gegen den folgenden Abschnitt ziemlich scharf sich absetzt (Fig. 11), so stölst man hier zu unterst auf eine Anzahl ringförmiger Querfurchen, die in Abständen von etwa 5‘ auf einander folgen und die Keimröhre gewissermafsen in einzelne hinter einander liegende Segmente theilen (Tab. II, Fig. 12). Nach der Anheftungsstelle zu nehmen diese Furchen an Deutlichkeit ab und in demselben Verhältnisse werden auch die zwischenliegenden Seg- mente etwas schmaler, bis die ganze Bildung endlich völlig schwindet. An der Anhef- tungsstelle selbst ist die Keimröhre vollkommen glatt. Diese Querfurchen sind schon von frühern Beobachtern, schon von Eschricht (l. ec. p. 321), später auch von Huxley und Vogt gesehen worden. Aber man ist im Irrthum, wenn man annimmt, dafs diese Segmente die erste Andeutung ı) Als ich zuerst beobachtete, wie fest diese Scheide den Basaltheil des Keimrohres überzieht, wie sich sogar die jungen Knospen in dieselbe hineindrücken,, da glaubte ich, dals diese Scheide den äufsern Cellulosemantel der Knospen liefere (wie das auch wohl bei den äulserlichen Knospen von Doliolum der Fall sein wird). Ich habe mich indessen davon überzeugen müssen, dafs dem nicht so ist. Die Bildung des Cellulosemantels geht bei der Knospenbildung der Salpen ganz in derselben Weise vor sich, wie bei der Entwickelung aus dem Ei. ?) Nach der Angabe von Huxley (I. c. p. 573) soll das Keimrohr der Salpen durch eine Scheidewand in zwei neben einander liegende Gänge getheilt sein, die nur im äufsersten Ende mit einander communieirten, allein das ist in dieser Allgemeinheit wenigstens unrichtig. ‚Bei S. demo- cratica finde ich allerdings (Tab. II, Fig. 12) eine ziemlich weit in das Lumen der Keimröhre hinein vorspringende Längsleiste, aber bei S. runcinata suche ich vergebens danach. 70 der spätern Knospen seien, die sich (wie Herr V ogt will) ohne Weiteres in die junge Brut verwandelten, nachdem sie vorher durch ein Paar gegenüberstehender Längsfurchen in zwei parallele Höckerreihen getheilt seien. Der Bildungsprocefs der Salpenknospen ist viel complieirter, wie wir sogleich uns überzeugen werden, und der Art, dals die Segmentirung am untern Ende der Keimröhre nur als eine Einleitung desselben betrachtet werden kann. Wenn wir die einzelnen Segmente von unten nach oben zu verfolgen, dann wird uns bald auffallen, dafs sich an bestimmten Stellen derselben die Zellenmasse der Keim- röhre allmählig verdickt, dafs sich mit andern Worten auf diesen Segmenten höcker- förmige Hervorragungen bilden, die eine sehr regelmäfsige Gruppirung einhalten (Fig. 12). An jedem Segmente entstehen vier solcher Höcker, an der ganzen Keimröhre vier Reihen, die paarweise einander genähert sind. Sie haben eine queroblonge Gestalt, in den einzelnen Reihen indessen ziemlich constant eine etwas verschiedene Gröfse. Bei $. runci- nata, deren Keimröhre in einiger Entfernung von der Anheftungsstelle sich etwas (von 4 auf 4“) erweitert, um sich später, gegen das Ende des betreffenden Abschnittes, wieder zu verengern, weichen die Anfangs paarweise neben einander stehenden Höcker (Fig. 13) allmählig für eine Zeitlang aus einander und vertheilen sich dann ziemlich gleichmälsig um die Peripherie der Keimröhre (Fig. 15 a). Fast beständig sind hier die Höcker zweier einander gegenüberliegender Reihen grölser, als die der zwischenliegenden, doch scheint mir der Unterschied zwischen ihnen nicht immer derselbe. (Ich messe in einem Falle die Länge der Höcker in der grölsern Reihe — „1;‘“, in der kleinern — „5, in einem andern = ;5'; und z1,'.) Der Erste, der uns von der Existenz dieser Höckerreihen Kenntnils gegeben hat, der auch ihre wichtige Beziehung zu dem Aufbau des spätern Salpenkörpers im Wesent- lichen ganz richtig erkannte, war Eschricht. Eschricht gelangte (l. c. p. 339 sq.) durch seine Untersuchungen zu dem über- raschenden Resultate, dafs das Kernende und das Hirnende der jungen Salpe bei der Knospenbildung aus einer Anfangs isolirten Keimsubstanz entstehe und erst später zu einem gemeinschaftlichen Körper zusammentrete. Er wies nach, dals die Höckerreihen der Keimröhre nichts Anderes, als die ersten, noch isolirten Anlagen dieser Körper- theile seien. So auffallend diese Angaben auch sind, so finden sie dennoch eine völlige Bestäti- gung). Die Salpen an der Keimröhre der Ammen nehmen durch die Ver- ») Eschricht irrte nur in der Annahme, dafs blofs drei dieser Höckerreihen sich in die Embryonen umbildeten (das Kernstück sollte Anfangs für je zwei Gegenfülsler — s. v. v. — gemeinschaftlich sein), die vierte aber für die weitere Ausbildung der Keimröhre verwendet werden. 71 schmelzung von je zwei Knospen) ihren Ursprung. Um unsere Behauptung zu rechtfertigen, wollen wir die weitere Entwickelung dieser Höcker (nach Beobach- tungen an $. runcinata) hier verfolgen. Die Höcker bestehen Anfangs, wie erwähnt, aus einem soliden Zellenhaufen von queroblonger oder spindelförmiger Gestalt und unbedeutender Gröfse. Die Zellen, die sie zusammensetzen, messen etwa ;+,‘. Sie enthalten einen deutlichen Kern und zeigen eine wechselnde, im Ganzen aber doch ziemlich rundliche Form. Während diese Zellenhaufen nun allmählig an Gröfse, auch an Länge, zunehmen, hellen sie sich im Innern auf, um ziemlich bald eine deutliche, von dicken Wandungen begrenzte Höhle, die im Allge- meinen die Form der Höcker wiederholt, erkennen zu lassen. Mit der Keimröhre steht diese Höhle in keinem Zusammenhang. Sie ist nach Aulsen vollständig abgeschlossen (Tab. II, Fig. 14 A). Unter beständiger Grölsenzunahme rücken diese Höcker nun von unten allmählig nach oben, bis sie an dem Ende des betreffenden Keimröhrenabschnittes ankommen (Fig. 13). Die Abstände zwischen den einzelnen Reihen sind durch die Gröfsenzunahme der Höcker natürlich verkleinert worden; sie nehmen jetzt am Ende des betreffenden Abschnittes (wenigstens bei S. runcinata) durch die Verengerung der Keimröhre noch mehr ab. Bis dahin sind übrigens die einzelnen Höcker an den Segmenten immer noch so ziemlich gleichweit von einander entfernt gewesen, jetzt aber, am Ende des Abschnit- tes, kommen je zwei derselben immer näher (Fig. 14 B). Zwei anliegende Höcker, die wir fortan die hintern 'heifsen wollen, verlängern sich nach entgegengesetzten Seiten und stofsen schlielslich mit ihren ausgezogenen Enden auf die gleichfalls zugespitzten Enden der vorliegenden vordern Höcker (Ibid. b). Die vier Höcker eines jeden Seg- mentes verschmelzen paarweise mit einander und bilden durch ihre Verschmelzung zwei gegenüberliegende, bogenförmig gekrümmte, schmächtige Körper, die ihre primitive Zusam- mensetzung an einem tiefern ringförmigen Ausschnitte noch lange zu erkennen geben (Fig. 15 B). . ") Man’ könnte allerdings bezweifeln, dafs die höckerförmigen Hervorragungen, um die es sich hier handelt, mit Recht von mir als „Knospen“ bezeichnet wurden. Ich selbst thue es nur mit einem gewissen Widerstreben, aber nichts desto weniger scheint bei der Bildung und den Schick- salen derselben keine andere Auskunft. Wenn es richtig wäre, was Huxley angiebt, dafs diese Höcker nur die Rudimente des Nucleus und des Nervenknotens seien, wenn es sich nachweisen liefse, was Vogt behauptet, dafs je eine Hälfte des primitiven Keimröhrensegmentes (mit zweien Höckern) zu einem Embryo würde — dann allerdings stände die Sache ganz anders. Aber schon Eschricht entscheidet sich — nach meinen Untersuchungen mit Recht — dahin, dafs die betref- fenden Bildungen mehr, als blofs das erste Rudiment des Hirnes u. s. w. seien. Vgl. l. c. p. 347. Vrokz 72 Diese Verschmelzung der hintern mit den vordern Höckern betrifft aber nicht etwa blols die äufsere Zellenmasse derselben, sondern auch die Höhle, welche diese Zellen- masse im Innern einschliefst, obgleich die Verschmelzung der letztern natürlicher Weise später erfolgt, als die der erstern. Noch bevor übrigens diese Verschmelzung vollendet ist, hat sich am stumpfen Ende der hintern Höcker eine neue Bildung gezeigt. Es ist hier eine kuglige Aufwulstung ent- standen (Fig. 14 B, C, i), die immerfort an Gröfse zunimmt, so dals sie nach vollen- deter Verschmelzung fast schon ein Viertheil der ganzen Körpermasse ausmacht. Von den beiden Höckern unterscheidet sich diese neue Aufwulstung dadurch, dals sie solide bleibt. Die Körper, die nun in solcher Weise durch die Verschmelzung und Metamorphose der primitiven Höcker an der Keimröhre entstanden sind, bilden die erste Entwickelungs- stufe des spätern Salpenkörpers. Sie bestehen aus dreien Abschnitten, aus einem hintern soliden Kugelstücke, einem länglichen Mittelstücke und einem ovalen Vorderstücke, welche beide letztern von einer gemeinschaftlichen Höhle durchsetzt werden. Die Grenzen. der einzelnen Stücke (namentlich zwischen Vorderstück und Mittelstück) sind durch tiefe Einschnürungen bezeichnet. Wenn man einmal weils, dafs diese Körper in die späteren Salpen sich verwandeln, so wird eine Reduction ihrer einzelnen Abschnitte nicht allzu schwer sein. Das hintere solide Kugelstück ist die erste Anlage des spätern Nucleus, während das ‚Mittelstück den eigentlichen Haupttheil (thorax Eschricht) des Körpers mit der Athemhöhle im engern Sinne des Wortes, das Vorderstück aber das Hirnende mit der Vorkammer_ darstellt. Die Bildungsstufe, die wir hier vor uns haben, entspricht derjenigen, die bei der Ent- wickelung aus dem Ei mit dem Ende der ersten von uns angenommenen’Periode zusam- menfällt. Der einzige Unterschied zwischen den betreffenden Embryonen besteht — abgesehen von den Verschiedenheiten der Form — in der stärkern Ausbildung des vordern Körperendes bei der Knospenbrut. Die eigenthümliche, langgestreckte und schmächtige Gestalt der jungen Knospe resultirt offenbar aus den eigenthümlichen Verhältnissen ihrer Bildungsweise. Bei S. run- einata milst diese junge Knospe Anfangs etwa 4“ in der Länge (wovon die Hälfte auf das Mittelstück, die andere Hälfte auf das Kernstück und das etwas grölsere Vorderstück kommt), während die höchste Höhe — die des Mittelstückes — nur 745‘ beträgt. Aber dieses Verhältnils ändert sich in kurzer Zeit, und zwar bei den Embryonen von $. run- cinata dadurch, dafs das Mittelstück sich gewaltig aufblähet und in eine ansehnliche, fast kugelförmige Masse verwandelt, deren beide etwas verjüngte Pole mit einem kleinern gleichfalls kugelförmigen Anhange (dem Kernstücke und Vorderstücke) zusammenhängen (Fig. 14 D). 73 Es scheint übrigens, als wenn sich in der Körperform dieser jungen Kettenthiere mancherlei höchst abweichende Verschiedenheiten vorfänden. Nicht blofs, dals die von Herrn Vogt (a. a. 0. S. 67) abgebildeten Embryonen von S. pinnata in ihrer äufsern Gestalt nicht die geringste Aehnlichkeit mit denen von $. runcinata (Fig. 14 t, Fig. 17) haben, auch die Embryonen von S. democratica (Fig. 16, 17) zeigen solche auffallende Verschiedenheiten. Im letztern Falle dürften sich diese jedoch im Wesentlichen wohl darauf reduciren, dafs die Entwickelung des Mittelstückes weniger auffallend ist und namentlich von der des Vorderstückes übertroffen wird. Was die weitere Ausbildung dieser Knospen, was namentlich auch die Entwickelung ihrer inneren Organe betrifft, so ist diese, was schon Krohn (l. c. p. 128) wufste, im Wesentlichen ganz dieselbe, wie bei den Embryonen der Geschlechtsthiere. Ich will mich defshalb darauf beschränken, hier nur einige wenige Punkte, die den Kettenembryo- nen eigenthümlich sind, hervorzuheben. Herr Vogt giebt an (a. a. ©. S. 68), dafs das Erste, was bei den jungen Knospen, sobald sie eine bestimmte Form erlangt haben, auffiele, „eine bestimmte Scheidung in eine innere Höhle und eine doppelte äufsere Hülle, die beiden Mantellagen“, sei. Ich glaube indessen die Richtigkeit dieser Angabe mit Bestimmtheit nach meinen Untersuchun- gen in Abrede stellen zu können. Die Bildung der beiden Mantellagen fällt in eine sehr viel spätere Periode des Entwickelungslebens und geschieht erst nach der Anlage der meisten innern Organe durch die Ausscheidung einer äufsern und innern glashellen Cel- luloseschicht, wie wir das früher beschrieben haben. Was ferner die innere Höhle betrifft, so ist diese bereits, wie wir gesehen, in einer sehr viel frühern Periode vor- handen gewesen, auf einer Bildungsstufe, die von Herrn Vogt überhaupt nicht näher berücksichtigt ist. Zu den frühesten Organen, die bei unsern Embryonen zum Vorschein kommen, gehört dagegen, wie bei der Entwickelung aus dem Ei, das Gehirn und die Kieme, die beide in der äulsern freien Wand des Körpers sich bilden und diese dadurch als die spätere Rückenwand zu erkennen geben. Der Nervenknoten (Fig. 14, 16 i) entsteht an dem hintern Ende des Vorderstückes, da wo dieses in das Mittelstück sich fortsetzt. Das Herz nimmt, wie schon von Vogt hervorgehoben ist, erst später, als bei den solitären Embryonen. seinen Ursprung; ein Umstand, der indessen, wie es mir scheint, aus dem Verhältnisse zwischen Knospe und Knospenstock sich hinreichend erklären möchte‘ Um dieses Verhältnifs in das gehörige Licht zu setzen, muls ich daran erinnern, dafs die junge Keltensalpe Anfangs (Fig. 15 B) ihrer ganzen Länge nach, und zwar, wie wir sahen, mit der spätern Bauchfläche, äulserlich auf dem Knospenstock befestigt ist. Aber diese Befestigung hat nur in der ersten Entwickelungsperiode eine solche Ausdehnung. In demselben Verhältnifs, als der Embryo an Gröfse zunimmt, trennt er sich auch von seinem Keimstocke ab. Das vordere Endstück wird allmählig vollkommen frei — wie lLeucekart, zool. Untersuch. II. 10 74 es das Kernstück von Anfang an gewesen war — und der Zusammenhang zwischen Knospe und Knospenstock wird denn dadurch auf das Mittelstück ausschliefslich beschränkt (Fig. 15 C). Anfangs war dieser Zusammenhang ein rein äufserlicher, da ja die Athemhöhle, wie wir sahen, niemals mit dem Innenraum des Keimstockes in Communication steht. Später aber ändert sich dieses Verhältnifs. Die Keimröhre tritt dann (Ibid.) an der Befestigungs- stelle des Embryo mit einem sinuösen Raume in Verbindung, der sich in der Bauchwand des letztern entwickelt und immer mehr an Gröfse und Ausdehnung zunimmt !). Dieser Raum ist die erste Andeutung des spätern Circulationsapparates, der Anfangs also auch hier bei den Kettensalpen (wie wohl bei jeder Knospe) mit dem Circulationsapparate des Mutterthieres zusammenhängt. Herr Vogt beschreibt nun freilich (a. a. 0. S. 72) bei den Kettenembryonen von S. pinnata an der Verbindungsstelle mit dem Keimrohre einen Körper, der, wie bei den solitären Embryonen, eine vollständige Placenta darstellen soll, allein ich mufs offen gestehen, bei S. runcinata und democratica kein derartiges Gebilde gefunden zu haben. Die Darstellung von Vogt war mir bei meinen Untersuchungen allerdings nicht vor Augen, ich glaube aber doch kaum, dafs mir ein derartiges Organ entgangen wäre, wenn es wirklich existirt hätte. Auch Huxley giebt ausdrücklich an (l. c. p. 574), dals die Blutkörperchen der Mutter aus der Keimröhre in den Embryo übergingen. Die Bestimmt- heit, mit der Herr Vogt seine Darstellung ausführt, ist freilich nicht minder grofs und somit müssen wir denn die definitive Erledigung dieser Frage einstweilen noch der Zu- kunft überlassen. Vielleicht, dafs an der Knospenbrut von S. pinnata wirklich ein Frucht- kuchen vorhanden ist, der bei andern Arten fehlt. Ein weiterer Unterschied unserer Kettenbrut besteht darin, dals die Körperöffnungen (Athemöffnung, Kloaköffnung) — die übrigens auch hier Anfangs einander angenähert sind — weit früher zu ihrer vollständigen Ausbildung kommen, als bei der Entwickelung aus dem Ei?). Man könnte fast vermuthen, dafs das auf eine frühere Athmung bei den Kettensalpen hinweise, und wirklich habe ich die ersten Athembewegungen dieser Em- bryonen schon in einer relativ früheren Entwickelungsperiode beobachten können, als bei den solitären Embryonen. !) Schon Eschricht hat die Spaltöffnungen gesehen, welche aus der Keimröhre in die Kör- permasse der reifern Knospen hineinführen (Vgl. l. c. p. 343). Aber unrichtig ist es, wenn E. (1. e. p. 356) annimmt, dafs durch diese Oeffnung eine Communication mit der Athemhöhle ver- mittelt werde. | 2) Weitere Verschiedenheiten in der Anlage und Ausbildung der Organe bei beiden Embryonen sind mir nicht aufgefallen. Ich glaube defshalb, dafs Herr Vogt wohl etwas zu weit geht, wenn er (a. a. O. S. 88) behauptet, dafs die Reihenfolge, in welcher die Organe erscheinen, bei beiden Formen, „eine durchaus verschiedene“ sei. 75 Der Keimstock fehlt natürlich unseren Kettenembryonen. Statt des Keimstockes bildet sich hier bereits in früher Zeit das spätere Eichen. Es entsteht (Tab. II, Fig. 17, 18r) etwa in der Mitte zwischen der Kloaköffnung und dem Nucleus in der Rückenwand und erscheint Anfangs als ein rundlicher Zellenhaufen von ziemlich ansehnlicher Gröfse. Ich glaube mich indessen davon überzeugt zu haben, dafs dieser Zellenhaufen nicht gleich von vorn herein das spätere Ei, sondern nur dessen Kapsel darstellt, die sich im Innern allmählig aufhellt und dann zunächst das Keimbläschen erkennen läfst. Der Dotter ent- steht erst später durch einen Niederschlag im Umkreis des Keimbläschens '). Der Stiel ist bei seiner ersten Bildung kurz und dick, so dafs die Eikapsel mit ihrem Inhalt durch denselben eine birnförmige Gestalt bekommt (Fig. 18). Ueber die Bildung des Hodens, die erst in die Zeit des freien Lebens fällt, ist bereits oben das Nöthige erwähnt worden. So lange die Embryonen mit ihrer ganzen Bauchfläche auf der Keimröhre aufliegen, sind dieselben paarweise in ihren einzelnen Segmenten einander gegenüber gestellt. Aber späterhin, wenn sie die Keimröhre überwachsen, nehmen sie — offenbar aus räumlichen Gründen — eine alternirende Stellung an. Der Embryo der einen Seite keilt sich dabei gewissermafsen in den Zwischenraum zwischen den beiden gegenüberliegenden Embryonen ein. Am Deutlichsten ist diese Stellung an dem Kernende, mit denen die Embryonen einander mehr angenähert sind, als mit dem Hirnende. Dafs diese Stellung durch eine in beiden Reihen alternirende Rückbildung jeder zweiten Knospe entstehe, wie Eschricht (l. c.p. 342) angiebt, habe ich nicht bestätigt gefunden. Im Anfang glaubte ich freilich gleichfalls in jeder Knospenreihe eine abwechselnde Folge von breitern und schmälern Knospen zu entdecken, allein ich mufste mich später davon überzeugen, dafs diese scheinbaren Knospen zu zweien je nur die Durchschnitte der verschieden dicken seit- lichen Körperwand einer einzigen Knospe darstellten. Die ringförmigen Furchen zwischen den einzelnen Knospen, die Anfangs, wie oben beschrieben wurde, eine förmliche Segmentirung der Keimröhre bedingen, haben zu der Genese des Embryo keinerlei directe Beziehung. Sie treten in demselben Verhältnifs, als die Knospen sich entwickeln, zurück und gehen verloren, sobald diese ihre alterni- rende Stellung einnehmen. Ueber die Entwickelung der Haftorgane habe ich keine Beobachtungen angestellt, doch glaube ich dieselben schon ziemlich frühe, schon vor der Bildung des Celluloseman- tels, bemerkt zu haben. Sonder Zweifel entstehen sie durch Wucherungen der zelligen !) Man würde die Eikapsel der Salpen demnach gewissermafsen mit einer isolirten Eikapsel aus dem Eierstock der Wirbelthiere vergleichen können. 10 * 76. Körperhülle. In demselben Verhältnils, als sich diese Haftorgane ausbilden, tritt übrigens die Keimröhre, an der die Embryonen ursprünglich aufgereihet waren, immer mehr zurück, bis sie am Ende völlig schwindet. Ist das geschehen, dann verliert die Embryonenkette ihren Zusammenhang mit den übrigen Knospen; sie trennt sich ab und gelangt durch die schon oben erwähnte Oeffnung der Bruthöhle nach aufsen, um nun hier ein neues und selbstständiges Leben zu beginnen. ZUR ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DER ASCIDIEN. BESCHREIBUNG EINER SCHWAERMENDEN ASCIDIENLARVE (APPENDICULARIA). T 14 Bu \ 4 a u } Me Be '* h } n N a { * £ r " iE NE, Bo i DH AuD E NW * x ; \ By _ ET j h 1 fi j £ u A h ’ äh : h uf et fi , En FERR Dat u. ‚ ET 3 ‚ \ u. RG f f p k MR ; f 2 f L \ ‘ Br f re ARE f . AR ve » a ch 5 2 ae, ! ‚a car 1. 3 uf { wi Maae' I ER Rue ui al 1 a m i ’ ” Ip . 7 \ a Br De ns ”. ih Pc WE Aa, RN warme: en a 4 ER 2 \ NR Fame rı) I 7 ® a REN 7 \ - Wu W Ka y® \ } y x r ‘ . ku 3 x L 1 = Mr f ” { ı f re - Aa ’ > ” f ku ' PETE SIHDIBLIEI FE ee ! m" ER N IA KREIL NG EBEN 2 | = ’ s R n URS T, Er, re » N # Lin KUHN) { Wi | \ Ai aM ? RR ar 2 ü Kr b BR ah k 5 j e" N ’ | f 1 > ai ö Li FI - + R o N) Im Laufe der vorhergehenden Darstellung haben wir hinreichende Gelegenheit gehabt, durch mancherlei Seitenblicke auf den Bau der Ascidien die wesentliche Uebereinstim- mung dieser Thiere mit den Salpen hervorzuheben. Es dürfte demnach vielleicht nicht ohne Interesse sein, hier noch die Beschreibung eines Thieres anzuknüpfen, das der Gruppe der Ascidien zugehört, aber wohl keine ausgebildete Ascidie ist, sondern eine Ascidien- larve, die sich freilich vor den gewöhnlichen Ascidienlarven durch den Besitz einer ziemlich vollständigen innern Organisation und eine verhältnifsmälsig ganz colossale Grölse sehr auffallend auszeichnet. Das Thier, von dem ich hier handeln werde, ist keineswegs neu, hat aber das Schicksal gehabt, in dem zoologischen Systeme auf die manchfachste Weise umherge- worfen zu werden. Chamisso und Eisenhardt, die unser Thierchen (oder doch eine ganz nahe verwandte Form) in dem nördlichen stillen Ocean entdeckten und unter dem Namen Appendicularia flabellum beschrieben (Nov. Act. Acad. Caesar. Leopold. Tom. X, P. 2, p. 362), hielten es für eine Meduse und vermutheten eine Verwandtschaft mit dem Gen. Cestum. Eschscholtz (Oken’s Isis 1825, S. 736), der dasselbe Thierchen in der Südsee beobachtete, möchte es den Heteropoden anreihen, und Mertens suchte sogar in einer sehr ausführlichen Abhandlung nachzuweisen (Mem. d. l’Acad. imper. de St. Peters- bourg 1831, T. I, p. 205, ausgezogen in Oken’s Isis 1836, S. 300), dals es ein Flossen- fülsler sei und nur. mit geringen Modificationen den Bau des Gen. Clio wiederhole. Natürlicher Weise ist dabei die Organisation unseres Thiers, wie wir späterhin noch mehrfach hervorheben werden, vollständig verkannt worden. Mertens hat für unsere Larve auch zugleich einen neuen Namen vorgeschlagen. Er nennt dieselbe Oikopleura Chamissonis und motivirt diese Aenderung mit der Beschrei- bung eines zollgrofsen durchsichtigen „Hauses“ von sonderbarer Bildung, das von unserm Thierchen bewohnt und nach einem etwaigen Verluste schnell wiederum durch Hervor- schiebung einer blattförmigen Masse aus der Athemöffnung ersetzt werde. Welche Be- wandnifs es mit diesem „Hause“ habe, weils ich nicht, da ich niemals bei meinen Larven 80 ein solches Gebilde aufgefunden habe, auch die frühern und spätern Beobachter nichts davon erwähnen. Quoy et Gaimard (Voy. de l’Astrolabe p. 304, ausgezogen in Oken’s Isis 1836, p. 157) sind in ihrem Urtheil über die Natur unsers Thieres vorsichtiger. Sie bezwei- feln die Richtigkeit der Mertens’schen Auffassung und deuten darauf hin, dafs dasselbe vielleicht die Larve eines andern Thieres, möglichenfalls auch eine sehr kleine Salpenart sein könnte. Anfangs wurde diese Thierform von den Französischen Weltumseglern als Fritillaria bifurcata bezeichnet, später aber als eine Oikopleura oder Appendicularia erkannt. Sie wurde in verschiedenen Meeren beobachtet, vorzugsweise am Cap der Guten Hoff- nung, wo sie in so unermefslichen Schaaren vorkam, dafs das Meer in weitem Umkreis davon eine rothbraune Färbung angenommen hatte. Späterhin beschrieb J. Müller (Archiv für Physiol. 1846, S., 106 Tab. VI, Fig. 1) unter dem Namen Vexillaria flabellum eine neue Art unserer Thiere, die er auf Helgo- land entdeckt hatte, Anfangs aber nur unvollkommen untersuchen konnte. Bei einer zweiten Untersuchung blieben die genetischen Beziehungen dieser Vexillaria nicht länger verborgen : J. Müller theilt uns mit (Monatsber. der Berl. Acad. 1846, Dec.), dals er die Vexillaria als eine Ascidienlarve erkannt habe. Dafs sich diese jedoch von den gewöhnlichen Ascidienlarven durch den Besitz einer innern Organisation unterscheide, wird nicht besonders hervorgehoben, obgleich man auf der Müller’schen Abbildung, „die in möglichst getreuer Weise Alles wiedergiebt, was unter dem Mikroscope gesehen werden konnte“, ganz deutlich eine Anzahl innerer Organe wahrnimmt. Erst Krohn (Arch. für Naturgesch. 1852, I, S. 62, Anm.) macht auf den Unter- schied zwischen der Vexillaria und den übrigen Ascidienlarven aufmerksam und ent- scheidet sich nach seinen Untersuchungen dahin, dafs dieselbe eine noch in der Ent- wickelung begriffene Ascidie sei, deren provisorisches Locomotionsorgan bis gegen das Ende der Entwickelung zu persistiren scheine, wie das von ihm auch (a. a. ©.) für die Arten des Gen. Doliolum, welche die Larvenform der Ascidien theilen, nachgewiesen worden. Die Uebereinstimmung zwischen Vexillaria und dem Gen. Appendicularia ist übrigens erst von Huxley (Ann. of natur. hist. Vol. X, 1852, p. 127) erkannt worden, der unsere Tkiere vielfach in der Südsee und an der Küste von Guinea beobachtet hatte und für eine ausgebildete Ascidienform hält (Philosoph. Transact. 1852, p. 595), weil er im Innern derselben deutliche Spermatozoen gefunden haben wollte. Nichts desto weniger glaube ich indessen, dafs Huxley im Irrthum ist. Ich kann die Arten des Gen. Appendicularia nach bestem Wissen und Gewissen nur für Larven halten und zwar (mit Krohn) für Schwärmlarven von Ascidien. Man darf, glaube ich, nicht länger daran zweifeln, dals es Aseidien giebt, die sich von den übrigen Arten durch manche auffallende Eigenthümlichkeiten ihrer Metamorphose und namentlich durch s1 eine sehr viel beträchtlichere Länge ihres Larvenlebens auszeichnen. Das provisorische Bewegungsorgan, das sonst nur dazu bestimmt ist, die junge Ascidie ihrer spätern Heimat zuzuführen und schon nach wenigen Stunden — van Beneden (Rech. sur les Ascid. compos. 1846, p. 42) schätzt die Schwärmzeit der Larven bei Ascidia ampulloides auf etwa zwölf Stunden — seine Aufgabe erfüllt hat, erreicht in solchen Fällen eine sehr ansehnliche Entwickelung und persistirt so lange, bis die innern Organe allmählig ihre genuine Bildung angenommen haben. Anfänglich mögen sich solche Larven in Nichts von den Larven der übrigen Ascidien unterscheiden; später führen sie uns aber Ent- wickelungsphasen vor, die sonst erst nach der Befestigung des Körpers einzutreten pflegen. Eine ausgebildete Larve dieser Art ist nach Bau und Lebensweise bereits eine Ascidie, aber keine festsitzende Ascidie, sondern eine frei bewegliche. Eine solche Larve (Appendieularia) nun ist es, die ich in Nachfolgendem beschreiben werde. Ich beobachtete dieselbe (Tab. II, Fig. 19) im Golfe von Villa franca, wo sie mehre Tage lang in Menge an der Oberfläche des Wassers umherschwärmte, olme dals ich jedoch über die frühern Zustände und die spätern Schicksale derselben Etwas in Erfahrung bringen konnte. Natürlicher Weise will ich nicht behaupten, dafs unser Thier mit den früher beobachteten Formen von Appendicularia identisch sei. Schon die Ver- schiedenheit des Fundortes zeigt darauf hin, dafs es mehrere Aseidienarten seien, deren Larven das (provisorische) Genus Appendicularia ausmachen, und eine nähere Verglei- chung läfst auch wirklich bei den bisher beschriebenen Formen mancherlei Differenzen in Gröfse, Färbung, Länge und Form des Schwanzes u. s. w. erkennen. Die unsere mag einstweilen, bis zur Entdeckung ihrer Abstammung, den Namen A. albicans tragen. Die wesentlichste Auszeichnung der Ascidienlarven und auch unserer Appendicularia besteht, wie schon Savigny wulste, in dem Besitze eines Ruderschwanzes, durch dessen Hülfe die betreffenden Thiere nach Art der Froschlarven oder der Cercarien, wenn man lieber will, umherschwimmen. Man nimmt gewöhnlich an, dals dieser Ruder- schwanz am spätern freien Körperende der Ascidien befestigt sei, allein mit Unrecht, wie auch aus der von Krohn jüngst (Müller’s Archiv 1852, S. 316) publicirten Dar- stellung der Entwickelung von Phallusia mammillata hervorgeht. Der Ruderschwanz der Ascidienlarven hat eine seitliche Befestigung, so dafs der Längsdurchmesser desselben sich mil dem des Körpers fast unter rechtem Winkel schneidet. J. Müller vergleicht delshalb denn auch die äufsere Körperform seiner Vexillaria sehr passend mit einem Hammer, dessen Kopf den eigentlichen (bleibenden) Aseidienkörper darstellt, während der Stiel gewissermafsen von dem Ruderschwanze repräsentirt wird. Der Körper unserer Appendicularia hat eine im Allgemeinen ovale Form und besitzt bei einer Breite von etwa 14‘ einen Längendurchmesser von 2—2!‘“ Das eine Körperende, das von der Insertionsstelle des Schwanzes etwas weiter entfernt ist, als das andere, und sich gewöhnlich mehr oder minder zuspitzt, trägt eine ziemlich ansehn- Leuckurt, zool. Untersuch. II 11 82 liche, von einigen (meist vier) kleinen papillenförmigen Hervorragungen umgebene Oefl- nung (Ibid. a), die man sehr bald als die Athemöffnung erkennen wird. Das Ende, um das es sich handelt, ist also das spätere freie Körperende der Aseidien, das man gewöhnlich als vorderes Körperende bezeichnet !), obgleich es morphologisch, wie wir uns früher überzeugen konnten, dem Hinterleibsende der Bivalven u. s. w. entspricht. Eine Strecke hinter diesem Körperende findet man an der der Insertionsstelle des Ruderschwanzes gegenüberliegenden Fläche das Ganglion unserer Appendicularia (Ibid. d) : wir über- zeugen uns dadurch, dafs diese Fläche als Rückenfläche zu betrachten ist, dals der Ruder- schwanz also eine ventrale Lage hat. Die Lage des Ruderschwanzes bei den Aseidien- larven ist demnach dieselbe, wie die Lage der Placenta bei den Salpen und die des Fulses bei den Blattkiemern und übrigen Mollusken — alle diese Gebilde sind Organe, die trotz ihrer physiologischen Verschiedenheiten als morphologische Analoga zu betrachten sein dürften. Wir haben oben erwähnt, dals die Insertionsstelle des Ruderschwanzes bei unserer Appendicularia von dem Kiemenende des Körpers etwas weiter entfernt sei, als von dem gegenüberliegenden sog. hintern Leibesende. Sie findet sich ungefähr an der Vor- dergrenze des letzten Körperdrittheiles, das namentlich an der Rückenfläche wulstförmig nach Aufsen vorspringt und wegen der Beschaffenheit seiner Eingeweide ein viel opaceres Aussehen hat, als der übrige Körper. Der Ruderschwanz unserer Appendicu- laria, der mit seiner Wurzel in eine besondere grubenförmige Vertiefung des äulsern Körpers hineingesenkt ist, hat eine lanzettförmige Gestalt. Er ist von den Seiten blatt- arlig zusammengedrückt und besitzt eine Länge von 7—8‘%, während seine grölste Breite nur etwa 2% beträgt. Die äufsere Körperhülle unseres Thieres besteht aus einer glashellen, ziemlich starren Masse, die namentlich in der vordern Körperhäfte eine ganz ansehnliche Dicke besitzt und in chemischer Beziehung sonder Zweifel mit dem Mantel der ausgebildeten Ascidien übereinstimmt. Die schönen Zeilen, die man gewöhnlich in der äufsern Körper- hülle dieser Thiere antrifft, sind bei unsern Larven noch nicht vorhanden, der Mantel derselben erscheint als eine homogene Substauz mit zahlreichen körnigen Einlagerungen, die bald einzeln neben einander liegen, bald auch zu kleinen und grölsern Häufchen zusammengruppirt sind. Aehnliche Körnchen kennt man bekanntlich auch aus dem Mantel der ausgebildeten Ascidien; sie sind nach den Untersuchungen von Krohn (a. a. 0. S. 313) aus der Metamorphose von eigenthümlichen, grün gefärbten Zellen- haufen entstanden, die schon frühe, bei der ersten Bildung des Mantels, sich vorfinden, !) Mertens, so wie Quoy et Gaimard halten mit Unrecht das entgegengesetzte Ende für das vordere. 83 und sonst bei den Ascidien während des ganzen Larvenlebens unverändert fort- bestehen. Am Rande des Ruderschwanzes bildet diese äufsere Bedeckung einen senkrechten, ziemlich hohen Aufsatz von blattförmiger Gestalt (Ibid. n), der als ein Flossensaum den ganzen Ruderschwanz einfafst und die Wirksamkeit desselben natürlich beträchtlich erhöht. Bei den übrigen Aseidienlarven scheint ziemlich allgemein eine ähnliche Bildung vorzukommen, nur bleibt hier der Flossensaum sehr viel niedriger, als bei den Larven mit dem Typus unserer Appendicularia. Der eigentliche Körper des Ruderschwanzes besteht bei unsern Thieren aus einer Muskelmasse von spindelförmiger Gestalt, die durch die ganze Länge desselben sich hinzieht (Ibid. m) und im Umkreis eines stabförmigen Achsencylinders abgelagert ist ?). Quoy et Gaimard halten diesen Achsencylinder (Ibid. ]) für einen Längskanal, obgleich schon Mertens mit Recht auf die solide Beschaffenheit und die Festigkeit desselben (M. nennt ihn delshalb auch die „Rippe“) hingewiesen hatte. Man wird unwillkürlich bei der Untersuchung dieses Stäbchens, wie schon J. Müller angiebt, an die Chorda der Cyclostomen erinnert, an ein Gebilde, das in morphologischer Beziehung allerdings von dem Achsencylinder im Ruderschwanze unserer Ascidienlarven sehr weit verschieden ist, nichts desto weniger aber in Gestalt und Beschaffenheit und functioneller Bedeutung an denselben sich anschliefst. Wie die Chorda, ist unser Achsencylinder ein fester und elastischer Stab von pellucidem Aussehen, der für die Stütze und die Anhef- tung der Bewegungsmuskeln bestimmt ist. Sein Wurzelende zeigt eine kleine knopf- förmige Anschwellung, gewissermafsen einen Gelenkkopf, mit dem der Ruderschwanz an dem eigentlichen Aseidienkörper artikulirt. Histologisch erscheint das Gewebe des Achsencylinders als eine durchsichtige Masse von feinkörniger, sonst aber ziemlich homogener Beschaffenheit. Eine Scheide, die man vielleicht vermuthen könnte, fehlt : es sind die Muskelfasern, die denselben unmittelbar an allen Seiten umgeben. Diese Muskelfasern verlaufen der Länge nach, wie der Achsencylinder und lassen sich ziemlich leicht isoliren, obwohl es den Anschein hat, als wenn dieselben in eine gemeinschaftliche 'Bindesubstanz von formloser Beschaffenheit eingebettet seien. Sie haben einen wechselnden, im Ganzen übrigens nur wenig beträchtlichen Querdurchmesser (355345), lassen aber nichts desto weniger, namentlich nach Behandlung mit Wein- geist, eine deutliche Querstreifung erkennen, wie die Muskelfasern der Salpen. An ‘) Mertens behauptet (1. c. p. 217) neben dem Achsencylinder auch noch einen „schmalen, zellig - blasenförmigen Kanal« entdeckt zu haben, der beständig mit Luft gefüllt sei und wohl eine Art Schwimmblase darstelle; ich habe indessen eben so wenig, als Huxley, elwas Aehnliches aufgefunden. 11 * 84 andern Stellen habe ich vergebens bei unsern Larven nach quergestreiften Muskelfasern gesucht, auch der Schliefsmuskel der Athemöffnung schien derselben durchaus zu ent- behren 1). Ein Rückblick auf die Bildung des Ruderschwanzes bei den übrigen Ascidienlarven zeigt uns Verhältnisse, die sich, wie die schon oben erwähnten Verschiedenheiten von unserer Appendicularia, im Wesentlichen unter dem Gesichtspunkte einer unvollkommenern Entwickelung zusammenfassen lassen. Der Achsencylinder in dem Ruderschwanze derselben wird nach Kölliker (Annal. des seiens. natur. 1846. T. V, p. 221) und Krohn (a.a. 0. S. 316) durch eine einfache Längsreihe grofser Zellen vertreten, die sich nach Aus- bildung der Larvenform durch Schwund der Zwischenwände und Verflüssigung des Zel- leninhaltes in einen geräumigen Längskanal verwandeln sollen, während die Muskel- bedeckung dieses Achsencylinders so dünn und so undeutlich erscheint, dals selbst Krohn über die Existenz derselben nicht völlig in’s Klare kommen konnte. Die Kiemenöffnung unserer Larven führt, wie bei den ausgebildeten Ascidien, zunächst in einen weiten Sack (Ibid. ec), der die ganze Breite der Leibeshöhle einnimmt und bis an die Mitte des Körpers nach unten herabsteigt. Dieser Sack ist der Kiemensack?), der allerdings auf der gegenwärtigen Entwickelungsstufe seine spätere Bildung noch nicht völlig erreicht hat und sich namentlich durch seine geschlossenen Wandungen einstweilen noch sehr ‚auffallend von dem Kiemensacke der ausgewachsenen Ascidien unterscheidet. Indessen findet man doch schon bei unserer Appendicularia die ersten Spuren der spätern Spaltöffnungen in der Wand des Kiemensackes und zwar in Form von einigen kleinen ovalen oder herzförmigen Längswülsten, die im obern Ende des Kiemensackes rechts und links neben der Mittellinie der Bauchfläche vorspringen (Ibid. e). Histologisch erscheinen diese Vorsprünge als Zellenhaufen, gewissermafsen als Wucherungen auf der Zellenwand des Athemsackes. In der Regel beobachtete ich bei meinen Larven nur zwei solcher Aufwulstungen, hier und da aber auch drei oder vier, die dann beständig auf demselben Querschnitte standen. Dals wir hier übrigens die ersten Spuren der spätern sog. Stigmata vor uns sehen, kann nicht bezweifelt werden °). Es geht das nicht blols aus der Stellung der- ") Dasselbe Resultat erhielt ich durch die Untersuchung der Muskelfasern bei verschiedenen ausgebildeten Ascidien. 2) Mertens hat die Natur dieses Sackes vollständig verkannt. Allerdings möchte er demselben eine gewisse Beziehung zu dem Respirationsgeschäfte nicht absprechen, aber seine Hauptaufgabe sieht derselbe doch nur in der Bildung des oben schon erwähnten „Hauses“. >) Huxley hält diese Aufwulstungen unbegreiflicher Weise für die wahrscheinlichen Eier- stöcke. Uebrigens sind dieselben schon von Mertens gesehen und (]. c. p. 214) als „blattartige Körper“ beschrieben worden. (Auch die Abbildung von J. Müller läfst ein solches Gebilde mit Bestimmtheit erkennen.) 85 selben hervor, sondern auch daraus, dafs ich einige Male eine mittlere Längsgrube auf denselben unterscheiden konnte, die man unbedenklich für die spätere Spaltöffnung ansehen darf. Es ist allerdings auffallend, dafs die Zahl dieser Wülste eine lange Zeit, wie es den Anschein hat, so sehr beschränkt bleibt, aber dasselbe findet sich ja auch nach Krohn’s Beobachtungen bei den jungen Individuen von Ascidia mammiillata ?). Der grofse Binnenraum zwischen Kiemensack und Mantel, durch den das Wasser, das zur Respiration gedient hat, bei den Aseidien nach Aufsen abflielst, fehlt noch bei unsern Larven. Der Mantel liegt überall dicht auf der äufsern Fläche des Kiemensackes, wie auf den übrigen Eingeweiden. Der Athmungsmechanismus unserer Larve geschieht offen- bar in anderer Weise, als während des spätern Lebens, wenigstens insofern, als die Athemöffnung (die einzige directe Communication des Kiemenraumes mit der Aufsenwelt) hier nicht blofs zur Einfuhr, sondern einstweilen auch zum Ausstolsen des Wassers ver- wendet wird. Nach seinem physiologischen Werthe mag dieser Vorgang hinter dem spätern Respirationsprocesse allerdings zurückstehen, allein wir müssen auch bedenken, dafs das Athmungsbedürfnifs unserer Larve einstweilen nur ein geringes ist und überdiefs vielleicht schon zum grolsen Theile durch den respiratorischen Austausch auf der äulsern Körperfläche — die durch die Bildung des Ruderschwanzes zu einer sehr beträchtlichen Gröfse herangewachsen ist — befriedigt werden mag. Das Ganglion, das wir schon oben erwähnt haben, liegt (Ibid.d) auf der äufsern Fläche dieses Kiemensackes. Es hat eine ovale Gestalt und entsendet aufser einem star- ken Nerven, der geraden Weges nach unten herabsteigt, ein Paar kleinere Aeste, die nach der Kiemenöflnung zulaufen und vorzugsweise für den Schliefsmuskel derselben bestimmt zu sein scheinen. Der Hauptstamm läuft, wie gesagt, nach abwärts, aber nur bis zum Grunde des Kiemensackes, auf den er sich fortsetzt, um von der Rückenfläche des Körpers auf die Bauchfläche überzugehen. Er tritt in die Wurzel des Ruder- schwanzes unterhalb des Achsencylinders und läfst sich fast bis an das Ende des- selben verfolgen. Eigentliche Nervenfasern fehlen in diesem Stamme; man unterscheidet nur eine streifige Masse, die von einer ziemlich dicken (doppelt contourirten) Scheide umhüllt wird. Der Querdurchmesser des Nerven beträgt etwa 54,“ Von Zeit zu Zeit kommen aus demselben einzelne zarte (z!,‘“) und blasse Ausläufer hervor, die unter rechtem Winkel abgehen und zwischen die Muskelfasern hineintreten. Sie entspringen bald isolirt, bald auch paarweise, in dem letztern Falle gewöhnlich aus einer kleinen ‘) Nach Krohn gehören übrigens (vgl. a. a. 0. S.327) die beiden ersten Kiemenspaltenpaare dieses Thieres zweien verschiedenen Querreihen an. (Es hat überhaupt den Anschein, als wenn die Kiemenspalten bei Appendicularia in einer andern Reihenfolge entständen, als es Krohn für diese Ascidie angiebt.) 86 Verdickung, die einer Ganglienanschwellung nicht unähnlich sieht, obwohl sie in histolo- gischer Beziehung sich von dem übrigen Nerven nicht unterscheidet. Was übrigens die Aufmerksamkeit des Beobachters vorzugsweise auf das Ganglion unserer Appendicularia hinlenkt, ist die Anwesenheit eines eigenthümlichen Organs, das man sogleich bei dem ersten Blicke als ein Sinneswerkzeug erkennen wird. Auf der äufsern Fläche des Ganglions sitzt ein kleines, helles Bläschen von sphärischer Ge- stalt, das einen linsenförmigen Körper (von ;4,“‘) mit starkem Brechungsvermögen im Innern einschliefst. Die anatomische und physikalische Beschaffenheit dieses Körpers läfst über die Natur des Bläschens keinen Zweifel; es ist — wie auch schon Huxley ganz richtig angiebt — ein Gehörorgan, das sich nur durch die Bewegungslosigkeit des Oto- lithen von dem Gehörwerkzeuge unserer Mollusken unterscheidet. Der oben beschriebene Fall umfaflst das einzige sichere Beispiel von Gehörwerk- zeugen bei den Tunicaten. Was man früher wohl vermuthungsweise bei diesen Thieren für einen Gehörapparat genommen hat, ist theilweise (wie bei den Salpen) inzwischen als ein Gesichtsorgan erkannt worden, theilweise aber auch (wie bei den festsitzenden Ascidien, Siebold’s vergl. Anat. S. 260) von dem unzweifelhaften Gehörorgan unserer Appendicularia schon durch seine Lage so sehr verschieden, dals es wohl schwerlich die Bedeutung eines derartigen Sinneswerkzeuges haben wird '). Bei unseren Appendicularien kann uns übrigens die Anwesenheit dieses Apparates nicht im Geringsten überraschen. Wir finden darin nur ein neues Zeichen, dafs diese Thiere zu einer andauernden und freien Ortsbewegung bestimmt sind. Bei den übrigen Ascidienlarven fehlt ein Gehörorgan. Dafür besitzen diese Thiere aber an derselben Stelle einen Pigmentfleck, den van Beneden (|. c. p. 40) als ein rudimentäres Auge betrachtet. Die Lagerung dieses Fleckes scheint eine solche Deutung auch wirklich in hohem Grade zu rechtfertigen. Allerdings hat man neuerdings (Krohn, a.a. 0. S. 317) hervorgehoben, dafs dieser Pigmentfleck bis über das Larvenleben hinaus fortbestehe und noch bei der jungen Ascidie sich eine Zeitlang dicht neben dem Nerven- knoten beobachten lasse, aber darauf möchten wir doch kein allzu grofses Gewicht legen. Giebt es doch zahlreiche andere Beispiele von einer längern Persistenz provisorischer Organe. Viel bedeutungsvoller scheint es, dafs dieser Pigmentfleck bei den Ascidienlarven der Bildung des Nervensystemes vorausgeht, also schon zu einer Zeit als Sinnesorgan funetioniren soll, wo das spätere Substrat der Sinneswahrnehmungen noch abwesend ist. Doch dieselben Larven bewegen sich auch ohne ein eigenes, selbstständig entwickeltes ı) Nur das problematische Gehörorgan von Chelyosoma (vgl. Eschricht, anatomisk Beskriv. af Chelyosoma p. 9) macht hier eine Ausnahme. 87 Nervensystem; wer weils, durch welchen provisorischen Mechanismus die äulsern Ein- drücke bei denselben zur Wahrnehmung gelangen. Was die spätern Schicksale des Gehörorganes bei unserer Appendicularia betrifft, so darf man wohl vermuthen, dafs es gleich dem oben erwähnten Pigmentfleck nach der Befestigung des Körpers allmählig verloren gehe. Ich habe schon erwähnt, dafs man keine ausgebildete Ascidie mit Gehörwerkzeugen kennt und darf auch wohl hinzufügen, dafs ich (nach der Entdeckung unserer Larve) bei einer gröfsern Anzahl dieser Thiere vergebens nach einem derartigen Apparate gesucht habe. Dicht hinter dem Kiemensacke liegt der Darmkanal unserer Larven (Ibid. h), ein Apparat, der im Wesentlichen seine Entwickelung bereits vollständig erreicht hat und, wie bei den ausgebildeten Aseidien, einen Oesophagus, Magen und Enddarm als deutlich gesonderte Theile erkennen läfst. Die Mundöffnung zeigt die gewöhnliche Anordnung. Sie liegt im Grunde des Kiemensackes, der Rückenfläche angenähert, so dafs die Nah- rungsmittel, die unsere Larve genielst, den Kiemensack durchwandern, bevor sie in den Darmkanal gelangen '). Im Innern des Kiemensackes findet man bei den ausgebildeten Ascidien — nicht blofs bei „einzelnen“ oder „sehr vielen“ Arten, sondern bei „allen“ — ein Paar Längs- lippen, die an der Bauchfläche hinlaufen und offenbar den Bauchfalten der Salpen ent- sprechen. Auch unsere Larven sind mit diesem Apparate versehen (Ibid. f). Er stellt gewissermalsen einen Halbkanal dar, der von zweien leistenförmigen Lippen begrenzt wird und durch eine starke Flimmerbewegung ausgezeichnet ist. Er beginnt etwa zwischen den ersten Anlagen der Kiemenspalten *) und führt von da bis zu der Mundölfnung. Das vordere Ende dieser Lippen verläuft allmählig in die Wände des Kiemensackes, der Flimmerstreifen reicht aber noch weiter und spaltet sich schliefslich in einen rechten und linken Bogen, die nach Art der Flimmerbögen bei den Salpen den vordern Abschnitt der Athemhöhle ringförmig umgrenzen. Ob unsere Larven bereits mit einem Endostyle versehen sind, mufs ich unentschieden lassen. Die Beobachtung der Appendicularia fiel in eine Zeit, in der mir die selbstständige Natur des Endostyls bei den Salpen noch unbekannt geblieben war. Huxley giebt allerdings an, dafs die '’) Sehr irrthümlich ist die Angabe von Mertens, dafs Appendieularia eine äufsere Mund- öffnung besitze und zwar an der Rückenseite, in der ringförmigen Einschnürung vor dem hintern Körperende. Dieses hintere Körperende — die „obere“ oder „nierenförmige Blase* (capuchon Quoy et Gaym.) — soll nach der Darstellung von Mertens sogar eine Art Kiefer darstellen, der sich bei den Bewegungen des Thieres aufhebe und wieder senke ! ?) Den obern Theil dieser Bauchfurche betrachtet Mertens (Il. c. p. 215) als „Eibehälter*, weil er lebendige Thierchen in demselben auffand, „die daraus hervortraten, worauf dieser Theil sichtlich zusammenfiel“. 88 von ihm untersuchten Formen einen Endostyl besessen hätten, allein es fragt sich, ob hier nicht etwa eine Verwechselung mit den von Huxley nicht besonders unter- schiedenen Bauchfalten untergelaufen sei. Der Oesophagus stellt gewissermafsen die Fortsetzung der Bauchfurche dar. Er steigt nach unten zu herab und öffnet sich nach einem kurzen, der Bauchfläche zuge- wandten Bogen in einen weiten und sackförmigen, scharf abgesetzten Magen, der einen ansehnlichen, zwischen Oesophagus und Darm nach vorn aufsteigenden Blindsack bildet. Der Enddarm liegt an der Bauchfläche unseres Thieres. Er entspringt aus dem untern Theile des Magensackes der Cardiacalöffnung gegenüber und macht etwa in der Mitte seines Verlaufes eine kurze, aber stark gebogene Sförmige Doppelschlinge. Die einzelnen Abschnitte des Darmkanales liegen dicht neben einander und bilden einen knauelförmigen Haufen (nucleus), der sich nur schwer entwirren läfst. Die Epithelialzellen des Magensackes enthalten zahreiche kleine Fetttropfen, die durch ihre intensive gelbe Färbung leicht auffallen und den betreffenden Abschnitt hinreichend cha- racterisiren,. während die Windungen des Enddarmes meist einige bräunliche Kothballen von ansehnlicher Gröfse ' ) umschliefsen. Die Innenfläche des Oesophagus und Enddarmes trägt einen Flimmerbesatz, den ich im Magen vermifst habe. Das gefäfsartige Anhangsorgan, das zuerst von Krohn bei den Ascidien entdeckt ist und oben bei den Salpen ausführlicher beschrieben wurde, scheint unsern Larven einstweilen noch zu fehlen. Sehr auffallend und abweichend von dem gewöhnlichen Verhalten ist die Lage der Afteröffnung, die bei unserer Appendicularia (Ibid. b) oberhalb der Schwanzwurzel rechts neben der Mittellinie des Bauches vorkommt und an ihrer starken Ciliarbewegung leicht erkannt wird. Die ausgebildeten Aseidien besitzen bekanntlich eine dorsale After- öffnung, aber durch die Beobachtungen von Krohn (a. a. 0. S. 324) haben wir neuer- dings erfahren, dafs diese Lage sich erst allmählig bei der Entwickelung der spätern Kloakhöhle hervorbildet, dafs mit andern Worten auch bei den übrigen Ascidien die After- öffnung Anfangs eine abweichende Lage an der einen Körperseite einnimmt. Unter solchen Umständen glaube ich, darf man kaum daran denken, dafs die ausgebildete Appendicularia in der Lage ihrer Afteröffnung mit unserer Larve übereinstimme. Sie wird sich vielmehr aller Wahrscheinlichkeit nach in dieser Hinsicht an die übrigen Asci- dien anschlielsen. Von den Circulationsorganen unserer Larve habe ich, wie Huxley, nur das Herz auffinden können (Ibid. i), das sich durch seine kräftigen Contractionen leicht bemerklich macht und auch schon von Mertens (l. ec. p. 215) ganz richtig erkannt ') Es sind das die von J. Müller bei Vexillaria beobachteten „gelben Flecke*. 89 ist. Es liegt in der Mittellinie des Körpers vor der Insertionsstelle des Ruderschwanzes und stellt einen einfachen kurzen und hellen Schlauch dar, der von einem sehr zarten Pericardium umschlossen zu sein scheint. Gefälse habe ich nirgends beobachten können, weder im Ruderschwanze, wo J. Müller ein oberes und unteres Längsgefäls beschreibt, noch in dem Mantel, wo diese doch sonst bei den jungen Phallusien (vgl. Krohn a. a. 0. S. 312) schon frühe auf das Bestimmteste sich nachweisen lassen. Eben so wenig gelang es mir, den Kreislauf unserer Larve zu beobachten, obgleich die Zusam- menziehungen des Herzens, wie gesagt, sehr deutlich waren. Das Blut unserer Appen- dicularia ist eine wasserhelle und körnerlose Flüssigkeit '), deren Bewegung kein Object der mikroscopischen Untersuchung abgiebt ?). Die Theile des Verdauungsapparates bilden mitsammt dem Herzen, wie schon oben erwähnt ist, ein Eingeweideknauel, das unterhalb des Kiemensackes gelegen ist und: halbkugelförmig in den letzten aufgewulsteten Körperabschnitt unserer Larve hineinragt. Aber dieser Körperabschnitt wird von dem Eingeweideknauel nicht völlig ausgefüllt. Zwischen ihm und den äufsern Bedeckungen bleibt noch ein ziemlich weiter Zwischen- raum, der von einer gelblichen und undurchsichtigen Masse (Ibid. g) eingenommen ist. ‚Man hat mehrfach versucht, diese Masse zu Geschlechtsorganen zu stempeln. Mertens will in ihr zwei Eierstöcke ?) und Hoden von ansehnlicher Gröfse und retortenförmiger Gestalt gefunden haben, während Huxley (I. c. p. 597) sie als eine einfache Hoden- masse ansieht und auch die Spermatozoen derselben ganz deutlich erkannt zu haben behauptet. Ich muls offen gestehen, dafs ich nicht so glücklich gewesen bin; dafs ich in der betref- fenden Masse nicht einmal irgend welche bestimmt geformte Organe nachzuweisen im Stande war. Sie erschien mir in allen Fällen als ein blofser Haufen körniger Zellen, die in der Mitte zu einem festern Kerne zusammengedrängt waren.*). Die Grölse dieses Zellenhaufens war bei den einzelnen Exemplaren, die ich beobachtete, äufserst variabel; es kamen selbst Fälle vor, in denen derselbe vollständig fehlte. Alles dieses bestärkt ») Bei andern Formen (oder in einer spätern Zeit?) scheint es übrigens mil Körnchen ver- sehen zu sein, wie J. Müller denn z. B. bei seiner Vexillaria ausdrücklich der „strömenden Körnchen« Erwähnung thut. 2) Mertens spricht freilich von einer hier und da sogar sehr deutlichen Blutbewegung ; was er indessen so nennt, ist — an manchen Stellen ganz entschieden — eine Flimmerbewegung. Eben so wenig kann ich den von Mertens beschriebenen „Gefälsen“ die Bedeutung eines Cireulations- apparates beimessen, da von demselben augenscheinlicher Weise die differentesten Gebilde unter diesem Namen zusammengeworfen sind. >) Die Eierstöcke sollen durch einen unpaaren Ausführungsgang mit dem oben erwähnten „Fruchthalter* zusammenhängen. #) Auch Huxley giebt übrigens an, dafs er an seinem Hoden keinen Ausführungsgang beob- achtet habe. Leuckart, zool. Untersuch. II. 12 90 mich in der Ansicht, dafs die betreffende Masse einstweilen nur die Bedeutung eines Blastemes habe. Was nun aber die Schicksale dieses Blastemes betrifft, so scheint es kaum zweifelhaft, dafs es sich allerdings allmählig in die Geschlechtsorgane verwandelt !). Aus den Beobachtungen von Huxley — die durch das negative Ergebnifs meiner Unter- suchungen natürlich nicht widerlegt sind — scheint sogar hervorzugehen, dals diese Umwandelung noch in die Zeit des freien und beweglichen Lebens falle. Ich glaube übrigens nicht, dafs dieser Umstand, selbst wenn er sich wirklich bestä- tigt, allein schon hinreicht, die Appendicularia zu einem ausgebildeten Thier zu stempeln. Wir wissen ja (vergl. Meyer in der Zeitschr. für wiss. Zool.I, S. 187), dafs auch die Raupen und andere Insectenlarven schon ausgebildete Samenfäden und Eier erkennen las- sen. Die Entscheidung dieser Frage wird davon abhängen, ob unsere Appendicularia noch einen spätern abweichenden (vielleicht sessilen) Zustand hat, oder nicht. Es ist allerdings nicht unmöglich, dals ein solcher Zustand fehlt — Appendicularia würde sich dann zu den übrigen Ascidien verhalten, wie etwa der Proteus anguinus zu den Fröschen und Kröten —, aber einstweilen scheint es mir doch kaum das Wahrscheinlichere. Die Arten des Gen. Appendieularia schlielsen sich in ihrer ganzen Entwickelungsweise so eng an die Larven und Jungen der Ascidien an, dafs wir sie schon delshalb bis auf Weiteres auch für unvollständig entwickelte Thiere dieser Gruppe halten dürfen. Sind wir nun aber schon darüber im Unsichern, ob Appendicularia *) ein ausgebil- detes Thier ist, oder nicht, so können wir natürlich über die eventuelle Metamorphose derselben noch viel weniger einen Ausspruch thun. Wir dürfen allerdings wohl (nach dem Gesetze der Analogie) behaupten, dafs sich unsere Appendicularia weder in eine Phallusia, noch auch in eine zusammengesetzte Ascidienform verwandele ®), aber was sie im Falle einer etwaigen weitern Metamorphose werde, wissen wir nicht. Ich dachte eine Zeitlang an die Möglichkeit, dafs sie den Jugendzustand von Clavelina darstelle, aber die innere Organisation bietet doch zu wenig Anhaltspunkte für solche Vermuthung. Wer weils, ob uns überhaupt der ausgebildete Zustand von Appendicularia schon bekannt ist, ob Krohn denselben nicht mit Recht in einer Form sucht, die ihrer Lebensweise nach mit dem Gen. Doliolum übereinstimmt, mit einem Thiere, das ja auch durch die lange Persistenz des Larvenschwanzes unmittelbar an Appendicularia sich anschliefst. ») Quoy et Gaimard suchen die Geschlechtsorgane der Appendicularia im Ruderschwanze. 2) Zu den Aseidienformen mit dem Typus der Appendicularia gehört vielleicht auch der — bis jetzt nur unvollkommen beobachtete — Eurycercus pellucidus Busch, Beobachtungen u. s.w. S. 118. >) Wie J. Müller vermuthete, als er seine Vexillaria von Helgoland für die Larve von Amau- rucium proliferum (oder vielmehr A. rubicundum Leuck., das von A. proliferum specifisch ver- schieden ist) zu halten geneigt war. ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN. Die Buchstaben bezeichnen auf beiden Tafeln (mit Ausnahme der Fig. 19 auf Tab. IT) die- selben Theile und zwar a) den äufsern Cellulosemantel, b) den innern Cellulosemantel, c) die Haftorgane, d) das Ganglion, e) die Flimmergrube, f) den Tentakel, g) den Endostyl, h) die Bauchfalten, i) die Zellenlage in der Tiefe der Bauchspalte, k) die Eingeweidehöhle, l) den Darmkanal, m) die gefälsarlige Drüse, n) die Kieme, 0) die Seitenbögen, p) das Herz, 4) das Streifenorgan, r) das Eierstocksei oder den Embryo, s) den Hoden, t) den Nueleus, u) die Placenta, v) den Oelkuchen, w) den Keimstock, x) die Bruthöhle, y) Oeffnung der Bruthöhle, z) das Müller’sche Gehörorgan, «) die äufsere Lage des Fruchtsackes, £) die innere Lage des Fruchtsackes, y) die kanalförmig ausgezogene äufsere Oeffnung des Eierganges, ö) die Ueberreste des Fruchtsackes, &) Anheftungsstelle der Kettenembryonen am Keimstock. 92 Tab. IE. Fig. 1. Ein neugebornes Individuum von Salpa mucronata, vom Rücken aus gesehen; 25 Mal vergrölsert. (Der äufsere Cellulosemantel ist bei der Zeichnung fortgelassen.) Fig. 2. Geschlechtsthier von Salpa pinnata in der Profilansicht. Natürliche Grölse. Fig. 3. Ein neugebornes Individuum von Salpa democratica in der Profilansicht. Zwölf Mal vergrölsert. Fig. 4. Muskulatur und Nervenausbreitung der Salpa fusiformis bei dreimaliger Vergrölserung (ohne äufsern Mantel). Fig. 5. Gehirn und Gesichtsorgan von S. africana, von oben gesehen. Fig. 6. Gehirn und Gesichtsorgan von S. fusiformis. Fig. 7. Gesichtsorgan von S. pinnata mit dem innern Mantelüberzuge. Fig. 8. Flimmergrube von S. fusiformis. Fig. 9. Flimmergrube mit Tentakel von S. mucronata. Fig. 10. Vorderes Ende der Bauchspalte von S. mucronata, von der Athemhöhle aus gesehen. Fig. 11. Querdurchschnitt durch Endostyl und Bauchspalte von S. fusiformis. Fig. 12. Endostyl und Bauchspalte von S. mucronata in der Profilansicht. Fig. 13. Tractus intestinalis von S. pinnata. Fig. 14. Nucleus mit Eingeweiden von S. mucronata. Vom Rücken aus gesehen. Fig. 15. Hinteres Körperende von Doliolum denticulatum mit Darmkanal und Hoden bei 25maliger Vergröfserung. Vom Rücken aus gesehen. Fig. 16. Kiemenstück von $. fusiformis mit den Flimmerrippen. Vom Bauche aus gesehen. Fig. 17. Herz von S. fusiformis. ; Fig. 18. Schematische Darstellung vom Kreislauf bei S. fusiformis. ‘Tab. I. Fig. 1. Brutsack von Salpa fusiformis mit zerklüftetem Dotter. 50 Mal vergröfsert. Fig. 2. Erste Embryonalanlage von S. pinnata. 25 Mal vergröfsert. Fig. 3—5. Die frühern Stadien aus der Entwickelungsgeschichte von S. runcinata bei 36maliger Vergröfserung. Fig. 6, 7. Embryonen von $. democratica aus der miltlern Periode der Entwickelung. Fig. 6 bei 60maliger, Fig. 7 bei 50maliger Vergröfserung. Fig. 8. Ein älterer Embryo von $. democratica, aus dem Brutsacke genommen. 40 Mal vergrölsert. = Fig. 9. Ein reifer, schon enthüllter Embryo von S. democratica bei 20 maliger Vergrölserung. Fig. 10. Hinteres Körperende einer ausgewachsenen $. democralica mit dem Keimstocke. Bei 6maliger Vergröfserung vom Rücken aus gesehen. Fig. 11. Keimstock von Salpa runeinata bei 6maliger Vergröfserung. Fig. 12. Unteres Ende des Keimstockes von S. demoeralica bei 25maliger Vergrölserung. Fig. 13. Unteres Ende des Keimstockes von $. runcinata. 25 Mal vergröfsert. 93 Fig. 14. A—D. Entwickelung des Salpenkörpers aus den Knospen des Keimstockes von S. runcinata. A 80 Mal, D 40 Mal vergröfsert. Fig. 15. A—D. Querdurchschnitte durch den Keimstock von S. runcinata mit Knospen auf verschiedener Entwickelungsstufe. A, B 30 Mal, C 15 Mal vergrölsert. Fig. 16. Embryo von S. mucronala bei 40maliger Vergröfserung. Fig. 17. Aelterer Embryo desselben Thieres bei gleicher Vergröfserung. Fig. 18. Embryo von S. fusiformis bei 30maliger Vergröfserung. Fig. 19. Körper von Appendicularia albicans bei 6maliger Vergröfserung. a Kiemenöffnung, b After, ce Kiemensack, d Ganglion mit Gehörorgan, e Anlage der Stigmata, f Bauchfalten, g Mund, h Magen, i Herz, k unentwickelte Geschlechtsorgane, | Achsencylinder des Schwanzes, m Schwanz- muskeln, n Flossensaum. K | i DIE 72 7 277 ie Ten. uT DrBIuT en | ‚A A”, area Dal num m u In amih wu hl RE rau), Bar]: ö el er" EN IN f Des R III INT. TE ET BETTIDSUT Te rm on % u Va ENT sah IV do IE ag dE, KH sa) ar | N nrer URL ur rare) rl ir und Kb I, kant 1 smfunaile” Siete a ae ERHaR Din A AIG 1 U (A AT RT rn BEL LANE RT nü halte Ins ar had Ian, ni NR N “ 0 S . \ Er en r =, v ur r ’ e x »& f j & D ) Po x 0 0 ya 1“ A Druck von Wilh. Keller in Gieis: \ & ” IP Zr E „"H a h v as ® 7 f , } 9 LIE Zus £ rn, R N » ‚ ß Pi] er - 43 et sr Be ü) ü ® ua wa = - I Au = N ee. ve 5 - 4 . ee Fr Armin keimstal: > ich e sr, er 2 y* « x V > k d ZOOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN Dr. RUDOLEF LEUCKART. DRITTES HEFT: HETEROPODEN, ZWITTERSCHNECKEN, HECTOCOTYLIFEREN. "GIESSEN, 1854. J. RICKER’SCHE BUCHHANDLUNG. BET BRAGHE ZUR NATURGESCHICHTE DER CEPHALOPHOREN. ZOOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN VON De RUDOLF LEUCKART. MIT ZWEI KUPFERTAFELN. GIESSEN, 1854. J. RICKER’SCHE BUCHHANDLUNG. - MISOHTOJLUTE =. A aus a imparnon ion” “e | MN 1 A . 5 2 . IS \ ‚ | 1“ Be: aa son SR Dem hochberühmten Naturforscher Herrn Geheimerath Professor Fr. Tiedemann zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubiläums am 10. März 1854 in innigster Verehrung gewidmet. m fi 5 f i D j 'R N 0 el vr E s nr er f - 23 u . ä = FR | ausm ahat® AU or | | u | - ”-. r * F ’ . 19 dsatölruie? | IRRE KILTER I ETIT Du % ' \ 4 Be il eo Fr werte Iduinotookt noprnlahainin Bonn ra En as a f ; | ae f Mr j Per | PN . ‚ ‚ dl) lage 2 £ x Pr TE 22020 DER BAU DER HETEROPODEN. R ea; a ’ | k h \ - # 2 T v k ri [7 £ . 1 ı * ” I } j { a I ‚ \ M i ‘ „ R ‘ w; * I j # DZUR | v An = i W i N Be s Ha Lo } N 1 & L & j ” E J h f “ | x FEN a N 4‘ N a ARTE A A 7 b AR Zu der kleinen, aber höchst eigenthümlichen und interessanten Gruppe der Hete- ropoden rechnet man aufser den Arten Carinaria, Firola ( Pterotrachea Forsk.), Atlanta und deren nächsten Verwandten sehr gewöhnlich auch noch die Genera Phyllirrhoe und Sagitta. Es unterliegt indessen keinem Zweifel, dafs dieses mit Unrecht geschieht. Das Gen. Phyllirrhoe gehört nach seiner ganzen Organisation in die Gruppe der Haut- kiemer, wie ich an einem andern Orte nachgewiesen habe (Archiv für Naturgesch. 1851. I, S.139 — vgl. auch die weitern Bemerkungen über den Bau dieses Thieres von H. Müller in der Zeitschr. für wiss. Zool. IV, S. 335 und von mir in dem vorher erwähnten Archiv 1853. I, S. 243) und was Sagitta betrifft, so kann diese nicht einmal der Abtheilung der Mol- lusken zugerechnet werden, wie namentlich aus den Beobachtungen von Gegenbauer (Zeitschrift für wiss. Zool. V, 8. 15) hervorgeht '). Die Thiere, die nach der Aus- ı) Schon früher habe ich mich in Uebereinstimmung mit Krohn dahin ausgesprochen, dafs Sagitta zu den Würmern zu stellen sei. Nachdem ich mich jetzt mit der Organisation dieser Thiere ‚noch weiter vertraut gemacht habe, halte ich es für das Passendste, den Arten dieses Genus in der Nähe der Nematoden einen Platz anzuweisen. Dabei will ich es übrigens unentschieden lassen, ob man dieselben ohne Weiteres, wie Oersted (Froriep's Tagesbl. Zool. I, S.201) vorgeschlagen hat, den Nematoden beigesellen dürfe. Jedenfalls giebt es eine ganze Reihe wichtiger Organisa- tionsverhältnisse, die sie von den übrigen Nematoden, auch den frei lebenden Formen, unter- scheiden. — In dem Nizzaer Golfe sind Sagilten aufserordentlich häufig. Aufser der ächten $. bi- punctata Quoy et Gaim. habe ich daselbst noch zwei andere neue Arten angetroffen. Der Bau dieser Thiere ist von Krohn, Wilms und Busch bereits zur Genüge beschrieben. Ich will hier nur noch erwähnen, dafs der Letztere (Beobachtungen u. s. w. $. 98) die Existenz eines Bauch- ganglions mit Unrecht in Abrede stellt (wie auch von Krohn in Müller’s Arch. 1853. S. 146 bereits bemerkt ist). Was Busch als das Bauchganglion von Krohn und Wilms beschreibt, hat aller- dings mit dem Nervensysteme Nichts zu schaffen, aber das wahre Bauchganglion, das sich namentlich bei den gröfsern Arten sehr deutlich erkennen läfst, ist von Busch übersehen worden. NE: 4 scheidung dieser Genera den Heteropoden verbleiben, sind in den wärmern Meeren kei- neswegs selten, haben sich aber nichts desto weniger bisher den Nachforschungen der Anatomen in einem auffallenden Grade entzogen. Was wir über den Bau dieser - Thiere wissen, stammt aus einer ziemlich frühen Zeit der anatomischen Forschung und kann unsern heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. Wir verdanken diese Kenntnisse vorzugsweise den Beobachtungen vonPoli (Testac. utriusque Sieil. T. II, p. 26), Delle Chiaje (Mem. sulla stor. e noton. degli Anim. T. II, p- 190), Lesueur (Journ. of the Acad. of Philad. 1817. I, p. 9), Rang (Mem. de la Soe. d’hist. natur. 1827. T. I, p. 372) und d’Orbigny (Voy. dans ’Amer. mer. p. 134). Was wir später durch Souleyet (Voy. de la Bonite. Zool. Atl. Pl. 22, 23) und Andere über die betreffenden Thiere erfahren haben, enthält nur wenig mehr, als einzelne Ergän- zungen und Berichtigungen dieser Angaben. Es mag unter solchen Umständen hinreichend motivirt sein, wenn ich es unternehme, meine Beobachtungen über den Bau der Heteropoden in Folgendem mitzutheilen. Zu- nächst und vorzugsweise gelten meine Angaben freilich nur für das Genus Firola und Firoloides, allein ich habe mich hinreichend davon überzeugen können, dafs die Organi- sation der Heteropoden im Allgemeinen eine viel gröfsere Uebereinstimmung besitzt, als man nach der Formverschiedenheit derselben vermuthen sollte. Der Grund, welshalb ich mich in meinen Untersuchungen fast ausschliefslich auf die Firoloiden im engern Sinne des Wortes beschränkt habe, liegt einfach in dem Umstande, dafs sie die einzigen Heteropoden waren, die ich mir in hinreichender Menge verschaffen konnte. Der Golf voıf Nizza beherbergt allerdings auch die schöne Carinaria mediterranea, so wie zwei Arten des Gen. Atlanta (A. Peronii und A. Keraudrenii), allein die Carina- rien fehlten während meines Aufenthaltes in Nizza fast völlig — in der wärmern Jahres- zeit erscheinen sie nicht selten in massenhafter Weise — und die Atlanten gingen gleichfalls nur selten in das Netz hinein. Firoloiden kamen dagegen fast täglich zur Beobachtung, namentlich Firola mutica, die selbst auf dem Fischmarkt in Menge zu haben war. Firola Fredericiana und F. coronata waren schon seltener, besonders letztere, aber immer noch häufig genug, um für meine Zwecke verwendet werden zu können. Das Genus Firoloides wurde nur in einer einzigen Form beobachtet, die ich als F. Lesueurii Soul. erkannt zu haben glaube. Uebrigens sind die Firoloiden gerade diejenigen Heteropoden, deren Bau verhältnifs- mäfsig noch am wenigsten bekannt ist, obgleich sie sich — namentlich gilt das für die kleinern Formen — unter allen diesen Thieren vielleicht am besten für eine anatomisch- mikroscopische Untersuchung eignen. Die Beobachtungen von Lesueur, die diesen Thieren galten, scheinen in Deutschland ziemlich unbeachtet geblieben zu sein — ich vermisse sie auch in v. Siebold’s vergl. Anatomie, wo die Litteratur doch sonst so b) sorgfältig zusammengetragen ist!) —, und Souleyet, fast der einzige Anatom, der diesen Thieren nach Lesueur und Delle Chiaje eine gröfsere Aufmerksamkeit zuge- wendet hat, dürfte gleichfalls wohl nur von Wenigen benutzt werden können. Körperform. Ueber die äufsere Körperform unserer Thiere brauche ich nur wenige Worte hier anzuführen. Es ist bekannt, dafs die Firoleiden (vergl. Tab. I, Fig. 1) einen lang- gestreckten, walzenförmigen Leib besitzen, an dem auf der Rückenseite hinter dem Fulse ein dunkles, mehr oder minder stark irisirendes Eingeweideknauel (nucleus) von ovaler oder spindelförmiger (F. coronata) Gestalt hervorragt. Eine Schale und Mantel- duplicatur fehlt unsern Thieren vollständig, und hierdurch unterscheiden sich dieselben vor- nämlich von den (auch kürzern und plumper gebauten) Carinarien. Dafür aber finde ich bei den Arten des Gen. Firola hinter dem Nucleus eine ziemlich tiefe taschenförmige Grube in der äulsern Körperhülle, in die sich der Nucleus — und es geschieht das eben so wohl bei drohender Gefahr, als während der Schwimmbewegung — fast vollständig zurückziehen kann. Bei den grölsern Arten ist diese Tasche sehr viel ansehnlicher, als bei den klei- nern (namentlich bei F. mutica); bei Firoloides fehlt sie völlig (Fig. 10 und 11). Das vordere Körperende, das man nach der Analogie mit den übrigen Schnecken als Kopf bezeichnen kann, obgleich es gegen den übrigen Leib nicht abgesetzt ist, ver- jüngt sich allmählig (Tab. I, Fig. 1) von den Augen an zu einem langgestreckten conischen Fortsatz (dem sog. Rüssel, proboseis), der während des Lebens fast bestän- dig in einer schwingenden Seitenbewegung begriffen ist. Bei Firola bildet dieser Rüssel mit dem übrigen Körper einen spitzen Winkel, so dafs die Stirn den vordersten Theil der Körpers ausmacht. Er ist der Bauchfläche zugewandt und kann sich hier sogar in eine rinnenförmige, eigens zu seiner Aufnahme bestimmte Grube (gula Forsk.), zurück- legen. Bei F. coronata ist dieser Rüssel — nicht blofs absolut, auch relativ — am längsten, bei Firoloides am "kürzesten und hier überdiels so wenig gesenkt, dals er mit dem übrigen Körper fast in derselben Flucht liegt. Das hintere Körperende bildet den sogenannten Schwanz (cauda), der sich ebenfalls allmählig nach der Spitze zu verjüngtl. Bei Firoloides ist dieser Körper- theil sehr rudimentär (Fig. 10 und 11), ein kleiner conischer Vorsprung hinter dem ") Ein Auszug der Lesueur’schen Beobachtungen (aus der von Lesueur und Peron gemeinschaftlich publicirten Arbeit über die Firoloiden in dem Bullet. de la soc. philom. 1817) findet sich in Oken’s Isis, 1818. S. 155. 6 Nucleus?), während er bei den Arten des Gen. Firola, namentlich F. Fredericiana und coronata eine sehr ansehnliche Gröfse erreicht und zu einem kräftigen Bewegungsorgan sich entwickelt. Er ist hier von den Seiten abgeplattet und auf der Rückenfirste (namentlich bei F. coronata) mit einem kammförmigen Aufsatze versehen, der von vorn nach hinten allmählig an Höhe abnimmt. Das Endstück des Schwanzes zeigt einen vierkantigen Querschnitt und trägt auf seinen beiden Seitenfirsten eine dünnhäutige Horizontalflosse, die immer höher wird, je mehr sie sich dem Körperende annähert. Die Gestalt dieses Flos- senapparates im Ganzen ist eine herzförmige, wie schon Forskäl ganz richtig angiebt, doch finden sich bei den einzelnen Arten manche Unterschiede, besonders in der Länge. Firola mutica namentlich hat eine sehr kurze Horizontalflosse. Die äufserste Schwanzspitze der Firoloiden ist in einen langen und dünnen Faden ausgezogen, der in regelmälsigen Zwischenräumen zu einem schwarzen Knöpfchen au- schwillt. Ich habe diesen Schwanzfaden (taenia?) Forsk.) bei allen Arten unserer Thiere beobachtet, und möchte defshalb denn auch den etwaigen Mangel desselben nur auf Rechnung eines zufälligen Verlustes schieben, auf den auch die häufigen Verschieden- heiten in Länge und Zahl der Anschwellungen hindeuten. Einen diagnostischen Werth kann ich dem Mangel dieses Fadens nicht beilegen. Nach der functionellen Bedeutung dürfte derselbe wohl als ein Lockapparat zu betrachten sein und mit den Bartfäden der Raub- fische u. s. w. in dieselbe Categorie gehören. Das wesentlichste Bewegungsorgan der Firoloiden und Heteropoden überhaupt ist der kielartig zusammengedrückte blatt- oder beilförmige Fufs (pinna Forsk.), durch dessen Hülfe diese Thiere mit herabhängendem Rücken — die Rückenfläche ist des Nu- cleus wegen von einem gröfsern Gewichte®) — im Wasser umherschwimmen. Wie bei den übrigen Heteropoden, trägt der Fuls auch bei den Firoloiden einen Saugnapf. Wäh- ı) Hier und da spricht man bei Firoloides von einem „gespaltenen Schwanze“. Es beruht das auf einer Verwechselung mit dem Copulationsorgane der Männchen, bei denen (Tab.1, Fig. 10r) das Flagellum zu einer sehr ansehnlichen Entwickelung kommt und den Schwanz um ein Erkleck- liches überragt. 2) Forskäl scheint übrigens der irrthümlichen Annahme gewesen zu sein, dals dieser Schwanzfaden wirklich einen Bandwurm darstelle und blols zufällig bei Firola vorkomme. Er beob- achteie denselben nur bei seiner Pterotrachea aculeata und sagt (deseript. animal. p. 119) : „parti posticae pone erat appendiculata taenia quaedam viva, compressa, filiformis, alba, geniculis nigris, varie se flecetens articulos elongando et contrahendo“. ®) Lesson (Voy. de la Coquille, Isis 1833. S. 148) läfst die Firoloiden mit Unrecht — wie man von vorn herein schon aus statischen Gründen abnehmen kann — auf der Seite schwimmen, den Nucleus weder nach unten, noch nach oben gekehrt. 7 rend dieser Saugnapf aber sonst ganz constant ist'), findet man unter den Firoloiden zahlreiche Individuen, die desselben entbehren. Man hat diesen Mangel bald von einem zufälligen Verluste hergeleitet, bald auch zu einem diagnostischen Merkmal einzelner Arten machen wollen. Ich habe mich indessen auf das Bestimmteste davon überzeugt, dals keine dieser beiden Ansichten die richtige ist. Der Fufssaugnapf der Firoloiden ist eine blofse Auszeichnung des männlichen Geschlechtes : unter mehreren Hunderten von Individuen habe ich ihn niemals bei den Männchen vermifst, niemals bei den Weibchen gefunden. Aeufsere Bedeckungen. Die Körperwandungen unserer Firoloiden theilen im Allgemeinen die Natur der Körperwandungen bei den übrigen Heteropoden. Sie sind glashell und durchsichtig, vielleicht in einem noch höhern Grade, wie sonst bei den Heteropoden, und bestehen aus einer weichen Substanz von sulziger Beschaffenheit, die durch ihr Aussehen und ihren Wasserreichthum an den sog. Glaskörper der Medusen und Rippenquallen sich anschliefst, an einigen wenigen Stellen (namentlich in der Rüsselspitze) aber auch zu einer festern, mehr oder minder opacen und knorpelartigen Masse erhärtet. In Bezug auf die histologische Bedeutung dieser eigenthümlichen Gewebsmasse lälst sich nicht daran zweifeln, dafs sie eine (einfache) Forın des sog. Binde- oder Zellge- webes — im Reichert-Virchow’schen Sinne — darstelle). Sie besteht aus einer homogenen, hier und da auch etwas körnigen Grundsubstanz von hyalinem Aussehen und zahlreichen zelligen Körperchen, die dichter oder weitläufiger, je nach der Festigkeit der Körperwandungen, in dieselbe eingelagert sind. Die letztern erscheinen als sog. „Zell- gewebskörperchen“, während die homogene Grundsubstanz nach ihrem histologischen Cha- rakter als Intercellularmasse betrachtet werden muls. Die Form und Gröfse und Beschaffenheit der Zellgewebskörperchen?) zeigt ") Bei Atlanta soll der Fufs, wie man behauptet, aufser dem Saugnapfe auch noch das Oper- culum der Schale tragen. Nach meiner Ansicht stellt der Stiel des Operculum indessen das hintere Körperende von Atlanta dar, das dem Schwanze der übrigen Heteropoden entspricht. 2) Gleiches möchte auch wohl für den Glaskörper der übrigen durchsichtigen Thiere, nament- lich der Akalephen (selbst für den Mantel der Tunicaten) gelten. ») Solche Zellgewebskörperchen scheinen sehr allgemein in den äufsern Körperwänden der Gasteropoden vorzukommen, obgleich sie nicht immer so augenfällig, wie hier, als Glieder einer besondern Gewebsschicht (Unterhautzellgewebe ?) auftreten. Ich habe sie nicht blofs bei den übri- gen Heteropoden und durchsichtigen Schnecken (Phyllirrhoe, Eolidia), sondern auch bei Aplysia, Doris, Buceinum, Murex, Tritonium u. s. w. aufgefunden. Die Verschiedenheiten, unter denen sie bs) mancherlei Verschiedenheiten, so dafs man darnach fast zweierlei Arten unter- scheiden könnte. Die einen dieser Zellgewebskörperchen sind klen (445 — +4“) und blafs und mit einem hellen, aber körnigem Inhalt versehen, in dem nicht selten ein gröfseres Körnchen höckerartig hervortritt. Sie haben eine sphärische, hier und da auch unregelmälsige, oblonge oder geschwänzte, mitunter selbst sternförmige Gestalt. In der Regel liegen sie ziemlich dicht neben einander, am dichtesten in der Rüsselspitze, wo sie sich auf Kosten der Intercellularmasse so sehr anhäufen, dafs die Körperwandungen auch histologisch hier eine knorpelartige Beschaffenheit annehmen. Die andere Form der Zellgewebskörperchen ist nicht blols sehr viel gröfser (bis “4 und darüber), sondern auch dadurch ausgezeichnet, dafs der Inhalt derselben eine undurchsichtige und grobkörnige Beschaffenheit hat. Im Innern findet man gewöhnlich einen grofsen (715‘“) und hellen tropfenartigen Kern. Die Form dieser Zellen ist meist rundlich, mitunter auch oblong oder keulenförmig. Zwischen Wand und Inhalt bleibt übrigens nicht selten ein gröfserer oder kleinerer heller Zwischenraum, so dals dann die Zelle bei der Zartheit ihrer Wandungen fast wie ein Hohlraum in der Glassubstanz der Intercellularmasse aussieht. Eine eigenthümliche Modification dieser gröfsern Zellgewebskörperchen findet man in den Spitzen und buckelförmigen Hervorragungen der Leibeswand, die bei Carinaria die ganze Körperoberfläche bedecken und auch bei den gröfsern Firolaarten an der Stirne und den Seitenflächen des Schwanzes vorkommen. Hier sieht man in der Basis zahlreiche Zellgewebskörperchen von immenser Gröfse (bis z;“, namentlich bei Carinaria) , deren Inhalt sich in mehreren, 4—6—8, scharf contourirten Ballen von rundlicher und ovaler Form zusammengehäuft hat, die man fast für Tochterzellen halten möchte, obgleich man keine distinete äufsere Umhüllung an denselben unterscheiden kann. Das äufserste Ende dieser Spitzen zeigt dagegen zahlreiche, dicht gedrängte helle und kernlose Zellen von 555 die nach unten zu allmählig wachsen, einen körnigen Inhalt bekommen und durch Theilung dieses Inhaltes dann in die vorher erwähnten Körperchen übergehen '). In vorkommen, reduciren sich vorzugsweise auf die Masse und Ausbildung der hyalinen Grundsubstanz, in die sie eingelagert sind. Aehnliche Beobachtungen hat Leydig (Zeitschrift für wiss. Zool. II, S. 151) bei Paludina gemacht, hier auch bereits die histologische Bedeutung dieser Zellen ganz richtig erkannt. Leydig sagt von denselben, dafs sie (bei Paludina) überall da vorkommen , wo bei den höhern Thieren das Bindegewebe sich findet; eine Behauptung, die auch für unsere Hete- ropoden (und viele andere Schnecken) Geltung hat, wie wir im Laufe unserer Darstellung finden werden. — Kalksalze, die bei Paludina und andern Gehäuseschnecken so häufig in diese Binde- gewebszellen eingelagert sind, fehlen bei unsern Firoloiden (auch bei Carinaria) vollständig. !) Man darf hierbei wohl an die bekannten zusammengeseizten Knorpelzellen der Wirbelthiere, . als an analoge Bildungen, erinnern. 9 einzelnen Zellen bleibt dieser Inhalt einfach und dann entstehen aus denselben die gewöhnlichen Zellgewebskörperchen, bald die gröfsern, bald auch die kleinern, je nach dem Grade des Wachsthums und der Entwickelung des Inhaltes. Dafs diese beiderlei Formen der Zellgewebskörperchen auch wirklich keineswegs so sehr verschieden sind, wie man bei der ersten Beobachtung vielleicht vermuthen möchte, wird schon durch die zahlreichen Mittelformen bewiesen, die man zwischen ihnen auffindet. Es ist mir übrigens aufgefallen, dafs die gröfsern Zellgewebskörperchen bei den kleinern Firoloiden sehr viel sparsamer vorhanden sind, als bei den gröfsern (namentlich F. coronata), dafs sie ferner auch bei den letztern keineswegs ganz gleichmäfsig durch die äufsern Bedeckungen vertheilt sind. Man kann ganze grolse Strecken der Körper- wand untersuchen, ohne ihnen zu begegnen, während sie an andern Orten vielleicht in Menge angetroffen werden. In der knorpelartigen Rüsselspitze fehlen sie gänzlich. Bei Carinaria findet man in der Tiefe der äufsern Bedeckungen zwischen den buckel- förmigen Hervorragungen der Körperfläche zahlreiche grofse (bis 4“) rundliche oder ovale Flecke von opacem Aussehen, welche sich bei mikroscopischer Untersuchung als An- häufungen von Zellen zu erkennen geben, die durch Gröfse (51), Form und Aussehen mit den gröfsern Zellgewebskörperchen fast völlig übereinstimmen. Welche Bedeutung man diesen Bildungen zuzuschreiben habe, weils ich nicht. Die äufsern Begrenzungen dieser Zellenhaufen sind so scharf, dafs man beinahe eine gemeinsame Umhüllung der- selben vermuthen sollte, allein ich habe eine solche niemals darstellen können. Es schien mir allerdings, als ob diese Zellen die Wandungen eines grofsen und abgeplatteten Hohl- raumes auskleideten, und zwar in einer einfachen, hier und da durchbrochenen Schicht — aber etwas Bestimmteres liefs sich über sie nicht eruiren !). Die Zellgewebskörperchen, die wir bisher beschrieben haben, sind die einzigen geformten Elemente, die den äufsern Bedeckungen, als solchen, zukommen. Es giebt in den- selben allerdings noch andere Einlagerungen, aber diese stehen mit ihnen in keinerlei genetischem Zusammenhang. Namentlich gilt solches für die zahlreichen gröbern und feinern, vielfach verästelten Fasern, welche sie durchziehen, und die grölsern und klei- nern blassen Zellen, die mit diesen Fasern zusammenhängen. Mag man auch vielleicht einen Augenblick geneigt sein. hier noch an weitere Zellgewebselemente zu denken, so muls man sich durch eine nähere Untersuchung doch bald davon überzeugen, dafs die betreffenden Bildungen die peripherische Ausbreitung des Nervensystemes darstellen, also einer andern, ganz verschiedenen Gewebsgruppe zugehören. ') Man könnte vielleicht an Hautdrüsen denken (die sonst fehlen — auch bei den Firoloiden), ich habe indessen vergebens an diesen Zellenhaufen nach einem Ausführungsgange gesucht. Leuckart, zool. Untersuch. III. 2 10 Die äufsere Fläche der eben beschriebenen Zellgewebsmasse trägt bei den Firoloiden eine dünne Substanzlage von feinkörniger Beschaffenheit, die man ohne Bedenken als eine histologisch verschiedene Schicht, als Epidermis, betrachten darf, zumal sie hier und da noch deutliche Zellenüberreste erkennen läfst. An vielen Stellen ist diese Epi- dermislage übrigens in grölserer oder geringerer Ausdehnung verloren gegangen, so dals die Zellgewebsmasse der Körperwand dann ohne Weiteres frei zu Tage liegt. Mitunter findet man nur noch einzelne inselartig isolirte Ueberreste, die dann aber gewöhnlich ihre zellige Natur sehr deutlich erkennen lassen. Die Zellen dieser Epidermisinseln sind pflasterartig abgeplattet und durch schmale Intercellularräume von einander getrennt. Sie besitzen einen mehr oder minder feinkörnigen Inhalt, eine ziemlich beträchtliche Gröfse (bei F. coronata ,‘) und eine meist unregelmälsige Gestalt. Nicht selten sind zahl- reiche Fettkörner zwischen diese Zellen und in das Innere derselben eingelagert, mit- unter in solcher Menge, dafs die ganze Insel davon imprägnirt wird. Die weifsen, etwas erhabenen Flecke, die man bei den Firolaarten nicht selten, namentlich an den ventralen Seitenflächen des Körpers, antrifft und von den äufsern Bedeckungen leicht entfernen kann, ohne diese zu verletzen, scheinen allmählig durch eine solche Fettanhäufung aus diesen Epidermisinseln ihren Ursprung zu nehmen. Auf der hintern Fläche des Nucleus ist die Epidermis der Firoloiden mit einem zarten, aber deutlich erkennbaren Flimmerbesatze versehen, der der übrigen Körperober- fläche abgeht '), obgleich doch sonst bekanntlich die Wassergasteropoden in grolser Aus- dehnung mit einem Flimmerepithelium bekleidet sind. Eine eigenthümliche Modification dieser Epidermiszellen findet man an der Rüssel- spitze und dem Copulationsapparate, deren Zellenüberzug sich beständig mit grölsester Bestimmtheit unterscheiden läfst. An der Wurzel der genannten Gebilde findet man rundliche Kernzellen (von ;t,‘“), aber allmählig ändert sich die Form dieser Elemente. Die Zellen strecken sich und verwandeln sich schliefslich in schöne und lange Cylinder- zellen, die bei manchen Individuen mit einem rothen und körnigen Pigment gefüllt sind. Auch die Zellen der Epidermisinseln (wenigstens einiger derselben) sind nicht selten bei den Firoloiden mit einem rosarothen (aber formlosen) Pigmente durchtränkt ?). Die Pigmentzellen in den knotenförmigen Anschwellungen des Schwanzfadens bei den Firoloiden ?) sind in die Glassubstanz eingebettet und liegen in mehrfachen Schichten ) Vielleicht hängt das mit der rudimentären Entwickelung der Epidermis zusammen. ?) Diese pigmentirten Epidermiszellen zeigen (bei F. Fredericiana) meistens mehrere kurze und strahlenförmige Ausläufer, durch welche sie mit ihren Nachbarn zusammenhängen. >) Cantraine (Mem. de l’Acad. de Bruxell. T. XII) will in diesen Anschwellungen einen knorplichen Körper gefunden haben. Ich kann in denselben dagegen — aufser den genuinen 11 über einander. Sie sind von ansehnlicher Gröfse, meist etwas abgeplatiet und eckig und umschliefsen aufser dem körnigen Pigmente einen hellen Kern. Muskulatur. Unterhalb der äufsern Bedeckungen liegt bei den Firoloiden (auch bei Carinaria ) ein fast vollständig geschlossener sog. Hautmuskelschlauch, der eine sehr geräumige Lei- beshöhle umschliefst und mit der Zellgewebsmasse der Körperwand in festem Zusammen- hange steht. Untersucht man die Zusammensetzung und den histologischen Bau dieser Körper- muskeln, so wird man sich bald davon überzeugen, dafs dieselben aus zahlreichen, dicht neben einander liegenden parallelen Fasern bestehen, die in den tiefern Schichten der Länge nach verlaufen nach Aufsen zu aber einen ringförmigen Verlauf einhalten. Die Fasern sind platte und bandförmige Röhren von etwa ;45“, die einen grobkörnigen Inhalt, hier und da auch, wie man besonders nach Zusatz von Essigsäure sieht, einen grolsen und gestreckten Kern enthalten. Zwischen diesen breiten Röhren findet man aber auch zahlreiche homogene Fasern von z4,‘“ und darunter, die gewöhnlich etwas wellenförmig gebogen sind und sich nach dem einen Ende zu allmählig in eine feine Spitze ausziehen. Bei längerer Untersuchung wird man nun aber weiter die Ueberzeugung gewinnen, dals diese homogenen Fasern mit den erst erwähnten platten Röhren in unmittelbarem Zusammenhang sind und die Enden derselben darstellen. Die Muskelfasern der Firoloiden gehören, wie die sog. glatten Muskelfasern der Wirbelthiere, zu den von Kölliker zuerst beschriebenen sog. Faserzellen ?). Im Wesentlichen stimmen die Fasern der Rumpfmuskeln an allen Körperstellen mit einander überein. Die Unterschiede, die sich in denselben aussprechen, beschränken sich — abgesehen von den Grölsenverschiedenheiten — auf Verschiedenheiten in der relativen Länge der soliden Enden, in der Entwickelung des körnigen Inhaltes u. s. w. Was Gewebstheilen des Schwanzfadens, Muskelsubstanz und Bindegewebe — nur eine Anhäufung von Pigmentzellen erkennen. (Die Bestimmung dieser Pigmentknoten scheint einfach dahin zu gehen, den betreffenden Körpertheil, einen Lockapparat, wie schon oben erwähnt wurde, augenfälliger zu machen.) Bei Cymbulia Peronii, die gleichfalls einen Schwanzfaden trägt, fehlen diese Anschwel- lungen zugleich mit dem Pigment. Y) Obgleich Faserzellen bisher bei den Wirbellosen fast völlig unbekannt waren, scheinen sie hier doch ziemlich häufig in die Zusammensetzung des Muskelgewebes einzugehen. Ich habe solche Faserzellen früher schon bei Phascolosoma angetroffen. H. Müller beschreibt sie auch in den Armen und dem Mantel der Cephalopoden (Zeitschr. f. wiss. Zool. IV, S. 345). DE" 2# 12 letzteren betrifft, so will ich noch darauf aufmerksam machen, dafs derselbe hier und da eine ziemlich regelmäfsige Anordnung zeigt, so dafs dadurch bisweilen der Anschein einer unvollständigen Querstreifung entsteht. Theilungen der Primitivfasern sind an den Rumpfmuskeln nur selten mit Bestimmtheit zu beobachten und nur an denjenigen Stellen, an denen die Fasern isolirt neben einander liegen. Die Trennung des Hautmuskelschlauches in zwei über einander liegende Schichten mit gekreuztem Faserverlauf, auf die wir oben hindeuteten, ist am Vollständig- sten im Rüssel durchgeführt. Ringfasern und Längsfasern sind hier zur Bildung einer zusammenhängenden Muskellage vereinigt. Am Rumpfe ändert sich dieses Verhältnifs, indem die Ringfaserschicht in zwei Seitenhälften zerfällt, die Rücken und Bauch in der Mittellinie frei lassen. Die Fasern dieser Seitenmuskeln haben einen bogenförmigen Ver- lauf und sammeln sich an ihren Enden in flügelförmige Bündel, mit denen sie sich zwi- schen den Elementen der Längsfaserschicht verlieren. So weit die letztern nun aber von diesen Seitenmuskeln bedeckt sind, geben sie ihre ursprüngliche Längsrichtung auf. Sie verwandeln diese in eine schräge, so dafs man fast sagen könnte, dals die Seitenmuskeln unserer Thiere von zweien kreuzweis gelagerten schrägen Faserzügen gebildet würden. Im Schwanze der Firoloiden fehlen die Ringfasern gänzlich. Die Muskeln des Schwanzes bestehen ausschliefslich aus Längsfasern, die aber hier nicht mehr, wie sonst, in zusammenhängender Schicht neben einander liegen, sondern sich in einzelne zugespitzte Muskelbänder von verschiedener Stärke zusammengruppirt haben. Bei Firola zählt man vier Paare solcher Muskelbänder, von denen indessen das oberste, das in der Wurzel der kammförmigen Schwanzflosse verläuft, so schmal ist, dafs man es leicht übersehen kann. Von den drei übrigen Muskelbändern ist das mittlere das stärkste. Das oberste Paar dieser Muskelbänder ist übrigens nicht blofs das schmalste, sondern auch das kürzeste. Es endigt bereits eine geraume Strecke vor der Schwanzspitze, und zwar dadurch, dafs es sich den Fasern des zweiten Muskelpaares beimischt. Nach- dem diese Muskelbänder nun aber die Fasern des ersten oder obersten aufgenommen haben, bleiben sie nicht länger isolirt. Sie stofsen in der Mittellinie auf einander, um zu einem gemeinschaftlichen Bündel zu verschmelzen und inseriren sich dann in ähn- licher Weise an dem folgenden Muskelpaare, deren Bänder sich gleichfalls in der Mittellinie kurz vor der Schwanzspitze mit einander vereinigt haben. Die Seitenbänder des untersten Paares bleiben getrennt, bis sie in der Schwanzspitze selbst mit dem unpaaren Endstück der überliegenden Muskeln zusammenstolsen. Eine Verlängerung dieser Muskelstränge durchsetzt die ganze Länge des Schwanzfadens und vermag im Augenblicke der Con- traction die einzelnen Pigmentknoten desselben bis zur Berührung einander anzunähern. Bei Carinaria zeigt die Muskulatur des Schwanzes einen ganz ähnlichen Typus. Auch hier bilden die Längsfasern jederseits mehrere isolirte Muskelstreifen, aber die Zahl 13 dieser Muskelstreifen ist beträchtlich gröfser, als bei Firola. Ich zähle deren meist bis acht, doch scheint es, als ob bei den einzelnen Individuen mancherlei Verschiedenheiten in der Zahl derselben vorkämen. Die mittlern Muskelbänder sind bei Weitem die schmalsten. Sie verlaufen schräg nach oben, spitzen sich allmählig etwas zu und inseriren sich einer nach dem andern in den untern Rand des obern Muskelstreifens, der in der Schwanzspitze selbst mit dem untersten zusammentrifft. Die kammförmige Schwanzflosse ist bei Carinaria niedriger, aber stärker, als bei Firola und mit eignen dünnen Muskelbündeln ausgestattet, die aus dem obern Schwanz- muskel ihren Ursprung nehmen und in diagonaler Richtung nach hinten emporsteigen. Die bisher beschriebenen Muskeln lassen sich mit unbewaflnetem Auge leicht unter- scheiden und haben nach dem Tode ein weifses und sehnenglänzendes Aussehen. Aulser ihnen giebt es aber im Schwanze von Carinaria noch ein anderes oberflächlich gelegenes Muskelsystem, das aus zahlreichen fadenförmigen und isolirten Bündeln besteht, die in diagonaler Richtung verlaufen und ein weitmaschiges Netzwerk zusammensetzen. Firola entbehrt dieses oberflächlichen Muskelnetzes, besitzt aber dafür einen eignen, für die Horizontalflosse des Schwanzes bestimmten Muskelapparat. An der Wurzel dieser Horizontalflosse verläuft jederseits zunächst ein Längsmuskelstrang, der von den untern ‘Muskelbändern des Schwanzes sich ablöst und auch am Ende der Horizontalflosse in die- selben wiederum zurückkehrt. Aufser diesem Längsmuskel erhält die Horizontalflosse aber noch zahlreiche parallele Quermuskelbündel, die neben den beiden untern Muskel- paaren des Schwanzes ihren Ursprung nehmen und in ziemlich regelmäfsigen Abständen nach dem eben beschriebenen Längsmuskel hinlaufen. Die Dicke dieser Muskelbündel wächst im Allgemeinen von vorn nach hinten, so dafs die vordersten derselben von den letztern reichlich um das Doppelte und Dreifache an Stärke übertroffen werden. In der Regel bleiben diese Muskelbündel in ihrer ganzen Länge isolirt, indessen bemerkt man doch auch hier und da (ein Gleiches gilt für die Bündel des oberflächlichen Muskelnetzes im Schwanze von Carinaria) eine dichotomische Spaltung und eine bogenförmige Verei- nigung der anliegenden Muskelbündel. In mikroscopischer Beziehung zeigen diese Muskelbündel übrigens manche Eigenthüm- lichkeiten. Die Fasern, die sie zusammensetzen, sind sehr viel schmaler, als sonst, und nur in den letzten Bündeln mit Bestimmtheit zu unterscheiden. In den vordern Bündeln geht diese Faserung allmählig verloren : der Inhalt dersel- ben nimmt eine körnige Beschaffenheit an und der scheinbare Muskelbündel erscheint dann als eine unverkennbare einfache (aber sehr colossale) Faserzelle, die wie gewöhnlich an den Enden sich zuspitzt und in der Mitte, wo sie am breitesten ist (51) einen ovalen Kern von ansehnlicher Gröfse (45 breit, z';“ lang) einschliefst. Die Länge solcher Faserzellen beträgt bei F. coronata reichlich 1—2“. Ob die letzien Muskel- bündel dieses Systemes den vorhergehenden Faserzellen histologisch entsprechen — also 14 gewissermalsen als längsgestreifte Faserzellen zu betrachten seien — will ich unent- schieden lassen. Gewils ist es, dafs diese Bündel ganz allmählig in die Faserzellen übergehen, gewifs auch, dafs der Inhalt der vordersten Faserzellen (die durch den ein- fachen Kern in der Mitte sich immer noch als Verwandlungsproducte einer einzigen Zelle charakterisiren) bereits eine deutlich längsgestreifte und faserige Beschaffenheit zeigt '). Was mich aber nichts desto weniger bedenklich macht, auch diese letzten Querbündel für (zusammengesetzte) Faserzellen in Anspruch zu nehmen, ist der Umstand, dafs sich die- selben an ihrem innern Ende in ihre einzelnen Fasern auflösen, die dann mit den Fasern der 'gegenüberliegenden und benachbarten Bündel zu einem zierlichen Muskelplexus zusammentreten (F. coronata). Die bisher beschriebenen Muskeln der Horizontalflosse verbreiten sich nur bis in die Wurzel dieses Apparates. Die ‚häutige dünne Lamelle, die den gröfsern Theil der Flosse ausmacht, entbehrt derselben, ist aber trotzdem nicht völlig ohne Muskeln. Man findet in ihr zahlreiche blasse und dünne Fasern (von „+5“‘ und darunter) von homogener Beschaffenheit und isolirtem Verlaufe, die sich nach allen Richtungen durchkreuzen und meistens in ziekzackförmigen Biegungen zwischen den beiden Flächen des Flossensaumes ausspannen. Bei der ersten Beobachtung ist es wirklich schwer zu bestimmen, welche Bedeutung diesen Fasern beizulegen sei. Sie sind von sehr beträchtlicher Länge und ihrem Aus- sehen nach von den Nervenzweigen, die sich zwischen ihnen verbreiten, nur wenig ver- schieden. Dazu kommt, dafs sie sich nicht selten nach Art der Nerven verästeln, dafs sie hier und da auch, namentlich an den Spaltungsstellen, eine zellenartige Einlagerung (von etwa durchschnitilich „45 zeigen, die man leicht für ein peripherisches Ganglien- körperchen halten könnte. Nichts desto weniger bin ich durch meine Untersuchungen zu der Ueberzeugung gekommen, dafs sie Faserzellen sind?), wie die übrigen Muskelelemente der Firoloiden, die sich indessen in mehrfacher Beziehung von den gewöhnlichen Faserzellen unterscheiden. Die Haupteigenthümlichkeit derselben besteht darin, dafs der körnige Inhalt bis auf ein Minimum (im Umkreis des Zellenkernes) redueirt ist, während dafür die homogenen Endspitzen sich auf Kosten dieses Inhaltes aufserordentlich lang ausgezogen haben. Die ») Jedenfalls zeigt diese Beobachtung, dafs die Faserzellen von den sog. Primitivbündeln des Muskelgewebes keineswegs so streng verschieden sind, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. 2) Die Richtigkeit dieser Ansicht wird in sehr schlagender Weise durch die Untersuchung von schlecht conservirten Firoloiden bewiesen, bei denen die Nervenfasern und Nervenzweige ganz gewöhnlich in kleine reihenweis geordnete Fettkörnchen zerfallen sind, während die betreffenden Fasern gleich den übrigen Muskelementen noch ihr normales Aussehen bieten (wenigstens wenn die Maceration noch nicht allzuweit fortgeschritten ist). 15 vorhin erwähnten zellenartigen Einlagerungen, die einzeln etwa in der Mitte jeder Faser vorkommen, bilden den eigentlichen Bauch unserer Faserzelle, also denjenigen Theil, der sonst bei weitem die grölsere Ausdehnung zu haben pflegt. Die Verästelungen dieser Faserzelle sind in der Regel einfache dichotomische Theilungen, die aber nicht selten bis an den Bauch derselben reichen, so dafs die ganze Faserzelle dadurch ein sternförmiges Aussehen annimmt. (Solche muskulöse Strahlenzellen finden sich auch noch an andern Orten in der Haut der Firoloiden und werden später noch mehrfach von uns be- schrieben werden.) Die Musculatur des Fufses ist kaum minder complieirt, als die des Schwanzes. Sie besteht bei den Firoloiden aus zwei seitlichen Muskelplatten, einer rechten und einer linken, die unter der äufsern Bedeckung des Fufses gelegen sind und ihre Innenfläche einander zukehren. Die Fasern, welche diese Lamellen zusammensetzen, zeigen an der Wurzel des Fufses einen parallelen Verlauf und stofsen in ihrer Verlängerung senkrecht auf die Längsachse des Leibes. Die Wurzel des Fulses ist vorn und hinten bekanntlich eingeschnürt : sobald sich die Masse desselben jenseits dieser Wurzel blattförmig aus- breitet, verlieren diese Fasern ihren ursprünglichen Verlauf, indem sie sich in zwei schräg über einander liegende Faserzüge auflösen, die im Allgemeinen die Richtung des vordern und des hintern Fufsrandes einhalten. In der Nähe des untern Fulsrandes sam- meln sich nun diese Muskelfasern, die bisher eine dicht zusammenhängende Schicht bil- deten, allmählig in einzelne flügelförmige Bündel, die muskelfreie Räume von bogenfen- sterförmiger Gestalt umschliefsen, und senkrecht nach unten hinabsteigen. Die Breite dieser Bündel nimmt allmählig etwas ab, bis sich dieselben schliefslich am untern Ende dicht vor dem freien Fufsrande dichotomisch spalten und mit diesen ihren Enden schlin- genförmig in die Faserzüge der gegenüberliegenden Lamelle übergehen. In dem Fulssaugnapfe unterscheidet man gleichfalls eine doppelte Muskellage , eine untere Kreisfaserschicht und eine obere Schicht mit radiärem Faserverlaufe. Die erstere ist von beiden die stärkere, doch sind ihre Elemente so dicht und vielfach mit einander verfilzt, dafs sie sich nur mit grolser Schwierigkeit isoliren lassen. Die Fasern der obern Muskelschicht stehen mit denselben in einem nur lockern Verbande. Sie bilden gewissermafsen einen Trichter, der die übrige Masse aufnimmt und mit dem Fulse ver- bindet. An der Spitze dieses Trichters sammeln sich die Fasern in zwei Paar runde Muskelstränge, ein vorderes und ein hinteres, die divergirend zwischen den seitlichen Muskelplatten des Fulses emporsteigen, sich allmählig spindelföormig verdünnen und schliefslich zwischen den Faserlagen des Fufses verschwinden. Die Fulsmuskeln von Carinaria zeigen ein etwas anderes Verhalten. Man unter- scheidet allerdings hier gleichfalls jederseits zwei diagonal sich durchkreuzende Muskel- lagen, wie bei Firola, aber diese Muskellagen bilden keine zusammenhängende Schicht, sondern bestehen schon von Anfang an aus lauter isolirten Bündeln, die muskelleere, DEREN... LEBEN schmale Streifen zwischen sich lassen. Die Muskelbündel der innern Schicht, die in schrägem Verlauf von vorn nach hinten herabsteigen, hören bereits eine Strecke vor dem Rande auf, während die Bündel der äufsern Schicht, die in entgegengesetzter Richtung verlaufen, noch weiter herabreichen, sich am Ende mehrfach dichotomisch spalten, mit den anliegenden Bündeln zusammentreten und schliefslich fächerförmig in ihre einzelnen Fasern auflösen. Aulser den eben beschriebenen Muskelbündeln giebt es im Fulse von Carinaria noch andere, die den zwei Paar Aufhängemuskeln des Saugnapfes bei Firola zu entsprechen scheinen, die wenigstens, wie diese, von der Kuppel des Saugnapfes ausgehen. Sie sind in zahlreicher Menge vorhanden, durch ziemlich gleichmälsige Abstände von einander getrennt und in fächerförmigem Verlaufe von beiden Seitenlagen eingeschlossen. _ Was das Verhalten der Fulsmuskeln zu den Rumpfmuskeln betrifft, so ist darüber zu bemerken, dafs die Elemente der erstern sich nur zu einem sehr- geringen Theile den Faserzügen der Rumpfmuskeln ohne Weiteres beimischen. Die gröfsere Menge der Fufsmuskelfasern bleibt von den Rumpfmuskeln getrennt und bildet eine Anzahl von Fort- sätzen, welche die Rumpfmuskelschicht durchbrechen und mehr oder minder weit in die Leibeshöhle emporragen. Bei den Firoloiden unterscheidet man drei Paar solcher Muskel- fortsätze, von denen das erste etwas vor der Mitte des Fulses, das zweite ziemlich dicht dahinter und das letzte am Ende der Fufswurzel sich erhebt. Die Seitentheile des ersten dieser Fortsätze weichen in der Mittellinie aus einander und heften sich, wie ein Paar bogenförmiger Bänder, auf die Innenfläche der Seitenmus- keln, an denen sie bis etwa zur Mitte emporsteigen. Der mittlere Fortsatz bleibt frei und bildet eine Schlinge, indem die Seitentheile desselben mit ihren obern Enden sich an einander anlegen, während endlich der letzte dieser Fortsätze eine kurze und breite viereckige Lamelle darstellt, deren Seitenblätter in ganzer Ausdehnung zusammenhängen. Zur Befestigung dieser Muskelfortsätze dient ein eigenthümliches sulziges Gewebe von structurloser (hier und da auch faseriger) Beschaffenheit, das sich durch sein Aus- sehen, noch mehr aber durch einzelne eingelagerte Zellgewebskörperchen, wie wir sie früher beschrieben haben, hinreichend charakterisirt. Ein ähnliches Gewebe ist unterhalb des Nucleus in der Leibeshöhle ausgespannt, offenbar gleichfalls zum Zwecke einer grölsern Festigkeit. So ist es wenigstens bei den kleinern Firoloiden, während sich bei F. coronata eine quere, aber vielfach durchbrochene Scheidewand von Zellgewebe durch die ganze Länge der Leibeshöhle ') ausspannt. Mit der Gröflse des Körpers wächst !) Wenigstens so weil, als die Leibeshöhle eine beträchtlichere Weite hat, von der Wurzel des Nucleus bis zum Anfangstheile des Rüssels. Die Leibeshöhle selbst erstreckt sich noch weiter, nach vorn bis in die Rüsselspilze, nach hinten bis in das Ende des Schwanzes, ja selbst bis in den Schwanzfaden hinein. (Vergl. Tab. II, Fig. 1.) 17 natürlich das Bedürfnifs einer sichern Verpackung für die einzelnen Eingeweide, und offenbar ist es zunächst eine solche, die mit dieser Einrichtung erzielt wird. In der hin- tern Hälfte der Leibeswand bildet dieses Zwerchfell eine Unterlage für den Darm, indem es an der Ventralfläche desselben hinläuft, während es sich in der vordern oberhalb desselben ausspannt. Der Nucleus der Firoloiden entbehrt des Muskelüberzuges.. Wo derselbe mit dem übrigen Körper zusammenhängt, da entsteht durch Auseinanderweichen der Seitenmuskeln eine Lücke, in welche die Wurzel des Nucleus sich hineinsenkt. Nur an den Seiten- theilen und der vordern Wand des Nucleus finden sich einzelne isolirte Muskelfasern, die histologisch mit den Faserzellen der Horizontalflosse übereinstimmen und sich in der Sub- stanz der äufsern Bedeckung verbreiten. Statt der Muskelhaut besitzt der Nucleus dagegen eine eigne, ziemlich derbe Umhüllung, ein Bauchfell, dessen histologische Verschiedenheit von dem Muskelge- webe schon daraus erschlossen werden kann, dafs es der Sitz des früher erwähnten” irisirenden Farbenspieles ist. Die äufsere Bedeckung des Nucleus läfst sich leicht von diesem Bauchfell entfernen : zwischen beiden befindet sich ein niedriger Hohlraum ,„ der an der Wurzel des Nucleus mit der Leibeshöhle zusammenfliefst. Schon mit unbewaffnetem Auge unterscheidet man auf dem Bauchfell zahlreiche kleine Tüpfelchen, die in einem unregelmäfsigen Quincunx neben einander stehen und bei mikroscopischer Untersuchung als ovale, scharf begrenzte Löcher (von etwa „14'“) erkannt werden (Tab. I, Fig. 12). Die Haut, die von diesen fensterförmigen Oeflnungen durchbrochen wird, hat eine körnige Beschaffenheit, auch hier und da, besonders im Um- kreis der Löcher, ein streifiges Aussehen, das vielleicht von eingebetteten Fasern herrührt, obgleich die Isolation solcher Gebilde mir nicht gelingen wollte. Zellgewebskörperchen fehlen in diesem Gewebe, aber nichts desto weniger dürfte es doch wohl nur eine Mo- dification des gewöhnlichen Zellgewebes darstellen. Nervensystem. Wie man schon aus der Darstellung von Lesueur und Delle Chiaje entnehmen kann, stimmt das Nervensystem der Firoloiden (Tab. I, Fig. 2) durch Anordnung und Bau im Allgemeinen sehr auffallend mit dem Nervensystem von Carinaria überein, das wir besonders durch die schönen Untersuchungen von Milne Edwards (Ann. des science. natur. 1846. T. XVII, p. 323) näher kennen gelernt haben. Die Unterschiede zwischen beiden sind ohne wesentliche Bedeutung und lassen sich mit den Eigenthüm- lichkeiten der Körperbildung, der Gestalt und Gröfse, leicht in Einklang bringen. Leucekiürt, zool. Untersuch. IIL. 3 18 Die typische Bildung des Nervensystemes bei den Heteropoden (auch bei Atlanta) besteht bekanntlich in der aufserordentlichen Weite des sog. Schlundringes, der durch die Entfernung der Fufsganglien von den obern Schlundganglien und die Länge der Commissuren ein sehr eigenthümliches Ansehen gewinnt ') und Verhältnisse darstellt, wie wir sie unter den Mollusken sonst nur bei den Blattkiemern zu erwarten pflegen. Es ist offenbar die weite Entfernung des Fufses von dem vordern Körperende, die sich in der Bildung dieses Schlundringes abspiegelt. Die Oberschlundganglienmasse (das sog. Gehirn), die sonst bei den Gastero- poden ganz allgemein das hintere Ende des Pharynx begrenzt, ist bei den Heteropoden ziemlich weit von demselben abgetrennt. Sie liegt in dem buckelförmigen Stirnvor- sprunge, dicht hinter den Augen, und ist hier durch ihre Nervenausbreitungen an der Innenfläche des Hautmuskelschlauches befestigt. Man kann nicht eigentlich sagen, dafs sie, wie bei den übrigen Schnecken, auf der Speiseröhre aufläge ?), demn die Stirn bildet, wie bemerkt, einen buckelförmigen Vorsprung, in den eine trichterförmige Aus- sackung der Leibeshöhle hineinragt, während der Oesophagus in der Tiefe der Leibes- höhle, auf der Bauchfläche des Hautmuskelschlauches, verläuft, um in den knieförmig nach unten gebogenen Rüssel einzutreten (Tab. I, Fig. 1, a). In die Zusammensetzung dieser Nervenmasse (Ibid. Fig. 3), deren Contouren sich sehr scharf und nett umgrenzen, gehen bei den Firoloiden (und eben so ist es auch bei Carinaria) drei Ganglienpaare ein, ein oberes Paar, das der Rückenfläche zugekehrt ist, und zwei untere ventrale Paare. Die letztern haben eine kugelrunde Gestalt und eine ziemlich gleiche Gröfse. Sie liegen dicht hinter einander und bilden eine scheibenförmige, bis zu einem gewissen Grade zusammenhängende Masse von vierlappiger Gestalt und ziemlich beträchtlicher Grölse. Bei (Carinaria und) Firola kann man an der Ventral- fläche die Grenzen der einzelnen Ganglien ganz deutlich unterscheiden, namentlich bei den gröfsern Arten (Ibid. Fig. 4), während bei Firoloides die zwischen beiden Paaren hinlaufende Grenzlinie so wenig markirt ist, dafs es den Anschein hat, als fänden sich hier in der untern Hälfte des Gehirnes überhaupt blofs zwei längliche Seitenganglien. Nach der Zahl und der Verbreitung der Nerven zu schliefsen, bildet diese scheiben- förmige untere Ganglienmasse den Haupttheil des sog. Gehirnes. Sie entspricht der Oberschlundganglienmasse der übrigen Schnecken, so dafs die andere obere Abtheilung, !) Die Angabe von Delle Chiaje (]. c. Tab. 63 u. 64), dafs aufser diesem weiten Schlund- ring noch ein zweiter engerer vorhanden sei, der durch eine kurze, von den Oberschlundganglien abgehende Commissur gebildet werde, ist (für die Firoloiden, wie für Carinaria) unrichtig. ?) Die Abbildung von Souleyet (l. c. Pl. 22, Fig. 1), die ein solches Verhältnils zeigt, ist ungenau (auch in Beziehung auf die Form und die relative Lage der einzelnen Ganglien). 19 die, wie schon erwähnt wurde, nur aus einem einzigen Ganglienpaare besteht, als eine accessorische Bildung betrachtet werden darf. Die beiden Ganglien dieser obern Abthei- lung erscheinen nach ihrer physiologischen Bedeutung als Lobi optiei; sie stellen einen Apparat dar, der in räumlicher Beziehung sonst bei den Schnecken mit den übrigen Centraltheilen des Nervensystemes zusammenfällt, hier aber — wohl in Uebereinstim- mung mit der gewaltigen Gröfse der Gesichtsorgane — zu einer selbstständigen Ent- wiekelung gekommen ist. Beide Lobi stofsen in der Mittellinie (Fig. 3) auf einander und bilden eine zusam- menhängende Masse von walzenförmiger Gestalt, die etwa mitten auf der untern schei- benförmigen Ganglienmasse aufliegt, dem hintern Rande derselben aber doch etwas mehr angenähert ist, als dem vordern. Ein jeder Lobus hat eine ziemlich: schlanke birn- förmige Gestalt und ragt mit seinem zugespitzten freien Ende ziemlich weit über die Seitentheile des Hirnes nach Aulsen hervor. Was die Fufsganglien (Tab. I, Fig. 5) betrifft, die durch die langen und strangförmigen Commissuren mit der Öberschlundganglienmasse und zwar zunächst mit dem hintern Ganglienpaare derselben zusammenhängen, so liegen diese, wie schon ange- deutet wurde, dicht vor der Insertionsstelle des Fulses (Tab. I, Fig. 1, b). Sie bilden eine Masse, die dem Gehirne nur wenig an Gröfse nachgiebt und, gleich diesem, durch ihre Nervenzweige an dem Hautmuskelschlauche befestigt wird. Bei Carinaria unter- scheidet man in dieser Masse bekanntlich (vergl. Milne Edwards l. c.) drei Ganglien- paare, ein vorderes und zwei hintere, von denen die beiden letztern senkrecht über einander liegen. Bei den Firoloiden ist das untere dieser Ganglienpaare (das Fulsgang- lienpaar im engern Sinne des Wortes) im höchsten Grade rudimentär und bei den kleinern Arten nicht einmal mehr nachzuweisen — auch bei F. coronata und F. Fre- dericiana (Fig. 6) erscheint es nur als eine kleine, von den überliegenden Ganglien kaum abgesetzte Anschwellung —; die Fulsganglienmasse derselben wird fast nur durch ein vor- deres und ein hinteres Ganglienpaar gebildet. Noch weiter geht diese Concentration bei Firoloides, deren Fufsganglienmasse einen gemeinschaftlichen Körper von herzförmiger Gestalt darstellt, an dem man mit Bestimmtheit nur noch eine Zusammensetzung aus einer rechten und einer linken Hälfte erkennen kann. Histologisch bestehen diese Nervencentra aus einer Anhäufung von Ganglienkugeln, die sich ziemlich leicht isoliren lassen ‘und durch ein glashelles Neurilem zusammenge- halten werden, in das zahlreiche kleine kernartige Körperchen eingelagert sind. Die Ganglienkugeln messen —;‘“ und umschliefsen aufser einem körnigen Inhalt einen grofsen 110) hellen Kern mit Kernkörperchen. Sie sind häufig mit Ausläufern versehen, bald keulenförmig, bald auch sternförmig, wie die sog. multipolaren Ganglienkugeln. Die Commissuren sind ohne Ganglienkugeln. Sie bestehen aus einer glashellen Scheide, die sich ohne Grenzen in das Neurilem der Ganglien (Ganglienkapsel) forlsetzt und einem 3% 20 pulpösen, längsgestreiften Inhalt, den man für ein Bündel zarter und feiner Nervenfasern halten würde, wenn es möglich wäre, die einzelnen Fasern von einander zu isoliren. Die Nervenstämme, die aus den Centraltheilen hervorkommen, sind bei den Firoloiden etwas weniger zahlreich, als bei Carinaria, bilden aber doch immer noch eine sehr beträchtliche Menge (Tab. I, Fig 2). Sie verästeln sich theils an den äulsern Körperhüllen, an Muskelschlauch und Haut, theils auch an den Eingeweiden und bilden in ihrem Verlaufe, der fast überall bis zu den letzten Ausstrahlungen deutlich mit Hülfe des Mikroscopes schon im lebendigen Thiere sich verfolgen lälst, zahlreiche grölsere und kleinere Ganglien. Die ansehnlichsten dieser Ganglien finden sich im Eingeweidenerven- systeme, am Pharynx und am Nucleus. Wir werden dieselben im Laufe unserer Dar- stellung noch näher kennen lernen. Motorische und sensitive Nerven sind — wenn wir von den speeifischen Sinnesnerven absehen — nirgend geschieden. Derselbe Nerv giebt in seinem Verlauf Zweige an die Muskelhülle und an die Haut ab. Für die Vertheilung der Nervenstämme darf man im Allgemeinen als maafsgebend festhalten, dafs die Organe der vordern Körperhälfte von den Oberschlundganglien, die der hintern dagegen von den Fulsganglien versorgt werden. Die specifischen Sinnesnerven sind Gesichtsnerv und Gehörnerv. Sie zeichnen sich dadurch aus, dafs sie in ihrem Verlaufe keinerlei Aeste abgeben. Die Gesichtsnerven kommen aus dem äulsersten Ende der Lobi optiei hervor und lassen sich (Tab. I, Fig. 3) mit Fug und Recht als Verlängerungen dieser Ganglien betrachten, zumal sie eine voll- ständig ganglionäre Beschaffenheit haben, in ihrer Structur also mit den Centraltheilen des Nervensystemes wesentlich übereinstimmen. Auch an Dicke übertreffen sie die übrigen peripherischen Nervenstämme. Sie haben einen seitlichen Verlauf und endigen mit einer keulenförmigen Anschwellung, die an den Grund des Augapfels sich anlegt. Die Gehörnerven, die sonst bei den Schnecken (auch den Blattkiemern) ganz all- gemein aus den Fufsganglien hervorkommen, entspringen bei den Heteropoden auffal- lender Weise aus der Oberschlundganglienmasse (Ibid.). Ich finde ihre Wurzeln bei Firola auf der untern Fläche des eigentlichen Gehirnes, wo die vordern und hintern Ganglien desselben zusammenstofsen. Von da verläuft der Gehörnerv hinter dem Seh- nerv nach aulsen, bis er sich (hinter dem Grunde des Auges) mit dem Gehörbläschen in Verbindung setzt '). Unter den übrigen Nerven der Oberschlundganglienmasse (Tab. I, Fig. 2) erwähne ich zuerst die beiden N. pharyngei s. labiales, die an Entwickelung und Stärke fast mit ı) Die kleinen Nervenäste, die nach Milne Edwards (l. c. Pl. 11, Fig. 1 z) hinter dem Gehörbläschen aus diesem Nerven hervorkommen sollen, sind keine Nerven, sondern Muskelfasern, durch welche das Gehörbläschen an dem Hautmuskelschlauche festgeheftet wird. 21 den Sehnerven und den hintern Commissuren wetteifern können. Sie entspringen, wie überhaupt alle Gehirnnerven mit Ausschlufs des N. opticus, aus der untern eigentlichen Gehirnmasse und zwar aus den vordern Ganglien derselben, durchsetzen in geradem Verlaufe die ganze Länge des Rüssels und bilden schlielslich in der Spitze desselben einen förmlichen Plexus, der ringförmig um die Mundöffnung herumläuft und eine grofse Menge kleiner Ganglien (zum Theil nur mit einer einzigen Ganglienkugel) einschliefst. Schon vorher haben diese Nerven einige (drei) feine Fäden an die Seitentheile des Rüssels abgegeben. Aus dem Plexus labialis werden vorzugsweise die Lippenränder versorgt. Die Pharyngealmuskeln bekommen einen grofsen Theil ihrer Nerven aus zwei ansehnlichen Ganglia pharyngealia, die an der Unterfläche des Oesophagus oberhalb der Zungenscheide gelegen sind und durch eine Quercommissur unter sich zusammenhängen. Ein Paar vordere Ausläufer dieser Ganglien stellen die Verbindung mit dem Plexus labialis her, während zwei hintere Aeste auf den Darmkanal übergehen und sich hier in den Seitenwänden bis zum Ende des Magens verfolgen lassen. Zwischen den beiden N. labiales nehmen zwei andere dünnere Nervenstämme ihren Ursprung, die gleichfalls in den Rüssel hineintreten, aber ziemlich bald in mehrere Aeste sich auflösen und mit diesen sich an den Seitenwänden verbreiten, ohne die Spitze des Rüssels zu erreichen. In dem Winkel zwischen Sehnerv und Lippennerv entspringen aus dem vordern Hirnganglion noch zwei weitere Nerven, die mit ihren Verzweigungen für die Augen- gegend und die Stirne, sowie für die Augenmuskeln bestimmt sind. Bei den Hetero- poden mit Fühlfäden (Firoloides und Carinaria) tritt der eine dieser Nerven mit seinem Hauptstamme in den Tentakel hinein‘), um die Achse desselben bis zur Spitze zu durchsetzen. Dieser Tentakelnerv ist dadurch ausgezeichnet, dafs er (Firoloides) zahl- reiche Ganglienkugeln enthält, die in ziemlich regelmäfsigen Abständen einzeln hinter einander liegen. Eigentliche Verästelungen fehlen demselben : statt ihrer sieht man eine Menge von feinen und blassen Fädchen, die nach allen Richtungen hin unter rechtem Winkel von dem Nerven abgehen und wohl als primitive Nervenfasern betrachtet werden dürfen. Die hintern Hirnganglien entsenden aufser den Commissuren der Centralapparate (auch bei Carinaria) nur einen einzigen Nerven, der neben der Mittellinie des Nackens eine Strecke weit nach hinten läuft und sich hier in dem Hautmuskelschlauch und den « ') Die Spitzen, die bei den gröfsern Firolaarten auf der Stirne vorgefunden werden, sind gleichfalls (namentlich bei F. coronata) sehr nervenreich, dürfen aber doch wohl kaum mit d’ Or- bigny als verkümmerte Tentakel angesehen werden. Als starre Auswüchse der Leibeswand möchten sie wohl vorzugsweise nur als Schutzapparate fungiren. 22 äufsern Bedeckungen verbreitet. Die Seitentheile des Vorderkörpers werden auffallender Weise von den Commissuren versorgt, die doch sonst bekanntlich bei den Schnecken keine Nervenäste abgeben, hier aber (bei Firola und Carinaria) vier feine Nerven in ziemlich gleichmäfsigen Abständen hervorgehen lassen ?). Der vorderste dieser Nerven entspringt bereits in der Nähe des Gehirnes und zerfällt in zwei gröfsere Zweige, von denen sich einer bis in die Augengegend verfolgen lälst. Die Nerven der Fulsganglien (Tab. I. Fig. 2) sind, wie die des Gehirnes, ihrer Hauptmasse nach gleichfalls für die Muskeln und die äufseren Körperbedeckungen bestimmt. Zunächst findet man hier an dem Seitenrande der Ganglien drei ziemlich ansehnliche Stämme, einen vordern, mittlern und hintern, die in ihrem Verlaufe allmählig aus ein- ander weichen und an den obern Seitentheilen des mittlern Körpers sich verbreiten. Der letzte dieser Nerven ist von allen der stärkste. Er entsendet einen förmlichen N. late- ralis, der fast unter rechtem Winkel von dem Stamme abgeht, auf der Mitte der Seitenmuskeln in geschlängeltem Verlauf herabsteigt und sich bis in die Nähe des Nucleus verfolgen lälst. Drei andere schwächere und kürzere Nerven beschränken sich mit ihren Verästelungen auf die nächste Umgebung der Fufsganglien. Der vorderste derselben entspringt neben der Insertionsstelle der Commissuren und sieigt auf der Bauchfläche des Leibes nach dem Gehirne zu empor, während der mittlere zwischen dem ersten und dem zweiten stärkern Seitennerven seinen Ursprung nimmt und der letzte endlich nach hinten läuft. Ein innerer Seitenzweig dieses letzten Nerven tritt in den vordern Rand des Fulses ein. Der Hauptnerv des Fulses ist übrigens ein besonderer starker Stamm, der an der untern Fläche der Fufsganglien (bei den gröfsern Arten aus einer eignen ganglionären Anschwellung) hervorkommt und in der Medianlinie des Körpers bis zur Mitte des Fulses herabläuft, nachdem er sich kurz nach seinem Ursprung mit dem entsprechenden Nervenstamme der andern Seite zu einem unpaaren Strange vereinigt hat. In der Mitte der Fufswurzel angekommen, macht derselbe eine starke rechtwinkliche Biegung und steigt dann zwischen den Muskelplatten des Fufses senkrecht in die Tiefe, wo seine beiden Seitenstämme wieder aus einander weichen und sich mehrfach verästeln. Am hintern Ende der Fulsganglien findet man aufser diesem N. pedalis noch zwei andere sehr ansehnliche Nervenpaare, von denen das eine den längsten Nerv des ganzen Körpers, den Schwanznerven, darstellt. Die Stämme dieses Nerven verlaufen an der Bauchfläche des Körpers nach hinten, Anfangs getrennt, bis sie zwischen den beiden Seitenhälften des letzten Muskelfortsatzes der Fufswurzel zusammentreten, ohne indessen ’) Aehnliches gilt bekanntlich (nach Keber und Blanchard) auch für die langen Seiten- commissuren der Bivalven. 23 vollständig mit einander zu verschmelzen. Unmittelbar vor ihrer Vereinigung entsenden sie einen ziemlich ansehnlichen Zweig, der einen N. pedalis posterior darstellt und am Hinterrande des Fufses in denselben sich hineinsenkt. Auch während des spätern Ver- laufes kommen von Zeit zu Zeit ein Paar Seitenzweige aus demselben hervor, die an der Bauchfläche des Körpers sich verlieren. Die stärksten dieser Zweige gehen eine Strecke vor dem Nucleus unter dem Magengrunde ab, an einer Stelle, wo die beiden Seitenstränge des Nerven gewöhnlich eine Strecke weit aus einander weichen. Bei den männlichen Individuen tritt der eine dieser Zweige, der an der rechten Seite gelegen ist, in die Wurzel des Copulationsapparates, wo er alsbald in einen Ast für das eigent- liche Begattungsorgan und einen andern für das peitschenförmige Flagellum zerfällt. Unterhalb des Nucleus trennen sich die beiden Seitenstämme des Nervus caudalis, um in geschlängeltem Verlaufe neben einander bis zur Schwanzspitze fortzulaufen. Das zweite Nervenpaar, das neben den Schwanznerven aus dem hintern Ende der Fufsganglien hervorkommt, bildet eine Commissur zwischen den Eingeweideganglien und den übrigen Centraltheilen, giebt aber auch eine Anzahl feinerer und stärkerer Zweige ab, die sich vorzugsweise an der Dorsalfläche des Rumpfes verbreiten. Die beiden Nervenstämme dieses Paares verlassen sogleich nach ihrem Ursprung die Bauchfläche des Körpers und steigen an der Aorta, die, wie wir später sehen werden, in diagonaler Richtung die Leibeshöhle bis zur Fufsganglienmasse durchsetzt, eine ziemliche Strecke weit empor, um von dieser sodann nach rechts und links auf die dorsalen Körperwan- dungen überzugehen. Hier verlaufen sie ziemlich dicht neben der Medianlinie, oberhalb des N. lateralis bis zur Vorderfläche des Nucleus, wo sie dann schliefslich, wie wir später noch sehen werden, mit den Eingeweideganglien zusammentreten. Bevor diese Nerven übrigens die Aorta verlassen, entsenden sie einen starken Zweig (einen R. aor- ticus), den man nach seinem Verlaufe als die Fortsetzung des Hauptstammes betrachten darf. Diese Zweige sind natürlich Anfangs doppelt, treten aber bald zu einem unpaaren Stamme zusammen, der an der Aorta emporsteigt, sich indessen kurz vor der Wurzel des Nucleus wiederum in einen rechten und einen linken Strang zerspaltet. Beide Endstränge sind von. einer ungleichen Stärke — der rechte beträchtlich dünner, als der linke —, haben aber nichts desto weniger dasselbe Schicksal. Sie inseriren sich, gleich den Seitenstämmen des betreffenden Nervenpaares, in die Eingeweideganglien. Die voranstehende Beschreibung pafst übrigens zunächst nur für die Arten des Gen. Firola. Bei Firoloides findet sich insofern eine Verschiedenheit, als hier — offen- bar in Uebereinstimmung mit der rudimentären Bildung des Schwanzes — kein eigner N. caudalis vorhanden ist. Der Schwanz (und Penis) dieses Thieres erhält seine Nerven aus einem unpaaren Stamme, der neben dem Darmkanale hinläuft und nach seinem Zusammenhang mit den Eingeweideganglien dem R. aorticus der Firolaarten entsprechen dürfte (Tab. I, Fig. 10). 24 Was diese Eingeweideganglien (Tab. I, Fig. 2) nun selbst betrifft, so bestehen dieselben bei allen Firoloiden aus zweien durch eine Commissur verbundenen Nerven- knoten, von denen der eine, zugleich der kleinere, dicht über der Wurzel des Nucleus in der Mittellinie der Vorderwand gelegen ist, während der andere an der rechten Seiten- fläche des Nucleus, etwa in der Mitte seiner Höhe, angetroffen wird. Obgleich nun diese beiden Ganglien demnach eine asymmetrische Lage besitzen, so wird es doch durch ihren Zusammenhang mit den oben erwähnten Commissuren zur Genüge bewiesen, dals sie als seitliche Glieder eines paarigen Apparates aufgefalst werden müssen !). Das kleinere vordere Ganglion (Tab. I, Fig. 2, 10, 11, 12, c) ist eigentlich das linke : es empfängt die linken Stränge der von den Fufsganglien ausgehenden Commissuren, wäh- rend die entsprechenden Commissuren der rechten Seite an das andere Ganglion (Ibid. d) herantreten ?). Aus dem vordern dieser Ganglien entspringt nur ein einziger, aber ziemlich starker (und ganglionärer) Nerv, der ohne alle Verästelungen an der Vorderfläche des Nucleus emporsteigt und sich mit einem grolsen Endganglion an ein höchst eigenthümliches, vor dem After gelegenes Wimperorgan (Ibid. e) anlegt, das wir später noch einmal beson- ders erwähnen müssen ?). Das grölsere rechte Eingeweideganglion entsendet eine beträchtlichere Anzahl von Nerven, unter denen sich namentlich zwei durch ihre Gröfse auszeichnen. Der eine derselben verläuft fast parallel mit dem eben beschriebenen Nerven des Wimperorgans nach der Spitze des Nucleus, wo er vorzugsweise den Sphincter ani versorgt, während der andere fast in entgegengesetzter Richtung herabläuft und in den äufsern Bedeckungen unterhalb des Nucleus sich verbreitet. Andere kleinere Stämme treten nach vorn an Herz und Niere, nach hinten an die Geschlechtsöffnung und in die Tiefe des Nucleus zu den dort eingeschlossenen Eingeweiden (Tab. I, Fig. 2). ) Bei Carinaria haben diese beiden Ganglien (ganglions abdominaux) überdiels eine regel- mälsige symmetrische Stellung. Vergl. Milne Edwards. c. 2) Milne Edwards beschreibt bei Carinaria noch ein Paar andere Commissuren, die zwi- schen unsern Ganglien und den Seitentheilen des Gehirnes ausgespannt seien. Ich habe leider keine Gelegenheit gehabt, diese Angabe zu prüfen (die Carinarien, die mir in die Hände fielen, waren ohne Ausnahme mehr oder minder stark am Nucleus verstümmelt), gestehe aber offen, dafs ich ‘hier eine Verwechselung mit den Seitenzweigen des N. aorticus vermuthe. Für die Firoloiden darf ich die Abwesenheit einer solehen Commissur mit Bestimmtheit behaupten. >) Das betreffende Ganglion ist wahrscheinlich dasselbe, das Milne Edwards bei Carinaria als G. anale beschreibt. Bei den Firoloiden giebt dieses Ganglion übrigens keinerlei Zweige ab, steht hier auch nicht mit dem rechten Eingeweideganglion, wie es M. Edwards beschreibt, in Zusam- menhang. 25 In Bezug auf die histologischen Verhältnisse des Nervensystems will ich zunächst hervorheben, was schon oben bei Gelegenheit der Seitencommissuren des Schlundhalsbandes erwähnt wurde, dafs man nirgends in den Nervenstämmen eigentliche scharf gegen einander abgesetzte Fasern unterscheiden kann. Das Einzige, was noch einigermalsen auf die Existenz solcher Bildungen hindeutet, ist die Längsstreifung des Inhaltes in der Nervenscheide, aber diese Streifung wird um so undeutlicher, je mehr sich die Nerven allmählig in ihrem Verlaufe verdünnen. In den letzten Endigungen der Nerven fehlt diese Streifung vollständig; die letzten Nervenenden haben ein homo- genes blasses Aussehen und lassen sich histologisch von einer einfachen Nervenfaser in Nichts unterscheiden. Die kleinen Ganglienanschwellungen, die bei den meisten Nerven von Zeit zu Zeit in den Stämmen und den stärkern Zweigen angetroffen werden, bestehen aus einem einzigen oder einigen wenigen rundlichen (apolaren) Ganglienkörperchen von ,“, die gewöhnlich zur Seite der eigentlichen Nervenmasse, zwischen dieser und der structur- losen Scheide, gelegen sind. Einen organischen Zusammenhang derselben mit dem übrigen Nerveninhalt habe ich nirgends beobachten können. Es ist so eben von mir hervorgehoben worden, dafs sich die letzten Endigungen der Nerven histologisch als einfache Fasern betrachten lassen. Eben solche dünne und blasse faserartige Ausläufer (von z1,‘“ und darunter) entspringen nun aber auch sehr häufig zwischen den Nervenästen unmittelbar aus dem Stamme, wie wir es oben gelegentlich bei dem Fühlernerven beschrieben haben. Diese Ausläufer bleiben indessen keineswegs beständig einfach; es darf vielleicht als Regel gelten, dafs sie sich nach einem kürzern oder längern Verlaufe bald häufiger, bald spärlicher verästeln. Der Durchmesser dieser Nervenfasern nimmt allmählig dabei ab — man findet Nervenfasern von 65“ —; aber doch keineswegs so auffallend und plötzlich, wie das bei der Verästelung der eigentlichen Zweige und Stämme der Fall zu sein pflegt. Leydig bemerkt von Carinaria (Zeitschrift für wiss. Zool. 1851, S. 325), dafs dieses Thier mehr, als vielleicht irgend ein anderes, dazu geeignet sei, den Verlauf und die Endausbreitungen der Nerven, wenigstens der Hautnerven, zu verfolgen. Ein Gleiches dürfen wir aber auch für unsere Firoloiden behaupten. Allerdings ist die äulsere Körperbedeckung hier nur bei den gröfsern Arten von einer so beträchtlichen Dicke, dals man sie mit Bequemlichkeit schichtenweis abtragen und isolirt unter dem Mikroscope untersuchen kann, aber dafür giebt es bei unsern Thieren zahlreiche muskel- freie Körperstellen, die schon ohne alle Präparation wegen ihrer Durchsichtigkeit dieselben Vortheile darbieten. Zu diesen Stellen gehören vorzugsweise die fensterförmigen Räume zwichen den Endbündeln der Fufsmuskeln und die Hautsäume der Horizontalflosse am Schwanze. Leuckart, zool. Untersuch. III, 4 26 Durch die Untersuchung dieser Stellen wird man sich leicht davon überzeugen, dafs die Angaben, die Leydig über das Verhalten der terminalen Nerven bei Carinaria gemacht hat, auch für unsere Firoloiden Geltung haben. Man sieht hier nicht blofs die schon oben erwähnten meist dichotomischen Verästelungen, sondern auch die Ganglien- kugeln, die vielfach, meist an den Spaltungsstellen, in den Verlauf der Fasern einge- schaltet sind. Von den vorhin beschriebenen einzelligen Ganglien der Nervenstämme und gröfsern Zweige sind diese terminalen Ganglienzellen nicht blofs durch das blassere Aussehen und die zartern Contouren verschieden, sondern auch dadurch, dafs sie nicht im Innern der Nervenscheide liegen, sondern gewissermalsen nur eine Erweiterung derselben (mit körnigem Inhalt und Kern und Kernkörperchen) darstellen. Die Grölse dieser Ganglienzellen ?) zeigt viele auffallende Verschiedenheiten und richtet sich im Allgemeinen nach der Stärke der Faser, in welche sie eingebettet sind. Sie schwankt gewöhnlich zwischen „;— 545‘, ist aber auch hier und da noch beträcht- licher oder kleiner. Was die Form derselben betrifft, so ist diese gewöhnlich eine spin- delförmige. So namentlich in denjenigen Fällen, in denen. die Ganglienzelle einfach in den Verlauf einer Nerveniaser eingeschoben ist. An den Spaltungsstellen wird die Gestalt der Ganglienkugeln meist eine dreieckige oder sternförmige, je nach der Zahl der abgehenden Aeste. Die gröfsesten und eigenthümlichsten dieser terminalen Ganglienkugeln beobachtete ich — freilich nur einzeln — im Fufse von Firola. Sie messen ;';““ und entsenden nach Art der sog. multipolaren Ganglienkugeln eine beträchtliche Anzahl (bis 6 und 8) dünner Nervenfasern mit Verästelungen und kleinern Ganglienkugeln. Man möchte fast vermuthen, dafs diese Gebilde gewissermalsen einen mikroscopischen Centralpunkt für die peripherischen Ausbreitungen des Nervensystemes darstellten. Die äufsersten Enden der Hautnerven werden allmählig so dünn, dafs sie sich der Beobachtung entziehen. Leydig vermuthet, dafs dieselben ein Netzwerk bilden, und ich selbst habe hier und da Ansichten gehabt, die für solche Endigungsweise zu sprechen scheinen. Im äufsersten Rande des Fufses und des horizontalen Flossensaumes habe ich überdiefs ein Verhältnils beobachtet, das mir eine solche Endigungsweise noch wahr- scheinlicher macht. Hier trifft man nämlich auf zahlreiche neben einander liegende ı) Die Kenntnils solcher terminalen Ganglienzellen, die bei sehr vielen Wirbellosen vorzu- kommen scheinen, verdanken wir den Untersuchungen von Leydig, der sie nicht blofs bei Carinaria, sondern auch bei Branchipus, Artemia, Corethra u. a. auffand. M. Schultze (Turbel- larien I, S. 23) beschreibt solche Ganglienzellen auch bei Opistomum pallidum, H. Müller (Zeit- schrift für wiss. Zool. IV, S. 337) und ich (Arch. für Naturgesch. 1853, I, S. 245) bei Phyllirhoe. Bei den durchsichtigen Copepoden (Saphirina, Corycaeus u. a.) konnte ich dieselben gleichfalls an vielen Körperstellen mit gröfsester Deutlichkeit beobachten. 27 blasse Zellen (von 745“), die durch strahlenförmige, ebenfalls sehr blasse Ausläufer von verschiedener Länge unter sich zusammenhängen. Man könnte nun allerdings in Zweifel ziehen, dafs diese Zellen Ganglienkugeln seien, obgleich sie denselben sehr ähnlich sehen, allein ich habe hier und da entschiedene Nervenfasern bis zu denselben verfolgen können. Auch bei Saphirina und andern durchsichtigen Krebsen glaube ich mich mit Bestimmtheit davon überzeugt zu haben, dafs die terminalen Ganglienzellen am Rande des Kopfschildes durch sternförmige Anastomosen netzartig unter sich zusammenhängen. Die für die Muskeln bestimmten Nervenfäden scheinen ohne terminale Ganglien- anschwellungen zu sein. Die Endigung solcher Muskeläste geschieht dagegen .auf die- selbe Weise, die ich bei einer andern Gelegenheit bereits für Salpa (Untersuchungen II, S. 23) und Phyllirhoe (Arch. für Naturgesch. 1853, I, S. 246) beschrieben habe, die auch bereits früher von Doyere (Ann. des se. natur. 1840, T. XIV, p. 346) bei den Tardigraden, so wie von Quatrefages (Ibid. 1843, T. XIX, p. 300) bei Eolidina und andern wirbellosen Thieren beobachtet worden ist. Die Nervenäste legen sich an eine Muskelfaser an und verschmelzen mit derselben, indem die äufsern Hüllen beider Gebilde ohne Grenzen in einander übergehen. Sinnesorgane. Unter den Sinnesorganen der Heteropoden sind es zunächst die Augen, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Schon seit lange, schon seit den ersten Beobachtungen der Heteropoden hat man gewulst, dafs die Augen dieser Thiere eine ganz unverhältnifsmäfsige Grölse besitzen. Dafs dieselben aber auch noch in anderer Beziehung ganz eigenthümlich dastehen, ‚sich durch Form und Bau in hohem Grade von den Gesichtsorganen der übrigen Schnecken unterscheiden, haben wir erst vor wenigen Jahren durch die Untersuchungen von Krohn (Müller’s Arch. 1839, S. 233) erfahren !). Im Allgemeinen bestehen die Augen der Heteropoden (Tab. I, Fig. 3 A, Fig. 7, 9), gleich denen der Vögel, namentlich der Eulen (mit denen dieselben auch schon von Krohn verglichen sind), aus drei hinter einander liegenden Abschnitten, aus einer vordern Cornea, einem hintern Augengrunde und einem mittlern Verbindungstheile. Die Cornea, die reichlich ein Dritttheil des ganzen Auges ausmacht, ist im höchsten Grade gewölbt und hinter der Mitte am breitesten, so dafs man sie als eine Kugelfläche betrachten kann, deren unteres Segment durch einen Querschnitt entfernt ist. Der Ver- bindungstheil gleicht nach seiner Gestalt einem kurzen Cylinder oder Kegel, dessen !) Dafs übrigens den frühern Beobachtern diese sonderbaren Bildungsverhältnisse nicht gänz- lich entgangen sind, beweisen u. a. die Bemerkungen von Lesueur (|. c.). 4 * 28 “ Ende mehr oder minder stark von vorn nach hinten zu gestutzt ist. Die Mitte dieses Abschnittes ist etwas erweitert und hat ungefähr denselben Querdurchmesser, wie das vordere Augensegment, während die Länge desselben kaum beträchtlicher ist. Uehrigens ist dieser Abschnitt nicht etwa rollrund, sondern von den Seiten, wenigstens in der untern Hälfte, ziemlich stark comprimirt (Tab. I, Fig. 8). Noch auffallender ist diese Compression am letzten Augenabschnitte *), der sich bogenförmig an das Ende des Ver- bindungstheiles anlegt und eine schuh- oder kielförmige Gestalt hat. Am hintern Rande ist dieser Grundtheil am höchsten und mit einer buckelförmigen Wölbung versehen, während er sich vorn, wo er (wegen der abgestutzten Endfläche des Mitteltheiles) der Cornea mehr angenähert ist, in einen ziemlich ansehnlichen schnabelförmigen Fortsatz auszieht. Die Ortsbezeichnungen, deren ich mich im Voranstehenden bedient habe, beziehen sich auf die Lage der Gesichtswerkzeuge im unverletzien Thiere °), bei dem dieselben etwas divergirend dergestalt an den Seitentheilen der Stirne (bei Firoloides, wie bei Cari- naria an der Basis der Fühler) angebracht sind, dafs die eine Seitenfläche nach aufsen, die andere dagegen nach innen gekehrt ist. Die Cornea ist nach (vorn und) oben gerichtet, der längere Augenrand nach hinten. Die beiden Seitenflächen des Auges sind übrigens nicht blofs durch ihre Lage von einander unterschieden, sondern auch dadurch, dafs die innere Fläche — namentlich die vordere Hälfte derselben — mit ihren Rändern mehr oder minder stark zusammengebogen ist ?). Trotz der formellen Uebereinstimmung des Heteropodenauges im Allgemeinen finden sich im Uebrigen bei den einzelnen Arten dieser Thiere mancherlei auffallende Verschie- denheiten, die so weit gehen, dafs die Gestalt des Auges allein schon hinreicht, die einzelnen Arten von einander zu unterscheiden. Die Cornea hat freilich überall dieselbe sphärische Gestalt, aber der Verbindungstheil und der Augengrund zeigen dafür um so gröfsere Differenzen, sei es nun, dals diese sich in der seitlichen Abplattung , der Breitenentwickelung, der Abrundung am Ende oder in einem andern Verhältnisse aus- sprechen. ) Diese Compression geht übrigens wohl niemals so weit, dafs sich die beiden Seitenflächen des Auges, wie Krohn angiebt, „allmählig bis zur Berührung nähern“. Auch bei Carinaria, Firola Fredericiana und mulica, wo diese Compression am stärksten ist, bleibt immer noch zwischen den beiden Seitenflächen ein Hohlraum mit Glaskörper und Augenhäuten. ?) Sie stimmen nicht mit der von Krohn angewendeten Bezeichnungsweise überein. °) In der von Krohn mitgetheilten schematischen Figur (a. a. O. Tab. X, Fig. 8) ist diese Concavität der innern Augenfläche etwas gar zu auffallend dargestellt worden. Auch kenne ich keine Firola — die Form des abgebildeten Auges läfst auf F. Fredericiana oder mutica zurück- schliefsen —, bei der die bauchige Erweiterung der hintern Hälfte eine so regelmälsige Kegel- form besäfse. 29 Bei Atlanta, Firola coronata (Tab. I, Fig. 7, 8) und Firoloides (Fig. 9) ist die Form des Auges im Ganzen noch am wenigsten auffallend. Der Verbindungstheil hat hier die Gestalt eines mäfsig abgeplatteten Cylinders und geht an seinem untern Ende in einen schuh- oder nachenförmigen Grundtheil über. Firola Fredericiana (Fig. 3 A) und mutica haben einen kegelförmigen Verbindungstheil mit weit abgestutztem Vorderende und einen breiten, bogenförmig gekrümmten Grundtheil, der am vordern Ende einen weit vorspringenden Schnabelfortsatz bilde. Bei Carinaria verlängert sich der Grundtheil leistenförmig an beiden Enden bis zur Cornea und ist dergestalt nach innen zu ge- krümmt, dafs sein Querschnitt die Contouren einer concav-convexen Linse mit stark gebogenen Rändern zeigt. Die Gröfse des Auges richtet sich im Allgemeinen nach der Körpergrölse, ist aber, wie gesagt, beständig sehr bedeutend. Das Volumen des Gehirnes wird von jedem einzelnen Auge (namentlich bei den gröfsern Arten) reichlich um das Zehn- und Mehrfache übertroffen. Firola coronata besitzt unter den beobachteten Arten die grölse- sten Augen, die bis 24 in der Länge messen. Carinaria hat Augen von fast 2 Länge, Firola Fredericiana von 3“, F. mutica von fast 3“, Firoloides Lesueurii von 3. Die Ausdehnung des Augengrundes beträgt bei Firola Fredericiana und mutica fast eben so viel, als die Länge des ganzen Apparates. Bei der Durchsichtigkeit der Heteropoden schimmern die Umrisse der Augen durch die äufsern Bedeckungen natürlich um so bestimmter hervor, als sich die Pigmenthaut derselben beständig durch eine sehr dunkle Färbung auszeichnet. Uebrigens sind die Augen unserer Thiere nicht etwa ohne Weiteres in die äufsern Körperbedeckungen eingesenkt, sondern in einem eignen stumpfconischen Fortsatze gelegen, . dessen vordere Fläche grubenartig eingedrückt ist und von einem ringförmigen Vorsprung, wie von einem Walle, umsäumt wird. Auf solche Weise entsteht durch Verdünnung der äufsern Bedeckungen vor der Cornea eine förmliche Conjunetiva. Die innere Höhle dieses Vorsprunges, die den Augapfel aufnimmt, ist eine Fort- selzung der Leibeshöhle (Tab. I, Fig. 1) und von der Muskelhülle derselben ausge- kleide. Nur in dem vordern Abschnitte der Augenhöhle fehlt die Muskelhülle : sie ist hier von der Cornea durchbrochen, so dafs diese unmittelbar an die Innenfläche der äufsern Bedeckungen sich anlegt, während der hintere gröfsere Theil des Augapfels in die Leibeshöhle hineinragt. Es gilt bekanntlich als Regel, dafs die Gesichtswerkzeuge der Schnecken mit den äufsern Körperhüllen fest zusammenhängen und der selbstständigen Beweglichkeit ent- behren '). Bei den Heteropoden ist das anders. Die Gesichtswerkzeuge dieser Thiere ') Ob das freilich in dieser Allgemeinheit richtig ist, möchte wohl noch nicht ausgemacht sein. Bei Paludina sah Leydig (Zeitschrift für wiss. Zool. I, S. 157) das Auge unter dem 30 sind ganz allgemein mit einem Muskelapparate versehen, der sich aus der Muskel- hülle der Leibeshöhle ablöst und die Stellung der Augen in manchfacher Weise ver- ändern kann ?). Bei Firola, wo ich diesen Apparat am genauesten untersucht habe (Tab. I, Fig. 3 A) findet man zunächst einen (verhältnilsmäfsig) sehr kräftigen Vor- wärtszieher *), der sich an den vordern Rand des Augapfels und zwar an den Verbin- dungstheil zwischen der Cornea und den Schnabelfortsatz des Augengrundes ansetzt, wo sich zu diesem Zwecke ein eigener Processus muscularis von blattförmiger Bildung ent- wickelt hat. Histologisch besteht dieser Muskel aus einer Reihe paralleler Fasern, die zu einem breiten Bande unter einander vereinigt sind, sich aber am peripherischen Ende irennen und einzeln an der allgemeinen Muskelhaut befestigen, nachdem sich vorher der Stamm des einen Augenmuskelnerven zwischen denselben hindurchgezogen hat (Ibid.), so dafs diese Fasern gewissermaisen auf dem Nerven zu reiten scheinen *). Ein zweiter schwächerer Vorwärtszieher setzt sich an den Schnabelfortsatz des Augengrundes selbst an und verläuft fast parallel mit der Längsachse des Auges, während der erste vorher beschrie- bene Vorwärtszieher fast senkrecht zu dieser Achse steht. Als Antagonisten dieser Mus- keln wirken zwei schwächere Rückwärtszieher, die gleichfalls in verschiedener Richtung verlaufen, aber beide an dem buckelförmigen hintern Fortsatze des Augengrundes sich festheften. Dazu kommt noch, dafs auch der Augengrund, oder vielmehr das schon oben erwähnte Ganglion opticum, das dem Augengrunde aufliegt und sich leistenförmig von dem hintern Fortsatze desselben nach vorn erstreckt, von einem Muskelnetze umsponnen wird. Die Elemente dieses Netzwerkes bestehen aus Fasern und sternförmig verästelten Muskelzellen, die sich mit ihren Enden in dem Hautmuskelschlauche verlieren und mit den vorhin beschriebenen Muskeln einen Apparat zusammensetzen, der sich nach seiner Wirkungsweise mit den Augenmuskeln der höhern Thiere vergleichen läfst. Mikroscope sich bald etwas vor, dann wieder zurückschieben, was wohl nur durch eine bestimmte Anordnung der Muskeln geschehen konnte, die freilich wegen des vielen Pigmentes und der Kalk- concremente in der Haut dieses Thieres nicht zu erforschen war. ‘) Bei Firola Adamastos ist diese Beweglichkeit der Augen schon von Gaimard angemerkt worden. ?) Bei der, Zusammenziehung dieses Muskels wird natürlich — wenn wir den Muskelring im Umkreis des hintern Cornearandes als Hypomochlion betrachten — nur der Augengrund nach vorwärts gezogen, die Cornea aber nach hinten gekehrt. k >) Wenn man diesen Muskel mit dem daran hängenden Nerven untersucht, so geräth man in Verlegenheit, welche Elemente man als Nerven auffassen soll, welche als Muskeln, doch glaube ich mich mit Recht für die voranstehende Deutung entschieden zu haben. Die Schwierigkeiten der Unterscheidung sind um so gröfser, als der Zusammenhang zwischen den Muskelfasern und dem Nervenstamme nicht blofs ein äufserlicher ist, sondern durch eine vollständige Verschmelzung der Muskel- und Nervenscheide bewirkt wird. 31 Was den Bau des Auges anbetrifft, so unterscheidet man zunächst eine Skle- rotika, die den ganzen Augapfel überzieht und sich auch nach vorn ohne Weiteres in die Cornea fortsetzt. Sie hat keine besonders beträchtliche Dicke, läfst aber, wenig- stens in ihrer vordern Hälfte, einen deutlichen Zellenbau erkennen. Die Zellen sind pflasterförmig abgeplattet, mit mehr oder minder eckigen Contouren und umschliefsen bei einem mittlern Durchmesser von 71,’ einen deutlichen ovalen Kern von ;;=. Sie liegen in einfacher Schicht neben einander und werden durch eine gemeinschaftliche Intercellular- substanz zusammengehalten. Der ganze Bau erinnert an das knorpelartige Gewebe der Lippenränder, an das sich denn auch die Sklerotica ihrem histologischen Charakter nach zunächst anschlielfsen dürfte. In der hintern Hälfte der Sklerotica werden die Zellen derselben allmählig undeutlich, bis sie sich schliefslich überhaupt nicht mehr erkennen lassen. Die Sklerotica stellt dann (ähnlich dem Bauchfell) eine homogene Membran von feinkörniger Beschaffenheit dar, die am hintern Rande des Auges ohne Weiteres in das Neurilem des Opticus übergeht. Die Linse hat eine kugelrunde Gestalt und eine, wie schon Forskäl wulste, sehr beträchtliche Gröfse. Sie miflst bei Firola coronata 3“, bei Carinaria 2, bei Firola Fredericiana 3°, bei Firola mutica %“, bei Firoloides ;';‘. Eine besondere Linsen- kapsel fehlt. Die Linse hat eine zähe Beschaffenheit, ist, wie gewöhnlich, in ihren peripherischen Schichten etwas weicher, als im Centrum, lälst aber keinerlei histolo- gische Elemente, weder Fasern noch Zellen, erkennen. Im gehärteten Zustande zer- bröckelt sie leicht in kleine unregelmälsige Häufchen, die dann mitunter ein kernartiges Gebilde zu umschliefsen scheinen. Die Grölse der Linse ist so beträchtlich, dafs sie (Fig. 3, 7—9) nicht nur den Hohl- raum der Cornea bis auf den vordern Abschnitt vollkommen ausfüllt, sondern auch nach hinten ziemlich weit über denselben hinausragt. Dieser vordere Augenraum wird nach Krohn von einer „dem Glaskörper an Consistenz ähnlichen und fest mit der Linse verbundenen Substanz“ eingenommen. Ich habe mich indessen davon überzeugen müssen, dafs der Inhalt dieser Augenkammer eben so wohl von dem Glaskörper, als auch von der Linse verschieden ist, von beiden sich leicht isoliren läfst und einen eignen Sammelkörper ! ) darstellt. Die Form dieses Körpers ist die einer convex-concaven Linse mit kurzem Radius und einer stärker gewölbten Vorderfläche. Ihr Durchmesser zeigt bei den ein- zelnen Arten bedeutende Verschiedenheiten und bleibt bei Firoloides, wo er am Beträcht- lichsten ist, nur um Weniges hinter dem Durchmesser der sphärischen Linse zurück. !) Derselbe Körper scheint auch, nach einer flüchtigen Untersuchung zu urtheilen, bei Alciopa vorzukommen, bei einem pelagischen Kiemenwurm, dessen Augen durch Gröfse und innere Bildung überhaupt sehr auffallend an die Gesichtswerkzeuge der Heteropoden erinnern. 32 Die Consistenz ist ziemlich beträchtlich, so dafs der Körper auch nach der Isolation seine Form ganz unverändert beibehält. Durch die histologische Untersuchung wird die Verschie- denheit dieses Sammelkörpers von dem Glaskörper der hintern Augenkammer bestätigt. Während der letztere mit einer gallertartigen Beschaffenheit eine vollkommene Homoge- neität verbindet, besteht die vordere Linse aus einer Anhäufung von Zellen, die durch Gröfse und Einbettung in eine structurlose Grundsubstanz an die Zellen der Sklerotika erinnern, aber statt eines ovalen Kernes, wie diese, einen stäbchenförmigen, soliden Kör- per von z45“‘ einschliefsen. Die Festigkeit dieses Körpers (der wohl nur einen meta- morphosirten Kern darstellt) ist so grofs, dafs derselbe sogar der Einwirkung einer concentrirten Kalilauge eine längere Zeit widerstehen kann. Von der Pigmenthaut im Auge der Firoloiden gilt dasselbe, was Leydig für die Carinarien hervorhebt (a. a. 0. S. 327), dals sie aus den schönsten polygonalen Zellen besteht, wie bei den höhern Wirbelthieren. Sie messen etwa ;5“‘ und enthalten ein violettes, an manchen Stellen auch rothbraunes Pigment. Wie es mir übrigens scheint, bilden diese braunen und violetten Pigmentzellen eine doppelte Lage, eine äufsere, die der Membrana fusca entsprechen möchte, und eine innere, die eigentliche Chorioidea. Die erstere hat eine gröfsere Ausdehnung. Während die letztere sich ausschliefslich auf den Verbindungstheil des Auges beschränkt, und namentlich am Rande der Cornea in scharfer Grenze aufhört, greift die andere nach vorn und hinten noch eine Strecke weit über denselben hinüber. In beiden Lagen zeigt das Pigment übrigens eine eigenthümliche netzförmige Anordnung, ein Umstand, der nur von einer ungleichen Füllung der Pigment- zellen herzurühren scheint. Dafs diese ungleiche Vertheilung des Pigmentes noch weiter geht und (namentlich auf der Innenfläche des Mittelstückes) ganze grolse pigmentlose Stellen vorkommen, ist schon von den früheren Beobachtern mehrfach hervorgehoben worden. Ich habe solche pigmentlose Stellen bei allen untersuchten Arten beobachtet (Tab. I, Fig. 3a, 7), indessen auch zugleich die Ueberzeugung gewonnen, dafs sie in Form und Ausdehnung die gröfsesten Verschiedenheiten zeigen und einzelnen Individuen selbst vollständig abgehen. Die Pigmentzellen verhalten sich an diesen Stellen (was schon Leydig angiebt), wie in einem Albinoauge; sie sind vollkommen hell und ohne Spur von Pigment, sonst aber von gewöhnlicher Form und Gröfse. Das vordere Ende der dunkeln Chorioidea reicht bis an das Ende des Verbindungstheiles und bildet hier einen Pigmentring, der das hintere Segment der Linse umfalst und die Linse, wie es scheint, in ihrer Lage festhält. Ueber die eigenthümlichen und im höchsten Grade interessanten ') Structurverhält- !) Wenn irgend welche Thiere, so möchten wohl vorzugsweise unsere Heteropoden geeignet sein, die Fragen über den feinern Bau des lichtempfindenden Apparates ihrem Abschlusse entgegen zu führen. 33 nisse der Netzhaut bei denHeteropoden hat uns schon Krohn (Fror.N. Not. Bd. XXV, $. 42) einige Mittheilungen gemacht, die ich vollständig bestätigen kann. Um den Bau dieses wichtigen Apparates gehörig beschreiben zu können, mufs ich hier nochmals hervorheben, dafs der N. opticus an den hintern Winkel des Augengrundes hinantritt, und sich von da, wie ich schon erwähnt habe, in Form eines leistenförmigen Ganglions nach dem vordern hinzieht. Dieses Ganglion opticum ist bereits, wenn man will, in den Augapfel eingeschlossen, da das Ende der Sklerotica sich ohne Weiteres in das Neurilem desselben foriseizt. Die Faserzüge dieses Ganglions verlaufen natürlich in der Querachse des Auges, biegen aber auf der vordern Fläche des Ganglions fast unter rechtem Winkel um und bilden mit einer feinkörnigen Substanz untermischt im Grunde des Auges eine Faser- schicht mit senkrecht stehenden Elementen. Die Fasern sind dünn und blafs und messen etwa „4,“ An den Seitenrändern des Augengrundes scheinen sich dieselben etwas weiter nach vorn zu erstrecken, so dafs die betreffende Schicht im Ganzen ungefähr die Form eines Nachens hat. Auf dieser äufsern Retinaschicht liegt nun noch eine zweite innere Schicht, die aus dicken und schärfer contourirten faserartigen Bildungen (von „;,‘“) besteht, aus Elemen- ten, die ich nach Brechungsvermögen und Aussehen nur mit den Stäbchen im Auge der höhern Thiere *) vergleichen kann. Dafs diese Stäbchen nach innen auf der Faserschicht aufsitzen, darüber kann kein Zweifel sein *). Auch davon glaube ich mich mit Bestimmtheit überzeugt zu haben, dafs ihre peripherischen Enden mit den blassen Sehnervenfasern zusammenhängen. Die letztern erweitern sich ein Wenig und gehen dann unmittelbar, mit - einer Art Quergliederung, in die Stäbchen über). Die Stäbchen stehen senkrecht, wie die Fasern der Retina, sind aber durch eingelagerte braunePigmentzellen von einander geschieden. Ihre freien Enden sind dem Glaskörper zugekehrt. Die Stäbchen, die in die optische Achse des Auges fallen, sind die kürzesten. Sie messen etwa 5“. Mit der Annäherung an die Ränder des Augengrundes wächst die Länge der Stäbchen, und an den Seiten desselben sehe ich faserförmige Stäbchen von #, die eine Strecke weit parallel der Wandung emporsteigen und sodann nach innen in den Glaskörper sich hineinkrümmen. ') Nach H. Müller findet sich auch im Auge der Cephalopoden eine Stäbchenschicht (Zeitschrift für wiss. Zool. IV, $. 345). ?) Ebenso ist es nach Krohn (a. a. 0.) bei Alciopa, bei der dieselbe faserförmige Stäbchen- lage vorkommt. *) Ich möchte hierbei nicht blofs an die neusten Untersuchungen über den Bau der Retina bei den Säugethieren (von Kölliker und Müller) erinnern, sondern auch an die sog. zusammen- gesetzten Augen der Insekten, deren Organisation man vielleicht nur mit Unrecht als so sehr abweichend betrachtet. Leuckart, zool. Untersuch. III. 5 34 Die vordere Grenze dieser innern Retinaschicht reicht also weiter, als die der äufsern und fällt ungefähr mit der des Augengrundes zusammen. In dem Verbindungstheile habe ich weder Nervenfasern, noch Stäbchen auffinden können. Das Gehörorgan der Heteropoden (Tab. I, Fig. 3 B) ist schon mehrfach von den Anatomen (Souleyet, Krohn und Leydig) beobachtet und beschrieben worden ?). Es besteht jederseits aus einem hellen sphärischen Bläschen, das ziemlich dicht hinter den Augen liegt und durch einige Muskelfäden, die an dasselbe herantreten, festgehalten wird ?). Gleich den Augen sind diese Gehörbläschen von erklecklicher Gröfse. Sie lassen sich noch bei Fir. mutica mit blofsem Auge sehr bequem erkennen (4““) und erreichen bei F. coronata und Carinaria sogar einen Durchmesser von eiwa 4% (Bei Firoloides messen dieselben etwa ';“.) Der Otolith hat eine kreisrunde Gestalt und nimmt reichlich die Hälfte vom Durchmesser der Gehörblase in Anspruch. Mit dem feinern Bau dieses Apparates hat uns schon Leydig (Zeitschr. u. s. w. III, S. 326) in erschöpfender Weise bekannt gemacht. Das Gerüst des Gehörbläschens_ ist eine structurlose Membran von glasheller Beschaffenheit, die sich unmittelbar in die Scheide des Gehörnerven fortsetzt, und gewissermalsen als eine blasenartige Erweiterung derselben betrachtet werden kann. Auf der Innenfläche dieser Blase liegt zunächst eine dünne Substanzschicht von feinkörniger Beschaffenheit. Obgleich man in dieser Schicht weder eine Faserbildung, noch ein streifiges Aussehen, wie in dem Gehörnerven, beobachtet, möchte ich sie doch als das eigentliche Substrat der Sinneswahrnehmung, als Nervenhaut, in Anspruch nehmen. Ich glaube mich überzeugt zu haben, dals sie zu dem markigen Inhalt des Gehörnerven in derselben Beziehung steht, wie die Gehörblase zu der Nerven- scheide. Zuinnerst enthält die Gehörblase noch eine Zellenschicht, deren Elemente etwa ;45“ im Durchmesser haben und an einzelnen (etwa 10—15) Stellen zu kleinen papillenförmig vorspringenden Häufchen zusammengruppirt sind. Schon Leydig hat bei Carinaria und Firola coronata beobachtet, dafs diese Papillen mit einem Wimperbüschel versehen sind; ich habe dieselben Wimperbüschel auch bei den übrigen Arten von Firola, bei Firoloides !) Wahrscheinlich sind die Gehörorgane übrigens schon von Lesueur gesehen worden. Er giebt wenigstens an, dafs in der Nähe der Augen bei den Firoloiden einige kleine gallertartige Pünktchen vorkämen, in denen man wohl kaum etwas Anderes vermuthen kann, als die Gehörbläs- chen, die, wie bemerkt, schon mit unbewaffnetem Auge ganz deutlich gesehen werden. ?) Ich will es dahin gestellt sein lassen, ob diese Muskelfäden etwa auf den Spannungsgrad der Blase einzuwirken im Stande sind, wie es nach den Beobachtungen Leydig’s bei Paludina der Fall zu sein scheint (a. a. 0. S. 157). Jedenfalls bilden dieselben kein so deutliches Geflechte auf der Oberfläche der Gehörblase, wie es L. bei der genannten Schnecke beschrieben hat. 35 und Atlanta aufgefunden !). Die Wimpern haben eine sehr ansehnliche Länge (3%) und sind in ihrer untern Hälfte von beträchtlicher Dicke ?). Bei den Bewegungen der- selben schwingt vorzugsweise das freie peitschenförmig verdünnte Ende, und durch diese Bewegungen wird der Otolith begreiflicher Weise in einer beständigen Oseillation erhalten. Der Gehörstein hat die gewöhnliche Beschaffenheit und das bekannte geschichtete Aussehen, zeigt auch mitunter einige radiäre Klüftungslinien. Besondere Tastorgane fehlen den meisten unserer Thiere. Die Heteropoden sind gewaltige Räuber und bei derartigen Geschöpfen pflegen die Tastorgane überhaupt nur selten so vollständig entwickelt zu sein, als bei solchen Thieren, deren Lebensweise eine gemächliche Untersuchung der Nahrungsmittel gestattet. Nur bei Firoloides und Carinaria finden sich ein Paar Fühler, deren Nervenapparate schon oben beschrieben sind. Bei der Entwickelung und der Ausbreitung der Hautnerven darf man übrigens nicht daran zweifeln, dafs die ganze äufsere Oberfläche des Körpers für die Vermittelung von Gefühlswahrnehmun- gen im höchsten Grade geschickt ist. Zu den Organen, die sich durch Lage und Nerven- reichthum vor allen andern hierzu eignen, möchte ich aufser den Lippen namentlich auch den Fufsrand und die Seitenflossen des Schwanzes rechnen. Es sind das dieselben Körper- stellen, an denen ich die oben beschriebenen ganglionären Nervennetze aufgefunden habe. Dals die Fähigkeit des Gefühls durch dieselben bedeutend gesteigert wird, ist nicht blols an sich sehr glaublich, sondern gewinnt auch noch dadurch an Wahrschein- lichkeit, dals ich diese Bildungen an andern Körperstellen vergebens gesucht habe. Zu den Sinneswerkzeugen möchte ich hier übrigens auch noch ein anderes sonder- bares Organ zählen, das bei keiner Firoloidenart vermifst wird, obgleich es bisher über- sehen zu sein scheint. Ich habe dieses Gebilde schon oben einmal unter dem Namen des Wimperorganes erwähnen müssen. Es liegt auf der Vorderfläche des Nucleus oberhalb der Niere (Tab. I, Fig. 1, 10, 11, 12e) und stellt eine kahnförmige Vertiefung von ziemlich ansehnlicher Grölse dar (bei F. coronata mifst es mehr als 1“), deren aufgewulstete Seitenränder mit langen und starken, rädernden Wimperhaaren besetzt sind. Wird das Thier beunruhigt, so klappen sich die beiden Seitenflächen des Organs zusam- men, doch läfst sich dasselbe auch noch in diesem Zustande mit blofsem Auge als ein ovaler Streif im Innern der Körperhülle unterscheiden. ') Hier und da glaube ich übrigens zwischen diesen Wimperbüscheln auch einzelne isolirte Wimperhaare gesehen zu haben. *) Ich kann diese Wimperhaare selbst bei solchen Exemplaren noch deutlich unterscheiden, die seit mehren Monalen in Liqueur conservative aufbewahrt sind. 5: 36 Was mich vorzugsweise bestimmt, dieses Gebilde als ein Sinnesorgan zu betrachten, ist der Umstand, dafs es — wie schon oben erwähnt wurde — von einem ansehnlichen Nervenstamme versorgt wird, der aus dem vordern Ganglion des Plexus intestinalis her- vorkommt, geraden Weges — ohne einen Zweig abzugeben — an die hintere Fläche desselben hinantritt und hier mit einer ganglionären Anschwellung endigt. Das Ganglion, das unter rechtem Winkel auf dem Nerven aufsitzt, hat eine spindelförmige Gestalt und reicht vom vordern bis zum hintern Ende des Wimperorganes. Bei mikroscopischer Untersuchung kann man in ihm. die Ganglienkugeln und zwischen diesen die Faserung des Nerven deutlich unterscheiden. Die Aufwulstung des Randes rührt von einer Wucherung der Epidermiszellen her, die aber sonst ihre gewöhnliche Gestalt und Gröfse besitzen. Rechts und links neben dem Ganglion verlaufen einige isolirte Muskelfasern mit verästelten, häufig auch netzförmig zusammenhängenden Enden, die durch die Einlagerung eines Kernes sich als deutliche Faserzellen erweisen. Im Allgemeinen stofsen diese Muskelfasern unter rechtem Winkel auf das Ganglion, an dessen Scheide sie sich mit ihren Ausläufern festsetzen. Das andere Ende ist theils an den äufsern Bedeckungen, theils aber auch an dem Nierenschlauche und der Vorkammer befestigt. Das letztere gilt namentlich für jene Muskelfasern, die von dem Ganglion senkrecht in die Tiefe hinabsteigen und als Retractoren zu wirken scheinen, während die Dilatatoren in hori- zontalem Verlaufe unter den äufsern Bedeckungen hinstreichen ?). Was die functionelle Bedeutung dieses sonderbaren Organes betrifft, so könnte man ohne den Nervenapparat vielleicht einen Zusammenhang desselben mit den nahe liegenden Athmungswerkzeugen vermuthen. Man könnte möglicher Weise daran denken. dals die Räderbewegung die Aufgabe habe, die Kiemen mit einem beständig neuen Wasserstrome zu versorgen. Freilich müfste man dabei aufser Acht lassen, dals auch das kiemenlose Genus Firoloides mit einem solchen Organe versehen ist. Auf der andern Seite möchte es freilich auch für ein Sinnesorgan sehr auffal- lend sein, dals es mit den Eingeweiden von demselben Nervencentrum aus versorgt wird. Es steht uns hier unwillkürlich das Bild der höhern Wirbelthiere vor Augen, bei denen wir ein eignes, ausschliefslich auf die Eingeweide beschränktes Nervensystem vor- finden. Die Eingeweidenerven der niedern Thiere hat man oftmals mit diesem sog. ') Was ich schon mehrfach hervorgehoben habe, die Schwierigkeit einer Unterscheidung zwischen den Muskelfasern und den Nervenästen, gilt namientlich auch wiederum von den oben beschriebenen Bildungen. Ich habe diese Fasern unzählige Male untersucht, bevor ich mir über die Natur derselben ein festes Urtheil bilden konnte. Erst nach vielfachem Zweifeln und Prüfen habe ich sie als Muskelfasern erkannt und die Ueberzeugung gewonnen, dafs das betreffende Ganglion keine Nerven abgiebt, also ausschliefslich für die Flimmergrube bestimmt ist. u u Zt ne 37 sympathischen Nervensystem zusammengehalten — wir wollen hier nicht entscheiden, ob mit völligem Rechte. Aber so viel ist gewifs, dafs der Verbreitungsbezirk dieser sog. Eingeweidenerven bei den Wirbellosen gar oftmals anders und viel weiter ist, als der des Sympathicus. Bleiben wir nur bei unsern Firoloiden ; da sehen wir, wie das zweite Ganglion intestinale, dasselbe, das die Geschlechtsorgane, die Leber u. s. w. versorgt, auch an die Sphincteren des Afters und der Niere seine Nerven entsendet; wir sehen mit andern Worten, dals hier das sog. sympathische System seinen Einflulfs auch auf gewisse willkürlich bewegliche Muskelgebilde ausdehnt. Dasselbe Ganglion entsendet auch Hautnerven, die sonder Zweifel als Gefühlsnerven agiren. Ist es am Ende auflal- lender, wenn wir wahrnehmen, dafs auch Organe zur Vermittelung specifischer Sinnes- wahrnehmungen von diesen Theilen aus versehen werden? Der Nervenursprung dieses Apparates scheint mir unter solchen Umständen also keineswegs mit der Ansicht unvereinbar, dals derselbe die physiologische Bedeutung eines Sinnesorganes besitze. Handelt es sich nun aber weiter um die Frage, welche Art von Sinnesorganen uns hier vorliege, so können dabei von den uns bekannten Sinneswerkzeugen möglicher Weise nur zwei in Betracht kommen. Entweder, so wird man sich entscheiden müssen, ist unsere Wimperscheibe ein Gefühlsorgan, oder sie ist ein Geruchswerkzeug. Im ersten Augenblicke möchte man vielleicht der erstern Annahme den Vorzug geben. Die Wimperscheibe liegt an derselben Stelle, wo bei Carinaria und den übrigen Heteropoden die Schale angebracht ist : man könnte vermuthen, dafs es gewissermafsen einen Ersatz für diesen Schutzapparat abgäbe '). Dazu kommt, dals man sich wirklich leicht über- zeugen kann, wie unsere Thiere auf eine Berührung ihres Wimperorganes beständig durch eine anhaltende Reihe von kräftigen locomotorischen Bewegungen antworten. Bei näherer Ueberlegung wird man aber nichtsdestoweniger die Ueberzeugung gewinnen, dafs der Bau unseres Organes den physikalischen Anforderungen eines Tastapparates nur unvollständig genüge. Ein Tastorgan verlangt eine selbstständige freie Bewegung; es wird weit passender die Form eines eylindrischen Anhanges, als die einer scheibenför- migen Abplattung besitzen. Allerdings ist diese Scheibe mit Wimperhaaren besetzt, mit Gebilden, wie sie oftmals zur Vermittelung der Tastempfindung in Anwendung gezogen sind, aber das ist immer nur bei kleinen Thierformen der Fall, bei denen die Wimperhaare ') Das setzt allerdings voraus, dafs Carinaria unserer Wimperscheibe entbehre. Ob dem aber wirklich so ist, mufs ich leider unentschieden lassen — aus Gründen, die schon oben einmal ange- führt wurden. Sollte das Ganglion der Wimperscheibe bei den Firoloiden übrigens wirklich, wie ich es früher vermulhet habe, dem G. anale bei Carinaria entsprechen, so dürfle dieses Thier wohl gleichfalls mil einem derartigen Organe ausgerüstet sein. 38 verhältnifsmälsig als sehr beträchtliche Anhänge erscheinen. Bei unsern Firoloiden möchten dieselben für solche Zwecke nicht mehr ausreichen. Ueberdiels sind diese Wimperhaare hier in beständig gleichmälsiger und kräftiger Bewegung, und diese Bewegung dürfte die etwaige Fähigkeit zur Tastempfindung eher beeinträchtigen, als erhöhen. Sehen wir nun aber auf den Effect dieser Wimperbewegung, auf die Wasser- strömung, die dadurch unterhalten wird, so dürfte es sich wohl herausstellen, dals die- selbe im höchsten Grade für die Vermittelung von Geruchswahrnehmungen geeignet sei. Und somit scheint es mir denn bis auf Weiteres das Passendste, die Wimperscheibe der Firoloiden als Geruchswerkzeug den Sinnesorganen dieser Thiere anzureihen. Besondere Geruchswerkzeuge scheinen überhaupt unter den Mollusken sehr viel weiter verbreitet zu sein, als man früherhin geneigt war, anzunehmen. Wir haben schon bei den Salpen auf ein wahrscheinliches Gebilde der Art hingewiesen (Untersuchungen Heft II, S. 26), auch durch die Untersuchungen von Hancok die kaum zweifelhaften Geruchswerkzeuge der Bullaeen kennen gelernt (vgl. Froriep’s Tagesber. Zool. Ill, S. 100). Bei den letztern bestehen diese Gebilde ebenfalls aus einer ovalen Platte, die freilich eine abweichende Lage (an der untern Fläche des Tentakellappens) hat, aber doch sonst mit unserer Wimperscheibe viele Aehnlichkeit zu besitzen scheint, auch gewils — gleich den Geruchsorganen der Fische, mit denen dieselbe bei Bulla hydatis sogar durch den Besitz und die Anordnung besonderer leistenförmiger Erhebungen übereinstimmt — mit Flim- merhaaren besetzt ist. Die Geruchswerkzeuge der Cephalopoden (vgl. Kölliker in Froriep’s N. Not. Bd. XXVI, S. 166 und Entwickelungsgesch. der Cephalopoden $. 107) dürften in Bezug auf Form und Bildung wohl gleichfalls von unserer Wimperscheibe nicht so auffallend verschieden sein, als man bei dem ersten Anblick vermuthen möchte). Verdauungsapparat, Wie das Nervensystem der Firoloiden, so hat auch der Verdauungsapparat derselben die gröfseste Aehnlichkeit mit dem der Carinaria. Der einzige auffallende Unterschied, der sich hierin vorfindet, betrifft die Lage der Afteröffnung , die bei den Firoloiden nicht an der Basis des Nucleus gefunden wird (wie v. Siebold, vgl. Anatomie $. 323, auch ») Dafs die sog. Tentakel der höhern Mollusken als Geruchswerkzeuge fungiren, scheint mir noch keineswegs so ausgemacht, als man nicht selten annimmt. Das Gen. Nautilus besitzt (nach Valenciennes) aufser seinen Fühlern noch ein Paar Gebilde, die mit den Geruchswerkzeugen der übrigen Cephalopoden übereinstimmen — will man diesem Thiere etwa zweierlei verschiedene Geruchswerkzeuge vindiciren ? 39 für unsere Thiere angiebt), sondern bis zur Spitze desselben emporgerückt ist. Selbst bei den kleinern Arten sieht man hier die Afteröffnung ganz deutlich schon mit unbe- walfnetem Auge. Sie bildet gewöhnlich — während der Ruhe des Thieres — eine tellerförmige, ziemlich weite Grube, deren aufgewulstete Ränder mit kräftigen, langen und starken Wimperhaaren besetzt sind (Tab. I, Fig. 1, 10, 11 g). Wie gewöhnlich bei den Schnecken, beginnt der Verdauungsapparat auch bei den Heteropoden mit einem fleischigen Schlundkopfe oder Pharynx, der in der Spitze des Rüssels (Tab. I, Fig. 1 h) gelegen ist und im Umkreis der Mundöffnung ohne Weiteres mit dem Muskelschlauch des Körpers zusammenhängt. Der Pharynx der Firoloiden hat eine kurze, eiförmige Gestalt und bildet an der Bauchfläche unterhalb des Oesophagus einen ansehnlichen, mit zweien Seitenbacken versehenen Vorsprung. Beide Seitenbacken sind durch eine Längsspalte getrennt, die in einen besondern kleinen Hohlraum hineinführt und durch eine Einstülpung des hintern und untern Pharyngealendes entstanden zu sein scheint. Die Wandungen desselben springen buckelförmig in die Höhle des Schlundkopfes vor und sind auf ihrer obern, der Rachenöffnung zugekehrten Fläche mit einer festen Membran von homogener Beschaffenheit (mit einer Chitinhaut) bekleidet, auf der sich durch Verdiekung und Wucherung die einzelnen Theile der sog. Zunge erheben. Die Zunge der Firoloiden ist übrigens keineswegs, wie angegeben wird, „sehr ver- kümmert“, auch nicht „aus einer einfachen Querreihe von spitzen und krummen Stacheln“* zusammengesetzt, sondern von derselben mächtigen Entwickelung, wie bei den übrigen Heteropoden und fast bis auf die Einzelnheiten des Baues mit der Zunge von Carinaria (vgl. Loven, Oefvers. af Kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. 1847. Tab. IV) übereinstim- mend. Die Zunge aller dieser Thiere stellt einen sehr kräftigen Greifapparat dar 1), der durch Verkürzung der muskulösen Pharyngealwände nach Aufsen hervorgestreckt werden kann und unsere Thiere zu einer äufserst räuberischen Lebensweise befähigt ?). Seitliche, von der Zunge verschiedene Kiefer, wie sie sonst nicht selten bei den Schnecken vor- kommen, fehlen bei den Heteropoden; ihre Stelle wird durch eine sehr eigenthümliche Entwickelung der Zunge vertreten. An der Zunge. ven Firola unterscheidet man in den einzelnen hinter einander liegenden Gliedern (Tab. I, Fig. 13) zunächst ein Mittelstick und zwei Seitenstücke. Das Mittelstück ist viereckig und trägt einen starken und langen, nach hinten gerichteten Dorn, an den sich jederseits noch eine sägeförmige Reihe kleinerer Zähne anschliefst. ') Schon Lesueur beschreibt die kieferartige Bildung der Zunge bei unsern Firoloiden. ?) Die Nahrung der Heteropoden (Carinaria und Firola) besteht vorzugsweise aus kleinen Fischen (meist, namentlich bei den kleinern Arten Fischbrut), aus Salpen, Quallen und andern Thieren von ähnlicher Lebensweise. 40 Nach aufsen zu nehmen diese Zähne (bei F. mutica etwa 7) immer mehr an Gröfse ab. Die Seitentheile liegen bogenförmig rechts und links neben den Mittelstücken. Sie sind nach vorn gekrümmt und am hintern Rande, wo sie an das Mittelstück anstolsen, in einen Zahnfortsatz ausgezogen, der an Länge und Stärke den Hauptzahn des Mittel- stückes noch übertrifft. Das äulsere Ende des Seitenstückes articulirt mit zwei klauen- förmig gekrümmten, spitzen Haken von mächtiger Entwickelung, die in der Ruhe auf dem Seitenstücke aufliegen und dann bis an das Mittelstück hin reichen. Im aufgerich- teten Zustande bilden sie mit dem Seitenstück einen mehr oder minder stumpfen Winkel. Sie dienen offenbar zum Umfassen und Festhalten der Beute, während die Zähne des Mittelstückes die Aufgabe haben, das Ausgleiten derselben nach vorn zu verhindern. Bei Firola coronata zähle ich 17, bei F. mutica sogar 23 solcher Glieder in ein- facher Reihe hinter einander; nur sind die vordern derselben ganz allgemein etwas schmaler und weniger entwickelt, als die hintern. Die letztern liegen in einer eignen Muskelscheide, welche dicht unter dem Anfangstheile des Oesophagus (also oberhalb der Spalte zwischen den Seitenbacken des Pharynx) höckerförmig in die Leibeshöhle hineinragt. Im hervorgestreckten Zustande bildet die Zunge der Firoloiden (vergl. die Abbil- dung bei Delle Chiaje, 1. c. Tab. 69, Fig. 1) eine maskenarlige Bedeckung des vordern Rüsselendes, die mit ihren aufgerichteten Seitenzähnen in hohem Grade an die zangenförmigen Greifapparate anderer niederer Thiere mit räuberischer Lebensweise erinnert. Die kräftigsten und längsten Zähne, die sonst am weitesten nach hinten zu liegen, nehmen jetzt, an der hervorgestreckten Zunge, die oberste Stelle (nächst der zur Mundöffnung gewordenen Rachenhöhle) ein. Die Muskulatur des Pharynx ist aufserordentlich complieirt, weit mehr, als sonst gewöhnlich bei den Schnecken. Der Pharynx der Heteropoden stellt gewissermalsen 'eine Mittelform zwischen der gewöhnlichen Bildung und dem sog. Rüssel der Raub- schnecken dar. Man unterscheidet in demselben eine grofse Anzahl von einzelnen mehr oder minder abgeplatteten Muskelbäuchen, die durch scheidenförmige Zwischenlagen eines structurlosen Zellgewebes von einander isolirt sind und vorzugsweise zum Verkürzen und Zurück- ziehen des Pharynx, wie zum Gebrauche der Zunge dienen. Es würde zu weit führen, wenn ich es versuchen wollte, hier eine ganz genaue und detaillirte Darstellung vom Muskelbau des Pharynx zu geben, auch ohne eine weitere Analyse des mechanischen Effectes bei jedem einzelnen Muskel kaum irgend einen Werth haben. Ich will mich deshalb damit begnügen, auf die ansehnlichsten dieser Muskeln hier mit wenigen Worten hinzudeuten. Das vordere Ende des Pharynx ist (F. coronata) von einem breiten und bandför- migen Ringmuskel umgürtet, der eine Art Sphincter oris darstellt, aber nur an der dor- 4 salen Hälfte des Schlundkopfes in ganzer Ausdehnung zu Tage liegt. Er bildet hier vor der Wurzel des Oesophagus ein muskulöses Querband, das u. a. auch vielleicht die besondere Aufgabe hat, gelegentlich die Rachenöffnung zu comprimiren. Unterhalb des Oesophagus, zwischen ihm und der Zungenscheide, verläuft ein anderer bandförmiger Quermuskel, der sich auf der Oberfläche der backenförmigen Seitenmuskeln des Pharynx aponeurosenartig ausbreitet. Ebenso werden die Seiten der Rachenöffnung von einem Längsmuskel begrenzt, der unter dem vordern Quermuskel hervorkommt und in die eben erwähnte aponeurotische Ausbreitung übergeht. An der ventralen Fläche ist der Sphincter pharyngis von mehreren oberflächlichen Längsmuskeln bedeckt, die in derselben Ebene neben einander liegen und sich zwischen den Seitenbacken an dem hintern und untern Ende des Pharynx ansetzen. Die mittlern dieser Muskeln haben einen geraden, die äufsern, die von den Seitenrändern der Lippen ihren Ursprung nehmen, einen schief nach innen zu gerichteten Verlauf. Die eigent- lichen Seitenbacken bestehen aus einem kräftigen Muskelbauche von keulenförmiger Gestalt, der von dem hintern Rande des Pharynx nach oben und vorn läuft und sich mit einer förmlichen Sehne unter dem vordern Compressor faueis an den Lippenrand ansetzt. Die Muskeln der Zunge, die den fleischigen Vorsprung im Innern des Pharynx zusammensetzen, bestehen aus drei über einander liegenden Schichten von platten, mehr- fach zerfallenen Längsmuskeln, die theils von dem Vorderrande dieser Seitenbacken, theils aber auch (es gilt das vorzugsweise für die innere Schicht) von dem hintern Rande derselben ihren Ursprung nehmen. Die beiden äufsern Schichten dieser Muskeln vereinigen sich am vordern Ende und treten an die Seitentheile der Zunge ?), während die innerste Lage schräg nach oben zu emporsteigt, um sich an der Wurzel der Zungen- scheide festzusetzen. Histologisch stimmen die Fasern der Pharyngealmuskeln fast vollkommen mit den Muskelröhren des Rumpfes überein. Sie sind gleich diesen (eben so auch die Muskeln der Zunge) bandförmige Faserzellen mit körnigem Inhalt, nur etwas breiter, wie gewöhnlich, und aufserordentlich leicht zu isoliren. In den kräftigen Seitenmuskeln nimmt der körnige Inhalt mitunter das Aussehen einer unregelmäfsigen Querstreifung an. Die Innenfläche des Pharynx ist mit einem rothgefärbten Cylinderepithelium ausge- kleidet, das nach vorn mit dem Epithelialüberzug der Lippen zusammenhängt. Die Zellen !) Die Seitenzähne der Zunge bekommen keine eigenen Muskeln. Ihre Bewegung ist, wie es scheint, von der Bewegung der Zunge im Ganzen abhängig. Die Zähne richten sich auf, sobald die Zunge (wie im vorgestreckten Zustand) gespannt wird und legen sich nieder, sobald diese Spannung (wie beim Zurückziehen der Zunge) abnimmt. Leuckart, zool. Untersuch. III. 6 De dieses Epitheliums erreichen die ansehnliche Länge von ;!;‘“ und enthalten aufser dem körnigen, zum Theil rothgefärbten Inhalt, einen ovalen Kern von ;55‘“. Der Darmkanal entspringt, wie schon oben erwähnt wurde, an der Dorsalfläche des Schlundkopfes, oberhalb der Zungenscheide. Er verläuft graden Weges durch den Rüssel nach hinten und durchsetzt ohne alle Krümmung, wie bei Carinaria, die ganze Länge der Leibeshöhle bis zur Wurzel des Nucleus (Tab.I, Fig. 1). Ein Mesenterium fehlt. Die ein- zige Befestigung des Darmes besteht — wenn wir von dem zellgewebigen Diaphragma bei den grölsern Arten absehen — aus zweien dünnen, aber festen und elastischen Strängen oder Bändern, von denen ich unentschieden lassen will, ob sie muskulöser oder zell- gewebiger Natur sind ?). Sie scheinen sich von den Seitenmuskeln abzulösen und befestigen sich rechts und links eine Strecke weit vor dem Ende des Magens. Histo- logisch bestehen diese Stränge aus einer hellen und structurlosen Scheide, die einen längs- gestreiften und körnigen Inhalt einschliels. Das Ende der Stränge zerfällt in eine An- zahl homogener dünner Fasern. Wenn der Darmkanal in seinem Verlaufe nach hinten an der Wurzel des Nucleus angelangt ist, dann wendet er sich in einem kurzen Bogen nach oben, um an der Hinter- fläche des Nucleus, etwas nach links gewandt, unter den äulsern Bedeckungen bis zum After emporzusteigen (Tab. II, Fig. 1). Bei dem gänzlichen Mangel jener schlingenförmigen Darmwindungen, die sonst bei den Schnecken vorzukommen pflegen, scheint der Darmkanal der Firoloiden auf den ersten Blick aufserordentlich verkürzt zu sein. Wenn man indessen das Volumen des Körpers näher in das Auge falst, so dürfte die Oberflächenbildung dieses Apparates doch wohl kaum ein ungünstigeres Verhältnils darbieten, als bei den übrigen carnivoren Ga- steropoden. Der gestreckte Verlauf des Darmkanales resultirt offenbar nur aus der Län- genentwickelung des Leibes und der Entfernung des Afters von der Mundöffnung. Denken wir die Masse des Körpers zusammengeballt und den After an seiner gewöhnlichen Stelle im Nacken, so würde der Darmkanal mit seiner gegenwärtigen Länge nothwendiger Weise dieselbe Bildung, wie bei den übrigen Schnecken, darbieten. Viel auffallender ist es, dals das Darmrohr der Firoloiden (und Carinarien) jener zusammengesetzten Bildung entbehrt, die man doch sonst bei den Schnecken gewöhnlich vorfindet. Streng genommen kann man bei den Heteropoden nur zwei durch eine ring- förmige Einschnürung von einander getrennte Abschnitte unterscheiden. einen vordern, der die Speiseröhre mit dem Magen darstellt, und einen hintern, den Darm im engern Sinne des Wortes. ‘) Aehnliche Stränge befestigen sich auch an den freien Muskelfortsätzen der Fufswurzel. 43 Der erste dieser Abschnitte bildet einen ziemlich dünnhäutigen Kanal, der während seines Verlaufes durch den Rüssel nur einen geringen Umfang hat, sich aber im Anfangs- theile des Rumpfes allmählig (Tab.I, Fig. 1f) zu einem langgestreckten Magenschlauche erweitert !). Aus dem Ende dieses Abschnittes, das etwa in der Mitte zwischen dem hintern Fulsrande und dem Nucleus — näher dem leiztern, als dem erstern — gelegen ist und sich gewöhnlich durch eine mehr oder minder ausgedehnte dunkelviolette Fär- bung bemerklich macht, nimmt der zweite dünnere Theil des Verdauungskanales seinen Ursprung. Dieser zweite Abschnitt, der Darm im engeren Sinne des Wortes, erscheint nach seinem Verlaufe als eine Verlängerung des erstern und theilt auch mit demselben, so weit er noch frei in der Leibeshöhle gelegen ist, die dünnhäutige Textur der Wandungen, während der aufsteigende Enddarm eine sehr viel derbere Beschaffenheit besitzt. Vor diesem Enddarme liegt übrigens im Grunde des Nucleus ein Darmstück, das ich von der anliegenden Leber niemals vollständig habe isoliren können. Es scheint dasselbe eine kleine, retortenförmige Erweiterung darzustellen, dessen obere concave Fläche (Tab. II, Fig. 1) in einen kurzen und weiten Gallengang sich fortseizt. Eine Zeit lang war ich der Ansicht, dafs diese Erweiterung den eigentlichen Magen unseres Thieres bilde und der vordere sog. Magen, der eine ziemliche Strecke weit vor der Leber gelegen ist und, wie bemerkt, ohne alle Grenzen in die Speiseröhre übergeht, nur die Bedeutung eines Kropfes habe. Die Verbindung mit der Leber gab solcher Vermuthung einigen Anhalt, aber nichts desto weniger glaube ich allen Grund zu haben, bei der gewöhnlichen Auffassungsweise zu verharren. Einmal ist die betreffende Erweiterung als Magen doch gar zu unbedeutend, die dahinter liegende Darmstrecke bei ihrer Kürze für die Resorption des Chylus gar zu wenig ausreichend. Ich habe mich aber auch ferner überzeugen müssen, dals die Verdauung wirklich in dem vordern sog. Magen vor sich geht, in dem man die genossene Speise sehr gewöhnlich in einem mehr oder weniger macerirten Zustande antrifft *). In dem hintern Darmabschnitte habe ich dagegen nie- mals etwas Anderes, als kleine und unkenntliche Speiseüberreste auffinden können °). Allerdings ist die Trennung der Leber von dem Magen bei den Firoloiden (und Carinarien) sehr auffallend, indessen giebt es doch bekanntlich auch noch einige andere Schnecken, ') Dasselbe gilt auch von Carinaria, deren Magen (in Siebold’s vgl. Anat. S. 322, Anm. 7) irrthümlicher Weise als „blindsackförmig“ beschrieben und mit dem von Doris, Murex u. s. w. zusammengestellt wird. ?) Sehr irrthümlich ist die Behauptung von d’Orbigny (l. c.), dafs die Firoloiden durch Aussaugen ihrer Beute eine nur flüssige Nahrung aufnähmen. >) Lesson (Voy. de laCoquille, Isis 1833, $. 118) will übrigens bei einer grofsen, fast fuls- langen Firola „im Nucleus“ einen kleinen fliegenden Fisch und einen Calmar angetroffen haben. 6* 44 bei denen sich die Gallengänge in einer grölsern Entfernung von dem Magen in den Darm inseriren. In histologischer Beziehung unterscheiden wir im Darmkanale der Fireloiden drei Schichten oder Häute, eine Bindegewebsschicht, eine Muskelschicht und eine Epithe- lialschicht. Die erste dieser Schichten, die natürlich zu äufserst liegt, hat ganz dieselbe Beschaffenheit und Structur, wie die Bindegewebsmasse der Körperwand. Sie besteht aus einer völlig hyalinen Substanz mit einzelnen Zellgewebskörperchen und bildet eine ziemlich dicke Lage, von der die ganze Oberfläche des Darmes bis zum Nucleus bekleidet wird. An der Wurzel des Nucleus hängt diese Schicht mit dem gefensterten Bauchfell zusammen, um so fester, als sich hier auch einige muskulöse Faserzellen mit verästelten Enden zwischen Darmkanal und Bauchfell ausspannen. Unter dieser Glashaut kommt die Muskelschicht mit ihren Fasern, die in den ein- zelnen Darmtheilen mancherlei Verschiedenheiten darbiete. In der vordern Hälfte des Tractus bis zum Magengrunde herrschen die Längsfasern vor. An der Wurzel des Oesophagus sind diese Fasern zu einzelnen isolirten Bündeln mit einander vereinigt, die (namentlich auf der Dorsalfläche) aus der Pharyngealmuskelmasse hervorkommen, aber ziemlich bald zu einer membranösen Schicht sich aus einander legen. Die Fasern sind schmal und blafs, sonst jedoch, wie gewöhnlich, bandförmig abgeplattet und an ihren Enden in lange und homogene Spitzen ausgezogen. Die Dieke dieser Faserschicht beträgt Anfangs ungefähr 515“, nimmt aber allmählig etwas ab, bis sie in der Mitte des vordern Darmtheiles nur noch zt5‘“ mifst. In gleichem Verhältnifs verliert auch die Längsstrei- fung derselben an Deutlichkeit und Schärfe. Die Fasern lassen sich nur noch unvollstän- dig von einander isoliren und scheinen unter sich zu einer häutigen Masse verschmolzen zu sein. Je melr sich der Darm: nun aber dem Magengrunde nähert, desto deutlicher wird wiederum die Faserbildung der Muskelhaut. Zu den Längsfasern kommen jetzt auch Ringfasern, die nach aulsen zu liegen und sich vorher nur an dem trichterförmigen An- fangstheile des Oesophagus zwischen den Längsmuskelsträngen unterscheiden liefsen. Die Entwickelung dieser Ringfaserschicht gewinnt immer mehr das Uebergewicht, bis sie schliefslich an der Endeinschnürung des Magens ihre grölste Stärke erreicht. Der Anfangstheil des zweiten Darmabschniltes schlielst sich nach der Bildung seiner Muskelschicht unmittelbar an den Magengrund an, aber nach kurzem Verlaufe werden Ringfasern und Längsfasern wiederum sehr undeutlich, wie in der Mitte des vorhergehen- den Abschnittes. So bleibt die Muskulatur des Darmes bis zum Eintritt in den Nucleus, in dem sich die Längsfasern zunächst wiederum in einzelne stärkere Bündel zusammen- gruppiren, aber nur um gleich darauf, in der oben erwähnten Erweiterung, fast völlig verloren zu gehen. Die Wände dieser Erweiterung sind aufserordentlich zart, während sich dieselben am Enddarme,, wie schon angedeutet wurde, durch eine sehr derbe Be- schalfenheit auszeichnen. Die Muskelfasern dieses Enddarmes sind vorzugsweise Längs- | 45 fasern, die in etwas schräger Richtung verlaufen und hier und da von einer Ringmuskel- faser (namentlich am Ende) gekreuzt werden. Aber auch die Längsfasern bilden keine eigentlich membranös zusammenhängende Schicht, sondern lassen sich einzeln in ihrem ganzen Verlaufe verfolgen. Sie sind Faserzellen, gleich den sonstigen Muskelelementen, unterscheiden sich aber von den Faserzellen des übrigen Darmes nicht blofs durch ihre Breite, sondern auch durch die Länge ihres körnigen Mittelstückes. Das Epithelium des Darmkanales besteht Anfangs noch aus denselben (hellen und gekernten) Cylinderzellen, die wir früher schon auf den Lippen und an der obern Wand des Pharynx angetroffen haben. Aber ziemlich bald verlieren diese Zellen ihre Längs- streckung, bis sie allmählig rundlich werden und schliefslich in ein völliges Pflasterepithe- lium sich verwandeln. In der Mitte des vordern Darmabschnittes, wo die Muskelhaut, wie wir erwähnt haben, so auffallend verdünnt ist, bilden diese Zellen platte Schüppchen von durchschnittlich „5, die mit ihren Rändern unter sich verschmelzen und eine ziem- lich homogene Membran von feinkörniger Beschaffenheit zusammensetzen. Die Kerne sind hier im höchsten Grade undeutlich. Später ändert sich das Aussehen dieser Zellen. Sie werden klein (z55‘) und rundlich und scharf von einander gesondert, wie früher, und lassen wieder einen deutlichen Kern von ziemlich ansehnlicher Gröfse im Innern unterscheiden. Dicht vor dem Pylorialende des Magens bildet die innere Darmhaut vier rundliche polsterförmige Vorsprünge, die man den Zahnfortsätzen und Platten im Magen vieler andern Schnecken vergleichen könnte, wenn sie nicht eine ganz weiche Beschaffenheit hätten. Sie bestehen aus einem structurlosen Zellgewebshaufen (mit Zellgewebskörper- chen), der auf der Muskelhaut aufliegt und äufserlich von einem Ueberzuge langer (4) Cylinderzellen bedeckt wird. Die Entfernung zwischen diesen Polstern ') ist ungleich; sie sind (Tab. I, Fig. 14) paarweise einander angenähert, und zwei derselben sind sogar zu einer gemeinschaft- lichen Masse von herzförmiger Gestalt mit einander vereinigt. Das vordere Ende dieser Polster läuft in einen langen und schmalen Längswulst aus, der sich allmählig immer mehr verdünnt und von denselben Cylinderzellen bekleidet ist. Ein eben solcher Längs- wulst erstreckt sich nach hinten bis an den Pylorus. Die Längswülste des Doppelpolsters sind zu einem. gemeinschaftlichen Streifen verwachsen, ein Verhältnifs, das sich auch an den hintern Wülsten der’ beiden andern Polster beobachten läfst. ’) Man wird unwillkürlich bei der Untersuchung dieser Polster an den sog. Krystallstiel der Muscheln erinnert, an ein Gebilde, das man ja gleichfalls bekanntlich bei einigen Gaste- ropoden, namentlich Strombusarten , gefunden hat (vergl. Collier, Edinb. New Philos. Journ. VII, p. 231, im Auszuge in Oken’s Isis 1832, S. 816). 46 Der eigentliche Darm zeigt Anfangs gleichfalls eine Lage von Pflasterzellen. aber allmählig strecken sich diese Zellen, bis sie im Mastdarm wiederum zu ansehnlichen Cylinderzellen (345°) mit körnigem, ziemlich dunklem Inhalt auswachsen. Die violette Färbung des Magengrundes, der wir oben Erwähnung gethan haben, rührt von einem körnigen Pigmente her, das in die Epithelialzellen abgelagert ist. Die- selbe Pigmentablagerung findet sich bisweilen auch in den Cylinderzellen, die der Darm- erweiterung im Grunde des Nucleus vorhergehen, an derselben Stelle, wo man nicht selten auch auf der äufsern Darmhaut einige ramifieirte Pigmentzellen antrifft. Die Flimmerung des Tractus, wenigstens des Magens und eigentlichen Darmes, ist schon von Leydig (a. a. ©.) beobachtet worden. Die Wimperhaare sitzen unmittelbar auf der Innenfläche der Epithelialzellen. Am Auffallendsten ist dieses Phänomen im End- darme, wo die Wimperhaare eine beträchtliche Gröfse besitzen. Auch in dem vorher- gehenden Darmstücke, fast bis zum Magengrunde, habe ich eine uniforme Wimperbeklei- dung unterscheiden können, nur sind hier die Cilien ungleich kleiner nnd defshalb leicht zu übersehen. Der Oesophagus und Magen ist mit Ausnahme der oben erwähnten Längs- wülste und Polster ohne Cilien. Ueber den Verlauf und Ursprung der Darmnerven ist schon oben das Nöthige angegeben worden. Ieh will hier nur noch erwähnen, dafs diese Nerven ohne eigentliche Verzweigungen sind, dafür aber eine grofse Menge von blassen und feinen Reiserchen (Primitivfasern ) entsenden, die unter ziemlich rechtem Winkel hervorkommen. Ganglien und Ganglienkugeln habe ich nirgends, weder in dem Stamme, noch im Verlauf der Seitenfasern unterscheiden können; indessen darf es in dieser Beziehung vielleicht nicht unbemerkt bleiben, dals sich die Primitivfasern überhaupt nur eine kurze Strecke weit verfolgen lassen. Der Endtheil des Darmes mit dem After empfängt seine Nerven aus dem gröfsern Ganglion intestinale. Die Speicheldrüsen bilden bei den Firoloiden (Tab. I, Fig. 1 i), wie bei Ca- rinaria, jederseits nur einen einzigen cylindrischen Blindschlauch (processus palpiformis Les.) von eben nicht sehr beträchtlicher Länge. Das vordere Ende dieses Schlauches verdünnt sich zu einem kurzen Ausführungsgange und mündet dicht neben dem Ursprung des Oesophagus in den Schlundkopf. Nach ihrer Structur bestehen diese Drüsen zunächst aus einer homogenen sog. Membrana propria, in die einige blasse, vorzugsweise längs verlaufende Muskelfasern eingebettet sind. Die Drüsenzellen, die nach innen auf dieser Hülle aufsitzen, haben eine langgestreckte cylindrische Gestalt (von z';“) und enthalten einen körnigen Inhalt mit Kern von ;45“. Das vordere Ende hat durch Zurückweichen des körnigen Inhaltes ein helleres Aussehen und scheint mit einem zarten Flimmerbesatze versehen zu sein. Der Ausführungsgang trägt grölsere Cilien, wie schon von Leydig bemerkt ist. | ee u 47 Die Leber (Tab. I, Fig. 10, 11 k; Tab. II, Fig. 1) hat im Vergleich mit den übrigen Schnecken eine sehr unbedeutende Gröfse. Sie erfüllt die hintere und untere Hälfte des Nucleus, besonders an der linken Seite. Eine eigentliche Lappenbildung kann man an ihr nicht wahrnehmen. Sie hat eine einfach pyramidale Form und besteht aus zahlreichen rundlichen Blindsäcken, die sich nach allen Seiten um einen gemeinschaftlichen Ausführungsgang vom ansehnlicher Weite herumgruppiren. Die Tunica propria der Leberfollikel besteht, wie die der Speicheldrüsen, aus einer structurlosen Membran, die eine ziemlich beträchtliche Dicke und eine körnige Beschaf- fenheit hat. Zwischen den Follikeln sieht man hie und da eine dünne, blasse Faser, vielleicht muskulöser Natur. Die Leberzellen messen 5 — 75“ und zeigen einen dop- pelten Inhalt. Die einen enthalten grölsere oder kleinere Fetttröpfehen (bis „1,“), die andern eine gelbliche grobkörnige Masse, die sich nicht selten zu einem unregelmälsigen grolsen Concremente von intensiver gelber, fast bräunlicher Farbe zusammenballt. Die- selben Concremente (Gallenstoff) finden sich auch frei im Innern der Leberschläuche. Ein Gleiches gilt von den Fetttröpfehen, die mitsammt diesen Concrementen (wie das schon von H. Meckel und Will bei andern Gasteropoden beobachtet ist) die Galle unserer Thiere zusammenzusetzen scheinen. Zwichen den oben beschriebenen Zellen liegen andere kleinere, die einen deutlichen Kern enthalten. Ich möchte sie für die jüngern Zustände der Secretionszellen halten. Die dunkele Färbung der Leber rührt übri- gens weniger von der Galle her, als vielmehr von zahlreichen dunkelvioletten Pig- mentzellen, die theils im Innern der Follikel, zwischen den Leberzellen, theils aber auch auf der Aufsenfläche derselben angetroffen werden. Sie haben eine rundliche Form und wechselnde Gröfse, sind aber gewöhnlich nur mälsig mit Pigmentkörnern angefüllt und enthalten beständig einen hellen Kern. Athmungsorgane, Schon aus den ältern Darstellungen über die Firoloiden ist es hinlänglich bekannt, dals diese Thiere mit Kiemen versehen sind, die an der Vorderfläche des Nucleus an- hängen. Genauer bezeichnet liegen diese Gebilde zwischen Afteröffnung und Wimper- scheibe, mehr oder minder stark nach links gewendet. In ihrer einfachsten Form erscheinen die Respirationsorgane unserer Thiere als eylindrische Fäden, die auf den äufsern Bedeckungen aufsitzen und als Verlängerungen der Körperwand zu betrachten sein dürften, obgleich sie sich durch eine auffallende Con- tractilität von diesen unterscheiden. Sie bestehen mikroscopisch aus derselben hyalinen und structurlosen Substanz, die bekanntlich die Hauptmasse der äufsern Körperbedeckungen bei den Heteropoden darstellt, enthalten aber auch zahlreiche schmale und homogene blasse Muskelfasern, die sich vielfach verästeln (an den Theilungswinkeln häufig mit 48 Zellenkernen versehen sind) uud eben so wohl der Länge als auch der Quere nach verlaufen. Aeufserlich sind die Kiemen von einem Flimmerkleide überzogen. In der Regel schreibt man unsern Firoloiden zwei halbseitig geliederte oder kamm- förmige Kiemen zu. Streng genommen ist das indessen nicht richtig. Die Firoloiden besitzen blols (Tab. I, Fig. 1 I) zwei Gruppen von Kiemenfäden, die in regelmäfsiger Querreihe dicht neben einander auf einer leisten- oder zipfelförmigen Erhebung der äufsern Bedeckung aufsitzen. Die innern Kiemen einer jeden Reihe sind die gröfsesten, die äufsern dagegen die kleinsten. Die Vertheilung der Kiemen über beide Körperseiten ist übrigens (wenigstens bei den gröfsern Arten) nicht vollkommen symmetrisch; die rechte Kieme liegt nicht der linken gegenüber, wie man erwarten sollte, sondern auf der vordern Fläche des Nucleus, so dals man sagen könnte, die ganze Kiemenmasse unserer Thiere sei nach links zu hinüber gedrängt. Ueberdiefs ist die rechte Kieme ziemlich constant mit einer geringern Anzahl kürzerer Fäden versehen, als die linke ?). Die Ausbildung der Kiemen ist nur gering. Ich zähle bei Fir. coronata in der linken Kieme etwa (die Zahl wechselt bei den verschiedenen Individuen nicht selten) 11, in der rechten Kieme 6 Fäden und zwischen beiden noch zwei abgetrennte einzeln stehende Fäden. F.Fredericiana besitzt im Ganzen etwa 12 Kiemenfäden und F. mutica sogar nur vier, zwei längere und zwei kürzere (Fig. 12 e). Bei Firoloides Lesueurii fehlen ?) die Kiemen völlig 3). Dieser letztere Umstand beweist zur Genüge, dals der Respirationsprocefs der Firo- loiden nicht ausschliefslich durch die Kiemen vollzogen wird; eine Ansicht, zu der man auch schon durch die auffallende Kleinheit der Kiemenfläche (im Verhältnifs zum Körper- volumen) hingeführt wird. Ob sich nun freilich die ganze Körperfläche gleichmälsig bei dem Athmungsprocesse betheiligt, möchte nur schwer mit Sicherheit ausgemacht werden können. Vorzugsweise scheint es indessen der Fufs zu sein, der die besondern Respi- rationsorgane in ihrer Function unterstützt. Jedenfalls ist der Fufs dasjenige Organ, in welchem das Blut (neben der Kieme) die gröfseste Berührungsfläche darbietet und durch die dünnsten Wandungen von dem Wasser geschieden ist. 2) Es sind das Verhältnisse, die sich in morphologischer Beziehung an die schon oben her- vorgehobene asymmetrische Lagerung der Eingeweideganglien anschlielsen. ?) Was Souleyet hier für eine Kieme gehalten hat, ist nur eine gekräuselte Aufwulstung im Umkreis_der Nierenöffnung. (Nach Lesueur sollen die Kiemen von Firoloides verhältnifsmälsig viel kleiner sein, als bei Firola. Wahrscheinlich ist hier derselbe Irrthum untergelaufen.) >) Ich erhalte durch die Güte des Verf. so eben eine Abhandlung von Huxley „on the Mor- phology of the Cephalous Molluska« aus den Philosoph. Transaet. für 1853, in der eine kurze Dar- stellung vom anatomischen Bau der Firoloides Desmarestii — auch der Atlanta — enthalten ist. Aus dieser ersehe ich, dafs Huxley die oben als problematisches Sinnesorgan beschriebene Wimper- scheibe („subspiral ciliated band“) als Respirationsorgan deutet. Bei Atlanta beschreibt Huxley ein quer über die Innenfläche des Mantels in der Kiemenhöhle hinlaufendes Flimmerband als Ana- logon dieser Wimperscheibe. 49 Kreislaufsorgane. Bis auf die berühmten Untersuchungen von Milne Edwards (und Valencien- nes) galt es bekanntlich als Regel, dafs die Gasteropoden, wie die Mollusken überhaupt, nach Art der Wirbelthiere ein vollständiges und geschlossenes Gefälssystem besälsen. Wir wissen jetzt, dafs diese Annahme eine irrthümliche war, dafs der Circulationsapparat der betreffenden Thiere in verschiedenem Grade, wie bei den Arthropoden, lückenhaft ist. Bei den durchsichtigen Gasteropodenformen, auch bei unsern Firoloiden, ist es leicht, die Richtigkeit dieser Thatsache zu constatiren. Mit gröfsester Bestimmtheit kann man sich hier überzeugen, dals die Körperhöhle einen gewaltigen Blutsinus darstellt, dafs der Fuls von einem netzförmig anastomosirenden Systeme wandungsloser Kanäle durchzogen ist, dals der gesammte Circulationsapparat sich ausschliefslich auf das Herz und einige wenige mit dem Herzen zusammenhängende Gefälsstämme beschränkt. Der Kreislauf und die Kreislaufsorgane unserer Thiere sind bereits früher von Huxley (Annal. des scienc. natur. 1850. T. XIV, und on the Morphology 1. e. p. 32) beschrieben worden. Ich kann die Darstellung dieses englischen Zootomen fast in jeder Hinsicht bestätigen '). Das Herz der Firoloiden liegt an der Vorderfläche des Nucleus (aulserhalb des Bauchfelles), dicht unter den Kiemen und dem Wimperorgan (Tab. I, Fig. 1), und besteht, wie vielleicht bei allen Gasteropoden, aus einem Vorhofe und einer Herzkammer, die durch eine tiefe Einschnürung von einander getrennt sind. Der Vorhof, der nach oben zu gelegen ist (Fig. 10, 11, 12m), hat eine rundliche Gestalt und bildet die grölsere Hälfte des Herzens. Die Form der Herzkammer (Ibid. n) ist eine birnförmige. Vorhof und Herzkammer werden von einem gemeinschaftlichen dünnen und sack- förmigen Herzbeutel umschlossen, der freilich eigentlich nur in seiner untern und vordern Hälfte vollkommen frei ist. Die hintere Fläche legt sich dicht an die Niere und den Bauch- fellüberzug des Nucleus, während das obere Ende schon etwa in der Mitte des Vorhofes mit den Wandungen desselben vollständig zusammenschmilzt (Fig. 12). Die Grundsubstanz des Herzens besteht (gleich dem Herzbeutel) aus einer zarten und homogenen Glashaut „ die im Innern von einer dünnen und hellen Zellenlage, wie von einem Epithelium, überzogen ist. Auf der äufsern Fläche wird diese Membran von einem Muskelnetze übersponnen, das an dem Vorhofe zahlreiche gröfsere und kleinere Maschen zwischen sich läfst, während es an der Herzkammer eine dichtere, fast conti- nuirliche Faserlage bildet. Die Lücken, die am Vorhofe zwischen den Faserzügen des Muskelgewebes bleiben, sind an manchen Stellen, wie schon Huxley angiebt, wirkliche !) Die ältern Darstellungen von Delle Chiaje u. A. sind zum Theil sehr unrichlig. Leuckart, zool. Untersuch. III. iz 50 Substanzlücken. Die glashelle Haut des Herzens ist hier und da geschwunden; es finden sich (wie ich es mit H. Müller auch bei Phyllirkoe beobachtete) Oeffnungen im Vor- hofe, die den Innenraum des Herzens theils mit dem Pericardialsinus, theils auch mit der Leibeshöhle in eine unmittelbare Communication bringen. In histologischer Beziehung ist die Untersuchung des Herzens, namentlich des Vor- hofes, von höchstem Interesse. Man sieht vielleicht nirgends so schön und deutlich, als hier, den elementaren Bau des Muskelgewebes, die isolirten Fasern und ihre Verzwei- gungen. Freilich ist der Typus dieser Verzweigungen hier ein etwas anderer, als sonst gewöhnlich. Unter den Muskelfasern des Vorhofes giebt es einige, die sich durch ihre Stärke (5) und ihr körniges Aussehen vor den übrigen auszeichnen : sie bilden gewissermalsen die Stämme des Muskelgewebes, die sich vielfach baumartig verästeln und mit ihren gröbern und feinern Ausläufern unter zahlreichen Anastomosen den Vorhof umspinnen. Durch die fortgesetzte Verzweigung werden die Fasern allmählig dünner und blasser, ohne indessen ihr körniges Aussehen völlig zu verlieren. Hier und da findet man in diesem System zusammenhängender Fasern einen Zellenkern, namentlich an den Spaltungswinkeln, dessen Anwesenheit auf die Natur der betreffenden Bildungen ein hin- reichendes Licht wirft. Auch in den oben erwähnten Stämmen werden solche Kerne nicht vermiflst; sie finden sich hier sogar in grölserer Menge : die Muskelstämme des Vorhofes sind keine einfache Faserzellen, sondern nach Art der Muskelbündel bei den höhern Thieren aus der Metamorphose einer ganzen Zellenreihe entstanden. Aber nicht blols das histologische Verhalten ist es, was die Aufmerksamkeit des Beobachters an das Herz unserer Thiere fesselt. Es sind auch die Phänomene der Mus- keleontraction, die sich hier (besonders bei abgematteten Individuen) auf das Bestimmteste an den Elementartheilen des Muskelgewebes beobachten lassen. Auf den ersten Blick sieht man, wie eine jede Zusammenziehung auf einer Verkürzung der Faser !) beruht, wie jede Faser sich im Augenblicke der Contraction verdickt und kräuselt, wie diese Veränderung im Stamme der Faser beginnt und sich von da allmählig, gewissermafsen peristaltisch, bis in die fernsten Verästelungen fortsetzt. Der Anfangstheil der Herzkammer springt fast mundartig in das hintere Ende des Vorhofes hinein und bildet hier zwei gegenüberliegende lippenförmige Verlängerungen, die als Klappen zu wirken scheinen, jedenfalls wenigstens einen leichtern und festern Abschlufs der Herzkammer ermöglichen. Ein zweiter, noch vollständigerer Klappenapparat findet sich an dem Ende des Ven- trikels, wo dieser sich in die Aorta einsenkt. Die Klappen haben die gewöhnliche halb- mondförmige Gestalt und zeigen eine leichte und lebhafte Bewegung. ') Nicht, wie man früher wohl annahm, auf einer Zickzackbiegung. 51 Die Aorta bildet an ihrer Ursprungsstelle eine zwiebelförmige Erweiterung (einen Bulbus aortae, wie bei vielen andern Schnecken), die das Ende des Herzens umfafst (Tab. I, Fig. 1, 120), und spaltet sich dann sogleich in einen vordern und einen hintern Stamm. Der letztere (A. visceralis) tritt ohne Weiteres in die Basis des Nucleus und entzieht sich hier der weitern Beobachtung. Nach dem Bau des Nucleus — der festen Verpackung der Eingeweide — und der Analogie mit dem zweiten Aortenstamme dürfen wir wohl annehmen, dafs er sich im Innern dieses Körpertheiles mehrfach verästelt und schliefslich, am Ende seiner Zweige, mit einer freien Oeflnung aufhört. Der zweite und stärkere Aortenstamm (A. adscendens s. cephalica) steigt (Tab. I, Fig. 1) neben dem Darme in schräger Richtung nach vorn und unten herab, bis er auf dem Boden der Leibeshöhle ankommt und hier dann, unterhalb des Darmes, geraden Weges bis zur Pharyngealmasse hinläuft. Sein vorderes Ende erweitert sich allmählig und tritt schliefslich unterhalb der Zungenscheide in den früher beschriebenen Hohlraum des Zungenbuckels ein, wo er (ohne alle Verästelungen) mit einer weiten und klaffenden Oeflnung aufhört. Die Oeflnung hat eine trichter- oder löffelförmige Gestalt und ist nach oben gegen die Zungenscheide zu gekehrt. Der vordere Rand derselben geht in die zellgewebige Auskleidung des Hohlraumes über, und durch diese Vorrichtung wird das ganze Geläls in seiner normalen Lage festgehalten. Der einzige constante Zweig, den diese Aorta abgiebt, ist für den Schwanz und Fuls bestimmt. Er entspringt dicht vor der Fufsganglienmasse und bildet einen Ramus recurrens, der bogenförmig den vordern Rand des Ganglions umfafst und auf der Bauch- fläche der Leibeshöhle unterhalb der Aorta nach hinten läuft (Fig. 1). Ist derselbe etwa an der Wurzel des Nucleus angekommen, dann befestigt er sich an der muskulösen Aus- kleidung der Leibeshöhle, bis er schlielslich hinter dem Nucleus mit einer weiten und trompetenförmigen Oeflnung endigt. Mitten über der Fulswurzel, da etwa. wo die Haupt- fufsnerven sich nach unten umbiegen, entspringt aus diesem Gefäfse eine besondere Fufsarterie, die sich neben jenen Nerven in den Fuls hineinsenkt, nach einem kurzen Verlaufe aber plötzlich, gleich den übrigen Arterien, mit einer klaffenden Oeffnung von trichterförmiger Gestält aufhört. Nach der Darstellung von Lesueur und Delle Chiaje soll sich das Ende dieser Fufsarterie in ein weilmaschiges schönes Netzwerk auflösen. ' Das Netzwerk existirt allerdings (Fig. 1), aber es wird nicht von Gefälsen, sondern nur von wandungslosen Kanälen gebildet, die sich zwischen den Seitenlamellen des Fulses verbreiten und an der Fulswurzel mehrfach (namentlich am hintern Ende derselben) mit der Leibeshöhle zusammenhängen !). ’) Man kann dieses Röhrensystem von der Leibeshöhle aus mil Leichtigkeit injieiren. 7* 52 Bei den männlichen Individuen findet sich aufser den bisher erwähnten Gefäfsen noch eine besondere Art. penis, die als ein unpaarer Zweig ziemlich bald nach dem Ursprung der Aorta adscendens aus derselben hervorkommt und in die Wurzel des Copulations- apparates hineintritt. i Histologisch kann man in der Aorta und den Gefäfsen unserer Thiere zwei überein- ander liegende Schichten unterscheiden, eine Tunica intima und eine äufsere Zellgewebs- schicht. Die letztere zeigt die gewöhnliche Bildung und ist namentlich in der vordern Hälfte der Aorta cephalica, wo sie eine ziemlich ansehnliche Dicke erreicht, mit Leich- tigkeit zu unterscheiden. Dafs sie aber auch an den übrigen Theilen des Gefäfsapparates vorkommt, das beweisen die Zellgewebskörperchen, die von Zeit zu Zeit (vereinigt durch eine dünne Schicht glasheller Hyalinsubstanz ) hier aufgefunden werden. Die Tunica intima besteht gleichfalls aus einer homogenen Membran von glasheller Beschaffenheit. Aber das Aussehen dieser Membran zeigt einige Verschiedenheiten. In der Art. caudalis ist dieselbe vollkommen structurlos und kaum als eine besondere Haut von der äufsern Zellgewebsschicht zu unterscheiden. Die Aorta adscendens hat Anfangs eine Tunica intima von feinkörnigem Aussehen, läfst aber später eine deutliche und zarte Längsstrei- fung darin erkennen. In dem Kopftheile entwickelt sich diese Längsstreifung noch mehr. Man kann sich hier davon überzeugen, dafs dieselbe von feinen und blassen Längsfasern herrührt, die der Tunica intima aufliegen und selbst wiederum von einer eben solchen Ringmuskellage überdeckt sind. Ich habe schon oben erwähnt, dafs das vordere Ende der Kopfarterie sich allmählig etwas erweitert. Diese Erweiterung rührt theils von der Verdickung der Zellgewebs- schicht her, theils aber auch von zahlreichen Ausbuchtungen und Sinuositäten, die sich an den Seitenflächen derselben unterscheiden lassen, aber grolsentheils verstreichen, sobald das Gefäls, das sehr elastisch ist, gestreckt wird. Es kann kein Zweifel sein, dafs diese eigenthümlichen Einrichtungen auf die Veränderungen Bezug haben, die bei dem Hervorstrecken und Zurückziehen des Pharynx an dem Gefälse vor sich gehen müssen. Der Zusammenhang des vordern trichterförmigen Endes mit der Auskleidung des Hohlraumes im Innern des Zungenbuckels wird ausschliefslich durch die äufsere Zell- ‚ gewebsschicht vermittelt. Die Tunica intima und Muskeln hören vorher auf, die Ring- muskeln sogar mit einem förmlichen Sphincter, durch den das Lumen der Oelfnung in verschiedenem Grade verengt werden kann. (Aehnliche Sphineteren scheinen auch an dem freien Ende der Art. pedalis und caudalis vorhanden zu sein.) Dafs die Aorta mit einem ansehnlichen Längsnervenstamme versehen ist, wurde schon früher bemerkt. Ich will hier nur noch hinzufügen, dafs man unter der Zellgewebs- haut derselben auch zahlreiche feine Nervenfasern antrifft, die mit ihren Verästelungen das ganze Gefäfs umspinnen, und häufige ganglionäre Anschwellungen und Einlagerungen erkennen lassen. 93 Aus den freien Endöffnungen der Gefälse gelangt nun das Blut, das eine wasser- helle Beschaffenheit hat und nur spärlich mit körperlichen Elementen (von 745) ver- sehen ist, direct oder, wie bei der Fufsarterie, durch ein wandungsloses Kanalsystem !) in die Leibeshöhle. Die Leibeshöhle der Heteropoden stellt mit andern Worten einen weiten Sinus dar, der in die Circulationsorgane eingeschaltet ist und durch seine Anord- nung (Grölse, Beziehung zu den Eingeweiden u. s. w.) eine weitere complieirte Gefäls- entwickelung zur Genüge ersetzt. Die Form der Leibeshöhle wiederholt im Allgemeinen die Gestalt des äulsern Kör- pers. Sie hat (Tab. I, Fig. 1) eine beträchtliche Weite, namentlich in der Mitte bis zum Nucleus, so weit sie zur Aufnahme besonderer Organe bestimmt ist. Der hintere Theil, der den Schwanz durchsetzt. ist weniger geräumig und stellt gewissermafsen nur eine kanalförmige Fortsetzung der Leibeshöhle dar). Der Inhalt dieser Leibeshöhle wird nun theils durch den Andrang des nachströmen- den Blutes, theils auch durch die Contractionen. des Hautmuskelschlauches — auch die fortwährenden, fast rhythmischen Zusammenziehungen, die man am Darmkanal unserer Thiere wahrnimmt, sind in dieser Hinsicht nicht ohne Bedeutung — in beständiger Bewegung erhalten. Mit der Schnelligkeit und Präcision der Blutbewegung in einem geschlossenen Gefälsapparate lälst sich diese allerdings nicht vergleichen; Stockungen und unregelmälsige Fluctuationen der manchfachsten Art sind hier gewissermafsen in der Ord- nung. Aber nichts desto weniger erscheint diese Einrichtung für die physiologischen Bedürfnisse unserer Thiere, wie unzähliger anderer niederer Geschöpfe „ vollständig ausreichend. Aus der eigentlichen Leibeshöhle gelangt die Blutflüssigkeit durch ihre Bewegungen nun auch in den niedrigen Hohlraum, der (S. 17) zwischen der äufsern Körperhülle und dem Bauchfellüberzuge des Nucleus eingeschlossen ist und als eine Aussackung der Lei- beshöhle betrachtet werden darf. In diesen Hohlraum ergiefst sich auch das Blut des ı) In den dicken Körperwandungen habe ich auf keinerlei Weise, weder durch Hülfe des Mikroscopes, noch auf dem Wege der Injection, blutführende Lacunen (oder Gefälse) entdecken können. 2) Noch enger ist die Fortseizung der Leibeshöhle im Schwanzfaden, die man — in der Achse des Fadens — bis an das Ende verfolgen kann. (Für die Bewegung des Schwanzfadens hat die Anwesenheit dieses blutführenden Kanales eine grofse Bedeutung. Die Muskelfasern dieses Anhanges dienen ausschlieflslich zur Contraction desselben; die Verlängerung geschieht dadurch, dals der erwähnte Kanal sich mit Blut füllt und das betreffende Gebilde dadurch gewissermalsen in einen Zustand der Erection versetzt. In ähnlicher Weise betheiligt sich die Blutflüssigkeit der niedern Thiere bekanntlich sehr häufig bei den Bewegungserscheinungen, wie ich an einem andern Orte, Bergmann und Leuckart, vergl. Physiol. S. 285, weiter auseinander gesetzt habe.) 54 Nucleus, das durch den hintern Aortenstamm aus der grölsern Strömung abgeleitet wurde und sonder Zweifel durch die fensterförmigen Oeflnungen des Bauchfells seinen Ausgang findet. f An der Basis der Kiemen bildet dieser Hohlraum eine Erweiterung, die durch einen gefälsartigen kurzen Aufsatz mit dem Vorhofe communieirt und das Blut aus der Leibes- höhle in das Herz hineinschickt *). Ein regelmälsiger Kiemenkreislauf, wie er sonst. gewöhnlich (auch bei den Gasteropoden) vorkommt, fehlt den Firoloiden. Die Kiemen- fäden enthalten nur ein einziges Gefäls (mit einfacher structurloser Wandung) , das die- selben in einer korkzieherförmigen Spirale durchsetzt, ein oberes blindes Ende hat und unten in den Blutsinus an der Basis der Kiemen hineinführt °). Der Kiemenkreislauf ist unter solchen Umständen eine blofse Fluctuation des Blutes in demselben Gefälse, eine Bewegung, die übrigens dadurch eine gewisse Regelmälsigkeit erhält, dafs die Substanz der Kiemen sich in ziemlich rhythmischen Intervallen zusammenzieht ?*) und wieder ausdehnt. Ich brauche kaum darauf aufmerksam zu machen, dals diese Einrichtung ( Aehnliches beschreibt Quatrefages unter den Kiemenwürmern bei Hermella, Annal. des sc. nat. 1848. T. X, p. 40) einen neuen Beweis von der nur untergeordneten respiratorischen Bedeutung der Kiemenfäden abgiebt. Wären diese Organe die einzigen und ausschliels- lichen Athmungswerkzeuge unserer Thiere, so würde gewils eine Veranstaltung getroffen sein, um die ganze Blutmenge vor ihrem Eintritt in das Herz in einem regelmälsigen Kreislaufe durch die Kiemen hindurch zu treiben. Niere. Dafs die Heteropoden, gleich den meisten übrigen Schnecken, mit einem nieren- artigen Excretionsorgane versehen sind, durfte man schon nach den Beobachtungen von ») Dals auch bisweilen durch die Substanzlücken des Vorhofes (natürlich nur so weit, als dieser nicht vom Pericardium bedeckt ist) ein Blutkörperchen hineinschlüpft, ist schon von Hux- l ey beobachtet worden (Ann. des scienc. natur. 1. c.). 2) Anders ist das bei Carinaria, deren Kiemenfäden zwei neben einander liegende Gefälse um- schliefsen, eine Arterie und eine Vene, die durch zahlreiche kurze Seitenbögen unter sich zusam- menhängen. >) Im Augenblick der Zusammenziehung legen sich die Windungen des Kiemengefälses (namentlich bei der gröfsern F. coronata) in dichten Touren auf einander. Diese Touren springen nach aufsen vor, uud dadurch entsteht dann der Anschein, als ob die Kiemenfäden (wie bei Cari- naria) mit halbmondförmigen seitlichen Nebenblältern besetzt seien. Dieser Anschein wird um so täuschender, als die Längsmuskeln des Kiemenfadens zum Theil in zwei strangförmige Bündel gesammelt sind, die leistenförmig zwischen den scheinbaren Nebenblättern vorspringen. 55 Delle Chiaje vermuthen (l. c. Tom. II, p. 96), nach denen sich bei Carinaria neben dem Herzen und der Kiemenbasis — also an einer Stelle, wo sonst bei den Gasteropoden die Niere vorkommt — ein eigenthümliches Gebilde von schwammiger Substanz befinden sollte. Trotz dieser Angabe sind indessen unsere Kenntnisse über das betreffende Gebilde nur wenig gefördert worden. Souleyet hat dasselbe bei Carinaria freilich gleichfalls gesehen (l. c. Tab. 22, Fig.2), scheint aber — ich konnte nur den Atlas des Souleyet- schen Werkes vergleichen — weder die nähern Organisationsverhältnisse, noch auch das allgemeinere Vorkommen dieses Organes berücksichtigt zu haben. Erst Gegenbauer war es vorbehalten (Zeitschr. für wiss. Zool. 1853. V, S. 115), uns über den Bau, das Vorkommen und die funetionelle Bedeutung dieses sonderbaren Apparates einen vollstän- digen Aufschlufs zu geben. Meine eigenen Beobachtungen sind unabhängig von den Gegenbauer'schen Untersu- chungen (bereits vor der Publication derselben) angestellt. Sie führten mich zu demsel- ben Resultate — hoffentlich die beste Bestätigung für eine Beobachtung, die unsere Kennt- nisse von den Lebensverhältnissen der Gasteropoden mit einer wichtigen Thatsache berei- chert hat. Das nierenartige Excrelionsorgan der Firoloiden ist leicht zu beobachten und zeigt bei allen Formen dieser Thiere ein gleichmälsiges Verhalten. Es stellt einen blasenför- migen oder ovalen Sack dar, der dicht vor dem Nucleus zwischen dem Vorhofe und dem Bauchfell gelegen ist und nach oben bis an die Basis der Kiemen emporragt. Was zuerst auf die Anwesenheit dieses Sackes aufmerksam macht, sind die lebhaften und kräf- tigen Zusammenziehungen desselben, bei denen man im ersten Augenblicke unwillkürlich an die Pulsationen eines herzartigen Organes *) denken muls. An der rechten Seitenfläche des Nucleus mündet dieser Sack durch eine ansehn- liche Oeffnung von ovaler Form nach Aufsen °). Zunächst ist diese Oeffnung (Tab. I, Fig. 10, 11, 12 p) von einem dünnhäutigen Lippensaume umgeben, der gewissermalsen ein Diaphragma darstellt und bei den. Contractionen des dahinter liegenden Sackes nach Art eines Klappenapparates in Bewegung geräth. Im weitern Umkreis der Oeffnung findet sich eine wallförmige Aufwulstung mit Falten und papillenförmigen Hervorragungen, die namentlich bei dem Verschluls der Oeffnung deutlich vorspringt. Das Innere des Sackes und vorzugsweise der Boden desselben, welcher der äufsern Oelfnung gegenüberliegt, zeigt ein grobmaschiges Balkengewebe, das man bei mikroscopi- scher Untersuchung als eine Anhäufung von grofsen (;'-“) und unregelmäfsig gegen ein- ‘) Hancock und Embleton (Philos. Transact. 1852, p. 226) halten defshalb denn auch bei Doris das entsprechende (schon von Cuvier gekannte) Gebilde für ein Pfortaderherz. ?) Bei Atlanta führt diese Oeffnung zunächst in die Kiemenhöhle. 56 ander abgeflachten Zellen mit Kern und körnigem Inhalt erkennt. Aeufserlich sind diese Balken von einer dünnen und glashellen Lamelle überzogen, die sich gewöhnlich am Ende der Balken (mitunter auch seitlich) in eine feine und blasse Faser auszieht und durch diese an die benachbarten Balken fesisetzt. Sonst werden die Wandungen des Or- ganes von einer structurlosen Membrana propria. gebildet, über deren äufsere Fläche ein Netz von isolirten und verästelten Faserzellen sich ausspannt. Andere Faserzellen gehen von dieser Membran in verschiedener Richtung an die äufsern Bedeckungen. Die erstern dienen begreiflicher Weise zur Contraction, die andern zur Expansion. Ebenso findet man im Umkreis der äufsern Oeffnung einen förmlichen (freilich nur von wenigen, aber breiten Fasern gebildeten) Sphincter, der die Oeffnung schliefst, und einen Dilatator, der aus einer Anzahl radiärer Fasern besteht, die theils mit ihrem meist gespaltenen Ende, theils auch mit andern Stellen an den äulsern Bedeckungen sich fest- setzen und dadurch gewöhnlich ein zickzackförmiges Aussehen annehmen. Einzelne dieser Fasern lassen sich bis in die Nähe der Wimperscheibe verfolgen und scheinen sich hier den Dilatatoren dieses Gebildes beizugesellen. Dals das beschriebene Organ die Bedeutung eines Excretionsorganes und zwar einer Niere besitzt, ist allerdings bis jetzt nur eine Hypothese, aber eine solche, die schon deishalb die gröfseste Wahrscheinlichkeit hat, weil sie nach Lage und Bau mit der be- kannten Niere unserer Lungenschnecken in unverkennbarer Weise übereinstimmt. Aller- dings fehlen bei den Firoloiden jene eigenthümlichen Concretionen (von harnsaurem Ammo- niak). die in den Drüsenzellen der Niere bei Helix bereitet werden, aber dieser Um- stand allein möchte doch wohl schwerlich genügen, einen physiologischen Unterschied zwischen den betreffenden Organen zu begründen. Es ist ja immerhin möglich, dals das Product der secretorischen Thätigkeit bei den Firoloiden in anderer (flüssiger) Form nach Aufsen ausgeschieden werde. Wie schon Gegenbauer bemerkt, findet man übrigens bei Carinaria in diesem Gewebe auch wirklich zahlreiche feine Concretionen. Aber eine andere Frage ist es, ob die functionelle Bedeutung des betreffenden Ge- bildes ausschliefslich auf die Production eines Excretionsstofles beschränkt ist. Wenn man die Contractionen desselben näher in das Auge falst, dann wird man sich bald davon überzeugen, dafs eine jede Diastole von einem Einströmen von Wasser in die Niere begleitet wird, während bei der Systole keineswegs ein entsprechendes Ausströmen staltt- findet. Das Erstere erkennt man nicht blofs an der Richtung der ringförmigen Lippe im Umkreis der Oeffnung, die bei der Diastole ganz constant nach Innen gerichtet ist, son- dern auch an der Bewegung kleiner, dem Wasser beigemischter Körperchen, die von dem Strome fortgerissen und auf die Oeflnung zugeführt werden. Nach dem Umfang dieser Strömung zu urtheilen, wird jedes Mal bei der Erweiterung der Niere ein ziemlich an- sehnliches Quantum Wasser aufgenommen. Obgleich nun aber die Contraction des Nie- rensackes mit gleicher Kraft und Schnelligkeit geschieht, wie diese Erweiterung, ist es 57 doch nur selten, dals eine gröfsere Wassermenge dabei nach Aulsen austritt. Es ist sogar sehr häufig, dafs diese Contraction bei vollständigem Verschlufs der Oeffnung stalt- findet, unter Umständen also, unter denen überhaupt kein Wasseraustritt möglich ist. Aus solchen Beobachtungen geht zur Genüge hervor, dafs das in die Nieren einge- nommene Wasser noch einen zweiten Abfluls besitzen muls. Nachdem ich eine lange Zeit vergebens nach diesem anderweitigen Abflusse gesucht hatte, kam ich allmählig zu der Ueberzeugung, dals das Herz unserer Thiere das einzige Organ sei, das möglicher Weise mit der Niere einen Zusammenhang besitzen könne. Es waren theils ana- tomische und physiologische Gründe, die mich zu dieser Ueberzeugung hinführten (die unmittelbare Anlagerung des Herzens an die Niere, die bekannte, auch für die Mollusken schon mehrfach — namentlich von van Beneden in den Compt. rend. 1845, p. 517 u. a. a. 0. — behauptete Thatsache der Wasseraufnahme in das Blut der hiedern Thiere), theils auch die Beobachtung, dafs auf eine jede Contraction der Niere sogleich auch eine Contraction des Herzens erfolgte. Nachdem diese Ueberzeugung einmal gewonnen war, nachdem ich inzwischen auch (wie H. Müller und Gegenbauer) bei Phyllirhoe, Creseis u. a. denselben Apparat, wie bei unsern Firoloiden, entdeckt und mit dem Herz- beutel in Zusammenhang gefunden hatte, da konnte die Verbindung der Niere mit dem centralen Gefäfsapparate auch hier nicht länger verborgen bleiben. In der hintern Wand der Niere, wo diese an dem Herzen anliegt, fand ich jetzt auch hier eine Communication mit dem Herzbeutel, durch die der flüssige Inhalt der Niere ohne Weiteres in diesen, und von da durch die Substanzlücken des Vorhofes in den Innenraum des Herzens übertreten konnte. Die Niere unserer Firoloiden erscheint hiernach also fernerhin noch als ein Organ, das für eine directe Wasserzufuhr in das Blut bestimmt ist. Wie weit eine derartige Vorrichtung unter den Wassergasteropoden verbreitet sei, müssen wir einstweilen noch unentschieden lassen. Meine eigenen Erfahrungen reichen in dieser Hinsicht nicht weiter, und nicht einmal so weit, als die von Gegenbauer. Nur bei den Heteropoden, den untersuchten Pteropoden (Creseis, Cymbulia) und bei Phyllirhoe (vergl. Arch. für Naturgesch. 1853. I, S. 250) habe ich dieselbe angetroffen, während Gegenbauer sie noch bei einer gröfsern Anzahl Pteropoden und einer Polycera nachgewiesen hat!). Dafs dieselbe aber noch weiter vorkomme, dafür spricht theils die Beobachtung von Leydig (Zischr. für wiss. Zool. II, S. 177), nach der auch bei Paludina durch Vermittelung der Niere eine Wasseraufnahme ins Blut *) stattfindet, ’) Schon Souleyet hat dieses Gebilde übrigens bei den Pieropoden und bei Phyllirhoe gekannt und als sinuösen Anhang des Vorhofes (poche pyriforme) beschrieben. ?) Wie man die allerdings sehr auflallende Thatsache einer solchen direeten Wasseraufnahme mit den Lebensverhältnissen der niedern Thiere auch physiologisch in Einklang bringen könne, habe ich an einem andern Orte (vergl. Anat. und Physiol. von Bergmann und Leuckart, S. 282) nachzuweisen versucht. Leuckart, zool. Untersuch, III. 8 58 theils auch die Darstellung, welche Hancock und Embleton (].c.) neuerlich von dem „Pfortaderherzen” bei Doris gegeben haben, von einem Gebilde, das zum Theil schon den ältern Anatomen bekannt war und im Wesentlichen (durch Zusammenhang mit dem Herzbeutel und Oeffnung nach Aufsen) mit der Niere der Heteropoden und Pteropoden übereinstimmt. Huxley beschreibt neuerlich (on the morphology 1. c. p. 61) auch bei Fusus, Cypraea und andern Pectinibranchiaten neben dem Mastdarm einen Sack mit einer Drüse im Innern, der an dem einen Ende in die Kiemenhöhle einmündet, an dem an- dern aber mit dem Herzbeutel in Zusammenhang steht!). Obgleich an diesem Sacke keine Zusammenziehungen beobachtet wurden, so kann doch seine Analogie mit dem eontractilen Sacke unserer Heteropoden nicht verkannt werden. Die Einrichtung, um die es sich hier handelt, scheint nicht einmal auf die Gastero- poden allein beschränkt zu sein, sondern auch bei den Bivalven vorzukommen, bei denen das sog. Bojanus’sche Organ ja gleichfalls, wie ich für Mytilus und Ostrea schon lange vor Keber ( Beiträge zur Anat. und Physiol. der Weichthiere S. 19) angegeben habe (in Wagner’s Zoot. II, S.489), mit dem Herzbeutel zusammenhängt. Allerdings ist die- ses Gebilde nach Aufsen abgeschlossen „ aber die Möglichkeit einer Wasseraufnahme ist dennoch gegeben. Das Bojanus’che Organ hängt in eine sackförmige Höhle hinein, die nach Aufsen führt und mit Wasser gefüllt ist, so dals dieses leicht durch die Wände des Drüsensackes transsudiren kann. Dieselbe Wasseraufnahme mag bei den Cephalo- poden durch die bekannten Venenanhänge geschehen, die in mehrfacher Beziehung dem Bojanus’schen Organe sich an die Seite stellen lassen. Fortpflanzungsorgane. Nachdem durch die Untersuchungen von Verany (Oken’s Isis, 1842, S. 252), Milne Edwards und Peters (Ann. des sciene. natur. 1845, T. XVIII) das getrennte Geschlecht bei Carinaria mit Bestimmtheit erkannt war, konnte auch über die Geschlechtsv erhält- nisse der nahe verwandten Firoloiden kein Zweifel mehr obwalten, um so weniger „ als schon Lesueur gewisse individuelle Verschiedenheiten dieser Thiere als wahrscheinliche Geschlechtsverschiedenheiten hervorgehoben hatte. Ich habe bereits oben bemerken müssen, dafs die männlichen Firoloiden sich in auf- fallender Weise durch den Besitz des Fuflssaugnapfes von den weiblichen Thieren un- ') Bei den Heteropoden und Pteropoden hat Huxley den Zusammenhang mit dem Herz- beutel übersehen. 59 terscheiden '). Zu dieser Auszeichnung gesellt sich ferner auch noch ein Begattungs- apparat von ansehnlicher Gröfse und eigenthümlicher Bildung, der, ‘wie bei Carinaria, an der rechten Körperfläche in einiger Entfernung vor dem Nucleus angebracht ist und hier, ein Anhang des Körpers, beständig frei ?) nach Aulsen hervorragt. Ein einziger Blick auf den Körperbau der Firoloiden ist unter solchen Umständen hinreichend, männliche und weibliche Thiere mit vollkommener Sicherheit von einander zu unterscheiden. Die Keimdrüse besteht in beiderlei Individuen aus einem Haufen verästelter Blind- schläuche (Tab. I, Fig. 3, 4), der mitsammt der Leber und dem Enddarm in dem Bauch- fellüberzuge des Nucleus eingeschlossen liegt und hier die rechte Seitenfläche einnimmt (Tab. I, Fig. 10, 11 q, w). Schon durch seine hellere Färbung läfst sich derselbe leicht von der anliegenden Leber unterscheiden. Die Membrana propria dieser Keimdrüse wird von einer structurlosen Haut gebildet, auf deren Innenfläche die Eier oder Samenfäden ihren Ursprung nehmen. Die Mutterzellen der Samenfäden sind kleine helle Bläschen von 75“, die in dicker Schicht an der Wand der Hodenschläuche über einander liegen. Die Samenfäden selbst stimmen nach Form und Bildung mit denen der Carinarien überein. Bei den männlichen Firoloiden (Tab. II, Fig. 3) wird das Product der Geschlechts- drüse durch einen Samenleiter nach Aufsen geschafft. Anhangsgebilde fehlen an diesem Leitungsapparate. Er stellt einen einfachen, ziemlich dicken Kanal dar, der bei Firola durch zahlreiche verschlungene Windungen zu einem Haufen zusammengeballt ist (Tab.l, Fig. 12r) und leicht durch seine violett pigmentirten Wandungen auf der Aufsen- fläche der Geschlechtsdrüse auffällt. Der kürzere (gleichfalls pigmentirte) Samenleiter von Firoloides hat einen einfachen wförmigen Verlauf (Fig. 10r). Nach der Darstellung von Milne Edwards, die freilich zunächst nur für Carinaria gilt, könnte man der Ansicht sein, dafs der Samenleiter der Firoloiden mit dem Begat- tungsapparate in unmittelbarem Zusammenhange stehe. In der That lälst Souleyel auch bei unsern Thieren das vordere Ende des Samenleiters — wie es Milne Edwards beschrieben hatte — unter den äulsern Bedeckungen bis an den Penis hinantreten. Ich habe mich indessen mit aller Bestimmtheit davon überzeugen können, dafs diese Annahme auf einem Irrthum beruht, dafs die Begattungsapparate der Heteropoden (auch bei Cari- naria und Atlanta) von den“ innern Organen völlig getrennt sind?). Die äufsere männ- !) Huxley ist diese Thatsache entgangen. Er giebt an, dafs Firoloides überhaupt ohne Fuls- saugnapf sei, während ich, wenigstens bei meiner Art, auch hier die männlichen Individuen bestän- dig mit einem solchen Apparate antraf. ?) Bei Firola fehlen auch die beiden Falten der äufsern Bedeckungen, die bei Carinaria von dem Nucleus bis zur Basis des Copulationsorganes hinablaufen und denselben zwischen sich nehmen, auch theilweise verbergen können. >) Huxley ist durch seine Untersuchungen bei Firoloides und Atlanta zu demselben Resultate gekommen. Sr 5 60 liche Geschlechtsöffnung liegt auf der rechten Seitenfläche des Nucleus, etwas nach vorn zu gewandt und dicht hinter dem gröfsern Ganglion intestinale (Tab. I, Fig. 10, 12). Sie nimmt dieselbe Stelle ein, die bei den weiblichen Individuen schon längst als ‘äufsere Geschlechtsölfnung bekannt war. So wenigstens verhält es sich bei Carinaria und Firola. Bei Firoloides finde ich dagegen die äufsere weibliche Geschlechtsölfnung an einer andern Stelle, tiefer und nach hinten zu gerichtet, dicht über der Basis des stummelförmigen Schwanzes (Tab. I, Fig. 11). Möglich indessen, dafs diese Lage nur eine temporäre ist. Die Weibchen von Firoloides, die ich beobachtete, waren ohne Ausnahme trächtig und zeigten nicht blofs eine von Eiern erfüllte und gewaltig ausgedehnte Vagina, sondern trugen auch einen langen und bandförmigen Eischlauch, der aus der äulsern Geschlechtsöffnung hervorragte und fast zwei Mal die Länge des ganzen Thieres hatte. Es sind das Verhältnisse, die vielleicht bei der Beurtheilung der erwähnten Verschiedenheit in Betracht kommen dürften. Histologisch besteht der Samenleiter aus einer structurlosen, mit einer starken Mus- kellage versehenen Haut und einer dicken Epithelialschicht, deren Elemente als eylindrische, dunkel pigmentirte Flimmerzellen erkannt wurden. Was die Bildung des Copulationsapparates betrifft, so wiederholt diese bei den Heteropoden ohne Ausnahme bekanntlich denselben Typus. Der Penis dieser Thiere ist gespalten, wie man sagt, das heifst, er besteht aus zweien über einander liegenden Theilen, die mit gemeinschaftlicher Basis aus der Oberfläche des Körpers hervorkommen (Tab. I, Fig. 10, Tab. II, Fig. 2). Die Form und Entwickelung dieser beiden Theile ') zeigt mancherlei Verschieden- heiten, bei den Firoloiden noch mehr, als bei Carinaria. Der obere Theil ist kürzer und gedrungener, von ohr- oder löffelförmiger Gestalt, während der untere einen längern und schlankern Cylinder darstellt. An dem erstern (Ibid. s) kann man gewissermafsen ein Basalstück und ein Endstück unterscheiden. Das Basalstück oder der Stiel hat eine cylindrische Form und eine mus- kulöse Beschaffenheit. Das Endstück zeigt dagegen eine weichere, ich möchte fast sagen, schwammige Textur und ist seitlich in zwei flügelförmige Lappen ausgebreitet, die sich muschelartig gegen einander zukrümmen und eine förmliche Tasche zwischen sich einschlielsen. Bei Carinaria setzt sich der Grund dieser Tasche in Form einer Längsspalte den Stiel entlang fort bis zur Basis, so dafs der ganze Theil einige Aehn- lichkeit mit einem hypospadischen Penis gewinnt, um so mehr, als die aulgewulsteten ı) Lesueur giebt an. dafs der Copulationsapparat der Firoloiden aus drei Theilen bestehe : das löffelförmige Ende des Penis (nach L. eine Schutzdecke für die übrigen Theile) wird für ein eigenes Organ gehalten. z 61 Seitenlappen des Endstückes einen eichelartigen Aufsatz zu bilden scheinen. Bei den Firoloiden behält das Grundstück dagegen, wenigstens das untere Ende desselben , seine eylindrische Form. Die Tasche bleibt fast ganz auf das Endstück beschränkt und wird nicht selten (Tab. I, Fig. 2) noch durch einen besondern Mittellappen vervollständigt, der sich zwischen den Seitenlappen erhebt und hornförmig vorspringt. Die schwammige Beschaffenheit des Endstückes rührt von einer eigenthümlichen Ent- wickelung der Epidermiszellen her, die hier in mehrfachen und dicken Lagen über einander geschichtet sind und äufserlich ein schönes (wahrscheinlich flimmerndes ) Cylinderepithelium zusammensetzen. Auf dem Mittellappen erreichen die einzelnen Ele- mente dieses Epitheliums die colossale Gröfse von 5';“. Sie umschliefsen aufser einem ziemlich ansehnlichen Kerne und einem körnigen Inhalt auch häufig ein röthliches oder violettes Pigment, ven dem der ganze Anhang eine schöne und auffallende Färbung an- nimmt. Die Epidermiszellen des Stieles haben die gewöhnliche Beschaffenheit, sind aber bestimmter von einander geschieden, als das sonst wohl der Fall zu sein pflegt. Abge- sehen übrigens von dieser Zellenentwickelung auf der Oberfläche, erscheint das betref- fende Anhangsgebilde auch histologisch als eine unmittelbare Fortsetzung der Körperwand. Es besteht aus der bekannten Hyalinsubstanz, in die theils Zellgewebskörperchen, wie gewöhnlich, theils auch Muskelfasern in Menge eingelagert sind. Im Stiele sind diese Muskelfasern zu rundlichen Strängen vereinigt, die sich in den Seitenlappen des End- stücks fächerarlig ausbreiten, vielfach sich spalten und mit einander anastomosiren. Was den zweiten cylindrischen Theil des Copulationsorganes betrifft, so bildet dieses (Tab. I, Fig. 10, Tab. I, Fig. 2 r), wenigstens bei unsern Firoloiden, den bei Weitem ansehnlichern Theil des ganzen Apparates. Bei Firoloides ragt er (Tab. I, Fig. 10) nach hinten selbst bis weit über die Spitze des Schwanzes hervor. Der betreffende Anhang ist derselbe, der nach der Darstellung von Milne Edwards bei Carinaria von dem Endstücke des Vas deferens durchsetzt werden soll. Es ist wahr, man findet hier auf seiner Spitze eine deutliche Oeffnung, im Innern auch einen starken Kanal mit kräftigen Muskelwandungen und schwarzer Auskleidung — aber bei näherer Untersuchung wird man zu der Ueberzeugung kommen, dals dieser Kanal, nachdem er den ganzen Anhang durchsetzt hat, mit einem blinden Ende aufhört. Noch deutlicher ist solches bei Firola und Firoloides, wo der betreffende Kanal eine sehr viel beträchtlichere Kürze besitzt. Bei Firola Fredericiana beschränkt sich derselbe auf das letzte Dritttheil des Anhanges (Tab. II, Fig. 2), und bei Firoloides (Tab. I, Fig. 10) bildet er gar nur eine kurze Tasche im äufsersten Ende. In histologischer Beziehung schliefst sich dieser geilselförmige Theil des Copulations- organes, den ich fernerhin mit dem Namen des Flagellum bezeichnen werde, an den Stiel des vorher betrachteten Abschnittes. Er besteht aus Glassubstanz mit Zellgewebs- körperchen und Muskelfasern, die theils einzeln, theils aber auch in Bündeln zusammen- 62 liegen, nach allen Richtungen hin sich kreuzen und vielfach unter einander anastomosiren. Der äufsere Ueberzug wird von einer Epidermoidalzellenschicht gebildet, die zum Theil mit Pigmentkörnern — der etwas concave Innenraum des Flagellums trägt bei F. Fredericiana u. a. mitunter einen dunkeln Pigmentstreif — erfüllt sind. Die kanalförmige Tasche hat auch bei den Firoloiden eine dicke Muskelwand, deren Elemente (Längsfasern, Ringfasern) indessen viel dichter verfilzt sind und auf den ersten Blick eine fast homogene Masse darstellen. Die innere Auskleidung der Tasche besteht aus abgeflachten Zellen, wie bei Carinaria, jedoch ohne Pigment. Bei Firoloides bilden die Zellen des äufser- sten Endes (zur Zeit der Brunst) einen Kranz!) von vorspringenden mikroscopischen Papillen (Tab. I, Fig. 10 s). Ueber die funetionelle Bedeutung der betreffenden Abschnitte fehlt es mir leider an einer directen Erfahrung. Es sind blofse Vermuthungen, welche ich darüber beibringen kann, aber Vermuthungen, die doch, wie ich hoffe, einige Wahrscheinlichkeit für sich haben. Dafs der ganze betreffende Apparat trolz seiner eigenthümlichen, sonst bei den Schnecken nirgends vorkommenden Entwickelung einen Copulationsapparat darstellt, dar- über wird wohl kaum ein Zweifel obwalten können. Das ausschliefsliche Vorkommen bei den männlichen Individuen, die gröfsere Entwickelung (besonders der Zellenlage des löffelförmigen Endstückes) zur Zeit der Brunst sprechen hierfür zur Genüge. Dazu kommt die formelle Aehnlichkeit, die zwischen dem kürzern löffelförmigen Anhange und dem Penis mancher anderer Seeschnecken, namentlich aus der Gruppe der Kammkiemer ob- waltet. Auch hier bildet das Begattungsorgan bekanntlich häufig einen Anhang des Kör- pers, der — statt von dem Samenleiter durchsetzt zu werden — auf seiner Oberfläche mit einer Längsfurche versehen ist. Diese Aehnlichkeit scheint mir überzeugend genug, um auch bei den Heteropoden den betreffenden löffelförmigen Abschnitt als das eigentliche Be- gattungswerkzeug in Anspruch zu nehmen. Wenn der Copulationsapparat unserer Thiere ausschliefslich auf diesen An- hang beschränkt wäre, wenn der Samenleiter dann wirklich, wie man früher annahm, bis zur Basis desselben nach vorn verliefe, dann würde gewils Niemand die Bildung der betreffenden Theile als auffallend und aufsergewöhnlich bezeichnen können. Aber dieser Penis ist hier bei den Heteropoden von der äufseren männlichen Geschlechtsöffnung weit abgetrennt. Wo das sonst bei den Schnecken vorkommt, da findet sich eine rinnenför- mige Vertiefung auf der Oberfläche des Körpers, die von der Geschlechtsöffnung bis zum Penis hinführt und zur Fortleitung des Samens bestimmt ist. Bei den Heteropoden fehlt !) Auffallender Weise hält Souleyet dieses Ende des Flagellums bei Firoloides für den Hoden (vergl. I. c. Tab. 22, Fig. 2). 63 diese Samenrinne — aber dafür findet sich ein eigenthümlicher weiterer Anhang von geifsel- förmiger Gestalt, der nach seiner ganzen Bildung wohl dazu geeignet sein möchte, den aus der Geschlechtsöffnung hervortretenden Samen in Empfang zu nehmen und in die Tasche des löffelförmigen Penis zu übertragen. Welche Rolle hierbei etwa der muskulöse Centralkanal des Flagellum spielt, ist mir unbekannt. Ich weifs nicht, ob er den (vielleicht in Form einer Spermatophore austreten- den) Samen in Empfang nimmt und festhält, oder sich vielleicht gar nach aufsen umstülpt und dann eine Verlängerung des Flagellum darstellt. Das letztere ist mir allerdings we- niger wahrscheinlich, aber auffallend ist es doch, dafs der betreffende Kanal in dem (ver- hältnilsmälsig‘) kurzen Flagellum von Carinaria am längsten, in dem sehr langen Flagellum von Firoloides dagegen sehr kurz ist!). Obgleich mir, wie gesagt, alle direeten Erfahrungen über den functionellen Werth dieser Theile fehlen, so scheint mir einstweilen doch kaum eine andere Deutung dersel- ben möglich zu sein. Man könnte höchstens noch annehmen, dafs das Flagellum zum Festhalten des Weibchens bei der Begattung diene, aber einmal scheint dieses Gebilde dazu kaum zweckmälsig gebaut zu sein, und sodann bedarf es doch auch wirklich eines Apparates, der das Sperma aus der äufsern Geschlechtsöffnung in das Begattungsorgan übertrage ?). Die weiblichen Firoloiden besitzen (Tab. I, Fig. 11, Tab. II, Fig. 4) einen Eilei- ter, der seiner Lage nach mit dem Samenleiter übereinstimmt, aber eine viel compli- eirtere Bildung zeigt. Er ist mehrfach gegliedert und mit verschiedenen Anhangsorganen versehen, die (aufser der Trächtigkeit) mitsammt dem Leitungsapparate zu einem kug- lichen Haufen zusammengeknauelt sind und sich nur mit gröfsester Schwierigkeit zu einem einigermalsen klaren Bilde auseinander legen lassen. Zunächst führt die äulsere Geschlechtsöffnung in eine Scheide (Ibid. w), einen weiten und geraden, muskulösen Kanal, der zur Zeit der Trächtigkeit (Firoloides) mit ») Huxley hat sich über die eventuelle Bedeutung der einzelnen Theile des Copulations- apparates nicht ausgesprochen. Er giebt nur an, dafs der Kanal des Flagellum zahlreiche Oeltröpfehen enthalte — ich glaube indessen eine secretorische Bedeutung dieses Theiles, die man leicht hieraus folgern könnte, in Abrede stellen zu dürfen. 2) Ich will es übrigens nicht verschweigen, dafs ich nachträglich noch bei einigen Spiritus- exemplaren von Carinaria wirklich auch eine deutliche Längsfurche wahrnehme, die von der Basis des Penis nach der äufsern Geschlechtsöffnung hinführt und einen directen Zusammenhang derselben mit der oben erwähnten Samentasche darstellt. Nichts desto weniger scheint durch die Anwesen- heit dieser Rinne ein Apparat zur Ueberführung des Sperma nicht unnöthig zu werden, denn die Rinne ist so schmal und dabei so seicht, dals sie ohne Weiteres gewils noch keinen gesicherten Abfluls des Sperma möglich macht. (Bei den Firoloiden findet sich zu keiner Zeit eine Spur dieser Samenrinne.) 64 Eiern angefüllt ist und sich gewaltig ausdehnt, so dafs die übrigen Organe des, Nucleus dadurch gröfstentheils aus ihrer normalen Lage verdrängt werden. Bei Firoloides (Tab. I, Fig. 11) bildet die schwangere Scheide einen schlauchförmigen Behälter von ansehnlicher Weite, der an der hintern Fläche des Nucleus fast bis zum After emporsteigt und schliels- lich schlingenförmig sich nach unten umbiegt. Die Wandungen der Scheide bestehen aus einer dicken Muskelschicht (Längs- und Ringfasern) und einem einfachen pflasterförmigen Epithelium. In das Ende dieses Abschnittes inserirt sich eine dünngestielte Spermatotheca (x) von flaschenförmiger Gestalt, die durch die Pigmentirung ihrer Wände leicht auffällt und häufig mit Samenfäden im Innern beobachtet wurde. Muskelfasern habe ich in dieser Samentasche vergeblich gesucht, obgleich sich dieselben (Ring- und Längsfasern) in den Wandungen des Stieles leicht nachweisen lassen. Die Samenblase besteht aus einer struc- turlosen Substanz , die durch ihre Dicke und ihr körniges Aussehen an die histologische Bildung des Bauchfells erinnert und aus einer Schicht von unregelmäfsigen, rundlichen oder eckigen Pigmentzellen. Jenseits der Scheide bildet der Leitungsapparat einen dünnen (violett gefärbten) Kanal, dessen körnige Wandungen im Innern ein pigmentirtes Cy- linderepithelium mit Wimperhaaren tragen und äulserlich von einem zarten und lockern Muskelnetze übersponnen sind. Eine Strecke hinter dem Ende der Scheide ist dieser Oviduct mit einer ganz ansehnlichen spiralig gewundenen Eiweilsdrüse von gewöhn- lichem Bau (mit Querlamellen) versehen (Ibid. 0). Diese beiden Anhänge, Samentasche und Eiweilsdrüse, sind 'die einzigen, die ich mit Sicherheit an den weiblichen Theilen habe unterscheiden können. Indessen will ich doch hinzufügen, dafs ich einige Male auch noch am Ende der Scheide eine Gruppe kleiner Blinddärmchen beobachtet zu haben glaube, ohne dafs ich übrigens im Stande war, über Anordnung und Bedeutung derselben in's Reine zu kommen. Entwickelung. Die Entwickelung unserer Heteropoden — ich beobachtete dieselbe bei Firoloides — geht innerhalb einer langen und bandförmigen Eierschnur vor sich, die aus der äufsern Geschlechtsöffnung herabhängt, und (wie schon Lesueur angiebt) von dem Mutterthiere mit umhergetragen wird (Tab. I, Fig. 11). Die Wandungen der Schnur bestehen aus einer ziemlich festen und glashellen Substanz ,„ die sich bis in die Vagina hinein fortsetzt und hier als eine dünne Schicht auf der Innenfläche der Epithelialbekleidung aufliegt. Offenbar ist dieselbe ein Absonderungsproduct der Scheidenwand. Die Eier sind einzeln mit Eiweils und Schalenhaut (75) umhüllt und liegen ziemlich genau in doppelter Längsreihe neben einander. Nur in der Vagina zeigen sie mit einer dichtern Verpackung zugleich eine andere unregelmälsige Lagerung. Aber der Aufenthalt der 65 Eier in der Scheide ist nur ein provisorischer. Sie treten allmählig eines nach dem andern — die äulsern natürlich zuerst — aus derselben hervor, um in die Eierschnur hineinzuschlüpfen und hier bis zur Geburt der Embryonen zu verweilen. Im Innern der Eierschnur beobachtet man die schönste Stufenfolge der Entwicke- lung. Die äufserste Spitze enthält freie Embryonen: Larven mit Segellappen und Flim- merhaaren, die in dem Hohlraum der Eierschnur umherschwimmen, bis sie schlielslich aus dem zerrissenen Ende hervortreten , um fern von dem Mutterthiere, selbstständig, ihre spätern Metamorphosen zu durchlaufen. Im Anfangstheile der Eierschnur zeigt der Dotter die bekannte Maulbeerform ; zwischen beiden Enden überblickt man in allen Uebergängen die einzelnen Stadien der Körperbildung. Die eigentliche Furchung ist bei dem Eintritt in die Eierschnur bereits vollendet. Sie geschieht schon früher, so lange die Eier noch in der Vagina verweilen. Die Eier, die aus der Scheide in die Eierschnur übertreten, werden durch neue Nachschübe aus dem Oviduct ersetzt, so dafs man im Grunde derselben beständig eine Anzahl frischer und noch unveränderter Eier antrift. Um endlich die einzelnen Phasen der Entwickelung voll zu machen, findet man in dem obern Abschnitte des Oviductes (in einfacher dicht gedrängter Reihe hinter einander) auch Eier ohne Schalenhaut und Eiweils. Das primitive Ei zeigt die gewöhnliche Zusammensetzung. Es enthält einen hellen Dotter von 71; und ein ziemlich ansehnliches Keimbläschen (von 5‘). Die ersten Ver- änderungen, die mit demselben vor sich gehen, manifestiren sich durch das Verschwinden des Keimbläschens und der Dotterhaut. Das Ei bildet nach diesen Vorgängen eine gleich- förmige Dotterkugel, die ohne Weiteres, wie bei anderen Gasteropoden, vom Eiweils umspült wird. Die Erscheinungen der Dotterfurchung verlaufen in bekannter Weise !). Die Dotterfurchung von Firoloides ist, wie bei Actaeon u. a., eine sog. unregelmäfsige. Nur die vier ersten Dotterkugeln sind von gleicher Gröfse. Die Aequatorialfurche, welche die Zahl derselben verdoppelt, ist (Tab. II, Fig. 5) dem einen Pole weit mehr genähert, als dem andern; die Ballen, welche durch dieselbe abgetrennt werden, bilden gewisser- mafsen nur ein kleines Bruchstück der bereits vorhandenen Dotterkugeln. Nichts desto weniger sind es gerade diese kleinern Dotterballen, die den andern in ihrer Entwickelung vorauseilen. Sie zerfallen unter fortwährender Gröfsenzunahme der gesammten Dotter- masse in einen ansehnlichen Haufen, an dem man noch eine längere Zeit hindurch die vier unveränderten grofsen Dotterkugeln unterscheiden kann (Fig. 6). Erst später, wenn die kleinern Dotterkugeln bereits angefangen haben, diese gröfsern zu überwuchern, be- obachtet man auch an ihnen die Fortsetzung der Furchung. !) Sehr schön kann man beobachten, wie das sog. Richtungsbläschen sich bei Beginn der ersten Furchung von der Dotterkugel abhebt. Leuckart, zool. Untersuch. III. 9 66 Auf solche Weise entsteht nun allmählig aus dem Dotter jener maulbeerförmige Körper (von 715“), dessen Vorkommen im obern Ende der Eierschnur wir schon vorhin erwähnt haben. Man unterscheidet in demselben zweierlei Arten von Furchungskugeln oder Zellen — denn die Furchungskugeln haben sich jetzt bereits mit einer deutlichen membranösen Hülle umgeben —, kleinere, die eine peripherische Rindenschicht darstellen, und grölsere,, die zu einem centralen Haufen zusammengruppirt sind. Die erstern sind die Abkömmlinge der vier kleinen, die andern die der vier grofsen Furchungskugeln. Aber nur eine kurze Zeit behält dieser Körper seine ursprüngliche sphärische Ge- stalt. Er plattet sich ab, zunächst an dem einen Pole, dann aber auch, wenngleich in geringerem Grade, an dem andern (Fig. 7). Schon früher hat man an einer Stelle der Dotterkugel eine grubenförmige Vertiefung beobachten können. Sie entspricht dem pola- ren Zwischenraume zwischen den vier ersten grofsen Furchungskugeln und hat dadurch ihren Ursprung genommen, dafs die Umhüllung derselben von Seiten der kleinen Fur- chungskugeln an dieser Stelle nur unvollständig vor sich gegangen ist. Diese gruben- förmige Vertiefung nimmt jetzt an dem abgeplatteten Dotter die Mitte der gröfsern Ab- flachung ein. Statt zu verschwinden, wird sie immer tiefer, bis sie nach Art eines Blind- sacks bis in die Mitte der Dotterkugel hineinragt. An der gegenüberliegenden zweiten Abflachung hat sich inzwischen ein ähnlicher Eindruck gebildet, der allmählig gleichfalls in die Tiefe eindringt. Während dieser Vorgänge beobachtet man aber auch im Innern des Embryo eine Veränderung. Die Zellen, die hier früher einen compacten Haufen darstellten, scheinen zum Theil mit einander zu verschmelzen; es entsteht eine Aushöhlung im Innern des Embryo (Fig. 8), die schliefslich mit den beiden eben erwähnten Vertiefungen in einen Zusammenhang tritt. Das Gebilde, das auf solche Weise seinen Ursprung genommen hat, ist der Darm, die eine Oeflnung desselben, die am frühesten vorhanden war, die Mund- öffnung, die andere der After. Noch vor der Vereinigung der Centralhöhle mit den beiden grubenförmigen Vertie- fungen beginnen die Drehungen des Embryo, die durch ein uniformes Flimmerkleid auf der Oberfläche des Körpers bedingt sind. Die Untersuchung wird begreiflicher Weise da- durch erschwert, nichts desto weniger gelingt es aber doch, auch in die spätern Entwicke- lungsvorgänge eine ziemlich vollständige Einsicht zu gewinnen. Wenn man die Lage des Darmkanals näher ins Auge falst, dann überzeugt man sich, dals derselbe nicht eigentlich durch die Achse des Körpers hindurchläuft, sondern der einen Körperfläche mehr angenähert ist. Diese letztere, die spätere Bauchfläche, plattet sich nun allmählig etwas ab und nimmt dadurch eine trapezoide Gestalt an. Mund und After liegen in der Mitte der beiden Parallelflächen, der erstere in der breitern, der andere in der schmälern. Die vordern Ecken dieser Bauchfläche, die den Mund zwischen 67 sich nehmen, verwandeln sich nun allmählig in ein Paar halbmondförmiger Segel, die frei- lich nicht jene gewaltige Gröfse erreichen, wie bei vielen andern Schneckenlarven, sich aber doch, wie hier, mit einer Reihe langer und kräftiger Cilien besetzen. Ziemlich gleichzeitig bildet sich an dem hintern Ende dieser Fläche eine halbkuglige Aufwulstung, die unterhalb des Afters nach Aufsen vorspringt und sonder Zweifel als die erste Anlage des Fulses betrachtet werden darf (Fig. 9, 10). Die Rückenfläche des Körpers, die der eben erwähnten Bauchfläche gegenüber liegt, hat eine starke Wölbung und umschliefst einen Haufen grofser heller Zellen (mit schwach violettem Schimmer), die sich im Laufe der spätern Entwickelung wahrscheinlich in die Leber umbilden. Die Mitte des Rückens trägt eine schild- oder sattelförmige Duplicatur von bräunlich-gelber Farbe, deren Rand — namentlich nach hinten zu — wulstförmig vorspringt (Fig. 10). Man möchte sich fast versucht fühlen, diese Duplicatur für eine Schale zu halten '), aber sie entbehrt der Härte und Festigkeit einer solchen und dürfte defshalb wohl nur als Mantel betrachtet werden. In diesem Zustand werden unsere Thiere als Larven von abweichender Form und Bildung (4) geboren. Eine Schnecke ist in denselben nicht zu verkennen, aber einen Heteropoden würde man in ihnen wohl schwerlich vermuthen. Das einzige Organ, das unsere Larve aufser dem Fulse in das spätere Leben mit hinübernimmt, ist der Darm, und selbst dieser bedarf noch einer grolsen Umformung, um sich den Bedürfnissen des ausgebildeten Thieres anzupassen. Bei einem Vergleiche mit den Larvenformen der übrigen Gasteropoden kann es uns nicht entgehen, dafs die jungen Firoloiden auf einem verhältnifsmäfsig sehr frühen Ent- wickelungsstadium geboren werden. Die übrigen Gasteropodenlarven sind nach unsern bisherigen Erfahrungen ganz allgemein schon bei ihrer Geburt mit Gehörwerkzeugen, Pharynx, Zunge, zum Theil selbst mit einem Herzen versehen — die neugebornen Larven von Firoloides zeigen keine Spur von allen diesen Organen. Das einzige Eingeweide unserer Thiere ist der Darm, und auch dieser ist kaum etwas Anderes als ein ziemlich gleichförmiger Kanal mit zweien Endöffnungen. Ueber die spätern Metamorphosen unserer Thiere weifs ich Nichts mitzutheilen. Es ist mir allerdings gelungen, die neugebornen Larven mehrere Tage hindurch lebendig zu erhalten, allein während dieser ganzen Zeit blieben dieselben ohne Veränderung. — ’) Gegenbauer, der die Entwickelung der Firoloiden gleichfalls beobachtet hat (Compt. rend. 1853. T. XXXVII, p. 495) giebt auch wirklich an, dafs die Embryonen dieser Thiere eine Schale besäfsen. (Vielleicht bezieht sich indessen diese Angabe auf ein späteres Entwickelungs- stadium.) g* 65 Wie vielleicht die Mehrzahl der seebewohnenden Wirbellosen, wie namentlich fast alle sog. pelagischen Formen dieser Thiere, sind auch unsere Firoloiden mit der Fähig- keit der Lichtproduction begabt. Allerdings bleibt die Phosphorescenz derselben sehr weit hinter der zahlreicher anderer Leuchtthiere zurück — zu den brillantesten Leucht- thieren gehören unter den gröfsern Arten aulser Pyrosoma, Praya., Hippopodius nament- lich auch noch Alcinoe und Cestum —, aber trotzdem ist dieselbe keineswegs ganz unbedeutend. Sie ist übrigens nur auf einen kleinen Theil des Körpers beschränkt, und zwar (wie bei den Salpen) auf den Nucleus, der augenblicklich, sobald man die Thiere oder das Gefäfs, in dem sich dieselben befinden, berührt , gleich einem Sterne aufblitzt, um nach kurzer Zeit wiederum zu erlöschen. ' DIE GESCHLECHTSVERHÄLTNISSE ZWITTERSCHNECKEN. L K“ aM 4 Air KOM ve y u Ta na RS ER or yrarı N # Yıl :MARIVETIAMAR VAERDZU RE ’ a i h s i Ö \ s .s - er | | Rt \ j R AU ’ a N er - “ RE r 7 i ER r 0. MEHOEIRDARTERWE { r ! 2) v ; Bun ; en e N N r ji Betr BAM Seit den Beobachtungen von R. Wagner (Arch. für Naturgesch. 1836. I, S. 370, Beitr. zur Gesch. der Zeugung, S. 49) und v. Siebold (Arch. für Naturgesch. 1837. I, S.51) ist es eine ausgemachte Thatsache, dafs das sog. traubenförmige Organ der Zwit- terschnecken (Eierstock nach Cuvier, Hoden nach Treviranus) nicht etwa blofs Eier oder blofs Samenfäden producirt, wie man früher annahm, sondern beiderlei Zeu- gungstoffe hervorbringt, dals es, mit andern Worten, Eierstock und Hoden zugleich ist. Was wir seither über den Bau und die Function dieser Drüse erfahren haben, hat alle Zweifel beseitigt, die man vielleicht noch Anfangs an der Richtigkeit einer so aufser- ordentlichen Thatsache hegen konnte 1). Allerdings sind “unsere Kenntnisse über die Zwitterdrüse der Gasteropoden noch nicht abgeschlossen ; aber es sind nur gewisse untergeordnete Verhältnisse, die noch der weitern Aufklärung bedürfen. Schon R. Wagner hat (Beiträge u. s. w. S. 59) die Frage aufgeworfen, ob diese Drüse in denselben Follikeln und gleichzeitig neben einander die Geschlechtsstoffe bei- derlei Art producire, oder vielleicht besondere (räumlich oder zeitlich) von einander geschiedene Samen- und Eischläuche besitze. Die Untersuchungen, die zur Erledigung dieser Frage angestellt wurden, beziehen sich ausschlielslich auf unsere einheimischen Lungenschnecken, und für diese neigt sich Wagner offenbar zu der Annahme hin, dafs die Samenkörperchen und Eier in denselben Follikeln und gleichzeitig neben einander !) Im Auslande (Frankreich, England) wird diese Thatsache freilich immer noch ignorirt. Man hält sich hier mit gröfsester Hartnäckigkeit an die alte Cuvier’sche Deutung der Zwitterdrüse, obgleich doch schon die oberflächlichste mikroscopische Analyse zur Genüge zeigt, dafs der sog. Eierstock der betreffenden Thiere nicht blofs die Eier, sondern auch die Samenelemente auf den verschiedensten Entwickelungsstufen enthält. (Laurent ist meines Wissens der ein- zige französische Anatom, der sich schon seit langer Zeit mit Entschiedenheit für die Richtigkeit der Wagner’schen Deutung ausgesprochen hat. Vergl. UInstit. 1842. p. 43; 1848. p. 120.) 72 gebildet würden. „In denselben Blinddärmchen mit den Eiern, diese umgebend, sah ich“* sagt Wagner (a. a. O. S. 61) „auf das Entschiedenste die Bündel von Samenthierchen zugleich mit zahlreichen Samenkörnern. Auch im Ausführungsgang wurden freientwickelte Samenthiere zugleich mit gröfsern Eiern beobachtet“. So bestimmt diese Angaben nun auch lauten, haben sie doch vielleicht niemals eine all- gemeine Anerkennung gefunden. Mit der Annahme von der Existenz einer Zwitterdrüse hatte man sich allmählig vertraut gemacht. Dafs sich der zwitterhafte Charakter dieser Drüse aber schon in den einzelnen Drüsenschläuchen aussprechen sollte, war eine Behauptung, die vielleicht zu neu, zu überraschend und kühn erscheinen mochte, um sie ohne Weiteres auf eine einzige, wenn auch noch so gewichtige Autorität hin anzunehmen. Es war in gröfserer Uebereinstimmung mit den früher herrschenden Ansichten, in der Zwitterdrüse, wenn sie denn wirklich einmal als solche betrachtet werden mufste, besondere männliche und weibliche Theile als isolirte Elemente neben einander vorauszusetzen. Diese Voraussetzung schien auch vollkommen gerechtfertigt, als H. Meckel einige Jahre nach Wagner und Siebold seine Untersuchungen über den feinern Bau der Zwitterdrüse bei unsern einheimischen Schnecken (in Müller’s Arch. 1544. S. 484) bekannt machte und die einzelnen Blindschläuche derselben als zwei in einander geschach- telte Drüsenfollikel beschrieb, deren Existenz den frühern Beobachtern nur defshalb ent- gangen sei, weil ihre Wandungen sich gewöhnlich dicht und unmittelbar berührten. Der innere dieser Follikel, der den centralen Hohlraum des Blindschlauches begrenze, sollte ausschliefslich für die Bildung der Samenfäden bestimmt sein und niemals andere Ge- schlechtsstoffe enthalten, da die Eier aufserhalb desselben, in dem äufsern Follikel, ihren Ursprung nähmen und auch in dem Zwischenraume zwischen beiden herabrückten. Wie diese Zwitterdrüsenschläuche, so sollte sich nach Meckel ferner auch der Ausführungs- kanal derselben, der sog. Zwitterdrüsengang, verhalten. Auch dieser sollte eigentlich aus zweien in einander eingeschachtelten Kanälen bestehen, aus einem centralen Samengang und einem peripherischen Eileiter, die sich erst später von einander abtrennten und durch ihre Lagerungsverhältnisse die bekannte Bildung der Geschlechtsorgane bei den Lungen- schnecken bedingten. Die Angaben von Meckel haben — in Deutschland wenigstens — eine fast ganz allgemeine ') und unbedingte Anerkennung gefunden. Es gilt seitdem als erwiesen, dafs !) Ich glaube der Erste und beinahe Einzige gewesen zu sein, der sich wenigstens gegen einen Theil der Meckel’schen Darstellung ausgesprochen hat (vergl. meine Morphologie der Geschlechtsorgane. 1847. S. 128). Mein Widerspruch betraf zunächst und vorzugsweise den Zwil- terdrüseugang, in dem ich niemals etwas Anderes, als einen einfachen Kanal mit äulserer Zellge- websscheide erkennen konnte. Dazu kam, dafs ich nicht selten bei unsern einheimischen Schnecken in dem centralen Raume der Drüsenschläuche freie Eier antraf, auch unter Umständen, die kaum eine 73 die Zwitterdrüse der Gasteropoden besondere anatomisch verschiedene Eifollikel und Samenfollikel besitze, gewissermafsen also aus einem innig verschmolzenen Eierstock und Hoden zusammengesetzt werde. Dals diese Behauptung für viele Fälle ihre volle Berechtigung habe, leidet keinen Zweifel. Nordmann, Kölliker u. A. haben uns gelegentlich mit dem Bau der Zwit- terdrüse bei einigen Seegasteropoden bekannt gemacht und hier Verhältnisse beschrieben, die noch bestimmter und überzeugender, als die Meckel’sche Darstellung bei den Land- schnecken, für eine solche Einrichtung sprechen dürften. Meine eignen Beobachtungen werden die Annahme eines derartigen Verhältnisses hoffentlich gleichfalls rechtfertigen ?), zugleich aber auch wohl zu der Ueberzeugung hinführen, dafs die Bildung der Zwitterdrüse _ bei den Schnecken die gröfsesten Verschiedenheiten darbietet und durch mancherlei Zwischenformen bis zu einem vollständigen räumlichen Hermaphroditismus, wie ihn bereits Wagner behauptet hatte, hinführt. Ich wende mich in meiner Darstellung zunächst an den schönen Pteropoden, der den Zoologen unter dem Namen Cymbulia Peroni bekannt ist. Die Geschlechtsorgane dieses Thieres (Tab. II, Fig 11) sind nach ihren gröbern anatomischen Verhältnissen schon von van Beneden (Exercices zootom. II, p. 19) und Souleyet (Voy. de la Bonite. Zool. Atlas Pl. 15 bis Fig. 27 und 35), und zwar im Allgemeinen ganz richtig, beschrieben worden. Nur die Deutung der einzelnen Theile bedarf einer Berichtigung. Der sog. Eierstock, der auf der Fläche der Leber aufliegt, ist in Wirklichkeit eine Zwitterdrüse, und der sog. Hoden nur eine Erweiterung des Zwit- terdrüsenganges, der hier, wie bei allen Pteropoden, bis zu seiner Mündung einfach bleibt. Der äulserste Abschnitt dieses Ausführungsganges bildet eine Art Vagina, an deren hin- term Ende eine gestielte Samentasche und eine Eiweilsdrüse von ziemlich ansehnlicher zufällige Zerreilsung der etwaigen innern Follikelwand voraussetzen lielsen. Die wirkliche Existenz einer solchen Follikelwand wagte ich damals noch nicht zu bezweifeln; ich beschränkte mich dels- halb auf die Behauptung, dafs die Eier nach ihrer Reife den Hodenfollikel durchbrächen und durch diesen in den gemeinschaftlichen Ausführungsgang der Zwilterdrüse hineingelangten. Pappen- heim und Berthelen (lInst. 1848. p. 119) haben später auch die Existenz einer doppelten Haut in den Drüsenfollikeln der Zwilterdrüse in Abrede gestellt, halten die Zwilterdrüse aber nur für ein Ovarium und behaupten (mit Cuvier), dafs das bekannte zungenförmige Organ als Hoden zu betrachten sei. Sie wollen hier die Entwickelung der Samenfäden beobachtet haben (?). Das Vorkommen der Samenfäden in der Zwitterdrüse, das die Verff. zugeben müssen, suchen sie (Compt. rend. XXVI, p. 445) durch die Behauptung zu erklären, dafs die Samenfäden aus der zungenför- migen Drüse in die verschiedensten (!)-Organe des Körpers hineingelangten. !) Ebenso verhält es sich nach Leydig’s Untersuchungen (Müller’s Arch. 1852. S. 515) bekanntlich mit der Zwilterdrüse von Synapla. Leuckart, zool. Untersuch. IH. 10 4 Gröfse anhängt. Der Penis ist bekanntlich ohne einen directen Zusammenhang mit den übrigen Geschlechtsorganen. Er stellt einen langen und. cylindrischen Muskelschlauch dar, der im Innern der Leibeshöhle liegt und nur an seinen Enden befestigt ist. Der Innenraum des Penis führt mittelst einer eignen Oeffnung nach Aufsen, und durch diese Oellnung kann auch der ganze vordere Theil desselben hervorgestülpt werden, so dafs die innere Fläche zur äufsern wird. Nur dieser vordere Theil des Penis ist das eigent- liche Begattungsorgan. Er ist weit und darmförmig, nach Art eines Darmes auch spira- lig gerollt, und im Innern an dem concaven Rande mit einer Längsrinne versehen, die durch zwei lippenförmige Vorsprünge gebildet wird und offenbar (am hervorgestülpten Penis) zur Fortleitung des Sperma dient. Der hintere Abschnitt des Penis ist sehr viel dünner und am fingerförmig gespaltenen Ende mittelst einer Anzahl von Muskelbündeln in der Nähe der vorhin erwähnten Oeffnung angeheftel. Er stellt einen Apparat dar, durch den das hervorgestülpte Begattungswerkzeug wiederum in seine ursprüngliche Lage zurückgezogen werden kann. Die Hervorstülpung geschieht ohne eigne Muskeln, wahr- scheinlich durch die Zusammenziehungen der Körperwand und den Andrang der in der Leibeshöhle enthaltenen Blutflüssigkeit. Was nun die Zwitterdrüse dieses Thieres betrifft, so könnte man nach der Abbil- dung von van Beneden leicht vermuthen, dals dieselbe, wie gewöhnlich bei den Gaste- ropoden, eine ziemlich parenchymatöse Masse darstellt. Doch mit nichten. Die Zwilter- drüse von Cymbulia besteht aus einer einfachen Schicht verästelter Blindschläuche, die von dem Ende des Zwitterdrüsenganges nach allen Richtungen hin ausstrahlen und sich um so mehr verästeln, je weiter sie von ihrer Ursprungsstelle sich entfernen. Die ein- zelnen Schläuche sind durch Zellgewebsstränge unter sich vereinigt und stellen eine zu- sammenhängende Lage von scheibenförmiger Gestalt dar, die auf dem Eingeweideknäuel, zunächst auf der Leber, aufliegt und sich mit einiger Sorgfalt leicht und vollständig isoli- ren läfst. Die Färbung der Zwitterdrüse ist in den einzelnen Individuen etwas verschie- den, fleischfarben oder bräunlich, aber immer heller, als das dunkel pigmentirte Einge- weideknäuel. f Bei näherer Untersuchung wird man sich indessen überzeugen, dafs die eben beschriebenen Blinddärmchen mit ihren Verzweigungen keine einfachen Röhren sind, son- dern (Tab. I, Fig. 12) auf ihrer äulsern, dem Bauchfell zugekehrten Fläche eine grofse Menge von beutelförmigen Aussackungen tragen. Der Inhalt dieser Aussackungen ist von dem der Blindschläuche ganz constant verschieden : er besteht (Fig. 13) aus mehr oder minder vollständig entwickelten Eiern, während die Blindschläuche Samenfäden oder deren Bildungszellen enthalten. Bei der Klarheit des Bildes, das dem Beobachter vor- liegt „ lälst sich nicht daran zweifeln, dafs die Zwitterdrüse von Cymbulia aus zweierlei verschiedenen Drüsenelementen besteht, von denen die einen ausschliefslich für die Pro- duction des Sperma, die andern eben so ausschliefslich für die der Eier bestimmt sind. 75 Der histologische Bau dieser Drüsenelemente ist im Ganzen sehr einfach. Samen- schläuche und Eifollikel bestehen, wenn wir von der zarten und ziemlich structurlosen Zellgewebshülle (an der man nur hier und da eine kleine Zelle, ein Zellgewebskör- perchen, unterscheidet) absehen, aus einer homogenen und glashellen Tunica propria, die ein zusammenhängendes Drüsenskelet darstellt und von den Eifollikeln ohne Grenzen auf die Samenschläuche übergeht. Die Innenfläche dieser Drüsenhaut trägt bei den Sa- menschläuchen eine ziemlich dicke Schicht von kleinen nellen Zellen, die man vielleicht für Epithelialgebilde ansehen könnte, obwohl es mir wahrscheinlicher ist, dafs sie nur die erste Entwickelungsform der spätern Samenelemente darstellen. In den Eifollikeln fehlen solche. Zellen; die Innenfläche dieser Aussackungen läfst nur eine dünne Schicht von homogener, wahrscheinlich eiweilsartiger Beschaffenheit erkennen. An eine Bildung, wie sie Meckel bei unsern Lungenschnecken beschrieben hat, ist unter solchen Umständen nicht zu denken. Samenschläuche und Eifollikel sind, wenn auch von einander verschieden, doch in unmittelbarem Zusammenhang. Wie die Tunica propria derselben, so gehen auch die (mit Samenfäden und Eiern erfüllten) Innenräume ohne Unterbrechung in einander über. Auch die Beschaffenheit des Zwitterdrüsenganges entspricht in keiner Weise der Meckel’schen Voraussetzung. Er besteht ganz einfach aus einer Tunica propria mit einer dünnen Zellgewebsscheide und einer dicken Auskleidung von grolsen Drüsenzellen. Für Samenfäden und Eier findet sich also nur ein einziger Ausführungsgang, ein Kanal, der über- diefs zunächst blofs mit den Samenschläuchen zusammenhängt und die Eier erst dann in sich aufnehmen kann, nachdem diese durch die Samenschläuche hindurchgewandert sind. Wenn man die Untersuchung dieser Theile über eine grölsere Anzahl von Indi- viduen ausdehnt, oder auch nur eine längere Zeit hindurch fortsetzt, so wird man übrigens bald auf mancherlei auffallende Verschiedenheiten in der relativen Gröfse und der Ent- wickelung der einzelnen Elemente in der Zwitterdrüse aufmerksam werden. Bei den Exemplaren von Cymbulia, die ich in der ersten Zeit meines Aufenthaltes in Nizza untersuchen konnte, waren die Eiersäcke in der Regel nur klein (bis 54) und wenig entwickelt (Fig. 12, 13). Sie bildeten eine bald einfache, bald auch mehr- fache Längsreihe auf den Samenschläuchen, die als weite Röhren erschienen — deren Durchmesser (1) die Höhe der Eischläuche um das Vier- bis Fünffache übertraf — und im Innern mit einer dicht gedrängten Menge von Samenfäden und Samenfädenbündeln sirotzend erfüllt waren. Nach der Beschaffenheit der Hodenschläuche und ihres Inhaltes durfte man diese Thiere ohne Bedenken als geschlechtsreife und brünstige Individuen bezeichnen. Um so auffallender aber erschien es, dafs der Inhalt der Eiersäcke in diesen Fällen noch weit von seiner vollständigen Reife entfernt war. Die Eier dieser Thiere standen ohne Aus- 0) == 76 nahme noch auf den ersten Stufen der Entwickelung. Die meisten besafsen nur eine sehr unbeträchtliche Gröfse (bis „,“) und selbst die gröfsesten, die ich auffinden konnte 5, Keimbläschen = 4, Keimfleck = ;4,‘‘), eine verhältnifsmäfsig nur sehr geringe und fast noch ganz homogene Dottermasse ohne feste äufsere Umhüllung. Dafs wir es trotz der Beschaffenheit der Samenschläuche in diesen Fällen mit unvollständig entwickelten weiblichen Geschlechtsprodueten zu thun haben, geht nicht blofs aus der eben geschilderten Beschaffenheit derselben hervor, sondern noch überzeu- gender vielleicht aus einer Vergleichung mit der Zwitterdrüse anderer Individuen, wie sie besonders in der spätern Zeit meines Nizzaer Aufenthaltes mir zur Untersuchung kamen. Während die Eiersäcke früher nur als unbedeutende Anhänge der Samenschläuche erschienen, bildeten sie jetzt (Fig. 14) die Hauptmasse der ganzen Zwitterdrüse. Sie waren vielleicht um das Vier- bis Achtfache im Durchmesser gewachsen und salsen, nach rechts und links ausweichend,, beerenförmig an den eylindrischen Samenschläuchen. Die Eier zeigten eine sehr viel bedeutendere Gröfse als früher, besafsen eine deutliche Ei- haut und einen dunklen Dotter mit zahlreichen Fettkörnchen. Es war unverkennbar, dafs sie allmählig zur Reife gekommen. Die Hodenschläuche, die sich früher durch ihre an- sehnliche Entwickelung auszeichneten, erschienen in diesen Fällen dagegen von einer sehr viel geringern Ausbildung. Früher von Samenelementen strotzend, waren sie jetzt fast völlig entleert und zusammengefallen. Nur noch einzelne wenige Samenfäden konnte man hier und da auffinden : die männliche Brunst war augenscheinlicher Weise schon vorüber. Die Beobachtungen, die ich hier im Voranstehenden mitgetheilt habe, beweisen für unsere Cymbulia einmal die räumliche Verschiedenheit der männlichen und weiblichen Drüsenschläuche in der Zwitterdrüse, und sodann die zeitliche Verschiedenheit der männlichen und weiblichen Brunst. Die erste dieser Thatsachen liefert uns ein neues und gewils sehr überzeugendes Beispiel für die Realität eines Verhältnisses, das gegenwärtig, wie schon oben bemerkt wurde, so ziemlich durchgängig für die Zwittergasteropoden im Allgemeinen angenommen wird. Ueberraschender ist dagegen die zweite dieser Thatsachen, durch die sich unsere Cymbulien in gewisser Beziehung an die getrennt geschlechtlichen Thiere annähern. In der Pflanzenwelt kennt man seit lange schon zahlreiche Beispiele dieser Art, bei den Thieren dagegen erst einige wenige, und zwar ausschlielslich in derjenigen Abtheilung, der auch unsere Cymbulien angehören, bei den Salpen (Krohn, Ann. des scienc. nalur. 1846. T. VI, p. 118 — die spätern Beobachter Huxley, Müller, Vogt, Leuckart haben die Angabe von Krohn vollständig bestätigt) und den Austern (Da- 77 vaine! ), Mem. de la Soc. de Biologie. T. IV, p. 315). Allerdings ist der zeitliche Unterschied hier — wenigstens bei Salpa, vgl. Zool. Unters. II, S. 46 — weit auffallender, als bei Cymbulia, die Trennung der männlichen und weiblichen Organe auch eine viel vollkommnere, allein das ist natürlich eine Verschiedenheit von einem blofs relativen Werthe. Auch darauf können wir wohl kein grofses Gewicht legen, dals bei den Salpen die weibliche Brunst der männlichen vorhergeht, während es doch nach meinen Beobachtungen bei Cymbulia gerade umgekehrt ist. Das Factum selbst bleibt darum nicht minder sicher, und darauf kommt es schlielslich doch zunächst an. Nachdem eine solche Einrichtung nun einmal bei einer Zwitterschnecke nachgewie- sen ist, liegt es gewifs nahe, an eine allgemeinere Verbreitung derselben zu denken, um so näher, als dadurch manche längst bekannte Eigenthümlichkeiten in dem Fortpflan- zungsleben der Zwitterschnecken ihre einfache Erklärung finden dürften. Man weils, dafs die Zwitterschnecken im Allgemeinen zu ihrer Fortpflanzung einer Begattung be- dürfen, die doch bei der Bildung ihrer Geschlechtsorgane unnöthig wäre ?), wenn Samen- körperchen und Eier zu gleicher Zeit ihre vollständige Reife und damit ihre Befruch- tungsfähigkeit erlangten); man weifs sogar von manchen dieser Thiere (Helix, vergl. !) Die Beobachtung von Davaine widerspricht allerdings der gegenwärlig herrschenden Ansicht vom Geschlecht der Auster, scheint aber nichtsdestoweniger ziemlich sicher zu sein. (Ich selbst kenne die Arbeit von D. nicht aus eigner Anschauung.) Nach der Angabe von Burdach (Physiol. I, S. 208) soll Baster bei Mytilus edulis denselben Geschlechtswechsel beobachtet haben. B. verweist dabei auf Treviranus Biologie (Th. III, S. 259), hier aber wird nur erwähnt, dafs Baster einst beobachtete, wie von mehreren Individuen dieser Muschel, die derselbe in einem Glase voll Seewasser aufbewahrte, eines im Anfange des Monats April „durch den After“ eine weilse Flüssigkeit entleert habe, in der sich Infusionsthiere befanden — also ohne Zweifel Sperma —, während ein anderes im Monat Mai eine junge Brut von sich gegeben habe. Tr. folgert hieraus auch gerade das Gegentheil wie Burdach, nämlich das getrennte Geschlecht der betreffenden Thiere. (Das Original kann ich hier leider nicht vergleichen, doch sehe ich aus verschiedenen andern Citaten der Baster’schen Stelle, dafs die Angabe von Burdach in der That auf einem Mifsver- ständnisse beruht.) ?2) Freilich finden wir auch bei den Trematoden Irotz dem Zusammenhang zwischen der männlichen und weiblichen Keimdrüse ein Begattungswerkzeug und eine Begattung (vgl. Nitzsch in Ersch und Gruber’s Encyel. III, $. 399). °) Dals übrigens solche Fälle unter den Zwitterschnecken vorkommen, läfst sich wohl kaum in Zweifel ziehen. Schon die eigenthümliche Begattungsweise unserer Lymnaeen (vgl. Karsch, in Steenstrup’s Unters. über das Vorkommen des Hermaphroditismus, S. 122 — dieselbe Begattungsweise findet sich auch bei den Aplysien, vergl. Verany in Oken’s Isis 1842, $. 253) beweist das zur Genüge. Interessanter Weise hat man aber auch gerade bei diesen Thieren schon mehrfach eine Selbstbefruchtung beobachtet. Vergl. Oken, Isis 1817, S. 320, Czermak in Rofsmäfsler's Mono- graphie I, S. 94. 78 Gaspard in Meckel’s Arch. Bd. VIII, S. 243), Clausilia, vergl. Held in Oken’s Isis, 1834, S. 998), dafs sie trotz ihrem Hermaphroditismus bei einer Begattung entweder nur im männlichen, oder im weiblichen Sinne agiren. Ich glaube kaum zu irren, wenn ich für solche Fälle (wenigstens für die letztern) ein Verhältnifs vermuthe, wie ich es für Cymbulia oben nachgewiesen habe; für solche Fälle also eine Verschiedenheit in dem Eintritt der männlichen und weiblichen Brunstperiode in Anspruch nehme. Die Bestätigung dieser Vermuthung mufs ich freilich den spätern Untersuchungen anheimstellen, aber diese werden gewils um so weniger ausbleiben, als ja überhaupt die Erscheinungen der Fortpflanzung bei den Zwitterschnecken und die Um- stände, welche sie begleiten und bedingen, sich bisher noch im höchsten Grade den Nach- forschungen der Zoologen entzogen haben. Auch für unsere Cymbulia fehlt bis jetzt noch der empirische Nachweis für die Nothwendigkeit einer Begaliung und zwar — wenn diese Thiere ihren zwitterhaften Funetionen vollständig nachkommen sollen — einer dop- pelten Begattung ?). Uebrigens will ich nicht verschweigen, dafs die Hodenschläuche unserer Cymbulia (die, wie schon oben hervorgehoben wurde, von den Eiern bei dem Durchtritt nach Aufsen durchwandert werden müssen) mir niemals ohne alle ausgebildeten Samenkörper- chen vorgekommen sind. Aber ich habe auch kein einziges Individuum gesehen, in dem die Eier bereits ihre Bildungsstätte verlassen hätten, obgleich ich die Samentasche häufig mit Spermatozoen erfüllt fand. Was ich über den Bau der Zwitterdrüse bei Cymbulia Peronii bemerkt habe, gilt mit einigen Modificationen auch für die Arten des Gen. Eolidia, von denen ich in Nizza die E. neapolitana und eine kleine, wahrscheinlich neue Art mit nur wenigen Kiemen- schuppen untersuchte. Meine Beobachtungen über diese Thiere schliefsen sich vollkommen an die Darstellung an, die uns Nordmann bereits vor längerer Zeit (Ann. des science. natur. 1846. T. V, p. 133) über seinen Tergipes Edwardsii, der von den Eolidien gene- risch kaum zu trennen sein dürfte, gegeben hat. Die Zwitterdrüse dieser Gasteropoden !) Ob hierher auch die Angaben von Dufo (Ann. des science. natur. 1840. T. XIV, p.45) über Hel. unidentata und Studeriana gehören, muls einstweilen noch unentschieden bleiben. Möglichen Falls sind diese Arten wirklich getrennten Geschlechtes. 2) Es gilt das freilich nur in der Voraussetzung, dafs die Cymbulien, die sich begatten, eine verschiedene Brunstperiode darbieten, dafs die eine derselben die männliche, die andere die weib- liche Geschlechtsreife besitzt. Nehmen wir dagegen den Fall, dafs beide Individuen zur Zeit der Begattung dieselbe männliche Reife besitzen, so wird möglichen Falls auch ein jedes derselben befruchtet werden können, da die Samenkörperchen in der Begattungstasche der Schnecken (vergl. hierzu meine Beobachtung in Wagner’s H.W.B. Art. Zeugung, $. 920) lange Zeit hindurch — vor- aussichtlich also bis zur Reife der Eier — beweglich und befruchtungsfähig bleiben. 79 besteht aus besondern Hodenschläuchen, die zunächst mit dem Zwitterdrüsengange zusam- menhängen, und Eiersäcken, die in mehrfacher Anzahl auf diesen Hodenschläuchen auf- sitzen (Tab. II, Fig. 15), ohne hier indessen eine so regelmäfsige Gruppirung einzuhalten, wie bei Cymbulia. Dafs es ein Irrthum ist, wenn Nordmann die Hodenschläuche von Tergipes für Samentaschen hält, die erst von Aufsen (bei der Begattung) mit Sperma erfüllt würden, brauche ich kaum besonders hervorzuheben. Nordmann selbst giebt an, dafs diese „Samentaschen* neben den ausgebildeten Samenfäden auch die frühern Entwickelungsstufen derselben enthielten. Ich kann das vollkommen bestätigen und darf auch ferner noch hinzufügen, dafs dieser Ort der einzige ist, an dem man die Entwicke- lung der Samenelemente’ beobachten kann !). In den Eifollikeln habe ich niemals Samen- fäden, wohl aber beständig mehr oder minder entwickelte Eier angetroffen. Das Skelet der Zwitterdrüse besteht auch hier aus einer structurlosen Membrana propria, die sich von den Hodenschläuchen unmittelbar auf die Eifollikel fortsetzt. Am Deutlichsten ist der elementare Bau der Zwitterdrüse bei den kleinern Arten, bei denen das ganze keimbereitende Organ, wie es Nordmann beschrieben, nur aus einigen wenigen locker neben einander liegenden, ziemlich weiten und beutelförmigen Hodenschläuchen besteht, die je mit einer Anzahl von kleinern Eifollikeln besetzt sind. Bei den gröfsern Eolidien ist die Zahl dieser Follikel aufserordentlich vermehrt; die Zwitterdrüse derselben hat eine parenchymatöse Beschaffenheit und eine lappige Bildung. Die peripherischen Follikel der einzelnen Lappen enthalten blolse Eier : sie sind die Eierstocksfollikel der Zwilterdrüse, während die Samenfollikel, auf denen sie aufsitzen, in der Tiefe der Lappen gelegen sind und ein zusammenhängendes System von keulenför- migen Schläuchen darstellen. Die Entwickelung der beiderlei Zeugungsstoffe in der Zwitterdrüse der Eolidien scheint mir so ziemlich denselben Schritt zu halten. Ich habe zu der Zeit, in der ich diese Thiere beobachten konnte, neben ausgebildeten Samenfäden und Samenzellen nicht blofs unentwickelte Eier gefunden, sondern auch solche, die ich nach ihrer ganzen Bil- dung (Grölse — 1“, Beschaffenheit des Dotters und Anwesenheit einer deutlich ge- schiedenen Dotterhaut) für reif und entwickelungsfähig halten mulste. Damit stimmt auch (laut mündlicher Mittheilung) die Beobachtung von Verany überein, dafs die Begattung zweier Eolidien in der Regel für beide Individuen befruchtend ist. ') Der „Hoden“ von Nordmann ist nichts als das mit Samenfäden erfüllte Vas deferens nach seiner Abtrennung vom Zwitterdrüsengange. Die wirkliche Samentasche, die neben der Ei- weilsdrüse (Leber Nordm.) anhängt, ist von Nordmann für die Gallenblase gehalten worden. (Man vgl. hierüber, wie über den anatomischen Bau der Zwitterdrüse von Eolidia im Allgemeinen meine Darstellung in den Beiträgen von Frey und Leuckart, $. 63.) Bei Tritonia dürfte wohl nach den Angaben von Sars (Wiegmann’s Arch. 1840. I, S. 197, Tab. V, b, ce) und H. Meckel (a. a. 0. S. 498, Tab. XV, Fig. 14) ganz die- selbe Bildung der Zwitterdrüse, wie bei Eolidia, vorkommen. Allerdings behauptet M e- ckel, dafs die kleinen peripherischen Eifollikel dieses Thieres mit den gröfsern Hoden- schläuchen, auf denen sie aufsitzen, in keinem innigern Zusammenhange ständen — Meckel betrachtet die Eifollikel eines Samenschlauches überhaupt nicht als selbstständige Bildungen, sondern nur als Ausbuchtungen eines einzigen Eifollikels, der den Hodenfollikel, gewissermalsen wie ein Handschuh, überziehe —, aber ich mufs offen gestehen, dafs ich die Richtigkeit dieser Angabe im höchsten Grade bezweifle. Ich habe die Zwitterdrüse von Tritonia Ascanii freilich nur an einem Spiritusexemplare untersuchen können, unter Verhältnissen also, die wohl schwerlich eine sichere Entscheidung der vorliegenden Frage zulassen (Meckel hat übrigens gleichfalls nur ein Spiritusexemplar zur Untersuchung gehabt), was ich hier aber beobachtet habe, spricht nur für eine Bildung, wie sie bei Eolidia vorkommt. In ähnlicher Weise äufsert sich auch Sars (a. a. 0.) über die Zwit- terdrüse dieses Thieres, die er freilich nur für einen Eierstock hält. Dieses Gebilde, sagt er, „besteht aus einer Menge kleiner rundlicher Lappen von der Grölse eines Nadelknopfes, die mit kleinern ovalen Utriculis besetzt sind, welche Eier: umschlielsen‘‘. Dafs die erst- erwähnten „Lappen“ als Hodenschläuche zu betrachten sind, ist schon von H. Meckel nachgewiesen worden. Eine weitere Modification dieser Bildung finde ich bei dem interessanten Genus Phyllirrhoe, das auch nach seiner systematischen Stellung wohl in die Nähe dieser Thiere gehören dürfte. Schon früher war ich bei der anatomischen Untersuchung eines Spiritus- exemplares darauf aufmerksam geworden, dafs die oberflächlichen Schichten der Zwitter- drüse hier ausschliefslich Eier enthielten, während die Samenfäden mehr auf das Innerste derselben beschränkt zu sein schienen (Arch. für Naturgesch. 1851. 1, S. 144). Obgleich mir die anatomischen Gründe dieser 'Thatsache damals unbekannt geblieben waren, so durfte ich doch schon nach den Erfahrungen bei Eolidia hier ein ähnliches Verhältnifs vermulhen, wie ich es im Voranstehenden beschrieben habe. Und diese Vermuthung ist durch die Untersuchung von Phyllirrhoe bucephalum auch wirklich im Wesentlichen gerechtfertigt worden. Die Zwitterdrüse dieses Thieres besteht!) aus verästelten Schläuchen von keulen- oder beutelförmiger Gestalt, die an ihrem erweiterten Ende mit zahlreichen kurzen und weiten Ausstülpungen versehen sind (Tab. II, Fig. 16). Diese Ausstülpungen bilden den ) Die anatomische Bildung der Geschlechtsorgane, die im Allgemeinen die der übrigen Nackt- kiemer ist, darf ich als bekannt voraussetzen. Ich verweise hierfür auf meine Darstellung a. a. O. und die damit übereinstimmenden Angaben von H. Müller in der Zeitschrift für wiss. Zool. 1854, S. 335. “ 81 peripherischen Theil der Zwitterdrüse und dürfen als Eifollikel betrachtet werden, weil man in ihnen, und zwar in ihnen allein, die Bildung der Eier auf das Deutlichste ver- folgen kann. Die eigentliche Bildungsstätte der Eier ist (wie in den frühern Fällen) die innere Oberfläche dieser Säcke, die von einer hellen, wohl eiweifshaltigen Substanz- lage bekleidet wird. In der Continuität dieser Substanzlage entsteht zunächst das Keim- bläschen, um das sich sodann eine Dottermasse anhäuft, die sich erst allmählig während des Wachsthumes von ihrem ursprünglichen Mutterboden abtrennt. (Dieselben Vorgänge ‚habe ich auch bei andern Mollusken beobachtet und in Wagner’s H. W.B. der Physiologie Bd. IV, S. 799 ff. beschrieben.) : Sind nun die betreffenden Follikel, wie es häufig vorkommt, klein und eng und dünn gestielt, so werden sie von den Eiern, die sie umschliefsen, vollständig ausgefüllt. Aber die meisten dieser Follikel sind so weit, dafs sie eigentlich mehr als Aussackungen des beutelförmigen Schlauches, auf dem sie aufsitzen, denn als selbstständige Anhänge betrachtet werden können. Und in diesen Fällen beschränkt sich das Vorkommen der Eier aus- schliefslich (wenigstens so lange die Eier noch unvollständig entwickelt sind — und völlig reife Eier habe ich niemals bei Phyllirrhoe angetroffen) auf die Peripherie der Säcke, so dafs im Innern derselben ein mehr oder minder weiter Raum bleibt, der mit dem Innenraume der zuerst erwähnten beutelförmigen Schläuche zusammenfliefst. In diesen beutelförmigen Schläuchen findet man nun die verschiedensten Entwicke- lungsstufen der Samenelemente. Man darf dieselben als Hodenschläuche beanspruchen und wird in solcher Ansicht durch die Analogie mit Eolidia u. a. noch mehr bestärkt werden '). Aber auffallend ist es und abweichend von dem bisher geschilderten Ver- halten, dals die Entwickelung der Samenelemente sich nicht ausschlieislich auf diese Schläuche beschränkt, sondern auch (Fig. 16) im Innern jener weitern Aussackungen stattfindet, die wir vorhin als zweite Form der Eifollikel kennen gelernt haben. Die Trennung von Hodenschläuchen und Eierstocksfollikeln ist also hier, bei Phyllir- rhoe, weniger constant und scharf durchgeführt, als bei den bisher betrachteten Schnecken. Es giebt in der Zwitterdrüse dieses Thieres allerdings Follikel, die ausschliefslich für die Production des Samens und andere, die eben so ausschliefslich für die der Eier be- stimmt sind, aber die Mehrzahl derselben besteht aus wirklichen Zwitterfollikeln, in denen eben so wohl Samenfäden, als Eier gebildet werden. Auch in diesen Zwitterfollikeln ist übrigens die Bildungsstätte der verschiedenen Zeugungsstolfe bestimmt localisirt: die Eier entstehen an der Wand der Follikel, während die Samenkörperchen in dem Innenraume derselben ihren Ursprung nehmen. ") So sagt auch H. Müller a.a.0. : „in denselben Läppchen der Zwitterdrüse enthielt eine äufsere Abtheilung Eier mit Keimbläschen und Keimfleck, eine innere dagegen Spermatozoen, beide auf verschiedenen Entwickelungsstufen“. Leuckart, zool. Untersuch. III. 11 82 Man könnte unter solchen Umständen hier vielleicht eine Einrichtung voraussetzen, wie sie H. Meckel für unsere Landgasteropoden beschrieben hat. vermuthen,, dafs Sa- menkörperchen und Eier durch eine eigene Follikularwand von einander getrennt. seien. Ich habe mich indessen mit völliger Bestimmtheit, wie ich glaube, davon überzeugen können, dafs dem nicht so ist. Die structurlose Membran , die wir schon mehrfach als das Skelet der Zwitterdrüse bezeichnet haben, bildet auch bei Phyllirrhoe — abgesehen von dem äufsern Zellgewebsüberzuge — die einzige Wand der Drüsenfollikel. Die Zwitter- follikel sind mit andern Worten eben so einfach gebaut, wie die Eifollikel und die Samenschläuche. Ein Gleiches gilt auch natürlich für den Zwitterdrüsengang unserer Phyllirrhoe, wie schon daraus hervorgeht, dals H. Müller (nach der Angabe von Gegenbauer in den Compt. rend. 1853. Sept.) zu gleicher Zeit in demselben Eier und Samenkörperchen neben einander angetroffen hat. Ich selbst bin nicht so glücklich gewesen; die Indivi- duen von Phyllirrhoe, die ich untersuchte, waren beständig, wie schon oben bemerkt wurde, nur mit unentwickelten Eiern (die grölsesten malsen „1;“‘ und waren noch ohne Dotterhaut) versehen. Nichts desto weniger besalsen diese Thiere übrigens schon zahl- reiche ausgebildete Samenfäden ; ein Umstand, der mich früher, bevor ich die Beobachtung von Müller kannte, denn auch vermuthen liefs , dafs hier bei Phyllirrhoe ein ähnlicher Unterschied in der zeitlichen Entwickelung der beiderlei Zeugungsproducte vorkomme, wie bei Cymbulia. Was nun endlich die hermaphroditischen Lungenschnecken betrifft, so schlielsen sich diese nach meinen Untersuchungen durch den Bau ihrer Zwitterdrüse unmittelbar an Phyllirrhoe an. Ich habe mich auch hier vergeblich bemüht, die Meckel’schen Doppel- follikel in den Blindschläuchen des keimbereitenden Organes nachzuweisen. Die Follikel der Zwitterdrüse sind bei den Lungenschnecken, wie früher schon von Wagner behauptet war, wirkliche Zwitterfollikel, die sich von den Zwitterfollikeln der Phyllirrhoe im We- sentlichen durch Nichts unterscheiden. Nur in architectonischer Hinsicht findet sich einige Verschiedenheit von diesem Thiere; die Zwitterdrüse der Landgasteropoden besteht in ihrer ganzen Masse aus verästelten Blindschläuchen, die ohne Ausnahme als Zwitterfollikel fungiren (Tab. II, Fig. 17, 18). Die einfache Behauptung, dals es eben so und nicht anders sei, wird übrigens bei der allgemeinen Verbreitung und der Anerkennung, welche die Angaben von Meckel gefunden haben, hier wohl schwerlich ausreichen. Es scheint mir defshalb nothwendig zu sein, meine Behauptung noch weiter zu begründen. H. Meckel äufsert sich (a. a. 0. S.484) über den Bau der Zwitterdrüse in folgen- der Weise : „Die Zwitterdrüse der Helix (pomatia) besteht aus Blindschläuchen „ welche etwa acht bis zwölf Mal so lang als breit sind und sich fingerförmig je drei, vier und mehr vereinigen. Aus jedem solchen Läppchen führt ein enger Ausführungsgang zu einem 83 allgemeinen Ductus. In jedem Follikel finden sich Eier und Samenfäden, und zwar in eigenthümlicher Weise aus einander gehalten. Man denke sich zwei Drüsenbälge, von denen der eine Eier, der andere Samen absondert, in’ einander eingeschachtelt und zwar den Hodenfollikel in den Ovariumsfollikel, so wie die Hand vom Handschuhe umgeben ist. So werden in dem Raum des innern Follikels Samenfäden bereitet, die Eier dagegen in dem Raum zwischen der Tunica propria des Hodenfollikels und der äufsern Ovariums- membran. Beide Tunicae propriae sind structurlos, die äufsere fester, als die innere, so dafs bei einem Drucke auf die Follikel die Eier leicht in den Samenraum hineinfallen. Normal aber finden sich niemals Eier in dem innern Raum schwimmend, wo nur Samen angesammelt is. Die Eier liegen alle an der Peripherie, wie man deutlich dann erkennt, wenn man zwischen zwei Glasplättchen den Follikel unter dem Mikroscope roll. Man sieht nämlich an jedem Balg fast überall einen doppelten Umrils, dessen Zwischenraum an verschiedenen Stellen sehr verschieden ist. Die beiden Linien rücken oft nahe aneinander, dals sie sich vereinigen, meistentheils aber bleibt ein enger Zwischenraum, in welchem man hier und da ovale Eier sieht; wo in dem Follikel grofse ausgebildete Eier liegen, sind die beiden Umrisse der in einander geschachtelten Drüsen weit von einander getrennt, und die Samenfäden sitzen nur auf der innern Seite der innern Membran fest. Die äufsere Membran ist überall glatt, die innere dagegen wird durch die dazwischenliegenden Eier hügelförmig nach innen aufgetrieben.“ Wenn man diese Beschreibung näher in das Auge fast, so gewinnt man zunächst die Ueberzeugung, dals die beiden Membranen, um die es sich hier handelt, von Meckel niemals als solche dargestellt sind. Meckel schliefst nur auf die Anwesenheit einer solchen doppelten Membran, einmal, weil die Entwickelung der Eier und der Samenele- mente an verschiedenen Stellen der Drüsenschläuche vor sich geht, und sodann, weil sich an der innern Seite der eigentlichen Follikularmembran hier und da noch eine zweite Contour unterscheiden läfst, die sich bis auf die Oberfläche der Eier fortsetzt. Diese beiden Thatsachen bestreite ich nicht im Geringsten, sie sind fast immer leicht zu constatiren; aber ich bestreite die Richtigkeit der Deutung, die Meckel denselben gegeben hat. Die zweite innere Contour der Zwitterdrüsenschläuche — die äufsere Zellgewebs- scheide dieser Schläuche, die an den eingebetteten kleinen und unregelmäfsig gestalteten Zellen (54;‘“) leicht erkannt wird und sich nicht selten, namentlich bei Limax (Tab. II, Fig. 18), brückenförmig von dem einen Follikel auf den anliegenden fortsetzt, lasse ich dabei aufser Acht — hält Meckel für den optischen Ausdruck einer eigenen Membran. Von vorn herein läfst sich gegen diese Deutung Nichts einwenden. Sie empfiehlt sich um so mehr, als sie die Verhältnisse, um die es sich hier handelt, in genügender Weise zu erklären scheint. Aber diese Membran mufs sich natürlich, wenn sie wirklich existirt und mit der überliegenden Hülle nicht fest verwachsen ist — nach Meckel sollen die 11* s4 Eier ja in dem Zwischenraume zwischen beiden entstehen —, isoliren und im isolirten Zustande zur Anschauung bringen lassen. Ich habe mir viele Mühe gegeben, diese Iso- lation herbeizuführen — aber alle meine Mühe ist vergebens gewesen. Die Masse, von der jene innere Contour herrührt, steht mit der Tunica propria der Drüsenschläuche in einem festen Zusammenhange; sie erscheint mir nur als eine Belegmasse von heller und zäher Beschaffenheit. Schon früher haben wir in den Eierstocksfollikeln bei Cymbulia und Phyllirrhoe eine solche Belegmasse angetroffen; ich nehme keinen Anstand diese bei- den Substanzlagen mit einander zu parallelisiren und finde den Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme darin, dafs die betreffende Belegmasse auch bei den Landgasteropoden die Mutterstätte der Eier ist (vgl. Fig. 17). Das Erste, was von dem Ei entsteht, ist das Keimbläschen (bei Helix und Limax Anfangs — -4;‘“), das in die betreffende Substanzlage eingebettet ist und mit derselben einen kleinen, in den Samenerfüllten Innenraum des Follikels hineinragenden Vorsprung bilde. Die Grenzen dieses Vorsprungs sind Anfangs kaum zu bestimmen, werden aber später, wenn derselbe durch Vergröfserung des Keimbläschens und Anhäufung der Um- hüllungsmasse wächst, immer deutlicher und schärfer, obgleich man bei einer günstigen Lage des Objectes (im Profil) noch eine lange Zeit hindurch den Zusammenhang mit der Belegmasse auf das Bestimmteste wahrnimmt. Die eiweifsartige Substanz im Umkreis des Keimbläschens, die, wie bemerkt, mit der innern Belegmasse des Follikels zusammenhängt, verwandelt sich nun allmählig in den Dotter, indem sie ihr helles Aussehen verliert und dafür eine körnige Beschaffenheit annimmt). Nur die äufserste Schicht des Dotterhaufens behält ihr früheres Aussehen. Sie bildet im Umkreis des Dotters eine Zona, die auf einer spätern Entwickelungsstufe erhärtet und als Dotterhaut dann das Ei nach Aufsen abschliefst. Nach der Darstellung von Meckel mülste man nun nachweisen können, wie die innere Follikularwand der Drüsenschläuche continuirlich über die Zona sich hinwegsetzte. Meckel bildet das auch ab, aber nichts desto weniger habe ich dieses Verhältnifs nie- mals beobachten können. Mit aller Bestimmtheit habe ich dagegen oftmals gesehen, wie jene innere Belegmasse der Drüsenschläuche, die Meckel als eine eigene Membran beansprucht, ohne Grenzen in diese Zona sich fortsetzt (Fig. 17, 18). Wie mir scheint, ist dieser Umstand für die vorliegende Frage entscheidend und mit der Dar- stellung von Meckel unvereinbar. Die Ansicht, die ich im Voranstehenden über den Bau der Zwitterdrüse bei den Landgasteropoden vorgetragen habe, genügt vollkommen, die constante Lagerung der !) Bei Limax bilden die ersten Dotterkörner (wie bei dem Frosch u. a.) einen besondern kugligen Haufen neben dem Keimbläschen, einen sog. Dotterkern (Fig. 12). 85 (unreifen) Eier an der Wand der Zwitterfollikel zu erklären. Die Eier der Gasteropoden bilden sich gewissermalsen als Wucherungen auf der Innenwand der Keimdrüse !), nach einem Typus, den ich auch noch bei manchen andern niedern Thieren, namentlich den Najaden (vergl. Art. Zeugung a. a. 0. S. 801, Bischoff, Widerlegung des von Dr. Keber und Dr. Nelson behaupteten Eindringens der Spermat. in das Ei, S. 16) und den Holothurien (ebendas. S. 39) aufgefunden habe. Die Eier dieser Thiere sind Anfangs auf ihrem Mutterboden befestigt; sie lösen sich erst später, indem sich ihre Anheftungs- stelle immer mehr einschnürt und fallen nach ihrer vollständigen Lostrennung schliefslich in den Innenraum des Drüsenfollikels *). Nach Meckel ist diese Lage nur eine zufäl- lige und abnorme, nur durch Zerreifsung der innern Follikularmembran herbeigeführt; ich muls sie dagegen nach meinen Beobachtungen für die constante Lage der reifen Eier erklären. Die Richtigkeit dieser Behauptung wird schon dadurch bewiesen, dafs die Eier unserer Thiere auf keinem andern Wege, als durch den Innenraum der Zwitterfollikel, nach Aulsen gelangen können. Meckel lälst dieselben allerdings zwischen den beiden von ihm beschriebenen Follikularmembranen herabrücken und schliefslich (a. a. 0. S. 487) unter die Zellgewebsscheide des Zwitterdrüsenganges gelangen, mufs aber doch selbst der Unwahrscheinlichkeit seiner Darstellung einige Concessionen machen. Ich glaube, es !) Daher kommt es denn auch, dals die jüngsten Eier keineswegs beständig, wie bei den meisten übrigen Thieren, eine regelmälsige Kugelform haben. 2) Die sog. Mikropyle an den Eiern der Najaden und Holothurien ist nach ihrer genetischen Bedeutung nur der Ueberrest dieser frühern Anheftungsstelle (vergl. Leuckart und Bischoff a.d.a. 0.). Ausnahmsweise habe ich auch einmal bei einem Helixei von 3° (Keimbläschen = „,) einen langen und dünnen (31 breiten) schwanzartigen Fortsalz aufgefunden, der dem trichterförmigen Aufsatz an der Micropyle der Najadeneier entsprechen dürfte. Das Aussehen dieses Eies erinnerte an die bekannten Formen der unreifen Eier bei den gröfsern Nematoden, die nach den schönen Beobachtungen von Meilsner (Zeitschr. für wiss. Zool. V, S.264) gleichfalls von einer primitiven Befestigung herrühren. Abweichender Weise ist die Mutterstätte dieser letztern Eier aber nicht, wie in den oben erwähnten Fällen, eine eiweilsartige Substanzlage an der Innenfläche des Eierschlauches, sondern ein Eiweilströpfchen in der Achse desselben. Meifsner betrachtet dieses Eiweilströpf- chen als eine Zelle und lälst die Eier durch Ausstülpung aus derselben hervorgehen, so dals sie von Anfang an mit einer Dotterhaut umgeben seien. Wenn ich dieser Ansicht entgegentrete, so geschieht das hauptsächlich delshalb, weil ich mit Bischoff (a.a. ©. S. 26) auf das Bestimmteste behaupten darf, dafs die Nematodeneier noch auf einer viel spätern Entwickelungsstufe einer eigentlichen membranösen Eihaut entbehren. (Nach Meifsner soll die Eihaut eine Zeit lang äufserst zart sein, aber trotzdem so fest, dals man dem Ei durch Druck die verschiedensten For- men geben kann — ? —). Sollte sich diese primitive Grundlage des Eies (weibliche Keimzelle Meifsn.) übrigens wirklich als ein hüllenloser Eiweilstropfen ergeben, so dürfte sich die Ent- wickelung der Eier bei den Nematoden wohl gleichfalls nur als eine Modificalion der gewöhnlichen Entwickelungsweise der thierischen Eier ergeben und zunächst an die Eibildung bei Unio (vergl. Bischoff a. a. ©.) anschliefsen. 86 kann darüber kein Zweifel sein, dafs Meckel seiner Ansicht zu Liebe hier allzu weit gegangen ist. Eine Fortbewegung auf dem von Meckel beschriebenen Wege ist nicht blofs unwahrscheinlich, sondern geradezu unmöglich. » Ich will die Schwierigkeiten nicht hervorheben, die dem Herabgleiten der Eier zwi- schen den Follikularmembranen entgegenstehen; ich will hier blofs an den Bau des Zwitterdrüsenganges erinnern, der nur einen einzigen Weg, den flimmernden Centralkanal, zur Passage übrig läfst. Unter der Zellgewebsscheide dieses Ausführungsganges giebt es weder Raum noch bewegende Kraft für das Hinabsteigen der Eier, während man im Umkreis der Tunica propria und der dicken Drüsenzellenschicht, die den Centralkanal umgiebt, einen deutlichen Belag von blassen Ringmuskelfasern auffindet, der wohl vor- zugsweise nur für die Fortbewegung der: Eier bestimmt sein dürfte. Ich darf aufserdem auch wohl noch bemerken, dafs es der Centralkanal des Zwitterdrüsenganges und nicht etwa jener problematische Raum im Umkreis desselben ist, der am untern Ende in den weiblichen Halbkanal übergeht, ja dafs man bereits mehrfach (Wagner) im Innern dieses Centralkanales die Eier unserer Thiere auf ihrem Wege nach Aulsen angetroffen hat. Ist meine Ansicht von dem Bau der Zwitterdrüse bei den Landgasteropoden begrün- det — und ich hoffe sie zur Genüge gerechtfertigt zu haben —. so werden die Eier dieser Thiere, wie die der früher erwähnten Zwitterschnecken, auf ihrem Wege nach Aufsen überall mit reifen und befruchtungsfähigen Samenfäden in Berührung kommen müssen, sobald die weibliche und männliche Brunst in denselben Zeitraum fällt. Nach den oben mitgetheilten Erfahrungen ist das nun allerdings für einen Theil dieser Thiere, für die Helicinen, sehr unwahrscheinlich, aber nichts desto weniger fehlt hierfür immer noch der anatomische Nachweis. Pappenheim und Berthelen behaupten freilich (Compt. rend. 1. c.), dafs die Zwitterdrüse der Landschnecken zu gewissen Zeiten aus- schlielslich Eier enthielte, ich selbst aber habe während der Begattungsperiode dieser Thiere in den Zwitterschläuchen ‘oftmals reife Eier und ausgebildete Samenkörperchen neben einander angetroffen. Nur während des Winters vermisse ich die Samenfäden, wenigstens in der Zwilterdrüse (der Zwitterdrüsengang ist zu dieser Zeit gewöhnlich mit Samenfäden strotzend angefüllt), obgleich man Samenzellen und unreife Eier (Fig. 18) in Menge antriflt ?). !) Auf eine weitere Analyse aller der verschiedenen zelligen Bildungen in den Zwitterfollikeln der Gasteropoden kann ich hier nicht weiter eingehen. Ich will nur das bemerken, dafs dieselben zum Theil sehr räthselhafter Natur sind. Namentlich gilt das von den hellgekernten körnigen Zellen (725°), die Meckel als „Epithelialzellen“ beschreibt und ( wie später Kölliker) mit der Entwickelung der Samenelemente in Verbindung bringt. Ich glaube mich davon überzeugt zu haben, dafs diese Zellen wie Eier auf der Belegmasse der Zwitterfollikel aufsitzen und möchte dieselben am liebsten für Sie Art Abortiveier halten. Die Keimzellen der Samenelemente- sind glashelle Bläschen (von 3, — 35), die sich später durch endogene Vermehrung in einen Zellenhaufen verwandeln. 87 Wir müssen es einstweilen noch der Zukunft überlassen, diese Thatsachen mit ein- ander in Einklang zu bringen und physiologisch verständlich zu machen. Es wird nöthig sein, die Entwickelung .der Zeugungsstoffe und ihre Schicksale Schritt für Schritt bis zu ihrer Ausfuhr nach Aulsen zu verfolgen und auf experimentellem Wege, wo möglich, die Bedingungen festzustellen, unter denen bei den betreffenden Thieren eine Befruchtung geschehen. kann, bevor wir uns hier einer vollständigen Erkenntnils der Fortpflanzungs- erscheinungen rühmen dürfen. Die Keimdrüse der Lungengasteropoden, wie wir sie geschildert haben !), führt uns das vollendete Bild eines Zwitterdrüsenapparates vor Augen. Ueber sie hinaus ist eine Centralisation der männlichen und weiblichen Theile kaum noch möglich. Die Gebilde, die sonst gewöhnlich in räumlicher Beziehung von einander ‚getrennt sind, finden wir hier auf das Innigste mit einander vereinigt. Wie weit nun übrigens auf der andern Seite die Differenzirung in dem Geschlechtsapparate der Zwitterschnecken gehen könne, dürfte gegenwärlig wohl noch nicht mit Bestimmtheit sich entscheiden lassen. Indessen ist es wohl gewifs, dals die äufserste Grenze dieser Differenzirung mit der Anordnung bei Cymbulia noch nicht erreicht ist. Kölliker beschreibt in der Zwitterdrüse von Rhodope (ich kenne die Darstellung von Kölliker nur aus den in Tommasi, Instituzioni di Fisiologia Vol. II, p. 36, darüber mitgetheilten Notizen) besondere Ei- und Samenfollikel, die völlig von einander isolirt sind und nur durch den gemeinschaftlichen Ausführungs- gang, an dem sie aufsitzen, unter sich in Zusammenhang stehen. Bei Ianus, Calliopaea und Actaeon ist diese Trennung der männlichen und weiblichen Follikel nach den Beob- achtungen von Souleyet (Voy. de la Bonite. Zool. Atl. Pl. 24 C und D) sogar noch vollständiger. Eine Zwitterdrüse soll hier fehlen; sie hat sich gewissermafsen in einen eigenen Hoden und Eierstock aus einander gelegt, die nur noch mit ihren Ausführungs- gängen zusammenhängen. Die Drüsenelemente des Hodens bestehen nach Souleyet aus verästelten Schläuchen, die des Eierstocks dagegen aus traubenförmig vereinigten Follikeln; sie zeigen also Verschiedenheiten, wie sie bei vollständiger Hermaphrodisie auch in der Zwitterdrüse der Schnecken vorgefunden werden. Sollten sich die Beobachtungen von Souleyet bestätigen ?), so würden wir bei den Zwitterschnecken drei Hauptformen des Geschlechtsapparates zu unterscheiden haben : ") Ich glaube übrigens, dafs diese Form des Zwitterdrüsenapparates nicht ausschliefslich auf die Lungenschnecken beschränkt ist, sondern auch unter den oceanischen Formen weit verbreitet ist. Bei Doris, Bullaea u. a. glaube ich dieselbe Bildung gefunden zu haben, doch gestehe ich offen, dals meine Untersuchungen für diese Thiere nicht ausreichend sind. ?) Allmann beschreibt (Ann. of nat. hist. Vol. XVI, p. 152) bei Actaeon eine Zwitterdrüse mit besondern Eifollikeln und Samenschläuchen. 88 Zwitterdrüse mit Zwitterfollikeln, Zwitterdrüse mit besondern Samenschläuchen und Eifollikeln, Hoden und Eierstock mit gemeinschaftlichem Ausführungsgang. Natürlicher Weise sind diese Hauptformen nicht durch scharfe Grenzen von einander getrennt; sie gehen durch mancherlei Mittelformen in einander über und schliefsen sich durch allmählig fortschreitende Differenzirung an die gewöhnliche Bildung des Geschlechts- apparates bei den übrigen Zwitterthieren. DIE HECTOCOTYLIE VON OCTOPUS CARENAE. or arte 2 POREH ! 9 4 5. fr N we Bir * X r he er Die Aufschlüsse, die uns in den letzten Jahren durch die Untersuchungen von Ve- rany (Mollusq. mediterr. 1851. p. 34 und 126), H. Müller (Zeitschr. für wiss. Zool. 1853. S. 1. und 346) und Verany et Vogt (Ann. des sc. natur. 1553. T. XVII, _ p. 148) über die Natur der sog. Hectocotyli geworden sind, haben das Interesse, welches die Beobachtungen von Kölliker (Amnals of nat. hist. 1845. Vol. XVI, p. 414 und Berichte von der königl. zootom. Anstalt zu Würzburg 1849. S. 67) für diese sonder- baren Bildungen erweckten, nicht im Geringsten geschmälert. Allerdings sind die Hecto- cotyli dadurch aus vollständigen Cephalopodenmännchen zu blolsen Begattungsapparaten geworden !), die zwischen den Armen gewisser männlicher Cephalopoden sich entwickeln und morphologisch selbst nichts Anderes darstellen, als einen Cephalopodenarm ?), allein die Schicksale dieser Gebilde sind defshalb doch nicht minder seltsam und wunderlich. Wir kennen zahlreiche Fälle, in denen gewisse Körpertheile und Anhänge eines Thieres für die Zwecke der Begattung in eigenthümlicher Weise umgeformt werden — ich er- innere hier nur an die Palpen der männlichen Spinnen — , aber wir kennen kein einziges ) Wie schon Dujardin (Hist. natur. des Helminthes, p. 481) vor längerer Zeit vermuthet hatte. 2) V.Carus (System der thier. Morphologie, S. 165) hält diese Hectocotyli freilich noch heute für individuelle Bildungen, für „Begattungsindividuen“ gewisser Cephalopoden, indessen, wie mir scheint, mit Unrecht. Die Frage nach der individuellen Natur gewisser Bildungen läfst sich nur (wie ja auch Carus annimmt a. a. 0. S. 254) auf dem Wege der morphologischen Vergleichung erledigen — aber eben diese lehrt uns in dem betreffenden Falle nur die Uebereinstimmung der Hectocotyli mit den Cephalopodenarmen. Offenbar ist V. Carus bei seiner Auffassung der Hecto- cotyli in denselben Fehler verfallen, den er (a. a. O. S. 258) an Reichert tadelt, wenn dieser (die monogene Fortpflanzung 1852) u. a. die einzelnen Segmente eines Gliederwurmes für selbstständige Individuen ausgiebt. 12 * 92 Beispiel aufser den Hectocotylen, dafs solche Gebilde nach ihrer Anfüllung mit Sperma von dem Thiere, dem sie ursprünglich angehören, sich abtrennen, um nach Art eines selbstständigen Geschöpfes ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Verhältnisse, durch welche eine solche sonderbare Einrichtung bei gewissen Cephalopoden bedingt wird, sind uns unbekannt; aber aus der geringen Verbreitung der- selben dürfen wir wohl schliefsen, dafs sie mit der Organisation dieser Thiere noch nicht ohne Weiteres gegeben seien. Wir kennen bis jetzt mit Sicherheit nur drei Cephalo- podenarten, die uns das Beispiel einer Hectocotylie darbieten, den Octopus granulosus Lam. (0. tubereulatus Risso), Argonauta Argo L. und Tremoctopus violaceus Delle Ch., die alle drei in die Gruppe der achtarmigen Cephalopoden gehören. Die Männchen dieser Thiere mit dem Hectocotylusarm sind erst in der neuesten Zeit bekannt geworden, das Männchen von 0. granulosus (als Oct. Carenae Ver.) durch Verany und das von Argon. Argo durch Müller‘). Das Männchen von Tr. violaceus hat sich bisher den Nachstellungen der Zoologen noch entzogen; wir kennen nur den Hectocotylus desselben, der von Kölliker und Müller auf den geschlechtsreifen weiblichen Thieren gesammelt wurde. a Dafs diese drei Formen aber die einzigen Hectocotyliferen sind, steht sehr zu bezweifeln. Wir werden späterhin gewifs noch andere kennen lernen, wenn wir die Cephalopodenfauna der übrigen Meere erst weiter durchforscht haben. Souleyet scheint auch wirklich bereits eine vierte solche Art beobachtet zu haben. Er liefert (Voy. de la Bonite. Zool. All. Moll. Pl. I, Fig. 15, 16, 17) die Abbildung eines kleinen Cephalo- poden, Octopus spec.?, den er für unausgewachsen hält, der aber in der That wohl schwerlich etwas Anderes, als ein Cephalopodenmännchen mit Hectocotylusarm darstellt. Die männlichen Hectocotyliferen unterscheiden sich übrigens — nach unsern bisherigen Erfahrungen ganz constant —, auch abgesehen von ihrem Hectocotylusarm, durch man- cherlei abweichende Organisationsverhältnisse, namentlich durch eine sehr viel geringere Gröfse, so auffallend von den dazu gehörenden Weibchen ?), dafs man sie ohne Kenntnils %) Die Behauptung von Rüppel (Archiv für Naturgesch. 1852. I, S. 209), dafs der Octopus Carenae Ver. das Männchen von Argonauta Argo sei, ist gänzlich verfehlt — und eigentlich schon durch die bereits vor Rüppel bekannt gewordenen Angaben von Verany und Müller hinrei- chend widerlegt worden. Troschel hat den Irrthum der Rüppel’schen Annahme auch durch die Verschiedenheiten in der Bildung der Reibplatte nachgewiesen (Arch. u. s. w. 1853. I, $.8) — ich kann den Angaben von Troschel die weitere Bemerkung hinzufügen, dafs die Reibplatte von O. Carenae mit der von O. tuberculatus R. auch wirklich auf das Vollständigste übereinstimmt. ?) Man möchte fast vermuthen, dafs eben dieser geschlechtliche Dimorphismus die Bedingun- gen der Hectocolylie in sich einschlielse. En 93 ihrer geschlechtlichen Beziehungen gewifs unbedenklich für verschiedene Arten, hier und da sogar (wie bei Argon. Argo) für Repräsentanten verschiedener Genera halten würde. Eine genauere Darstellung dieser Geschlechtsdifferenzen liegt hier nicht in meiner Absicht ; die weiblichen Hectocotyliferen sind hinreichend bekannt und die Männchen derselben — mit Ausnahme von Tremoctopus violaceus — durch Müller und Verany so voll- ständig beschrieben, dafs ich ohne Weiteres auf die Arbeiten dieser Forscher verweisen kann. Viel weniger genau sind dagegen unsere Kenntnisse von dem innern Bau dieser Thiere und namentlich, was uns zunächst hier interessirt, unsere Kenntnisse von dem Bau der männlichen Geschlechtsorgane. Von dem männlichen Argonauten wissen wir in dieser Hinsicht nichts weiter, als dafs er nach Art der übrigen Cephalopoden mit einem Hoden und Samenleiter versehen sei. Die nähere Bildung dieser Theile, auch die Endigungsweise des Samenleiters, ist bei der unbedeutenden Gröfse dieses Thieres unbekannt geblieben (vergl. H. Müller a. a. 0. S. 9 und 353). Was dagegen den Octopus Carenae betrifft, so hat Vogt (Verany et Vogt, |. c. p. 164 sq.) die Geschlechtsorgane desselben allerdings aus- führlich beschrieben, ich habe mich indessen davon überzeugt, dals diese Beschreibung keineswegs genau ist. Herr Vogt hat einige Theile des Geschlechtsapparates übersehen, andere’ irrthümlich gedeutet und auf solche Weise ein Bild entworfen, das mit der Wirk- lichkeit nur wenig übereinstimmt. Nach der Darstellung des Herrn V ogt besitzt der Hoden des Octopus Carenae einen kurzen und weiten Ausführungsgang (vas efferens), der in einen grofsen contrac- tilen Sack („‚cornue“) hineinhängt und mit einer freien Oeffnung aufhört. Im Innern dieses Sackes liegt auch der Samenleiter mit einer schlauchförmigen Anhangsdrüse , die in das obere Ende des Samenleiters hineinmündet. Das andere Ende desselben beginnt mit einer trompetenförmigen Erweiterung, deren Schluckbewegungen das Sperma aus dem Sacke aufnehmen. Die bisher beschriebenen Theile machen die eine Hälfte des Geschlechts- apparates aus; die zweite Hälfte besteht aus einem mächtigen Spermatophorensacke („bouteille‘“), der an seinem obern Ende mit dem Vas deferens zusammenhängt und an der Basis der linken Kieme in die Mantelhöhle ausmündet. Vergleicht man diese Angaben mit der Darstellung der männlichen Geschlechtsorgane bei den Octopoden oder überhaupt den Cephalopoden, wie wir sie durch Cuvier, Wagner, Milne Edwards, Duvernoy u. A. erhalten haben, so wird es klar, dafs Octopus Carenae — vorausgeselzt, dafs die obigen Angaben richtig sind — durch die Bildung seiner männlichen Geschlechtsorgane sich in mehrfacher Beziehung sehr auffallend von den verwandten Formen unterscheidet. Ich gestehe offen, dafs diese Thatsache mich von Anlang an etwas mifstrauisch gemacht und gegen die Richtigkeit der Vogt’schen Darstellung eingenommen hat. Der Erfolg hat mein Mifstrauen gerechtfertigt. Meine 94 Untersuchungen haben mir die Ueberzeugung gewährt, dafs Octopus Carenae sich durch den Bau der Geschlechtsörgane ohne alle wesentliche Differenzen an die übrigen Cepha- lopoden, und namentlich die übrigen Arten des Gen. Octopus, anschlielst. Wenn man die Kiemenhöhle des Octopus Carenae durch einen Längsschnitt öffnet und den glänzenden Bauchfellüberzug ?) entfernt hat, so stöfst man auf die beiden von Herrn Vogt beschriebenen Hälften des Generationsapparates, die beide im Allgemeinen eine beutel- oder flaschenförmige Gestalt haben und oberhalb des linken Hohlvenenarmes mit ihren verdünnten vordern Enden unter einander zusammenhängen (Tab. II, Fig. 20). Die äufsere dieser Hälften ist der Spermatophorensack, während die andere dagegen, die mehr nach innen zu an dem übrigen Eingeweideknauel gelegen ist, die sonstigen Theile des Geschlechtsapparates einschlielfs. Die Wandungen des Spermatophorensackes sind aufserordentlich derbe und fest und lassen die schönsten, meist bündelweis vereinigten glatten Muskelfasern (Faserzellen, wie sie nach H. Müller, a. a. O0. S. 345 auch im Mantel und den Armen der Cephalopoden vorkommen) erkennen. Die Hülle des hintern beutelförmigen Abschnittes ist weit zarter und ohne Muskelfasern, dafür aber histologisch mit den zahlreichen Zellgewebsdecken und Bändern übereinstimmend, durch welche die . einzelnen Eingeweide der Cephalopoden isolirt und befestigt werden *). Ich kann diese Hülle demnach für nichts Anderes, als einen Zellgewebsüberzug halten, der zunächst und vorzugsweise nur die Aufgabe einer sichern Verpackung hat?) und auch bei den übrigen Cephalopoden in ähnlicher Weise, nur nicht immer so vollständig und isolirt wie hier, den gröfsern Theil der männlichen Geschlechtsorgane einhüllt. Hoden, Samenleiter und Anhangsdrüse (prostata Cuy.) sieht man (Fig. 20) auf das Deutlichste durch diese Decke (Genitalkapsel)) hindurchschimmern: der erstere nimmt die rechte untere Ecke des Zell- gewebssackes ein, während die andern in vielfacher Verschlingung den übrigen Körper desselben ausfüllen. Der obere halsartig verdünnie Theil des Sackes zeigt drei neben einander liegende gestreckt verlaufende Kanäle. !) Ueber das Gewebe, von dem bei den Cephalopoden der metallische Schimmer und das Irisiren abhängt, verweise ich auf die Bemerkungen von H. Müller a. a. O0. S. 338. Ich will nur noch hinzufügen, dafs das Irisiren der Körperhaut bei Sepiola durch besondere zellige Gebilde ver- mittelt wird, die eine linsenförmige Gestalt und ein concentrisches Gefüge besitzen und so fest sind, dafs sie beim Drucke zerklüften. ?) Zwischen diesen Decken bleiben häufig Hohlräume, die zum Theil nach Aufsen münden und die das sog. Wassergefälssystem der Cephalopoden darstellen. Vergl. H. Müller a. a. O. Ss. 340. °) Auf diesem Ueberzuge verlaufen auch die Genitalnerven, deren Hauptstamm aus dem linken Mantelganglion hervorkommt und auf den Hals des flaschenförmigen Ueberzugs übergeht. Elwas weiler nach unten tritt auch eine ziemlich ansehnliche Arterie an diese Umhüllung. 95 Versucht man nun, diese dicht verpackten Organe aus ihrer Zellgewebshülle heraus- zupräpariren, so wird man sich bald überzeugen, dafs sie weder lose in derselben liegen, noch auch vollständig von einander isolirt sind. “Zahlreiche Zellgewebsbrücken gehen von der äulsern Umhüllung nach innen, um an den einzelnen Theilen sich festzusetzen und diese unter einander zu verbinden. Am stärksten unter diesen Zellgewebsbrücken ist eine membranöse Erhebung, die sich wie eine Scheidewand zwischen dem Hoden und den übrigen Theilen des Generationsapparates hinzieht, und den Raum, in welchem die erstere Drüse gelegen ist, nach allen Seiten absperrt (Fig. 21). Der äulsere Zellgewebsüberzug dieser Hodenkammer (die sog. Hodenkapsel) zieht sich nach rechts (Fig. 20) in einen ganz ansehnlichen flimmernden Gang aus, der fast drei Viertel Linien im Durchmesser hat und sich nach längerem Verlauf in die rechte Seitenkammer (die rechte sog. Harnblase) öffnet '). Da dieser Kanal bei unvorsichtiger Präparation gewöhnlich abreilst und nach Oeffnung oder theilweiser Entfernung der Zell- gewebshülle im Umkreis der Genitalien von Aufsen leicht nach Innen verlegt werden kann, so zweille ich nicht, dafs Herr Vogt durch denselben zu der Annahme seines Vas efferens verleitet worden ist”). Diese Vermuthung gewinnt dadurch noch an Wahr- scheinlichkeit, dals Herr Vogt (l. c.p. 167) bei dem betreffenden Kanale die Auskleidung mit Cilien und die höckerförmige Beschaffenheit der Endölfnung — wie sie leicht beim Zerreilsen entstehen kann — besonders hervorhebt. Ich brauche nach meinen Bemerkungen über den Bau der Geschlechtsorgane im Allgemeinen kaum zu erwähnen, dafs der Hoden unseres ’Thieres eines eigentlichen Ausführungsganges entbehrt. Von dem Hoden des Oct. Carenae gilt dasselbe , was wir. für die übrigen Cephalopoden wissen; er bildet einen Ballen zusammenhängender Stränge oder Blindschläuche, der nur an einer einzigen stielförmig beschränkten Stelle mit der Zellgewebswand seiner Kammer zusammenhängt (Fig. 22) und sonst vollständig frei ist. Diese Anneftungsstelle liegt an der Aufsenwand der Hodenkammer, dem Ursprung des oben erwähnten Flimmerkanales gerade gegenüber *). (Es hat mir geschienen, als wenn dieser Flimmerkanal mit einer kleinen und unregelmälsigen Centralhöhle des Hodens in Zusammenhang stehe, mit der Hodenkammer aber keine Communication habe.) ') Eine ähnliche Einrichtung scheint nach den Beobachtungen von H. Müller (a.a. 0. $.341) ziemlich allgemein bei den Cephalopoden vorzukommen. *) Zu gehöriger Würdigung der Angaben des Herrn Vogt ist es überhaupt nicht ohne Inter- esse, zu erfahren (1. c. p. 174), dafs derselbe im Ganzen nur vier Individuen von O. Carenae untersucht hat, obgleich diese Thiere doch während des Aufenthaltes des Herrn Vogt in Nizza, wie ich von Verany weils, ganz aulserordentlich häufig waren. °) Herr Vogt läfst sein Vas efferens gleichfalls an derjenigen Stelle abgehen, wo der Hoden mit der Genitalkapsel (cornue) zusammenhängt. 96 Ueber die Form des Hodens läfst sich kaum etwas Bestimmtes angeben, da sie durch den Druck der anliegenden Organe manchfach modifieirt ist. Wenn wir die An- heftungsstelle desselben als Basis betrachten — und wir dürfen das wohl um so eher, als die einzelnen Blindschläuche von da ausstrahlen —, so hat seine Gestalt im Ganzen einige Aehnlichkeit mit einer verkürzten, an den Seiten mehrfach abgeplatteten Eichel oder einem Turban. Die Spitze bildet einen kegelförmigen Körper, um den der übrige Hoden wulstförmig hervorspringt. Die Schläuche lassen sich alle bis zur Spitze verfolgen; wo sie in diese aber übergehen, da nehmen sie plötzlich ein viel geringeres Volumen an. Daher kommt es denn auch, dafs die Spitze des Hodens ein sehr viel gleichmäfsi- geres und helleres Ansehen hat, als die übrige Masse. Ein direeter Zusammenhang des Hodens mit dem Samenleiter fehlt unter solchen Umständen natürlich. Der Samenleiter des Octopus Carenae (Fig. 21, 22) beginnt, wie bei den übrigen Octopoden (vgl. Duvernoy, Fragments sur les organes de generation in den M&m. de l’Acad. des scienc. Vol. XXII, Pl. 6, Fig. 1) mit einer kleinen und dickwandigen Anschwellung von ovaler Gestalt, deren unteres Ende sich ohne Weiteres in die Hodenkapsel fortsetzi und zwar in denjenigen Theil derselben, der der Anheftungs- stelle des Hodens gegenüberliegt und oben von uns als Scheidewand zwischen dem Hoden und den übrigen Theilen des Geschlechtsapparates bezeichnet wurde. Die Samen- fäden der Cephalopoden gelangen aus ihrer Bildungsstätte bekanntlich erst in die Hoden- kammer, bevor sie durch den Samenleiter nach Aufsen abgeführt werden ?). In histologischer Hinsicht ist diese Anschwellung durch eine mächtige Entwickelung ihrer Muskelwand ausgezeichnet. Sie ist eigentlich nichts Anderes, als eine muskulöse Verdickung des untern Samenleiters, wahrscheinlich eine Art Saugwerk, durch das der Inhalt der Hodenkapsel aufgenommen wird’). Der Samenleiter selbst ist, wie gewöhn- lich, ein langer und fadenförmiger Kanal, der im entrollten Zustande etwa 3 milst. Wie bei den übrigen Cephalopoden, zerfällt derselbe in zwei (hier fast gleichlange) Abschnitte, in einen hintern eigentlichen Samenleiter und eine vordere sog. Samenblase. Der erstere ist dünn und fadenförmig und nach Art einer Epididymis zusammengeknäuelt, während der andere, der ganz plötzlich beginnt, eine sehr viel beträchtlichere Dicke besitzt und mit der Prostata verschlungen ist. Ueber die histologische Bildung dieses !) Die Bildung der Samenfäden und ihren Uebertritt in die Hodenkammer habe ich nicht beobachten können. Bei den Exemplaren, die ich (im Mai) untersuchen konnte, war die Samen- masse bereits in der Spermatophorentasche eingeschlossen. Der Inhalt der Hodenschläuche bestand zu dieser Zeit aus blassen granulirten Zellen und Fettkörnchen. ?2) Nach Herrn Vogt irägt diese Anschwellung („tlargissement en forme de poire“) seitlich noch eine kleine gestielte Blase („une boule vesiculaire“ ); die Anwesenheit derselben ist aber keinenfalls constant. Ich habe sie bei keinem einzigen meiner Exemplare angetroffen. 97 Apparates habe ich keine Untersuchungen angestellt; wir wissen indessen, dafs die vordere Verdickung des Samenleiters (die sog. Samenblase ) ganz allgemein bei den Cephalopoden durch eine drüsige Beschaffenheit der Wandungen ausgezeichnet ist. Das vordere Ende des Samenleiters hat einen gestreckten Verlauf und steht oben, in dem halsartig verengten Abschnitte der Genitalkapsel, mit zweien sehr ansehnlichen Anhangsgebilden in Verbindung (Fig. 21, 22). Das eine dieser Gebilde ist die von Herrn Vogt beschriebene (l. ce. 169) sog. Prostata, die einen langen und gewun- denen Blindschlauch von einer — namentlich in der hintern Hälfte — sehr ansehnlichen Weite bildet?) und eine eigenthümliche drüsige Structur besitzt (vgl. hierüber die Dar- stellung des Herrn Vogt). Der zweite Anhang, der von Herrn Vogt übersehen ist, hat eine spindelförmige Gestalt und einen gestreckten Verlauf. Er stellt einen ziemlich langen (7“‘) und weiten (1) Sack dar, der neben dem obern Ende des Samenleiters und der Prostata in die Genitalkapsel eingeschlossen ist. Sein unteres Ende zieht sich, in einen ganz ansehnlichen fadenförmigen Schwanz aus, der an der Wand der Genitalkapsel befestigt ist und wohl als ein Ligament betrachtet werden darf. Der innere Bau dieses zweiten Anhanges stimmt im Wesentlichen mit dem der Prostata überein, so dafs man denselben wohl gleichfalls als ein Secretionsorgan (als eine zweite Prostata) betrachten darf. Die Zweizahl der Prostataschläuche scheint über- haupt bei den Cephalopoden die Regel zu sein. Sie findet sich nicht blofs bei Octopus Carenae, sondern auch bei den übrigen Octopusarten (0. vulgaris, macropus) — wo man die zweite , dem letzterwähnten Anhange von O. Carenae entsprechende Drüse freilich irrthümlicher Weise als „‚Spermatophorensack“ deutet?) —., so wie (vgl. Duvernoy l. c.) bei den meisten *) Decapoden, Sepia, Loligo u. a. Die Verbindung mit dem Spermatophorensacke wird (Fig. 22) durch einen knie- förmig gebogenen Ductus ejaculatorius vermittelt, der aus der Vereinigungsstelle der beiden Anhangsdrüsen hervorkommt und allmählig eine muskulöse Beschaffenheit annimmt. Er tritt zunächst an das obere Ende des Spermatophorensackes, mündet hier aber nicht in denselben hinein, wie man nach der Darstellung des Herrn Vogt vermuthen ’) Herr Vogt bezeichnet den vordern verdünnten Theil dieses Anhanges als Ausführungs- gang, gesteht aber selbst ein (l. c. p. 169), dafs sich derselbe in histologischer Beziehung von der hintern „eigentlichen Drüse“ nicht unterscheide. ?) So auch noch Wagner (Icon. zool. Tab. XXIX, Fig. 22) und Duvernoy (I. c.). — Die eigentliche Spermatophorentasche wird dabei als ein Penis angesehen , als ein Gebilde, das — mit Ausnahme der Heetocotyliferen — allen Cephalopoden abgeht. (Der gestielte Sack, den Wagner neben der Geschlechtsöffnung des männlichen Octopus vulgaris zeichnet, ist ein blolses Ligament, das übrigens auch früher schon von Cuvier verkannt ist.) s) Ausgenommen ist Sepiola, vergl. R. Leuckart, Archiv für Naturgesch. 1847. I, S. 23, Duvernoy, I. c. p. 158. Leuckärt, zool. Untersuch, III. 13 98 könnte, sondern läuft an der Wand desselben erst vorher bis über die Mitte herab. Unmittelbar über der Mündungsstelle dieses Kanales erhebt sich im Innern des Sperma- tophorensackes (Fig. 20) eine halbmondförmige Falte, wohl die erste Andeutung jener Spiralklappe, die von Milne Edwards (Ann. des seiene. nat. 1846. T. XVII, p. 345) in dem Spermatophorensacke der Sepia offieinalis aufgefunden worden ist. Im ausgedehnten Zustande bildet die Spermatophorentasche des Octopus Ca- renae (Fig. 20) einen sehr ansehnlichen (6 langen, 24“ breiten) einfachen Sack, der jedoch nach der Entleerung seines Inhaltes bis auf ein Dritttheil seiner früheren Länge und Breite zusammenschrumpft (Fig. 22). Ueber die Ausmündung desselben in die Kie- menhöhle kann kein Zweifel sein : der Spermatophorensack trägt an seinem vordern Ende einen kleinen und muskulösen konischen Fortsatz mit einem Längsschlitze (von reichlich 3‘), der dicht neben der Anheftungsstelle des linken Kiemenbalkens nach Aulsen führt. Aus dieser Oeffnung sieht man nicht selten einen Theil der Spermatophore her- vorragen. Es scheint übrigens, als ob diese Oeflnung erst ziemlich spät entstände, erst dann, wenn der Inhalt der Spermatophorentasche nach Aulsen befördert werden soll. Bei zweien Exemplaren mit noch eingehülltem Hectocotylusarme konnte ich mich davon überzeugen, dafs diese Oeffnung durch eine dünne Haut verschlossen war, obgleich die leistenförmig verdickten Ränder derselben im Umkreis dieser Membran sich bereits deut- lich markirt zeigten. Der Inhalt dieser Spermatophorentasche ist von Herrn Vogt (l.e. p. 171) beschrie- ben worden. Er besteht bei den geschlechtsreifen Individuen vor der Begattung aus einer einzigen Spermatophore 1) von immenser Länge”), deren Windungen sehr regel- mälsig unter einander liegen und sich mit Leichtigkeit (im gehärteten Zustande) entfalten lassen. Der Bau dieser Spermatophore ist im Wesentlichen derselbe, wie wir ihn durch Duvernoy, Milne Edwards, Peters u. A. bei den übrigen Cephalopoden kennen gelernt haben. Man unterscheidet in ihr einen projectilen Apparat mit einem Spiralband ») So ist es sonder Zweifel auch bei den übrigen Hectocotyliferen, während die Cephalopoden sonst ihr Sperma in eine grofse Menge kleinerer Spermatophoren vertheilen. (Ebenso wird auch bei unserm Flulskrebs nach meinen Beobachtungen, Art. Zeugung im H.W.B. S. 900, der ganze Inhalt des Samenleiters in eine einzige sehr lange Spermatophore eingeschlossen, während er sich bei den übrigen Decapoden in mehrere hinter einander gelegene kleinere Partien Irennt, die dann je von einem besondern kürzern Schlauche umhüllt werden.) Teleologisch läfst sich diese Eigen- thümlichkeit der Spermatophore bei den Hectocotyliferen leicht begreifen; die lange einfache Sper- matophore wird sich leichter und sicherer in den Hectocolylusarm transporliren lassen, als eine gröfsere Anzahl kürzerer Spermatophoren. 2) Es ist wohl nur ein Druckfehler, wenn Herr Vogt (l. ce. p. 171) die Länge dieser Spermatophore auf 2 (20?) Ctm. angiebt. Sie beträgt etwa 3 Rh. Fuls. Die Länge des Samen- fadens allein 2° 5. 99 im Innern und einer Endanschwellung (organe pyriforme oder sac ), und einen aufser- ordentlich langen und gestreckten Samenstrang, der ein seidenartig glänzendes Aussehen hat und mit Ausnahme seines vordern, an dem Projectionsapparate befestigten Endes überall so ziemlich dieselbe Dicke besitzt. Der einzige auffallende Unterschied dieser Sperma- tophore von den gewöhnlichen derartigen Bildungen besteht darin, dafs die durchsichtige Scheide („etui‘* M. Edw.), die sonst diese Körper einhüllt, hier nur auf den projectilen Apparat beschränkt ist, dem Samenstrange aber abgeht. Wo das vordere Ende des letz- tern seine spätere Dicke annimmt, da hört diese Hülle plötzlich mit einem unregelmäfsigen, scheinbar zerrissenen Rande auf‘). Aus der Abwesenheit dieser Scheide folgt aber noch keineswegs, dafs der Samenstrang der Spermatophore nun, wie es Herr Vogt behauptet (l. e. p. 172), vollkommen frei und nackt zu Tage liege. Es ist allerdings wahr, dafs die einzelnen Samenfäden des Stranges durch Einwirkung des Wassers mit ihren Schwänzen aus einander weichen (wie es Duvernoy auch für den Samenstrang aus den Spermatophoren von Sepiola abbildet, 1. c. Pl. VII, Fig. 8), allein das kann ja auch daher rühren, dals das Wasser mit dem Bindemittel der Samenfäden auch zugleich die äufsere Umhüllung derselben aufgelöst hat. An erhärteten Spermatophoren sehe ich wirklich ganz deutlich eine dünne und helle Substanzlage, die sich ohne Unterbrechung über die ganze Länge des Samenstranges hinzieht. In Form dieser Spermatophore wird nun der Samen des Octopus Carenae aus den Geschlechtswerkzeugen zunächst in den Hectocolylusarm übertragen. Bei Octopus Carenae ist es bekanntlich (Tab. II, Fig. 19) der vorletzte Arm der rechten Seite, der zu dem Begatiungsorgane geworden ist (das Männchen von Argonauta Argo trägt den Hectocotylusarm dagegen auf der linken Seite). Die eigenthümlichen Formverhältnisse, die dieses Gebilde vor den übrigen Armen auszeichnen, beziehen sich ohne Ausnahme auf das Begattungsgeschäft. Der Hectocotylusarm des Oct. Carenae, der sog. Hectocotylus octopodis Cuv., ist (Fig. 19) gröfser und stärker als die übrigen (er milst reichlich 31”, während die übrigen höchstens nur 21“ lang sind), er trägt kräftiger entwickelte und zahlreichere Saugnäpfe (etwa an 50 Paare, während die übrigen Arme nur etwa 15—25 besitzen) und endigt an seiner Spitze mit einem dünnen und fadenförmigen An- hange von beträchtlicher Länge (von 3—5“). Auf einer frühern Entwickelungsperiode ist dieser fadenförmige Anhang aufgerollt und in einem dünnhäutigen Bläschen einge- schlossen, das auf der Spitze des Hectocotylusarmes aufsitzt, später aber an seiner An- %) Auf der Oberfläche des Samenfadenballens findet man hier und da einen Fetzen, der seinem Aussehen nach mit der Substanz dieser Ränder übereinstimmt. Sollte vielleicht das ganze Samenfadenknäuel von einer äufsern Hülle überzogen sein, die Spermatophore unseres Thieres also mit andern Worten eine blasenförmige Gestalt haben ? 13 * 100 heftungsstelle neben den letzten Saugnäpfen sich öffnet und den Faden heraustreten läfst. Das zusammengefallene Bläschen findet man beständig an der Wurzel des Endfadens von der Rückenfläche des Hectocotylusarmes in Form eines länglichen Lappens herab- hängen (Ibid.). Der eigentliche Hectocotylusarm entwickelt sich gleichfalls, wie wir seit Verany wissen, in einer Blase, die zwischen den übrigen Armen angebracht ist, aber natürlicher Weise eine sehr viel derbere Beschaffenheit besitzt, als die Mutterblase des Endfadens. Sie ist der einzige Theil des Hectocotylus, der mit Chromatophoren versehen ist. Die Bildung des Hectocotylus in dieser Blase und sein Verhältnifs zu derselben darf ich, so weit es überhaupt beobachtet ist, hier als bekannt voraussetzen. Wir wissen, dafs der Hectocotylus mit der Rückenfläche seines unteren Dritttheiles an der Innenwand dieser Blase befestigt ist, und dafs er die Reste derselben auch im enthüllten Zustande beständig mit sich umherträgt. Wenn er seine volle Entwickelung erreicht hat, so bildet sich an der Bauchfläche der Blase, wie bei der Blase des Endfadens, dicht oberhalb ihres Stieles!) eine kleine Oeffnung, um den Hectocotylus hervortreten zu lassen. Da dieser nun aber nicht vollkommen frei in seiner Blase liegt, sondern mit derselben in der oben erwähnten Weise zusammenhängt, so kommt es, dafs die Blase beim Hervor- treten des Hectocotylus sich umstülpt. Die innere Fläche derselben wird jetzt zur äulsern; die Rifsstelle rückt von der Basis der Bauchfläche auf die der Rückenfläche : die frühere Blase verwandelt sich in eine Tasche, die sich (Fig. 19) vom untern Ende des Hecto- cotylus eine Strecke weit an dem Rücken hinzieht und sich vor den übrigen Theilen des Armes durch ihre Pigmentirung sehr auffallend auszeichnet. (Cuvier hat bekannt- lich bei der Beschreibung des Hect. octopodis in den Ann. des sc. natur. 1829. T. XVII, p. 152 diese pigmenlirte Tasche als Magensack, den Eingang in dieselbe, die frühere Rifsstelle, als Mundöffnung gedeutet.) Was im Voranstehenden über die Bildung und Entwickelung des Hectocotylusarmes mitgetheilt wurde, bezieht sich übrigens zunächst nur auf den H. octopodis und Argonautae, der mit dem erstern fast in jeder Hinsicht übereinstimmt. Der H. tremoctopodis zeigt dagegen. (vgl. Kölliker, Berichte u. s. w., H. Müller, a. a. OÖ. S. 16) manche eigen- thümliche Unterschiede, die wir erst dann zu beurtheilen lernen werden, wenn die Ent- wickelung desselben und seine Beziehungen zu dem vollständigen Männchen beobachtet sind’?). !) So wenigstens bei Octopus Carenae, während bei Argonauta Argo diese Oeffnung — nach der Bildung des entrollten Hectöcotylusarmes zu urtheilen — weiter von dem Stiele entfernt ist. ?) Durch die Farblosigkeit des Hectocotylus — nur eine beschränkte Stelle des Rückens, die ihrer Lage nach mit der pigmentirten Kapsel der übrigen Hectocotyli übereinzustimmen scheint, trägt Chromotophoren — wird übrigens die Entwickelung in einer Blase auch hier, bei dem H. tremoctopodis, im höchsten Grade wahrscheinlich. 101 Die auffallendsten Verschiedenheiten dieses Hectocotylus bestehen in der Abwe- senheit der pigmentirten Tasche und des peitschenförmigen Endfadens. Statt der erstern trägt der Hectocotylus in seiner untern Hälfte ') an den Kanten der Rückenfläche eine Menge kleiner Zotten, die möglicher Weise (wie Kölliker und H. Müller ver- muthen) als Kiemen fungiren, während der peitschenförmige Anhang durch einen kurzen Cirrhus ersetzt ist, der an der Bauchfläche des entgegengesetzten Endes hervorragt und unter der Haut zurückgezogen liegt. Eine dünnhäutige Blase, wie sie sonst den End- faden einschliefst, findet sich übrigens auch bei dem H. tremoctopodis am äufsersten Ende ?) oberhalb der Wurzel des eben erwähnten Cirrhus. So Vieles über den äufsern Bau der Hectocotylusarme. Was nun die innere Orga- nisation derselben betrifft, so ist auch diese im Wesentlichen wie bei den übrigen Armen. Die Achse des Hectocotylus wird von einem ansehnlichen Muskelrohre gebildet, das sich auch in den Endfaden hinein fortsetzt und im Innern die gewöhnlichen Gefäfse und Nerven der Cephalopodenarme einschliefst. Aber diese Theile *) bilden nicht den ein- zigen Inhalt des Hectocotylusarmes. Es finden sich aufserdem noch andere, die aus- schlielslich auf die besondere functionelle Bedeutung des Hectocotylusarmes Bezug haben. Kölliker und H. Müller beschreiben bei dem H. Argonautae zwischen der Mus- kelachse und der pigmentirten Tasche einen dieken silberglänzenden Schlauch, dessen vorderes Ende sich in einen dünnen und gefälsartigen Kanal verlängert, der den Hecto- colylus und seinen Endfaden durchsetzt und an der Spitze des letztern nach Aufsen mündet. Schlauch und Endfaden wurden mehrfach mit Sperma angefüllt gefunden; es konnte also keinem Zweifel unterliegen, dafs diese Theile für die Ueberführung des Samens in die weiblichen Geschlechtsorgane bestimmt seien. Die Untersuchungen von Müller haben die Natur dieser Gebilde in das rechte Licht gestellt; der „‚silberglänzende Schlauch‘“ ist eine muskulöse Samenblase, die auf irgend einem Wege mit Sperma gefüllt wird, und ihren Inhalt dann später bei der Begatiung durch den Endfaden hinaustreibt. Der Endfaden selbst erscheint hiernach als ein Penis, und wirklich hat Müller diesen Theil des Hectocotylus auch mehrmals (a. a. 0.8.27, 8.354) in der Begattung angetroffen *). ”) Die Annahme, dafs dieser Theil der untere sei, ist allerdings bis jetzt noch nicht aufser Zweifel gesetzt, aber doch jedenfalls sehr wahrscheinlich. Vgl. H. Müller a. a. O. S. 16. ?) Herr Vogt hält diese dünnhäutige Blase freilich für das Analogon der „pigmentirten Kap- sel“, aber- für diese Behauptung fehlen alle Gründe. °) Von Kölliker sind diese Theile früherhin bekanntlich als Eingeweide eines selbstständigen Geschöpfes gedeutet worden. *) Die Spitze des Penis dringt bei der Begattung bis in die Eierstockskapsel und scheint auch nach diesem Acte gewöhnlich in derselben zurückzubleiben. H. Müller fand einmal (S. 354) bei einem Weibchen von Argonauta Argo in der Eierstockskapsel sechs und in dem einen Eileiter noch zwei solcher abgerissener Ruthen. 102 Ganz dieselbe Anordnung liefs nun auch die Beschreibung von Cuvier (l. c.) für den Hectocotylus octopodis erwarten. Allerdings ist Cuvier über die Bildung des betreffenden Apparates nicht vollkommen in’s Klare gekommen, aber seine Darstellung stimmt doch im Wesentlichen mit den Beobachtungen von Kölliker und Müller über- ein. Cuvier beschreibt sogar im Innern des Muskelschlauches einen vielfach ver- schlungenen Faden von seidenartigem Aussehen, in dem man unmöglich den Samenfaden an der Spermatophore unseres Octopus verkennen kann. Nichts desto weniger wird aber die Existenz einer solchen Anordnung von Herrn Vogt ganz bestimmt in Abrede gestellt (l. c. p. 177 : „nous ne trouvons aucune difference quelconque dans la structure du reste du bras“). Die Beobachtung von Cuvier wird sogar (l. c. p. 183) als ein Beweis für die Behauptung angeführt, dafs die Spermatophore unseres Octopus nur in die pigmentirte Tasche des Hectocotylusarmes übertragen werde! Trotz der Entschiedenheit, mit der Herr Vogt diese Behauptung vorträgt, ist jedoch nichts gewisser, als dals sie eine irrthümliche ist!). Ich darf nach meinen Untersuchun- gen auf das Bestimmteste behaupten, dafs die von Cuvier im Innern des H. octopodis beschriebenen Organe wirklich vorhanden sind und in jeder Beziehung mit dem Samen- schlauche und dem Samenleiter des Hectocotylus Argonautae übereinstimmen. Während meiner Untersuchungen in Nizza bin ich allerdings über diese Gebilde zu keinem genügenden Resultate gekommen. Die wenigen Octopus Carenae, die ich frisch erhielt, waren ohne »enthüllten Hectocotylusarm und trugen die Spermatophore noch in der grofsen Tasche hinter der Geschlechtsöffnung. Mir fiel freilich schon damals auf der Rückseite des Hectocotylus links neben dem Muskelrohre des Armes (also am hintern Rande desselben) ein dünner und weifslich glänzender Faden auf, der ganz deutlich durch die Haut hindurchschimmerte und im untern Theile des Armes mit einem Längswulste von muskulöser Beschaffenheit zusammenhing ?); ich dachte auch wohl schon damals an die Möglichkeit, dafs diese Gebilde mit den Cuvier’schen Organen identisch sein möchten, zumal sie mit denselben (namentlich der hintern Muskelwulst mit der Samen- ) Ich bedauere recht sehr, dafs ich auch hier bei den Hectocotyliferen, wie früher bei den Salpen und den Siphonophoren, so vielfach gezwungen bin, den Angaben und Darstellungen des Herrn Vogt entgegenzutreten. Mag derselbe immerhin darüber urtheilen, wie über das erste Heft meiner zoologischen Untersuchungen (Vogt, Rech. sur les anim. inferieurs de la Mediterranee. Geneve 1854. p. 164), von dem er behauptet, dafs es nichts Neues bringe. Freilich ist es weniger neu und unerhört, die Irrthümer des Herrn Vogt aufzudecken, als etwa (vergl. Vogt, 1. c.) die Abylaarten als männliche Colonieen des Gen. Diphyes zu beschreiben oder Eudoxien für junge Epibulien (Galeolaria Vogt, Suculceolaria Less.) auszugeben — und dabei sich doch ein so entschie- denes Urtheil über die Natur der Eudoxien anzumalsen !! 2?) Ganz dasselbe ist bei H. octopodis auch von Müller beobachtet (a. a. 0. S. 356). 103 blase) in ihrer Lage übereinstimmten, allein es wollte mir niemals recht gelingen, den untern muskulösen Körper von dem Muskelrohre des Armes vollständig zu isoliren und im Innern desselben eine Höhle nachzuweisen. Dazu kam die Bestimmtheit der Vogt- schen Behauptung, die wiederholte Versicherung desselben, dafs die Frage nach der Or- ganisation und der Natur des Hectocotylus durch seine Untersuchungen zu einem voll- ständigen und definitiven Abschlufs gekommen sei — und so war ich denn wirklich beinahe überzeugt, dals die Ansicht des Herrn Vogt die richtige und die pigmentirte Tasche des Hectocotylus (wenigstens bei H. octopodis) der spätere Aufbewahrungsort der Spermatophore sei. Hier in Giefsen sollte ich dagegen eines Bessern belehrt werden. Ich hatte bei meiner Abreise aus Nizza von Verany eine Anzahl Octopoden mit enthülltem Hecto- cotylusarme aus dessen Vorräthen zum Geschenk erhalten und unter diesen einige (zwei unter sieben) mit entleerter Spermatophorentasche angetroffen. Nach der Ansicht des Herrn Vogt hätte man hier nun die Spermatophore in der pigmentirten Tasche des Hectocotylus- armes finden müssen; ich öffnete sie voller Erwartung, aber sie war leer, wie bei den Individuen mit gefülltem Spermatophorensack. Natürlich dachte ich jetzt sogleich an den problematischen Körper im Innern des Hectocotylusarmes; ich präparirte die Haut sorgfältig bei Seite und erblickte nun (Tab. Il, Fig. 19) zwischen der pigmentirten Tasche und dem Muskelrohre statt des frühern Wulstes einen ansehnlichen ($“ langen, 2“ breiten) Schlauch mit glänzenden Muskelwandungen, der sich nach vorn in den früher erwähnten Faden fortsetzte '). Die äulsere Muskellage dieses Schlauches war mit dem Muskelrohre des Armes in Verbindung; sie bestand aus einer Schicht von schräg verlaufenden Fasern, die sich rechts und links aus dem eben erwähnten Rohre ablösten und nur die untere (ventrale) Fläche des Schlauches, die der Mitte des Muskelrohres anlag, frei liefs. Durch diese dünnere untere Fläche des Schlauches schimmerten die verschlungenen Windungen eines weilsen Fadens hindurch : es war die Spermatophore, die, wie in dem von Cu- vier beschriebenen Falle, hier ihr Unterkommen gefunden hatte. Die Windungen der Spermatophore liefsen sich noch eben so leicht entrollen, wie früher, so lange dieselbe in der Spermatophorentasche enthalten war. Die einzige Verschie- denheit der Spermatophore im Hectocotylus bestand darin, dals sie des projectilen Apparates entbehrte; der dünne Endfaden derselben war vollkommen frei und dem vordern Ende der Samentasche zugekehrt. Auf den äufsersten Windungen der Spermatophore lagen mehrere gröfsere und kleinere Fetzen einer durchsichtigen Masse; sie waren ohne Zweifel die Ueberreste des projectilen Apparates. !) Bei Hectocotylus Argonautae schimmert dieser Schlauch im gefüllten Zustande ganz deut- lich durch die äufsern Bedeckungen hindurch, was bei H. Octopodis wegen der grölsern Dicke der Hauldecke nicht der Fall ist. 104 Die innere Fläche der Samentasche erscheint vollkommen glatt und glänzend. Sie ist mit einem Pflasterepithelium bekleidet, das sich auch nach vorn in die fadenförmige Ver- längerung der Tasche fortsetzt. Natürlicher Weise ist dieser Faden nicht solide; er stellt einen Kanal dar, der (Fig. 19) die ganze Länge des Armes durchsetzt und am Ende desselben in den fadenförmigen Penis hineintritt. Auch durch den Penis kann man den- selben verfolgen : er liegt neben dem Muskelstrange und mündet auf der äufsersten Spitze nach Aulsen. Nachdem es so nun zur Genüge festgestellt ist, dafs der Hectocotylusarm auch bei dem Octopus Carenae einen eignen, für die Aufnahme und Fortleitung des Sperma bestimmten Apparat im Innern einschliefst, mufs es sich vor Allem nun ferner um die Frage handeln, auf welchem Wege die Spermatophore unserer Thiere aus den Geschlechts- organen in diese Samentasche übertragen wird. H. Müller ist bei den Männchen von Arg. Argo über diese Frage zu keinem bestimmten Resultate gekommen, aber am meisten geneigt, eine unmittelbare Communication zwischen dem Samenleiter des Generations- apparates und dem silberglänzenden Schlauche des Hectocotylusarmes anzunehmen. Er vermuthet, dafs sich der Samenleiter ohne Unterbrechung bis in den Hectocotylusarm fort- setze (a. a. 0. S. 9), gesteht indessen, dals er denselben nur etwa bis an die Basis der linken Kieme habe verfolgen können. \ Durch die Entdeckung der äufsern Geschlechtsöffnung bei Oct. Carenae ist jedoch, wie ich glaube, ein solcher directer Zusammenhang auch für das Männchen von Argo- nauta Argo (und die übrigen Hectocotyliferen) zur Genüge widerlegt worden. Ueberdiefs habe ich mich mit aller Bestimmtheit davon überzeugen können, dafs das untere Ende des Samenschlauches im Hectocotylusarm unseres Octopus — und ebenso giebt es auch H. Müller (a. a. 0. S. 10) für den H. Argonautae an — vollständig geschlossen und ohne Oeffnung ist!). Es kann unter solchen Umständen keinem Zweifel unterliegen, dafs der Transport der Spermatophore in den Samenschlauch des Hectocotylusarmes auf einem andern Wege stattfindet. Ich freue mich, durch meine Untersuchungen an O0. Carenae auch diesen Punkt zur Erledigung bringen zu können. Der Samenschlauch des Hectocotylusarmes besitzt aulser der Mündungsstelle auf der Spitze des Penis noch eine zweite Oell- nung nach Aufsen und zwar zunächst in die pigmentirte Tasche. Das obere Ende der letztern zieht sich in einen zipfelartigen Fortsatz aus, der (Fig. 19) bogenförwig nach der Bauchfläche des Armes herabsteigt, die obere Wand des Samenschlauches etwa auf der hintern Grenze des äufsern Dritttheiles durchbohrt und in das Innere desselben !) Die Vermuthung von Müller, dafs diese Oeffnung vielleicht nur zu einer gewissen Zeit vorhanden sei und sich hinter dem eingetretenen Samen schlielse, ist gewils kaum statthaft. 105 hineinführt. Man sieht die Mündungsstelle im Innern sehr deutlich, kann auch die ganze Ausdehnung des trichterförmigen Kanales ohne grofse Mühe blofslegen. Die Innenfläche des Kanales ist pigmentirt; der ganze Kanal ist nichts Anderes, als das vordere Ende der pigmentirten Tasche, das in den Samenschlauch hineinführt. Nachdem ich diesen Zusammenhang zwischen der pigmentirten Tasche und dem Samenschlauche entdeckt hatte, habe ich auch gefunden, dais derselbe Canal bereits an dem unenthüllten Hectocotylusarme existirt, natürlicher Weise hier aber direct nach Aulsen führt. Bei einem Hectocotylussacke von 11‘ Länge sehe ich an der äulsern Fläche etwa 1‘ unter der Spitze eine verhältnifsmäfsig ganz ansehnliche, von wulstigen Rändern umgebene Oeffnung, durch die ich mittelst einer feinen Sonde bis in das Innere des Samenschlauches hineindringe. Dicht über diesem Ausführungskanale löst: sich der Hec- tocotylusarm von seiner Blase ab : die relative Lage der Oelfnung ist also ganz dieselbe, wie später, nur dals sie dann natürlich durch die Umstülpung des Hectocotylussackes und die Verwandlung in eine Tasche von Aulsen nach Innen verlegt wird. Dafs die eben beschriebene Communication zwischen Samenschlauch und pigmentirter Tasche den Eintritt der Spermatophore in den erstern vermitlle, scheint mir aulser allem Zweifel. Einmal ist diese Communication, wie ich mich überzeugt habe, die einzige, die überhaupt hier existirt, der Weg, der dadurch vorgezeichnet ist, also auch der einzige, auf dem die Spermatophore in das Innere des Samenschlauches hineingelangen kann, und sodann ist die Spermatophore durch Kölliker auch wirklich schon einmal im Innern der pigmentirten Tasche (von H. Argonautae) beobachtet. Ich trage kein Bedenken, diese Beobachtung (Beiträge u. s. w. S. 77) in meinem Sinne dahin auszulegen, dafs Köl- liker hier die Spermatophore *) auf ihrer Einwanderung in das Innere des Samenschlau- ches überrascht habe, unter Verhältnissen also, die wir nicht für zufällig und abnorm ?), sondern für ganz constant halten müssen, die aber defshalb bis jetzt nur so selten beob- achtet sind, weil sie vielleicht sehr rasch vorübergehen. Dafs die Uebertragung der Spermatophore erst nach der Enthüllung des Hectocoty- lusarmes vor sich gehe, wird dadurch bewiesen, dafs die eingeschlossenen Arme der- ') Die Beschreibung des Samenfadens im Innern der pigmentirten Tasche (K. hält denselben für den Hoden) läfst in demselben wohl schwerlich eine „Spermatophore“ verkennen. Ich erwähne das namentlich defshalb, weil H. Müller (a. a. 0. $. 353) angiebt, dafs bei der Argonautae bis- her noch keine Spermatophorenbildung beobachtet sei. (Aus der Angabe von Müller scheint andererseils aber so viel hervorzugehen, dafs die Spermatophore des Argonauta Argo sich in der Samentasche des Hectocotylus bald nach ihrer Uebertragung auflöst.) ?) Wie H. Müller annimmt (a. a. 0. $. 8), wenn er vermuthet, dafs dieser Samenfaden durch den Penis entleert sei, der sich dabei gewissermalsen in einem error loci befunden habe. Leuckart, zool. Untersuch. III. 14 106 selben entbehren, ja dafs nicht selten auch die freien Arme (wenigstens bei H.octopodis) noch ohne Füllung angetroffen werden. Nur H. Müller will ein Mal — freilich nur ein einziges Mal (a. a. 0. S. 8) — einen mit Sperma geladenen Arm schon vor der Enthüllung gefunden haben. Ich habe keinen Grund, die Richtigkeit dieser Beobachtung in Zweifel zu ziehen !), muls aber den Fall, der ihr zu Grunde liegt, für einen seltenen und aufsergewöhnlichen halten. Die Möglichkeit einer Uebertragung in den noch einge- schlossenen Hectocotylusarm ist bei der oben beschriebenen Communication zwischen der Samenblase und der Aufsenfläche des Hectocotylussackes natürlich nicht in Abrede zu stellen. | Die Uebertragung der Spermatophore in die pigmentirte Tasche des Hectocotylus- armes setzt natürlich die Beihülfe gewisser Organe voraus — bei der Bildung unserer Cephalopoden wird man indessen nicht in Verlegenheit sein, wenn es sich darum han- delt. solche Organe namhaft zu machen. Zuerst wird man hier vielleicht mit Herrn Vogt an den peitschenförmigen Penis des Hectocotylusarmes denken, an ein Gebilde, das gewifs in jeder Beziehung seiner Organisation nach zu einem derartigen Geschäfte sich eignen möchte. Die Vermuthung einer solchen Uebertragung ?) scheint um so mehr gerechtfertigt, als Kölliker in dem oben erwähnten Falle neben der Spermatophore auch den vordern Theil des Penis in der pigmentirten Tasche des Hectocotylus antraf. Unter diesen Umständen lälst sich die Betheiligung des peitschenförmigen Penis bei der Uebersiedelung der Spermatophore in den Hectocotylus natürlich nicht im mindesten leugnen. Aber nichts desto weniger dürfen wir doch mit aller Entschiedenheit behaupten, dafs diese Uebertragung nicht ausschliefslich und in allen Fällen auf solche Weise ver- mittelt werde. Die Beobachtungen von Cuvier sind an einem Hectocotylus angestellt, dessen Penis noch in seiner Mutterblase verschlossen war, also auch die Spermatophore bei ihrem Austritt aus dem Spermatophorensacke und der Kiemenhöhle nicht in Empfang nehmen und in die pigmentirte Tasche befördern konnte. Sonder Zweifel sind es in diesem Falle — und so wird es auch gewifs noch häufiger sein — die gewöhnlichen Arme des Cephalopoden gewesen, durch deren Thätigkeit die Spermatophore in die pig- mentirte Tasche gelangte. Viel räthselhafter und dunkler sind die Kräfte, durch welche die Spermatophore auf der pigmentirten Tasche in den Samenschlauch hinüber tritt. Die Tasche entbehrt mit- sammt ihrer kanalförmigen Fortsetzung einer besondern Muskelhülle : die Spermatophore ı) Auffallend ist es übrigens, dafs H. Müller diese Beobachtung — die doch bei dem frühern Stande unserer Kenntnisse für die Frage nach der Uebertragungsweise der Spermatophore von grölsester Bedeutung gewesen wäre — in seiner spätern Mittheilung nicht wieder erwähnt. 2) Herr Vogt sieht in dieser Uebertragung sogar die ausschliefsliche Aufgabe des fadenför- migen Anhanges. 107 kann also unmöglich durch einen Druck von hinten in den Samenschlauch hinübergetrieben werden. Ich glaube, dafs die Triebkraft hier zum grofsen Theile in der Spermatophore selbst liegt. Schon an einem andern Orte (H.W.B. der Physiol. Bd. IV, S. 920) habe ich dar- auf hingewiesen, dafs die Umhüllung der Samenmasse mit einer sog. Spermatophore nicht nur den Schutz der männlichen Zeugungsproducte bezwecke, sondern auch beständig einen mehr oder minder wirksamen Propulsionsapparat darstelle. Halten wir mit dieser Thatsache nun ferner die Erfahrungen zusammen, die wir durch Milne Edwards (l. e.) über das Hervorschnellen des Samenschlauches aus den Spermatophoren der Üe- phalopoden ins Besondere erhalten haben, so wird die voranstehende Behauptung gewils zur Genüge gerechtfertigt erscheinen. Die Spermatophore der Hectocotyliferen zeigt freilich, wie wir oben hervorgehoben haben, manche Eigenthümlichkeiten ihres Baues, doch glaube ich nicht, dafs diese die Wirksamkeit des Mechanismus im Ganzen bedeutend verändern werden. Wir wissen durch die Beobachtungen von Milne Edwards, dafs der Austritt des Samenschlauches aus den Spermatophoren der Cephalopoden durch eine Hervorstülpung des projectilen Apparates vermittelt wird. Nehmen wir nun auch ein Gleiches für die Spermatophore unseres Octopus an, machen wir dann ferner die Voraussetzung, dals der projectile Apparat derselben mit seinem vordern Ende in die kanalförmige Fortsetzung der pigmentirten Tasche hineinrage — wir dürfen das insofern, als der projectile Appa- rat in der Spermatophorentasche zunächst an der Geschlechtsöffnung liegt, sonder Zweifel also zuerst hervortritt und auch wohl zuerst in die pigmentirte Tasche über- tragen wird —, so wird bei dem Hervorstülpen des projectilen Apparates ein Theil des Samenfadens durch den betreffenden Kanal in den Samenschlauch hineingetrieben werden. Dals der ganze Faden auf solche Weise in den Samenschlauch gelange, steht allerdings zu bezweifeln. Aber ein derartiges Vordringen ist auch nicht im Geringsten nothwendig. Befindet sich ein Mal ein Theil des Samenfadens in dem Schlauche, so kann durch eine Art peristaltischer Zusammenziehung der Muskelwand allmählig der ganze Faden in das Innere desselben hineingezogen werden. Dals übrigens wirklich bei dieser Uebertragung die Spermatophore selbst in der geschilderten oder doch einer ähnlichen Art betheiligt sei, möchte schon daraus hervor- gehen. dals sie an dem Orte ihrer nächsten Bestimmung, wie schon oben hervorgehoben wurde, ohne jenen projectilen Apparat ist, den man zu einer frühern Zeit an ihr antraf. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dieser inzwischen seine Aufgabe erfüllt *) — der Ueber- ') Ich darf wohl auch daran erinnern, dafs die Spermatophore des männlichen Argonauten wahrscheinlich schon in der Samentasche des Hectocotylusarmes, wie oben erwähnt, aus einander fällt. 14 * 108 gang aus der pigmentirten Tasche in die Samenblase giebt ihm eine erwünschte Gelegen- heit, seine Leistungen zu entfalten ?). Unsere Bemerkungen über den Transport der Spermatophore in den Hectocotylus- arm gelten wiederum zunächst nur für den Oct. Carenae und den männlichen Argonauten, dessen Begattungsapparat sonder Zweifel in jeder Beziehung mit dem des erstern über- einstimmt. Dafs bei dem H. tremoctopodis der Mechanismus dieser Uebertragung ein’ anderer sei, wird schon durch die bereits oben erwähnte Abwesenheit der pigmentirten Tasche zur Genüge bewiesen. Dazu kommt noch, dals der Hectocotylus dieses Thieres auch ohne jenen muskulösen „silberglänzenden‘ Schlauch ist, der sonst bei den Heeto- cotylen als Samenblase fungirt. Die Spermatophore findet man hier in jener ovalen Blase eingeschlossen, die am Ende des Hectocotylusarmes angebracht ist und morpholo- gisch mit der Mutterblase des peitschenförmigen Penis bei H. Octopodis und Argonautae übereinzustimmen scheint ?). Wie die Spermatophore dahin gelange, ist ein bis jetzt noch ungelöstes Räthsel. Wir kennen nur eine einzige (normale) Oeffnung dieser Kap- sel, und diese ist auf der Spitze des Cirrhus, der, gleich dem entsprechenden peitschen- förmigen Faden der übrigen Hectocotylen, zur Begattung dient (vergl. H. Müller a. a. 0. S. 355). Die Spermatophore dieses Sackes ist übrigens noch mit einem vollständigen und unverletzten projectilen Apparat versehen, der mit seinem vordern Ende in den Penis hineinragt und seine Wirkung erst bei dem Austreiben des Sperma während der Begat- tung zu entfalten scheint. Die Triebkraft der Spermatophore ersetzt hier, bei dem H. tremoctopodis, offenbar jenen gewaltigen Muskelbelag, mit dem die Samentasche der He- ctocotylusarme sonst versehen ist. Der Begattungsact wird von den Hectocotylusarmen bekanntlich erst dann vollzogen®), ı) Ist unsere Vermuthung übrigens richtig, so hat die Spermatophore des Octopus Carenae und des Argonauten eine Bestimmung, die von der der sonstigen Spermatophoren in Eiwas ab- weicht. Die letztern dienen zur Uebertragung des Sperma in den weiblichen Körper; die Sperma- tophore unserer Hectocotyliferen vermittelt dagegen die Uebertragung des Samens in eine von der Geschlechtsöffnung entfernte Begattungsmaschine. (Wo sonst die Begattungsorgane von der Ge- schlechtsöffnung entfernt sind, da können beide doch meistens an einander angenähert werden. Nur bei den Heteropoden finden sich Verhältnisse, wie wir früher gesehen haben, die einigermafsen an die Verhältnisse bei den Hectocotyliferen erinnern. Ob hier gleichfalls eine Spermatophore gebildet wird, wissen wir nicht.) ?) Kölliker hat diese Spermatophore (wie die Spermatophore in der pigmentirten Tasche des H. Argonautae) unrichtiger Weise als „Hoden“, den projectilen Apparat derselben als „Samen- gang“ beschrieben. °) Dafs auch der H. octopodis eine wirkliche Begaltung vollzieht, bedarf nach meinen Beob- achtungen über die Structur dieses Apparates keines weitern Beweises. (Herr Vogt leugnet natürlich die Begattung der Hectocotyli; nach ihm sind dieselben blofse Samenmaschinen, durch welche die Spermatophoren in der Nähe der Weibchen abgesetzt werden.) 109 - wenn sie sich aus ihrem Zusammenhang mit dem übrigen Körper abgelöst haben. Ueber diese spätern Schicksale der Hectocotyli habe ich keine weiteren Beobachtungen. Ich’ will nur das hier noch anführen, dafs die Abtrennung derselben zuerst in dem Muskel- rohre beginnt. Ich habe mehrere Individuen beobachtet, deren Hectocotylusarm nur noch durch die äufsern Hautbedeckungen mit seinem Stiele zusammenhing. Dafs diese Los- irennung aber nicht zufällig, sondern ganz constant zu einer gewissen Zeit erfolge, wird gewils Niemand bezweifeln, der eine gröfsere Menge von Hectocotyliferen beob- achten konnte. Vogt und Verany vermuthen, dafs der abgeworfene Hectocotylusarm durch eine Neubildung für die nächste Brunst ersetzt werde. Wenn das nicht geschähe, so würde man gewils häufiger Gelegenheit haben, die verstümmelten Männchen der Hectocotyliferen zu beobachten. Freilich könnte man auch annehmen, dafs diese Thiere bald nach der Abtren- nung ihres Hectocotylusarmes zu Grunde gingen, allein nach der Analogie mit den übri- gen Cephalopoden darf man bei denselben doch wohl eine längere Lebensdauer und eine mehrfache Wiederholung der Brunst voraussetzen. ZUSÄTZE. Zu S.77. Ein Auszug aus den Beobachtungen von Davaine findet sich in Froriep’s Tagesber. Zoolog. II, S. 213. Die männliche Brunst geht auch hier, bei der Auster, wie bei Cymbulia, der weiblichen voraus. Zu 8. 87. Die Beobachtungen von Kölliker über Rhodope sind publieirt in dem Giornale dell’ Instituto Lombardo di scienze 1847. T. XVI. ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN. Die Buchstaben bezeichnen überall dieselben Theile und zwar a) die Oberschlundganglien, b) die Fulsganglien, ce) linkes Visceralganglion, d) rechtes Visceralganglion, e) Wimperscheibe mit ihrem Ganglion, f) Tractus intestinalis, g) After, h) Pharynx, i) Speicheldrüse, k) Leber, 1) Kiemen, m) Vorhof, n) Ventrikel, 0) Bulbus aortae, p) Nierenöffnung, q) Hoden, r) Samenleiter, s) Flagellum, t) Penis, u) Eierstock, v) Eiweilsdrüse, w) Scheide, x) Samenblase. Tab. I. Fig. 1. Firola coronata in natürlicher Gröfse. Fig. 2. Nervensystem von Firola Fredericiana bei doppelter Vergröfserung. Fig. 3. Oberschlundganglienmasse von Firola Fredericiana, mit Auge (A) und Gehörorgan (B). Von oben gesehen. Zehn Mal vergröfsert. Fig. 4. Dieselbe, von unten. Fig. 5. Fufsganglienmasse desselben Thieres bei gleicher Vergröfserung. Von oben. Fig. 6. Dieselbe in der Profilansicht. 112 Fig. 7. -Auge von Firola coronata in der Seitenlage. Drei Mal vergröfsert. Fig. 8. Dasselbe Auge von hinten gesehen. \ Fig. 9. Auge von Firoloides Lesueurii. Dreifsig Mal vergrölsert. - Fig. 10. Hinterleib einer männlichen Firoloides Lesueurii mit Nucleus und Copulationsapparat. Zwölf Mal vergröfsert. Fig. 11. Hinterleib einer weiblichen Firoloides mit Eierschnur. Fig. 12. Vordere Hälfte des Nucleus von Firola mutica bei zwölfmaliger Vergröfserung. Fig. 13. Fin Segment aus der Zunge von Firola Fredericiana. Zwölf Mal vergröfsert. Fig. 14. Magengrund von Firola coronata, der Länge nach aufgeschnitten. Vier Mal vergröfsert. Tab. H. Fig. 1. Enddarm und Leber von Firola Fredericiana. Vier Mal vergröfsert. Fig. 2. Copulationsapparat von Firola Fredericiana. Bei sechsmaliger Vergrölserung. Fig. 3. Männlicher Geschlechtsapparat von Fir. Fredericiana. Bei achtmaliger Vergröfserung. Fig. 4. Weiblicher Geschlechisapparat desselben Thieres. Fig. 5—8. Entwickelung des Embryo bei Firoloides Lesueurii. Siebenzig Mal vergröfsert. Fig. 9 u. 10. Larven von Firoloides bei gleicher Vergrölserung. Fig. 11. Geschlechtsorgane von Cymbulia Peronii bei doppelter Vergröfserung. Fig. 12. Ein Paar Schläuche aus der Zwitterdrüse dieses Thieres zur Zeit der männlichen Brunst. Acht Mal vergröfsert. Fig. 13. Ein solcher Schlauch bei vierzigmaliger Vergröfserung. Fig. 14. Ein Schlauch aus der Zwitterdrüse desselben Thieres zur Zeit der weiblichen Brunst. Acht Mal vergröflsert. Fig. 15. Aus der Zwitterdrüse von Eolidia neapolitana bei dreifsigmaliger Vergrölserung. Fig. 16. Aus der Zwitterdrüse von Phyllirrhoe bucephalum bei vierzigmaliger Vergröfserung. Fig. 47. Zwitterdrüsenschläuche von Helix lactea. Hundert Mal vergröfsert. Fig. 18. Zwitterdrüsenschläuche von Limax rufus (zur Winterszeit). Sechzig Mal vergrölsert. Fig. 19. Octopus Carenae mit Hectocotylusarm in nalürlicher Gröfse. (Die vier vordern Arme sind weggelassen.) Fig. 20. Männliche Geschlechtsorgane von Oct. Carenae in ihrer natürlichen Lage. Fig. 21. Die Genitalkapsel von Oct. Carenae mit ihrem Inhalte. Etwas vergrölsert. Fig. 22. Geschlechtsorgane von Oct. Carenae nach Entfernung der Genitalkapsel. Etwas ver- grölsert. Druck von Wilh. Keller in Giefsen. Pr TabT. Se det, Ih. Anst © Doal Miülkeonz in Lepz:g Ad, ImuerIhr EN * > & l r ’ er ı yo IX » - ; x \ - 2 | D . » En ‘ — Züh.Anst. 0. Ernie Wäheerz n Zyag. Adı dauer Dir _. LINIEN