Skip to main content

Full text of "Vicvs Avrelii oder hringen zur Zeit der Römer [microform] : mit 1 Karte, 2 Plänen, 2 Phototypieen, 52 Lithographieen und einigen Holzschnitten"

See other formats


■  •■"%■ 


\.^'- 


4 


.-"V 


?.*•' 


*♦ 


'.^ 


:^/ 


• 


VICVS    AVRELII 

ODER 

(EHRINGEN  ZUR  ZEIT  DER  RÖMER 


MIT  1  KARTE,  2  PLÄNEN,  2  PHOTOTYPIEEN,  52  UTHOGBAPHIEEN 
UND  EINIGEN  HOLZSCHNITTEN. 


VON 

Dr  0.  KELLER. 

RECTOR  DES  K.  WÜRTT.  LYCEUMsi  ZU  CEHRINGEN. 


Fest  -  Programm 


zu 


Winckelmanns  Geburtstage 

am  9.  December  1871. 


Herausgegeben 

vom 

Vorstande  des  Vereins  von  Alterthumsfreunden  im  Rheinlande. 


Bonn  1871. 

Gedruckt  auf  Kosten  des  Vereins. 

Bonn,  bei  A.  Marcus. 


INHALT   DES  TEXTES. 


I.     Einleitung. 

Die  ältesten  historischen  Bewohner  der  Gegend  waren  Markomannen  (SteinwafFen,  Flussnamen); 
nicht  Siieven.  Sueven  und  Schwaben  zwei  verschiedene  Völker  S.  1 — 3.  Auswanderung  der  meisten 
Markomannen  im  ersten  christlichen  Jahrhundert.  Einwanderung  römischer  Provinzialen ;  römisches  Fort 
am  Limes  bei  Oehringen  S.  3. 

IL    Der  Vicus  Aurelii. 

Vergrösserung  des  Forts  zum  Vicus  Aurelii  zur  Zeit  des  Caracallus.  Verlegung  der  ßeckinger 
Besatzung  in  den  Vicus  Aurelii  S.  3  f.  Untergang  des  Vicus  Aurelii  ums  Jahr  270  S.  4 — 6  'Münzen 
der  Gegend  S.  5).  Grösse  und  Lage  des  Vicus  Aurelii  S.  6  f.  Der  Limes  oder  Pfahlgraben  S.  7—10 
(vergl.  auch  S.  39).  Besatzung  des  Vicus  Aurelii  S.  10 — 12.  Das  Collegium  iuventutis  S.  12  f.  Klima 
und  Producte  des  Vicus  Aurelii  S.  13—15.  Das  Bad  am  Orendelstein  S.  15 — 17.  Zwei  Brücken  und 
die  Hainengasse  S.  18.  Die  Untere  Bürg  S.  18—22.  Die  Obere  Bürg  S.  22  flf.  Die  Miucrvenstatuen 
S.  23 — 25.  Das  Eponarelief  S.  25  f.  Der  Nymphen-  oder  Matronenstein  von  ünterheimbach  S.  26—28. 
Cultus  des  Mars,  des  Taranucnus,  der  Fortuna  und  des  Mercur  S.  28  f.  Inschriften  der  Oberen  Bürg 
S.  29.  Begräbnisstätte  des  Vicus  Aurelii  S.  29—31.  Denkmal  der  Gattin  des  Maximinus  am  Orendel- 
stein S.  31  f. 

III.    Der  Orendelstein. 

Eigel  und  Orendel,  Helden  der  deutschen  Sage  S.  33—36.  Eigelstein,  Rendelstein  S.  36  f.  Oren- 
delsall  und  seine  Crypta  S.  37.  Der  Orendelstein  eine  altdeutsche  Dingstätte  S.  38.  Erklärung  der  Le- 
genden vom  heil.  Orendulus  ebendas. 

IV.    Umgebung  des  Vicus  Aurelii. 

Römisches  Vorwerk  des  Vicus  Aurelii  auf  dem  Hornberg  S.  39.  Römerveste  Mainhardt  S.  39  f. 
Römerveste  bei  Jagsthausen  und  Olnhausen  S.  41—46.  Römerveste  bei  Neuenstadt  und  Oedheim  S. 
47  f.    Römische  Villa  bei  Rückertshausen  S.  48  f. 

V.    Die  germanischen  Grabhügel  im  Hohenlohischen. 

Topographisches  S.  49.  Bauart  der  Leichenhügel  S.  50—53.  Bauart  und  Inhalt  der  Brandhügel, 
besonders  bei  Hohbach  S.  53  f.  Töpferwaaren  S.  54 — 56.  Bronze-  und  Eisengeräthe  S.  56—59.  Streit- 
wagen S.  59.  Steinwaffen  S.  59  f.  Thierische  Beigaben  S.  60.  Zeit  und  Volksthum  der  Todten  uusrer 
Grabhügel  S.  60  f.     Ihre  Beziehung  zu  den  Salzquellen  des  Kocherthals  S.  62  f. 


rÄii;„iti;;^' 


.   t 


Nunc  seges  est  ubi  Troia  fuit. 

Ueber  die  Bewohner  und  die  Natur  unserer  Gegend  vor  der  Eroberung  durch  die 
Römer  haben  wir  keine  schriftlichen  Nachrichten,  ausgenommen  was  im  allgemeinen  die 
griechischen  und  römischen  Schriftsteller  von  dem  damaligen  Germanien,  beziehungsweise 
dessen  südwestlichem  Theile  erzählen.  Viele  Sümpfe  und  Wälder,  vornehmlich  Eichen- 
wälder (vgl.  Schriften  des  württ.  Alterthumsv.  1859,  5.  Heft  S.  12),  bedeckten  das  Land,  dessen 
Bewohner,  germanischen  Blutes,  sich  Mark-  oder  Grenzmänner,  Markomannen  oder  Marko- 
manen nannten  (vgl.  Wietersheim,  Geschichte  der  Völkerwanderung  I  420,  II  178;  Jahrb. 
der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  VII 137).  In  ihren  Händen  war  offenbar  zur  Zeit  des  Augustus 
und  noch  des  Titus  die  Landschaft  um  Oehringen;  im  Norden  hausten  die  Chatten,  nicht 
immer  die  friedfertigsten  Nachbarn.  Dass  die  Markomannen  an  den  Quellen  der  Donau 
Sassen,  berichtet  Arrian  (anabas.  I  3,  2)  vielleicht  (vgl.  die  Einleitungsworte  zur  Anabasis) 
nach  dem  Zeugniss  von  Aristobul  oder  Ptolemäus  Lagi;  und  von  Drusus  wissen  wir,  dass 
er  an  der  südlichen  chattischen  Grenze  eine  hervorragende  Anhöhe  mit  den  Spolien  und 
Insignien  der  Markomannen  nach  Art  eines  Tropäums  schmückte  (Flori  epitoma  II 30,  22.  23 
Halm).  Diesen  Platz  sucht  man  auf  der  Taunus  höhe  (Dederich,  Feldzüge  des  Drusus  und 
Tiberius  60)  und  nimmt  an,  dass  zu  Drusus  und  Livius  Zeiten  die  Markomannen  »zwischen 
den  Flüssen  Neckar  und  Main«  gewohnt  haben  (ebendas.  61).  Endlich  erscheint  auf  der 
in  ihren  Ursprüngen  den  Zeiten  Augusts  und  Agrippas  entstammenden  tabula  Peutingeriana 
der  Schwarzwald  als  Silva  Marciana  d.  h.  Grenzwald,  Wald  der  Markmänner,  und  noch 
Ammianus  erwähnt  die  silvae  Marcianae;  ja  auch  später  noch  einmal  (Förstemann  991) 
hören  wir  von  der  Martiana  Silva  (Bacmeister,  alem.  Wander.  139).*)    Die  Steinmeissel  und 


1)  Die  vulgare  Anaahme,  dass  die  Schwaben  von  den  Sueveu  abstammen  und  der  Name  beider 
identisch  sei,  ist  sachlich  und  sprachlich  sehr  unwahrscheinlich.  Wo  man  nur  etwas  bestimmteres  über 
den  Aufenthalt  der  Sueven  erfährt,  sind  sie  ein  offenbar  norddeutsches  Volk.  Dass  Ariovist  [ein  Sueve 
gewesen  und]  am  Oberrhein  gewohnt  habe,  ist  eine  willkürliche  Behauptung.  Auch  ist  mir  kein  Bei- 
spiel bekannt,  dass  bei  einem  von  den  Römern  überkommenen  historischen  Namen  im  Deutschen  ein  E 
in  A  verwandelt  würde  (ausser  dass  vorübergehend  statt  Vosegus  die  Form  Vosagfus  auftritt) :  im  Gegentheil : 
Rhenus  verwandelt  sich  in  Rhein,  Raetia  oder  Retia  —  Reticius  statt  Raeticius  bei  Hefner,  röm.  Bayern  * 
nr.  CCLIII,  —  in  Riess,  Attila  in  Etzel.  Vielmehr  sind  die  Suaven  oder  Suaben  vollständig,  zeitlich  und 
örtlich,  von  den  alten  Sueven  zu  unterscheiden.     Als  die  Sueven  vom  weltgeschichtlichen  Schauplatz  be- 

1 


Steinhämmer  oder  Aexte, ')  welche  man  in  hiesiger  Gegend  schon  gefunden  hat,  so  der 
IV2  Stunden  von  hier  auf  dem  Obersteinbacher  Plateau  in  der  Nähe  des  abgegangenen 
Ortes  Lupfersberg  in  einem  Walde  ungefähr  1  Fuss  unter  der  Erde  gefundene  Steinmeissel 
aus  Diorit,  2)  abgebildet  Taf.  VI.  nr.  8,  im  Besitz  des  H.  Forstmeisters  Gantz,  und  der  bei 
Lindenschmit  (Alterthtimer  unserer  heidn.  Vorzeit  I.  1  tab.  1,  10)  abgebildete  aus  Sei'pen- 
tinschiefer,  gefunden  bei  Heilbronn,  ^)  und  manche  andere,  auch  viele  Grabhügel,  auf  welche 


reits  abgetreten  waren,  werden  im  V.  Jahrhundert,  zum  erstenmal  Schwaben  genannt,  und  zwar  an  einer 
Stelle,  wo  niemals  Sueven  gelebt  haben,  nämlich  an  der  Save,  Suavia,  Savia,  Sau  im  südlichen  Oester- 
reich  (Pxocop.  de  bell.  Goth.  I  15.  16.  Zeuss  S.  589-591).  Zunächst  (a.  465—472)  an  Dalmatien 
grenzend  (Dalmatiis  Suavia  vicina  erat,  Jordanis  cit.  bei  v.  Wietersheim,  Gesch.  der  Völkerwander. 
IV  460)  zogen  sie  in  der  zweiten  Hälfte  des  V.  Jahrhunderts  durch  Tirol,  wo  man  nach  Steub,  rhät. 
Ethnologie  S.  103,  noch  jetzt  eine  stark  schwäbelnde  Mundart  im  Oberinnthal  und  bis  ins  Yintschgau 
findet,  eroberten  unter  König  Hunimund  Batava  oder  Passau  (vita  s.  SeTsrini  c.  22),  ergossen  sich  durchs 
Baierland  bis  gegen  Franken,  so  dass  sie  ums  J.  555  westlich  von  den  Baiern  (Baiorii),  südlich  von  den 
Thüringern,  östlich  von  den  Franken  und  nördlich  von  den  bis  zur  französischen  Schweiz  verdrängten 
Burgundern  sassen  (Jordanis  c.  55).  Diess  also  waren  in  der  Mitte  des  VI.  Jahrhunderts  die  Grenzen 
des  Reiches  der  Schwaben,  damals  Verbündeter  der  Alamannen  (Jordanis  1.  c),  mit  welchen  sie  immer 
mehr  verschmolzen:  quibus  Suavis  tunc  iuncti  aderant  etiam  Alamanni,  ipsique  Alpes  erectas  omnino 
regentes,  unde  nonnulla  fluenta  Danubio  influunt,  Jordanis.  Suavi  heisst  die  Schwaben,  auch  Paulus 
Diaconus,  und  Otfrid  spricht  ungefähr  um  871  in  seiner  Evangelienharmonie  (Graff  S.  6)  vom  Schwaben- 
reiche Suäborichi.  Aber  durch  Kaiser  Karls  Hofgelehrte  scheint  der  Glaube  aufgebracht  worden  zu 
sein,  dass  unsere  Vorväter,  die  süddeutschen  Schwaben,  mit  den  alten  norddeutschen  Sueven  identisch 
oder  deren  Abkömmlinge  seien,  und  es  wurde  Mode,  dass  die  Gelehrten  die  schwäbischen  Alamannen 
Sueven  nannten  —  so  schon  Ermoldus  Nigellus  a.  826  lib.  III.  v.  261  bei  Pertz  monum.  II  494  — und 
unter  den  Titeln  Ludwigs  des  Deutschen  lesen  wir  den  Namen  Alamanni  in  Suevii  verwandelt,  Stalin, 
württ.  Geschichte  I  334.  Ueber  die  mit  der  Geschichte  »völlig  unvereinbaren  Bezeichnungen  Suevia 
und  Alamannia« .  wie  sie  auf  der  Tabula  Peutingeriana  angebracht  sind  —  das  erstere  wahrscheinlich  ein 
Zusatz  aus  dem  Mittelalter  —  vgl.  v.  Wietersheim,  Geschichte  der  Völkerwander.  II  371.  Beide  Namen 
sind  auch  den  Schriftzügen  nach  verschieden  und  zwar  hat  Alamannia  die  Schrift  der  älteren  Becension. 
Suevia  die  der  späteren  Interpolationen,  wie  Jutugi,  Vanduli  u,  a.  Von  den  Suavi  reden  ganz  besonders 
Jordanis  de  Getarum  sive  Gothorum  origine  etc.  c.  55  nach  Closs,  edit.  1861,  und  dem  codex  Monacen- 
sis;  der  Geographus  Ravennas  4,  26.  Paulus  Diaconus  2,  15.  3,  18.  Gregor.  Turon.  V  15  (a.  568). 
Procop.  bell.  Goth.  I  42  2:oväßoi.  annale»  S.  Amandi  ad  a.  709.  710.  711.  730.  Die  beiden  Stellen  bei 
Ausonius  epigr.  4,  1 — 3;  Danubius  penitis  caput  occultatus  in  oris ,  totus  sub  vestra  iam  ditiore  fluo: 
qua  gelidum  fontem  mediis  eflundo  Suevis  u.  s.  w.  und  edyll.  6  p.  167  Bip. :  lusimus  quos  in  Suevae 
gratiam  virgunculae  verdienen  genau  nach  den  Handschriften  revidirt  zu  werden;  im  cod.  Vossian.  111 
fehlen  sie  nach  Holders  Angabe.  Auch  für  die  bei  unserer  Frage  in  Betracht  kommende  vita  Columbani 
ist  eine  kritische  Ausgabe  abzuwarten. 

1)  Auf  eine   Unterscheidung  beider  verzichtet  Lindenschmit,   Alterthümer    unserer  heidn.   Vorzeit 
I   1,  tab.  1  Text. 

2)  Die  Waffen  au8   solchem  Gestein  entstammen  wahrscheinlich  den  oberschwäbischen  Geschieben, 
vgl.  Quenstedt,  Handb.  der  Mineralogie  •  S.  672.     Eitenbenz,  röm.  Niederlassung  bei  Messkirch  S.  8. 

3)  Ferner  finde  ich  verzeichnet   in  der  Zeitschr,   des  histor.  Vereins   für  das  württemb.  Franken 
1665  S.   111   einen  Streitmeissel   mit  sehr  scharfer  Schneide   aus  Kieselschiefer,  wie  er  am  Taunus  vor- 


wir  beim  Schluss  unserer  Abhandlung  ausführlich  zu  sprechen  kommen,  werden  mit  grösster 
Wahrscheinlichkeit  den  voraugusteischen  Markomanen  beigelegt.  Ebenso  wird  der  Name 
des  an  und  durch  Oehringen  strömenden  Flusses  Orana  (Oorana  a.  795,  Bacmeister,  alem. 
Wanderungen  S.  108)  auf  die  ältesten  Zeiten  zurückzuführen  sein.  Denn  auch  die  übrigen 
Flussnamen  wie  Rhenus,  Nicer,  Amisia  u.  s.  w.  sind  nicht  von  den  Römern  erfunden  wor- 
den, vielmehr  hat  man  von  den  meisten  und  bedeutendsten  einen  urgermanischen  Ursprung 
nachgewiesen.  Und  gerade  für  unsre  Ohrn  lässt  sich  um  so  weniger  daran  zweifeln,  al? 
wir  ihre  offenbare  Namensschwester,  die  Orne  ("Gurgite  suscipior  subter  quoque  fluminis 
Ornae'  Venantius  de  navigio  suo  v.  13  ed.  Boecking,  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  VII. 
HO.  um  580),  unterhalb  Metz  in  die  Mosel  münden  sehen,  und  auch  im  badischen  Glotter- 
thal  einen  Orensbach  antreffen  (Schoepflin,  Alsat.  illustr.  I  51).  Nach  der  Mitte  des  I. 
Jahrhunderts  unsrer  Zeitrechnung  wanderten  die  Markomanen,  gedrängt  von  den  Römern, 
zum  Theile  aus  dem  sogenannten  Decumatland  aus  und  längs  dem  50  Stunden  weit  gedehn- 
ten Limes,  der  Hauptsache  nach  einem  Werke  Domitians,  siedelten  sich  römische  Soldaten 
und  gallische  Abenteurer  (Squatters)  an. 

Die  römische  Niederlassung  zu  Oehringen  war  anfangs  wahrscheinlich  blos  ein  CastelL 
ein  grösseres  Fort,  welches  bei  der  ersten  Erbauung  des  Limes  transrhenanus  sofort  er- 
richtet wurde,  theils  weil  überhaupt  in  gewissen  Entfernungen  solche  Befestigungen  ange 
bracht  werden  mussten,  theils,  weil  auch  die  Oertlichkeit  sehr  dazu  einlud.  Diess  geschah 
vielleicht  schon  zur  Zeit  Domitians,  dessen  Verdienste  um  den  Limes  Tacitus  parteiisch 
verechwiegen  hat,  spätestens  wohl  unter  der  Regierung  Trajans  (cf.  Eutrop.  8,  2:  urbes 
trans  Rhenum  in  Germania  reparavit)  oder  Hadrians  (Cassius  Dio  bist.  Rom.  LXIX.  9: 
^AÖQiavdg  öi  akh]v  ctt'  a?^lrjg  öiaTioqsvnfxevog  ercaqxiav  zag  xe  xcogag  -Kai  xäg  7iö),eig  etti- 
Gy.E7ix6(xevog  yxti  Ttccvza  tcc  (pQOVQia  y.ai  tu  rct'x*/  ^£ Qioy.OTraiv  tcc  fiiv  ig  btii- 
xaiQOTccTovg  Tonovg  /ued^ioTr],  tcc  di  tTtave,  xa  öi  ngogya^ioTazo.  cf.  Spar- 
tian.  Hadrian.  11.  v.  Wietersheim,  Geschichte  der  Völkerwand.  II  189). 

Einen  ziemlichen  Aufschwung  scheint  der  bisher  namenlose  Platz  unter  der  Regierung 
des  Aurelius  Caracallus  genommen  zu  haben,  von  welchem  Kaiser  er  zu  einem  Städtchen 
erhoben  und  vicus  Aurelii  oder  Aurelius  i)  getauft  wurde  (cf.  Brambach,  Baden  unter  römi- 
scher Herrschaft  S.  6).  Diese  ausserordentlich  wahrscheinliche  Hypothese,  woruach  der  in 
der  Inschrift  C.  I.  Rh.  nr.  1561  überlieferte  Name  römisch  Oehringens  von  Caracallus  her- 
rührt, stützt  sich  auf  die  merkwürdige  Notiz  bei  Cassius  Dio  LXXVII,  13:  y.al  yag  o 
^AvT(x)vlvog  ig  zovg  Ahxfxßavvoiig  aTgarevaag,  duvazzev  €l  not  zi  %wßfoi'  iTtizijdeiov 
TiQog    ivoiycrjOiv    eiöev    ivzavd-a    (pQOv qiov    ze ixi^o &rjzco.      Kai   inoivv fxiag 


kommt,  gefunden  unweit  Züttlingen;  1862  S.  104  einen  Streitmeissel  von  Grünstein  (verde  antico.  schön  ge- 
schliffen und  poliert)  mit  scharfer  Schneide  aus  einem  Grabhügel  des  Waldes  Platten  bei  Neckarsulm ; 
ebendaher  eine  Streitaxt  von  Gneis;  1859  S.  125  =  Lindenschmit  I  1,  1,  8  Hammer  aus  thonigem  Bern- 
stein gef.  bei  Mergentheim. 

1)  Auf  dem  III.  Segment  der  Tabula  Peuting.  ist  ein  Ort  gleiches  Namens  in  Gätulien  von  der 
Strasse  von  Lampese  nach  Theveste  zwischen  Liviana  und  Zyrnas  Maseli  angegeben,  in  der  (Ablativ-) 
Form  Vico  Aureli. 


ye    Ttvag    TOtg    totcoi^  dw'   eavTov   ctk tovo f*a^€j    %üiv  im^ujqiwv  ^n^  dXkoiovuivwv. 
Ol  fiiv  yäq  y.yvoovvj  oX  öi  naiCeiv  avTov  idöxovv. 

Aus  der  Zeit  vor  Caracallus  haben  wir  nur  Eine  datierbare  Inschrift,  vom  J.  169, 
offenbar  von  Freigelassenen  herrührend  und  auf  der  Oberen  Bürg  selbst  gefunden  (C.  I. 
Rh.  nr.  1558),  was  zu  der  Annahme  gut  stimmt,  dass  der  Platz  zuerst  etwas  unbedeuten- 
der und  kleiner,  also  auf  die  von  Natur  festen  Positionen  der  Oberen  und  Unteren  Bürg 
beschränkt  und  hinsichtlich  der  Einwohnerzahl  nicht  besonders  bevorzugt  war.  Man  mag 
zu  diesem  Herauswachsen  des  Städtchens  aus  einem  oder  zwei  blossen  Forts  vergleichen, 
was  Tacitus  bist.  IV  22  von  der  Entstehung  der  Stadt  Castra  vetera  erzählt.  —  Aus  der 
Zeit  des  Vicus  haben  wir  3  datierte  Inschriften,  aus  den  J.  222.  232  u.  237,  von  welchen 
zwei  ausserhalb  der  beiden  Bürgen,  die  dritte  am  Ende  der  Oberen  Bürg  auf  der  Seite  ge- 
funden wurde,  wo  wir  städtische  Anlagen  voraussetzen  dürfen.  Diese  3  Inschriften  sind 
Zeugen  eines  regeren,  grossartigeren,  reicheren  Lebens  in  der  Stadt.  Die  eine  hat  ein  Kaiser, 
die  andere  das  CoUegium  iuventutis,  die  dritte  ein  Quästor  gesetzt,  und  zwar  letzterer  am 
Sockel  einer  sehr  schönen  Minervastatue,  die  er  zum  gemeinen  Besten  der  Vicani  Aurelia- 
nenses  hatte  restaurieren  lassen.  Ebenfalls  nach  oder  unter  Caracallus  ist  vielleicht  die 
Erbauung  des  grossen  Bades  anzusetzen,  wegen  Ziegelplatten  mit  dem  Stempel  Aur.  — 
Um  die  Zeit,  wo  römisch  Oehringen  den  durch  die  Inschriften  uns  angedeuteten  Aufschwung 
nahm,  sehen  wir  in  dem  benachbarten  Beckingen  (ältere  Schreibart  Beggingen)  die  Spuren 
der  früher  daselbst  garnisonierten  Helvet'er  und  Brittonen  verschwinden  und  dagegen 
in  Oehringen  auftauchen.  —  Allerdings  existiren  überhaupt  nur  zwei  datierbare  Beckinger 
Inschriften,  C.  I.  Rh.  1583.  1590,  beide  aus  dem  gleichen  J.  148.  —  Es  drängt  sich  daher 
die  Vermuthunj;  auf,  und  sie  ist  schon  ähnlich  vom  alten  Hansseimann  aufgestellt  worden, 
dass  der  Aufschwung  Oehringens  hauptsächlich  durch  Verlegung  der  vorher  in  Beckingen 
gelegenen  Garnison  oder  wenigstens  ihres  grössten  Theiles  ins  Werk  gesetzt  worden  sei. 
Früher,  vor  dem  Ausbau  des  Pfahlgrabens,  hatte  man  vor  allem  die  Neckarlinie  durch  Be- 
satzungen gesichert,  jetzt  schob  man  die  Truppen  an  den  Limes  vor.  In  derselben  Zeit 
entstanden  eine  Menge  Strassen  im  Gebiete  des  oberen  Rheins  (vgl.  Brambach,  de  column. 
miliar,  ad  Rhen.  repert.  p.  XII.  XIV.  XV.  XVII.  XVIII),  wie  der  oberen  Donau  (Hefner, 
röm.  Bayern  ^  S.  6),  oder  sie  wurden  ausgebessert.  Ohne  Zweifel  war  diess  auch  mit  der 
Strasse  zwischen  Oehringen  und  Beckingen  der  Fall,  deren  Richtung,  etwas  südlicher  als 
die  jetzige  Chaussee,  sich  noch  heute  auf  grosse  Strecken  verfolgen  lässt.  —  Die  letzte  öh- 
ringische  Inschrift  datirt  aus  dem  J.  237,  die  letzte  der  Umgegend  (der  Inschriften  stein  der 
Cohors  equitata  Philippma  von  Osterburken,  aus  den  Jahren  244—249  (Correspondenzblatt 
der  deutschen  Alterthumsvereine  XVI  8,  64),  und  der  epochemachende  Einbruch  der  Ala- 
mannen  in  das  Zehntland,  welchem  ausser  vielen  andern  Festungen  auch  unser  Platz  zum 
Opfer  fiel,  muss  somit  bald  nach  der  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  erfolgt  sein.  Von  den 
neunziger  Jahren  des  dritten  Jahrhunderts  an  sprechen  die  Römer  selbst  vom  Zehntland 
nicht  mehr  als  einer  römischen  Provinz,  sondern  als  von  Alamannien  (v.  Wietersheim,  Ge- 
schichte der  Völkerwanderung  III  53) ;  die  Münzen  vieler  von  Römern  vergrabenen  Schätze 
in  Württemberg,  Bayern  und  der  Schweiz  hören  mit  Gallienus,  Gaudius  IL,  Postumus  oder 


den   Tetrici  auf,  mit  den  letzteren  auch  das  Gros  der  dem  Vicus  Aurelii  zugehörigen  Münzen.  0 
Es  war  die  furchtbare  Zeit  der   20  Tyrannen  (»viginti  prope  tyrannos«    nennen    die  Hand- 


1)  Sehen  wir  von  den  1860  beim  Eisenbahnbau  hier  entdeckten,    in  der  Staatssammlung  zu  Stutt- 
gart befindlichen  Münzen  ab,  so  gehen  die  Bporadischen,  zu  verschiedenen   Zeiten  ganz  bestimmt  inner- 
halb der  römischen  Niederlassung  Oehringens   gefundenen  Münzen  —  es   sind  bloss  8  Stücke,  während 
die  Zahl  der  in  »Oehringen  und  Umgegend«   ausgegrabenen  Münzen  viel    grösser   ist  —  diese   sonstigen 
sporadisch  gefundenen  Münzen  also  gehen  von  Vespasian  bis  Clodius   Albinus  (196/197  n.  Chr.) ;  davon 
wurden  3  auf  der  Unteren  Bürg  gefunden,  ein  Antoninus  Pius  (Erz),  ein  Clodius  Albinus   (Silber)  und 
eine  [nicht  ganz  sichere]  Faustina  maior  (Erz)  als  Anhänger;    eine  auf  der  Oberen  Bürg,  ein  Antoninus 
Pius  (Silber);  2  beim  Orendelstein,  ein  Marc  Aurel    (Stoff  unbekannt)   und  eine  Faustina  iunior    (Erz); 
2  bei    der  Hahnengasse,  ein  Vespasian  und  ein  Trajan.     Ferner  stammen  sehr  wahrscheinlich  noch  2  Erz- 
mÜDzen  von  Mark  Aurel  aus  der  hiesigen  römischen  Niederlassung.     Bei  dem  Fund  gelegentlich  des 
Eisenbahnbaues  1861,  auf  dem  Terrain  des  Vicus,  gingen  die  Münzen  bis  Severus  Alexander  (t  235) 
herab.     Aus  Hansseimanns  Angaben  über  seine  Münzfunde,  Beweiss  I.  49—52,  ist  für  diese  Untersuchung 
nichts  mit  Sicherheit  zu  entnehmen.     Dagegen  waren  in  einer   hiesigen  Privatsammlung    von   römischen 
Münzen  Oehringens  und  der  Umgegend  verhältnissmässig  viele  Münzen  von  den  Tetrici  (und  Gallienus) 
und  wieder  besonders  viele  von  Constantinus  und  seinen  nächsten  Nachfolgern,  die  späteste  darunter  von 
Constantius  II.    (t  361).    So  wenig  nun  jemand  muthmassen  dürfte,  dass  die  Katastrophe  über  Römisch- 
Oehringen  erst  unter  oder  nach  Constantius  II.  hereingebrochen  sei,  so  wahrscheinlich   ist  dagegen   die 
andere  Hypothese,  dass  die  verhältnissmässig  vielen  Münzen  von  Tetricus  und  Gallienus  eben  zur  Zeit  der 
Vernichtung  unserer  Niederlassung  vergraben  wurden  oder  sonst   verloren    gingen.     Mögen   auch   später 
noch  viele  römische  Münzen  im  Lande  circulirt  haben,  namentlich  in  der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahr- 
hunderts, WO  fast  ununterbrochen  Friede  und  Freundschaft  zwischen  Alamannien  und  dem  römischen 
Kaiser  bestand  und  mancher  Germane  römischen  Sold  zu  erwerben  begehrte:  in  die  wüsten  Räume  un- 
seres abgebrannten  Vicus  scheint  sich  keine  verirrt  zu  haben.    Was  die  römischen  Niederlassungen  der 
Umgegend  betrifft,  so  gingen  die  Jagsthäuser  Münzen  einer  Privatsammlung,  gleichfalls  wie  die  Oehrin•^ 
ger  von    1861,  bloss  bis  auf  Severus  Alexander,  während  eine  zweite   reichhaltigere   Sammlung  (von    32 
Silber-  und  41  Erzmüuzen)  solche  bis  Philippus  Arabs  (f  249)  aufweist.    Bei  den  »Burgwiesen e  zu  Weis- 
lensburg,  ^/^  Stund,  von  Oehringen,  wurden  ein  Caracallusdenar  und  ein  Hadrian  in  Grosserz   gefunden, 
in  dem   römischen  Hof  gut   zu   Rückertshausen,   'l^  Stund,  von  Oehringen,   2  Antonine  (Erz):  zu  Verren- 
berg,  Va  Stund,  von  Oehringen,  wo  übrigens  keine   Spur  römischer  Niederlassung  nachweisbar  ist,  ein 
Caligula  (Erz);   zwischen  Adolzfurt  und  Geddelsbach,  unweit  dem  wahrscheinlichen  Fundort  des  Unter- 
heimbacher Nymphensteins,   1  Stunde  von  Oehringen,  ein  Marc  Aurel   (Erz);  im  römischen  Castrum  zu 
Maiuhardt  neben  einem  schönen  Gefäss  aus  Terra  sigillata  ein  Antoninus  Pius  (Silber);  auf  dem  Gögelhof. 
Vj  Stunde  westlich  von  Steinbrück  und  dem  Limes,  eine  Goldmünze  des  Nero.     Diese  Betrachtung  wird 
zeigen,  dass  wo  nicht  ein  vollständiger  Schatz,  sondern  nur  einzelne   Münzen  ausgegraben  werden,  das 
gewöhnhch    kleine    Prozent    derjenigen    Münzen,   die   zuverlässig    innerhalb    der  zerstörten  römischen 
Schanzen  gefunden  wurden,  kein  ausreichendes  Mittel  ist,  um  die  definitive  Zerstörung  der  römischen 
Niederlassung  bald  nach  der  Prägezeit  der  jüngsten  dieser  authentischen  Münzen  anzusetzen.    Die  Ver- 
nichtung unseres  Vicus  scheint  mir  vielmehr  wegen  der    oben   angeführten   Tetricusmünzen   erst   in   die 
Zeit  von  Tetricus  II.  gesetzt  werden  zu  müssen.     Das  Aufhören  der  späteren,    wohl   aus   der  Umgegend 
stammenden  Münzen  mit  Constantius  IL,    ein   auch  anderwärts  bemerkliches  Datum  für  das  Ende  von 
Münzfunden  im  früheren  Decuraatland  (cf.  Gok,   röm.  Alterthümer  und  Heerstrassen  56),  wird  mit  dem 
Feldzug  Julians  nach  Capellatium  zusammenhängen,  wobei  unsere  Gegend  wieder  alle   Schrecken  des 
Krieges  und  der  Verheerung  aaszustehen  hatte. 


Schriften  des  Trebellius  PoUio  [Gallieni  duo  c.  16,  1  Peter;  ebenso  c.  21,  1  Peter:  nunc 
transeamus  ad  viginti  tyrannos],  19  Tyrannen  zählt  v.  Wietersheim,  Geschichte  der  Völker- 
wanderung IV  489).  Damals  verwüsteten  die  Gothen  Kleinasien  und  Griechenland  10  Jahre 
lang;  in  Rom  selbst  grassierte  die  Pest,  so  dass  an  Einem  Tage  gegen  5000  Menschen  star- 
ben ;  Noricum,  Rätien,  Vindelicien,  das  Decuraatland,  Helvetieu,  der  grösste  Theil  Galliens, 
selbst  Spanien  wurden  von  den  Deutschen  greulich  verwüstet,  Markomannen  und  Alaman- 
nen  brachen  wiederholt  in  Oberitalien  ein  und  konnten  nur  durch  die  äussersten  Anstren- 
gungen der  Römer  wieder  hinausgeworfen  werden ;  Gegenkaiser  erhob  sich  auf  Gegenkaiser, 
sechzehnjährige  Knaben,  intriguante  Frauen,  alles  wollte  commandiren,  niemand  gehorchen, 
in  der  Armee  war  die  vollendete  Zuchtlosigkeit  eingerissen.  Tetricus  regierte  von  267  oder 
268  bis  271  in  Gallien  und  Spanien  und  da  die  hiesige  Landschaft  von  Gallien  aus  ver- 
waltet wurde,  war  ihr  Schicksal  sicher  mit  deni  des  Tetricus  verknüpft.  Um  dem  rechtmässigen 
Kaiser  Aurelian  entgegentreten  zu  können,  zog  Tetricus,  der  gallische  Usurpator,  während 
der  letzten  Zeit  seiner  Regierung,  seine  besten  Streitkräfte  in  Gallien  zusammen,  und  er 
wird  namentlich  das  für  ihn  ziemlich  werthlose  Decumatland  von  Truppen  entblösst  haben, 
wie  er  es  auch  allem  Anschein  nach  mit  Helvetien  gemacht  hat.  Während  sich  nun  in  der 
Ebene  von  Chalons  a.  271  Tetricus  und  Aurelian  eine  Entscheidungsschlacht  lieferten,  wo- 
bei natürlich  auf  beiden  Seiten  Massen  deutscher  Söldner  fochten,  hatten  Markomannen  und 
Alamannen  den  Limes  durchbrochen  und  hausten  raubend,  brennend  und  mordend  in  den 
schutzlos  gelassenen  Ländern,  bis  endlich  Aurelian  unter  Beihilfe  des  Himmels,  wie  die 
abergläubischen  Leute  wähnten,*)  bei  Mailand  ein  grosses  Heer  der  germanischen  Mord- 
brenner vernichtete.  Das  Jahr  270,  vielleicht  ein  Jahr  früher  oder  später,  ist  als  Todes- 
jahr des  Vicus  Aurelii  zu  betrachten.  2) 

Den  gefundenen  Römerresten  nach  muss  der  Vicus  eine  grosse  Ausdehnung  gehabt 
haben,  um  ein  namhaftes  grösser,  als  die  heutige  Stadt;  das  hat  übrigens  nichts  auffallen- 
des, weil  auch  sonst  die  römischen  Festungen  in  Vergleich  zu  den  mittelalterlichen  befestig- 
ten Plätzen  häufig  einen  viel  grösseren  Umfang  zeigen.'*)    Die  sicheren  Spuren  einst  zusam- 


1)  Nach  Vopiscus  Aurelian.  c.  21, 4  wurden  die  Barbaren  monstris  quibusdam  speciebusque  divinis 
iapliciti. 

2)  Die  späteste  datierbare  römische  Inschrift  aus  Württemberg  ist  die  von  Lonsee  aus  der  Zeit 
des  Gallienus,  württembergische  Jahrbücher  1835,  S.  36.  37.  Oberamtsbeschreibung  von  Heiden- 
beim  S.  115. 

3)  So  befinden  sich  nach  Haller,  Helvetieu  unter  den  Römern  II,  384:  »inner  dem  Bezirke  des 
ehemaligen  Platzes  [von  Vindonissa]  nebst  dem  Dorfe  Windisch  auch  noch  Oberburg.  Altenburg,  Hausen, 
das  Städtchen  Brück  und  das  Kloster  Eönigsfelden  diesseits  und  Gebistorf  jenseits^  der  Büss.«  Die 
Stadtmauer  von  Aventicum  »hielt  mehr  als  eine  Stunde  im  Umfang  [nach  Ritter  sogar  im  Durch- 
messer] .  .  .  der  Hügel,  auf  welchem  jetzt  das  Städtchen  Wiflisburg  oder  Avenches  gelegen  ist,  lag  da 
mals  innerhalb  der  Stadtmauern«  Histor.  Verein  von  St.  Gallen,  die  Schweiz  unter  den  Römern  S.  11. 
Das  Dorf  Eschenz  befindet  sich  »inner  dem  Umfang  von  Gaunodurumt  Haller,  Helvetien  unter  den  Rö- 
mern. II,  135.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  Vitodurum  und  Oberwinterthur,  Noviodunum  und  Nyon  u.  s.  w.  Die 


menhängender  römischer  Befestigungen  sind  bei  Oehringen  in  der  Diagonalrichtung  fast  eine 
halbe  Stunde  auseinander.  An  der  Nordseite  lässt  sich  der  Lauf  der  umschliessenden  Mauer 
mit  ziemlicher  Sicherheit  nachweisen,  an  der  Westseite  lässt  er  sich  vermuthen:  offenbar 
bildete  die  Befestigung  ein  unregelmässiges  Vieleck  mit  möglichster  Ausbeutung  localer 
Vortheile,  der  hohen  Lage,  der  Krümmungen  der  Ohm,  des  Ochsensees  und  des  Limes.  Er- 
wägt man  die  Bedingungen  einer  Festung,  wie  sie  von  den  Kriegsschriftstellern  aufgeführt 
werden,  so  war  Oehringen  ein  Platz  von  bedeutender  Festigkeit.  Urbes  atque  castella,  sagt 
Vegetius  epitoma  rei  mil.  IV  1,  aut  natura  muniuntur  aut  manu  aut  utroque,  qnod  firmius 
ducitur;  natura  aut  locorum  edito  .vel  abrupto  aut  circumfuso  mari  sive  pcdudibus  vel  flumi- 
nibus;  manu  fossis  ac  muro.  Die  Gräben  lassen  sich  noch  vielfach  bemerken  und  von  den 
Mauern  auf  den  Burgen  fördert  noch  jede  tiefere  Umgrabung  der  Aecker  eine  Menge  Ziegel 
zu  Tage:  sie  sind  ganz  gleichartig  z.  B.  den  Mauerziegeln  von  Vindonissa,  die  ich  mir  bei 
Grabarbeiten  daselbst  persönlich  geholt  habe.  Den  Nordrand  schützte  die  natürliche  Lage, 
da  der  Berg  oder  das  schiefe  Plateau,  auf  dem  die  Bürgen  sich  befinden,  theils  mehr  theils 
weniger  schroff  gegen  den  nun  ausgetrockneten  Ochsensee  abfällt.  Der  West-  und  Südrand  des 
eben  nach  diesen  Richtungen  hin  sich  abdachenden  Plateaus  war  durch  die  Ohm  geschützt,  deren 
tief  eingeschnittene  Ufer  den  Uebergang  vielfach  schwierig  machen.  Gegen  Westen  diente 
der  Limes  als  Bollwerk,  der  in  gerader  Linie  von  Mainhardt  bis  Jagsthausen  laufend  in 
nächster  Nähe  von  Oehringen  die  Ohra  überschritt.  Murrhardt,  Mainhardt,  Oehringen, 
Jagsthausen,  Osterburken  liegen  in  ziemlich  gleichen  Abständen,  je  ungefähr  3  Stunden 
hintereinander  am  Pfahlgraben  hin :  ^)  Murrhardt,  Oehringen  und  Osterburken  offenbar  als 
Hauptfestungen,  Mainhardt  und  Jagsthausen  als  Nebenplätze;  in  beiden  letzteren  Orten,  die 
wir  füglich  Forts  werden  nennen  dürfen,  stand  je  eine  Cohorte  der  XXIL  Legion,  in  Main- 
hardt eine  Cohorte  Asturier,  Hansseimann,  Beweiss  etc.  L  tab.  VHI  1.  C.  I.  Rhen.  1621. 
1625  ;  in  Jagsthausen  die  erste  Cohorte  der  Germanen,  C.  I.  Rhen.  1608.  1610.  Von  dem 
römischen  Grenzwall,  der  anderwärts  Teufelsmauer,  2)  bei  uns  Pfahldöbel  d.  h.  Pfahlrain, 
oder  auch  bloss  der  Döbel   genannt   wird,  3)   haben   sich   noch   heute  bei   dem   nach   ihm 


römische  Niederlassung  bei  Köngen  am  Neckar  war  ungefähr  200  Morgen  gross.  Jahrb.  d.  Alterthumsv. 
im  Rheinl.  X  50. 

1)  Das  war  auch  sonst  die  Distanz  bei  systematischen  römischen  Ansiedlungen.  »An  den 
Flüssen  finden  wir  ferner  von  3  zu  3  Stunden  eine  grössere  Ansiedelung«  Jahrb.  des  Alterthumsv. 
im  Rheinl.  III  79. 

2)  Vgl.  z.  B.  Döderlein.  Pfahlheck  S.  30.  31.  Zeiller.  topograph.  Ducatuum  Brunsvic.  et  Lüneb. 
p.  31.  Hier  zu  Lande  habe  ich  nicht  ermitteln  können,  dass  das  Landvolk  den  Limes  oder  sonstige 
römische  Befestigungen  von  sich  aus  (d.  h.  ohne  Einwirkung  von  Schulmeistern,  Pfarrern  oder  Alterthüm- 
lem)  Teufelsmauer  benenne.  Dagegen  weist  die  römische  Niederlassung  bei  Beckingen  den  gleichbedeutenden 
Namen  Cuculimur,  Cuculi  murus,  Kukuksmauer,  auf;  bis  jetzt  erklärt  aus  dem  Keltischen  ■(!)  als  Mauer 
der  Hochwache.  Dass  besonders  das  schwäbische  Volk  in  vielen  Fällen  den  Kukuk  statt  des  Gottseibeiuns 
nennt,  ist  bekannt;  vgl.  übrigens  im  allgemeinen  Friedreich,  Symbolik  und  Mythologie  der  Natur  S.  533  sq. 

3)  Döbel  oder  vielmehr  Debel  —  weil  überhaupt  das  Volk  statt  ö  e  spricht  —  nennen  die  Leute 
allgemein  die  Fragmente  des  Limes  bei  Pfahlbach,  ebenso  heisst  eine  in  der  Richtung  des  Limes  länglich 


8 

benannten  Dorfe  Pfahlbach,  1  Stunde  von  Oehringen,  ansehnliche  Trümmer  erhalten,  die 
aber  leider  mit  jedem  Jahrzehnt  mehr  zusammenschmelzen.  Ich  will  desswegen  Hanssei- 
manns Worte  beisetzen,  damit  man  erkennt,  wie  viel  vor  100  Jahren  [a.  1768]  davon  noch 
erhalten  war.  »Dieses  aber,  nemlich  Pfahlbach,  nordwärts  eine  Stunde  von  hier  ohnfern 
dem  dahin  sich  ziehenden  annoch  bey  uns  so  genannten  Pfahldöbel,  gelegen  ist,  welches 
recht  ansehnliche  Stück  des  valli  bey  3000  Schritt  lang  ist  und,  nebst  noch  mehreren  von 
einer  Distanz  zur  andern  sich  zeigenden  merkwürdigen  Stücken  sothanen  valli,  sich  nord- 
wärts gegen  den  Kocherfluss  zuziehet,  über  welchen  bis  an  die  Jagst,  gegen  Jagsthausen 
zu,  sich  ebenfalls  Trümmer  von  dem  durchbrochenen  vallo  finden  lassen;  Alles  aber,  was 
ich  mir  jetzo  weiter  zu  beschreiben  vorgenommen  habe,  lasset  sich  in  einer  geraden  Linie, 
von  vorermeldtem  vier  Stund  von  hiesiger  Stadt  Oehringen  südwärts  gelegenen  Hohenlo- 
hischen  Amtsort  Mainhard  an,  hier  vorbey  bis  an  den  Kocher  und  von  da  weiter  bis  an 
die  Jagst  antreffen.«  Hansseimann,  Beweiss  etc.  I,  68.  Diese  mauerartige,  in  hohem  Erd- 
wall eingerammte,  vorn  durch  einen  Graben,  hinten  durch  Wachposten  geschützte  Palli- 
sadenreihe  ^)  hat  als  Alarm-  und  Vertheidigungshnie  fast  zwei  Jahrhunderte  läng  ihrem  Zwecke 
genügt;  und  als  die  Römer  schon  100  Jahre  aus  der  Gegend  vertrieben  waren,  führte  sie 
von  diesem  imponierenden  Pfahlwerk  den  Namen  Gepfähle  oder  Pfahl:  wregionem  cui  Capel- 
latü  [ka-pälij  vel  Palas  nomen  est,  ubi  terminales  lapides  Alamannorum  et  Burgundiorum 
confinia  distinguebant«  sagt  Ammianus  Marcell.  XVHI  2,  15  vom  Jahre  359,  vgl.  v.  Stalin, 
württembergische  Geschichte  I  128.  Bacmeister,  alemann.  Wanderung.  58.  Wegen  Am- 
mian.  XXVIU  5 :  [Burgundii]  salinarum  finiumque  causa  Alamannis  saepe  iurgabant« 
muss  die  Regio  in  hiesiger  Gegend  gesucht  werden.  Niemand  wird  sich  wundem,  dass 
noch  jetzt  die  in  den  Flurnamen,  Markungsgrenzen  u.  dgl.  steckende  Tradition  den  einsti- 
gen Lauf  des  Pfahldöbels  mit  ziemlich  grosser  Sicherheit  fast  von  Mainhardt  bis  Jagst- 
hausen verfolgen  lässt.  Hansseimann  sagt.  Beweiss  etc.  I  73:  »Wenn  man  von  Mainhard 
weiter  bis  wieder  gegen  hiesige  Gegend,  und  zwar  anfänglich  auf  den  2  Stund  davon  noch  zu 
dasigem  Amt  gehörigen  Ort  Gleichen  fortrückt,  so  trifft  man  in  schnurgerader  Linie  bis  dorthin 
nicht  nur  einen  über  Wälder  und  Felder  sich  ziehenden  Graben,  sondern  auch  neben  und 


und  achmal   hinlaufende  Flur  zwischen  Oehringen   und  Gleichen  »ufm  Debelec  und  ein  einzelstehendes 
abgegangenes  Haus  bei  Mainhardt,  gleichfalls  am  Limes,  führte  den  Namen  »Debelbüttec. 

1)  Der  jetzt  noch  erhaltene  Limes  bei  Pfahlbach  besteht  bloss  aus  Lehmerde;  nur  an  einer  Stelle 
fand  ich  oben  einen  grossen  viereckig  behauenen  Sandstein,   vielleicht  von    einem  Wachhäuschen.    Auf 

dem  Rücken  des  7 — 9'  hohen  und  mehrere  Fuss  unter 
die  jetzige  Bodenfläche  reichenden  Walls  läuft  ein  Ein- 
schnitt von  1 — IVj  '  Tiefe;  hier  mochten  einst  die  Palli- 
saden  eingerammt  gewesen  sein  (stipites  magni  in  mo- 
dum  muralis  saepis  funditus  iacti  atque  conexi  Spartian. 
Hadrian.  c.  12).  Die  Erde  zu  dem  Wall  wurde  auf 
der  Ostseite  ausgegraben,  so  dass  gegen  die  Feinde  zu 
Durchschnitt  des  Limes.  ein  Graben  entstand   und  das   Ganze  im   Durchschnitt 

I  I  =  10'  nebenstehende  Form  hat. 


bey  solchen  die  merklichste  Spuren  von  dem  römischen  vallo  oder  der  sogenannten  Teufels- 
mauer, wie  es  die  nahe  dabey  wohnenden  Leute  selbsten  zum  Theil  nennen,  an.«  Jetzt  führen 
die  daselbst  mehr  als  eine  Stunde  und  auch  noch  südlich  von  Mainhardt  etliche  Stunden  weit  aus- 
gedehnten Spuren  den  Namen  Säugraben ;  ^)  und  der  nördlich  von  Mainhardt  liegende  Weiler  Stein  - 
brück,  wo  weder  Brücke,  noch  Bach,  noch  Klinge  zu  sehen  ist,  hat  seinen  Namen  schwerlich  ton 
etwas  anderem  als  vom  Römerwall.  Ihm  gegenüber  ist  das  Streithaag,  d.  i.  Verschanzung,  um 
welche  einst  gekämpft  ward.  Zwischen  Gleichen  und  Oehringen  schneidet  und  streift  die 
Linie  des  zum  Theil  noch  sichtbaren,  auch  auf  der  Flurkarte  verzeichneten  Grabens  die  Fluren 
Schanzwiesen,  Maurer,  aufm  Döbele  [»auf  dem  Pfahl«  im  Eichstädtischen,  Döderlein,  Pfahl- 
heck S.  23],  Heuberg  [=  Höhburg?],  Wachholder  [=  Wachhalter,  dialektisch;  ein  Wach- 
holderhof  ist  zwischen  Mainhardt  und  Murrhardt  am  Säugraben],  Hainenberg  [Heunenberg], 
Hainenklinge,  Hungerfeld  [vgl.  Regensburger  Glosse  aus  dem  XU.  Jahrhundert  in  Roths 
Denkmälern  der  deutschen  Sprache,  München  1840  p.  XH:  Huni  =  vvnger],  Rain,  wüster 
Rain,  Cappelrain.  Hunnen  oder  Hennen,  woraus  dialektisch  Hainen  und  Hahnen  wurden, 
setzten  die  alamannischen  Ansiedler  in  zahllosen  Fällen,  wo  eigentlich  die  Römer  zu  nennen 
waren;  so  haben  wir  z.  B.  bei  Badenbaden,  Aurelia  Aquensis,  einen  Hahnbuckel,  Hahnhof 
und  Hungerberg,  Huhn,  Badenbaden  S.  52.  Namentlich  zu  beachten  ist  auch  noch  eine 
kleine,  schmale,  sonderbar  geformte,  ganz  an  die  muthmassliche  Linie  des  Limes  stossende 
und  schwerlich  anders  als  aus  seiner  Existenz  erklärbare  Flur  «Stiftsbänder«.  Sie  unter- 
scheidet sich  der  Figur  nach  vollständig  von  ihrer  Umgebung,  wo  die  Gewendte  ganz  an- 
ders laufen,  und  hat  nebenstehende  I'orm: 

m  L 1  m  1  :=  Limes,  m  L  M 1  m  *  =  Markungsgrenze  zwischen 
Oehringen  und  Cappel.  Dies  scheint  bloss  dadurch  erklärlich, 
dass   trotz  des   Uebergreifens  der   Cappler  Markung    über 


"    ^      —rr-'  Qgjj  Limes   an   dieser   Stelle  der   Limes   doch  noch  seine 

Kraft  als  Qrenzmarke  wenigstens  soweit  ausübte,  dass  die 
Flur  nicht  über  ihn  herübergreifen  durfte,  sondern  das 
jenseits  des  Limes  gelegene  unbedeutende  und  unförmliche  Stück  Feld  eine  besondere 
Flur  für  sich  bilden  musste,  deren  Grenzscheide  gegen  die  übrigen  Cappler  Fluren  die 
Limeslinie  blieb.  An  der  Ohrnkrümniung  bei  Oehringen,  wo  der  Limes  nach  dem  Lineal 
übersetzen  musste,  trifft  man  noch  die  Spuren  einer  einstigen  Vermauerung  der  Stelle  mit 
Sandstein.  Eine  ziemliche  Strecke  rechts  und  links  von  der  Ohm  ist  der  Lauf  des  Pfahl- 
grabens durch  die  Markungsgrenze  zwischen  Oehringen  und  Cappel  bezeichnet,  wie  auch 
an  der  Stelle  bei  Pfahlbach,  wo  der  Limes  noch  erhalten  ist,  die  Markungen  von  Western- 
bach  und  Pfahlbach  zusammenstossen.   Auf  dem  rechten  Ufer  erscheinen  quer  in  die  übrigen 


1)  So  im  Volksmiind;  auf  der  amtlichen  Flurkarte  veredelt  in  Schweinsgraben,  vgl.  Saustrasse  in 
Bayern  =  Römerstrasse,  Stalin,  württemb.  Geschichte  I  97.  Zunächst  ist  Saugraben  eine  ArtEuphemis- 
muB  für  Teufelsgraben;  in  den  Legenden  beugen  sich  vor  den  Heiligen  Schweine  als  Symbole  des  Dämo- 
nischen, Friedreich,  Sjnnbolik  und  Mythologie  der  Natur  444. 


2 


10 

Fluren  der  Länge  des  Limes  nach  eingestreut  die  »langen  Gewendte.«  Gehen  wir  dann 
direct  auf  Jagsthausen  los,  so  treffen  wir  ausser  den  bedeutenden  Resten  des  Pfahlgrabens 
und  Walles  auf  und  hart  an  unsrem  Wege  eine  alte  Strasse,  Schildwache,  Hungerberg, 
Kreuzstein,  Pfahläcker,  Schildwache,  in  der  Wach,  Jonasfeld,  *)  Pfahldöbel,  Burgwiesen,  dann 
kommt  Pfahlbach  (schon  a.  795  in  pago  Cochengowe  in  loco  Phalbach,  Bacmeister,  alem. 
Wander.  58),  dann  bei  Sindringen  von  der  Flur  »Eisenhut«  [d.  i.  Platz,  wo  mau  Eisenreste 
findet],  bei  Jagsthausen  vom  »Altenberg«  [Berg  =  Burg,  sehr  häufig  im  hohenlohischen 
Dialekt]  begleitet,  die  lang  sich  hinziehenden  Pfahläcker  [Pfahläcker  auch  im  Eichstädtischen 
Döderlein,  Pfahlheck  S.  23],  die  auch  nordöstlich  von  Jagsthausen  wieder  erscheinen,  ^j 
Die  Einwohnerschaft  des  Vicus  Aurelii  bestand  natürlich  fast  bloss  aus  Soldaten  und  deren 
Familien.  Diese  gehörten  anfangs  zur  VIII.,'*)  später  zur  XXII.*)  Legion.  Die  Hauptstadt 
und  Residenz  des  Stabs,  in  der  letzten  Zeit  des  Vicus  zugleich  die  Residenz  des  Dux  limi- 
tis  transrhenani ,  war  Mainz.  Den  Oberbefehl  im  Städtchen  führte  natürlich  ein  Offizier 
von  einigem  Rang,  nach  2  Inschriften  ein  Excornicular,  d.  i.  früherer  Auditor  oder  Adjutant 
des  Generals  oder  Legaten  [in  Mainz]  C.  I.  Rhen.  nr.  1559.  1560.  Ihm  waren  eine  Cohorte 
Helvetier  und  aurelianische  Brittonen  »coh.  I.  Helve  et  Brit.  Aure«  (nr.  1559)  untergeben, 
also  Truppen,  die  ursprünglich  in  der  Schweiz  und  in  Britannien  *)  (noch  genauer  in  Schott- 
land) rekrutirt  wurden  -,  auf  andern  Inschriften  oder  Ziegelstempeln  erscheint  ebenfalls  diese 
offenbar  von  Beckingen  hieher  verlegte  Cohors  prima  Helvetiorum  (nr.  1560.  1563  c~d.); 
die    in    nr.     1559     erwähnten   Brittones    Aurelianenses    dagegen    sind    etwas     unklar,*') 


1)  Wahrscheinlich  aus  Misdeutung  eines  heidnischen  Bildwerks,  das  einen  Gott  und  einen  Delphin 
vorstellt,  entstanden. 

2)  Bei  der  Aufzählung  der  einschlägigen  Flurnamen  habe  ich  absichtlich  den  Flurnamen  Wallref- 
fen bei  Oehringen  übergangen,  welcher  gewöhnlich  sehr  mit  Unrecht  auf  den  Römerwall  bezogen  wird. 
Er  rührt  nämlich  von  einer  bedeutenden  Oehringer  Bürgerfamilie  Wallreff  her.  Auch  Walldüren  am 
Limes  hat  nicht  vom  Römerwall  seinen  Namen,  für  welchen,  wie  oben  erwähnt,  die  Deutschen  schon 
seit  dem  vierten  Jahrhundert  den  Namen  Pfahl  festhielten  —  sondern  von  den  Wallfahrten.  Ganz  falsch 
und  gegen  die  Aussprache  des  Volks  ist  die  durch  gelehrte  Deutelei  aufgebrachte  Schreibung 
Waldreffen  (so  auch  auf  der  amtlichen  Flurkarte,  angeblich  =  Waldtraufe !) :  der  nächste  Wald  ist  eine 
starke  halbe  Stunde  weit  weg. 

3)  C.  I.  Rhen.  nr.  1554  Steinschrift  beim  Orendelstein  gefunden;  Legionsziegel  C.  I.  Rh.  nr.  1563 
nach  Hanyaelmann,  Beweiss  I  39,  auf  der  untern  Bürg  als  Grabplatte  gefunden  (nach  dem  Kirchberger 
Katalog  auf  der  östlichen  Seite  der  Stadt],  aufbewahrt  in  Kirchberg  a/J.  —  was  ich  mit  Beziehung  auf 
Ilaugs  Frage  (röm.  Inschr.  von  württ.  Franken  46)  anfüge. 

4)  Gestempelte  Ziegelplatten  dieser  Legion  sind  nach  Hansseimann,  Beweiss  IL  tab.  XII.  XIIL  zu- 
sammengestellt und  besprochen  bei  Haug*  röm.  Inschr.  von  württ.  Franken  S.  46.  47.  Sie  sind  seh^ 
verschieden  unter  einander  hinsichtlich  der  Zeichen  (Capricornus,  Donnerkeil,  Mond  u.  a.)  und  der 
Art,  wie  der  abbrevicrte  Titel  der  legio  XXII.  primigenia  pia  fidelis  augebracht  wird.  Jetzt  sind  sie  zu 
Kirchberg. 

5)  Dass  die  Brittones  nicht  Bretagner  waren,  wie  Lersch  will  Jahrb.  der  Alterth.  im  Rheinl.  IX 
€7—72,    geht  aus  den  Beinamen  Caledonii  und  Triputienses  aufs  schlagendste  hervor. 

6)  Ganz  zweifelhaft  bleibt  die  Inschrift  einer  Ziegelplatte  BALR  fin/B.  C.  I.  Rhen.  nr.  1563  e. 
Von  dieser  durch  Hansseimann  als  balneum  restauratum  interpretierten  Inschrift  konnte  ich   unter   den 


11 

sonst,  nr.  1563  d.,  tritt  ein  Numerus  Brittonum  Cal(edomorum)  und  ein  Numerus  Brittonum 
M.  .  .^)  auf,  letzterer  offenbar  identisch  mit  den  früher  zu  Beckingen  garnisonierten  Brit- 
tones Mu  .  .  .  nr.  1592.  Möglich,  dass  der  Numerus  Brittonum  Caledoniorum  die  ursprüng- 
liche Besatzung  des  Orts  bildete,  durch  die  Verlegung  der  Beckinger  Garnison  dann  ein 
zweiter  Numerus  Brittonum,  mit  dem  Beinamen  Mu  .  .  .  hinzukam  und  dann  nach  Erhe- 
bung des  Ortes  zum  Vicus  Aurelii  beide  Numeri  Brittonum  Brittones  Aurelianenses  genannt 
wurden;  wie  auch  zu  Augsburg,  Augusta,  eine  Ala  Augusta  lag,  Hefner,  römisch  Bayern  ^ 
nr.  CLXXX.  Numerus  ist  ein  Manipel  Grenzsoldaten,  also  die  Unterabtheilung  einer 
Cohorte  oder  Ala,  Chrysostom.  ed.  Montfaucon  t.  IX  177:  GTceiqcc  fonv,  n  y.ulnvf^itv  vwl 
vovfiEQov;  vgl.  auch  Becker-Marquardt,  Handb.  der  röm.  Alterth.  III.  2,  391.  Probus 
vertheilte  16,000  alamannische  oder  germanische  Rekruten  in  den  verschiedenen  Provinzen, 
ita  ut  numeris  vel  limitaneis  militibus  quinquagenos  et  sexagenos  intersereret.  Vopisc. 
Prob.  c.  14,  7.  Von  den  Helvetiern  wissen  wir  weiter  nichts,  als  dass  sie  zur  VIII.,  später- 
hin wohl  zur  XXII.  Legion  gehörten,  früher,  mindestens  bis  148  (nr.  1583),  in  Beckingen 
lagen  und  keltische  Götter  verehrten  (vgl.  Hang,  röm.  Inschriften  in  württemb.  Franken 
S.  13—15).  Die  Brittonen  dagegen  gehörten  zu  den  beUebtesten  Milites  limitanei.  Wir 
finden  eine  Cohorte  in  Noricum  (Katancsich  I  307  nr.  26) ;  zuverlässig  lag  die  Cohorte  iTi 
Brittonum  am  1.  Dec.  211  zu  Eining  bei  Abensberg  (bei  Regensburg;  Hefner  röm.  Bayern  ^ 
S.  47 — 49).  Dann  kommen  die  Oehringer  Numeri  und  der  von  Beckingen  und  weiter 
nördlich  der  Grenze  entlang  zu  Schlossau  (C.  I.  Rhen.  nr.  1732),  zu  Amorbach  (C.  I.  Rh. 
nr.  1745)  und  Eulbach  (C.  I.  Rh.  nr.  1394)  Brittones  Triputienses  (von  Triputium  oder 
Tripontium^)  bei  Rugby  in  Brittanien),  bei  Aschaffenburg  ein  Numerus  Brittonum  et  explo- 
ratorum  Nemanincensium  C.  I.  Rh.  nr.  1751 ;  Brittones  Curvedenses  lagen  zu  Heddernheim 

übrigen  Hansselmannischen  Sachen  zu  Kirchberg  nichts  entdecken.  Mommsen  und  Brambach  halten 
das  L  in  BALR  für  falsch  gelesen  und  beziehen  die  Inschrift  auf  die  Brittones  Aurelianenses.  Es  ist 
mir  nicht  unwahrscheinlich,  dass  Hansselmann  selbst  noch  die  Entdeckung  machte,  dass  er  das  V  für  L 
gelesen,  und  dass  er  dann  theils  aus  falscher  Scham,  theils  aus  Aerger,  weil  die  Inschrift  ihm  nun  ganz 
unerklärlich  blieb  und  jedenfalls  für  das  an  der  Fundstelle  aufgegrabene  Bad  nichtsbeweisend  war,  ab- 
sichtlich vernichtet  hat.  Vielleicht  war  auch  die  ganze  Inschrift  ein  einfacher  Betrug,  gleich  seinen 
sämmtlichen  eingeritzten  Inschriften  des  II.  Bandes. 

1)  Der  räthselhafte,  auf  der  Untern  Bürg  gefundene  Ziegelstempel  lautet : 


Er  ist  noch  unerklärt  (Hang  a.  a.  0.  S.  48)  und  bedeutet  vielleicht  (?):  numerus  Brittonum  M .  .  .  sucura 
(für  sub  cura  vgl.  Jahrb.  der  Alterth.  im  Rheinl.  XLI,  154)  Vaterculi  (Vaterculus  Proculus  hiess  der 
Centurio,  unter  dessen  Befehl,  cura,  das  hiesige  oder  ein  hiesiges  Befestigungswerk  vollendet  wurde  C. 
I.  Rh.  nr.  1554,  besprochen  weiter  unten).  Hinsichtlich  der  nach  unserer  Auffassung  mitten  in  dem 
Wort  sucura  angebrachten  Punkte  kann  man  die  auf  Tafel  II.  phototypirte  Minerveninschrift  des  Fau- 
stius  Faventinus  vergleichen.    Bedenklich  bleibt  die  Auffassung  von  V  =  Vaterculi. 

2)   Noch    stärker    ist    die    Romanisirung    des    keltischen    oder     urgermanischen     Städtenamens 
Sumalocennae  (Rottenburg)  in  Solicinium,  schwächer  die  von  Lopodunum  in  Lupodunum  (bei  Ausonius). 


12 

C.  I.  Rh.  nr.  1455;  ein  Ordo  Brittonum  war  zu  Niederbieber  C.  I.  Rh.  694  und  zu  Cöln 
C.  I.  Rh.  362 ;  eine  Vexillatio  Britonura  zu  Holdreüt  (Jahrb.  d.  Alterth.  in  den  Rheinl.  VII 
61),  Utrecht  C.  I.  Rh.  nr.  4  C.  26  und  Nymegen  C.  I.  Rh.  nr.  139  h.  Es  lagen  somit 
bloss  Auxiliartruppen  helvetischen  und  schottischen  Ursprungs,  die  sich  natürlich  allmählich 
mit  germanischen  Elementen  vermengten,')  in  unsrem  Städtchen.  Dem  freien  Germanien 
gegenüber  war  wahrscheinlich  keine  so  strenge  Absperrung,  wie  diess  bei  Cöln  z.  B.  der  Fall 
war  Tac.  bist.  IV  64:  denn  die  Einfuhr  des  Salzes  aus  dem  Kochcrthale,  von  Weissbach 
bei  Niedernhall  und  von  Schwäbisch-Hall  selbst,  konnten  die  Römer  schwerlich  entbehren. 
Eine  acht  römische  Cultur  darf  also  im  Vicus  Aurelii  nicht  gesucht  werden,  sondern  viel- 
mehr eine  keltisch-germanische  mit  römischem  Firniss,  und  wie  sie  eben  in  Soldatenstädten 
möglich  ist.  Ausser  dem  Militärcommandanten,  beispielsweise  jenem  oben  erwähnten  Excor- 
nicular,  hören  wir  noch  von  einem  Quästor  oder  Gemeindecassier  (dergleichen  z.  B.  auch 
vom  Vicus  Belginum  Jahrb.  der  Alterth.  im  Rheinl.  III,  49.  52,  von  Verona,  Brixia  u.  a. 
bezeugt  ist)  C.  I.  Rh.  nr.  1561  und  von  einem  Collegium  iuventutis,  Genossenschaft  der 
jungen  Männer  nr.  1551.  Dieses  Collegium  errichtete  1.  Nov.  222  ausserhalb  der  Bürgen 
(siehe  den  Plan)  dem  Kaiser  Severus  Alexander  in  tiefster  Ehrfurcht  (devotissimi)  eine  Ära ; 
deren  Widmungsschrift  ich  hier  im  Facsimile  beifüge,  weil  auch  noch  im  Corpus  incriptionum 
Rhenanarum  von  Brambach  die  zu  ergänzenden  Buchstaben  theilweise  auf  einer  Seite  ge- 
sucht werden,  wo  sie  niemals  gestanden  haben  können.  2) 


7\  U    V — o  . 

R  I  C  O  L  L  E 

g  i  v /m  i  v  v  e  n  t 
vt/1dev  o  t  i  s  s  i 
m/nvminieiv 

SySACRA    N    TK 
A /l     N  O  V  •  I  M  P  •  S 
l£VE  ROjjALEXA 

/ndroavg  •  C  O  S 


1)  Germanische  Grabhügel  der  Umgegend,  z.  B.  einer  bei  Offenau  0/A.  Neckarsulm,  enthalten 
Urnenfragmente  römischen  Ursprungs  und  andere  römische  Sachen,  Sammlung  des  württ.  Alterthumsver. 
nr.  497,  vgl.  Schriften  des  fränkischen  Alterthumsvereins  1863  S.  297  Ü. 

2)  Die  ausserhalb  des  erhaltenen  Steines  angegebenen  Buchstaben  sind  theils  durch  Conjectur  er- 
gänzt (die  punktierten),  theils  waren  sie  bei  Auffindung  des  Steines  a.  1783  auf  einem  jetzt  verlorenen 
Fragment  noch  vorhanden,  und  zwar  nach  der  Gestalt  des  Fragments  in  der  oben  angegebenen  Lage, 
nicht,  wie  es  im  C.  I.  Rh.  verzeichnet  ist.  Der  Stein  wurde  bei  Erbauung  des  von  Porzigschen  Hauses, 
wo  jetzt  das  Kameralamt  seinen  Sitz  hat,  ausgegraben  und  von  dem  damaligen  Gymnasiasten  Weber, 
späteren  Verfasser  des  »Demokritc,  sammt  dem  verlorenen  Fragment  skizzirt.  Aus  obigem,  genauem 
Facsimile  erhellt,  dass  das  S  von  EIYS  auf  der  viertletzten  Zeile  gestanden  hat;  zwischen  den  Schen- 
keln von  V  (Hang,  Inschriften  von  württ.  Franken  S.  36)  habe  ich  nichts  von  einem  S  bemerkt. 


13 

Nach  Haug,  röm.  Inschriften  von  württ.  Franken  S.  36  =  <Jovi  Optimo  Maximo  pro  Sa- 
lute Imperatoris  M.  Aureli  Sev>eri  oder  <(Genio  domini  nostri  M.  Aureli  Sev)eri  coUegium 
iuventuti(s)  devotissimi  numini  eins  sacrant  kal(endis)  Nov(embribus)  Imp(eratore)  Severe 
Alexandro  Aug(usto)  cons(ule). 

Solche  Genossenschaften,  angeblich  zunächst  zu  dem  Zwecke  gegründet,  ihren  Mit- 
gliedern gegen  einen  bestimmten  Beitrag  kostenfreie  Bestattung  zu  sichern  (Hirschfeld  in 
den  Götting.  gel.  Anz.  1870  S.  1112  f.),  hatten  jedenfalls  einen  gemeinsamen  Gottesdienst, 
des  Genius  collegii  iuventutis  (Klein,  röm.  Mainz  I,  S.  9),  verbunden  mit  festlichen  Spielen, 
lusus  (Mommsen,  de  coUeg.  p.  V),  eigene  Fahnen,  vexilla  (Trebell.  Gallieni  duo  c.  8,  6. 
Vopiscus  Aurelian.  c.  34,  4),  und  eigene  Kasse,  arca  (Orelli  inscr.  2414.  2417.  2145.  4549). 
In  der  Kaiserzeit  war  dieses  Genossenschaftswesen  fast  in  allen  Provinzen  verbreitet.  Solch 
ein  Zusammenhalten  der  Männer  für  Spiel  und  Ernst  war  in  Oehringen  um  so  mehr  ange- 
zeigt, als  ausser  Jagd  und  Bad  der  Platz  nicht  eben  viel  Genüsse  bieten  mochte  und  auch 
das  Klima  unfreundlicher  war  als  jetzt,  schon  in  Folge  der  vielen  Sümpfe  und  Wälder;  die 
ältesten  deutschen  Epen,  Beowulf,  Heliand  u.  dgl.  rechnen  nach  Wintern  statt  nach  Jahren, 
und  Rhein,  Donau  und  ßodensee  überzogen  sich  viel  öfter  als  jetzt  mit  einer  eisigen  Decke. ') 
Auf  den  Bergen  der  Umgegend,  wo  wir  heute  die  trefflichsten  Piebenhalden  haben,  wuchs 
damals  noch  keine  Traube:  denn  von  Domitian  bis  Probus,  also  während  der  ganzen  Lebens- 
dauer des  Vicus  war  der  Weinbau  in  diesen  Ländern  durch  kaiserliche  Satzung  verboten, 
angeblich  damit  weniger  leicht  Krawalle  entständen,  in  Wirklichkeit  wohl  mehr,  damit  Ita- 
lien die  gewinnreiche  Weinausfuhr  zufalle; 2)  und  auch  für  die  spätere  Zeit  bleibt  es  ein 
Mythus,  dass  Probus  und  überhaupt  die  Römer  Reben  in  Württemberg  gepflanzt  haben.  3) 
Bei  der  Ländertheilung  a.  842  zwischen  Karl  dem  Kahlen,  Ludwig  dem  Deutschen  und  Lo- 
thar erhielt  nach  Regino  ad  h.  a.  Ludwig  der  Deutsche  Speyer,  Worms  und  Mainz  um  des 
Weinbaus  willen,  weil  damals  noch  kein  Wein  rechts  vom  Rhein  wuchs,  Hansseimann,  Be- 
weiss etc.  I  150.  So  wird  denn  der  Wein  im  Vicus  theuer  und  spärlich  gewesen  sein;  aber 
die  Fragmente  von  Amphoren  aus  den  beiden  hiesigen  Bürgen  (Kirchberger  Samml.  und  in 
meinem  Besitz),  vom  benachbarten  Oedheim  (in  der  Staatssamml.  vaterländ.  Alterthümer  zu 
Stuttgart)  und  Jagsthausen  (Festsche  Sammlung),*)  der  weinlaubbekränzte  bronzene  Silen 
von  ebendaher,  dann  überhaupt  die*  im  ganzen  Decumatland  verstreuten  Amphoren  und 
Amphorenfragmente  zwingen  jedenfalls  zu  dem  Schlüsse,  dass  der  Rebensaft  auch  im  Vicus 
Aurelii  nicht  ganz  unbekannt  war.  Wie  unbedeutend  auch  im  übertragenen  Sinn  der 
Dienst  des  Bacchus  im  Decumatland  war,  geht  daraus  hervor,  dass  keine  einzige  Inschrift 


1)  Vgl.    u.    A.    Jahrb.   des  Alterthumsver,  im  Rheiul.  IV   123  f.    v.  Wietersheim,    Geschichte  der 
Völkerwand.  III  395. 

2)  Aus  diesem  letzteren  Grund  verboten  auch  die  Franzosen  im  vorigen  Jahrhundert  ihren  nord- 
amerikanischen Provinzen  den  Weinbau. 

3)  Vgl.  Düntzer  in  den  Jahrb.  des  Alterthumsver.  im  Rheinl.  II  32. 

4)  Auch    Osterburken    könnte   erwähnt   werden,    von    dem  sich  grosse  Amphorentrümmer  in  der 
Sammlung  des  Vereins  für  württ.  Franken  finden. 


u 

dieses  Gottes  gedenkt.  ^)  Statt  des  Weins  mussten  sich  die  Soldaten  mit  dem  Bier  begnü- 
gen, dem  echten  keltischgermanischen  Gerstensaft,  der  in  der  ganzen  Kaiserzeit,  von  Taci- 
tus  bis  Julian  (Anthol.  Gr.  IX  368)  —  stets  mit  Verachtung  ~  erwähnt  wird.  Und 
zu  diesem  zweifelhaften  Getränke  kam  ein  harter  Dienst:  ausser  dem  eigentlichen  Kriegs- 
dienst mit  Wachstehen,  Exerciren  und  Kämpfen  waren  Ziegel  zu  brennen,  Mauern  und 
Häuser,  Thürme  und  Thore,  Brücken,  Brunnen  und  Strassen  zu  bauen,  die  Post  zu  versehen 
u.  s.  w.  und  das  alles  unter  der  Zuchtruthe  einer  oft  barbarischen  Disciplin,  wo  Officiere 
gesteinigt  und  gekreuzigt  und  Soldaten  lebendig  in  Thierhäute  genäht  wurden.  Wie  werden 
sich  die  Soldaten   gefreut  haben,   wenn   sie  hinaus  durften  aus  dem  Banne  der  FestUDg  inS 

freie  frohe  Reich  der  Diana!  Auf  den  hiesigen  Vasenfragmenten,  ebenso  auf  denen  von 
Jagsthausen  und  Osterburken,  sowie  auf  den  Steinreliefs  von  Hölzern  und  Neuenstadt,  sehen 
wir  Jagden  aller  Art  dargestellt:  speerbewaifnete  Männer  mit  verschiedenrassigen  Hunden 
verfolgen  Hirsche,  Rehe  und  Wildschweine  (Abbildungen  bei  Hansseimann,  Originale  in  Kirch- 
berg). Von  oben  scheint  die  Liebhaberei  begünstigt  worden  zu  sein  (vgl.  Capitolin.  Maximin. 
c.  8,  4:  solis  veuationibus  legiones  frequenter  exercens)  und  namentlich  die  Officiere  werden 
hier  so  gut  als  anderwärts  2)  der  nobeln  Passion  des  Waidwerks  gehuldigt  haben.  Rings 
um  den  Vicus  waren  grosse  Urwälder,  wie  sie  ja  selbst  in  der  Nähe  der  Kaiserresidenz 
Trier  bezeugt  sind  (Auson.  Mosell.  5.  6).  Als  unsere  Flurnamen  geschaffen  wurden,  lag 
Oehringen  am  »grossen  Walde a  Meginhart  —  woher  noch  das  benachbarte  Mainhardt  seinen 
Namen  hat  —  und  in  der  Mitte  des  Ohrnwaldes,  wo  noch  da  und  dort  Elennthier')  und  Wi- 
sent*) gehaust  haben  werden,   während  an  Fluss   und  Bach   wilde   Schwäne^)  und  Gänse 


1)  Selbst  das  Denkmal  von  Lindau  am  Bodensee,  wo  »Bachust  erwähnt  wird,  Hefner,  röm.  Bayern^ 
nr.  XCIV,  ist  sicher  eine  Fälschung. 

2)  Vgl.  die  Votivinschrift  eines  römischen  Reiterpräfecten  Silvano  invicto  wegen  des  Fangs  eines 
ausserordentlich  grossen  Ebers  in  Northumberland.  Lambe,  exact  and  circumstantial  history  of  the 
battle  of  Floddon  p.  67. 

3)  Diese  treten,  immer  in  auffallend  kleiner  Zahl,  als  Sinnbilder  Deutschlands  bei  vielen  Trium- 
phen der  Kaiserzeit  auf,  so  bei  Aurelians  Triumph  über  Tetricus.  Lenz,  Zoologie  der  alten  Griechen  und 
Römer  S.  216  glaubt  zwar,  das  Thier  sei  »in  den  Gegenden  Germaniens,  in  welche  die  Römer  vordran- 
gen, nicht  heimisch«  gewesen.  Doch  dürfte  Elchingen  auf  dem  Härdtfeld  bei  Ulm,  also  diesseits  des 
Limes,  durch  seinen  Namen  anzeigen,  dass  das  Elennthier  oder  der  Elch,  ahd.  elaho.  elho,  daselbst  einst 
heimisch  war.    Noch  im  10   und  11.  Jahrhundert  traf  man  es  am  Rhein,  Ausland  1861  S.  1154. 

4)  Die  Ortsnamen  Wiesenbach  0/A.  Gerabronn.  Wiesentheid  und  Wiesenfeld  im  bairischen  Fran- 
ken, Wiesensteig  (Wisentes  steiga)  bei  Geisslingen  wird  man  vielleicht  sämmtlich  als  Belege  für  das 
Vorkommen  des  Wisent  zur  Zeit  der  Alamannen  geltend  machen  können.  Noch  zu  Vegetius  Zeit  hatte 
die  römische  Feldmusik  Auerochsenhörner  im  Gebrauch  (milit.  III 5),  cornua  ex  uris  agrestibus,  und  nocii 
im  mitteldeutschen  Rosengarten  führt  Hagen  oben  üp  sinem  houpte  zwei  güldin  wisants  hom,  W.  Grimm, 
Deutsche  Heldensage  S.  253.    Häufig  unter  den  schweizerischen  Pfahlbauresten,  Ausland  a.  a.  0. 

5)  Für  die  Mosa  ist  der  Schwan  bezeugt,  wie  auch  »ganta«  durch  Venantius  Fortunatus  miscell. 
Vn  4,  11 ;  Reste  des  wilden  Schwans  hat  man.  an  der  Schussenquelle  in  Oberschwaben  gefunden  (im 
Stuttgarter  Natnraliencabinet).  Von  den  Gänsen  sagt  Plinius  hist.  nat.  X.  53:  candidi  ibi  (=  in  Ger- 
mania),  verum  minores,    gantae  vocantur,   pretium  plumae    eorum    in   libras    denarii  quini,  et   in  de 


15 

nisteten.  Hirsche,  Wölfe,  Wildschweine,  Bären  und  Biber  gab  es  nicht  wenig,  das  sehe 
wir  aus  den  Dörfern  Klein-  und  Gross-  und  Löschenhirschbach,  Beringen  (jetzt  Bieringen, 
Kausler,  württemb.  Urkundenbuch  II  457),  Wölfingen  (Vulfiiiga,  abgegangener  Ort  0/A.  Oeh- 
ringen  Kausler  württ.  Urkunden  II  437),  Bibersfeld  und  Biberach  (schon  a.  827  bei  Heil- 
bronn, Bacmeister,  alem.  Wanderung.  105);  ferner  aus  den  Berg-,  Fluss-,  Wald-  und  Feld- 
namen (grosser  topograph.  Atlas  v.  Württemberg) :  Hirschberg  (mehrfach),  Biber  oder  Biberst, 
Beerberg,  Bernbach,  Bärenbronn,  Sauhölzle,  Säugraben,  Wolf,  Wolfsäcker  (mehrfach)  Wolfs- 
bühl und  Wolfsklinge.*)  Wildschweine,  geräuchert  und  ungeräuchert,  galten  als  delicates 
Essen  (cf.  Spartian.  Verus  c.  5  und  sonst  oft;  Lauchert,  das  Waidwerk  der  Römer  S.  17), 
und  ihre  Zähne  findet  man  fast  in  allen  römischen  und  alamannischen  Niederlassungen.  *) 
Die  Bären  liess  man  in  den  «Bärlisgruben«  ^)  oder  Amphitheatern  der  grossen  Städte,  zu 
Vindonissa,  Aventicum,  Basel-Augst,  Augsburg,  Strassburg,  Mainz,  Trier,  Cöln  u.  s.  f. 
mit  Auerochsen*)  und  anderen  Tbieren,  oft  auch  mit  Menschen  kämpfen,  und  so  gross  war 
die  Leidenschaft  für  diese  Vergnügung,  dass  Salvian  erzählt  de  gubernatione  dei  VI  15: 
nach  der  dritten  Zerstörung  von  Trier,  ums  Jahr  408,  während  die  Leichen  von  Männern 
und  Weibern  haufenweise  nackt  auf  der  Strasse  lagen  und  von  Vögeln  und  Hunden  benagt 
wurden,  während  Verwesungsgeruch  und  Seuchen  die  ganze  Stadt  erfüllten,  sei  der  Vorschlag 
gemacht  worden,  baldigst  wieder  die  Schauspiele  einzuführen,  als  sicherstes  Mittel,  der 
Stadt  wieder  aufzuhelfen.  In  Oehringen  kann  ich  kaum  glauben,  dass  derartige  Lustbar- 
keiten aufgeführt  wurden,  wenn  man  gleich  in  diesem  Jahrhundert  auf  der  untern  Bürg 
Bärenknochen  gefunden  haben  will  und  die  Stelle  bei  Hansseimann,  Beweiss  etc.  H  134. 135 
die  Vermuthung  fast  aufdrängt,  er  sei  ebendort  auf  Auerochsenknochen  und  -Zähne 
gestossen. 

Spuren  eines  Amphitheaters  hat  niemand  entdeckt,  dagegen  aber  eines  ansehnlichen 
Bades.  Südlich  vom  jetzigen  Orendelstein  lag  innerhalb  einer  Verschanzung  aus  Kalksteinen 
ein  umfangreiches  Hypocaustum  (Hansseimann,  Beweiss  II  136.  138);  sein  Mauerwerk  war 


crimina  plerumque  auxili  orum  praefectis  a  vigili  statione  ad  haec  aucupia  dimissis 
cohortibus  totis,  eoque  deliciae  processere,  ut  sine  hoc  instrumento  durare  iam  ne  virorum  quidem 
cervices  possint.     Die  Ganta  erwähnt  auch  Adso  vit.  sancti  Walberti  c.  5. 

1)  Auch  Luchse  gab  es  noch  am  Ende  des  siebzehnten  Jahrhunderts  im  Hohenlohischen  (Zeitschr. 
des  hist.  Vereins  für  württ.  Franken  1868  S.  92). 

2)  Ein  tüchtiger  Hauer  aus  den  Römerruinen  Osterburkens  ist  in  der  Samml.  des  Vereins  für  württ. 
Franken;  einer  aus  der  röm.  Niederlassung  von  Zazenhausen  und  solche  aus  den  z.  Th.  römischen  Pfahl- 
bauten des  württembergischen  Bodensees  in  der  Stuttg.  Samml.  vaterländ.  Alterth. 

3)  Die  Bärenloslassungsgruben  —  die  Sylbe  »lise  bezeichnet  hier  nicht  das  Deminutiv.  Den  Namen 
»Berlis-  oder  Bärlisgrubc  für  die  Ruinen  des  Amphitheaters  von  Vindonissa  unweit  Königsfelden  erwähnt 
Haller  mehrmals,  Helvet.  unter  den  Römern  I  148.  II  380.  390.  391;  Bacmeister,  alem.  Wanderung.  131. 
132;  vgl.  auch  der  >Berlich  zu  Cöln  und  der  Perlach  zu  Augsburgf  in  den  Jahrb.  des  Alterthumsv.  im 
Rheinl.  XLII  S.  64  ff. 

4)  Hörner  von  »Urochsenc  und  Bärenknochen  will  man  in  einem  unterirdischen  Gewölbe  des 
Amphitheaters  von  Vindonissa  gefunden  haben.    Haller,  Helvet.  unter  den  Römern  II  391. 


LtaSuA^rf.' V  &' i' -*^ ' 


16 

ganz  massiv  aus  behauenem  Sandstein,  innen  aber  besonders  auf  dem  Estrich  waren  Ziegel 
verwendet,  die  mit  den  Stempeln  coh.  T  Hei  und  n.  Brit.  Cal.  Hansseimann  II  146)  und 
B.AVR  und  A/R  versehen  waren  (II  156,  vgl.  die  Anmerkung  S.  10),  aus  welch  letzteren 
somit  hervorginge,  dass  das  Gebäude  nicht  wohl  vor  Caracallus  errichtet  sein  kann.  Es 
waren  verschiedene  Zimmer,  alle  tief  in  den  Grund  gelegt,  mit  Wänden  aus  behauenem 
Sandstein  (II  139):  dieser  war  nach  innen  mit  Gyps  überzogen  und  roth,  grün,  blau  und 
gelb  bemalt  (II  157).  Die  Ausdehnung  des  Gebäudes  von  Ost  nach  West  mass  Hansseimann 
auf  82'  6"  (H  138).  Das  Wasser  wurde  von  der  400  Schritte  weg  am  Limes  gelegenen 
Ströllerquelle  [nach  Hansseimann,  Beweiss  II  140  in  ausgehöhltem  Sandstein]  hereingeleitet 
und  hatte  seinen  Abfluss  in  die  ganz  nahe  Ohrn.*)  Leider  sind  die  Trümmer  bei  ihrer 
einzigen  systematischen,  aber  unvollendeten  Ausgrabung  durch  Hansseimann  nicht  darauf- 
hin untersucht  worden,  ob  man  wirklich  ein  Bad,  oder  bloss  ein  Wohnhaus  vor  sich  habe, 
weil  damals  jede  unterirdische  Heizeinrichtung  ohne  weiteres  caldarium,  Laconicum  u.  s.  w. 
getauft  und  mit  Benutzung  der  unterschobenen  Malerei  aus  den  Thermen  des  Titus  (die 
auch  Hansseimann  wieder  abzubilden  nicht  unterlassen  konnte)  als  Schwitzbad  interpretiert 
wurde.  Doch  sprechen  die  ganze  Lage,  die  Wasserleitung,  die  Grossartigkeit  der  heizbaren 
Räume  und  der  Luxus,  mit  welchem  das  Gebäude  ausgestattet  war,  -)  sehr  stark  für  die 
Hypothese,  dass  hier  das  gemeinsame  Bad  der  Besatzung  entdeckt  wurde,  welches  die  auf 
den  Ziegeln  genannten  Helvetier  und  Brittonen  sich  bauten.  Keinenfalls  kann  man  anneh- 
men, dass  die  hiesige  Garnison  kein  Bad  gehabt  habe ;  denn  selbst  die  wenigen  Truppen  — 
eine  Cohorte  Germanen  —  in  dem  unbedeutenderen  Jagsthausen  besassen  nachweislich  ein 
gemeinsames  Bad  C.  I.  Rh.  nr.  1608;  und  die  Gegend,  wo  das  beschriebene  Hypocaustum 
gefunden  wurde,  war  ausnehmend  günstig  für  einen  solchen  Zweck  gelegen.  Gegen  den 
Nordwind  war  es  durch  die  auf  der  Nordseite  im  Halbkreis  laufenden  Mauern  der  Ver- 
schanzung (Hansseimann,  Beweiss  II  157)  und  durch  die  tiefe  Lage  geschützt;  südlich,  wo 
sich  noch  jetzt  die  schönsten  Wiesen  an  der  Ohm  hinziehen,  mögen  Spaziergänge  gewesen 
sein,  hin  und  wieder  mit  Statuen  geschmückt;  deren  eine,  ein  Genius  mit  obstspendendem 


1)  Ein  Wasserleitungsstück  befindet  sich  im  Museum  zu  Kirchberg  unter  den  Hansselmannischen  Sachen 
und  zwar  nr.  LXVI:  »eine  eiserne  Röhrenbüchse,  womit  die  Röhren  der  Wasserleitung  in  das  Laconicum 
zusammengefügt  waren.«  Dann  nr.  CXXVIII  »eine  kleine  steinerne  Rinne  aus  der  Wasserleitung  des 
Schweissbades«  aus  Sandstein.  Eine  gleichartige  Wasserleitung  in  massiven  Sandsteinen,  welche  mit  ein- 
ander durch  eiserne  und  bleierne  Büchsen  verbunden  waren,  hat  man  auch  beim  Graben  in  der  Hahnen- 
gasse gefunden.  Bauführer  Haug  ist  aber  der  Ansicht,  dass  die  quer  über  die  Hahnengasse  laufende 
Wasserleitung  viel  späteren,  städtischen  Ursprungs  sei.  Dann  hätte  sich  wohl  auch  Hansseimann  ge- 
täuscht; denn  die  in  meinem  Besitz  befindliche  »Röhrenbüchse«  aus  der  Hahnengasse  ist  vollständig 
gleich  der  nr.  LXVI  zu  Kirchberg.  Die  fragliche  sandsteinerne  Wasserleitung  soll  auch  sonst  an  vielen 
Orten  der  Stadt  entdeckt  worden  sein  und  stammt  vielleicht  aus  dem  J.  1516  vgl.  weiter  unten.  In 
Jagsthausen  und  den  andern  Niederlassungen  des  Decumatlandes  pflegen  die  römischen  Aquäducte  ge- 
wöhnlich aus  thönernen  Röhren  zu  bestehen. 

2)  Bäder  wurden  mit  Statuen  geziert  vgl.  z.  B.  Quednow,  Beschreibung  der  Alterthümer  in  Trier 
tabb.  XV  und  XVI. 


-^/r 


'M  ' 


',,  f  ■'. 


Je  ■'^■.  ■    "      ^     ■■  "  ■■■;     "'      ■      ■    ■  ' 

Füllhorn,  zwar  zertrümmert,  sich  noch  gefunden  hat ; ')  westlich  gegen  das  Städtchen  hin 
waren  wohl  Plätze  zu  Uebungen  und  dgl.  Das  Badgebäude  selbst  war  mit  allgj^ei  Kunst- 
werken verziert,  mit  Säulchen  und  andern  Ornamenten  von  gelber  und  röthlicher  Terracotta, 
(Hansseimann  II  168);  ferner  fand  sich  eine  sehr  kleine  Statuette  der  Venus  (?  —  nackte 
:  liegende  weibliche  Person,  Hansseim  ann  II,  tab.  IX  fig.  8)  aus  weissem  Marmor  (zu  ver- 
•  gleichen  das  weisse  Marmorbüstchen  der  Juno,  bei  Otterswang  in  Oberschwaben  gefunden, 
Stuttg.  Samml.  vaterl.  Alterth.),  das  Fragment  einer  bekleideten  sitzenden  Statue  (Hanssel- 
mann  II  168),  ein  Knabe  von  Bronze  auf  der  Hand  einer  gi'össern  Person  sitzend,  von  einer 
Lucerna  (II  167);  auch  Haarnadeln  (II  164),  ein  Schreibgriffel  (II  163)  und  einige  Waffen 
(II  168)  wurden  ausgegraben,  letztere  wohl  aus  den  Zeiten  der  Zerstörung;'')  von  Fresco- 
_  gemälden  und  Mosaik  entdeckte  man  nichts.  —  Auf  der  Westseite  mitten  hinter  der  Mauer, 
von  welcher  das  Bad  schützend  umgeben  war,  fand  man,  60  Schritte  vom  Orendelstein 
(Hansseimann  I  31)  folgende  Inschrift  C.  I.  Rhen.  nr.  1554:  ped(atura)  •)•  (=  centuriae)») 
Jul(ii)  Silvani  sub  cura  Vaterculi  Proculi  -)•  (=  centurionis)  legio(nis)  VIII  Aug(ustae)  opus 
per(fecit);  d.  h.  eine  Abtheilung  der  Centurie  des  J.  S.  hat  unter  der  Aufsicht  des  V.  P., 
Centurios  der  VIII.  Legion,  das  Werk  (wahrscheinlich  wie  oft  Befestigungswerk)  vollendet; 
vgl.  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XLI  154.  Damit  ist  vielleicht  die  Verschanzung 
um  das  Bad  herum  gemeint:  es  ist  eine  Mauer  von  Kalksteinen  6'  breit  5'  tief,  der  innere 
Baum  von  West  nach  Ost  45  <>  4'  8"  lang,  von  Nord  nach  Süd  30",  auch  noch  breiter 
(Hansseimann  II  136).  In  westlicher  Richtung  über  Gärten  und  Aecker,  die  schon  zur 
Römerzeit  Aepfel,*)  Birnen  und  Kirschen,"^)  gallische  Spargeln  (Plio,  bist.  nat.  XIX  145) 
und  andere  Gemüse,  Rosen,  Lilien,  Krokus,  Veilchen  und  Immergrün  (vgl.  Billerbeck,  flora 
class.  45.  46.  60.  91)  hervorgebracht  haben  mögen,  ^)   kommen   wir  vorbei  am  Platze  der 


1)  An  der  Südseite  des  Bads  fanden  sich  die  Trümmer  einer  lebensgrossen  Sandsteinstatue  Hanssel- 
mann,  II  159—161:  der  unterste  Theil  des  linken  Fusses  mit  Sandalen  bekleidet:  der  [nicht  mehr  vor- 
handene] Kopf  und  Fragmente  eines  Füllhorns  mit  zierlichen  Aepfeln;  auch  von  der  Inschrift  am  Fusse 
die  Buchstaben  HD-D-  C.  I.  Rhen.  nr.  1556.  Die  Vergleichung  der  bei  Dorow,  röm.  Alterth.  in  und 
um  Neuwied,  tab.  VIII  abgebildeten  Geniusstatuette  aus  Niederbiber  und  eines  Geniusreliefs  aus  Eining 
(Hefner,  röm.  Bayern  ^  S.  48  nr.  XXXIV)  —  an  welchen  beiden  Orten  ebenfalls  Brittonen  lagen  — 
macht  wahrscheinlich,  dass  es  einen  Genius  vorstellte.  Weiter  unten  finden  wir  noch  einen  Geniustorso 
auf  der  Obern  Bürg. 

2)  Eine  neue  Abbildung  dieser  aller  Gegenstände  war  nicht  der  Mühe  werth.  Der  bronzene  Knabe 
ist  aus  der  Kirchberger  Sammlung  verschwunden  und  befindet  sich  jetzt  in  Privathänden. 

3)  Vgl.  Haug,   röm.  Inschriften  von  württ.  Franken  nr.  34  S.  40:     Formen   und  Punkte    der  Ab- 
kürzungen sind  übrigens  hier   von  mir  nach  meiner  eigenen  Copie  richtiger  wiedergegeben. 

4)  Was    sich   gewiss   aus   dem   Füllhorn   des    Genius    Hansselmann    II    tab.    IX   fig.   6   schlies- 
sen  lässt. 

5)  Nachweislich  seit  Tiberius  am  Rhein  gepflanzt  Plin.  bist.  nat.  XV  103;  vgl.  Hehn,  Kulturpflan- 
zen und  Hausthiere  292. 

6)  Vegetius    empfiehlt    milit.    IUI    7    die    Gartenpflege    in    befestigten    Städten:    ut    hortorum 
cura  in  virdiariis  domorum  vel  areis  exerceatur,  utilitatis  ac  voluptatis  ratio  persuadet. 

3 


WvJ 


■  :j. 


A;.v-  %  ^!.  t^^'^'Ä. 


•\-   *- 


'L  V 


>  - 


'i»*i-S.    •- 


iy^^^JsÄ 


'^:^:U.^'^^^''-r?':'^^ 


18 

Ära  des  CoUegiums  iuventutis,  wo  Reste  von  Opferkrügen,  ein  halbes  Schlacht- oder  Opfer- 
raesser  und  allerlei  Knochen  ohne  Zweifel  von  Opferthieren  in  neuester  Zeit  ausgegraben 
wurden,  und  gelangen  zu  der  quer  von  Nord  nach  Süden  laufenden  Hahnen-  [Hainen-  bei 
Hansselraann]  d.  h.  Hennen-  oder  Römergasse,  in  deren  Nähe  wiederholt  römische  Münzen 
(von  Vespasian  und  Trajan)  und  Häusertrümmer  (mit  Cement,  Ziegel,  Kohfen  u.  s.  w.)  ge- 
funden wurden;  der  alte  Name  Gasse  —  zu  einer  Zeit,  wo  noch  nicht  einmal  Häuser  dar- 
an standen  (denn  dieser  Theil  der  Stadt  ist  ganz  jungen  Datums)  —  weist  auf  den  Römer- 
weg hin,  dessen  sozusagen  betoniertes  Pflaster  mit  deutlichen  Geleisespuren  6'  unter  dem 
Boden  sich  noch  findet.  In  neuester  Zeit  wurde  eine  ziemliche  Strecke  blossgelegt  und  ich 
Hess  die  Breite  untersuchen,  welche  gerade  8'  betrug.  Das  Pflaster  bestand  aus  einer  etwa 
1 V2 '  tiefen  Schicht  von  halbgrossen  und  kleineren  Kalk-  bisweilen  auch  Sandsteinen,  welche 
durch  eingegossene  Backsteinmasse,  auch  durch  Kalk  aneinander  gekittet  und  ausserordent- 
lich schwer  zum  Zerschlagen  waren.  Unter  den  Ziegelscherben  des  Pflasters  fand  man  auch 
dergleichen  Fragmente  geschmackvoller  römischer  Hausverzierungen,  wie  es  schien  aus  einem 
Hypocaustum:  ein  Fingerzeig,  dass  die  nicht  mehr  absolut  nothwendig  zum  System  der  bei- 
den Bürgen  gehörige  Strasse  erst  bei  der  Ausdehnung  des  Vicus  gepflastert  worden  sein 
dürfte.  Man  hat  hier  ferner  mehrere  Kuhhörner,  einen  Thierschädel  und  andere  Knochen, 
ein  breites  Hufeisen,  einen  Doppelbecher  aus  grünlichem  Glas,  eine  viereckige  eiserne  Pfeil- 
spitze, einen  sehr  gut  erhaltenen  Nagelbohrer,  vermuthliches  Wagengeräthe  aus  Eisen,  Bronze- 
blech mit  Blatt  Verzierung  u.  s.  w.  ausgegraben.  Soweit  es  verfolgt  wurde,  hielt  das 
römische  Pflaster  die  Richtung  der  heutigen  Hahnengasse  ein.  Zur  Römerzeit  war  sie  offen- 
bar nordwärts  durch  die  ganze  Obere  Bürg  fortgesetzt.  Der  obere  Theil  des  sogenannten 
Massholderbacher  Kirchenwegs  erscheint  als  ein  Stück  der  Heunengasse,  deren  mittlere  Partie 
behufs  Arrondirung  der  Wallreff'ischen  Familiengrundstücke  ein  wenig  westwärts  verdrängt 
wurde.  Die  Hahnengasse  führt  südwärts  an  einen  Punkt  der  Ohrn,  wo  wahrscheinlich 
schon  zu  Römerzeiten  eine  Brücke  stand ;  denn  wenn  auch  die  Römerbrücke  selbst  zerstört 
war,  so  luden  doch  die  Wege  noch  lange  nach  der  Erbauung  des  mittelalterUchen  Städt- 
chens zur  Benützung  ein.  Wie  grosse  Sorgfalt  übrigens  die  Römer  auf  die  Brücken  ver- 
wandten, ist  durch  viele  Inschriften  bezeugt.  Geht  man  über  die  genannte  Brücke,  so  kommt 
man  auf  das  Hungerfeld,  den  Hainenberg  und  an  die  Hainenklinge.  Vom  Bad  bis  zur 
Hahnengasse  sind  es  1500'.  2500'  weiter  westlich  gelangen  wir  wieder  an  eine  Brücke, 
wo  ebenfalls  höchst  wahrscheinlich  schon  zur  Zeit  des  Vicus  eine  gestanden  hat.  Unmittel- 
bar an  der  Südwestecke  der  Unteren  Bürg  verband  sie  letztere  mit  der  Post-  und  Militär- 
strasse nach  Beckingen  und  bildete  zugleich  einen  Theil  dieser  Strasse.  Die  Wahl  gerade 
dieser  Stelle  zum  Ohraübergang  erklärt  sich  bloss  aus  den  römischen  Anlagen:  für  das 
Mittelalter  bliebe  sie  sehr  räthselhaft.  Substructionen  aus  Sandstein,  welche  auf  einen 
Brückenkopf  oder  einen  Thurm  am  linken  Ohrnufer  schliessen  lassen,  wurden  (nach  Aussage 
des  Kaufmanns  Hezel)  bei  einer  Correction  des  Ohrnbettes  und  der  Landstrasse  eben  an  be- 
sagtem Punkte  vorgefunden.  Die  mittelalterliche  Stadt  reichte  weit  nicht  bis  an  jene  Stelle. 
Die  einstige  Umwallung  der  Unteren  Bürg  scheint  ein  Trapez  gebildet  zu  haben,  das 
sich  einem  Quadrat  näherte.    Gegen  Westen  ist  der  umschliessende  Wall  wahrscheinüch  in 


•  •■.•1    --V.V- 


..  .   "V 


~      f .■■ 


■-'( 


■  -V, 


I   , 


i-;',/'v> 


"■':•.'. 


-I 


'-'i-   "'. 


■;.«"•■>  J:i'>*,i#'«fcÄ'**.«iJ*.\^^*j 


f  .>.-(^ 


19 

der  Linie  gelaufen,  wo  jetzt  ein  Fussweg  ist;  zwar  der  Flurname  Untere  Bürg  greift  noch 
etwas  westlich  über  den  Fussweg  hinaus,  aber  die  rechts  davon  so  schöne  Regelmässigkeit 
der  Gewendte  und  zugleich  der  Reichthum  der  Aecker  an  Ziegelscherben  und  importiertem 
Sandstein  hört  vollständig  auf;  die  Vermuthung  liegt  daher  nahe,  düss  die  Bezeichnung 
dieser  paar  Aecker  ursprünglich  »unter  der  Bürg«  und  nicht  »untere  Bürg«  gelautet  hat.^) 
So  heissen  auf  der  Ostseite  der  Stadt  zwei  Fluren  »oberer«  und  »unterer  Orendelstein« 
statt  »ober«  und  »unter  Orendelstein«.  Der  Name  Bürg  oder  Burg  deutet  bekanntlich  in 
zahllosen  Fällen,  soweit  die  deutsche  Zunge  klingt,  auf  befestigte  römische  Niederlassun- 
gen. Eine  Inschrift  aus  der  Zeit  Valentinians  (304—375)  erzählt:  hunc  burgum  a  funda- 
mentis  perduxerunt,  Muchar,  Noricum  I  35.  und  Vegetius  kennt  das  Wort  burgum  im 
Sinne  von  Castell  oder  Fort.  Burgstall  sagte  man  noch  im  späten  Mittelalter  allgemein 
und  heutzutage  noch  an  mehreren  Orten  statt  Ruine.^)  Gegen  Westen  war  die  Untere 
Bürg  durch  die  in  sehr  geringer  Entfernung  vorbeifliessende  Ohm  gedeckt ;  an  der  Nordseite  lief  die 
Mauer  auf  dem  Grat  des  Berges  hin,  dann  sind  bergabwärts  gegen  den  Ochsensee  zu  zwei  künst- 
liche Terrassen,  die  sicher  einst  umwallt  waren  und  deren  untere  unmittelbar  an  den  theilweise  mit 
sehr  schroffen  und  hohen  Uferrändern  umgebenen  See  anstösst;  gegen  Osten  kam  die  Obere 
Bürg ;  südwärts  war  ihre  Grenzumwallung  ohne  Zweifel,  wo  der  Flurname  aufhört  und  das 
sogen.  Haag  (vgl.  das  Streithaag  und  den  Haghof,  Bacmeister,  alem.  W^ander.  58.  am  Limes) 
und  der  Stadtgraben  sich  hinziehen.  Auf  der  Untern  Bürg  hat  man  vieles  gefunden,  vieles 
auch  leider  verschleudert,  ehe  jemand  im  Interesse  der  Wissenschaft  davon  Notiz  nahm. 
Ausser  vielem  anderem,  heizbaren  und  nicht  heizbaren  Wohnungen,  Ställen,  Magazinen,  Schöpf- 
brunnen und  Gräbern,  entdeckte  Hansseimann  bei  seinen  systematischen  Ausgrabungen 
besonders  ein  Castell  mit  4V2'  breiten  Mauern  und  vier  abgerundeten  Ecken,  36  <*  lang  süd- 
lich, 32 0  westlich  und  östlich,  33 <>  nördlich;  3)  darum  lief  ein  Graben  herum,  über  demselben 
war  wieder  eine  Mauer.  Innerhalb  der  beschriebenen  Verschanzung  war  ein  Schloss  mit 
spitzen  Ecken,  6^  4'  lang,  3''  10'  breit,  von  Hansseimann  praetorium  genannt  (Beweiss  etc. 
I  46.  47),  ausserdem  noch  Wohnhäuser  und  gepflasterte  Strassen.  Nördlich  an  der  Aussen- 
seite  des  Berges,  dessen  eine  Abdachung  die  Bürg  einnimmt,  bemerkten  und  besuchten  die 
Knaben  noch  in  diesem  Jahrhundert  einen  unterirdischen  gemauerten  Abzugscanal,  der  in 
den  längst  ausgetrockneten  Ochsensee  mündete.  An  vielen  Stellen  der  Unteren  Bürg  fand 
man  verbrannte    Balken  und   Gebeine  (Hansseimann  I  4L  47),    Bronze-  und  Eisengeräthe, 


1)  Möglich  bleibt  es  übrigens,  dass  es  mit  dem  Flurnamen  »Untere  Bürge  für  diese  Aecker  seine 
richtige  Bewandtniss  hat;  denn  wenn  sie  auch  offenbar  ausserhalb  der  Mauer  lagen,  so  hat  doch  der 
Bereich  des  Vicus  westlich  gewiss  bis  an  die  Ohm  sich  ausgedehnt,  deren  künstlich  verstärktes  Ufer  die 
äusserste  Vertheidigungslinie  bildete.     Die  fraglichen  Aecker  sind  überaus  fruchtbar. 

2)  Das  Wort  tritt  theils  als  Appellativum  theils  als  Xomen  proprium  auf:  schon  im  achten  Jahr- 
hundert heisst  eine  römische  Poststation  (mutatio)  in  Oesterreich  ob  der  Ens  (Noricum)  Burcstol,  Gais- 
berger,  archäolog.  Nachlese  III  256. 

3)  Schwer  zu  vereinigen  mit  diesen  Angaben  Hansseimanns  ist  die  Abbildung  I  tab.  IV  1,  wo 
die  Nord-  und  die  Südseite  gleich  lang  gezeichnet  sind.  Bd.  II  120  gibt  er  die  Ausdehnung  von  Nord 
nach  Süd  auf  214  Schritte  an. 


"^i-^ 


■ -..-^  >■■'■■''  Zj.'^'     -fc^? 


.•  ■.?">;-■. 


■Mm 


20  '    .      . 

Becher  (I  41),  Messer,  Griffel  u.  s.  w.,  auch  Gefässe  von  Terra  sigillata  mit  gepressten  Fi- 
guren und  Stempeln  (Albinus,Jassu  und  Aper).')  Das  merkwürdigste  wurde  durch  Unverstand 


, .  ■■/ 


>  r' " 


%^y^' 


•■  ^j 


1)  Weil  meine  eigenen  Aufzeichnungen  über  die  in  Kirchberg  aufbewahrten  Hansselmanuschen 
Stempelfunde  mit  den  Angaben  Hansselmauns,  Fröhners  u.  a.  keineswegs  in  allen  Theilen  übereinstim- 
men, so  will  ich  sie  hier  anfügen: 
IAI  .RiNIV/QPP  I  =  A-lbinus  fecit,  Fröhner  inscr.  terrae  coctae  58 — 62  (Voorburg,  Friedberg,  Wein- 
'  heim,  Mainz,  Cöln,  London,  Regensburg,  Ensdorf). 
IA'DCD^'^l  ^^  Aper  fecit,  Fröhner  121 — 12  7  (Trier,  Biegel,  Windisch,  Rotweil,  Augsburg, 
'  Yechten,  Friedberg,  Rosenauberg). 

I  lASSVFIlCl    ^"''  ^*6'^i  =  lassus  fecit,  vgl.  Macrinu  statt  Macrinus,  Fröhner  1413  u.  v.  a. 

I I  V\\A  ITA  I    ^^  Atinni,  Atinnius,  nur  hier  (nach  andern  =  arte  Inni). 

j\INV8-CE  )und  jlNVSf-l 


;=    Maximinus,  Albinus  fecit?  vgl.  Fröhner    1538 — 1539  (Maximinus 
zu  Voorburg,  Soissons,  Maulevrier). 


Maior  fecit,  Fröhner  1429—1480  (Bonn,  Heddemheim). 


///VSFE   I  «nd   iVlj    das  I  etwas  undeutlich. 


Zwischen 


JAL/  =  Albiaus? 

I.. .  .  I  =  Venalis?  vgl.  Fröhner  2077—2079  (Venalis  m.  Rotweil,  VIIN  Riegel). 
VH.  -:/\L.IJ  yjj  ^^^  ^  .^^  Raum  für  1—2  Buchstaben;  andere  wollen  Vitalis  lesen. 
I"^^"""^^"!  =  Verecundus,  Fröhner  2090— 2100 (Rot weil  dreifach,  Hunenburg.  Friedberg,  Speier, 
2mZlL,^Lmmmmmi  Vcchtcn,  Ricgcl.  GalgCH  bei  Zürich,  Zülpich,  Voorburg,  Neuss).  Diese  beiden  Stempel 
waren  von  Hansseimann  an  bis  jetzt  ungenau  publicirt.  Ausserdem  erwähnt  noch  Hansseimann,  vergl. 
Hang,  römische  Inschriften  von  württembergisch  Franken  S.  94  die  Stempel  — — ^^^^— — ^— ^^— 
mit  uoigekehrten  Buchstaben, 


w 


\.. 


I  MAN    CELIV.  I 

^iLLygp    (Agedillus,  Lillus,  Marcillus,  Meddillus,  Tarvillus,   Uxxopillus?) 
///AINV2llF  '^^"^  Zweifel   =  dem   oben  für  Maximinus   fecit   erklärten 

Stempel,  nach  Haug  a.  a.  0.  =  Fesunia  =  fecit  Sunia. .  Diese  Stempel,  beziehungs- 

^»     Ip       C^  V     jf  Ij  weise    den    von    .  .  .   illus    und   den  räthselhaften   mit   Man   Celiu  habe  ich 

^    l^  /V     \/ v'  mehrmals  vergeblich  zu  Kirchberg  gesucht.  Gefunden  dagegen  habe  ich  noch 

y     X  '         /y  aussen  an  einer  Amphora  ein   eingepresstes  P    und    eine  interessante    unten 

am    äusseren   Rand   eines   Gefässes  aus   rother   Erde  eingeritzte,    gewiss 

echte  Inschrift,  die  ich  im  Facsimile  beifuge. 

=  Servi//// ;  vgl.  die  beiden  eingeritzten  Namen  von  Jagsthansen  weiter  unten. 

sehen  zu  haben.     Zu  lassus,   der  auch  bei  Frankfurt   und   Speyer    auftaucht, 

Fröhner  nr.  1174,  vgl.  man  den  Töpferstempel  lossa  von  Niederbieber,  Dorow, 

röm.  Alterth.  in  und  um  Neuwied  S.  123.  Fröhner  nr.  1214  sq.  —  wo  übri- 
gens die  Herkunft  nicht  angegeben  ist.  Der  häufige  Name  Vitalis  kehrt  in  Stein  gemeisselt  zu  Olnhausen 
wieder,  Haug  a.  a.  0.  S.  55.  56.  C.  I.  Rhen.  nr.  1617.  Es  war  ein  geborener  Augsburger  und  gehörte 
zur  XXII.  Legion. 


"^  S    ..   J     ■ 

.1-    i  ■ 


/• 


■ '.  -r--    '■>    .-■■  : 


:i':--'  ,.^'-*    -::-"<->v.-^.-.j. 


. '  I 


1 


t 


21 

zerstört,  nämlich  (I,  45)  drei  mehrere  Ellen  lange  und  breite  Inschriftenplatten.  Die  nicht 
selten  auf  dieser  Flur  gefundenen  Münzen  sind,  soweit  sie  zuverlässig  beobachtet  wurden, 
keinesfalls  jünger  als  Tetricus.  Nach  Hansseimann,  der  in  diesem  Stück  nicht  kiitisch  ge- 
nug war,  könnte  man  glauben,  es  finden  sich  welche  aus  dem  vierten  Jahrhundert  (150).') 
Von  Kunstwerken  ist  zu  erwähnen  das  Fragment  einoj*  grauen  Gesichtsurne  (Hansseimann 
I  38. 1  tab.  VI  fig.  8)  mit  Nase  und  beiden  Augen,  bei  uns  Taf.  VII  2,  von  gleicher  Art  wie  die 
bei  Lindenschmit,  Alterthümer  unserer  heidn.  Vorzeit  I,  VI  G,  13  abgebildete  aus  einem 
Grabe  bei  Castel  gegenüber  von  Mainz;  ferner  das  9"  dicke  Fragment  einer  Säule  aus 
Sandstein  mit  etwas  zerstörtem  Capital,  zu  den  Ruinen  des  obenangeführten  Schlosses  ge- 
hörend (Hansseimann  I  47);  sodann  ein  Siegelring  mit  breitem  vergoldetem  Streifen  und 
goldgefasster  Gemme,  einem  dunkelrothen  Carneol,  halb  so  gross  als  wir  ihn  auf  Taf.  IV  3 
abgebildet  haben.  Darauf  sehen  wir  in  vertiefter  Arbeit  fein  und  trefflich  ausgeführt  einen 
geflügelten  jugendlichen  Genius,  das  Haupt  von  einem  Lockenkranz  umgeben,  den  rechten 
Arm  auf  die  umgekehrte,  noch  brennende  Fackel  stützend,  die  andre  Hand  an  der  Wange: 
es  ist  die  bekannte  Scene,  «wie  die  Alten  den  Tod  gebildet«,  hier  in  klassischer  Einfachheit 
und  Zartheit.  Aehnliche  Darstellungen  bei  Lessing  »Wie  die  Alten  den  Tod  gebildet«  Taf. 
IV— VI.  und  besonders  eine  übrigens  an  Kunstwerth  viel  geringere  Gemme  bei  C.  W.  King, 
Q.  Horatii  Flacci  opera  illustrated  from  antique  gems,  London  1869,  p.  67.  Müller,  Hand- 
buch der  Archäologie  ^  p.  642.  758.  Unsere  Gemme  ist  leider  in  mehrere  Stücke  zersprun- 
gen, daher,  namentlich  in  der  Gegend  des  Gesichtes,  undeutlich.  Die  4  Buchstaben  um 
den  Genius  herum,  oben  VS  unten  TI  hat  man  zu  deuten  versucht  (Walch  bei  Hanssel- 
mann,  Beweiss  II  125;  Haug,  röm.  Inschriften  von  württ.  Franken  S.  41):  vivus  suo  testa- 
raento  iussit  d.  h.  er  verfügte  bei  Lebzeiten  testamentarisch  das  Mitgeben  des  Ringes ;  minde- 
stens würde  man   viva  interpretiren  müssen,  da  es  sich  von   einem  Frauengrab  handelt 


1)  Auch  in  einigen  anderen  Puncten  scheint  Hansseimann,  besonders  als  er  den  II.  Band  seines 
Beweisses  etc.  abfasste,  vom  kritischen  Scharfblick  verlassen  worden  zu  sein,  während  seine  Ehrlichkeit 
keinem  Zweifel  unterliegt.  Die  angeblich  römische  Flora  II.  tab.  IV  fig.  6  erscheint  auf  den  ersten 
Blick  als  das  thönerne  Modell  einer  Flora  aus  dem  Ende  des  XVII.  oder  Anfang  des  XVIII.  Jahrhun- 
derts, wie  sie  den  hiesigen  Hofgarten  geschmückt  haben  mag,  mit  eingezogenem  Rücken,  bauschigem, 
gerade  bis  unter  die  Brüste  ausgeschnittenem,  wenigstens  absichtlich  geöffnetem  Rock.  Fast  unglaublich 
ist  es,  dass  Hansseimann  die  Bd.  II  tab.  XIV  abgebildeten  8  Fragmente  von  seinen  rothen  Gefässen  mit 
eingeritzten  Schriftzeichen  für  echt  halten  mochte,  z.  B.  KREUZ  .5  =  5  Kreuzer.  Der  Fälscher  hatte 
keine  Ahnung  davon,  dass  die  Römer  nicht  schon  der  arabischen  Ziffern  sich  bedienten,  geschweige 
davon,  dass  sie  das  grosse  U  so  wenig  kannten,  als  die  Schreibung  KR.  Er  kratzte  einfach  nach  dem 
Vorbild  des  nächsten  besten  Kreuzers  und  nach  eigener  Phantasie  beliebigen  Unsinn  ein.  Plato-Wild  (aus 
Regensburg)  versuchte  die  Kritzeleien  aus  dem  Brittischen  zu  erklären  (!).  wie  Haug  a.  a.  0.  S.  59  er- 
wähnt, mit  dem  Beisatz,  dass  er  es  dahingestellt  lassen  müsse.  Wer  aber  die  betreffenden  Fragment- 
chen in  Kirchberg  mit  Augen  sieht,  wird  an  ihrem  wirklichen  Ursprung  keinen  Moment  zweifeln.  Wir 
haben  die  plumpste  Fälschung  vor  uns.  Vom  gleichen  Schlag  und  aus  der  gleichen  Zeit  ist  die  Inschrift 
»Porcelle«  d.  h.  Porzellan,  welche  Stiber,  historische  und  topographische  Nachrichten  von  dem  Fürsten- 
thum  Brandenburg-Onolzbach  S.  866  ff.  mit  folgenden  Worten  anführt:  »oUae  nostrae  scripturas  etiam 
respuunt,  unica  in  fundo  has  habuit  litteras:  »Porcelle.c 


.ift^Viäßaia.  .^  rTjii^jdl^.xlA.^.' 


•        -i.'-    "-'Vi  ■ 


22 

Nach  Hansseimanns  gewiss  zuverlässiger  Angabe  fand  sich  nämlich  unser  Siegelring  zwi- 
schen den  Zähnen  eines  Skeletts  in  einem  Frauengrab;  an  der  rechten  Seite  des  Kopfes 
lag  ein  Ohrgehänge,  bestehend  in  einer  kleinen  goldgefassten  Bronzemünze  mit  goldenem 
Oehr.  Was  die  Münze  einst  vorstellte,  lässt  sich  nicht  mehr  mit  Sicherheit  herausbringen, 
weil  sie  sehr  stark  vom  Rost  zerfressen  ist  (Hansseimann  H.  123.  124).  Ich  glaube  aber 
die  Züge  der  älteren  Faustina  noch  zu  erkennen.')  Für  interessant  halte  ich  auch  den 
Fund  eines  schönen  Ammoniten  unmittelbar  unter  einem  römischen  Grab  (Hansseim.  I  106), 
sofern  derselbe  wahrecheinlich  mit  Absicht  als  eine  Art  Amulet  unter  die  Platten  des  Gra- 
bes gelegt  worden  ist.  Denn  auch  sonst  im  Decumatland  hat  man  solche  räthselhafte  Am- 
moniten aus  der  heidnischen  Zeit  entdeckt :  so  zwei  bei  Hettingen  unter  der  Erde  bei 
Grabhügeln ;  sie  sind  durch  Entfernung  der  inneren  Windungen  zu  einer  einfachen  Schlange 
ausgehöhlt  und  durch  Anbringung  eines  Maules  ist  die  Metamorphose  in  gar  nicht  so 
übler  Weise  vollendet  worden  (in  der  fürstl.  hohenzoll.  sigmaring.  Sammlung).  Auch  unter 
den  Sinsheimer  Antiquitäten  (zu  Karlsruhe)  sind  mehrere  durchlöcherte  Ammoniten. 

U eberschreiten  wir  von  der  Untern  Bürg  aus  die  sogenannte  alte  Strasse,  welche, 
nacbgewiesenermassen  römischen  Ursprungs,^)  in  ihrer  noch  bestehenden  —  im  Mittelalter  sehr 
frequenten  —  direct  nördlichen  Verlängerung  weithin  auf  keine  Ortschaft,  sondern  auf  die 
Fluren  Pfahläcker,  Schildwache,  Pfahldöbel  u.  s.  w.  führt,  so  kommen  wir  sofort  auf  die 
Obere  Bürg.  Das  auffallend  terrassierte  und  ziegelreiche  Terrain  längs  der  alten  Strasse 
zwingt  zu  dem  Schlüsse,  dass  hier  einst  Backsteinbauten  und  Erdwälle  gewesen  sein  müs- 
sen. Die  Form  des  Umfangs  lässt  sich  bei  der  Oberen  Bürg  nicht  sicher  muthmassen. 
Offenbar  ist  die  ursprüngliche  regelmässigere  Gestalt  durch  Ein-  und  Umsichgreifen  anderer 
Flurnamen,  hauptsächlich  durch  die  unter  dem  Namen  Wallreffen  arrondierten  Grundstücke 
der  Familie  Wallreff  beinträchtigt  worden.  Der  befestigte  Nordrand  der  Oberen  Bürg  scheint 
von  der  Nordostecke  der  Unteren  Bürg  aus  in  ostnordöstlicher  Richtung  der  sogenannten 
hohen  Strasse  3)    entlang  gezogen  zu  sein,  wo  auch  jetzt  noch  der  Flurname  aufhört.    Die 


f 


(Hv 


1)  Genius  und  Anhänger  sind  von  Hansseimann  ungenau  abgebildet  worden,  namentlich  ersterer, 
der  sehr  ohne  Verschulden  zu  einem  Hut,  einer  langen  Nase,  rohen  Gesichtszügen  und  einem  unbegreif- 
lichen Hakenstock  gekommen  ist,  auf  welchen  er  sich,  statt  auf  die  Fackel,  bei  Hansseimann  stützt.  Der 
Kopf  auf  dem  Anhänger  wurde  auch  von  Hausseimann  als  ein  weiblicher  aufgefasst.  Die  Münze  scheint 
mir  eine  vergoldete  oder  versilberte  kleine  Bronzemünze  gewesen  zu  sein,  wie  solches  geiUlschte  Geld 
nicht  eben  selten  hier  zu  Lande  gefunden  wird.  So  wurde  z,  B.  »im  schwarzen  Horb«  unfern  den 
»Münzäckernc  bei  Oehringen  eine  eiserne  versilberte  Münze  ausgegraben;  und  die  Münzsammlungen  in 
Jagsthausen  und  Kirchberg  an  der  Jagst  enthalten  vergoldete  Münzen.  Vergoldete  Bronzemünzen  fand 
man  auch  sonst  in  Gräbern,  so  eine  dergleichen  von  Philippus  Arabs  bei  Wels  in  Oberösterreich,  Gais- 
berger   archäolog.  Nachlese  HI  258.    Unser  Anhänger  ist  abgebildet  Taf.  VH  8. 

2)  Das  untenliegende  römische  Pflaster  wurde  bei  Gelegenheit  des  Eisenbahnbaues  an  einer  Stelle 
aufgedeckt. 

3)  Diese  eben  an  der  Nordostecke  der  Untern  und  an  der  Nordwestecke  der  Oberen  Bürg  beginnende, 
nordöstlich  ziehende  Strasse,  bis  zum  Limes  ohne  Zweifel  gleich  einer  Menge  Hoch-  und  hoher  Strassen  ein 
Römerwerk,  heisst  bei  Hansseimann  II  tab.  II  »hohe  Strasse«;  die  zwischen  beiden  Bürgen  ziehende  da- 


/ 


v-:'-^- 


.:a-P-. 


'i 


f  -. 


'^1^ 


^:i^ji  *v»::^*Li»^r2s.^'iii^  "Vsfc' 


■  ?.v: 


•       V  23 

Ostgrenze  ist  durch  einen  ziemlich  tiefen  Graben  theilweise  noch  bezeichnet;  er  geht  von 
Nord  nach  Süd  parallel  mit  der  »alten  Strasse«  und  dem  Westrande  der  Obern  Bürg,  und 
mit  ihm  hört  die  Benennung  «Obere  Bürg«  gegen  Osten  auf.  Die  Südgrenze  wird  wohl 
eine  Fortsetzung  des  Südrands  der  Untern  Bürg  gewesen  und  bei  der  Anlegung  der  mittel- 
alterlichen Stadt  der  vorhandene  Römergraben  als  nördlicher  Stadtgraben  ausgebeutet 
und    vergrössert   worden   sein;    aus    den    Ruinen   des    römischen    Bollwerks    wurde    ein 

Haag. 

Auch  auf  der  Obern  Bürg,  beziehungsweise  dem  dazu  gehörigen  Theil  des  Wallreffens 
entdeckte  man  Wohnungen  mit  unterirdischer  Heizung,  etliche  Gräber,  gepflasterte  Wege, 
Vasen  und  andere  Geräthe,  darunter  den  oberen  Theil  eines  eisernen  Helmes  mit  Kamm, 
identisch  mit  dem  von  Niederbieber  (abgebildet  bei  Lindenschmit,  Alterth.  unserer  heidn. 
Vorzeit  I,  IX  5,  2),  wo,  wie  oben  bemerkt,  ebenfalls  Limitanei  und  Brittonen  lagen.  Ferner 
werden  erwähnt  eine  bronzene  Frauenarmspange  in  der  so  beliebten  Form  einer  Schlange, 
die  sich  in  den  Schwanz  beisst:  fast  einen  Fuss  lange  bronzene  Haarnadeln;  eine  Art 
Bronzemosaik.  1)  Ganz  besonders  interessant  aber  waren  die  mancherlei  Gegenstände  der 
Kunst  und  des  Cultus,  welche  hier  in  südöstlicher  Gegend  beim  Eisenbahnbau  gefunden 
wurden.  Sie  zeugen  von  einem  namhaften  Sinn  und  Talent  für  Sculptur,  wie  man  sie  in 
diesem  entlegenen  Winkel  des  römischen  Reichs  niemals  gesucht  hätte.  Zwei  steinerne 
Minervenstatuen,  leider  der  Köpfe  und  Arme  beraubt,  gehören  entschieden  zum  schönsten, 
was  überhaupt  die  Römer  in  Süddeutschland  hervorgebracht  haben.  Sie  sind  im  Königl. 
Württemb.  Lapidarium  zu  Stuttgart  aufgestellt,  nr.  143  und  144.  Nr.  143,  3'  4"  hoch,  ist 
recht  hübsch  und  auch  von  hinten  ausgeführt.  In  hoher  schlanker  Gestalt  steht  die  Göttin, 
als  Königin  der  Schlachten  aufgefasst,  und  sicher  einst  mit  Lanze,  Schild  und  Helm  be- 
wehrt, vor  unsern  Augen,  mit  nur  zu  reich,  doch  schön  drapiertem  Gewände  bekleidet: 
auf  dem  glatten  Brustharnisch  das  grinsende  Gorgoneion.  Vom  Schilde,  auf  dem  die  linke 
Hand  wohl  ruhte,  ist  noch  ein  Stück  erhalten ;  der  rechte  Arm  war  einst  erhoben  und  hielt 
majestätisch  den  Speer.  Von  der  Inschrift  am  Sockel  sind  bloss  die  Buchstaben  H  •  D  noch 
übrig.  Das  Material  ist  bei  dieser  Statue  wie  bei  den  sonstigen  Steinbildern  und  Inschrif- 
tentafeln des  Vicus  ein  sehr  feinkörniger  gelber  Sandstein,  wie  er  in  der  Umgegend  bricht 
und  auch  zu  den  römischen  Denkmälern  von  Heidelberg,  Ladenburg,  Osterburken  u.  s.  w. 
besonders  gerne  benützt  wurde.^)     Die  zweite  kleinere  und  etwas  gedrungenere  Minerven- 


gegen  »alte  Strasse«.  Da  beide  ganz  verschiedene  Richtungen  haben,  hielt  ich  es  für  besser,  sie  durch 
Festhalten  an  diesen  überlieferten  Namen  zu  unterscheiden,  als  die  ostnordöstlich  ziehende  Strasse  eben- 
falls »alte  Strasse«  zu  heissen,  wie  die  amtliche  Flurkarte  thut. 

1)  Armspange  und  Haarnadeln  gefunden  nach  Aussage  der  Frau  Diakonus  Böckheler;  die  Arm- 
spange wanderte  (nach  Kaufmann  Reinhardt)  durch  Judenvermittlung  nach  Mainz,  üeberhaupt  sind 
die  meisten  kleineren  Gegenstände,  welche  beim  Eisenbahnbau  hier  gefunden  wurden,  Vasenfragmente 
u.  B.  w.  elend  wieder  verschleudert  worden.  Ein  Stückchen  der  Bronzemosaik  besitzt  Herr  Diakonus 
Böckheler.  Eine  ganz  gleiche  Schlangenarmspange  und  Haarnadeln  hat  mau  auch  zu  Niederbieber  aus- 
gegraben, Dorow,  röm.  Alterthümer  in  und  um  Neuwied  S.  69.  144. 

2)  Vgl.  Correspondenzblatt  der  deutschen  Alterthumsvereine  XVI  1868,  8  S.  64.  Sprechend  ähn- 
lich ist  die  gleichfalls  köpf-  und  armlose  Minervenstatuette  aus  Kalktuff,   gefunden  in  den  alten  Stein- 


m 


<■  \- 


■•V».  »s«ijift'«sft,«»  vki  r--.'  ■.■ 


y 


24 


Statue  2'  7"  1'"  hoch,  nr.  144,  zeichnet  sich  vor  der  grösseren  durch  freie,  ungezwungene 
Haltung  und  durch  schönen  natürlichen  Faltenwurf  sehr  zu  ihrem  Vortheil  aus  und  ver- 
dient gewiss  die  ihr  gewordene  Ehre  phototypisch  dargestellt  zu  werden,  um  so  mehr  als 
ihr  bisheriges  Bild  (in  den  Heften  des  württemb.  Alterthumsvereins)  sehr  zu  ihren  Ungun- 
sten von  der  Wahrheit  abweicht.  Diese  Statue  ist  hinten  nicht  ausgeführt  und  stand  somit 
an  die  Wand  wahrscheinlich  eines  Tempels  gelehnt,  zu  dem  einst  die  am  gleichen  Platze  ge- 
fundenen Säulentrümmer  (Stuttg.  Lapidarium  nr.  111—114)  gehörten.  Die  im  Facsimile  im 
C.  I.  Rhen.  nr.  1561  und  bei  der  obenerwähnten  Abbildung  in  den  Jahresheften  des  württ. 
Alterthumsvereins,  am  genauesten  aber  auf  unsrer  Taf.  II  mitgetheilte  Inschrift  an  der 
Basis  der  Statue  sagt:  in  honorem  domus  divinae  Signum  Minervae  suo  impendio  restituit 
Faustius  Faventinus  ^  quaestor  Lupo  et  Maximo  consulibus  =  232  nach  Chr.  Auch  der 
behelmte  Kopf  einer  Minerva  aus  Bronze  (Stuttgarter  Antiquarium  nr.  212,  gut  abgebildet 
bei  Lindenschmit,  heidn.  Vorzeit  II,  XI  2,  6  und  auf  unserer  Tafel  IV  2)  wurde  daselbst  ge- 
funden: ein  Werk  etrurisch-alterthümlichen  Stiles,  also  zusammenzustellen  mit  den  im 
Festprogramm  von  1870  durch  aus'm  Weerth  behandelten  etruskisirenden  Bronzestücken 
aus  Wald-Algesheim.  Der  Kopf  ist  ohne  hintere  Hälfte  maskenartig  abgeschnitten,  wie  es 
bei  bronzenem  Wand-  und  Altarschmuck  oft  der  Fall  ist,  vgl.  besonders  den  bronzenen 
Stierschädel  von  Hochmauren  bei  Rotweil  (in  der  Rotweiler  Sammlung)  und  (weiter  unten) 
die  Amazone  von  Jagsthausen.  Von  einem  Bruchstück  einer  Bronzestatue  zu  reden  (Lin- 
denschmit, heidn.  Vorzeit  II,  XI  2,  6)  ist  ganz  unrichtig.  Das  Stück  ist  vielmehr  vollständig 
in  seiner  ursprünglichen  Gestalt  erhalten,  nur  von  der  Nase  ist  ein  Theil  abgebrochen. 
Auf  dem  dargestellten  Helmstück  erblickt  man  eine  Wiederholung  des  Gesichts  der  Göttin ; 

sie  trägt  also  einen  der  Bildung  des  Gesichts  entsprechenden  Visirhelm,  wie  ein  solcher 
Z.  B.  bei  Wildberg  gefunden  und  in  den  Schriften  des  württ.  Alterthumsvereins  Bd.  II  1, 
S.  53  veröffentlicht  worden  ist.  Uebrigens  ist  bei  unserm  Minervenkopf  die  Idee  des  Visir- 
helms  nicht  ganz  richtig  durchgeführt,  aber  unverkennbar  angedeutet,  wie  man  namentlich 
aus  der  Profilzeichnung  bei  Lindenschmit  a.  a.  0.  fig.  6  b  sehen  kann.  Sehr  ähnhch  ist 
der  Minervenkopf  aus  Stein  von  Fliessem  unfern  Trier,  abgebildet  Jahrb.  des  Alterthumsv. 
im  Rheinl.  IV  tab.  VIII  9,  mit  ganz  gleichem  knöpf-  und  kammlosen  Visirhelm,  der  im 
Verhältniss  zum  Kopf  ebenfalls  zu  klein  scheint.    Unser  Oehringer  Minervenkopf  ist  jedoch 


« ..■■.  • 


,,    .'"jtf . 


brüchen  zu  Blaidt  bei  Andernach,   abgebildet  Jahrb.  des  Alterthumsv.  im  Rheinl.  XVIII  tab.  II;  beson- 
ders ähnlich  erscheint  die  Profilansicht  von  der  rechten  Seite. 

1)  Die  mit  der  römischen  Vorliebe  für  allitterierende  Namen  harmonierende  Form  Faventinus  (ein 
auch  sonst  im  mittleren  Rheinland  gebräuchlicher  Name,  so  bei  Zahlbach  [Mainz]  C.  I.  Rhen.  nr.  1237, 
zu  Speyer  C.  I.  Bhen.  nr.  1804,  zu  Heddernheim,  Töpferstempel  bei  Fröhner,  inscr.  terr.  coctae  nr.  1070. 
geschrieben  ^^ITINVS  ^^*  "^^"^  jeden  Zweifel  erhaben,  wie  man  auf  unserer  phototypischen  Dar- 
stellung mit  dem  Vergrösserungsglas  untersuchen  kann.  Ich  führe  dies  an,  weil  der  neueste  Heraus- 
geber der  Inschrift,  Hang,  in  der  Zeitschr.  des  bist.  Vereins  für  württ,  Franken  1871  S.  45,  Aventinus 
liest.  Der  Stein  ist  überhaupt  so  sorgfältig  gemeisselt,  dass  alle  Buchstabenformen  aufs  deutlichste  er- 
kennbar sind. 


.(.V 


:K  •■■■'/' 


■•■  V  ^-i.  ■ 


"^ut   \.^i\\* 


/i^' 


/■-.  i 


:  \: 


■:--..-\-'l\-^'-i:'\ 


■  • «.  ■■  •  •  . 


::^>. 


':4'- 


■«:>  • 


'% 


•*■: 


■^■i- 


t.;.- 


§t'' 


■  ,  J^'-i->  >-  ^ 


25 


entschieden  von  besserer  Arbeit  als  der  von  Fliessem.  Die  Göttin  des  Kriegs  und  der  Industrie  stand 
in  ausnehmend  hohem  officiellem  Ansehen.  Sie  erscheint  auf  den  Münzen  von  Domitian,  Cenmiodus 
und  Geta  (Haller,  Helvetien  unter  den  Römern  II 156),  und  Manlius  Statianus  betete  im  Senat  zur 
Zeit  des  Probus :  » Juppiter  optime  maxime,  Juno  regina  tuque  virtutum  praesul  Minerva,  tu 
orbis  Concordia  et  tu  Romana  Victoria,  date  hoc  senatui  populoque  Romano,  date  militibus,  date 
sociis  atque  exteris  nationibus:  imperet  quemadmodum  militavit!  (Vopisc.  Prob.  c.  12,  7)«; 
mit  welchen  Worten  der  vierseitige  Altar  von  Nussdorf  in  der  Pfalz  zu  vergleichen  ist,  wo 
Juppiter,  Juno,  Minerva  und  Hercules  abgebildet  erscheinen  (Hefner,  röm.  Bayern  ^  nr.  18 
S.  302).  Die  Göttin  der  Kriegskunst  wurde  am  ganzen  Limes  und  überall  in  dem  von 
römischen  Soldaten  wimmelnden  Württemberg  (bei  Canstatt,  Rottenburg,  Köngen,  Burg- 
stall 0/A.  Marbach,  Conweiler  0/A.  Neuenbürg,  Zazenhausen  und  sonst)  mit  auffallender 
Vorliebe  verehrt  und  die  Zahl  der  von  ihr  vorhandenen  Statuen,  Statuetten  und  Reliefs  in 
Stein  und  Bronze  steht,  wenn  ich  nicht  irre,  nur  den  Mercurdarstellungen  nach.  Ob  sie 
sich  wie  Mercur  mit  einer  verwandten  keltischen  Gottheit  verbunden  hat  (histor.  Verein  von 
St.  Gallen,  die  Schweiz  unter  den  Römern  S.  11),  ist  mir  zweifelhaft,  so  lange  kein  kelti- 
scher Beiname  der  Göttin  entdeckt  wird.  —  Sehr  merkwürdig  ist  auch  das  in  eben  der 
Gegend  des  Vicus  gefundene  Eponarelief,  von  hübscher  Arbeit  und  wohl  aus  der  gleichen  Künstler- 
werkstatt stammend  wie  die  Minerven.  Auch  dieser  Göttin  ist  offenbar  von  den  einstürmenden 
Alamannen  der  Kopf  abgeschlagen  worden.  Wie  immer  in  langem  Gewände  thront  sie  majestä- 
tisch in  der  Mitte,  auf  dem  Schoosse,  wie  es  scheint,  einst  ein  Körbchen  mit  Blumen  [so  die  Epona 
von  Luxemburg,  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  III  50]  oder  Früchten*  haltend,  während 
nach  rechts  und  nach  links  je  zwei  Pferde  von  ihr  wegschreiten  —  die  nach  rechts  weg- 
schreitenden sind  übrigens  ziemlich  zerstört;  ausserdem  leidet  das  Relief  an  einer  Verzeich- 
nung, wie  mau  sagt,  welche  der  Bildhauer  verschuldet  hat;  die  Pferde  laufen  einander 
eigentlich  mitten  durch  den  Leib.  Wir  haben  das  Kunstwerk  zum  erstenmal  abgebildet 
Taf.  IIL,  das  Original  befindet  sich  im  Stuttgarter  Lapidarium  nr.  129.  Die  Pferde  haben 
wie  auf  dem  Relief  von  Beihingen  und  auf  einem  württembergischen  Vasenbild  des  Töpfers 
Comitialis  (Paulus'sche  Privatsamml.  nr.  67)  etwas  plumpe  Körperformen.  Es  scheint,  dass 
die  im  Decumatland  ureigenthümliche  Pferdera^e,  von  welcher  man  3  Kiefer  an  der  Schussen- 
quelle  gefunden  hat,  keineswegs  von  schöner  Gestalt  gewesen  ist.  Was  die  Composition 
unsres  Oehringer  Reliefs  betrifft,  so  erscheint  Epona  gerade  so,  mit  Pferden,  die  nach  rechts 
und  links  von  ihr  wegschreiten,  auch  sonst,  z.  B.  im  Mutterlande  unsrer  Helvetier  auf  dem 
Relief  von  Muri  im  Aargau  (Haller,  Helvetien  unter  den  Römern  II  536).  Epona,  die  kel- 
tische') Göttin  der  Pferde,  Esel  und  Maulthiere,  war  namentlich  bei  den  Soldaten  der 
Kaiserzeit  eine  der  populärsten  und  gefeiertsten  2)  Gottheiten.  Auch  gerade  von  der  in 
Oehriugen  vertretenen  XXII.  Legion  existirt   noch  ein   Denkmal  aus   der  Zeit   Heliogabals, 


«-*■(.  'f. 


1)  Kambrisch  ebol  =  Füllen,  Bacmeister,  alemann.  Wanderungen  78 ;  hinsichtlich  der  Endung  vgl. 
Divona,  Axona,  MatriJna  (jetzt  Marne),  Carantonus  u.  a- 

2)  Das  geht  u.  a.  aus  dem  Ehrenbeiwort  mater,  MA  in  der  Solothumer   Inschrift,   hervor.     Auch 
hiess  die  Gemahlin  des  Julius  Sabinus  Eponina.  <" 


'.■     -^' 


■V*. ;,  V^ 


•■-   .Vs 


'>■".'■■  ''.>^^-  ■- •'■ '  '••■*^^; 


:t^-'-ri    ici^'tf!^ 


'-**■»' 


;v^K-.^>a-->v^,,l^, 


,:.:>irv,':,.'- 


■■^■}w^-^r.yx'-  ••'.:, 


>^^'%. 


'  -KV.:? 


:>>  ■  J 


•  I.      >,»■ 


//. 


N  -..- 


'T-V 


% .       ■ 

'  '.■■  \ 


ü. 


•;   A 


Ir 


i'?'   ■- 


-i.4^^ 
'■«ü    • 


.  V 

■  ''■>■■  S,  ■" 


y 


V  - 


26 


.:;  ;_r  .Mri  •^^  . 


r  ..  N- 


■,  >•:    v^:.  ,. 


•."  ■   '.','• 


.?'.•„■».     -:<   i/ 


das  im  Vicus  Salodurum  d.  i.  zu  Solothurn  gefunden  wurde  (Haller,  Helvetien  unter  den 
Römern  I  211.  II  362);  desgleichen  ward  ein  Eponarelief  zu  Heddernheim  am  Limes  aus- 
gegraben, wo  wie  in  Oehringen  Brittonen  lagerten,  J.  Becker,  die  Heddernheimer  Votivhand 
S.  6.  Ueberhaupt  aber  finden  sich  ihre  Denkmäler  in  Ungarn  (acta  literaria  musei  nat. 
Hung.  Budae  1818  p.  295),  Oberitalien,  Noricura,  Vindelicien,  Helvetien,  dem  Decumatland, 
Gallia  Belgica  (C.  I.  Rhen.  nr.  864.  865)  und  Britannien  (cf.  Hessel,  thesaur.  inscript.  prae- 
fat. ;  Wiener  Jahrbuch.  Anzeigeblatt  Bd.  108  S.  69.  70.  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl. 
VIII  131).  Apuleius  erzählt,  dass  er  in  einem  Stalle  ihr  Bild  mit  frischen  Rosenkränzen 
geschmückt  gesehen  habe  (Apulei.  metam.  III.  p.  225  Oudend.).  Auch  im  Vicus  Aurelii  wird 
das  Bild  der  stall-  und  pferdesegnenden  Göttin  sich  ähnlicher  Ehren  erfreut  haben.  Ausser 
einer  Trankspende  wurden  ihr  Schweine  geopfert.  Das  ersieht  man  aus  dem  Eponai'elief 
von  Beihingen  bei  Marbach  (Stuttg.  Lapidar,  nr.  60),  dessen  obere  Hälfte  die  Göttin  von 
drei  Pferden  zur  linken  und  vier  zur  rechten  umgeben  zeigt,  mit  beiden  Händen  eine  Kugel 
haltend;  in  der  unteren  Hälfte  fährt  auf  vicrräderigem  Wagen  ein  Mann  mit  drei  Rossen: 
rechts  davon  ist  eine  Opferscene:  der  Priester  steht  vor  dem  Altar,  hinter  ihm  erblicken 
wir  den  Opferkrug  und  ein  Diener  schleppt  das  Schwein  herbei,  das  geschlachtet  werden 
soll.  —  Ausser  den  Minerven  und  der  Epona  hat  man  am  südöstlichen  Ende  der  Oberen 
Bürg  den  arg  verstümmelten  Torso  eines  Genius,  mit  dem  Ansatz  eines  Füllhorns  (Stuttg. 
Lapidar,  nr.  130),  sowie  eine  Hand  (Lapidar,  nr.  115)  und  den  Huf  eines  Pferdes  aus  Sand- 
stein (Lapidar,  nr.  116),  letzteren  von  ansehnlicher  Grösse,  ausgegraben:  nebst  den  Säulen- 
resten ein  Beweis,  wie  viele  schätzbare  Sculpturwerke  in  dieser  Tempelgegend  des  Vicus 
durch  die  bösen  Feinde  und  den  Zahn  der  Zeit  zerstört  worden  sind,  theils  auch,  wenigstens 
fragmentarisch,  noch  unter  dem  Boden  stecken  mögen.  Und  wer  wollte  zweifeln,  dass  auch 
die  Umgegend  sich  den  Fleiss  und  das  Talent  der  hiesigen  Künstler  möglichst  zu  Nutzen 
machte  und  mit  den  Schöpfungen  ihrer  Hände  Gelübde  löste  und  Tempel  und  Haine 
schmückte?  So  finden  wir  in  dem  drei  Stunden  nördlich  von  der  Stadt  am  Limes  gelegenen 
Jagsthausen  allerlei  Kunstwerke  in  Bronze  und  Stein,  die  vermuthlich  zum  TheilOehringer  Werk- 
stätten entstammten.  Fast  ebenso  weit  westlich  von  der  Stadt  liegt  das  Dorf  Hölzern,  in 
dessen  vor  Alter  abgegangener  Kirche  einstzweirömischeSteinreliefs  eingemauert  waren.  Das  eine 
gieng  beim  Abbruch  der  Kirche  verloren,  das  andere  wurde  in  das  Stuttgarter  Lapidarium 
gebracht  (nr.  120).  Es  enthält  in  vier  Abtheilungen  einen  Cyclus  mythologischer  Scenen,  lei- 
der bis  zur  Unkenntlichkeit  verwittert.  Der  auf  allen  vier  Feldern  auftretende  jugendliche 
Held  —  ohne  Löwenfell  —  scheint  im  dritten  .Feld  einen  erlegten  Eber  zu  schleppen. 
Und  eine  starke  Stunde  südlich  von  hier  entdeckte  man  einst  im  Walde,  nach  der  Volks- 
tradition beim  oder  gar  im  Buchhorner  See  0,  einen  merkwürdigen,  sehr  hübsch  gearbeiteten 


'    4    i- 


V.:. 


■|  ■ 


*'H 


1)  Hansseimann,  Beweiss  etc.  I  73:  ».  .  .  der  .  .  .  Stein  .  .  .,  welcher  vor  Alters  allernäohst  bey 
diesem  Ort  [»Untern  Haimbach«]  im  Wald  aufgerichtet,  hernach  aber  anfänglich  an  der  Seiten  dasiger 
Kirchen  eingemauert  gewesen,  weil  er,  wegen  seiner  Grösse,  bequem  zum  mauren.«  I  212:  ».  .  .  der 
ohnweit  .  .  .  Windischen-Bach  im  Wald  an  einem  Bach  gefundene  —  nach  Untern  Haimbach  transpor- 
tirte  .  .  .  Stein.«     Unweit  der  Stelle,  wo  er  hiemach  gefunden   worden  sein  muss,  ist  ein  »Frauenberg« 


■^*^ 


'■■',-      - 


".       '■  ■  ■       ''■'"■»    ';■  '-   .  •.  ■'  ■■'.:■'    ■'         ••'••'••;-'■»".■-.'.. 


■ '  •-■ 


'■'-•'-.  ■   ■'\ 


■^    .  «j  -.:•    5 


'i-'^A'i- 


:  ;.'.:.>,V. 


^'x.-fV..  ^%^:.^ 


27 


.■:,ÄA 


:\-  • 

'  i- 

-  >■-■  -  . 

;5.*^ 

.'  '         .  . 

V..     .  . 

.  ■♦.    •• 

.^:^:rv,- 

.    -  .     »  - 

'■x::"-i. 

ff  ■     ■■■-"'■  ■  - . 

*  , 

^    ■■-.  i      -.  ; 

/Y.-.' 

'-/■  ''^/ 

'■*>'■ '.  ■ " 

*Ä .' '  ' 

■.  t  > 

.  ■!>■■'  S 

^^'.^>:.'' 


Nymphenstein,  der  jetztaussen  an  der  Kirche  von  Unterheirabacheingemauertist,  schlecht  abge- 
bildet bei  Hansseimann  Bew.  etc.  I  tab.  X.,  richtiger  bei  uns  Taf.  III 2.  Das  Bild  ist  von  gelbem  Sand- 
stein 1,66  m.  breit,  0,895  m.  hoch.  Wir  sehen  drei  schöne  weibliche  Gestalten  neben  einander 
sitzen;  die  anmuthigen  Gesichtszüge  durch  die  Unbill  der  Zeiten  leider  zerstört ;  um  die  un- 
teren Theile  der  Schenkel  ein  schmales  Tuch  nachlässig  geschlungen ;  jede  hält  in  der  Rech- 
ten einen  Schilfstengel  und  hat  den  Kopf  mit  einem  Kranz  umwunden ;  über  ihnen  in  der 
Mitte  sind  zwei  Seepferde  ausgehaueu.  Keine  Frage,  dass  der  klassische  Künstler,  der  das 
Original  dieses  Reliefs  schuf,  drei  Nymphen  des  Meeres  und  nicht  die  keltischen  drei  Müt- 
ter darstellen  wollte.  0  Aber  hier  im  Binnenland,  bei  unsem  keltischen  Soldaten  dachte 
mau  sicherlich  bei  diesem  Bildwerk  an  nichts  anderes  als  an  die  viel  gefeierten  und  gefürch- 
teten drei  Mütter, 2)  die  den  ganzen  Limes  entlang  und  in  der  Schweiz  und  in  Brittannien ') 
mit  besonderer  Auszeichnung  verehrt  wurden.  Sie  treten  auch  in  zwei  ßeckinger  Inschrif- 
ten C.  I.  Rh.  1586  als  senonische  Mütter  (Senonibus  Matronis  cohors  prima  Helvetiorum) 
und  C.  I.  Rh.  1585  als  Feldgöttinnen,  Campestres,  auf,  und  gerade  unter  dem  Namen  Cam- 
pestres  sehen  wir  sie  zugleich  mit  der  Epona  auf  der  Limpurg  bei  Pföring  unfern  Ingol- 
stadt von  den  römischen  Grenzsoldaten  verehrt  (Hefner,  röm.  Bayern  nr.  CXIV).  Es  sind 
drei  Feen,  die  sich  bald  segnend,  bald  furchtbar  zeigen,  heute  im  unheimlichen  Schauer 
des  Waldes,  morgen  im  Erntesegen  des  Ackerfelds.  Wer  sie  schaut,  dem  bekommt  es  übel 
(Malvisae  in  einer  Cölner  Inschrift  C.  I.  Rh.  362);  aber  in  der  Stille  schaffen  und  wirken 
sie  all  das  Gute,  was  die  Natur  uns  spendet,  in  W^ald  (daher  Suleviae  C.  I.  Rh.  673,  Sule- 
vae  Hefner,  röm.  Bayern  nr.  CVII;  Sulfae  Haller,  Helvet.  unter  den  Römern  II  326)  und 
Auen  (Campestres  C.  I.  Rh.  1596;   Hefner,  röm.  Bayern   ^   S.  12),  vom  Frühhng  bis  zum 


-.-;v  ,  ■: 


—  von  einer  Liebfrauen(Marien)kapelle  darauf  ist  nicht  die  leiseste  Spur  erhalten.  Die  amtliche 
0.  A.  Beschreibung  von  Weinsberg  S.  129  behauptet,  dass  der  Stein  der  Sage  nach  aus  dem  Sallen- 
walde  oder  den  Sallenäckern  stamme.  Meinen  Erkundigungen  nach  vv-eiss  »das  Volke  von  einer  solchen  Sage 
nichts.  Wahrscheinlich  beruht  sie  auf  Erfindung  eines  alten  Pfarrers,  der  die  mittelalterlichen  zu  der 
nahen  Schlossruine  gehörigen  Trümmer  in  den  Salläckern  mit  dem  römischen  Stein  in  willkürliche  Be- 
ziehung brachte  und  anderes  gleich  werthlose  erträumte. 

1)  Denn  diese  pflegen  ganz  matronenhaft  gekleidet  zu  sein  und  die  zwei,  welche  zu  äusserst  sitzen, 
haben  regelmässig  ungeheure  turbanartige  Hauben  oder  Wülste  als  Kopfbedeckung,  sehr  ähnlich  der 
Tracht  der  Baueruweiber  in  vielen  Gegenden  Europas.  Vgl.  die  Abbildungen  der  Matronensteine  von 
Mannheim  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XII  tab.  II,  von  Bonn  XII  tab.  I,  von  SoUer  bei  Zülpich 
XX  tab.  I,  von  «Müddersheim«  XX  tab.  III. 

2)  Zu  vergleichen  ist  vor  allem  der  den  Nymphen  von  den  triputiensischen  Brittonen  bei  Amor- 
bach gesetzte  Altar:  welchen  wie  es  scheint  de  Wal  in  seinem  mir  nicht  vorliegenden  Buche  Moederg.  171 
ebenfalls  auf  die  Matres  bezieht.  Auch  zu  Titmanning  in  Oberbaj'eru  finden  wir  eine  Ära  der  Nymphen 
Hefner,  röm.  Bayern  nr.  C  S.  93.  Zu  Castel  bei  Mainz  waren  2  Altäre  deabus  Nymphis  (nr.  1328  Njrm- 
fis)  errichtet  C.  I.  Rh.  nr.  1328.  1329.  Bei  Hipfelsberg  zwischen  Ennetach  und  Scheer  unfern  des  rechten 
Donauufers  fand  man  einen  »Apolini  Granno  et  Nimphisc  geweihten  Altar,  v.  Gok,  röm.  Alterthüm.  und 
Heerstrassen  S.  116. 

3)  Z.  B.  ein  Matronenstein  von  Lausanne.  Haller,  Helvet.  unter  den  Römern  II 326,  und  einer  von 
Netherby  in  Cumberland  citirt  ebendas.  II  327. 


»•^.  " '■  ■ '." 


•■  i^:^^ /^ii^jg^^Aä&^-a^^iw-^/v u:.>^-:;.  -'i  -.■•;;> *;;!:■; 


i■^v<;^;?^  Y. 


■'  r  ,-S*ttf  '-l'ü'Jtni  '■ 


>. 


.'J*-.'.' 


^Z .; 


'■,'"! 


<  . 


1   ,'  . 


-  ■«.■,'  ■ 

-   'V 

■■-'  ■  >■" 

.  / 

fy-^' 

■»._:■ 

/ 

i : 

,-\\.' /  • 

.?  ■ 

'.,«.y 

■*' ' 

^. ,  ■ . 

■■^-  >  * 

fc  ^ . , ' 

^'  ,        ' 

«.*'-. 

n.  '.-  ^ 

0 

'^.^''--  ..^ 

j  .*■■ 

1  *-                  . 

Hi- 

j 

■■■■V 

'     *      •  . 

w 

V 

/ 

'p  ■ 

i'--  ,-:V"' 

,**;•> 
^t/. 

''•'-"'*■/ 

i 

-v\'  '^i  ■  .  ' 

,  -4 

*-*.■■. 

"1 

■^^-■'Y'" 


^  -■■■.*.■■■■.■?.  ^ 


28 


^  -■ 


Herbst.  Das  Volk  von  Unterheimbach  erzählt,  dass  es  noch  jetzt  an  jenem  Steine  nicht  ge- 
heuer sei,  dass  die  Frauen  bei  Nacht  kommen  und  besonders  den  spinnenden  Mädchen 
bei  der  Arbeit  helfen.  Diess  habe  ich  selbst  aus  dem  Munde  der  Leute  gehört;  und  der 
Schultheiss  bestätigte  mir,  dass  diess  der  Glaube  der  »ganz  alten  Leute«  sei.  Wenn  man 
sich  erinnert,  wie  geneigt  der  grosse  Haufe  ist,  ein  Bildwerk  nach  seinen  eigenen  religiösen 
.  Anschauungen  zu  deuten,  wie  Maria  und  das  Christuskind,  Kain  und  Abel,  der  heil.  Christoph 
u.  a.  von  unsern  Bauern  in  der  Glyptothek  und  auf  der  Wilhelmshöhe  wiedergefunden 
werden,  wer  möchte  da  zweifeln,  dass  unsre  keltischen  Soldaten  nicht  in  jenen  drei 
Nymphen  die  hehren  Göttinnen  ihrer  Heimath  wiederfanden  und  andächtig  verehrten? 
.  Werden  doch  sonst  auch  die  Mütter  dargestellt  als  drei  neben  einander  sitzende  Göttinnen, 
mit  Zweigen,  Aehren,  Früchten  u.  dgl.,  so  auf  dem  Relief  von  Zazenhausen  in  Württemberg 
(Stuttg.  Lapidar,  nr.  50).  Und  selbst  die  Parcen  sind  um  dieser  drei  keltischen  Mütter 
willen  im  römischen  Bayern  zum  Gegenstand  des  Cultus  geworden  (^Hefner,  römisch.  Bayern 
nr.  XCV). 

Noch  zwei  andere  keltische  Götter,  die  wir  in  Beckingen  treffen,  dürfen  oder  müssen  wir 
im  Vicus  Aurelii  als  verehrt  voraussetzen :  den  Mars  Caturix  (von  Chorges  unweit  Embrun) 
C.  L  Kh.  1588  und  den  Gott  Taranucnus  C.  I.  Rh.  1589.  Sodann  müssen  wir  auch  den 
zu  Beckingen  C.  L  Rben.  1583.  1592  bezeugten  Fortunacultus,  sowie  den  Dienst  des  gros- 
sen Keltengottes  Mercur  (Beckinger  Inschrift  nr.  1591)  für  unsern  Vicus  in  Anspruch  neh- 
men. Denn  auch  sonst  im  Decumatland  (Stalin,  württemb.  Geschichte  1 109)  und  am  Limes 
(so  zu  Abbach  bei  Regensburg  die  auch  in  Beckingen  verehrte  Fortuna  redux,  Inschrift  vom 
J.  232  Hefner,  röm.  Bayern  nr.  LXI ;  zu  Obernburg  C.  I.  Rh.  1747  und  zu  Aschaffenburg 
Hefner,  röm.  Bayern  nr.  41  —  beides  Stationen  der  XXII.  Legion)  und  von  den  Brittonen 
(vgl.  das  brittonische  Opferdenk  mal  von  Eining,  Hefner,  röm.  Bayern  ^  S.  48  und  bei 
Aschaff^enburg  lagen  auch  Brittonen  C.  I.  Rh.  1751.  1757)  ward  Fortuna,  diese  Lieblings- 
göttin der  Soldaten  aller  Zeiten,  mit  Gebet  und  Opfer  geehrt,  und  für  Oehringen  bezeugt  uns 
diess  ausdrücklich  das  einst  von  Hansseimann  ausgegrabene,  jetzt  zu  Kirchberg  befindliche 
Sandsteinfragment  eines  Flachbildes,  auf  welchem  wie  von  einem  Rahmen  eingefasst  Fortuna 
mit  dem  Steuerruder  in  Vs  Lebensgrösse  zu  schauen  war;  erhalten  ist  von  dem  einst  hüb- 
schen Bilde  bloss  das  Steuerruder  und  der  unterste  Theil  des  rechten  Fusses,  ganz  gleich 
ist  die  Reliefdarstellung  der  Göttin  auf  dem  Brittonendenkmal  von  Eining.  Mercur  aber, 
der  Gott  des  Handels  und  Geldmachens ,  kommt  in  den  keltisch  -  römischen  Grenzlän- 
dern auf  Bildwerken  und  Inschriften  ')  am  häufigsten  vor ;  überall  erhüben  sich  seine  Tem- 
pel (von  Bayern  allein  wissen  wir  6  Mercurtempel  aus  Inschriften:  zu  Augsburg  nebst 
einem  PriestercoUegiuni  von  Quindecimvirn  Hefner,  röm.  Bayern  nr.  XLVII,  zu  Regensburg 
Hefner,  röm.  Bayern  nr.  LX;  bei  Pföring  ibid.  nr.  LVIII;  am  Ufer  der  Schutter   bei  Ingol- 


Mcf 


H^ 


■  ■»•.  .*<^, 


;'**■ 


1)  Auf  Bildwerken  ist  der  Gott  mit  dem  Geldbeutel  und  etwa  noch  mit  Hahn  und  Bock  entschie- 
den am  häufigsten;  in  der  Zahl  der  Inschriften  steht  er  nur  Juppiter  nach  —  der  aber  bekanntlich  oft 
genug  bloss  honoris  causa  erwähnt  ist.  In  Bayern  z.  B.  finden  wir  Merkur  selbst  28  mal  und  seine 
Matter  Mala  2  mal,  Juppiter  36  mal  auf  Inschriften,  Hefner  1.  c.  S.  12. 


'V. 


']. 


i-l 


%■■-: 


-.^Vsf- 


»;  i*,:  ;'j.t.'*s\- 


•.%\  ;»;. 


\-<' 


'!> 


■>.■■  + 


Stadt  ibid.  nr.  XLVI;  zu  Ludenhausen  bei  Landsberg  ibid.  nr.  LXVII;  zu  Irgertsheim  Stalin, 
württemb.  Geschichte  I  S.  53)  und  vorzüglich  bestrebten  sich  die  Kaufleute  (negotiatores 
Hefner,  röm.  Bayern  nr.  LX),  den  grossen  Gott  des  Vermögens  (Mercurius  Censualis  auf 
obiger  Regensburger  Inschrift),  des  Wechsclgeschäfts  (Mercurius  Cambus  auf  dem  Denkmal 
von  Impflingen  bei  Landau  Hefner,  röm.  Bayern  nr.  LXVI)  und  überhaupt  der  Kaufmann- 
schaft (Mercurius  Negotiator  auf  einem  Stein  zu  Metz  Murat.  vol.  I  p.  49.  8)  sich  gnädig 
zu  stimmen.  Und  einigen  Verkehr,  wenigstens  mit  Salz  (vgl.  S.  12),  *)  wohl  auch  mit  Ar- 
beiten in  Sandstein,  mit  Töpferwaaren,  Pelzwerk  und  Gänsefedern  (vgl.  S.  14}  werden  wir 
für  den  Vicus  Aurelii  durchaus  annehmen  müssen. 

Ausser  den  die  Miuerven  betreffenden  Inschriften  hat  man  beim  Eisenbahnbau  1860/61 
einiges  andere  Epigraphische  auf  der  Obern  Bürg  ausgegraben,  nämlich  drei  fragmentarische 
Inschriften,  deren  Text  man  bei  Hang,  röm.  Inschriften  von  württemb.  Franken  S.  41 — 44. 
C.  I.  Rhen.  nr.  1558 — 60  nachlesen  möge.  Nr.  1558  wurde  am  1.  Sept.  169  gesetzt  und 
enthält  eine  Anzahl  Namen  von  Freigelassenen  und  ihren  Patronen,  wobei  besonders  das 
Vorkommen  des  aspirirten  keltischen  D,  DB,  merkwürdig  ist  (Haug  S.  41).  Einer  der  Frei- 
gelassenen, Namens  <(Ta)citus  scheint  sich  als  Arzt,  me^dicus)  zu  nennen.^)  Die  zweite 
Inschrift  nr.  1559  überliefert  uns,  dass  die  I.  Cohorte  der  Helvetier  und  die  Brittones  Aure- 
lianenses  für  das -Wohl  des  kaiserlichen  Hauses  der  Nemesis  (übrigens  bloss  SI  und  ein 
Theilchen  des  vorhergehenden  E  erhalten)  ein  Geschenk  —  wahrscheinlich  eine  Statue  — 
gewidmet  habe  und  zwar  unter  der  Statthalterschaft  des  Generals  Publius  Cornelius  A(nul- 
linus).  Die  hiesige  Garnison  stand  damals  unter  dem  Commando  eines  gewissen  Titus  oder 
Titius,  Ordonnanzoffiziers  des  Generals  und  ehemaligen  Auditors  (Excorniculars,  Haug  S.  44). 
Ganz  ähnlich  lautet  die  trümmerhafte  Inschrift  nr.  1560,  Haug  S.  44,  auf  welcher  aber  die 
Gottheit,  welcher  sie  gilt,  noch  weniger  ermittelt  werden  kann.  Es  sind  bloss  die  Buch- 
staben DE  erhalten,  woraus  die  einen  Virodde,  andere  Iside,  noch  andere  deae  gemacht  haben. 

Der  Tempelplatz,  der  uns  zu  Betrachtungen  über  die  Religion  unserer  keltorömi- 
schen  Vicani  überhaupt  angeregt  hat,  lag,  wie  ben)erkt,  am  Westrande  der  Oberen  Bürg. 
Suchen  wir  von  da  in  einem  kleinen  Bogen  zu  unsrem  Ausgangspunkte,  dem  nahen  Bade 
am  Orendelstein,  zurückzukehren,  so  führt  uns  der  Weg  zunächst  über  einen  gräberreichen 
Friedhofplatz  auf  den  Gewendten  Lehmgrube  und  oberer  Orendelstein.  Man  hat  auch 
anderwärts  die  Bemerkung  gemacht,  dass  die  Begräbnisstätte  der  Soldaten  ausserhalb  der 


1)  Salz  wird  auf  der  mitten  durch  die  Oehringer  Bürgen  ziehenden,  also  sperrbaren,  Hochstrasse 
vom  Kocherthal  z.  B.  nach  der  Schweiz  ausgeführt  woi'den  sein,  da  letzteres  Land  keine  den  Römern 
bekannte  Salzwerke  besass  und  bei  der  ausgedehnten  Viehzucht  den  Artikel  unmöglich  entbehren  konnte. 
Haller,  Helvet.  unter  den  Römern  II  50. 

2)  Bei  dieser  gewöhnlichen  und  wohl  auch  richtigen  Interpretation  des  fragmentarischen  me  ver- 
bietet es  sich  von  selbst,  an  Sklaven  zn  denken,  wie  schon  geschehen  ist.  In  der  nicht  sehr  entfernten 
Limesfestung  Obernburg  hat  sich  der  Cohortenarzt  M.  Rubrius  Zosimus,  Freigelassener  eines  aus  der 
gens  Rubria,  durch  einen  Gelübdestein  verewigt,  Hefner,  röm.  Bayern  nr.  LXXII.  Medici  und  Profes- 
sores  neben  einander  finden  wir  erwähnt  auf  einem  Denkstein  zu  Aveutieur:!  C.  I.  L.  ed.  Orelli 
nr.  367. 


•**^^':^^ . 


Z' 


'^x£^M^^'Är^.•^l^^''r?vi^^vl^.;:vi^'4ixC::■■^^ 


/-:•■»<.■.•     / 


^    ■■■.    .  -  *    .  *:  •' 

'«■•.--  V-ie  ''^l,'  ■   .  ' 


.:«:■•• 


O  ^ 


rÄ: 


fe.^ 


rv- 


^•^ 


*• 


.'•.■■' .  ■ 


r 


30 


.•-••VT 


eigentlichen  Festungsthore  lag,  so  zu  Vindonissa, ')  Mainz  und  sonst.  Da  übrigens  dieser 
östliche  und  eigentliche  Begräbnissplatz  des  Vicus  Aurelii  nur  bei  Gelegenheit  des  Eisen- 
bahnbaues zufällig  um  eines  Bahneinschnitts  willen  theilweise  aufgegraben,  die  Resultate 
aber  weder  genügend  wissenschaftlich  untersucht  noch  aufgeschrieben  wurden,  so  konnte  ich 
nicht  viel  mehr  ermitteln,  als  dass  in  der  auf  dem  Plan  angegebenen  Ausdehnung  eine 
Menge  Asche  und  viele  Grablampen  und  Fragmente  von  anderen  Gefässen  aus  Thon  ge- 
funden wurden.  Ohne  Zweifel  würde  man  sowohl  nördlich  als  südlich  von  der  bezeichneten 
Linie  bei  tieferem  Nachgraben  auf  die  gleichen  Erscheinungen  stossen.  In  der  That  hat 
man  ein  wenig  südlich  davon  beim  Bau  eines  Hauses  ein  römisches  Grab  gefunden.  Nimmt 
man  die  von  Hansseimann  aufgedeckten  und  beschriebenen  Gräber  in  den  Gärten  und  an 
den  Gassen  der  Bürgen  hinzu  (Beweiss  etc.  I  39.  40.  H  120—124),  so  gelangt  mau  zu  fol- 
genden Resultaten.  Unterschiedlich,  wahrscheinlich  je  nach  dem  Wunsch  des  Verblichenen 
oder  nach  der  Sitte  der  Nationalität  oder  Familie,  begruben  unsere  Helvetier  und  Brittonen 
bald  den  unversehrten  Leichnam,  bald  verbrannten  sie  den  Todten  auf  einem  Holzstoss  und 
sammelten  Asche  und  Gebeine  in  eine  Urne.  Im  ersteren  Falle  fügten  sie  den  Grund  des 
Orabes  aus  Sandsteinplatten,  so  breit  und  so  lang,  dass  ein  Körper  darauf  Raum  hatte,  er- 
richteten an  allen  vier  Seiten  eine  kleine  Mauer,  übergössen  die  Steinplatten  innen  mit 
Kalk,  legten  den  Leichnam  hinein,  so  dass  er  nach  Norden  schaute,  ^)  gaben  ihm  eine  zier- 
liche thönerne  Grablampe,  3)  manchmal  auch  andere  Dinge,  die  dem  Todten  einst  im  Leben 
lieb  und  werth  gewesen  waren,  Frauen  ihren  Schmuck,  Kindern  ihr  Spielzeug*)  mit,  und 
deckten  das  ganze  mit  einem  Dach  von  Ziegelplatten,  worauf  Nummer  und  Name  der  Legion 
gepresst  war.  —  Oefters  war  auch  das  Grab  bloss  aus  Backsteinen,  nur  an  den  vier  Ecken 
von  Sandstein   zusammengehalten,  ein  andermal  war  es  nicht  viereckig,  sondern  eiförmig. 


:V4: 


-m 


s;    • : '    .  ■ . 

-  *  ■■.    .  'f ' , 


.Z'^^'^r■J% 


.1; 


1)  Haller,  Helvet.  unter  den  Römern  II  389.  396  f. 

2)  Hausselmaun,  Beweiss  etc.  II 123,  eine  auffallende  Wahrnehmung,  von  welcher  er  behauptet,  dass 
sie  auch  für  Gräber,  die  im  I.  Bde.  beschrieben  sind,  zutreffe.  Sie  erklärt  sich  bloss  als  Accommodation 
an  die  Landessitte:  denn  in  den  germanischen  Grabhügeln  der  hiesigen  Gegend  ist  dies  die  regelmässige 
Lage  der  Todten.  Sonst  bekanntlich  pflegen  die  Leichname  von  den  Römern  in  der  Richtung  von  West 
nach  Ost  gelegt  zu  werden.  Hinsichtlich  der  Richtung  gegen  Norden  vgl.  man,  was  Wackernagel 
(jtta  TtKQoevTK  S.  28  anführt:  »die  Griechen  kehrten  bei  der  Vogelschau  das  Antlitz  nach  Norden,  wo 
für  alle  indogermanischen  Völker  der  Götterberg  lag.  Nordwärts  schaute  man  beim  Gebet,  bei 
Zaubersprüchen,  beim  Eid  und  Opfer.t  Somit  würde  der  Blick  nach  Norden  dem  gen  Himmel  ent- 
sprechen. 

3)  Symbolisch,  um  die  Grabesnacht  zu  erhellen;  in  den  Grabmonuraenten  der  vornehmsten  Römer 
brannte  wirklich  ein  Licht,  wie  in  den  Grüften  christlicher  Könige.  Eine  Grablampe,  die  von  oben  be- 
trachtet den  Eindruck  eines  grinsenden  Aflengesichtes  macht  und  deren  Boden  ein  Loch  hat,  so  dass 
sie  nie  benützt  werden  konnte,  aus  der  Flur  Lehmgrube,  besitzt  Prof.  Boger,  abgebildet  Taf.  VII  1,  das 
gleiche  grinsende  Gesicht  —  wobei  noch  die  Nase  durchbrochen  ist  —  zeigt  eine  bei  Riegel  ausgegra- 
bene, in  der  Karlsruher  Sammlung  verwahrte  Thonlampe. 

4)  Dass  bis  jetzt  in  Oehringen  ein  römisches  Kindergrab  aufgedeckt  und  beachtet  wurde,  ist 
mir  nicht  bekannt.  Das  Mitgeben  von  Spielzeug  in  solche  Gräber  war  aber  bei  Griechen  und  Römern 
gebräuchlich  und  ist  auch  in  den  germanischen  Provinzen  der  Römer  constatirt. 


•'"i 


'  '       ■■■-■  .-4 

I                          ■  ■''' 

J.<t 


t 


I  •  -. 


^.■. ^■- , *■•  ;.  ^t;» ».V    -: 


,r«'. 


V.    t  -.<> 


r        » 


31 


Die  Gräber  ragten  über  die  Erde  hervor  und  standen  womöglich  an  einem  Weg,  damit 
wenigstens  das,  Gedächtnis  derer  lebendig  bleibe,  deren  Gräber  mit  Inschriften  geziert 
waren.')  Gegenstände  von  Werth  fanden  sich  bloss  in  den  Gartengräbern  der  Biirgen  und 
ebendort  gab  es  auch,  wenn  nicht  alles  trügt,  steinerne  Sarkophage  mit  ausführlichen  In- 
schriften; 2)  auf  dem  Friedhof  vor  dem  östlichen  Thor  haben  wir,  scheint  es,  nur  die  ein- 
fachen Gräber  gewöhnlicher  Soldaten,  die  durch  regelmässige  Anordnung  und  Blumen  und 
Sträucher  das  Aussehen  freundlicher  Anlagen  mögen  geboten  haben. 

Nur  wenige  Schritte  südUch  von  diesem  Rosengarten  muss  einst  ein  grossartiges  Denkmal 
errichtet  gewesen  sein  und  zwar  auf  Kosten  des  Kaisers  Maximinus  Thrax.  Dieser  bei  den 
Soldaten  ausserordentlich  beliebte  Kaiser ')  unternahm  bekanntlich  einen  grossen  und  siegrei- 
chen Heereszug  gegen  die  Germanen  oder  Alamannen  (v.  Wietersheim,  Gesch.  d.Völkerw.  II 235). 
Capitolinus  erzählt  darüber  folgendes  c.  12,  1 — 4.  Peter:  ingressus  igitur  Germaniam  trans- 
rhenanam  per  trecenta  vel  quadringenta  milia  barbarici  soH  vicos  (incendit)  —  also  300 — 400 
römische  =  60—80  deutsche  Meilen  weit,  wahrscheinlich  von  der  Grenze  an  gerechnet^ 
verbrannte  er  die  Dörfer  der  Deutschen  (Hansseimann,  Beweiss  etc.  I  7  und  andere  über- 
setzen 30 — 40,000  Dörfer!);  bei  dem  masslos  hyperbolischen  Stil  der  damaligen  römischen 
Siegesberichte  wird  die  Verwüstung  in  Wirklichkeit  kaum  halb  so  weit  gereicht  haben 
—  greges  abegit,  praedas  sustulit,  barbarorum  plurimos  interemit,  militem  divitem  reduxit, 
cepit  innumeros,  et  nisi  Germani  a  campis  (die  Hss.  amnes)  ad  paludes  et  Silvas  confugissent, 
omnem  Germaniam  in  Romanam  dicionem  redegisset,  ipse  praeterea  manu  sua  multa  facie- 
bat,  cum  etiam  paludem  ingressus  circuraventus  est  a  Germanis,  nisi  cum  suo  equo  inhaeren- 
tem  liberassent.  habuit  enim  hoc  barbaricae  temeritatis,  ut  putaret  imperatorem  manum 
etiam  suam  semper  debere.  denique  quasi  navale  quoddam  proelium  in  palude  fecit  pluri- 
mosque  illic  interemit.  Den  Ort  dieser  Sumpfschlacht  kann  man  nicht  mehr  ermitteln. 
An  unzähligen  Stellen,  die  jetzt  trocken  gelegt  sind,  waren  dazumal  Sümpfe.  Völlig  un- 
begründet bleibt  die  sehr  weitschweifig  deducirte  Ansicht  Hansseimanns,  dass  der  fragliche 
Sumpf  in  der  Nähe  von  Oehringen  beim  Dorfe  Pfedelbach  gesucht  werden  müsse ;  wie  auch 
Hansseimann  mit  seiner  andern  Lieblingshypothese,  dass  Oehringen  Arae  Flaviae  geheissen 
habe,  sehr  im  Irrthum  gewesen  ist.  Das  aber  ist  äusserst  wahrscheinlich,  dass  der  Kaiser, 
der  jedenfalls  für  das  Zehntland  und  den  Limes  einiges  gethan  hat  (v.  Wietersheim,  Gesch. 
der  Völkerw.  II  236),  persönlich  im  Vicus  Aurelii  gewesen  ist.  Ganz  nahe  beim  Orendel- 
stein  entdeckte  man  im  J.  1741  das  zierliche  Fragment  eines  Postaments  und  einen  Frauen- 


1)  Vgl.  die  Worte  Werthers  bei  Göthe,  Leiden  des  jungen  Werther:  »Ach,  ich  wollte,  ihr  be- 
grübt mich  am  Wege,  oder  im  einsamen  Thale,  dass  Priester  und  Levit  vor  dem  bezeichneten  Steine 
sieb  segnend  vorübergiengen,  und  der  Samariter  eine  Thräne  weinte.« 

2)  Hansseimann  gibt  I  45  an:  drei  mehrere  Ellen  lange  Platten  mit  Inschriften  seien  auf  der 
Untern  Bürg  gefunden,  aber  durcb  einen  Müller  elendiglich  zerstört  worden,  was  ihn  zu  dem  Ausruf  ver- 
anlasste: molitor  redde  inscriptiones ! 

3)  Capitolin.  Maximin.  c.  8,  2  sagt,  er  habe  die  Soldaten  praemiis  et  lucris  amanti^simos 
gemacht. 


>  r 


y-^K  ■ 


V'  • 


-  vr;'; 

•,;    ■ 

»•         % 

• 

"  ->• 

.  , 

., 

>'■;  ^^ 

'.    •    '** 

.'  > 

yc 

''   :-'!. 

V-. 

r^-' . 

"-''.■ 

F          -     *   . 

'J'f  • 

ClS^.'    7 

-  y^ 

t 

*A^     .. 

—    ,/ ' 

»^  ; .  —^ 

»   *.  ,    . 

V     -       '      ' 

■-,""      "■      ^ 

^I  / 

■-*  '•"  • 

•^«^- 

(^  *      i 

»;  .  -.-J- 

'^.' '*' ' 

f    -  - 

*.   ,.  '. 

~'       .■'  • 

^- 

«^.-i-  * ' 

■'  '..'■■■■ 

^   '    ^; 

|A- 

;¥sV 

'  --»  . 

->*_.'■ 

■■■.'.*    1 . 

Si»' 

'  ■';;'. V 

^^v^      •• 

x■^'''^i';* 


32 


köpf  aus  Sandstein  mit  der  Frisur  einer  römischen  Kaiserin  (abgebildet  auf  Taf.  IV  1) 
und  ausserdem  folgende  Inschrift  aus  dem  J.  237 :  (C.  Julius  Verus)  Maximiuus  (P.  F.  Aug. 
pont.  ma)x.  trib.  pot.  Ill  (imp.  v  cos.  proc)os.  et  (C.  Julius  Verus  no)b.  Caes.  Das  Facsi- 
mile  möge  man  bei  Hansseimann  I  tab.  I  und  im  C.  I.  Rh.  nr.  1552")  nachsehen;  die  im 
Klammern  beigefügten  Ergänzungen  sind  unzweifelhaft  richtig;  nur  sind  vielleicht  noch  einige 
weitere  Wörter  ausgefallen,  bei  Maximinus  Germanicus  und  pater  patriae  und  bei  seinem 
Sohn  ebenfalls  Germanicus  und  princeps  iuventutis.  Der  abgebrochene  untere  Theil  des 
Denksteins  ist  nicht  aufgefunden  worden.  Die  Fassung  des  Kaisernamens  im  Nominativ 
beweist,  dass  das  Monument  im  Namen  und  auf  Kosten  des  Kaisers  errichtet  wurde, 
{ßrambach,  Baden  unter  röra.  Herrschaft  S.  7).  Es  ist  diess  die  späteste  bestimmt  datierte 
württembergische  Inschrift;  vgl.  S.  6.  Aus  dem  Frauenkopf  mit  der  eigenthümlichen  Fri- 
sur schloss  Hansseimann  (I  30),  dass  beim  jetzigen  Orendelstein  einst  die  Doppelstatue 
des  Maximinus  Thrax  und  seiner  Gemahlin  Paulina  gestanden  haben  dürfte.  Der  Inschrift 
nach  liesse  sich  sogar  an  eine  dreifache  Statue  denken,  wobei  auch  der  Sohn  des  Kaisers 
vertreten  war.  Wahrscheinlicher  indessen  wegen  der  Nominativformen  der  Inschrift  wird 
man  annehmen,  dass  hier  einst  die  Statue  der  Gattin  des  Kaisers  Maximinus  von  ihrem  Ge- 
mahl und  ihrem  Sohn  aufgerichtet  stand.  Den  Kopf  selbst  hat  Hansseimann  unvergleich- 
lich falsch  und  schlecht  abgebildet;  dagegen  wird  man  aus  der  von  uns  Taf.  VI  1  mit  Be- 
nützung des  Originals  und  einer  Photographie  gegebenen  Copie  ersehen,  dass  allerdings 
dieser  Kopf  mit  seinem  sanften  liebenswürdigem  Ausdruck  vollständig  mit  dem  harmonirt, 
was  Ammianus  Marcelhnus  von  Maximins  Gemahlin  berichtet:  mit  acht  weiblicher  Sanft- 
muth  und  gutgemeinten  Rathschlägen  habe  sie  gesucht,  den  argwöhnischen  Tyrannen  auf 
den  Weg  der  Wahrheit  und  der  Menschlichkeit  zurückzuleiten  (lenitate  feminea  ad  verita- 
tis  humanitatisque  viam  reducere  utilia  suadendo,  Ammian.  Marc.  XIV  1,  8).  Man  wird 
sonach  kaum  umhin  können,  den  diademgeschmückten  Kopf  als  Porträt  der  Gemahlin  Maxi- 
mins, der  sogenannten  Paulina,  so  lange  anzunehmen,  bis  durch  einen  andern  Fund  die  Un- 
richtigkeit der  Hansselmannischen  Hypothese  erwiesen  ist.  Vielleicht  ,hätte  die  wenige 
Schritte  von  der  Maximinusinschrift  gefundene  Sandsteininscription  C.  I.  Rh.  nr.  1553  Hang, 
röm.  Inschriften  von  württemb.  Franken  S.  39  Licht  über  die  Frage  verbreiten  können, 
wenn  sie  nicht  sehr  schlecht  erhalten  wäre.  So  aber  bietet  der  Stein  nur  etliche  sporadi- 
sche Buchstaben,  in  welche  niemand  einen  Sinn  bringen  wird,  auch  wenn  sie  richtiger  als 
bisher  veröflFentlicht  werden  sollten.  Meine  zu  Kirchberg  gemachten  Aufzeichnungen  stim- 
men nemhch  mit  den  bisherigen  Publikationen  nicht  durchaus  überein:  sofern  u.  a.  die 
Buchstaben  NTM  der  zweiten  Zeile  auch  NIM   heissen    könnten   und     der    Anfang    der 

Inschrift  vielleicht  lautete:  <IOVI  DEP>VL<SORI  ET>NIM<PHIS>  vgl.  Orelli  C.  I. 
nr.  1231  die  gleichlautende  Inschrift,  ferner  die  Nympheninschrift  der  Brittonen  von  Amor- 
bach ibid.  nr.  1627  und  das  Nymphenbild  von  Unterheimbach. 


1)  Nach  genommenem  Augenschein  kann  ich  hinzufügen,  dass  vor  MAXIMIN VS.  welches  wie  Cy^ES 
«in  eigenthümlich  geformtes  A  hat,  ein  deutliches  Punkt  erhalten  ist. 


-       kv^.-^ 

■»-.^•■►Vh.                                             ' 

^  5;       ■* 

■-■  -;>.',.\^ 

'      ■     ■..:'■■ 

' 

^,::^:^>;^i 

:  K      ^-  '.  H     » 

■  ■  *■  ■ 

,^ 

M:''^-'\-^-   ' 

•  ■/■.,.     1« 

^^'l-'"-   ■ 

l^           '  "  : 

>f  -     ■■■■.:> 

.-,  -.^/v    - 

'/.•■*■'" 

>   > 

~ 

--   iV »:.» 

f 

'■>  •  ..    s* 

;          ■■•  i'  ';',,,'^ 

■    .'■•.■        (VV 

1       •■    •-'■!'.■. 

■      .      •  ■      V"      ,, 

'              V              > 

-    f                                               .      •      ■* 

f            '■-                     *"">.-• 

( 

■•      ■    »r  ■  • 

A 


-^■■\] 


.■,    .  ..,■ 


^V. -•■    .■"-(/ 


■|i^_li.''  ;  ■>-v./_2ir.i'  1  i2*:i-'J-S.'jy  i-lX:  .'''.iv  't'Jyf.  '^.l'i.S'Ä'ii 


<-''  „:j.  ■-■• 


'  Das  Denkmal  war  nur  einige  Schritte  von  der  Nordmauer  der  Verschanzung  entfernt, 

^welche  das  Bad  der  Besatzung  schützen   sollte,  und  wir  sind  somit  bei  unsrem  Ausgangs- 

puncte  wieder  angekommen.     Doch  eben  dieser   Ausgangspunct,  die  Gegend  am  Orendel- 

stein  und  dieser  selbst,   ist  wohl  noch  einiger  Betrachtung   werth.     Ich  füge   darum  bei, 

was  ich  einst  in  einer  Festrede  über  diesen  Stein  gesagt  habe  und  verweise  die  wissen- 

^  schaftliche  Bekräftigung  meiner  damaligen  Ansichten,  die  ich  jetzt  noch  für  richtig  halte, 
in  die  Anmerkungen: 

T  Ea    muss   in  jenen  Tagen   gewesen  sein,   als    noch  die  schweren  Hunnenzeiten  frisch  im  Gedächt- 

nis waren,  da  Hess  sich  eine  zweite  Truppe  Alamannen  in  Oehringen  nieder  (die  erste,  deren  Spuren 
«ich  rasch  wieder  verlieren,  waren  die  Eroberer  des  Vicus  Aurelii,  um's  J.  270,  gewesen)  und  nannte 
den  Platz  als  Hauptort  des  Obmgaus  Oringowe,  *)  von  ihnen  rühren  die  ältesten  Flurnamen  u.  dgl. 
her.  Als  diese  Leute,  wir  können  sie  unsere  Voreltern  nennen,  festen  Fuss  hier  fassten.  fanden  sie  noch 
.  viele  Spuren  der  einstigen  Römererarnison  des  Vicus  Aurelii  vor.  Sie  sahen  mehrere  sorgfältig  gepfla- 
sterte Strassen  und  nannten  sie  Altenweg,  Hochstrasse  und  Heunengasse.  Sie  glaubten  jenseits  der  Ohm 
auf  der  Höhe,  wo  sich  der  Pfahlgraben  hinzog,  auch  wieder  Spuren  der  Hennen,  d.  i.  der  schrecklichen 
Hunnen  zu  entdecken  und  sprachen  von  einem  Heuuenberg  und  einer  Heunenklinge.  Aber  die  Hunnen 
hatten  nur  vervk'üstet,  zerstört,  höchstens  durch  die  Erdwälle  eines  Lagers  ihre  Fähigkeit  zu  bauen  auf 
deutschem  Boden  gezeigt;  die  gemauerten  Festungswerke  und  Häuser,  deren  Trümmer  auf  der  Oberen 
und  Unteren  Bürg  noch  standen,  konnten  nicht  von  König  Etzel  und  seinen  Bogenreitem  herrühren. 
Und  vollends  das  prächtige  Denkmal,  das  Kaiser  Maximinus  in  der  Nähe  des  Bades  und  Pfahlgrabens 
aufgerichtet  hatte,  von  dem  gewiss  noch  Säuleu  und  Statuen  standen,  das  konnte  unmöglich  den  wilden 
Söhnen  der  asiatischen  Steppen  zugeschrieben  werden.  Von  wem  mochte  es  wohl  herrühren?  Da  gieng 
eine  dunkle  Sage,  dass  einst  ein  grosser  König  zu  Trier  gewaltet  habe,  Eigel  (oder  Eigil)  mit  Namen, 
der  beste  Schütze  weit  und  breit,  so  dass  er  als  ein  Vorbild  Wilhelm  Teils  dem  eigenen  dreijährigen 
Knaben  den  Apfel  vom  Kopfe  zu  schiessen  wagte.  Und  wirklich  traf  er  gerade  mitten  in  das  Ziel,  so 
dass  der  Pfeil  die  Hälfte  des  Apfels  mit  sich  riss  und  alles  zusammen  auf  die  Erde  fiel.^J    So  spiegelte 


1)  „in  villa  Oringowe"  a.  1037  Kausler,  württ.  Urkundenbuch  I  264  ibid.:  deeimatio  etiam  omniam 
villarum  in  sllva  quae  Orinwalt  dicitur  constitutarum."  Der  Ohmgau  (vielleicht  auch  herzustellen  aus  dem 
Rangew  der  Urkunde  vom  J.  889,  Kausler,  württ.  Urkundenb.  I  192)  war  nur  ein  Untergau  des  Kochen- 
gaus, daher  es  z.  B.  von  Pfahlbach  a.  795  heisst:  in  pago  Cochengowe  ...  in  loco  Phalbach.  Der 
Hauptgau  heisst  in  der  ältesten  Zeit  Kochengau.  Clioengowe  =  Cohengowe  (Kausler,  württ.  Urkundenbuch 
II  463),  wie  noch  jetzt  Kochendorf  geschrieben  und  Kochensteinsfeld  u.  dgl.,  nicht  Koohersteinsfeld,  ge- 
sprochen wird.  Oringen  heisst  unsre  Stadt  noch  auf  der  Federzeichnung  von  Graf  Philipps  von  Hohenlohe 
(Befreiers  der  Niederlande)  Leichenzug  a.  1606,  im  fürstlichen  Archiv.  Auf  der  gleichen  Zeichnung  er- 
flcheint  auch  ein  Herr  von  Kochenstetten  und  einer  «zum  Burgstall". 

2)  Nach  dem  Epos  vom  König  Orendel  war  Eigel  König  von  Trier,  Simrocks  Edda  '  S.  461 ; 
Konigssohn  und  Konigsbruder  und  Gemahl  einer  Walküre  «nd  Bruder  von  Wölund  oder  Wieland  und 
Schütze  ist  Eigil  (Egill)  schon  in  der  älteren  Edda,  Simrock,  Edda  »  S.  141  Einleitung  zu  Wölundarkwidha 
und  diese  selbst  Strophe  5.  Den  Tellschuss  erzählt  —  nach  deutschen  Liedern  aus  der  Gegend  von  Bre- 
men und  Münster  (siehe  Simrocks  deutsche  Mythol.  *  241)  die  Wiltinasaga  o.  27  folgendermassen :  „In  die- 
ser Zeit  kam  der  junge  Eigil,  Wielanda  Bruder,  an  König  Nidungs  Hof,  dieweil  Wieland  nach  ihm  gesendet 
hatte.  Eigil  war  einer  der  wackersten  Männer  und  hatte  ein  Ding  vor  Allen  zum  voraus:  er  schoss  mit 
dem  Bogen  besser  als  irgend  jemand  anders ;  der  König  nahm  ihn  wohl  auf  und  war  Eigil  da  lange  Zeit 
Da  wollte  der  König  einsmals  versuchen,  ob  Eigil  so  schiessen  könnte  wie  von  ihm  gesagt  war,  oder  nicht 
Er  Hess  Eigils  dreijährigen  Sohn  nehmen  und  ihm  einen  Apfel  auf  den  Kopf  legen  und  gebot  Eigiln  dar- 
nach zu  schiessen,  so  dass  er  weder  darüber  hinaus,  noch  zur  linken  noch  zur  rechten  vorbei,  sondern 
allein  den  Apfel  träfe;  nicht  aber  war  ihm  verböten,  den  Knaben  zu  treffen,  weil  man  wusste,  dass  er 
echon  selber  es  vermeiden  würde,  wenn  er  irgend  könnte;  und  auch  einen  Pfeil  nur  solle  er  schiessen, 
und  nicht    mehr.     Eigil   nahm    aber  drei  Pfeile,   befiederte    sie,    legte    den   einen  auf  die  Sehne  und  schoss 

6 


■*.-.^-^<; 


/     ' 


/ 


34 


sich  in  deutscher  Sage  die  wahre  Geschichte  jener  römischen  Kaiser  des  4.  Jahrhanderts,  die,  wie  insbe- 
sondere Konstantin  der  Gr.  zu  Trier  an  der  Mosel  einen  herrlichen  Königssits  sich  geschaffen,  es  mit 
Amphitheater,  prächtigen  Bädern,  Thoren,  Bildwerken,  Villen  und  Parken  geschmückt,  ^)  und  den  theils 
feindlich  anstürmenden,  theils  in  ihrem  Solde  dienenden  Germanen  als  trefflichste  Schützen  erscheinen 
konnten;  denn  gerade  durch  die  Fernwaffen,  durch  ihre  orientalischen  und  afrikanischen  Bogenschützen 
und  durch  ihre  ausgebildete  Artillerie  waren  die  späteren  Römer  im  Vortheil  gegen  die  nur  im  Nah- 
kampf zu  fürchtenden  Deutschen. ')  Man  meint  gewöhnlich,  die  Bömer  haben  nur  die  Festungsartillerie 
gekannt;  das  ist  aber  für  die  spätere  Kaiserzeit  ein  Irrthum,  wo  bei  den  Feldschlachten  von  den  Rö- 
mern ganze  Batterien  von  Wurfgeschützen  ins  Gefecht  geführt  zu  werden  pflegten,  die  oft  über  Va  Vier- 
telstunde weit  ihre  Steinkugeln,  Nägelbalken  und  Brandpfeile  schleuderten,  ^j  Jener  König  Eigel  war 
Wielands  Bruder,  des  berühmten  göttlichen  Schmiedes  der  deutschen  Sage,  der  die  besten  stahlharten 
Schwerter  schmieden  und  die  köstlichsten  Schatzkleinodien  von  rothem  Golde  fertigen  konnte.*)  Wie 
hoch  stand  selbst  in  der  letzten  Zeit  die  römische  Kunstfertigkeit  über  der  deutschen!  Welch  herrliche 
silberbucklige  Schilde  haben  sich  als  Römerspuren  im  deutschen  Boden  erhalten,  ^)  und  auch  die  Hildes- 


n-Äfe^'-^A 


-VC. 


**.  '    '-'^' 


r-: 


'.■^\ 


■'■>•■ 


mitten  in  den  Apfel,  so  dass  der  Pfeil  die  Hälfte  mit  sich  hinwegriss  und  alles  zusammen  auf  die  Erde 
fiel.      Dieser  Meisterschuss  ist  lange  liochgepriesen   worden   und  der    König    bewunderte   ihn    auch    sehr    und 

Eigil  ward  berühmt  vor  allen  Männern  und  man  benannte  ihn  Eigil  den  Schützen  [woher  noch  jetzt  der 
Familienname  Schützeiobel  zu  Bonn].  König  Nidung  fragte  Eigiln,  warum  er  drei  Pfeile  genommen  habe, 
da  ihm  doch  nur  verstattet  worden,  einen  zu  schiessen.  Eigil  antwortete:  Herr,  ich  will  nicht  gegen  euch 
lügen:  wenn  ich  den  Knaben  mit  dem  einen  Pfeil  getroffen  hätte,  so  waren  euch  diese  beiden  zugedacht- 
Der  König  aber  nahm  dieses  gut  auf,  und  däucbte  allen,   dass  er  bieder  gesprochen  habe." 

1)  Ueber  den  grossartigen  Eindruck,  den  Trier  in  damaligen  Zeiten  machen  musste,  vgl- in  der  freien 
Uebertragung  durch  Bacmeister  (alemann.  Wander.  84)  Auson.  Moseila  20 — 26: 

„Ein  Kranz  von  Villen  längs  den  Uferhängen, 

Um  rebengriine  Bergeshöhen  spült 

Der  Strom   mit   leise  schmeichelnden   Gesängen, 

Jndess  er  sachte  sich  zu  Thale  wühlt 

Und   grüne  Matten  seinen  Lauf  umdrängten.  . 

Gegrüsst,  o  Strom,  der  diese  Thale  kühlt. 

Der  solche  Fluren,  solche   Menschen   tränkt, 

Der  Belgien  seine  Kaiserstadt  geschenkt!  — 

Da  liegt  sie,  vor  den  andern  allen  prächtig, 

Friedvoll  gleichwie  in  einer  Göttin  Schoosse, 

Doch   männerzeugend,   rüstig,  waffenträchtig, 

Ein  Schirm   und  Schutz  vor  alamannschem  Stosse! 

Und  rings  umher,  ein  Gürtel  breit  und  mächtig, 

Schwingt  sich  der  Mauern  Ring,  der  riesengrosse. 

Breit  zieht  und  ruhig  der  Moseila  Flutb, 

Sie  trägt  der  fernsten  Länder  Handelsgut." 

2)  Herodian.  VI  7,  8  von  Severus  Alexander:  6  6i  'Aki^avÖQOs  May^ovatovs  r«  nXtCoTOvg  xal  to|o- 
TWI'  aQi&/n6v  noXvv  inttyo/ufvos  anb  rijs  ävttToX^s  ^x  re  t^?  'OaQorjVÜiv  /wpwf,  xal  (l  rtvfs  UttQ&'vattov  atro- 
ftoloi  ^  xQ^M"^'^  ttvanfia&ivTfi  ^xoXov&^xtaav  avrip  ßorj&i^aovtfs,  /f»}pTi'f  di]  reQjnavotS  «vr/Tofcuv. 
ftttltara  yccg  toiovtos  ojQatog  oxXtjqos  fxiCvois  yCvixtu,  rtäv  re  MavQovatwv  TiooQw&tv  axovriCöv- 
Tiav  xal  ras  IniSQOfius  titg  rf  uvaxtaQriaiig  xovtffog  noiovfi^viüV,  tc3v  t(  io^otiHv  ig  yv/nvag  ritg  xetpaXae 
ttirtiäv  Xttl  acifiara  fnifu^xri  ^^aicc  xal  nÖQQotr^tv  xaja  axonov  ro^tvovTtov.  .  .  .  Armenische  Bogenschützen 
im  Heere  Maximins  ausser  den  osrhoenischen,  maurischen  und  parthischen  erwähnt  Herodian  VII  2,  1  und 
Lampridius  sagt  Alex.  Sever.  c.  61,  8  Peter,  Maximins  Heer  sei  bei  dessen  Feldzug  gegen  die  Deutschen 
potentissimus  gewesen  per  Armenios  et  Osdroenos  et  Parthos.  Noch  zur  Zeit  Constantins  sagt  Capitolinua 
Maximin.  c.  11,  8:  null!  magis  contra  Germanos  quam  expedit!  sagittarü  valent. 

3)  Vgl.  Pauly-Teuffel  Realencyclop.  I  '  2249  f. 

4)  Wölund,  Egills  Bruder,  schmiedet  (nach  der  Wöiundarkwidha  3—6)  köstllohe  Kleinode  und  ist 
der  Sohn  eines  Finnenkönigs;  als  eine  Art  Zauberkünstler,  wie  Dädalus,  muss  er  von  den  zauberkundigen 
Finnen  stammen ;  siehe  Luning,  Edda  S.  296. 

5)  Vgl.  Lindenschmit,  Alterth.  unserer  heidn.  Vorzeit  I  V  5. 


jhi>^i^*,l.'.,    ■■,;'.,    Iv 


iM-y-ü''^^ 


35 


;-v  > ' 


heimer  Prunkschalen  mochte  der  Deutsche,  dem  sie  zur  Beute  fielen,  gern  als  ein  Werk  Wielands,  de« 
göttlichen  Schmiedes,  betrachten!  Eigels  Sohn  aber  war  Orendel,  in  der  ältesten  Göttersage  Aurwandil 
und  Oerwandil  genaimt,  der  vom  Gott  Thor  selbst  durch  die  urweltlichen  Eisströme  getragen  wird. ') 
«König  Orendel  von  Trier«,  so  heisst  es  im  alten  Heldenbuch,  »war  der  allererste  Held,  der  je  geboren 
ward.  Der  fuhr  übers  Meer  mit  vielen  Schiffen;  denn  er  war  ein  mächtiger  König.  Da  giengen  ihm 
die  Schiffe  alle  unter.  Doch  kam  er  mit  Hilfe  eines  Fischers  ans  Land,  war  lange  Zeit  bei  dem  Fischer 
und  half  ihm  fischen.  Darnach  kam  er  gen  Jerusalem  zum  heil.  Grabe.  Da  war  seine  Frau  eines  Königs 
Tochter,  die  war  geheissen  Brigida,  das  war  eine  schöne  Frau.  Darnach  ward  dem  König  geholfen  von 
andern  grossen  Herren,  dass  er  wieder  kam  gen  Trier,  und  starb  da,  und  liegt  zu  Trier  begraben,  t^) 
Dieser  König  Orendel  oder  Oerwandil,  der  die  ganze  Welt  durchzieht,  den  kein  Eisstrom  und  kein 
Schiffbruch  abhält,  der  selbst  ins  ferne  Morgenland  bis  zum  heil.  Grabe  gekommen,  das  ist  der  Orendel, 
dem    unsere    Urväter    das    Denkmal  an  der  Strasse  nach  Cappel  (Neuenstein,  Hall)  zuschrieben. ')     Wie 


1)  König  Eigel  von  Trier  war  Grendels  Vater,  Grimm,  Mythol.  347.  In  der  Edda  heisst  Orendel 
Oerwandill.  die  Identlfioierung  beider  Namen  ist  sprachlich  ganz  richtig,  siehe  G.  Eschmann  in  Haupte 
Zeitaohr.  für  deutsches  Alterthum  XI  1859,  168.  Der  Mythus  von  ihm  in  der  Edda,  bei  von  der  Hagen, 
der  ungenähte  Rock  Yorr.  S.  XX  nicht  ganz  richtig  gegeben,  lautet  nach  Simrock,  deutsche  Mytholog.  ' 
S.  237  folgendermassen :  Beim  Kampf  gegen  den  Riesen  Hrungnir  war  dem  Thor  ein  Schleifstein  ins  Haupt 
gefahren.     Die  Weissagerin  Gröa,  die  Frau  Oerwandils  des  Kecken,  singt  ihre  Zauberlteder  über  Thor,  und 

schon  wird  der  Stein  lose  :    da    will    ihr    Thor    die   Heilung    durch   die  Zeitung  lohnen,    dass  er   von  Norden 

her  durch  die  Eliwagar  gewatet  sei  und  den  Oerwandil  im  Korbe  auf  dem  Rücken  aus  Riesenheim  ge- 
tragen habe.  Zum  Wahrzeichen  gab  er  an,  dass  ihm  eine  Zehe  aus  dem  Korbe  vorgestanden  und  er- 
froren  sei.  Er  habe  sie  abgebrochen,  an  den  Himmel  geworfen  und  das  Sternbild  daraus  gemacht,  das 
„Oerwandils  Zehe"  heisse.  Auch  sagte  er,  es  werde  nicht  lange  mehr  anstehen,  bis  Oerwandil  heimkomme. 
Hierüber  ward  Groa  so  erfreut,  dass  sie  ihre  Zauberlieder  vergass,  und  so  steckt  der  Stein  noch  in  Thors 
Haupte.  Dämisögur  59.  Diese  Erzählung  beruft  sich  auf  ein  Gedicht  des  neunten  Jahrhunderts  (Höstlang). 
Wenn  die  Sage  von  Eigel  in  der  Teilssage  fortlebt,  so  weist  diess  darauf  hin,  dass  sie  den  süd. 
deutschen  .^.lamannen  wohl  bekannt  war,  und  da  Orendel  ausdrücklich  der  älteste  aller  Helden  ge- 
nannt wird  und  dem  Mythus  eine  tiefe  Natursymbolik  zu  Grunde  liegt  (Uhland,  prosai.  Schriften  VI  29 
Vgl.  Müllenhoff,  deutsche  Alterthumskunde  I  33  ff.),  so  ist  die  Sage  gewiss  viel  älter,  als  das  neunte  Jahr- 
hundert, aus  welchem  bereits  ein  fuldischer  Abt  Orentil  (f  822)  und  (a.  844)  ein  bairischer  Graf  Oren- 
dil  bezeugt  sind,  Ecoard  Fr.  or.  II  367.  (irimm,  Mythol.  348  f.  Zeugnisse  für  das  Vorkommen  des  Na- 
mens (Orentil,  Orendii,  Orandil)  schon  im  achten  Jahrhundert  und  ausser  bei  den  Franken  und  Baiem 
^Alamannen)  auch  bei  den  Langobarden  in  den  Formen  Auriwandalo  und  Auriwandulus  weist  Mone,  Hel- 
densage S.  74  nach,  vgl.  Förstemann  I  184.  Bekanntlich  liebten  es  unsere  Voreltern,  ihren  Kindern  die 
Namen  der  grossen  Sagenhelden  beizulegen.     .\.uch  die  Steinwaffe  Hrungnirs  spricht  für  ein  hohes  Alter. 

2)  A.  V.  Keller,  das  deutsche  Heldenbuch  S.  1:  König  ernthelle  von  Trier  was  der  aller  erste  held 
der  ye  geboren  ward.  Der  fuor  über  möre  mit  vil  schiffen,  wann  er  was  gar  ein  reicher  künige.  Da 
giengen  jm  dye  schiffe  alle  vnder.  doch  kam  er  mit  hilff  eines  fischers  ausz.  und  was  lang  zeit  bey  dem 
fisoher  vnd  halff  jm  tischen.  Darnach  kam  er  gen  Jerusalem  zuom  heiligen  grabe-  Da  was  sein  fraw 
•eins  künigs  tochter.  Die  was  geheissen  fraw  Brigida,  was  gar  ein  schöne  fraw.  Darnach  ward  dem  künig 
geholffen  von  andern  grossen  herren  das  er  wider  kam  gen  Trier.  Vnd  starb  da.  vnd  leit  zuo  Trier  be- 
graben. Also  ertruncken  jm  alle  sein  diener.  vnd  ferlor  gar  vil  guotz  auf  dem  möre.  Eine  ausführliche 
Analyse  des   Spielmanngedichts  vom  König  Orendel  findet  man  bei  Müllenhoff  a.  a.  O. 

3)  Diese  Heldensage  von  Orendel,  deren  ganzes  Gewebe  in  auffallendem  Grade  an  die  Odyssee 
mahnt  (Grimm,  Mythol.  347),  scheint  hervorgegangen  zu  sein  aus  jener  Vermengung  germanischen  und 
byzantinisoh.römisohen  Wesens,  wie  sie  das  Lagerleben  des  vierten  bis  siebenten  Jahrhunderts  mit  sich 
bringen  musste.  Man  vgl.  was  ich  in  den  Untersuchungen  über  die  Geschichte  der  griechischen  Fabel 
S.  822  geschrieben  habe.  „Freilich  wirft  Grimm  die  Frage  auf,  warum  denn  die  Deutschen  eben  solche 
Thierfabeln  aus  Konstantinopel  hätten  mitbringen  sollen,  nicht  andere  weit  ansprechendere  grie- 
chische Dichtungen?  .Ulein  der  Heerdienst  und  das  Lagerleben  musste  die  Deutschen  im  byzantini- 
schen Reich  gerade  am  meisten  mit  denjenigen  Volksschichten  in  Verkehr  setzen,  welche 
Märchen  und  Fabeln  fortzupflanzen  am  geeignetsten  waren:  ihr  gesimder  Sinn  verschmähte  nun  zwar 
das  unheimliche  und  gespenstige  Element,  welches  den  östlichen  Wundergesohichten  anhaftet ;  desto  be- 
gieriger aber  mochten  sie  die  ihrer  Natur  verwandten  Stoffe  der  Fabel  sich  aneignen, 
zumal  da  sie  sicherlich  schon  einen  heimischen  Schatz  von  märchenhaften  Thierfabeln  be- 
lassen,   in    welchen    sich    die    entgegenkommende    Erzählung     bequem  und    gefällig  wie 


■'  •      .•'  ^ 


:-^^^r,: 


J^     ■  •>  ■■■..,.>«:\" 


R* 


^' 


■f: 


■■,,;.  '■•■•VI'"  ■  > 


^-  ■:^^ 


36 


,.  eine  Reihe  bedeutender    Römerdenkmale    in    den    Rbeinlanden,  in   Mainz,   Trier   und  Cöln,  nach  jenem    ^    . '    4^'  ^C-   ?v^' 
sagenhaften  König  Eigel  Eigelsteine  ^)  genannt  wurden,  so  wurden  einige   von    Trier  weiter    abgelegen» 


•    '4- 


f. 


tS. 

V 

.      '>^i^' ' 

!  , 


Tonselbereinreihte."'     An  Odysseen  aber  war,  wie    Simrock,    deutsche   Mythol.  '     S.    252    sagt,    di»  - 
'  deutsche  Sage  reich:  das  Ziel  der  Reise,  ursprünglich  (vgl.  Simrook,  deutsche  Mythol.  ^  S.  177)  die  Unter- 

weit,   wurde    erst   in    der    christlichen   Zeit   in    das  Grab   des  Erlösers    oder    das  gelobte  Land  verwandelt. 

Schon  Tacitus  German.  3  erwähnt  einen  Ulixes  in  deutschen  Landen  als  Erbauer  der    Veste  Asoiburgiurn.  -i^- 

^  Im  romischen  Rheinla&d  war  er  auf  Kunstwerken   dargestellt  (Relief  bei  Bierbach  unweit  Blieskastel  in  der  •       -  .-. 

Pfalz,  Hefner,   röm.  Bayern  '  nr.  47  S.  308 :    Ulixes    und  Achill  bei  Lycomedes,    und    eines    aus    Remchin-  ;  '     - '  / 

gen  in  Baden,  jetzt  im  Karlsruher  Lapidarium  nr.  33,  Fröhner,   Samml.   vaterl.   Alterth.    IS.    14:   Ulixea  •.    .\ 

und  die  Sirenen.). 

1)  Eigelsteine  zu  Mainz,  Trier,  Cöln,   Grimm,    Weisthiiraer   II   744;     auch    zu   Lüttich   (»ein    gewisse»  .   '  "     '    >* 

Gefängnüss")  Ch.  G.  Blumberg,  das  Neroni  Claudio  Druso  bey  der  Stadt  Mäntz  vormahls  aufgerichtete 
Grab-  und   Gedächtniiss-Mahl  S.  206  und  zu  Mannheim,  Leichtlen,  Schwaben  unter  den  Römern  171.     Ge-  :      '.       *.     > 

'  wohnlich  lautlich  und  sachlich  falsch  mit  aquila  zusammengebracht,  statt  mit    Orendels   Heldenvater.      Der 

Cölner  Eigelstein  soll   am  nördlichen  Stadtthor  gewesen    sein;    eine    Eichelsteinpforte    und    Eiohelsteingasse  '''^''\ 

daselbst  erwähnt  noch  Blumberg  a.  a.  0.  S.  206  aus  dem  J.  1700.     Der  Mainzer  Eigel-  oder   Eichelstein^ 
^^  •    einst  eine  Pyramide,  Blumberg,  a.  a.  O.  S.  206-  210 — 217  war  ausserhalb  der  Stadt    auf  dem  S.    Jakobs-  ^  .   ' 

berg  S.  206.  217  und  es  wurden  bei  Erbauung  der  S.  Jakobsschanze  unter  der  Erde  ,etllcbe   Antiquitäten 
7    '  Yon  Seulen,  darinnen  Bilder  und  Schriften  £u    sehen,    gefunden"    S.   218.      Vom    Mainzer    Eigelstein    sagt  '•' 

schon  Math.  Merian  topogr.  archiep.  Mogunt.  fol.  5  fast  ganz  richtig,  er  habe  seinen  Namen  nicht  von  der 
Figur  eJcer  Eichel,  sondern  von  einem  gewissen  ,,heydnischen  Fürsten  Eigil,"  dessen  Asche  unter  diesem 
Stein  begraben  läge.  ibid.  ,,Es  war  auch  vor  zelten  ein  Pyramis  oder  Thurn-Grab  allhie  Drusilacinm 
oder  Druseloch  genent,   so   aber  nicht  mehr   vorhanden":  oflfenbar  das   gleiche  mit  dem   Eigelstein.      Die  ' 

Bezeichnung    „Stein"    für    römisches    Steindenkmal  ist  zwar  bis  jetzt  noch  nicht  von  den  Forschern  erkannt 
'j  und  verwerthet,  aber  ausserordentlich   gewöhnlich.     So  stand  z.  B.  einst  an  der  Landstrasse   zwischen  Alt- 

stätten   bei   Zürich    und    Schlieren    eine  rohe  römische  Herme  unter  dem  Namen  .,der  Kindlistein",  Hallcr^ 
*>  Helvetien    unter   den    Hörnern    II   144   und    die   alte   Malstatt   zu   Cannatatt  (einer  bekannten   Kömercolonie)  ■       -    - 

'  hiess   nder   Stein",    wo    Karlmann   die   alamannischen    Häuptlinge,  die  er  dortbin  geladen  hatte,   zusammen-  > 

hauen  Hess  (Bacmeister,  alemann.  Wander.  56).  .\uf  dem  „Stein"  zu  Baden  (der  einstigen  Römerstadt  im 
Aargau)  hielt  König  Albrecht  noch  eine  Maienfahrt  kurz  ehe  er  durch  Mörderhand    seinen  Tod    fand   (vgl.  ■     ' 

%^'  Joh.  V.   Müller,  Geschichten  schweizerischer  Eidgenossenschaft    im  betr.    Kapitel).     Am     ., Steinbrunnen"    bei 

#■  •'     •  Pappenheim  findet  man  römische  Häuser,  Schalen  u.   s.  w.,  v.  Raiser.  Oberdonaukreis  II  97.    Die  Ortschaften 

i^,  Stein  am  Rhein,  Steinberg,  Steinwenden,  Steindorf,  Kaiserstein,  Birglistein  und  viele  andere,  dazu  zahllose  Fluren, 

^,;  deren  Namen  mit  Stein  zusammengesetzt  sind,  sind  Fundstätten  römischer  .\lterthümer.    Man  nannte  solche 

/*  ;:  '■  „Steine"   auch  mit  anderer  Helden  Namen,  als  gerade  mit  denen  Eigels  und  Orendels.     Auf  der  Mitte  dea  -    '      ■ 

'^^:'-'    '    ^    .     '  Feldbergs  bei  Frankfurt    ist  ein  schon  a.  1043  bezeugter  Brunhildenstein  Johannis  res  Mogunt.   II    614  und 

^.'     ' ■,  bei  Kehl  in  der  Ortenau  ein  Krirahildenstein  Wilh.  Grimm,  deutsche  Heldensage    155.      Eigel    oder  Eichel 

^^'         '  ;  aber,    bisweilen,    wie   es   scheint,    zu    Eich   verkürzt,    deutet  sehr  häufig  auf  Römisches.     .\n  der   römischen 

^.f         —  Consularstrasse     zwischen    der    Solitüde    bei    Stuttgart    und    Feuerbaoh-Canstatt    finden    wir    den  Flurnamen 

Ji' .  Eichelgärten  d.  i.  von  den  Hömern  eingefriedigte  Plätze.     Das    berühmte   Denkmal   von    Igel   steht   an   der  "^  • 

H,  ehemaligen  Consularstrasse  von   Trier  nach  Rheims,  Quednow,  Beschreib,  der  .\lterth.  von  Trier  II   S.   99. 

s-'.  ,  Zu  Eichelberg  in   Baden  wurden  sehr  namhafte  römische  Alterthümer  gefunden,  Ohrist,  monum.  Rhen.  Pa- 

,'     -  lat<  S.  30  ,, Hügelgräber  aus  der  Zeit  der  römischen  Occupation"  hat  man  auf  dem    Aichelberg  bei  Darms- 

S;^;.  heim  O-  A.  Böblingen  geöffnet,  Schriften  des  württemb.  Alterthumsver.  I.  Bd.  VIL    Heft   186«  S.   78.     Bei 

f    '-'  '     V-  Iggelsheim  in    der    Pfalz  wurde  ein  römischer  Altar  mit  Götterbildern  ausgegraben.  Hefner,  röm.  Bayern   *  .  '      " 

<'•"!  "  nr.  24  S.  304.      Der  Aiohberg  bei  Ens,    ein  römischer  Begräbnisplatz   (Gaisberger,    arohäolog.   Nachlese  III 

^;,,  ,  265),  und  die  Tour  de  chSne  an  einer  Heidenweg  und  Hochgemäuer  genannten  Römerstrasse  bei  Aventicum  , ,  -i- 

'>^<     .  (Haller,  Helv.  unt.  d.Röm.  II85)  mögen  nebst  manchen  andern    Compositen   mit  ,,.\.ich"  dem  misverstandenen  '     > 

.    '  -  Eigel  ihren  Namen  danken.     Andererseits  hat  freilich  der  Name  Eicbelberg  häufig  auch  keinerlei  Beziehung  auf 

»■ -.'      •.".■,    .  römiache  Denkmäler,  wenn  auch  angeblich  römische  Wartthürme  auf  ihnen  standen,  wie  auf  dem  bei  Kirohheira  j 

*''■■    ''■.■■        ^  unter    der    Teck  (v.    Gok,   röm.  Alterthümer    und     Heerstraasen     der    schwäbischen    Alp   72),    sondern  er    be-  ,    .     " 

^i--  -"'  *>■-•>  zieht   sich  auf  Eichenwälder.     Ebensowenig  ist  dann  wieder  alles  Romische   gerade   auf  die    Helden    Eigel  ^ 

: "'  4    .*  .  und  Orendel  zurückgeleitet  worden.     An   einem   muthmasslichen   Römerweg    bei   Bonlanden    auf  den    Fil-  --    '"li 

•■^.' '/-v.^':      ^  dern  hatte  der  bärtige  Held   Otte   seinen    Ottenbrunnen    (v.    Gok,    röm.    .\lterthümer    und    Heerstrassen   67);  '  \    '■■/' 

■f^fv'  .!'•-:  .  eine  thorartige  20'  breite  Oeffnung  im  römischen  „Heidengraben"  oder  -wall  bei  Grabenstetten    führt    den 

.  ^ ;' , .  Namen  Wigandsthor  (v.  Gok,  röm.  Altorthümer  und  Heerstrassen    85).     Auch  der   Kecke  Walter  hat   einem 

Römerwall  nördlich  von  Homburg    den    Namen    V>  altersgraben    verliehen    (vgl.    K.    Arnd,    der   Pfahlgraben  ;  . 

S.  19);  an  den  Riesen  Ecke  erinnern  drei  Fundplätze  vieler  römischer  Münzen  in    Oberbayern:    Eckstätten^  1 

Eglingen  und  Egenhofen  (vgl.  Hefner,  röm.  Bayern  ^  S.  296).  \         \    - ; 


.  > 


■'    /. 


^^ 


Römermonumente  seinem  weitgereisten  Sohne,  dem  König  Orendel  zugeschrieben,  und  wir  finden  nicht 
bloss  hier,  sondern  auch  in  Tirol  (einst  alamann.) ')  einen  Rendelstein,  und  der  Name  Orendel  ist  auob 
bei  Horb,  im  Elsass  und  in  der  nächsten  Nähe,  in  Orendelsall,  noch  anzutreffen ;  an  letzterem  Orte  hat 
auch  Orendels  Vater  seinen  Eigelberg.  2)  Leider  sind  die  Urkunden,  die  über  Orendelsall  uns  Auskunft 
geben  könnten,  durch  Brand  vernichtet;  aber  es  findet  sich  dort  noch  das  Gruftgewölbe  eines  uralten 
Eirchleins,  und  da  in  den  Zeiten  der  Einführung  des  Christ enthums  es  ein  gewöhnlicher,  am  Rhein  noch 
in  vielen  Fällen  nachweisbarer  Gebrauch  war,  die  Säulen  der  umliegenden  Römermonumente  zum  Bau 
der  Kirchen  und  Klöster  zu  verwenden,^)  so  kann  es  mit  dem  Namen  Orendelsall,  der  jedenfalls  voa 
keinem  heil.  Orendulus  herrührt  —  denn  es  gab  nie  einen  solchen*)  —  mit  diesem  räthselhaften Namen 
kann  es  sehr  leicht  die  Bewandtnis   haben,   dass  die  Säulen  zu   der  dortigen   Kirche  von   den   Orendel- 


1)  Vgl.  S.  2. 

2)  An  der  Sarner  Strasse  über  dem  Sarnthal  bei  Botzen  ist  eine  alte  Burg  Rendelstein,  Bädeker» 
Deutschland  1864  1  133.  Ein  Flurname  Orental  bei  Horb.  Orendal  im  badischen  Glotterthal  (Mittheilung 
von  Y.  Scheffel).  Rendelahusen  a.  1083  wahrscheinlieh  im  Elsass.  Ferner  eine  Gemeinde  Kendelbach 
bei  Ellwangen  und  ein  Nebenbach  der  Murg  Rendelbach,  welch  letzterer  freilich  5m  Schenkungsbuch  des 
Klosters  Reichenbaoh  Rennielbach  heisst,  Kausler,  württemb.  Urkundenbuch  II  412.  413.  Dass  schon  die 
Römer  die  Flösserei  auf  der  Murg  betrieben,  ist  bekannt-  Der  Anlaut  O  wird  in  hiesiger  Gegend  im  Na- 
men Orendel  (schon  seit  Jahrhunderten)  weggelassen  ;  das  Volk  spricht  nur  vom  „Rendelstein"  und  von 
„Rendelsall"  oder  «der  Rendel"  seil.  Sali.  Gerade  diese  Aussprache  mag  auch  ein  Beweis  dagegen  sein, 
dass  der  Orendelsteia  als  Ohrnthalstein  gefasst  werden  könnte,  welche  Deutung  übrigens  meines  Wissens 
auch  noch  nie  aufgestellt  worden  ist. 

3)  Diese  —  von  der  amtlichen  Oberamtabeschreibung  nicht  erwähnte  —  Crypta  wurde  vor  Jahren 
von  Director  Albrecht  untersucht:  jetzt  ist  sie  verschüttet  und  vermauert.  Das  Citat  über  die  am  Rhein 
zum  Bau  der  Kirchen  und  Klöster  verwendeten  römischen  Säulen  —  in  den  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im 
Rheinl.  —  kann  ich  im  Augenblick  nicht  finden;  in  Beziehung  auf  Cöln  vgl.  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im 
Rheinl.  XXXVII  67.  70.  Römische  Alterthümer  hat  man  zu  Orendelsall  nicht  gefunden,  auch  in  hiesiger 
Gegend  weit  und  breit  keine  Andeutung  davon,  dass  die  Römer  oder  die  älteren  Alamannen  Christen  ge- 
wesen wären.  Dagegen  weiss  man  von  den  römischen  Garnisonen  in  hiesiger  Landschaft  und  von  den  zu 
Nordendorf  begrabenen  Alamannen  (vgl.  Dietrich,  sieben  deutsche  Runeninschriften  in  Haupts  Zeitschrift  f. 
deutsches  Alterth.  XIV  1867)  mit  Bestimmtheit,  dass  sie  Heiden  waren.  Und  warum  sollten  nicht  auch 
wirklich  von  den  in  der  Steinbaukunst  wenig  bewand  erten  (späteren)  Alamannen  (vgl.  Bacmeister,  alemann. 
"Wanderungen  61)  beim  Bau  ihrer  Basilicae  (deren  eine  z.  B.  beim  Ausfluss  der  Ohm  in  den  Kocher  in 
dem  abgegangenen  Ort  Wächlingen  Wachalincgheim  (Wachalinga  a.  779,  Kausler,  württemb.  Urkundenb. 
II  438)  erwähnt  wird  a.  795,  Stalin,  Württemberg.  Geschichte  I  319)  Säulen  und  andere  behauene  Steine 
aus  den  verödeten  römischen  Burgen  der  Umgegend  herbeigeführt  und  verwendet  worden  sein? 

4)  Eine  Handschrift  von  Herolds  Chronik  von  Schwäbisch-Hall  enthält  nach  von  der  Hageu,  der 
ungenähte  graue  Rock  Christi  Vorrede  S.  XX  folgende  sinnlose  Erzählung :  „Ein  Einsiedler  Orendel  be- 
wohnte Orendels  Saal  an  der  Saale  in  der  Grafschaft  Hohenlohe.  und  dorthin  wallfahrteten,  die  an  den 
Ohren  litten."  Und  Hansseimann,  Beweiss  etc.  II  333  sagt  vom  Sallgau:  ,.MangoIdsali,  Langensall, 
Kirchensall,  Mainhardtsall,  Hohensall,  Tieffensall,  St.  Orendelsall  etc.,  als  welche  Orthe  insgesammt  uralt 
und  in  unseren  ältesten  Urkunden  gar  oft  vorkommen,  unter  denen  insonderheit  St.  Orendelsall,  wegen  eines 
Eremiten,  Orendel,  genannt,  der  in  selbiger  Gegend  in  der  Einsamkeit  sein  Leben  zugebracht,  und  allda 
begraben  seyn  solle,  in  vorigen  Zeiten  berühmt  gewesen,  nach  welchem  auch  hernach  der  Ort  selbsten 
diesen  Namen  bekommen  hat."  Die  Beschreibung  des  Oberamts  Oehringen  vom  statistisch-topographischen 
Bureau  1865  S.  311  führt  den  Namen  auf  das  vermuthete  Nomen  proprium  eines  Grundbesitzers  zurück, 
wogegen  aber  der  Eichelberg  bei  Orendelsall  und  der  Oehringer  Orendelstein  Einsprache  zu  erheben  seh«!- 
nen.  Dann  fährt  sie  fort:  „Eine  ganz  ungeschichtliche  Sage  lässt  den  Ortsnamen  auf  einen  Einsiedler  zurück- 
weisen, der  schon  zu  Kaiser  Ludwigs  des  Frommen  Zeiten  hier  eine  Zelle  gebaut  habe,  und  von  dem  auch 
ein  Bildstein  bei  Oehringen  den  Namen  erhalten  habe,  weil  er  dort  sein  Gebet  verrichtet  habe.  .  .  .  Cra- 
sius  in  seiner  schwäbischen  Chronik  erzählt,  dass  im  15.  Jahrhundert  Wallfahrten  nach  Orendelsall  und 
Sohuppach  (an  der  Ohrn),  namentlich  von  tauben  Leuten,  Statt  gefunden  haben."  Irgend  ein  Zusammen, 
hang  zwischen  dem  fabelhaften  in  hiesiger  Gegend  begrabenen  Orendulus  und  dem  angeblich  zu  Trier  be- 
grabenen Königssohn  und  Heiligen  Orendel ,  der  den  ungenähten  grauen  Rock  aus  dem  gelobten 
Lande  brachte,  ist  nicht  ersichtlich.  Hier  zu  Lande  weist  keinerlei  schriftliche  oder  mündliche  Traditoia 
nach  Trier. 


■.'•■.i^"; 


i  .  ■      Ä      -  ■  ■  A  -  .* 


88 

steinen  (d.  i.  bedeutenderen  Römerdenkmalen)  in  der  Nähe,  von  Oehringen,  Sindringen,  Jagsthausen  und 
seinem  Römerbade  genommen  worden  sind.  Der  Oehringer  Orendelstein  war  in  der  ersten  Alamannen- 
«eit,  gleich  den "Eigelsteinen  am  Rhein  (nach  J.  Grimm*)),  wahrscheinlich  Dingstätte,  d.  h.  der  Ort,  wo 
das  Volk  des  ganzen  Ohmgaus  zu  öffentlichen  Berathungen  und  zur  Rechtspflege  sich  versammelte.  Nach 
dem  Aufhören  dieser  alten  Einrichtung  verlor  auch  der  Orendelstein  seine  Bedeutung;  doch  trug  man 
für  seine  Erhaltung  noch  einige  Sorge:  die  hiesige  Bäckerzunft  nahm  sich  seiner  an,  wesshalb  auch  die 
Form  eines  Weissbrods  auf  dem  Steine  ausgehauen  ist.  Heute,  mehr  als  1000  Jahre  nach  der  Schöpfung 
seines  Namens,  zeigt  er  sich  zusammengesetzt  aus  einem  römischen  Säulenstrunk  und  einem  christlichen 
Bildstock  darauf,  die  Kreuzigung  unseres  Heilandes  vorstellend,  ^j  Diese  Gestalt  des  Steins  stammt  aus 
dem  J.  1714  und  ist  bloss  eine  Restauration  seiner  früheren  Gestalt  von  1519.  An  den  Stein  gelehnt, 
jetzt  unter  dem  Boden,  ist  ein  christliches  Relief  aus  Sandstein,  Todtenkopf  mit  Todtenbeinern,  ein  so- 
genanntes Memento  mori.  An  der  Landstrasse  nach  Cappel  stehend  sollte  der  Stein  den  Vorübergehen- 
den mahnen,  an  Christum  zu  glauben  und  seiner  Sterblichkeit  sich  zu  erinnern.  Jetzt  steht  er  nicht 
mehr  genau  auf  der  Stelle,  die  er  ursprünglich  einnahm.  Erst  im  J.  1847  bei  einer  Veränderung  der 
Strasse  musste  er  um  einige  Schritte  verrückt  werden.  Das  Memento  mori  mit  den  Schlangen  und 
Würmern,  die  als  Zeichen  der  Verwesung  darauf  angebracht  sind,  hatte  die  Sage  veranlasst,  unter  dem 
Steine  liege  ein  heil.  Orendulus  begraben,  der  einst  dadurch  einen  jämmerlichen  Tod  gefunden  habe, 
dass  ihm  während  des  Schlafs  eine  Schlange  in  den  Mund  kroch;  man  wollte  auch  den  unterirdischen 
Gang')  kennen,  der  unser  Denkmal  mit  Orendelsall  verbinde  und  dem  Heiligen  einst  möglich  gemacht 
habe,  den  Verfolgungen  der  Heiden  zu  trotzen  und  bald  in  Orendelsall,  bald  in  Oehringen  als  Verkün- 
diger des  Evangeliums  zu  wirken.  Man  untersuchte  den  Platz  und  fand  kein  Grab,  wohl  aber  eine 
Brunnenstube  mit  einem  Dohlengang  bis  zur  Ströllerquelle,  also  die  ursprüngliche  römische  Wasserlei- 
tung, welche  das  Bad  der  Besatzung  speiste. 


/•. 


'  ^.f   "*> 


1)  J.  Qrimm,  Weisthüraer  II  744  ist  gesagt,  dass  der  Eigelstein  zu  Cöln  und  zu  Igel  (das  Secun- 
dinerdenkmal)  bei  Trier  und  wahrscheinlich  «uch  der  von  Mainz  (Drusilaciuni,  Druselooh  genannt  vergl. 
oben  S.  36)  Dingstätten  waren.  Von  dem  Mannheimer  (Lelchtlen,  Schwaben  unter  den  Römern  S.  171) 
und  dem  Lütttcher  spricht  er  nicht.  Der  Gunzenlc,  Conciolegum  eig.  Grab-  oder  Denkmal  des  nicht  sicher 
zu  erweisenden  Cunzo  oder  Gunzo  =  die  Dingstätte  bei  .\ugsburg  und  der  Birhtinle,  Denkmal  eines  nioht 
zu  erweisenden  Perahtold  oder  Birhtilo  =  die  Dingstätte  hei  Rottenburg  (Sumalocennae)  vgl.  Pfeiffer,  freie 
Forschung  S.  287,  dürften  ebenfalla  für  den  Orendelstein  bei  Oehringen  als  Dingstätte  zu  Gerichts-  und 
Heerversammlungen  sprechen.  Modernisirt  zu  Kanzel  taucht  der  Kunzele  in  unserer  nächsten  Nähe,  bei 
Niedernhali,  wieder  auf,  als  Name  des  grössten  der  dortigen  Grabhügel,  der  wahrscheinlich  einem  germani- 
schen König  gehörte. 

2)  Solch  ein  aus  römischen  Trümmern  zusammengeflicktes  Denkmal  ist  in  der  Schweiz  die  Römer- 
säule aus  Lavastein  auf  der  Höhe  des  Julierpasses,  „ohne  Zweifel  ein  Uebcrbleibsel  eines  alten  Bauwerks 
von  gottesdienstlicher  Bedeutung."  Historischer  Verein  von  St.  Gallen,  die  Schweiz  unter  den  Römern 
S.  6.  Dass  der  untere  Theil  des  Orendelsteins  ein  römisches  Säulenfragraent  ist,  kann  niemand  bezweifeln. 
Es  ist  das  bei  weitem  die  wahrscheinlichste  .\uffassung.  Sein  Material,  der  gelbe  Sandstein,  ist  hier  no- 
torisch von  den  Kömern  zu  ihren  Säulen  verwendet  worden,  und  neben  der  Stelle,  wo  sie  steht,  stösst  man 
noch  heute  im  Boden  auf  römische  Substructionen  von  gelbem  Sandstein  oder  Kalkstein.  Vgl.  auch  den 
Flurnamen  „zur  Saul"  in  PfuUingen  O.  A.  Reutlingen,  wo  allerlei  Römisches  gefunden  wurde,  v.  Gok,  röm. 
Alterth.  und   Ueerstr.  S.  86. 

3)  Diese  aller  Orten  wiederkehrende  Fabel  von  geheimen  Gängen,  wie  sie  nioht  bloss  an  fast  jeder  Römer- 
«tätte  (z.  B.  in  der  Nähe  noch  an  der  einstigen  Römervilla  bei  Rückertshof),  sondern  auch  an  allen  Klö- 
stern und  Burgen  des  Mittelalters  haftet,  beruht  bisweilen  auf  uralten  unterirdischen  Wasserleitungen,  wie 
gerade  in  unserm  Falle.  Brunnenstube  und  Wasserleitung  am  Orendelstein  wurden  erneuert  ZV  DER 
ZEIT  1516  (Hansseimann,  Beweiss  etc.  II  140);  3  Jahre  nachher,  1519,  erhielt  der  Orendelstein  seine 
heutige  Gestalt.  In  welch  ansehnliches  Alter  die  Brunnenstuben  bisweilen  zurückgehen,  beweist  u.  a.  eine 
bei  Riedlingen  (also  auch  im  Decumatland),  wo  mehrere  bronzene  Gelte  gefunden  worden  sind  (württemb. 
Antiquarium  nr.  65,  früher  109). 


}  :■' 


•••v 


•■.5ii:<a- 


■itirix',*i'Lv>t 


-  I 

i 

i 

-  -1 

I  • 


39 

Vierhundert  Schritte  vom  Orendelstein  zog  der  Limes  an  Oehringen  vorbei  und  offen- 
bar war  der.  auffallende  Winkel,  welchen  die  Ohrn  an  der  Stelle  macht,  wo  er  den  Fluss 
aus  andern  Gründen  überschritten  haben  dürfte,  von  den  Romern  zu  Befestigungszwecken 
ausgebeutet  worden.  Auch  scheinen  dort  beide  Ufer  durch  eine  Brücke  verbunden  gewesen 
zu  sein.  ^)  Jenseits  ist  die  Flur  Cappelrain  d.  i.  der  zur  Markung  des  Dorfs  Cappel  gehö- 
rige Rain  —  doch  greift  der  Name  etwas  über  die  wirkliche  Markungsgrenze  hinaus. 
Diese  Flur  durchzog  der  Limes,  von  den  späteren  Deutschen  Cappelrain,  wüster  Rain  und 
bloss  Rain,  bei  Pfedelbach  wie  bei  Pfahlbach  wieder  Döbel  genannt.  Vorgeschoben  am  lin- 
ken Ohmufer  lag  dicht  vor  dem  Pfahlgraben  ein  römisches  Fort  (vgl.  H.  Bauer  in  der 
Zeitschr.  für  württ.  Franken  1861  S.  436),  dessen  Spuren  wie  sonst  in  Süddeutschland  Burg- 
stall genannt  werden.  Die  Verschanzung,  auf  dem  Homberg  (entstellt  aus  Ohrnburg?),  ist 
ein  mit  Wall  und  Graben  umgebenes  Oblongum,  225'  lang,  100'  breit  mit  abgerundeten 
Ecken  —  eine  allgemeine  Eigenschaft  vieler  römischer  Forts  — ;  vor  hundert  Jahren  soll 
der  Graben  noch  5'  breit  und  5'  tief,  der  Wall  16'  hoch  und  6'  breit  gewesen  sein,  vgl. 
die  Statist,  topogr.  Oberamtsbeschreibung  S.  198.  Das  Fort  hatte  einen  eigenen  Ziehbrun- 
nen 2)  und  war  zur  Wachstation  (statio)  trefflich  geeignet ;  denn  es  bot  eine  weite  Aussicht 
ins  obere  Ohmthal  und  namentlich  in  der  Richtung  Künzelsau  und  Waidenburg. 

Von  jenem  Ohraübergang  aus  führt  der  Pfahlgraben  in  gerader  Richtung  südöstlich 
nach  Mainhardt,  und  zwar  hat  er  von  der  Gegend  von  Harsberg  an,  zwischen  Pfedelbach 
und  Gleichen,  1  Stunde  südlich  von  Oehringen,  beim  Volk  den  Namen  Säugraben,  während 
schon  vorher  bei  Pfedelbach  die  Flur  »auf  dem  Döbele«  und  hinter  Mainhardt  wieder  der 
»Döbelwald«  mit  der  erst  vor  kurzem  abgegangenen  »Döbelhütte«  die  eigentlich  hohenlohische 
Benennung  des  Walles  noch  bieten.  3)  Der  Limes  zeigt  sich  hier  theils  (wie  auch  nördlich 
von  Jagsthausen)  als  Markungsgrenze,  zwischen  Cappel  und  Oehringen,  Gailsbach  und  Lach- 
weiler, Mainhardt  und  Hütten  u.  s.  w.,  theils  als  Weg,  so  längs  dem  Kirchhoffeld  zu  Main- 
hardt, theils  als  eigentlicher  »Säugraben«,  Graben  mit  Wall,  stellenweise  noch  fast  10 '  tief.*) 
Auch  von  einigen  Wachhäuschen  wurden  die  Grundmauern  ausgegraben  (Paulus,  der  röm. 
Grenzwall  vom  Hohenstaufen  bis  an  den  Main  S.  28—30.  O.-A.-Beschreib.  von  Weinsberg 
S.  125.  126).    Ein  Badbrunnen,  ^)  der  vielleicht   schon  zur  Römerzeit  benützt  wurde,  ver- 


o 


1)  Es  sind  noch  auffallend  viele  künstlich  dorthin  gebrachte,  behanene  und  unbehauene  Sand-  und 
Kalksteine  an  dem  Uebergangsplatz. 

2)  Beobachtung  des  verstorbenen  Directors  Albrecht. 

3)  Die  südlichste  Spur  des  landesüblichen  Namens  für  den  Limes  ist  der  Familienname  »Deblerc 
in  Gmünd,  5  St.  südöstlich  von  Murrhardt ;  der  nördlichste  Punkt  der  Benennung  Säugraben  ist  dagegen 
etwas  südlich  von  Osterburken. 

4)  Auch  bei  Mainhardt  zeigt  der  Limes  streckenweise  deutlich  eine  auf  seinem  Kücken  hinlaufende 
Vertiefung,  wie  bei  Pfahlbach.  Ferner  ist  bemerkenswerth,  dass  man  —  wie  auch  in  der  unteren  Main- 
gegend (K,  Arnd,  der  Pfahlgraben  2.  Aufl.  p.  17)  —  unfern  der  Döbelhütte  den  Limes  als  doppelte  Ver- 
schanzung wahrnimmt. 

5)  Der  steinerne  Löwenkopf,  mit  dem  er  geschmückt  war,  kam  vor  wenigen  Jahren  nach  Stuttgart. ' 


.  ;.>e 


:'^  ■■■:'•  ■;t'^'^  r  ^;?^k;v 


.  •  ^ ;  :■■ 


40  .  .    ^ :■■':. 

-  -        .         t.    •■    .  "^      ,   ' 

schaffte  dem  jetzt  unbedeutenden  Mainhardt  im  Mittelalter  den  Ruf  eines  Curorts;  zurRöraer- 
2eit  war  es  eine  Grenzfestung  zweiten  Rangs,  ungefähr  von  gleicher  Wichtigkeit  wie  Jagst- 
hausen,  vgl.  hauptsächlich  Hansseimann,  Beweis  etc.  I  68—73.  Paulus,  der  röm.  Grenzwall 
S.  23— 27.  O.-A.-Beschr.  von  Weinsb.  S.  125—129.  Man  fand  hier  Reste  von  römischen  Bollwerken 
und  Häusern,  sehr  feste  Mauern  aus  Quadersteinen  (Hansselraann  I S.  70),  Heizröhren  (Paulus, 
röm.  Grenzwall  S.  25),  römische  Gräber  (Hansseimann  I  68)  mit  Urnen  und  Lampen,  be- 
sonders auf  dem  sogenannten  Kirchhoffeld  am  Limes  —  schon  a.  1690  — ;  allerlei  sonstige 
Oefässe  (S.  70),  auch  Pfeile  (S.  71.  72)  und  Speerspitzen  (S.  71),  Postamente  aus  Sand- 
stein (S.  72),  drei  jetzt  zertrümmerte  Statuen  (S.  71  und  Stuttg.  Lapidarium  nr.  71.  72), 
das  Bruchstück  eines  Altars  (Hansseimann  I  S.  71j,  das  Reliefbild  eines  Opferkrugs  an 
«inern  andern  Altar  (C.  I.  Rhen.  nr.  1624),  einen  Becher  von  schwarzgrauem  Marmor  (Hans- 
selmann  I  S.  71).  Die  Lage  des  Castells,  das  nach  Paulus  ein  Quadrat  von  470'  Länge 
mit  abgerundeten  Ecken  bildete  (Paulus,  röm.  Grenzwall  S.  24),  war  wie  die  von  Oehringen 
und  Jagsthausen  sehr  fest,  indem  auch  hier  das  sich  um  die  Höhe  windende  Wasser  — 
die  Brettach  —  ausgenützt  worden  war.  Inschriftlich  ist  constatiert  (C.  L  Rh.  nr.  1625), 
dass  von  der  XXII,  Legion,  die  ja  über  unsem  ganzen  Landstrich  bis  zu  ihrem  eigenen  und 
der  römischen  Herrschaft  Untergang  verbreitet  war,  auch  zu  Mainhardt  ein  Theil  in  Gar- 
nison lag.  Unklar  und  sehr  zerstört  ist  eine  zweite  Inschrift  (C.  I.  Rhen.  nr.  1621,  revidirt 
bei  Haug,  Inschr.  von  württ.  Franken  S.  32),  die  uns  sagen  zu  wollen  scheint,  dass  eine 
Cohorte  Asturier  mit  theilweise  dalmatischen  Subalternoffizieren  hier  stationirt  gewesen 
«ei.^)  Endlich  können  wir  den  Inschriften  noch  die  Verehrung  des  Juppiter  0.  M.  (C.  I. 
Rhen.  nr.  1622)  und  die  keltisch-römischen,  auch  sonst  vorkommenden  Namen  zweier  Ein- 
wohner Adnamatius  Victorinus  und  Adnamatia  Sperata  (nr.  1623)  entnehmen.  Einige  rö- 
mische Münzen  aus  der  Nähe  von  Mainhardt  besitzt  der  württembergische  Alterthumsverein 
{Rechenschaftsbericht  1847  S.  13);  aus  welcher  Zeit  kann  ich  leider  nicht  angeben  (siehe 
die  Anm.  der  folg.  Seite).  Ein  Marc  Aurel,  jetzt  zu  Kirchberg,  ist  oben  S.  5  erwähnt 
worden. 

Ebensoweit  nördlich  von  Oehringen,  als  Mainhardt  südlich,  finden  wir  bei  Jagsthausen 
wiederum  eine  kleine  römische  Festung.  Die  directe  Verlängerung  der  die  beiden  Oehringer 
Bürgen  von  einander  trennenden  alten  Strasse  bildet  noch  jetzt  ein  sonderbarer  Weg,  der 
den  heutigen  Ortschaften  absichtlich  auszuweichen  scheint.  Er  geht  über  die  Fluren  Kreuz- 
stein (woselbst  ein  römisches  Wachhaus  gestanden  haben  soll,  Paulus,  röm.  Grenzwall 
S.  34;  vgl.  auch  unten  bei  Rückertshausen  das  Kreuzholz),  Pfahläcker,  Schildwache,  Jonas- 
feld, »in  der  Wach«   an  den  Pfahldöbel  und  die  Burgwiesen  bei  Pfahlbach.  Halten  wir  uns 


'  ^1  '.  «^     .*. 


1)    Haug,   röm.  Inschriften  von  württemb.  Franken    S.  31  ff.  liest  die  Inschrift  folgendermassen : 

Dis  Manibus  sacrum  (Sanco?)  Maximo  Dasantis  (filio),  mensori  cohortis  (primae?)  Astarum sti- 

pendiorum  XVIII,  annorum  XXXVIII,  civi  (colono?)  Dalmatae  ex  municipio  Magab.  (?),  et  Batoni  [so 
auch  Stalin,  Verzeichniss  der  in  Württemberg  gefundenen  römischen  Steindenkmale  S.  84]  Beusantis 
(filio),  optioni  cohortis  supra  scriptae,  et  itidem  (?)  stipendiorum  XVIII,  annorum  XL,  ex  municipio 
Salyi(a  ?)  Apies  Incopionis  (?) 


,;^.; 

i 

..-■kI 

1 « 

1  ' 

V 

: 

'ti 

•*.• ; 

■  ^'• 

>iiCW 

' 

.■^■y..  ;i*^^ 


41 

von  da  am  Pfahlgraben,  dessen  Lauf  hier  durch  den  Flurnamen  Pfahläcker  [und  ausgegra- 
bene Wachhäuschen,  nach  Paulus  in  der  statistisch-topographischen  Oberamtsbeschreibung 
von  Oehringen  S.  98]  bezeichnet  ist,  so  kommen  wir  zunächst  bei  Sindringen  an  der  Stelle, 
wo  die  Sali  in  den  Kocher  mündet,  zu  einer  römischen  Kocherbrücke,  von  deren  Pfeilern 
man  bei  niederem  Wasserstand  noch  Reste  wahrnehmen  soll  (statistisch- topographische 
Oberamtsbeschreibung  von  Oehringen  S.  98).  üebersteigen  wir  den  Pfahläckern  entlang 
die  Höhe,  welche  Kocher-  und  Jagstthal  scheidet,  so  treffen  wir  an  letzterem  Flusse 
einen  Punkt,  wo  noch  die  Steinfundamente  einer  uralten  Brücke  sichtbar  sind,  und  jen- 
seits  auf  dem  rechten  Ufer  die  erwähnte  entschiedene  Römerniederlassung  bei  den  Dörfern 
Jagst-  und  Olnhauseu, ')  von  Oehringen  auf  dem  nächsten  Weg,  den  wir  soeben  gewählt 
haben,  nicht  ganz  drei  Stunden  entfernt.  Hier  auf  der  Höhe,  vom  engen  tiefgeschnittenen 
Jagstthal  halbinselartig  umfangen,  ostwärts  durch  den  Limes  gedeckt  und  diesen  wieder 
deckend,  erhob  sich  schon  im  zweiten  Jahrhundert  nach  Chr.  eine  ansehnliche  Veste,  die  so 
gut  als  ihre  spätere  Erbin,  die  Trutzburg  Götz  von  Berlichingens,  ihre  Geschichte  aufzu- 
weisen hatte.  Das  eigentliche  Castrum,  von  welchem  noch  die  südwestliche  Ecke  sichtbar 
ist,  stand  grösstentheils  auf  der  Stelle  des  jetzigen  Dorfs,  während  sich  die  Spuren  von  Ge- 
bäuden und  die  Fundstellen  der  römischen  Alterthümer,  wie  Denksteine  u.  dgl.  weiter  hin- 
aus und  namentlich'  über  die  südlich  anstossende  n  Steinäcker  erstrecken  (vgl.  Paulus,  röm. 
Grenzwall  S.  37).  Das  Castrum  selbst  zog  sich  gegen  die  in  nördlicher  Richtung  etwas 
höher  gelegene  Burg  hin,  welche  wohl  dem  Befehlshaber  der  Cohorte  als  Wohnung  diente. 
Dieses  Castell  wird  auf  dem  Platz  des  heutigen  Schlosses  gestanden  sein.  Darauf  weisen 
die  in  der  unmittelbaren  Nähe  des  Schlosses  in  neuester  Zeit  gemachten  Funde  und  beson- 
ders der  Umstand  hin,  dass  die  römische  Wasserleitung  in  den  Hof  desselben  geführt  hat. 
20—30  Minuten  weiter  westlich  vom  Westende  Römisch- Jagsthausens  kam  die  Niederlas- 
sung von  Olnhausen,  wo  sich  nach  der  vorliegenden  Tradition  keine  Spuren  von  einem 
Castell  gefunden  haben.  Man  vergleiche  den  sehr  genauen  Situationsplan  von  Fest 
Tafel  L 

Die  lesbaren  Inschriften  beginnen  mit  Antoninus  Pius  (138— 161)C.  L  Rhen.  nr.  1607, 
richtiger  bei  Haug,  röm.  Inschr.  von  Württemberg.  Franken  S.  50.  Genau  datiert  sind  die 
Jagsthäuser  Inschrift  vom  Jahre  221  nr.  1609  und  die  beiden  Olnhäuser  Inschriften  vom 
Jahre  179  nr.  1618  und  vom  Jahre  186  nr.  1617.  Auf  einer  vierten,  der  Jagst- 
häuser Inschrift  nr.  1608,  sind  leider  die  Kaisemamen  ausgemerzt.  Ich  füge  hier  das 
erste  getreue  Facsimile  der  Inschrift  ein ,  die  auch  paläographisch  insofern  von  In- 
teresse ist,  als  —  was  bisher  nicht  beachtet  wurde  —  das  V  vor  M  zweimal  durch  Ver- 
längerung des   zweiten  Striches   von   M   angezeigt  ist,   gerade   wie  ja  sehr  oft  und  auch 


1)  Ueber  die  römischen  Denksteine  in  der  Kirche  zu  Olnhausen  besitzt  der  württemb.  Alterthums- 
verein  ein  Manuscript  des  Reallehrers  Reinhard  in  Möckmühl  (Rechenschaftsbericht  1845  S-  12),  das  mir 
aber  nicht  zu  Gebote  stand.  In  der  Sammlung  dieses  Vereins  sich  NotizeH  za  Baehen  oder  zu  zeiek- 
nen  ist  verboten  (!),  sch\rerlich  durch  Beschluss  einer  Generalversammlung. 

8 


42 

auf  eben  unserm  Stein  I  vor  N  durch  Verlängerung  des  ersten  Strichs   von  N  bezeich- 
net wird. 


1    • 


s 


i 


»  -'  •  -  ,    «  / 


'  ■      '   ;     1 


[MP-CA:Sx:.Cv:V.:;i::J.;;-;--:::;:v' 

P-F-NVICTWC:-   i^ 

■^  :BAJvEM 

C  OH'hG  ERM-A     ;  V  -  • 

SEVS  TAT-  C  OISL/e>S)Vl-RÖ 

stTNfavrT^veAisE'  a 

CA.QPV  ©ri:-V'QE,OA^G 


.  /.- 


Die  Inschrift  lautet  nach  Haug  a.  a.  0.  51.  52  Imp.  Caes.  (M.  Aurelius  Antoninus) 
Pius  Felix  invictus  Aug.  et  (Imp.  Caes.?  P.  Septimius  Geta  Anton.  Aug.?)  balineum  cohor- 
tis  primae  Germanorum  (Antoninianae)  vetustate  conlabsum  restituenint,  curante  Q.  Cae- 
ciho  Pudente  viro  clarissimo  legato  Augustorum  pro  praetore,  insistente  Q.  Mamilio  Hono- 
rato  tribuno  cohortis  supra  scriptae.  Gewöhnlich  dachte  jman  bei  den  ausgemerzten  Kaiser- 
namen an  die  beiden  Philippi.  Allein  mit  Berufung  auf  Hagenbuch  bei  Orelli  II  p.  366 
und  Laraey  act.  Palat.  II  121  ff.  weist  Haug  nach,  dass  die  Philippi  nicht  zu  den  Kaisern 
gehörten,  deren  Namen  nachher  ausgekratzt  wurden.  Mit  Recht  bezieht  er  den  Stein  auf 
Caracallus  und  Geta  und  ergänzt  nach  Germ,  den  Beinamen  ANTONINIANAE,  also  12  Buch- 
staben, welche  bei  der  Vorliebe  unsres  Steinhauers  für  Ligaturen  nicht  mehr  Kaum  als  den 
für  9  vorhandenen  beanspruchen:  AKTON NllAN/t-  A,  N  und  I  scheinen  noch  sichtbar 
zu  sein.  Römische  Münzeu  findet  man  viele  (vgl.  auch  Hansseimann,  Beweiss  etc.  II  268), 
die  späteste  ist  von  Philippus  Arabs  f  249.  Nach  Hansseimann  (Beweiss  etc.  I  S.  75  ff. 
II  S.  267  ff.)  und  hauptsächlich  nach  den  Beobachtungen  des  H.  Rentamtmann  Fest 
zu  Jagsthausen,  auf  dessen  freundlichst  mitgetheilten  Angaben  die  hier  gegebenen  Notizen 
grösstentheils  beruhen  und  dessen  Liberalität  wir  auch  den  Situationsplan,  die  Inschriftco- 
pieen  und  einen  Theil  der  Abbildungen  verdanken,  entdeckte  man  Festungsmauern,  Hypo- 
causta,  Brunnen,  Gräber,  eine  Wasserleitung  mit  thönernen  über  V2  Meter  langen  Röhren, 


^^i'':<.^k■^f•:.■■i^  . 


■■t  ■•^i'V».  ■^::^.'Cr-:-J&'ia^:^y'-. 


-:>.*' 


43 

fast  V2  Stunde  weit  sich  erstreckend*);  von  einem  Bad,  balineum  (nicht  balnem,  wie 
mit  Zufügung  von  sie  im  C.  I.  Rhen,  nr.  1608  angegeben  wird),  der  I.  coh.  Germanorum 
spricht  die  eben  vorgeführte  Inschrift  und  berichtet,  es  sei  zur  Zeit  der  ausgemerzten  Kai- 
ser wieder  hergestellt  worden,  nachdem  es  vor  Alter  zusammengestürzt.  Seine  Ruinen 
wollte  Preuner,  Zeitschr.  des  bist.  Vereins  für  württ.  Franken  1852  S.  107.  108  in  einem 
Keller  entdeckt  haben  und  beschreibt  dieselben  ausführlich:  dieses  Bad  aber,  ein  Gewölbe- 
bau, stammt  entschieden  aus  dem  Mittelalter.  Die  gleiche  Cohorte,  deren  Namen  wohl  für 
die  Uebernahme  des  römischen  Grenzerdienstes  durch  Landeseinwohner  zeugt,  erwähnt  die 
Olnhäuser  Inschrift  nr.  1616. ^j  Commandant  war  (nach  der  gleichen  Inschrift)  ein  Centu- 
rio.  Ein  Signifer  (Träger  des  Cohortenzeichens)  lunius  luvenis  hat  sich  in  der  Inschrift 
vom  J.  221,  bei  Hang  a.  a.  0.  S.  53  C.  I.  Rhen.  nr.  1609  verewigt:  <Iovi  Optimo  Maximo 
lunoni  Reginae?)  \  Marti  et  Herculi  diis  patriis  dis  deabusq(ue)  omnibus  lunius  luvenis 
sig;ni(fer)  in  suo  (geschrieben  INSVO  als  ein  Wort  —  was  ich  zur  Ergänzung  der  bishe- 
rigen Collationen  nach  eigener  Einsicht  anmerke;  auch  ist  zwischen  düs  und  patriis  ein 
Punkt  nachzutragen)  |  v.  s.  1.  1.  nj.  Gr<a>to  |  (et  Se)leüco  cos.  Zuerst,  noch  a.  179  (vgl. 
nr.  1618),  gehörte  die  Garnison  zur  VIII.  Legion');  a.  186  (vgl.  nr.  1617)  zur XXII.  Diese 
letztere  geben  auch  andere  Inschriften,  nemlich  nr.  1610  und  eine  weitere,  neuesten  s  zu 
Jagsthausen  aufgefundene,  desgleichen  die  Stempel  von  Ziegelplatten  (Eigenthum  des  Herrn 
Fest). 

Die  Niederlassung  war  offenbar  nicht  so  unbedeutend:  man  hat  auch  Kunstwerke  in 
Stein  und  Erz  aus  dem  Boden  gegraben,  so  einen  jetzt  zu  Kirchberg  befindlichen  runden 
Altar  aus  Saudstein  von  sehr  hübscher  Arbeit;  darauf  sind  in  Relief  die  Götter  der  sieben 
Wochentage  —  in  ganzer  Gestalt  —  dargestellt:  Saturnus,  Sol,  Luna,  Mars,  Mercur,  Jup- 
piter  und  Venus  (abgebildet  bei  Hansseimann  II  tab.  XXIV),  dergleichen  auch  sonst  im  Ge- 
biete des  Rheins,  wie  zu  Neckarelz  (Christ,  monumenta  Romana  Palatinatus  ad  Nicrum  I 
S.  8),  Pforzheim  (Christ,  monum.  Rom.  Pal.  I  S.  30,  Leichtlen,  Zehndlande  S.81),  zu  Godram- 
stein  in  der  Pfalz  (Hefner,  röm.  Bayern »  nr.  42  S,  307.  Jahrb.  der  Alterthumsfr.  im  Rheinl. 
IV  173  f.),  in  Mainz  und  Castel   (vergl.  Memminger,   württembergische  Jahrbücher  1835, 


1)  Im  jetzigen  Schlossbof,  wo  sie  endigt,  liegt  noch  ein  Stück  der  Leitung:  die  thönerne  Röhre 
steckt,  von  einer  Asphaltmischung  umgeben,  in  ausgehöhltem  Sandstein. 

2)  Nach  Haug  a.  a.  O.  S.  55  lautet  sie:  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  lunoni  Reginae  L.  Petronius  Ter- 
tiuB  eentnrio  coh(ortis)  I  Germanorum  ex  voto  suscepto  pro  se  et  suis  posuit  l(aetus)  l(iben8) 
m(erito), 

3)  Die  Inschrift  nr.  1618,  Haug  S.  57,  habe  ich  folgendermassen     gelesen:     ♦   .  .    f^  .  £XCL* 

(=  et  Genio  loci)  |  IPOMETIV<S>    GRATINVS  I  MILES  LEG    VIII  AVC  |  «F  COS 

(=  beneficiarius  consularis)  |    pRQ    SE    ET    SV  IS  '  lAAP  •  COM  MODO   11'    ET   j   VERO 

II»  cos  I  Also,  im  Gegensatz  zu  den  bisherigen  Lesungen  der  Inschrift,  glaube  ich  vor  GL  in  der 
ersten  Zeile  nach  ET,  und  ausserdem  als  den  zweitvorhergehenden  Buchstaben  vor  ET  ein  N  zu  er- 
kennen. Haug  liest  Zeile  2  Ipomniu,  ich  selbst  habe  wie  Hansseimann  und  Fest  Ipometiu  heraus- 
gebracht. 


44 

1.  Heft  S.  78.  Jahrbücher  der  Alterthumsfreuade  im  Rheinlande  IV  171  f.),  und  frag- 
mentarisch zu  Rotenburg  (Sumalocennae;  Jahrbücher  der  Alterthumsfreunde  im  Rhein- 
lande IV^  145.  175.  tab.  III  5),  endlich  auch  zu  Wellingen  in  der  Schweiz  (F.  Keller  in 
den  Mittheil,  der  antiquar.  Gesellschaft  in  Zürich  XV  S.133  tab.  XIII.  Jahrb.  der  Alter- 
thumsfr.  im  Rheinl.  IV  176)  gefunden  worden  sind.  Dann  in  allerneuester  Zeit  wurde  .in 
meiner  Gegenwart  ein  zweiter  Altar  aus  der  Erde  gegraben,  64  cm.  hoch,  oben  31  cm. 
breit.  Es  ist  eine  runde  nach  oben  sich  verjüngende  Sandsteinsäule  ganz  mit  grossen  Schup- 
pen (des  Pinienapfels,  wie  mir  scheint)  bedeckt,  oben  mit  viereckigem  Aufsatz  und  quadrat- 

förmiger  Vertiefung  in  der  Mitte:  das  Capital  ist  an  den  vier 
Seiten  je  mit  einem  Genienkopf  verziert,  ganz  ähnlich  wie  das 
Säulencapitäl  von  Neuenheim,  Carlsruher  Lapidarium  nr.  20.  Un- 
mittelbar an  der  Jagsthäuser  Ära  lag  eine  Votivinschrift,  gleich- 
falls aus  gelbem  Sandstein,  offenbar  zu  dem  Altar  gehörig.  Ge- 
stalt und  Inschrift  der  54  cm.  hohen,  in  der  Mitte  40,  an  deu 
Gesimsen  48  cm.  breiten,  sorgfältig  gearbeiteten  und  vortrefflich 
erhalteneu  Platte  mag  mau  aus  nebenstehender  Zeichnung  Fests 
ersehen. 

Also :  lovi  Optimo  Maximo  Atusonius  Victorinus  votum  solvit  lae- 
tus  libens  raerito.  Ein  Atusonius  kommt  sonst  nicht  vor;  da- 
gegen mehrfach  Atusii.  Ein  Victorinus  aber  findet  sich  noch 
einmal   zu  Jagsthausen  in  dem   Töpferstempel   VICTORINVS 


FE.')  Ausserdem  besitzt  Fest  den  Stempel 


c 


MICC  I 


(auch  zu  Darmstadt,  Mainz  und 


Utrecht,    Fröhner   inscript.   terrae   coctae  nr.  1580)  und  das  unklare  Fragment  lyy^J 

=  Ma  .  .  .    Ferner  zwei  aussen  eingeritzte  Inschriften:  ' 

FIINV  «n<l  riR/V\ll.  Mit  ersterer  Form  dürfte  der  Oehringer  Stempel  lASSV  zu  ver- 
gleichen sein.  Unter  der  Fundstelle  obigen  Votivsteins  uud  Altars  war  ein  beinahe  eirund 
ausgemauerter  Raum  von  5'  Tiefe,  5'  Länge  und  3—5'  Breite,  welcher  meist  mit  Kohlen 
und  Knochenresten  von  Thieren  angefüllt  war.  Auch  viele  Stücke  von  Amphoren  und  das 
Fragment  einer  grossen  hübschen  Schüssel  von  samischer  Erde  mit  gepressten  Figuren,  Ge- 
nien, Hahn,  Hund  u.  s.  w.  fanden  sich  in  der  Opfergrube. 

Von  Bedeutung  für  die  Kenntnis  des  religiösen  Lebens  in  dieser  kleinen  Grenzfestung 
sind  noch  zwei  Steininschriften,  bei  Hang  a.  a.  0.  S.  55.  58.  C.  I.  Rhen.  nr.  1619.  1617, 
deren  erstere,  sehr  fragmentarisch  erhalten,  uns  mitzutheilen  scheint,  dass  als  Schutzgott- 
heit des  Platzes,   Genius  loci,   die  unter  den  wenigen  Inschriften  viermal  wiederkehrende 


S 


1)  Uebrigens  sind  sie  schwerlich  identisch.  Victorinus  ist  vielleicht  der  häufigste  Name  im  Decu- 
matland;  wir  haben  ihn  in  Steinschrift  sogleich  wieder  zu  Mainhardt  C.  I.  Rhen.  nr.  1623  uud  Murr- 
hardt  C.  I.  Rhen.  nr.  1568.  Victorina  nr.  1569  auf  Töpferstempeln  zu  Köngen,  Rotweil,  Riegel.  Fröh- 
ner inscript.  terrae  coctae  2125  sq.  2130,  und  im  nahen  Oedheim  (vgl.  S.  48  dieser  Abhandl.).  ebenso  zu 
Bonfelden  bei  Heilbronn,  Haug,  röra.  Inschr.  S.  61. 


J^^feV. -^ >^^v.i.h; '*^';»: '  «/.uiv*': 


■■,v  ;.■:■;  f.. 


,'::li'' \i<:^  h'M.'-isf-^i.'>J'^i'k. 


,    i      ■♦■1 


•  ••  ■ 


45 

Juno  (Regina)  *)  verehrt  wurde,  welche  nemliche  Thatsache  auch  für  Röraisch-Canstatt  aus 
der  Inschrift  C.  I.  Rhen.  nr.  1575  hervorgeht.  Zu  Beckingen  dagegen  wurde  Mars  Caturix 
als  Genius  loci  verehrt  C.  I.  Rhen.  nr.  1588.  Die  zweite  Inschrift  (nr.  1617)  lautet  nach  Haug 
S.  56 :  lovi  Optimo  Maximo  lunoni  Reginae  et  His(idi)  Sed(atae)  Titus  Flavius  Vitalis  Aelia 
Augusta,  miles  legionis  XXII  primigeniae  piae  fidelis,  beneficiarius  consularis,  stipendiorum 
XXVI,  pro  Salute  sua  et  sui  omnium  votum  solvit  libens  merito  Imperatore  CommodoPio  Feiice 
quintum  et  Glabrione  (iterum?)  consulibus.  Sie  erzählt  uns  also  vom  Cult  einer  local 
verwandelten  Isis,  wobei  das  Ephiteton  Sedata  an  den  in  Bayern  und  Kärnthen  verehrten 
Gott  Sedatus  (Hefner,  röni.  Bayern  ^  nr.  CXI  S.  100)  erinnert  und  vermuthen  lässt,  dass 
unsrem  gebornen  Augsburger  die  ägyptische  Göttin  mit  einer  südgermanischen  sich  verei- 
nigt hat,  wie  ja  selbst  Tacitus  (Germ.  9)  von  einer  Verehrung  der  Isis  bei  den  Germanen 
berichtet  und  noch  zur  Zeit  der  Schlacht  bei  Strassburg  der  Alamannenkönig  Chnodomar 
in  die  Isismysterien  sich  einweihen  liess  und  seinen  Sohn  Serapio  nannte,  Ammian.  Marcell. 
XVI  12. 

Weiter  entdeckte  man  zu  Jagsthausen  das  Fragment  einer  kleinen  Säule  (Hansseimann,  Be- 
weiss etc.  IS.  79),  gottesdienstliche  Geräthe  in  halberhabener  Arbeit  (Hansseimann  Itab.  XIV  3); 
sodann  in  der  Aschenurue  eines  Grabes  einen  achteckigen  Siegelring  aus  Silbermischung  mit 
rundem  Topas,  auf  welchem  vertieft  geschnitten  ein  Genius  oder  geflügelter  Amor  einen 
grossen  Hahn  am  Kragen  hält  (Hansseimann  II  S.  267  tab.  XVIII  fig.  4.  5).  Wir  hätten 
ihn  gerne  aufs  neue  abgebildet,  konnten  ihn  aber  weder  zu  Kirchberg  noch  sonstwo  finden. 
Hansseimann  weiss  nicht,  was  von  dem  Bild  zu  halten  sei.  Es  ist  aber  bekannt,  dass  der 
Hahn  als  feuriges  Thier  der  Venus  geopfert  zu  werden  pflegte  (Alciphr.  epist.  fragm.  6,  5. 
Böttiger  kl.  Sehr.  III 462) ;  dass  er  ein  gewöhnliches  Geschenk  an  die  Geliebten  war  (Aristoph. 
Vögel  707.  Plutarch.  Lycurg.  20  2);  Kunstwerke,  wo  er  in  den  Händen  geliebter  Knaben 
firscheint,  citirt  K.  F.  Hermann,  der  Knabe  mit  dem  Vogel  S.  16;  dazu  kommt  noch  Pa- 
nofka,   Bilder  antiken  Lebens  Taf.  10,  8:    Ganymedes   mit  einem  Reif  und   einem  Hahn); 


1)  Auch  in  der  Nachbarfestung  Osterburken  ward  Juno  Regina  verehrt,  was  aus  der  unedierten 
Inschrift  eines  Veteranen  Julius  hervorgeht.  Ich  füge  noch  einige  unedierte  Töpfe rstenipel  aus  Oster- 
burken an: 


AV.V»  TIN^^     _  Augustinus  (Caustatt,  Rotenburg.  Rheinzabeni.  Fröhner  nr.  235.  236); 


CENS  $  =  Censoriuus  (Rheinzabern.  Speyer  u.  s.  w,  Fröhner  nr.  648—6.54); 


PATVRINVS 


verkehrt,  in  dieser  Form  noch   nicht   nachgewiesen,    nur   PATRVINVS   aus    Rhein- 
zabern, PATRVENVS  aus  Mühlhausen  bei  Canstatt.    Fröhner   nr.   337;   PATV  und 

BATYR  aus  Voorburg,  nr.  340.  341.  Unerklärlich  ist  mir  1183^7/.  Sämmtliche  Stempel  sind  in  der 
Sammhing  des  Vereins  für  württ.  Franken:  dazu  noch  auf  einer  Todtenlampe,  vom  Rhein,  vielleicht  aus 
Mainz:  ///VCARI  =  Eucari  (Bonn.  Cöln,  Fröhner  nr.  1053—1054),  wenn  nicht  =  Eucarp  (nr.  1055  flF.). 
2)  Ntavlaxog  Sk  rroö;  Tovlfnnyytllöuevov  kvtiÜ  So}attv  a).(XTov6i'a;  f^n^axontti  fv  tm  fjayfafhir  un 
avys,  (Inev.  aXXa  Sog  fioi  iwv  anoxTfivoVTCjr  iv  t^  fiayfoQ'tti.  ' 


■-■    Lt.      ■  ■  ,' 


46 


dass  er  sehr  häufig,  namentlich  auf  Gemmen,  in  allen  (lenkbaren  Verbindungen  mitAmoren 
auftritt :  bald  reitet  Amor  auf  dem  Vogel,  bald  fahrt  er  auf  einem  Hahnengespann  (Winkel- 
mann, Stoschische  Sammlung  S.  403),  bald  fährt  ein  anderer  auf  dem  Hahnenwagen  und 
Amor  steht  dabei,  anzudeuten,  dass  die  Fahrt  einem  Liebesabenteuer  gelte  (Winkelmann, 
Stosch.  Samml.  S.  372),  bald  vergnügt  sich  Amor  oder  zwei  Amoren,  ein  Paar  Streithähne 
kämpfen  zu  lassen  (Müller  und  Oesterley,  Denkmäler  alter  Kunst  H  52,  654.  Winkelmann, 
Stosch.  Samml.  S.  407),  dann  wieder  lässt  ein  Amor  den  Hahn  aus  einem  Käfig  laufen  (Win- 
kelmann ebendas.)  oder  er  spielt,  wie  auf  unsrem  Steine,  in  anderer  Weise  ruhig  mit  dem 
Thier  (so  auf  dem  Sarkophagrelief:  Phädra  und  Hippolyt,  Gerhard,  antike  Bildw.  Taf.  26). 
Der  Siegelring  wird  somit  nichts  anderes  ursprünglich  gewesensein,  als  ein  Zeichen  der  Liebe, 
und  als  solches  wird  er  auch  von  liebender  Hand  der  geliebten  Asche  beigeschlossen 
worden  sein,  wie  heute  noch  gar  mancher  seinen  Trauring  mit  ins  Grab  nimmt. 

Auch  aus  Bronze  hat  man  mehrere  recht  hübsche  Sigilla  gefunden :  das  Brustbild  einer 
kriegerischen  Frau  mit  phrygischer  Mütze;  eine  der  beiden  Brüste  ist  entblösst  und  quer 
herüber  läuft  ein  Gurt,  vielleicht  den  Köcher  zu  tragen,  deutlich  genug  also  eine  Amazone, 
im  Besitz  des  Hrn.  Rentanitmann  Fest,  abgebildet  Taf.  IV  5.  Das  Bild  ist  hohl  und  hinten 
platt  abgeschnitten,  war  somit  einst  bestimmt  an  einer  Wand  befestigt  zu  werden,  wie  der 
oben  bei  Oehringen  beschriebene  Minervenkopf.  Ferner  zwei  Exemplare  der  beliebten 
Satyrstatuetten:  eine  mit  abgeschlagenen  Füssen,  im  Besitze  des  Hrn.  Rentamtmann  Fest; 
die  zweite  sollte  sich  in  der  Sammlung  des  württembergischen  Alterthumsvereins  zu  Stuttgart 
befinden,  nach  dem  Rechenschaftsbericht  1844  S.  11.  Erstere  Statuette,  genauer  bezeichnet 
ein  halbtrunkener  Silen,  weinlaubbekränzt  mit  schiefer  plattgedrückter  Nase  und  spitzig 
vorragenden  Blättern  über  den  Ohren,  in  sitzender  Stellung  und  so  zu  ergänzen,  dass  er 
mit  der  Rechten  in  das  Gefäss  sich  einschenkt,  das  er  mit  der  Linken  einst  gehalten  haben 
muss:  dieses  Kunstwerk  im  edelsten  klassischen  Stil  (vgl.  Müller,  Handbuch  der  Archäol. 
§.  386),  sicher  eines  der  schönsten  Erzeugnisse  römischer  Kunst  im  Decumatland,  geben 
wir  zum  erstenmal  wieder  auf  Taf.  IV  4.  Ausserdem  zeigt  Tafel  VH  (3. 5)  eine  sehr  hübsche 
mit  blauem,  weissem,  grünem  und  rothem  Email  ausgelegte  Bronzebrosche,  (9)  eine  geschmack- 
voll einfache  bronzene  Gewandnadel  und  (6.  7)  ein  paar  interessante  Haarnadeln  z.  B.  mit 
einem  Knopf  in  Form  eines  Hahns,  ebenfalls  aus  Bronze,  sämmtlich  Jagsthäuser  Funde. 
Ferner  enthält  die  kleine  Sammlung  im  Freiherrlich  Berüchingischem  Schlosse  den  kleinen 
Finger  einer  lebensgrossen  Bronzestatue,  ohne  Zweifel  eines  Mannes. 

W^ir  übergehen  die  Farbschalen,  fusslangen  Pfeilspitzen  u.  a.,  was  ausserdem  entdeckt 
wurde.  Das  Gebälke  zeigt  hier,  wie  überhaupt  längs  dem  Limes  in  unserer  Gegend,  die 
entschiedensten  Spuren  der  Zerstörung  durch  Feuer.  Dass  sie  gerade  so  gründlich  gelang 
wie  die  von  Oehringen,  beweist  der  Umstand,  dass  Jagsthausen  für  ungefähr  800  Jahre 
aus  der  Geschichte  verschwand  und  auch  der  römische  Name  verloren  gieng. 

Jagst  abwärts  scheint  über  Widdern  eine  römische  Strasse  nach  Wimpfen  geführt  zu 
haben ;  andererseits  dürfte  Jagsthausen  mittelst  der  auf  der  Höhe  zwischen  Jagst  und  Kocher 
hinziehenden  Hochstrasse  —  es  kommt  auch  der  Name  Wachhäusle  an  ihr  vor   —    mit 


\ 


V    ^ 


iv:.-.v : -■*  w.  •.  ^«j^^-.jiff-v 


;i*. 


-..■.l/' :■,  I  ;•♦  .■:  K 


.  I 


47 

den  Römerniederlassungen  auf  den  jetzigen  Fluren  Mäurich  ^)  und  Bürg  (nebst  Umgebung) 
bei  Neuenstadt  und  Oedheim  am  Kocher  verbunden  gewesen  sein  (vgl.  v.  Gok,  der  röm. 
Grenz  wall  von  der  Altmühl  bis  zur  Jaxt  S.  196). 

Bürg,  Mäurich  u.  s.  w.  bei  Neuenstadt  haben  verschiedene  römische  Denkmäler  auf- 
zuweisen. Abgesehen  davon,  dass  schon  im  sechzehnten  Jahrhundert  Säulen  und  das  Mo- 
nument der  Tochter  eines  Kaisers  (Chronik  Reichards  v.  Gemmingen  vom  J.  1631;  v.  Gok, 
a.  a.  0.)  ausgegraben  werden  sein  sollen,  erfahren  wir  aus  den  Inschriften  folgendes :  dass 
unter  Septimius  Severus  (C.  I.  Rhen.  nr.  1613)  und  unter  seinem  Sohne  Caracallus  zwischen 
den  J.  198  und  211  (C.  1.  Rhen.  nr.  1605,  Haug,  röm.  Inschriften  von  württ.  Franken 
S.  25)  daselbst  Römer  lagen,  dass  sie  den  Sonnen-  und  Heilgott  Apollo  Grannus  (C.  I. 
Rhen.  nr.  1614)  und  den  Genius  des  Mars  (C.  I.  Rhen.  nr.  1611)  verehrten,  also  wohl  zum 
grossen  Theil  Soldaten  waren.  Von  ihrem  Reiten  und  Jagen  legt  ein  gefundener  eiserner 
Sporn  (Paulussche  Privatsammlung  im  Stuttg.  Museum  vaterländischer  Alterthüm.  nr.  293) 
und  die  Reliefdarstellung  einer  Hasenjagd  auf  dem  Altar  des  Apollo  Grannus  Zeugnis  ab 
(Stuttg.  Lapidarium  nr.  39).  Eine  Statue  des  Kaisers  Caracallus  muss  einst  auf  der  römi- 
schen Bürg  gestanden  haben  C.  I.  Rhen.  nr.  1605.  Von  einem  Einwohner,  der  zugleich 
Decurio  und  Eigenpriester  war  und  jenes  Standbild  errichtete,  weiss  die  gleiche  Inschrift  zu 
melden:  «Imperatori  Caesari  Marco  Aurelio  Antonino  Augusto,  Lucii  Septimii  Severi  Augusti 
nostri  filio,  statuam  ob  honorem  decurionatus  et  tlaminatus  .  .  .  .«  Ohne  Zweifel  gehörten 
die  Truppen  wie  die  von  Oedheim  der  II.  isaurischen  Cohorte  an  und  zählten  wie  die  rings- 
um stationirten  Truppen  zur  VIII.,  später  zur  XXII.  Legion.  Soldatenziegel,  die  man  bei 
dem  bloss  eine  Stunde  entfernten  Oedheim  gefunden  hat,  zeigen  den  Stempel  COH-  ll  IS 
(C.  I.  Rhen.  nr.  1615),  so  dass  man  nicht  zweifeln  kann,  dass  hier  Isaurer  lagen.  Man 
hat  auch  an  die  Isarker  (in  Tirol)  erinnert  und  an  die  Unterwerfung  der  Isaurer  durch 
Probus,  beides  mit  Unrecht.  Eine  cohors  Isaurica  war  auch  zu  Augsburg  in  Garnison 
(Hef  ner,  röm.  Bayern  ^  S.  5),  und  zu  Stockstadt,  also  auch  am  Limes  transrhenanus  und 
im  römischen  Südwestdeutschland,  war  ein  Soldat  [der  XXII.  Legion]  „uatione  Isaur."  be- 
graben (Hefner,  röm.  Bayern  ^  nr.  CCIX).  Weder  Stockstadt  noch  Oedheim  waren  zu 
Probus  Zeit  oder  nach  ihm  in  den  Händen  der  Römer,  auch  verschwindet  die  ganze  XXII. 
Legion  schon  vor  der  Regierung  des  Probus  aus  der  Geschichte:  ihre  letzten  Lebenszeichen 
sind  Gallienus-  und  Victorinusmünzen  mit  ihrem  Namen  aus  den  sechziger  Jahren  des  drit- 
ten Jahrhunderts  (Wiener  de  legione  Romanorum  vicesima  secunda  p.  79.  80).  Probus  sel- 
ber sagt  von  sich,  dass  er  den  Deutschen  ihren  «Boden«  gelassen  habe ;  bloss  einigen  Rhein- 
städten, wie  Mainz  und  Bonn  gegenüber  stellte  er  die  römischen  Castelle  wieder  her.  Uebrigens 


1)  Mäurich  oder  Mäurig  ist  Collectiv  von  Mauer  =  Gemäuer.  Sowohl  gegenüber  von  Neuenstadt, 
als  gegenüber  von  Oedheim  befindet  sich  auf  dem  rechten  Kocherufer  eine  Flur  (mit  römischen  Resten)  dieses 
Namens,  desgleichen  gegenüber  von  Beckingen  und  Wimpfen  am  rechten  Neckarufer;  überhaupt  ist  der  Name 
häufig,  in  der  Schweiz  als  Möriken  und  Mauracher,  bei  Leouberg  sogar  zu  Eurach  entstellt,  eine  Vier- 
.  telstunde  von  der  Oehringer  Untern  Bürg  als  Mörig.  Hochmauren  bei  Rotweil  gilt  für  das  vielgenannte 
Arae  Flaviae;  Mauren,  Muri  u.  s.  w.  sind  häufig. 


y 


48 

scheinen  sich  die  fremdländischen  Soldaten  recht  behaglich  bei  Oedheim  eingerichtet  zu  haben. 
Man  entdeckte  z.  B.  eine  ummauerte  Villa  mit  Heizeinrichtung,  Säulengang,  Steintreppen 
und  gemalten  Wänden,  auch  allerlei  Gefässscherben,  worunter  eine  mit  Stempel  (Victorinus). 
Dass  sie  den  Wein  nicht  verachteten,  wird  durch  manche  Fragmente  unzweifelhafter  Wein- 
krüge ausser  Frage  gestellt  (Schriften  des  württ.  Alterthumsvereins  1866  S.  25.  Jahrb. 
der  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XXXIX  S.  213—215.  Zeitschr.  des  Vereins  für  Württemberg. 
Franken  1866  S.  357.  Die  Amphoren  sind  in  der  Stuttgarter  Sammlung  vaterländischer 
Alterthümer). 

Auf  der  Höhe  zwischen  Jagst  und  Kocher,  ziemlich  zwischen  Neuenstadt,  Jagsthausen 
und  Oehringen  in  der  Mitte,  beim  Rückertshof,  einst  Ruggarteshusen  genannt,  ist  der 
Wald  Kreuzholz.  Hier  hat  man  schon  vor  langer  Zeit  römische  Sachen  gefunden,  aber  erst 
in  neuerer  Zeit  ist,  unter  Oberleitung  von  Director  Albrecht  systematisch  ausgegraben  wor- 
den. Da  entdeckte  man  nun  die  brandgeschwärzten  Ruinen  einer  römischen  Meierei  nebst 
Hypocaustum  und  Backsteinbrennerei.  Es  kamen  auch  verzierte  und  un verzierte  Ziegel- 
platten, Glas,  Terra  sigillata,  Nägel,  Bänder  von  Metall,  ein  Schreibgriffel,  anderthalb 
Töpferstempel  (ATTIAXVS,  N  nicht  ausgeprägt,  und  ////NHOF  =  .  .  .  ii  officina,  Samm- 
lung des  Vereins  für  württembergisch  Franken ;  Attianus  noch  bekannt  aus  Castel,  Rhein- 
zabem,  Fröhner  inscr.  terrae  coctae  201  und  Rutesheim  ^)  bei  Leonberg,  Sammlung  des 
Württemberg.  Alterthumsver.  nr.  9),  sowie  zwei  Bronzemünzen  von  Antoninus  Pius  zum 
Vorschein,  die  eine  unleserlich,  die  andere  vom  J,  160  (vgl.  Zeitschr.  desVer.  für  Württem- 
berg. Franken  1848  S.  82,  deren  Angaben  ich  hier  nach  genommenem  Augenschein  theil- 
weise  verbessert  habe).  Gleich  unterhalb  der  Niederlassung  ist  eine  steingefasste  Quelle  mit 
reichlichem  Wasser  (Zeitschrift  des  Vereins  für  württemb.  Franken  1865  S.  116).  Ausser 
dem  Hirschgeweih  und  den  Auerochsenwirbeln,  den  Wolfs-  und  Fuchsknochen,  die  man  ge- 
funden haben  will  (Zeitschrift  des  Vereins  für  Württemberg.  Franken  1848  S.  82),  fand  man 
auf  Ziegelplatten  die  tief  eingedrückten  Spuren  darüber  gewandelter  Schafe  (Zeitschrift  des 
Vereins  für  Württemberg.  Franken  1848  S.  78;  die  Ziegel  in  der  Vereinssammlung).  Zu- 
sammengenommen mit  den  übereinstimmenden  Spuren  auf  Ziegeln  von  Oedheim  (Jahrb.  der 
Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XXXIX  S.  215)  und  mit  den  Webergewichten,  0  welche  man  im 
benachbarten  Neckarsulm  ausgegraben  hat,  dürften  sie  beweisen,  was  freilich  zum  voraus 
angenommen  werden  muss,  dass  auch  in  dieser  Ecke  des  römischen  Reichs  Schafzucht  be- 
trieben ward  und  die  Frauen  des  Webstuhls  pflogen. 

Der  directe  Heimweg  nach  Oehringen  führt  uns  zunächst  zur  Flur  «Wachholder«  und 


1)  Vgl.  auch  das  seltsame  Zusammentreffen  von  Rückertshausen  und  Rutesheim  bei  der  nächsten 
Anmerkung  betr.  die  Schafzucht. 

1)  In  der  Stuttgarter  Sammlung  vaterländischer  Alterthümer.  Vgl.  Ritschi,  antike  Gewichtsteine, 
in  den  Jahrbüchern  der  Alterthumsfr.  im  Rbeinlande  XLI  S.  9  ff.  Sehr  interessante  Beweise  römischer 
Schäferei  im  Decumatland  hat  man  zu  Rutesheim  bei  Leonberg  gefunden,  Schafscheere,  Schafglooke  u.  s.  w. 
(Samml.  des  württ.  Alterthumsver.). 


-  -V  -. 


'.   •/■-■ 


.-N 


'  ■^^i'AiiA,  £äfö*Ä«&^S?i 


49 

nach  der  »Wächlinger  Steige«  und  den  »Wächlingsgärten«^)  am  Kocher,  dann  hinüber  über 
den  Fluss  nach  Ohrnberg  (einst  Ornburc)  mit  Römerresten  in  der  Nähe,  von  da  ohrnauf- 
wärts  zum  abgegangenen  Weiler  Stackenhofen,  dann  über  die  »Strassenäcker«  an  »Mörig« 
vorbei  zur  Unteren  Bürg.  Die  Vermuthung  liegt  nahe,  dass  der  besagte  Weg  schon  von 
den  Römern  gegründet  worden  ist,  um  die  kleinen  Niederlassungen  bei  Ohrnburg  und 
Rückertshausen  mit  Oehringen  in  directe  Verbindung  zu  bringen  und  in  seiner  nördlichen 
Verlängerung  zu  den  Castellen  Olnhausen  und  Jagsthausen  weiter  zu  führen.  Zwischen 
Neuenstadt-Oedheim  und  Oehringen  bestand  schwerlich  eine  directe  Chaussee;  vielmehr 
scheinen  die  Aurelianeuses,  wenn  sie  nordwestlich  marschieren  wollten,  bis  in  die  Gegend 
von  Verrenberg-Bitzfeld(V4  Stunden  von  Oehringen)  die  grosse  Landstrasse  nach  Beckingen  be- 
nützt zu  haben.  Von  hier  aber  gieng  vielleicht  eine  Nebenstrasse  längs  der  Brettach  hinab. 
Auf  den  Burgwiesen  bei  Weislensburg,  das  an  dieser  Strasse  gelegen  haben  müsste,  hat  man 
schon  manchesmal  römische  Münzen,  Scherben  und  Bautrümmer  gefunden.  Auch  V^erren- 
berg  ist  nicht  ohne  römische  Münzen. 

Ueber  den  Limes  hinaus,  ins  freie  Germanien,  scheint  keine  Römerstrasse  geführt  zu 
haben.  Der  politische  Gegensatz  zwischen  der  Bevölkerung  diesseits  und  jenseits  war  doch 
zu  stark  und  schroff,  um  trotz  der  mannigfachen  üebereinstimmung  in  Sitten  und  Interes- 
sen solches  Hinausgreifen  der  Römer  über  die  gesteckten  Grenzen  zu  dulden.  Von  diesen 
Deutscheu  im  nichtrömischen  Lande  wissen  wir  leider  gar  wenig.  Zwar  ist  ganz  Hohenlohe 
namentlich  längs  den  Flüssen  Jagst  und  Kocher  noch  heute  mit  einer  grossen  Zahl  Grab- 
hügel, wohl  bei  500,  bedeckt  und  davon  hat  man  300  geöffnet,  aber  die  Ausbeute  war 
verhältnismässig  klein.  Man  findet  die  Hügel  vom  Limes  bei  Oehringen  und  Jagsthausen 
bis  ins  Riess,  in  die  Gegend  von  Nördlingen  und  Donauwörth  (Haarburg),  und  ebenso  nord- 
wärts bis  Mergentheim  und  jenseits  der  württembergischen  Grenze.  Am  zahlreichsten  trifft 
man  sie  in  der  Nähe  der  Salzquellen  von  Niedernhall  am  Kocher  und  Kirchberg  an  der 
Jagst.  Auf  isolierten  Höhen  entdeckt  man  sie  selten;  gewöhnlich  erheben  sie  sich  gruppen- 
weise (bis  zu  40  Stück)  auf  flachen  Waldhöhen  und  an  Stellen,  wo  früher  Wälder  —  Eich- 
wälder —  standen,  wie  theils  aus  den  Flurnamen,  theils  aus  der  mündlichen  und  schrift- 
lichen Ueberlieferung  erwiesen  werden  kann.  »Heimatswälder«  nennt  schon  die  ältere  Edda 
diese  Hügelgräber.  »Wo  lerntest  du  diese  spitzigen  Worte,  dass  ich  nirgends  spitzigere 
hörte?«  fragt  Thor,  und  Harbard  erwiedert:  »Ich  lernte  sie  bei  den  Männern,  den  alten, 
welche  wohnen  in  den  Heiraatswäldern«  [d.  i.  nach  Lüning  Edda  S.  223  und  Liliencron 
in  Haupts  Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  X  1856  S.  188  in  den  Wäldern  als  ihrer 
Heimat].  Thor :  »Da  gibst  du  guten  Namen  den  Gräbern,  dass  du  sie  nennst  Heimatswälder 
(heimis  skoga)«  Harbardslied  Str.  43—45.  Und  noch  aus  dem  12.  Jahrhundert  lesen  wir 
das  Verbot,  dass  die  Christen  ihre  Todten  nicht  zwischen  den  heidnischen  in  Wäldern 
und  Feldern  begraben  sollten  (Abbas  Ursperg.  ad  annum  1124  von  Pommern). 

Untersucht  wurden  die  meisten  Hügel  durch  Hofrath  Hammer  in  Kirchberg,  dessen 


1)  Vom  abgegangenen  Ort  Wachalinga,  Wachaliucheim ;  Garten  =  durch  eine  Mauer  oder  sonstwio 
eingefasster  Platz. 


50 

Papiere  die  Hauptgrundlage  meiner  Ausführungen  bilden  ^  —  übrigens  geschah  diess  in 
einer  Zeit,  wo  die  Gräberforschung  noch  sehr  in  den  Anfängen  lag,  und  Hammers  Verfahren 
war  meistens  sehr  summarisch,  sofern  er  einfach  in  westöstlicher  Richtung  einen  schmalen 
Einschnitt  in  den  Hügel  machte,  um  das  in  der  Mitte  von  Süd  nach  Nord  liegende  Gerippe 
zu  treffen;  darauf  untersuchte  er  den  Platz  bei  diesem  und  schüttete  dann  den  Grabhügel 
wieder  zu.  Nur  ausnahmsweise  gieng  er  sorgfältiger  zu  Werk.  So  viel  demnach  seine  Me- 
thode zu  wünschen  übrig  Hess:  wir  verdanken  Hammer  doch  einen  üeberblick  über  die 
Natur  und  den  hauptsächlichsten  Inhalt  der  Grabhügel  unserer  Landschaft. 

Man  unterscheidet  gegenwärtig  drei  Hauptklassen  von  Grabhügeln.  Solche  der  älte- 
sten Gattung  d.  i.  grosse  Hügel  mit  gewaltigen  Steinringen  umkränzt,  im  Innern  mit  Kammern 
aus  gespaltenen  mächtigen  Steinplatten,  mit  unverbrannten  Leichen,  SteinwaflFen  und  Bem- 
steinschmuck,  solche  hat  man  im  Hohenlohischen  nicht  gefunden. 

Die  Mehrzahl  gehört  vielmehr  zur  dritten  spätesten  Klasse,  die  einer  Zeit  entstammt, 
in  welcher  der  Gebrauch  des  Eisens  für  alle  schneidenden  Werkzeuge  schon  herrschend 
geworden,  ungefähr  den  ersten  Jahrhunderten  nach  Christi  Geburt.  Ihren  allgemeinen  Cha- 
rakter bestimmt  Lindenschmit  (vaterländ.  Alterth.  zu  Sigmaringen  S.  107)  dahin :  sie  seien 
zumeist  ganz  aus  Erde  gebaut  oder  nur  mit  einer  geringen  Verwendung  von  Steinen, 
theils  für  innere  Umgrenzung,  meist  aber  für  das  Lager  der  Todten,  welche  oft  in 
grösserer  Zahl,  »nach  verschiedenen  Richtungen  oder  von  Süden  nach  Norden,«  mit 
ihren  Waffen  und  Schmucksachen  bestattet  seien.  Hügel  dieser  Art,  mit  unverbrannten  Lei- 
chen, finden  sich  in  grosser  Anzahl  im  Hohenlohischen,  so  namentlich  auf  dem  Hermersberg 
bei  Niedernhall  und  im  Streitwald  bei  Kirchberg  an  der  Jagst.  Ihre  Gestalt  mag  sich  ur- 
sprünglich einem  Kegel  genähert  haben.  Die  anfängliche  Höhe  hat  natürlich  bei  allen  mehr 
oder  weniger  abgenommen.  Viele  sind  durch  die  Witterung  oder  die  Cultur  verflacht  wor- 
den und  dadurch  für  immer  verschwunden.  Jetzt  erreicht  ihre  Höhe  bisweilen  noch  2,85  m., 
auch  noch  mehr;  doch  sind  3  m.  das  Maximum,  bei  einem  auch  sehr  umfangreichen  (31,35  m.) 
Hügel  im  Triensbacher  »Eichwald«  eine  halbe  Stunde  von  Crailsheim.  Der  Umfang  ist 
stets  ziemlich  kreisrund;  das  Maximum  des  Durchmessers  beträgt  beim  grössten  Hügel  des 
Streitwalds  42,75  m.  (150  ')•  Sehr  viele  sind  1,7  bis  2  m.  hoch  und  20  bis  22  m.  im  Durch- 
messer. Der  Hügel  besteht  in  der  Regel  aus  aufgeworfener  Erde  mit  Steinen  im  Centrum 
der  Halbkugel.  Gerade  unter  dem  Höhepunct,  ursprünglich  1,4  bis  1,7  m.,  jetzt  noch  da 
und  dort  1,14  m.  tief  im  Boden  lag  der  Todte  (so  im  Streitwald  und  bei  Hermersberg), 
gebettet  auf  eine  2,28  m.  lange  und  ungefähr  1    m.  breite    Steinlage  und  zugedeckt  mit 


1)  Ausserdem  habe  ich  schriftliche  und  mündliche  Notizen  der  HH.  Obermedicinalrath  Dr.  Holder 
in  Stuttgart,  Forstmeister  Gantz  in  Oehringen,  Schulmeister  Kneile  in  Niedernhall  und  Stadtpfarrer 
Braun  in  Grossheppach,  früher  in  Niedernhall,  benützt,  wofür  ich  diesen  HH.  hiermit  bestens  danke. 
Gedruckte  Aufsätze  Hammers  über  einen  Theil  seiner  Ausgrabungen,  beziehungsweise  Auszüge  Pauly's 
aus  Hammers  schriftlichen  Mittheilungen  stehen  in  Memmingers  württembergischen  Jahrbüchern  1838 
S.  221  £F.  1840  S.  414  ff.  Dabei  sind  auch  einige,  aber  sehr  dürftige  Abbildungen  ohne  Angabe  des 
Massstabs. 


51 

einer  gleich  grossen  Schichte  meist  grösserer  Steine.  Fast  immer  waren  Kalksteine  benutzt, 
je  und  je  auch  Sandsteine;  selbst  Feuersteine  in  einer  Schwere  von  22  Pfund,  *)  ja  sogar 
Versteinerungen*)  waren  mühsam  zusammengesucht  und  herbeigeschleppt  worden,  in  Ge- 
genden, wo  in  einer  Entfernung  von  einer  halben  Stunde  keine  solchen  Steine  gefunden 
werden.  Auch  die  Bauart  war  nicht  überall  gleich:  bei  dem  einen  war  eine  Schicht  fest- 
gestampfter Erde  über  dem  Todten,  bei  einem  andern,  dem  sogenannten  Fuchsbörzel ')  im' 
Streitwald,  erhob  sich  über  dem  Begrabenen,  der  genau  im  Mittelpunkt  des  Hügels  auf 
kleine  Feldsteine  gebettet  ruhte,  ein  mächtiger  Steinkegel  2,28  m.  hoch  und  5,7  bis  7  m. 
im  Durchmesser,  aus  vielen  grossen  und  theilweise  seltenen  Steinen  (Feuersteinen  und  Ver- 
steinerungen) gethürmt;  den  Steinhügel  selbst  umgab  wieder  ein  bis  zu  18,5  m.  breiter 
Ring  von  Erde,  so  dass  der  Durchmesser  des  ganzen  42,75  m.  (150 ')  erreichte.  DerTodte, 
sicher  ein  Fürst  oder  König,  dessen  Knochengerüste  gegen  2  m.  lang  war,  hatte  Schwert 
und  andere  Waffen  mit  ins  Grab  genommen  und  die  grosse  Zahl  von  Eisenstücken  rings 
um  ihn  muss  von  seinem  Wagen  herrühren.  Der  Leichnam  lag  nach  der  Volkssitte  nord- 
wärts gerichtet*)  und  auch  sein  Riesenhügel  lag  nördlicher  als  alle  andern  Grabhügel  und 
Grabhügelgruppen  der  Gegend.  Urnentrümmer,  Knochen  —  von  mindestens  sechs  weiteren 
Menschen  —  und  Bronzegeräthe ^)  fanden  sich  genug  im  Umkreise  des  Grabes;  von  Gold, 


1)  Unter  den  im  Innern  des  sogenannten  Fuchsbörzels  2,28  m.  buch  und  ungefähr  6  m.  im  Durch- 
meseer  aufgethürmten  Steinen  fand  Hammer  7—8  Feuersteine  von  6.  8.  9.  15  bis  22  Pfund  schwer. 

2)  Auch  diese  fanden  sich  im  Fuchsbörzel;  vgl.  S.  22  die  Notiz  über  die  Verwendung  von  Ver- 
steinerungen im  Decnmatland.  Auch  in  einem  Hügel  bei  Wiesbaden  fand  man  in  einer  Steinkiste  reine 
Asche  und  eine  versteinerte  Venusmuschel,  Dorow,  Opferstätton  und  Grabhügel  I  23. 

8)  Dieser  Fuchsbörzel  d.  i.  Fuchshügel  ist  leider  längst  durch  die  vielen  Füchse  und  Dachse,  die 
darin  bauten,  und  durch  die  Jäger,  die  nach  ihnen  gruben,  soweit  der  Steinkegel  nicht  reichte,  g^ründ- 
lich  zerwühlt  und  zerstört  worden.  Hammer  untersuchte  ihn  zwar  ausnahmsweise  sorgfaltig;  dennoch 
fanden  hier  noch  in  neuester  Zeit  die  Jäger  beim  Fuchsgraben  metallene  Gegenstände. 

4)  Auch  sonst  in  Württemberg  zeigen  die  alten  Begräbnishügel  —  wahrscheinlich  der  Marko- 
mannen —  regelmässig  die  Richtung  der  Leiche  von  Süd  nach  Nord.  z.  B.  bei  Messstetten  0/A.  Balin- 
gen, Schriften  des  württ.  Alterthumsver.  Bd.  II  Heft  1,  1869  S.  43  S.  Die  andern  da  und  dort  inner- 
halb des  Limes  sich  findenden  Richtungen,  worunter  besonders  die  von  Ost  noch  West  bemerklich  ist 
(Schriften  des  württ.  Alterthumsver.  Bd.  I  Heft  VII  1866  S.  78),  dürften  theilweise  von  der  Einwirkung 
der  Römer,  beziehungsweise  ihrer  ins  Decumatland  eingewanderten  Provinzialen  und  ihrer  barbarischen 
Auxiliarsoldaten  herrühren.  Wie  geneigt  schon  die  alten  Deutschen  waren,  fremde  Sitte  zu  adoptieren, 
zeigt  die  östliche  Richtung  selbst  noch  heidnischer  Reihengräber.  —  In  Betreff  der  Nordendorfer  ist  es 
ein  Irrthum  Weinholds  in  seiner  Abhandlung  über  die  heidnische  Todtenbestattung  in  Deutschland. 
Sitzungsberichte  der  philosophisch-historischen  Classe  der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften  XXX  2, 
182,  dass  die  Köpfe  gen  Süden  sehen.  Siehe  Jahresbericht  des  historischen  Vereins  für  Schwaben  und 
Neuburg  1842/43  S.  22.  24.  Auch  die  Reihengräber  in  unsrer  Nähe,  bei  Gundelsheim  unfern  der  Mün- 
dung der  Jagst  in  den  Neckar  und  bei  Crailsheim  am  Oberlauf  der  Jagst,  zeigen  die  Leichen  in  Öst- 
licher Richtung. 

5)  Hammer  erwähnt  u.  a.  eine  Kleiderhafte,  zwei  wahrscheinliche  Ohrgehänge  und  ein  Enöpfchen 
mit  einem  kurzen  Stiel. 


52 

» 

Silber,  Bernstein  oder  auch  nur  Glas  keine  Spur.  Auch  sonst  lagen  öfters  mehrere  Todt« 
in  Einem  Hügel  beisammen :  so  im  grössten  auf  dem  weiten  Eichwaldgottesacker  des  Herr- 
gottsberger  *)  Waldes  (Distriet  Hermersberg):  da  lagen  unter  einer  Steindecke  von  2,85  bis 
3,42  m.  Durchmesser  zwei  Menschen:  der  ältere  und  grössere,  vielleicht  der  Mann,  in  der 
Richtung  von  Süd  nach  Nord,  der  kleinere  und  jüngere,  wohl  die  Gattin,  zu  seinen  Füssen 
in  der  Richtung  von  Ost  nach  West.  Unwillkürlich  denkt  man  dabei  an  die  schauerliche 
Sitte,  nach  der  einst  manche  deutsche  Frau  sich  ihrem  Herni  und  Gemahl  freiwillig  an- 
schloss,  wenn  er  die  Reise  ins  Jenseits  antrat.  2)  Ein  andermal  fand  man  eine  Frau  und 
ein  10— 12jähriges  Kind,  vielleicht  Mutter  und  Tochter,  im  gleichen  Grab.  Das  war  im 
Streitwald  in  dem  von  Hrn.  Obermedicinalrath  Holder  geöffneten  Hügel,  von  dem  wir  Taf. 
VI  9.  10  zwei  Skizzen  gegeben  haben.  Er  hielt  gegen  15  m.  (52 ')  im  Durchmesser  und  erhob  sich 
2  m.  über  die  Bodenfläche;  sein  Umfang  war  kreisförmig.  Oben  auf  der  Spitze  des  Hügels  ragten 
etliche  moosbewachsene  Steine  über  die  Fläche  hervor.  Die  Sohle  des  natürlichen  Bodens 
bedeckte  ein  etwa  0,5  m.  hohes  festgestampftes  Lager  von  reinem  Lehm,  ein  sehr  feiner 
gleichförmiger  Boden  (a  a  a  Taf.  VI  10).  Auf  dieser  Lehmschichte  war  ein  2,28  m.  langes 
und  1  m.  breites  Steinlager,  dessen  Boden  aus  rohen,  etwa  6—8  cm.  dicken  Steinplatten 
bestand,  die  genau  ineinander  gefügt  waren.  Die  Seiten  des  Lagers  waren  dadurch  gebildet, 
dass  man  theils  je  einen  theils  zwei  aufeinanderliegende  Steinblöcke  von  22 — 28  cm.  Dicke 
und  56 — 85,5  cm.  Länge  aneinander  gefügt  hatte.  Durch  diese  Umfriedung  des  Platten- 
bodens entstand  eine  etwa  28  cm.  über  den  Boden  ragende  Umfassung  von  ungefähr  sechs- 
eckiger Gestalt  (Taf.  VI  9).  Innerhalb  des  Lagers  waren  die  Steine  auf  ihrer  dem  Leich- 
nam zugewendeten  Seite  alle  bis  in  ihre  Fugen  hinein  1 — 1,5  cm.  tief  roth  gebrannt.') 
Das  Dach  des  Lagers  war  aus  grösseren,  jetzt  zum  Theil  zersprungenen  Platten  gebildet. 
Verwendet  hatte  man  meist  sehr  sandigen  hellgelben  Kalkstein  mit  braunen  Punkten  von 
Eisenoxyd,  sowie  Sandstein  der  Lettenkohle,  auf  deren  Gebiet  der  Hügel  errichtet  ist.  Die 
Längenachse  des  Steingrabs  lief  gerade  von  Süd  nach  Nord  und  so  lag  auch  der  Leichnam 
der  Frau.  Im  Süden  war  der  Kopf,  an  der  Stelle  des  Halses  fand  sich  der  schöne  grosse 
Bronzering,  den  wir  auf  Taf.  V  2  wiedergegeben  haben,  mit  3  gerieften  Knöpfen  und  über 
6  an  ihn  angehängten  Bommeln  (in  der  Sammlung  vaterländischer  Alterthümer  zu  Stutt- 
gart).   Links  davon  in  nächster  Nähe  stand  eine  einfache  kleine  irdene  Schale,  ganz  wie 


1)  Gottesacker  ist  schwäbisch  =  Friedhof;  Gottesbacköfen  heissen  die  Grabhügel  in  Niedersach- 
sen, "Weinhold,  heidnische  Todtenbestattung,  Sitzungsberichte  der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften 
XXIX  S.  137. 

2)  Vergl.  das  ürtheil  Brynhilds  über  Gudrun,  Sigurdharkwidha  JII  59: 

»Schicklicher  würde  Gudrun,  unsre  Schwester, 

Ihrem  trefflichen  todten  Manne  folgen, 

Wenn  ihr  gegeben  wäre  der  Guten  Rath,  oder 

"Wenn  sie  besässe  unseren  Sinn.c 
So  gieng  auch  Sigrun  zu  ihrem  Gatten   Helgi   in  den  Hügel  ein,    der  über  diesem  aufgeworfen  ward, 
ühland,  prosaische  Schriften  VIII  151. 

3)  "Wohl  vom  Leichenschmaus  und  Anzünden  der  Wohlgerüche.  Kohle  fand  sich  nur  innerhalb 
des  Steinlagers,  ausserhalb  nicht. 


53 

man  sie  sonst  in  den  Hügelgräbern  anzutreffen  pflegt.  Unten  am  Ende  der  Füsse  stand 
gleichfalls  links  eine  schwarz  gebrannte  ziemlich  dünne  Urne  von  28  cm.  Durchmesser:  sie 
war  auf  eine  Steinplatte  gestellt  und  wieder  mit  einer  Steinplatte  zugedeckt  gewesen :  wess- 
halb  nur  noch  Scherben  gefunden  wurden.  Ausserdem  erhob  man  in  der  Gegend  der  Kniee 
4  unverzierte,  auf  der  Innenseite  vom  Gebrauch  plattgeschliflFene  Bronzeringe,  die  etwa 
10  cm.  im  Durchmesser  und  1  cm.  dick  waren.  Die  Knochen  des  Kindes  müssen  sich  theil- 
weise  verschoben  haben  :  denn  eine  Partie  derselben  fand  sich  zwischen  den  beiden  Beinen 
der  Frau,  welch  letztere  autfallend  weit  auseinander  gestreckt  waren,  ^j  Zugedeckt  war 
die  ganze  Grabstätte  mit  unordentlich  aufeinander  gehäuften  Steinen. 

Auch  die  zweite  Klasse  von  Grabhügeln,  die  man  im  Allgemeinen  für  älter  als  diese 
Leichenhügel  hält,  die  sogenannten  Brandhügel,  finden  sich  in  grosser  Anzahl  in  unsrer 
Landschaft.  Sie  treten  gleich  den  Leichenhügeln  am  liebsten  in  selbständigen  Gruppen  auf 
und  fast  regelmässig  triflft  man  nur  die  eine  oder  die  andere  Gattung  im  gleichen  Walde  an. 
Es  sind  Erdhügel  von  geringerem  Umfang  und  manchmal  mit  kleineren  Steinringen,  im 
Innern  mit  niedrigen,  aus  lockeren  Steinen  zusammengesetzten  Kisten  oder  Behältern  für 
Aschenurnen  oder  einer  blossen  Steinschichtung  über  denselben,  mit  Erzgeräthe  und  Erz- 
wafi'en.  Die  interessantesten  derartigen  Hügel  sind  zu  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts 
und  wieder  im  Jahre  1815  im  »Rippers-  oder  Ruprechtsholz«  d.  i.  im  Teufelswald  bei  Hoh- 
bach  an  der  Jagst  abgegraben  worden.  Die  Hügel  erhoben  sich  auf  festgestampftem  Erd- 
reich (nach  Hansseimann,  Beweiss  etc.  I  95. 96)  bis  zu  3,85  m.  Höhe  mit  einem  Durchmesser 
von  10,9  m.  Es  fehlten  weder  die  aus  Steinen  zusammengesetzten  Behälter  für  Aschenurnen, 
noch  die  Erzgeräthe  und  Erzwafi"en  (Hansseimann,  Beweiss  etc.  I  94 — 96,  Vorzeit  und  Gegen- 
wart 1844  S.  153  ff.  Zeitschrift  für  württ.  Franken  1848  S.  82—84)-  von  Eisen  soll  nichts 
gefunden  worden  sein.  2)  Die  zwei  bronzenen  Gelte  (Taf.  VII  14.  Zeitschrift  für  württemb. 
Franken  1848  S.  84)  als  Erzwaffen  ein  Merkmal  hohen  Alterthums,  femer  die  bronzenen 
Schmuckgeräthe,  Knöpfe  oder  Zierscheibchen,  Haarnadeln,  Ringe,  die  rohen  hellbraunen 
Urnen,  die  Verwendung  einer  Art  Feuersteine, »)  die  Anlegung  der  Hügel  theils  im  Eich- 
wald, theils  an  der  Stätte  einstigen  Eichwalds  (Hansseimann  I  S.  97.  Papiere  Pf.  Schencks, 
in  Kirchberg),  das  alles  zusammen  scheint  dafür  zu  sprechen,  dass  diese  Hügel  so  zu  sagen 


1)  Kreuzweise  lagen  die  Beine  eines  Skeletts  auf  dem  Beerberg.  Das  gleiche  bemerkte  man  auch 
diesseits  des  Limes  in  einem  Grabhügel  bei  Mcssstetten  0/A.  Balingen  und  in  3  römischen  Backstein- 
gräbern am  »Heerweg«  von  Reutlingen  nach  PfuUingen,  v.  Gok,  röm.  Alterthümer  und  Heerstrassen  85. 
»Diese  Lage  ist  hier  heutzutage  noch  Sitte,«  bemerkt  Pfarrer  Oetinger  in  dem  Aufsatz  über  die  Mess- 
stetter  Hügel,  Schriften  des  württembergischen  Alterthumsvereins  Band  II  Heft  1,  1869  S.  48. 

2)  Weder  bei  Hansseimann,  noch  in  den  Papieren  des  Pfarrers  Schenck,  der  die  neuere  Ausgra- 
bung leitete,  ist  irgend  eines  eisernen  Fundes  gedacht.  Es  ist  daher  wohl  ein  Irrthura,  wenn  das 
eiserne  Messerchen  mit  bronzenem  Heft  (vgl.  das  aus  den  Pfahlbauten  von  Estavayer  am  Neuenburger 
See,  F,  Keller,  lake  dwellings  transl.  by  Lee  pL  XCVI  3)  in  der  Kirchberger  Sammlung  nr.  XIX  als  »aus 
einem  Begräbnisshügel  bei  Hohbach«  stammend  aufgeführt  wird. 

3)  Hansseimanns  Gewährsmann  spricht  S.  96  von  einem  halb  cirkelranden  Monumentum  von  ganz 
andern  Steinen  [als  Sandsteinen],  unsern  Feuersteinen  gleich,  rauh  und  uneben. 


kK-j,t 


54 

die  Reihenfolge  sämmtlicher  erhaltenen  Gräber  unserer  Landschaft  eröffnen,  dass  sie  der 
frühesten  historischen  Periode  oder  wohl  gar  der  Zeit  vor  Christi  Geburt  angehören.  Wir 
haben  es  daher  auch  der  Mühe  werth  geachtet,  auf  Taf.  VII  sämmtliche  in  denHohbacher 
Hügeln  gefundene  Bronzegegenstände  trotz  ihrer  grossen  Einfachheit  zu  klarem  üeberblick 
zusammenzustellen.  ^)  1,2—1,4  m.  unter  der  Spitze  des  zuletzt  geöffneten  Hügels  lagen  in 
Einem  Grabe:  ein  schwerer  Streitmeissel  Taf.  VII  14;  zwei  Dolche  oder  Speerspitzen  nr. 
13;  zwei  Haarnadeln  nr.  10.  11  —  die  eine,  nr.  11,  26  cm.  lang;  und  zwei  offene  Ringe 
nr.  16.  Die  kleinere  Radhaarnadel  nr.  12  und  die  Zierscheiben  nr.  15  und  17  stammen 
von  den  Ausgrabungen  des  vorigen  Jahrhunderts  her.  Sämmtliche  Gegenstände  sind  in  der 
Fürstlich  Hohenlohischen  Sammlung  zu  Kirchberg. 

Viel  weniger  merkwürdiges  boten  zwei  von  H.  Obermedicinalrath  Holder  im  Espig, 
ganz  in  der  Nähe  des  Streitwalds  geöffnete  Brandhügel.  Sahen  wir  im  Streitwald  bloss 
Leichenhügel,  so  enthält  der  Espig  dagegen  bloss  Brandhügel.  Als  niedere  Kugelabschnitte 
von  nur  55—85,5  cm.  Höhe  ragen  sie  in  beträchtlicher  Zahl  über  den  Boden;  noch  heute 
sind  29  sichtbar;  der  Durchmesser  pflegt  zwischen  8  und  9  m.  zu  schwanken.  In  dem 
einen  fand  sich  im  Mittelpunkt  auf  dem  gewachsenen  Boden  die  Brandplatte  mit  Eichen- 
kohlenstücken  und  einer  Menge  Asche.  Die  Platte  war  6 — 9  cm.  dick  und  85,5  cm.  im 
Durchmesser.  Ostsüdöstlich  von  der  Platte  standen  zwei  grosse  Urnen,  die  eine  aussen 
rothgebrannt,  innen  grau,  die  andere  schwarz;  letztere  hatte  wohl  42,5  cm.  im  Durchmesser 
und  innerhalb  derselben  war  eine  kleinere  dunkle  Urne.  Neben  den  grossen  standen  noch 
kleinere  Töpfe  frei  herum.  Knochenreste  waren  auf  der  Brandplatte  nicht  zu  erkennen; 
ebenso  wenig  in  dem  zweiten  geöffneten  Grabhügel,  doch  bemerkte  man  hier  noch  poröse 
hellgraue  Asche  auf  der  Brandplatte.  Ostsüdöstlich  stand  eine  Urne  und  eine  Schüssel. 
Von  Steinsetzung  fand  sich  in  beiden  Hügeln  keine  Spur.  Wir  sehen,  dass  auch  in  den 
ärmsten  dieser  Gräber,  mögen  die  Tortten  verbrannt  oder  beerdigt  worden  sein,  Töpfe  und 
Schüsseln  nicht  fehlen  durften,  eine  Sitte,  die  viele  Jahrhunderte  lang  in  ganz  Süddeutsch- 
land  und  noch  weit  darüber  hinaus  geherrscht  hat. 

In  den  hohenlohischen  Grabhügeln  sind  die  Thongeräthe  roh,  unglasiert  und  meist 
ohne  Verzierung;  Urnen,  Schüsseln  oder  Tassen,  nicht  selten  mehrere  ineinander  gesteckt,^) 
oft  von  riesigen  Verhältnissen,  bis  zu  60  cm.  hoch  und  75  cm.  im  Durchmesser;  sie  haben 
theils  weite  Oeffnungen,  theils  enge  Hälse  und  Mündungen;  ihre  Farbe  ist  entweder  (bei 
den  grossen  Schüsseln  gewöhnlich)  schwarz,  oder  graubraunroth ;  von  Ornamentik  entdeckt 
man  kaum  die  ersten  Anfänge;  von  den  oft  geschmackvollen  Strich-  und  Punktverzierungen 
der  Vasen  aus  den  Grabhügeln  diesseits  des  Limes  ist  nichts  zu  sehen;  vielmehr  rechtfer- 


1)  Ganz  gleichartige«  haben  wir  natürlich  nur  Einmal  abgebildet.  Die  Zeichnungen  Hansseimanns, 
Beweiss  I  tab.  XV,  sind  ungenau  und  schlecht.  So  ist  z.  B.  der  fig.  A  angebrachte  Knopf  auf  der  Spitze 
des  Grabhügels  eine  Erfindung  des  Zeichners. 

2)  Zwei  ineinander  aus  dem  Katzenbusch  haben  wir  abgebildet  Taf.  VI  4 ;  fünf  ineinander  fand 
H.  Forstmeister  Gantz  in  einem  grösseren  Grabhügel  des  Beerbergs  bei  Weissbach.  Die  gleichen  Er- 
scheinungen hat  man  in  Grabhügeln  bei  Münsingen  auf  der  schwäbischen  Alb  (Schriften  des  württ.  Alter- 
thumsvereins  Bd.  I  Heft  HI  S.  21)  und  bei  Sinsheim  wahrgenommen. 


:\ 


55 

tigen  die  Erzeugnisse  der  Keramik,  wie  sie  —  den  roliesten  Pfahlbautöpfen  leider  über- 
raschend ähnlich  (vgl.  z.  B.  die  Scherben  von  Wangen,  F.  Keller,  lake  dwellings  translat. 
by  Lee  pl.  XV)  —  in  den  hohenlohischen  Grabhügeln  gefunden   werden,   nur  zu  sehr  die 
römische  Bezeichnung  «Barbaren«  für  ihre  Verfertiger.    Die  grösste  Schüssel,  deren   Frag- 
mente ihre  Reconstruction  erlaubten,  haben  wir  auf   Taf.  VI    1    in  dem   ziemlich   grossen 
Massstab  von  1 : 5  wiedergegeben,  damit  jeder  Leser  durch  die  leichteste  Manipulation  rasch 
die  Vergrösserung  vornehmen  und  sich  das  Riesengefäss  in  natura  vorstellen  könne.    Es  ist 
ein  einfarbig  schwarzer  Topf  von  ziemlich  rohem  Thon,  60  cm.   hoch,  unten   14,  oben   54, 
mitten  75  cm.  im  Durchmesser;   ausgegraben  wurde  er  aus  einem  Begräbnishügei  des  »un- 
teren Weilersholzes«  bei  Kirchberg;  ein  Fragment  davon  befindet  sich  im  Stuttgarter  Anti- 
quarium  nr.  144.    Die  rohen  verticalen  Striche  am  Hals  des  Topfes  sind  —   vielleicht  mit 
einem  Stecken  —  unregelmässig  an  Länge,  Richtung  und    Distanz    eingeritzt.    Sonst   ent- 
deckte ich  von  Verzierungen  bloss  noch   1)  kleine   kugelförmige  Knöpf chen   von  der  Erde 
und  Farbe  des  übrigen  Topfes,   aussen  am  Gefässe  —  wo  es  die  grösste  Peripherie  hat  — 
hangend,  wie  die  Knöpfe  an  einem  Kleidungsstück,  skizzirt  auf  Taf.  VI  14,  aus  dem  oberen 
Weilersholz  (Stuttgarter  Antiquarium  nr.  142;  ähnliche  aus  der  Terramara   von  Parma  bei 
Keller  a.  a.  0.  pl.  LX.  LXI);  2)  einen  etwas  erhabenen,  ungefähr  rechtwinkligen,  aber  nicht 
besonders  regelmässigen  Zickzackstreifen  am  Hals  eines  Gefässes,  skizzirt  auf  Taf.  VI   12 
(aus  dem  Erlich,  Stuttgarter  Antiquarium  nr.  139);    3)  gleichartig,   aber   noch   roher  und 
sehr  dem  Teiggebilde  eines  Bäckers  zu  vergleichen  ist  die  Tafel  VI    13  abgebildete   Ver- 
zierung auf  dem  Scherben  eines  unglasierten,  grauen  Topfes,  gefunden  bei  Aufgrabung  der 
salzigen  Mergentheimer  Mineralquelle  unter  einem  Haufen  von  Kohlen  und  Geschirrfragmen- 
ten ungefähr  3  m.  unter  der  jetzigen  Bodenfläche  (Zeitschrift  des  Vereins  für  württ.  Fran- 
ken 1852  S.  67 ;  das  Stück  ist  in  der  Sammlung  dieses  Vereins).     Sehr  ähnlich  ist  übrigens 
auch  die  zopfartige  Verzierung  auf  der  unglasierten  grauen  Gesichtsurne  aus  Römisch-Oeh- 
ringen    Tafel  VII  2.    Zur   Schilderung  der  äusseren  Formen   unserer   Grabhügelgefässe, 
welche  indessen  eine  gar  geringe  Mannigfaltigkeit  aufzuweisen  haben,  sind  noch  3—4  weitere 
auf  Taf.  VI  2—4  abgebildet  worden :  nr.  2  der  zweitgrösste  der  erhaltenen  oder  restituier- 
baren Töpfe  —  ohne  Verzierung  —  aus  dem  »Erlich«  oder  »Ehrle«  beiErkenbrechtshausen, 
einem  Walde  mit  Brandhügeln,  57  cm.  hoch  und  57  cm.  im  Durchmesser;  nr.  3  eine  breite 
niedrige  Schüssel,  ebenfalls  aus  dem  Erlich,  11,75  cm.  hoch,  26  cm.  Durchmesser,  und  nr.  4 
zwei  Schüsseln  in  einander,  ähnlich  wie  unsre  Kaifeetassen,  aus  dem  Walde  »Katzenbusch« 
d.  i.  Wildkatzengebüsch '3  bei  Kirchberg. 

Eine  Vergleichung  der  Töpferwerke  aus  den  Grabhügeln  diesseits  des  Limes,   nament- 
lich wenn  man  die  oft  sehr  reiche  und  sinnige  Ornamentierung  der  Gefässe  eis  limitem  be- 
trachtet (vgl.  die  Abbildungen  bei  Lindenschmit,  Sigmaringer  Alterthümersammlg.  S.  143-*-^ 
145  Taf.  XXIII),  zeigt  auf  den  ersten  Blick  den  gewaltigen  Abstand  zwischen  der   niedri- 
gen, kindischen  Häfnerei  des  freien  Germaniens  und  der  gebildeten  Töpferkunst  des  roma- 


1)  Hammer  leitet  den  Namen  falschlich  von  den  Chatten  her. 


fiA  i  «■ ' .-_ 


56 

nisierten  Decumatlands.  Was  die  Masse  der  Production  anlangt,  war  allerdings  die  Töpfer- 
industrie bei  den  Männern  unserer  Grabhügel  sehr  schwunghaft:  denn  mau  hat  eine  ausser- 
ordentlich grosse  Zahl  von  Scherben  ausgegraben,  lieber  ihre  Bestimmung  ist  man  nicht 
einig.  Sie  enthielten  theils  Asche  und  verbrannte  Knochen,  theils  auch  eine  harzige,  sehr 
wohlriechende  Räucherungsmasse,  dergleichen  man  auch  in  manchen  Grabhügeln  innerhalb 
des  Limes  beobachtet  hat.  Der  Umstand,  dass  sie  in  den  Leichenhügeln  regelmässig  um 
den  Todten  herum,  niemals  über  seinem  Haupte  stehen,  legt  die  Vermuthung  nahe,  dass  sie 
dem  Begrabenen  zu  seinem  Gebrauche  mitgegeben  wurden,  nachdem  sie  vielleicht  vorher 
beim  Todtenopfer  verwendet  worden  waren. 

Ausser  von  Schüsseln  und  Urnen  waren  die  Todten  der  Leichenhügel  gewöhnlich  um- 
geben von  WaflFenstücken.  Zur  rechten  Seite  lag,  in  metallener  Scheide,  das  grosse  Eisen- 
schwert, breit  und  lang  —  ganz  gleichartig  den  Grabhügelschwertern  diesseits  des  Limes 
und  jenen  aus  den  Pfahlbauten;*)  über  und  bei  dem  Haupte  1 — 3  kurze,  spitzige,  eiserne 
oder  bronzene  Watfen,  in  einer  Lage,  dass  Hammer  vermuthet,  sie  seien  dem  Todten  einst 
in  den  Arm  gelegt  gewesen,  fand  man  z.  B.  in  dem  2,28  m.  langen  und  1,4  m.  breiten 
Steingrab  eines  Hügels  im  «Buch«  bei  Ilshofen.  Das  Knochengerüste  des  Kriegers  war  3  m, 
lang  und  sein  steinernes  Lager  war  selbst  wieder  auf  eine  Menge  Menschenknochen  gebet- 
tet, wahrscheinlich  von  Feinden  herrührend  oder  von  Knechten,  welche  den  Herrn  in  die 
Todtenwelt  begleiten  mussten  (Weinhold,  heidnische  Todtenbestattung,  Sitzungsberichte  der 
Wiener  Akademie  XXIX  S.  164).  Von  Schmucksachen  entdeckte  man  bloss  zwei  wirtel- 
artige  Bronzeringe  verschiedener  Grösse  in  der  Gegend  der  Brust,  dergleichen  auch  zu  Hall- 
stadt und  sonst  als  Verzierung  der  Brust  gewöhnlich  sind. 

Ueberhaupt  aber  fanden  sich  in  unsern  Grabhügeln  verhältnismässig  nicht  wenige 
Schmucksachen  aus  Bronze:  Ohrgehänge,  Haarnadeln,  Kleiderhaften,  Zierschnallen,  zum 
Theil  wohl  römischer  Arbeit  —  eine  hübsche  Fibula  aus  einem  Grabhügel  bei  Oehringen, 
jenseits,  aber  in  nächster  Nähe  des  Limes  (Sigmaring.  Samml.)  haben  wir  Tafel  V  10  ab- 
gebildet; eine  nicht  ohne  Geschmack  verzierte  Schnalle  aus  starkem  Bronzeblech  von  einem 
correspondirenden  Paare,  auch  aus  einem  hohenlohischen  Grabhügel  (Stuttg.  Antiquarium) 
stellt  Taf.  V  14  dar ;  unter  den  Haarnadeln  kehren  jene  fusslangen  mit  radförmigem  Knopfe 
wieder  (Stuttg.  Antiquarium),  wie  wir  sie  in  den  Hohbacher  Brandhügeln  trafen  (Taf.  VH 
10.  12)2);  zwei  andere  noch  einfachere  Formen  zeigen  die  Taf.  V  11—13  lithographierten 


1)  Ein  solches  breites  Langschwert  in  metallener  Scheide,  die  unten  in  einen  breiten  Knopf  en- 
digt [? Ergänzung?],  ist  abgebildet  nach  Hammers  Zeichnung  in  Memmingers  Württemberg.  Jahrbüchern 
Jahrg.  1838  fig.  6;  vgl.  die  ähnlichen  Schwerter  aus  andern  Grabhügeln  bei  Lindenschmit,  heidn.  Vorzeit 
Bd.  I  Heftl.  5,  4.  II,  VII  Taf.  6.  Sigmaring.  Alterth.  S.  121  und  das  Schwert  mit  Scheide  aus  den  Tene- 
Pfahlbauten  des  Neuenburger  Sees,  Desor,  die  Pfahlbauten  des  Neuenburger  Sees  übersetzt  VOn  F.  Mayer 
S.  99  fig.  72.  73.  F.  Keller,  the  lake  dwellings  of  Switzerland  etc.  trauslated  by  J.  E.  Lee 
pl.  LXXIU. 

2)  3  ganz  gleichartige  aus  der  Umgegend  von  Mainz  abgebildet  bei  Lindenschmit,  heidn.  Vorzeit 
I,  IV  4,  1.  3.  5. 


'  yjj 


57 

Nadeln,  erstere,  nr.  11,  aus  einem  hohenlohischen  Grabhügel  in  das  Stuttgarter  Antiqua- 
rium  gebracht,  letztere,  nr.  12. 13  —  wegen  ihrer  Kürze  vielleicht  eher  eine  Gewandnadel 
—  mit  einem  zierlichen  Knopfe,  gefunden  in  einem  Grabhügel  bei  Niedemhall,  jetzt  in  der 
Sammlung  des  historischen  Vereins  für  württembergisch  Franken.  Ferner  fand  man  Ringe 
aller  Art,  zum  Schmuck  für  Hals,  Arme  und  Beine:  runde  und  vierkantige,  grössere  und 
kleinere,  geschlossene  und  offene,  massive  und  hohle,  dickere  und  schmälere,  etliche  nach 
Art  von  Steinbockshörnern  gekerbt,  andere  flach,  aber  mit  Linien  und  Punkten  verziert; 
manche  staken  noch  an  Fuss-  oder  Armknochen.  Vierkantige  Bronzeringe  entdeckte  Ham- 
mer nur  Einmal  und  zwar  zu  drei  in  einem  Grabe  des  Streitwalds;  sie  scheinen  auf  einer 
grossen  mit  Asche  gefüllten  Urne  gelegen  zu  haben;  häufiger  zeigten  sich  solche  Ringe  in 
den  nach  Hammers  Zeit  geöffneten  Grabhügeln  bei  Niedernhall;  aus  einem  von  diesen 
stammt  der  Taf.  V  5  abgebildete  Ring  (Sammlung  des  Vereins  für  württemb.  Franken). 
Einen  der  stark  gekerbten  Ringe  haben  wir  Taf.  V  3  wiedergegeben.  Er  gehört  zu  einem 
Paar  ganz  gleicher  Ringe,  aus  einem  Leichenhügel  des  Herrgottsbergs,  ist  massiv  und  wiegt 
13,125  Loth;  beide  Ringe  lagen  auf  4—5  kleinen  Steinplättchen  neben  äusserst  plumpen 
Gefässstücken  (Stuttg.  Antiquarium  nr.  154).  Sehr  ähnliche  finden  sich  namentlich  wieder 
in  den  Pfahlbauten  ^es  Neuenburger  Sees  (Desor,  Pfahlbauten  des  Neuenburger  Sees  über- 
setzt von  F.  Mayer  fig.  87  S.  113).  Schmale  gekerbte  Armringe  mit  schwachem  Einschnitt 
und  nicht  geschlossen  lieferte  u.  a.  ein  Grabhügel  bei  Hürden  an  der  Jagst,  abgebildet  Taf. 
V  6.  Ferner  bietet  Tafel  V  8  (Stuttgarter  Antiquarium  nr.  152)  den  einen  von  einem 
Paar  gleicher  geschmackvoller  Armringe,  die  im  «untern  oder  grossen  Weilersholz«,  einem 
Leichenhügelwald,  bei  Kirchberg  u.  a.  neben  den  Fragmenten  des  Taf.  VI  1  dargestellten 
riesigen  Hafens  ausgegraben  wurden.  Er  ist  vier  Loth  schwer,  somit  nicht  massiv.  Beach- 
tenswerth  ist  die  Andeutung  der  Schlussknöpfe,  vgl.  Lindenschmit,  heidn.  Vorz.Bd.I  HeftVITaf. 
4, 7.8.  Wirkliche  Schlussknöpfe  zeigt  der  6,2  Loth  schwere,  massive  Arm-  oderFussringTaf.  V4 
aus  der  sogenannten  Kanzel  auf  dem  Herrgottsberg  bei  Niedernhall,  woher  auch  die  Beschläg- 
fragmente von  dünnem  Bronzeblech  stammen,  die  wir  Taf.  VI  7  abgebildet  haben  (beides 
in  der  Sammlung  des  Vereins  für  württemb.  Franken).  Diese  »Kanzel«,  ohne  Zweifel  um- 
gebildet aus  jenem  Kunzele  oder  Kunzelech,  Conciolegum,  dem  wir  oben  bei  Augsburg  S.  38 
begegneten,  war  —  nach  Angabe  des  H.  Schullehrers  Kneile  —  der  grösste  der  Niedernhaller 
Grabhügel  und  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  schon  von  Hammer  geöflfDeten  grössten 
Grabhügel  des  Herrgottsbergs. ')  Das  alamannische  Volk  sah  in  ihm  das  Denkmal  eines 
Herzogs  oder  Königs  Kunzo  —  wie  ein  solcher  (»dux«)  z.  B.  für  das  Jahr  613  bezeugt  ist, 


1)  Der  Grabhügel  wurde  somit  zweimal  —  beidemal  ziemlich  tumultuarisch  —  geöffnet  und  es  fan- 
den sich  darin  die  Reste  mehrerer  Skelette;  das  grösste  1,71  m.  lang,  gebettet  auf  ein  Steinlager,  wel- 
ches die  Richtung  von  Süd  nach  Nord  einhielt.  Unter  den  vielen  Gegenständen  aus  Bronze  und  Eisen 
—  welche  meist  unterschlagen  und  verschleudert  wurden  —  sind  Ringe  aller  Art  constatiert:  Halsring, 
Fuss- und  Armringe,  wirtelartige  Zierscheiben,  Bronzebeschläg,  Fibula  [»Heftnadel«  sagt  Hammer],  Speer- 
spitzen aus  Bronze  (abgebildet  Taf.  VI  8),  Pferdegeschirr,  und  wahrscheinlich  entstammt  auch  die  bron- 
zene Nadel  nr.  12  diesem  Grabhügel. 

e 


58 

vita  S.  Galli  bei  Pertz  monum.  Germ.  II  8  — ;  von  ihm  hat  wohl  auch  das  nahe  Künzels- 
au,  d.  i.  die  Au  oder  Flussinsel  beim  Denkmal  Kunzes,  seinen  Namen  bekommen;  und  ein 
Waldtheil  bei  Pfedelbach,  wo  ein  auffallender  Fels  als  Denkstein  Kunzos  gelten  mochte, 
führt  den  Namen  Kanzlei,  zum  Beweis,  dass  das  Wort  nicht  ursprünglich  mit  dem  Buch" 
Stäben  L  abschloss. 

Der  kleinere  Armring,  Taf.  V  9,  den  ich  im  Stuttgarter  Antiquarium  vergebens  ge- 
sucht habe,  stammt  gleichfalls  aus  einem  Grabhügel  des  Hermersbergs ;  die  Zeichnung  wurde 
aus  Lindenschmit,  heidn.  Vorzeit  Bd.  I  Heft  XII  Taf.  6,  4,  wo  er  neben  ähnlichen  abgebil- 
det ist,  entlehnt.  Er  bildet  mit  seinen  feinen  Punkt-  und  Strichverzierungen  eine  schöne 
Ergänzung  des  Armrings  nr.  7  (aus  einem  ho  henlohischen  Grabhügel,  im  Stuttg.  Antiqua- 
rium), der  mit  seinem  Wechsel  von  Zickzack-  und  geraden  Parallellinien  sich  ebenfalls  recht 
geschmackvoll  ausnimmt.  Ein  anderer  bronzener  Ring,  zum  Schmuck  des  Halses,  aus  dem 
Weilersholz  (Stuttgarter  Antiquarium  nr.  123),  hatte  an  der  Stelle  des  Schlusses  die  beliebte 
Form  der  Schlange,  die  sich  in  den  Schwanz  beisst:  das  mit  einem  kleinen  Löchlein  ver- 
sehene spitzige  Schwänzchen  konnte  in  den  offenen,  übrigens  sehr  kleinen  Rachen  gesteckt 
und  mittelst  eines  Stifts  beide  Theile  ineinander  befestigt  werden.  Dieser  Ring  ist  abgebil- 
det in  Memmingers  württemb.  Jahrbüchern  Jahrg.  1838  fig.  3.  Solche  Schlangenzierathen, 
dergleichen  auch  in  den  Grabhügeln  von  Sinsheim  (Ringschluss  in  Gestalt  einer  Schlange) 
und  unter  den  Römerresten  Oehringens  (Schlangenarmband  aus  Erz)  entdeckt  worden  sind, 
hatten  vielfach  religiöse  Bedeutung  und  wurden  daher  von  der  christlichen  Kirche  als  eine 
Ueberlieferung  des  Antichrist  mit  allem  Nachdruck  verfolgt  und  ausgerottet  (vgl.  Jahrb.  d. 
Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XLIV  S.  152).  Noch  an  den  schwäbischen  Todtenbäumen  aus  der 
Bracteatenzeit  begegnen  wir  geschnitzten  Schlangenköpfen  als  der  beliebtesten  Verzierung 
(vgl.  Dürrich  und  Menzel,  die  Heidengräber  am  Lupfen  S.  8.  9.  11.  12.  14. 17).  Ein  ande- 
rer grosser  Bronzehalsring,  aus  dem  grössten  Hügel  des  Herrgottsberges,  hatte  noch  ein 
kleines  Ringlein  so  eingehängt,  dass  es  sich  frei  an  der  ganzen  Peripherie  herumbewegen 
konnte,  eine  Sitte,  die  sich  auch  in  den  Grabhügeln  bei  Mergelstetten  unfern  Heidenheim 
(Samml.  des  Württemberg.  Alterthumsvereins),  in  den  Gräbern  von  Hallstadt  (nr.  2319  der 
Zeichnungen  auf  der  Berner  Bibliothek)  und  sonst  nicht  selten  gezeigt  hat.  ,Es  ist  ein  Merk- 
mal für  die  kindliche  Stufe  des  Geschmacks  unsrer  Vorfahren,  dass  sie  auf  die  Grösse  von 
Thongeschirren  und  Halsringen  so  viel  Gewicht  legten.  So  hören  wir  von  Beowulf  (Simrocks 
Uebersetz.  S.  167),  dass  er  von  der  Königin  ausser  zwei  Armzierden  noch  die  grösste  aller 
Halsspangen  erhielt,  von  der  man  je  bei  den  Völkern  der  Erde  vernommen  hatte.  Jene 
Halsspange  schenkte  Beowulf  später  der  Hygd,  der  Gemahlin  Hygelaks,  seines  Herrn.  Einen 
dritten,  jetzt  schmucklosen  Halsring,  an  dessen  sehr  ausgespieltem  Oehr  aber  einst  eine 
Zierath  gehangen  haben  mag,  sieht  man  Taf.  V  1  abgebildet.  Er  ist  aus  Bronze,  3,75 
Loth  schwer,  und  stammt  aus  einem  Hügel  des  Wallhäuser  Holzes  bei  Kirchberg  (Stuttg. 
Antiquarium  nr.  117).  Die  zwei  Theile,  aus  welchen  er  besteht,  waren  einst  durch  eiserne 
Stiftchen  zusammengehalten,  die  verrosteten  Oeffnungen  sind  noch  zu  sehen.  Am  interes- 
santesten ist  übrigens  der  vierte  grosse  und  schwere  Halsring  mit  Bommeln  Taf.  V  2,  des- 
sen wir  schon  bei  der  Schilderung  des  Frauengrabhügels  im  Streitwald  gedacht  haben.   Die 


\ 


TN        / 


59 

Schwere  der  Ringe,  deren  oft  zwei  an  jedem  Arme  waren,  steigt  bis  nahe  an  1  Pfund,  so- 
fern im  gleichen  Hügel  mit  dem  zweitgenannten  Halsring,  auf  dem  HeiTgottsberg,  ein  31 
Loth  schwerer  Erzring,  noch  am  Armknochen  steckend,  ausgegraben  wurde;  er  hatte  1,5  cm. 
Durchmesser,  seine  Form  war  gleichmässig  rund  ohne  alle  Verzierungen. 

Wagentrümmer,  vielleicht  vom  Streitwagen  des  begrabenen  Helden,  haben  sich  wie  in 
manchen  andern  Grabhügeln  markomannisch-alamannischer  Länder  —  von  Thüringen  und 
Birkenfeld  bis  ins  Bemische  und  nach  Steiermark  (Lindenschmit,  vaterländ.  Alterthüm.  der 
Sigmaringer  Samml.  S.  137.  138)  —  so  auch  im  sogenannten  Fuchsbörzel,  dem  Königsgrab 
des  Streitwalds,  vorgefunden  (vgl.  Wilhelmi,  Sinsheimer  Jahresbericht  VII  S.  57.  Linden- 
schmit a.  a.  0.  S.  138).  Es  waren  Eisenstücke  im  Gewicht  von  10—12  Pfund,  darunter 
zwei  runde  Stossscheiben  der  Naben  und  4,2  cm.  breite  runde  Reife  vom  Radbeschläg. 
Wahrscheinlich  enthielten  noch  manche  der  300  Hügel  ähnliche  Wagentrümmer;  da  aber 
die  Ausgrabenden  selbst  nicht  entfernt  an  eine  solche  Bestimmung  dieser  Eisenreste  dachten, 
so  blieben  sie  unbeachtet.  Auf  dem  Wagen,  glaubte  man,  könne  der  Todte  ins  Jenseits  fah- 
ren, eine  Anschauung,  welche  sogar  noch  für  das  J.  720  ausdrücklich  bezeugt  ist,  natür- 
lich nicht  aus  unsern  Gegenden,  die  damals  bereits  zum  Christenthum  bekehrt  waren,  son- 
dern aus  dem  noch  heidnischen  Norden.  Als  in  der  grossen  Brawallaschlacht  König  Harald 
gefallen  war,  liess  I^önig  Hring  des  Gegners  Leiche  waschen,  schmücken  und  auf  dessen 
Wagen  setzen,  dann  einen  grossen  Hügel  weihen,  die  Leiche  sammt  Wagen  und  Pferd  in 
den  Hügel  fahren  und  das  Pferd  tödten.  Darauf  nahm  er  seinen  eigenen  Sattel  und  über- 
gab ihn  Haralds  Leiche,  nun  zu  thun  was  er  wolle,  nach  Walhöll  reiten  oder  fahren.  Alle 
Helden,  bevor  der  Hügel  geschlossen  wurde,  warfen  Ringe  und  Waffen  hinein.  Sögubrot 
in  Fornald.  sog.  I  387.  J.  Grimm,  »über  das  Verbrennen  der  Leichen,«  kleinere  Schriften 
S.  271.  Merkwürdiger  Weise  findet  man  auch  bei  uns  den  Namen  Hell  oder  Hölle,  d.  i. 
Todtenreich,  mehrfach  als  Bezeichnung  von  Wäldern,  wo  Grabhügel  sind:  so  heisst  bei  Heil- 
bronn der  Wald,  der  die  meisten  Grabhügel  enthält,  und  ebenso  ein  Wald  mit  Grabhügeln 
bei  Brettheim  0.  A.  Gerabronn. 

Aehnlich  wie  den  Wagentrümmern  ergieng  es  auch  den  Steinwerkzeugen;  denn  es  ist 
mehr  als  wahrscheinlich,  dass,  wie  diesseits  unsres  Limes  Steinmeissel  in  den  Grabhügeln 
gefunden  wurden  (oben  S.  2.  3),  so  auch  jenseits  manche  Hügel  eine  Steinwaffe  in  sich 
schlössen.  Wir  haben  daher  auch  den  Lupfersberger  Meissel  auf  der  gleichen  Tafel  mit  den 
Grabhügelfunden  abgebildet,  Tafel  VI  5.  Bei  dem  hohen  Werth,  den  diese  Donnerkeile  in 
den  Augen  abergläubischer  Landleute  haben  —  man  bestreicht  die  Euter  der  Kühe  damit 
und  wähnt  das  Haus  gesichert  vor  dem  Blitz  (H.  Bauer  in  der  Zeitschrift  für  württemb. 
Franken  1859,  125)  —  mögen  auch  manche  von  den  Arbeitern  unterschlagen  worden  sein. 
Der  eigenthümlich  geformte  Kalkstein,  den  wir  Tafel  VI  11  ebenfalls  abgebildet  haben,  ist 
53  cm.  lang,  22  cm.  breit  und  6  cm.  dick  und  gegen  14  Pfund  schwer ;  gefunden  wurde  er 
im  gleichen  Grabhügel  mit  der  Fibula  Taf.  V  10  und  zwar  lag  er  mitten  im  Grabe.  Sollte 
es  eine  rohe  Keule  gewesen  sein?  Zu  seiner  Grösse  und  Schwere  ist  der  Stein  auffallend 
handlich;  ein  Schleuderstein  aber  wird  es  nicht  gewesen  sein,  da  diese  rund  zu  sein  pflegten 


60 

und  auch  oft  Wassersteine  heissen,  weil  solche  runde  abgespülte  Steine  eben  in  den  Fluss- 
betten gemein  sind. 

Auch  die  thierischen  Beigaben  wurden  nicht  genügend  untersucht.  Doch  bemerkte 
man  Pferdeknochen  und  Hufeisen  *)  —  jene  im  Streitwald,  diese  bei  Niedenihall ;  ein  Huf- 
eisen 6,75  Loth  schwer  ist  abgebildet  Taf.  VI  6  (Samml.  des  Vereins  für  württemb.  Franken) ; 
es  ist  viel  leichter  und  kleiner  als  das  in  der  Hahnengasse  ausgegrabene  römische.  Bei  den 
Opfermahlen  war  Pferdefleisch  die  beliebteste  Kost  und  gewöhnlich  ward  das  Schlachtross 
geopfert,  wenn  sein  Reiter  die  Reise  ins  Jenseits  antrat  (Simrock,  deutsche  Mythologie  ' 
S.  195.  575.  Vgl.  Lindenschmit,  Sigmaring.  Alterthüm.  S.  35  ff.  Pfahler,  Handbuch  deut- 
scher Alterthümer  S.  587).  Was  die  Reste  von  Jagdthieren  anbelangt,  so  lag  ein  Bären- 
zahn in  einem  Grabhügel  bei  Erkenbrechtshausen  (Sammlung  des  Vereins  für  württemb. 
Franken)  2);  ja  auch  einen  grossen  Auerochsenzahn  will  man  (Hammer)  im  Triensbacher 
»Eichwald«  bei  Crailsheim  gefunden  haben:  der  Leichenhügel,  der  ihn  barg,  war  3  m.  hoch 
und  hatte  31,35  m.  (110')  im  Durchmesser:  es  muss  ein  fürstlicher  Mann  gewesen  sein, 
dem  dieses  höchste  aller  unserer  Gräber  errichtet  war. 

Aber  wer  waren  denn  überhaupt  die  Männer,  die  in  den  hohenlohischen  Grabhügeln 
schlafen  ?  Leider  gibt  uns  keine  einzige  Münze  noch  Inschrift  eine  sichere  Auskunft.  Aelter 
sind  die  Hügel  gewiss,  als  die  im  vierten  Jahrhundert  beginnenden  (Dietrich,  sieben  deutsche 
Runeninschriften  in  Haupts  Zeitschrift  für  deutsches  Alterthüm  XIV  1867  S.  83.  Vergl. 
Lindenschmit,  heidnische  Vorzeit  Bd.  II  Heft  2  Tafel  6  Textbeilage  2)  Reihengräber  unsres 
Landes  mit  ihrer  vorgeschrittenen  Metalltechnik,  ihrer  Runenschrift  und  ihren  ostwärts  ge- 
richteten Leichen,  ä)  Auch  jener  Vorwurf  der  Geld-  und  Goldgier,  der  schon  um  die  Mitte 
des  dritten  Jahrhunderts*)  und  von  da  an  immer  wieder  den  Germanen  gemacht  wird, 
passt  schlecht  auf  unsre  Todten,  wo  selbst  in  den  Hügeln  der  Könige^)  kein  Gold  noch 
Silber,  Bernstein  oder  auch  nur  Glas  gefunden  wurde,  sondern  ausser  der  mächtigen  Grösse 
des  Hügels  nur  die  Eisentrümmer  des  Streitwagens  oder  ein  Zahn  vom  Wisent  auf  den 
begrabenen  Fürsten  deutet.    Es  waren  noch  Deutsche  vom  alten  Schlag,  wie  ihn  Cäsar  und 


1)  Pferdegeschirr  fand  man  auch  in  der  »Kanzel«  nach  Angabe  des  Herrn  Stadtpfarrers 
Braun. 

2)  Ein  Bärenzahn  lag  auch  in  einem  Grabhügel  bei  Hauzenstein  in  Bayern.  Correspondenzbl.  des 
Gesammtvereins  der  Geschichts-  und  Alterthumsvereine  1870  nr.  1  S.  7. 

3)  »Die  Knochen  [der  Grabhügel]  sind  überhaupt  ihres  höheren  Alters  wegen  viel  mürber,  als  die 
der  Reihengräber,  und  oft  zu  einem  braunen  Staub  zerfallen«  Holder  in  den  Schriften  des  württ.  Alter- 
thumsv.  Bd.  I  Heft  VII  1866  S.  78. 

4)  Herodian  VI  7, 9  beschreibt,  nicht  lange  vor  dem  Untergang  römisch  Oehringens,  die  Deutscheu, 
gegen  welche  Alexander  Severus  rüstete  und  Maximinus  zu  Felde  zog,  als  (fitkäoyvQoC  tc  ovns  xal  TT/r 
eiQ^vrjV  atl  ttqos  'Poifialovg  ^QvaCov  xa7ir]Xivovtti. 

5)  Künige  im  eigentlichen  Sinn  d.  i.  Abkömmlinge  eines  edelu  Geschlechts,  kuni,  sind  gewiss  im 
Fuchsbörzel,  in  der  Kanzel  und  in  jenem  höchsten  Hügel  des  »Eichwaldst  begraben.  Reguli  und  reges 
sagen  die  lateinischen  Schriftsteller. 


61 

Tacitus  schildern :  Männer  des  Kriegs,  von  riesigem  Wüchse, ')  arin  und  einfach  in  ihrer 
Lebensweise.  Mit  den  Einwohnern  des  Vicus  Aurelii  haben  sie  vieles  gemein.  Auch  bei 
ihnen  fanden  wir  Begraben  und  Verbrennen  nebeneinander,  auch  sie  legten  die  Leichname 
in  der  Richtung  nach  Norden,  auch  sie  schmückten  sich  mit  den  gleichen  bronzenen  Fibeln, 
Schlangenbändern,  Haarnadeln  und  andern  Erzzierathen ;  auch  im  Gebrauch  der  Hufeisen 
haben  wir  Uebereinstimmung  gefunden.  Mögen  die  roheren  Schmucksachen  aus  Erz  und 
Eisen  germanische  Nachahmung  römischer  Fabrikate  sein :  die  feineren  sind  doch  wohl  durch 
römischen  Handel  ins  Grermanenland  gekommen ;  wären  es  Beutestücke,  so  müssten  sich  bes- 
sere Sachen  und  namentUch  aus  edleren  Metallen  finden.  Otfenbar  bestand,  wie  jetzt  noch 
zwischen  manchen  civilisirten  und  barbarischen  Völkern,  ein  römisch-germanischer  Tausch- 
handel, wobei  die  römischen  reisenden  Kaufleute,  institores,  den  Germanen  gegen  möglichst 
werthlose  nnd  gleissende  Gegenstände  werthvolle  Waaren,  wie  Felle,  Sklaven,  Salz,  abzu- 
schwatzen bestrebt  waren.  Von  der  grössten  Wichtigkeit  war  sicher  das  Salz,  das  beim 
Mangel  Germaniens  an  guten  Strassen  womöglich  auf  den  Flüssen  wird  transportiert  worden » 
sein.  Auch  auf  Kocher  und  Jagst  wird  zur  Römerzeit,  wie  diess  für  Neckar  (C.  I.  Rhen. 
nr.  1601)  und  Murg  (C.  L  Rhen.  nr.  1668)  inschriftlich  bezeugt  ist,  Schifffahrt  und  Blösserei 
geblüht  haben:  noch  bis  in  die  neue  Zeit  waren  bei  der  Haller  Saline  merkwürdige  uralte 
» Wachsbücher c(  römischer  Art  zum  Verzeichnen  des  Flossholzes  im  Gebrauch.  Jedes  be- 
stand aus  sechs  mit  Wachs  ausgegossenen  Rahmen  oder  Blättern,  auf  die  mit  einem  Stahl- 
griffel geschrieben  ward,  dessen  stumpfes  Ende  zum  Auslöschen  durch  Glätten  diente, 
Prescher,  Geschichte  von  Limpurg  I  46. 

Der  Name,  welchen  unser  Volkstamm  führte,  ist  äusserst  schwer  zu  ermitteln ;  man 
schwankt  zwischen  den  Bezeichnungen  Markomannen,  Hermunduren,  Alamannen  und  Ju- 
thuugen.  Wahrscheinlich  hiessen  unsere  Germanen  um  Christi  Geburt  Hermunduren  und 
gehörten  zum  grossen  Grenzmänner-  oder  Markomannenbunde;  in  der  ersten  Hälfte  des  drit- 
ten Jahrhunderts  schlössen  sie  sich  den  Alamannen  an,  bildeten  einen  Thei!  derselben  und 
nannten  sich  Juthungen.  Unter  diesem  Namen  mögen  sie  mit  den  Alamannen  verbunden 
die  Städte  des  Decumatlands  erobert  und  verbrannt  haben  und  auf  der  Splügenstrasse  nach 
Italien  eingebrochen  sein. 2) 


1)  Hammer  mass  die  Länge  der  Knochengerüste  auf  1,7  bis  2,23  m.,  sicher  zu  hohe  Ziffern,  die 
davon  herrühren,  weil  die  Knochen  sich  aus  ihren  Fugen  gelöst  hatten.  Noch  Julian  traf  am  Odenwald 
drei  riesige  (immanissimi)  Könige  der  Aiaraannen.  und  im  allgemeinen  gelten  dem  Ammianus  Marcelli- 
nus XVI  12,  47  die  Alamanni  als  robusti,  grandissimis  corporibus  freti.  Ein  Riesenalamauue  aus  dem 
Thurgau,  Aenother  d.  i.  Unthier  genannt,  diente  unter  Karl  d.  Grr.  Die  Alamanaengerippe  in  den  Reihen- 
gräbern von  Ulm  und  Schieitheim  werden  z.  Th.  auf  1,825  bis  1.89  m.  Länge  berechnet,  vgl.  Jahrb.  der 
Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XLIV  109. 

2)  Vgl.  V.  Wietersheim,  Gesch.  der  Völkerwand.  II  212:  »Die  Sueven  bildeten  später  unter  dem 
Namen  Jathangen  einen  besondern  Haupttheil  der  Alamannen;  diese  müssen  vorzugsweise  den  Hermaa» 
doren  angehört  haben;  vielleicht  auch  einige  markomannische  Gefolgschaften  darunter.«  Derselbe  gibt 
a.  a.  0.  III  10.  11  an,  dass  die  Alamannen  nebst  den  Jnthangen,  welche  letztere  grösstentheils  aas 
Karkomannen  bestanden,  gegen  Ende  d.  J.  270  auf  ihrem  gewöhnlichen  Weg  über  Chur  in   Italien     ein- 


62 

Dass  Hermunduren  und  Chatten  (Hessen),  später  Alamannen  und  Burgunden,  in  uns- 
rem  Gräbergau  am  salzreichen  Kocherthal  sich  bekriegten,  ist  ausser  Zweifel.  Oben  schon 
haben  wir  die  Stellen  aus  Tacitus  und  Ammianus  Marcellinus  angeführt,  wornach  Hermun- 
duren und  Chatten  zur  Zeit  Domitians  um  den  Besitz  heiliger  Salzquellen  sich  tödtlich  be- 
fehdeten und  drei  Jahrhunderte  später  Alamannen  und  Burgunden  in  der  Gegend  des  Pfahls 
oder  Gepfähles  wiederum  wegen  der  Salzquellen  Krieg  mit  einander  führten.  •)  Ich  berück- 
sichtige die  Behauptung  anderer,  als  ob  Tacitus  die  Salzquellen  bei  Kissingen  oder  bei 
Salzungen  an  der  Werra  meine  2),  nicht  weiter,  sondern  will  nur  auseinandersetzen,  inwiefern 
gerade  unsere  Gegend  als  Schauplatz  der -eiJwähnten  Kämpfe  sich  rechtfertigt.  Der  Name 
Streitwald  (Stritwalt  im  Kirchberger  Gültbuch  a.  1399)  für  die  Fundstätte  der  grössten 
und  meisten  Grabhügel,  dann  die  an  den  Streitwald  stossende  —  durch  das  salzhaltige 
Brettachthälchen  getrennte  —  Flur  Kriegshöhe,  dann  in  der  Nähe  die  Streithöhe,  ferner  der 
Name  Hermersberg  für  den  zweiten  Riesenfriedhof  von  Grabhügeln  d.  i.  Berg  des  heer- 
berühmten, Herimäri^),  entweder  auf  einen  Fürsten  oder  den  Gott  des  Kriegs  zu  beziehen 
—  diese  Namen  haben  uns  die  Kunde  erhalten,  dass  Krieg  und  Schlachten  einst  daselbst 
gewüthet  und  dass  die  dort  Begrabenen  den  Tod  auf  der  Walstatt  gefunden  haben. 
Man  darf  solche  Traditionen  nicht  allzu  gering  schätzen.    Allerdings  sind  sie  oft  eitel  und 


fielen.  Vgl.  denselben  II  306.  Ueber  den  Splügen  führte  seit  Augustus  eine  treffliche  Strasse  (histor. 
Verein  von  S.  Gallen,  die  Schweiz  unter  den  Römern  S.  6—8).  Markomannen  und  Alamannen  waren 
nicht  Stamm-,  sondern  appellative  Bundesnamen.  Asiuins  Quadratus  ums  J.  250  sagt,  dass  die  Ala- 
mannen zusammengelaufene  und  gemischte  Menschen  seien  und  diess  auch  ihr  Xame  bedeute,  bei  Aga- 
thias  I  6. 

1)  Tacit.  ann.  XIII  57:  Eadem  aestate  inter  Hermunduros  Chattosque  certatum  magno  proelio, 
dum  flumen  gignendo  sale  fecundum  et  conterminum  vi  trahunt,  super  libidinem  cuncta  armis  agendi 
religione  insita,  eos  maxime  locos  propinquare  caelo  precesque  mortalium  a  deis  nusquam  propius  au- 
diri.  inde  indulgentia  numinum  illo  in  amne  illisque  silvis  salem  provenire  .  .  .  bellum  Hermunduris 
prosperum,  Chattis  exitiosius  fuit,  quia  victores  diversam  aciem  Marti  ac  Mercurio  sacravere,  quo  voto 
equi  viri,  cuncta  victa  occidioni  dantur.  Ammian.  Marcellin.  XVIII  2,  15  (von  Julian  a.  359):  Postque 
saepimenta  fragilium  penatium  inflammata  et  obtruncatam  hominum  multitudinem  visosque  cadentes  mul- 
tos  aliosque  supplicantes,  cum  ventum  fuisset  ad  regionem  cui  Capellatii  vel  Palas  nomen  est,  ubi  ter- 
minales lapides  Alamannorum  (cod.  Romanorum)  et  Burgundiorum  confinia  distingaebant,  castra  sunt 
posita.  XXVIII  5,  11:  quod  [sc.  Burgundii]  salinarum  finiumque  causa  Alamannis  saepe  iur- 
gabant. 

2)  Es  ist  gewiss  viel  wahrscheinlicher,  dass  den  Römern  zu  Ohren  kam,  was  an  dem  weit  näher 
liegenden  Kocherthal,  wenige  Stunden  vom  Limes,  sich  zutragen  mochte,  als  die  Fehden  und  Fehden- 
objecte  der  germanischen  Stämme  bei  Kissingen  oder  an  der  Werra  (wie  Nipperdey  ad  Tac.  1.  c.  be- 
hauptet), inmitten  des  sprichwörtlich  »unzugänglichen«  hercynischen  Waldes.  Auch  Mannert  German. 
S.  293.  Haas,  Urzustände  Alemanniens  S.  26.  v.  Wietersheim  .  Gesch.  der  Völkerwander.  III  321.  vgl. 
Stalin,  württemb.  Gesch.  I  122  entscheiden  sich  für  Schwäbisch-Hall  und  den  hohenlohischen  Pfabl- 
graben. 

3)  Vgl.  Kausler,  württemb.  ürkundenbuch  I  S.  50 :  secua  casam  Herimari  a.  797  zu  Tuttlingen. 
Im  badischen  Schwarzwald  an  der  Kinzig  findet  sich  noch  ein  zweiter  Hermersberg. 


63 

leer  —  namentlich  ist  die  Sage  von  einer  untergegangenen  Stadt  gewöhnlich  werthlos  — 
ein  Beispiel  aber,  dass  sie  Wahrheit  aus  grauer  Vorzeit  enthalten,  bietet  die  Anekdote  vom 
Gallscheider  Hügel  bei  S.  Goar  auf  dem  Hunsrück,  in  welchem  der  Sage  nach  ein  goldener 
Wagen  stecken  sollte,  und  in  Wirklichkeit  unzweideutige  Reste  eines  Wagens  vorgefunden 
worden  sind  (Jahrb.  des  Vereins  von  Alterthumsfr.  im  Rheinl.  XVIII).  In  der  Nähe  des 
Streitwalds  und  überhaupt  der  Grabhügelmasse  bei  Kirchberg  sind  mehrere  kleinere,  aber 
seit  den  ältesten  Zeiten  betriebene  Salzwerke,  so  bei  Beiinbach  im  Brettachthal  auf  der  einen 
Seite  des  Streitwalds  (0.  A.  Beschr.  von  Gerabronn,  Stuttg.  1847  S.  13)  und  bei  Sulz  mit 
den  Suhlwiesen  auf  der  andern  Seite  des  Bergs  (ebendas.  S.  12.  13);  von  ganz  ausseror- 
dentlicher Bedeutung  aber  waren  die  nur  2  Meilen  von  Kirchberg  entfernten  Salzquellen 
des  Kocherthals  bei  Hall,  das  fast  ein  Jahrtausend  lang  Namen  und  Wohlstand  dieser  Got- 
tesgabe verdankte.  Gehen  wir  3  Meilen  weiter  kocherabwärts  —  die  direkte  Entfernung  ist 
viel  geringer,  da  der  Fluss  einen  ungeheuren  Bogen  macht  —  so  kommen  wir  an  die  Grab- 
hügelgruppe des  Herraersberges  und  Beerberges  und  wiederum  an  Salzquellen,  die  einst  sich 
hohen  Ruhms  erfreuten.  Es  sind  die  Quellen  zu  Weissbach  und  Niedernhall  am  Kocher, 
nur  V*  Meilen  vom  Limes,  mit  diesem  und  den  Oehringer  Bürgen  durch  eine  Verlängerung 
der  römischen  Hochstrasse  verbunden.  Gerade  dem  salzhaltigen  Halberg  gegenüber,  durch 
den  Kocherfluss  —  d.  i.  den  zum  Sieden,  Kochen  des  Salzes  verwendeten  Fluss  —  von  ihm 
geschieden,  erheben  sich  im  Halbkreis  die  Hermersberger  Waldhöhen,  und  ihre  uralten  Eichen 
und  noch  älteren  Todtenbühle  schauen  seltsam  hernieder  auf  die  Stätte  unterirdischen  Se- 
gens, die  schon  in  grauer  Vorzeit  den  Begrabenen  dieser  Hügel  als  theuerstes  Gut,  als 
Heiligthum»)  gegolten,  wohl  werth  eines  Kampfes  auf  Leben  und  Tod. 


1)  Bei  Hallein,  Hallstadt  und  Salzburg  in  Noricum  wohnte  nach  Ptolemaeus  H  13,  2  eine  Völker- 
Bchaft  Alauni  oder  Hallauni,  von  denen  deae  oder  matres  Alounae,  also  wahrscheinlich  förmliche  Salz- 
göttinnen verehrt  wurden,  Hefner,  röm.  Bayern  '  S.  12.    Vgl.  oben  die  Stelle  aus  Tacitus. 


INHALT  DER  TAFELN. 

(Gezeichnet  wurden  die  Abbildungen  Tafel  III—  VII  von  A.  Leipheimer  und  E.  Keller). 


Tafel  I :        Plan  von  Römisch-Oehringen. 
Plan  von  Römisch-Jagsthausen. 
Karte  der  Umgebung  von  Oehringen. 

Tafel  II :      Minervenstatuen  aus  Sandstein  (Oehringen)  S.  23.  24. 

Tafel  III:        1.  Eponarelief  (Oehringen)  S.  26.  26. 

2.  Nymphenrelief  (ünterheimbach)  S.  26—28. 

Tafel  IV :        1.  Kaiserinkopf  aus  Sandstein  (Oehringen)  S.  32. 

2.  Minervenkopf  aus  Erz  (Oehringen)  8.  24.  25. 

3.  Carneol  mit  dem  Genius  des  Todes  (Oehringen)  S.  21.  22. 

4.  Silen  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46 

5.  Amazone  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46. 

Tafel  V:  1.  Halsring  aus  Erz  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  58. 

2.  Halsring  mit  Bommeln  aus  Erz  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  58. 

3.  Arm-  oder  Fussring  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  57. 

4.  Arm-  oder  Fussrinn^  aus  Erz  (Gegend  von   Niedernhall)  S.  57. 

5.  Armring  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  57. 

6.  Armring  aus  Erz  (Hürden  an  der  Jagst)  S.  57. 

7.  Armring  aus  Erz  (Hohenlohe)  S.  58. 

8.  Armring  aus  Erz  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  57. 

9.  Armring  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  58. 

10.  Fibula  aus  Erz  (jenseits  des  Oehringer  Limes)  S.  56.  59. 

11.  Haarnadel  aus   Erz  (Hohenlohe)  S.   56.   57. 

12.  Haarnadel  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  56.  67. 

13.  Knopf  der  Haarnadel  nr.  12. 

14.  Zierschnalle  aus  Erz  (Hohenlohe)  S.  56. 

Tafeln  VI:      1.  Irdener  Topf  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  55. 

2.  Irdener  Topf,  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  55. 

3.  Irdene  Schüssel  (Gegend  von   Kirchberg)  S.  55. 

4.  Zwei  irdene  Töpfe  ineinander  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  55. 

5.  Meissel  aus  Diorit  fjenseits  des  Oehringer  Limes)  S.  2.  59. 

6.  Hufeisen  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  60. 

7.  Beschlag  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  57. 

8.  Speerspitze  aus  Erz  (Gegend  von  Niedernhall)  S.  57. 

9.  Grabhügel  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  52.  53. 


:  .>  d- 


65 

10.  Durchschnitt  des  Grabhügels  nr.  9. 

11.  Seltsamer  grosser  Stein  aus  einem  Grabhügel  (jenseits  des  Oeiir innrer  Limes)  S.  5^>. 

12.  Fragment  eines  irdenen  Topfes  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  .').5. 

13.  Fragment  eines  irdenen  Topfes  (Mergentheimj  S.  55. 

14.  Fragment  eines  irdenen  Topfes  (Gegend  von  Kirchberg)  S.  55. 

Tafel  VII:       1.  Todtenlampe  (Oehringen)  S.  30. 

2.  Fragment  einer  irdenen  Gesichtsurne  (Oehringen)  S.  21. 

3.  Emäilbrosche  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46. 

4.  Fibula  aus  Erz  (Oehringen)  :=  Lindenschmit.   Alterth.  uns.  heidn.  Vorzeit  II  xi  Taf.  2.  4. 

5.  Seitenansicht  der  Emailbrosche  nr.  3. 

6.  Haarnadel  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46. 

7.  Knopf  einer  Haarnadel  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46. 

8.  Anhänger  aus  Erz  mit  Goldblecheinfassiing  (Oehringen)  S.  22. 
9-  Fibula  aus  Erz  (Jagsthausen)  S.  46. 

10.  11.  12.  Haarnadeln  aus  Erz  (Hohbach  au  der  Jagst)  S.  54. 
18.  Dolch  [oder  Speerspitze]  aus  Erz  (Hohbach)  S.  54. 

14.  Streitmeissel  aus  Erz  (Hohbach)  S.  53.  54. 

15.  Zierscheibe  aus  Erz  (Hohbach)  S.  54. 

16.  Ring  »US  Erz  (Hohbach)  S.  54. 

17.  Zieracheibe  aus  Erz  (Hohbach)  S.  54. 


Beriehtigangt^n  und  Nachträge : 

S.  2  Z.  4  setze  statt  nr.  8  nr.  5. 

S.  42  ZU  der  eigenthümlichen  Ligatur  von  MV    vergl.  die    ganz    ähnliche    in    den    beiden   Inschriften    l)«i 

Ritschi,   priscae  Latin,  monum.  LXIII  B.  C. 
S.  43  Z.  1.  2  von  unten  streiche  Haug  bis  herausgebracht. 
S.  44  füge   den   neulichst   gefundenen,    sonst   unbekannten   Töpferstempel    RIISTVTVS  •    ff    =    Restntus 

fecit  ein. 


Bonn.  Druck  von  Carl  Georsi 


:i^äl>^-U  ■  ■ 


Taf.  I 


Umie^end  de 


s  Alcus  Aureli 


Oaterburken 


JMxle^  <3Leü^ 


S(hänxle 
\  Snvqraien 


+  /•iatdamtn/t  futet 

waArsa^'/i/.  S/ruAW. 

yruflpm. 
J  JUaiieiy. 
a  aüe  AAa/ize . 
B  Biiiy. 

i  Btaymesen. 

fild  uJfaifitnÄwi^e. 

h  Btuwericry. 
h  ffuAji/nderff. 
J  Ja^^Aausen- . 
/'  üi  t/rr  HTuA.. 
iS  im  Sau^eua 


MAtaurrdi,. 
J^J^etiernAall- 
O  0lnAausm. 

O.   ff/imie/y. 

R  Raul-,  müster  Jiaüi^. 
Aiat.  Jtia}kcri^ausefv. 

^J/uloer^  u.  Salinen 
vt>n  \i'^i.i^bat^  ■ 

s  Sc/ul^Ttutc/i . 

si  ^iuteirü^  IC. 
SireUAaa^. 

V  Vcrrenöery. 

W  Ue/Wmsmirff . 

W  Wa/ens/ufU . 


>hebarh 


1 


ÄV 


¥ 


SituaüoiisplandesVICiJS  ATJBELI. 


Romiscli  Jaqsf hausen. 


<i^- 


■\ 


•>^,Jtk:'&-'i:- 


:  »v.u. 


Photogniphle-Dmck  Ton  Uartin  Eommel.    Stuttgart. 


Photographie-Druck  von  Martin  Rommcl.     Stuttgart. 


Oeliringen  und  Unterrieimbach, 


Taf  in. 


•v. 


X 


V. 


sm»^^^W^''^''''^''^Wl^^^^^^ 


Epona-und   Nymphenrelief. 


UA  Amt  T  IT  a  E«isca .  ö  ut^  art 


w 


1 


■-.tWWiJf  j.'^yjW^V;!.^??^™  "■; 


Oelirln^en  und  Jagsthausen. 


Taf.iT. 


2. 


^" 


^%.> 


Kaiserin. 


>3 


Minerva. 


3. 


Silen. 


\ 


Genius. 


Amazone. 


''/b 


:.+  AbsttVö  Bi:«tn.a'j^«rt 


'<.:V^^& 


Hohenloke 


Taf  y 


U4.Äiut  T  V  ß  Baiscfi  fiiuu^art 


Qermarasche  GrabMAel  jenseits  des  Pfahlprabens.  (Bronzezierathen  )  . 


\ 


;,.[; 


Hohenlohe 


Taf.  VI. 


^g^-^to«: 

m 

W: 

■^'■- 

■:^\ 

'M- 

|;ifiTOl;l 


üA.  AB»t.v.  W  a.  Baisch ,  Stuttjaxt 


Germanisclie  GratM^el  jenseits  des  PfaU^rabens.C Töpfe, Waffen, etc.) 


«1 


ti  Vi^.^il*/^  r.V-:;!!!;.;  -.•■ 


;T5'^V 


Oehiin^en   und  Jagsthaiisen 


Taf.  VII. 


10 


Brandkü^el   von  Hohbach  ^/J 


15. 


LüKAnstv  We  BaiBci»,  Stuttgart 


.-(■ 


X 


■-- ißifn^^\^__  Ti^'»»-,»r,.(r-  .-  '^  .-  .^-v-       t* 


i's. 


j- ». 


4.  .V;    :f^' 


\ 


\m 


f 


t. 


1    -  iK;.'v  vj*  <vi 


/-  1-1 


^-3^1 


V. 


•■«.'-/■*f  • 


-  .M^^ii