SITY
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Begründet von H. Auspitz und F. J. Pick.
ARCHIV
für
Dermatologie und Syphilis.
Unter Mitwirkung von
Prof. M’CALL ANDERSON, Dr. ARNING, Prof. BEHREND, Prof. BERGH, Dr. BESNIER, Prof.
BETTMANN, Dr. BLASCHKO, Prof. BOECK, Dr. BUSCHKE, Prof. DUHRING, Prof. ▼. DÜRING,
Prof. EHRMANN, Dr. ELSENBERG, Dr. FABRY, Dr. GLÜCK, Dr. J. GRÜNPELD, Prof. HALLOPEAU,
Dr. HARTTUNG, Dr. HERXHEIMER, Dr. HOCHSINGER, Prof. HOFFMANN, Prof. JACOBI, Prof.
JANOVSKY, Prof. JESIONEK, Dr. JOSEPH, Prof. KLINGMÜLLER, Dr. KLOTZ, Prof. KOPP,
Prof. KREIBICH, Prof. LANG, Dr. LEDERMANN, Prof. LUKASIEWICZ, Dr. LUSTGARTEN,
Prof. V. MARSCHALKÖ, Prof. MERK, Dr. du MESNIL, Prof. MRACEK. Prof. v. NBUMANN, Dr.
NOBL, Prof. v. PETERSEN, Prof. L. PHILIPPSON, Prof. POSPELOW, Prof. POSSELT, J. K.
PROKSCH, Prof. REISS, Prof. RILLE, Prof. RÖNA, Dr. O. ROSENTHAL, Prof. SCHIFF, Prof.
SCHOLTZ, Dr. SCHUMACHER II., Dr. SCHÜTZ, Prof. SEIFERT, Prof. SPIEGLER, Dr. SZADEK,
Dr. TOUTON, Dr. ULLMANN, Dr. VEIEL, Dr. VOLLMER, Dr. WAELSCH, Dr. r. WATRASZEWSKI,
Prof. WELANDER, Dr. WINTERNITZ, Prof. WOLFF, Prof. WOLTERS, Prof. v. ZBISSL
und In Gemeinschaft mit
M Caspary, Prof. Dontrelepont, Prof. Finger, Prof. Jaiassolm, ProfLesser, ProfRieM,
Königsberg Bonn Wien Bern Berlin Wien
herausgegeben von
F. J. Pick, Prag und A. Neisser, Breslau.
Zweiundachtzigster Band.
Mit zweiundzwanzig Tafeln und zwei Abbildungen im Texte.
Wien und Leipzig.
Wilhelm Braumüller,
k. u. k. Hof- und Universitätsbuehhändler.
1906.
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Inhalt.
Pag.
Original-Abhandlungen.
Über originäre Enbpocken beim Menschen. Von Dr. E. Vollmer.
(Hiezu Taf. 1.).. ... 3
Ans der kgl. Dniversitäts-Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrank¬
heiten in Berlin (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. E. Lesser).
Über tumorbildenden Lupus. Von Dr. Wilhelm Höuck, Assistenten
der Poliklinik. (Hiezu Taf. II u. III.).^.. 9
Ein Fall von Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum Kaposi.
Von Dr. S. B. Selhorst und M. E. Polano, Chef und Arzt an
der dermatologischen Klinik im Haag. (Hiezu Taf. IV.).83
Aus der k. k. deutschen dermatologischen Universitätsklinik von Hofrat
Prof. F. J. Pick in Prag. Untersuchungen über Spirochaete pallida.
Zusammengestellt von Dr. Alfred Kraus, I. Assistent der lüiaik . 89
Aus der k. k. deutschen dermatolo^schen Universitätsklinik von Hofrat
Prof. F. J. Pick in Prag. Zur Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
Von Dr. Carl Bohaö, klinischen Assistenten. (Hiezu Taf. V.) • . . 49
Aus der dermatologischen Abteilung des städt. Krankenhauses am
Urban in Berlin (dirigierender Arzt: Priv. Doz. Dr. Buschke). Ober
die Beziehungen der Spirochaete pallida zur kongenitalen Syphilis,
nebst einigen Bemerkungen über ihre Lagerung im Gewebe bei
akquirierter Lues. Von Dr. A. Buschke und Dr. W. Fischer.
(Hiezu Taf. VI u. VII.) . . . •.63
Aus der dermatologischen Abteilung des städt. Krankenhauses zu
Dortmund (leitender Arzt: Dr. FahryT. Ein Fall vonLymphangiektasie
mit Lymphorrhoe. Von Dr. 0. Müller, Assistenzarzt.111
Therapeutische Mitteilungen aus der Haut-Kranken*Abteilung des
städtischen Krankenhauses zu Frankfurt am Main. Von Oberarzt
Dr. Karl Herxheimer und Assistenzarzt Dr. W. Ipsen . . . .119
Zur Frage der Absonderung des Quecksilbers durch den Harn. Von
Prof. Edvard Welander in Stockholm. (Hiezu Taf. VIII u. IX.) . 163
Ein weiterer Beitrag zu den strichförmigen Hauterkrankungen. Von
Dr. L. Fischei und Dr. A. Blaschko in Berlin. (Hiezu Taf. X
und zwei Abbildungen im Texte.) ... • *.209
Aus der Königl. dermatol. Universitätsklinik zu Breslau. (Direktor:
Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Neisser.) Histologische Untersuchun^n
über das Vorkommen der Spirochaete pallida in Geweben. VonDr.
K. SakUrane aus Osaka, Japan. (Hiezu Taf. XI.).227
Ein seltener Fall von Leukoderma syphiliticum. Von Dr. Leopold
Loew (Abbazia-Ischl). (Hiezu Taf. All.) . . . . •.241
Zu der Arbeit: „Über eine noch nicht beschriebene Haarerkrankung
[Trichonodosis]“ von Dr. Galewsky (Dresden). Dieses Archiv, LXXXI.
Band, 2. u. 3. Heit. Von Edmund Saalfeld (Berlin).245
Aus der Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten des kgl.
Friedrich-Hospitals [Ex-Chef Dr. C. RascM und der IV. Abt. des
Kommunehospitals [weil. Prof. Dr. Alex. Haslund]. Multiple Endo-
theliome der Kopfhaut. Ein Beitrag zur Kenntnis der Geschwülste
der Haut. Von Poul Haslund (Kopenhagen), gew. Assistent an
der Poliklinik des kgl. FriedrichhospiMs für Haut- und Geschlechts¬
krankheiten. (Hiezu Taf. XIU-XVII.). 247, 323
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IV
Inhalt.
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Aus der k. k. dermatoloj^schen Klinik (Prof. Riehl) in Wien. Über
Lichen alboSi eine bisher unbeschriebene Erkrankung. Von Dr.
Leo Ritter von Zambusch, I. Assistenten der Klinik. (Hiezu
Tafel XVm u. XIX.).839
Mitteilung aus der Klinik für Haut- uud venerische Krankheiten an
der kgl. ungarischen Universität zu Kolozsvär (Klausenburg). (Vor¬
stand : Prof. Dr. Thomas v. Marschalko.) Über die Behandlung des
Hautkrebses mit Röntgenstrahlen. Von Dr. Heinrich Kanitz,
Assistent der Klinik. (Hiezu Taf. XX—XXII.).861
Aus der königl. Universitätsklinik für Hautkrankheiten (Oeh.-Rat
Neisser) und der chemischen Abteilu ng des königl. physiol.
Institutes (Prot. Röhmann) zu Breslau. Was wissen wir über die
Zusammensetzung und Entstehung der fettigen Hautsekrete. Von
Dr. C. Siebert, Batavia, Assistent der Klinik für Hautkrankheiten 871
Aus der Leipziger medizinischen Poliklinik. (Geheimrat Prof. Dr.
Hofimann.) Zur Therapie des Lichen ruber. Von Dr» Hans Vörner,
Assistent für die Abteilung der Hautkrankheiten.887
Aus der Leipziger medizinischen Poliklinik. (Geheimrat Prof. Dr. Hoff-
mann.) Über Kaevus anaemicus. Von Dr. Hans Vörner in Leipzig 891
Bericht Ober die Leistungen auf demSebiete der Der*
matolegie und Syphilis.
IX. Kongreß der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern,
12.—14. September 1906. Referent Dr. N. Meyer, Bad Wildungen 273
Verhandlungen der Abtheilung für Dermatologie., und Syphilis der
78. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Stuttgart
vom 16.—22. September 1906. Referent: Dr. N. Meyer, Bad Wil¬
dungen .401
Verhandlungen der Breslauer dermatologischen Vereinigung .... 418
Verhandlungen der Wiener dermatologischen Gesellschiat. . . 269, 421
Verhandlungen der Berliner dermatologischen Gesellschaft.427
Geschlechtsknmkheiten.181, 440
Hautkrankheiten.460
Isidor Neumann Edler von Heilwart f.158
Nekrolog .811
Buchanzeigen und Besprechungen .476
Vorberz, Gaston. Dementia paralytica and Syphilis.
Varit. . 169, 320, 476
IX. Kongreß der Deatschen dermatologischen Qosellschaft in Bern. — Zar Erforschang
der Syphilis. — Personalien.
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Originalabhandlungen
Arch. f. Dermat. n. Sjph. Bd. LXXXII.
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über originäre Kuhpocken beim
Menschen.
Von
Dr. E. Tollmer.
(Hiezu Taf. I.)
Es bestehen wechselseitige Beziehungen zwischen den
Kubpocken (Variola vaccina) und den Menschenpocken bzw.
Blattern, über deren Eigenart nur die Jennerscbe Entdeckung
der Schutzpockenimpfang Aufschluß gibt. Es besteht aber auch
eine Beziehung des Auftretens der Euhpocken bei den Kühen
zu den Impfterminen, so daß eine Übertragung der Kuhpocken
von Erst- oder Wiederimpflingen auf die Kühe zu sicher be>
obachteten Tatsachen gehört.*) Endlich gibt das zweimalige,
mit Erfolg durchgeführte Impfgeschäft keine Immunität gegen
eine erneute Infektion mit Kuhpocken. Diese interessante Be¬
obachtung wurde 1898 von M a n k e gemacht, und seine
Beobachtungen über „Varioloi'den und Infektion mit originären
Kuhpocken“ in der Zeitschrift für Medizinalbeamte niedergelegt.
Eine Bestätigung dieser Beobachtungen bringt ein Fall
Yon Übertragung von Kuhpocken^) auf eine junge Viehmagd,
der mir in meiner Praxis begegnete.
*) Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere von Prof.
Dr. Hutyra und Dr. Josef Marek, Jena, Gustav Fischer 1905. p.277.
*) Dr. Man ke, Zeitschrift für Medizinalbeamte, 1898. Heft 24. p. 778.
*) Eine kurze Mitteilung über den Fall brachte schon die Zeit¬
schrift für Medizinalbeamte 1906. Heft 9.
1 *
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Vollmer.
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Status: 18./IV. 1906. Karoline Jung, 18 Jahre, aus Laufersweiler,
stammt aus gesunder Familie, in der nie Hautkrankheiten vorgekommen
sind. Beide Eltern leben und 4 Geschwister. Voriges Jahr hat sie eine
Blinddarmentzündung durchgemacht; als Kind hat sie Diphtherie gehabt
und ist im übrigen stets gesund gewesen. Seit 4 Wochen ist sie bei
einem Landwirt in Laufersweiler in Dienst und hat täglich dreimal
zwei Kühe melken müssen. Von diesen Kühen litt eine an einer Ent¬
zündung des Euters. Es befanden sich sowohl am Eutersack, als auch
an den Zitzen eine Menge Eiterblasen, so daß die Hände beim Melken
voll Blut und Eiter waren. Sie litt infolge vieler Arbeit im Wasser zu
dieser Zeit auch an aufgesprungenen Händen. Seit 14 Tagen nun be¬
obachtet sie, daß auf der Haut des rechten Handrückens und des Kückens
der rechten Handwurzel sich warzenartige Erhebungen bilden, die sie
zuerst nicht weiter beachtete. Dieselben vermehrten sich aber und fingen
an zu jucken und nach 8 Tagen auch auf die Haut derselben Stellen der
linken Hand überzugehen. Sie ging zum Arzt, der es für Warzen hielt
und ihr eine Salbe gab. Die Herrschaft selber aber kam auf den Ver¬
dacht, daß die Erkrankung mit den Eiterbildungen am Kuheuter zu¬
sammenliegen könnte und schickte die Kranke zu mir.
Die Vorgefundenen HautTeränderuDgen, von denen die
Tafel I eine gute Vorstellung gibt, waren etwa 40 an der
Zahl, 27 auf der zuerst befallenen rechten Hand und 13 auf
der linken Hand. Die Pusteln waren den Impfpusteln besonders
dadurch ähnlich, daß sie fast alle eine zentrale Delle aufwiesen,
mit Ausnahme der letzten, eben in der Entwicklung begriffenen.
An allen älteren Pusteln war auch an der Spitze eine kleine
Eiteransammlung zu sehen. Die Haut der Umgebung ist leicht
gerötet, nicht stark, aber doch merklich geschwollen. Die
Farbe der Pusteln war eine livid rote. — Das Allgemein¬
befinden war ohne Abweichung; Abends erklärt sie zuweilen
ein leichtes Frösteln zu spüren. Ich beschloß, die Pusteln mit
dem Paquelin zu brennen, indem ich die Spitze desselben auf
jede Pustel aufsetzte.
Am 22./1V. sah ich das Mädchen wieder: Die Haut beider
Handrücken war teigig, die Finger nicht geschwollen; am
Körper nirgendwo Ausschläge. Die Brandschorfe beginnen
sich abzustoßen. Das Frösteln des Abends bat nicht nach¬
gelassen. Die nach dem Brennen mit dem Paquelin ange¬
ordneten 17 ooigen Salizylwasserumschläge werden fortgesetzt.
2Ö./IV. 1906. Die ausgebrannten Stellen sind gut ver¬
narbt; die Pusteln sind iu das Niveau der Haut zurückge¬
sunken und z. T. sieht man nach Entfernung des Brandschorfes
linsengroße, runde, narbige Vertiefungen an Stelle der früheren
Vaccinepusteln. Die Schwellung der Haut, die zwischen den
Pusteln gelegen ist, hat nachgelassen und wird in den nächsten
Tagen wohl ganz verschwinden. Es hat sich ein leichter,
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über originäre Knhpocken beim Menschen.
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erythematöser Ausschlag über der Haut des Rückens and der
Brust gebildet. An der Brust reicht er bis in die Magengrube,
am Rücken bis zum Kreuz. Das Mädchen gibt bestimmt an,
früher nie solchen Ausschlag gehabt zu haben. Im übrigen
fühlt sie sich ganz wohl, was schon daraus hervorgeht, daß
sie nicht zu Bett liegt, sondern den 3*5 Kilometer weiten Weg
zur Bahn und die 20 Kilometer lange Bahnreise zu mir nicht
scheut. — Sie gibt mit Bestimmtheit an, daß die älteste und
erste Pustel in der Mitte des rechten Handrückens noch nicht
verschwunden war, wie sie gebrannt wurde.
Die Entwicklung und Art der Entstehung unserer Vaccine¬
pusteln ist nach den Schilderungen der anderen Autoren die
typische. Manke schreibt: die natürlichen originären Kuh¬
pocken (engl, cowpox) sind eine seltene Erkrankung. In
Preußen und einigen anderen deutschen Staaten wurden in den
vierziger Jahren Prämien für das Aufünden derselben gezahlt.
Nach C. Pfeiffer*) verlautet seit der letzten großen Blattern¬
epidemie im Jahre 1870/71 nichts mehr von originären Kuh¬
pocken an Kühen. Frankreich hatte seit 1869 ein einziges be¬
kannt gewordenes Vorkommnis im Jahre 1883. Manke selbst
hat originäre Kuhpocken zweimal während 14 Jahren be¬
obachtet und zwar in verschiedenen Dörfern, zuletzt 1898 in
Rügenwalde. Sie zeigten sich beide Male nur an milchenden
Kühen und waren streng auf die Zitzen und Striche des Eiters
lokalisiert. Ihr Entstehen war auch, wie in unserem Falle,
ein spontanes, da eine Übertragung durch Variola, humani¬
sierte Lymphe oder durch pockenartige Erkrankungen anderer
Haussäugetiere (Schafe, Pferde) auszuschließen war. — Kreis¬
tierarzt Pilger aus Simmem teilte mir mit, daß er in der
Nähe von Kirn einmal vor mehreren Jahren bei mehreren
Dienstmägden eines Hofes Kuhpocken an den Armen gesehen
habe, die sie sich beim Melken an Vaccine erkrankter Kühe
zugezogen hatten. Ich selber habe bei meiner Patientin zum
ersten Male diese Pusteln gesehen. Von den gewöhnlichen
Impfpusteln, die ich als Impfarzt jedes Jahr in 800—900 Fällen
zu sehen bekomme, unterscheiden sich diese originären Kuh¬
pocken unwesentlich. Die Form, der wallartige Rand und die
Handbuch der Therapie innerer Krankheiten von Petzold und
Stintzing. 1897. Bd. I. p. 231.
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Vollmer.
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zentrale Delle ist dieselbe. Bei der Entwicklung mehrerer
Pnsteln scheint die einzelne Pustel kleiner zu bleiben. Auch
der rosenrote Hof gelangt in dem Falle einer multiplen In¬
fektion offenbar nicht so sehr zur Entwicklung. Es ist aber
auch möglich, daß die Impfstelle in dieser Beziehung von
wesentlicher Bedeutung ist und die weiße, zarte Haut eines
Säuglingsarms eher eine andere reakÜTe Röte zeigt, als die
derbe Haut der abgearbeiteten Hand einer Viehmagd.
Ich hatte geglaubt, es würde mir gelingen, durch das
etwas brüske, aber rationelle Mittel die Pocken auszubrennen,
jede Allgemeinerscheinung unterdrücken zu können. Das ist
offenbar nicht der Fall gewesen, denn 8 Tage nach dieser
kleinen Operation (es wurde immer nur die Spitze des Paquelin
in die Yaccinepustel gesenkt; alle 40 Pusteln wurden in einer
Sitzung so behandelt) entwickelte sich doch noch ein erythem¬
artiger Ausschlag auf der Haut von Brust und Rücken, wenn
es auch nicht mehr zur Bildung von Vaccinepusteln an anderen
Stellen des Körpers gekommen ist, was nach den Schilderungen
von Spinola') doch Vorkommen kann, so daß die Vaccine
sich, namentlich bei noch nicht geimpften Kindern, zu einer
direkt lebensgefährlichen Erkrankung gestalten kann.
Nach ihm wurde heim Heiken einer mit Pookenansachlägen am
Euter versehenen Kuh der 16jihr. Sohn des Besitzers an den Händen in¬
fiziert. Durch ihn wurde die Krankheit auf seine übrigen Geschwister,
drei Mädchen von 17, 14 und 6 Jahren und einem Enahen von 4 Jahren
übertragen. „Bei den beiden älteren Schwestern gestaltete sich der
Ausscblsg, wie bei dem Bruder, als Yarioloiden und bestand derselbe
nur sehr vereinzelt. Alle drei kamen leicht davon. Bei den beiden
jüngeren Geschwistern aber trat die Krankheit in der Form der Menschen-
blattem auf und war bei ihnen der Körper überall mit Blattern besetzt.
Beide Kranke gerieten in Lebensgefahr. Die Ursache aber dieser ab¬
weichenden Gestaltung, sowie ihres Verlaufes mußte in dem Umstande
erkannt werden, daß die drei älteren Geschwister vacciniert waren, die
jüngeren aber aus einem besonderen Vomrteil des Vaters nicht."
Der Verlauf der von Manko beobachteten Vaccine¬
erkrankungen war ähnlich.
Beide Mädchen, 14 und 20jährig, waren geimpft und im
12. Lebensjahr wieder geimpft mit Erfolg. Beide infizierten sich an
ihren aofgespmngenen Händen beim Melken; auf andere Familien-
Spinola. Handbuch der spez. Pathologie und Therapie für Tier*
ärzte. 1863. II. Bd. p. 107.
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über originäre Knhpocken beim Menschen.
7
mitglieder wurde die Erkrankung nicht übertragen. Am 24./X. leigten
sich bei Minna Br. in der Hohlhand und auf dem Handrücken die ersten
Pocken; unter geringer Yeränderung des Allgemeinbefindens traten in
den nächsten Tagen Nachschübe auf beiden Vorderarmen auf, so daß
firische Bläschen neben eintrocknenden bestanden und beide Hände und
namentlich die Unterarme mit Pocken dicht besetzt waren. Bevor die
Bläschen aufschossen, zeigte sich an der Stelle eine fleckige Bote, dann
trat heftiges Hitzegefuhl und unerträgliches Jucken auf. Die Pusteln
standen z. T. so dicht, daß sie ineinander flössen und teilweise einen
Durchmesser von 2 em aufwiesen. Anfang November waren beide Hände
und Vorderarme bis über die Ellenbogen derart geschwollen, daß jede
Bewegung in den Hand- und Fingergelenken ausgeschlossen war und die
Patientin gefüttert werden mußte. Teilweise zeigten die Bläschen den
sog. Pockennabel. Am 5. November trat unter Fieber, leichten Frost¬
schauern, starken Ereuzscbmerzen, quälendem Angstgefühl ein neuer
Nachschub im Gesicht und den Oberarmen auf. Es bildete sich intensive
Böte der Mundschleimhaut, leichte Heiserkeit und Bindehautentzündung.
Die Abheilung im Gesicht erfolgte schnell, langsamer vollzog sie sich an
den Händen und Unterarmen. Hier waren noch Ende November an
Stelle der früheren Pockenpusteln zahlreiche dunkelrote Flecke von
Erbsengroße sichtbar. — Bei der 14jähr. Johanna Sch. traten die ersten
Pockenbläschen an den Händen Ende Oktober auf; sie zeigten große
Neigung zum Konfluieren und hinterließen mehrere große Vaccine¬
geschwüre. Am 11. Nov. entwickelte sich im Gesicht, am Halse und
Nacken unter leichtem Fieber, aber ohne wesentliche Störungen des
Allgemeinbefindens ein masernartiges, papulöses Exanthem, auf dem kleine
Bläschen aufschossen. Das Gesicht, der Nacken und Hals waren so stark
gerötet, daß man die Augen kaum erkennen konnte. Die Bläschen
standen so dicht, daß sie sich nur bei genauerem Hinsehen unterscheiden
ließen; gleichzeitig mit der Eruption im Gesicht zeigten sich auch noch
neue Pusteln in der Hohlhand und an den Ohren von über Erbsengröße,
jedoch nicht in so großer Zahl. Die Abheilung zog sich bis in den
Dezember hinein, Narben blieben nicht zurück.
Diese Mitteilungen ergänzen in glücklicher Weise unseren
Fall. Dieselbe Art der Infektion; dasselbe Alter der Patienten;
alle drei befallen trotz vorheriger zweimaliger Impfung. Auch
die leichten Fieberschauern und Frostanfälle treten in allen
drei Fällen auf. Daß es in meinem Falle bei einer mehr
lokalen Erkrankung geblieben ist, dürfte auf die Anwendung
des Paquelin zurückzuführen sein, der die kleinen Eiterherde,
aus denen doch immer wieder das Virus in den Kreislauf ge¬
strömt wäre, radikal zerstörte.
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Vollroer.
Die Erklärung der Abbildung auf Taf. I ist dem
Texte zu entnehmen.
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Archiv f.Dermatologie u.Sjfphilis Band LXXXII.
TAF. 1.
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KtflHcAirttoQ.*/Ha«3t
Vollmer = Über* originäre Kuhpocken beim Menschen
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Aas der kgl. Universit&ts-Foliklinik fdr Haut- und G-eschlechts-
krankheiten in Berlin (Direktor Oeh. Med.-Bat Prof. Dr. E. Lesser).
ee
Uber tumorbildenden Lupus.
Von
Dr. Wilhelm Heuck,
AnUtenten der Poliklinik.
(Hieku Taf. II n. m.)
Es ist eine bekannte und allgemein beobachtete Tatsache,
daß die lupös erkrankte Haut nicht selten zu Bildungen Anlaß
gibt, die das Niveau der umgebenden Haut in mehr oder we¬
niger ausgedehntem Maße überragen, ln manchen dieser Fälle
kann sekundäre Hypertrophie des Bindegewebes die Ursache
abgeben, in vielen, wie beim Lupus hypertrophicus und tumidus,
handelt es sich um übermäßiges Wachstum und Konfluenz der
lupösen Infiltrate, also um echte lupöse Wucherungen. Mit
großer Begelmäßigkeit stellen sich nun im natürlichen Verlauf
dieser Erankheitsbilder neben den proliferierenden Vorgängen
oder im Anschluß an diese solche regressiver Art in mehr oder
weniger ausgedehntem Maße ein, die sich als Neigung zu nar¬
biger Schrumpfung oder zu Substanzverlusten durch geschwü-
rigen Zerfall kundgeben können.
Um so merkwürdiger erscheint daher eine Varietät des
Lupus vulgaris, bei der die gewöhnlichen Erscheinungen der
lupösen Erkrankung durch die Ausbildung regelrechter, scharf
abgegrenzter, oft großer Tumoren verdrängt werden, die selbst
nach jahrelangem Bestand meist keine Tendenz zu regressiver
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Heack.
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Veränderung zeigen. Und um so größere Aufmerksamkeit ver¬
dienen diese Tumorformen, weil sie in ihrem klinischen Bilde
oft anderen tumorartigen Bildungen außerordentlich ähneln,
und ihre sichere Diagnose bei Fehlen anderer charakteristischer
lupöser Herde eben in Ermanglung der typischen lupösen
Stigmata oft sehr erschwert ist. Diesen Formen im Aussehen
ähnliche lupöse Wucherungen der Haut präsentieren sich zwar
häufiger — ich erinnere hier an den „Lupus myxomateux*
von Leloir (1) und den „Lupus pernio“ —; mit Rücksicht
auf die histologische Struktur und den klinischen Verlauf muß
jedoch den „tumorbildenden“ Lupusfallen eine Sonderstellung
eingeräumt werden.
Ich möchte im folgenden die bisher beobachteten Fälle
dieser Lupusform, soweit sie die Literatur an die Hand gibt,
zusammenstellen und hieran die Beschreibung zweier in der
kgL Univ.-Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in
Berlin beobachteter Fälle von tumorhildendem Lupus anschließen,
die wegen des eigentümlichen klinischen Bildes, insbesondere
aber wegen ihrer interessanten histologischen Zusammensetzung
ausführlicher Besprechung wert erscheinen. Der eine Fall ist
von Herrn Professor Dr. £. Hoffmann histologisch unter¬
sucht und auf dem V. internationalen Dermatologenkongreß an
der Hand von Präparaten und mikrophotographischen Abbil¬
dungen im Rahmen der von ihm veranstalteten Ausstellung
histologischer Präparate demonstriert und mir dann zur weiteren
Bearbeitung und Veröffentlichung überlassen worden. Den zweiten
Fall habe ich selbst beobachtet und histologisch untersucht.
Von den hier zu behandelnden tumorbildenden Lupus¬
formen habe ich im ganzen 14 Fälle veröffentlicht gefunden.
Der erste Fall wurde von Pick (2) auf dem ersten Kongreß
der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 1889 demonstriert.
Auf der Stirne eines löjährigeu Mädchens, dessen Matter lungen¬
leidend war, fand sich eine halbkugelige, 2 cm im Durchmesser betragende,
verschiebliche Geschwulst von weicher Konsistenz mit geröteter, teilweise
borkenbedeckter Oberfläche, ebensolche disseminierten Geschwülste verschie¬
denster Größe bestanden namentlich im Bereich des Gesichts, am rechten
Ohr, daneben aber auch am Stamm und an den Extremitäten, außerdem
vereinzelte t 3 rpische ulzeröse und serpiginöse Lupusherde. Die Neubildungen
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über tamorbildenden Lupus«
11
traten bei der Patientin im Anschluß an eine schwere Variola im sechsten
Lebensjahre, gefolgt von hartnäckigen impetiginösen Proiessen am be¬
haarten Kopf auf. Mikroskopisch wurde die klinische Diagnose durch den
Befund miliarer Tuberkel mit reichlichen Riesenzellen erhärtet.
Mehrere Falle ähnlicher Art worden aus dem reich¬
haltigen Lupusmaterial der Bonner Klinik veröffentlicht:
Hahn (3) beschreibt über 1cm hohe knollige Lupusmassen in über¬
handtellergroßer Ausbreitung auf einer Hinterbacke eines 27 Jahre alten,
tuberkulös belasteten Fabriksarbeiters mit typischen, in der Peripherie
der Wucherungen eingesprengten Lupusknötchen. Daneben bestand noch
ein lupöses Geschwür an einem Oberschenkel. Von dem mikroskopischen
Bild werden hervorgehoben: starke Zerstörung der Epidermis, Wucherung
der Retezapfen und der Befund zahlreicher Tuberkelherde mit vielen und
großen Riesenzellen, aber spärlichen Bazillen.
Doutrelepont (4) selbst berichtet über mehrere der¬
artige Fälle.
Er sah bei einem 6 Jahre alten Mädchen 29 am Nacken, am Rumpf
und an den Extremitäten disseminierte, scharf begrenzte verschiebliche
Tumoren. Sie waren zum Teil nur wenig prominent und zeigten auf der
Obei*ßäche wie an der Peripherie weder Ulzeration noch Knötchenbildung.
Neben diesen bestanden mehrere größere Prominenzen: eine von 1 3 cm
Dicke bei 2*8 cm Breiten- und 5'5 cm Längendurchmesser an der rechten
Ohrmuschel, eine andere, über 2*5 cm hoch und etwa der Größe eines
halben Hühnereins entsprechend, an der Oberlippe und eine weitere,
über 6 cm ausgedehnt, in der Gegend des rechten Unterkieferrandes. In
den Narben der excochleierten und teilweise excidierten Geschwülste
erschienen nachher vereinzelte typische Lupusknötchen. Die Hauteruptionen
waren während einer Masernerkrankung vor 2 Jahren aufgetreten. Die
Anamnese auf familiäre Belastung sowie die Untersuchung auf Affektionen
der Lunge hatten negatives Ergebnis. Das Fehlen von Knötchen und
jeglichen Schleimhauterscheinungen verdunkelte das klinische Bild. Posi¬
tive Reaktion nach Tuberkulininjektionen, das Tierexperiment und der
mikroskopische Befund brachten Klarheit. Bei dem mikroskopischen Bilde
fiel in dem tuberkulösen Granulationsgewebe vor allem der Reichtum und
die Größe der Riesenzellen auf. Tuberkelbazillen fand Doutrelepont
nur in spärlicher Anzahl.
Der weitere Verlauf der lupösen Erkrankung in diesem Falle ist aus der
Dissertation ven Heim (5) ersichtlich, der die Patientin 10 Jahre später in
der Hautabteilung des Krankenhauses Lindenburg-Köln beobachtete. Sie
war in ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung erheblich zurück¬
geblieben und zeigte Erscheinungen hochgradiger Phthise. Fast sämtliche
Organe erschienen krankhaft verändert. Abgesehen von den Unterschenkeln,
den Füßen und Händen, die im wesentlichen von lupöser Erkrankung frei
waren, hatte der Lupus fast den ganzen Körper in der entsetzlichsten
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Weise entstellt. Den ganzen rechten Oberarm deckte eine lupös erkrankte
Haut. Ein zweiter derartig ausgedehnter Herd nahm in der Hüftgegend
seinen Anfang und reichte, Kreuzbein und Nates überziehend, bis zur
Mitte der Oberschenkel. Im Bereich dieser lupösen Hautpartie promi-
nierten 70 teilweise bis über 1 cm hohe Tumoren von Kirsch- bis Wall¬
nußgröße. Der Kopf war bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Nase,
Kinn, Wangen und Ohrläppchen waren zu massigen gelappten Tumoren,
teilweise zu solchen von Apfelgröße gewuchert. Tumoren von gleichem
Aussehen erhoben sich über dem linken Kieferbogen und an der Nasen¬
wurzel, weitere hingen von den Augenbrauen über die Augen herab. Der
Verlust der Oberlippe wurde von den Wülsten des Nasentumors verdeckt.
Die Haut des Schädels war im wesentlichen weißlich atrophisch oder
narbig verändert, die des Gesichtes gerötet und diffus lupös infiltriert.
Histologisch zeigte die excidierte Geschwulst vom linken Ohr neben den Er¬
scheinungen der Hyperämie herdförmige Anordnung von epitheloiden und
Riesenzellen mit zwischengelagerten Rundzelleninfiltraten und gewucherten
Bindegewebszügen. Besonders betont wird von dem histologischen Befund
die Reichhaltigkeit und Größe der Riesenzellen, die geringe Tendenz zu
regressiver Metamorphose und die Neigung der epitheloiden und Riesen¬
zellen zu bindegewebiger Umwandlung. Das mikroskopische Bild eines
excidierten Tumors der Bauchhaut ließ große käsige Herde erkennen
umgeben von gewuchertem und inßltriertem Bindegewebe, in das epithe-
loide und Riesenzellen eingelagert waren. Tuberkelbazillen konnten in
dem Tumor vom linken Ohr nur ganz vereinzelt nachgewiesen werden,
in dem der Bauchhaut in mehr als 100 Schnitten nur zweimal.
Der andere Fall Doutreleponts (4; betrifft einen 29 Jahre alten
Patienten, bei dem es sich um eine Kombination von Lymphangiom mit
Lupus handelte. Neben mehreren lupös infiltrierten Hautpartien und
hypertrophischen höckerigen Bildungen der Oberlippe und ebensolchen
mit teilweise exulcerierter Oberfläche der Gegend hinter dem rechten
Ohr zeigten sich scharf abgesetzte gelappte Tumoren von weicher Konsi¬
stenz und bräunlich gefärbter glatter Oberfläche auf der Nase und am
linken Ohrläppchen, hier bis zu Kleinapfelgröße gewuchert. Eine isolierte
Geschwulst von ähnlicher Beschaffenheit und zirka Zwanzigpfenoig^tück
großem Umfang erhob sich in der rechten Nasolabialfalte, eine weitere,
in deren Nachbarschaft eine Gruppe von Lupusknötchen saß, auf der
linken Wange. Neben diesen Hauterscheinungen fand sich eine Infiltration
der rechten Lungenspitze, außerdem eine Ankylose des linken Kniegelenkes
als Folge einer 9 Jahre zuvor abgelaufenen Gelenkentzündung. Das Auf¬
treten der Tumoren datierte Patient 9—10 Jahre zurück. Auf Tuberkulin¬
injektion war lokale Reaktion deutlich sichtbar. Die histologische Unter¬
suchung zeigte tuberkulöses Gewebe mit vielen Riesenzellen und wenigen
Tuberkelbazillen, außerdem eigenartige Veränderungen lymphaugioma-
töser Art.
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über tumorbildenden Lupus.
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ln einer früher erschienenen Arbeit „Über Haut- und
Schleimhauttuberkulose“ (6) führt Doutrelepont noch drei
solcher Geschwülste, doch relativ geringen Umfanges an.
Während der eine Fall einen im übrigen gesunden 27 Jahre alten
Patienten aus schwindsüchtiger Familie betriSt mit einem bohneng^ßen,
genau umschriebenen Tumor über die Mitte einer Augenbraue, bestand im
zweiten Fall bei einer 52 Jahre alten Frau, die abgesehen von einer
rechtsseitigen Lungenspitzenafifektion sonst keine Krankheitseracheinungen
darbot, eine mehr als erbsengroße in beide Nasenlöcher hineinragende Ge¬
schwulst am Septum narium. Der Patient im ersteren Falle erinnerte
sich der Affektion am linken Augenbrauenbogen von frühester Kindheit
an; Knötchenbildung war auf der Geschwulst oder in deren Umgebung
nirgends aufzuünden. Bei der 52 Jahre alten Frau war der Tumor in
der Mitte flach ulzeriert; Haut und Schleimhaut der Nase zeigten sich
sonst vollkommen normal. Es bestanden am rechten Nasenflügel glatte
Narben von vor 18 Jahren, an der Nasenspitze von vor 6 Jahren beob¬
achteten und thermokaustisch behandelten Geschwüren, die keine charak¬
teristischen Zeichen für ihre Natur dargeboten hatten. Histologisch ließen
sich in diesen beiden Fällen Doutreleponts miliare Tuberkel, viele
Riesenzellen und einzelne Tuberkelbazillen feststellen.
Eine weitere derartige Lupuserkrankuog sah Doutrelepont bei
einer 65 Jahre alten, sonst gesunden Patientin, die unter dem linken
inneren Augenwinkel, auf den Nasenrücken übergreifend, sowie in der
Haut am linken Mundwinkel je eine kleine, umschriebene, etwa bohnen¬
große, epitheliomähnliche, allmählich entstandene Geschwulst aufwies.
Auch hier konnte die tuberkulöse Natur mikroskopisch nachgewiesen
werden.
Einen anderen hierher gehörigen Fall entnehme ich der
Arbeit Längs „Der Lupus und dessen operative Behandlung“ (9).
Ein Patient im Alter von 46 Jahren wies eiue große flächenhafte,
lupöse Infiltration im Bereich der rechten Gesichtshälfte auf, die hier Wange,
Ohr und dessen Umgebung, die rechte Oberlippe und rechte Nasenhälfte
sowie die gleichseitige Halspartie umfaßt uud auf die linke Nasenhälfte
und linke Wange übergegriffen hatte. Neben dieser ausgedehnten Lupus¬
plaque, die besonders an der Peripherie zahlreiche Knötchen erkennen
ließ, erhob sich vor dem Ohr der Lupus in Form eines über kastanien¬
großen Tumors. Im Alter von 5 Jahren hatte sich im Bereich der rechten
Gesichtshälfte ein Eiterherd gebildet, an dessen Stelle eine erkrankte
Hautpartie zurückblieb, die sich verschiedenster Behandlung gegenüber
refraktär erwies und allmählich zu dem beschriebenen Umfang weiter¬
schritt. 2 Geschwister der Patientin hatten an Skrofulöse bzw. Ver¬
krümmung der Wirbelsäule gelitten und waren im Alter von 15 bzw. 20
Jahren gestorben. Das gesamte Krankheitsgebiet wurde von Lang durch
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Exstirpation und Transplantation nach Thier sch soweit geheil t, daS
20 Monate nach der Exstirpation noch nirgends ein Residiy sichtbar war.
Noch einen Fall beschrieb in jüngster Zeit Walther
Pick in seiner Arbeit über tumorähnliche Formen der Haut-
tuberkulose (7). Von den beiden dort von ihm veröffentlichten
Fällen ist nach den eigenen Angaben Picks einer der Lupus¬
gruppe einzureihen.
Boi einem 20jährigen Patienten bildete sich zirka 4 Jahre vor der
Beobachtung auf dem rechten Fußrücken nach voraufgegangener Phleg¬
mone in einer Operationsnarbe und deren Umgebung eine am Rande
scharf abfallende, unregelmäßig gelappte, livid verfärbte Gesehwulst.
Auf der Oberfläche des schwammigen Gewebes befanden sich flache Substauz-
verluste neben seichten Exulceratiouen und Fisteln, die eitrigen Inhalt
auf Druck entleerten. Die mikroskopische Untersuchung, der Befund
typischer Tuberkelherde bestätigten die klinische Diagnose auf Lupus,
Tuberkelbazillen fanden sich nicht. Das Bild war getrübt und teilweise
bedingt durch eine die Granulationswucherung begleitende entzündliche
Form von Lymphangiom, für die die voraufgegangene Phlegmone den
geeigneten Boden jedenfalls geschaffen hatte.
Einen Lupustumor geringen Umfanges veröffentlichte dann
noch Mensa (8).
Die Geschwulst hatte sich am Kinn eines 19jährigen Patienten
angeblich innerhalb eines Jahres entwickelt; sie war nach Aussage des
Patienten auf einer schon länger erkrankten Hautpartie entstanden, die
sich durch Kratzen vergrößert hatte. Sie war von bräunlicher Farbe,
zirka 8—4 mm hoch, betrog 1 cm im Durchmesser und besaß weiche
Konsistenz. Die Peripherie der Geschwulst zeigte sich ebenso wie die des
leichten Infiltrates von der Umgebung scharf abgesetzt Nach Auskratzung
der weichen Gewebsmassen und galvanokaustischer Verschorfung trat in
14 Tagen Heilung der Wunde ein. Es bestanden bei dem Patienten weder
Drüsenschwellungen noch tuberkulöse Erscheinungen seitens der Lunge. Die
Diagnose war in diesem Falle aus dem klinischen Bilde leicht zu stellen.
Aus der Dissertation von Heim (5) füge ich den hier
berichteten Beobachtungen noch zwei Mitteilungen über tumor¬
bildenden Lupus aus der dermatologischen Abteilung der städ¬
tischen Krankenanstalten Kölns hinzu.
In dem einen Falle berichtet Heim über einen derartigen Lupus,
jedoch von sehr geringer Proliferation, bei einem 26jährigen Manne. Es
bestand hier hinter dem linken Ohr, auf die Rückseite der Ohrmuschel
übergreifend, eine braunrote, hochplateauartige, durchschnittlich 2—3 mm
hohe Erhebung mit sanft abfallenden Rändern, von weichem lupösem
Gewebe gebildet. Die Oberfläche wies neben seichten Narben zahlreiche
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über tumoi bildenden Lupas.
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Milien auf. An der Peripherie des Herdes waren deutlich Lupusknötohen
erkennbar Außerdem zeigte ein Naevus pigmentosus pilosus der linken Wange
an einer Stelle diaskopisch einen zweifellosen follikulären Lupusfleck; auf
der Stirne bestand noch eine zehnpfennigstückgroße Narbe. Patient
litt angeblich seit dem zehnten Lebensjahre an Ausschlag hinter dem
linken Ohr.
In dem anderen Falle handelt es sich um eine 36 Jahre alte Frau,
deren linke Ohrmuschel um das Dreifache ihrer Größe verdickt war und
einen derben, sturk infiltrierten Tumor mit höckeriger, geröteter Oberfläche
bildete. Das Ohrläppchen fehlte. Am Ohrmuschelrand und an der Kopfhaut
hinter der Ohrmuschel traten Lupusknötchen hervor. Auf der linken
Wange prominierten bogenförmig um ein braunrotes, narbig verändertes
knötchenreiches Zentrum angeordnet 8 halbkugelige, 1—iVs ^ hohe,
weiche Tumoren von Kirsch- bis Walnußgröße mit glatter, milienreicher,
brauner Oberfläche.
Den Beginn der Erkrankung des linken Ohres datierte Patientin
auf das zwölfte Lebensjahr zurück, wo sich am Ohrringloch im Anschluß
an ein Trauma ein kleines schwarzes Pöckchen gebildet hatte, das sich
allmählich zu einer Geschwulst vergrößerte. Das linke Ohrläppchen wurde,
als es ganz in die Geschwulst aufgegangen war, entfernt. In der Nachbar¬
schaft der schlecht heilenden Amputationswunde trat bald Entzündung
und Knötchenbildung auf, die sich über das ganze Ohr ausbreitete und
allmählich das beschriebene Bild hervorrief. Patientin hatte gesundes
Aussehen und war in gutem Ernährungszustand. Bei der Untersuchung
der Lungen fand sich eine spezifische katarrhalische Erkrankung, die
jedoch keine erheblichen Beschwerden machte. Die Anamnese ergab
keine hereditäre tuberkulöse Belastung.
Mikroskopisch lieferte ein excidiertes Stück von einem der Wangen¬
tumoren das charakteristische Bild tuberkulösen Gewebes. Die Herde
epitheloider Zellen zeigten fast nirgends eine Neigung zu regressiver Meta¬
morphose, dagegen stellenweise, wenn auch in geringem Grade, zu binde¬
gewebiger Umwandlung. Daneben fanden sich deutliches lymphatisches
Ödem der Cutis und stellenweise Atrophie des Papillarkörpers. In vielen
Schnitten konnten nur vereinzelt Tuberkelbazillen nachgewiesen werden.
Ich gehe nun zur Schilderung der in der kgl. Universitäts-
Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten zu Berlin
beobachteten beiden Fälle über.
Den einen Fall (cf. Tafel I, Fig. 1) stellte Herr Prof. Lesser (10)
in der Sitzung der dermatologischen Gesellschaft vom 14. Juni 1904 vor.^)
Lesser bat, wie er bemerkte, drei ähnliche Erkrankungen be¬
obachtet, davon 2 bei zwei Brüdern am Hals unterhalb des Kinns, in
einem dritten Falle hatten die Tumoren dieselbe Lokalisation wie in dem
demonstrierten.
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Er betriSt eine gesund aassehende, ziemlich kräftig gebaute Patientin
von 41 Jahren, die auf der linken Wange in der verlängerten Nasolabial-
falte, cm vom äußeren Mundwinkel entfernt, einen taubeneigroßen,
gegen die gesunde Haut scharf abgegrenzten, auch bei Druck nicht
schmerzhaften Tumor von halbkugeliger Gestalt aufwies. Die Farbe war
braunrot, im Zentrum mit einem Stich ins Bläulichrote. An vereinzelten
Stellen sah man weißgelbliche, cystenartige Einlagerungen und teleangi-
ektatische Geiaße durchschimmem. Die Oberfläche war mit wenigen silber¬
glänzenden Schüppchen bedeckt, die Konsistenz aufiallend weich, auf
Fingerdruck polsterartig sich anfüblend. Auf der rechten Wange präsen¬
tierte sich ein auf der Mitte der Nasolabialfalte etwa beginnender, nach
außen sich ausbreitender, ungefähr ebenso großer Tumor, wie links, von
gleicher Farbe und Konsistenz. Die Untersuchung der Organe ergab keinen
pathologischen Befund. Drüsenschwellungen waren nicht zu konstatieren.
Patientin datierte den Beginn ihrer linksseitigen Geschwulst 18 Jahre
zurück, diese war angeblich 6 Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes
aufgetreten. Zuerst hatte sich ein kleiner, stecknadelkopfgroßer „Pickel",
den sie mit Hühnerangentinktnr behandelte, entwickelt, einige Jahre blieb
die Geschwulst in dieser Größe bestehen und fing anfangs der neunziger
Jahre an zu wachsen bis zur jetzigen Größe. Die Stelle auf der rechten
Wange hatte vor 8 Jahren mit ebensolcher kleinen Verdickung begonnen,
die allmählich zum jetzigen Umfang sich erhob. Erweichung oder Eiterung
waren bei beiden Geschwülsten nie eingetreten. Patientin war seit 11 Jahren
verheiratet und hatte 4 Kinder, von denen eines an Stickhusten gestorben
war, die drei anderen gesund blieben. Die Familienanamnese ergab be¬
züglich hereditärer tuberkulöser Belastung nichts. Als Kind hatte Patientin
zeitweise Ausschlag im Gesicht; ernstere Erkrankungen machte sie nie
durch. Die klinische Diagnose auf Lupus wurde durch das histologische
Bild, das charakteristische Tuberkelbildung aufwies, bestätigt. Man ent«
fernte die Tumoren auf operativem Wege.
Die histologische Untersuchung dieses Falles rührt, wie
oben erwähnt, von Herrn Prof. E. Hoffmann her.
Ein Durchschnitt durch die Mitte eines ganzen Tumors
(cf. Taf. II, Fig. 2, 3,4) zeigt schon hei Betrachtung mit dem
bloßen Auge einen mächtigen, im Präparat noch fast 5 mm über
das umgebende Niveau prominenten, scharf ahgesetzten Tumor
von zirka 8 mm Breitendurchmesser, der namentlich in den in die
Submucosa hinabreichenden Partien ausgesprochen gelappten
Bau besitzt. Die einzelnen Zapfen sind durch zwischen gelagerte
Bindegewehssepta getrennt, die Peripherie ist, in den tieferen
Partien von Cutis und Subcutis wenigstens, von straffen Binde¬
gewebsfasern umscheidet.
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über tamorbildenden Lupus.
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Im mikroskopischen Bild des vertikalen Schnittes erscheint
die Epidermis über dem Tumor unter dem Druck desselben in
toto verschmälert, in ihren einzelnen Schichten aber ziemlich
unverändert. Die Papillen sind fast vollständig verstrichen, die
Haarhälge, Talg- und Schweißdrüsen offenbar in dem Gewebe
des Tumors untergegangen; Reste von ihnen finden sich isoliert
und meist von Granulationsgewebe um- oder durchwuchert vor.
Die tumorartige Einlagerung der Haut erstreckt sich auf manchen
Schnitten unmittelbar bis ans Rete, auf anderen erscheint sie von
demselben durch spärliche Bindegewebszüge getrennt; jedenfalls
wird der Tumor nicht von straffen Bindegewebszügen einge-
scheidet. Sein lappiger Bau findet in der Tiefe seine Begrenzung
weit in der Subcutis und reicht fast bis an die Muskulatur,
bis zu der der Tumor exstirpiert wurde. Bei der Untersuchung
des den Tumor konstituierenden Gewebes zeigen sich (cf. Tafel
m, Figur 5) den hellen und dunklen Partien der Bilder ent¬
sprechend herdförmige Anhäufungen hell aussehender, schwach
gefärbter polymorpher Zellen mit großen geblähten Kernen,
bogenförmig umkränzt von Zellen mit runden, stark tingierten
und spindelförmigen, schwächer gefärbten Kernen, die vor allem
an der Peripherie des Tumors in dichter Anordnung liegen.
Unter den heller tingierten Zellen läßt sich eine große Anzahl
von Riesenzellen jeden Umfanges oft mit zahllosen randstän¬
digen Kernen konstatieren. Wir haben also das charakteristische
anatomische Bild des konfluierten oder Kooglomerattuberkels
vor uns mit typischen Epitheloidzellen, Riesenzellenbildung und
Infiltrationswall an der Peripherie der Herde. In letzterem
heben sich bei stärkerer Vergrößerung auf den mit polychromem
Methylenblau behandelten Schnitten deutlich tjrpiscbe Plasma¬
zellen — wenn auch in nicht allzu großer Anzahl — mit ihrem
meist exzentrisch gelagerten Kern und dem stark gefärbten
Protoplasmasaum hervor. In der Nähe der Epidermis sind in
dem lupösen Gewebe stellenweise Lymphgefäße mit etwas
erweitertem Lumen, im übrigen zahlreiche kleine Blutgefäße
zu konstatieren, die zum Teil von Granulationsmassen zusammen¬
gedrückt, zum Teil von ihnen durchsetzt erscheinen. Wucherung
ihrer Endothelien ist nirgends zu finden. In nächster Nähe der
Epidermis präsentieren sich an der Peripherie der Neubildung
Arch. f. Dcrxnat. n. Sjph. Bd. LXXXlI. o
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zwei Horncjsten von 0*33 und 0*6 mm Durcbmesser. Die Wan¬
dungen der Cysten, bei denen es sich offenbar um Haarbalg¬
cysten bandelt, setzen sich aus mehreren Schichten stark abge¬
platteter Epitbelzellen mit länglich gezogenen Kernen bei nur
stellenweise noch angedeutetem Basalzellensaum zusammen. Die
dem Lumen nächst gelegenen Zellen weisen eine auffallend starke
Eeratohyalinbildung auf und gehen in konzentrisch geschichtete
Hommassen über, die im Zentrum keine Färbung mehr ange¬
nommen haben. An der Peripherie der Cysten machte sich eine
dichtere Ansammlung von Rundzellen bemerkbar, die stellen¬
weise die äußeren Wandzellen durchsetzen. Auf dem Schnitt
durch die Hälfte des Tumors (cf. Taf. II, Fig. 3) präsentieren
sich noch zwei bedeutend größere Cysten gleicher Beschaffen¬
heit, eine von 1*36 mm Längen- und 1 mm Breitendurchmesser,
die andere mit 0*93 mm in jedem Durcbmesser.
Die Färbung mit saurem Orcein zeigt, daß das elastische
Faserwerk in der Umgebung des Tumors vorzüglich ausge¬
bildet, in ihm selbst untergegangen ist, Spuren von elastischen
Fasern heben sich noch in vereinzelten Riesenzellen deutlich
hervor. In den dem Tumor benachbarten Partien lassen sich
unter der normal aussebenden Epidermis gedrängt stehende,
teilweise noch mit Haaren ausgestattete Haarbälge erkennen,
die mit stark gewucherten Epithelzapfen weit in die Cutis hin¬
abreichen. Diese sowie die Talg- und Schweißdrüsen sind ein-
gescheidet von dichten Rundzellenmassen, die ihre tieferen
Partien teilweise massig durchsetzen. Hypertrophie von Talg¬
drüsen habe ich nicht beobachtet. Im übrigen zeigt das Bild
der Cutis seitlich vom Tumor schmälere und breitere Züge von
Rundzellen, die in den Saftspalten und entlang den Gefäßen
aus dem Tumor peripher sich ausgebreitet haben, sich stellen¬
weise bis in den Papillarkörper verzweigen und durch ihr Zu¬
sammenfließen, besonders in der Nähe des Tumors, oft unter
Einschluß epitbeloider Zellen im Zentrum sich als charakteristische
Tuberkel präsentieren. Wie in die den Tumor umgebende Cutis,
lassen sich auch in die Subcutis hinein zahlreiche feinste Aus¬
läufer des Granulationsgewebes verfolgen, das ja mit makro¬
skopisch scharf abgesetzten Zapfen tief in das Fettgewebe
bineinreicht Auch hier sieht man in den einzelnen Schnitten
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Ober tumorbildenden Lupus.
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diese mikroskopisch feinsten Ausläufer wiederum entlang den
Gefäßen aus dem Tumor aus treten.
Auf Tafel III, Fig. G, präsentieren sich im Fettgewebe
liegend eine mittlere und eine kleine Vene. Die obere Wand
der ersteren ist noch vollkommen intakt, wird aber unter dem
Druck des tuberkulösen Gewebes, das dicht anliegend auf ihr
lastet, eingebuchtet; an der weniger widerstandsfähigen Wand
der kleinen Vene ist der Prozeß bedeutend weiter vorgeschritten,
sie erscheint von den Granulationsmassen dicht durchsetzt, ihr
Lumen teilweise verlegt. Auf Tafel 111, Fig. 7, hat der Schnitt
eine größere Vene, in einem Septum zwischen lappigen Vor¬
sprüngen des Tumors Hegend, im Längsschnitt getroffen, die an
dem einen knopfförmig abgerundet aussehenden Ende einen
Seitenast aufnimmt. Das weitklaffende Lumen ist mit roten
Blutkörperchen, wenigen polynukleären Leukocyten undLympho-
cyten ausgefullt. Rechts unten von der Vene zeigt sich auf dem
Bilde die zu ihr gehörige Arterie, deren Wand unverändert
ist. Die Gefäße sind eingebettet in Züge von kollagenem Binde-
und Fettgewebe. Oben rechts auf dem Bilde ragen die dichten
Tumormassen hervor und reichen bis zur Berührung des kleinen
Venenseitenastes. Ausläufer zeigen sich als Begleiter der Vene
zu beiden Seiten ihrer Wandung. Die Vene ist so in ihrer
Mitte in fast umschriebener Weise von dem zahlreiche epi-
theloide und Riesenzellen umschUeßenden Granulationsgowebe
eingescheidet, die Wand in dichtester Weise durchsetzt und das
Endothel durch den Druck weit in das Lumen vorgebuchtet.
Während nun auf dem Bilde an der linken Wand die Elastica
zwar durchbrochen, der vorgewölbte Endothelüberzug aber
noch vollkommen erhalten erscheint, zeigt sich in der rechten
Wand unter Erhaltung der Kontinuität der Elastica deutlich
eine geringe Usur an zwei Stellen im Verlauf des Endothels,
durch welche die tuberkulösen Massen eben in das Lumen
vorquellen. Ein ähnlicher Prozeß scheint sich in dem Seitenast
der Vene vorzubereiten. Der Mitte desselben ist ein dichtes
Infiltrat angelagert von gleicher Zusammensetzung wie das
vorhin erwähnte, das oben im Bilde die Endothelbekleidung
der Wand erreicht und vor sich hergeschoben, unten aber die
Gefäßwand noch nicht ganz durchsetzt hat.
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Ein anderes überaus charakteristisches Bild einer Gefä߬
erkrankung präsentiert sich in Tafel II, Fig. 8. Die obere Wand
einer längsgetroffenen Vene der Subcutis ist durch einen sie
begleitenden Fortsatz der Neubildung vom Aussehen eines
typischen Tuberkels mit zentral eingeschlossenen Epitheloid- imd
Biesenzellen und peripheren Bundzellensaum unterbrochen.
Die elastische Membran der Vene fasert sich seitlich an den
beiden Polen der Einlagerung auf. Das Endothel ist an dieser
Stelle in das Gefäßlumen vorgeschoben. Die Vene liegt in der
Subcutis sehr nahe dem Tumor, der in seiner charakteristischen
Zusammensetzung die obere Partie des Bildes einnimmt. Fast
überall, wo von diesem Tumor bei seinem, nach dem klinischen
Verlauf zu urteilen, sehr langsamen Wachstum die lupösen Gra¬
nulationsmassen sich in die Peripherie weiter ausgedehnt haben,
ist dies in einer den oben skizzierten Bildern entsprechenden
Weise entlang dem Verlauf der Gefäße geschehen.
Obschon sich bei makroskopischer Betrachtung der Prä¬
parate der Tumor als eine scharf begrenzte Scheibe präsentiert,
erscheinen bei genauerer mikroskopischer Untersuchung allent¬
halben an den Gefäßen Einscheidungen durch tuberkulöse
Infiltrate, die hier und da auch die Gefäßwandung ergriffen
haben, die jedoch auffallender Weise auch bei genauer Verfolgung
an der Hand der Schnitte nicht immer als kontinuierlich entlang
den Wänden fortkriechende Züge sich darstellen, sondern oft
nur stellenweise den Wandungen angelagert sind und mit nor¬
malen Gefäßpartien alternieren. Besonders in prognostischer
und therapeutischer Hinsicht ist dieser Befund wertvoll. Der
operative Eingriff dürfte, obschon er tief in der Subcutis den
Tumor und dessen Umgebung entfernte, hier kaum noch aus¬
reichend gewesen sein, um eine absolut günstige Prognose zu
garantieren.
Weitere Bemerkungen zu diesem klinisch wie histologisch
eigenartigen Lupus will ich nach Beschreibung des zweiten
tumorbildendeii Lupusfalles, der von mir selbst beobachtet und
histologisch untersucht wurde, anknüpfen.
Bei diesem bandelte es sich um ein 7 Jahre altes, gut entwickeltes
Mädchen in bestem Ernährungszustand und von gesundem Aussehen. Auf
der rechten Wange saß ein zirka ffinfinarkstAckgroßer, dunkelroter Krank*
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über tamorbildenden Lupus.
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beiisherd mit unregelmäßig konturierten, aber scharf gegen die normale
Haut abgegrenzten Rändern^ die sich etwas über das Niveau der gesunden
Haut erhoben mit leicht schuppender Oberfläche. Die erkrankte Stelle
fühlte sich etwas teigig an. Bei stärkerem Olasdruck verschwand die rote
Farbe; es ließen sich einzelne typische Lupusknotchen von Stecknadel^
kopfgroße und darüber erkennen. Über die Außenseite des rechten Ober¬
arms prominierte eine solitäre, eirunde, fünfroarkstückgroße Geschwulst
mit oberflächlich schuppender, intakter Hautdecke von dunkelroter Farbe.
Die Neubildung wölbte sich mehr wie 1 cm über das Niveau der umge*
benden Oberfläche mit scharfer Abgrenzung empor und zeigte weiche
polsterartige Beschaffenheit. Die übrige Haut war vollkommen normal.
Rechte Submaxillardrüse erwies sich über erbsengroß geschwellt, sonst
waren keine vergrößerten Drüsen palpabel. Die inneren Organe zeigten
keinen krankhaften Befund. Der Urin war frei von Eiweiß und Zucker.
Die Anamnese ergab, daß die Mutter angeblich an Rückenmarksschwind¬
sucht, der Vater in einer Irrenanstalt gestorben war. Über Vorkommen
von Haut- oder Lungenleiden in der Familie konnte nichts eruiert werden.
Abgesehen von Masern und Stickhusten waren keine Erkrankungen vor-
aufgegangen. Im Alter von 8 Jahren soll auf der rechten Wange ein
funfzigpfennigstückgroßer, geröteter und nässender Fleck bestanden haben
und auf der Außenseite des rechten Oberarms ein stecknadelkopfgroßes
Knötchen. Der Krankheitsherd im Gesicht nahm nur langsam an Umfang
zu, das Knötchen am rechten Arm hingegen wuchs sehr schnell. Seit
zirka 1 Jahre hat das Wachstum dieses Gebildes aufgehört. Von März
bis Mai 1902 wurden die erkrankten Stellen mit Salbe behandelt.
Das mikroskopische Bild des ausgiebig in der Subcutis
excidierten, in Alkohol gehärteten Tumors zeigt ähnliche Gewebs-
struktur wie das des vorigen Falles, weicht aber doch in ver¬
schiedenen Einzelheiten davon ab. Auf vertikal durch die Neu¬
bildung geführten Schnitten sieht man hei den verschiedenen
Färbemethoden wieder einen teils in die Haut bis in die Sub¬
cutis eingelagerten, teils diese überragenden Tumor, der scharf
gegen das benachbarte Gewebe abgegrenzt erscheint. Die Epi¬
dermis über den Geschwulstmassen ist wiederum unter dem
auf ihr lagernden Druck verdünnt, hauptsächlich auf Kosten
der Stachelzellenschicht. Die Keratohjalinkörnung im Stratum
granulosum ist in normaler Weise ausgesprochen. Der Papillar¬
körper ist vollkommen abgeflacht. Haarbälge und die Talgdrüsen
sind größtenteils in den Geschwulstmassen zugrunde gegangen.
Der Knoten reicht auf den meisten Schnitten bis unmittelbar
an die Epidermis, auf anderen ist eine schmale Bindegewebs-
brücke dazwischen geschoben. In der Tiefe liegt seine Begren-
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Henck.
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zung ziemlich weit in der Subcutis. Er erscheint weniger gelappt
und infolgedessen auch weniger septiert wie die vorige
Neubildung. Bezüglich seiner histologischen Stirnktur bietet er
wiederum das mosaikartige Bild von Ansanunlungen blasser,
epitheloider Zellen, die indeß weniger deutlich gruppenweise,
wie im vorigen Falle, durch Granulationsgewebe geschieden
sind; die Bundzelleninfiltrate beschränken sich vielmehr im
wesentlichen auf die Nachbarschaft der zahlreich in das Gewebe
einbezogenen Gefaßdurchschnitte und auf die hier sehr stark
hervortretenden Kandpartien des gesamten Tumors.
In der Infiltrationszone lassen sich sehr zahlreiche, meist
gruppiert angeordnete Plasmazellen auf den entsprechend ge¬
färbten Schnitten unterscheiden. Innerhalb der gruppierten
Epitheloidzellen zeigen sich viele, zum Teil äußerst umfangreiche
Biesenzellen. Tuberkelbazillen ließen sich trotz eifrigster Unter¬
suchung nicht auffinden. Gefäße präsentieren sich innerhalb
des tuberkulösen Knotens, wie schon bemerkt, in sehr reich¬
licher Anzahl. Sie dokumentieren sich deutlich durch ihre durch
Eosin intensiv rot gefärbten Blutkörperchen, daneben sind andere
von den Granulationsmassen durchwuchert. Nahe der Epidermis
lassen sich erweiterte, aber im übrigen unveränderte Lymph¬
gefäße erkennen. Reste von Haarbälgen, deren Zellen stellen¬
weise ein eigentümlich glasig gequollenes Aussehen angenommen
haben, außerdem isolierte Schweißdrüsen- und Muskeldurch¬
schnitte finden sich an einigen Punkten in das tuberkulöse
Gewebe einbezogen und oft von ihm durchsetzt. In einer seit¬
lichen Partie des Tumors öffnet sich ein weit in sein Gewebe
hineinreicbender, stark erweiterter und verödeter Haarfollikel.
Das elastische Gewebe ist vollkommen aus dem Tumor geschwunden
imd ließ sich auch nirgends mehr in den Biesenzellen
nachweisen. In der Umgebung der Neubildung ist die Epidermis
von normaler Ausdehnung. Gegenüber dem vorigen Bild sind
hier die Retezapfen in der Übergangszone bedeutend gewuchert,
die Hypertrophie der Haarbälge jedoch nicht in dem Maße auf¬
fallend. In der Cutis zeigen sich Rundzelleninfiltrate, die von
dem Tumor zentrifugal, den erweiterten Lymphräumen und Ge¬
lassen folgend sich ausbreiten, unter den Papillen sich netz¬
artig verzweigen und mit breiten Ausläufern in diese hinauf-
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über tumorbildenden Lupas.
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steigen. Eine Anzahl der Papillen ist von diesem Infiltrat
Yollkommen aasgefüllt, das an mehreren Stellen die Epithellage
der Epidermis bis unter die Homschicht massig mit Randzellen
durchsetzt Stärkere Infiltrate sammeln sich wieder um Haar¬
bälge, Talgdrüsen and Gefäße. In der Nachbarschaft des Tumors
erscheinen Ausläufer desselben zum Teil noch als charakteristisch
gebildete Tuberkel. Die Musculi arrectores pilorum sind in großer
Anzahl in der Längsrichtung getroffen und erscheinen verdickt.
In der Subcutis präsentieren sich außerhalb der Tumormassen
zahlreiche Gefäßdurchschnitte mit verschieden großer Lichtung
größtenteils von perivaskulären Hundzellenzügen begleitet, außer¬
dem Granulationsmassen, die hier im wesentlichen den Charakter
von Ljmphoidzellentuberkeln tragen. Dieselben Beziehungen des
Gefäß- bzw. Venensystems zu den in die Subcutis weitergreifenden
Granulationsmassen, wie beim vorigen Falle, lassen sich auch
hier wieder verfolgen; ich will nicht Einzelheiten hervorbeben,
die zum Teil nur Verhältnisse wiedergeben würden, wie sie
oben geschildert worden sind. Ich muß auch hier einerseits
wieder das Sprunghafte der Tuberkelvorschiebung als besonders
bemerkenswert hervorheben und andererseits darauf hinweisen,
daß ich oft an zahlreichen Serienschnitten beobachten konnte,
wie das in der Sabcutis weiterwuchemde, granulierende Gewebe
sich allmählich Gefäß- besonders Venenwandungen nähert, falle
es nicht schon ihnen angelagert den Tumor verläßt, auf weiteren
Schnitten sie durchsetzt und häufig unter vorheriger Sprengung
der Elastica und Vorwölbung der Intima sie ganz usuriert.
Es ist mir nach diesem Berichte möglich gewesen, ein¬
schließlich der beiden aus der hiesigen Poliklinik hinzugefügten
Fälle, im ganzen 14 Krankheitsfälle von tumor-
bildendemLupus zusammenzustellen. Der Beginn seines Auf¬
tretens wurde von 5 Kranken in die ersten Kindeijahre einschlie߬
lich des sechsten Lebensjahres verlegt. Je einmal wurde er im zehn¬
ten und zwölften Lebensjahre zuerst bemerkt. Bei drei Patienten fiel
das Auftreten der ersten Erscheinungen in das sechszehnte bis
neunzehnte Lebensjahr. In einem Fall entstand die Geschwulst
um das fünfzigste Lebensjahr. Von den etwa symmetrisch auf beiden
Wangen sitzenden Tumoren in dem einen meiner beiden Fälle
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Heuck.
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zeigte sich einer im dreiundzwanzigsten, der andere im drei¬
unddreißigsten Lebensjahre. In dem von Hahn veröffentlichten
Falle und in einem Falle Doutreleponts ist über den Beginn
der Geschwulst keine Zeitangabe gemacht. Das Alter der Lupus¬
tumoren bei der Beobachtung stellte sich bei fünf Patienten
auf 1—4 Jahre, zweimal auf 9—10 Jahre, einmal auf 16,
zweimal auf ungefähr 25 und einmal auf 41 Jahre; es fehlt,
wie bemerkt, eine Altersangabe in 2 Fällen. Die Prädilektions¬
stellen waren im wesentlichen die des Lupus überhaupt, ln
sechs Fällen konnte eine multiple Eruption konstatiert werden^
unter denen zweimal auch Stamm und Extremitäten in dissemi-
nierter Weise befallen waren.
Isoliert saßen die Tumoren je einmal auf einer Hinter¬
backe, auf einem Fußrückeu, ferner am Kinn, auf einer Wange,
hinter einem Ohr, über einer Augenbraue, am Septum narium,
sowie auf einem Oberarm. Die häufigste Lokalisation der lupösen
Geschwülste war die im Gesicht. Sie fand sich bei zehn Fällen.
Die Tumoren saßen im Gesicht, abgesehen von Wange und
Ohren, die besonders bevorzugt waren, auf dem Nasenrücken,
dem Nasenseptum, Stirn, Oberlippe, Kinn und Unterkieferrand.
Auffallend erscheint in zwei Lupusfällen eine Kombination mit
Lymphangiom. Bei sieben Patienten wird noch das Vorhanden¬
sein anderer, zum Teil hypertrophischer Lupusherde erwähnt.
Bei den sechs Fällen mit multipler Eruption der Geschwülste
sind, abgesehen von einem Falle, über die Ätiologie Anhalts¬
punkte gegeben, bei den anderen ist nichts hierüber vermerkt.
Einmal erfolgte die Eruption in Anschluß an eine Masern¬
erkrankung, einmal wurde eine voraufgegangene, schwer ver¬
laufende Variola dafür verantwortlich gemacht, und in einem
Falle fiel das Auftreten zeitlich zusammen mit dem einer in
Ankylose abheilenden Kniegelenksentzündung. Ein Trauma gab
angeblich in dem vierten Falle die Ursache ab; die Patientin
mit den symmetrischen Tumoren auf_beiden Wangen bemerkte
die Anfänge des ersten (linken) Tumors sechs Monate nach der
Geburt ihres ersten Kindes. Bei nur vier Patienten ist eine hereditäre
tuberkulöse Belastung vermerkt; bei vieren wird dies ausdrücklich
negiert, bei den übrigen ist nichts darüber angegeben. Bei drei Pa¬
tienten wird eine tuberkulöse Affektion der Lungen erwähnt. Bei
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über tumorbildenden Lupus.
25
der Statistik habe ich in dem einen Falle Doutreleponts, der
10 Jahre später, Ton Heim beobachtet, ein ganz anderes
Erankheitsbild gewährte, nur die Angaben Doutreleponts
verwertet.
Der tnmorbildende Lupus präsentierte sich in den
meisten der Fälle als eine von der Umgebung scharf abgesetzte
kirsch- bis kleinapfelgroße Neubildung mit livid geröteter, oft
leicht schuppender Hautdecke, in der sich in einigen Fällen
cystische Einlagerungen, oft auch durch Glasdruck Lupus¬
knötchen makroskopisch nachweisen ließen; bei der Palpation
zeigten die Tumoren eine weiche, polsterartige Konsistenz. In¬
teressant und wichtig vom klinischen Standpunkte aus erscheint
mir neben der Form vor allem das außerordentlich langsame
Wachstum, die geringe Neigung der tuberkulösen Geschwulst¬
elemente zur Ausbreitung auf die Umgebung und zur regressiven
Metamorphose (fettiger, käsiger Zerfall oder Ulzeration). Derart
langjähriger, unveränderter Bestand im gewöhnlichen Verlauf
des Lupus vulgaris wird fast nie beobachtet bei stark hyper¬
trophischen Bildungen desselben, bei planen Lupusformen kommt
er allerdings ab und zu vor.
Ich möchte zwei derartige Fälle aus der Univ.-Poliklinik
anfiihren. Der eine betrifft einen Patienten mit einem kaum
dreimarkstückgroßen flachlupösen Infiltrationsherd auf der Stirne
zwischen den Augenbrauen, der seit 19 Jahren angeblich un¬
verändert bestand. Sonstige lupöse Effloreszenzen lagen nicht
vor; hereditäre Belastung war nicht nachzuweisen. Das Gegen¬
stück bildete eine erblich tuberkulös belastete Patientin im Alter
von 32 Jabren, die auf der linken Wange im Bereich einer
kaum einmarkstückgroßen Hautpartie lupöse Eruptionen über
21 Jahre in unverändertem Umfange aufwies. Seit 9 Jahren
hatte sich zu diesem Herd ein zweiter am rechten Unterkiefer¬
rande etwa der Größe von zwei Linsen entsprechend hinzu-
gesellt, sonstige Lupuserscheinungen waren nicht nachweisbar.
Histologisch zeigte der tumorbildende Lupus die typische
Struktur von tuberkulösem Gewerbe meist mit sehr vielen und
großen Riesenzellen. Es waren Tuberkulinreaktion in zwei Fällen
und Tierexperiment in einem Falle mit positivem Ausfall
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Heuck.
gemacht worden; einmal ergab die Tuberkulininjektion keine
lokale Reaktion.
Das Ergebnis der Untersuchung auf Tuberkelbazillen wird
abgesehen von meinen beiden Fällen nur bei sieben Tumoren
erwähnt, in vier davon gelang der Nachweis von nur ganz ver¬
einzelten Stäbchen. In meinen beiden Fällen ließen sich auch
in den so zahlreich angehäuften Riesenzellen keine Tuberkel-
bazUlen nachweisen, obschon ich sehr viele, sowohl nach der
Ehr lieh sehen Färbemethode, wie nach der Delbancos
behandelte Präparate aufs genaueste untersuchte, ein Ergebnis,
das sich deckt mit den Beobachtungen Jadassohns (11):
„Riesenzellen finden sich in besonderer Reichlichkeit beim Lupus
vollständig in Übereinstimmung mit der Tatsache, daß diese
Gebilde überall da sich reichlicher anhäufen, wo sehr wenig
Bazillen in Wirksamkeit treten.“
Bei der Frage über die Art der Infektion beim tumor-
bildenden Lupus kann über das Maß von Vermutungen nicht
hinausgegangen werden. Auch unter Berücksichtigung der ge¬
samten histologischen Veränderungen, wie der Art der Grup¬
pierung des tuberkulösen Granulationsgewebes und seiner Ab¬
grenzung, der Lage zur Oberfläche und vor allem der Beteiligung
der Gefäße wird ein Urteil über die Pathenogenese des Pro¬
zesses nur in den allerseltensten Fällen und auch da kaum
mit Sicherheit abgegeben werden können. Es kämen hier nur
ganz frische und entsprechend kleine Effloreszenzen in Frage,
die in ihrer Struktur noch die allerfrühesten Stadien erkennen
lassen. Die au älteren Herden gefundenen Wandtuberkel beweisen
nichts für die ursprüngliche Genese bei diesen so chronischen
Prozessen. Es ist bekannt, daß frisch gebildete Tuberkel sich
mitunter an Gefäße anlegen und diese durchbrechen; man
weiß, daß sie unter Umständen bereits nach kurzem Bestand
sprungweise auf dem Lymphwege durch die adventitiellen
Scheiden oder auf dem Blutwege periphere Metastasen machen
können, die eventuell nachher mit dem primären Herd ver¬
schmelzen. Durch derartige besondere Disposition der Getäße
für tuberkulöse Infektion kommen mitunter Bilder zustande,
die einen Ausgang des gesamten Prozesses vom Innern der
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über tumorbildenden Lupus.
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Gefässe, also hämatogenen Ursprunges vortäuscben können. In
dieser Hinsicht ist auch der von Wolters (12) veröffentliche
interessante Fall von „Lupus nodularis" mit einer gewissen
Vorsicht zu beurteilen, bei dem zum ersten Mal an der Hand
von Serienschnitten die Entwicklung von Lupusknötchen von
der Intima aus nachgewiesen wurde, und den ich hier bei der
Frage über die Bedeutung des histologischen Befundes eines
Lupusknötchens für die Beurteilung der Entstehung des ganzen
Herdes kurz streifen möchte. Der Lupus wurde beobachtet bei
einem 32 Jahre alten Patienten, bei dem sich im Verlaufe von
zirka zwei Jahren eine umschriebene rundliche Y, cm erhabene
Geschwulst von ungefähr Markstückgröße und weicher Konsistenz
über dem rechten Nasenbein herausgebildet hatte. Phanero-
skopisch erschienen an der glatten Hautoberfläcbe zahlreiche
nadelkopfgroße bräunliche Fleckchen. Die lupösen Stellen zeigten
sich mikroskopisch als multiple, in die Haut eingesprengte viel¬
gestaltige, aber scharf umschriebene Anhäufungen epitheloider
Zellen und Rundzellen. Bei dem Studium der Gefäße fand W olters
die Arterien frei von pathologischen Erscheinungen, die Wand
von mittleren und kleineren Venen dagegen vielfach von Gra-
nulationsmassen mehr oder weniger durchsetzt. In seinen Serien¬
schnitten konnte nun Wolters an zahlreichen von den herd¬
förmigen Granulationsmassen nachweislich getrennt liegenden
kleinen venösen Gefäßen zweifellos primäre Tuberkel der Intima,
begrenzt von intaktem Endothel und der Elastica interna nach-
weisen. Einen analogen Befund bot die Wand eines kleinen
Übergangsgefaßes, bei dem ja Media und Adventitia fehlen.
Vollkommen getrennt von sonstigen Granulationsmassen ließ
sich hier die Entwicklung eines kleinen Tuberkels aus den
ersten Anfängen erkennen. Die hämatogene Entstehung dieser
einzelnen isolierten Intimatuberkel, die sich außer zahlreichen
von Granulationsmassen dicht durchwucherten Gefäßen fanden,
ist nicht zu leugnen, kann aber nicht die ursprüngliche häma¬
togene Entstehung des ganzen seit 2 Jahren bestehenden Lupus¬
herdes mit Sicherheit beweisen. Diese Intimatuberkel können
an einen kleinen Herd, dessen Entstehungsart nicht mehr nach-
zuweisen ist, durch Verschleppung infektiösen Materials von einem
entfernt gelegenen tuberkulösen Herd aus hämatogen angelagert
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worden sein, es ist aber, wenigstens für die Tuberkel in den venösen
Wandungen, auch die Möglichkeit vorhanden, daß ein älterer
Lupusherd nach der Peripherie innerhalb von Kapillaren und
kleinen Venen auf kurze Entfernung durch lokale Metastasen
sprungweise fortgeschritten ist, wie es ja nicht selten beobachtet
wird. Zur Annahme von mehreren metastatischen Verschlep¬
pungen an stets eine und dieselbe kleine Hautstelle kann man
sich schwer entschließen.
Und auch bei den Lupustumoren in meinen beiden Fällen
läßt sich begreiflicherweise der Ursprung der lupösen Verände¬
rungen in Anbetracht des jahrelangen Bestandes der Tumoren
nicht mit Gewißheit feststellen. Bei diesen makroskopisch scharf
umschriebenen, isolierten, knotigen Erhebungen mit ihrem einer
äußeren Schädigung leicht zugänglichen Sitz scheint mir der
exogene Infektionsmodus am annehmbarsten. Doch gerade für
die Beurteilung der Pathenogeuese des Lupus unter Berück¬
sichtigung der histologischen Bilder ist die instruktive Eigenart
dieser beiden Fälle hervorzuheben. Sie mahnen zur Vorsicht
in der Abschätzung der Bedeutung der Venen- und Intima¬
tuberkel für die Genese des Lupus. Ich kann hier bei diesen
Tumoren nur wieder auf die oft ohne Zusammenhang mit den
Tumormassen den Gefäßwandungen anliegenden Tuberkel ver¬
weisen, die teilweise wie durch Metastase von einem entfernten
Herd, also hämatogen entstanden erscheinen, was doch bei den
über 18 bzw. 8 Jahren alten Geschwülsten unwahrscheinlich
ist, die viel eher die Annahme einer lokalen Verbreitung durch
Verschleppung von tuberkulösem Virus auf kurze Strecken
innerhalb von Venen bzw. innerhalb von Kapillaren und Venen
zulassen, deren Wand im Bereich des lupösen Herdes durch¬
brochen wurde. In zwei der oben berichteten 11 Fälle von
tumorbildendem Lupus ist dagegen, vom klinischen Standpunkte
aus wenigstens der hämatogeme Infektionsmodus wahrscheinlich;
ich meine hier die mit disseminierter Ausbreitung, wie den
zuerst erwähnten Fall von Pick und den einen Fall Doutre-
leponts. Bei ersterem wurde das Auftreten der Tumoren nach
einer schweren Variola, bei letzterem während einer Masern¬
erkrankung beobachtet. Man hat es hierbei mit den multiplen
an akute exanthematische infektiöse Kinderkrankheiten sich
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über tumorbildenden Lupus.
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anschließenden sogenannten ^postexanthematischen** (13) Aus¬
brüchen von Lnpus zn tun. Der Anfiassung, die für diese Fälle
von multiplem Lupus mit Hinweis auf die durch das Jucken
Teranlaßten Kratzeffekte und die Schuppung bei den akuten
Exanthemen auch eine multiple Autoinokulation annimmt, kann
ich nicht beipflichten, glaube vielmehr hier an eine durch die
veränderten Zirkulationsverhältnisse bedingte Mobilisierung von
Tuberkelbazillen, indem ich mich der Auffassung Jadas-
sohns (14) anschließe, der mit Recht an die Lupuseruptionen
auch nach Diphtherie und Keuchhusten sowie an die nach
Vaccinationen unter Schonung der Vaccinationsstellen auftre¬
tenden, dann vor allem an das schubweise Auftreten der Aus¬
brüche und an die Seltenheit des Vorkommens bei ausgebreiteten
Elkzemen im Kindesalter erinnert.
Fasse icb die Beobachtungen in den von mir hier zusammen¬
gestellten Fällen von tumorbildendem Lupus zusammen, so kann
ich folgende dafür bedeutsame Punkte hervorheben:
1. Die klinische Eigenart des tumorbildenden Lupus be¬
steht neben der Größe und der polsterartigen Konsistenz in
seiner bei makroskopischer Betrachtung scharfen Abgrenzung
gegen die Umgebung bei auffallend geringer Tendenz zum
Weitergreifen auf das benachbarte Gewebe und zur degenerativen
Metamorphose.
2. Die histologische Struktur zeigt das charakteristische
Bild des tuberkulösen Gewebes mit außerordentlich großen und
zahlreichen Riesenzellen. Tuberkelbazillen wurden in mehreren
Fällen in nur ganz vereinzelter Anzahl, in anderen nicht gefunden.
3. Über die Art der Infektion läßt sich keine allgemein
gütige Theorie aufstellen. In einigen Fällen finden sich Gefäß-
tuberkel außer Zusammenhang mit den Tumormassen, die eine
metastatische Verschleppung von einem entfernt gelegenen
Herd aus Vortäuschen können, die aber durch örtliche Ver¬
schleppung innerhalb arrodierter Venen erklärbar sind.
Weshalb der Tuberkelbazillus in diesen selten zur Beob¬
achtung kommenden Lupusfällen ganz lokalisiert zu solch tumor¬
artig proliferierenden, außerordentlich widerstandsfähigen Erhe¬
bungen des typisch tuberkulösen Gewebes anregt, dafür ist
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auch bei Berücksichtigung der histologischen Bilder eine aus¬
reichende Erklärung nicht zu geben, es werden da wohl in
erster Linie die angeborenen und erworbenen individuellen
Verhältnisse des Organismus verantwortlich zu machen sein.
Meinem hochverehrten Chef, Herrn Geh.-Rat Besser,
schulde ich für die Anregung zu dieser Arbeit und seine gütige
Unterstützung verbindlicbsten Dank. Zu besonderem Dank bin
ich Herrn Prof. £. Hoffmann verpÜichtet, zumal für die
liebenswürdige Übei'lassung der Präparate und Abbildungen zum
ersten meiner beiden Fälle.
Literatur.
1. Leloir: Traite de la Scrophulo-Tuberculose und Compt. rend.
Acad. de Science. Paris. 1888. Bd. CVII. p. 276.
2. Verhandlungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft,
1. Kongreß: Pick: Demonstration eines seltenen Falles von Lupus.
3. Hahn: Über den Lupus der Extremitäten. Archiv 1890. Bd. XXII.
4. Doutrelepont: Beitrag zur Hauttuberkulose. Archiv 1894.
Bd. XXIX.
5. Heim: ÜberLupus mit Tumorenbildung. Dissertation. Leipzig. 1905.
6. Doutrelepont:Ü ber Haut- und Schleimhauttuberkulose. D. M. W.
1892. Nr. 46.
7. Tumor-like Forms of Tuberculosis of the Skin by Walther Pick.
M. D. Journal of cutaneous diseases. July 1904. Bd. XXII.
8. La Mensa: Seltene Fälle von Hautkrankheiten. Archiv 1904.
Bd. LXXI. p. 332.
9. Lang: Der Lupus und dessen operative Behandlung, p. 103.
10. Verhandlungen der Berliner Dermatologischen Gesellschaft.
Sitzung vom 14. Juli 1904.
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über tumorbildenden Lupus.
31
11. Jadassobu: Über Inokalationslupus. Virchows Archiv 1890.
Bd. CXXI.
12. Wolters: Über einen Fall von Lupus vulgaris hämatogenen
Ursprunges. Archiv 1904. Bd. LXIX.
18. V. Veress: Über Lupus vulgaris postexanthematicus. Monats¬
hefte f. prakt. Dermat. Bd. XL. Nr. 11.
14. Jadassohn: Die Tuberkulose der Haut. — Mraöeks Hand*
buch der Hautkrankheiten.
15. Jadassohn: Die tuberkulösen Erkrankungen der Haut. —
Lnbarsoh und Ostertag: Ergebnisse der spez. Pathologie, Morpho¬
logie und Physiologie.
16. Kreibich: Über Lupus pernio. Archiv. Bd. LXXI. Heft 1.
17. Spitzer: Über einige seltene in Form von Tumoren auftre-
tende Erkrankungen der Haut. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der
Medizin und Chirurgie.
18. Riehl: Klinische und histologische Beiträge zur Haot-Tuber-
knlose. Verhandlungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.
4. Kongreß.
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Erklärung der Abbildungen auf Taf. II u. III.
Tafel II. Fig. 1. Photogramm der Moulage von Fall 1. Fig. 2,
Durchschnitt durch den ganzen tief ins subkutane Gewebe sich erstrecken¬
den Tumor, der makroskopisch scharf gegen die Umgebung sich abgrenzt.
Fig. 3. Schnitt durch die Hälfte des Tumors; an der Peripherie kleine,
von Gefäßen ausgehende Herde, im oberen Teil 2 Horncysten. — Fig. 4.
Schnitt durch den Rand des Tumors, der hier sehr scharfe Grenzen zeigt
und gänzlich im Subkutangewebe liegt.
Tafel in. Fig. 5. Fall I. Lupusgewebe mit epitheloiden Zellen
und Riesenzellen. — Fig. 6. Junge Lupusknötchen an und in der Wand
kleiner Venen in der Umgebung der großen Herde. — Fig, 7. Längsdurch¬
schnitt durch eine größere Vene mit Seitenast. An umschriebener Stelle
Einscheidung durch tuberkulöses Granulationsgewebe. Endothel weit in das
Lumen vorgebuchtet. An der linken Wand Elastica durchbrochen,
Endothel intakt; an der rechten Wand Elastica erhalten, Usur an zwei
Stellen des Endothels. Unten rechts von der Vene die zu ihr gehörige
Arterie mit unveränderter Wand. Oben rechts im Bild Tumormassen.
Fig. 8. Längsgetroffene Vene der Subcutis, nahe dem Tumor gelegen.
An der oberen Wand ein umschriebener typischer Tuberkel in das Lumen
vorspringend. Elastica aufgefasert, Endothel erhalten.
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mnrhimpnnAn i iiniis
Archiv f.Oermatologie u.S^philis Band LXXXII.
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Archiv f.Dermatologie u Syphilis Band LXXXll.
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Heiick l’bor* tuiMOibildcruhMi Lupus
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Ein Fall von Sarcoma idiopathicum
multiplex
haemorrhagicum Kaposi.
Von
Dr. S. B. Selhorst und M. E. Polano,
Chef and Arzt an der dermatologlaehen Klinik im Haag.
(Hiezu Taf. IV.)
Daß die primäre Hautsarkomatose eine ziemlich seltene
Erkrankung darstellt, erklärt genügend die Tatsache, daß dieses
Leiden als Affektion sui generis nur in den letzten fünfund-
dreißig Jahren als solche anerkannt worden ist.
Zwar besprechen schon Ambroise Pare (1) und Lor-
ry (2) das Sarkoma in ihren Publikationen, aber ebenso gewiß
ist es, daß sie damit etwas ganz anderes berücksichtigen.
Köbner (3) war es, der in 1869 als erster nach Virchows
(4) bahnbrechenden Versuchen über Tumoren im allgemeinen
einige Fälle von Hautsarkomatose ziemlich detailliert beschrieb.
Nach ihm war es vor allen Kaposi (5), der diesen Gegen¬
stand gründlich studierte, später folgen der Reihe nach die
Arbeiten von Vidal (6), Hallopeau (7), Schwimmer (8),
Funk (9), de Amicis (10), Hardaway (11), Taylor (12),
Perrin (13) u. a.
Unter den vielen und verschiedenen, in den letzten Jahren
beschriebenen Typen primärer Hautsarkomatose, ist der Ka¬
posi sehe Typus, das Sarcoma idiopathicum multiplex haemor-
rbagicum weitaus der meist frequente. Obschon natürlich die
Areb. t Dermat. a. S7ph. Bd. LXXXII. 3
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Selhorst und Polano.
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Übergangsformen auch hier nicht fehlen, wird doch die klinisch
isolierte Stellung dieses Sarkomtypus charakterisiert durch den
symmetrischen Auftritt, anfangend an Händen und Füßen und
sich nur später ausbreitend über Extremitäten und Gesicht,
im allgemeinen nicht bezweifelt.
Auch der von uns observierte und im folgenden beschrie¬
bene Fall muß zweifelsohne als Sarcoma idiopathicum multiplex
haemorrhagicum Kaposi diagnostiziert werden.
Historia morbi. L. C. S., Kunstmaler, 21. Oktober 1905 auf¬
genommen in das große städtische Krankenhaus im Haag, 70 Jahre alt,
war bis zu seinem 50. Lebensjahre immer völlig gesund. War mehr als
20 Jahre verheiratet, seine Frau ist in ihrem 60. Lebensjahre gestorben,
wahrscheinlich an einer Apoplexie, ohne je gravide gewesen zu sein.
Die jetzige Erkrankung hat vor etwa 20 Jahren als kleiner Fleck
auf dem linken Handrücken angefangen. Dieser Fleck war rosarot gefärbt,
ganz flach und verschwand auf Druck. Während mehr als 18 Jahren blieb
der Zustand ziemlich stationär, in den letzten 2 Jahren nur ist der krank¬
hafte Prozeß schnell zur Ausbreitung gelangt.
Patient stammt aus vollkommen gesunder Familie. Der Vater ist
im 76., die Mutter im 73. Lebensjahre gestorben. Todesursachen nicht
bekannt. Patient behauptet, ein Bruder sei, 60 Jahre alt, gestorben an
Carcinoma ventriculi; alle anderen Geschwister leben noch und sind gesund.
Patient selber war immer vollkommen gesund. Auch frühere Sy¬
philisinfektion wird absolut geleugnet.
Auch augenblicklich noch hat Patient nicht das Gefühl von Krank¬
sein. Alle Funktionen sind normal. Nur hat er Beschwerden und Schmerzen
beim Gehen und Stehen. Vor einigen Monaten plötzliche Attacken von
Dyspnoe; diese sind ganz verschwanden, seitdem ein kleiner Tumor der
Stimmbänder excidiert ist.
Status praesens. Die Lokalisation der Hauttumoren ist auch
in unserem Falle auffallend symmetrisch. Auf beiden Händen sind vor
allem die Dorsalflächen von der Affektion befallen, eine größere, aus
mehreren konfluierenden, haselnußgroßen Tumoren bestehende Fläche
sieht man über dem 3. und 4. Metakarpalknochen; diese breitet sich bis
zur ersten Phalanx des Mittelfingers aus. Auf dem Rücken des 2. Fingers,
an der ulnären Seite und auf der Haut zwischen Metakarpalia I und H
sind die Tumoren mehr isoliert. Alle diese Tumoren, deren Größe ab¬
wechselt zwischen der einer Erbse und einer Haselnuß und welche stark
über das Hautniveau hervorragen, liegen in der Cutis selbst; die Haut
darüber ist blaulivide verfärbt.
Die unteren Extremitäten sind cyanotisch und elephantiasisartig
infiltriert. Über beiden Unterbeinen sind die endermatischen, haselnu߬
großen Tumoren gleichmäßig, aber vor allem in der Länge der Vena
saphena verteilt. Unter dem Malleolus extemus, der Fußsohle entlang.
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Ein Fall von Sarcoma idiop. malt, haemorrhagicam Kapoti. 35
tich ansbreitend bis zum medialen Fufirande, siebt man eine große, ver*
rnkfise, livid farbige Tnmormasse, in welcher man die arspröngliohen
Knoten nur mit Mühe zarückfinden kann. Aach die Dorsalfläche der
Zehen ist ganz von massenhaften, kleineren, teils konflaierenden Tumor«
knoten fiberwachert. Übrigens ist der gauze Körper frei, nor an den
beiden oberen Augenlidern, und auch hier vollkommen symmetrisch, be«
findet sich ein violetter, erbsengroßer, derb elastischer Knoten.
Histologie. Gerade unter dem Rete malpighii sieht
man schon mit der Lupe die multiplen, deutlich isolierten und
vom Bindegewebe umgebenen Massen des Tumorgewebes. Das
von uns excidierte Stück behält uuf diese Weise drei erbsen¬
große und kleinere dergleichen Inseln, welche ungefähr Vs
unter dem Epithelium liegen. Über dem Tumorgewebe ist das
Epithelium sehr verdickt und die Papillen sind an dieser Stelle
sehr viel zahlreicher. Die Reihen der Stachelzellen haben hier
ihre gewöhnliche, regelmäßige Anordnung verloren. Es gibt
selbst hier und dort kleine Stellen, wo die mäßig gewucherte
Papille die Stachelzellenreihe ganz verloren zu haben scheint.
Übrigens sieht das Epithel normal aus. Die Tumoren selbst
sind auch mikroskopisch ziemlich circumscript. Am Rande und
zwischen den kleineren Tumoren siebt man überall kleine,
braungrüne, zusammengeklebte Massen (Fig. 1 u. 2 e), die hier
als amorphe Masse das Zellprotoplasma förben, dort wieder
unabhängig der Zellen in den Zwischenzellspalten gelegen sind.
Eisenreaktion positiv. Das Tumorgewebe selbst ist ä\ißerst
gefäßreich und diese Gefäße sind stark dilatiert, meistenteils
sind sic mit roten Blutkörperchen überfüllt (Fig. 1 e, Fig. 2 d),
zu Knäueln ungeordnet und durchziehen das Tumorgewebe in
verschiedenster Richtung. Die Tumorzellen selbst sind in Bündel
(Fig. 1 a) zusammengeiügt, welche um und parallel mit den
Gefäßen verlaufen. Auch an anderen Stellen, wo dieser Gefä߬
reichtum nicht so groß ist, bleibt es immer deutlich, daß die
Tumorzellen in Bündeln gelegen sind, die in verschiedener
Richtung durcheinander geflochten sind. In Folge dessen sieht
man zwischen den deutlich spindelförmigen Zellen bisweilen
einen ganzen Strang runder Zellen mit zentralen, runden Kernen
und ebenso sieht man Zellen und Kerne, welche in Größe und
Form alle möglichen Übergangsstufen zwischen diesen beiden
äußersten darsteilen. Die Größe der Kerne der deutlich spindel¬
förmigen Zellen (Fig. 2 a) [durchaus der größte Teil der Tumor¬
zellen] ist überall ziemlich gleich, die Form aber ist sehr ver¬
schieden, da sich auch mehrere Einsenkungen in den Kernen
zeigen. Ebenso sehr verschieden ist die Intensität der Kern¬
färbung. Hier und dort sieht man Kernteilungsfiguren. Wenn
man die Spindelzellen mit den Endothelien der oben beschrie¬
benen Gefäße vergleicht, sieht man sofort, daß ein wirklicher
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Selhorst und Polano.
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Unterschied zwischen beiden nicht deutlich ist. Wenn man
übrigens einzelne Gefnßknäuel in Serienschnitten weiter ver¬
folgt, so wird es deutlich, daß es Stellen gibt, wo das Blut
das Endothelium losgerissen hat, wodurch dann die Endothel-
zelle im Gefäßlumen zu liegen kommt. Wenn man bedenkt,
daß die Gefäße kapillär sind und ihre Wand also nur aus
Endothelzellen besteht, so wird der Unterschied zwischen diesen
losgerissenen Endothelzellen und den spindelförmigen Tumor-
zellen noch viel undeutlicher, und weil man überall die roten
Blutkörperchen (Fig. 1 /, Fig. 2 c) mitten im Tumorgewebe
findet, so ist es gar nicht möglich, den oben beschriebenen
Zustand von einer Blutung im Tumorgewebe selbst zu unter¬
scheiden.
Epikrise. Dieser Spindelzellen-Tumor ist aufgebaut aus
Zellenbündeln, welche Bündel um die Eapillargefaße angeordnet
sind. Die Gefäßwandzellen zeigen einen deutlichen Zusammen¬
hang mit den Tumorparencbymzellen. Also ein Tumor, in wel¬
chem Parenchym und Stroma aus derselben Matrix stammen.
Nach Virchow haben wir also ein bistioid Gewebe, und da
auch nirgends Interzellulai'stoff zu sehen ist, muß die histo¬
logische Diagnose unbedingt auf Spindelzellensarkom gestellt
werden.
Auch klinisch scheint uns die Diagnose Sarcoma idiopa-
thicum multiplex haemorrhagicum Kaposi nicht zweifelhaft.
Mehrere Autoren schon erwähnten die relative Benignität dieses
Sarkomtypus. B. Sommer (14) beschreibt einen Fall, wo die
Krankheit 7 Jahre lang stationär geblieben war. Soweit wir aber
nachgehen können, steht unser Fall, was die Dauer anbetrifft,
in der sämtlichen Literatur einzig da.
Schon vor 20 Jahren bat die Krankheit angefangen, nur
in den letzten 2 Jahren hat sie sich schnell ausgebreitet,
nichtdestoweniger ist das Allgemeinbefinden des 70jährigen
Kranken ein durchaus gutes; speziell von einer Kachexie, wie
bei malignen Tumoren üblich, ist keine Spur vorhanden.
Ähnliche Befunde haben einige Autoren dazu veranlaßt,
die sarkomatöse Natur des Leidens anzuzweifeln. Kracht (15)
u. a. haben den Namen „Akroangioma“ als mehr passend em¬
pfohlen. So ein Vorschlag würde vielleicht richtig sein, wenn
nicht das histologische Bild unzweideutig als das eines Spindel¬
zellensarkoms aufzufassen wäre; zwar ist auch schon aus bisto-
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Ein Fall von Sarcoma idiop. malt, haemorrhagicam Kaposi. 37
logischen Gründen die sarkomatöse Natur des Übels angefochten
worden, u. a. von Seil ei (16), der auf Grund dessen den
Namen „Granuloma multiplex haemorrhagicam" vorgeschlagen
bat, doch scheint uns dies hier, was auch aus den beigefügten
histologischen Bildern ersichtlich ist, nicht zuzutreffen.
Die große Majorität der Autoren rühmt die besonders
gute Wirkung des Arseniks hei diesem Leiden. Sommer hat
große Verbesserung durch Injektionen mit Natrium cacodjlicum
erzielen können. Kadaeli (17) und ebenso Viganö (18)
haben denselben günstigen Einfluß des Arseniks konstatieren
können. Auch Eracht war dieser Meinung und Pelagatti
(19) behauptet, Arsenik sei hier sehr wirksam, obschon er hinzu¬
fügt, daß die günstige Wirkung nicht von langer Dauer ge¬
wesen sei. Wenn man aber bedenkt, daß die Tumoren auch
spontan einer Rückbildung zugänglich sind, so bleibt es immer
eine schwere Frage, wie man solche Observationen eigentlich
deuten soll, ln unserem Falle hat der mehrere Monate fort¬
gesetzte Gebrauch von 20% intramuskulären Atozylinjektionen
nicht den geringsten Erfolg gehabt. Eine einzige Stelle, auf
welcher Röutgenstrahlen appliziert sind, scheint etwas einge-
trocknet zu sein, doch kann auch hiermit von einer Heilung
wohl kaum die Rede sein. Finsenbeleuchtung und Radium haben
wir bis jetzt noch nicht versucht.
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38
Selhorst und Polano.
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Literatur.
1. Par6, Ambroise. Dix livres de la Chirurgie. Paria. 1561.
2. Lorry. Tractatus de roorbia cutaneis. Paris. 1777.
8. Köbner. Arch. f. Dermal. Prag. 1869.
4. Yirchow. Die krankhaften Geschwülste. Berlin. 1865.
5. Kaposi. Lehrbuch der Hautkrankheiten. Erlangen. 1876.
6. Yidal. Soc. de biologie. Paris. 1875.
7. Hallopeau. Revue des Sciences Medicales. Paris 1886.
8. Schwimmer. Internat. Atlas seltener Hautkrankheiten. 1889.
9. Funk. Monatsh. f. prakt. Dermal. 1889.
10. de Amicis. II Morgagni Kaposi. 1882.
11. Hardaway. Journal of cut. med. New-York. 1884.
12. Tailor. Arch. of Dermal. New-York. 1876.
18. Per rin. De la sarcomatose cutanee. Paris. 1886.
14. Sommer. Rev. de la Sociedad. med. argentin. Bd. II. p. 669.
15. Kracht. Yener. dermal. Gesellschaft. Moskau. April. 1899.
16. Seil ei. Monatsh. f. prakt. Derm. 1900. Nov.
17. Radaeli. Lo Sperimentale. 1904. YI.
18. Yiganö. II Morgagni. 1900. Nr. 1.
19. Pelagatti. Giornale italiano. 1905.
Erklärung der Abbildungen auf Taf. IV.
Fig. 1. Yergr. Zeiss. Oc. 2. Obj. A. a) Bändel des Sarkomgewebes,
b) Bindegewebe, e) Pigmentanhäufungen, d) größere Arterie, e) mit Chro-
mocyten überfüllte Gefäße, /) isolierte Chromocyten.
Fig. 2. Ye^r. Zeiss. Oc. 2. Obj. D. a) Spindelförmige Sarkom¬
gewebszellen, 5) Bindegewebe, c) Pigmentanhäußingen, d) mit Chromocyten
übelfüllte Gefäße, e) isolierte Chromocyten.
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Archiv f.Dermatologie u Syphilis Band IXXXll.
TAF.IV.
Fig. /.
Sejjiorsl ij. Polcino: Stircoma idiopalliicum.
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Atu der k. k. deutschen dermatologischen Universitätsklinik
von Hofrat Prof. F. J. Fick in Frag.
Untersuchungen über Spirochaete pallida.
Zusammengestellt von
Or. Alfred Kraus,
1. Aaelstent der Klinik.
Von meinem verehrten Chef, Herrn Hofrat Professor Pick,
mit der Aufgabe betraut, die Ergebnisse der im unmittelbaren
Anscblufi an die erste Publikation Schaudinn-Hoffmanns
aufgenommenen und seitdem fortgefiihrten Untersuchungen auf
Spirochaeten statistisch zusammenzufassen, vrill ich im folgen¬
den in Kürze über dieselben berichten. Es wurden diese
Untersuchungen von sämtlichen der Klinik zugehörenden Herren
ausgeführt. Über spezielle, hierher gehörige Untersuchungen
habe ich in einer eigenen Arbeit (Arch. LXXX. Bd. U. Heft)
Mitteilung gemacht, wie dies in allernächster Zeit auch von
seiten des Herrn Kollegen Dr. Löwy geschehen wird.
Zunächst suchten auch wir der ersten Hauptfrage, dem
Nachweis der Spirochaete pallida überhaupt, näher zu treten.
Zu diesem Zwecke wurde Material von luetischen Krankheits¬
produkten aller Kategorien in bunter Keihe untersucht Dabei
ging es uns wie anderen so, daß unsere diesbezüglichen Resul¬
tate insofeme große Verschiedenheiten auch bei sonst gleich¬
artigem Material ergaben, als unsere Technik sowohl bezüglich
der Entnahme des Untersuchungsmaterials als auch bezüglich
der Färbung anfangs unvollkommen war und erst im Laufe der
Zeit einwaudsfrei wurde.
Hatten wir uns anfänglich damit begnügt, Abklatsch¬
präparate von Effloreszenzen anzufertigen, in denen wir wohl
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40
Kraus.
Digiti, Sid by
meistens mit Leichtigkeit zahlreiche Spirochaeten des dunkel
färbbaren Typus, dagegen erst nach angestrengtem, mehr¬
stündigen Suchen hie und da eine vereinzelte Pallida nach-
weisen konnten, so wurde dies mit einem Schlage anders, als
wir gelernt hatten, gerade die tieferen Gewebspartien zur
Untersuchung heranzuziehen und nach gründlichster Reinigung
der Oberfläche, sowie nach eventuellem Abtragen der ober¬
flächlichen Partien, das „Reizserum" auf das Vorhandensein
der Gebilde zu untersuchen, ln je ausgedehnterem Maße wir
diesen Untersuchungsmodus ausführten, eine desto größere
Differenz im Sinne der zunehmenden positiven Befunde hatten
wir unseren anfänglichen Resultaten gegenüber in der Folge¬
zeit zu verzeichnen.
Auch der Umstand, daß wir anfänglich uns die Azur-
Eosin-Lösung selbst bereiteten, wobei die Bilder vielfach unter
unvermeidlichen Farhstoffniederseblägen litten, während vrir
später die von Grübler bezogene Original-Giemsa-Lösung für
die Romanovsky-Färbung benützten, beeinflußte das Resultat
in demselben Sinne.
Was die verschiedenen für Spirochaeten angegebenen
Färbemethoden betrifft, haben wir fast ausschließlich in der
bekannten Weise mit Giemsa-Lösung gefärbt, weil wir — gleich
anderen — mit derselben am besten ausgekommen sind. Viel¬
fach haben wir auf Spirochaeten auch in nativen Präparaten
und im hängenden Tropfen untersucht, wobei besonders die
Bewegungen derselben oft durch längere Zeit wahrgenommen
werden konnten.
Die Resultate der Untersuchungen nun waren folgende:
I. Sclerosis initialis.
1
Datam
Prot.-
Nr.
Klin. Diagn.
Material a. Unten.
Färb.
Splroch.
Anm.
1
30./IT. 05
8675
Scler.ini t.
Abklatschp. v.
d. Oberfl.
Giemga
+
2
16./VII. ,
12528
n
n
»
0
8
8./X. „
14737
r»
n
w
0
-f nnr ln den
4
5./X. „
14882
ft
u.6eweb88.a.d.T.
»
m. GewebM.
a. d. t. Part,
beacb. Prip.
Gougle
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Untenuchnngen über Spirochaete pallida.
41
2
Datum
Prot.-
Nr.
Kliii.Diagn.
Material i. Unten.
Färb.
Splroch.
Anm.
5
7./X. 06
3846
Soler.init.
Saft a. d. Tiefe
des Gesohwürs
Oiemsa
+
6
2./XL „
16206
n
f»
0
7
16./XII.,
18416
n
V
0
8 1
2./I. 06
98
V
Abklatschpräp.
V. d. Oberfl.
»»
0
9
1 j
1 8./I. „
1
1
180
n
II
»
0
Es fanden sich in neun Fällen von Sklerosis initi-
alis in der Tiefe des Gewebes nur dreimal pallidae in den
Ausstrichpräparaten und dies nicht in besonders reichlichem
Grade, wobei zu bemerken ist, daß gerade diese Kesultate aus
der allerersten Untersuchungszeit stammen.
II. Lues condylomatosa.
1 *3
1 Ph
1_
Datum
Prot.-
Nr.
Klin. DIagn.
Material x. Unten.
Färb.
Spiroeb.
Anm.
1
8./V. 05
7223
V. J.
L c.
Reizserum von
Papeln am
äußeren Genitale
Oiemsa
reichlich
2
24./V. ,
8303
M. Tb.
W
Sekret nässender
Papeln vom
äußeren Genitale
ff
0 Refring.
3
3./VI. „
8874
S. A.
ff
Abklatschpr. von
exulc. P^eln am
äußeren Genitale
ff
0
4
5./vr. „
9012
P. M.
ff
Sekret von
ezulc. Papeln
am Genitale
ff
u
5
ll./VI. „
9283
Sch.F.
n
ff
ff
0
6
19./VI. ,
9753
P. K.
ff
Abklatschpräp.
exulcer. Papeln
bypert. Analfalt.
ff
mäßig
reichlich
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42
Kraus.
1 1
Datum
Prot-
Nr.
Klin. Diagn.
Material z. Unten.
Färb.
Spiroob.
Anm«
7
2 ./Vn. 06
10477
N. F.
L. c.
Auüitricbpr. d. Sek.
Ton gereinigt. Pap.
ad anum und auf
der Bruathaut
Uiemsa
sehr
reichlich
8
16./IX. „
1S891
H. A.
n
Oewebssaft einer
inguin. sklerot.
Lymphdrüse
n
0
9
29./IX. ,
14666
Z. E.
n
Reizserom von
Papeln
am Skrotum
fl
sehr
zahlreich
10
l./'X. ,
14361
S. A.
n
Sekret
luxurierender
Genitalpapeln
ff
11
3./X. „
1634
V. K.
T»
Oberflächensekret
luxurierender und
nässender Papeln in
d. Qenitokruralfalte
rt
sehr
reichlich
12
2./X. ,
14701
P. A.
n
Sekret luxu¬
rierender Papeln
ad genitale
ft
0
so
1
s
.d
V
13
9./X. ,
16016
N. A.
n
Reizs^rum von
Papeln
ad genitale
ff
sehr 1
reichlich
1 “
i “
< •*
14
15
n
6./XI. ,
16060
L. H.
1»
16866
K. J.
n
n
Sekret aus der Tiefe
und Yon der Oberfl.
exulz. lux. Pap. am
Fußrttcken. Sperma
Reizserum von
Papeln
ad genitale
J»
ff
sehr
zahlreich
0
spärlich
I:
1 1
ji 0
p o
fS gm
s
o
16
14./XI. ,
16792
C. A.
n
»
ff
reichlich
Ci
m
a
17
16./XI. „
18065
B. K.
»
n
fl
sehr
reichlich
18
21./XI. ,
17178
Z. B.
n
Reizserum
intakter Papeln
vom Stamm
ft
positiv
19
26./XL ,
17391
V. J.
ti
n
fl
reichlich
20
l./XII. „
17670
K. J.
n
Reizserum ge¬
schlossener Pap.
von d. Stirnhaut
fl
spärlich
1
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Untersuchungen über Spirochaete pallida.
43
g
Datum
Prot.-
Nr.
KUn.Diago.
Material z. Unters.
Färb.
Spiroch.
Anm.
21
12./XIL05
J8231
P. J.
L. C.
Oberflächensekret
lux. Pap ad anum,
Relzserum intakter
Papeln am Stamm
Giemsa
sehr
zahlreich
'22
1
28./X. „
15899
P. w.
n
Reizeerum von
Papeln
am Oenitale
»
zahlreich
'23
26./XII. „
18708
S. J.
ff
ff
f»
ft
'24
28 ./xn. „
18822
W. B.
rt
r,
ff
mäßig
reichlich
2./I. 06
68
T. A.
n
ff
ft
reichlich
26
1
3./I. „
1
204
M. A.
n
Reizserum ^e-
gchlossener Pap.
am Stamm
ft
ff
27
15./I. „
879
S. M.
n
1
Reizsernm
von Papeln ad
gemtale
ft
positiv
23 !
19/1. „
1161
N. M.
1
yj
n
»
äußerst
zahlreich
21,
1
23./I. „
1389
T. A.
rt
Pastelinh. eines
grupp. Syphilid
am Rücken
»
0
30
ll./ll- »
2361
R. A.
1
ff
1
Reizser. bereits
epithelis. Papeln
ad anum
n
sehr
zahlreich
81
lo./n. „
726
i
1
i
Reizserum
exulzer. Papeln
ad anum
1
fl
1
!
i
ff
In diesen 31 Fällen von Lues condylomstosa wurden
— wie erwähnt — in der ersten Zeit gewöhnlich Abklatsch¬
präparate von der Oberfläche luxurierender exulcerierter Papeln
zunächst vom äußeren Genitale angefertigt, später dagegen das
nach gründlicher Reinigung der Oberfläche exprimierte. Reiz¬
serum zur Untersuchung verwendet, auch von intakten, vom
Genitale entfernten papulösen Infiltraten. Je häufiger dieser
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44
Kraus.
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Modus eingescblagen wurde, desto reichlicher fanden sich
Pallidae, dann gewöhnlich ausschließlich solche, während sonst
sich immer neben ihnen auch andere Formen fanden. Speziell,
wenn — wie es des Öfteren geschah — die Papel flach ab¬
getragen worden war, fanden sich in den von ihrer Unterfläche
gewonnenen Oewebsabstrichen gewöhnlich reichliche Pallidae
allein.
Der Zahl nach fanden sich in 6 Fällen im Oberflächen-
sekret nässender Papeln keine Pallidae, zweimal waren sie vor¬
handen. In 17 anderen Fällen, von welchen das Reizserum in
der Umgebung des äußeren Genitales befindlicher nässender
Papeln zur Untersuchung verwendet wurde, war der Befund
ein positiver, in manchen sogar ein sehr reichlicher, ln weiteren
5 Fällen von L. c. wurde das Reizserum intakter Papeln vom
Stamme mit gleich positivem Resultate untersucht
Negativ war das Ergebnis der Untersuchung des Gewebs-
saftes einer sklerosierten Inguinaldrüse bei einem Luetiker, der
ein zweites Exanthem darbot Ebenso das in einem Falle
zweimal nach den Angaben vonNoeggeratb und Staehelin
ausgeführten Blutuntersuchung. Es bandelte sich um einen
Fall frischer sekundärer Lues. Ebensowenig fanden sich endlich
Pallidae im Sperma eines Luetikers nach ungefähr einjährigem
Bestände der Erkrankung. Bezüglich dieses Falles sei übrigens
erwähnt, daß sich bei demselben unmittelbar nach durchge¬
führter energischer Allgemeinbehandlung (7 Touren k 4 g)
äußerst reichliche Pallidae im Sekret exulcerierter Papeln
zwischen den Zehen nachweisen ließen.
III. Lues gummosa.
&
Datam
Prot.-
Nr.
Klin. Dlagn.
Material z. Unters.
Färb.
Spirooh.
Anm.
1
l./VI. 05
8772
P. R.
Lues g.
ulcerosa
oruris
Sekret von den
exulc. Gummen
am Unterschenk.
Giern sa
0
2
24./XI. „
1888
L. M.
Lues g.
OBsis
frontalis
Sekret von der
Oberdäche u.aus
der Tiefe des
Geschwürsbod.
n
0
1
Google
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(Intenuohnngeii Aber Spiroohaete pallida.
45
1 Jb
Datum
Prot.-
Nr.
Kliu.Diagu.
Materitl z. Unteri.
FKrb.
Spiroch.
Anm.
1
1 3
1
1
3 ./XII. 05
17746
K. F.
Lues
gummosa
nasi
Sekret von der
Oberfläche u. aus
der Tiefe des
Geschwürsbod.
!
Giemsa
1
0
1 4
i
1
17./XII.„
18644
F. K.
L. gumm.
glandis
n
n
0
5
1
15./I. 06
685
G. E.
L. gumm.
serp. nasi
n
-
0
1
1
1
G
l
1
1
1
27./I. „
1684
F. J.
1
1
L. ^umm.
testis utr.
Punktion der
erweichten Part,
d. Hodengesohw.
Unters, der gew.
dünneit. Flüssig.
ff
0
1 ^
1
i
9.,/II. „
CO
L. gumm.
ulo. phar.
Adenitis
gamro. colli.
Sekret von dem
Geschwürsproz.
an der biuteren
Rachenwand
n
0
1
£3 war demnach das Resultat der Uutersuchung auf
Spirochaeten in sämmtlichen 7 Fällen von Lues gummosa
ein TÖllig negatives.
IV. Lues heredilaria.
*5
1 ^
|Klin.Diagn.
Pathol.*anatom.
Diagnose
Spiroch.
im Aufstrich
Spiroch.
in Schnitten
1
Anm.
1
F. J.,
Blenor-
Lues congen.
Pemph.'Blasen>
Leber
14 Tage
rhoea
Exanthema
Inh.-f-, Lunge-f-,
Leher-f-, Milz—,
(Volpino-
altes
conjunkt.
maculopa-
Niere—,Galle— J
Bertarelli) -j-,
1
Kind
Lues her.
pulovesicul.
Knochenm. —.
Lunge
t 29/XII.
Pemphig.
Pneum. alba.
Pfortaderblnt
(vielleicht
(Levaditi) +,
1
1905
syphilit.
Gonorr. conj
untermengt mit
Leber
1
,
Deb. vitae
utriusque.
Lebersaft) -f
(Levaditi) +
2
P. F.,
Ma-
Foetus
Lunge —,
J fl £ 1
^ fl !».£: 1
1
ma¬
zerierte
sanguinolent.
Leber —j
g »5 u fl
^0 fl S
1
zerierte
Frucht,
Intumescent.
Milz —, ,
•c ® t s
S S 5 - 1
1
Frucht
Lues
hepatis
Niere —,
!
congen.?
et Jienis
Galle —,
" 2 fl s
< fl S
1
Knochen¬
* fl 2 -
1
mark —,
Pankreas —
!|-g-!£|
[^äs=l
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46
Kraus.
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5
KliD.DiAffn.j
Patbol.-anatom.
Diagnotd
Spiroeb.
im Ausstrich.
Spiroeb.
in Schnitten
Anm.
3
S. J.,
Vt Stunde
alt,
t 25ä./I.
1906
Lues
congenita
Lues congenita^
Pueumou. alba.
(Intumesceiitia
bepatis et lients,
Induratio pan-
creatis, locras-
aatio circuni-
aeripta multipl.
parietiaintestini
tenuia, Osteo-
cbondritia )
Hydrocepbalua
internus,
Hydrops ascites,
Hydrotboraz
dexter
1
Lunge +,
Niere +,
Knochen¬
mark —,
Pankreas ,
Hoden -h,
Leber —,
Milz —
!
1
1
In den Ausstrichen des Oewebs-
saftes der Organe auch keine
andersartigen Mikroorganismen
nachweisbar
4
R. 0.,
V4 Stunde
alt,
1 23./I.
1906
1
jLnea congenita.
'(Pneumon. alba
bllateralis,
Intuiuescentia
hepatfs et lienis,
1 Osteochondritis)
Lunge +.
Leber-h, Milz—,
Niere -f,
Nebenniere —,
Knochenm. —,
Th3rmU8
Pankreas
Piacenta —
Lunge
(Levaditi) -f,
Leber
(Levaditi) -f,
Milz
(Levaditi) —
Die Untersuchung dieser vier Fälle wurde von Herrn
Kollegen Löwy vorgenommen, weshalb ich seinen aus¬
führlicheren Mitteilungen über dieselben hier nicht vorgreifen
will, bezüglich derselben vielmehr auf dessen eigene Arbeit
verweise.
Zusammenfassend sei nur bemerkt, daß die Untersuchung
sowohl der Ausstriche der verschiedensten Organsäfte als auch
die der Organe in Schnittpräparaten das bemerkenswerte Er¬
gebnis hatte, daß sich nur bei den drei sicher kongenital¬
luetischen Kindern, bei welchen sowohl anamnestisch als auch
pathologisch-anatomisch Anhaltspunkte für Lues sich ergeben
hatten, Spirochaetae pallidae vorfanden. Es ist ferner zu er¬
wähnen, daß bei keinem dieser drei Fälle sich Anzeichen einer
überstandenen Sepsis vorfanden und daß die vorhandenen,
spezifischen Krankheitsveränderungen vollständig zur Erklärung
des Todes resp. der Lebensunfähigkeit der Kinder genügten.
Fanden sich die Pallidae auch vorwiegend und in weitaus
reichlichster Menge in den spezifisch erkrankten Organen, so
ließen sich solche — analog den Befunden anderer Unter¬
sucher — doch auch in einzelnen anscheinend normalen Organen
nachweisen.
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Kontrolle-Untersuchungen.
Untersuchungen über Spirochaete pallida.
47
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48
Kraul.
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Was das Ergebnis der Untersuchung auf Spirochaeten in
diesen 48 Fällen von Kontrolle-Material betrifft, ist zunächst
zu bemerken, daß sich in keinem einzigen derselben Pallidae
nacbweisen ließen
Dagegen fanden sich in den fünf Fällen von Papillomata
acuminata im Sekret von der Oberfläche sowohl als auch in
dem steril entnommenen Gewebssaft zahlreiche Übergangsformen
neben reichlichen Refringentes. Speziell in einem dieser Fälle
fanden sich im Gewebssaft — hier neben wenigen Spirochaeten,
die man als Refringentes ansprechen konnte — in größerer
Zahl solche, die viel zarter und dünner als diese erschienen,
durchgehende eine sehr blasse Färbung, viel zahlreichere und
dabei zumeist regelmäßigere Windungen darboten, so daß eine
Differenzierung gegenüber der Pallida oft sehr schwer fiel. Es
stehen dieseBefunde mit den von Schölt z, Gabe und K i o 1 erne¬
nn gl ou erwähnten in Übereinstimmung, widersprechen dagegen
den yon C. Fraenkel, der über völlig negativen Spirochaeten-
befund in einem Falle von spitzem Kondylom berichtet hat.
Bemerkenswert ist ferner der reichliche Befund von refrin¬
gentes im Sekret eines Ductus paraurethralis infectus, der
übrigens auch in dem wiederholt berichteten Vorkommen von
Spirochaeten im Stauungseiter gonorrhoischer Prozesse ein
Analogon findet.
Positive Spirocbaetenbefunde bat Herr Kollege Löwy
in den von ihm untersuchten 13 Carcinomfällen erheben können.
Auch hier kann ich bezüglich einzelner sehr interessanter
Details auf dessen ausführliche Arbeit verweisen.
Weiters fanden sich zahlreiche Refringentes noch in den
vier Fällen von Ulcera multiplicia und in den sechs Fällen von
Balanoposthitis, während in den übrigen 19 Kontrollfällen
Spirocbaetenbefunde überhaupt nicht erhoben werden konnten.
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Ans der k. k. deutschen dermatologischen Universitätsklinik
von Holrat Professor F. J. Fiok in Frag.
Zur Kenntnis der (Jrticaria pigmentosa.
Von
Dr. Carl Bohad,
klinischen Assfatenten.
(Hiezu Taf. V.)
Die Urticaria pigmentosa ist eine ziemlich seltene Uaut-
affektion. Sie wurde zum erstenmal von Nettleship*) im
Jahre 1869 beschrieben und wegen der beiden klinischen Merk¬
male, der Quaddelbildung und Pigmeutation als Cbronic Urti¬
caria leaving brown stains bezeichnet. Tilburjr Fox’') schlug
später infolge der Ähnlichkeit des Krankheitsbildes mit dem
Bilde des planen und tuberösen Xanthoms den Namen „Xan-
thelasmoidea“ vor, der jedoch nicht allgemein angenommen
wurde. Erst später wurde er von Fabry®) und in jüngster
Zeit von N o b 1 *) wieder angewendet. Die Bezeichnung Urticaria
pigmentosa stammt von Sangster^) aus dem Jahre 1877 und
wurde bis heute beibehalten.
Die Zahl derjenigen Fälle, die unter diesen Namen ver¬
öffentlicht wurden, betrug nach Blum er s*) Angabe aus dem
Jahre 1902 kaum 100, während E. Graham Little'^) in einer
im Jänner 1906 erschienenen Arbeit über Urticaria pigmentosa
Nettleship. British lued. Joum. 1869.
•) Tilbury Fox. Transactions. 1876.
*) Fabry. Aroh. f. Denn. u. Syph. Bd. XXXIV. 1896.
*) No bl. Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LXXV. 1905.
') Sangster. Transact. of Clinic. Society. Bd. XI. 1877.
*) BI um er 8, L. Monatsh. f. pr. Derm. Bd. XXXIV. 1902.
’’) Little Graham, E. The British Journ. of Derm. 1905u. 1906.
Areh. f. Dennat. o. Syph. Bd. LXXXII. a
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Bohaö.
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bereits 154 Fälle aus der Literatur zusammengestellt bat, dar¬
unter 13 eigene Beobachtungen.
Über das Wesen dieses Krankheitsbildes herrschen aber
noch keineswegs einheitliche Anschauungen, da der früher nach
der Beschreibung der ersten Fälle noch einheitliche Symptomen-
komplex dadurch teilweise wieder unklar wurde, daß unter
dem Namen „Urticaria pigmentosa“ eine Reihe von Fällen
veröffentlicht wurde, die zwar einige Merkmale mit ihr gemeinsam
hatten, sich in mehrfacher Beziehung jedoch von ihr unter¬
schieden. Erst die Ergebnisse der genauen histologischen Unter¬
suchung der' neueren Zeit__hahßn..jlie Verhältnisse teilweise
wieder aufgeklärt.
Schon die ersWi^istologischen Unföflsuohungen von T h i n,* **) )
i^bnischen Behel
gan’“) haben trotz der
e ergel
Colcott Fox®)
mangelhaften färbeVe^bnischen Behelfe ergeben, daß es sich um
eine Affektion sui genHqs^'yi^dtjj^^ß^ät^J^aben dann besonders
die Untersuchungen UnnTrs''K-dic'lfenntnis der Urticaria pig¬
mentosa wesentlich gefördert, ebenso die Arbeit Raymonds.’*)
Aus den Untersuchungen von Unna ging hervor, daß
die Zelleinlagerungen in den Papillarkörper der Haut aus
Ebrlichscben’^) Mastzellen bestehen und daß das charakteri¬
stische der Affektion der Mastzellentumor sei.
Raymond beschäftigt sich vorwiegend mit den klinischen
Merkmalen und unterscheidet klinisch im Verlaufe der Affektion
3 Perioden, und zwar: T. Periode, in der in verschiedenen
Schüben immer zahlreichere Quaddeln auftreten, die nach einiger
Zeit zurückgeben und braune Flecken und Knötchen hinter¬
lassen. Diese Periode dauert einige Tage bis ein Jahr. II. Periode.
Es treten neue Urticariaschübe aut den schon bestehenden
Flecken und Knötchen auf, ohne daß die Zahl der Quaddeln
zunimmt. Dauer 2—5 Jahre. III. Periode. Die Urticariaschübe
werden immer seltener und das Leiden geht vollständig in
•) Th in. Transact. of Clinic. Society. Bd. IX. 1875.
*) Colcott Fox. Med. chir. Trans. LXVI. 1883.
**) Hoggan, G. u. F. E. Monatsh. I, II. 1882/83.
“) Unna. Monatsh. f. pr. Derm. 1887. Erg.-Heft 3.
'*) Raymond, C. Doin. Paris. 1888.
'*) Ehrlich. Arch. f. mikrosk. Anatomie. XIII. p. 263. 1877.
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Zur Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
51
Heflong mit restitutio ad integrum über. Die Dauer dieser
Periode ist unbegrenzt, beträgt jedoch mindestens 4—5 Jahre.
Die Urticaria pigmentosa charakterisiert sich nach den
bisher genannten Arbeiten klinisch als eine in frühester
Jagend auftretende Affektion der Haut. Es treten den Urticaria-
qoaddeln ähnliche Eflloreszenzen auf, an deren Stelle es zur
Entwicklung von pigmentierten Flecken und Knötchen kommt,
die in vielen Fällen deutliche urticarielle Beizbarkeit besitzen.
Bisweilen kommt es zur Bildung von großen Blasen (Arning,**)
Winternitz).’’^) Die Affektion heilt gewöhnlich zur Zeit der
Pubertät aus. Mikroskopisch findet man eine ungewöhnlich
dichte Anhäufung von Mastzellen im Papillarkörper und
Vermehrung des Pigmentes in den basalen Beihen derStacbel-
schicht und im Papillarkörper der Cutis. Polynukleäre Leuko-
cyten fehlen angeblich stets.
Neben diesen typischen Formen der Urticaria pigmentosa
mit Beginn der Affektion in der frühesten Jugend und dem
histologischen Befund des circumscripten Mastzellentumors
wurden nun im Laufe der Jahre eine Reihe von Fällen ver¬
öffentlicht, welche sich durch wichtige sowohl klinische als
speziell anatomische Punkte von der Urticaria pigmentosa der
früheren Autoren unterscheiden, mit der sie jedoch einige
Merkmale gemeinsam haben. So haben Pick*^) und Fabry*'^)
zwei Fälle als Urticaria perstans haemorrbagica
beschrieben, die sich durch das Vorkommen von hämorrha¬
gischen Herden von allen übrigen unterschieden und die bezüglich
der Herkunft des Pigmentes auch in dieser Richtung hin gedeutet
wurden. Ferner wurde über Formen von Urticaria pigmentosa
berichtet, die nicht in der Jugend begonnen haben, sondern
später, sogar bis im 53. Lebensjahre und bei denen kein Mast¬
zellentumor, sondern nur disseminierte Mastzellen gefunden
wurden. Diese Fälle sollen nach dem Vorschlag von Bona,
Raymond, Dubois-Havenith als Urticaria mit Pig-
mcntbildung oder nach Joseph als Urticariaperstans
Arni Dg. Verhandl. d. Deutschen derm. Des. I. Kongreß.
**) Winternitz. Prager med Wochenschr. 1896, 1898, 1899.
Pick, F. J. Über urticaria perstans. Prager Zeitschr. für Heil¬
kunde. 1881. Bd. II.
Fabry, 1. c.
4*
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52
Bohaö.
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pigmentosa oder nach Quinquand als Maladie urti-
cante pigmentee bezeichnet werden. Außerdem gibt es
noch eine dritte Art von Fällen (Jadassohn, Doutrele-
pont), bei denen zwar die Affektion in der frühesten Jugend
begonnen hat, bei deren histologischer Untersuchung sich jedoch
auch nur spärliche disseminierte Mastzellen fanden.
Blum er”*) schlägt vor, die Urticaria pigmentosa mit den
typischen Merkmalen der Quaddelbildung, Pigmentation und
dem Mastzellenbefund je nach dem Ergebnis der mikrosko¬
pischen Untersuchung in zwei Gruppen zu teilen. 1. Urticaria
pigmentosa mit Mastzellentumor (Typus Unna) und 2. Urti¬
caria pigmentosa mit disseminierten Mastzeilen (Typus Ja-
dassohn-Röna).
Im folgenden soll nun über einen klinisch und anatomisch
sichergestellten Fall von Urticaria pigmentosa berichtet werden,
dessen Veröffentlichung mit Rücksicht auf die Seltenheit des
Erankheitsbildes und die noch bestehenden Schwankungen iu
der Deutung der Befunde gerechtfertigt erscheint, zumal er
einige bemerkenswerte Besonderheiten sowohl klinisch als auch
histologisch aufweist.
Der Patient B. C. ist ein 40jähriger verheirateter Dach¬
decker, der am 30./I. 1904 sub Prot Nr. 1236 in die Klinik
aufgenommen wurde.
Die Anamaese ergibt folgendes; Die Eltern des Patienten starben
an Altersschwäche, 4 oder 6 Geschwister in frühester Jugend an Patienten
unbekannten Krankheiten. Drei Geschwister leben und sind gesund,
desgleichen Frau und Kinder. Hautkrankheiten kommen in der Familie
nicht vor. Patient war früher nie krank, hat gedient. Eine venerische
Infektion wird in Ahrede gestellt
Die Hautaffektion des Patienten begann vor 18 Jahren. Patient
wurde auf dieselbe durch seine Frau aufmerksam gemacht, die sich
wunderte, daß Patient noch in so spätem Alter Muttermale bekäme.
Diese ersten Flecke, nach Angabe des Patienten von der Größe der
gegenwärtigen, befanden sich am Bücken — die Stelle wird nicht ge¬
nauer angegeben — und standen zerstreut. Es bestanden keine Schmerzen,
kein Jucken, auch keine sonstigen Beschwerden. Die Flecke am Rücken
vermehrten sich. An anderen Körperstellen bemerkte Patient lange nichts
Auffallendes. Erst etwa vor 6 Jahren wurde die Außenseite der Ober¬
schenkel befallen. Seit etwa 4—5 Jahren die oberen Extremitäten, seit
Blnmer, L. 1. o.
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Zur Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
53
2 Jahren der Hals, die Kniekehlen, die restlichen Teile der Oberschenkel,
die Fuße, seit l Jahr die Stirn. Die Flecken traten nicht schubweise
auf, sondern einzeln uud getrennt. Ihr Erscheinen wurde vom Patienten
— soweit ihn nicht seine Umgebung darauf aufmerksam machte — nur
durch den Gesichtssinn wahrgenommen und machte sich durch keinerlei
subjektive Symptome bemerkbar.
Seit etwa Vi *oll mit Ausnahme der Stirn die Ausbreitung
der Affektion stillestehen.
Zeitweise sollen die Flecken viel weniger deutlich sichtbar sein
als gewöhnlich oder auch deutlicher, die Intensität der Färbung soll von
Tag zu Tag wechseln können. Kälte macht die Flecken abblassen, Wärme
läßt sie blutrot hervortreten, z. B. an der Stirn das Tragen des Hutes,
oder an den Fußen ein warmes Bad. Einen irgendwie zyklischen Ver¬
lauf in der Geschichte der einzelnen Flecken hat Patient nicht beobachtet.
Die frischen Flecken sollen stecknadelkopfgroß und blaßrot sein, dann
eich vergrößern — wie lange, weiß Patient nicht anzugeben — und
lebhafter rot werden, dann soll aber keinerlei Veränderung mehr mit
ihnen vergehen; sie sollen weder abblassen, noch sich verkleinern oder
gar verschwinden. Über das Verhältnis zwischen dunkleren und helleren
großen Effloreszenzen befragt, gibt Patient an, beide Arten bestünden in
der Folgezeit dauernd neben einander. Von ihrer verschieden starken
Erhabenheit weiß Patient nichts.
Erst seit zwei Jahren bemerkt Patient, daß an den seitlichen
Beckengegenden bei stärkerem Schwitzen gelegentlich — vielleicht alle
6 Tage — mäßig starkes Jucken auftritt. Wenn Patient dann kratzt,
so entstehen daselbst linsengroße, rote Erhebungen, die vom Patienten
mit dem auf Einwirkung von Brennesseln entstehenden Ausschlage ver¬
glichen werden und sich von den übrigen Effloreszenzen nur durch ihre
Härte unterscheiden. Diese Quaddeln verschwinden schon nach wenigen
Minuten, und zwar ohne Spur, auch ohne daß etwa später gerade an
diesen Stellen das Auftreten von neuen Flecken der über den Körper
verstreuten Art erfolgte. Jucken besteht bei starkem Schwitzen gele¬
gentlich auch auf der Brust in der Gegend über und zwischen den
Brustwarzen, doch entstehen hier niemals Quadeln beim Kratzen. Daß
heftigem Kratzen streifenförmige Erhebungen folgen, ist dem Patienten
nicht bekannt.
Patient klagt außerdem über Beschwerden und Symptome, wie sie
der sexuellen Neurasthenie zukommen.
Er ist sehr jähzornig und hatte von Kindheit auf ein sehr schlechtes
Gedächtnis, das sich allmählich noch verschlechterte. Patient trinkt
keinen Alkohol. Appetit ist gering, Stuhl in Ordnung. Der Harn reagiert
sauer und enthält keine abnormen Bestandteile.
Status praesens. Patient ist mittelgroß, von kräftigem Kno¬
chenbau, mittlerer Muskulatur und ebensolchem Fettpolster. Das Haupt¬
haar ist dunkelbraun, vom Scheitel gegen die Stirn zu stark gelichtet,
der Haarboden nicht schuppend. Die Iiides sind dunkelblau, von mittlerer
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B o b a 5.
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Weite, die rechte jedoch um ein Geringes weiter als die linke, auf
Lichteinfall und Konvergenz, sowie konsensuell normal reagierend. In
Mund- und Rachenhöhle: Das Epithel des harten Gaumens leicht getrübt
(Patient raucht nicht). Der rechte vordere Gaumenbogen nicht io gleich¬
mäßigem Zuge verlaufend, sondern durch mehrere übrigens sehr unbe¬
deutende Knickungen ausgezeichnet. Der rechte hintere Gaumenbogen
höher gewölbt und auffallend steiler abfallend, auch mit seinem Rande
der Mittellinie näherstehend als der linke.
Teile des Gesichtes, fast der ganze Stamm und Teile der Extremi¬
täten sind der Sitz einer Hautaffektion. Die im ganzen normal gefärbte
Haut mit normaler Einölung, Durchfeuchtung und Geschmeidigkeit sieht
man mit zahlreichen Flecken besäet und zwar mit folgender Lokalisation:
an der Stirn, am Halse, an der Vorderseite des Stammes mit fast voll¬
ständigem Ausschluß der Supraclaviculargegenden und der seitlichen
ünterbauchgegenden, am Rücken mit sehr geringer Beteiligung der
Gegend unterhalb des 7. Brustwirbels und der unteren Glutealgegenden,
an den Ober- und Unterarmen mit Bevorzugung der Beugeseiten und
Freibleiben der Handflächen, an den Oberschenkeln u. zw. fast aus¬
schließlich am oberen Viertel der Vorderseite, der oberen Hälfte der
Innenseite und der Trochauterengegend, in den Kniekehlen, namentlich
der rechten, an den Unterschenkeln fast nur an den Malleoeargegenden
und den darüber liegenden Partien und an den Fußrücken.
Die Herde sind offenbar im Wesen alle von gleicher Art, unter¬
scheiden sich aber durch ihre Größe, Färbung, Erhebung über die Um¬
gebung und auch durch ihre Gruppierung von einander. Man findet
u. zw. besonders in den Schulterblattgegenden blaßrote, großstecknadel¬
kopfgroße, auf Druck vollständig abblassende, über die Umgebung nicht
erhabene Maculae. Sie sind unscharf begrenzt, gering an Zahl; ferner
lebhaft rote, einen deutlichen Stich ins Braune besitzende, «^bensogroße,
doch auch etwas größere und kleinere Effloreszenzen, ferner ebensolche,
aber ausgesprochener braunrote Herde; beide ebengenannten etwas oval
gestaltet und mit ihrer Längsachse in die Spaltrichtung der Haut ge¬
stellt, beide entweder im Hantniveau liegend oder aber eben noch tastbar
darüber erhaben; diese Flecke behalten bei Anämisierung einen deutlich
apfelmußartigen Farbenton bei; weiters ausgesprochener braune, ebenso¬
große, doch auch bis linsengroße Flecke, zum Teil ganz leicht erhaben
oder wenigstens für das Gefühl etwas resistenter als die normale Um¬
gebung, auf Druck einen lebhaft braungelben Farbenton behaltend. Alle
diese Formen sind schärfer als die zuerst genannten Maculae begrenzt
Endlich finden sich noch mitten zwischen den übrigen Formen, die
gleichfalls regellos durcheinander gestreut sind, ebensogroße, aber auch
viel kleinere hellbraune bis eben noch sichtbar gelbbraune Fleckchen,
im Hautniveau gelegen, auf Anämisierung ihre Farbe nicht verändernd.
Die Herde stehen teils einzeln, wie an den Extremitäten, teils so
dicht, daß sie konfluieren, wobei sie mehrere Zentimeter lange, ziemlich
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Zur Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
55
gerade oder stark gebogene Linien bilden können; eigentliche Plaques
bilden sie nirgends.
Am Röcken und an der Brust ist durch Daröberstreifen mit dem
Fingernagel Urticaria factitia berrorzurufen. Dabei treten die einzelnen
Herde stärker hervor als die Striemen der Urticaria an den nicht be¬
fallenen Hsntpartien. Die Herde röten sich dabei merklich. Wird eine
größere befallene Fläche mäßig gekratzt oder mit der Handfläche gerieben,
so erheben sich nur die Herde über ihre Umgebung als lebhaft gerötete,
qnaddelartige Gebilde. Es lassen sich so auch ganz blasse Herde, die
sonst kanm zu sehen sind, erkennen und anscheinend treten dabei auch
solche Herde auf, die für gewöhnlich durch den Gesichtssinn überhaupt
nicht nachweisbar sind. Die Urticaria factitia ist weitaus am stärksten
am Stamme ausgesprochen.
Zum Zwecke der histologischen Untersuchung
wurde am Rücken ein Hautstück excidiert, welches neben zwei
ovalen, braunroten, über das Hautniveau deutlich erhabenen
Infiltraten noch eine gelbbraune, nicht tastbare Effioreszenz
enthielt. Dieses wurde nach Fixierung in Alkohol in kleine
Teile zerlegt, die in Paraffin eingebettet und in Serien geschnitten
wurden. Die Schnitte wurden nach den verschiedensten Methoden
gefärbt, darunter besonders auch mit Unnas polychromem
Methylenblau und darauffolgender Glyzerin-Ätherdifferenzierung,
welche Methode hei der Darstellung der Ehrlichsehen Masc-
zellen bisher die besten Resultate ergeben hat.
Die histologische Untersuchung ergab folgenden Befund:
Die Hornschicht zeigt im allgemeinen weder über den
mehr oder weniger über das Hautniveau vorspringenden Efflo-
reszenzen, noch auch über der normalen Haut eine Verbreiterung
und verläuft ohne Kontinuitätsunterbrechung in leicht gewellten
Linien entsprechend der Tatsache, daß makroskopisch ebenfalls
keine irgendwie beschaffene Schuppung zu konstatieren war.
Nur über einem später noch näher zu beschreibenden leuko-
cytären Infiltrate in der Cutis ist die Hornschiebt in einem
geringen Umfange aufgelockert und die Lagen derselben durch
Einlagerung einer geringen Menge von Leukocyten auseinander
gedrängt. Über und unter dieser Einlagerung zeigt die Homschicht
deutliche Parakeratose.
Das Rete Malpighii ist an der eben genannten Stelle stark
ödematös. Die Safüücken sind hier verbreitert und enthalten
hie und da Leukocyten. Sonst ist das Rete in seiner Gänze bis
auf ein geringes interspinales ödem und die Pigmentation
normal. Die basale Reteschicht und die nächste darüber gelegene
Zellreihe zeichnen sich über den circumscripten oder diffus
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Boha6.
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entzündlich veränderten bindegewebigen Anteilen der Haut durch
eine überaus reichliche Pigmentation aus. Das Pigment ist in
Form kleinster, goldgelber bis brauner Granula stets intra¬
cellulär gelagert. Den größten Pigmentgehalt weist die basale
Zellschicht auf. Hier ist das Pigment besonders an den distalen,
der Cutis abgewandten Polen der Zellen in dichten, durch die
spitz zulaufenden Zellkonturen kegelförmig gestalteten Eörnchen-
haufen angesammelt, so daß speziell die „distale Pigmentkappe"
sehr prägnant in die Erscheinung tritt. Es findet sich aber
auch in den seitlichen, schmalen Partien des Zellprotoplasmas
neben dem Kern in entsprechend geringerer Menge. Die gleichen
Pigmeuteinlagerungen finden sich ferner in nach oben abneh¬
mendem Grade in den nächsten ein bis zwei Zellschichten des
Rete Malpighii.
Die Basalschicht des Stratum germinativum enthält stellen¬
weise einzeln oder in Gruppen stehende Zellen mit vacuoli-
sierender Degeneration. Der Zelleib wird von einem rundlichen,
strukturlosen, vacuolenartigen Raum eingenommen, während
der schmale, halbmondlörmige Kern an die Seile gedrängt ist.
Die Pigmentansammlungen in den Reteschichten korre¬
spondieren sowohl was die Lage als auch die Intensität anbe-
langt genau mit den pathologischen Veränderungen in der unter¬
liegenden Cutis, das heißt, es entspricht den stärksten patho¬
logischen Veränderungen in der Cutis auch die intensivste
Pigmentation in der Epidermis, während über den Cutisver¬
änderungen geringeren Grades die Epidermis auch weniger
reichlich Pigment enthält.
Was nun die Cutis anbelangt, so finden wir entsprechend
den höchst entwickelten, über das Hautuiveau emporragenden
Effloreszenzen in das im ganzen rarefizierte Gewebe der Cutis
Zellkonglomerate eingelagert, die von der Epidermis durch eine
schmale, an Zellen arme Bindegewebszone getrennt sind. Diese
Zellanhäufungen lassen sich nach der Färbung und der morpho¬
logischen Beschaffenheit ihrer Elemente leicht als der von
Unna beschriebene „Mastzellentumor" erkennen. Die
Elemente sind die im Jahre 1875 von Ehrlich beschriebenen
Mastzellen. Ihre Form ist je nach der Lage eine verschiedene.
Dort, wo die Zellen zu dichten Gruppen — im Mastzellen¬
tumor— zusammengedrängt sind, ist die Form durch die gegen¬
seitige Abplattung eine kubische, polygonale oder längliche,
wo die Zellen dagegen einzeln in die Lücken der Bindegewebs-
bündel eingelagert sind, haben sie eine mehr rundliche oder
ovale Form und senden nach den verschiedenen Richtungen
Fortsätze in die Zwischenräume zwischen den Bindegewebs-
bündeln aus. Sie haben einen großen, ovalen, wenig tingierten
Kern, während das Protoplasma dicht erfüllt ist von kleinsten,
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Zur Kenntnis der Urtioaria pigmentosa.
57
nach der Unnaschen Methode karminrot gefärbten Körnchen.
Diese Körnchen finden sich auch in der Verlängerung der
Mastzellenfortsätze frei io der Cutis und bilden in den Saft¬
lücken eingelagert verschieden gestaltete Figuren und Gruppen
(Spritzzellen). Außerdem finden sich Mastzellen, die langgestreckt
sind und einen langen, schmalen Kern besitzen. Innerhalb des
Mastzellentumors sind die Zellen in Strängen angeordnet, die
im ganzen eine zur Hautoberfiäche senkrechte Richtung besitzen
und erst in der Tiefe entsprechend dem Verlaufe der Gefäße eine
mehr horizontale Richtung einschlagen.
Außer diesen Mastzellen sieht man schon mit schwacher
Vergrößerung eine andersartige, gering gradige, zellige Infiltration
besonders in der nächsten Umgebung der Gefäße. In diesen
Infiltraten findet man bei stärkerer Vergrößerung eine geringe
Anzahl von Mastzellen, fixen Bindegewebszelleu und Fibroblasten.
Leukocyten sind nicht zu sehen. Dagegen findet man in der
Cutis zwischen den Mastzellen liegende Ansammlungen von
Pigment.
Dieses je nach der Dichte der Anhäufung goldgelbe bis
olivengrüne und braune, feingranulierte, melanotische Pigment
ist anscheinend in sehr vielen Fällen, wenn nicht sogar durch¬
wegs an Zellen gebunden. Obzwar es nicht immer möglich ist,
dies für jede einzelne Gruppe von Pigmentkörnchen einwandsfrei
nachzuweisen, weil der Kern infolge der Überlagerung mit
Pigmentkörnchen nicht immer deutlich zu sehen ist und anderer¬
seits gelegentlich vou durch Fortsätze gelegten Schnitten freie
Pigmentbaufen sehr leicht vorgetäuscht werden, so kann man
doch in letzteren Fällen aus der Ähnlichkeit der Pigmeutgruppen
mit zweifellosen Pigmentzellen sowie aus ihrer Form und Um¬
grenzung erschließen, daß es sich um Pigmentzellen handelt.
Die Zellen besitzen verschiedene Gestalt und Größe. Sie
sind größtenteils spindelförmig und schmal, aber auch polygonal
und breit mit deutlich gefärbten bläschenförmigen Kernen und
mehr oder weniger langen Fortsätzen. Die Zellen sind verschieden
dicht mit Pigmentkörnchen erfüllt, die auch die Zellkerne teil¬
weise verdecken. An den Enden der Zelliortsätze löst sich das
Pigment in einzelne in Kettenform aneinander gereihte Pigment¬
körnchen auf. Von diesen wie ausgespritzt aussehenden Pigment-
kömchen, welche vielfach an das ganz gleichartige Verhalten
des Granoplasmas in den Spritzzellen erinnern, sowie von den
kleinen langgestreckten Pigmentgroppen, die sich vorwiegend
in den oberen, der Epidermis nahe gelegenen Gutisschichten
finden, kann man nicht mehr immer mit Sicherheit behaupten,
daß sie noch intrazellulär gelagert sind, während sich die
kleineren, klumpigen, anscheinend freien Pigmenthaufen bei
genauer Durchsicht der Präparate durch ihre Lage als offenbar
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Bohaö.
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ZU Pigmentzellen gehörig erweisen. Auch die Größe der Pigment«
kömchen stimmt mit der Größe der Protoplasmakömchen der
Mastzellen überein.
Die Richtung der Pigmentzellen ist die gleiche, wie die
der Mehrzahl der Mastzellen in den zur Epidermis empor¬
ziehenden Zellsträngen. Sie stehen nämlich größtenteils mit
ihrer Längsachse senkrecht zur Epidermis.
Auffallend ist ferner, daß die Pigmentzellen Torwiegend
in der Umgebung der Gefäße zu finden sind und zwar größten¬
teils den Gefäßen dicht anliegend.
Neben diesen dichten, als Mastzellentumor bezeichneten
Zellansammlungen finden sich entsprechend anderen, etwas
weniger stark pigmentierten Epidermisstrecken ebenfalls Mast¬
zellenanhäufungen, in welchen die Mastzellen jedoch bei weitem
nicht so dicht angeordnet, sondern mehr disseminiert sind und
vorzugsweise dem Laufe der Gefäße folgen, denen sie auch
dicht anliegen mit der Längsachse parallel zur Hautoberfläche.
Aber auch hier sind die Mastzellen so dicht angeordnet, wie
es sonst bei keinem Entzündungsvorgang beobachtet wird. Auch
in diesen Herden finden sich in der Cutis kleine, ebenfalls an¬
scheinend an Zellen gebundene Pigmentgruppen.
Außer den Mastzellen finden sieb aber im Bereiche dieser
disseminierten Herde, namentlich in der nächsten Umgebung
der Gefäße, auch noch, allerdings nur spärliche, mononukleäre
Leukocjten.
Schließlich gibt es wieder an anderen Stellen der Cutis
noch eine dritte Art der Infiltration. Entsprechend einer normal
pigmentierten Epidermis finden sich in der Cutis Infiltrations¬
herde, die ihren Sitz in der Nähe von Gefäßen haben, aber
auch schon in die nächste Umgebung derselben fortschreiten.
Diese Herde bestehen aus mononukleären Leukocjten, denen
nur hie und da neben den Gefäßen eine Mastzelle beigemengt
ist und zwar in derselben geringen Anzahl, in der die Mastzelleu
auch außerhalb der oben beschriebenen zwei Gruppierungs¬
formen in der subepithelialen Schichte und im Bereiche der
ganzen Cutis getroffen werden. Innerhalb dieser dritten Art
der Infiltrationsberde fand sich in der Cutis kein Pigment.
Die Untersuchung auf elastische Fasern ergab keine morpho¬
logischen Veränderungen derselben, sondern nur Änderungen
ihrer Anordnung in der Weise, daß die ehratischen Faserzüge
durch die zwischen dieselben eingelagerten Mastzellengruppen
auseinandergedrängt wurden. Ebenso fand sich außer einer
mäßigen Rarefizierung, die vielleicht nur durch die Einlagerung
des entzündlichen Infiltrates vorgetäuscht wird, keine Verän¬
derung des Bindegewebes. Desgleichen bieten die Adnexe der
Haut, Follikel und Schweißdrüsen nichts Besonderes, außer daß
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Zur Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
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in ihrer nächsten Umgebung die eine oder die andere Mast¬
zelle zu finden ist. Denn der EntzUndungsprozeß spielt sich
nur im Bereiche des oberflächlichen Gefäßnetzes ab, das untere
Gefäßnetz ist yollständig frei.
Aus der Beschreibung ergeben sich für unseren Fall fol¬
gende Besonderheiten, die ihn von den bisher als typisch an¬
genommenen Fällen der Urticaria pigmentosa unterscheiden.
Was zunächst den Beginn der Affektion anbelangt, so
geht aus der wohl zuverlässigen Anamnese hervor, daß die
ersten Anzeichen der Krankheit erst im 27. Lebensjahre auf¬
traten. Daraus sollte man auf einen histologischen Befund von
disseminierten Mastzellen schließen können und der Fall würde
in die Groppe Urticaria mit Pigmentbildung nach Röna,
Raymond, Dubois-Havenith oder nach der Einteilung
Blumers in die Gruppe der Urticaria pigmentosa mit disse-
minierten Mastzellen (Typus Jadassohn, Röna) gehören.
Nun findet sich aber bei der histologischen Untersuchung neben
disseminierten Mastzellen auch der typische Mastzellentumor
Unnas, worüber bisher bei Fällen von Urticaria pigmentosa,
die in so späten Lebensjahren aufgetreten waren, nicht be¬
richtet wurde.
Schließlich gibt es noch einen dritten Punkt, durch den
sich der beschriebene Fall von allen übrigen unterscheidet,
nämlich durch das Rundzelleninfiltrat. Und zwar bilden die
kleinen mononukleären Leukocyten sowohl selbständige Infiltrate,
die nur ganz vereinzelt in der Nähe der Gefäße eine Mastzelle
enthalten, als auch Übergänge zu den disseminierten Mast¬
zellenansammlungen, innerhalb deren sie ihrerseits ebenfalls in
der Nähe der Gefäße zu finden sind.
Eine strikte Meinung über die Beziehungen dieser Art
von Infiltraten zu den für den Prozeß charakteristischen Mast¬
zellenbefund zu äußern, möchte ich mich nicht entschließen,
wenn ich auch die Tatsache eines vielleicht genetischen Zusammen¬
hanges nicht von der Hand weisen kann.
Bezüglich des Pigmentes ist zu erwähnen, daß die Pig¬
mentkörnchen — wie bereits aus der Beschreibung hervorgeht —
anscheinend durchwegs an Zellen gebunden sind, die sich in
der nächsten Nähe der Gefäße finden.
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Bohaö.
Dies würde mit der auch von Staffel'^) geäußerten
Auffassung über die Genese des melanotischen Pigmentes über¬
einstimmen.
Nach dessen Ausführungen kommt es in der menschlichen
Haut in jedem Falle von stärkerer Pigmentation und zwar im
Beginne derselben zunächst zu einer Neubildung von kapillären
Bluträumen, deren anfangs einfache Endothelauskleidung oft
eine intravaskuläre Endothelproliferation und sehr bald eine
perivaskuläre Infiltration zeigt, welch letztere wesentlich von
gewucherten und in den perivaskulären Raum ausgetretenen
Endothelien gebildet wird.
Überall nun, wo es zur Bildung von Pigment kommt,
findet sich zunächst eine Vermehrung des Zellplasmas und
eine Anreicherung des Kernes mit nukleärer Substanz, die
anfangs das Ghromatin an Menge oft bedeutend übertrifft.
Es kommt zur Bildung eines einzigen großen, oder mehrerer
kleiner Nukleoli und schließlich tritt die nukleäre Substanz
teilweise in Form nachweisbarer, feinster Tröpfchen ine
Plasma aus. Diese zeigen dann oft eine perinukleäre An¬
ordnung oder überschwemmen sofort das ganze Plasma und
verwandeln sich dann in der peripheren Zone der Zelle in
Pigment. Manchmal erfolgt die Umwandlung zu Pigment sofort
beim Austritt aus dem Kerne, bisweilen noch im Kerne selbst.
Die das perivaskuläre Infiltrat bildenden Zellen durch¬
laufen nun, soweit sie zu Pigmentzellen umgewandelt werden,
die verschiedenen Stufen von der einfachen Zelle mit ovalem
Kern und wenig Plasma bis zur ausgebildeten Chromato¬
phor e.
Mittels Färbung mit polychromem Methylenblau läßt sich
nun nachweisen, daß die das perivaskuläre Infiltrat bildenden
Zellen teils einfache Rundzellen, teils Plasma- und teils Mast¬
zellen sind, welche beiden letzteren zu denjenigen Zellen
gehören, die Pigment bilden können. Hiedurch wäre die starke
Entwicklung von Pigment bei Urticaria pigmentosa und auch
bei Xeroderma pigmentosum ohne weiters verständlich, da ja
bei diesen Krankheitsformen, besonders bei der Urticaria pig¬
mentosa reichliche Mastzellenbildung vorkommt.
'*) Staffel. Münch, med. Wochenschr. 1906. Nr. 6.
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Znr Kenntnis der Urticaria pigmentosa.
61
Wenn wir es nun versuchen, den eben beschriebenen
Fall in eine der drei bekannten Typen, in welche das Krank¬
heitsbild bisher gegliedert wurde, einzureiben, so finden wir,
daß er nirgends in das Schema hineinpaßt.
Die bisher bekannten drei Haupttypen sind folgende:
1. Typus Unna: Beginn ira frühesten Kindesalter; Mast¬
zellentumor.
2. TypusRona. Raymond, Dubois-Havenith: Beginn
im späteren, nicht bestimmten Älter; disseminierte Mastzelleii.
3. Typus Jadassobn, Doutrelepont: Beginn in frü¬
hester Jugend; nur spärliche disseminierte Mastzellen.
Der hier beschriebene Fall dagegen zeigt hei Beginn der
Erkrankung im späteren Alter neben disseminierten Mastzellen
auch den typischen „Mastzellentumor" Unnas.
Der Fall dürfte wahrscheinlich seine exzeptionelle Stellung
einbüßen, wenn jedesmal die Gelegenheit wahrgenommen würde,
ähnliche Fälle mit Beginn der Erkrankung im späteren Alter
einer genauen anatomisch histologischen Untersuchung zu unter¬
ziehen. Dann düi'fte es sich auch herausstellen, daß der Mast¬
zellentumor und die disseminierten Mastzellenauhäufungen nur
graduelle Unterschiede darstellen derart, daß der Mastzellen¬
tumor in älteren Herden in die disseminierte Form der Mast¬
zellenansammlung übergeht, was auch aus den Untersuchungen
von Graham Little hervorzugeben scheint, der den verschie¬
denen Reichtum an Mastzellen nicht für ausreichend hält zur
Unterscheidung von zwei besonderen Typen (Unn a-Jadas-
s o h n).
Meinem hochverehrten Chef, Herrn Hofrat Professor F. J.
Pick, bin ich für die Zuweisung der Arbeit und das derselben
entgegengebrachte Interesse zu Dank verpflichtet.
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Bobaö.
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Erklärung der Abbildungen auf Taf. V.
Fig. 1. Übersichtsbild. Yermehrang des Pigmentes in den basalen
Retesohicbten, distale * Pigmentkappe, Vakuolisierung des Protoplasmas,
Mastzellentumor mit Einlagerung von Pigment in der Cutis und Infil¬
tration um die Gefäße. Färbung mit polychromem Methylenblau und
Glyzerinätberdifferenzierung. (Vergrößerung ca. lOOfacb.)
Fig. 2. Starke Vergrößerung. Mastzellentumor. Mastzellen. Granula
der Mastzellen und deren Fortsätze. (Spritzzellen.) Langgestreckte und
polygonale Pigmentzellen mit Fortsätzen, aus denen Pigmentgranula
bervorspritzen. Infiltrat ringsum um ein Gefäß. Färbung gleich wie
bei Fig. 1. (Vergrößerung ca. 900fach; Reicherts Immersion.)
Fig. 3. Übersicbtsbild. Kleinzelliges Infiltrat in der Homscbicht.
Links Zunahme des Pigmentes im Epithel und der Mastzellen in der
Cutis. Rechts im Bereiche des oberflächlichen Blutgefäßnetzes dichte
Infiltration, bestehend aus mononukleären Leukocyten. Färbung wie bei
Fig. 1. (Vergrößerung ca. SOfach.)
Fig. 4. Pigment in den basalen Schichten des Rete. Disseminierte
Mastzellenanhäufung. Färbung mit Metbylenazur. (Vergrößerung ca.
120fach.)
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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band LXXXll.
TAP V.
Bohac : Urticaria pigmentosa
>UAr,<
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Ans der dermatologischen Abteilung des städt. Zrankenhanses
am Urban in Berlin (dirigierender Arzt: FriT.-Boz. Br. Bnsohke).
Über die BeziehuDgeu der Spirochaete
pallida zur kongenitalen Syphilis,
nehst einigen Bemerkungen über ihre Lagerung
im Gewebe bei akquirierter Lues.
Von
Dr. A. Buschke und Dr. W. Fischer.
(Hiezu Taf. VI u. VII.)
Nachdem Schaudinn bei gemeinsamer Arbeit mit Hoff-
m a u n die von ihm so genannte Spirochaete pallida in Primär¬
affekten, Leistendrüsen und nässenden Papeln der Genitalregion
sowie im Milzpunktionssaft entdeckt hatte, wurde dieser
Befand durch Nachprüfung zahlreicher Autoren bestätigt. Die
wesentlichsten Tatsachen, welche die Entdeckung auf eine breitere
Basis stellten, waren die Befunde von Metschnikoff und
Boux, welche den Mikroorganismus zuerst in geschlossenen
Papeln des Stammes fern von den Genitalien und in Primär¬
affekten bei experimentell erzeugter Affensyphilis beschrieben,
ferner der Nachweis in inneren Organen und im Blut bei kon¬
genitaler Syphilis, der zuerst von uns erbracht wurde, der
sichere Nachweis in strömenden Blut bei akquirierter Lu es
durch Noeggerath und Staehelin, und schließlich der histolo¬
gische Nachweis durch Bertarelli undVolpino und später,
durch den Gedankeugang des letzteren angeregt, durch L e v a d i t i.
Die Morphologie der Spirochaete ist von Schaudinn selbst
bereits in seinen ersten Mitteilungen im wesentlichen festgelegt
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Basohke und Fischer.
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worden. Wie er seine ersten Befunde am lebenden Objekt')
erhoben hat, weist er auch darauf hin, daß die Spirochaete
pallida so von anderen Formen am leichtesten zu unterscheiden
sei: „Ihre Zartheit und das geringe Licbtbrechungsvermögen
vereinigt mit der charakteristischen Gestalt der Spirale mit
engen, tiefen, meist zahlreichen Windungen (10—26) sind kaum
mit anderen Objekten zu verwechseln.“ Während die meisten
übrigen Spirochaeten sich in der Ruhelage zu flach gewundenen
Fäden strecken, die der geraden Linie sich nähern, bleiben bei
der Spirochaete pallida die korkzieherartigen Windungen auch
in der Ruhelage bestehen. In Färbungen, die nach verschiedenen
Methoden, am besten nach einer von Schaudinn modifizierten
Giems atinktion möglich sind, ist ihre Agnoszierung in sel¬
tenen Fällen bei der Anwesenheit ähnlich geformter Arten unter
Umständen schwierig. Bei nach Giemsa behandelten Prä¬
paraten ist difierentialdiagnostisch neben der Dicke und der
zarten Rosafärbung besonders die Windungszahl von Wert.
Schaudinn gibt an, daß bei keiner anderen Spirocbaeten-
gattung über 10 enge Windungen erreicht werden; die Enden
der einzelnen, nicht mechanisch lädierten Individuen laufen stets
spitz zu. Ob eine undulierende Membran den im Querschnitt
kreisrunden Körper umgibt, ist noch nicht entschieden, wohl
aber läßt sich durch Behandlung mit Beizen (Löffler) je eine
endständige Geißel nachweisen. An einzelnen Exemplaren be¬
obachtet man an einem Pol zwei Geißelfäden, es handelt
sich dann meist um kürzere, dickere Individuen, die sich viel¬
leicht zu einer Längsteilung anschicken, ähnlich wie dies bei
Trypanosomen vorkommt. Auch Y-förmig gestaltete Exemplare
scheinen auf eine Längsteilung hinzuweisen; immerhin ist dieser
Vermehrungsmodus noch nicht erwiesen.
Unsere morphologischen Betrachtungen fußen hauptsäch¬
lich auf Schau di uns eigenen Untersuchungen. Die Schwierig¬
keit der Materie, sowie der Mangel nötiger zu vergleichenden
*) Der Nachweis der lebenden Spirochaete, den wir selbst auch
häufig geführt haben, erscheint uns immerhin selbst bei Übung viel sch wieriger
wie der Nachweis im gefärbten Präparat. Für praktische Zwecke dürfte
diese Untersuchung kaum in Betracht kommen, wohl dagegen für theore¬
tische Stadien.
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 65
Studien unerläßlicher Kenntnisse in der Protozoenkunde halten
uns davon ab, eigene Beobachtungen zu publizieren. Sind doch
selbst berufene Autoren noch nicht darüber im Klaren, welchem
System der vorliegende Mikroorganismus einzureihen ist, resp. ob
er zu den Protozoen oder den Bakterien gehört. Dies Gebiet
mag dem Fachmann reserviert bleiben. Nicht unerwähnt wollen
wir aber lassen, daß Wechselmann und Löwenthal kern¬
artige Gebilde im Spirochaetenkörper beschrieben haben, auch
Herxheimer hat mit Löser ähnliche Beobachtungen ge¬
macht. Krzysztalowicz und Siedlecki konstruierten be¬
reits einen geschlossenen Entwickelungskreislauf, bei dem die
verschiedensten Formen auftreten sollen.
Ein Nachweis der Spirochaete pallida in nicht syphili¬
tischen Produkten ist bis jetzt trotz der außerordentlichen
Menge der in der Literatur verzeichneten Kontrolluntersuchun-
gen und auch uns nicht gelungen. Nur Castellani hat in
mehreren Fällen von Framboesia tropica Spirochaeten gefunden,
die nach Schaudinn von seiner Form sich nicht unter¬
scheiden lassen'). Bekanntlich ist die in den Tropen häufige
Form der Lues condylomatosa oft kaum von dieser Affektion
zu trennen. Eventuell lagen hier solche Erkrankungen vor,
andererseits ist aber auch die Möglichkeit nicht von der Hand
zu weisen, daß bei der Framboesie ähnliche Parasiten auf¬
treten, die wir mit unseren jetzigen Hilfsmitteln nicht differen¬
zieren können. Die von Kiolemenoglou und von v. Cube,
H o f f m a n n u. a., in Carcinomen und verschiedenen anderen Affek¬
tionen beschriebenen Spirochaeten gehören anderen Arten an.
Natürlich finden sich an der Oberfläche, namentlich von offenen
Syphiliden auch andere Mikroben; besonders verbreitet ist an
den in der Nähe der Genitab'en gelegenen Effloreszenzen, wie
nässenden Papeln, Primäraffekten, spitzen Kondylomen, eine Form,
die Schaudinn als Spirochaete refringens bezeichnet bat; in
tiefere Schichten dringt diese aber anscheinend nicht ein ;^) sie ist
auch in den inneren Organen kongenital luetischer Kinder von
uns nicht gefunden worden. Es ist daher irgend eine Zusammen-
*) Neuerdings will er sie auch in geschlossenen jungen Papeln dieser
Krankheit allein nachgewiesen haben.
*) Von Neisser und B er mann ist sie einmal innerhalb einer
Lymphdräse eines mit Syphilis geimpften Affen gefunden worden.
Arrh. f. Dermat. n. Sypb. Bd. LXXXII. 5
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66
Buschke und Fischer.
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gehörigkeit dieser beiden Arten, wie sie kürzlich von Schütz
angenommen wurde, nicht anznnehmen.
Wir haben also hier einen Mikroorganismus vor uns, der
sich mit seltenen Ausnahmen in allen Produkten primärer und
sekundärer Syphilis findet. Er fehlt aber anscheinend bei ter¬
tiärer Lues, vielleicht ist er auch in manchen besonders gebauten
Produkten der Frübperiode nicht immer oder nur in sehr geringer
Menge vorhanden; hierzu wären nach unseren Erfahrungen be¬
stimmte Formen maligner Syphilide und ein Fall Mschester
von uns eingehend untersuchter Hirnarterienerkrankung zu
rechnen. Weiter unten sind diese Fragen näher erörtert. Ein
definitives Urteil darüber, ob sie in diesen Herden sich wirklich
nicht finden, ist natürlich nach dem jetzigen Stande unserer
geringen Kenntnisse noch nicht möglich. Derselbe Parasit
findet sich auch in den Primäraffekten und regionären Drüsen
künstlich infizierter Tiere, so daß der Schluß zulässig ist, der
Spirocbaete pallida eine ätiologische Bedeutung bei der Syphilis
zuzuerkennen. Den bisher erwähnten Ausstrich-Methoden hafteten
so viele Mängel an, daß erst die Möglichkeit einer Gewebs-
färbung einen weiteren Fortschritt erhoffen ließ.
Es ist das Verdienst zweier italienischer Forscher, Ber-
tarelli und Volpino, durch zweckmäßige Anwendung be¬
kannter Geißelfärbungen eine brauchbare Methode zur Darstellung
der fraglichen Parasiten im Gewebe zuerst geschaffen zu haben.
Mit ihr wiesen sie die von uns bei hereditärer Lues im Ausstrich¬
präparate zuerst dargestellten Spirochaeteu histologisch in Leber
und Milz eines 7monatlichen syphilitischen Fötus nach. Ihre Technik
ist folgende: Sehr dünne Schnitte (nicht über 5 ju) werden 24—48
Stunden in 0*2—0*5*70 Argentum nitricum - Lösung gebracht
und dann nach Waschung in der von van Ermenghem an¬
gegebenen Reduktionsflüssigkeit (5 gr Gallussäure, 3 gr Tanniir,
10 gr Natricum aceticum fusum, 350 gr aqua destillata), etwa
15 Minuten, bis die Schnitte gelblich scheinen, reduziert; da¬
rauf kommen sie noch einmal in eine 0'2—0*5*’/o Silberlösung,
wo ihre Farbe bräunlichgelb werden soll. Dann werden sie
abgespült, entwässert und in Balsam gebracht. Verstärkung
der Silbemitratlösung und Verlängerung des Bades sind sowohl
für Stückfärbung als für Haut- imd Schleimhautteile empfohlen.
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 67
Nachdem durch diese Autoren die Silberimprägnation als
brauchbar für den Spirochaetennachweis im Gewebe festgestellt
war, modifizierte Levaditi das Verfahren in sehr zweckmäßiger
und brauchbarer Weise.
Levaditis Methode, die jetzt allgemein in Gebrauch ist
beruht auf demselben Prinzip, auch sie ist eine Silberimpräg¬
nation mit nachfolgender Beizung durch Pjrogallussäure und
stellt eine Modifikation der von Ramon j Cajal angegebenen
NerrenfibriUenfärbung dar. Kleine Gewebsstficke werden in 10%
Formalin gut fixiert und in 95% Alkohol gehärtet Es folgt eine
Silberimprägnation (1*5—3% Argentum nitrium-Lösungl während
mindestens dreier Tage im Brutofen. Dann kommen die Stücke
in eine Mischung von
Pyrogallus .... 2—4 g
Formel.5 ^
Aqua destill. ... 100 g*
und verbleiben dort bei Zimmertemperatur 24 Stunden. Nach
tüchtigem Abwaschen mit destilliertem Wasser, Entwässerung
und Paraffineinbettung. Die Spirochaeten erscheinen dann als
tiefschwarze Gebilde in dem gelblich fingierten Gewebe. Nach-
färbimg mit verdünnter Giernsalösung oder Toluidinblau lassen
die Zellkerne besser hervortreten, doch läßt sich das Gewebe
auch ohne dieselbe in genügender Weise differenzieren.
Neuerdings hat Levaditi zusammen mit Manuelian
seine Methode noch dadurch verbessert, daß er die Gewebs-
stücke mit Pyridin durchdringen läßt, um so dem Argentum
nitricum schneller und sicherer Zugang zu den Spirochaeten
zu verschaffen, und in der gleichen Absicht wird die Pyrogallus-
säure mit Aceton und Pyridin vermischt. Die Stücke werden
auch hier in gleicher Weise ein bis zwei Tage mit 10®/o For¬
malin und 12—16 Stunden mit 96®/^ Alkohol vorbehandelt.
Nach Waschen in destilliertem Wasser, bis die Stücke zu Boden
sinken, kommen sie in eine 1®/^ Argentumlösung, der im Augen¬
blick des Gebrauchs 10 cm® Pyridin pro 100 cm® Silberlösnng
zugesetzt wird. Hierin verbleiben sie etwa 2—3 Stunden bei
Zimmertemperatur uud 4—6 Stunden bei einer Temperatur
von 50®, im allgemeinen dem lebenden Organismus entnommene
Objekte etwas längere Zeit. Es folgt wieder eine kurze Waschung
6 *
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Baschke und Fischer.
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in 10®/o Pyridin und Reduktion während „einiger Stunden“ in
folgender Lösung.
4®/o Pyrogallussäurelösung,
10 cm* pro 100 gereinigten Acetons (56/58).
15 cm* pro 100 des Gesamtvolumens Pyridin.
Der weitere Verlauf ist der gleiche wie bei der alten Methode.
Die Verfasser haben damit Resultate erzielt, die sie vollendet
nennen. Besonders sollen sich die Spirochaeten viel zahlreicher
färben. Nachfärbungen können auch hier zur Anwendung kommen.
Wir haben im Verlaufe unserer Untersuchungen alle die
drei beschriebenen Verfahren nachgepröft und unter einander
verglichen. Das Bertare llische erscheint uns wegen der
kaum vermeidlichen Niederschläge, welche die Übersicht un-
gemein bindern, kaum empfehlenswert.*) Dagegen bekommt
man mit der Levaditischen Vorschrift, besonders der ersten,
ausgezeichnete Resultate, zu ihrer Benutzung raten wir bei
feineren histologischen Studien. Stärkere Silberkonzentration
und längere Einwirkungszeit erhöhen überdies — wie wir uns
selbst überzeugt haben — ihre Sicherheit. Nachfärbungen sind
bei den meisten Geweben nicht nötig, ja sie können unter
Umständen stören. Bei der Pyridinmethode geht der ganze
Imprägnationsprozeß schneller von statten und vor allen Dingen
sollen sich noch größere Mengen von Parasiten färben; wir
können dies auf Grund eigener Präparate bis zu einem ge¬
wissen Grade bestätigen. Immerhin haben wir den Eindruck,
daß sich bei dem Rapid verfahren mehr Gewebsschädigungen
und reichliche Niederschläge leicht entwickeln. Falls es uns
auf den sicheren Spirochaetennachweis ankommt, wird die
Pyridinmethode vorzuziehen sein, zumal man eine weitere Be¬
schleunigung durch Anwendung des Gefriermikrotom sofort nach
erfolgter Reduktion erzielen kann. Die Dauer der ganzen Pro¬
zedur beträgt dann nur etwa 48 Stunden. Vor allem aber ist
es erforderlich möglichst dünne Stücke zu verwenden. Mehrere
Male haben wir bei sonst sorgfältiger und erfolgreicher An¬
wendung der Methode nur die äußeren Partien des Präparates
*) Bertarelli hat neuerdings sein Verfahren modifiziert, hierüber
haben wir noch keine Erfahrungen, die oben gemachten Angaben beziehen
sich lediglich auf die alte Methode.
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über die Besieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. (59
ToUkommen vom Silber erreicht gefunden. Hierdurch entsteht
bei Ungeübten leicht der Eindruck, daß die Spirochaeten nur
in den oberen Schichten enthalten sind, während es unter
Umständen zweifellos an der unzureichenden Methodik liegt,
daß nur die Bandspirochaeten gefärbt sind. Jedenfalls ziehe
man bei Schlußfolgerungen bezüglich der Lagerung diese Fehler¬
quelle in Betracht. Bei der Entnahme der EfRoreszenzen vom
Lebenden haben wir zur schmerzlosen Excision, wenn nötig
immer Äthylchlorid angewandt und einen Nachteil für die Färb¬
barkeit der Objekte nicht gefunden. Blaschko hat bei Be¬
nutzung von Cocain oder Schleichscher Lösung starke körnige
Fällungen von Cblorsilber im Gewebe gesehen und warnt daher
davor sich dieser Mittel zu bedienen. Gegenüber den bekannten
Ausstrichmethoden bietet die Schnittfärbung ungemein viele Vor¬
teile und bei genügender Technik außerordentlich viel mehr,
wenn auch keine absolute Sicherheit. Während negativ ver¬
laufene Untersuchungen von Ausstrichen gar keine praktische
Bedeutung für uns haben, gestattet der völlig negative Ausfall
der histologischen sorg<igen, in Serienschnitten ausgefübrten
Untersuchung die Annahme, daß mit Wahrscheinlichkeit keine
Spirochaeten im Gewebe vorhanden sind. Um uns noch mehr
zu sichern, haben wir gleichzeitig viele Spirochaeten enthaltende
Stücke mit den gleichen Flüssigkeiten gleichzeitig behandelt,
wodurch auch sicher ein Fehler in der Methode ausgeschaltet
wird. Neben den Spirochaeten färben sich auch gelegentlich
Bakterien und lassen sich schon durch ihre Form ohne weiteres
von Niederschlägen unterscheiden. Für die Untersuchungen bei
kongenitaler Lues, bei welcher Mischinfektionen nicht so selten
sind, ist dies von Wichtigkeit. Andere Gewebselemente werden
sich meist leicht gegenüber den Spirochaeten differenzieren
lassen. Das Bindegewebe und die Elastica nehmen nie eine
so intensive dunkle Färbung an, daß ihre zartesten Fibrillen zu
Verwechselungen Anlaß geben könnten. Schwieriger verhalten
sich in dieser Beziehung die feinsten Nervenfibrillen. Im kind¬
lichen Gehirn und Rückenmark ist es in der Tat gelegentlich
kaum zu unterscheiden, ob Nervenelemente oder Spirochaeten
vorliegen. Zum Teil hat dies auch seinen Grund darin, daß sich
die BUkroben bei ihrer aktiven Lokomotion in ihrer Form häufig
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Basohke und Fischer.
den Gewebsverhältnissen anbequemen. In den Gefäßen und
lockeren succulenten Geweben zeigen sie ihre bekannte scharf
geschnittene Form, dagegen findet man in straffem Bindegewebe
häufig ihre Windungen ungleich flacher, ja sie können sich
unter Umständen überhaupt vollkommen ausgleichen. Anderer¬
seits zeigen wieder die erwähnten feinsten Nervenfibrillen ganz
ähnliche Formen, die offenbar durch Schrumpfungsprozesse bei
der Härtung entstehen. Ferner sieht man in manchen Prä¬
paraten neben gut gefärbten Spirochaeten solche, die die Färbung
nur blaß angenommen haben, andere wieder bestehen aus einer
spiralig gewundenen Kette von Körnchen; gelegeutlich mag dies
in der Unvollkommenheit der Methode liegen, aber es liegt
auch die Möglichkeit vor, daß es sich um degenerierte ab¬
sterbende Individuen handelt, und die Wahrscheinlichkeit dafür
ist umso größer, als man solche Gebilde besonders in Lymph-
drüsen, in ausgedehnten Infiltraten und älteren Prozessen, die
zur Organisation neigen, auftreten sieht. Im allgemeinen aber
wird man erstaunt sein, wie überaus groß die Zahl der histologisch
nachweisbaren Mikroorganismen auch bei akquirierter Lues z. B.
in jungen Primäraffekten oder indolenten Bubonen ist, in Fällen,
wo Ausstriche selbst bei stundenlangem Suchen nur einzelne
Exemplare finden lassen.
Im folgenden seien die Ergebnisse unserer Untersuchungen,
die wir an 5 kongenital syphilitischen Kindern und an einigen
Produkten akquirierter Lues angestellt haben, mitgeteilt. Da
bis jetzt in dieser Zeitschrift über die ganze Frage außer einem
Sammelreferat noch keine Arbeit erschienen ist, hielten wir es
nicht für unangebracht, auf imsere teilweise bereits in anderen
Journalen kursorisch veröffentlichten Ergebnisse mit einigen
Abbildungen in erweiterter Form noch einmal einzugehen. Des¬
halb gehen wir auch auf die Literatur*) nur wenig ein, da
dies dem Zweck der Arbeit nicht entsprechen würde.
Fall I. Am 4. Mai 1905 wurde das 10 Wochen alte Kind E. K.
auf unserer Abteilung mit der Diagnose Lues hereditaria anfgenommen.
') Wir verweisen besonders auf die entsprechende Arbeit von
Levaditi in Annales de Plnstitnt Pasteur Bd. XXV. Januar 1906,
welche durch die folgenden Mitteilungen zum größten Teil bestätigt wird.
Auf eingehende Zitate haben wir verzichtet
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 71
Die Anamnese ergab Syphilis seitens des Vaters, derselbe hatte vor 2 Jahren
eine Schmierkur gemacht. Die Matter zeigte keine Symptome und war
auch nicht spezifisch behandelt worden. Ihre beiden ersten Kinder waren
gesund, das dritte starb gleich nach der Geburt an Lebensschwäche, es
war ausgetragen und soll syphilitisch gewesen sein. Das jetzt eingelieferte
Kind wurde gesund und kräftig geboren, bekam aber, als es etwa acht
Wochen alt war, also 14 Tage vor der Einlieferung, einen Hautausschlag.
Bei kfinstlicher Ernährung war das Kind bis jetzt gut gediehen.
Das Kind war seinem Alter entsprechend entwickelt, kräftig und
gut genährt. Am ganzen Körper, besonders zahlreich an den Extremitäten
und hier wiederum am stärksten an den Streckflächen der Ober- und
Unterschenkel bestand ein sehr dichtes Exanthem, welches sich zusammen-
setzte aus etwa linsengroben und etwas größeren scharf begrenzten z. T.
fast kreisförmig circinären rotbraunen, flach prominierenden aber deutlich
infiltrierten Papeln. Vereinzelte Papeln sah man im Gesicht, am behaarten
Kopf, an den Handtellern und Fußsohlen. Am Anus befanden sich einige
erodierte Stellen, sonst waren die Effloreszenzen mit Epidermis bedeckt.
Leber und Milz waren nicht nachweisbar vergprößert. Geringe Koryza.
Am Tage nach der Aufnahme wurden von einer makroskopisch nicht
erkrankten Hautstelle durch Ritzen der Epidermis einige Tröpfchen Blutes
entnommen. Bei genauer Durchsicht der Präparate fanden sich im ganzen
15 Spirochaeten,^) die nach Form und tinktoriellem Verhalten dem
Schaudinnschen Typus durchaus entsprachen. Im Nasensekret fanden
sich keine solchen Individuen.
Bei dem Kinde wurde sofort eine Kalomelpulverbehandlung ein¬
geleitet. Es starb aber bereits am 6. Mai, nachdem es bei außerordent¬
lich geringer Nahrungsaufnahme in einen somnolenten Zustand verfallen
war. Das Krankheitsbild machte den Eindruck einer schweren Intoxikation.
Sektion am 8. Mai morgens (Prof. Ben da*) 10 Wochen
altes, etwas atrophisches Kind, der ganze Körper ist mit einem
papulösen Exanthem bedeckt. Die Papeln sind bis über linsen-
groß und zeigen einen gleichmäßigen Rand, in der Mitte eine
kleine Vertiefung, ln der Analgegend sind sie erodiert. Die
geschilderten Papeln sind besonders deutlich an den Fußsohlen
und an der Innenseite der Oberschenkel; außerdem zeigt die
*) In einer unter Herxheimer angefertigten Dissertation wird dieser
Blutnachweis bemängelt mit der Begprundung, daß so viele Spirochaeten
sonst im Blute nie gefunden werden. Darauf sei erwidert, daß das nur
für die akquirierte Lues gilt. Bei hereditärer Lues finden sich im Blute
gar nicht so selten sehr zahlreiche Spirochaeten, cf. Beobachtung V.
*) Wir nehmen hier Gelegenheit Herrn Prof. Benda für die mannig¬
fache ünterstfitzung, die er uns auch bei der Kontrolle der histologisch-
pathologischen Organverändemngen gewährte, bestens zu danken.
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72
Buschke und Fischer.
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Haut eine geringe Gelbfärbung, geringer Ikterus der Schleim¬
häute. Aus der Nase entleert sich eine gelbe schmierige
Flüssigkeit, die Nasen- und Rachenschleimhäute sind nach Elnt-
femung ihres eitrig-schleimigen Belages gerötet. An den Hais¬
und Brustorganen keine Veränderung außer einem starken
Lungenödem. Milz derb, Schnittfläche etwas dunkel blaßrot;
Follikel leicht geschwollen und deutlich sichtbar, die Pulpa
läßt sich nicht abstreifen. Die Nieren sind weich, ihre Kapsel
läßt sich von der glatten Oberfläche leicht abziehen, in ihr
sieht man kleine rote Pünktchen. Die Leber ist ikterisch und
Ton fester Konsistenz, die Schnittfläche gleichmäßig gelb, eine
Zeichnung ist nicht zu erkennen. Die Röhrenknochen zeigen
, an den Epiphysenlinien keine deutlichen Abweichungen von der
Norm. Es besteht eine geringe allgemeine Drüsenschwellung.
Die mikroskopische Untersuchung ergab eine interstitielle
Hepatitis. Im ganzen Organ zerstreute submiliare Infiltrate
mit zentraler Nekrose und Infiltrate um die Blutgefäße. Die
Milz war durch Stauung induriert, die Trabekel leicht verdickt.
In den Nieren bestand eine stark hämorrhagische Entzündung,
um einzelne Gefäße fanden sich kleine Ljmphocytenansammlungen.
Bakterienfärbungen in allen Organen blieben ohne Resultat.
Es liegt also zweifellos eine schwere kongenitale Lues mit
Beteiligung der Yisceralorgane vor, an welcher das Individuum
zu Grunde ging.
ln Ausstrichen von Milz und Leber konnten zahllose Mengen
von Spirochaeten nachgewiesen werden, besonders viele im
Milzsaft, wo man fast in jedem Gesichtsfeld 2—6 gut ausge¬
bildete Exemplare fand. Nieren und Lymphdrüsen sowie zer¬
quetschte Hautpapel-Stückchen enthielten dagegen nichts. Es
sei hier gleich bemerkt, daß die auf solche Weise gewonnenen
Präparate nur in geringem Maße einen Schluß auf das Vor¬
handensein von Spirochaeten erlauben, denn wir fanden histo¬
logisch z. B. in den Hauteffloreszenzen später massenhafte
Spirochaetenansammlungen ebensowie bei dem weiter unten an¬
geführten Fall III. in den Gewebsfiüssigkeitsausstrichen nur
verhältnismäßig wenig Exemplare, während uns in den Schnitten
ihre enorme Menge überraschte.
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über die Bezieh, der Spirocbaete pallida zur kong. Syphilis. 73
Von dem Kinde standen uns zur Silberimprägnation Leber,
Milz und Haut zur Verfügung (Figuren Nr. 1, 4 und 5).
In der Leber fallt schon bei Betrachtung mit starken
Trockensjstemen ein um die Leberzellbalken und Gefäße ge¬
lagertes, den bindegewebigen Entzündungsherden entsprechendes
dunkelgrau bis schwarz gefärbtes Netzwerk auf, welches sich
bei geeigneter Vergrößerung in ungezählte Mengen von Spiro-
chaeten auflöst. Dieselben lagern meist parallel den Inter-
stitien, es liegen aber auch zwischen den einzelnen Drüsen¬
elementen eine große Menge von Individuen, in der Haupt¬
sache in den Interzellnlarräumen und in und um die Blut- und
GhtUenkapi Haren. Von einem unbestrittenen Eindringen in die
Zellen selbst haben wir uns in einwandsfreier Weise auch an
ganz dünnen Schnitten nicht überzeugen können. Einzelne
Exemplare sieht man innerhalb der Gefäße, eine große Menge
im Endothel und in dem die Gefäßwand bildenden Stützgewebe,
auch scheinen sie von da ins Parenchym vorzudringen. In den
circumscripten Infiltraten ist eine besondere Menge von Spiro-
chaeten nicht nachweisbar.
Die Milz ist, wie oben erwähnt, nur mäßig histologisch
verändert. Hier sind es namentlich die Gefäße und ihre nähere
Umgebung, die herdförmig Spirochaetenansammlungen in größerer
Zahl zeigen. Einige befinden sich auch hier im Gefäßlumen.
An Gefäßlängsschnitten kann man nachweisen, wie die Mikro¬
organismen den Zellinterstitien der Intima folgend sich von da
in das benachbarte Gewebe ausbreiten. Im Pulpagewebe finden
sie sich nur spärlich. Sehr richtig weist schon Levaditi da¬
rauf hin, daß diese Anordnung der Parasiten ihr Eindringen
auf dem Blutwege beweise.
Bei der Hauteffioreszenz handelt es sich um eine flach
prominente, deutlich infiltrierte aber nirgends erodierte Papel.
Die ganze Papillarschicht, ebenso das Epithel ist von Wander¬
zellen durchsetzt, die Kapillaren sind bis unter das Niveau von
mononukleären Infiltraten umgeben, auch bei größeren Gefäßen
reichen diese bis ans Endothel. Haarfollikel, Talg- und Schwei߬
drüsen (Fig. 4 und 5) sind selbst intakt, lassen aber eine gleiche
sie umgebende entzündliche Reaktion erkennen. In den Papillen
lagern Unmassen von Spirochaeten und zwar besonders dicht
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Buschke und Fischer.
uiD dio CÄpillarschÜDgon, von da aus durchsGtzöu siö imiiiGr
noch in außerordentlich großer Menge die Keimschicht und
lassen sich an manchen Stellen bis in die verhornten Partien
der Epidermis verfolgen, so daß sie dieselbe möglicherweise
auch durchsetzen. In den Biudegewebsbündeln der Cutis sind
sie spärlich und folgen meist der Fibrillenrichtung. Wieder zahl¬
reicher beobachtet man sio um einzelne Gefäße und in den
drüsigen Hautelementen, in den Haarfollikeln bis zur inneren
Wurzelscheide und zwischen den Zellen der Schweiß- und Talg¬
drüsen, ohne daß sich hier nennenswerte Gewebsreaktion findet.
In diese dringen sie vom periglandulären Bindegewebe, wo sie in
reicher Zahl verteilt sind, ein. Betreffs der Gefäße ist noch zu
erwähnen, daß sich auch einzelne Spirochaetenexemplare inner¬
halb ihrer Wandungen zwischen Infiltratzellen finden. In makro¬
skopisch nicht veränderten, solchen Papeln angrenzenden Bezirken
sieht man gelegentlich auch Spirochaeten, sie machen hier mehr
den Eindruck einer regellosen Lagerung im Bindegewebe der Cutis
und es erscheint wahrscheinlich, daß ihre Ausbreitung hier dem
Wege des Lymphsystems folgt, während die Entstehung der pri¬
mären Hauteffloreszenzen sichtlich hämatogenen Ursprungs ist.
Fall II. Das Kind Fr. S. wurde in unserer Anstalt (Wöchnerinnen¬
heim) von einer manifest syphilitischen Mutter geboren und bot anfangs
keine Symptome einer luetischen Infektion. Die Mutter zeigte an
Stamm und Extremitäten ein maculopapulöses Exanthem und zahlreiche
intertriginöse Papeln in der rechten Axilla, daneben bestand allgemeine
indolente Drüsenschwellung. Es handelte sich anscheinend um eine ver¬
hältnismäßig üdsche Lues, doch waren die anamoestischen Angaben un¬
genau; Aborte oder Fehlgeburten waren nicht vorausgegangen. Da aber
die Patientin früher nie an Hautausschlägen oder Genitalulzerationen
gelitten haben will, liegt die Möglichkeit der Infektion im V. Gravidi¬
tätsmonat vor. Eine spezifische Behandlung vor dem Partus hatte nicht
stattgefunden. Der Wochenbettverlauf war ein normaler. Die am 11.
Tage nach der Entbindung begonnene Merkurialkur wurde ausgezeichnet
vertragen. Im Serum der oben erwähnten Papeln in der Umgebung der
rechten Achsel wurden übrigens spärliche Spirochaeten in hängenden
Tropfen und in Ausstrichen gesehen.
Zuerst gedieh das Kind, langsam verfiel es nach einem Monat trotz
guter Nahrungszufubr. Bei starker Gewichtsabnahme wurde die Haut
atrophisch und trocken und es zeigte sich eine leichte Coryza. Plötzlich
starb es unter enteritischen Erscheinungen.
Das Sektionsprotokoll lautet: Kindliche Leiche weiblichen
Geschlechts, für ihr Alter schlecht entwickelt. Hautfarbe leicht
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über die Bezieh, der Spirocbaete pallids zur kong. Syphilis. 75
ikterisch, sonst Haut und sichtbare Schleimhäute ohne Beson¬
derheiten. Die Fontanellen sind noch weit offen, etwas ein¬
gesunken. Die Lungen sind von normalem Blutgehalt, die über¬
lappen etwas ödematös. In den Bronchien, deren Schleimhaut
leicht gerötet ist, ziemlich viel schmieriges Sekret. Der rechte
Unterlappen ist von reduziertem Luftgehalt, Milz groß, derb,
Pulpa ohne Befund; Leber ebenfalls groß, etwas ikterisch ge¬
färbt; im Lebergewebe sieht man vereinzelte dunkle Herde von
verschiedener Größe. Pankreas, Nebennieren und Magendarm¬
kanal sind ohne pathologische Veränderungen. Nieren nicht
vergrößert, auf dem Schnitt trübe. Die Epiphysenlinien leicht
erweitert und gezackt. Histologisch bestanden in der Leber
lymphocytäre und polynucleäre submiliare Herde mit geringen
Bindegewebsverbreiterungen der benachbarten Interstitien, im
Zentrum der größeren Herde sah man geringer färbbare Stellen
(Nekrosen), in der Umgebung der großen Gefäße kleine Infiltrate,
erstere waren ziemlich stark mit Lymphocyten gefüllt. Die
Milz war stark hyperämisch, die Pulparäume stai'k mit Blut¬
körperchen gefüllt, das Milzgewebe selbst machte einen atro¬
phischen Eindruck mit sehr kleinen Follikeln. Sonstige ent¬
zündliche oder spezifisch syphilitische Veränderungen ließen
sich nicht nachweisen. Auch die Nieren boten nur das Bild
einer parenchymatösen Entzündung mit einzelnen Blutungen
ins Gewebe; an wenigen Stellen bestanden kleine perivaskuläre
Infiltrate. Die Nebennieren waren pathologisch kaum verändert,
nur fielen uns in der Marksubstanz die enorme Füllung der
Blutgefäße und einige kleine Blutextravasate auf.
Von diesem Falle kamen Lunge, Leber, Milz, Nieren und
Nebennieren zur Untersuchung auf Spirochaeten. Ausstriche
hatten in der Leber und Milz reichliche Mengen von Spiro¬
chaeten ergeben, während sich in den Nieren und Nebennieren
nur einzelne Individuen fanden. In den Schnitten fiel wieder
die außerordentliche Menge von Spirochaeten auf; sie ent¬
sprachen in Leber und Milz vollkommen dem ersten Fall; in
der Leber bestand auch hier eine mehr difiiise Verbreitung,
während in der Milz die Gefäße und ihre Wandungen befallen
waren. In wie leichlicher Anzahl sie dort vorhanden sind,
mag eine der beigefügten Abbildungen (Fig. 3) veranschaulichen.
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Buschke and Fischer*
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In den Nierenpräparaten lassen sich die Mikroorganismen
nur spärlich nachweisen, in den Harnkanälchen überhaupt nicht.
Dagegen lagern einige wenige in einem perivaskulären Infiltrat
und im Stroma^ welches entzündlich nicht alteriert ist Wahre
Depots dagegen sieht man in der Binde der Nebennieren. Sie
folgen der das ganze Organ umgebenden bindegewebigen Kapsel
und senken sich mit den Bindegewebssepten zwischen die Säulen
der Corticalzellen. ln der Marksubstanz sind nur wenige
Exemplare in nicht charakteristischer Lagerung vorhanden.
Der III. Fall betrifft eine totgeborene, fast völlig uusgetragene
Frucht und bietet nicht so sehr wegen der vorhandenen Organveränder¬
ungen als hinsichtlich seiner Infektion manches Interessante. Die Mutter
kam am 8. Januar 1906 bei uns in stark verwahrlostem Zustande zur
Aufnahme. Es bestand eine Pediculosis capitis, davon abhängig ein Ekzem
an Hals und Rücken. Am rechten Labium minus saß etwa in der Mitte
eine funfpfennigstückgrofle, nur wenig infiltrierte und mit gelblicher
Schmiere belegte speckige Ulceration, eine etwas kleinere, sonst klinisch
gleiche wurde an der hinteren Kommissur bemerkt. Besondere regionäre
oder allgemeine Drüsenschwellung bestand nicht. Die Patientin war
etwa im 9. Monate gravid. Die Anamnese ergab keinen Anhalt für
frühere Lues, ein jetzt dreijähriges Kind ist gesund.
Unter Vollbädern und indifferenter Salbenbehandlung heilte das
Ekzem in acht Tagen ab. Dagegen entwickelte sich die am rechten
kleinen Labium befindliche Ulzeration unter deutlicher Induration und
indurativem Ödem zu einem typischen Primäraffekt, auch die Inguinal*
drüsen vergrößerten sich in spezifischer Weise zu über kirschgroßen
schmerzlosen Knoten. Eine einmalige Untersuchung von Abstrichen der
Initalsklerose auf Spirochaeten verlief negativ. In Anbetracht der vor¬
liegenden Gravidität wurde entgegen unserem sonstigen Modus bei
sicherer Lokaldiagnose am 26. Januar eine Injektionskur mit Salizyl-
quecksilber begonnen. Am folgenden Tage trat, nachdem die Frau seit
einer halben Woche keine Kindsbewegungen mehr gespürt hatte, die
Geburt ein und forderte ein totes, aber kräftig entwickeltes Kind mit
geringen Mazerationszeichen zur Welt. Die Sektion desselben ergab ma¬
kroskopisch keine deutlichen Symptome einer kongenitalen Syphilis. Die
Mutter begann am zweiten Tage nach dem Partus zu fiebern und erlag
am 20. Februar einer puerperalen Pyämie.
Leber, Milz, Lunge und Nieren des Fötus kamen zur
Untersuchung. Die beiden erstgenannten Organe fanden auch
zu Ausstrichen Verwendung und zeigten in nach Giemsa ge¬
färbten Präparaten spärliche Exemplare der Spirochaete pallida.
In der Leber war die Mazeration am stärksten Doch ließ sich
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida bei kong. Syphilis. 77
noch deutlich eine weitgehende Atrophie des Leberparenchyms
durch umgebendes frisches Bindegewebe erkennen. Daneben
bestand eine diffuse mononucleäre Infiltration, die sich an vielen
Stellen zu circumscripten Zellansammlungen verdichtete. Peri¬
vaskuläre Prozesse betrafen besonders die kleineren Gefäße,
während die Adventitia der größeren circumscriptere infiltrierte
Partien zeigte, die auf längsgetroffeneu Geiäßen perlschnur¬
artig an einander gereiht auftraten. Die Intima war nicht be¬
teiligt. Deutliche durch die syphilitische Erkrankung bedingte
Nekrosen waren nicht nachzuweisen. In der Leberkapsel sahen
wir auf unseren Schnitten an einer Stelle eine allmählich sich
steigernde und wieder zurückgehende Verdickung und Aus-
einanderdrängung der einzelnen Bindegewehszüge durch Infil¬
tratzellen, teilweise ging das Infiltrat ohne Abgrenzung auf das
beginnende Lehergewebe über. Spiroohaeten lagen hier massen¬
haft diffus zerstreut, Gefäßwände und Bindegewebe durchsetzend.
Bei der bestehenden Mazeration war eine ganz scharfe Loka¬
lisation nicht recht möglich. Auffallend waren einige Herde,
die im Zentrum eine leicht gekörnte Braunfärbung zeigten, ohne
Konturen hervortreten zu lassen und von Infiltratzellen um¬
gehen waren; in ihrer Mitte fanden wir nur ganz spärliche
Spirochaeten, während die Umgebung fast schwarz war von der
Menge wirr durcheinander liegender Parasiten. Es könnte sich
hier um frische gummöse Partien mit zentraler Nekrose handeln,
die, wie gesagt, auch bei Nachfärbungen in dem mazerierten
Gewebe nicht ganz sicher zu verifiizeren waren. Allerdings
bestanden histologisch auch sonst lokalisierte Infiltrate, wo sich
die Spirochaeten nicht zahlreicher als im interstitiellen Gewebe
aufhielten, dort fehlte aber die zentrale Läsion. In den Gallen¬
gängen und zwischen den Gallenepithelien beobachteten wir
nur spärlich Spirochaeten.
In der Milz erschienen Pulpa und Follikel durch Indu¬
ration arm an lymphocytären Elementen, im übrigen bot das
Organ keine Veränderungen. Spirochaeten lagen nur spärlich
in den Trahekelu und dem Parenchym, dagegen waren einzelne
— nicht alle — Gefäße in der Wand und der Umgebung
außerordentlich stark von Spirochaeten durchsetzt.
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Buschke und Fisoher«
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In den atelektatischen, stark mit Blut gefüllten Langen
hatten offenbar die ungezählten Mengen eingewanderter Mikroben
nicht mehr Zeit gefunden pathologische Veränderungen herror-
zurufen. Sie liegen auf den ersten Blick regellos in allen
Ebenen durcheinander und man muff sich den komplizierten
Verlauf der Blutkapillaren vergegenwärtigen, um zu einiger
Klarheit zu kommen (Fig. 2). Größere Gefäße enthalten in
ihrem Lumen einzelne Exemplare, ihre Umgebung wie die der
Bronchialäste sind stärker invadiert. Am reichlichsten sind
die Wände der kleinsten Blutgefäße von Spirochaeten durchs
setzt und ihre gitter- und strahlenförmige Anordnung erweckt
den Eindruck, daß sie auch hier den Zellinterstitien sich an¬
schließen und ihnen folgen.
Die Nieren fanden sich histologisch wieder stärker aföziert.
Die Kapsel war infiltriert, von da senkten sich einzelne In¬
filtratzüge in die Substanz des Organs. Das Gefäßsystem zeigte
sich im wesentlichen frei, nur einzelne Arterien in der Rinde
waren in ihrem adventitiellen Bindegewebe wenig infiltriert.
Die Epitbelien der gewundenen Harnkanälchen nahmen teilweise
keine oder ungenügende Eernfarbungen an und waren in Quellung,
daneben bestanden normale Partien. Diffus zerstreut fand sich
viel Blutpigment, das übrigens auch in Leber imd Lunge an-
getrofien wurde, es war teilweise von großen, den leukocy-
taren Elementen angehörenden Zellen aufgenommen worden.
Diese großen Zellen mit einem großen gelappten Kern sind
wohl identisch mit den von Metscbnikoff als Macrophagen
bezeicbneten Elementen. In ihnen sahen wir zum ersten
Male mit absoluter Sicherheit intrazelluläre Spi¬
rochaeten, die mit ihren Enden sich fast berührend,
das Bild einer gerollten Kreislinie gaben. Einen
degenerierten Eindruck durch blasse Färbung oder Eömelung
machten die einzelnen Exemplare nicht Daß diese Zellen aus
dem Blute stammten, konnten wir an einer anderen Stelle nach-
weisen, wo wir sie, ebenfalls Spirochaeten enthaltend, im Lumen
von Blutgefäßen fanden. Im Verhältnis zu der vorhandenen
Spirochaetenmenge, die recht reichlich war, trafen wir nur
selten, in einem Schnitt etwa 2—3 Mal, auf solche Zellen.
Die Marksubstanz war im Gegensatz zur Rindenzone fast frei
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über die Besieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 79
von Parasiten und hier war wieder das die Harnkanälchen
und Glomeruli umgebende Stroma bevorzugt, im Lumen der
ersteren war ihre Anzahl ganz gering.
Resümierend sei betont, daß es sich hier um einen an
frischer syphilitischer uniseptischer Infektion zu Grunde ge¬
gangenen, fast ausgetragenen Fötus handelt. Er enthielt in den
inneren Organen, leider standen uns durch ein Versehen bei
der Sektion nur die oben erwähnten zur Verfügung, massen¬
haft Spirochaeten. Die Leber war entsprechend dem Infek¬
tionsgang bei ererbter Syphilis am stärksten afüziert. Nach
der ganzen Sachlage müssen die Spirochaeten von der Frau
durch die Blutbahn auf das Kind übertragen sein. Eine In¬
fektion vom Vater ist insofern unwahrscheinlich, als dann die
Mutter nach dem Colle s sehen Gesetz immun oder latent
syphilitisch sein müßte und daher keinen frischen Primäraflfekt
hätte akquirieren können, wie es der Fall war. Vielmehr ist
die Infektion der graviden Frau wahrscheinlich, etwa sieben
bis acht Wochen ante partum erfolgt, und es würde demgemäß
hier ein Fall vorliegen, bei dem eine noch im sogenannten
primären Stadium der Syphilis befindliche Person ihr Kind in¬
fiziert hat
Fall IV. Es handelt sich um ein drei Wochen altes Kind K., dessen
Mutter nie syphilitisch krank gewesen sein will, eine genaue Unter¬
suchung wurde verweigert; überden Vater fehlen anamnestische Angaben.
Bereits in den ersten Lebenswochen wurde bei dem Kinde das Auftreten
eines Hautausschlages bemerkt, der sich allmählich immer weiter ver¬
breitete. Da Verdauungsstörungen hinzutraten, wurde das Kind dem
Krankeuhause überwiesen.
Bei seiner Aufnahme am 8. März 1906 war es mäßig gut ernährt
und zeigte am Stamm und den Extremitäten ein flach papulöses Syphilid,
auch Handteller und Fußsohlen waren befallen. Es bestand eine all¬
gemeine mäßige Drüsenschwellung. Im Mund und Rachen weißliche
Beläge (Soor). Die inneren Organe waren mit Ausnahme einer geringen
Lebervergrößemng ohne klinisch nachweisbare Veränderungen. Das Kind
wurde sofort mit Sublimatbädem behandelt, die Nahrungszufuhr suchten
wir durch Nährklistiere zu steigern, trotzdem verfiel es immer mehr
und kam am 11. März zum Exitus.
Noch intra vitam hatten wir im Sekret und in Schnitten einer
excidierten Hautpapel sowie in dem serösen Inhalt einer winzigen, durch
Kantharidenpflaster über anscheinend normaler Haut gezogenen Blase
verhältnismäßig zahlreiche Spirochaetae pallidae nachgewiesen.
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Buschke und Fischer.
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Die Sektion (Prof. Ben da) fand am folgenden Tage
statt. Dem Protokoll entnehmen wir folgendes: Atrophisches
Kind mit ausgedehntem flachpapulösem Exanthem an Stamm
und Extremitäten, Erosionen der Lippen, geröteten Papeln der
Gesichtshaut. Schädelknochen ohne Veränderung, Gehirn etwas
ödematös. Darm stark meteoristisch. Die Leber überragte
etwa einfingerbreit den Rippenbogen, war vergrößert, von derber
Konsistenz und glatter, rötlich braun und gelbgrün gefärbter
Oberfläche. Die Schnittfläche war auffallend braun und ent¬
hielt zahllose, grauopake Fleckchen. Einzelne Stellen am Hiius
waren stärker induriert und von mehr weißlicher Färbung.
Das Pankreas enthielt zwei etwa erbsengroße Knoten im Drüsen¬
körper, die über die Schnittfläche vorspringen, und in welchen
die Pankreasstruktur verwischt war. Die Milz war erheblich
vergrößert, ziemlich derb und bläulich rot, Follikel waren
nicht erkennbar, die Kapsel fand sich an einzelnen Stellen
weißlich verdickt. Beide Lungen waren ziemlich ausgedehnt,
die Unterlappen enthielten atelektatische Herde und dicht
unter der Pleura, die keine Verwachsungen zeigte, verschiedene
lobuläre Hepatisationen, von grauroter Farbe. Das Herz
war größer als dieFaust, von sehr unregelmäßiger
knolliger Oberfläche, aus der im Bereich beider
Ventrikel eine Anzahl weißlicher und grauer Ge¬
schwülste balbkugelförmig hervorragten; die Ge¬
fäßverzweigungen waren ohnem akroskopischeVe r-
änderungen. Die Herzwand zeigte auf Durch¬
schnitten verschiedene, nur wenig von der Farbe
der Muskulatur abweichende, grauweißliche
Knoten. Über einzelnenwar die Oberfläche gelb¬
lich punktiert. Die Knorpelknochengrenze eines
Oberschenkelknochens erschien etwas unregel¬
mäßig und verbreitert, auch war dicht unter der
Knorpelgrenze eine fast erbsengroße gut begrenzte
grauweißliche Verfärbung zu sehen. Die Neben¬
nieren waren groß, von blasser Rinde und geröteter
Marksubstanz. An den übrigen Organen ließen
sich wesentliche Veränderungen nicht feststellen.
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Ober die Bezieh, der Spirochaete psllida zur kong. Syphilis. S1
Es liegt also hier eine schwer allgemeine, kongenitale
Syphilis Tor, die eine besondere Bedeutung hat durch die Be¬
teiligung des Herzmuskels und des Pankreas. Der Spirochaeten«
nachweis gerade in diesem Falle bietet einige interessante
Ausblicke für ihr Verhalten von beginnenden und älteren lue¬
tischen Läsionen. Außer ihnen konstatierten wir allerdings
verhälnismäßig zahlreich, selten im Gewebe, häufiger im Innern
der Blutgefäße teils isolierte, vereinzelte, teils in kleinen Häuf¬
chen gelagerte, dicke, plumpe, an ihrem Ende abgerundete,
mit Silber deutlich dunkelbraun gefärbte Stäbchen, eine auf
ihre Invasion bezügliche Gewebsveränderung war in den be¬
treffenden Partien nicht vorhanden; ob vielleicht einzelne pneu¬
monische Herde in der Lunge durch sie bedingt waren, wollen
wir dahingestellt sein lassen.
Histologisch bestand an dem uns zur Verfügung stehenden
Herz-Material eine sehr ausgebreitete interstitielle Myocarditis;
zwischen den erkrankten Partien fanden sich Inseln von nor¬
malem Parenchym. Der interstitielle Prozeß stellte sich dar
als eine stellenweis sehr starke Wucherung zellreichen Zwischen¬
gewebes, welches zum Teil wohl infolge von ödem außer¬
ordentlich weite Maschen aufwies, zum Teil auch dichtere Lager
bildete. Im Bereiche derjenigen Erkrankungsherde, wo die
interstitiellen Wucbenmgen keinen sehr hohen Grad erreicht
hatten, waren die Muskelzellen größtenteils noch in ihrem Zu¬
sammenhänge erhalten und nur iu ihrer Längsrichtung ausein¬
andergedrängt. Dagegen waren an Stellen stärkerer — älterer
— Erkrankungen, besonders auch da, wo sich ödem des
pathologisch vermehrten interstitiellen Gewebes fand, die Muskel¬
elemente meist ganz auseinandergerissen; die Zellen wiesen
vielfach keine Querstreifung mehr auf oder waren in kleine
schollenförmige Bröckel aufgelöst, Eemfärbungen waren hier
nicht mehr möglich. Außer dieser mehr diffusen Entzündung
fanden sich ganz spärlich circumscripte Infiltrate mit zentraler
Nekrose und vollkommener Zerstörung der Muskelsubstanz.
Vielfach waren größere Gefäße und Kapillaren deutlich peri¬
vaskulär infiltriert. Circumscripte Lymphocytenansammlungen
sahen wir auch in der Nähe kleiner Äste der Coronararterien.
Areh. 1 DonnAt. n. Sjph. Bd. LXXXIT. 0
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Buschke und Fiseber.
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Die Aortenvrand bot io der Adrentitia zellreicheres Bindege¬
webe, welches wir aber wohl kaum als pathologisch anzusehen
haben, auch die übrigen Schichten zeigten normale Verhältnisse.
Was die parasitologiscbe Seite betrifft, so sei vorweg be¬
merkt, daß die eingangs erwähnten Bakterien sich im Herzen
nur im Lumen einzelner Gefäße fanden, im Gewebe selbst
haben wir sie in diesem Organ nicht gesehen. Der Reichtum
an Spirochaeten in nach Levaditis alter Methode gefärbten
Präparaten geht ins Ungemessene. Sie umkränzen in dichten
Haufen die infiltrierten Gefäße und Kapillaren, spärlicher ünden
sie sieb in deren Wandungen und in ihrem Lumen. Von da
aus durchsetzen sie in großer Zahl das proliferierende Binde¬
gewebe und durchdringen zwischen den einzelnen Muskel¬
fibrillen ganze Abschnitte der Herzmuskulatur. Sie folgen dabei
den Zellzwischenräumen in der Weise, daß man auf längsge-
schnitteten Partien ihre spiraligen Windungen erkennt, während
in den quergetroffenen Abschnitten auch die Spirochaeten quer-
geschnitten sind. Dieses aktive Fortschreiten kann man teil¬
weise dadurch konstatieren, daß an dem einen Ende der
Muskelbündel zahlreiche Mikroben liegen und von da aus spär¬
licher werden, schließlich nur noch in einzelnen Exemplaren
zwischen den Zellen zu sehen sind. Andere Stellen, wo wenig
oder gar keine pathologischen Veränderungen besteben, sind
ganz frei von Spirochaeten, hier zeigen sich auch die Kapillaren
und kleinere Gefäße frei von ihnen, ln den Zellen selbst
haben wir sie nicht gefunden. Sehr schön ließ sich in diesem
Fall das Formanpassungsvermögen der Parasiten studieren,
in dem ödematösen Bindegewebe zeigten die Spirochaeten
nämlich ganz scharf ihre typischen Spiralen, während in der
dichteren Muskelsubstanz alle möglichen Übergänge bis zur
geraden Linie vorkamen, ln der Aortenwand konnten wir
uns nicht von ihrer Anwesenheit überzeugen, dagegen sahen
wir auch hier einige Exemplare im strömenden Blute; wie über¬
haupt auch bei nicht affizierten Organen, wie z. B. Thymus,
Thyreoidea im Innern der Blutgefäße stets einzelne Spiro¬
chaeten vorhanden waren. Nur in den zur Untersuchung ver¬
wendeten Gehirn-, Rückenmark- und Eierstockteilen beobachteten
wir überhaupt keine.
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. $3
Die Leber wax, wie yerschiedene Stücke zeigten, nicht
in allen Partien gleich erkrankt. Die Venen waren in allen
Teilen ihrer Wand diffus infiltriert, das System der Portal-
gefaße selbst frei und nur das umgebende Bindegewebe ver¬
mehrt. Während nun die interstitielle Bindegewebswucberung
stellenweise erst in geringem Grade vorhanden war, dominierte
sie an anderen Punkten bereits gegenüber dem atrophischen
Leberparenchym. Hier waren auch die außerordentlich zahl¬
reich vorhandenen gummösen Infiltrate in dem Zentrum häufig
nicht mehr nekrotisch, sondern bereits bindegewebig organisiert.
Demgemäß war auch ein verschiedenes Verhalten der Spiro-
cbaeten zu konstatieren In den frischen Läsionen war ihre
Ausbreitung eine diffuse, sehr reichliche, mit dem Einsetzen
der Bindegewebsproliferation fanden sie sich bedeutend spär¬
licher und nur noch in stärkerer Menge in den nekrotisierenden
gummösen Stellen und in allen Schichten der Venenwände.
Auffallend war auch ihr tinktorielles Verhalten gegenüber der
Argentumimprägnation, insofern als hier vielmehr körnig zer¬
fallene und blaß gefärbte Individuen auftraten, während sie in
den jung ergriffenen Teilen sich als tiefschwarze Gebilde vom
Gewebe abhoben. Gelegentlich sahen wir sie auch zwischen
Gallengangsepithelien wie im Lumen der Gallenkapillaren.
Die Milz zeigte Stauung, sonst war sie bei gänzlichem
Mangel an Spirocbaeten ohne pathologischen Befund, ihre Ver¬
größerung war auf einfache Hyperplasie zurückzuführen.
Die, wie erinnerlich, bei der Obduktion im Pankreas
und in den Lungen gesehenen herdförmigen Knotenbildungen
erwiesen sich histologisch in der Hauptsache als ablaufende
interstitielle Entzündungen. Im Pankreas fand sich nur noch
an einer Stelle eine etwas frischere Partie, in der die Kapillaren
stark dilatiert waren und noch einige Reste eines sich orga¬
nisierenden Infiltrats bemerkt wurden; im übrigen lagerte
zwischen einzelnen Drüsengängen eine mächtige Schicht
nicht sehr zellreicben Bindegewebes. Spirocbaeten sah man
fast nur in gekörntem Zustande und außerordentlich spärlich. Die
Lunge zeigte mehr Übergangsstadien: der unterste Zipfel
des linken Unterlappens war vollständig bindegewebig orga¬
nisiert und nur noch von Bronchialgängen durchzogen, offen¬
em
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Buschke und Fischer.
bar ein ganz alter Prozeß ohne Spirochaeten. Etwa 2 cm
oberhalb fanden sich dicht unter der Pleura lobuläre Herde,
in denen die größeren Gefäße und Bronchien perivaskulär
infiltriert waren und bei starker Kapillarfüllung die Alveolar-
wände sich verdickt zeigten, in den Bronchien lagerten
abgestoßene z. T. verfettete Epitbelien und Eiterkörperchen, die
Alveolen waren mehr mit vakuolisierten (verfetteten) Epithelien
angefiillt. Auch hier waren die Spirochaeten im Bindegewebe
und den Eapillarwänden nur spärlich vertreten, zahlreicher lagerten
sie in einigen Alveolen und Bronchien, hier sahen wir auch
einen Macrophagen, dem zwei Spirochaeten sich aufgelagert
hatten, in seinem Zellinnern zählten wir fünf sichere Exemplare.
Gummöse Einschmelzungen fanden wir auf zahlreich durchge¬
arbeiteten Stücken zuerst nicht, bis endlich auf einem Schnitt
auffiel, daß ein größerer Bronchialast und ein ihm an¬
liegendes Gefäß in großer Masse mit Spirochaeten angefüllt
war; bei der Verfolgung des Bronchus kamen wir auf einen
ganz circumscripten Herd die Gefäße lungebenden Binde¬
gewebes, dessen Zentrum vollkommen eingeschmolzen war und
nur noch am Rande Eemtrümmer aufwies, das benachbarte
Alveolargewebe war verdickt. Die ganze Stelle dokumentierte
sich als ein Depot von unzähligen Spirochaeten, deren Menge
langsam in der Umgebung abnahm; die Eapillarwände waren
vollkommen mit Mikroorganismen austapeziert, zwischen jeder
einzelnen Zelle bis zu den Bronchialepithelien lagerten sie in großer
Menge. Da noch eine Strecke abseits ihrer Ansammlung im
Gewebe die Gefäßlumina von ihm angefüllt waren, ist die An¬
nahme einer Ausstreuimg ins Blut von solchen Stellen nicht
ungerechtfertigt. Nur die zentrale Nekrose enthielt kaum Spi¬
rochaeten.
Interstitielle Bindegewebsvermehrung in der Kapsel und dem
von ihr ins Parenchym ausstrahlenden Stroma beherrscht das
histologische Bild der Nebennieren; und zwar war durch das bis
nahe an die Markschicht vordringende Bindegewebe die Zonula
glomerulosa stellenweise ganz atropbiert und die Zona fasciculata
in einzelne sich nach der Kapsel zu verjüngende Balken ge¬
trennt. Auch sah man mehrere kleinere lokalisierte Infiltrate
in der Kapsel und in der Marksubstanz. Dieser Prozeß war
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über die Bezieh, der Spiroohaete pallida zar kong. Syphiliz. 85
nicht ganz diffus auf alle Teile der beiden Nebennieren aus¬
gebreitet, streckenweise ließ sich überhaupt eine nennens¬
werte Proliferation des Stromas nicht nachweisen. Die Spiro-
chaeten waren dagegen diffus im Organ sehr zahlreich vor¬
handen, wie schon in den übrigen Fällen beschrieben, haupt¬
sächlich ira Bindegewebe und von da zwischen die Parenchym¬
zellen sich ausbreitend; die Markschicht war frei von ihnen.
Als frei von Spirochaeten erwiesen sich auch die Nieren,
die histologisch in der Rinde einige wenige kleine Cysten und
die eine in einer Papille einen vollkommen ahgelaufenen Prozeß
zeigte, bei dem es zu einer lokalisierten Bindegewehsprolifera-
tion mit Atrophie einzelner Harnkanälchen gekommen war.
Um über das Vorhandensein von Spirochaeten
an den Ossifikationsstellen zu einem Resultat zu
kommen, haben wir versucht Stückchen des nicht
entkalkten Knochens der oberen Epiphyse ei nes
Femur nach der Levaditischen Methode zu be¬
handeln. Die verkalkten Partien nahmen dabei
eine tiefschwarz Färbung an, trotzdem konnten
wir uns überzeugen, daß die den Markräumen an¬
stoßenden noch nicht ossifizierten Enorpelfläcben
teilweise mit ziemlich zahlreichen aufgelagerten
Spirochaeten bedeckt waren. Auch innerhalb des
Knorpels fanden sich anscheinend zwischen den
Knorpelzellen im Epiphysenknorpel selbst in der
Nähe der Epiphysenlinie Spirochaeten. Anschei¬
nend zeigte derEnorpel dort keine Veränderungen.
Im periostalen Bindegewebe folgten die Mikro¬
organismen in nur geringer Menge den Gewebs-
interstitien.
Zuletzt sei über zwei untersuchte Hautpapeln berichtet
and vorweg erwähnt, daß ein Unterschied im Verhalten der
Spirochaeten hei dem vor dem Tode excidierten und dem bei der
Sektion entnommenen Stücke nicht vorlag. Über den histolo¬
gischen Bau dürfen wir hinweggehen, da er das bekannte Bild
einer syphilitischen Hauteffloreszenz zeigte. Spirochaeten waren
sehr zahlreich vorhanden, Prädilektionsstellen waren wieder
Kapillaren, Haarfollikel und Schweißdrüsen, im Bindegewebe
traten sie q>ärlich auf, hier folgten sie den interfibrillären Spalten.
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BuBchke and Fischer.
Auffallend schien nur ihr stark vermehrtes Vorkommen an der
unteren Fläche der Keimschicht, von wo aus nur wenige Exemplare
ins Epithel vordrangen. Dies Verhalten war im Bereiche der ganzen
Effloreszenz zu beobachten, in der histologisch nicht veränderten
Umgebung hörte auch die Spirocbaeteninvasion auf.
Fall V. Das fünfte Kind J. wurde am 14. Februar 1906 von
einer manifest syphilitischen Mutter auf unserer Abteilung geboren.
Es kam etwa drei Wochen vor der erwarteten Zeit zur Welt,
zeigte keine Luessymptome und war voll entwickelt. Die Körper¬
länge betrug 41 cm, das Gewicht 2150 ^r, die Frau zeigte bei
ihrer Aufnahme am 8. Januar 1906 eine spärliche, im Rück¬
gang begriffene Roseola, intertriginöse Papeln an den Mund¬
winkeln und ausgedehnte nässende Papeln in der Genital- und
Afterregion. Am hinteren Ende der beiden großen Labien
bestand ein deutlich sklerosierter Epitheldefekt. Neben typi¬
scher Skleradenitis inguinalis fand sich auch eine allgemeine
indolente Drüsenschwellung. Zur Zeit der Geburt waren die
Symptome geschwunden. Im ersten Monat entwickelte sich
der Knabe befriedigend, dann wurde die Nahrungsaufnahme
sehr mangelhaft, namentlich trat häufiges Erbrechen ein. Am
26. März konnten wir auf Blutausstrichpräparaten (die wir zur
event. Feststellung einer Frühdiagnose regelmäßig machen) eine
verhältnismäßig große Menge von Spirochaeten konstatieren.
Wohl gemerkt bestanden keine klinisch nachweislichen An¬
zeichen einer vorhandenen kongenitalen Syphilis. Eine sofort
vorgenommene Kalomelbehandlung konnte den am 2. April er¬
folgenden Exitus nicht aufhalten. Das Kind ging unter rapid
zunehmendem Kräfteverfall und Ödem der unteren Extremitäten
im Gollaps zu Grunde.
Das SektionsprotokoU (Prof. Ben da) verzeichnet eine be¬
trächtliche Vergrößerung der Milz, deren Kapsel einige wei߬
liche Verdickungen aufwies. Auch senkten sich von ihr dicke
Bindegewebsbalken in die Pulpa. Die Konsistenz war derb,
die Schnittfläche bot eine ziemlich gleichmäßig blaurote Farbe
ohne auffallend hervortretende Follikel dar. Ebenso war die Leber
in geringerem Grade vergrößert und von glatter, gelblich brauner
Oberfläche. Das Organ war leicht induriert und zeigte auf
dem Schnitt eine verwaschene graugelbe und rötliche Marmo-
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 87
rieruQg. Die Nieren waren stark gelappt und an Oberfläche
und Rinde von zahlreichen, kaum stecknadelkopfgroßen Cyst-
chen durchsetzt. Außer einigen kleinen lobulären Pneumonie-
lierden erwiesen die übrigen Organe sich als normal.
Bevor die histologische Seite dieses Falles
beleuchtet wird, sei noch einmal auf die oben er¬
wähnten intra vitam erhobenen Spirochaetenbe-
funde bei Fall IV undV hingewiesen. Da die Fest¬
stellung des Vorhandenseins von Spirochaeten
bei Kindern und Säuglingen syphilitischer Eltern,
bevor klinische Symptome ihrer hereditären In¬
fektion vorliegen, für die therapeutischen Ma߬
nahmen von Bedeutung wäre, haben wir seit
längerer Zeit bei solchen Individuen
systematische Untersuchungen angestellt,
die darauf hinzielten, im kreisenden Blut oder in
der serösen Flüssigkeit künstlich gezogen er Blasen
diese Mikroorganismen nachzuweisen. Ebenso
haben wir Placenten und Fruchtwasserausstriche
dazubenutzt. Zu e indeutigen Resultaten sindwir
lange nicht gekommen; zwar sahen wir einmal im
Fruchtwasser, das möglichst steril entnommen war,
eine ganze Menge Spirochaetae pallidae, doch ließ
das Vorhandensein anderer Bakterien in keiner
Hinsicht einen gültigen Schluß zu. Daß im Blute
manifest kranker Kinder sich gelegentlich Spiro¬
chaeten finden, zeigt neben anderen schon unser
I. und IV. Fall; für die akquirierte Syphilis hat
dies ja auch Noeggerath und Staehelin uachge-
wiesen. Im Inhalt von Kantharidenblasen gelang
uns bis jetzt nur einmal ihr Nachweis bei vorhan¬
denem Exanthem. Im strömenden Blut vor dem
Eintritt klinisch nachweisbarer Symptome fanden
wir sie zum ersten Mal bei Fall V, allerdings zu
einer Zeit, wodie vis ceralen Erkran kungen soweit
vorgeschritten waren, wie sie einige Tage später
auf dem Sektionstisch festgestellt wurden. Es ist
also fraglich, ob eine Ausstreuung der Parasiten
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Buschke und Fischer.
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ins Blut nicht erst dann erfolgt, wenn eine medi¬
kamentöse Heilwirku n g nichtmehr erzielt werden
kann. Bei seinen Betrachtungen über die In¬
fektion sfähigk eit Yon Sekreten syphilitischer
Kinder bemerkt Leraditi, gestützt auf Befunde in
Bronchien und Harnkanälchen, daß yielleicht auch
Bespirationsluft und Urin zu Infektionsträgern
werden können, ln dieser Hinsicht dürfen wir mit-
teilen, daß in der Tat auch im Urin sich Spiro-
chaeten gelegentlich finden. Wir gewannen dies
Resultat an Fall V. Bei der Sektion war die Harn¬
blase mit etwa 30 cm Urin gefüllt; wir aspirierten
mittels Spritze diese Flüssigkeit und sahen im
Zentrifugatausstrlch im ganzen 10 sichere Spiro-
chaeten; über ihre Lebensfähigkeit läßt sich na¬
türlich sicheres nicht sagen, immerhin spricht die
gute Annahme der Giemsafärbung in gewissem
Sinne dafür, daß sie jedenfalls noch nicht lange
abgestorben waren. Harnblase und Niere waren
nicht spezifisch erkrankt. Weniger auffallend
war uns ihr Vorhand ensein im Gallenblaseninhalt,
da die Leber typische Läsionen zeigte.
Nach diesem Exkurs kehren wir zum Thema zurück Die
Organe, welche auch histologisch wesentliche spezifische Ver¬
änderungen zeigten, waren Leber und Milz. In der Lunge
fanden sich einige broncho-pneumonische Herde, die Neben¬
nierenkapseln erschienen in geringem Grade rerdickt. Da die
Lymphdrüsen der Lungen imd Visceralorgane stärker ge¬
schwollen waren, wurden auch sie in den Kreis der Unter¬
suchung gezogen. Spirochaeten konnten sehr reichlich nur in
den Nebennieren nachgewiesen werden, wo sie in der oben be¬
schriebenen Weise sich lagerten. In relativ großen Mengen fanden
sie sich noch in einer Bifurkationslymphdrüse der Bronchien
und in einer Lymphdrüse in der Nähe der Gallenblase, die
wir als Stichproben entnahmen. Hier waren wieder die Wände
zwischen Blut- und Lymphgefäßen und Kapillaren sowie Binde-
gewebssepten ihr Aufenthalt; sie fanden sich hauptsächlich in der
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über die Besieh, der Spirocbaete pallida zur kong. Syphilis. 39
Peripherie, aber auch im Zentrum der Organe, hier allerdings
spärlicher. Ihre Lagerung entsprach YoUkommen der Yon
uns in indolent geschwollenen Drüsen bei akquirierter Lues
mehrmals gefundenen, nur daß sie in letzterer mehr herdweise
sich finden, während sie hier die ganzen Organe durchsetzen.
Die Veränderungen der Leber waren schon älterer Natur, und
in das Stadium starker Bindegewebsbildung eingetreten; nur
einzelne größere Gefäße waren noch frischer erkrankt. Dem¬
gemäß sahen wir nur noch eine mäßige Lymphocyteninfitration
und nur wenig Herde einkerniger Zellen, die nirgends Nekrose
zeigten, sondern in ihrem Zentrum nur ein dichteres Bindege¬
webe aufwiesen. Spirochaeten lagerten ganz spärlich im in¬
terstitiellen Gewebe, in und um die Gefäße und Gallen^nge.
In der Milz folgten die Mikroorganismen gleichfalls in geringer
Zahl dem im Sektionsprotokoll erwähnten, von der Kapsel
ausgehenden Bindegewebszuge und in der Wand einzelner
Gefäße. Lunge und Nieren waren frei. In letzterer bestand nur
eine geringe parenchymatöse Entzündung der gewundenen Harn¬
kanälchen. Die kleinen, besonders an der Oberfläche gelegenen
Cystcben erwiesen sich als Produkte der Umbiegungsstellen Yon
Hamkanälen. Ihre Wand wird durch Nierenepithelien gebildet,
wie an kleinen Cysten noch deutlich zu sehen ist. Ein Zu¬
sammenhang dieser Gebilde mit kongenitaler Lues scheint
jedenfalls nicht Yorhanden zu sein. Es handelt sich wohl um
eine kongenitale Anomalie.
Zum Schluß führen wir hier den Nachweis Yon Spirochaeten
in der Leistendrüse der anscheinend gesunden Mutter eines syphi¬
litischen Kindes an. Es bandelt sich um eine 31 Jahre alte
Frau, welche zur Zeit der Geburt zwei Jahre und 3 Monate
yerheiratet war. Der Mann hat 2 Jahre Tor Eingehen der
Ehe Lues akquieriert und sich nur ganz unregelmäßig und un-
Yollkonimen behandeln lassen. Die Frau hat zweimal abortiert
und zwei Monate beYor sie in die Sprechstunde kam, ein ge¬
sundes kräftiges Kind zur Welt gebracht, welches, als es zum
ersten Male untersucht wurde, ein syphilitisches papulöses
Exanthem am Kumpf, Handtellern und Fußsohlen zeigte. Die
Frau nährt das Kind und hat an sich bisher niemals Krank¬
heitserscheinungen bemerkt außer etwas Haarausfall in der
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Buachke und B'isuber.
letzten Zeit. Objektiv waren bei ihr nur in der rechten Leisten¬
gegend eine etwa höhnen- und haselnußgroße barte Druse
nachzuweisen und links eine erbsengroße Cuhitaldrüse. Das
Kind hat unter Kalomelbehandlung seine Erscheinungen verloren,
die Frau hat bis jetzt keine Krankheitserscheinungen gezeigt.
Gleich hei der ersten Konsultation wurde die größere Inguinal¬
drüse rechts punktiert und im Ausstrichpräparat deutliche Spi-
rochaete pallidae nachgewiesen. Es handelt sich also jedenfalls
um einen Fall, den wir sonst unter das Collessche Gesetz
suhsummieren würden, d. h. es handelt sich um eine scheinbar
immune Mutter eines syphilitischen Kindes; hiefür spricht auch,
daß, trotzdem das Kind von der Mutter gestillt wird, keine In¬
fektion erfolgt ist. Immerhin weist diese Beobachtung
darauf hin, daß die Matzenauersche Anschauung,
daß diese Frauen latent syphilitisch sind,wenigstens
nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Jedenfalls
dürfte dies unseres Wissens der erste Nachweis
von Spirochaeten hei latenter Syphilis in den
Lymphdrüsen sein.
Betrachtet man die im vorstehenden einzeln beschriebenen
Fälle kurz im Zusammenhang, so lassen sich sowohl histolo¬
gisch wie parasitologisch einige allgemein gültige Sätze auf¬
stellen, die zur Klärung des ganzen vorliegenden Themas beitragen.
Nicht mehr zweifelhaft kann es nach den von uns und
anderen Autoren erhobenen Befunden sein, daß die Spirochaete
pallida tatsächlich in einer ätiologischen Beziehung zur konge¬
nitalen Syphilis steht. Das massenhafte Auftreten der Para¬
siten in uniseptischer Form und besonders ihr Verhalten gegen¬
über der syphilitischen Läsion schließen wohl sein Eindringen
in den Qrganismus auf dem Wege einfacher Sekundärinfektion ans.
Man kann im allgemeinen sagen, die Spirochaeten finden
sich besonders in den Organen, die auch histologische Ver¬
änderungen aufweiseu. Freilich sind hier einige Einschränkungen
zu machen, die vielleicht in der häufig langsamen Gewebsreaktion
auf diese Mikroorganismen und deren deletäre Wirkung auf
die Spirochaeten begründet sind: denn wir sehen auch fast
regelmäßig Gewebe und ganze Organe von Parasiten durchsetzt,
ohne daß spezifische Veränderungen vorliegen. Bei der konge-
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über die Bezieh, der Spirochaete psllida zur kong. Syphilis. 91
nitalen Lues kommen in den Visceralorganen hauptsächlich
gummöse Prozesse, d. h. circumscripte Bundzellenansammlungen
mit Neigung zu zentraler Nekrose und di£fuse interstitielle Ent¬
zündungen vor, dann werden die Gefäßwände und ihre Um¬
gebung infiltriert; und diese Punkte sind auch die Prädilektions¬
stellen für die Parasiten. Das kreisende Blut enthält zu be¬
stimmten Zeiten reichlich Parasiten.
Die Infektion ist eine hämatogene, von der Placenta der
Mutter ausgehend. Die Placenta selbst braucht trotz starker
Erkrankung des Kindes nur relativ wenig Mikroben zu enthalten
und selbst wenig erkrankt zu sein. Wahrscheinlich ist eine
Erkrankung der Placenta selbst notwendig, um den Spirochaeten
den Durchtritt zu gestatten. Immerhin ist nach dem ganzen
Modus der Verbreitung der Spirillen es auch nicht ganz aus¬
geschlossen, daß sie die intakte Placenta durchsetzen. Darüber
fehlen noch eingehende Untersuchungen. Im Blut der Nabel¬
gefäße konnten wir nie Spirochaeten finden, auch fanden wir
sie nicht in einem Falle von Phlebitis der Nabelschnur. Die
Leber wird zuerst befallen und ist in den frischen Fällen am
stärksten alteriert. In den älteren Fällen kann sie allerdings völlig
parasitenfrei sein, während andere Organe durchsetzt sind.
In den einzelnen Organen dringen die Erreger von den kleinen
Gefäßen und Kapillaren aus zwischen den Bindegewebsspalten
und interzellulär in das benachbarte Gewebe ein. Die spezifisch
destruierende oder organisierende Gewebsreaktion scheint sich
stets erst eine gewisse Zeit nach dem Auftreten der Parasiten
einzustellen; wenigstens erklären wir uns so ihr Vorhanden¬
sein an Stellen, wo keine besonderen histologischen Verändeimngen
vorliegen. Möglichenfalles kann auch eine weitere aktive Aus¬
breitung in Agone und nach dem Tode stattfiaden. Vielleicht war
im Falle III, wo wir bei histologisch völlig unveränderter Lunge
eine difiuse Spirochaetenüberschwemmung sahen, der Tod durch
Toxinwirkung eingetreten, bevor überhaupt eine Gewebsalteration
sich geltend machen konnte. Verhältnismäßig resistent scheinen
sich die Nebennieren zu verhalten, die namentlich in ihrem
Stroma bei allen untersuchten Fällen reichliche Spirochaeten-
mengen bargen, obgleich nur einmal ausgedehntere typische
Veränderungen vorhanden waren. Auch das Milzgewebe reagiert
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Buschke and Fischer.
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augenscheinlich häufig nur mit geringen Stromaverdickungen.
Das Lympbdrüsensystem wurde einmal untersucht und die zur
Lunge und Leber gehörigen hyperplastischen Drüsen enthielten
Spirochaeten, ein kaum überraschendes Resultat.
Bei länger bestehenden Prozessen, namentlich wenn stärkere
BindegewebsTermehrung oder Organisation der Infiltrate zu
zellarmem und fibrillärem Bindegewebe eingetreten ist, findet
man meist gar keine oder nur ganz spärliche Spirochaeten,
auch in den nekrotischen Partien ist ihre Zahl nur gering.*)
Mutmaßlich schwinden die ursprünglich zahlreich vorhandenen
Mikroorganismen, sobald die geschilderten Gewebsveränderun¬
gen sich entwickeln. Dies scheint uns aus dem Lungenbefund
des Falles IV hervorzugehen, wo in der Umgebung eines noch
eingeschmolzenen Herdes sich massenhaft Spirochaeten fanden
— die nekrotische Partie war frei — während in den weiter
entwickelten Stellen ihre Zahl spärlich wurde und die ältesten
bindegewebigen Veränderungen ganz frei von ihnen waren.
Ob bei diesem Schwinden eine Phagocytose die Haupt¬
rolle spielt, ist mindestens zweifelhaft; jedenfalls konnten wir
uns nur zweimal, in einer Niere und in einem Blutgefäß der
erwähnten Lunge an einigen wenigen Zellen von einer intra¬
zellulären Lage der Spirochaeten überzeugen. Dagegen scheint
ein körniger Zerfall im Gewebssaft ein regelmäßiger und
häufiger Vorgang zu sein.’*) Die Hypothese der Elimination
auf diesem Wege gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn be¬
rücksichtigt wird, daß man solche Zerfallsprodukte im Grunde
hauptsächlich nur in älteren Erkrankungsherden findet; man
sieht dann schwarze Punkte in wellenförmiger Anordnung, die in
ihrem Ursprung als zu Grunde gegangene Spirochaeten nicht be-
Im mazerierten Oewebe können die Spirochaeten gat erhalten
sein; ein sicherer Schluß darauf, ob sie wirklich den mazerierenden Ein¬
flüssen länger widerstehen als die Gewebselemente, ist deshalb nicht za
ziehen, weil sie ev. später io das mazerierte Gebiet eingewandert sein
können.
*) Auch die blasse Färbung einzelner Individuen braucht keines¬
wegs immer auf einem Mangel der Methode zu beruhen, sondern kann mit
dem Absterbeprozeß in Zusammenhang gebracht werden; auf der anderen
Seite werden zweifellos nicht alle Spirochaeten gleichmäßig imprägniert.
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 93
zweifelt werden können. Betreffs der Frage der Lagerung der
Spirochaeten gegenüber den Epithelien müssen wir auch jetzt
noch auf dem schon wiederholt erörterten Standpunkt beharren,
daß bei weitem der größte Teil extracellulär gelegen ist. Bei
einem kleinen Teil ist die Möglichkeit, daß sie sich innerhalb
der Drüseuzellen finden, nicht ausgeschlossen, den Beweis hie-
für haben wir aber mit Sicherheit nicht erbringen können. Hin¬
sichtlich dieses Punktes stehen wir im Gegensatz zu der Ton
Leyaditi und anderen geäußerten Anschauungen, die direkt
von einer Neigung (preference marquee) der Spirochaete sprechen,
in das verhältnismäßig intakte Protoplasma von Leber-, Nieren-
nud Schweißdrüsenzellen einzudringen').
Über das morphologische Verhalten gegenüber den ein¬
zelnen Geweben and das Vorkommen im kreisenden Blut sind
an den einschlägigen Stellen der Arbeit Betrachtungen ange¬
stellt worden, die wir hier nicht wiederholen wollen. Dort
sind auch die Befunde von Spirochaeten in Gallenblaseninbalt
und Urin näher gewürdigt.
Abschließend sei bemerkt, daß die fünf oben beschriebenen
Fälle nicht die einzigen sind, die von uns bearbeitet wurden,
aber nur bei ihnen fanden sich im Verein mit histologisch
nachweisbarer Visceralsypbilis auch Spirochaeten. Zahlreiche
Kontrolluntersuchungen wurden an Organen von Kindern und
Foeten angestellt, die anderen Erkrankungen zum Opfer ge¬
fallen waren, stets war das Resultat ein negatives. Endlich
kamen auch Organe von Kindern in den ersten Lebensmonaten
zur Untersuchung, die wohl anamnestiscbe Lues aufwiesen,
deren Tod jedoch nicht durch dieses Leiden, sondern durch
Bronchopneumonien, Enteritis oder uns unbekannte Ursachen
bedingt war; wir fanden allerdings in keinem dieser Fälle Spi¬
rochaeten, aber wir vermißten hier auch vollkommen viscerale
*) Ob die Parenchymzellen direkt ev. durch toxische Stoffe primär
zn Grande gehen, ist nicht ganz aasgeschlossen. Trifft man doch z. B.
in den Nieren parenchymatöse Prozesse ohne interstitielle Veränderangen.
Andererseits sehen wir Hänfen von Parasiten am intakte gate Eemfkrbang
zeigende Leberzellen, so daß hier von intensiven toxischen Wirkangen
keine Bede sein kann. In der Hanptsaohe scheinen die interstitiellen
Prozesse das Primäre za sein, and wesentlich in deren Gefolge ein Unter¬
gang der Parenchymzellen einzntreten.
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Buachke und Fischer.
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VeränderuDgen, die aut eine hier bestehende Syphilis einen
Schluß erlaubten.
Aus allen diesen Untersuchungen der kongenitalen Syphilis
haben wir den Eindruck gewonnen, daß sich in der Tat die
gesamten Erkrankungsformen der frischen angeborenen Sy¬
philis in ätiologischer Beziehung durch die Spirochaete pallida
erklären lassen. Vor allem spricht wie gesagt die Massen-
haftigkeit der Parasiten und ihre Beziehungen zu den patho¬
logischen Veränderungen dafür; einzelne Punkte, wie das Fehlen
im Innern gummöser Prozesse und die Anwesenheit in unyer-
änderten Organen, lassen sich zwanglos in der oben beschrie¬
benen Weise erklären. Von Interesse sind nun noch einige
Punkte bei der akquirierten Lues.
Zunächst die histologische Lagerung der Spirochaete. Wie
von anderer Seite und auch von uns festgestellt worden ist,
finden sich die Spirochaeten, wenn auch nicht besonders zahl¬
reich im Lumen von Blut- (Arterie und Vene) und Lymphge¬
fäßen, dann in der Wand kleinerer und größerer Lymph- und
Blutgefäße — letztere Lokalisation ist eine Prädilektionsstelle.
Besonders bemerkenswert ist, daß das syphilitische Infiltrat
zwar zahlreiche Spirochaeten enthalten kann, aber in der über¬
ragenden Zahl der Fälle, besonders in Primäraffekten entweder
ganz frei von ihnen ist oder nur sehr spärliche, eventuell punkt¬
förmige Individuen aufweist. Dagegen finden sich die Mikro¬
organismen, worauf besonders französische Forscher hingewiesen
haben, in der Peripherie des Infiltrats nach der gesunden
Nachbarschaft hin auch im benachbarten Epithel und zwar
interzellulär. P'erner ist auffallend, worauf Blaschko beson¬
ders die Aufmerksamkeit lenkte, das reichliche Vorhanden¬
sein in größeren Bindegewehsbalkeu zwischen den Fasern. Auch
in den Lymphdrüsen und den inneren Organen bei hereditärer
Syphilis sind die gröberen Bindegewebszüge in den Organen
besonders häufig von Spirochaeten durchsetzt. (Abb. 6 und 7.)
Wahrscheinlich erklärt sich die häufig konstatierte Armut des
Infiltrats selbst an Spirochaeten — und das scheint aus manchen
anderen histologischen Beobachtungen hervorzugehen — dadurch,
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur kong. Syphilis. 95
dafi durch das Infiltrat die ursprünglich dort vorhandenen Spiro-
chaeten vernichtet oder an die Peripherie gedrängt worden sind.
Trotzdem muß es hierbei auffallend erscheinen, daß nach dem
Verschwinden der ursächlichen Mikroorganismen aus dem Infiltrat
dieses eine so große Hartnäckigkeit und Beständigkeit zeigt;
doch könnten auch dafür mechanische Momente in Betracht
kommen, wie die Erkrankung der Lymphgefäße und die dadurch
bedingte Zirkulationsstörung. Bezüglich der Ausbreitung der
Spirochaeten vom Ort der Infektion kommen — wie schon allein
die klinische Beobachtung erweist — naturgemäß in erster Linie
die Lymphbahnen in Betracht. Aber daneben findet schon ganz
im Beginn eine Einwanderung in die Blutbahnen von den Kapillaren
aus statt. Auch findet man (Wolters, eigene Beobachtung u.
a.) schon im Primäraffekt Spirochaeten innerhalb größerer IMut-
gefäße, speziell auch Venen. Damit erklärt sich wohl auch in
erster Linie das schnelle Eindringen des Kontagiums in den
Körper (cf. Abb. 6 und 7).
Als ein ferner bemerkenswerter Punkt sei hervorgehoben,
daß wir in einem Falle, bei dem es sich um einen geschlossenen,
mehrere Monate alten Primäraffekt handelte, und das Exanthem
eben zum Vorschein gekommen war, auf Serienschnitten keine
Spirochaeten finden konnten, trotzdem sich der Primäraffekt
klinisch und histologisch vollkommen auf der Höbe befand.
Wir halten es für unwahrscheinlich, daß die Methode an dem
Kesultat schuld ist, zumal wir genüget de Koutrolluntersuch-
ungen ausfübrten. Es erscheint uns vielmehr wahrscheinlich
daß in dieser Initialsklerose Spirochaeten nicht mehr vorhanden
waren. Eine sichere Erklärung hierfür wissen wir nicht; immer¬
hin erscheint es uns von Interesse auf diese Untersuchungen
und die systematische Verfolgung des Schicksals der Spirochaeten
in lange bestehenden primären und sekundären Produkten
hinzu weisen. Vielleicht gibt eine andere Beobachtung einen
Fingerzeig über die Natur solcher Erscheinungen, bei welcher
wir ebenfalls in einem alten Primäraffekt Spirochaeten nur
äußerst spärlich nach langem Suchen in einem Lymphgefäß
fanden, während im Infiltrat nur noch ganz vereinzelte zweifel¬
hafte Trümmer sich aufweisen ließen, dagegen beiderseits die
Inguinaldrüsen massenhafte Mikroorganismen bargen. Anschei-
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Buschke und Fischer.
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nend halten sich — wie wir auch aus anderen Beobachtungen
entnahmen — die Spirillen in den Lymphdrüsen am längsten;
ob sie allerdings die einzigen Dauerherde für das Eontagium
bilden, muß durch weitere Untersuchungen festgestellt werden,
zumal wir von anderen Mikroorganismen — wie Typhusbazillen
wissen, daß sie sich jahrelang in anderen Organen lebend er¬
halten könuen.
ln Parenthese möchten wir hier gelegentlich einer Be¬
merkung Fingers (Mucha und Scherber) über die Wert¬
schätzung des Leva di tischen Verfahrens noch einmal darauf
hinweisen, daß wir immer dann, wenn im Ausstrich Spiro-
chaeten sich fanden, im Gewebe mit der Färbung viel reich¬
lichere Mengen nachweisen konnten. Finger erwähnt nämlich,
daß in einem Falle aus seiner E[linik in der Punktionsflüssig¬
keit einer Drüse zahlreiche Parasiten sich gefunden, während
sie in dem Schnitte desselben Organs gefehlt haben. Ob die
ganze Drüse in lückenlosen Serien aufgescbnitten wurde, ist
nicht gesagt, aber nur dann wäre die behauptete Tatsache auch
bewiesen. Mit unserem Material haben wir jedenfalls die Er¬
fahrung gemacht, daß die Spirochaeten in Drüsen keines¬
wegs gleichmäßig verteilt sind, sondern sich in herdförmiger
Anordnung um einzelne Gefäße fanden, von wo aus ein ge¬
ringeres oder stärkeres Ausschwärmen in die Drüsensubstanz
stattfindet, teilweise sind die befallenen Bezirke außerordent¬
lich klein. Ein negatives Urteil darf deshalb nur auf lücken¬
lose Schnittreihen gestützt werden. Auch läßt sich die Möglich¬
keit. daß die immerhin komplizierte Silbermethode einmal ver¬
sagt, nicht in Abrede stellen. Man muß sich möglichst durch
gleichzeitige Eontrollimprägnationen von sicherem Spirochaeten-
haltigen Material schützen.
Wir kommen nun zu einem zweiten Punkte, das ist das
eventuelle Fehlen von Spirochaeten in inneren Organ Veränder¬
ungen ganz junger ausgedehnter mit starken Infiltrationen ein¬
hergehender Formen bei frischester sekundärer Syphilis; wir
haben über eine solche Beobachtung des ganzen Circulus ar-
teriosus Willisi im ersten Jahre der Infektion berichtet, wo
wir in zahllosen Serienschnitton bei gleichzeitiger Methoden¬
kontrolle keine Spirochaeten nachweisen konnten, und deshalb
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über die Bezieh, der Spirocbaete pallida zur kong. Syphilis. 97
als wahrscheinlich annehmen müssen, daß sie in diesen ganz
fnschen Herden nicht vorhanden waren.*) Auch von Gierke
wird berichtet, daß er in einer Arteriitis keine Spirochaeten
gefunden hat. Von Interesse ist dagegen eine Mitteilung von
Reuter, der bei einer Hellerschen Arteriitis, die allerdings
histologisch ausgeheilt war, im Narbengewebe Spirochaeten
demonstrieren konnte; bevor weitere beweisende Befunde in
dieser Beziehung vorliegen, werden wir jedenfalls in der Deu¬
tung dieser Beobachtung vorsichtig sein müssen, wenn wir die
anderen negativen Ergebnisse mit in Betracht ziehen. Unter¬
suchungen gerade nach dieser Richtung wären von der größten
Bedeutung. Erwähnenswert ist auch eine Beobachtung von
J a q u e t, der Spirochaeten in den Nebennieren eines mit Bronze¬
krankheit behafteten Syphilitikers im sekundären Stadium sah.
Immerhin müssen wir tür interne und externe, mit sehr
starker Gewebsreaktion einhergehende syphilitische Läsionen die
Möglichkeit in Betracht ziehen, daß die Spirochaeten gerade
wegen und durch die starke eventuell zerfallende Infiltration
schneller zum Schwinden gebracht werden, etwa wie in manchen
Primäraffekten.
Von allergrößter Bedeutung aber ist der Umstand, daß
die zahlreichen Arbeiten anderer, mit denen unsere Erfahrung
sich deckt, bis jetzt fast nur negative Resultate in betreff der
tertitären Syphilis gebracht haben.’*) Als Erklärung dafür, daß
Spirochaeten bei der Lues tertiaria bisher nicht gefunden wurden,
wird von den meisten Autoren, auch von Finger, angenommen,
daß io den Herden nur spärliche Spirochaeten vorhanden sind,
während andere an die Möglichkeit einer anderen Entwicklungs¬
form der Spirochaeten glauben (Schaudinn). Es wird hier¬
für zur Erklärung, besonders von Finger, auch auf Grund
experimenteller Beobachtungen die Anschauung vertreten, daß
*) Auch eine Nachuntersnehung Bendas in diesem Falle verlief
negativ; dagegen fand B. in einem analogen, später beobachteten Fall
Spirochaeten in der veränderten Gefäßwand. Immerhin bleibt es bemerkens¬
wert, daß große Partien frischer Herde sich frei von Parasiten erwiesen.
Anm. bei der Korrektur: Mittlerweile haben Doutrelepont
and Grouven (Deutsche med. Wocheuschr. 1906. Kr. 23) und Tornas-
zewsky (Münch, med. Wochenschr. 1906. Nr. 27) spärliche Sjrochaeten \f
bei tertiärer Lues gefunden.
Arcb. f. Dermal, a. Syph. Bd. LXXXII. 7
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Buschke und Fischer.
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die Gewebe eines Tertiärsypbilitikers anders auf das Kontagium
reagieren.
Auch die in experimentellen Beobachtungen sich zeigende
Torpidität und Oeringgradigkeit der Infektiosität der tertiär
syphilitischen Produkte wird für die erwähnte Anschauung ins
Feld geführt. Daß dies nicht immer zutrifft, beweist eine eigene
Beobachtung. Es gelang uns von einem 17 Jahre post Infek¬
tionen aufgetretenen, typischen gummösen Syphilid der Ober-
schenkelbaut bei einem Makaken einen ausgedehnten Primär¬
affekt zu erzielen; derselbe trat 18 Tage nach erfolgter Imp¬
fung auf und verbreitete sich an beiden Augenbraueubögen
und anf den Nasenrücken. Zur Inokulation wurde das Rand¬
infiltrat benutzt, in dem wir im Ausstrich und histologisch Spi-
rocbaeten nicht fanden. Die Untersuchung der Affenprimär¬
affekte steht noch aus.^)
Aber selbst wenn man bei der tertiären Syphilis, die ja
immerhin einen etwas torpiden Verlauf hat, zugeben kann,
spärliche Spirochaeten seien die Ursache des Syphiloms, so
erscheint das schwer verständlich für die typische maligne Sy¬
philis. Hier handelt es sich um einen häufig akuten foudroyanten
Erankheitsprozeß, bei dem in den meisten Fällen lokal ein
außerordentlich rapider Zerfall und schneller Fortschritt statt¬
findet. In diesen Herden müssen wir eine große Menge Kon¬
tagium vermuten und wenn es uns bisher in 5 Fällen in malignen
Syphiliden nicht gelungen ist, Spirochaeten zu finden, so er¬
scheint dies auffallend.^) Nebenher sei erwähnt, daß wir darüber
keine Erfahrung besitzen, ob in nicht ulcerierten, den gewöhnlich
sekundären Typus tragenden Herden bei maligner Syphilis
sich nicht doch Spirochaeten auf halten. Immerhin müssen wir
bei der Labilität des Krankheitsbegriffes der malignen Syphilis
mit der Möglichkeit rechnen, daß andere Formen und Herde
der Krankheit auch Spirochaeten enthalten.^) Auch müssen wir
Die bisherige Untersuchung des Affeninfiltrats hat keine Spiro>
chaeten ergeben.
*) Auch hier haben Doutrelepont und Herxheimer jetzt
Spirochaeten beobachtet.
’) Anm. bei der Korrektur: Bei einem weiteren ganz frischen Fall
von Lues maligna fanden wir auch keine Spirochaeten.
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über die Bezieh, der Spiroohaete pallida znr kong. Syphilis. 99
immer mit der Tatsache des vorübergehenden Verschwindens
der Spirocbaeten in den Herden rechnen. Allerdings ist der
eine Fall von uns und von anderer Seite sehr häufig eingehend
mit negativem Resultat untersucht worden. Wie es sich mit
der Infektiosität der malignen Syphilide verhält, darüber weiß
man noch wenig. Wir selbst haben damit begonnen Versuche
anzustellen. In einem Falle, bei dem wir im Ausgangsmaterial
keine Spirocbaeten fanden, entstand bei einem Makaken, an der
linken Augenbraue — nach völliger Abheilung der Skarifikations-
wunde — nach 3 Wochen eine geringe Infiltration die nach
12 Tagen wieder sich zorückgebildet hatte ;^) es scheint also hier
in der Tat nur eine geringe Infektiosität vorhanden gewesen
zu sein.
Literatur.^)
1 . 1905 .
Alrnkvist, J. und Jundall, J. Till fragan om Spirochäte pallida
(Schaudinn-Hoffioann) och syphilis, in Allmänaa Svenska Läkart
stidningeo. 1905. Nr. 25. — Anonymus. Comment faut-il appeler Pageut
presumä de la syphilis? Semaine med. Aun. 25. Nr. 52. 1905. p. 615 bis
616. — Babe8 und Panea. Über pathologische Veränderungen und
^irochaete pallida bei kongenitaler Syphilis. Berliner klinische
Wochenschr. 1905. Nr. 28.— Babes und Panea. Über Spirochaete pal¬
lida bei kongenitaler Syphilis. Berl. klin. Wochenschr, 1905. Nr. 48. —
Bandi und Simonelli. Über Spirochaete pallida Schaudinn-Hoff-
mann. Hif. med. 1905. Nr. 29. — Bandi und Simonelli. Über die
Anwesenheit der Spirochaete pallida in sekundär-syphilitischen Mani¬
festationen und über die zu ihrem Nachweis angewendeten Färbungs¬
methoden. Münchener med. Wochenschrift. Nr. 35. 1905. — Bandi und
Simonelli. Über das Vorhandensein der Spirochaete pallida im Blute
Anm. bei der Korrektur: Eine Inokulation von einem weiteren
frischen Fall von Lues maligna auf einen Makaken gab ein etwas inten¬
siveres. aber auch nicht sehr hochgradiges Resultat.
*) Anmerkung. Berücksichtigt sind alle erreichbaren, bis Mai 1906
erschienenen Mitteilungen. Im ganzen enthält das Verzeichnis 298 Num¬
mern. Die Jahre 1905 und 1906 sind getrennt bearbeitet.
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Buschke und Fischer.
und in den sekundären Erscheinungen der Syphiliskranken. Zentralbl. f.
Bakt Abt. I. (Orig.) H. 1. 1905. p. 64—68. — Ban di und Simoneili.
Über eine rasche Färbungsmethode von Spirochaete pallida. Zentralblatt
f. Bakt. Bd. XL. H. 1. 1905. — Ban di und Simoneili. Spirochaeten*
befund bei Syphilis. Oazz. d'ospedali. Nr. 85. Ref. Deutsche medizinische
Wochenschr. 3./V1IL 1905. Nr. 81. — Band 1er. Spirochaetenbefunde bei
Syphilis. Prager med. Wochenschrift. 1905. Nr. 34. — Barth41 emy. 1^
grande decouverte du vrai microbe de la syphilis. La Syphilis. 1905. jpag.
401—407. — Bayet. Le spirille de la syphilis; etat de la question. Bull.
80C. roy. de sc. med. et nat. de Bruxelles. 1905. p. 150—154. — Bayet.
Nouvelles rächerches sur le spirochaete pallida dans la syphilis. Policlin.
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^) B. hat bereits 1903 eine Spirochaete demonstriert, die er in einem
Primäraffekt und in einer Scbleiranautplaque gefunden hatte; er hat, da
er sie in anderen Fällen nicht sah, seine Entdeckung nicht weiter ver¬
folgt. Metschnikoff, der die Präparate jetzt sich schicken ließ, erkannte
sie als Spiroch. pall.
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über die Bezieh, der Spirochaete pallida zur koug. Syphilis. IQl
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Deutsche med. Wochenschr. Nr.36. 1905. p. 1431—1432. — Nobecourt,
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Erklärung der Abbildungen auf Taf. VI u. VII.
Fig. 1. Lebergewebe; im interstitiellen Gewebe und um die
Kapillaren herum massenhafte Spirochaetenansammlungen.
Fig. 2. Atelektatische Lunge; Kapillarwände und das Bindegewebe
größerer Gefäße enthält Spirochaeten, daneben sind die Mikroorganismen
diffus verteilt.
Fig. 3. Größeres Milzgefaß indessen Lumen einzelne Exemplare
liegen; auch sieht man an einzelnen Stellen Spirochaeten auf der Wanderung
durch die Intima. Die Umgebung zeigt eine außerordentlich starke Spi-
rochaeteninvasion.
Fig. 4 und 5. Haarfollikel und Schweißdrüsen aus einer Haut*
papel eines kongenital-syphilitischen Kindes. Es soll durch die Zeich¬
nungen das Eindringen der Spirochaeten zwischen die Drüsenzellen und
in die Keimsohicht des Haares demonstriert werden.
Fig. 6 und 7. Die Schnitte entstammen einem großen Primär¬
affekt am inneren Yorhautblatti der nur zentral erodiert war. Abbildung
6 zeigt eine Gefaßpapille, dessen Kapillare im Lumen einzelne, in Wand
und Umgebung viele Spirochaeten enthält, von da aus ist ein Ausschwär¬
men ins Epithel und zwar zwischen die Zellen erfolgt. Figur 7 ist der
Tiefe des diffusen Infiltrats entnommen, auch hier sind die Kapillarwände
besonders befallen; bemerkenswert ist die Richtung der einzelnen Indi¬
viduen, die stets den Interstitien folgt. Daneben finden sich größere
z. T. massenhafte Ansammlungen in den Bindegewebsbalken; relativ
spärliche Mengen im eigentlichen syphilitischen Infiltrat selbst.
Alle Präparate sind nach der alten Levaditi Methode gefärbt.
Fig. 4 und 5 noch mit verdünnter Giemsalösung nachbehandelt
Die Vergrößerungen sind 1:1000.
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Archiv f. Dermatologie u.Syphilis Band LXXXII.
TAF. VI
j3da;*.5'ihri d?:
Buschke u. Fischer; Spirorhaetc pallida.
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li.uk Nt^irbogr a itoa;« frt^
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^ Fig.Z.
Fig.3.
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Archiv f. Dermatologie u.Syphilis Band LXXXII.
TAF. VII
i.ind dei
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Buschke u. Fischer : Spirochaete pallida.
f) JaiJj .soFn d'-l
K. B A BfMnov A HMstFraj.
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Ans der dermatologischen Abteilnng des städt. Erankenhanses
zn Dortmund (leitender Arzt: Dr. Fabry)!
Ein Fall von Lymphangiektasie mit
Lymphorrhoe.
Von
Dr. O. MüUer,
AsfUtensarst.
Über Lymphangiektasie ist schon so viel geschrieben und
Teröffentlicht worden, daß es gewagt erscheint, noch etwas
Neues bringen zu wollen. Und doch findet man beim Durch¬
sehen der einschlägigen Literatur, daß von den publizierten
Fallen sich kaum einer in seinen verschiedenen klinischen
Phasen und vor allem im pathologisch-anatomischen Befund
mit dem anderen deckt. Dieser Umstand und ferner die Erwägung,
daß nur durch Zusammentragen möglichst reichen Materials
eine einheitliche Sichtung der beiden verwandten, differential-
diagnostisch oft schwer zu trennenden Erkrankungsformen des
Lymphangioms und der Lymphangiektasie zu erreichen ist,
veranlassen mich, in folgendem einen auf unserer Hautahteilung
beobachteten Fall von Lymphangiectasia scroti circumscripta
et Elephantiasis femoris sinistri verbunden mit Lymphorrhoe
zu beschreiben.
handelt eich am einen 20jährigen jungen Mann, der angeblich
frfiher stets gesund war und nie irgendwelche Erscheinungen seines
jetzigen Leidens in der Jagend bemerkt haben will. Eltern und Geschwister
leben and sind gesnnd. Patient kann sich auch nicht erinnern, daß
Anmerknng; Herr Dr. Fabry demonstrierte den Patienten nnd
mikroskopische Präparate in der Herbstsitznng 1905 rhein.>westfal.
Dermatologen.
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112
Müller.
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jemals eine ähnliche Erkrankung in der Familie vorgekommen ist. Das
jetzige Leiden hat nach seiner Angabe vor etwa 3 Jahren begonnen und
zwar zunächst mit heftigen Schmerzen an der Innenseite des linken
Oberschenkels. Äußerlich war nichts zu sehen und doch waren die
Beschwerden derartig, daß sie ihn auf Monate arbeitsunfähig machten.
Etwa 1 Jahr darauf hatte Patient am linken Oberschenkel plötzlich das
Gefühl von Nässe und als er nachsah, bemerkte er ein kleines blaßrotes
Fleckchen, aus dem eine helle Flüssigkeit langsam aber ständig hervor¬
sickerte, bis zu einer Tagesmenge von Vi Vs Liter. Diese Erscheinung
soll sich öfters wiederholt haben, teils ohne nachweisbare Ursache, teils
durch einen geringen Insult veranlaßt. Einige Zeit später änderte sich
das Erankheitsbild insofern, als nach Angabe des Patienten am Hoden¬
sack „dünne blasse Äderchen“ auftraten, die sich zu Bläschen ausbiideten
und durch Platzen Flüssigkeit entleerten. Mit ihrem Erscheinen hörte
das Nässen vom Oberschenkel her auf. Der Hodensack schwoll nunmehr
stark au und verursachte heftiges Brennen. Die Bläschen vermehrten sich
jetzt unter Verbreitung über den ganzen Hodensack und näßten
manchmal Tage lang. Dabei war das Allgemeinbeünden wenig gestört,
nur hatte Patient etwas unter schneller Ermüdung des linken Beines zu
leiden.
Am 3./IX. 1905 kommt Patient in unsere Behandlung und bietet
folgendes Erankheitsbild: Das Skrotum ist in toto vergrößert, die Haut
verdickt und fühlt sich derb und infiltriert an. Auf seiner ganzen Ober¬
fläche, besonders aber im Bereiche der linken Hälfte und veieinzelt am
linken Oberschenkel befindet sich eine g^ße Zahl von Tumoren, von
Erbsen- bis Stecknadelkopfgröße variierend. Diese Enötchen oder besser
Bläschen sind hell und fast durchsichtig. Einige größere sind glasigen
Perlen ähnlich und haben Auswüchse mit dunklen Punkten, wohl ein
Zeichen, daß die kleinen Cysten mehrkammrig sind; andere haben das
Aussehen von gekochten Sagokörnern. Diese bläschenartigen Erhaben¬
heiten sind eindrückbar, und man hat — wenigstens an Stellen, wo sie
gruppenweise zusammenstoben — den Eindruck, als ob sich die in ihnen
enthaltene Flüssigkeit von einem in das andere Bläschen hin Überdrücken
ließe. Beim Öffnen derselben quillt langsam eine wasserhelle Flüssigkeit
hervor, die noch nach Stunden kontinuierlich nachsickert. Das Allgemein¬
befinden des Patienten ist wenig beeinflußt, Fieber ist nicht vorhanden,
Puls von normaler Beschaffenheit. Der Urin ist klar, enthält viel Phosphate,
ist aber frei von Eiweiß und Zucker. Das Herz ist gesund; über der
rechten Lungenspitze ist der Schall etwas verkürzt, das Atmungsgeräusch,
namentlich das Exspirium etwas scharf und von spärlichem Rasseln
begleitet. Am Hals und in den Achselhöhlen sind geringe skrofulöse
Drüsen vorhanden. An den übrigen Organen des im allgemeinen wenig
kräftig gebauten Mannes sind Anomalien nicht nachweisbar.
Entsprechend der schon mit dem Augenmaß wahrnehmbaren Ver¬
dickung des linken Oberschenkels weisen die Maße beider Extremitäten
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Ein Fall yon Lymphangiektasie mit Lympborrboe.
113
keine nnweeentlicben Differenzen auf. Oer Umfang des Obersobenkels,
handbreit über dem oberen Rande der Patella gemessen, beträgt:
1. zz 41 cm, in Skrotnm-Höbe 1. z: 527a ^
r. zr 88 cm, „ „ r. ZI 49 cm
Die Unterscbenkel haben beiderseits etwa gleiche Maße, jedoch fühlt
sich die Hant im Bereich des linken Unterschenkels entschieden derber
an als rechts, auch zeigen die Venen eine geringe, aber deutliche
Stauung. Endlich sind links kleine, indolente Leistendrüsenpakete vor¬
handen.
Wenngleich die Behandlung in der Hauptsache eine symptomatische
war — nur vorübergehend wurde einmal versucht, die Bläschen durch
Kauterisation zur Vernarbung zu bringen — so gingen doch die
Beschwerden des Patienten, namentlich die Schwellung des linken Ober¬
schenkels bei Bettruhe soweit zurück, daß er am 8./XI. 1906 als arbeits¬
fähig entlassen werden konnte. — Kurze Zeit darauf, am 5./I. 1906, kehrt
Patient wieder ins Krankenhaus zurück (ungefähr mit den gleichen
Krankheitserscheinungen wie bei der vorigeu Aufnahme). Unsere Auf¬
fassung, daß die Therapie diesem Leiden gegenüber durchaus ohn¬
mächtig sei, zeigte sich bestätigt, denn es waren wieder ebenso zahlreiche
Bläschen aufgeschossen und die alten Beschwerden wieder vorhanden.
Es trat jedoch diesmal schon nach wenigen Tagen in dem Krankheits¬
verlauf insofern eine Besonderheit auf, als an der Innenseite des linken
Oberschenkels stellenweise eine bisher noch nicht beobachtete fleckige
Rötung sich zeigte. Dieser Erscheinung wurde um so mehr Gewicht bei¬
gelegt, als sie mit starken subjektiven Beschwerden verbunden war, die
sich in heftigen ziehenden Schmerzen des ganzen linken Oberschenkels
und allgemeinem Übelbetinden (Kopfschmerzen, Mattigkeit) äußerten.
Gleichzeitig beginnt der linke Oberschenkel anzuschwellen und die Körper¬
temperatur zu steigen. Sie beträgt am 8./I. Morgens 88*l^ Abends 88*5^
und erreicht am^9./I. Abends 40'2^ Auf dieser Höhe hält sich das Fieber
bei zunehmender Anschwellung des linken Oberschenkels 2 Tage und
beginnt am ll./L unter Nachlassen der Beschwerden langsam abzufallen.
Während die Temperatur am 14./I. wieder die Norm erreicht hat, besteht
die Verdickung und Rötung am Oberschenkel noch fort, wobei die
Flecken jetzt mehr einen erhabenen infiltrierten Charakter annehmen.
Die Maßdifferenzen sind diesmal noch deutlicher, denn links ist jetzt
der Umfang des Oberschenkels in Skrotum-Höhe öVs cm größer als
rechts. Bemerkenswert ist, daß 2 Tage vor Ausbruch dieser eigen¬
artigen, mit hohem Fieber und starken subjektiven Beschwerden ver¬
bundenen Krankheitserscheinung die Bläschen am Skrotum kauterisiert
worden sind.
Was nun die beim Anstechen oder Platzen der Bläschen
sich aus diesen entleerende Flüssigkeit anlaugt, so hatte die¬
selbe stets eine helle klare Farbe. Es handelte sich, wie die
mikroskopische und chemische Untersuchung ergab, sicher um
Arch. f. Dermal, n. Sypb. Bd. LXXXII. o
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114
M filier.
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Lymphe und nicht etwa um Chylus, wie ihn Bornemann (1)
bei einem klinisch dem unsrigen fast analogen Fall sah. Aller¬
dings entsprach hier das Aussehen der abgesonderten Flüssig¬
keit nicht dem von Lymphe, sondern etwa von „fetter Milch
und gab dadurch schon einen Hinweis, daß es sich nicht um
reine Lymphe handeln könne.
Zum Zweck der histologischen Untersuchung wurde dem
Patienten ein Stückchen Skrotal-Haut, welches verschiedene
makroskopisch sichtbare Bläschen enthielt, mit der Dreuw-
schen Feder entnommen. Auch an dieser Stelle war die Haut
elephantiastisch verdickt. Das Blöckchen wurde nach Alkohol¬
härtung in Celloldin eingebettet und in Schnitte von 7—10 fi
zerlegt. Färbung vorwiegend nach von Gieson mit Hämalaun
Yorfärbung und Orange Nachfärbung. Bei dieser Färbung
erscheinen Haare, Homschicht der Epidermis zitronengelb, die
Malpighische- und Basal-Schicht braun mit blauen Kernen,
das Bindegewebe bekanntlich leuchtend rot, die Lymphvaricen
in der Cutis zeigen einen mattgelblichen Ton, ähnlich wie es
die glatte Muskulatur bei dieser Färbung tut. Die Kerne der
kleinzelligen Infiltration erscheinen dunkelblau. In älteren Prä¬
paraten ist das leuchtende Bot des kollagenen Gewebes ziemlich
verblaßt.
Es kam nun wesentlich darauf an, festzustellen, wodurch
die elephantiastische Verdickung der Skrotalhaut zu stände
käme. Wir fanden als nächste Bestätigung der klinischen
Diagnose Lymphangiektasie in der Cutis und Subcutis zahl¬
reiche varicös geschlängelte Lymphgefäße. Die¬
selben ziehen in mannigfachen Windungen von der Subcutis
nach der Cutis herauf und kommunizieren vielfach mit
intraepithelial gelegenen ein- und mehrkamme-
rigen Hohlräumen, welche den klinisch beobachteten
Bläschen augenscheinlich entsprechen. Die geschlängelten Lymph¬
gefäße in der Cutis zeigen allenthalben Endothelwuche¬
rung, wogegen im perivaskulären Gewebe die Infiltration weniger
stark hervortritt. Je mehr man sich jedoch von der Cutis nach
der Subcutis im Übersichtsschnitt begibt, desto breiter wird
der Saum kleinzelliger Infiltration, so daß auch ihr
heim Zustandekommen der elephantiastischen Verdickung eine
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Ein FkU von Lymphangiektasie mit Lymphorrhoe.
115
Bolle zugesprochen werden muß. Die kleinzellige Infiltration
reicht dicht bis an die Basalschicht heran, größere ektatische
Ljmphspalten finden sich sowohl in der oberen Cutis wie im
epithelialen Teil der Haut. Diese größeren Lympbräume sind
Ton einschichtigem Endothel ausgekleidet und zeigen durch¬
wegs einen hellen krümeligen Inhalt; nur in einem Hohlraum
fanden wir rote Blutzellen, hatten aber das Gefühl, daß das
Blut sekundär in die Spalten hineingelangt sei. Alle anderen
Hohlräume zeigten entschieden nur Lymphinhalt.
Als erstes Faktum gibt die histologische Untersuchung
eine kolossale Stauung, welche sich äußert durch ektatische
Hohlräume in der Cutis und erweiterte Lymphgefäßscblänge-
Inngen in der Subcutis und im subkutanen Bindegewebe. Es
ist erklärlich, daß diese Stauung sich auch dem Blutgefä߬
apparat mitteilt, und so finden wir, wenn auch nur vereinzelt,
kleinste Venen in der Cutis ektasiert und strotzend mit Blut
gefüllt.
Im allgemeinen deckt sich unser Befund mit dem der
Autoren, die histologische Untersuchungen anstellten, insbeson¬
dere mit dem Befunde von Nieden (2). Abweichend von den
bisher beschriebenen Befunden möchten wir eine wenigstens
stellenweise sehr starke Epithelwucherung in allen Schichten
hervorbeben, besonders an den Stellen, wo es zu Epithelblasen
gekommen ist. Die Wucherung kennzeichnet sich durch starke
Verbreiterung des Rete und der Basalschicht — die Papillen
erscheinen dadurch vielfach gabelig gespalten — dann aber
auch durch Vermehrung der Zellschicht im Stratum granulosum
und in den Homschichten.
Mit Rücksicht auf diesen Befund möchten wir nicht unter¬
lassen, auf eine gewissse Analogie zum Angio-
keratom hinzuweisen, dem pathologisch-anatomisch die
Lymphangiektasie entschieden sehr nahe verwandt ist. Wir
wissen, daß es beim Angiokeratom gerade an den ektatischen
mit Blut gefüllten Hohlräumen sekundär zu einer Epithel¬
wucherung kommt und daß sich diese klinisch durch blaue
harte Wärzchen bemerkbar macht. Hier beim lymphangi-
ektatischen Bläschen liegt ganz entschieden etwas ähnliches
vor. Zwar fühlen sich die Bläschen klinisch weich an und lassen
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sich zeitweise wegdrücken, aber histologisch bat die Stauung
der Lymphe eine sekundäre Epithelwucherung veranlaßt Wir
haben uns gewundert, von den Autoren nur selten eine Epithel-
wucheruDg erwähnt zu finden, die in unserem Falle wenigstens
so deutlich vorhanden ist Das kollagene Gewebe ist nicht
besonders verändert, es wird zum Teil durch die Ektasien der
Lymphgefäße verdrängt. Die Hornschicht der Epidermis ist am
wenigsten verdickt, wodurch wohl das leichte Platzen der Bläs¬
chen zu erklären ist.
Beim Darchsehen der einschlägigen Literatur fallt es aof, wie
mannigfacher Gestalt und mit welch verschiedenartiger Lokalisation die
Lymphangiektasie auftreten kann. So beschreiben Brocq, Lenglet
und Delannez (3) einen Fall, wo von der linken Mamma über Brust
und Rücken sich ausbreitende Rötung und derbe Infiltration der Haut
bestand, die im Bereiche des Sternums von Gruppen kleiner durch¬
scheinender perlenähnlicher Gebilde bedeckt war, welche beim Anstechen
keine Flüssigkeit entleerten. Daneben bestand hochgradiges ödem beider
Arme und Schwellung der axillaren Lymphdrüsen. Histologisch war eine
ausgedehnte Epitbelwucherung, die schlauchförmige, anscheinend mit
ZelldetrituB gefüllte Gebilde formen, zu sehen. Eine ähnliche seltene
Lokalisation der Lymphangiektasie beschreibt Br uh ns (4). Er sah einen
Fall, wo sich auf der Wangenschleimhaut durch unregelmäßige Furchen
getrennte Wulstschen von weicher Konsistenz erhoben, die ebenfalls keine
Flüssigkeit absonderten. Die mikroskopische Untersuchung ließ hier
unterhalb der Epidermis zum Teil im Epithel liegende, mit einer ein¬
fachen Lage Endothel ausgekleidete Hohlräume erkennen, die teils leer,
teils mit Lymphe oder Zellmassen angefullt waren. Zwischen den Hohl¬
räumen lag kernarmes Bindegewebe, große Zellinfiltration, Riesenzellen.
Schnabel (6) beschreibt einen Fall, wo die Effioreszenzen in
Gestalt von Stecknadel- bis hanfkorngroßen, hellen, perlgrau durch¬
scheinenden, prallgefüllten Bläschen am Thorax lokalisiert waren. Histo¬
logisch handelte es sich um cystische Hohlräume, welche die Epidermis
und teilweise den Papillarkörper gegen die Oberfläche vorgewölbt hatten.
Die Lymphgefäßerweiterungen waren mit einschichtigem Endothel aus-
gekleidet und enthielten geronnene Lymphe, Lymphocyten und körnige
schollige Massen. Die oberflächigen Hohlräume, welche mehrfach mit¬
einander kommunizieren, waren teils leer, teils mit geronnener Lymphe
angefüllt, ferner mit Lymphocyten und Zellen von verschiedener Art und
Gestalt, zum Teil mehrkernig nach Art der Riesenzellen; die Blutgefäße
in der papillären und subpapillären Schicht strotzend mit Blut gefüllt,
ihre Umgebung infiltriert. — Weit häufiger sind Lymphangiektasien an
den Genitalien oder in deren Umgebung beobachtet worden, in ihren
klinischen Erscheinungen aber auch sehr variierend. So beschreibt N o b 1 (6)
bei einem 52jährigen Manne eine bleistifldicke, mit seröser Flüssigkeit
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Ein Fall von Lymphangiektasie mit Lymphorrhoe.
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angefullte Geschwulst, die, von der Coronarfarche ausgehend, auf dem
Olansrüoken rosenkranzformig aufgetrieben, sich fingerdick erweiterte.
Histologisch waren dilatierte, mit Lymphe vollgestaute, ektatische
Hohlr&ume und bis in die Gutispapillen verfolgbare Lymphkapillaren zu
erkennen (7). Kaposi hat einen Fall beobachtet, der dem unsrigen sehr
ähnlich ist Es handelte sich hier ebenfalls um einen jungen Mann,
dessen Skrotum mit zahlreichen stecknadelkopf- bis erbsengroßen, bläschen-
artig durchscheinenden Erhabenheiten bedeckt war, die sich als ampullöse
Aasbachtangen varicöser Gebilde, als Lymphvaricen herausstellten. Ein¬
zelne barsten gelegentlich und dann floß stunden- und tagelang Lymphe
aas. Gleichzeitig bestand am linken Unterschenkel eine isolierte elephantia-
stisehe Verdickung. Ein histologischer Befund ist nicht angegeben. —
Von besonderem Interesse scheint uns der schon erwähnte Fall von
Bornemann (8) zu sein. Ähnlich wie bei unserem Patienten waren hier
Bläschen am Oberschenkel, Skrotum und Penis verstreut, ließen aber einen
weißlichen Inhalt durchschimmern. Dementsprechend war auch das aus
geplatzten Bläschen und merkwürdigerweise auch aus der Harnröhre
hervorsickemde Sekret milchweiß gefärbt und stellte sich, wie die
mikroskopisch-chemische Untersuchung ergab, als Chylus heraus, eine
Erscheinung, die, wenn auch selten, so doch verschiedentlich beobachtet
wurde. Neumann (9) fand unter 62 Fällen von Lymphorrhoe 18, d. i.
^/o) welche eine von der gewöhnlichen Lymphe verschiedene, darunter
eine Anzahl, welche zweifellos auch chylushaltige Flüssigkeit lieferte. —
Schließlich möchte ich noch auf den von beiden Malherbes (10)
beschriebenen Fall, ferner den Fall von Käst (11), von Nieden (12)
und endlich von Volhard (13) hin weisen. Letzterer sah einmal im
Anschluß an ein Trauma Lymphorrhoe auftreten.
So genau die Fälle von Lymphangiektasie beschrieben
und beobachtet worden sein mögen, so lassen sie uns doch
in Bezug auf ihr ursächliches Moment teilweise im SticL Auch
unser Fall gibt uns trotz der langen Beohachtungszeit, in der
wiederholt Untersuchungen des Patienten vorgenommen wurden,
betreffs der Ätiologie keinen sicheren Aufschluß. Jedenfalls
möchten wir dem Einsetzen der Krankheit und ihrem ganzen
Verlauf nach eine kongenitale Mißbildung der Lymphgefäße,
die ja zur Ursache des Leidens werden kann, ausschließen.
Wir sind vielmehr geneigt anzunehmen, daß es sich hier um
einen erworbenen Fall von Lymphangiektasie handelt, daß die
Lympbstauung und Erweiterung der Lympbräume vielleicht auf
einen entzündlichen Prozeß des umliegenden Gewebes zuröck-
zufiihren ist, wie er ja vorübergehend in Gestalt von Erythemen
und ödem des Oberschenkels, verbunden mit Temperatur*
Steigerung, von uns beobachtet wurde.
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118
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Literatur.
1. Arch. f. Dermatologie and Syphilis. Band LXIX. Heft 1 n. 2.
2. Virch. Archiv 1882. Bd. 40. Heft 2.
8. Annales de Dermat. et de Syph. 1903.
4. Arch. f. Derm. n. Syph. Bd. LXVIII. 1906.
5. Archiv f. Dermat« n. Syph. Bd. LVI.
6. Nobl. Wiener mediz. Wochenschr. 1901.
7. Kaposi, Pathologie und Therapie der Hanterkrankongen.
8. Archiv f. Dermatol, n. Syph. Bd. LXIX. Heft 1 n. 2.
9. Zeitschr. f. Heilkunde. XXHI. 1902. Heft 9. Abt. f. Chirorg. n.
ven. Diszip. 8. Heft.
10. Annales de Dermatologie. 1896.
11. Deutsche mediz. Wochenschr. 1890. Nr. 42.
12. Virch. Arch. Bd. 40. Heft 2.
18. Münchener mediz. Wochenschr. 80. Juni 1903, p. 1108.
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Therapeutische MitteiluDgeii aus der
Haut-Kranken-Ahteilung des städtischen
Krankenhauses zu Frankfurt am Main.
Von
Oberarzt Dr. Karl Herxheimer
und
Assistenzarzt Dr. W. Ipseii.
I. über ein neues Silberpräparat zur Behandlung der
weiblichen Gonorrhoe.
Im Folgenden möchten wir über ein neues Silberpräparat
berichten, das seit einer Beihe von Jahren auf der Hantkran-
kenabteilnng des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M.
bei Behandlung der weiblichen Urethral-, Zervikal- und Rektal¬
gonorrhoe mit gutem Erfolge in Anwendung gebracht wird, und
wie uns scheint, einige Vorzüge vor den gewöhnlich ange¬
wandten Silberlösungen hat.
Wir sind weit davon entfernt, die Silberpräparate als
Spezifika gegen die Gonorrhoe anzusehen in dem Sinne, wie
etwa das Quecksilber ein solches gegen die Lues ist; jedoch
haben alle vergleichenden Versuche, die mit anderen antisep¬
tischen und adstringierenden Mitteln bei Behandlung der Gonor¬
rhoe angestellt wurden, gelehrt, daß das Argentum nitricum
und seine Verbindungen bisher das beste gonokokkentötende
Mittel ist. Wir haben außer dem Argentum nitricum auch die
neueren Silberpräparate wie Protargol, Ichthaigan, Largin und
Albargin versucht, haben damit teils recht guten, teils weniger
guten Erfolg gehabt; in den meisten Fällen haben wir aber
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Herxbeimer und Ipsen.
das Präparat benützt, von dem im nachstehenden die Rede sein
soll. Es handelt sich dabei um eine Silberseife. Dieselbe
wird in der Weise hergestellt, daß kristallisiertes Silbernitrat
in etwas Wasser gelöst und solange tropfenweise mit Ammoniak
versetzt wird, bis der anfangs entstandene Niederschlag sich
wieder gelöst hat.
2 AgN 03 + 2 NH 4 OH =r 2 NH 4 NO 3 + AgaO + H^O.
Das entstandene Silberoxyd AgsO löst sich in überschüs¬
sigem Ammoniak NH 3 durch Addition zu Silbernitrat-Ammoniak.
AgjO -f 2NH*N03 -f 2 NH 3 = 2(AgN032NH3) + H,0.
Durch Hinzufügung einer Olein-Ammoniakseifenlösung wird
die Flüssigkeit auf einen Silbergehalt verdünnt, der Sprozent.
AgNOg entspricht. Wir verwenden nun von diesem Präparat
gewöhnlich eine wässerige Lösung im Verhältnis 1 :5, scheuen
uns aber in hartnäckigen Fällen nicht, stärker konzentrierte
Lösungen wie 2 ; 5, ja 4:5 zu gebrauchen.
Das Präparat stellt eine klare, sirupdicke, schlüpfrig an¬
zufühlende Flüssigkeit dar, vou schwachem Ammoniakgeruch.
Als zweckmäßigste Methode zur Behandlung der weiblichen
Urethral-, Zervikal- und Rektalgonorrhoe, sowie der gonorrhoi¬
schen Bartholinitis hat sich bei einem Material von rund 2500
Fällen folgende bewährt.
1 . Täglich mehrmalige Sebeidenausspülungen mit schwachen
Kalium permanganicum-Lösungen (0,5 :1000.)
2 . Zweimal täglich eine Injektion einer Argentum nitricum-
Lösung 1,0:3000 in die Harnröhre.
3. Tägliches Auswischen der Urethra mit einer watteum¬
wickelten und in eine Iprozentige Silberseifenlösung
getauchten Playfairsonde oder mit so armiertem Sän¬
ger sehen Stäbchen.
Bei Zervikalgonorrhoe wird vor dem Touchiei'en mit der
einprozentigen Silberseifenlösung die Cervix mit einem in fünf-
prozentige Natriumperboratlösung getauchten Playfair ausge¬
wischt, um das der Schleimhaut anhaftende Sekret zu entfer¬
nen und das dann zur Anwendung kommende einprozentige
Seifensilberpräparat besser auf die Mukosa einwirken zu lassen.
Zeigt sich die Zervikalgonorrhoe gegen diese Behandlung
mit der einprozentigen Lösung refraktär, so gehen wir allmäh-
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Mitt a. d. Haut-Krankenabt. d. Krankenh. z. Frankf. a. M. 121
lieh za 2, 3, ja yierprozentigen Lösuagen über, selbst diese
stärkeren Konzentrationen werden von der Cervix gut vertragen.
Zum Schluß wird ein Ichthjoltampon in die Vagina eingeführt.
Die Behandlung der Kektalgonorrhoe geschieht nach dem¬
selben Prinzip wie die der Zervikalgonorrhoe mit Hilfe des
Laneschen Rektumspiegels, der eine möglichst freie Übersicht
über das zu behandelnde Terrain gestattet.
Bei der gonorrhoischen Bartholinitis wird täglich der
Ausführungsgang der Barthol inischen Drüse mit einer ein¬
prozentigen Argentum nitricum-Lösung ausgespritzt imd zwar
mittelst einer Pravazspritze, die mit einer stumpfen Kanüle ar¬
miert ist. Das Sekret aus Urethra, Cervix, Rektum und Bar-
tbohnischer Drüse wird alle 8 Tage auf Gonokokken untersucht.
Bei zweimaligem Freisein innerhalb zweier auf einander folgenden
Untersuchungstagen wird die Behandlung 4 Tage ausgesetzt.
Wird dann das Sekret zum dritten Male frei von Gonokokken
befunden so wird die Patientin als geheilt entlassen.
Bei der unkomplizierten Urethral- bzw. Zervikalgonorrhoe,
die nach der oben beschriebenen Methode behandelt wird, er¬
folgt die Heilung in durchschnittlich 4 bzw. 8 Wochen.
Das Silberseifenpräparat gewährt. nun gegenüber der frü¬
her angewandten Argentum nitricum-Lösung einmal den großen
Vorzug, daß seine Anwendung vollkommen reiz- und schmerz¬
los ist; ferner gelingt es vermöge der schlüpfrig machenden
Eigenschaft der Silberseifenlösung viel leichter, die Playfair¬
sonde in die Urethra, bzw. Cervix einzuführen; die Sonde
verfängt sich nicht in den Falten der Urethra, sondern gleitet
mit großer Leichtigkeit bis fast in die Blase hinein.
Wenn auch die Behänd lungsdauer der weiblichen Urethral¬
and Zervikalgonorrhoe durch Verwendung der SUberseifen-
lösung nicht wesentheh abgekürzt wird, so dürften doch die bei¬
den eben genannten Vorzüge des neuen Präparates uns berech¬
tigen, die Verwendung der Silberseifenlösung zu empfehlen.
Zu erwähnen wäre noch, daß wir die oben genannten
Protargol-, Albargin-, Ichtbargan- und Larginlösungen ebenso wie
die Silberseifenlösung in steigenden Konzentrationen gebraucht
haben, indem wir mit einprozentigen Lösungen begannen und
allmäblich zu stärkeren übergingen, bis der gewünschte Erfolg
erreicht war.
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Herxheimer nnd Ipsen.
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Das Silberseifenpräparat wird in dem chemischen Laho>
ratorium der Hirschapotheke zu Frankfurt a. Main hergestellt.
II. Ober Perborate.
Bei der Behandlung der Zervikalgouorrhoe erwähnten wir
als schleimlösendes Mittel das Natriumperborat. Dieses ist ein
neues Präparat, das in der Gold- und Silber-Scheideanstalt
zu Frankfurt a. Main hergestellt wird. Außer dem Natrinm-
perborat wird auch noch ein Zinkperborat fabriziert. Beide
Perborate haben wir in Verfolg unserer Sauerstofftherapie
(siehe Berliner med. Wochenschrift Nr. 28, 1903) in Anwendung
gezogen. Betrachten wir zunächst die Chemie des Zinkper¬
borates.
Die Herstellung des Zinkperborates erfolgt z. B. ans Na-
triumsuperozyd, einem Zinksalz z. B. Zinkvitriol und Borsäure.
Es stellt ein zartes, fast weißes, lockeres Pulver dar. Infolge
seines Gebaltes an Zink, Borsäure und aktiven Sauerstoff scheint
es für die Verwendung in der Medizin gerade prädestiniert,
umsomehr als seine Zusammensetzung den jeweiligen Zwecken
angepaßt werden kann. So kann der Borsäuregehalt z. B.
zwischen ca. 28 und 52% schwanken, der Zinkoxydgchalt
zwischen ca. 39 und 51% und der Gehalt an aktiven 0 zwischen
etwa 5 und 97o- von uns auf der Hautkrankenabteilung
benutzte Produkt ist etwa so zusammengesetzt:
5l7o Zinkoxyd,
28®/o Borsäure,
9®/0 aktives 0.
Der Rest ist chemisch gebundenes H,0, doch läßt sich
je für den gewünschten Zweck die Zusammensetzung ändern,
so daß man z. B. weniger Zinkoxyd, mehr Borsäure und weniger
aktiven 0 erhalten kann. Das Zinkperborat bat nicht nur vor
dem Zinksuperoxyd seinen Gehalt an Borsäure voraus, sondern
steht auch in seinem Gehalt an aktivem 0 nicht unter dem¬
selben wesentlich zurück. Rotes Lackmuspapier wird schwach
gebläut, eine Wirkung, die der des Zinkoxyds analog ist, es
übt also keinerlei ätzende Wirkung aus. In Wasser ist es, a’ -
gesehen von einer geringen Menge Borsäure und aktivem 0,
die in Lösung gehen, nicht löslich.
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Mitt. a. d. Haut-Kraakenabt. d. Krankenh. z. Frankf. a. M. 123
Das zweite Präparat ist:
Das Natriumperborat, es wird aus der Lösung Ton Natrium-
superoj^d und Borsäure hergestellt und enthält etwa 10%
aktiyen 0 und 407o Borsäure.
Über die chemische Eigenschaft sei kurz das folgende
bemerkt, ln kaltem Wasser ist das Präparat schwer löslich.
Folgende Tabelle gibt die Löslichkeit in Wasser und Salz¬
lösungen bei gewöhnlicher Temperatur und Körpertemperatur.
Die Löslichkeitsversuche wurden ausgeführt in HgO, phy¬
siologischer Kochsalzlösung (0'757o)i Vs Normalsodalösung
(26*5 g NaCOs im Liter), '/i Normalsodalösung (53 g NaCO, im
Liter), V 4 Normalnatronlauge (10 q NaOH im Liter), Vs Nor¬
malnatronlauge (20 g NaOH im Liter^. Es wurden jedesmal
Bestimmungen bei 18—20® (gewöhnliche Temperatur) und 37
und 38® (Körpertemperatur) gemacht. Bestimmt wurde stets
der sich in Lösung befindliche aktive 0 durch Titration mit
Permanganat in schwefelsaurer Lösung, die dann auf Natrium¬
perborat ^Na BO 3 + 4 Hi, 0 ) umgerechnet wurde, wobei dessen
Gehalt an aktivem 0 mit rund 10®/o in Rechnung gesetzt wurde.
Im Liter gelöst:
Lfisungsmittel
Temperatur
Grad
Act. 0.
Natriumperborat
NaBOi-h.HiO
Wasser .
18
20
200
» .
37
50
600
Physiologische Kochsalzlösung .
18
1*5
15-0
ft n
37
3-9
890
V2 Normalsodalösung.
*/a ff .
19
110
11-0
38
3-4
34*0
Vi Normalsodalösung.
20
10
10-0
Vi « .
38
2-6
250
V4 Normalnatronlauge ....
20
3-9
390
V 4 « • • • •
38
6'2
62-0
Vt Nonnalnatronlauge ....
20
5-3
53 0
V2 n • . . •
38
8-1
81-0
Aus dieser Tabelle folgt, daß das Natriumperborat in Salz¬
lösungen geringer löslich ist, als in Wasser, und zwar umso ge¬
ringer, je konzentrischer die Salzlösung ist. Eine Ausnahme
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124
Herzheimer und Ipsen.
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macht die Natronlauge, deren Lösungsfähigkeit im allgemeinen
größer ist als die des Wassers und außerdem mit der Kon¬
zentration steigt. Offenbar wirkt sie auf das Perborat unter
Bildung von basischen Perboraten ein.
Bei 30° Körpertemperatur beginnt eine stetige Sauerstoff¬
entwicklung einzusetzen, so daß man eine vielleicht auch anti-
septische Wirkung erzielt. Dies ist aber noch sehr unsicher, um
so mehr, als Prüfungen gegenüber Kulturen eine sehr schwache
bzw. keine baktericide Wirkung ergeben haben. Die Lösung
bläut rotes Lackmuspapier, ohne jedoch auf die Epidermis ein
laugenartiges Gefühl hervorzurufen, da wir es eben mit dem
neutralen Salz einer allerdings nur schwachen Säure zu tun haben.
Die Haltbarkeit des Perborates ist eine große, vorausgesetzt,
daß es vor Feuchtigkeit, vor allem vor feuchter Luft geschützt
aufbewahrt wird, ln trockener Luft hält es sich unverpackt
unbegrenzt, ohne daß seine Wirkung irgendwie wesentlich ge¬
schwächt wird. Feucht gewordenes Material breitet man an
einem trockenen Ort (in der Nähe eines Ofens, aber nicht zu
nahe) aus. Ist die Zersetzung noch nicht eingeleitet, so kann
man auf diese Weise das Material wieder haltbar machen.
Durch Säuren, auch schwache, wie z. B. Essigsäure wird
Wasserstoffsuperoxyd freigemacht.
Die klinische Prüfung ergab folgende Resultate:
Zunächst sei hervorgehobeii, daß die Perborate absolut
ungiftig sind; wir haben häu6g die Haut des ganzen Körpers,
selbst bei Kindern, damit behandelt, ohne irgend einen Nach¬
teil davon zu sehen.
A. Das Zinkperborat.
Wir verwenden dieses Präparat in 2-, 5-, 10- und 25-
prozentigeu Salben bzw. Pasten, wie schon erwähnt, bei der
Ekzembebandlung, wenn auf die erkrankte Haut aktiver Sauer¬
stoff einwirken soll. Dabei ist die auffällige Tatsache zu kon¬
statieren, daß die gering prozentigen Präparate fast ebenso
gut wirken, wie die hochprozentigen. Man kann sieb dies
vielleicht so erklären, daß äbulich wie beim Bleichen der lang¬
sam und in geringen Mengen sich entwickelnde Sauerstoff eine
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Jditt. a. (1. Haut-Krankenabt. d. Erankenb. z. Frankf. a. M. ]25
bessere Wirkung entfaltet, als der schnell und in großen Quan¬
titäten sich entwickelnde.
Die Salben werden durch Verreiben mit Vaseline herge¬
stellt ; es resultieren geruchlose Salhen von zäher Konsistenz
und gelblichen Aussehen. Zur Herstellung der Pasten ver¬
wendet man Amylum und Vaseline (z. B. Zinc. perborat, Amjl.
ana. 25*0, Vaselin 60*0). Es entsteht eine helle Paste von eigen¬
artiger, kittähnlicher Konsistenz, die eine besonders gut schüt¬
zende Decke für die erkrankte Haut bildet. Der Inkorpora¬
tion von antiseptischen Mitteln wie Teer in den verschieden¬
sten Modifikationen, Ichthyol, Tumenol u. a. m. steht nichts
im Wege.
Die Pasten lassen wir 2 Tage auf die erkrankte Haut eiu-
wirken und erneuern dann den Pastenverband, bei der Salben-
behandlung findet der Verbandwechsel zweimal am Tage statt.
Mit diesen Zinkperboratsalben bzw. -Pasten sind etwa
300 Fälle seit 2 Jahren klinisch, poliklinisch und privat be¬
handelt worden. Dabei hat sich ergeben, daß das Zinkper¬
borat kontraindiziert ist bei allen akuten Ekzemen, desgleichen
manchmal bei nässenden Ekzemen chronischer Natur. Die Haupt¬
indikation bieten die trockenen und zwar vor allem die alten
infiltrierten Ekzeme, die lokalisiert sind, und bei denen es an¬
gezeigt ist, mit den Mitteln zu wechseln. Hier entfaltet das
Zinkperborat mitunter eine auffallend rasche Wirkung; die In¬
filtration geht verhälnismäßig schnell zurück, während die Böte
erst allmählich schwindet, die Haut wird weich und glättet
sich innerhalb relativ kurzer Zeit.
Bezüglich der Wirkung der Ziukperboratsalben, bzw.
-Pasten bei alten infiltrierten Ekzemen seien hier aus einer
größeren Zahl von Fällen einige markante Beispiele erwähnt:
1. 25jährige Fraa mit stark juckendem Gesichtsekzem, dasselbe
besteht seit etwa 6 Jahren. Das Infiltrat bedeckt fast das ganze Gesicht,
das auch durch dessen Böte unangenehm entstellt ist. Nach Applikation
von 25prozent. Zinkperboratpaste, die jede Nacht erfolgte, um Morgens
wieder entfernt zu werden, vollständige Heilung in 87, Monaten, so daß
Teer nicht angewendet zu werden brauchte. Hier trat auch besonders
die jackstillende Wirkung des Mittels hervor.
2. 21jäbriger junger Mann. Infiltriertes Gesichtsekzem mit vielen
Exkoriationen, das so stark juckte, daß Patient sich die Augenbrauen
mit den Nägeln völlig abkratzte, so daß prima vista der Fall mit großem
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126
Herxheimer und Ipsen.
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Stirninfiltrat und fehlenden Augenbrauen an Lepra erinnerte. Bestand
seit vielen Jahren. lOprozentige Zinkperboratvaseline jede Nacht Später
Bepinselung mit Liquor carbonis detergen^. Völlige Heilung in etwa
6 Monaten.
3. Nässendes Ekzem des Zeigefingers der rechten Hand einer
58jährigen Dame seit 2 Jahren. Es wurden Ung. diacbylon, Dng. vaselin.
plumbicum, Pasta Zinci oxydali, ferner die reduzierenden Mittel, Ich¬
thyol, Resorcin etc. ohne Erfolg angewandt, ebenso Teer. Die meisten
der genannten Präparate ließen das Ekzem in objektiv und subjektiv
unangenehmer Weise exacerbieren. 25prozentige Zinkperboratpaste brachte
in 6 Wochen vollständige Heilung, die jedenfalls ein Jahr von Bestand war.
In anderen Fällen konnte auch unser Mittel zwar das Ekzem vor¬
übergebend bessern, aber nicht heilen. So bei einem 50jährigen Bahn¬
beamten, der ein universelles Ekzem hatte und bei dem an Armen und
Beinen das Nässen behoben wurde, worauf dasselbe unter erneutem Juck¬
reiz sich nach wenigen Wochen einstellte.
In den beiden ersten Fällen wurde der juckstillende Effekt unseres
neuen Mittels erwähnt. Diese antipruriginöse Wirkung war auch außer beim
Ekzem noch in Fällen von Pruritus senilis und diabeticus sowie bei Pru¬
ritus ex ignota causa zu konstatieren.
Bei Pityriasis capitis haben wir das 2prozentige Zinkperboratvase¬
lin ebenfalls verordnet und bei zweimaligem täglichen Einreiben in die
Kopfhaut insofern befriedigende Erfolge damit erzielt, als die Röte und
Schuppung geringer wurde. Freilich war fast immer gleichzeitig Salizyl¬
säure in geringen Dosen der Salbe inkorporiert, doch wirkte das Perborat
auch ohne die Salizylsäure.
ln den letzten Tagen haben wir das Zinkperborat auch bei Per-
nionen versucht. Die Kürze der Beobachtungsdauer gestattet uns aber
noch nicht, über den Erfolg ein abschließendes Urteil zu fällen.
Eine besondere Indikation bilden noch die rhagadiformen Ekzeme,
sowohl diejenigen an den Handflächen, als auch an anderen Körperteilen
speziell an den Leistenbeugen und den Genitorcruralfalten. Hier konnten,
wenn durch das Ekzem allein oder artifiziell durch Behandlung mit Teer
oder anderen Mitteln Einrisse entstanden waren, dieselben in relativ
kurzer Zeit durch Perboratpasten oder Perboratsalben geheilt werden.
Ferner eigneten sich die trockenen Ekzeme der Gesichtshaut, so¬
wohl diejenigen en plaques wie die diffusen zur Behandlung mit Zink¬
perborat in Pasten oder Salbenform. Die erstere erwies sich als ganz
besonders zweckmäßig, weil die Paste durch ihre schon erwähnte kitt¬
ähnliche Konsistenz der Haut so fest anhaftet, daß man in vielen Fällen
eines Verbandes entraten kann, eiu Vorteil, der besonders in der heißen
Jahreszeit in die Augen fällt.
Außerdem bewährte sich eine Einreibung von 2—107e Zinkperbo-
ratglycerolat (siehe Berl. klin. Wochenschrift 1902, Nr. 47, pag. 1089) bei
der Behandlung der trockenen Gesichtsekzeme als eine angenehme und
wirksame Medikation.
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Mitt. s. d. Haat'Krankenabt. d. Krankenh. z. Frankf. a. M. 127
In einer Anzahl yon Fällen von seborrhoischen Dermatosen, wie sie
in so prägnanter Weise auf dem Kopf, Angenbranen, Nasolabialfalten, Bmst
und Räcken und manchmal in den Schamhaaren verkommen, konnten
wir eine Tornbergehende Wirkung einer geringprozentigen Zinkperborat*
ealbe (1—2*/,) feststellen, sowohl wenn dieses Mittel allein gebraucht
wurde, als auch in Verbindung mit präzipitiertem Schwefel und weißem
Präzipitat zu gleichen Teilen. Leider war der Erfolg, wie er ja ge¬
wöhnlich kein stabiler zu sein pflegt, in keinem Fall ein dauernder. Zum
mindesten aber wurde in reizloser und den Patienten angenehmer Weise
das gleiche erreicht, wie mit den genannten gewöhnlich stärker zu kon¬
zentrierenden Mitteln allein.
Bei der Dosierung des Medikamentes ist mit einer ge-
vrissen Vorsicht zu verfahren, da bei den höher konzentrierten
Salben in einer geringen Anzahl von Fällen (etwa 3—5%)
eine Irritation der Haut eintritt. Bei den Pasten dagegen
traten Rei/.ungen in kaum 1 Prozent der Fälle ein.
B. Magnesiumperborat
Um die letztgenannte Irritation zu vermeiden, ist in letz¬
ter Zeit noch ein weiteres Perboratpräparat hergestellt und
in etwa 10 Fällen versucht worden — das Magnesiumperborat.
Dieses hat ungefähr den gleichen Gehalt an aktivem Sauer¬
stoff, wie das Zinkperborat man könnte vielleicht sich vor¬
stellen, daß es sich in den Fällen empfiehlt, wo das aus Zink¬
perborat sich entwickelnde Zinkoxyd eine irritierende Wirkung
hat, während Magnesia, welche aus dem Magnesiaperborat neben
O und Borsäure sich bilden würde, so gut wie indifferent sich
verhält. Trotz dieser theoretischen Erwägung scheint aber das
Magnesiumperborat vor dem Zinkperborat nicht viel voraus zu
haben, denn wir sahen in einem Fall von Einderekzem bei An¬
wendung des Magnesiumperborats ebenfalls eine Hautirritation
eintreten. Die Wirkung war in den übrigen Fällen von der¬
jenigen des Zinkperborats kaum verschieden.
C. Natriumperborat.
Von der Anwendung des Natriumperborats bei Ekzem
sind wir wegen dessen langsamen Wirkung und seinen haut¬
reizenden Eigenschaften zurückgekommen. Dagegen haben wir
es in ca. 30 Fällen bei der Behandlung der Akne des Gesichtes
in Anwendung gezogen. Wenn man wohl auch mit Schwefel
und Resorcin dieselben Erfolge erzielt, so bietet doch die
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128
Herxheimer und Ipsen.
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Perboratbebandlung den großen Vorzug, daß sie ein geracb-
loses und reiuliches Verfahren darstellt. Wir verwenden bei
der Aknetberapie keine Salbe oder Paste, sondern einen Brei
aus Natriumperborat und Wasser. Eine Hand voll Natrium¬
perborat wird mit *4 Liter Wasser Morgens verrührt und dann
tagsüber verdeckt stehen gelassen. Am Abend wird dann dieser
Brei in die erkrankte Haut verrieben, die Nacht hindurch darauf
belassen und am anderen Morgen wieder abgewaschen. Abends
wird dann dieselbe Prozedur wiederholt. Sollte bei diesem
Verfahren eine Irritation der Haut auftreten, so läßt man den
Brei nur ca. 20 Minuten auf der Haut und entfernt ihn dann
wieder.
Eine weitere Indikation für die Natriumperboratbehand¬
lung bietet die Hyperhidrosis. Alle Superoxyde produzieren
freien Sauerstoff auf schwitzender Haut, da derselbe durch die
Säuren des Schweißes frei wird. E^ wurden gegen das Schwitzen
gebraucht:
1. Zinkperborat (20) mit Talkum (80),
2. Natriumperborat (20) mit Talkum (80),
3. beide zusammen mit Talkum,
4. und 6. beide zusammen und beide einzeln
mit Zinksnperoxyd und Talkum.
Es wurde mehrmals im Tage der Fuß sowohl wie der
Strumpf eingepudert.
ln allen Fällen gaben die Patienten an, daß die über¬
mäßige Schweißabsonderung und das prickelnde Gefühl bei dem
Gebrauch obiger Fußstreupulver nachließ und daß vor allem
der üble Geruch aufgehört habe. Objektiv ließ sich konstatieren,
daß die Rötung und Mazeration der Haut geschwunden war.
Während diese Symptome nach einigen Tagen in der Regel ge¬
bessert wurden, konnte ein Nachlassen bzw. gänzliches Ver¬
schwinden des Foetors bereits gewöhnlich nach einem oder
2 Tagen konstatiert werden.
Zum Schluß wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß wir
bei Quecksilberkuren ein Zahnpulver bestehend aus Natrium¬
perborat 10 0, Calcaria carbonica 90*0 als ausschließliches Mund¬
reinigungsmittel benutzt haben und — allerdings nur bei einer
kleinen Beobachtungsreihe — den Eindruck hatten, daß dieses
Zahnpulver eine Stomatitis verhütet.
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Bericht üher die Leistungen
auf dem
Gebiete der Dermatologie und Syphilis
Areb. f. Dermat. n. Syph. Bd. LXXXII. 0
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Geschlechts-Krankheiten.
Anatomiei Physiologie, allgem. u. exp. Pathologie,
path. Anatomie, Therapie.
Pasehkis, R. Zar Frage des Yorkommens der Talg¬
drüsen am inneren Blatte des Präputinm. Monatsh. f. prakt.
Dermatologie. Bd. XLT.
P. fand bei histologischer üntersnchong von 9 Vorhauten von Kin¬
dern im Alter von 15 Tagen bis 3 Jahren zweimal freie Talgdrüsen am
Innenblatt zunächst dem Frenulum u. zw. bei einem 4 Mon, und 8 Mon. alten
Kind. Er schließt daraus, daß die freien Talgdrüsen am inneren Yorhautblatt
normale, jedoch an Zahl und Größe sehr variable Gebilde sind, die sich
schon bei Kindern nachweisen lassen, ob sie sich schon ante partum oder erst
später entwickeln, ist noch unentschieden. P. spricht sich gegen die An¬
nahmen Delbancos aus, daß ihre reichliche Entwicklung auf entzünd¬
liche Reizung zurückzuführen sei; es handelt sich nach seiner Meinung
um Bildungen, die durch den entzündlichen Zustand leichter zur An¬
schauung gelangen. Ludwig Waelsch (Prag).
Lichtenberg, A. Beiträge zur Histologie, mikroskopi¬
schen Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Uro-
genitalkanals des Mannes und seiner Drüsen. Anatom. Hefte.
Bd. XCUI. 1906. pag. 135-199. Mit 6 Tafeln.
Das Epithel der Pars cavernosa urethrae ist nach L. kranial von
der Einmündungsstelle der Cowperschen Drüsen einschichtig mit meist
zweizeiligem Typus der Kernanordnung, während kaudal von der Ein¬
mündungsstelle dieser Drüsen Yielzeiligkeit des Epithels (wahrscheinlich
verbanden mit Erhaltung des einschichtigen Charakters) besteht. — Die
Drüsen der Pars cavernosa urethrae gliedern sich in drei Kategorien:
1. Subepitheliale tubuloalveoläre Drüsen, ziemlich gleichmäßig über die
ganze Pars cavernosa verteilt. Ihre Jugendformen liegen vielfach intra¬
epithelial und wurden bisher meist als „Cysten“ bezeichnet, vielfach für
degenerierende Schleimhautpartien gehalten. Manche dieser Formen
öfihen sich breit in das Lumen der Harnröhre, im Niveau der Schleim-
9*
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132
Bericbt über die LeistuDgen auf dem Gebiete
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haut verbleibend; andere rücken in die unmittelbar unter dem Epithel
befindliche Bindegewebslage. 2. Drüsenartige Buchten, nur proximal von
der Einmündungsstelle der Cowperschen Drüsen vorkommend, von irre¬
gulärem Bau. 3. Submuköse Drüsen, nur distal von der Einmündungs-
stelle der Cowperschen Drüsen vorkommend, bis in die Submucosa reichend.
— Beim Relief der Hamröhrenwand unterscheidet der Autor genau Art und
Vorkommen bestimmter Rinnen und Falten. An den Enden der Falten
finden sich überall blindsackartige Erweiterungen; die größten liegen an
der oberen Wand (Morgagnische Lakuuen der Autoren). Die Rinnen
8. Ordnung des proximalen Teiles der Harnröhre weisen partiell die oben
erwähnten drüsenartigen Buchten auf. Die Richtung der Rinnen und
Falten ist im allgemeinen eine dem Verlaufe der Harnröhre parallele,
wobei sich die Hauptrinnen und Falten wahrscheinlich durch die ganze
Länge der Harnröhre erstrecken. Ein äusgleich der Falten der Harn¬
röhrenwand ist nur in beschränktem Maße möglich und nach einem
solchen bilden sich immer wieder dieselben Falten, die vorher bestanden.
Das feinere Relief des proximalen Teiles der Pars cavernosa und die Lakunen
sind stationär. — Was den Canalis urogenitalis und die akzessorischen
Geschlechtsdrüsen betrifft, so stellt L., gestützt auf vergleichend-anato*
tomische und embryologische Tatsachen, folgende Einteilung derselben auf
A. Teile des Canalis urogenitalis:
1. Ecto- oder mesodermaler Anteil, welcher sich an die Geschlechts¬
drüsen anschließt — Samenröhre.
2. Entodermales Verbindungsstück, welches in 2 Teile zerfallt:
Kranial ist bloß ein Harn-, kaudal ein gemeinsamer Ham- und Samen weg
vorhanden — entodermales Eloakenstück.
3. Die sekundäre Samenröbre — ektodermales Mündungs¬
stück.
Die Grenze zwischen den beiden zuletzt erwähnten Teilen ist die
Einmündungsstelle der (vom Ektoderm aus entstehenden) Cowperschen
Drüsen. Vor ihr befindet sich das ektodermale, hinter ihr (bis zur Blase)
das entodermale Gebiet, in welch letzterem allerdings die Wölfischen
Gänge einen Teil der entodermalen Zone verdrängt haben (colliculus
seminalis).
B. Gruppen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen:
1. Die vom ektodermalen Mündungstücke abstammenden und zwar:
a) Cowpersche Drüsen; 6) alle kleinen Drüsen der Harnröhre bis zu den
Cowperschen; fälschlicher Weise als Littresche oder als Urethraldrüsen
bezeichnet.
2. Die Drüsen des entodermalen Eloakenstückes (Prostata und die
kleinen, sehr verschieden großen Drüsen dieses Abschnittes).
3. Die von der Samenröhre stammenden Drüsen (Ampulle, Samen¬
blase).
In jeder dieser 3 Drüsengruppen ist eine Drüse (beziehungsweise
Drüsenmasse) den übrigen gegenüber zu gewaltigem Übergewicht gelang^,
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der Geschlechtskrankheiten.
133
bleibt aber ihrem morphologischen Charakter nach deutlich als Glied der
Gruppe erkennbar.
Hinsichtlich der speziellen Entwicklung dieser Drusen, sowie der
Corpora cavernosa berichtet L. folgendes.
Die Cowperschen Drüsen entstehen — als die erstauftretenden
drüsigen Anhänge des Canalis urogenitalis — am Ende des 2. Monates
als schlauchartige Wucherungen des Samenröhrenepithels. Die zuerst
entstandenen Stammschläucbe der Drüsen haben das Bestreben ihre Ver¬
ästelungen aus dem Bereiche des Bulbus urethrae herauszuschieben, wäh¬
rend der Bulbus wiederum die Tendenz zeigt, seine beiden Hälften an¬
einander zu schließen. Dadurch werden die sich entwickelnden Drüsengänge
beengt und, wenn sie nicht nach der Mitte (oder nach der sekundären
Samenröhre hin) ausweichen, Yon dem Bulbus eingeschlossen. Gelingt es
einer oder der anderen Drüse nicht aus dem Bereiche des Bulbus heraus-
lukommen, so muß sie sich lebenslang innerhalb des geschlossenen Raumes
des Bulbns entfalten. Die langeni glatten Schläuche hingegen, welche
sich rechtzeitig über die Bulbus-Grenze hinübergeschoben haben, beginnen
sich dann zu den Drüsenschläuchen zu differenzieren; nach ihnen auch
die Stammschläuche. Das Resultat ist, daß die Cowperschen Drüsen keine
eigentlichen Ausfühmngsgänge besitzen, denn die langen Gebilde, welche
die Samenharnröhre mit dem Drüsenkörper verbinden, sind den räum¬
lichen Verhältnissen angepaßte sezernierende Drüsenteile. — Die kleinen
Drüsen des ektodermalen Mündungsstückes bilden mit den C o w p e rschen
outogenetisch und histologisch eine morphologische Einheit, entwickeln
sich jedoch später und nicht in dem Ausbildungsgrade der letzteren. Die
ersten von ihnen treten an der vorderen Wand der Harnröhre auf.
Sogenannte akzessorische Cowpersche Drüsen kommen bei fast jedem
Embryo vor und sind als an atypischer Stelle entwickelte Vertreter der
Drusen-Stammform aufzufasseu. — Betreffs der Entwicklung der Drüsen
des entodermalen Kloakenstückes und der Samenröhre hat Lichten!)erg
den diesbezüglichen (in diesem Archive früher referierten) Angaben Pal-
lios nichts Neues und Wesentliches hinzuzufügen. Das erste Auftreten
der prostatischen Drüsen läßt sich schon bei 45 mm langen Embryonen
in Form von Knospen, das der Samenröhrendrüsen bei 68 mm laugen
Embryonen in Form von mit Lumen versehenen Ausstülpungen uach-
weisen. — Das Corpus cavernosum penis entsteht im Zentrum des Genital-
böckers durch Verdichtung des bis dahin lockeren mesodermalen Gewebes.
Später verdichtet sich in der Umgebung des Corpus cavernosum penis
das mesodermale Gewebe zur Bildung der Glans und des Corpus caver¬
nosum urethrae. Hierauf kommt es zur Vaskularisation, welche jedoch
nicht gleichzeitig in den beiden Schwellkörpern erfolgt. Die Kapil-
larisation des Corpus cavernosum penis bleibt zunächst weit hinter
jener der Glans und des Corpus cavernosum urethrae zurück. Beson¬
ders die Vaskularisation der Glans schreitet rasch vorwärts, sie bleibt
jedoch schon auf einer frühen Entwicklungstufe stehen, nimmt überhaupt
keinen kavernösen Charakter an, sondern mehr den eines venösen Wunder-
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134
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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netses. Die morphologische und ontogenetische Differenz der beiden Cor¬
pora cavemosa (penis und uretbrae) beruht auf dar Verschiedenheit ihrer
Anlagen, nicht auf der Verschiedenheit ihrer Differenzierungsart. Die
Zweiteilung des ursprünglich einheitlichen Corpus cavemosum penis voll¬
zieht sich von hinten nach vorn und von ventral nach dorsal und ist am
Schlüsse des embryonalen Lebens noch nicht beendet.
A. Fischei (Prag).
Morel et Dalous. Un proc6dd simple de coloration du
gonocoque sur les coupes. Journ. des mal. cut. et syph. 1905.
pag. 425.
Morel und Dalous empfehlen folgende Gonokokkenfarbung im
Gewebe:
Methylenblau .... 1*0
Formaldehyd (40®/o) . 4*0
Aq. destil.100*0
Statt des Methylenblau eventuell Methylenblau 0*75, Thionin 0*25.
1^2 Minuten färben, dann in leicht angesäuertem Wasser spülen, in
Alkohol gi*ündlioh waschen, aufhellen in Xylol.
Paul Neisser (Beuthen O.-S.)
Mair. Note ou a paracolou bacillus found in the unne.
The British Med. Journal. 1906. 4. Feb. pag. 438 ff.
Mair isolierte aus 2 Fällen von saurem Urin bei Cystitis einen
Bazillus, der morphologisch und kulturell dem Bacillus coli glich, aber in
Glukose oder Laktosehaltigen Nährböden kein Gas entwickelte. Er iarbt sich
nicht nach Gram; er verflüssigt die Gelatine nicht; die Kolonien setzen
Weinhefefarben aus. Auf gewöhnlichem Agar und auf Drigalskis
Lakmus-Lakto8e«*Agar ist er vom Bacillus coli nicht zu unterscheiden.
Klinisch verliefen die Fälle wie die vom Bacillus coli verusachten.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Müller, R. und Scherber, G., Wien (Klinik Finger). Weitere
Mitteilungen über die Ätiologie und Klinik der Balanitis
erosiva circinata und Balanitis gangraenosa. Wiener klin.
Wochenschr. 1906. Nr. 21.
In einer früheren Arbeit haben die Autoren die Ansicht ausge¬
sprochen, daß entsprechend den gleichen bakteriologischen Befunden die
Balanitis erosiva und gangraenosa ätiologisch identische Prozesse sind.
UngeffJir 40 weitere, im letzten Halbjahr untersuchte Fälle von spezifi¬
scher Balanitis erosiva und gangraenosa zeigten in ihren Deckglasbefunden
das gleiche Verhalten. Weiters zeigte sich die Tatsache, daß zeitweise
eine größere Reihe von Fällen dieser Erkrankung zur Beobachtung ge¬
langt, während zu anderen Zeiten Fälle völlig fehlen. Aus der Reihe
dieser Beobachtungen greifen die Autoren einige interessante Kranken¬
geschichten heraus und zeigen durch Wiedergabe derselben klassische
Bilder für die ätiologisch gleichen, klinisch jedoch verschiedenen, aber oft
kombinierten und iueinander übergehenden Formen dieser Erkrankung.
Bei all den geschilderten Formen von Balanitiden, wie in den gangrä-
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der Geschlechtakranklieiten.
135
nösen Oesohwüren der Haut fanden sich stets g^ampositive, yibrioformige
Bazillen Ton 2—8 /t Länge mit yexjüngten Enden. Neben den vibrio-
formigen Bakterien findet man in wechselnder Zahl ausschliefilich gram-
negative Spirochaeten. Der histologische Befund zeigt einen mit Exsu¬
dation und Nekrose einhergehenden Prozeß, in den Schnittpräparaten
fanden sich stets, nach Weigert oder Leviditi gefärbt, die vibrio-
förmigen Bakterien. Neben den Vibrionen zeigen die Levadit ipräpa-
rate Spirochaeten in der Tiefe der Infiltrate, welche sich von der Sp.
pallida durch die Flachheit der Windungen unterscheiden, aber auch den
Zerfall im Gewebe zeigen. Diese Tatsache ist geeignet, die Frage auf¬
zuwerfen, ob in den nach Levaditi gefärbten Präparaten syphilitischer
Primäraffekte alle dort gesehenen Spirochaetenformen der Sp. p. angehören
oder nicht. Viktor Ban dl er (Prag).
Ballenger, Edgar G. Prostatic Albuminuria. Not an
Infrequent Cause of Error in th e Diagnosis of th e So-called
Orthostatic, Postural, PhysiologicaT and Cystic Albumi-
nuria. New-York. Med.-Jour. Bd. LXXXIII. pag. 399. 24. Feb. 1906.
Ballenger macht darauf aufmerksam, daß Eiweiß im Urin nicht
notwendiger Weise immer Nierenkrankheit bedeutet und daß, während
normales Prostatasekret kein oder nur äußerst wenig Eiweiß enthalte
(nur nach Massage der vesic. semin.), das Sekret einer hyperämischen oder
akut oder chronisch entzündeten Prostata dies immer tue. Der Urin mag
klar oder leicht trüb sein; wegen seiner Alkalinität mag das Prostata-
sekret zuweilen Eiweißgerinnung verhindern. Wie an den Kranken¬
geschichten einiger Patienten erläutert wird, treten zuweilen Vermeh¬
rungen der Prostatasekretion periodisch und zyklisch wiederkehrend auf
ähnlich der Menstruation, so daß B. geneigt ist ähnliche Ursachen für
beide Zustände anzunehmen. Diese Absonderung eiweißhaltigen Sekrets
hält B. für eine konstante Erscheinung bei chron. Prostatis; sie müsse
daher besonders berücksichtigt werden bei dunklen Formen von Albumi¬
nurie wie die in der Überschrift genannten. B, hält den Namen prosta¬
tische Albuminurie für passend für den Zustand.
H. G. Klotz (New-York).
Roberts, H. H. 0 x a 1 n r i a. New-York. Med. Jour. Bd. LXXXIIL
pag- 847. 17. Febr. 1906.
Roberts beschäftigt sich besonders mit dem klinischen Bilde der
Oxalurie, er hält dieselbe und ihre Folgen für viel häufiger als gewöhnlich
angenommen wird. Die Anwesenheit einer größeren Anzahl von Kri¬
stallen von oxalsaurem Kalk ist noch nicht ein Beweis wirklicher Oxa¬
lurie» Zu unterscheiden ist die auf der größeren Zufuhr von Oxalsäure
durch den Genuß gewisser Früchte und Gemüse beruhende Emährungs-
oxalurie und die intestinale oder allgemeine (systemische); ohne eine ge¬
wisse Anomalie des Stoffwechsels kann dieselbe nicht verkommen, sie ist
als eine Art Indigestion anzusehen. Die gewöhnlich mit Oxalurie in
Verbindung gebrachten Symptome werden auf gezählt und besprochen.
Der Zustand wird nicht selten mit Hamsäurediathese, Gicht, Lithaemio
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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und Rheumatismus zusammengeworfen. R. halt die Oxalsäure für das
Produkt unvollkommener Oxydation der Harnsäure infolge mangelhafter
Umbildung des Nukleins; irgendwelche Störung der Oxydationsvorgänge
im Körper könne Oxalurie erzeugen. Oxalune ist eine, vielleicht die
Hauptursache der Appendixerkrankungen. Als Hauptbehandlung empfiehlt
er eine Diät, welche besonders oxalsäurehaltige Nahrung vermeidet und
solche begünstigt, die leicht oxydiert wird und rasche Verbrennung be*
günstigt. Unter den Arzneimitteln sind diejenigen am wirksamsten,
welche die größte Menge Sauerstoff liefern, daneben Salizylate und Al¬
kalien, neben diesen sind Hydrotherapie, Elektrizität, frische Luft und
fleißige Bewegung im Freien empfohlen. H. O. Klotz (New-York).
Höher, R. und Königsberg, A. Farbstoffausacheidung
durch die Nieren. Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. CVTII.
pag. 323.
Anschließend an die Untersuchungen von Gurwitsch machten
Höher und Königsberg neue Versuche und studierten die Aus¬
scheidung vitaler und nichtvitaler Farbstoffe durch die Froschniere und
Kaninchenuiere. Die Autoren fassen ihre Resultate in folgenden Schlu߬
sätzen zusammen. Nicht bloß die lipoidlöslichen vitalen Farben, sondern
auch die lipoidunlöslichen werden in die Epithelien im 2. Abschnitt der
Froschnierenkanälchen aufgenommen und in Vakuolen gestapelt. Die
Vakuolengröße variiert nach der Art des einverleibten Farbstoffes. Die
Plasmahaut der Epithelien ist Salzen gegenüber impermabel, die Auf¬
nahme nicht vitaler Farben beruht also wahrscheinlich nicht auf einer
veränderten Permeabilität. Lipoidlösliche und lipoidunlösliche Farben
werden in den gleichen Vakuolen gesammelt. Die Neutralrot-Bismarck-
braun- und Bordeauxvakuolen werden in toto aus den Epithelien in die
Hamkanäle abgestoßen und gelangen unverändert in den Harn.
M. Winkler (Luzern).
Yogel. ÜberHämaturien. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 16. 1906.
ZusHmmenfassung der verschiedenen Kriterien zur topischen Dia¬
gnostik der Blutungen aus Harnröhre, Blase und Niere.
H. Hübner (Frankfurt a. M.).
Karwowski, A. v. Hämaturie und Albuminurie infolge
von Urotropin. Monatsh. f. prakt. Dermat. Bd. XLII.
Den in aer Literatur niedergelegten 15 Fällen von Albuminurie
und Hämaturie bzw. Hämoglobinurie infolge von Urotropingebrauch
fügt Verf. eine eigene Beobachtung an. Er verordnete 3 X 0*6 Urotropin
wegen Harngries, der auch prompt verschwand. Dafür traten Schmerzen
in der Nierengegend, Strangurie und Albuminurie auf. Nach Aussetzen
des Urotropins hörten diese Erscheinungen auf. v. K. erklärt diese Er¬
scheinungen damit, daß das Formaldehyd aus dem Urotropin nicht, wie
normalerweise erst im Urin, sondern schon im Blute abgespalten wurde
und bei seinem Durchtritt durch die Nieren zu Reizung derselben fuhrt.
Ludwig Waelsch (Prag).
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der Geschlechtskrankheiten.
137
Knorr, R. Über die Ursachen des pathologischen Harn¬
drangs beim Weibe, insbesondere Cystitis colli et Peri-
cystitis, sowie deren Behandlung. Zeitschrift für Geburtshilfe
und Gynäkologie. Bd. LY. pag. 472.
Knorr teilt seine Erfahrungen über den pathologischen Harn¬
drang beim Weibe mit; er hat dieselben an seinem poliklinischen Material
gesammelt. Jede fünfte Frau seiner poliklinischen Praxis soll über Harn-
beschwerden klagen und bei Vs Fälle mit Harnbeschwerden soll
Cystitis colli chronica vorliegen.
Die Symptome der Cystitis colli bestehen nach Knorr in häufigem
Drang zum Urinieren, Schmerzen und Drang bei der Harnentleerung,
Schmerzen und Druckgefühl iu der Blasengegend. Urin meist klar, zeit¬
weise Trübung durch Schleim oder Salze, morphologische Elemente, Eiter¬
körper und Epithelien nur mittelst Zentrifuge nachzuweisen.
Das zystoskopiscbe Bild zeigt Veränderungen des Trigonums und
des Sphinkterrandes in Form von Trübung des Epithels, Schwellung der
Schleimhaut, mitunter Auflagerung von Schleim oder Fibrinflocken. In
schwereren Fällen Hämorrhagicn der Schleimhaut. Auch Ödem und papil¬
läre Wucherungen kommen vor. Als Ursachen sind anzusehen: entweder
Infektion oder venöse Stauung und Hyperplasie. Zur Behandlung emp¬
fiehlt Knorr Ausspülen der Blase und lokale Behandlung mit 1% Arg.
mtr.-Lösnng vermittels Playfairsonde.
Bei Pericystitis und Paracystitis sind durch das Cystoskop weißgelbe
feine Linien rechts und links am Blasengrand zu sehen, daneben schatten-
werfende Stränge und Vorsprünge der Blasen wand. Die Kapazität der
Blase ist verringert.
Zur Therapie der peri- und paravesikalen chronischen Veränderun¬
gen eignet sich in schweren Fällen Operation, in leichten Fällen Blasen¬
dehnung mittelst Katheter und Spritze. M. Winkler (Luzern).
Weiss, A. Wien (Abteilung Frisch). Ein Fall von Fremd¬
körper der Urethra mit Sequestrierung eines Teiles der
letzteren. Wiener klin. Rundschau. 1906. Nr. 16.
Weiss teilt die Krankengeschichte eines Falles mit, der im Anfang
der klinischen Beobachtung unter dem Bilde einer retrostrikturalen
Unninfiltration verlief und erst nach der Operation während des Wund¬
verlaufes durch Sequestrierung einer Gewebsmasse, in der sich eine 4 cm
lange abgebrochene Spitze eines Hühnerfederkieles befand, die wahre
Natur des Leidens in dem eingefübrten Fremdkörper erkennen ließ.
Viktor Ban dl er (Prag).
Stern, Karl. Über Perforation der Harnblase bei Aus¬
schabung derselben. Dtsch. med. Woch. Nr. 15. 1906.
Im Anschluß an einen tödlich verlaufenen Fall von Kurettierung
eines Blasenpapilloms bei einer 57jährigen Frau erörtert Stern die Frage,
ob es überhaupt richtig sei, die Ausschabung der Blase ohne Sectio alta
vorzunehmen. Trotz aller Vorsicht, welche hier bei der mit dem Strauss-
schen Instrument vorgenommenen Operation waltete, verstarb die Patientin
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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und die Sektion ergab eine liosengroBe Perforation des Blasenscheitela
und sekundäre Peritonitis. Verf. betont, daß ein solcher Unfall bei der
kürzeren Harnröhre der Frau allerdings leichter Vorkommen könne als
beim Manne, da hier durch die Schwere des Instruments der Schrauben*
teil bodenwärts sinkt, wodurch schon eine gewisse Gefahr entsteht, die
Blase mit dem nach oben ausschlagenden Kurettenteil zu berühren.
Gegen die Operation im Dunkeln führt Verf. an, daß bei der Narkose die
völlig erschlaffte Blase dem Instrumente keinen Widerstand biete; die
Tierexperimente, welche gesunde Blasen betrafen^ könnten für durch
Krankheit geschwächte Menschen nichts beweisen. Hingegen käme beim
Eröffnen der Blase von oben Auge und Finger dem tastenden Instrumente
zu Hilfe, die große Gefahr des Arbeitens im Dunkeln falle fort und der
am leichtesten gefährdete Blasenteil, der Scheitel, sei geschützt. Auch
ist nicht zu vergessen, daß die durch Sectio alta bewirkte Ruhigstellung
der Blase allein schon von hohem Werte für den Kranken ist.
Max Joseph (Berlin).
Teresa, Fr. v. Über einige Fälle von Urethritis trau¬
matica. Monatshefte f. prakt. Dermatologie. Bd. XLII.
3 Fälle:
1. Extraktion eines ca. 18—20 cm langen und 7—8 mm dicken
bleistiftförmigen, massiven Zapfens aus der Harnröhre, darnach heftige
Blutung und Entwicklung einer Narbenstriktur längs der ganzen Harn¬
röhre. Der Zapfen war die infolge vorausgegangener Einspritzungen mit
starker Cupr. sulf.-Lösung mortifizierte Schleimhaut.
2. Einspritzung mit Scheidewasser, nach der sich filiforme Striktur
entwickelte.
3. Einspritzung mit konzentrierter Karbolsäure; darnach keine
Striktur bedeutenderen Grades. In allen 3 Fällen wurden die Injektionen
von Kurpfuschern oder eigenmächtig zur raschen Tripperheilung vor¬
genommen.
Ludwig Waelsch (Prag).
Taylor, H. und Johnson, A. G. Impaction of a hatpin in
the male urethra. The British Med. Journal. 1906. 17. Feb. pg. 380.
Taylor und Johnston hatten Gelegenheit je eine in die
Urethra gebrachte Hutnadel, die sich verfangen hatte, ohne Inzision in
das Lumen zu schieben und zu extrahieren.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Batut. Des adenites vönöriennes etdes adeni tes tuber-
culeuses et de leur traitement. Jouroal des mal. cut. et syph.
1904. pag. 561.
In einem längeren mit Krankengeschichten versehenen Aufsatz
bespricht Batut die venerischen und tuberkulösen Bubonen. Während
Bubonen bei Gonorrhoe nur sehr selten auftreten und dabei meist ohne
chirurgische Eingriffe bei Bettruhe und eventuellem leichten Kompressiv-
verband, in schlimmsten Fällen nach einer einfachen Inzision ausheilen,
empfiehlt er bei chaukrösen Bubonen die radikale Ausräumung aller
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der Geschlechtskrankheiten.
139
Drüsen mit nachfolgender Tamponade. Luetische Bubonen heilen wohl
meist nach Anwendung spezifischer Therapie ohne irgendwelche beson¬
dere Eingriffe. Was die tuberkulösen Bubonen betrifft, so rat Batut,
bei diesen stets radikal auszuraumen, eventuelle Fisteln zu spalten, nie
aber die Kürette anzuwenden, weil er bei Anwendung dieser bisweilen
das Auftreten tuberkulöser Meningitis beobachtet habe.
Paul Neisser (Beuthen O.-S.).
Gunn Leveson-Gower. Tuberculous disease of the se-
minal iract. The Lancet. 1901. 9. Juni. pag. 1603 ff.
An der Hand von sechs Fällen bespricht Ounn den Modus des
Weiterschreitens der Genitaltuberkulose, die Diagnose, welche Teile be¬
fallen seien und die Operationsmethoden.
Die Infektion kann vom tuberkulösen Hoden auf die Samenbläschen
und die Prostata auch bei gesund bleibendem Samenatrang erfolgen, die
Tatsache also, daß bei einem erkrankten Hoden der Samenstrang normal
ist, schließt eine Erkrankung der Samenbläschen nicht aus. Bei Erkran¬
kung beider Hoden und der Samenbläschen ist allein die Radikaloperation
von Erfolg begleitet. Fritz Juliusberg (Berlin).
Moses. Über Bubonenbehandlun g nach der Bierschen.
Methode. (Aus dem städtischen Krankenhaus für Haut- und Geschlechts¬
krankheiten im Obdach der Stadt Berlin.) Mediz. Klinik. 1906. Nr. 13
Moses bringt eine Übersicht über 25 Fälle von Bubonen, die ohne
Rücksicht auf ihre Ätiologie und den Erkrankungszustand nach der Bier¬
schen Methode, d. h. mittelst Stichinzision auf der Höhe des Tumors und
Applikation der Sauggläser Stunde behandelt wurden.
Verfasser hat den Eindruck gewonnen, daß diese Art der Bubonen-
behandlang gegenüber der früher angewandten eine Abkürzung erfährt,
dazu für den Patienten eine viel angenehmere und schmerzlosere ist. —
Nach unseren Erfahrungen können wir das durchaus bestätigen. (Ref.)
Oskar Müller (Dortmund).
Joseph, Max. Bemerkungen zu der Arbeit von Felix
Moses über Bubonenbehandlung nach Bierscher Methode.
(Aus Dr. Max Josephs Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin.) Mediz.
Klinik. 1906. Nr. 14.
Enthält einen Hinweis, daß auch Verfasser die Bi ersehe Stauung
bei Bubonenbehandlung mit gutem Erfolge angewandt hat.
Oskar Müller (Dortmund).
Dolauiiay et Darre, H. Diagnostic clinique des ulcera-
tions du col uterin. Gazette des Höpitaux. 1905. pag. 1247.
Der Artikel enthält ein eingehendes klinisches Bild der Ulzerationen
an der Portio mit besonderer Berücksichtigung der Differentialdiagnose.
Es werden sukzessive abgehandelt: die Geburtsverletzungen am Uterushalse,
die gonorrhoischen Erosionen, der harte und weiche Schanker, Herpes, die
sekundären und tertiären luetischen Erscheinungen und schließlich die
Veränderungen an der Portio bei chronischer Metritis, Tuberkulose,
Carcinom und Sarkom. M. Winkler (Luzern).
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140
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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Finlay Douglas. Case of Pseudoelephantiasis of vulva.
The British Med. Journal. 1906. 13. Juni. pag. 81 if.
Finlays Patientin, vor 6 Jahren syphilitisch infiziert, bekam
Ulzerationen und fibromatöse Verdickung auf der linken Seite der VuUa.
Die syphilitischen Erscheinungen heilten auf Quecksilber und Jod ab, die
Verdickung an der Vulva mußte operativ entfernt werden.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Jeanselme, M. Diagnostic et traitement des ulc^rations
de la verge. Gazette des Hopitaux. 1905. pag. 1719.
Jeanselme behandelt in einem klaren Vortrage die Ulzerationen
am Penis bei Balano-Posthitis, Herpes genitalis, Ulcus molle, Ulcus
durum, Gumma und Epitheliom, sowie ihre Differentialdiagnose und Be¬
handlung. M. Winkler (Luzern).
Jangger, Theodor. Zur Therapie der funktionellen Enu-
rese. Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte. 1905 pag. 538.
Da die Behandlung der Enuresis zur Zeit in vielen Fällen noch
eine recht schwierige ist, so sind die günstigen Erfolge, welche Jangger
mit seiner Therapie erzielt hat, beachtenswert.
Jangger faßt die funktionelle Enurese als eine allgemeine Neurose mit
prägnanter Muskelscliwäche des Blasenhalses auf. Zur Behandlung emp¬
fiehlt er namentlich die kombinierte Massage des Blasenhalses nach
W a 1 k 0 , wobei er die allgemeinen Maßnahmen keineswegs vernachlässigt
wissen will; als solche nennt er: Erziehung der Patienten durch Eltern
und Lehrer, Diätvorschriften, Flüssigkeitsverbot nach 4 Uhr abends, hartes
Lager ev. Hochlagerung des Beckens, Aufnahme des Kindes 2mal nachts,
Hydrotherapie in Form von kalten Abreibungen und Regendaschen. —
Die Massage soll 1—2mal wöchentlich vorgenommen werden und zwar
4—5 Minuten lang ev. mit Sphinkterdrückung nach Thure Brandt.
Zur Massage werden die Patienten in Rücken- oder Seitenlage gebracht
und dann wird die eine Hand oberhalb der Symphyse dem ins Rektum
eingeführten Zeigefinger der andern Hand entgegengedrückt; es können daun
kreisende Bewegungen ausgeführt werden. Jangger hat bei 6 Fällen
von chronischer Enuresis, deren Krankengeschichten er kurz resümiert,
in 5 Fällen Heilung erzielt, in einem Falle bedeutende Besserung.
Winkler (Luzern).
Finaterer, J. Ein Beitrag zur Kenntnis der Harnröhren¬
steine. Dtsch. Ztschr. f. Chir. Bd. LXXKI. X.
Finsterer unterscheidet mit Lieblein zwischen eigentlichen
Urethralsteinen d. h. solchen, „die entweder primär in der Harnröhre
entstanden sind, oder aber Blasensteinen, die auf dem Wege ihrer Aus¬
stoßung in der Harnröhre zurückgeblieben sind und sich hier vergrößert
haben^, und zwischen unechten d. h. Blasensteinen, „die, als solche
symptomlos getragen, erst auf dem Wege dui*ch die Urethra klinisch Er¬
scheinungen gemacht haben". Aus der Sammlung der II. chir. Klinik
zu Wien führt Verf. als Beispiel der letzteren Kategorie 8 Fälle an und
im Anschluß hieran eine Reihe von Fällen aus der Literatur.
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der GeBchlechtskrankheiten.
141
l>ie HarDröhrensteine im engeren Sinne kann man wieder unter¬
scheiden in solche, die sich im Lumen der Urethra selbst weiter ent¬
wickeln unter allmählicher Dilatation derselben, und in solche, die sich
in taschenförmigen Ausbuchtungen derselben eingelagert haben, erstere
mehr langgestreckt, letztere der jeweiligen Form des Divertikels ent¬
sprechend. Bei ersteren kann die Dilatation der Harnröhre unter Um¬
ständen eine ungeheure sein. In einem Falle entfernte Röhrig einen
8 cm großen, 250 g schweren Stein von der Form eines Kuhhorns. Natür¬
lich kommen Übergänge zwischen beiden vor. Zu den Harnröhrensteinen
gehören auch die sogenannten Pfeifensteine, die in der Blase, Blasenhals
und dem Anfangsteil der Urethra sitzen, und manche Fälle der sogenannten
Prostatasteine. Im Anschluß werden dann noch die sogenannten Präpu¬
tialsteine besprochen, aus deren Zusammensetzung man oft sonließen kann,
daß sie aus den höheren Harnwegen stammen. Urethralsteine beim Weibe
sind naturgemäß sehr selten und meist die Folge von Divertikeln infolge
Piolapses der vorderen Vaginalwand.
Was das Alter anbetrifft, so fand Verf. folgendes:
Das Alter zwischen 40-50 Jahren ist am meisten beteiligt, vor
allen gilt dies von den eigentlichen Urethralsteinen, während die nur
vorübergehend in der Urethra aufgehaltenen Steine am häutigsten im 1.
und 2. Dezennium zu finden sind. Die Urethralsteine im engeren Sinne
and die Divertikelsteine sind in Vs aller Fälle in der Mehrzahl vertreten.
Das Gewicht schwankt sehr, ist doch von Kurbatow ein Stein von
390 g beschrieben worden. Die chemische Zusammensetzung ist eine
einfache, geschichtete Steine kommen nicht vor, Phosphate überwiegen.
0 r t m a u n (Magdeburg).
Selhorst, S. B. Treatment of cicatrical strictures of
the nrethra with the electroly.tic needle. The British Med.
Journal. 1906. 24. März. pag. 674 ff.
Selhorst behandelt Urethralstrikturen folgendermaßen: Zunächst
wird bis 23 Charriere entweder mit Benique-Bougies gedehnt oder bei
sehr hartem Narbengewebe die innere Urethrotomie gemacht. Dann er¬
folgt nach vorheriger Ausspülung mit Hg. oxycyanat. die elektrolytische
Behandlung. Die dazu verwandte Nadel, sonst isoliert, hat eine 1’/,—2 cm
lange Spitze ans Platin. Diese wird, nachdem die Striktur ins Lumen
des 0berländersehen Urethroskops eingestellt ist, Vs—1 ^
Narbengewebe eingestoßen und mit dem negativen Pole einer galvani¬
schen Batterie verbunden, während die positive Elektrode auf Schenkel
oder Bauch zu liegen kommt. Selhorst läßt den 4—6 Milliampere
starken Strom 3 Min. wirken, unterbricht zunächst den Strom und zieht
daun die Nadel heraus, um dieses Vorgehen 4—5mal in derselben Sitzung
zu wiederholen.
Die Behandlung erfolgt zunächst zweimal in der Woche, später ein¬
mal. An jede Sitzung schließt sich eine Ausspülung mit Hg. oxycya-
natum oder Arg. iu 1 :4000 an. Durch letztere hat Selhorst in den
6 Jahren, in denen er die Methode ausübt, Komplikationen wie Cystitis,
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Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete
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Epididymitis und Bakteriarie vermieden. Während der Behandlung wird
einmal wöchentlich bougiert. Im Laufe dieser Therapie verwandelt sich,
wie die urethroskopische Kontrolle zeigt, die graue Farbe der Striktur in
eine blaßrote; die Oberfläche wird weich und eben, später glänzend.
Die Dauererfolge der Behandlung haben Selhorst veranlaßt auch
bei der Prostatahypertrophie diese Methode anzuwenden, gleichfalls unter
urethroskopischer Kontrolle und unter Kontrolle des in den Mastdarm
eingeführten Fingers. Fritz Juliusberg (Berlin).
Newmann, David. Demonstration of the cystoskope.
The British Med. Journal. 1906. 24. u. 81. März. pag. 660 u. 727 ff.
Ausführliche Darstellung des Instrumentariums und der Technik
der Cystoskopie, die sich nicht zur Wiedergabe als Referat eignet.
Fritz Juliasberg (Berlin).
Thomson, William. Enucleation of the prostate for
haemorrhage. The Brit. Med. Journal. 1906. 27. Jän. pag. 188 ff.
Thomsons Patient litt an Blasenblutung besonders im Anschluß
an körperliche Übungen; sorgfältige Untersuchung des Urogenitaltraktus
ließ ausschließen, daß das Blut aus der Blase oder den Nieren stammte ;
die Prostata, die vergrößert war, wurde auf suprapubischem Wege entfernt.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Arnold, Gilbert. A case of suprabubio cystotomy ander
local anaesthesia. The British Med. Journal. 1906. 6. Jän. pag. 21.
Arnold hat eine Haarnadel aus der weiblichen Blase entfernt,
wobei er die Blase vom Hypogastrium aus inzidierte. Die Operation er»
folgte unter lokaler Infiltrationsanästhesie mit Encain.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Lohnstein, H. Ober Alypin in der urologischen Praxis.
Dsch. med. Woch. Nr. 13. 1906.
Gute anästhetische Erfolge erzielte Lohnstein mit dem Alypin
bei l7o^8^r Anwendung behufs schmerzloser Einführung des Endoskop»
tubus, ferner zur Erschlaffung des Compr. urethr. bei Janet-Irrigationen
und tiefen Harnröhreninjektionen. Die Anästhesierung stand der des
Cocain nicht nach. Ver£ injizierte sodann bei Argentuminstillationen
1 ecm 57o Argentumlösung und 5 ccm Gocainum nitr. oder l^a Alypinum
nitric.-Lösung. In gleicher Weise trat in beiden Fällen die Empfindung
des Brennens oder Drängens erst 5 Minuten nach erfolgter Applikation,
also erst nach vollendeter Wirkung des Argen, nitric. ein. Bei Applikation
von Bougies, Kathetern oder Cystoskopen ergab ebenfalls das Alypin eine
gleichwertige Anästhesie wie das Cocain, ebenso erreichte es bei Phi¬
mosenoperationen und Inzisionen des Orifio. extern, urethr. in 20 Fällen
bis auf einen Fall vollkommene Schmerzlosigkeit. Einige Male schien
die Anästhesie etwas langsamer einzutreten als beim Cocain, andere Male
aber in der gleichen Frist. Die Unannehmlichkeit, daß bei gleichzeitiger
Anwendung von Alypin mit Argent. nitric. ein Niederschlag erfolgte,
welcher die Wirkungen beider Medikamente abschwächen mußte, besei¬
tigte die Fabrik von Bayer, welcher die Präparate entstammen, durch
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der Oeschlechtskrankheiten.
143
Herstellnng eines salpetersanren Salzes des Alypin, welches mit Argent.
nitr.-Lösnng vermischt eine klare Flüssigkeit bildete. Im ganzen konnte
Yerf. ans den 120 Fallen, welche mit 60 g Alypin behandelt worden, die Er¬
fahrung abstrahieren, daß das Alypin, besonders sein salpetersaures Salz,
ein vollkommenes Ersatzmittel für die Gocainsalze darstellt, vor diesen
aber den Vorzug geringerer Giftigkeit, der Unzersetzbarkeit und Steri«
lisierbarkeit besitzt. Max Joseph (Berlin).
Gonorrhoe und deren Komplikationen.
Carlk, J. Bayard. Gonococcic Infections and the
Physicians Responsibility. New-York. Med. Jour. Bd. LXXXlII.
pag. 444. 3. Marz. 1906.
Clarks Artikel ist eine mehr weniger statistische Studie der ver¬
schiedenen durch Gonorrhoe verursachten Störungen der urogenitalen sowohl
wie anderer Organe bei beiden Geschlechtern, der Inhalt eignet sich
daher nicht für ein eingehenderes Referat. Prostatitis, Cystitis, Steri¬
lität, bes. Urethritis poster., gonorrh. Rheumatismus, Stomatitis, Ophthalmo¬
blennorrhoe und besonders die Erkrankungen der weiblichen Sexual¬
organe werden der Reihe nach in Betrachtung gezogen.
H. G. Klotz (New-York).
Torrey, John 0. An Antigonococcus Serum Effective in
the Treatment of Gonorrheal Rheumatism.
B4>gers, John. The Treatment of Gonorrhoeal Rheuma¬
tism by an Antigonococcus Serum. Joum. Amer. Med. Assoc.
Bd. XLVI. pag. 261 u. 263. 27. Jin. 1906.
Torrey8 Artikel soll eine vorläufige Mitteilung darstellen über
die Herstellung eines therapeutisch wirksameu Antigonococcus Serum.
Solches Serum ist bisher nicht benutzt worden, weil 1. eine durch einen
fmheren Anfall bewirkte Immunität beim Menschen noch nicht beobachtet
worden ist, 2. die Infektion eines Tieres noch nicht mit Sicherheit nach¬
gewiesen wurde, 3. im allgemeinen angenommen wird, daß üppige Wuche¬
rungen von Gonokokken unter künstlichen Bedingungen sich nicht er¬
zeugen lassen und 4. das Toxin des Gonococcus ein Endotoxin ist. Im
Interesse eines an einer außerordentlich langwierigen gonorrhoischen
Gelenkerkrankung leidenden Patienten von Rogers veranlaßt versuchte
F. die Herstellung eines Serum. Von einem bisher unbehandelten akuten
Fall von Gonorrhoe beim Manne wurden die ursprünglichen Kolonien
gewonnen. Als bestes Kulturmedium erwies sich eine Mischung gleicher
Teile einer reichen Ascitesflüssigkeit und leicht saurer Pepton Fleisch¬
brühe, die in einer Temperatur von 86* bis 87* C. gehalten wurden.
Nach 18 bis 24 Stunden erscheint auf der Oberfläche und am Rand der
Röhren leicht granulierte Kultur, nach 6 Tagen ist das Medium beim
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Bericht über die LeistuDgen auf dem Gebiete
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Schütteln gleichmäßig trüb. Oonokokkenstämme erweisen sich nach über
einem Jahre noch ebenso kultnrfahig und ein ebenso wirksames Serum
liefernd. Zur Herstellung des Serum werden ausschließlich große Kaninchen
benutzt; Inokulationen von ca. 10 ccm der gesamten Kultur werden in
Pausen von 6—6 Tagen vorgenommen und immer iutraperitoneal, die
besten Resultate gaben Kulturen von 6 bis 15 Tage alt. Nach 6 Impfungen
etwa innerhalb eines Monats wird dem Kaninchen zum ersten Male Blut
entzogen; das Serum späterer Blutentziehung scheint aber wirksamer zu
sein. Nach einiger Zeit tritt bei den meisten Tieren eine Überempfind¬
lichkeit gegen das Toxin auf, sie verweigern die Nahrung und sterben in
abgemagertem Zustand. Das Serum wird in 2 cc. haltenden verschlos¬
senen Glasröhren zum Gebrauch abgegeben und hält sich im Eisschrank
1—2 Monate wirksam. Über Tierexperimente, nam. mit Rücksicht auf
den Modus der Wirkung des Serums, verspricht T. ausführlichere Mit¬
teilung.
Rogers bespricht zuerst die Natur und Eigenschaften des gonor¬
rhoischen Rheumatismus. Von der Annahme ausgehend, daß in lang an¬
haltenden Fällen von Infektion die Antikörper fehlen, die bei der großen
Majorität der Individuen von Natur vorhanden sind oder produziert
werden und daß eine Heilung oder Besserung erzielt werden möge, wenn
dieselben künstlich zugeführt werden könnten, veranlaßte er die Herstel¬
lung eines Serum und wandte dasselbe in einer Anzahl von Fällen an.
Das Serum soll in Dosen von 20 bis 60 Minims jeden Tag oder jeden
zweiten Tag in das lockere Zellgewebe oberhalb der Fascio auf der Rück¬
seite des Oberarms injiziert werden; man soll so früh wie möglich an¬
fangen und fortfahren, bis Schmerz und Bewegungsstörung cachlassen.
Nach 24 bis 86 Stunden pflegt wesentliche Erleichterung bemerkbar
zu sein und in 8 bis 10 Tagen in akuten Fällen fast völliges
Schwinden der Symptome. Rückfalle sind nicht ausgeschlossen, na¬
mentlich nicht, wenn die Urethritis fortbesteht, auf welche das Serum
ohne allen Einfluß ist. R. will die Mitteilung nur als vorläufige angesehen
wissen. Den Schluß bilden 8 Krankengeschichten als Beispiele der gewöhn¬
lichen akuten, chronischen und besonders ausgedehnten Formen, darunter
die desjenigen Patienten, der Veranlassung zu den Versuchen gab. Bei
ihm hatten die Krankheitserscheinungen 17 Jahre bestanden mit Anky¬
losen verschiedener Gelenke, nam. der Wirbelgelenke. Diese wurden
natürlich durch das Serum nicht beeinflußt, aber die Schmerzen und Ent¬
zündungserscheinungen zeigten sofortige Abnahme. Die Injektionen
wurden während 3 Monaten 2mal wöchentlich gegeben.
H. G. Klotz (New-York).
Findlay, Palmer. Gonorrhea in Women. Amer. Medic.
Bd. XI. pag. 387. 17. März. 1906.
F i n d 1 a y macht darauf aufmerksam, daß besonders in veralteten
Fällen der anatomische Nachweis der Gonorrhoe des ürogenitaltrakts un¬
möglich sein könne. Zuweilen müsse man sich damit begnügen, entzünd¬
liche Erscheinungen an einer oder an mehreren Stellen des Traktes auf-
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der Geschleelitskrankbeiten.
145
xofinden und mit der Ansteckungsmöglichkeit in Verbindung zu bringen.
Eine absolut sichere Diagnose kann nur auf dem Nachweis des Gono-
coccus basiert werden. Aber die Kleinheit der Gonokokken und ihre
geringe Zahl mag unter Umständen eine g^oße Anzahl von Untersuchungen
nötig machen. Bei der Schwierigkeit der Behandlung ist die Prophylaxe
von der größten Wichtigkeit. Verf. warnt vor unangebrachten Applika¬
tionen in die Harnröhre oder in den Uterus im frühen Stadium, die nur
zu oft eine Ausbreitung der Infektion zur Folge haben und schwere
Schädigung hervorrufen, wo sonst vielleicht die Erkrankung spontan ver.
schwanden wäre. H. G. Klotz (New-York).
Gans, Leon S. Diagnosis of Chronic Urethral Dis-
charges. New-York. Med. Jour. Bd. LXXXIII. pag. 343. 17. Feb. 1906.
Gans gibt im ganzen nur eine Übersicht über ältere und neuere
bekannte Untersuchungsmethodcn, ohne wesentlich Neues. Einzelne Be¬
hauptungen durften wohl nicht ohne weiteres allgemein als begründet
angenommen werden, z. B. daß zu jedem Falle von gonorrhoischer Epi-
didymitis sich eine Entzündung des Samenbläschens gesellen müsse, wie
man leicht sehe aus dem anatomischen Verhalten: daß eine Seite des
gemeiusamen duct. ejaculat. unmittelbar in den Ansführungsgang des
Samenbläschens übergehe. (Däs tut doch auch die Schleimhaut der vom
Verfasser so streng geschiedenen Urethra anterior und posterior! Ref.)
Eine Anzahl dieser Fälle von Vesikulitis heilen von selbst infolge des
physiologischen Ausmelkens der Drüsen, das mit jedem Akt des Urinierens
zu Stande kommt. Bei Untersuchung der Prostata ist der Widerstand
der starken Glutealmuskelu zu überwinden. Das Endoskop wird als für
die Diagnose wichtiges Instrument nicht berücksichtigt, da es als ein nur
in einer verhältnismäßig kleinen Zahl ausgesuchter Fälle nützlicher
Gegenstand angesehen wird und auch da nur in völlig geübten Händen.
Nur unter solchen Verhältnissen ist es eine wertvolle Beihilfe, sonst ein
gefährliches Spielzeug. H. G. Klotz (New-York).
Balleoger, Edgar 6. Chronic Urethritis and animproved
Method ol Applying Medication to tbe Urethra. Am. Med.
Bd. XI. pag. 316. 8. März.
Die neue Methode Ballengers zur Behandlung der chronischen
Urethritis besteht in der Anwendung von mit Salben .bedeckten Sonden,
aber nicht mit Näpfen oder Rinnen versehenen. Eine Sonde von dem
größten passierbaren Kaliber wird in Eiswasser abgekühlt eingeführt und
dann entfernt; darauf wird eine mit der Salbe (Arg. nitr. 2—3:180 Butyr.
Kakao) bedeckte und vorher ebenfalls in Eiswasser gekühlte Sonde klei¬
neren Kalibers in die Harnröhre eingeführt und unter Massage von außen
her einige Zeit darin gelassen. Die Methode sei leicht anzuwenden, ge¬
statte gleichmäßige Applikation auf die vollgestreckte Schleimhaut und
Ein reiben durch Massage in die Falten und Follikel. Die Massage be¬
fördere auch die Absorption entzündlicher Exsudate oder sei vielleicht
im Stande die Bildung von Exsudat zu verhindern. Gegen die bereits
vorhandene Striktur führt die Methode neben der Dilatation die Loksl-
Areh. f. Denuat. a. 8ypb. Bd. LXXXII. 2 q
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146
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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applikation der Salbe und die Massage su Felde, die letztere in Verbin¬
dung mit der Kälte und der Salbenmedikation erhöhe den Tonus der Blut-
und Lymphgefäße.
Die schlimmste Komplikation der chron. Urethritis ist die Striktnr,
dies solle man immer im Auge behalten und gerade dafür empfehle sich
die Methode. Es bandelt sich bei der Striktor um eine chronische Ent*
Zündung des subepitbelialen Gewebes, besonders in der Umgebung der
Follikel, die zwei Stadien durcbmacbt, Infiltration und Kontraktur. Die
Salbensonden seien im stände der Strikturbildung vorzubeugen und
die Absorption frischer Exsudate zu erzielen, ehe Organisation zu stände
kommt. Die ausgedehnten Nervenbeziehungen und die verbreiteten Symp¬
tome, die von Verletzungen oder Erkrankungen der prostatischen Urethra
ausgehen, berechtigen, dieselbe als den plexus solaris des Beckens anzu-
sprechen; manche unbestimmte, vage Schmerzen und Symptome sexueller
Schwäche können oft durch geeignete Behandlung dieses Teils des
Uretbralkanals beseitigt werden. H. G. Klotz (New-York).
Trentwith, W. D. Gonoooccus Vaginitis in Little Girls.
New-York. M. Journ. Bd. LXXXIII. pag. 240. 3. Febr. 1906.
Trentwiths Fälle von Gonococcus Vaginitis bei kleinen Mädchen
wurden ambulant beobachtet und behandelt; 12, die ausreichend lange
beobachtet wurden, sind tabellarisch zusammengestellt. Betreffend die
Art der Ansteckung und die Symptome wird nichts Neues geliefert;
genauer beschrieben wird die Behandlung, welche hauptsächlich in 2 bis
3mal täglich vorgenommenen Ausspülungen vermittelst größerer Mengen
einer Lösung von Kal. permang. c. 1:4000 durch einen in die Scheide
eingefuhrten Nelatonkatheter besteht, welche die Mutter vorzunehmen
hat; später werden Zinklösungen gebraucht und von Seiten des Arztes
bei den Besuchen in der Klinik Lösungen von Arg. nitr. 1 : 2000 bis
1: 125 in Gestalt von Einspritzungen kleinerer Mengen durch den
Katheter. Die Urethra war nur selten beteiligt, eine einmalige Appli¬
kation einer IO^/q Silberlösung auf die Harnröhre genügte meist die
Harnröhre zu heilen. Zum Schluß betont T. die )^4chtigkeit früher
Diagnose und Behandlung, die Notwendigkeit häufiger Spülungen mit
größeren Mengen der Lösung, das Vermeiden des Gebrauchs von ent¬
fetteter Baumwolle und die Regel, die Behandlung fortzusetzen, bis keine
Gonok. mehr nachgewiesen werden können. Er verlangt ausgiebige Beleh¬
rung an Gonorrhoe leidender Personen beiderlei Geschlechts über die
Gefahren der Ansteckung und sorgfältiges Verhüten der Einführung mit
Gonorrhoe behafteter Kinder in Kind erbe wahranstalten und andere öffent¬
liche Institute wie Hospitäler etc. H. G. Klotz (New-York).
Ware, Martin W. Gonorrhoeal Rheumatism. New-York.
Med. Jour. Bd. LXXXIII. pag. 87. 13. Jän. 1906.
Ware gibt eine Übersicht über den heutigen Standpunkt unserer
Kenntnis der gonorrhoischen Gelenk-, Sehnen- und Muskelerkrankungen.
Er berichtet einen Fall von Synovitis gonorrh. tarda, bei dem keine Gono¬
kokken, sondern nur auf Gon. zurückzufuhrende Veränderung der Prostata
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der OescblechtBkrankheiten.
147
vorhanden war. Eigentümlich der gon. Arthritis ist das Beschränktsein
auf ein Gelenk; mehrere Gelenke sind meist nicht gleichzeitig befallen,
Herzgeräasche sollen selten Vorkommen; häufig werden kleinere Gelenke
befallen. Schwellung der Gelenke beruht häufiger auf Schwellung der
Sjnovialmembran, Bänder und Kapseln infolge von Exsudat in dieselben
als auf Flfissigkeitserguß. Große Empfindlichkeit ist häufig; eigentümlich
rasches Auftreten von Muskelatrophie. Bei der Diagnose dunkler Gelenks¬
affektionen soll man immer den Urin untersuchen; Untersuchung der
Prostata per rectum und Ausdrücken derselben wird oft den Beweis des
gonorrhoischen Ursprungs liefern; auch bei Frauen ist auf Zeichen der
Gonorrhoe zu fahnden. Aspiration der befallenen Gelenke hält W. nur
für erlaubt zur Erleichterung der Symptome, nicht allein für diagno¬
stische Zwecke. H. G. Klotz (New-York.)
Nobl, G. Wien. Zur Klinik und Ätiologie der Deferen-
titis pelvica. Ein weiterer Beitrag zur Pathogenese der
blennorrhoischen Samenleiter- und Nebenhodenentzün-
(lung. Wiener klinische Rundschau. 1906. Nr. 10 und 11.
Die aus der klinischen Beobachtung, der Gewebsuntersuchung und
dem Tierversuche resultierenden Hinweise fügen sich enge aneinander,
um den Schleimhautweg des Samenleiters als die einzige Gewebsbahn
anzusprechen, in deren Kontinuität die blennorrhoische Infektion von der
Pars prostatica der Harnröhre auf den Nebenhoden übergreift. Klinisch
läßt sich häufig (nach Nobl in 807o) beträchtliche Verdickung des
druckempfindlichen Vas und seiner Umhfillungsschichten nachweisen, ehe
noch die reaktiven Phänomene an der Nebenhodenkauda zum Ausdrucke
gelangen. Aus Nobls Untersuchungen geht hervor, daß sich am
Schleimhautbelage des Ductus deferens selbst intensive Entzündungs¬
phänomene spezifischer Natur abspielen können, ohne daß die mächtige
Muskelschicht des Ganges von der infiltrierten Tunica pröpria aus in
Mitleidenschaft gezogen würde. Die Fortleitung des infektiösen Sekretes
kann im Kanäle des Samenleiters unter Umständen mit einer solchen
Rapidität vor sich gehen, daß bei dem kurz dauernden Kontakte die
Auskleidung des Ganges entweder völlig verschont bleibt, oder die ent¬
zündliche Auflockerung nur in singulären Bezirken desselben seßhaft
wird. Bei der Rektalpalpation und Untersuchung der Ampulle des Ductus
deferens fand Nobl die unvermutete Tatsache, daß die umschriebene
spezifische Erkrankung dieses Harnleiterabschnittes in auffallender Häufig¬
keit zu den komplikatorischen Läsionen der Prostata und Samenblasen
beizutreten pflegt, ohne daß sich in den klinischen Umrissen des Krank¬
heitsbildes irgend welche hinweisende symptomatische Äußerungen
bemerkbar machen würden. Bei exzessiver Entwicklung präsentiert sich
diese meist unilateral auftretende Deferentitis pelvica als fingerdicker, von
derben höckrigen Ausbuchtungen und muldenförmigen Einziehungen
durchzogener, äußerst druckempfindlicher, harter Strang, der sich von der
Basis der Prostata gegen die Beckengrenzen hin verfolgen läßt. Nobl
erbringt weiters die Krankengeschichte eines Falles, in welchem für die
10*
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Bericht über die LeistuDgen auf dem Gebiete
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Defereuitis pelvica die Blennorrhoe durch den bakteriologischen Nach¬
weis als Ursache erwiesen ist, welcher überdies nach der pathogenetischen
Aufifassung des Leidens mit einem bisher ausständigen Beweismoment zu
Hilfe kommt, indem die Veränderung bei mangelndem Nebenhoden am
reserzierten Stumpfe des Samenstranges in Erscheinung trat.
Viktor Ban dl er (Prag).
Stenczel, A. Wien. Beitrag zur Kenntnis und Therapie
der unkomplizierten chronisch-gonorrh oi sehen Prostatitis.
Wiener klinische Wochenschrift. 1906. 'Sr. 18.
Die unkomplizierte chronisch-gonorrhoische Prostatitis besteht nach
Stenczel pathologisch-anatomisch nur aus einem spezifischen, rein
desquamativen oder eitrig desquamativen Katarrh der Ausfuhrungsgänge
der Drüse allein oder vielleicht auch dieser und einzelner Azini der
Drüse zugleich. Zur Diagnose der unkompl. chron. gon. Prostatitis for¬
dert der Autor den Nachweis von polynukleären oder von nicht zu
wenigen, speziell häufchenformig angeordneten mononukleären Leuko-
cyten, mit oder auch ohne Gonokokken im Prostatasekret bei negatiyem
palpatorisohen Befunde.
Die in diesen Fällen von Stenczel geübte Therapie verfolgt den
Zweck, die zur Verwendung genommene Spülflüssigkeit durch längere
Zeit und unter einem innerhalb physiologischer Grenzen gelegenen Druck
auf die Pars posterior einwirken zu lassen. Die Methode der Behand¬
lung ist folgende: abwechselnd mit gewöhnlichen Blasenspülungen wird
dem Kranken jeden 3. Tag nach vorheriger Entleerung der Blase die
Prostata in Knieellbogenlage sanft massiert. Im Anschlüsse an diesen Akt
wird die Blase per urethram mit der Druokspritze und aufgesetzter Olive
solange mit einer der üblichen Spülflüssigkeiten gefüllt, bis der Kranke
das Gefühl mäßigen Harndranges angibt, was in der Begel schon nach
Einspritzung von 300 bis 600 g der Fall ist. Der Blaseninhalt wird nach
einigen Minuten darauf entleert. Die Methode bezweckt die Vorzüge der
Druckspülung auf die hintere Harnröhre auszudehnen.
Viktor Bandler (Prag).
Mazoyer. Les tysonites blennorrhagiques. Journal des
mal. cut. et syph. 1905. pag. 801.
In einer längeren Monographie bespricht Mazoyer die durch
Gonorrhoe verursachten Entzündungen der Tyson sehen Drüsen, kleiner
mit Plattenepithel ausgekleideter, an der unteren Fläche der Eichel und
am Frenulum sitzender Einstülpungen der äußeren Haut. Er bringt aus
der Literatur eine Zusammenstellung von 100 Fällen von gonorrhoischer
Aflektion der Divertikel am Penis. Von diesen sind jedoch nur 16 histo¬
logisch untersucht und nur 10 betreflen Tysonsche Drusen, während
5 paraurethrale Gänge und 1 eine Schweißdrüse betreflen. Diflerential-
diagnostisch wäre diese Entzündung der Tysonschen Drüsen, welche
häufig unter der Form einer Pustel, eines Abszesses, einer Erosion oder
Ulzeration auftreten, manchmal schwer von einem Epitheliom, einem
Herpes, einer Tuberkulose, einem Ulcus zu unterscheiden, wenn nicht der
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der Geschlechtskrankheiten.
149
mikroskopische Nachweis von Gonokokken allen Zweifeln ein Ende
machte. Therapeutisch empfiehlt Verfasser im Gegensatz zu den un¬
sicheren Injektionen einiger Tropfen desinfizierender Flüssigkeit und dem
Aasbrennen^ als souveränes Mittel die Exzision.
Paul Neisser (Beuthen O.-S.).
V. Herflf, 0. Zur Verhütung der gonorrhoischen
Ophthalmoblennorrhoe mit SophoL (Aua dem Frauenspitale
Basel-Stadt.) Münchner Mediz. Wochenschr. 1906. Nr. 20.
Her ff bespricht ein neues Silbereiweißpräparat, das „Formo-
nuklelnsilber^, in den Handel als „Sophol** eingeführt und empfiehlt auf
Grund ausgiebiger Versuche seine Anwendung als Prophylacticum gegen
Ophthalmoblennorrhoe warm. Der Hauptvorzug des Sophols gegenüber
den bisher in den Geburtsanstalten angewandten Silberpräparaten, vor
allem dem Argentum nitricum besteht in der weit geringeren Reizwir-
kung bei stärker desinfizierender Kraft. Oskar Müller (Dortmund).
Mayer, A. Zur klinischen Diagnose der Wochenbetts¬
gonorrhoe. (Aus der Frauenklinik der Universität Heidelberg ) Mediz.
Klinik. 1906. Nr. 21.
Seitdem man mit Hilfe der Bakteriologie erkannt hat, daß die
Gonorrhoe eine allgemeine Infektion darstellen kann, hat man die An¬
schauung, daß die Gonorrhoe im Wochenbett immer eine harmlose, leicht
verlaufende Erkrankung ist, fallen lassen. Trotzdem begegnet man nicht
selten bei den Gynäkologen noch der Anschannng, daß es sich bei Wöch¬
nerinnen mit schweren Allgemeinerscheinungen und hohem Fieber um
Staphylo- oder Streptokokkenprozesse handle. Verfasser weist auf das Irrige
dieser Ansicht hin, da er bei reiner Wochenbettsgonorrhoe schon kurz
nach der Geburt Fieber bis 41*2^ verbunden mit Schüttelfrösten und
schweren Allgemeinerscheinungen gesehen hat
Oskar Müller (Dortmund).
Kaufmann, R. Über Santyl,einneues Antigonorrhoicum.
Monatshefte für pr. Dermatologie. Bd. XLI.
Santyl ist der Salizylsäureester des Santalöl, ein gelbes, fast ge¬
schmackloses Öl, von leicht aromatischem Geruch. Die Tagesdosis ist
3mal täglich 25—80 Tropfen in Milch, eventuell 2mal täglich 40—50
Tropfen. Bei 45 Patienten mit Gonorrhoe (darunter 80 akute, 8 chro¬
nische) erzielte K. sehr gute Resultate; geradezu glänzend bewährte sich
Santyl bei Gonorrhoea posterior. Auch in Fällen von postgonorrhoischen
nervösen Beschwerden in den Harnorganen wirkte Santyl sehr gut. Es
wurde immer gut vertragen, Nebenwirkungen traten nicht ein.
Ludwig W a e 1 s c h (Prag).
Dreuw. Mitteilungen aus der Praxis. Monatshefte f. pr.
Dermatologie. Bd. XLH.
Schilderung eines Instrumentes zur Kombination von Prostata¬
massage und Faradisation, sowie eines Mastdarmobturators (s. Original).
Ludwig Wae 1 sch (Prag).
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150 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
Philipp. Ein neuer Wäscbeschutz bei Gonorrhoe. (Aus
der dermatologischen Poliklinik von Dr. P. G. Unna.) Münchn. mediz.
Wochenschr. 1906. Nr. 13.
Philipp empfiehlt einen anscheinend praktischen Wäscheschutz
gegen Verunreinigung mit Trippereiter. Oskar Müller (Dortmund).
Helkosen.
Batut. Chancremou accidental de la main; compli-
cations insolites. Journal des mal. cut. et syph. 1905. p. 241.
Bei der Operation einer chancrösen Phimose sticht sich der ope¬
rierende Arzt mit einer Nadel in den linken Handrücken zwischen Zeige¬
finger und 8. Finger. Einige Tage darauf entwickelt sich unter sehr
heftigen Schmerzen an dieser Stelle ein weicher Schanker, welcher bald
darauf von einer bis in die Achselhöhle reichenden Lymphangitis begleitet
wird. Im Verlaufe der Krankheit, welche zahlreiche chirurgische. Ein¬
griffe nötig macht, entwickelt sich noch eine Periostitis der linken Clavi-
cula, ein Erysipel am Rücken und eine Jodoformdermatitis an der Hand,
so daß Patient erst nach 47^ Monaten als geheilt entlassen werden kann.
Paul Neis8er (Beuthen 0. S.).
Syphilis. Allgemeiner Teil.
Grünbaum und Smedley. Note on the transmissibility
of Syphilis to apes. The Britisli Med. Journal. 1906. März 17. p. 607.
Grünbaum und Smedley berichten kurz, daß sie mit positivem
Erfolge einen Schimpansen am Augenlide mit Syphilis geimpft haben.
Am 16. Tage erschien der Primäraffekt, Spirochaeten fanden sie erst am
37. Tage trotz vorhergehenden Suchens. Fritz Ju Husberg (Berlin).
Neisser, A. Versuche zur Übertragung der Syphilis
auf Affen. Dtsch. med. Woch. Nr. 13. 1906
Die von Neisser in Gemeinschaft mit Dr. Siebert und Dr.
Schucht in Breslau mit tertiären luetischen Produkten am Affen vor¬
genommenen Impfungen erzeugten typische Primäraffekte» sobald die
syphilitische Neubildung noch nicht durch Vereiterung oder Nekrose zer¬
stört war. Erst bei spezifischer Degeneration fiel die Impfung negativ
aus. Verf. schließt aus diesen Tatsachen für die Praxis, daß jede tertiäre
Lues noch kontagiös sei und Ansteckung durch sie möglich wenn auch
geringer als bei Frühsymptomen. Diese auch beim Tierversuch in die
Augen fallende leichtere Übertragbarkeit der primären und sekundären
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der Geschlechtskrankheiten.
151
Syphilis wird in der Praxis noch erhöht durch die größere Sorglosigkeit
des Pablikams leichteren Symptomen gegenüber, durch ihre häufige
Lokalisation an Stellen, welche einerseits leicht der schützenden Epider¬
mis beraubt, andererseits oft mit anderen Personen in Berührung gebracht
werden. Gummata aber sind meist mit einfacher Epidermis bedeckt,
während die zerfallenden ihre Kontagiosität verlieren und der schmerz¬
hafte, geschwürige Prozess wird von dem Kranken und seiner Umgebung
eher beachtet. Neben energischer Jodzufuhr rät Verf. auch bei tertiärer
Lues intermittierende Quecksilberkuren an, während beim Fehlen tertiärer
Symptome Bade- und Schwitzkuren geeignet seien etwa latente Parasiten
zur Zirkulation zu bringen und dem Quecksilbereinfluß zugänglich zu
machen. Versuche mit hereditärer Lues, welche positive Erfolge bei
Impfungen mit Herzblut, Leber, Niere, Lunge und Nasenschleim zeitigten,
ließen eine fast völlige Parasitendurchseuchung des Organismus erkennen.
Da die Kinder oft in den ersten Lebenswochen gesund erscheinen, so
wäre in verdächtigen Fällen eine sofortige Überimpfung auf Tiere oder
auch eine Untersuchung auf Spirochaeten vielleicht am Platze, um die
frühzeitige Diagnose und Behandlung klinisch zweifelhafter Erscheinungen
zu ermöglichen. Max Josef (Berlin).
Scherber» G., Wien (Klinik Finger): Durch Syphilisimpfun g
erz eugte Keratitis parenchymatosa beim Kaninchen. Wiener
klinische Wochenschrift. 1906. Nr. 2 t.
Um die Befunde Siegels nachzuprüfen, unternahm es Scherber,
Kaninchen durch Einbringung syphilitischer Produkte in die vordere
Augenkammer zu infizieren. Die vordere Kammer wurde am Limbus mit
der Lanze eröffnet und der Impfstoff nach Ablassen des Kammerwassers
mit dem Spatel und der Pinzette eingebracht. Die acht mit Sklerosen,
Drüsen und Papelmaterial geimpften Tiere zeigten ein fast völlig überein¬
stimmendes Krankheitsbild. Nach Abklingen der Reizerscheinungen blieb
das Auge bis zum 8. oder 14. Tage frei; um diese Zeit traten meist
nahe dem Pupillarrand der Iris kleinste, oft nur stippchenförmige Knöt¬
chen von weißgraugelber Farbe auf, welche sich etwas vergrößerten, vier
bis sechs Wochen stationär blieben, um dann langsam zu schwinden.
Die Kornea blieb bis zur sechsten Woche ungefähr glatt und glänzend.
Um diese Zeit entwickelte sich ohne besondere entzündliche Reaktion
der Iris eine Keratitis, die in den zentralen Partien der Kornea mit
rauchiger Trübung und Rauhigkeit der bis dahin anscheinend gesunden
Kornea begann. Unter Zunahme der Trübung, welche daun wolkig er¬
scheint und schließlich dicht und grauweiß wird, entwickeln sich vom
Limbus her in allen Schichten der Kornea Gefäße, so daß schließlich
das Bild einer Keratitis vorliegt, welche der menschlichen Keratitis
parenchymatosa äußerst ähnlich erscheint. Ohne weitere Schlüsse aus
allen diesen Befunden zu schließen, stellt der Autor die erhobenen Tat¬
sachen fest und wird weitere Untersuchungen später mitteilen.
Viktor Ban dl er (Prag).
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152
Bericht über die Leistungen anf dem Gebiete
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Wild, R. B. Klinisches über Syphilis. The Brit. Journ.
of Dermat. Mai 1906.
Wild verwertet sein poliklinisches und klinisches Syphilis-Material,
zusammen 1000 Fälle, die 5*17 Vo gesamten Patientenzahl seines
Hospitals ausmachten (die entsprechende Ziffer seiner Privatpraxis war
4*95), zu einer vornehmlich statistischen Zusammenstellung.
Von 76 kongenital Luetischen fand der Verf. 60 (im Maximal¬
alter von 2 Jahren) mit sekundären, 16 (im Mindestalter von 8 und
Höchstalter von 26 Jahren) mit tertiären Erscheinungen behaftet. — 55
Kranke — 88 Männer und 17 Frauen — hatten wegen ihres Primär¬
affekt s ärztlichen Rat angesprochen; indessen sind diese Daten gleich
der verhältnismäßig ungemein hohen Zahl von 18 extragenitalen Sklerosen
kaum verwertbar, w« il eigentlich „Geschlechtskranke^ in dem vom Verf.
geleiteten Spital im Allgemeinen nicht behandelt werden. — Im Sekun-
därstadium des Leidens befanden sich 276 Kranke, u. zw. 97 Männer
und 179 Frauen. Der Verf. erwähnt einiger interessanten Fehldiagnosen,
zu welchen heftige Allgemeinerscheinuugen in der Eruptionszeit Anlaß
gaben und liefert dann eine Statistik der verschiedenen Ansschlagformen,
die auch 3 Fälle von Purpura syphilitica (Krankeugeschichten kurz mit¬
geteilt) und 15 von Framboesia syphilitica enthält; die Ätiologie der
letzteren wird in einer Infektion der Papeln von außen her gesucht und
für ihre Behandlung örtliche Antisepsis dringend empfohlen. — Die
Kranken des Tertiärstadiums, 598 an der Zahl, nämlich 263Männer
und 330 Frauen, hatten ein mittleres Alter von 38*7 Jahren gegenüber
einem solchen von 28'5 der sekundär Luetischen. Nach Ausschaltung
derjenigen, die sich offenbar nicht mit ihren ersten gummösen Erschei¬
nungen zur Behandlung eingestellt hatten, bleibt zwischen dem Ende des
2. und dem Anfänge des 3. Stadiums immer noch ein Zwischenraum von
durchschnittlich 5—7 Jahren bestehen. Aus diesem Umstande, der eine
hinreichend lange Dauerbeobachtung der Fälle sehr erschwere, und aus
der ungemein großen Verhältniszahl der tertiär syphilitischen klinischen
Kranken schließt der Verf., daß unsere gewöhnlichen Schätzungen be¬
züglich der Häufigkeit der gummösen Erscheinungen zu niedrig sind. —
Entzündungen, besonders solche seborrhoischer Natur, begünstigen die
Entstehung von Hsutgummen. Erscheinungen von Seite des Nerven¬
systems fand der Verf. nur bei dreien von seinen fast sechshundert Fällen
tertiärer Lues.
In seinen Bemerkungen zur Behandlung der Syphilis verficht
Wild für das Sekundärstadium lebhaft die Methode der Quecksilber¬
darreichung per OS (Sublimat, Hydrargyrum cum creta), die während der
ersten 2 Jahre in mehrwöchigen Kurperioden, getrennt durch höchstens
3 Monate währende Pausen, durchzuführen ist. Ist bei tertiärer Lues die
Resorption der Infiltrate durch Behandlung mit Jod erreicht, so hat
Quecksilber an seine Stelle zu treten. Der Wert der Sassaparilla für ge¬
wisse Fälle wird anerkannt. Bei tertiärer Syphilis trägt Alkohol oft zur
Hebung des Allgemeinzustandes bei. Paul Sobotka (Prag).
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der Geschlechtskrankheiten.
153
Hoffteann, Erich. Experimentelle Untersuchungen über
die Infektiosität des syphilitischen Blutes. Dtsch.med.Woch.
Nr. 13. 1906.
Die Versuche Hoffmanns an niederen Affen bestätigten die
Kontagiosität des syphilitischen Blutes während der Frühperiode, bewiesen
auch, entsprechend den klinischen Erfahrungen, daß das Virus im strö¬
menden Blute nur in geringer Menge oder abgeschwächt vorhanden sein
könne. Von 4 an den Augenbrauen kutan, mit einwandsfrei entnommenem
Blute geimpften Affen blieben 2 gesund, während die beiden andern
typische Primäraffekte zeigten, in welchen Spirochaete pallida nachzu¬
weisen waren. Die Abimpfang vom Blute eines infizierten Tieres auf
einen anderen Affen blieb bisher resultatlos. Seinen eigenen Beobach¬
tungen schickt Verf. eine Zusammenstellung früherer Experimente über
die Infektionskraft syphilitischen Blutes von Waller, Lindwurm,
Pellizzari und Ju 11 ien voran. Max Joseph (Berlin).
Gerson^ K. Bemerkungen zudemVortragvonE.Met8ch-
nikoff (Paris).
„Über Syphilisprophylaxe.“ Abgedruckt in Nr. 15 dieser Wochen¬
schrift. (Mediz. Klinik. 1906. Nr. 18.)
Oerson bespricht die hochwichtige Entdeckung Metschnikoffs.
Oskar Müller (Dortmund).
Metschnlkoff, E., Paris. Über Syphilispropbylaxe. (Kli¬
nischer Vortrag.) Mediz. Klinik. 1906. Nr. 16.
Auf Grund mehrjähriger eingehender Untersuchungen und For¬
schungen in der Syphilis-Frage kommen Metschnikoff und Roux zu
folgendem Resultat:
1. Es gibt vorläufig noch kein Serum, das eine vollkommene Immu¬
nität hervorruft, da es noch nicht gelungen ist, die Spirochaeten zu kul¬
tivieren. Die mit lebendem Virus erzeugte Immunität hält nur kurze
Zeit, sodaß alle 2—3 Wochen geimpft werden müßte, um einen vollkom¬
menen Schutz zu erhalten.
2. Das inokulierte Syphilisvirus wird durch nachträgliche ausgiebige
Waschung der Einimpfstelle mit Sublimatlösung in der üblichen Konzen¬
tration nicht zerstört.
3. Quecksilbersalben, selbst erst 18 Stunden nach der Einimpfung
eingerieben, sind im stände, den Ausbruch der Syphilis zu verhindern.
Es wurden bisher 11 Versuche mit der prophylaktischen Salben-
behandlung an Affen gemacht, immer mit dem gleichen günstigen Er¬
gebnis. Die Affen, deren inokulierte Teile eingerieben wurden, erkrankten
nicht, während die Kontrolltiere ausnahmslos einen typischen Primär¬
affekt bekamen. Verfasser rät daher nach jedem verdächtigen Coitus
4—5 Minuten lang eine Quecksilbersalbe, am besten die nicht reizende
Kalomel- oder weiße Präzipitatsalbe einzureiben.
Wenn sich diese einfache und bequem auszuführende Maßnahme
beim Menschen geradeso wirksam erweist wie bei den anthropoiden und
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154
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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anderen Affen, so dürfte ein Sypbilis-Prophylaktium von unabsehbarer
Bedeutung gefunden sein. (Ref.) Oskar Müller (Dortmund).
Valentine, Ferdinand C. Education in Sexual Subjects.
New-York. Med. Journ. 83. 276. 10. Feber 1906.
Valentine ist der Ansicht, daß Mädchen nur in AusnahrnsnUlen
von frühzeitiger Entwicklung des Gesohlechtstriebes Aufklärung über
geschlechtliche Vorgänge erhalten sollten, dagegen Knaben unter allen
Umständen, sobald geistige Geschlechtsreife dieselben befähigt, von der
empfangenen Belehrung Nutzen zu ziehen. Die Art und Ausdehnung
dieser Belehrung solle sich richten nach der Fähigkeit des einzelnen
Schülers, den Wert der Warnung zu verstehen und in dem Alter statt¬
finden, in dem in jedem einzelnen Falle die Notwendigkeit derselben im
Interesse moralischer und hygienischer Prophylaxe sich erweist. Ob die
Eltern, Lehrer oder Ärzte die Belehrung übernehmen sollen, sei eben¬
falls in jedem Falle davon abhängig zu machen, welcher Teil am besten
dazu befähigt scheine. Erziehungsinstitute mögen zur Unterrichtung über
sexuelle Verhältnisse zugezogen werden, dieselbe dürfe sich aber nur
auf kleine Gruppen von Schülern beschränken, die mit Rücksicht auf
möglichst gleichmäßige geistige Entwicklung auszusuchen seien. Lehr¬
bücher sollten nicht besondere Kapitel über Geschlechtsphysiologie ent¬
halten, sondern separat gedruckte Kapitel sollten in die Hände der Unter¬
richtenden gegeben werden. Aller Unterricht sollte zum Ziele haben
als Grundsätze aufzustellen, daß geschlechtlicher Verkehr vor der Ver¬
heiratung zur Erhaltung der Gesundheit nicht notwendig ist, daß Ent¬
haltsamkeit das geschlechtliche Verlangen verringert, daß vorehelicher
geschlechtlicher Umgang das Sittlichkeitsgefühl schädigt und schwere
Gefahren mit sich bringt, und daß Geschlechtskrankheiten nicht ent¬
würdigen, sondern meist die Folge eines unglücklichen Mangels an Selbst¬
kontrolle sind. H. G. Klotz (New-York).
Kelly, Howard A. The Regulation of Prostitution. Jour.
Am. Med. Assoc. XLVI. 397. 10. Feber. 1906.
Kelly macht allgemeine Bemerkungen über die Nutzlosigkeit der
Regulierung der Prostitution hauptsächlich als Einleitung zu der Über¬
setzung eines Artikels von Prof. J. L. Chanfleury van Jjsselstein
im Haag (ohne Angabe wo derselbe veröffentlicht).
H. G. Klotz (New-York).
Keyea, E. L. If. Education upon Sexual Matters is to
be Offered to Youth, what should be its Nature and Scope
and at what Age should it commence? New-York. M. Jour. 83.
274. 10. Februar 1906.
Key es ist der Ansicht, daß man dafür sorgen solle, daß eine ge¬
naue und nicht entstellte Erkenntnis des Geschlechtslebens seitens der
Kinder und jungen Leute erlangt werde, da sie eine solche unter allen
Umständen erhalten. Naturgemäß sollte diese Erziehung durch die Eltern
erfolgen, welche sonst in allen moralischen und sozialen Beziehungen
Anweisung geben; man solle daher die Eltern unterrichten, auch über
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der Geschlechtskrankheiten.
155
die geschlechtlichen Verhältnisse Aufschluß zu geben. Er glaubt, man
solle Kindern zwischen 7 und 12 Jahren an der Hand des Pflanzenlebens
eventuell der Beziehungen derselben zu Insekten zu dem Verständnis
bringen, daß alles Lebende von einem vorher existierenden Lebenden
ausgeht, und daß es in der Regel zwei vorher existierende Lebende er¬
fordert, ein männliches, das einen Teil liefert, und ein weibliches, das
das übrige beiträgt. Später wird sich dieses Prinzip an den niedern und
allmählich an den hohem Tieren nachweisen lassen. Eine derartige Be¬
lehrung müsse aber individuell sein und ohne gedruckte Unterlagen er¬
folgen. Weitere Belehrung möge dann erst erfolgen, wenn die jungen
Leute anfangen eine gewisse Stellung in der Gesellschaft auszufüllen.
Unterrichtung über sexuelle Verhältnisse würde die eine Entschuldigung
der Patienten, die Unwissenheit, beseitigen.
H. G. Klotz (New-York).
MorPOW, Prince A. Should the Youth of This Country be
Instructed in a Knowledge of Sexual Physiology and Hy¬
giene. Amer. Med. XI. 55. 18. Jan. 1906.
Morrow fordert, daß die heran wachsende Jugend durch ihre Er¬
ziehung auch ein klares Verständnis gewisser physiologischer Tatsacheu,
welche direkten Einfluß auf das Geschlechtsleben derselben haben, bekommen
solle, ebenso Kenntnis der schlimmen Folgen erhalten solle, welche Ver¬
letzung der hygienischen Gesetze in Gestalt von Krankheiten und Tod
begleiten. Man solle dafür sorgen, daß diese Kenntnis eine auf wissen¬
schaftlichen Tatsachen beruhende, reine und gesunde sei, nicht aus un¬
lauteren Quellen stammend. Eine solche richtige Belehrung über sexuelle
Physiologie werde in wesentlichem Grade dem Übel der Selbstbefleckung
steuern; sie würde die irrige Ansicht beseitigen, daß die Ausübung des
Geschlechtsaktes zur Erhaltung der Gesundheit nötig sei und die vene¬
rischen Krankheiten beschränken. Solcher Unterricht müsse erteilt werden
in einem Alter, in welchem die Grundlagen für den geschlechtlichen
Charakter gelegt werden und Gew^ohnheiten des Denkens und Handelns
aasgebildet werden, welche auf das spätere Geschlechtsleben bestimmend
wirken. H. G. Klotz (New-York).
Oltramare. Un cas de reinfection sy phi litique. Journal
des mal. cut. et syph. 1905. p. 92.
Der 49jährige Patient Oltramares hatte im Jahre 1888eine Lues
akquiriert und im Verlaufe derselben auch seine Frau infiziert. Die Er¬
scheinungen, die 4 Jahre hindurch dauerten, bestanden in einem maku¬
lösen Exanthem, häufig rezidivierenden Plaques der Zunge und der Ton¬
sillen und zuletzt in einem papulösen Exanthem an der Stirn. Die
Behandlung, die von dem Verfasser selbst über 6 Jahre hindurch ausge¬
dehnt wurde, bestand in Inunktionen und Verabreichung von Hg innerlich.
Im Dezember 1902 suchte der Patient Oltramare wieder auf und zeigte
— 30 Tage nach einem verdächtigen Coitus — einen Primäraffekt am
Penis, welcher im April 1903 von Plaques der Mundschleimhaut und im
Juni und Juli von einem papulösen Exanthem am Körper gefolgt war.
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156
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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Die Behandlung wurde diesmal mit intramuskulären Injektionen von
Hydr. salicyl. vorgenommen und es traten seitdem keine Erscheinungen
mehr auf. Paul Neisser (Beuthen 0. S.).
Weicliselbaum, A., Wien. Über die Ätiologie der Syphi¬
lis. Wiener medizin. Wochenschrift. 1906. Nr. 8.
In einem referierenden Vortrage bespricht Weichsel bäum zum
Teil die Geschichte früherer Befunde von Syphiliserregern, um dann die
Schaudinnsche Entdeckung der Spirochaete pallida genauer zu erör¬
tern. Zum Schlüsse gibt der Autor die Wahrscheinlichkeit einer ätio¬
logischen Bedeutung der Spirochaete pallida für die Syphilis zu.
Viktor Bandler (Prag).
Kraus, R. u. Volk, R., Wien. (Institut Paltauf.) Weitere Stu¬
dien über Immunität bei Syphilis und bei der Vakzination
gegen Variola. Wiener klin. Wocbenschr. 1906. Nr. 21.
In früheren Arbeiten hat Kraus festgestellt, daß die experimen*
teil erzeugte Syphilis bei AÖen ähnliche Immunitätsverhältnisse setzt,
wie die Syphilis beim Menschen: bei einem bereits bestehenden, mani¬
festen Primäraßekte gelingt es nicht, eine Reinfektion zu erzeugen. Auf
Grund der Versuche wurde angenommen, daß der syphilitische Primär-
afifekt wohl im stände ist, Immunität der Haut, nicht aber der inneren
Organe zu erzeugen. Die Autoren suchten weiter festzustellen, wie lange
nach gesetztem Primäraffekt Immunität der Haut eintritt. Kraus wies
darauf hin, daß die Immunität bei experimenteller Syphilis langsam ent¬
steht und erst nach längerer Zeit vollkommene Hautimmunität vorhanden
ist. Die Autoren konnten durch Versuche feststellen, daß die nach ge¬
setzter Infektion erzeugten Superinfektionen tatsächlich hafteten. Erst
wenn der Primäraffekt kurze Zeit bestanden hatte, ergab die Reinfektion
im allgemeinen ein negatives Resultat. Nach Excision von Hautstellen,
die vor 7—14 Tagen infiziert wurden, dürfte Hautimmunität vorhanden
sein, es traten keine typisch entwickelten, sondern nur rudimeutäre Mani¬
festationen auf. Bei Untersuchungen auf Immunkörper konnten die
Autoren in einzelnen Versuchen Komplementablenkung mit Serum von
Luetikern und Immunisierten feststellen, doch sind sie nicht im stände,
heute schon Schlüsse auf Bestehen von Immunkörpern bei Syphilis des
Menschen zu machen.
Bei Versuchen über Vakzineimmunität konnten die Autoren
feststellen, daß bei Kaninchen und Affen Infektion der einen Kornea
Immunität für diese Kornea setzt, nicht aber für die des anderen Auges.
An Affen konnten die Autoren nachweisen, daß die durch kutane Infektion
erzeugten Pusteln Immunität der gesammten Hautober dache, nicht aber
der Kornea bewirken. Durch subkutane Immunisierungen gelingt es,
eine Immunität der Haut gegen nachträgliche kutane Infektion zu setzen,
die Kornea verhielt sich nicht immer gleich. Nach Infektion der Con-
junctiva des unteren Augenlides eines Auges läßt sich nach Ablauf der
Reaktion weder die Kornea derselben Seite, noch auch die Haut infi¬
zieren, wohl aber die Kornea des anderen Auges. Jedenfalls läßt sich
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der GeschlecLtskraokheiteD.
157
aagen, daß bei Immunität der Haut eine Empfänglichkeit gewisser Ge¬
webe bestehen bleibt. Weitere Untersuchungen haben den Autoren ge¬
zeigt, daß einmalige subkutane Einführung von 2 em^ einer Vakzine-
Yerdnnnung von Viooo V500 5ei Affen Hautimmunität zu erzeugen im
stände ist. Damit war festgestellt, daß auch auf diesem Wege minimalste
Mengen von Virus zur Immunisierung genügen.
Viktor Händler (Prag).
Detre, Ladisl., Budapest. Über den Nachweis von spezi¬
fischen Syphilisantisubstanzen und deren Antigenen bei
Luetikern. Wiener klinische Wochensch. 1906. Nr. 21 .
Die Resultate der Untersuchungen sind folgende:
1 . An und für sich reißt die Organemulsion der syphilitischen Ge¬
webe das Komplement an sich, gleichviel, ob zum Versuch frisches oder
getrocknetes Material genommen wurde. Diese Komplementverankerung
setzt langsam, etwa in einer halben Stunde ein, um dann rasch fortzu¬
schreiten. Dieselbe Wirkung besitzen, anscheinend in schwächer^ Maße,
auch normale menschliche und tierische Organzellen.
2 . Die komplementbindende Kraft der syphilitischen Gewebsemnl-
sionen erfahrt eine gewisse Zunahme, wenn dieselbe mit erhitztem Serum
von manchen Luetikern behandelt wurde, was an eine Anwesenheit von
Syphilisantisubstanzen in diesen Seren klar hinweist. Von den sechs
untersuchten Luetikern konnte Detre bei zweien diese Antisubstanzen
nachweisen; bei einem bloß in geringen Mengen, beim anderen hingegen
(P 4 Jahre Lues, zu jener Zeit äußerst schwache Sekundärerscheinungen,
seit zwei Wochen Angina, die auf zwei Touren bereits im Rückgang be¬
griffen ist) erhielt der Autor eine bereits deutliche Reaktion. Bei den
vier verbleibenden Luetikern, sowie vier Kontrollgesunden keine Reaktion.
3. Das Serum, bei dem der Nachweis der Antisubstanzen deutlich
gelang, gab die Bordet-Gengousche Reaktion mit sämtlichen unter¬
suchten Geweben (Leber, Pankreas, Kondylom) und mit seinem eigenen
Anginasekret, die sämtlich demnach die entsprechenden Antigene beher¬
bergen mußten. Interessant ist in diesem Falle die gleichzeitige Gegen¬
wart von Antigen (in dem Auginasekret) und Antisubstanz (Serum) im
selben Organismus. (Vielleicht ist auch das auffallend hohe Komplement¬
bindungsvermögen der zertrümmerten kranken Gewebe mit der gleich¬
zeitigen Gegenwart beider Substanzen zu erklären.)
4. Der Nachweis der Antigene gelingt auch ohne weiteres im ge¬
trockneten und in Pulverform aufbewahrten luetischen Gewebe.
Viktor Händler (Prag).
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!3)a;> dlzcAiv Aat einen ocPiwcven ^ezfuc^t
ezfitten. Sinez dez Aezoozzagend^ten und äCtc^Un
SdCitazSeitez deo^etSen
Isidor Neumann
von 3€ci(toazt
au^ meinem Sotntnez^iize in ^ö^fau ßei ^iVien
im 74, üa^tc ocinco um die ^lOioc^enocAaft /locA~
vezdienten SeSen^ am 31. ^lu^uot 1906 einem
6cA{aganfaf(e ezCegen. Sine ^lOüzdigung yzinez
evfoC^^zeicAen oTäti^^eit ßCeiSt dem näcßoten ^ßefte
vozSefiaflen.
ePza^y SeptemSez i906.
3^ic StcSa^lion.
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Varia.
IX. Kongreß der Deutschen dermatologischen Gesellschaft
in Bern, 12.—14. September 1906. Der Verlauf des Eougresses in Bern
war ein überaus glänzender, sowohl was die Höhe der Leistungen als auch
die äußere Anlage und ihre Durchfahrung betrifil. Und das war, um es
gleich zu sagen, das Verdienst des unermüdlichen, energischen und doch
liebenswürdigen Berner Klinikers Jadassohn. Es war keine geringe
Aufgabe, für die so zahlreichen Besucher des Kongresses einen geeigneten
SitzungB- und passende Unterkunftsräume zu schaffen und dabei durch
einen privaten Empfang den Oästen ein heimisches Gefühl am fremden
Orte zu gewähren.
Die Sitzungen fanden in der ganz modernen Hochschule statt. In
der gewaltigen Aula fanden die allgemeinen Sitzungen statt und die
daran anschließenden Vorlesungszimmer dienten zur Krankendemonstra¬
tion, zur Aufstellung der Mikroskope und für eine kleine aber technisch
vollendete Moulagensammlung aus der Breslauer, Berner und Freiburger
Klinik.
In der Eröffnungssitzung am 12. September begrüßte Veiel (Cann¬
statt) an Stelle des am Erscheinen verhinderten Präsidenten der Gesell¬
schaft Pick (Prag) die Versammlung. Er konstatierte mit Genugtuung,
daß in der Aasschußsitzung 68 neue Mitglieder aufgenommen wurden,
daß jetzt endlich Vertreter der Dermatologie — meist tätige Mitglieder
der Gesellschaft — fast an jeder Universität lehren, und in jeder größeren
Stadt den Beruf ausüben. Für Deutschland selbst ist die Einrichtung
ordentlicher Professuren allerdings noch ein frommer Wunsch geblieben.
Was die Wissenschaft selbst betrifft, so scheint der Glaube an die Wirkung
der physikalischen Therapie nicht mehr so weit verbreitet wie bisher,
dafür hat die Syphilisforschung ungeahnte Resultate gehabt.
Jadassohn schildert kurz die Verhältnisse, wie sie auf derma¬
tologischem Gebiet in Bern sich entwickelt haben, wie aus der alten
Leproserie durch Lesser die moderne Klinik entstanden ist. Er begrüßt
Metschnikoff und widmet Fritz Schaudinn, den man hier zu sehen
gehofft hatte und dem er jetzt den unauslöschlichen Dank der Derma¬
tologen nur ins Grab nachrufen könne, warme Worte des Gedenkens.
Der Rektor der Universität, zugleich Mitglied der kantonalen
Regierung, der Dekan xmd der Vorsitzende des ärztlichen Bezirksvereins
richten im Namen des Staates, der Universität, der medizinischen Fakultät
und der Berner Ärzte freundliche Worte der Begrüßung und die besten
Wünsche für den Verlauf des Kongresses an die versammelten Mitglieder
der Gesellschaft.
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160
Varia.
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Die Vorträge von Neisser, Hetschnikoff and Hoffmann
bildeten die Hauptereignisse der Tagung. Durch Neissers lichtvolle
Darstellung gewann jeder Zuhörer den Eindruck, daß die von Metsch-
nikoff und Roux begründete experimentelle Syphilisforschung viele
dunkle Punkte dieses Gebietes aufgeklärt hat und allein die vielen noch
übrig bleibenden aufzuklären im stände ist. Aus Hoffmanns glänzender
Demonstration mikroskopischer Präparate, die zum Teil auch von anderen
Forschem ihm zur Verfügung gestellt waren, ging mit größter
Wahrscheinlichkeit hervor, daß die Spirochaete pallida als der Erreger
der Syphilis zu betrachten ist. Wer einmal den dichten Kranz der
Spirochaeten um die Gefäße herum gesehen, und einzelne von ihnen
im Lumen selbst, kann bei der Analogie dieses Bildes mit den übrigen
aus der Pathologie bekannten meines Erachtens nicht mehr an der ätio-
logischen Bedeutung von Schaudinns und Hoffmanns großer Ent¬
deckung zweifeln.
In der geschäftlichen Sitzung wurde beschlossen, 5000 Mark als
Ehrengabe für den verstorbenen Forscher der Witwe Schaudinns zu
überreichen. Die Vorträge von Neisser und Hof mann sollen mit einer
Ehrung Schaudinns durch Wort und Bild versehen, zu seinem An¬
denken als Sonderheft herausgegeben werden. Der bisherige Vorstand
wurde durch die Wahl der Herren T o u t o n (Wiesbaden), Hammer (Stutt¬
gart), Bettmann (Heidelberg), Blaschko (Berlin), Kreibich (Prag),
Herxheimer (Frankfurt) auf 21 Mitglieder ergänzt. Zum Präsidenten
der Gesellschaft wurde Pick (Prag) von neuem und ebenso Veiel
(Cannstatt) zum Vizepräsidenten wiedergewählt. Berlin ist als Ort des
nächsten Kongresses vorgeschlagen worden, doch soll darüber erst im
nächsten Jahr ein endgültiger Beschluß gefaßt werden.
Wenn Jadassohn in der Schlußsitzung sich mit den Worten ver¬
abschiedete, die Teilnehmer mögen den guten Willen bei dem hier Gebo¬
tenen für die Tat nehmen, so hat er sich zu bescheiden ausgedrückt. Der
ganze Verlauf des Kongresses und die Vorträge der Syphilisforscher
werden in jedem Teilnehmer die Gewißheit zurücklassen, in jeder Bezie¬
hung gelungene und für die Geschichte der Spezial Wissenschaft große
Tage miterlebt zu haben. M. Meyer (Wildungen), Referent.
Zur Erforschung der Syphilis wurden aus der Simon-Stiftung
dem Geh. Medizinalrat Neisser in Breslau 76,000 M., dem Geh. Medizinal-
rat L e s B e r in Berlin 6000 M. und dem Dr. Siegel in Berlin 18,000 M.
zuerkannt.
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Originalabtiandlungen
Areb. f. D«rinat. it. S^pb. Bd. LXXXII.
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Zur Frage der Absonderuug des Queck¬
silbers durch den Harn.
Von
Prof. Edvard Welander in Stockholm.
(Hieza Taf. VIII n. IX.)
Nachdem man durch die mühevollen Untersuchimgen
0 verbecks und Kußmanls den Unterschied zwischen
konstitutioneller Syphilis und konstitutionellem Merkurialismus
kennen gelernt hatte, nachdem man mit einer planmäßigen
Behandlung der Syphilis mit Quecksilber begonnen hatte, sah
man natürlich auch die Bedeutung ein, die eine Kenntnis der
Absorption und Elimination des Quecksilbers, der Remanenz
desselben im menschlichen Körper habe, um, hierauf gestützt,
diese Krankheit auf rationelle Weise behandeln zu können.
Mehrere Forscher haben diese Frage auch in den 70er und
im Anfang der 80er Jahre bearbeitet. Wenn sie in anderen
Beziehungen zu verschiedenen Resultaten gekommen sind, so
stimmte das Resultat jedoch in e i n e r Beziehung überein, und
zwar darin, daß das Quecksilber inkonstant, periodisch aus dem
Körper eliminiert werde, daß es lange Zeiten, nach Paschkis
und Yajda bis zu 13 ja sogar bis zu 15 Jahren in dem¬
selben remaniere.
Infolge der Resultate, die S c h u s t e r bei seinen Hg-Unter-
suchungen des Harnes erzielte (er fand nur 20mal von 52 Hg
im Harne), hegte er den Verdacht, daß das Quecksilber auf
anderen Wegen eliminiert werde, und gab 1882 an, daß Hg
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1S4
VV e 1 a n d e r.
sich hauptsächlich durch die Faeces aus dem Körper ausscheide;
iu allen von ihm untersuchten Fällen fand er, selbst wenn er
im Harne kein Quecksilber gefunden hatte, in jenen Hg in
reichlichen Mengen. — Im März 1884 erwähnt Schuster
jedoch, daß er infolge einer veränderten Untersuchungsmethode
auf Hg glaube, daß dieses auch durch den Ham regelmäßig abge¬
sondert werde; auf der Naturforscherversammlung in Straßburg
im September 1885 sagt er jedoch, daß er in vielen Fällen, wo
der Ham kein Quecksilber enthalten hat, im Kote noch Hg
gefunden habe. Nach seiner Ansicht seien Eotuntersuchungen
der einzige sichere Weg, das Quecksilber nachzuweisen.
1882 und 1884 hatte Nega bei der Quecksilberbehandlung
Hg-Untersuchungen gemacht. Er batte zwar keineswegs konstant
Hg im Harne gefunden, neigte jedoch augenscheinlich der An¬
sicht zu, daß Hg durch den Harn regelmäßig eliminiert werde.
Diese Frage, betreffend die Absorption, Elimination und
Remanenz des Quecksilbers zu kennen, erschien mir außer¬
ordentlich wichtig, und zwar umsomehr, als Fournier schon
zu dieser Zeit seine Ansichten über die intermittente, präventive
Hg-Behandlung dargelegt hatte; diese Behandlung hatte mir
sehr angesprochen, und schon anfangs der 80er Jahre hatte
ich begonnen sie anzuwenden. Wenn Hg nun höchst inkonstant
eliminiert wurde und zuweilen nach langen Pausen von neuem
im Köper zu zirkulieren und eliminiert werden konnte, erschien
es mir außerordentlich schwer, wenn nicht unmöglich, den Zeit¬
punkt zu wissen, wann dem Organismus neues Quecksilber in
präventiver Absicht zugeführt werden solle und in welcher Stärke
dies dann geschehen müsse. Außerdem erschien es mir sehr
vrichtig, die Absorption und Elimination des Quecksilbers bei
verschiedenen Hg-Behandlungsmethoden zu kennen.
Teils hatten meine Jod-Untersuchungen (Nord. Med. Arkiv
1874) mich gelehrt, wie regelmäßig das Jod eliminiert wird,
teils hatte ich auch durch die Erfahrung, daß die syphilitischen
Symptome im Laufe einer Hg-Behandlung beinahe stets ver¬
schwinden, um eine kürzere oder längere Zeit nach beendeter
Behandlung von neuem aufzutreten, die Vorstellung erhalten,
daß das absorbierte, in Blut und Körpersäfte gelangte Queck¬
silber der Anlaß des Verschwindens der Symptome sei, und
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Ham. I 65
daß Hg ebenso wie Jod regelmäßig, obscbon langsamer, eli¬
miniert werde, da neue syphilitische Symptome erst einige Zeit
nach der abgeschlossenen Behandlung, wenn ein großer Teil Hg
eliminiert wurde, aufzutreten beginnen.
Da diese meine Auffassung zu der allgemeinen Vorstellung
Ton der Absorption und Elimination, sowie der eventuell jahre¬
langen Remanenz des Quecksilbers im Widerspruche standen,
suchte ich mir im Laufe des Jahres 1885 durch Hg-Unter-
Buchungen ein selbständiges Urteil hierüber zu bilden. Dies
wurde mir deshalb leichter, weil ich wußte, daß Generaldirektor
Almen seit Ende der 60er Jahre ein ziemlich bequemes
und außerdem stark empfindliches Verfahren zum qualitativen
Nachweise von Hg angewendet hatte, obgleich er dasselbe erst
1885 veröffentlichte (Hygiea). Apotheker Schillberg änderte
es etwas ab; bei der Untersuchung benutzte ich statt der Lupe
ein Mikroskop, weshalb ich selbst minimale Hg-Quantitäten
entdecken konnte.
Mit dieser modifizierten Methode machte ich im Sommer
und Herbst 1885 nahezu 1000 Hg-Untersuchungen, meistens
des Harnes, aber auch der Faeces, des Speichels, der Milch,
des Blutes etc. von 204 Personen. Das Resultat dieser Unter¬
suchungen habe ich in der Hygiea, Verhandlungen des schwe¬
dischen Ärztevereines 1885, veröffentlicht, und betonte darin auf
Grund derselben, daß „das Quecksilber konstant durch den Ham
eliminiert werde“. Diese meine Behauptung konnte ich unter
anderem darauf stützen, daß ich bei. Serienuntersuchuiigen bei
jeder gemachten Untersuchung konstant Hg im Harne nachweisen
konnte, und zwar z. B. 6mal in 13, 7mal in 4, 8mal in 6,
9mal in 5, lOmal in 4, llmal in 3, 14mal in 2 Fällen,
16mal in 1 und schließlich 32mal in 1 Falle. — Betreffs
der Faeces sage ich, daß ich in denselben konstant Hg in
ziemlich großer Menge gefunden habe und es für sicher halte,
„daß ein nicht geringer Teil auf diesem Wege ausgeschieden
werde“. Im Detail sind diese Untersuchungen im Nordiskt Med.
Arkiv 1886, Heft 2 u. 3, veröffentlicht.
1886 veröffentlichte Landsberg seine im selben Jahre
begonnenen Hg-Untersuebungen über Ausscheidung des Queck¬
silbers aus dem Organismus; er zitiert meinen obigen Aufsatz
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166
W eiander.
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im Nord. Med. Arkiv, und berichtet über meine Untersuchungen
und die Resultate derselben, unter anderen über das konstante
Eliminieren des Hg aus dem menscbUcben Körper, was mit
den Resultaten, zu denen er selbst gekommen war, überein¬
stimmte.
Die Angabe Bürgis, daß zuerst Landsberg und
Schuster, dann Winternitz und Welander die konstante
Elimination des Quecksilbers durch den Ham nachgewiesen
hätten, ist somit nicht ganz richtig.
Es war aber von Bedeutung, nicht allein das Quecksilber,
sondern auch die Quantität, in der es eliminiert wird u. a. m.
nachweisen zu können. Durch die mikroskopische Untersuchung
der kleinen Glasröhren, in denen Hg bei der Almen-Schill-
bergschen Methode Hg verkommt, wurde es mir möglich, auf
Grund der Größe und Menge der Hg-Eugeln approximativ
zu berechnen, ob sich im Untersuchungsmateriale eine kleine,
große, bedeutende oder sehr bedeutende Hg-Quantität befinde.
Es erschien mir möglich, mangels einer anderen Untersuchungs¬
art, mittels dieser Methode mir eine ziemlich genaue Vorstellung
von der Größe der Absorption und Elimination des Queck¬
silbers bei verschiedenen Behandlungsmethoden zu bilden und
hierdurch einen Vergleich zwischen ihrem Werte in dieser Be¬
ziehung machen zu können, was in therapeutischer Beziehung
sehr viel zu bedeuten haben dürfte. Auf diese Weise habe ich
mir im Laufe der Jahre durch tausende Hg-Untersuchungen
ein Urteil über die Vorzüge und Mängel der verschiedenen
Methoden zu bilden versucht.
Natürlich würden genauere quantitative Untersuchungen
bedeutend bessere Aufschlüsse über diese Fragen gewähren.
Winternitz hat 1888, Eronfeld und Stein 1890, Farup
1901 und Bürgi 1906 diese Fragen durch quantitative Hg-
Untersuchungen zu lösen gesucht.
Prüft man aber diese Untersuchungen, vor allem Bürgis,
die als die exaktesten betrachtet werden müssen, so muß man
erkennen, daß diese Untersuchungen, trotz des hierdurch ge¬
wonnenen bedeutenden Fortschrittes, eigentlich doch nur appro¬
ximative Werte, obschon in exakten Zahlen ansgedrückt, an¬
geben. Sie beruhen nämlich, wie sowohl ich wie Winternitz
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Zar Frage d. Absondernng d. Quecksilbers durch den Ham. 167
betont haben, auf der Wahrscheinlichkeit, daß der Quecksilber-
gehalt des Harnes hei den verschiedenen Methoden der Mer-
knrialbehandlung uns einen brauchbaren Maßstab für die in das
Blut gelangte Metallmenge liefert. Bürgi sagt, man hat das
Recht, die Ausscheidung des Quecksilbers durch die Nieren bei
den verschiedenen Behandlungen als eine wesentb'che, mit Wahr¬
scheinlichkeit sogar als die bedeutendste anzusehen.
Dies halte ich zwar noch immer für im großen ganzen
richtig, ich möchte aber darauf hinweisen, was auch Bürgi er¬
wähnt, daßKronfeld und Stein, die sowohl Ham wie Faeces
quantitativ auf Hg untersucht haben, zu dem Schlußsatz ge¬
kommen sind, daß „die Ausscheidung durch den Darm der durch
die Nieren nicht nachsteht“ und daß sie „der Vermutung von
Winternitz nicht beistimmen können, daß durch die Faeces
weniger Hg ausgeschieden wird, als durch den Urin“. Ich
will darauf aufmerksam machen, daß wir das normale Ver¬
hältnis zwischen der durch die Nieren und durch die Faeces
eliminierten Quantität Hg keineswegs kennen; dasselbe kann
ganz sicher schwanken und bei verschiedenen Personen sehr
verschieden sein; sehr wahrscheinlich kann es auch bei der¬
selben Person von dem einen Tag zum anderen in einem nicht
BO unbedeutenden Grade wechseln.
Daß dem wirklich so sein kann, geht aus den Unter¬
suchungen Kronfelds und Steins hervor. Sie teilen Tabellen
über an verschiedenen Tagen durch die Faeces und durch
den Urin quantitativ eliminiertes Hg mit. Von diesen vrill ich
auf Tab. 3 hinweisen. Während des 1.—5. Behandlungstages
wurden durch den Urin 0*0018 g Hg, durch die Faeces
0*0007 g eliminiert, also viel mehr durch den Urin, als
durch die Faeces. Während des 16.—20. Behandlungstages
wiederum wurden 0*0026 g durch den Urin sowie 0*0038 durch
die Faeces eUminiert, somit das Umgekehrte.
Im Falle 8 vmrde eliminiert: während des 6.—10. Be¬
handlungstages durch den Urin 0*0012 g durch die Faeces
0*0021 g, während des 16.—20. Behandlungstages durch den
Urin 0.0027 g^ durch die Faeces 0*0019 g. Bei allen Behand¬
lungsmethoden finden wir dann mehr oder weniger große Fluktua¬
tionen in der durch die Nieren eliminierten Menge Hg. Wir
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Welander.
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wissen nicht, eine wie große Hg-Quantität das Blut enthalten
soll, damit diese oder jene Quantität Hg durch den Ham
eliminiert werde; unter solchen Umständen scheint es mir nicht
berechtigt zu sein, deswegen, weil an dem einen oder andern
Tage in einer Hg-Untersuchungsserie eine geringere Quantität
Quecksilber, als am Tage vorher und nachher, nachgewiesen
werden konnte, anzunehmen, daß das Blut au solchen Tagen
eine geringere Menge Quecksilber enthalten habe, und noch
weniger, daß diesem Umstande eine ungleiche Absorption zu
Grunde gelegen habe, denn eine Fluktuation in der Quantität
des durch den Urin eliminierten Hg läßt sich sehr wohl als
auf einem zufälligen Anlaß, z. B. vermehrter Absonderung durch
die Faeces beruhend denken, ja, er läßt sich sehr wohl durch
eine weniger geglückte Untersuchung erklären. Ganz sicher kann
die Absorption des Hg weiter steigen und der Quecksilber¬
gehalt im Blute zunehmen, obschon zufälligerweise eine ver¬
minderte Elimination durch den Ham nachgewiesen werden
kann.
Urinuntersuchungen allein gewähren, selbst wenn sie
quantitativ sind, nur mehr oder weniger approximative Werte
der im Organismus befindlichen Menge Hg. Eine verhältnis¬
mäßige sichere Beurteilung der Absorption, Elimination und
Remanenz des Quecksilbers im Körper läßt sich (wie ich in
einem Aufsatze über die Absorption und Elimination des Queck¬
silbers im Archiv f. Dermat. und Syphilis 1892 ausgesprochen
habe) nur erzielen, „wenn nicht nur der Ham, sondern auch
der Schweiß, der Speichel usw., vor allem aber die Faeces,
und dies nicht nur an einem Tage, sondern Wochen, ja Monate
hindurch untersucht werden. Dieses ist jedoch bis auf weiteres
selbst nur in einem einzelnen Falle praktisch unausführbar,
mehr aber noch, wenn eine größere Anzahl von Fällen unter¬
sucht und mit einander verglichen werden sollen".
Dies gilt auch jetzt noch, und wir müssen uns noch
immer mit einer mehr oder weniger genauen approximativen
Schätzung der Absorption und Elimination des Quecksilbers
begnügen.
Trotzdem sind natürlich genaue quantitative Bestimmungen
des Hg-Gehaltes im Urin ein wirklicher Fortschritt. Außer-
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 169
ordentlich interessant sind auch die quantitativen Untersuchungen,
die Bürgi ausgeführt hat und über die er im 79. Bande des
Archives für Dermat. und Syph. 1006 berichtet. Es scheint mir
jedoch, daß man größere Schlüsse nur mit Vorsicht ans den¬
selben ziehen darf; ich furchte, daß man sich durch dieselben
leicht versucht fühlt, in praktischer Beziehung recht weitgehende
Schlüsse zu ziehen, was uns möglicherweise eine vielleicht nicht
richtige AufiPassung der betreffenden Frage geben könnte.
Will man berechtigt sein, gegen Bürgis Untersuchungen
und Schlüsse Ausstellungen zu machen, so müßte man genaue
KontroUuntersuchungen, und zwar nicht nur in einigen,
sondern in vielen Fällen, ja in viel mehr Fällen als Bürgi
es selbst getan hat, gemacht haben. Dem stehen aber bedeu¬
tende Schwierigkeiten entgegen, denn diese quantitativen Unter¬
suchungen sind sehr mühsam und zeitraubend. Trotzdem ich
keine größere Menge KontroUuntersuchungen gemacht habe,
kann ich es doch nicht unterlassen, einige Bemerkungen gegen
Bürgi zu machen, und zwar teils deswegen, weil die appro¬
ximativ quantitativen Untersuchungen, die ich angestcllt habe,
meiner Ansicht nach nicht ganz ohne Wert sind, teils deswegen,
weil Bürgis quantitative Hg-Untersuchungen eigentlich auch
nur approxinoativ sind, und teils auch beswegen, weil ich
wirklich verschiedene KontroUuntersuchungen gemacht habe,
d. h. ein angesehener Chemiker, Apotheker B1 o m q v i s t, hat die
Freundlichkeit gehabt, für mich einige Serien Hg-Untersuchungen
und zwar in voUer Übereinstimmung mit der Farup sehen
Methode, wie sie von Bürgi angewendet wird, zu machen.
Blomqvist. der in den letzten 3—4 Jahren eine Menge
Hg-Untersuchungen nach der F a r u pschen Methode gemacht hat
und dabei ganz dieselben Modifikationen angewendet hat, die
Bürgi erwähnt, ist auf Grund der gewonnenen Erfahrang der An¬
sicht, daß man die Hg-Quantität erst mit Sicherheit durch Wiegen
feststellen könne, wenn sie 2 mff beträgt; ist der Hg-6ehalt nur
1—2 mff, so läßt er sich nur mit großer Wahrscheinlichkeit fest-
steUen; wenn sich im Laufe der Untersuchung (bei Zusatz von Zinn-
chlorür) ergeben hat, daß der Hg-Gehalt nicht 1 mg betragen
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170
Welander.
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kann, so ist bei diesen Untersuchungen in der Hauptsache die
Almen-Schi 11bergsche Methode angewendet und die Hg-
Quantität approximativ auf Grund der Menge und Größe der
Hg-Eugeln berechnet worden.
Bei diesen meinen Untersuchungen ist der Ham von
Männern so gewonnen worden, daß sie in einem besonderen
Raume unter Kontrolle der Wärterin ihren Urin entleeren
maßten; von den Frauen ist er durch die Wärterin mittelst
Katheter entleert worden, um Menstrualblut-, Eiter-, Schleim¬
beimischung u. dergl. zu verhindern. Mit Sicherheit kann man
somit behaupten, daß aller untersuehter Ham wirklich von der
Person, die der Gegenstand der Untersuchung war, entleert
worden ist; dagegen kann ich nicht mit gleicher Sicherheit
behaupten, daß ich allen im Laufe des Tages gelassenen Urin
erhalten habe; es kann möglich sein, daß ein kleiner Teil
Urin z. B. bei der Abführung abgegangen und nicht gesammelt
wurde, oder daß jemand beim Bedürfiais dazu Urin gelassen
hat, ohne es der Wärterin zu sagen, wodurch ein Teil Urin
verloren gegangen ist. Dies ist dann jedoch ganz sicher sehr
selten geschehen (von einer Frau weiß ich jedoch, daß dies
der Fall war). Der Harn ist in jedem Fall meistens unmittelbar
vor Anfang der Behandlung entleert und dann bis zu genau
derselben Zeit am folgenden Tage gesammelt worden. Wenn
eine Injektion gegeben wurde, ist die folgende stets zur selben
Zeit wie die erste ausgeführt worden.
Ich will nun in meinem Berichte genaue dieselbe Reihen¬
folge einhalten, wie Bürgi es in seinem Aufsätze getan hat,
und will deshalb erst einige Worte über die Schmierig sagen.
Bürgi bat die Elimination bei der Schmierkur in
5 Fällen untersucht; er huldigt der jetzt allgemein angenom¬
menen Ansicht, daß bei dieser Behan^ungsmethode der größte
Teil Hg durch Einatmungen hineingelange, daß aber auch ein TeQ
Hg auf andere Weise durch die Haut eindringe. In den 3 Fällen hat
er zum Einreiben nur eine kleine Quantität Salbe (in 2 Fällen
2 g, in 1 Fall 3 angewendet; wie lange die Salbe nach dem
Einreiben auf der Haut gehaftet hat, ob täglich Bäder oder
Waschungen der eingeriebenen Hautpartie ausgeführt, oder ob
solche nur z. B. jeden 5. Tag angewendet worden sind, in
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 171
welchem letzteren Falle die Verdunstungsfläche und damit auch
die Hg-Absorption sich bedeutend vergrößert hätte, wird nicht
gesagt; im Falle 5 scheint dies der Fall gewesen zu sein;
Bürgi sagt, daß in diesem Falle eine „besonders energische
Kur" angewendet worden sei
Da nun eine so unbedeutende Quantität Salbe angewendet
worden ist, kann man sich nicht darüber wundem, daß die
Hg-Absorption so gering war. Meine approximativ quantitative
Hg-Untersucbungen haben mich gelehrt, daß, wenn eine so
große Quantität Salbe angewendet wird, daß sie nicht einge*
rieben werden kann, sondern daß ein größerer oder kleinerer
Teil auf der Haut aufgestrichen liegen bleibt, eine größere
Quantität Quecksilber eliminiert, d. h. absorbiert wird. In
Bürgis Fall 5 muß dies der Fall gewesen sein, da zum Ein¬
reiben 5 g Salbe verwendet worden sind. Wir finden auch,
daß die Absorption in diesem Falle eine größere als in den
anderen Fällen gewesen ist; die Hg-Elimination hat ein paarmal
3 mg betragen. Eine ebenso große Quantität ist auch im Falle 4,
wo zuerst 4, dann 5 g Salbe angewendet worden sind, vorge¬
kommen; am letzten Behandlungstage, d. h. am 38. Tage,
wurden nämlich 3*0 mg eliminiert.
Diese Bürgi sehen Fälle der Schmierkur scheinen mir
kein größeres Interesse darzubieten; sie lehren uns über die
Elimination des Quecksilbers eigentlich nichts anderes, als was
uns schon vorher klar war.
Bürgi gebt dann zur „Behandlung nach Welander“,
unter welcher er alle Abdunstungs-(Einatmung8-) Behandlung,
die Schmierkur ausgenommen, d. h. Aufstreicben der Hg-Salbe,
Hg-Säckchen mit Salbe und mit Merkuri ol sowie Merkolint-
schürzen zusammengefaßt, über. Er hat nur zwei Fälle unter¬
sucht und in diesen beiden die Merkolintschürze Nr. 3 ange-
wendet. Sein Endurteil ist: „Bei der Wel an der sehen Behand¬
lung wird das Quecksilber ebenfalls wie bei der Schmierkur
in kleinen, allmählich ansteigenden Quantitäten durch die
Nieren ausgeschieden, die täglichen Mengen im Harn sind aber
größeren Schwankungen unterworfen und gegen das Ende der
Kur macht sich eine leichte Abnahme der Hg-Absonderung
bemerkbar.“
Wie genannt, hat Bürgi nur bei der Anwendung von
Merkolintschürzen und zwar nur in zwei Fällen, in welchen die
Patienten ununterbrochen, der eine 6, der andere 7 Wochen
lang, dieselbe Schürze getragen haben, Untersuchungen ange¬
stellt. Ober diese Behandlungsmethode sagt nun Bürgi: „Diese
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172
Welander.
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Behandlung ist wohl so ziemlich die wirksamste von allen auf
das W eiander sehe Verfahren gegründeten Methoden.“ Hier¬
gegen will ich einen bestimmten Protest einlegen.
ln meinem von B ü r g i in sein Literaturverzeichnis aufge¬
nommenen Aufsatz: „Einige Worte über die Merkolintschürze,“
Beitrag z. Dermatol, und Syphilis. Festschrift 1900, beweise
ich, daß je länger eine Merkolintschürze angeweadet worden
ist, umsomehr Hg von derselben abgediinstet ist und umso
weniger Quecksilber später täglich ahdunsten und dem Oi^a-
nismus zugefübrt werden kann. Man kann sich hiervon über¬
zeugen, wenn man erst eine Person eine solche Schürze 2-3
Wochen und dann eine andere Person (die kein Hg in ihrem
Harn hat) dieselbe 2—3 Wochen tragen läßt; bei der ersteren
findet man das Quecksilber in größerer Menge absorbiert als
hei der letzteren. Ich betone auch den Unterschied zwischen
Hg-Säckcheu und Merkolintschürzen; bei den ersteren wird
täglich neues Hg aufgesebmiert und täglich mehr Hg für die
Abdunstung zugeführt; bei den letzteren ist die Hg-Menge am
ersten Tage am größten, später verliert die Schürze täglich immer
mehr von ihrer Quecksilbermenge und es kann deshalb täglich
eine immer geringere Quantität abdunsten und absorbiert werden;
ich hebe deshalb auch hervor, daß man, wenn man eine kräf¬
tige Absorption und einen kräftigen therapeutischen Nutzen
von der Merkolintschürzenbehandlung erwarten will, die Schürze
alle 8 oder 10 Tage wechseln muß.
Um wirklich beweisen zu können, daß bei der Behandlung
mit Hg-Säckchen mehr Hg absorbiert wird, als bei der Be¬
handlung mit Merkolintschürzen (vor allem so, wie Bürgi sie
angewendet hat), müßte ich wenigstens eine Serie quantitative
Hg-Untersuchungen bei der Anwendung von Hg-Säckchen vor¬
legen können. Dies war auch meine Absicht, es war mir aber
leider nicht möglich, weil ich in diesem Falle von der Frau,
die Hg Säckchen trug, eine lange Reibe von Tagen eine ganz
unbedeutende Quantität Harn zur Untersuchung erhielt; we¬
nigstens einmal gab sie zu, daß sie Urin gelassen habe, ohne
dies der Wärterin zu sagen, wahrscheinlich war dies mehrmals
geschehen. Daß gleichwohl in diesem Falle eine kräftige Queck¬
silberabsorption vor sich ging, beweist das schnelle Verschwinden
der recht schweren Symptome, nämlich papulöses Syphilid,
sypbilides erosives an den Genitalien sowie Venensyphilis (von
ganz demselben Charakter, wie in dem Falle, den Marcus
im Arch. f. Dermal, und Syphilis 1905 beschrieben hat); sämt¬
liche Symptome gingen rasch zurück. Daß in diesem Falle eine
kräftige Hg-Absorption stattgefunden hat, geht auch aus der
approximativen Schätzung des Hg-Gehaltes an 300 g ihres
Harnes, der täglich nach der Alm cn-Schillbergschen Me-
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 173
tbode untersucht wurde, hervor. Die kräftige Absorption ist
auch durch die quantitativen Hg-Untersuchungen, die nach der
Farup sehen Methode gemacht wurden, als die erhaltene Harn¬
menge größer war, bewiesen; so konnten am 24., 25., 26. und
27. Behandlungstage mit Hg-Säckeben 3*1 resp. 3*8, 3*2 und
4*4 Hg in 1200 resp. 1615, 1400 und 1240 ccm Ham nach¬
gewiesen werden.
Ich möchte besonders darauf aufmerksam machen, daß
Bürgi bei seinen Untersuchungen weder bei Anwendung der
Merkolintschürze noch auch bei Anwendung der Schmierkur
auch nur ein einzigesmal eine so große Hg-Quantität gefunden
hat. Ich möchte auch darauf hinweist n, daß der Hg-Gebalt im
Verlaufe der Hg-Säckchenbehandlung stieg, während er in der
letzten Zeit der Anwendung der Merkolintschürze fiel, was
Bürgi ganz richtig als ein offenbares „Zeichen dafür, daß
schon vor Ablauf der Kur das meiste Quecksilber aus der
Schürze verdunstet war“ ansah. Da Bürgi diese vollständig
richtige Auffassung hat, kann ich nicht verstehen, wie er die
Merkolintschürzenbehandlung (wenigstens so ausgeführt, wie er
es getan hat) als die „wirksamste von allen auf das Welan¬
der sehe Verfahren gegründeten Methoden“ betrachten kann.
Endlich sagt Bürgi, daß die täglichen Mengen im Harn
bei der Welauderschen Behandlungsmethode größeren Schwan¬
kungen unterworfen seien, als bei der Schmierkur; er sucht
eine Erklärung hierfür zu bringen, die ich jetzt nicht kritisieren,
sondern nur erwähnen will. Er sagt: „Es scheint ganz natürlich,
daß durch die Schmierkur, bei der ja der größte Teil des Metalles
erst nach Verdunstung von den Atmungsorganen aus in den
Körper gelangt, anfänglich nur eine ganz geringfügige, allmählich
aber infolge der täglich neuen Applikation eine größere, doch nie
sehr beträchtliche, gleichmäßig ansteigende Quecksilbermenge in
das Blut gelangt und daß bei der Behandlung mit dem W e-
lan der sehen Säckchen die Aufnahme des Heilmittels ähnlich,
wenn auch intolge der geringeren Verdunstungsoberfläche, dem
wechselnden Quecksilbergeh^t derselben und dem Wegfällen
der wenn auch so wie so geringfügigen kutanen Resorption,
etwas weniger gleichmäßig stattfindet.“ Den letzten Teil des
Satzes zu beweisen, dürfte Bürgi schwer werden; ich wUl
jetzt keine Bemerkung gegen denselben machen, sondern nur
darauf aufmerksam machen, daß Bürgi hier die Bedeutung
der täglichen neuen Applikation von Quecksilber behufs einer
kräftigen Hg-Absorption anerkennt, und da fällt es noch schwerer
einzuseheo, warum er die Merkolintschürzen als eine wirksamere
Behandlungsform betrachtet, als die Hg-Säckchen.
Da ich keine ordentliche Serie über quantitative Hg-Unter¬
suchungen bei Anwendung von Hg-Säckchen vorlegen kann,
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174
W e 1 a n d e r.
kann ich natürlich die Möglichkeit, daß bei dieser Behandlung
größere Schwankungen, als bei der Schmierkur Vorkommen,
nicht bestreiten. Ich will jedoch bemerken, daß in allen Serien
von Hg-Untersuchungen, welche Behandlungsmethode man auch
angewendet habe, größere oder geringere Schwankungen in den
Hg-Mengen verkommen; und so verhielt es sich auch in Bürgin
Fall 5, wo er die Schmierkur angewendet hat.
Infolge des Angeführten kann ich Bürgis End urteil nicht
gutbeißen; dasselbe kann nur für eine Form der Einatmimgs-
behandlung und zwar für die Merkolintschürze gelten und dies
nur unter der Voraussetzung, daß die Schürzen nicht gewechselt
werden. Bürgi hat aus den beiden von ihm gemachten Unter¬
suchungsserien allzu große Schlüsse gezogen.
Daß nun bei einer Einatmungskiir, mag sie nun aut diese
oder jene Weise ausgefuhrt sein, eine Menge Umstände die
bedeutendere oder geringfügigere Absorption des Quecksilbers
beeinfiussen können, ist ganz natürlich; so z. B. die Zeit, wo
der Patient zu Bett liegt, denn bei Bettwärme verdunstet Hg
leiebt in großer Menge; so die Möglichkeit der Einatmung von
Hg-Dämpfen; manche Personen liegen mit dem Kopfe (Nase
und Mund) unter der Decke, in welchem Falle Hg leicht in
die Lungen gelangen kann; viele liegen in kleinen, schlecht
ventilierten Zimmern, was für die Hg-Absorption günstig ist
u. a. m. Diese und andere Umstände können einen recht bedeu¬
tenden Einfluß auf die Größe der Quecksilberabsorption und
möglicherweise auf die Schwankungen in der Hg-Elimination
haben. Allein dies gilt für alle Einatmungsmethoden und muß
natürlich auch für die Schmierkur gelten.
Da die Umstände nun einmal derartig sind, wäre es na¬
türlich außerordentlich günstig, wenn man sich von obenge¬
nannten und anderen Momenten unabhängig machen und der¬
artige Anordnungen treffen könnte, daß man sicher sein könnte,
daß die Hg-Dämpfe gleichmäßig und sicher in die Lungen ge¬
langen und daß dadurch eine gleichmäßige und sichere Absorption
zustande gebracht werden könnte. Thalmann hat nach dieser
Richtung hin eine sehr interessante Anregung gegeben, ln der
Deutschen Militärärztlichen Zeitschrift, Nr, 3, 1906, bat er über
„eine neue Methode der Quecksilberbehandlung“ berichtet. Er
sagt: „Ausgehend von der besonders durch die Untersuchungen
Welanders gestützten und jetzt allgemein anerkannten Tat¬
sache, daß bei der Einreibungskur die Aufnahme des von der
eingeriebenen Haut abdunstenden Quecksilbers — entweder
durch die Haut oder durch die Respirationsorgane — für die
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Zur Frage d. AbBonderung d. Queckailbers durch den Harn. 175
Wirkung eine wichtige Kolle spielt, vereuchte ich, ob bei direktem
Einstreichen der Quecksilbersalbe in die Nase durch die Atmung
genügend abdunstendes Quecksilber aufgenommen wird, um die
manifesten luetischen Allgemeinerscheinungen zu beseitigen. Die
bei mehr als 40 Syphilitikern im Garnisonlazarette
Dresden seit Juni 1905 angestellten Versuche sind derartig
günstig ausgefallen, daß diese Frage bejaht werden kann. Bei
der Nasen-Quecksilberkur wird die graue Salbe (Ung. cinereum
[50®/«] 95*0 Tale. perp. b%) auf die Schleimhaut des Vorhofs
der Nase aufgestrichen, so daß der Naseneingang ringsum in
der Regel, soweit man sehen kann, und die dort befindlichen
kurzen Haare mit einer gleichmäßigen Salbenschicbt bedeckt
sind. Die 50®/^ graue Salbe wird verwendet, damit möglichst
viel Hydrargyrum zur Einatmung kommt; der Zusatz von 5®/„
Talcum ist empfehlenswert, da durch denselben die Konsistenz
etwas erhöht wird und die Salbe besser haftet. Die Salbe wird
drei- bis viermal täglich mit einem kleinen Holzspatel auf gestrichen,
besonders sorgfältig Abends und Morgens; die Kranken haben
Befehl, bei Niesen usw. sich die Salbe sofort erneuern zu lassen.
In der Regel waren für einen Kranken täglich 2 g Ung. Hydr.
notwendig. Die Kur wird — auch wenn vorher sämtliche lue¬
tischen Erscheinungen geschwunden sind — wenigstens 30 Tage
fortgefuhrt.“
A priori erschien mir diese Nasen-Quecksilberkur sehr
rationell; es erschien mir jedoch zweifelhaft, ob von einer
solch unbedeutenden Verdunstungsfläche eine größere, hinrei¬
chende Menge Hg in den Organismus eingeführt werden könne;
die Methode schien mir sehr einer Prüfung wert.
Ich habe dieselbe nur in einigen Fällen prüfen können,
in diesen jedoch sehr günstige therapeutische Resultate erzielt.
Ich glaube auch einen guten lokalen therapeutischen Einfluß
auf syphilitische Affektionen in Nase und Schlund gefunden zu
haben.
Für den Augenblick war für mich das Wichtigste die
Untersuchung der Frage, ob bei einer solchen Behandlung wirklich
eine nennenswerte Quantität Hg absorbiert wird. Ich habe nur
in zwei Fällen, und in diesen nicht täglich, Hg-Untersuchungen
gemacht, ich will dieselben aber doch mitteilen, da sie mir
viel Interesse darzubieten scheinen.
£. P., 19 Jahre, kam den 4./V. 1906 infolge eines Syphilisrezidives
(Papeln im Gesichte und im Haarboden, reichliche, großfleckige, hier
nnd da, besonders an der Innenseite der Schenkel mit syphilitischen
Papeln gemischte Roseola; große muköse Papeln am After, Yulva und im
Schlund) ins Krankenhaus St. Göran. Sie hatte noch nie Hg erhalten.
Am 6./y. begann die Hg-Behandlung; sie wnrde in einen Krankensaal
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W e 1 a n d e r.
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gelegt, wo keine andere syphilitische Frau untergebracht war und wo
Hg nicht auf andere Weise aogewendet wurde.
11 /y. zeigte sieh keine sichtbare Veränderung in der Krankheit.
18./V. Die Papeln eingesunken, die Roseola verblaßt.
21 ./V. Die mukösen Papeln im Halse verschwunden, ebenso die
um die Genitalien und den After.
l./VL Alle Symptome verschwunden; von den Papeln sind nur
Pigmentflecke zurückgeblieben, beginnendes Leukoderma.
16./VI. 40 Tage behandelt, nur Pigmentflecke von den Papeln sind
noch vorhanden; Leukoderma zugenommen. Allgemeinbefinden gut; kein
Albumin im Ham.
E. A. M., 21 Jahre, kam den 5./V. ins Krankenhaus. Nicht vorher
behandelte Syphilis (Reste nach Sklerose, reichliche, großgefleckte, teil¬
weise annuläres, mit Papeln auf dem Körper gemischte Roseola, Syphil.
erosives am Penis und im Halse).
6 . /V. Nasen-Hg-Behandlung.
8 ./V. Der Ausschlag etwas blässer.
18./5. Die Roseola fortdauernd sichtbar, obschon blässer.
23./V. Die Roseola geschwunden, Pigmentflecke von den Papeln
noch vorhanden, Syphil. erosives geheilt.
7. /VI. Wurde symptomfrei entlassen.
Ich will bemerken, daß in keinem der Fälle eine Lokalbehandlung
angewendet wurde.
In untenstehender Tabelle habe ich das Resultat der Hg-Ünter-
suchuDgen in beiden Fällen zusammengestellt.
Tabelle I.
"
E. P., 19 Jahre, Mädchen
A
M., 28 Jahre, Mann
p
'C c
Ilg-QuantltUt
ß
o
ii
Hg*QiuuiUt&t
•
p
Vor der
Behdi.
940
keine Hg-Kugeln
—
—
1
750
ein paar ziemlich große,
_
—
eine Menge kleinere
2
330
bedeutende Menge kleinere.
—
—
und kleine Kugeln
3
740
bed. M. nicht kl. u. kleinere K.
_
—
4
1005
viele ziemlich große, bedeut.
4
620
bed. Menge K.»
ein Teil z. groß
Menge kleinerer Kugeln
10
1640 1
2‘9 mg Hg
9
810
91
16
1170
35 „ -
14
990
2'6 mg Hg
21
1160
3-6 „ ,
19
1430
2-8 , ,
22
1170 i
54 „ „
—
—
23
1060 ,
Ö -6 » r
24
1180
3*0 mg ^
24
1570 1
7-6 , „
25
1040
6-2 , ,
32
1300
4-8 „ „
29
1300
2-4 , .
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Zur Frage d* Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 177
Es zeigte sich also, was auch auf Grund des sehr schnellen
Verschwindens der Symptome zu erwarten war, trotzdem die
Verdunstungsfläche so klein war, eine kräftige, ja in dem
einen Falle sehr kräftige Hg-Absorption. Die Erklärung hierfür
liegt natürlich darin, daß mit jedem einzigen Atemzug während
des ganzen Tages Terdunstetes Hg in die Lunge gelangt ist
und dort absorbiert worden ist. Auch bei dieser Behandlungs¬
methode kommen individuelle Unterschiede vor, auch bei dieser
Kur kann in dem einen Falle mehr Hg absorbiert werden, als
in dem anderen; dies kann allerdings teilweise darauf beruhen,
daß die Person mit einer größeren oder kleineren Nase ver¬
sehen ist, was auf die Verdunstungsfläche von Einfluß ist
(vielleicht könnte, wenigstens in der Nacht, eine passende
künstliche Nase oder dergl. appliziert werden); sehr wahr¬
scheinlich ist es, daß die verschiedene Absorption des Hg auf
dem Umstande beruhen kann, ob der Patient mit offenem oder
geschlossenem Munde schläft; im ersteren Falle kann weniger,
im letzteren mehr Hg abdunsten und in die Lungen gelangen.
Daß eine solche Behandlungsmethode nicht zweckmäßig
sein kann, wenn die Nase verstopft ist, ist augenscheinlich. Als
eine Eontraindikation hebt auch Thal mann verminderte
Dnrchgängigkeit der Nase, so daß die Atmung ganz oder teil¬
weise durch den Mund geschieht, hervor.
Thalmann spricht das allgemeine Urteil über die Wirk¬
samkeit der Nasen-Quecksilberkur aus, daß sie „an Stärke der
Schmierkur vielleicht nicht vollständig gleichkommt, aber die
Pülenkur an Intensität übertrifft“.
Diese Behandlungsmethode kann ganz sicher möglicher¬
weise als selbständige, vor allem aber als Unterstützungskur
eine gute Zukunft haben, besonders da sie, wenigstens in
meinen Fällen, keine Unannehmlichkeiten zur Folge gehabt hat.
Man könnte nun die Bemerkung machen, daß nicht nur
das verdunstete Quecksilber, sondern auch das von der Nase
verschluckte Hg absorbiert worden ist. Ich habe den Schlund der
Patienten täglich untersucht, habe aber nie die geringsten
Spuren von Hg-Salbe entdecken können; sie haben jedoch an¬
gegeben, daß es zuweilen, bei heftiger Einatmung, vorgekommen
sei, daß eine Spur Salbe in den Schlund gekommen sei, dann
aber gleich wieder ausgespuckt worden sei. Diese ihre Angabe
hindert jedoch nicht, daß z. B. des Nachts ein Teil Salbe
verschluckt, durch den Magen absorbiert und auf diese Weise
in den Organismus gelangt sein könnte.
Die Frage ist nun die, wieviel Hg vom Magen beim Hin¬
unterschlucken solcher Salbe absorbiert werden kann; um mir
wenigstens eine Vorstellung davon machen zu können, habe
ich einen jungen Menschen mit gutem Magen eine so große
Areb« f. Dermal, n. Syph. B<L LXXXII« 22
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178
W eiander.
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Quantität Salbe, wie sie 20 ccm metallischem Hg entspricht,
im Laufe des Tages verschlucken lassen; er hatte bei Beginn
der Untersuchung kein Hg im Ham; der Urin wurde 10 Tage
lang untersucht; der Urin enthielt zwar am Tage nach Beginn
der Behandlung Hg, betrug aber während dieser 10 Tage kein
einzigesmal eine „wägbare“ Quantität. Die Absorption von Hg
bei interner Behandlung variiert so bedeutend, daß man aus
diesem einzigen Falle nicht das Recht hat, bestimmte Schlüsse
zu ziehen; er macht es aber wahrscheinlich, daß, selbst wenn
ein Teil Hg-Salbe verschluckt worden ist und auf diese Weise in
den Organismus gelangt ist, doch das meiste des bei der Nasen-
Hg-Behandlungsmethode absorbierten Quecksilbers durch das
von der Nase abgedunstete Quecksilber hineingelangt ist.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß bei dieser
Behandlungsmethode, ebenso wie bei jeder Hg-Behandlung
Schwankungen in der täglichen Hg-Elimination verkommen;
ebenso möchte ich besonders auf den individuellen Unterschied
inbetreff der Quantität des absorbierten Hg in diesen beiden
Fällen aufmerksam machen, aber wir finden, daß dies auch
bei den übrigen Behandlungsmethoden der Fall ist.
Infolge des bisher Gefundenen halte ich diese Thal-
mann sehe Nasen-Hg*Behandlung für eine sehr gute Vergröße¬
rung der Möglichkeit für uns, Quecksilber auf eine bequeme und
gleichzeitig wirksame Weise zu applizieren.
Was die interne Hg-Behandlung betrifft, so will
Bürgi ihr einen viel höheren Wert beilegen, als den, den man
ihr infolge der bisher ausgefübrten Hg-Untersuchungen beige¬
messen hat. Er sagt nämlich: „In Deutschland ist man ziemlich
allgemein der Meinung, daß sie die unwirksamste von allen
Qnecksilberverabreichungen ist, und man hat sie daher fast
ganz aufgegeben. Nicht zum mindesten mögen die Ergebnisse
der Forscher, welche die Quecksilberausscheidung während der
internen Behandlung studierten, dieses Urteil veranlaßt haben.“
Nachdem er über 4 eigene Untersuchungsserien berichtet hat,
sagt er, auf Grund hierauf „ist es ohne weiteres ersichtlich,
daß bei der internen Quecksilberbehandlung ungleich mehr
von dem eingegebenen Metall durch die Nieren ausgeschieden
wird, als bei der Schmierkur und dem Welan der sehen
Verfahren.“
Dieses Urteil ist sicher nicht berechtigt; Bürgi stützt
sich nur auf 4 Untersuchungsserien; in dem einen Falle mußte
die Behandlung schon nach dem 5. Tage abgebrochen werden,
er hat somit eigentlich nur drei Serien; außerdem bat er die
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Zur Frage d. Absouderung d. Quecksilbers durch den Harn. 179
Hg-Elimination nur bei der Anwendung von zwei Hg-Präparaten,
nämlich Hydr. jodat. flavum und Kalomel, untersucht.
Hydr. jod. fl. habe ich niemals angewendet und kann mich
darüber nicht äußern, ich will nur darauf hinwcisen, daß die
Anwendung dieses Mittels in dem einen von Bürgis Fällen
schon nach dem 5. Tage infolge Diarrhöe abgebrochen werden
mußte, worauf eine Schmierkur begann; ich will mich nur mit
dem Kalomol beschäftigen. Betrachten wir nun die eliminierte
Hg-Quantität hei der Verabreichung von Kalomel in Bürgis
beiden Fällen, so finden wir, daß sie nicht ein einzigesmal
dieselbe Menge 4‘4 mg ausmachte, die ich am 27. Tage bei
der Anwendung von Hg-Säckchen gefunden habe, was wohl
nicht darauf hindeutet, daß eine besonders kräftige Hg-Ab¬
sorption stattgefunden hat; in seinem Falle 1 wendete er
gleichwohl 36 Tage lang interne Kalomelbehandlung an. Im
Fall 2 wurde der Patient nach 3 Wochen entlassen; in den
18 Versuchstagen sind nach Verabreichung von Kalomel zu¬
sammen nur 14*65 mg Hg eliminiert worden; vergleichen wir
dies mit der in den 18 ersten Tagen eliminierten Hg-Menge
bei der Anwendung von Merkolintschürzen in Bürgis Fall 1 —
Fall 2 läßt sich nicht vergleichen, da in den ersten Tagen
Störungen in der Ansammlung des Urins vorkamen — so finden
wir, daß in diesem Falle in diesen ersten 18 Tagen 16*9 mg
Hg eliminiert wurden, also eine größere Quantität. Dies
scheint mir nicht zu beweisen, daß es ohne weiteres ersicht¬
lich ist, daß nach der Verabreichung von Kalomel unverhältnis¬
mäßig mehr Hg durch den Urin ausgeschieden worden ist, als
nach der Anwendung des Welandersehen Verfahrens. Bürg i
gründet sein Urteil augenscheinlich auf Fall 1, wo in den ersten
18 Versuchstagen 36*5 mg Hg durch den Urin ausgeschiedeu
worden sind. Dieser große Unterschied io den Serien Fall 1
und Fall 2, 14*65 mg in dem einen und 36*5 in dem zweiten,
zeigt außerordentlich gut, welch bedeutend verschiedene Hg-
Absorptiou bei der internen Behandlung bei verschiedenen
Individuen stattfindet, was Bürgi übrigens zugibt; allein gerade
dieses scheint mir kräftig für die Unzweckmäßigkeit der internen
Hg-Behandlung zu sprechen; wir wissen nicht ohne weiteres,
ob eine höchst unbedeutende oder eine höchst bedeutende
Quantität Hg absorbiert worden ist.
In seinem Endurteil reserviert sich Bürgi teilweise und
erwähnt den individuellen Unterschied und die bedeutenden
Schwankungen in der Elimination.
Betreffs des Kalomels will ich erwähnen, daß ich 1885
bei meinen Hg-Untersuchungen schon 4—6 Tage nach der
Einnahme von 5 cg Kalomel in Pulverform zweimal täglich
eine große Menge Hg fand (Bürgi erwähnt dieses). In den
12 *
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180
\V eiander.
60er bis 70er Jahren wurde Kalomel hier in Schweden von
einigen Ärzten gegeben und auch ich versuchte das Mittel, hörte
aber infolge der oft hinzutretenden gastro-intestinalen Affektionen
und Stomatitiden mit seiner Anwendung auf. Ich wandte dann
Quecksilberjodurpillen, Pilul. Hjdr. (metall. Hg), Tanninqueck¬
silber, d. h. die Hg-Präparate, die man am gewöhnlichsten
anwendet und an die man eigentlich denkt, wenn man von
interner Hg-Bebandlung spricht, an; bei der Anwendung dieser
habe ich auch eigentlich die Hg-Absorption geprüft. Mit diesen
Präparaten hat Bürgi also keine Untersuchung angestellt,
wenigstens hat er nicht das Geringste darüber zu berichten.
Mein Endurteil 1885 über die interne Behandlung war folgendes:
„in welcher Form Quecksilber per os gegeben wird, so sehen
wir, daß es sehr rasch eliminiert wird und zwar zuweilen in
ganz bedeutender Quantität." Gestützt auf weitere Unter¬
suchungen sage ich in meinem kleinen Buche: „Über die
Prinzipien für die Behandlung der venerischen Krankheiten,
Stockholm 1904" Hg per os: „Größe der Absorption unsicher,
kann jedoch bedeutend sein; die Remanenz beruht auf der
Größe der Absorption; wir können dies nicht ohne chemische
Untersuchung in jedem einzelnen Falle beurteilen."
Dies stimmt mit B ü r g i s Endurteil gar nicht übel überein,
obsclion ich eine ganz andere Konsequenz daraus ziehe, und
zwar, daß eine Behandlungsmethode, bei der man, ohne in
jedem einzelnen Falle eine chemische Untersuchung zu machen,
gar nicht weiß, ob viel oder wenig Hg absorbiert wird, keine
allgemeine Anwendung finden darf, da es den allermeisten
Ärzten sehr schwer, wenn nicht unmöglich ist, derartige Unter¬
suchungen anzuführen; dies gilt vor allem, wenn uns andere
Behandlungsmethoden zugänglich sind, wo wir sicher behaupten
können, daß allmählich eine kräftige Absorption des Hg vor
sich geht.
Bürgi erwähnt eine Untersuchungsserie an 6 Tagen nach
Anwendung von Kalomel in laxierender Dosis, und er hat in
diesem Fall am 4. Tage die außerordentlich bedeutende Hg-
Elimination von 7*2 mg Hg gefunden, die an den beiden fol¬
genden Tagen sinkt. In meinem Aufsatz im Nord. Med. Ark.
1886 erwähne ich einen Fall, wo infolge befürchteten Typhoid-
fieWs QOcg Kalomel am 28./IX. 1885 10 Uhr Vorm, gegeben
wurde; in dem genommenen Ham konnten keine Hg-Kugeln
nacbgewiesen werden. Um 2 Uhr desselben Tages konnte ich
eine minimale Hg-Quantität nachweisen, ebenso 8 Uhr Abends;
später konnte ich, so lange ich Gelegenheit hatte, den Pat.
zu beobachten, d. h. vom 28./IX. bis 15./X. täglich Hg im Urin
und zwar oft in recht großer Menge nachweisen; noch am
15./X. befanden sich in 300 g Harn zwei recht große und viele
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 131
kleine Hg-Eugeln, d. h. eine kleine Quantität. Niemals habe
ich auch nur annäherungsweise eine so große Hg-Menge finden
können, wie Bürgi sie in seinem Falle gefunden hat.
Infolge eines eigentümlichen Zufalles führten Wolff und
Nega gerade während derselben Tage, 27./IX. bis 19./X. 1885,
in Straßburg ihre Untersuchungen über die Absorption des
Quecksilbers bei Kalomeltaxans aus; sie untersuchten 8 Fälle
und kamen zu demselben Resultate wie ich. Eine recht kräf>
tige Absorption und eine ziemlich langdauernde Elimination
des Hg nach Verabreichung von Ealomel in laxierender Dosis
ist somit seit mehr als 20 Jahren bekannt.
Es scheint mir, als wäre Bürgi nicht berechtigt, die
Schlüsse über den Wert der internen Hg-Behandlung zu ziehen,
wie er es getan hat, weil er allzu wenig Fälle untersucht und
außerdem eine allzu kleine Anzahl verschiedener Hg-Präparate
geprüft hat.
Inhetreff der intravenösen Sublimatinjektionen
sowie der Injektionen mit löslichen Quecksilber¬
präparaten (Sublimat) ist zwischen Bürgis Untersuchungen
und meinen kein eigentlicher Unterschied; ich berühre dieselben
deshalb nicht und gehe zu dem interessanten Teile der Bür gi¬
schen Untersuchungen, nämlich der Injektion von schwer¬
löslichen (unlöslichen) Quecksilbersalzen über.
Bürgi legt längere oder kürzere quantitative Hg-Ünter-
suchungsserien des Urins von 4 mit intramuskulären Injektionen
von salizylsaurem Quecksilber behandelten Fällen, 3 Fällen
von Injektionen von Hydrargyrum thymolo-aceticum, 1 Falle
von Edomelinjektion sowie 1 Falle von Injektion mit Oleum
mercurioli vor.
Er sagt von diesen Injektionen: ,Die Resultate, die ich
bei Anwendung all dieser Präparate erhielt, will ich gemeinsam
besprechen, da, wie ich schon jetzt sagen kann, prinzipielle Unter¬
schiede in ihrem Verhalten — das Merkuriolöl vielleicht aus¬
genommen — nicht festgestellt werden konnten.“
Er sagt ferner: „Der Typus dieser Ausscheidungen ist
ein sehr ausgeprägter. Gleich am Tage der Injektion sondern
die Nieren am meisten Quecksilber ab, nachher fällt der Queck¬
silbergehalt des Urines rapid, um sich bei jeder neuen Ein¬
spritzung sogleich wieder bedeutend zu erheben. Bei der die
Ealomelinjektionskur betreffenden Eurve sieht man überdies,
wie sowohl die maximalen als auch die minimalen Ausscheidungen
während der Behandlung allmählich etwas zunehmen, so daß
auch der durchschnittliche Quecksilbergehalt des Urins von
Woche zu Woche steigt. Dies Verhalten ist nicht bei allen
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82
Welander.
Fällen gleich gut ausgebildet, hauptsächlich weil bei den meisten
die Behandlung vorübergehend ausgesetzt werden mußte. Die
maximalen täglichen Ausscheidungen sind sehr beträchtliche,
sie betragen selten weniger als 5 und selten mehr als 7 Milh-
gramme. Sie bilden das eigentb'che Charakteristische der Hg-
Ausscheidungen im Urin bei der Behandlung mit intramusku¬
lären Injektionen.*‘
Weiter äußert er: „Die einzelnen Werte schwankten wegen
individueller Schwierigkeiten ziemlich stark, der allgemeine
Charakter der Ausscheidung aber blieb bei allen Fällen, auch
den mit Hydrargyrum thymolo-aceticum behandelten. Nur bei
den Merkuriolölinjektionen war die Ausscheidung etwas weniger
prompt, sie waren am zweiten Tage immer noch zu .. .‘^
Diese Untersuchungen B ürgis stimmen mit meinen eigenen
viele Jahre hindurch nach der Almen-Schillbergschen
Methode ausgeführten Hg-Untersuchungen bei der Behandlung
mit mehreren verschiedenen schwerlöslichen Hg-Präparaten
durchaus nicht überein. Bevor icb zu meinen Bemerkungen
über die Untersuchungen Bürgis übergehe, will ich mit einigen
Worten über meine eigenen berichten.
In meinem obenerwähnten Aufsatz im Nord. Med. Arkiv
1885 statte ich über eine Untersuchungsserie (34 Untersuchungen
im Laufe von 30 Tagen) bei der Anwendung von Kalomel-
injektionen laut Smirnoffs Vorschrift, d. h. 2 Injektionen
von 10 cg Ealomel im Gesäß, also gleichzeitige Einführung
einer nahezu 17 metallischen Hgs entsprechenden Hg-Menge
in den Körper, Bericht ab. Ich fand hier eine schnelle und
kräftige Hg-Absorption (ich will jedoch bemerken, daß ich in
der Kurve hierfür die eliminierte Hg-Quantität etwas zu hoch
geschätzt habe). Infolge der Unannehmlichkeiten (es wurden
sogar bald Todesfälle berichtet), die bei der Anwendung dieser
Methode eintreten konnten, wagte ich es nicht, sie so anzu¬
wenden, wie Smirnoff es vorschrieb. Im Sommer 1886 begann
ich Injektionen mit nur jedesmal 10 cg mit anfänglich län¬
gerem, schließlich nur einwöchentlichem Zwischenraum zu
machen, ln 42 so behandelten Fällen stellte ich Hg-Unter¬
suchungen des Urines, jedoch nicht in regelmäßigen Serien,
an; mein Urteil hierüber war, daß die Schnelligkeit, mit der
das Hg absorbiert wird, bei verschiedenen Personen sehr ver¬
schieden war, daß spätestens nach 15—20 Tagen aber der Hg-
Gehalt im Urin in der Regel höchst bedeutend und beinahe
immer so bedeutend war, daß ich kaum nach irgendeiner an¬
deren Behandlungsmethode den Hg-Gehalt in so großer Anzahl
und von so bedeutender Größe gefunden habe. Oft zeigte sich
bis zu 30—40 Tagen nach der letzten Injektion eine ganz
beträchtliche Menge Hg im Urin. Es ist selten vorgekommen.
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 183
daß ich nach einer anderen Behandlungsmethode so lange Zeit
nach dem Abschluß der Behandlung einen so bedeutenden Hg-
Gehalt gefunden habe. Später nimmt die Quantität immermehr
ab; nach 60—70 Tagen habe ich sie zuweilen noch ziemlich
groß gefunden." (Über die Behandlung der Syphilis mit Ea-
lomelinjektionen. Hygiea 1887.)
In dem eben genannten Aufsatze habe ich auch über
einige Fälle von Injektionen mit einem anderen unlöslichen
Hg-Salz, nämlich mit Oxidum hydrarg. praecip., welches Mittel
Watrazewski empfohlen hatte, berichtet; in einem Falle
wurde eine Hg-Untersuchung des Urines angestellt. In diesem
wie in den Ealomelfällen konnte ich eine ziemlich schnell zu¬
nehmende Hg-£limination während der Behandlung konsta¬
tieren.
Sowohl die Ealomelinjektionen, wie die Injektionen mit
Oxid, hydrarg. praec. hatten ziemlich große Unannehmlich¬
keiten, ich ging deshalb zu Injektionen mit Hydrarg. thymolo-
aceticum über. Auch bei diesen machte ich eine Menge Hg-
Untersuchungen über die Hg-Elimination durch den Urin, h. e.
über die Absorption des Quecksilbers, und sage hierüber, daß
sie anfänglich bei verschiedenen Personen verschieden ist, daß
sie nach 2—3 Einspritzungen eine ziemlich bedeutende ist und
daß am Ende der Behandlung (7 jeden 5. Tag gegebene In¬
jektionen) eine höchst bedeutende Menge Hg im Urin nachzu¬
weisen war. Über die Remanenz sage ich: „Wie lange nach
beendeter Behandlung Hg im Urin gegenwärtig ist, kann ich
nicht sagen, ich habe nur Gelegenheit gehabt, luerüber folgende
Untersuchungen anzustellen: bei einem Patienten fand sich 30
Tage nach beendeter Behandlung eine höchst bedeutende Menge
von Hg im Urin; außerdem habe ich bei 6 Patienten nach
respektive 51, 54, 60, 71, 74 und 100 Tagen nach der letzten
Injektion eine ziemlich große Menge Quecksilber gefunden."
In demselben Aufsatz erwähne ich einige mit Injektionen
von Hydr. salicyl. behandelte Fälle; ich stellte keine Serien¬
untersuchungen auf Hg, nur in ein Paar Fällen jeden 5. Tag vor
der neuen Injektion Untersuchungen an und fand eine schnelle
und kräftige Hg-Absorption. (Über die Behandlung der Syphilis
mit Injektionen von Thymol- und Salizylquecksilber. Arch. für
Perm, und Syph. 1889.)
1890 pr^e ich Längs Oleum cinereum und sage, daß
„bei Einspritzungen dieses Mittels das Hg in der Regel nicht
so schnell wie bei Einspritzungen der unlöslichen Salze ab¬
sorbiert, doch ist die Absorption des Hg stets kräftig und
dasselbe remaniert auch, so weit ich es nach meinen Versuchen
beurteilen kann, eine sehr lange Zeit in großer Menge im
Organismus". Die Hg-Elimination im Urin stieg allmählich
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184
Welander.
und nahm nach Abschluß der Behaudlung zu, was natürlich
auf der fortgesetzten Absorption der Hg-Dep6ts beruht, die
bei dieser Methode, wie bei der Injektion der übrigen schwer*
löslichen Hg-Präparate, nach den Injektionen zurückblieben
und noch nicht ausgeschieden werden konnten; in einem Falle
wurde noch zwei Monate nach der letzten (vierten) Injektion
eine bedeutende Menge Hg eliminiert. (Einige Worte über die
Form der Anwendung des Quecksilbers. Arch. für Dermat. u.
Syph. 1894.)
Endlich habe ich bei der Injektion von Blomquists
Oleum mercurioli eine große Menge Hg-Untersuchungen gemacht
und bei diesen eine langsame, allmählich aber ansteigende Hg-
Absorption sowie eine lange Remanenz des Quecksilbers ge¬
funden.
Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, habe ich bei
allen diesen schwerlöslichen (unlöslichen) Hg-Präparaten für
die Absorption, Elimination durch den Urin genau denselben
Typus gefunden — eine recht langsam zunehmende Absorption,
die im Laufe der Behandlung allmählich ziemlich bedeutend
wird, sowie eine lange Remanenz des Ug. Ich habe bei ver¬
schiedenen Präparaten ebenso wie bei verschiedenen Individuen
eine etwas verschiedene Absorption gefunden — der Typus war
aber immer derselbe.
Bürgis Bemerkung, daß bei der Injektion dieser unlös¬
lichen Salze der Typus für die Hg-Eb'mination durch den Urin
von dem von mir gefundenen vollständig verschieden sei, war
deshalb eine poße Überraschung für mich. Diese Angabe
Bürgis war eigentlich der Anlaß, daß ich mit meinen Kontroll-
untersuchungen nach Farups quantitativer Methode begann.
Linden hat schon 1892 auf diesen Bür gischen Typus
für die Elimination des Salizylsäuren Quecksilbers hingewiesen.
In den Injektionsserien Bürgis mit schwerlöslichen Salzen
tritt sein Typus am deutlichsten bei der Injektion mit diesem
Mittel hervor; es war deshalb natürlich, daß ich sofort zu prüfen
suchte, wie es sich damit verhalte.
ln all den Jahren, in denen ich Injektionen mit schwer¬
löslichen Hg-Präparaten verabreicht habe, habe ich die Injek¬
tion behufs möglicher Vermeidung von den unangenehmen
Nebenwirkungen des Quecksilbers, mit mindestens viertägigem
Zwischenraum (jeden 5. Tag) gegeben; bei diesen Kontroll-
versuchen habe ich es aus dem Grunde, weil der von Bürgi
erwähnte eigentümliche Typus unter diesen Umständen leichter
und schärfer hervortreten müßte, als wenn ich — wie Bürgi
es oft getan hat — die Injektionen jeden 3. Tag gegeben hätte,
ebenso gemacht; ich erhielt damit auch sehr große Wahrschein¬
lichkeiten, daß ich meine Serien nicht infolge hinzukommender
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 185
UDangenebmer Nebenwirkungen des Hg anzuseizen brauchte;
in Bürgi]s Serien mußte „bei den meisten die Behandlung vor-
öbergebend ausgesetzt werden.“
Gleichzeitig begann ich die Behandlung zweier vorher
nicht mit Hg behandelter Fälle von Syphilis mit Injektionen
von 10 cg Salicyl. Hg jeden 5. Tag; im Falle 1 wurde eine
ordentliche Serienuntersuchung, im Falle 2 wurden einzelne
Hg-Üntersucbungen zum Vergleich angestellt; sie wurden teils
an, teils zwischen den Injektionstagen gemacht. Diese Fälle
sind in der Tabelle II dargestellt.
Aus diesen Serien geht ganz deutlich hervor, daß sowohl
Bürgi wie Linden vollständig recht darin haben, daß das
Hg bei der Injektion von Salicyl. Hg nach dem von jenen
angegebenen Typus durch den Urin elhaiiniert wird. Besonders
hübsch geht dies an Kurve 1 (über Fall 1) hervor.
Man muß sich fragen, wie dies mit meinen oben erwähnten
Hg-Untersuchungen bei der Injektion von Salicyl Hg stimmen
kann. Ich möchte da darauf aufmerksam machen, daß ich von
allen schwerlöslichen Hg-Präparaten dieses Mittel am wenigsten
geprüft habe, daß ich nur in ein Paar von ihnen eine Hg-Uuter-
sucbung. und da nur jeden 5.Tag, aber bevor neue Injektionen
gemacht worden, angestellt äatte. Der charakteristische Typus
entging mir somit vollständig; ein Blick auf meine Serie er¬
klärt jedoch den Gruuii, daß ich mein obengenanntes Urteil
über die Hg-Absorption bei der Anwendung dieser Mittel fällen
konnte, ln dieser Serie finden wir nämlich am 5. Tage (vor
der neuen Injektion) im Urin approximativ eine unbedeutende,
nicht ein Milligramm betragende Menge Hg, am 10. Tage wurden
2*03 mg^ am 15. Tage 2*3 am 20. Tage 2*1 mg, am 25. Ti^e
5 mg und am 29. Tage 4*3 mg Hg eliminiert — also eine
ziemlich gleichmäßig steigende Hg-Elimination nach dem von
mir erwähnten Typus. Ich bin überzeugt, daß jeder dasselbe
Urteil, wie ich, gefällt hätte, wenn ihm nur diese Untersuchungen
jeden 5. Tag vor der neuen Injektion zugänglich gewesen
wären.
Bürgi betont, daß bei der Ealomelinjektiou „sowohl die
maximalen als auch die minimalen Ausscheidungen während
der Behandlungstage allmählich etwas zunebmen, so daß auch
der durchschnittliche Quecksilbergehalt des Urines von Woche
zu Woche steigt.“ Meine obenstehende Serie zeigt, daß es
sich auch bei der Injektion mit Salyc. Hg so verhält, wie ich
dies übrigens in allen Injektionsserien mit unlöslichen Hg-Prä¬
paraten gefunden habe.
Die Eontrolluntersuchungen im Falle 2 stimmen in der
Hauptsache mit Fall 1 überein. (Tab. II.)
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186
W e 1 a n d e r.
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Tabelle II.
Injektionen von 10 eg Hydrarg. salioylic.
H. A.
Injektiooeii
tß
5
6>
a
9
1
es
ja
o
ca
Urin in
ccm
H g - M <
i
) n g e '
Urin in
ccm
Hg-Menge
1.
1
2010
4*82
mg
1160
5*8 mg
I)
2
1285
3-26
ft
—
— 1
n
8
1950
1*5
ft
—
_
n
4
2330
weniger als 1
mg (einifi:e
Hg-Kogeln)
—
—
Tf
5
IbSO
weniger als 1 mg (eine
wen. als 1 Tng, eine M.
Menffe recht großer Ku«,)
1840
recht gr. u. kl. Kugeln
2.
6
2630
6-3
mg
1530
6 mg
n
7
1480
4*17
ft
—
n
8
2040
1*75
»
—
—
n
9
2330
1*4
rt
—
—
n
10
2640
2-03
ft
—
—
3.
11
3800
6*1
n
1130
6*3 mg
n
12
1740
8-02
n
1480
30 „
ft
13
2000
3-76
ft
—
ft
14
2540
3-4
ft
—
— 1
ft
15
2160
23
ft
—
1
4.
16
4000
8-4
ft
—
1
n
17
1630
4*1
ft
930
6*2 Tng
ft
18
1920
50
7t
1290
6 6 ,
ft
19
2100
6-43
ft
—
—
ft
20
1970
21
ft
—
1
6.
21
3130
8*3
ft
—
ft
22
! 1840
41
ft
—
—
ft
23
i 1660
2*8
ft
—
—
ft
24
2780
3*6
ft
—
- 1
n
25
3140
50
ft
—
1
““ 1
6.
26
3880
6*0
ft
1580
11‘4 mg
ft
27
1780
5*1
ft
—
—
ft
28
2350
50
» 1
—
ft
29
2860
4*3
1
—
n
30
2830
2*7
t
» 1
I
' —
Betreffs des Saljc. Hg hat Bürgi somit recht, ohne daß
ich zuzugeben brauche, daß ich in meinem Urteile unrecht
gehabt habe. Die Frage war nun, ob dieser Typus, wie Bürgi
sagt, wirklich für Hg-Ausscheidungen durch den Urin hei der
Injektion mit sonstigen schwerlöslichen Hg-Präparaten charakte¬
ristisch sei. Hierüber habe ich eine so große Anzahl Unter¬
suchungen nach der Al men-Schi 11b erg sehen Methode ge¬
macht, daß ich die Angaben B ü r g i s auf das höchste bezweifle.
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 1^7
leb lege in Tabelle Ul eine Untersuchungsserie nach dem
Farnpsehen Verfahren nach der Injektion von 10 cg Hydrarg.
thymolo aceticum jeden 5. Tag yor.
Tabelle III.
Injektionen von Hydrarg. thymolo-aceticum, 10 eg.
S.
Injoktiouon
9
1
•2
1
Urin in
ccm
H g • M e n
1.
1
860
weniger als 1 mehrere kle
fl
2
1250
„ 1 „ eine Menge
ft
3
870
n » ^ » 7» »1
n
4
1820
71 fl ^ rt n P
p
5
1570
n n ^ 17 n »
2.
6
1200
» 7J i 77 77 77
7)
7
1480
2’0 mg
P
8
1200
2-1 „
m
9
1835
2*4 ,
p
10
1860
2-2 „
3.
11
1760
4*4 „
9
12
1470
5*2 ,
9
13
1320
4*4 ,
n
14
1150
5-7 „
4.
15
1340
5-2 „
! 5.
21
—
»
25
1430
2*7 ,
6.
|26
2280
3-4 ,
n
27 1
1
1
' 1840
5*8 „
g e
recht gr. u. kl. Kug.
n n n n v
n n ft fl n
größere u. kl. Kug.
Hier finden wir einen ganz anderen Typus als Bürgis,
einen Typus, der vollständig dem von mir mittels des Almen-
Schillbergsehen Verfahrens gefundenen entspricht; besonders
deutlich geht dieser Typus aus der Kurve IV hervor.
Mit Ealomelinjektionen habe ich infolge der Unannehm¬
lichkeiten, die ich oft vorher nach der Injektion dieses Mittels
gefunden habe, später nur in einem Falle und zwar während
7 Tage eine quantitative Untersuchung angestellt; ich machte
am 1. und am 6. Tage eine Injektion von 5 cg Ealomel. Wäre
der von Bürgi erwähnte Typus ein ausgeprägter gewesen, so
hätte er, obschon nur 2 Injektionen gemacht wurden, hervor¬
treten müssen. Ans der Kurve V geht das Resultat der quan¬
titativen Untersuchung hervor. Wir finden genau denselben
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188
Welander.
Typus, den ich 1887 gefunden habe; der Bürgische Typus
ist nicht zu entdecken.
Was das Merkuriolöl betrifft, so stellt Bürgi sich reser¬
viert, ob er in der Elimination von Hg bei diesem Mittel den
Typus von Salyc. Hg-Elimination wiederfinden kann. Bei allen
meinen mit Merkuriolöl angestellten Untersuchungen habe ich
den bei schwerlöslichen Salzen gewöhnlichen Typus gefunden.
Die Ausführung quantitativer Eontrolluntersuchungen, die als
Vergleich mit der einzigen Untersuchungsserie Bürgis dienen
könnten, habe ich nicht für nötig erachtet, weil Apotheker
Blomquist, der nach langen Untersuchungen Merknriol sowie
Merkuriolöl hergestellt hat, die Freundlichkeit hatte, mich
davon in Kenntnis zu setzen, daß er, zur Ermittlung der Ab¬
sorption und Elimination des Quecksilbers, in mehr als 50 Fällen,
wo Injektionen mit diesem Mittel jeden 5. Tag angewendet
worden war. Hg-Untersuchungen augestellt und niemals Spuren
des Bür gischen Typus, sondern nur einen vollständig mit
dem von mir nach dem Al men-Sch illbergschen Verfahren
gefundenen übereinstimmenden Typus gefunden habe.
ln Bürgis Fall zeigte sich, daß die eliminierte Hg-
Quantität am Tage nach der 1. Injektion 1*9 tro, am Tage
nachher 2*2 mg betrug; zwei Tage nach der 2. Injektion betrug
sie 3*4 my, am Tage nach der 3. Injektion 3*7 mg^ also eine
sehr schnelle Absorption. Blomquist hat, wie genannt, in
mehr als 50 Fällen Untersuchungen nach dem Farup sehen
Verfahren bei der Injektion mit Ol. mercurioli gemacht, er
sagt, er habe niemals eine auch nur annähernd so große und
schnelle Hg-Elimination wie diejenige, die Bürgi gefunden
hat, gesehen, im Gegenteil meint er, er habe nicht ein einziges-
mal vor dem 20. Behandlungstage eine auch nur wägbare Hg-
Quantität, d. h. nicht einmal eine Elimination von 1 mg per
Tag angetroffen. Wie die beträchtliche Elimination in Bürgis
Fall zu erklären ist, verstehe ich nicht.
Bürgi bat Untersuchungen über die Elimination des Hg
während verschiedener Stunden im Verlaufe der ersten beiden
Tage nach der 1. Injektion von Sacyl. Hydr. angestellt; er
hat gefunden, daß die größte Elimination in den ersten
4 (—6) Stunden nach der Injektion stattfinde. Soll nun Bürgis
Angabe, daß dieser sein Typus bei der Injektion mit allen
schwerlöslichen Hg-Präparaten vorkomme, richtig sein, so müßte
man auch bei der Injektion dieser die größte Hg-^mination
in den ersten Stunden nach erfolgter Injektion finden.
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 189
Ich will hier einige wenige von mir 1885 und 1886 mit der Al me n-
Schillbergsehen Methode gemachte Untersuchungen mitteilen.
2dyynL ri5 Nachm. 2 Injektionen von 10 eg Ealomel in Qesäß
„8 „ 312 g Urin 1*019 sp. O. keine Hg-Kugeln
w Abends 287 „ „ 1*014 ^ keine Kugeln
30./VIII. Morgens 276 „ 1*01Ö „ mehrere kleine Kugeln
(Nord. Med. Arkiy 1886).
22./X. 1*15 Nachm. Injektion von 10 eg Kalomel in Gesäß.
Vor derinjekt. in 302 g Urin 1*015 sp. 6. keine Hg-Kugeln
2*80 Nachm. ^ 195 „ ^ 1*028 „ keine Kugeln
6 „ „ 286 „ rt 1*028 „ vier nicht kleine Kugeln
9 „ „ 844 g g 1*026 „ eine zieml.große, eine kleine Kug.
23./X. Morgens „ 341 „ ^ 1*010 „ recht viele kleine Kugeln
g Abends » 340 „ „ 1*027 g mehrere kleine Kugeln.
22./X. 1*10 Nachm. Injektion von 10 cg Kalomel
6 g 196 g Urin 1*026 sp. G. keine kleine Hg-Kugeln
9
300 „ „
1-014
g mehrere kleine Kugeln
23./X. Morgens
858 n »
1-016
g mehrere kleine Kugeln
Abends
176 „ ,
1-023
g recht viele kleine Kugeln.
Über diese beiden Fälle sowie über den folgenden, wo eine Injektion
von 10 eg Oxyd. Hydr. praec. angewendet wurde, habe ich in meinem
Aufsatze: Über die Behandlung der Syphilis mit Kalomelinjektionen,
Hygiea 1887, berichtet.
7. /XII. 1 Nachm. Injektion von 10 cg Oxyd. Hydr. praec.
6 g in 140 g Urin 1*026 sp.G.melirere nicht kleine Hg-Kugeln
9 g » 88 g g 1*028 g gauz viele nicht kleine Kugeln
8. /XIJ. Morgens g 292 g g 1*019 g eine Menge kleiner Kugeln,
einige nicht klein.
Wenigstens bei den Injektionen mit Ealomel und Oxyd.
Hydr. praec. ist somit die größte Menge Hg nicht in den
4 (—6) Stunden nach den Injektionen eliminiert worden; das
Hg begann in außerordentlich kleiner Menge eliminiert zu
werden, um allmählich zu steigen.
Des Vergleiches wegen machte ich im Laufe von 7 Tagen
folgende 4 Hg-Untersuchungen; die Injektionen von 10 Hydr.
thymolo-acet resp. Kalomel sowie von iVa Teilstrichen 01.
mercurioli wurden am 1. und 6. Tage gemacht; in einem vierten
Falle wurde die Injektion mit 10 cg Salicyl. Hg, hier jedoch
am 1. und 7. Tage gemacht.
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190
W eiander.
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Die Resultate der nach dem Farupschen Verfahren
Torgenommenen Hg • Untersuchungen gehen außerordentlich
deutlich aus der Kurve V hervor.
Ich möchte die Aufmerksamkeit auf den bedeutenden
Unterschied in der Größe der Elimination in dem ebengenannten
Falle der Injektion mit Salic. Hydr. und in den beiden oben
erwähnten lenken. In diesem letzteren wurden am ersten Tage
10*2 mg Hg, am zweiten 2*4 mg eliminiert; in den beiden ersteren
Fällen wurden während des ersten Tages nach gemachter Injek¬
tion 4*82 resp. 5*8 mg, sowie während des zweiten Tages 3*26
resp. weniger als 1 mg eliminiert. So große Unterschiede in
der Elimination in verschiedenen Fällen habe ich bei der Injek¬
tion keines anderen schwerlöslichen Hg-Präparates gefunden.
Gestützt auf alle meine vorherigen approximativen Be¬
rechnungen betreffend die eliminierte Hg-Menge nach dem
Almen-Schillbergschen Verfahren sowie auf die Kontroll-
untersuchungen nach der Farupschen quantitativen Methode
kann ich nicht zugeben, daß Bürgis Typus für die Hg-Elimi¬
nation für sämtliche scWerlösliche Hg-Präparate gilt, sondern
nur für das Salizylsäure Quecksilber. Bei der Injektion mit
diesem Mittel tritt wiederum der Bürgische Typus sehr
schön hervor.
Wenn wir nun konstant einen so großen Unterschied in
der Elimination von Hg bei der Injektion von Salicyl. Hydr.
und von sonstigen schwerlöslicben Hg-Präparaten finden, so
können wir nicht unterlassen uns zu fragen, welches die Ursache
hiefür sein kann.
Burgi, der bei sämtlichen schwerlöslichen Hg-Präparaten
denselben Eliminationstypus fand, will den Unterschied in der
„Eliminationsweise zwischen schwer- und leichtlöslichen Hg-
Salzen darin finden, daß von den ersteren wenig und täglich,
von den letzteren viel und nur zweimal in der Woche in¬
jiziert wird". Diese Erklärung erscheint mir sehr wenig annehm¬
bar. Ich selbst konnte die Ursache für diesen verschiedenen
Eliminationstypus in nichts anderem suchen, als in der ver¬
schiedenen Löslicbkeitsfähigkeit der verschiedenen Hg-Präparate
im Blute, in Eörpersäften; ich richtete somit meine Forschungen
nach dieser Richtung.
Lindön, der schon 1892 bei seinen sorgfältigen Unter¬
suchungen nach dem Almön-Schillbergschen Verfahren
diesen eigentümlichen Eliminationstypus bei der Injektion von
Salicyl. Hg fand, suchte nach einem Erklämngsgrund hierfür
und äußert hierüber: „Diese Eigenschaft, die I^ichtlöslichkeit,
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Zur Frage d. Absooderaog d. Quecksilbers durch den Harn. 101
scheint das Salizyl. Hg vor anderen Hg-Präparaten zu besitzen,
denn durch Experimente ist dargelegt, daß es in keiner Kon¬
zentration Eiweiß zur Koagulation brachte, wogegen es sich
in Kochsalzlösung aufgelöst hält. Da sich nun überall im Orga¬
nismus Chlomatrium findet, wird das Hg salic. durch dasselbe
wabrscheinlich in Lösung gebracht und kommt dadurch zur
Resorption.“
Es erscheint mir schwer, sich den geringen Kochsalz¬
gebalt in den Körpersäften, im Organismus als genügenden
Erklärungsgmnd für die schnelle und kräftige Absorption zu
denken; es erschien mir a priori viel wahrscheinlicher, daß
wir die Erklärung in einer größeren Löslichkeitsfäbigkeit des
Salicyl. Hg in den eiweißhaltigen Körpersäften, im Blute usw.,
als der übrigen schwerlöslichen Hg-Salze zu suchen hätten.
Sollte nun dies der Fall sein, müßte sich das Salic. Hg leicht
und kräftig im Blutserum u. a. m. lösen. Solches war mir nicht
zugänglich, aber ich hatte sterile Ascitesflüssigkeit und machte
einige Versuche betreffs der Löslichkeit des Salic. Hg in dieser.
Des Vergleiches wegen machte ich gleichzeitig einen Versuch
mit Hg thym. acet. Die Versuche wurden derartig ausgeführt,
daß 20 cg Salicyl. Hg resp. Tliymol. Hg 35 ^ Ascitesflüssigkeit
zugesetzt und einen Tag lang mit derselben in Berührung ge¬
halten wurden, worauf die rückständigen nicht gelösten Hg-
Salze abfiltriert wurden und das klare Filtrat nach Zerstörung
der organischen Stoffe nach der Farupschen Methode auf
Hg untersucht wurde. Es zeigte sich da, daß von den 20 cg
Salicyl. Hg 68*2 mg Hg als gelöst nachgewiesen werden konnten,
während von den 20 cg Thymol. Hg nur viele recht große und
kleine Hg-Kugeln, d. h. nicht einmal 1 mg^ nachweisbar waren.
Da nun 20 cg Salic. Hg 118 mg metallisches Quecksilber ent¬
halten, waren somit 58% in der Ascitesflüssigkeit gelöst und
nachweisbar, während von den 20 Thymol. Hg, die 113‘8nt^
metallisches Hg enthalten, nur ungefähr 0*8% gelöst und
nachweisbar waren. Ich möchte auf die unbedeutende Menge
(nur 35 g) Ascitesflüssigkeit hinweisen, was beweist, wie leicht
sich Salic. Hg in großer Menge in einer kleinen Menge Körper-
saft (Blutserum usw.) lösen läßt.
Dieser Unterschied in der Löslichkeitsfähigkeit zwischen
der Löslichkeit dieser beiden Hg-Salze erschien mir indessen
als 80 ungeheuer, daß ich die Vornahme einer Eontrollprobe
für nötig hielt; natürlich wurde da mein Interesse geweckt zu
sehen, wie löslich Kalomel und Merkuriol in der Ascitesflüssig-
keit seien. Ich machte deshalb gleichzeitig mit all den vier
Präparaten Untersuchungen auf die eben geschilderte Weise,
d. h. 20 cg der resp. Salze wurden 35 g Ascitesflüssigkeit zu¬
gesetzt und auf die oben genannte Weise behandelt. Unmittel-
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192
Welander.
bar nach dem Zusatz von Ealomel zur Ascitesflüssigkeit entstand
ein starker schwarzer Niederschlag; es war schwer, nach einem
Tage ein vollständig klares Filtrat zu erhalten; trotzdem die
Lösung 6mal filtriert wurde, war sie doch nicht vollständig klar.
Das Resultat dieser Untersuchung war folgendes:
von Salic. Hg waren in der Lösung nachweisbar 60'7 mg, d. h. . . öS’I’/q
von Thymol. Hg waren in der Lösung nachweisbar eine Menge
größerer und kleinerer Hg-Kugeln nahezu 1 mg, d. h. etwa . 0*9 Vo
von Kalomel waren in der Lösung nachweisbar 2 4 mg, d. h.. . . l*47o
von Merkuriol waren in der Lösung nachweisbar eine Menge grös¬
serer und kleinerer Kugeln beinahe I mg, d. h.
Möglicherweise hat nicht alles Kalomel vollständig abfil¬
triert werden können und möglicherweise ist dies die Ursache
der gefundenen, etwas größeren gelösten Hg-Menge dieses
Mittels.
Es ist also ein höchst bedeutender Unterschied zwischen
SalicylHg und den anderen Hg-Präparaten in Bezug auf deren
Löslichkeitsfähigkeit in eiweißhaltigen Körpersäften.
Linden hatte schon 1892, wie genannt, die Löslichkeit
des Salicyl-Hg in Chlornatrinm erwähnt; ich selbst batte (Ea*
lomelinjektion, Hygiea 1887) gezeigt, daß, wenn Kalomel einer
Kochsalzlösung zugesetzt und filtriert wird, eine nicht so unbe¬
deutende Menge im Filtrat nachgewiesen werden kann, was,
wie ich glaubte, auf Sublimat im Filtrat beruhte. Da ich bei
Sublimatinjektionen einige Stunden nach geschehener Injektion
Hg im Urin fand, glaubte ich, daß der Grund, warum schon
einige Stunden nach der Injektion des unlöslichen Kalomels
Hg, allerdings in sehr kleinen Quantitäten, nachgewiesen werden
könne, darin liege, daß der Kochsalzgehalt der Eörpersäfte
auf das injizierte Kalomel eingewirkt und es zu einem geringen
Teil in das leicht absorbierbare Sublimat verwandelt habe.
Man könnte nun einwenden, daß, ebenso wie das Salic. Hg
in der Kochsalzlösung löslich sei, dies auch mit den anderen
Hg-Präparaten, ohschon in ganz verschiedenem Grade, der Fall
sein könne; die Löslichkeit des Salic. Hg könnte so bedeutend
größer als das der anderen Präparate sein, daß die große
Menge gelöstes Hg in der Ascitesflüssigkeit sich, wenigstens zu
einem großen Teile, durch dessen Kochsalzgehalt erklären lasse.
Um zu prüfen, ob dieser Gedanke einige Berechtigung
habe, versuchte ich 20 cg der vier oben genannten Hg-Präpa-
rate 35 g physiolo^scher Kochsalzlösung zuzusetzen; nach
einem Tage war filtriert, worauf das Filtrat nach dem Farup-
schen Verfahren untersucht wurde.
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Ham. 193
Das Resultat war folgendes:
Von Salicyl Hg waren nachweisbar.M
j, Thymol Hg waren nachweisbar einige größere und eine
Menge kleinerer Hg-Eugeln, d. h. weniger als.1*0
„ Kalomel waren nachweisbar eine große Menge
ziemlich großer und kleiner Kugeln ....
„ Merkuriol waren nachweisbar eine große
Menge größerer und kleinerer Kugeln . . .
d. h. etwa 1*0
mg
mg
Hg
Hg
Hg
Wenn es sich nxm auch gezeigt hat, daß der Eochsalz-
gehalt der Eörpersäfte ein beitragendes Moment zur Absorption
dieser schwerlöslichen Hg-Präparate gewesen ist, so ist es gleich¬
wohl sicher, daß dies, was Salicyl. Hg betrifft, von unterge¬
ordneter Bedeutung gewesen ist; wir können ganz sicher be¬
haupten, daß wir in der großen Löslichkeitsfahigkeit dieses
Präparates in Eiweißhaltige Flüssigkeiten die Ursache der
außerordentlich schnellen und kräftigen Absorption des Hg
bei der Injektion dieses Mittels zu sehen haben.
Allein auch wenn dieser Plrklärungsgmnd plausibel ist,
reicht er doch nicht aus zu erklären, warum die eliminierte
Hg-Quantität schon am Tage nach der Injektion von Salicyl.
Hg in der Regel so bedeutend vermindert ist. Die Ursache
hierfür scheint mir in nichts anderem liegen zu können, als
entweder in erschwerter Absorption von der injizierten Masse
oder auch in erschwerter Elimination des Quecksilbers. Das
letztere können wir nicht gut annehmen, weil wir finden, daß,
nachdem eine neue Injektion gegeben wird — mag dies nun
3, 4 oder 5 Tage nach der vorhergegangenen geschehen —
schnell eine höchst bedeutende Elimination von neuem auftritt.
Dies deutet, wie mir scheint, mit größter Wahrscheinlichkeit
darauf hin, daß die Hauptursache in einer erschwerten Absorp¬
tion von dem injizierten Quecksilberdepöt zu suchen ist. Eine
Hypothese über die Ursache hierfür aufzustellen, ist zwecklos;
diese Frage kann, soweit sich nicht durch einen Zufall die Möglich¬
keit einer Obduldion in einem Falle, wo Injektionen mit Sa-
li<^l. Hg gemacht sind, darbieten sollte, so weit ich finden
kann, nur durch Tierversuche gelöst werden, unter der Vor¬
aussetzung, daß Salicyl. Hg im Blutserum dieser Tiere ebenso
leicht lösHch ist, wie in dem des Menschen.
Seitdem ich das Vorhergehende geschrieben habe, wurde
im Erankenhause St. Göran eine Person aufgenommen, die
tertiäre SyphiUs und ein schweres Nierenleiden hatte. Na¬
türlich suchte ich diesen Fall anzuwenden, um im Urin der¬
selben die Lösungsfähigkeit der schwerlöslichen Hg-Präparate
Areh. f. Demuit. a. Sypb. Bd. LXZXII. 23
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194
Welander.
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ZU studieren. Das erstemal, wo er untersucht wurde, hatte er
r637o Alb. im Urin, 1*019 spez. Gewicht, der Urin war be¬
deutend sauer; in demselben war kein Hg. Zu je 35 g Urin
wurden 20 cg Salicyl. Hg, Thymol. Hg, Kalomel und Merkuriol
hinzugesetzt. Die ganze Salicyl. Hg-Menge löste sich sehr
schnell, es entstand eine vollständig klare Lösung. Beim Zu¬
satz von Kalomel entstand sofort ein schwarzgrauer Nieder¬
schlag, der bald grüngrau wurde. Beim Zusatz von Tbjfmol.
Hg und Mercuriol war makroskopisch keine Veränderung sicht¬
bar. Nach einem Tage wurde die quantitative Untersuchung
nach Farup vorgenommen, wobei nacbgewiesen werden konnte:
von 20 Salicyl. Hg, entspr. 118 cg metall. Hg waren nachw. 11*72 ey Hg
„ 20 Thymol. Hg, „ 11*38 cp „ „ „ 1*70 cg Hg
„ 20 cp Kalomel, „ 16*98 cp „ „ 230<pHg
„ 20 cp Merkuriol, „ 9*00 cp » » » « 0*90 cg Hg
In dem Gedanken, daß der Säuregehalt des Urins mög¬
licherweise aut die Löslichkeit der Hg-Präparate, die mir
außerordentlich groß vorkam, eingewirkt haben könnte, wurde
der Urin in der folgenden Probe vor Untersuchung nach F a-
rup neutralisiert; dieselbe wurde in gleicher Weise, wie im
vorhergehenden Falle ausgeführt; das Resultat war:
von 20 cg Salicyl. Hpr —
ll*80c^ metall. Hgs waren c
7»
20 eg Thymol. Hg H.
11*38 cp „
» n
»
20 cg Kalomel zz
16*98 cp „
n n
n
20 eg Merknriol z:
9*00 cp „
n »
Es wurde also gelöst:
in saurem Urin
iu ueutralii
von
Salicyl. Hg
99*37,
100»/,
Tbjrmol Hg
14*8»',
3*8»/,
>»
Kalomel
13*5»/,
7*3»/,
1»
Merkuriol
10*0»/,
9*1»/,
0*44 cp Hg
1*24 <p Hg
0*82 cp Hg
(Salic. Hg enthält et*
was mehr als 11*8%
metallisches Hg, wes¬
halb die Ziffer 11*88
richtig ist.)
d. h., die Löslichkeit von Thymol-Hg und Kalomel war in
saurem Urin bedeutend größer, als iu neutralisiertem; ein un¬
bedeutender Unterschied in dieser Beziehung war bei Salicyl-
Hg und Merkuriol.
Vergleichen wird den Prozentsatz gelösten Hgs in Urin
und in Ascitesflüssigkeit, so finden wir einen bedeutenden Unter¬
schied ; er war viel größer im Urin. Worauf dies beruht, kann
ich nicht sagen, es deutet aber an, daß auch andere Sachen
als das Albumin hier mitspielen. Was das Salicyl Hg betrifft,
so scheint seine Löslichkeitsfähigkeit im Urin hauptsächlich
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 195
beinahe ausschließlich auf der Albuminmenge im Urin zu
beruhen; ich habe hierüber mehrere Untersuchungen gemacht,
die hierauf hindeuten. Ich will hervorheben, daß in Ascites¬
flüssigkeit mit einem Eiweißgehalte von 7—8% sich nur 58
(resp. 53) % löste, im Harne mit einem Eiweißgehalt von 1'6%
aber lösten sich 100% Saltcyl. Hg. Was das Kalomel betrifft,
so habe ich den Niederschlag von demselben nach Zusatz dieses
Mittels mikroskopisch untersucht; im obengenannten Falle mit
ungewöhnlich großem Albumingehalt im Urin zeigte sich bei
wiederholten Untersuchungen an verschiedenen Tagen, daß er
aus schwärzlichen, zusammengeballten kleinen Klumpen und
mehr oder weniger runden Kugeln, die alle mit feinen, spitzen
Stacheln besetzt waren, bestand; wenn dieser Urin vor dem
Kalomelzusatz mit 3 Teilen destillierten Wassers verdünnt
wurde, waren diese kleinen stacheligen Kugeln nicht entdeck¬
bar; der Niederschlag war, wie hei den anderen Hg-Präparaten,
mehr körnig; bei diesem verdünnten Urin löste sich nur ein
Teil Salic. Hg; dasselbe war hei anderem weniger alhumin-
baldgen Urin der Fall.
Wenn ich zu 20 cg von verschiedenem albuminhaltigen
Urin 10 der verschiedenen 4 Hg-Präparate zusetzte und
einen Tag oder auch kürzere Zeit stehen ließ und sie dann
filtrierte oder dekantierte, ist nach Zusatz von Schwefelwasser¬
stoff niemals mit Salic. Hg eine Dunkelfärbung entstanden,
dagegen konstant mit Kalomel (verschiedene starke Dunkel¬
färbung, wahrscheinlich auf dem Albumingebalt beruhend). Bei
Thjmol-Hg und Merkuriol hat sich kaum jemals eine Andeu¬
tung zu einer Färbung gezeigt. Ich will diese Versuche nur
erwähnen, ohne über die Resultate derselben Reflexionen an¬
zustellen.
Bürgi bat die Größe der Harnabsonderung bei verschie¬
denen Behandlungsmethoden studiert und deren Zu- oder Ab¬
nahme mit den Variationen in der Quantität durch den Harn
eliminiertes Quecksilber zusammengestellt. Besonders betont er
den Zusammenhang zwischen der Harnmenge und der elimi¬
nierten Hg-Menge bei der Injektion dieser scbwerlöslichen Salze
und sagt: „Sehr deutlich ist zu sehen, wie die täglichen
Urinmengen mit dem Quecksilbergehalt zu- und abnehmen,
so daß namentlich beinahe keine maximale Quecksilboraus-
scheidung ohne starke Steigerung der Diurese verläuft.“ Ferner
sagt er: „daß in den graphischen Darstellungen die Urinkurve
gewöhnlich ein verkleinertes Abbild der Quecksilberkurve dar¬
stellt“.
IS*
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196
W elander.
Werfen wir nun einen Blick auf meine Kurve I, die die
tägliche Menge eliminiertes Hg und darunter die tägliche Menge
abgesonderten Urines abbildet, so finden wir eine unzweideutige
Übereinstimmung zwischen diesen. Beinahe jeden Tag, wo
eine Injektion von Salicjl. Hg gegeben und die Hg-Elimination
somit eine bedeutende gewesen ist, finden wir auch eine ge¬
steigerte Urinabsonderung, bei der 3. und 4. Injektion eine so
enorme, daß die abgesonderte Urinmenge 4000 ccm betrug.
(Ich will darauf aufmerksam machen, daß während dieser Tage
keine bedeutende Abnahme im spezifischen Gewichte des Urins
vorkam; wir finden eine solche zwar am 2., 3., 4. und 5. In¬
jektionstage, wo das spezifische Gewicht nur 1*010 betrug, vom
3. bis zum 21. Versuchstage war es jedoch in der Regel nicht
höher als 1*014; zwei Tage war es 1013, einen Tag 1*011 und
einen Tag 1*010.)
Dieser mein Fall 1 stimmt mit Bürgis überein, dagegen
nicht mein Fall 2 von Injektion mit Salicyl. Hg; dort finden
wir, daß die Hg-Quantität am 2. Injektionstag auf 6 mg steigt,
während die Urinmenge etwas abnimmt; am 3. Injektionstaige
f^t die Urinmenge etwas, am 6., wo die Hg-Elimination bis
auf 11*4 mg steigt, ist die Urinmenge jedoch nicht größer als
1580 ccm mit einem spezifischen Gewicht von 1*017. (Ich
habe versucht, dies in Kurve Hl anschaulich zu machen.)
In dem in Kurve V abgebildeten Falle von Salicyl. Hg-
Injektion war die Hg-Elimination am 1. Tage 10*2 mg groß,
die Urinmenge war 1740, spezifisches Gewicht 1*019; am 6. Tage
vor der neuen Injektion betrug die Hg-Elimination nicht ein¬
mal 1 mg, die Urinmenge wiederum war 1750 ccm, spezifisches
Gewicht 1*026.
ln Kurve IV (die Ii^'ektion mit 10 c^ Thymol-Hg wurde
jeden 5. Tag gegeben) finden wir keine Übereinstimmung
zwischen der eleminierten Hg-Quantität und der Urinmenge.
Ich habe dies in der Regel nicht bei den übrigen Be¬
handlungsmethoden gefunden.
Ich habe natürlich allzu wenig Serien, um Schlüsse ziehen
zu können, es scheint mir aber, daß Bürgis Auflassung in
der Regel nicht einmal für die schwer löslichen Hg-Präparate gilt.
Bürgi geht hierauf zur Remanenz des Hg über; er hat
hierüber nur einige Serien Untersuchungen. Er sagt; „Ich hätte
gern auch diese Frage gründlich zu lösen gesucht...” Leider
ist die Schwierigkeit, diese verhältnismäßig einfache Frage der
Elimination des Quecksilbers durch die Nieren gründlich zu
lösen, eine sehr große, und es dürfte vor ihrer gründlichen
Lösung noch viel Zeit vergehen. Viel größere Schwierigkeiten
entstehen bei dem Versuch zur Lösung der Remanenzfrage.
Hierbei darf man die Quantität Hg nicht außer Acht lassen.
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Zar Frage d. Absonderung d. Qnecksilbers durch den Harn. 197
die an den Stellen, wo die Injektionen mit schwerlöslichen
Hg-Präparaten gemacht sind, künere oder längere Zeit zurück-
bleibenden Quecksilberdepots remaniert; solche Depots können
noch viele Wochen hindurch vorhanden sein (s. z. B. meinen
Aufsatz über Erjtb. multif. exsudat., Arch. f. Derm. u. Syph.,
1905, wo ich erwähne, daß sich in diesem Falle 35 resp. 40
und 45 Tage nach der Injektion von Ol. Mercuoli drei große,
mit bedeutenden Mengen Hg von der Injektion enthaltender
schmieriger Masse gefüllte Höhlen in den Glutoealmuskeln be¬
fanden). Von diesen wird fortwährend Hg absorbiert, was zu
einer verlängerten Eliminationszeit sowie zu einer vermehrten
Eliminationsmenge des Hg bei diesen Behandlungsmethoden
beiträgt. — Wenn man von Remanenz spricht, denkt man
eigentlich an das auf diese oder jene Weise absorbierte und
ins Blut; in die Eörpersäfte, in die Gewebe gelangte Hg. Um
diese Remanenzfrage gründlich zu lösen, handelt es sich nicht
allein darum, zu ermitteln, eine wie große Quantität Hg durch
die Nieren eliminiert worden ist, sondern es handelt sich auch
um Klarstellung der wichtigen Frage: wo im Organismus befindet
sich nun dieses remanierte Quecksilber? Befindet es sich im
Blute, in den Eörpersäften zirkulierend? oder befindet es sich
in den Geweben, in den verschiedenen Organen deponiert?
Dies ist von sehr großer Bedeutung, denn in dem ersteren
Falle kann das Quecksilber im Organismus umhergeiührt
werden und seinen Einfiuß auf vorhandene syphilitische Erank-
heitsprozesse ausüben und eventuell das Auftreten neuer ver¬
hindern, im letzteren Falle könnte es wohl nur eine lokale
Einwirkung auf die Stellen, wo es deponiert ist, ausüben. Zur
gründlichen Lösung der Remanenzfrage bedarf es einer außer¬
ordentlich mühseligen Arbeit, deren Ausführung wohl kaum in
der Macht eines Menschen steht. Dies ist sehr Schade, denn
die wirkliche Lösung dieser Frage wäre oft von großem Nutzen,
sie könnte uns manche wichtige Aufschlüsse, z. B. über das
Verhältnis zwischen der eliminierten Hg-Quantität und dem im
Blute, im Organismus remanierenden Ug-Gehalte, über das
Verhältnis zwischen der durch Nieren, Faeces, Milch, Speichel usw.
eliminierten Hg-Menge geben.
Im Verlaufe von über 20 Jahre habe ich Untersuchungen
über die uns hier beschäftigenden Fragen angestellt und viele
tausende Untersuchungen über die Absorption, Elimination und
Remanenz des Quecksilbers gemacht; ich habe hierbei einsehen
gelernt, wie wenig wir im Grunde über diese Fragen wissen.
Da es sich so verhält und da ich jetzt keine quantitativen Unter¬
suchungen über die Remanenz des Quecksilbers gemacht habe,
will ich diese Frage, so weit sie die Hg-Elimination durch die
Nieren betrifft, hier unbesprochen lassen, will aber doch mit
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W elander.
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einigen Worten die Auffassung, die ich noir über die Bemanenz
des Quecksilbers im Organismus durch eine wenn auch relativ
geringe Anzahl vergleichender Untersuchungen über die Hg-
Menge im Blut, Gewebe und Urin gebildet habe, berühren.
Da vom lebenden Menschen in der Kegel nur eine sehr
geringfügige Quantität Blut für jede Untersuchung genommen
werden kann, ist es natürlich, daß die gefundene Hg-Menge
eine sehr geringe ist, was jedoch nicht hindert, daß die Hg-
Menge im Blut im ganzen eine ganz bedeutende sein kann.
Wir finden hier dasselbe, wie beim Jod, Gibt man ein
paar Gramm Jodkalium auf einmal, so kann man im Blute Jod
nur in einer sehr geringen Menge nachweisen, trotzdem die
Jodreaktion im Harn und Speichel eine außerordentlich starke
ist; denn 2 g Jodkalium auf die ganze Blutmasse gleichmäßig
verteilt, d. h. auf etwa 8500 o, oder wenn man sämtliche
Körpersäfte rechnet (unter der Voraussetzung, daß die Person
ungefähr 60 kg wiegt), auf 40.000 g können im Blute oder in
den Eörpersäften keine starke Jodreaktion geben. Untersucht man
Ascitesflüssigkeiten, Hydrocelarflüssigkeiten, den serösen Inhalt
in Blasen nach Vesikatorien usw., so findet man in diesen stets
eine sehr geringe Quantität Jod, ungefähr der Jodmenge im
Blute entsprechend, und zwar aus dem Grunde, weil das Jod¬
kalium in diesen Flüssigkeiten nur aus dem Blute transsudiert
ist. Ganz anders verhält es sich beim Urin und beim Speichel;
hier haben wir Drüsen, Drüsenzellen, die die kleinste Quan¬
tität Jod aus dem Blute aufnehmen und dasselbe dann elimi¬
nieren können. Durch gemeinsame Wirkung einer Menge solcher
Drüsenzellen kann z. B. im Ham eine Jodquantität eliminiert
werden, die eine ganz deutliche Jodreaktion gibt, obschon der
Jodgebalt im Blute in der Quantität davon, die zur Unter¬
suchung genommen werden kann, ein so minimaler ist, daß
man denselben nicht naebzuweisen vermag. (S. meine Aufsätze:
Eim'ge Untersuchungen über Jod und Quecksilber. Wiener klin.
Rundschau, 1897 und Ueber Jodkalium, Jodalbacid und Jodipin,
Arch. f. Dcrm. u. Syph., 1901.)
ln der Hauptsache finden wir das gleiche Verhältnis beim
Quecksilber, obsebon Unterschiede vorhanden sind, da das Jod
im Laufe einiger Tage aus dem Organismus eliminiert wird,
während es mehrere Monate dauert, bis alles Hg eliminiert ist.
Auch wenn eine nicht unbedeutende Quantität Quecksilber
absorbiert worden ist und ins Blut gelangt ist, kann doch —
da dieses ungefähr 8500 g ausmacht — die in z. B. 10 g des¬
selben entdeckbare Quantität Hg natürlich nur eine sehr geringe
sein; trotzdem kann die Elimination des Hg durch die Nieren
groß oder ziemlich groß erscheinen.
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Zar Frage d. Absondemng d. Quecksilbers durch den Harn. I 99
In vielen Fällen habe ich nun, teils während, teils nach
Abschluß der Behandlung, das Blut auf Hg untersucht — hier
ist es notwendig, eine sehr empfindliche Methode, z. B. die
Al men-S chiliberg sehe, mittels welcher minimale Mengen
Hg nachweisbar sind, anzuwenden. Ich habe das Blut teils
mittels Schröpfens entnommen, teils bei der Obduktion ge¬
sammelt. ln diesem letzteren Falle habe ich versucht, den Hg-
Gehalt im Blute und in den Geweben von verschiedenen
Organen zu vergleichen ; stets erschien mir die Hg-Quantität
viel größer im Blute als in den Geweben; dies gilt sogar für
die Nieren, wenn das Blut aus denselben ausgespült ist. (Siehe
meinen Aufsatz: Einige Worte über die Remanenz des Queck¬
silbers im menschlichen Körper, Arch. f. Derm. u. Syph. 1901.)
Ich habe in allen Fällen, wo es möglich war, die Quantität
Hg im Urin und im Blute verglichen; in der Regel habe ich
gefnnden, daß die Anzahl und Größe der Hg-Kugeln im Blut
in einem sichtbaren Verhältnis zu ihrer Anzahl und Größe im
Urin steht, d. h. ich habe niemals einen bedeutenden Hg-Gehalt
im Urin gefnnden, ohne einen relativ großen Hg-Gehalt im
Blute nachweisen zu können, es ist aber vorgekommen, daß
ich einen sehr unbedeutenden Hg-Gehalt im Urin und gleich¬
wohl einen relativ großen Hg-Gehalt im Blute gefunden habe.
Das ist der Grund, weshalb ich glaube, daß wir nicht deshalb,
weil wir an einem Tage bei einer Untersuchungsserie eine
geringe Hg-Quantität im Urin finden — denn dies kann leicht
auf einem Zufalle beruhen — das Recht haben zu sagen, daß
das Blut im Verlaufe dieses Untersuchungstages eine vermin¬
derte Quantität Hg enthalten habe. Die Schwankungen in der
Hg-Quantität im Urin an verschiedenen Tagen brauchen nicht
Schwankungen im Hg-Gehalt im Blute oder entsprechende
Schwankungen in der absorbierten Hg-Menge während dieser
Tage zu bedeuten.
Natürlich werden sorgfältige, durchgehende vergleichende
Untersuchungsserien über die Hg-Menge im Blute, im Ham,
in den haeces usw. sehr wichtige Aufschlüsse hierüber geben
können. Es war meine Absicht, wenigstens einige solche zu
machen, leider hat aber die Macht der Verhältnisse mich ge¬
hindert, diese auszuführen. Ich kann nur eine einzige und diese
nur 7 T^e nmfassend vorlegen; die Injektion von Salicyl.
Hydr. schien mir infolge des charakteristischen eigentümlichen
Eliminationstypus das zu diesem Zwecke geeignetste Idittel
zu sein; damit dieser so deutlich wie möglich hervortrete,
wurden die Injektionen den ersten und siebenten Tag gemacht.
P., der noch niemals Hg erhalten hatte, bekam den
8. Juni um 2 Uhr Nachm, eine Injektion von 10 Salicyl. Hg;
am Morgen desselben Tages um 8 Uhr Vorm, hatte er Öffnung
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W e l a n d e r.
gehabt; unmittelbar vor der Injektion ließ er Wasser; Blut
wurde durch Schröpfen entnommen; da Bürgi betont hatte,
daß die größte Elimination in den 4—6 ersten Stunden nach
geschehener Injektion stattfinde, hätte in diesen Stunden die
größte Absorption vor sich gehen und das Blut während dieser
Stunden sich am Hg haltigsten erweisen müssen. P. wurde
deshalb den 8. Juni um 4 Uhr Nachm, und 8 Uhr Nachm.,
die übrigen Tage nach Ende des Untersuchungstages, d. h.
kurz vor 2 Uhr Nachm, geschröpft. Am 14. Juni wurde um
2 Uhr Nachm, eine neue Injektion von 10 cg Salicyl Hg gemacht;
Blut wurde an diesem Tage um 4 und 8 Uhr Nachm, ent¬
nommen. Am letzten Tage, d. b. am siebenten, hatte P. um
10 Uhr Nachm, und 8 Uhr Vorm. Öffnung. Das Blut wurde,
nach Zerstörung der organischen Stoffe, mittels des Almen-
S chiliberg sehen Verfahrens, der Harn und die Faeces nach
dem Farupschen Verfahren untersucht (auch in den h'aeces
wurden erst die organischen Stoffe zerstört).
Das Resultat des Versuches war folgendes;
Tabelle IV.
Injektion von 10 cg Salicyl. Hydrarg. den 8./VI. um 2 Uhr und den
14./VI. um 2 Uhr.
1
M
O
'S
o rr
n
Blut
Urin
F a c e 8 ^
1
1.
nach zwei Stundeu 10 ccm
mehrere kleine Kugeln
nach sechs Stunden 10 ccm
kolossale Menge kl. K.
1740 ccm 1*019 sp. G.
10 2 mp
241 ^ , . .2*7 mg'
7)
\
2
10 ccm eine Menge recht
große und kleine Kug.
1520 ccm 1*019 sp. G.
2*4 mp
b2 p . . . . 3-8
3
10 erm einige recht große,
eine Menge kleiner Kug.
1900 ccm r018 sp. G.
eine Menge groß,
u. kleine Kugeln
203 p große Menge
kleine Kugeln
1
4
1
7*6 ccm kolossale Menge
kleiner Kugeln
1140 ccm 1*029 sp. G.
eine Menge recht
großer Kugeln
99 g große Menge^
kleine Kugeln |
i ”
i
5
8-7 ccm bedeutende Menge
kleine Kugeln
1370 ccm 1*028 sp. G.
eine Menge recht
gr. u. kl. Kugeln
168 p eine Menge
g^rößere u. klein.
Kugeln
1
1 ”
6
11 ccm sehr bedeut. Menge
kleinere Kugeln
1760 ccm 1026 sp. G.
einige recht gr.,
eine Menge kl. K.
132 p eine Menge
1 kleine Kugeln |
2.
1
(
7
1
nach 2 St. 10 ccm mehrere
nicht kl., bed. M. kl. Kug.
nach 6 St. 10 ccm ein paar
zieml. gr., bed. Menge
nicht kl. u. kleine Kug.
2200 ccm 1*014 sp. G.
6*4 mp
101 p mehrere recht
' große, bedeutende
Menge kleineKug.l
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Ham. 201
Natürlich können aus dieser einzigen, kurzen Unter-
suchungsserie keine eigentlichen Schlösse gezogen werden. Ich
will doch darauf aufinerksam machen, daß schon zwei Stunden
nach geschehener Injektion Hg wenngleich in geringer Menge
im Blute nachweisbar war; nach 6 Stunden fand sich Hg in
nicht geringer Menge; am Ende des 2. Tages war der Hg-
Gehalt relativ groß, gegen Ende des 3. Tages etwas geringer,
während der folgenden drei Tage jedoch ziemlich groß. Zwei
Stunden nach der neuen Injektion war keine sichtbare Zunahme
des Hg-Gehaltes zu bemerken, aber 6 Stunden darnach konnte
eine deutliche Vermehrung nachgewiesen werden. (Ich brauche
nicht zu bemerken, daß man, wenn es sich um so außerordent¬
lich kleine Quantitäten handelt, sein Urteil mit einer gewissen
Reservation fällen muß.)
Im Ham fand sich der charakteristische Eliminationstypus
stark ausgeprägt, dies war nicht in den Faeces der Fall; aber
was diesen betrifft, so kann die Entscheidung, was eigentlich
zur Elimination wom einen oder anderen Tage zu rechnen ist,
mehr als einmal sehr schwierig sein. Möglich ist, daß ein Teil
des am 2. Tage eliminierten 3'8 mg Hg eigentlich der Äbson-
derang des 1. Tages zuzuschreiben ist, in welchem Falle der
Typus mit dem den Urin übereingestimmt haben könnte;
vom 3—6. Tage war die Elimination des Hg durch die Faeces
unbedeutend; ebenso während des 7. Tages, trotzdem da eine
neue Injektion gemacht wurde; möglicherweise hätte sich, wenu
die Abfühmng um 2 Uhr hätte erhalten werden können, das
Resultat anders gestellt.
In diesem Falle war die Hg-Elimination durch die Faeces
bedeutend geringer, als durch den Urin. In diesem Falle kann
man nicht im Blute denselben Typus des Hg-Gehaltes wie im
Urin bemerken. Trotzdem der Hg-Gehalt im Urin vom 1. bis
zum 2. Tage so bedeutend fällt und an den übrigen Tagen
nur ganz Mein ist, ist der Hg-Gehalt im Blute am 2. Tage
größer und während der letzten Tage kann man keine Ver¬
minderung des Hg-Gehaltes im Blute finden. Weim ich oben
erwähnt habe, daß die hauptsächlichste Ursache dieses eigen¬
tümlichen Typus der Hg-Absonderung durch den Urin in einer
erschwerten Absorption des Hg liegt, kann man sich doch nicht
des Gedankens erwehren, daß, da sich der Hg-Gehalt im Blute
relativ hoch erhielt, trotzdem die durch den Urin eliminierte
Hg-Quantität so bedeutend sank, erschwerte Elimination in
diesem Falle ein beitragender Anlaß hierzu gewesen ist.
Da SalicyL Hg in eiweißhaltigen Flüssigkeiten so leicht¬
löslich ist, könnte möglicherweise die ganze Menge des inji¬
zierten Salic. Hg schon in einigen Stunden absorbiert werden
und kein Hg-Depöt Zurückbleiben; solcherfalls aber, scheint
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202
W eiander.
es mir, möchte ich im Blute eine noch größere Hg-Menge
gefunden haben; solchenfalls wird es noch schwerer diese
schnelle unterbrochene Hg-Elimination durch die Nieren zu
erklären.
Da ich so kleine Blutquantitäten zur Untersuchung gehabt
habe und außerdem nur einige Tage hindurch Untersuchungen
angestellt sind, will ich diese kurze Untersuchungsserie nur
mitteilen, ohne irgendwelchen Schluß aus derselben zu ziehen.
Zur wirklichen Lösung der wichtigen Remanenzfrage bedarf
es sicher vieler und langer Tierversuche.
Zu Anfang meines Aufsatzes habe ich die Bemerkung
gemacht, daß B ü r g i zu wenig Fälle zur Stütze seiner Schlösse
habe, ich habe auch darauf hingewiesen, daß diese Ausstellung
mit noch größerem Grunde gegen mich erhoben werden kann,
da ich noch weniger Untersuchungsserien nach dem F a r u p sehen
Verfahren als Bürgi habe; ich habe aber auch darauf aufmerksam
gemacht, daß ich mich trotzdem für berechtigt halte, mich
über Bürgis Untersuchungen und Schlüsse zu äußern, weil
ich mich außer den quantitativen Untersuchungen auf viele
tausende Hg-Untersuchungen nach dem Almen-Schillberg-
schen Verfahren stützen kann, nach welchem Verfahren ich
die Quantität eliminiertes Hg approximativ habe schätzen
können; ich habe bemerkt, daß diese Untersuchungen auch
in dieser Beziehung ihren Wert haben. Es bleibt mir nun noch
übrig, wenigstens einige Beweise hierfür zu bringen zu ver¬
suchen.
Wenn mau auf meine nach der Farup sehen Methode
ausgefübrten Serien einen Blick wirft, so findet man, daß in
den Fällen, wo der He* Gehalt nicht 1 mg ausgemacht hat, die
Hg-Quantität approximativ durch Angabe der Anzahl und Größe
der Hg*Eugeln ausgedrückt ist. Man findet da die Angabe, daß
z. B. in der Urinmenge für einen Tag eine Menge größerer
und kleinerer Hg-Kugeln naebgewiesen worden sind, daß der
Hg-Gehalt im Urin aber trotzdem nicht 1 mg betragen hat,
d. h. daß nur eine (recht) kleine Hg-Quantität gefunden worden
ist. In meinen früheren Aufsätzen fand sich mehr als einmal
angegeben, daß eine Menge größerer und kleinerer Hg-Kugeln
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 203
nachweisbar war, daß ich aber hier den Hg-Gebalt als einen
großen aufgefaßt habe. Dies kann ja als ein Widerspruch
erscheinen, dies ist aber nicht der Fall, sondern dies beruht
darauf, daß bei der Farupschen Methode die ganze tägliche Urin¬
menge untersucht worden ist, während ich beim Almen-Schill-
b e r g sehen Verfahren nur 800 ccm Urin untersucht habe. Da nun
die durchschnittliche tägliche Urinabsonderung auf 1500 ccm
geschätzt werden kann, hätte ich bei Untersuchung dieser
ganzen Quantität einen fünfmal so großen Hg-Gehalt, wie den
in 300 ccm gefundenen, finden sollen, was beweist, daß ich bei
meinen früheren Untersuchungen berechtigt war, dem Ausdrucke
„eine Menge größerer und kleinerer Kugeln** einen viel größeren
Wert beizulegen, als dieser Ausdruck bei meinen Untersuchungen
nach der Farupschen Methode erhalten kann, sowie, daß ich
ganz berechtigt war, die von mir gefundene Hg-Quantität da
als groß zu schätzen.
Um mir indessen eine bessere Vorstellung davon zu
machen, was diese oder jene Anzahl und diese oder jene Größe
Hg-Kugeln bedeutet, habe ich zu 300 ccm Urin verschiedene
Hg-Qnantitäten, resp. ’/in U 2, 3, 4, 5 Sublimat
zngesetzt und dann untersucht, wieviel Hg-Kugeln bei diesen
verschiedeuen Proben nachweisbar waren. Es hat sich da
gezeigt, daß z. B. „eine Menge größerer und kleinerer Kugeln**
vorgekommen sind, wenn ich zu 300 g Urin 1 mg Sublimat
zugesetzt habe; nun enthält Sublimat ungefähr nur 70% me¬
tallisches Quecksilber; also würden „eine Menge größerer und
kleinerer Hg-Kugeln" in 300 ccm Urin einem ungeföhren Hg-
Gehalt von 0'7 entsprechen. Hätte ich nun die ganze tägliche
Quantität Urin zur Untersuchung angewendet, so hätte ich eine
ungefähr fünfmal so große Quantität Hg, d. h. ungefähr 3*5 mg
gefunden, welche Quantität mit Hecht als groß zu bezeichnen
ist; die Quantität, die ich bedeutend und höchstbedeutend
nenne, entspräche nach dieser Berechnung 4—7 mg ; recht groß
würde 1—2 mg entsprechen, klein würde einen Hg-Gehalt unter
1 mg bezeichnen. Diese Berechnung kann ja schon aus dem
Grunde, weil ich die tägliche Urinquantität nicht gekannt,
sondern sie nur auf durchschnittlich 1500 ccm geschätzt habe,
nur eine approximative sein.
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204
W eiander.
Um mich davon zu überzeugen, ob diese approximativ
berechnete Hg-Quantität wirklich einigen Wert haben kann,
habe ich bei diesen nach der Farupscheu Methode gemachten
quantitativen Untersuchungsserien 300 ccm von der vermengten
täglichen Urinmenge fortgenommen und diese nach der Almen*
Schill bergseben Methode untersucht, während der Rest der
Urinmenge nach der Farupschen Methode untersucht wurde.
Die ersteren Untersuchungen sind, was den chemischen Teil
betrifft, von Apotheker Schillberg gemacht worden; ich
selbst habe durch mikroskopische Untersuchung die Hg-Quan-
tität geschätzt und berechnet. Bei diesen Untersuchungen habe
ich so gut wie konstant eine sehr große Übereinstimmung
zwischen der approximativen Berechnung und der nach der
Farupschen Methode in Zahlen bestimmten Hg-Quantität ge¬
funden. Um ein Beispiel hierfüi* vorlegen zu können, habe ich
die folgende Kurve U über die approximativ berechnete Quan¬
tität Hg im Falle I von Injektion mit Salicyl. Hg gezeichnet.
Ein Blick auf diese wie auf Kurve I zeigt, eine wie große
Übereinstimmung zwischen diesen herrscht.
Hat man nun bloß eine einzige Untersuchungsserie, auf
die man sich stützt, kann man sich leicht ein vollständig un¬
richtiges Urteil bilden; ich will als Beispiel hierfür Bürgis
Untersuchungsserie über die Injektion mit Ol. Mercurioli an¬
führen, wo er eine schnelle und kräftige Elimination des Hg
gefunden hat. Blomquist hat über 50 Fälle untersucht und
bei allen seinen, vollständig mit allen von mir mit diesem
Mittel nach der Almen-Schillbergschen Methode vorge¬
nommenen Untersuchungen übereinstimmende Untersuchung ganz
das Entgegengesetzte gefunden; hieraus geht ganz offenbar her¬
vor, daß bei Bürgis Untersuchungen in diesem seinem Falle
Fehler vorgekommen sein müssen. Hätte indessen Blomquist
keine quantitativen Untersuchungen angestellt und hätte ich
nur einen einzigen Fall nach dem Almen-S chillbergschen
Verfahren zu meiner Verfügung gehabt und dieser höchst bedeu¬
tende Unterschied in der Hg-Elimination sich gezeigt haben,
so ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, daß das Urteil
gefällt worden wäre, daß Bürgi, der die gefundene Hg-Quan¬
tität in exakten Ziffern angegeben hat. Recht und ich, der die
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 205
Qaecksilbermenge nur approximativ habe schätzen können,
Unrecht gehabt habe — und gleichwohl würde ich in Wirklichkeit
Recht gehabt haben. Obschon die Hg-Quantität in Zahlen ange¬
geben ist, kann sie unrichtig sein, und auch bei der Farup-
schen quantitativen Methode sind EontroUuntersnchungen, je
mehr um so besser, ganz notwendig. Ebenso notwendig ist
dies bei der Almen-Schillhergschen Methode; ich habe
dies auch eingeseben und habe mein Urteil deshalb beinahe
immer auf eine große Anzahl Untersuchungen gestützt. Da
diese unter sich übereinstimmten und da ich bei dem bei der
Anwendung der beiden Methoden von mir vorgenommenen Ver¬
gleich gefunden habe, daß das Resultat mit einander stimmte,
glaube ich ein noch größeres Recht zu dem von mir oben
gefällten Urteil zu haben, daß die approximativ quantitativen
Untersuchungen nach dem Almen-Schillbergsehen Verfahren
ihren (recht bedeutenden) Wert haben.
Sollte ich nun auf Grund der Untersuchungen teils nach der
Farup sehen teils nach der Almen-Schillbergschen Methode
ein Urteil über den Wert der verschiedenen Hg-Behandlungs-
methoden vorlegen, würde dies, wenn ich die Injektion von
Salicyl. Hg ausnehme, vollständig dasselbe sein, das ich lange
vorher in meinem Aufsatze: Einige Worte über die Form der
Anwendung des Quecksilbers, Arch. f. Dermat. u. Syph., 1898,
sowie in meinem kleinen Boche: Ueber die Prinzipien für die
Behandlung der venerischen Krankheiten, Stockholm, 1904,
«isgesprochen habe.
Ich will hier eim’ge Worte ans dem letztgenannten Buche
über die Absorption und Remanenz des Hg bei verschiedenen
Behandlungsmethoden anführen.
„Hg per os: Größe der Absorption unsicher, kann jedoch
bedeutend sein; die Remanenz beruht auf der Größe der Ab¬
sorption; wir können dies nicht ohne chemische Untersuchung
in jedem einzelnen Falle beurteilen.**
„Hg subkutan mittelst löslicher Salze (am liebsten Subli¬
mat) injiziert: schnelle und kräftige Absorption, ziemlich lang¬
wierige Remanenz.“
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206
Welander.
Was die unlöslichen Hg-Präparate betrifft, so habe ich
sie in zwei Gruppen geschieden; in der einen Thymol Hg,
Salicyl. Hg sowie Kalomel, in der anderen Oleum cinerum
(Lang) sowie 01. Mercurioli. Wie schon genannt, fällt Salic. Hg-
aus der ersteren Gruppe fort und nimmt eine ganz eigene
Stellung ein.
„Hg injiziert mittels unlöslicher Salze (Thy¬
mol. Hg und Kalomel): keine sehr schnelle, jedoch sehr kräftige
Absorption; Remanenz langwierig, da nach Beendigung der
Behandlung Hg-Depots Zurückbleiben, von denen die Absorption
fortdauernd stattfindet.“
01. cinerum und Oleum Mercurioli: „langsame
Absorption, langsame Remanenz.“
„Bei sog. perkutaner Hg-Behandlungsmetbode“ (d.h.Ver-
dunstungs-lEinatmungs-JMethode) „Einreiben, Aufstreichen, Säck¬
chen, Mercolintschürze...“ „Bei allen diesen Formen (ziemlich)
schnelle und kräftige Absorption, (ziemlich) langwierige Re¬
manenz.“
Vielmals habe ich in verschiedenen Aufsätzen betont,
daß ich infolge Vergleiche zwischen der Absorption und Remanenz
des Quecksilbers und dem Verschwinden und Auftreten der
syphilitischen Symptome überzeugt worden bin, daß die syphi¬
litischen Symptome um so schneller verschwinden, je schneller
imd kräftiger die Absorption des Hg bei einer Behandlung vor
sich geht und daß das Auftreten von Rezidiven um so länger
dauert, je langwieriger die Remanenz einer größeren Quan¬
tität Hg ist.
Unsere Aufgabe und unser Zweck bei der Hg-Behandlung
sind nun teils die vorhandene syphilitische Symptome zu ent¬
fernen, teils auch das Auftreten neuer zu verhindern zu suchen.
Die Frage ist da, welche Behandlungsmethode am zweck¬
mäßigsten zur Anwendung kommen soll; die Kenntnis der Ab¬
sorption des Quecksilbers muß hier unsere Handlungsweise
bestimmen. Haben wir schwere syphilitische oder auch sehr
ansteckende und für die Umgebung gefährliche Symptome, so
müssen wir eine Behandlungsmethode anwenden, wo das Hg
schnell absorbiert wird und Aussicht dazu vorhanden ist, daß
die Symptome schnell verschwinden; sehr geeignet ist in diesem
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Zur Frage d. Absonderung d. Quecksilbers durch den Harn. 207
Falle die Anwendung von (intravenösen oder intramuskulären)
Sublimatinjektionen; daß die Anwendung von Injektionen mit
Ol. Mercurioli in derartigen Fällen nicht zweckmäßig ist, dürfte
aus dessen langsamer Absorption deutlich hervorgehen; kli¬
nische Erfahrungen lehren auch, daß es lange dauert, bis die
syphilitischen Symptome bei dieser Behandlungsmethode ver¬
schwinden. Handelt es sich wiederum um präventive Behandlung
symptomfreier Syphilitiker, ist es von Bedeutung, ihm eine mit
so wenig Unannehmlichkeiten für ihn wie möglich verbundene
Hg-Behandlung zu erteilen, durch welche das Hg lange und
in großer Menge remaniert, und wodurch [man auch die Aus¬
sicht hat, das Auftreten neuer Symptome eine lange Zeit hin¬
durch zu verhindern; in solchen Fällen sind Injektionen von
Ol. Mercurioli sehr geeignet.
In den am gewöhnlichsten vorkommenden Fällen können
wir Injektionen von Thymol-Hg oder eine Form der Einatmungs¬
behandlung anwenden; die Injektion mit Thymol-Hg ist kräftiger,
die Remanenz des Hg dort auch langwieriger.
Wir haben jedoch nicht nur auf die Absorption und
Remanenz des Quecksilbers Rücksicht zu nehmen, wir müssen
auch auf die Vorzüge und Nachteile, die der einen oder anderen
Methode anhaften, Rücksicht nehmen. Es wird die Sache des
Arztes sein, in den einzelnen Fällen zu überlegen und zu be¬
stimmen, was in der einen oder anderen Beziehung für den
Patienten am zweckmäßigsten ist (s. hierüber meine oben ange¬
führten Aufsätze sowie Marcus und Welander: Zur Frage
der Behandlung der Syphilis mit besonderer Berücksichtigung
intravenöser Injektionen. Arch. f. Derm. u. Syph. 1906).
Es ist ein Glück, daß wir so viele Arten der Verabreichung
des Quecksilbers haben, denn eine jede Methode hat ihre
größeren oder kleineren Vorteile und Nachteile, und es würde
recht schwer sein, eine von diesen zu entbehren; die Methode,
die wir meiner Ansicht nach am leichtesten entbehren könnten,
ist die Schmierkur; trotzdem diese für den Patienten ganz
sicher die unangenehmste von allen ist, ist sie gleichwohl die¬
jenige, die vielleicht fortdauernd das größte Ansehen genießt
und vielleicht am meisten augewendet wird; ich selbst verordne
doch sie schon seit vielen Jahren nicht mehr und habe sie
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208
Welander.
niemals entbehrt, noch habe ich mich versucht gefühlt, sie
von neuem anzuwenden.
Was die Iiye^^ionen mit Salicyl. Hg betrifft, so laßt sich
noch schwer sagen, wann und wie sie am besten anzuwenden
ist; der eigentümliche Absorptionstypus läßt jedoch ahnen, daß
diese Methode, richtig angewendet, uns von großem Nutzen
werden kann. Auch Thal man ns Nasen-Hg-Behandlung scheint
mir einer genauen Prüfung wert zu sein.
Wünschenswert wäre es, wenn von hervorragenden Che¬
mikern quantitative Hg-Untersuchungen nach der F a r u p sehen
oder einer anderen genauen Methode und zwar nicht nur über
die Hg-£limination im Urin, sondern auch über die so wichtige
Remaneuzfrage im ganzen in großem Maßstabe gemacht werden
könnten. Vielleicht würde unsere jetzige Auffassung über diese
Fragen mehr oder weniger modifiziert werden; unter allen
Umständen würden derartige Untersuchungen in viele in prak¬
tischer Hinsicht wichtige Fragen, die wir jetzt nicht kennen
und über welche wir uns jetzt nur eine oft mehr oder weniger
wahrscheinliche Vorstellung bilden können, Licht bringen.
Die Erklärung der Abbildungen auf Taf. VIII u. IX ist dem
Texte zu entnehmen.
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Archiv f. Dermatologie u.Syphilis Band LXXXIl.
Taf. IX.
Kurve IV.
Jnjektionen mit Hydr Thymolo-aceticum.
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2 3 4 5 6 7
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Ein weiterer Beitrag zu den
strichförmigen Hauterkrankungen.
Von
Dr. L. Fischei und Dr. A. Blaschko
in Berlin.
CHiezu Taf. X und zwei Abbildungen im Texte.)
I. TeU.
Yon Dr. L. Fischei.
Die Zahl der bisher yeröffentlichten Fälle von strich-
förmigem Auftreten gewisser Hautaffektionen ist nachgerade
eine ziemlich erhebliche geworden, trotz alledem ist es jedoch
bisher noch nicht gelungen, die Ursachen für den eigentüm¬
lichen Verlauf dieser Erkrankungen überzeugend zu klären
und sie auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Alle die
Hypothesen, welche man in dem einen oder anderen Falle auf¬
gestellt hat, zeigten sich als unzutreffend für die Erklärung
anderer Fälle und mußten somit wieder fallen gelassen werden.
Weder die Annahme, daß der Verlauf der Affektion an die
Bahnen peripherer Hautnerren oder Gefäße gebunden sei, noch
die Vermutung, daß es sich um Linien handle, welche für das
Gleichgewicht der Hautspaiinung von Bedeutung seien, können
allgemeine Geltung beanspruchen, ebensowenig wie irgend eine der
anderen Hypothesen. Es ist dies ja auch leicht begreiflich bei
der Schwierigkeit, pathologisch-anatomische Belege zu erlangen.
Ich möchte deshalb nicht verfehlen, den bereits früher von
mir publizierten Fällen von strichförmiger Hauterkrankung*)
‘) Derinatolog. Zeitschrift. Bd. IX. H. 2 und ebenda Bd. XIII. H. 5.
Areb. f. Dennat. a. Sypb. Bd. LXXXII. i j
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210
Fischei und Blaschko.
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einen neuen hinzuzufUgen, der von hervorragendem Interesse
ist und gleichzeitig durch den ganz eigenartigen Verlauf der
Affektion von neuem die Unzulänglichkeit der bisher aufgestellten
Hypothesen in Bezug auf die Ätiologie dieser Erkrankungen
beweist. Andererseits möchte ich an der Hand desselben den
Versuch machen, diejenigen Punkte zu beleuchten, welche
meines Erachtens von Wichtigkeit bei der Beurteilung der Ur¬
sachen dieser eigentümlich lokalisierten Affektionen sind.
Es handelt sich um eine 49jährige Frau, hereditär nicht
belastet, welche niemals irgendwie ernstlich erkrankt gewesen
ist. Ihre Hauterkrankung begann unter leichten febrilen Er¬
scheinungen mit starkem Jucken auf der linken Seite des
Thorax in der Axillarlinie etwa in der Höhe zwischen der 6. und
8. Kippe. Kurz darauf zeigte sich an dieser Stelle ein roter
Fleck, der nach einem Bestände von ca. 8 Tagen sich rasch
in einer etwa zweifingerbreiten Linie ausdebnte und zwar (Fig. 1)
nach vorn schräg abwärts zum Nabel, nach hinten ein wenig
schräg aufwärts am Rücken, wo er etwa 2 cm vor der Wirbel¬
säule io der Höhe der letzten Dorsalwirbel Halt machte. (Fig. 2.)
Sodann stieg die Affektion vom Nabel aus senkrecht in einer
fingerbreiten Linie zum Processus xiphoideus empor (Fig. 1),
jedoch die linea alba nach der rechten Eörperhälfte nirgends
überschreitend; bog auf dem Processus xiphoideus wieder nach
links in nach unten etwas spitzem Winkel ab, dicht am untern
Rande der Mamma verlaufend bis ca. 2 cm nach außen von
der Mamilla. (Diese Partie ist auf der Figur nicht sichtbar.)
Hier fand eine Unterbrechung dieser Linie statt; doch trat sie
in ihrer Prolongation am Rücken wiederum einige Zmtr. unter¬
halb de» Skapularwinkels in Zweifingerbreite auf und verlief
von hier parallel zu der oben erwähnten ersten Linie am Rücken
bis nahe an die Wirbelsäule heran, etwa zur Höhe des 8. Dorsal¬
wirbels. (Fig. 2.)
Nachdem die Erkrankung in dieser Ausdehnung un¬
gefähr 8 Tage stationär geblieben war, begann die Frau
plötzlich heftiges Jucken und Brennen am linken Gesäß zu
spüren. Auch dort entstand kurz darauf ein roter erhabener
Fleck, der sich in nur einer Woche strichförmig bis zum Fuß
herab ausdehnte. Der Verlauf dabei war folgender: (Fig. 3)
Etwas oberhalb und medial von der Mitte der linken Hinter¬
backe beginnend zog sich die Affektion in einer nach innen
konkaven Linie zur Glutaealfalte herab, wobei der Innenrand
dieses Bogens an seinem untersten Ende sich bis zum Damm
herumzog. Ein zweiter Streifen zog sich, von demselben obersten
Punkte beginnend, in gleichfalls nach innen konkavem Bogen
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Ein weiterer Beitrag zu den strichförm. Hauterkrankungen. 211
et?ra8 distal yod dem ersten Bogen zur Glutaealfalte herab
und verlief dicht oberhalb und parallel derselben nach innen
bis an den ersten Streifen heran, um mit diesem an der Be-
rübrungsstelle zu einem breiteren Plaque zu verschmelzen.
Von dem untersten Punkte des zuerst genanuten Streifens nun
am Dammrande ging die Äffektion in schmaler Linie weiter,
indem sie am Oberschenkel gleichsam herahsickemd sich schräg
nach hinten unten zur Mitte des Kniegelenks zog; von hier
ging sie in einer zunächst nach innen konkaven Kurve auf den
Unterschenkel über, überschritt sodann in einer nach innen
leicht konvexen Linie die Wade und erreichte schließlich das
Fußgelenk hinter dem Malleolus internus. Hier bog die Linie
in scharfem Winkel nach außen ab und zog quer über die
Achillessehne hinweg zur Außenseite des Fußes, indem sie
hinter und unterhalb des Malleolus extemus schräg nach vom
unten zum äußeren Fußrande verlief. (Fig. 4.)
Die Erkrankung hat vom Eintritt der ersten Symptome bis
zu ihrer vollen Entwicklung nur etwa 4 Wochen gebraucht und ist
in weiteren 4 Wochen wieder vollkommen abgeheilt ohne jedwede
Therapie. Das Abklingen der Erscheinungen erfolgte dabei in genau
derselben Beihenfolge wie das Entstehen derselben, so daß die zu¬
erst erkrankten Partien auch zuerst abheilten und die zuletzt auf¬
getretenen Erscheinungen am spätesten verschwanden. Die
Affektion selbst hatte einen ekzematösen Charakter, ohne daß
man es jedoch als Ekzem hätte bezeichnen können. Die frischen
Eruptionen dokumentierten sich als Knötchen oder Bläschen
auf einer geröteten und leicht geschwollenen Fläche, während
die schon in der Abheilung begriffenen Partien teils leicht
schuppten, teils einen lichenifizierten Charakter trugen, wie
bei alten chronischen Ekzemen. Alle diese Erscheinungen
jedoch, auch die Lichenifikationen, gingen, wie bereits erwähnt,
sehr schnell spontan zurück; als Überreste der Affektionen sind
nur leichte Pigmentierungen zurückgeblieben. Auch die sub¬
jektiven Beschwerden, welche die Patientin hatte, glichen denen
des Ekzems: starkes Jucken und daneben beim Aufschießen
der Eruptionen ein leicht brennendes, spannendes Gefühl daselbst.
Die Aufnahme des Nervenstatus im vorliegenden Falle,
welche Herr Prof. S e i f f e r so freundlich war, mit mir gemein¬
sam vorzunehmen, ergab folgenden Befund: deutliche Hyper¬
sensibilität im Gebiete der erkrankten Hautpartien; starke
Dmckempfindlicbkeit sämtlicher Nervenplexi auf der ganzen
befallenen Körperhälfte vom Plexus cervicalis herab; besonders
empfindlich der Ischiadicus. Patellarreflexe beiderseits gleich
und etwas gesteigert. Leichte Steifheit und meßbare Abmage¬
rung des erkranken Beines.
14*
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212
Fischei und Blaschko.
Ich meine nun, daß für die Beurteilung der gauzen eigen¬
artigen Affektion, die sich unter keines der bekannten Bilder
der Hautpathologie einreihen läßt, folgende Punkte von beson¬
derer Bedeutung sind:
1. daß die Erkrankung scharf halbseitig ist;
2. daß Tor dem Auftreten der Eruptionen auf der Haut
schon einige Tage zuvor an den betroffenen Stellen Jucken und
Brennen bestand unter leicht fieberhaften Erscheinungen, ähnlich
wie wir es beim Herpes zoster beobachten;
3. das völlig spontane und relativ schnelle Verschwinden
der Affektion ohne alle therapeutischen Maßnahmen;
4. die Alteration sämtlicher Nervenplexus der erkrankten
Seite und endlich
5. die mit der Erkrankung einhergehende Atrophie der
befallenen unteren Extremität.
Faßt man alle diese Punkte ins Auge, so wird man sich
der Überzeugung kaum verschließen können, daß die eigent¬
liche primäre Erkrankung in diesem Falle eine halbseitige
Affektion im Zentralnervensystem sein muß, und daß die Haut-
erkrankung ebenso wie die Atrophie des Beines erst sekundäre,
auf trophischen Störungen beruhende Erscheinungen sind. Dies
würde sich auch mit den Anschauungen decken, die seinerzeit
Vulpian in seiner Vorrede zu We ir-Mitchells Buch „des
lesions des nerfs“ entwickelt hat, wo er für die herpetifonuen
und für gewisse vesikulöse Affektionen der Haut aunimmt, daß
sie durch eine Abschwächung der trophischen Tätigkeit in den
Spinalganglien bedingt seien, wobei er sich den Vorgang so vor¬
stellt, daß durch einen Entzündungszustand in dem betreffenden
Nervengebiet hervorgerufene Reizungen auf das tropbische
Zentrum der affizierten sensiblen Fasern irritierend und zugleich
hemmend einwirken, und daß diese Störungen wieder auf dem
Wege derselben sensiblen Fasern zur Peripherie zurückgeleitet
werden. Die Hauterkrankung wäre demnach lediglich eine
reflektorische Reizerscheinung. Demnach wird sich auch für
den vorliegenden Fall bei der großen Ausdehnung der Affektion,
der Reizung sämtlicher Nervenplexus einer Seite, und bei den
sichtbaren trophischen Störungen die Annahme einer primären
ausgedehnten, zentral gelegenen Nervenerkrankung nicht von
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Ein weiterer Beitrag zu den etrichfönn. Hauterkrankungen. 213
der Hand weisen lassen, und man könnte somit in der Haut-
erkrankong gleichsam ein mit Hilfe der sensiblen und trophi-
schen Fasern auf die Peripherie projiziertes Bild des
zentralen Krankheitsherdes sehen. Zur genaueren Be¬
urteilung des Sitzes dieser zentralen Erkrankung ist es nun
außerordentlich instruktiv, die Headsehen Untersuchungen
über „Die Sensibilitätsstörungen der Haut bei Visceralerkran¬
kungen“, sowie seine Arbeit über „Die Pathologie des Herpes
zoster und seine Beziehungen zur sensiblen Lokalisation“ her¬
anzuziehen. H. wies nämlich hierin nach, daß die Herpes¬
zonen identisch mit den hyperästhetischen Zonen der Haut bei
Visceralerkrankungen sind, und daß andererseits diese Zonen
das Innervationsgebiet der hinteren Wurzeln darstelleu. Er
numerierte dann diese Zonen auf Grund ihrer Lokalisation
im Rückenmark und zeichnete sie in ein Schema ein. Neuer¬
dings hat nun Seiffer ein ausgezeichnetes Schema entworfen,*)
in welches er die Grenzlinien der einzelnen Wurzelsegment¬
gebiete eingetragen hat. Diese Segmentgebiete ordnen sich
infolge der entwickelungsgeschichtlichen Anlage des Körpers
und des Nervensystems so an die sogenannten Axiallinien an,
die am Rumpf der vorderen und hinteren Medianlinie ent¬
sprechen, daß sie gleichsam wie Bänder um den Körper herum¬
gehen. Anders dagegen ist es bei den Extremitäten. Hier
werden beim Embryo durch das Herauswachsen der Extremi¬
täten aus dem Rumpfe die Segmentzonen derselben von den
Axiallinien des Körpers mit fortgezogen, und infolge der damit
verbundenen Verschiebung der Hautmetameren bilden sich auf
den Extremitäten neue sekundäre Axiallinien als Abzweigungen
der ursprünglichen, um welche sich die sensiblen Segmentzonen
gruppieren, freilich nicht so gleichmäßig wie am Rumpfe. Die
für unseren speziellen Fall nun besonders wichtige hintere
Axiallinie des Beines verläuft aber, wie Seiffer in seiner
oben zitierten Arbeit ausführt, nicht in der Mitte der Hinter¬
seite desselben. Infolge einer während der fötalen Entwick¬
lung eintretenden Rotation der Extremität zum Rumpf, bei der
die Planta nach hinten rückt, entwickelt sich vielmehr diese
Das spinale Sensibilitätsschema zur Segmentdiagnose der Rücken-
markskraukheiten.
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214
Fiscbel und Blascbko.
Axiallinie aus der hinteren Medianlinie des Körpers in der
Dammgegend und verläuft an der medialen Hinterseite des
Beines herunter bis hinter den Malleolus internus zum inneren Fu߬
rande. Die Segmentgebiete der unteren Extremität ordnen sich
nun um diese dorsale Axiallinie so an, daß sie sich ihr mit
einer mehr oder weniger breiten Basis anfügen und abwärts
Seififers spinales SeQsibüitätsschema fQr die Segmentdia^ose
der Btlokenmarkskrankheiten.
nach der Richtung des Fußes hin ausbreiten. Sie nehmen
also eine Längsrichtung am Beine ein. Es ist dies die so¬
genannte akropetale Tendenz der Extremitätenzonen. Am Rumpfe
dagegen legen sich, wie bereits oben gesagt, die Segmentzonen
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Ein weiterer Beitrag zu den striohförm. Hauterkranknngen. 215
horizontal an die Äxiallinie an, doch laufen sie nicht parallel
zu den Rippen oder Intercostalräumen; yielmehr nehmen sie
infolge des absteigenden Verlaufes der Wurzeln zu den Fora-
mina intervertebralia und zur Haut eine Yon der hinteren Axial¬
linie abwärts gehende Richtung ein. Diese absteigende Richtung
wird nach dem unteren Körperende zu allmählich größer. Es
nehmen daher auch die Grenzlinien dieser Zonen am Rumpfe
einen Yon der hinteren Mittellinie ans leicht abwärts geneigten
und Yon yom nach hinten gerichteten Verlauf an, während sie
am Beine Yon oben nach unten Yerlaufen.
He ad hat nun bei seinen umfangreichen Untersuchungen
gefunden, daß die bei Herpes zoster und bei Visceralerkran¬
kungen auftretenden Empfindlichkeitszonen der Haut genau
diesen eben beschriebenen Wurzelzonen entsprechen. So fand
er bei gewissen Magenerkrankungen z. B. eine scharf abge¬
grenzte Empfindlichkeitszone auf der Haut des Abdomens, die
ein Dreieck bildete, dessen Basis die linea alba Yom Nabel an
aufwärts in einer Länge Yon ca. 6 cm war, während die beiden
anderen Seiten dargestellt wurden einmal durch eine Linie, die
Yom Nabel schräg nach oben etwa zur 10. Rippe lief, die
andere Yon dem oberen Endpunkt der Basis etwa zur 8. Rippe.
Es sind die untere und seitliche Grenzlinie dieser Empfindlich¬
keitszone aber dieselben Linien, auf denen sich in unserem
Falle hier die ersten Eruptionen auf der Haut gebildet haben,
und zugleich die Yon Seiffer als Nabellinie und Yordere
Axiallinie bezeichneten Grenzlinien ; während der unterhalb der
Mamma Yerlaufende Streifen die sogenannte Xiphoidlinie doku¬
mentiert, d. h. die Grenzlinie zwischen sechstem und siebentem
Dorsalsegment. Vergleicht man ferner den auf der unteren
Extremität durch die Erkrankung gekennzeichneten Strich mit
den auf dem Seiffer sehen Schema angegebenen Linien, so
kann man nicht Yerkennen, daß derselbe genau an der hinteren
Axiallinie entlang zieht Yon der Dammgegend an bis herab
hinter den Malleolns internus. Auf dem Gesäß dagegen mar¬
kiert die mediale Linie der Affektion wiederum YÖllig die Grenz¬
linie zwischen drittem Sakralsegment einerseits und yiertem imd
fünftem Sakralsegment andererseits, welch letztere die Anal-
und Dammgegend ringförmig umschließen. Der distale Streifen
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Fischei and Blascbko.
auf der Haut des Gesäßes verläuft gleichfalls im dritten Sakral¬
segment und zwar nahe der Grenzlinie zwischen diesem und
dem ersten Lumbalsegment, während er mit seiner imteren
Kurvatur auf der Grenzlinie zwischen drittem und zweitem
Sakralsegment entlang zieht. Es liegt somit die ganze Affektion,
soweit sie auf der unteren Extremität und dem Gesäß lokali¬
siert ist, im Innervationsgebiete der drei ersten Sakralsegmente;
denn auch der zuerst so eigentümlich erscheinende, quer über
die Achillessehne zum äußeren Fußraude herüberziehende BLaken
liegt noch im ersten Sakralsegment; während er, um auf der
medialen Seite zum Fußrande zu gelangen, in das vierte Lnmbal-
segment hätte eindringen müssen.
Wir können demnach auch für unseren Fall, gestützt auf die
H e a d sehen Erfahrungen beim Herpes zoster und bei den Visceral¬
erkrankungen, io analoger Weise den Rückschluß ziehen, daß die
primäre Erkrankung im Innervationsgebiet des siebenten bis zehnten
Dorsalsegments und der drei ersten Sakralsegmente liegt. Ob sie
nun in den entsprechenden hinteren Wurzeln selbst oder noch mehr
zentral von diesen lokalisiert ist, oder ob es sich um einen in
diesem Nervengebiet mehr peripher gelegenen entzündlichen
Prozeß handelt, der, wie anfangs auseinander gesetzt, zunächst
zentripetal auf das trophische Zentrum irritierend eingewirkt
hat und von dort wieder zentrifugal zur Peripherie geleitet
worden ist, das läßt sich natürlich ohne pathologisch-anato¬
mische Belege nicht mit Sicherheit beweisen, doch halte ich
bei der Ausdehnung der Nervenalteration über die ganze
Eörperhälfte die Annahme einer zentral gelegenen Erkrankung
für die wahrscheinlichere. Daß dabei nicht auch im Gebiete
der anderen Wurzelzonen gleiche Hauterscheinungen aufgetreten
sind, mag vielleicht an der mehr oder weniger starken Reizung
oder Disposition der einzelnen Wurzeln liegen.
Übrigens bat auch He ad bei seinen Empfindlichkeits¬
zonen beobachtet, daß selten nur eine einzelne Zone empfindlich
ist; meistens sind es zwei oder drei nebeneinander gelegene.
Da ferner in unserem Falle im Gebiete der erkrankten
Zonen neben den äußeren Erscheinungen auf der Haut auch
deutliche Sensibilitätsstörungen und zwar Hjpersensibilität vor¬
handen ist, gerade so, wie sie Head bei seinen Visceralerkran-
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Ein weiterer Beitrag zu den strichförm. HauterkrankuDgen. 217
kuDgen beobachtet hat, und da ferner, wie man heute annimmt,
die trophischen Nervenelemente zusammen mit den sensiblen
Fasern verlaufen, so kann man sehr wohl annehmen, daß der
Verlauf der Hauterscheinungen als Symptom der trophischen
Störung auch denselben Gesetzen unterworfen ist, wie die
Sensibilitätsstörungen in dem betreffenden Nervengebiet. Für
diese gilt aber, wie Seiffer gezeigt hat, das Gesetz, daß die
Grenzen für die Sensibilitätsstörungen um so schärfer ausge¬
prägt sind, je proximaler die betreffende Zone der Äxiallinie
anbegt, und daß es über diese letztere hinüber kein Überein¬
andergreifen anstoßender Segmentgebiete gibt; dagegen findet
dies umso leichter statt, je distaler an der Extremität die be¬
treffenden Zonen liegen.
Übertragen wir also dieses Gesetz auf den Verlauf der
Hauterkrankung, so haben wir die Erklärung dafür, daß sich
diese so strikte an den Verlauf der Axiallinien gehalten hat;
ein Verlauf, den wir ja schon yielfach auch bei anderen Fällen
beobachtet haben. Ebenso wird es durch dieses Gesetz auch
verständlich, wenn häufiger auf den mehr distal an den Extre¬
mitäten gelegenen Partien ein Übertritt der Affektionen auf
benachbarte Segmente stattgefunden bat.
Nun ist es freilich durchaus nicht notwendig, daß diese
Striche immer nur auf den Grenz- oder Axiallinien selbst
verlaufen; denn die Strichform an sich ist durch diese Linien
allein nicht bedingt. Beobachten wir doch auch in einem
Segment mehrere Striche. Wichtig ist es nur, daß wenn ein
solcher Strich, wie es in unserm Falle geschehen ist, auf einer
Axiallinie verläuft, er diese unter den im obigen Gesetz nor¬
mierten Voraussetzungen nicht überschreitet. Natürlich darf
man dabei sieb nicht verhehlen, daß die Lage der Axiallinien
individuellen Schwankungen unterworfen ist
Die Strichbildung an sich dagegen mag, wie das Blaschko
zuerst 1901 hervorgeboben hat, darin begründet sein, daß
infolge der während des foetalen Wachstums stattfiudenden
Verschiebung der einzelnen Hautsegmente gegen einander
sich gewisse Richtungslinien der Haut bilden, die dann
eine besondere Disposition für derartige Erkrankungen haben.
Zu diesen Linien, die also schon bei der Geburt präformiert
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Fischei und Blaschko.
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yorhanden sind, gehören in erster Linie eben auch die Axial¬
linien der Extremitäten. Ihre Disposition zu Erkrankungen aber,
die natürlich auch indiyiduell verschieden ist, würde dann auf
rein anatomischen Gründen und ferner auf einer besonders
ausgeprägten Sensibilität beruhen. Diese bewirkt es, dafi auf
ihnen trophoneurotische Störungen leichter zum Ausdruck ge¬
langen als auf andern Hautpartien, die zum gleichen Inner-
vationsgebiet gehören, und ebenso daß ein Krankheitsherd, der
auf irgend einem Punkte einer solchen Linie entstanden ist,
sich plötzlich auf derselben in ihrer ganzen Länge ausdehnt.
Beobachten wir doch immer wieder in den Fällen von strich¬
förmigem Lichen ruber planus oder Psoriasis usw., daß die
Eruptionen niemals auf der ganzen Linie gleichzeitig entstehen,
sondern immer erst ein primärer Herd eine kurze Zeit stationär
bleibt, um sich dann schnell auf der betreffenden Linie aus-
zudehnen.
Ich denke mir dabei den Vorgang so, daß durch den
ersten auf einer solchen Linie entstehenden Krankheitsherd die
sie versorgenden peripheren Nervenfasern infolge der Hyper¬
sensibilität stark gereizt werden, und nun dieser Reiz, analog
den früheren Ausführungen, zentripetal zum trophischen Zen¬
trum geleitet vrird, wo er eine Hemmung der Tätigkeit desselben
verursacht, die wiederum zentrifugal zurückgeleitet auf der
ganzen Linie als tropbische Störung wirkt und so die Wider¬
standskraft gegen das Fortschreiten der Krankheit beeinträchtigt.
Eine andere Möglichkeit wäre, daß der von dem primären Herd
zentral ausgelöste Reiz direkt durch die sensiblen Fasern zur
Peripherie zurückgelangt und nun die ganze hypersensible
Linie in einen Reizzustand versetzt, der daselbst den Ausbruch
der Krankheit begünstigt. Wissen wir doch von vielen derma¬
tologischen Affektionen und so besonders auch von der Psoriasis
und dem Lichen ruber planus, die ja häufiger strichförmig auf-
treten, daß ihre Eruptionen durch Reizungen auf einer Haut-
steile leicht hervorgerufen werden können. Andrerseits würden
wir, wenn wir diesen Entstehungsmodus akzeptierten, auch
eine Erklärung für die so außerordentlich häufig wiederkehrende
Erscheinung haben, daß, selbst wenn es sich nicht wie im
vorliegenden Falle um Erkrankungen auf nervöser Basis handelt,
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Ein weiterer Beitrag zu den Btriohförm. Uauterkranknngen. 219
doch schon einige Zeit vor der Ausbreitung der Hautaffektion
auf der betreffenden Linie Reizerscbeinungen der dort mün¬
denden sensiblen Fasern, besonders starkes Jucken, yerspurt
werden.
Resümieren wir also noch einmal, so haben wir folgende
Ei^ebnisse:
1. der oben berichtete Krankheitsfall dokumentiert sich
als eine Dermatitis linearis trophoneurotica;
2. die Ursache derselben ist ein aller Wahrscheinlichkeit
nach in den hinteren Wurzeln der linken Seite verlaufender
entzündlicher Prozeß;
3. für diese Erkrankungen gelten die gleichen Gesetze,
wie für die in den Wurzelzonen der Haut lokalisierten Sensi-
bilitätsstöningen; daß nämlich selten eine einzelne, meist zwei
oder mehrere auf einander folgende Zonen ergriffen sind, und daß
die Axiallinien der Extremitäten eine um so schärfere Grenze
für die Hauteruptionen bilden, je proximaler die erkrankte Zone
liegt, dagegen umso eher überschritten werden, je distaler die
betreffende Zone liegt;
4. die strichförmigen Erkrankungen der Haut verlaufen
auf bestimmten Richtungslinien, die während des foetalen
Wachstums durch Verschiebung der Hautsegmente gegenein¬
ander gebildet werden;
5. diese Linien zeichnen sich durch eine besondere Hyper-
sensibilität aus, die sie auf Hemmungserscheinungen im trophi-
schen Zentrum besonders stark reagieren läßt, und die es be¬
wirkt, daß ein auf ihnen entstandener Krankheitsherd sich
infolge von Reizung der sensiblen Fasern leicht über die ganze
Linie ausdehnt.
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Fis übel nnd Blascbko.
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II. Teil.
Von Dr. A. Blaschko.
Durch die Freuodlichkeit des Kollegen Fiscbel bin ich
in die Lage versetzt worden, die Patientin mit ihm gemeinsam
mehrfach genauer zu beobachten. Auch nehme ich gern die
mir durch ihn gebotene Gelegenheit wahr, meine Ansichten
über den Fall hier zu äußern, umsomehr als von allen be¬
obachteten Fällen von lineäreu Dermatosen dieser mir ein ganz
außergewöhnliches Interesse zu beanspruchen scheint.
Um es gleich vorweg zu nehmen — auch ich hatte, ebenso
wie Kollege Fiscbel, angesichts dieses Falles sofort die Ver¬
mutung, daß der Hautaffektion irgend eine Affektion des Zen¬
tralnervensystems zu Grunde liegen müsse. Wie den meisten
Lesern des Archivs bekannt sein wird, habe ich zuerst im
Jahre 1895 und dann in meinem Referat für den Breslauer
Dermatologentag im Jahre 1901 die Anschauung vertreten, daß
für alle diese strichförmigen Hauterkrankungen die Annahme
einer zu Grunde liegenden zentralen nervösen Erkrankung nicht
notwendig ist, daß diese eigenartige Anordnung sich durch ge¬
wisse, in der Haut selbst liegende, in ihrer Ontogenie begrün¬
dete Eigenschaften ausreichend erklären lasse — ja, ich bin
sogar weiter gegangen und habe eine Reihe von Gründen an¬
geführt, welche die Annahme einer zentralen Erkrankung nicht
nur für überflüssig erscheinen ließen, sondern sie sogar unwahr¬
scheinlich machten. Der vorliegende Fall ist der erste, der mich
in dieser Anschauung wankend gemacht hat.
Die Hauptgründe, welche ich s. Z. gegen die Abhän¬
gigkeit der Hautaffektion von einer Erkrankung des Zentral¬
nervensystems geltend gemacht habe, waren im wesentlichen
folgende:
1. die Erfahrung, daß bekannte Erkrankungen des Nerven¬
systems, wie z. B. der Zoster keine liueären, sondern gruppen¬
weise angeordnete Läsionen machen; Wirbel und dergl., wie sie
bei den liueären Dermatosen beobachtet werden, finden vollends
durch die Annahme einer Nervenerkrankung gar keine Er¬
klärung ;
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Ein weiterer Beitrag zu den strichform. Hauterkrankongeu. 221
2. Lokalisation und Begrenzung der sensiblen und trophi-
sehen Nervenbezirke, wie sie aus der anatomischen Präparation,
dem physiologischen Experiment und der klinischen Beobachtung
gewonnen sind, stimmen oft nicht überein mit dem Verlauf
und der Konfiguration der linearen Dermatosen'; ihre Ähnlich¬
keit ist oft nur eine oberflächliche;
3. die linearen Dermatosen \ erlaufen an den Extremitäten
oft in den Differenzierungslinien (Voigtsehen Linien, Axial¬
oder Medianlinien der Extremitäten).
Diese Linien sind die Grenze nicht zwischen zwei auf¬
einander folgenden Dermatomen, sondern zwischen ganzen
Dermatomgruppen. Ihre Entstehung muß man sich so vor-
stellen, daß während des Wachstums des Extremitätenstumpfes
die die Extremität bedeckenden Dermatome vorgeschoben worden
sind. Daher kommt es, daß sich schließlich in diesen Axial¬
linien Dermatome berühren, welche entwickelungsgeschichtlicb
weit auseinander liegen. Man kann sich, so argumentierte ich,
zwar verstellen, daß in einem Fall das 3. Lumbalganglion
erkrankt oder das 2. oder das 2. und 3., ich kann mir zur
Not auch noch vorstellen, daß im Rückenmark ein Gebiet er¬
krankt, welches ungefähr dem Grenzgebiet dieser beiden
entspricht. Wenn die Erkrankung aber, wie bei der häufigsten
Lokalisation an der Innenseite des Oberschenkels, zwischen 2.
und 3. Lumbalnerveu einerseits und zwischen 2. und 3. Sakral¬
nerven auf der andern Seite verläuft, so kann dieser Einheit
auf der Haut keine Einheit im Zentralnervensystem entsprechen;
was man hier an der Haut als eine kontinuierliche verlaufende
Linie sieht, muß sich im Zentralorgan an ganz verschiedenen,
weit von einander entfernten Stellen projizieren;
4. eine definitive Entscheidung zu Gunsten der nervösen
Hypothese würden pathologisch-anatomische Befunde im Nerven¬
system bei gleichzeitig bestehenden Naevis abgeben. Aber
solche Befunde fehlen. Es gibt nur einen Fall von Pott von
Naevus verrucosus in der rechten Gesichtshälfte mit gleich¬
zeitigen Lähmungs- und Reizerscheinnngen auf der entgegen¬
gesetzten Körperhälfte (Arm und Bein), Erscheinungen, die
offenbar auf eine Erkrankung in der rechten Himhälfte, ins¬
besondere der Hemisphären, hindeuten. Wäre der Naevus auch
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Fischel und Blasohku.
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eine Folge der Nervenerkrankung, so müßte er erstens auch
auf der andern Seite liegen und zweitens nicht bloß auf den
Kopf heschränkt sein, während die Annahme, daß ein und
dieselbe Ursache die rechte Himhälfte und die rechte
Gesichtshälfite betroffen hat, daß also die beiden Äffektionen
einander gleichwertige Entwickltmgsstörungen darstellen, sehr
viel für sich hat;
5. in den meisten Fällen von lineären Dermatosen fehlen
alle Zeichen einer anderen Erkranktmg (sensiblen, motorischen
oder vasomotorischen Charakters).
Nun lassen sich nicht alle diese Argumente für sämt¬
liche Fälle von strichförmiger Erkrankung geltend machen, und
insbesondere bei dem vorliegenden Falle versagen die meisten
derselben:
1. es gibt bekanntlich einzelne Fälle selbst unter den
lineären Naevis, welche mit einer auffallenden Beteiligung der
sensiblen Nerven einhergeben, die sog. pruriginösen Naevi. Bei
den postembryonalen strichförmigen Dermatosen würden ja aller¬
hand pathologische Sensationen sich durch die krankhaften Ver¬
änderungen in der Hautselbsterklärenlassen. Aber die Untersuchung
des Fi sehe Ischen Falles ergab, wie oben berichtet, doch ganz
auffallende Sensibilitäts- und auch außer der Hautaffektion zweifel¬
los trophische Störungen, Störungen, die zwar nicht exakt im Ver¬
lauf der erkrankten Hautpartien lokalisiert waren, aber wenig¬
stens die erkrankte Extremität und die erkrankte Eörperhälfte
betrafen. Leider konnte die genauere neurologische Unter¬
suchung der Patientin erst nach Ablauf der akuten Krankheits¬
erscheinungen vorgenommen werden, und es ist sehr wohl
möglich, daß zur Zeit, wo der Prozeß auf der Höhe der Ent¬
wickelung war, oder noch mehr, vielleicht kurz vor seinem
Ausbruch, viel markantere und genauer lokalisierte Sensibilitäts¬
störungen in den erkrankten Hautpartien bestanden haben.
Ich betone dies besonders, weil wir ja wissen, daß z. B. beim
Zoster derartige Sensationen schon der eigentlichen Erkrankung
vorausgehen können. Immerhin genügt selbst der so spät er¬
hobene Befund, um den Gedanken an eine zentrale Nerven-
affektion nahe zu legen, ohne daß man sagen könnte, wie
beschaffen und wo sie lokalisiert war.
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Ein weiterer Beitrag zu den strichförm. Hauterkrankungen. 223
2. Der Krankheitsprozeß selbst batte, als ich ihn zu Gesicht
bekam, zweifellos eine große Ähnlichkeit mit dem Herpes zoster.
Nicht daß man die Erkrankung selbst hätte als Zoster an¬
sprechen können (dazu war der lineare Charakter der Erkran¬
kung doch zu deutlich ausgesprochen), aber die frisch erkrankten
Stellen präsentierten sich als intensiv gerötete Krankheitsherde
mit zentraler Bläschenbildung, und diese Bläschen hatten nicht,
wie beim Ekzem, die Tendenz zum Platzen, sondern trockneten
wieder ein, an den meisten Stellen sogar ohne irgend welche
Schorfbildung zu hinterlassen. Die meisten Partien machten
nur die Entwicklungsstadien durch, wie wir sie an Zosterherden
sehen, welche nicht die ganze Höhe der Ausbildung erreichen,
sondern gewissermaßen abortiv verlaufen, die also nur ein
erythematöses Stadium mit Neigung zur Bläschenbildung zeigen,
ohne daß es zu einer ausgesprochenen Epithelnekrose oder gar
zur Bildung von Narben kommt, wie bei den ausgesprochenen
Zosterfällen.
Daß am Rumpfe, wo die Linien mehrfach durch gesundes
Gewebe unterbrochen waren, das Krankbeitsbild sich dem des
Zoster noch etwas mehr näherte, als bei der Extremität, will
ich hier nur kurz betonen.
3. Das Seltsamste an dem ganzen Krankheitsprozeß scheint
mir die Art und Weise, wie derselbe namentlich an der Extre¬
mität entlang der erkrankten Linie fortschritt. Ein derartiges
Fortschreiten, wie es genauer ja Kollege F i s c h e 1 oben be¬
schrieben hat, kann unmöglich durch die bloße Annahme einer
lokalen Hautprädisposition oder besonderen lokalen „Vulne-
rabilität** erklärt werden. Es ist nicht zu verstehen, wie ein
Erankheitsprozeß, dessen Ursachen allein in der Haut liegen,
an einen Punkt einer besonders vulnerablen Partie hingeratend,
nun diese ganze Linie entlang allmählich fortkriecht, an der
einen Stelle schon verschwindend, während die andere noch in
der Entwicklung begriffen ist. Eine derartige Entwicklung legt
unwillkürlich den Gedanken an eine präformierte Bahn nahe,
und da wir eine solche Bahn in der Haut nicht kennen und
eine solche, namentlich im abwärts steigenden Sinne daselbst
höchst unwahrscheinlich ist, so ist die plausibelste Erklärung
die, daß ein Krankheitsprozeß sich in gewissen Nervenbahnen
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Fischei und Blaschko.
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abgespielt bat und entsprechend dem fortschreitenden Erank-
heitsprozeß im Nervensystem auch die entsprechenden Haut-
partien nach einander ergriffen worden sind.*)
Aber wo soll man diese Nerven dann suchen? Als ich
mein Referat für den Dermatologen-Eongreß erstattete, waren
mir einige Arbeiten von Schülern des Amsterdamer Anatomen
Bolk noch nicht bekannt, welche ich inzwischen, und zwar
erst neuerdings kennen gelernt habe, und welche ein gewisses
Licht auf die eigentümliche Anordnung dieser strichförmigen
Dermatosen zu werfen versprechen. Beyermans und Lan-
gelaan haben in einigen Fällen von Tabes dorsalis, bei wel¬
chen an der unteren Extremität eine Hyperalgesie bestand,
streiten- oder bandförmig ungeordnete Hautstellen gefunden,
und zwar entsprachen diese Streifen ziemlich genau den von
Bolk angegebenen Grenzen zwischen den einzelnen Derma-
tomen. In einer besonders darauf gerichteten Untersuchung hat
dann Langelaan bei Gesunden sowohl am Rumpf als auch
an den Extremitäten entlang diesen Linien eine ganz deutliche
Hyperästhesie und Hyperalgesie konstatieren können. Auf diese
Weise fand er auch bei allen untersuchten Personen z. B.,
daß die vordere und hintere Axiallinie (mid-dorsal und mid-
ventral line von Sherrington) sich als Va bis 1 cm breite,
die Achse der Extremität entlang verlaufende hyperästhetische
Streifen präsentierten. Später hat dann Coenen in einem
Fall von Tabes dorsalis wiederum eine derartige Hyperalgesie
konstatiert, und die photographische Reproduktion des einen
dieser Streifen, welcher etwa 1 cm breit an der hinteren
inneren Seite der Extremität verläuft und sieb dann um den
äußeren Knöchel nach der Außenseite des Fußrandes um*
schlägt, zeigt eine überraschend ähnliche Lokalisation wie unser
Fall. Man könnte nun, um der Annahme einer zentralen Er¬
krankung zu entraten, das Zustandekommen einer akuten Haut¬
affektion entlang dieser Linien sich mit Hallopeau so
erklären, daß an diesen Linien, an denen ja Innervationsgebiete
Kollege Fischel erklärt sich (siehe oben) des lineare Fort*
schreiten des Erankheitsprozesses von dem zuerst ergriffenen Punkt aus
etwas anders, nämlich durch eiuon Reflexvorgang; auch er setzt also eine
gewisse Mitwirkung des Centralnervensysteros voraus.
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Ein weiterer Beitrag an den strichförm. Hanterkrankungen. 225
verschiedener Spinalnerven sich überdecken und die infolge¬
dessen vielleicht eine vermehrte Zahl von Nervenendigungen
aufweisen, nicht nur eine vermehrte Sensibilität gegenüber
Sinneseindrücken, sondern auch eine vergrößerte Empfindlich¬
keit gegen trophische Einflüsse besitzen, daß also z. B. Sub¬
stanzen, die im Blute zirkulieren, an diesen Stellen leichter
pathologische Veränderungen hervorrufen als an den benach¬
barten Hautpartien. Aber die Annahme, daß nur in diesen
Grenzlinien eine Überlagerung, also auch eine Doppelinnervation
der Spinalnervenbezirke platzgreife, ist, wie alle anatomischen
und physiologischen Untersuchungen übereinstimmend beweisen,
irrig. Die Nervenfasern aller Spinalnerven greifen so weit
in die Peripherie aus und überlagern sich infolgedessen gegen¬
seitig in so ausgedehntem Maße, daß alle Territorien doppelt,
wann nicht dreifach innerviert sind. Die Axiallinien haben
also der übrigen Haut gar kein Plus an Nervenfasern und an
Innervation voraus. Aber selbst wenn wir diesen Linien auf
Grund der Beobachtung von Langelaan, Beyermans und
Coenen eine gewisse Sonderstellung gegenüber der übrigen
Haut einränmen müssen, so ist immer noch nicht die eigen¬
tümliche Entwicklung entlang dieser Linien erklärt und wir stehen
doch wieder vor der Frage: Sind nicht die Nervenfasern, welche
diesen Linien entsprechen, wenn sie auch in den peripheren
Nerven, in den Spinalganglien und in den hinteren Wurzeln
weit von einander getrennt sind, irgendwo im Zentralnerven¬
system wieder zu einer neuen Einheit, zu einer Art von Zen¬
trum vereinigt? Die Erkrankung eines solchen Zentrums würde
ja die lineäre Hauterkrankung erklären. Aber weder die Ana¬
tomie noch die Klinik haben die Existenz eines solchen Zen¬
trums bis jetzt bewiesen und ich muß daher auch diese Mit¬
teilungen wieder mit einem Fragezeichen schließen. Ich kann
nur die Hoffnung aussprechen, daß es anderen Beobachtern
glücken wird, definitiv Licht in diese ebenso dunkle als inter¬
essante Frage zu bringen.
Arcb. f. DermaL xl Syph. Bd. LXXXII.
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Fisohel und Blaschko.
Die Erklärung der Abbildungen auf Taf. X ist dem Texte
zu entnehmen.
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Generated on 2019-05-29 09:36 GMT / http;//hdl.handle.neV2027/hvd.320440815L5561
Public Domain in the United States, Google-digitized / http;//www.hathitrust.org/acce5s_use#pd-us-google
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Aus der Zönigl. dermatol. UniTersitätsklinik zu Breslan.
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Neisser.)
Histologische Untersuchungen über das
Vorkommen der
Spirochaete pallida in Geweben.
Von
Dr. K. Sakurane
aus Osaka, Japan.
(Hiezu Taf. XI.)
Auf Anregung des Herrn Geheimrat Prof, Dr. Neisser
habe ich Gewebs-Untersuchungen von hereditärer und akqui¬
rierter Syphilis mit Bezug auf das Vorkommen der Schaudinn-
sehen Spirochaeten vorgenommen. Zur Kontrolle wurden einige
Gewebe nicht syphilitischer Erkrankungen geprüft. Ich möchte
mir erlauben, nachstehend meine bisherigen Resultate hierüber
mitzuteilen.
Was die Urtersuobungsmethode betrifft, so habe ich bei
den in Formol-Lösungen gehärteten — nur 1 Fall war in Alkohol
gehärtet — Präparaten hauptsächlich das alte Verfahren yon
Leyaditi, d. h. 8—itägige Imprägnation in warmer Argentum-Nitricum-
Lösnng und nachfolgende Redaktion mit Pyrogallol angewandt. Die
neue Methode yon Leyaditi, d. h. die Beschleunigung der Versilberung
und der Reduktion mit Pyridin, habe ich auch yersucht; aber es gelang
mir damit zunächst nicht, die Spirochaete pallida im Gewebsschnitte so
deutlich wie bei der alten Methode darzustellen. Erst als ich die
Methode in folgender Weise modifizierte, erhielt ich
ganz schöne Bilder:
1. Fixierung in 10®/o Fonnalin,
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228
Sakurane.
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2. Sofortige Übertragang 1—2 mm dicker Scheiben in 967o Alkohol
über Nacht.
3. Auswaschnng in aqna destillata einige Minuten lang.
4. Imprägnierung in 1*5% Silbernitratlösung 3—4 Stunden lang
bei Zimmertemperatur, dann 3—6 Stunden lang im Brutschrank bei
38^ C. (Also ohne Pyridinzusatz und bei niederer Temperatur.)
6. Reduktion über Nacht in der Mischung von Pyrogallol-Aceton-
Pyridin nach Angabe von Levaditi und Hoffmann.
6. Schnelle Einbettung in Paraffin. (Diese Methode habe ich nach
Vollendung dieser Arbeit bei Fall IX von Syphilis congenita mit befriedi¬
gendem Erfolge in Anwendung gebracht) Um die einzelnen Gewebs-
bestandteile zu eruieren, habe ich stets einen Teil des Materials in der
üblichen Weise in Paraffin eingebettet und mit den gewöhnlichen
Färbnngsmethoden behandelt und zwar wählte ich dazu das dem für die
Levaditi-Methode benutzten benachbarte Stück des Gewebes. — Außer¬
dem habe ich die nach Levaditi behandelten Schnitte der Nachfärbung
mit polychromem Methylenblau unterworfen. Herr Kollege Schindler
in der hiesigen Klinik hat zur Nachfärbung der Präparate die folgende
Methode benutzt und schöne Übersichtsbilder erhalten. Das nach Levaditi
behandelte Präparat wird einige Minuten lang in eine konzentrierte
wässerige Lösung von Brillantgrün extra (Badische Anilinsodafabrik)
gelegt und, nachdem es leicht mit Wasser abgespült worden ist, in
reinem Aceton oder absolutem Alkohol differenziert. Die Befunde meiner
Untersuchungen waren folgende:
Lues hereditaria.
Fall I. Am 23. Dezember 1905 aufgenommen. Ein atrophisches,
senil aussehendes Kind mit papulösem Exanthem über den ganzen Körper,
besonders am Skrotum und in den Genitocruralfalten.
Die Mutter leugnete jede Erkrankung; über die Gesundheit des
Vaters war nichts festzustellen. Das Kind war am 28. November 1905
geboren, war gesund bis etwa Mitte Dezember, als sich der gegenwärtig
bestehende Ausschlag entwickelte. Das Kind starb am 24. Dezember
abends. Wenige Stunden nach dem Tode wurde die Leiche seziert, wobei
keine auffallenden Veränderungen der inneren Organe bis auf eine Ver¬
größerung der Milz makroskopisch wahrnehmbar waren. Knochen¬
mark, Hoden, Lunge, Leber, Milz, Niere und Nebenniere
wurden auf Affen mit positivem Erfolge überimpft Stücke
von Lunge, Leber, Milz, Niere, Nebenniere, Hoden und Thymusdrüse
erhielt ich zur Untersuchung. Der Befund war folgender:
Lunge. Eine ziemlich ausgebreitete interstitielle, vorwiegend rund¬
zeilige Infiltration nebst Bindegewebsneubildung. Ferner zeigte sich eine
hochgradige Desquamation der Epithelzellen mit einer mäßigen Exsndation
von Leukocyten. Mehrere Gefäßwände waren deutlich verdickt. An der
Wand und im Lumen der Gefäße, in den Infiltraten, zwischen den
abgestoßenen Epithelzellen, an der Bronohialwand, mitunter auch zwischen
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Histol. Untere, über das Vork. d. Spirochaete pall. in Gew. 229
den feeteitzenden Epithelien der Bronchien befanden sich mäßige Mengen
Yon Spirochaete pallida. Sie lagen überall interzellnlär and zer¬
streut in den deutlich veränderten Bezirken, bald mehr, bald weniger
unregelmäßig ausgebreitet.
Leber. Eine ziemlich aasgebreitete, teilweise herdweise ange¬
ordnete, interstitielle Zellinfiltration, meistens an den Gefäßen entlang,
deren Wand zum Teil etwas verdickt erschien. Mäßige Gallenfarbstoff¬
einlagerang in den Leberzellen. In einigen Präparaten gelang es mir
nur nach langem Suchen an und in den kleineren und etwas größeren
Gefäßen vereinzelte Exemplare von Spirochaete pallida zu finden, und
zwar an der Stelle, wo die histologischen Yeränderungen
sehr geringfügige waren.
Die Milz. Keine histologischen Veränderungen. Spirochaeten
nachzoweisen, gelang mir nicht.
In der Niere fand sich eine ziemlich ausgebreitete trübe
Schwellung der Epithelien der gewundenen Harnkanälchen. An ver¬
einzelten Stellen zeigte sich eine leichte interstitielle Infiltration von
rundlichen und länglichen Zellen. Hier und da sah man erweiterte Harn¬
kanälchen mit körnigen Zylindern und abgestoßenen Epithelien. In
manchen Zylindern einiger Präparate fand ich eine geringe Anzahl
von Spirochaete pallida.
Nebenniere. Histologisch war keine bedeutende Veränderung
nachzoweisen. Die Spirochaete pallida befand sich vereinzelt sowohl in
der Mark- als auch in der Bindensubstanz, ebenso im Septum, wie in
den Zellsträngen, in größerer Menge in und an den Gefäßen der Mark-
Bubstanz. Sie trat auf entweder an der Gefäßwand entlang, oder
dieselbe kreuzend, oder quer und längs im Lumen der Gefäße, manch¬
mal zwischen Blutkörperchen oder Epithelzellen vielfache Krümmungen
machend, auch auf einer oder mehreren Zellen lagernd.
Hoden und Thymusdrüsen. Keine histologische Veränderung.
Spirochaeten nachzuweisen gelang mir nicht.
Fall U. Am 24. Jänner 1906 der Klinik überlassen. Ein hoch¬
gradig atrophisches Kind, Frühgeburt im 8. Monate, 5 Wochen alt.
Syphilis der Matter war festgestellt; sie hat im April 1905 eine Queck-
BÜberbehandlung durchgemacht. Die Leiche des Kindes zeigte einen sehr
ausgeprägten Pemphigus syphiliticus. Bei der Sektion fanden sich
Pneumonia alba und eine deutliche Vergrößerung von Milz und Leber.
Das aus dem Herzen genommene Blut und die Ovarien
wurden etwa 4—5 Stunden nach dem Tode des Kindes auf
Affen positiv überimpft. Lunge, Leber, Milz, Niere und Neben¬
niere standen mir zur Verfügung. Die Befunde waren folgende:
Lunge: Herdweise Pneumonie. Mehrere Geßßwände waren hier
verdickt. In diesem derart veränderten Bezirke befanden sich eine ziemlich
große Menge von Exemplaren der Spirochaete pallida. Ihre Anordnung
entsprach der in Fall I.
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Sakuraüe.
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Leber. Erst bestand eine leichte Zellinfiltration an den gröfieren
und kleineren Gefäßen entlang, ebenso eine leichte Gallenferbstoff-
einlagerung. Spärliche Exemplare von Spiroohaete pallida befanden sich
in den Kapillargefäßen, «wischen den Infiltrationszelleny resp. Leber¬
zellen. An einzelnen Stellen schienen sie innerhalb der
Leberzellen zu sein; durch Drehen der Mikrometerschraube konnte
man aber meistens ihre extrazelluläre Lagerung erkennen.
Milz: wie Fall I.
Niere. Histologisch wie Fall I. Spirochaete pallida war ziemlich
zahlreich vorhanden. Sie lagerte in und an den Gefäßen, so wie in und
an den Harnkanälchen und in den Zylindern, im aUgemeinen vereinzelty
aber in den Infiltrationen zahlreicher. Sie lag extrazellulär, oft an den
Wänden der Harnkanälchen, resp. der Gefäße, längs und quer.
Nebenniere: wie Fall I.
Fall lU. Am 15. März 1906 aufgenommen. Ein atrophisches Kind,
Frühgeburt im 8. Monat. Ausschlag gleich nach der Geburt Tod des
Kindes nach 2 Stunden. Es bestand Syphilis der Mutter. Lunge, Leber,
Milz, Niere, Nebenniere, Hoden, Knochenmark der Tibia und Placenta
erhielt ich zur Untersuchung. Die Präparate zeigten keine auffallenden
Veränderungen, bis auf eine mäßige Hyperämie und geringe interstitielle
Zellinfiltrationen. Nur in den Lungen und in den Hoden fand
ich eine geringe Menge von Spirochaete pallida.
Fall IV. Am 14. Januar 1887 aufgenommen. Ein hochgradig
abgemagertes, bleiches Kind; hatte 8 Tage nach der Geburt Krampf¬
anfalle, und 2 Tage darauf kamen einige syphilitische Papeln auf der
Haut der Extremitäten zum Vorschein, weshalb das Kind in die dermato¬
logische Klinik gebracht wurde. Das Kind kam schon moribund in die
Klinik und zwar mit Zuckungen der Extremitäten und des Kopfes. Auf
der Haut der unteren Extremitäten befanden sich einige Papeln. Ferner
fand man über dem ganzen Körper diffuse blaurote Flecke. Der Tod des
Kindes trat am nächsten Tage ein.
16. Januar. Sektion: Herz und Lunge normal. Die Milz war
auffallend groß. Leber, Niere und Darm normal. Rippen und Tibia
zeigten keine auffallende Epiphysenverbreiterung. Eine kleine Papel auf
der Haut des linken Knies. Verschiedene Organe und Knochen wurden
in SO^/^igem Alkohol autbewahrt.
Ende Februar 1906, also 19 Jahre nachher, wurde die Unter¬
suchung auf Spirochaete pallida vorgenommen. Lunge, Herz, Leber, Milz,
Magen, Darm, Niere und Knochenmark standen mir zur Verfügung.
Herz, Magen, Darm und Niere ohne Veränderungen und ohne nachweis¬
bare Spirochaeten. Die übrigen Organe zeigten folgende Befunde:
Lunge. Teilweise h 3 rperämisch, sonst keine auffallende Verände¬
rung. Im Lumen stark angefüllter Gefäße befanden sich einige Exem¬
plare von Spirochaete pallida.
Leber. Eine leichte interstitielle Infiltration an den Gefäßen
entlang. In einigen Gefäßen fand ich spärliche Spirochaete pallida.
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Histol. Unters, über das Vork. d. Spirochaete pall. in Gew. 281
Milz. Die meisten Geföße waren stark angefüllt. In kleineren und
größeren GeiUen und zwischen den Zellen, in der Nähe derselben
befand sich eine ziemlich große Menge Yon Spirochaete pallida.
Knochenmark. Das Knochenmark der Tibia erhielt ich dadurch,
daß ich mit der Knochenschere den das Mark umgebenden Knochen
entfernte und die dadurch gewonnene Masse nach Leyaditi behandelte.
Das Gewebe war stellenweise locker und zellarm, sonst ohne wesentliche
Veränderungen, nur an einzelnen Stellen bestanden knötchenartige Zell-
anhäufungen in der Nähe größerer Gefäße. (Ob Infiltrate oder Lymph¬
knötchen, war an den Levaditi-Präparaten nicht sicher festzustellen.) In
den Gefäßen und an deren Wand, zwischen den Zellen fand
man eine große Menge zerstreut gelagerter Exemplare
Yon Spirochaete pallida. An der Stelle, wo das Stützgewebe etwas
locker erschien, und an der Wand größerer Gefäße traten sie besonders
zahlreich auf. Die Spirochaeten hatten die feine Gestalt, die regelmäßige
Windung und die spitzen Enden genau so vrie die in den anderen Prä¬
paraten; aber die Färbung war zum Teil nicht so ganz tiefschwarz,
sondern hatte einen Stich ins Braune und war blasser.
Fall y. Faultoter Foetus von 4Vs Monaten, am 18. Januar 1906
der Klinik überlassen. Die Mutter wurde 1904 infiziert und machte eine
Schmierkur durch. Lunge, Leber, Milz, Niere, Nebenniere und Knochen¬
mark des Fötus standen mir zur Untersuchung.
Fall VI. Faultoter Fötus in 6 Monaten. Am 21. Februar 1906 der
Klinik überlassen. Syphilis der Mutter unsicher. Lunge, Herz, Leber»
Milz, Niere, Nebenniere und Knochenmark wurden mir zur Untersuchung
überlassen.
In diesen beiden Fällen gelang es mir trotz genauester Unter¬
suchungen nicht, die Spirochaete pallida nachzuweisen.
Fall Vn. Ein totgeborener Fötus im 6. Monate, am 25. April 1906
der Klinik überlassen. Die Mutter hatte Condylomata lata an deü Geni¬
talien und ein Exanthem am übrigen Körper; das Datum der Infektion
war unbekannt. Lunge, Leber, Milz, Niere, Nebenniere, ein Stück der
Lendenmuskulatur, Placenta und Nabelschnur des Kindes wurden von
mir untersucht.
Lunge. Bei der Sektion zeigte sich deutlich Pneumonia alba.
Die Spirochaete pallida kam in sehr großer Menge, überall zerstreut,
zum Vorschein, wie in Fällen I und II.
Leber. Histologisch wie in I und H. Die Spirochaete pallida war
in großen Mengen vorhanden; sie lag überall verstreut zwischen den
Zellen und zwar am zahlreichsten an den Gefäßen entlang.
Milz. Die erweiterten Gefäße waren meistens etwas verdickt,
ebenso das bindegewebige Gerüst. Das Gewebe erschien im allgemeinen
zellarm und ödematös zu sein Die Struktur der Milzknötchen war fast
nicht mehr wahrnehmbar. Die Spirochaete pallida trat in großer Menge
auf und zwar überall verstreut zwischen den Zellen, in der Milzkapsel,
in den Trabekeln und besonders an den Gefäßen entlang.
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Sakürane.
Niere. Histologisch wie in I und II. Die Spiroohaete palltda befisnd
sich in einer ziemlich groSen Anzahl, überall zerstreut in den Infiltraten,
in und an den Harnkanälchen, in Glomerulis, und besonders zahlreich in
der Wand der Geföße und einiger Harnkanälchen.
Nebenniere. Kapsel und Trabekel waren teilweise bedeutend
verdickt. Nebennierenzellen atrophisch, resp. zum Teill zerfallen. Die
Gefäße erschienen etwas verdickt. Die Spirochaete pallida war überall
zerstreut und in mäßiger Menge sowohl in der Kapsel der Nebenniere,
als auch in dieser vorhanden.
Muskelstück. Die Muskelfasern waren normal. Die Spirochaete
pallida ließ sich nur in geringer Menge an einer ziemlich großen Gefäß«
wand zwischen den Muskelbündeln nachweisen.
Nabelschnur. In der Wand der Nabelgefäße fand ich
eine geringe Menge Spirochaete pallida.
Placenta. Hier fand man weder Spirochaeten noch weitere Ver¬
änderungen.
Fall Vlll. Ein totgeborener Fötus im 6. Monate, am 28. April 1906
der Klinik überlassen. Die Syphilis der Mutter sicher; das Datum der
Infektion aber unbekannt. Lunge, Leber, Niere, Milz, Placenta und Nabel¬
schnur des Kindes wurden untersucht.
Lunge. An manchen Stellen und zwar nur an der Wand der
Gefäße wurden einige Exemplare von Spirochaete pallida nachgewiesen.
Leber. Eine ausgebreitete interstitielle Infiltration mit hoch¬
gradiger Bindegewebswucherung. Die Gefäßwände waren auffallend ver¬
dickt. Besonders an den Gefäßen entlang und in den Infiltraten befand
sich eine sehr große Menge von Spirochaeten meist disseminiert zwischen
den Zellen.
ln Milz und Niere vereinzelte Spirochaeten.
In Nabelschnur und Placenta waren weder histologische
Veränderungen noch Spirochaeten nachweisbar.
Fall IX. Ein stark mazerierter Fötus, Abort etwa im 6. Monate,
am 8. Mai 1906 der Klinik überlassen. Die Mutter war im Jahre 1903
infiziert worden; zur Zeit ohne Erscheinung. Leber, Lunge, Niere, Hoden,
Placenta und Epiphyse am oberen Ende der Tibia des Kindes standen
mir zur Verfügung.
In Lunge, Leber und Niere war Spirochaete pallida massen¬
haft, manchmal in Haufen vorhanden. Sie lag überall zwischen den Zellen
und besonders an den Bindegewebsfasern entlang, mitunter auch dieselben
kreuzend.
Hoden. Im Bindegewebe und zwar an der Wand der Gefäße
befand sich eine geringe Menge von vereinzelten Spirochaete pallida.
In Präparaten von Epiphyse und Placenta waren weder
histologische Veränderungen noch Spirochaeten nachweisbar.
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Histol. Unters, über das York. d. Spirochaete pall. in Oew. 233
Lues acquisita.
Von allen nntersnchten Fallen gelang es mir nur bei breiten
Condylomen die Spirochaete pallida nachsuweisen. Im ganzen habe ich
9 Fälle, alle mit positivem Erfolge, untersucht. Alle stammten von
noch nicht behandelten Patienten und boten sämtlich bis auf einen Fall
fast dieselben Befunde dar. Das histologische Bild entsprach dem bekannten
der wuchernden Papel.
In den Infiltraten und zwar in der Umgebung der Gefäße, mit¬
unter auch im Lumen der letzteren fand man mäßig viele Exemplare
von Spirochaete pallida; in großen Mengen war sie im obersten Teile
der Papillarkörper und besonders in der Epidermis auf der
Höhe der Papillen, wo die Epidermiszellen am stärksten aufgelockert
und mit Leukocyten infiltriert waren, nachzuweisen. Hier waren Spiro-
chaeten in Häufchen angeordnet. Sie lagen überall zwischen den
Zellen; in der Epidermis konnte man ihre interzelluläre Lagerung
ziemlich leicht erkennen (Fig. II)*
Manchmal schienen sie innerhalb der Zellen zu sitzen; aber
durch die Tatsache, daß sie in anderen Ebenen, als die Zellen zum
Vorschein kamen, daß sie manchmal zwei Zellen brückenartig über¬
lagerten und daß sie im Bezirke einer Zelle derart lagen, daß sie keine
Umgestaltung oder Krümmung durch den Kern erlitten, konnte man doch
ihre extrazelluläre Lage fast stets feststellen. Nur an vereinzelten Stellen
lagen sie wirklich in den Zellen. Alle diese Spirochaeten hatten die
typische Form von Spirochaete pallida.
An einer Stelle eines Präparates fand sich außerdem eine geringe
Anzahl von Spirochaete refringens. Sie lagen ganz oberflächlich
in und auf der Hornschicht und ließen sich leicht von der Spirochaete
pallida unterscheiden durch die größere Dicke, die stumpfen Enden
und die unregelmäßigen und nicht steilen Windungen. Ihre Färbung war
ebenso schwarz wie die der Spirochaete pallida. Die Hornschicht an der
Stelle, wo sich die Spirochaete refringens befand, war fast normal und
ohne bedeutende Infiltration. In der tieferen Epidermis und in der
Cutis waren Exemplare von Spirochaete refringens nicht nach¬
weisbar.
In einem Falle von Condyloma latum waren sie wiederum in sehr
geringer Menge nachzuweisen. Unter mehr als 40 Schnitten fand ich nur
in 2 je eine Spirochaete pallida. Sie lag in einer geronnenen Masse im
Lumen eines Papillargefaßes, welches von einer bedeutenden Infiltration
umgeben war. Im großen und ganzen aber waren hier die histologischen
Veränderungen weniger ausgesprochen (Randabschnitte der Papel).
Von Fällen erworbener Syphilis habe ich ferner folgendes Material
untersucht — die Befunde der Spirochaete pallida waren hier alle
negativ:
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Sakurane.
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Eine Ingainaldriise eines Paiienten mit Lippenschanker and Roseola
luetica;
zwei Inguinaldrüsen nach Initialsklerose an den Genitalien;
ein tnberoserpiginöses Syphilid am Oberschenkel im 8. Jahre post
infectionem;
ein gummöses Geschwür auf dem Gesäß im 3. Jahre post
infectionem.
Nicht-syphilitische Fälle.
Zur Untersuchung stand mir zur Verfügung;
eine Lunge eines Kindes, das an Pneuomonia catarrhalis
gestorben ist;
ein Pemphigus foliaceus ;
ein Herpes zoster;
ein Ulcus molle;
ein Tumor von Mycosis fungoides;
ein Hautoarcinom an der Wange.
In allen diesen Fällen konnte ich keine Exemplare von Spiro-
cbaete pallida auffinden. Nur in Präparaten von Hautcarcinom habe ich
eine Anzahl von Spirochaete refringens, resp. Garcinom-Spiro-
chaeten, nebst Kokken und Bazillen gefunden. Diese Spirochaete hatte
genau dieselbe Beschaffenheit, wie wir sie auch im Ausstrich-Präparate
vom Carcinom gesehen haben; sie war etwas dicker, ihre Windung nicht
so regelmäßig imd ihre Enden auffallend stumpf im Vergleich mit Spiro¬
chaete pallida. Die Spirochaeten bei dem Carcinom waren hauptsächlich
zwischen den Epithelzellen und nur an vereinzelten Stellen unregel¬
mäßig angeordnet vorhanden. Nach dem Levaditischen Verfahren war
sie ferner nur blaßbräunlich gefärbt und lange nicht so schwarz wie
Spirochaete pallida.
Diese Tatsachen sind so auffallend, daß jemand, der auch nur
einmal die nach Levaditi behandelte Spirochaete pallida gesehen hat,
den Unterschied zwischen den beiden sogleich erkennen
kann.
Wenn ich die oben erwähnten Befunde zusammenfasse, so
ergibt sich folgendes:
Unter 9 untersuchten syphilitischen, respektive syphilis¬
verdächtigen Kindern und totgeborenen Föten habe ich in
7 Fällen die Spirochaete pallida Schaudinn aufgefunden und
zwar in folgenden Gewebsschnitten.
Lunge. 9 Untersuchungen, 7 positive Befunde. In 4 Fällen
davon (I, II, VII und IX) war die Spirochaete pallida ziemlich
reichlich vorhanden und von einer wechselnd hochgradigen
histologischen Veränderung des Gewebes begleitet. Hier und
in den übrigen Fällen entsprach die Menge der Spirochaeten
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Histol. Untere, über das York. d. Spirochaete pall. in Gew. 235
im allgemeinen der Schwere der histologischen Verände¬
rungen.
Leber. 9 Untersuchungen, 6 positive Befunde. Es ist
hier besonders hervorznheben, daß in einem Falle (I) die Spiro-
cbaete nicht in den Schnitten mit stärkeren histologischen
Veränderungen, sondern nur in denen, wo die entzündliche
interstitielle Infiltration kaum erkennbar war, aufgefunden wurde.
In der Leber war die Spirochaete im allgemeinen disseminiert,
doch am reichlichsten an den Gefäßen entlang vorhanden.
Spirochaeten in Leberzellen nachzuweisen (Beitzke u. a.)
ist mir nicht mit Sicherheit gelungen. Das liegt vielleicht daran,
daß ich fast nur mazerierte Föten untersuchen konnte, wenig¬
stens waren bei den anderen Fällen die Spirochaeten außer¬
ordentlich spärlich.
Milz. 8 Untersuchungen, 3 positive Erfolge (IV, VII,
Vm). Die Spirochaete pallida war mehr oder weniger zahl¬
reich vorhanden und von ziemlich bedeutenden entzündlichen
Gewebsveränderungen begleitet. Der Parasit befand sieb zwischen
den Zellen, in den Trabekeln, mitunter auch in der Kapsel
und besonders zahlreich an den Gefäßen entlang.
Niere. 9 Untersuchungen, 5 positive Befunde, ln 3 Fällen
(II, VII und IX) war die Spirochaete in sehr großer Menge
überall zerstreut, mitunter in Gruppen im Bindegewebe und
zwar an den Gefäßen entlang und um Glomeruli vorhanden.
Die interstitiellen Veränderungen waren verschieden hoch¬
gradig.
Nebenniere. 6 Untersuchungen, 3 positive Befunde.
In einem Falle (VII) schien das Bindegewebe sich etwas ver¬
mehrt zu haben. Die Spirochaete pallida befand sich in ziemlich
großer Menge überall, auch im Eapselgewebe zerstreut, am
reichlichsten in und an den Gefäßen entlang.
Hoden. 3 Untersuchungen, 2 positive Ergebnisse (III und
IX). Die Spirochaete pallida wurde hier nur sehr spärlich
im Lumen und an der Wand der Gefäße im Bindegewebe
gefunden. Bemerkenswerte histologische Veränderungen fehlten.
Knochenmark. 5 Untersuchungen; nur in einem Falle
(VI, 19 Jahre altes Alkoholpräparatl) wurde die Spiro¬
chaete pallida in ziemlich großer Menge nachgewiesen. Die
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236
Sakarane.
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Spirochaete befand sich hier überall disseminiert und besonders
zahlreich an der Wand der Gefäße (Fig. I).
Nabelschnur. 2 Untersuchungen, 1 positiver Befund
(VII) [wie Huebschmann].
Muskelstück. 1 Untersuchung mit positivem Erfolge.
Unter allen mit positivem Erfolge untersuchten syphili¬
tischen Kindern war die Spirochaete pallida bei den 3 etwas
mazerierten (VII, VIII, IX) am zahlreichsten vorhanden, weniger
reichlich in Fall I und II. Im Falle IV ließ sich der Parasit leicht
nachweisen und doch handelte es sich um sehr lange Zeit hin¬
durch (19 Jahre) in Alkohol aufbewahrtes, nicht in Formel
fixiertes Material. Die Fälle V und VI, in denen die Spiro¬
chaete pallida vermißt wurde, haben nicht große Bedeutung,
weil es sich um stark in Fäulnis übergegangene Föten (ö. und
6. Fötalmonat) handelte.
Unter den Untersuchungen bei Lues acquisita gelang es
mir nur bei nässenden Papeln, die Spirochaete pallida im
.';chnittpräparate regelmäßig nachzuweisen.
Über den Nachweis von Spirochaete pallida im Schnitt¬
präparate sind schon eine Reihe von Arbeiten veröffentlicht
worden. Leber, Lunge, Milz, Niere, Nebenniere, Pankreas,
Thymusdrüsen bei kongenitaler und die Papeln bei erworbener
Syphilis sind schon oft mit positivem Befunde untersucht
worden, auch in Drüsen und Spätformen ist der Nachweis
gelungen (Hoffmann-Beer). In Bezug auf den posi¬
tiven Spirochaeten-Befund in Gewebsschnitten
vonHoden, Knochenmark*) und Lendenmuskulatur
ist, so viel mir bekannt, noch nicht berichtet worden. Was
das Präparat von Knochenmark betrifft, so ließ sich die Spiro¬
chaete pallida in ziemlich großer Menge wahmehmen. Auf¬
fallend ist allerdings, daß es nur bei einem Falle (Alkohol¬
präparaten) gelungen ist, im Knochenmark ein positives Resultat
zu erhalten, während die Färbung in anderen Fällen immer
feblschlug, auch wenn nicht entkalkt worden war.
') Nach Beendigung dieser Arbeit ist mir diejenige von Verse
sngegfangen. Der Forscher hat auch im Sohnittpräparate des Knochen¬
marks die Spirochaete pallida naebgewiesen (med. Klinik Nr. 24. 1906).
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Histol. Unters, über du York. d. Spiroohute pall. in Oew. 237
Was die Bedeutung meiner Untersuchungen im allgemeinen
anlangt, so habe ich, wie andere Autoren, die Spirochaete
pallida nur im Gewebe syphilitischer Kranker aufgefunden. Die
Spirochaete pallida war dabei meistens von verschieden starken
histologischen Veränderungen begleitet Wie schon Gierke
betont, entsprach das Verhältnis zwischen Spiro-
chaetenhefund und Gewebsveränderungen auch
bei meinen Fällen nicht immer einander. Einerseits
trat die Spirochaete an der wenig veränderten Stelle, z. B. in
der Nebenniere, in großer Menge auf, während sie andererseits
im ziemlich stark veränderten Gewebe sehr spärlich, resp. gar
nicht zum Vorschein kam, z. B. in der Leber im L Falle.
Gierke erklärte bei seiner Untersuchung über Spirochaeten-
befiinde im Gewebe von Syphilis congenita:
„Es handelt sich hier um Kinder, die an ihrer floriden
Syphilis zu Grunde gegangen sind. Es könnte die starke Pro¬
pagation in den letzten Lebenstagen erfolgt sein und der
geschwächte Organismus sich zu einer Beaktion nicht mehr auf-
gerafiFt haben. Bei finalen Verbreitungen von Kokken oder Bazillen
sind derartige Vorgänge bekannt." Da aber das umgekehrte
Verhältnis zwischen Spirochaetenmenge und Gewebsverände¬
rungen, z. B. in meinem 1. Falle von Lues hereditaria, ein
ziemlich bedeutendes war, so ist es wohl auch gerechtfertigt
anzunehmen, daß die Spirochaetenmenge mit dem
Alter des Erkrankungsprozesses wieder abnimmt.
Ich möchte hier noch hinzufiigen, daß die verschiedenen Organe,
resp. Gewebe auf den Angriff von Spirochaete, resp. von Toxinen
derselben unter Umständen verschieden reagieren
können. Die Tatsache, daß die Spirochaete auch an der Stelle,
wo keine histologische Veränderung nachweisbar war, zum Vor¬
schein kam, läßt uns daran erinnern, daß die Erkrankung
überhaupt mit sehr langer Inkubationsdauer
auftritt.
In Betreff der Lagerung der Spirochaete pallida im
Gewebe stimme ich mit den meisten Autoren überein. Die
Spirochaete befindet sich hauptsächlich extra¬
zellulär und vorwiegend an den Gefäßen entlang.
Ihre extrazelluläre Lageruug stellte sich am deutlichsten in der
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Sakurane.
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Epidermisscbicbt dar (Fig. U). Die Tatsache, daß der Parasit
sehr oft in der Richtung der Bindegewebsfaser in Gruppen
zum Vorschein kommt, verrät auch, daß er gewöhnlich in den
Saftkanälchen sich verbreitet Intrazelluläre Lagerung habe
ich nur selten nachweisen können. Das häufige Vorkommen
der Spirocbaete an den Gefäßen entlang spricht dafür, daß der
Parasit durch den Blutkreislauf transportiert wird, und das
deckt sich mit der Tatsache, daß der syphilitische Prozeß über¬
haupt auch an den Gefäßen entlang auftritt
Es ist noch bemerkenswert, daß sich die Spirocbaete
pallida, wie viele Autoren betonten, auch in meinen Fällen in der
Epidermis von breiten Condylomen auffallend zahlreich nach¬
weisen ließ, während sie in den Infiltrationen der tieferen Cutis-
schicbt in sehr geringer Menge zum Vorschein kam. Blaschko
sieht in dieser Tatsache sogar die Wanderung der Spirocbaete zum
Licht und den damit verbundenen Naturheilungsprozeß (durch
den Drang nach Sauerstoff bedingt). Jedenfalls scheint es gerecht¬
fertigt, anzunehmen, daß der Parasit hier in der Epidermis¬
scbicbt eine relativ günstige Lebensbedingung findet. Die
anhaltende Wärme der Körperoberfläche an der Stelle, wo die
nässenden Papeln am häufigsten verkommen, z. B. an den
Genitalien, in der Achselhöhle usw., dürfte dabei m. E. eine
gewisse Rolle spielen.
Die Tatsache, daß die Spirocbaete pallida im oberen Teile
der Papillarkörper und in der Epidermis außerordentlich zahl¬
reich vorkommt, macht sowohl die Infektiosität dieser Formen
verständlich wie die Tatsache, daß die Impfversuche mit Syphilis
auf Affen besonders gut bei Benutzung solcher nässender
Papeln gelingen. Bei der Autoinokulation kommt natürlich auch
in Betracht, namentlich wenn es sich um 2 in gegenseitiger
Berührung stehende Uautflächen, von denen' eine mit nässenden
Papeln besetzt ist, bandelt, daß sowohl die Papel selbst durch
Reibung, Schweiß-Mazeration in stärkere Entzündung gerät, wie
auch die gegenüberliegende Fläche durch diese äußerlich
wirkenden Momente für die Infektion vorbereitet wird.
Zum Schluß gestatte ich mir, meinem hochverehrten
Lehrer Herrn Geb. Rat Prof. Dr. Neisser für die gütige Über¬
lassung des Materials und die freundliche Unterstützung bei
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Histol. Unters, über das York. d. Spiroohaete pall. in Oew. 239
dieser Arbeit meinen ergebensten Dank auszusprechen. Ebenso
bin ich dem Herrn Oberarzt Dr. Zieler, Herrn Prof. Dr.
Elingmüller, Herrn Assistenzarzt Dr. S chu ch t und
Fräulein Stern wegen der mir bei dieser Arbeit erwiesenen
Liebenswürdigkeit sehr verbunden.
Literatur.
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Soc. de biologie. 26. deo. 1905. — 26. Wa 11 ich nnd Levaditi. Soc. de
biologie. Janvier ei f4vrier 1906.
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Sakurane.
Erklämng der Abbildungen auf Ta£. ZI.
Fig. I. Knochenmark. Färbang nach dem alten LevaditiBcheu
Verfahren. Vergrößerung Öl-Imm., Yu Comp. Oo. 8.
Fig. II. Condyloma latum. Vorfarbung nach Levaditi. Nach-
förbnng mit polychromem Methylenblau. Vergrößerung ÖMrom. ^V.
Comp. Oc. 8.
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Archiv f.Dermatologie u Syphilis Band l.XXXIf. TAT. XI.
Sakurdiie : Hislol Unlersuch ü d Vorkouiinend Spimchaele pallida ini Geweb«^ kj§
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Ein seltener Fall
von Leukoderma syphiliticum.
Von
Dr. Leopold Loew (Abbazia-Ischl).
(Hiesti Taf. XII.)
Die seltene Lokalisation ebenso wie die In- und Extensität
der Eracheinungsform läßt wohl die Mitteilung nachstehenden
Falles von Leukopathia syphilitica berechtigt erscheinen:
Anamnese: A. M., Köchin, 36 Jahre alt, gibt an, vor 5 Jahren
zuerst rote Knötchen an den Schamteilen bemerkt za haben, welche sich
vermehrten und nach einiger Zeit wieder von selbst zurückbildeten; ganz
frei soll das Genitale seither nie gewesen sein. 2 Jahre später sollen an
der Streckseite beider Oberschenkel braunrote Knötchen aufgetreten sein.
Das Entstehen weißer Flecke an den Schamteilen wird angeblich seit
2 Jahren beobachtet. An Kopfschmerzen litt Patientin nie; dagegen
häufig an Schmerzen in den Beinen, welche sich besonders während der
Nacht zu großer Heftigkeit steigerten. Sonst wird über starken Haaraus¬
fall berichtet. Patientin befragte nie einen Arzt und blieb bisher ohne
jede Behandlung.
Status praesens: Universelle Drüseuschwelluug; Defluvium capil-
lorum; Mundhöhle, Rachen frei; vereinzelte papulöse Effloreszenzen im
Gesicht und linken inneren Augenwinkel; undeutliches Leukoderma am
Hals, zerstreute Leukodermaflecke in der Bandfurche der Rocke, ferner
über dem Kreuz- und Steisbein.
Imponierende Veränderungen bieten, wie die beigegebenen Abbil¬
dungen zeigen, das Genitale, die Innenfläche beider Oberschenkel und die
Leistengegenden. Man erhält zunächst den Eindruck einer symmetrischen
Aflektion, die Form eines Schmetterlings nachahmend, wobei die lang¬
gestreckten, dekolorierten Partien die Flügel, das äußere Genitale den
Areh. f. Dennat. u. Sjpb. Bd. LXXXII. 26
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Körper und der mons veneris den Kopf des Schmetterlings darstellen.
Eine genauere Analyse ergibt zunächst zwei intensiv dunkelbraune Streifen,
welche die Labia majore einrahmen, sich nach oben auf den mons veneris,
nach unten auf das Perineum fortsetzen. Nach außen von diesen beider¬
seits eine längliche, hellweiße Hautpartie, die mit bogenförmigen feeton¬
artigen Konturen, sowie zapfenformigen Ausläufern sich in die bereits
leicht pigmentierte Haut der Oberschenkel erstreckt, von hyperpigmen-
tierten Hautinseln und Inselchen unterbrochen, in ähnlicher Weise sich
in beide Leistenbeugen fortsetzend. Nach außen von diesen pigmentlosen
Partien in die weniger braun gefärbte Haut der Oberschenkel eingestreut
zahlreiche linsen- bis erbsengroße leukodermatisohe Flecke.
Aber auch auf der Abbildung nicht sichtbare Partien, wie die
Innenfläche der Labia majora und die äußere Fläche der Labia minora
zeigen die charakteristische Veränderung.
Innerhalb der so veränderten Haut- und Schleimhautfläche fanden
sich primäre, syphilitische Manifestationen und zwar; Erodierte Papeln
an der Innenfläche des rechten großen und der kleinen Labien; einzelne
papulöse Effloreszenzen inmitten der großen dekolorierten Partien und
aggregierte Papeln im oberen Anteile derselben gegen die linke Leiste zu.
Therapie: Die Behandlung bestand in täglichen Injektionen von
iVo Hydrargyr. succinimidat. mit Zusatz von Cocain, lokal grauem Pflaster
und weißer Präzipitatsalbe. Nach 20 Injektionen waren sämtliche Er¬
scheinungen zuröckgegangen, die Drüsen verkleinert, nach 80 Injektionen
wurde die Patientin geheilt entlassen. Irgend eine Veränderung oder
Verschiebung des interessanten Farbenbildes konnte während der Behand-
lungsdauer nicht bemerkt werden.
Es ist wohl schon an und für sich ein Unikum, daß ein
sonst intelligenter Kranker seine Syphilis 5 Jahre trägt, ohne
einen Artz zu Rate zu ziehen; erst nachdem auch im Gesichte
Erscheinungen auftraten und Patientin fürchten mußte, aus dem
Dienste entlassen zu werden, entschloß sie sich den Arzt auf¬
zusuchen. Die ungetrübte Ruhe, deren sich die wiederholt
rezidivierenden syphilitischen Effloreszenzen erfreuten, sowie die
höhere Temperatur, welche die Teile infolge des Berufes der
Patientin (Köchin) ausgesetzt waren, sind dafür verantwortlich
zu machen, daß die Affektion eine solche Ausbreitung gewann
und die Veränderungen eine solche Intensität erreichten.
Wenn auch das Leukoderma syphiliticum außer den üb¬
lichen Prädilektionsstellen andere Teile befallen kann, ja so¬
gar einzelne Fälle von Leukoderma syphiliticum universale
bekannt geworden sind, so mußte doch immerhin der hier be¬
schriebene Fall als eine Ausnahme bezeichnet werden, denn
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Ein seltener Fall von Leukoderma syphiliticum.
243
einerseits sind die Farben- respektive Pigmentdifferenzen in
einem Maße entwickelt, wie selbe nur äußerst selten zur Be¬
obachtung kommen, andererseits stellt das Übergreifen des Pro¬
zesses auf das Genitale wohl auch ein seltenes Vorkommnis dar.
In einer Statistik von Neumann,*) der vom Januar 1888
bis Januar 18J2 auf seiner Klinik 370 Fälle von Leukoderma
sjpbil. beobachtete, findet sich bloß ein Fall in der Unter-
bauchgegend, 2 Fälle am Oberschenkel, kein einziger am weib¬
lichen Genitale; am männlichen Genitale scheint dasselbe häufiger
beobachtet zu werden.
Für die Ätiologie des Leukoderma bringt der Fall keine
Entscheidung. Hierfür war einerseits die Beobachtungsdauer
zu kurz, andererseits befanden sich die papulösen Infiltrate in¬
mitten der schon früher pigmentlos gewordenen Partie und
deren Involution war von keiner weiteren Veränderung gefolgt.
Der Annahme eines auschließlichen postmakulösen, respek¬
tive postpapulösen Entstehens der Leukodermaflecke widerspricht
die Beobachtung, daß dieselben häufig über die Grenze hinaus¬
schreiten, welche die Roseola oder Papel eingenommen bat,
ohne daß eine Konfluenz benachbarter Flecke stattgefunden hätte.
Es scheint mir auch ein Widerspruch darin zu liegen, daß
von allen Seiten auf den großen Einfluß bingewiesen wird, welchen
Wärme, Soimenlicht, Luft, Reibung auf die Entwicklung des
Leukoderma nehmen, wenn man bedenkt, daß alle diese Fak¬
toren doch nur im Sinne einer Pigmenterzeugung- oder Ver¬
mehrung wirksam sein können. Für die Annahme einer primären
Hyperpigmentierung und erst sekundären Pigmentatrophie würden
auch die Befunde verschiedener Autoren sprechen (Saintin,
Maieff, Unna, Hjelmann), welche entzündliche Verände¬
rungen an den Getaßen im Bereiche der hyperpigmentierten
Partien mit nachfolgender Obliteration derselben ergaben.
M J. Neumanu Lehrbuch der Syphilis.
IG’"
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Die Erklärung der Abbildung auf Taf. XII ist dem Texte
zu entnehmen.
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ZvL dLex ^zlDeit:
„Über eine noch nicht beschriebene
Haarerkrankung [Trichonodosis]“
von Dr. Galewsky (Dresden).
Ij 3C2C3ZI. B«.nidl, 2. *ul. 3. ZS«ft.
Von
Edmund Saalfeld (Berlin).
Die yon Galewsky beschriebene Affektion „Trichono¬
dosis* verdient wegen ihrer praktischen Bedeutung weitest¬
gehende Beachtung. Ich selbst interessierte mich für diese
Haarveränderung, da ich bald nach Galewskjs Vortrag in
Heran Gelegenheit hatte, einen hierher gehörigen Fall zu sehen.
Der stark neurasthenische Patient leidet seit Jahren neben
Prostatorrhoe an einer Hyperidrosis des Skrotum und dessen
Umgebung (Perineum, Innenseite der anliegenden Oberschenkel¬
partien) sowie an einem lästigen Pruritus dieser ganzen Partie.
Haare von diesem Kranken demonstrierte ich in der Berliner
dermatologischen Gesellschaft (Novembersitzung 1905; ich dürfte
wohl mit dem von Galewsky als „Julfeld* bezeichneten
Autor identisch sein). Einige Zeit später brachte mir ein Kollege,
der an heftigem Pruritus der Genitalgegend in Verbindung oder
Zusammenhang mit Glykosuiüe litt, einige seiner Pnbeshaare
mit derselben Anomalie.
Vom historischen Standpunkte aus möchte ich konstatieren,
daß die Affektion, wie ich kürzlich ersah, bereits firüher mehr¬
fach beschrieben ist. So hat Michelson*) diese Schlingen-
bildung „wiederholt imd gelegentlich kombiniert mit dem Symptom
der Trichorrhexis gesehen“ und sie als Noduli laqueati
bezeichnet.
Auch die von Michelson daselbst gegebene Abbildung
entspricht den Zeichnungen Galewskys. Vorher ist, wie Mi-
Handbuch der Hautkrankheiten in von Ziemssene Handbuch
der speziellen Pathologie und Therapie. 1884. Vierzehnter Band, zweite
Hälfte, pag. 150.
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Saalfeld.
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clielson selbst mitteilt, auf diese Aoomalie auch schon von
Duncan Bulkley hingewiesen worden. Dader Bulkleysche
Fall bei Micbelson nur kurz angedeutet ist, will ich nach
Jackson mitteilen, daß es sich (wie in meinem ersten Fall)
um einen Patienten handelte, der an Jucken und übermäßiger
Schweißabsonderung der Genitalgegend litt. Das Haar dieser
Partie sah aus, als ob es mit Nissen von Pediculi besetzt
wäre; die mikroskopische Untersuchung lehrte aber, daß diese
Erscheinung durch die Anwesenheit eines doppelten Knotens
an jedem Haar bedingt war, der aus mehreren Windungen
bestand.
Außer dieser aus dem Jahre 1881 stammenden Mitteilung
finde ich bei Jackson selbst noch eine uns interessierende
Angabe aus dem Jahre 1898. Hier handelte es sich um einen
unzweifelhaften Fall yon Trichorrhexis nodosa des Bartes, bei
dem die Knotenbilduug des Haares bestand. Der Patient war
geisteskrank und zerrte beständig an seinem Barte und dieser
Gewohnheit schrieb Jackson die Knotenbildung zu.
Michelson äußert sich über die Ätiologie der Affektion
folgendermaßen: „Offenbar entstehen unsere Noduli laqueati
auf rein mechanischem Wege bei ungeschicktem Kämmen oder
Durchwühlen des Haares mit den Fingern."
Ich glaube für meine beiden Fälle die von Michelsou
und Jackson gegebene Deutung (Dnrchwühlen und Zerren
des Haares mit den Fingern) akzeptieren zu dürfen (wie ich
es bereits bei meiner Demonstration andeutete) und kann mich
der Annahme Galewskys, daß es sich um eine Wachstum¬
störung oder vielleicht um ein ungleichmäßiges Wachsen der
Haare handelt, nicht anschließen. Bei meinem erst erwähnten
Falle hatte ich früher häufiger Gelegenheit wegen des Juckens
den Patienten auf Pediculi pubis zu untersuchen, die ich auch
einigemale fand, ohne daß ich damals die Knoten beobachtete,
die mir, wenn sie vorhanden gewesen, sicherlich nicht ent¬
gangen wären. Es konnte sich also in diesem Falle keineswegs
um eine Wachstumsanomalie der Haare handeln. Auch in dem
zweiten Falle kratzte der Patient häufig, wie er selbst zugab,
die juckenden Partien, so daß auch hier das mechanische Moment
ungezwungen ätiologisch herangezogen werden dürfte.
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Ans der Poliklinik für Haut- und deschlechtskrankheiten des
kgL Friedrioli'Eospitals [Ez-Chef Pr. C. Basch] und der 17. Abt.
des Bommnnehospitsds [weil Prof. Pr. Alex. Haslnnd].
Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
Ein Beitrag znr Kenntnis der OeschwOlste der Hant.
Von
Pool Haslnnd (Kopenhagen),
gew. Assistent an der PolikUnIk des kgl. Friedrichhospitals fUr Haut- und
Geschlechtskrankheiten.
In Band L des Archivs für Dermatologie u. Syph. (1899,
pag. 163) hat Spiegler eine Mitteilung uher 3 Fälle eines,
kUnisch gesehen, sehr charakteristischen und, wie es scheint,
außerordentlich seltenen Krankheitsbildes gemacht, das sich
durch Auftreten multipler Geschwülste in der Haut von eigen¬
tümlichem Bau äußert. In allen 3 Fällen fanden sich die Ge¬
schwülste in außerordentlich großer Menge in der Kopfhaut,
wo sie durch ihre dichte Gruppierung, ihre Form und Farbe
(an Billardkugeln [Spiegler] oder Tomaten [A n c e 11] er¬
innernd) dem Leiden ein so einzig dastehendes Gepräge geben,
daß die Berechtigung, sie schon klinisch von andern in der
Haut yorkommenden Geschwülsten zu unterscheiden, naheliegend
erscheinen muß. In seinem II. Falle fanden sich überhaupt
keine Geschwülste am übrigen Körper, in dem I. sah man zu¬
gleich eine einzige faustgroße und mehrere kleine ähnliche
Geschwülste am Rücken und über dem Sternum, in dem III.
Falle hingegen zahlreiche, knapp stecknadelkopf- bis erbsen¬
große Knoten über den obersten Teil des Körpers verteilt;
dennoch war in diesen beiden Fällen die Erkrankung haupt-
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Haslund.
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sächlich in der Kopfhaut lokalisiert. Die beiden ersten Fälle
traten hei Vater und Tochter auf.
Spiegler konnte nur 3 ähnliche Fälle aus früherer Zeit
finden, deren Abbildung er zugleich mit seinen eigenen bringt.
Der eine ist mitgeteilt von A. Poncet (in der Revue de Chi-
lurgie, 1890) und war Gegenstand der mikroskopischen Unter¬
suchung von Bard und Au dry. Die im ganzen recht überein¬
stimmende Beschreibung dieser beiden findet Spiegler ent¬
sprechend dem, was er in seinen eigenen Fällen sah. Aber
Bard und Audry hielten die Talgdi'üsen am ehesten für
den Ausgangspunkt der Geschwulst; R e n a u t hingegen dia¬
gnostizierte, wie Poncet selbst, Cylindrom. In Hutchinsons
Archives of surgery, London 1892, findet sich das Bild einer
Frau, über die Ancell berichtet bat. (Medico-chirurg. Trans¬
actions 1842.) Hier fanden sich konglomerierte, tomatenäbnliche
Geschwülste in der Kopfhaut und, wie bei Poncets Patient,
über den ganzen Körper verteilt; A. hält sie für „sebaceons
tumours“. Sie bekamen zuletzt einen ausgesprochen malignen
Charakter, vermutlich durch sekundäre carcinomatöse Degene¬
ration und der Patient starb mit einem großen Tumor der
Leber und zahlreichen kleinen Knoten in dem Peritoneum, dem
Netz und dem Mesenterium.
Endlich gibt es einen dritten Fall, über den Spiegler
nicht mehr weiß, als was die Photographie, die von Jonath.
Hutchinson in London stammt, durch ihre Unterschrift kund
gibt: Dr. J. £. Cohns Fall von multiplen Sarkomen. Ohio.
U. S. A. Obwohl über die beiden letztgenannten Fälle gar keine
histologische Untersuchung vorliegt, identifiziert S. sie ohne
weiteres mit Poncets und seinen eigenen.
Spiegler rechnet diese Geschwülste zu den Endo-
theliomen. Er fand sie aufgebaut von zellerfüllten Räumen,
die in die normale Haut eingelagert waren, von verschiedener
Größe, so daß sie an mehreren Stellen dicht bis ans Epithel
heranreichten, ohne daß jedoch ein Zusammenhang mit dem¬
selben irgendwo nachweisbar war. Auf dem Querschnitt zeigten
sich diese Räume als Haufen von blasenförmigen oder polygo¬
nalen Zellen, meist mit runden oder ovalen, oft jedoch auch
mit ganz unregelmäßigen Grenzen. Zwischen den Zellen sieht
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
249
man in größerer oder geringerer Menge runde oder ovale Löcher.
Diese sind mit einer homogenen, „hyalinen“ Masse gefüllt, die
einige Mal mit nur sparsam und verstreut eingelagerten Zellen
den ganzen Raum erfüllte. Die Zellen sind in der Peripherie
der Haufen durchgehend radiär geordnet mit stark gefärbten
Kernen, vrährend sie im Zentrum vollständig unregelmäßig ge¬
lagert sind und runde oder polygonale und häufig schlecht
färbbare Kerne haben. Die Zellanhäufungen werden von einem
schmalen, ganz homogenen, hyalinen Saum umgeben, sind im
übrigen in eine Grundsubstanz von feinfaserigem Bindegewebe
eingelagert, in welchem man sehr wenig Blutgefäße, hingegen
in zahlreichen Präparaten Querschnitte von größeren Lymph¬
gefäßen sieht. Hie und da trifft man Kapillaren, deren Zell¬
bekleidung in lebhafter Proliferation begriffen ist, während
zwischen diesen typische Geschwulstzellen auftreten. An ein¬
zelnen Stellen sieht man kleine Inseln von letzteren frei im
Bindegewebe, ein Kapillargefäß mit teilweise erhaltenem Lumen
und stark verdickter Wand, die auf der Außenseite von einer
regelmäßigen Lage großer, tief gefärbter, kubischer Zellen be¬
deckt ist, einschließend; die nächste Zellreihe ist ebenfalls recht
gut geordnet, aber darauf hört jede Spur von Regelmäßigkeit
auf, je weiter man sich von der Gefäßwand entfernt.
Außer der hyalinen Degeneration in den Zellhaufen und
deren unmittelbarer Umgebung findet man im umgebenden
Bindegewebe zerstreut kleine runde oder unregelmäßige Stücke,
die ihrer Farbenreaktion nach derselben Art sind. Talg- und
Schweißdrüsen sind normal. Die letzteren sind von einer stellen¬
weise sehr reichlichen Menge kleiner Rundzellen umgeben, des¬
gleichen werden die subpapillären Gefäße von ähnlichen Infil¬
traten begleitet.
Die histologischen Befunde waren in ällen 3 Fällen mit
unwesentlichen Variationen identisch. Im letzten Falle fehlten
die „hyalinen“ Massen in den Zellhaufen und diese zeigten
eine weit unregelmäßigere Form als in den vorhergehenden.
Hier gelang es auch nicht einen Zusammenhang mit bestimmten
Gefäßen nachzuweisen, und Spie gl er führt darum hypothe¬
tisch den Ursprung der Geschwulst auf das Endothel der
Lymphspalten zurück. Soviel vorläufig über Spieglers Mit¬
teilung.
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H a 81 u n d.
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Es ist indessen seiner Aufmerksamkeit yollständig ent>
gangen, daß in Langenbecks Archiv, Bd. LIV, 1897, eine
Abhandlung von Mulert über einen klinisch gesehen ganz
ähnlichen Fall vorliegt, noch dazu unter der Diagnose: mul¬
tiple Endotheliome in der Kopfhaut. Auch hier zeigte
das Mikroskop eine alveolär gebaute Geschwulst, deren hin¬
sichtlich ihrer Größe, Form und Färbbarkeit recht stark wech¬
selnde Zellen in keinem irgendwie nachweisbarem Zusammen¬
hang mit der sie deckenden Epidermis, dem Haar, den Talg¬
oder Schweißdrüsen stehen. Um die meisten der Geschwulst¬
alveolen, deren stärker gefärbte Randzellen fast überall eine
nach dem Zentrum radiäre Anordnung annehmen, zuweilen in
mehreren Lagen, finden sich dicke, hyaline Ringe, und das
umgebende und dazwischen liegende Stroma ist der Sitz mehr
oder weniger ausgebreiteter, in den älteren Geschwülsten sogar
sehr stark ausgesprochener, hyaliner Degeneration. Dieses trifit
man auch in den Alveolen als zahlreiche runde, längliche oder
verzweigte Gebilde, in welchen man hin und wieder Lumina
mit roten Blutkörperchen nachweisen kann.
Mulert denkt sich diese Geschwülste durch Proliferation
der Epithelbekleidung der feinen Lymphgefäße entstanden und
glaubt die Anfangsstadien hiervon in den Alveolen gesehen zu
haben, besonders reichlich in einer Geschwulst, die er darum
für die jüngste der untersuchten hält. Außer den hyalin dege¬
nerierten Massen fand er nämlich hier ein oder mehrere runde
„Löcher“, ausgekleidet mit großen, flachen, protoplasmareichen
Zellen mit ovalen Kernen, oft in mehreren Lagen. Die innersten
waren wie Endothelzellen in einem Gefäß um das Lumen hemm
angeordnet, aber in den folgenden Lagen fanden sich allmähliche
Übergänge zu den protoplasmaärmeren, stark geförbten, radiär
gestellten „Palisadenzellen“. In solchen Lumina sah er niemals
Blutkörperchen. Die Blutgefäße des Stroma waren normal,
wo hingegen die in den Alveolen eingeschlossenen Blutkapillaren
schnell hyaliner Degeneration verfielen.
Endlich hat im Jahre 1894 Koulnieff einen Fall von
multiplen Geschwülsten in der Kopfhaut veröffentlicht, bei dem
mikroskopisch in gleicher Weise alveolärer Bau mit starker
hyaliner Degeneration des umgebenden Bindegewebes und ver-
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
251
einzelten hyalin degenerierten Blutgefäßen hin und wieder mit
proliferierendem Endothel festgestellt wurde. Auch die zentralen
Zellen der Alveolen waren hyaliner Degeneration anheimgefallen.
K. schwankte zwischen der Diagnose Cylindrom und Endo-
theliom und will nur betonen, daß es sich nicht um Sarkom
handeln kann.
Während sowohl das klinische wie mikroskopische Bild
es sehr wahrscheinlich macht, daß Eoulnieffs Fall mit dem
von Spiegler beschriebenen identisch ist, wie auch Mulerts
es ist, müssen wir Magnus Möller darin Recht geben, daß
Spiegler wohl sehr kühn ist, wenn er ohne weiteres die von
ihm in der Literatur gefundenen Fälle seinen eigenen gleich¬
stellt. Was Ancells und Cohns Fälle betrifft, so liegt über¬
haupt keine mikroskopische Diagnose vor und Poncets Fall,
mit dem ein neuer von ihm 1805 beobachteter vollständig
übereinstimmt, wurde schon von B a r d und A n d r y und
später wiederholt von anderen für Talgdrüsenadenome erklärt.
Deshalb ist man wohl bis auf weiteres berechtigt, ein großes
Fragezeichen hinter diese Fälle zu setzen, umsomehr als, wie
wir später hören werden, einzelne andere Leiden in der Haut
unter Formen auftreten können, die jedenfalls klinisch dem
scheinbar so charakteristischen Bilde der multiplen Endotheliome
sehr nahe kommen.
Da also außer Mulerts und Spieglers Fällen, zu
denen aller Wahrscheinlichkeit nach auch Eoulnieffs ge¬
rechnet werden muß, so weit mir bekannt, nichts Sicheres über
diese seltene Form von Geschwülsten in der Haut vorliegt, so
hat, glaube ich, folgender Fall, der sich auch in gewissen
Punkten von den früheren unterscheidet und den ich Gelegen¬
heit hatte längere Zeit zu verfolgen, vielleicht Anspruch auf
Interesse. Die Erankengeschichte folgt hier;
Es bandelt sich um eine verheiratete Frau J. D., deren Angaben
ziemlich unbestimmten Charakters sind. So gibt sie ihr Alter abwechselnd
als 47, 48 und 49 Jahre an. Sie macht einen recht furchtsamen, „ner¬
vösen" und kränklichen Eindruck. Ihr Aussehen im ganzen etwas bleich
und leicht kachektisch, bedeutend älter als ihrem wirklichen Alter ent¬
sprechend.
Sie soll in ihrer Jugend gesund gewesen sein; hat früher weder
an Haut- noch an Geschlechtskrankheiten gelitten. Erbliche Krankheiten
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H a B1 u n d.
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sollen nicht in der Familie herrschen, auch nicht Disposition zu malignen
Tumoren; speziell hat niemand in der Familie der Patientin ähnliche
Geschwülste in der Haut dargeboten wie sie.
Pat. stellte sich zuerst am 22./VI. 1903 im Konsultationszimmer
des Kommunehospitals für Haut- und Geschlechtskrankheiten vor. Nach
Konstatierung des Aussehens und der Ausbreitung des Leidens wurde
die Probepunktion einer der Geschwülste auf dem Kopf gemacht, ohne
daß sich Flüssigkeit entleerte, wonach eine Ezcision zur mikroskopischen
Untersuchung gemacht wurde, um zu einer Diagnose zu kommen.^) Darauf
blieb Pat. jedoch ganz aus, ohne daß irgendwelche Behandlung ein¬
geleitet war.
Ungefähr 2 Monate später, 13./VI1I. 1908, fand sie sich in der
Poliklinik des kgl. Friedrichhospitals für Haut- und Geschlechtskrank¬
heiten ein, wo ich sie zum ersten Mal sah. Die Affektion, deren Beschrei¬
bung, um eine Wiederholung zu vermeiden, später folgt, hatte damals
wesentlich dasselbe Aussehen wie früher und später; nur war jetzt, im
Gegensatz zu dem Zustand vor 2 Monaten, an verschiedenen Knoten eine
oberflächliche Ulzeration eingetreten. Ich nahm an demselben Tage unter
Äthylchloridanästhesie die Excision eines recht wohl abgegrenzten, kaum
erbsengroßen Knotens vorn in der rechten Scheitelgegend vor, dessen
histologische Untersuchung dem mikroskopischen Bilde zu Grunde liegt,
das ich später geben will.
Pat. wurde zu dieser Zeit in der chirurgischen Abteilung D des
kgl. Friedrichhospitals aufgenommen, wo jedoch kein operativer Eingriff
vorgenommen wurde und wo sie bald entlassen wurde. Zugleich konsnl-
tierte sie die Hautklinik zu wiederholten Malen und hier wurde eine
Behandlung mit Liqn. arsen. kalici gtt. 3 X III steigend bis g^t. 3 X Y
eingeleitet. Später wurde ein Umschlag mit sol. nitrat, argent. (Cent!-
gramm 20 — g 100) für die Ulzerationen verordnet. 16./IX. 1903 kam
Pat. das letzte Mal. Es fand sich keine wesentliche Veränderung in ihrem
Zustand. Darauf blieb Pat. ohne Grund aus.
29./IX. 1903 wurde sie in die IV. Abteilung des Kommunehospitals
(für Haut- und Geschlechtskrankheiten) aufgenommen, wo sie mit kürzeren
Unterbrechungen behandelt wurde, bis (am 29./n. 1904) der Tod eintrat.
Außer der uns hier interessierenden Hautaffektion und den damit
in Verbindung stehenden Symptomen bot die Untersuchung der Pat
nichts besonderes. Der Urin war ständig frei von pathologischen Bestand¬
teilen und die Temperatur war, außer bei dem letzten Aufenthalt im
Krankenhaus (s. später), stets normal.
Pat. gibt an, daß das Leiden vor einem Jahre mit der Bildung
eines Knotens in der linken Scheitelgegend begonnen hat; sie weiß hierfür
keine Ursache und bestreitet die Möglichkeit eines vorhergehenden Traumas
am Kopfe. Ein halbes Jahr später kamen mehrere ähnliche von einander
Der Prosektor des Hospitals, Herr Dr. med. Scheel, stellte,
nach späterer Mitteilung, die Diagnose: Endotheliom.
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Maltiple Endotheiiome der Kopfhaut.
253
getrennte Knoten in der r. Scheitel- und Schläfengegend zum Vorschein,
und ihre Anzahl und (}rö8e nahm seitdem gleichmäfiig und ständig zu.
Es findet sich nun in der linken Schläfengegend ein fast halb-
kugelformiger, leicht abgeflachter, prominierender Tumor, gut 8 cm im
Durchmesser; auf dem Gipfel desselben eine unreine, unregelmäßige,
oberflächliche Ulzeration mit nekrotischem Grunde. Dicht an diese Ge¬
schwulst heranreichend, aber gut von derselben abgegrenzt, findet sich
eine ungeföhr halb so grofie, weiche, fast fluktuierende Prominenz. Über
dem obersten Teil des os occipitale findet sich eine größere (ca. 6 cm im
Durchmesser) und in der r. Scheitelgegend eine geringere (2 cm im Durch¬
messer) isolierte Geschwulst, ohne Ulzeration aut der Oberfläche.
In der r. Sohläfengegend, vor dem meat. audit. ext. nach unten,
nach oben bis zum obersten Teil der r. regio front sich erstreckend und
von hier über die r. reg. parietalis eine unregelmäßig begrenzte Fläche
von dicht zusammenliegenden halbkugelformigen oder leicht abgeflachten
Geschwülsten (Fig. 1). Ihre Größe ist sehr variierend. Die kleinsten sind
wie ein Hirsekorn oder eine Erbse, einzelne erreichen eine Ausdehnung
von ca. 5 cm im Durchmesser. Von einem eigentlichen Konfluieren ist
kaum zu sprechen; selbst wo die Geschwülste dicht aneinander liegen,
erscheinen die einzelnen wohl abgegrenzt, einander mit leicht exkoriierten
Flächen berührend. Doch sieht man an den größten an einzelnen Stellen
kleinere Geschwülste direkt aus der Peripherie hervorsohießen.
Von dieser großen Gesohwulstmasse erstreckt sich eine unregel¬
mäßige, knotige, harte Verdickung des Periosta bis auf die Stirne, nach
dem r. inneren Augenwinkel zu. Sie ist am breitesten oben, wo sie vom
frontalen Teil des Geschwulstplateaus abgeht. Abgegrenzte Knoten lassen
sich nicht unterscheiden, die deckende Haut zeigt keine deutliche Aflektion.
Alle Geschwülste auf dem Kopf sind unzweifelhaft derselben Natur
und sitzen wahrscheinlich in den tieferen Lagen der Haut, auf der Unter¬
lage verschieblich. Die Konsistenz ist mit einer einzigen Ausnahme (a.
oben) gleichmäßig resistent, ziemlich fest; keine Geschwulst istkompres-
sibel. Die Oberfläche der kleineren ist ganz glatt, der größeren leicht
höckerig. Die Farbe der deckenden Haut ist rötlich mit bläulicher Gefaß-
zeichnung, an mehreren Stellen in größerer Ausdehnung tiefblauschwarz
(Nekrose, Blutung?). Die Haare fehlen auf den Tumoren.
Hinter dem r. Kieferwinkel und in der r. Submandibulargegend
findet man eine Gruppe von harten, etwas empfindlichen Drüsentumoren,
die die Haut vorwölben. Im übrigen fühlt man harte, vergrößerte Drüsen
zu beiden Seiten des Halses, doch meist zur rechten. Ebenso geschwollene
Drüsen in beiden Achselhöhlen, aber nicht deutlich in den Fossae ela-
vicularis.
Außer auf dem einen Tumor in der 1. reg. parietal, besteht ober¬
flächliche Ulzeration mit unreinem Grund auf verschiedenen, von den
größeren Geschwülsten auf der r. Kopfseite. Nach Entfernung des Be¬
lages erscheint eine blutende, unregelmäßig granulierende Fläche. Der
Ulzerationsprozeß erscheint gleichmäßig und recht schnell fortschreitend.
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Haslund.
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Als Pat. vor gut 3 Monaten zum ersten Mal in das Kommunehospiial
kam, hatte das Leiden nicht annähernd die jetzige Ausdehnung und die
einzelnen Geschwülste, besonders in der r. Schläfengegend, standen
weniger dicht, wie auch die Drüsentumoren auf der r. Seite des Halses
weniger hervortraten; damals fand sich noch nirgends eine Ulzeration.
Das war indessen an mehreren Geschwülsten der Fall, als Pat. sich in
der Poliklinik des kgl. Friedrichhospitals vorstellte, doch nicht in der¬
selben Ausdehnung wie jetzt. Im übrigen hat die Affektion, wie schon
erwähnt, ihren Charakter in dem Verlauf dieser Zeit nicht verändert.
Pat. hat an keiner andern Stelle der Haut Geschwülste. Diese ist
dagegen an Hals und Brust, weniger auf dem obersten Teil des Rückens,
der Sitz ausgebreiteter Hyperkromien, in denen man kleine, netzfürmige
und moirierte Akromien sieht. Die Pigmeotveränderungen sollen vor
7 Jahren begonnen haben. Es besteht starke Cyanose und Eilte der
Finger, und sie klagt über Paraesthesien in diesen. Die Zehen sind gleich¬
falls kalt aber nicht cyanotisch. Die Herzaktion ist etwas unregelmäßig,
aber klingend und rein.
Von subjektiven Symptomen gibt sie nur unbedeutende Schmerzen,
den Geschwülsten am Kopfe entsprechend, au, und die Druckempfindlich-
keit derselben bei der Palpation ist mäßig. Dagegen klagt Pat. sehr über
Schmerzen in der Gegend des Kreuzes, wo recht bedeutende Druck-
empfindlichkeit besteht und längs des Verlaufes der beiden Nn. ischiadici,
sowohl bei Bewegungen, wie bei Ruhelage. Die Schmerzen, die etwa 14
Tage lang bestanden, bringen sie dazu, das Hospital aufzusuchen.
Im Hospital wird die Behandlung mit Arsen in Form von pil.
asiaticae Nr. II täglich fortgesetzt. Pat. war anfangs ziemlich unruhig,
klagte sehr über Schmerzen in der Kreuzgegend und schlief nur schlecht,
trotz Anwendung verschiedener Narkotika (Veronal, Trional, Sulfonal,
Cbloral-Morphin, Morphiumlösung). Am 6./X. 1903 fanden sich oberhalb
der harten Drüsengeschwulst, an der r. Seite des Halses, oben hinter dem
Ohre, ein paar kaum erbsengroße, halbkugelige, weichere Geschwülste in
der Haut, von derselben Beschaffenheit wie die übrigen.
Am 20./X. wurde eine Behandlung in Form eines Umschlags mit
2^|o Formalinlösung der r. Stirn-Schläfengegend eingeleitet. Am 23./X.
wurde mit dem Erfrieren des isolierten Knotens der r. Scheitelgegend
mittels Chloräthyl jeden 2. Tag begonnen und endlich wurde vom
29./X. an der Tumor im Nacken, der im größten Durchmesser 7V, cm,
im kleinsten ^ betrug, der Behandlung mit Röntgenstrahleu
in Sitzungen von 10—16 Minuten unterworfen.
Am lO./XI. verlangte Pat. ihre Entlassung, nachdem sie 82 Pillen,
8 Erfrierungen mit Chloräthyl und 6 Röntgenbestrahlungen erhalten
hatte. Sie sollte in der Poliklinik weiter behandelt werden.
Indessen kam Pat. am 21./XI. schon wieder auf die Abteilung. Die
Schmerzen im Kreuz hatten sich verschlimmert und strahlten in Arme
und Beine aus.
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
255
Die Pigmentierung der Haut am obersten Teil des Körpers und am
Hals hat eher zugenomraen. Die Geschwulst im Nacken (mit Röntgen¬
strahlen behandelt) ist bedeutend abgeflacht Auch die anderen Geschwülste
(teils mit Formalin, teils mit Chloräthyl behandelt) sind deutlich ab-
geflacht, von trockenen, schwarzen, nekrotischen Schorfen bedeckt; in
der Peripherie jedoch, besonders vorn nach der Stirn zu, sind die Ge¬
schwülste doch im Zunehmen. Es besteht keine Reaktion im Anfang und
keine Druckempfindlichkeit bei Berührung. Die Drüsentumoren am Hals
sind gewachsen, der oberste ist erweicht.
Es besteht sehr starke Druckempfindlichkeit in der Gegend der
untersten Lendenwirbel. Die Behandlung wurde fortgesetzt und nun bekam
Pat. für ihre Schmerzen subkutane Morphiuminjektionen.
Am 25./XI. wurde Pat., die beständig über Schmerzen in den un¬
teren Extremitäten und im Abdomen klagte, verbunden mit incontinentia
alvi, der Abteilung für Nervenkranke überwiesen; aber schon einen Tag
später wurde sie von hier auf die chirurgische Abteilung wegen starker
Schmerzhaftigkeit und Spannung der retromaxillaren und parotidealen
Drüsen verlegt. 4./X1I. wurde daselbst inzidiert und eine reichliche
Menge Pus entleert, wonach Pat. sich erleichtert fühlte.
15./XII. 1903 wurde Pat. wieder auf die IV. Abteilung verlegt, da
die Hautaflektion fortschreitet. Sie ist debiler als bei ihrem letzten Auf¬
enthalt. Vor dem r. Ohr findet sich ein 2 cm langes, 1 cm breites, eiterndes
Ulcus nach der Inzision. Unter dem 1. Ohr ein 2 Pfenniggroßes, gleich¬
falls stark Pus sezernierendes Ulcus. Die Geschwülste im übrigen unver¬
ändert, nur haben sie sich bis auf die Stirn herunter ausgebreitet.
Sie wurde jetzt nur symptomatisch mit Umschlägen von Aqu.
calcis chlorata und Morphiuminjektionen behandelt. Der Schlaf war zu
Zeiten ganz gut, doch die Schmerzen waren beständig sehr stark, am
wenigsten wenn sie auf war. Faeces ließ sie, wie während des vorigen
Aufenthaltes, unter sich, dagegen nicht den Ham.
Nun trat eine im Beginne leichte, später recht bedeutende Steige-
rung der Morgen- wie Abendtemperaturen ein (bis 40^, häufig um 88*5
hemm), die mit unbedeutenden Schwankungen bis zum Tode andauerten.
Noch Mitte Januar 1904 war Pat. täglich auf, konnte sich jedoch ohne
Hilfe nicht frei umherbewegen.
Um die Mitte Februar wurde ein wallnußgroßer, harter Drüsen-
tnmor in der linken Regio supraclavicularis festgestellt. In der ganzen
rechten Regio parietalis, front, und temporal, herunter bis zum Ohrläpp¬
chen ist die Haut durch Ulzerationen vernichtet, so daß man auf dem
Grmnde Periost sieht. Die ulzerierte Fläche hat eine höchst unregelmäßige
Form, mit einem Längsdurchmesser von 15—16 cm, einem Breitendurch-
meseer von 12 cm. Es besteht außerordentlich starke Sekretion und
stinkende Eiterabsondernng; in dieser Partie nur Schmerzen bei der täg¬
lichen Reinigung. Sie klagt beständig sehr über Rücken- und Kreuz-
Schmerzen. Appetit nur gering. Stuhl täglich, aber sowohl dieser wie
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256
H as lund.
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der Ham (der weder Albamen noch Zucker enthält) ist stark stinkend.
Sensorium vollständig klar.
Vom 2d./IL ab träumte Pat. viel vor sich hin. Es stellten sich
leichte Diarrhoen ein.
27./n. 89/38*2 Morgens etwas unklar. Klagt über etwas Beklemmung.
Auskultation der pulm. u. cordis bietet nichts abnormes. Die Haut ist am
oberen Teil des Rumpfes stärker pigmentiert.
297 II. 89*2/89 Vires decrescunt. Der Tod trat 12Vt tJhr Nachts ein.
Die Sektion wurde leider verweigert.^)
Das in der Poliklinik des Friedrichhospitals ezcidierte
kleine Stück wurde in 2 Teile geteilt. Der eine, der in Fonnol
fixiert, in Alkohol gehärtet und in Paraffiji eingebettet wurde,
in gut 150 Serienschnitten, senkrecht ztir Oberfläche geschnitten
und mit Hämatoxjlin und darauf mit van Gieson-Hansen-
scher Bindegewebsfärbung gefärbt. Die andere Hälfte wurde aus¬
schließlich mit Alkohol behandelt und nach Einbettung in
Paraffin wurden zahlreiche Schnitte senkrecht zur Oberfläche
angefertigt; bei diesen wurde teils Hämatoxylin- vanGieson-
Hansensche Färbung und Pikrokochenille, teils Unnas
Plasmazellenfärhung, teils endlich W e i g e r t s Elastinfärbung
verwandt. Aus dem Rest dieses Blocks wurde eine geringere
Anzahl Serienschnitte angefertigt, so weit als möglich parallel
mit der Oberfläche der Geschwulst, jedenfalls senkrecht zu der
erst angewandten Schnittrichtung (Hämatoxylin- van Gieson-
Hansen).
Der Sitz der Geschwulst ist die Cutis und Subcutis.
Leider ließ ihre basale Grenze sich nicht bestimmen, da es sich
zeigte, daß der Excisionsschnitt im Zentrtun nicht tief genug
war. Nach oben zu erreicht sie in der Regel nicht die sub-
papilläre Lage. Nur nach der Mitte zu schieben sich Ausbuch¬
tungen und größere Zellbaufen in diese hinein und üben einen
Druck auf die darüber liegende Epidermis aus. Die Begrenzung
') Patientin wurde von Herrn Dr. Rasch in der Versammlnng der
D&nischen dermatologischen Gesellschaft am 7./X. 1903
(s. Hospitalstid. Nr. 61, 1903) und weiter in einer Versammlnng derselben
Gesellschaft am 4./XI. 1903 (s. Hospitalstid. Nr. 27, 1904) von Prof. Has-
Innd vorgestellt, das zweite Mal, nm das Resultat der Behandlnng zn
zeigen.
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Multiple Endotbeliome der Kopfhaut.
257
letzterer gegen die Cutis zeigt sich nämlich hier als eine der
Oberfläche parallele Linie ohne Andeutung von Papillen. Nur
genau im Zentrum ist die Epidermis der Sitz
deutlicher Atrophie, indem die Geschwulst hier durch
eine, in einzelnen Schnitten doch kaum nachweisbare, äußerst
dünne Bindegewebslage von der aus ganz wenig Zellreihen be¬
stehenden Oberhaut geschieden ist. Daß diese dünne Decke
auf einer Beihe der am meisten zentralen Schnitte in geringer
Ausdehnung unterbrochen war, darf man wohl nicht als (jeden¬
falls nur mikroskopisch nachweisbare) Ulzerition deuten. Ein
Insnlt bei der Präparation läßt sich wohl als Erklärung nicht
ausschließen. Dennoch haben die Bilder deutlich genug be¬
wiesen, daß ein Durchbruch vor der Türe stand. Das ist aber,
wie gesagt, nur der Fall auf dem Gipfel der Geschwulst. Außer¬
halb dieses erscheint die Epidermis, wenn auch die Papillen
weiterhin in großer Ausdehnung fehlen, von normaler Dicke
und außen nach der Peripherie hin treten wieder abgeflachte
Papillen oder Andeutungen von solchen auf.
Von einer Proliferation der Epidermis kann
man absolut nirgends sprechen. Die Grenze gegen das
darunterliegende Bindegewebe ist überall äußerst schar£ Von
einer Strukturveränderung außer dem oben gesagten ist auch
keine Rede. Um die Stelle herum, wo die Geschwulst nahe am
Durchbruch der Oberbaut ist, ist sie Sitz einer im ganzen
doch spärlichen Leukocytendurchwanderung. Die Haare und
deren Arrektors sind, besonders außen nach der Peripherie zu,
dui’chwegs wohl erhalten; doch trifft man auch atrophische
Haarbälge, und es ist wohl anzunebmen, daß schon viele Haare
zu Grande gegangen sind. Talgdrüsen dagegen fehlen überall;
selbst bei wohlentwickelten Haaren findet man keine Spur
mehr davon. Auch Schweißdrüsen lassen sich nirgends nach-
weisen.
Die Geschwulst ist von nicht sehr kernreichem,
wie es scheint völlig normalem, wenn nicht vielleicht etwas
gefäßarmem Bindegewebe umgeben. Mastzellen sind nur spär¬
lich vertreten. Das elastische Gewebe ist überall im Binde¬
gewebe gut entwickelt und nicht der Sitz kenntlicher Degene¬
ration. Neben zahlreichen normalen Lymphgefäßen
Areh. f. Derraat. a. Sjpb. Bd. LXXXII. 27
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258
H a 81 a n d.
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finden sich zahlreiche erweiterte, mit unverletztem £ndo<
thel. Aber in diesen finden sich an anderen Stellen Ver¬
änderungen, die auf einen unzweifelhaften Zu¬
sammenhang mit der Geschwulstbildung deuten,
wie wir später näher beleuchten werden. Die Blutgefäße
sind überall normal, sind weder der Sitz einer Dilatation noch
Degeneration. Nur in geringem Grade sind sie hin und wieder
von kleineren Zellinfiltraten umgeben, in denen sich keine
Plasmazellen nachweisen lassen.
Um nun auf die Geschwulst selbst zu kommen, so zeigt
dieselbe sowohl in den vertikal, wie den horizontal geführten
Schnitten ausgesprochen alveolären Bau. Sie ist von
größeren oder kleineren Zellgruppen gebildet, die
durch Bindegewe bsstränge von verschiedener
Dicke geschieden sind (Fig. 2). Die Form der Gruppen
ist bald mehr regelmäßig rundlich oder ovoid, häufiger unregel¬
mäßig, in verschiedenen Flächen gebuchtet und gewölbt, wie
man auf den Serienschnitten verfolgen kann. Die stärksten Zell¬
anhäufungen finden sich, wie dies zu erwarten war, im Zenti'um,
sind aber hier vielfach durch ganz feine Bindegewebsstränge
in kleinere Lappen geteilt, während nach der Peripherie zu
die Stränge an Mächtigkeit zunehmen und kleinere Zellhaufen
umschließen. Die Begrenzung ist überall scharf, ohne daß sich
jedoch irgend etwas nachweisen läßt, das als Membrana pro-
pria gedeutet werden könnte. Das begrenzende Bindegewebe
ist, wie früher erwähnt, normal, oft mit einem zentralen Ge¬
fäß, um welches man an einzelnen Stellen Rundzelleninfiltration
sieht. Hin und wieder findet man doch in geringer Ausdehnung
ausgesprochene Nekrose des Bindegewebes, in dem
nämlich die Struktur aufgehoben ist und einer körnigen, vom
Säurefuchsin nicht gefärbten Masse mit eingesprengten Kernen
oder Eernresten Platz gemacht hat. Eine charakteristische
Degeneration läßt sich bei den angewandten Färbemethoden
nicht erwarten.
Was die Geschwulstzellen selbst anbetriSt, so müssen
sie als „epithelartig", ziemlich groß, oval oder häufiger poly¬
gonal, unregelmäßig, mit reichlichem Protoplasma cha¬
rakterisiert werden. Dies sendet, wie man bei starker Ver-
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Multiple Eudotheiiome der Kopfhaut.
259
größeruDg sieht (s. z. B. Fig. 7), oft Ausläufer nach ver¬
schiedenen Richtungen aus und ab und zu von recht
bedeutender Länge, durch welche die Zellen unter Bildung
einer Art fadenförmiger Interzellnlarsubstanz gleichsam mit¬
einander verbunden werden. Die Kerne sind durchweg groß,
größer als die Epidermiskerne, „blasenförmig“, meist oval,
langgestreckt oder mehr unregelmäßig; sie sind mit einem,
zwei oder mehreren großen, deutlichen Kemkörperchen ver¬
sehen. Mitosen trifft man selten. Die Verbindung der
Zellen untereinander ist doch an gewissen Stellen ziemlich lose;
man hat nämlich den Eindruck, daß viele Zellen trotz aller bei
der Präparstion angewandten Vorsicht aus einzelnen Haufen
herausgefallen sind. Eine bestimmte Anordnung der
Zellen in den verschiedenen Gruppen läßt sich nur selten
nachweisen. Nur in horizontal geführten Schnitten sieht man
an mehreren Stellen einen äußersten Kranz von mehr regel¬
mäßigem, kubischem Aussehen; aber da man solche randständige
ZeUen in Vertikalschnitten so gut wie vollständig vermißt, so
sind diese Bilder wohl nur durch die betreffende Schnittrichtung
verursacht. Von einer stärkeren Färbung der Kerne in diesen
äußersten Zellagen ist keine Rede.
Während also im großen und ganzen keine besondere
Begrenzung der Alveolen stattfindet, weder durch Zellen von
bestimmter Form und Ordnung, noch durch eine Membrana
limitans, trifft man gegen die Peripherie der Geschwulst, sowohl
oben nach der Epidermis, wie nach den Seiten zu, Bilder an,
die etwas von dem eben geschilderten abweichen. Hier kann
man kleinere Gruppen von G e s c h wu 1 s t z e 11 e n
sehen, die deutlich in einem präformierten Hohlraum
liegen, dessen Wandung von einer zusammenhängenden Lage
flacher Zellen mit langgestreckten Kernen, einem wirklichen
Endothel gebildet wird. Alle anderen Anzeichen einer Be¬
grenzung fehlen jedoch und alles weist also darauf hin, daß es
sich um erweiterte Lymphkapillaren handelt, die mit
Geschwulstzellen gefüllt sind. Das Endothel ist
indessen bei weitem nicht in allen unverletzt.
Bald findet sich eine deutliche Vermehrung der Belegzellen, so
daß diese, um Platz zu haben, sich auf die Kante stellen, in
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260
Hast und.
das Lumen hineinragen und sich durch Protoplasmaausläufer
mit den in demselben vorhandenen Geschwulstzellen verbinden,
wie diese untereinander (Fig. 3); bald findet sich keine nennens¬
werte Vermehrung der Anzahl der Endothelzellen, aber diese
haben stellenweise ihra Form verändert und präsentieren sich
mit aufgeschwollenen, blässeren Kernen vom Geschwulstzellen-
typus. An einzelnen Stellen findet man diese Endothel-
proliferation in Lymphkapillaren, die im übrigen mit der
Geschwulst anscheinend nichts zu tun haben. Besteht so, wie
oben angedeutet, ein unzweifelhafter Zusammenhang zwischen
dieser und den Lymphgefäßen der Haut, so konnte man etwas
ähnliches, was die Blutgeiäße anbetrifft, nicht nachweisen. Diese
sind, wie gesagt, überall normal; nur hin und wieder ist eine
kleine Vene geplatzt und ein wenig Blut ist in das umgebende
Gewebe ausgetreten.
Trotzdem die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst
sich mit Spieglers etwas knapper Beschreibung und den ihr
beigegebenen, vielleicht etwas schematischen Bildern nicht ganz
deckt, trage ich dennoch kein Bedenken, meinen Fall mit dem
seinen zu identifizieren. Die Punkte, die nicht übereinstimmen,
können nicht von entscheidender Bedeutung sein. Am meisten
in die Augen fallend ist das Fehlen einer die Zellmassen
umgebenden „hyalinen", mit van Gieson-Färbung
sich gelb färbenden, homogenen Kapsel. Ferner vermißt man
die homogenen, regelmäßig runden, „hyalinen"
Massen in den Alveolen, welche Spiegler in 2 seiner
Fälle in reichhcher Menge vorfand, während sie im 3. fehlten.
Ich habe nur vereinzelt in einigen Alveolen ganz kreisrunde
oder ovale „Löcher" gefunden, in denen man hin und wieder
etwas Detritus sah, aber keine hyalinen Ergüsse; eher konnte
es sich hier um Querschnitte von Lymphgefäßen bandeln, wie
Mulert sie in größerer Menge in seinen Geschwülsten sah.
Endlich meint Spiegler für seine beiden ersten Fälle den
Zusammenhang mit den Blutgefäßen bewiesen zu haben; fand
er doch in ihren Kapillaren eine lebhafte Endothelproliferation.
Im 3. Falle ließ sich dagegen kein bestimmter Ausgangspunkt
für die mit den andern im übrigen vollständig übereinstimmende
Geschwulstbildung finden und S. deutet daher den Ursprung
dieser Geschwulst von dem Endothel der Lymphspalten nur als
eine Hypothese an. Auf ein Vorhandensein (wie bei Spiegler
und Mulert) oder Fehlen (der hier beschriebene Fall) einer
bestimmten Ordnung der peripheren Zellen der Alveolen kann
man wohl kaum Gewicht legen.
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
261
Wichtiger als diese angedeuteten Verschiedenheiten im
mikroskopischen Aussehen der Geschwülste, auf deren Bedeu¬
tung wir zum Teil noch zurückkommen werden, ist indessen
die unyerkenntliche Gleichheit in ihrem Bau, die
sich bei näherer Betrachtung geltend macht. Es handelt sich
somit in beiden Fällen um Geschwülste, deren Sitz und Ursprung
die Cutis propria ist, ohne Verbindung mit der Epidermis, von
ausgesprochen alveolärem Bau, von einem so gut wie
überall normalen Bindegewebe umgeben- Auch im Charakter
der Zellen ist kein ausgesprochener Unterschied zwischen S.’s
und meinem Fall vorhanden; in allen trifft man die großen,
ovalen oder mehr unregelmäßigen, sehr charakteristischen Zellen
mit großen, blassen Kernen, die ohne dazwischenliegendes Binde¬
gewebe dicht aneinander liegen. Nirgends ließ sich ein
Zusammenhang mit dem Haar, den Talg- oder
Schweißdrüsen nachweisen.
Spiegler verlegt, wie gesagt, den Ausgangspunkt seiner
Geschwülste in das Endothel der Blut- und Lymphbahnen. Was
unsem Fall anbetrifft, so läßt sich, wie aus dem mikroskopischen
Befunde hervorgeht, ein Zusammenhang mit den Blutgefäßen
nicht vermuten; diese wurden überall als normal befunden,
ohne Veränderungen ihrer Wandungen, nur bin und wieder fand
sich in ihrer nächsten Umgebung geringe Zellinfiltration; die
Menge der Gefäße erscheint dagegen ebenso wie in Mulerts,
Spieglers und Koulnieffs Fälle etwas geringer als normal.
Aber dasselbe kann man keineswegs von den Lymphbahnen
sagen. In einem Teil derselben ließen sich ganz bestimmt keine
kenntlichen Veränderungen nachweisen und andere waren nur
Sitz einer einfachen Erweiterung, aber immer noch von einem
ganz flachen, zusammenhängenden Endothel begrenzt. An vielen
Stellen sah man indessen diese erweiterten Lymphräume
von Zellen erfüllt, die den Zellen der Geschwulst-
alveolon sehr ähnelten; doch lagen diese niemals so dicht
znsammengepreßt, daß man den Eindruck bekam, als stände
man vor kleineren alveolären Zellhaufen, die sich nur dadurch
von den häufig vorkommenden unterschieden, daß hier eine
wirkliche Begrenzung, bestehend aus flachen Endothelzellen,
vorhanden zu sein schien. Eher muß die Betrachtung dieser
Bilder uns auf den Gedanken bringen, daß die Geschwulst
bei ihrem Wachstum hin und wieder die Wand eines
Lymphgefäßes durchbrochen hat und daß sie dann in
diesen präformieiten Bahnen weiter gewachsen ist, oder aber,
daß abgebröckelte Zellmassen mit dem Lymphstrom fortgeführt
wiu*den und so mit ihrem Ursprung nicht mehr in Verbindung
stehen. Die Untersuchung der Serienschnitte hat wirklich Stütz
punkte für die Berechtigung dieses Gedankens gegeben und in
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Haslund.
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Fig. 4 ist ein solcher Durchbrach von den Geschwulstalveolen
in ein Lymphgefäß dargestellt. In a) sehen wir also das er¬
weiterte, mit Geschwulstzellen angefüllte Lymphgefäß, wenige
Schnitte später (6) sehen wir, wie sich dasselbe einer größeren
Geschwulstmasse (auf der Zeichnung nur angedeutet) nähert,
aber noch von derselben durch eine breitere Bindegewebslage
geschieden ist. Im weiteren Verlauf der Serie (c) ist dies schei¬
dende Bindegewebe fast ganz verschwunden nnd kurz darauf (d)
ist der Übergang zwischen Lymphgefäß und Geschwulstalveole
vollzogen. Daß es die Zellen der letzteren sind, die in das
Gefäß durchbrechen und nicht die in dem Gefäß vorhandenen
Geschwulstzellen die Wand desselben sprengen und schrankenlos
in das umgebende Bindegewebe weiterwacbsen, das anzunehmen,
scheint mir berechtigt, weil das betreffende Lymphgefäß bis an
die Übergangsstelle hin sich wohl erweitert zeigt — wie so
viele andere — aber überall durch vollständig normales Endo¬
thel ohne Proliferation scharf begrenzt ist und an keiner Stelle
Anzeichen dafür aufweist, daß es unter dem Druck der in ihm
aufgehäuften Zellen gelitten habe. Und solche Bilder lassen
sich an einzelnen anderen Stellen nachweisen, ohne eine andere
Erklärung notwendig zu machen. Der Übergang von den erwei¬
terten, mit Zellen angefüllten Lymphgefäßen zu den viel größeren,
im Bindegewebe freiliegenden Alveolen, ist hier stets ein viel
zu unvermittelter, um die letztangedeutete Erklärung wahr¬
scheinlich erscheinen zu lassen.
Aber dies ist keineswegs die einzige Verbindung, die sich
zwischen der Geschwulst und den Lymphgefäßen findet. Wir
haben gehört, daß das Endothel der letzteren an vielen Stellen
in lebhafter Proliferation begriffen ist und zwar ganz besonders
in solchen erweiterten Lymphgefäßen, die sich mit Geschwulst¬
zellen gefüllt finden. Hier sehen wir, wie die Wandzellen an¬
schwellen, teilweise in ihrer Anzahl vermehrt sind, sich auf die
Kante stellen, in das Lumen hineinragen und bei starker Ver¬
größerung kann man beobachten, wie das Protoplasma Aus¬
läufer und Verzweigungen zu den nächstliegenden Geschwulst-
zellen und zwischen dieselben sendet (Fig. 3). Aber zu gleicher
Zeit wird die Ähnlichkeit zwischen diesen proliferierenden
Endothelzellen und den Geschwulstzellen eine so schlagende,
daß es unmöglich ist, zu sagen, wo das Endothel auf hört und
wo die Geschwulstmasse beginnt. Der Übergang von der flachen,
normalen Endothelzelle durch die verschiedenen Stadien der
Proliferation zu der rollentwickelten Geschwulstzelle ist ein
ganz allmählicher. So natürlich es also war, da, wo wir die
Geschwulstzellen in einem — abgesehen von der Erweiterung
— ganz normalen Lymphgefäß liegen fanden, diese als Ableger
einer Geschwulstalveole anzusprechen, die beim Durchbruch
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Maltiple Endo.theliome der Kopfhaut.
263
der Geschwulst in die Lymphbahnen durch den Saftstrom
hierhergefUhrt waren oder möglicherweise bei deren in diese
praformierten Hoblräume fortgesetztem Wachstum entstanden
sind, ebenso gekünstelt erscheint es mir, diese Erklärung auf
die zuletzt geschilderten Bilder anzuwenden. Wahrscheinlicher
ist es, daß wir hier vor einem Prozeß stehen, der
uns zum mindesten eine Andeutung geben kann,
woher die Geschwulst stammt. Es liegt doch nahe
anzunehmen, daß es wirklich die proliferierenden Endothel-
zelleu sind, die nach und nach an diesen Stellen das Lumen
ansgefüllt haben. Die vollständige Gleichheit der Zeilen unter¬
einander ist, wie gesagt, unverkennbar. Daß es Zellen sein
könnten, die von anderwärts hierhergefuhrt sind, möglicher¬
weise einen ganz andern Ursprung haben und durch ihre bloße
Gegenwart das Endothel zur Proliferation gebracht und auf
diese Weise durch Kontaktinfektion das Wachstum der Ge¬
schwulst herbeigeführt haben, das wäre doch wohl eine allzu
unannehmbare Vorstellung. Eine derartige Auffassung bekämpft
z. B. Borrmann im Anschluß an Bibbert und Borst auf
das energischeste hinsichtlich aller Geschwülste. Er hebt richtig
hervor, man käme dadurch zu dem Schluß, in überaus vielen
Fällen eine ganz beispiellose Fähigkeit zur Metaplasie bei ver¬
schiedenen Zellen anzunehmen; und er macht darauf aufmerk¬
sam, wie wenig rationell es wäre, daß eine Geschwulst, so lauge
sie in ihrer Umgebung Zellen findet, die derselben Abstammung
sind wie ihre eigenen, dadurch wüchse, daß sie diese zur Pro¬
liferation brächte, also durch zelluläre Kontaktinfektion, während
wir doch täglich sehen, daß sie, wenn sie solche analoge Zellen
nicht mehr findet, nicht nur nicht langsamer wächst oder ihr
Wachstum ganz einstellt, sondern sich oft mit um so größerer
Malignität im umgebenden Gewebe ausbreitet. Das läßt sich
nur durch die Annahme erklären, daß die Geschwülste stets
„von sich selbst aus" wachsen, durch eine ständige Vermehrung
ihrer eigenen Zellen und B. sucht einen Beweis hierfür zu
bringen durch ein Beispiel gerade aus der Reihe der Endo-
theliome, durch ein „tubuläres Kapillarendotheliom", wie er
seine Geschwulst benannt hat. Er konnte hier nach weisen, wie
die Geschwulststränge frei in die oft bedeutenden Blutungen
im Bindegewebe, welche die Geschwulst charakterisierten, hinein¬
wuchsen; und hier konnte doch nicht gut von einer Kontakt¬
infektion die Rede sein.
Ist es somit höchst wahrscheinlich, für die in den auf
diese Weise veränderten Lymphgefäßen gelegenen Geschwulst¬
zellen eine direkte Abstammung von dem auskleidenden Endo¬
thel anzunehmen, so ist damit selbstverständlich noch kein
Anhaltspunkt für den Uraprung der größeren alveolären Massen
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Haslund.
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gegeben, aus denen die Geschwulst aufgebaut ist. Aber man
kann auch gar nicht verlangen, hierüber Klarheit zu be¬
kommen. ebenso wenig, wie man bei weit vorgeschrittenen
Geschwülsten im stände ist, etwas Bestimmtes über ihre Histo-
genese zu sagen (R i b b e r t, B o r r m a n n). Nur für die Anhänger
der Theorie von dem Wachstum der Geschwülste durch zellu¬
läre Eontaktinfektion hat also, zum Beispiel was die Endo-
theliome anbetrifft, der Nachweis des Übergangs der Geschwülste
in ganz oder teilweise normale Blut- oder Ljmphkapillaren oder
des Zusammenhanges mit demselben eine Bedeutung (Borr-
mann). ln vielen Fällen (Jariscb, Hansemann, Krom-
pecher, Li macher, Lesser-Beneke, Hippel, Ewetzky,
Friedländer, Elschnig — auch Spiegler) ist dies —
wenn auch nicht immer in gleich überzeugender Weise —
konstatiert. Auch in unserm Falle ließ sich ja ein solcher Über¬
gang von den Geschwulstalveolen zu den einfach erweiterten
Lymphgefäßen nachweisen. Man wolle sich indessen daran er¬
innern, daß ich eine andere — wie mir scheint — natürlichere
Erklärung für diesen Umstand gegeben habe, indem ich ihn
als Zeichen einer Metastase oder des Wachstums der Geschwulst
in die Lymphgefäße hinein betrachte. Und der, der dieselbe
Auffassung bei ähnlichen Bildern von einem wahrscheinlichen
Zusammenhang zwischen Geschwulst und Gefäß geltend macht,
wird nicht leicht widerlegt werden können! Wenn wir aber mit
Ribbert daran festhalten, daß die Geschwülste ausschließlich
„von sich seihst aus“ wachsen, dann kann man auch nicht
erwarten, diese Art Übergangsbilder anzutreffen.
Ein Eapillarendotheliom z. B. würde somit an einem ganz be¬
grenzten Punkte im Gefäß entstehen und sich darauf ständig
unter zu Grunde gehen des Nachbargewebes in die Umgebung
ausbreiten.
Auf der andern Seite würde es sehr unnatürlich sein
anzunehmen, daß der „Reiz", der überhaupt die Gescbwulst-
bildung bedingt, auf eine einzelne Stelle allein oder nur gleich¬
zeitig auf mehrere Punkte wirke. Es ist kein Hindernis dafür
vorhanden, daß das krankheitserweckende Agens das
Gefäßsystem an verschiedenen Punkten hinter¬
einander angreifen kann und hiermit ist allein eine, bei
voll entwickelten Geschwülsten oft nur schwache Möglich¬
keit gegeben, einen Ausgangspunkt der Geschwulst
zu finden und ihre Histogenese zu entwirren. Das
ist das, was ich in den zuletzt geschilderten Bildern gemeint
habe zu sehen und dadurch ihre Entstehung vom Endothel
der Lymphgefäße ableiten zu können. Aber selbst hier handelt
es sich durchaus nicht um den ersten Anfang der Geschwulst.
Diesen nachzuweisen wird selbstverständlich nur äußerst selten
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
265
glücken und nur mit einem gewissen Vorbehalt wage ich die
in Fig. 5 wiedergegebenen Bilder in dieser Richtung zu deuten.
Hier konnten wir ein bestimmtes Lymphgefäß durch die äußerst
dünnen Serienschnitte hin verfolgen und sehen, wie dies nur auf
einer geringen Strecke Sitz einer Erweiterung ist, während die
ersten und letzten Bilder uns Verhältnisse zeigen, die in keiner
Richtung von der Norm abweichen. Aber zugleich mit der Er¬
weiterung treten Veränderungen in dem bekleidenden Endothel
auf, das allein an dieser Stelle eine deutliche Vermehrung der
Kerne, blässere Färbung derselben und teilweise Abstoßung
der Zellen zeigt, die an einem Punkte das Lumen des Gefäßes
fast ganz ausfüllen. Zugleich soll bemerkt werden, daß dieser
Partie des Lymphgefäßes gegenüber sich eine recht bedeutende
Zellintiltration in dem umgebenden Bindegewebe findet und
sonst nirgends in seinem Verlauf. Viel würde dafür sprechen,
daß wir in einem späteren Stadium gerade hier ein von „Ge¬
schwulstzellen** erfülltes, erweitertes Lymphgefäß treffen würden,
das mit einem proliferierenden und mit den das Lumen aus¬
füllenden Zellen übereinstimmenden Endothel bekleidet wäre.
Aber welche Erklärung man auch für die eben erwähnte
Veränderung des normalen Verhaltens der Lymphbahnen geben
will, die kaum irgendwo anders mit gleicher Deutlichkeit hervor¬
tritt — die Bilder, zu denen dies womöglich der erste Beginn
sein könnte, beweisen hinlänglich den Zusammenhang
zwischen dem Lymphgefäßendothel und der
Geschwulstbildung. Es läßt sich wohl vermuten, daß die
größeren Geschwulstalveolen durch fortgesetzte Vermehrung
und Umbildung von Endothelzellen entstehen können, die zu
einem gewissen Zeitpunkte das Gefäß sprengen, wodurch die
Geschwulstmassen der natürlichen Begrenzung desselben er¬
mangeln. Das hat man indessen nicht nachweisen können. Da¬
gegen zeigt Fig. 6 uns eine andere Entstehung für die größere
Geschwulstalveole. Wir sehen hier eine solche, in deren Zentrum
sich ein wohlerhaltenes und nicht erweitertes Lymphgefäß be¬
findet, das sich durch eine ganze Reihe Serienschnitte hindurch
verfolgen läßt, immer von der Geschwulstmasse umgeben. Die
Endothelbekleidung ist überall erhalten, aber die Zellen pro-
liferieren unverkennbar an mehreren Stellen und die starke
Vergrößerung (s. Fig. 7) zeigt hier wiederum den früher be¬
schriebenen Übergang der Endothel- in die Geschwnlstzellen,
die freilich nicht me^ im Lumen sich angebäuft finden, son¬
dern das Gefäß als eine viel mächtigere Kapsel umgeben. Im
Gegensatz zu der bisher ausschließlich besprochenen zentri¬
petalen Proliferation kann man dies als eine zentri¬
fugale, expansive Proliferation des Endothels
auffassen und hiermit hat man vielleicht die Erklärung dafür.
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Hasland.
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daß dies schmächtige Gefäß dem Druck der umgebenden Zellen
80 lange widerstehen konnte. Möglicherweise sind noch mehr
größere Geschwulstalveolen auf diese Weise entstanden; man
kann sich ja sehr gut denken, daß das zentrale Gefäß ziiletzt
dennoch zu Grunde geht Aber das oben beschriebene Bild
sieht man doch so selten, daß ich nicht den Eindruck bekommen
habe, daß diese Entstehung der Geschwulst häufiger verkommt.
Es braucht wohl kaum emähnt zu werden, daß nicht die ge¬
ringste Andeutung einer scheidenden Bindegewebslage zwischen
dem Gefäß und der Geschwulstmasse zu entdecken war, so daß
die Behauptung, es handele sich nur um ein Getäß, das zu¬
fällig bei dem Wachstum der Geschwulst in dasselbe und um
dasselbe herum in diese eingeschlossen wurde, wenig für sich hat
Endlich muß ich noch kurz eine letzte Möglichkeit der
Entstehung für die größeren Geschwulstalveolen besprechen.
Man könnte sich diese nämlich durch Proliferation des
Endothels im Saftspaltensystem des Bindegewebes
entstanden denken (Ackermanns interfaseikuläre
Endotbeliome). Die bisher geschilderte und unzweifelhafte
Verbindung zwischen der Geschwulst und den voUentwickelten
Lymphgefäßen würde nicht dagegen sprechen. Die (intra-)
vaskulären Endotheliome lassen sich nämlich
nicht immer scharf von den i n t e r f a sciku lär en
trennen, da auch in diesen Bilder angetroffen werden, die
man nur als mit Geschwulstzellen erfüllte Lymphgefäße deuten
kann. Mischformen sind also bekannt. Aber es ist klar, daß,
wo — wie in diesen vollentwickelten Geschwulstteilen — der
Ausgangspunkt sich nicht mit Sicherheit nachweisen läßt, die
interfaseikuläre Entstehung nicht geleugnet werden kann. Sie
zu beweisen ist indessen auch mir nicht geglückt und das konnte
ich auch wohl nicht erwarten, da es höchstens eine Ver¬
mutung ist, zu der man per exclusionem kommen
kann. Sicherer erscheint es mir jedoch, sich an dem nachweis¬
lichen Zusammenhang zwischen der Geschwulstbildung und dem
Endothel der Lymphgefäße zu halten — unnötig und jedenfalls
vielmehr weit hergeholt seine Zuflucht zur Hypothese einer
Entstehung aus den intermediären Saftkanälen zu nehmen.
Alles in allem dreht es sich denn in unserem Falle um
eine vom Endothel der feinen Lymphgefäße ausgehende Geschwulst
— um ein Lymphkapillareu-Endotheliom.
(Schluß folgt.)
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BeriGht über die Leistung
auf dem
Gebiete der Dermatologie und iSyphiiis.
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Verhandlungen der Wiener dermatologischen
Gesellschaft.
Sitzung vom 7. M&rz 1906.
Vorsitzender; Riehl. Schriftfahrer: v. Zumbusch.
V. Neumann stellt 1. einen Fall von Leukämie mit Tumoren¬
bildung vor. Der Kranke ist 61 J. alt, war bis vor Jahresfrist gesund.
Derzeit ist der ganze Lymphdrüsenapparat erkrankt.
Ich möchte darauf hinweisen, daß ich eine Familie kenne, in der
drei Geschwister an Leukämie zu Grunde gegangen sind, wobei eines an
Hautaffektionen gelitten.
2. Präparate von Creeping disease.
Ehr mann: Vor 2 bis 3 Jahren wurde aus Rußland berichtet,
daß bei Anwendung von Glaskompressionen am Ende des Streifens ein
schwarzer Punkt erscheine.
Leiner stellt vor: I. einen fünfjährigen Knaben mit einem Lymph-
angioma cysticura.
Das Kind zeigt an der rechten Halsseite eine streifenförmige Affek¬
tion, die ans kleinen, zum Teil disseminiert stehenden, zum Teil auch
gruppierten Bläschen besteht. Die Haut, auf der die Bläschen sitzen,
ist normal, nur an einzelnen Stellen pigmentiert. Die Affektion besteht
seit der Geburt des Kindes.
Riehl weist auf die eingehenden Arbeiten seiner Schüler über
das Lymphangioma cysticum hin.
2. ein viermonatliches Kind mit einem Fibroma molluscum in
der Nackengegend.
Ehrmann demonstriert: 1. den in der letzten Sitzung vorge¬
stellten Fall mit serpiginösem Geschwür der Ohrmuschel. Der Pa¬
tient hat Hg salicyl., bekommen. Das Geschwür ist überhäutet;
2. einen Fall von konfluierender Gesichts-, Rücken-
undBrnstakne mit Bildung großer Hautabszesse. Es handelt sich hier
um eine Kombinationsform von Acne cachectiohorum mit
Lichen scrophulosorum.
Weidenfeld hält die Affektion für Eccema seborrhoicum mit
Acne vulgaris.
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270
Verhandlungen
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N o b 1: Für die Zugehörigkeit der am Stamme lokalisierten Boheibtti
lum Lichen scrophulosorum ist ein wertvoller Hinweis in der an einzelnen
Plaques deutlich ausgeprägten follikulären Atrophie tu erblicken.
Ehrmann: Die Fälle, wo neben Akne Ekzem besteht, unter¬
scheiden sich wesentlich durch flächenförmige Ausbreitung einer gelblich
schuppenden Effloreszenz, was hier nicht zutreffe.
y. Neumann macht die Diagnose Lichen scrophulosorum.
Riehl betont, daß die Bezeichnung Acne scrophnlosorum von
englichen Autoren für eine andere Affektion gebraucht werde und für den
demonstrierten Fall nicht Verwendung Anden sollte.
8. Einen Fall von Lichen ruber verrucosus.
4. Eine Patientin, welche von Finger mit den typischen Formen
der von Kaposi beschriebenen Folliculitis exulcerans serpiginosa
nasi demonstriert und beschrieben wurde und seit einem Jahre bei Ehr¬
mann mit typischem Lupus nasi und der Ferse in Behandlung steht.
Finger: Dies ist der dritte Fall, den ich beobachtete. Von
Kaposi wurde diese Affektion als Folliculitis exulcerans nasi beschrieben.
Es bestehen hiebei nicht dem Lupus analoge Knötchen, sondern schlappe,
weiche, linsengroße Effloreszenzen, die konfluieren und eine eigentümliche
fungöse Masse in der Mitte zurucklassen, während solche neue in der
Peripherie entstehen. Von Spiegler wurden die EfBoreszenzen zuerst
histologisch untersucht. Eigentümlich ist, daß diese Krankheit rasch zu¬
rückgeht, während Kaposi ihr langsames Heilen beobachtete. Bei
unseren drei Patienten verschwand die Krankheit unter Behandlung mit
Borvaselin. Der Zusammenhang mit Lupus wurde vermutet, bisher ließ
sich aber auch nicht histologisch dieser Beweis erbringen. Denn es
handelt sich hier histologisch nicht um Lupusknötchen, sondern um ein
Granulationsgewebe mit spärlichen epitheloiden Zellen und äußerst spär¬
lichen Riesenzellen. Daß sich ein ausgesprochener Lupus entwickeln
kann das sehen wir hier.
Ehrmann: Histologisch besteht jetzt das Bild des Lupus.
Nobl demonstriert: l.Einmit Seborrhoe gepaartes,pigment-
reiches, makulo-papu löse s Syphilid bei einem zweijährigen Kinde,
das bei der ausschließlichen Lokalisation am Stamme und der Polymorphie
der Effloreszenzen die Agnoszierung erschwert.
2. Eine 45jährige Frau mit dem kombinierten Symntomen-
bild des diskoiden Lupus erythematosus und der Acne ro-
sacea. Die an Wangen und Nase auftretenden Veränderungen bieten
bei flüchtiger Betrachtung das Aussehen der Kupferfinne. Erst bei ge¬
nauerer Revision fallen an der Nasenspitze und den Flögeln distinkte,
erbsen- bis fingemagelffroße, hochrote, reichlich vaskularisierte, am Saum
ödematöse Plaques au^ die ,im Zentrum teils von festhaftenden Hom-
kegeln besetzt erscheinen, teils eine bläulich-weiße narbenähnliche Atrophie
erkennen lassen.
E. Spitzer demonstriert einen Patienten mit Verrucae necro-
genicae an den Fingern und Handrücken.
Kaltenbrunuer stellt einen Patienten vor, bei dem sich ein etwa
kreuzergroßer Krankheitsherd an der Glans penis findet. Derselbe ist
flach erhaben, setzt sich mit steilen Rändern scharf von der Umgebung ab
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der Wiener dermatologischen Gesellschaft.
271
and zeigt an der stellenweise erodierten Oberfläche einen gallertigen
Glanz. Die Konsistenz ist mäßig derb» die Farbe gelbrot. Die Affektion
besteht seit zirka einem Jahr. Drusen in inguine fehlen. Die Diagnose
ist auf Epitheliom zu stellen.
V. Neumann betont, daß sich aus unscheinbaren Keratosen des
Penis Epitheliome entwickeln können.
Seherber stellt vor: 1. Ein fünf Tage altes Kind mit kongeni¬
taler Ichthyosis, welches von Herrn Professor Piskacek zur Demon¬
stration uberlassen wurde. Es zeigt eine diffuse, im ganzen mäßige Hyper-
keratose der Baut des Gesichtes, des Stammes, der Extremitäten ein¬
schließlich der Palmae und Plantae. Die Epidermis ist dabei glatt und
durch meist senkrecht zur Wachstumsrichtung gehende seichtere und
liefere Furchen in ziemlich große Felder geteilt. Die Ohrmuscheln sind
an den Rändern leicht eingerollt. Blutsverwandtschaft besteht zwischen
den Eltern des Kindes nicht.
Riehl: Der Fall durfte als die aus der Literatur bekannte pro¬
trahierte Form von Exfoliatio neonatorum anzusehen sein«
2. Ein junges Mädchen, welches an der Yolarseite der Endphalangeu
Blasen zeigt. Die Person zeigt deutliche hysterische Stigmata. Es dürfte
sich um Selbstbeschädiguug handeln.
S]^egler zeigt 1. einen Fall von Lichen ruber planus;
2. einen r all von Lupus erythematosus; 3. einen Fall von Gummen
des Zahnfleiches.
In der Diskussion zu letzterem bemerkt Weidenfeld: Pat. hat seit
drei Jahren das Geschwür. Unter der Behandlung entwickelten sich noch
zwei weitere, eines am Übergange des Zahnfleisches in den Mundhöhlen-
boden. Es handelt sich um tuberkulöse Geschwüre, wofür er mikrosko¬
pisch den Beweis zu erbringen verspricht.
Spiegler: Die Geschwürsränder sind derb und scharf begrenzt,
nicht weich, schlaff, unterminiert. Die Affektion zeigt alle Charakteristika
des Gumma — keines der Tuberkulose. Er bleibt bei seiner Diagnose.
W. Piek zeigt aus der Klinik Riehl: 1. Einen Fall von Ery¬
thema nodosumperstans bei einem achtjährigen Knaben. Die Affek¬
tion besteht seit drei Monaten mit der Bildung sehr schmerzhafter ent¬
zündlicher Knoten an der Streckseite des rechten Unterschenkels, über
der linken Wade und ad nates. Gegenwärtig Anden sich derbe, über
haselnußgroße, tief ins Fettgewebe reichende, nicht besonders schmerz¬
hafte Knoten an den bezeichneten Stellen.
2. Einen Fall von papulo-nekrotischem Tuberkulid (Folli-
clis) bei einer 24jährigen Gravida. Es Anden sich wesentlich an der
Beugeseite der unteren Extremitäten und ad nates» raärlicher an der
Streckseite der Arme, kleine derbe Knötchen, die zum Teil im Zentrum
f flblich durchscheinende nekrotische Stellen aufweisen. An den unteren
xtremitäten ist es auch zur Bildung ziemlich tiefer unregelmäßiger
Geschwüre gekommen; die Heilung erfolgt mit Hinterlassung kleiner am
Bande pigmentierter Narben, ähnlich den Narben nach Acne varioliformis.
V. Zumbusch zeigt aus der Klinik Riehl einen Fall von Pem-
L higus vulgaris bei einem vier Jahre drei Monate alten Kinde. Das
eiden besteht seit drei Monaten, man sieht an Stamm und Extremitäten
ausgedehnte, landkartenartige Flächen, die teils rot, teils pigmentiert
sind und allenthalben mit reichlichen Blasen besetzt sind. Yorstellender
weist auf die Seltenheit des echten Pemphigus in diesem frühen Alter hin.
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272 Verhandlungen der Wiener dermatologischen Gesellschaft.
Riehl demonstriert einen Fall von Tumorbildnng und Pig-
mentation — Reoklinghausensche Krankheit. (Der Fall wiM
ausführlich beschrieben werden.)
Hierauf erstattet Dr. Brandweiner das angekündigte Referat
über den jetzigen Stand der Spirochaetenfrage bei Sy¬
philis und Dr. F. Winkler das Referat über den jetzigen Stand
der Cytorrhyctesfrage bei Syphilis. (Beide Referate erscheinen
ausföhrlich in der Wiener klinischen Wochenschrift.)
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IX. Kongress der Deutschen dermatologischen
Gesellschaft in Bern,
12.—14. SeiDteniber 1906.
Referent
Dr. N. Meyer, Bad Wildungen.
Erste Sitzung (12. September vormittags).
Neisser A. (Breslau): Referat: Über den derzeitigen
Stand der experimentellen Syphilisforsohung.
Durch die Entdeckung S c h a u d i n n s ist die experimentelle
Forschung wesentlich gef5rdert worden. Es ist außerdem jetzt fest¬
stehend, daß die Kaninchen für Lues empfänglich sind. Auch auf der
Breslauer Klinik ist es gelungen Keratitis parenchymatosa bei Kaninchen
henrorzurufen. Für die ganze Frage ist eine Arbeit von Paul Hensel
interessant, die in der Mitte der achtziger Jahre veröffentlicht, zu genau
denselben Resultaten kam, die wir jetzt festgestellt haben. Die Arbeit
ist aber völlig vergessen worden. Was Siegels Arbeiten anbetrifft, so
sind dem Vortragenden trotz sorgfältiger Anstellung der Versuche niemals
güte Resultate begegnet. Auch die Tatsache, daß man das Kaninchen
subkutan inhzieren könne, kann N. nicht bestätigen.
Für die Frage, ob die Affen wirklich das richtige Experimentiertier
sind, kann wohl jetzt nach den vielen Bestätigungen von allen Seiten
nur eine bejahende Antwort gegeben werden. Wir wissen, daß die Affen
für Lues empfänglich sind, jedoch in verschiedenem Grade, je nach dem
Typus der höheren und niederen Affen.
Daß Giftdifferenzen zwischen dem Virus verschiedener Herkunft
bestehen können, glaubt der Vortragende als sicher annehmen zu können,
wenn auch im allgemeinen allerdings Quantitätsdifferenzen bezüglich der
Giftigkeit geltend sind. N. warnt vor dem Ziehen von Schlüssen aus
negativen Resultaten, weil bei großen Experimentierreihen stets Versager
auftreten. Bei unveränderter Haut- und Schleimhaut ist ihm niemals
Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. LXXXII. |q
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IX. Kongreß
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die Einimpfung gelungen. Für die niederen Affen wird jedesmal ein
Primäraffekt notwendig sein; es ist aber noch nicht gesagt, ob man
dies auch für die höheren Affen und die Menschen sagen kann. Ganz
klar ist es noch nicht, wo die Vermehrung des Spirochaeten atattfindet.
Was die Hautimpfung betrifft, so verfügt N. über 51 brauchbare Versuche;
3lmal haben die Tiere einen deutlichen Primäraffekt bekommen. Trotz
vieler Versuche kann für die intravenöse Infektion ein positives Ergebnis
nicht mit Sicherheit angegeben werden.
Für die rein praktische Diagnostik wird die experimentelle
Forschung wohl niemals eine Rolle spielen; denn die zur Beobachtung
nötige Zeit von 4—6 Wochen ist zu groß, ferner werden für die all¬
gemeine Praxis niemals genügend Versuchstiere in allen Breiten zu haben
sein. Für wissenschaftliche Zwecke sind die Symptome allerdings von
großer Bedeutung. Die Versuche, die darauf abzielten, Luesreste in ab-
geheilten Primäraffekten zu finden, sind völlig resultatlos geblieben.
Daß man bei der Blutinfektion so wenig positive Resultate erhalten,
trifit wohl für die Impfung mit Menschenvirus zu. Bei Affen sind die
Resultate günstiger gewesen.
Unter 52 Versuchen ist ein positives Resultat am 5., 8., 14., 15., 18.,
28., 23., 23, 84. Tage, also viel früher, als die ersten Primärerscheinungen
einiraten, beobachtet worden. Dazu traten solche von viel späteren Tagen.
37mal war die Impfung negativ. Was den Unterschied zwischen Resul¬
taten an Tier und Mensch betrifft, so liegt er darin, daß man eben am
Tier besser und häufiger wie am Menschen experimentieren kann und
wenn man in der Lage sein wird, noch größere Versuchsreihen mit
immer wachsender Erfahrung benutzen zu können, dann werden die
negativen Resultate immer kleiner werden. Mit Sperma und Milch sind
nur negative Infektionsresultate erhalten worden. Ho ff mann ist es
einmal gelungen, mit Spinalflüssigkeit ein positives Resultat zu erhalten.
Was die vielen Rätsel der konstitutionellen Lues betrifft, so sind
wir auf vielen Gebieten doch um ein Stück weiter gekommen. Wir
wissen jetzt, daß für die Art der Verbreitung Unterschiede in dem Tier¬
körper bestehen. Bei niederen Affen hat außer Cavallotti und Siegel
niemand eine Disseminierung der Lues gesehen. Das Experiment lehrt
aber, daß man, sowohl bei höheren wie bei niederen Affen nach-
weisen kann, daß die Lues sich durch den ganzen Körper verbreitet und
dieser Nachweis ist bei niederen noch leichter als bei höheren, weil die
höheren Tiere zu rasch sterben. Aber auch bei niederen Tieren nehmen
wahrscheinlich nur durch Verbesserung der Methode die positiven Resul¬
tate immer mehr zu. Milz, Knochenmark, Lymphdrüsen und Test^ sind
die einzigen Organe, von denen man positiv abimpfen kann.
Was die Zeit betrifft, so hat der Vortragende viel früher positive
Resultate erhalten durch die Impfung, als die ersten Lueserscheinungen
auftraten, aber auch viel später, so einmal noch am 28d.Tage nach der Infektion.
Im allgemeinen hat man feststellen können, daß von den Affen, die mit
Menschen oder- Passagenlues geimpft wurden, die Impfversuche mit
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern.
275
Mensohenlues h&ufiger positiv ausfielen, als die mit Passagenlues. Bei
Menschen selbst liegen einige Untersuchungen vor, die in den Drüsen
tnicheinend ganz gesunder Individuen Lues nachwiesen.
Was die serodiagnostischen Untersuchungen anbetrifft, so kann
man nach dem heutigen Stand dieser Frage folgendes sagen: Wenn es
nicht irgend etwas außerhalb des Bereiches des uns bisher Bekannten,
das die Grundlage dieser Methode verändert, gibt, so haben wir an ihr
eine sehr brauchbare Methode. Als Beweis dafür fuhrt der Vortragende
an, daß man beim Vergleich gesunder und kranker Affen niemals
in der Lage ist, aus gesnnden Tieren positive Resultate zu erhalten, sehr
oft aber aus infizierten. Es bestehen auch hier bestimmte Gesetze.
Wenn die Tiere zu alt werden, dann verschwindet die positive Reaktion
wieder. Mach dem 63. Tage sind keine positiven Resultate mehr er¬
halten worden.
Bei der Untersuchung von Menschen wurde mit den Organextrakten
experimentiert. Aus 27 Leichen von hereditärer Lues wurde 26mal ein
positives Resultat erhalten. 16mal wurden die Placenta dieser Kinder
nntersQcht mit 13 positiven Resultaten. Aus Primäraffekten, Kondy¬
lomen und Gummata waren die Versuche immer positiv, aus dem Gehirn
von Paralyse immer negativ. Die Extrakte von gesunden Organen zeigten
regelmäßig negativen Ausfall der Probe.
Was die Blutnntersuchung anbetrifft, so wurden 60mal gesunde
Menschen untersucht und 59mal keine Reaktion erhalten. Mur bei einem
Manne mit Gonorrhoe trat ein positives Resultat auf. Unter 213 Lues¬
fallen war in 143 Fällen ein positives Resultat und zwar nur eine ein¬
malige Untersuchung gerechnet. Das scheint ungünstig, doch wenn
man von diesen negativen Fällen ein zweites Mal untersuchte, daun sind
25 später noch positiv geworden. Daß hierbei noch immer verhältnismäßig
viele negative Resultate auftraten, darf uns nicht Wunder nehmen; liegen
doch bei allen anderen Infektionskrankheiten die Verhältnisse genau ebenso.
Für die Praxis ist natürlich aus negativen Resultaten kein sicherer
Schluß zu ziehen, aber positive Fälle sprechen doch sehr zu Gunsten
einer sichern Diagnose. In 5 Fällen sind Mutter und Kind untersucht
worden und es fand sich regelmäßig bei Mutter oder Kind positive Reak¬
tion. In Fällen, in denen der Primäraffekt zweifelhaft war, hat sich bei
positivem Ergebnis später jedesmal Lues herausgestellt.
Die Quecksilberbehandlung hat sich ohne Einfluß auf die Antigene
gezeigt. Im ganzen sind 21 Spinalflüssigkeiten untersucht worden, davon
8 von Paralysen, von denen 4 sichere Lues hatten, doch war nur in
wenigen Fällen positiver Nachweis zu führen. Im ganzen war, was die
Antigene betrifft, 20mal das Resultat negativ und was die Antikörper
betriflt, 7mal positiv.
Was die Gesetze der Generalisation anbetrifft, so kann man wohl
sagen, daß die Lues sehr schnell konstitutionell wird. Excisionen sind
nach 10, nach 30 Minuten, nach 2, 4 und 6 Stunden, einmal noch nach
12 Tagen angestellt worden. Fand die Excision später als nach 8 Stunden
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IX. Kongreß
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statt, trat jedesmal Laes ein. Was die Praventivversache betrifft, so
sind die Resultate des Vortragenden nicht so günstig als dieMetschui-
koffs. Alle seine Versuche wurden eine Stunde nach der Infektion
gemacht. Mit Karbolsäure, Sublimat 2:1000 gelang es regelmäßig, die
Verbreitung der Lues zu hindern, ebenso mit Argentum nitricum 5Vof
mit Jodoform, mit Sublimat 1:1000 waren die Versuche nur teilweise
ergebnisreich, IO^/q Kalomel war erfolglos. Das Resultat scheint einer¬
seits von der Art der angewendeten Mittel, anderseits von der Art der
Infektion abhängig zu sein. Was die Möglichkeit der Reinfektion be¬
trifft, so hat der Vortragende so rein positive Resultate wie Finger
nicht erhalten. 26mal war das Resultat negativ, 16mal positiv und es
hat sich wesentlich abhängig gezeigt von der Zeitdauer zwischen den
beiden Infektionen. Was die Frage der Immunität betrifft, so läßt
sich auch hier noch von keinem einwandsfreien Ergebnis berichten. Es
sind 7—8 einschlägige Versuche angestellt worden, doch ohne beweisende
Ergebnisse.
Da von der Deutschen Reichsregierung und auch von privater Seite
bedeutende Mittel für die experimentelle Luesforschung bereit gestellt
sind, ist bald eine Vertiefung unserer Kenntnisse zu erhoffen.
Sletscbllikoff (Paris). Zu demselben Thema.
Metschnikoff und sein Mitarbeider Roux haben sich bemüht,
eine Abschwächung der Virulenz zu erzielen. Für diese Versuche schienen
als besonders günstiges Experimentiertier der Makakus rhesus geeignet.
Langsteiner hat nach Paris die 8. bis 9. Generation von Affen
gebracht, von dem ein Schimpanse positiv geimpft wurde. Also konnte
eine Virulenzabschwächung nicht konstatiert werden. Doch mit den
Produkten der Schimpansen wurden 8 Makaken geimpft, von denen nur
einer immun blieb. Die beiden andern bekamen deutliche Primäraffekte.
Die Versuche sind jetzt bis zur 20. Generation gekommen und die Viru¬
lenz ist immer gesteigert worden. Die Inkubationszeit hat sich verkürzt
von 19 bis auf 7 Tage. Bei weiterer Impfung auf Schimpansen aber wurde
das Virus bald abgeschwächt. Das Lues-Virus hat also eine große Ge¬
schmeidigkeit, es paßt sich am Makakus au und ist unempfindlich geworden
für die für Lues sonst so empfindlichen Schimpansen.
Aus der menschlichen Pathologie ist folgender einschlägiger Fall
anzuführen: Vor einem Jahre trat bei einem Assistenten ein kleines
Geschwür auf. Von spezialärztlicher Seite wurde Lues geleugoet. Dann
wurde von dem Geschwür ein Makakus geimpft und 35 Tage später er¬
krankte dieser an Lues. Fournier selbst riet von spezifischer Behandlung
ab. Seitdem ist bei dem Assistenten kein Symptom einer Lues aufgetreten
und die Frage entsteht, ob es sich um eine abgeschwächte Lues oder um
ein anderes luesähnliches Exanthem handelt. Jetzt wurden einer Reihe
von 6 verschiedenen Affenarten das Virus des Assistenten eingeimpft, im
ganzen 18 Tieren. Alle bekamen deutliche Zeichen von Lues. Ein Teil
von den Affen wurde später mit anderem Menschen-Virus wieder geimpft,
teilweise entstanden von neuem Sklerosen. Jedenfalls beweist das, daß
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern.
277
das Virus des Assistenten eine gewisse Sohutzwirkung ausübt. Das Rhesus-
vims ist Bu schwach zur Schutzimpfung für den Menschen. Das Virus des
Assistenten kann wohl abschwachende Wirkung haben.
Vor einem Jahr wurde einer alten 79jährigen Person ein Afifenvirus
im Oberarm eingeimpft, 5mal vorher war dies Virus durch Affen durch«
geführt worden und jetzt gleichzeitig bei 2 Affen verimpft. Die beiden
Affen erkrankten sehr, der Mensch nur in geringem Maße. An 2 von 3
geimpften Stellen entstanden nur kleine Knötchen. Diese Tatsache ist
dadurch erklärlich, daß die Affen viel empfänglicher für das Afifenvirus
sind als der Mensch. Der Vortragende glaubt, daß man bald an den
Vorschlag denken könne, an Prostituierten beim Beginn ihrer Laufbahn
Schutzimpfungen vorzunehmen, ebenso in Gegenden, wo die extragenitale
Lues häufig ist, wie in gewissen Bezirken Rußlands.
Was die Quecksilbersalben zur präventiven Anwendung betrifft, so
ist bei diesen Versuchen die Impfung tiefer, zahlreicher und eingpreifender
beim Affen gemacht worden, als solche gewöhnlich beim Menschen Vor¬
kommen. Auch die neuen Versuche dienen nur zur Bestätigung der
früheren Angaben. 5 Paviane wurden an den Augenbrauen geimpft, 2 Tiere
wurden mit lOprozentiger, 2 Tiere mit 20prozentiger Salbe behandelt.
Alle 4 erkrankten. Um wirksam zu sein, muß die Salbe mindestens
25—30Vo ersten Versuche bei denen die Salbe eingerieben
wurde, wurden durchaus nicht von den späteren, bei denen die Salbe nur
aufgelegt wurde, ubertrofifen. Der bekannte Versuch an Mesonueuve ist
zwar ein einziger, doch ist nicht zu vergessen, daß eine Reibe von Affen-
versuchen dazu kommen. Der Vortragende fuhrt dann 3 Fälle von 3 ver¬
schiedenen französischen Ärzten an, die alle bewiesen, daß selbst wo
schwere Infektion anzunehmen war, bei der Anwendung der 25^0 Kalomel-
salbe der Ausbruch der Krankheit verhindert wurde, in einem Fall selbst
noch bei Anwendung 15—16 Stunden nach der Infektion.
Jedenfalls ist soviel feststehend, daß die quecksilberhaltigen Salben
von Nutzen und allgemein anwendbar sind.
Kraus und Volk (Wien): Experimentelle Studien über
lokale Immunität bei Lues, Vaccine und Tuberkulose.
Die Versuche sollen auf dem Wege des Tierexperimentes die Immu¬
nitätsverhältnisse klarstellen.
Zunächst mußte die Immunität der Haut, nach vorausgegangener
Infektion und das zeitliche Moment des Entstehens durch sukzessive
Impfung oder durch die Exstirpation der infizierten Stelle festgestellt
werden. Als gangbar erwies sich nur der Weg, die zeitliche Infektion
mittels subkutaner Impfung amMakakus rhesus zu ermitteln. Die Super¬
infektionen am 5, 6., 13., 20. und 21. Tage nach der Infektion ergaben
positives Resultat. Die Inkubationszeiten waren bisweilen verschieden
von dem des ersten Primäraffektes. Außerdem wurden bei schon kürzere
oder längere Zeit bestehendem Primäraffekt Reinfektionen mit zum Teil
positivem Erfolge versucht. Hieraus läßt sich schließen, daß bei mani¬
festem Primäraffekt verschiedene Zeit nach Auftreten desselben die Haut
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IX. Eoogreß
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des Affen einer Reinfektion gegenüber empfänglich ist. Die von Finger
und Landsteiner beobachtete Verkürzang des Inknbationsstadinms ist
nicht gefunden worden. Wie bei allen andern Infektionskrankheiten ist
auch hier anzunehmen, daß individuelle Schwankungen eine große Rolle
spielen.
In Fortsetzung früherer Versuche, ob es möglich wäre, eine kutane
Immunität durch subkutane Einverleibung des Virus zu erzielen, haben
die Verfasser Makaken einige Monate hindurch mit Sklerosen Tom
Menschen vorbehandelt. Es gelang nicht den Primäraffekt bei nach¬
träglicher Infektion zu verhüten. Interessant ist, daß durch einmalige
subkutane Injektion von verdünnter Vaccine Haut-Immunität erzeugt
werden konnte. Vielleicht könnte die Übertragung der Lues auf Kaninchen
nach Bertarelli zu einer brauchbaren Vaccine führen.
Kraus hat eine Aktivimmunisierung durch subkutane Einverlei¬
bung von luetischem Virus im intermediärem Stadium vorgeschlagen.
Wenn auch Versuche am Menschen, wie sie Spitzer ausföhrte, dem
Tierexperiment gleichzusetzen waren, so war es doch erwünscht, diese
Immunisierung bei selbstgesetzten Bedingungen an Tieren studieren zu
können. In sieben Versuchen gelang es bloß einmal mit Organen eines
infizierten Makakus 68 Tage nach Auftreten des Primäraffektes Primär¬
affekte zu erzielen. Für diese Frage fehlen noch die Versuche an höheren
Affen, die bessere Erfolge versprechen.
Der Mechanismus der Immunität ist unbekannt. Unabhängig nnd
gleichzeitig mit Neisser, Wassermann und Bruck haben die Ver¬
fasser die Komplementablenkung als Reagens für vorhandene Immun¬
körper bei Lues benutzen wollen. Die zahlreichen Versuche lassen auch
heute keinen sicheren Schluß zu, weil auch manche normale Sera an
und für sich Hemmungen der Haemolyse bedingen. Nach den Versuchen
hemmen normale Sera mitunter noch in Mengen von 0*1 bis 0*05 cem
die Haemolyse vollständig.
Der Vortragende reiht hier die kurze Angabe über einen Befund
beim Makakus ein. Es traten 8 Wochen nach einem Primäraffekte papu¬
löse Effloreszenzen auf der Haut, Plaques an der Mundschleimhaut und
Zunge und regionäre Drösenschwellung auf. Das klinische Bild ent¬
sprach dem bei Schimpansen von Metschnikoff und Roux geschil¬
derten. Es gelang nicht mit Organen zu infizieren und auch nicht Spi-
rochaeten nach zu weisen.
Die Vaccineversuche, die die Verfasser angestellt haben, sind zu¬
nächst von der Voraussetzung einer Analogie zwischen Haut-Immunität
bei Variola und Lues ausgegangen. Die Versuche haben die Analogie
nicht bestätigt und so wurde denn die Immunität bei der Vaccine über¬
haupt untersucht. Es wurden die Versuche von anderer Seite bestätigt,
daß eine regionäre Immunität besteht, indem die Infektion der einen
Kornea Immunität für diese, nicht für die des andern Auges setzt. An
Affen konnte nachgewiesen werden, daß die durch kutane Infektion er¬
zeugte Pustel wohl Immunität der Haut, nicht aber der Kornea vcr*
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der DeutscheD dermatologischen Gesellschaft in Bern.
279
mittele. Ebensowenig konnte von der Kornea ans die Haut empfänglich
gemacht werden. Schon normaler Weise kennen wir eine regionäre
Immnnität, da Kaninchen oft von der Hant ans mit Vaccine nicht infisiert
werden können, während die Kornea prompt reagiert. Eine physiolo¬
gische regionäre Immunität müssen wir auch für die eigentümliche Er¬
scheinung annehmen, daß bei niedem Affen auf dem größten Teil der
Hantoberfiäche die luetische Infektion nicht haftet.
Es galt ferner festzustellen, ob die Immunität beim Makaken, die
am 8. bis 10. Tage an der Haut auftritt, von der Pnstelbildung abhängig
ist. Die Verfasser versuchten diese Frage durch Exzision der infizierten
Stellen nach verschiedenen Zeiten nach nachträglicher Revaccination zu
entscheiden. Es ergab sich dabei, daß, wenn die Exzision 1—2 Tage
post infectionem stattfand, die Makakenhaut nachträglich noch infizierbar
war. Nimmt man die Exzision 3—4 Tage nach der Infektion vor, so ist
bereits 10 Tage später die Haut vollkommen immun. Daraus konnte
man folgern, daß die Pustelbildung zum Entstehen der Immunität nicht
notwendig ist, da um diese Zeit die infizierten Stellen erst Rötung und
Infiltration zeigten.
Es wurde dann durch einmalige subkutane Einführung von zwei
rem einer Vaccineverdünnung von 1:1000 bis 1:5000 bei Affen Immunität
herbeigefohrt. Da diese Methode als das Ideal einer praktischen Vacci-
nation gesehen wurde, unternahm Knöpfelmacher die Prüfung derselben
am Menschen. Auch No bl stellte an 70 Kindern fest, daß die durch¬
geführte subkutane Vaccination mit verdünnter Lymphe ebenso eine
Immunität der Haut zur Folge hat, wie eine kutane. Da auch Knöpfel-
m ach er 8 Untersuchungen gute Erfolge hatten, besteht nur noch die
Krage, wie lange die Immunität andauert. Nach einigen in dieser Rich¬
tung angestellten Versuchen am Affen ist anzunehmen, daß die Dauer
der Immunität von der Menge der eingeführten Lymphe abhängig ist.
Es ist nur eine Frage der Versuche, diejenige Lymphmenge zu eruieren,
die eine entsprechende Immunität setzt, ohne lokale schwere Schädi-
gungen.
Spitzer (Wien): Ätiologische Therapie der Lues.
Wie auf dem vorjährigen Naturforscherkongreß in Meran bereits
ausgeführt, batten von 15 Kranken, die subkutan mit Sklerosen-Auf¬
schwemmungen behandelt waren, 9 in normaler Weise Sekundärerscbei-
nungen bekommen. 4 waren gänzlich frei von Allgemeinerscheinungen
geblieben und bei zweien waren die Erscheinungen nur rudimentär zu
Tage getreten.
Die zweite Versuchsreihe des letzten Jahres ergab günstigere Re¬
sultate. Sie betraf 7 Kranke, bei denen positive Spirochaetenbefunde vor¬
handen waren. Zwei bekamen Lues, drei sind frei geblieben und die
beiden letzten sind noch nicht genügend untersucht. Im ganzen sind
also jetzt 20 Patienten subkutan mit Sklerosen behandelt worden. 11 er¬
krankten in normaler Weise, 7 hatten sicher keine Sekundärerscheinungen
gezeigt, bei zweien verlief die Krankheit rudimentär. Von 64 Parallel-
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IX. Kongreß
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versuchen sind alle regulär luetisch geworden. Die Lymphdrusen haben
ein eigentümliches 'Verhalten gezeigt, indem sie durch die Injektion sehr
rasch zur Anschwellung gebracht wurden.
Finger ('Wien): Mitteilungen über Lues-Immunität.
Der Yortrsgende stellt sich zum Beginn seines Vortrages die Frage,
ob fremdes Virus im stände ist, bei einem Luetiker eine Veränderung
luetischer Natur hervorzurufen. Wenn dies der Fall ist, dann können
wir nicht sagen, daß der Luetiker absolut immun ist. Im Verein mit
Landsteiner sind nun eine Reihe Versuche ausgefuhrt worden, bei denen
eine exakte Technik eine große Rolle spielt. Es ist notwendig, die 6e-
webspartikel in tiefe Hauttaschen einzubringen. Die Immunität der Pa¬
tienten im primären Stadium prüfte Oppenheim. Dieser hatte von
20 Fällen nur in dreien ein positives Resultat. Landsteiner und
Finger selbst hatten von 27 Fällen in 24 positives Resultat und schieben
diesen guten Erfolg auf eine ausgiebige Skarißkation. Im ganzen sind 80 Fälle
untersucht worden; 27 waren im primären Stadium, von denen 24 nach
10—14 Tagen Inkubation ein Knötchen zeigten. 40 Fälle befanden sich
in sekundärem Stadium mit 24 positiven Resultaten. Auch hier waren
scharfumschriebene linsengroße Papeln zu konstatieren. Im tertiären
Stadium wurden 13 untersucht mit 11 positiven Resultaten und zwar
gibt es hier keine Inkubation, es entwickelt sieb unmittelbar ein Erythem,
in welchem später ein Knötchen auftritt. Zur Impfung selbst wurden
hauptsächlich luetische Lymphen und Drüsen benutzt. Bei 8 Patienten
mit ulzeröser Lues entstanden Knoten, aus denen bald Hautgummata
wurden. Um zu sehen, ob die Patienten wirklich an Luesvirus erkrankten,
wurde jeder Patient mit Virus anderer Herkunft inokuliert und es ergab
sich als Resultat, daß die Luetischen keine absolute Immunität gegen
fremdes Virus besitzen, sondern im Gegenteil leicht reagieren. Es ent¬
wickelt sich schon von dem primären Affekt an eine Immunität, die
wächst und die Höhe einer absoluten Immunität erreicht, erst wenn die
große Latenz eintritt und das Rezidivieren aufhört. Auf dieser Höhe
bleibt sie aber nicht zu lange Zeit. Sie nimmt fr^er oder später wieder
ah. Das zurückgebliebene Virus beginnt in einer Reihe von Fällen wieder
zu proliferiren. Die jetzt eintretenden Veränderungen sind dann gum¬
möser Natur. Wir müssen das Gumma auffassen als das Produkt des Virus
in einem umgestimmten Organismus.
Scherber (Wien): Durch Syphilisimpfung erzeugte Ke¬
ratitis parenchymatosa.
S. berichtet über die Resultate der im Verein mit Dr. v. Be-
nedek angestellten Versuche, Kaninchen durch Einbringung luetischen
Materials ins Auge zu infizieren als Nachprüfung der Siegelschen
Befunde.
Es gelang den Autoren durch Einbringung kleiner Partikel lue¬
tischen Gewebes (Sklerosen, Papeln, [Genitale und Stamm], Drüsen) in
die vordere Augenkammer nach Erö&ung mit der Lancette, bei gleich-
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft io Bern.
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zeitiger traumatischer Schädigung der Iris, eine klinisch wie histologisch
der menschlichen Keratitis parenchymatosa vollständig gleiche Keratitis
beim Kaninchen zu erzeugen. Diese Keratitis entsteht nach einer Inku¬
bation von 5—7 Wochen in einer beim Ausbruch der Erkrankung völlig
freien Kornea.
Die Trübung entsteht in den lichten Schichten meist in Streifen¬
form, ist feinst gekörnt, wird immer dichter, so daß die Kornea grauweiß
erscheint, schließlich wächsern vom Limbus Oeföße ein, so daß dann das
vollendete Bild der menschlichen Keratitis parenchymatosa vorliegt.
Histologisch zeigen sich genau dieselben Verhältnisse, wie sie El sehnig
für die menschliche Keratitis parenchymatosa beschreibt und in seiner
Monographie abbildet. Die Spirochaeta pallida konnten die Autoren nur
in einem Falle und auch da nicht in voller Deutlichkeit nachweisen.
Dagegen können sie über einen zwar abortiven aber ziemlich deutlich
ausgesprochenen Impferfolg bei einem Rhesus (Angenbraunbogen) be¬
richten, der nach Impfung mit Teilen der Kornea eines Kaninchens mit
typischer Keratitis parenchymatosa auftrat.
Niemals beobachteten die Autoren jene von Bertarelli beschrie¬
bene ulzeröse Keratitis.
Sc herb er wahrt für v. Benedek und sich die Priorität der
Befunde gegenüber Greef und Aansen, welche kürzlich ähnliche
Resultate veröffentlichten, ohne die bereits 4 Monate früher von Scherber
(Wiener klinische Wochenschrift Nr. 24) über Keratitis parenchymatosa
beim Kaninchen publizierte vorläufige Mitteilung zu beachten. Aus der
Zusammenfassung der Resultate zweier ausgedehnter Versuchsreihen
folgert der Redner, daß das Syphilisvirus sich im Kaninchenauge lange
Zeit erhält und vermehrt und bei einer bestimmten Art der Impfung
ins Auge einer der menschlichen Keratitis parenchymatosa völlig gleiche
Keratitis erzeugt, welche Keratitis schon klinisch sofort als syphilitische
zu erkennen ist. Das Virus scheint seinen Weg durch die Iris zu nehmen
und ist die von den Autoren geübte Methode der Impfung, durch Ein¬
bringung kleiner Partikel luetischen Gewebes in die vordere Kammer
bei gleichzeitiger Verletzung der Iris, zur Erzeugung der Keratitis paren¬
chymatosa die sicherste.
Zweite Sitzung (i2. September nachmittags).
Demonstrationen vor der Tagesordnung;
1. Jacoby (Freiburg i. B.J: Ein SOjähriger, hereditär nicht be¬
lasteter Landwirt, begann vor 7 Jahren mit Schwellung der Leber und
intensivem Jucken zu erkranken und zwar am Rumpf und den Extremi¬
täten. 1902 wurde von anderer Seite die Diagnose Sklerodermie gestellt.
Im März 1906 starke Purpura an beiden unteren Extremitäten. Augen¬
blicklich erscheint das Gesicht etwas dunkel verfärbt, die Lider stark
ödematös. Auf dem behaarten Kopf ist die Haut atrophisch, wenig ver-
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IX. Kongreß
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sohieblich, mit zahlreichen Teleangiektasien und fest anhaftenden Schup¬
pen. Die Haut des Halses ist gerötet, Brust und Röcken zeigen netzartige
weiße Atrophien, in denen die Follikel als rotbraune Punkte deutlich
hervortreten.
Die Umgebung der Haut, die im allgemeinen verdünnt, etwas
sklerosiert und wenig verschieblich ist, ist dunkel pigmentiert. Ahn-
liehe Stellen sind am Abdomen und in der Ereuzbeingegond, in geringerem
Grade an den oberen und unteren Extremitäten. Die Nagelbetten sind
atrophisch und von Teleangiektasien durchsetzt. Die Atrophien entwickeln
sich aus einer hellroten Marmorierung, die sich aus Teleangiektasien und
Hautblutungen zusammensetzt. An den beiden Unterarmen ist eine starke
Hypertrichosis und an der Mundschleimhaut ähnliche Veränderungen wie
an der Haut. Der Vortragende ist außer Stande, die Krankheit mit irgend
einem bekannten Krankbeitsbild zu identifizieren. Die meiste Ähnlichkeit
besteht mit der von Petges und Clegat in den Annales de Dermato¬
logie, Juni 1906, beschriebenen Sclerose atrophique de la peau et myosite
generalisöe. Doch bestehen auch hier einzelne Unterschiede.
Der Vortragende möchte den Namen Poikilodermia vascularis
atrophicans mit Rücksicht auf das bunte Bild vorschlagen.
Diskussion. Ehr mann (Wien) zeigt zu diesem Fall 2 Moulagen
aus seiner Klinik mit gewisser Ähnlichkeit.
Jadassohn (Bern) hat einen Patienten mit genau dem gleichen
Befund gesehen und hält den Fall für eine Sklerodermie, wofür die deut¬
liche Atrophie der Deltamuskeln sprächen, ferner das Jucken, der lange
Verlauf und die Hämorrhagie. Das Bild des vorbeschriebenen Falles
scheint die Abgrenzung einer eigenen Krankheit zu berechtigen.
Ereibioh (Graz) hält die Affektion für ein atrophisierendes Ery¬
them, das am besten mit Lupus erythematosus corporis übereinstimmt.
Für Sklerodermie fehlt jede sklerodermatische Verdickung. Dagegen sind
Ödeme der unteren Augenlider und Alopecie des Kopfes vorhanden.
Arndt (Berlin) faßt den Fall als einen disseminierten Lupus ery¬
thematosus auf. Unter anderem auch wegen der ausgesprochenen Ver¬
änderung an der Schleimhaut beider Wangen und des Gaumens sowie
an der Unterlippe. Es finden sich an den genannten Stellen weißliche,
punktförmige und netzartig angeordnete Einlagerungen, die im Niveau
der Schleimhaut liegen.
2. Grouven (Bonn) stellt einen 31jährigen Mann mit Erythema
induratum Bazin vor, der 1903 in die Klinik trat. Damals war eine sub¬
kutane Geschwulst in der beiderseitigen Parotisgegend aufgetreten. Eine
versuchsweise antiluetische Behandlung und Atoxylinjektionen blieben
ohne Erfolg. Jetzt bestehen ausgedehnte, fast über das ganze Gesicht sich
erstreckende, tiefe, mehr oder weniger knotenförmige Infiltrate; ebenso
auf dem linken Ohr. An dem Mittelhandknochen beider Hände Verdickun¬
gen ohne Knochenerkrankun^ Im Kopf der linken Epididymis sind große
höckerige Anschwellungen. Der Lungenbefund ist auf Tuberkulose ver¬
dächtig, doch ohne Tuberkelbazillen. Tuberkulininjektionen und der Tier¬
versuch blieben negativ.
Histologisch: Tuberkulöser Bau des Gewebes mit reichlich
Epitheloidzellen, spärlichen Spindel-, Rund- und Mastzellen und mäßig
viele Riesenzellen. Tuberkelbazillen sind in den Schnitten nicht mit Sicher¬
heit naebzuweisen. Die negative Tuberkulinreaktion und das negative
Tierexperiment deckt sich mit den meisten bisherigen Beobachtungen bei
dieser Erkrankung.
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern. 283
Diskucfsion. Ereibich (Graz) h< den Fall für einen typischen
Lupus pernio nach Klinik und histologischem Befund.
Doutrelepont (Bonn) hält es für gleichgültig, ob man den vor¬
liegenden Fall als Erythema induratum oder als Lupus pernio bezeichnet.
Es handelt sich um eine Erkrankung tuberkulöser Natur, jedoch von
klinisch und histologisch ungewöhnlichem Verhalten.
Ehr mann (Wien) hält die Krankheit für einen Lupus hämato¬
genen Ursprungs. Die Diagnose der Affektion au der Hand muß in su¬
spenso bleiben.
3. Grouven (Bonn) demonstriert einen Fall von Angiokera¬
toma Mibelli. Heredit^ bemerkenswertes läßt sich nichts angeben.
Die Hautaffektion trat vor 7 Jahren zum ersten Mal auf. Auf dem linken
Arm, der linken Schulter und der linken Brust finden sich zahlreiche,
braunrote Stippchen, die auf Druck abblassen. Der histologische Befund
ist wenig bemerkenswert. Es sind keine Zeichen vorhanden, die auf
Tuberkulose deuten.
Baum (Berlin) und K reib ich (Graz) halten die Affektion für
Naevus flameus.
4. Juliusberg, Fritz (Berlin) stellt einen Fall von Acanthosis
nigricans bei einer 25jäbrigen, sonst gesunden Patientin vor. Die
Patientin zeigt am Bauche, Hals und Rücken zahlreiche, bis 5 Markstück
große, tiefe Narben, die Residuen eines vom 9. bis 12. Lebensjahre dau¬
ernden, mit Geschwüren einhergehenden Prozesses. In derselben Zeit,
vom 9. bis 12. Lebensjahre, bildete sich die Acanthosis nigricans aus, um
seitdem stationär zu bleiben. Die Acanthosis ist am stärksten am Halse,
am Bauche und vor allem in den Achselhöhlen ausgesprochen.
Therapeutisch hatten iunerlich Adrenalintabletten und mehrmonat¬
liches Einnehmen frischer Hammelnebennieren gar keine Wirkung. Von
externen Mitteln war der Patientin besonders nützlich öfteres Betupfen
mit H^Oy 30%} wodurch sich am Halse eine gute Depigmentierung er¬
zielen ließ.
Der Vortragende macht auf die aufgestellten mikroskopischen Prä¬
parate von dem Falle aufmerksam, die neben den für Acanthosis nigpri-
cans typischen Veränderungen eine oesonders starke, kleinzellige Infiltration
und ganz eigentümliche, der Altersdegeneration ähnliche Veränderungen
der elastischen Fasern aufweisen, besonders in den obersten Schichten
der Cutis.
6. Cohn stellt aus der Berner Klinik vor: Myoosis fungoides.
71 jähriger Mann, seit 1903 ekzemähnliche Ausschläge am ganzen Körper.
Seit einem Jahr polymorohes Exanthem; ekzematoide Stollen, daneben
blaurote, nnregelmäuig figurierte Prominenzen von weicher Konsistenz
und Neigung zu ülzerationen. Histologisch beträchtliche Infiltrationen im
Corium, atypische Epithelwucherungen.
6. Cohn. Generalisierte exfoliierende Erythrodermie.
ßSjähriger Mann, seit einem Jahr generalisierte Rötung und Schuppung;
an vereinzelten Stellen Nässen, einzelne kleine, derbe und leicht verruköse
Knötchen. Starke Drüsenschwellung. Innere Organe, außer Bronchitis,
normal. Der Blutbefund ist nicht wesentlich von der Norm abweichend.
(Pityriasis rubra Hebrae?)
7. Lehet (Bern) stellt vor: Drei Schwestern mit merkwürdiger
Familiäralopeeie. Bei den drei Schwestern ist sukzessiv vor einigen
Jahren ohne irgend einen das Auftreten erklärenden Prozeß, eine Alopecie
eingetreten, die sich in einem drei- bis funfnngerbreiten, symmetrischen,
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IX. Kongreß
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parallel dem äaßeren Rande des behaarten Kopfes verlaufenden Strange
von der Stirne bis in die Occipitalgegend erstreckt Bei einer der Schwes¬
tern läuft ein zweiter kahler Strang von dem ersten weg zwischen beiden
Parietalknochen bis in die Occipitalgegend, wo er spitzenförmig en¬
digt Die Haut ist bei den kahlen Stellen deutlich atrophisch. Bei den
zwei ältesten Schwestern ist die Alopecie sehr ausgesprochen, bei der
jüngsten bedeutend weniger.
8. Lebet. Ein Fall von Atrophia cutis mit Hemiatro-
phia faciei. Der 9jährige Knabe hat gegenwärtig in der unteren Hälfte
der linken Wange einen Herd von Atrophia cutis, wo vor 5 Jahren eine
typische Sklerodermie war. Die damals schon vorhandene Hemiatrophie
hat sich sehr stark weiterentwickelt. Dazu ist Epilepsie aufgetreten. Der¬
selbe Patient hat auf dem Rücken zwischen beiden Skapulae eine bläu¬
liche Verfärbung der Haut, die sich leicht abheben läßt und verdünnt
erscheint. Die Venen schimmern als blasse Stränge durch. Histiologisch
ergab sich eine enorme Atrophie und totaler Schwund des Unterhautzell¬
gewebes.
9. Lewandowaki (Bern) demonstriert: Zwei Geschwister mit
Pachyonychia congenita, follikulären Hyperkeratosen,
L eukokeratose am Zungenrücken und Z ung en r än d e r n,
hochgradiger Schwielenbildung an den Fußsohlen.
Diskusaion. Bettmann (Heidelberg) hat einen 5jährigen Knaben
mit identischer Nagel Veränderung in Beobachtung.
10. Galewaky (Dresden) demonstriert Moulagen von Dermato-
myomen.
11. Fabi^ (Dortmund) demonstriert: a) eine Moulage, ein
Aquarell und mikroskopische Apparate des in diesem Archiv schon ver-
önentlichten Falles von Blastomycosis cutis. Es gelang ihm ^etzt
auch mehrere Male, eine spärliche Anzahl von Erregern nachzuweisen.
Reinkulturen mißlangen auch dieses Mal. Der Vortragende hält die Krank¬
heit für eine echte Granulationsgeschwulst nach dem klinischen und
histiologisehen Befund. Die kleinsten Primäreffloreszenzen sind akneartig,
die größeren Tumoren von schwammiger Konsistenz und zeigen an vielen
Stellen spontanen Durchbruch von kleinen und größeren Granulomen.
Die braunrote Farbe der Tumoren ist für dieselbe charakteristisch.
6) Moulagen von Lymphangiektasien des Skrotums aus
der Bonner Klinik. Der Vortragende betont die in den Schnitten sich
findende Epithelhypertrophie und infolgedessen eine Analogfie zum Angio-
keratom, wenigstens pathologisch-anatomisch.
e) Mikroskopische Schnitte eines Falles von systematisiertem
Naevus, der in einzelnen Teilen als Naevus poroceratodes gedeutet wer¬
den muß.
d) Einen Fall von multiplem Riesenzellensarkom bei einem
neunmonatlichen Kinde. Als das Kind ein Vierteljahr alt war, bemerkten
die Eltern bereits an allen Stellen, an denen jetzt die Geschwülste zu
sehen sind, quaddelartige Stellen. Das Kind ist dem Alter entsprechend
g^t entwickelt und hat nie über Ernährungsstörungen zu klagen. Im
ganzen sind etwa 53 Tumoren von Linsen- bis Pfennigstück-Größe vor¬
handen. An eine Entwicklung aus Naevi ist hier nicht zu denken.
Diakus^ion zu den Vorträgen von Neiaser und Metaehnikoff.
Blaschko (Berlin). Es wäre verfehlt, alles Heil von der experi¬
mentellen Forschung zu erwarten. Treten doch in der Klinik oft Erschei¬
nungen mit der Gültigkeit von Experimenten auf, so die Tätowierung, bei
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern. 285
der wir oft die ganze Stichelongsreihe von PrimäraiTekten befallen sehen,
in anderen Fällen nur einen Primäraffekt. Dieser scheint nun dann die
äbrige Haut immunisiert zu haben. Es ist bis jetzt noch nicht gelungen
festzustellen, wann die Lues konstitutionell wird, was überhaupt konsti-
tutionelle Lues ist. Neisser hat 8 Momente hervorgehoben, die allge¬
meine Überschwemmung mit Spirochaeten, die Umstimmung der Gewebe
und die Immunität. Alle diese 8 Momente brauchen aber nicht zugleich
vorzukommen. Die bei den Tätowierungen aus einer Quelle beobachteten
enormen Differenzen der Inkubationsdauer zeigen, daß die Inkubations-
dauer nicht bloß vom Tims, sondern auch von dem Impfterrain abhängt.
Die in der Literatur beschriebenen Fälle, wo trotz wenige Stunden nach
der Infektion erfolgten Excision der Impfstelle Lues aufgetreten ist, be¬
weisen, daß zu dieser Zeit das Tims schon in den Organismus eingetreten
sein könne, aber nicht müsse. Vereinzelte Spirochaeten kommen im
Körper wohl nicht zur Entwicklung.
Man sollte aber überhaupt nicht von einer konstitutionellen Lues
sprechen, sondern nur von einer chronischen Infektionskrankheit. Er
glaubt, daß, vielleicht abgesehen von der ersten Erankheitsperiode, das
Tims nicht von einer Körperstelle an die andere verschleppt werde.
Bezidive ließen sich durch Aoffiackem von Residuen in loco ausreichend
und besser erklären. Auch das Vorhandensein von Antigenen und Anti¬
körpern beweist noch keine Verallgemeinerung der Lues. Man kann die
Lues überhaupt als eine Zusammensetzung von Lokalerscheinungen auf¬
fassen.
Nobl (Wien) bringt Experimentelles zurFrage derLues
vaccinata. Er hat die in der endgültigen Entscheidung immer noch
schwankende wissenschaftliche und praktisch gleich belangreiche Frage, ob
mittels der Vaccine Lues übertragen werden könne, auf den objektiven Boden
des Experiments übertragen. Zunächst hat er die Symptomalogie der Vaccine
am Luetiker der Frühperiode einer neuerlichen Revision unterzogen. Des
weiteren nahm der Vortragende an Patienten mit sekundärer Lues, die
sich im Stadium der Latenz befanden oder rasch rückgängige makulöse
Exantheme darboten, ferner bei Kranken der zweiten Inkubation und
einigen Fällen von Spätlues Revaccination vor. Die meisten der Patienten
waren bereits zweimal 'der Schutzimpfung unterzogen worden. Die am
Abdomen angebrachten Insertionen wurden am fünften Tage ausgeschnitten
und nach der Silberimprägnierung auf den Spirochaetengehalt geprüft.
Von 10 Impfungen waren fünf mit beginnender Pustulation ange¬
gangen. In zwei Fällen kamen reaktive papulöse Eutzündungsformen
zu stände, während 8 Inokulationen nicht hafteten und nur traumatische
Reaktionen hervorriefen. Die Schnittreihen zeigten nun das typische
Stmkturbild der Vaccine ohne auch nur Andeutungen einer perivasku¬
lären Infiltration der retikulierten Cutisschicht oder Spirochaeten aufzu-
weisen. Auch an den rein entzündlichen Reaktionsformen mangelten völlig
die spezifischen Einschlüsse. Manche der Abtragungsstellen nahmen nach-
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IX. Kongreß.
träglich zur Zeit des Exanthemausbraohs oder bei Rezidiversoheinungen
das Gepräge spezifischer Infiltrate an.
Es ergibt sich ans den Yersnchen, daß die ansreifenden Vaecine-
pusteln im rezenten Stadium der Lues keine Spirochaeten enthalten und
daher auch mit der Lymphe solcher Insertionen die Lues nicht rermittelt
werden kann.
Sobl berichtet ferner: Über Aotoinokulation in der
zweiten Inkubation der Syphilis. Vortragender berichtet über eine
vorläufig 8 Versuche umfassende Experimentalreihe, in welcher das
spirochaetenhaltige Geschähe mittels tiefer Skarifikationen und Taschenbil¬
dung in die Abdominalhaut des Patienten eingeimpft wurde. Das Aus-
gangsmaterial entsprach meist der sechsten bis siebenten Krankheits¬
woche und kam stets in ausgiebiger Menge zur Übertragung. Die Krank¬
heitsdauer war in allen genau verfolgten Fällen ans den auftretenden
Allgemeinerscheinungen noch des genauem festzustellen. An den bedeckt
gehaltenen Insertionen war es bis zur Aushebung derselben, die am 3.
bis 8. Tage erfolgte, nie zur Entwicklung von Krankheitsprodukten ge¬
kommen, die im Sinne eines Primäraffektes oder als Papeln hätten ge¬
deutet werden können. Die skarifizierten Impfstellen zeigten die geläufigen
Anzeichen der traumatischen Reaktion. Die mit Virus infizierten Oberhaut-
taschen waren in kaum prominente, von mäßigen Entzöndungshöfen um¬
grenzte Stellen umgewandelt Die nach Leva di ti (Pyridin) imprägnierten
Impfstellen des 3. und 4. Tages zeigten in den Schnittfolgen keinerlei
intensivere Entzündungserscheinungen. Spirochaeten oder Rudimente solcher
waren weder in der Deckschicht noch in der Cutis nachzuweisen. Exci-
dierte Tascheninsertionen des 5. bis 7. Tages boten das Bild des ent¬
zündlichen Gcwebsersatzes, ohne durch massigere Zellkomplexe längs der
Lymphbabnen und des kutanen Gefaßnetzes den Eindruck der spezifischen
Gewebsreaktion hervorzurufen. Auch in diesen Inokulationsbezirken war
nichts von der Gegenwart oder Vermehrung der Spirochaeten wahrzunehmen.
Es korrespondieren diese Ergebnisse einerseits mit den bis heute noch
geltenden Thesen der Syphilislehre, denen zufolge in der Invasionsperiode
des Virus neuerdings von außen eingebrachte Mengen desselben an der
Haut nicht mehr zur Haftung gelangen, andererseits müßte man, belehrt
durch die Impfversuche Fingers, annehmen, daß eine 3- bis 8tägige
Inkubation nicht ausreichend ist, um eine Vermehrung des inkorporierten
Virus und die entsprechende Gewebsreaktion im Gefolge zu haben. Doch
muß es auch fraglich erscheinen, ob die erzielbaren lokalen Reinfektions¬
produkte in den einzelnen Phasen der Syphilis den Charakter spezifischer,
d. h. auf Keim Vermehrung und Keimreizung beruhender Gewebsformationen
an sich tragen. Superinfektionen bei anderen zur Immunität führenden
Prozessen haben gelehrt, daß sich wohl eine Überempfindlichkeit gegen¬
über dem neuerlich eingebrachten Virus geltend machen kann, daß aber
die Reaktionserscheinungen in dem umgestimmten Terrain weder ihrer
Pathogenese noch ihrem Wesen nach im Sinne von Neuhaftungen gedeutet
werden können.
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der Deutschen dermatologischeD Gesellschaft in Bern.
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Von Niessen (Wiesbaden). Bei der nunmehr feststehenden experi¬
mentellen Tierlues ist es als erfreulicher Fortschritt ,zu begrüßen, daß
die Dermatologie sich nicht auf Luesprodukte der Haut als Impfmaterial
beschrankt hat, sondern daß auch mit inneren Organen und Blut Über¬
tragungen gelungen sind. Was immer noch als Mangel empfunden wird,
ist das Fehlen eines reinen Impfmaterials. Denn an dem Koch sehen
Postulat, daß das Impfmaterial frei sein muß von Beimengungen aus dem
Tierkörper, muß festgehalten werden. Der zweite Mangel liegt darin,
daß dort, wo äußere Merkmale für vorhandene Lues fehlen, die Diagnose
nicht zu stellen ist. Für diesen Zweck ist nun nichts geeigneter als die
bakteriologische Blutuntersuchung. N i e s s e n hält nach wie vor an dem
von ihm für den Erreger der Lues angegebenen Bakterium fest.
Seine neuesten Versuche betreffen subkutane Injektionen von
Reinkulturen des von ihm gefundenen Bazillus auf Kaninchen und er hat
typische Exantheme hervorrufen können. Die Impfung erfolgte am Ohr¬
lappen und nach sechs wöchentlicher Inkubation zeigte sich an mehreren
Stellen sukzessive die Eruption, die schließlich serpiginösen Charakter
annahm.
Hofftnann (Berlin) berichtet im Anschluß an seine Mitteilungen
in der dermatologischen Vereinigung zu Berlin über einige neuere Ergeb¬
nisse. Er hat mit einem Gumma, das 24 Jahre nach der Infektion ent¬
standen war, einen geringen positiven Impfefifekt erzielt. Er demonstriert
dann eine Reihe von Impfresultaten bei niederen Affen. Blaschko
gegenüber betont er, daß die Spirochaete pallids auch später noch, zum
Beispiel 6 Monate nach der Infektion, in virulentem Zustande im Blut
zirkuliere. Als Impfmethode wählt er neben Skarifikationen stets Taschen¬
bildungen mit Hilfe einer Klemmpinzette und hat so fast stets positive
Besnltate erzielt. Gewebspartikelchen in diese Tasche zu bringen ist nicht
nötig, da auch das nur wenige Zellen enthaltende Reizserum von Primär¬
effekten sehr starke Impfaffekte ergibt und zwar im allgemeinen um so
firüher und stärker, je reicher das Sekret an Spirochaeten im frischen
Präparat sich erweist.
Volk (Wien) berichtet über 10 Fälle von Lues, die er nach der
Kraus-Spitz ersehen Methode mit subkutaner Injektion von Sklerosen¬
material behandelt hat. 7 Fälle sind nicht verwertbar, da die Injektionen
zu spät begonnen worden sind. In den übrigen 3 Fällen trat das Exanthem
14, 16 und 18 Tage nach der letzten Injektion auf.
Trotzdem die Resultate negativ sind, möchte Volk keine weiteren
Schlüsse ziehen, da die Zahl der Behandelten zu klein ist. Hervorheben
möchte er, daß die Injektionen auf die Rezidive gar keinen Einfluß zu
haben scheinen, da er die Patienten mit zum Teil schweren Rezidiv¬
exanthemen wiedergesehen hat.
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IX. Kongreß
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Dritte Sittung (13. September vormittags).
Vor der Tagesordnung demonstriert Jadassohn (Bern): 1. Neu-
rodermitisches Ekzem nach Asthma. Das 28jährige Mädchen
leidet an ihrer Hautkrankheit seit 1891, an Asthma seit 1897. Eine
Koinzidenz oder ein Alternieren der Exazerbation des Asthmas und der
Hauterkrankung sind nicht mit Bestimmtheit festzustellen.
2. Neurodermitis disseminata. Die Patientin ist ein Ißjähriges
Mädchen, die Hautkrankheit begann im 2. Lebensjahre. Früher waren
große scharfumsehriebene Plaques vorhanden, allmählich trat eine immer
stärkere Disseminierung auf. Die inneren Organe sind normal. Auf externe
Therapie zuerst gute palliative Resultate, aber immer wieder Exazer¬
bationen, trotz Fortsetzung der gleichen Behandlung. Die verschiedensten
diätetischen Behandlungsversuche blieben ohne sichtbaren Einfluß. Arsen
bewirkte erst beim Be^nn von Intoxikationserscheinungen vorübergehende
Besserung. Systematiscme psychotherapeutische Behandlung schien zeitweilig
Erfolg zu haben.
3. Zwei Geschwister mit stark ausgesprochener Granulosis
rubra nasi.
4. Zwei Kinder mit Narben nach Tuberkuliden. Hierzu
bemerkt Nobl (Wien), daß es nicht leicht möglich wird, aus narbigen
Residuen zu rückläufigen Diagnosen zu gelangen. Die tuberkulöse Natur
des Terrains, auf welchen sich beide Fälle des Prozesses abgespielt
haben, ist wohl über jeden Zweifel erhaben. Er hält nach dem Ausseheu
der Narben den Prozeß für sekundäre auf tuberkulöser Basis zustande
gekommene Pyodermien, wie solche Kombinationen von Tuberkulose und
nachträglicher Eiterinfektion häufig im frühen Kindesalter Vorkommen.
Dind (Lausanne) bespricht die Vorteile eines von ihm angewendeten
Teerpräparates des Coaltar.
Hierzu bemerkt Veiel (Cannstatt), daß er den Steinkohlenteer
im Gegensatz zum Holzteer in letzter Zeit, besonders bei Ekzem der
Hände und des Skrotums schätzen gelernt hat.
Herxheim er (Frankfurt) will den Holzteer der reizenden Pyridin¬
basen wegen beim akuten Ekzem nicht angewendet wissen. Im allge¬
meinen hält er den Steinkohlenteer für vorzuziehen.
Hofiteann (Berlin) erstattet sein Referat „Überdenderzeitigen
Stand unserer Kenntnisse von der Ätiologie der Lues.*^ Der
Vortragende ruft zunächst Schaudinn einen warmen Nachruf zu. Trotz
der kurzen Zeit seit der Entdeckung von Sohaudinn ist die Literatur
schon jetzt eine ungeheuer große, aber aus ihr geht unzweifelhaft hervor,
daß das Problem der Ursache der Lues als gelöst zu betrachten ist. Der
Vortragende will in seinem Vortrage eine Übersicht über das bisher auf
diesem Gebiet Geleistete geben.
Schon 1873 hat A. Donnö Spirochaeten als Erreger der Lues
beschrieben. Wahrscheinlich handelte es sich aber nur um die harmlose
Spirochaete refringens. Bordet hat 1903 einmal Spirillen in einer Mond¬
papel und einem Primäraffekt gesehen. Doch ist bei der Beschreibung
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern.
289
derselben ganz sicher anzunehmen, daß es sich nicht um die Spirochaete
pallida gehandelt hat. Schon bei der ersten Veröffentlichung haben
Schaudinn und der Vortragende die gröbere Spirille beschrieben und
Unterscheidungsmerkmale zwischen ihr und dem wirklichen Lueserreger
angegeben. Jetzt sind die Spirochaeten in so gut wie allen Lueserschei«
nungen nachgewiesen. Die Ausstrichmethode hat ausgereicht, um in allen
inneren Organen im Blut und sonstigen Flüssigkeiten die Spirochaeten
nachzuweisen. Einen Fortschritt der Gewebsdarstellung stellen die Arbeiten
von Bertarelli, Volpino und Levaditi dar.
Für den Erfolg der Untersuchung im fnschen Zustande ist die
Entnahme der Präparate von großer Bedeutung. Am reichlichsten finden
sich die Spirochaeten im Ge webssaft der PrimärefSoreszenzeu. Der Vor¬
tragende prüfte drei Arten der Entnahme, das Oberflächensekret, das
Reizserum und das Geschähe. Die Reizserumtechnik hat sich non am
besten bewährt. Das Blut zur Untersuchung entnimmt man am besten
aus den Cubitalvenen. Drüsen kann man punktieren. Für Schnitte emp¬
fiehlt sich die Formalinfizierung, aber auch Alkohol mit Argentumzusatz
g^bt in geübten Händen gute Erfolge. Auch die zweite Methode von
Leraditi mit Zusatz von Pyridin ist sehr gut. Geübte Untersucher mit
scharfem Auge können im frischen Präparat die Spirochaeten sehen, ein
guter Apochromat unterstützt allerdings sehr die Auffindung. Mit Vaselin
umrahmte frische Präparate zeigten die Spirochaeten wochenlang in Be¬
wegung. Für Blutpräparate ist die vorgehende Osmosierung der Gläser
zu empfehlen. Durch Erhitzung ist die Zeit der Färbung sehr herab¬
gesetzt worden. Die alte Löfflersehe Geißelfarbung gibt eine sehr gute
und scharfe Darstellung der Spirochaeten.
Nach diesen Methoden ist im frischen Präparat die lebende Spiro¬
chaete durch die Zartheit und das geringe Lichtbrechungsvermögen aus¬
gezeichnet. Kaum V 4 A«dick, zeigt sie zahlreiche (8—12) regelmäßige und
steile Windungen. Es sind aber auch bis zu 26 und mehr Windungen
beobachtet worden. Die Art der Fortbewegung ist anders wie bei den
sonstigen Spirochaeten. Die Bewegung ist langsam und von geringem
seitlichen Ausschlage. Setzt mau dem Präparat etwas physiologische
Kochsalzlösung zu, so ist die Auffindung häufig erleichtert. Die Tiefe der
Windungen ist größer, als der Windungsabstand, die Art der Vermehrung
ist noch umstritten. Schaudinn hat eine Längsteilung angenommen,
Crystallowitz sprach sich für einen Entwicklungszyklus von weib¬
lichen und männlichen Teilen und Kopulation aus. Die von Herxheimer
beschriebenen Körnchen in den Spirochaeten sind wohl in Wirklichkeit
nicht vorhanden.
Was den Einwurf betrifft, daß die mit Silber dargestellten Spiro¬
chaeten Nervenenden seien, so kann man ihn deswegen leicht widerlegen,
weil in mazerierten Foeten, wo alles Gewebe schon zersetzt ist, die Spiro¬
chaeten in großer Anzahl gefunden sind, ferner, weil man sie im Innern
der Gefäße gefunden hat.
Areta. f. Dermat. n. Sypb. Bd. LXXXlI. ig
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IX. Kongreß
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Was das Vorkoromen in den einzelnen Geweben anbetrifift, so
wissen wir, daß schon frühzeitig ein Übergang der Spirochaeten in das
Blut stattfindet, doch scheint ein gewisser Widerstand da zu sein, denn
oft sind die Gef&ßwände mit großer Menge von Spirillen belagert und
im Lumen selbst werden nur wenige Spirillen gefunden. In den Nerven
sind sie nicht schwer nachweisbar, in den uässelnden Papeln ist ihre
Lage von größerem Interesse. Hier sehen wir von den Papilleoköpfen
die Spirochaeten emporwandern durch die Epidermis. In der frischen
Roseola ist sie auch gefunden und in der letzten Zeit auch in den Tertiär-
aSekten. In den Drüsen sind sie meist nicht in zu großer Anzahl zu
sehen. Bei der kongenitalen Lues, besonders in mazerierten Foeten, ist
ihre Menge eine außerordentlich große. In einzelnen Organen, so beson¬
ders im Gefaßbindegewebe und in der Leber kommen sie in verblötfender
Zahl vor. Im allemeinen liegen die Spirochaeten interzellular. In der
Placenta ist ihr Vorkommen seltener, in der Umbilikalschnur häufiger.
Der Vortragende glaubt, die Einwürfe, daß man ohne Kultur des
Erregers diesen nicht als sicher annehmen könne, durch den Nachweis
der Spirochaeten in den Schnitten und ihr Verhalten zu den Geweben,
das völlig dem anderer Erreger entspricht, entkräften zu können. Die
Frage, ob man die Spirochaeta pallida mit genügender Sicherheit von
andern Spirochaeten unterscheiden könne, ist mit ja zu beantworten und
ist hierzu vor allem eine saubere Entnahme der Flüssigkeit nötig. Ein
Bedürfnis des Spirochaetennachweises für die Praxis ist unzweifelhaft
vorhanden, wenn auch in der Mehrzahl der Fälle die Diagnose klinisch
gestellt werden kann. Es gibt aber Fälle, so bei jungen Primärafiekten,
bei Blut-, Urin- und Naseusekretuntersuchungen, wo der Spirochaeten-
nachweis von [größter Bedeutung ist. Am schlagendsten tritt die Be¬
deutung dieser Spirochaeten für die Praxis bei Foeten auf, die jetzt mit
absoluter Sicherheit auf Luesverdacht geprüft werden können. Die Unter¬
suchung der Placenta selbst hat wegen des spärlichen Vorkommens der
Spirochaeten in ihr nur wenig praktische Bedeutung.
Was die Verteilung der Spirochaeten im Gewebe anbetrifil, so ist
anzunehmen, daß sie bei der Infektion wohl gleich in die Lymphbahnen
des Papillarkörpers gelangen, sich in ihnen vermehren und ins Binde¬
gewebe eindringen. Jetzt dauert es lange Zeit, bis die Reaktionserschei¬
nung kommt. Die Frage, ob die Spirochaete vielleicht ein anärober
Mikroorganismus ist, ist noch nicht ganz entschieden. Der Umstand, daß
sie schwer ins Blut gehen, daß sie in mazerierten Foeten sich allem
Anscheine nach vermehren, auch die Erfahrung bei Blutimpfung, die nur
dann gelingen, wenn gestautes Venenblut entnommen wurde und über¬
haupt schnell verfahren wird, spricht dafür.
Es folgt eine große Anzahl äußerst gelungener Demonstrationen.
Herxheimer (Frankfurt a. M.): „Beziehungen der Spiro¬
chaete pallida zur Lues maligna."
Der Begriff der Lues maligna ist noch keineswegs geklärt; immerhin
nehmen die meisten Autoren zwei Charakteristika in erster Linie an:
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der Deutscheu dermatologischen Gesellschaft in Bern. 291
Zerfall der Effloreszenzen im Frühstadium der Lues und Resistenz gegen¬
über den spezifischen Mitteln. Absolute Charakteristika sind das nicht,
denn es gibt Fälle mit sehr geringem Zerfall und geringer Resistenz
gegen Quecksilber und Jod und andererseits solche, die nie zerfallen und
äußerst hartnäckig der Therapie gegenüber sein können, so z. B. ge¬
wisse papulöse Syphilide, das Jadassohnsche Sonnensyphilid, die Cooper-
Cotterelschen Formen, viele vegetierende Papeln. Es geht nicht an, die
Lues maligna den Spätsyphiliden zuzurechnen, da viele der letzteren
Jahrzehnte hindurch bleiben, ohne zu zerfallen. Der Spirochaetenbefund
stimmt mit dieser Auffassung überein. Es fanden sich in 5 von 8 Fällen
von Lues maligna mehr oder weniger zahlreiche Spirochaeten. Dieser
Befund widerspricht demjenigen von Buschke und Fischer, die in
Fällen von Lues maligna nie Spirochaeten landen. Es fragt sich daher,
wie dieser Widerspruch zu erklären ist. Der Redner fand in geschlossenen
Papeln und Pusteln immer analog wie bei den Primärafiekten relativ
zahlreiche Spirochaeten, nach dem Zerfall werden sie spärlich oder ver¬
schwinden ganz. Man darf also nicht zu spät untersuchen. Der Redner hat
sich daher die Meinung gebildet, daß die Spirochaeten entweder durch
die Mischinfektion mit sekundär angesiedelten Bakterien — er hält
nicht etwa die Lues maligna hervorgebracht durch Mischinfektion mit
Streptokokken, denn die bakteriologische Blutuntersuchung war oft
negativ — oder durch anärobes Verhalten verschwinden.
Grouven und Doutrelepout (Bonn): Ergebnisse in der
Ätiologie der Lues.
Auf der Bonner Klinik sind 113 Fälle *.in Ausstrichpräparaten und
in Schnitten untersucht worden. Bezüglich der negativen üntersuchungs-
ergebnisse ist zu bemerken, daß diese zum Teil wohl auf farbetech¬
nische Fehlerquellen zurückzuführen sind, die sich zumal in der
ersten Zeit der Untersuchungen wohl kaum vermeiden ließ, was aus
dem positiven Ausfall der Anstriche und negativen Ausfall der
Lev ad i tischen Methode hervorgeht. Sehr häufig wurde in sicher
infektiösen Gewebsveränderungen körnige spirochaetenartige Gebilde und
Spiroebaetenfragmente gefunden. Bemerkenswert scheint folgender Fall:
Ein hereditär-luetisches Kind mit ausgebreiteten papulös-pustösen Exan¬
themen batte in diesen reichlich Spirochaeten. Nach mehrwöchentlicher
Kalomelbehandlung waren alle Erscheinungen verschwunden. Trotzdem
trat der Exitus unter Kachexie ein. Nur in der Milz fanden sich einige
wenige degenerierte Exemplare der Spirochaete, und in der Kornea gut
aasgebildete. Man kann annehmen, daß durch die Quecksilberbehandlung
der größte Teil der Spirochaeten zu Grunde gegangen sei und daß die
frei gewordenen Toxine den Tod verschuldet haben. Vielleicht ist hier
die vermutete Dauerform der Spirochaeten vorhanden gewesen. In einem
andern Falle eines Kindes in den ersten Lebensmonaten ergab die Autopsie
hochgradige Verkäsung beider Nebennieren mit luetisch positivem Re¬
sultat in Beziehung auf die Spirochaeten.
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292
IX. Kongreß
Blaschko (Berlin) demonstriert:
1. Spirochaeten in breiten Kondylomen, die sich 16 Jahre nach
der Infektion ans einem serpiginösen Spätsyphilid entwickelt haben. In
dem Falle bestand gleichzeitig eine beginnende Paralyse.
2. Spirochaeten im Lomen von Lymph- und Blntgefaßen. Die
Präparate zeigen die Hinfälligkeit der Saling-Schnlzesehen Einwände.
Blaschko macht auf den dreifachen Yerbreitnngsmodas der Spirochaeten
aufmerksam: durch Eigenbewegung, Lymph- und Blutbahn. Während in
manchen Primäraffekten die Spirochaeten überall im Gewebe liegen, findet
man sie oft nur in den Lymphgefäßen. Das liegt daran, daß sie sich dort
besser färben, aber auch daran, daß in der Peripherie des Primäraffektes
die Spirochaeten tatsächlich nur in den Lymphgefäßen liegen. Die Spiro¬
chaeten verschwinden bei beginnender Überhäutung des Primäraffektes,
sie werden z. T. durch Phagocytose zerstört, z. T. zerfallen sie wohl im
Gewebe selbst.
Ehrmann (Wien) bespricht die Art des Yorkommens der Spiro-
ohaeten in den verschiedenen Geweben. Spirochaeten in Nerven finden
sich in solchen Präparaten, welche prall infiltriert sind. Die Infiltrate
sind oft durchsetzt von reichlichen Kapillarnetzen. Das ist besonders bei
den Nervenend körpern zu sehen. Der Yortragende schlägt vor, in allen
Fällen, wo es möglich ist, Quecksilberpräparate lokal subkutan zu inji¬
zieren. In den subkutanen Lymphsträngen legen sich die Spirochaeten
an die Bindegewebsfasern und veranlassen eine Wucherung. In den
Lymphgefäßen sind die Spirochaeten in ziemlich reichlicher Zahl zu finden.
Winkler (Wien): Über Spirochaetenfärbung im Gewebe.
Zur Nachfärbung von Levaditi-Präparaten empfiehlt sich am besten
das Kristallviolett mit Nachbehandlung der Präparate mittels Anilin¬
xylol, einer Methode, die übrigens auch für Pigmentstudien ganz besonders
zu empfehlen ist. Die Imprägnation der Spirochaeten in Gewebsschnitten
läßt sich übrigens in sehr kurzer Zeit mittels der käuflichen Argent-
aminlösung erzielen. Unter Lichtabschluß genügen meist einige Stunden.
Auch hier wird die Nachfärbung mit Kristallviolett mit Erfolg verwendet.
Doutrelepont und GrouTen (Bonn) haben 4 Fälle von tertiärer
Lues auf Spirochaeten untersucht, in 2 Fällen auch in Schnittpräparaten.
Bei einem Patienten mit Beinulzerationen, die nicht für luetisch gehalten
wurden, fanden sich in den exzidierten Stücken spärliche Spirochaeten.
Ebenso wußte eine Frau, die an Unterschenkelgeschwüren litt, nichts
von ihrer Lues, und doch wurden einzelne Spirochaeten gefunden.
Zabolotny (Petersburg): Experimentelle Lues bei Pa¬
vianen.
Der Yortragende hat seine Yersuche an 32 Pavianen angestellt. 24
davon g^ben ein positives Resultat mit einem typischen primären Ge¬
schwür, mit Drüsenschweilung, und in drei Fällen mit Bildung von
trockenen, desquamierenden und nässenden Papeln. Auf Grund dieser
Yersuche kam er zu folgenden Schlüssen:
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der Deatsclien dermatologischen Gesellschaft in Bern.
293
1. Es gelingt mit absoluter Sicherheit Paviane mit menschlichem
Material su infizieren. Nach der Inkubationszeit von 21 bis 28 Tagen
entwickelt sich ein typischer Primäraffekt, oft mit Lymphangitis und
Drfisenhypertrophie.
2. Papulöse Frsoheinungeu wurden in 3 Fällen beobachtet, meistens
desquamiert. ln 2 Fällen kreisförmig gruppiert.
3. Das Geschwür beginnt mit einer teigigen Infiltration der Haut,
von einer Desquamation der Epidermis und einer Exkoriation gefolgt.
Die Känder sind später hart zu fühlen.
4. Bei Passagen des Virus von Affe zu Affe werden die Erschei¬
nungen schärfer ausgeprägt.
5. In Geschwüren, sowie einmal in einer Papel, sind Spirochaeten
gefunden worden.
6. Die konsekutiven Erscheinungen im zweiten und dritten Jahre
nach der Infektion der Affen bestehen in folgendem: das Geschwür heilt
ab, die Drüsen nehmen allmählich ihre ursprüngliche Größe an. In einem
Falle konnte |eine Qefäßsklerose und Bindegewebsentwioklung in Leber,
Milz und Niere, ebenso wie eine Sattelnase mit Spirochaeten im Schleim
und eine starke Verdickung der Schädelknochen festgestellt werden.
7. Die Infektion gelingt am besten beim Einreiben des Infektions¬
materials in die exkoriierte Haut.
8. Beim Menschen wurden die Spirochaeten in nicht ulzerierten
Papeln des Stammes in harten Geschwüren und auch in der Roseola
gefunden.
9. Bei hereditärer Lues wurden Spirochaeten einmal in Haut¬
blasen, welche später verschwanden, und in Organen gefunden.
10. Auf Grund der gemachten Untersuchungen gelangt man zur Vor¬
stellung, daß der Ausbruch der Roseola und der Papeln von einer Dis¬
semination der Spirochaeten im Organismus und aus kapillären Embolien
an den Orten dieser sekundären Erscheinungen begleitet wird.
Herxheimer (Frankfurt) empfiehlt für Ausstrichpräparate die
täglich zu filtrierende, gesättigte, wässerige Gentianaviolett-Färbung in
der Wärme, die in einer Minute die Spirochaeten gut färbt. Die Körnchen
am Ende der Spirochaeten scheinen aufgerollte Geißeln zu sein. Eine
Längsteilung der Spirillen erscheint ihm unzweifelhaft bei den Y-Figuren
vorhanden zu sein. Vielleicht ist der Streit, ob die Spirochaete ein
Bakterium oder ein Protozoon ist, überflüssig, da es sich um eine Über¬
gangsform zwischen beiden handeln könnte.
Winkler (Wien) hat im Laboratorium von Ehrmann in Wien
eine Methode ausgearbeitet, welche die Färbung der Spirochaeten in
kürzester Zeit erlaubt. Es handelt sich um einen Ersatz des salpeter¬
sauren Silbers durch die käufliche Argentaminlösung. Man benutzt
Alkohol-Müllerhärtung. Die Schnitte werden bei Lichtabschluß einige
Standen hindurch in Argentamin belassen und in Pyrogalol und Pyro-
galol-Anilin reduziert. Zur Nachfärbung eignet sich Eristallviolett ganz
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IX. Kongreß
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vorzüglich. Die Spirochaeten erscheinen tief schwarzblau. Das übrige
Gewebe zeigt eine prächtige histologische Analyse. Auch zur Nachfirbung
der Levaditi-Präparate eignet sich das Kristallviolett besser als die
sonst übliche Nachfärbnngsmethode.
Dreyer (Köln) glaubt, daß eine gewisse diagnostische Bedeutung
denjenigen Körpern in den Spirochaeten zuzukommen scheint, welche
diese ausbuchten. Diese Ausbuchtungen, welche bei der Spirochaete pal-
lida stets kreisrund sind, kommen auch bei der Spirochaete refringeos
vor, und haben dort eine ovale, und wenn zwei solcher Körperchen nahe
aneinander liegen, eine Achterform. Auch D. hat diese Körperchen,
wie andere Autoren, zusammen mit den sogenannten Teilungsformen ge¬
funden und deutet dieselben als die ersten Elemente der Teilung.
12 Fälle hat D. in Schnitten untersucht. In einem Gumma und in
einer Papel fanden sich keine Spirochaeten. Ebenso wenig in 2 alten
Primäraffekten, die früher in Sublimatlösung fixiert waren. Die übrigen
Fälle enthielten Spirochaeten. Von allen Färbungen scheint die mit
alkoholischer Silberlösung diejenige zu sein, welche die größte Einfach¬
heit mit Sicherheit und Schönheit des Bildes verbindet, und keine Nieder¬
schläge gibt.
Jadaasohn (Bern) entnimmt den verschiedenen Vorträgen, daß
man im allgemeinen für die Excision zu sein scheint, weil man glaubt,
durch Entfernung eines großen Spirochaetenherdes den Verlauf günstig
zu beeinflussen. Er möchte warnen, sich auf den Standpunkt zu stellen,
nicht zu exoidieren. Gerade jetzt, wo man eine frühe Diagnose stellen
kann, ist die frühzeitige Exstirpation am Platze. Jetzt, wo die ganze
Frage in ein neues Stadium getreten ist, soll man sich vorsehen, durch
zu frühzeitige Allgemeinbehandlung die Frage zu komplizieren. Wahr¬
scheinlich liegt bei der Lues die Frage so wie bei der Tuberkulose, daß
die chronischen Fälle wenig Bazillen, die akuten viel haben. Ebenso
haben wohl auch die akuten Fälle der Lues im Anfang reichlich Bazillen
mit banaler Gewebsreaktion. Dann folgt die Abheilung oder ein Über¬
gang in die chronische Form.
Neisser (Breslau) stellt sich auf einen entgegengesetzten Stand¬
punkt. Wenn ein Primärafiekt mit Spirochaeten vorhanden ist, dürfte
nicht abgewartet werden, ob der Organismus mit etwaigen wenigen
Spirochaeten fertig wird, sondern es müßte eine Quecksilberbehandlung
gerade jetzt stattfinden.
Finger (Wien) schließt auf eine Unempfindlichkeit deshalb, weil
ja die Früh- und Spätform sich dadurch unterscheidet, daß bei der
ersten die Menge des Virus eine große und die Reaktion eine geringe
ist, während bei der späteren die Menge eine geringe und die Reaktion
eine große ist. Er faßt die Unempfindlichkeit in dem Sinne auf, daß die
Tertiärerscheinungen auffallend schwer auftreten.
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern. 295
Vierte Sitzung (13. September nachmittags).
Demonstrationen.
1. Veiel (Canstatt) stellt einen Patienten von 28 Jahren vor, der
aas einer nervös belasteten Familie stammt. Mit 12 Jahren hatte er
schwere Unterleibsentzündung mit konsekntiver Obstipation and hämor-
rhoidaler Blutung, welch letztere operativ beseitigt werden mubte. Seit¬
dem ist er sehr nervös und neigt sehr zu Hjperhydrosis universalis. Seine
Haut ist stets sehr reizbar und er ist vom Militär wegen Dermographismus
freigekommen. 1903 wurden Herpesbläschen, 1904 solche im Munde,
1905 und 1906 ebensolche am Memhrum und starkes Jacken und Rötung
am Skrotum festgestellt. Seit 2 Monaten besteht ein stark juckender
Aasschlag am Kopf und Arm. Augenblicklich leidet der Patient an
herpesartigen Bläacnen an der Schleimhaut der linken Unterlippe. Stark
juckende nässende Erosionen sind in Kreisen und Halbkreisen am Skrotum
angeordnet, haben zentrale Pigmentierung und Schuppung. Am Rumpf,
besonders in der rechten Brustseite sind seit 6 Wochen persistierende,
in Kreisen und Halbkreisen auftretende, stark juckende, nicht nässende
Quaddelartige Infiltrate zu sehen, ebenso an den Armen. Es handelt sich
aarum, ob Lues vorliegt oder nicht. Der Vortragende glaubt, daß es sich
um Urticaria perstans handelt.
Kreibioh (Oraz) hält die Affektion för eine luetische, der braun¬
roten Infiltrate am Skrotum wegen, die dort, wo sie eingesunken sind, in
der Mitte eingesunken sind, schuppen und serpignöse Linien and Kreise
bilden.
Ne iss er (Breslau) hält die Affektion am Skrotum für Lichen ruber,
2. Jadassohn (Bern) stellt zwei Kinder vor, die bald nach der Geburt
Blasen an den Vorderarmen und Unterschenkeln bekommen haben. Im
Laufe der späteren Jahre bildete sich eine Pigmentanomalie aus, die bei
der Großmutter und ihrem Bruder besteht.
Diakussion. Ne iss er (Breslau) hält eine Arsenkeratose für vor¬
liegend, wie er sie in Schlesien bei arsenhaltigen Quellen gesehen hat.
Es wird festgestellt, daß die Knaben aus Solotam stammen, wo eine arsen¬
haltige Quelle existiert.
3. Jadasaohn (Bern) stellt einen Mann zur Diagnose vor, der im
Jahre 1903 mit einem Aasschlag erkrankte, der vorübergehend leicht
jackte. Zeitweise traten anbedeutende Schuppen auf, besonders auffällig
ist die Begrenzung der Affektion zum Teile in fast geraden Linien. Eine
histologische Untersuchung ergab keinen bemerkenswerten Befund.
Diakuaalon. Blasohko (Berlin) hat mehrere solcher Fälle gesehen
und hält sie für Erythrodermie pithyriasique brocq.
Herxheimer (Frankfurt) lehnt die letztere Diagnose ab, da die
Häroorhlagie fehlt.
Finger (Wien) betont, daß die purpura annularis teleangiectodes
die von Mäjoci beschrieben ist, mit den von Blaschko geschilderten
Fällen öbereinstiramt und von denen er zwei Fälle gesehen hat. Den
vorgestellten Fall hält er nicht für dahin gehörig. Er glaubt, daß es sieh
bei ihm um eine einfache Erythrodermie handle.
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296
IX. KoDgrefi
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4. Heuss (Zürich) stellt vor:
a) einen Fall mit Sklerodermie en plaqnes. Hiesn bemerkt Dimi-
triade (Jassy), daß er solche Fälle in seiner Klinik innerlich and äußer¬
lich mit Jodipin behandelt hat nnd auffallend gute Resultate erzielte.
h) Fälle mit Adenomata sebacea xanthoma und trichoepithelioma.
6. Cohn (Bern): Dermatitis herpetiformis.
a) Ein 17jähriger Mann begann vor 8 Monaten mit Blasenbildnng
an den Extremitäten zu erkranken. Anfangs traten große Blasen, ohne
bestimmte Anordnung auf normaler Haut auf, später wurde die Aus¬
breitung universell. Flecke und Blasen zeigten sich, die Schleimhäute
blieben dauernd frei. Bei 0*015 Arsen subkutan oder intern verschwanden
die ESloreszenzen, kehrten bei Reduktion der Dosis oder Aussetzen der¬
selben wieder, die Abheilung geschah narbenähnlich. Es trat eine Arsen¬
melanose auf; 5) einen zweiten Fall von Dermatitis herpetiformis, in dem
das Arsen ebenso gut wirkte. Der Fall komplizierte sich mit einer Arsen-
keratose der Handflächen und Fußsohlen; c) ein Fall von Cutis laxa mit
schleimbeutelartigen, größeren, schlaffen Stellen an den Handrücken.
6. Jadassohn (Bern) stellt eine Frau mit Epheliden vor, bei
der er Versuche mit Finsenbestrahlung gemacht und dabei die bei Lupus
schon auffallende Pigmentierung auch hier erhielt. Die Epheliden lassen
sich in einer Membran abziehen. Sie kommen allerdings nach längerer oder
kürzerer Zeit wieder. Bei Sonnenbestrahlung tritt eine Hyperpigmen-
tation ein.
Hiezu bemerkt Wert her (Dresden). Bei Sonnenlicht handelt es
sich um eine langdauemde Wärmewirkung neben der Lichtstrahlung, bei
Finsenbehandlung nur um eine einmalige Bestrahlung. Daraus lassen sich
die Pigmentunterschiede erklären. Bei mit Scheinwerfer lange Zeit
behandelten Fällen entsteht ähnliches.
7. Lewandowski (Bern) stellt a) eine Frau vor mit hochgradigen
subkutanen Verkaltungen an den Streckseiten der Vorderarme. Die Frau
ist 59 Jahre alt, die Einlagerungen bestehen aus kohlensaurem Kalk,
liegen in der Subcutis und sind in reaktionslosem Bindegewebe einge¬
bettet. Die Röntgenbilder geben klare Darstellungen der Befunde; ö) einen
54jährigen Mann mit lichenoidem Exanthem auf der Beugefläche des
Vorderarmes, das früher auch an Bauch, Membrum und Faßrücken be¬
stand. Die einzelnen Effioreszenzen sind dem Lichen ruber planus ähnlich.
Histologisch bestehen die Knötchen aus epitheloiden Rund- und reichlichen
Riesenzellen, die regelmäßig um einen Schweißdrüsenausführungsgang an¬
geordnet sind. Subjektive Symptome bestehen nicht, ein Zusammenhang
mit Lues und Tuberkulose ist nicht nachzuweisen. Ein klinisch und histo¬
logisch analoger Fall ist von Jadassohn beobachtet worden.
Hiss (Basel). Eine Epidemie von Mikrosporie in Basel.
Im Jahre 1905 wurde in Basel der erste Fall der Epidemie von Mikro¬
sporie, der von einem Knaben eingeschleppt worden war, beobachtet. Im
Laufe des Sommers kamen immer mehr Kinder aus der Schule zur
Behandlung der Ärzte. Bei einer daraufhin angesteilten Schulrevision
wurden 88 Fälle entdeckt. Daraufhin wurde vorgeschlagen, die g^nze
Untersuchung und Behandlung in der Schule selbst vorzunehmen. Im
ganzen wurden schließlich 110 Fälle in 3 Schulen erkannt und dort selbst
an jedem Tage behandelt. Viel Mühe hatte man mit den Kopfverbänden,
der fest sitzen muß, denn nur ein gut abschließender Verband schützt
gegen Weiterverbreitung. Große Sorgfalt wurde auf die genügende Auf-
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern. 297
klämng des Publikums gelegt. Als die Schulferien herannahten, wurde
eine Sperialferienkolonie fdr Triohophytiekranke eingerichtet. Aus der
Epidemie hat man die Lehre entnommen, daß erstens die Übertragung
nur Ton Kopf su Kopf geht, zweitens, sie nur bei sehr innigem Kontakt
zustande kam und drittens, vollkommen sicher durch einen einfachen
trockenen, festsitzenden Verband vermieden werden kann. Therapeutisch
ist zuerst Krotonöl und namentlich verdünnte Jodtinktur angewendet
worden. Jetzt hat die Behandlung mit Röntgenstrahlen begonnen; 40—50
Falle sind bei Beginn des Sommersemesters geheilt gewesen.
Fünfte Sitzung (14« September vormittags).
Demonstrationen.
1. Bloch (Basel) demont^triert au Lichtbildern den Erreger der
Baseler Epidemie, über die Hiss berichtet hatte.
2. Heidingsfeld (Cincinnati) demonstriert vorzügliche Bilder von
dem Schicksal der Paraphinprothesen in den Geweben.
Das Paraphin wird langsam aufgesogen und allmählich durch Binde¬
gewebe ersetzt. Die Aufsaugung geschieht durch Phagocytose von Seiten
der Leukocyten. Die Prothese erscheint als Fremdkörper und wird von
neugebildetem Bindegewebe eingekapselt. Es regt das umgebende Binde¬
gewebe zur Proliferation und adinomatösen Veränderung an, die den
ersten Stadien eines malignen Tumors ähnlich sind. Die Abteilung des
eingekapselten Paraphins in runden Höhlen gibt dem ganzen Bild ein
charakteristisches Aussehen, wie Schweizer Käse.
Es treten Bezirke von Biesenzellen, kernlosen Zellen und Binde¬
gewebe auf. Diese Bezirke sind durch einen Strang von Bindegewebe von
einander getrennt, so daß das ganze Bild eine alveolenähnliche Struktur
bekommt. Die Ähnlichkeit mit der Tuberkulose ist auffallend. Das Paraphin
veranlaßt, gleich den Bazillen, als Fremdkörper, eine Leukocyteninvasion,
die ihrerseits eine Degeneration und Verkäsung durchmacht. Ferner
werden Riesenzellen in großer Anzahl infolge Vereinigung der Zellkörper
und gesonderter Erhaltung der Kerne gebildet. Der schließliche Ausgang
ist der in reines Bindegewebe. Das Verschwinden des Paraffins durch
Oxydation oder durch Fortbewegung in fester Form längst der Lymi|h-
kanäle ist unwahrscheinlich und weder durch histologische, noch physio¬
logische Tatsachen bestätigt.
3. Jadassohn (Bern) demonstriert: a) eine 33jährige Frau mit
psendoleukämischer Hautaffektion, die in miliaren Flecken und Einötchen
von Linsen- bis Kirschkerngröße bestehen und mattbraunrote Farbe
zeigen. Einzelne Teleangiektasien sind zu sehen. Die Konsistenz ist weich,
es bestehen keine Schuppen und in der tiefen Cutis und Subcutis keine
Infiltration. Histiologisch ist ausschließlich lymphoides Gewebe mit
lymphocyten gefüllten Lymphgefäßen zu sehen; t) einen 32jährigen
Mann mit Sklerodermie. Über den größten Teil des Körpers sind Herde
von wechselnder Größe, Form und Farbe verstreut, die anfangs erythe¬
matos und leicht erhaben waren, später sich in blaß violette Herde mit
oberflächlicher Atrophie verwandelten. Die Muskulatur ist atrophisch.
e) eine fungöse Hauttuberkulose am Amputationsstumpf; d) eine eigen-
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IX. Kongreß
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tümliche Besebafienheit der Haut am Hinterkopf. Die sehr dicke Haut
ist in einem oircumscripten Gebiet sehr weit und läßt sich in gyrusartige
Falten legen. Diesen augenscheinlich kongenitalen Zustand h^t J. wieder¬
holt in der gleichen Lokalisation beobachtet; e) Herpes gestationis bei
einer 35jährigen Frau, der von der dritten Entbindung an bei vier wei¬
teren aufgetreten ist; /) papulo-nekrotische Tuberkulide, Akne und
Lichen scrophulosorum Lymphdrüsen-Tuberkulose und Lupus erythe-
mathodes der Unterlippe; g) zwei Fälle von Lupus erythematodes, ln dem
einen Fall besteht eine Knochentuberkulose, Drüsen-Tuberkulose und
Erythema induratum. Die Schwester der Patientin litt an der gleichen
Krankheit. Der andere Fall ist nach langer vergeblicher Behandlung mit
den meisten bekannten Methoden durch Finsenbestrahlung geheilt.
Vorträge.
Rona (Budapest): Über Spirochaeten im Gewebe der
Noma, der Nosocomialgangrän, des Ulcus gangraenosum
genitale und der Pulmonalgangrän. (Mit Demonstration.)
Der Vortragende will sich auf die Beantwortung folgender zwei
Fragen beschränken. Erstens: Wie'verhalten sich die Spirochaeten, ihre
Lagerung und Verteilung betreffend, zu den Geweben des nekrotischen
Prozesses? Zweitens; Ist eine morphologische Differenz zwischen den
Nekrose verursachenden Spirochaeten und den Schaudiunschen auch in
den Gewebsschnitten zu konstatieren; eine Differenz, wie solche, in den
Deckglaspräparaten heute von niemandem mehr bezweifelt werden kann ?
Bisher wurden Spirochaeten bei nekrotischen Prozessen gefunden, bei
der Balanitis, bei dem Ulcus gangraenosum, bei einer Form der puer¬
peralen Sepsis, bei der idiopathischen Storoakake und Noma, bei der
merkuriellen Stomakake und Noma, bei der Angina vincenti, bei der
Gangraena pulmonum und bei der Gangraena nosocomialis.
Bei allen diesen Prozessen fand man verschieden große und dicke
und innerhalb gewisser Grenzen auch die Gestalt verändernde und mit
verschiedener Zahl von Windungen versehene Spirochaeten. Bei allen
diesen Prozessen befinden sich die Spirochaeten in Gesellschaft eines
fusiformen Bazillus.
Um die Lagerung und Verteilung und vorwiegende Pathogenität
der beiden Erreger wurde und wird heute noch von den verschiedenen
Autoren gestritten. Nur die Lagerung und Verteilung soll in diesem
Vortrage erörtert werden. Weder Vincent noch der Vortragende fanden
früher die Spirochaeten in der Tiefe. Heute muß der letztere aber Buday
Recht geben, daß daran nur unsere mangelhafte Färbung schuld war,
denn mit der Levaditi-Methode kann man die nekrotisierenden Spiro¬
chaeten im Gewebe ebenso gut darstellen, als die Sc hau di nn sehen
und der Vortragende fand die Spirochaeten sämtlicher oben genannten
gangränösen Prozesse in der Tiefe, stellenweise in kolossalen Mengen
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern.
299
and auch im normalen Gewebe. Sie lassen, was ihre Zahl betrifft, die
Fusiformbazillen, welche auch mit dieser Methode gut farbbar sind, weit
hinter sich zurück. Durch dieselbe Methode läßt sich auch veranschau¬
lichen, daß die Bazillen und Spirochaeten im Gewebe der Noma, Stoma¬
kake, des Hospitalbrands und der Lungengangran morphologisch fast
gleichartig und fast identisch sind. Die Bazillen des Ulcus gangraenosum
genitale hingegen sind durohscbnittlich kleiner. Was die zweite Frage
betrifft, so ergaben sich in den mit Levaditischer Methode gefärbten
Geweben zwischen den nekrotisierenden Spirochaeten und den Schau-
dinnsehen solch scharf gestaltliche und, leicht erkennbare Differenzen,
daß, wenn jemand bisher noch Zweifel an dieser Differenz hegte, er sie
durch einen Blick ins Mikroskop aufzugeben gezwungen war.
Scherber (Wien): Ober Balanitis erosiva undgangrae-
n o 8 a.
Das klinische Bild der Balanitis erosiva circinata ist das folgende :
Die Ulzera entstehen innerhalb der typischen vom nekrotischen, weichen
Epithelsaum eingefaßten Erosionen und zeigen manchmal eine auffällige
Tendenz zum Weiterschreiten in die Tiefe, so daß dann über hellerstück¬
große, tiefe Substanzverluste vorliegen, von hellrotem Entzündungssaum
eingefaßt, mit steilem Rand und diphtherisch belegtem Grund. Zuweilen
kommt es aus den Geschwüren zu stärkeren Blutungen. Die Ulzera ent¬
stehen entweder im Sulcus coronarius innerhalb der Erosionen, doch
kommt es auch zu einer scheinbaren follikulären Goschwürsbildung, be¬
sonders am Innenblatt des Präputium, während auf der Glans sich typische
Erosionen ausbreiten. Es können aber auch direkt gangränöse Ulzera
von der Tiefe aus entstehen, wie dies auf der äußeren Haut stets ge¬
schieht. So konnte man bei einem Fall von Balanitis circinata durch das
abfließende Sekret an der äußeren Haut in kurzer Zeit bis kronengroße
brandige Ulzera entstehen sehen.
Der Vortragende hält den Luftabschluß, wie er durch Vorziehen
des Präputium entsteht, für das Wachstum des anaeroben Virus von
großem Einfluß. Die Geschwürsbildung selbst ist bedingt durch die
meist gleichzeitig bestehende Phimose. Tn fast allen Fällen von stärkerer
Intensität des Prozesses kann man eine multiple, derbe, fast indolente
Leistendrüsenschwellung konstatieren; dieselbe ist von der luetischen
manchmal kaum zu unterscheiden und muß erst der Verlauf die Dia¬
gnose sichern. Therapeutisch ist das Wasserstoffsuperoxyd mit nach¬
träglicher Jodoformbehandlung nicht zu entbehren. Die ersten Erschei¬
nungen treten bei einer Inkubation von 2—4 Tagen auf. Dasselbe Virus
ruft Vulvitis und Vaginitis bei der Frau hervor. Daß das Virus durch
den Speichel von bakteriologisch ähnlichen Prozessen der Mundhöhle
übertragen werden kann, ist nicht von der Hand zu weisen. So sind
von Rona und anderen in der Mundhöhle, besonders bei Anwesenheit
von kariösen Zähnen, dem Balanitisvirus ähnliche Bakterien fast stets
nachgewiesen worden und Aucyrat hat durch Überimpfung von einer
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IX« Kongreß
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Stomatitis ulcerosa eine Balanitis ulcerosa erzeugt. In allen verschie¬
denen Formen von erosiver und ulzeröser Balanitis finden sich stets
grampositive, vibrioförmige Bakterien von 2—8 f* Länge im Verein mit
gramnegativen Spirochaeten. Das Vorkommen dieser beiden Formen ist
ein so konstantes, daß man ans ihm allein sofort auf einen nekrotisie¬
renden Prozeß im Präputialsack schließen kann. Diese bakteriologische
Übereinstimmung aller Formen erhält eine klinische Stütze durch das
gehäufte Auftreten verschiedener Balanitiden zu gewissen Zeiten und
das gleichzeitige Auftreten und Ineinauderübergehen verschiedener Formen
bei ein und demselben Individuum.
Neuberger (Nürnberg): Über gonorrhoische Sekret¬
untersuchungen. Die Urologen haben die Morphologie des Urethral-
sekrete bisher vernachlässigt. Die Untersuchungen waren immer nur
bakteriologischer Natur d. h. auf das Vorhandensein oder Fehlen der Gono¬
kokken gerichtet. Nur die eosinophilen Zellen sind mehrfach Gegen¬
stand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Die Befunde von
Pappenheim über das Vorkommen einkerniger Zellen im Urethral¬
sekret sind neuerdings vonPosner, sowie Joseph und Pollano nach¬
geprüft worden. Während Pappenheim dem Auffinden zahlreicher
mononukleärer Zellen eine diagnostische Bedeutung beilegen wollte und
daraus geradezu auf ein Abklingen des gonorrhoischen Prozesses in dem
betreffenden Falle schließen zu können glaubte, konnte Posner diese
Angaben nicht bestätigen. Joseph und Pollano stellten sich wiederum
auf die Seite von Pappenhoim, so daß bisher diese Frage noch nicht
gelöst ist. N’s. sehr zahlreichen Sekretuntersnchungen be¬
weisen nun aufs bestimmteste, daß die Pa ppenheimschen
Folgerungen nicht berechtigt sind, daß vielmehr auch im
akuten und subakuten Stadium der Befund massenhafter
Lymphocyten und mononukleärer Leukocyten außer¬
ordentlich häufig zu konstatieren ist. Bekanntlich hat Pappen¬
heim für seine Untersuchungen sich der Pyronin Methylengrün-Methode
bedient und diese zum Nachweis der einkernigen Zellen für erforderlich
erachtet. Auch mit einfachen basischen Farbstoffen z. B. Methylenblau-
Löffler sind die Lymphocyten und mononukleären Leukocyten genau zu
erkennen. Lymphocyten und mononukleäre Zellen sind auch bei Me-
thylenblaufarbung strikt von einander zu unterscheiden. Eine Besich¬
tigung der Abbildungen ergibt diese Behauptung.
Die mononukleären Leukocyten sind durch ihren zumeist exzen¬
trischen Kern, durch das fast gar nicht tingierte oder direkt vacuolisierte
Cytoplasma wesentlich von den Lymphocyten unterschieden. Während
man in den Lymphocyten gewöhnlich keine Gonokokken findet, sind sie
im Plasma der Mononukleären öfters enthalten. N*b. diesbezüglichen
Ergebnisse stehen mit den von Bibergeil vermittels der vitalen Me¬
thode erhobenen Befunden allerdings in Widerspruch, sie decken sich
aber durchaus mit ähnlich lautenden Angaben von Pappenheim.
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der Deutschen dermatologischen Oesellschaft in Bern.
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Als vollkommen neuer Befund istdas gar nicht sel¬
tene Auffinden von Metschnikoffschen Makrophagen im
ürethralsekret hervorsuheben. Es sind das mononukleäre
Leucocyten, die polynukleäre Leukocyten in sich aufge-
nommen haben. Letztere sind manchmal in den Makrophagen noch
sichtbar resp. erkenntlich, zumeist sind nur noch Reste vorhanden. Die
durch die Makrophagen (Maximows: Polyblasten) aufgezehrten Poly¬
nukleären nehmen während der Phagocytose die Kugelgestalt an. Man
findet daher sehr oft im Innern der Makrophagen eigenartig und ver¬
schiedenartig tingierte Kugeln. Die verschiedenartige Tinktion dieser
Gebilde läßt an eine hyaline oder sonstige Degeneration denken. Der
Gedanke, daß das Vorkommen der Makrophagen irgend
eine prognostische Bedeutung für den Verlauf der Go¬
norrhoe haben könne, muß nach N's. Resultaten fallen
gelassen werden. Berechtigt war der Gedanke, da z. B. Michaelis
die Tatsache fand, daß bei in Heilung übergehenden Infektionen eine
Zunahme der die Polynukleären phagocy tierenden Mononukleären auf trat.
Bezüglich der sogenannten Eugelkerne, die auch Posner besonders
hervorhob und die bei L e u c h s und bei B a b eine genauere Bearbeitung
erfuhren, ist hervorzuheben, daß die von Posner angedeutete Vermutung,
ab ob sie eventuell für die Diagnose einer Urethritis non go¬
norrhoica verwertbar wären, nicht aufrecht erhalten werden kann.
Die Kugelkeme sind eine Degenerationsform der polynukleären Leuko-
cyten. Es ist der interessante Befund erhoben worden, daß sie zumeist
bei subaknten Formen der Gonorrhoe und der Urethritis d. h. bei der
Absonderung mäßiger Sekretmassen auffindbar waren und ganz besonders
im Morgensekret, also bei sehr langem Anhalten des Urins.
Auch nach R’s. Untersuchungen haben die Lymphocjrten in go¬
norrhoischem Sekret weder eine diagnostische noch prognostische Be¬
deutung.
Diskussion. Eliasberg (Riga) empfiehlt für derartige Unter¬
suchungen, um sehr klare Bilder zu erhalten, nach geringer Erwärmung
der Objektträger die Differenzierung durch Aceton.
Nobl (Wien) tritt warm für die Pappenheim-Färbung ein.
Winkler (Wien). Über die Lebenstätigkeit der Gono¬
kokken im gonorrhoischen Eiter. Die Untersuchungen gingen von
der Frage aus, ob die iotrazeUulär eingeschlossenen Gonokokken lebend oder
abgestorben sind und ob ihnen ein bestimmter Einfluß auf die betreffenden
Leukocyten zuzuschreiben sei. Die Verwendung der Neutralrot-Methylen-
blau-Methode zeigt, daß die Gonokokken als lebend anzusehen seien.
Behandelt man aber den Eiter mit Chinin vor, dann sterben die Gono¬
kokken ab. Daher hat man bei Gonorrhoe Spülungen mit 17o Ghinin-
losuDg und Instillationen mit 57o Chininlösung mit sehr gutem Erfolge
benutzt und ebenso die interne Darreichung von Chinin zur Behandlung
der gonorrhoischen Metastasen, besonders bei Epididymitis gonorrhoica,
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IX. Kongreß
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wie bei Iritis gonorrhoica und geradezu als Spezifikum bei Arthritis go¬
norrhoica. Da bei interner Chinindarreichung (ein Gramm pro die) das
Chinin zum größten Teile als solches im Urin erscheint, erfolgt damit
auch eine direkte Beeinflussung der Harnröhrenerkraukung.
Die Krage, ob die Gonokokken in irgend welcher Weise auf die
sie aufn°hraenden Zellen einen nachweisbaren Einfluß üben, läßt sich am
besten an dem Verhalten der jodophilen Substanz studieren. Bei der von
Zollikofer eingefahrten feuchten Jodierung der Präparate sieht man,
daß bei akuter Gonorrhoe fast alle Zellen jodophile Substanz enthalten;
wie man sich bei gleichzeitiger vitaler Färbung überzeugen kann, sind
nur die Gonokokken enthaltenden Zellen frei von jodophiler Substanz.
Man führt am besten die intravitale Färbung intraurethal als Diffusions¬
färbung mittels Tolluylenviolett oder Methylviolett eventuell Methylenblau
aus. Wenn man die jodophile Substanz mit Glycogen ident iüciert, so
läßt sich annehmen, daß die von den Zellen eingeschlossenen Gonokokken
das Glycogen der Zellen in einen mit Jod nicht mehr färbbaren Zucker
umwundeln.
Neuberger, H. (Nürnberg): Über die Prophylaxe der Epi-
didymitis gonorrhoica.
Die Epididymitis ist die häufigste und bedeutungsvollste Kompli¬
kation der Gonorrhoe. Die Bedeutung wird noch erhöht durch die jüngsten
Untersuchungen von Bär mann und die Beobachtungen von Löwen¬
heim, wonach Reste chronischer Epididymitiden noch virulente Gono¬
kokken beherbergen und dadurch eine gonorrhoische Reinfektion ver¬
ursachen können. Die Tatsachen lehren, daß die Epididymitis haupt¬
sächlich beim Vorhandensein einer gonorrhoischen Erkrankung der
Posterior auftritt und daß der Prozentsatz der Posterior-Erkrankungen
nach den vorliegenden Statistiken einer großen Reihe von Autoren eine
sehr große: 80 bis 90 Prozent aller Gonorrhoen beträgt. Die l!>kran-
kungen der Pars posterior treten gerade in den ersten zwei bis vier
Wochen des Bestehens der Gonorrhoe mit Vorliebe auf, und auch die
Mehrzahl der Epididymitiden tritt während des Blütestadiums der Go¬
norrhoe auf. So fand z. B. Möller, daß unter 105 Fällen von Epid. 95,
also über 90 Prozent in den ersten zwei bis vier Wochen der Gon. auf¬
traten. Eine Prophylaxe der Epid. muß daher zunächst auf
einVermeiden der poster. Erkrankung und sodann auf eine
möglichst zweckmäßige Behandlung derGonorrh. während
des Ergriffenseins der Pars posterior gerichtet sein. Des
Vortragenden Erfahrungen haben nun ergeben, daß beiden Indikationen
mit der von N e i s s e r vorzugsweise in Deutschland empfohlenen Methode
der Injektionen vermittelst großkalibrierter Spritzen und sog. pro¬
longierten Injektionen nicht gedient ist. Unter Verwendung dieser Me¬
thoden haben sich früher in IPs. Praxis die Zahl der Posterior-Er¬
krankungen als auch der Epidid. sehr vermehrt. Bei vollkommener An¬
erkennung der Meisserschen antiparasitären Protargolbehandlung sollte
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der Deutschen dermatologiBchen Gesellschaft in Bern.
303
in den ersten zwei bis vier Wochen, (eTentnell auch noch länger), der
Behandlung einer akuten Gonorrhoe nur eine miSige Ausdehnung der
(Jrethralschleimhaut durch Injektion von 5 ccm oder noch weniger von
Protargol das Forfgreifen des Prozesses auf die Posterior verhindert werden,
ohne daß dadurch die Heilungsdauer der Gonorrhoe verlängert wird.
N. glaubt nicht, daß durch eine besondere Ausdehnung der Hamröhren-
Schleimhaut das Desinfiziens besser in tiefere Epithelschichten oder gar
in die Drüsen getrieben wird. Er hat die Erfahrung machen müssen,
daß in den ersten Wochen der Gonorrhoe durch Injektionen von 10 eem
Flüssigkeitsmengen eine Insufficienz des Musculus compressor eingetreien
und die Posterior aufgetreten ist, eine Beobachtung, die sich auch oft¬
mals an prolongierte Injektionen auschloß. Beim Vorhandensein
einer Posterior-Erkrankung läßt N. daher in den ersten
Wochen des gon. Bestandes gar nichtodernur ganzwinsige
Mengen eines Antisepticums injizieren und hat gefunden, daß
im Verlaufe etwa eines Jahres (vom 12. Juni 1905 bis 4. August 1906)
bei 200 in diesem Zeitraum beobachteten Gon.-Fällen nur 6 Epid. d. h.
also 3 Prozent aufgetreten sind. Früher hatte er 6 bis 9 Prozent Epid.
und glaubt dieses günstige Resultat auf die außerordentlich vorsichtige
Injektionsmethode zurück fuhren zu müssen.
Schindler (Breslau): Zur Behandlung der Epididymitis
gonorrhoica.
Der Vortragende empfiehlt die Behandlung der akuten gonorrhoischen
Epididymitis durch Punktion. Es sind in der Breslauer Klinik die
verschiedenen Methoden der Behandlung in vergleichender Weise ange-
wendet werden.
Über 40 Punktionen sind mit außerordentlich günstigem Erfolg
besonders bei Fällen mit ausgedehnten Infiltraten ohne Schmerzen für
die Patienten ausgeführt worden. Nor das Aspirieren macht eine unan¬
genehme Empfindung. Die Schmerzen weichen bald, das Fieber geht
herunter und die Resorption des Infiltrats wird außerordentlich be¬
schleunigt. Die Behändlungsdauer wird ungefähr um die Hälfte abge¬
kürzt. Der gÜQstige Effekt liegt auch da vor, wo kein Eiter zu
aspirieren ist. Mit der Stauung wurden wenige Fälle behandelt. Die
Methode erfordert eine genaue Überwachung und ist daher nur in
der Klinik vorzunehmen. Der Effekt bezüglich der Schmerzen ist nicht
so prompt, wie bei der Punktion. Die Resorption wird in Anfang be*
schleunigt, kommt aber bald zu einem Stillstand. Auch in dieser Richtung
ist die Punktion vorzuzieben, vielleicht empfiehlt sich beides zu ver¬
binden.
Diakusaion. Baer (Frankfurt a. M.) schildert einen Fall, bei dem
die Entspannung sehr gut gewirkt hat.
Nobl (Wien) führt an, daß die abscedierenden Formen zu den
großen Seltenheiten gehören. Ihm scheine, eine Punktion selbst bei
schweren Formen bezüglich der Azoospermie nicht nötig, weil nach
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IX. Kongreß
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seinen Untersuchungen auch die schwersten Formen noch keine Azooc*
pennie bedingen.
Herxheimer (Frankfurt) kann die Ausf&hrungen des Vortra¬
genden bezüglich der Punktion nur bestätigen. Die Stauung ist bei ihm
in etwa 40 Fällen versucht worden, hat aber nicht so gute Erfolge er¬
geben. In einzelnen Fällen blieb eine stabile Vergrößerung des Neben¬
hodens mehrere Monate hindurch zurück.
Stern (Görlitz) hat 88 Fälle nach Bier behandelt. Die Schmerz¬
haftigkeit ging bald zurück. Bei einem Patienten, der vor einem halben
Jahre gestaut wurde, ist jedoch jetzt ein fast ganz atrophischer Testikel
gefunden worden.
Winkler (Wien). Die französische Elektrotherapeutenschule be¬
nützt die Elektrizität mit gutem Erfolge zur Behandlung der Epididymitis,
teils in Form der Hochfrequenzströme, teils in Form der Galvanisation.
W. hat von der Galvanisation namentlich bei subakuten und bei
chronischen Formen sehr gute Resultate gesehen; die Behandlung besteht
in der Durchleitung von Strömen mit 10 Milliampere quer durch den
erkrankten Hoden, täglich etwa fünf Minuten lang, mit stark angefeuchten
Elektroden; zweckmäßig ist die Anfeuchtung derselben mit physiologischer
Kochsalzlösung.
Schindler (Breslau) gibt auf Befragen an, daß er bei 28 Kranken
nur 4 mal Eiter bei der Punktion gefunden habe.
Bettmann (Heidelberg); Hauterscheinungen bei Harn¬
röhrenerkrankungen.
Der Zusammenhang der Haut mit inneren Krankheiten ist immer
mehr aus dem Reiche der Nervenreflexe zu dem der Toxine übergegangen.
Dasselbe gilt für die Urethra.
Der Vortragende hat in letzter Zeit darauf geachtet, ob man bei
Erkrankung der Urethra Hautleiden findet, die durch Nerveneinfluß be¬
dingt sind. Heidt und nach ihm andere Autoren haben Zonen auf der
Haut gefunden von nörveser Abweichung, wie Reizbarkeit usw. bei ver¬
schiedenen Organerkrankungen, so bei Lunge, Darm und Eingeweiden.
Dieselben Untersuchungen für die Urethra anzustellen, ist schwierig,
weil wir für diese Untersuchungen reine Fälle ohne Komplikationen aus-
snchen müssen und die Untersuchung viel Geduld verlangt. Der Vor¬
tragende ist jedoch zu überraschenden positiven Resultaten gekommen,
zwar nicht in allen Fällen. Es ist niemals gelungen, hyperalgetische
Störungen an der Haut nachzuweisen bei Versuchen, die die Urethra
anterior betrafen. Doch solche Störungen sind nachweisbar bei Erkran¬
kungen der Urethra posserior, ja, auch dann, wenn aus der Urethritis
anterior eine posterior wurde. Hyperalgetische Zonnen wurden durch
einen Coitus, durch eine brüske Dehnung und durch eine scharfe Ein¬
spritzung hervorgerufen. Es handelt sich dabei um das Auftreten einer
Hyperalgesie in der dritten und vierten Sakralzone. Es ist der Bezirk,
der um die Gegend des Anus sich ausbreitet, auf die Olutealgegend und
das Skrotum übergreift mit einer Einknickung an der Peniswurzel. Eine
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der Dentfchen dermatologischen Gesellschaft in Bern.
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solche hyperalgetisohe Zone kann aber auch bei Sexnalnenrassthenikem
Torkommen nach Ejakulationen und nach Eingriffen in der Urethra.
Für die Praxis ist in solchen F&llen bei Patienten, die eine solche Zone
haben, von jeder intraurethralen Behandlung abznsehen. In dasselbe Gebiet
gehört auch die Erscheinung, daß man manches Mal lokalisierte und für
längere Zeit fixierte Gänsehaut bei Einführung von Instrumenten sieht.
Wildbolz (Bern): Malakoplakie der Blase.
W. berichtet über einen Fall von plaquesförmiger tuberkulöser
Cystitis, welche bei der Sektion das typische Bild der sogenannten Mala¬
koplakie der Blase bot. Die gelben Plaques bestanden, wie die histo¬
logische Untersuchung ergab, aus einem geffißarmen Granulationsgewebe
mit zahlreichen Ljmphocyten und kleineren und größeren Zellen mit
bläschenförmigen Kernen. Große Zellen mit „Einschlüssen**, die als ein
Charakteristikum der Malakoplakie bezeichnet wurden^ fehlten vollkommen.
Dagegen waren in den Plaques deutliche Tuberkel und Tuberkelbazillen
nachweisbar, außerdem spärliche Gruppen von bacterium coli. Dieser
Befund, zusammen mit den damit übereinstimmenden Beobachtungen von
Kimmlar lassen nach dem Vortragenden die Frage zu, ob nicht die
meisten Fälle sogenannter Malakoplakie mit der Tuberkulose in kausalem
Zusammenhänge stehen.
Sechste Sitzung (14. September nachmittags).
Demonstrationen.
1. Jadassohn (Bern):
а) Fall von Reoklinghansenscher Krankheit.
б) Eigentümliche Verrucae seniles an den Vorderarmen.
e) Urticarien aussehende Lues (Übergangsform von sekundärer und
tertiärer Lues).
d) Zwei Fälle von totaler Verwachsung des weichen Gaumens mit
der hinteren Rachenwand nach Lupus vulgaris.
e) Fall von Lupus mutilans.
f) 2 Fälle von Tuberculosis fungo-verrucosa.
^) Fall von Sklerodermie.
h) Fall von Dermatitis berpetiformis bei einem 14jährig6n Knaben,
der seit 4 Jahren besteht.
2. Brienltzer (Bern) demonstriert ein 6jähriges Kind mit here¬
ditärer Lues. Das Kind leidet an Anfällen von Cyanose und Gangrän an
peripheren Teilen (Ohrmuschel, Finger), zugleich mit Hämoglobinurie.
Die Anfalle treten besonders nach Kälteeinwirkung auf.
3. Cohn (Bern) demonstriert; a) einen Fall von Pityriasis
rubra pilaris; b) Lymphangiome mit erysipelatoiden Ent¬
zündungen.
Es handelt sich um einen 17jährigen Kretin, der eine derbe, tiefe
Schwellung am rechten Oberschenkel, auf deren Höhe zahlreiche, zum
Arch. f. Dermat. n. Syph. Bd. LXXXII. 20
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IX. Kongreß
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Teil konfluierende Bläschen vorhanden waren, aufweist. Histiologisch
stellt sich die Affektion als oberflächliches und tiefes Lymphangiom mit
diffuser Entzündung dar.
4. Tische (Bern) demonstriert:
a) Einen Lupus erythematodes disseminatus (?) und
Drüsentuberkulose. Das 16jährige Mädchen leidet seit dem 12. Jahre
an Lymphdrüsenschwellung. Vor einem Jahre im Frühling trat die Haut¬
erkrankung an Gesicht und Armen auf, sie heilte spontan im Herbst ab
und rezidivierte im Frühjahr. Jetzt besteht eine Lungen- und Drüsen¬
tuberkulose, ein Exanthem im Gesicht und auf den Armen, kleine Herde
am Rumpf. Lokal trat keine Tuberkulinreaktion ein. Das histioiogische
Bild spricht fär Lupus erythematodes.
5) Einen Fall von Lepra maculo anaesthetica. Die 50jähr.
Frau hatte sich in Argentinien infiziert. Die Erscheinun^eo traten erst
nach der Rückkehr in die Schweiz seit einem Jahre auf. Es bestehen
bräunliche, streifige Herde, mit leicht erythematösem Rand an Armen,
Gesicht und vereinzelt auch am Rumpf. Die kleinen Handmuskeln sind
atrophisch. Histiologisch fanden sich tuberkuloide Herde mit scharfer Ab¬
grenzung, an den Nerven des Unterbautgewebes deutliche Infiltrate.
Vorträge.
Kreibieh (Graz). Über neuropathische Entzündungen.
Der Redner berichtet über einige Versuche, die erst im August gelungen
sind. Er ist immer für die Existenz einer neuropathischen Entzündung
eingetreten. Daß diese Lehre noch wenig überzeugte Anhänger hat, liegt
an der Seltenheit des Versuchsmaterials. Forell, Krafft-Ebing und
andere haben solche Versuche angestellt, doch war stets etwas, das das
Vertrauen der Beurteiler nicht festigte. Es fehlten auch die histiologischen
Untersuchungen. Ihm selbst standen zwei Versuchspersonen zur Verfügung.
Der erste Kardinalversuch war folgender: Der Patient, ein psychisch
normaler Kollege, hat eine leicht vasomotorische Haut. Nach Versenkung
in die Hypnose wurde eine Stelle an der Haut mit einem nicht angezün¬
deten Streichholz berührt und es wurde ihm gesagt, daß an der berührten
Stelle eine Blase entstehen würde. Nach etwa drei Minuten trat ein zart¬
rosarotes Erythem auf, nach 6 Minuten hob sich die Epidermis ab. Nach
Verlauf von 10 Minuten war eine Blase vorhanden. Nach 48 Stunden
wurde die Stelle excidiert und histiologisch eine typische Blase festgestellt.
Der zweite Eardinalversuch betraf eine Patientin. Dieselbe wurde in
Hypnose versetzt und eine Stelle des Unterarmes mit einem Holzstäbchen
berührt, dann wurde ihr gesagt, daß an dieser Stelle eine Blase entstehen
würde. Aus festem Pappdeckel wurde eine Rolle um den Oberarm ge¬
macht und diese mit vielen Vorsichtsmaßregeln fixiert. Nach einigen
Stunden trat eine Rötung und in der Mitte derselben Ödem auf. Am
nächsten Tage war eine stark ausgebildete Blase zu sehen. Die Blase
wurde excidiert und histiologisch das Epithel in den verschiedensten Sta¬
dien der Degeneration gesehen. Die Basalzellen sind meistens früher
nekrotisch als die oberen Zellen.
Linser (Tübingen) berichtet über den Einfluß der ultra¬
violetten Licht- und Röntgenstrahlen auf den Blutfarb-
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern. 307
Stoff. Bisher war weder durch Z&hlung noch durch histiologische und
biologische Untersuchung des Blutes eine deutliche Einwirkung dieser
Energien auf das Hämoglobin festzustellen. L. konnte nun im Anschluß
sn einen Fall von Hydroa vaccinif, bei dem unter Einwirkung genannter
Energien reichlich Hämatoporphyrin im Urin auftrati nachweisen, daß
bei mit Böntgenlicht bestrahlten Psoriatikem die normalminimale
Hämatoporphyrinausscheidung im Urin sich bedeutend steigerte. Bei einem
Manne, der durch ein Sonnenbad eine universelle Dermatitis bekommen
hatte, war das gleiche der Fall. Endlich ließ sich aus in vitro röntgeni-
siertem, normalem, menschlichem Blute auf rein chemischem Wege
siemlieh erhebliche Mengen von Hämatoporphyrin gewinnen. Da durch
dieselben Energien auch Pigmentiernngen auf der Haut hervorgerufen
werden, so ist es wohl möglich, daß letztere mit der Hämatoporphyrin-
bildung in Zusammenhang stehen.
Mallnowski (Warschau). Über eine ungewöhnliche Form
von Hautmetastasen bei Mammacarcinom. Bei einer 60jährigen
Patientin traten Mitte April 1905 auf der linken Mamma 3—4 fingerbreit
über der Mamilla kleine Bläschen auf, welche sich vergrößerten, dann
zerplatzten und zu einer granulierenden Fläche wurden. Später zeigten
sich auf der linken Mamma in der Nähe des Geschwürs rote, linsen- bis
5 Pfennigstück-große Flecke. Am zweiten oder dritten Tage trat ge¬
wöhnlich in der Mitte des Flecks ein anfangs ebenfalls rotes Bläschen
auf. Das Bläschen vergrößerte sich und füllte sich später mit Granulati¬
onen, die Tumoren bildeten. Nach dem Durchbruch fiel die Blasendecke
ein. Das Bild sah klinisch dem Erythema buUosum vegetans ähnlich. Die
mikroskopische Untersuchung zeigte, daß man es mit Hautmetastasen
eines Mammacarcinoms zu tun hatte und zwar Blasen, die sich mit Ge-
schwulstgewebe allmählich füllten. Der Mechanismus der Entstehung
dieser Metastasen in der Haut kann nur durch Embolien der Papi 11a r-
arterien mit Krebszellen und folgender Transulation erklärt werden.
Hedinger (Bern). Über Aneurysmen in der Aorta von
Kaninchen nach subkutaner Jodkalidarreichung. Bei zwei
Kaninchen fanden sich nach 14tägiger subkutaner Darreichung von 11 y
Jodkali ausgedehnte aneurysmatische Ausbuchtungen in der Aorta. Das
makroskopische Bild entsprach vollkommen demjenigen, das man durch
Vorbehandlung der Kaninchen mit Nebennierenpräparaten erhalten kann.
Mikroskopisch handelt es sich bei diesen mit Jodkali behandelten Tieren
ebenfalls um eine Mesaorititis, cbarakterisirt durch Nekrose der Muskel-
zellen der Media, Zerfall und Verkalkung der elastischen Elemente und
sekundäre Ausbuchtung der Wand. Die Intima und die Adventitia zeigten
keine Veränderung. Die übrigen Organe waren mit Ausnahme der Milz
nicht verändert. In der Milz fand sich eine rundliche Anhäufung von Pig¬
ment Kontrollversuche mit anderen Salzen, mit Jodnatrium und Chlor¬
kalium verliefen negativ. Da so hochgradige Veränderungen in der Aorta
von Kaninchen als spontan entstanden weder von H. noch von anderen
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bis jetzt beobRchtet worden sind, so wird man wohl diese Gefaßalterationen
auf die Darreichung von Jodkalium znrückfnhren müssen.
Lewandowaki (Bern). Demonstration vonHanttaberkulose
bei Tieren und von Tuberk elbazillenkulturen ans Lnpns.
Der Vortragende demonstriert Taberkelbazillenknltnren, die nach dem
Verfahren von Erompecher und Zimmermann von Lnpns vulgaris
und Skrophnloderma gewonnen sind. In einem Falle, wo zugleich Knltnr
und Tierversuch ausgefuhrt wurde, war die erstere positiv, der letztere
negativ. Es gelang im Experiment bei Meerschweinchen und Kaninchen
eine Hauttuberkulose zu erzeugen, in Gestalt scharf umrandeter ülzera
mit derber Randinfiltration. Bei wiederholter Impfung mit Tuberkel-
bazillen vom Menschen gingen die späteren Impfungen schlecht oder gar
nicht mehr an, hingegen konnten mit Rindertuberkelbazillen dann noch
typische ülzera hervorgerufen werden. Die Bazillen liegen nach der
Impfung in ungeheueren Mengen in den ersten Tagen extrazellulär, später
intrazellulär in dem noch nicht typisch tuberkulösen Gewebe. Mit Aus¬
bildung des spezifischen Gewebes verschwinden die Bazillen bis auf ganz
vereinzelte Exemplare.
Tiöche (Bern) „ÜberblaueNaevi**. Unter blauen Naevi verstehen
wir selten verkommende, von frühester Kindheit an bestehende, wenig
über die Umgebung prominierende blaue, blauschwarze oder anch gelegent¬
lich blaubräunlich melierte Pigmentierungen von rundlicher Form, deren
größter Durchmesser etwa 8—5 mm beträgt und die hauptsächlich im
Gesicht (Stirn) und an den Extremitäten (Dorsum manus) lokalisiert sind.
Immer fand sich nur ein blauer Naevus, nie mehrere bei zirka 40
Fällen, die ich Gelegenheit hatte zu beobachten.
Die histiologische Untersuchung von ca. 10 solcher Pigmentierungen
ergab ein einheitliches Bild. In die mittlere Cutis eingelagert, findet
sich ein rundlicher Tumor bestehend aus einem Netz sternförmig ver¬
zweigter Pigmentzellen. Die einzelnen Pigmentzellen haben einen großen
bläschenförmigen Kern und das Protoplasma ist bald mehr, bald weniger
stark pigmentiert. Auch das Bindegewebe, in welches die Pigmentzellen
oingelagert sind, hat kein normales Aussehen. Es ist feinmaschiger
als sonst.
In, einzelnen Fällen kommt es zur Bildung ganzer Fibromknötchen.
Einmal fanden wir in einem solchen Knötchen feine Bündel glatter
Muskelfasern.
Histiologisch definieren kann man diese blauen Flecke als Chromato-
phorome oder Melanome gutartiger Natur bezeichnen. Mit den Ge¬
schwülsten, welche K r e i b i c h Melanoforbrome nennt, haben unsere blauen
Naevi, rein technisch gesprochen, nichts gemein. Erstere sind dunkel-
schwarze Gebilde von bedeutender Größe, welche sich in jedem Lebens¬
alter entwickeln und ein langsames Wachstum aufweisen und denen der
Naevuscharakter fehlt. Zur Erklärung der auffallend blauen Farbe kann
die Eigenfarbe des Pigmentes nicht herbeigezogen werden, da letzteres
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der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Bern* 309
aus braunem Melanin besteht Die Farbe der Flecken wird einzig und
allein bedingt durch die Lokalisation d. h. Lagerung des Pigments.
Dunkle Farben erscheinen, durch ein tr&bes Medium gesehen, blau. Es
ist das nämliche Phänomen, daß das Blut iu den Venen und durch die
Haut gesehen, blau erscheinen läßt Was die Genese anlangt, so müssen
wir diese Gebilde zu den Naevis rechnen. I. spricht in diesem Sinne:
das Bestehen seit frühester Kindheit, 11. der gutartige Charakter und
Hl. das Vorhandensein von Elementen, welche alle dem mittleren Keim¬
blatte angehören.
Brunner (Bern). Glykogen in der Haut, ln der dermato¬
logischen Literatur sind nur vereinzelte Angaben vorhanden über den
Glykogengehalt der Haut Systematische Untersuchungen sind noch nicht
vorgenommen worden. Seit den Untersuchungen von West sind mit
dessen Methode genauere Resultate zu erzielen. Die Untersuchung der
normalen Haut des Menschen hat dem Vortragenden ergeben, daß in der
Epidermis sich niemals Glykogen vorfindet. Hingegen läßt sich das Gly¬
kogen in der äußeren Haarwurzelscheide immer nach weisen, ferner in
den Kalk- und Schweißdrüsen. Unter pathologischen Verhältnissen kann
der Olykogengehalt der Haut wesentliche Veränderungen erleiden. Das
Glykogen findet sich sowohl in den Zellen als auch in den Gewebsspalten.
In den Zellen ist es teils in der für Glykogen besonders charakteristischen
Halbmondform angeordoet, oder diffus oder tropfenförmig verteilt. Gly¬
kogenhaltig sind ferner spitze Kondylome und Warzen, Carcinome und
die normalen Epithelien in der Nachbarschaft der Carcinome. Reichlich
glykogenhaltig sind Lupus und Tuberculosis verrucosa cutis, die breiten
Kondylome, weniger Glykogen enthalten Primäraffekte. Bei tertiärer Lues
ist in gummösem Gewebe sehr wenig Glykogen vorhanden, namentlich an
den Stellen, wo eine Leukocyten-lnfiltration vorhanden ist. Dort ist es
zum Teil an die Leukocyten gebunden. Bei Erysipel zeigt sich das Gly¬
kogen am meisten innerhalb der Leukocyten. Bei Dermatitis herpetiformis
ist das Epithel der Blase und ihrer Umgebung deutlich glykogenhaltig,
sowie die Leukocyten am Grund der Blase. Bei Lichen ruber planus findet
sich Glykogenreaktion des hyperplastischen Epithels des Knötchens, bei
Mykosis fungoides ist das Epithel über dem mykotisch veränderten Ge>
webe glykogenhaltig.
Huber, Alfred (Budapest). Die Verbreitung des Lupus vul¬
garis in Ungarn auf Grund statistischer Daten. Bisher hatte
Ungarn keine Statistik über Lupuskranke. H^s. diesbezügliche Unter¬
suchungen ergaben, daß in Ungarn etwa vierundeinhalb Tausend Lupus¬
kranke leben. Am gesündesten sind die Komitate des früheren Sieben¬
bürgens, die meisten Lupuskranken finden sich aber in Budapest und in
dessen Umgebung. H. hat auch noch einen Zusammenhang zwischen
Lupus und Lungentuberkulose gesucht und theilweise einen solchen auch
gefunden. Die meisten Kranken liefert das weibliche Geschlecht von 11
bis 20 Jahren. H. hat seine Arbeit auch dem ßudapester kgl. Ärzteverein
mitgeteilt und folgenden Antrag gestellt:
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310 IX. Kongreß der Deutschen dermai. Gtosellsohaft in Bern.
»Da Ungarns Lupusmaterial auf Grund dieser Stati¬
stik kein geringes ist, da die Behandlung dieser Kranken
wegen ihrer Langwierigkeit das Budget der hauptstädti¬
schen Spitäler zu sehr in Anspruch nimmt, wohingegen die
Behandlung heute mit den neuerdings üblichen physi¬
kalischen Methoden hauptsächlich ambulant durchgeführt
werden könnte; da endlich die Mehrzahl der Lupuskranken
— obzwar dieselben meistens arbeitsfähig sind — wegen
ihrer difformierenden Krankheit von der Gesellschaft aus*
gestoßen wird: beantrage ich, daß wir für die Lupus¬
kranken unserer Heimat in Budapest oder in dessen Um¬
gebung ein Heim errichten, wo die Kranken gänzliche
Verpflegung und Heilung erhalten würden, dafür aber
Garten- oder andere Arbeiten verrichten, mit deren Er¬
trag ein großer Teil der Erhaltungskosten, oder vielleicht
auch sämtliche Kosten des Heims gedeckt werden
könnten.“
Der Antrag wurde vom Direktionsrat des Budapester kgL Ärzte-
Vereins einstimmig angenommen und so ist zu hoffen, daß Budapest in
Bälde ein Heim fQr die Lupuskranken Ungarns erhalten wird.
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Nekrolog.
ISIDOR NEIUMANN» t 31. August 1906.
Wieder eine Säule ist geborsten! Wieder einer der
Wenigen dahingegangen, der noch in Berührung gestanden war
mit den Begründern der Wiener Schule, der in innigem Kontakte
mit Rokitansky, Skoda, Hebra, Sigmund die Lehren
dieser Heroen in sich aufgeuommen hatte, der die Traditionen
der alten Wiener Schule hochhielt und uns vermittelte. Hofrat
Isidor Neumann y. Heilwart ist nicht mehr. Er starb in
der Nacht vom 30. auf den 31. August. Ein schönes, an Lei¬
stungen und Erfolgen gleich reiches Leben beschloß ein schöner
Tod. Noch am Tage des 30. August war er in voller Rüstig¬
keit seinen Berufsgeschäften nachgegangen, begab sich Nach¬
mittags in sein Tuskulum in dem von ihm so sehr geliebten
Vöslau, verbrachte den Abend in heiterem Familien- und Freundes¬
kreise und schlief ein - um nicht mehr zu erwachen.
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312
Nekrolog.
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N e u m a Q n wurde am 2. März 1832 zu Mißlitz in Mähren geboren,
besuchte das Gymnasium in Wien und Preßburg, die medizin. Fakultät
in Wien und wurde daselbst am 28. Jannuar 1858 zum Doktor promoviert.
Er betätigte sich dann auf den Abteilungen von Türok und Dittel^
kam auf die Klinik Heb ras, dessen Assistent er 1859 wurde« Im Jahre
X862 (2. Juni) habilitierte er sich als Pivatdozent für Dermatologie und
Syphilis, wurde 1873 Primararzt bei der Kommune Wien und am 12. Juni 1875
znm a. o. Professor für Dermatologie und Syphilis ernannt.
Am 23. Oktober 1881 wurde Neu mann mit der Leitung der durch
den Rücktritt v. Sigmunds erledigten „Klinik und Abteilung für Sy¬
philis" betraut. Neumann übernahm als reiner „Dermatologe", wie ja
fast alle Schüler H e b r a s es waren, die Leitung der „Klinik für Syphilis"
d. h. der Klinik für Geschlechtskrankheiten, also ein ihm eigentlich ferner
stehendes Fach. Es hat den Schreiber dieser Zeilen, der zu dieser Zeit
bereits Assistent der Klinik für Syphilis war, mit der größten Be¬
wunderung erfüllt, zu sehen, mit welchem Eifer sich der damals öOjährige
Mann in sein neues Arbeitsgebiet einarbeitete, die Literatur studierte,
die manuellen Fertigkeiten einübte, Erfahrungen sammelte. Mit welchem
Erfolge dies in dem Kapitel der Syphilis gelang, ist den Fachkollegen
und Lesern dieses Archives sattsam bekannt und bezeugt dessen großes
Lehrbuch der Syphilis. Weniger glücklich war Neu mann auf dem Gebiete
der damals auf Grund der Gonohkokkenlehre in vollem Umbau begrifienen
Gonorrhoelehre und sein 1886 erschienenes Werk „Die blennorrhagischen
AfFektionen" bedeutete keinen Erfolg.
Aber gerade dieser Werdegang hatte den energischen und tat¬
kräftigen Mann am eigenen Leibe jenen großen Fehler kennen gelehrt,
der in dem Bestände einer getrennten „Klinik für Hautkrankheiten" und
„Klinik für Syphilis" au der Wiener Fakultät gelegen war, ein Fehler,
der nur aus der Entwicklung dieser Kliniken zu verstehen, wenn auch nicht
zu entschuldigen war. Bis zum Jahre 1848 gab es in Wien überhaupt
keine diesbezüglichen Einrichtungen, die Hautkranken wurden auf den
internen, die Geschlechtskranken auf den chirurgischen Abteilungen unter¬
gebracht und behandelt. Auf Antrag Skodas wurde 1848 eine Abtei*
lung für Hautkrankheiten errichtet und mit der Leitung derselben Hebra,
der sich seit 1841 auf der internen Abteilung Skodas und auf dessen
Anregung mit Hautkrankheiten befaßte, betraut. v. Sigmund, ein
Schüler der Josefs-Akademie und Zögling des Operateur-Institutes, war
1842 als Nachfolger Günthers zum Primarchirurg des allg. Kranken¬
hauses ernannt, v. Sigmund interessierte sich lebhaft für das Kapitel
der Geschlechtskrankheiten und auf seinen Antrag wurden 1849 die bisher
auf den verschiedenen chirurgischen Abteilungen untergebrachten Ge¬
schlechtskranken in einer „Syphilisabteilung“ zusammengelegt und deren
Leitung v. Sigmund übertragen. Es bestand also 1849 eine Abteilung
für Hautkrankheiten unter der Leituug Hebras, eine Abteilung für Sy¬
philiskranke unter Leituug v. Sigmunds. Als in demselben Jahre 1849
die Ernennung Heb ras und Sigmunds zu Extraordinariis erfolgte
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Nekrolog^
313
und die neuen Kliniken systemisiert worden, ifvtrde dementsprechend eine
gKlinik für Haotkrankheiten^ und eine „Klinik for Syphilis** gegründet.
Die UnsweckmüBigkeit dieser Einriohtong lag auf der Hand. War
sie einmal bei der innigen Verknüpfong der beiden Disziplinen schwer
dorohführbar, so war sie vom Standpunkt des Unterrichtes zu beklagen,
da der Student, der sich über das Unterrichtsfach der Haut- und (Geschlechts¬
krankheiten orientieren wollte, dies in Wien an zwei getrennten Kliniken
tun mußte, sie war zu beklagen vom Standpunkt der Schule, da durch
diese Zweiteilung die aus beiden Kliniken hervorgegangenen Dozenten
zur Übernahme einer Klinik für Dermatologie und Syphilis an einer
Provinzfakultät nicht befähigt waren, da sie nur in einem der beiden
Fächer, entweder der Haut- oder der Oeschlechtskrankheiten, genügend
aasgebildet waren und hatte ja Neumann diesen Nachteil selbst lebhaft
erfahren.
Aber die von Neu mann übernommene Klinik war eine „außer¬
ordentliche,** das Fach war nicht obligat, kein Prüfuugsgegenstand. Hebra
und Sigmund waren wohl ad personam Ordinarii und gehörten dem
Professorenkollegium an, nicht so Kap o si und N eumann, die die Leitung
der Klinik als Extraordinarii übernahmen, nicht dem Kollegium ange¬
hörten. Auch diese Tatsache erschien Neumann mit Rücksicht auf die
Bedeutung des Faches einer Änderung bedürftig und so trat er für die
diesbezüglichen Reformen auf das nachdrücklichste ein und seine Bemü¬
hungen waren von vollem Erfolge gekrönt. Zunächst wandelte Neumann
sofort bei seinem Amtsantritt die bisherige Klinik für Syphilis de facto
in eine Klinik für Dermatologie und Syphilis um, sorgte für die Auf¬
nahme von dermatologischem Material, behandelte in seinen Vorlesungen
das Lehrfach seinem vollen Umfange nach und sorgte für die harmonische
Aasbildung seiner engeren Schüler. Schrittweise und nach Überwindung
großer Schwierigkeiten kam er seinem Ziele immer näher. Am 4. Nov. 1893
worden die Kliniken von Kaposi und Neu mann in „ordentliche**
Kliniken umgewandelt, deren Leiter zogen im Professorenkollegium ein,
die neue Rigorosenordnung vom 14. April 1908 nahm die Dermatologie
und Syphilis als obligaten Prüfungsgegenstand auf. Aber diese Tatsache
führte auch zur Realisierung der weiteren Bestrebungen Neumanns.
Die neue Rigorosenordnung empfahl in ihrem Studienplan dem Mediziner
ein Semester Dermatologie und Syphilis zu frequentieren, er mußte vor
einem Prüfer seine Kenntnisse aus beiden Fächern nach weisen und
so erfolgte auch im J. 1903 die Umgestaltung der Klinik für Hautkrank¬
heiten respektive Syphilis in dermatosyphilidologische Lehrkanzeln, wobei
die nunmehrige Bezeiclinung Klinik für „Dermatologie und Sypliilidologie**
respektive „Syphilidologie und Dermatologie** rein nur als historische
Reminiszenz an die Entstehung beider Kliniken erinnern sollte.
Und so hat Neumann allein das Verdienst, unserem
Spezialfache in Wien die gebührende Positon erkämpft
zu haben.
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Mit dem gemeinsamen Finanzminister ▼. Kallay, dem Beielis-
▼erweser von Bosnien nnd der Herzegowina, intim befirenndet, war
Nenmann dessen ärztlicher Berater in allen die Reiohslande betreffenden
sanitären Fragen. Nenmann hat diese Länder wiederholt bereist, deren
sanitäre Lage, die Ansbreitang der Lepra nnd der Syphilis stndlert und
die Eindämmnng dieser Erkranknngen betreffende Vorschläge erstattet.
Nenmann hat aber in allen sanitären Fragen, bei Erriohtnng der Spi¬
täler, Besetzung der Primariate etc. das entscheidende Wort gesprochen
und Bosnien nnd Herzegowina danken Nenmann die vor¬
züglichen sanitären Einrichtungen, die beide Länder
besitzen. Vornehmlich für diese Verdienste erfolgte am 9. September
1894 die Ernennung Nenmanns zum Hofrat.
Wenn auch Nenmann auf dem Gebiete der Dermatologie nnd
Syphilidologie nicht in demselben Sinne bahnbrechend war als Hebra
und Sigmund, so hat er doch an dem Ausbau beider Fächer wesentlich
mitgewirkt. Bis zur Ernennung als Leiter der Klinik für Syphilis war
Nenmann wissenschaftlich fast ausschließlich auf dem Gebiete der
Dermatologie tätig. Während Hebra aber insbesondere den Ansban der
Klinik nnd Therapie betrieb, griff Neu mann ergänzend ein, indem er,
angeleitet nnd unterstützt von seinem Freunde Wedl, die Histologie
der Hautkrankheiten studierte. Es gibt kaum eine Dermatose, die Nenmann
nicht in einer für den damaligen Stand der Technik so exakten Weise
durchgearbeitet hätte, daß jede histologische Arbeit auch der neuesten
Zeit genötigt ist, immer wieder auf die Untersuchungen Nenmanns
zu rekurrieren. Nenmanns Lehrbuch der Hautkrankheiten, in dem
diese histologischen Untersuchungen gesammelt vorliegen, verdankte
gerade diesem Umstand seinen großen Erfolg. Es erschien in fünf
Auflagen und wurde in alle lebenden Sprachen übersetzt. Seine Vorliebe
zur Histologie machte sich auch auf dem Gebiete der Syphilidologie
geltend und veranlaßte ihn zu seinen histologischen Stadien der Syphilide.
Schon frühzeitig beschäftigte sich Neumann, angeregt durch das Stu¬
dium der mykotischen Hautkrankheiten, mit Mykologie und diese Sta¬
dien befähigten ihn, im Gegensatz zu Kaposi und so manchen Vertreter
der alten Wiener Schule, zum Verständnis der Bedeutung der Bakteriologie.
Alle neueren ätiologischen Ansichten: über die tuberkulöse Natur des
Lupus, den Gonococcus, Ducrey’schen Bazillen, die Spirochaeta pallida
fanden in Neumann einen verständnisvollen nnd überzeugten Anhänger.
Trotz alledem war aber N e u m a n n durch und durch Kliniker.
Seine große, an reichem Material ausgebildete Erfahrung, sein vorzüg¬
liches Gedächtnis, das ihm gestattete nach Tausenden zählende
Erinnerungsbilder in Evidenz zu halten und zu reproduzieren, seine
nüchterne und unvoreingenommene Art, an den seltensten Fall heran¬
zutreten, ermöglichten es ihm, jeden, auch den kompliziertesten Fall in
seine Elemente zu zerlegen, das Wesentliche herauszufassen, zu einer
sicheren Diagnose zu gelangen, und nicht gering war die Zahl der Fälle,
in denen Neu mann in der Wiener dermatologischen Gesellschaft gegen-
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über dem rascheren, lebhafteren, oft der Intuition vertrauenden Kaposi
recht behielt. Durch diese Fähigkeit, das Wesentliche von dem Indi¬
viduellen und ZuAlligen su unterscheiden, ersteres zusammenzufassen,
war Neumann befähigt auch neue, klinisch abgeschlossene Erankheits-
bilder anfzustellen, so den Pemphigus vegetans, die Maladie de
Neu mann der Franzosen, ebenso hat er als „Dermatitis circumscripta
herpetiformis* den Lichen planus Wilsons zuerst in Österreich erkannt
und besehrieben. Neu mann war aber auch ein vorzüglicher Therapeut
und bat eine Reihe wertvoller neuer Medikamente in die Therapie eingeführt.
In der Syphilidologie schloß sich Neumann den bei seinem
Amtsantritt an der Klinik lebenden Sigmundschen Traditionen an.
Er führte die Klinik im Geiste Sigmunds weiter, war nicht bestrebt
k toot prix zu reorganisieren, sondern anerkannte ohne weiters die Vor¬
züge Sigmundseber Hygiene und Therapie. Das von Sigmund ange¬
bahnte Studium der Chronologie der Früherscheinungen der Syphilis wurde
von Neu mann übernommen und weiter ausgebaut. Im Gegensatz zu
Hebra, Kaposi und Anspitz erkannte Neumann schon früh, auf
rein klinischem Boden stehend, die Richtigkeit der Dualitütlsehre und
war deren warmer Vertreter. Ein lebhaftes Interesse brachte Neumann
der hereditären Syphilis entgegen.
Neumann war aber auch ein guter Lehrer. Ein selten gewissen¬
hafter Mann, von lebhaftem Interesse für sein Fach, immer bestrebt.
Neues zu beobachten und zu lernen, machte er auf seiner Klinik und
Abteilung — abgesehen von den Ferien — die Visite täglich selbst und
benützte diese Gelegenheit, um seinen engeren Schülern, Assistenten und
EUIfsarzten, kleine, wertvolle Privatissima zu halten, sich in Diskussionen
einzulassen, die um so wertvoller waren, als Neu mann nie seine Auto¬
rität hervorkehrte, sondern sachlichen Einwänden zugänglich war. Neu¬
mann war kein guter Redner, wenn er frei sprach, hatten die Worte oft Mühe
den Gedanken nachznkommen und doch waren seine Vorträge lebhaft
besucht und fruchtbar, da er durch zahlreiche humoristische Bemerkungen
und Witzworte, die manchmal fast mnemotechnische Bedeutung hatten,
den Unterricht würzte.
Neumann hat ein glückliches Leben abgeschlossen, reich an
freudebringender Arbeit, an inneren und äußeren Erfolgen, glücklich in
seinem Heim. Und wenn ihm auch manche Sorge nicht erspart blieb, so
hat er sich mit bewunderungswürdiger Elastizität stets über dieselbe
hinwegzusetzen gewußt. Er wollte das Leben nur von der schönen Seite
sehen und so hat es sich ihm auch nur von der schönen Seite gezeigt.
Finger (Wien).
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S16
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Verzeiehnio der Publikationen.
Über die senilen Veränderungen der mensohl. Hant. Aroh. 1809. —
Über die Wirkung der Karbolsäure auf den tierischen Organismus, auf
pflanzliche Parasiten und gegen Hautkrankheiten. Ebenda. — Zur Kenntnis
des Lichen exsudativus. Wiener mediz. Woch. XVIII. 39. — Über Lupus
erytbemat. Österr. Zeitschr. f. p. H. XIV. — Über pflanzliche Parasiten
an der Haut des Menschen. Ebenda. — Über Syphilis der Haut. Wiener
med. Presse. IX. 7, 9. — Beitrag zur Kenntnis des Lichen exsud. ruber.
Sitzungsb. d. Wien. Akad. II. Abt. 1868. — Lehrbuch der Hautkrankheiten.
Wien, Braumüller. 1869. — Über Variola verrucosa. Wien. med. Presse.
1869. 37. — Beitrag zur Kenntnis des Lupus erythematodes. Wien. med.
Woch. 1869. Nr. 68. — Über Lupus an der Ohrmuschel. Monatsschr. für
Ohrenheilk UI. 5. — Über Syphilome der Zunge. Allg. Wien. med. Ztg.
1870. V. — Eine Vereinfachung des von Hebra aufgestellten pathologisch¬
anatomischen Systems der Hautkrankheiten. Arch. 1870. — Über kolloide
Entartung der Cutis. Allg, Wien, mediz. Ztg. 1870. Nr. 82. — Ober das
Eczema marginatum. Wien, mediz. Woch. 1870. 44, 45. — Zur Entwick¬
lungsgeschichte des Acborion. Archiv. 1871. — Beitrag zur Kenntnis der
Sklerodermie. Wien, mediz. Presse. 1871. 43—47. — Über Aufnahme der
grauen Salbe und des Sublimats durch die unverletzte Haut. Wien. med.
Woch. 1871. 50—52. — Über den Bau der kapillären Lymphgefäße der
Haut. Vortrag in der Wien. Ges. d. Ärzte. 18. Okt. 1872. Erschienen bei
Braumüller. — Über die krankhaften Erscheinungen, welche in Folge des
inneren Gebrauches des Bromkalium an der Haut des Menschen entstehen.
Wien. med. Woch. 1873. — Über eine noch wenig gekannte Hautkrank¬
heit (Dermatitis circumscripta herpetiformis). Arch. 1875. — Über Ver¬
ruca senilis (Keratosis pigmentosa). Wien. med. Presse. 1875. Nr. 13. —
Beitrag zur Kenntnis des Pemphigus. Wien. med. Jahrb. IV. Heft. 1876.
— Lehrbuch der Hautkrankheiten. 4. Auflage. Wien. Braumüller. 1876. —
Beitrag zur Ätiologie der Psoriasis. Allg. Wien, mediz. Ztg. Nr. 1. 1877.
— Über subkutane Quecksilberbehandlung der Syphilis. (Wien. Ges. der
Ärzte. 27. Okt. 1876.) Wien. med. Presse. 1876. Nr. 45. — Über primäre
lupöse Erkrankung des Auges. Wiener med. Presse. Nr. 2 u. 8. 1877. —»
Über Argyrie. Wien, mediz. Jahrb. III. 1877. — Über Arg 3 rrie. Anzeiger
d. Ges. d. Ärzte in Wien. 1877. Nr. 20. — Über Behandlung der Psoriasis
vulgaris, des Herpes tonsurans und der Pityriasis versicolor mit Chryso-
phansäure und Soa-Pulver. Wien. med. Presse. 1878. Nr. 14, 15 u. 16. —
Aber Nerven-Naevus. Sitzung d. Wien. med. Dokt.-Koll. 19. Nov. 1877.
Ref. Arch. 1878, — Über die Anwendung der Borsäure gegen Hautkrank¬
heiten. Pester mediz.-chir. Presse. XIII. 62. — Beitrag zur Kenntnis des
Chininexanthems. Wiener medizin. Blätter. 1878. Nr. 32. — Über Acarus
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folliculorum. Am, der Ges. der ÄrZiO in Wien. 1878. Nr. 7. — Über die
ftnatomischen Teränderungen der Haut bei Psoriasis vulgaris. Wien. roed.
Jabrb. 1879. I. — Araroba. „Rundschau** 1879. Ref. Arch. 1879. — Über
Naevus papillaris (Thomson), N. nenrotious, unius lateris (v. Bären¬
sprung), neuropathisches Hautpapillom (Ser har dt), Nerven-Naevus
CHi. Simon). Österr. Jahrb. f. Pädiat. 1878. VIII. 2. — Über die Wir¬
kungen der Ghrysophansäure bei Psoriasis vulgaris, Chloasma uterinum,
Pityriasis versioolor und anderen Hautkrankheiten. Wien. med. Pr. 1878.
XIX. 37, 88, 89, 40. — Die Anatomie der Psoriasis vulgaris. Wien. med.
Woch. 1879. 12. — Atlas der Hautkrankheiten. 1881. Wien. Braumüller. —
Zur Kenntnis der Ätiologie des Erythema nodosum. Wien. med. Woch.
1879. 44. — Über Pemphigus bei Kindern. Wiener med. Presse. 1880. 6.
— Lehrbuch der Hautkrankheiten. 5. Aufl. 1880. Wien Braumuiler. — Ist
die Prurigo des kindlichen Alters eine heilbare Krankheit ? Wiener med.
Blätter. 1880. 61. — Antrittsvorlesung. 8. Nov. 1881. Arch. 1881. p. 705.
— Fall von chron. Pemphigus. Anz. der k. k. Ges. der Ärzte in Wien.
1880. 14. Über die histologischen Veränderungen der Haut bei Masern
und Scharlach. Wien. med. Presse. 1880. 50. —■ Über Psoriasis vulgaris.
(Wien. Klinik, herausgegeben von Schnitzler. VH. 2.) Wien. Urban und
Schwarzenberg. 1881. — Zur Kasuistik des Pemphigus. Wien. med. Pr.
1881. 4, 6, 8. — Über die histologischen Veränderungen der Haut bei
Morbillen und Skarlatina. Wien, mediz. Jahrb. 1882. 2. — Ein Fall von
umschriebener Gangrän. Anz. der Ges. d. Ärzte in Wien. 1882. — Über
hypodermatische Behandlung der Syphilis mit Jodoform. Ebenda 1882.
Nr. 27. — Fall von spontaner Hautgangrän. Wiener mediz. Woch. 1882.
pag. 600. — Phimosis, verschiedene Ursachen derselben. Syphilitisches
Geschwür von nicht charakteristischem Aussehen. Inkubationsperioden
der Syphilis. Allg. Wien. med. Ztg. 1882. pag. 63. — Ein Gumma in der
Zunge. Syphilis ulcerosa an der Nase. Ebenda, p. 77. Ebenda, p. 39. —
Über die Behandlung der Syphilis mittelst Jodoforminjektionen. Wiener
medizin. Blätter. 1882. V. — Über die histologischen Veränderungeu der
Haut bei Morbillen und Skarlatina. Medizin. Jahrb. Wien. 1882. — Über
Priapismus und Caverintis. Med. Jahrb. Wien. 1882. — Spontane Fraktur
des Humerus in Folge von Osteomyelitis gummosa. Wien. med. Blätter.
1882. V. — Ein Fall von Herpes iris conjunctivae. Allgem. Wiener med.
Ztg. 1883. XXVIII. — Über Vitiligo. Wiener med. Blätter. 1883. VI. —
Ist die Syphilis ausschließlich eine Krankheit des menschlichen Geschlechtes,
oder unterliegen derselben auch Tiere? Wien. med. Woch. 1883. XXXIII«
Wiener med. Presse. 1883. XXIV. — Über Syphilis des Gehirns. Wiener
mediz. Woch. 1882. XXXII. — Zur Lehre von der Übertragbarkeit der
hereditären Syphilis. Wien. med. Blätter. 1883. VI. — Über syphilitische
Muskelentzündung. Anzeiger der k. k. Ges. d. Ärzte. Wien. 1884. 17. —
Über syphilitische Erkrankung der Muskeln. Wien, mediz. Blätter. 1884.
Vn. — Über Reiniectio syphilitica; kann man Syphilis mehrere Male
akquirieren? Wien. med. Presse. 1884. XXV. — Über Komplikationen der
Urethritis. Allg. Wien. med. Ztg. 1884. XXIX. _ Gummata. Allg. Wien
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med. Ztg. 1884. XXIX. — Über Byphilitisohe MoBkelentzündang. Anz. d.
k. k. Ges. d. Ärzte. Wien. 1888—84. — OstitiB syphilitica. Allg. Wiener
med. Ztg. 1884. XXIX. — Neuere UnterBucbangen über die histologischen
Veränderungen der Hautsyphilide, deren Verlauf und über das indurierte
Dorsallymphgefäß. Arch. 1885. — Über Reinfectio syphilitica. Wien. med.
Woch. 1884. 5. — Über Induration der Lymphgefäße, die sogenannten
Lymphgefäßstränge. Allgem. Wiener med. Ztg. 1885. XXX. — Über Pig¬
mentierung der Haut in Folge von Syphilis. Wiener med. Blätter. 1885.
VIII. — Über hypodermatische Behandlung der Syphilis. Wien. med. Pr.
1885. XXVI. — Remarks on a case of the so-called „skerljevo*^ disease.
Med. Times and Gaz. London. 1884. II. — Über hypodermatische Behand¬
lung der Syphilis. Med.*chir. Zentralbl. Wien. 1884. XIX. — Über Pem¬
phigus vegetans (frambosioides). Arch. 1886. — Über Reinfectio syphilitica.
Allg. Wien. med. Ztg. 1886. 19. — Über Identität des Hühnerfavus und
des menschl. Favus. Gompt. rend Faris. 1886. — Über verschiedene Be¬
handlungsmethoden der S}^hili8. Wiener med. Blätter. 1886. 83—86. —
Beitrag zur Kenntnis der Anatomie und des Verlaufes der Hautsyphilide.
Wien. med. Presse. 1885. XXVI. — Welches sind die anatomischen Ver¬
änderungen der luetischen Haut nach Ablauf der klinischen Erscheinun¬
gen? Wiener med. Woch. 1885. XXXV. — Periostitis process. mastoidei
(luetica) mit vorwiegend nervösen Symptomen. Allgem. Wien. med. Ztg.
1885. XXX. — Periostitis des Warzenfortsatzes und knöchernen Schär-
ganges. Ebenda. — Über Reizung und Syphilis. Ebenda. — Enochen-
syphilis; Spontanfraktur des rechten Oberarmes. Med.-chir. Zentralblatt.
Wien. 1885. XX. — Klinische Studien zur J^ehre der kongenitalen Syphilis.
Mediz. Jahrb. Wien. 1885. XV. — Über die postkonzeptionelle Syphilis;
geht die während der Schwangerschaft akquirierte Syphilis der Mutter
auf das Kind über? Wiener med. Presse. 1885. XXVI. — Über Abortiv¬
behandlung der Syphilis durch Exstirpation der Sklerose uud Inguinal-
drüsen. Wiener medizin. Blätter. 1885. VIII. — Über die verschiedenen
Reproduktionsherde des syphilitischen Virus. Wien. med. Woch. 1887. —
Beitrag zur Kenntnis der Myositis syphilitica. Arch. 1888. — Über den
Einfluß des Erysipels auf den Verlauf der konstitutionellen Syphilis. Allg.
Wiener medizin. Ztg. 1888. 4. — Über die Behandlung der Syphilis mit
Ealomelinjektionen. Wien. med. Presse. 1888. — Der Tripper beim Weibe.
Internat, klin. Rundschau. 1888. 788. — Beitrag zur Kenntnis der here¬
ditären Syphilis. Vortrag gehalten in d. k. k. Gesellsch. d. Ärzte. Wien.
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Nekrolog.
319
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tertiären Syphilis mit Rücksicht auf die Behandlung. Wien. klin. Rund¬
schau. 1896. 1, 2 und 3. — Die Hämatotherapie der Syphilis. Schnirers
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Über eine seltene Form von Atrophie der Haut. Arch. 1898. Festschrift
Pick. — Psorospermosis cutanea vegetans. Wiener klin. Woch. 1896. 3.
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1897. 97, 98. — Über eine eigentümliche Form von Jodexanthem an der
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Kenntnis des Pemphigus vegetans. Wien. klin. Woch. 1897* 8. — Kranken¬
vorstellung eines bei der Beschneidung mit Tuberkelgift infizierten Kin¬
des. Wiener klin. Woch. 1898. 7. — Über die Impotentia virilis. Wiener
medizin. Woch. 1897. 28—32. — Das Syringocystom. Arch. 1900. — Der
syphilitische Primäraffekt au der Vaginal-Portion des Uterus. Dermatol.
Zeitschr. 1898. Band V. — Zur Übertragung der Tuberkulose durch die
rituelle Circumcision. Wiener mediz. Presse« 1900. 13. — Über Keratosis
universalis congenita. Arch. 1902. — Über ein durch den internen Ge¬
brauch von Solutio Fowleri entstandenes Erythema gyratum, papulosum
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320
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und bullosum. Wien. kiin. Woch. 1901. 47. — Über endemische Syphilis
der Gegenwart. Wien. med. Presse. 1901. 1, 2. — Über ungewöhnlichen
Sitz des Primäraffektes an der Haut und Schleimhaut. Wien. med. Presse.
1902. 9. — Lymphangiom mit temporärer Chylorrhoe. Zeitschr. f. Heilk.
Bd. XXIII. H. 9. — Der extragenitale syphilitische Primäraffekt in seiner
klinischen und volkshygienischen Bedeutung. Wien. klin. Woch. 1902. 39.
— Über tertiäre Syphilis. Wien. med. Woch. 1903. 29—83. — Über Ver¬
erbung der Syphilis. Wiener klin. Woch. 1904. 20. — Über syphilitische
Erkrankung der Wirbelsäule. Wien. med. Presse. 1904. 1. — Beitrag zur
Kenntnis der Hirnsyphilis. Wiener med. Woch. 1904. 16, 16. — Ein Bei¬
trag zur Syphilis der Trachea und der Bronchien. Wiener klin. Rund¬
schau. 1904. 1. — Ein Fall geheilter Lepra maculo-tuberosa. Wien. klin.
Woch. 1906. 4. — Über die an den altperuanischen Keramiken und
anthropomorphen Tongefaßen dargestellten Hautveränderungen mit be¬
sonderer Rücksicht auf das Alter der Syphilis und anderer Dermatosen.
XXVIII. Band der Denkschriften der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien. 1905. Gerolds
Sohn.
Varia.
Personalien. Der a. o. Professor Dr. Karl Kreibich (Graz)
wurde in gleicher Eigenschaft zum Vorstand der deutschen dermato¬
logischen Klinik in Prag ernannt.
Die Stelle des am 10. März d. J. verstorbenen Leiters der Abteilung
für Haut- und Geschlechtskrankheiten am St. Georg Krankenhause au
Hamburg, Dr. Engel-Reimers, ist geteilt worden. Die Überwachung
der Prostitution und die Behandlung der polizeilich eingebrachten weib¬
lichen Geschlechtskranken wurde einem Oberpolizeiarzt, dem bisherigen
Physikus Dr. Maes, übertragen, zum Oberarzt der Abteilung für Hant-
kranke und freiwillig eintretende Geschlechtskranke wurde Dr. Eduard
Arning ernannt.
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Originalabhandlungen
Areh. t« DofinAt. a. Sjph. Bd. L^XXll«
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Ans der Poliklinik für Eant- und Gescklechtskranklieiten des
kgL Friediioli'Eospitals [Ez-Chef Dr. C. Easoh] und der IV. Abt.
des Eommnnebospitals [weil. Prof. Dr. ^ez. Easlnnd].
Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
Ein Beitrag zur Kenntnis der Geschwülste der Haut
Von
Foul Haslund (Kopenhagen),
gevT. Astiatent an der Poliklinik des kgl. Friedriehhospitals fttr Haut- nnd
Gesebleehtskrankheiten.
(Hieju Taf. XIH—XVII.)
(Schla6.)
Ich bin mir dessen wohl bewußt, daß ich, wenn ich diesen
Standpunkt einnehme, nicht auf allgemeine Zustimmung rechnen
kann. Dazu ist die Uneinigkeit darüber, was man
unter einem Endotheliom versteht und über die
Berechtigung, diesen Begriff überhaupt aufzu¬
stellen, noch viel zu groß. Ja nicht einmal über die Benennung
,Endothel“, die erst von His eingeführt ist, hat man sich ge¬
einigt. So gebraucht S t ö h r diese Bezeichnung in der normalen
Anatomie nicht — die Franzosen (Cornil, Ranvier) sind so
weit gegangen, daß sie das Epithel in den Bo w mann sehen
Kapseln Endothel genannt haben. Jedenfalls rechnet man hierzu
die Intimazellen der Gefäße, oft auch die Bekleidung der serösen
Höhlen und der Hirnhäute. Die Unsicherheit wird natürlich
erst dann behoben werden, wenn es gelingt festzustellen, ob
das „Endothel“ von ekto- oder mesodermaler Abstammung ist.
Das ist bisher nicht entschieden und hierauf beruht es wohl
auch zum Teil, daß immer noch der Streit fortbesteht, inwie¬
weit man Geschwülste, von denen man annebmen kann, daß
sie ihren Ausgangspunkt von diesen umstrittenen Zellen haben,
als eine besondere Gruppe — Endotheliome — unterscheiden oder
sie zu den Carcinomen bezw. Sarkomen rechnen soll. Es ist
21 *
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324
Haslttud.
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natürlich nicht meine Absicht, diesen Streit hier in alle Einzel¬
heiten zu verfolgen, aber einzelne Punkte muß ich doch be¬
rühren. Ich weiß nicht anders, als daß die Meinungsver-
s c h i c d en h 0 i t e n der meisten Verfasser zum
größten Teil davon abhängen, daß sie — mit
Hansemann — den morphologischen Charakter
der Geschwülste ihrer Klassifikation zu Grunde
legen oder daß sie — wie Ribbert — diese nach
dem histogenetischen Prinzip vorzunehmen
suchen. So ansprechend dies auch sein mag — so lange es
hier, wie leider in so vielen Punkten in der Pathologie, un¬
möglich ist. eine Einteilung auf ätiologischer Basis vorzunehmen,
glaube ich doch, daß Hansemaun darin Recht hat, daß eine
Einteilung der Geschwülste nach ihrer Morphologie die leichteste
und vielleicht die in der Praxis einzig durchführbare ist. Und
das schließt ja auch gar nicht aus, wie H. bei gegebener Ver¬
anlassung sehr hervorhebt, auf alle erdenkliche Art und Weise
der Entstehung einer Geschwulst nachzuforseben und da, wo
es sich machen läßt, die Histogenese bei der Benennung der
Geschwulst in Erinnerung zu bringen. Aber H. sucht das durch
eine charakterisierende Zusatzbestimmung zu dem morpho¬
logischen Namen zu tun, wenn die einzelne Zellart Geschwülste
von höchst verschiedenem Bau bervorbringen kann, wie z. B.
gerade die Endotheliome. Der Begriff Endotheliom erstreckt
sich hier über Geschwülste von carcinomatösem, sarkoraatösem
und adenomatösem Bau, außerdem über solche von gemischter
(carcino-sarkomatöser) Struktur und mit einer besonderen Um¬
formung des Stroma (Cylindrom. Myxom, Chondrom usw.).
Darum ist es auch klar, daß dies an und für sich eine sehr
wenig sagende Bezeichnung ist. Von diesem Standpunkt
aus durfte ich ja auch nichts dagegen haben, in Übereinstim¬
mung mit Hansemanns Definition eines Carcinoms als einer
Geschwulst mit deutlicher Trennung zwischen Parenchym und
Stroma, unsem Fall ein von den Lymphgefäßen ausgehendes
Carcinoma endotheliale zu nennen. Die Geschwulst er¬
innert in ihrem Bau wirklich auffallend an ein Carcinom. Aber
ein Zusammenhang mit der Epidermis oder anderen in der Haut
vorkommenden epithelialen Gebilden (Haarbälgen, Talg- und
Schweißdrüsen) ist nicht vorhanden, oder besser — hat nicht
nachgewiesen werden können. Und iür das allgemeine Bewußt¬
sein sind Carcinome ja immer noch ziemlich gleichbedeutend
mit Geschwülsten von epithelialer Herkunft. Andererseits zeigen
die Geschwulstzellen nicht den Charakter, den wir von Epithel-
zellen zu fordern gewohnt sind. Sie sind durchwegs ziemlich
polymorph und es scheint, als ob sie mit ihren einander ent¬
gegenstrebenden Protoplasmaausläufern im stände sind, Inter-
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Multiple Eudotheliome der Kopfhaut.
325
zellolarsubstanz zu bilden und als zu den Biodesubstanzen
gehörig angesehen werden müssen. Mit Rücksicht hierauf wären
wir vielleicht berechtigt, die Geschwulst ein Sarkom zu nennen,
wenn man überhaupt eine Geschwulst nach dem Charakter der
Zellen, aus denen sie aufgebaut ist, benennen darf, wie z. B.
Neumann es vorscblägt. Aber das ist in Wirklichkeit oft ge¬
fährlich, so lange noch feinere Untersuchungen über die Mor¬
phologie und Struktur der Zellen und eine erweiterte Kenntnis
ihres Umbildungsvermögens fehlen (ich erinnere an die Frage
nach der Abstammung der Naevuszellen!). Ja, wie erkennen
wir eigentlich eine Epithelzelle? Hat hansemann denn eicht
recht, wenn er behauptet, daß eine Epithelzelle nur als solche
erkannt werden kann, wenn sie mit anderen von derselben
Form und demselben Aussehen in Verbindung steht und mit
diesen zusammen die Bekleidung einer Oberfläche bildet, daß
i^ie hingegen, aus diesem Zusammenhang gelöst, normal bei der
Entwicklung und Differenzierung des Gewebes, oder pathologisch,
als Bestandteil einer Geschwulst aufgenommen, als „Epithel¬
zelle“ unkenntlich ist? Und kennen wir im Grunde die Zellen,
<lie wir als Sarkomzellen zu benenuen pflegen? Ob wir nicht
doch meist, wenn wir in gutem Glauben das Gegenteil behaupten,
uns selbst unbewußt, von der Morphologie einer Geschwulst
auf die Art ihrer Zellen schließen? Dem sei nun, wie es will.
Ist die Histogenese der Geschwulst klar, so ist die Sache
natürlich damit abgetan. Und diesem Ziel arbeitet man wohl
stets mit mehr oder weniger Glück entgegen.
Die Verlegenheit aber hinsichtlich der Klassifikation, die
durch die Verschiedenheit zwischen dem morphologischen Bau
und dem Charakter der Zellform wie oben angedeutet möglicher
Weise entstehen kann, hat wohl das ihre dazu beigetragen, den
Begriff Endotheliom trotz all der stürmischen Angriffe, die von
verschiedenen Seiten im Laufe der Zeit gegen sein Existenz¬
berechtigung gemacht wurden, zu erhalten. Die Diagnose
ist aus demselben Grund wohl oft per exclusionen ge¬
stellt worden, was Bibbert betont undMulert geradezu als
das Zweckmäßigste bezeichnet. Die Benennung Endotheliom
ist alt, denn schon GamilloGolgi brachte sie 1869 für die
Psammome in Vorschlag, aber viel ist mit der Zeit hierzu ge¬
zählt worden, was sicher ganz wo anders hingehört (zusammen¬
gesetzte Geschwülste in Parotis und Testis, Geschwülste in der
gland. carotica, gewisse Adenome der Niere usw.). Die Endo-
theliome bilden deshalb auch keine wohl charakterisierte Gruppe
innerhalb der Geschwülste, was teils ihrer Verschiedenheit in
morphologischer Hinsicht zuzuschreiben ist, wenn auch der
carcinomatöse Bau wohl der häufigste ist (Hansemann), teils
der Schwierigkeit mit Sicherheit den Ausgangspunkt für diese
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Haslund.
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Geschwülste zu finden, d. h. ihre Histogenese klar zu legen,
wodurch die Diagnose ja eigentlich erst ihre Berechtigung er¬
langt. Gegen diesen letzten Punkt ist sicher so manches Mal
gesündigt worden, und besonders dies scheint Bibbert dazu
gebracht zu haben, skeptisch auf die als Endotheliome beschrie¬
benen Geschwülste zu sehen. Ohne den Endothelien die Fähig¬
keit ganz abzusprechen selbständige Geschwülste zu bilden,
ermahnt er zu strenger Kritik und legt z. B. kein Gewicht auf
einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Gescbwulstzellen
und Gefäßendothel. Hier soll es sich entweder nur um ein
Hineinwachsen yon Tumorelementen in die Gefäßbahnen handeln,
wofür wir ja auch in unserm Falle ein Beispiel gesehen zu
haben glauben, oder der Zusammenhang ist nur ein schein¬
barer, indem proliferierende Endothelzellen gleiches Aussehen
annehmen mit den „EpitheP-Zellen, aus denen die Geschwulst
besteht; oder aber — und zwar meist — beruht die yermut-
liche Verbindung auf einer Verkennung der Zellart, wenn die
Geschwulstzellen, dadurch daß sie sich in die Bindegewebs-
spalträume yorschieben, sich abflacben und dadurch das Aus¬
sehen yon Endothelzellen annehmen. Für R. ist in den meisten
Fällen eine epitheliale Abstammung der Geschwulstzellen
am wahrscheinlichsten und er rechnet auch (ebenso Löwen¬
bach, Virch. Arcb. Bd. 150) die yon Meckel zuerst beschrie¬
benen und yon Billroth als Cylindrome benannten Ge¬
schwülste, deren endotheliale Natur sonst allgemein anerkannt
zu sein scheint, zu den Epitheliomen. Hierzu muß man doch
bemerken, daß allein das Vorkommen yon ausgesprochener
hyaliner Degeneration des Stromas wohl schon öfter Verfasser
dazu verleitet hat, Geschwülste, die infolge ihrer Abstammung
ganz wo anders bingehören (z. B. Poncets beide Fälle), auf
Cylindrome Zurückzufuhren. Einen noch mehr outrierten Stand¬
punkt als Bibbert nimmt Darier ein, und wie es scheint,
mit ihm der größte Teil der französischen Dermatologen, in¬
sofern sich in ihrem Hauptwerk La pratique dermatologique
überhaupt kein Artikel über Endotheliom findet; sie zählen,
was die Haut anbetrifft, alle hierher gehörenden Geschwülste zu
den Epitheliomen. Auch Unna nennt in seiner Histopatho¬
logie die Endotheliome nicht als selbständige Geschwülste der
Haut. Zur ganz entgegengesetzten Auflassung bekennt sich
Ziegler. Er kann keine scharfe Grenze zwischen Endothe-
liomen und Sarkomen sehen, findet im Gegenteil Übergänge.
Und er betrachtet es keineswegs als Tatsache, daß das Endo¬
thel der Saftspalten und Lymphgefäße nicht an der Bildung
dessen, was wir Sarkom nennen, teilnimmt. Daher betrachtet
er das Endotheliom nur als eine besondere Form von
Sarkom, eine Form, an der man noch erkennen kann, daß
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Multiple £ndotheliome der Eopfhaat.
327
bestimmte Endothele das Material zur Geschwulst liefern.
Überhaupt rechnen die meisten Gegner des Endotheliombe-
griffs, im Gegensatz zu den Franzosen und Rihbert, diese Ge¬
schwülste zu den Sarkomen, spezieller zu den Angiosar-
komen. Das Motiv hierzu ist im wesenthchen, daß das seltene
Vorkommen der Endotheliome und die schwierige spezielle
Diagnose dieselbe nicht zu einer selbständigen Stellung inner¬
halb der umfassenderen Gruppe, zu der sie gehören, berechtigt.
So kennt v. Hippel nur 20 Fälle, in denen der Ausgangs¬
punkt für die Neubildung mit Sicherheit im Endothel zu suchen
war, eine verschwindende Anzahl im Vergleich mit den von
Eolaczek (zirka 60) und H. selbst (87) aus der Literatur
gesammelten Fällen von Angiosarkom. Aus demselben Grunde
wurde die Benennung „Peritheliom“ für die von dem „Perithel“
der Gefäße ausgehenden Geschwülste zu verwerfen sein. Aber
auch nicht von anderer Seite erfreut sich diese letzte Geschwulst¬
form sonderlicher Popularität. Rihbert kennt z. B. keinen
zuverlässigen Fall von Peritheliom, und Hansemann erklärt
rein weg, daß da, wo sich wirklich ein Perithel findet, nämlich
um die Gefäße der pia mater, diese Geschwülste vollständig
unbekannt sind; beide rechnen diese schlechthin zu den Sar¬
komen. Im übrigen erkennt Ribbert (ebenso Borst) nicht
einmal dem Angiosarkom irgendwelche Selbständigkeit zu;
für ihn ist es entweder ein echtes Endotheliom, oder ein ge¬
wöhnliches Sarkom, bei dem die Gruppierung der Zellen um
die Gefäße ans einem oder dem anderen Grunde mehr hervor¬
tritt. Alle, die die Möglichkeit einer vom dem Endothel aus¬
gehenden (ieschwulstbildwg anerkennen aber dennoch derartige
Geschwülste zu den Sarkomen rechnen, betrachten wohl die
mesodermale Entstehung für das Endothel als feststehend.
Gat es mithin za^eiche Gegner des Namens oder Be¬
griffes Endotheliom gegeben, und sind immer noch solche vor¬
handen, so bat derselbe andererseits auch seine Verfechter.
Man kann wohl davon ausgehen, daß alle, die hei den Ge¬
schwülsten auf das histogenetische Einteilungsprinzip halten, in
ihrem Sjstem Platz für das Endotheliom haben. Und Ribbert
z. B. leugnet, wie gesagt, auch nicht prinzipiell sein Vorkommen,
sondern betrachtet es nur als eine Seltenheit. Erompecher
verficht die Berechtigung des Begriffes und hebt die Sonder¬
stellung des Endothelioms gegenüber den Geschwülsten von
epithelialer Herkunft und den von den Bindesubstanzen aus¬
gegangenen (Fibrom, Sarkom) hervor. Ebenso unterscheiden
Drejfuß und Wolters das Endotheliom ausdrücklich von
den Angiosarkomen. Auch Mulert vertritt die Selbstständig¬
keit der Geschwülste. Aber ganz besonders ist der jüngere
Volkmann in einer größeren Arbeit für die Richtigkeit dieser
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Hasland.
Auffassung in die Schranken getreten, und hat später in einer
Polemik gegen Hansemann wiederum das zentrale in seiner
Anschauung yorgebracht V. faßt die Endotheliome ganz be¬
stimmt als eine Unterabteilung der Bindegewebsge-
schwülsteauf; aber sowohl durch ihre Entstehung, wie durch
ihre charakteristischen morphologischen Eigenschaften nehmen
sie für ihn eine Sonderstellung gegenüber den Sarkomen ein.
Man soll deshalb dieBenennungEndotheliomin Ermang¬
lung einer besseren beibehalten, wodurch einmal die Genese
der Geschwulst zum Ausdruck kommt und außerdem hervorge¬
hoben wird, daß der Tumor weder Carcinom noch Sarkom ist
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhänge v. Hippels
Standpunkt Er erklärt sich für einen Anhänger des histoge-
netischen Einteilungsprinzips und reclmet auf Grund dessen
die von ihm untersuchte Geschwulst zu den Angiosarkomen,
trotzdem er meint kontinuierliche Übergänge von der normalen
Endothelbekleidung der Lymphgefäße zu einer vollständigen
Ausfüllung ihres Lumens mit Geschwulstzellen zu finden, die
durch eine Proliferation gerade dieser Endothelien verursacht
ist Er leitet mithin die Entstehung seiner Geschwulst von den
Lymphspalten und Lymphgefäßen ab, und betrachtet die an
anderen Stellen in der Geschwulst gefundenen rein sarkoma-
tösen Veränderungen als einen, im Verhältnis zum Anteil des
Lymphgefäßendothels an denselben sekundären Prozeß, v. Hip¬
pels Standpunkt wird daher nur verständlich, wenn die Be¬
griffe Endotbeliom und Angiosarkom für ihn einander decken,
aber das geht keineswegs aus seiner übrigen Darstellung her¬
vor, eher das Gegenteil.
Die Einigkeit über diesen Punkt der Geschwulstlehre ist
also nicht überwältigend, weder was die Berechtigung des Be¬
griffes Endotbeliom selbst, noch — wie früher kurz erwähnt —
seine Abgrenzung angeht Ist man indessen im Stande, wie
ich es zu sein glaubte, mit einiger Sicherheit die Entstehung
einer gegebenen Geschwulst auf die Intimazellen des Gefä߬
systems zurückzu führen, so scheint es mir berechtigt, solche Ge¬
schwülste von ähnlichen anderer „epithelialer“ (deckender oder
auskleidender) oder Bindesubstanzabstammung zu unterscheiden.
Vielleicht wird in der Zukunft eine sicherere Kenntnis in der
entwicklungsgeschichtlichen Stellung der Gewebe, speziell des
Endothels, uns zwingen, die endothelialen Geschwülste zu einer
der größeren Gruppen Carcinom oder Sarkom zu weisen. Aber
zugleich werden diese sicherlich entsprechenden Veränderungen
ihrer jetzigen Grenzen unterworfen werden. Bis dahin aber
ist der obige Standpunkt wohl der klarste. Ich habe deshalb
auch die Benennung Endotbeliom, mich auf Volkmann
stützend, beibehalten, um damit die Sonderstellung dieser
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
829
Geschwülste zu präzisieren. Um noch weiter den
wechselnden morphologischen Bau der Geschwülste zu charak¬
terisieren, kann man dem Endotheliom ein Epitheton gehen, in
unserem Fall carcinomatosum, wenn man nicht, wie Han¬
mann, es Torzieht, die Morphologie zur Hauptsache zu machen
und von einem Carcinoma endotheliale zu sprechen Daß hierin
ein prinzipielle^ Unterschied liegt, kann ich nicht finden.
Ich habe, wie aus der histologischen Beschreibung her-
Torgeht, den Ausgangspunkt der Geschwulst in die Endothel¬
bekleidung der Lymphgefäße verlegt. Aber ich muß einräumen,
daß das mir etwa wie eine Hypothese vor Augen steht. Niemand
wird wohl im Ernste die Richtigkeit von v. H i p p e 1 s Bemerkungen
bestreiten, daß die Dififerentialdiagnose zwischen den feinen
Blot- und Lymphgefäßen schwierig und in manchen Fällen
überhaupt nicht zu stellen ist. Außerdem ist unsere Kenntnis
von den normalen Lymphgefäßen gerade der Haut sehr gering
trotz wiederholter, aber wie es scheint weniger glücklicher
Versnche (durch Injektionen) sie zu erweitern. Die Berechti¬
gung, den von mir gewählten Standpunkt einzunehmen, liegt
ausschließlich darin, daß die Blutgefäße, die ich überhaupt
mit Sicherheit als solche erkennen konnte, keine pathologischen
Veränderungen boten, während die zahlreichen erweiterten aber
im übrigen vollständig normalen Gefäße, die die genaueste
Übereinstimmung mit anderen, über deren Verhältnis zur Ge¬
schwulstbildung kein Zweifel herrschen kann, zeigten, niemals
rote Blutkörperchen enthielten.
Ehe wir zum Schluß mit einigen Worten die klinischen
Erscheinungen der Hautendotheliome erwähnen, sei es mir ge¬
stattet, in Kürze noch einmal einzelne Punkte zu berühren, in
denen sich der hier beschriebene Fall von Mulerts, Koul-
nieffs, Spieglers und sonst bekannten Endotheliomen unter¬
scheidet. Ganz besonders ist es der Mangel der durch die
genannten Verfasser beschriebenen hyalinen Degeneration in
der Geschwulst, der in die Augen fallt. In M’s. und S’s. Fälle
trat diese als eine die Geschwulstmassen umgebende homogene
Verbrämung auf, als recht regelmäßige homogene Massen in den
Geschwulstalveolen, und an einzelnen Stellen recht unregel¬
mäßig verteilt in dem umgebenden Bindegewebe, als größere
oder kleinere veränderte Partien ohne nähere Beziehung zur
Geschwulstbildung. In K's Fall war die Degeneration noch
ausgebreiteter. Das ist bei weitem nichts unbekanntes bei den
endothelialen Geschwülsten, ja Braun führt sogar an, daß so
gut wie in allen Endotheliomen mindestens eine Andeutung von
hyaliner Degeneration sich findet. In den zellreicheren Formen
ist sie gewöhnlich sehr ausgeprägt, speziell in den „Cylindromen**.
Alle scheinen sich darüber einig zu sein, daß die Degeneration
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330
Haslund.
hauptsächlich oder ausschließlich das Bindegewebe angreift,
und hier beginnt sie am häufigsten in der Peripherie der Binde-
gewebsbündel, die die Geschwulstalveolen oder -Stränge umgeben,
Gerade hierdurch entstehen Mulerts und Spieglers Bilder
einer die Zellmassen umgebenden homogenen Kapsel Aber die
Degeneration kann, wie gesagt, ganz anders in den Vordergrund
treten; das ganze fibröse Stroma der Geschwulst kann zu Grunde
gegangen und ersetzt sein durch hyaline Massen und Stränge
mit einem zentralen Gefäß, um welches herum vielleicht noch
spärliche Bindegewebsreste erkennbar sind. Ja, selbst dieses
Gefäß kann degenerieren (wie auch M u 1 e r t es sah) und vollständig
zu Grunde gehen, so daß das Blut in wandungslosen Hohlräumen,
nur umgeben von hyalin degeneriertem Gewebe, zirkuliert;
dieses muß wobl leicht dem Drucke nachgeben können, wodurch
neue Kanäle und blutgefüllte Cysten entstehen, und so geschieht
es denn, daß diese eventuell direkt von Geschwulstzellen begrenzt
werden, wie Braun das in mehreren Fällen beschrieben hat.
Aber auch eiugesprengt in die Zellmassen kann man diese
Degeneration finden. Mulert meint jedoch wie früher Fried¬
länder, daß es sich hier gleichwohl um eine Veränderung der
feinen, die Geschwulstalveolen durchkreuzenden Bindegewebs-
stränge handelt, in denen man auch hin und wieder Blutge¬
fäße findet. Das ist indessen nicht die einzige Umbildung,
die das Stroma erfahren kann, im Anschluß hieran oder mehr
selbständig soll man myxomatöse, fibröse, chondromatöse, selbst
sarkomatöse Veränderungen finden. Damit ist ein allmählicber
Übergang zu den sogenannten ,zusammengesetzten“ oder „Misch“-
Geschwülsten gegeben, und mit Recht kann man in diesen
Fällen im Zweifel sein, welcher Prozeß der primäre ist; das
führt wiederum dazu, daß es schwierig oder unmöglich wird
die Genese der betreffenden Geschwulst zu eruieren.
Ist so einerseits die hyaline Degeneration des Bindegewebes
für die Endotheliome sehr charakteristisch, so kann sie anderer¬
seits vollständig fehlen („fibröse“ Formen, im Gegensatz zu
den „byalogenen“) und daß das gerade bei der hier unter¬
suchten Geschwulst der Fall war, berechtigt nicht zu einem
Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose. Bei dieser Gelegenheit
möchte ich auch daran erinnern, daß nur eine einzige Geschwulst,
zudem eine der kleinsten und deshalb wahrscheinlich auch
jüngsten, zur Untersuchung kam. Es ist sehr wohl möglich,
d^ wir in einer der größeren, älteren Geschwülste, anstatt
wie jetzt, ganz vereinzelte nekrotische Partien im Bindege¬
webe anzutreffen, wobl ausgesprochene „hyaline“ (oder andere)
Veränderungen gefunden hätten, wodurch die Gleichheit mit
den vorherbeschriebenen Fällen vielleicht noch schlagender zu
Tage getreten wäre. Und dieselbe Möglichkeit kann man für
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Multiple Endotheliome der Kopfhaut.
331
andere Punkte in Anspruch nehmen, in Betreff deren frühere
Untersuchungen ein mehr oder minder konstantes Verhältnis
gezeigt haben, das mau in unserem Falle vermißt
Es ist doch kaum ein Grund vorhanden zu glauben, daß
ältere Partien der Geschwülste uns die regelmäßige Ordnung
der peripheren Zellen in den Geschwulstalveolen gezeigt hätten,
von der Mul er t und Spiegler sprechen und die ersterer
auch in der Umgebung der in den Alveolen eingescblossenen
hyalinen Massen fand; eine derartige Regelmäßigkeit trifft man
wohl am wahrscheinlichsten gerade in den jungen Geschwülsten.
Nach Braun scheint dies auch ein mehr zufälliger Befund zu
sein. Dagegen deutet das klinische Aussehen der Geschwülste
eine Möglichkeit dafür an, daß wir an anderen Stellen Blutungen
und daraus resultierende Pigmentierungen in diesen treffen
könnten, wie Spiegler, Li mach er und Borrmann es
gesehen haben. Auch Mulert fand Blutpigment in seinen
Geschwülsten, aber wie es scheint nur in den durch hyaline
Degeneration der Gefäße entstandenen, sowohl mikroskopisch
wie klinisch nachweisbaren Cysten; ein ihnen entsprechendes
Verhalten wären wir nur in Anbetracht einer einzelnen größeren
Geschwulst berechtigt anzunehmen (s. Krankengeschichte).
Ich muß über noch eine Eigentümlichkeit im Bau der
Endotheliome sprechen, die in unserem Fall nicht vorhanden
war. Das ist die Bildung der sogenannten „Lagerungskugeln“,
deren Struktur vollständig den von gewissen Garcinomen her
bekannten „Epithelperlen“ entspricht. Sie erfahren jedoch
niemals wie diese eine Verhornung, was ja ihrem Ursprung
nach nicht zu erwarten wäre, und scheinen nach Mulert und
Borrmann ausschließlich das Resultat einer hyalinen
Degeneration der Geschwulstzellen zu sein. Ein
regelmäßiger Befund ist dies keineswegs; doch sie können in
so reichlicher Menge vorhanden sein, daß sie der Geschwulst
vollständig ihren Charakter verleihen (Braun) und sie können
verkalken (Psammome).
Was nun schließlich die klinischen Erscheinungen
der Hautendotheliome betrifft, so können sie, glaube
ich. in recht variierenden Formen auftreten. Interessant ist es,
daß sie vollständig den Charakter eines ulcusrodens annehmen
können. Volkmann hat zuerst ein solches endotheliales Ulcus
beschrieben, später ist es wiederholt beobachtet worden. Auch
Braun kennt es aus eigener Erfahrung und meint in Über¬
einstimmung mit König, daß ein größerer Teil der Cancroide
besonders im Antlitz vielleicht hieher gehört. Überhaupt
scheinen nach Hinsberg die Endotheliome im Gesicht absolut
keine Seltenheit zu sein (von 97 untersuchten Geschwülsten
waren 13 endothelialen, 84 epithelialen Ursprungs), und in
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Hasl und.
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gewissen Regionen, an der Nase und den Augenlidern, treten sie
sogar in derselben oder in noch größerer Häußgkeit auf als
die Carcinome. Das äußere Bild ist bei beiden ein und dasselbe
und histologisch ist die Differentialdiagnose oft gleichfalls sehr
schwer zu stellen. Ebenso charakteristisch wie das flache
inflltrierende Ulcus soll die fungösc Form mit äußerster
Verdünnung des Epithels, Abflachung der Papillen und ganz glatter
oder ulzerierter Oberfläche für das Hautendotheliom sein. Auch
einen solchen Fall zu mikroskopieren hatte Braun Gelegenheit.
Während es sich hier um solitäre Geschwülste
handelt, ist andererseits die für die Endotheliome so oft betonte
primäre Multiplizität in Bezug auf die Haut auch nicht unbe¬
kannt. Hier will ich zuerst Hebra-Kaposis Lymphangioma
tuberosum multiplex nennen, daß von Jarisch als ein von den
Blutgefäßen ausgegangenes Endotheliom aufgefaßt worden
ist, wobei er die Möglichkeit andeutet, daß ähnliche Geschwülste
ihre Entstehung vom Endothel der Lymphgefäße nehmen können.
J. rechnet hierunter ferner einen Teil der Geschwülste, die
bisher als sudoripare Adenome beschrieben worden sind,
hydradönomeseruptifs «Jaquet-Darier) und Synonyme
dieses Begriffs: Unna-Töröks syringocystadenoma,
Perrys adenoma of the sweat glands, Besniers
cystadenomes epitheliaux benins, Quinquauds
cellulorae epithelial eruptif. Dagegen scheidet er aus
Brookes epithelioma adönoides cysticum, Balzer-
Menetriers adenome sebacee, Besniers degeneres-
cencecolloideduderme und Wagners colloidmilium,
Veränderungen, die von verschiedenen Verfassern für unter¬
einander und mit Hydradenomes eruptifs identisch erklärt
worden sind. In wie weit Jarisch recht darin hat, die „Hydra-
denome" zu den Endotheliomen zu rechnen, das kann vielleicht
noch nicht als abgemacht angesehen werden. Die meisten
haben, wie aus ihren Benennungen der Geschwülste hervorgeht,
diese auf Schweißdrüsen zurückgeführt, ohne daß jedoch ein
Zusammenhang mit letzteren sicher bewiesen ist, weswegen
Török u. a. den Ausgangspunkt der Geschwülste auch in
embryonale „verunglückte“ Drüsenkeime verlegen. Andere, wie
Brooke, Philippson, Quinquaud und später Jaquet
selbst („Epitheliome cystique benin de la peau“) räumen resolut
den Mangel dieses Zusammenhanges ein und rechnen die
Geschwülste zu den Epitheliomen (ausgegangen von der Epi¬
dermis oder den Haarbälgen), ebenso Darier, der übrigens mit
Jari sch für ihre Identität mit Lymphangioma tuberos. multipl.
daidiert. Später haben doch Kromayer (unter der Diagnose:
^ndothelioma tuberosum colloides), Elschnig und Wolters
jei der Mitteilung von Fällen von Lymphangioma tuberosum
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Multiple Eudotheliome der Kopfhaut.
333
multiplex sich Jarisch in der Auffassung von dem endo-
thelitJen Ursprung der Geschwülste angeschlossen; Lesser-
Beneke indessen haben auf Grund der Identität mit Hebra-
Eaposis Fall, und weil die Geschwulstbildung mehr mit den
Lymphkapillaren, als mit den Lymphspalten in Verbindung
steht, an der Benennung „Lymphangiom“ febtgehalten, obgleich
auch sie das Endothel als die Matrix der Geschwülste
betrachten — ganz gewiß nicht wie Jarisch, Elschnig und
Wolters das Endothel der Blutgefäße, sondern in Übereinstim-
mung mit Kromayer, das der Lymphwege. Klinisch besteht
keine Ähnlichkeit zwischen diesen Fällen und dem unsrigen,
außer dem multiplen Auftreten der Geschwülste; auch der
histologische Bau derselben ist abweichend, besonders durch
die strich- und netzförmige Anordnung der Geschwulstzellen
und eine, wie es scheint, hier eigentümliche Gystenbildung, die
für Lesser-Beneke jedoch nichts Wesentliches ist, sondern
nur aus einer mehr zufälligen hyalinen oder „kolloiden“ Dege¬
neration der Endothelzellen hervorgegangen ist. Eine solche
Degeneration der Geschwulstzellen kenut man ja auch von
anderen Fällen her (z. B. Koulnieffs) und unter anderen
Formen, wie die oben erwähnten „Lagerungskugeln“.
Etwas näher als diese im ganzen auch recht seltenen
Fälle von Haemangiomendothelioma tuberosum multiplex
(Jarisch), resp. Lymphangioma tub. multipl. (H e b r a-E a p o s i)
scheint B i e h 1 s Fall von multiplen Endotheliomen dem
unseren zu stehen. Auf derselben Naturforscher-Vereinigung
in Wien (1898), auf der Spiegler seine beiden ersten Fälle
(Vater und Tochter) demonstrierte, stellte R. einen Patienten
mit multiplen, sehr hatten Geschwülsten in den tiefsten Lagen
der Haut vor, die besonders am obersten Teil des Körpers
anftraten; die Haut über ihnen war verschieblich und es bestand
kein Zerfall. Sie waren aus Zellen aufgebaut, die teils alveolär,
teils strichförmiggeordnet waren und Riehl verlegt den Aus¬
gangspunkt für die Geschwulstbildung in das Endothel der
Lymphwege. Selbst wenn eine eingehendere Beschreibung
dieser Geschwülste, als sie ein kurzes Referat der Naturforscher¬
versammlung gebracht hat, zeigen sollte, daß die Übereinstim¬
mung mit unsern und den hiermit identischen Fällen eine
größere ist als zwischen diesen und dem Lymphangioma tube¬
rosum multiplex, so sind die klinischen Bilder, vielleicht auf
die verschiedene Lokalisation gegründet, doch ganz abweichend.
Daß man sich jedoch nicht auf den makroskopischen Be¬
fund und das klinische Aussehen verlassen soll, darüber hat
uns Mugnus Möller sehr nett belehrt. Aus Anlaß der Unter¬
suchung einer großen, unregelmäßig geformten und knolligen
Geschwulst im Haarboden, die unwillkürlich die Gedanken auf
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HasluDd.
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Spieglers und ähnliche Fälle lenkte, sich aber als ein
Naevus giganteus erwies, gibt er nämlich eine Zusammen-
stelluDg aus der Literatur von den bisher beschriebenen Fällen
von multiplen oder sehr großen, solitären, aber sehr unregel¬
mäßigen und gelappten Geschwülsten in der Kopfhaut (darunter
auch die in dieser Abhandlung genannten). Alle haben sie eine
gewisse, oft große Ähnlichkeit in ihrem Äußern gezeigt, aber
histologisch gehören sie weit verschiedenen Gruppen an. Ein
Teil ist — mit Recht — als echte Talgdrüsengeschwülste auf-
gefaßt worden; einzelne sind gutartige Epitheliome; die Diagnose
„Cylindrom“ ist in Anwendung gebracht worden, ohne daß
jedoch damit eine sichere Klassifikation erreicht worden wäre;
mehreren kann man der Beschreibung nach überhaupt keinen
bestimmten Ausgangspunkt geben; endlich sind da die wenigen
sicheren Fälle von multiplen Endotbeliomen. Dubreuilh und
Aue he haben indessen alle die von M. gesammelten Fälle
derselben epithelialen Natur erklärt und identisch mit dem von
ihnen referierten Falle, in welchem die Epidermis der Ans-
gangspnnkt der Geschwulstbildung war, möglicherweise zugleich
die Haarbälge und die Talgdrüsen. Nichts kann besser zeigen,
als dies, welche Unsicherheit immer noch herrscht bei der Be¬
urteilung der Hautgeschwülste und ihrer Klassifikation. Immer
von neuem wiederholte Einzeluntersuchungen und verschärfte
Kritik werden uns wohl schließlich hierüber hinweghelfen.
Schon jetzt erscheint es mir indessen berechtigt, auf
Grund der Histologie den hier beschriebenen Fall dem Spieg¬
lers, Mulerts und wahrscheinlich auch Koulnieffs an die
Seite zu stellen und diese kleine Gruppe von den „Epitheli¬
omen“, „Adenomen“, „Cylindromen“ usw. anderer Verfasser in
der Kopfhaut abzusondem. [Mit Seitzs Fall von multiplen
Cylindromen im Haarboden (biss. München, 1898), deren endo¬
thelialen Ursprung er selbst für bewiesen ansieht, habe ich
ebensowenig wie Möller nicht Gelegenheit gehabt, mich bekannt
zu machen.]
Bisher sind diese Geschwülste nur bei Erwachsenen
beobachtet worden, am häufigsten zwischen dem 20. und 30.
Jahre beginnend, aber in langsamer und ständiger Ent¬
wicklung, teils durch fortgesetztes Wachstum der einzelnen
Knoten, teils durch reichliches Auftreten neuer, bis die Patienten
nach kürzerer oder längerer Zeit (10—40 Jahren) zur Beobach¬
tung kamen. Hierin bildet mein Fall indessen eine auffallende
Ausnahme. Wenn man den Worten der Patientin Glauben
schenken kann, so soll die erste Geschwulst ein Jahr vor ihrer
Aufnahme ins Kommune-Hospital aufgetreten sein, also frühestens
in ihrem 46. Jahre, und wenn auch die Geschwulstbildung
durchaus nicht das reinweg phantastische Bild von Spieglers
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Multiple Endotbeliome der Kopfhaut.
835
erstem Fall wiedergab, so mußte dennoch die große Anzahl
der Knoten — über 50 als ich die Patientin zum ersten Mal
sah — in diesem Falle auf eine ungewöhnlich schnelle Ent>
Wicklung deuten, was durch den späteren Verlauf keineswegs
widerlegt wird. Dieser war nämlich auch im Gegensatz zu dem
bisher mitgeteilten ausgesprochen malign. Will man endlich
die alte Einteilung der Geschwülste in bösartige und gutartige
aufrecht erhalten, so kann man die Endotbeliome durchaus
nicht mit Recht zu den letztgenannten zählen, höchstens kann
davon die Rede sein, ihnen im allgemeinen eine bedingte
Benignität zuzuerkennen. Durch ihr infiltrierendes und
schrankenloses Wachstum unter zu Grunde gehen des ange¬
griffenen Gewebes, zeigen sie eine ausgesprochene lokale
Malignität, wie sie auch sehr häufig, vielleicht am häufigsten,
nach der Operation in loco rezidivieren. Das war auch
der Fall bei Mulerts Patient, und diese Eigenschaft kompro¬
mittiert in gewissem Grade die Behandlung, die sonst als die
rationellste und ansprechendste erscheinen müßte, nämlich die
totale Exstirpation. Möglicherweise würde cUe in unserm
Fall angewandte Röntgen- oder Formalinbehandlung
in einem früheren Stadium günstigere Resultate aufweisen; die
Wirkung war jedenfalls deutlich.
Sind die Endotbeliome insoweit gutartig, als sie nur selten
Ableger in den Lymphdrüsen oder inneren Organen bilden, so
ist diese Wendung im Verlauf der Erkrankung doch nicht ganz
unbekannt und sie können, nach Hansemann, zu den bös¬
artigsten Geschwülsten gehören. Gerade in diesem Punkt unter¬
scheidet sich unser Fall von den bisher beschriebenen multiplen
Endotheliomen der Kopfhaut. Es kann kein Zweifel darüber
herrschen, daß die Patientin infolge ihrer Geschwülste unter
zunehmender Kachexie starb; schon früh im Verlaufe der Krank¬
heit trat eine stetig fortschreitende Infektion der Drüsen auf
und es frnden sich Symptome ein, die mit großer Wahrschein¬
lichkeit auf eine Metastase in oder vielleicht anfangs um die
Lendenwirbelsäule herum deuteten; dieses nachzuweisen
wurde uns leider nicht erlaubt. Ein ähnlicher bösartiger Ver¬
lauf wurde nur in Ancells Falle beobachtet, der, wie oben
erwähnt, nicht mit Sicherheit zu den Endotheliomen gerechnet
werden kann. Hier allein finden wir auch die von Spiegler
so stark betonte Neigung zur Heredität wieder, die das Auf¬
treten des Leidens bei seinen beiden ersten Patienten, Vater
und Tochter, vermuten lassen konnte; es ist daher möglich,
daß die Endotbeliome im Haarboden gar nichts besonders
charakteristisches in dieser Hinsicht bieten und daß es sich
um einen Befund gehandelt hat, den wir häufiger oder seltener
bei allen Geschwülsten antreffen, welcher Art und wo sie auch
lokalisiert seien.
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Hasland.
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Wo es wie hier sich um Geschwülste bandelt, deren seltenes
Vorkommen es notwendiger Weise mit sich bringt, daß sie nur
Gegenstand kasuistischer Mitteilungen werden können — niemand
hat bis jetzt das Glück gehabt wie Spiegler selbstbeobachtete
Fälle sammeln zu können — da muß die Beschreibung einer
jeden einzelnen, besonders was die histologischen Veränderungen
angeht, so erschöpfend wie nur möglich sein, leb sehe ein,
dal in diesem Punkt der hier mitgeteilte Fall nicht ganz be¬
friedigend ist, indem ich nur eine kleinere etwa erbsengroße
Geschwulst für meine Untersuchungen zur Verfügung hatte,
und mir die MögUebkeit genommen sah, diese durch andere
Partien nach dem Tode der Patientin zu ergänzen. Zum Entgelt
dafür habe ich gestrebt so eingehend und objektiv als möglich
in der Beschreibung dessen zu sein, was ich in meinen Präpa¬
raten gesehen habe, in der Hoffnung dadurch die Brauchbarkeit
des Falles für kommende Zeiten zu erhöhen. Vielleicht habe
ich mich bei derselben Gelegenheit in einzelnen Punkten ver¬
leiten lassen, in Hinsicht auf den Ausgangspunkt der Geschwülste,
Schlüsse zu ziehen, zu denen frühere Forscher mit größerem
Material sich nicht berechtigt fühlten — oder mit weniger
liecht getan haben. Die Zukunft muß hier hinzufügen oder
wegnehmen; aber ich will doch wiederum darauf aufmerksam
machen, daß gerade eine Untersuchung der „frischesten*
Geschwülste in dieser Richtung Bedingungen bietet, deren die
Untersucher älterer und größerer Geschw^ste verlustig gehen.
Andrerseits bin ich weit entfernt zu glauben, daß ich endlich
die Lösung der vielleicht nicht einmal gleichartigen Genese
dieser Geschwülste erreicht habe. Auf viele Fragen mußte ich
mir selbst mit der in der Medizin leider allzuhäufigen Ent¬
gegnung antworten: ignoramusl
Literatur.
Besnier-Doyon. Pathologie et traitement des maladies de la
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Eoulnieff. Cylindrome multiple de la peau. Soc. russe de syph.
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Kromayer. Zwei Fälle von Endothelioma tuberos. colloides
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Krompecher. Über die Geschwülste, insbesondere die Endotheli¬
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(Kaposi) Virch. Arbh. Bd. CXXIII. 1891. p. 8ü.
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Möller, Magnus. Naevus giganteus capillitii im Vergleich mit
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Philippson. Die Beziehux^en des Kolloid-Milium (Wagner) der
kolloiden Degeneration der Cutis (Besnier) und des Hydradenom iDarier-
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Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. LXXXII. 99
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Spiegler. Über Endotheliome der Haut. Arch. f. DemL n. Syph.
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Tö rök. Das Sjringo-Cystadenom. Monatshefte f&r prakt. Dermtol.
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Yolkmann. Ein neuer Fall von Cylindergeschwulst. Virch. Arch.
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Volkmann. Deutsche Zeitschr. f. Ghir. Bd. XLI. 1895.
Yolkmann. Über die Beseichnung y^Endotheliom*. Deutsche med.
Woch. 1896. Nr. 14. p. 223.
Wolters. Hämangioendothelioma tuberosum multiplex etc. Arch.
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Ziegler. Lehrbuch der allgem. Pathol. n. path. Anatomie. Bd. I.
Jena. 1906. XI. Aufl.
Erklärung der Abbildungen auf Taf. ZIIl—ZVIL
Fig. 1. Photographie der Pat. am 1./X. 1903 aufgenommen.
Fig. 2. Übersichtsbild des Geschwulstbaues. Zeiss. Obj. DD. Ok. 2.
Fig. 3. Teil der Wandung eines erweiterten Lymphgefäßes mit
proliferierendem Ehidothel. Zeiss, hom. Imm. Vis* Ok. 2.
Fig. 4. Durchbruch eines alveolären Zellhanfens in ein Lymph¬
gefäß hinein. Zeiss. Obj. DD. Ok. 2.
Fig. 6. Verfolgung eines Lymphgefäßes durch mehrere Serien¬
schnitte (jedes 3—4 gezeichnet). Zeiss. Obj. DD. Kompensationsokular 6.
Fig. 6. Zentrales Lymphgefäß in einer kleinen Geschwnlstalveole.
Zeiss. Obj. ÄA, Ok. 4.
Fig. 7. Dasselbe Lymphgefäß; centrifugale Proliferation des Endo¬
thels. Zeiss, hom Imm. Vis* Ok. 2.
Die weitere Erklärung ist dem Texte zu entnehmen.
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TAF XIV.
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TAF. XV
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Haslund; Mnllipln lindollinlionic
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Atu der k. k. dermatologischen Klinik (Prof. Biehl) in ^en.
Über Lichen albus,
eine bisher unbeschriebene Erkrankung.
Von
Dr. Leo Ritter von Znmbasch,
I. AMictenten der SOlnlk.
(Hie*u Taf. XVIH n. XIX.)
Im Ambulatorium der Klinik erschien am 5. Dezember
1905 eine Frau, deren Hauterkrankung von den gewöhnlichen
Typen so sehr abwich, daß der Befund auf den ersten Blick
das größte Interesse hervorrief. Da auch die weitere Unter¬
suchung ergab, daß diese Erkrankung klinische und anatomische
Eigenart besitzt, scheint eine genauere Beschreibung wohl
gerechtfertigt.
Ohne weitere Vorbemerkungen sei zunächst die Kranken¬
geschichte mitgeteilt:
B. R., Näherin, 51 Jahre alt, ledig.
Anamnese vom 5. Dezember 1906. Vor der jetzigen Erkrankung
will Patientin nie ernstlich leidend gewesen sein; im Jahre 1892 litt sie
vorübergehend an rheumatischen Beschwerden, für die sie aber ärztliche
Hilfe nicht in Anspruch nahm. Seither traten einigemal Kopfschmerzen
und Seitenstechen auf; Pillen, die ihr von ärztlicher Seite verordnet
wurden, brachten bald Besserung. Außerdem gibt Patientin an, seit vielen
Jahren etwas nervös zu sein, was sie auf ihren anstrengenden Beruf als
Näherin zurückführt.
Das jetzige Leiden besteht seit 4 Jahren. Es trat ohne Allgemein¬
erscheinungen, nur von heftigem Juckreiz begleitet, auf; dieser war zeit¬
weise sehr quälend und lästig, zeitweise sehr gering. Anfangs waren nur
wenige Stellen, zuerst an den Schultern und Oberarmen, erkrankt, später
wurden mehrere befallen. Erst nach etwa zwei Jahren bemerkte Patientin
22 *
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340
V. Zumbusch.
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daß sich einzelne Flecken zurück bildeten; während dessen bildeten sich
aber stets noch neue aus, die sich langsam vergrößerten. Auf den Ober¬
armen verschwanden alle Erscheinungen wieder, dagegen traten solche
auf den Vorderarmen neu auf, seit Jahresfrist; diese jucken besonders
heftig. Einzelne Eruptionen bilden sich schon nach einigen Monaten
zurück, andere bestehen viel länger; an der Brust schwanden alle EfBorea-
zenzen total, so daß die Patientin jetzt nicht mehr angeben kann, wo
sie gesessen hatten. Nur zwei oder drei erhielten sich daselbst. In
letzterer Zeit, vor einigen Wochen, vehement auftretender Juckreiz ver-
anlaßte die Patientin ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, doch brachte
ihr ein verordnetes Pflaster, das sie auch nur wenige Tage auflegte, keine
Erleichterung. Zur selben Zeit wurde sie von ischiasartigen Schmerzen
befallen, weswegen sie bis heute an der Klinik für Nervenkrankheiten
elektrisiert wird; letztere Beschwerden sind auch schon fast völlig
geschwunden. Im übrigen wurde der Ausschlag nie behandelt. Potus
und Lues werden negiert, es liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Bemerkt
sei noch, daß der Bruder der Kranken seit 5 Jahren an einem chronischen
Ausschlag mit roten Punkten leidet, er wird angeblich mit Tropfen, die
er in steigender Zahl nimmt, behandelt. Befragt, gibt die Patientin an,
sie glaube, daß Lichen ruber der Name der Krankheit sei.
Status praesens. Kleine, lebhafte, leicht aufgeregte Person,
intelligent; es besteht leichter Tremor der Hände, sonst keine nervösen
Symptome. Die Hautfarbe ist etwas blaß, der Körperbau und die
Ernährung mittelmäßig. Die inneren Organe ohne Besonderheiten, im
Ham weder Eiweiß noch Zucker.
Hautbefund (siebe Tafel): Man findet kleine Krankheitsherde
an den Vorderarmen und zwar besonders innen am Handwurzelgelenk, sowie
an der Beugeseite der Unterarme. Größere und zahlreichere Herde finden
sich über den Schultern, am Nacken und Rücken. Der übrige Körper
ist frei, nur an der Brust sieht man auch einzelne kleine Effloreszenzen.
Die Herde stehen unregelmäßig gruppiert, manchmal konfluierend, ihre
Ausdehnung schwankt von Stecknadelkopf- bis Hellergröße.
Die kleinsten Herde sind von rundlicher oder leicht polygonaler
Form, sie überragen das Niveau der Umgebung in eben wahrnehmbarer
Weise, und sind scharf abgegrenzt; die Farbe ist blaßlila, rosa, manchmal
ziemlich lebhaft hellrot, sie zeigen leichten Glanz; die Oberfläche tragt
keine Auflagerung von Schuppen oder Krusten, sie ist glatt. Betastet
man diese Herde so sieht man, daß sie unter dem Fingerdrucke abblassen
und eigentümlich weiß aussehen; die Konsistenz ist sehr wenig vermehrt,
sie sind eben tastbar.
Anders ist das Aussehen der größeren Herde, von Hanfkorn- bis
Hellergröße. Meist sind sie rundlich geformt, nur bei wenigen gewinnt
man den Eindruck, als wäre ein größerer Herd aus mehreren kleinen
Knötchen mosaikartig zusammengesetzt; die meisten sehen ganz einheitlich
aus. Man siebt auch einzelne größere Plaques, die eine polyzyklische,
deutlich durch Konfluenz mehrerer hellergroßer Einzelherde entstandene
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über Lichen albos etc.
341
Form haben. Alle diese Herde sind flach scheibenartig* über das Niveau
der Umgebung erhaben, scharf abgegrenzt. Die Ränder sind durch einen
sehr zarten, erythematosen Hof gebildet, der sich analog den oben be¬
schriebenen, kleinsten Effloreszenzen verhielt; er ist von rosavioletter
Farbe, ca. Vi bis 1 mm breit.
Mit Ausnahme dieses Randes ist die Farbe der Scheiben aber eine
ganz merkwürdige. Sie sind weiß wie Porzellan, an einen durch konzen¬
trierte Karbolsäure erzeugten Schorf erinnernd. Dabei ist die Oberfläche
glatt, glänzend, mäßig derb anzufühlen wie Glanzleder. Diese weiße
Verfärbung bietet aber nicht das Aussehen wie eine aufgelagerte Schuppe:
Es fehlt die scharfe, tastbare Begrenzung, die Rosaviolettfarbe des Hofes
geht ziemlich rasch und ohne Niveaudifferenz in das Weiß des zentralen
Teiles über; der Finger gleitet, wie über glattes Leder, über die ganze
Plaque weg. Nur mit großer Gewalt und mit ziemlichen Schmerzen
für die Patientin kann man durch Kratzen einen Teil der weißen Schichte
entfernen, wobei man den Eindruck gewinnt, daß die Epidermis inner¬
halb der weißen Stelle etwas verdickt ist; die ezkoriierten Stellen nässen
oder bluten.
Bei den gprößeren Herden, besonders am Nacken und den Schultern,
ist nicht die ganze Oberfläche gleichmäßig glatt. Zwar ist alles weiß,
aber in der Mitte einzelner Plaques sitzen, in einer Gruppe vereint,
kleine, graubraune, zirka V 4 bis V* rnm hohe, hornige Zapfen von spitzer
Eegelgestalt, die sehr fest haften, und sich rauh und hart anfühlen.
Auch sieht man da und dort in den weißen, lederartig glatten
Flächen Stellen, die grau, kaum mohnkorngroß und leicht vertieft sind.
Auch diese Gebilde liegen sehr oberflächlich, die bestehende Konsistenz¬
vermehrung ist lediglich der Auflagerung zuzuschreiben.
Neben den beschriebenen, frischen und wohl erhaltenen Herden
sieht man viele, die in verschiedenen Stadien der Rückbildung begriffen
sind. Besonders reichlich sind diese an den Vorderarmen, und zwar an
der Beugeseite zu sehen, die allermeisten an der Ulnarseite, in geringerer
Zahl auch an den Schultern, überhaupt überall, wo sich in der Nähe
frische Eruptionen befinden. Auch diese Herde sind mohnkom- bis über
bellergroß, die kleineren rundlich, die größeren polyzyklisch begrenzt.
Alle Stadien der Rückbildung sind zu sehen. Von fast unveränderten
Herden bis zu solchen» wo die Haut nur mehr in wechselnder Intensität
braun pigmentiert und ganz leicht, grübchen- oder dellenformig vertieft
(atrophisch?) ist. Diese pigmentierten und, wie es scheint, leicht atro¬
phischen Stellen haben noch zum Teil einen rosenrot gefärbten Rand,
der sich jedoch nicht infiltriert oder geschwollen anfühlt.
Endlich sieht man auch Stellen, wo offenbar die Rückbildung schon
vor längerer Zeit vor sich gegangen ist; an diesen Stellen bestehen nur
mehr Andeutungen von Pigmentation; dieselbe ist, wie die Atrophie, im
Begriff der klinischen Wahrnehmung zu entschwinden. Die Verfärbung
und die Depression verstreicht so unscharf in die Umgebung, daß man
nicht sagen kann, wie groß solche Herde gewesen seien. An einzelnen
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342
T. Zumbuacb.
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Hautpartien, besondere an der Brust, von denen die Patientin mit Bestimmt¬
heit angibt, daß sie mit Effloreszenzen besetzt gewesen seien, findet sieb
so wenig eine Veränderung, daß es ganz unmöglich ist, auch nur ver¬
mutungsweise anzogeben, wo die Herde gesessen haben könnten.
Die sichtbaren Schleimhäute zeigen keinerlei Veränderung; sie
sind etwas blaß.
Deenrsus morbi; Der Verlauf des Prozesses gestaltete sich
folgendermaßen: Die Patientin erhielt lokal indifferente Behandlung
(Alkoholbetupfung), intern Arsen in Gestalt von Pilulae Asiaticae. Nach
einigen Wochen gab sie an, der Juckreiz sei bedeutend geringer geworden,
auch war eine, wenngleich mäßige Abnahme der Symptome unverkennbar;
besonders konnte konstatiert werden, daß die Konsistenz der Plaqnes ab¬
genommen hatte. Bis jetzt, znm Mai, haben sich nun unter fortgesetzter
Arsenbehandlung keine neuen Plaqnes gebildet, die alten sind last durch¬
wegs flacher und blässer rot an den Rändern geworden. Der Juckreiz
soll nur mehr selten und schwach anftreten, doch ist das Bild in seiner
Eigenart noch immer recht deutlich zu sehen.
Der Fall wurde vom Verfasser am 10. Januar 1906 in der Wiener
Dermatologischen Gesellschaft demonstriert.
Am linken Vorderarm wurde unter Äthylchloridanästhesie
ein zirka linsengroßer, mit weißer Oberfläche versehener wohl¬
erhaltener Herd exzidiert und die histologische Untersuchung
desselben vorgenommen.
Das Präparat wurde in Alkohol fixiert und gehärtet, in
Paraffin eingebettet, die Schnitte nach verschiedenen Methoden
gefärbt. Für die Anfertigung eines Teiles der histologischen
Präparate bin ich Herrn Dr. Karl Reitmann zu großem Danke
verpflichtet.
Im histologischen Bilde sieht man folgendes: Die Horn¬
schichte über der Effloreszenz ist etwas, jedoch nur mäßig
verdickt, sie ist fest zusammen geschlossen, Kerne sind in ihr
keine erhalten. Die Keratobyalinschiebte ist deutlich mächtiger,
als in der umgebenden gesunden Haut. Das Rete Malpighii ist
von normaler Mächtigkeit (durchschnittlich etwa 5 Lagen von
Zellen), es zeigt auch in Bezug auf die Entwicklung der Zell¬
fasern, der Kerne, auf die Zahl der Mitosen keine deutliche
Abweichung vom Normalen. Man sieht weder Spaltbildungen
innerhalb der Epidermis noch eingewanderte Zellen. Die ganze
Epidermis ist vielleicht ein wenig ödematös durchtränkt.
Sehr eigentümlich ist der Befund in der Cutis: Im Häma-
toxylin-Eosin Präparate sieht man im zentralen Bereiche der
Plaque, also entsprechend der weiß gefärbten Oberfläche das
Bindegewebe des Papillarkörpers und der oberen Hälfte der
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über Lieben albns etc.
343
Cutis eigentümlich gequollen und homogen; in der Art, daß die
fibrilläre Stmktar nur undeutlich erkennbar ist. Diese Ver¬
änderung der Cutis ist ziemlich scharf ahgegrenzt, reicht in
der Mitte der Effloreszenz von der Epidermisgrenze bis gegen
die Mitte der Cutis herab, während sie gegen die Peripherie
des Herdes hin immer seichter wird; sie wird daher am senk¬
rechten Schnitt durch eine nach unten konvexe, fiach gekrümmte
Bogenlinie begrenzt. Der ganze, in dieser Weise veränderte
Cutisanteü hat somit die Gestalt eines Kugelabschnittes, dessen
ebene Fläche nach oben, der Epidermis zugekebrt ist. Die
obere Grenze der so veränderten Hautpartie wird durch die
Epidermis gebildet. Die Papillen am Bande der Plaque sind
noch erhalten, während sie im zentralen Anteil fast ganz ver¬
strichen sind.
Innerhalb dieses Gebietes besteht keine entzündliche Infil¬
tration; lediglich um die vorhandenen Gefäße, die jedoch nur
in sehr geringer Zahl zu sehen sind, findet man einige Rund¬
zellen. Ringsum die so beschaffene Hautpartie besteht aber
ein sehr mächtiges, entzündliches Infiltrat, in welches sich
Rundzellen und fixe Bindegewebszellen in großer Zahl gelagert
finden. Es umgibt mantelartig, in der Form eines Uhrglases,
den ganz infiltratfreien Bezirk von unten her und an den
Rändern; am wichtigsten ist es an den Rändern, entsprechend
dem lila gefärbten Saum. Eine stärkere ödematöse Durch¬
tränkung der homogen aussehenden Teile der Cutis konnte nicht
bemerkt werden. Die Fibrinfärbung ergab ein negatives Resultat,
es besteht keine Vermehrung des Fibrins zwischen den Faser¬
bündeln des Gewebes.
Ganz merkwürdig ist die Verteilung der elastischen Fasern.
Unmittelbar unter der Epidermis, sowohl an den Rändern des
Herdes, wo die Papillen erhalten sind, als im Zentrum, wo sie
verstrichen sind, sieht man in einer ganz dünnen oberfläch¬
lichen Schichte die elastischen Fasern in Form eines feinen
Netzes erhalten, an dessen einzelnen Elementen tinktoriell keine
wesentlichen Veränderungen zu konstatieren sind. Auch in
dem beschriebenen Entzündungswall sind elastische Fasern
reichlich vorhanden. Dagegen sind iu dem kugelmützenför¬
migen, oben beschriebenen Bereich der Haut, wo man keine
Entzündung, sondern die eigentümliche Veränderung der binde¬
gewebigen Cutiselemente sieht, die elastischen Elemente gänzlich
geschwunden (siehe Tafel). Die üblichen Färbungen auf Bak¬
terien (G r a m-W e i g e r t, Tuberkelfärbung) ergaben negativen
Befund.
Betrachten wir das klinische Bild des Falles, so ist
folgendes zu bemerken: Eine im übrigen gesunde Frau erkrankt
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344
V. Zumbasoh.
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an einem chronisch verlaufenden Hautleiden; dieses belästigt
die Patientin lediglich durch intermittierend auftretenden Juck¬
reiz, löst aber sonst keinerlei Beschwerden aus. Es lokalisiert
sich in nicht weiter charakteristischer Weise an den Stamm
und die Extremitäten in ungefähr symmetrischer Verteilung.
Die Effloreszenzen treten auch in Form kleiner, anfangs
lebhaft roter, später blaßlila gefärbter Knötchen auf; diese haben
teils eine rundliche, teils eine mehr polygonale Form und
schwanken zwischen Hirsekorn- und Linsengröße. Sie sind flach
konvex, zeigen weder auffallend platte Oberfläche noch Schuppen¬
auflagerung.
Sic besitzen keinen Wachsglanz, sie sind weich anzufühlen.
Diese Knötchen bestehen, zeitweise stark juckend, viele Wochen
lang. Ihr weiteres Schicksal ist verschieden. Manche involvieren
sich und verschwinden spurlos, oder hinterlassen eine überaus
zart atrophische Stelle; diese atrophischen Stellen sind im
Anfang leicht pigmentiert, nach einigen Wochen verschwindet
die Pigmentation. Auch die Atrophie ist in späterer Zeit
klinisch nicht mehr nachzuweisen. Andere Knötchen vergrößern
sich durch peripheres Wachstum bis zu Fingernagelgröße. Die
über diese Größe hinausgehenden Plaques zeigen durch ihre
polyzyklische Begrenzung deutlich ihre Entstehung durch Kon¬
fluenz mehrerer Herde.
Mit der Vergrößerung ändert sich die Beschaffenheit der
Herde. Ihre Oberfläche wird statt rot weißlich. Bei den
kleineren Herden ist nur ein zarter, weißer Überzug, durch
welchen die Hyperämie bläulich durchscheint, zu konstatieren.
Sobald die Herde aber etwa Erbsengröße erreicht haben, zeigen sie
sich mit einer pozellanweißen, undurchsichtigen, lederartig
derben, glatten Schichte überzogen; diese ist leicht glänzend,
nicht schuppend, und geht unmerklich in den roten Rand über.
Bei den allergrößten Herden sind nur die peripheren Anteile
ganz glatt und mattglänzend, die Mitte der Plaques ist mit
Grübchen versehen, in denen zum Teil comedoähnlich aus¬
sehende Gebilde sitzen; diese haften sehr fest, lassen sich nicht
ausdrückeu, besitzen schwärzliche Farbe. Ganz im Zentrum
dieser größeren Herde sind kleinste, stachelförmige, papillom¬
artige Gebilde von grauer Farbe, die drusenartig in einer Gruppe
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über Lichen albus eto.
345
beisaminen stehen; sie sind sehr hart und rauh anzufüblen und
als Homstachel deutlich zu erkennen. Auch diese größeren
Herde involrieren sich in ähnlicher Weise wie die kleinen.
Der Rand blaßt ab, die Plaque flacht sich ab, endlich schwindet
sie allmählich unter Zurücklassung von leichter Pigmentation
und ganz zarter Atrophie der Papillarschichte. Im Laufe vieler
Wochen wird die Pigmentation und die Atrophie unsichtbar,
so daß es dann nicht mehr nachweisbar ist, wo die Efflores-
zenzen gesessen hatten.
Betrachtet man dieses auffallende Erankheitsbild und
zieht einen Vergleich mit bekannten Prozessen, welche für die
Diagnosenstellung in diesem Falle in Betracht kommen, so
haben wir von chronisch entzündlichen Dermatosen, die in Form
von scheibenförmigen Herden auftreten, allenfalls folgende drei
Prozesse zu nennen: Psoriasis, Lupus erythematodes und Lichen
ruber planus.
Psoriasis ist differential-diagnostisch leicht auszuschließen.
Zwar ist eine gewisse entfernte Ähnlichkeit bei flüchtiger
Betrachtung da; diese beruht auf dem Farbeneindruck und der
Konfiguration. Das Weiß der Plaques mit den roten Säumen,
das periphere Wachstum, die Konfluenz der Plaques zu poly¬
zyklischen Herden, die chronische Verlaufsweise, die Möglichkeit
der spontanen Involution sind beiden Prozessen gemeinsam.
Daß die frischen Eruptionen heftig jucken, ist ein auch bei
Psoriasis, wenngleich nur in einer Minderzahl der Fälle, beob¬
achtetes Symptom. Aber das Krankheitsbild weicht in wesent¬
lichen Punkten von dem der Psoriasis ab. Die frischen Efflores-
zenzen zeigen nicht das lebhafte Rot oder Braunrot der Psoriasis,
sondern mehr eine Karmoisin- oder Lilafarbe. Die weiße Farbe
ist nicht durch eine aufgelagerte Schuppe bedingt, die Oberfläche
ist glatt und ganz frei von Schuppen, man kann daher auch
nicht durch Abkratzeu der Effloreszenz die punktförmige Blutung
erzeugen. Ein wichtiger Unterschied ist auch, daß die Herde
(wie oft auch Psoriasis) mit Hinterlassung von Pigment, aber
auch mit Hinterlassung einer, allerdings zarten Atrophie abheilen.
Vor allem aber ist der histologische Befund ganz anders
als bei Psoriasis keine Parakeratose, dagegen Veränderungen
im Bindegewebe und den elastischen Fasern.
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346
V. Zumbusch.
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Auch Lupus erythematosus gibt ein ganz anderes Bild,
erstens wäre die Lokalisation eine höchst auffallende. Dann
sind die Entzündungserscheinungen beim Lupus erythematosus
bedeutend intensiver, er zeigt stärkere Rötung und Schwellung,
die Erscheinungen sind nicht auf einen schmalen Saum beschränkt,
wie in unserem Falle. Auch produziert Lupus erythematodes
eine meist sogar ziemlich derbe, trockene, gelbgraue hornartige
Schuppe, die festhaftet, hier fehlt Schuppenbildung. Endlich
heilt er zwar ebenfalls nach chronischem Verlauf oft spontan
ab, läßt aber stets eine deutliche Narbe zurück, diese fehlt
hier, es kommt nur zu geringfügiger Atrophie.
Von anderen bekannten Hautkrankheiten kann nun einzig
mehr Lichen planus differentialdiagnostisch in Betracht kommen,
da er eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Bilde besitzt; es
handelt sich somit darum festzustellen, ob wir den Fall als
bekannte, oder als noch nicht beschriebene, atypische Form von
Lichen planus auffassen sollen, oder ihn als selbständige Krank¬
heit anzusehen berechtigt sind.
Unsere Krankheit, die außer dem Jucken keine Allgemein¬
erscheinungen auszulösen scheint, charakterisiert sich zunächst
nun sicher morphologisch als Lichenform: Alle Effloreszenzen
gehen in ihrer Entwicklung nicht über das Knötchenstadium
hinaus, auch nimmt sie einen chronischen Verlauf, nicht nur
dadurch, daß sich die einzelnen Knötchen langsam entwickeln,
lange bestehen, und auch sich nur langsam rückbilden, sondern
auch durch das Auftreten der Herde in längerer Folge nach¬
einander. Von Exsudation ist so gut wie nichts zu sehen.
Von den bekannten Lichenkrankheiten ist nun Lichen
ruber planus die nächststehende. Aber die Ähnlichkeit beschränkt
sich auf äußerliche Merkmale: Farbe und Größe der frischen
Herde, Neigung zur Gruppenbildung durch Apposition kleiner
Herde, Abheilung mit Hinterlassung von Pigment und feiner
Atrophie. Auch die Bildung größerer Herde, die dann oben
flach sind, erinnert an Lichen planus (ist aber nicht nur bei
diesem, auch bei vielen anderen Prozessen zu beobachten).
Dagegen fehlt bei unserer Affektion das typische Aussehen
der für Lichen ruber planus so charakteristischen Primärläsion.
Auch ist das Weißwerden aller älteren Herde und Gruppen
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über Lichen aibnt etc.
347
nicht mit Lichen planus übereinstimmend. Was die Bildung
von großen solitären Plaques betrifft, so ist dies zwar bei Lichen
ruber beobachtet, aber nicht bis zu solchen Dimensionen der
einzelnen Herde; so große Herde beweisen bei Lichen ruber
planus immer durch mosaikartige Felderung, daß sie aus vielen
kleinen entstanden sind.
Vor allem aber schließt der histologische Befund eine
Anreibung unseres Falles an Lichen planus aus. Beim Lichen
ruber planus sehen wir die Homscbichte und Körnerschichte
der Epidermis verdickt, das Rete ödematös, meist mit dem
Spalte versehen, der so charakteristisch ist. Wir sehen die
Cutis gerade in den oberflächlichen Schichten stärker ent¬
zündet, von einem Ödem und Infiltrat eingenommen, die Gefäße
dilatiert. ln unserem Falle ist die Epidermis wenig verändert
und das entzündliche Infiltrat liegt mehr in der Tiefe der Cutis,
während die oberflächlichen Schichten derselben im Bereiche
der Effloreszenz eigentümlich verändert sind. Dieselben zeigen
gar keine Entzündungserscbeinungen, sondern eine Art von
Quellung oder Degeneration des Bindegewebes. Hierbei sind
die elastischen Fasern in diesem Bereiche gänzlich verschwunden,
im Gegensatz zu Lichen ruber, wo sie nicht auffallend ver¬
ändert sind.
Es sei hier gleich bemerkt, daß wir als Erklärung für
die auffällig weiße Farbe aller Plaques den optischen Effekt
der, wie oben beschrieben, verquollenen, kaum vaskularisierten,
jedenfalls sehr anämischen Cutispartie dicht unter der Epidermis
heranziehen müssen. Der anatomische Befund dieser eigentüm¬
lichen Bindegewebsquellung oder Degeneration, der sich mit
keinen anderen, bei irgend einer bekannten Hautkrankheit er¬
hobenen deckt, macht diese eigenartige weiße Färbung, die sich
ja auch bei keiner anderen Hautkrankheit findet, verständlich.
Von verschiedenen Autoren sind nun zwar Fälle von aty¬
pischen Lichen planus klinisch beschrieben worden, die besonders
auch Abweichungen vom gewöhnlichen in Bezug auf die Ober¬
fläche der Herde darboten. Doch handelt es sich dort klinisch
und soweit Angaben da sind, auch histologisch stets um echten
Lichen ruber planus. Doch mögen dieselben hier Erwähnung
finden:
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348
V. Zumbusch.
So beschreibt W i k h a m^) Lichen ruber - EfBoreszenzen
mit grauweißen Auflagerungen; bald waren diese nur zart, und
dann weiß, nur punkt-, gitter-, streifen- oder netzförmig auf der
Oberfläche der Plaques angeordnet, oder es war die Auflagerung
ziemlich mächtig und förhte die ganze Oberfläche bis auf einen
schmalen Lilasaum grauweiß. Er gibt an, der Anblick sei ähn¬
lich wie beim Lichen planus der Mundschleimhaut.
Verschiedene Autoren beschrieben Fälle als Lichen ruber
keloidiformis, morphaeicus oder atrophicus, wo ebenfalls die
Oberfläche weiß und elfenbeinartig aussah. Doch will ich gleich
erwähnen, daß stets hei diesen Fällen ausdrücklich herrorge-
hoben wird, daß das Zentrum der Herde deutliche Atrophie
zeigte und daß die Aff'ektion mit Hinterlassung einer deutlich
sichtbaren atrophischen Narbe schwand, die weiße Farbe daher
Ton der atrophischen Narbe herrührte. Auch wird meist ange¬
geben. daß man bei größeren Herden die mosaikartige Zu¬
sammensetzung aus kleinen polygonalen Knötchen siebt, so
daß die Oberfläche chagrinlederartig raub ist
Wiederholt begegnet man der Angabe eines Symptoms, daß
hierin exquisiter Weise zu sehen ist, nämlich daß man zerstreut
auf den Plaques Grübchen sieht, in denen comedoartige schwarze
hornartig derbe Pfröpfe sitzen. Darauf möchten wir nicht zu riel
Gewicht legen, denn es sei gleich erwähnt, daß solche comedoartige
Pfröpfe keineswegs für irgend eine Hautkrankheit charakte¬
ristisch sind, man findet sie in Lichen ruber-Herden ebenso, wie
manchmal in zentralen Anteilen der Lupus erythematodes-Sebeiben,
wo eine Schuppe vorhanden ist. Sie stellen wohl nichts anderes
dar, als über den Follikelmündungen angesammelte Massen von
Hornzellen, die durch Schmutz schwarz gefärbt sind.
Ein weiteres auffallend aussehendes Symptom sind die
hornartig derben Zäpfchen, die, drusenartig nebeneinandersitzend,
das Zentrum der großen Herde einnehmen. Doch ist auch dies
eine Erscheinung, die differentialdiagnostisch nicht zu verwerten
ist. Überall da, wo die Haut längere Zeit entzündlich gereizt
ist, kommt es ab und zu einerseits zu einer Wucherung der
Retezapfen, andererseits zur Verlängerung der Cutispapillen,
zu mehr oder weniger deutlicher Papillombildung. Handelt es
*) Annales de Denn. 1896. pag. 517.
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über Lichen albus etc.
349
sich um Krankheiten mit stärkerer Exsudation, wo die Efflores-
zenzen weich und feucht sind, so haben dieselben eine eigen¬
tümlich samtartige Oberfläche, wie manche chronischen
nässenden Ekzeme, Pemphigus etc. Dies kann bis zu mächtiger
Papillombildung sich steigern — fromhoesieartig wuchernde
Ekzeme, Pemphigus vegetans. Handelt es sich um chronisch
mit geringer Exsudation und mit Schuppenbildung einhergehende
Krankheiten, so entsteht, je nach der Mächtigkeit der Wuche¬
rung, bald ein warzenartiges Gebilde (R i e h 1-P alt auf sehe
Hauttuberkulose), oder nur kleine trockene, spitze Exkreszenzen,
wie in unserem Falle. Solche kleine Stachel sitzen oft auf
Erythematodes-Herden, alten, oft gereizten Psoriasisplaques
(besonders an Händen und Füßen) und kommen auch in
exquisiter Weise beim Lichen ruber planus verrucosus vor.
Sie sind also keineswegs diagnostisch irgendwie zu verwerten.
Auf Grund der ausgeführten Tatsachen kann man die
pathologische und diagnostische Dignität des Falles etwa wie
iolgt präzisieren;
Der Fall stellt eine Krankheit dar, die ähnlich dem Lichen
ruber planus verläuft und ihm auch sicher, was die klinische
Beschaffenheit des Exanthems betrifft, nahesteht. Trotz dieser
mehr äußerlichen Ähnlichkeit zwingt uns aber sowohl der
klinische, als insbesondere auch der histologische Befund den
Fall weder unter Lichen planus, noch unter eine andere
bekannte Hautkrankheit zu subsummieren, sondern er ist wesent¬
lich verschieden von allen.
Da wir nicht in der Lage sind, über das pathologische,
respektive ätiologische Moment der Krankheit eine Aufklärung
zu geben, so sind wir der Ansicht, daß der nichts präjudizie-
reude Name Lichen albus zur Bezeichnung dieser selb¬
ständigen Krankheit geeignet sein dürfte.
Zum Schlüsse sei es mir gestattet, Herrn Prof. Riehl
für die mir bei Ausführung dieser Arbeit zu teil gewordene
Unterstützung meinen ganz ergebensten Dank zu sagen.
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350
V. Zumbusch.
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Erklärung der Abbildungen auf Taf. ZVIIX n. ZIZ.
Fig. 1 stellt die linke Skapulargegend der Kranken dar. •
Fig. 2. Senkrechte Schnitte eines Herdes nach einer Färbnng nach
van Oieson gezeichnet,
Fig. 3. Senkrechte Schnitte eines Herdes nach einer Färbnng der
elastischen Fasern mit Orcein.
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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band LXXXII.
TAFXVIll,
V. ’/. II rn biisrli : Lichen albus.
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Ahoa-Jf ffa-^
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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band LXXXIl.
TAF.XIX.
Ftg.3.
V. /um l>us( h : Lichen albus.
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Ifitteilnng ans der Slinik fdr Haut- und venerieohe Zrank'
heiten an der kgl. nngarieohen TTnivendtät zn Zolozer&r.
(Vorstand: Prof. Dr. Thomas ▼. Marschalkö.)
Über die Behandlung des Hautkrebses
mit Röntgenstrahlen.
Von
Dr. Heinrich Kanitz.
ÄMistent der KUnik.
(Hiesu T*f. XX—XXII.)
Auf dem im Jahre 1904 abgehaltenen internationalen
Dermatologenkongreß, welcher die Epitheliomtherapie eingehend
erörterte, äußerte sich Bergmann folgendermaßen über die
Böntgenbehandlung der Epitheliome.
„Das Epitheliom der Haot ist eine bösartige Geschwulst; jede bös*
artige Geschwulst gef&hrdet, wenn sie nicht entfernt wird, das Leben des
Patienten. Deshalb sollen alle Epitheliome exstirpiert und nicht der
Röntgentherapie zngewiesen werden. Gelangt letztere doch in Anwen*
düng, so möge dies bloß in solchen Fällen geschehen, welche zu chirur¬
gischen Eingriffen nicht geeignet sind." (Zit. ans Revue pratiqne des
mal. cut. syphil. et vdn. 1906. 1.)
Der Grad des Mißtrauens, daß sich in dieser Äußerung
der kurativen Wirkung der Röntgenstrahlen gegenüber offenbart,
ist vollkommen ungerechtfertigt; heute kann daran nicht ge-
zweifelt werden, daß mittelst der Röntgenbehandlung bei ge¬
wissen Formen des Hautkrebses dauernde und entgültige Er¬
folge erzielt werden können. Es ist ja nicht zu denken, daß
ein Heilverfahren an stets größerem Erankenmaterial immer
von neuem angewendet werde, wenn die gewonnenen Erfolge
nicht befriedigend wären. Es ist unstreitig, daß die auf ope¬
rativem Wege erzielten Resultate in zahlreichen Fällen voll¬
kommen befriedigend sind und diejenigen, die auf dem Kon-
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352
Kanitz.
gresse die von Bergmann demonstrierten Fälle sahen, zollten
vollkommene Anerkennung der angewandten Technik and der
Vorzüglichkeit der errungenen Erfolge. Aber diese Fälle be¬
weisen nichts gegen andere Therapien und verringern nicht den
Wert der Röntgenbestrahlung, welche — wie dies aus der dies¬
bezüglichen, sehr umfangreichen Literatur hervorgeht — bei
bestimmten Erebsformen mindestens die gleichen ausgezeich¬
neten Resultate gibt, wie die Exstirpation.
Selbstverständlich darf man bei der Beurteilung dieser
Frage nicht in das andere Extreme geraten. Es wäre verfehlt,
wenn der Dermatologe dem völlig intransingenten Standpunkt
Bergmanns gegenüber die Ansicht verfechten würde, daß in
der EpitheUomtberapie der Röntgenbestrahlung den älteren Ver¬
fahren, insbesondere dem chirurgischen Eingriff gegenüber un¬
bedingt ein Vorzug einzuräumen wäre. Es soll vielmehr vor
Augen gehalten werden, daß der therapeutischen Anwendung
der Röntgenstrablen aus gewissen, später zu detaillierenden
Gründen gewisse Schranken gesetzt sind, deren Überschreitung
zu Ungunsten jener Nüchternheit wäre, die den Arzt bei der
Indikationstellung in der Therapie leiten soll. Wir dürfen da¬
her die Frage der Epitheliomtherapie nicht vom Standpunkte
des seinen Wirkungsbereich eifersüchtig bewachenden Cliirurgen,
noch vom Gesichtspunkte des Dermatologen beurteilen, der an
der Einbürgerung eines neuen Heilverfahrens in sein Fachgebiet
bestrebt ist, sondern wir müssen ganz unbefangen urteilen, wie
es dem Arzte gebührt, der von den ihm zur Verfügung stehenden
Heilverfahren dasjenige anwenden wird, das vom allgemeinen
Standpunkte betrachtet und in erster Reihe auf den gegebenen
Fall bezogen am besten, zweckmäßigsten und sichersten geeignet
zu sein verspricht.
Auch an der Universitäts-Hautklinik des Herrn Prot
von Marschalkö zu Eolozsvär ist seit nunmehr 2*/, Jahren
eine Reibe von Erebserkrankungen insbesondere Epitheliomen
der Haut mit Röntgenstrahlen behandelt worden und im fol¬
genden soll über die Erfahrungen, die wir gemacht, berichtet
werden. Zur Behandlung kamen insgesamt 45 Fälle. Unter
denselben befanden sich 3 Zungen-, 5 Lippen- und 2 Wangen¬
krebse, also zusammen 10 Erebse der Mundschleimhaut, 1 Car-
Digitizfj^ by
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über die Behandlung des Hautkrebses mit Röntgenstrahlen. 353
cinom der Mamma, die übrigen 34 Fälle betreffen Epitheliome
der Haut, deren Sitz fast ausschließlich das Gesicht (Nase, Augen*
lider, Wange, Stirne) war.
Natürlich ist die Beurteilung des Wertes irgend eines
therapeutischen Verfahrens bei Erankheitsprozessen von so lang¬
samem Verlaufe, wie es die meisten Hautkrebse sind, nur auf
Grund eines großen Krankenmateriales und bloß nach längerer
Beobachtungszeit möglich und es ist begreiflich, daß die ein¬
zelnen Erfahrungen bloß bei einer quantitativen Gegenüber¬
stellung der durch die verschiedenen Heilmethoden erlangten
Resultate dem objektiven Beobachter von überzeugendem Werte
sein können. Eben deshalb müssen wir es vorausschicken, daß
wir bei einem Teile unseres Krankenmateriales, namentlich bei
demjenigen, der den Reihen der subintelligenten Bevölkerung
der Umgebung entstammt, gar häutig keine Gelegenheit hatten
den weiteren Verlauf der Krankheit zu kontrollieren. Gegen¬
wärtig ist die Verschickung von Fragebögen im Zuge, worin
wir von unseren der Röntgenbehandlung teilgewordenen Pa¬
tienten über den weiteren Verlauf ihrer Krankheit Aufklärung
bitten. So lange diese Fragebögen nicht zurücklangen, können
wir keinen genauen statistischen Ausweis über unsere Resultate
geben; aber selbst wenn wir die Fälle, deren Schicksal nach
der Behandlung uns vorläufig unbekanut blieb, in eine separate
Gruppe einteilen, verfügen wir noch immer über eine genügende
Zahl von Fällen, die zu entschiedenen Folgerungen berechtigen.
Wir wollen auf Grund der am gewissenhaft beobachteten
Krankenmaterial gewonnenen Erfahrungen die Indikationsstellung
der Röntgentherapie boi Epitheliomen besprechen, über die am
Krebsgewebe nach der Bestrahlung auftretenden histologischen Ver-
änderungen einiges bemerken, dann einige Punkte der Technik
berühren und endlich unter den im Laufe der Behandlung beobach¬
teten Erscheinungen die bemerkenswertesten herausgreifen. Wir
legen diesmal die Photogramme von 9 unserer Kranken vor, welche
natürlich nur einen Bruchteil des gesamten Materiales bilden.
Diese Fälle und viele der übrigen wurden teils in vivo, teils
in Photographien in den medizinischen Fachsitzungen des Sieben-
bürgischen Museumvereins vorgestellt. Fall I. wurde von Herrn
Prof, von Marschalko schon am Dermatologenkongreß zu
Arch. f, Dermat. u. Syph. Bd. LXXXII. oq
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Kanitz.
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Berlin demonstriert. Die detaillierte Beschreibung des instruk¬
tiven Falles befindet sieb im II. Teile des Kongreßberiebtes.
Bezüglich der Indikationsstellung bat uns die ge¬
wissenhafte Beobachtung des Heilprozesses bei den von uns be¬
handelten Fällen zu folgenden Schlüssen geführt:
1. Oberflächliche Formen der Hautepitheliome
von geringer Ausdehnung und relativer Gutartigkeit sind un¬
bedingt der Röntgentherapie zuzuführen. Die
Röntgenbehandlung gibt in solchen Fällen nicht
nur quoad sanationem die schönsten Erfolge —
sondern auch das kosmetische Resultat ist ausge¬
zeichnet. Die Röntgenstrahlen verschonen nämlich die ge¬
sunde Haut — es wird nur das Epibeliomgewehe resorbiert —
zufolge dessen weiche, dünne und glatte Narben entstehen, die
gewöhnlich in dem Niveau der normalen Haut verbleiben. Dieser
Umstand ist umso wichtiger, da die meisten Epitheliome das
Gesicht befallen.
2. Die Röntgenbehandlung ist bei oberfläch¬
lichem Sitze des Eraukheitsprozesses auch dann
angezeigt, wenn derselbe sehr ausgedehnte Hant-
hezirke befällt, so daß eine Exstirpation mit großen Schwierig¬
keiten verbunden ist. Besonders dankbar für die
Röntgentherapie sind ferner diejenigen Erebs-
formen, welche von den oberflächlichsten Haut¬
schichten ausgehen und nach außen wachsend
sich zu Geschwülsten von beträchtlicher Dimen¬
sion und großem Tiefendurchmesser gestalten.
Unseren Erfahrungen gemäß heilen auch diese unter der Be¬
handlung mit Röntgenstrahlen vorausgesetzt, daß die krebsige
Wucherung in die tieferen Schichten noch nicht eingedrungen
ist. Gerade diese Fälle sind es, bei denen die Röntgentherapie
vorteilhafter ist als die chirurgische Behandlung, da letztere
meist nur auf Eosten größerer, plastischer Operationen von
Nutzen ist, während die Röntgenbestrahlung auch in solchen
Fällen quoad sanationem gleichwertige, quoad aspectum aber
ungleich bessere Resultate liefert. Das gilt besonders für
solche Fälle, in denen die Lokalisation des Prozesses eine der¬
artige ist, daß nach erfolgter Exstirpation mit dem Messer
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über die Behandlung des Hautkrebses mit Röntgenstrableu. 355
oline Plastik auch Deformationen oder die Funktion des betref¬
fenden Organes einschränkende Narbenverzerrungen eintreten
können, wie z. B. an den Augenlidern in den Augenwinkeln.
3. Tiefer greifende Epitheliome sollen radikal
exstirpiert werden. Dies gilt bedingungslos fiir die
circumscripten Formen, wo das Röntgenverfahren ein erfolgloses
Experimentieren wäre, wodurch nur der für die Operation ge¬
eignete Zeitpunkt verschoben wird. Eine Ausnahme könnten
nur die sogenannten Misch formen bilden — Geschwülste,
welche aus einem größeren oberßächlichen und einem in die
Tiefe dringenden, kleineren Teil bestehen. Da die Exstirpation
in solchen Fällen ohne Verzerrungen bedeutenderen Grades
und kosmetischen Fehlern nicht zu erhoffen ist, so ist in jedem
einzelnen Falle zu erwägen, ob es nicht zweckmäßiger wäre
den meist größeren Teil durch Röntgenbestrahlung zu heilen,
dann den in die Tiefe dringenden Rest zu exstirpieren. Die
Exstirpation liefert nach so einer einleitenden Röntgenbestrahlung
meist bessere kosmetische Resultate, da hierdurch der Bereich
der Operation auf das notwendigste Minimum eingeschränkt
wird.
4. In das Gebiet der Röntgentherapie fallen
ferner die inoperablen Fälle, wo die Lokalisation oder
Ausdehnung des Prozesses die Operation ausschließt. Wohl
werden wir bei denselben auch mittelst der Röntgenbestrahlung
keine Heilung erzielen, dennoch ist der Nutzen ziemlich wesent¬
lich, da die Behandlung die Schmerzen sistiert oder zumindest
lindert, die Jauchung vermindert, die oberflächliche Überhäutung
von Ulzerationen, möglicherweise auch eine vorübergehende
Rückbildung der Geschwulst bewirkt und hiedurch in dem ver¬
zagten, jedes Zutrauens beraubten Patienten wenigstens neue
Hoffnung auf Heilung erweckt,
5. Desgleichen ist die Röntgenbehandlung in¬
diziert, wenn die Operation nicht infolge des vor¬
geschrittenen Stadiums des Prozesses, sondern z. B. mit Rück¬
sicht aufAlterundAllgcmeinzustand des Patienten,
oder weil sie der Kranke p erhorresziert, nicht voll¬
zogen werden kann.
23 *
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356
Kanitz.
6. Wir möchten der postoperativen Anwendung
derKöntgenstrahlen ein größeres Gebietzusichern.
Es ist sicher, daß durch die Bestrahlung der Operationsnarbe
und deren Umgebung eventuell zurückgebliebenes Krebsgewebe
zerstört und auf diese Weise die Anzahl der Rezidive stark
eingeschränkt werden könnte. Auch junge Rezidive nach Ope¬
rationen könnten leicht zum Rückgang gebracht werden. Ein
sicheres Urteil über diese Methode könnte natürlich erst nach
einer längeren Ohservationszeit abgegeben werden.
7. Für entschieden kontraindiziert erachten wir die
Röntgenbehandlung bei Carcinomen der Mundschleim¬
haut. Bei diesen sahen wir von der Behandlung keine Bes¬
serung (bloß eine vorübergehende bei Lippenkrebsen), wir kon¬
statierten sogar zuweilen — hauptsächlich bei Zungenkrebsen
— eine Verschlimmerung des Prozesses. Man soll nicht säumen
bei diesen Erkrankungen die radikale Exstirpation sofort vor-
zunebmen. Als palliative Behandlung bei inoperablen Fallen
leistet natürlich die Röntgenbestrahlung auch hier verhältnis¬
mäßig das beste,
Bei der obigen Aufstellung der Indikationen waren wir
nicht bloß auf die klinischen Tatsachen, also auf das grobe
makroskopische Verhalten der Tumoren mit Rücksicht, sondern
wir stützten uns auch auf die von anderen Autoren schon be¬
schriebenen und auch von uns genau beobachteten histolo¬
gischen Veränderungen, welche sich am pathologischen
Gewebe nach der Bestrahlung abspielen. Ich würde den Rahmen
dieser Abhandlung überschreiten, wenn ich auf diese Unter¬
suchungen, die über den Mechanismus der Strahlenwirkung
Aufklärung erteilen, eingehender reflektieren würde. Ich will
bloß kurz erwähnen, daß diesbezüglich zwei Ansichten ein¬
ander gegenüherstehen. Es gibt Autoren — so z. B. Exner
und Mayon — die in einer Entzündung und entzündlichen
Wucherung des Bindegewebes die primäre Wirkung des Röntgen¬
lichtes erblicken. Diese entzündliche Veränderung, welche ihrer
Ansicht nach schon lange besteht, da sich an den Krebszellen die
ersten Erscheinungen der Degeneration zeigen, soll erst zum
Verschwinden der Carcinomzellen fuhren. Dem gegenüber wird
von dem weit größerem Teil der Radiotherapeuten so z. B.
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über die Behandlaog des Haatkrebses mit Böntgenstrahlen. 357
Perthes, Bruns, Mickulicz, Fittig, Holzknecht,
Scholz, Köhler und Herxheimer in der primären Schädi¬
gung der Krebszellen die erste imd wesentliche Wirkung
der Strahlen gesehen. „Die Zellen der Haut — sagt Holz¬
knecht — welche Röntgenlicht absorbiert hat, erkranken in¬
folge einer chemischen Einwirkung desselben an einem patho¬
logischen Prozeß, welcher bei genügender Intensität nach einiger
Zeit infolge der giftigen Zersetzungsprodukte der Zellen sekundär
eine makroskopisch sichtbare entzündliche Veränderung (Reaktion)
der Haut bewirkt Das kurativ Wirksame ist fast bei
allen indizierten Affektionen nicht die entzünd¬
liche Reaktion, sondern die Zellerkrankung." Die
Carcinomzellen gehen infolge dieser Zellerkrankung — eines
eigentümlichen, näher noch nicht bekannten, aber mikroskopisch
direkt nachweisbaren Degenerationsprozesses—zugrunde,während
die entzündliche Veränderung des Bindegewebes bloß die Be¬
deutung eines konsekutiven, durch die Degeneration der Krebs¬
zellen ausgelösten reaktiven Sjmptomes besitzt.
Die deletäre Wirkung der Röntgenstrahlen auf die spe¬
zifischen Krebszellen ist umso auffallender, da sie sich in
elektiver Weise äußerst, indem zur selben Zeit, da die patho¬
logischen Zellformen bereits hohe Grade der Degeneration auf¬
weisen oder teilweise auch total zu Grunde gegangen sind, die
normalen Epithelien intakt sind. Weshalb sich die Röntgen¬
wirkung hauptsächlich auf die pathologischen Gewebselemente
lokalisiert, darauf ist es nicht schwer eine Erklärung zu finden.
Es darf nämlich einerseits das biologische Gesetz nicht außer
Acht gelassen werden, wonach pathologische Zellformen zufolge
ihrer geringeren Vitalität, ihrer schwächeren Wiederstands¬
fähigkeit, auf die Einwirkung der meisten Reize schneller und
intensiver reagieren, als die gesunden Zellformen; dann aber
ist auch zu berücksichtigen, daß die Gewebe fiir gleiche Mengen
von Röntgenstrahlen umso empfindlicher sind, je protoplasma¬
reicher sie sind, je schneller ihr Stoffwechsel abläuft. Aus
diesen Gründen werden die Carcinomzellen vor den Hautepi-
thelien ergriffen. Natürlich besteht zwischen dem Verhalten
der Zellformen bloß ein gradueller Unterschied, da bei inten-
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358
Kanitz.
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siyerer Einwirkung der Strahlen auch die normalen Epithel¬
zellen schwere Schädigung erleiden.
Auch wir trachteten in zahlreichen Fällen den Heilungs¬
prozeß durch histologische Untersuchungen genauer zu ver¬
folgen. Dieselben wurden von Herrn Professor von Mar¬
se h a 1 k 6 unternommen. Es wurden immer von der betreffenden
Geschwulst vor, dann öfters während und nach der Behandlung
kleine Gewebsstückchen exzidiert, die nach erfolgter Härtung
und Einbettung der Reihe nach untersucht werden konnten.
Auf diese Art konnte man genaue Bilder über die einzelnen
Phasen des Heilungsprozesses gewinnen. Mit gütiger Erlaub¬
nis des Herrn Prof, von Marschalko kann ich über das
Resultat seiner Untersuchungen kurz berichten. Auch diese
zeugen für eine primäre Degeneration der Carcinom-
zellen, sic beweisen aber auch, daß bereits sehr zeitlich, man
könnte sagen gleichzeitig mit den an den Krebszellen eich zei¬
genden Degenerationserscheinungen eine mächtige entzündliche
Reaktion sich einstellt, „mit Verdickung des Epithels, Durch¬
tränkung des Gewebes mit Leukocyten, stark erweiterten, zum
Teil neugebildeten Gefäßen, Schwellung der Endothelzellen und
mächtigem, zum großen Teil aus Plasmazellen bestehenden
Zellinfillrat“ (Vide Kongreßbericht). Währenddem die Zellen
des Carcinoms durch eine eigentümliche Degeneration zu Grunde
gehen, dringen die Zellen des Infiltrates in die Krebsnester ein
und zertören die bereits degenerierten Geschwulstzellen. Professor
von Marschalko ist auf Grund dieser histologischen Ver¬
änderungen geneigt, der reaktiven interstitiellen Ent¬
zündung zumindest eine eben solche wichtige Rolle
in der Zerstörung des Krebsgewebes zuzumuten,
als der primären Degeneration der Carcinom-
z eilen.
Mag es sich nun wie immer verhalten, ein zerstörender
Einfluß auf das Karzinomgewebe ist konstatiert. Man dart
aber nicht meinen als ob derselbe in jedem Falle gleichmäßig
zur Geltung käme. Nein! Eine konstante und stets
günstige Wirkung für alle Fälle kann noch lange
nicht angenommen werden. Jeder Radiotherapeut, der
über ein größeres Krankenmaterial verfügt, konnte es erfahren,
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über die Behandlaog des Hantkrebses mit Boatgenstrahlen. 359
daß nicht bloß die klinisch und histologisch von einander diffe¬
rierenden, sondern auch die Karzinome von mehr- minder
identischer klinischer Form und histologischer Struktur sich den
Strahlen gegenüber verschieden verhalten. Der eine Tumor
bildet sich vollständig zurück, der andere kaum oder über¬
haupt nicht, hei dem einen stellt sich der Zerfall des Earzinom-
gewehes schon auf eine wenig intensive Bestrahlung ein, bei
dem anderen ist ein größeres Licht quantum zur Erlangung
irgend eines Resultates nötig, der eine erneuert sich rasch, der
andere bleibt längere Zeit hindurch frei von Rezidiven.
Was mag wohl die Ursache dieses verschie¬
denen Verhaltens, dieserVerschiedenheitderWir
kungsweise sein? Eine Erklärung hiefür läßt sich schon
finden, wenn man die Verminderung der Intensität in Rechnung
zieht, welche das Röntgenlicht heim Durchdringen der ver¬
schiedenen Gewebsschichten in Folge der Absorption durch
dieselben erleidet. Aus den verdienstvollen Untersuchungen
von Perthes wissen wir, daß die Abnahme der Intensität
der Strahlen teils in Folge der Absorption durch die einzelnen
Gewebsschichten, teils durch die Zunahme der Entfernung eine
so bedeutende ist, daß bei Anwendung mittelweicber Röhren
in einer Tiefe von 1 cm bloß 50—60%, in 2 cm Tiefe 35—45%
und in 3 cm Tiefe bloß 20—30% der ursprünglichen Lichtin¬
tensität vorhanden ist. Nach Perthes ließe sich die Tiefen¬
wirkung dadurch steigern, daß man die weichen von den barten
Strahlen durch ein Strahlenfilter trennt, „so die Durchdrin-
gungsfähigkeit des Strahlengemisches steigert und die dadurch
bedingte Herabsetzung der gesamten Strablenintensität durch
längere Exposition ausgleicht". Es ist unleugbar, daß die Ab¬
nahme der Intensität durch diese Methode einigermaßen be¬
glichen werden kann, dennoch ist letztere eine so bedeutende,
daß es keine große Tiefe ist, wohin nicht einmal das Miniumm
der zur Entfaltung physiologischer bzw. pathologischer Wir¬
kungen nötigen Lichtmenge gelangt. Und man kann sagen,
daß diese Methode bezüglich der Tiefenwirkung keine Vor¬
teile gebracht hat. Was die untere Grenze des therapeutischen
Effektes speziel bei carcinomatösen Neubildungen betrifft, ist
von einigen Autoren so z. B. von Lassar und Unger he-
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360
Eanits.
bauptet worden, daß derselbe höchstens in eine Tiefe von etwa
5 mm reicht, darüber hinaus wird die Entwicklung des Carcinoms
angeblich nicht wesentlich beeinflußt. Köhler und Herx¬
heim er stellten sogar auf Grund ihrer histologischen Unter¬
suchungen die unteren Grenzen der degeneratiyen Veränderungen
noch höher fest, indem sie behaupten, daß die gewebezer¬
störenden Faktoren der Röntgenstrahlen ihre Wirksamkeit nur
bis za einer Tiefe yon 3 mm entfalten (die Dicke der neuge¬
bildeten Epidermis = 2 mm schon abgerechnet). Wir halten
die angegebenen Grenzwerte bezüglich der Tiefenwirkung ent¬
schieden als zu niedrig gegriffen und glauben uns nicht zu
irren, wenn wir die yon den erwähnten Autoren an histologischem
Material beobachteten Befunde auf eine zu wenig intensive Be¬
strahlung zuiückführen. Doch läßt es sich nicht leugnen, daß
die Tiefenwirkung der Röntgenstrahlen keinesfalls viel größer
ist und wenn die tiefliegenden Carcinome durch
die Bestrahlung so gut wie nie geheilt werden, so
findet dies seine Erklärung darin „daß die Empfind¬
lichkeit des Epitheliom- und Carcinomgewebes
gegen Röntgenstrahlen nicht groß genug ist, um
durch jene geringen Strahlenmengen zur Degene¬
ration und Resorption zu kommen, welche wir in
die Tiefen des Körpers zu bringen vermögen*.
(Holz kn echt.) Das verschiedene Verhalten oberflächlicher
und tiefgreifender Carcinome wird durch diesen Umstand ge¬
nügend erklärt.
Ziir Erklärung der Verschiedenheit der Wirkungsweise
der Röntgenstrahlen ist öfters die Frage aufgeworfen worden,
ob die günstige Beeinflußuug des Krebses nicht
von seiner histologischen Struktur bedingt sei, ob
nicht etwa zwischen dem histologischen Aufbau der Geschwülste
und ihrem Verhalten dem Röntgenlichte gegenüber ein Zu¬
sammenhang festzustellen wäre. Es wäre jedenfalls von größter
praktischer Bedeutung, wenn diesbezüglich ein konstantes, ge¬
setzmäßiges Verhalten konstatiert werden könnte, denn dann
könnten wir uns bei der Wahl der anzuwendenden Therapie auf
das Ergebniß einer noch vor der Behandlung angestellten histo¬
logischen Untersuchung stützen. Nun müssen wir uns aber
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über die Behandlung des Hautkrebses mit Böntgenstrablon. 361
eingestehen, daß die bisherigen spärlichen Untersuchungen
keinen Aufschluß hierüber gewährten, wir wissen noch gar-
nichts darüber, welche histologische Formen von
den Röntgenstrahlen günstiger beeinflußt werden.
Wenn daher von mancher Seite die Ansicht ausgesprochen wird,
daß nur ganz bestimmte histologische Formen der Carcinome
für die Röntgentherapie geeignet sind, so sind dies zurzeit
Hypothesen, zu deren Gunsten vielleicht sporadisch beobachtete
klinische Tatsachen sprechen, die aber nicht durch genaue
histologische Befunde, welche in dieser Frage einzig und allein
beweisführend sind, unterstützt werden.
So wurde unter anderem von Darier anläßlich einer
Diskussion über Röntgenbehandlung des Zungenkrebses in der
Societe de Dermatologie et Syphiligraphie (1905, Julliet 13)
die Ansicht ausgesprochen, daß „la radiotherapie agit d’une
fa^on tonte differente sur les epitheliomas tubulesou baso-cel-
lulaires et sur les öpitheliomas lobules ou spino-cellulaires;
tres efficace dans le premier cas et donnant des succes par-
fois brillants, eile est inactive ou peut-ötre meme nuisible dans
le cas d’öpithelioma lobulö“. „Dans tont epithelioma tubule
de la peau ou des muqueuses la radiotherapie est le traite*
ment de choix; dans l’epitheliome lobulö on doit y renoncer**.
Vor kurzem hatte Rona anläßlich einer Demonstration im
kgl. ung. Ärzteverein zu Budapest (Orvosi Hetilap 1905, 50)
von neuem die Frage aufgeworfen, ob nicht etwa zwischen der
histologischen Struktur und dem Verhalten der Carcinome den
Röntgenstrahlen gegenüber ein Zusammenhang bestehe und
ist hierbei ebenfalls von jener Krebstbeorie ausgegangen, welche
die Geschwülste auf histogenetischer Basis klassifiziert, indem
sie die von den Basalzellen entspringenden Epitheliome, deren
häufigster Vertreter das Ulcus rodens ist von den spinozel¬
lulären Carcinomen scharf separiert, deren gewöhnlichste kli¬
nische Form das sogenannte Cancroid ist. Wenn sich diese
beiden Geschwulsttypen gegen Röntgenstrahlen verschieden ver¬
halten, „so könnte man durch eine kleine Probeexcision auch
die Frage beantworten, welche Erebsformen durch die Radio¬
therapie in Beschlag genommen werden können.“
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Kanitz.
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Ich will mich in die Erörterung dessen nicht einlassen, in-
wieferne diese histogenetische Einteilung der Krebse berechtigt
ist Doch da auch sehr objektive Beobachter sich einer scharfen
Absonderung in diesem Sinne enthalten und da die Frage auf¬
taucht, ob sich die 2 erwähnten G-eschwulstarlen aen Röntgen¬
strahlen gegenüber verschieden verhalten, kann ich mich der
Erwähnung dessen doch nicht enthalten, wonach laut unseren
Erfahrungen zwischen diesen beiden Erebsformen von diesem
Standpunkte aus kein entschiedener Unterschied festgestellt
werden könne. Vielleicht verrichte ich keine überflüssige Arbeit,
wenn ich einige unserer diesbezüglichen wiewohl spärlichen
Erfahrungen erwähne.
Im Falle 1 hat sich eine apfelgroße, exulcerierte Geschwulst
unter der Wirkung der Röntgenstrahlen involviert. Das Car-
cinom war, wie es die mikroskopische Untersuchung eines ex-
cidierten Gewebsstückes ergab, von jenem Typus, welches als
Basalzellenkrebs und zwar deren adenoide Form (Car¬
cinoma basozellulare adenoides) beschrieben wird. In
einem anderen nicht minder lehreicben Falle (Fall III), wo wir
ebenfalls ein sehr schönes Resultat erzielten, handelte es sich um ein
Carcinoma spinobasocellulare, indem die Geschwulst
stellenweise vollständig dem Typus des basalzelligen Krebses
entsprach, an anderen Stellen hingegen die Struktur eines
spinozellulären Carcinoms aufwies. Wir behandelten des weiteren
einen Unterlippenkrebs, bei der die histologische Untersuchung
ergab, daß es sich um einen typhischen spinozellulären
Krebs handle. Trotzdem involierte sich die Geschwulst
auf Röntgensbetrahlung derart, daß in dem gelegentlich der
Entlastung des Patienten excidierten Gewebsstück Carcinom-
nester nur sporadisch und im vorgeschrittenen Stadium der
Degeneration zu finden waren. Interessant waren auch in Be¬
zug auf die in Rede stehende Frage 2 von uns behandelte Zungen¬
krebse. Die histologische Struktur der beiden war ganz iden¬
tisch. In beiden Fällen bestanden die Krebsnester aus un¬
regelmäßigen, vieleckigen, protoplasmareichen Zellen mit großem
bläschenförmigen, sich schwach färbenden Kern, mit deutlich
ausgepr^er Epithelfaserung. Dabei fanden sich in großer
Zahl typische, konzentrisch geschichtete Hornperlen. Die histo-
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über die Behandlung des Hautkrebses mit Böntgenstrahlen. 363
logische Untersuchung ergab also in beiden Fällen einen S t a ch e 1-
zellenkrebs. Trotz der histologischen Identität verhielten
sich die beiden Tumoren vollkommen verschieden. Der eine
— es war ein exulceriertes, kirschengroßes Carcinom am rechten
Zungenrand — involierte sich vollkommen, wenigstens bis zur
Grenze der makroskopischen Beobachtung (wohl recidierte
derselbe nach einem halben Jahre, dies fällt aber unter eine
andere Beurteilung), der andere hingegen zeigte gar keine Ten¬
denz zur Kückbildung, im Gegenteil er vergrößerte sich während
der Behandlung so, daß dieselbe eingestellt werden mußte.
Unsere spärlichen Beobachtungen besitzen keinesfalls die
Bedeutung zu definitiven Schlußfolgerungen berechtigender Be¬
lege, es sind aber allerdings verwendbare Daten zur Konsta¬
tierung dessen, daß es zwischen den Basalzellen- und
Stachelzellenkrebsen bezüglich ihres groben,
makroskopischen Verhaltens dem Röntgenlicht
gegenüber keinen großen Unterschied gibt. Wir
geben zu, daß bei den Basalzellenkrebsen auch nach unseren
Erfahrungen die Wirkungen der Röntgenstrablen eine durch¬
schnittlich günstigere ist, dies möchten wir aber hauptsächlich
dem Umstande zuschreiben, daß die basozellularen Krebse
durchschnittlich oberflächlicher gelegen sind,
während die spinozellulären meist in die Tiefe
dringen. Wenn also ein verschiedenes Verhalten der beiden
histologischen Formen den Röntgenstrahlen gegenüber über¬
haupt besteht, so ist dies nicht auf die Verschieden¬
heit ihrer histologischen Struktur, sondern in
ersterReihe auf ihren verschiedenen Sitz zurück¬
zuführen. Keinesfalls darf aber — wie es Darier tut — an¬
genommen werden, daß das Röntgenlicht auf Stachelzellen¬
krebse „inactive ou peut etre meme nuisible" wäre, dann daß
die Wirkung auf das Carcinomgewebe auch bei ihnen zustande
kommt, das beweisen eben auch unsere histologischen Befunde
und klinischen Erfahrungen.
Trotz alledem wollen wir nicht behaupten, daß es nicht
— wie es auch z. B. Holzknecht annimmt — „einzelne
histologisch noch nicht charakterisierte Formen gibt, deren Em¬
pfindlichkeit gegen Röntgenstrablen die der meisten übertrifift“.
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364
Kani tz.
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Es sprechen ja viele klinische Tatsachen dafür, daß die ver¬
schiedenen Krebszellen verschiedene biologische Eigenschaften
besitzen nnd so kann und muß angenommen werden, daß auch
ihre Empfindlichkeit gegen Röutgenstrahlen eine verschiedene
ist. Gerade so wie die verschiedenartigen Zellgattungen der
gesunden Haut auf die Einwirkung der Röntgenstrahlen mit
verschiedener Sensibilität reagieren, so sind auch die Zellen
der krankhaften Gewebe für gleiche Mengen absorbierten
Röntgenlichtes verschieden empfindlich, selbst dann, wenn sie
demselben heterotopen Gewebstypus angehören. Wodurch das
bedingt wird, durch welche chemische, beziehungsweise biolo¬
gische Eigenschaften der Zellen, das wissen wir zurzeit nicht,
ebensowenig wissen wir, an welche morphologischen Eigenschaf¬
ten, an welche histologische Struktur diese verschiedene Em¬
pfindlichkeit gebunden ist. Man müßte, um sich irgendwelche
Orientierung diesbezüglich zu verschaffen, sehr exakte histolo¬
gische Untersuchungen an Geschwulstteilchen, welche vor, während
und nach der Behandlung excidiert wurden, anstellen, um die
feinen Anfangsverändenmgen und die minimalste Zellempfind¬
lichkeit festznstellen. Sehr lehrreich — dies müssen wir uns
eingestehen — werden diese Studien nicht sein.
Aus diesen Erwägungen geht eines hervor: Es ist zur¬
zeit unmöglich auf Grund einer Probeexcision von vornherein
die Indikation für die Behandlung zu stellen, da uns derhisto-
logische Aufbau — insofeme er nicht auf den oberfläch¬
licheren oder tieferen Sitz des pathologischen Gewebes folgern
läßt — keinen Aufschluß darüber gewährt, oh sich
die Geschwulst für die Röntgentherapie eignet
oder nicht. Es ist daher vorderhand viel sicherer,
wenn man sich bei der Wahl der anzuwendenden
Therapie auf die klinischen Eigenschaften des
Krankheitsprozesses hält.
Bezüglich der Technik soll — um den Bericht nicht
allzu sehr in die Länge zu ziehen — nur das Wichtigste her¬
vorgehoben werden. Vor allem ist es Grundsatz, womöglich
immer [mittelweiche Röhren anzuwenden. Bei sehr weichem
Licht ist die Tiefenwirkung geringer, selbst bei starker Reaktion
an der Oberfläche. Wird größere Tiefenwirkung beabsichtigt.
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über die Behandlung des Hautkrebses mit Röntgenstrahlen. 365
sind unserer Erfahrung gemäß auch mittel weiche Röhren den
harten vorzuziehen. Die Perthes sehe Methode mit Anwen¬
dung eines Strahlenfilters gestaltet die Tiefenwirkung — wie
wir es schon hervorgehoben — nur um wenig günstiger. Be¬
züglich der Applikation sart perhorreszieren auch wir die früher
übliche schleppende Behandlungsmethode, welche in der täg¬
lichen Verabfolgung minimaler Dosen bis zum Beginn der Haut¬
reaktion bestand. Es ist wohl überflüssig zu betonen, welche
Gefahren ominösen Ausganges dieses Verfahren in Folge der
Latenz der Reaktion und der kumulativen Wirkung des Röntgen¬
lichtes in sich birgt. Der Grundsatz bei Ausführung der Be¬
handlung muß immer sein, die der beabsichtigten Wirkung ent¬
sprechende Menge Röntgenlichtes zu verabreichen, wobei die¬
selbe nie größer sein darf, als die immer am stärksten ex¬
ponierte Haut verträgt. (Durchsebnittsdosis 4—6 H.) Ob das
nötige Lichtquantum in einer einzigen Sitzung verabreicht wird
(Expeditivmethode = sessio una cum dosi plena) oder ob die
Reaktion durch 2—3, in aufeinander folgenden Tagen abge-
baltenen Bestrahlnngen mit fraktionierten Dosen erreicht wird,
(modifizierte Expeditivmethode) ist nebensächlich — hängt doch
die Wirkung in ihrem Endresultate von der absorbierten Menge
Röntgenlichtes ab und diese ist die nämliche, ob wir sie auf
einmal oder in 2—3 nacheinander folgenden Sitzungen dispen¬
sieren. Bei Verteilung der Gesamtdose auf 2—3 Tage kann
auch der Erholungsfaktor unberücksichtigt bleiben. Allerdings
ist die Behandlung in einer Sitzung einfacher, ökonomischer
nud auch vom Standpunkte des Arztes und Patienten bequemer.
Täglich kurze Sitzungen oder Sessiones tertianae — wie sie
manche noch immer bevorzugen — halten wir aber entschieden
irrationell.
Natürlich ist bei der Expeditivmethode eine sorgfältige
Dosierung notwendig. Zu diesem Zwecke verwenden wir
das in seiner Handhabung höchst einfache und für die Praxis
genügend genaue Ghromoradiometer von Holzknecht.
Die Sabouraud-Noire sehen Leuchtscheibchen sind unserer
Erfahrung gemäß nicht verläßlich, wir sind auch von ihrer Be¬
nützung abgekommeii.
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Ö66
Kanitz.
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Bei Bestimmung der Fokus-Haut-Di stanz, welche für
die Gleichmäßigkeit der Reaktion von größter Wichtigkeit ist.
darf man nicht schematisch vergehen, sondern man muß die¬
selbe nach Größe und Konfiguration des zu bestrahlenden Ge¬
bildes verschieden groß wählen. Die Gesichtspunkte, welche
hiebei in Betracht kommen, sind in der verdienstvollen Arbeit
Holzknechts über „Gleichmäßigkeit der Reaktion“ eingehend
erörtert, wir verweisen auf dieselbe.
Oit wird die Frage aufgeworfen, oh bei der Röntgen¬
behandlung der Hautkrebse die Hervorrufung
starker oder schwacher Reaktionen anzustreben
sei? Einige erwarten bloß von starken Bestrahlungen Re¬
sultate, ein oder zwei Autoren wollen sogar die Reaktion
bis zur Nekrose steigern, andere hingegen empfehlen schwä¬
chere Reaktionen. Unserer Ansicht nach wäre es ein Fehler,
diesbezüglich gar besonders zu schematisieren. Es darf nie
vergessen werden, daß wir es immer mit dem lebenden
Organismus, mit lelenden Geweben zu tun haben, die
eine verschiedene Vitalität, und auch den Strahlen gegenüber
eine verschiedene Empfindlichkeit besitzen, in Folge dessen
auch verschiedenartig auf die Einwirkung derselben reagieren.
Man darf nicht handwerksmäßig mit seinem Apparat alles me¬
chanisch behandeln. Die Bedingung des Erfolges liegt in der
individualisierenden Behandlung, bei der wir in erster Reihe
die biologische Reaktion des pathologischen Gebildes, dann
aber auch die seitens des Gesamtorganismus sich zeigenden
allgemeinen Reaktionserscheinungen berücksichtigen müssen.
Im Allgemeinen begnügen wir uns doch mit der Hervor¬
rufung schwächerer Reaktionen (5—6 H) und raten von sehr
intensiven Bestrahlungen entschieden ab.
Es wäre nähmlich irrig zu meinen, daß zwischen der
Wirkung einer stärkeren und schwächeren Bestrahlung nur ein
gradueller Unterschied bestünde, der darin zum Ausdruck ge¬
langt, daß das pathologische Gewebe auf intensivere Behandlung
rascher zu Grunde geht. Der Unterschied betrifft — wie dies
schon von anderer Seite behauptet wurde — auch die Qualität
der Wirkung. An jener Stufe der Reaktion, wo bereits eine
Nekrose eintritt, stehen wir nämlich nicht mehr der spezifischen
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über die Behandlung des Hantkrebses mit Röntgenstrahlen. 367
Wirkung der Röntgenstrahlen gegenüber, die sich neben einer
fast Tollkommenen Schonung des gesunden Gewebes in der
Zerstörrung der Earzinomzellen offenbart, sondern es handelt
sich um eine allgemeine Nekrotisierung des gesammten Gewebes
in Folge welcher das Carcinomgewebe zerstört wird. Es ist
leicht einzusehen, daß es viel rationeller ist, die Bestrahlung
nur bis zu jenem Grade fortznsetzen, bei welchem die zer¬
störende Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Krebszellen in
elektirer Weise mit Schonung des Gesunden zustande kommt.
Zu starke Reaktionen halten wir auch deshalb für unzweck¬
mäßig, ja sogar gefährlich, weil sie leicht allgemeine Störungen
verursachen.
Der Verlauf der Reaktion resp. der Heilung ist ein ziem¬
lich gleicher. Wuchernde papillomatöse Geschwulstmassen werden
rasch zerstört, flache mit intaktem Epithel überzogene Infiltrate
resorbiert. Bei Geschwüren bemerkt man bald nach Beginn
der Behandlung ein Abflachen der derb infiltrierten Ränder
und Reinigung des Geschwürsgrundes. Nachher beginnt die
Epithelisierung und schließlich Annäherung der Ulcusrlinder
aneinander bis zur Bildung einer zarten, bläulich-weissen,
manchmal von einem braun pigmentierten Ring umgebenen und
im Hautniveau liegenden Narbe, welche allen kosmetischen An¬
forderungen entspricht.
Im Verlaufe der Behandlung konnten wir bei einigen
unserer Patienten das Auftreten eines eigentümlichen, toxae-
mischen Symptomen komplexes beobachten, dessen
Intensität stets mit dem Grade der Reaktion im Einklänge
stand und dessen Zusammenhang mit der Bestrahlung auch
durch den Umstand erwiesen ist, daß sich derselbe stets nach
Ablauf der Latenzperiode einstellte. Diese allgemeinen Störun¬
gen konnten wir aber nur bei einem sehr kleinen Teil unserer
Patienten beobachten und zwar ausschließlich bei solchen, wo
es sich um große, exulcerierte Tumoren von malignem Charakter
handelte und wo intensiv bestrahlt wurde. Die Intensität dieser
Erscheinungen war eine sehr verschiedene. In den leichteren
Fällen steigt die Temperatur am Höhepunkte der lokalen Reak¬
tion, meist aber schon vorher, ohne jedwede nachweisbare Ur¬
sache auf 38—39®/o C. und verbleibt 2—3 Tage lang mit ge-
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Kanitz.
ringen Schwankungen auf dieser Höhe. Gleichzeitig mit der
Temperatursteigerung melden sich Mattigkeit, Appetitlosigkeit,
Kopfschmerzen.ln ganz vereinzelten Fällen nehmen dieseStörungen
größere Dimensionen an. Die Temperatursteigerungen sind größer
und währen länger, in dem verminderten und konzentrierten Harn
erscheinen Eiweiß und Zylinder, es melden sich Diarrhoe, Brech¬
reiz und Erbrechen, es tritt eine polynukleäre Leukocytose auf,
die Kranken werden außerordentlich geschwächt, soporös, der
Puls ist schwach, kleinwellig, exmittierend. Dieser Zustand
dauert zuweilen längere Zeit hindurch und nur langsam erholen
sich die stark herabgekommenen Patienten von demselben. Es
sei hier nebenbei bemerkt, daß wir dergleichen allgemeine Stö¬
rungen auch bei der Röntgenbehandlung von 2 Lupus vulgaris-
Fällen und bei einem Sarkom beobachteten. In letzterem Falle
trat neben den erwähnten Erscheinungen auch ein universelles
Erythem auf, außerdem konnten wir die Bildung von zahlreichen
metastatischen Herden konstatieren.
Diese allgemeinen Störungen — welche wir glücklicher¬
weise nur sporadisch beobachteten — sind bekanntlich durch
eine Intoxikation des Organismus bedingt, die auf eine
Resorption toxischer Stoffe, welche beim Zerfall der Geschwulst¬
zellen entstehen, zurückzuführen ist. Je rapider der Zerfall
des carcinomatösen Gewebes ist, also je heftiger die Reaktion
war, umso rascher und in desto größere Quantität wird der
Blutstrom durch diese toxischen Stoffe überflutet, lunso turbu¬
lenter werden daher die allgemeinen Reaktionserscheinungen
sein. Unserer Erfahrung gemäß pflegen diese Röntgenintoxika¬
tionen trotz des zuweilen erschreckenden Bildes günstig zu
verlaufen, nichts destoweniger sind sie mit einem enormen
Kräfteverfall, mit einer schweren Schädigung des Oiganismus
verbunden, und ist deshalb die Herauibeschwörung von solchen
heftigen allgemeinen Störungen tunlichst zu vermeiden. Wer
nie zu starke Reaktionen hervorruft, wird solche uaangenehme
Überraschungen nicht erleben.
Wir müssen noch bemerken, daß wir in keinem Falle von
Hautcarcinom das Auftreten von Metastasen, als Folge der
Bestrahlung, konstatieren konnten. Nur bei drei, mit Zungen¬
krebs behandelten Patienten beobachteten wir die Bildung bzw.
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Ober die Behandlung des Hautkrebses mit Röntgenstrahlen. 369
rapide Vei^öfierung der regionären Drüsen-Metastasen, ohne
aber daraus den Schluß ableiten zu wollen, daß die Röntgen ¬
behandlung die Bildung von metastatischen Herden begünstige.
Denn der Umstand, daß sich während einer dreimonatlichen
Behandlung die der Geschwulst am nächsten liegenden Lymph-
drüsen carcinomatös infiltrierten, darf nicht ohne weiteres auf
die Röntgentherapie zurückgefuhrt werden; es ist viel wahr¬
scheinlicher, daß sich die Metastasen unabhängig von der Be¬
strahlung, ganz spontan bildeten — also nur während und
nicht in Folge der Röntgenbehandlung.
Während der Behandlung eines exulcerierten Krebses der
Unterlippe schwollen beiderseits die submaxillaren Drüsen des
Patienten zu haselnuß- bis fast nußgroßen Knoten an. Nach
10 Tagen bildete sich jedoch die LymphdrüsenVergrößerung
vollkommen zurück. Es kann sich in diesem Falle nur um ein¬
fache Lymphadenitiden und nicht um Drüsenmetastasen des
Carcinoms gehandelt haben, hervorgerufen durch die Resorp¬
tion gewisser entzündungserregender Stoffe an der ezcoriiorten
Stelle. Ähnliches beobachteten wir hei einem geschwürig zer¬
fallenen Ulcus rodeus der Nase.
Ich müßte — um deu Gegenstand dieser Abhandlung
vollkommen zu erschöpfen — noch auf viele interessante De-
tailfragen reflektieren, die auf die Röntgentherapie des Haut¬
krebses Bezug haben. Ich übergehe sie aber, weil mein Zweck
nur war, in allgemein gehaltenen Umrissen jene Erfahrungen
und Eindrücke zu schildern, die ich während der Beschäftigung
mit dem Gegenstände gewonnen habe.
Soviel erhellt auch aus dieser Abhandlung, die auf Voll¬
kommenheit keinen Anspruch macht, daß die Röntgenbehand¬
lung heutzutage als ernster Faktor einen Platz in der Epithe¬
liomtherapie fordert und daß jener Standpunkt unstreitig ein
überwundener ist, der die Wirkung der Röntgenstrahlen mit
derjenigen des Senfpapieres identifizierte.
Zum Schlüsse sei es mir gestattet, meinem hochverehrten
Chef, Herrn Prof, von Marschalk6 für die vielfache Unter¬
stützung und die vielfach mir zu Teil gewordene Anregung meinen
ganz ergebensten Dank auch an dieser Stelle auszusprechen.
Arch. f. Dermal, u. Syph. Bd. LXXXll.
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Kanitz.
Die Erklärung der Abbildungen auf Taf. XX—XXII ist dem Texte
zu entnehmen.
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Vor dor Köntgonbohaiidlung Nach der Röntgonhohandlung. Vor dor RönlgcubchandlUDg. Nach der Rbutgoubohaudlung.
ArcliiT f. Dermatologie e. SypMlis. Baad LXXXII.
TAF. XX.
ler die Bfhandinng des Ilautkrebses mit Röntgenstrahlen,
K a n i t z
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Jahre alt. NaOgroßei, cxulceriertes Epitheliom der Oberlippe link». Fall iV. Ch. F., 52 Jahre alt. Epithelioma faciel (links).
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Vor der RöutufenbehandliiniiC Nach der Rüutgeiibebnndlung.
ArchiT 1. Dermatologie n. sypMlis. Band LXXXII.
TAT. XXI.
Kaiiit/.; Über die Behandlung des llautkrebses
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mit Röntirenstralilen.
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Fall VI. R. F., 85 Jahre alt. Epithelioma basocellulare faciei. Fall VIII. M. J., 76 Jahre alt. UICUS rodeus nasi.
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Arcliiv (. Denaiolotie d. Sypiiilis. Band LXXXlI.
TAF. XXll.
Eanitz: Über die Behandlunp' des Hantkrebses mit Köntgenstralileii.
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Generated on 2019-05-29 09:48 GMT / http;//hdl.handle.neV2027/hvd.320440815L5561
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Aus der kdnigl. Universitätsklinik fdr Hautkrankheiten CUoh.-
Bat Heisser) und der chemischen Abteilung des kSnigl. physiol.
Institutes (Prof. Böhmann) zu Breslau.
Was wissen wir über
die Zusammensetzung und Entstehung
der fettigen Hautsekrete?
Von
Dr. C. Siebert, Batavia,
Asiistent der Klinik fUr Hautkrankheiten.
VonNeisser ging die Anregung aus, durch das Studium
des Baues und der Funktionen der Bürzeldrüse der Vögel, diesen
den menschlichen Talgdrüsen entsprechenden Organen, einigen
Aufschluß über die anatomischen und physiologischen Vorgänge
bei der Bildung der Hautfette zu gewinnen, und die hierbei
gewonnenen Erfahrungen zur Erweiterung unserer Kenntnisse über
die Bildung des menschlichen Hautfettes zu benützen. Die
erste Frucht dieser Anregung waren Untersuchungen von Plato
und R ö h m a n n, die uns sowohl nach mikroskopischer als auch
nach physiologisch- chemischer Richtung hin neue interessante
Tatsachen lieferten. Von Röhmann gingen weitere frucht¬
bringende Anregungen zum Studium des Gebietes der Haut¬
fette aus, an dem sich Lins er, Marg. Stern und ich, be¬
teiligt haben.
Die Ergebnisse dieser teils auf chemischem, teils auf
mikroskopischem Gebiete sich bewegenden Arbeiten, im Verein
mit den wenigen über diese Materie von anderer Seite erfolgten
Publikationen, von einem einheitlichen Standpunkte aus zu
betrachten und zu erwägen, inwieweit sie das Dunkel,
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S i e b e r t.
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das bis jetzt über die Art der pbjsiologischeu Fuuktionen der
Talgdrüsen und über die cbemiscbe Zusammensetzung des
Produktes derselben schwebte, etwas erhellt haben, soll der
Zweck der folgenden Abhandlung sein.
Beginnen will ich meiue Ausführungen mit den Befunden,
die Röhmann bei der genaueren Erforschung der chemischen
Zusammensetzung des Bürzeldrüsensekretes erhob. Dieses Sekret
müssen wir als ein „Hautfett" resp. „Hauttalg" aufiassen, da
es von einem den menschlichen Talgdrüsen in anatomischem
Sinne analogen Organe produziert wird, und da es auch dem¬
selben physiologischen Zwecke wie die „Hautfette," nämlich der
Einfettung der Eörperoberfläche und ihrer epidermoidalen
Anhänge dient. Röhmann fand bei seinen Untersuchungen
zunächst, daß eine der Hauptbestandteile des Bürzeldrüsen¬
sekretes, nicht wie de Jonge angenommen hatte, der Cetyl-
alkohol, sondern der Oktadecylalkobol, CjgHjgO, war, also ein
Alkohol mit einer hohen Anzahl von Kohlenstoffatomen. Dieser
Alkohol ist esterartig gebunden an Stearinsäure, Palmitinsäure
und Ölsäure und anscheinend auch an andere kohlenstoff¬
ärmere, optisch akti?e Säuren. Als einen zweiten wichtigen
Befund erhob Röhmann, daß in dem Sekrete nur geringe
Mengen von Glyzerin vorhanden waren. Aus diesen beiden
Ergebnissen folgte, daß wir das Produkt der Bürzeldrüsen
eigentlich nicht als ein „Fett" bezeichnen können, denn Fette
in chemischem Sinne sind nur die Glyzerinester der oben ge¬
nannten Fettsäuren, wie z. B. das Fett des Unterhautfettgewebes.
Das Bürzeldrüsensekret reiht sich vielmehr einer anderen
Gruppe von chemischen Körpern an, nämlich den „Wachsen";
denn unter „Wachsen" verstehen wir chemische Körper, die
aus den Estern der Fettsäuren mit meist einwertigen höheren
Alkoholen bestehen, während wir, wie schon erwähnt, in den
eigentlichen Fetten Ester von Fettsäuren mit Glyzerin, einem
'dreiwertigen Alkohol mit nur 3 Kohlenstoffatomen vor uns haben.
Neben den Estern des Oktadecylalkohols fand Röhmann
in dem Bürzeldrüsensekret noch einen anderen Bestandteil,
dessen chemische Natur aber noch nicht vollständig erforscht
ist, den er „Pennacerin" nannte. In dem Pennacerin scheinen
wir einen Vertreter einer Gruppe von chemischen Körpern vor
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Za 8 ammenset 2 UDg und Entstehung der fettigen Hautsekrete. 373
uns zu haben, die, wie weitere Untersuchungen tierischer und
menschlicher Hautfette ergeben haben, durchaus charakteristisch
für Produkte tierischer und menschlicher Talgdrüsen zu sein
scheint.
Unsere Kenntnisse von dem Sekret der Talgdrüsen der
Säugetiere beruhte bis vor kurzem wesentlich auf der Unter¬
suchung des Wollfettes der Schafe. Nach den viel zitierten
Angaben ron Liebreich sollte das Wollfett fast nur aus den
Fettsänreestem des Cholesterins G,,H 440 bestehen. E. Schulze
bestätigte diese Angaben und erweiterte sie dadurch, daß er
neben dem Cholesterin noch einen ähnlichen Körper, das
Iso cholesterin, auffand. Er machte auch die Beobachtung, daß
das Wollfett neben den Estern dieser beiden Alkohole noch
andere Stoffe enthielt, unterwarf diese aber keiner weiteren
Prüfung. Daß diese Ester aber nicht immer den Haupt¬
bestandteil des Wollfettes ausmachen, zeigten die Unter¬
suchungen Yon Darmstädter und Lifschütz. Nach ihren
eingehenden Untersuchungen enthält — oder enthielten wenigstens
die Ton ihnen untersuchten Wollfettproben — nur geringe
Mengen jener Ester, sie bestanden aus anderen Verbindungen;
„Garnaubasäure, Lanocerinsäure, Lanopalminsänre, Myristinsäure,
Camaubjlalkohol, Cerylalkohol." Daß solche Differenzen in dem
Ergebnis der chemischen Untersuchung derselben Produkte nicht
auf yielleicbt yerschiedene Untersuchungsmethoden der Autoren
zurückzufiihren sind, leuchtet ein, und es ist wohl anzunehmen,
daß der Grund der yerschiedenen Resultate in gewissen Unter¬
schieden des untersuchten Rohmaterials zu suchen sein wird.
Über die Momente, die die chemische Zusammensetzung des
W'ollfettes beeinflussen und derartige Differenzen erklären können,
werde ich mich weiter unten auslassen.
Eine Nachprüfung dieser für die Dermatologie äußerst
wichtigen Angaben, die ich auf Anregung yon R ö h m a n n aus¬
führte, ergab eine Bestätigung der Angaben yon Darmstädter
und Lifschütz, insofern als auch ich in dem Wollfett, das
mir yon den Lanolin werken Martinikenfelde in dankenswerter
Weise zur Verfügung gestellt war, nur geringe Mengen yon
Cholesterinestern fand. Ferner ergab sich, daß ein Teil der
yon Darmstädter und Lifschütz gefundenen Verbindungen
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Siebert.
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nicht als solche in dem Wollfett vorhanden sind, sondern erst
während der Untersuchung durch Kochen mit alkoholischer
Kalilauge entstanden sind. Der Weg der Untersuchung, den
ich einschlug, ging darauf aus, die verschiedenen Bestandteile
des Wollfettes möglichst nur durch ihre verschiedene Löslichkeit
in Lösungsmitteln, wie Methylalkohol, Äthylalkohol, Äther etc.
zu trennen. Es gelang mir verschiedene Körper aus dem Woll¬
fett zu erhalten, von denen der eine bis jetzt am besten
charakterisiert, von uns Lanocerin genannt wurde. Aus ihm
bildet sich bei der Verseifung anscheinend die von Darm¬
städter und Lifschütz beschriebene Lanocerinsäure. Mit
den weiteren chemischen Untersuchungen des Lanocerins und
seiner Spaltungsprodukte ist Röhmann z. Z. noch beschäftigt.
In diesem Lanocerin haben wir allem Anscheine nach einen
ähnlichen Körper vor uns wie das Pennacerin der Biirzeldrösen-
sekrete. Das Wollfett scheint also dem Sekret der Bürzel¬
drüsen insofern zu ähneln, als es wie dieses Ester hochmole¬
kularer Alkohole enthält und andere, wachsartige Stoffe, aber
die Alkohole und anscheinend auch die Säurmi sind in beiden
Sekreten verschieden.
An diese Untersuchungen reihen sich nun weiter die von
Li ns er über die menschlichen Hautfette. Er gewann nor¬
males Hautfett dadurch, daß er Menschen täglich mit einem
in Petroläther getränkten Wattebausch abrieb, und dann die von
mehreren Wochen aufgesammelten Wattebäusche mit Chloroform
extrahierte. Der Rückstand des Chloroformextraktes wurde
dann in Äther aufgenommen und der chemischen Untersuchung
unterworfen. Nach Verseifung dieser Fettsubstanzen erhielt
Linser unter den unverseifbaren Bestandteilen einen Körper,
den er Acetonkörper nannte. Cholesterin fand Linser in
diesem Hautiett nur etwa l®/o* also in verschwindend geringer
Menge. Linser untersuchte dann eine Anzahl von anderen
menschlichen Fettsekreten, wie Cerumen, Smegma, Inhalt
von Talgdrüsencysten, Dermoiden und Atheromen.
Bei all diesen Untersuchungen stieß er mit Ausnahme des
Cerumens und des Smegmas auf das Vorhandensein des sog.
Acetonkörpers. Dieser Körper war kristallinisch und hatte nach
mehrmaligem Umkristallisieren einen konstanten Schmelzpunkt
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Zusammensetzang und Entstohung der fettigen Hanteekrete. 375
von 61—68 Grad. Diesen Körper will Röbmann Dermocerin
genannt wissen, da er oder seine Muttersabstanz — der Körper
wurde, wie gesagt, erst nach dem Verseifen untersucht — ein
dem Pennacerin und Lanocerin analoger Körper zu sein scheint.
Aus dem Inhalte von Dermoidcysten gelang es Linser weiter
noch einen ölartigen Körper unbekannter Natur zu isolieren,
das Dermoolein (Röhmann), das jedenfalls auch kein Fett,
kein Alkohol, keine Fettsäure ist. Die nähere Untersuchung
dieses Körpers steht auch noch aus. Auch in dem Inhalte
von Dermoidcysten, Atheromen etc. fand Linser sehr
wechselnde und meistens allerdings nur sehr geringe Mengen
von Cholesterin. Ebenso yerbielten sich auch die Glyzerin¬
fette, so daß hierdurch der Beweis erbracht war, daß wir auch
die Produkte der menschlichen Talgdrüsen nicht den eigent¬
lichen Fetten zurechnen können.
Wir haben also aus den Untersuchungen gelernt, daß wir
in dem menschlichen Hautfett, dem WoUiett der Schafe, dem
Bürzeldrüsensekret der Vögel Produkte vor uns haben, die
unter die Gruppe der Wachse zu rubrizieren sind. Ver¬
gleichen wir diese Produkte mit den Wachsen der übrigen
organisierten Welt, so finden wir sowohl nach der chemischen
wie nach der funktionellen Richtung hin eine weitgehende Über¬
einstimmung. Wir sehen, daß eine Ausscheidung von „Wachs“
schon auf die Oberfläche von Pflanzen erfolgt. Hier überzieht
es als eine dünne Schicht Blätter und Früchte. Die Menge
des „Pflanzenwachses“ ist eine sehr verschiedene; während es
bei manchen Früchten, der Weintraube, der Pflaume z. B. nur
als ein feiner Haucb erscheint, sondern andere Pflanzen, be¬
sonders tropische, soviel Pflanzenwachs ab, daß die technische
Ausnützung der Wachsprodnktion lohnend ist. Von Pflanzen,
die so reichlich Wachs bilden, ist besonders die das Camauba-
wachs liefernde Carnaubapalme zu nennen, von deren Ober¬
fläche eines Blattes man bis 3 g gewinnen kann.
Bei den niederen Tieren ist besonders auffallend die
Wachsproduktion bei den Insekten. Das bekannteste Beispiel
hierfür ist ja die Honigbiene. Nach Carlet ist das Wachs
hier nicht ein Produkt drüsiger Organe, sondern wird von einer
epithelialen Membran, der sogenannten Wachsmembran, die
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Siebert.
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zwischen der Cuticula und der inneren membranösen Aus¬
kleidung der Bauchsegmente gelegen ist, produziert. Im physio¬
logischen Sinne wird man diese Produktion auch als eine Se¬
kretion anfzufassen haben, wenn auch das Produktionsorgan
noch nicht zu einer vollendeten Drüse differenziert ist. Weitere
Insekten, die wachsartige Produkte liefern, sind Coccus ceriferus,
von der das sogenannte chinesische Wachs stammt, ferner die
Cochenillelaus, deren Wachs von Li eh ermann, die Psylla
alni, deren Wachs ebenso wie das verschiedener Hummelarten
von Sundwick untersucht wurde.
Aus den angeführten Beispielen ersehen wir, daß die Haut¬
oberfläche von Tieren und Pflanzen in einzelnen Fällen diffus,
in anderen lokalisiert Produkte ausscheidet, die man zu den
Wachsen rechnen kann. Sie bestehen aus den Fettsäure¬
estern hochmolekularer Alkohole, und anderen Stoffen
hzw. Stoffgemischen, die vorläufig als Pennacerin, Lanocerin,
Dermocerin (Dermoolein) bezeichnet wurden.
Neben diesen wachsartigen Bestandteilen findet sich in
diesen Sekreten noch Cholesterin entweder frei oder lüs Ester
in wechselnden Mengen. Daß wir dem Cholesterin seine Spezi¬
fität für Hautsekrete, wie eine solche früher auf Grund der
Untersuchungen von Liebreich angenommen wurde, nehmen
müssen, lehrten einmal die Untersuchungen des Lanolins, bei
dem es nur in einzelnen Handelssorten eine hervorragende
Anteilnahme an der Zusammensetzung des Sekretes hat, weiter
die Untersuchungen des Bürzeldrüsensekretes, bei dem das
Cholesterin überhaupt nicht aufzufinden war, dann die der
menschlichen Hautfette, wo es nur eine ganz nebensächliche
Rolle spielte.
Es wirft sich nun die Frage auf, wie dieses verschiedene
Verhalten des Cholesterins in den Hantfetten, das einmal domi¬
nierend auftritt und dann wieder in verschwindend kleiner
Menge vorhanden ist, zu deuten ist Schon Liebreich und
nach ihm Lins er hatten dieses auffallende Verhalten dadurch
zu erklären versucht, daß sie annabmen, daß die Hautfette sich
aus zwei Teilen zusammensetzen, nämlich einmal aus dem
eigentlichen Sekrete der Talgdrüsen und dann aus den Produkten
der oberflächlichen Hornschicht der Haut Letztere Produkte
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ZusammeoBetzung und Entitehang der fettigen Hantiekrete. 377
sind sehr dtolesterinreich, während die der eigentlichen Drüsen
cholesterinsrm, resp. ganz frei von dieser Substanz sind. Eine
Grundlage für diese Annahme gaben L i n s e r die Unter¬
suchungen, die er über den Fettgehalt von Homsubstanzen
angestellt hatte. Er extrahierte Horn- und Hufspäne in Äther,
und fand in dem fetthaltigen Extrakt nach der Verseifung eine
reichliche Menge von Cholesterin, ganz im Gegensatz zu den Be¬
funden bei den eigentlichen Hautfetten, wo L i n s e r sowohl in den
durch die Cbloroformwaschungen gewonnenen Hautfetten, als auch
in dem Inhalte von Dermoidcysten nur verhältnismäßig geringe
Mengen von Cholesterin fand. Eine Ausnahme nur bildeten die
Atherome, deren Inhalt wiederum reichliche Mengen von Cholesterin
aufwies, was aber wohl mit der Genese der Atherome, Entstehung
aus versprengten epithelialen Keimen und keine Beziehungen
zu Talgdrüsen, seinen Grund hatte. Auch in dem makroskopischen
Aussehen des Inhaltes der Atherome, der aus mehr hornigen
Massen besteht im Gegensatz zu dem mehr fettigen Inhalt der
Talgdrüsencysten, zeigt sich die Eigenart seiner Herkunft. Ziehen
wir weiter noch das cholesterinfreie Bürzeldrüsensekret in den
Kreis unserer Betrachtungen, in dem wir ein vollständig reines
Talgdrüsensekret ohne jegliche Beimengung von aus der Epidermis
stammenden Bestandteilen haben, so müssen wir Liebreich
und Linser recht geben und annehmen, daß sich ein Haut¬
fett, das sehr cholesterinreich ist, aus dem Sekrete der Talg-
drüsefn und aus Ausscheidungsprodukten der Epidermis zusammen¬
setzt. Der früher erwähnte Wechsel in dem Cbolesteringehalte
der Wollfette wird nun wohl auch darin zu suchen sein, daß
die einzelnen Rohprodukte mehr oder weniger aus der Epidermis
stammende Substanzen enthalten werden, was vielleicht mit
der mehr oder minder dichten Behaarung der verschiedenen
Rassen zusammenhängt.
Auf Grund dieser Tatsache müssen wir also der Epidermis
die Fähigkeit zusprechen, Cholesterin-Ester etc. zu bilden, also
auch eine gewisse sekretorische Fähigkeit der Epidermis an¬
nehmen. Hat diese Annahme nun ihre histologische Basis und
läßt dieselbe sich mit dem Mikroskop verfolgen?
Bei dem Versuche diese Frage zu beantworten, muß ich
auf eine Polemik zurückgreifen, die seiner Zeit dadurch hervor-
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S i e b e r t.
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gerufen wurde, daß Liebreich die Behauptung aufstellte, daß
die menschliche Haut Lanolin, d. h. nach der damaligen che¬
mischen Auffassung des Lanolins ,Cholesterin-Fette‘‘ also
Cholesterinester enthalte, und daß das Eleidin und das Kera-
tohyalin, Gemenge von Eiweiß und Cholesteiin-Fetten und somit
der Ursprung des „Hautlanolins“ seien. Lewin, Sticker,
Selhorst glaubten mikrochemisch die Hypothese von Lieb¬
reich beweisen zu können. Sie bedienten sich zu diesem
Zwecke der Lieb er mann sehen Cholestol-Reaktion d. h.
Behandlung der Substanzen mit Essigsäure-Anhydrid und kon¬
zentrierter Schwefelsäure, einer ursprünglich ftir Cholesterin
angegebenen Reaktion, bei der in vitro eine bestimmte Farben¬
skala auftritt. Die genannten Autoren übertrugen diese Reak¬
tion, wenn auch unter Berücksichtigung gewisser Modifikationen
der bei der Reaktion auftretenden Farbenskala, auf die Chole¬
sterinester, und wollten hiermit auch mikrochemisch Cholesterin-
ester in der Epidermis uud besonders in der Eömerschicht nach¬
gewiesen haben. B u z z i und Santi konnten die Befunde von L e w i n
und Sticker im mikrochemischen Sinne nicht bestätigen.
Über die auf dieser Cholestolreaktion beruhenden Untersuchungen
dieser Polemik können wir kurz hinweggehen, da es nach
meiner Meinung gewisse Mißlichkeiten mit sich bringt, wenn
man eine Reaktion wie die Cholestolreaktion, die beim Nach¬
weis des Cholesterins sich als so empfindlich erweist, zur Ent¬
scheidung über das Vorhandensein oder Fehlen von Cholesterin¬
estern heranzieht. Nehmen wir selbst a priori an, daß die Identi¬
fizierung von Cholesterinestern durch die Liebermannsche
Reaktion unter Berücksichtigung gewisser Modifikationen
in der Farbenskala möglich ist, so liegt doch noch die Möglich¬
keit vor, daß durch die angewendete konzentrierte Schwefel¬
säure eine gewisse Spaltung der Ester in ihre Komponenten
möglich ist, und daß das frei werdende Cholesterin eine Misch¬
reaktion mit der der Cbolesterinfette ergibt, die in gewisser
Abhängigkeit von der Menge der angewendeten Schwefelsäure
stehen wird. Es kommt dann noch der Umstand hinzu, daß
die Produkte, mit denen bei den Untersuchungen die Reak¬
tionen angestellt wurden, sowohl in extrahiertem Zustande
als auch in den Geweben bei den mikrochemischen Reaktionen
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Zusammensetzung und Entstehung der fettigen Hautsekrete. 379
nicht reine chemische Körper vorstellen, von denen man aller¬
dings scharf abgesetzte Farbenreaktionen erwarten darf, sondern
daß dieselben doch immer mehr oder weniger Verunreinigungen
bekannter und unbekannter Natur enthalten, die die Farben¬
erscheinungen beeinträchtigen können. Hierzu wird auch der
Wassergehalt der Substanzen gehören, der nachHürthle die
Farbenerscbeinungen der genannten Reaktionen beeinflussen kann.
Mir scheint also, daß weder die Untersuchungen von Lieb¬
reich, Lewin, Sticker, Selhorst etwas für, noch die von
Buzzi und Santi etwas gegen das Vorhandensein von
Cholesterinfetten in der Haut beweisen. Durch Anstellung der
Reaktion ist nur der Nachweis erbracht worden, daß Chole¬
sterin in der Oberhaut vorhanden ist Untersuchungen, die
direkt gegen die L i e b r e i c h sehe Behauptung, daß die Körner
der Körnerschicht aus Cholesterinletten bestehen, sprechen, sind
die, die von Buzzi über die Löslicbkeitsverhältnisse der
Körnchen der Körnerschicht angestellt sind. Er fand nämlich,
daß diese in Chloroform, Äther, Essigsäureanhydrid unlöslich
sind, und nach der Behandlung mit den oben genannten Fett¬
lösungsmitteln noch gefärbt werden können. Hätte es sich um
Cholesterinester gehandelt, so hätten diese leicht in Lösung
gehen müssen.
Das Eleidin und das Keratohyalin sind also keine Chole¬
sterinester und nach ihren Löslicbkeitsverhältnissen überliaupt
keine fettartigen Substanzen. Es ist aber nicht zu leugnen,
daß es doch bestimmte Gründe gibt, die dafür sprechen, daß
ein gewisser Zusammenhang zwischen Keratohyalin und dem
Cholesterin besteht Vielleicht ist es richtig, was Liebreich
auch gelegentlich angedeutet, daß man in dem Keratohyalin
gewisse Vorstufen des Cholesterin resp. der Cholesterinester
anznsehen hat Jedenfalls geht das Vorkommen dieser Sub¬
stanzen, die bekanntlich in einem gewissen Zusammenhang
mit den Verhornungsprozessen stehen, im gewissen Sinne parallel,
ln dem Stratum granulosum findet sich das aus soliden Körnchen
bestehende Keratohyalin, das hier noch eiweißartigen Charakter
hat (Waldeyer). ln den weiter nach oben gelegenen Epithel¬
schichten ändert sich die Substanz derart, daß die Körnchen
weicher werden und die Konsistenz eines fetten Öles annehmen,
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Hier haben wir dann das Eieidin oder das Keratoeleidin (Rabl)
vor uns. Die einzelnen Tröpfchen konfluieren dann, und er¬
füllen Tollkommen die Zellkörper, die so das Stratum lucidum
bilden. Wie sich das Eleidin dann weiter verändert, ist un¬
bekannt, jedenfalls läßt es sich in den verhornten Schichten
färberisch nicht mehr nachweisen. Diese verhornten Schichten
geben mikrochemisch eine sehr deutliche Cholesterinreaktion.
Auch in den ätherischen Extrakten von hornigen Substanzen
wie Pferdehufen, Hornspänen, Alherominhalt etc. finden sich
wie Linser nacbgewiesen hat, reichliche Mengen freien
Cholesterins. Von den genannten Homsubstanzen enthalten
Pferdehufe und Hörner auch mikroskopisch viel Eleidin. Als
von Bedeutung für den Zusammenhang zwischen Eleidin und
Cholesterin könnte man auch noch eine Beobachtung von
Dreysel und Oppler heranziehen. Die genannten Autoren
fanden in den sehr cholesterinreichen Cholesteatomen reich¬
liche Mengen Eleidin vor. Das Ergebnis dieser Beobachtungen
geht also dahin, daß man in der Epidermis dort, wo sich das
Eleidin dem mikroskopischen Nachweise entzieht, Cholesterin
deutlich nachweisen kann und daß in sonstigen hornigen Ge¬
bilden reichliches Vorhandensein von Eleidin mit reichbcher
Menge von Cholesterin zusammenfallt.
über die chemische Natur des Eleidins wissen wir weiter
nichts Näheres. Wenn auch manche Autoren dazu geneigt
sind, diese Substanz als ein fettes Öl anzusehen, so spricht
doch die Unlöslichkeit des Eleidins in Fettlösungsmitteln da¬
gegen. Auch über die chemische Qualität des Keratohyalins
ist uns nichts Näheres bekannt. Waldeyer will, wie schon
erwähnt, die Substanz als einen eiweißartigen Körper aufgefaßt
wissen.
Es setzt sich also das fettige Hautsekret der Menschen
und der Säugetiere aus zwei Sekreten verschiedener Herkunft
zusammen. Ist die Art und Weise, in der der Organismus diese
beiden Sekrete auf baut, nun eine einheitliche? Die Frage,
woher das Sekret der eigentlichen Talgdrüsen entsteht, ist durch
die Untersuchungen Pia tos und Röhmanns an der Bürzel¬
drüse entschieden worden. Plato wies in Versuchen, in denen
er Gänse mit Sesamöl fütterte, nach, daß das Sesamöl in
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Zusammensetzung und Entstehung der fettigen Hautsekrete. 381
die Bürzeldräse eintritt und sogar bis in das Bürzeldrüsen-
sekret gelangen kann. Hiermit war die bisherige Anschauung
erschüttert und unwahrscheinlich gemacht, daß sich das Talg¬
drüsensekret aus dem Eiweiß der Zellen bilde, es sich also
um einen fettigen Zerfall der Drüsenepithelien handle. Die
Bildung des Sekretes ist ein regelrechter Sekretionsvorgang.
Das der Drüse zugetührte Fett wird aber nicht wie bei der
Milchdrüse unverändert ausgeschieden, sondern erleidet zum
größten Teil in der Drüse gewisse chemische Veränderungen.
Nach Annahme von Röhmann wird das Nahrungsfett in der
Drüse fermentativ in Fettsäuren und in Glyzerin gespalten.
Ölsäure und Stearinsäure werden zu Oktadecylalkohol reduziert.
Kohlenstoffärmere Fettsäuren von der Formel der Myristinsäure
und der Laurinsäure führt Röhmann auf einen oxydativen
Abbau der Ölsäure, Stearinsäure und Palmitinsäure zurück.
Weiter spielen dann noch synthetische Vorgänge eine Rolle, die
schließlich zur Bildung des Oktadecylalkoholesters führen.
Ferner glaubt Röhmann auch noch Grund zu der Annahme
zu haben, daß die Bildung des Pennacerins mit dem Nahrungs¬
fett in einem engen Zusammenhang steht. In der neuesten Zeit
ist auch Bab in einer sehr ausführlichen Arbeit über die Talg¬
drüsen und ihr Sekret sehr energisch für die Auffassung ein¬
getreten, daß die Fettbildung in der Talgdrüsenzelle ein echter
vitaler Sekretionsvorgang ist.
Diese Ausführungen erstrecken sich zunächst nur auf die
sekretorischen Vorgänge in den Bürzeldrüsen. Daß wir
aber berechtigt sind derartige Verhältnisse auch auf die
menschlichen Talgdrüsen zu übertragen, dafür sprechen gewisse
Analogien, die sich bei den mikroskopischen Untersuchungen
des Sekretionsvorganges zwischen den Bürzeldrüsen und den
menschlichen Talgdrüsen ergeben haben und die weiter unten
erläutert werden sollen.
Bei dem Haut sekret haben wir noch den cholestearin-
haltigen Bestandteil. Über seine Entstehung werden wir uns
erst eine Vorstellung bilden können, wenn die Konstitution des
Cholesterins endgültig aufgeklärt sein wird.
Während unsere Kenntnisse über die mikroskopischen
Vorgänge bei der Bildung des Epidermissekretes noch
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Sichert.
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sehr lückenhaft sind und zum größten Teil nur auf Mut¬
maßungen beruhen, ist nnser Wissen über die Vorgänge bei
der Fettbildung in der eigentlichen Talgdrüse, besonders in der
Bürzeldrüse, durch Plato und Margarete Stern bedeutend
erweitert worden. Plato fand in dem wabig angelegten
Protoplasma der Bürzeldrüsenzellen runde bis ovale, mäßig
stark lichtbrechende Körnchen von ziemlich fester Konsistenz,
die sich im allgemeinen mit Fettfarbstoffen nicht tingierten.
Diese Körnchen nannte Plato lipophore Körnchen, weil
er beobachtet haben wollte, daß diese stark lichtbrecbenden
Gebilde im weiteren Verlauf der Tubuli nach dem Ausfdhrungs-
gange zu fettartigen Charakter, nachweisbar sowohl durch die
Osmium- als auch durch die Scharlachrotreaktion, an-
nahmen, daß sich also gewissermaßen eine fortschreitende Ver¬
fettung an diesen lipophoren Körnchen bemerkbar machte.
Fortgesetzt wurden die Untersuchungen von M. Stern, welche
zunächst durch ihre Untersuchungen nachwies, daß man nicht,
wie Plato angenommen, in den lipophoren Körnchen eine
Vorstufe des Sekretes, sondern das Sekret selbst vor sich hatte.
Außerdem fand M. Stern in den Zellen der Bürzeldrüse noch
eine zweite Art von Körnchen, darstellbar durch ein spezi¬
fisches Färbeverfahren mittelst Kombination von Osmium und
Scharlachrot. Diese Körnchen erhielten den Namen „lipoide“
Körnchen. Von den lipophoren Körnchen Platos, welche
M. Stern als Sekrettröpfchen bezeicbnete, unterschieden sie
sich auch durch geringeres Lösungsvermögen in den Fett¬
lösungsmitteln. M. Stern wies in der Bürzeldrüse histologisch
drei verschiedene Zonen, wahrscheinlich funktionell verschie¬
denen Teilen der Drüse entsprechend, nach. Die lipoiden
Körnchen beschränkten sich ausschließlich auf die erste Zone.
Die Sekrettröpfchen fanden sich in der ersten und zweiten
Zone. In allen drei Zonen kam dann noch eine dritte Art
von Körnchen vor, die sich erst nach 9—16 tägiger Ein¬
wirkung von Osmiumsäure färbten. Diese Körnchen fanden
sich außerdem reihenweise angeordnet in dem intertubnlären
Bindegewebe und nach neueren Untersuchungen von M. Stern
auch in und um die Gefäße, ferner auch in dem'Sekret selbst.
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ZosammensetzaDg und Entstehung der fettigen Hantsekrete. 383
Die Vorstellung, die uns M. Stern auf Grund dieser
Befunde Ton der Bildung des Bürzeldrüsensekretes gibt, ist
folgende: Die staubfeinen Körnchen, die sich in den Zellen
und in dem Bindegewebe befinden, sind ein sehr fein verteiltes
Nahmngsfett Ein Teil dieses Nahrungsfettes geht unverändert
in das Sekret über, wo es sich auch mikroskopisch nachweisen
läßt. Von diesem Nahrungsfett stammen auch die Spuren
wirklichen Fettes, die sich in dem Sekrete chemisch nach¬
weisen lassen. Der größere Teil der staubfeinen Körnchen
bildet zunächst die lipoiden Körnchen, ans denen dann die
Sekrettröpfchen (PIatos lipophore Körnchen) entstehen. Diese
Sekrettröpfchen lassen sich mit ziemlicher Bestimmtheit durch
ihr Verhalten zu den Fettlösungsmitteln und durch ihre man¬
gelnde Osmirbarkeit als die Stearin- und Palmitinsäureester
des Oktadezjlalkohols identifizieren. Auch alle diese Vorgänge
weisen wieder mit Bestimmtheit darauf hin, daß die Funktion
der Bürzeldrüse eine reine sekretorische ist, und daß das Fett
nicht nach der Anschauung von Virchow durch einen nekro-
biotischen Prozeß entsteht.
Plato hatte auch menschliche Talgdrüsen in den Be¬
reich seiner histologischen Untersuchungen gezogen und macht
hier auf eine wesentliche Übereinstimmung der mikroskopischen
Details bei den Talg- und Bürzeldrüsen aufmerksam. Er fand
auch in der menschlichen Talgdrüse eine periphere Lage von
Zellen, die keine durch Osmium intensiv geschwärzte Elemente
enthielten, dagegen waren Körnchen zu sehen, welche teils
gar keine, teils eine ganz geringe Osmiumbräunung zeigten.
Diese Arbeiten wurden durch den Tod des Forschers unter¬
brochen und M. Stern ist augenblicklich damit beschäftigt,
auch diese Untersuchungen noch weiter zu fordern.
Einen ähnlichen Befund, wie Plato bei den Bürzeldrüsen
und bei der menschlichen Talgdrüse erhob auch Buschke
heim Studium der Meibomsehen Drüse des Meerschweinchens.
Auch hier trat das Sekret zunächst in kleinsten, stark lichtbre¬
chenden Körnchen in den periphersten Punkten in den wohl erhal¬
tenen Zellen auf. Von den Körnchen sagt Buschke, daß dieselben
teilweise eine Fettreaktion geben, indem dieselben sich mitunter
gar nicht oder mitunter nur partiell mit den Fettfarbstoffen tin-
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Siebert.
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gierten. Auch ein Übergehen von Sesamöl in das Sekret dieser
Drüsen konnte Buschke in einzelnen Fällen festeteilen.
Dieses wäre also der Stand unserer zeitigen chemischen
und histologischen Kenntnisse der Hautfette und ihrer Ent¬
stehung. Was die physiologische Bedeutung der Hautfette betrifft,
so haben die Untersuchungen nach dieser Richtung hin wenig
neue Gesichtspunkte geschaffen. Wir sehen den Zweck der
fettigen Hautsekrete noch immer als den an, die Eörperober-
fläche und ihre epidermoidalen Anhänge einzufetten, diese ge¬
schmeidig, für Wasser undurchdringlich und nicht benetzbar
zu erhalten. Diese Sekrete scheinen dann einen gewissen Schutz
gegen bakterielle Einflüsse zu gewähren, insofern als die
Hautfette keinen geeigneten Nährboden für Bakterien abgeben.
Gottstein*) hat experimentell vom Lanolin nachge¬
wiesen, daß in ihm keine Bakterien gedeihen können. Die Er¬
klärung dieser Tatsache liegt in der Natur der Wachse, deren
Bestandteile sich als äußerst widerstandsfähig selbst gegen
energische chemische Einwirkungen erweisen.
Nach Linser sollen auch die menschlichen Hautfette
ebenso wie das Wollfett befähigt sein, gewisse Mengen von
Wasser aufzunehmen und hierdurch eine Rolle bei der Wärme¬
regulation zu spielen, doch erscheint mir diese Annahme nicht
ausreichend begründet.
Wir müssen zugeben, daß wir durch die oben angeführten
Untersuchungen doch schon um ein Bedeutendes unsere Kennt¬
nisse von den normalen Hautfetten bezüglich ihrer Chemie und
ihrer Entstehung gefördert haben. Andererseits aber ist es
noch mit unserem Wissen von der pathologischen Fettsekretion,
die iür die praktische Dermatologie so wichtige Krankheits¬
bilder, wie die sogenannte Seborrhoea oleosa und die Seborrhoea
sicca hervorruft, schlecht bestellt. Auch wie sich die Fett-
sekretion bei anderen, außer den genannten Erkrankungen der
Haut verhält, ist uns wenig bekannt. Die ersten Anfänge, um
in dieses dunkle Gebiet zu dringen, sind auch von Linser
gemacht, und diese ersten Untersuchungen haben schon ganz
beachtenswerte Resultate geliefert. Was die uns zunächst
*) Berl. klin. Wochenschrift. 1887.
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ZusainmensetzuDg and Entstehung der fettigen Hantaekrete. 385
am meisten interessierenden Krankheiten betrifft, so konnte
Linser bei der Seborrhoea sicca und namentlich bei der
Seborrboea oleosa nachweisen, daß das produzierte Haut¬
sekret in einen erheblichen Gegensatz zu dem normalen Haut¬
fett steht. Es zeigte sieb, daß diese Sekrete viel reichlicher
an fireien Fettsäuren waren, als die normalen Hautsekrete, und
daß die Yermebrung der freien Fettsäuren hauptsächlich auf
Rechnung eines reichen Ölsäuregehaltes kam. Linser will
daher die Seborrhoea als eine primäre Funktionsanomalie der
Talgdrüsen aufgefaßt wissen, infolge welcher eine nicht genü¬
gende Verarbeitung des zugeführten Materials, speziell der
Ölsäure, stattfindet. Diese Verhältnisse liegen vornehmlich bei
der Seborrhoea oleosa vor, bei dem Sekret der Seborrhoea
sicca tritt noch ein vermehrter Cholestearingehalt hinzu, der
wohl auf eine reichliche Beimengung von Epidermiszellen zum
Sekret der Talgdrüsen zurückzuführen ist.
Bei der Untersuchung der Schuppen von Ichthyosiskranken
ergab sich ein Resultat, das man nach unseren bisherigen
Kenntnissen erwarten durfte, nämlich ein hoher Cholestearin¬
gehalt, und ein Zurücktreten der spezifischen Bestandteile der
Talgdrüsen. Auch äußerlich dokumentiert sich ja die mangel¬
hafte Funktion der Talgdrüsen hei der Ichthyosis in der aus¬
gesprochenen Trockenheit der Haut. Ein gleiches Resultat, wie
die Untersuchung der Ichthyosisschuppen, ergab auch merk¬
würdigerweise die der Psoriasissebuppen, und Linser macht
hier darauf aufmerksam, daß anscheinend auch bei der Psoriasis
Funktionsstörungen der Talgdrüsen Vorkommen könnten.
Diese obigen Ausführungen sind die Resultate der ersten
Anfänge, um durch chemisch-physiologische Untersuchungs¬
methoden in das bis dahin noch so dunkle Gebiet der fettigen
Hantsekretion und ihrer Anomalien einzudringen. Es ist zu
erwarten, daß es durch kombinierte physiologisch-chemische
und histologische Untersuchungen gelingen wird, noch weitere
Einblicke in diese so dunklen Vorgänge zu gewinnen.
Arch. f. Oermat. u. Sypb. Bd. LXXXII. 25
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Siebert.
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Zum Schlüsse ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn
Geheimrat Neisser für die weitgehende Unterstützung bei
der Ausführung meiner Untersuchungen und Herrn Professor
Röhmann für die Anregungen und die stets bereitwillige
Hilfe meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Literatur.
Bab. Die Talgdrüsen u. ihre Sekretion. Beiträge zur klinisch.
Mediz. Festschrift Senator.
Buzzi. Monats, f. prakt. Dermat. ßd« VIII. 1889.
Darmstädter Q. Lifschütz. Ber. d. Deutsch, ehern. Ges. 1898.
Bd. XXVIII fig.
Dreysel u. Oppler. Archiv für Dermatol. Bd. XXX. 1895.
Hürthle. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXI. 1895.
de Jon ge. Über das Sekret der Talgdrüsen der Vögel und sein
Verhältnis zu den fetthaltigen Hautsekreten der Säugetiere, insbesondere
der Milch. Inaug.-Diss. Berlin. 1879.
Lew in. Mikrochemischer Nachweis von Cholesterin fett in der
Körnerschicht der Epidermis.
Liebermann« Über das Oxychinoterpen. Ber. d. deutsch, ehern.
Gesellschaft. 1885.
Liebreich. Verh. der deutsch, dermat. Gesellschaft u. Berl. kli¬
nische Wochenschr. 1885.
Li ns er. Über den Hauttalg beim Gesunden und bei einigen Haut¬
erkrankungen. Habilitationsschrift. Tübingen. 1904.
Plato. Untersuchungen über die Fettsekretion der Haut. Verhandl.
der Deutsch. Dermat. Gesellschaft. Breslau. 1901.
Röhmann. Über das Sekret der Bürzeldrusen. Beiträge zur ehern.
Physiologie u. Pathologie. Bd. V.
— Über das Lanocerin, einen neuen Bestandteil des Wollfettes.
Bericht der deutsch, physiolog. Gesellschaft. Zentralblatt für Physiologie.
Bd. XIX.
Santi. Monatsh. für prakt. Dermat. Bd. IX. 1889.
Schulze, £. Ber. d. deutsch, ehern. Gesellsch. XXXI. Bd. 1898.
Schwenkenbecher. Archiv f. klin. Med. Bd. LXXIX. 1904.
Selhorst. Über das Eeratohyalin und den Fettgehalt der Haut.
Inaug.-Diss. Berlin. 1890.
Stern. Histologische Beitrage zur Sekretion der Bürzeldrüse. Arch.
f. mikrosk. Anatomie u. Entwicklungsgeschichte. Bd. LXVI. 1905.
Sticker. Über die Entwicklung und den Bau des Wollhaares der
Schafe. Dissertation. Berlin. 1887.
Sundwik. Zeitschrift f. physiol. Chem. Bd. XVII. p, 425. 1893.
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Ans der Leipziger medizinischen Poliklinik.
(Goheimrat Prof. Dr. Hoffman.)
Zur Therapie des Lichen ruber.
Von
Dr. Hang Vörner,
Agglstent für die Abteilang der Hmutkrankheiten.
Im Archiv dieses Jahres teilte Seifert unter dem Titel
r Beitrag zur Therapie des Lichen ruher planus“ seine Erfahrungen
mit, welche er mit der Anwendung von Schutzverhänden und
Decksalhen bei dieser Krankheit gewonnen hatte. Seifert
wurde auf die Idee, mit äußeren Mitteln gegen Lichen ruber
Torzugehen, gebracht, weil die Efäoreszenzen dieser Affektion
häufig an Stellen entstehen, die einer mechanischen Beschädi¬
gung ausgesetzt sind. Neben der allgemeinen Arsenkur nahm er
zur Bedeckung der Effloreszenzen am Körper Zinkpaste und zur
Behandlung der befallenen Unterschenkel Unna sehe Zinkleim-
verbände. Seifert ist zu dem Resultat gekommen, durch
diesen Schutz den Lichen ruber leichter heilen zu können als
durch die alleinige Verabreichung von Arsen.
Das Auftreten von Effloreszenzen an Stellen der Haut,
die einer äußeren Reizung ausgesetzt sind, bemerkt man be¬
kanntlich nicht allein bei Lichen ruber, sondern auch bei anderen
Hautkrankheiten, wie z. B. Syphilis und Psoriasis. Allerdings
ist es bei diesem relativ häufig, weil er eine exquisit juckende
und dadurch zum Kratzen, Reiben, Scheuem und Drücken ver¬
anlassende Affektion ist.
Zinkleim ist von Boer 1886^ Zinkpaste von Jarisch
1900 gegen Lichen ruber angegeben worden. Die Verwendung
dieser Mittel ist also alt. Sie sind nicht in dem Sinne gegeben
25 *
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Vörner.
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worden, die Involution der Knötchen zu veranlassen, sondern
aus dem Grunde, weil die Patienten sich hiermit wohler fühlen.
Zahlreiche Arbeiten haben dargetan, daß die Behandlung des
Lichen ruber mit äußeren Mitteln (Acidum carbolicum, Hydrar-
gyrumpräparate, Chrysarobin, Pyrogallol) im allgemeinen un¬
sicher ist, daß es kein Mittel gibt, auf welches man sich in gleicher
Weise wie auf die interne Darreichung der Arsen verlassen kann.
Zweckmäßig sind die externen Mittel dann anzuwenden,
wenn man dieselben an Stellen von Lichen ruber aufträgt,
welche bei der Allgemeinkur mit Arsen Zurückbleiben. Hierbei
sind diese Mittel nicht zu verachten. Sogar mit Arsen in äußerer
Anwendung, von welcher man seit H e b r a nicht viel hält, läßt
in dieser Hinsicht mitunter etwas erreichen.
So kam als erste Patientin dieser Art vor 2 Jahren ein junges
Mädchen zu mir, welches wegen ausgebreitetem Lichen ruber planus
lange Zeit mit Arsen intern behandelt worden war. Am übrigen Körper
waren sämtliche Effloreszenzen geschwunden, nur am Dorsum der Hände
hielt sich die Affektion trotz fortgesetzter Verabreichung von Arsen.
Nach Anwendang einer Arsensalbe, welche dünn ansgestrichen
wurde, bildeten sich die Knötchen am Handrücken in wenigen Tagen
zurück und in 14 Tagen war derselbe vollständig normal.
Als ein weiteres externes Mittel sind die Unterschenkel*
verbände zu betrachten. Bei stärkerem Befallensein dieser
Körperpartien mit Lichen ruber habe ich sie schon lange benutzt.
Meine erste Beobachtung stammt aus dem J. 1901, als ich noch
Assistent auf der damals Riehl sehen Abteilung zu St. Jakob war.
Damals behandelte ich einen Patienten, der einen ausgedehnten
Lichen ruber planus hatte, zunächst wie gewöhnlich mit Arsenpillen nach
der Verschreibungsformel Kaposi. Das Exanthem ging am Körper vor¬
schriftsmäßig zurück, nur an den Unterarmen war die Beeinflussung der
ziemlich breiten Effloreszenzen recht geringfügig. Da der Patient gleich¬
zeitig erweiterte ünterschenkelvenen aufwies, legte ich ihm einen Heft¬
pflasterdruckverband an, worauf die Heilung rasch von statten ging.
Von meinen späteren Fällen verhielten sich zwei genau so wie der
erwähnte. Es handelt sich auch hier um eine Ausbreitung der Krankheit
am Stamm beziehentlich Körper und den unteren Extremitäten. Hierbei
kam ich mit dem von mir seinerzeit in der Münchener mediz. Wochen¬
schrift angegebenen Druckbindenverbande aus.
Bei den späteren Fällen habe ich auch gelegentlich als 2. Binde
eine Gummitrikotbinde verordnet.
Bei einem weiteren Patienten dieser Art gab ich zunächst kein
Arsen, sondern nahm nur die Einwicklnng der unteren Extremitäten vor.
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Zur Therapie des Lichen ruber.
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Der Erfolg war ganz unbedeutend. Erst nachdem einige Zeit Arsen ge¬
geben war, ging es vorwärts.
Außerdem sind Kranke zu mir gekommen, welche Lichen ruber
ganz ausschließlich an den Unterschenkeln zeigten. In einem
Falle, in welchem eine stark verruköse Form bestand, gab ich keine All-
gemeinknr, sondern nur Arsensalbe und Druckverband. Ganz überraschend
ging die Affektion zurück und war in 8 Wochen verschwunden. In einem
zweiten derartigen Fall legte ich nur den Verband an und
auch hier bildeten sich die Herde vollkommen, nur etwas
langsamer zurück.
Am Ende vorigen Monats kam ein neuer Patient nur mit Lichen
r. pl. der Unterschenkel in meine Behandlung. Mit Druckverband und
Arsensalbe gingen die Effloreszenzen zurück unter Hinterlassung tief-
dunkelbrauner Pigmentierungen und zwar schneller, als wenn der Patient
Arsen intern genommen hätte.
Einige weitere Fälle habe ich nicht bis zur Heilung verfolgen
können, lasse dieselben deshalb als unsicher aus.
Der therapeutische Erfolg der Unterschenkelyerbände bei
L. r. ist nicht zu begreifen, liegt aber nicht in dem Schulze,
den sie nach außen gewähren, sondern darin, daß sie den auf
den Unterschenkel lastenden venösen Druck (wobei keineswegs
stets ektatische Venen stets grob sichtbar zu sein brauchen)
beseitigen. Aus dem gleichen Grunde ist der Druckverband
auch bei anderen Affektionen der Unterschenkel von Nutzen,
z. B. bei der Psoriasis. Auch hier sind mitunter die Unter¬
schenkel besonders stark, ja in seltenen Fällen ausschließlich
befallen. Die Behandlung, die an diesen Stellen mitunter mit den
üblichen Mitteln aussichtslos erscheint, ist mit Druckverband,
wie ich öfters erfahren habe, erfolgreich.
Auch Gummen am Unterschenkel, welche bei Allgemeinkur
mit Jod oder Merkur nicht heilen wollen, gehen bei Druckver-
ban^ rascher zurück als sonst. Nur scheint es mir ausgeschlossen,
die spezifischen Veränderungen allein durch den Druckverband
heilen zu können.
Eine Patientin, welche ich 8 Wochen lang wegen am Unterschenkel
lokalisierter Gummen behandelte, machte mit bloßem Druck so gut wie
keine Fortschritte. Eine zweite Beobachtung war der ersten vollkommen
entsprechend. Wohl aber war ich im Stande, durch lokale Applikation
von Merkur unter dem Druckverband eine frühe Abheilung zu erzielen.
Im Gegensatz zur tertiären Lues und Psoriasis der Unter¬
schenkel habe ich beim Lichen ruber, wenn er ausschließlich
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Vörner.
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an dieser Stelle auftritt, seltener ein Rezidiv gesehen. Wie wir
bei der Lues den größten Heilfaktor in dem resorbierten Merkur
erblicken, so gilt seit Hebra auch bei Lichen ruber nur die
interne Medikation des Arsen für rationell. Zur Beseitigung
gegebener Effloreszenzen ist die lokale Behandlung bei Lues
als erfolgreich bekannt, nicht aber bei Lichen ruber. Demgemäß
ist die Beobachtung originell, daß man einen auf die Unter¬
schenkel lokalisierten Lichen ruber planus auch ohne internen
Arsengebraucb, ja sogar schneller mit einem Druckverband be¬
seitigen kann.
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Atu der Leipziger mediziniechen Poliklinik.
(Oeheimrat Prof. Dr. Hoffmann.)
•e
über Naevus anaemicus.
Von
Dr. Hans Vörner
ia Leipzig.
Von Affektionen der Haut, welche in Flecken bestehen
und angeboren sind, kennen wir zunächst solche, die wir zu
den Naevis rechnen.
Fleckförmige Naevi gibt es wiederum zwei Sorten, einmal
nämlich in der Form von glatten flachen Verfärbungen, die
sich als dunklere Stellen in der normalen Hautoherfläche
finden: Naevi pigmentosi spili, hervorgerufen durch die An¬
häufung von Pigment in der Haut.
Eine andere Sorte, welche gleichfalls die Eigenschaften,
fleckförmig und angeboren besitzt, stellen die flachen Gefä߬
naevi dar, deren Farbe entsprechend derjenigen des arteriellen
oder venösen Blutes rot bis bläulich erscheint.
Im Gegensatz zu den genannten Affektionen, welche farbige
Stellen auf der Haut bilden, stellt die Leucopathia congenita
partialis oder der Albinismus partialis helle Flecke dar, die
sich ähnlich wie die Vitiligo, die akquirierte Depigmentation,
von der Umgehung ahheben. Ihre Ursache erblickt man in
einem Defekt beziehentlich einer Aplasie oder in einer kon¬
genitalen Atrophie des Pigmentes dieser Stellen.
Es gibt aber noch eine Art von hellen Flecken, welche
mit denjenigen des Albinismus partialis bei oberflächlicherer
Betrachtung eine gewisse Ähnlichkeit besitzen können und die,
soweit man ihre Existenz nicht völlig übersehen, wohl bisher
mit dieser Affektion oder mit der Vitiligo für identisch gehalten hat.
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Vorn er.
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Vor zwei Jahren kam an die hiesige medizinische Poliklinik des
Herrn Geheimrats Prof. Dr. Hoffmann, an der ich in seinem Aufträge der
Hantabteilung yorstehe, ein Reisender, welcher an Bronchitis und Angina
litt. Er hatte in den letzten Standen stark geschwitzt and aaßerdem sich
Prießnitzsche Umschläge um den Hals appliziert.
Die Haat des Stammes und namentlich diejenige des Halses war
stark gerötet. Auf der linken Seite desselben bestand eine Gruppe yon
kleinen hellen Flecken. Dieselben waren linsen- bis pfennigstückgroß.
Ihre Ränder waren etwas zackig, ihre Gestalt länglich und zwar stand
die größere Achse horizontal zur Spaltungsrichtong der Haut. Die Affek¬
tion hörte nach hinten wie nach yorn^ genau in der Mittellinie auf und
nahm einen zirka 2—8 Finger breiten Streifen am Halse ein. Die um¬
gebende Haut war yöllig normal.
Zunächst war der Patient seiner Beschwerden wegen auf die innere
Abteilung der Poliklinik gekommen und der Assistent für dieselbe, Herr
Dr. Gröber, stellte den Kranken mir yor, da ihm die Affektion be¬
fremdlich yorkam. Sie erinnerte ihn, zumal der Verdacht auf Lues be¬
stand, an ein Leukoderma colli.
Der Kranke teilte mit, er habe die Veränderung angeboren und
habe die Flecke regelmäßig seit früher Jagend beobachtet. Namentlich nach
Waschen und kräftigem Abtrocknen der Haut treten die Flecke ganz besonders
deutlich heryor. Bei dieser Äußerung war weniger an eine akquirierte Form
zu denken, wozu noch kam, daß die Ränder weniger scharf und die um¬
gebenden Hautpartien keineswegs stärker pigmentiert erschienen.
Das auffallendste Symptom aber war das folgende: Drückte
icb mit einer Glasplatte auf die Flecke, so verschwanden die¬
selben. Rieb ich die Gegend derb mit einem wollenen Lappen,
so blieben die Flecke weiß, während die Umgebung je nach
der Stärke der Reibung einen entsprechend tiefer dunkelroten
Ton annahm.
Einige Zeit später sachte eine ältere Frau die Poliklinik auf,
ebenfalls wegen einer internen Affektion.
Es fanden sich an beiden Vorderarmen und zwar symmetrisch an
den Beugeflächen, etwas über dem Handgelenk beginnende, bis zur Ellen-
benge reichende kleine weiße Stellen. Durchschnittlich yon Linsengröße
saßen sie teils zerstreut, teils in dichteren Gruppen angeordnet und waren
niemals yöllig rund, sondern wiesen einen mehr oder weniger unregel¬
mäßig zackigen Rand auf. Die umgebende Haut der Arme war im ganzen
stärker gerötet und pigmentiert bis über das Ellenbogenerelenk. Die
Frau stammte nämlich yom Lande und war dort' mit Feldarbeit be¬
schäftigt, wobei sie die Arme entblößt trägt. Sie teilte mit, daß sie die
Flecke an den Armen seit Kindheit besitze, sie hätten sich nie yerändert.
Namentlich in der Schule, wenn sie mit bloßen Armen ging, sei sie yiel-
facb dieser Flecke wegen geneckt worden.
Bei der starken Rötung der übrigen Haut ließ das ausgesproohene
Weißbleiben der Flecke sogleich yermuten, daß hier ein ähnlicher Fall
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über Naevni anaemicuB.
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wie der erste vorlag. In der Tat beseitigte man durch Aufdrdoken eines
Glases die Rötung, so erschien die Stelle des Fleckes mit der übrigen
Haut völlig gleich. Bearbeitete ich feine Stelle an der Beugeseite des
Armes mit Senf- oder Karbolspiritus, so wurde die Rötung im allgemeinen
stärker, die Flecke aber blieben wei£.
Der dritte Fall dieser Art betraf einen Mann von 55 Jahren, der
sich w^en einer Lungenaffektion auf der Poliklinik untersuchen ließ.
Am Rücken zeigte er in der Gegend der 9—10. Rippe einen matten,
kaum sichtbaren, helleren Fleck. Derselbe saß mit der rechten Seite,
etwa drei Fingerbreit von der Mittellinie entfernt. Seine Länge betrug
etwa 10 cm, seine Breite war sehr verschieden, sie schwankte von 1 bis
5 cm. Er war sehr unregelmäßig begrenzt und der Band lief in eine
große Anzahl von Zacken aus, war ziemlich unscharf und schwierig von
der Umgebung zu trennen.
Sobald ich aber die Gegend des Fleckes mit Senfspiritus stark
einrieb, trat derselbe als helle Insel mit deutlichem, landkartenartig aus¬
gezackten Rande aus der geröteten Umgebung hervor. Der Fleck blieb
auch in diesem Falle vollkommen frei von Rötung.
Legte ich einen Strich über die Haut an, wie man ihn zur Hervor-
rufung von einer Urticaria factitia-Linie braucht, und zwar in der Weise,
daß er durch die helle Stelle führte, so bemerkte man wohl den Anfang
und das Ende des roten Striches auf der normalen Haut, das Mittelstück
desselben aber, welches durch die helle Veränderung verlaufen sollte,
fehlte vollkommen.
Von der Existenz dieses Fleckes wußte der Patient nicht das ge¬
ringste.
Die letzte Beobachtung stellte ich bei einem 20jährigen Studenten
meiner Privatpraxis an. Er hatte auf Rat eines Arztes gegen eine
Pityriasis versicolor eine Einreibung mit einer lO^/^igen Chrysarobinsalbe
am Stamme, wo die Affektion saß, vorgenommen. Nach drei bis vier
Tagen, wobei er täglich zweimal mit der Salbe eingerieben hatte, trat
bei ihm am Stamme ein intensives Chrysarobinerythem auf.
Die Haut des Stammes, besonders die Vorderseite, welche wohl
am stärksten mit der Salbe eingerieben worden war, zeigte bei der ersten
Untersuchung eine lebhaft hellrote Farbe und eine mäßige, wohl den
firüheren Pityriasisherden entsprechende Abschuppung. Innerhalb der ge¬
röteten Brnsthaut hob sich auf der rechten Seite eine Gruppe heller,
kleiner, stecknadelkopf- bis höchstens linsengroßer Flecken scharf hervor.
Sie standen verschieden dicht und hingen, namentlich in der Mitte der
Affektion, zum Teil miteinander zusammen, so daß einige größere zusammen¬
hängende Inseln vorhanden waren. Der Rand war nicht scharf rund, son¬
dern zackig, unregelmäßig ausgefressen.
Die ganze Gruppe bedeckte einen Platz von zirka Halbhandteller¬
größe, derselbe wurde nach außen rechts von der Mammillarlinie be¬
grenzt. Nach oben reichte sie zirka zwei Querfinger unter die Clavikula,
nach abwärts bis zu einer Querlinie, welche der Höhe der Mammilla ent-
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Vörner.
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sprach. Nach links hörten die Flecken in der Hauptsache in der Sternal¬
linie auf. Nur einzelne wenige überschritten dieselbe um Fingerbreite.
Der Patient erzählte mir, auf diese Flecken nie besonders ge¬
achtet zu haben, später aber teilte er mir mit, daß seine Matter die¬
selben sehr frühzeitig beobachtet hätte. Schon bald nach der Gebart
hätte sie bemerkt, daß diese Flecken im Bad und besonders nach dem
Abtrooknen der Haut mit dem Handtuch sehr deutlich hervortraten.
Während eines halben Jahres hatte ich Gelegenheit, den Betref¬
fenden hin und wieder zu beobachten.
Nach Abblassen des Chrysarobin-Erythems wurden auch die Flecken
undeutlicher. Nachdem jede Spur dieses Erythems geschwunden war,
konnte ich bei kühler blasser Haut die Flecke kaum erkennen. Appli>
zierte ich dagegen auf die Körperpartien ein entsprechend großes Stück
Senfpapier zirka 5 Minuten, so zeigte sich nach Abnahme des Papieres
das Phänomen des stärkeren Hervortretens der weißen Flecke auf ge¬
rötetem Grande von neuem.
Zog ich mit dem stumpfen Ende einer Mikroskopiemadel Striche
durch die Fleckengrappe, so ließ sich erkennen, daß eine rote Linie
nur von den Anteilen der normalen Haut gebildet wurde, während die
weißen Flecke nicht reagierten. Die Linie wurde also in diesem Falle
durch zahlreiche den Flecken entsprechende Stellen unterbrochen. Einmal
hatte ich auch die Möglichkeit quaddelformige Striche auf der Haut zu
erzeugen. Als ich einen derartigen Strich durch die Fleckeogruppe ge¬
zogen hatte, ergab es sich, daß die Flecke weder Rötung noch Quaddeln
bildeten, sondern vollkommen so blieben, als wenn sie nicht berührt
worden seien. Dnter einem fest aufgedruokten Glas erschienen auch
hier umgebende Haut und Flecke gleichfarbig, so daß dieselben nicht
mehr unterschieden werden konnten.
Es interessierte mich natürlich schon längst, diese noch
unerforschte Anomalie durch den Schnitt zu kontrollieren.
Nach dem klinischen Verhalten dieser Affektion zu urteilen,
war es ausgeschlossen, daß hier Veränderungen im Pigment¬
gehalt der Haut eine Rolle spielen konnten. Denn Pigment,
wie Farbstoffe in der Haut überhaupt, laßen sich durch den
Druck einer Glasplatte nicht zum verschwinden bringen. Der
Pigmentgehalt mußte sowohl in der normalen Haut wie in den
Flecken gleichartig sein, sonst hätte sich auch unter der auf-
gedrückten Glasplatte die Umgebung der Flecke durch einen
dunkleren Ton von jenen abheben müssen.
Nach Lage der Dinge konnte die Ursache der Fleckbil¬
dung nur in einem eigenartigen Verhalten der Gefäße gesucht
werden. Es war denkbar, daß die Hautgefäße an diesen Stellen
gänzlich fehlten. Oder aber sie waren außerordentlich zart an-
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über Naevus auaemicus.
395
gelegt und liessen nur eine so geringe Blutmenge durch, wie
sie einer stark blassen Haut zukommt, und waren nicht im stände,
sich zu erweitern.
Es gelang mir nun den Betreffenden zu überreden, sich
ein kleines Stück Haut zur Untersuchung .herausschneiden
zu lassen. Das excidierte Stück bestand aus einem weißen
Flecke mit einem kleinen Zipfel normaler Haut. Es wurde in
Alkohol gehärtet, entwässert, in Paraffin eingebettet und mit
dem Mikrotom ä 10 ju geschnitten.
Bei der Durchmusterung der von diesem Stück Haut ge~
nommenen Scbnittserie erkannte ich, daß sich Cutis und Epi¬
dermis im allgemeinen ganz wie normal verhielten. Die Epi¬
dermis trug eine Hornscbicbt wie gewöhnlich. Das Rete Mal-
pighii verhielt sich bezüglich der Schichtung und Gestalt seiner
Elemente wie normal und bildete nach abwärts deutliche Zapfen.
Die Cutis enthielt gut ausgebildete Papillen. Das Binde¬
gewebe und zwar sowohl wellige als das elastische Fasernetz
waren in normaler Weise entwickelt. Struktur und Färbung
ließen nichts zu wünschen übrig.
Von den epithelialen Gebilden, die der Cutis angehören,
waren die Lanugohärcben mit ihren Bälgen und die dazu ge¬
hörigen Talgdrüsen wohl nachweisbar. Sie wichen in keiner
Weise von dem Bilde ab, welches die normale Haut bietet.
Dagegen waren die Schweißdrüsen mäßig entwickelt, namentlich
was die Drüsenknäuel anlangt. Dieselben waren klein und
hohen sich weniger deutlich als diejenigen ab, welche sich in
dem anbängenden kleinen normalen Hautzipfel fanden und die
hier das charakteristische Aussehen batten. Im Zentrum schienen
diese Elemente überhaupt zu fehlen.
Muskeln, beziehentlich die Arrectores pilorum, fehlten
nicht. An der Grenze gegen das Subkutangewebe ließ sich ein
kleines Nervenstämmcheii beobachten.
Die Gefäße, auf welche ich dem obigen zufolge besonders
mein Augenmerk zu richten hatte, waren vorhanden und zwar
konnte ich sowohl ein tief liegendes wie ein oberflächliches
Netz in horizontaler Richtung sowie verbindende aufsteigende
Gefäße unterscheiden. Auch die Papillen sind von feinen Kapil¬
laren durchzogen.
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V ö r D e r.
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Das einzige besondere an diesem Gefäfinetz, welches
sonst in seiner Anordnung ganz natürlich ist, war, daß alle
Gefäße einen kapillaren Charakter zeigten. Sie enthielten
selten einige Blutkörperchen, ihre Wände waren auch bei den
tieferen Gefäßen zart. Mitunter waren die Gefäßchen von
einigen kernhaltigen jungen Bindegewebszellen umgeben. Hier¬
durch traten sie stärker hervor, aber bei genau«‘rem Hinsehen
bemerkte man wohl, daß die runden, spindeligen und stern¬
förmigen Zellen in keiner bestimmten Anordnung zur Wand
der Kapillaren standen. Sondern diese wurde nur aus einer
einzigen Lage von Gefäßendothelzellen gebildet, zeigte nirgends
ein weiteres Lumen und es fehlten ihr andere Elemente,
Muskelzellen, vor allem elastische Fibrillen sowohl zirkulär als
longitudinal. Das umgebende Bindegewebe nahm gar keine
Stellung zu diesen kleinen Gefäßen ein.
Im Gefäßnetz dieser Gewebsstückchen fehlten also auch
die kleinsten Venen und Arterien.
Diesem histologischen Befunde gemäß handelt es sich
demnach nicht um ein gänzliches oder teilweises Fehlen be¬
stimmter Gefäßpartien in den helleren Hautflecken. Sondern
das Wesen dieser Veränderung besteht darin, daß an Stelle
der normalen Gefäße nicht erweiterungsfähige
Kapillaren vorhanden sind.
Es ist ausgeschlossen, daß diese Affektion sekundärer
Natur sei. Dies ergibt einmal die Anamnese, in dem diese
Stellen niemals von irgendwelchen Krankheitsprodukten besetzt
waren und angeboren sind. Zweitens vor allem die histo¬
logische Struktur, welche ein vollkommenes Unverletztsein der
Epidermis und Cutis garantiert.
Es ist dagegen anzunehmen, daß hier eine Entwicklungs¬
hemmung vorliegt, insofern als es nicht zur Bildung kleiner
Hautvenen und Arterien gekommen war, sondern nur an ihrer
Stelle zu dünnen zarten Kapillaren. Dieser Mangel von Arterien
und Venen in diesen Flecken ist die Veranlassung, daß der
Haut die Fähigkeit abgeht, eine größere Blutmenge zu fassen,
beziehentlich sich zu röten.
Bemerkenswert ist, daß dieses Verhalten auf den sonstigen
Bau der Cutis keinen Einfluß gehabt hat. Haarbälge und
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über Naevus anaemicus.
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Talgdrüsen sind gut entwickelt. Nur die Schweißdrüsen sind
zurückgeblieben. Ob diese Flecken wegen Mangel reichlicherer
Blutversorgung, die hierzu nötig ist, wenig oder gar nicht
Schweiß zu produzieren im stände sind, kann ich jetzt nicht
entscheiden, da mir die Fälle nicht mehr zugänglich sind. Zur
weiteren Untersuchung dieses Verhaltens hätte man später auf
einen Fleck größerer Dimension, wie ihn Fall 3 bot, Rücksicht
zu nehmen. An einem solchen Material würden sich die Funk¬
tion und die Histologie der Schweißdrüsen besser feststellen
lassen als an meinem nur linsengroßen Stück.
Dieser Befund ist auch nach anderer Richtung nicht
ohne Interesse. Zur Erhaltung der Haut genügt das Vor¬
handensein von Kapillaren, Arterien und Venen scheinen nicht
unbedingt notwendig zu sein. Weiterhin ergibt sich, daß die
Kapillaren bei weitem nicht die Rolle zu spielen scheinen, die
man ihnen von mancher Seite zuschreibt. Es ist wahr¬
scheinlicher, daß viele hyperämischen Zustände der Haut, wie
z. B. namentlich die Erytheme etc. nicht durch die Erweiterung
(Atonie) der Kapillaren, sondern der kleinsten arteriellen oder
venösen Gefäße der Haut zu Stande kommen. Hierdurch würde
sich auch besser die oft ausgesprochene teils rötliche, teils
bläuliche Verfärbung solcher Affektionen erklären lassen.
Durch meine obigen Austührungen ist die besondere Art
dieser Affektion in ihren Symptomen wohl charakterisiert. Sie
unterscheidet sich demgemäß scharf von den sonstigen Ver¬
änderungen der Haut, welche sich durch weiße Flecken aus¬
zeichnen.
Leucopathie congenita partialis, Vitiligo und Leukoderma
sind in ihrer Begrenzung rundlicher und schärfer. Unter Glas¬
druck bleibt ihre Grenze bestehen. Auf Reibung rötet sich
die weiße Stelle genau so wie ihre Umgebung. Ein Strich
mit einem Instrument durch den Fleck ruft auch auf diesem
eine rote Linie hervor. Außerdem ist histologisch bei diesen Krank¬
heiten als Ursache ein vom Normalen abweichendes Verhalten
des Pigmentgehaltes im Gegensatz zu meiner Affektion fest¬
gestellt worden.
Auch Narben, die makroskopisch, wenn sie recht flach
sind, als weiße Flecken imponieren können, zeigen die Reak-
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Vorn er.
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tioDslahigkeit, auf die genannten Reize hin sich zu röten.
Dazu kommen noch weitere makroskopische und histologische
Unterschiede, auf die ich, weil zu bekannt, nicht näher ein-
gehen will.
Die Affektion ist ziemlich selten, da ich in den zwei
Jahren nur vier Stück beobachtet habe. Ihre Ausbreitung er*
innert an diejenige des Herpes zoster, ln drei Fällen war sie
einseitig auf Stellen der Haut, welche in die bekannten Nerren-
zonen fallen, in einem Falle beiderseits symmetrisch, sie gleicht
in dieser Beziehung anderen angeborenen Affektionen wie z. B.
jenen Naevis, welche in gleicher Anordnung Vorkommen können.
Bezüglich ihrer Stellung zu den übrigen Affektionen der
Haut möchte ich dieselbe, als eine Mißbildung des Gefä߬
systems der Haut, in Beziehung mit den flachen Naevi vasculosi
bringen.
Bei diesen besteht eine permanente Erweiterung der
Hautgefäße, ein Unvermögen derselben, auf die normale Gefä߬
weite zurückzukehren, bei der beschriebenen Affektion dagegen
größtmöglichste Kleinheit des Gefaßdurchmessers, ein Unver¬
mögen der Gefäßwand, eine größere Blutmenge durchzulassen.
Wie eingangs schon erwähnt, können wir unter den Ano¬
malien der Färbung herdförmige angeborene Hyperpigmentationen
als flache Pigmentnaevi den circumscripten angeborenen Pigment¬
defekten, die wir als Leucopathia congenita partialis sive Albi¬
nismus partialis bezeichnen, gegenüberstellen.
In dem Verhalten der angeborenen flachen Naevi vascu¬
losi zu meiner Affektion möchte ich gewissermaßen die Gegen¬
stücke einer Gefäßanomalie erblicken und aus diesem Gründe
will ich dieselbe als Naevus anaemicus bezeichnen.
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BerieM üBer die Leistungen
auf dem
Gebiete der Dermatologie und Syphilis.
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Bericht über die Verhandlungen der Abteilung für
Dermatologie und Syphilidologie
an der 78. Versammlung Deutscher Naturforscher
und Ärzte in Stuttgart
vom 16.—22. September 1906.
Referent: Dr. N. MeyeP, Bad Wildungen.
Sitzung vom 17. September Nachmittag.
1. Neuberger (Nürnberg). Bemerknngen zur Psoriasio-
therapie. Die Ansichten der Aotoren über die Wirksamkeit des Arsen
sind noch widersprechend. Es gibt Anhänger nnd Gefsrner der Arsen¬
therapie. Der Vortragende steht auf dem Standpunkt, daß Arsen in vielen
Fälien von Psoriasis nützlich, daß es in keinem Falle schädlich ist und
daß es in manchen Fällen einen Fehler bedeutet, wenn man nicht zur
Arsentherapie schreitet; doch ist eine genaue Indikationsstellung not¬
wendig. Die Arsentherapie ist angebracht: 1. in allen weitverbreiteten
und akuten Fällen von Psoriasis. 2. in allen Fällen, wo die äußere
Anwendung von Heilmitteln eine Dermatitis macht und 3. in selteneren,
aber in der Literatur doch vielfach aufzufindenden Fällen unbestimmter
Diagnostik (Lichen ruber oder Psoriasis, Dermatitis exfoliativa und
Psoriasis usw.). Die Arsenvergiftung ist fast immer durch zu lange nnd
zu großdosige Gaben verschuldet, wenngleich Fälle von Idiosynkrasie
Vorkommen. Allerdings wird auch durch die Arsentherapie nicht die
Rezidivierung der Krankheit vermieden. Das Arsen darf nicht länger als
3 Monate gegeben werden, am besten hat sich die Solutio fowleri in
Gaben von 25—30 Tropfen bewiesen. Die täglich notwendige Ipjehtion
verwirft der Vortragende, weil sie mit vielen Unzuträglichkeiten ver¬
knüpft ist und sich nicht von größerer Wirkung zeigte.
Diskussion. Blaschko (Berlin) macht auf die außerordentlich
launenhafte Wirkungsweise des Arsen aufmerksam. Bei Warzen z. B. heilt
das Arsen die einen Patienten, die anderen nicht. Bisweilen ruft das
Arsen Blasen hervor und heilt sie in anderen Fällen. Es heilt Carcinom
und kann es hervorrufen. Was die Technik betrifft, so nimmt er nicht,
wie der Vortragende, den neueren Präparaten, wie Atox\ 1, eine ablehnende
Arch. f. Dermat. n. Syph. Bd. LXXXII. qo
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402
Verhandlungen
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Stellung ein. Er empfehlt aufs wärmste die rektale Applisierong als Ein¬
spritzung oder in Form von Soppositorien.
Neisser (Breslau) hat nicht von der Arsentherapie den Eindmck
gewonnen, als ob sie besonderes Gutes leiste, denn fast alle Fälle, die
mit neuen Eruptionen die Sprechstunde aufsuchen, sind anderweitig mit
Arsen behandelt worden. Die Toxizität ist nicht zu fürchten. Die Solutio
fowleri ist nicht immer angebracht, weil sie häufig Magenbeschwerden
macht. N. zieht deshalb die subkutane Arsenanwendung vor.
Veiel (Cannstatt): Wenn die ersten Psoriasis-Eruptionen auflreten,
wirkt das Arsen am besten. Y. g^bt am liebsten Solutio fowleri und
Pillulae asiaticae.
Geyer (Zwickau) ist der Überzeugung, daß wesentlich die innere
Arsentherapie den Arsenizismus hervorrufe, die äußere fallt dabei weniger
ins Gewicht.
2. Nobl (Wien). Ober das Haftvermögen der subkutanen
Vaccineinsertioa. Bei subkutanen Immunisierangsversuchen von
Kaninchen, die eine exquisite Vaccineempfindlicbkeit besitzen, kam N.
zu dem Ergebnis, daß die Tiere selbst auf 5 fache Menschendosis weder
lokal noch allgemein mit schwereren Erscheinungen reagierten. Gleiche
Versuchsanordnungen beim Menschen führten bei Anwendung der kon¬
zentrierten Glyzerin-Lymphe zu mäßiger Infiltratbildung ohne Allgemein¬
störungen. Es wurde 0*1—0*2 m* der Lymphe von 1 : 200 bis 1 : 16 in
verdünnter Kochsalzlösung tief ins subkutane Zellgewebe des linken Ober¬
armes injiziert Nach 10 Tagen entwickeln sich ziemlich unvermittelt
an der Injektionsstelle haselnuß- bis walnußgroße Infiltrate, die nach
allmählicher Involution spurlos verschwinden, ohne je zu Suppnration
oder Zerfall zu führen und höchstens geringfügige Temperatursteige-
rnngen hervorrufen. Bestehende Dermatosen bleiben unbeeinflußt. Eine
subjektive Unannehmlichkeit ist nicht verzeichnet. Die prompte immuni¬
sierende Wirkung des Verfahrens geht aus Kontrollimpfungen hervor, die
bis zum neunten Tage zu typischen Oberhautpostein (rechter Arm) fuhren
und von da an negativ verlaufen. 73 Kinder wurden bisher ohne üble
Zwischenfalle subkutan geimpft. Die Konzentration des Ausgangsmaterials
scheint auf den Eflekt keinen Einfluß auszuüben. Für die Pathologie
der Vaccinelehre resultiert aus den Impfungen des Vortragenden die in
jüngster Zeit auch von Krauss an von subkutanem Zellgewebe aus
immunisierten Affen festgestellte Tatsache, daß dem spezifischen Kontagium
im Gegensatz zur bisherigen Anschauung nicht nur im Epithel, sondern
auch im Bindegewebe die Haft- und Propagationsmöglichkeit geboten ist.
Der negative Ausfall früherer Versuche findet in der mangelhaft durch-
geführten Kontrollimpfung seine Erklärung.
..3. Pfeiffer (Graz). Weitere experimentelle Studien über
die Ätiologie des primären Verbrennungstodes. Der Vor¬
tragende berichtet über seine an 90 Tieren und an 5 menschlichen Ver-
brühuogsfällen durchgeführten experimeotellen Untersuchungen. Die Haupt-
erscheinungen bei Versuchstieren sind die Zerstörung der roten Blut¬
körper und die Entwicklung zahlloser Geschwüre im Magendarmtrakt.
Durch quantitative Messung des bei den Versuchstieren im Harn und
Serum erscheinenden toxischen Prinzipes und durch den Nachweis seiner
Wirksamkeit auf die Spezies des Giftproduzenten wird der Nachweis
erbracht, daß es sich bei vielen letalen Verbrühungsfällen um eine Auto¬
intoxikation handle. Der diese bedingende Giftkörper ist komplexer
Natur, hat eine intensive Fernwirkung auf das Zentralnervensystem und
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der 78. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. 403
eine nekrotisierende Lokalwirkung. Die Giftwirkang normaler Tiersera
spricht sich nur einer andern Tierart gegenüber aus, die Giftwirkang der
Sera durch Verbrennung gestorbener Tiere spricht sich auch auf die eigene
Tierart aus. Dagegen ist die Giftwirkung der im Vakuum unter Ver¬
meidung hoher Temperaturen gewonnenen Rückstände normalen Harnes
von weitester Analogie mit jener im Ham und Serum verbrannter
beschriebenen. Außer der auch hier zu konstatierenden neurotoxischen
und nekrotisierenden Komponente ist noch eine intensive agglutinierende
Wirkung auf rote Blutkörper vorhanden, die auf einen nicht dialysablen,
bisher noch unbekannten Körper zurückgeführt werden muß. Die
angestellten Versuche an verbrannten Kaninchen machen es wahrschein¬
lich, daß es sich beim Verbrennungstode um nichts anderes handelt als
um eine Autotoxicose, hervorgerufen durch die Überproduktion eines
normalerweise in Spuren den Organismus passierenden Giftes durch die
primär geschädigten Nieren. Diese Vermutung wurde durch Versuche des
Vortragenden an nefrektomierten Tieren bestätigt, ferner durch die Tat¬
sachen, daß es durch Verdauung von Eiweißkörpern gelingt, Lösungen
analoger Gift Wirkung zu erzielen und daß es bei einem durch an^re
krankhafte Ursachen bedingten gesteigerten Eiweißzerfall zum Auftreten
derselben Giftwirkungen im Harne der Patienten kommt. Die Blut¬
veränderungen, die ausschließlich auf die Hitzewirkungen zurückzuführen
sind, haben sicherlich für den Eintritt des Todes in den typischen Fällen
keine wesentliche Bedeutung. Die Entscheidung der Frage, ob die beob¬
achteten Toxine echte Toxine sind, ob also durch Vorbehandlung mit
ihnen ein Antiserum gewonnen werden könnte, konnte vom Vortragenden
mangels entsprechenden Materials nicht entschieden werden. Ebenso
aber wie diese kann auch die Frage, ob die tierexperimentellen Tat¬
sachen auf Menschen übertragen werden dürfen, vom Kliniker durch
systematische Bearbeitung eines reichen menschlichen Materials beant¬
wortet werden.
4. Bemetein (Cassel). Über Flaschenspritzen. B. demon¬
striert eine Reibe von Spritzen, die auf den von ihm angegebenen
Flaschenspritzen, wobei die Spritze die ganze zur Verwendung kommende
Flüssigkeit selbst enthält, beruhen. Die Injektionsflaschenspritze für die
Urethra hat den Vorteil der leichten Anwendbarkeit, der guten Dosier¬
barkeit der einzu spritz enden Flüssigkeitsmenge und der Dosierbarkeit des
anznwendenden Druckes und, wenn man kleinere Portionen hintereinander
injiziert, der außerordentlich leichten Anwendbarkeit für die Urethra
TOsterior. Nach demselben Prinzip sind eine Standflaschenspritze zur
Beschickung von Gleitflüssigkeit auf die Katheter, eine Wundflaschen¬
spritze und eine mit einer hohlen Nadel montierte Sohl eich sehe und
oine Serumspritze gebaut.
5. Wichmann (Hamburg). Zur Radiumbehandlung des
Lupus. Nach des Autors physikalischen Untersuchungen üb^er die
Absorptionsverhältnisse der Radiumstrahlung in normaler und patho¬
logisch affizierter Haut absorbiert Lupus ceteris paribus über das doppelte
der Strahlung im Vergleich zur angrenzenden normalen Haut, nämlich
66*7Vo Regen 31*77o.
Wenn trotz dieses elektiven ResorptionsVerhältnisses zahlreiche
Mißerfolge in der Radiumbehandlung des Lupus zu Tage getreten sind,
so liegen diese in mangelnder Kenntnis über die Verteilung der Radium¬
strahlung im Gewebe begründet.
Es ist notig, durch Einschalten von Filtern die oberflächlich wirk¬
samen Strahlungskoraponenten auszuschalten, denn diese zerstören das
Gewebe der Oberfläche, ehe eine genügende Tiefenwirkung erzielt ist.
Sind diese Komponenten dagegen größtenteils ausgeschaltet, so wird man
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404
VerbandluDgen
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die Radiumkap^el solange applizieren können, bis eine genügende Tiefen¬
wirkung erreicht ist und zwar ohne daß eine größere Uizeration erzielt
wird. Je tiefer der Sitz des Lupus, desto stärker wird der Filter aus-
fSallen müssen.
Im allgemeinen benutzt Autor eine Radiumkapsel, die gegen die
bestrahlende Fläche mit Glimmerversohluß, Gammicondom und einer Lage
Pergamentpapieres abgeschlossen ist. Die Expositionsdauer betrug für
5 mg Radium höchster Aktivität jedesmal 2 Standen. Autor behandelte
mit dieser Filtermethode 15 Lupusherde mit anscheinend gutem Erfolge
(Bestand der Heilung 1 Jahr 3 Monate) *, zweimal ist der Erfolg histologisch
Kontrolliert und hat einen völligen Schwund des Lupus ergeben.
Diskussion. Blasohko (Berlin) hat unbewußt dieselbe Filter-
methode angewendet, wie der Vortragende. Die Anwendung des Radiofors
hält B. für unwirksam.
Nobl (Wien) glaubt, daß bei größerer Lupusausbreitung und
größerer Tiefenwirkung die Radiumbehandlung nicht anwendbar sei.
Wichmann (Hamburg) gibt zu, daß das Radium nicht für alle
Fälle anwendbar sei. Er hat versucht, Tiefenwirkungen zu erreichen,
subkutane Injektionen von Radium bei Lupus zu machen, sah jedoch
keinen Erfolg davon.
Sitzung vom 18. September Vormittag.
Neisser (Breslau) und Hoffmanu (Berlin): Die Errungen¬
schaften der modernen Syphilisforschung.
Die Vorträge stimmen im großen und ganzen mit den in Bern
gehaltenen und auf pag. 272 dieses Bandes referierten überein.
Sitzung vom 18. September Nachmittag.
Demonstration: a) Veiel (Canstatt): Demonstration eines
Kranken mitLichen ruber planus, der an der Wiener Klini k
als Syphilis betrachtet wurde.
h) Hammer (Stuttgart): Vorstellung einer refraktären Form
von Lues.
1. Heuberger (Nürnberg): Die Differentialdiagnose
seltener sich ähnelnder Exanthemformen von
Lues und Lichen ruber planus. Neuberger hat
seit langem dieser differentialdiagnostischen Frage seine Aafmerksamkeit
geschenkt und kann über 8 Fälle berichten, in denen anfangs die Diagnose
nicht mit Sicherheit zu stellen war. Im weiteren Verlaufe kam es öfters
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der 78. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. 405
zur sicheren Entscheidung, aber zunächst war die Diagnose unbestimmt.
In der Literatur sind eine Reihe ähnlicher Fälle verzeichnet. Die differential-
diagnostischen Merkmale wie Farbe, Form, Anordnung, Glanz, Lokalisa¬
tion, Dellenbildung läßt oft ebenso im Stich wie Drüsenschwellungen,
Jucl^eiz und der Erfolg der Therapie. Der Vortragende erörtert (Sese
einzelnen Kennzeichen und betont, daß auch die P o s p e l o w sehe Methode
(Anwendung einer compresse ^chauffante) und der Wiek h am sehe Befund
(Stries poustueux et gnsätres) in Zukunft zur Prüfung der einschlärigen
Fälle herangezogen werden müssen. Allerdings konnte N. in einem Falle
mit einer abheilenden syphilitischen Papel den Wickh am sehen Befund
feststellen, wodurch die Behauptung Wickhams, daß die Striae nur
beim Lichen ruber verkommen, widerlegt ist.
Veiel (Cannstatt) macht darauf aufmerksam, daß er bei Lichen
ruber in 3 Fällen Diabetes beobachtet habe.
2. Blascbko (Berlin). Zur Abortivbehandlung der Go¬
norrhoe. Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich, was die Kon¬
zentration, die Häufigkeit und Dauer der Anwendung und die Art der
Applikation der verschiedenen Medikamente betrifft. Welanders starke
Pinselungen sind ganz zu verwerfen, ebenso die Anwendung der 207Aigen
Protargol-Glyzerin-Wasserlösung. Ihm selbst hat sich am besten die 2%ige
Albarginlösuug bewahrt, die angewärmt, injiziert 3 Minuten lang in der
Urethra belassen bleibt. Erst am folgenden Tage ßndet eine neue Injek¬
tion statt. Doch ist hierbei zu bemerken, daß ein schematisches Vorgehen
zu vermeiden ist. Die Therapie des zweiten Tages hängt vom Erfolg der
Therapie des ersten ab. Wenn am nächsten Tage der Ham ganz klar
ist, mit Fädcheu, so müssen diese untersucht werden. Sind Gonokokken
in ihnen, so muß die Behandlung wiederholt werden und zwar mit ein¬
prozentiger Albarginlösung. Finden sich keine Gonokokken, dann ist die
Injektion dieser schwachen Lösung auch nicht von Schaden. Wo ein reich¬
liches Sekret ohne Gonokokken ist, sind die Spülungen auszusetzen oder
nur ganz schwache Lösungen zu benutzen. Nach dieser Behandlungsweise
hat der Vortragende in 300 Fällen in mindestens 50 Prozent die Gonorrhoe
in wenigen Tagen kupieren können. Die Injektionen sind mit der ein¬
fachen, kleinen Injektionsspritze gemacht worden, eine Injektion der
hinteren Urethra ist stets vermieden worden. Der Hauptvorzug der Methode
Hegt darin, daß sie jeder praktische Arzt ausführen kann.
Diskussion. Salomon (Koblenz) empfiehlt als Abortivbehandlung
eine V*Vo^8® Protargollösung, von der wenige cm® einige Minuten
in der Qrethra belassen werden. Dann findet mit der großen Spritze eine
20 Minuten dauernde Ausspritzung der Urethra anterior statt. Nach
6 Stunden werden 250 cm® einer halbprozentigen Lösung eingespritzt.
Im letzten Jahr sind 857« der Fälle abortiv geheilt. Klarheit des ersten
Urins mit Flocken garantieren den Erfolg.
Neisser (Breslau) ist kein Anhänger der abortiven Methoden, hält
aber die Anwendung der Blaschko sehen Methode versuchsweise immerhin
für angezeigt. Die injizierte Lösung muß man lange auf die Schleimhaut
ein wirken lassen. Man muß sich das Verhältnis so vorstellen, wie bei
einer dicken Bakterienkolonie, bei der das Desinfektionsmittel längere
Zeit zur Einwirkung gebraucht als bei einer dünnen.
Strauss (Barmen) hat mit Janets Methode Mißerfolge, nach
Blaschko gute Erfolge gesehen. Ihm haben sich ferner die Einspritzung
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Verbandlungen
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von 1 öwi® lü7o Protargols mit 47oiR®ni AntipyrinEasatz durch die ganze
Urethra anterior gut bewährt.
Berg (P'rankfurt) tritt für die Janetsche Methode ein.
Kaufmann (Frankfurt) hält die Methode nnr innerhalb der ersten
46 Standen für anwendbar.
Wossidlo (Berlin) empfiehlt schwache Albarginlösungen. Die Art
der Anwendung ist nicht nach der Zeit, sondern nach dem Ausfall der
mikroskopischen Untersuchung zu bestimmen. Wo reichlich Epithelien
sind, nicht überwiegend Leukocyten und die Gonokokken noch endo*
zellulär, ist ein Abortivversuch angebracht. Die Janetsche Methode ist
ganz zu verwerfen.
No bl (Wien) wundert sich über die mitgeteilten guten Erfolge:
or selbst hat nur in 2®/© 6er Fälle Erfolg zu verzeichneu.
3. Nobl (Wien). Über die postblennorrhoische Wegsam¬
keit des Nebenhodens. Histologische Untersuchungen der subakaten
Epididymitis, über welche Vortragender im Archiv f. Dermatologie 1903
berichtete, haben gezeigt, dafi bei der meist beobachteten Form der
serösen Epididymitis die Entzündungsprodukte fast niemals Intensitäts-
grade und Lokalisationen erfahren, die eine Ausschaltung der befallenen
Geschlechtsdrüse aus dem Zeugungsakte bedingen würden. Korrespon¬
dierend mit diesem anatomischen Ergebnisse liefert die Klinik genügende
Daten für das Erhaltenbleiben der Spermatozoenausfuhr, resp. für das
Zeugungsvermögen mit doppelseitiger Epididymitis behaftet gewesener
Männer. Um nun die Funktionstätigkeit einzelner Organe bestimmen
zu können, hat N. nach vielseitigen physiologischen Yorbestimmungen
eine klinische Methode erprobt, welche für den genannten Zweck die
Samenblasenexpression als einen absolut verläßlichen Behelf
erscheinen läßt. Die in Tierversuchen aufgedeekte Bolle der Samenblaaen
als Drüsen, Samenbehälter und Resorptionsorgane haben sich in gleicher
Gesetzmäßigkeit auch am Menschen eruieren lassen. Um nun die Grenzen
der Leistungsfähigkeit der Samenblasenexpression für die Praxis beur¬
teilen zu können, hat N. die Exploration zunächst am Patienten erprobt,
die keinerlei Anzeichen oder Residuen von Genitalerkrankungen darboten.
Eine 63 P'älle umfassende Statistik zeigt, daß das Auspressen stets in
streng lokalisierter Weise durchgefübrt werden kann, d. h. daß bei der uni¬
lateralen Samenblasenmassage stets nur das Sekret der
exprimierten Blase und mit diesem die Zoospermien des
zugehörigen Hodens gefördert wird. Da die Ej^kulatkomponente
nicht immer aus der Harnröhre aufgefangen werden kann, so empfiehlt
es sich den Patienten mit Residuaiharn vorzunebmen. Der entleerte
Harnrest enthält dann die charakteristischen, von Spermatozoen durch¬
setzten gelatinösen Massen. Bei jugendlichen Individuen und intakten
Adnexen ist ausnahmslos ein positives Ergebnis zu erzielen.
Die Funktionsprüfung nach Epididymitiden wurde an 52 Kranken
vorgenommen, bei welchen die meist einseitige oft auch doppelseitige
Nebenhodenentzündung vor mehreren Monaten abgelaufen war. Die
Untersuchung rezenter Fälle kann bei positiven Ergebnissen zu Täuschungen
Anlaß geben, da die Spermatozoen noch zu einer Zeit im Samenblasen¬
inhalt nachzuweisen sind, wo sicherlich die Ausfuhr aus dem Nebenhoden
schon unterbunden ist. Bei den 52 Kranken fiel der Sperma-
tozoenbefund an 42 ergriffenen Adnexen positiv aus. Von
den wegsam gebliebenen Organsegmenten zeigten die meisten im akuten
Stadium den Typus der serösen, doch einige auch der phlegmonösen, febril
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der 78. Versammlang deutscher Naturforscher und Ärzte 407
verlaufenen Epididymitis. Wo die Untersuchung negativ ausfiel, sind für
die Unterbindung der Samenausfuhr jedoch in einer Reihe von Fällen
nicht die Nebenhodenentzündung für sich allein, sondern auch weitere,
mit derselben einhergehende Gewebsschädigungen verantwortlich zu machen.
Die Untersuchnngsreihen widerlegen die von mancher Seite, nament¬
lich von Baermann vertretene These, daß fast eine jede Epididymitis
zur Sterilität führen müsse.
4. Hübner (Frankfurt a. M.). Über die Röntgenbehandlung
der Bubonen. Der Vortragende hat die durch die Arbeiten Heineckes
entdeckte Zerstörung der lymphoiden Organe durch Röntgenstrahlen
therapeutisch verwandt zur Heilung der im Gefolge des weichen Schankers
so häufig auftretenden Lymphdrüsenentzündungen. Bei den bereits ver¬
eiterten Lymphdrüsen war ein Einfluß der X-Strahlen nicht erkennbar,
deutlich war er jedoch bei den sogenannten strumösen Bubonen, die in
einer Wucherung des Drusengewebes ohne Tendenz zur Vereiterung be¬
stehen. Diese sonst recht schwierig zu behandelnde Form von Drüsen¬
vergrößerung schwand bei richtiger Dosierung der Strahlen nach wenigen,
3 bis 5 Sitzungen, ln den Drüsen etwa vorhandene kleine Eiterherde
müssen durch Punktion oder Einstich mit Ansaugung nach Bier ent¬
leert werden. Auf diese Weise konnte die sich oft über Monate hin¬
ziehende Affektion in wenigen Wochen geheilt werden.
6. Yietb, H. (Ludwigshafen a. Rh.). Pharmakolog. Unter¬
suchungen über die Wirkungsweise der Balsamica. Die
Balsamica bestehen, wie Verfasser bereits früher gezeigt, aus Terpenen,
Terpenenalkoholen, Harzsäuren und Estern. Je mehr Terpene in einem
Präparat enthalten sind, um so leichter werden Reizerscheinungen aus¬
gelöst, am wenigsten reizen die Ester. Es empfiehlt sich daher diese
Ester, wie z. B. Santalol. salicylic. (Santyl), mehr zur Therapie heranzu¬
ziehen. Bei der Passage durch den Körper werden die Bestandteile der
Balsamica z. T. oxydiert, in Hydroxylverbindung, Terpenalkohole oder
Harzsäuren verwandelt, z. T. wie die Ester gespalten und erscheinen
dann im Ham. Diese im Harn auftretenden Substanzen werden rein
dargestellt und pharmakolog. untersucht. Die Terpenalkohole haben eine
stame anästhesierende Wirkung. Minimale Mengen machen die Cornea
des Kaninchens völlig unempfindlich. Auch das reine Sandelöl wirkt
stark anaesthesierend. Außer der Anaesthesie bewirken die Terpen¬
alkohole einen kräftigen Lymphabfluß (vom Verfasser lymphatische Ischämie
genannt), was ebenfalls demonstriert wurde, wodurch das Verschwinden
des eitrigen Ausflusses erklärt wird. Dieser Lymphabfluß ist unabhängig
von den Blutgefäßen, da er bei gleichzeitiger arterieller Hyperämie ein-
tritt. Hierdurch wird eine bessere Dur^blutung des Gewebes erzielt.
Die im Harn auftretenden Harzsänren wirken eiweißfällend, verhalten
sich also wie Adstringentien. Die Wirkung der Harzsäuren ist ähnlich
der der Salizylsäure, die ja ebenfalls bei Urethritis post, gute Dienste
leistet. Verfasser hatte deshalb das Santyl, das eine chemische Ver¬
bindung von Sandelöl mit Salizylsäure ist, zur internen Gonorrhoe-Be¬
handlung empfohlen. Die direkte bakterizide Kraft aller dieser internen
Präparate ist nur gering, weshalb es nötig ist, die symptomatische Wir¬
kung der Balsamica mit der ätiolog. der Silberpräparate zu verbinden.
Diskussion. Hammer (Stuttgart) bemerkt, daß die pharmakolog.
Resultate des Vortragenden vollkommen mit den klinischen Ergebnissen
übereinstimmen. Man beobachtet nach Santyl, ebenso wie nach dem ge¬
wöhnlichen Ol. santali oft ein so schnelles Versiegen des Ausflusses und
Nachlassen der Schmerzen, daß an einer direkten Beeinflussung im Sinne
des Vortragenden wohl nicht zu zweifeln sei.
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VerhandlQDgen
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Neisser (Breslau) wendet sieh gegen die von einzelnen Seiten
beliebte Empfehlong der balsamischen Präparate als wirkliche Heilmittel
der Gonorrhoe. Allein ohne Injektionen angewandt seien die Balsamica
zn yerwerfeni insofern als sie den Tripper nicht heilen, sondern nur die
Symptome beseitigen, während virnlente Gonokokken zoräckbleiben, so
daß Rezidive auftreteii und die Patienten ansteckungsfähig bleiben. Daß
die Balsamica eiterungswidrig wirken, sei richtig und auch schon von
Winternitz an Pleuraexsudaten erwiesen.
Eanfmann (Frankfurt) betont, daß er Santyl nicht als eigent¬
liches Heilmittel, sondern als wertvolles Adjuvans der externen Be¬
handlung empfohlen habe. Er habe als erster dieses Präparat ange¬
wandt und ziehe es, wegen des Freiseins von allen Heizerscheinungen
seitens des Magendarmkanals und der Nieren, den übrigen balsamischen
Präparaten vor.
Blaschko (Berlin) bekennt sich als Anhänger der internen
Therapie, die, unterstützt durch eine geeignete lokale Behandlung, am
ehesten Komplikationen verhindere und die Heilung herbeifuhre. Gerade
auch Santyl habe er vielfach angewandt und damit gute Resultate er¬
zielt. Das Fehlen der sonst so häufigen Nebenwirkungen und der gute Ge¬
schmack seien besonders hervorzuheben.
6. Strauss (Barmen). Resultate der üviollicht-
behandlung bei Hautkrankheiten. Strauss berichtet
über seine sehr günsti|ren Erfahrungen, die er bei zirka 850 Fällen
von Hautkrankheiten mit der UviolLanme erzielte. Ein äußerst dank¬
bares Gebiet bilden die Akne, die Folliculitis barbae, die Tricho¬
phytien, der Favus, die Alopecia areata und totalis. Auch die Psoriasis
und namentlich die verschiedensten Arten und Formen der Ekzeme, aber
auch tiefere Prozesse und bakterielle Erkrankungen wie Lupus und ülcus
rodens sind für die Uviollichtbehandlung sehr geei^et, wenn man vorher
das kranke Gewebe operativ entfernt oder durch Ätzmittel zerstört. Man
erzielt so eine glatte Vernarbung. Auch bei Unterschenkelgeschwüren
hat sich die Behandlung sehr bewährt, selbst in sehr hartnäckigen Fällen.
Hervorzuheben ist die schmerz- und juckreizlindemde Wirkung des
Lichtes bei nekrotischen Prozessen, bei Transplantationen, bei infizierten
Wunden, bei Höhlen- und Brandwunden. Das Licht ist überall da indi¬
ziert, w’O es gilt, eine die Resorption befördernde Hyperämie zu bewirken,
die Haut umzustimmen, den Zellenstoffwechsel durch erhöhte Oxydation
anzuregen, die Vernarbung zu fördern, oberfiäcbliche bakterielle Prozesse
zu bekämpfen. Verfasser berichtet sodann noch über seine Versuche, die
UvioHichtwirkung durch medikamentöse Mittel zu verstärken. Er prüfte
ihre Durchlässigkeit für das Uviollicht in der Weise, daß er sie in einer
Bergkristallschale, die auf ein mit argentum nitricum bestrichenes Papier
gestellt wurde, unter die Lampe brachte. Die Durchlässigkeit war er¬
wiesen, wenn sich das Papier nicht nur in der Umgebung der Schale,
sondern auch unter ihr bräunte. Die Versuche ergaben, daß z. B.
Glyzerin, Spiritus, verschiedene helle Fette und offizinelle Salben uviol-
durchlässig sind. Von antiseptischen Medikamenten erwiesen sich als
durchlässig u. a. die Karbolsäure, Formalin, Sublimat, Wasserstoffsuperoxyd ;
von dermatotherapeutischen Lenigallol und Anthrasol, die in Verbindung
mit Ungt. Glycerini bei Ekzemen aufgestrichen, die Heilung unter der
Wirkung des Uviollichtes beschleunigen. Die antiseptischen Mittel be-
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der 78. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte« 409
nutete er in gleicher Weise bei Lupus, Karbolsäure bei Alopecie. Nach
den Erfahrungen des Verfassers, die durch die photographierten Fälle
ersichtlich werden, stellt die UvioUampe eine sehr wertvolle Bereicherung
der Therapie dar.
Wossidlo (Berlin). De mon s tration ei nes neuen üreteren-
Gystoskops. Das neue Cystoskop dient zur gleichzeitigen Einführung
Yon elastischen Kathetern in beide Ureteren. Es ist mit einer Ein¬
richtung zum bequemen Entfernen des Instrumentes aus der Blase ver¬
sehen, während die elastischen Katheter in den Ureteren liegen bleiben.
Dadurch, daß man die äußere Hülse ohne die elastischen Katheter zu
yerrücken, entfernen kann, fallt das lästige Nachschieben der Katheter,
ebenso wie das HeraussicKern der Füllungsflussigkeit durch die meist
undichten Muffen fort. Das bei Heinemann. Leipzig, gearbeitete In¬
strument hat den Vorzug, vollständig auskochbar zu sein.
Sitzung vom 19. September Vormittag.
Vor der Tagesordnung demonstriert
Yeiel (Cannstatt) einen Fall von 1. Caries des Caleaneus,
geheilt mit Pyrogallu ssäure; 2. Pemphigus neonatorum
mit Dystrophie der Nägel.
1. Veiel, Th. und Yeiel, Fr. (Canstatt). Über Lupustherapie
mit Demonstrationen. Veiel, Th. verwendet zur Heilung des
Lupus Wärme und Druck. Der Versuch, beides durch Auf binden von
Thermophoren zu erreichen, ist wegen der Abkühlung der Thermophoren
nicht gelungen. Da ermittelt wurde, daß mit 49 Grad keine Verschorfung,
diese vielmehr erst bei 50 Grad eintritt, wurde ein Apparat konstruiei^i
der dauernd Wärme gibt und zugleich anzeigt, und zwar in einer auf¬
leuchtenden Flamme, wann die Verschorfung beginnt.
Yeiel, Fritz (Stuttgart) stellt Fälle von Lupus vulgaris vor, die
mit Pyrogallol behandelt sind. lO^oig^s Pyrogallolvaselin wird auf Lint
aufgestricben und mehrere Tage angewendet. Das hypertrophische Gewebe
wird mit Ätzsalben zerstört und die Abheilung unter Pyrogallol-
salbe abgewartet. Das Verfahren wirkt besser, schneller und ist billiger,
als die Finsenbehandlung.
Yeiel, Theodor macht darauf aufmerksam, daß das Pyrogallol mit
einem Glas, nicht mit einem Holz- oder Eisenspatel aufgestrichen werden
darf, da sonst Pigmentflecke auf der Haut entstehen.
Diskussion: Nobl (Wien).
Das Pyrogallol wird auch in Wien viel angewendet, weil es geradezu
elektiv wirkt. Die Pflastermetbode gibt nicht ganz so gute Resultate
wie die eben gezeigte Salbenmethode. Die Resultate der Excisionverfahren
reichen an die Pyrogallolverfahren nicht heran.
Blaschko (Berlin) braucht auch das Pyrogallusverfa hren, geht
aber nicht unter die Salbe herunter. Man sieht oft schon unter
der lO^/^igen Salbe Abheilungen. Der iO^/^ige Pflastermull wirkt erst in
gleicher Weise wie die 107olge Salbe.
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VerbandluDgen
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Wiehmann (Hamburg) hat Tersuchsweise an denselben Patienten
an 4 kranken Feldern Pyrogallol, heiße Luft, Finsen- und Rontgenstrahlen
angewendet Das Pyrogallol gab die besten Resultate als Vorbehandlung
für das Röntgenverfahren. Auf diese Weise sind sehr schöne Narben
ensielt worden.
Veiel, Theodor (Stuttgart) rät in dem Schlußwort die Schmerz¬
haftigkeit mit Morphium zu bekämpfen. Er ist der Meinung, daß das
Pflaster nie die Salbe ersetzen kann. Eine sorgfältige ürinkontrolle auf
Albumen ist angezeigt. Er selbst hat nie einen Fall gesehen, der allein
durch Röntgenstrahlen geheilt wurde.
2. Hammer (Stuttgart) demonstriert:
1. Naevi teleangiectodes mit Brennglas behandelt.
2. Merkwürdige Naevusdegeneration.
3. Mit Brennglas geheiltes Hautcarcinom des Gesichtes.
4. Epidermolysis non herediteria.
5. Alopecia atrophia capillitii.
6. Purpura teleangiectodes.
7. Strichförmigen Lichen.
8. Röntgendermatitis.
9. Eeratosis follicularis.
10. und 11. Lichen ruber planus.
An der Hand einzelner dieser Fälle tritt Hammer für die Be¬
handlung mittels Brennglases ein. Die Narben sind gleichmäßiger als bei
den Verbrennungen durch den Pacquelin.
Diskussion: Wiehmann (Hamburg) weist auf die verschiedene
Beurteilung des Röntgenverfahrens hinsichtlich seiner Dauerwirkung von
Röntgenologen und Dermatologen hin. Er hat etwa 5 Fälle von Lupus
beobachtet, die mit Röntgenstrahlen allein völlig geheilt sind, doch blieben
dauernde Hautveränderungen auf der geheilten Stelle des Gesichts
bestehen, was den Wert der Methode beeinträchtig^.
Von der chronich intermittierenden und schwachen Bestrahlung sah der
Vortragende die besten Resultate. Allerdings treten auch hier manchmal
2—8 Jahre nach der Behandlung störende Verfärbungen und Gefäß*
erweiterungen in dem bestrahlten Gesicht auf.
3. Linser (Tübingen) demonstriert:
1. Einen Fall von Ichthyosis congenita.
2. 2 Geschwister mit Rheynoldscher Krankheit.
3. Einen Fall von Pityriasis lichenoides chronica.
4. Liuser (Tübingen) über Lichtbehandlung des Lupus.
Linser empfiehlt der Röntgenbestrahlung des Lupus eine Pyro*
galluBvorbehandlung vorauszuschicken, namentlich bei den wenig ent¬
zündlichen, oberflächlichen, verrucösen und exfoliierenden Formen, da
die Strahlen auf stark entzündiiehes, vor allem ulzeriertes Gewebe viel
intensiver und rascher wirken.
5. Deuchler (Freiburg). Über die Behandlung parasitärer
Dermatosen mittels statischer Elektrizität. Diese von
Suchier angegebene Art der Behandlung des Lupus, des äußeren Krebses
und anderer parasitärer äußerer Krankheiten wurde bereits im Oktober¬
heft der Wiener Klinik 1904 und in der Dermatologischen Zeitschrift,
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der 78. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. 411
H. 11. 1905 eingehend beschrieben. Deuchler, welcher das Verfahren
ans eigener Anschauung genau kennen gelernt hat, berichtete zunächst
über den Bau der Apparate, welcher im Vergleich zu den früher
beschriebeneu in letzter Zeit wesentlich verbessert und vereinfacht wurde.
Weiter wurde über die Art der Anwendung des Stromes berichtet und
gesagt, daß bei Krankheiten mit destruktivem Charakter die Entzündungs¬
und Zerfallprodukte zunächst mit dem scharfen Löffel oder einer Kürette
entfernt werden und der Strom alsdann auf den bloßgelegten Geschwürs-
g rund geleitet wird. Hierzu bedient man sich besonders konstruierter
lektroden. Für akut entzündliche Prozesse eignet sich am besten eine
Elektrode mit Kohlenspitze, welche die Elektrizität als sog. blaue Flamme
— Glimmlicht — ausstrahlen läßt. Zur Zerstörung der in den Geweben
wuchernden Keime des Lupus usf. genügt indes das Glimmlicht nicht
und müssen diese der Einwirkung des Funkenbüschels unterworfen werden.
Zu dem Ende läßt man die statische Elektrizität so lange aus einer
Platinspitze, welche der erkrankten Partie bis auf 2—3 mm genähert wird,
austreten, bis die letztere „verschorft“ ist. Sind einige Stellen nicht
getroffen, so sind diese nach Abfallen der Krusten — was in der Regel
innerhalb 2—3 Wochen geschieht — nachzuholen. Der Wert der statischen
Elektrizität als therapeutisches Agens beruht vor allem in ihrer hohen
Spannung. Der galvanische Strom ist ein Gleichstrom von hohen Ampere-,
aber sehr geringen Voltzahlen, bei der statischen Elektrizität liegen die
Verhältnisse gerade umgekehrt: sie ist ein Gleichstrom von geringer
elektromotorischer Kraft, aber ganz enormer Spannung, für welche es
nahezu keine Isolatoren gibt. In diesem Verhalten der statischen Elektri¬
zität beruht ihr Heilwert und besonders ihre Tiefenwirkung, denn der in
der Regel als Glimmlicht oder Funkenbüschel verwandte positive Pol muß
unter allen Umständen zu seinem Gegenpole gelangen. Daher die weitaus
stärkere Wirkung derselben gegenüber den Strahlen des Finsen-, Eisen¬
oder Quecksilberlichtes usf., welche alle schon in wenigen mm Tiefen durch
das Blutrot paralysiert werden.
Zur Behandlung mit dem statischen Strome eignen sich den bis¬
herigen Erfahrungen zufolge besonders der äußere Krebs in jeder Gestalt
— als Tumor und bereits zerfallen als Ulcus rodens; ferner jede Form
des Lupus, sowohl der vulgaris, als auch der erythematosus und hyper-
trophicus; außerdem kam der Strom mit gutem Erfolge bei Sycosis
parasitaria, Psoriasis, Ulcus tuberculosum, Garies, Ulcus lueticum und
besonders bei dem Ekzema acutum und chronicum in Anwendung.
Zum Schlüsse des Vortrages wurden die Vorteile hisrvorgehoben,
welche das statische Verfahren vor anderen Methoden der Lupusbehandlung
speziell vor dem Finsenverfahren voraus hat. Als solche wurden erwähnt:
Die Möglichkeit der Behandlung der Schleimhäute, die geringe Anzahl
der Sitzungen, welche sich mit der oft nach Hunderten zählenden Menge
der Finsenlichtapplikationen nicht vergleichen läßt, die Tiefenwirkung
des Stromes, die ambulatorische Behandlung, welche den klinischen
Aufenthalt völlig überflüssig macht, die absolute Gefahrlosigkeit des Ver¬
fahrens, wobei Gangrän etc völlig ausgeschlossen bleiben, endlich die
Billigkeit der Apparate und des Betriebes.
Zur Illustration der erzielten Erfolge wurde eine Serie von in
halber Lebensgröße ausgeiührter Photogrammen, welche sich auf einige
vierzig behandelte Fälle bezogen, vorgezeigt. Ebenso kamen eine Anziml
Nebenapparate Elektroden etc. zur Demonstration.
Diskussion: Veiel (Cannstatt) hätte gewünscht, an Stelle der
Photogramme die Fälle selbst vorgefuhrt zu sehen, weil die Photogramme
Einzelheiten nicht deutlich genug wiedergeben.
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412 Verhandlungen d. 78. VerBaraml. deutscher Naturf. u. Ärzte.
Salomon (Koblentz) hat in der Freiburger dermatologischen
Universitätsklinik von Suchier (vor J.) als geheilt entlassene Fälle
gesehen, die an erheblichen Lupusaffektionen litten. S. hält es für ganz
unmöglich, daß eine so tief sitzende Erkrankung, wie sie der Lupus
vulgaris darstellt durch eine Behandlung geheilt werden kann, die ledig¬
lich in einer Verbrennung der Haut bestünde. Bedauerlich sei das in
letzter Zeit auch sonst zu Tage getretene Bestreben, Heilerfolge bei Haut¬
krankheiten durch Photographien zu beweisen, die doch nur ein Bild
der Oberfläche wiedergeben und jedes eingehende Urteil unmöglich machen.
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Verhandlungen der Breslauer Dermatologischen
Vereinigung.
Sitzung vom 19. Oktober 1905.
1. Herr Schacht (Klinik Neisser); a) Fall von Bubo einer
unter der Haut des Skrotums gelegenen Lymphdrüse.
Am 22./IX. Punktion der stark geschwollenen und au zwei Stellen
Erweichungsberde zeigenden linken Inguinaldrüsen, Eiterentleerung.
Außerdem Tumor im Skrotum, wallnußgroß, höckerig, prall, durch Stränge
mit ligament. Poupartii zusammenhängend. Haut darüber verschieblicm.
Keine Verbindung mit Hoden, Nebenhoden und Samenstrang. Nicht
druckempfindlich. Am 30./X. auch dieser Tumor erweicht, Eiter entleert.
Die Ätiologie der Bubonen unbekannt. Bei dem Tumor im Skrotum
handelt es sich wohl um eine abnorm gelagerte Inguinaldrüse.
b) Junger Mann mit polymorphem sekundärem Syphilid.
Infektion vor 4 Monaten. Exanthem seit Monaten. Neben zahlreichen
großen hämorrhagischen Papeln zahlreiche mikropapulöse Efdoreszenzen
rings um dieselben angeordnet, teilweise mit zentraler Delle und poly¬
gonaler Begrenzung das Bild des Lichen ruber planus nachahmend. Neben
circinärer Anordnung um eine größere Papel besteht auch aggregierte
und streifenförmige Anordnung. Am Rücken und Oberschenkeln, beson¬
ders deutlich am Penis und Scrotum große circinäre Effloreszenzen mit
infiltriertem peripherem Wall, im Zentrum stellenweise hämorrhagisch.
c) Leukoderma und Psoriasis, die 2 Jahre zurücklie^t und
nicht behandelt wurde, bei einem jungen Manne. Erbsen- bis zweimark¬
stückgroße pigmentfreie Flecken an Seitenteilen des Thorax, Rücken und
Bauch.
d) Fall von Haematocele, im Verlaufe einer gonorrhoischen
Epididymitis in der 2. Woche plötzlich in wenigen Minuten entstanden.
2. Herr Pepl§ (Klinik Neisser) demonstriert: 1. fünfmonatliches
Kind mit tierfellähnlichem Naevus pigmentosus am Thorax,
Nacken, Oberarm und einem Teil des Abdomen; am Rücken kinderfaust¬
großes Ai^om.
2. Lupus der linken unteren Extremität mit mächtiger Ele¬
phantiasis.
3. Sklerodermie der rechten unteren Extremität und der vor¬
deren Brustfläche von der ersten Rippe bis zur Mammilla beiderseits.
4. ^ Psoriasis mit schwieriger Differentialdiagnose zur
Syphilis. Vor 4 Monaten Halsentzündung, später Gaumen- und Augen-
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Verhandlungen
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muskellähmung und ein über den ganzen Körper auagebreitetes Exanthem.
Draußen antiluetiscb ohne Erfolg behandelt. Jetzt über den ganzen
Körper verstreut ein aus linsen- bis erbsengroßen rotbraunen Effiorea-
zenzen bestehendes Exanthem; die Effloreszenzen mit leicht abkratzbaren
Schuppen bedeckt, bei deren Entfernung es leicht blutete. Keine Infil¬
trate, Lokalisation hauptsächlich an den Streckseiten der Extremitäten
Kalomelinjektionen ohne Erfolg, deutliche Besserung durch Chrysarobin
behandlung.
Diakuaslon: Herr Schäffer empfiehlt bei einem Fall, wie dem
vorgestellten, die histologische Schuppenuntersuchung als differen*
tial-diagnostisches Hilfsmittel mit zu verwerten. Er hat seit längerer
Zeit eine systematische Untersuchung von Schuppen und sonstigen sekun¬
dären Krankheitsauflagerungen bei den verschiedenen Hautaffektionen
vorgenommen. Bei vielen Dermatosen zeigen die histologischen Bilder
der (in Celloidin eingebetteten und geschnittenen) Präparate nichts charak¬
teristisches, bei anderen aber sind sie so typisch, daß sie für die Dia¬
gnose verwertet werden können. Vor allem ist es die Psoriasis-Schuppe
(namentlich von relativ frischen Effloreszenzen), die ein sehr eigenartiges,
histologisches Gepräge hat, das sie von anderen Desquamationen unter¬
scheidet Sabouraud ist in seinen ausführlichen Untersuchungen (Les
maladies desquamatives) zu dem gleichen Resultat gelangt Als das am
meisten Charakteristische der Psoriasis-Schuppe sind anzusehen die zahl¬
reichen, schildchenförmigen Gebilde zwischen den Hornlamellen. Sie sind
zusammengesetzt aus Leukocytenherden, kernhaltigen Hornzellen und
schließlich einer Zone, aus Hommasse bestehend. Färbt man eine Pso¬
riasis-Schuppe beispielsweise nach van Gieson, so bekommt man zahlreiche
tellerförmige Gebilde in systematischer Anordnung und kann derartige
Bilder zur Diagnose, zum mindesten zur Differentialdiagnose gegenüber
den psoriasiformen Syphiliden verwenden. Auf solche differential-diagno¬
stische Vergleiche habe ich bei meinen Untersuchungen den Hauptwert
gelegt und beispielsweise bei Schuppen luetischer Effloreszenzen niemals
ähnliche Bilder gesehen. Hier sieht man diffuse unregelmäßige Leuko-
cyten-Durchsetzung, seröse Durchtränkung und Ansammlung seröser, bis
eitriger Flüssigkeit, also ganz andere Bilder, die sich von der Psoriasis-
Schuppe wesentlich unterscheiden.
3. Herr Welk (Klinik Neisser) 4 Fälle von Lupus vulgaris,
von denen 2 nach F i n s e n - Behandlung klinisch den EindrucHc von
Heilung machen. Einer der genannten Fälle (Lupus crustosus) wurde
zur Vorbereitung auf die Finsen-Behandlung mit gutem Erfolg einer vor¬
herigen Röntgenbestrahlung unterworfen. Die beiden andern nicht aus¬
schließlich belichteten Fälle, stehen noch in klinischer Behandlung.
4. Herr Hahn (Klinik Neisser): 1. Fall von Lues maligna,
fast drei Monate bestehend, bisher unbehandelt. — 2. Nach einem lue¬
tischen Exanthem zurückgebliebene, ganz besonders auffallende
Pigmentationen im Gesicht und am Körper. Auch hier wurde das
Exanthem wochenlang völlig vernachlässigt.
5. Herr Rosenfeld (Klinik Neisser) demonstriert einen Fall von
Lues ulcerosa praecox, ferner luxurierende Papeln an der
Nasolabialfalte, sowie ein tubero-serpiginöses Syphilid am Rücken,
das eine auffallend zosterförmige Ausbreitung zeigt und trotz viel-
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der Breslauer derrnatologisohen Vereinigung.
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facber Behandlung seit einem Jahr immer wieder in derselben Gegend
residiyiert.
6. Herr Siebert: eigentümlicher Fall von Lues secun¬
daria bei einem 14jährigen Mädchen. Infektionspforte nicht zu eruieren.
Beginn mit einem Exanthem, das sehr große Ähnlichkeit mit Variolen
bot. Als die Bläschen eintrockneten, entwickelte sich ein Exanthem, das
nun wieder gewisse Ähnlichkeit mit einer Psoriasis hatte und am ganzen
Stamm, an den Extremitäten und dem Gesicht verbreitet ist. Die Art der
Schuppung, die Farbe, das etwas stärkere Infiltrat, die Neigung unter
flachen Narben abzuheilen, lassen die Aflektion auch von der Psoriasis
abgrenzen. Hierzu kommt noch, daß die Erkrankung unter Hg abbeilte.
7. Herr Harttung: Fall von typischer maligner Lues. Im Mai
d. J. Primäraflekt und makulöses Exanthem, die beide unter einer Hg-Sal.
Behandlung im Verlaufe von 5 Wochen verhältnismäßig gut abheilten,
obwohl schon damals sich schubweise allgemein somatische Störungen
in sehr empfindlicher Weise geltend machten. Schon 14 Tage nach seiner
Entlassung neue makulöse und papulöse Eruptionen, welche in typischer
Weise das Bild der Lues maligna darboten. Neben schweren Allgemein¬
störungen boten alle Effloreszenzen. besonders die der Schleimhaut des
Mondes, das Bild eines rapiden, unaufhaltsamen Zerfalls. Erschreckende
Gewichtsabnahme unter fortdauernden Schweißen und hohen Tempera¬
turen. Komplikationen, z. B. mit Tuberkulose, nicht festzustellen. Sofort
eingeleitete Kalomelkur mit Injekt. von V 4 “”Vi 9 zunächst ganz ohne
Erfolg, bis ganz unerwartet, zusammen treffend mit der Instituierung von
Luftbädern, vielleicht durch dieselbe befördert, eine Wendung zum bes¬
seren eintrat. Noch jetzt Zerstörungen im Munde und Rachen, die öbri-
g ens neben der Allgemeinbehandlung in ausgiebigster Weise lokal be*
andelt worden (HsU, 30% Merk), deutlich zu sehen. Allgemeinbefinden
sehr gehoben und es hat den Anschein, als wäre der Prozeß definitiv
im Erlöschen.
Im Anschluß daran demonstriert H. 2 Fälle von Lues praecox,
den einen, bei dem die Infektion ganz kurz zurück liegt, mit serpiginös-
ulzerösen Syphiliden, mit sehr interessanter Beteiligung der sensiblen
Wurzeln aus dem Lumbalmark. Den anderen mit einem 2. kleinpapulösen
Syphilid, welches im Verlauf von wenigen Wochen nach dem ersten
makulösen aufgetreten ist und ebenfalls sehr interessanten Erscheinungen
in den Nierengefaßen, einer Neuritis optica und entzündlichen Prozessen
in den Gefäßen der Retina. Beide Kranke reagieren sehr gut auf Ealomel
und lokale Behandlung.
Diskussion : Herr Schaffer hält für das Charakteristische im
Krankheitsbild der Lues maligna, nicht so sehr den schlechten Allgemein¬
zustand (obgleich auch dieser bei den klassischen Fällen nicht fehlt),
als vielmehr das Aussehen der Haut- und Schleimhauteffloreszenzen. Er
schließt sich der Meinung der Autoren an, die das wesentliche Moment
darin sehen, daß schon sekundäre Effloreszenzen, also meist disseminierte
papulöse Exantheme zum schnellen Zerfall neigen. Es unterscheiden sich
die so entstehenden Geschwüre von den nach Gummen zu stände kom¬
menden Ulzerationsformen. Die ersteren sind charakterisiert durch flache,
oberflächliche, oft über weite Flächen gleichmäßig verbreitete Ulzera-
tionen, die beim weiteren Fortschreiten des Infiltrats und nachfolgendem
Zerfall die bekannte Rupiaform annehmen. Beim gummösen Zerfall geht
das Infiltrat mehr in die Tiefe und bildet nach zentraler Erweichung
auch tiefergehende Defekte mit der bekannten wallartigen Randzone.
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VerfaandlangeD
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Dementapreohend sind auch die Narben in beiden Fällen verschieden.
Die Differenz der Ulzerationen bei einer Laes maligna and der Lnes
tertiaria praecox zeigt sich anch sehr deutlich bei den Sohleimhaut-
effloreszenzen, im ersteren Falle: oberflächlich sitzende, matsche, eigen¬
artige, gelbliche Beläge (auffallend ähnlich den Atzschorfen nach häufiger
Ohromsäurepinselung), ohne aber zu schnellen, tiefergreifenden Zerstö¬
rungen zu fahren.
Die ungünstige Beeinflussung des Allgemeinbefindens, Gewichts¬
abnahme, Fieber usw. ist ja, wie erwähnt, gleichfalls verwertbar für die
Annahme einer malignen Form, so daß die Lues maligna meist auch
eine Lues gravis ist, aber dies ist ebenso, wie die Überempfindlichkeit
gegenüber Quecksilber, nicht von derselben ausschlaggebenden Bedeutung
wie die geschilderte Ulzerationsform.
8. Herr Urban (Allerheiligenhospital): Frau mit seit ihrer Kindheit
bestehenden Lupusherden beider Backen. Als Nebenbefand am
Röcken ein etwa fingernagelgroßer Herd einer Tubercul. verruc. cutis.
Vor 12 Tagen Injektion von 1 mg Alt-Tuberkulin, deutliche Lokal- und
Allgemeinreaktion. Eine gestern applizierte Injektion von 1*5 mg hatte
wiederum eine Reaktion zur Folge und zwar reagierte auch die erste
Ii\jektions8telle in heftiger Weise; stellenweise blasige Abhebungen an
derselben. Außerdem trat am Rumpfe ein vorher nicht vorhandener
Lichen scrophulosorum zu Tage.
9. Herr Janssen (Allerheiligenhospital) demonstriert eine ßjährige
Patientin mit sehr hartnäckiger S t a p h y 1 o c o c c o s i s. Seit zirka 1 Jahre
Auftreten von mehr oder minder starken, über d^n ganzen Körper diffus
ausgebreiteten Schüben, polymorph gestaltete Effloreszenzen (papulös,
vesikulös, bullös — mit und ohne entzündlichem Hof — quaddelartig, wie
beim Eryth. exsud., Kratzeffekte). Subjektiv Wohlbefinden außer ziemlich
starkem Juckgefühl.
Difiereotial-diagnostisch Duhringsche Krankheit in Erwägung ge¬
zogen wegen der polymorphen Gestaltung der Effloreszenzen, des schub¬
weisen Auftretens, der nervös-kutanen Beschwerden, sowie des langen
Bestehens der Krankheit; jedoch keine Gruppierung der Effloreszenzen,
keine Eosinophilie.
Die bakteriologische Untersuchung der bullösen Effloreszenzen im
Anfang ergab Reinkultur von Staphylococcus albus.
10. Herr Windmüller (Allerheiligenhospital): Lues, Nov. 1899
akquiriert, bis Februar 1901 vier Hg-Kuren, am 3. März 1901 kurz nach
einer Hg-und JK-Kur Apoplexie, völlige Lähmung der rechten Körper¬
hälfte. Bewußtsein klar. In letzter Zeit keine Kopfschmerzen, wohl aber
während der letzten Kur.
Nach gründlicher Hg- und Jodipinbehandlung bis auf eine Facialis-
und Tastlähmung der r. Hand, sowie Sprachstörungen alle Erscheinungen
zurückgegangen, April 1901.
Seitdem intermittierende Hg-Kuren (meist Kalomelinjektionen),
dabei Allgemeinbefinden gut bis auf vereinzelte Ohnmachtsanfalle, die
aber nur bei längeren Behandlungspausen auftreten.
Auffallend an dem Fall war das langsame Einsetzen der
Apoplexie, offenbar infolge langsam fortschreitenden Gefäßverschlusses.
11. Herr Windmüller (Allerheiligenhospital): Mann, seit zirka
8 Jahren an einer Hautaffektion am Halse leidend, welche sich (stets
unter Jucken) langsam zu der jetzigen Größe entwickelt hat. Im Juni v. J.
fast das gleiche Bild wie heute: an der linken Halsseite, teilweise auf
die Schalter herabreichend, eine über handtellergroße Stelle von bräun-
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der Breslauer dermatologischen Vereinigung.
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lich-roter Farbe, die sich leicht plateauartig aus der umgebenden ge¬
sunden Haut hervorhob, von trockener Beschaffenheit, vielfach gefeldert
und überall leicht glänzend. An den Rimdpartien auch einige kleine
wachsglänzende, gedellte Knötchen, typisch iör Lichen ruber, um den
es sich hier auch handelt.
Behandlung anfangs nur mit Arsen, das auch bald deutliche Besse¬
rung brachte. Darauf längere Zeit ohne Behandlung, daher die jetzige
Verscblimmerung. Soll nunmehr neben einer energischen Arsenkur auch
noch lokal mit Chrysarobin behandelt werden.
12. Herr Sakurane. Über das Schicksal subkutan injizierter Sub¬
stanzen, insbesondere des Paraffins. (Die Arbeit ist in diesem Archiv,
Band LXXX, Heft 3, erschienen.)
Uiekusaion: Bezüglich der Hohlräume in dem von Kollegen
Sakurane demonstrierten Präparat weist Herr Schäffer darauf hin,
daß sie bisweilen eine exzessive Größe annehmen« £r injiziert seit
Jahren — zur Vermeidung von Lungenembolien — die Hg-Präparate
so, daß er außer der Abnahme der Kanüle noch eine leichte Aspiration
vomimmt. Hierbei kommt es nicht selten vor, daß man in einen solchen
ausgedehnten Hohlranm gerät und reichliche seröse Flüssigkeit bis IVt)
zuweilen sogar 2 cem ansaugt. (Bei der Abnahme der Spritze allein,
findet ein Herauströpfeln nicht statt wegen der zähen Konsistenz des
Vacuoleninhalts.) Auf solche Flüssigkeitsmassen stößt man, wenn man in
die Nähe eines alten Infiltrats oder in dieses selbst gelangt. Da man aber
doch für gewöhnlich diese Stellen vermeidet, so glaube ich, daß solche
Höhlenbildungen (die gewissermaßen die Vorstufe der bekannten Pseudo¬
abszesse sind) relativ häufig sind. Wurde man diese Aspirationen ab¬
sichtlich in alten Infiltratknoten machen, so könnte man über die Häufig¬
keit der Bildung solcher Höhlen Aufschluß bekommen. In den Fällen,
in denen ich die Flüssigkeitsansammlungen nachweissn konnte, handelte
es sich übrigens keineswegs um Injektionen, die schlecht vertragen wurden
oder besondere Lokalerscheinungen gemacht hatten. Mikroskopisch fand
ich spärliche Eiterkörperchen, bisweilen einzelne rote Blutkörperchen und
Detritus. Ob Hg darin war, konnte ich nicht nachweisen, da ja in der
Spritze und Kanüle sich Hg-haltiges Material fand. In den Fällen, in
denen ich auf Flüssigkeitsansammlungen stieß, habe ich diese durch die
Spritze entleert und die Injektion an einer anderen Stelle vorgenommen.
Ich halte dies für vorteilhafter, da sonst die ResorptionsVerhältnisse wahr¬
scheinlich ungünstig würden, vielleicht auch bei der Einspritzung in
solche Flüssigkeit erfüllte Höhlen leichter Infiltrate oder Pseudoabszesse
entstehen könnten.
Sitzung vom 3. Februar 1906.
1. Herr Harttang: a) Fall von operativer Heilung einer Tuber¬
culosis verrucosa cutis. Während der Behandlung tritt ein anschei¬
nend banales „seborrhoisches Ekzem" an der Stirn aut, das ganz uner¬
wartet auf Tuberkulin reagiert in typischer Weise. Histologisch in den
Excisionsstellen wenigstens tuberkuloseähnliche Veränderungen, fast echte
Tuberkel. (Der Fall wird publiziert.)
Areh. f. Dermat. a. Sypb. Bd. LXXXII. 27
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Verhandlungen
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b) Fall von aggregiertem Syphilid bei einem ziemlich
elenden Kranken, der auf dem Körper das Bild eines follikulären Lichen
Bcrophulosorum zeigt, mit außerordentlich starkem, fast hämorrhagischem
Stauungston der Einzeleffloreszenz. Auch die Stellen des aggregierten
Syphilids zeigen dieselbe Farbe, so daß klinisch noch ein roikropapulöses
hämorrhagisches Syphilid in Frage kommt. Mikroskopisch: reine Hyper-
keratose, in der Follikelmündung liegt ein starker Hornkegel. Kaum
Entzündung in der Umgebung, ganz freie Geföße. Auf Tuberkulin keine
Reaktion.
2. Herr Windmüller (Allerheiligenbospital): Fall von Lues
hereditaria. 9jähriger Knabe, im Februar 1904 wegen Schwellung
beider Kniegelenke auf der chirurgischen Abteilung des Allerheiligen-
hospitals mit Stauung und Punktion behandelt und im November des¬
selben Jahres geheilt entlassen. Bald darauf eine Schwellung des linken
Schienbeines, zuerst nicht schmerzhaft, allmählich aber an Größe und
Schmerzhaftigkeit zunehmend. Mutter des Kranken 4mal abortiert, 3 Ge¬
schwister leben gesund. Befund der Aufnahme: harte Auftreibung der
linken Tibia im mittleren Drittel von ca. 10 cm Länge, am unteren Teile
der Auftreibung eine äußerst schmerzhafte Stelle, die sich eigenartig
teigig, gallertig anfuhlte. Im Röntgenbilde auch hier keinerlei Erwei¬
chungsherde oder Sequester wahrzunehmen, weshalb von einem chir.
Eingriff abgesehen wurde. Auf die antiluetische Behandlung, Einreibungs¬
kur und Darreichung von Jodkali sehr gute Reaktion, so daß schon nach
Ablauf der ersten Woche die erwähnte schmerzhafte Stelle zu verschwinden
begann und Mitte der 3. Woche völlig verschwunden war; der Knochen
fühlte sich jetzt wie heute überall gleichmäßig hart an. Nebenbei die
betreffende Stelle lokal mit gleichmäßiger Gummibindenkompression be¬
handelt. Er hat jetzt seine Kur — 72 y Hg Resorb. + 65 y Jodkali —
beendet und fühlt sich völlig wohl.
8. Herr Urban (Allerheiligenhospital): a) Fall von Gummata
am Unterschenkel bei ziemlich frischer Lues. Infektion vor
2 V 2 Jahren. Damals eine Hg-Kur, seitdem keine antiluetische Behand¬
lung mehr.
b) Fall von Kleinhirnerkrankung auf wahrscheinlich syphi¬
litischer Basis. Infektion 20 Jahre zurückliegend; außer einer Hg-Kur
unbehandelt. Erscheinungen: jetzt starkes Schwindelgefuhl und Kopf¬
schmerzen. Befund: Starker Romberg mit ständigem Fallen des Körpers
nach rechts hinten, Unfähigkeit auf einem Bein allein zu stehen, beson¬
ders ausgesprochen rechts. Patellarreflex links normal, rechts paradox.
Pupillenreaktion prompt. Leichte rechtsseitige Facialisparese. Nystagmus.
Keine Ataxien. Gehörorgan intakt. Auf seit einigen Tagen eingeleitete
Hg-Behandlung angeblich geringe Besserung.
4. Herr Loeweuhardt: a) 23jähriger Mann, dem durch Litho-
tripsie ein ziemlich langer und dicker hölzerner Bleistift aus der Blase
zerkleinert herausgeholt wurde. Eingriff in Scopolamin-Morphium-Narkose
ausgeführt.
6) Ein größerer Stein, der sich um ein Stück Irrigatorschlauch
bei einer anderen Patientin gebildet hatte; ohne Narkose mit besonders
scharf schneidenden Instrumenten entfernt. — L. verfügt über ein be¬
sonders reichliches Material von „sekundärer h remdkörper-Lithiasis“
(32 Fälle).
L. glaubt, seine gegenüber der nicht unerheblichen Mortalität an¬
derer Autoren günstigen Resultate bei Litholapaxien der Vorbehandlung
mit Urotropin und der Ausspülung mit starken Argentumlösungen nach
Schluß des Eingriffes zuschreiben zu dürfen.
5. Herr Hahn (Klinik Neisser): Zwei Fälle von Lichen scro-
phulosorum. Beide weisen an verschiedenen Stellen lupöse Herde auf.
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der Breslauer dermatologischen Vereinigung.
419
Bei dem einen Fall nach Tuberkulininjektion neben deutlicher lokaler
auch eine ausgesprochene Reaktion der ^Licheneffloreszenzen beobachtet,
die sich teils in der Rötung der bestehenden, teils in der Eruption neuer
Knötchen dokumentierte. In dem zweiten Falle wurde wegen bestehender
Lungenaffektion von einer Tuberkulininjektion abgesehen.
6. Herr Weik: o) Fall von Heilung eines rezidivirenden G esichts-
carcinoms bei einer 74jährigen Frau. Durch flaches Abtragen
des halbkugeligen Tumors mit dem Messer, Kauterisierung des Randes und
Grundes und nachherige Röntgenbestrahlung in 2 Sitzungen von
je 2 St. Heilung in 3 Wochen mit glatter Narbe.
ö) Fall von erheblicher Besserung eines Ulcus rodens von
lOjährigem Bestand bei einem 74jährigen Manne. Das Ulcus hatte zu
einer Zerstörung des linken unteren Augenlids und der ganzen zwischen
Nase, Auge und Jochbein gelegenen Hautpartie geführt. Nach 11 Röntgen¬
sitzungen komplette Überhäutung der ganzen Ulzerationsfläche; es
restiert noch ein derber, infiltrierter Rand, der wahrscheinlich erst der
Eaustik weichen wird.
7. Herr Kaiser (Klinik Neisser) stellt a) tuberöses Syphilid
vor, einnehmend den linken Nasenflügel und Umgebung. Infektion vor
6 Jahren zurück, bisher 1 Kur vor 5 Jahren.
Ö) Fall von Lupus erythematodes in typischer Schmetterlings¬
form ; die Affektion besteht seit einem Jahre. Der rechte Flügel ist unter
indifferenter Salbenbehandlung vollständig abgeheilt.
8. Herr Siebert : Fall von Dermatitis herpetiformis, z. T.
auch auf der Schleimhaut des Mundes lokalisiert, wo man weißliche,
leicht entfembare Epithelzellen sieht. Schleimhäute im allgemeinen ge¬
rötet. Auf der äußeren Haut hauptsächlich urtikarielle, sehr starke sub¬
jektive Beschwerden verursachende Schübe, daneben Blasenbildungen in
aggre^ertei Form. Frische Schübe auf der äußeren Haut werden häufig
von einer Verschlimmerung des Zustandes der Schleimhäute begleitet.
9. Herr Siebert: Fall von Mycosis fungoides, bei dem im
Stadium der Tumorbildung durch Arsen und Röntgenbehandlung
eine augenblicklich, fast vollständige Beseitigung der Hauterscheinungen
herbeigefuhrt ist. An Stelle der ehemaligen turaorartigen Infiltrate jetzt
teils De-, teils Hyperpigmentationen sichtbar.
10. Herr Schueht (Klinik Neisser) stellt vor a) einen 45jährigen
Mann mit universaler Sklerodermie. Anamnestisch liegt Lues vor.
Die Erscheinungen entwickelten sich sehr schnell zur jetzigen Höhe.
Beteiligung des ganzen Körpers. Unbeweglichkeit der Finger und Hand¬
gelenke. Die Behaarung ist am ganzen Körper auffallend stark. Neben-
befnnd: Tuberculosis apicis pulmonis dextri, Dilatation und Insufficienz
des Herzenz.
h) Pemphigus mit Beteiligung der Mund- und Nasen-
schleimhaut, sowie der Conjunctivae bei einem 42jährigen
Schmelzer. Sehr akuter Beginn unter Fieber. Baldiges Abheileo der
Blasen unter Puderbehandlung und Bolusbädern, besonders später unter
Teerbädem (Moulage Nr. 773).
e) Pemphigus foliaceus bei einem 73jährigen Schneider M.
Beginn April 1905. Erträglicher Zustand bis Dezember 1905. Bei Auf¬
nahme (Jan. 1906) bestehen Fieber (39^) und Durchfalle. Im Blaseninhalt
überwiegen die eosinophilen Zellen, im Blut machen sie 27o der
farblosen Blutkörperchen aus. Schnell auftretende neue Blaseneruptionen
befallen den ganzen Körper außer den Schleimhäuten.
Der Organbefund bei dem nach wenigen Tagen eingetretenen Exitus
letalis war negativ.
d) Pemphigus ohne Schleimhautbeteiligung, bei einem 45jähr.
Landarbeiter. Das Krankheitsbild zeigt die Moulage Nr. 776, während
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420 Verhandlungen der Breslauer dermatologischen Vereinigung.
Pat. z. Z. geheilt ist. Bemerkenswert ist das Freisein von Kopf, Hals,
Händen, FüBen und Scrotum; an beiden Oberarmen ein von der Schulter
zum Ellenbogen hinziehender handbreiter freier Streifen. Blutbefund
und innere Organe normal.
Schnelle Abheilung unter Teerbädem. Es bleibt eine erhebliche
Pigpnentation zurück.
e) Dermatitis herpetiformis bei dOjährigem Manne, seit
2 Jahren bestehend. Zur Zeit sind Bläschen nur auf dem behaarten Kopf
zu konstatieren, sonst polymorphe EfBoreszenzen in herpetiformer An¬
ordnung am Rumpf und Extremitäten.
11. Herr Perls (Klinik Ne iss er): a) Günstiger Erfolg von Fibro-
lysin (50 subk. Inj. ä 1*5) bei Sklerodermie; Injektionen schmerzlos,
keine schädlichen Nebenwirkungen.
6) Ther^eutisch sehr schwer beeinflußbarer Strophulus mit
sehr ^oßen Effloreszenzen und mächtiger Erustenbildung. Anfangs dia¬
gnostische Schwierigkeiten gegenüber Ekzem wegen der ekzematösen
Entzündung in der Umgebung der Effloreszenzen.
e) 3 Lippenprimäraffekte von verschiedenem Typus: der
erste am Lippenrot der Oberlippe, nicht ulzeriert, mit deutlicher Skle¬
rose ; der zweite an der Unterlippe, bis auf die Mundschleimhaut reichend,
ulzeriert, mit weniger deutlicher Sklerose; der dritte induratives Ödem
der Oberlippe.
d) Lupus vulgaris des Gesichts; isolierte Herde mit großen
rupiaähnlichen Krusten.
12. Herr Schindler (Klinik Neisser): a) Lupus verrucosus
beider Unterschenkel mit sterker Elephantiasis nach näufigen Erysipel¬
rezidiven. Typische Lp.-Knötchen. An der Wange ein zum Teil abgeheilter,
zum Teil knötchenzeigender, wahrscheinlich autoinokulierter Herd.
h) Lupus erythematodes discoides an Kopf, Gesicht, Ohren
mit großer Tendenz zur Spontanheilung. Unter einfacher Thigenolzinkpaste
heilte das rechte Ohr total ab; auch die Scheiben auf dem Kopf flachten
zu einfachen Verfärbungen ab. Die Haare wuchsen zum Teil wieder.
Photographie.
c) Psoriasis-Rezidiv mit schmetterlingsflügelartiger Lokalisation
im Gesicht; nicht ganz leichte Difierentialdiagnose.
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Verhandlungen der Wiener dermatologischen
Gesellschaft.
Sitzung vom 16. Mai 1906.
Vorsitzender: Riehl. Schriftführer: v. Zumbusch.
Der Vorsitzende teilt den Tod des Ehrenmitgliedes Professor
E. Haslund mit. Die Versammlung erhebt sich zum Zeichen der Trauer
von den Sitzen.
V. Neumann demonstriert ein Hautstück, betreffend einen Fall
von Creeping disease. Obwohl Dr. v. Schumacher mehr als 800
Serienschnitte angefertig^ hatte, war vom Tier nichts zu sehen. Er sah
den Gang in der Tiefe der Cutis, stellenweise mit Ausführungsgängen,
durch welche die Tiere nach außen gelangen können, warum in unserem
Falle das Tier nicht gefunden werden konnte.
Diskussion: Ehrmann, v. Neumann.
Leiner stellt aus dem Karolinen-Spital einen siebenjährigen Knaben
mit Pemphigus vulgaris vor.
Als der Knabe vor drei Wochen in unser Spital kam, zeigte er
nur an beiden Wangen und der behaarten Kopfhaut vereinzelte mit
Krusten bedeckte Effloreszenzeu, späterhin kam es an verschiedeoen
Stellen des Körpers zur Eruption von Blasen. Solche sind jetzt an der
Stirne, am rechten Ohr und an der rechten Genito-Kruralgegend zu sehen.
An letzterer Stelle zeigen sich Veränderungen, wie beim Pemphigus
vegetans.
Reines stellt aus der Abteilung Prof. Ehrmanns vor: 1. einen
Söjährigen Kutscher mit Tric hophytia profunda der Kinn- und Sub¬
mentalgegend, die bei sieben Röntgenbestrahlungen, bei sonst indif¬
ferenter Salbenbehandlung, nahezu geheilt ist; 2. einen 15jährigen Pa¬
tienten mit einem ausgebreiteten Nävus.
Biach stellt von der IV. med. Abteilung des Professors Koväcs
einen Fall vor, der das Bild der Arsenkeratose beziehungsweise
Melanose darbietet. (Erscheint ausführlich in der Wiener klinischen
W ochenschrift.)
Diakuasion : Spiegler: Es gibt zwei Formen der Arsenmelanose,
die diffuse und die gesprenkelte. Die diffuse geht gewöhnlich zurück,
wenn man mit der Arsenmedikation aussetzt. Hier handelt es sich um
die gesprenkelte Form.
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Winkler, Fr. stellt eine Sojährige Patientin mit Tuberkuliden
an den beiden Oberarmen vor.
Weidenfeld stellt vor: I. einen 21jährigen Schuhmacher, der vor
fünf Jahren Syphilis akquirierte und nur intern mit grauen Pillen be>
handelt wurde Seine jetzige Affektion datiert seit zwei Jahren.
Man findet an den Seitenteilen des Halses kreuzergroße, scharf
begrenzte, schwarzbraun pigmentierte Herde, über denen die Haut un¬
verändert erscheint. Zum Teil sind diese Herde weiß umsäumt, zum
Teil finden sich leukodermatisch aussehende Flecke innerhalb des auch
sonst braun pigmentierten Halses. Am Nacken findet sich eine Gruppe
ähnlicher Stellen, die übereinander lagern, so daß die Konturen jedes
einzelnen Herdes auch innerhalb des konfluierten Anteiles noch zu ver¬
folgen sind.
In der Nähe des Nabels finden sich wieder mehrere Pigmentherde,
nur sind einzelne etwas kleiner und oft nur braunrot gefärbt. Die ganze
Leudengegend braunrot gefärbt. Im Gesicht ist der zentrale Anteil
depigmentiert und durch über beide Augenbrauenbogen, Schläfen und
Wangen sich hinziehende, unregelmäßig breite Pi^mentsäume gegen die
normale Haut abgegrenzt. In den zentralen Anteilen finden sich kleine
Pigmentflecke.
Mit Rücksicht darauf, daß Pat. niemals an sich eine andere Affek¬
tion bemerkt hat (und es ist kein Grund, daran zu zweifeln), dann daß
neben der hyperpigmentierten Stelle sich die Pigmentflecke fiuden, an
Stellen, wo sonst auch Leukoderma vorkommt, ist vielleicht die Deutung
nicht von der Hand zu weisen, daß es sich um ein Pigmentsyphilid
handelt.
Diskussion: v, Neumann sieht pfennigroße, scharfumschriebene,
kreisförmige Pigmentationen. Syphilis kann er nicht diagnostizieren.
Ehrmann: Die Autoren, besonders die französischen, verstehen
unter Pigmentsyphilis Formen, bei welchen ohne vorausgehendes Exanthem,
ohne Hyperämie sich Pigment bildet. Diesen Beweis kann man hier
nicht erbringen. Es dürfte sich um Pigmentierungen bei Syphilis handeln.
Deutsch sah in letzter Zeit einen Fall, der eine gewisse Analogie
aufwies.
Weidenfeld: Ich möchte betonen, daß ich durchaus nicht mit
absoluter Gewißheit diesen Fall als Pigmentsyphilid vorgestellt haben
wollte. Auch mir ist das zum größten Teile ablehnende Verhalten der
Literatur bekannt, aber wenn man alle Symptome erwägt, wenn man als
sicher die Angabe des Patienten anniramt, daß er nie eine für ihn sicht¬
bare Affektion an der Haut hatte, wenn mau die Leukodermaflecke und
die hyperpigmentierten Stellen im Auge behält, so ist die Deutung, daß
es sich um ein Pigmeutsyphilid handeln könnte, nicht von der Hand zu
weisen.
Matzenauer hat eine ähnliche Form von Pigmentsyphilis gesehen,
ohne daß Papeln vorausgegangen sind.
V. Neumann empfiehlt antiluetisohe Behandlung und neuerliche
Vorstellung des Patienten.
II. Einen Fall von typischem Lichen ruber planus.
III. Einen Fall von Anetodermie Jadassohn.
Diskussion: Oppenheim, M. Weidenfeld.
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der Wiener dermatologischen Gesellschaft.
423
Ullmann, E. stellt vor: I. Einen Fall von Epidermolysis
conge nita.
II. Einen Fall von hereditärer (familiärer) symmetrischer
Vitiligo.
Diskussion: Riehl.
ni. Einen Fall von Neuralgie der Kopfhaut mit um¬
schriebener Poliosis.
rV. Einen Fall von paradoxem Haarausfall und Wieder¬
wuchs nach Röntgenbehandlung bei Trichophytie.
V. Einen Fall von Alopecia areata mit gelbrötlicher Ver¬
färbung der rezenten Plaques.
Diskussion: Riehl.
Spiegler stellt einen Fall von Mycosis fungoides vor. Der
4(]{jährige Patient leidet an seiner Krankheit seit zehn Jahren, er ist
sonst gesund. Hauptsächlich klagt er über heftiges Jucken. Am Stamme
und an den Extremitäten sind teils flache, teils über das Niveau erhabene,
derbe, hellrote, teilweise schuppende Effloreszenzen zu sehen, ebenso
Pigmentationen nach vorausgegangenen gleichartigen Eruptionen. Die
letzteren entsprechen, wie wir erfahren, Stellen, welche Sitz von 6 bis
8 cm langen und breiten, entsprechend hohen Tumoren waren, die durch
Röntgenbehandlung geschwunden sind.
Diskussion : Riehl findet an dem Falle die lange Dauer der
Erscheinungen bemerkenswert und konstatiert, daß auch bei diesem
Kranken die Röntgenwirkung auf die Tumoren die gleiche ist wie in
bisher beobachteten Mykosisfallen — cs schwinden die Tumoren, in dem
bestrahlten Terrain bleibt Rezidive lauge Zeit oder überhaupt aus — im
übrigen aber schreitet die Krankheit unaufhaltsam fort.
Oppenheim, M. demonstriert aus der Klinik Finger zum dritten¬
mal den Fall von Urticaria chronica.
Diskussion: v. Neu mann.
Brandweiner demonstriert:
1. Aus der Klinik Prof. Finger ein Iflmonatliches Kind mit Lichen
scrophulosorum.
2. Aus der Klinik Hofr, Escherich einen fünfjährigen Knaben
mit Lichen scrophulosorum.
Diskasslon: v. Neumann: Die Beschreibung des Lichen scro-
phulosorum bei Hebra stimmt mit diesen Fällen überein.
3. Aus der Klinik Prof. Finger einen 13jährigen Jungen mit uni¬
verseller Melanose, deren Ursache unbekannt ist. Die ganze Haut des
blonden, blauäugigen Individuums (mit Ausnahme der Palmae und Plantae)
zeigt eine rauchschwarze Verfärbung, die am Hals und in der Kleider¬
furche intensiver ist. Neben dieser diffusen Pigmentierung zeigen sich
zahlreiche Lentigines und vereinzelte linsen- bis bohnengroße depigmen-
tierte Stellen, die zum Teil während des Spitalsaufenthaltes auftraten.
Die diffuse Pigmentierung besteht seit der Geburt des Knaben.
Mucha demonstriert aus der Klinik Prof. Fingers den seiner¬
zeit vorgestellten Pat. mit Pemphigus vulgaris.
Flek demonstriert aus der Klinik Riehl: 1. einen Fall von
Folliklis.
2. einen Fall von Favus herpeticus, in dichter Anordnung an
den unteren Extremitäten einer Patientin, entstanden im Anschluß an die
Applikation fenchtwarmer Umschläge. An einer Stelle ein Skutulum
sichtbar. Der Ursprung der Infektion läßt sich nicht sicherstellen.
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Yerbandlangen
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▼. Zumbuach stellt aus der Klinik Riehl drei FUle von Lepra vor.
Der erste betrifft einen iQjährigen Montenegriner.
Der zweite eine 82jährige Fran ans Jerusalem.
Der dritte eine 28jährige Rumänin. Alle drei bieten das typische
Bild der Lepra tuberosa.
Kren demonstriert aus der Klinik R i e h 1 eine Serie
von Mundsohleimhautaffektionen, zunächst drei Fälle von
Lupus erythematodes der Lippen und Wangenschleimhaut.
Vier Fälle von Tuberkulose der Mundschleimhaut
und der Lippen, alle sekundär infiziert.
Ein Fall von diffuser Sklerodermie, die seit zwei Jahren
besteht
42jährige Patientin mt diffuser Sklerodermie. Die Zunge ist ver¬
dickt, zeigt deutliche Zab nabdrücke, ihre Konsistenz scheint nicht erhöht.
Das Yorstrecken der Zunge geling nicht vollständig durch skleroder-
matische Yeränderungen des Zungenbändchens, das blendend weiß, dicker
und härter erscheint. Der weiche Gaumen und die Basis der (Jvula
erscheint fleckig weiß mit kleinen Oefaßektasien. Diese Flecke sind un-
regelmäßig begrenzt und ziehen sich an dem vorderen Oaumenbogen nach
vorne. Am rechten Arcus palatoglossus sieht man einen ziemlich großen,
langgestreckten, ca. 1 cm breiten, weißen, atrophischen Sklerodermieberd,
der im Niveau der Haut liegt, äußerst glatt und glänzend, aber nicht
derb, sondern ganz weich ist. Ein ähnlicher schmaler Streifen zieht in
der Idittellinie des Gaumens nach vorne.
Hierauf hält Dozent Dr. Kraus den angekündigten Yortrag über
„Yersuche über Immunität bei Syphilis und bei Yakzine^
(Siehe Wiener klin. Wechenschr. 1906, Nr. 21).
An der Diakussion (siehe Wiener klinische Wochenschrift, 1906,
Nr. 30, Yerh. d. Wiener Derm. Ges.) beteiligten sich Finger, No bl.
Ehrmann, v. Neumann, Landsteiner, Ullmann, Kraus.
V. Zumbusch.
Sitzung vom 80. Mai 1906.
Yorsitzender: Riehl.
Schriftführer: v. Zumbusch.
Nobl demonstriert:
1. Histologische Präparate, welche einer vier Fälle um¬
fassenden Experimentalreihe entstammen. Yortr. hat bei
vier, sich im Stadium der zweiten Inkubation befindenden Patienten
Abschabungen spirochaetenhaltiger, erodierter Sklerosen den Trägem
mittels tiefer Skarifikation in die Bauchhaut inokuliert Die unter Schutz¬
verband gehaltenen Infektionen wurden nach 72 Stunden excidiert, nach
Levaditi imprägniert und in Serien untersucht. Yon den Repara¬
tion» Vorgängen abgesehen, waren in keinemFalle reaktive
Gewebsveränderungen oder Spirochaeten nachzuweisen.
Ein Ergebnis, das vollauf mit der bis heute noch zu Recht bestehenden
Erfahrung korrespondiert, der gemäß sich die Haut vor Ausbruch der
Allgemeinerscheinungen gegen die neue Einverleibung des Yirus refraktär
erweist. Bei Negierung der letzteren These könnte eingewendet werden,
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der Wiener dermatologinchen Gesellschaft.
425
daB im Geschähe keine oder nicht genügend virnlente Spirochaeten vor¬
handen waren, oder daß eine dreitägige Inokulation zur Vermehrung der
Spirochaeten und Äußerung ihrer gewebsreizenden Wirkung nicht hin¬
reichend ist.
2. Einen Fall von symmetrischer Keratodermie exzes¬
siven Grades. Die seit 12 Jahren bestehenden Veränderungen betreffen
eine 70jährige Frau.
Diskussion: Weidenfeld: Dies ist ein Fall, der in die Gruppe
der strichformigen Hauterkrankangen gehört. Kaposi beschrieb einen
ähnlichen Fall als Naevus inflammatorius.
3. Eine akute Aussaat von Lichen ruber planus bei einem
24jährigen Patienten.
4. Einen siebepjährigen Knaben mit Ichthyosis serpentina,
welchem Krankheitsbilde insbesondere die exzessive Mitbeteiligung
der Kopfhaut ein von der Norm abweichendes Gepräge gibt. Im Gegen¬
satz zu der meist beobachteten Oligotrichie und kleienförmigen Ab¬
schuppung sieht man hier das Kapillitium gleich den nachbarlichen Stirn-
und Nackengebieten von massig aufgetürmten, silberglänzenden, über
fingemagelgroßen, glimmerähnlich spröden, festhaftenden Hornschildem
überdeckt, die stellenweise zu mörtelgleichen Auflagerungen angestaut
erscheinen.
Diskussion: Riehl bemerkt, daß der größte Teil der Auf¬
lagerungen am Kopfe durch Krusten gebildet wird, welche als Produkt
eines die Ichthyosis komplizierenden Ekzems anzusehen sind.
5. Narbig deprimierte Residuen disseminierter Skrofuloderma-
h e r d e.
6. Einen 80jährigen Mann mit einer extragenitalen Initial-
sklerose der Unterlippe.
Oppenheim demonstriert einen Fall von Molluscum conta¬
giosum aus der Klinik Finger. Molluska im Gesicht von Hirsekom¬
bis Erbsengroße. An der Dorsalhaut des Penis ist ebenfalls eine Efflores-
zenz zu sehen.
Reines demonstriert aus der Abteilung Prof. Ehrmanns:
Eine 22jährige Patientin mit Syphilis corymbosa und Rupia sy¬
philitica«
Ehrmann stellt vor:
Ein in Heilung begriffenes Röntgenulcus rechts auf der behaarten
Kopfhaut einer 20jähr. Patientin und demonstriert zwei Photographien davon.
V. Zumbusch demonstriert:
1. Einen Fall von Pemphigus.
2. Das am 5. Februar gezeigte Kind mit Xeroderma pigmen¬
tosum, bei dem der Prozeß, besonders die Epitheliome, seither bedeu¬
tende Fortschritte gemacht hat.
Kren demonstriert bei den in der letzten Sitzung vorgestellten
drei Leprafallen Mundschleimhaut-Affektionen:
Im ersten Falle besteht am Rande des rechten Arcus palato-
glossus ein ca. kleinerbsengroßes, hartes, prominentes Infiltrat.
Eine größere Anzahl von Infiltraten zeigt der zweite Fall. Man
sieht hier am weichen Gaumen und an der Uvula ebenso wie an den
beiden Gaumenbögen halbkugelige, harte Infiltrate von der Farbe der
Schleimhaut.
Die ausgesprochensten Veränderungen sieht man am dritten
Fall. Am Arcus palatoglossuslinks sitzt ein ca. kleinerbsengroßes, gelbes,
hartes Infiltrat ohne jede Entzündung. An den beiden rückwärtigen
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426 Verhandlungen der Wiener dermatologischen Gesellschaft.
Gaumenbögen stehen einige zum Teil konduierte Infiltrate von gelblich-
brauner Farbe und großer Härte.
In der Mitte des weichen Gaumens sieht man ca. hellergroßes,
seichtes Geschwür.
2. Emen Patienten mit Alopecia luetica und einem über den ganzen
Stamm und die Extremitäten ausgebreiteten Leukoderma.
Pick: Demonstration von Präparaten.
Vortrag von Finger und Landsteiner über Superinfektion
bei Lues. Finger macht Mitteilung über seine im Verein mit Land¬
steiner angestellten, in der k. k. Akademie dar Wissenschaften publi¬
zierten Untersuchungen über Superinfektion und zeigt diesbezügliche
Moulagen.
An der Diskusaion über den Vortrag beteiligten sich die Herren
Kraus, Landsteiner, Nobl, Finger. Dieselbe ist in extenso er¬
schienen in der Wiener klin. Wochenschrift, 1906, Nr. 32. (Verh. d.
Wiener Derm. Ges.) v. Zumbusch.
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Verhandlungen der Berliner dermatologischen
Gesellschaft.
Sitzung vom 8. Mai 1906.
Vorsitzender: L e 8 8 e r.
Schriftführer: Bruhns.
1. Fischel stellt eine 49 Jahr alte Frau aus gesunder Familie mit
einer strichförmig verlaufenen Erkrankung vor. Die Aifektion
begann vor zirka 4 Wochen mit einem roten Fleck auf der linken
Thoraxseite, welcher sich strichtormig nach vom bis zum Nabel erstreckte,
dann senkrecht die Linea alba emporstieg, um sich dann in einer zweiten
Linie unterhalb der Mamma nach hinten hin auszudehnen. Nach 8 Tagen
zeigte sich intensives Jucken am linken Gesäß, auf welchem ebenfalls ein
roter Fleck entstand, der sich sehr schnell bis zum Fuß hin strichförmig
erweiterte, um an der Planta zu endigen. Die Affektion ist jetzt schon
im Abheilen begriffen. Diagnostisch ist der Fall insofern schwierig, als
zum Teil Bläschen vorhanden waren, die an Herpes zoster erinnerten,
zum Teil aber ekzematöse Erscheinungen vorherrschten. F. ist geneigt,
die Affektion als eine eigentümliche Form eines strichförmigen
akuten Ekzems anzusehen. Auf eine zentrale Ursache ist die Affektion
deshalb kaum zurückzufuhren, weil sie mit dem Verlauf der Nerven nicht
in Einklang zu bringen ist Auffällig ist der rapide Verlauf in der Ent¬
stehung und io der Abheilung.
L e s 8 e r möchte an die Fälle von strichformiger Lichen-Erkrankung
erinnern, die ebenfalls unter ekzematösen Erscheinungen verlaufen können.
Aus seiner Klinik ist vor einiger Zeit ein Fall von Lichen universalis
Vidal vorgestellt worden, bei dem ebenfalls an einigen Stellen eine
strichförmige Anordnung vorhanden war.
B lasch ko findet an dem Fall besonders interessant die Multipli-
cität der befallenen Gebiete sowie die eigentümbche Ausbreitung der
Erkrankung. An eine Affektion der Lymphgefäße ist in diesem Fall
nicht zu denken. B. hatte die Aö'ektion schon vor einigen Tagen gesehen
und gelang es ihm nicht, sie weder unter dem Ekzem noch unter dem
Herpes zoster einzureihen. Der Verlauf ist ein akuter und endet mit
spontaner Rückbildung der Effloreszenzen. B. hält daher die Affektion
für eine bisher noch unbekannte Hauterkrankung. Eine Erkrankung des
Zentralnervensystems oder der spinalen Ganglien nimmt B. wegen der
starken Ausbreitung und den eigentümlichen Verlauf nicht an. Die
Voigtschen Grenzlinien kommen auch nicht in Betracht und trotzdem
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muß man annehmen, daß die Affektion einer in der Haut selbst gelegenen
Struktur entspricht. Neuerdings ist von einigen Neurologen hervorge¬
hoben worden, daß Sensibilitatsstörungen Vorkommen, die eigentümlich
lokalisiert sind und in besonderen Konfigurationen verlaufen. Die Mög¬
lichkeit aber, daß eine zentrale Affektion vorliegt, ist nicht absolut von
der Hand zu weisen.
Rosenthal möchte zuvörderst, da das Krankheitsbild bisher noch
nicht bekannt ist, mit Bestimmtheit die Möglichkeit eines Artefaktes
ausgeschlossen wissen.
Pinkus glaubt die Form der Erkrankung, nicht die Ausbreitung,
ab und an gesehen zu haben. Vor mehreren Jahren hat er zwei Falle
vorgestellt, bei denen die Effioreszenzen an Ekzem und an Zoster erin¬
nerten. Mikroskopisch hat er in diesen Fällen stets perivaskuläre Ent¬
zündungen gefunden. P. nimmt daher an, daß alle Fälle von strich¬
förmigen Erkrankungen zusammen gehören und eine noch nicht einge¬
ordnete Dermatose darstellen.
Blaschko hält auch die Art des Falles nicht für neu, sondern
nur den klinischen Charakter. Er spricht sich gegen die Möglichkeit
eines Artefaktes aus dem Grunde aus, weil er keinem Patienten ein
solches Maß von anatomischen und pathologischen Kenntnissen Zu¬
trauen würde, ln einem Falle von Sklerodermie, der von Isaak und
Pinkus vorgestellt wurde, war nicht die hiutere, sondern die vordere
Grenzlinie mit der Thorakallinie zusammen erkrankt. Die Affektion ver¬
läuft auf der hinteren Differenzierungslinie, die von den Autoren ver¬
schieden benannt worden ist. Auch am Thorax könnte man auf einen
Zusammenhang mit dem vorderen Thorakalbogen hinweisen.
Rosenthal betont nochmals, daß trotz des Befallenseins dieser
Linien ein Artefakt mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden müßte und
erinnert an manche Fälle, die unter den gewagtesten Diagnosen von ver¬
schiedenen Autoren beschrieben und auch vorgestellt worden sind, und
deren Entstehung, wie sich später herausstellte, auf künstlichem Wege
bervorgerufen worden war.
Fischei erwidert, daß die Patientin bisher keine neuropathischen
Symptome dargeboten hätte und daß er sich aus dem Sitz der Affektion
gegen die Möglichkeit eines Artefaktes aussprechen müßte. Die Lokali¬
sation auf der hinteren Mittellinie legt diesen Verdacht nicht nahe, da
eine ganze Reihe von strichförmigen Affektionen auf dieser Stelle ver¬
laufen. Kliuisoh möchte F. die Krankheit als entzündliche Dermatose
mit ekzematösem Charakter auffassen.
2. Glaaerfeld stellt aus der Poliklinik von Heller undLipman-
Wulf einen 59jähr. Schuhmacher vor, welcher Schwellungen fast sämt¬
licher subkutanen Lymphdrüsen, besonders in den Inguinal- und Auri-
culargegenden und am Halse, aufweist, und an zunehmender Kachexie,
Herzmuskelinsufficienz und geringer Leber- und Milzscbwellung leidet.
Da das Blut bis auf eine geringe relative Lymphocytose keine Verände¬
rungen zeigt, ist der Fall als eine Pseudoleukämie aufzufassen. Es
ist wahrscheinlich, daß es sich bei dem Krankheitsbild um die Form der
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der Berliner dermatologischen Gesellschaft.
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„einfachen Lymphome" handelt. Die Haut des Patienten ist an der
Stirn, im Gesicht, auf Brust, Bauch und Rücken mit hellroten, z.T. schup¬
penden, z. T. in der Mitte eine Delle zeigenden, etwas prominenten, ziemlich
derben Stellen von Hanlkorn- bis Kirschgroße besetzt. Diese Knötchen
können als lichenoid bezeichnet werden und steilen Infiltrate der Cutis
und Subcutis dar, die Yortr. als wirkliche Lymphome der Haut anspricht.
Demnach besteht ein echter Fall von Pseudoieukamia cutis, zu der
nur diejenigen Fälle gerechnet werden dürfen, welche sich in typischer
Lymphombildung der Haut äußern. Alle übrigen bisher bei pseudo-
lenkämischen Erkrankungen beschriebenen Hautaifektionen will Yortr.
nicht als Ps. cutis bezeichnet wissen; erst ei e genaue Unterscheidung
dieser Hautatt'ektionen je nach der vorliegenden Form der Pseudoleu-
kämie kann zur Lösung der Frage führen, ob es sich in einem gegebenen
Falle um eine von der Pseudoleukämie abhängige Hauterkrankung handelt
oder ob sie nur eine zuföllige Komplikation darstellt.
Heller hat veranlaßt, den Fall vorzustellen, weil derselbe eine
außerordentliche Ähnlichkeit mit Lues hat; auch war die Diagnose
Pseudoleukämie von maßgebender Seite angestritlcu worden. Der weitere
Yerlauf sowie der Erfolg der Arsenbehandlung hat die Diagnose gerecht¬
fertigt. H. fügt hinzu, daß auch bei Tieren, wenn auch in selteneren
Fällen Pseudoleukämie vorkommt. Bei einer Kuh wurde neben einer
Aßektion der Drüsen eine Hauterkraukung beobachtet, welche die Form
von Warzenwuoherungen hatte. Bei genauerer Untersuchung stellten
sich die Warzen als Bildungen heraus, wie sie bei der Pseudoleukämie
bekannt sind.
Lippmann hatte den Fall zuerst für Lues gehalten, glaubt aber
jetzt au die Möglichkeit eines pigmentierten Sarkoms der Haut.
3. Dreyer stellt aus der Klinik von Rosenthal einen Fall von
maliraer Lues vor. Derselbe betrifft einen 29jährigen Kellner, welcher
im Mai vorigen Jahres infiziert wurde und Ende Juni in Behandlung
kam. Nach 11 Injektionen von Salizyl-Quecksilber brach Patient die
Behandlung ab. Mitte Oktober stellte sich Patient wieder vor und berich¬
tete, daß er seit 12 Tagen ziemlich unregelmäßig graue Salbe eingerieben
habe infolge von Halsbeschwerden, die sich bei ihm gezeigt hätten. Da¬
mals bestand ein Ulcus auf der linken Tonsille sowie ein Plaque auf
der rechten Tonsille und Impetigo capitis. Nach 13 Einspritzungen
von Salizyl-Quecksilber verließ Patient wieder die Klinik. Am 31. Ja¬
nuar kam Patient von neuem und erzählte, daß schon 3 Wochen
nach dem Yerlassen der Klinik eine geschwürige Affektion am Kopfe
und später auch Ausschlag am Körper aufgetreten sei. Seit Anfang
Januar habe er 10 Einspritzungen einer milchigen Flüssigkeit erhalten.
Bei der Aufnahme zeigten sich knotig ulceröse Syphilide an den
Extremitäten und im Gesiebt, Ulcera auf beiden Tonsillen und
Impetigo capitis. Patient erhielt Kalomeleinspritzungen. Am 4. Tage
nach der zweiten Injektion klagte der Patient, daß es ihm schwer falle
den Arm zu erheben, zugleich wurde die Sprache undeutlich. Am folgen¬
den Tage war vollstöndige Aphasie mit Trübung des Sensoriums einge¬
treten. Der rechte Arm sowie die rechte untere Extremität waren voll¬
ständig gelähmt, außerdem bestand eine rechtsseitige Facialislähmung
und Lagophthalmus. Die Untersuchung der Augen ergab normale Yer-
bältnisse. Nach 14 Ta^en bis 3 Wochen gelang es dem Palienten, ein¬
zelne Laute hervorzubringen. Durch häuhges Yorsprechen ist er jetzt
in den Stand gesetzt, einzelne Worte naohzusprechen, so daß die Symptome
einer motorischen Aphasie noch jetzt in hohem Maße ausgeprägt sind.
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Die Lähmung des Beines ist zurückgegangen, auch die Facialislähmung
hat sich teuweise zurückgebildet. Sieben Wochen nach Eintritt der
Apoplexie konnte Patient das Bett verlassen und er vermag jetzt zu
gehen, schleppt jedoch das rechte Bein in auffallendem Maße; der Fuß
steht in Varusstellung. Patient erhielt vom 1. Februar bis 4. April
10 Ealomeleinspritzungen, 14 Tage später wurde Jodkali gegeben (2—3
Gramm pro die). Seit acht Tagen ist eine Inunktionskur eingeleitet
worden. Die Malignität des Falles ist vielleicht dadurch zu erklären,
daß Patient als Kellner ein starker Alkoholiker war und daß sein Vater,
der in jungen Jahren an einem Gehirnleiden im Irrenhause gestorben
ist, wahrscheinlich an Paralyse zu Grunde ging. Allerdings würde durch
diesen Fall der Satz, daß jemand, der hereditär belastet ist, falls er sich
luetisch infiziert, eine leichtere Fofm der Lues akquiriert, nicht bestätiget
werden. Die Prognose ist, was die vollständige Wiederherstellung anbe¬
trifft, als schlecht zu bezeichnen.
Friedländer hat den Fall vorher gesehen und glaubt eine Aplasie
der Lymphdrüsen beobachtet zu haben, welche für die Erklärung der
Malignität nicht ohne Bedeutnng sein dürfte.
Wechselmann macht darauf aufmerksam, daß in letzter Zeit
die Neurologen bei Lues ein besonderes Nervengift angenommen haben,
so daß das Nervensystem befallen wird, ohne daß die vorhergehende Be¬
handlung einen maßgebenden Einfluß hat. Für diese Ansicht sprechen
die Fälle, in welchen sich durch konjugiale oder familiäre Infektion
ebenso wie bei dem Infizierten später Tabes oder Paralyse angeschlossen
haben. Der interessanteste Fall dieser Art ist von Brosius veröffent¬
licht, bei welchem ein Glasbläser 7 andere infiziert hat, die später im
Verlauf von wenigen Jahren an schweren Zentralnervenerkrankungen
gelitten haben. Auch bei den Prostituierten, von denen ein ziemlicher
Prozentsatz an Tabes leidet, glaubt W. ein bestimmtes Nervengift an¬
nehmen zu müssen.
Blaschko meint, daß diese Fälle nicht dafür sprechen, daß ein
bestimmtes Nervengift vorhanden ist, da eine Gefäßerkrankung zu Grunde
liegt, die zufälligerweise die Gehirngefaße betroffen hat. Bei Tabes und
Paralyse kann man annehmen, daß die Nervenfasern durch ein Nerven-
toxin betroffen werden. In dem vorgestellten Falle handelt es sich aber
um eine Gefäßerkrankung. Bei progressiver Paralyse kann man von
nervöser hereditärer Belastung nicht sprechen. Es ist sogar eigentümlich,
daß die Kinder von Leuten, die nach Lues progressive Paralyse bekommen
haben, wenig nervös sind.
Dreyer erwidert, daß eine geringe Anschwellung der Inguinal-
drüsen, der Hinterhauptsdrüsen und der seitlichen Zervikaldrüsen festge¬
stellt wurde, mithin eine Aplasie nicht vorhanden war.
Dreyer erwähnt ferner einen 85jährigen Arbeiter, welcher am
20. Januar mit einem Ulcus durum in Behandlung kam. Das Ulcus
enthielt deutliche Spirochaetae pallidae. Patient machte dann eine
Injektionskur von 14 Hydrarg. salicy 1. Injektionen durch und kam gestern
mit der Mitteilung, daß er einen Ohnmachtsanfall erlitten habe und
eine halbe Stunde ohne Bewußtsein gewesen sei. Bei der Untersuchung
bestand eine ziemlich große Pupillenungleichheit, die rechte Pupille war
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der Berliner dermatologischen Gesellschaft.
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weiter als die linke. Die Reaktion war sehr langsam, der Patellarreflex
war beiderseits erloschen. Patient erhielt eine Ealomelinjektion.
4. Heller. I. Tuberculosis framboesiformis. Der 76jährige
Patient leidet seit 10 Jahren an einer sich ganz langsam entwickelnden
Affektion des linken Unterschenkels. Durch die greisenartig veränderte
dünne Haut scheinen deutlich ektasierte Venen durch; die stark dunkel
pigmentierte Haut zeigt glatte oberflächliche Narben. In einer Ausdehnug
von etwa 20: JO cm ist die Haut bedeckt mit tief gefürchten, himbeer-
artigen, etwa Vi —^4 ^ hber das Hautniveau prominierenden, mäßig
weichen Gebilden, die auf der nirgends ulzerierten Oberfläche einen
geringen Grad von Schuppenbildung, ja gelegentlich von warzigen Hyper-
keratosen zeigen. Den Kranken belästigte vor allem intensives Jucken.
Trotz des nicht ganz gewöhnlichen Aussehens der Afiektion glaubte H.
an Lichen ruber verrucosus. Die mikroskopische Untersuchung zeigte
aber das unverkennbare Bild einer Tuberkulose (deutliche Haufen von
epitbeloiden Zellen mit zentraler Verkäsung, ohne Riesenzelien). Ob¬
wohl eine ausreichende Untersuchung auf Tuberkelbazillen bisher nicht
\ gemacht werden konnte, ist H. der Ansicht, daß die Affektion nur in das
von Jadassohn scharf gezeichnete Bild der Tuberculosis cutis
framboesiformis hinein paßt. Der P. leidet selbst nicht an Tuber¬
kulose; er hat aber seine Frau, die jahrelang in der engen Häuslichkeit
des P. an Lungenschwindsucht hinsiechte, gepflegt. Es ist möglich, daß
der P. sich Tuberkelbazillen beim Kratzen der varicösen, stark juckenden
Unterschenkel inokuliert hat.
ö. Heller. II. Heilung der Aknitis tuberculosa durch
Röntgenstrahlen. Die 26jährige junge Dame leidet seit etwa 6 Jahren
an Phthisis pulmonum; sie wurde wiederholt mit temporärem Erfolg in
Lungenheilstätten behandelt; zur Zeit besteht bei ihr eine starke Affektion
beider Oberiappen. Bei der P. entwickelten sich im Gesicht Knoten, die
BUS der Tiefe nach der Oberfläche vordringend teilweise oberflächliche
Erweichung zeigten. Gelegentlich wurde eine akneartige Bildung auf
der Spitze der Knoten wahrgenommen. H. weist im einzelnen nach,
warum hier das Krankheitsbild der Dermatitis nodularis necroticans, der
Aknitis Vorgelegen hat. H. hat die Kranke zweimal mit den üblichen
Mitteln behandelt; auch von anderer Seite ist kein Erfolg erzielt worden.
Röntgenbestrahlung hat endlich ohne jede andere Therapie Heilung ge¬
bracht. H. hat mit mittelweicben bis harten Röhren bei einem Röbren-
abstand von 20—26 cm und Sitzungsdauer von 2—7 Minuten in 7 Sitzungen
(30 em Funkenlänge Wodalröhren) bestrahlt. Zur Zeit erinnern nur ein-
gezogene Narben an das Krankheitsbild. Die Heilung dauert bisher
3 Monate; noch nie vorher ist die P. so lange Zeit von ihrem Leiden
befreit gewesen.
Saalfeld schlägt Pinselungen von einer Vs—Sublimat-
lösung, welche in Spiritus und Essig zu gleichen Teilen gelöst ist, vor.
In analogen Fällen hat S. gute Resultate gehabt.
6. Photinos stellt aus der Lassarsehen Klinik einen Fall von
Pityriasis rosea vor, welcher im Gesicht lokalisiert ist. Die Affektion
bat von dort aus ihren Ursprung genommen und hat sich dann erst über
den Rumpf und die Extremitäten ausgebreitet. Die Affektion hat Ähnlich¬
keit mit einem seborrhoischen Ekzem und einem papulösen Syphilid.
Von Lues besteht aber sonst keine Spur. Die mikroskopische Unter¬
suchung ließ keinen Trichophyton tonsurans auffinden.
7. Friedländer stellt einen Patienten vor, welcher seit mehreren
Jahren an Lungentuberkulose leidet und im Jahre 1901, dann im Jahre
1905 eine Tuberkulin-Injektionskur durchgemacht hat. Nach einigen
Wochen trat eine Purpura haemorrhagiea auf.
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PinkuB hält den vorgestellten Fall für keine Purpura, sondern
für ein Lichen ruber planus.
Friedländer demonstriert ein mikroskopisches Präparat von zahl¬
reichen Spirochaeten, welches dem Geschwürssekret eines Ulcus durum
entstammt. F. hat iu anderen Fällen ebenfalls zahlreiche Spirochaeten
gefunden.
L e s s e r bemerkt, daß die Spirochaeten keine pallidae sind, sondern
alle die Form der Kefringens zeigen.
Friedländer stellt ein junges Mädchen vor, welches im ersten
Lebensjahre eine Otitis media acuta durchmachie und seit dieser Zeit
eine Afifektion des Ohrläppchens darbietet, welche als Lupus
vulgaris aufzufassen ist. 0. Rosenthal.
Sitzung vom 12. Juni 1906.
Vorsitzender: Lesser. Schriftführer: Bruhns.
1. Pinkus stellte im Jahre 1903 einen Patienten vor, welcher nach
Abheilung eines Lichen chronicus am Halse einen ausgedehnten Pigment-
Verlust am Nacken darbot. P. hat seitdem häuüger in leichteren Formen
Depigmentierungen nach dieser Affektion am Nacken gesehen gerade so
wie ftyperpigmentierungen am Skrotum, so daß das VVort Dariers von
der „Ataxie pigmentaire" zu Recht besteht. Andererseits kann aber auch
umgekehrt Lidien chronicus auf einer depigmentierten Fläche auftreten.
Diese beiden Vorgänge stehen entweder in einem genetischen Zusammen¬
hang mit einander, wie in dem bekannten Neissersehen Fall, oder es
ist ein solcher Zusammenhang nicht zu erkennen. Schon früher hatte
P. eine albinotische Negerin beobachtet, bei der eine Lichenifikation am
Nacken, Arm und Rumpf aufgetreten war. Wir wissen, daß auf depig-
mentierter Haut ganz besonders leicht Rezidive auftreten. Nebenbei er¬
wähnt P., daß in einem Fall von Hydroa vacciniformis eine Rotfärbung
des Urins bestand, die nach den Veröffentlichungen von Lins er wahr¬
scheinlich Haematoporphyrinurie gewesen ist. Unlängst bat P. einen Fall
von Vitiligo beobachtet, der seinen Sitz hauptsächlich an den Beinen und
um den x\fter herum hatte, und gerade an diesen Stellen zeigte sich eine
lichenifizierte Stelle. Diese Beobachtungen zeigen einen gewissen Zu¬
sammenhang und lassen eine Verwandtschaft mit dem Neisserschen Fall
erkennen. P. zeigt eine 21jährige Dame, welche bemerkte, daß seit
2 Jahren eine Entfärbung und Atrophie an der Nackenhaut
und auch auf der Brust bestand, die sich langsam vergrößert haben. Als
sich die Patientin das erste Mal vorstellte, bestand am Nacken eine
starke lichenifizierte rotbraune Stelle, welche durch die in¬
zwischen eingeleitete Therapie mit Teerzinkpaste zurückgegangen ist.
Die Depigmentierung entsteht in eigentümlicher Weise: es bilden sich
kleine, farblose Flecke, welche allmählich größer werden und schließlich
konfiuieren. Die Haare sind leidlich darauf erhalten, die umgebende
Haut ist stark hyperpigmentiert und dringt zwischen die einzelnen Ef-
fioreszenzen ein. Mikroskopisch fand er ebenfalls eine starke perivasku¬
läre Infiltration, welche anscheinend das Pigment nach der Seite hin ver¬
schleppt, und während in der Mitte durch alle Schichten kein Pigment
zu sehen ist, so sind ausgedehnte Ansammlungen von Pigmentzellen um
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der Berliner dermatologischen Gesellschaft.
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die Gefäße heram an den Rändern deutlich sichtbar. In diesem Fall
handelt es sich aber su gleicher Zeit um eine Atrophie und nähert er
sich am meisten von allen bisher veröffentlichten Fällen dem Neisser¬
sehen Fall.
Heller hat zwei Fälle beobachtet, in welchen sich bei typischem
Vitiligo Lichen simplex chronicus entwickelt hat. Über die Genese kann
man bis jetzt noch nichts sagen, interessant ist aber jedenfalls die Tat¬
sache, daß die depigmentierte Haut so selten zu Erkrankungen Veran¬
lassung gibt, während wir wissen, daß bei Tieren die weißen Hautstellen
besonders zu Erkrankungen disponiert sind. Bei dem Brand der weißen
Abzeichen bei Tieren erkranken ausschließlich und allein die depigmen-
tierten Stellen, welche in eine tiefe Nekrose übergehen. Interessant ist,
daß diese Affektion durch Lichtwirkuog hervorgerufen wird, und zwar
nur bei Individuen, welche einer Autointoxikation mit verdorbenem Buch¬
weizen unterliegen. Ob bei dem Vitiligo mit konsekutiven Lichener-
krankungen irgendwelche Störungen der Darmfunktion in Frage kommen,
welche analog diesen bei Tieren vorkommenden Erscheinungen zu
stellen wären, ist noch die Frage. In den beiden von ihm beobachteten
Fällen war hierüber nichts zu eruieren.
Lesser glaubt, daß die Depigmentierung nicht den alleinigen,
aber doch einen gewissen Anstoß zu der Erkrankung gibt. Das ist sehr
leicht verständlich, weil das Pigment die irritierenden Strahlen des Lichtes
abhält. L. kennt einen Herrn mit Vitiligo, bei welchem bei Bergpartien
die befallenen Stellen auf den Händen mit Blasenbildungen reagierten,
während die daneben liegenden braunen Stellen vollständig intakt blieben.
Nebenbei möchte L. fragen, ob jemand ebenfalls beobachtet hat, daß in
einem Fall von Sklerodermie, welcher mit Thiosinamin-Einspritzungen
behandelt wurde, mehrfach Intoxikationen mit hohem Fieber und gleich¬
zeitigem Vorhandensein von Haematoporphyrinurie auftraten.
Schultz führt an, daß bei der Buchweizenkrankheit Möller zu¬
erst darauf hingewiesen hat, daß die kurzwelligen Strahlen in Frage
kommen. Daß das Licht die durch die Toxine geschwächte Haut an-
greift, berücksichtigen die Schäfer schon lange, indem sie die gescheckten
Tiere während der Zeit der Buohweizenfütterung mit Teer einpinseln.
Die Tiere bleiben dann verschont. Analogien bestehen vielleicht bei der
Hydroa vacciniformis und nach den letzten Forschungen aus dem Finsen-
institut sogar bei Erysipel, das man durch Lichteinwirknng kolossal reizen
kann. Aus diesem Grunde sollen dunkle Verbände angewendet werden.
Heller betont, daß der Brand der weißen Abzeichen schon Anfang
des vorigen Jahrhunderts erforscht wurde; daß die Licht Wirkung hierbei
in Frage kommt, ist Anfang des 19. Jahrhunderts festgestellt worden.
P i n k u 8 fügt hinzu, daß die Pat. noch an einer follikulären Urticaria
leidet, die auf jeden äußeren Reiz entsteht; die Quaddel bildet sich aber
in einer viertel Stunde zurück. P. erinnert an die interessanten Unter¬
suchungen von Ammon, der herausgefunden hatte, daß im Sonnenbade
einzelne blonde Leute verbrannten und andere nicht. A. führte den Unter-
Areb. f. Dermat. a. Syph. Bd. LXXXn. 28
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schied auf die Verschiedenheit der Rassen zurück. Auch in den Tropen
sind ähnliche Verhältnisse bei verschiedenen Konstitutionen beobachtet
worden.
2. Max Marcuse stellt einen Patienten vor, der ein sehr poly¬
morphes und variables Exanthem darbietet. Seit 12 Jahren be¬
steht die Dermatose fast ohne Unterbrechung trotz vielfacher Behandlung.
Der eigentümliche Charakter des Exanthems ist ein polymorpher und ver>
ändert sich qualitativ und quantitativ derartig, daß man auf den Verdacht
kommt, daß verschiedene Dinge vorliegen. Hauptsächlich treten Er¬
scheinungen von Akne hervor, aber sonst andere papulöse zum Teil schup¬
pende Kffloreszenzen sind sichtbar. M. war geneigt, die Affektiou als
Pitvriasis chronica lichenoides aufzufassen. Im Anschluß an
ein heißes Bad tritt das Exanthem gewöhnlich stärker auf. M. hat den
Patienten veranlaßt ein Bad zu nehmen, die Affektion ist diesesmal aber
nicht besonders stark sichtbar.
Juliusberg spricht sich für die Diagnose von Marcuse aus, da
die charakteristischen Gebilde von der einfachen bis zur schuppenden
Papel, das refraktäre Verhalten gegen Medikamente vorhanden ist bei ge¬
ringfügigen subjektiven Beschwerden. In dem ersten Falle, der von
Jadassohn veröffentlicht ist, bestanden wenig EfBoreszenzen, in dem
zweiten Falle Neissers war ein dichtgedrängtes Exanthem vorhanden.
Saalfeld ist der Ansicht, daß eine Acne necroticans vorliegt und
zwar eine Form, welche sich durch Hartnäckigkeit gegen die Therapie
auszeichnet.
Gebert schließt sich dieser Diagnose an und macht auf die Narben
und die EfBoreszenzen auf der Stirn aufmerksam.
Juliusberg gibt zu, daß auf der Stirn eine abgelaufene Akne
vorhanden ist, vielleicht auch auf dem Körper, aber das Gros der Ef¬
Boreszenzen hat mit einer Akne nichts zu tun.
Marcuse erwidert, daß, wenn eine Akne vorliegt, der Patient be¬
stimmt noch eine andere Dermatose hat.
Saalfeld betont, daß die Acne necroticans des Gesichts vollstän¬
dig anders aussieht, als die des Körpers.
8. Heller erwähnt einen Fall von Nagelerkrankung bei
Lupus erythematodes, bei welchen die ersten Anfänge der Erkrankung
sichtbar waren. Die Diagnose bei einer abgelaufeneu Nagelerkrankung
ist sehr schwer, doch in seinem Fall ist die Diagnose nur eindeutig ebenso
wie bei der beginnenden Psoriasis punctata ungium. Hierzu zeigt H.
einige Photographien von Rille aus Leipzig, welcher zuerst Fälle von
Lupus erythematodes der Nägel beobachtet haben will.
4. Wechseln! ann berichtet über den Fall von Erythrodermie
auf jpseudoleukämischer Basis, den er vor kurzer Zeit vorgestellt hat.
Auf Grund des Blutbefundes, zahlreicher Drüsenschwellungen und starken
Juckreizes war die Diagnose gestellt worden. Durch eine eingeleitete
Arseniktherapie besserte sich der Zustand, aber es traten immer neue
Nachschübe auf. Während das quälende Jucken kaum zu beseitigen war,
trat im Februar plötzlich eine Vereiterung der rechtseitigen fnguinal-
drüsen ein. W. entschloß sich daher, diese Drüsen wie auch die der
anderen Seite zu exstirpieren. Nach der Exstirpation hörte das Jucken
ganz plötzlich auf, eine Beobachtung, welchemit der von Blaschko über¬
einstimmt. Später stellte sich wieder geringfügiges Jucken ein, aber
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der Berliner dermatologischen Gesellschaft.
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nnter fortgesetzter BehandluDg ist eine vollständige Heilung erfolgt. Der
Blntbefond ist allerdings der gleiche geblieben, so daB wahrscheinlich
nur eine temporäre Heilung anzunehmen ist, wie überhaupt Heilnngsfalle
von Erythrodermia exfoliativa pseudoleucaemica nicht bekannt sind. Ferner
berichtet W. über den Fall von Erythema exsudativnm im Verlaufe einer
antisyphilitischen Kur. Derartige Knoten traten in den nächsten Wochen
noch zahlreich auf, hauptsächlich am Oberschenkel und den Streckseiten
der Arme. Im August vorigen Jahres hatte der Patient im Urbankranken¬
hause eine ähnliche Afiektion durchgemacht, bei der damals eine be¬
stimmte Diagnose nicht gestellt wurde. Der größte Teil der Knoten wurde
resorbiert, ein Teil vereiterte aber und sonderte einen stark riechenden
staphylokokkenhaltigen Eiter ab. Nachdem wochenlang die Diagnose hin-
und herschwankte, wurde durch Zufall herausgefunden, daß die ganze
Affektion arteficiell durch Morphiumeinspritzungen hervorge¬
rufen wurde. 0. Rosenthal.
Sitzung vom 3. Juli 1906.
Vorsitzender: Lessen Schriftführer: Brüh ns.
1. Hoffanann macht zu zahlreichen Demonstrationen am Epidia¬
skop und den Vorführungen einiger Affen folgende erläuternde
Bemerkungen:
Zur Impfung wurden benutzt: Gercooebus fuliginosus,
Macacus rhesus, aber auch Macacus cynomolgus und Hecki
und Cynocephalus baburin erwiesen sich als brauchbar.
Die Inkubationszeit betrug 16—20 Tage; der Ort war das obere
Augenlid oder der Lidrand.
Die Impfung mit Drüsenpunktionssaft der gland. submaxill.
war zweimal positiv.
Die Impfung mit syph. Blut war zweimal positiv. In einem Falle
stainmte d&s Blut von einer 3 Monate alten unbehandelten Lues. Von
zwei hiermit geimpften Thieren erkrankte nur das eine. Diese Impfungen
hafteten nur bei sehr schnellen und tiefen Skarifikationen. Die Virulenz
des Blutes scheint schnell eingebüßt zu werden.
Die Impfung mit tertiärer Lues — das Sekret stammte von einem
SYi Jahre alten, ulzerösen Hautsypbilid und die Inkubationszeit betrug
27 Tage — war in einem Falle positiv. Von dem Tiere konnte ein
zweites und von diesem ein drittes mit positivem Erfolge geimpft werden.
In einem anderen Falle war der Erfolg negativ.
Die Impfung mit Spinalflüssigkeit war in einem Falle (Inku¬
bationszeit 32 Tage) positiv, in einem anderen negativ.
Die Impfung mit Sperma von zwei, mit Absicht gewählten älteren
Fällen von 11 Monaten resp. von D/s J&bren waren negativ; die bisherigen
Versuche von Finger und Landsteiner hält H. für nicht beweis¬
kräftig. In einem Falle von doppelseit^er syph. Epididymitis war der
Erfolg vielleicht positiv, jedoch war die Beobachtung zu kurz.
Die Impfung mit Milz, Drüsen und Knochenmark von Affen
war in mehreren Fällen negativ; mit Milz und Leistendrüsensekret eines
zwei Monate nach der Infektion verstorbenen Affen positiv; Impfung mit
Affen bl ut in einem Falle negativ. Allgemeinerscheinungen bei
niederen Affen bestanden einige Male in Hautefßoreszenzen am Rumpf
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und den Extremitäten; bei einem Thiere in einer spirochaetenhaltigcn
Papel an der Brustwarze.
Von den Versuchen der Übertragung von Syphilis auf
Kaninchen nach Bertarelli entstand bei einem Tiere ein kleines
graues Inßltrat mit Spirochaeten.
Die Weidenreichsche Methode (vorausgehende Osmierung
bei schnellen Ausstrichpräparaten) hat sich H. glänzend bewährti hierdurch
sieht man öfters die sogenannten Endgeißeln Schaudinns.
Nach Versuchen von H. und Prowazek scheint das Serum
Syphilitischer die Bewegung der Spir. pallid. zu beeinflussen.
An Balanitis-und Mundspirochaeten konnten H. und Pro w.
die Bewegung der undulierenden Membran in lebendem Zustand deutlich
erkennen; im hängenden Tropfen wurden die Bewegungen bald schwacher,
in ^t verkitteten Deckglaspräparaten hielt die Beweglichkeit in physio¬
logischer Kochsalzlösung als auch in Bouillon mehrere Tage an.
Hoffmann stellt einen 53jährigen Patienten mit Dermatitis ex-
föliativa generalisata secundaria vor, der eine alte Psoriasis zu
Grunde liegt, welche bereits 1858 und 1859 von Bärensprung behan¬
delt wurde. Der Schmerz bei den Bewegungen ist starx, das Jucken
heftig, die Nägel durehgehends befallen, Haarausfall und Drösenschwel-
lungen hervortretend, das Allgemeinbefinden beeinträchtigt.
2. Heuck 1. berichtet über einen Fall von kongenitaler Lues.
Als Kind soll ein Ausschlag und später nochmals im Alter von 17 Jahren
vorhanden gewesen sein. Der Vater war syphilitisch, die Mutter gesund;
eine Behandlung ist bisher nicht erfolgt. Augenblicklich bestehen neben
vielfachen Narben serpiginöse Herde an Armen, Beinen und der linken
Hohihand. Die rechte Ulna zeigt eine starke Auftreibung, der Gaumen
ist perforiert und mit der hinteren Rachenwand verwachsen. Im Dezem¬
ber vorigen Jahres wurde wegen einer Trachealstenose eine Tracheotomie
ausgeführt.
2. Stellt einen Schlächter von 50 Jahren vor, welcher seit 15
Jahren eine fortschreitende Tuberculosis verrucosa cutis zeigt,
die vom linken Daumen ausgehend sich jetzt über den Handrücken* den
Daumenballen und die Ulnarseite des Vorderarmes ausstreckt. Die gleiche
Aflektion besteht auf dem rechten Handrücken. Daß die Tuberkelbazilleii
des Tieres auf die menschliche Haut überimpfbar sind und dort pathogen
wirken, wird jetzt allgemein anerkannt. Patient erinnert sich bestimmt
den Beginn der Afifektion auf eine Verletzung der Haut zurückführen zu
können.
3. Stellt eine 29 Jahre alte Schuhmachersfrau vor, die hereditär
nicht belastet ist. Mit 21 Jahren machte sie eine Influenza und Lungen¬
entzündung durch und seit dieser Zeit leidet sie an Husten und blutigem
Auswurf, sowie starken Drüsenschwellungen an der linken Halsseite, die
zum Teil vereiterten, zum Teil operiert wurden. Im Anschluß an die
Vereiterung seit 2 Jahren ist die jetzige Hautafifektion aufgetreten. Die¬
selbe besteht in großen geschwürigen Flächen am Hais und auf der Stirn
Das Aussehen der Ulzerationen läßt an Lues denken. Jodkali ist aber
ohne irgend welchen Erfolg genommen worden. Außerdem haben sich
am Rande einzelne lupöse Knötchen gezeigt. H. faßt den Fall als eine
Tuberculosis cutis propria auf.
8 . B. Marcuse stellt vor: 1 . Einen Fall von nodöser Syphi¬
lis mit zentralem Zerfall der einzelnen längs der Venen an^eordneten
Knoten. Die Patientin erkrankte Anfang April mit einer Periostitis der
Stirn und starker Inguinaldrüsenschwellung. Anfang Mai zeigten sich
Knoten an beiden Unterschenkeln, die dem Erythema nodosum ähnlich
waren. Durch eine Inunktionskur sind damals die Erscheinungen ge¬
schwunden. Am 17. Juni stellten sich neue Knoten ein, die sich von den
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der Berliner derraatologischen Oeselhcliaft.
437
früheren dadurch unterschieden, daß sie in der Mitte erweichten und eine
Neigung zur Konfluenz zeigten. Der zentrale Zerfall und diese Neigung
zur Konfluenz lassen die Knoten als ein spezifisches Exanthem und nicht
als ein gewöhnliches Eirthema nodosum erkennen; ferner bestehen deut«
liehe Yenenstränge in der Tiefe. Patientin soll eine neue Kur beginnen.
2. Eine 32jährige Frau, die 1904 inflziert wurde und ihre erste Kur
im April 1905 machte, die in Sublimateinspritzungen bestand. Nach der
6. Injektion bekam sie ein Exanthem, welches als Quecksilbererythem
anfgefaßt wurde. Im Juni zeigte sich ein neuer Knoten, in dessen Mitte
ein phlebitischer Strang zu fühlen war. Unter Schmierkur und Jodkali
bildete sich derselbe zurück, ebenso eine Impetigo capitis. Nach einigen
Tagen zeigte sich aber ein neues knotiges Exanthem an den Armen,
Ober- und Unterschenkeln, welches als Erythema nodosum speci-
fienm aufzufassen ist. Auch hier besteht als Eigentümlichkeit die Nei¬
gung zur Verschmelzung der einzelnen Knoten.
3. Eine 22jäbrige Frau mit dem ersten Ausbruch einer sekun¬
dären Lues und einer Periphlebitis specifica am rechten Unter¬
schenkel. Früher bestanden bereits Varicen, die im 18. Lebensjahr auf¬
gebrochen waren; seit 4 Jahren ist die Patientin frei von irgend weichen
Störungen nach dieser Richtung hin gewesen. Nebenbei besteht Tachy-
cardie und zeitweilige Atemnot, der Puls beträgt 120, die Ventrikel sind
ohne Klappenfehler erweitert.
4. Eine Patientin mit Erythema multiforme an der Streck¬
seite der Arme, welches seit 3 Monaten besteht; zugleich ist eine frisch e
Lues vorhanden. Nebenbei besteht ein Leukoderma und starke Drüsen-
Schwellungen. Unter Schmierkur und Jodkali geht das Erythem zurück.
Möglicherweise besteht ein deutlicher Zusammenhang des Erythema multi-
forme mit der Lues.
4. Schmidt stellt eine 49jährige Patientin vor, welche seit ihrem
20. Lebensjahre an einem Lupus erythematodes der Wangen, der
Ohren und eines Teils der behaarten Kopfhaut leidet. Seit einem halben
Jahr hat sich im Munde der Patientin vom Unterkiefer ausgehend eine
Geschwulst entwickelt, die zur Lockerung des einen Zahnes führte, sich
vergrößerte und die Wange zerstört hatte. Die ganze linke Wange ist
jetzt von einem Caroinom besetzt. Die Frage ist, ob sich das Garcinom
auf der Basis des Lupus erythematodes entwickelt hat, oder ob es sich
um eine zufällige Komplikation handelt. Nach der Anamnese ist das
letztere wahrscheinlicher.
6. Roscher stellt vor. 1. Einen Fall von Dermatitis exfolia¬
tiva, welcher sich im Anschluß an Psoriasis entwickelt hat; man sieht
an einzelnen Stellen deutlich charakteristische Effloreszenzen. Der neue
Ausbruch dieser Krankheit — Patient leidet seit Jahren daran — ist vor
ungefähr 5 Monaten erfolgt.
2. einen Fall von Lues maligna. Patient bemerkte am 16. Mai
eine schmerzhafte Entzündung des Zahnfleisches mit Schwellung der Sub-
maxillaris und der Subliogualis. Ende Mai wurde im Urin 57o Zucker
gefunden. Diät und der Beginn einer Karlsbader Kur brachten den Zucker
schnell zum Schwinden. Wenige Tage darauf entstand unter starken
Kopfschmerzen das Exanthem, welches polymorph über den ganzen Körper
ausgebreitet ist. Patient ist seit dem 26. Juni in der Klinik und zeigte
damals den Primäraffekt, welcher in einer derben Infiltration des
Zahnfleisches über den Schneidezähnen bestand. Im Primäraßekt und
in einer krustösen Effloreszenz sind Spirochaeten gefunden worden. R.
benutzt jetzt die Färbung mit Marinoblau, die den Vorzug hat, daß in
6 Minuten ein gutes Präparat anzufertigen ist. Während die Schwere
des Exanthems auf die Zuckerausscheidung zurückzuführen sein dürfte.
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Verhandlungen
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ist es doch auffallend, daß der Diabetes so schnell geschwunden ist, trotz¬
dem Patient seit der Aufnahme keine Diät mehr inne gehalten hat.
3. einen Patienten, welcher im Oktober vorigen Jahres den ersten
Ausbruch von Syphilis hatte, der in Kopfschmerzen und Roseola bestand.
Im Februar dieses Jahres machte er ein Rezidiv durch« Am 28. Juli
wurde er aufjzenommen und zeigte an den Nates und zwischen den Hinter¬
backen ein Exanthem, welches in einem fast schwarzblau pigmen¬
tierten eingesunkenen Zentrum bestand und ringsherum
frische rote papulöse Effloreszenzen zeigte.
4. einen Patienten mit einer zirkulären Roseola syphilitica
und einer am ganzen Körper verbreiteten Pigmenthypertrophie neben
einem ausgedehnten Leukoderma syphiliticum. Diese Pigmentl^pertrophien
treten nicht selten in Fällen auf, welche vordem längere Zeit Wasser¬
kuren gebraucht haben. Nebenbei bestehen in diesem Falle noch sehr
zahlreiche Keloide und Naevi.
5. einen Patienten, welcher im Mai vorigen Jahres infiziert wurde
mit einem chancre decorticant. Ende September vorigen Jahres
wurde eine Spritzkur eingeleitet und im November vorigen Jahres bis
zum Januar dieses Jahres erhielt Patient wiederum 50 Einspritzungen.
Im März wurde Patient aufgenommen. Penis, Skrotum und das untere
Drittel des Mons veneris waren von einem großen Geschwür eingenommen.
Die Corpora cavernosa lagen frei und die Ulzerationen gingen bis tief
in das Perineum hinab. Die Operation bestand im Abtragen der Ränder,
Auskratzen mit scharfem Löffel, Paquelin und Anwendung von 5(^oiger
Chlorzinklösung. Die Heilung ist jetzt im besten Gange, nur im Wund-
Winkel stößt sich noch ein Stückchen Fascie ab. Vom Membrum ist nur
noch ein Rudiment vorhanden.
6. einen Patienten, welcher im Anschluß an eine neue Beschäfti-
rang, bei der er viel mit Kalkstaub zu tun hatte, am 13. Februar dieses
Jahres erkrankte, und zwar mit brennenden Schmerzen an den Händen
und dem Gesicht. 7 Tage später wurde er aufgenommen und zeigte ein
annuläres Erythem, auf welchem sich allmählich immer größere Blasen
entwickelten, bis schließlich der ganze Körper befallen war. Am 1. März
fanden sich die ersten Erscheinungen im Munde, später wurden Nase,
Epiglottis und die übrige Mundschleimhaut befallen. Bis Ende April
dauerte dieser Zustand an, zu jener Zeit trat noch eine typische Blase
an der Conjunctiva des rechten oberen Augenlides auf; eine deutliche
Blepharophimose ist infolgedessen zurückgeblieben. Seit Mitte Mai haben
sich Rezidive nicht mehr eingestellt. Am 11. Juni wurde plötzlich eine
nicht unwesentliche Menge Albumen im Urin nachgewiesen. Die Behand¬
lung bestand in Arsen und Vollbädern. Nachdem Eiweiß konstatiert war,
wurde Arsen ausgesetzt. Der io diesem Fall bestehende Pemphigus
scheint vikariierend eine Nephritis hervorgerufen zu haben.
7. einen Patienten, welcher erst am heutigen Tage in die Klinik
aufgenommen wurde. Das rechte Bein ist elepbantiastisch verdickt und
zeigt eine sehr starke Rötung und Schwellung. An der Fußsohle besteht
ein starker nekrotischer Zerfall. Der übrige Organismus ist gesund,
i^teriensklerose ist nicht nachweisbar, Fieber ist nicht vorhanden, Tabes
liegt nicht vor; möglicherweise bandelt es sich hier um ein Erysipelas
recidivans und ein mal perforant du pied.
8. einen Fall von Alopecie, der seit 21 Jahren besteht und mit
einem noch jetzt deutlich sichtbaren Herde angefangen hat, der sich
später wieder vollständig mit Haaren bedeckte, aber noch deutlich zu er¬
kennen ist. Patient ist jetzt ömal mit Eisenlicht behandelt worden,
einzelne Haare scheinen zu regenerieren.
9. einen 12jährigen Jungen, welcher sich von seiner 10jährigen
Cousine mit Gonorrhoe infiziert hat. Die 10jährige Cousine ist von
einem anderen 13jährigen Jungen angesteckt worden.
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der Berliner dermatologisohen Gesellschaft.
439
10. einen Fall von sehr hartnäckig heilenden ülzerationen,
die weder Jodoform noch Isoform vertrugen. R: hat infolgedessen
örtlich Kalomel und innerlich Jodkali gegeben. Die Heilung scheint auf
diese Weise in die Wege geleitet zu sein.
11. einen Fall von auf die Extremitäten ausgedehntem Lupus
erythematodes.
6. Beer demonstriert lebende Spirochaetae pallidae. die sich
im luftdicht abgeschlossenen Deckglaspräparat 3 Wochen lang lebend und
gut beweglich erhielten, und teilt seine bezüglichen Beobachtungen mit.
Ferner zeigt er ein Schnittpräparat, nach der neuen Argentum-Pyridin-
Methode Levaditis imprägniert, von einer Analpapel, welche neben
zahlreichen wohlcharakterisierten Spirochaetae pallidae, dichte Knäuel
von Spirochaete refringens enthält. Der erhebliche Unterschied in der
Breite, die flachen, langen Windungen lassen auch im Silberpräparat die
groben Spirochaetenformen, auch wenn diese — wie im demonstrierten
Schnitt — vereinzelt zwischen den Betezellen und zum Teil zwischen den
Pallidae liegen, als solche erkennen. 0. Rosenthal.
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Geschlechts-Krankheiten.
Syphilis. Allgemeiner Teil.
WiUiams, Campbell. TbeEthicaof themedicalprofesBion
in relation to Syphilis and gonorrhoea. The Lancet. 1906.
10. Februar, p. 366 ff.
Williams weist auf die Schwierigkeiten und Folgen hin, die die
strikte Befolgung des ärztlichen Berufsgeheimnisses bei Syphilis und
Gonorrhoe nach sich zieht; während im Gegensatz dazu bei den andern
kontagiösen und infektiösen Krankheiten Anzeigepflicht etc. die Hygiene
fördern. £r weist auf die Gefahren hin, die die Umgebung der Er¬
krankten bei Behandlung der Geschlechtskrankheiten als geheime Er¬
krankungen bedrohen. Fritz Juliusberg (Berlin).
MaeLennan, Alex. A preliminary note upon the cytor-
rhyctes luis (Siegel) and the spirochaeta pallida. The Brit.
Med. Journal 1906. 8. Feber, p. 258.
MacLennan fand bei zwei Fällen von syphilitischem Primär¬
affekt weder im Gewebssafb der gereinigten Schanker, noch im Sekrete,
das einer vergrößerten Inguinaldrüse entstammte, irgendwelche Spiro-
chaeten. Dagegen wimmelten die Präparate von kleinen korpuskulären
Elementen, die der Autor als identisch mit dem Gytorrhyctes luis (Siegel)
identifiziert. MacLennan nimmt an, daß die Spirochaeta pallida ein
Entwicklungsstadium des Gytorrhyctes darstellt und glaubt, Übergänge
zwischen beiden Formen beobachtet zu haben.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Winkler, Ferdinand, Wien. Der gegenwärtige Stand der
Cytorrhyctesfrage. Wiener klinische Wochenschrift. 1906. Nr. 12.
Als Siegel seine Arbeiten über den Gytorrhyctes aphtharum,
scarlatinae und luis publizierte, trat zu allererst die Erinnerung an die
Mitteilung von De hie hervor, der bereits vor mehr als zehn Jahren bei
Masern, Pocken, Scharlach und bei Syphilis Organismen beschrieb, die
von einander sehr schwer zu unterscheiden waren und deren Beschreibung
sich mit der von Siegel gegebenen annähernd deckte. Für Siegel
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Bericht üb. d. Leistungeu auf d. Oeb. d. Geschlechtskrankh. 44 1
trat Eilhard Schulze mit der Bemerkung ein, daß mit starken Immer-
■ionsajstemen die Wahrnehmung und Erkenntnis des Cytorrhyotes ebenso
zweifellos wie vollst&ndig sicher zu erlangen sei. Die Arbeiten von
Merk, welcher die Lebensvorgänge des Cytorrhyctes genauer studierte,
sowie von Freund und von Jancke, brachten Bestätigungen dieser
Befunde.
Die Nachprüfung der Siegel sehen Befunde muß von der Beob¬
achtung des lebenden Blutes ausgehen; sie fallen bei der Betrachtung
des lebenden Blutes durch ihren Qlanz auf und schwanken in ihrem
Lingendurchmesser zwischen Va ^Vs Mikren, die kleineren Formen
sind kugelig oder gestreckt, die größeren plattoval. Bei den stoß- und
spmngweisen Bewegungen, welche durchaus dem Herumschleudem kleiner
Flagellaten gleichen, sieht man verschiedene Profilbilder. Beim Ein¬
trocknen des Präparates läßt die Bewegung allmählich nach und der
frühere Glanz weicht einem opaken Aussehen; jetzt werden die vorher
durch den Glanz verdeckten Kerne sichtbar, so daß man stark licht¬
brechende, regelmäßig angeordnete Punkte sehen kann. Bei langsamen
Bewegungen werden auch die Geißeln deutlich erkennbar, fast immer
kann man noch einen hellen Hof rings um jedes einzelne Gebilde er¬
kennen. Siegel führt als Charakteristika seiner Gebilde an: stärkster
Glanz, heller Saum, deutliche Teilung der Kerne, unter günstigen Um¬
ständen Geißelbeobachtung; leider versagen die beiden ersten Merkmale
sehr oft. Nach Winkler muß man sich an das Auftreten der regel¬
mäßig angeordneten Kerne als stark lichtbreohende Punkte im Innern
der Gebilde, sowie an das Sichtbarmachen wirklicher, deutlicher Geißeln
halten; erst als Winkler diese Merkmale erkennen lernte, war er von
der Existenz der Siege Ischen Gebilde überzeugt.
Die Färbung der Gytorrhyetesformen ist notwendig, wenn man sich
über die Zahl und die Lagerung der Kerne genauer orientieren und
wenn man die Geißeln darstellen will. Für die Färbung der in Alkohol
fixierten Ausstrichpräparate empfahl Siegel ursprünglich Azureosin,
späterhin Alaunkarmio und gegenwärtig arbeitet er mit einer alten, gut
ausgereiften Boraxmethylenblaulösung. Winkler hat mit der von ihm
angegebenen Metode Karbolthionin oder Anilinwasserthionin dnreh eine
. Stunde und Entfärben mit verdünntem Formalin — sehr gute Resultate
erzielt; von Wichtigkeit scheint Winkler, daß die gefärbten Präparate
nicht in Alkohol abgespült werden dürfen. So leicht es gelingt, die
Kerne deutlich förberisch darzustellen, so schwer ist es, die Geißeln
sicher anzufarben. Nissle färbt 8 Tage lang in vorher abgekochter
und filtrierter, täglich einmal gewechselter Giemsalösung und ist damit
imstande, Geißeln darzustellen, die bis 10 Mikren lang sind; meist zeigen
sich an jedem Gebilde zwei Geißeln, eine längere und eine kürzere.
Nicht unzweckmäßig ist es, das Präparat mit Hämatoxylin vorzufarben
und dann erst der Geißelßlrbung zu unterziehen.
Sehr schwer ist heute noch die Darstellung des Cytorrhyctes im
Gewebe; die Schnitte müssen sehr dünn sein, höchstens 4 Mikren dick,
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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werden auf eine Minute in filtriertes Alaunbämatoxylin gebracht, in
Wasser abgespült, eine Sekunde lang mit Iproz. salzsaurem Alkohol
übergossen, mit Wasser abgespült und auf einige Standen in eine fil¬
trierte Vooo Lösung YOQ Azur n gebracht; das gefärbte Präparat wird in
Eosin nachbehandelt, sehr kurz durch Alkohol durchgeführt und in Xylol
aufgehellt. Die Oewebskeme erscheinen rötlichblau, die Cytorrhyoten
tiefblau. Winkler erscheint relativ am besten die von ihm zur Fär¬
bung der tingiblen Kugeln im Gewebe ausgearbeitete Thionin-Formalin-
Methode, sowie die Pappenheimsche Pyronin-Methylgrünfärbung. Mit
allen diesen Methoden gelingt es, die Kerne deutlich zu differenzieren,
aber es ist noch nicht gelungen, Geißeln im Schnitte sichtbar zu machen.
Ficker hat in Menschenblutbouillon, Aszitesbouillon und Aszitesagar, in
die er aseptisch excidierte Skleroren zu Zwecken der Spirochaetenzüch-
tung gebracht hatte, eigentümliche bewegliche Körperchen gefunden,
die sich als identisch mit den Cytorrhycten erwiesen. Winkler ist der
Überzeugung, daß tatsächlich im Blute und in den Geweben eigentüm¬
liche Gebilde aufzufinden sind, die nach der Lagerung der Kerne und
nach der Beschaffenheit der Geißeln wohl nicht anders denn als Protozoen
gedeutet werden können und es erscheint ihm notwendig, einen Zu¬
sammenhang zwischen Spirochaeten und Cytorrhyoten zu erforschen.
Viktor Ban dl er (Prag).
Brandweiner, A., Wien. Über den gegenwärtigen Stand
der Spiroohaetenfrage. Wiener klinische Wochenschrift. 1906. Nr. 12.
Brandweiner faßt in diesem Beferate die wichtigsten Befunde,
die in der Literatur bis dahin niedergelegt waren, zusammen und macht
folgende Schiaßbemerkungen: Wir sehen in der Spirochaete pallida ein
im großen und ganzen wohl charakterisiertes, wenn auch manchmal
schwer zu differenzierendes Gebilde, das ausschließlich in syphilitischen
Produkten mit Ausnahme der Gammen bisher gefunden wurde. Der Um¬
stand des fast konstanten Nachweises der Sp. p. in Produkten der expe¬
rimentellen Lues beim Affen u. zw. bei späten Generationen reiner Ma-
kakensyphilis spricht sehr zugunsten der Annahme einer ätiologischen
Bedeutung der Spirochaete pallida. GlVlß Viktor Band 1er (Prag).
Frohwein, F. Spirochaetenbefunde im Gewebe. Aus der
Klinik für Hautkrankheiten der Universität Kiel. (Mediz. Klinik. 1906.
Nr. 17.)
Fr oh wein rekapituliert die bisher erschienenen Arbeiten über
Spirochaetennachweis im Schnittpräparat und fügt die in der Kieler der¬
matologischen Klinik erzielten Resultate bei. Dieselben bringen Ver¬
fasser zu folgenden Schlußfolgerungen:
1 . Bei der Lues congenita scheinen die Spirochaeten in allen Or¬
ganen nachweisbar zu sein.
2 . Es bestehen unzweifelhaft Beziehungen der Spirochaeten zu
den Lymph- und Blutbahnen, durch die jedoch wahrscheinlich nur ihre
Verbreitung im Körper stattfindet, während ihre Vermehrung im um¬
liegenden Gewebe anzunehmen ist.
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der Geschlechtskrankheiten.
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3. Die Spirochaeten kommen sowohl in ungesohädigtem Zustand
innerhalb der Zellen, wie auch in Degenerationsstadien in den Phago«
cyten vor.
4. Am meisten wurde die Leber, ferner die Lunge und der Darm
von Spirochaeten überschwemmt gefunden; letzteres mag wohl die schweren
Verdauungsstörungen, von denen erfahrungsgemäß hereditär luetische
Kinder befallen werden, bedingen.
5. Der äußerst geringe Spirocbaetenbefund inPIacenta und Nabel-
schnür läßt darauf schließen, daß diese Organe nur zur Verbreitung der
Organismen dienen.
6 . Der Spirochaetennachweis in inneren Organen bei negativem
Sektionsbefund beweist, daß eine fötale Infektion der inneren Organe
ohne äußere Erankheitserscheinungen stattfinden kann.
Oskar Möller (Dortmund).
Berger. Zur Färbung der Spirochaete pallida. Aus der
Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten der städtischen Kranken¬
anstalten Kölns. Münch, med. Wochenschr. 1906. Nr. 18.
Bei seinen Versuchen, eine schnellere Färbemethode der Spirochaete
pallida zu finden, kommt Berger zu folgendem Resümee: „Die Färbung
der Spirochaete pallida gelingt sicher und schnell durch die Kombination
von Azur oder azurhaltigen Farblösungen mit ganz verschiedenartigen ge¬
sättigten (oder auch mäßig verdünnten) Farblösungen." Die Färbung wird
beispielsweise folgendermaßen ausgeführt: Nach Alkoholfixierung werden
z. B. 5 Tropfen Löfflers Methylenblau auf das Präparat getropft. Nach
Vs Minute gibt man 8 Tropfen Azur II-Lösung hinzu und läßt das Ge¬
misch V, Minute einwirken. Dann setzt man 6 Tropfen Giemsa-Lösung
zu und läßt das Ganze noch 2 Minuten einwirken. Dann Abspülen mit
Wasser, Trocknen mit Fließpapier, Einbetten in Kanadabalsam.
Oskar Müller (Dortmund).
Me.Kee, George M. The Spirochaeta pallida in Syphilis,
with Special Reference to Goldhorns Rapid StainingMe-
thod. New-York. M. J. 83 Ö88. 24. März 1906.
Mc. Kee beschreibt genau die von Goldhorn angegebene Färbe¬
methode, welche darauf beruht, daß eine Eosin-Azur-Bildung in statu
nascente zur Wirkung kommt. Die Spirochaeten werden purpur gefärbt,
bei Zusatz von Lugol schwarzbraun. Die Methode wird genau beschrie¬
ben wie folgt:
1*0 kohlensaures Lithium wird in 200ec. Wasser gelöst, dem 2 0
Methylenblau (Merks medizin., Grüblers Bx oder Kochs) zugesetzt
wurden. Die Mischung wird auf einem Wasserbad erhitzt bis sich ein
reiches Polychrom gebildet hat. Das Erhitzen muß mit Vorsicht vorge¬
nommen werden, da sich leicht eine unbrauchbare wässrige Flüssigkeit
mit einem klumpigen Niederschlag bildet. Die Mischung wird durch
Baumwolle filtriert und abkühlen gelassen. Dann wird die Hälfte der
Flüssigkeit mit Öproz. Essigsäure zur Neutralisation leicht angesäuert
und dann der übrigen alkalischen Hälfte wieder zugesetzt. Dann wird
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
von einer 7iproz. franz. £k>8inlö8ang langsam zugegeben, bis eine filtrierte
Probe hellblaue Farbe mit leichter Fluoreszenz ergibt. Man läßt dann
die Flüssigkeit einige Stunden stehen und filtriert durch eine doppelte
Lage starken Filtrierpapiers und läßt das Präzipitat bei Zimmertempe¬
ratur trocknen. Das getrocknete Präzipitat wird pulverisiert und in
käuflichem Methylalkohol (schneller fixierend als der gereinigte und ohne
nachteiligen Einfluß) gelöst. Nach zweitägigem ruhigen Stehen wird die
Lösung filtriert und ist dann zum Gebrauch fertig.
Zur Untersuchung werden Ausstrichpräparate auf Objektfrägem
gemacht und von selbst trocknen gelassen, dann wird ohne Fixierung die
Färbelösung mittels Tropfers auf das Präparat gebracht. 4—5 Sekunden
darauf gelassen und abgegossen, dann wird der Objektträger langsam,
mit der bestrichenen Seite nach unten und in schräger Richtung in ein
Glas Wasser von Zimmertemperatur eingetaucht, 8—4 Sekunden ruhig
gehalten und dann 3—4mal vorsichtig hin- und herbewegt, um allen Farb¬
stoff zu entfernen. Man läßt das Präparat an der Loft trocknen oder
stellt es einige Minuten auf die Kante.
Mit dieser Methode konnte Goldhorn Geißeln, Kerne und die
Abwesenheit einer Membran demonstrieren, welche bei Spir. refringens
vorhanden ist. Unter 50 Fällen von Syphilis fand Mc. K. nur in 4 keine
Spirochaeten. Die Menge der in einem Präparat gefundenen Spirochaeten
entspricht im ganzen der Ansteckungsfahigkeit der entsprechenden
Formen der Syphilis. Die Siege Ischen Cytorrhyctes will Mc.K. keines¬
wegs unberücksichtigt gelassen wissen, da derselbe möglicher Weise in
Beziehungen zur Spirochaeta stehen möchte.
H. 6. Klotz (New-York).
Manahan, T. J. A Demonstration of the Spirochaeta
Pallida of Syphilis, with Description of Rapid Method of
Staining. Boston. M. & S. Jour. 154. 264. 8. März 1906.
Manahan benutzte zur raschen Färbung der Spirochaeta pallida
Wrights Blntfärbemischung. Dieselbe wird folgendermaßen hergestellt:
0*5 getrocknetes Methylenblaueosinpräzipitat wird zu 100 cem reinen
Methylalkohol (Mercks) zugesetzt, und nachdem man eine konzentrierte
Lösung erhalten, wird dieselbe filtriert. Zu SO ecm des Filtrats werden
10 ccm Methylalkohol gleicher Art zugefügt. Wohl verkorkt zu halten.
Das Deckglaspräparat wird nun tropfenweis mit soviel von der Färbe-
flüssigkeit bedeckt, als das Deckglas ohne Mühe aufnimmt und eine Mi¬
nute darauf gelassen; dann wird tropfenweis Wasser zugefugt, bis ein
metallisches Häutchen auf der Oberfläche erscheint (meist genügen 4
Tropfen). Die Farbflüssigkeit bleibt 5 Minuten darauf, dann Abwaschen
in Wasser, genügend um die Färbeflüssigkeit zu entfernen. Das Deck¬
glas wird über der Flamme getrocknet und in Balsam gelegt. Die roten
Blutkörperchen erscheinen blaßblau, die Spirochaeten purpur. Es ist
wichtig, das Präparat möglichst gleichmäßig ansgebreitet zu erhalten.
Mit dieser Methode untersuchte M. Material von 18 Fällen.
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der Geschlechtskrankheiten.
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Schanker ergaben 4 positive und 1 negativen Befund
Schleimpapeln . , 6 „ „0 „ „
Hanteffioreszenzen 2 „ „ 3 ^ ^
.® n »4 „ „
Oomma vom Bein 0 „ ^ 1 „ „
In 6 nicht syphilitischen Kontrollfallen war das Resultat negativ.
Das regelmäßige Vorkommen bei typischen syphilitischen Formen deutet
darauf hin, daß die Sp. p. der die Syphilis verursachende Organismus
ist Vermittelst der beschriebenen Untersuchungsmethode könne die
Diagnose so früh gemacht werden, daß man Behandlung anfangen
könne, ehe Allgemeininfektion des Organismus stattgefunden habe. Die
Anwesenheit besonders zahlreicher Sp. p. (in einem Gesichtsfeld 15) in
Schleimpapeln erklärt die große Infektionsföhigkeit der Schleimpapeln.
H. Q. Klotz (New-York)
Pfender, Charles A. A Review of Becent Observations
on Treponema Pallidum of Syphilis. Am. Med. XI. 360.
10 . März. 1906.
Ziemlich eingehende Übersicht über die Literatur, namentlich auch
über die verschiedenen Färbemethoden für Spirochaeta pallida.
H. G. Klotz (New-York).
Rosenberger, Rändle C. The Spirochaetae Found in
Syphilis. Am. Jour. Med. Scie. 131. 143. Jänner 1906.
Rosenberger gibt eine Übersicht über die bisherigen Erfah¬
rungen bei der Untersuchung auf die Spirochaeta pallida, ebenso über
die verschiedenen Färbemethoden sowie seine eigene Methode (in der
Hauptsache Giemsas). Er untersuchte 34 Fälle von Syphilis (10 Schanker,
11 Schleimpapeln, darunter 10 im Munde und 1 am After, 4 vergrößerte
Lymphdrüsen, 3 Kondylome, 6 Hauteffloreszenzeu, außerdem in 14 Fällen
Gerebrospinalfiüssigkeit. Die letzteren gaben alle negatives Resultat, alle
anderen positive Befunde. Als Gegenproben wurden, alle mit negativem
Resultat, untersucht: weiche Schanker, Ekzem, Psoriasis, Balanitis, ver¬
größerte Drüsen nicht auf Syphilis beruhend, Knochenmark, Milz und
Leber von einem angeblich an kongenitaler Syphilis gestorbenen Kind,
Blasenserum von gesunden Menschen und von Scharlachkranken, nicht
spezifisches Penisgeschwür und Zungengeschwür. Auf einer Schleim¬
papel vom Munde fanden sich die Spirochaeten in solcher Zahl, daß R.
sich veranlaßt sah, bei Gesunden danach zu suchen. Unter 47 Gesunden
fand er bei 36 zwei verschiedene Spirochaeten, darunter die Sp. refringens,
bei 28 sogar 3 Arten. Im allgemeinen sind die Sp. p« in den ersten
Tagen der Krankheit viel zahlreicher vorhanden als später. Kulturver-
snehe vielen negativ ans. R. glaubt, daß die Sp. p. zu den tierischen
Parasiten zu rechnen und ein Protozoon sei. Es ist wahrscheinlich, daß
dieselbe eine Rolle spielt bei der Entstehung der Syphilis.
H. G. Klotz (New-York).
Dudgeon, Leonard. The presence of the spirochaeta
pallida in syphilitic lesions. The lancet. 1006. März 10. p. 669.
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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Dudgeon berichtet über positive Befunde der Spirochaeta pallida
bei erworbener primärer und sekundärer und bei kongenitaler Lues. Bei
den 2ur Untersuchung gekommenen tertiären Fällen war das Ergebnis
negativ, nur in einem dieser Fälle, einem Gumma der linken Mundseite,
fand sich die Spirochaeta pallida.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Riehards, M. 0. and Hunt, Lawrence. The Spirochaetae
fonnd in syphilitic lesions. The Lancet 1906. 10. März p. 666 fif.
Richards und Hunt bemerken, daß die Spirochaeta pallida sich
viel intensiver nach Giernsa als nach Leishmann färbt. Sie sind der
Ansicht, daß die Spirochaeta refringens eine polymorphe Form der Spiro¬
chaeta pallida ist. Erstere ist mehr in den oberflächlichen Partien,
letztere in den tieferen Schichten zu Anden.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Maclennan, Alex. On the spirochaeta pallida and its
variatioDs. The British Med. Journal 1906. 12. Mai. p. 1090 ff.
Unter Verweis auf eine frühere Mitteilung (Feb. 8 des Brit. Med.
J.) über Beziehungen zwischen der Spirochaeta pallida und [dem Cytor-
rhyctes luis Siegel, bespricht Maclennan ausführlich seine auf über
50 Fälle von Syphilis bezüglichen Untersuchungen. Er fand bei seinen
mikroskopischen Untersuchungen relativ selten die Spirochaeta pallida,
regelmäßig aber kleine Körperchen, die bald dem Gytorrhyctes luis,
häuAger aber mehr den Leishmann-Denovensehen Körperchen
ähnelten.
Die Schwierigkeiten, die die Darstellung des Syphiliserregers ver¬
hindern, können in der schweren Färbbarkeit, der besonderen Kleinheit
und Yarietätenbildungen in Form und Zahl beruhen.
Die Färbbarkeit der Spirochaeta pallida ist Schwankungen unter¬
worfen, die abhängig sind von dem Chemismus des Mediums, in welchem
dieselbe vorkommt. Maclennan förbt die Spirochaeta pallida mit
Aceton-gentianaviolett (1 Teil gesättigte Aceton - Gentianaviolettlösung
mit 8 Teilen Wasser), mit Giemsa Grübler mit Zusatz von Glyzerin,
mit Glyzerin-Fuchsinlösung.
Die Spirochaeta pallida Andet der Autor leichter, wenn die Queck¬
silberbehandlung begonnen hat. Dies spricht dafür, daß der Syphilis¬
erreger diese Form annimmt, wenn seine Daseinsbedingungen erschwert sind.
Der Schwerpunkt der Ausführungen Maclennans beruht darauf,
daß die Spirochaeta pallida und der Gytorrhyctes luis nur Variations-
formeu ein und desselben Organismus darstellen. Er Andet, beschreibt
und bildet Übergänge ab von kleinen Protoplasmakörperchen mit huf¬
eisenförmigen tiefen tingiblen Einschlüssen zu ähnlichen aber mit Schwanz
versehenen Körperchen und zu Spirochaeten.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Sheman, Theodore. Spirochaeta pallida (Spironema
pallidum) in Syphilis.] The Lancet 1906. 10. März. 17. p. 663 und
746 ff.
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der Geschlechtskrankheiten.
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S hem an referiert ausfährlich über Färbung der Spirochaeta
pallida in Anstrich und Gewebe, um im AnschlaS daran über eigene
positiTe Befunde eu berichten, die er zum Teil in Abbildungen widergibt.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Y. Zeiesl, M., Wien. Die luetischen Erkrankungen des
Urogenitalapparates und ihre Behandlung. Wiener medizi¬
nische Presse. 1906. Nr. 2.
Ein ausführliches Sammelreferat, welches das Thema in erschöpfen¬
der Weise behandelt. Viktor Ban dl er (Prag).
Syphilis der Haut, Schleimhaut etc.
Cooper, Arthur. Some unusnal variations of erythema-
tous Syphilide. The Brit. Med. Joum. 1906. 10. Febr., pag. 316 ff.
Coopers erster Fall bekam das allgemeine Exanthem auf einmal
über den ganzen Körper, mit Ausnahme der Handteller und Fußsohlen,
diese profusen Ausbrüche werden öfters beobachtet bei allgemeinen Kon¬
gestionen der Haut, nach starken körperlichen Übungen, alkoholischen
oder andern Exzessen. Zwei weitere Fälle betreffen zwei Patienten, die
als Bettlägerige das Allgemeinexanthem zuerst am Rücken bekamen. Ein
anderer Patient bekam im Anschluß an einen akuten Katarrh das erste
syphilitische Exanthem fast ausschließlich begrenzt auf Kopf und Gesicht;
bei einem andern Patienten, der mit nackten Armen und Beinen in der
heißen Sonne arbeitete, traten die Flecke zuerst allein auf den unbedeckten
Gliedern auf. Die sehr ausgesprochenen Exantheme heilen im allgemeinen
besonders schnell ab. Fritz Juliusberg (Berlin).
Semon, Felix. Alecture on some unusual manifestations
of Syphilis in the upper air passages. The Brit. Med. Journal
1906. 13. Jan. pag. 60 ff.
Semon bespricht ausführlich einige Fälle von Syphilis des Rachens,
des Kehlkopfs und der Zunge, die teils durch ihren frühen destruktiven
Charakter, teils durch ihr refraktäres Nachhalten gegen Quecksilber auf¬
fallend waren. Wegen der Einzelheiten der Krankengeschichten muß auf
das Original verwiesen werden. Fritz Juliusberg (Berlin).
Weitz, W. Über einen eigenartigen Fall von Syphilis
haemorrhagioa bei einem Erwachsenen. Monatshefte für prakt.
Dermatologie. Bd. XLI.
Auftreten eines Exanthems in Form hämorrhagischer Flecke
5 Wochen nach der Infektion mit Syphilis, begleitet von schweren
Rachenerscheinungen und Anämie. Histologischer Befund: Seröse Durch-
Iränkung der Haut, starke Erweiterung der Kapillaren; an ihrer Adven-
titia reichliche zellige Infiltration, hie und da Endotholwucherung, keine
Hämorrhagien. Den Widerspruch des histologischen Bildes mit dem kli-
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448
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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nischen, das deutliche Hauthämorrhagien zeigte, erklärt W. dadoroh, daS
es hier nicht zu Blutungen, sondern zum Durchtritt hämoglobinhaliigen
Serums durch die infolge Bakterienwirkung alterierten OeABwände ge¬
kommen war. Innerhalb dieser Gefäße hatte sich Stauung durch Gefaß-
▼erändemngen und -Verstopfungen entwickelt.
Ludwig Waelsch (Prag).
Audry. Syphilis et oancer de la bouche. Journal des mala-
dies cutanees et syphilitiques. 1904. pag. 487.
Bezugnehmend auf eine frühere Notiz berichtet Audry über
7 Fälle von Carcinomen der Mundschleimhaut bei Syphilitikern, bei denen
sich das Carcinom entweder auf Leukoplakien oder auf syphilitischen
Narben oder auf scheinbar gesunder Schleimhaut entwickelte. Ebenso
wie beim Carcinom der Mundschleimhaut ist Audry geneigt, beim Gar-
cinom des Rectum einen ursächlichen Zusammenhang mit der Syphilis
anzunehmen. Paul Neisser (Bouthen 0. S).
Kodier. Chancre syphilitique näcrogene de la levre
supärieure avec eliraination d'un gros süquestre maxil-
laire. Journal des mal. cut. et syph. 1905. pag. 401.
Bei der 27jähr. Patientin Rodlers entwickelte sich nach der
Plombierung der vorderer oberer Sohneidezähne und dabei gesetzter leichter
Sch leimhaut Verletzung ein Primärafiekt am Frenulnm der Oberlippe,
welcher lauge verkannt und unzweckmäßig mit täglichen Pinselungen
von Jodtinktur behandelt, zu einer Nekrose des Oberkiefers und Ab¬
stoßung eines großen Sequesters mit Kommunikation in die linke Nasen¬
höhle führte. Unter Hg- und Jodkalibehandlnng trat völlige Heilung ein;
der Defekt wurde durch eine Prothese verdeckt. Ob die Infektion von
dem behandelnden Zahnarzt herbeigeführt war, oder ob sie von dem
schon im 7. Jahre syphilitischen Ehemann herrührfe, konnte nicht eruiert
werden. Paul Neisser (Beuthen 0. S.).
Potter, Nathaniel Bowditch. The Value of Virchow’s Smooth
Atrophy of the Base of the Tongue in the Diagnosis of
Syphilis. Boston M. u. S. Joum. 154, 260. 8. März 1906.
Potter gibt einen Überblick über die Literatur der glatten
Zungenatrophie, nam. die Arbeiten Lewins u. Hellers und Seiferts.
Er hat Untersuchungen im N. Y. Hospital vorgenommen; die zuerst nur ver¬
mittelst des Kehlkopfspiegels ausgeführten hat er als unzuverlässig nicht
berücksichtigt und nur die vermittelst der Palpation gewonnenen Resul¬
tate verwertet. Er unterscheidet 4 verschiedene Befunde: 1. völlig ne¬
gativ, 2. zweifelhaft, wo eine gewisse Härte der Drüsen oder der Schleim¬
haut oder beider, oder eine Abnahme der Drüsen an Zahl und Größe
wahrnehmbar, 8. wahrscheinlich, Fälle, bei denen einige oder alle diese
Veränderungen mehr augenAllig sind und 4. positive, mit ausgespro¬
chener Atrophie. Die Resultate seiner Untersuchungen sind in folgenden
Sätzen zusammengefaßt:
1. eine normale Zungenbasis ist wohl von wesentlicher Bedeutung
für die Ausschließung einer alten Syphilisinfektion;
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der Geschlechtekrankheiten.
449
2. eine typische Atrophie der Zungenbasis bei einem Individuum
unter 50 Jahren deutet auf Syphilis;
8. eine m&ßige oder leicht ausgesprochene Atrophie der Basis ist
von geringem Wert für die Diagnose. H. Q. Elots (New-York).
Ashhnrst, Astley Paston Gooper. A Gase of Syphilitio
Dactylitis of the Toe. Joum. Am. Med. An. XLVI. 584. 24.Feb.1906.
Ashhurst beschreibt einen der selteneren Fälle von syphilitischer
Daktylitis der Zehen, in dem, wie häufig im Gegensatz zu der der Finger,
nicht nur die erste Phalanx, sondern das ganze Glied befallen war.
H. G. Klotz (New-York).
Audry. Deux cas de gangr^ne cutaneo-conjonctive
d’origine syphilitique (scl4ro-gomme sphacelante.) Journal
des mal. cut. et syph. 1905. pag. 408.
Audry berichtet über 2 Fälle von spontaner Gangrän, in dem
einen Fall in der Kniekehle, im zweiten in der Leistengegend, mit Ab¬
stoßung eines ans Haut und Bindegewebe bestehenden nekrotischen
„Sequesters" und Heilung unter antisyphilitischer Behandlung. Der histo¬
logische Befund ergab das Bild der Endarteriitis. Audry polemisiert
zum Schluß gegen die von Fournier hiefür gewählte Bezeichnung
„Gumma sclerosum" ; es handle sich hierbei absolut nicht um ein Gumma,
sondern um eine durch obliterierende Endarteritis verursachte Nekrose
der betreffenden Haut- und Bindegewebspartie.
Paul N ei SS er (Beuthen 0. S.).
Syphilis der Lymph- and Blutgeföfie.
BruhllS. Neuere Erfahrungen und Anschauungen über
die syphilitischen Erkrankungen der Zirkulationsorgane
bei akquirierter Lues. Berl. klin, Wochenschr. Nr. 17. 1906.
Zusammenfassende Darstellung der pathologisch-anatomischen und
klinischen Merkmale der syphilitischen Herz- und Gefößaffektionen.
Brüh ns nennt ihre Prognose im allgemeinen günstig, wenn sie früh¬
zeitig erkannt und — mit längeren Quecksilber- und Jodkuren — be¬
handelt werden. Das schleichende Einsetzen solcher Erkrankungen bei
Lues auch bei fehlenden Hauterscheinungen zwingt zur sorgfältigen
intermittierenden Behandlung in den ersten 3^4 Jahren nach der In¬
fektion. H. Hübner (Frankfurt a. M.).
Barth41emy, T. Allgemeine zerebrale Arterienerkran¬
kung auf tertiär syphUitischer Grundlage. La Syphilis (revue
mensuelle de mädecine speciale. 1906). Heft 2.
Im Gegensatz zu den Autoren, die mehr die Lokalisierung lueti¬
scher Gehirnprozesse betonen, lenkt Barthelemy die Aufmerksamkeit
auf die Fälle diffuser Hirnerkrankung auf der Basis spezifischer Arterien-
Aroh. f. Darmat. a. 8yph. Bd. LXXXII. oq
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Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete
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veräuderung, Fälle, die manobmal überraschend auf Hg reagieren, die
aber unbehandelt schließlich ihren Abschluß finden entweder in einer
plötalich auftretenden Hemiplegie oder in langsam fortschreitender Er¬
weichung infolge multipler miliarer Aneurysmen. Fünf Fälle werden in
der Arbeit näher beschrieben.
Während die ersten beiden Patienten infolge ihrer sehr geringen
Sekundärerscheinungen nur schlecht vorbehandelt waren, bis das plötz¬
liche Auftreten von zerebralen Erscheinungen — psychische Depression,
Abnahme der Denkfähigkeit, bei dem einen sogar eine anftretende Hemi¬
plegie — zur erfolgreichen Einleitung einer spezifischen Kur führte,
handelt es sich bei den beiden nächsten Kranken um yon vornherein
schwere Formen (Fall III Blasenstömng, Fall lY Delirien und linksseitige
Hemiplegie], die aber ebenso durch fortgesetzte Hg-Behandlung der
Besserung entgegengeführt wurden. Im fünften Falle kam sogar eine
Chorioretinitis specifica rechts vollkommen, links wenigstens zum Teil
durch Quecksilberbehandlung zur Abheilung.
Zum Schluß erwähnt Verfasser einen schon an anderer Stelle be¬
schriebenen Fall von Herz- und Nierengummen bei einer zur Autopsie
gekommenen 25jährigen Luetica sowie zwei Fälle von Heraklappenfehlor
auf hereditär syphilitischer Grundlage. Chaussy (Breslau).
Fabinyi. Über die syphilitische Erkrankung der Ba-
silararterien des Gehirns. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde.
Bd. XXX. Heft 1 u. 2.
Fabinyi (Klausenburg) berichtet über die Untersuchungsergeb-
nisse dreier Fälle syphilitischer Cerebralerkrankung, die zur Sektion und
mikroskopischen Prüfung kamen. An der Hand seiner Beobachtungen
kommt F. zu dem Schlosse, daß die Syphilis alle 8 Schichten der Arte¬
rienwand ergreifen kann, wobei die Media am meisten verschont bleibe;
an der Erkrankung beteiligen sich alle Gefäße von den kleinsten bis zu
den gp'ößten. Die mikroskopischen Befunde des Verf. dürften kaum neues
bieten, geben jedoch in übersichtlicher Weise die je nach der Lokalisa¬
tion des Prozesses in den verschiedenen Schichten der Gefäßwand be¬
dingten Erkrankungsbilder wieder: Intimawucherung, diffuse oder miliare
umschriebene Entzündung der Adventitia und Media und Riesenzell¬
befunde. Fritz Callomon (Bromberg).
Bergh. Über das Verhältnis des Lymphgefäßsystemes
bei (primärer) syphilitischer Infektion bei Weib'ern. Monats¬
hefte f. prakt« Dermat. Bd. 41.
Bei 1260 luetischen Weibern fand B. nur bei 6 schnurartig ge¬
schwollene Lymphgefäße des äußeren Genitales, bei 119 (9.7%) sklero¬
tisches Ödem der großen Labien. Bei 7 fehlte jegliche Schwellung der
Drüsen. Am häufigsten (1245) waren die Inguinalen geschwollen, bei
1047 waren die Noduli cervical. post, vergrößert, bei 5B6 die submaxil-
laren, bei 419 die axillaren, bei 195 die kubitalen (nur bei 6 beiderseits) etc.
Suppuration trat nur in 1’2 ®/q ein. Ludwig Waelsch (Prag).
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der Geschlechtskrankheiten.
451
Syphilis des Nervensystems und der
Sinnesorgane.
Smit, J. A. Roorda. Quelques observations sur la syphilis
du cerveau. Revue pratique des maladies cutanees etc. 1905. XI.
Smit hatte Gelegenheit, in den Jahren 1882—1905 27 Fälle von
Gehimsyphilis zu behandeln und die Erkrankung weiter zu verfolgen.
Der Zeitraum, der zwischen der Infektion und dem Auftreten der
Gehimsyphilis lag, war sehr verschieden; er schwankte bei den 16 Fällen,
bei denen er festzustellen war, zwischen 6 Monaten und 83 Jahren.
Bemerkenswert ist, daß die Anfangserscheinungen der Syphilis bis auf
4 Fälle sehr leichte waren, so daß die Behandlung sehr vernachlässigt
wurde. Bei 5 Kranken war Tabak- und Alkoholmiflbrauch festzustellen.
11 Verheiratete hatten gesunde Kinder, während 5 kinderlos geblieben
waren. Aborte waren nicht häufiger als in gesunden Familien zu beob¬
achten. Smit teilt seine Fälle nach den Erscheinungen in drei Gruppen
ein. 1. Kranke mit Symptomen von seiten der Basalnerven; 2. solche
mit Rindenerkrankungen und 8. solche mit multiplen Gummen an Basis
und Rinde. Von besonderer Wichtigkeit sind die Erscheinungen von seiten
des Nervus opticus, nämlich Neuritis nervi optici, Amblyopie und Stauungs¬
papille. Bei allen Fällen mit Basalnervensymptomen war mehr oder
weniger deutliche Stauungspapille vorhanden, während sie bei allen
Fällen der 2. Gruppe fehlte. Partielle Taubheit war häufig vorhanden;
bei 7 Fällen von schwerer Amblyopie war die Taubheit stets doppel¬
seitig, während sie bei Läsionen der Kortikalsubstanz stets einseitig
war. Gleichgewichtsstörungen traten nie auf. Interessant ist, daß bei
einem Falle vollständige Aufhebung des Geruchs- und Geschmacks Ver¬
mögens zu beobachten war.
Außer der Basis scheint die linke Rindensubstanz ein Lieblingssitz
der Gehirnsyphilis zu sein, da sechsmal rechtsseitige und nur zweimal
linksseitige Hemiplegien festzustellen waren.
Die Eiuleitung einer spezifischen Behandlung war in den meisten
Fällen von bestem Erfolg begleitet Smit meint am Schlüsse seiner
Arbeit, daß man bei Verdacht auf unheilbaren Gehirntumor stets eine
antiluetische Behandlung beginnen müsse und erst dann das Vorhanden¬
sein eines wirklichen Tumors annehmen dürfe, wenn kein Erfolg erzielt
worden ist. Hugo Hanf (Breslau).
Snehy, S. (Steinamanger). Ein Fall von Meningitis luetica.
Wiener mediz. Wochenschr. 1906. Nr. 21.
Suchy publiziert die Krankengeschichte eines Soldaten, der
4 Monate nach Akquirierung eines Initialaffektes während des Auftretens
der ersten Syphilisrezidive meningitische Symptome zeigte, die auch mit
einer Neuritis optica verbunden waren. Im weiteren Verlaufe traten
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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Symptome psychischer Natur auf, die in ihrer Gesamtheit das Bild des
paralytischen Irreseins darboten. Der Zustand besserte sich nicht unter
antisyphilitischer Behandlung und nach 3 Monaten starb der Patient.
Bei der Obduktion fand sich eine luetische Meningitis mit ausgebreiteten
Yerdickunf^en, sowie Trübungen der Gehirnhäute und eine Encephalitis
syphilitica in der dritten Gehimkammer. Viktor Ban dl er (Prag).
Gaucher et DebroTicL Mal perforant buccal et maux
perforants plantaires tabetiques. Gazette des Hopitaux. 1905.
pag. 1239.
Bei einer 48jährigen Patientin ohne luetische Anamnese entwickelten
sich im Laufe der Jahre folgende Erscheinungen: Vor 8 Jahren Lähmung
des linksseitigen Rectus extemus, seither Strabismus internus. Vor 6 Jahren
Ausfallen der oberen Zähne ohne Schmerzen und ohne Entzündungs-
erscheinungen; darauf allmähliche Resorption des Processus alveolaris
des Oberkiefers. Tast- und Schmerzemphndung der Schleimhaut sind in
dieser Gegend aufgehoben, ebenso auf der Innenseite der Wangen (obere
Hälfte). Seit 1 Jahr schmerzhafte Krisen. Seit 6 Monaten Mala perforantia
an der Plantarseite der Füße. Die Kniereflexe aufgehoben, unkoordi¬
nierte Bewegungen der untern Extremitäten. Pupillen eng, Romberg und
Argyll-Robertson positiv.
Gaucher und Debrovici sind geneigt, den Schwund der Zähne
und der Knochen des Oberkieferfortsatzes sowie die Sensibilitätsstörungen
der Mundschleimhaut und die Mala perforantia an den Füßen als trophische
Störungen auf Grund des Tabes auzusehen.
M. Winkler (Luzern).
Marie. Paralyse und Syphilis bei den Arabern. La Sy¬
philis <revue mensuelle de medecine speciale). Januar 1906.
Marie, welcher bei seinem Aufenthalt in Arabien Gelegenheit
hatte, zahlreiche Krankheitsfälle des Landes zu beobachten, sowie besonders
die Krankenhäuser zu Kairo und Abacia eingehender zu studieren, stellt
fest, daß von den in diesen Hospitälern Internierten ungefähr 82*7Vo 4er
arabischen Rasse, 15‘67o 4en Christen und l’67o 4en Juden angehören.
Bei den zur Aufnahme kommenden Patienten entfallen 67o floi* Paralyse,
und bei dieser wieder 767o 4ie Araber. Lues wird bei den neu Ein*
tretenden in 127o 4er Fälle konstatiert, und von diesen kommen sogar
79Vo 4ie Araber. Von all diesen Aufgenommenen verbleiben aber
nur die schwereren Formen bis zu ihrem Lebensende in der Anstalt, die
leichteren entläßt man bald gebessert oder ungebessert wieder in ihre
Heimat. Dabei ist die Untersuchung eines derartigen Paralytikers für
einen Ausländer eine recht schwierige Aufgabe. Wer die Sprache des
Landes nicht vollkommen beherrscht, wird Silbenstolpern nur selten
diagnostizieren können. Aber auch die Pupillenuntersuchung ist nicht
so einfach als bei uns, einmal wegen der Pigmenteigentümlichkeiten ara¬
bischer Augen, zweitens aber, weil diese Besonderheiten bei den ein¬
zelnen Individuen ganz verschieden stark hervortreten, je nach dem
Gougle
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der Geschleobtskrankheiten.
453
Grade der Miscbang mit der Rasse der Neger. Denn auch die Miscblioge
swiscben Arabern und Negern rechnen sich zu den Arabern.
Was die Verteilung der Paralyse auf die einzelnen Berufsarten
betrifft, so sind am stärksten betroffen die Professionslosen, in erster
Linie wohl deshalb, weil bei ihnen die Momente, die eventuell die
Krankheit auszulösen vermögen, am häufigsten Zusammenwirken: Alkohol,
Haschisch und Pellagra. Pellagra, das auch selbständig eine Pseudopara-
lyse hervorrufen kann, ist dabei immerhin noch weniger schädlich als
der Alkohol, wohl aber bedeutend gefährlicher als Haschich, welch
letzterer ab und zu zu Delirien Veranlassung gibt. Fälle von Erkran¬
kungen ganzer Familien sah Verfasser weder selbst, noch auch war von
den meist an retrograder Amnesie leidenden Kranken in dieser Richtung
etwas zu ermitteln. Ebenso ist es bei der enorm großen Kindersterb¬
lichkeit in Arabien nicht gut möglich, sich über die Häufigkeit der
hereditären Lues zu äußern. Die Syphilis der in die Hospitäler eintre¬
tenden Patienten ist im Durchschnitt 5—10 Jahre alt, und die Paralyse
scheint oft veranlaßt durch Traumen, deren Spuren die meisten Kranken
an sich tragen. Die Form der Krankheit ist die der einfachen Demenz
mit eingeschobenen Delirien und einem ziemlich rapiden Verlauf. Bekommt
ein nicht Internierter einen delirösen Anfall, so wird er von seiner Um¬
gebung entweder für gesund gehalten und muß dann grausame Strafen
erleiden, denen er nicht selten erliegt, oder aber, man merkt, daß er
krank ist, und behandelt ihn auch dann nicht viel glimpflicher, indem
man ihm mit glühendem Eisen die Kopfschwarte versengt. Die Autopsien
liefern meist klassische Bilder: adhäsive Menigitis, trübe Beläge und
Ventrikelhydrops. — Alles das, was in dieser Weise Verfasser für die
Bewohner Arabiens selbst festgestellt hat, hält er auch aufrecht für die
Araber von Algier und Tunis
Zum Schluß demonstriert er noch einen Paralytiker, der Lues
negiert, wohl aber eine Perforation des Gaumensegels aufweist und bei
dem die Hg-Behandlung eine deutliche Besserung bewirkt hat.
G. Chaussy (Breslau).
Straeusler. Zur Lehre von der miliaren disseminierten
Form der Hirnlues und ihrer Kombination mit der pro¬
gressiven Paralyse. Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurologie.
Straeusler veröffentlicht im Aprilheft zwei Fälle, die dem kli¬
nischen Krankheitsbilde nach der Paralyse nahe standen, eine luetische
Himerkrankung jedoch nicht erkennen ließen. Beide, zur Sektion ge¬
kommen, ergaben den Befund einer ganz ungewöhnlichen Form luetischer
Himerkrankung: der disseminierten miliaren Erkrankung des Großhirns.
Während in den bisher veröffentlichten wenigen Fällen die miliaren
Gummen in den Hüllen 'des Gehirns lokalisiert waren, oder von diesen
ausgehend, auch auf die Gehirnsubstanz Übergriffen, waren sie hier in
ihrer Ausbreitung auf die tieferen Rindenschichten beschränkt. Die sehr
ausführlich angeführten histologischen Details ergaben das Resultat, daß
in beiden Fällen unzweifelhaft Veränderungen vorliegen, wie sie der
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454
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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progressiven Paralyse sugehören, daneben aber heben sieh die in dissemi-
nierter Form auftretenden Herde heraus, welche nicht zum Bilde der
Paralyse gehören; es handelt sich also um eine Kombination von dieser
mit Himlues. Die Differentialdiagnose Tuberkulose glaubt S. unter An¬
führung der Gründe sicher ausschließen zu können. Verfasser erörtert
dann noch die Frage, 'ob derartige Falle nach Jolly und Rentsch als
Pseudoparalyse bezeichnet werden sollen, und will für sie lieber die
Bezeichnung „Paralyse mit Himlues* wählen; und weiter erwägt er zum
Schluß bezüglich des Zusammentreffens beider Krankheiten, ob, analog
den Einflüssen, die traumatische Läsionen, Narben, Gliome (ätiologisch
fremder Tnmorl bezüglich der Paralyse haben sollen, diese nicht um so
häufiger bei gummösen Erkrankungen erwartet werden dürfte, als hier
das ätiologische Grundmoment für die Paralyse, die Lues, immer zutrifft.
Jansseu.
Eingeweide.
Dalch^. Metrorragies et Salpingites sy philitiqu es.
Gazette des Höpitaux. 1905. pag. 795.
Dalchö beobachtete 2 Fälle von Metrorrhagien und 1 Fall von
Salpingitis, bei denen er eine syphilitische Infektion als Ursache annimmt.
Beim 1. Fall handelt es sich um ein ITjähriges Mädchen, das im 16. Lebens¬
jahre (damals noch nicht menstruiert) syphilitisch infiziert wurde. 1 Jahr
nach der Infektion trat die erste Menstruation auf, welche 28 Tage
dauerte und mit abun«ianten Blutungen und großen Schmerzen ver¬
bunden war. Rechtes Ovarium groß, hart, schmerzhaft und beweglich.
Im 2. Falle handelte es sich um eine verheiratete Frau, welche mani¬
feste Erscheinungen der Lues darbot und ebenfalls an Metrorrhagien litt
Die dritte Patientin war seit 2 Jahren verheiratet, machte eine Früh¬
geburt im 7. Monat durch und litt ebenfalls an Menstruationsstörungen.
Objektiv war eine linksseitige indolente Salpingitis konstatierbar. In
2 Monaten deutliche Besserung auf eine antiluetische Behandlung.
M. Winkler (Luzern).
Malherbe. La nephrite syphilitique secondaire. — Un
cas de nephrite aigue au cours de la periode secondaire.
Journal des mal. cut. et syph. 1905. psg. 821.
Malherbe hatte Gelegenheit, einen sehr interessanten Fall von
schwerer Nephritis im Sekundärstadinm der Lues zu beobachten. Die
20jährige Patientin, welche einige Monate vorher ein 7Vt Monate altes
luetisches Kind geboren hatte, wahrscheinlich also am Ende des ersten
Jahres ihrer Lues stand, zeigte neben ulzerösen Affektionen der Vulva
ein hochgradiges ödem der Unterschenkel, der Labien, das sich in wenigen
Tagen zu einem bis in die Mammagegend steigende Hydrops ansbildete,
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der Geschlechtskrankheiten.
455
und enorme Mengen von Albnmen im Urin. Unter energischer, lang-
dauernder Behandlung mit Sublimatii^jektioneu und Jodkali trat TÖllige
Heilung ein. Das Prägnante an dieser im Frühstadium der Syphilis (sie
wurde sohon im 2. Monat post infectionem beobachtet) auftretenden
Nephritis ist ihr enormer Eiweifigehalt (8—26 g pro Liter; in einem
Falle sogar 110 g pro die) und das sehr schnelle stürmische Eintreten
▼on Hydrops, Ödemen und urämischen Erscheinungen. Der Ausgang der
Krankheit ist bei Anwendung energischer spezifischer Behandlung meist
in völlige Heilung; mitunter bleiben lange Zeit Spuren von Albumen
zurück; aber auch Todesfälle sind nicht selten — trotz energischer Be¬
handlung — beobachtet worden. Paul Ne iss er (Beuthen O.-S.).
Hereditäre Syphilis.
Rolleston, J. D. Hereditary Syphilis and enteric fever.
The British Med. Journal 1906. 10. Febr. pag. 812 ff.
Rollestons Patientin, ein 19jähriges Mädchen, bekam, im Abheilen
eines Typhus, periostitische Erscheinungen am Unterkiefer und am Arm,
die anf Jodkali schnell besser wurden. Weitere, auf Syphilis verdächtige
Erscheinungen fehlen, doch scheinen dem Autor der hocbgewölbte Gaumen
und gewisse Zahnveränderungen für das Vorhandensein einer hereditären
Syphilis zu sprechen. Er nimmt an, daß die akute Infektionskrankheit
die vorhandene Syphilis zum frischen Ausbruch veranlaßt hat.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Stuhl, Earl. Lues congenita im Bilde lymphatischer
Leukämie bei einem Neugeborenen. Deutsches mediz. Wochen¬
schrift. Nr. 16. 1906.
An dem schwierig zu diagnostizierenden Falle hereditärer Lues
liefert Stuhl den Beweis, daß die Diagnose lymphatischer Leukämie
erst berechtigt sei, wenn die Autopsie jede andere Erkrankung aus¬
schließe. Das nach normaler Geburt in der ersten Lebenswoche gesund
erscheinende Kind zeigte vom 9. Tage ab Unruhe wie von inneren
Schmerzen, Röcheln beim Atmen, Vergrößerung der Milz und Leber,
später diffuse Blutungen der Mundschleimhaut, Ödeme am Leibe und an
Füßen, Appetitlosigkeit und meteoristischon Leib. Unter plötzlichem
Verfall und krampfartigen Zuckungen trat der Exitus ein. Obgleich nun
die geschilderten Symptome sowie die post mortem gemachte zahlreiche
Leukocyten ergebende Blntuntersuchung das Bild einer lymphatischen
Leukämie hervorriefen, erwies doch die Sektion, daß eine typische Lues
congenita vorlag: interstitielle Pneumonie, Gummi der Leber, follikuläre
Hyperplasie der Milz, Vermehrung des Bindegewebes, Ekchymosen in
Epikard, Pleuren, Lungen-, Magen- und Duodenalscbleimbaut, Zahnfieisoh-
blutungen, Ascites, Skrotalödem, Meteorismus, Hypoplasie der Thymus ^
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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drüse. Durch diese Diagnose gewann auch die chronische Heiserkeit der
Mutter, ihre mäßige Sattelnase sowie die Krankengeschichte eines 2 Jahre
zuvor an „perniziöser Anämie^ verstorbenen Kindes, welches an Ezan*
themen, Milzvergrößerung etc. gelitten hatte, eine andere Bedeutung.
Max Joseph (Berlin).
Abeiner, G. Klinischer Beitrag zur Lues hereditaria
infant. Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte. 1905. pag. 671.
Einen Fall von Pseudoparalyse hat Rheiner bei einem
4 Wochen alten hereditär luetischen Kinde beobachtet. Pat. bot folgende
Erscheinungen dar: Maculae, besonders an den Extremitäten, Handtellern
und Fußsohlen, vereinzelte Pemphigusblasen am Rumpf und an den Ex*
tremitäten, eine kleine Rhagade am linken Mundwinkel, trockne Rhinitis.
Daneben bestand Lähmung beider Arme und des linken Beines. Rechtes
Bein, Finger und Zehen normal beweglich. Beim passiven Erheben und
Loslassen der gelähmten Glieder fallen dieselben wie tot auf die Unter¬
lage zurück; dabei sichtliche Sohmerzäußerung. Obere und untere Humerus¬
epiphysen, oberes Ulna- und Hadiusende stark geschwollen und druck¬
empfindlich, ebenso die obern und untern Femurenden und das obere
Fibula- und Tibiaende. Diaphysen normal. Die Kniegelenke und die
übrigen geschwellten Gelenkenden zeigen rundliche knorrige Verdickung
mit zarter Oberfläche. Die Dauer vom Einsetzen der Lähmung bis zur
Komplettierung betrug eine Woche. Unter 1*8 g Kalomel in toto ging
die Lähmung in einer Woche zurück. Die Heilung blieb dauernd. — Im
Anschluß an diesen Fall bespricht Rheiner die Diderentialdiagnose der
Lähmungen und Epiphysenverdickung bei Pseudoparalysis luetica gegen¬
über den zerebralen, zerebrospinalen, spinalen etc. Lähmungen und der
Epiphysenschwellung bei Rhachitis und Tuberkulose.
M. Winkler (Luzern).
Taylor, Robert W. Hereditary Syphilis. New-York. Med.
Joum. LXXXIU. 224. 3. Febr. 1906.
Taylor bespricht zunächst die Aussichten für eine endliche Auf¬
klärung des wirklichen Erregers der Syphilis, namentlich mit Beziehung
auf die Spirochaeta pallida. Sodann betrachtet er die verschiedenen An¬
sichten über das Auftreten der Syphilis in der 8. Generation durch Ver¬
erbung, die er als bestimmt erwiesen ansieht. Zum Beleg fuhrt er
nebst den früher von J. Hutchinson und C. Boeck veröffentlichten
Fällen zwei Krankengeschichten eigener Beobachtung ausführlich an.
Die wesentlichen Züge derselben sind folgende:
I. Fall: Großmutter hat 1869 schwere sekundäre und tertiäre Er¬
scheinungen von Syphilis, im Jahre 1872 Geburt eines Mädchens mit
klassischen Symptomen hereditärer Syphilis; nach wechselnden Krankheits¬
erscheinungen schließlich zu einem anscheinend gesunden und kräftigen
Mädchen herangewachsen, die, ohne je Syphilis zu akquirieren, 1888 einen
sicher syphilisfreien Mann heiratet. Sie gebiert in 1890 ein elendes,
marastisches, weibliches Kind, aber ohne Zeichen hereditärer SyphiUs;
nach 5 Jahren entwickeln sich deutliche dystrophische Symptome: Hut-
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der Geschlechtskrankheiten.
457
chinsonsche Zähne, Keratitis, Ohrenleiden, Enochensohwelinngen und
weiterhin unzweifelhafte Zeichen bösartiger Spätsyphilis in Gestalt gum-
matöser Geschwülste und Geschwüre. Gegenwärtig ist das Mädchen ein
Bild allgemeiner Atrophie und Infantilismus.
n. Fall: Eine gesunde Frau heiratet 1868 einen seit 2 Jahren
syphilitischen Mann und wird nach 2 Jahren gleichzeitig mit Eintritt
von Schwangerschaft von demselben infiziert. Sie gebar 1870 einen
Knaben, der bald nach der Geburt charakteristische Zeichen hereditärer
Syphilis aufwies und später mehre Jahre hindurch unzweifelhafte Äuße¬
rungen der ererbten Krankheit. Er wurde sicher nicht syphilitisch an-
gesteckt und heiratete in 1894 ein gesundes Mädchen, die nach 8 Jahren
ein schwächliches Mädchen zur Welt bringt. Mit 4 Jahren viele Symp¬
tome von Ernährungsstörungen an Knochen und Gelenken, die durch
antisyphilitische Behandlung prompt beseitigt werden.
Nach Hinweis auf die von Fournier aufgestellte Liste der
dystrophischen Erscheinungen, wie sie bei der vererbten Syphilis beobachtet
werden, gibt T. an, welche Bedingungen bestimmt erfüllt werden müssen,
um einen Fall von Infektion der 8. Generation unanfechtbar als solchen
aufzustellen.
Endlich wird die Frage der akquirierten Syphilis bei hereditär
syphilitischen Individuen abgehandelt, und das Vorkommen derselben
außer Frage gestellt. Ein genau beobachteter derartiger Fall aus Ts.
eigener Praxis wird genauer referiert, ebenso auf eine Anzahl ähnlicher
Fälle in der Literatur hingewiesen. H. G. Klotz (New-York).
Audry« Deux ichthyosiques fils d'un syphilitique.
Journal des maladies cutannees et syphilitiques. 1904. pag. 488.
Nachdem Fournier die Syphilis der Eltern in Zusammenhang
gebracht hat mit der kongenitalen Ichthyosis der Kinder, berichtet
Au dry über zwei sonst ganz gesunde Kinder von 8 und 8 Jahre mit
hochgradiger kongenitaler Ichthyosis, deren Vater vor 15 Jahren Lues
akquiriert hatte und noch vor einem Jahre wegen Hauterscheinungen bei
ihm in Behandlung stand. Sollten sich diese Beobachtungen mehren, so
wäre auch Audry geneigt, die Ichthyosis zu den durch die Syphilis der
Eltern bedingten kongenitalen Dystrophien zu rechnen.
Paul Neisser (Beuthen 0. S.).
Therapie.
Stenczely A. (Wien). Erfahrungen bei Behandlung der
Syphilis mit Quecksilbersäckchen nach Welander. Wiener
med. Wochenschr. 1906. Nr. 8 u. 9.
Stenczel zieht aus seinen Beobachtungen folgende Schlüsse:
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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1. Es ist überflüssig bei der endermatischen Anwendung des Hg in
Form der grauen Salbe die Haut selbst mit dieser zu beschmieren, da diese,
selbst durch wasserdichte Stoffe von der Haut getrennt, gar nichts von
ihrer Wirksamkeit verliert, vorausgesetzt, daß sie in dünnster Lage auf-
gestrichen wurde.
2. Durch das intensive Einreiben der Salbe in die Haut wird die
Wirksamkeit der Schmierkuren nicht gesteigert.
8. Der Aufenthalt im Bette steigert infolge erhöhter Verdunstung
des Hg die Wirksamkeit aller endermatischen Methoden.
4. Durch Schaffung großer Verdunstungsflächen werden für die
Hg-Besorption günstigere Bedingungen geschaffen als durch die bisher
übliche Methode der Injektionen. Viktor Bandler (Prag).
Jullien. Nevrite optique, cecitö imminente. Guerison
par les injections de calomel. Journal des malad, cut. et syph.
1904. pag. 489.
Ein junger Arzt, der 10 Jahre vorher Syphilis akquiriert hatte,
erkrankte an Netzhautablösnng des linken Auges. Die Diagnose wurde
auf Sarkom gestellt und die Enukleation angeraten, die aber erst ein
Jahr später, uachdem Patient vergeblich sich antisyphilitischen Kuren unter¬
zogen hatte, vorgeuommen wurde; die mikroskopische Untersuchung ergab
kein Sarkom. Ein halbes Jahr später erkrankte der unglückliche Kollege
am rechten Auge, das Sehvermögen nahm rapid ab und die Diagnose
wurde auf disseminierte Choroiditis und graue Verfärbung der Macula
gestellt. Eine sofort eingeleitete Behandlung mit Injektionen löslicher
und unlöslicher (Hydr. salicyl.) Salze hatte keinen Erfolg, bis Verfasser
mit Injektionen von Kalomel 0*05 begann. Nach 29 Injektionen, die in
Intervallen von einer Woche gemacht worden, war völlige Heilung ein¬
getreten. Paul Ne iss er (Beuthen 0. S).
Batut. Des injections de bijodure de Mercure dans la
Syphilis chez les höpitalisös. Journal des mal. cut. et syph.
1905. pag. 881.
Batut hat mit täglichen Injektionen eines Kubikzentimeters von
folgender Lösung: Hydr. bijod. Natr. jodat. aa. 0*4 Aq. destill. 20*0 in
31 Fällen von zum Teil recht schwer erkrankten syphilitischen Soldaten
recht gute Erfolge gehabt Die Heilung erfolgte meist nach zirka 20
Einspritzungen; in mehreren Fällen wurden nach einer Pause von 14
Tagen noch 10—20 Einspritzungen gemacht. Unangenehme Nebenerschei¬
nungen worden nicht beobachtet Paul Neisser (Beuthen 0. S
Fürth. Allgemeine Bemerkungen über die Therapie
der Syphilis. (Aus dem städtischen Spital in Jervent.) Med. Klinik.
1906. Nr. 16.
Förth unterwirft die moderne Syphilistherapie einer kritischen
Besprechung und entwickelt seine Ansichten, die jedoch kaum von den
Autoren geteilt werden dürften, sicher nicht, wenn er sagt: »Von der
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der Geschlechtskrankheiten.
459
lokalen Therapie soll abgestanden werden, da sie keinen Nutzen bringt,
eher noch Schaden stiftet.*' Oskar Müller (Dortmund).
Eschbaum, 0. Notiz über das Sajodin. (Aus der mediz.
Klinik der Universität Bonn ) Mediz. Klinik. 1906. Nr. 18.
Eschbaum berichtet über die Erfahrungen, welche er in der
Bonner medizinischen Klinik beim Gebrauch von Sajodin gemacht hat.
Verfasser bezeichnet das Sajodin als ein Mittel, das von, den Jod-
praparaten wohl die geringsten Nebenwirkungen zeigt, das jedoch auch
mit Vorsicht angewandt werden muB, wenn man bei schwerer Idio¬
synkrasie üble Zufalle vermeiden will. Oskar Müller (Dortmund).
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Hautkrankheiten.
Anatomie, Physiologie, allgem. und exp. Pathologie,
pathol. Anatomie, Therapie.
Evans, Wilmott. The praotical diagnosis of the dise¬
ases, of the skin. The Lancet. 1906. 20. Jan. p. 189 ff.
Evans bespricht, ohne etwas Neues zu bringen, die Bedeutung der
primären Veränderungen in der Diagnostik der Hautkrankheiten, die oft
verwirrende Nomenklatur, den Wert der Lokalisation der Hauteruptionen,
die diagnostischen Vorteile der Biopsie. Fritz Juliusberg (Berlin).
Hensel, H. Über saure Kerne in der normalen Haut.
Monatshefte f. prakt. Dermat. Bd. XLI.
Nach Hensel6 Untersuchungen sind die sauren Kerne ein nor¬
maler Bestandteil der gesunden Haut in allen Lebensaltern, nur ist ihre
Menge sehr schwankend. Sie unterscheiden sich von gewöhnlichen Kernen
durch die Affinität ihres Kemsaftes für basiche Farbstoffe und lassen
sich speziell mit der Orcein-Oentiana- und Alaun-Tanninmethode in der
normalen Haut besonders gut darstellen. Sie sind meistens größer als
die gewöhnlichen Kerne und erscheinen auch in der normalen Haut
steril, da die Farbreaktion des sauren Kernsaftes nie bei in Mitose be¬
griffenen Zellen auftrat. Die Knäueldrüsen und Haarbälge hält H, für
von den sauren Kernen bevorzugte Stellen der normalen Haut.
Ludwig Wftelsch (Prag).
Krzystalowicz, F. v. Ein Beitrag zur Rolle des Strepto¬
coccus in der Pathologie der Haut, Monatsh. f. pr. Dermatologie.
Bd. XLII.
Schilderung eines Falles von Impetigo der r. oberen Extremität,
entstanden im Anschluß an einen durch Verletzung hervorgerufenen
Abszeß des r. Daumens und eines Falles von Ekthymata an der Haut
des Rumpfes und der Extremitäten, welche sich an eine infizierte Wunde
des Fußrüokens anschlossen. Im ersteren Fall glaubt Verf. an einen
Transport des infektiösen Virus durch die Lymph- oder Blutbahn von
der Wunde am Daumen in die Haut der oberen Extremität, im letzteren
an eine Infektion von außen. In den Impetigobläschen fanden sich Strepto-
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Bericht üb. d. Leiatangen auf dem Gebiete d. Hautkrackb. 461
kokken, in den Ekthymata außerdem noch Staphylokokken, letztere
sekundär eingedrungen. Ludwig Wae lach (Prag).
Kromayer. Die Deamoplaaie der Epithelzellen in der
menschlichen Haut. Monatsh. f. prakt. Dermatologie. Bd. XLI.
Kromayer bringt drei schöne farbige Figuren (Schnitt von der
normalen Haut eines 11jährigen Mädchens, von der Haut des Augenlides
eines Neugeborenen, von einem Linsenflecke des Gesichtes), die den Vor¬
gang der Desmoplasie illustrieren. Auf Grund seiner Untersuchungen
erklärt er die Desmoplasie der Epithelzellen für einen normalen Vorgang,
dem eine hohe prinzipielle Bedeutung nicht nur für Entwicklungsgeschichte
und Anatomie, sondern auch für die Pathologie zukommen muß. Das
Stratum germinativnm der Epidermis ist nach Kr. auch die Matrix für
das unter ihr liegende Bindegewebe, steht also zu ihm in einem Verhältnis,
wie das Periost zum Knochen. Ludwig Waelsch (Prag).
Frid^ric, J* Untersuchungen über die Rassenunter¬
schiede der menschlichen Kopfhaare. Zeitschr. f. Morpbol. uud
Anthropologie. Bd. IX. 1906. p. 248—324.
Die Arbeit enthält zahlreiche rassen-anatomisch wichtige Angaben
über die verschiedene Gruppierung der Haare bei verschiedenen Rassen,
übf r das prozentualische Verhältnis der Anzahl der Flaumhärchen zur Gesamt¬
summe der Kopfhaare im Bereiche einer bestimmten Fläche (1 cm*), über
die Gestalt der Follikel, die Dichtigkeit des Haarwuchses, die Dicke der
Haare und Hautschichten, über die verschiedene Gestalt der Haare, Talg-
und Schweißdrüsen und der mm. arrectores pilorum, sowie über Auswüchse
der äußeren Wurzelscheide; die speziellen Resultate dieser Untersuchungen
müssen im Originale nacbgelesen werden. Von allgemein wichtigen Resul¬
taten seien hervorgehoben; Die Bestätigung des Satzes, daß zwischen der
Form (resp. Krümmung) des Follikels und der Form der freien Haare
eine bestimmte Beziehung besteht. Wollhaarige haben typisch gekrümmte,
Schlicht- und Wellhaarige gerade oder nur wenig gekrümmte Follikel.
Doch ist die Krümmung der Follikel nicht die einzige Ursache für die
Krümmung der freien Haare: sie wird auch von der Querschnittsform
und Gestalt der Haare, ihren hygroskopischen und anderen physikalischen
Eigenschaften, sowie von der Art und Menge der Talg- und Schwei߬
sekretion beeinflußt.
Die Haare stehen bei allen Rassen in Gruppen von 2—5 Haaren,
solche von 6—7 sind selten, kommen aber vor. Am häufigsten sind Zweier-
und Dreiergruppen. Die Ulotrichen zeichnen sich durch das Verwiegen
von Zweiergruppen aus. Auch bei den Büschelhaarigen sind die Gruppen
gleichmäßig über den Kopf zerstreut. Ein wesentlicher Unterschied
zwischen den Ulotrichen einerseits, den Lisso- uud Kymotrichen anderseits
besteht darin, daß bei den Schlicht- und Wellhaarigen alle Haarwurzeln
in bestimmten Richtungslinien angeordnet sind, und zwar derart, daß sie
nach den Kopfwirbeln konvergieren, während bei den Ulotrichen die
Krümmungsrichtung der austretenden Haare sehr verschieden ist; nur
die ein Büschel zusammensetzenden Haare treten mit gleicher Richtung
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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aus, in einem benachbarten Büschel ist die Richtung häufig ganz anders.
Die Querschnlttsform der Haare ist schon in den Haarwurzeln vorhanden.
Wichtige Rassenmerkmale stellen möglicher Weise die Dicke der Haut,
die Tiefe der Einpflanzung und die Neigung der Haare, sowie die Dichtig¬
keit des Haarwuchses dar. Dagegen lassen sich io der Anordnung der
Drüsen und Muskeln der Haare, sowie der Knäueldrüsen, Rassenunter-
Bchiede nicht nachweisen. Alfred Fischei (Prag).
Heidenhaln, M. Über die gegenseitige Entsprechung
von Epidermis- und Coriumleisten an der Reugefläche von
Hand und Fuß beim Affen und Menschen. Anatom. Hefte. H. 91.
1906. p. 419—433.
Es wird bekanntlich angenommen, daß die auf der freien Oberfläche
der Haut an der Beugefläche von Hand und Fnß sichtbaren Leistchen
(Tastleisten) der Lage nach genau den unterliegenden Goriumleisten ent¬
sprechen. Heidenhain findet, daß dies nicht richtig ist. Das wirkliche
Lageverhältnis ist allerdings beim Menschen nicht leicht zu ermitteln,
wohl aber sehr deutlich beim Affen. Bei ihm erkennt man auf entsprechenden
Schnitten zunächst, daß die epitheliale Hautschicht gewaltig entwickelt
und spezifisch ausgebildet ist, ein Umstand, der darauf hinweist, „daß
die eigenartige Form der gegenseitigen Begrenzung von Epidermis und
Corium in hohem Grade von den autonomen Waebstumsverhältnissen der
ersteren abhängig ist^. Heidenhain nennt die oberflächlichen, auf der
Haut sichtbaren Leisten cristae superficiales sc. epidermid., die Linien
zwischen ihnen sulci superfic.; ihnen entsprechen auf der Gegenseite der
Epidermis die cristae profundae, welche sich in den Papillarkörper ein¬
senken. Sie zerfallen in zwei Klassen: Die den cristae superf. genau
gegenüberliegenden cristae intermediae, und die der Lage nach den sulci
superf. entsprechenden cristae limitantes. Die Schweißdrüsengänge heften
sich an die ersteren an, die sich überhaupt wie eine selbständige Bildung
der Epidermis präsentieren. Der Stellung nach alternieren also beim
Affen Corium- und äußere Tastleisten. Beim Menschen sind die Verhältnisse
im wesentlichen die gleichen, wie aus Flächenpräparaten der Epidermis,
sowie namentlich aus guten Vertikalschnitten durch die Haut naebgewiesen
werden kann. Auch bei ihm stehen den cristae superfic. auf der Gegen¬
seite die cristae intermediae gegenüber; die letzteren dringen in der
Richtung auf das Corium stärker in die Tiefe ein als die cristae limitantes,
daher fassen auch hier je zwei cristae intermediae die wahre Coriumleiste
zwischen sich, während die falsche Coriumleiste (der linienförmige Papillen¬
stock der Autoren) durch die crista intermedia bis auf die Basis in zwei
Hälften zerschnitten wird. Die wirklich bestehenden morphologischen
Verhältnisse sind beim Menschen nur deshalb schwieriger zu übersehen,
weil die cristae limitantes ihrer Entwicklung nach nur wenig hinter den
cristae intermediae Zurückbleiben. Die bisher üblichen Bezeichnungen sulci
interpapillares und intercristales sind nicht richtig: In Wirklichkeit ist
der sulcus interpap. ein s. intercrist. und umgekehrt. Gegenüber dem
Affen ist das Leistensystem des Corium und dasjenige der cristae inter-
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der Hautkrankheiten.
463
mediae beim Menschen rudimentär geworden Man kann also die Verhält¬
nisse beim Menschen dahin ausdrücken, daß hier jede doppelte Papillen¬
reihe auf einen niederen Wulst oder Polster zu stehen kommt, welcher
der Lage nach dem snlous superf. entspricht; jede doppelte Papillenreihe
wird demgemäß nicht von ein und derselben, sondern je zur Hälfte von
zwei benachbarten Tastleisten gedeckt. Vielleicht liegt hierin eine physio¬
logische Zweckmäßigkeit vor. Alfred Fisohel (Prag).
Disselhoret, R. Zur Morphologie und Anatomie der
Halsanhänge beim Menschen und den Ungulaten. Anatom.
Anz. Bd. XXVIII. 1906. p. 321—827.
Disselhorst berichtet über Untersuchungen, die R. Froebner
auf seine Veranlassung hin ausgefnhrt hat und die noch ausführlicher
publiziert werden sollen. Der typische Aufbau der Halsanhänge — vor
allem das Vorhandensein einer mit einem Muskelapparat in Verbindung
stehenden Knorpelspange in ihnen — ihre bestimmte Lokalisation, sym¬
metrische Anordnung und ihr regelmäßiges Vorkommen bei vielen oder
allen Individnen einzelner Tierfamilien beweist, daß sie keine zufälligen
Tumoren sind. Sie stellen sich als brancbiogene Bildungen dar und zwar
ist es vor allem der 2. Eieroenbogen, der an ihrer Entstehung beteiligt
ist; aber auch der dritte kommt hier in Betracht, wie aus dem Umstande
hervorgeht, daß die Anhänge vom hinteren Aste des n. glossophar. ver¬
sorgt werden. Die Anlage der Anhänge muß in der 2. äußeren £[iemen-
spalte ihren Sitz haben, denn nur in diesem Falle ist es möglich, daß
2. und 3. Kiemenbogen an der Bildung der Halsanhänge Anteil nehmen.
Vielleicht stellen sie — ähnlich wie die Ohrmuschel für den Gehörgang—
ein Schntzorgan für den ans der 3. Kiemenspalte hervorgegangenen
Kiemengang dar. Alfred Fischei (Prag).
Babäk, E. Über die Wärmeregulation nach der Fir-
nissung der Haut. Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. CVIIl.
p. 389.
Viele Autoren sehen die Ursache des Fimistodes in einer zu starken
Abkühlung durch Wärmeverlust. Zur Klärung dieser Frage stellte Babäk
neue Versuche an Kaninchen an und bediente sich behufs genauer Mes¬
sungen des Kompensationskalorimeters nach d’Arsonval und der modifi¬
zierten Respirometrie nach Regnault-Reiseh. Babäk kann imFirois-
tod keineswegs einen bloßen Abkühlungstod erblicken, da er fand, daß
die Wärmeproduktion eine ungenügende sei und die krankhaften Er¬
scheinungen der mit Öl und Firnis bestrichenen Tiere mehr für eine
Vergiftung als primäre Ursache zu sprechen scheinen. Als ferneren
Beweis für seine Theorie macht er die Tatsache geltend, daß die mit
indifferenten Stoffen (Kleister und Gelatine) bestrichenen Tiere viel bedeu¬
tendere Wärmeverluste und diese durch längere Zeit hindurch ertragen als
die mit Firnis und Öl bestrichenen und daß bei den ersteren die erhöhte
Wärmeabgabe rasch durch erhöhte Wärmeproduktion kompensiert wird,
was bei den letzteren fehlt oder nur in ungenügendem Maße eintritt.
M. Winkler (Luzern).
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Bericht über die Leisiongen auf dem Gebiete
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Richeti Cb. Notizen über Thalassin, ein in den Fühl*
faden der Seenesseln befindliches, Jacken hervorrafendes
Gift. Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. CVIII. p. 869.
Rieh et hat die Fühlfaden der Seenesseln zerrieben, mit Wasser
oder Glyzerin ansgezogen and nachher mit Alkohol gefallt. £r konnte
so 2 toxische Sabstanzen von einander trennen, von denen er die eine,
die gefallt wird, Congestin, die zweite, welche in Alkohol gelöst bleibt,
Thalassin nennt.
Riebet studierte die chemischen und physiologischen Eigenschaften
dieser zwei Stoffe und fand, daß Thalassin in 967o Alkohol löslich ist,
von der Hitze nicht zerstört wird and in den Meertiefen sehr verbreitet
ist. Eine Dosis von 0*001 mg pro Ejlogramm Körpergewicht (subkatan)
raft beim Tier (bes. Hand) Jucken, Beißen, Nießen und eine Mund- and
Conjanctivalkongestion hervor. Bei starker Dosis fuhrt Thalassin zum
Herzstillstand. Das Congestin bewirkt Brechen, profuse, blutiggefarbte
Diarrhoe, heftigen Blutandrang in die Schleimhaut des Magens und Darms
und Tod in 2 bis 24 Stunden. Die vorhergehende Einspritzung von Con¬
gestin macht das Tier viel empfindlicher für die Wirkung des Thalassins;
Riebet nennt das Anaphylaxie, während die vorhergehende Einspritzung
von Thalassin das Tier weniger empfindlich macht gegenüber Congestin.
Riebet bezeichnet diese Eigenschaft als Prophylaxie.
M. Winkler (Luzern).
Fauconnet. Zur Kenntnis des ResorptionsVermögens
der normalen und kranken Haut und der Yaginalschleim-
haut für verschiedene Salbengruudlagen und für wässerige
Lösungen (mit spezieller Berücksichtigung der Jodkali¬
salben). D. Archiv f. klin. Med. LXXXYI. Bd. 1.—3. Heft. (Festschrift
für Lichtheim-Königsberg.)
Die Untersuchungen Fauconnets knüpfen sich ergänzend an die
Arbeiten Lions, Hirschfelds und Pollios; die Ergebnisse seiner
Studien faßt F. etwa in folgenden Sätzen zusammen:
1. Nach Applikation von Jodkali in Naftalan, Nafalan, Ung. refri-
gerans, glycer., cer., ceratum cetac. wird (wie aus Yaselin, Yasogen, Ad.
suill.) Jod aufgenommen, und zwar je nach dem Salbenkonstituens (und der
Individualität des Patienten?) in sehr verschiedener Menge. Fetron ver¬
hält sich wie Lanolin, Ad. lan., Resorbin — d. h. es wird kein Jod
resorbiert.
2. Entzündlich erkrankte Haut (Psoriasis, Ekzem, Ulc. crur. usw.)
ist imstande, aus Jodkali* Lanolin oder Jodkali-Wasserdunst-Yerbänden Jod
aufzunehmen, wahrscheinlich durch Spaltung des JK (analog dem Jod-
kali-Yaselin bei gesunder Haut).
3. Ganz ähnlich wie die kranke Haut verhält sich die Yaginal-
schleimhaut gegenüber Jodkali-Lanolin; von ihr wird das Jod nach
Spaltung des JE resorbiert.
4. Kranke Haut nimmt Natr. salicyl. aus Lanolin und Wasser auf.
Fritz Callomon (Bromberg).
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der Hautkrankheiten.
465
Brown, W. H. Fatal blood poisoning following a wound
by the primula obconica. The Lancet. 1906. 24. Mai. p. 861 ff.
Browns Patient kratzt sich beim Riechen an eine Primula obconica
an der Nase. Es erfolgt Schwellung der Nase, die sich tiefblau verfärbt.
Es bildet sich ein karbunkelähnhnlicher Herd, der ausgekratzt wird.
Darauf Ödem der Augenlider, des Gesichts und Kopfes, Tod an Pneumonie.
Brown beobachtete drei Infektionen durch die Primula obconica, wovon
2 tödlich verliefen. Fritz Juliusberg (Berlin).
Gaueher. Diathöses etDermatoses diathesiques. Gazette
des Höpitaux. 1905. p. 1515.
Von den drei groBen Diathesen der älteren Autoren: Arthritismus,
Skrofulöse und Syphilis läßt Gaueher nur noch den Arthritismus als
eigentliche Diathese gelten und definiert ihn als eine chronische Auto¬
intoxikation durch Extraktivstoffe. Die Diathese kann sich äußern in
kutanen Erscheinungen wie Ekzem, Psoriasis, Urticaria, Prurigo, Lichen,
Seborrhoe, Akne oder in visceralen Affektionen wie Rheumatismus, Gicht,
Asthma, Emphysem, Dyspepsie, Gallen- und Nierensteinen usw. mit schließ-
lichem Ausgang in Arteriosklerose, interstitielle Nephtritis usw. Kutane
Erscheinungen können mit visceralen Erscheinungen Vikariieren.
Nach Gaueher bewirken die Extraktivstoffe, wenn sie im Orga¬
nismus akkumuliert werden, viszerale Erscheinungen; werden sie bei
insuffizienter Niere durch die Haut eliminiert, so kommen die Dermatosen
zustande. Bei Ekzem und Psoriasis fand G. eine übermäßige Ausscheidung
der Chloride durch den Urin« Durch diesen Mangel an Kochsalz kann
sich der Organismus nur unvollkommen der toxischen Substanzen ent¬
ledigen, da letztere bei Mangel an NaCl ungenügend dialysieren.
Gestützt auf diese Befunde empfiehlt Yerf. zur Bekämpfung der Derma¬
tosen; 1. eine Yerminderung der Produktion von Extraktivstoffen durch
Yerbot der Bouillon usw., 2. reichliche Milchzufuhr zur Yermehrung des
NaCl im Organismus. M. Winkler (Luzern).
Bloch, B. u. Reitmann, K., Wien. (Klinik Riehl und chemisches
Institut Ludwig.) Untersuchungen über den Stoffwechsel bei
Sklerodermie. Wiener klin. Wochensch. 1906. Nr. 21.
Die beiden Autoren haben es unternommen, bei zwei an diffuser Sklero¬
dermie leidenden Patientinnen Untersuchungen über einige Seiten des
Stoffwechsels durchzufuhren, um die verschiedenen diesbezüglichen Hypo¬
thesen auf ihren wissenschaftlichen Wert zu prüfen. Nach genauer Mit¬
teilung der Krankengeschichten erörtern die Autoren die erhaltenen
Resultate des N. resp. Eiweiß-Stoffwechsels. Im ersten Falle verhielt sich
der Eiweißstoffwechsel wie beim Gesunden, die Stickstoffbilanz ist an
keinem Tage negativ, es findet sogar während der untersuchten Periode
ein Ansatz von Eiweiß statt. Eine Allgemeinstörang im Sinne einer kon¬
sumtiven Krankheit liegt nicht vor. Beim zweiten Falle, der das Allgemein¬
befinden auch schwer alteriert hatte, besteht zwar beinahe N.-Gleich-
gewicht, doch schwanken die Werte an den einzelnen Tagen stark, posi¬
tive Bilanzen wechseln mit negativen ab. Die Tatsache des Schwankens
Arch. f. Dermat. n. S/ph. Bd. LXXXII. 30
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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der N.-Bilanz ist bemerkenswert, sie erinnert an die Verwandtschaft
zwischen Morbus Basedowii und Sklerodermie.
2. Ferner machten die Autoren Untersuchungen über die S c h w e f e 1-
säure und Indikanausscheidung bei Sklerodermie. Da die
Normalzahlen der Ätherschwefelsäuren und Gesamtschwefelsfture nirgends
überschritten waren und da auch die Indikanmengen, soweit sich das
beurteilen läßt, in dem einen Falle nicht vermehrt, im anderen sicher
vermindert waren, so fassen die Autoren das Ergebnis dieser Unter¬
suchungen dahin zusammen, daß dieselben keinerlei Anhaltspunkte dafür
geliefert haben, daß bei der Sklerodermie in ausgesprochenen Stadien
eine vermehrte EiweißfÜulnis im Darm vor sich geht. Ob das nicht dennoch
in gewissen (Anfangs?) Stadien der Krankheit der Fall ist, entscheiden
diese Untersuchungen natürlich nicht.
S. untersuchten die Autoren den Purinkörper-Stoffwechsel
und zwar bestimmten sie die Ausscheidung der Harnsäure und der Purin-
basen. Es beträgt für die Tage 1—3 und 6—8 (4 und 5 stehen unter
dem Einfluß der Fleischfütterung) die Oesamthamsäure 1*348 pro Tag
0*225 g endogene Harnsäure, der Oesamtpurinkörperstickstoff 0*654 pro
Tag 0*109 g endogener Purinkörperstickstofi, Werte, welche durchaus
innerhalb der normalen Grenzen liegen. Viktor Bandler (Prag).
Pope, Frank. A oase of ochronosis with anote onthe
relationship of alcaptonurie to ochronosis by Garrod. The
Lancet. 1906. 16. Jan. p. 24 ff.
Pope berichtet über einen der seltenen Fälle von Ochronosis; eine
47jährige Frau, die seit 5 Jahren die Hautverfarbungen aufwies. Patientin
war wegen eines Ulcus cruris mit hochprozentuierten Karbolsäureum-
Schlägen behandelt worden. Der Urin war bei der Untersuchung fast
schwarz, ohne Alcaptonurie oder wahre Melanurie aufzuweisen. Das
Gesicht war schwarzbraun* an Ohren und Händen fand sich eine blaue
Verfärbung; auf beiden Conjunctiven war ein blauschwarzer Herd zu
konstatieren. Die Patientin starb und wies, wie schon bei Lebzeiten
konstatiert, an der rechten Lunge eine große Caveme auf; die Rippen-
und Ohrknorpel waren blauschwarz, die Nebennieren hart und dunkel
verfilrbt.
Mikroskopisch erwies sich die Haut des Ohres normal, der Knorpel
teilweise schwarz verfärbt; in der Fingerhaut finden sich schwarzbraun
verfärbte Bindegewebsbündel; dieses Pigment ist nicht körnig, sondern
gleichmäßig verteilt, so daß die Schnitte wie mit einer elektiven Binde-
gewebsfarbung behandelt erscheinen — im Gegensatz zur Addison sehen
Krankheit, wo das Pigment in den tieferen Lagen des Rete Malphigi
auftritt.
Garrod bespricht im Anschluß an den Fall die Beziehungen
zwischen Ochronosis und Alcaptonurie. Unter den Fällen von Ochronosis.
bei denen der Urin dunkel war, sind mehrere, bei denen Alcaptonurie
ausgeschlossen werden konnte, da Kupfer nicht reduziert wurde und
Homogentisinsäure nicht darstellbar war. Andererseits sprechen einzelne
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der Hautkrankheiten.
467
Falle dafür, daß Individuen mit Alcaptonurie im späteren Alter zu den
für Ochronosis charakteristischen Verftrbungen der Knorpel neigen, daß
also die Alcaptonurie eine Ursache, aber nicht die einzige Ursache
der Ochronosis ist. Fritz Julinsberg (Berliu).
VHn et Horand, R. La myosite ossifiante progressive
ou maladie de Münchmeyer. Gazette des Höpitaux. 1905. p. 1671.
In dem von den Autoren wiedergegebenen klinischen Bilde der
Myositis ossificans progressiva ist für den Dermatologen von Wichtig¬
keit die Erörterung der Differentialdiagoose gegenüber der Dermato¬
myositis (1. Stadium der Sklerodermie), der Trichinose und der Verkalkung
der Haut und des Unterhautzellgewebes. M. Winkler (Luzern).
Wellmanii, F. G. A Criticism of Some of the Theories
Regarding the Etiology of Goundon and Ainhum. Joum. Am.
Med. Ass. XLVI. 636. 8. März 1906.
Wellmann beobachtete mehrere Fälle dieser beiden tropischen
Krankheiten in Benguella, West-Afrika, die ihn veranlaßten, die verschie¬
denen Ansichten über dieselben zu prüfen. Betreffend Goundon (große
Nase, Hundsnase) so handelt es sich zweifellos um eine Hyperplasie wahr¬
scheinlich infolge einer auf einer bestimmten, zurzeit noch nicht erwie¬
senen Ursache beruhenden osteoplastischen Periostitis, ohne jede Beziehung
zu Syphilis oder Yaws. Für Ainhum, bei dem sich Lepra ziemlich sicher
als Ursache ausscbließen läßt, hat da Silva Linnas Ansicht das meiste
für sich, daß es sich, unter allen Umstanden wenigstens in den ersten
Anfängen um Yerwandungen namentlich durch Schneiden von Gras¬
halmen usw. bandelt. H. G. Klotz (New-York).
Strong,Richard P. A Study of Some Tropical Ulcerations
of the Skin with Reference to Their Etiology. The Philippine
Journal of Science. I. 91. März 1906.
Strongs Beobachtung zahlreicher Hautgeschwüre in Manila haben
ihn veranlaßt anzunehmen, daß unter denselben mit Ausschluß gewisser
ulzerativer Formen von Syphilis, Yaws, Lepra und Lupus noch verschie¬
dene Typen mit verschiedener Ätiologie verkommen. Eine etwas seltenere
Form ist augenscheinlich blastomycetischen Ursprungs. Die bei derselben
angetroffenen torulae sehen einigermaßen aus wie gewisse Formen, welche
in gewissen Fällen von orientalischen (Delhi) Beulen oder Geschwüren
alsSpecies vonProtozoa, verwandt mit den Donovan-Leishman sehen
Körpern, beschrieben worden sind. Die Donovan-L ei sh man sehen
Körper werden genauer beschrieben und beleuchtet, eine Übersicht über die
Literatur ergibt, daß keine einzelne Bakterienform als die einzige spezi¬
fische Ursache der orientalischen Beule angesehen werden kann. St. be¬
schreibt nun 3 Typen, deren erster eben diese Protozoen aufwies: ovale,
scharfkonturirte, muschelschalenformige Körper, teils frei, teils in endo¬
theliale Phagocyten eingeschlossen. Das klinisch der Delhibeule sehr
ähnliche Geschwür war spontan auf der r. Seite des Thorax einer Frau
entstanden, unterhalb des Schlüsselbeins und oberhalb der Brust, an¬
scheinend als kleiner, roter Knoten anfangend. Nach Curettage heilte
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das Geschwür in etwa 2 Monaten. Als Repräsentant eines 2. Typus wird
ein auf der rechten Schulter eines Mannes sitzendes Geschwür abgebildet
und beschrieben, das klinisch den von Manson als verschorfender pho-
gedänisches Geschwür der Tropen beschriebenen Formen ähnlich war.
Eine bestimmte Ursache des Prozesses konnte nicht nachgewiesen werden,
Parasiten wurden nicht gefunden, von Bakterien nur Staphyl. aur. und
ein kurzer, wenig beweglicher, mit zahlreichen Geißeln ausgestatteter
Bazillus (Proteus). Das Geschwür war ohne Trauma als kleiner roter Knoten
entstanden und rasch gewachsen, nach Gurettage in etwa 3 Monaten
Heilung, Ernährung nicht beeinflußt. Ein 3. Typus wurde durch 8 bei
weißen Männern beobachtete Fälle vertreten; es handelte sich um multiple
Ulzerationen in allen Fällen auf Händen und Vorderarmen, in einem auch
auf Fuß und Knöcheln beschränkt, die als kleine Blasen begannen, dann
aufbrachen und Geschwüre bildeten, zuweilen vor dem Aufbruch schon
eitrigen Inhalt bekamen. Diese Geschwüre waren flach, die Ränder nicht
induriert, aber ungefähr I—2 cm im Umfang gerötet, selten Krusten, sondern
nur kleine gelbe Schorfe tragend, wenig seröse Absonderung, weder
allgemeine noch sensorielle Störungen verursachend. Der Verlauf war ein
außerordentlich chronischer; einzelne der Stellen heilten und neue folgten,
so daß in einem Falle die Dauer der Krankheit 3 Jahre betrug. Manchmal
bildeten sich auch Knoten, die sich mit Schuppen bedeckten ehe sie auf¬
brachen. Jod und Quecksilber zeigten keine Wirkung. Obwohl das klinische
Bild sehr an Blastomykosis erinnerte, wurden Parasiten nicht gefunden,
in den beiden ersten Fällen staphyloc. aur., im 3. st. albus. Kulturen von
aus einem unverletzten Knoten entnommenem Material blieben steril.
Histologisch handelte es sich um exzentrische Zelleninfiltration, um eine
Vene herum, und zwar bestand endo-, meso- und periphlebitis. Die Fälle
ähnelten Rehns leichten Fällen von ulzerativer Dermatitis. (Veld Sore.)
H. G. Klotz (Kew-York).
Filar^topoulo. Contribution ä Pötude des leukoplasies
buccales et de leur traitement. Journal des mal. cut. et syph.
1906. p. 81.
Filaretopoulo bespricht in einer ausführlichen Monographie die
an der Mundschleimhaut auftretenden Leukoplakien. Als ihre Ätiologie
bezeichnet er in fast allen Fällen eine gar nicht oder ungenügend be¬
handelte Syphilis, häufig in Verbindung mit Schädigungen durch Tabak
und auch Alkohol« Er gibt jedoch zu, auch Leukoplakien bei Nicht-
Syphilitikern, nur durch Rauchen verursacht, gesehen zu haben, diese
saßen jedoch ausschließlich,« an den Mundwinkeln und der Wangenschleim¬
haut, während die syphilitischen Leukoplakien meist an der Zunge loka¬
lisiert sind. Er bespricht sodann ihren Übergang von glatten, weißen,
sich derb anfühlenden Plaques über höckrige, papillomatöse Gebilde bis
zum Epitheliom. Verf. hat jedoch auch Epitheliome bei alten Syphilitikern
ohne Leukoplakien entstehen sehen. Die Symptome, die anfangs gering
sind, äußern sich später in Trockenheit und durch ihr Härte in Behin¬
derung am Sprechen und Kauen.
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der Hautkrankheiten.
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Differentiell diagnostisch ist die Leukoplakie von dem Ekzem, dem
Gumma, dem Lichen, der Psoriasis und der Tuberkulose zu unterscheiden.
Therapeutisch plaidiert Verf. energisch für kombinierte antisyphilitische
Behandlung, lokal für Inhalationen, Salben von Traumatol, Jodol und Peru¬
balsam, während Ätzungen mit Lapis, Jodtinktur und Milchsäure mit
größter Vorsicht anzuwenden seien. Am günstigsten beurteilt er energische
Anwendung des Thermo- oder Galvanokauters. Nebenbei spielen Regelung
der Diät, absolutes Verbot von Tabak und Alkohol und sorgAltige Rein¬
haltung des Mundes eine große Rolle. Paul Neisser (Beuthen o. S.).
Neomann, v., Wien. Über die Lokalisation des Lichen
planus auf der Schleimhaut. Wiener medizinische Wochenschrift.
1906. Nr. 17.
Die Kenntnis der Lokalisation des Lichen planus auf Schleimhäuten
erscheint dem Autor rückständig. Am häufigsten kommt der Lichen ruber
planus der Mundscheimhaut an der Zunge, den Wangen, dem Gaumen,
den Lippen, dem Zahnfleisch, ausnahmsweise auch am Rachen, Kehlkopf,
an der Urethra und den Schleimhautfalten des Afters vor und zwar
entweder kontemporär mit Lichen planus an der äußeren Haut oder nach
Ablauf desselben oder auch primär an der Schleimhaut. An der Zunge
erscheint der Lichen planus in Form von mohn- bis hirsekorngroßen,
derben, leicht überragenden, matt- oder silberweißen, solitären oder ring¬
förmig angeordneten, zu Plaques agglomerierten Effloreszenzen. Im all¬
gemeinen gibt der Lichen pl. der Schleimhäute zu keinen bemerkens¬
werten subjektiven Störungen Anlaß, der Verlauf chronisch.
Viktor Band]er (Prag).
Dugoid, W. R. A serie of cases of icterus neonatorum.
The British Med. Journal. 10. Febr. p. 319.
Duguid beobachtet, wie jüngst Buafield, eine Serie von icterus
neonatorum bei einer Familie, Die ersten beiden Kinder der gesunden
Eltern waren gesund geblieben, das dritte Kind schien bei der Geburt
gesund, bekam aber 30 Stunden nach der Geburt Gelbsucht, um 12 Tage
später zu sterben. Das vierte Kind, ebenfalls gesund geboren, bekam
8 Stunden nach der Geburt die gelbe Verfärbung und starb 10 Tage
später. Da in beiden Fällen Sektion nicht gestattet wurde, konnte eine
Krankheitsursache nicht eruiert werden. Als Zeichen, daß in der Familie
eine Tendenz zu kongenitalen Mißbildungen vorhanden war, erwähnt der
Autor, daß eine Schwester des Vaters ein Kind geboren hatte mit einer
großen spina bifida und einer meningo-encephalocele; daß ein Vetter
mütterlicherseits ein Kind mit einer atresia ani gezeugt hatte.
Fritz Jaliusberg (Berlin).
Busfield. A series of cases of icterus neonaratum in
a family. The British, Med. Journal. 16. Jan. 1906. p. 20.
Busfield berichtet, daß von 10 Kindern einer sonst gesunden
Frau alle bis auf eins bald nach der Geburt Ikterus bekamen, der spä¬
testens am vierten Lebenstage anftrat. Nur drei dieser ikterischen Kinder
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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blieben am Leben. Bei einem Kinde wurde eine Sektion gemacht, ohne
Anhaltspunkte für die Ursache des Ikterus zu geben.
Fritz Juliusberg (Berlin).
nierk^ L., Innsbruck. Pellagra in frühester Kindheit.
Gleichzeitig ein Beitrag zur Kenntnis von der Entwick-
Inngsdauer der Pellagra. Wiener klinische Wochenschr. 1906. Xr. 16.
Kristoforetti bat im Jahre 1905 einen Fall von erworbener
Pellagra bei einem 14 Monate alten Knaben beschrieben, der von Merk
ausführlich wiedergegeben wird und dessen Symptome zusammenfassend
folgende waren: Rasches Auftreten, erytheroatöser Charakter, lang aus¬
gedehnter Verlauf, scharfe und markante Begrenzung, Hyperkeratose;
Prädilektionsstellen wie Gesicht, Hand und Fußrücken, graubraune Farbe,
dazu die Jiivantien der Diagnose, Endemie, Maisgenuß. Weiters stellt
Merk in der Epikrise des Falles fest, daß das Kind nicht an sogenannter
„hereditärer^ Pellagra, sondern an selbsterworbener Pellagra erkrankt
war. Der Autor kritisiert dann die von Gemma als hereditäre Pellagra
beschriebenen Fälle und weist nach, daß die Kinder Gemmas alle erst
nach der Geburt krank geworden sind, weshalb Merk die Annahme
einer hereditären Pellagra nicht stutzen kann. Bei Kristoforettis
Fall hat die schädliche Substanz längstens 9 Monate in dem kindlichen
Organismus gewirkt, um,Pellagra hervorzurufen. Drei Monate wurde das Kind
gestillt, seit dem 4. Lebensmonat bekam es Maisnahrung neben Kuhmilch,
im 12. Monat begann nach Angabe der Mutter das Leiden und fast seit
derselben Zeit wurde das Kind ausschließlich von Mais ernährt. Die
Inkubationsfrist der Pellagra ist also für diesen Fall mit längstens neun
Monaten erwiesen. Zu einer ähnlichen Frist von ungefähr 7 Monaten
führt die Beobachtung eines zweiten Falles von Merk selbst, den er in
extenso beschreibt. Somit illustrieren diese 2 Fälle in einwandfreier Weise
die Dauer der Giftwirkung bis zu den ersten sichtbaren Erscheinungen
der Pellagra. Viktor Bandler (Prag).
Pichler, R. Ein Fall von pigmentierten Schwanger¬
schaftsstreifen. Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Bd.
XX. 1. 1089.
Pichler konstatierte bei einer 16jährigen dunkelblonden Erst¬
gebärenden auffallend dunkel pigmentierte, stark dunkelbraun aussehende
Striae gravidarum. Dieselben fanden sich besonders am Abdomen, an
den Mammae, in der Gegend der Taille, vereinzelt auch am Rücken in
der Nähe der Mittellinie und auf der Vorder- und Innenseite der Ober¬
schenkel. Sonst keine besonderen Pigmentierungen am Körper. Das histo¬
logische Bild zeigte eine starke Pigmentansammluog in den basalen
Schichten des Rete Malpighi in Form von goldgelben bis lichtbraunen
Körnchen, welche die Eisenreaktion nicht gaben; im übrigen war das
Bild das bei Schwangerschaftsnarben übliche. 3 Monate post partum
waren die Striae unverändert, während die Pigmentation der Warzenhöfe
und der Linea alba stark zurückgegangen war. Pichler glaubt, es
handle sich hier um zwei mikrochemisch verschiedene Pigmente.
M. Winkler (Luzern).
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der Hautkrankheiten.
471
Hawthorne. Recurring epistaxis with multiple telan-
gieotases of the skin. The Lancet. 1906. 13. Januar, p. 90ff.
Hawthorne weift auf drei Fälle von oft wiederkehreuder Epi-
ftaxif, die vergesellschaftigt waren mit zahlreichen Teleangiektasien der
Haut und Schleimhäute, bin, Fälle, die als große Seltenheit von Osler
im Jones Hopkins Hospital Bulletin Nov. 1901 beschrieben waren. Haw¬
thorne beobachtetete eine 49|jährige Frau, Mutter von neun Kindern,
bei der seit der ersten Gravidität rote Flecken im Gesicht und an den
Fingerspitzen aufgetreten waren. Bei der Untersuchung erwiesen sich
diese als zahlreiche Teleangiektasien auf beiden Wangen und an den
Fingern der rechten Hand. Die Anamnese ergab, daß sie seit frühester
Kindheit häufig an Nasenbluten litt, daß ihr Vater und ihre Schwester
denselben Symptomenkomplex aufwiesen, ebenso ihre älteste Tochter;
ihre übrigen Kinder hatten mehr oder weniger häufige Anfalle von
Nasenbluten. Die Fälle unterscheiden sich, wie die Oslers, von der
Haemophilie dadurch, daß die spontanen Blutungen allein auf die Nase
beschränkt sind und daß bei Verletzungen die Blutverluste die Norm
nicht übersteigen. Fritz Juliusberg (Berlin).
Meirowsky. Untersuchungen über die Wirkungen des
Finsenlichtes auf die normale und tätowierte Haut des
Menschen. Monatshefte f. prakt. Dermat. Bd. XLII.
Nach M. übt das Licht auf die Epithelzellen zuerst eine anregende
Wirkung aus (Mitosen, Pigmentneubildung); bei längerer Einwirkung
bewirkte es schwere Schädigung der Epidermis, die schließlich nekroti-
siert und blasig abgehoben wird; dabei kommt es gleichzeitig zur Er¬
weiterung der oberflächlichen und tiefen Ge&ße mit Leukoc 3 rtenemigra-
tion und Blutung. Das Licht ruft ferner eine Vermehrung der Bindege¬
webszellen und Schwellung des Kollagens hervor. Als Endausgang dieser
Veränderungen bleiben schließlich zurück: Hyperpigmentation der
Stachelschicht und starke Verdickung und Vermehrung des Kollagens.
Von besonderem Interesse ist die Pigmentbildung in den Zellen, wenn
ihr Protoplasma durch das Licht verändert, resp. geschädigt wird; sie
ist eine Schutzvorrichtung der Zelle gegen die deletäre Lichteinwirkung.
Die oben geschilderten Veränderungen laufen niemals in derselben Reihen¬
folge und derselben Zeit ab. Durch Finsenlicht können Tätowierungs-
massen beweglich gemacht werden und treten durch die nekrotische
Haut an die Oberfläche. Schwache Tätowierungen können so beseitigt
werden; bei kräftigen scheint dies, wenigstens vorläufig, nicht zu ge¬
lingen. Ludwig Waelsch (Prag).
Stern, Samuel. Practical Results Accomplished with
Radiant Energy. New-York. M. J. 83. 493. 10. März. 1906.
Sterns Erfahrungen beziehen sich auf X-Strahlen und Funken
von hochfrequenten Strömen; unter den verschiedenen von den Crooke-
schen Röhren ausgehenden Kräften sind nur die X-Strahlen von Bedeu¬
tung. Die Wirkung derselben ist in der Hauptsache eine zerstörende,
eine stimulierende Wirkung kommt nur bei geringen Mengen der Strahlen
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Bericht über die Leistungen auf dem Giebiete
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zur Geltung. Da krankes Gewebe weniger Lebensfähigkeit wie das ge*
Sunde besitzt, so wird es leichter und zuerst zerstört. Die Wirkung des
Kadiums scheint der der X*Strahlen gleichartig oder ähnlich zu sein;
verschieden ist die des Hochfrequenzfunkens: nämlich ätzend und gänz*
lieh zerstörend. Ultraviolette Strahlen besitzen bakterientötende Kraft,
wirken aber nicht tiefer als 2 mm. Die X-Strahlen sind von außerordent¬
licher Wirkung auf alle Arten von Epitheliomen, bei andern malignen
Neubildungen sollte ihre Anwendung auf inoperable Fälle beschränkt
bleiben nnd womöglich mit chirurgischen Eingriffen verbunden werden;
wo sie nicht Heilung bewirken, lindern sie wenigstens die Schmerzen
und verlängern das Leben. Bei Sykosis parasitaria und non parasitaria
erzielt St. Heilung in 100 Proz., fast ebensoviel bei allen Arten von
Ekzem und Psoriasis, bei letzterer sind Rezidive ebenso häufig wie bei
andern Methoden. In Verbindung mit andern Behandlungsmethoden
sind X-Strahlen von großem Wert bei Acne vulgaris, aber nicht bei
Rosacea, wirksam auch bei Favus, Trichophyton, Eeloid, den verschiedenen
Lichenarten, Mykosis fungoides, Folliculitis decalvans und Hypertriohosis.
Bei pruriginösen Krankheiten aller Art sind die X-Strahlen wie der
Funken von großem Wert. Mit dem Funken läßt sich viel erreichen
bei Lup. erythem., Lup. vulg. und Tubercul. verrucosa, ebenso werden
Naevi verschiedener Art, Warzen, Mollusc. oontag. nnd andere oberfläch¬
liche Neubildungen zerstört. Bei Alopecie, die auf anämischen Zustän¬
den der Kopfhaut beruht und bei Alop. areata äußert derselbe ent¬
schieden wohltätige Wirkung. Radium scheint im ganzen viel schwächere
und langsamere Wirkung zu haben. H. G. Klotz (New-York).
Axmann. Weitere Erfahrungen über die Uviolbehand-
lung, sowie einen neuen Apparat zur Bestrahlung des
ganzen Körpers mittels ultravioletten Lichtes (Uviolbad).
Dtsch. med. Wochenschr. Rr. 15. 1906.
Über die therapeutische Verwendung der ultravioletten Strahlen
mittels der Uviollampe, über welche Axmann bereits in Nr. 22. 1905.
der Dtsch. med. Woch. berichtete, liegen nun weitere Erfahrungen vor,
welche die damals ausgesprochenen Erwartungen in vollem Maße be¬
stätigten. Mehr noch als auf die baktericide und hautreizende Wirkung
legt Verfasser Wert auf die bei Bestrahlung großer Flächen, wie sie
die Uviollampe ermöglicht, eintreteude Hyperämie von nachhaltiger, die
letzte Behandlung überdauernder Heiltendenz. Akute und chronische
Ekzeme verschwanden, ohne daß sich die Entzündung steigerte, nach
einmaliger zehn Minuten langer Bestrahlung, ebenso wurden bei Intertrigo,
Lymphangoitis, Ulcus cruris, Drusentumoren, Varicen, Acne, Fnrunoulose,
Sykosis, Herpes tonsurans und Alopecie gute Resultate verzeichnet.
Bei Lupus empfiehlt Verf. die Uviolbestrahlung mit Ätzmethoden
kombiniert oder als Nachbehandlung zum Zwecke schneller, rezidiv-er¬
schwerender, glatter Vernarbung nach chirurgischen Eingriffen. Ferner
zieht Verf. den Nutzen der Einstrahlung bei Laparatomien anläßlich
von Bauchfelltuberkulose und die Heilung chronischer Coiguncüvitis
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der Hautkrankheiten.
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mittels der Uviollampe in Erwägung. Die Fluoreszenzbehandlung und
Finsenmethode läßt sieh durch die Uviolanwendung erheblich vervoll¬
kommnen. Schließlich werden einige technische Verbesserungen des
Apparates und ein Uviolbad zum Zwecke ausgedehnter Bestrahlungen be¬
schrieben, der Lichtbadapparat auch durch eine Abbildung veranschaulicht.
Max Joseph (Berlin).
Hutehina, M. B. Boentgen Rays in External Treatment.
Amer. Med. XI. 176. 5. Februar 1906.
Hutchins'gibt eine Übersicht ober die verschiedenen Ansichten
betreffend die Wirkung der Röntgenstrahlen und die mit denselben er¬
zielten Heilerfolge. Nach seiner persönlichen Erfahrung ist bei den
meisten Hautkrankheiten eine leichte Verbrennung notwendig, tiefer
greifende Verbrennung nur, wenn man bei malignen Bildungen tiefere
Zerstörung bezweckt. Die Behandlung soll jede kranke Zelle zerstören,
sonst werden die übrig bleibenden durch die Röntgenstrahlen nur zu
rascherem Wachstum angeregt. Bei Ulc. rodens und Epitheliom wird
mindestens temporär Heilung erzielt; überflüssiges Haar, hartnäckige
Akne, Comedonen, manche Ekzemformen werden geheilt bei genügend
langer Fortsetzung der Behandlung, Psoriasis wenigstens zeitweilig;
Warzen und Gebilde, aus denen sich Krebse entwickeln mögen, erkrankte
Haare bei Herpes tonsurans, Favus und Sykosis versprechen gute Resul¬
tate, bei Mykosis fungoides sind die Röntgenstrahlen das einzige wirk¬
same Mittel. H. 6. Klotz (New-York).
Jungmann, A., Wien (Lupusheilstätte). Beitrag zur Technik
der Röntgenbestrahlung. Wiener klin. Rundschau. 1906. Nr. 12.
Der Autor beschreibt einen Apparat, der es ermöglicht, der Röntgen¬
röhre rasch jede beliebig gewünschte Stellung zu verleihen und daher
zu einer ganz wesentlichen Erleichterung der exakt auszuübenden Tech¬
nik der Röntgentherapie dient. Die Einzelheiten müssen im Original
nachgelesen werden, da die Konstruktion ohne Einsicht in die beige-
fagten Zeichnungen nicht verständlich wäre.
Viktor Bandler (Prag).
Taylor, Stopford, Acaseof mycosis fungoides success-
fully treated by the X-rays. The Lancet 1906. 24. März. p. 828.
Taylor konnte in einem Falle von Mycosis fungoidei ein rasches
Zurückgehen der Tumoren nach Röntgenbestrahlungen konstatieren.
Fritz Juliusberg (Berlin).
Eitner, E«, Wien (Klinik Finger). Röutgen-Behandlungs-
resultate bei Lupus vulgaris. Wiener medizinische Wochenschr.
1906. Nr. 20 u. 21.
An der Klinik Finger wurden seit 1902 in tote 61 Fälle von
Lupus vulgaris mit Röntgenstrahlen behandelt und Eitner stellt das
Material hier zusammen, um die Resultate zu prüfen. Grundsätzlich
wurde jede intensivere Behandlung vermieden, nie kam es zur Erzeu¬
gung eines Röntgenschorfes, die Behandlung sollte nur die Anregung zur
Selbstheilung geben. Eine längere Beobachtungszeit nach der Behand-
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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete
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lang weisen nur 31 Fälle auf, 7 davon wurden nach 1—3 Jahren rezidiv¬
frei befanden, alle wurden günstig beeinflußt. Zum Schlüsse faßt der
Autor sein Urteil über das Röntgenverfahren in folgende Worte zu¬
sammen: Das Röntgenverfahren ist schmerzlos, unblutig, liefert sehr
schöne kosmetische Resultate und ist auch noch für Fälle verwendbar,
die wegen ihrer großen Ausdehnung für jede andere Behandlung unge¬
eignet sind. Viktor Ban dl er (Prag).
Stelwagon, Henry W. (Philadelphia). Additional Observation
on the use of Röntgen rays in dermatology. The joum. of cut.
dis. incl. Syph. XXIV. 3. 1906.
Die besten Resultate erhält Stelwagon mit einer 12zölligen
Funkenrolle in Verbindung mit einem Hochfrequenzapparat, seinem Va¬
kuum, das ungefähr 1 —2^^ Funkenstrecke entspricht und langsam während
der Bestrahlung steigt. Manche Fälle bedürfen keinerlei Reaktion, andere
dagegen brauchen eine solche, doch soll außer beim Epitheliom der leich¬
teste Grad nicht überschritten werden. Ein Messen sei nicht möglich, auch
bei mäßiger und sorgfältiger Behandlung können fleckweise Atrophie und
Ranzelbildung — oft erst nach Wochen — entstehen.
St. leitet erst einen Zyklus von 7—8 Bestrahlungen ein, der zu
deutlichem Erythem mit Blasenbildung führt; nach Ablauf des letzteren
einen neuen Zyklus usw. Als Rest der Röntgenbehandlung eines Rezidiv-
brustkrebses bleibt Hautatrophie mit Teleangiektasie und Schuppung
zurück.
Zehn Minuten Exposition und 6—7 Zoll Entfernung sollten bei
milderen Dermatosen nicht überschritten werden, bei schwereren kann
mit der Kugel bis an die Haut und zu einer Ezpositionsdauer von 15
bis 20 Minuten gegangen werden. Ein Wechsel der Röhren bei demselben
Fall soll nur vorsichtig vorgenommen werden, Metallschirm zwischen
Operateur und Apparat stehen, der Strom vor Hantierungen am Apparat
jedesmal unterbrochen werden Für die meisten Epitheliome empfiehlt
er zuerst die chirurgische Entfernung, dann 5—lOmalige Bestrahlung.
Bei Lupus vulgaris sind die Erfolge manchmal glanzend, manchmal
fehlend; bei Lupus erythematosus schlechter ala.bei dem vulgaris;
bei Akne gut, jedoch nicht immer. Rezidiven nicht ungewöhnlich. Bei
Psoriasis sollte nur bei hartnäckigen und älteren Stellen bestrahlt
werden. Ebenso nur bei hartnäckigen, dicken und rebellischen £ k z e m e n
namentlich der Hände. Günstige Resultate manchmal bei Keratosis
palm. und Hyperhidrosis localis; günstig bei Sykosis in Ver¬
bindung mit älteren Methoden.
Bei Hypertrichosis zu widerraten, denn die Gefahr sei zu
groß, der Effekt klein. Gute Resultate bei Herpes tonsur. capillit
Stelwagon resümiert: Die Röntgenstrahlen sind nicht wahllos
zu gebrauchen und können andere ungefährliche Mittel nicht ersetzen.
Ihr vorsichtiger und konservativer Gebrauch ist nur als Beigalie, nicht
als ausschließliche Behandlung ungefährlicher Dermatosen zu raten;
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der Hautkrankheiten.
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kühner kann ihre Anwendung aber auch nicht ausschließlich bei gefähr¬
lichen und hartnäckigen Hautkrankheiten geschehen.
Aus der lebhaften Disknssion über diesen Vortrag, an der sich
Allen, Düring, Ravogli, Hartzell, Pu8ey,Fordyoe,Bron8on,
Schaniberg, Gilchrist, Pollitzer, Montgomery (Frank H.)
beteiligten, sei hervorgehoben, daß die meisten Redner einem mir sehr
vorsichtigen Gebrauch der Röntgenstrahlen das Wort sprachen.
Nach Allen sollen bei Akne nur die tiefen Follikel und Drüsen
bestrahlt werden.
Düring widerrät die Anwendung bei Psoriasis,
Ra vogli rät ihre Anwendung nur bei jenen Dermatosen, wo sonst
nichts zu tnn ist.
Hart zell empfiehlt als Schutz gegen die schädlichen Effekte der
X-Strahlen die Applikation von Sohlenleder (Pfahler).
Pusey hält sich an die Freundsche Behandlung mit wenig
X-Strahlen haltenden Röhren und wiederholten kurzen Applikationen; er
empfiehlt Aluminiumblenden gegen die oberflächlichen Strahlen.
Fordyce bestrahlt Epitheliome nach vorherigem Curettement.
Bronson, der richtige Erfahrung und Beurteilung verlangt,
rühmt die guten Erfolge bei rezidiv. Eczem, Akne indurata und Rosacea.
Sohamberg bei dem tiefen nlcus rodens des Angencanthns und
dem recid. vesicul. Ekzem.
Gilohrist bei Lichen ruber planus.
Pollitzer hat Verschlimmerung von Epitheliomen der Mund¬
schleimhaut unter Bestrahlung gesehen.
Montgomery macht auf die individuelle Empfindlichkeit gegen¬
über den X-Strahlen aufmerksam und hält die Bestrahlung wertvoll bei
Rosacea, liehen planus, Handekzemen mit Hyper- und Dyshidrosis und
Formalindermatitis. Rudolf Winternitz (Prag).
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Bachanzeigen und Besprechungen.
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Buchanzeigen und Besprechungen.
Yorberg,Gaston. Dementia paralytica und Syphilis. 1906.
Franz Deuticke, Wien.
Das Thema „Progressive Paralyse und Syphilis" war im Frühjahre
1905 in der Pariser Akademie der Medizin der Gegenstand einer großen
Debatte. Die Verhandlungen der Akademie bilden den Kern dieser Ver¬
öffentlichung mit besonderer Benützung des Materials von Fonrnier
und Raymond. Einige Daten aus dem Material Fourniers seien hier
angeführt. Aus der Statistik von 112 Fällen von Paralysis progr., die
Fournier verfolgen konnte, geht hervor, daß die P. p. frühestens im
3. Jahre nach der Infektion, meist zwischen dem 6. und 12. Jahre, am
häufigsten im 10. Jahre auftritt, später als 20 Jahre nach der Infektion
nur sehr selten beobachtet wird. Ganz anders die eigentliche Gehirn¬
syphilis, insbesonders die Hemiplegie. Von 223 Syphilitikern erkrankten
25 im ersten Jahre, weitere 39 im dritten Jahre nach der Infektion, in
den ersten 5 Jahren insgesamt zwei Drittel der beobachteten 223 Fälle
von Gehimsyphilis. Bei 4400 Syphilitikern fand Fournier 1857 Fälle
von Erkrankungen des Zentralnervensystems und der peripheren Nerven.
Geföhrdet sind nach Fournier von der progr. Paralyse insbesonders
alle jene S 3 rphilitiker, die ihr Nervensystem durch geistige Überanstren¬
gung stark in Anspruch nehmen, durch eine unstete Lebensweise abnutzen;
körperliche Überanstrengungen und sexuelle Ausschweifungen scheinen
besonders das Auftreten von Tabes zu begünstigen. Am Schlüsse der
Arbeit fugt Vorberg eine Skizze über Maupassants und Nietzsches
Paralyse an. Viktor Ban dl er (Prag).
Varia.
Pereonalien. Dr. Moriz Oppenheim (Wien) hat sich als Privat-
Docent für Syphilidologie und Dermatologie habilitiert.
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kr j .
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