Das Hohe Lied
des Brun von Schonebeck
nach
Sprache und Composition untersucht
und in Proben mitgeteilt
von
I>r. Arwed Fischer.
Breslau.
Verlag von Wilhelm Koebner.
1886.
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Inhalt.
Seile
§ 1. Persönlichkeit des Dichters 1—8
Bericht der Magdeburger Schöppenchronik 1. Urkundliche
Nachweise der Familie Schonebeck 2. Erwähnung des
Dichters in einer Komödie des XVIL Jahrh. 2. Stellung
als Constabel 3. Dichterische Tätigkeit. Das Hohe Lied 3.
Abfassungszeit 4. Lebensalter und Lebenserfahrung des
Dichters 4. Laie 5. Mystischer Einfluss 6. Gelehrsam-
keit 6. Kenntnis Wolframs von Eschenbach 7. Mangel an
poetischer Fertigkeit 7.
§ 2. Die Handschrift 8-17
Beschreibung des cod. R482 8. Verschiebung des Schlusses 9.
Fremde Bestandteile in der Mitte 11. Unordnung am An-
fange und fremde Bestandteile vor demselben 13.
§ 3. Sprache 17-67
Der Niederdeutsche schrieb md. 17. Einfluss des Schreibers
auf die sprachliche Gestalt des Denkmals 17. Vocalismus 18.
A. Vocale in Stammsilben. 1. Kurze Vocale 18. 2. Lange
Vocale 23. 3. Diphthonge 27. B. Vocale in Präfix-, Suffix-
und Flexionssilben 29. Consonantismus. Labialen 29. Den-
talen 31. Gutturalen 33. Conjugation 35. Declination 39.
Syntaktisches 42. Lexikalisches 43.
§ 4. Darstellangswelse 67—78
Einfügung der Citate 67. Reichlicher Gebrauch altepischer
Formeln 68. Directe Anreden an die Leser 74. Fingirte
Fragen und Einwendungen der Hörer 76. Dialogischer
Charakter 76. Anaphora, allitterirende Wortspiele 77.
Sprüch wörtliche Redensarten 77.
§ 5. Vershau und Beim 78—88
Überlange Verse 78. Zulassung doppelter Senkungen 79.
Apokope und Synkope im Reime 81. Inclination 82. Reime
zwischen kurzem und langem Vocal 82. Consonantisch
ungenaue Reime 84. Verwendung der Flexionssilben 85.
Rührende Reime 85. Erweiterte Reime 86. Reimhäufung 86.
Grammatischer Reim. Enjambement 87.
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V
Seite
§ 6. Stoff and AnUgo des Gedichtes 88-94
Übersicht der verschiedenen Auslegungen des Hohen Liedes 88.
Dreifache Auslegung Bruns 89. Episirung des im Hohen
Liede gegebenen Stoffes 90. Wesen der Auslegung 91. Ein-
gefügte Erzählungen 92. Widmung an Maria. Disposition
und Vexirräthsel des Dichters 92.
§ 7. Selbständigkeit und Quellen 95-99
Keine einheitliche Vorlage 95. Eigne Anordnung und Zu-
sätze 95. Manigfaltige Quellen für die Auslegung 96.
Theophilus 98. Expositio duodeciro lapidum 98. Die fünf-
zehn Vorzeichen des jüngsten Gerichts 99.
§ 8. Proben 100—126
I. Prolog (v. 153—212) 100. II. Auslegung von cant. 7, 4
(v. 2878 —3109) 102. III. Expositio duodecim lapidum (v.
1665—1893) 109. IV. Theophilus (v. 6453 - 6586) 117.
V. Die Kraft des Kreuzes (v. 9831-9872) 121. VI. Blinde
Liebe (v. 5868 — 5387) 122. VH. Der hungernde Fuchs
(v. 9561 — 9576) 123. VIII. Amen (v. 2483 - 2559) 123.
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§ 1.
Persönlichkeit des Dichters.
Die sogenannte Magdeburger Schöppenchronik berichtet auf
Blatt 66 b und 67 a von einem ritterlichen Feste, das die Magde-
burger zu Pfingsten in den siebenziger Jahren des dreizehnten
Jahrhunderts veranstalteten und nennt als Ordner dieser Festlichkeit
den Constabel Brün von Schönebeck. Die Chronik 1 ) sagt: ,in
dem vorgeschreven stride was ein kunstabel, de heit Brun van
Skonenbeke. dat was ein gelart man. den beden sine gesellen, de
kunstabelen, dat he on dichte und bedechte ein vroeidich spei, des
makede he einen gral und dichte hovesche breve. de sande he to
Gosler to Hildesheim und to Brunswik, Quedüngeborch, Halber-
stad und to anderen Steden, und ladeten to sik alle koplude, de
dar ridderschop wolden oven, dat se to on quemen to Magdeborch:
se hedden eine schone vruwen, de heit vrow Feie, de scholde men
geven, de se vorwerven konde mit tuchten und manheit' Nach
Beschreibung des Festes, über das ein ,ganz dudesch bok< gemacht
sei, setzt die Chronik hinzu: ,de sulve Brun Skonenbeke makede
sedder vele dudescher boke, als Cantica Canticorum, dat Ave Maria
und vele gudes gedichtet. Auf diesem Berichte der Magdeburger
Schöppenchronik allein beruht das wenige Historische, was wir
über die Persönlichkeit des Dichters Brun von Schonebeck wissen.
In Urkunden der Zeit ist sein Name bis jetzt nicht gefunden
worden. Dagegen ist es Carl Janicke 2 ) gelungen andere Mitglieder
der Familie Schonebeck urkundlich im XTTI. und XIV. Jahrh.
') Die Magdeburger Schöppenchronik herausgeg. von E. Janicke im
VTL Bande der Chroniken deutscher Städte herausgeg. von C. Hegel. Leipzig 1869.
S. 168 tu 169. — Das betr. Stück teilte zuerst A. F. Riedel mit in v. d. Hagens
Germania IV. S. 121, wo jedoch jener Bericht fälschlich als zum Jahre 1266
gehörig bezeichnet wird. — Vgl. auch Wackernagel, Gesch. der deutschen Litt.
S 79. Anm. 4. § 83. Anm. 5 (2 Aufl. Basel. 1879).
*) Chroniken deutscher Städte. Band VTL S 169.
FUcher, Bruns von Schönebeck hohes Lied. 1
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2
nachzuweisen. In einer Urkunde vom 3. März 1244 (Cop. Biddags-
hus. im Staatsarchiv zu Magdeburg BL 19) werden als Zeugen
aufgeführt Johannes de Skonebeke und Rudolfus de Skonebeke burgenees
in Magdeburch ; ferner erscheint in einer Urkunde vom 3. März
1330 (cop. LV1II. Bl. 45) ein Heinrich von Schönebeck als ehemaliger
Canonicus des St. Nicolaistiftes zu Magdeburg.
Erst in viel späterer Zeit begegnet einmal nur der Name des
Dichters Brun 1 ), nemlich in einem komödienartigen Gespräche aus
dem Anfange des XVII. Jahrh., ,Singschul' von Lycosthenes Psel-
lionoros Andropediacus , Nürnberg, gedruckt bei Georg Leopold
Fuhrmann*), ohne Jahr 8 ). Es werden hier die Meister des deutschen
Gesanges aufgezählt und unter diesen wird zwischen Albrecht von
Halberstadt und Freidank ,Brun von Schönebeck erwähnt.
Was den Namen ,von Schonebeck' anbetrifft, so liegt es nahe,
denselben von dem Städtchen Schönebeck a. d. Elbe herzuleiten,
das möglicher Weise die alte Heimat des Geschlechtes war.
Brun war nach dem Berichte der Magdeburger Schöppenchronik
,cunstabel' in dieser Stadt. Diese Standesbezeichnung erscheint
in den Magdeburgischen Urkunden sonst nirgends als an dieser
Stelle 4 ), im Eingange des Berichtes über das ritterliche Fest, wo
es heisst: in dussen tiden weren hir noch kunstabelen. dat weren der
rikesten Borger kinder (de pflegen dat spei vor to stände in den pingsten
etc.). Aus den niedersächsischen Städten werden die Constabler
nur noch in einer Braunschweigischen Urkunde (heimliche Bechen-
schaft Bl. 21) zu dem Jahre 1397 erwähnt 6 ). Ausserdem findet
sich dieselbe Bezeichnung in Aachen, Zürich und besonders in
Strassburg wieder. Hier bildeten die ,constofeler* ursprünglich die
Vereinigung aller unzünftigen Einwohner gegenüber den gewerb-
lichen Oorporationen. Allmählich wurden jedoch die noch ausser-
halb der Zünfte stehenden Handwerker in diese hinübergezogen
') Zuerst machte Fülleborn darauf aufmerksam in Gräters ßragur HL
466; zugleich Es eben bürg ib. 471.
*) Bei Gottsched, nöthiger Vorrath zur Gesch. der deutschen drarnat
Dichtk. Leipzig 1757. S. 186.
*) Gottsched setzt das Stück in das Jahr 1630, »'weil es vor dem Flore der
durch Opitzen verbesserten Poesie geschrieben sein muss', Goedecke Grund-
riss I, 420 mit grösserer Wahrscheinlichkeit ca. 1611. Lycosth. Psellion. Andro-
pediacus Wolfhart Spangenberg aus Mansfeld schrieb von ca. 1600—1621.
4 ) Vgl. Chroniken deutscher Städte VII. S. 456 a.
5 ) Chroniken deutscher Städte VI. S. 158, 12.
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3
und es blieben in der Corporation der constofelen nur noch die
edeln und reichen Bürger zurück, welche nun einen festen politischen
Stand, eine Adelsgenossenschaft bildeten *). Auch in Braunschweig
waren die ,kunstavelen' eine solche Adelsgenossenschaft, eine
Gelagbrüderschaft der herrschenden Geschlechter 2 ). Dasselbe ist
auch ohne Zweifel von den Magdeburger Kunstabeln des XIII.
Jahrh. anzunehmen, welche die Schöppenchronik als die reichsten
Bürgerkinder bezeichnet. Auch hier waren die Constabler die
edelsten und herrschenden Bürger, was sich auch daraus ergiebt,
dass Brun von Schonebeck sich nicht scheut in seiner Paraphrase
des Hohen Liedes dem Könige Salomo selbst den Titel ,constabel'
beizulegen (Salomo der constabel v. 406 u. 4472 3 ).
Die dichterische Tätigkeit Bruns ist nach dem Berichte der
Schöppenchronik eine umfangreiche gewesen. Bei Gelegenheit des
ritterlichen Festes (Gral) der Magdeburger Constabler, das Schone-
beck arrangirte, dichtete er ,höfische Briefe 4 d. s. poetische Ein-
ladungsschreiben an die ritterlichen Kaufleute der Nachbarstädte.
Ausserdem erwähnt die Chronik von ihm: viele deutsche Bücher,
Cantica Canticorum, Ave Maria und viele gute Gedichte.
Von allen diesen Dichtungen nun ist allein diejenige auf uns
gekommen, welche die Chronik als Cantica Canticorum bezeichnet.
Es ist eine gereimte Paraphrase und Auslegung des Hohen Liedes
Salomonis in mehr als 12000 Versen, von Prof. Fülleborn zu Breslau
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in einer Handschrift der
fthedigerschen Bibliothek bei S. Elisabeth in Breslau wiederauf-
gefunden. Fülleborn berichtete zuerst darüber in Gräters Bragur
Bd. II. Leipzig 1792 S. 324 und teilte zwei kurze Abschnitte der
Handschrift mit (v. 5334—5363 und 2668—2689). Der Dichter
nennt sich in dem Gedichte v. 182 selbst:
ir guden werfet nüwen segen
mir hin obir mine hecke,
bittet daz ich Brün von Schonebecke
müze leben gar sundir klage —
und noch einmal nennt er seinen Vornamen v. 6679. — Über die
') F. Frensdorf in den Göttingischen gelehrten Anzeigen 1871 S. 826.
») Chroniken deutscher Städte VL S. 158 Anm. 3 und S. 490 b.
*) Ich citire in dieser Arbeit die Verse nach der Zählung des Herrn Prof.
Dr. Weinhold, welcher mir seine sehr sorgfältige und getreue Abschrift der
Original-Handschrift des Gedichtes gütig zur Verfügung stellte:
1*
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4
Abfa88ung8zeit des Gedichtes werden wir durch den Dichter selbst
genau unterrichtet. Es wurde im Jahre 1276 vollendet, nachdem
Schonebeck ein Jahr daran gearbeitet hatte, wie die vv. 2368 ff.
besagen:
die heide was 1 ) worden val,
diu grünen lonber und den 1 ) kle
hatte bedaoket gar der sne;
verstummet was die 8 ) nahtegal,
der walt, der von gedöne 4 ) hal,
ich meine von vogel sänge,
den von des winteres 9 ) twange
vronde und gesano was entrannen 6 ):
do wart deses büches begunnen
und wart') volendet sage ich
dö daz jar zirkelte 8 ) sieh,
do ditz buch vollenkomen 9 ) was,
ich sach üf die schrift und las:
dÜ8unt und zweihundirt 10 ) jär
sechse und sebinzig, daz ist wär;
sus lange hat von gotis gebort 11 )
die werlt 18 ) gestanden, hän ich gehört.
Schonebeck war, als er das Hohe Lied dichtete, wie es scheint be-
reits über den Höhepunkt seines Lebens hinaus. Dafür sprechen
mehrere Stellen des Gedichtes. So bittet der Dichter öfter Gott,
sein Leben noch so lange zu fristen, bis er sein Werk zu Ende ge-
bracht hätte: gan mir got sö vil der tage 184. gibit mir got sö lange
vrist 1026. 2923. (ich) bitte mit allem minem sinne vrouwe Lachesin
die gotinne, daz sie mir den vadem trecke sö lange daz ich volrecke
ditz düre büch biz an sin ende 10445. Den Rosenkranz, sein Haupt
im Mai zu schmücken, lehnt er ab mit den Worten: ,mir enstät
näch mime lebene j&rlang der kränz niht ebene* 12108. An einer
anderen Stelle beklagt sich Schonebeck, dass ihm die Jahre so
schnell verflogen seien 10363 ff.:
sint mich die 18 ) werlde hat betrogen
daz mir vil armen sint enpflogen
also in eines tromes schine
die zit und diu j&re mine M ),
so bit ich dich, veterlicher got,
also du koning Ezechias tot
irlengetest l5 ) durh bete vunfzen jar:
also irlenge ouch sundir var,
') dye heyde waz. *) dy grüne louber vnd kle. ■) waz dy. 4 ) ge-
dones. 5 ) dez wynters. •) vroyde — entrvnen. 7 ) war. 8 ) ozyrkelte.
9 ) dys — vollenkommS. 10 ) thusunt vnd czwey. ll ) geburt. ") dy werlyt.
18 ) dy. M ) meyne. w ) Irl engest.
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5
hirre, mine jar und mine zit 1 ),
daz ich vorbaz sundir strit*)
müze dir dinen an minem 8 ) ende
und mich an keine missewende
nimmer müze irslichen der tot,
der da brenget lange wernde 4 ) not.
Wie am Eingange dieser Stelle, so klagt noch anderwärts der
Dichter, dass er von der Welt, deren Lust er in der Jugend nach-
gejagt habe, betrogen worden sei 10302 ff.:
sint sie *) mich traget zur stunt,
an der alle mine hoffenunge lach,
des schrie 6 ) ich öwe und ach')!
Als er im Folgenden dann die Flüchtigkeit und Nichtigkeit irdischer
Pracht und Herrlichkeit an Beispielen grosser und mächtiger
Männer aller Zeiten gezeigt hat, fährt er, an sein eigenes Leben
denkend, fort 10342 ff.:
sich, werlt, die 8 ) hastu gemachet blint
und an dime dinste betrogen;
her zimbert üf den reinbogen,
der alzü lange vulget dich,
den selben jämer den klage ich :
wen nach dines lobes bejage
hin ich verwendet alle mine tage
und hau lutzel heiles irworben;
min 9 ) lob ist als 10 ) ein loub vortorben,
daz ein starc 11 ) wint nider reret.
din valsche süze hat unheret
Schonebeck scheint sich demnach, um gewissermassen sein ver-
gangenes, auf irdische Freude gerichtetes Leben zu sühnen, der geist-
lichen Dichtung zugewendet zu haben. Von geistlichen Dichtungen
nennt ausser dem Hohen Liede die Magdeburger Chronik ein Ave
Maria, das vielleicht später als jenes gedichtet worden ist, da
nirgends in dem erhaltenen Gedichte (auch bei Erklärung des Ave
selbst nicht) eine Anspielung darauf sich findet, wie sie wohl sonst
bei Dichtern auf schon vorher Gedichtetes vorkommt.
Brun von Schonebeck war ein Laie. Er sagt es in dem Ge-
dichte ausdrücklich selbst, um für seine Behandlung des geistlichen
Stoffes Nachsicht seitens der Leser beanspruchen zu dürfen 1898 ff. :
ab sich irgent vorirret min 18 ) sin, wen ab ich etsliche wort
so wizzit daz ich ein leie bin; von den wisen* 0 ) han gehört,
zu der schrift han ich kleine hoge, daz miner 81 ) rede git sture ") — .
daz ich ein pfaffe geheizen 1 *) möge,
*) meyne jar vnd meyne czit. 9 ) stryt. •) meynem. 4 ) werde.
•) sy. •) sohreye. *) vnd och aoh. 8 ) dy. •) meyn. I0 ) also.
M ) starg. ,s ) dor czu. ia ) vrawe dalyda. M ) sy ym seyn — vorsneyt.
"*) vor schryt. M ) qwam. 1T ) dy. * 8 ) meyn. Iö ) pfaffen geheysen.
**) weysen. 8I ) meyn\ ") stevre.
mich vil armen und andirs niht
dar zü ,f ) dine swache zuvorsiht,
daz ich durh mancher hande blicke
gevallen bin in dine stricke,
du hast gegebin mir zu löne
daz vrouwe Delila 18 ) gab Sampsöne,
dö sie im sin har vorsnet 14 )
und [im] sine kraft also vorschret ,A ),
daz her quam ") in der vinde hant,
also mir die 17 ) schrift tüt bekant.
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6
Schonebeck war ein frommer Mann; besonders stark tritt seine
innige Verehrung der Jungfrau Maria hervor, der er sein poetisches
Werk widmet und die er allerorten preist. Er hatte die Nichtig-
keit der irdischen Güter kennen gelernt und sein frommes Gemüt
fand Trost in der Betrachtung der jenseitigen Freuden. Er hat die
ereignisreiche und schwere Zeit des Interregnums unmittelbar durch-
lebt und die Ereignisse, besonders das Ende des staufischen Ge-
schlechts , scheinen einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht zu
haben : ,Wo ist der Kaiser Friederich, wo ist Conrad, des Staufers
Kind?* fragt er (v. 10337. 10341) seine Leser und ermahnt sie, an
den Tot, der wie ein Dieb heranschleicht, zu denken und stellt
sich und der Welt die Schrecknisse des jüngsten Gerichts und die
Strafe der Hölle vor Augen. Schonebeck konnte sich, ein Zeit-
genosse und Mitbürger der weitberühmten Mathilde von Magdeburg,
dem Einflüsse der Mystik nicht entziehen. Zwar ist er nicht
eigentlich Mystiker zu nennen, aber schon die Wahl seines Stoffes
zeigt seine Verwantschaft mit dieser gewaltigen Strömung und seine
Auslegung des Hohen Liedes läuft schliesslich auf die mystische
Anschauung des stufenweisen Emporsteigens der Seele zu Christus,
ihrem Bräutigam, und ihrer endlichen Vereinigung mit demselben
hinaus.
An mehreren Stellen des Gedichtes lehnt Schonebeck Gelehr-
samkeit von sich ab; er nennt sich wiederholt einen tumben: ich
bin ein tumber Sachse, der niht vil der spräche kan 8690, daz tun
kunt ich tumber Sachse 8712, von der ich tumber üch schrtbe 9088,
git zu State mir min tumbheit 221, wäre ich ein wSnig wiser 9324.
Wir haben jedoch in diesen Aeusserungen wohl nicht mehr als die
Bescheidenheit des Laien zu sehen und können vielmehr dem Ur-
teile der Magdeburger Schöppenchronik über ihn: „dat was ein
gelart man" mit Rücksicht auf seinen Stand völlig beistimmen.
Schonebeck besitzt eine für einen Laien seiner Zeit staunenswerte
Belesenheit nicht allein in der Bibel und in den Kirchenschriftstellern,
sondern auch in klassischen Autoren. Er citirt an fünf Stellen
Verse aus den Episteln des Horaz, zweimal Ovid, einmal Seneca;
er citirt Aristoteles, Hippocrates und beruft sich auf Galenus. Von
kirchlichen Schriftstellern citirt er sehr oft Augustinus und Bern-
hardus, minder häufig Hieronymus, Chrysostomus , Boetius, Am-
brosius, Johannes Damascenus, Prosper, Johannicius. Freilich
dürfen wir nicht annehmen, dass er alle Citate, welche er anfuhrt,
an Ort und Stelle gelesen habe; sehr viele derselben fand er ohne
Zweifel bereits in seinen Quellen vor und entlehnte sie aus diesen.
Der lateinischen Sprache muss er jedenfalls vollkommen mächtig
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7
gewesen sein, da seine Quellen in dieser Sprache abgefasst waren«
Oft fügt er mitten in die deutsche Bede ein lateinisches Wort ein,
besonders wo es ihm einen bequemen Beim darbietet So: ab ichz
gesagen kan ita bene (rzwene) 1915. äa 463. 5239. 5262. gloriose
4218. obscwrum 2177. vobü 2194. erpresse 1145. 4487. 5675. flumen
3672 u. a. Französische Worte, welche von ihm bisweilen ange-
wendet werden, waren in der epischen Sprache ziemlich allgemein
ursurpirt: sot 8594. rote 3211. 4919. 8657. joie 8654. batalja 6035
u. a. — Auch mit der deutschen Litteratur muss Brun bekannt
gewesen sein, besonders mit der epischen Poesie, an die sich seine
Darstellungsweise anlehnt. Erweisen lässt sich seine Bekanntschaft
mit Wolframs Gedichten. Er vergleicht v. 1451 die Schönheit
Salomos mit der des Beacors (sin antlutze was glich dem Bd&cora),
welcher Parz. 720, 16 und 39, 25 als besonders schön erwähnt
wird. v. 3203 wird Katelange erwähnt, das sich nur bei Wolfram
findet; ,ze Börne noch ze Katelange worden nie schöner wangen
gesien' (vielleicht eine Anspielung auf Wolframs Titurel 14,2 und
31,2). Der Vers 10339 endlich — in der Betrachtung über die
Vergänglichkeit irdischer Pracht — ,wö ist der b&ruch, der cathöli-
cu8?' spielt auf Parz. 563,5 an, wo beide Herrscher ihres grossen
Beichtums wegen sprichwörtlich angeführt werden:
der baruo von Baldae
vergulte niht daz drinne lac:
als taete der Katolicö
von Ranoulat — .
Vgl. noch ,krenke* § 3 (Lexicalisches).
Nicht in gleicher Weise wie seine Gelehrsamkeit ist die poetische
Begabung Bruns von Schonebeck zu rühmen. Er reicht als Dichter
kaum an die Mittelmässigkeit heran. Zwar fehlt es ihm nicht an
einer gewissen Wärme des Gefühls und an Phantasie, aber in der
Handhabung der poetischen Form ist er auf das Höchste ungewant.
Sein Versbau ist roh und seine Darstellungsweise kunstlos und lang-
weilig 1 ). Freilich müssen wir billiger Weise die Schwierigkeit der
Aufgabe, welche er sich gestellt hat, und die Sprödigkeit des
Stoffes in Anschlag bringen. Es ist nicht zu verkennen, dass an
Stellen, wo der Dichter von seinem eigentlichen Thema, der Aus-
legung der Bibelworte, abschweifend allgemeine oder persönliche
Betrachtungen dem Gedichte einflicht, die Bede sich über ihr sonst
*) Besonders lästig ist seine »verbositas*. Mit Recht sagt von dem Ge-
dicht B. Sommer (de Theophili foedere, diss. pro fac. doc. rite obtinenda in
acad. Friedericiana Halensi 1844. S. 36): ,satis rudis est oantioi canticorum
circumlocutio brevis et interpretatio valde verbota . * .
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8
sehr niedriges Niveau erhebt. Es sind dies besonders Stellen, wo
er durch Gebete an Gott, Lobpreisungen der Jungfrau Maria, Be-
trachtungen über die Vergänglichkeit irdischer Herrlichkeit oder
durch episodisch eingeschaltete Erzählungen seine Auslegung unter-
bricht. Derartigen Abschnitten fehlt es keineswegs an Schönheit
und Wirkung, aber sie sind doch verschwindend im Vergleich zu
der übrigen schwerfälligen Masse des Gedichtes. Jedenfalls ist das
Gedicht — das Werk eines Laien — trotz seiner formalen Roheit
ein sehr merkwürdiges Denkmal aus der Zeit des Verfalls der mhd.
Poesie, interessant durch die Originalität seines bunten, phantastisch-
gelehrten Inhalts, lehrreich durch seine auf der Grenze des Hoch-
und Niederdeutschen sich bewegenden Sprache, und eine nähere
Betrachtung desselben auf Sprache und Inhalt erscheint um so
wünschenswerter, als es bisher in unseren Litteraturgeschichten ent-
weder ganz ignorirt oder sehr oberflächlich behandelt worden ist. l )
§2.
Die Handschrift.
Das Hohe Lied Bruns von Schonebeck ist uns in einer einzigen
Handschrift überliefert. Dieselbe gehört der Rhedigerischen Bibliothek
an und befindet sich mit dieser in der Breslauer Stadtbibliothek.
Ihre Signatur ist B 482 auch S IV 4 a 23. Die Handschrift
bildet einen Quartband, der in braunes Leder gebunden ist und
mit zwei, jetzt ihrer Haftbänder beraubten, messingenen Schliessen
versehen war. Das an der rechten Seite schräg verschnittene Vor-
satzblatt aus Pergament zeigt die Eintragung
Uber loham portwitz
82
von einer Hand, die Weinhold dem XVI. Jahrhundert zuweist
Die Handschrift enthält auf Bl. 1 — 210 a (Seite 1 — 419) das Ge-
dicht Schonebecks, auf Bl. 215— 250b (Seite 429— 500) die goldene
Schmiede Conrads von Würzburg in mitteldeutscher Mundart (von
Wilh. Grimm in seiner Ausgabe benützt und mit f bezeichnet
cfr. S. IV. 63). Das Hohe Lied ist von ein und derselben, sorg-
fältigen Hand geschrieben ; die goldene Schmiede von einer anderen
') Zu günstig beurteilt in Wackernagels Gesch. der deutschen Litt.
2. Aufl. S. 144. — Falsch die Angabe in Goedeokes Grundriss zur Gesch. der
deutschen Dichtung. 2. Aufl. I. Band. 8. 205 ,die Erklärung und Umschreibung
des Hoheu Liedes ist hslich. von 1267.* cf. S. 9. — v. d. Hagen und Büsching,
Literarischer Grundriss zur Gesch. der deutschen Poesie (BerL 1812) S. 446
wird falschlich von einer Paraphrase des Hohenliedes „und der folgenden
Salomonischen Bücher" geredet
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mehr flüchtig cursiv schreibenden. Weinhold setzt die Handschrift
Schonebecks mit Recht in das XIV. Jahrhundert und vermutet,
dass auch die goldene Schmiede noch in dasselbe saec. gehört. Die
Blätter der Hs. sind 20,5 cm. hoch und 14,5 cm. breit, aus starkem
Linnenpapier. Das Hohe Lied umfasst 18 Lagen von je 12 Blättern;
von der letzten Lage sind jedoch nur 7 Blatt vollständig beschrieben,
auf der ersten Seite des achten Blattes bricht der Schreiber nach
neun Zeilen seine Arbeit ab. Der letzte Vers ist in der darauf
folgenden Zeile von jüngerer Hand nachgemalt und dann aus-
gewischt worden. Auf jeder Seite stehen 31 Zeilen. Bis auf
Seite 18 Zeile 6 rückte der Schreiber immer den anderen Vers ein,
von da an stehen die Versanfänge jedoch gerade unter einander.
Die ersten Buchstaben sind rot gestrichen, die Anfangsbuchstaben
der Abschnitte ganz rot, ebenso die lateinischen Stellen, sowie die
deutschen Uberschriften und die' deutschen oder lateinischen Rand-
schriften. Die schwarz geschriebenen Citate sind rot durchstrichen
oder durch rothe Linien umzogen.
Der Text der Handschrift ist durch Schreibfehler sehr ent-
stellt, die Orthographie durchaus schwankend. Es fehlt nicht an
grösseren und kleineren Lücken; auch ist der Text durch Ver-
schiebung einzelner Abschnitte und durch Einfügung fremder Be-
standteile in starker Unordnung. Besonders ist die Hs. am An-
fange und am Schlüsse des Gedichtes in arger Verwirrung.
Beginnen wir mit Besprechung des Schlusses, da die richtige
Anordnung des Textes hier mit völliger Sicherheit hergestellt
werden kann. Mit dem Verse 12371 bricht der Text mitten im
Reimpaar ab und man hat daher den Eindruck, als wäre das Ge-
dicht Schonebecks fragmentarisch überliefert. Gleichwohl ist der
Schlus8 der Dichtung vorhanden und zwar findet er sich mitten im
Texte des Gedichtes selbst. Von v. 12354 an handelt Brun von
dem Wesen der Dreieinigkeit und der Verteilung der Gewalt,
Weisheit und Güte an die drei göttlichen Personen; v. 12363 ff-
der Handschrift lauten:
Ich spreche durch waz ys so komen sey
daz dem vater dy gewalt sy bey
höret durch vweres vromen störe
Wenne nach menschlicher nature
Der vater kvmpt an daz aldir
So daz syne nature wyrt kalder
So gehet ym an der walt 1 ) abe
Alsus ich gelesen habe
Vnd wyrt an allen dingen kranker ....
0 gewalt.
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Nun wird mitten im Gedicht der Text nach v. 2263 , wo Marien
Ohren mit einem offenen Ohrringe (nach Cant. 1,11) verglichen
werden, durch einen langen, mit einem verderbten Verse beginnen-
den Abschnitt unterbrochen, der mit den Vorausgehenden in keinem
Zusammenhange steht, v. 2261 ff. heisst es :
Marien hörende ore do waz
Eyn offen orryng alz ich laz
2263. Do Gabriel genant fortitudo
Dy da vore waz ein anke do
Sich 8us ist iz nicht geschaft
An der gotliohen orden kraft
Wy got alt der vater werde
Her hatte doch dy selben werde
Vnd och dy selbe gewalt
Dy ym von anegenge ist geczalt —
Es ist nun im Weiteren noch von der Gewalt Gottes die Rede,
dann von der Weisheit des Sohnes und der Güte des heiligen
Geistes. Man sieht sofort, dass diese Ausfuhrungen von v. 2264
an sich an den Schluss des Gedichtes anschliessen (wie auch der
Inhalt des im Weiteren Folgenden klar ergiebt) und zwar bietet
v. 2264 durch eine leichte Emendation die fehlende Reimzeile zu
v. 12371: und wirt an allen dingen kranker (sei. die gewalt)
die da vore was ein anker.
Die fehlende Reimzeile zu v. 2263 aber (do Gabriel genant fortitudo)
findet sich v. 2697
rechte czu yr sprach alzo
Aue allyr genaden vol
Got ist myt dyr daz weys ich wol . . .
Der störende Einschub also umfasst die Verse von 2264—2696 und
gehört an den Schluss. Aber nicht dieser ganze Abschnitt bildet
den Schluss des Gedichtes, sondern derselbe enthält noch andere
Bestandteile, welche nicht in die Dichtung gehören. Nachdem
Schonebeck von der Güte des heil. Geistes gesprochen hat, er-
wähnt er als seinen Gewährsmann für die vorgetragene Aulfassung
der Trinität einen Heinrich von Huxere (wohl fluxtere). Dies
giebt ihm Gelegenheit über seine Hülfsmittel im Allgemeinen zu
reden, dann preist er ,an deses büches ende' die Jungfrau Maria,
der er sein Werk gewidmet hat und bittet den Leser als Lohn für
seine Arbeit ein stilles pater noster für ihn zu beten. Im Folgenden
giebt er die Zeit an, in welcher er das Gedicht angefangen und
beendet habe und kommt noch einmal auf die schon im Anfange
von ihm mitgeteilte Einteilung der Dichtung zu sprechen. Nach
einer längeren Ausführung der Tugenden, welche man besitzen
müsse, um Marien Heimlichkeit zu erkennen und in das Reich
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Gottes zu kommen, fleht er in einem Gebete Maria um ihre Für-
bitte an und schliesst dasselbe mit Amen. Daran knüpft sich eine
ausfuhrliche Auslegung des Wortes Amen, welche bis v. 2559
reicht Diese Ausführungen bilden sehr passend das Ende des
ganzen Gedichtes, dessen letzte Verse demnach lauten:
2Ö47 Ich spreche wyr ich baz gelart
Vnd hette ich dy weysheyt alz e
Von amen weide ich sprechen me
Nv hylf myr herre ihesu crist
Wen du daz wore amen bist
Wenne sich sol andirweyden
Meyn sele von dem leybe scheyden
Daz ich enpha dynen leychnamen
Daz ich da müsse sprechen amen
Dar czu gyp myr deyne volleyst
Dv vater du son du heilig' geyst
Wer vns amen bescheyde baz
Der habe meynen dinst sunder haz.
Den Rest des Einschubs v. 2560 —2696 bilden vier Abschnitte,
welche mit dem Gedichte keinen inneren Zusammenhang haben.
Die beiden ersten Stücke (v. 2560 — 2619) gehören zusammen. Sie
tragen die Uberschrift : durch waz ich dys wyp vnd den man Den wyl-
den tyren geglycliet han und enthalten in sehr rohen Versen, die
kaum noch solche genannt werden können, die abenteuerliche
Schilderung eines Mannes und eines Weibes, deren Glieder von
allerlei Tieren entlehnt sind. Am Schlüsse eines jeden Stückes
folgt in noch wüsteren Versen (welche zum Teil überhaupt als
Verse nicht mehr zu erkennen sind, zumal sie fortlaufend ge-
schrieben werden) die Begründung und Erklärung dieser wunder-
lichen Zusammenstellungen. Die Enden beider Abschnitte zeigen
die Reimstellung a b b a.
Darauf folgt v. 2620—2657 ein Abschnitt, der die Überschrift
fuhrt: Dys ist von eynem Beyer yn beyspel De gelotete yn einer
wasser not eyn gelobde snel. Ein Baier gelobte Gott in einem See-
sturme, falls er ihn rette, alles was er habe. Als ein Genosse ihn
darum tadelte, beruhigte er diesen mit der Erklärung, er werde es,
komme er erst auf das Land, schon einzurichten wissen, dass er
Gott und die Pfaffen betrüge. Die Nutzanwendung dieses Bei-
spiels steht wunderbarer Weise voran, eingeleitet durch die Worte
Dys beyspel wyl ich bedeuten
Euch vnd allen guten leuten — ,
wenn wir in der Not seien, geloben wir viel, würden wir aber ge-
rettet, so geben wir Gott zu Ehren weniger als zwei Eier. Am
Schlüsse steht:
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hye ist der beyer in der waseer not
Do her gedenoket czu betrygen got
Do der tevfel genas do waz her alzo her e waz,
darauf folgt ein lateinisches Distichon:
Daemon languebat qui tone bonus esse volebat
sed enm convaluit mansit ut ante fuit
Unmittelbar daran schliesst sich ein neues Stück 1 ) mit der Uberschrift:
Dys ist eyn mere daz vomemyt myne kynt
Durch waz amor sey nacket vnd blynt.
Es enthält in den Versen 2658 — 2689 offenbar die erklärende Be-
schreibung zu einem Bilde, auf welchem Amor nackend, mit Flügeln,
eine goldene Krone auf dem Haupte, die Augen verbunden, auf
einem blutroten Felde stehend dargestellt war. Das beweisen gleich
die Anfangsverse 2658. 59.
Sehet yr herren alle gater
Dys ist amor der mynne vater —
und besonders v. 2678. 79.
Daz her als eyn erden klos
Stet gemalet nacket vnd blos.
Am Schlüsse stehen vier lateinische Hexameter, welche die Unter-
schrift des Bildes gewesen sein mögen:
sum Veneris natus Amor atqne Cupido vocatus
caecus et elatus pinguor celer immeditatns
est oeler omnis amans et amoris pignus et amens
et ratione carens consumitur intus et aret.
Wahrscheinlich sind auch die vorangehenden Stücke Beschreibungen
zu Bildern. Die Unterschrift des dritten Stückes (v. 2648): hye
ist der beyer in der wasser not, sowie die Uberschrift des zweiten
(v. 2591 f.): höret lezen von eynem wundirliche wybe Daz stet gemalet
glich tyren an dem leybe scheinen diese Annahme zu erfordern.
Was die Sprache dieser nicht zu unserem Gedichte gehörenden
Abschnitte anbetrifft, so lässt sich aus derselben nicht mit Bestimmt-
heit feststellen, ob auch diese von Schonebeck herrühren. Jeden-
falls lässt sich aus derselben kein Beweis dagegen erbringen. Die
Phrase: uril ich bedüten üch und allen guten lüten v. 2622 kehrt in
dem hohen Liede Bruns sehr häufig wieder (2085. 6792. 7924. 9427
und in ähnlicher Fassung öfter.)
Wie haben wir uns nun diese wunderbare Verschiebung des
Schlusses zu erklären? An eine blosse Blattversetzung in unserer
Handschrift ist nicht zu denken, da der letzte Vers der Hs. (12371)
') Abgedruckt von Füllebom in Graeters Bragur Band IL S. 324. —
S. 0. Seite 3.
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mitten auf der vorderen Seite eines Blattes steht, ebenso die Unter-
brechung des Textes nach v. 2263 mitten auf einer Seite statt-
findet. Wir müssen annehmen, dass dieselbe Unordnung schon in
der Vorlage unseres Schreibers herrschte, in welcher sie wahrschein-
lich durch eine Blatt Versetzung verursacht war. 1 ) Dadurch erklärt
sich auch dann leicht die Einfügung der vier fremden Bestand-
teile, welche ursprünglich unmittelbar hinter unserem Gedichte
stehend auf diese Weise mitten in den Text desselben gekommen
sind. Der Schreiber unserer Handschrift nun, der — wie sich aus
zahllosen Fehlern ergiebt — völlig gedankenlos gearbeitet hat,
merkte die Unordnung nicht, wohl aber merkte er, dass die Verse
2264 und 2265:
do Gabriel genant fortitudo
dy da vore waz ein anker
nicht reimen und er glaubte dem Übel, ohne Bücksicht auf den
Sinn, leicht abhelfen zu können, indem er der letzten Zeile ein
kleines ,do' hinzufügte; obendrein verschrieb er sich noch in dem
Worte anker und so entstand der sinnlose v. 2265 unserer Handschrift
dy da vore waz ein anke do.
Auch der Anfang des Gedichtes, wie die Handschrift ihn über-
liefert, ist offenbar nicht in Ordnung. Ohne Titel beginnt Seite 1
der Handschrift unmittelbar mit dem Citate: Tria mihi sunt difficiUa,
quartum penitus ignoro (Proverb. Sal. 30, 18). Darauf folgt in
16 Versen 9 ) die Ausführung jener tria (Weg des Adlers in der
Luft, der Schlange auf dem Steine, des Schiffes auf dem Meere)
und des quartum (Weg des minnegehrenden Jünglings) nach dem
auf die oben citirte Stelle folgenden Verse der Sprüchwörter
Salomonis. Mit dem Reimpaare v. 17. 18:
Dez künde salomon nicht besohrebin
Durch daz zo laz ich iz bleyben
bricht diese Ausführung plötzlich ab und es folgt unvermittelt und
ohne logischen Zusammenhang mit dem Vorausgehenden unter der
Überschrift:
Got gebe vns selde vnd heyl
Diz ist Salomen e irste orteyl
*) Statistisch nachweisen durch Vers- und Blattzahl läset sich die Blatt-
versetzung der Vorlage nicht wegen der häufigen Lücken unseres Textes und
der Unordnung am Anfange der Handschrift.
') Abgedruckt in v. d. Hagen und Büsching, Literar. Grundriss zur Gesch.
der deutschen Poesie. Berlin 1812. S. 446. Goedecke, deutsche Dichtung im
Mittelalter. 8. 109.
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v. 21 — 70 die bekannte Erzählung von Salomos weisem Richter-
spruche nach 1 Reg. 3, 16 — 28. Der Anfang lautet:
Hye sult yr wundir schawS
18 wontten czwo veyle frawen
Yn eynem howze czu zamene . . .
Der Abschnitt schliesst mit den Versen:
Durch dese weysheyt so man list
Vorchte yn seyn volk czu yrme heyl
Dys waz salomonis yrste orteyl.
Unmittelbar darauf, wiederum ohne jeden Gedanken Zusammenhang,
folgen in der Handschrift, zum Teil stark entstellt, 49 lateinische
leoninüche Hexameter, deren jeder ein bestimmtes Laster schildert
Am Rande ist zu jedem dieser Verse der Name des betreffenden
Lasters beigeschrieben. Sie beginnen:
non bene discernit quem praecipitatio sternit
(praecipitatio)
8olum cura mei, sit mihi nulla dei
(amor 8ui)
hio odit Christum qui mundum diligit istum
(odium dei),
der letzte Vers lautet:
non male concepta mutabo non male coepta
(pertinacia).
Nach dem letzten Verse steht mit roter Schrift:
ffilij filiarum dyabolL
Darauf fährt die Handschrift unmittelbar fort v. 121 ff.:
Ich sage evch durch meyne lust
Konyges salomonis kust ....
und es wird nun nach 1. Reg. 4, 22 ff. von der Menge an Korn,
Mehl und Vieh erzählt, die täglich zu Salomos Küchenvorrat ge-
hörte, von des Königs Reichtum an Stieren, Ziegen, Vögeln und
Pferden. Dieses Stück schliesst mit den Worten:
wer dys vor logene hab
her sey ryttyr adir knabe
wyl her dy warheyt suche"
her vynt sy an der konyge buche.
Darauf folgt ein lateinisches Citat: Insectatur dxdda replebitur egestate 1 )
(Prov. Sal. 28, 19) und erst von hier an lässt sich ein logischer
Zusammenhang und Plan in dem Gedichte verfolgen. Hier ist ohne
Zweifel der richtige Anfang des Gedichtes anzunehmen und die
vorher stehenden Abschnitte sind auf irgend eine Weise an diesen
ihnen nicht gebührenden Ort geraten. Die dem Citate nächst-
') Am Bande steht: negleccio ociantis.
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folgenden Verse (153 — 175) schildern die verderblichen Folgen der
Udekeit (otium) und daran anknüpfend fuhrt der Dichter aus: um
Müsse und Trägheit von sich fern zu halten, habe er sich zu neuem
Beginn entschlossen, er wolle einen ,Brief' dichten, der heisse ,Ub
obir Hb und lob obir allem lobe/ Es folgt ein Gebet um Gottes
Beistand und die Widmung an Maria (bis 212). Die Verse von
153 an bilden also, wie man sieht, sehr passend die Einleitung
de« Werkes. Mit v. 213 geht sodann der Dichter zu seinem Thema
über und redet der Reihe nach von Salomos Weisheit, Schönheit
und Reichtum, jede dieser Eigenschaften durch Beispiele näher
ausführend. —
Sehen wir nun zu, in welchem Verhältnisse jene vor diesem
Anfange stehenden, offenbar unter sich nicht zusammenhängenden
Stücke zu dem eigentlichen Gedichte stehen. Ich beginne mit dem
Stücke v. 19 — 70 von Salomos Richterspruche. Derselbe Stoff wird
in dem Abschnitte des Gedichtes, der von Salomos Weisheit handelt,
berührt. Es wird dort v. 232 als Beispiel für die Weisheit des
Königs dieser Richterspruch erwähnt in Versen, welche sehr ver-
derbt überliefert sind und offenbar eine grössere Lücke verraten:
231. Daz mag man noch hevte schawen
Eyn orteyl gab czwen vrowen
V*m eyn mortkeyt do daz kynt
Alle weysheyt waz kegem ym ey wynt.
In einem späteren Abschnitte, worin der Dichter die Eigen-
schaften Salomos auf Gott überträgt, kommt er noch einmal auf
das Urteil zurück und verweisst ausdrücklich auf eine frühere
genaue Erzählung desselben. Er sagt v. 1404 ff:
Von dem orteyl alzo ich e seyte
Daz salomon gab den czwen vrawen
Dy warheyt sullyt yr wol schawen
Wir läse eyn vyl schone dink
Czwe frawen komS vor den konyng
Salomone vm eyn todis kint
Wye daz orteyl yrginge sint
Daz hat yr an myr wol vernomen . . .
worauf er kurz die Entscheidung des richtenden Königs erwähnt.
Man könnte nun leicht zu der Vermutung geführt werden, dass
jene ausführliche Darstellung dieser Erzählung vor dem eigent-
lichen Anfange des Gedichtes (v. 19 — 70) an jener ersten Stelle
(v. 232), wo sie vermisst wird, ausgefallen und später nachgetragen,
auf irgend welche Weise an ihren jetzigen Platz gekommen sei —
und es würde diese Annahme frei von allem Zweifel sein, wenn
sich irgendwie die Einfügung dieses Abschnittes in die verderbte
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Stelle v. 232 ff. erkennen Hesse. Allein dies ist nicht der Fall,
sondern jene ausgeführte Erzählung (v. 19—70) zeigt sich durch ihren
Anfang ,hie sult ir wundir schouwen etc' sowie durch ihren oben
angegebenen Schluss als ein völlig abgerundetes und selbstständiges
Ganze, als eine Dichtung für sich.
Aehnlich verhält es sich mit dem Abschnitte v. 121 — 152, der
von Salomos reichen Vorräten berichtet. Auch dieses Stück hat
eine ganz abgerundete Gestalt durch ihren Anfang: ,ich sage üch
durch mine lust' und den sich auf die Quelle berufenden Schluss.
An der Stelle des eigentlichen Gedichtes, wo Schonebeck von dem
Reichtume des Königs handelt (v. 245 ff), erzählt er nur von der
grossen Zahl seiner Trinkgefässe und dann ausfuhrlich von dem
kostbaren Bette (nach Cant 3, 9. 10), dann weiter von dem Besuche
der über den Reichtum staunenden Königin von Saba und der
grossen Menge der den König liebenden und ihm dienenden Frauen.
Auch hier also bildet jenes vorgesetzte Stück (v. 121 — 152) eine
Ergänzung und Erweiterung des Gedichtes.
Die 18 Verse ferner, welche in unserer Handschrift den Anfang
der Dichtung ausmachen und eine in sich abgeschlossene Paraphrase
von Prov. Sal. 30, 18. 19 bilden, sind ebenso wie die beiden vor-
besprochenen Stücke ganz im Dialekte und Stile Schonebecks (zu
dem formelhaften ,iz spricht* und zu dem Schlüsse ,durch daz so
läz ich iz bliben' vgl. § 4 Darstellungsweise) , zeigen aber durchaus
keine andere Beziehung zu irgend einem Teile unseres Gedichtes,
als dass sie den Namen Salomos erwähnen. Der darin enthaltene
Gedanke selbst wird nirgends in dem Gedichte berührt und an
keiner Stelle vermisst.
Ebensowenig zeigt endlich der zwischen den Erzählungen von
dem Richterspruche und von den Schätzen Salomos eingeschobene
lateinische Abschnitt (v. 71 — 120) mit dem Gedichte irgendwelchen
Zusammenhang.
Wie sind nun diese Bestandteile in der Handschrift des Hohen
Liedes vor den Anfang des Gedichtes gekommen? Wir können
darüber nur Vermutungen aufstellen, welche auf unbedingte Sicher-
heit keinen Anspruch erheben können. Aus der Beschaffenheit
der Handschrift ist zu schliessen, dass der Schreiber dieselbe Un-
ordnung schon in seiner Vorlage vorgefunden hat und dieselbe
(wie wir auch bei der Verschiebung des Schlussteiles gesehen haben)
ohne Nachdenken einfach in seine Abschrift übernommen hat.
In der Vorlage werden (wie der Abschnitt v. 2264 — 2696)
auch die Stücke v. 1 — 152 unserer Handschrift, ursprünglich auf
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ein besonderes Doppelblatt geschrieben, durch Vertieften an die
falsche Stelle gekommen sein. Die Stücke rühren möglicherweise
von Schonebeck selbst her und würden dann als nachträgliche
.Erweiterungen zu dem Gedichte anzusehen sein, oder sie sind von
einem späteren Abschreiber als weitere Ausführungen und Nach-
ahmungen im Dialecte und der Manier Schonebecks gedichtet und
mit dem lateinischen Abschnitte, der irgendwoher abgeschrieben
wurde, auf demselben Notizblatte vereinigt worden. Doch macht
die genaue sprachliche Übereinstimmung jene erstere Annahme
wahrscheinlicher.
§ 3.
Sprache.
Die Sprache des Gedichtes erweist sich nach Vocalismus,
Consonantismus undWortschatz als mitteldeutsch. Brun v. Schonebeck
als Magdeburger hat ohne Zweifel niederdeutsch gesprochen. Allein,
wie es vom XII. — XIV. Jahrhundert in Norddeutschland durchaus
Sitte der Gebildeten war, die sich an der hochdeutschen Litteratur
beteiligten *), verschmähte auch er in dem Wunsche über die engen
Grenzen seines heimatlichen Dialektes hinaus bekannt zu werden,
die rein niederdeutsche Mundart und schrieb in einem individuellen
Mischdialekte, welcher dem Hochdeutschen sehr nahestehend dennoch
manche Spuren des Niederdeutschen an sich trägt. Brun von
Schonebeck ist nach seiner Sprache also Dichtern wie Eilhard von
Oberge, Albrecht von Halberstadt, dem Verfasser der Braun-
schweigischen Reimchronik u. a. an die Seite zu stellen.
Die auf uns gekommene Handschrift des Hohen Liedes nun
zeigt uns die Sprache des Dichters keineswegs in ihrer ursprüng-
lichen Gestalt. Der Schreiber, welcher das Gedicht ungefähr
100 Jahre nach Abfassung desselben abschrieb, ein Mitteldeutscher,
beherrschte die hochdeutsche Sprache weit mehr als der Dichter.
Er hat sich daher bemüht (ähnlich wie der Schreiber der Hamburger
Hs. der Braunschweigischen Reimchronik 2 ), die Sprache des Ge-
dichtes auf den hochdeutschen Lautstand zurückzuführen. Ab-
gesehen davon, dass er dem hochdeutschen Vocalismus durch Ein-
führung der neuen Diphtonge ei, eu, seltener ou (au) vielfach
Rechnung trug, hat er fast durchweg die vocalischen Eigentümlich-
*) F. Lichtenstein, Eilhard von Oberge S. UV.
*) Die Braunschweigische Reimchronik hrsg. von Weiland im II. Bande
der Deutschen Chroniken S. 458.
Fi&cher, Bruns von Schönebeck hohe« Lied. 2
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keiten des Dialektes des Dichters zu beseitigen gesucht. Dabei
kam er natürlich gar oft mit den Reimen in Widerspruch, so das«
sich seine Hand in vielen Fällen von selbst verrät. Auch im
Con?onantismu8 hat der Schreiber den Dialekt des Dichters der
hochdeutschen Sprache anzubequemen gesucht, was sich naturgemäss
am deutlichsten bei den Consonanten der Dentalreihe zeigt Aber
er ist in seiner Umgestaltung sehr wenig consequent verfahren, so
dass sich, abgesehen von den beweisenden Reimen, häufig genug
noch Spuren der ursprünglichen Schreibweise vorfinden. Bei dieser
Unreinheit der Ueberlieferung werden wir uns, um die Mundart
Bruns von Schonebeck zu untersuchen, fast ausschliesslich auf die
Reime beschränken müssen, die uns wegen ihrer Genauigkeit ein
sicheres Criterium für die mundartlichen Eigentümlichkeiten des
Dichters gewähren.
Vocalismus.
A. Vocale in Stammsilben.
1. Kurze Vocale.
»•
Unumgelautetes a ist durch folgende Reime gesichert:
blater: algater 6190. vaste (subst.): taste 12148. gedftht:
geslaht (subst.) 6781. beider halber: kalber 395. ietweder
halber: kalber 3824 allenthalber : kalber 4010. kallet: vallet
(3. s. prs. ind.) 1351. voraldet: obirwaldet: 2272. bane: zane
(plur.) 3428. ange (subst.): slange 8. s wanger: vil langer
2775. lant: brant (3. s. prs. her d6 röbit unde brant) 11238.
lande: pfände (1. s. prs. ind.) 9364.
Diesen Belegen gegenüber steht der Umlaut des a in
sÄlde: ge weide 7819. engil: wengil 367.
a für o erscheint in dem mitteldeutsch allgemein verbreiteten
adir (= oder), das bei Brun durchaus herrscht, in der Conjunction
ab = ob, endlich in brutegam, das im Reime zu nam 7330. 10837 und
zu Mandragoram 10676 erscheint. Weinhold, mhd. Grammatik § 67. *)
Sogar für o an Stelle des gemeindeutschen ou ist dieses a gesichert
durch die Reime im Subst. brütlaft. Es reimt: kraft 559. 1021.:
urhaft 969. 3804.: geselleschaft 6435. (vgl. das nd. brütiaht Schiller-
Lübben mnd. Wörterb. I. 441a).
a für e vermittelt durch d steht regelmässig in dem park perf.
der Verba keren und leren; gekart: art 275. 2912. 9560.: zuspart
') Die Citate beziehen sich auf die zweite Aasgabe der mhd. Grammatik,
Paderborn 1883.
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1006. 7639.: wart 374. 2850. 2860.: vart 5217. 11769.: hart 9236.
vorkart: vart 7288.: wart 9312. — gelart: wart 2245. 9085.: art 3830.
9366. Auffallend ist dem gegenüber die Form des perf. ind. in e,
welche im Reime geverte: körte 991 erscheint.
a als Verkürzung von d scheint vor ht im part. perf. von
denken eingetreten zu sein, welches stets mit kurzem a reimt, gedaht :
maht 6419. 7194.: naht 834. 6198. 8443. 10320.: geslaht 6780.:
betraht 6244. andaht: irtraht 8793. Ungewiss ist die Quantität in
dem Reime gedaht: bräht 1626. 1937. 4554. 11513. Auch die
Quantität des perf. von denken lässt sich aus den Reimen nicht
bestimmen, gedahte: irwachte 29; sonst reimt es nur zu gleichen
Formen von brdhte.
e.
Die beiden Vocale e und i zeigen, wie in allen dem Nieder-
deutschen sich zuneigenden Dialekten, durch die fast gleiche Aus-
sprache beider ein vielfaches Schwanken und Ineinandergreifen.
In der Sprache Bruns von Schonebeck ist eine entschiedene
Vorliebe für e gegenüber hochd. i zu beobachten und zwar sowohl
in der Bewahrung des alten Spaltungsvokales $ gegen seine Er-
höhung zu i, als in nicht seltener Brechung des echten i zu t.
Die Unsicherheit des Schreibers, ob er in den einzelnen Fällen
e oder % setzen solle, zeigt sich in der schwankenden Schreibung
derselben Worte, die bald mit e bald mit i erscheinen, in der Reim-
bindung e: y und umgekehrt und in der bisweilen begegnenden
Wiedergabe dieses schwebenden Lauts durch y.
Zunächst steht £ für i in den Singular-Formen der ablautenden
Verba der A-Klasse.
gebe: lebe 207. beweget: pfleget 7192. spreche (Oonj.):
reche (1. s. prs. ind.) 1996. scheldit: meldit 6940. berge:
(ich niht) berge 1606.: vorberge 5487. vorbere: mere 9. —
Ferner in: werret: erret 3307. sebengesterne : verne 1545. brengen
oft ausser Reim.
Für echtes i erscheint e vielfach im part. perf. der abl. Verba
der I-Klasse, wie die Reime beweisen:
leben: geschreben 7457. geschreben: leben 12275. 8933:
Nicht bew. geschreben: bieben 2542. bieben: geschreben
10071. geleden: (in einer) smeden 11189.: vormeden 5520.
dirstegen: vorswegen 3967.
Ausserdem begegnet e für echtes i in
rede: vrede 2065. 6241. schede: sede (mos) 9679. 11986.
misset&e: bete 551. hete: sete 5844. röte: sete 6917 mete
(mit): sete 1495. 3424. 11075. 11308.: bete 3116. wedir
2*
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20
sedir 6669. nedir: sedir 554. 619. 674.: pflegit: gesegit
6387. irquecken: volrecken 3651. irquecket: smecket 12313.
hen: begen 2755. hemil: schemil 1859. 5009.
Von dem rahd. biben sw. v. finden sich die Reime leben: beben
10991. irbebite: lebite 8154. daneben lyben: irbiben 4138 und
bybete: lebete 8193. Es ist somit zweifelhaft, ob überall biben
und mitteldeutsches üben anzunehmen ist, oder ob Brun die Form
beben gebraucht hat. (Eneit 10122. Behaghel).
Ausser Reim herrscht grosses Schwanken zwischen i und e.
Ziemlich regelmässig erscheint e in dem pron. poss. ir, so: eren
335. 3350. erem 2142. 4255. Andre Belege für e statt f: zege
350. 2239 u. ö. keseling 3893. 3894. 3898. meselsuht 4576. leden
(dat. pl.) 5654. dren (dat. pl.) 4098. errtüm 8470. 8615. gestegen
188. e für i ist auch in dem Reime zil: Gabriel 3182 anzunehmen.
Alteree e für o hat sich erhalten in wel: mel 6240.
Unechter Umlaut des a zeigt sich stets in der mitteldeutsch
verbreiteten Form erbeit 156. 3255 u. ö. (Weinhold § 28). Nur
einmal findet sich arbeiten 11950. Ausserdem in nesen (=nasen):
gelesen 1064.
e als Kürzung von e erscheint in kerren für keren in den Reimen
entwerren: bekerren 1108 üf kerren: untwerren 8548. Auch herre
erscheint im Reime bei Schonebeck stets gekürzt, herre: gewerre
1243.: verre 2795. tohter: her 330. here: tohtere 8595.
Auffallend ist das e im plur. breste von brüst (:kreste 3910.:
vreste 11785), den Schonebeck wohl nach dem nd. barste zu borst
bildete (Schiller-Lübben mnd. Wb. 1, 399 a). e steht hier also für o: o.
i.
t für gemeindeutsches e, das im Mittelfränkisohen bisweilen er-
scheint (Weinhold § 47) findet sich bei Schonebeck mehrfach. Es
herrscht aber auch hier in der Handschrift die grösste Inconsequenz.
Beweisend sind die Reime:
vilt (campus): schilt 9885: vilden: Schilden 9915. vilde:
wilde 11007. piche (pici): sliche 8137. vider: nider 11028.
willen (Inf.): stillen 11320. Über liben: irbiben 4137. s. o.
Im Versinnem begegnen : gesille 2644. sigel 10497. pinsel 8634.
diste 8227. 8322.
t findet sich auch an einigen Stellen für den Umlaut e, (Wein-
hold § 29):
vorbrinnen: unsinnen 11042. brinnet: vorsinnet 11985. hitzen
(= hetzen) : wizzen 3095. nedirlige (trans.) : sige 9778. 11810.
Als Kürzung des i erscheint i auch bei Schonebeck in dem
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componirten -lieh, wie aus den Reimen hervorgeht;
sich : ein valdiclich 4094: öwiclich 5754: hazzelich 6088. 9948:
engistlich 10951. ich: werltlich 11258. : tötlich 6691.: vrüntlich
12033.: wizzentlich 10062.: unbegriflich 7358. u. a. Auch
gelich braucht der Dichter verkürzt; :ich 859. 11977. 11989.:
mich 7042.: sich 7392.: wönich 2964.
In den Reimen biht: beriht 8486. 11578. gebthtet: berihtet
8250. bthten: berihten 8260. bihtet: berihtet 10047. 11592. 11634
scheint Kürzung des (durch Contraction entstandenen) % angenommen
werden zu müssen.
i für monophtongisirtes ie erscheint vor ht und vor liquida,
wie die Reime von t = ie zu i beweisen; liht: beriht 2119. 2219.
5184.: geschiht 193.: vorgiht 9310. lihte: sihte 11270. — dirne:
zwirne 3186. zirde: wirde 7072. koning: irging 636.
0.
Ein ähnliches Verhältniss wie zwischen e und z herrscht zwischen
den Vocalen o und u.
Brun von Schonebeck bevorzugt entschieden die hellere Klang-
farbe dieses Lautes, wie aus einer grossen Zahl von beweisenden
Reimen hervorgeht, in denen mitteldeutsches o für gemeindeutsches
jüngeres u sowie für altes echtes u gebraucht wird (Weinhold
§§ 63 und 74). Der Schreiber war auch hier sehr unsicher und
inconsequent; er wechselt in denselben Worten die Vocale o und u
und schreibt im Reime oft o : u und umgekehrt. Mitteldeutsches o für
gemeindeutsches u steht z. B. in den Reimen
gedolt (part.): holt (3. s. prs.) 2319. solt (subst): holt (subst.)
8233. bevorn: torn 11747.: irkorn 11707. 11727. gebort:
vort 2059. 7297. : wort 2855.: gehört 2384. 7723. 9335. 10753.
10829. dorst: vrost 4417. worde: morde 12076.
o statt u für mhd. ü ist in den bew. Reimen tore (fem.): vore
8280. 8344. 9809. 10438. 11700. zur tor.: da vor 8292. her vore:
kore (subst) 964. 10213. 3864. u. ö.
Im Innern des Verses schwankt natürlich die Schreibung
zwischen o und u in noch höherem Grade, als im Reime. Mit o
erscheinen Worte wie:
broch 5969. broches 9880. vlogel 922. 7919. 10011. mogelich
1804. trogenheit 4320. troginhaftig 46. oppikeit 6842. stopfel
11951. Joden 3537. 3795. notzheit 11221. kos 638. obir-
vlozigez 4509. 4550. 4567. holfe 4207. 4347. vort 10517. hört
(Scheiterhaufen) 11270. sporen (spürn) 9976. worme 5739,
stets die praepos. obir.
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22
In dem subst sun schwankte auch der Dichter zwischen dem
ursprünglichen alten u und der Erhöhung desselben zu o. Für
beide Vocale finden sich beweisende Reime, aus denen gleichzeitig
die Verlängerung der Vocale sich ergiebt; son: lön 4107. 6685.:
trön 4662. 5254. 5329. sone: tröne 2275. Daneben sun: hün 10009:
tön 1121. 1284. 2020. 2221. u. ö. tün: sun 1041. 1988. 4121.4453.
9923. *) *
u.
Der Vorliebe für o steht gegenüber die bisweilen erscheinende
Senkung des gemeindeutschen o zu u, wie sie bei allen Mittel-
deutschen sich reichlich findet (Weinhold § 63). In zwei Fällen
reimt dieses dialectliche u zu reinem; gevuhten: irlühten 571. ruch:
kuch (Koch) 6384. Im Übrigen herrscht auch hier das Schwanken
zwischen u und o.
vorburgen: surgen 11005. sorgen: vorburgen 10971. sorge:
bürge 8108. gesorget: bürget 8693. röbucke: stocke 685.
stucke : röbocke 4005. beguzzen : unbeslozzen 3056. —
Ausser Reim : dulle 2834. dullen 3296. luschen 3752. durret
9160. vulget 10345 u. a.
Den Umlaut von u kennt die Sprache Bruns nicht; dies be-
weisen die Reime
wunne: sunne 5174.: brunne 4291. 5612. brunne: kunne
(subst.) 5090. stunde: sunde 12145. sunden: wunden 5350.
sunde: künde 9877.: Urkunde 12048. durchgrunden (Inf.):
stunden 8406. bürden: wurden 7239. 10159. sullen: mullen
11369. —
u ist Verdunkelung von i in dem rad. verbreiteten burnen för
brinnen (mit nd. Metathesis); ein burndez strö 2674. mit burnder
lust 3479. einen burnden kol 12324. burnen 10951 (im Reime jedoch
brinnen : rinnen 1 1 1 64). Auf dem Einflüsse des vorangehenden w beruht
die Verdunkelung des t zu u in zwuschen oder zusehen (= zwischen)
1186. 9562. 10780. 10793 u. ö. (die Hs. schreibt meist czwschen).
Weinhold § 55. e ist zu u verdumpft in spinnewuppe: gestuppe 3684.
u als Verkürzung von ü als Monophtong für tu erscheint, wie md.
häufig, in dem subst vrunt und dem verbum wunden. Weinhold
§ 132.
vrunt: kunt 4561.: stunt 3329. vrunde: stunde 785. 8672.:
sunde 5939. 6935. 8499. 11584 12Ö60.: orekunde 11390,
sunden: vrunden 5790. vrunden: unkunden 6089 u. a.
') Die Reime tün: sun sind nicht unbedingt beweisend, da auoh die Form
tön durch den Reim belegt ist (: Physon 188ö).
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23
Vor ht trat dieselbe Kürzung ein in gevuhten : irluhten 572.
Auch das aus uo zusammengezogene ü erfuhr Kürzung vor nt
im perf. von stdn; stunt: kunt 653. kunt: stunt 4257. 4491. 5518. :
üfgestunt 806. künde : üf stunde 3802.
2. Lange Vocale.
Auf die dunkele Aussprache des Vocales d wie gedehntes offenes
o weist die sehr häufige Wiedergabe desselben durch o hin. Es
begegnen die Schreibungen spote: drote 10434. spote: rate 6979.
gedoht: vollenbroht 567. gedoht: maht 6419. vollenbrohten : irdahten
1301. vollenbroht: gedaht 1626. obent 8357 u. ö. nomen 8501.
pfoles 9691. bobiste 12051, fast immer do statt dä. Dass auch der
Dichter sich zu dieser Verdunkelung neigte, beweist der Reim
gote: rate 5797.
Unumgelautete ä kommen nur in geringer Anzahl vor. Be-
weisend dafür sind die Reime sw&r: vor w&r 1.: wftr 8210.: bftr
11880. d&r: när (Comp.) 12164. dr&t: n4t (= naejet) 11209. In
der 3. s. conj. perf. des verb. subst. kommt neben regelmässigen
wäre das unumgelautete wäre vor; wäre: zwftre 7079. wäre: offen-
bare 4227. 4676. 5648. 5977. 6439. 7832 (dagegen wäre: offenbare
1981. 3169. 3766. 4180. wäre: offenb&re 3498. 4894. 2758. u. ö.)
Die Dehnung von a nimmt in der Sprache Bruns einen weiten
Umfang ein. Sie findet am häufigsten nach liquida, doch auch
nicht selten nach lingualis und gutturalis statt Vergleiche unten
g 5 die häufigen Reimverbindungen von kurzem und langem a.
«.
e als Umlaut von d wird zu echtem e unbedenklich gereimt z. B.:
6re: wäre 3934. wäre: säre 6503. Sre: märe (fabula) 7911.
säre: märe 1072. 5696. 9068.: läre 10574. 10646. 12221.
morsäre: säre 7712. irvären: vorkären 1998. märe: lesäre
2388.: gertenäre 5114. wäne: zwäne 1910.: zene 379. 3390.
3463.: kläne 11545. wönen: Magdalänen 11405. wähe: ge-
schehe 8401. stäte: planäten 1494.: häte 2100.: mete 1496.
vorsmäte: häte 12226. prophäten: geräten 9554.
Als einen unechten Umlaut von d könnte man das e in spreche
ansehen, welches veranlasst durch das nd. spreke für spräche vor-
kommt: 7769 sint du der eselinne gebist spräche, ich enweiz waz
du an mir röche, du engebest mir öch sulphen vunt, Ausser Reim
spräche 7665.
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24
Starke Beeinflussung durch das Niederdeutsche zeigt sich in
dem Gebrauche von e für ei, das sich Brun von Schonebeck in
ausgedehnterem Umfange erlaubt, als andere unter nd. Einflüsse
stehende Dichter (cfr. Weinhold § 98). Er reimt dieses e = ei
zu gemeingermanischem e (e) sowie zu e = ie und dem Umlaut -e.
Weinhold führt a. a. O. von Reimbelegen erster Art (e = ei: germ. e)
an: sfele : hßle 9184. *) m6ne:zw6ne 1920. 1939. Dazu kommen:
senen : m6nen 3435. hinsfeg : vorz&g 6513. Häufig sind die Reime
zwischen diesem § «= ei und $ als Vertreter von gemeindeutschem
ie. sSch : blfich 674. 3066. 11628. w6z : enthfcz 7476. : 16z 11638 wöz :
gröz (griez) 1181. rfede : näde (niede) 10508. vorsnöt : vorschröt 10359.
Zu dem Umlaut -d reimt e = ei in wöne : kl&ne 11545. In den
Versen 4377 ,Durch waz her sy swester heyse, wy (lies: vil) note
ich dez vorgeyse* und 5156 ,Durch waz her sy lylye hysse, vyl
note ich daz vorgyze' ist wohl zu schreiben höze : vorgöze. Der
Schreiber der Hs. hat dieses grobmundartliche e sowie das für ie ge-
brauchte überall durch die hochdeutschen Diphtonge ersetzt ohne
Rücksicht auf die Störung des Reimes.
Ausser in den angeführten Reimen von ei : ie, in denen e als
Vertreter von ei sowie von ie erschien, findet sich e für ie noch
an folgenden Stellen; begÄ : stö 6333. Ä: enlS 8435. w6re:schöre
7092. riv6re : schöre 5979. verne : dÄrne 3173 und vielleicht JosÄp :
br&b 1968.
e als Dehnung von e findet sich, wie md. überhaupt, gern vor r;
here : mfere 440. wfere : vorbere 11239. vorberen : wären 332.
wäre : gere 4628. swören : geberen 1428. hutftre : gewere 6901.
vehtöre : gewere 6905. e für i ward gedehnt in misset&te :
bete 551. Auch e als Umlaut von a erscheint bisweilen
gedehnt geverte : kfcrte 991. sfere : here 8447. 6r : wer 11742«
wgne : zene 379. 3390. 3464. s&de : gewelde 7819.
Die Silben ehe werden gern zu e contrahirt;
m&:gesch6 (Conj.) 2519. : zö 5042. 6:j6 7787. z6ne:wÄne
133. gön:gesch6n 11089. besten :j8n 7363. vorstenlSn : jön
9817. gÄt:enpföt 8303. Aus ehe entstand e in slÄ:begS
6334.
i.
Analog der Erhöhung von 2 zu % wurde nach md. Brauche
auch e zu t erhöht. Im Reime erscheint dieses t nur einmal in
vorkirt :vorbirt 4354. Ausser Reim irllche 9033. h&rllche 1933.
*) Dieses Beispiel ist zu streichen.
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Kürzung dieses i ist nach Weinhold § 99 anzunehmen in hirre 1 347.
2456. 2663. 2983 3059. 3117. 6299. 6761 u. ö. hirschen 1984 und
dem allgemein md. irste 70. 561. 1936. 2078. 6135. 7163 u. ö.
Zu i werden gern die Silben ige, ihe, ibe, ide zusammengezogen,
ige; lit : beschribt 3717. : git (gihet) 11496. : git (gibet) 191. :
qult 3317. 10639. ihe; git : sit 10860. : David 3753. 4827.:
lit 11496.:zit 10431. 11488. ansitrgit 9305. sit: gesohlt
12320. In dem Reime 7750 einem vye : e ist wie Eilh. von
Ob. v. 5946 Zusammenziehung von ihe zu e anzunehmen
(Lichtenstein Eilh. S. LXXI). ibe; git: lit 192. ide; quid:
David 4140. 7995. 9713. 10153. 11193. : lit 10639. : git 10689.
11279. U796.:zit 11716. 11942. 11958. : strit 12305.
t als Dehnung von i erscheint in einer Anzahl von Reimen
zwischen i : L
zige : swige 2804. ligen : krigen 6033. bevridet : midet 1274.
smide : vormide 2057. antlitze : vlize 2197. vlize : antlitze 877.
8004. 10191. sin: sin 8286. : vründin 9317. : Chörubin 1395.
4779.: win 8987. bin : min 9993. : Söraphin 478. sin: hin 9857.
in : hin 807. vründin : gewin 11548. bliben : triben 3158. slife:
schiffe 4753.
t ist endlich Monophtongisirung des gemeindeutschen ie. Be-
weisend für die Aussprache des Dichters sind die Reime
übe : schribe : tribe : schibe 468 ff. Übe : schibe 8950. Üp:
büp (=bleip) 697. slif : schrif (=schreip) 10147. brib: schrib
4690. kisen: Vrisen 2171. süfet : begrifet 733. 9545. 9649.
6.
Die md. Verengung des alten ou zu 6 vor labialis und guttu-
ralis war der Sprache Bruns nicht fremd. An beweisenden Reimen
mangelt es zwar bis auf den einen bögen (= böugen) : hogen 12254,
aber es begegnet oft die Schreibung o für und neben ou. gelobe :
roube 6177. geloben : rouben 1760. 4937. ungeloben : roben 3793. :
klouben 11562 u. a. ImVersinnern herrscht och für ouch.
6 als Monophtongisirung des gemeindeutschen uo (üe) ist nicht
selten belegt z. B.:
sö:zö 906. dar zö: vrö 3281. zö : consecratio 2224. alsö:
vrö (mane) 2250. 9856. vödet:nödet 3475. tot (mors): töt
(facit) 2432. n6t:vl6t 10496. r6t:bl6t 912. 7821. 11515.
n6se:alm6se 5323. töne : löne 6449. tön:Physön 1886. swör:
chör 6009. höne : köne 2430. schöner : köner 8567. —
Ebenso ist wohl 6 für uo anzunehmen in den Reimen süze:
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gröze 3383. süzer : grözer 8568 und gevöret : höret 9515, bei denen
man aber auch an die von Weinhold § 114 fiir Mitteldeutschland
nachgewiesene Senkung des 6 zu ü denken könnte. — Dem Schreiber
der Hs. war das dialektliche 6 für uo nicht geläufig, wie sich aus
der in fast allen der angeführten Beispiele begegnenden Schreibung
u ergiebt.
Den Umlaut von 6 kennt natürlich die Sprache Schonebecks
gar nicht, wofür eine grosse Zahl beweisender Reime bürgt, z. B.:
kröne : schöne 242. 10308. döne : unschöne 8135. : schöne
2807. 7930. 8001. vröne : schöne 7857. schöner (Comp.):
köner 8566. löne:döne 11689. beschönit : nömit 1113. störe
(verb.)-.öre 8350. durchflögt : störet 1138. höre:öre 8009.
getödet : nödet 7780. nöte : röte 3125. bösen : glösen 3152.
5206. 9265. 11303. tröste: hoste 574.
Dehnung von o ist in den nicht seltenen Reimen von o : 6 an-
zunehmen. Sie fand vor folgendem r und t, einmal vor * statt
wort : gehört 889. 1049. 1582. u. ö. redewort : gehört 1095.
worte: hörte 538. 881. gehört : wort 1282.2778. 2964. : vort
3024. 7335. dort: gehört 2455. 6619. pforte : hörte 4283. got:
töt 1373. 10367. : nöt 9531. nöt : got 10743. bröt : got 9697.
tröste : vroste 3488.
Auch das an Stelle von u gebrauchte o ward gedehnt in den
Reimen:
son : lön 4107 : trön : 5254. sone : tröne 2275. lön : son 6684.
trön:son 4661. 5328. gehört : gebort 7722. gebort : gehört
2383. 9335. 10753. tröste : vorste 505.
ü.
Von den bei Schonebeck vorkommenden ü ist ein Teil auf
Dehnung von u zurückzuführen, der grösste Teil Monophtongisirung
der hochdeutschen Diphtonge tu und uo.
Dehnung von echtem u weisen die Reime auf
luch : böch 4467. geruch : strüch 2538. wühs : vuhs 10586.
ubil : tübil 9079. töbel : ubel 2863. 4047. 4299. 6603. 6782.
6786. 6800. 6856. 7395. 9261. 10591. 10767. sun :hün 10009.
:tün 1121. 1284 u. ö. (siehe Seite 22). Ebenso scheint in
vlus ( : klüs) 4233 = mhd. vlies Länge des ü anzunehmen
zu sein.
Dass der Dichter den Diphtong tu durchaus monopthongisch
wie ü gesprochen hat, geht aus einer grossen Zahl beweisender
Reime eu echtem u hervor, z. B.:
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ü (vobis) : u 2735. 6761. nü:ü 10866. 11249. 11550. ge-
vuhten : irlühten 572. suche (morbus) : strüche 5837. 7707.
rüch (hirtus) : gezüch 6076. züch (testis) : büch (venter) 402.
4153. 4325. 11104. büche (ventri) : wazzersüche 1757. lüt:
bedüt 9426. : vlüt 9007. spilhüse : müsen 9838. gehüre (adj.)
:cr6atüre 5853. 6127. : natüre 3815. 3957. 4383. u. ö. un-
gehüre (adj.) : natüre 1731. türe (adj.) : natüre 4159.
Neben ü = tu erscheint bei Schonebeck ü als Monophtongisirung
des hochd. Diphtongs uo und seines Umlauts üe y wird jedoch in
der Vertretung derselben durch 6 beschränkt. Zwischen beiden
Vocalen schwankt öfter die Schreibung so : swor : snur 3415. 3212.
magetum : rom 2869. 5283. Der Dichter scheint 6 = uo bevorzugt
zu haben; er gestattet sich dieses 6 weit häufiger im Keime zu
echtem 6 (cfr. die Stellen auf Seite 25), als er ü = uo zu anders-
artigem ü (u) zulässt. Letzteres ist nur au folgenden Stellen der
Fall:
büch (venter) : büch (liber) 4601. wühs : vuhs 10585. sun :
hün 10010. (ich mich) rüme : nüme 3940. berümet : genümet
3715. 5534. stünt:kunt 653. kunt stünt 4257. 4491. 5518.
künde : üf stünde 3802.
In den Fällen, wo die ü — uo (üe) unter einander reimen, er- '
scheint nur die Schreibung mit u (Hs. u, u, vereinzelt: ö, ov, ow).
Als Verdumpfung von e, dem Umlaute von a, ist das ü in dem
md. verbreiteten nümen = nemnen aufzufassen ; blüme : nüme 5098.
rüme : nüme 3950. blümen : nümen 666. 5105. 5617. : benümen 9970.
berümet : benümet 3716. : genümet 5635. genümet : vortümet (dam-
natus) 11252. Eine Vorstufe bildet 6 in nomit : beschönit 1113.
Weinhold § 31.
3. Diphtonge.
ei.
Die Silben age und ege werden gern zu ei zusammengezogen,
besonders in sagen, tragen, maget und legen.
seit:wärheit 1382. 3591. 10410. : wisheit 1523. 2288. : bereit
2902. seide: beide 10100. : meide 2093. : wisheide 1403. seiden:
meiden 2052. geseit : drivaldekeit 1339. : warheit 2523. treit:
kundekeit 2936. : süzekeit 3372.:geleit 1893. 3490. leide:
seide 262. 944. geleit : kleit 708. 4408. 8448. : wirdekeit 519.
meide :undir8cheide 4821. beheit(= beheget) :trogenheit 4319.
Die Silben ahe werden zu ei contrahirt in: empfeit : volheit 4312;
ige und ibe in: leit (= liget):geit («=gibet) 191.
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28
ei für e zeigt eich in den Verbis sten und gen:
steit : seit 4098. 4732. 5471. : kunterfeit 12189 : wisheit 3619. :
höchvartikeit 3053. : gebornheit 3631. : seit 4097. 4731. 5470.
gein : stein 7694. (Weinhold § 100).
Der neue Diphtong ei für t ist dem Dichter fremd. Die einzige
Stelle, welche dieses ei im Reime zeigt, v. 11382 f.:
czu kurcz mag nymmer seyn dy czeyt
alsus seilte ß'nhart vns seyt
ist nach 10432 und 11489 zu verbessern zit : g\L
OU.
Dem Umlaute von ou, den der Schreiber im Versinnern öfter
andeutet (vroyden 3917 u. ö.) widerstrebt der Dialekt Schonebecks,
wie die Reime boumen : goumen 671 u. nahttroume (plar.) : goume
1836 beweisen. Andre Beispiele für unumgelautetes ou sind; sunder
touden : vrouden 582. vrouwet ; drouwet 3429. 3559. drouwe : vrouwe
5429. strouwe : louwe 3049.
Nd. sind die Formen rouwe (quies) : schouwe 12337. rouwen :
schouwen 934. rouwet : schouwet 8576. vgl. Schiller-Lübben mnd.
Wb. 3, 515. — Das pron. poss. iuwer erscheint in der Hs. oft als
owir (500. 631. 916. u. ö. owerim 504), wofür ouwer anzusetzen ist,
das im Schlesischen des XV. Jhrh. als .awer' erscheint. Mhd. Grmt.
§ 480.
Aus der Verbindung ew entstand ouw in louwe : strouwe 3048
und drouwe : louwe 6803. Endlich ist nach md. Gewohnheit die
Formel iuw (üw) in ouw gewandelt in getrouwes (2. s. prs. ind.) :
touwes 795. Weinhold § 133.
Wenn für o bisweilen in der Hs. die Schreibung ou begegnet,
so ist wohl nicht fehlerhafte Schreibung anzunehmen, sondern an
den Zweilaut o mit nachschlagendem dunklem Vocale zu denken,
wie er sich im XIII — XV. Jahrh. in den verschiedenen md. Land-
schaften findet. (Weinhold § 64). touben : oben 2814. louben : oben
5075. entoubet : gelobet 10742. loub 4289. vorgeloubit 4335. —
Ol.
Eine diphtongische Nebenform zu 6, der Monophtongisirung von
wo, ist oi (cfr. Lübben mnd. Grammatik § 28. Weinhold § 143),
welche der Reim schoie (== mhd. schuoh) : roie 4920 aufweist. Der-
selbe Diphtong erscheint für 6 = ou in gezoie = gezouwe im Reim :
roie 3211 (Weinhold § 113).
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29
B. Vocale in Präfix-, Suffix- und Flexionssilben.
i.
Die mitteldeutsch sehr verbreitete Bezeichnung des irrationalen
Vocals durch i findet sich auch zahlreich bei Schonebeck. Dieses
i wird öfter im Reime mit vokalischem i gebunden;
ist : angist 1534. : dinist 11925. königis : regis 4888. kornis :
zorn is 126. hagel is : zagelis 3247. himilrichis : minnictich
is 4448. tröstis : höste is 4203. rätis: späte is 1530. lönis :
schdne is 2362. is : llbis 2438. : ubelis 660. 5621 : heilis 7258.
martir-.dir 10043. : vorbir 10854. tüsint: kint 11840. 11854.
In Präfixen erscheint i in ir (irvftren 1998. irvreischen 893. ir-
vühten 8307. irstandunge 7776.), dir (dirsach 2634. dirkenne 2842.
dirkorn 4231). In ent- ist dagegen das gemeindeutsche e vielfach
bewahrt; daneben erscheint unt.
0.
o herrscht durchaus in dem Präfixe vor = ver, wie md. all-
gemein (vormeilet 2458. vornunft 7439. vorschunden 6454. vor-
schimpfe 3119. vorwerden 8930. vorwirt 11822). Ebenso in or = ur
(orlob 2066. orteil 7121. 8476. orkunde 2537. orsprinc 8586). Im
Suffix erscheint o in ankor : zu vor 5011.
u.
In Suffixen erscheint w, wie md., vor n (togunt : jogunt 160.
305. 421. 1609. 3142. 5083. 6025. 9017. 9025. 9357. untogunt: jo-
gunt 1719. togunt :ir mogent 9773. düsunt 4240. 8118 u. ö.).
Präfixe, in denen u für irrationales e erscheint, sind unt- (unt-
bindet 3074. untbinden 3222. untsprozzen 6328.)
zu — ■ zer (zuspart 1006. zuvürte 4579. unzubrechlich 8968. zu-
rizest : zuspitzest 10C40).
Consonantismus.
1. Labialen.
b wird inlautend für v oder / geschrieben in bribe: Übe 326.
5394. 8528. 8673. libe: bribe (verb.) 264. 1630. 5336. 7511. 11212.
briben: liben 8168. Der Schreiber führte jedoch an den meisten
Stellen, in denen das Wort brif erscheint die gemeindeutsche Labial-
spirans gegen das Erfordernis des Reimes ein; Übe: brife 1684.
11206. 12033. 12127. libe: brife (verb.) 5000. 8935. 11695. 12155.
12210. brifen: liben 711. liben: brife 1688. Ebenso ist b anzusetzen
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in dem Fremd worte tübel 1 ), das nur im Reime zu vbel erscheint
Endlich steht b für v in höbet (3. s. prs.): gelobet 8815. prubet:
betrübet 828. betrübet: prübet 9605. zwibelere 7230. — b hat sich
an m assimilirt in umme: krumme 288. 839. 971. 9191. tumme:
summe 8412 (doch umbe: tumbe 615). Im Auslaut vereinfacht
sich dieses mm; um: beatorum 12054: Jösum 1568. 1572: trisyllabum
4851: deum 5316. humidum: krum 7274. Weinhold § 168. —
Epenthetisches b ist oft geschrieben in imber und nimber. Beide
Worte reimen auf einander 4421. 5651. 6381. 7.185. 10073 (doch
immer: nimmer 8951. 8959. 11689) zimber: imber 8140. Ausser
Reim imber 5770. 10430. nimber 5341. 6651. 7814. — Im Aus-
laut wird die tönende Lenis dem gemeindeutschen p entschieden
vorgezogen. Der Schreiber schwankt natürlich auch hier in der
Schreibung, doch hat er in den meisten Fällen b stehen lassen
(grab: ab 3615. büchstab: ab 8809. Aminadab: gab 830. 9508.
10638. 10652. urhab: gab 2325. 8239. 10522. gab: stab 1237.
12050. starb: irwarb 10137. herzelib: brfb 8817. dtt>: Hb 15. lob:
Job 479. 5396. 5606. 9673: Jocob 5295. 10540. bischob: lob 3865.
enschreib 3412. schrib 3492. 3516. 7463. 9658. lamb 4313). —
Dem inlautenden b für v, / entspricht auslautendes b in brxb: herze-
lib 8818: dib 12050. Dem Reime brif: schrib 4689 steht gegen-
über brtf: schrif 2927, so dass mit Sicherheit der ursprüngliche
Auslaut nicht festgestellt werden kann. / ist bezeugt durch die
Reime brtf: tif (profundus) 9719: slif 27. b für auslautendes / er-
scheint ferner in bischob: lob 3865. Zweifelhaft ist der Auslaut in
Ith: rif 836.
p als Verhärtung von gemeinem b findet sich in Zusammen-
setzungen mit dem Praefix en bisweilen geschrieben: enpor 9868.
10314. enpere 1841. enpran 3132. entpot 1639. 4107. Weinhold
§166. — Im Inlaute erscheint unverschobenes p (wegen voran-
gehender Kürze verdoppelt) in: appel 3123. 10062. 10068. eppele
3611. appeles 10126. appelboume 10134. appelgart 11821. appel-
stock 5311. Häufig ist die Epenthese von p zwischen m und t;
kumpt: vrumpt 8771. 12128. 7055. nimpt: zimpt 7199. kumpt
ausser Reim oft. nimpt 5. 1069. 1711. u. ö. alsampt 4935.
ph, pf ist im Anlaute für germ. p durchaus eingeführt 2 ): pfaffe
*) Der Schreiber hat in diesem Worte mit Consequens das gemeind. f
durchgeführt: 2868. 4299. 6603. 6786. 6800. 6856. 7395. 9079. 9261. 10591. 10767.
*) Die Hs. bietet dafür vielfach überladene Schreibungen: pph, schepphere
2327. 2437. tropphen 797. pfh, pfhaffen 343. pfhat 2334. pfhendit 856. enpfhän
7155. 11036. enpfhing 11403 pffaffe 6448. ppfh, acheppfher 7137. ge-
scheppfhede 1882.
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5848. 10132 u. o. phorten 364. 11815. 11827. phat 351. 2334.
11597. Unverschobene p im Anlaute kommen nicht vor: ph für v
ist bisweilen geschrieben in phyolen 5106. 5121. 5127. 5153 (doch
vyol 466. 1773), für / in phyr = fir (fier) 8864. Durch Einfluss
des Präfixes en steht pf für v in: enpflogen 10364. enpferwet 9991.
enpffien 11964.
/ für gemeind. b (p) steht in: trüfheit (= truopheit) 1795. 3027.
trdfheit 5230. dofheit (= tobeheit) 6925. Im Inlaut wird / für pf
durch die Reime hoffe (spes) : tropfe 7232 und tropfen : hoffen 8076
gefordert. Auslautendes / für gemeindeutsches b (p) ist durch eine
Anzahl von Reimen gesichert; saf : af 7717. : gaf 5736. af : kaf 12002.
urhaf:gaf 6469 1 ). warf: vortarf 9256 (dagegen warp.-vortarp 10805.)
reif: schreif 4992. begreif : schreif 3508. slif : schrif (perf.) 10148.
trif: llf 5661. Im Versinnern schreif 1684.
w für h findet sich in schüwet (= schiuhet) : getrüwet 2064.
Suffigirtes w schwand in spüen : vornüen 8174. grftet 11881. Suffi-
girtes j wird durch w vertreten in müwen 6610. Der Suffixconeo-
nant schwand sowohl in diesem Worte müen (:sehüen) 418. mfi
(:zü) 9584, als überhaupt: rüet 7116. 12268. zu rüne 7118. rüe 7649.
rüestu 9150. geblüet 11460. u. ö. Münde 7799. Münden 9061. 9351.
— Einmal begegnet w für b in erweit 10128 gegen sonst regel-
mässiges erbeit.
m aus n durch homogene Assimilation entstanden liegt vor in
umberihte 1108. Die Reime von m:n (im : sin 6868. üf gän : alle
sam 3058. in : vornim 8278) sind durch Ubergang von m zu n als
reine anzusehen. Weinhold § 218.
2. Dentalen.
Im Anlaute hat der Schreiber das nach dem Dialekte des
Dichters vorauszusetzende unverschobene d durch die hochd. Tenuis
ersetzt Vereinzelt ist die Schreibung dofheit — tobeheit 6925.
Nicht so consequent verfuhr er im Inlaute, wo er mehrfach un-
verechobenes d bestehen Hess , wie : scheele (umbra) : sede (mos)
11986. vormiden : liden (part.) 5136. reide : niede 10508. getödet:
nödet 7780. vödet : wödet 3849. güden : vrüden 3295. Ausser Reim:
krüdengres 4451. sehende 4486. kaldet 5194. gedeling 4110. brüdit
1115. tödiz 1409. töde 1413. Beweisend sind die Reime von md.
d zu gemeindeutschem d] meide (virgines) : seide (sagete) 2094.
meiden : seiden 2051. beide: seide 10100. leide : erbeide 3846. her-
verden : werden 11236. wisheide : beide 3535. töde : vorschröde 1363:
>) Die Hs. bietet arhaft : gaft (3. 8. perf. ind.).
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nöde 12085. 10881. adelmüder : rüder 2335. güder : rüder 10491. —
Aber auch hier hat die Hand des Schreibers den hochdeutschen
Lautstand einzuführen gestrebt. Jenen oben angeführten Beispielen
für unterschobenes d steht in denselben Worten die Schreibung mit
t gegenüber; schete : sete 9678. töten : nöten 8318. 8913. vötet : nötet
3475. gerötet : genötet 7842. güter : raüter 4335. 4871. 4881. 5287.
u. ö. unvrüten : vüten 3453. Nach den liquidis l n r erhielt sich
die alte Media am sichersten; z. B.
walde : gewalde 9611. valden : enthalden 4169. iralden : ma*
nichvalden 6027. aldir : kaldir 8995. 9027. 12367. seiden
(raro) : melden 6788. scheidet : meldet 6940. bevilde : bilde
995. milde: bevilde 2426. solde:golde 10611. künde (poterat) :
stunde 452. stunde : verschunde (perf.) 6454. lebeharde :
warde 9467. virde : zirde 10561. 11530. orden : (mit) worden
7286. norden : worden 9021. 10563. 10666. worden : borden
6329.
In einigen Fällen aber führte auch hier der Schreiber die streng
hochd. Tenuis ein. Consequent schreibt er garten : zarten (425.
649. 744. 6377. 8750. u. ö.).
Ausstoss des inlautenden d liegt vor in den Formen: üzwenig
1548. 1708. 6191. innewenig 1549. 1707. 6192. inneweniclichen 1555.
Ebenso im ere (== erde):irwere 585. ere (Hs. here) 2075. Im Aus-
laut steht die Media fast immer in der verkürzten 3. pers. sing,
praes. von quedeny David : quid 4140. 7995. 9714. 10154. 11194.
Unverschobenes t findet sich im Inlaute nur einmal, nemlich
leite (= letze, moror): bette 1724. Auch das md. sonst beliebte
auslautende t für z ist nur durch einen Beim zu belegen vat (vaz):
hat 4615, ein Beweis dafür, wie weit sich Schonebeck von dem
Einflüsse des Nd. frei gemacht hat. t für d begegnet, wie md.
regelmässig, in: vorterben 10208. 11256. vorterbe 485. vorterbet
3248. 10684. vortorben 10350. vortarp 10805. (Weinhold § 198).
Abfall des auslautenden t erscheint sehr häufig nach « in der Verbal-
flexion; ü für üt sehr oft, has für hast (siehe unter ,Conjugation').
Hinzugefügt ist t in urhaft (causa) : brütlaft 970. 3803. : warhaft
1200. : meister8chaft 3594. : kraft 5157. 8570 ; eingeschoben in aptgote
10835. Das Zeichen th findet sich bisweilen willkürlich vom Schreiber
für t gesetzt, öthmüte 1670. öthmütikeit 1561 (doch ötmüte 1677
u. ö.), fast immer steht th für Jit in seth — sehet 2220. 2910. 2943.
3178. u. ö. (Weinhold § 202).
Scharfes z reimt bisweilen zu echtem«; baz: las 6169. vorbaz:
was (= wahs) 12132. Achas : daz 3744. wiz : is 3339. Vor t sibi-
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lirtes z erscheint in testen : besten 888. leste : beste 6216. kurste 4125.
Synkopirt wird z in den Formen von l&zen.
88 durch Assimilation aus hs entstanden findet sich in sesse:
expresse 1146. 2389. 4487. (Hs. sechse). Im Auslaut vereinfacht;
sas (sahs) : was 2889. 3242. : gras 8789 (Hs. schätz) las : was (wahs)
8395. 8896. vorbaz : was 12133. was : antfas (antfahs. Hs. hantvaz)
10084. antfas : was 624. * für sch ist im Reime vakch:hah 3811 an-
zunehmen (Weinhold § 210).
Die Verbindung rn wird vor Assimilation bewahrt : verne : d&rne
3172. gerne: verne 7955. kerne: sterne 10322. sterne: lucerne 2329.:
quaterne 9621.: gerne 9682. sterne: verne 2473. 5230. verne: seben-
gesterne 1544. Daneben erscheint jedoch die Form verre: herre
2795.: wäre 6279. Auslautendes r ist mit l vertauscht in ankel 10512,
das jedoch nicht im Reime vorkommt.
Apokope von auslautendem n wird durch eine grosse Anzahl
von Reimen zwischen e und en bewiesen, z. B.:
gesage: zage: jage: tagen (D. pl.) 1450 ff. plannten: unstete
1487. sippe: crippen 141. witze: besitzen 3441. sinne: be-
ginnen (inf.) 6431. örringe: slingen360. 2256. Üben (inf.):
brlbe 1687. vollentribe: bliben (inf.) 595. strite: ziten 10751.
heiden: eide 10809. beide: bescheiden (inf.) 5761. n6se(inf.):
almdse 5322. künde: volgrunden (inf.) 4833. hunde: wunden
11570. stucken: gelucke 6583. spilhüse: müsen (D. pl.) 9837.
Im Versinnern findet sich diese Apokope in zahllosen Fällen,
besonders in der 1. pers. plur. des verbi bei nachgestelltem pro-
nomen (siehe ,Conjugation'). n für l steht in enelende 71 10. 5551 (Wein-
hold § 218). n für m ist in den Reimen von m: n anzunehmen, die
bereits oben angeführt wurden. Auch der Reim zwischen nt und
nc f brant : kranc 2283 ist mehr als blosse Assonanz nach der Neigung
des Md. die linguale Verbindung in den gutturalen Resonanten zu
wandeln (Weinhold § 2 19.)
3. Gutturalen.
Im Anlaute steht g für j in gener 8694. 11418. gene 546. 3220.
4718 u. ö. genen 7754. Inlautend findet sich g für h in högeti
( : bögen) 12253. üzschügen ( : mügen) 3664. Ausser Reim vlüget =
vliuhet 1449. geschege 2886. — g für suffigirtes j ist geschrieben in
wegete: dregete 993. mügen: üzschügen 3663. segin (serere): megin
(metere) 11950. lilegen 5106. 5120. 5126. 5159. — Paktes g schwand
zwischen i und e im Suffix in den Worten menie: venie 6493. 11119.
— Im Auslaut behielt der Schreiber sehr oft g für mhd. c(k) bei
(doch schwankt er auch hier zwischen Media und Tenuis oft in
denselben Worten):
Fischer, Bruns ron Schönebeck hohes Lied. 3
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lag: pflag 1908. slag : mag 12052. weg: steg 2331. üzwenig:
inne wenig 6191. vruhtig: schifbruchig 12202. irslüg: genüg
3759. trüg: klüg 4465: vüg 5691. Besonders hielt sich
dieses g nach n (cfr. Eilh. von Ob. Lichtenstein S. LXIX),
wo es sogar für echtes k eintrat; sang: kräng 9367. kräng:
stang 9485. trang: sang 9965. dang: sang 11329. lang:
gedang 9397. berg: werg 8214. werg: twerg 8795. 8905.
In den unreinen Reimen kluc: armüt 3875 und ding: sint 7271
würde nach strenger Regel die Tenuis gefordert werden. Für die
palatale Aussprache des auslautenden g zeugen die Schreibungen
wech: stech 7201. twerch: berch 7980 sowie die unten angeführten
Reime von g zu echtem ch.
Unverschobenes k findet sich inlautend in tecken : spreken 2813
und ist anzunehmen in den Reimen machet: naket 3068 und ge-
swachet: naket 10595. — Verhärtung von g zu k wird durch das
Präfix en verursacht in: enkolden 4296. enkestet 8104. — Im Aus-
laute wäre in dem Reime Isaac: geschac k für h anzunehmen,
das md. bisweilen vorkommt (Weinhold § 232), doch steht dem
gegenüber jach : Isaach 4633 und viele andere ch für c. — Spuren
von inlautendem ch für gemeind. k, wie sie Weinhold § 235 aus
ripuarischen Schriften erwähnt, weisen die Schreibung barche:
arche 2400 (doch barke : arke 5407. 5431) und der Reim starken:
Patriarchen 10799 auf. In dem Reime bestechen (= bestecken):
sprechen 2512 ist jedenfalls das nd. spreken (wie oben tecken:
spreken 2813) anzunehmen. — Im Auslaute lässt sich ch für c oder
g durch eine grosse Anzahl von Reimen zu ch = h und zu echtem
ch belegen, z. Bu-
lach: ach 10303. jach: mach 5731.: smach 5863.: Isaach
4633. hach: hindenäch 10267. sprach: tach 6609.: mach
12169. tach: jach 11051. tötslach; sprach 11824. ich:
gewaldich 513.: sfelich 2701. dich: sölich 1768.: unschuldich
11585 sich: lebendich 1596. glich: wSnich 2963. müt-
willich: billtch 11624.: büch: trüch 5773.: genüch 6397.
lüch: büch 4467. (Der Schreiber schwankt in den an-
geführten Beispielen zwischen ch, c und g.)
Abfall von auslautendem ch zeigt sich in den Worten :
vlö (pulex) 2401. rebok 5311. 7647. u. ö. rü 3434. 4892.
Unorganisches h im Anlaut erscheint durchweg im pron. pers«
her. Im Inlaut ist vor t und s in der Hs. durchaus ch für h ge-
schrieben, cht reimt unbedenklich zu ht; giht: spricht 3532 u. ö.
spricht: geschiht 6745. Die homogene Verschiebung von ft zu ht
(cht) belegen die Reime kraft: braht 1089. 10683.: maht 5763.
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7720. 9159. hrak: geselleschaft 6579. spricht: schrift 1135. vruht:
vornuft 9433. — Inlautendes h zwischen Vocalen schwand nach dem
allgemein md. Gebrauche sehr oft. Meist wurde dadurch der zweite
Vocal vernichtet, der erste gedehnt (Weinhold § 244); z. ß.:
anvä: slä 4746. gevän: sän 4173. an van: bestän 8986 dar:
när 12165. mö: geschö 2519.: ze* 5042. ö: v6 7550.: je*
7787. gen: geschön 11089. g£t: enpföt 8303. ie: zie
2076. ketzerie: zie 9580. zie: erztenie 5881. sie: lie 7656.
zien: gien 1570. 3679. 5458. wiet: giet 6031. tröste:
hoste 574. müen: schüen 419. Auch ausser Keim sind
derartige Formen häufig; z. ß. näe (imper.) 677. nöste
3696. 10016. vlüt 6919. züe 9321.
A schwand ferner in den Zusammensetzungen mit -hext am An-
laute des zweiten Teiles (Weinhold § 245):
küscheit 1738. 2993. 5270. unküscheit 2932. 3051. 5825.
menscheit 2298. 4520. 7008. u. ö. valscheit 5030. richeit
218. 296 u. ö. träkeit 170. ledekeit 155 ff. starkeit 1529.
höchvartikeit 2958. 3052. Swikeit 9669. 12181. 12350 u. a.
Auslautendes h schwand nach md. Gebrauche in folgenden
Worten nach langem Vocale:
nä: Indiä 1850.: mannä 3538. 9696. 10236.: temperantiä
3713.: palmä: 6069.: Mariä 3945.: fistulä 6164.: jä 6343.:
memoriä 8164.: lä 8266.: Ammona 9495. gä: slä 1047.
hö: alsö 224. 1252. 3534. 4500. u. ö.: Libanö 371.: d6 497.:
fortitudö 3711.: exodö 4781.: psalmö 5941.: so 2858. 6418.
9078.: sitiö 9967. (Dagegen näch: jach 146. 3030. 3110.
4167: bejach 10357.: sprach 4827. 10281.: hach 10268.:
geschach 10830. höch: zöch 11464). In der Perfectform sä
zu sehen trat nach Abfall des h Dehnung des Vocales ein; dä:
sä 2463. sä: Jesaiä5673.: ä 2731. irsä: Mandragorä 10547.
Conj ugation.
Zur A-Klasse der ablautenden Zeitwörter ist zu bemerken, dass
wie md. allgemein, auch bei Schonebeck das e des plur. praes. in
den sing, eingedrungen ist. s. S. 19. Im perf. zeigt eine Störung
des ursprünglichen Ablautverhältnisses das verbum sehen , welches
neben dem regelmässigen sach (: sprach 296) die Form sä aufweist;
2464 als ich in Jesaia geschreben sä ( : dä), 5673 ich sage wie ich
geschreben sä in dem prophdten Jesaiä, 2731 als ich n&hest ge-
schreben sä (: ä), 10547 do Phäraönis tohter die irsä (: Mandragorä).
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Wir haben hier ein frühes Beispiel für die im Md. beginnende
und sich später allgemein festsetzende Verdrängung des Vocals für
den sing. perf. durch den des plur. Dieselbe Störung ist bei Schone-
beck in der I- Klasse zu constatiren. Er bietet hier für das Ein-
dringen des Pluralvocals in den sing, das älteste Beispiel (Wein-
hold § 354). Zugleich wird, wie aus den Reimen hervorgeht, das
i in diesen Formen gedehnt. Ausser dem von Weinhold a. a. O.
notirten Reime blip: lip 698 gehören hierher schrif: slif 10148.
schrib: brib 2928. 4690. sich vliz: hiz 5088 ') tri/ (=treip): lif 5661.
Die 1. pers. sing, praes. ind. zeigt zweimal die Endung -n:
2029 die irste ich üch kunt machen ( : Sachen) und 9445 ab ichz
mit holden sprechen tarn (rgevarn); in beiden Fällen ist aber wohl
Apokope des n in Sachen und gevarn anzunehmen. — Die 2. pers.
sing, zeigt bisweilen noch die ältere Gestalt; vrages: tages 4563.
teiles : heiles 1091. getrouwes : touwes 796. genüzes: cruzes 9794.
Conj. praes. spotes : gotes 11199. Die unorganische Bildung der
2. pers. sing. perf. in -est statt der regelrechten in -e erscheint nur
im Innern des Verses (drungest 2967 sprachest 6310. 6215. 6535
u. a.). — In der 3. pers. sing, praes. zeigt sich gegen die Neigung des
Md., die vollen Formen zu bewahren, oft starke Verkürzung; weit
(waltet) : gelt 1419. bint : kint 2737. vint : sint 3150 : kint 4682.
Die 1. pers. plur. stösst bei nachfolgendem pronomen das n
der Endung sehr oft ab. Die verkürzte Form erscheint fast als
Kegel; si wir 5420. 5542. 1292. sä wir 5503. g£ wir 4664. sehe
wir 5545. 5725. lebe wir 5643. meine wir 2514. ezze wir 3493.
3494. werde wir 5455. Die nasalirte Form der 2. pers. plur. praes.
erscheint im Keime mogent : togent 9774. Für die 3. pers. plur. ind.
ist die im Md. verbreitete, nach Analogie des conj. gebildete Form
in -en durchgeführt (Weinhold § 369 und 396). gän : stän 9677.
gern : gewern (inf.) 513. An den Imperativ wird bisweilen die
enclitische Interjection ä angehängt, ohne dass jedoch immer der
einfache Imperativ darauf wiederholt wird: nü sagä mir 7584.
9389. 10045. machä rum daz gedrenge 10518. vrünt macha mir die
rede ganz 12100. wartä trüt geselle warte 11525.
Der Infinitiv wirft das n seiner Endung sehr häufig ab. Be-
weisend sind die Reime tage : sagen 315. sinne : beginnen 6432.
*) Freilich könnte in diesen Reimen von ei : ie auch e : e angenommen
werden, doch ist kein Grund von der Schreibung der Hs. hier abzuweichen,
da i für den sing. perf. durch blip : Up gesichert ist.
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bliben : vollentribe 596. beide : bescheiden 5762. spisen : entrise 8314
grüzen : süze 454. üf künde : volgrunden 4834.
Zum participium ist die alte Form in 6t in dem Reime ge-
marterdt : töt 8248 zu bemerken.
Einzelne Verba.
1. Verbum substantivum.
Die 2. pers. sing, praes. erscheint im B-eime nur als bist, während
in der 3. pers. is und ist neben einander gehen, wie auch Eilhard
von Oberge sich beider Formen gleichmässig bedient (Lichtenstein
Eilh. v. Ob. S. LXXX), ebenso Berthold von Holle und Wernher
vom Niederrhein (Athis, Grimm S. 17). is erscheint im Reime
40 mal z. ß.: gewis 1681. 1715. 1734. 2865. u. s. o. Jaspis 1745. .
Salomonis 1862. : celis 2004. : vobis 2193. 2524. Die Form ist zähle
ich 58 mal im Reime, z. B. : list 68. 569. 1241. u. s. o : zubrist 5340. : ge-
brist 4497. : krist 2459. 5488. 6299 u. ö. — In der 1. pers. plur.
weist das Gedicht neben der regelmässigen optativischen Form sin
nur selten (nie im Reime) die später allgemeine Übertragung der
3. plur. auf; z. B. wir sint 9446. 3066.
Die 3. pers. plur. praes. ind. hat neben dem gewöhnlichen
sint das optativische sin. Im Reime erscheint diese Form: Her-
monin 349. : vrouwelin 2880. : schin 1314. : wortettn 9443. : sin 8287.
Ausser Reim z. B. 12130. 12138 u. ö. Im Infinitiv kommen sin
und wesen neben einander vor. Das partic. perf. getcesen wird nach
niederdeutscher Art bisweilen mit haben construirt zur Bildung um-
schriebener Formen der Vergangenheit (Weinhold § 365); sich nu
h&n ich gewesen zur helle lebende sundir nöt 6717. deser hezliche
ungevüge strit hät immer rae gewesen sit 10870. dö zu Jerüsatöm
gewesen hatte got, h&n ich gelesen 9187.
2. h&n.
Von diesem Verbum gebraucht Schonebeck die contrahirten
und uncontrahirten Formen neben einander. Im Conjunctiv kommen
nur die vollen Formen vor. Inf. haben (: beschaben) 2566 (: laben)
6043. hdn in Reimen 2568. 6833. 7003. 7927. 12348. Partic. gehat
11802. Für das perf. im ind. braucht Schonebeck hede (fls. hete)
und daneben die verkürzte Form hede (Hs. hete, hette); hete (:töte
subst.) 5103 (:missetete) 7859. 9243. (: stdte adj.) 2100. 12091.
(: proph&e) 10163. hete (: stete) 3999. 5400. 8235. 8902. (: bete) 5051.
6675. (rsete) 5853. (:tete) 5290. 6479. 9864. 5752. heten (:misse-
treten 6834. Auch der conj. perf. hat neben der überwiegenden
Form hede die verkürzte hede. hJete (rmissetete) 7588 (rstöte) 8980.
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2770. (:vorsmÖte) 11225. (:entfete conj.) 11268. hete(: stete) 3366.
4996. 8940. 11242.
3. läzen.
Auch von diesem Verbum werden die vollen Formen neben
den verkürzten im Reime verwendet. Letztere überwiegen; praes.
ind. 1. s. laze (: m&ze) 4570. 7362. Id (:nä) 8267. 3. s. Idt (:hät)
8759. (:st4t) 8779. 3. pl. Idn (: stftn) 8718. (: trän) 8727. Inf. läzen
5 mal, Idn 9 mal, partic. Idn ( : vorgän) 874. Imperat. lä 483. 8892.
Im perf. ind. kommt neben der regelmässigen Form Uz die apoko-
kopirte enlS (= enlie) : £ 8435 vor.
4. g&n.
Für den inf. braucht Schonebeck die Formen gdn } gien ( : zien)
3680. 1571 und gein (: stein) 7695. Im praes. ind. 3. s. ist die
herrschende Form g&t (: drät) 3201. (: hät) 6097 ( : phat) 11596 u. a.
Daneben findet sich giet (: ziet) 4435 und git (: zit) 6426. (Wein-
hold § 357.) get (: bestöt) 9561. (: enpföt) 8302. Für das perf. be-
zeugt die verkürzte Form ginc, die md. herrscht, der Reim irging:
koning 636. Die jüngere Form des perf. gie kommt in Reimen vor:
anevie 6525. : nie : 6466. : hie 11894. Auffallend ist die 2. sing,
perf. ind. bege (= begie) : sl§ 6333 (ich weiz wol daz du nie begö
sunde also breit sam ein slö); vgl. Ottacker c. 439 du gie : die,
Gundacher 634 du enphie. Weinhold § 357 S. 372. -J- Das partic.
lautet gegdn (: man) 9218. 9290. (: län) 8341. vorgän (: st&n) 9349.
(: län) 873. (: getän) 9332. irgän ( : bestän) 6349.
5. stän.
Bemerkenswert ist in der 1. sing, praes. ind. der Abfall des
w, bezeugt durch die Reime vorstä, : Ammonä, 347. : fantasiä 1752.
vorstß : m& 7523. Die 3. sing, hat die Formen stät, steit ( : wisheit)
3619 (: gebornheit) 3631 (: seit) 4098. 4732. 5471. und stxt (: git
= giht) 2847. 3553. Im inf. überwiegen die Formen mit a; im
Reime erscheint nie e. Einmal steht in nicht beweisendem Reime
stein : gein 7694. Vom partic. perf. findet sich die Form irstdn
(:s&n)5112.
Brun von Schonebeck gehört zu denjenigen mitteldeutschen
Dichtern, bei welchen die a- Formen in gdn und stdn durchaus die
herrschenden sind. Die im Vergleiche zu den zahllosen Formen
in a verschwindend wenigen «-Formen sind: vorste : m£ 7523.
bestd : & 9129. bestdt : göt 9561. get : enphöt 8302.
6. tuon.
Das alte 6 in diesem Verbum für das allgemeine u weist der
Reim tot (mors) : tot 2432 auf. Für den inf. findet sich ausser Reim
bisweilen die zerdehnte Form tuhen 5708. 6783. 7025.
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7. beginnen.
Die sonst seltene schwache Form des partic. perf. begunt findet
sich ausser Beim 8706. Andere Belege dafür weist Weinhold
§ 406 nach.
8. geschehen.
Anzumerken ist die contrahirte Form für die 3. pers. sing,
conj. praes. geschie:gie 3655.
9. wein.
Dazu findet sich die starke (redupl.) Perfectform irwiel, welche
auf das perf. beviel zu bevelhen 7097 reimt (Weinhold § 427.):
Johannes — den got als6 hö irwiel, daz her im sine müter beviel.
10. wollen.
Im perf. herrscht bei Schonebeck, wie bereits von Weinhold
§ 423 bemerkt ist, die md. beliebte Form weide 453. 4339. 5708.
10039. Der inf. erscheint wie in fränkischen Dialekten als willen
(: stillen) 11320.
11. Praeteritopraesentia.
Im plur. praes. ind. und conj. von mac weisen neben dem
sonst üblichen u die folgenden Beime o auf; togent : mogent 9774.
möge (1. s. conj.) : hoge 1901. möge (3. s. conj.) : (ich mich) hoge
4168. mögen (1. pl. ind.) : hogen 11321. — Von min wendet der
Dichter, wie auch andere Mitteldeutsche (Weinhold § 411) im Beime
nur die Formen mit verdunkeltem Vocale an; sol : vol 409. 421.
1470. u. ö. : wol 471. 1803. 2124. u. ö. : dol. 1580. 11962. Der
Schreiber dagegegen bevorzugt entschieden die Formen mit dem
älteren Wurzelvocal a, welche er fast durchweg im Versinnern ge-
braucht. — Zu wetz ist das perf. woste zu notiren, welches 2881
erscheint; ebenso ich enweste 827.
Declination.
1. Nomina.
Starke Masculina. Das e der Endung wird selbst nach
liquidem Suffix gern bewahrt; vlogele (n. pl.) : bogele (d. s.) 4495.
schemele (n. pl.) : kamele (d. s.) 10610. segene (d. s.) : wegene
(g. pl.) 4037. tübele (d. s.) : ubele 3521. 6782; doch findet sich
Apokope des e in hemil (d. s.) : schemil (n. s.) 1858. nagel (a. pl.) :
hagel (n. s.) 6507. Für die Erhöhung des tonlosen e der Endung
su t ist der Beim eagelü : hagel is 3247 beweisend. Weinhold
§ 448. Ausserdem is : libris 2438 : r&tis 1530. : tröstis 4203. konigis :
regia 4888. Im dat. sing, erscheint Apokope nach Muta in den
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Reimen Hat : ist 3196. 3783. vliz : wiz 1066. spiz : stiz 1348. got : ge-
bot 2251. sproch : roch 393. ruch : spruch 679. hach : n&ch 10268.
büch (ventri) : züch 11097. brib : schrib 2927. trän : säu 8686. sang :
kräng 9367. dorn : gesworn 10262. — Der noui. pl. zeigt im Gegen-
satz zu der Beibehaltung des e nach liquidem Suffix (vlogele 4495.
schemele 10610. engele 6900. 6904. 7001) Äpokope nach Muta in
kneht : sieht 7001 (engele sint ouch unse kneht).
Starke Feminina. Ein epithetisches e im nom. sing, zeigt
sich in härsnüre (: swfire conj.) 384. Apokope des Endungs-e er-
scheint nach langem Vocal in den Dativen tr : wer 11742. v&r : ge-
bar 3557. bedüt : lüt 9426. vüg : trüg 5692. schöz : blöz 3083. wis :
pris 7382. Weinhold § 451. Das subat. rät braucht Schonebeck
einmal im Reime als st. f. der I- Klasse: drucket daz vleisch den
geist nider, so ist der tfibel an der röte und hät get&n sine sete
6917. Vgl. Wackernagel- Rieger Waith, v. d. Vogel w. XXX VL
Lexer mhd. Handwb. II 347.
Starke Neutra. Die Flexionssilbe bleibt nach liquida be-
wahrt in lebene (d. s.) : gebene 10273. : ebene 12108. wazzeres 7918.
wazzere (d. s.) : lazzere 7315. 10391. here (d.) : sSre 8447. .Im dat
sing, ist nach schwerem Stamme in lingualis die Flexion abgeworfen
in heil : orteil 69 : teil 4001. 4911. ort : dort 1323. holz : stolz 1587.
lant : genant 1835 : bekant 10886. Der acc. plur. zeigt bisweilen
einen Endungsvocal; im Reime nur trankvazze : hazze 249. dinge :
koninge 502 (Weinhold § 454). Ausser Reim: fenstere 823. jftre
10366. Auch der acc. sing, zeigt dieses epithetische e in velle :
snelle 32. Von baut findet sich die umgelautete Form bende (dat
plur. mit Apokope des n) 8324 (vgl. Lichtenstein,, Eilh. v. Ob.
S. LXXVLI. Lexer mhd. Handwb. I 123).
Schwache Masculina. Verschweigung des auslautenden
-n zeigt sich im dat. sing, sterne : kerne 10322. Die ganze Endung
en wird bisweilen nach m abgeworfen; acc. sing, nam : vredesam
1268. : Ididam 1286. : alsam 4293. acc. pl. nam : Abraham 1960. —
lichnam (dat. s.) : sam 1633. licham (acc. s.) : alsam 3494. 11613. :
sam 10052.
Schwache Feminina. Von dem sw. f. dmeize kommt der
dat. sing, mit Abwerfung der Endung en vor; der ämeiz : weiz 593.
Der nom. sing, erscheint ebenfalls endungslos ; ämeiz : weiz 583. —
Von kSl findet sich der stark flectirte dat. sing, bi der kele : stele
11254 (Weinhold § 461). Von erde wird der dat. gewöhnlich
schwach flectirt; erden : werden 2025. 4218. 4443. u. ö. Die starke
Form erde steht: werde 1298. 1345. 1869. 10162. 10963. 11715.
Vom accus, kommt nur die starke Form vor. — heide bildet den
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schwachen acc. heiden : undirscheiden 1132. — Zu müre bildet
Schönebeck den schwachen dat. sing, müren : stören 11647. : trüren
709. 8450. : düren 8490. 11645, den acc. sing, müren : trüren 3867.
(Weinhold § 461). Von unde erscheint der schwache nom. pL
die unden : gewunden 10498. — bürde weist den schwachen acc.
auf; bürden : wurden 10159. borden : worden (partic.) 5279. (Wein-
hold § 462.) stunde bildet den dat. stunden : wunden 4134. zu einer
stunden : funden 5261. In dem ehemaligen -jän Stamme hole ist
das t der Endung zu e geschwächt; dat. s. külen : vülen 6223.
Weinhold § 462. *)
Schwache Neutra. Von herze kommen starke Formen vor
in allerdings nicht beweisenden Reimen; im acc. pl. herze : smerze
8047. 9401. 9374. dat s. herze : smerze 9665. (Weinhold § 463).
Gebräuchlich ist die starke Form des dat. s. von vre; mit minem
6re : höre 8008.
Coneonan tische Stämme. Von tokter findet sich die auch
sonst md. und obd. erscheinende regelmässige Flexion des plur.
(Weinhold § 464); tohtere : mfire 684. : hSre 8596. ir tohtere 963 u. ö.
— Vrunt weist im plur. flexionslose Formen auf; nom. pl. vrunt :
kunt 4$61. acc. vrunt : stunt 3329, neben denen die flectirten im
Reime vorkommen; vrunde : stunde 8671. :sunde 8499. 12060.
Adjectiva. Die schwache Flexion des Adjectivs steht, wie
überhaupt ausnahmsweise im Md. nach dem unbestimmten Artikel ;
(Weinhold § 521) ein werbende böte 6884. Umgekehrt findet sich
nach dem bestimmten Artikel die starke Flexion des Adjectivs; dö
vorgelobet was der güter (: müter) 4335. M der türe büchstab
und güter (: müter) 4871. Salomon der güter 5393. got der vil
güter 6549. got der vil süzer reiner (: einer) 9739. der reine güter
6617. der vil heiliger sente Jeronyraus 10915. zü der güter (fem.):
müter 6253. durh daz der valscher lugene wän 2068. Ebenso
nach dem demonstrativen so: wie heizit desir boum sö güter
(: müter) 6183. Auffallend ist der Gebrauch der masculinen starken
Form des Adjectivs gut für das femininum. In Verbindung mit
dem bestimmten Artikel : daz Marja die vil reine güter si gar eine
unbewolne müter 4881. wart dö Marja die vil güter durh die
sunder iht din müter 6321. alsus sprach die reine güter ( : müter)
6527. Beim attributiven Vocativ: des hilf mir du vil güter, Marja
Jftsu Kristi müter 7161. Israhelis wagentiibe bistu vrouwe, min
güter, und der schöne eine müter 5287. Einmal steht die mas-
') Der a. a. 0. Seite 502 Zeile 14 v. u. angeführte Reim tufelösen : nösen
3741 ist zu streichen.
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culine Form gtUer bei dem neutrum: daz edele türe wazzer güter
ist uns kristen eine müter 5450. Diese typische Verwendung
dieses Adjectivs, welche auch in der Braunschweigischen Beim-
Chronik begegnet (2072. 4241. 4262. 8169), wird von Weinhold
§ 524 erwähnt« Dass die Flexion ebensowenig als das genas noch
gefühlt wurde, beweist der Umstand, dass Schonebeck dieselbe
Form guter auch für den acc. sing, des fem. und sogar für den
nom. plur. verwendet: iz entü die barmherzige müter, ich meine
Marien die güter 8363. (Hs. gute), dft vormisten stn die güter,
Joseph und Marja sine müter 9189.
2. Pronomina.
Für den dat. sing, der 2. pers. kommt neben dem regelmässigen
dir an zwei Stellen die im Nd. herrschende aber auch md. nicht un-
bekannte Form dt im Reime vor; df:Engaddi 7782. 7799. (Wein-
hold § 473), ausser Reim di 6329. Das pron. pers. III heisst
durchaus her, woneben sich vereinzelt he geschrieben findet (1252.
1508. 4370). Der genit. sing, des pron. der 3. pers. hat auch ohne
Beiwort die Form sines für sin; 700: sie en wüsten sines niht. Mit
Hinzutritt von selp zu possessiver Umschreibung kommt sines öfter
vor; mit sines selbes lichamen 3539. mit stnes selbes blüte 6556
u. a. Eigentümlich ist die Verwendung der Formen mich und dich
für den dat., die auf den Einfluss des Niederdeutschen zurück-
zuführen ist (Lübben mnd. Grammatik § 76). Belege durch den
Reim: zü mich (: dich) 2643. (:ich) 3635. mit mich (: ich) 11366.
von mich (: ich) 11975. nftch mich (: sich) 12174. nÄch dich
(:sich) 5036. (: sprich) 12170. Dass hier nicht die im Nieder-
deutschen häufige Verwechselung der casus bei den praepos. vor-
liegt, beweist der Umstand, dass auch unabhängig von praepos.
die Vertauschung der accusati vischen Form mit der dativischen
begegnet: die wisheit habe eren rucke irwendit mich zun ougen
4343. du häst den engel beschreben mich ( : sprich) 6882. der alzu
lange vulget dich (: ich) 10345. du h&st von dem töde gesaget
mich (: sprich) 10377 u. a. An manchen Stellen scheint der Schreiber
die ihm ungeläufige Form des Dativs in dem Verschlusse ,daz sage
ich dich* durch Aenderung in dir und Umstellung der gewöhnlichen
Wortstellung beseitigt zu haben (so dass der Heim nicht gestört
wurde). Er schreibt ,daz sage dir ich' 8039. 8393. 8583. 8660. 10270.
11258. 11468. 12115.
Syntaktisches«
Einige von dem hochdeutschen Gebrauche abweichende syn-
taktische Eigentümlichkeiten Schonebecks sind bereits in der Be-
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trachtung der Formen erwähnt worden (Construction von gewesen
mit haben S. 37, Gebrauch von schwachem und starkem Adjectiv
S. 41, typische Verwendung von güter beim femininum S. 41).
Zu bemerken ist noch die conjunctionale Verwendung der
elliptischen Redensart ,waz denne 1 obgleich (eig. = was tut es? vgl.
Mhd. Wörterb. III 566 b .) mit folgender Inversion; waz den ist der
stein niht gröz, Marjä wirt doch (Hs. och) hi sin genöz 1824. waz
den blßb Abel al dö töt, in krönete doch als eren trüt mit einer
krönen die here brüt 10788.
Beliebt ist die (auch im Passional häufige) Verstärkung von
niht und Ud durch vorangestellten Genetiv derselben Worte: nifitis
niht 1844. 3323. 3796. 10993. 11434. ihtis ihi 3157. Eine ähn-
liche Verstärkung ist nindert nirgen 9933.
Lexikalisches.
Die Sprache Bruns von Schonebeck bietet eine beträchtliche
Ausbeute zur Bereicherung des mhd. Wortschatzes. Sie liefert
eine grosse Anzahl von Wörtern und dialectlich gefärbten Aus-
drücken, welche anderweitig nicht zu belegen sind. *) Ich stelle im
Folgenden sowohl die sonst unbelegten Wörter (dieselben sind
durch einen vorgesetzten Stern bezeichnet), als überhaupt seltenere
Ausdrücke und Eigentümlichkeiten im Wortgebrauche in alpha-
betischer Ordnung zusammen.
* Abescharten sw. v. abschneiden, entfernen (mhd. scherten, abeschar
messis. Lexer I 13). man sol in der jogunt die untogunt von
der togunt vollen genzlichen abescharten 9359.
* abewisic Adj. verirrt, sie (Maria) ist den abewisigen ein wec 2331.
Lexer Nachtr. sp. 11 vgl. äwisec Adj. Lexer I 106.
* achterbleip st. n. Überrest, die kinder sint worden vol und teilten,
daz weiz ich wol, ir achterbleip eren kleinen 1105 (diviserunt
reliquias suas).
* adelanker st. m. sie (Maria) ist ein schif und öch ein rüder und
ein adelanker zü der n6t 2337. Lexer Nachtr. 13.
adelmüder f. sie (Maria) ist den weisen ein adelmüder (Hs. aderm.)
2335. Lexer a. a. O.
algater Adv. daz sage ich ü algater (: vater) 1948. 2218. 6189 —
7641. 8377. 10479. 11275. der währheit volge ich algater 1955.
wö der vater dö der geist algater 5478. — alle gater 2000. allem
gater 2273. zu gater 5473. 7488. 7500. Lexer I 36 Nachtr. 17.
') Einen Teil der Schönebeck eigentümlichen Worte hat bereits Wein-
hold in den Nachträgen zu Lexers mhd. Handwörterbuche mitgeteilt.
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(dunen sw. v. prügeln, man sal sine blanke hüt brfinen, mit geisel-
stehen sdre alünen 9196. Lexer Nachtr. 19.
angest als starkes masc. 290. 5937. 8475. 9850. 11212. vgl. Wein-
hold mhd. Gram. § 309.
* andirlei Adv. geschaffen andirlei an der varwe 1749. Grimm
DWB. I. 310.
angevalle st. n. dese hant ist des vredis schilt, der den tübel dicke
bevilt an sirae angevalle 4061. (angevelle, Braunschw. Reimchron.
2120. Weiland).
* anroch st. m. infamia. daz Marja allen anroch vormide 2058 (ward
sie Joseph angelobt).
appelgart m. ir werk sullen vor gote so zart sin als ein edel appel-
gart 11821. Lexer Nachtr. 30.
* appelstok st. m. Apfelbaum. 898. 5311. 7561. 7647. Lexer
Nachtr. 30.
* argdankic Adj. wer schouwen wil eren (Marien) lihten schin,
der müz milde getrüwe stßte sin — niht argdankic als ein vl6
2401.
* Barmheü st. f. iz bezeichent die barmh. 2129. wer brenget uns
zü der b. 2147. werke der b. 3076. Marjä ein müter der b. 3097.
der rehten b. ein bronne 6524. Lex. Nachtr. 43.
bartbrüder m. hi die moniche dort die bartbrüder 7887. Lex.
N. 44.
batalja f. wenne wir an unsim ende ligen und mit dem töde vaste
krigen, mit manicher starken batalja 6035. Lex. N. 45.
barke sw. f = borke, Rinde, der türe boum hät dri barken urame
sich. 6161. die barken 6167. Lexer N. 97. Weigand« 1, 222.
* bedütenunge st f. Bedeutung, die — wären zü bedütenunge uns
gegeben, git min zunge 10567.
* bedüterinne st f. die zunge ist öch also ich las des herzin eine
bedüterinne 3577. — 3601.
* beigenen sw. v. = be- eigenen, erwerben, verdienen. d& von her
beigete lobis kraft 1022. mnd. eigenen, egen --= verdienen. Schiller-
Lübben mnd. Wörterb. I 634.
* bekecken sw. v. mit einer Hecke umgeben, ein garten — wol
bemüret und behecket (: gestecket) 5081.
behegen sw. v. hegen. s6 hatte her den garten beheit vor des leidigen
tübels trogenheit 4319 (Lexer I 153). Salomon hatte üf dem
berge Libano einen beslozzen garten behegit (:gelegit) 5610.
beklemmen sw. v. stöz uz din swert, des ger öch ich, und beklemme
sie, du gotis kint, die dft volger üf mich sint. 4209. Lexer I. 166.
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bettumen sw. v. wer sach ie sö türe blümen, als ich üch wil be-
nümen 9970. Lexer N. 60.
* beschuldekeit st. f. Entschuldigung (vgl. Adj. beschuldeltch ex-
cusabilis Lexer I 211). daz Marja iht ein beschuldekeit wöre
den unküschen meiden, ob sie der werlde liht seiden durh eren
swachen haz, Marjä die tete öch daz 2050.
bevorne Adv. hie bevorne 5843. 11746. d6 bevorn (: zorn) 6598.
d& bevorne (: zorne) 6607. Ath. u. Proph. S. 20. Lexer I. 251.
* bewesen st. v. bewachen, daz man unsin wingarten sol bewesen
und bewachen 9356. Lexer N. 81.
* bxhtat st. f. Beichte, von der bihtat schribet uns alsus etc. 11606.
vgl. predegat 11569.
birt 3. 8. praes. ind. zu bem zeigt an mehreren Stellen die von
Lexer I 195 geleugnete intransitive Bedeutung: werden, sein,
zu eime zeichen her öch birt, dem dicke widirsprochen wirt 1334.
sin schin wundirlich gröz birt, ab her in wlne gewaschen wirt 1667.
daz bette wol mit kreften birt, ab desir stein däran gelegit
wirt 1806. sint disiu stat s6 schöne birt, sage mir, h&t sie
dekeinen wirt 1375. wenne die kidel von wazzere wirt, itslich
visch dö des tödis birt 3061. ein napf trankes vol, der dA
nimmer itel wirt, die wile hemel und erde birt 4688. din herze
obirvluzzig wirt von sulchim wundir, daz dö birt 4842. ab des
widersazes swert sö birt, daz der kempfen einer gewundit wirt 6363.
an dem küsse wirt zusamene, daz ez einez birt, gedrucket vleisch
zu vleische 12025 (vgl. Mhd. Wörterb. I 137 *•).
* bisldfelmge st. f. = bisläfe, concubina. 318. 2081. 2094. Lexer
N. 87.
biwort st. n. Jösus — was der werk ein biwort (factus est in para-
bolam) 9949.
bädschaft st f. Freude, dese apotheca, in der do rüte gotis son
mit blidschaft (Hs. byldschaft) virzig wochen 4455.
blas Adj. menschlich bilde si schöne adir blas 1660. ir manich-
valdigen scholden, die sie macheten bleich und blas 10019. Lexer
N. 89.
blas st. n. Fackel, sehet ir komet n&ch mir zu vilden mit külen
mit blasen mit Schilden 9916. Lexer I 296.
* blende sU f. Blendwerk, die werlt ist niht wen ein blende und
ein kunterfeit än ende 10259.
* blümen sw. v. = blüejen. in deme garten blumet eine blüme 5097
(L blüet?).
beben Adv. oben, berge bezeichen koninge und vorsten, die boben
die armen sint mit erge, als boben sieht velt sint berge 9471
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an der schreibt bobin alle ding her geledin Mt 12207. Lexer
N. 95, wo das Citat 4264 zu streichen ist (1. bogen).
* böigen sw. v. = mhd. beigen zürnen, ich enruche wer da wedir
bolge (: volge) 2019. erbolge 2412. böigen (: volgen) 11326.
* brutdruzzel st. f. bräutliche Kehle, wie wol rächet unser vrouwen
brütdruzzel 3618. Lex. N. 108.
bot et. n. Partie, der irste strit, der näch gotis geburt geschach:
der began an koninge Heröde, der die kint: tötte, als ich hän
gelesen sint: und dörte sö lange an dem böte: biz man zustörte
die aptgote 10835. (Lexer I 331).
Munge st. f. = bouumnge, Bau. daz mögen an der böunge schouwen
zu Jerusalem man und vrouwen 1304.
brechen st. v. in der Verbindung: sich brechen an = sich wenden
zu. dä von sin stolzes herze brach sich gar an die höhvertikeit
2956. vgl. Pass. K. 562, 14: sich an ein togunthaftez leben
brechen. Pass K. 332, 3. 382, 83. Lex. 1 345.
* DeckescMr st. m. Schutz, Schirm, alsö ist ir hals ein deckeschür
uns kegen des tübels heizen vür 3703. Marja bis ir deckeschür
vor dem leidigen tübel — 6199. Lexer N. 119.
* dinstholde st. f. homagium. under desen allen got höte im eine
irwelit und irkorn, der hät her dinstholde gesworn 2102. Lexer
N. 121.
dofheit st. f. =?= mhd. tobeheit furor. sine (des Teufels) wödunge
wurde sö gröz, daz stner dofheite gedöz nieman mohte öch
irliden 6925.
* drinamit Adj. mit drei Namen. Salomon was dr. sundir spot 1260.
* dristrenge Adj. dreisträngig, dreifach, der dristrenge endelöse
reif 197. ein dristrenge reif 4993. Lexer N. 126.
dul Adj. toll, zwischen obil und güt, zwischen daz dulle (Hs.
dulde) und vrüt 2834. den dullen und niht den vrüden 3296.
dunkelgut Adj. scheinheilig, ditz schribe ich den dunkelgüden 3295.
Lexer N. 377.
* durchßoren sw. v. = durchflörieren, ausschmücken, mit der alden
und der nüwen schrift wirt ditz büch gar durchflöret 1137. ein
bette wuhdirlichen stolz üz des berges Libanö holz, wi das w£r
durchflöret 1588.
düren sw. v. transit. aufschieben, wie lange solt ich daz düren,
ich ensagete — 8491.
düte st. n. Deutung, daz düte min munt niht vorbirt 9660. der
(slange) git uns grözes dütes vil 9692. die rede ist hö an dem
düte 8687. ze düte: daz spricht ze düte 4663. 6902. 9345. u.
sehr oft. ich sage ze düte 8506.
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duze (He. ducze, deucze, dutze) = dütsch. zü düze 987. 1157. 1269.
4878. 4888. — 1244. 1820 u. ö.
£ Adv. mit anderen temporalen Adv. verbunden: ö vor des 7476.
£ wflen vor des 7054. ödens entstellt aus 6 des (cfr. Sdenst
Lexer I 510) 5779. 8553. 8604. 6634. 8234.
* ibenäche st. f. die gleiche Art und Weise. Adverbial ,in ebenlich'
in der Verbindung: in ebenlich hüzen 8. v. a. ebenhiuzen, wett-
eifern (Lexer I 502). daz raine sile dort vor dir lüze, in eben-
lich der sonnen hüze 2462. Lexer N. 134.
* iber Adv. = aber, wiederum, ich wil üf min gezouwe eber und
wil weben als ein weber 1928. Lexer ib.
eht st. n. md. für ehaft. bi Job ist bezeichent daz eht (: kneht)
5404. : sieht 5592. der heilige geist hatte ein eht mit Marien ge-
decket, daz ist snel, dä von geborn wart Emanuel 5601. Dazu :
* ihten sw. v. Maria h6 geehtet was 5594.
* edekouwen sw. v. = üe-kouwen (üe, wiederum, wie in ite-niuwe
u. a.) wiederkäuen, der r£boc — edekouwet mit den andirn 3960.
ir zene uns alle vrouwen (Hs. vromen): sie enbizen niht, sie
edekouwen 3466. mit zenen edekouwen 11751. daz ist die edele
predigunge, von der lehre alt und junge edekouwen der schrifte spüt
als daz vihe sin hou tüt 11760. Lexer N. 260.
* entrant Adv. siehe umtrant.
* entmeilen sw. v. von Flecken reinigen, got hirre, sint ich han
gehört, daz her dort si von dir geteilet, wen der sunden last
vormeilet, s6 entmeile w6 gemeilet ist 2459.
* enischemen sw. v. offenbaren, wen du der sunder tröst bist eine,
dinen tröst mir sö entscheine 10538.
* enUchüwen sw. v. (mhd. schiuhen, schiuwen) horrere. du entschüwetes
niht den sundöre, du entschüwetes niht den mordöre, du ent-
schüwetes öch niht Magdalenen 11400 ff. (non horruisti confitentem
latronem etc. S. Beruh, serm. in cantica XXII 8).
* entstandunge st. f. nicht nach Lexer Nachtr. 149 = Widerstand,
Hindernis, sondern = Auferstehung, desir stein % — gesazt zü
manches menschen valle und zü entstandunge vil lüten 1332
(Luc. 2, 34: positus est hic in ruinam et in resurrectionem
multorum). Dafür auch: irstandunge 7776. üfstandunge 7778.
* er gen sw. v. (= mhd. ergern) verringern, verderben, sin lob wil
ich niht ergen (: bergen) 862.
* erztie f. und arztie für gew. arzdtte, Arznei, wen sie (Maria) ist
mit semiter zarte aller erztie ein garte 6378. die vorgenanten
blümen vrüt sint zü erztie güt 6358. waz sol arztie im zur
nöt 6317.
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* ettern sw. v. eitern, vgl. nd. etter*=* Eiter (Schiller - Lübbe n rand.
WB. I 750). den mäler ich gesehen hän, dem siniu ougen
etterten (: weckerten) 3289. *)
Gat at. n. nd. und rad. Öffnung, übersetzt das lat. foramen (Cant. 5, 4).
min Hb Hz sine hant durh ein gat 812. 8153. daz gat 8160.
her stät bi der want und sihet durh daz gat 9283. — her lustert
her al durh diu gat 824. Mhd. WB. I 487 b .
gebornheü st. f. die irste gebornheit — die Erstgeburt 3631. der
irsten bornheite 3634.
gebür st. m. und büre sw. m. der Einheimische i. Ggstz. zum
Fremden und Fernen, von dises strites obirleste sö sint getötet
gebür und geste 10823. ich jehe den büren und den verren
tröst 11371.
gilfe st. f. sundir gelfe — demütig, ohne Uberhebung, ich bitte dich
sundir gelfe, got denke an mine helfe 7179.
gelimpfe als schwaches m. (mhd. gelimpf), ich — bitte, daz du mir
gebist gilt gelimpfe, daz min werk iemant vorschimpfe 3118.
geUche st n. (?) Gleichnis, sö wil ich ein güt geliche üch sagen
von dem hemelriche 11339.
* gemaget Adj. nach falscher Analogie aufgelöstes gemeü. die
sullen — z& dem wären gelouben rinnen also ab al ir här brinnen
und als ein wilder hirz gemaget, der sich den hunden habe ent-
saget 11165.
* gemanc st. n. = gemenge. sehet durh ditz valsche gemanc sö
glichet got wol hären Cädar 9958 (He. gemant: sang).
genade st. f. manicher zegen samenunge, die gen&de komen durh
den pfat von dem höen berge Josaphat 532. lies: ze genäde — zur
Ruhe. cfr. Grimm DWB. I. 744.
* gertize st. n. ? wer wazzer, is, snfe zusammene stize allentsamen in
ein genize und trebe daz zü vüre, diu drei worden all eine
natüre 4760. Genuss? vgl. daz mitgenize Pass. K. 529, 21.
* gescheffe st f. oder n. (mhd. geschetfede, geschefte) Gestalt, vrouwe
alma, din gescheite glichet sich der palma 11783.
gile st. f. mit den praep. durh und mndir in epischer Formel, wo-
bei die Bedeutung des Wortes so verblasst ist, dass ,durh gile'
') Die Stelle ist in der Hs. stark entstellt:
3289. dem beyde seyne ougen et treten
in dem houbete stunden vnd schele weet'en.
Weinhold coujicirt, wie er mir gütig mitteilte:
dem siniu ougen etterten
in dem houbte schele weckerten.
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und ,8under gile' dieselbe Kraft haben, nemlich = sunder
Spot, wahrhaftig. Weinhold in Lexer Nachtr. 211. bi dem
türin goldin pfile, der üf der süle lit durh gile 4928. als zwei
raarmelsülen, die geleit sint sunder gile üf sine goldine
pßle 4917.
goum, goume st. f. in dem formelhaften Versschlusse ,sundir gouin',
,mit goume', welche beide nichts anderes bedeuten als , wahrhaftig,
wirklich', rehte als einen apfelboum, der den walt ziret sundir
g. 443. treit ein boum epfele sundir g., er heizit sän ein apfel-
boum. 5687. ich sprach sundir goume, sie were glich dem
aloösboume 5947. sie glichet sich wol mit goume therebintö
dem boume 5839. j& sint um desin boum dese dri geleget
sundir goum 6182. Verstärkt ist diese Beteuerungsforrael in
,sundir valsches goum' 9765.
guft st. f. m. in den Beteuerungsformeln ,durh guft' und ,sundir
guft', von deren Bedeutung dasselbe gilt, wie von gile und goum.
daz irste sage ich sundir guft 3. also machte got Salomonem
durh guft von erde, von wazzer, von vüer, von luft 1594. die
nante her sus durh guft: wazzer, vüer, erde, luft 7269. luft
qudme widir zü luft, daz schreib her durh sine guft 7320.
gusse st. f. (mhd. güsse) Schwall, Fülle, sich desir kentnisse gusse
kumpt uns von des mundes küsse 12122.
Habene st. f. habe, Hafen, gib nü mir den Segelwind, »6 halde
ich üch den ankel sint und segele zü der habene wart, aldä wirt
mines endes vart 10513. Mhd. WB. I 603».
* hanken sw. v. hinken, lahmen. Bildl.: ich wil däran niht hanken
(:gedanken) 2407. diu ougen, ab wir niht hanken, bezeichen
uns der herzen gedanken 9729. Lexer N. 227.
heben st. m. nd. Himmel, blümen nuzze winreben vil hö gewahsen
an den heben 656. der boum wehset kegen den heben 7415.
* hecken sw. v. (vgl. hacken) stammeln DWB. 4 2 104. Lexer N. 231.
ab ich an der wärheit niht hecke - wenn ich die Wahrheit nicht
verfehle 4619.
* heisen sw. v. heiser sein (zu Adj. heüe, heiser) nd. heischen sw. v,
Schiller- Lübben II 259. min stimme von rüfene heiset (: vor-
weiset) 11883 nach Psalm 69, 4.
* hemelstigunge (?) st. f. Himmelfahrt. Cädes, daz wort alsö zart,
sprichet zü düte hemelstigunge (Hs. heymestigunge) Marien,
saget mine zunge 6111.
hem sw. v. rauben, trennen, ab du vurhtest wide adir swert adir
waz den lip von der sele hert 11381.
Fischer, Braut ron Schönebeck hohes Lied. 4
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* herzekoning st. m. von Salotno gesagt: vorbir trüt herzekoning
desin mort 63.
* hvare Adj. mhd. nur in ge-hiure. des baisam wäz wirt sö hüre,
edele und vollen türe 6019.
hoben sw. v. mhd. hoven, Hof halten, regiren. dä got sitzet an
rihteres ort und mit stme vater höbet (: gelobet) 8815.
hoge st. f. Sinn (mhd. hüge). zü der schrift hän ich kleine hoge
(: möge) 1900. Frohsinn, in Verbindung mit , vroude' pleonastisch ;
ir sult näch üwer langen btt werden an wundirlicher huge ir-
vrouwet mit ires trdstes suge 3921.
hogen sw. v. refl. sich hogen c. gen. sich besinnen auf, sioh freuen
über, des Spruches ioh mich hoge ( : möge) 4164. der rede sullen
wir uns alle hogen (: mögen) 11322. Partie, hegende mit vroude
pleonastisch verbunden; vrö an ganzir hogender vroude 8676.
der win — den vroudelösen armen git hugende vroude 11797.
* hogen sw. v. nd., mhd. hoehen, hohen = erhöhen, erheben, die sÄle
— müz sich an den hemil högen adir nedir zur erde bögen
12253. Ofr. Sachs. Weltchron. 100, 1 (mon. Germ. hist.deutsche
Chroniken II).
* honigeraten sw. m. ein Gebäck aus Honig? milch ist den kinden
bequeme, den jungen daz honig geneme, den alden sint honig-
eräten güt 3343. Lexer N. 246. vgl. nd. honichrote f. = Honig-
seim. Schiller Lübben II 295.
* honigträn st, m. favus. honigträn, jach mir ein Sahse, daz wäre
honing an dem wahse 3375. dine Uppen trifen honigträn 3339.
ich trank milch und win sän, ich az honig mit dem trän 8686
(comedi favum cum melle. cant. 5, 1).
* horaspän sw. v. der stein bezeichent die hoffenunge, die da
höraspöt an dem hemil, wie doch die erde si ir schemil 1858.
Cri8tallus — ist vor daz höraspän güt 1855.
* homic m. Horn, Ecke? die vorspan — wären rehte mittene sinewel
alsö ein zirkel schäfes vel und dri hornik zum enden 4717. die
drt hornik, sö du weist, bezeichent den vater den son den geist
4741. Davon das Adj.
* hornichsprenget : jäcinetus genant, hornichsprenget purpurvar 1788.
Vgl. nd. hornich — winklich, eckig, hornink m. Horn, Ecke.
Schiller - Lübben II 303. hornichsprenget wäre also s. v. a. mit
winkligen, eckigen Sprenkeln versehen, nach Art des Marmors.
hosch st. m. (mhd. hosche) — Spott, ich bin ein worm, ein mensche niht,
der lüte hosch und öch ir spot 6095. sundir hosch und spot 4733.
* hü sw. m. mhd. huwe, huo = Uhu. gotes insigel daz trüges dü
(Luoifer), nü bistu wirs geschaffen denn ein hü 2969.
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* hu m. ? dö got sich durh sine werde wolde l&zen vieren üf der
erde, dö wart her geecket an fumf hü (:ü) 1346 — gemeint
sind die fünf Wunden des gekreuzigten Christus. Wohl nicht —
inhd. huoh Hohn, Spott, sondern vielleicht -= hou Hieb, Schlag.
* Mg st. m. oder n. Hügel, mhd. houc st. n., hess. huck u. hug m.
(Grimm DWß. IV. 2, 1858. 1873). die brüt sprach, ich wil üf-
st&n, zü dem berge der myrrhe gän und zü des wiröches hüge
(: gevüge) 767. Cant. 4, 6.
* häsroch st. m. Bauch aus dem Hausschornstein, rehte als ein
hüsröch was allez ir geyerte 990. j& ist allez ir geverte als eines
hüsröches gerte 5922 (Cant. 3, 6 virgula fumi).
Innen sw. v. erinnern, belehren trans. alsö ich üch inne ( : minne)
5862. von dem angeste ich üch inne (:dar inne) 11216.
inren sw. v. mit derselben Bedeutung, ein md. Wort, deser rede
ich dich aus inre (:minre) 7013. mit riUe ich dich vorbaz inre
9097. der rede wil ich üch inren (: minren) 11102. als ich üch
wil inren 11156. niht baz kan ich üch daz inren 11182.
vrveren sw. v. (mhd. ervaeren), List üben, betrügen, intrans. ge-
braucht — in trügerischem Irrtum leben, durh daz wir iht ir-
v£ren mit den joden und uns vorkeren 1998.
irvühten sw. v. intrans. gebraucht (mhd. erviuhten nur trans. Mhd.
WB. III 331 b ) — erfrischt werden, sich erfrischen, wen her mit
siner wisheit die rüwige s&le irlühtet, daz sie an slner genftde
irvühtet 8307.
* joguntvar Adj. jugendlich, sie sint joguntvar adir gra 2671. her bltbet
immer joguntvar 5655. die joguntvar wip 14z ich bliben 320. der
joguntvaren wip was die zal vri also ich las. 2083. (Lexer 1 1487).
joie frz. (Hs. zoye 1. schoie?) Freude, sprich sol mit menschlichem
kunne got alsus leben an der joie (: roie) 8655.
Kabel st. m. aus dem Nd. «= Ankertau. iedoch so quam zü allen
stunden min anker zü vollem räde, swie ich mich kleine segelens
n&de, doch hän ich nü vil ebene den kabel gelek vor die stebene
10510. Mhd. nur noch MSH. 3, 67 *. Lexer I 1491.
kaf st n. Spreu. dÄ die bösen sin geworfen af, als üz dem körne
is daz kaf 12003.
katten sw. v. laut rufen, schreien, von sorgen müz ich kallen
(: vallen) 10965. swaz die joden dä wedir kallen und mit iren
ketzeren schallen 3809.
* kaltnisse st. f. Kälte, mit dem sinne daz ist gewisse, sie vülen
hitze und kaltnisse und alle rürunge 7429. vgl. külnisse.
* kar Adj. (zu kar st. f. Wehklage) wehklagend, traurig : wenne
kröne te sie in sus sage? sich, an dem karen vritage 10222.
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62_
* karakterbücJistab st. ro. Zauberbuchstabe. M d&rn&ch ein a r i
und a, mit deseu karakterbüchstaben was die arche gelimet als
ich las 3777.
Katelange n. pr. Catalonien, nur bei Wolfram (Mhd. WB. I 792 b );
zü^Rome noch zü Katelangen wurden nie schöner wangen ge-
sien 3203.
kerl st. m. rusticus. sie vorht daz uns alsam geschie, als ich von
eime kerle gie 3656. höret wie eime kerle geschah : iz solde ein
kerl gän obir eine bach 3659* (nach Horaz ep. I 2, 42 rusticus
exspectat dum defluit amnis).
* kidel f. ? wenne die kidel von wazzere wirt, itslich visch dö des
tödi8 birt: also were wir alle vorlorn, enwöre Marja niht ge-
geborn 3060. Weinhold (Lexer Nachtr. 270) vermutet ,Pisch-
blase* und vergleicht flandr. kite, kiete, kuyte Fischeier, über-
haupt Eingeweide.
* klouwen sw. v. nd. kratzen, krauen, ich wil mich von vrouden
klouwen (tvrouwen) 3917.
* klü st. n. — * klüwe obd. kliuwe, Knäuel (Lexer I 1627. Schiller-
Lübben II 495. Grimm DWB. V 1031) min garn ich vaste
zwirne und h&n iz üf ein klüen gewunden 3188.
* klüche st. f. Klugheit (mhd. kluge) nü gib mir wisliche kluche
(: buche) 1247.
khuter st. m. md. Fleck, Schmutz, dä ist zügemenget kein klüter
(: lüter) 6064 der engel ist ein klärer spigel, niht gesalbet sam
ein zigel, her ist durhschinig und lüter, niht geschaffen als ein
klüter 6875. also sol von des kusses gründe munt und herze
sin al ein, d&rin sol kunterfeit noch sein zügemenget sin noch
klüter 12030. Lexer I 1641.
knoüe sw. m. von Menschen gesagt: des bit ich vater hülfe dich,
wen du müst alle ding ir vollen, daz sagen uns die knollen die
propheten und David 7210. Der Dichter scheint ,die knollen*
neben den Propheten und David als »ungebildete, gewöhnliche
Leute 4 zu verstehen. Vgl. DWB. V, 1466 f.
* kocsudel st. m. = kochsudel. vgl. Grimm DWB. V 1564: koch-
südel = discipulus coqui. vgl. auch sudelkoch. Lexer Nachtr. 277.
sö g§ ich also sprach kocsudel, als eines goukeleres budel stet
maniches menschen mund offen, sehet der wäre baz zügeslozzen
3216. Wohl eine sprüch wörtliche Redensart.
hol st. m. caulis, olis. In der sprüch wörtlichen Redensart , einen
güten kol einem kochen 4 i. d. Sinne »Jemandem Etwas einbrocken 4 .
Eva hästu gekochet güten kol, daz wizzen dine kinder wol, die
in mit jäinere ezzen. 1435.
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kolc st. m. md. Wasser, in der (werlt) sullen vehten zwei volke also
vische tün an eime kolke 11106. Grimm DWB. V 1613. Lexer
I 1664.
kratzen sw. v. ich enrüche swer dk wedir kratze 1779 = sich sträuben.
* krazte f. (?) das Kratzen, Verwunden, Angreifen, ditz ist der
stein, den Jacob sazte kegen des leidigen tübels krazte 1325.
got uns drü leben sazte kegen des leidigen tübels krazte 2088.
krenke st. f. Teil des menschlichen Leibes zwischen Rippen und
Hüfte. In dieser Bedeutung sonst nur bei Wolfram (Parz. 232,
29 u. Wilh. 155, 1), vgl. Mhd. WB. I 875 *. vrouwe jä ist 6ch
din krenke wol gestalt an der lenke 410. die rehtikeit sol an
der krenke ein gortel sin an der lenke 1976 (erit iusticia cingu-
lum lumborum eius Jes. 11, 5). sie enh&te an irre krenke zwei
vorspan an der lenke 4701. 4720. daz die vüge w£re an der
krenke einer vrouwen schaffen an der lenke alsö zwei vorspan
bekant 4903.
kreste st. f. (?) das Stöhnen, unsir j&mirlich geschrei, daz wir tün
mit jSmirlicher kreste, iz klübet enzwei der brüt breste 3909.
Lexer Nachtr. 285 wird brüste ( : brüste) angenommen, doch ist
,breste' der Hs. gestützt durch den Reim breste: (hin und her)
vreste — vriste 11785. Ein verb. $ kresten* bietet die Sachs. Welt-
chron. 116, 38 (Weiland): we krestet wedewen unde wesen;
kresten mhd. kreisten, Causativ zu krtsten i. d. Bedeutung
,stöhnen machen d. h. wehetun'. Vgl. DWB. V 2161 u. masc.
krester für kreister, ib. 2163. Danach dürfte auch Schoneb. 7655:
mich enmac kein leide krusten (: brüsten) zu verbessern sein in
,kresten* : bresten. (Lexer N. 285).
* kriege st. f. Stirn? als ein vil türe härsnür bint daz här vor der
krige, daz ez hin noch her envlige ,3395. Lexer N. 282.
krüfen st. v. md. — kriechen, iz ge iz st£ iz loufe iz krüfe
(:tüfe)1178.
kdle 8W. f. md. Grube, Grab, myrrha — behelt üz der külen
töden lip, daz her vülen noch vorwerden niht enmac 6223.
DWB. V 348.
kule sw. f. Kugel, dicke hö sö quämen die unden etswenne zü
mir an den kil, daz ich hin und her öch vll als ein senewel kftle
n&ch dem zil 10501. Vgl. Grimm, Ath. u. Proph., weitere Bruch-
stücke S. 15, 17. DWB. V 349. Lex. I 1765.
* kübrisse st. f. Kühlung, die blater (des Platanus) schaten üzwenig
und geben külnisse innewenig 6192.
* kumpänine st. f. (zu kumpän) socia. sie sleich lise bi der want,
dft sie irre kumpänine bette vant 34.
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kunder st. n. monstrum, prodigium — stets pleonastiseh mit , wunder 4
verbunden, irnüwe daz wunder und andirweide daz kunder 4374.
daz ist dekein gröz wundir noch ein michel kundir 4814. —
10416. 4075.
hinter feit st. n. eig. vermischtes, verfälschtes Metall, bei Schoneb.
überh. das Unreine, Unlautere. j& ist iz als ein kunterfeit, d&
wir mite umme g&n 9670. die werlt ist niht wen ein blende und
ein kunterfeit 10260. där in sol kunterfeit noch sein zügemenget
sin noch klüter 12030. cfr. sein.
kumtiger st. m. Ä kunster Künstler, ein vorspan bekant, daz ge-
worht h&t eines kunstigßres hant 4694. daz hät des kunstigöres
hant get&n 4806. Lexer N. 287.
kupfer st. n. in der Phrase: kupfer zümengen =etsv. unecht machen,
entstellen, bes. die Wahrheit entstellen, unaufrichtig sein, mine
üf gehaben hende sin dir ein äbentliches opfir, ich enmenge dar
zu kein kopfir 7637. sie (die bösen Zungen) str&fen itsliches
menschen leben und stechen selber kupfir dar zü 3281.
* falschere st. m. der Keusche (vgl. riuwaere). Daniel bezeichent
die küschfire (: 16r6re) 5403.
* Lach st. m ? hilf mir Maria vrouwe mit gevüge, daz ich spreche
als dort tet koning Alexander dö her missetet in rüwen und öch
in lach, an sime ende dö her sprach — 4551.
* lantveste Adj. geschützt, sicher, er vvänte sin gar lantveste
(: hantveste) 6481. Lexer N. 292.
lastermeil st. n. Schandfleck, schäme kan decken lastermeil ( : teil)
3145. Sonst nur aus Colraarer Meisterliedern u. Conr. v. Würzb.
(Partenop.) zu belegen, cf. Lexer I 1837.
lenke st. f. inhd. lanke Hüfte, Lende ; pleonastisch mit krenke ver-
bunden (Seite 53). 411. 1977. 4702. 4720. 4904. Mhd. Wß. I.
934*. Daneben steht das mhd. in dieser Bedeutung nicht seltene
st. n. gelenke: sine vrouwe wäre an irm gelenke (: gedenke) ge-
stalt als ein vorspan bekant 4692.
* leiten sw. v. aus dem Nd. = mhd. letzen , aufhalten , verzögern«
durh daz ich üch nöte lette (: bette) so sage ich von — 1724.
Die hd. Form des Wortes findet sich 7715: ab mich min sin
niht letzet (: gequetzet).
He st. f. Laube, wen alsö ich min lib sie, sö ist iz geschaffen an
schöner lie alsö ein wintrübel von Cypri 7657. Lexer I 1901.
N. 298.
*liphaften sw. v = liphaft machen, glicher wis alsö got den geist
der vil edelen sgle ingüzet, alsö lipbaftet die söle den Up 7462.
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(sicut deus inflat vitam animae sie anima inflat corpori). Lexer
N. 301.
*Uinkoxife sw. ra. = Utkouf. ditz was ir zweier leinkoufe (:toufe)
6476.
lose st. f. Leichtfertigkeit. Als Beteuerungsformel wird ,8undir,
ane lösen' oft am Versschlusse gebraucht, sundir löse (:röse)
3132. sundir lösen (:glösen) 4707. (:rösen) 5128. 5690. sundir
valschis lösen 8707. sundir valsch und äne lösen 4625.
*lucke st f. ? sie (Maria) was müter und maget gar, die zwei hatten
vor den rucke zü einander gekärt an der lucke 4800; es ist wohl
zu lesen ,ane lucke' was bedeuten kann 1) ohne Lücke =■= voll-
ständig. 2) ohne Lüge, wahrhaftig, cfr. die Nebenform lucke,
lücke zum Adj. lüge, Lexer I 1978 (Weinhold).
* lugnisse 8t. f. Lug, Trug, wen die glöse kumpt dar bS, sö vorne-
mit ir, daz ist gewisse, die wärheit wol an der lugnisse (1. ane 1.) 902.
Male dveniür f. frz. Unglück, wer hie rüwiclichen bihtet und sin
ding zü gote berihtet den vlühet dort daz hellevür und darzu
alle male aventür 11595.
mamme sw. f. — lat. mamma. brüste daz sint mammen , dä mete
vüden kinder die ammen 3831. du sögest miner brüste mamme,
ich was dine müter und amme 6529. — 11730. 11735.
*meienkranz st. m. aller manne schöne ein meienkranz was sin min-
niclichez antlitze 1454 = die Krone aller Schönheit
menen st. n. = meinen, die Bedeutung, die rede ist rü als eine hüt
dar umme müz ich mich senen nach der üzlegunge und mönen
3436. In derselben Bed. Pass. H. 335,24.
mer Comparat. als Conjunction — sondern, niht vorholne mö offen-
bare 5647. Mhd. WB. II 144 b .
murren sw. v. mit Myrrhe salben, her Jöseph von Aromathiä brühte
mirram al da und mirrete sinen lip 7738. Sonst nur noch im
md. Evangelienbuch des M. von Beheim Mr. 15, 23 (Bechstein).
* missam Adj. = misseäch, übel, hart, des tödis — slac ist missam
10398. Lexer N. 318.
missewende als st. n. Schande, daz her den bösen bekere an einem
ende, den güten werfe anz missewende 8429. dann wil her werfen
anz missewende Antikristum, daz sin sorge ende 10896.
*nuttelverre Adj. in der Mitte befindlich, der mittelverre büchstab
u (in ,aue') der daz wort züsamene bint 2736. Lexer N. 320.
*molz ? glich als des apfelboumes molz schönet al des waldes holz,
akö ziret mit siner wonne min lib allez menschlich könne 7612
(sicut malus inter ligna silvarum, dilectus meus etc. cant. 2, 3).
Lex. N. 321 vgl. nd. molt — Malz.
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*mortkeit f. Mord, ein orteil gab her zw&n vrouwen um ein mort-
keit 233.
*münen sw. v. aus dem lat. munire, befestigen, schützen, beheget
und bemünet ( : umbezünet) vor des tübels Satanäs gewalt 4316.
Lexer N. 324.
*murmur et. n. lat. = Gemurre, Getöse, ich enachte nicht des
bösen murmur (: ur) 10242. Lexer N. 325.
*müterhaft Adv. = muoterhalp, von mütterlicher Seite, wen her
(Jesus) von in (den Juden) was geborn müterhaft, hät die schrift
gesworn 10218.
*müterheit f. = Mutterschaft, Ggtz. zu magetuom. wenne daz wazzer
vruhtet alle ding, s6 glichet iz sich wol der müterheit, die an
Marien was geleit 4277. der eine chörubim sunder rüm bezeichent
Marien magetüm, der andir chörubim, sö man seit, bezeichent
uns ir müterheit 4794. Lexer N. 324.
* Nahttrugene st. f. Nachtgespenst. Der Jaspis — ist gut vur die
nahttrugene, die der tübel brengt mit lugene 1762. Lexer N. 328.
*nakeler st. m. mhd. nöklier = nauclerus. Nöö meisterte die arken
als üf dem mere eine barken ein wiser näkeler dicke tüt 5408.
Lexer II 99. Nachtr. 332.
* nachenmür st. f. jä wären als ein rote nackensnür siner vrouwen
Uppen gestellet 3213. (sicut vitta coccinia labia tua. Cant. 4, 3).
Der Dichter nennt diese vitta sonst ,h&rsnür' 384. 3394. 3416;
beides ist also dasselbe, wohl eine vom Hinterhaupte nach vorn
zur Stirn gehende Binde.
*naketvar Adj. s. v. a. naket. daz kleit nämen sundir haz ir prö-
digere, daz ist war, daz sie stünt blöz und naketvar, als sie was
komen uz der toufe 8503.
niderteü st. n. der untere Teil (am Menschen), dö her siner vrouwen
lip oben hatte genük gelobet zu sime heil, dö lobete her och ir
nidirteil 4912.
* nösen st. n. in dem formelhaften ,sundir nösen' = cum gaudio. ir
sult sundir nösen diu wazzer mit vrouden Ösen 4535. 11428. der
röboc liset sundir nösen daz gute krüt üz dem bösen 11982.
Lexer N. 332.
*notzheü st. f. Nutzen, timor utilitatis daz sprichet sü düte de
notzheit (1. angest der n.) 11221.
* Obirdrizen st. v. zwingen, her wolt daz wazzer obirdrizen durh
daz iz lize sin vlizen 3665 (Horaz ep. I 2, 42).
*obirgleste st. f. = mhd. überglast (Mhd. WB. I 546 b ) du got der
sunnen obirgleste ( : hantyeste) 6345.
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* obirkantnisse st. f. übersetzt das lat. inconsideratio. obirkantnisse
siner krancheit: proprii defectus inconsideratio 6831.
obirtät et. f. adulterium. ein wfp die begrifen was mit obirt&t 1 1410
(deprehensa in adulterio). Mbd. WB. III 148 b . Dasselbe be-
deutet untdt: welchem wibe untät was mite, die steinten zü hant
die joden 2046.
* omehticlichen Adv. (mhd. Adj. unmehtic) = ohnmächtige dä sie hörte
waz her sprach, die vrouwe omehticlichen sprach 533.
* erringen sw. v. schmücken, wenne krönete sie in sus, sage: an
dem karen vritage al dä örringete in die güte, sich, mit sines
selbes blüte 10223.
* ougenlichen Adv. mit eignen Augen, deutlich, nü sehe ich ougen-
lichen hie 4796.
ParUren sw. v. trans. frz. in der schüle vil stark disputiren und al
sulche rede parliren 9196. Lexer II 208.
* parolen sw. v. frz. reden, waz tohte raö dä von parölen ( : viölen)
5107. Lexer N. 337.
*pavimenten sw. v. pavimentare. her vrünt, nü berihtet mich, wä
mit ist paviment der estrich 1370.
pfil st. m. Pfeiler, mermelsteine die gelegen sint lange wile üf
zw&ne goldine pfile 417. — 4918. bi dem türen goldinen pfile,
der üf der süle lit durh gile 4927.
* pifern sw. v. die turteltübe pifert an dem sang (Hs. von den s.)
9367; wohl frequentativum zu pifen md. = pfifen.
* pinselwerk st. n. Werk des Pinsels, Gemälde, daz in (den sal) nie
mäler gemalte baz, der ie obir pinselwerke gesaz 8634.
pcinder st. ra. Mhd. WB. II 526 b . die sunne och begunde sigen
dö quam mit poinder her krigen eine vrouwe 984.
presente st. m. n. Geschenk, sage mir zü eime prßsente (:ungwente)
12134.
Quater st. n. allgem. die Vierzahl, die heilige drivaldekeit, die was
gar üz und üz gedriet und von dem quatere gar gevriet 1341.
quatem st. m. Buch, sus las ich an minem quaterne ( : gerne) 9370.
von dem (drache) in dem selben quaterne sente Johannes offen-
bar jach 9622. ich sach nehist an minem quaterne 12235.
quetzen sw. v. vom gekreuzigten Christus: alsö wart gotis lip vil
sere um eine süle gequetzet (: letzet) 7714.
Rd st. f. mhd. rahe, nd. raa. Schiffsraa. min kil trüg dicke so
swere last, daz beide segel rä und mast mich küme nerten von
den unden 10504.
rabensvar Adj. (rabenvar Mhd. WB. III 239 •) (sin här) rabensvar
als ein kr& 7827. 7875.
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re st. m. ,an den re körnen' = den Tot erleiden, das ouge der
unkÜ8cheit, sö man git, hatte der höe koning David, d6 her ir-
sach vrouwen Bersabö, da von Urias quam an den rö 2948.
* redewert st. n. disiu spöhen redewort, diu sie von mir han ge-
hört 1095.
* reide st. n. = gereide. mhd. gereite Bereitschaft, sö quam zü allen
stunden min anker zü vollem reide ( : niede) 10507. Lex. N. 347.
reizen sw. v. refl. sich aufregen, in Zorn geraten, ich enruebe wer
sich dar um reizet ( : heizet) 8709. ich enruche ab sich da von
reizen (: heizen) die valschen mit den andirn söre 5694 (an
letzterer Stelle fehlt in der Hs. ,sich').
rieh st. n. = gerich. betet daz mich beware vor dem ewigen rieh
der alle ding geschaffen hät 2364 (Lexer II 416. N. 348).
ring st. m. orbis terrarum. der lebenden wazzer orspring, diu da
vlizen durh den ring 439. daz wazzer vruhtet alle ding wa iz
hin vlüzet durh den ring 4276. Mit dem Zusatz: der werlde r.
6956. 10384. der erde r. 9162. — der hemelische ring 1783. 2811.
rode nd. Form für mhd. rüde, rude sw. m. Hatzhund, Hund. Als
Schimpfwort gegen die Juden: die valschen roden — die armen
joden 1986. die roden, ich meine die bösen joden 2047. Der-
selbe Reim rode : jode bei dem nd. Josef v. d. sieben Tods. v. 3905
(Schiller-Lübben s. v. rode).
roie m. frz. König. Salomo der wisheit ein roie (:gezoie) 3211
(nicht ,rüge : gezüge* wie Lexer N 352). Salomo le roie ( : schoie)
4919. Salomo der roie (:joie) 8657.
rü Adj. mhd. rück, die rede ist sieht und niht rü (: Jösü) 4892.
die rede ist rü als eine hüt 3434. rü und niht sieht 7689. Acc.
dese rüwe hut 773. Die Form rou rouch (Lexer II 519) ist gesichert
durch den Reim: wi die brüt niht wöre rou, sö hatte sie doch
den segen Esau 3629.
*ruchbere Adj. duftend, der boum — ist lihtvar ruchböre mit ölei
gar äne swöre 5845. enzundit alsö ruchbdre als ein mirrha und
ein wiröch 5925.
rüm Adj. = gerume (Mhd. WB. II 789 789 b .) da ist mir der vort zü
enge, machä rüm mir daz gedrenge 10518.
rume Adv. den vuraften vinger nenne ich rüme, her heizit pollex
der düme 4123.
Sah* st. f. Fänge der Raubvögel, der ar — , der dö kegen der
sonnen kriget, wen her alsö hö gestiget, daz her vorbrinnet ge-
vider unde sas, daz im zü vligen gegeben was 2889. Lexer N. 354.
Bezzenberger, Beiträge 3, 837. — sas=sahs, Schneide oder
Spitze: ein swert des sas zü beiden siten scharf was 3242. die
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rede ist scharf als ein varm, doch wil ich mit miner zungen sas
(Hs. schätz) sie nidermöhen als ein gras 8789.
* sak st m. ,des menschen sak* als Bezeichnung des menschlichen
Körpers (Lexer II 563). Jesus — zöch an sich des menschen
sak ( : raac) 2205. waz betwank den gotis bar, daz her vom he-
mele nedir quam und des menschen sak an sich nam 5349. dö
her anzöch des menschen sak 7054.
samwizkeit st. f. got ilet sö zü lösen den sundöre von siner samwiz-
keit swöre (ut absolvat reum a tormento conecientiae suae) 8750.
schäme sw. masc. pudicitia. die rote bezeichent uns den schämen
( : samen) 3127. pudenda : welcher wise Jöseph wöre gotis vater,
ab in gebere sin müter von sinem schämen ( : irlamen) 1994.
schart f. Scharte, sundir schart — ganz und gar (Lexer N. 358)
w&r sundir schart (:wart) 1604. wir sundir scharten (: garten)
11493. al sundir scharten schöne 778.
* schoten und scheten sw. v. mhd. schatewen, beschatten, diu blater
schaten üzwenig 6191. her schetet uns durh irbarmen in dem
crüze mit sinen armen 7620.
scheit st. m. Unterscheidung, die türe guldin houbetlene breit, die
da gab alsö riehen scheit 1618. Lexer N. 359.
* schele Adv. mhd. schelh, scheel, schielend, siniu ougen —
schele weckerten 3290.
schere sw. f. Scheere; die gabel- oder scheerenförmigen Schwanz-
federn der Tauben, tüben üf der wazzere riveren, der vlogele
und der schären mit milche gewaschen sint 922. 7919.
scheie st. masc. mhd. schote, der hirte helt an ein sehet 9179.
wen her sich gar wol versinnet (der Rehbock) und in der sonnen
hitze brinnet sö loufet her in einem schede (: sede) 11986. die
blümen — vorwerden als ein schete 9679.
* schoie m. nd. scho, scheie Schuh, dine vüze an dirae schoie (: roie)
sint rittirlich gestellet wol 4920.
schouwe st. f. Anblick, den etw. gewährt. ,an der schouwe' — an-
zuschauen wie. du ein viöl an der sch. 466. 5121. din hals ist
geschaffen an der sch. alsam der türm Dävidis 387. dine beine
sint geschaffen alsö zwe* marmelsülen an der sch. 4915.
schrei 8t. m. ,sundir schrei* =■= ohne Widerspruch, wahrlich, pollex
der düme der ist der kürzte sundir schrei (: zwei) 4125.
schür st. m. 1. iz si tag adir nahtschür (: vür) 1690, wohl
stürmische, verderbliche Nacht. 2. ,sundir schür' epische Be-
teuerungsforrael profecto. 5191. 11081. kne schür 3309.
3. Schutz, sine (des cypressus) asche behelt daz vür, imbir wirt
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sie im ein schür 5770. siner aschen schür beheldet immer m6r
daz vür 5783.
* schüwart st. ni. ^= mhd. schuohworhte (cfr. schuchwarte im Erfurter
Stadtrechte bei Walch II 3, 12. Lexer II 821). alsö ein här
üz eime swine brengit durh ein gat den drät, wen der schüwart
sizt und nät 11210. Lexer N. 363.
schüwen sw. v. — schiulien. intrans. horrere. min munt vil kleine
schüwet (: getrüwet) zü sprechene die — rede 2064. Lexer 11 761.
* sein st. m. alsö sol von* des kusses gründe munt und herze
sin al ein, d&r in sal kunterfeit noch sein zügemenget sin noch
klüter 12029. Aus dieser Stelle ergiebt sich, dass ,eeinS ein
sonst unbekanntes Wort, ein Synonym von hinter feit und klüter
sein, also »Falschheit, Trug* bedeuten muss. Dieselbe Bedeutung
hat das Wort in der formelhaften Phrase ,sundir sein* = ohne
Falsch, rein, wahrhaft, got was sundir sein ( : allein) mit Marien
ein an natüre 4382. ich wil al sunder sein mit üch bliben immer
vort 8678. got selbir ist der stein, üz deme g&t al sundir sein
(Hs. scheyn) wazzer und blüt 9384. Endlich findet sich das
Wort noch v. 6859: tübel var dort an den sein (: ein) und läz
uns hie mit gemache. ,sein' steht wohl auch hier in einer der
obigen verwanten Bedeutung, etwa , Unrat' und muss ein Aus-
druck für den Höllenful sein; für an den s. ist vielleicht in d. s.
zu lesen (Weinhold). Vielleicht ist sein mhd. seim?
serpendratest n ? desir büch (Marien Leib) ist daz s. und des edelen
valken nest 4235.
* sigeheit st. f. Sieg, sus krönet sie nach der sigeheit (: erbeit) 6396.
sie f. = siehe, zur Bezeichnung von etw. sehr Geringem, ich weiz
wol daz du nie beg§ sunde alsö breit sam ein slö 6334 (niht
umb ein sl6he; Krone 21273. niht einer sieben wert; Dan
von Blumenth.)
sliJtiere st. m. politor. Diefenbach gloss. 445 b . eines slihtöres be-
durfte ich wol — der hie slihte dese rüwe hüt 771.
slüch st. m. 1. für Mund: daz sal irbitteren dinen büch, där näch wirt
iz an dime slüch süze als eines honiges trän 1034 (et erit postea
in ore tuo dulce quasi mel. Apoc. Job. 10, 9). 2. Für den Rachen
des Tieres: wen her im (der Vogel dem Fuchse) so n&he kumpt,
geloubet, sö begrifet her in mit sime slüch und vrizzet in in
sinen büch 9571. 3. Vom Abgrund der Hölle: üf erdin noch in
der helle slüch 8188 (vgl. der helle slauch Osw. von Wolkenst.
35. 3, 9).
smerze als st. fem. gebraucht (Mhd. WB. II 9 431 •) 5989. 6060
8295. 9373, 9402,
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61_
* smoge st. f. zu smiegen, Biegung, Krümmung? der reinboge, der
dä stet an so schöner sinoge 4260. vgl.: dem reinbogen, der sich
in zwo varben hät gesmögen 4268.
me8ewesü n. ? dar näch sprach her aber sit: uns ist komen daz
snesewesit,' daz man unsen wingarten sol bewesen und be warten
9354 (cant 2, 12).
spiUiÜ8 st. n. (Lexer II 1093). ein jude was benahtet in eime alden
spilhüse, dä die katze näch den müsen dicke hatte geloufen zü
widirstrit 9837.
* spinnewuppe n. = spinneweppe. keret uz daz vil aide gestuppe,
daz gar unvletige spinnewuppe 3684.
* spon st. masc. nd. Muttermilch, mhd. spüne, spnne st. f. n. Schiller-
Lübben IV 338. wie heizet der spon sage ich, dä mete die brüt
uns vödet 3475. ir zene — vüden uns mit irme spone ( : gewone)
3467. ir spon daz kint gevüdet hät 3469. wie man von ires
spones tränke schine als6 man trunken si von wine 3927. also
diu nü gebornen kint etzet sie uns mit irme spone sint 3562. daz
üz unsir minniclicher brüt drierlei spon vlize, des ich und alle
werk genize 3883. so vlüzet üz im spon, des getrost ist die
werft 12141.
* sprenunge f. ? keret üz daz vil aide gestuppe, daz gar unvlötige
spinnewuppe, durh daz üwers hüses wonunge si eine nüwe
sprenunge 3686 (nach 1. Cor. 5, 7).
sprinke m. f. Schloss, Fallschloss. die edelen türen dri sprinken
enmac nimant üf klinken 4311. cf. Lexer II 1118 u. N. 369.
spüen 8W. v. = 8piwen. Auch im Passional. waz her (Paulus) durh
die vinde sine leit nöt kummeres und pine, ich meine halsslän
und spüen (: vornüen) 8174.
* spüden 8w. v. nähren, zu spuot. ir wizzet daz die mammen
spüden diu kleinen kint und vüden 11731.
spüt st. m. u. n. (mhd. fem.) Hülfe, Nahrung (spüden). sehet ditz
drierleie spüt git Marja kegen den zungen 3344. gotes heilegez
blüt daz unsir sele sol geben spüt 5549. von der löre alt und
junge edekouwen der edelen schrifte spüt 11760 u. ö.
* stebene st. f. stehe (Pass. H. 331, 1) Steven, doch hän ich nü
vil ebene den kabel geleit vor die stebene 10510. Lexer N. 369.
* stigergart n. des bettes — Steigergrit was purpurvar 259. üz
dem bette gingen sundir nöt diu steigergart purpurvar rot 161 4
Ubersetzt das lat. ascensus, wohl sttgergrät.
* Strünken sw. v. straucheln, irren, ab wir niht Strünken (: trunken)
9955. vgl. strunc? Diefenbach gloss. 585 c .
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«2
* sturbeßch Adj. mortalis. got der ie was untötlich mohte imber
werden sturbelich 9738.
* südene sw. m. Südwind, der südene der kummc eint (cant 4, 16
veni auster).
mge st. f. das Saugen (Lexer II. 1290). ir solt werden an wunder-
licher huge irvrotiwet mit ires trostes süge 3922.
* sunden sw. v. gesund machen, wen her mit einer sträle wundet
(Amor), einer buhsen salbe in sundet 2667.
* mndenhor st. n. Schmutz der Sünden, sundenhor was ie min ger,
ich hän mit minen sunden breit gemeilet daz edele westerkleit 9142.
sunt st. m (Lexer II 1319. N. 372). gib tröeterinne eulchen vunt
daz ich kome noch obir einen sunt 10516.
* suntnisse st. f. Gesundheit, der eiche suntnisse empheit 4512.
Lexer N. 372.
Wintzen nach etw. — eifrig begehren, näch deme tränke ich switze,
hilf du obirvlozziger brunne, daz ich dines trankes kunne ge-
winnen 4566.
* Tost st. m. der Tastsinn, in desim lobe von der minne, sö lobet
die brüt dri sinne, des brüteganies sterke und raste, den kus be-
scheide ich zu dem taste, dem smacke milch und win, der wahs
sol an dem ruche sin, sus habe wir der fünf sinne dri 12149.
* tecken f. = tacke, Decke, ir schönde zirte alle ding also die erde
den hemelischen ring, also ein kör tüt ein tecken 2812. Lexer
II 1385.
* toude st. sw. f. Thau, bildl. Thränen. ö ich den vadem sundir
touden abbize mit ganzen vrouden 581. weset öch al sundir
toude vrö an ganzir hugender vroude 8675. sundir t. «=* ohne
Weinen, ohne Thränen. vgl. Lamprecht Syon 3407 des weinens
töude. 3785 der zeher töude.
* trän st. m. Honig, favus (siehe oben Jioningträn). trän heizit daz
üz dem wahse vlüzet, des manich müter kint genüzet 8713. daz
wahs meldit den trän, der an dem wahse schület sän 3377. ich
az honig mit dem trän 8686.
* trüfheit st. f. — truopheit, trüebeheit (Mhd. Wß. JH 103»). der
jacinctus — benimpt trüfheit 1795. Esebon bezeichent, s6 man
seit, uns ein gurtel der trüfheit. 3027. komen üch die winde an
der tröfheite (venti temptationum) von verne, sö sehet an den
leitesterne 5230.
* trutelbrut st. f. zusg. aus triutelin u. brüt. eine swester sime
kunne und eine nüwe trütelbrüt 5091.
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tummen 8W. t. trans. gebraucht «- dumm machen, trunkenheit' die
tumraet den wisen 3873.
twäsen sw. v. intrans. — töricht sein, irren, zeter wäfen alle! ich
twäse (: nase) 2793. ab ich an der wirheit iht tw&se 371.2796.
Lexer N. 378.
twergen sw. v. intrans. quer oder schief gehen, irren, ab ich an der
wftrheit iht twerge (: berge) 9463. Lex. N. 378.
* Umtrant Adv. ringsum, mnld. omtrent. sus veret um der werlde
ring der töt vort und och wider die wite werlt üf und nider und
enschönet nimannes umtrant (: hant) 10387. entrant: düsunt
Schilde al umme entrant die hengen an des koniges want 9919.
Lexer N. 382.
* undirsprengen sw. v. distinguere. helfenbeinin si ir büch undir-
sprenget mit saphiren 4155. mit edelen saphiren under-
sprenget 4469.
* unheren sw. v. unhere machen (Mhd. Wß. I 664 b ) din valsche
süze hät unh&ret mich vil armen und andirs niht. 10352.
* urha/t st. f. Ursprung, Anfang, (urhaf Lexer II 2004). mit
vrouden urhaft (: brütlaft) 3803. der crSatüren urhaft (: kraft)
8671. wir sullen in dem spigel der ßwikeit bekennen beide ur-
haft und grünt 12351. die rede ist me denne urhaft (: kraft)
5457. Lexer N. 388.
* üzsckugen sw. v. die Schuhe ausziehen, den kerl sdre des vor-
dröz und begund sich vaste mögen, daz her sich solde üz-
schügen 3664.
* Fabelen st. n. Märchen, Lüge, durh daz echribet got sundir
fablen zwo übe an einer täblen 4987. Lexer N. 389.
* falja f. wenne wir an unsim ende ligen und mit dem töde vaste
krigen mit manicher starken batalja, so kumpt der prister äne
falja und brenget eine salbe 6036. — altital. faglia : battagUa; frz.
sans faüle s. v. a. sans faute. ,äne falja 4 gehört zu den mehr-
fach erwähnten epischen Beteuerungsformeln.
vanentregere st. m. Diefenbach gloss. 617 a . in dem strite nach wiser
lftre bleib Stephanus der vanentregere 10853.
vorm st. m. Farnkraut, die rede ist scharf als ein varm (: arm)
8788. Lexer N. 389.
vat st. n. sich daz ist die selbe maget, von der dir hi min munt
saget, die got dä gar sundir fat zü eime wibe bereitet hät 4615.
„sundir vat kann wohl nur ,ohne Fass, Gefäss, sine instrumento
et vasibus = aus freier Schöpferkraft* sagen sollen". Weinhold.
v€rt Adv. verne, im vergangenen Jahre, vert und hüre 11887.
* vinkelvw Adj. buntfarbig , glänzend, vgl. vinkelvech Mhd. WB.
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III 285 b . der r6bok ist vinkelvar an der hüte 7600. Jftsus
Kristus unser trftt was vinkelvar an siner hüt, dö her durh der
sele schin an dem crüze leit sulche pin 7604.
* virstrangic Adj. aus vier Strängen, die virstrangige glsel, die her
(der töt) vüret 10407.
vlammic Adj. flammeus (Lexer III 387. N. 396) wen daz vürige
vlammige wort sus vert üz sime munde 11077.
* vlth st. n. «■ vlies, vellus. desir büch was Gedeönis vlüs (: klüs)
4233. Lexer N. 396.
volrecken sw. v. zu Ende erzählen (Mhd. WB. II 592*). sol ich ditz
m6re v. (: irquecken) 3652. die rede al v. (: vlecken) 8017.
daz ich volrecke ditz türe büch biz an sin ende 10448. In ders.
Bed. findet sich an zwei Stellen , voltrecken' ; sol ich die rede
voltrecken ( : vlecken) 8050. sal ich ditz m6re voltr. 9476.
* voltrahten sw. v. völlig ausdenken, ir smerze wart so wehe daz
daz nimant künde irahten, die pine künde nimant voltrahten 6272.
* vorbrist m (?) Eclipsis wizzet sunder vrist, daz sprichet zu düte
vorbrist, wan denn der sunne bristet ires schines 6771.
vorebetien sw. v. refl. = büssen (eine Schuld sühnen) . alsö einer bi
der wide solde hangen, daz her durh nöt sich vorebende durh
den töt 12073.
* vorhtnisse st. f. Furcht, vorhtnisse aller sunde 12145.
* vorlasten u. vorlesten sw. v. = beladen, belästigen, daz der cy-
pressus stSte wSre, sö daz in vorlaste keine swSre 5782. si wir
vorlastet mit sunden, sie (Maria) kan uns mit gote vrunden 5789.
wenn wir an missetät sin vestet und von sunden sin vorlestet
8367. — In ders. Bed. »vorladen* 3689. 3751. 5223.
vorlengen sw. v. (prolongare Diefenbach gl. 464*) in der Bed.
morari, trans. ab iz üch niht vorlenget ( : ungemenget) 6062.
vormeileti sw. v. maculare (Lexer III 176). wen der sunden last
vormeilet 2458.
*vor8chirden sw. v. (mhd. verscherten trans. schartig machen, ver-
letzen) intrans. verletzt werden, vergehen, also der c&drus niht
vorwirdit noch vorvület noch vorschirdit 5756.
* vor8tandikeit st. f. Verstand, die s&le glichet öch gote sich an der
v. sage ich 7441.
* vorstozenunge st. f. Verstossung. Babylon bedütet vorstözenunge
(:zunge) 10615.
* vortrinken st. v. refl. sich betrinken, ir üben vortrinket üch
zur stunde 786. vortrinket üch mine üben vründe 8672 (inebri-
araini carissimi. Gant. 5,1).
vortwdsen absol. gebraucht, vernichtet werden, vergehen (sonst trans
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u. refl. Lexer III 280). man sprichet von des aspis bläse des
menschen lip gar vortw&se 3237.
* vorwüden sw. v. verwildern, verunstalten, n&ch bildes schönde
gebildet, an bildis bilde niht vorwildet (Hs. vorvyldet) 3294.
* vcrwustenere st. m. devastator. der stolze name Phäraön der da
hät so wundir liehen don, der bedüt einen verwüstende 10589.
vröne sw. m. Gerichtsbote. Lexer III 530. Grimm DWß. IV 233.
der töt daz ist gotis vröne (:döne) 10379. als ein vröne von
einer stat von hüse zü hüse umme gät und kündet des rihteres
ding: sus veret um der werlde ring der tot vort und^öch wider
10381.
* vülnwe st. f. = mhd. vüelunge, das Gefühl, daz ist die wäre vül-
nisse, daz die brut gevült gewisse daz sie dem brütegam behage
12283.
vuten sw. v. in der weiteren Bedeutung: erhalten, schützen. (Maria
ist) ein decke, die uns vüten sol 3106. Maria — uns vütet vor
aller v&r 3538. ich bin die wärheit die behütet dich, ich bin
daz leben daz dich immer vütet 11699.
* Wagentribe st. m. f. cfr. diu tribe, Treiberin. Lexer II 1508. du
bist Israhelis wagentribe (rschribe) 470. 5286. den wagentribe
Aminadab 829. 9507. nü heize ich sie ein wagentribe (:schribe)
5313. dem ist Maria ein wagentribe ( : schibe) 5326. Lexer N. 399.
'wagenscheide sw. f. ? wen sö den vuhs der hunger bestöt, zwuschen
zwö wagenscheiden her göt 9562. lies : wegescheide (Scheideweg) ?
Mhd. WB. II» 107».
war, die alte Form des localen Adv. für wä, wö ist durch den Reim
gesichert: berihte mich durh diu zehen geböte, wie ich got vinde
adir war, e ich valle in der ketzer schar 9171. (vgl. Ruol. liet
Grimm 93,14).
* webedrät st. m. Webefaden. Maria ist der webedr&t, der durh
mine vingere gät 3200. webers drät 10396. Lexer N. 401.
* weckem sw. v. = wackern, das sich als Nebenform zu wackelen,
einfach ,wacken' schliessen lässt (Weinhold), den mftler — dem
siniu ougen etterten, in dem houbte schele weckerten 3290 (siehe
Seite 48 Anmerk.).
* wil Adv. statt wol. min gedanke was niht snel, daz her künde
bescheiden wel dine vorgenante höe rede 6240.
* werbere Adj. widerstandsfähig, alsus bin ich gevestet von der
predigÄre 16re, daz ich bin alsö ein müre werbere 11723.
* werfunge st. f. das Werfen, daz wir rehte al unsin sin und unse
gerunge werfen an in, von desir werfunge sagete sit — David 9395.
* weide m f. (?) = weftsele, Wechsel, Tausch, zwuschen hemil
Fiucher, Braus tou Schönebeck hohes Lied. 5
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und erde hän ich einen wesele gestellit — nemet öch der wesele
war: die erde müz werden hemelvar und der hemel der erden
glich, wer vornam ie wesele so wundirlich 1187 ff. daz lebende
töte ich öch ein und mache dar üz einen stein und üz dem stein
einen man, min wesele den wol vöden kan 1198. (Hs. wezele,
weysele wesele).
widertet st. m. n. (?) = mhd. widerbiete, üf ir aller widerbit enahte
Maria niht eine wit 6601. kegen der ungloubigen dit, die im
git strites widerbit 11160. daz (Angesicht Christi) alsö j&mirlich
gehandelt ist mit maniches slages widerbit, daz im gab die valsche
judendif 10197. Lexer III 828. N. 402.
* wigen sw. v. zu wie. verteidigen, beschützen, ein torm der mit
erkern wol gewiget is 3700. der selbe torm gewiget is mit vir
erkern 3709. Lexer N. 402.
* wiUenthaft Adj. = witteeUch. sie hän den willenthaften sin 7433.
* winschefel st. m. ein Maass. sehzik w. rocken kornis 125. drizik
w. semelmel 127.
* winwringe m. Kelter (zu wringen), ich trat den winwringe alleine
7767 (torcular calcabam ipse solus). Lexer N. 403.
* wä st. f. zur Verstärkung der Negation: niht eine wit 6602.
Lexer N. 403.
* wdden sw. v. = mhd. wueten. von wine menschlich gehirne wödet
(:v6det) 3850. wüden 2298.
* wödunge st. f. = mhd. wüetunge. des wazzeres wödunge (fluminis
impetus) 4588. die wödünge hät irtrenkit mich (tempestas de-
mersit me) 7207. durh üwer sunde wödunge bin ich vorschaffen
9995. des tübels — wödunge wurde sö gröz 6924.
* wütUch Adj. = mhd. wüetic (Adv. wuotliche Lexer III 1005) sine
kumft schein ie vil wütlich und was doch sin rät gütlich 2295.
Zart st. m. ,durh zart' adverbial, sprach durh zart 5759. ,sundir
zart* ohne Schmeichelei, in Wahrheit, profecto. 6277.
* zarte st. f. — zart m. Maria — ist mit senfter zarte aller erztie
ein garte 6377.
zimber st. n. zur Umschreibung des einfachen Begriffs mit Gen.
verbunden, wer rüret des piches zimber, der müz vlecket werden
imber 8140.
* zinken sw. v. verfünffachen (v. zinke sw. m. quinio). die heilege
drivaldekeit die was gar üz und üz gedriet und von dem quatere
gevriet, doch wart sie gezinket sider 1342 (Anspielung auf die
fünf Wunden Christi; vgl. 1346 dö wart her geecket an vunf hü).
* zinken sw. v. ? intr. alle die dä vor dorste zinken, die komen
zum wazzer und trinken 4501. Lexer N. 405.
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* zucke f. (?) wie die wisheit habe ir zucke von mir vorkart und
eren rucke irwendit mich zun ougen 4341. zucke eig. raptus
(Zuckung) muss nach dem Zusammenhange den Gegensatz zu
rucke ausdrücken; also wohl Antlitz, Züge. (Weinhold).
* züladunge sw. m. Ecclesiastes daz sprichet züladunge (: junge)
1288.
* zustenderinne st. f. assistrix. gib mir von dem stüle der wisheit,
herre, daz sie min z. si 1159.
* zwdren Adv. zwäre, ze wäre. (: wären) 319. 277. 5050. 9529.
(:bewaren) 3311.
* zweiseien sw. v. intr. zweideutig reden ? die mit den zungen zweisein
und die werlt mit worten geisein 3224.
* zwiselinc st. m. Zwilling, kalber diu beide zweselinge sint 396.
3950.13980. zwislinge 3825. Daneben Zwillinge 4007. Lexer
N. 406 (wo die Zahlen zum Teil fehlerhaft sind).
§ 4.
Darstellungsweise.
Einen eigentümlichen Charakter erhält das Gedicht Schönebecke
dadurch, dass der Dichter die zu erklärenden Stellen des Hohen
Liedes wörtlich seinem Gedichte einflicht und durch zahllose wört-
lich angeführte Bibelstellen und kürzere oder längere Citate aus
classischen und kirchlichen Schriftstellern sein Werk zu einem Ge-
misch von lateinischer Prosa und deutschen Versen macht. Wie
die Blumen die Heide zieren, so sollen nach des Dichters eigenen
Worten die Citate sein Gedicht schmücken (v. 1132 ff.):
also der meie flöret die beiden
mit vil blümen rösenvär,
undirmenget hi und dar,
(ab min sin ganz spricht) —
mit der alden und der nüwen schrift
wirt ditz buch gar durhflöret.
Die Citate werden meist durch formelhafte Sätze eingeleitet,
bisweilen unterbrechen sie ohne Einleitung die Verse, selten sind
kürzere lateinische Stellen durch den Reim mit dem Gedichte selbst
verwoben (z. B. 1368. 1425. 1550). Formeln der Einführung von
Citaten sind folgende: dävon schribet uns alsus 2824. 3303. 3877.
4261. 4367. 8747. 9109. daz schribit uns 12167. daz beschribet
uns 7279. 9406. alsö uns schribit 3732. von — schribet (sprichet)
5*
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8us 4537. 7085. 10569. 11606 daz schribit — offenbare 1981. 4180.
daz bescheidet uns alsus 5025. daz orkundet uns alsus 5281. 1550.
des orkunde git uns alsus 9825. daz bewiset — alsö 7294. daz
wisete — 8us offenbare 3498. daz beschribet dir, vrünt, alsus 7339.
u ä. Auf die Citate folgt in der Regel unmittelbar die deutsche
(versificirte) Übersetzung oder Paraphrase. Oft wird auch diese
formelhaft eingeleitet : daz (iz) sprichet 1552. 2766. 2778. 3555. u. o.
daz sprichet ze düte 4663. 6902. 9345 u. o. daz sprichet ze düze
1157. 1244. 1269. 4539 u. o, Bisweilen auch leiten ausfuhrlichere
Sätze die deutsche Umschreibung ein ; so : desen sprach düte ich
alsam 4459. deser rede sult ir haben künde 3801. die rede be-
düt ich sint 5142. daz bedüte ich sus mtme vründe 5939. Doch
auch ohne Einleitung wird nicht selten die Ubersetzung unmittelbar
angefügt. Schonebeck liebt es, wiederholt auf die Schwierigkeit
der Erklärung hinzuweisen, sowie seine eigene Unfähigkeit oder
seine Bereitwilligkeit, die Auslegung zu versuchen, hervorzuheben;
z. B. diu wort sint höe an der glösen 8955. die rede ist bt dem
sinne swär zü dfitene, vrünt, daz ist w&r 8210. wie iz öch si ze
dütene swere 8481. die rede ist zü verstäne blint, sie en werde uns
entslozzen baz 10088. ditz sint gar fremde wort, diu ir h! habit
gehört, diu bescheide ich üzen und inne 889. wßre sö wise nü
min munt, so weide ich üch tühen kunt 5707. min tumber sin
der lidet nöt, wie ich daz der werlt zujage, daz iz den lüten wol
hehage 5169. die rede ist zü düten swär, sich, des gr&et sich
min h&r, wenne min sin ist verweiset 11880. die rede ist mir vor-
gemachet alsö ho und als6 windeht, ich enweiz wie sie werde sieht
768. die rede ist scharf als ein varm, doch wil ich mit miner
zungen sas sie nedir m&hen als ein gras 8788. wie ich e leit
kumbercs dol, dö spe ich nü die w&rheit wol 5552. — Den zu er-
klärenden Worten der Schrift folgt bisweilen ein Gebet um Bei-
stand oder eine indirecte Berufung auf Gottes Hülfe, dann erst die
Auslegung selbst; z. B. got sende mir den geist 8213. wie rou
disiu wort sint, gibit mir sin hülfe gotis kint, ich mache siu ebene
unde sieht, daz siu vorstä rittir und kneht 927. —
Eine besonders hervortretende Eigentümlichkeit der Darstellungs-
weise Schonebecks ist die überaus häufige Verwendung epischer
Formeln ! ), welche jedoch — meistens, wie man leicht sieht, durch
') Vgl. "Weinhold zu Lamp recht von Regensburg Seite 10 ff. Im Folgenden
schliesse ich mich teilweie an die dort angewendete Gruppirong dieser For-
meln an.
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die Reimnot als Flickverse eingeschoben — wegen ihrer häufigen
Wiederholung zu blassen, nichtssagenden Phrasen geworden sind.
So liebt der Dichter formelhafte Beteuerungen der
Wahrheit. Die einfachste und häufigste derselben ist: daz ist
wär 4279. 5656. 5726. 5970. 8211 u. s. o. — die rede ist war 9898.
daz ist wär alsö amen 4352. ähnl. 9700. daz ist war und niht ge-
logen 4445. daz ist wär und öch gewisse 5776. daz ist gewisse
901. 1691. 10636. daz ist sicher uud och gewisse 1682. 5910. daz
ist äne logene wär 6024. daz ist mit der wärheit wär 260. 5060.
die rede ist an der wärheit wär 9180. die rede ist von wärheit
sieht 7000. die wärheit ist mir ein gezüch 402. 4153. 6076. 8161.
11104. jä saget uns die wäre wette 1627. daz ist wär al sundir
schart 1603. wen ich üf die wärheit smide 2057. daz ich die wär-
heit niht hei 128. daz ich ie die wärheit sage 251. der wärheit
volge ich algater 1955. min munt die wärheit giet 6032. die rede
ist wär niht twerg 7022. 7980. 8796. 8906. diu wort siu wär und
gewisse 12118. die rede ist wärhaft und gut 10012. die rede ist
wär und unges wachet 10142. ich swer iz üch wol ture 2311. daz
Sprech ich bi minem eide 10810. ich envorlore niht ab ich swüre
385. wizzit daz ich niht entobe 339. daz ich där an niht lüge
mit der schritt ich daz bezüge 5110. 5250. 5354. 8921 u. a. Ein-
geschoben wird nicht selten: ich bribe 1630. 8935. 11212. 11695.
12155. ich alliz vorbribe 5336. daz geloubet 340. 623. 1712. hän
ich geswom 2191. 5177. 10116. 10602.
Hierher gehören auch als Beste altepischer Formeln praepo-
sitionale Ausdrücke mit ,sundir, äne, durh, mit.' Die Bedeutung
der Substantiva ist in diesen formelhaften Verbindungen bereits so
verblasst, dass dasselbe Wort in affirmativer und in negativer Form
dieselbe Bedeutung haben kann; so in den schon oben S. 48. 49 er-
wähnten Ausdrücken sundir gile, durh gile, sundir goum, mit goume-
Derartige Beteuerungsformeln in der Bedeutung von ,profecto' sind
folgende: sundir spot 1260. 2502. 4362 u. o. sundir höne 4357.
11509. sundir haz 1040. 4660. 4886 u. o. sundir haz und spot
4733. sundir haz und äne spot 7337. 7353. sundir zorn 5118
sundir list 570. 4902. 5380 u. o. sundir lösen 4625. 4707. 5128.
u. ö. sundir goum 443. 5687. 5947. 6182. mit goume 5839. sundir
wän 8300. äne wän 3432. sundir gelfe 7179. sundir rüm 2870.
4791. 8616. mit rüme 4273. sundir gile 4917. durh gile 4928.
sundir guft 3. durh guft 7269. sundir nösen 4535. 11428. 11982.
sundir krigen 9791. sundir toben 2131. 11936. sundir schrei 4125.
sundir nöt 605. durh not 6890. mit nöte 3124. sundir missewende
560. sundir schart 1603. sundir smerze 7773. 8046. 8781. 9666.
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70
11608. sundir swöre 5672. sundir dol 4666. sundir valsches dol
8761. sundir sträfe 9208. sundir toude 7770. sundir schämen
1264. 1527. 6535. sundir schür 5191. 11081. äne schür 3409
sundir kosen 8956. sundir zart 6277.
In einer grossen Anzahl formelhafter Ausdrücke beruft sich
der Dichter auf die allgemein geltende Ansicht (a), auf seine
Quellen (b) und auf seine Gewährsmänner (c).
a) man giet 145. 4827. als man giht 826. 7050. 8276. 8597.
u. o. so man spricht 311. 838. 11419. 11435. sö man seit 1523.
1622. 2148. 2993 u. o. als mir vorkoraen ist und geseit 1338. als
man mir jach 4606. höre ich jehen 5249. 10973. als ich hän ge-
hört 7246. 10708. 10754. als man spricht ze meren 9538. als ich
ditz möre vornomen hän 2876. also ich bin beriht 3848. 5185.
5319. 12241. als ich hän vornomen 1552. 2908. 8824. 10669. 12095.
jä ist mir vor wär geseit 12020. 12345. als wir lesen unde singen
12219. als man uns singet unde list 2478. 7507. 11108. 11527.
alsö man list 725. 7122. 9736. 10674. 11557. ich sus lesen hörte
4284. als man uns list 6150. 9126. 10098 u. ö.
b) als ich las 216. 950. 1567. 2012. 2086 u. sehr oft. als ich
gelesen habe 1030. 4247. 4855. 12370. hän ich gelesen 9188. 9682
als ich hän gelesen 6656. 10103. 10833. 11095. 11139. alsö ich
neste las 3696. 10016. 10791. als ich an dem buche las 44. 727.
2854. 5533. 9568. 11144. sus las ich an dem büche mine 11589.
als ich las an minem büchelin 4790. als ich nehest an dem büche
las 6248. 7158. sus las ich an minem quaterne 9370. ich sach
nehest an mime quaterne 12235. als ich las an minem bribe 12127.
ich las nöhest in der schüle 4186. 7188. sus las ich nöhest in der
schüle 9876. als ich in dem latine las 6173. alsö geschreben stät
2414. 11411. 11757. 11929. 12322. als ich n&iest geschreben sä
2731. also die schrift des büches seit 2942. als ich von dem büche
lerne 5968. als mich daz büch hät gelärt 9366. als uns die büchir
tün kunt 4864. als uns gesaget hät daz büch 6397. von den
büchen hän ich die mere 6809. als an den büchen geschreben stät
7465. 7617. 11066. 11092. 12097. 10899. alsö die schrift jach 7002*
als mich die schrift hät gelärt 2246. als die schrift hät gesworn
4350. 6320. als mir die schrift swör 6099. 6446. daz hät die
schrift mir gesworn 6204. als mir die schrift tüt bekant 10362.
die schrift mir daz niht vorbark 1800. 5765. 8962. daz weiz ich
mit der schrift gewisse 5201. des hän ich an der schrift gewere
6901. 6905. als uns die wäre schrift vorgiht 8408. 9101. 9600.
11052. 11359. 11496. von dem die wäre schrift sus zilt 9882.
alsus uns spricht der brif 8737. \z sagen öch die glösen 4626. jä
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saget uns die glöse vor wär 10000. daz vint man geschrebin in
der glösen 3153.
c) 8us h&n die wisen mir geseit 1529. 7483. als mich die
wisen h&n gelärt 3830. mir sagete ein wiser 5639. als ich von
den wisen vornomen hän 9816. die obirwisen 2162. jä sagen uns
die meister so 5713. alsö der meister geschreben hät 6022. als
mir ein meister jach 9156. als mich cler meister sprechen bat 10720.
mir jach ein meister niht ein kint 11438. alsus lesen die pfaffen
1055. sprechen die pfaffen 6731. 10622. die volge zie ich an die
pfaffen 2234. 5363. dävon die pfaffen lesen und singen 9132. sus
schriben uns die pfaffen klüg 8336. also mir jähen wise pfaffen
4912. alsö mir jach ein wiser pfaffe 5848.
Auf die subjective Auffassung und das eigene Urteil
des Dichters beziehen sich formelhafte Ausdrücke, wie:
ich meine 15. 1974. 2200. 2954. 4767. ich wSne 2206.
2499. 2526. 2949. 3273 u. o. wfene ich 743. alsö ich wöne
134. 378. als ich vorstä 347: ich weiz wol daz 491. als
ich mich vorsinne 6185. sö sich min sin vorsinnet 5903.
bin ich niht an sinnen blint 1536. ab ich an der wärheit
niht hecke 4619. entrigen mich niht die elben 7539. ab
mir die sinne niht toben 4909. ab mich min sin niht
letzet 7715. man welle mich der witze rouben 4938. ab
ich niht strüche 7706. ab ich däran niht enstrüche 5838.
wil ich der wärheit rehte tün 1886. 2222. 7491. ich sage
iz niht an dem sl&fe 381.
Auf den Vortrag und die Tätigkeit des Erklärens (be-
scheiden, bedüten, glösen) bezieht sich eine grosse Anzahl von
Formeln :
sage ich 3. 6. 1070. 11988. ich sage üch 121. wil ich
üch sagen 1584. seit mine zunge 2852. saget dir mine
zunge 4968. 7102. 8221. 9686. daz sage ich üch sundir
bete 5052. noch sage ich üch vorbaz mg 11930. ich sage
vorbaz ditz möre 8299. ich sage dir vort unvordrozzen
11517. vort saget üch mine zunge 12209. ab ich alsö
sprechen müze 1644. 4930. 10993. 11174. 12037. ab ich
iz vorbaz sprechen sol 5247. 11430. alsö ich schribe 751
ditz möre ich vurbaz schribe 469. daz bescheide ich sus
mit Worten 365. 10716. 11815. daz bescheide ich, hftn ich
gelucke 2186. alsö ich üch bescheiden wil 2919. — alsö ich
kan 5015. die rede bescheide ich üch baz 6050. als ich mit
rede bescheiden sol, sö wil ichz üch bescheiden wol 11309. als
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72
ich üch mit rede wil glösen 1 1304. niht baz kan ich daz glösen
5207. 9266. niht baz kan ich daz inren 11182. daz tün
ich kunt güten lüten 1024. die rede bedüte ich sint 6251.
dese rede wil ich bedüten üch und allen güten lüten 2085.
2622. 6792. 7924. 9427. raine rede erhebe ich sus 6159.
die rede hän ich sus gemezzen 9614. eine rede wil ich
entelizen 9749. ich niht vorbere 9. min sin des niht vor-
birt 273. wil ich niht vorbergen 345. min sagen daz niht
vorbirt 1467. vil nöte ich daz vorbÄre 5078. dese rede
ich nöte vorbir 2189. 3269. 4244. vil nöte ich daz vorhfele
7937. ich tobete ab ich iz hele 5151. 9184. 11473. 12019.
min munt des niht vordaget 2027. wil ich niht vorswigen
4960. durh waz solde ich iz l&zen 702. 842. 3276. durh
waz solde ich iz vristen 1685. 2128. 4990. ich enmag iz
niht bedecken 794. ich enmag iz niht lenger sparn 5148.
waz tohte die rede m£ bedecket 10077. die rede wirt niht
gespart 5242. die rede blibet ungespart 7548. die rede
wil ich niht vorgän 8410. ich wil däran niht hanken 2407.
Auf das bereits Vorgetragene weisen die Formeln zurück:
als ich ö jach 5731. als ich üch jach 5863. als ich sprach
6 6145. 10733. ich sprach e 6131. ich sprach ödes also
5867. ich sprach edens zü stete 8234. als ich ö sprach
vor 8293. als ich e gesprochen hftn 8342. als ich vor-
gesprochen hän 12124. als ich hän geseit 9439. als ich
hän gesaget e 9890. 10724. als ich seide 10100. daz hät
ir an mir wol vornomen 1411. als wir hi vor hörten, dö
ichz las 2785. als ich üch e vore las 6010. als ich üch
6 las und sang 11330. als ich üch dicke hftn beriht 3163.
daz habit ir e wol gehöret 1589.
Wenn der Dichter seine Rede abbricht, um zu etwas Neuem
überzugehen, oder nach einer Abschweifung zum Thema zurück-
kehrt, oder etwas nur andeutet ohne es näher ausfuhren zu wollen,
bedient er sich formelhafter Ausdrücke wie:
14z ich bliben 320. 1308. 6167. u. ö. dese rede läz ich
bliben 5532. 5855. 9873. durh daz sö läz ich iz bliben 18.
5094. 5974. daz wil ich nü läzen bliben, daz andir vorbaz
schriben 903. hi wil ich iz läzen bliben 2421. ähnl. 5564.
7526. wen daz ich vil h&n zü schriben, durh daz sö l&z
ich iz bliben 9415. die selbe rede wil ich hi län 10578.
die rede Ikz ich hi bestän 6350. 7363. von deser rede sö
l&z ich ab 3616. durh daz läz ichz hi bestän, wen ich vil
zü tüne h&n 1967. daz sage ich niht, ich l&z iz vrt 305.
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73
die rede ich hi nidir lige 11811. die rede lege ich hi
nedir, üf min begin kere ich wedir 5590. hi mete si diser
rede ein ende 2873. hi mete si der rede genük 2077. hi
von ist gesprochen genüch 6358. 8337. hi von habit ir nü
gehört 1583. daz wil ich dagen, die andere rede wil ich
sagen 5778. dä von sage ich niht rae möre 5115. waz
tohte daz me gelenget 953. 978. waz tuhte die rede me*
gelenget 405. 5584. 4470. waz tohte die rede mö gespreit
1394. durh waz solde ich ditz lengen 8079. zu miner
rede ich widir trete 9116.
An das alte Epos erinnern ferner formelhafte Ausdrücke, in
denen der Dichter höflich seine Ansicht dem Urteil der Hörer
unterordnet oder seine Worte der Huld der Leser oder Hörer
empfiehlt:
ich sage bi üwer hulde 6828. daz rede ich mit öwir hulde
916. daz Sprech ich bi üweren huldin 7390. ab iz mit
üweren holden wäre 293. 5986. ab iz öwir zuht gehütet
10613. ab iz üch üb ist 11924. ab iz üch niht bevilt
2426. 4205. 10031. ab iz üch niht vorlenget 6062. ich
hoffe daz iz üch behage 252. ich enweiz wem iz behaget
1926. weldez üch niht vordrizen 9750.
Im Gegensatz hierzu stehen die formelhaften Phrasen, in denen
der Dichter energisch für seine Ansicht eintretend etwaigen
Widerspruch verachtet und zurückweist. Die meisten derselben
werden eingeleitet durch ,ich enrüche':
ich enrüche wer daz hazze 250. — wer dä wedir bellet
359. 6624. 7583. 8966. — wer da widir erbolge 2412. 11326.
— wer dävon bolge 2019. — wer dä widir köst 10112. —
wer sich därum reizet 8709. — wen iz wundert 136. —
wem iz missevellit 1188. — wem iz zorn is 126. — ab iz
die bösen irre 6158. — üf der bösen haz 2164. wie die
ketzer haben des gespot 1919. ich sage ketzeren durh
zorn 5268. wie iz der ketzer geloube dekein 4776. waz
die juden dä widir kallen und mit eren ketzeren schallen,
iz ist doch w&r än allen valsch 3809. und wör iz alle der
werlde zorn 3762. wie sie och d& widir bellen 2170.
Der epischen Poesie entlehnt sind auch die formelhaften Be-
zeichnungen einer Gresammtheit durch Hervorhebung und Ver-
bindung einzelner Teile derselben:
wip und man 1799. vrouwe und man 6424. 7412. man
und vrouwen 1305. 2067. 983:). mannes und öch des
wibe« 4416. 4490. beide manne und och wip 7278. 7525.
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man adir kint 8716. wip man adir (und) kint 244. 2242.
45?2. 10272. 2738. 3987. 10648. iz si maget wip adir man
1150. man meit adir wip 3041. maget wip man noch
kint 4681. maget witwe adir weise 7346. — alt und junge
11759. jung und alt 2665. der aide und der junge 1289.
1856. 4974. 5062. ir alden und ir jungen 5415. 7262. der
aide der jungelink 7726. 7774. 7941. den jungen den
grisen 7173. joguntvar adir grä 2671. junc alt adir
kleine 2934. den alden den jungen den grisen 5453. dem
tumben dem jungen dem grisen 2031. beide gröz und
kleine 545. — den armen und den riehen 7587. arm rieh
groz adir kleine 5161. — der wise und öch der tumbe 616.
den bösen den werden 11235. her si rö wilde adir zam
1870. rü zam adir wilde 1068. 11685. — der pfaffe der leie
6212. 11218. pfaffe und leie 11627. 12034. pfaffe leie
wip noch man 3298. — knabe und rittir 5493. her si
rittir adir knabe 150. rittir und kneht 930. 1430. 5405.
5600. riche büer adir knehte 8630. — den kristen und
den heiden 1965. 4479. 7829. 11533. die kristen die juden
die heiden 5411. den kristen juden und heiden 220. 2722.
4934. 5181. 10306. heiden kristen Rüzen 9875. — die
Sahsen die Rüzen die Vrisen 2172. daz geschiht eüden
westen norden öst 2418. —
Ein bei Schonebeck besonders stark hervortretender Zug ist
das unmittelbare Verhältnis des Dichters zu den Lesern oder Hörern,
das sich in den zahlreichen directen Anreden an dieselben kund-
giebt. Auch dieser Gebrauch ist der alten epischen Poesie entlehnt
und wird in der weltlichen und geistlichen Dichtung der spateren
Zeit reichlich angewendet, wohl nirgends aber findet er sich in so
verschwenderischer Weise als in dem Gedichte Bruns. Der Dichter
wendet sich bald an seine Leser oder Zuhörer ins gesammt, bald
redet er einen einzelnen derselben an. Von den überaus zahlreichen
directen Anreden an die Gesammtheit der Leser seien
erwähnt:
ir hörer und öch ir lesöre 2388. ir herren 3586. 4082.
6773. 8129. 8556 u. sehr oft. ir herren alle 1142. 3075.
6991 u. ö. ir hirren geloubet 2663. merket ir lüte 3787.
höret ir vil güten lüte 4677. daz sage ich üch guten lüten
4246. 5123. 7563. 8839. 9779. vil guten lüte 8688. ir vil
werden gotis trüte 6107. ir vil werden reinen gotis trüte
6355. merket alle mine trüte 9509. mine vründe 12060.
merket alle 1124. 3065. 6073. nfi denkent ir lihte allent-
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samen 2544. ir moget wol hören 297. daz geloubet 340.
ir hat hi gehört 890. 3024. nü höret wie 944. hi nemet
miner rede war 1514. daran zwifele üwer dekein 1697.
nemet miner rede goume 2157. daz sage ich üch algater
2218. sage ich üch betalle 1330. daz schribe ich mir und
vobis 2194. ich sage üch und den kinden 3223.
Directe Anreden an einen einzelnen Leser oder
Hörer finden sich fast ebenso zahlreich; z. ß.:
vrünt 6757. 6861. 6888. 6911. 8404 u. sehr oft. vrünt min
daz sage dir ich (ich dich) 3484. 8039. 8285. 8393. u. ö.
vrünt des läz dich berihten 8261. herre min 6995. min
trüt 9906. trüt geselle 9796. warta trütgeselle warte
11525. trüt büie 6370. trüt büle min uü sich 11631. trüt
liber büle min nü sich 2846. nü sage ich dir trüt junge-
ling 7532. nü merke vil stolzer jungeling 1 1468. ich sage
dir vort herzelib 8817. daz sage ich dir trüt swester2104.
so du weist 1616. 2225. 4080. 8031. 9707 u. ö. so du wol
weist 1357. 7184. ab du iz niht enweist 1291. 1505. 2728.
7458. u. ö. die rede du her näch vornim 815. wie iz och
si ze dütene swere, doch saltu iz alsus vornemen, läz dich
minen rät niht Schemen 8481.
Wie der Dichter seinerseits häufig seinen Zuhörer anredet, so
legt er auch oft diesem directe Anreden und Fragen in
den Mund, die er selbst unmittelbar beantwortet, so dass bis-
weilen das Gedicht einen fast dialogischen Charakter trägt.
Häufig sind die Fragen des Hörers nach der Bedeutung des soeben
Vorgetragenen oder Aufforderungen, ein eben gehörtes Wort zu er-
läutern, oder in der Erzählung fortzufahren z. ß.:
waz holzes ist daz, nü sprich 5649. wer ist daz der
mittene stät 5470. sage mir vrünt sundir # spot, waz
sprichet . . . 8667. noch vräge ich dich durh vorsüchen
vrünt, wä bi die kristenheit best£ 9128. nü sagä mir vrünt
durh zuht 10045. vrünt berihte mich sundir haz 6908.
ün sage mir büle herzentrüt 10205. daz sage mir daz
du niht spotes 11199. waz meinte her dä mite sprich
12171. her vrünt nü berihtet mich 1369. vrünt daz müst
du mir 6 sagen 7059. sage wäz bedütet ... 4219. — vrünt
min du vorbaz schrib 9658. trüt büle nü sagä mir vort
9389. vrünt; meister min daz vint 3993. sprich gerest du
hülfe büle 7187. vrünt, berihte mich durh zart, sprich,
hästu vor iht gemezzen . . (worauf eine längere Rede des
Hörers folgt) 8646.
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76_
Die Antwort des Dichters wird bisweilen durch einen
formelhaften Vers eingeleitet:
,waz nam ist daz sprich? 4 vrünt min daz sage dir ich
4635 (4671). ,waz sint vorspanne vrünt sprich* herre min
daz sage dir ich 4711. ,nü sage min büle, min trüt, wie
wären . . daz sage ich dir unvorvorht 4722. ,trüt büle,
berihte mich des . . ditz ist min ger allirmeist* ich sage
sint duz niht enweist 6113. ,waz sprichet got durh eren
munt* vrünt min daz tün ich dir kunt 9315. ,wie gerne
wör ich des beriht, waz daz si daz du nennest biht, vrünt
mache mich des vrüt* ich sage dir als minem vründe 1 1578.
,sage mir zü eime prßsente . . daz sage ich dir un-
vordrozzen 12134.
An einigen Stellen findet gradezu eine längere Wechsel-
rcde zwischen Zuhörer und Dichter statt, z. B. 7331 ff.:
,nü sage mir herre büle trat,
wer ist der brutegam wer die 1 ) brät?'
„got und Marja ist [der] brütegam 2 ) und [die] brut
daz sage ich dir wol obirlüt."
,die s ) namen hän ich wol gehört,
du sage mir trüt geselle vort
sundir haz und äne spot,
wer ist der dä heizit got? 1
„daz be8chribit 4 ) dir vrünt alsus 5 )
der gute sente ßernhardus . . ."
Sehr naiv klingen die vv. 12100 ff.:
,vrünt machä mir die 6 ) rede ganz,
ich gebe dir einen rösenkranz,
da mite du zirest 7 ) din houbet,
wenne alle boume sten geloubet 8 ) 4 .
„dines kranzes enger ich niht,
ichn weiz*) wen ze tanzene 10 ) geschiht,
adir wenne enphän") den meien
ich 1 ') sulle mit minem reien;
mir enstät näch mime 18 ) lebene
jarlang der kränz niht ebene,
doch jehe ich dirz vorgebene also . . ."
Ebenso die vv. 6228 ff.:
,vrünt bedüte 1 *) mir desen spruch,
des 15 ) vrage ich dich durh mere 4 —
,ist die 16 ) vrage niht din wille,
*) wer ist dy. *) brutegä. 8 ) Dy. 4 ) beschreybit. ") alzus. 8 ) dy.
') czi'rest. *) stehen gelobet. 9 ) en wys. ,0 ) tantzene. ll ) enfphan.
,2 ) ich fehlt. '3) meyme. »+) bedute. I5 ) dez. 18 ) dy.
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77
daz du swigest also stille ?*
„nein vrüat, ich tu also jach
David in dem saline dö her sprach . . .
min gedanke was 1 ) niht snel,
daz her künde bescheiden wel
dine vorgenante *) hoe rede,
do bat ich orlob und vrede.
nü hän ich mich des*; betracht
und also wol bedäht*)
daz ich dir üf desim zil
zu diner rede antworten wil."
Ein stilistisches Kunstmittel, von dem Schonebeck ziemlich aus-
gedehnten Gebrauch macht, ist die Anaphora. Von v. 157 an
beginnen neun Verse mit dem Worte ,ledekeit'; 3142 ff. sechs Verse
mit ,schame'; 3868 ff. acht Zeilen mit Trunkenheit'; v. 456 ff.
zwölf Verse mit ,du<; 7347 vier Verse mit ,got ist'; v. 10309 ff.
steht am Anfange von sechs Versen hintereinander ,wö ist* und
denselben Anfang haben nachher noch fünf durch andere getrennte
Verse ; 2486 ff. fangen fünf auf einander folgende Verse mit ,ämen*
an und dasselbe Wort tragen noch die drei Verse 2539 — 2541 an
der Spitze.
Ein weiteres Kunstmittel, dessen sich Schonebeck gern bedieut,
ist die Verbindung von zwei oder mehr verschiedenen Worten des-
selben Stammes oder verschiedener Formen desselben Wortes zur
Bildung allitterirender Wortspiele:
sin bilde was vorbildet 2470. näch bildes schönde gebildet,
an bildes bilde niht vorwildet 3293. wen der sunden last
vormeilet, sö entmeile wo gemeilet ist 2458. ir schönde
schönte alle schöne 2807. rehte reht daz ist reht 6301.
iz wart nie vüge baz gevüget, sö dise vüge gevüget ist
4900. daz her mit sime töde tödete den töt der Adam
nödete 10117. vrüntlich kus von herzen gründe vründit
vrünt ze allir stunde 12012. ich gie von schule zü schülen
biz daz ich lernte spülen, mit spüle spület ich röt und wis
3192. — die wäre währheit 8073. die wäre klärheit und
die kläre wärheit 12222.
Am Schlüsse dieses Abschnittes stelle ich noch die Sprüch-
wörter oder sprüch wörtlichen Redensarten zusammen,
welche Schonebeck in seinem Gedichte anbringt:
schöne ankörnen ist halb gevuhten 571. her hät die tät
! ) meyn gedancke waz. *) vorgenanten. 8 ) dez. 4 ) bedocht.
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wol halb volbräht, wer an daz ding schone komen ist 567. ! )
fremder munt gibit fremden kus 1062. ich vorhte mich
sam im zage, der dä vlüt 6 man in jage 1448. einen güten
kol kochen 1435. sö ge ich, sprach kocsüdel, als eines
goukeldres bilde 1 st£t maniches menschen munt offen 3216.
des wunderen mohte einen berg 4810. dä iz was sö späte
daz han noch henne kr&te 9841. der was sinen gebüren
alsö Üb als undir güten lüten ein dib 9931. her zimbert
üf den reinbogen 10344. rinnen als ab ir här brinnen 1 1 164.
hi müz loufen rat an rade 1110. kupfer där zu stechen
3281. ich enmenge darzü kein kopfir 7637. si varen hin
und her durh alsö tüt vrouwe Goltburh (?) 3283. minner
denne zwei eier 2628.*)
§5.
Versbau und Beim.
In Versbau zeigt Schonebeck erhebliche Abweichungen von den
metrischen Gesetzen der klassischen mhd. Zeit. Zwar sieht man,
dass der Niederdeutsche danach strebt, sich den Regeln der hoch-
deutschen Verskunst im Allgemeinen zu fügen, aber die Ab-
weichungen, die er sich gestattet, sind so häufig und consequent
angewendet, dass man wohl ein bewusstes Zulassen derselben an-
nehmen muss. Alle Freiheiten in der Behandlung des Metrums im
Einzelnen erschöpfend darzustellen, wäre bei der unsicheren Über-
lieferung wertlos; ich will daher nur im Allgemeinen den inneren
Bau der Verse zu charakterisiren versuchen.
Die weit überwiegende Zahl der Verse hat vier Hebungen
und zwar sowohl bei stumpfem als bei klingendem Schlüsse.
Klingende Verse zu drei Hebungen stehen hinter den viermal ge-
hobenen an Zahl weit zurück; beide Arten werden unbedenklich
mit einander gereimt (z. B. 1081. 82, 1137. 38, 1485. 86, 1493. 94,
2311. 12, 3158. 59, 3293. 94, 3437. 38, 4749. 50 u. ö\). Neben den
Versen mit regelmässiger Anzahl von Hebungen finden sich aber
solche von fünf oder sechs Hebungen und zwar bilden diese über-
! ) Horaz epist. I 2, 40: dimidium facti qui coepit habet.
*) In dem nicht zum Hohen Liede gehörigen Abschnitte.
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ladenen Verse etwa 1 / 10 des ganzen Gedichtes. Der Versuch,
durch Kürzungen und Streichungen sie auf das rechte Maaes zurück-
zuführen, erweist sich bei den meisten derselben als vergeblich.
Eine weitere Freiheit, die sich Brun von Schonebeck in aus-
giebiger Weise gestattet, ist die Zulassung doppelter Senkungen.
Der Versuch, dieselben durch die gewöhnlichen kritischen Operationen
der Kürzungen und Zusammenziehungen, denen der Dialekt des
Dichters ohnehin widerstrebt, zu beseitigen, würde zu den gröbsten
Verletzungen der grammatischen Gesetze von Wort- und Satz-
betonung führen und erweist sich in zahlreichen Fällen als über-
haupt unausführbar. Man kann Verse wie die folgenden nur mit
dactylischem Rythmus lesen:
von erde von wazzer von vüer von luft 1595.
die tüfe die höe die breite die lenge 3729.
dich st&te dich trüwe dich süze 455.
din schöne din güte din togunt 422.
die werdiste die schönste die beste 328.
dem tumben dem jungen dem grisen 2031.
die Sahsen die Rüzen die Vrisen 2172.
Theophilus lebete sus manichen tag 6487.
Im Gebrauche der doppelten Senkungen lässt sich bei Schonebeck
dasselbe Prinzip beobachten, das Amelung (Beiträge zur deutschen
Metrik in der Zeitschr. f. deutsche Philol. III S. 253 ff.) für die
mitteldeutsche Dichtung des XII. Jahrhunderts aufgestellt hat.
I. Es folgen auf eine hochtonige Hebung zwei Senkungen,
deren jede minder betont ist als die Hebung. Am häufigsten werden
die doppelten Senkungen durch Praefixe, Suffixe und zweite Bestand-
teile von Compositis ausgefüllt 1 ):
wdngen gesehen 3204. Johdnnes geseit 6819. oiigen ge-
schaffen 362. 920. sünder gebörn 6307. w&zzere getoüfet
5505. siten ^evlözzen 5543. mächte gesünt 6564. ge-
sprochen genüch 6398. wäzzere gestdlt 7975. proph&ten
geswörn 11901. büches beginne 1118. sölden behdten
1640. lützel bescheiden 2485. Hppen beslözzen 3391. meister
berümet 3715. wazzer bezefchent 5432. &igel beschriben
6882. heraele beschriben 7362. genäden best&n 8431.
liben vortrinket 786. gei'stes vornünftikeit 1524. k&zeren
vorkferit 1739. genäde vorwirdit 5755. dritten irk^nunge
1501. klübet inzwei 3910. wären enziint 5916. mdnnes
unküschen 1666.
') Ich führe für jede Art nur eine geringe Anzahl von Beispielen an.
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jiingesten tdg 3733. 8680. 11943. «besten üf 8270. mittel-
sten wil 6168. irdischer libe 5891. irdische ding 8121.
hömelische vdter 7008. werbende böte 6884. hellende hö
4509. bizende mörder 6814. klöpfende vör 8280. heilende
sdlbe 7704.^ rürunge sines 3247. kunstigers hdnt 4694.
brütegam at&t 82. — Gdbrielh4de 2726. Sdlomon gdb 1405.
Sdlomon dösen 3207. Sdlomon einen 5079. Äspidis
dös 3230.
II. Von selbständigen Worten kommen in doppelter Senkung
vor: Artikel, pronomen personale (enclitisch und selbständig),
possessivum , indefinitum , demonstrativum , Praepositionen , Con-
junctionen, Adverbien und verbum substantivum :
a) schribit der jüngeling 7377. bezeichent der mdrtir 5130.
Ädam der stolze 12080. werden der vride 11956. bezeichent
die güten 5566. heizen die vroüwen 1421. görte die
brüt 12006. gewdhsendaz türe 5619. meine daz oiige 2954.
hönget daz här 7877. bezeichent des geistes 1524. glichen
dem botime 6152. bezeichent den vdter 4742.
b) vinger ich bröngen 4088. meine ich den dndirn 2074. l&z
ich an döm 2201. spreche du vdlsches 1235. kündestu
mine 7225. viles du Lücefer 2966. glichet her siner 5083.
wirfet her in 8432. urkündet her uns 1550. irsten sie
wöre 5310. wüe sie gliche 7284. qu&raen sie dn 703.
meine wir ddz 2514. geloübe wir dlle 7068. strite wir
ddir 6910. wizzet ir niht 5469. merket ir hirren 3059.
denket ir lihte 2544. kinde mir ddz 4360. wöre mir wöl
5414. brähte mich mit 645. tübel mich hindirte 1401. stöte
dich trüwe dich süze 455. vorlözit sin dbir 6921. velde
sichpinen 11948. ötmute sich glichet 1670. herberget uns
ab 3072. schribet uns sente 6799. vortrinket üch mine 8672.
c) tübe min libe 792. würde min herze 7473. quörae min
s&le 6720. schSne din güte din tögunt 422. wöre sin ü'z-
erwelete 7453. bezeichent sin vdrbe 1890. wöre sin vater
1954. alsdm sines sölbes 313. li'b mines herzen 858.
d) bezeichent ein bldnde 7775. sdgete ein wiser 5639. öngel
ein böte 6943. Satürnus ein geist 1534.
e) öre ditz wörtelin 7010- wlre ditz kleit 8492. vürte daz
is 5634. hirre daz ist 7708. hirren daz sdge 8101.
f) scheide von minem 177. löbene von wdzzer 5554. Peter
von götes 12050. schöne vor allen 510. s&le vor göte
3374. behüte vor dösen 2979. mdchist mit diner 3939.
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brachen mit wider 5031. gewörfen mit ganzir 8663. sträzen
an gassen 701. 841. 1642. oiigen an münde 4699. wären
an ünsir 8605. Johännes in äpokalypsi 1387. 4241. be-
hüten in allen 4070. sprächen in ünsir 7908. sprfchet ze
düze 12238. v'ürten ze wäschene 7788. meister ze Mefde-
burg 2309. werden üz sörgen 3914. tüben üf wazzere 7975.
g) Sanir und Hermon 764. witwen und martires 1319
mfiter und maget 4798. glichet och göte 7440. sprechest
och einen 6315. breite noch an 199. enrüfet noch vlüt
1579. w&nit daz im 1060. wSne daz lüte 5504. lib adir
leit 3670.
h) geschaffen als böckes 395. jüngen sus sprechen 8616.
ziren so schöne 8631. schönde dä von 2960. küwen där
niete 3425. sele dä üz 6629. sele dort vor 2461. höre
vil gröze 7082. münde niht lain 4255. Marja niht eine
6602. wazzer niht öbir 5014.
i) meister ist dä 1381. züngen ist so 3254. Cypr^ssus ist
üz 5766. sele si alle 7172. 7372. gemenget si künterfeit
6876. garte was ünbeslozzen 4295.
Die Erscheinung der zahlreichen doppelten Senkungen bei
Brun von Schönebeck, in einer Zeit, wo die besseren mitteldeutschen
Dichter sich den strengen Gesetzen der hochdeutschen Metrik fügten,
dient zur Bestätigung der von Amelung (a. a. 0. S. 279 f.) ver-
muteten historischen Contiuuität dieses freien Gebrauchs, der in der
altsächsischen Verskunst begründet, in der mitteldeutschen Dichtung
des XII. Jahrhunderts herrscht und im neueren deutschen Volks-
liede fortlebt. 1 )
Für Beobachtung der Apokope und Synkope bieten uns
nur die Reime ein sicheres Material. Apokope von nur unbetontem
e erscheint oft im Dat. sing, der starken Substantiva:
brib : schrib 29^7. sang : kräng 9367. vüg : trüg 5692.
büchizüch 11097. hach:näch 10268. sproch : roch 393.
ruch : spruch 679. lant : genant 1835. : bekant 10886.
list : ist 3196. 3783. bedut : lüt 9426. ort : dort 1323. ge-
slaht : gedäht 6781. holz : stolz 1587. schöz : blöz 3083.
wi8 : pris 7382. vliz : wiz 1066. spiz : stiz 1348. ämeiz
: weiz 583. arn : bewarn 2886. trän : sän 8686. dorn : ge-
l ) Der Gebrauch doppelter Senkungen scheint durch starken niederd. Ein-
Auas und durch geringere Kunstfertigkeit bei den nid. Dichtern des XJUL1. Jahr-
hunderts bedingt zu sein.
Fischer, Brun» von Schönebeck hohes Lied. Ü
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sworn 10262. 6r:wer 11742. vär: gebar 3507. heil: or-
teil 69. : teil 4001. 4911.
Die Endung et nach lingualem Stamme wird abgeworfen:
regelmässig in wirt (: vorbirt 274. 1466. 2340. 7071 u. ö.
: birt 1335. 1807. 6214. 12025 u. ö.j, ausserdem: bint : kint
2737. vint : kint 4682. : sint 3150.
Synkope des unbetonten e erscheint im Reime nur in : spricht
:niht 311. 838. 850. 974. 1577. 3902. 7096. 11415 u. ö\
: schrift 1135. : iht 3614. : geschiht 6745.
Inclination im Reime findet sich an folgenden Stellen:
tohter:raohte her 330. rätis : späte is 1530. himilrichis:
minniclich is 4447. heilis : veil is 7257. tröstis : hoste is
4203. schöne is : lönis 2361. kornis : zorn is 125. Pha-
raönis : schöne is 9231. 9245.
Die Reime.
Die Reime Bruns von Schonebeck zeichnen sich im Gegensatz
zu seinen sonstigen Freiheiten durch Reinheit aus. Die aller-
dings ziemlich zahlreichen Reime zwischen kurzen und langen Vo-
calen (im Ganzen 275) waren für den Dialekt unseres Dichters
teils durch Dehnung der Kürzen, teils durch Verkürzung langer
Vocale völlig genaue. Consonantische Ungenauigkeiten sind ver-
schwindend. Ich stelle zunächst die Reimbindungen von langem
und kurzem Vocal zusammen. Am häufigsten (141 mal) reimten
kurzes und langes a mit einander.
a:ä.
sach : näch 4241. hach : näch 10267. maht : bedäht 7193.
nahtrgedäht 6197. : vordäht 8442. : irdäht 10319. betraht: be-
däht 6243. pfat : stät 5991. stat : hat 1512. 3006. 4589. 6021. : tät
1312. :gät 10381. : malagranät 11878. gat : hät 9283. 9377.
nase:twäse 370. 2792. vaz : wäz 4451. kratze : mäze 1778. an:
stän 3176. 7512. 9325. : hän 2875. 3287. 7926. 8705. 9815. : alsan
5218. man : gegän 9217. 9289. : stan 11125. : sän 2841. 6455.
9429. : hän 1962. 9849. kan : hän 8691. : bevän 5995. : getan
4805. zan : wän 3431. namen : ämen 7167. lichamen : amen 3539.
9699. 2534. samen : ämen 2491. 2520. 2532. 2544. var : war 259.
376. 4269. 5655. 5969. 6637. 10255. : clär 1852. gar: war 5725.
9093. 9285. 9527. 9897. 11345. 12186. :clär 1693. 1709. : offenbar
1562. 5196. gare : zwäre 9333. 9379. war : här 7875. dar l ) : wär
l ) Reimt 11 mal zu kurzem, 2mal zu langem a.
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9999 :clär 7083. gebar :jär 6135. : vär 3557. schar : war 12086.
waren : zwären 631.
ä : a.
vräge : sage 1485. : tage 11938. vräges : tages 4563: wägen
(audere) : wagen (plaustrum) 247. nach : geschach 10830. : jach
147. 3030. 3110. 4167. : bejach 10257. : sprach 4837. 10281. an-
däht : irtraht 8792. gedäht : maht 6419. vordäht : naht 834. ge-
däht : geslaht 6780. gät : pfat 11596. hät : stat 8464. äs (cadaver)
: las 9567. häs häst) : las 6339. 7157. mäz : laz 201. : az (perf.)
1431. 10067. wäz : baz 723. 5741. äz (cibus) : daz 12273. gän : an
382. 8873. stan : an 4285. : man 10579. vorstän : an 9437. han
: an 2895. 8444. : kan 2343. län : an 8202. trän : an 5993. sän
: man 524. 3931. 8194. bevän : an 5823. äne : mane 1235. ämen
: samen 2505. sämen : samen 10531. wär : var 1703. 1772. 4925.
8502. : gar 4023. 4797. 8057. 8572. 12281. : gebar 4279. offenbär
: var 4013. 7894. 7912. : tar 7087. offenbäre : wäre 629. clär : tar
6878. : war 2820. zwären : bewaren 3311. gräwe : varwe 1748.
e : e.
vorbere : were 11239. vorbere n : wören 332. here : m&re 440.
geverte : kerte 991. geschehe : weiie 8400.
S:e.
were : gere 4627. sere : here 8446. 6r : wer 11742. ewferen
: geberen 1427. riveren : verren 11370. hutere : gewere 6900.
vehtere : gewere 6904. wene : zene 378. 3389. 3463. selde : gewelde
7818.
i:i.
zige : swige 2804. ligen : krigen 6033. beriht : biht 11578. be-
vridet : midet 1274. smide : vormide 2057. antlitze : vlize 2197.
sin : sin 8286. : vründin 9317. : Cherubin 1395. 4779. : win 8987.
bin : min 9993. : Seraphin 478.
i : i.
bliben : triben 3158. slife : schiffen 4753. biht : beriht 8486.
gebihtet : berihtet 8250. bihten: berihten 8260. bihtet : berihtet 10047.
11592. 11634. vlize : antlitze 877. 8004. 10191. sin : hin 9857. in
: hin 807. vründin : gewin 11548.
o:d.
got:töt 1373. 10367. : not 9531. pforte : hörte 4283. wort
.•gehört 889. 1049. 1582. 1902. 3385. 7219. 7245. 7660. 7672. 7902.
8020. 8254. 8384. 8386. 8530. 9361. 9949; 10707. 11077. 11087.
worte : hörte 538. 881. Wortes : hörtes 11356. redewort : gehört
6*
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1095. vort: gehört 4571. 9389. dort -.gehört 2455. 6619. gehört
: gehört 2383. 9335. 10753. sonrlön 4107. :trön5254. sone:tröne2275.
ö : o.
nöt : got 10743. bröt : got 9697. tröste : vorste 505. : vroste
3488. hörte: worte 1005. gehört : wort 1282. 2778. 2964. : vort
3024. 7335. : gebort 7722. 10828. lön.-son 6685. trön:son 4661. 5328.
u : 6.
luch (= lue) : büch 4467. geruch : strftch 2538. vlus : klus
4233. sunrhün 10009. : tun 1121. 1284. 2020. 2221. 2449. 2745.
6295. 7490. 8382. 10421. ubel : tübel 9079.
ü:u.
wühs:vuhs 10585. tün : sun 1041. 1988. 4121. 4453. 9923.
tübel : ubel 2863. 4047. 4299. 6603. 6782. 6786. 6800. 6856. 7395.
9261. 10591. 10717.
Consonantisch ungenaue Reime,
m : n.
g&n.-sam 3058. im : sin 6868. in : vornim 8278. Inlautend:
gegrünet : geblümet 14448. beschönit : nömit 1113.
z : 8.
baz : las 6169. vorbaz : was wahs) 12132. Achas : daz 3744.
wiz:is 3339.
i : z (tz).
schaz : laj 10521. sliz : bij 3545. — Rüje : erüze 9823. 9875.
erüze : entslüje 9909. erüzes : genfyes 9793. genüge : erüze 11474.
— raäje: kratze 1778. vlije : antlitze 877. 2197. 8004. 10191.
zz : tz.
wizzen : hitzen 3094. wizzet : besitzet 4369. sitzet : wizzet 8669.
:izzet 8757. druzzel : lutzel 8881. lutzel : druzzel 3567. 3617.
rsluzzel 9807.
Assimilation von nd zu nn ist anzunehmen in gewunden : ge-
spunnen 3189, Wandlung der lingualen Verbindung nd in die gutte-
rale Resonanz ng in brant : kranc 2284. kint : dine 281. dinc
: sint 7271.
Die Reime mit überschüssigem n siehe S. 33. valsch : hals
(Weinhold mhd. Grammtk. § 192). — gräwe : varwe 1768. dorst:
vrost 4417. tröste : vorste 505. — beidenthalben: gevallen 10095.
qu&men : pflägen 2010. klüc : armüt 3875. zwär:Evä 1420. vor-
vület : schüret 8625. J )
') Eine Anzahl ungenauer Reime, welche die Hs. ausser den genannten
aufweist, lassen sich durch leichte Emendationen beseitigen. Die häufigen Reime
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Verwendung der Flexionssilben im Reime findet statt: Da-
vidis : geziret is 388. regis : konigis 4887. is : libis 2438. : obelis
660. 5621. vrides : des 1401 (cfr. Eilh. von Oberge, Lichtenstein
S. XCV). Auffallend sind unsire : Moyse 5046 und dämüte : suae
12244.
Hochtoniges e reimt zu tieftonigen Silben in: verw&zenen : denen
9490. tohtere : m£re 684. vedere : sperwSre 9595. tohtere : höre 8595.
Unregelmäsaige Betonung verursachen die Reime: stiel :
regel 8269. wer : erker 11568. her : erker 11655. martir : dir 10043.
: vorbir 10854. angist : ist 1534.
Rührende Reime finden sich in dem Gedichte Schonebecks
in grosser Anzahl. Bei den meisten derselben ist die Bedeutung
der gleichen Reimsilben eine verschiedene, oder bei gleichen Com-
positionsbestandteilen ist die Zusammensetzung verschieden:
wägen (audere) : wagen 247. nieman : man 10403. zehant
: hant 885. 945. 8150. 8580. sam : hörsam 4090. andirswar
:wär 9179. wart (= versus) : wart (erat) 5512. walde
(silvae) : gewalde 9611. armen (brachiis) : armen (miserum)
10025. sämen : saraen 10531. morsere : sere 7713. bergen
(montibus) : vorbergen 344. 11498. berge (monti) : berge
(celo) 1605. 5486. werde (fiat) : werde (dignitas) 2267. lant-
veste : hantveste 6481. verw&zenen : senen 9490. volende
: ende (finis) 10874. in : in (pron.) 8086. sint (Adv.) : sint
(sunt) 919. sin : sin 8287. inne (Adv.) : inne (moneo) 11215.
riche (subst.) : riche (adj.) 10535. ertriche : hemelriche 3735.
ertriche : riche 6533. sich (pron.) : sich (vide) 7568. list
(subst.) : list (verb.) 10629. regis : konigis 4887. beheit (be-
heget) : trogenheit 4319. leie (subst.) : andirleie 6211. : man-
chirleie 11217. : drierleie 11626. 12034. tot (mors.) : tot (facit)
2431. büch (venter):büch (über) 4601. ü (vobis):u 2735.
6760. — pfat : Josaphat 352. mannä : nfi, 9695. 10235. En-
gaddi : dl (tibi) 7798. Constantine : latine 10850.
Am häufigsten sind rührende Reime durch die Compositions-
silben schaft, heit, keit, nisse, lieh, ic, in gebildet.
geselleschaft : botschaft 495. tumpheit : wisheit 221. menscheit
: gotheit 10145. manheit : wisheit 1157. kl&rheit : w&rheit
David : spricht (2945. 2980. 3763. 4039. 4801. 7011. 7076. 9609) sind zu verbessern
in David :quid (nach 4139. 7994. 9713. 10153. 11193), ebenso David : schribit
1956. — leit : beschreibt 3717 in lit : git. kleinen : bescheiden 1105 «■ bescheinen.
11590 in meister : geheizen ist die zweite Reimzeile verderbt. (Der Schluss
war wohl heizt her).
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86
12222. innekeit : reinekeit 9329. ledekeit : träkeit 169. edel
keit : werdekeit 2187. wildekeit : tobekeit 7909. reinekeit
: vollekeit 1558. vorgiftenisse : senftenisse 3335. vinster-
nisse : gruwenisse 6645: wunderlich : grüwelich 7351.: nn-
bescheidenlich 9275. früntlich : trostlich 1465. minniclich
: üblich 7349. einvaldiclich : wundirlich 4954. drilich : ge-
lich 12355. vorgenclich : öwiclich 12269. unvorwindlich
: unscheidelich 12279. totlich : unsterbelich 7029. untötlich
: sturbelich 9737. unsterbelich : untötlich 10109. glich : un-
sterbelich 11293. : wundirlich 1192. gliche : bescheidenliche
2137. : wundirliche 3697. vollentlichen : lechelichen 641.
werlichen : wundirlichen 8837. wunniclichen : volliclichen
1013. vieischlichen : geistlichen 1302. 5454. genzlichen
: werlichen 6922. : inniclichen 4201. volliclichen : innewenic-
lichen 1554. glichen (inf.) : tegelichen 5544. : werlichen
8945. gliche (conj.) : minnicliche 5911. unschuldlich : dich
11586. unvorumftig : kumftig 3579. üz wenig : innewenig
6191. schäfin : wolfin 9647. wortelin : bundelin 7724. 7742.
Völlig gleich nach Form und Bedeutung sind nur die Reime
kint:kint 2281. imber : iinber 718.
Erweiterte Reime werden von Schonebeck ebenfalls nicht
selten angewendet. Am häufigsten ist der Fall, dass untrennbare
Partikeln (besonders -ge) mit einander reimen.
gewalt : gezalt 1 179. 2269. 4769. gestalt : gewalt 6615. 7974.
gemachet : geswachet 4783. 8516. 9983. kl&rheit : wärheit
12222. gewesen: genesen 2973. 6916. .-gelesen 9187. 10103.
11193. genesen : gelesen 9865. 10167. gedenke : gelenke
4691. lantveste : hantveste 6481. irnern : irwern 8332. vor-
birt : vorkirt 4353. mütwillieh : billich 1 1624. volliclichen
inneweniclichen 1554. : wunniclichen 1013. zurizest : zu-
splizest 10040. zü ir : zü mir 3647. geborn : gesworn 2191.
10601. gebort : gehört 2383. 7722. 9335. gelogen : gezogen
4445. gegozzen : gevlozzen 4543. geburt : gegurt 284. 1758.
gevründet : gesundet 8378. irvühtet : irlühtet 8306. adir
blint : adir kint 4581.
Das Gedicht Schonebecks besteht aus paarweise gereimten
Versen. Doch liebt es der Dichter nicht selten mehr als zwei
Verse durch den Reim zu verbinden.
Drei Verse reimen: Ididam : nam : vredesam 1267 ff. — 159*.
7425. 8054 ist jedesmal die letzte der drei Reimzeilen als Glossem
zu streichen.
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Sehr oft folgen vier durch gemeinsamen Keim verbundene
Verse auf einander:
gesagte : zage : jage : tage 1447 ff. samen : ämen : samen
: ämen 2491 ff. was: las: was: genas 3777 ff. (maget: saget
: maget : saget 461 1 ff.) gevar : dar : var : wär 4939 ff. an : trän
: kan : bevän 5993 ff. hant : zehant : hant : zehant 8150 ff.
(unterbrochen durch ein Citat). st&n : trän : län : trän 8725 ff.
wär : här : offenbar : var 7892 ff. län : gegän : hän : man 8340 ff.
vorStän : län : vorstän : man 10577 ff. undirtän : hän : man
: bestän 1 11 23 ff. hant : lant : bekant : hant 4053. (schon kurz
vorher 4049. 4050. hant : bant). reht : kneht : sieht : reht
6301 ff. rivören : scheren : weren : vorb&ren 7918 ff. vedere
: sperwöre : mere : uffenbere 9595 ff. märe : sundöre : l&re : be-
köre 11195 ff. übe : schribe : tribe : schibe 468 ff. min nie
lieh : üblich : wundirlich : grüweüch 7349 ff. sin : silberin
: wortelin : sin 1 1656 ff. sin : min : min : sin 6994 ff. nider
: wider : nider : sider 5017 ff. ich : mich : glich :ich 11974 ff.
dich : sich : wissentlich : ich 10059 ff. geschiht: spricht : pfliht
beriht 6744 ff. (durch ein Reimpaar getrennt folgt niht
: spricht, vurnihtet : berihtet). tötÜch : unsterbeltch : tötlich
: unsterbelich 7027 ff. wisheit : geleit : seit : vornunftikeit
7436 ff. unküschheit : reinekeit : undirleit: senftmütekeit 5825
(durch ein Reimpaar unterbrochen folgt vredesamekeit : ge-
leit). reinekeit: vollekeit: wärheit:ötmütikeit 1558 ff. kunter-
feit : steit : gedoldikeit : seit 12188 ff. gemeine reine: irscheine
: meine 11145 ff. gröz : blöz : genöz . vordröz 979 ff. wort
: gehört: wort: gehört 8384 ff. wunne : kunne : brunne : sunne
434 ff. trüt : brttt : brüt : lüt 7331 ff. vlüzet : genflzet : süzet
: büzet 3835 ff. düren : müren : stüren : müren 1 1644 ff.
lüten : bedüten : spüten : vüten 11728 ff. munde : entzünde
: gründe : stunde 12010 ff. müt : güt : güt : tüt 121 16 ff.
Hierzu sind noch zu erwähnen zarten : garten : garte : warte
1 1522 ff. lebene : gebene : leben : sweben 10273 ff. sieht : eht : rehte
: knehte 8627 ff.
Den grammatischen Reim versucht Schonebeck an folgen-
den Stellen:
vrist : vorbrist : bristet : vristet 6770 ff. töt : nöt : töten : nöten
89 1 1 ff. wormes : stormes : worme : stonne 3230 ff. lüt : be-
düt : bedüten : lüten 9425 ff.
Ubergreifen des Satzes aus einem Verse in den folgenden —
enjambement — findet sich an mehreren Stellen. Meistens endet
der Satz unmittelbar nach dem Anfange des zweiten Verses:
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88
1434. 1477. 2073. 2352. 2545. 2715. 2830. 3406. 3428. 4119.
4315. 4323. 4349. 4351. 4405. 4971. 5318. 5626. 5651. 5742.
5798. 5945. 6540. 6812. 7038. 7216. 8268. 10203. 11313.
11341. 11369. 11698. 11824. 11928. 12164.
Viel seltener ist der Fall, dass der Satz unmittelbar vor dem
Schlüsse des ersten Verses beginnt:
8143. 12206. 12226. 12277. 12341.
§ 6.
Stoff nnd Anlage des Gedichtes.
Das Hohe Lied hat durch seine bilderreiche Sprache früh zur
allegorischen Auslegung angeregt. Nachdem schon die talmudischen
Juden sich vielfach mit seiner Erklärung beschäftigt und in dem
Liede historische sowie mystische Allegorie gefunden hatten 1 ),
wurde für die christliche Kirche die Auslegung des Origines maase-
gebend, der in einem Commentare 2 ), welchen Hieronymus ins La-
teinische übersetzte, die Liebe Salomos zu der Braut allegorisch
auf das Verhältniss der Seele zu Gott, auf das Verlangen der-
selben nach Vereinigung mit dem Höchsten bezog. In einenr
ausführlicheren Commentare 8 ) zum Hohen Liede, den Rufin ins
Lateinische übertrug, deutete Origines die Braut abwechselnd so-
wohl auf die einzelnen nach Vereinigung mit Gott schmachten
den Christenseelen, als auf die Kirche als deren Gesammt-
heit. Diese moralisch- mystische und dogmatisch -mystische Aus-
legung blieb während des ganzen Mittelalters geltend und be-
kanntlich wurde das Hohe Lied eine Hauptquelle für die Mystik,
welche in dieser Schrift selbst die Stufen fand, auf denen die Seele
zu Christus, ihrem Bräutigam, emporsteigt. Die moralisch-mystische
Deutung begegnet in den Commentaren des Eusebius von Caesarea,
Macarius des Aelteren, Theodoretus, Maximus Confessor. Beda,
Alcuin, Haymo von Halberstadt, Williram, Honorius von Autun,
Bernhard von Clairvaux und vieler anderer Ausleger, während die
dogmatische bei Athanasius, Epiphanius, Cyrill von Jerusalem
') Vgl. das Hohe Lied von Dr. Otto Zöckler, Bielefeld und Leipzig 1868
in J. P. Lange's theologisch-homiletischem Bibelwerk. Altes Testam. XEQ.
*) Originis in cantica canticomm homiliae duo (Hieronymi opp. ed. Vallars.
tom. III p. 500 ff.).
8 ) Originis opp. ed. Lommatzsch voll. 14. 15.
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89
stärker hervortritt 1 ). Der jüdisch -allegorischen Deutung nähert
sich wieder Augustinus, welcher unter der Braut nicht die Kirche,
sondern den Gottesstaat des alten Bundes versteht*). Neben diesen
Auffassungen geht im Mittelalter die mariologisch - mystische Deutung
des flohen Liedes nebenher, angeregt durch Ambrosius, welcher
in seinem Sermo de virginitate perpetua S. Mariae 8 ) viele Stellen
des Liedes auf Maria die Gottesmutter bezog.
Der erste, welcher diese Auffassung in fortlaufender Erklärung
des ganzen Hohenliedes durchführte, ist der deutsche Benedictiner
Rupertus, Abt von Deutz (f 1135) 4 ). Spätere Commentatoren nun
vereinigten die drei verschiedenen Richtungen der Auslegung, in-
dem sie nach der hermeneutischen Regel des triplex sensus die
Braut als die Jungfrau Maria, die einzelne Seele und die heilige
Kirche zugleich auffassten. Derartige lateinische Commentare sind
uns erst aus späterer Zeit erhalten, so von Dionysius Carthusianus
(t 1471), Salineron (f 1585), Michael Ghislerius (um 1600) 5 ).
In ähnlicher Weise hat auch Brun von Schonebeck das Hohe
Lied erklärt. Auch er teilt seine Auslegung in drei Teile: im
ersten derselben fasst er die Braut als Maria die heilige Jungfrau;
im zweiten sagt er ausdrücklich, dass unter der Braut nun die
Seele zu verstehen sei. Im dritten Teile, dessen hauptsächlicher
Inhalt eschatologische Betrachtungen sind , versteht er unter der
«ponsa, der er die übrigen Bräute Salomos (= Juden und Heiden;
gegenüberstellt, die Gemeinde der Gläubigen. Doch iet in diesem
Teile die Auffassung nicht eine so scharfe und consequente, wie in
den beiden ersten, da er gegen das Ende wieder nur von der
einzelnen Seele redet, welche auf fünfzehn Stufen zu ihrem Bräutigam
emporsteigt.
Schonebeck stellte sich die schwierige Aufgabe, das Hohe Lied
in poetischer Form, in einem fortlaufenden Gedichte zu erklären.
Er konnte daher nicht, wie die Prosacommentare dies tun, Vers
für Vers der biblischen Schrift paraphrasiren und auslegen, da der
zusammenhanglose Stoff für ein Gedicht ungeeignet ist. Darum
schuf sich Schonebeck als Grundlage seiner poetischen Auslegung
') Ein ausführliches Verzeichniss der Coramentatoren des Hohen Liedes
giebt Pitra, spicilegium Solesmense tom. III, appendix ad cap. X p. 167. 16S.
*) Zöckler a. a. O. S. 19.
3 ) Ambrosii opera edd. Paris 1642 tom. IV.
4 ) Sein Commentar führt den Titel: Euperti Tuitiensis in cantica canti*
coram de incarnatione domini commentarior. libr. VII.
b ) Zöckler a. a. 0. .Seite 20.
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ein zusammenhängendes Epos. Er stellte aus dem in der biblischen
Schrift gegebenen Stoffe durch entsprechende Anordnung desselben
und durch Einfügung in eine gewisse Handlung nach gelegentlichen
Andeutungen des Hohen Liedes selbst mit eigener Erweiterung" und
Ausschmückung eine epische Erzählung her, die er alsdann seiner
dreifachen Auslegung zu Grunde legt. Der Inhalt dieses Epos,
das in zwei Teile zerfällt, ist kurz folgender:
I. Salomo war ein sehr weiser, schöner und reicher König. Seine
Weisheit zeigte er bei dem Tempelbau zu Jerusalem sowie bei dem
Richterspruche, den er den beiden um ein Kind streitenden Frauen gab.
Mit seiner Schönheit konnte sich Niemand vergleichen. Sein Reich-
tum endlich, über dessen Grösse die Königin von Saba erstaunte, be-
stand in vielen Schätzen und einer grossen Schaar ihm dienender
Frauen. Unter allen Frauen liebte er am meisten die Tochter Pharaos,
deren Name oleum effusum (Cant. 1, 2) war. Ihr schrieb Salomon einen
Liebesbrief, worin er ihre Schönheit und Tugenden pries. (Der lange
Brief ist teils aus Versen des Hohen Liedes zusammengesetzt, teils
aus den traditionellen bildlichen Ausdrücken zum Lobe der Jung-
frau Maria). Ein Bote, fortitudo genannt, überbringt den Brief
der Königstochter. Diese, entzückt durch den Inhalt, forscht nach
der Schönheit und der Macht des königlichen Absenders und da
der Bote über seinen Herrn das Günstigste berichtet, lässt sie dem
Geliebten ihre Huld und Einwilligung melden.
II. Am Hofe des Königs Salomo herrscht über diese Nach-
richt grosse Freude; die Gefangenen hoffen nicht vergeblich auf
Begnadigung. Salomo rüstet sich zur Hochzeit. Als die Braut am
Hofe erscheint, staunt das Volk über ihren Anblick; der König be-
grüsst sie und als sie vom Boss gestiegen, setzt er eine Krone auf
ihr Haupt. Zum Lohne wird er von ihr geküsst. Salomo führt
sie sodann in sein Weinhaus und in seinen Garten. Hier entschlum-
mert die Braut und als sie erwacht ist, sucht sie den Geliebten in
allen Strassen und Gassen der Stadt. Die Hüter der Stadt ver-
wunden und berauben sie; doch endlich findet sie den Bräutigam.
In langem Gespräche zwischen der Braut und ihrem Geliebten sowie
ihren Gefährtinnen (zusammengestellt aus den jedesmal für die be-
treffenden Personen geeigneten Sätzen des Hohen Liedes) wird da-
rauf das wechselseitige Sehnen, das Suchen und Finden der Minne,
dargestellt. Nach diesen Reden begeben sich Braut und Bräutigam
zur Ruhe in ein kostbar gebautes Haus. Am andern Morgen setzt
sich Salomo in seinen Brautstuhl und das ganze Volk bewundert
ihn. Die Hochzeit wird glänzend gefeiert und als die Sonne sich
neigt, naht zu Ross mit reisiger Schaar eine Frau, Mandragora ge-
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nannt, eines Königs Tochter. Ihr Anblick erregt das Mitleid der
Braut, denn ihr Körper ist ohne Haupt. Auf die Fürbitte der Braut
setzt ihr der König ein goldenes Haupt auf und führt sie mit zur
Hochzeit.
Diese epische Erzählung nimmt die beiden ersten Teile des
Gedichtes ein, während der bei weitem umfangreichere dritte Ab-
schnitt in drei Unterabteilungen die Auslegung jener enthält. Das
Verhältnis des dritten Teiles zu den beiden ersten charakterisirt
Schonebeck mit den Worten (v. 1125 ff.):
sehet die l ) drivaldikeit were ein 2 ) wiht,
enwere 8 ) der heilige geist da niht:
also entuhten zwei stiu-ke vor war
•ane daz dritte niht eiu här;
daz dritte brütet diu 4 ) zwei uz
als sin jungen tut der strftz.
In der Auslegung folgt der Dichter dem Faden der im Voran-
gehenden gegebenen Erzählung, die er jedoch zum Zwecke seiner
dreiteiligen Erklärung durch zwei Einschnitte zerlegt, indem er bis
zur Ankunft der Braut am Hofe Salomos alles auf die Jungfrau
Maria deutet, sodann in den nun folgenden Wechselredcn und Vor-
gängen vor der Hochzeit unter der Braut die Seele versteht und
endlich bei der Erklärung des übrigen Teiles der Erzählung, von
der Ankunft der Mandragora an, die gesammte Christenheit im
Auge hat, bis er schließlich nach Darstellung der letzten Dinge
und des jüngsten Gerichts die Stufen entwickelt, welche jede einzelne
Seele ersteigen muss, um zu Gott zu kommen. Die Auslegungen
selbst nun bestehen darin, dass jeder zu erklärende Begriff in seine
Merkmale zerlegt wird und entweder alle oder einzelne derselben
auf ähnliche Eigenschaften derjenigen Wesen übertragen werden,
auf welche die Ausdeutung abzielt. Damit vereint wird die Aus-
legung der zahlreichen hebräischen Namen, denen eingeleitet durch
die Formel ,daz bedutet' erst die wörtliche Übertragung, dann mit
dem formelhaften ,daz bezeichent* die allegorische Deutung bei-
gegeben wird. Meistens sind mehrere Begriffe und Namen zugleich
zu erläutern, dann werden an die einzelnen entsprechende Betrach-
tungen geknüpft, welche sich von dem eigentlichen Ziele der Er-
klärung oft weit entfernen, so dass der Zusammenhang ein sehr
loser ist und oft eine sprungweise Rückkehr zum Thema erfolgt.
Fast jede einzelne Auslegung wird durch ein oder mehrere Bibel-
citate belegt oder durch Stellen aus kirchlichen und weltlichen
Schriftstellern illustrirt. Dazu kommen Unterbrechungen durch
*) dy. 2 ) ey. 8 ) Were. 4 ; dy.
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längere oder kürzere Excurse und durch episodisch eingefugte Er-
zählungen, wodurch das Ganze einen höchst eigenartigen, bunten
Anstrich erhält. Wir finden in das Gedicht hineingearbeitet fast
die gesammte christliche Dogmatil* ; zu mineralogischen, botanischen
und medicinischen Bemerkungen giebt dem Dichter die Besprechung
der zwölf Steine am Bette Salomos (v. 1655 — 1893) und der Bäume
des Paradieses (v. 5608 — 6398) Gelegenheit; seine auf Aristoteles
zurückgehenden philosophischen Kenntnisse trägt er bei der Be-
schreibung der Seele (v. 7364 ff.) vor, astronomische bei Erwähnug
der Planeten (v. 1480 — 1542). Angenehmere Unterbrechungen der
meist sehr nüchternen und durch Wiederholung formelhafter Phrasen
und Flickverse oft ermüdenden Darstellung bilden die eingeschalteten
Erzählungen und Fabeln; so die von Theophilus, der sich dem
Teufel verschreibt, aber durch Marien Fürbitte errettet wird (6453
— 6590); von einem Juden, der von den Teufeln bedrängt in seiner
Angst das Zeichen des heiligen Kreuzes macht und so sein Leben
bewahrt (9836 — 9872); von der Affenmutter, die in blinder Liebe
ihr Junges für das schönste hält (5364 — 5386); vom Fuchse, der
sich totstellend raubgierige Vögel fängt (9561 — 9576).
Das Gedicht wird vom Dichter der Jungfrau Maria gewidmet,
von deren Lob das ganze Werk erfüllt ist. Er spricht die Wid-
mung an drei Stellen aus: v. 204 ff., 1623 ff. und 2322 ff.
Die Disposition des Stoffes, von der im Vorausgehenden
bereits gesprochen wurde, wird von dem Dichter selbst im Beginne
seines Werkes angedeutet und die einzelnen Abschnitte werden an
ihren Enden jedesmal markirt. Dabei sucht Schonebeck jedoch in
höchst naiver Weise den Leser irre zu fuhren, indem er mit der
Zahl der Stücke spielend ein Räthsel aufgiebt, hinter dem jedoch
nur wenig List und Witz verborgen zu sein scheint. Er sagt v. 185,
er wolle einen Brief dichten: ,der heizit Üb obir üb und lob obir
allem lobe',
den teil ich an drei stucke,
gibit mir got daz gelucke.
Den Schluss des ersten Teiles v. 561 bezeichnen die Verse:
hi hat ir snndir missewende
des irsten stuckes ein ende
des *) andirn wil ich mit sinnen
in gotes namen beginnen.
Ende des zweiten Abschnittes hervorgehoben v.
l ) dez.
Ähnlich wird das
1155:
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93
hi hän zwei stucke ein 1 ) ende
daz dritte begin ich sundir missewende.
Das dritte Stück nun teilt er wieder in drei Abteilungen, wie er
ausdrücklich sagt v. 1140 ff.:
ich schreib an dem irsten stucke:
ich wolde iz teilen in dri 2 ),
ir hirren alle daz sage ich fri 3 ),
daz hän ich bescheideDlich getan,
daz dritte stucke teile ich sän
in drei stucke expresse.
ir vindet diu 4 ) stucke alle sesse 6 ),
wer kunstlich volget der sla,
niht wen fumf vint her dä,
wer bescheidenlichen suchen 6 ) kan,
iz 81 7 ) maget wip 8 ) adir man.
dem suchende gebe got gelinge.
Dies also ist das Räthsel, auf das er am Schlüsse des Gedichtes
noch einmal zurückkommt, wo er sagt v. 2389:
ich teile ditz an stucke sesse 9 ),
vunf stucke vint man expresse 10 ),
daz sehste vindit nimmer vilän 11 ),
her müze e sin ein 12 ) hobischer man —
Sechs Stücke also soll nach den Worten des Dichters die Einteilung
ergeben und doch nur fünf zu finden sein. Nach der Einteilung
selbst aber kommen offenbar nur fünf Stücke heraus, nemlich zwei
Hauptteile und drei Unterabteilungen, welche zusammen den dritten
Hauptteil ausmachen. Schonebeck scheint in seinem Vexirscherze
also nur auf die Flüchtigkeit der Leser zu rechnen, für welche drei
Stücke, deren drittes wieder drei Teile enthält, im Ganzen sechs
Stücke ergeben. Die Täuschung sucht er noch dadurch zu erhöhen,
dass er selbst die letzten Stücke falsch zählt. Die erste Unter-
abteilung des dritten Stückes hebt er noch als solche richtig hervor
v. 7163 ff.:
noch wünsch ich heiles und geluckes,
hi so hat des lf ) dritten stuckes
daz irste stucke ein ende.
daz andir wil ich 14 ) sundir missewende
beginnen in gotes namen — ,
die zweite und dritte Unterabteilung aber zählt er als fünftes und
sechstes Stück, indem er sagt v. 10442 ff.:
ich hän vollenbräht ,6 ) daz vunfte stucke,
mit vrouden ie ) ich an daz sehste rucke.
') ey. 2 ) drey. 8 ) frey. 4 ) dy. 8 ) sechse. e ) bescheyden-
jiche suche. 7 ) sey. 8 ) weyp. 9 ) sechs. ,ü ) expiie. n ) Vyl.
an. I2 ) ey. ,s ) dez. u ) ich fehlt. ,ß ) vollenbrocht. I6 ) vreuden.
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94
Die Disposition des ganzen Gedichtes ist demnach mit Ausschluss
der fremden Bestandteile und richtigen Anordnung des über-
lieferten Textes folgende:
Einleitung v. 152 — 212. Absicht des Dichters. Gebet zu Gott
um Beistand. Widmung an Maria.
Teil 1 v. 213 — 561. Salomos Weisheit {Tempelbau zu Jerusalem,
ßichterspruch), Schönheit und Reichtum. Brief an die Tochter
Pharaos. Antwort derselben.
Teil II v. 562 — 1155. Ankunft der Braut am Hole Köllig
Salomos. Gespräche zwischen der Braut, deren Begleiterinnen
und dem Bräutigam. Hochzeitsfeier. Episode mit Mandragora.
Teil III v. 1157 — 12.371, 2*64 — 2304.
lila (IV) v. 1157 — 7161 (mit Ausschluss von 2264—2569).
Einleitung mit Gebet, lj Identificirung Salomos mit Gott. Er-
klärung der drei Namen Salorno, Ididam, Ecclesiastes als Be-
zeichnungen Gottes. Die Weisheit des irdischen und des
himmlischen Salomo (Tempelbau himmlisches Jerusalem,
Richterspruch Gottes Spruch an Maria und Eva). Die
Schönheit beider Salomone und ihr Reichtum. Weitere Ver-
gleichung Salomos und Gottes, v. 2377. 2) Identificirung der
Braut Salomos mit der Jungfrau Maria. Deutung ihres Namens
oleum effusum Auslegung des Briefes, dessen bildliche Lob-
sprüche auf Maria übertragen werden. Die Vorgänge bei der
Ankunft der Braut werden auf Marien Ankunft in die Hölle
gedeutet (Theophilus).
Illb (V) v. 7163- 10442. Einleitung mit Gebet. Identificirung
der Braut mit der Seele. Beschreibung der Seele. Auslegung
der im zweiten Teile aufgeführten Reden der Braut und des
Bräutigams auf den Verkehr zwischen Seele und Gott.
lllc (VI) v. 10443- 12371 u. 2264 — 2304. Einleitung mit
Gebet. Deutung der am Schlüsse des zweiten Teiles erzählten
Vorgänge bei der Hochzeit (Mandragora) auf das Ende der
Welt und das jüngste Gericht (die zwölf Hauptstreite, die
fünfzehn Vorzeichen des Gerichts). Zwiegespräch zwischen
Braut und Bräutigam als Prophezeiungen über die letzten
Dinge. Die fünfzehn Stufen zur Seeligkeit , welche die Seele
ersteigt. Endliche Vereinigung der Seele mit Gott.
Schluss v. 2305 — 2569. Persönliche Bemerkungen des Dichters
über Benützung seiner Hülfsmittel und Abfassungszeit. Lob
der Jungfrau Maria. Gebet. Auslegung des Amen.
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95_
§ 7.
Selbständigkeit und Quellen.
Brun von Schonebeck, ein Laie, ist bei der Abfassung seines
geistlichen Gedichtes natürlich nicht völlig selbständig verfahren,
sondern hat aus theologischen Quellen geschöpft. Die häufigen
formelhaften Berufungen auf schriftliche und mündliche Quellen
sind bereits oben Seite 70 zusammengestellt worden. Bisweilen
wird die entsprechende Stelle der lateinischen Quelle direct im
Wortlaut, jedoch ohne Angabe des Autors dem Gedichte eingefügt
(6116. 6830. 11639. 11669). Eine einheitliche lateinische Vorlage
jedoch hat der Dichter sicher nicht benützt, wie sich aus der ganzen
Anlage des Gedichtes ergiebt und wie es auch aus seinen eigenen
Worten deutlich hervorgeht (s. Seite 70). Die dreifache Aus-
legung der sponsa Salomonis als Maria, Seele und Kirche, wie sie
uns erst aus späteren Bearbeitungen des Hohen Liedes entgegen-
tritt, hat Schonebeck ohne Zweifel in einem Commentare, der uns
entweder nicht mehr erhalten ist, oder wie viele Commentare des
XII. und XIII. Jahrhunderts noch irgendwo handschriftlich
existirt 1 ), kennen gelernt. Aus einem solchen lateinischen Com-
mentare hat Schone beck das Prinzip seiner Auslegung entlehnt, die
Ausführung selbst ist zum Teil eine selbständige.
Original ist vor allem die Episirung des Stoffes, die willkür-
liche Anordnung der einzelnen Bestandteile des Hohen Liedes.
Selbständige Erfindung ist die Form des Briefes, in welchem die
Lobpreisungen der sponsa Salomonis wohlgeordnet untergebracht
werden, selbständig ist die Hinzufügung andrer bildlicher Be-
zeichnungen der Beata virgo. Selbständig ist ferner die Ein-
führung des Boten und dessen Gespräch mit der Braut. 2 ) Eigne
Zusätze finden sich bei Schilderung der Rückkehr des Boten und
bei Beschreibung der Hochzeit. Freie Erfindung endlich ist die
Einführung der Königstochter Mandragora a ), deren Namen der
Dichter aus cant. 7, 13 entlehnte: mandragorae nostrae dederunt
odorem in portis.
Die Selbständigkeit des Dichters erstreckt sich nicht in
gleicher Weise auf den auslegenden Teil des Gedichtes. Hier folgt
er durchaus der traditionellen, symbolischen und allegorischen Er-
M Cfr. das Verzeichnis der Commentatoren des Hohen Liedes bei Pitra,
spicilegium Solesmense III p. 1(V7.
*) Der Bote Fortitudo wird auf den Engel (Tabriel gedeutet, cfr. 2268.
Gabriel genant fortitudo.
3 ) Mandragora wird als der Antichrist gedeutet v. 10MJ3.
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96
klärung der biblischen Ausdrücke, wie sie damals, freilich mit
manchen Variationen, gleichsam zum kirchlichen Dogma geworden
und in vielen Handbüchern schriftlich fixirt war. Auch in der
Einzelauslegung der bildlichen Sprache des Hohen Liedes ist
Schonebeck nicht einer einzelnen bestimmten Quelle gefolgt, sondern
er hat sich hier und da das für seine Zwecke Geeignete mühsam
zusammengesucht. Am Ende seines Gedichtes redet Brun aus-
drücklich von diesem seinem eclectischen Verfahren und vergleicht
seine Tätigkeit mit der eines Spürhundes, v. 2305 fF. erwähnt er
als Gewährsmann für die von ihm eben vorgetragene Begründung
der Zuteilung einer besonderen Eigenschaft an jede der drei gött-
lichen Personen einen Heinrich von Huxere 1 ), Barfussbruder,
Prediger und Lesemeister zu Magdeburg, und versichert, dass ihm
von keiner Seite mehr zu dem Buche zu Hülfe gegebeu worden sei;
er sagt:
dang habe des heldes 2 ) niunt,
der mir die 3 ) rede tet kunt:
iz was 4 ) Heinrich von Huxere 5 ),
ein barvüzbruder 6 ) und predigere
und lesemeister ze 7 ) Aleideburg ;
von wisheit*) ist sin 9 ) lob so kurg.
ich swere iz Iü ) üch wol ture 11 ),
daz mir ni wart me zu sture 1 -)
gcgebin zu desim buche;
ich häu gevarn mit der suche JS ),
so eiu leitehunt nach 14 ) dem spore,
biz 16 ) ichz brähte her vore
daz mines 16 ) rede ebene quam,
daz ich gar üz dem buche nam.
>i ich hän dar umme") pine gedolt
also ein schif daz verre holt
sines hirren ,8 ) brot und spise
Für den ersten Teil seiner Auslegung Standern dem Dichter
lateinische, zum Gebrauch für Geistliche verfasste, meist alphabetisch
geordnete Compendien über Mariensymbolik zu Gebote. Wie zahl-
reich die Schriften über diesen Gegenstand waren, welche meist
den Titel ,de laudibus Beatae virginis' führten, ist aus den Ver-
zeichnissen in den Sammelwerken des Hippolytus Marraccius,
bibliotheca Mariana (Rom 1648) und polvanthea Mariana (Cöln 1684)
zu ersehen.
») Höxter. Der Name ist sonst nicht nachgewiesen. 8 ) dez heldez.
•) dy. 4 ) waz. 6 ) huxere. 6 ) barwz. "') lezemeyster czu. •) weys-
heyt. 9 ) seyn. 10 ) swerez is. n ) euch. ture. lJ ) steure. 13 ) suche.
u ) noch. ,6 ) Bys. 10 ) meyner. ,7 ) vme. lR ) hyrre. 19 ) speyse.
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97
In dem zuletzt genannten Buche des Marraccius werden alpha-
betisch für jedes Wort die symbolischen Auslegungen der früheren
Theologen mit Angabe der Autoren registrirt. Es finden sich unter
diesen manche Anklänge an die Auslegungen Bruns, doch lässt
sich daraus die Benützung einer bestimmten Quelle nicht erweisen.
Ebensowenig Nutzen für diesen Zweck bietet ein um die Mitte des
XIII. Jahrhunderts verfasstes grosses Sammelwerk ,de laudibus
beatae Mariae virginis', das dem Albertus Magnus oder dem Richardus
de sct Laurentio zugeschrieben wird. Hierin werden ebenfalls alle
symbolischen Bezeichnungen der heiligen Jungfrau aufgeführt und
dafür die verschiedensten Begründungen und Ausführungen mit
,aliter* an einander gereiht. — Auch für die übrigen, nicht auf
Maria bezüglichen Auflegungen der Bibelworte hat Schonebeck
theologische Hülfsmittel benützt, wie sie in grosser Anzahl ver-
breitet waren. Ein Verzeichnis der Autoren, welche die formulae
symbolicae behandelt haben (deren Werke zum grossen Teile noch
ungedruckt sind), giebt Pitra im spicilegium Solesmense tom. III
p. LXXXI. Es sind meist Elucidarien zur heiligen Schrift, nach
sachlichen Kategorien oder alphabetisch geordnet, welche mit
grösseren oder geringeren Abweichungen einer aus dem anderen
geschöpft haben. In dem varius veterum commentarius, den Pitra
fortlaufend seiner Ausgabe der ältesten symbolischen Erläuterungs-
schrift, der clavis Melitonis, beifugt, fanden sich erklärlicher Weise
manche mit Schonebeck mehr oder minder übereinstimmende Züge»
doch Hess sich auch hier keine bestimmte Quelle ermitteln, welche
er durchweg gebraucht hätte, 1 ) Die Benutzung einer oder mehrerer
dogmatischer lateinischer Schriften geht aus wörtlichen Anführungen
hervor wie v. 2031: propter Septem causas Maria fuit desponsata
Joseph, worauf in acht (!) mit ut oder ne beginnenden Sätzen die
') Fast wörtliche Übereinstimmungen konnte ich an folgenden Stellen
constatiren. 11468: nue merke vyl stolczir jungeling An der noz dreyerley
ding Dy hulze den kern dy schal Drey ding hatte got myt der wal Och an
ym • vleysch • beyn • sele; Alanus oculus sive summa (Pitra spie, solesm. II
p. 378): nux tria habet in se, putamen exterius, testam, nucleum — nux etiam
dici solet Christus, quia in Christo fuit corpus, anima, divinitas. 4315 ff. : des
Vaters Weisheit hat den Garten (Marien Leib) behütet vor des Teufels Gewalt,
des Sohnes Weisheit „vor des leydigen tubels trogenheyt Des vyl heyligen
geystes gute Vor der slangen bosheyt in behüte"; Richardus a. S. Laur. de
laudd. setae virg. Mariae lib. XII: hortus conclusus a tota beata tri ni täte, quia
potentia patris munivit virginem contra Diaboli violentiam, sapientia fillii
contra fraudolentiam Diaboli, bonitas Spiritus saneti contra eiusdem malitiam
(Marraccius polyanth. Mar. 8. v. hortus). 12035 ff. von dreierlei Küssen; Petrus
Capuanus ad litt. XIV art. 10 (Pitra spiciL solesm. III 137). 11670 ff. die Aus-
Fischer, Bruns von Schönebeck hohes Lied. 7
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98
Gründe dafür angeführt werden; v. 6116 von der Erhöhung Mariae:
exaltata est super humanam naturam, super communem nostrae
damnationis summam, super potestatem diaboli, super divinam
iustitiam, super sanctorum gloriain, super dignitatem angelicam,
super omnem creaturam; v. 6827: triplex est casus angelorum,
proprii defectus inconsideratio, proprii decoris reciprocus aspectus
et perversus celsitudinis appetitus.
In den vom Dichter der Auslegung eingeschalteten Erzählungen
besteht die Selbständigkeit desselben nicht in der Erfindung, sondern
nur in der freien Gestaltung der bekannten Stoffe. In der Er-
zählung vom Juden und dem Kreuzeszeichen (9831 — 9872) sagt
Schonebeck ausdrücklich v. 9835: ich enhän iz niht irtrahtet. Die
Fabel von der Affin und ihrem Jungen ist aus Awianus (fab. XIV),
die vom hnngernden Fuchse findet sich im Physiologus (vgl. Hoff-
mann Fundgruben I 31, v. Karajan deutsche Sprachdenkin. de«
XII. Jhrh. S. 93. Vgl. auch Conrad von Megenberg hrsg. v. Frz.
Pfeiffer S. 163). Die Fassung der Theophilussage bei Brun
(6453 — 6586) weicht nach der Untersuchung von E. Sommer (de
Theophili foedere, Halle 1844, woselbst Seite 35 ein kurzer Auszug
aus unserer Erzählung gegeben wird) von den früheren Darstellern
derselben dadurch besonders ab, dass Schonebeck allein erzählt,
auf welche Weise dem Teufel der Brief entrissen wurde. Dass die
Sage zur Zeit Bruns allgemein bekannt gewesen sein muss, beweisen
v. 6457 u. f.: wie iz dar wäre komen daz hät ir äne mich vor-
nomen. Gelegentlich der Beschreibung des Bettes Salomos (cant.
3, 9. 10) fügt Schonebeck einen selbständigen Abschnitt ein. Er
erzählt v. 265 ff., dass um das Bett zwölf Steine standen und an
der entsprechenden Stelle der Auslegung v. 1654 — 1893 giebt er
einen ausführlichen Commentar der Eigenschaften und Kräfte dieser
Steine, deren Namen er vorher nur genannt hatte. Es sind die
zwölf Edelsteine smaragdus, carbunculus, saphirus, thopacius, jaspis,
amatistus, jacinctus, celidonius, crisolitus, cristallus, sardius, onychillus.
Die Zwölfzahl entspricht der Erzählung Exod. 28, 17—20; Zahl
und Namen scheinen mittelbar auf Apocal. 21, 19. 20 (himmlisches
Jerusalem) zurückzuführen, wo jedoch anstatt der drei Steine car-
bunculus, cristallus und onychillus der sardonix, beryllus und Chry-
sopras genannt werden. Die Auslegung dieser Edelsteine läuft bei
führung von Joh. 14, 5 ,via veritas vita' stimmt ziemlich genau zu Diatinctiones
monastic. lib. V de via (Pitra a. a. 0 II 134 b .) — Wörtlich eingefügte Oitate
aus derartigen Erläuterungsschriften finden sich v. 11639 (zu cant. 8, 9): tria
considerantur in muro, de multis lapidibus fit, eives munit, hostes ezpellit.
v. 11669: in ostio tria considerantur videlicet introitus, exitus et via per medium.
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99
Schonebeck, wie es dem Plane seines Werkes entspricht, auf die
mariologische Symbolik hinaus, welche mit der naturgeschichtlich-
medicinischen verbunden wird. Zunächst spricht der Dichter bei
jedem Steine von seinen natürlichen Eigenschaften, seinen medizi-
nischen und magischen Kräften, welche er sodann auf bestimmte
Tugenden der heiligen Jungfrau überträgt. Auch in dieser Art
der Steinsymbolik hat Schonebeck Vorläufer gehabt. Schon im
XII. Jahrhundert erscheint diese Richtung in dem niederrhein.
Frauenlob und teilweise in anderen Dichtungen, besonders in Hein-
richs von Mügeln tum. 1 ) Wir werden auch für diesen Teil des
Gedichtes eine lateinische Quelle anzunehmen haben. Die bekannteren
Lapidarien des Marbod, Arnoldus Saxo, Albertus Magnus, Thomas
Cantimpratensis, sowie den betreffenden Abschnitt des Isidorus hat
Schonebeck nicht direct benützt, obgleich sich natürlich viele gleiche
oder ähnliche Züge wiederfinden. Endlich flicht Schonebeck seinem
Gedichte nach v. 10911 ein lateinisches aus 15 vierzeiligen Strophen
bestehendes Gedicht über die fünfzehn Vorzeichen des jüngsten
Gerichts ein, das er dem heil. Hieronymus zuschreibt (abgedruckt
von E. Sommer in Haupt Zeitschr. f d. Alt. III S. 523 ff.). Georg .
Nolle zog dasselbe in seiner Abhandlung ,dic Legende von den
15 Zeichen vor dem jüngsten Gerichte Halle 1879, in den Kreis
seiner vergleichenden Untersuchung der verschiedenen Darstellungen
dieser Legende und fand (a. a. O. Seite 16), dass Brun in Bezug
auf Anordnung und Art seiner Zeichen dem Petrus Comestor
(bistoria evangelica cap. CXL1 de signis quindecim dierum ante
iudicium) sehr nahe steht, in vielen Ausdrücken sich sogar genau
an diesen anlehnt.
') Cfr. Lambel, das Steinbuch, ein altdeutsches Gedicht von Volmar.
S. XXXII. 128 ff.
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§ 8.
Proben.
L
Prolog.
(Hs. 153-212).
Insectatur dulcia replebitur egestate.
uns hat gesaget alsus
ein buch daz heizit ecclesiasticus
wer dä volgit der ledekeit
5 der kumpt is io in erbeit.
ledikeit ist allir schandin ort,
ledikeit machet sunde und mort,
ledikeit hat unselde genüch,
ledikeit irweckit gotis vlüch,
10 ledikeit swachit mannes jogunt,
ledikeit leschet alle togunt,
ledikeit brenget [die man] in armüt.
ledikeit ist ze nihte gut,
ledikeit krenkit mannes sinne
15 und tribit in üf valsche minne,
die gote und im ist wedirzeme;
und vil dinge ungeneme
s int komen von der ledekeit.
ledikeit in der jogunt und träkeit
20 diu zwei tragen der sunden last;
iz enwart nie herze so vast,
wer iz ouch herter den ein stein,
und hede iz deser zweier ein,
iz enmüste eteswenne wanken.
1. Prov. Sal. 28, 19. 2. alzus. am Rande: Negleccio ociantis. 3. heysii
5. iz yo. 8. genuch. 10. manes. 12. de. armut. 13. czu. 14. krenckit
manes syne. 15. treybit eyn. myne. 17. an vyl dinge. 19. trockeit. 20. dy
czwey. 21. Is. nye h'cze. 22. ys. ey. 23. hette ys dezer. 24. enmuste
etteswenne wancken.
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101
durh daz ich trakeit von gedanken
und ledikeit scheide von minem sin,
so hän ieh üf nüwez begin
min herze abir gar bewegen.
5 ir güden werfet nüwen segen
mir hin obir mine hecke:
bittet daz ich Brun von Schonebecke
müze leben gar sundir klage.
gan mir got so vil der tage,
10 so wil ich manen einen brib,
der heizit lib obir üb
und lob obir allem lobe,
sus ist sin name gestegen obe;
den teil ich an drei stucke,
15 gibit mir got daz gelucke,
an dem die gewalt allez leit,
der lebin und sterbin geit.
daz vinster und daz liht,
waz immer gudes geschiht
20 daz kumpt gar von siner güde.
nu gib mir wislich gemüde,
du dristrenge endelose reif,
den noch nie maze obirgreif
an der breite noch an der lenge,
25 an der wite noch an der enge;
wie man wil so ist io diu m&z.
sint din hülfe ist snel und niht laz,
so ensaltu mich niht läzen,
du salt mich mit wisheit vazzen,
30 so daz ich brenne uf ein güdez ende
min begin sundir missewende,
daz ich ir ze dinste gebe,
an der hoffenunge ich lebe,
die din tohtir und din müder ist,
1. trakeit fehlt. 2. meyne syn. 3. begyn. 4. meyn h'cze. 5. gute.
6. meyne heke. Am Rande: der getichtet hat dis buch. 7. brun. schone-
beke. 8. müsse. 9. zo. 10. eyne bryf. 11. heysset lyp. lyb. 13 seyn.
e e
oben. 14. stucke. 16. dy. 19. gutes geschit. 20. kumyt. seyner gute.
« e
21. weyslich gemuete. 22. endeloze. 25. weyte. 26. wy. dey. 27. dyn
29. weysheit vazen. 30. ey gutes. 31. mey begeyn. 32. czu. 33. hoffenuge.
34. dye deyn. mut.'
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102
da ir vader und son bist.
des hilf mir du vil reiner,
du drier und du einer. Amen.
II.
Hs. 2878—3109.
Oculi tut sicut piscinae in Esebon in
6 porta fiUae multitudinis.
als ein vischteich in Esebon,
trut herzelibez vrouwelin,
din ougen gar geschaffen sin.
gerne woste ich diser werte side,
10 waz Salomon hie meinde mide.
ich sagete iz wol ab ich solde
und och ab ich iz tun wolde,
künde ich dar undir mich bewarn,
daz mir iht geschege als dem arn,
15 der do kegen der sonnen kriget,
wen her also ho gestiget,
daz her vorbrionet gevider und sas,
daz im ze vligen gegebin was,
ab her danne darnach sider
20 zu der erden vellit nider;
sehet daz ist niht wunder,
ditz vorhte ich tumber man besunder,
wen ich mich unvordohte hän
und eine rede genomen an,
25 die obir minen sin stiget;
ab mir die rede hi entsiget,
so wurde ich lihte der lüde spot.
nein du solt helfen herre got
sint dine hülfe ist bereit
30 allen creatüren so man seit:
so gip mir wislichen sin,
wen ich och dine creatüre bin,
daz ich ditz üf ein ende jage
1. Tat 7 . 3. dreyer. 4. Cant. 7, 4. Ocli. piscine i esebon f. 5. fiHe
moltitudinis. 6. alzo 7. herteze lybez vrowelyn. 9. syte. 10. hy
meynte myte. 11. sagethe. 14. alz. 16. alzo. 18. czu. waz. 19. dornach.
22. Dys. 25. Dy. meynen syn do. 26. Ob myr dy. 27. leute. 30. creature.
33. dys vf.
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10S
so daz iz den luden behage
und sie da von ze herzen komen.
ich sage also ioh han vornomen,
des han ich mich gar verwegen.
6 seht irst wes diu ougen pflegen,
merket ir ampt und ir art,
so wizzit ir wo ir sit gekart.
diu ougen sint durh daz gegeben
dem menschen daz siu sin leben
10 bewaren daz von irm gesihte
der lip sich vorsere an ihte.
mit den ougen si wir vorladen,
von den ougen kumpt vil schaden,
also ich üch bescheiden wil
15 rehte och an desim [seibin] zil.
der andirn rede wil ich vordagen,
von den ougen wil ich sagen,
git mir got so lange vrist.
ioh sage daz drirlei ouge ist,
20 da mit alle die werlt ist besezzen.
Johannes hät des niht vorgezzen,
do her an sinem offenbaren brif
ditz mere uns aliensamen sohrif:
omne quod est in mundo aut est concu-
25 piscentia oculorwn aut concupiscentia
carnis aut superbia vitae.
daz irste ouge nennet min zunge:
daz ist des herzen begerunge.
daz andir ist die unküscheit,
30 die sere anvihtet so man seit
uns und alle die werlt gemeine,
her si junc alt adir kleine.
1. ys den leuten. 2. sy davon czu. 3. alzo. 4. Dez. Verwegen.
5. Seth yrst wez dy. 6. Mercket. 7. wysset. seyt. In der nächsten Zeile
die Überschrift: von der ougen art vnd von dryerley ougen. 8. Dy. 9. sy
seyn. 11. leyp. vor sere. 12. sey wyr. 14. alzo ich euch allen. 15. ouoh.
18. zo. 19. dreyerley. 20. myte alle dy. iz besezsen. 21. Jones, dez.
vogessen. 22. seynen. bryef. 23. Dyz. allenzame schreyf. 24. 1. Joh. 2,
16. ome q. e. müdo. a\ gcupiscecia. 25. oclo^ 9cupiscencia. 26. supbia
vite. 27. nenet meyn. 28. dez. 29. andir ouge. dy vnkeuscheyt. 30. Dy.
31. dy.
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104
daz dritte ist die kundekeit,
di die kröne vor den andirn treit.
der bekorunge ouge hede Evä
do si den vorboten apfel az sä,
5 der so strenge süze lost
brahte undir ires herzen brost,
davon sie quam in erbeit,
also die sohrift des büches seit:
intravit mors per fenestras nostras.
10 seht ditz ist diser worte sin:
der tot quam ze unsin venstern in.
daz ouge der unküseheit so man quid
hede der hoe koning David,
do her irsach vroun Bathsebe,
15 dä von Urias quam an den re.
ich wene iz von den selben ougeu was,
da von Job schribet als ich las:
oculus metts deperdatus est animam meam
min ouge hat niine sele beroubet.
20 daz dritte ouge hat dez geloubet
koning Nabuchodonosor so man seit,
ich meine daz ouge der kundekeit,
do her die grözen ßäbilönjen sach,
dä von sin stolzez herze brach
25 sich gar an die hochvertikeit.
Nabuchodonosor bezeich ent so man seit
den tübel der an sich selben sach
so gröze 8ch6nde dä von her jach:
ponam sedem meam ad aquilonem et
30 similis ero altissimo.
ich wil nach gotlichim orden
minen stül setzen an daz norden
und wil dem hosten werden glich.
1. ouge ist dy. 2. andryn. 3. hatte eva. 4. sy. 6. yrez. 7. sy
qwam. 8. alzo dy. dez. 9. Jerem. 9, 21. p. nräs. 10. seth dys. dyser
selben. 11. qwam czu unszn. 12. unkuscheyt. spricht. 18. hatte, konig
dauid. 14 vrawen bersabe (sie!). 15. vrias qwam. 16. ys. waz. 17. schreybet
alzo. laz. 18. Hiob 29, 24 (?) oculos depdatus alaz. 19. meyn. meyne.
20. gloubet. 21. konyg n. 23. dy grossen. 24. Do von seyn. 25. dy.
26. beezichent zo. 27. tevuel. salb in. 28. Alzo. do. 29. Ponä. aquilone.
32. Meynen. 33. hoesten.
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105
davon seht so sprach ein wenich
her Esichiel dese wort,
ab ich rehte han gehört:
quomodo cecidisti Lucifer qui mane
5 oriebaris.
wie vilestu Lucifer äne not,
da du üf drungest als ein morgenrot;
gotes inBegel daz trüges du,
nu bistu wirs geschaffen den ein hü.
10 wo ist der spehen varben glänz?
din houbet treit der schänden kränz.
werestu armer blint gewesen,
so werest du mit gote wol genesen.
daz du bist komen an desin kric, "
15 sich daz tet diner ougen blic.
sint von den ougen ist komen
sulch val also ir hat vornomen,
so sult ir got vlehen tougen.
däz her üch behüde vor desen ougen,
20 also tet koning David
an dem salmen da her quid:
irlühte mit dinem schine
illumina oculos meos ne umquam obdor-
miam in morte.
25 got hirre diu ougen mine,
so daz ich an der sunde bröde
nimmer entslafe an dem töde.
von dren bösen ougen hin ich geseit ;
kegen den hede Marja die meit
andir ougen drü,
ir hirren alle daz sage ich ü.
kegen dem ougen der bösen woliost —
daz dä leit an der gereinten brost —
hede sie daz ouge der küscheit:
1. Do. 2. deze. v. 1 und 2 stehen in einer Zeile. 4. Nicht Ezechiel,
sondern Jes. 14, 12. q. 6. Wy vilez du. 7. Du da. alzo. ,8. Insegel.
9. wyrst. 11. Dey. 13. werst dv. genezen. tet dyner. 17. alzo. 19. euch
behüte vor dezen bozen dren. 20 alzo. 21. spricht. 22. schyne.
23. Psalm 13, 4 Dluia öcls. vmq. 25. dy. meyne. 28. dreyn bozen bozen. gesayt.
29. hatte marie dy mayt. 30 und 31 in einer Zeile. hVen. 32. den.
34. hatte sy.
7
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106
sie was meit-müder so man seit,
kegen dem ougen der bösen ger
so hede sie mit starker wer
daz ouge der leiden armüde,
5 daz seiden herze machet früde.
kegen dem ougen der kundekeit
so ist Marja ein deckekleit,
die alle snnde gar bevilt
und sie ist van allen genäden milt.
10 von den ougen han ich den lüden
genüg geseit, nü wil ich bedüden,
waz da meine daz wort Esebön.
iz hat wundirlichen don.
Esebon ist ein vil türe stat,
15 als Sälomon geschreben hät.
die hät niht wen eine pforte,
daz bescheide ich üch mit worte.
her müz durh der pforten zil,
der üf die bürg komen wil.
20 her müz och wol sin gewaschen
da von stoube und von aschen,
sin lip müz sin vil gar gereinet
in dem vischteiche her meinet;
glichir wi8 also die vische leben
26 des wäges also sol och sweben
sin herze in den treuen tougen,
die rinnen durh gotes ougen.
daz sal her tün durh gotes Ion,
ditz i*8 der vischteich in Esebön,
30 an dem wir sullen waschen
die sele von stoube und von aschen,
also ir wol hät gehört
ich sage von Esebon vort:
1. Sy waz mayt mut\ 2. ouge. bozen. 3. hatte sy. 4. armute.
5. h'cze. frute. 6. den. 7. decke kleyt. 8. Dy. 9. sy. 10. ougen so.
leuten. 11. Gnug gesayt. bedewten. 12. Waz do. 13. Is. 14, vyl
tewer. 15. Alzo. 16. Dy. 17. euch. 18. muz. 19. dy. 20. seyn.
21. vnd och. 22. syn. 23. vischtiche. 24. weys alzo dy. 25. Dez. als
sol ouch. 26. Seyn. 27. Dy. 28. tven. 29. Dys. vyschtich. 31. Dy.
32. Alzo. habit
107
Esebon bezeichent so man seit
uns ein gurtel der trüfheit;
ja ist von irme euren sede
uns die werlt bescheiden dä mede,
6 wen ir süze süret näch.
Ecciesiasticus ditz jach:
extrema gaudii luctus occupat.
von der werlde schribet och alsus
ein vil wiser man, Bernhardus:
10 quid est vita humana nisi temptatio
super terram.
jä ist üf der erdin menschlich leben
niht wen der bekorunge gegeben.
von der werlet schribet och alsus
15 ein vil wiser man, Oracius:
mors ultima linea rerum est.
wie wol wir hi leben äne not,
doch ist unse letzte ie der tot.
niemant vrouwe sich üf toden lip,
20 iz si man meit adir wip.
daz vorbüdet die schrift alsus:
noli sperare in mortum alterius.
Job sprach och also iz is:
replebitur multis miseriis.
26 die pforte von der ich jach
ist die von der Ezechiel sprach:
haec porta clausa erit et non transibit
per eam vir neque leo neque pardus.
dese pforte sal beslozzen stan,
30 durh sie sal kein man in gan
wedir lebehart noch der louwe.
höret wie ich dese rede strouwe:
1. beczichent. 2. trufcheyt. 3. syten. 4. dy werlit. da mete.
6. Eccliasticus der selber. 7. Nicht Sirach, sondern Spr. Sal. 14, 13. 8. schribet.
alzus. 9. b'nhardus. 10. S. ßernh. serm. de div. I 1 u. serm. in psal. qui
habitat V 1 . e. huäna. teptatio. 11. sup t'ram. 14. schreybitp 15, weiser.
16. Hör. epist 1 16, 79. rer±. 18. Dach. 19. Nymant. toten lyp. $0. Is
e
sey. mayt. weyp. 21. verhütet dy. alzus. ß3. alao. ist, 24. repiebit'. 26. Von
der pforten. 26. Daz ist dy pforte von. 27. Ezech. 44« % hec.; e'it &tnon
tnsibit. 28. p. neq. 29. Deze. besiossen. 30. 'fey. 31. lowe. 32l Höre
wy. deze. strowe. • 1 ,'i .»."■ m;
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108
der man bezeichent die unküscheit,
der lebehart den sunder so man seit.
der louwe die hochvartikeit ;
vor den dren die pforte zu steit.
5 wer sal denne komen dö durhV
gene die der sunden vurh
hie mit rouwe hän begozzen,
seht den stet sie unbeslozzen,
die mögen zu der bürg üf gan.
10 merket ir hirren alle san:
wenne die kidel von wazzere wirt,
itslich visch do des todes birt.
also were wir alle vorlorn,
enwere Marja niht geborn
15 uns sundern zu tröste eine.
merket alle wie ichz meine.
wer tröstet uns ab wir sin sech
von sunden und an gnäden blech ?
wer ist der uns kleider maket,
20 ab wir sin von togunden naket ?
wer git uns vor hunger ezzen?
des trankes han ich niht vorgezzen.
wer herberget uns ab wir geste sin ?
wer hegrebit unsis libis schin
25 ab uns der tot untbindet?
ir herren alle daz vindet
ir an den werken der barmheit t
der sint sehse so man seit.
die hede Marja an ir alle,
30 des beriht ich üch äne galle.
wir wären sundig, sie machte uns reine
kegen irme kinde ichz meine.
8i wir och an tugenden blöz,
mit irre genädenrichen schöz
1. beczichent dy. 2. lebehar. 3. lewe beczichent dy. 4. dysen
dryen dy. 7. rowe begussen. 8. sy vor unbeslossen. 9. Dy. 10. sam.
12. Itzlich. 13. alzo. vor lorn. 15. sunder. 16. Mercket. wy. In der
folgenden Zeile: von den seben werken der barmh'czekeyt. 17. trost. synt
sich. 18. bleich. 19. machet. 20. nacket. 21. essen. 22. Dez
tranckez. vor gessen. 23. seyn. 24. vns leybez scheyn. 27. Ir allez.
28. sechxse zo. 29. Dy hatte. 30. Dez. euch. 31. sy. 33. Sy wyrouch.
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109
bedecket sie unser missetat.
sie git uns och vor hunger sat
eres liben kindes vleisch ezzen,
vor den dorst hät sie uns gemezzen
ö eris kindes minniclichez blüt,
daz uns git riches trostes spüt.
ab wir hi durh die gotes werde
niht mögen herbergen üf der erden,
sie herberget uns im hemel dort.
10 sie begrebit unser sunden mort,
so daz ir son niht wil wizzen,
wie vil der tübel üf uns hitzen.
sie ist och hie ein deckekleit,
Marja ein müder der barmheit,
15 erim liben kinde sie uns holdet,
ir güde iz allez obirgoldet,
waz wir irme sone üf erden
hie han getan mit un werden.
seht sie ist ein ouge von art,
20 daz vor leide uns bewart,
und eine pforte, da wir sullen durh,
ab wir wellen üf die rehte vurh,
und ein. decke, die uns vüden sol.
seht so hät Marien gelobet wol
25 der hoch gelobete koning Sälomon
ein vischteich in Esebon.
ra.
Expositio dnodeeim lapidnm.
(Hs. 1655-1893).
Der inte stein der da liget
an dem bette und pfliget
höer werde der ist sus
30 genant zü latin smaragdus.
der ist liht yrüne als ein gras;
1. sy. 2. sy. 3. kyndez vleysch essen. 4. sy vns gemessen.
5. myniclichez. 7. dy. 9. Sy. in. 10. ynf. 11. wyssen. 12. wy.
tevfel vf vns mage 13. Sy. decke kleyt. 14. eyne muter. 15. sy. 16. Yr
gute ist. 19. sy. 20. vns allen. 21. do. 22. dy. 23. dy vns allen
vuten. 24. alzo. marian. 25. konyg. 26. vyschtych in Ezebon. Int'ptäcö,
29. och sus. 30. lateyn Smaragdus. Am Kande: humilitas. 31. alz.
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110
menschlich bilde si schöne adir blas,
her git ie den wedirschin
als ein clär spigel glesin.
her sterket och diu ougen.
5 vor daz vallende obil tougen
ist her nutze und och gut,
her leschet mannes unküschen müt.
sin schin wundirlich gröz birt,
ab her in wine gewaschen wirt
10 und man in mit öle bestrichet.
deser stein der ötmüde sich glichet;
die ist vor daz vallende obil gut,
daz den menschen vallen tut,
daz ist die höchvertige kundikeit
16 durh daz ist her an daz bette geleit.
deser türe stein durh wunder
bezeichent Marjen besunder,
die an irre ötmüde was
ie volkomen als ich las.
20 Der andir stein git türen schin,
der heizet karbunkel und robin.
derselbe stein zweinamic is,
daz ist sicher und gewis.
her bezeichent die zweivaldige libe,
25 die got selber schreib au dem bribe:
(durch waz solde ich iz vristen)
got und dinen ebenkristen
salt du ze aller zit liben.
daz steit innen an dem bribe.
30 der stein brinnet als ein vür,
iz si tag adir nahtschür.
her irlühtet daz ist gewisse
alle die vinsternisse.
Marja unse vinsternisse gar
1. sey. 2. wedirscheyn. 3. alzo eyn. 4. dy ogeu. 6. It. 7. mSnes
c
vnkuschen. 8. Seyn scheyn. 9. weyne. 11. othmute. 12. Dy. 13. Der.
vbel. 14. iz dy. 16. toure. 17. Der. 18. Dy. otmute waz. 19. vollen-
0 t
komen alz. laz. 20. and'ry (durchstrichen) andir. turen scheyn. 21. robyn.
22. ist. 23. iz. vnd och gewiz. 24. beczichent. 25. Dy. schreyf. bryfe.
26. wez. iz. 28. Zalt. czu aller czeyt. 29. dem ynen bryfe. 30. brynet
alzo eyn vewer. 31. Is sey. schewer. 33. dy.
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f
111
#
irlühtet daz wir werden clär
und geben also lihten schin,
also der türe stein robin.
daran zwivel üwer dekein.
5 durh daz hän ich desen stein
an Sälomonis bette geleit.
Der dritte stein, so man seit,
ist uds genennet säphirus.
des varwe ist gestellet aus:
10 (daz ist mit der wärheit war)
sin schin der ist hemelvar.
her sterket genen der in treit
und hat togunt vil so man seit.
her leschet innewennige hitze,
15 daz iht der lip üz wennig switze.
her vortribet därzu die swulst gar
und machet bose ougen dar.
her benimpt den wetagen dem houbet
und ist gut daz geloubet
20 kegen der bösen zungen suche,
daz sie mit Worten iht üzstrüche.
bi desem steine uns bescheiden is
die vridesamkeit daz ist gewis,
die stüret der ubiln zungen
•25 beide an alden und an jungen.
vridesamkeit leschet och untogunt.
vride8am was Marja an ir jogunt
und bleip biz an ir jungestez ende.
seht durh daz ich Sälomöne sende
30 desen türen stein an sin bette.
Durh daz ich üch nöde lette,
so sage ich von dem virden steine sus,
der ist uns genant topacius
1. von sunde. 2. alzo. scheyn. 3. alzo. tevre. 4. czweyfel vewer
der keyn. 6. konyges salomöes. 7. Folgende Zeile: von dem saphire vnd
von seyner natu'e. 8. Am Rande : pax. 9. Dez varbe. 11. Seyn scheyn.
12. Sterken. 14. ynewenyge. 15. leyp icht. 16. vortreybet dor. dy swlst.
17. boze. 18. wetage dem houbt. 19. dez gloubt. 20. seuche. 21. fy.
Worten vz struche. 22. ßey. 28. vrydsamkeit. 24. Dy stevren. 25. iugen.
27. waz. yrre. 28. bleybit bys. Jügestes. 29. sehet. 30. tevren. seyn.
31. euch note. Darunter: von deme Thopacio. 38. Am Rande: karitas.
112
und hat goldvar blicke.
wer in ansihet dicke,
dem vorkeret her sin antlitze
beide an varwen und an glitze.
5 der selbe stein sus ungehüre
ist och gar von kalder natüre,
der suche gut daz ist gewis,
die emorroides genant is.
daz wizzen die erzte wol.
10 sint ich abir vorbaz sprechen sol:
der stein hezeichent die küscheit,
die an Marien ist geleit.
ketzern vorkerit sie ir antlitze
an varwen und an glitze,
15 die da daz gelouben niht
daz man uns von Marien spricht,
daz sie meit und och müder si.
deser stein dem bette na leit bi.
Der fumfte stein der an dem bette is
20 der ist grüne und heizet jaspis.
man vindet och wol grawe
geschaffen andirlei an der varwe,
der ist abir so türe niht.
desem stein man hoer werde giht.
26 her ist güt als ichz vorsta
vor ein ding geheizen fantasiä.
an dem släfe iz die lüde irret,
vil manchem menschen daz wirret.
her vromet vor die hitze an dem büche
30 und ist gut widir die wazzersüche.
her ist den wiben güt umme gegort,
diu genesen suln kindes gebort.
der stein bezeichent den gelouben,
1. hot golt var. 2. syhet icht. 3. seyn. 4. varben. 5. alzus-
vngehure. 6. nature. 7. seuche ist. 8. Dye morroydez. 9. wyssen dy
ertzte. 11. dy kuscheyt. 12. Dy. 13. Den. sy. 14. varben. glitzeo.
15. Dy do dez. 16. Dez. 17. sy mayt. muter sey. 18. bey. Folgende
Zeile: von dem yaspis. 20. ist och. heysset yaspeys. 21. vint. 23. ture.
24. Deser var. 25. alzo ichs. 27. slaffe iz dy leute hindert vnd yrret
29. dy. dy wasser suche. 31. weyben gut vme. 32. Dy da. 33. geloben.
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113
man welle mich der sinne ronben.
her ist gut vor die nahttrugene
die der tübel brengit mit lugene.
der stein bezeiohent wol Marien
ö vor allir missetat die vrien,
wen sie gar geloubig was
reht als ich an dem buche las.
wen du geioubist, du bist selich;
Marja daz läze ich an dich.
10 der stein daz bette durchftöret.
Des sehsten Steines namen höret:
der heizet amatistus vor wär,
sin varwe ist violvar.
von siner natüre wil ich sagen,
15 jä solden in die trenker tragen,
so wurden sie nimmer trinken,
die nü von obrigem tränke stinken.
der stein bezeichent die maze,
ich enruohe wer da wedir kratze.
20 ich wil in dä Marien geben:
nach rehter maze stünt ir leben.
sint vrou Maze ziret alle ding,
als die erde den hemelischen ring;
so ziret och nach minem wette
25 desir stein Salomönis bette.
Den sibinden stein tun ioh bekannt,
der ist uns jacmctus genant,
hornichsprenget purpurvar
in allenthalben hi und dar.
30 den mag man niht, als ich iz las,
gewinnen wen mit adamas.
wer in och leget an den munt,
der nimpt in kalder üz zer stunt.
1. synne. 2. für dy nacht trugen e. 8. Dy der tevbel. 4. beczichent.
5. dy. 6. sy gar glevbig waz. 7. alzo. laz. 8. gleubist. 9. Folgende
Zeile: von dem amatisto Temperancia. lt. Dez. 13. Seyne varbe. 14 seyner.
sage. 15. dy trencker. 16. sy nymer trinoken. 17. Dy no. obyregem
trancke stincken. 18. beczichent dy. 19. kraze. 22. vrawe. 23. also
dy. 24. och wol noch meynem. 25. Folgende Zeile: von deme Jacinoto.
26. tun ich euoh. 27. iacinctg. 28. hornyoh sprenget. 80. alz ich ez
laz. 31. gewynne. 82. ey. 33. czur.
Fischer, Bruns von Schönebeck höhet Lied. 8
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114
her git im kraft, der in da treit
und benimpt trufheit sö man seit,
und darzü allen bösen wän.
ze desim steine bescheide ich sän
5 eine togunt die heizet sterke,
beide wip und man iz merke.
Marja was an erim gelouben stark
(die schrift mir daz niht vorbark),
wen sie geloubete daz wol,
10 sint ich die warheit sprechin sol,
daz alle ding gote mogelich weren:
stark herze lezet sich niht vorveren.
ditz bette wol mit kreften birt,
wen desir stein daran gelegit wirt.
15 Der ahte stein heizet 'celidonius,
von siner natüre genant alsus.
den Tint man in der swalwen houbet.
siner varwen siht, geloubet,
ist bi wilen swarz bi wilen rot.
20 her benimpt der toben suht ir not.
her ist och kegen der hitze gut
und benimpt dem menschen bosez blüt.
wen man in weschet in wazzere tougen
so ist her gut den bosin ougen.
25 den stein bescheide ich öoh sä
einer togunt geheizen prudentiä,
daz 8prichit ze duze wisheit,
und is gut vor tobhett.
also der stein leit in dem houbet,
30 so tut die wisheit, daz geloubet.
waz den ist der stein niht gröz,
Marja wirt doch hi sin genöz,
wen an sie ist gar geleit
1. gebit. 3. dor czu. bozen wayn. 4. czu. sayn. 5. togüt dy heysset
6. weyp. 7. waz. 8. Dy. dez. 9. Sy. dez. 10. dy worheyt
12. leyzet. vornere! 13. Dys. 14. dran. Folgende Zeile: von dem steyne
Oelidonio. Prudencia. 15. heyset Celidonius. 16. seyner natue. alzui.
17. yyndet. swalwe. 18. Seyner varben sich gleubet. 19. bey weylen swarte
bey weylen. 22. boze. 23. wassere togen. 26. geheusen prudencis.
27. czu devoze weysheyt 29. alzo. houbt. 30. Alzo tut dy weysheyt dez
geleubt. 32. och hy seyn. 38. sy.
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115
9 des heiligen geistes wisheit.
der stein daz bette durhschönit.
Den nünden stein min togunt kronit,
der ist geheizen crysolttus,
5 den namen gab im der meister aus.
her ist nach dem golde gare
gestalt und nach wahses vare.
desen stein alsns genant
vint man in der more lant.
10 her ist gut vor nahttroume.
desin stein glich ich sundir goume
einer selde die heizet benignitas,
seht daz sprichit als ich las
ze düze die lütsßlikeit,
15 die gar was an Marien geleit.
seht wie gut doh ein ding wäre,
ab iz der lütselikeit enpäre,
sin schone wäre nihtisniht.
durh daz hän ich gar beriht
20 ditz bette mit desim steine.
Der zende stein dar und reine
der ist uns reht alsns
genant in latine cristallus.
den vint man verre niht na
25 in dem lande India.
sine varwe ist wazzervar,
her machet trübe ongen dar.
der milten wewen tüt her vrut
und ist vor daz hdrasp&n gut,
30 daz wizze der aide und der junge.
her bezeichent die hoffenunge,
die da horaapet an dem hemil,
wie doch die erde si ir schemil.
Marjä was hoffenunge vol;
1. Dez. weysheyt. 2. durch schonit. 8. nevnden. myn togut. Folgende
Zeile: von dem Grisolito Benignitas. 4. geheyssen. 8. alzus. 9. Den.
11. sten gldch. 12. dy heysset. 13. alzo ich laz. 14. Czu devoxe dye
levteeKkeyt. 15. Dy. waz. 16. Sehet wy. 17. is. leutselikeyt. 18. Seyne.
20. Diz. 21. Folgende Zeile: von dem Gristallo Spes. 26. Seyne varbe.
wasser. 27. trübe. 28. er vrut. 30. wyse. aide der Junge. 31. dy
hoffenuge. 33. Wy. dy. sey. 34. waz hofenuge.
8
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116
eia wie desir stein ziren sol
daz bette koning Salomonis,
wen her vil schone and tare is.
Sardius heizet der elfte stein
5 and ist der zweifer steine ein,
die got.darh sine hoe last
hiz hengen an der pristere brüst
her ist glich rotir erde
and hät an im vil hoer werde.
10 der stein bezeiohent den horsam;
her 8i ro wilde adir zam
her sal e gehorsam sin
and gedenken an gotes pin.
«lesen stein glich ich der reinen,
15 die mir trüwe sal irscheinen,
die mich dort sal vrien,
ich meine die reine meit Marien,
die sol koniges bette ort
Salomonis ziren hi und dort
20 Der zweifle stein heizet onycküUu,
dem der meister gab dem namen sus.
sin geschepfede ist mir wol bekant,
als der nagel üz menschen hant
beide röt and wiz gevar
25 andirsprenget hl and dar.
wil ich der wärheit rehte ton,
man vint in in dem wazser Physön,
daz üz dem paradise rinnet,
ab sich min müt mit witze vorsinnet,
30 so bezeichent sin varwe and sin name
die togant die da heizit schäme,
die ob allen togunden kröne treit:
die was an Marien gar geleit
1. wy. 8. tever. Folgende Zeile: von dem steyne Sardias obediencis.
4. de heyset. 5. czwelffer steyn. 6. Dy. seyne. 7. hyes. 10. beczichent
den horzam. 11. sey. 12. seyn. 13. unde. peyn. 14. gleich ich. 15. Dy.
trowe. 16. Dy. vreyen. 17. dy reyne mayt. 18. Dy. 19. Folgende
Zeile: von dem steyne Onychillus. 21. meyst' den name. 22. Seyn ge-
scheppfhede. 23. Alzo. 24. weys. Am Rande: Ernbescencia. 25. byr.
27. eyn dem w asser. 28. paradize. 29. meyn. vor synet. 80. beczichent
seyn varbe. 81. Dy. dy do heyset. 32. Dy. 33. Dy waz.
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117
IV.
Tkeophilus.
(Ha. 6453-6686).
lz geschach zu einer stunde,
das ein tübel vorschunde
üf ein gelobede einen man,
den nante man Theophilum san.
5 wie iz dar were komen
daz hat ir ane mich vornomen,
doch were iz niht gut verewigen.
Theophilus hede vorzigen
der trinit&t mit irre kraft
10 und allir hemelisohen geselleschaft
und des kristen gelouben gemeine,
wenne Marien alleine
her wolde sich vorzien nie,
daz im sint ze vrouden ürgie.
15 der tübel twank in also harte,
daz her gewan blüt uz einer swarte
und schreib durh der rede urhab
eine hantveste und gab
sie deme leidigen tübel Säthan.
20 ditz 8tünt geschreben dar an:
ich gebe mich in diu geleite
und vorzie mich der drivaldekeite
und dar zü der kristenliohen toufe.
ditz was ir zweier leinkoufe.
25 des vrouwete sich der tübel sere,
iz dühte in ein michel ere,
daz her in da zü braht hede.
ich sage waz der tübel tede:
her wände sin gar lantveste
90 und nam die selben hantveste
1. Is. 2. Das eyn teuvel versohunde. 4. thyopholum. 5. ys. 7. ys.
vor swygen. 8. hatte vor czygen. Am Rande: Dys ist ein byspel. 9. Trinitat.
10. ally. 12. marian ouch. 13. yr vor ozeyen. 14.yrgye. 15. tufel. alzo. 17.vrhaft.
e c
18. gafL 19. Sy. tufel. Am Rande: hy vorezich her sich der dryualdekyt.
20. Dys. dor an. 21. geleyt. 22. vor czeye. der heylige dreyualdekey.
23. krystenliche. 24. Dys waz. 25. Dys vrowete. tufel. 26. Dys. 27. do
czu brooht hette. 28. tuuel tete. 29. wante. 80. dy.
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und vurde sie al da zer stunt
dort verre in den hellegrunt
durh daz ber sicher were.
vornemit vort dise mere.
5 Theophilus lebete aus manichen tag,
zü letzte quam iz üf den slag,
daz her mäste endelichen sterben.
mit ruwe begunde her sust werben,
her ging do unsir vronwen bilde was
10 in einer kirchen, als ich las.
ber liz al sine menige
und vil an sine venige
und rif an den hemil da:
ave geben edfte Marja.
15 sin herze was im so bitter,
iz 8i der kneht adir der ritte r,
wer wiste dese mere
her mohtis haben swere.
dese rede sprach her al da:
20 gedenke edele Marja,
daz du ie der sunder trost were.
die ruwe twank in so sere,
daz her gar sundir zarden
sin har z6ch vlz siner swarden
26 und üz den vingeren die nagel.
sine vroude be*de ein hagel
nidirgeslagen an den grünt.
sine zene und och sin munt
beganden die erde bizen,
30 sine hende daz antlitze rizen,
daz iz von blüde hinse*ch,
sin munt sin herze ni vorzech.
her rif an den hemil dä:
äve, reine vruht Marja!
35 and bat, daz sie gedehte sin
1. vurte sy. czur. 6. Czu letste. ys. tag slag. 8. ruwen. 9. vrawen.
waz. 10. alzo ich laz. 11. lys. menye. 12. seyne venye. 13. da fehlt
(cfr. 118, 33). 14. gebenedyete. 16. Seyn. waz. 16. Is sey. odyr. 18. mochte
ys. 19. Deze. 20. Gedencke. 22. Dy revwe. 23. czarten. 24. Seyn.
s warten. 25. dy. 26. Seyne vroyde hatte eyne. 28. seyne munt. 29. dy.
31. ys. heyn seyg. 32. Seyn m. seyn. vor czyg. 33. he. 35. sy gedachte syn.
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119
und mante den trehtin,
daz her im genedig were.
wie her mit manioher swere
mante heimlicher dinge Marien,
5 die rede wil ich hi voraen
und wil sagen wie die sonne,
der rehten barmheit ein brenne,
vor iren liben son gie
und ire rede ane vie.
10 alsus sprach die reine güder:
gedenke sun, ich bin din müder,
du sogest miner brüste mamme,
ich was din müder und amme,
ich bin din tohter und müder,
15 du min sun und vader güder.
gedenke waz ich leit im ertriohe
durh dich sun genädenriche.
ja sprechest du sundir schämen,
wer so erete minen namen
20 der hede dir gedinet vil.
nu ist iz komen üf daz zil,
daz Theophilum des tübels kunst
hät gevellit, der mir vil gunst
tet, son, hie vorn.
25 zeiner vrouwen hede her mich irkorn
und erete ho minen namen.
ich hülfe im gerne üz sinen schämen.
wie her sich din vorzigen habe,
wizze daz ich laze niht där abe,
30 e ich in brenge an sin reht
wider, sun die rede ist sieht.
do sprach got der vil güder
8us ze siner liben müder:
dilecta weist du des iht,
6. Dy. vor czyhen, 6. wy dy. 7. eyne bronne. 9. wye sy yr. 10. dy
reyne guter. 11. Gedencke. deyn muter. 12. meyner. 13. waz dyne
mvter. 14. tocher vnd muter. 15. mey. vater guter. 16. Gedencke. ley
yn. 17. genaden riche. 19. meynen. 20. Wer hette. 21. ys. 22. dez
tuvels. 24. Thet. 25. Czu eyner vrawen hatte he. 26. meyne namS.
28. dyne. 29. wisse, dor. 30. seyn recht. 31. dy. 32. guter. 33. seyner.
muter.
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daz her rieh hat vorpfliht
mit gelobede und mit eide
sich her zwuschen die beide;
so hät Theophilus der vil ungüde
5 uns mit sines selbes blüde
vorkouft und hat in einem lebin
einen brif dem tübel des gegebin.
der brif leit itzunt zer stunt
dort verre in der helle grünt.
10 iz enist och so niht gestalt,
daz ich deme tübele tu keine gewalt.
daz gelobete ich zer stunt,
dö ich Adam machte gesurrt
und der helle pforten zubrach.
15 min munt im vor des vorjach.
sich, wer mag iz dan irwenden?
Marja sprach: da solt mich senden
in die helle mit miner kraft;
ich werbe lihte die botschaft,
20 daz sich der tübel müz Schemen.
ich wil im den brif nemen
und tilge, daz ist gewis,
chirographum iniquitatis.
son, ich vare mine wege,
25 dine rehte haut si min pflege.
Marja dö in die helle vür,
also mir hi die schritt swür,
mit vil obirmüdiger braht
und mit minniclicher gesellesoha
30 den brif nam zu der stunt
Marja in der helle vullemunt
und zureiz in zu stucken.
daz was Theophilus gelucke,
wen her wart sus irlöst.
35 daz tet Marien richer tröst.
2. gelobde. 3. czwschen dy. ö. Vz. blute. 6. Vnd vorkouft bot
seyn lebyn. 7. Eyne bryef deme tuvel dez. 8. bryef leyt ytezunt esur-
10. he yrn yst. 11. tüveie. 12. czur. 13. ademe. 14. dy helle pfhorten.
15. dez. 16. wy mag ys. 18. dy. meyner. 19. dy. 20. tuvel muB.
22. tylge yn. 23. Cyrographum. 24. meyne. 25. meyn. 26. dy.
27. Alzo myr hy dy. 28. obyrmutyger, 29. mynyclicher geselleschaft
30. czur. 32. czu reys eyn czu. 36. reycher.
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121
V.
Die Kraft des Kreuzes
(Ha. 9831—9872.)
Ab iz üch niht vordrizlich were,
von des crüzes kraft sage ich ein mere,
daz merken man unde vrouwen.
ich wil iz kurzlich abe houwen;
5 ich enhän iz niht irtrahtet.
ein jude was benahtet
in eime vil alden spilhüse,
dä die katze näch den müsen
dicke hede geloufen ze widerstrit.
10 ditz geschach rehte an der zit,
do iz was also späte,
daz han noch henne kräte,
do quam, daz sage ich üch bi gote,
in daz hüs vil der tübele rote.
15 einer sprach ditz der andir daz;
der jude mit grözen sorgen saz,
wen her hede sines lebenes vare.
zü letzt wart sin ein tübel geware,
der sprach : meister dort sitzet ein man,
20 vor dem ich grözen angest hän,
daz her unsen rät melde morgen,
do ze irst begunde der jude sorgen,
der tübel sprach: louf balde dan
und hole mir den selben man;
25 ich wil iz mit im schaffen so,
daz wir beide späte und vre
meldins vor im an angest sin.
der tübel lif vil balde hin
und wolde den juden holen,
30 her wolde in braten üf den kolen.
do der jude des wäre nam,
1. ys ech. vordruslich. 2. dez. 13. vnd vrowen. 4. ys. 5. Ych
Vfi han ys. 6. waz. 7. Eyn. spyl huze. 8. dy. meuzen. 9. hatte goloufen
czu wjderstreyt. 10. Dys. 11. Do ytzunt waz alzo. 12. Das hane. 13. .qwam.
euch. 14. tuuele. 15. dys. 17. Wen hatte, vore. 18. sey eyn teuuel.
19. ey man. 22. Da czu. de r . 23. tuuel. 25. ys. alzo. 26. vru. 2a tuvel.
29. den selben iuden. 31. dez och wäre.
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daz der leidige tübel quam,
ein crüze her vor sieh tede,
als her von den kristen gesehen hede
und hoffete da mide genesen.
5 seht alsns hän ich gelesen,
dö der tübel des crüzes zeichen sach,
her sprang inpor uf und sprach:
her ist besigelt also vaste
daz ich sin niht tar antasten.
10 8us wart irloset vons crüzes kraft
der jude von tübels geselleschaft.
VI.
Blinde Liebe.
(Hs. 5368 — 5387.)
Ditz bispel sage ich den vrouwen.
Jupiter der got hede durh schouwen
allen tiren vor sich geboten.
15 her woldc sprechen mit sincn goten,
welchir in der werlde sint
brehte där daz schönste kint.
do alle tir waren komen
zu hove, als ich hän vornomen,
20 und do gehegfit was daz ding,
die effinne trat an den ring
und sprach obirlüt sint:
sich, herre koning, min kint,
wen iz gar al sundir list
25 hi daz allir schönste ist.
daz ist war ir güden lüde,
daz sehe wir tegelichen hüde:
die übe machte sie so blint,
I. tuuel. 2. tete. 3. Alzo. hete. 4. do myte genezen. 5. alzus.
gelczen. 6. tuvel dez. czichen. 7. yn por. 8. alzo rechte vaste. 9. ich
nicht syn tar. 10. vons tuvels kraft. 11. tuvels. 12. Überschrift: Dys
yst eyn .beyspel von eyner efiynne Daz glichit sich der lybe vnd der myne
An der schrift han ich daz vornomen Wy dy tyer vor eynen konyng komen.
12. Dys beyspel. vrawen. 13. hatte durchschawen. 18. woren. 19. Czu
houe alzo. vor nomen. 20. da. waz. 21. Dy effynne och do. 22. obyr
lut. 23. meyn. 24. ys. 26. Yst daz war yr guten leute. 27. hüte. 28. Dy. ay.
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sie wende daz schönste were ir kint.
daz sagete ir ir tumbir sin;
die übe zühet iz alliz hin.
VII.
Der hungernde Fachs.
(Hs. 9661 - 9576.)
wen so den vuhs der hunger bestet,
5 zwuschen zwo wegescheiden her gct;
her leit sich üf den rucke sin zer stunt
und tut uf wit einen munt,
also her bieben si tot.
so kumpt ein vogel durh not
10 und wenet iz si ein todez as,
alsus ich an dem buche las,
und bickct im vaste um sin houbet.
wen her im so nahe kumpt, geloubet,
80 begrifet her in mit sime slüch
15 und vrizzet in in sinen buch,
die rede ist war und niht gelogen,
8us wirt der arme vogel betrogen
von des bösen vuhses listen,
der dort leit in den misten.
vni.
Amen.
(Hs. 2483-2559.)
20 Amen sprichet manich man,
der doch lutzel bescheiden kan,
waz daz wort ämen si.
amen machet uns zwivels vri,
amen alle gude ding sterket,
25 amen ie daz ende merket,
1. Sy wente daz daz. 2. sagethe. 3. Dy lybe czeuhet ys allys. 4. den
hungcr. 5. Czwschen czw wagenscheyden. 6. czur.
9. kamt eyn andir. 10. ys. 11. buchet 12. houpt.
gryffet 15. vrysset eyn yn. 16. Dy. 18. dez böses.
Bande: waz daz wort amen bedeut. 20. manch.
23. czweyfels frey. 24. gute. 25. e.
8. Alzo her ytzunt.
13. gleubet 14. be-
19. al dort 20. Am
21. bescheden kan.
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amen bewaret uns vor vlüche,
amen sohribet man ze letzte an dem buche.
[waz wir güdes wünschen samen
so sprechen die umständen amen.]
5 du häst uns vil gesaget samen,
noch enweiz ich niht waz ämen
daz wort an sime lüde
der werlt und mir bedüde.
des wil ich och berihten dich,
10 lustere her min vrünt und sich ;
ich wene ditz die rede si,
Johannes schreib in apokalipsi,
ämen were selbir got.
der volge ich io sundir spot.
15 merket, als got mensche was
von vir dementen als ich las,
alsam ist daz wort ämen
von vir büchstaben samen
und bezeichent die vir togunt,
20 die got hede in siner jogunt.
hi nenne ich üch prudentia
iustitia fortitudo temperantia.
wen wir denne ämen sprechen
und mit dem crüze uns bestechen,
25 so meine wir daz mit siner schar
got uns von dem tübel bewar
und gebe uns die vir wisheit,
von den ich üch hän geseit.
ämen bezeichent uns och me,
HO iz meinet etswenne: iz gesche.
dävon sprechet alle samen
in dem pater noster ämen.
ämen bedüdet och die währheit,
2. schreybet. czu. 3. gutes. 4. dy. 6. nich. 7. lute. 8. be-
dute. 10. meyn. 11. dys dy. 13. Amen daz. 15. alzo. waz. 16. als
ich laz. 17. Alzam. 18. vyer. 19 beczichent dy vyer. 20. Dy got
hatte in seyner. Folgende Zeile: Dyse vyr togüt hatte got in syner Jogut.
21. euch, prudencia. 22. Justicia Temperancia. 24. krucze. 25. seyner. 26. tofe.
27 dy vyr weysheyt. 28. euch. 29. beczichent. 30. Is etzwenne ys. 31. Da
van. 33. bedeutet och dy worheyt.
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als uns dicke ist geseit.
daz wise ich daz beschreben is,
got sprach: amen dico vobis.
ich wene och amen ein gezüg si,
5 als man vindet in apocalipsi.
des bescheide ich üch wol
sint ich iz och tuen sol.
wen daz stilnisse getan ist,
so sprichet der prister zu der vrist:
10 per omnia saecula saeculorum.
so sprechent denne alle samen
die umme Stenden amen,
baz amen ich bescheiden wil
seht daz meinet also vil,
15 als ab got spreche zer stunde:
ich bin desir heilikeit orkunde.
alsus ist amen ein geruch;
ämen vlüt der schänden struch,
ämen hät an im logene niht,
20 amen hat zer Wahrheit gepfliht.
durh daz vindet man iz geschrebin,
wä imber daz ende ist blebin.
nu denket ir lihte allentsamen,
des er kan niht denne ämen
25 sprechen; wä sint sine sinne gekart?
ich spreche: wer ich baz gelart
und hede ich die wisheit als e,
von ämen weide ich sprechen me.
nu hilf nyr, herre Jesu Krist,
30 wen du daz wäre ämen bist,
wenne sich sol andirweiden
mine sele von dem libe scheiden,
daz ich enphä dinen lichnamen,
1. alz. 4. daz och. sey. 5. Alzo vindet man. 6. Dez bescheyde
euch ich. 8. wenne. 10. 515 secula seculorum. 12. Dy. 14 Sehet.
äIzo. 16. Alz. czur. 16. heylickeyt. 17. Alzus. 20. ozu der.
21. iz fehlt 22. umber. 23. dencket yr leichte allent samen. 25. wo.
aeyne synne: 26. wyr. 27. nette ich dy weysheyt alz. 29. ihesu.
30. wore. 32. Meyn. leybe. 33. leychnamen.
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126
daz ich do müze sprechen amen,
dar zu gib mir dine volleist
du vader du &on du heiliger geist.
wer uns amen bescheide baz
5 der habe minen dinst sundir haz.
1. da müsse. 2. gyp. deyne. 3. vater. heylig'. 5. meynen.
Druck von XL Grohn, Warmbruna.