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Full text of "Zimmerherren [microform] : Komödie in drei Akten"

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ZIMMERHERREN 


Komödie    in    drei   Akten 


von 


FELIX     DÖRMAN  N  T:j^-i^  ^-"4  :i 


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\?\  £:  Ö  S  r^i'  a-1", 


1920 
LEIPZIG  .  E  .  P  •  TAL  &  CO  •  VERLAG  •  WIEN 


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Den    Bühnen    und    Vereinen    gegenüber    als    Manuskript    gedruckt. 
Sowohl  Aufführungs-    als  Nachdrucks-  und  Übersetzungsrecht   vor- 
behalten. 
Das  Aufführungsrecht  ist    zu    erwerben    durch  Max  Pfeffer,  Wien  I 
(Generalvertrieb    der    Bühnenwerke    von    E.  P.   Tal    &    Co.  Verlag, 

Leipzig  und  Wien). 
Copyright    1920    by    E.  P.  Tal  &  Co.  Verlag,    Leipzig    und    Wien. 


Druck  der  Offizin  der  Waldheim-Eberle  A.  G. 


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Lieber   Freund! 

^  Du  hast  mir  da  Dein  neues  Stück  geschickt,  das  Du, 

vä  weil    es    derzeit    nicht    aufgeführt    werden    kann,    doch 

^  wenigstens  willst  drucken  lassen.    Ich  soll  es  lesen.    Ich  soll 

^  Dir  auch  die  gewissen  „paar  Worte"  darüber  sagen.    Das 


tp         heißt,  meine  Freundschaft  soll  eine  tröstliche  Generalprobe 
^  vor  den  Intimen  spielen  für  den  Fall,  daß  Dir  das  Publi- 

^  kum  vor  dem  Werke  durchfiele. 

A  Ich  will  Dir  den  Dienst  erweisen;  mit  ehrlichem  Ver- 

gnügen, da  ich  glaube,  daß  Dir  damit  ein  Dienst  geschieht. 
Andere  Leute  sollen  Dir  Gnade  oder  Ungnade  austeilen, 
Lob  und  Tadel  ist  ihre  Sache.     Sie  werden  die  Komödie 
geräuschvoll  lieben  oder  sich  entrüstet  von  ihr  wenden.  Ich 
aber  kann  mich  hier  dessen  überheben.    Ich  fühle  keinen 
Beruf  in  mir  zu  geistig  unartikulierten  Beifalls-  oder  Miß- 
fallensbezeugungen. Das  sind,  einem  Stück  Literatur  gegen- 
über, die  letzten  Auswege  der  Kopflosen,  die  doch  noch 
empfinden,  daß  sie  was  sagen  müssen.     Was  ich  Dir  mit- 
teilen will,  ist  anderer  Art.   Ich  habe  an  diesem  Stück  ein 
^         paar  Bemerkungen  gemacht,  die  es  mir  in  mancher  Hin- 
X.         sieht  als  etwas  Neues,  in  unserer  deutschen  Literatur  sehr 
5         Ungewohntes  erscheinen  lassen,  so  kühn  und  so  —  anders, 
daß  es  vorläufig  noch  keinen   rechten  Namen  dafür  gibt. 
•^'        Es  ist  nun  möglich,  daß  Dir  unter  dem  heftigen  Impuls 
'^         der  Arbeitsfreude,  das  Ohr  behaglich  erfüllt  von  dem  un- 
rs^         erhörten  Ton  der  Sache,  das  Auge  für  die  Sache  selbst 
"^  nicht  klar  genug  geblieben   ist;   daß  Du   nicht  abmessen 

?  wolltest,  was  Du  gezeigt  hast,  weil  Dich  zu  sehr  verlockte, 

w  i  e  Du  es  zeigen  mußtest.   Und  sicher  ist,  daß  viele  Leute 


\^  "^ -■     Dir  die  Fröhlichkeit  nicht  werden  verzeihen  wollen,  in  die 

r--i         Dich  Dein  Stoff  gebracht  hat.    Du  lachst  immerzu  —  also 

werden  sie  Dich  nicht  ernst  nehmen;  und  ob  sie  mit  Dir 

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werden  lachen  wollen,  das  ist  noch  sehr  die  Frage.  Jede  Zeit 
hat  scharfe  Grenzen  gezogen  für  den  Umfang  ihres  öffent- 
lichen Gesprächsstoffes.  Daß  Du  den  der  unsrigen  erweiterst, 
werden  jene  froh  anerkennen,  die,  auf  neues  wartend,  auch 
nach  der  Richtung  schon  ausgeschaut  haben,  die  Du  mit 
Deiner  Komödie  weisest.  Ihrer  sind  einige.  Die  anderen 
aber  werden  empfinden,  daß  hier  etwas  ist,  was  so  noch 
nicht  gesagt  wurde;  daß  Dinge  hier  ihre  eigene  Sprache 
sprechen,  die  bisher,  vom  Gedanken  ins  Wort  hinüber- 
geleitet, sich  immer  noch  verwandeln  mußten,  in  wissen- 
schaftliche Strenge  kostümiert  oder  zur  rechtlosen  Anekdote 
entkleidet.  Darüber,  daß  sie  tiun  gar  Humor  in  diesen 
Dingen  finden  sollen,  einen  guten  Humor,  bei  dem  man 
sich  ehrlich  freuen  kann,  über  diese  Zumutung  werden  die 
anderen  ungehalten  sein.  Denn  nichts  erschreckt  die  Leute 
so,  wie  wenn  die  alten  Dinge  auf  einmal  ein  neues  Gesicht 
bekommen.  Da  fühlt  man  sich  nicht  mehr  sicher,  man  ist 
geniert.  Und  so  weist  man  auch  wohl  im  ersten  Miß- 
behagen bestimmter  und  heftiger  ab,  als  man  dem  Gegen- 
stande gegenüber  eigentlich  wollte.  Das  bringt  viel  Ver- 
wirrung und  Verdrießlichkeit.  Und  gerade  der  ehrliche 
Autor  ist  am  meisten  geneigt,  seinen  Verurteilern  recht 
zu  geben,  wenn  er  sich  nicht  mehr  zu  helfen  weiß. 

Da  kann  Dir  vielleicht  die  Meinung  eines  Menschen 
zugute  kommen,  der  an  Deiner  Komödie  etwas  zu  bemerken 
gefunden  hat,  der  erklärenden  Darstellung  wert.  Darum 
will  ich  Dir  aufschreiben,  was  ich  in  Deinem  Stücke  sehe; 
was  jeder,  der  Augen  für  seinen  seltsamen  Stoff  hat,  in 
ihm  sehen  kann:  was  für  diese  und  für  mich  hinter 
den  Vorgängen  und  den  Gesprächen  steckt,  derentwegen 
wohl  viele  wild  gegen  Dich  schreien  werden.  Ich  will  Dir 
sagen,  nicht  ob  Dein  Stück  mir  gefällt  oder  nicht,  sondern 
was  es  für  den  Erkennenden  eigentlich  ist.  Und  wenn  Du 
findest,  daß  ich  Deine  Absichten  erkannt  und  vielleicht  auch, 
was  hinter  Deinem  Bewußtsein  gearbeitet  und  das  Werk, 
so  wie  es  ist,  herausgetrieben  hat,  klar  und  wahr  gezeigt 
habe,  dann  hast  Du  doch  ein  kritisches  Maß  Deiner  Arbeit, 


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was  ja  der  Dichter  nicht  oft  selber  in  sich  findet.  Dann 
kannst  Du,  über  den  lärmenden  Streit  der  Meinungen 
weg,  Dir  und  wem  Du  sonst  willst,  ruhig  sagen,  was  Deine 
Komödie  trotz  allem  doch  bedeutet,  und  wohin  sie,  man 
mag  ihr  gut  sein  oder  nicht,  gestellt  werden  muß.  Das  ist 
der  Dienst,  den  ich  Dir  hier  leisten  möchte. 

Dein  Stück  ist  eine  erotische  Komödie.  Das  Geschlecht- 
liche ist  ihr  wichtigstes  Agens,  die  Komplikationen,  Irr- 
tümer, Grotesksprünge  des  Instinktes  nähren  seinen  Humor. 
Die  Natur  betrügt  uns;  durch  die  abgefeimten  Gaukeleien 
der  Liebe  führt  sie  den  Menschen  zu  ihrem  Zweck,  zur 
Erhaltung  seiner  Art.  Der  Mensch  aber  hat  gelernt,  sich 
zu  rächen,  und  betrügt  die  Natur;  er  folgt  lächelnd,  willig, 
ja  überzeugt,  ihren  Trugbildern  und  läßt  sich  dann,  als 
merkte  er  nichts,  von  ganz  anderen  Trieben,  Instinkten, 
Bedürfnissen,  zu  ganz  anderen  Zielen  leiten,  als  die  Natur 
erst  wollte.  Und  schließlich  ist  der  Mensch  doch  wieder 
betrogen,  oder  wenigstens  arg  geneckt  und  geschädigt.  Denn 
nichts  kann  ihn  befriedigen,  so  lange  er  das  Gesetz  des 
Lebens  nicht  befriedigt.  Mit  einem  deutlicheren  Wort; 
Wer  kein  guter  Liebhaber  ist,  der  wird  nicht  zur  großen 
Glückseligkeit  kommen.  Hat  nun  der  Mensch  sozusagen 
die  metaphysische  Pflicht,  sich  von  seinem  Fortpflanzungs- 
trieb narren  zu  lassen,  so  wird  sein  ungebärdiger  Kampf 
gegen  diese  Notwendigkeit  und  seine  sichere  Niederlage, 
je  nachdem,  ob  man  es  unter  der  Perspektive  ewigen  Natur- 
geschehens, oder  unter  der  entgegengesetzten  kleiner,  ver- 
gänglicher Menschlichkeit  ansieht,  eine  erschütternde  Tra- 
gödie oder  eine  sehr,  belustigende  Farce  darstellen.  Denn 
das  ist  in  dem  betrügerischen  Wesen  der  Liebe,  daß  sie  den 
Besessenen,  so  lange  er  es  aushält,  beständig  im  Kreise  um 
sich  selber  herum  führt,  hinter  der  Sehnsucht  seines  Triebes 
her,  welche  ihm,  vermöge  der  grotesk  verzerrten  Struktur 
seines  Intellektes,  ins  Heroische,  Sentimentale  oder  Idyl- 
lische stilisiert  erscheint. 

Du  hast  nun,  finde  ich,  den  Versuch  gemacht,  solche 
Menschen,  die  gegen  die  Natürlichkeit  ihres  Triebes  leben. 


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und  eigene  Zwecke  haben  wollen,  wo  doch  nur  die  Nattir 
zum  Zweck  berechtigt  ist,  in  der  großen  Lächerlichkeit 
ihres  Gehabens  zu  zeigen.  Das  schiebt  dieses  Stück  aus  der 
Reihe  der  Liebeskomödien,  in  denen  doch  nur  der  Trieb  in 
seiner  eigenen  Blindheit  in  die  Irre  geht;  hier  aber  leitet  ihn 
der  Intellekt  auf  Schleichwege,  der  ihn  und  seine  Äuße- 
rungen seinen  Zwecken  zu  Diensten  machen  will.  Es  liegt 
also  eine  Komödie  der  Sexualität  vor,  ein 
Schwank  über  das  Thema  des  mißbrauchten  Liebes-In- 
stinktes. 

Mißbrauch  mit  Instinkten !  Es  gibt  eigentlich  keine 
bessere  Definition  für  die  alltägliche  Gemeinheit  der  Men- 
schen. Nur  wenn  übergewöhnlich  große  Naturen  dabei  in 
Frage  kommen,  lassen  sich  da  tragische  Wirkungen  gestal- 
ten. Du  aber  hast  für  Dein  Stück  Menschen  von  immer 
und  überall  gebraucht,  und  so  sind  es,  soweit  die  Handlung 
der  Komödie  reicht,  gemeine  Menschen  geworden.  Das 
ist,  nach  allem  vorher  Gesagten,  bei  Deinem  Thema  gar 
nicht  anders  möglich,  da  es  sich  doch  darum  handelte,  seine 
alltägliche,  außerhalb  des  Tragischen  liegende  Seite  zu  zei- 
gen. Das  mag  Dich  beruhigen  und  diejenigen,  die  sich 
etwa  daran  stoßen,  daß  so  viel  Gemeinheit  dramatisch  dar- 
gestellt wurde.    „Soll  denn  die  Bühne ?"  usw.,  heißt 

es  da  immer.  Ja,  sage  ich,  die  Bühne  soll  jede  Art  von 
Widerspruch  im  Menschlichen  zeigen  und  womöglich  zu 
einer  Lösung  bringen  !  Auch  diesen,  der  hier  vorliegt.  Will 
der  Zuschauer  die  Leute,  die  Du  ihm  vorführst,  nur  aus 
einer  gewissen  moralischen  Entfernung  sehen  — ,  umso 
besser  für  ihn.  Sie  sind  darum  nicht  weniger  wahr  und 
interessant. 

Gute  Menschen  sind  sie  zum  Schluß  alle;  sie  haben 
keine  verruchten  Absichten,  sie  sinnen  nie  auf  Böses,  Und 
das  ist  ganz  richtig,  denn  erotische  Menschen  sind  außer- 
halb der  Liebe  meist  keiner  Niedertracht  fähig.  Diese  hier 
erscheinen  nur  deshalb  so  gemein,  weil  sie  ihren  Trieb 
einem  fremden  Zweck  zuliebe  verstellen  wollten.  Und  was 
sie   anfangs   nur    wollten,    das   müssen    sie   schließlich, 

8 


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wenn  der  Zweck  sie  zu  beherrschen  beginnt.  Sie  müssen  es 
gegen  ihre  Bequemlichkeit,  gegen  ihre  Neigungen,  gegen 
ihre  ganze  Natur.  Und  das  ist  der  komische  Widerspruch, 
in  ihnen.  Der  Baron  wäre  ein  so  netter  Kavalier,  wenn 
er  nicht  Liebhaber  sein  müßte.  Und  Jaromir  Stein  ein  so 
ausgezeichneter  Liebhaber,  wenn  er  nicht  Kavalier  sein 
müßte.  Auch  eine  nicht  zu  übersehende  Wahrheit:  Wer  so 
geläufig  über  alle  Gesten  und  Worte  der  Liebe  verfügt, 
der  hat  meist  die  Liebe  nicht;  und  umgekehrt. 

Das  bringt  auch  diesen  grotesk-parodistischen  Zug  in 
die  Komödie,  der  mehr  als  einmal  die  Meinung  erweckt, 
als  spräche  sich  hier  eine  ganz  besondere  Art  von  Humor 
aus.  Diese  Komödianten  einer  Erotik,  welche  nicht  die 
ihrige  sein  kann,  werden  natürlich  von  den  Äußerlichkeiten, 
zu  denen  sie  gegen  ihr  eigenes  Wesen  fortwährend  ge- 
zwungen sind,  sehr  geplagt.  Daher  diese  gewaltsamen, 
forcierten  Bewegungen  da  und  dort,  daher  auch  das  Laute, 
Gegenständliche,  man  möchte  sagen.  Physische  des 
Humors  in  dieser  Komödie.  Das  tägliche  Leben  mit 
seinen  kleinen  Notwendigkeiten  ist  der  Feind,  der  in 
Gelächter  besiegt  werden  soll  und  fortwährend  wieder  los- 
schlägt. Jede  Schale  Kaffee,  jeder  Polster  und  jeder  Spa- 
zierstock kann  da  von  humoristischer  Bedeutung  werden. 
Da  die  Pose  dieser  Leute  ihnen  nicht  paßt  und  ihrem 
natürlichen  Trieb  zuwiderläuft,  kann  sie  vom  allerkleinsten 
Gegenstand  unvermutet  in  der  lächerlichsten  Weise  zer- 
rissen werden.  So  sehen  wir  fortwährend  die  Kontraste  mit 
den  tollsten  Geberden  hintereinander  herlaufen  und  mit 
allen  möglichen  Dingen  mörderisch  aufeinander  losschlagen, 
wie  englische  Exzentrikclowns.  Sie  tun  sich  nichts;  es 
macht  nur  einen  ganz  ungewohnten  Heidenlärm  und  darum 
erschrecken  manche.  Es  kann  Dir  wohl  auch  selber 
während  des  Arbeitens  ganz  merkwürdig  davon  in  den 
Ohren  geklungen  haben;  denn  es  ist  deutlich  zu  sehen,  wie 
viel  Spaß  Dir  gerade  dieser  besondere  Ton  machte,  in  dem 
das  Ganze  gesagt  werden  mußte.  Da  hast  Du  denn  lachend 
zugegriffen  und  manchmal  auch  den  Ton  um  des  Tones 


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willen  geliebt,  ihm  in  Episoden  und  kleinen  Nuancen  Aus- 
druck gegeben,  die  er  dann  in  seiner  Art  verwandelt.  So 
trägt  der  gänzlich  unerotische  Herr  Grundeltinger  sein 
durchaus  phj^sisches  Martyrium  durch  das  Stück,  so  wir- 
beln die  Brüder  Schnalzer  ausgerechnet  im  Schrittwechsel- 
schritt über  die  Bühne.  Das  geht  so  bis  zur  Lösung  mit 
ihrer  Perspektive  auf  Iglau,  und  die  Amme  Berta  mit 
ihren  Kühen,  Ziegen,  —  auch  Schweinen?  —  eine  unerhört 
kecke  Parodie  auf  idyllische  Liebe,  nachdem  in  der  Hand- 
lung fortwährend  die  erobernde  und  die  sentimentale  Liebe 
parodiert  worden  ist.  Immer,  wenn  zwei  Kontraste  lustig 
auseinanderspringen  sollen,  ist  ein  kleines  Ding  vorhanden, 
ein  ganz  sachliches,  materielles,  kleines  Ding,  das  die 
Gegensätzlichkeit  erst  auslösen  muß.  Die  Tücke  des  Ob- 
jektes wird  von  ihrer  witzigen  Seite  gezeigt.  So  die  ver- 
räterische Postanweisung  an  den  Markör.  Auch  die 
Menschen  sind  hie  und  da  von  dieser  sachlich  spai3haften 
Bedeutung.  Ihre  Fäuste,  bewehrt  oder  unbewehrt,  ihre 
Knie,  ihre  Füße,  ihre  Stimme  kommen  als  Lustigmachcr 
mit  ins  Spiel,  nicht  immer  so  gewichtig,  wie  der  traurige 
Bauch  des  Herrn  Grundelfinger,  aber  stets  von  merkbarer 
Bedeutung. 

Eine  ganz  besondere  Stellung  unter  diesen  Dingen 
nimmt  aber  das  Geld  ein.  Es  bringt  direkt  seine  eigene 
Stimmung  mit,  wenn  es  in  den  Dialog  oder  in  die  Hand- 
lung kommt.  Es  ist  wie  ein  Dämon,  der  seine  wilden  und 
schauerlich  lustigen  Spiele  mit  der  Liebe  treibt.  Vom 
Gelde  kommt  in  diesem  Stück  fast  alles  Unrecht  her,  das 
die  Liebe  trifft.  Es  ist  die  große  Übermacht,  fast  der 
alleinige  Motor  des  Gegenspieles  in  diesem  Drama.  Wie 
wenn  das  Geld  eine  ungeheuer  verliebte  Sache  wäre,  aber 
zu  schwer,  zu  ernst,  zu  hart  zur  Liebe,  und  also  aus  Wut 
und  Rachegelüste  ein  grimmiger  Feind  aller  Verliebten. 
Schon  aus  „Ledige  Leut'"  hat  diese  Stimmung  herausge- 
klungen, drohend  und  beinahe  tragisch,  mit  sozial-psycho- 
logischen Akzenten.  Hier  wird  nun  ihre  Heiterkeit  leben- 
dig; die  kleinen  Fallen  und  Fußangeln,  die  das  Geld  für  die 


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■      1 

Liebe  bereitet,  veranlassen  närrische  Sprünge  und  Atti- 
tüden, und  hinter  allen  erotischen  Absichten,  Irrtümern, 
Verlegenheiten  lauert  als  Willensverführer  und  Triebver- 

derber  das  Geld,  das  unheimliche,  sündige,  mächtige  Geld.  V 

Als   Begriff,   als   Gedanke   wirkt   es   da   und   schafft   fort-  \ ; 

währende    Bewegung,    das    wesenloseste,    vielgestaltigste,  t 

wirkungsreichste  und  darum  das  tückischeste  aller  Objelcte.  '|, 

Diese  gegenständliche  Komik,  auf  das  Praktische  an-  f, 

gewandt,    hat   bisher    in   der   deutschen   Literatur   meines  |'; 

Wissens  kein  Beispiel.     Sie  ist,  will  mir  scheinen,  etwas  |.' 

vorwiegend  Romanisches ;  und  auch  da  kommen  mir,  wenn  |.; 

ich  vergleichen  will,  hauptsächlich  Zeichner  in  den  Sinn:  \:^. 

Goya  vor  allem,  ein  wenig  Rops  und  auch  Leandre.  > ' 

Ich  weiß  nicht,  ob  viele  meinen  Ansichten  über  dieses  jt:; 

Stück  beipflichten  werden.    Du  hast  sie  gewünscht,  und  da  4. 

sind  sie.     Wenn  sie  Dir  plausibel  vorkommen,   wirst  Du  I 

Dich   ihrer   bedienen   können,   vor   zweifelnden   Freunden  .? 

etwa  und  hauptsächlich  —  für  Dich  selbst.     Du  sollst  Dir  i'^ 

sagen  können,  daß  Dein  Werk  keine  künstlerische  UnmÖg-  \ 

lichkeit  bedeutet.    Wenn  es  trotzdem  für  die  Öffentlichkeit  | 

unmöglich  sein  sollte,  so  gilt  das  nur  für  heute,  für  jetzt.  1 

Das  wollte  ich  nachweisen,  indem  ich  die  künstlerischen  , 

Züge  dieser  Komödie,  so  gut  ich  kann,  erklärte.  f 

Und  so  wünsche  ich  jetzt  Dir  und  Deinem  Stück  besten  ) 

Erfolg.     Das  heißt:    Fröhlichen   Bestand,   ein  paar  gute,  1 

aufrichtige  Freunde  und  unter  den   Feinden,   da   es   doch  f 

einmal  nicht  anders  ist,  wenigstens  etliche,  die  vernünftig  ^i 

sind  und  guten  Willen  haben.  I 

Mit  einem  herzlichen  Händedruck  ^■- 

) 

Dein  Freund  \ 


Willi  Handl 
Wien,  im  Herbst  1899. 


j!»?^^^  s;    -«.wjgw^^-  ^^m^^m^^^W^y^r^ 


PERSONEN 


Frau  Hennine  Hussareck 

Jaromir  Stein 

Berta 

Liidmilla  Gruss 

Clemens  Baron  Krasny 

Efnil  Schnalzer 

Otto  Schnalzer 

Anna 

Alois  Grundelfingcr 


7S<s^«r5?s^'ä7^T^*^- 


E  R  S  T  E  R     A  K  T  j 

■  'i 

Ein  Zimmer  bei  Frau  Hussareck,  welches  als  Speise-,  Wohn-  \ 

und  Wartezimmer  benutzt  wird.   Tapezierereleganz.  Goldrah-  f 

men  mit   Öldrucken,  farbige   Gipsstatuetten,   billige   türkische  f 

Vorhänge,  viele  Vasen   mit  künstlichen  Blumen.    Rechts  und  \ 

links  je   ein   Divan.   Mitteltisch   mit   Lampe.   Am    Tisch   ein  \ 

weißes  Tuch  sowie  Gerätschaften  von  der  Mahlzeit,  wie  z.  B.  \ 

Aufsatz  mit  Obst  und  Käse,  Senftiegel,  Zuckerstreuer,   Glä-  j 

ser  usw.  Auf  einem  Divan  links  (vom  Schauspieler)  liegt  Frau  \ 
Hussareck  im  Schlafrock,  das  Haar  gelöst,  und  schläft. 

Auf  dem  Divan  vis-ä-vis  J ar  omir;  man  hört  ihn  schnarchen.  ; 
Im  Hintergrund  allgemeiner  Eingang  vom  Vorzimmer;  links 

Jaromirs  Zimmer,  rechts  Atelier  und  Schlafzimmer  von  Frau  !  ■ 

Hussareck.   —   B  er  t  a    tritt    ein,   sieht,    daß    beide    schlafen,  i 

trinkt  Kognak  und  ißt  Zucker,  sehr  behaglich,  dann  stellt  sie  ; 

sich  neben  Frau  Hussareck  und  ruft  sie  an.  ■ 

Berta.   Bitt',  gnä'  Frau  —  's  is  scho  vier  Uhr.  ' 

Hermine,  sich  aufrichtend.  Was  is?  —  Ah  so  —  ' 

schon?  —  Ach  Gott  —  na  ja  —  es  is  nur,     weil  ich  ; 

grad  so  schön  träumt  hab'  —  schad  —  ; 

Berta.  Vielleicht  gar  a  Numero,  gnä'  Frau?  \ 

Hermine.   Natürlich,  Sie  denken  an  nix  anders  —  i 

mit  Ihren  ewigen  Numeros  —  Sie  Urschel!  .■ 

Berta.     Es    war'    ja    net   das    erstemal,    daß   ein  j 

arm's  Mädel  auf  dem  Weg  ihr  Glück  machert. 

Hermine.   Vertranschen  S'  nur  Ihre  paar  Gulden, 

haben  scho  recht. 

Berta.  I  denk'  m'r  halt  allerweil  —  i 
Hermine.    Denken  S'  lieber  nix,  und  bringen  S' 

lieber  den  schwarzen  Kaffee  herein. 
Berta.    Für'n  gnä'  Herrn  a? 

13 


J 


T-*;*>-'-'l"'^- -!?:'•     :  'T^"™v -i'Ä'*?^?^|J^^l^K?Sg57^ 


Hermine.  Willst  du  auch  schon  dein  Kaffee?  Du? 
Obs  dein  Kaffee  willst?  Ja,  hörst  denn  nicht?  —  Jaro- 
mir  —  Jaro  —  mir  — 

Jaromir,  noch  im  Schlaf.  Hermin" !  Hermin'  ?  Aber 
so  wach'  doch  auf,  du  träumst  ja  schon  wieder,  es  ist 
ja  niemand  im  Zimmer  — 

Hermine,  halb  singend.  Jaromir  — - 

Jaromir.  Hermin' !  Hermin' !  Aber  Hermin',  so 
wach  doch  auf!  Er  setzt  sich  auf;  erwachend.  Ja  so, 
mir  scheint  gar  — 

Hermine.    Freilich,  mir  auch  — 

Jaromir.  Ich  hab'  jetzt  wirklich  geglaubt  —  es  ist 
Nacht,  und  du  träumst  wieder  einmal,  daß  einer  an 
unserem  Bett  steht  und  dir  was  antun  will. 

Hermine.  Vorderhand  möcht'  die  Berta  nur  wis- 
sen, ob  du  auch  schon  deinen  Schwarzen  willst. 

Jaromir.    Ja,  ist's  denn  schon  vier  Uhr? 

Hermine.    Natürlich,  du  alte  Schlafhauben  1 

Jaromir.  No,  wegen  meiner !  Nur  her  damit.  Und 
recht  heiß,  Berta. 

Berta.  's  Wasser  sied't  eh  no  —  Ah. 

Jaromir.  Geh,  Minerl,  sei  so  gut,  wirf  mir  deine 
Decken  herüber,  wenn  du  sie  nimmer  brauchst,  mir  ist 
jetzt  auf  einmal  kalt  nach'n  Schlafen. 

Hermine.  Natürlich,  bedienen!  den  Pascha,  das 
vy^är'  ihm  recht !  Freilich !  steh  nur  auf,  wannst  was 
haben  willst  — 

Jaromir.    Aber  ich  lieg'  halt  grad  so  schön  — 

Hermine.  Steh  auf,  sag  ich  dir,  und  sei  galant! 

Jaromir.  O  weh. 

Hermine.   Du  wirst  ja  schon  so  bequem  wie  ein 

14 


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!«?^?^-f!^yy  ■'i^T,  "w  -  . 


Ehemann  —  steh  nur  auf  —  stell  mir  das  kleine  Tischl 
hei-  für'n  Kaffee  —  und  den  Kognak  bring  aus  der 
Kredenz,  und  die  Streichhölzer,  und  die  Zigaretten 
bring  mir  —  und  den  Rock  zieh  an,  du  weißt  doch, 
ich  kann's  nicht  leiden,  wenn  du  so  schlampert  herum- 
laufst —  und  rasieren  warst  du  auch  nicht  — 

Jaromir.    Gestern  erst,  bitte. 

Hermine.  Du  sollst  aber  jeden  Tag;  den  ganzen 
Teint  wirst  du  mir  noch  ruinieren. 

Jaromir.  Nur  schön  kommandieren,  Herr  Kor- 
poral, das  hab'  ich  so  gern  — 

Hermine.  Mit  dir  muß  man  streng  sein,  sonst 
geschieht  gar  nichts. 

Jaromir.  Ich  glaub',  du  kannst  dich  nicht  beklagen, 
es  geschieht  genug. 

Hermine.  Schnell,  schnell  —  alles,  was  ich  dir 
gesagt  hab'  —  es  sieht's  ja  niemand,  wenn  du  folgst, 
du  brauchst  dich  nicht  zu  genieren. 

Jarotnir.  Na  ja,  ich  tu  ja  so  alles,  was  ich  kann, 
aber  warum  treibst  denn  so,  das  ist  ja  ungemütlich. 

Hermine.  Menschenskind,  wo  hast  du  deinen 
Kopf  —  heut'  ist  doch  Samstag! 

Jaromir.  Der  Grundelfinger  wart't  schon,  wann 
er  kommt. 

Hermine.  Na  und  vorher  —  noch  in  die  Schmöllerl- 
gasse  zum  Fürsten  — 

Jaromir.  Na,  wird  der  alte  Fürst  zehn  Minuten 
später  die  Engel  im  Himmel  singen  hören,  wird  auch 
kein  Unglück  sein. 

Hermine.  Na  ja,  du  hast  immer  Zeit  und  Geduld 
—  aber  andere  Leut'  —  ich  werd'  doch  den  Fürsten 


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15 


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^;^«u  ^_  '  if'i'i^^i^msfjr^  '«•  ^yi''-^T'^<^^?^jlS'^r'^7?'Wf^SS, 


nicht  warten  lassen,  einen  so  gediegenen  Herrn,  der  so 
gut  und  pünktlich  zahlt  —  du,  du  hast  Begriffe,  Jaro- 
mir  — 

Jaromir.  Na  ja,  weil  er  halt  ein  Aristokrat  ist, 
weiß  schon,  das  imponiert  dir  halt.  Weiß  schon,  kenn' 
dich  ja! 

Hermine.  Gewiß,  das  ist  auch  ganz  was  anders  — 
in  meinem  Beruf,  da  lernt  man  die  Männer  kennen  und 
unterscheiden  —  die  Aristokraten,  die  halten  was  auf 
ihre  Erscheinung,  die  reiten  und  turnen  und  fechten, 
die  haben  eine  Gestalt  und  Muskeln,  keine  verhatschten 
Fuß'  und  Katzenbuckeln,  wie  die  andern. 

Jaromir.  Hab'  ich  verhatschte  Fuß'  —  erlaub' 
mir,  und  einen  Katzenbuckel  vielleicht? 

Hermine.    Aber  Jarornir  — 

Jaromir.  Turn'  ich  nicht  —  und  die  Hanteln  — 
soll  ich  dir  zeigen  —  drinnen  liegen  sie  —  soll  ich  sie 
holen  — ? 

Hermine.  Aber  Jaromir  —  ich  weiß  doch  —  wer 
red't  denn  von  dir? 

Jaromir.  Na  also  —  wenn  du  nur  zanken  kannst! 
Ich  könnt'  ganz  gut  ein  Aristokrat  sein,  was  das  an- 
belangt. 

Hermine.  Du  bist  eben  eine  Ausnahme,  das  weiß 
ich  ja. 

Jaromir.  Na  ja,  warum  red'st  denn  dann  so,  das 
ist  doch  kränkend  —  ich  hab'  doch  auch  Gefühl  — 

Hermine.  Na  ja,  das  ist  halt  der  Samstag,  die 
Hetzjagd,  die  einen  nervös  macht.  In  der  Türe.  Aber 
Berta,  ich  hab'  'glaubt,  der  Kaffee  ist  schon  fertig, 

i6 


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j~-^   «T«J*  V-  N  f      t 


WO  bleibt  er  denn  —  ich  muß  mich  ja  noch  anziehn 
geh'n,  —  gar  nicht  zu  Atem  kommt  man  — 

Jaromir.  Aber  schau,  Minerl,  wenn  du  dich  so  ab- 
zappelst und  strapazierst  — -  ich  könnt'  mich  ja  wirk- 
lich wieder  um  Stunden  umsehn  —  oder  für  halbe 
Tage  Hofmeister  werden  — 

Hermine.  Ja!  Und  abends  todmüde  nach  Hause 
kommen,  schläfrig  und  verstimmt,  und  dann  von  nichts 
mehr  was  wissen  wollen  —  von  keinen  Leibesübungen 
und  nichts  überhaupt  — 

Jaromir.  Man  muß  ja  nicht  übertreiben  — 
Hermine.  Was  red'st  denn  so  dummes  Zeug  —  du 
weißt  doch,  ich  kann  die  Männer  nicht  leiden,  die  einen 
Beruf  haben,  die  können  nicht  lieben,  und  gar  nichts 
überhaupt,  das  sind  gar  keine  Männer,  von  denen 
hat  eine  Frau  nichts  als  das  Nachsehen  —  ich  verdien* 
wahrhaftig  genug  für  uns  beide,  glaubst,  ich  hab'  dich 
genommen,  um  nichts  von  dir  zu  haben  —  du  lieber 
Mensch  —  du  dummer  Mensch  —  du  schöner  Mensch 
—  du,  du  —  auffressen  möcht'  ich  dich  — 

Jaromir.  Ja,  aber  wenn  du  dich  so  plagen  mußt  — 
Hermine.  Was  geht  das  dich  an,  das  geht  dich  gar 
nichts  an.  Mein  seliger  Papa,  der  ein  sehr  vornehmer 
Herr  war,  hat  immer  gesagt:  Arbeiten  ist  nichts  für 
einen  Kavalier,  als  eine  Schande,  Arbeiten  ist  für  Skla- 
ven und  Weiber  —  und  ich  will  einmal,  daß  du  mein 
Kavalier  bist,  den  ganzen  Tag  sollst  du  an  mich  denken 
und  auf  mich  warten,  alle  Viertelstund'  auf  die  Uhr 
schau'n,  ob  ich  noch  nicht  komm'  —  ganz  im  Fieber 
mußt  du  sein,  wenn  ich  dann  endlich  komm'  —  hörst  du, 
ich  will  mit  niemandem  teilen,  nicht  einmal  mit  einer 

2      Dörmann,  Zimmerherren. 

17 


'^EMmW^^^^^W^^^f^^^W^«'^m^^^!^^^^^W^?^' 


Arbeit,  —  ich  will  dich  ausfüllen,  und  nur  ich  —  und 
immer  wieder  ich  —  so  sag'  mir's  doch,  wie  lieb  -du 
mich  hast,  kannst  du  denn  nicht  reden  ?  -  - 

Jaromir.  O  j  a  —  gewiß  —  nur  Zeit  lassen  mußt  du 
mir  — 

Hermtne.  Hast  du  mich  lieb  ?   , 

Jaromir.  Unendlich  — 

Hermine.  Sag',  daß  du  mich  bewunderst  und  an- 
betest. 

Jaromir.  Ich  bete  dich  an,  ich  bewundere  dich  — 

Hermine.   Daß  du  nicht  leben  kannst  ohne  mir  — 

Jaromir.    Ich  kann  nicht  leben  ohne  dir  — 

Hermine.  Ah,  du  —  jedes  Wort  muß  man  dir  her- 
ausreißen —  statt  daß  du  mich  erstickst  mit  deiner 
Liebe  —  na,  so  erstick'  mich  doch  — 

Jaromir.  Bitte,  mit  Vergnügen.  Umarmung. 

Hermine.  Au!  Du  hast  mich  ja  am  Hals  gebissen. 

Jaromir.  Ja,  das  tu'  ich  öfter  —  das  ist  viel  leich- 
ter —  als  reden  nämlich  — 

Hermine.  Noch  einmal. 

Jaromir.  Bitte,  mit  Vergnügen.  Umarmung. 

Berta,  ist  heim,  zweitenm,al  ä  tempo  eingetreten, 
sie  erschrickt,  schreit  auf,  die  Tassen  klirren. 

Hermine.  Na,  was  ist  denn,  warum  schreien  Sie 
denn?  Haben  Sie  so  was  noch  nicht  gesehen? 

Berta.  O  ja  —  wohl,  wohl  —  es  hat  mi  nur  so 
g'rissen  auf  einmal  — 

Hermine.  Stellen  S'  den  Kaffee  nur  her  —  lang 
genug  hat's  dauert  —  Sie  müssen  wohl  immer  —  dabei 
sein  — 

Berta.  I  bitt',  es  is'  wer  draußen  — 

i8 


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I 

i 

i 

Hermine.  Ich  kann  jetzt  niemanden  mehr  emp-  v' 

fangen  —  sagen  Sie  dem  Herrn,  er  soll  morgen  wieder-  ') 

kommen  —  oder  Montag  —  ■  I 

Berta.   Es  is  aber  eine  Frau  —  zum  Herrn  Jaro-  ' 

mir  —  ) 

Hermine.  Zu  dir?  { 

Jaromir.  Zu  mir?  —  aber  nein  —  ) 

Berta.    Die  Frau  Gruß  is'  —  Herr  Jaromir  —  i 

Jaromir.  Meine  ehemalige  Zimmerfrau  —  y 

Hermine.  Was  soll  denn  das  bedeuten?  .     \ 

Jaromir.   Ich  kann  mir  nicht  erklären,  —  na,  nein. 

Berta.  Soll  ich  sie  'reinlassen? 

Hermine.  Bist  du  ihr  was  schuldig  —  oder  — ? 

Jaromir.  Sie  hat  keinerlei  Rechte  an  mich  — 

Hermine.  Ich  geh'  hinaus,  Jaro  —  damit  sie  reden 

kann  mit  dir  —  aber  nur  ins  Nebenzimmer  —  ich  hör' 

jedes  Wort  —  wenn  ich  dir  auf  was  drauf  komm'  — 

du!  Ab. 

Berta,  die  gelauert  hat  und  schon  die  Tür  in  der  f" 

Hand  hat,  rasch  und  leise.   Herr  Jaromir  —  bei  un- 
serer  Gnädigen  sag'  i  ja  nix  —  aber  wenn  S'  mit  der  { 

a  was  haben !  Nachher  g'schiecht  was !  |- 

Jaromir.  Du  bist  verrückt!  —  Laß    sie  herein  — 
Berta  ab. 

Jaromir,  auf-  und  abgehend.  Wo  die  nur  meine 
Adresse  her  hat  —  nie  hat  ma  Ruh'  von  diesen  Frauen- 
zimmern! Es  klopft.  Herrrein! 

Ludmilla,  steckt  den  Kopf  zuerst  herein  und  tritt 
dann  ein.  Is'  erlaubt?  wird  man  endlich  vorgelassen 
bei  dem  großen  Herrn? 

Jaromir.   Kommen  S'  nur  herein  — 

2* 

19 


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^^^»-^3*55^^ 


Ludmilla,  eintretend.  Guten  Abend!  —  Na,  was 
sagen  Sie  jetzt? 

Jaromir.  Guten  Morgen,  sag'  ich,  oder  guten 
Abend,  was  Sie  wollen. 

Ludmilla.  Die  Gruß  kommt  zu  Ihnen  —  was  sagen 
Sie? 

Jaromir.  Wer  hat  Ihnen  denn  überhaupt  meine 
Adresse  verraten  ?  —  Ich  hab'  geglaubt  — 

Ludmilla.  So  ein  schlechter  Mensch  sind  Sie  — 
mir  nicht  einmal  zu  sagen  —  warum  ist  er  denn  nicht 
gekommen  —  han?  —  Warum  hat  er  mir  denn  nicht 
geschrieben,  der  schlimme  Bub,  han? 

Jaromir.  Wieso  Sie  mich  gefunden  haben,  möcht' 
ich  wissen ! 

Ludmilla.  Aber  er  hat  doch  seine  Schulden  im 
Cafe  bezahlt  — 

Jaromir.  Bitte,  ich  war  nie  mehr  dort  — 

Ludmilla.  Aber  seine  Adresse  hat  er  doch  auf  die 
Postanweisung  geschrieben  —  hat  er  nicht  — ? 

Jaromir.  Herrgott  —  ja  freilich  —  na  ja,  ich  sag's 
ja  immer  —  man  soll  keine  Schulden  zahlen,  es  rächt 
sich  immer. 

Ludmilla.  Jaromir,  das  soll  er  nicht  glauben  — 
deswegen  kommt  die  Ludmilla  nicht,  über  diese  Kinder- 
krankheit ist  sie  hinaus  —  die  Ludmilla  hat  schon 
ihre  Ruhe  wiedergefunden  —  deswegen  kommt  sie 
nicht,  —  das  darf  er  nicht  glauben  —  er  braucht  sich 
gar  nicht  zu  fürchten,  daß  — 

Jaromir.  So?  Nicht?  Na,  Gott  sei  Dank,  ich  hab* 

schon  gemeint Also,  dann  bitte  Platz  zu  nehmen. 

—  Mit  was  kann  ich  sonst  noch  dienen? 


20 


•■^^JfSf^S^^^^^i^'^pS^tSßW^^^yr'^'^         im-.-^»i-o^  '       '  ._^"  -"        <:f 


Ludmilla.  Wenn  er  wüßte,  warum  ich  zu  ihm 
komme ! 

Jaromir.  Na,  Sie  werden  mir 's  ja  sagen,  wenn  Sie 
extra  deswegen  kommen. 

Ludmilla.  Eine  Einladung  bring'  ich  ihm  — 

Jaromir.  Mir?  —  Zu  was  —  zu  wem? 

Ludmilla.  Ja,  ja  —  ihm  bring'  ich  sie,  gerade  ihm 

—  er  muß  dabei  sein  —  Hat  er  morgen  Zeit? 

Jaromir.  Was  ist  denn  los  —  was  soll  denn  sein? 

Ludmilla.   Ich  hab'  mich  nämlich  verlobt  — 

Jaromir.  Aber  nein  —  das  ist  ja  nicht  möglich! 

Ludmilla.  Ich  konnte  seinem  Drängen  nicht  län- 
ger widerstehen  —  er  liebt  mich  so  wahnsinnig  —  Herr 
Jaromir,  wirklich,  die  Ludmilla  fürchtet  sich  manchmal 
vor  ihm,  wenn  er  seine  wilden  Augen  macht  — 

Jaromir.   Was  ist  er  denn,  der  Glückliche? 

Ludmilla.  Aber  es  ist  ja  sein  Freund,  sein  bester 
Freund  — 

Jaromir.  Von  mir  —  aber  ich  hab'  ja  keinen  — 

Ludmilla.  Mit  wem  hat  er  denn  bei  mir  gewohnt 

—  wer  war  denn  der  zweite  —  wer  ist  denn  bei  mir 
geblieben  —  als  der  schlechte  Mensch  ausgerissen  ist  — 

Jaromir.  Aber  das  kann  ja  nicht  sein  — 
Ludmilla.  Aber  ja  —  er  hat's  schon  erraten  — 
Jaromir.  Der  Klemens  —  der  Baron  —  Krasny  — ? 
Ludmilla.     Mein    süßer    Klemens,    mein    Mutzi- 
Putzi  — 

Jaromir.  Ja,  aber,  Herrgott  —  nein,  so  was  —  der 
Klemens  und  Sie  —  Sie  werden  also  Baronin  —  Her- 
min', bist  du  noch  nicht  fertig Baronin  werden 

Sie  — ? 


21 


sS^-S^-.. 


Ludmilla.  Ja  —  ich  heirate  in  die  Aristokratie  — 
Jaromir.  Und  Ihren  Beruf  werden  Sie  natürlich 
aufgeben  ? 

Ludmilla.  Im  Gegenteil  —  ich  hoffe  sogar  auf 
einen  großen  Aufschwung  —  es  wird  doch  für  jede 
Dame  von  Stand  und  Rang  eine  Wohltat  sein,  wenn 
sie  bei  einer  Baronin,  einer  Standesgenossin,  diskreten 
Rat  und  Hilfe  suchen  kann  — 

Jaromir.  Ja  natürlich,  da  haben  Sie  recht  — 
Ludmilla.  Klemens  hat  doch  so  viel  Beziehungen, 

er  wird  mir  die  vornehme  Welt  erschließen Aber 

er  hat's  da  wirklich  hübsch  —  Ist  das  sein  Zimmer  ? 
Jaromir.  O  nein,  mein's  ist  drüben  — 
Ludmilla.   Na,  wie  geht's  denn  ihm?  —  Schmal 
schaut  er  aus  —  bei  mir  hat  er  besser  ausgesehn  — 
plagt  er  sich  gar  so?  —  Vielleicht  —  will  er  wieder 
öfters  zu  mir  essen  kommen  —  die. Ludmilla  kocht  gut 

—  will  er  kommen  — ? 

Jaromir.  Ich  danke  Ihnen  wirklich  —  aber  —  ich 
weiß  nicht  — ? 

Hermine,  nebenan.  Jaromir! 

Jaromir.  Jawohl  —  pardon  —  ich  bin  nämlich  auch 
verlobt  —  meine  Braut  —  An  der  Tür.  Was  be- 
fiehlst du  ?  —  Sie  ist  da  daneben  nämlich  — 

Hermine.    So  komm  herein. 

Jaromir,  zu  Ludmilla.  Pardon  —  einen  Moment 

—  ich  muß  nur  — 

Ludmilla.  Er  auch  —  ja  aber  —  keine  Ahnung  — 
und  das  sagt  er  mir  erst  jetzt  —  aber  da  — 

Berta,  schießt  herein  und  macht  sich  heim  Tisch 

22 


L- 


2U  schaffen.  Bitt'  Ihnen,  Frau  Gruß  —  verraten  S'  mi 
net,  daß  i  da  bin  — 

Ludmilla.  Jessas,  das  is  ja  die  Berta  —  ich  hab' 
Sie  im  Vorzimmer  gar  net  erkannt  — 

Berta.  Die  Gnädige  eifert  so  auf'n  Herrn  Jaromir, 
und  wann  die  wüßt,  daß  ich  ihn  von  früher  kenn',  die 
glaubert  alles  Mögliche  —  also  nix  sagen,  gnä'  Frau, 
bitt'  schön !  % 

Ludmilla.  Na,  na,  ich  werd'  Ihnen  doch  keinen 
Verdruß  machen  —  Sie  —  Sie  —  na  warten  Sie,  ich 
denk'  mir  schon  mein'  Teil  — 

Berta.  Nein,  gnä'  Frau  —  wirkli  net  — 

Ludmilla.  Sie  hab'n  do  net  mit'n  Baron  was 
g'habt? 

Berta.  Mit'n  Baron,  ujeh  —  mit'n  Baron?  Lacht 
unbändig.  Na,  mit'n  Baron  hab'  i  nix  g'habt  —  Geht 
mit  Geschirr  ah.  Na,  na,  na  — 

Ludmilla.  Was  lachen  Sie  denn  so  dumm?  Die 
Tür  öffnet  sich,  Frau  Hussareck  tritt  angezogen  ein. 

Jaromir.  Darf  ich  Sie  mit  meiner  Frau  bekannt- 
machen, Frau  Gruß  — 

Ludmilla.  Ich  gratuliere  vielmals,  Herr  Jaromir  — 
und  auch  Ihnen,  liebes  Fräulein  — 

Hermine.  Fräulein  —  nein  —  aber  ich  danke 
Ihnen  —  so  jung  bin  ich  doch  nicht  mehr  — 

Ludmilla.  Der  kleine  Jaromir,  unser  Kind  —  Bräu- 
tigam —  nein,  so  was  —  ich  bin  ja  noch  wie  aus  den 
Wolken  gefallen! 

Jaromir.  Na,  wann  ich  nicht  heiratsfähig  bin,  dann 
weiß  ich  wirklich  nicht  — 

Hermine.   Man  darf  Ihnen  ja  auch  gratulieren. 

23 


I 


'43 


^  .        i  •  ^>.  -*:^XJ  /• 

Ludmilla.  Ja  —  mein  Klemens  —  Aber  hat  Ihnen        ) 
Ihr  Herr  Bräutigam  schon  gesagt  —  ich  bin  eigentlich 
ja  einladen  gekommen Eine  ganz  kleine  Gesell- 
schaft, nur  ein  paar  Freunde,  eine  Art  Verlobungsfeier, 

—  mein  Bräutigam  weiß  noch  gar  nichts. 

Hermine.  Du  kennst  den  Verlobten  von  Frau 
Gruß? 

Jaromir.  Ja,  aber  — 

Ludmilla.  Sie  waren  ja  alle  beide  so  lieb  —  alles 
haben  sie  mitsammen  gemacht  — 

Jaromir.  Ja,  weil  der  Klemens  nicht  eher  Ruh' 
geben  hat,  weil  er  ein  Tyrann  ist,  ein  Gewaltmensch  — 

Ludmilla.  Aber  —  aber,  Herr  Jaromir  —  er  war 
doch  immer  so  lieb  mit  Ihnen,  Herr  Jaromir  — 

Jaromir.  Ja,  wenn  ich  ihm  gefolgt  hab'  und  nach- 
geben in  allem,  da  hat  er  lieb  sein  können  —  Nein, 
nein,  Frau  Gruß,  Sie  können  den  Baron  grüßen  und 
gratulieren,  aber  ich  komm'  nicht  —  da  geht  das  Sek- 
kieren gleich  wieder  an,  ich  bin  froh,  daß  ich  ihn  los 
hab'. 

Ludmilla.  Na,  schau'n  Sie  nur,  mein  Bräutigam, 
der  Baron,  hat  ihn  so  lieb  g'habt,  den  Jaromir,  und  er 
tut,  als  ob  er  ihm  weiß  Gott  was  angetan  hätt'  — 

Hermine.  Na    ja,  weil  er  halt  ein  Aristokrat  ist 

—  Überhaupt,  Jaromir,  so  geht  man  nicht  herum,  wenn 
Damen  im  Zimmer  sind  —  die  Haare  —  keine  Kra- 
watte —  Hemdärmel  —  genier'  dich  doch ! 

Jaromir.    Vor  einer  so  alten  Bekannten  — ? 
Hermine.    Geh   hinein    und  mach  dich  fertig. 
Jaromir.    Ich  hab'  geglaubt,  du  hast  es  so  eilig 
zum  Fürsten  — 

24 


'^^r'jP§5?f^^P»^"  «^«*^^'^^^  ^r^^W^s?^^^  w-"^' if  ^ -n?!  3f«^v"»<''>  '  ■'•  v^^    -^"^f^ 


Hermine.  So  werd'  ich  mir  halt  dann  einen  Wa- 
gen leisten.  —  Aber  jetzt  geh! 

Jaromir  ab. 

Hermine.  Kommen  Sie,  da  steht  der  schwarze 
Kaffee  —  er  wird  zwar  schon  ein  bißl  kalt  sein  —  aber 
da  liegt  nichts  dran  —  nicht  wahr? 

Ludmiiia.  Kalter  Kaffee  macht  schön  —  ich 
kann's  brauchen. 

Hermine.  Noch  schöner,  wenn  Sie  schon  einen 
Baron  bezaubert  haben  —  was  wollen  Sie  noch  mehr? 
—  Sie  müssen  mir  erzählen  —  aus'n  Jaromir  kriegt 
man  ja  solche  Sachen  nicht  heraus.  Wie  heißt  also  Ihr 
Bräutigam  ? 

Ludmiiia.  Klemens  Reichsfreiherr  von  Krasny- 
Sprudelstein-Eppingen  — 

Hermine.  Klemens  Reichsfreiherr  —  Wiederholt 
den  Namen  trämnerisch  und  seufzt.  Schön! 

Ludm,illa.    Und  so  verliebt  ist  er! 

Hermine.  So  verliebt  —  auch  noch  — 

Ludmiiia.  Und  dieser  Anstand  —  dieses  Auftre- 
ten —  diese  Manieren  —  der  Herr  Jaromir  ist  auch 
ein  lieber  Mensch  —  aber  mein  Klemens  halt  — 

Hermine.    Sie  müssen  sehr  glücklich  sein  — 

Ludmiiia.  Ein  Kavalier  vom  Scheitel  bis  zur 
Sohle  — 

Hermine.   Ein  Kavalier  vom  Scheitel  — 

Ludmiiia.  Und  wie  er  um  mich  geworben  hat,  so 
zart  und  so  stürmisch  zugleich  — 

Hermine.  Stürmisch  hat  er  geworben,  stür- 
misch —  ? 

Ludmiiia.   Einer  Frau  kann  man  das  ja  sagen  — 

25 


ich  fürchte  mich  vor  dem  Moment,  in  dem  -  *"  z. 
erstenmal  allein  sein  werden  —  in  einer  ungewohr  en 
Situation. 

Hermine.  Sie  sind  aber  doch  schon  verheiratet  ge- 
wesen. 

Ludmilla.  Ja,  aber  das  ist  schon  sehr  lange  her  — 
und  —  es  kommt  mir  vor  —  ich  fürchte  mich  — 

Hermine.    Kniet  er  auch  vor  Ihnen? 

Ludm,illa.  Täglich  —  er  betet  mich  an  — 

Hermine.  Kann  er  nicht  leben  ohne  Ihnen? 

Ludmilla.  Er  geht  zugrund',  sagt  er  mir  täglich  — 

Hermine.  Er  kniet  —  er  betet  Sie  an  —  er  geht 
zugrund'  —  und  alles  ganz  von  selbst  —  Sie  müssen 
es  nicht  erst  immer  verlangen? 

Ludmilla.  Was  glauben  Sie  ? 

Hermine.  Oh,  dann  sind  Sie  glücklich  —  tausend- 
mal glücklicher  als  ich  -  -  Wirft  sich  ihr  weinend  in  die 
Arme. 

Ludmilla.  Ja,  aber  Sie  sind  doch  auch  jung  und 
schön  —  ich  hab'  geglaubt  —  Behandelt  er  Sie  nicht 
gut? 

Hermine.  Aber  ja,  ja  —  er  tut  ja,  was  er  kann, 
aber  das  ist  ja  alles  viel  zu  wenig.  Ich  brauche  so  viel 
Wärme  und  Liebe  —  ich  hab'  einen  solchen  Hunger 
nach  Zärtlichkeit,  gar  nicht  genug  kriegen  kann  ich  — 
Beim  Jaromir  muß  man  ja  immer  betteln  —  er  tut 
ja  nichts  von  selber  —  Ach,  Sie  wissen  gar  nicht, 
wie  Sie  zu  beneiden  sind,  daß  Ihr  Bräutigam  so 
anders  ist  —  so  zärtlich  —  und  ein  Baron  ist  er  auch 
—  Ich  begehe  ja  sogar  gewissermaßen  eine  Mesalliance, 
wenn  ich  den  Jaromir  heirate  —  ich  verkehre  doch  so 

26 


viel  in  der  Aristokratie  —  ich  muß  sogar  jetzt  gleich 
zu  einem  Fürsten  —  und  mein  Vater  war  auch  eigent- 
lich ein  sehr  hoher  Herr  —  man  hat  halt  andere  Be- 
dürfnisse —  das  liegt  halt  im  Blut,  dafür  kann  man 
nichts. 

Jaromir,  tritt  ein,  fertig  angezogen. 

Hermine.  Hör'  nur  zu,  Jaro,  was  die  Frau  Gruß 
mir  alles  erzählt  von  ihrem  Bräutigam  —  der  ist  anders 
wie  du  —  wie  er  sie  verwöhnt  — 

Jaromir.  Der  Baron  verwöhnt  Sie? 

Hermine.  Ja,  ja,  du  kannst  es  schon  glauben, 
nimm  dir  nur  ein  Beispiel. 

Jaromir.  Am  Baron  vielleicht?  —  Ich  glaub',  da 
möchtest  du  dich  schön  bedanken. 

J-Jermine.  Na  ja,  weil  er  halt  ein  Aristokrat  ist  — 
ich  weiß  —  dich  muß  man  kennen! 

Jaromdr.  Den  Baron  auch  —  und  ich  kenn'  ihn. 
Übrigens,  es  ist  fünf  Uhr  nebstbei  gesagt,  dein  Fürst 
wird  zürnen  — 

Hermine.  Kommen  Sie,  Frau  Gruß  —  er  beleidigt 
uns  mit  jedem  Wort  —  Sie  müssen  mich  begleiten,  ich 
nehm'  ohnedies  einen  Wagen  — 

iMdmilla.  Ja,  ja,  wir  müssen  Freundinnen  werden. 

Hermine.  Bleib'  zu  Haus,  und  wenn  wer  kommt, 
du  weißt  —  und  benimm  dich  — 

Ludmilla.  Adieu,  Herr  Jaro,  bessern  Sie  sich ! 

Jaromir.  Adieu,  meine  Damen,  adieu ! 

Ludmilla.  Nach  Ihnen  —  nach  Ihnen  — 

Hermine.  Aber  ich  bin  doch  zu  Haus  —  Hermine 
und  Ludmilla  ab. 

Jaromir,  stößt  einen  langen  Seufzer  der  Erleich- 

27 


'■M: 


terung  aus  und  legt  sich  wieder  hin.  Es  ist  so  schön, 
manchmal  allein  in  einem  Zimmer  sein  —  so  schön  ist 
das  —  ahhh  — 

Berta,  tritt  ein,  sehr  erregt.  Herr  Jaromir,  Herr 
Jaromir,  jetzt  schlafen  S'  net  wieder  ein  —  jetzt  net  — 

Jaromir.    Na,  was  denn? 

Berta.   Das  halt  ich  net  aus,  nein,  nein  — 

Jaromir.  Na,  was  ist  denn  schon  wieder  los? 

Berta.  Bei  der  gnädigen  Frau  sag'  ich  ja  nichts, 
das  is  halt  die  gnädige  Frau  —  wenn  jetzt  aber  noch 
eine  dazu  kommt  —  wenn  diese  Frau  Gruß  —  Herr 
Jaromir,  deswegen,  weil  ich  ein  armes  Mädel  bin  und 
nichts  tun  kann  für  Sie  —  deswegen  dürfen  Sie  net 
glauben  —  Es  g'schiecht  ein  Unglück,  Herr  Jaromir 
—  ich  stell'  was  an  —  eine  muß  dran  glauben  — 

Jaromir.  Aber  Berta,  was  fällt  dir  denn  ein  — 
Sei  doch  ruhig  —  ich  schwöre  dir,  euch  beiden  bin  ich 
treu  —  dir  und  der  Herrain'  — 

Berta.  Ja,  aber  was  hat  s'  denn  dann  wollen  —  die 
Person  die  — 

Jaromir.  Na,  schau,  doch,  du  mußt  es  doch  gesehn 
haben,  wie's  d'  im  Dienst  warst  bei  ihr,  daß  sie  immer 
wollen  hat  und  ich  nicht  —  na,  und  jetzt  hat  halt  einer 
endlich  anbissen  —  na,  und  jetzt  ist  sie  halt  kommen, 
sich  zeigen  als  Braut  und  Pflanz  machen  —  weil  sie 
meint,  i  werd'  mi  do  giften  —  das  is  alles.  —  Na,  sei 
wieder  gut,  Berterl,  na  geh'  — 

Berta.  Is  das  aber  a  wirkli  wahr? 

Jaromir.  Na,  wann  i  dir  sag'  —  i  flieg'  doch  nicht 
auf  die  Frau  Gruß  — 

Berta.  Ihr  habt's  aber  so  stad  g'red't  —  net  a 

28 


^^^Sfg^^'^r^T^^F^''^^^^^»^ 


Wort  hat  m'r  verstanden  draußen,  und  i  hab'  so  auf- 
paßt —  Jessas,  Jessas  —  so  gut  hab'  i's  g'habt  z'  Haus, 
mei  Häusel  und  meine  Ziegen  —  und  mei  Gartl,  war' 
i  nur  z'  Haus  'bHeben  bei  meine  Leut'  —  so  viel  'nun- 
terschlucken muß  ma  in  der  Stadt,  und  auf  die  Manns- 
bilder is  no  viel  weniger  Verlaß  —  Herr  Jaromir,  san 
S'  net  schlecht  mit  mir  —  i  sag'  Ihnen,  's  gibt  ein  Un- 
glück —  i  stell'  was  an ! 

Jaromir.  Sag'  einmal,  hat  dich  die  Gruß  erkannt 

—  hast  gesprochen  mit  ihr? 

Berta.  Sie  sagt  nix  —  i  hab'  s'  glei  z'sammpackt, 
daß  sie  'n  Mund  halt. 

Jaromir.  Gott  sei  Dank,  das  gab'  ein'  schönen  Kra- 
wall, wann  die  was  merken  tat'  —  das  auch  noch  — 
sie  raunzt  ja  so  immer,  daß  sie  zu  wenig  hat  von  mir 

—  du,  übrigens  weißt,  wer  die  Gruß  heiratet? 

Berta.  Na,  wer  denn? 

Jaromir.   Der  Baron  — 

Berta.  Der  Baron  —  ja,  kann  denn  der  überhaupt 
noch  heiraten? 

Jaromir.  Warum  soll  er  denn  nicht  können?  | 

Berta.  I  weiß  ja  nix  —  i  hab'  'glaubt,  Sie  wissen  | 

was  —  die  Leut'  reden  nur  allerhand  —  f 

Jaromir.  Aber  was  denn   —  was  sagen  die  Leut'?  \ 

Berta.  Na,  das  sag'  i  net  —  na,  na  —  dann  ist's  am  ,- 

End'  do  net  wahr  —  na !  na !  i 

Jaromir.  Aber  mir  kannst  es  doch  sagen!  .       -' 

Berta.    Ah  na  —  Sie  glauben  am  End'  —  i  ver-  -  ; 

brenn'  mir  net  'n  Mund  —  \ 

Jaromir.  Na,  wenn  du  glaubst,  daß  er  vielleicht  ; 

schon  verheiratet  ist  —  das  weiß  ich  bestimmt,  ist  nicht  ] 

'l 
29  S 


\ 


J%  — --v,)?— ,  -JpiW^C'^S^HW«?» 


wahr  —  Es  läutet.    Himmellaudon,  wer  ist  denn  das 
schon  wieder? 

Berta  ab. 

Jaromir.    Nicht  einen  Augenblick  hat  ma  Ruh',  ein 
verfluchtes  Leben  —  herein ! 

Emil  und  Otto  treten  schüchtern  ein. 

Emil.  Hab'  die  Ehre ! 

Otto.  Hab'  die  Ehre! 

Jaromir.    Hab'  die  Ehre!  —  Mit  was  kann  ich 
dienen  ? 

Einil.   Wir  haben  die  Annonce  gelesen  — 

Otto.   Im  Tagblatt  — 

Emil.  Wir  möchten  gern  die  gnädige  Frau  spre- 
chen, ja,  die  gnädige  Frau  — 

Otto.  Uns  interessiert  das  nämlich  — 

Emil.  Und  wir  brauchen  das  — 

Otto.  Ich  bin  so  neugierig  — 

Emil.  Ich  —  ich  —  auch  — 

Jaromir.  Ja,  die  Frau  Hussareck  ist  jetzt  nicht  zu 
Hause  —  sie  wird  bedauern  — 
.  Otto.  Nicht  zu  Hause  — 

Emil.  Das  ist  aber  sehr  schade?  — 

Jaromir.  Vielleicht  kommen  Sie  ein  andermal  wie- 
der —  oder  später  — 

Otto.  Ja  —  ja,  o  wenn  Sie  erlauben  — 

Emil.    Das  ist  reizend  —  reizend  ist  das  — 

Otto.    Dürft'   ich  mir  vielleicht  eine  Frage  ge- 
statten ? 

Jaromir.    Bitte,  mit  Vergnügen. 

Emil.  Ich  möchte  nämlich  auch 

Jaromir.  Bitte,  bitte,  deswegen  bin  ich  ja  hier  — 

30 


.^^^Si^E^L^i.  d^i^mty.. 


S'*^  ;r-'»'i?V" 


■~   'T^^'' 


Otto,  Jaromir  beiseite  ziehend.    Ist  sie  jung? 

Jaromir.  Aber  sehr  — 

Otto.  Ah  — 

Emil,  Jaromir  beiseite  ziehend.    Ist  sie  kräftig? 

Jaromir.  Aber  sehr  — 

Emil.  Ah  — 

Otto,  Jaromir  beiseite  ziehend.  Intelligent? 

Jaromir.  Aber  sehr  — 

Otto.  Ah  — 

Emil.  Wir  sind  nämlich  aus  Bielitz  — 

Otto.  Und  wollen  das  Leben  kennen  lernen. 

Emil.  Deswegen  sind  wir  auch  hier  —  heroben  — 

Berta,  eintretend.  Gnä'  Herr  —  ich  geh'  jetzt  in 
Konsumverein  —  falls  wer  laut'  — 

Jaromir.  Ja,  j  a  —  ich  weiß  schon  —  ich  mach'  schon 
auf  —  gehn  Sie  nur  —  und  Marmelade  bringen  Sie 
mit,  hören  Sie,  Marmelade! 

Berta  ab. 

Otto.    Sie  warten  auch,  wenn  ich  fragen  darf? 

Jaromir.  Allerdings  —  aber  nicht  zu  dem  Zweck. 

Emil.  Haben  Sie  es  schon  probiert?  —  Es  muß 
eine  merkwürdige,  geradezu  köstliche  Sensation  sein 
—  ich  stell'  mir  das  so  vor  — 

Otto.  Emil,  sei  still,  du  übertreibst  —  du  bist  ein 
Idealist. 

Jaromir.  Wie  gesagt,  meine  Herren  —  vor  andert- 
halb Stunden  ist  keine  Rede  —  weil  vorher  noch  ein 
anderer  Herr  vorgemerkt  ist  — 

Emil.  Geschieht  das  hier  in  diesem  Zimmer? 

Jaromir.  Nein,  nebenan  — 
■     Otto.  Und  in  diesem  Zimmer  —  geschieht  nichts? 

31 


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Jaromir.  Nein,  man  wartet  —  oder  auch  nicht, 
wenn  es  zu  lang  dauert  —  Wie  gesagt,  heute  dürfte  es 
lang  dauern  —  ein  Herr  Grundelfinger  ist  vorgemerkt 

—  pardon  —  es  läutet  —  Sie  gestatten  —  Eilt  ab, 
öffnen;  die  Tür  bleibt  offen. 

Emil.  Otto,  ich  bin  so  glücklich,  so  interessant 

wird  das  werden  — 

Otto.  Ist  das  ihr  Mann  —  oder  was  — 
Jaromir.    Du  bist  es?  —  ja,  aber  —  du  — 
Baron  Krasny.   Na,  laß  mich  nur  herein  —  du  bist 

ja  förmlich  erschrocken  — 

Jaromir.  Es  ist  aber  Besuch 

Baron.  Oh,  das  macht  nix  —  der  wird  schon  gehn 

—  du  erlaubst  —  Bei  den  letzten  Worten  tritt  er  ein. 
Jaromir  folgt. 

Jaromir.  Da  hört  sich  doch  aber  Verschiedenes 
auf! 

Baron,  sich  wendend.  Das  ist  alles?  —  paß  auf! 
Guten  Abend,  meine  Herren Baron  Krasny  — 

Emil.  Emil  Schnalzer  — 

Otto.  Otto  Schnalzer  — 

Emil.  Aus  Bielitz  — 

Baron.  Aus  Bielitz  —  so  —  das  hab'  ich  mir 
gleich  gedacht,  Sie  schau'n  auch  so  aus  —  bitte,  setzen 
Sie  sich  nur  —  gleich  kommen  Sie  dran  —  ich  muß 
nur  zuerst  meinen  Freund  Jaromir  —  Na,  laß  dich  an- 
schau'n,  Burscherl,  wie's  d'  aussiehst  — 

Jaromir.  Bitte,  nicht  den  Ton,  das  vertrag'  ich 
nicht ! 

Baron.  Aber  geh',  hörst  nicht  auf,  was  glaubst 
denn?  Gut  schaust  aus,  großartig,  famos,  sehr  heraus- 

32 


^^^^^^';^5??i?SB^e^^^g^5SW!  ä^JSSI" 


gemaust,  kannst  so  bleiben,  famos  —  bin  zufrieden  mit 
dir  —  englische  Kluft  —  ein  ganzer  Kavalier  —  alle 
Achtung ! 

Jaromir.   Bitt'  dich,  wir  sind  nicht  allein. 

Baron.  Bitt'  dich  gar  schön,  die  Buben  —  phuhh ! 

Jaromir.  Es  sind  Klienten  meiner  Braut,  bitte  — 

Baron.  Na,  na,  ich  tu'  ihnen  ja  nichts  — 

Jaromir.  Warum  bist  du  denn  gekommen,  wenn 
ich  fragen  darf?  —  Wieso  überhaupt  — 

Baron.  Mein  Kommen,  Freund,  hat  stets  nur  einen 
Sinn  — 

Jarom,ir.  Wie  viel  — 

Baron.  Er  klimpert  —  klimpern  tut  er  mit  Geld  — 
—  großartig  —  Na  wart,  Burscherl  —  aber  zuerst  müs- 
sen wir  die  doch  loswerden  — 

Jaromir.  Keine  Spur,  die  müssen  bleiben  —  wir 
haben  doch  keine  Geheimnisse  miteinander  —  wir  brau- 
chen nicht  allein  zu  sein  — 

Baron.  Burscherl,  das  weiß  ich  besser  —  die  müs- 
sen hinaus  — 

Jaromir.  Aber  das  geht  doch  nicht ! 

Baron.  Alles  geht  —  Laut  zu  beiden.  Also  aus 
Bielitz  sind  Sie? 

Emil.  Aus  Bielitz  allerdings  — 

Baron.  Eine  reizende  Stadt  — 

Otto.  Ich  bin  auch  aus  Bielitz,  Herr  Baron. 

Baron.  Und  dieser  Stock  ist  auch  aus  Bielitz  — 
der  ist  wirklich  reizend  — 

Emil.  Der  Papa  hat  ihn  mir  mitgebracht  aus  Paris. 

Otto.  Jeder  Bruder  hat  einen  vom  Papa  bekommen. 

Baron.    Wieviel  Brüder  sind  Sie  denn? 

3      Dörraann,  ZimnierUerren. 

33 


*  ■ .  ■  ~.  ■r'-y^mT^''^^^^-w^^''^-  <^' -  -  ?"p5sp^^*Pw?5^ 


Emil.  Neun,  Herr  Baron. 

Baron.  Neun?  Achtung  vor  dem  Vater  —  hohe 
Achtung  —  Also  wissen  Sie,  wenn  neun  Stöcke  in  der 
FamiHe  sind,  da  könnten  Sie  mir  ruhig  diesen  einen 
leihen  —  da  haben  Sie  meinen  dafür  —  ich  will  mir 
einen  gleichen  machen  lassen. 

Otto.  Bitte,  Herr  Baron,  es  wird  uns  eine  Ehre 
sein. 

Jaromir.  Vielleicht  schreiben  Sie  sich  die  Adresse 
vom  Herrn  Baron  auf,  damit  sie  ihn  bei  Gelegenheit 
wieder  holen  lassen  — 

Baron.  Aber  wir  werden  uns  ja  wiedersehen  — 
nicht  wahr,  wir  sehen  uns  wieder?  —  Ich  habe  nette, 
junge  Leute  so  gern  — 

Jaromir.  Besonders  wenn  sie  gut  bei  Kasse  sind  — 

Otto.  Oh,  Sie  dürfen  nicht  glauben  — 

Emil.   Wir  sind  gewissermaßen  auch  Kavaliere  — 

Baron.  Das  ist  ja  reizend  —  da  sind  Sie  ja  auch 
Sportfreunde  —  ah,  da  müssen  Sie  mir  einen  Gefallen 
erweisen. 

Emil.   Mit  größtem  Vergnügen ! 

Otto.    Nur  eine  Ehre! 

Baron.  Ich  hab'  da  mit  meinem  Freund  eine  wich- 
tige Unterredung  — 

Jaromir.  Oh,  das  hat  Zeit  — 

Baron.   Burscherl,  das  weiß  ich  besser Also, 

und  zu  gleicher  Zeit  soll  ich  im  Prater  sein,  eine  Wette 
austragen  —  das  könnten  Sie  für  mich  tun  —  es  muß 
unbedingt  noch  heute,  gleich  überhaupt  geschehn  — 
wollen  Sie? 

Emil.   O  ja  —  o  ja  — 

34 


r*.»' 


_  >aJEi: 


^■i^-ryp-y^'z^'-^:^. 


Otto.   Ich  bin  ja  so  glücklich  — 

Baron.  Also,  es  handelt  sich,  wie  lange  das  dauert, 
vom  Praterstern  zum  Lusthaus  im  Schrittwechselschritt 
—  Kennen  Sie  den  Schrittwechselschritt  ? 

Emil.   O  ja  —  o  ja  —  das  geht  so  — 

"Otto.  Ganz  genau  —  eins  —  zwei  —  drei  — 
Beide  tanzen  im  Schrittwechselschritt  über  die  Bühne. 
Jaromir  lacht,  Baron  applaudiert. 

Baron.  Ausgezeichnet  —  glänzend  —  bravo  — 
famos.  Also,  Sie  werden  das  für  mich  abmachen  und 
abends,  so  um  8  Uhr,  trejflfen  wir  uns  bei  Sacher,  dort 
werden  Sie  mir  referieren  —  abgemacht. 

Emil  und  Otto  gleichzeitig.  Abgemacht  —  bei 
Sacher ! 

Baron.  Ich  freue  mich,  so  reizende,  junge  Leute 
kennen  gelernt  zu  haben. 

Emil.  Oh,  Herr  Baron. 

Otto.    Ich  bin  so  glücklich  — 

Baron.    Habe  die  Ehre,  meine  Herren  — 

Emil  und  Otto  gleichzeitig.  Habe  die  Ehre  —  (Zu 
Jaromir)  die  Ehre  — 

Baron.  Und  den  Schritt  nicht  vergessen  —  und 
auf  die  Uhr  schau'n  — 

Emil.   O  nein  —  Er  beginnt  zu  wechseln. 

Otto.  Ich  halt'  sie  in  der  Hand  —  Beginnt  gleich- 
falls. 

Baron.  Tadellos.  —  Adieu  —  adieu  — Beide  sind 
abgetanzt.  —  Pause.  Nun,  was  sagst  du,  wie  ich  das 
wieder  gemacht  habe  —  bin  ich  ein  Menschenkenner? 

Jaromir.    Ein  unverschämter  Patron  bist  du! 


35 


'^*?^?>rs 


Baron.  Kann  auch  sein.  —  Aber  der  Stock  ist 
wirklich  hübsch  —  so  einen  hab'  ich  mir  schon  lang 
gewünscht. 

Jaromir.    Du  willst  ihn  behalten? 

Baron.    Natürlich  —  er  hat  doch  meinen  dafür. 

Jaromir.  Erlaube  mir  — 

Baron.  Bitt'  dich  gar  schön,  hör'  auf  —  mit  deiner 
Moral,  auf  einmal  kriegt  er  Anfälle  —  Sag'  mir  lieber, 
was  hast  du  dir  da  für  eine  Braut  aufgegabelt  —  ist  das 
so  eine,  die  man  wieder  ausradiert  —  bei  passender 
Gelegenheit? 

Jaromir.    Ich  verbitte  mir  solche  Fragen ! 

Baron.    Um  wieviel  Jahr'  ist  sie  älter  wie  du? 

Jaromir.  Gar  nicht  —  jünger  ist  sie.  —  Glaubst 
du,  jeder  nimmt  so  eine  wie  deine  Ludmilla? 

Baron.  Du  weißt  davon?  —  wer  hat  dir  denn 
erzählt  ? 

Jaromir.  Alles  weiß  ich  —  du  willst  sie  heiraten  — 

Baron.    Ich  will  — ? 

Jaromir.   Du  liebst  sie  — 

Baron.    Ich  liebe  sie  — ? 

Jaromir.   Bis  zur  Raserei  — 

Baron.    Zur  Raserei  ? 

Jaromir.  Verrückt  hat  sie  meine  Braut  gemacht 
—  mit  dem  verfluchten  Geschv/ätz  von  dir  — 

Baron.  Die  Ludmilla  war  da  —  du,  ich  bin  eifer- 
süchtig — 

Jaromir.  Ja,  ja,  ja  —  da  ist  sie  gesessen,  auf  dem- 
selben Platz  wie  du  jetzt  — 

Baron.  Da,  sagst  du,  da?  Du  erlaubst,  v/enn  ich 

36 


&jä3>^:,^~ 


mir  einen  anderen  Sessel Also  jetzt  weißt  du  auch, 

warum  ich  da  bin  —  du  hast  deine  Schulden  gezahlt 

—  dem  Markör  eine  Postanweisung  geschickt  — 

Jaromir.  Auf  der  meine  Adresse  gestanden  ist  — 
ich  weiß,  die  verfluchte  Postanweisung !  —  Wer  hat's 
denn  dir  wieder  gesagt  —  den  Hals  dreh'  ich  ihm  um 

—  wer  hat's  denn  dir  wieder  gesagt? 

Baron.  Aber  Burscherl  —  die  ganze  Straßen  hat 
doch  davon  gesprochen.  —  Aber  bleiben  wir  beim 
Thema  —  also  du  hast  Schulden  gezahlt,  gehst  englisch, 
hast  eine  reizende  Wohnung,  du  wirst  mir  pumpen  und 
wirst  mich  befreien  aus  den  Klauen  dieser  scheußlichen 
Ludmilla  —  sonst  kannst  du's  erleben,  daß  ich  hinter 
ihr  hertanzen  muß,  ich,  der  Reichsfreiherr  von  und  zu 
Krasny,  mit  Tascherl  und  Leder,  in  dem  es  von  stäh- 
lernem Marterzeug  scheppert,  oder  vielleicht  gar  mit 
dem  Badewandl  und  den  vielen  Windeln  — 

Jaromir.    Du  bist  also  kein  Kinderfreund? 

Baron.  Burscherl,  keine  Witze !  —  Auf  wieviel 
kann  ich  rechnen? 

Jaromir.  Na,  und  beim  Majoratsherrn  hast  du 
nicht  angeklopft? 

Baron.  Lumpige  dreihundert  Gulden  hab'  ich  her- 
ausgedruckt beim  Majoratsherrn  —  der  verfluchte  Kerl 
hat  ja  so  viele  Mädeln  —  jede  muß  eine  Mitgift  kriegen, 
gute  Lehren,  mit  die  ist  er  freigebig  —  Also,  was 
kannst  du  —  aber  streng'  dich  an  —  ich  will  loskommen 

—  ich  muß  loskommen  — 

Jaromir.  Du  verkennst  vollständig  meine  Situation 

—  ich  bin  nicht  so  unabhängig  —  ich  hab'  ein  sehr 
anständiges  Taschengeld,  aber  mehr  nicht  —  zehn  Gul- 

37 


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den,  zwanzig  Gulden  kannst  du  haben  von  mir,  mehr 
nicht  — 

Baron.  Zwanzig  Gulden  sind  ein  Schmarr'n  — 
davon  hab'  ich  gar  nichts  — 

Jaromir.  Ja,  mehr  kann  ich  nicht  —  ich  darf  doch 
keine  Stunden  mehr  geben,  ich  verdien'  ja  nichts  — 

Baron.  Verflucht!  —  und  du  warst  meine  letzte 
Hoffnung  —  wenigstens  nur  so  viel,  daß  ich  von  der 
Ludmilla  loskomm'  —  sechshundert  Gulden,  Jaromir  — 

Jaromir.  Du  bist  wahnsinnig  —  das  ist  unmöglich ! 

Baron.    Möglich  ist  alles und  wenn  du's 

deiner  Braut  sagen  möchtest  — 

Jaromir.  Das  ist  ganz  ausgeschlossen  —  was  fällt 
dir  ein?  —  unmöglich  einfach  —  du  wirst  dich  ein- 
fach fügen  müssen  — 

Baron.  Ja,  und  die  Frau  Gruß  zur  Baronin 
machen,  damit  ich's  gedruckt  in  allen  Zeitungen  lesen 
kann  —  Baronin  Ludmilla  Krasny  erteilt  Rat  und  Hilfe 

—  die  P'amilie  möcht'  ja  platzen  vor  Wut,  das  war'  das 
einzige  —  aber  ich  will  nicht  —  ich  will  nicht  —  nein ! 

Jaromir.  Du  wirst  aber  doch  müssen  —  es  hat 
gar  keinen  Zweck,  wenn  man  dir  was  leiht,  in  vierzehn 
Tagen  oder  drei  Wochen  bist  du  in  derselben  Situation 

—  dir  ist  nicht  zu  helfen  — 

Baron.  Wenn  ich  ein  Jahr  standesgemäß  leben 
kann,  bin  ich  eine  glänzende  Partie  —  heute  noch  — 

Jaromir.  Erstens  pumpt  dir  keiner  so  viel  —  zwei- 
tens bist  du  nicht  mehr  jung  genug  —  die  Lud- 
milla ist  schon  die  richtige  für  dich  — 

Baron.  Erspar'  dir  deine  Weisheit  und  red'  lieber 
mit  deiner  Donna,  ist  gescheiter  — 

38 


-■■,^^^'-^<y:  N'i-rr»-  ^,-"-    •f"=^''^ 


Jaromir.  Ich  verbitte  mir  den  Ausdruck  Donna, 
wenn  du  so  redest,  nicht  einmal  zwanzig  Gulden  —  Es 
läutet  —  Schon  wieder!  Ist  der  Teufel  los  heut'?  Ab. 

Stimme  draußen.  Der  Kutscher  vom  Herrn  Baron 
laßt  fragen  — 

Jaromir.  Er  kommt  gleich  —  Tritt  ein.  Natürlich, 
keinen  Knopf  hat  er,  aber  im  Fiaker  muß  er  fah- 
ren —  das  sieht  dir  ähnlich ! 

Baron.  Das  verstehst  du  nicht  —  man  kriegt  viel 
eher  was  gepumpt,  wenn  man  im  Wagen  kommt  — 

Jaromir.    Na,  diesmal  hast  du  dich  verrechnet  — 

Baron.  Wer  weiß,  vielleicht  doch  nicht!  —  Es 
läutet. 

Jaromir.  Himmellaudon  —  ich  bin  ja  der  reine 
Laufbursch  heut'!  —  Ab.  Wo  bleibt  — ? 

Grundelßnger,  draußen.  Grüß'  dich  Gott,  Jaromir! 

Jaromir.  Du?  Ja,  ist's  denn  schon  so  spät? 

Grundelßnger.  Freilich.  Beide  treten  ein.  Es  ist 
ja  schon  meine  Zeit  —  freilich  —  ah,  du  hast  Besuch  — 

Jarom,ir.  Baron  Krasny  —  Herr  Grundelfinger. 

Grundelßnger.  Sehr  angenehm  — 

Baron.  Sehr  erfreut  — 

Jaromir.  Lieber  Klemens,  wir  sind  doch  gute 
Freunde,  nicht  wahr?  Also,  du  wirst  mir  meine  Offen- 
heit nicht  übelnehmen  — 

Baron.  Nein,  ich  bin  nicht  so  —  so,  so  zart  — 

Jaromir.  Ich  glaube,  du  wirst  meine  Braut  heute 
nicht  erwarten  können,  vielleicht  ein  andermal  —  es 
wird  heute  sehr  spät  werden  —  es  dürften  auch  noch 
einige  Klienten  kommen  außer  Herrn  Grundelfinger  — 

Grundelßnger.  Ja,  ich  bin  ein  Klient. 

39 


^-  T~=  ^'K'  -«3^ 


Jaromir.  Und  dann  dürfte  sie  sehr  müde  sein  und 
abgespannt  und  schlecht  aufgelegt  — 

Baron.  Ich  werde  sie  schon  erheitern  — 

Jaromir.  Ich  fürchte,  es  wird  mir  nicht  möglich 
sein,  daß  ich  mit  ihr  rc;de  — 

Baron.  Ich  werd'  schon  selber  reden  — 

Jaromir.  Du  wirst  dir  aber  einen  Refus  holen  ■ — 

Baron.  Glaubst  du?  Na  weißt,  ich  will  mir  keine 
Vorwürfe  machen,  daß  ich  etwas  unversucht  gelassen 
habe  —  nicht  wahr,  Herr  Grundelfinger,  man  soll  nie 
die  Hoffnung  verlieren  ? 

Grundelünger.  Ja,  ja  —  da  haben  Sie  recht  — 
ich  hab'  auch  geglaubt,  ich  werd'  meinen  Schnackerl  nie 
los  —  da  hab"  ich  auf  einmal  die  Frau  Hussareck  ge- 
funden  und  alles  war  gut. 

Jaromir.  Du  kannst  doch  den  Kutscher  nicht  so 
lang  warten  lassen  — 

Baron.  O  ja  —  übrigens,  es  wird  nicht  mehr  so 
lang  dauern,  wenn  schon  ein  Klient  da  ist  — 

Jaromir.  Also  bitt'  dich,  da  hast  du  die  zwanzig 
Gulden  —  mehr  kann  ich  nicht  für  dich  tun. 

Baron.  Du   freilich  nicht,   aber  —  danke  — 

Jaromir.  Ich  bitt'  dich,  bring'  mich  nicht  zum 
Äußersten    —  du  hast  keine  Ahnung  — 

Grundelfinger.  Glaubst  du,  daß  sie  bald  kommt? 

Jaromir.  Nein,  nein,  sehr  spät  —  gar  nicht. 

Grundelünger.  Nein,  sehr  spät  —  aber  mein 
Schnackerl  —  ich  werd'  ja  wieder  den  Schnackerl  krie- 
gen, wenn  sie  mich  nicht  massiert  — 

Baron.  Beruhigen  Sie  sich,  sie  wird  gleich  da  sein 
—  ich  warte  auch  und  muß  mich  in  Geduld  fassen. 


40 


'ßW^^fl>^'W^V?''''"'''if''iml!^'ll^^^  ■^i^«:5^iq?«*!='Sf«^^i^ 


Grundelünger.  Ja,  aber  —  wenn  sie  zu  spät 
kommt,  so  hab'  ich  doch  den  Schnackerl  — 

Baron.  Soll  ich  sie  holen?  —  Ich  hab'  den  Wagen 
unten  —  wo  ist  sie  denn  ? 

Grundelfmger.  Wo  ist  sie  denn,   Jaro,  wo  denn? 

Jaromir.  Ich  weiß  nicht,  ich  will's  nicht  wissen. 
—  Überhaupt,  alles  hat  seine  Grenzen  —  jetzt  bin  ich 
fertig  —  dort  —  dort  hinaus  !  Zwanzig  Gulden  hast  und 
damit  laß  es  genug  sein  —  meine  Braut  und  ich  sind 
nicht  dazu  da,  um  verkrachten  Kavalieren  wieder  auf 
die  Beine  zu  helfen.  —  Geh'  jetzt  zu  anderen  Leuten, 
versuch'  dort  dein  Glück,  was  drängst  du  dich  bei  uns 
ein?  —  hier  ist  kein  Boden  für  dich  —  hier  wirst  du 
dir  nichts  herausschinden  —  aber  schon  gar  nichts  — 

Hermine  tritt  ein.  Ja,  um  Himmels  willen,  wer 
wird  denn  da  umgebracht  ■ —  wer  schreit  denn  so? 

Baron.  Ah  —  endlich! 

Grundelünger.  Da  ist  sie  ja  —  da  ist  sie  ja! 

Jaromir.    Verflucht,  hinein,  das  hat  gefehlt! 

Hermine.  Und  wer  ist  dieser  Herr? 

Baron.  Baron  Krasny,  mein  Name  — 

Jaromir.  Ja,  er  ist  eben  im  Begriff  zu  gehen. 

Hermine.  Aber  nein,  das  gibt's  nicht  —  wirklich, 
Sie  sind's?  —  das  ist  ja  reizend.  —  Aber  Jaromir,  hilf 
doch  dem  Baron  ausziehn  — 

Jaromir.  Im  Gegenteil  — 

Baron.  Ja,  wenn  gnädige  Frau  erlauben  — 

Hermine.  Selbstverständlich ! 

Jaromir.  Na  also,  da  haben  wir  die  Bescherung. 
Wendet  sich  heftig  und  leise  zu  Grundelfmger. 

41 


.-^7-    •;  r^-^s^^pm.  t^ojc^ 


Herniine.  Ich  Iiab'  ja  so  viel  Scharmantes  schon 
gehört  von  Ihnen  —  so  neugierig  war  ich  schon  — 

Baron.  Auch  ich  hab'  gebrannt  vor  Ungeduld  — 
Sie  ahnen  nicht,  mit  welcher  Sehnsucht  ich  gewartet 
habe  — 

'  Hermine.  Wirklich?  —  oder  schmeicheln  Sie? 

Baron.  Aber  — 

Jaromir.  Hermine,  ich  hab'  dringend  mit  dir  zu 
sprechen  —  aber  allein. 

Hermine.  Das  wird  doch  später  auch  noch  Zeit 
haben  — 

Grundelünger.  Nein,  wirklich,  es  ist  dringend  — 

Hermine.  Aber  Ihr  seht  doch  —  ich  amüsiere  mich 
gerade  —  später  —  vielleicht  —  wenn  ich  Lust  habe. 
Aber  setzen  Sie  sich  doch,  Baron,  warum  stehen  Sie 
denn  noch  immer? 

Baron.  Wenn  Sie  gestatten,  meine  Gnädigste  - — 

Hermine,  Lorgnon.  Also,  das  ist  der  Mann,  für 
den  die  Frauen  so  glühen  — 

Baron.  Sie  beschämen  mich  —  Wer  hat  Ihnen  ver- 
raten —  ? 

Grundelünger,  von  Jaromir  gestupft,  ängstlich. 
Aber  Frau  Hussareck  .  .  . 

Hermine.  Oh,  ich  weiß  viel  mehr,  als  Sie  ahnen. 
Grundelünger.  Frau  Hussareck 

Hermine.  Was  wollen  Sie  denn? 

Grundelünger.  So  denken  Sie  doch  auch  ein  bißl 
an  mich  —  es  ist  doch  meine  Zeit  jetzt  — 

Hermine.  Sie  haben  Zeit  —  Sie  können  warten. 

Jaromir.  Du  solltest  wirklich,  Hermine  —  du 
weißt  doch,  wie  er  ist  —  er  hat's  doch  nötig  — 

42 


Hermine.  Ich  bitt'  euch  alle  beide,  martert  mich 
nicht  —  verschont  mich  —  alles  zu  seiner  Zeit  —  aber 
jetzt  nicht!  Ich  bin  müde,  nervös  —  abgespannt  —  ich 
brauche  Zerstreuung,  Ablenkung,  stört  mich  doch  nicht 
in  einemfort  —  das  halt  ich  nicht  aus  —  ich  kann  jetzt 
nicht,  kann  nicht! 

Baron.  Aber  Jaromir  —  hast  du  denn  kein  Gefühl 
—  du  siehst  doch,  diese  Blässe  —  diese  — 

Jaromir.    Erspar'  dir  diese  Reden  — 

Hermine.  Reden  Sie  nur  weiter  —  sagen  Sie  ihm 
nur  die  Wahrheit  —  er  kann  lernen  von  Ihnen,  wie  man 
Frauen  behandelt  —  ich  brauch'  Zärtlichkeit,  Liebe  — 
und  er  —  ach  Baron,  er  vernachlässigt  mich  ja  so  — 
er  quält  mich  —  er  ist  kalt  — 

Jaromir.  Verzeih'  mir,  liebe  Hermine,  aber 

Baron.  Du  quälst  sie  ja,  also  red'  doch  nicht! 

Jaromir.  Wer  ist  da  zu  Haus,  ich  oder  du? 

Baron.  Ich  werd'  Ihnen  den  Polster  zurechtschie- 
ben,  Sie  müssen  besser  liegen  —  so  —  gestatten  Sie, 
so  —  so  ist's  recht  — 

Hermine.  Ich  danke  Ihnen,  Sie  sind  so  lieb  —  das 
ist  ja  ein  solcher  Barbar! 

Jaromir.  Was  bin  ich,  was? 

Baron.  Aber  du  sollst  doch  nicht  reden ! 

Hermine.  Bitt'  dich,  Jaromir,  ein  bißchen  sei  still. 

Jaromir,  wendet  sich  wütend  gegen  Grundelßnger. 

Baron.  Und  diesen  Schemel  unter  Ihre  Füße  — 
und  noch  einen  Polster  —  und  was  befiehlt  meine  Kö- 
nigin noch?  Sollen  Erfrischungen  serviert  werden  — 
oder  wünscht  meine  Königin  eine  leise,  zärtliche  Mu- 

43 


Ssäß'lföi- 


sik  —  ein  Schlummerlied?  —  Schlafe,  mein  Kindlein, 
schlaf  ein  —  oder  einen  Fächer  —  Wo  ist  ein  Fächer? 

Hermine.  Dort,  lieber  Baron,  dort  —  Siehst  du, 
Jaromir,  so  was  fällt  dir  nie  ein  —  da  muß  erst  ein 
anderer  kommen  und  dir  zeigen  — 

Jaromir.  Bitt'  dich,  lieber  Klemens,  hör'  endlich 
auf. 

Baron.  Ich  hab'  jetzt  wirklich  keine  Zeit  zu  un- 
nützen Reden  —  du  entschuldigst  —  Eilt  mit  dem  Fä- 
cher hinter  Hermine,  fächelt  und  beginnt  leise  zu  sin- 
gen: Schlafe,  mein  Kindlein 

Hermine.  O  das  ist  schön  —  das  ist  schön  —  siehst 
du,  Jaromir,  das  ist  ein  Kavalier  — 

Jaromir.  Kavalier?  Ein  Komödiant  ist  er,  ein 
Schwindler,  ein  Einschleicher  — 

Hermine,  schmerzlich.  Aü,  au,  au  — 

Baron.  Jaromir,  du  bist  gehässig  —  wodurch  hab' 
ich  das  um  dich  verdient? 

Grundelßnger.  Recht  hat  er,  ganz  recht  —  er  spielt 
Theater  und  ich  muß  da  sitzen  und  warten  —  das  ist 
doch  kein  Vergnügen ! 

Baron.  Schlafe,  mein  Kindlein,  schlaf  ein 

Jaromir.  Hör'  auf  mit  dem  verfluchten  Gesangl ! 
—  jetzt  wird's  mir  doch  zu  dumm  —  alles  soll  sie 
wissen  —  weißt  du,  was  er  will  ?  Düpieren  will  er  dich ! 

Baron.  Das  ist  nicht  wahr. 

Jaromir.  Dumm  machen  will  er  dich,  weil  er 
Zwecke  verfolgt  — 

Baron.  Das  ist  nicht  wahr ! 

Jaromir.  Ganz  gemeine,  schäbige  Zwecke.  Und  du 

« 

44 


^^«l^r^fjSB^swasi'"  ^^  ^J*?^ 


gehst  ihm  blind  auf  den  Leim  —  du  fällst  ihm  herein 
auf  seinen  Schwindel ! 

Baron,  hält  Herminc  die  Ohren  zu.  Das  ist  nicht 
wahr,  nicht  wahr  —  er  ist  ein  Rasender  —  er  weiß 
nicht,  was  er  spricht! 

Jaromir.  Ich  bin  vollkommen  klar  —  verstanden? 

—  Laß  sie  los !  Er  steht  neben  ihr. 

Hermine.  Meine  Nerven  —  ich  sterbe  —  Luft, 
Luft!  —  Frische  Luft  —  fort  —  Baron  —  retten  Sie 
mich ! 

Jaromir.  Ich  werde  dich  retten,  nicht  der  Baron 

—  Grundelfinger,  mach's  Fenster  auf  —  oder  wart'  — ■ 
ich  hilf  schon  —  Am  Fenster. 

Baron.  Wenn  Sie  frische  Luft  wollen  —  eine  Idee 

—  mein  Wagen  steht  unten  vor  dem  Tor  — 

Jaromir.  Sein  Wagen  —  von  meinem  Geld  —  dar- 
aus wird  nichts  —  nein  —  nein ! 

Hermine.  Ihr  Wagen  —  köstlich  —  ja,  wir  wollen 
fahren  — 

Jaromir.  Daraus  wird  nichts ! 

Hermine.  Ich  laß  mir  nichts  verbieten,  Jaro ! 

Grundelünger.  Und  ich,  und  ich  —  was  wird  mit 
mir? 

Jaromir.  Gut,  dann  fahr'  ich  mit. 

Baron.  In  meinem  Wagen  ist  nur  für  meine  Gäste 
Platz  —  kommen  Sie  —  Hermine  zieht  sich  bereits  an. 

Grundelünger.  Und  ich,  und  ich  —  was  ist  mit 
mir? 

Jaromir.  So  schrei  doch  nicht  —  sie  bleibt  doch  da. 

Hermine.  Jetzt  justament,  weil  du  mir  nichts  ver- 
gönnst —  Zieht  sich  die  Handschuhe  an. 

45 


-i^iWWW^'y* 


Grundelßnger.  Massieren  soll  sie  mich  —  massie- 
ren —  deswegen  bin  ich  da! 

Jaromir.  Das  kann  doch  nicht  dein  Ernst  sein ! 

Hermine.  Gewiß,  mein  Freund. 

Grundelünger .  Massieren  soll  sie  mich  —  massie- 
ren! 

Jaromir,  geht  auf  Grundelünger  los.  Ich  bitt'  dich, 
hör'  auf  zu  schreien  —  ich  werd'  noch  verrückt  — 

Baron.  Kommen  Sie  —  wir  fahren  —  schnell!  Er 
hebt  Hermine  empor. 

Hermine.  Wie  stark  Sie  sind !  Beide  ah. 

Jaromir,  wendet  sich  um,  bemerkt,  daß  sie  gehen, 
eilt  ihnen  nach.  Hermine  —  Klemens  —  Hermine  — 
aber  das  geht  doch  nicht  —  Hermine !  Eilt  ah. 

Grundelünger.  Fort  sind  sie  —  weg  —  -  aus  ist's 
—  mich  hat  sie  nicht  massieren  wollen  —  und  einen 
andern  hat  sie  mitgenommen  —  Jaromir,  ich  glaube,  sie 
will  uns  betrügen 


VORHANG 


46 


^sf^^^-f  *=«\,  %  <»-*-H^IJ'>  -;-.  • 


ZWEITER      AKT 

Dasselbe  Zimmer.  —  Es  ist  einige  Stunden  später,  die  Lampe 
brennt.    J  a  r  o  mir  rennt  unruhig  auf  und  ab.    B  e  r  t  a  folgt 

ihm  auf  dem  Fuße. 

Berta.  Aber  Herr  Jaromir  —  aber  Herr  Jaromir  — 

Jaromir.   Laß  mich! 

Berta.  So  rennen  S'  do  net  so  hin  und  her  —  es 
wird  einem  ja  angst  und  bang! 

Jaromir.   Laß  mich ! 

Berta.    So  setzen  S'  Ihnen  do  wenigstens  nieder! 

Jaromir.    Laß  mich ! 

Berta.    Na,  setzen  können  S'  Ihnen  do ! 

Jaromir.  Da  hat  man  endhch  ein  Heim  gefunden 
und  ist  versorgt  und  kann  aufatmen  und  fühlt  sich 
wieder  als  Mensch  —  und  ist  beinah'  glücklich  und 
zufrieden  —  auf  einmal,  bum  —  krach  —  und  alles  ist 
beim  Teufel  —  ach  Gott  I  —  alles  ist  mir  schon  zuwider 
—  am  liebsten  möcht'  ich  sterben  —  Wirft  sich  aufs 
Sofa. 

Berta.   Herr  Jaromir  —  Sie  versündigen  sich! 

Jaromir.  Ja  —  ja  —  ich  sag's  noch  einmal  — 
sterben  — 

Berta  setzt  sich  zu  ihm.  Aber  Herr  Jaromir  — 
aber  Herr  Jaromir  —  Sie  dürfen  net  gleich  so  sein  — 
deswegen,  weil  s'  ein  bißl  spazieren  fahr'n  tut  mit  'm 
Baron  —  und  sich  schön  tun  laßt  — 

Jaromir.  Aber  du  bist  ja  so  dumm  —  du  verstehst 
ja  gar  nicht,  was  das  alles  bedeutet  —  so  dumm  bist  du ! 

Berta.    Natürli,   wann   S'   nix  anders   antworten 


47 


%-i»J"-'-'»äP53^i 


können,  schimpfen  S'  mi  dumm  —  schön  —  a  recht  — 
alsdann  bin  i  halt  dumm  —  kann  ma  nix  machen !  Des- 
wegen sag'  i  Ihna  do,  der  Herr  Baron  kann  machen,  was 
er  will,  drei  oder  vier  Tag  kann  er  sie  vernebeln, 
länger  net  — 

Jaroinir.  Ja,  und  in  diese  drei,  vier  Tag  —  was  da 
alles  g'schehn  kann  —  da  denkst  net  dran  — 

Berta.  Unsere  Gnädige  hat  an  Raptus  mannigsmal, 
aber  so  dumm  is'  net,  daß  net  wissert,  was  s'  an  Ihna 
hat  —  sie  soll's  nur  amal  erst  mit  an  andern  probieren, 
dann  wird's  scho  den  Unterschied  merken  — 

Jaromir.    Glaubst  du  ?   Also  du  meinst  — 

Berta.  Aber  Herr  Jaromir  —  i  kenn  mi  do  aus  — 
i  bin  do  vom  Land ! 

Jaromir.  Wenn  nur  auch  ein  Verlaß  d'rauf  war*  — 

Berta.  Bitt'  Sie,  der  Baron  —  anderthalb  Jahr' 
war  er  Zimmerherr,  und  net  einmal  is  er  mir  nach- 
g'stiegen ! 

Jaromir.  Das  kann  auch  andere  Gründe  gehabt 
haben  —  übrigens,  da  dran  hab'  ich  gar  nicht  gedacht 
jetzt  —  ich  gönn'  ihr  ja  jeden  Raptus,  wenn  er  nur 
Spaß  macht,  ich  bin  ja  nicht  eifersüchtig,  aber  nur 
nicht  grad  den  —  den  Baron  nicht  —  ich  kenn'  doch 
meinen  Klemens,  ich  weiß  doch,  was  das  für  Dimen- 
sionen annimmt  bei  ihm  —  Herrgott,  wenn  der  sie 
wirklich  herumkriegt  und  Einfluß  gewinnt  —  wir  sind 
ja  noch  nicht  verheiratet  —  in  14  Tagen  ist  mir  ja  nix 
dran  gelegen  —  aber  jetzt  so  unmittelbar  davor  —  wo 
noch  alles  schief  gehn  kann  —  verstehst  du  denn  nicht? 
—  es  hängt  ja  alles  nur  an  einem  Haar  —  von  der  Gruß 
hat  er  mich  doch  auch  vertrieben  —  das  Aristokratische 


48 


i:Sr«.?^&SCaiiJ 


verblendet  halt  die  Leut'  —  und  ich  —  ich  —  ich  kann 
mich  halt  nicht  raufen  —  ich  bin  halt  weicher  und 
vornehmer  wie  die  andern  —  und  die  besten  Sachen 
fallen  mir  immer  erst  hinterher  ein  —  's  is  ein  Kreuz 

—  Berta  —  ich  sag'  dir  — 

Berta.  Gehn  S',  trinken  S'  no  a  Stamperl  —  daß 
S'  in  die  Rage  kommen  ! 

Jaromir.  Du  hast  wirklich  Recht.  Weißt,  was  ich 
tun  hätt'  sollen?  —  Einen  Wagen  hätt'  ich  nehmen 
sollen  und  ihnen  nachfahren  —  nicht  weichen  von  ihrer 
Seite  —  aber  ich  war  so  paff,  alles  ist  so  schnell  ge- 
kommen —  diese  Frechheit  —  aber  ich  werd's  einholen 

—  diesmal  werd'  ich  ihnen  doch  imponieren  —  ganz 
klein  müssen  sie  werden  und  demütig  —  schenkt  sich 
ein  Glas  nach  dem  andern  ein  —  um  Verzeihung  bitten 
müssen  sie  —  betteln,  kriechen,  winseln.  —  Warum 
hast  du  sie  überhaupt  hinausgelassen?  —  Zusperren 
hätt'st  du  müssen,  dich  vor  die  Tür  werfen,  nur  über 
deine  Leiche  —  den  Schlüssel  beim  Fenster  hinaus  — 

Berta.  Aber  ich  hab'  's  ja  gar  net  g'sehn,  ich  war 
doch  in  der  Kuchel  hinten  — 

Jaromir.  Das  ist  alles  eins,  du  hättest  es  sehn 
müssen,  aber  du  bist  auch  falsch  und  feig  —  alle,  alle 
sind  verschworen  gegen  mich.  —  Hat  dich  der  Baron 
vielleicht  bestochen?  —  hat  er?  —  Gib  Antwort! 

Berta.  Aber  Herr  Jaromir  —  was  glauben  Sie 
denn? 

Jaromir.  Es  muß  was  geschehn,  irgend  etwas,  das 
Eindruck  macht,  ich  weiß  nur  noch  nicht,  was  —  ich 
bring'  einen  um,  dich  oder  mich  oder  alle  —  Es  läutet. 
Ah,  da  sind  sie  —  mach'  auf  —  schnell. 

4      Dörmann,  Zimmerherren. 

49 


-'f^^,,   .^,   «-«^iv   '-''^'■-^,^"«^3rf?3f«oe«T=~5^^^jjp,5p^3^^^^,^^^^^ 


Berta  ab. 

Jaromir.  Den  Schürhaken  —  wo  ist  denn  jetzt  der 
Schürhaken !  Er  sucht.  Ich  find'  den  Schürhaken  nicht 
—  ich  bin  wehrlos  —  wo  hab'  ich  den  Schürhaken 
hingeworfen.  Er  kriecht  suchend  unter  den  Tisch. 
Ihr  Räuber  —  Ihr  Sünder  —  Ihr  Verbrecher  —  Ihr 
Betrüger  —  Jetzt  müßt  ihr  sterben  —  sterben  — 
sterben ! 

Grundelßnger  ist  eingetreten,  Berta  mit  ihm.  Ja- 
romir —  ja,  aber  Jaromir,  wo  steckst  du  denn  —  was 
schreist  du  denn  ? 

Jaromir  ist  wieder  hervorgekommen.  Sünder  — 
Räuber  —  sterben ! 

Berta.    Hilfe  —  Hilfe  —  er  ist  überg'schnappt ! 

Grundelßnger.    Aber  Jaromir,  ich  bin's  doch! 

Jaromir.  Du  bist  —  Jessas,  jetzt  war  ich  so  schön 
drin  in  der  Wut  —  ich  hab'  geglaubt,  die  andern  — 
jetzt  hätt'  ich  ihnen  imponieren  können  —  das  ist  sehr 
ungeschickt  — 

Grundelßnger.  Ich  hab'  jetzt  wirklich  geglaubt, 
mir  g'schieht  was  —  ich  bin  so  erschrocken,  und  bei 
meinem  Zustand  —  wenn  das  nur  keine  bösen  Folgen 
hat  —  ich  muß  ja  so  achtgeben  — 

Jaromir.  Na,  hoffen  wir  das  Beste.  —  Aber  sag' 
einmal,  was  hat  sie  denn  gesagt  —  ist  sie  nicht  mitge- 
kommen ? 

Grundelßnger.  Aber  sie  war  ja  gar  nicht  zu 
Hause  — 

Jaromir.    Nicht  zu  Hause,  um  Gottes  willen ! 

Grundelßnger.  Sie  war  gerufen  worden  —  ich 
glaub'  sogar  wegen  Zwillingen  — 


50 


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Jaromir.   Das  dauert  ja  endlos!  ) 

Berta.    Kann  man  denn  das  im  voraus  wissen?  \< 

Jaromir.    Ich  kenn'  das  noch  aus  meiner  Zeit.  —  ■  ,l. 

Bist  du  ihr  wenigstens   nachgefahren?  {. 

Grundelßnger.    Ihr  Dienstmädl  hat  keine  Adresse  i, 

gewußt  —  1 

Jaromir.    Ja,  aber  um  Himmels  willen,  das  ist  ja  | 

eine  Katastrophe  —  sie  muß   doch  kommen  und  ihn  i 
holen  und  nach   Hause   führen  und  bewachen,   sonst 

werden  wir  ihn  ja  nie  los  —  wenn  er  Geld  wittert,  ist  f 

er  alles  imstand'  —  er  bleibt  die  ganze  Nacht  da  —  | 
er  geht  überhaupt  nicht  weg  —  die  Ludmilla  muß  hel- 
fen —  man  muß  ihre  Eifersucht  wecken  —  man  muß 

sie  warnen  —  sie  muß  erfahren,  daß  ihr  Bräutigam  j\ 

einer  andern  nachlauft  —  daß  er  sich  losmachen  will  —  , 

GrundeMnger.    Was   jammerst  du   denn?  —  ich  1 

hab'  ihr  ja  so  einen  Brief  dagelassen.  *^ 

Jaromir.    Grundelßnger,  du  bist  ein  Genie!  ^' 

Berta.    Das  war  sehr  g'scheit  von  Ihnen !  f 
Grundelßnger.    Jawohl,  so  bin  ich  manchmal.  — 

Also,  wenn  sie  nach  Haus  kommt  —  ich  hab'  ihr  alles  l 

aufgeschrieben  —  sie  wird  kommen  —  ^ 

Jaromir.  Sie  wird  ihn  holen,  den  Baron,  den  Schur-  ' 

ken,  den  Räuber  —  mit  meinem  Geld  fährt  er  mit  ihr  1> 

spazieren  —  '. 

Grundelßnger.   Und  nimmt  sie  mir  weg  —  imd  ich  ^ 

sitz'  da  —  mit  der  Angst  —  o,  ich  werd'  ihm  schon  —  >'- 
ich  werd'  ihm  schon  — 

Jaromir.  Nein,  Grundelßnger,  alles  was  recht  ist  — 

ich  bin  doch  eigentlich  noch  mehr  daran  beteiligt    wie  ' 

du  —  also  ich  werd'  ihm  —  Gebärde  —  zuerst  die  '' 

5.  ; 


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Meinung  sagen  und  dann  hinaus  —  Oh,  du  kennst  mich 
noch  nicht  —  ich  kann  hart  und  bös  und  wild  werden 

—  wie  ein  Berserker ! 

Grundelfinger.  Gut  also  —  dann  werd'  ich  dir 
soufflieren  —  mir  fallen  immer  so  gute  Worte  ein  — 
ich  stell'  mich  auf  hinter  dir  und  souffliere  —  Au  — 
au  —  hast  du  nichts  gehört  ? 

Jaromir.    Was  ist  denn? 

Berta.   Hat's  geläutet? 

Grundelfinger.  Nein  —  aber  ich  glaube,  mein 
Schnackerl  hat  sich  gemeldet! 

Jaromir.   Ah  so  —  sonst  nichts  — 

Grundelfinger.  Na  nicht  ah  so  —  ich  will  wissen, 
ob  du  nichts  gehört  hast  —  hat  es  in  mir  nicht  hrr  hrr 
gemacht  —  das  ist  nämlich  das  Zeichen  — 

Berta.    Na,  ich  hab'  nichts  g'hört  — 

Jaromir.   Du  wirst  dich  geirrt  haben  — 

Grundelßnger.  Es  ist  nur  —  die  Zeit  rückt  immer 
näher  —  es  ist  halt  —  ich  weiß  nicht  —  ich  fürchte 
mich  halt  — 

Jaromir.  Na  wart'  einmal  —  im  äußersten  Fall  — 
Berta,  kommen  S'  her  und  halten  S'  den  Herrn  Grun- 
delfinger — 

Grundelfinger.  Ah,  ah  —  Sie  kitzeln  ja  —  nicht  — 
was  willst  denn  tun? 

Jaromir.  Ich  hab'  doch  so  oft  zugeschaut  —  viel- 
leicht kann  ich's  auch  schon  —  ich  werd'  es  probieren. 

Grundelfinger  aufspringend  und  sich  in  eine  Ecke 
fiüchtend.  Du  ?  —  o  nein  —  du  nicht  —  du  bringst  mich 
vielleicht  um  —  du  kannst  ja  nichts  —  du  bist  ein 
Patzer  —  o  nein,  o  nein.  —  Nur  die  Hermine  —  die 

52 


^^i^^i^^if^?i'^!WS^^^g^jm^^!S!^S^s:^^^^^'^fP^^^  •«iB?iBt^««gxs-  f  ■-    ',-     -^-    :-:;?*' 


Hermine  ganz  allein  —  wenn  sie  nur  schon  wieder  da 
war'  —  nur  wieder  da  sein  sollt'  sie  —  dann  war'  ja 
alles  gut  — 

Baron  tritt  ein  und  kommt  langsam  näher.  Gleich 
wird  sie  da  sein  —  gleich  — 

Berta.   Er  ist  wieder  da ! 

Jaromir.   Der  Baron  ?  —  der  Klemens  —  er  ? 

Grundeliinger.   Und  ganz  allein  ! 

Jaromir.  Also  —  du  bist  da  —  wirklich  noch  ein- 
mal —  du  hast  den  traurigen  Mut  — ? 

Grundelünger  dicht  hinter  Jaromir,  leise.  Sehr  gut 

—  sehr  gut  —  sehr  gut  —  weiter  so  — 

Baron.  Warum  denn  nicht?  Ich  bin  vorausgegan- 
gen — 

Jaromir.   Wo  hast  du  sie  gelassen  —  wo? 

Grundelünger.  Sehr  gut  —  sehr  gut  —  lauter  — 
wilder  — 

Baron.  Aber  sie  kommt  ja  gleich  — 

Jaromir.  Was  hast  du  gemacht  mit  ihr?  —  Be- 
kenne ! 

Grundelünger.  Sehr  gut  —  lauter  —  noch  lauter  — 

Berta.  Da  is'  Schürhakl,  Herr  Jaromir  — 

Jaromir.  Gib  sie  heraus  —  gib  sie  heraus  — 

Grundelünger,  souffliert.  Räuber,  Mörder  und 
Verbrecher ! 

Baron.  Aber  nein,  seit  wann  — ?. 

Grundelünger.  Jawohl,  er  soll  es  Ihnen  sagen ! 
Souffliert.   Räuber,   Mörder  und  Verbrecher   —  laut 

—  wie  Sie  sich  benommen  haben  — 

Jaromir.  Wie  du  dich  benommen  hast  — 
Baron.  Wie  hab'  ich  mich  denn  benommen?  — 


53 


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zum  Teufel  hinein  —  so  red'  doch  endlich  —  jetzt 
reißt  mir  auch  schon  die  Geduld  —  oder  nein  —  wart' 
noch  ein  bißl  —  sag'  mir  eher  lieber,  ist  das  nicht  .  ■.  .? 
Ja,  aber  freilich  —  ich  freu'  mich  —  ich  freu'  mich 
herzlich  —  freilich  ist  sie's  —  Servus  Berta,  wie  geht's 
Ihnen  denn  allerweil? 

Berta.  Jessas,  er  hat  mi  erkannt  —  na,  na  —  ich 
bin's  net  —  na  —  rennt  ab  —  i  bin's  wirkli  net ! 

Grundelßnger.  Weiter,  weiter,  laß'  ihn  nicht  ein- 
schlafen jetzt  —  Räuber,  Mörder  und  Verbrecher  war 
das  letzte  —  Iinmer  dicht  hinter  Jaromir. 

Jaromir  hat  wütend  das  Schürhakl  hingeworfen. 
Himmellaudon  —  das  hat  noch  gefehlt! 

Grundelßnger.  Weiter  —  lauter  —  wilder  — 
weiter  — 

Baron.  Also  immer  noch  den  Hang  für's  Küchen- 
personal ?  —  das  Heimweh  nach  der  Natur  —  und  ihrer 
Frische  —  die  ländliche  Passion  — 

Grundelßnger  immer  lauter  soufflierend,  so  daß  er 
schließlich  Jaromir  anzuschreien  scheint.  Räuber,  Mör- 
der und  Verbrectfer  —  war  das  letzte  — 

Jaromir  hat  sich  aufs  Sofa  geworfen  und  stram- 
pelt verzweifelt.  Das  hat  noch  gefehlt  —  das  auch  noch ! 

Grundelßnger.  Aber  Jaromir,  was  hast  du  denn 
auf  einmal? 

Jaromir.   Laß  mich ! 

Baron.  Also  ganz  einfach  mitgenommen  —  diese 
Frau  Hussareck  ist  wirklich  reizend  —  so  wenig  Vor- 
urteile zu  haben,  ihrem  Bräutigam  zu  erlauben  —  sehr 

honorig  —  sehr  honorig A  propos,  ich  glaube, 

du  hast  mir  etwas  sagen  wollen  früher  —  wie  ich  mich 

54 


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benommen  habe  oder  so  etwas  Ähnliches  —  du  hast 
einen  Satz  gerade  angefangen  —  wie  die  Berta  da- 
zwischen kam  — 

Jaromir.   Ja,  und  ich  werde  dir's  auch  sagen  — 

Grundelflnger  soufflierend.  Schurke,  Ehebreche»* 
und  Verführer  — 

Jaromir.   Es  war  —  es  war  —  es  war 

Grundelflnger  soufflierend.  Schurke,  Ehebrecher 
una  Verführer  — 

Baron  sieht  Jaromir  fest  an.  Burscherl,  gib  acht 
jetzt,  denk'  gut  nach  —  überleg'  dir's  sehr  genau  — 

Jaromir  verwirrt.  Es  war  —  es  war  —  es  war  — 
gar  nicht  schön  von  dir,  wie  du  dich  früher  benommen 
Hast  —  lieber  Klemens  — 

Baron.  Gewissermaßen  hast  du  ja  recht,  lieber 
Jaro  —  also  künftighin  —  du  kannst  mich  aufmerksam 
machen,  wenn  ich  unbescheiden  sein  sollte  — 

Grundelflnger.  Aber  Jaromir  —  du  mußt  doch 
kämpfen  —  sei  nicht  scliwach  —  du  mußt  es  ihm 
sagen  — 

Jaromir.    Aber  ich  —  aber  ich  — 

Grundelflnger.    So  sag'  ihm's  doch! 

Jaromir.    Ich  hab's  ihm  doch  schon  gesagt  — 

Baron.  Jawohl,  alles  hat  er  mir  gesagt,  aber  jetzt 
—  will  ich  ihm  auch  was  sagen  —  vielleicht  nur  einen 
Moment  —  pardon,  Herr  Grundelnnger  — 

Grundeliinger .  Ja  aber  —  ich  versteh'  gar  nicht  — 
was  ist  denn  los  auf  einmal  —  hab'  ich  was  getan,  Jaro  ? 

Jaromir.  Aber  nein  —  er  hat  mir  was  zu  sagen  — 
sei  ganz  ruhig  —  Schiebt  ihn  hinaus. 

55 


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Baron.  Darf  ich  dir  einen  Stuhl  anbieten  —  mach' 
dir's  bequem,  mit  was  kann  ich  dienen? 

Jaromir.   Wie  stehst  du  mit  ihr? 

Baron.  Danke,  du  bist  sehr  liebenswürdig  besorgt 
—  ausgezeichnet  —  alles  geht  wie  am  Schnürl  — 

Jaromir.    Hast  du  sie  schon  angepumpt? 

Baron.  Was  glaubst  du  von  mir?  —  Für  so  einen 
Anlänger  hältst  du  mich?  —  das  hat  doch  Zeit  —  sie 
muß  doch  erst  warm  werden  —  ich  bleib'  doch  den 
ganzen  Abend  hier  — 

Jaromir.   Den  ganzen  Abend  — ? 

Baron.  Gewiß  —  vielleicht  auch  länger  — 

Jaromir.   Du  bist  ein  Teufel  — 

Baron.  Ich  ?  Gar  keine  Spur  —  im  Gegenteil,  ein 
scharmanter  Mensch  —  du  wirst  auch  noch  draufkom- 
men  —  wir  werden  gemütlich  in  unseren  vier  Wänden 
soupieren  —  sie  kauft  noch  ein  paar  gute  Sachen  ein  — 
du  wirst  so  freundlich  sein,  uns  manchmal  allein  zu 
lassen  —  wenn  ich  dir  ein  Zeichen  —  weißt  du,  immer, 
wenn  ich  wieder  von  der  Berta  anfange  —  das  ist  das 
Zeichen  —  es  wird  sehr  behaglich  werden  —  Hast  du 
genügend  Zigaretten  im  Hause  ?  —  Sonst  holst  du  viel- 
leicht noch  welche  —  vom  Cafe,  Dimitrino  oder  Gia- 
naclis  —  keine  ärarischen  sag'  ich  dir  —  die  sind  zu 
schlecht  — 

Jaromir.  Ich  glaub'  halt  immer,  du  hast  sie  doch 
schon  angepumpt  —  und  sagst  es  nicht  — 

Baron.  Aber  nein  —  ich  sag'  dir,  wozu  hätt'  ich 
uns  die  schönen  Stunden  mit  Geldaffären  verpatzen 
sollen  —  es  ist  ja  noch  Zeit  —  ich  soll  mich  doch  erst 
morgen  verloben  — 

56 


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Jaromir.   Die  Ludmilla  wird  sich  aber  kränken  — 

Baron.  Na,  wenn  schon  —  übrigens,  wenn  die  Geld 
sieht  —  da  erholt  sie  sich  immer  —  aber  um  wieder  auf 
unser  Thema  zu  kommen  —  du  weißt,  wie  zart  besaitet 
ich  bin  —  es  ist  angenehmer,  wenn  unsere  Braut  darauf 
kommt,  daß  ich  in  SchwuHtäten  bin  und  mir  anbietet  — 

Jaromir.   Das  wird  sie  nie  tun ! 

Baron.  Wetten,  daß  doch  —  sie  liebt  mich  doch 
schon  beinah'  —  da  kann  man  noch  viel  mehr  ver- 
langen — 

Jaromir.  Und  an  mich  denkst  du  gar  nicht  —  in 
was  für  eine  Situation  ich  komme  — 

Baron.  Du?  Du  bist  ein  Philosoph  —  außerdem 
ein  junger  Mann,  dem  das  ganze  Leben  offen  liegt  — 
ich  hab'  nicht  mehr  viel  zu  versäumen  —  vielleicht  ge- 
lingt mir's  doch  mit  der  standesgemäßen  Partie  —  übri- 
gens, das  sind  Privataffären Also,  kurz  gesagt, 

sie  soll  glauben,  daß  ich  sie  ihrer  Person  wegen  liebe  — 
nicht  des  Geldes  wegen  —  also  du  wirst  mir  absolut 
freie  Hand  lassen  —  wie  ich  dich  kenne  —  wirst  durch- 
aus nichts  mehr  dagegen  haben  — 

Jaromir.  Ja,  aber  —  lieber  Klemens  —  so  bedenk' 
doch  —  das  geht  doch  nicht  —  sie  glaubt  sonst  — 

Baron.  Was  sie  glaubt,  ist  mir  sehr  Wurst  —  Frau 
Hermine  und  ich  werden  uns  lieben,  immer  mehr  lieben 
—  bis  eben  der  Moment  da  ist  —  wir  hätten  dir  ja  gern 
den  Anblick  erspart,  aber  zu  Plause  ist  es  eben  am  ge- 
mütlichsten —  und  wohin  hätte  ich  sie  führen  sollen, 
in  meine  Wohnung,  der  Ludmilla  in  die  Arme  —  und 
zu  einem  feinen  Hotel  hat's  nicht  gereicht  —  und 
schließlich  —  es  macht  ihr  sogar  Freude,  wenn  sie  dich 


57 


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ein  bißchen  ärgern  kann  —  und  du  zuschaun  darfst, 
wie  ein  wirklicher  Baron  zu  ihren  Füßen  hegt,  sich 
windet  vor  Liebe  —  rasend  und  verzückt  —  das  ver- 
süßt eben  ihren  Triumph  — 

Jaromir.  Und  ich  soll  das  alles  mitansehen? 

Baron.  Alles  nicht,  du  kannst  auch  manchesmal 
hinausgehen,  wenn  du  willst. 

Jaromir.    Wohin  soll  denn  das  überhaupt  führen? 

Baron.  Du  fragst  mehr,  als  ich  selber  weiß.  Ich 
kann's  dir  wirklich  nicht  sagen  —  ehrbare  Absichten 
hab'  ich  keine,  aber  ich  rechne  darauf,  auf  irgend  eine 
Weise  von  der  Ludmilla  loszukommen,  und  dazu  scheint 
sie  mir  geeignet,  deine  Braut  Hermine  — 

Jaromir.  Ich  werde  mit  ihr  aufrichtig  reden  und 
ihr  deine  Lage  schildern  — 

Baron.  Ich  danke  dir,  mein  Sohn,  das  wäre  früher 
sehr  nett  gewesen  —  aber  das  ist  jetzt  nicht  mehr 
nötig.  —  Sag'  mir  lieber,  wie  hast  du  dir  deine  Berta 
eigentlich  ins  Haus  geschwindelt?  —  Es  interessiert 
mich  wirklich  — 

Jaromir.  Bitte,  verschone  mich  mit  deinen  Fra- 
gen — 

Baron.  Aber  bitte,  mit  Vergnügen  — 

Hermine  tritt  ein.  Ah,  das  ist  aber  schön  —  Ihr 
habt's  euch  schon  ausgesöhnt  — ? 

Baron.  Vollkommen  —  er  ist  der  gefälligste  und 
liebenswürdigste  Hauswirt  geworden,  den  man  sich 
denken  kann. 

Hermine.  Siehst  du,  Jaromir,  so  gefällst  du  mir 
wieder. 

58         ^ 


Baron.  Er  freut  sich  wie  ein  Schneekönig,  daß  ich 
heute  da  bleibe  —  Nicht  wahr,  Jaro? 

Jaromir.    Gewiß,  ich  bin  ganz  weg  vor  Glück ! 

Hermine.  Aber  das  ist  ja  reizend! 

Baron.   Ich  bin  entzückt! 

Jaromir.    Auffressen  möcht'  ich  dich! 

Baron.  Ich  muß  dich  umarmen !  Leise.  Folgen, 
Burscherl,  folgen  —  sonst  —  laut.  Mein  Freund ! 

Jaromir  leise.  Hund,  Komödiant,  Canaille  —  zer- 
spring ! 

Baron.  Nicht  übertreiben,  Jaromir  —  nur  das 
nicht  —  Kosenamen  zwischen  Männern  sind  ekelhaft. 

Hermine.  Jaromir,  soll  ich  vielleicht  eifersüchtig 
werden?  —  Du  weißt,  was  ich  verlange  — 

Jaromir.  Viel  verlangst  du  manchmal  —  sehr  viel ! 

Hermine.  Du  mußt  ja  nicht  —  es  finden  sich  noch 
immer  Freiwillige  —  nicht  wahr,  Baron  ? 

Baron.  Die  ganze  Armee,  wenn  Sie  wollen  — 
Kinder  und  Militär  vom  Feldwebel  abwärts  zahlen  die 
Hälfte  — 

Hermine.  Sie  sind  doch  der  frechste  Mensch,  den 
ich  noch  gesehn  habe  —  Jaromir,  du  könntest  wirklich 
hinuntergehn  und  meine  Pakete  holen,  sie  waren  mir 
zu  schwer  —  ich  hab'  sie  unten  gelassen. 

Jaromir.  Ich  soll  hinuntergehn,  damit  du  —  na, 
weißt  du,  da  hört  sich  doch  Verschiedenes  — 

Baron.  Vielleicht  nimmst  du  die  Berta  mit,  daß  sie 
dir  tragen  hilft. 

Jaromir.  Ah  so  —  na  ja  —  da  muß  man  dir  ja 
Recht  geben  —  gut  also  —  ah. 

59 


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Baron  und  Hermine  sehen  sich  einen  Augenblick  an,' 
dann  lachen  beide  heraus. 

Baron.    Na,  was  sagen  Sie  jetzt? 

Hermine.    Großartig  dressiert! 

Baron.    Funktioniert  tadellos ! 

Hermine.   Und  volikommen  ausgesöhnt? 

Baron.  Vollkommen  —  er  liebt  mich  zärtlich  — 

Hermine.    Und  verzeiht  alles? 

Baron.   Und  duldet  alles  — 

Hermine.    Wie  haben  Sie  das  gemacht? 

Baron.   Mein  Geheimnis ! 

Hermine.   Hexenmeister ! 

Baron.    Süßeste  Frau ! 

Hermine.    Mein  stolzer  Kavalier ! 

Baron.   Hermine ! 

Hermine.    Was  haben  Sie  jetzt  tun  wollen? 

Baron.  O  nicht  —  nichts  —  es  war  nur  ein  Mo- 
ment der  Schwäche  —  der  Sehnsucht  — 

Hermine.  Nichts  von  Schwäche  —  ich  hasse  das 
bei  einem  Mann  —  stark  müssen  Sie  sein  —  stark  — 
stark  —  stark  —  und  Sie  sind's  auch,  mein  stolzer 
Kavalier  — 

Baron.  Jawohl,  Madame  —  die  Frauen  meiner 
Freunde  sind  mir  heilig  — 

Hermine.  Aber  ich  bin  ja  noch  gar  nicht  seine 
Frau  — 

Baron.  Auch  die  Bräute  meiner  Freunde  sind  mir 
heilig  — 

Hermine.  Wie  edel  Sie  sind,  mein  stolzer  Kava- 
lier!  Sie  rückt  immer  näher. 

60 


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Baron.  Bitte,  sehen  Sie  weg  —  ich  ertrag  ihn 
nicht,  den  Blick  dieser  strahlenden  Augen  —  ich  ver- 
gesse die  Gesetze  der  Ehre  —  alles  überhaupt,  wenn  das 
Gefühl  in  mir  aufsteigt  —  der  Wirbel  der  Leidenschaft 
schwemmt  alles  davon  —  bitte,  sehn  Sie  mich  nicht  so 
an  —  so  nicht,  sehn  Sie  weg  — 

Hermine.    Und  wenn  ich  doch  nicht  wegsehe? 

Baron.   Dann  — 

Hermine.    Dann  — 

Baron.    Geschieht  etwas  — 

Hermine.  Mein  Kavalier !  Wirft  sich  in  seine 
Arm,e. 

Baron.    Venus  —  Teufel  —  Engel  —  Zauberin! 

Hermine.  Mein  Kavalier  —  ich  sterbe ! 

Baron.    Ruhe  sanft  — 

Grundelßnger  heraustretend.  Bist  du  endlich  fer- 
tig geworden,  Jaromir  —  wie  lang  soll  ich  denn  noch 
da  drinnen  hocken?  —  Hermine  —  Frau  Hussareck  — 
da  ist  sie  ja  —  endlich  ist  sie  wieder  da  —  ich  hab'  so 
gewartet  — 

Hermine.  Gerade  jetzt  müssen  Sie  hereinplatzen, 
gerade  jetzt?  Sehn  Sie  denn  nicht,  daß  ich  beschäf- 
tigt bin? 

Grundelßnger.  Aber  der  Jaromir  geniert  sich  doch 
nie  vor  mir  — 

Hermine.    Ist  das  vielleicht  der  Jaromir? 

Grundelßnger.    Der  Baron  — 

Hermine.   Jawohl,  der  Baron,  wenn  Sie  erlauben! 

Baron.   Zu  dienen,  Herr  Grundelfinger ! 

Grundelßnger.   Sie  sind  noch  immer  da? 

Baron.    Zu  dienen  —  ich  bin  so  frei    - 

6l 


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Grundelßnger.  Ja  aber,  der  Jaromir,  er  hat  Sie 
doch  —  warum  hat  er  Sie  denn  nicht  —  Sie  gehören 
doch  nicht  her  — 

Hermine.    Herr  Grundelfinger  — 

Grundelßnger.  Sie  haben  doch  gemeine  Absichten 
—  wo  ist  er  denn  —  er  soll  Sie  doch  —  hat  er  dir  was 
getan  —  hat  er  dich  —  geküßt  vielleicht  gar  —  soll 
ich  ihm  —  soll  ich  vielleicht?  —  sag's  nur  —  ich  tu' 
alles  —  soll  ich  —  ? 

Baron.  Herr  Grundelfinger  —  ich  muß  schon  bit- 
ten —  Sie  vergessen  sich  — 

Hermine.  Herr  Grundelfinger  —  ich  verbitte  mir 
vor  allem  diese  plumpe  Vertraulichkeit  —  Sie  haben 
mich  nicht  per  Du  anzureden  ! 

Baron.  Herr  Grundelfinger  —  Sie  sollten  die 
gnädige  Frau  nicht  so  reizen. 

Hermine.    Sie  wissen  schon,  warum  — 

Grundelßnger.  Aber  ich  muß  doch  kämpfen,  wer 
soll  dich  denn  beschützen  vor  diesem  Ausbeuter  —  ich 
hab's  dem  Jaromir  versprochen  —  dieser  Räuber, 
Mörder  und  Verbrecher ! 

Baron.  Herr  Grundelfinger,  ich  verbitte  mir  diese 
Sprache ! 

Hermine.  Ich  brauche  keinen  Vormund,  und  was 
den  Baron  betrifft  —  das  ist  ein  Kavalier  —  verstanden? 

Grundelßnger.   Das  ist  ein  Kavalier?  —  haha! 

Hermine.  Der  mir  sogar  seinen  Wagen  angeboten 
hat  — 

Grundelßnger.    —  Seinen  Wagen?  —  haha! 

Hermine.  Seinen  Wagen,  sag  ich  —  ruhig  — 
wenn  ich  rede  —  ein  Kavalier  —  der  sich  erschöpft  in 

62 


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Liebenswürdigkeiten  —  der  mir  glänzende  Verbindun- 
gen verschaffen  wird,  in  seinen  Kreisen  —  Und  was 
sind  Sie?  —  Ein  alter  Esel  —  der  glücklich  sein  muß, 
wenn  ich  ihn  überhaupt  anschau'  —  und  Sie  erlauben 
sich  eine  solche  Sprache  einem  Mann  gegenüber,  der 
mich  außerdem  noch  liebt  —  Lieben  Sie  mich,  Baron? 

Baron.   Besinnungslos ! 

Hermine.  Also  —  da  hören  Sie  es  selbst  —  Der 
mich  besinnungslos  liebt,  wie  keiner  sonst,  wie  kein 
zweiter  —  mit  einer  scheuen  Glut  und  einer  wilden 
Kraft,  mit  einer  Unersättlichkeit  —  Sie  sind  doch  un- 
ersättlich ? 

Baron.    Wie  ein  Vampyr! 

Hermine.  Wie  ein  Vampyr  —  Da  hören  Sie  es  — 
wie  ein  Vampyr  —  Sie  umarmt  den  Baron  rasch.  — 

So  lieb  ist  er  —  Und  diesen  Mann  wollen  Sie  mir 

pfui,  Herr  Grundelfinger  —  pfui !  —  Jaromir,  komm' 
da  her  — •  nur  daherein  —  Du  sollst  auch  erfahren,  wie 
sich  dein  Freund  benimmt  —  den  Baron  will  er  mir 
vertreiben  —  meinen  Baron  —  der  mich  liebt  —  wie 
du  mich  nie  geliebt  hast  —  in  deinen  besten  Zeiten 
nicht!   Jaromir  ist  eingetreten. 

Jaromir.  Ich  hab'  dich  nicht  geliebt?  —  Nicht  ge- 
liebt, sagst  du?  —  Soll  ich  dir  die  Liste  zeigen?  —  Er 
holt  ein  Papier  hervor.  Da  schau'  her  —  da  kannst 
du  lesen  —  ich  hab'  alles  aufgeschrieben  —  täglich  hab' 
ich  mir's  notiert,  weißt  du,  was  durchschnittlich  auf 
einen  Tag  kommt  —  weißt  du  das?  —  Da  schau  her 
—  ich  zeig'  dir's ! 

Hermine.  Es  ist  nicht  wahr  —  du  hast  mich  nie 
geliebt  —  nicht  einmal  eifersüchtig  kannst  du  sein  — 

63 


ruhig  hast  du  es  geduldet,  wie  er  mich  umworben  hat 
—  immer  heißer  und  näher  —  erschlagen  hättest  du 
ihn  müssen,  wenn  du  mich  geliebt  hättest  —  aber  du 
bist  nicht  einmal  eifersüchtig  geworden  —  du  hast  es 
geduldet,  daß  er  mit  mir  davongefahren  ist,  im  Wagen, 
ganz  allein  —  weißt  du,  was  alles  geschehen  kann,  in 
einem  Wagen  —  weißt  du? 

Jaromir.  O  ja  —  aber 

Hermine.  Und  wie  ich  zurückkomme  —  ich  traue 
meinen  Augen  nicht  —  versöhnt  seid  ihr?  —  und  nur 
der  alte  Esel  da  hat  das  bißchen  Mut,  zu  krakehlen  — ■ 
morden  hättest  du  müssen,  mich  oder  den  da  —  oder 
dich  wegen  meiner,  dann  hättest  du  mich  geliebt  — 
und  dann  hätte  ich  dich  wiedergeliebt  — 

Jaromir.  Wenn  ich  tot  bin,  vielleicht  — 

Hermine.   Ja,  auch  wenn  du  tot  bist  — 

Jaromir.    Wenn  du  erlaubst,  ich  kann  ja  noch  — 

Hermine.  Nein,  jetzt  ist  es  zu  spät  - —  jetzt  lieb' 
ich  schon  den  Baron  — 

Jaromir.  Gut,  also  wenn  alles  verloren  ist  —  dann 
ist  mir  auch  alles  egal  —  jetzt  red'  ich,  und  wann's 
mir  den  Hals  kost't —  du  sollst  sehn,  daß  ich  immer 
noch  der  Bessere  bin  von  uns  beiden  — 

Baron.  Jaromir  —  keine  Dummheiten  —  überleg' 
dir's  gut,  Burscherl  —  eh'  du  sprichst! 

Hermine.    Was  soll  das  heißen  ? 

Berta,  eintretend.    Bitt',  gnä'  Herr,  die  zwei  jun-- 
gen  Herren  vom  Nachmittag  sein  wieder  da  — 

Jaromir.  Sie  sollen  zum  Teufel  gehn,  die  können 
wir  grad'  noch  brauchen ! 

64 


S^TP'^y^i^  - 


Hermine.  Sie  sollen  hereinkommen  —  ich  will 
es  —  alle  sollen  kommen  —  sie  sollen  sehn  und  Zeuge 
werden  —  herein  mit  ihnen  —  Berta,  ich  lasse  bitten  — 

Jaromir.  Aber  sie  wollen  doch  massiert  werden  — 
du  wirst  doch  jetzt  nicht  in  der  Situation 

Hermine.  Wer  sagt  dir  das?  —  Gerade  jetzt  — 
überhaupt,  was  mengst  du  dich  noch  ein?  —  Gerade 
jetzt  —  die  sollen  sich  freuen  —  ich  brenne  darauf  — 
die  sollen  mich  kennen  lernen ! 

Baron  spricht  heftig  mit  Jaromir. 

Grundelßnger.  Aber  Frau  Hussareck  —  Sie 
werden  doch  nicht  —  es  sind  ja  ganz  fremde  Men- 
schen —  Sie  werden  sie  doch  nicht  vor  mir  nehmen  — 
ich  warte  doch  schon  so  lang  — 

Hermine.    Ich  werde  Sie  überhaupt  nicht  mehr 

massieren,  wenn  Sie Sie  können  sich  jemand 

andern  suchen  —  ich  lasse  meine  Gäste  nicht  beleidigen ! 

Grundelßnger.  Ich  bitt'  ihn  um  Verzeihung  — 
alles  tu'  ich,  alles  —  nur  das  nicht  —  das  nicht,  Frau 
Hussareck  —  Was  fang'  ich  denn  an  ohne  Ihnen?  — 
Sie  müssen  mich  wieder  aufnehmen  —  ich  bitt'  ihn  um 
Verzeihung  —  nur  das  nicht!  —  Ich  hab'  ja  schon  eine 
solche  Angst  —  er  wird  gleich  da  sein  — 

Hermine.  Bessern  Sie  sich  —  Herr  Grundelfinger, 
Sie  müssen  büßen  —  Ah,  da  sind  sie  endlich  — 

Grundelßnger.  Du  wirst  sie  nicht  vor  mir  massie- 
ren, nein  —  ich  bitt'  dich,  sag'  nein ! 

Hermine.  Sie  sagen  ja  schon  wieder  du! 

Grundelßnger.  Oooooh!  —  Er  sinkt  heulend  in 
einen  Sessel. 

Hermine.   Es  bleibt  dabei ! 

sEDörmann,  Zimmerlierren. 

65 


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Y  TxJ^i''         ">,?■-    '•^-"-'    ,-'->.T-Sw,,'5j->,c;'r''^ip^«i^  yV|T^^!S 


Emil  und  Otto  kommen  Hand  in  Hand  im  Schritt- 
wechselschritt  herein  —  sie  sind  etwas   angeheitert. 

Emil.   Auf  in  den  Kampf,  Torero! 

Otto.   Aber  Emil,  so  benimm  dich  doch! 

Emil.  So  lustig  ist  das  Leben  —  aber  so  lustig  — 
das  hätt'  ich  mir  gar  nicht  gedacht! 

Otto.   Ist  sie  schon  zu  Haus?  Wo  ist  sie  denn? 

Emil.    Und  der  freundliche  Herr  ist  auch  wieder 
t  da  —  kommen  S'  her  —  gehn  S',  kommen  S'  her! 

y  Jaromir.    Verschonen  Sie  mich  —  dort  steht  Ihr 

k'  Freund. 

^^  Emil.  Der  Baron  —  Otto,  der  Baron  ist  da! 

Otto.    Wo  ist  denn  der  Schnipfer,  wo? 
;  Baron  nimmt  ihn  fest  am  Arm. 

Otto.   Au  au! 

Baron.  Gestatten  meine  Gnädige,  Herr  Otto 
Schnalzer. 

Emil,  sich  selbst  vorstellend.    Emil  Schnalzer  — 

Otto.    Aus  Bielitz  — 

Emil.  Wir  sind  nämlich  Brüder  und  haben  daher 
denselben  Namen. 

Grundelßnger.  So  red'  ihr  doch  zu  —  du  bist  doch 
der  Bräutigam ! 

Hermine.   Die  Herren  haben  Schmerzen? 

Otto.    Du  —  ob  wir  Schmerzen  haben,  fragt  sie! 

Emil.    Natürlich  haben  wir  Schmerzen! 

Otto.    Sehr  viel  Schmerzen  haben  wir  — 

Emil.  Gar  nicht  stehen  können  wir  vor  lauter 
Schmerzen !  Immer  müssen  wir  tanzen  —  eins  — 
zwei  —  drei eins,  zwei,  drei  — 

66 


i'. :■,:,. ■ii-rii.j^-'^f.ji'j.tä^,.^^ 


f^i^^i'^>^^p^'^*F7=^*  ^-^  '  *r;^WT^  '' 


Otto.  Wir  haben  nämlich  eine  Wette  ausge- 
tragen — 

Emil.  Für  unsern  lieben  Baron  —  ich  muß  Sie 
küssen,  Sie  erlauben  —  Umarmt  den  Baron. 

Otto.    Ich  auch  —  ich  auch  —  sagen  wir  du  — 

Baron.  Aber  meine  Herren,  beherrschen  Sie  sich 
doch! 

Hermine.  Sehn  Sie,  sehn  Sie,  Baron,  wie  Sie 
wirken ! 

Emil.   Und  dann  waren  wir  beim  Sacher  — 

Otto.    Sacher  ist  fein  —  hochfein  — > 

Emil.  Und  weil  er  so  lang  nicht  gekommen 
ist  —  —  Aber  der  Champagner  ist  in  Wien  ganz 
anders  —  wie  in  Bielitz  — 

Otto.  Gehn  wir  wieder  hin  —  gehn  wir  wieder 
hin  —  aber  im  Schrittwechselschritt  —  ich  hab'  den 
Schrittwechselschritt  so  gern  —  so  schön  ist  das  — 
so  schön! 

Emil.    Und  ich  bin  so  glücklich ! 

Otto.  Gehn  wir  wieder  hin  —  alle  mitsammen  — 
die  Dame  soll  auch  mitkommen  —  Gehn  S',  sein  S* 
fesch  —  kommen  S'  mit! 

Grundeißnger.    Nein,  nein,  die  Dame  bleibt  da  — 

die  muß  dableiben  —  die  brauchen  wir  sehr  nötig 

du  bist  doch  nicht  sonst  so  — 

Hermine.  Die  werden  schon  munter  werden,  paß 
nur  auf ! 

Baron.   Sie  wollen  wirklich  —  ? 

Hermine.   Natürlich  —  die  andern  sollen  sich  nur 

giften Und  Ihre  Schmerzen,  meine  Herren,  Sie 

sind  doch  gekommen,  weil  Sie  Schmerzen  haben.   Und 

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ich  bin  grad'  in  der  Laune  jetzt  —  immer  treffen  Sie 
's  nicht  so  günstig  —  also,  wenn  Sie  wollen,  ich  stehe 
zur  Verfügung  —  Herr  Grundelfinger  ist  so  freund- 
lich und  läßt  Ihnen  den  Vortritt  — 

Emil.  Otto,  komm,  so  was  gibt's  nicht  in  Bielitz 
—  nimm  dich  zusammen  — 

Otto.   Ich  bin  so  glücklich  —  aber  so  glücklich ! 

Hermine.  Meine  Herren,  das  Atelier  ist  hier  — 
Sie  hat  sie  hinausgeschoben. 

Baron  fährt  auf  Jaromir  zu,  rasch,  leise,  energisch. 
Jaromir,  ich  hab'  ja  nie  viel  gehalten  von  dir  in  der 
Beziehung  —  aber  daß  du  so  dumm  bist  —  was  hast 
du  denn  davon,  wenn  du  redest?  Du  ruinierst  ja  nur 
alles  dir  und  mir  —  ohne  was  davon  zu  haben  — 
Glaubst  du,  ich  werd'  mich  undankbar  zeigen,  wenn 
ich  was  herausgeholt  hab'  aus  ihr?  —  Gewiß  nicht  — 

Jaromir.  Ich  brauch'  keine  Gnaden  von  dir  — 
überhaupt,  wer  steht  mir  gut,  daß  du  mich  nicht  grad' 
so  anschwindelst  wie  sie  —  auf  dich  ist  kein  Verlaß  — 

Baron.  Ich  will  sie  doch  nicht  heiraten  —  ich  will 
dich  ja  nicht  verdrängen  —  das  Geld  will  ich  haben, 
weiter  nichts  —  wenn  ich  das  hab',  verschwind'  ich  — 
zahl'  die  Ludmilla  aus  und  basta  —  dann  kannst  du 
wieder  mit  deiner  Hermine  machen,  was  du  willst  — 

Jaromir.    Ist  das  aber  auch  wahr? 

Baron.  Mein  Ehrenwort! 

Jaromir.  Das  kleine  oder  das  große? 

Baron.   Das  große,  wenn  ich  dir  schon  sag' ! 

Jaromir.    Also,  einmal  will  ich  dir  noch  glauben. 

Grundelßnger.    Jaromir,  wenn  du  so  bist  und  mit 

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ihm  sprichst  und  freundlich  bist  —  ich  —  ich  kann 
auch  charakterlos  sein  — 

Jaromir.    Genier'  dich  nicht,  lieber  Grundelfinger 

—  ich  bin  auf  das  Ärgste  gefaßt,  die  Menschen  sind 
schlecht,  das  weiß  ich  längst! 

Grundelßnger.    Sie  müssen   wissen,   Herr  Baron 

—  ich  hab'  schon  wieder  Angst  —  die  Zeit  rückt  immer 
näher  —  und  wenn  sie  mich  nicht  massiert,  so  kommt 
er  —  Herr  Baron,  also  wenn  ich  Sie  früher  beleidigt 
habe,  es  war  nicht  so  gemeint  —  ich  denke  über  Sie 
sehr  gut  —  aber  reden  Sie  ihr  zu,  Sie  haben  ja  einen 
so  großen  Einfluß  bei  ihr  —  sie  soll  mich  vornehmen 

—  Ja,  werden  Sie  ihr's  sagen? 

Baron.  Herr  Grundelfinger,  Sie  sollen  erkennen, 
mit  wem  Sie  es  zu  tun  haben  —  Sie  werden  massiert 
werden  —  ich  garantier'  es  Ihnen. 

Grundelßnger.  Ich  danke  Ihnen,  Herr  Baron, 
danke  Ihnen ! 

Baron.   Pflegt  das  lang  zu  dauern? 

Jaromir.    Je  nachdem  — 

Grundelßnger.  Wo  sie  nur  bleibt  —  wo  sie  nur 
bleibt?  —  Bei  mir  hat  sie  nie  so  viel  Zeit  darauf  ver- 
wendet —  gar  nie! 

Jaromir.  Grundelfinger,  werde  Philosoph,  und 
lerne  das  Warten  —  ich  warte  auch  —  der  Baron  war- 
tet und  zu  Plaus  wartet  seine  Ludmilla  und  sehnt 
sich  — 

Baron.  Das  gerade  ist  die  einzige,  die  nicht 
wartet,  die  gute  Ludmilla ! 

Grundelßnger.    Ja  richtig,  die  liebe  Ludmilla! 

Baron.    —  hat  viel  zu  tun,  der  Jänner  ist  immer 

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ein  starker  Monat,  du  wirst  dich  noch  erinnern  —  aus 
deiner  Zeit  — 

Jaromir.    Sie  erwartet  sogar  Zwillinge  — 

Baron.    Wer  hat  dir  das  gesagt? 

Jaromir.   Sie  war  doch  am  Nachmittag  hier. 

Baron.   Ah  so,  das  hab'  ich  fast  vergessen. 

Hermine,  von  Emil  und  Otto  gefolgt,  stürzt  schrei- 
end heraus.  Das  ist  empörend  —  beschützen  Sie  mich, 
Baron!  —  Zu  Hilfe!  —  Jaromir,  zu  Plilfe! 

Baron.    Um  Gottes  willen! 

Grundeliinger.    Hilfe !    Hilfe ! 

Jaromir.    Was  ist  geschehen? 
Baron,  Grundeliinger  und  Jaromir  haben  sich  vor  Her- 
mine gestellt. 

Emil.   Das  ist  Betrug! 

Otto.   Ein  gewöhnlicher  Aufsitzer! 

Emil.   Ein  gemeiner  Schwindel ! 

Otto.    Mein  Geld  zurück! 

Emil.   Das  lass'  ich  mir  nicht  gefallen ! 

Baron.  Zurück,  meine  Herren !  —  Was  fällt  Ihnen 
ein?  —  Was  für  ein  Ton  — 

Jaromir.   Was  haben  Sie  denn  angestellt? 

Baron.   Was  wollen  Sie  eigentlich? 

Grundelünger  rennt  umher,  schreit  „Hilfe!"  und 
verschwindet  im  Nebenzimmer. 

Hermine,  hat  fortwährend  gerufen.  Ich  bin  eine 
ehrbare  Frau! 

Emil.  Dann  annoncieren  Sie  nicht,  daß  Sie  mas- 
sieren ! 

Otto.    Wenn  Sie  wirklich  nur  massieren  — 

Emil.    Das  können  wir  in  Bielitz  billiger  haben ! 

70 


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Jaromir.   Was  haben  sie  denn  von  dir  verlangt? 

Hermine.  Das  kann  ich  gar  nicht  sagen  —  ich  bin 
eine  ehrbare  Frau !  —  Das  hat  noch  keiner  wollen ! 

Baron.  Also  frech  seid  Ihr  geworden,  Kinder, 
frech  —  ?  wo  ist  denn  nur  mein  Stock  ?  —  na  wartet ! 

Emil.    Betrogen  sind  wir  worden! 

Otto.  Aber  das  ist  ja  mein  Stock! 

Emil.    Unser  Familienstock  ist  das ! 

Otto.    Meinen  Stock  will  ich  haben! 

Baron.    Nimmermehr hinaus  mit  euch ! 

Hermine.  Rächen  Sie  mich  —  ich  bin  eine  ehr- 
bare Frau ! 

Baron.  So  hilf  mir  doch  —  du  siehst  ja,  daß  sie 
nicht  von  selber  gehn ! 

Jaromir,  ergreift  den  Schürhaken.  Hinaus  mit 
euch ! 

Emil  und  Otto  haben  die  ganze  Zeit  gerufen.  Den 
Stock,  den  Stock,  zuerst  den  Stock,  dann  gehn  wir  — 
unsern  Stock! 

Baron.    Da  habt  ihr  ihn  —  da  habt  ihr  ihn! 

Jaromir.    Hinaus  mit  euch  —  hinaus ! 

Jaromir  und  Baron  prügeln  beide  hinaus,  man  hört 
sie  draußen  noch  eine  Weile  lärmen. 

Hermme.  Ich  bin  eine  ehrbare  Frau  —  ich  bin 
gerächt  —  von  einem  Kavalier  —  Sinkt  ohnmächtig 
in  einen  Sessel.  —  Pause.  —  Dann  steckt  Grundelßnger 
den  Kopf  herein  und  schiebt  sich  nach. 

Grundelßnger.  Sind  sie  weg  —  bist  du  allein  — 
dann  bitt'  dich,  schnell  —  Hermine  —  so  gib  doch  eine 
Antwort  —  er  ist  da  —  ich  spür's  —  Hermine  —  aber 
was  ist  denn  mit  dir  —  hrr  hrr  —  massieren  —  schnell 


71 


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' —  hiT  hrr  hrr,  sie  gibt  keine  Antwort,  hrr  hrr  hrr  -^ 
ich  kann  nicht  mehr  —  es  ist  zu  spät,  hrr  hrr  hrr !  Der 
Schnackerl  geht  endlos  weiter;  er  ist  in  den  zweiten 
Fauteuil  gesunken.  —  Pause.  —  Dann  treten  Baron 
und  Jaromir  ein. 

Baron.  Denen  hab'  ich's  aber  gezeigt,  die  werden 
sich  das  merken  —  und  den  Stock  hab'  ich  doch  ge- 
rettet. —  Gnädige  Frau,  die  Sünder  haben  schwer  ge- 
büßt! —  Ja,  was  ist  denn  da  g'schehn  —  ? 

Jaromir.  Jessäs,  der  Grundelfinger  hat  seinen 
Schnackerl  —  der  arme  Kerl! 

Baron.  Und  die  Hussareck  ist  ohnmächtig  —  wo 
ist  Essig? 

Jaromir.  Dort  auf  der  Kredenz  —  mach'  ihr  das 
Mieder  auf  —  aber  sei  nicht  unbescheiden !  —  Zu 
Grundelßnger.    Alois  —  Alois  —  erkennst  du  mich? 

Baron.  Frau  Hussareck  —  teuerste  Hermine  — 
wachen  Sie  auf  —  ich  bin's  — 

Jaromir  beginnt  Grundelßnger  zu  massieren. 

Baron  ist  um  Hermine  beschäftigt. 

Grundelßnger,  leise  und  verklärt.  Hermine,  ich 
fühle  dich  wieder,  meine  Hermine,  endlich  bist  du 
wieder  bei  mir,  meine  Hermine  —  so  wohl  tust  du 
mir  —  so  wohl  —  weiter,  nur  weiter  —  jetzt  wird  alles 
gut  —  meine  Hermine  —  ich  danke  dir  —  so  süß  ist 
das  —  weiter  —  ah,  ah,  ah  —  endlich  —  nicht  auf- 
hören jetzt  —  weiter  —  ah  ah  ah  — 

Hermine,  langsam  erwachend.  Du  bist  bei  mir, 
mein  Kavalier  —  mein  Retter  —  ich  danke  dir  —  du 
bist  so  lieb  —  Sie  legt  sich  fester  in  seine  Arme.  Es 
läutet  draußen. 

72 


v.l. 


...  :-f..;x 


Grundelünger  ist  eingeschlafen,  man  hört  ihn 
schnarchen. 

Jaromir.  Er  ist  eingeschlafen,  das  ist  immer  ein 
gutes  Zeichen,  das  weiß  ich  von  mir  — 

Ludmilla,  zuerst  außen,  dann  eintretend.  Lassen 
Sie  mich  nur  herein ! 

Jaromir.  Deine  Braut,  wer  hätte  das  gedacht? 

Hermine.    Deine  Braut! 

Baron.    Verfluchte  Überraschung! 

Jaromir.  Was  die  nur  wollen  kann  ? 

Ludmilla.  Wo  ist  denn  mein  Mutzi-Putzi  —  wo? 

Baron.  Wie  kommst  denn  du  da  her  ? 

Ludmilla.  Darf  ich  denn  nicht  zu  dir,  zu  meinem 
Bräutigam  —  zu  meinem  Mutzi-Putzi  ? 

Baron.  Wer  hat  dich  denn  gerufen? 

Ludmilla.    Es  gibt  noch  Freunde,  Gott  sei  Dank 

—  ich  weiß  alles  —  alles  weiß  ich  —  untreu  willst  du 
mir  werden  —  blitzen  willst  du  mich  —  wenn  du  in 
dem  Ton  mit  mir  sprichst  —  na  warte  —  glaubst  du, 
die  Gruß  ist  gar  so  dumm?  —  Wo  ist  sie  denn,  die 
Schlange?  wo  —  die  dich  verführen  will  —  warum 
versteckt  sie  sich?  —  jetzt  soll  sie  Mut  beweisen  — 

Hermine.  Frau  Gruß,  Sie  sind  im  Irrtum,  wenn 
Sie  meinen  — 

Ludmilla.  Schweigen  Sie  —  ich  weiß  alles  — 
Also  das  war  Ihre  PVeundschaft,  die  Sie  mir  angetragen 
haben  —  deswegen  haben  Sie  den  Baron  kennen  lernen 
wollen  —  abfischen  wollen  Sie  mir  ihn  —  aber  daraus 
wird  nichts  —  da  sind  Sie  an  die  Unrechte  gekommen 

—  da  hätten  S'  früher  aufstehen  müssen  —  so  g'fingelt, 
wie  Sie,  bin  ich  auch  noch  —  Klemens,  auf  der  Stell' 


73 


iSafTiSJT^swffl 


wirst  du  ihr  sagen,  daß  du  mir  gehörst  —  und  daß 
nichts  werden  wird  aus  ihrer  Spekulation! 

Baron.  So  hab'  doch  ein  Einsehen ! 

LudmiUa.  Sag'  ihr,  daß  du  mir  gehörst  —  crinner' 
dich  nur  daran!  —  Es  bleibt  dir  nichts  anders  übrig, 

—  also  schnell  —  und  nicht  gebrodelt  —  ich  will's 
hören  —  hast  du  mich  verstanden?  —  Sonst  zieh'  ich 
andere  Saiten  auf  — 

Jaromir.  Ich  glaube,  deine  Braut  hat  wirklich 
Recht,  mein  lieber  Klemens. 

Baron.   Jawohl,  mein  süßer  Jaromir,  sie  hat  Recht 

—  du  bist  doch  schlauer,  als  ich  gemeint  hab'  — 
Laut.  Jawohl,  Frau  Hussareck  —  ich  gehöre  ihr,  ich 
bin  ihr  verfallen  —  sie  kann  über  mich  gebieten  — 
sie  hat  ja  meine  Unterschrift  —  alles  ist  vorüber  — 
Hermine  —  der  holde  Traum  unserer  Liebe  ist  aus- 
geträumt —  ich  nehme  Abschied  von  Ihnen  mit  ge- 
brochenem Herzen  —  die  bessere  Hälfte  bleibt  bei 
Ihnen,  Frau  Hussareck  —  verzeihen  Sie  die  Tränen, 
aber  ich  kann  nicht  anders. 

Hermine.  Aber  Baron  —  Klemens  — 

Baron.  Komm'  her,  Jaromir  — ■,  ich  lege  sie  wieder 
zurück  in  deine  treuen  Arme  —  du  wirst  sie  haben,  sie, 
die  mir  das  Teuerste  war  — 

Hermine.  Aber  ich  will  gar  nicht  in  seinen  Armen 
liegen ! 

LudmiUa.  Schnell,  schnell — das  kann  schneller  gehn. 

Hermine.  Wenn  Sie  mich  wirklich  so  lieben,  so 
lösen  Sie  doch  die  Verlobung  mit  dieser  Person ! 

LudmiUa.  Person,  Person  sagen  Sie  —  Sie  —  ich 
bin  keine   Person  —  ich  nicht,   ich  bring'   mich   an- 

74 


.".'J^rf.  ''" 


ständig  durch  —  Sie,  mit  Ihrer  Massage,  wo  kein 
Mensch  weiß,  was  eigentlich  dahintersteckt  — 

Hermine.  Ich  bin  eine  ehrbare  Frau  —  was  un- 
terstehn  Sie  sich? 

Jaromir.  Das  sollten  Sie  wirklich  nicht  sagen, 
Frau  Gruß  —  das  ist  gar  nicht  schön  von  Ihnen  — 

Hermine.  Schützen  Sie  mich,  mein  Kavalier !  Sie 
wirft  sich  in  des  Barons  Arme. 

Ludmilla.  Gehn  S'  von  mein'  Bräutigam ! 

Hermine.  Er  bleibt  bei  mir  —  ich  laß'  ihn  nicht  — 

Jaromir.  Hermine,  was  fällt  dir  ein  — ? 

Hermine.  Geh'  weg! 

Jaromir.  Das  kann  doch  nicht  dein  Ernst  sein  — 

Ludmilla.  Werden  Sie  ihn  endlich  loslassen,  mei- 
nen Bräutigam?  —  Herr  Jaromir,  ziehen  S'  von  der 
anderen  Seiten  — 

Baron.  So  zwick  doch  nicht  —  au  weh ! 

Hermine.  Geh'  weg  —  du  hast  mich  nie  geliebt! 

Jaromir.  Das  kannst  du  nicht  beweisen  —  ich  hab' 
die  Liste  —  denk'  doch  nach  — 

Hermine.  Ich  will  aber  nicht  —  ich  will  nur  ihn  — 
dich  will  ich  —  du  bist  mein  Kavalier  —  lös'  die  Ver- 
lobung auf  — 

LtidmiUa.  Ja,  wenn  er  könnt'  —  das  war'  ihm 
freilich  recht  —  das  schmeckert  ihm  —  aber  er  kann 
halt  nicht  —  und  sehen  S',  das  is  a  Glück  —  für  mich 

—  sonst  war'  ich  die  Lackierte  —  so  sein's  Sie  — 
das  is  mir  lieber  —  gehn  S'  weg  von  mein'  Bräutigam 

—  bei  dem  is  nix  zu  holen,  er  g'hört  mir  — 

Hermine.  Ja,  aber  wieso  denn  —  Sie  können  ihn 
doch  nicht  zwingen  — 


75 


I    j^äSi^K 


Ludmilla.  Freilich  kann  ich  —  ich  hab'  ja  seine 
Unterschrift  —  und  sehen  S',  das  is  a  Glück  bei  an 
solchen  Menschen  wie  der  da  —  i  mach  mir  ja  nix  aus 
ihm,  i  pfeifert  auf  ihn,  den  windigen  G'sellen  — 

Baron.   Ausdrücke  hast  du! 

Ludmilla.  —  der  nur  Sorgen  macht  —  mir  war' 
ja  ein  solider  Mann  mit  bescheidenen  Ansprüchen  viel 
lieber  —  so  einer  wie  der  Herr  Jaromir  —  aber  was 
soll  ich  denn  machen  —  ich  bin  ihm  halt  einmal  auf'n 
Leim  'gangen  und  hab'  ihm's  g'liehen  —  ich  komm'  ja 
doch  net  mehr  zu  mein'  Geld,  wenigstens  will  ich  Ba- 
ronin sein  dafür  —  nacher  kann  er  gehn  wegen  meiner 

—  i  halt  ihn  net. 

Hermine.  Schulden  hat  er  bei  Ihnen?  —  Schulden 

—  ja,  du  bist  ein  ganzer  Kavalier  —  Schulden  hat  er 

—  mein  süßer  Baron  —  und  deswegen  soll  er  Sie  hei- 
raten —  deswegen  gehört  er  Ihnen  —  aber  Frau  Gruß 

—  ich  zahl'  die  Schulden  —  alles  zahl'  ich  —  wenn 
er  nur  mir  gehört  — 

Baron.  Hermine,  du  bist  eine  Göttin,  laß'  mich 
knien  und  beten  —  ich  hätte  dir's  nie  gesagt  —  Frauen, 
die  ich  liebe,  pumpe  ich  prinzipiell  nie  an  —  ich  warte 
immer  —  ah  so  —  pardon  — 

Ludmilla.  Sie  wollen  für  ihn  zahlen?  —  ja,  das  is 
doch  ganz  was  anderes,  warum  haben  Sie  denn  das 
nicht  gleich  gesagt?  —  jetzt  können  S'  ihn  haben  — 
gleich,  wegen  meiner ! 

Hermine.  Ich  finde  ja  keinen  Zweiten  wieder  so 
wie  du ! 

Baron.  Gewiß  nicht,  nein,  ich  bin  erprobt,  in  jeder 
Beziehunsr  — 


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76 


JS^'^PPP^ä^jr^^'T^    -"^     -*5Wp5^ 


Jaromir.  Und  ich  —  und  ich  —  ich  soll  ganz  ein- 
fach gehen? 

Baron.  Ich  stelle  dir  einstweilen  mein  Zimmer  bei 
Frau  Gruß  zur  Verfügung  —  Sie  haben  doch  nichts 
dagegen  ? 

Ludmüla.  Gewiß  nicht  —  der  Herr  Jaromir  ist 
mir  immer  willkommen ! 

Jaromir.  Hermin'  —  du  schickst  mich  wirklich  fort 

—  das  ist  dein  Ernst  — ? 

Hermine.  Ich  kann  dir  nicht  helfen,  mein  armer 
Liebling.  Der  Mann,  den  ich  liebe,  darf  nicht  bloß  wie 
ein  Mann  aussehn  —  er  muß  auch  einer  sein  —  der 
Baron  ist  es  und  du  nicht  — 

Jaromir.  Du,  du !  Mußt  du  grad'  daherkommen  — 
immer  kommst  du  mir  in  den  Weg ! 

Baron.  Sei  still,  Jaro,  kränk'  dich  nicht,  nimm 
den  Abschied  nicht  so  schwer  —  ihr  werdet  Euch  ja 
manchmal  wiedersehn  —  und  dann,  vergiß  nicht,  ich 
hab'  früher  dir  doch  mein  Ehrenwort  gegeben,  —  ich 
werde  wieder  an  dich  denken,  wenn  es  Zeit  ist  —  jetzt 
zieh'  ruhig  in  mein  Zimmer  — 

Jaromir.  Grundelfinger,  wach'  auf  —  alles  ist  vor- 
über —  sie  liebt  mich  nicht  mehr  —  ich  muß  fort!  Er 
wirft  sich  weinend  dem  weiterschlafenden  Grundel- 
ßnger  in  die  Arme. 

Hermine.  Also,  liebe  Frau  Gruß,  es  bleibt  dabei 

—  ich  werde  Sie  morgen  besuchen,  da  werden  wir  das 
Finanzielle  ordnen. 

Ludmilla.  Und  das  Verlobungssouper,  das  ich  für 
den  Baron  und  mich  vorbereitet  habe  — ? 

Hermine.    Sie    können    es    herüberschicken,    ich 

77 


werde  die  Rechnung  begleichen,  darauf  kommt  es  wirk- 
lich nicht  mehr  an  —  mein  Kavalier  — 

Ludmilla.  Was,  er  soll  gleich  heute  hierbleiben? 

Hermine.  Natürlich! 

Ludmilla.  Eigentlich  gehört  er  aber  noch  mir 
heute  — 

Hermine.  Sie  irren,  Frau  Gruß  —  da  sind  meine 
Zeugen,  daß  er  schon  heute  mir  gehört. 

Ludmilla.  Meinetwegen  —  auf  einen  Tag  kommt's 
mir  wirklich  nicht  an  —  also  morgen  — 

Hermine.    Jawohl,  Frau  Gruß  —  morgen  Mittag 

—  Kommen  Sie,  Baron,  es  ist  spät  geworden,  ziehen 
wir  uns  zurück. 

Baron.    Madame,  ich  bin  glücklich  — 

Hermine.    Mein  Kavalier  —  Sie  verbeugen  sich 

noch  an  der  Tür  und  verschzvinden  rasch.  —  Pause. 

Ludmilla.    Na,  stehn  Sie  auf,  Herr  Jaromir,  und 

kommen  S'  einstweilen  zu  mir  —  Sie  brauchen  nicht 

zu  verzweifeln,  wenn  Ihnen  soviel  an  der  Person  liegt 

—  die  Hussareck  wird  sich  noch  wundern  — 

Jaromir.    Glauben  Sie? 

Ludmilla.  Ich  weiß,  was  ich  weiß  —  warten  Sie  's 
ab  bei  mir  — 

Jaromir.  Frau  Gruß,  Sie  sind  wirklich  eine  treue 
Seele.  —  Umarmt  sie. 

Ludmilla.  Endlich  kommt  -er  drauf,  der  dumme 
Bub  —  na,  komm  nach  Haus !   Beide  ah. 

Grundelfinger  schnarcht  laut  auf. 

VORHANG 


78 


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D  R  I  T  T  E  R     A  K  T 

Zimmer  hei  Ludmilla.  —  Morgenschlamperei. 

Anna,  läßt  Berta  eintreten.  Kommen  S'  nur  her- 
ein, Fräulein  — 

Berta.   Wenn's  erlaubt  is  — 

Anna.    Und  setzen  S'  Ihnen  nieder  — 

Berta.  Ich  biti  so  frei  — 

Anna.  Die  gnä'  Frau  is  no  gar  net  auf,  heut'  — 
sie  is  gestern  so  spät  z'  Haus  kommen  —  soll  i  s'  auf- 
wecken ? 

Berta.    Na,  na,  das  tun  S'  net! 

Anna.  Ja,  wenn  was  Dringendes  kommt,  hat  s' 
g'sagt  — 

Berta.  I  kann  scho  no  warten  —  so  eilig  hab' 
i  's  net  — 

Anna.   Ma  siecht  Ihnen  a  no  gar  nix  an. 

Berta.  Ah  na,  deswegen  komm  i  net  —  i  brauch 
nix  von  ihr  —  mir  fehlt  nix  — 

Anna.  Ah  so  —  i  hab'  glaubt  —  's  is  was  net  in 
Ordnung  bei  Ihnen  — 

Berta.  Ah  na  —  i  möcht  die  gnä'  Frau  nur  fragen 
—  ob  s'  no  verlobt  is  mit  'n  Baron  —  oder  — 

Anna.  Jessas,  davon  wissen  S'  was  —  denken  S' 
Ihnen,  er  is  gar  net  z^  Haus  kommen  heut'  Nacht  — 
und  statt  seiner  liegt  ein  anderer  in  sein'  Bett  —  a 
wildfremder  — 

Berta.   Wie  schaut  er  denn  aus? 

Anna.  Na,  hübsch  —  jung  —  a  bißl  a  kecke 
Nasen  — 


79 


'^■itiSi.-1-^iLi^S 


■^^-p^'^f?r%,^^iS^s^^^^^^^«'mi^^^^^^^^^ 


Berta.   Also  is  er  da  —  bei  Ihnen  is  er  also  —  ? 

Anna.  Sie  kennen  ihn? 

Berta.  Er  war  doch  früher  bei  uns  —  bis  ihn  der 
Baron  außibissen  hat  —  und  jetzt  halt's  meine  Gnä- 
dige mit  'n  Baron  —  und  der  Herr  Jaromir  hat  gehn 
müssen  —  viel  zu  gut  war  er  für  unsere  Gnädige  — 
viel  zu  gut! 

Anna.  Mir  scheint  gar,  Sie  haben  was  g'habt  mit 
unsern  neuchen  Zimmerherrn  —  war  er  leicht  schlecht 
mit  Ihnen? 

Berta.  Schlecht  grad  net  —  bitt  Ihnen  gar  schön 
—  's  is  halt  a  Malheur  —  reich  is  er  net  —  leben  will 
er  a,  und  die  Weibsbilder  sein  halt  hinter  ihm  her,  wie 
der  Teufel  — 

Anna.   Glauben  S',  daß  unsere  Gnädige  auch  —  ? 

Berta.  Z'wegen  was  hätt'  s'  ihn  denn  mitg'nom- 
men  sonst? 

Anna.  Aber  gestern  war  no  nix  los  —  er  hat  sich 
einig'haut  in  Baron  sein  Bett  und  hat  nix  deut'  und 
nix  g'red't  —  wie  a  Stummerl. 

Berta.  Na  ja,  das  war  halt  heut'  no  —  weil  er 
noch  an  Zorn  g'habt  hat  —  aber  das  dauert  net  lang 
bei  ihm  —  er  ist  ja  soviel  gut  —  er  kann  keiner  was 
abschlagen  —  und  wann  ihm  die  Frau  Gruß  recht 
zusetzt  und  a  jede  andere  a  —  die  Hussareck  hat 
wenigstens  aufpaßt,  und  i  hab'  schon  a  mein  Teil  da- 
zug'schaut  —  wann  er  mir  aber  jetzt  aus  die  Augen 
kommt  —  nachher 

Ludmilla,  tritt  ein.  Sie  san's  —  i  denk  mir  die 
ganze  Zeit  — 

Berta.  Küß'  d'  Hand  — 

80 


Ludmilla.  —  wer  red't  denn  da  heraußen.  —  Was 
bringen  Sie  mir  denn?  Schickt  Sie  vielleicht  —  ? 

Berta.  Bitt'  schön,  san  S'  net  bös  —  i  hätt'  nur 
gern  no  amal  mit  'n  Herrn  Jaromir  g'sprochen,  eh  i 
weggeh  —  von  Wien  — 

Ludmilla.,  Jessas,  hat  er  am  End'  gar  —  is  was 
los  mit  Ihnen? 

Berta.  Ah  na  —  das  net  — 

Ludmilla.   Anna,  stehn  S'  net  herum  da  — 

Berta.   I  hab'  ja  allerweil  achtgeben  — 

Ludmilla.   Machen  S'  Feuer  wegnern  Frühstück  — 

Anna.  I  hab'  eh  schon  unterzünd't  —  Ah. 

Ludmilla.  Na,  setzen  S'  ihnen  nur  daweil  —  's 
wird  net  lang  dauern,  bis  er  halt  außikommt  — 

Berta.   Ich  bin  so  frei  — 

Ludmilla.  Sein  die  schon  auf,  z'  Haus,  Ihre  Gnä- 
dige und  der  Baron,  mein  ich  —  ? 

Berta.  I  waß  net,  i  bin  in  aller  Herrgottsfrüh 
schon  abg'fahrn,  sie  soll  mi  nur  außihau'n,  's  liegt  mir 
eh  nix  dran  —  i  will  eh  net  bleiben  — 

Ludmilla.  Mir  scheint  gar,  Sie  spekulieren  drauf, 
daß  i  Sie  wieder  nehm'  —  aber  da  haben  S'  Ihnen 
g'schnitten  —  das  könnt'  i  grad  no  brauchen  —  in 
mein  Haus  gibt's  so  was  net,  da  muß  es  ordentlich 
zugehn  — 

Berta.  Bitt'  Ihnen  gar  schön,  gnä'  Frau  —  i  waß 
ja  eh,  daß  S'  a  Aug  auf  'n  Herrn  Jaromir  haben  und 
eifern  täten  — 

Ludmilla.  Na  bilden  S'  Ihnen  nur  net  gar  z'viel 
ein  —  mit  Ihnen  nehm'  i's  no  auf  —  wann  i  ihn  nimm 
und  heirat,  möcht'  er  scho  parieren  und  die  Sprung' 


6      Dörmann,  Zimmerherren. 


8i 


■J^^^-^^^:^^^^^^^^ 


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lassen,  da  können  S'  Gift  drauf  nehmen  —  ich  muß 
mir 's  nur  noch  überlegen  —  ob's  m'r  net  zu  teuer 
kommt,  ob  i  net  besser  draus  komm,  wann  i  ihn  bloß 
so  dab'halt. 

Jaromir,  tritt  ein.   Guten  Morgen  allerseits.  — • 

Ludmilla.    Was?    Er  is  schon  auf? 

Jaromir.   Aber  das  is  ja  die  Berta  —  Servus! 

Berta.   Küß  d'  Hand  — 

Jaromir.  Na  grüß  dich  Gott Sie  gestatten  — 

Umarmt  Berta. 

Ludmilla.  So  —  und  mir  gibt  er  nicht  einmal  die 
Hand  —  ? 

Jarom,ir.  Aber  ja  —  Frau  Gruß  —  wie  kommst 
denn  du  schon  her?   Bist  du  vielleicht  gar  geschickt? 

Berta.  Aber  na  —  ka  Spur  — 

Ludmilla.  Will  er  jetzt  sein  Frühstück  haben  — 
Kaffee  oder  Schokolade? 

Jaromir.  Schokolade  natürlich  —  —  Nicht  ge- 
schickt sagst  du? 

Berta.  Aber  na,  Herr  Jaromir. 

Ludmilla.  Und  was  will  er  denn  dazu? 

Jaromir.  Was  Sie  wollen,  Frau  Gruß,  was  Sie 
wollen  — 

Ludmilla.    Mir  scheint  gar,  er  will  mich  draußen 

haben  —  Na  wart'  er  nur  —  er  Spitzbub  er Daß 

er  mir  aber  nichts  daweil  anstellt! 

Jaromir.  Aber  Frau  Gruß,  was  glauben  Sie  denn  ? 

Ludmilla.  Na  na,  ich  weiß  nicht  —  er  ist  sehr 
schlimm  —  Ah. 

Jaromir.  Also,  wirklich  —  nicht  geschickt  —  und 
alles  ist  in  Ordnung  zwischen  den  Beiden  —  also  alles 

82 


.^P^^^P^g^^p,«^T«j?^W-^Jft-^*^~'?    ^^, 


V  -^T'««C%35V-'>I"    ,  , 


&''\ 


ein  leeres  Geschwätz,  was  man  über  den  Baron  gesagt 
hat  —  daß  er  — 

Berta.  Ich  hab's  gar  net  glauben  wollen  —  gestern 
Abend  —  wie  ich  einikomm  ins  Zimmer,  um  die  Betten 
zu  machen  —  und  auf  einmal  sitzt  ein  anderer  da  — 
in  Ihrem  Schlafrock  — 

Jaromir.  Meinen  Schlafrock  —  meinen  Schlaf- 
rock hat  er  auch  noch  an  —  das  ist  doch  das 

Aber  den  laß  ich  mir  holen  —  wenn  er  schon  die 
Herrin  hat,  den  Schlafrock  wird  er  nicht  behalten, 
den  nicht  — 

Berta.  Net  amal  adieu  sagen  san  S'  kommen, 
wie  S'  fort  sind  —  net  amal  adieu  haben  S'  m'r  g'sagt 
—  soviel  hab'  i  abischlucken  müssen,  allerweil  hab'  i 
zuschaun  müssen,  wann  S'  der  Gnädigen  schön  tan 
haben  —  und  Mintscherl  hin  und  Mintscherl  her  — 
und  allerweil  busseln  und  abtaschkerln  —  und  allerweil 
hab'  i  stad  sein  müssen  —  Und  immer  haben  S'  g'sagt, 
's  kommt  scho  no  die  Zeit,  wo's  besser  wird,  wo  S' 
mir  allein  g'hören  werden  —  und  dann  gehn  S'  mit 
einer  andern  davon,  und  i  hab's  Nachsehn  —  und  net 
amal  adieu  haben  S'  m'r  g'sagt  I 

Jaromir.  Aber  schau,  Berterl,  i  hab's  ja  net  bös 
g'meint,  es  war  halt  in  der  Aufregung  —  i  hab's  halt 
vergessen  — 

Berta.  Ja  und  jetzt,  wenn  S'  bei  der  Frau  Gruß 
bleiben,  und  die  wird's  net  erlauben,  daß  S'  mit  mir 
gehn  —  weil  s'  selber  — 

Jaromir.  Aber  —  ich  weiß  ja  no  gar  net,  was 
g'schiecht  —  ich  will  ja  gar  net  bei  der  Gruß  bleiben  — 

Berta.  Ja,  das  sagen  S'  nur  so  —  damit  ich  geh'  — 

83 


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W-'r' 


aber  Sie  werd'n  scho  bleiben  —  wann  ma  sich  erst 
amal  g'wöhnt  hat  an  a  besser's  Leben  —  die  Frau  Gruß 
wird  Sie  net  lassen  —  und  das  halt  i  net  aus  —  i  geh' 
wieder  z'  Haus  zu  meine  Leut'  —  i  vertrag'  net,  daß  i 
Sie  allerweil  hergeb'n  muß ! 

Jaromir.  Bitt'  dich  gar  schön  —  ich  glaub's  ja, 
daß  dir  weh  tut  —  aber  was  kann  m'r  denn  machen  — 
nimm  d'r  doch  an  mir  a  Beispiel  —  glaubst,  i  hab'  mich 
gestern  nicht  auch  gekränkt  und  geniert  —  der  Mensch 
muß  halt  so  viel  abischlucken  —  wann  er  net  grad  als 
Millionär  auf  die  Welt  kommt  —  's  wird  schon  auch 
für  dich  die  Zeit  wieder  kommen  —  wo  ich  dir  allein 
g'hör'  —  hab'  nur  Geduld  — 

Berta.    's  g'schiecht  ein  Unglück,  wann  i  dableib 

—  wann  i  erst  amal  in  Zürn  komm,  's  is  besser,  i  geh' 
weg  von  Wien  zu  meine  Leut'  -^  i  mach'  meine  vier- 
zehn Tag  und  geh'  weg  —  sonst  g'schiecht  ein  Un- 
glück — 

Ludmilla,  eintretend.  Also  da  ist  einmal  das  Früh- 
stück ! 

Jaromir.  Wir  reden  noch  weiter,  Berta  —  Aber 
Frau  Gruß,  ich  brauch'  doch  kein  Kaffeetuch  — 

Ludmilla.  War'  net  schlecht  —  so  eine  Schlam- 
perei —  wenn  Sie  sich  das  wo  anders  ang'wöhnt  haben 

—  so  lang  Sie  bei  mir  sind,  kriegen  Sie  alles  nett  und 
reinlich  —  wann  unsereins  net  auf  Reinlichkeit  halt' 

—  wer  denn? 

Jaromir.  Na  ja,  ich  mein'  halt,  keine  G'schichten 
sollen  Sie  mit  mir  machen  — 

Ludmilla.  Ist  er  schon  wieder  so  bescheiden  — 
er  weiß  doch,  daß  die  Gruß  alles  für  ihn  tut  —  Setzen 


84 


_  >:isi^iätsfciiö4i&^-: 


S'  Ihnen  nur  her,  Berta  —  Sie  werden  das  auch 
brauchen  können  — 

Berta.   I  hab'  eh  no  nix  g'frühstückt. 

Jaromir.  O  du  Hascherl  —  und  den  Weg  is'  nüch- 
tern herg'laufen  —  na,  iß  nur  und  schlampamp  dich 
an  —  die  Frau  Gruß  gönnt's  dir  schon  — 

Berta.  1  bin  so  frei  —  Alle  drei  haben  sich  ge- 
setzt und  frühstücken. 

Jaromir.  Denken  S'  Ihnen  nur,  die  Berta  will 
wieder  z'  Haus  zu  ihre  Leut'  auf's  Land  — 


iSia  ja,  wann  sie  's  nimmer  freut  in 

Sie  werden  ihr  do  net  zureden  — 
Sie  hat's  ja  zu  Haus  viel  besser  — 
bin  eh  die  einzige,    die    aus    der  Art 


Ludmilla 
der  Stadt  — 

Jaromir. 

Ludmilla. 

Berta.    I 
g'schlagen  is. 

Jaromir.    Wieso  denn? 

Berta.  Na,  meine  Schwestern  sein  alle  verheirat' 
und  kommen  immer  nur  a  paar  Monat  nach  Wien,  die 
sein  g'scheiter  —  und  die  übrige  Zeit  san  s'  z'  Haus 
und  haben  das  schönste  Leben, 

Ludmilla.  Gleich  für  ein  paar  Monat  kommen  sie 
immer  herein  —  ? 

Berta.    Na  ja  freilich,  als  Ammeln  halt  — 

Jaromir.  Ah  so,  richtig  —  du  bist  j  a  aus  Iglau  — 
da  dran  hab'  i  ganz  vergessen  — 

Ludmilla.  Jessas,  Jessas,  wenn  Sie  das  a  täten  — 
ich  könnt'  Ihnen  ja  so  schöne  Stellungen  verschaffen 
—  ich  komm  doch  viel  herum  —  und  wenn  die  Gruß 
jemanden  empüehlt  — 

Jaromir.   Ist's  schön  in  Iglau,  Berta? 


85 


CM^^tSÄi':M  u 


Berta.  Wunderschön  —  a  kleines  Häuserl  haben 
wir,  und  zwei  Küh'  und  sechs  Ziegen  — 

Stimme  der  Hermine,  nach  außen.  Gehn  Sie  nur 
voraus,  Herr  Baron,  Sie  kennen  ja  den  Weg  — 

Jaromir.   Die  Hermin'  und  der  Baron! 

Ludmilla.  So  früh  kommt  sie  schon  ? 

Berta.  Jessas,  die  gnä'  Frau !  Hermine  und  Baron 
treten  ein. 

Baron.  Hab'  die  Ehre  allerseits  einen  guten  Mor- 
gen zu  wünschen  — 

Hermine.   Guten  Morgen,  Frau  Gruß  — 

Ludmilla.  So  früh  sind  Sie  aufgestanden ! 

Hermine.    Jawohl,  wie  Sie  bemerken  — 

Baron,  will  mit  Jaromir  sprechen,  der  ihm  den 
Rücken  zeigt. 

Ludmilla.    Sie  sind  wahrscheinlich  — 

Hermine.  Du  bist  auch  schon  auf,  ja,  grüß  dich  Gott  1 

Jaromir.    Guten  Morgen  — 

Hermine.  Und  Sie  —  wie  kommen  denn  Sie 

einfach  durchbrennen! 

Ludmilla.  Das  hat  ja  später  Zeit  —  Sie  sind  doch 
wahrscheinlich  gekommen,  um  das  Finanzielle  zu  ord- 
nen —  wollen  Sie  eintreten  —  Weist  auf  die  Nebentür. 

Hermine.   Nein,  deswegen  bin  ich  allerdings  nicht 

gekommen  —  es  sind  ganz  andere  Motive Herr 

Baron,  wenn  ich  bitten  darf,  Sie  werden  das  Zimmer 
nicht  verlassen ! 

Baron.  Bitte  sehr,  bitte  sehr,  wie  Madame  be- 
fehlen ! 

Hermine.  Frau  Gruß  —  ich  kann  Ihnen  einen 
schweren  Vorwurf  nicht  ersparen  —  Sie  haben  mir 


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Ihren  Bräutigam,  den  Baron,  als  einen  Kavalier  comme 
il  faut  geschildert  — 

Baron.  Bitte  sehr,  mein  Stammbaum  — 

Hermine.  Schweigen  Sie,  das  muß  ich  besser  wis- 
sen! —  als  einen  Mann,  der  lieben  kann  wie  keiner 
außer  ihm,  der  stürmisch  ist,  der  einen  erstickt  mit 
seinen  Zärtlichkeiten  —  der  küssen  kann  und  immer 
wieder  küssen  —  Sie  haben  mich  einfach  verrückt  ge- 
macht mit  Ihren  Schilderungen  —  verblendet,  bis  ich 
nicht  mehr  gewußt  habe,  wo  aus  und  wo  ein  —  betro- 
gen haben  Sie  mich  und  er  auch  —  ich  pfeif  auf  die 
Aristokraten,  wenn  die  so  sind  —  ich  hab'  mir  sie 
anders  vorgestellt  —  und  besser  in  jeder  Beziehung  — 
Da  ist  mir  der  Jaromir  noch  wirklich  lieber  —  der 
Jaromir  hat  wenigstens  Eifer  gezeigt  und  sich  ange- 
strengt, wenn  man's  ihm  befohlen  hat,  aber  der  kann 
ja  nicht  einmal  folgen  —  nicht  einmal  folgen.     • 

Baron.  Wenn  man  mir  keine  Zeit  läßt! 

Hermine.  Seien  Sie  still,  und  genieren  Sie  sich  — 
Da  haben  S'  ihn  wieder,  Ihren  Baron  —  da  nehmen  S' 
ihn  zurück,  Ihren  Baron  —  frech  sein  kann  er,  sonst 
nichts  — 

Baron.  Jaromir  —  du  verwöhnst  die  Frauen  — 
das  hätt'  ich  nie  von  dir  gedacht  — 

Hermine,  ist  erschöpft  in  einen  Sessel  gesunken 
und  weht  sich  mit  einem,  Tuch  Kühlung.  Komm  her, 
Jaromir,  bis  ich  endlich  den  richtigen  Mann  finde, 
kannst  du  bei  mir  bleiben  —  vielleicht  heirat'  ich  dich 
auch !  . 

Baron.  Jaromir,  geh'  nicht! 

Ludmilla.  Wissen  Sie,  Frau  Hussareck,  ich  werd' 

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äika 


Ihnen  was  sagen:  ob  Ihnen  der  Baron  recht  is  öder 
net,  ob  Sie  ihn  behalten  wollen  oder  hergeben  —  das 
is  mir  ganz  egal  —  ich  brauch'  ihn  auch  net  —  i  bin 
froh,  daß  ich  ihn  los  bin. 

Baron.  Und  die  Verbindungen  in  der  Aristokratie 
auf  einmal  — 

Ludmilla.  Ich  hab'  meine  Zeugen,  vor  denen  Sie 
gesagt  haben:  ich  übernehm  die  Schulden  vom  Baron 
—  ein  Jurament  ablegen  kann  ich  auch  —  die  Schul- 
den müssen  Sie  halt  jetzt  zahlen,  da  hilft  Ihnen  kein 
Herrgott  net  davon'  —  was  S'  mit'n  Baron  anfangen, 
is  Ihre  Sach'  —  ich  brauch'  ihn  nicht  —  als  Bräutigam 
nicht,  weil  i  's  Geld  ohnedies  hereinkriegt  hab'  —  und 
als  Zimmerherrn  net  —  weil  der  Herr  Jaromir  mir 
lieber  is,  wenn  er  bleiben  will  —  ma  kommt  ja  do  net 
aus  ohne  Mann  in  einer  anständigen  Wirtschaft  — 
schon  wegen  die  Dienstmadeln  -^  die  eh'  zu  wenig 
Respekt  haben.  — 

Hermine.  Nein,  nein,  das  gibt's  nicht,  nicht  einen 
Kreuzer  zahl'  ich,  ich  bin  betrogen  worden  —  von  ihm 
und  von  Ihnen  —  Sie  hätten  mir  sagen  müssen  —  wie 
das  mit  dem  Baron  ist  — 

Ludmilla.  Bitte,  Frau  Hussareck,  mich  hat  er 
stets  geachtet  —  ich  kann  nicht  klagen  — 

Baron.  Nein,  lieben  hätte  ich  Sie  sollen  -^ 

Hermine.  Ein  Stümper  ist  er  —  außen  hui  und 
innen  pfui  —  nie  hätt'  ich  mich  eingelassen,  nicht  einen 
Kreuzer  zahl'  ich  —  nicht  einmal  die  Hanteln  vom 
Jaromir  hat  er  aufreißen  können  —  der  Vertrag  gilt 
nichts,  er  ist  null  und  nichtig  —  Jaromir,  komm,  wir 
gehen  nach  Haus'  — 

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Jaromir.  Bin  ich  ein  Postpaket,  das  man  nur  so 
hin  und  herschupft?  —  Nicht  einmal  um  Verzeihung 
hast  du  mich  gebeten  — 

Baron.  Sie  hat  doch  nichts  getan! 

Ludmilia.  Herr  Jaromir,  Sie  gehen  nicht  nach 
Haus  —  Sie  gehen  mit  mir  zum  Advokaten,  der  soll 
es  bestätigen,  die  Frau  Hussareck  hat  erklärt,  sie  zahlt 
die  Schulden  —  das  sind  meine  Zeugen  —  Sie  hat  doch 
nicht  einmal  gefragt,  wieviel  es  sind  —  so  unvorsichtig 
war  sie. 

Hermine.   Wieviel  ist  es  denn  also? 

Ludmilia.  Sechzehnhundert  — 

Hermine.    Was  —  sechzehnhundert  —  so  viel? 

Baron.  Für  einen  Kavalier  —  das  ist  doch  nichts ! 

Ludmilia.  Wenn  Sie  Prozeß  führen,  kostet  es  noch 
mehr. 

Baron.  Jawohl  —  da  hat  sie  recht,  den  Prozeß 
gewinnt  sie  — 

Jaromir.  Siehst  du  jetzt  ein,  Hermine  —  wie  recht 
ich  gehabt  habe  —  ich  hab'  dich  nicht  umsonst  gewarnt 
—  vor  diesem  Menschen  —  aber  du  — 

Hermine.  Jaromir,  kannst  du  mir  verzeihen? 

Ludmilia.  Tun  Sie  's  nicht,  Herr  Jaromir,  tun 
Sie  's  nicht! 

Hermine.  Jaromir,  ich  bin  dir  treu  geblieben  — 
es  ist  nichts  vorgefallen  —  oder  wenigstens  so  viel  wie 
nichts  — 

Baron.  BegriflFe  haben  Sie,  Frau  Hussareck! 

Ludmilia.  Herr  Jaromir,  tun  Sie  's  nicht! 

Hermine.  Reden  Sie  ihn  mir  nicht  noch  auch  ab ! 

7      Dörmann,  Zimmerherren. 

89 


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Ludmilla.  Bei  mir  haben  Sie  sich  nicht  zu  plagen, 
da  haben  Sie  Ruh'  —  Sie  wissen,  ich  bin  nicht  so  — 

Baron.  Also  es  scheint,  Sie  betrachten  mich  nicht 
mehr  als  Bräutigam? 

Ludmilla.  Ihre  Schulden  sind  so  gut  wie  bezahlt  — 
Sie  sind  frei  —  und  wenn  der  Herr  Jaromir  nur  will  — 

Hermine.  Jaromir,  so  sprich  doch  ein  Wort  —  sei 
nicht  so  starr,  so  unversöhnlich  — 

Berta.  Herr  Jaromir  — 

Jaromir.  Nein,  Frau  Hussareck  —  nein  —  und 
Frau  Gruß  —  nein 

Berta.  Jaromir  — 

Jaromir.  Dieses  Mädchen  hier  ist  die  einzige,  die 
ich  wahrhaft  liebe  —  hier  ist  Kraft  und  Natur  —  Ehr- 
lichkeit und  Frische  —  Es  drängt  mich,  der  Stadt  und 
ihrem  Staub  und  ihrer  Falschheit  den  Rücken  zu  keh- 
ren —  ich  habe  Heimweh  bekommen  nach  Wäldern  und 
Wiesen  —  die  Ideale  meiner  Jugend  werden  lebendig 

—  dieses  junge  Mädchen,  Berta  Buberl,  hat  mir  einen 
ehrenvollen  Antrag  gestellt  —  ich  werde  ihn  annehmen 

—  das  einzig  Wahre  ist,  in  den  Schoß  der  Natur  zu- 
rückzukehren und 

Baron.  Eine  Amme  zur  Frau  zu  nehmen ! 

Jaromir.  Sehr  richtig  —  alle  ihre  Schwestern  sind 
diesem  Berufe  seit  Generationen  treu  geblieben  —  sie 
allein  ist  aus  der  Art  geschlagen  —  ich  werde  sie  auf 
den  richtigen  Weg  zurückgeleiten  —  für  den  sie  ge- 
boren  ist  — 

Ludmilla.  Aber  Herr  Jaromir! 

Hermine.  Ist  das  dein  Ernst? 

Jaromir.  Heiliger  Ernst! 


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V       Baron.  Eigentlich  eine  glänzende  Idee! 

Ludmilla.  Wenn  Sie  's  nur  nicht  bereuen! 

Hermine.  Also  deswegen  sind  Sie  hergekommen 
—  und  du  hast  mich  vielleicht  die  ganze  Zeit  mit  ihr 
betrogen  —  ich  habe  teilen  müssen  mit  ihr ! 

Jaromir.  Jawohl,  das  hab'  ich  getan  — 

Baron.  Das  hätt'  ich  Ihnen  längst  sagen  können ! 

Hermine.  Also  dann  —  es  scheint,  daß  ich  hier 
überflüssig  bin. 

Jaromir.  Es  scheint  allerdings  — 

Baron.  Hätten  Sie  nicht  doch  Lust,  Baronin  zu 
werden  ? 

Hermine.  Nein !  Sie  schlägt  die  Tür  zu. 

Baron.  Also  nur  meine  Schulden  zahlen  —  auch 
ein  Vergnügen ! 

Ludmilla.  Und  was  geschieht  mit  unserem  ehe- 
maligen Verlobungssouper  ? 

Jaromir.  Das  essen  wir  bei  Ihnen,  wenn  Sie  ge- 
statten —  oder  sind  Sie  böse? 

Ludmilla.  Ich  sollte  eigentlich  —  aber  er  ist  halt 
so  lieb  —  ich  kann  nicht  — 

Berta.  Jetzt  g'hören  S'  mir  —  mir  ganz  allein. 

Jaromir.  Meine  Berta.  Umarmung. 

Baron.  Na,  was  sagen  Sie? 

Ludmilla.  Wenn  er's  nur  net  bereut  — 

Baron.  Dann  sind  Sie  noch  immer  da  —  übrigens, 
Frau  Gruß,  wenn  meine  Schulden  so  gut  wie  getilgt 
sind,  Sie  können  mir  wieder  fünfzig  Gulden  leihen. 

Ludmilla.  Mutzi-Putzi  —  fang'  nicht  wieder  an. 

ENDE 


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Von  Felix  Dörmann  sind  im  gleichen  Verlag  erschienen: 

Der    platonische   Wüstling 

und 

Tuberosen 

Gedichte 


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