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DIEMUSIK
ILLUSTRIERTE HALBMONATSSCHRIFT
HERAUSGEGEBEN VON KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
fOnfter jahrgang
ZTEITER QUAHTALSBAND
BAND XVIII
VERLEGT BEI SCHUSTER & LOEFFLER
BERLIN UND LEIPZIG
190&— 1906
^ j Original from
■-. ^ ^H> tS K UNIVERSITY OF MICHIGAN
■■£*- *
I- (e-
INHALT
s«h©
Ernst Lewicki, Die Vervollstftndigung ] von Mozarts Grosser c-Moll Messe durch
Alois Schmitt 3. 168
Hugo Riemann, Die Wurzeln der Kunst Mozarts 13
Ernst Heinemann, Zur Textfrage und zur AuffQhrung von Mozarts w Don Juan" .... 17
Dr. Carl Mennicke, 11 ragazzo Mozard 31
Felix Weingartner, Die Posaunen in Mozarts Requiem 41
Dr. Jur. E. Ginsberg, Die Internationale Stiftung „Mozarteum a in Salzburg und Mozarts
Geburtshaus 44
F. A. Geissler, „Salome" von Richard Strauss 56
Paul Marsop, Zur BQhnen- und Konzertreform. FQnfte Folge 79. 215
Dr. Alfr. Chr. Kalischer, Ein Konversationsheft von Ludwig van Beethoven. Zum
ersten Male vollstftndig mitgeteilt und erl&utert (Schluss) 100
Dr. Edgar Istel, Die Entstehung des deutschen Melodramas 143. 231. 308. 367
Prof. Dr. Wilhelm Altmann, Die deutsche Musiksammlung 176
Em II Jaques-Dalcroze, Klavierunterricht und musikalische Erziehung. Den Familien-
mattern gewidmet 295. 399
Dr. Julius Hagemann, Der moderne Musikalienvertrieb. Ein Vorschlag 331
Paul Moos, Richard Wagner als Asthetiker *. ... 391
Besprechungen (Bflcher und Musikalien)
Revue der Revueen
Umschau
Eingelaufene Neuheiten
Anmerkungen
59. 109. 179. 257. 3^3. 411
. . 65. 112. 183. 261* 337
67. 114. 186. 264. 343. 414
210
75. 140. 212. 292. 364. 444
J::;i ".i/.OV*
165749
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
INHALT
Kritik (Oper)
117.
191
268.
191.
Aachen . .
Amsterdam .
Antwerpen
Baltimore
Berlin 69. 117.
Braunschweig
Bremen . .
Breslau . .
BrOnn . . .
BrGssel . .
Charlottenburg
Darmstadt
Dessau . .
Dresden . 70. 192. 270. 420
DQsseldorf 270
Elberfeld . . 118. 346. 420
Frankfurt 1 1 8, 1 92. 27 1 .346.42U
Seitc
418
268
268
268
418
419
. . 69
269. 419
117. 246
. . 191
117. 346
192. 420
118. 346
Freiburg i. B.
Genf . . .
Graz . . .
Halle a. S. .
Hamburg 70.
Hannover. .
K61n 70. 118.
Kflnigsberg i. Pr,
Kopenhagen
Leipzig . 71.
Lemberg .
Magdeburg
Mailand .
Mainz
Mannheim
Moskau
271.
93.
18.
Seitc
. . 192
118. 346
193. 421
193. 421
346. 421
193. 347
272. 422
. . 272
. . 71
347. 422
118. 348
272. 422
. . 119
193. 423
71. 272
71. 423
Seitc
MQnchen .... 194. 423
New York . 119. 272. 423
NQrnberg 424
Paris 119. 273
Petersburg . . .195. 348
Posen 348
Prag ... 120. 273. 424
Rosario 195
Rostock 274
Schwerin i. M. . . 196. 425
Strassburg i. E. . . 121. 274
Stuttgart . . 71. 196. 348
Teplitz-SchOnau ... 274
Weimar . . . . 121. 348
Wien 121
Wiesbaden 274
ZQrich 196. 425
Seitc
Aachen 425
Agram 275
Amsterdam . . . 275. 426
Antwerpen . . . 121. 275
Baltimore 349
Barmen .... 122. 350
Basel 350
Berlin 72. 1 22. 1 97. 276. 350.426
Bradford 200
Braunschweig 125. 201. 430
Bremen 280
Breslau . . 125. 280. 430
Brdnn 125. 431
BrOssel .... 125. 354
Chemnitz . . . .126. 354
Chicago 201
Cincinnati 354
Darmstadt . 126. 281. 431
Dessau .... 127. 355
Dortmund . . .127. 355
Dresden 127. 201. 281. 431
DQsscldorf . . .127. 282
Elberfeld . . 128. 355. 432
Kritik (Konzert)
Seitc
Essen 433
Frankfurt 1 28. 202. 282.356.433
Freiburg i. B 282
Genf 128. 433
Graz 202. 433
Haag 129
Halle a. S. . 129. 202. 434
Hamburg 129. 283. 356. 434
Hannover . 130. 284. 357
Heidelberg . 130. 357. 435
Helsingfors 202
Kassel 357
KOln 131. 203. 284. 358. 435
Komgsberg i. Pr. . . . 285
Kopenhagen . 131. 358. 435
Leipzig 131. 203. 285. 358. 435
Lemberg 132
London .... 204. 437
Magdeburg . 133. 360. 437
Mainz ... 133. 205. 438
Manchester 360
Mannheim . . . 133. 360
Melbourne 287
Seite
Moskau . .
.
134.
438
MQnchen . .
.
206.
439
MGnster i. W.
207
New York
208.
360.
440
NQrnberg . .
134.
288.
440
Paris . . .
134.
361.
440
Petersburg .
135.
289.
442
Pforzheim
289
Posen . . .
136.
442
Prag . . .
136.
289.
442
Rom . . .
136
Rosario . .
290
San Francisco
.
208
Schwerin i. M.
137.
209.
443
Sondershausen
.
,
138
Strassburg i. E
138.
290
Stuttgart . .
138.
363
Teplitz-SchOnau
.
.
291
Verden (Aller)
.
443
Warschau
139
Weimar . .
,
139.
363
Wiesbaden
139.
291
ZQrich . .
139.
291.
443
Reproduktionen im Text:
Seitc
Eine Zeichnung zu Paul Marsops Aufsatz „Zur BQhnen- und Konzertreform." Fflnfte Folge 86
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Onciinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ernst Lewlcki
Die Vervollstilndigung von Mozarts grosser c-znolt Messe
durch Alois Scbmitt I.
Hugo Riemaira
Die Wurzeln der Kunst Mozarts
Ernst Heinemann
Zur TextFrage und zur Auffutarung von Mozarts
.Don Juan'
Dr. Carl Mennicke
II ragazzo Mozard
Felix Weingartner
Die Posaunen in Mozarts Requiem
Dr. jur* E, Ginsberg
Die Internationale Stiftung .Mozarteum* in Salzburg
und Mozarts Gebnrtsbaus
F, A. Geissler
.Salome* von Richard Strauss
Titel zum 17. Band der MUSIK
Besprecbungen (Bflcher und Musikalien)
Revue der Revueen
Umscbau (Neue Opera, Aus dem Opernrepertoire,
Konzerte, Tageschronik, Totenscbau)
Kritik (Oper and Konzert)
Anmerkungen zu unseren Beilagen
Knnstbeilagen, Musikbeilagen, Anzeigen
DIE MUSIK onckelat moutllch iwelmil. Abonoemc&tfpreU fdr dis
QuirtaJ 4 Mark. AbowwmenttprcCi Atr den Jabiftog I ft Mark. Prel*
des clpidnen Hcffcc* 1 Mtrt VlerteljihneliibtiiddeckcQ A 1 Mart
S*amelki*tcii for die KunvtbeUigcn de* euzen Jthrgaug* 2»50 Mirk.
AbooDementt durch Jcde Such- and Mi»tk*ltanl»adliiiiz, fQr kldnt
Plitzt obne Buchhlndtor Beiac dutch dJc Pott
i
i
8
Onciinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIE vervollstAndigung von
MOZARTSiGROSSER C-MOLL MESSE
DURCH ALOIS SCHMITT
IN 1HREM TBRDEGANG HACK AUTHENTISCHEN
QUELLEN DARCE5TELLT
von Ernst Lewicki- Dresden* Plauen
|achdem die neuerstandene gross© c-moil Messe <K. V. 427) von
W. A. Mozart seit ibrer im Herbste 1901 erfolgten VerSffem-
lichung 1 ) bereits in 35 St&dten des In- und Auslandes zum Teil
wiederholt mit dero gr&ssten ErFolge zur AuffBhrung gelangt
1st nnd damit ihre voile Lebensflhlgkeit wohl genugend erviesen hat, konnte
es uberflfissig erscbeinen, auf jene nach der Berliner ErstanffGbrung
(November 190 1) in der Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft,
Jehig, III, Heft 4 (Jan* 1902) S. 141 IT. gegen den Vollender der Messe,
Alois Schmitt, erhobenen Vorwurfe jetzt noch 2uruckzufcon)inen. Da aber
die MSglichkeit einer unzutreffenden Beurteilung der Schmittachen Arbeit
und somit der Mesae in ibrer jetzigen Gestalt dnrch die genannte Ver-
dffentllcbung weiter besteht, so lange keine aacbliche Erwiderung vorliegt,
ffihle ich mich um so mehr zur Bekanntgibe der nachfolgenden Mitteilnngen
veranlasst, als ich alleln im Besltze alter zur Sacbe gebftrenden authentl-
schen Unterlagen bin und iiberdies mich einigermassen mit venmtwortlich
fuhte fCr die gegenwirtige Gestaltung des Werkes, Meine Erwidernng soil
zunBchst darin bestehen, dass ich ftinfach den Werdegang der Vervoil-
stindigung an der Hand zablreicher, grttsstenteils schriftlicher Ausacrungen
') Die eraten Auffftbrungen de* volletladlgcn Vcrltee in der Schmlttacbeii Be-
arbeitung faaden am 3. und 5. April 1901 ia der Martin- Ltitberki re ha zu Dresden start,
VgL dia Vorwort zur netten Parti tor bexw. zum Klavierauaiug (Breltkopf & Hlrtety,
worin die Eatatebungageachicbte dei ▼erkee mit dargeetellt lit Elnen kurzen, vor*
trefflichen Fubrer durch die Mceae bat Fr. Volbacb (Mainz) geachrieben, der alt No. 230
der Sammluag von H, Seemann NaeM, ia Leipzig 1901 erecbien ttad abgpaehen vora
Sopraniolo ,Et inwnttae ear", deiaen eigentHchea Weeaa z. B» K. SShle gewiae beaaer
gcfcennzefcbnet hat, flbcrall den Nage] auf den Kept trlfft. Aucb die 1904 Im Vcriag
v, H* Kerber in Salzburg eracblenene Broachflre JHoaarts c-moll Metae* von Dr. Fr.
LEmbeit (DDieeldorf) briagt die Ceacbichie dea Vorkes gut zur DareteJlunf*
!•
Cookie
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIE MUSIK V. 7.
Schmitts, die ich aufbewahrt habe und deren Veroffentlichung mir von den
Angehorigen des am 15. Okt. 1902 heimgegangenen Meisters bereitwillig
zugestanden wurde, wahrheitsgetreu darzustellen versuche. Durch eine
solche Darstellung glaube ich den Leser davon iiberzeugen zu konnen, wie
ungerechtfertigt es war, Alois Schmitt, einen bedeutenden Musiker, der wie
wenige in neuerer Zeit erfolgreich und tatkraftig fiir die Pflege Mozartscher
Kunst eingetreten ist, 1 ) sogar der Pietatlosigkeit gegen Mozart zu zeihen,
wie es in der genannten Kritik leider geschehen ist. Das Eingehen auf
alle Einzelheiten der angefuhrten Kritik behalte ich mir vor und werde ge-
gebenenfalls in der Z. d. I. M. G. darauf zuriickkommen.
Meine Dankbarkeit gegen Alois Schmitt und die Erinnerung an die
Jahre, in denen ich dem 70 jahrigen Meister bei der mit geradezu
jugendlicher Begeisterung iibernommenen miihevollen Messenerganzung be-
hilflich sein konnte, bestarken meinen Vorsatz, durch eine wahrheitsgetreue
Darstellung das Verfahren Schmitts zu begrunden und sein unvergangliches
Verdienst um ein erhabenes Werk deutscher Tonkunst ins rechte Licht
zu stellen. 2 )
Als der Dresdner Mozart- Verein (gegr. im Januar 1896) im Fruh-
jahr 1897 durch Gelegenheitskauf in den Besitz der Breitkopf & Hartelschen
Gesamt-Partitur-Ausgabe von Mozarts Werken gelangt war, hatte ich als
Vereinsarchivar willkommenen Anlass, meine Kenntnis der Mozartschen
Kompositionen zu vervollstandigen. Hierbei wurde meine Aufmerksamkeit
sehr bald auf die in Serie XXIV als No. 29 enthaltene Partitur der
aus den Jahren 1782 und 1783 stammenden unvollendeten grossen c-moll
Messe (K. V. 427) gelenkt. Hierbei fiel mir sogleich auf, um wie vieles
charakteristischer die mir bisher aus Mozarts eigener Umarbeitung des
J ) Davon zeugt vor allem seine fast siebenjahrige, so uberaus erfolgreicbe
Tatigkeit als Organisator und musikalischer Leiter des Mozart-Vereins zu Dresden.
a ) Moctate diese Darstellung mit dazu beitragen, diejenigen Cborvereinigungen,
welcbe die Messe — Mozarts umfangreichstes und einziges abendfullendes Chorwerk -
noch nicht kennen, zu einer hoffentlich dauernden Bekanntschaft anzuregen. An dieser
Stelle ist noch ein bedauerlicher Irrtum zu erwShnen, der sich in der neuen (6.) Auf-
lage des sonst so ausgezeichneten Riemannschen Musik-Lexikons bei Erwahnung der
c-moll-Messe eingeschlicben hat. Durch Verwechslung mit einer schon von Jabn als
untergeschoben anerkannten andren c-moll Messe, worauf vor zwei Jahren A. Sand-
berger (Munchen) unter Beibringung neuen Materials erneut hingewiesen hatte, be-
zeichnet Herr Prof. R. leider die grosse c-moll Messe Mozarts als „nach Sandbergers
Nachweis schwerlich von M. herruhrend* (S. 890). In der nichsten Auflage wird
selbstverstandlich dieser Irrtum beseitigt sein, aber im Interesse der Sache musste
so fruh als moglich darauf hingewiesen werden, da doch der eine oder andere
Dirigent, durch die angefuhrte Bemerkung stutzig gemacht, von der Auffuhrung des
Werkes absehen kdnnte.
J::;i ".i/.OV*
( \ \r %oL • Original from ^
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
„Kyrie a und „Gloria a zur Kantate „Davidde penitente" bekannte herrliche
Musik mit dem Original-Messentext wirken musste. Als vollig neu und
iiberraschend traten mir die im Davidde p. nicht benutzten fertigen Satze
„Sanctus tt mit „Osanna tt und „Benedictus" sowie die Partiturentwiirfe der
ersten beiden Credo-Satze entgegen und alsbald kam mir die Idee der
Moglichkeit einer Vervollstandigung des Werkes, die mich nicht ruhen
liess, bis ich Schmitt dafur gewonnen hatte. Zunachst wollte ich ihra
die bisher noch unberiihrten Entwiirfe zum „Credo al ) gelegentlich zur Aus-
fuhrung der Instrumentation empfehlen, zu welcher Arbeit er wie wenige
befahigt war. Denn — so sagte ich mir damals schon — sind einmal
diese beiden Satze fertiggestellt, dann kann versucht werden, den — frei-
lich nicht kleinen — Rest des „Credo" und das fehlende „Agnus Dei a
aus anderen Mozart-Messen zu erganzen. Im Herbst desselben Jahres bot
sich eine willkommene Gelegenheit, meinem vorlaufig noch fiir mich be-
haltenen Plane praktisch naher zu treten, als Schmitt fiir das Dezember-
konzert des Mozart-Vereins nach einem womoglich noch unbekannten
Mozartschen Sopransolo Umschau hielt. Sogleich zeigte ich ihm den
Partiturentwurf der Sopranarie „Et incarnatus est" aus der c-moll Messe
und er erkannte sofort den grossen Wert des Stuckes, stellte noch an
demselben Tage die Partitur der Begleitung (Violinen und Bratschen) fertig
und gab die Singstimme seiner Gattin zum Studieren. Am 5. Dezember
1897 kam die einzigartige Arie wohl zum iiberhaupt ersten Male zur Auf-
fiihrung 2 ) und erregte sogleich das allgemeine Interesse bei Publikum und
Kritik, :I ) zumal da das schwierige Solo, das mit den drei konzertierenden
Blasinstrumenten (Flote, Oboe und Fagott) zu einem wundervollen Quartett
— Maria, umgeben von drei musizierenden Engeln — verwoben ist, von Frau
Cornelia Schmitt - Cs&nyi, die dann auch die grosse Sopranpartie der
Messe „creiert a hat, in jeder Hinsicht vollendet gesungen wurde. Mit dieser
sehr gelungenen Erganzung des „Et incarnatus est* 4 vom Herbst 1897 begann
gewissermassen bereits die Vervollstandigungsarbeit an der c-moll-Messe.
! ) „Credo a und n Et incarnatus est**. Vom „Crucifixus a ab war also nichts vorhanden.
-) Eine sehr freie Umarbeitung des EntwurFes zum „Et incarnatus est" zu einem
Adventgesang von G. Pressel (vor langerer Zeit erschienen bei Furstner in Berlin)
bat als eine wenig glucklicbe Arbeit mit Recht wohl keine Verbreitung gefunden.
Pressel gibt ubrigens nicht einmal an, dass die von ihm benutzte „Skizze aus Mozarts
klassischer Kunstlerperiode" dem Fragment der c-moll Messe entstammt.
3 ) Es sei hier nur die folgende, das Wesen des Stuckes trefflicb kennzeichnende
Ausserung von Karl Sohle, dem feinfuhligen Kiinstler und grossen VerehrerSeb. Bachs,
angefuhrt: v Ein echt pastoraler Satz, der in der ganzen Kircbenliteratur einzig dasteht.
Diese uberirdische Innigkeit und Reinheit der Empfindung, und wie greifbar augen-
scheinlich malen die T5ne das holde Wunder von Bethlehem mit den Hirten aufdem
Felde und den lobsingenden Engeln!* (Vgl. Kunstwart 1901, 2. Maihefr, S. 139.)
J::r:i.
( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
6
DIE MUSIK V. 7.
Aber erst im Juni 1899 sollte Schmitt wieder Hand an das Werk legen.
In der Zwischenzeit hatte ich zwar ofters mit ihm iiber die Moglichkeit
einer Vervollstandigung der Messe (zunachst zum Zwecke einer Auffuhrung
in Dresden) gesprochen, doch wollte er damals (1898) noch nicht recht an
die Ausfuhrbarkeit des Planes glauben, wie ich sie mir zunachst gedacht
hatte. Schmitt erkannte namlich sehr bald, dass es schwer halten wiirde,
zu dem „Kyrie a , „Gloria a und „Sanctus tt des Fragments musikalisch eben-
biirtige und nach Stil und Tonart geeignete Erganzungsstucke in den friiheren
Messen 1 ) des Meisters zu finden, und trat zunachst der Sache nicht naher.
Dennoch griff er bei den Mozartvereins-Auffiihrungen wiederholt zum
Fragment der c-moll Messe und wir fiihrten bis 1900 ausser dem bald
wiederholten „Et incarnatus est tt die Sopranarie „Laudamus te a , das Duett
„Domine a und schliesslich das Quartett „Benedictus a auf. Inzwischen
ging ich trotz der Bedenken Schmitts fur mich versuchsweise daran, aus
den iibrigen Messen Mozarts die meiner Meinung nach geeignetsten Satze
zur Vervollstandigung des „Credo a und zum Ersatz des „Agnus Dei" mit
„Dona nobis 4 " auszuwahlen und schrieb dazu einen vom 21. Marz 1899
datierten kleinen Aufsatz iiber die Geschichte des Werkes und die
Moglichkeit seiner Erganzung nieder, dessen Konzept ich noch besitze und
aus dem spater einige Teile im Vorwort des Klavierauszuges Platz gefunden
haben. Auch hatte ich einen Plan zur Vervollstandigung mit Angabe der
zu benutzenden Stiicke angefiigt. Die damals von mir ausgewahlten Satze
waren die in der spater folgenden Ubersicht unter II angefuhrten.*)
Der Grund, weshalb ich hierbei besonders auf die C-dur Messe
(K. V. 66) Rucksicht genommen hatte, ist mit darin zu suchen, dass ich
kurz zuvor durch Vermittelung des damaligen Herrn Domchorvikars
H. Spiess in Salzburg in den Besitz der Abschrift von sechs noch un-
gedruckten Instrumentalstimmen (2 Oboen, 2 Horner, 2 Trompeten) zu dieser
Messe gelangt war, die Mozart nachtraglich (wahrscheinlich 1776) der
Partitur hinzugefiigt hat. Wenn spater von anderer Seite u. a. vor-
geschlagen worden ist, man hatte zur Erganzung des Werkes ausschliesslich
die fruhere c-moll Messe (K. V. 139) benutzen sollen (wie ich es anfanglich
natiirlich ebenfalls im Sinne hatte), so ware das an sich gewiss die ein-
fachste Losung gewesen, doch sind mit Ausnahme etwa des „Crucifixus tt
und „Agnus Dei* die sonst in Frage kommenden „Credo u -Satze keineswegs
! ) Bekanntlich ist die c-moll Messe, abgesehen vom Requiem, Mozarts letzte
Messe; vor ihr hatte der Meister bereits 17mal den Messentext vertont.
2 ) Es muss bemerkt werden, dass fur das ^Credo" nur solche (in c-moll oder
C-dur stehende Messen) in Frage kamen, bei denen die einzelnen Absatze des Credo-
textes als selbstandige Sfitze behandelt sind. Es sind dies im wesentlichen die
Messen K. 66, 139, 167 und z. T. auch 262, auf welch letztere spater noch zuruck-
zukommen sein wird.
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
LEWICKI: VERV0LLSTAND1GUNG DER C-MOLL MESSE^
musikalisch von gleichem Werte wie die analogen aus den Messen K. 66 l )
und 167. Hinsichtlich des Ersatzes fur das „Dona nobis pacem" konnte
allein die Messe K. 167 in Frage kommen.
Im Friihjahr 1899 glaubte Schmitt schon mehr an die Moglichkeit,
das Werk zunachst nur fiir eine Auffiihrung in Dresden zu vervollstandigen,
wie aus einem am 24. Marz 1899 an mich gerichteten Schreiben hervor-
geht, in dem es mit Bezug auf den ihm inzwischen mitgeteilten oben
erwahnten Aufsatz u. a. heisst:
„Er bat mir sehr gefallen und wird gewiss bei der Auffuhrung des Werkes
vielen eine willkommcne Gabe sein. Was letztere (die Auffuhrung) anlangt, so
will ich mit grosser Freude das Fehlende ergSnzen, auch sonst zur
wiirdigen Wiedergabe mein Moglichstes tun, muss es aber ablehnen, in bezug
auf Organisation eines Singechors mit zu tun. Sie werden durch diese Ablehnung
gewiss nicht annehmen, dass dieselbe aus Mangel an Interesse fur den Verein
entstanden. a
Urn die Chorfrage fiir eine Auffiihrung in Dresden losen zu helfen,
hatte ich mich im Friihling 1900 mit dem verdienstvollen Leiter des
vortrefflichen Kirchenchors der Martin Luther-Gemeinde, Herrn Kantor
Alb. Romhild, in Verbindung gesetzt und ihm von der Idee, die Messe in
Dresden aufzufiihren, Kenntnis gegeben unter gleichzeitiger Ubersendung
meines oben erwahnten Aufsatzes. Im Verlaufe dieser Verhandlungen
sandte mir Schmitt am 25. Juni 1900 folgenden von ihm aufgestellten
Vertragsentwurf *) :
B Vereinbarung zwischen dem Mozartverein und dem Chore der Martin Luther-
kirche, resp. dessen Dirigenten.
1. Die kompletierte Partitur der von Mozart unvollendet zuruckgelassenen
c-moll Messe ist und bleibt bis zu ihrer Veroffentlichung Eigentum des Mozartvereins.
2. Zwecks zweimaliger Auffuhrung stellt er dieselbe zur Disposition. Ausserdem
verpflichtet er sich 1. das gesamte Notenmaterial kostenfrei zu liefern, dasselbe bleibt
aber nach den beiden Auffuhrungen sein Eigentum, 2. das Orchesterpersonal und die
Solisten zu stellen.
3. Die hieraus erwacbsenden, sowie alle anderen Kosten sind vom Ertrag der
beiden Auffuhrungen zu bestreiten.
4. Der Dirigent des Mozartvereins ubernimmt die Einstudierung des Orchesters
und der Solisten.
5. Der Dirigent des Chores der Martin Lutherkirche verpflichtet sich, die
Chore einzustudieren und dieselben zu den Generalproben fertigzustellen.
6. Der Dirigent des Mozartvereins dirigiert die erste, der Dirigent des Chors
die zweite Auffuhrung.
h Nach neueren Forschungen (vergl. Jahn 3. Aufl. Deiters Bd. 2, S. 829,
Anm. 9) soil die C-dur Messe (K. 66) spiiter entstanden sein als K. 139, was, nach
dem musikalischen Gehalt zu urteilen, durchaus nicht unmoglich erscheint.
-') Auf Grund dieses Entwurfes kamen dann die beiden Dresdner Auffuhrungen
vom 3. und 5. April 1901 auch zustande.
J::;i ".i/.OV*
( ^i\t \n}{* Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
8
DIE MUSIK V. 7.
7. Der Ertrag der beiden Auffubrungen kommt nach Abzug der Unkosten dem
Mozartverein und dem Chor der Martin Lutberkirche zu gute und zwar zu
gleichen Teilen."
Dazu hatte Schmitt, der immer friihzeitig alles bedachte, noch bemerkt:
w Eine genaue inicht zu knappe) Berecbnung der Kosten wire jedenfalls zu
machen. Was ist vom Klavierauszug vorbanden? Ein kompletter Klavierauszug wire
diesen Sommer berzustellen, wer macht ihn? 1 ) Auch ein zwettes Exemplar der
(Fragment-) Partitur muss beschafft werden. Dies wSren wohl die ersten not-
wendigen Schritte."
Nun erfolgte im Sommer (1899) zunachst die Ausarbeitung des
ersten „Credo a -Chores, dessen fertige Partitur Schmitt mir im Juni aus
Ungarn schickte. Wie er mir spater erzahlte, hat er die Ausfiillung der
Instrumentierung in den leeren Systemen des Fragment-Entwurfs in der
Stille eines Gartenhauschens vorgenommen und war dabei von der
Beschaftigung mit dem herrlichen Satze so gefesselt, dass er die Arbeit
ohne Unterbrechung beendete. -) Nun hatte ich die beiden „Credo a -Teile
fertig in Handen. Ich liess zunachst die iibrigen von mir ausgewahlten
Erganzungsstiicke in Partitur ausschreiben und fiigte alles dem Fragment
bei, so dass im Spatsommer 1899 schon eine vollstandige c-moll Messe
zusammen war. Freilich sollte das noch keineswegs die endgiiltige Fassung
bleiben, wie wir gleich sehen werden. Der Winter 1899/1900 verging,
ohne dass etwas Wesentliches in der Messensache geschah, da die Vereins-
auffiihrungen Schmitt vollstandig in Anspruch nahmen. Im Friihjahr 1900
aber nahm Schmitt sich auf einer Erholungsreise meine erganzte Partitur
zu naherer Priifung mit, was mir naturlich sehr willkommen war,
wusste ich doch, dass es nunmehr mit der Sache wieder vorwarts gehen
wurde. Hiermit beginnt Schmitts eigentliche Hauptarbeit, soweit die
ganzlich fehlenden Messenteile in Frage kamen. Diese Arbeit aber sollte
ihm, wie wir sehen werden, noch viele Mtihe und Sorge bereiten.
Wie wenig ich mit meinem vorlaufigen Erganzungsversuch bei der nun
folgenden kritischen Priifung durch Schmitt das Richtige getroffen hatte,
zeigen die folgenden Briefausziige. Am 7. Juli 1900 schreibt er mir aus
Gross-Pankow:
„Das c-moll Messen-Projekt resp. seine kunstlerische Ausgestaltung macht mir
Sorgen. Nicht wegen der instrumentalen Details, iiber diese werden wir schon
! ) Es wurde dazu der Andr^sche Auszug des Fragmentes und der Breitkopf &
H&rtelsche zu „Davidde penitente* 4 benutzt; zu den hinzugefugten Satzen stellte Schmitt
neue Auszuge her.
2 ) Das von Schmitts Hand (mit Bleistift) vervollstindigte Partiturexemplar zum
ersten „Credo*-Chor und ebenso das zum „Et incarnatus est** befindet sich in
meinem Besitz.
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LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
hinwegkommen, und ich bedarf der AndrS'schen Partitur nicht, da ich die von
Breitkopf & Hirtel schon bei mir habe. Meine Bedenken beziehen sich auf die
ErgSnzungsstucke des ,Credo\ bei denen ich betreffs des Stils und der
Gruppierung der Tonarten die Befurchtung nicht unterdrucken kann, dass wir
damit scheitern werden. Betreffs des , Agnus* und ,Dona' bin ich entschieden der
Ansicht, dass wir dafur das Kyrie wiederholen. 1 ) Werde ubrigens nach Wien
schreiben, urn festzustellen, ob im Archiv des Burgtheaters noch etwas Wicbtiges fur
uns zu finden ist.** 2 )
Schmitt hatte also bald erkannt, dass die von mir gewahlten Er-
ganzungsteile aus den friiheren Messen unmoglich beibehalten werden
konnten.
Am 30. desselben Monats schreibt er noch deutlicher:
„Wegen Messe hab* ich Schmerzen. Bin erst jetzt dazu gekommen, das Ganze
im Zusammenhang zu lesen und einen Totaleindruck zu gewinnen. Schauen Sie sich
mal den beiliegenden Zettel an. Man kann eigentlich nur von einer C-dur Messe
sprechen. Wurde eine Symphonie mit einer c-moll-Introduktion beginnen, dann C-dur
folgen, und mit Ausnahme des Andante in F oder G im Scherzo und Finale C-dur
festbalten, so ware dies eine C-dur Symphonie. Betrachten wir Mozarts Messen-
Fragment und bewundern die weise und interessante Anordnung im Gloria, so er-
scheint das Credo, wie es vorliegt, unmoglich. Dass das ,et resurrexit' abermals in
C-dur einsetzt, ware allenfalls zu ertragen. Nun kommt aber nach dem schwachen
G-dur (3/4) ,et in spiritum' 3 ) anstatt etwa nach Es-dur uberzugehen [ist spBter auch
geschehen.] wiederum C-dur, nebst ,vitam venturi' C-dur. Sodann failt nach
einer Pause das C-dur ,Sanctus 4 und ,Osanna 4 ein. Das bewirkt eine Monotonie,
die wir Mozart nicht zumuten durfen und die sich um so fuhlbarer machen
wird, je mehr die eingeschobenen Stucke inhaltlich (namentlich in harmonischer Be-
ziehung) gegen das Fragment abfallen. Es wurde sich zunichst nur darum handeln,
entweder das Fragment so aufzufuhren, wie es Mozart uns hinterlassen hat, zum
Schluss das Kyrie wiederholend, und als Instrumentaleinleitung etwa die f-moll
Pbantasie 4 ) spielen zu lassen oder einige andere Satze zu finden fur das ,et in
spiritum sanctum', ,et unam sanctum* und ,et vitam*. (Letzteres konnte moglicherweise
bleiben). Ich getraue mir nicht weitere ^ ^ [so schrieb Schmitt in musikalischer
Stenographic stets das Wort ,Vorschiage'.] zu machen, aber vielleicht regt es
Sie an, nach dieser Richtung noch einiges zu prufen. Als Musikdirigent
des Vereins halte ich es fur meine unabweisbare Pflicht, fur uns den strengsten
Masstab anzulegen."
Man sieht hieraus deutlich, wie gewissenhaft Schmitt zu Werke ging.
Ich war mit seiner scharfen, aber sachlichen Kritik meiner Vorschlage
gern einverstanden und ging unverziiglich von neuem auf die Suche nach
2 ) Schmitt hatte damals nur eine einfache Wiederholung des Kyrie, also ohne
eine Textunterlegung des Agnus Dei im Sinne.
2 ) Alle Bemuhungen, in Salzburg oder Wien Spuren etwaiger von Mozart selbst
1783 benutzter Erg3nzungsstucke aufzufinden, sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben.
s ) Es war das Tenor-Solo (ohne Chor) aus K. 66, nicht das jetzige aus K. 262.
4 ) K. V. 594, von Alois Schmitt 1899 nach einer von mir hergestellten Streich-
quartettubertragung fur Streichorchester und Orgel bearbeitet (bei Ries & Erler, Berlin
erschienen und an vielen Orten erfolgreich aufgefuhrt).
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10
DIE MUSIK V. 7.
tesseren ErgSnzungsstucken. Dabei kam ich auch auf die beiden Satze:
„et in spiritum sanctum" und „et vitam venturi" aus der C-dur Messe
K. V. 262, die schliesslich beibehalten *) worden sind. Im ubrigen aber
blieb alles Nachsuchen nach vollig Geeignetem in den Originalmessen
Mozarts erfolglos, und so schrieb ich im August 1900 an Schmitt:
„Nachdem unsere vielfachen Bemuhungen um etwaige Aufscblusse fiber die
von Mozart angeblich vorgenommene ErgSnzung der c-moll Messe, wie es scheiot,
keine Erfolge haben, 2 ) sind wir berechtigt, nach bestem Wissen und Gewissen selbstSndig
geeignetere Mozartsche Kircbenstucke auszusuchen. Ihre wohlbegrundeten Bedenken
gegen einige ,schwacht' von mir ausgesuchte Teile zum Credo haben mich veranlasst,
nachzuseben, ob nicht sonst noch dem Cbarakter der Musik nach passende ,st3rkere k
S2tze aufzufinden seien und sende ich Ibnen beifolgend drei deranige Stucke zur
Prufung."
Es waren dies 1. das von mir zu „et resurrexit" benutzte Kyrie K. 323,
2. das Duett (F-dur) aus der Kantate K. 623, mit untergelegtem Text zu
„et in spiritum sanctum", 3. das Kyrie Es-dur K. 322 mit derselben Text-
unterlage. 5 ) Fiir „et unam sanctam" und „et vitam venturi" machte ich
damals weiter keine Vorschlage. Am 22. August erhielt ich hierauf von
Schmitt folgende Antwort aus Neukloster in Mecklenburg:
w Unsere Erganzungsbemuhungen erinnern mich an die Bestrebungen, die einst
alle Bildner in Bewegung setzten, dem Milo-Torso die fehlenden Arme zu ersetzen.
Obwohl die Oberarme vorbanden sind, konnten die geschicktesten Kunstler nicht damit
zustande kommen, und so blieb das herrliche Bildwerk ein Torso. Die Hoffnung
babe ich noch nicht aufgegeben, den Mozartschen Intentionen auf die Spur zu kommen.
Zu dem billigeren schrifilichen Wege hatte ich und hab ich kein Vertrauen. 4 ) Sie
sagen, dass wir, nachdem unsere Forschungen bis jetzt erfolglos geblieben, berechtigt
seien, nach bestem Wissen und Gewissen zu verfahren. Berechtigt sind wir nicht in
Ssthetischer Beziehung etwas zu tun, was dem Stil widerspricht. Nach sorgfaltiger
Prufung der mir gesandten Fragmente kann ich nur sagen, dass das F-dur Duett fur
Tenor und Bass mir noch weniger zu passen scheint, wie das G-dur ,et in spiritum'.
Wie ich mir ein Arrangement der Credostucke denke, werden Sie aus der Partitur
ersehen, die ich Ihnen hierbei sende, da mir das Schreiben wegen schmerzhafter
reenter Hand sctawer wird. Durch das d-moll, D-dur, G-dur, C-dur r> ) waren die Be-
*) Unter Hinzufugung der in den Salzburger Messen gewohnlich fehlenden
Bratscbenstimme, sowie mit der Ubertragung des Sopransolo im erstgenannten Satze
an den Tenor und etniger instrumentaler Zujfitze in der Fuge „et vitam venturi a .
9 ) Durch Vermittlung von Otto Scbmid-Dresden war auch bei Job. Ev. Engl in
Salzburg wegen der etwaigen Erganzungsstucke von 1783 nachgefragt worden, doch
ohne Erfolg. Die Musikbibliothek des Stiftes St. Peter war leider seinerzeit unzug3nglich.
8 ) Dieser Satz wurde schliesslich fur w et unam sanctam* benutzt.
4 ) Schmitt regte an, dass ich in Salzburg personlich nach etwaigen Anbalte
punkten suchen sollte, und batte Schritte eingeleitet, mir Empfeblungen an den Erz-
biscbof auszuwirken. Dieser Plan konnte damals leider nicht ausgefuhrt werden.
5 ) Er hatte das Crucifixus aus K. 139 und Resurrexit K. 323 nach d-moll bzw.
D-dur transponiert.
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LEVICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
denken rucksichtlich der Monotonie der Tonarten, wie ich meine, beseitigt. Die Trans-
position nach oben wird dem ,et resurrexit* nicbt scbaden, im Gegenteil. Nach dem
Soprananlauf (Solo) 1 ) muss aber das Tutti (des Chors) sofort einsetzen. Denken Sie
nur, wenn ein Hoch auf einen Helden ausgebracht wird, und die ganze Gesellschaft
sich besinnt und nacb la*ngerem Schweigen erst einsetzen wurde, es wirkte wie ein
Scblag ins Wasser. 2 ) Dass dies Stuck ursprunglich auf,Kyrie eleison* komponiert
sein soli, berutat wohl auf Irrtum? Wollen Sie nun bei S. das Notige wegen Kopiatur
besorgen, so wurde ich mich mit einer Auffuhrung in Dresden gemSss diesem
Arrangement wobl einverstanden erkliren, fur eine Publikation aber nicht."
Darauf hatte ich meine freudige Zustimmung zu dieser Gestaltung
des „Credo u Schmitt gegenuber geaussert und erhielt am 28. August
folgende Antwort:
„Freut mich, dass Ihnen meine Disposition betr. der Tonarten einleuchtet; nicht
von einem genialen, bocbstens von einem praktischen Blick des alten Facbmannes
kann die Rede sein. Muss aber noch zwei dunkle Punkte erwMhnen. Sie antworten
nicht darauf, welche Bewandtnis es mit dem ,et resurrexii' habe und schreiben mir,
dass es ursprunglich als ,Kyrie 4 komponiert ware. Das ist unmoglich. Ebenso, dass
es spater als ,Regina coeli' umgemodelt sei. Sodann erwabnen Sie, dass die Worte
des ,Kyrie* dem , Agnus Dei' unterlegt werden sollen. Ich meinte, wir sollten in Er-
mangelung eines , Agnus Dei*, welches einen wurdigen Abschluss bilden wurde, das
,Kyrie< wiederholen, obwohl das der katholischen Idee der Messe nicht entspricht.
Ich perhorresziere alles Unterlegen und aus diesem Grunde den bussenden David 3 )
und die Thamos-Kantaten. 4 ) Sollten wir nun das tun, was wir in anderen Fallen ver-
abscheuen? Zwei Gesichtspunkte mussen wir festhalten: Wiedereinsetzung des
J ) Dieser Sopraneingang aus K. 139 ist beibehalten worden, wurde aber schliess-
lich dem Chorsopran zugeteilt. Man kann jedenfalls nach Belieben diese zwei Takte
•auch vom Solosopran singen lassen, wie es ursprunglich, d. h. in Messe K. 139
von Mozart beabsichtigt war.
2 ) Das w et resurrexit" (nach K. 323) begann ursprunglich mit einem Orchester-
vorspiel, das Schmitt also sehr richtig wegliess, so dass der Anlauf direkt an den
•Chor anschliesst, wie es auch bei Mozart in Messe K. 139 geschieht.
3 ) Dass Mozart nicht von vornherein an die Verwendung des Messenfragments
gedacht haben kann, als er den Auftrag zur Komposition eines Oratoriums fur die
„Sozietat a erhielt, geht aus folgender Briefstelle vom 21. Juli 1784 hervor: w . . . wenn
er [der Vater] mir auch das alte Oratorium ,Betulia liberata 4 schicken konnte, w5re
es mir recht lieb. — Ich muss dieses Oratorium fur die hiesige Sozietit schreiben —
vielleicht konnte ich doch hie und da etwas stuckweise brauchen. a Dadurch ergibt
sich aber auch, dass M. nicht erst im Fruhjahr 1785, sondern schon im Jahre vorher
<fie Aufforderung erhielt und dass er erst, als die Zeit zu knapp wurde, an die Ver-
wendung der Messe gegangen sein kann.
*) Bekanntlich sind den drei Thamos-Choren schon zu Mozarts Lebzeiten
lateinische und deutsche Hymnentexte untergelegt worden, was freilich bedenklich
war, da es sich hier um Theaterchore handelte, die in die Kirche verpflanzt wurden.
Andererseits ist aber bekannt, dass z. B. S. Bach in zahlreichen Fallen in seinen
Kirchenstucken textliche Unterlegungen vorgenommen bat So finden wir mehrere
Sitze der h-moll Messe in Kirchenkantaten (mit anderem Text) wieder vor. Dass
Mozarts Messenmusik in der Gestalt des „bussenden David" an charakteristischer
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DIE MUSIK V. 7.
Fragments in alle seine angestammten Rechte und moglichste Einheit unserer Auf-
fuhrung in ihrer Wirkung. Bin durchaus gegen solcbe VerSnderungen, welche nicbt
nStig sind. tt
Kurze Zeit darauf traf Schmitt ein ernster Unfall, iiber den er mir
selbst am 6. September aus Forsthaus Rosenow bei Witzin in Mecklenburg
berichtet, wo er sich damals zur Jagd, die er sehr liebte, aufhielt:
„Die Wahrheit muss doch endlich heraus. - Um eines Haares Breite hatten
Sie mir nicbt die c-moll Messe, wobl aber ein Requiem singen lassen kdnnen. Icb batte
ein scblimmes Erlebnis, und ein Wunder ist's, dass icb lebend davon gekommen.
Durchgebende Pferde, die so hefrig ansprangen, dass ich beim ersten Ruck kopfuber
vom Wagen geschleudert wurde. Ich schlug mit dem Kopf gegen eine Tanne und
blieb bewusstlos liegen. Alle glaubten, es sei vorbei. Man schaffte mich per Schieb-
karre nach dem hiesigen Forsthof. Es wurde konstatiert, dass die Knochen beil
geblieben, ein watares Wunder! Heute, da ich nunmehr uber dem Berge zu sein
hoffe, darf ich sagen: et resurrexit. Uber das unserige in D-dur haben wir eine
recbt lange und unklare Korrespondenz gehabt. Dass Sie die Unterlegung des Textes
besorgt haben, nab' ich nie gewusst und ersehe dies nun erst durch Ihren letzten
Brief. Warum sollten Sie denn dieselbe zurucknehmen? Dass das Stuck von Mozart
auf die Worte ,Kyrie eleison* komponiert sei, glaub' ich nicht und werd' es nie glauben,
bis ich Mozarts Handschrift vor Augen habe. *) Ware es moglich, dass er den denkbar
grossten Gegensatz, das Gebet einer zerknirschten Seele im Kyrie und den Jubel
uber die Auferstehung des Heilandes, derart vermiscbte, so behielten die recht, welche
behaupten, dass Mozarts Kirchenmusik gr5sstenteils minderwertig sei. Keinesfalls
werden wir fur unsere Zwecke ein geeigneteres Stuck finden. Diese
Ansicht habe ich sofort gehabt und habe sie noch. Uber , Agnus* und ,Dona* mundlich.
Der Unterschied zum Kyrie ist zwar nicht so, wie Kyrie und resurrexit, aber immerhin
doch ein gewaltiger. Die glaubige Seele hat eigentlich den Weg zum Frieden schon
gefunden und daher wohl auch der milde Charakter der meisten Kompositonen des
,Dona nobis pacem'. Unsere Zeit ist bezuglich der Texte kritischer, und ohne
Uberhebung durfen wir sagen, gebildeter als die damalige. Was letztere gesundigt,
sollen wir weder als Vorbild noch als Entschuldigung betracbten. Exempla sunt odiosa."
Wirkung sehr verloren hat, durfte jetzt nach Bekanntwerden der Originalgestalt klar
empfunden werden und man wird hoffentlicb den „David a nunmehr auf sich beruhen
lassen, die beiden von Mozart eingelegten schonen Arien aber als Konzertarien be-
trachten.
] ) Das Mozartsche Manuskript dieses merkwurdigen „Kyrie tt befindet sich, wie
ich mich im August 1904 personlich uberzeugen konnte, tatsachlich im Mozarteum
zu Salzburg. Es bricht nach dem 37. Takte ab, der Schluss war verloren gegangen,
und das Stuck ist s. Z. vom Abb£ Stadler ergSnzt worden. (Vgl. Rev. Ber. zu
Ser. Ill, S. 44). Wenn Schmitt in diesem Schlussteil des Satzes bei den Worten
w non erit finis a (2 Takte) eine harmonische Veranderung vornahm, so konnte er dies
mit rubigem Gewissen tun, da es ja nur die Stadlersche Erganzung betraf.
Schluss folgt
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Us ffillt kein Meister vom HimmeL
Mozart zwar scbien cine Ausnsbme m machen mic seiner
beisplellosen Frfihreife, die dem Knaben geatattetc, mit den be-
ruhintesten Meistern zu rivalisieren. Aber auch er ist nicbt
vom Himmel gefallen.
Wohl aber batte er das GIQck, in einer Zeit feeboren zu werden, in
welcbcr das naive Stammeln einer neuen Stilricbtung die Welt in einen
Taumel des EntzBckens versetzte, einer Zeit, in welcber der in der Wiege
durcb den Kuss der Musen Geweihte nur den Alund zu Sfftaen braucbte
— tiles was er sagte, war gut, war neu, liebenswQrdlg, bewundernswert I
Zwanzig Jahre frflber war daa durcbaus noch nicbt so; da gehSrtc
zu einem recbten Kfinstier eine grihidliche langjihrige Schulung und eln
vielseitig entwickeltes Kdnnen. Wer miEreden und gehSrt werden wollte,
musste etwas zu sagen baben, das Hand und Fuss batte. In der Zeit der
Corelli, Abaco, Hlndel, Bach hatte der An finger keinen ieicbten Stand.
Eln majestitischer Ernst, eine feierlicba Grftsse war der Grandzug der
den Abscbluss der BIQte der italieniscben klassischen Kaminermusik
bildenden Epocfae um 1700—1740. Der grosse Stil dieser Zeit mit seinen
langatmigen, mit eiserner Konsequenz eine Stimmung fe&thattenden Sitzen
erforderte die nur dutch anhaltende Studien erretcbbare Reire des Mannes
fBr Meisterleistungen, und war dem Aufkommen musikaliscber Wunder-
kinder nicbt gfinstig.
Die Zeit etwa, wo Sebastian Bach die Augen scbloss — die Alitt'e
des Jahrhunderts — bracbte aber eine mcrkwurdige Wandlung. Die Kinder
und Unweisen kamen zu Worte, Eine ganz neue musikaliscbe Ausdrucks-*
weise, ein ganz neuer Stil kam auf, unerhSit durcb seine Einfacbheit,
seine Ansprucbsfosigkeit, seine Natiirlicfakeit, seine Kindlicbkeit; und so
sieghaft triumpbierte die scblichte Natur, das kindlicb einfache Aussprecben
naiven Empfindens fiber alle Gelehrsamkeit und alles verbriefte Formes-
wesen t dass die alten Mei&ter selbst Perucke und Puderzopf lacbend weg-
warfen und sicb nicbt scbimten, mit ihrem spirlichen weissen natflrlicben
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DIE MUSIK V. 7.
Gelock unter den jugendlichen Krauskopfen zu erscheinen, mit ihnen zu
Kindern zu werden und sich zu geben wie Kinder.
Denn ein wahrhaftiges neues Kindheitszeitalter der Kunst war fast
urplotzlich hereingebrochen, keiner wusste woher? und wie? Aber es
war da, und mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Kunde davon, dass
die alten Tempel zusammenstiirzten und eine neue Lehre nicht hinter
dicken Mauern und bunten Fenstern, sondern in Feld und Wald, in der
freien Gottesnatur, unter dem lichten, blauen Hiramel verkiindet werde.
Wohl schiittelte mancher von den Alten bedachtig das Haupt, und
schalt die Begeisterten fiir die neue Kunst Toren und Kinder, und was
sie schufen, nichtigen Tand. Aber es war kein Aufhalten mehr; jubelnd
umringten sie die tanzenden und singenden rosenbekranzten Kinder und
Jugendgreise, und zwangen sie, mitzutun in dem frohlichen Reigen, bis sie
ermudet umsanken zu ewigem Schlafe.
Wie das so gekommen? Wie das so kommen konnte — wer wollte
es sagen? Es war da, und war nicht wieder wegzuschaffen. Das wurde
bald genug alien klar. Seinen Anfang nahm das neue Wesen in der
Kammer, im Konzertsaal, aber bald genug griff es iiber auf das Opernhaus,
und zuletzt auch auf die Kirche. Schliesslich herrschte es auf der Gasse,
wenn es nicht gar etwa seinen Weg zuerst von der Gasse in die Kammer
gefunden hat!
Es war freilich eine sehr merkwiirdige Zeit, die Zeit, wo man sich
plotzlich auf das Volkslied besann, wo man den gespreizten Mummenschanz
der italienischen Helden- und Gotteroper durch die herzige Dummheit der
Bauern aus dem Felde schlug, und mit den liebenswurdigen Reverenzen
des Menuetts die Fuge aus dem Konzertsaal hinauskomplimentierte. Das
die hohe Dame spielende Kammerkatzchen in Neapel, der seine Gassen-
hauer singende Londoner Bettler, der aus dem dunklen Dachkammerchen
seiner tschechischen Heimat durch Geistermacht in die Raume der Pariser
Grossen Oper versetzte Menuette fiedelnde ratselhafte Prophet von Bohmisch-
Broda im verschlissenen Rockchen — sind sie nicht alle nur verschiedene
Verkleidungen, in denen der neue Geist in den grossen Zentren der alten
Kunst auftaucht und sein Menetekel mit Flammenschrift an die Wande
schreibt?
Man kann wohl nicht anders als einen inneren Zusammenhang, eine iden-
tische treibende Kraft in alien den Neubildungen erkennen, welche das 18. Jahr-
hundert der Musik brachte. Es war der Durchbruch der schlichten Natur,
die Auflehnung gesunder volksmassiger lnstinkte gegen geschraubtes Wesen
und Verkiinstelung, was fast gleichzeitig im sonnigen Siiden Italiens und
an dem nebeligen Ufer der Themse die Musiker die Opera buffa und das
Singspiel gegen die in inhaltlosen Formen erstarrte Opera seria ins Feld fiihren,
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C "r\r%olr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
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RIEMANN: DIE WURZELN DER KUNST MOZARTS
was die singende Muse an der Pleisse Studentenlieder und kernige Tanz-
melodieen als Vorahnungen eines neuen Liederfriihlings anstimmen liess
und was von dem idyllischen Neckarstadtchen Mannheim aus in der In-
strumentalmusik ebensolche schlichte neue Weisen verbreitete, die der
bis dahin kaum beachteten und wenig geschatzten Symphonie einen be-
strickenden Zauber verliehen, der ihr in wenigen Jahren zum Sieg iiber alle,
auch die ehrwiirdigsten Formen der alteren Kompositionsweise fur die
Kamraer verhalf und Paris, London und die Welt eroberte.
Es ist miissig, daruber zu klagen, dass der Zusammenbruch der alten
Kunst unermessliche Schatze von fiir alle Zeit hohem Werte unter dem Schutt
seiner Trummer begrub, und dass es z. B. fast ein Jahrhundert brauchte, die
unverganglichen Meisterwerke Sebastian Bachs wenigstens zum Teil wieder
auszugraben. Die Tatsache, dass eine Literatur von Jahrhunderten durch
eine ganz neue Literatur plotzlich vollstandig verdrangt wurde, steht fest
und kann nicht nachdriicklich genug betont werden.
Aber die neue Kunst schoss so plotzlich und so unaufhaltsam ins
Kraut, dass auch die die Epoche eroffnenden Erstlinge des neuen Wuchses
schnell iiberwuchert wurden und man ihrer schon nach wenigen Jahrzehnten
sogar vollig vergass. Nicht nur die Anfange der komischen Oper und des
Singspiels wurden durch ihre Fortbildungen iiberholt, sondern auch die
Anfange des neuen Instrumentalstils verschwanden in der Flut der Neu-
erscheinungen und zwar wurden sie zuerst ganz unverdientermassen zuriick-
gesetzt gegen hohle, verwasserte, aber bunt aufgebauschte Nachahmungen
zahlloser Adepten der neuen Richtung, bis sich aus ihrer Reihe die grossen
neuen Meister erhoben, welche sie alle turmhoch iiberragten und das
Schicksal der alten Kunst zu einem definitiven machten : Haydn, Mozart und
Beethoven traten das Erbe der Mannheimer Neuschopfer an und fiihrten
die neue Kunst zur Vollendung. Ich will nicht ausfiihrlich und grundlich
werden und damit ermuden. Ich wollte nur andeuten, inwiefern nicht
Haydn und nicht Mozart vom Himmel gefallen sind, sondern vielmehr jetzt
als durchaus begreifliche Erscheinungen in der Entwicklung der Kunst ihrer
Zeit dastehen, auf derem Boden erwachsen sind und aus ihm ihre Lebens-
krafte gesogen haben.
Heute liegt der Werdegang Mozarts offen da. Seit wir die etwa in
den Jahren 1745 — 54 sich vollziehende Stilwandlung durch die Mannheimer
Komponisten, alien voran den hochgenialen Johann Stamitz kennen, wissen
wir ganz bestimmt, dass der Stil der Wiener Klassiker eine durchaus
verstandliche Weiterentwickelung und Vollendung des seinerzeit so un-
geheures Aufsehen machenden neuen Stiles der Mannheimer Schule ist.
Man kann sich nur daruber wundern, dass das nicht langst und von jeher
eine ganz selbstverstandliche Sache ist.
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DIE MUSIK V. 7.
Johann Stamitz starb am 27. Marz 1757, also nur 14 Monate
nach Mozarts Geburt. Seine und seines alteren, an der Stilreform nicht
unerheblich beteiligten Genossen Franz Xaver Richter (1709 — 1789)
Werke standen urn diese Zeit nicht nur in Siiddeutschland, sondern in den
tonangebenden Musikzentren Paris und London in allerhochstem Ansehen
und wurden in Pariser, Londoner und Amsterdamer Drucken iiber die ganze
musikalische Welt verbreitet.
Vergebens sucht man freilich in Otto Jahns so verdienstlicher und
fur alle folgenden Musikerbiographien vorbildlicher Mozartbiographie nach
irgendwelchen Notizen iiber den Ruhm der alteren Mannheimer Meister.
Nicht einmal der Name von Johann Stamitz ist genannt (denn der I. S. 386
der 2. Auflage nach Cannabich, Toeschi und Cramer ohne Bemerkung
genannte Stamitz soil doch wohl sein altester Sohn Karl sein). Auch
C. F. Pohls Haydnbiographie weiss nichts von der Bedeutung der Mannheimer.
Wenn er I. S. 281 Johann Stamitz den „Griinder der sogenannten Mann-
heimer Schule" nennt, so meint er damit Stamitz als Lehrer einer Reihe
vortrefflicher Violinisten. Denn dass er ihn nach Dittersdorf, Mysliweczek
und vielen anderen und S. 276 nach Vanhall, Toeschi und Vanmaldere ohne
jede chronologische Sichtung ganz beilaufig nennt, beweist bestenfalls,
dass er gar keine Ahnung davon hat, welche tonangebende Rolle der
Komponist Stamitz um 1750 spielt. Es ist aber fur Forscher, die gerade
iiber diese Zeit Spezialstudien machten, nahezu unbegreiflich, dass ihnen
der strahlende Ruhm der Mannheimer entgehen konnte. Die beziiglichen
Kapitel der Biographien beider Wiener Meister bediirfen einer grundlichen
Neugestaltung. Die Rolle, welche man Phil. Em. Bach und Johann Christian
Bach fur die Entwicklung Haydns und Mozarts zuzuschreiben sich gewohnt
hat, muss in Zukunft vielmehr und zwar ohne Reserve Johann Stamitz
zugewiesen werden, in dessen Fusstapfen nicht nur seine personlichen
Schiiler Cannabich, Toeschi, Filtz, Beck, Eichner, W. Cramer, J. Franzl,
seine Sohne Karl und Anton, sondern auch Dittersdorf, Leopold Hoffmann,
Joh. Chr. Bach, Leopold Mozart (der Vater), Boccherini, Gossec, Van-
maldere, Mysliweczek, Georg Benda usw. usw. wandeln. Neben Stamitz
und vor Stamitz darf man als Meister, bei denen einzelne Ziige der
neuen Schreibweise erkennbar sind, nur Gluck und Pergolese nennen:
Pergolese als den mutmasslichen Schopfer des kantabeln Allegro und Gluck
als ersten Miniaturmaler intimen Charakters (in seinen sieben Trios).
Durch diese Hinweise geschieht der Grosse Haydns und Mozarts
kein Abbruch; im Gegenteil kann die Bewunderung fiir die Hohe, zu
welcher sie den neuen Stil gesteigert haben, durch die Kenntnis ihres be-
deutendsten Vorlaufers nur wachsen.
r ( " i \r \n L - Original from
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ZUR TEXTFRAGE
UND zur auffOhrung von
MOZARTS ,DON JUAN*
von Ernst Heinemann-Berlin
.^K*^&ff#..- — - ■, ^TOfflW^;^
ar einiger Zeit batte der Verfasaer dieser Zellen Gelegenbeit,
ciner AuffQhrang von Mozarts .Don Juan* beizuwohnen. Fran*
cesco d'Andrade gab die Titelrolle* Im Finale des zweiten
Aktes, als der VerfBh«r von Sevilla mit seinen hubscheu Be*
gleiterlnnen eintritt, am die Freuden des Mahles zu geniesaeti, entwickelt
sich zwischen ihm und seinem Diener Leporello der fotgende Dialog:
Don Juan: » Leporello, presto In tavolal"
vorauf Leporello antwortet:
,0, dai 1st Ja veltbckanaL*
Dieser knrze Dialog zwischen dera Herrn und seinem Diener
charakterisiert mehr als iange Auseinandersetzungen die ganze Textnusfere,
der diese Oper aller Opera aeit ihrem HSjShrigen Dasein unterworfen
ist* Denn wenn der Heir semen Dieser beauftragt, ihm das Essen zu
bringen, und der Diener gibt darauf die selfsame Ant wort: ,0, das
ist ja weltbekannt*, so ist das elne solche Verballhornung, wie sie
schlimmer kaum mSglich ist.
Nun will ich gern zugeben, dass in einem solchen Falle, in dem
der eine der Darsteller die Rolle in italienischer, der andere in deutscher
Sprache zum Vortrag bringt, es nicbt immer mdglich ist, Rede and Gcgeu-
rede voHkommen in Einklang miteinander zu bringen. Schon bei einer
einhchen Dichtung wfirde es Schwierigkeiten haben, wenn die Darsteilung
in verschiedenen Sprachen stattfindet, den Dialog vor jeder Unordnung zu
bewahren, vollends aber bei einem Libretto, bei dem sich zu den Forderungen
der Poesie die zahllosen Rucksichten auf das musikaiische Moment hinzu-
geaellen. In dem oben zitierten Dialoge war es nun allerdings mit nichta
zu begrfinden, dass Leporello seinem Herrn die erwlhnte Antwort gab,
denn es liegt auch nicbt die mlndeste Veranlassung vor, die an dieser
Stelle von Leporello im italienischen Original erteilte Antwort: .Son
prontissimo servir", in der angegebenen Weise zu iibersetzen; bierzu ndtigto
den Obersctzer (Rochlitz) lediglich die Rucksicht auf seine ebenso selfsame
Obertnigung der oben mltgctellten Aufforderung Don Juans, dass Leporello
V. 7. 2
f\ | Original from
■'■' ^ AH Vs K UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DIE MUSIK V. 7.
ihm das Essen bringen solle („Leporello, presto in tavola!") — eine Auf-
forderung, die Rochlitz durch den Satz: „Ohne Geld ist alles eitel" iiber-
tragt. Wenn Rochlitz Don Juans Aufforderung, dass Leporello ihm
das Essen bringen soil, mit den Worten: „Ohne Geld ist alles
eitel" verdeutscht, so kann dies wohl auf alles Mogliche, nur nicht auf
den Namen einer Ubersetzung Anspruch erheben, und nicht zu verwundern
ist es, wenn unter solchen Umstanden bei einer zweisprachigen Wiedergabe
des Stiickes die argste Konfusion entstehen muss.
Schon das muss als eine der merkwiirdigsten Erscheinungen in der
Entwicklungsgeschichte eines Buhnenwerkes, das zu den grossten Kunst-
schopfungen, die der menschliche Genius uberhaupt hervorgebracht hat,
gehort, bezeichnet werden, dass noch 118Jahre nach seiner Erstauffiihrung
eine Diskussion iiber die Frage moglich ist, ob man dieses Werk eigentlich
als eine Tragodie oder Komodie zu betrachten habe. Dass man es hierbei
nicht lediglich mit einer bedeutungslosen Streitfrage zu tun hat, leuchtet
ohne weiteres ein; denn ob ein Stuck eine Tragodie oder Komodie darstellt,
ist fur die ganze Auffiihrung von grundsatzlich entscheidender Bedeutung.
Wenn man den Ursachen nachgeht, — der Verfasser hat bereits an dieser
Stelle 1 ) den Gegenstand eingehender behandelt — so wird man finden, dass
die Bestrebungen, diese Oper als komische Oper aufzufassen, sich in den
ersten Zeiten ihrer Entstehung aus dem allgemeinen Bediirfnisse erklarten,
unter moglichst heiteren Eindriicken das Theater zu verlassen: das Wort
des Schauspieldirektors in Goethes Faust „Und jeder geht zufrieden aus
dem Haus" sollte wahr gemacht werden. In neuerer Zeit dagegen griindet
sich das Bestreben, diese Oper als Komodie aufzufassen, auf eine gewisse
»Str6mung% auf eine gewisse Tendenz, die mit der von Richard Wagner
ausgehenden Richtung in einem gewissen Zusammenhang zu bringen sein
diirfte. Es gibt eine gewisse Richtung in der Musik, die mit einer wahren
Leidenschaft die Tragodie auf dem Gebiete der Musik Richard Wagner
ausschliesslich vorbehalten mochte, und die in Mozart den „ewig lachelnden",
den „ewig heiteren" Genius, der, wie in einer Erorterung zu lesen war,
im Grunde seines Herzens keine tragische Note schreiben konnte, erblickt.
Fragt man dann die Vertreter dieser Richtung, wie sie sich mit dem doch
nun einmal existierenden tragischen Inhalt der Mozartschen Oper abfinden,
so wiirde man sich einer Illusion hingeben, wenn man mehr als allgemeine
Redewendungen als Antwort erwarten wiirde.
Nichts kann uberhaupt der Darstellung bedenklicher werden, als eine
Auffassung, die sich leichten Herzens iiber die Grundidee eines Stiickes
hinwegsetzen zu konnen glaubt, und die Gefahr lauft, unter bestandiger
Beobachtung der Einzelheiten das Ganze aus dem Auge zu verlieren.
2 ) Im ersten Mozart-Heft der „Musik" (Jahrg. IV, Heft 1) S. 17 ff.
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
19
HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN"
Man spricht etwas Selbstverstandliches aus, wenn man sagt, dass bei einer
Auffiihrung des Don Giovanni im Deutschen die Textworte in ihrer Ge-
samtheit unter alien Umstanden den Anspruch auf den Namen einer
Dichtung erheben miissen, und erst dann kann das Ziel als erreicht be-
trachtet werden, wenn ein so beschaffener Text, d. h. also eine Dichtung,
eine von allem Zwange befreite Wiedergabe der Musik ermoglicht. Ich
kann mir keine mechanischere Auffassung bei einem Ubersetzer denken,
als die, die es sich angelegen sein lasst, eine in technischer Hinsicht
moglichst einwandsfreie Verbindung der einzelnen Wortsilben mit den
Tonen herzustellen, unbekummert darum, welches Aussehen bei diesem
Verfahren der Text in seiner Gesamtheit darbietet. Wer diese Riicksicht
auf das Ganze nicht erfiillen kann, mag der Aufgabe fern bleiben. Denn
wenn ein Kunstwerk, wie die Mozartsche Musik mit einer ihrem Ganze n
nach unpoetischen Textbearbeitung, also mit einem undichterischen Pro-
dukte verkniipft wird, dann entsteht eine unnatiirliche Verbindung, die dem
Ganzen unter alien Umstanden zum Schaden gereichen muss.
Im Zusammenhang hiermit erklart es sich aber auch, warum das
Textproblem bei diesen Opera bisher keine ausreichende Losung fand.
Es sind zumeist undichterische Produkte, die fiir eine Verbindung mit der
Mozartschen Musik bestimmt waren. Dass dieses der Fall ist, erklart sich
wieder daraus, dass der wirkliche Dichter sich nur schwer einer solchen
Aufgabe unterzieht, weil seine Bewegungsfreiheit durch die Gesetze der
Musik bestandig in Fesseln geschlagen wird. Nur wer imstande ist, sich
diesen Gesetzen zu fiigen und zwischen beiden Kunsten zu vermitteln, wird
sich der Aufgabe widmen konnen, fiir deren Gelingen jedoch wesentlich
entscheidend ist, dass die Vereinigung beider Kiinste ohne Gewaltsamkeiten
zustande kommt; vielmehr muss das Ganze den Eindruck hervorbringen,
als ob Poesie und Musik sich aus freier Entschliessung die Hande
zum Bunde gereicht hatten.
Neben diesen, das allgemeine Verhaltnis zwischen Poesie und Musik
beriihrenden Prinzipien wird bei einer Oper wie „Don Juan" natiirlich das
traditionelle Moment nicht ausser Acht zu lassen sein. Wenn der friihere
Kapellmeister Rietz in Dresden das beriihmte „ Reich mir die Hand, mein
Leben* durch „Sei ohne Furcht, mein Leben* ersetzt, so zeigt er damit,
dass er unter Verkennung der elementarsten, fiir die Ubersetzung in Be-
tracht kommenden Forderungen verfahrt, denn die Tradition kann iiberall,
wo sie sich nicht Verstosse gegen die Poesie oder gegen die Musik zu-
schulden kommen lasst, ihre Rechte geltend machen. Wer dieses Moment
der Tradition ignoriert, versetzt seiner Ubersetzung von vornherein den
Todesstoss; sie versinkt im Schosse der Bibliotheken, anstatt ins Publikum
einzudringen.
( * , . AO | . Original from
fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
20
DIE MUSIK V. 7.
Auch der Verfasser dieser Zeilen hat den Versuch einer Neu-
beafbeitung des Textes dieser Oper unternommen, und die Aufnahme, die
seine Arbeit, noch ehe sich die Biihnen ihrer angenommen, in den offent-
lichen Blattern gefunden, beweisen ihm jedenfalls, dass trotz der vielen
Fehlschlage auf diesem Gebiete das Interesse an der endgiiltigen Losung
dieses Problems nicht erloschen ist. Die Erorterungen bei dieser Ge-
legenheit liessen im Prinzip die Zustimmung zu einem Verfahren erkennen,
das sich zur' Aufgabe setzt, den in der Musik verkorperten Don Juan
in der Ubertragung wieder lebendig werden zu lassen. Es sei daher dem
Verfasser vergonnt, noch durch einige Mitteilungen zur Klarung der Frage
beizutragen. Wenn er sich in der Kritik des Bestehenden in erster Linie
wieder an die Rochlitzsche und Levische Ubersetzung halt, so geschieht
es hauptsachlich, weil die in den Bibliotheken schlummernden Produkte
der Ubersetzungskunst auf diesem Gebiete wahrlich nicht danach angetan
sind, von neuem zum Leben erweckt zu werden; hier gilt der Bismarcksche
Satz: „Quieta non movere". Uber die Verbesserungsbedurftigkeit: der
Rochlitzschen Ubersetzung herrscht selbst bei denen, die auf Tradition
halten, nur eine Stimme; auch in den ^Mitteilungen fur die Mozart-Gemeinde
in Berlin", die im wesentlichen eine konservative Tendenz vertreten, ist
wiederholt 1 ) die Verbesserungsbedurftigkeit dieser Ubersetzung betont
worden. Der Levischen Ubersetzung mangelt kurzweg eines: die Eigen-
schaft einer Dichtung, also die conditio sine qua non einer Textgrundlage
fur eine solche Oper. Eine Ubersetzung, die den „Herrn Gouverneur zu
Pferde" in eine „hochgeschatzte Statue des grossen Herrn Comthures" ver-
wandelt, muss prinzipiell Misstrauen erwecken und das Urteil gegen sich
einnehmen, denn sie zeigt, dass sie Neues um jeden Preis bringen will,
unbekiimmert darum, ob das Neue eine Besserung darstellt oder nicht. Zu-
gleich ist diese Ubersetzung an dieser Stelle charakteristisch fur das Prinzip
der Levischen Ubersetzung; es ist das krampfhafte Festhalten an dem Wort-
laute des Ausdruckes — als ob die Wortlichkeit der Ubersetzung ent-
scheidend fur die Treue der Ubersetzung ware.-) Wie sehr bei diesem Be-
streben das gerade Gegenteil des Originals zutage gefordert werden kann,
beweisen, um in einige Einzelheiten einzugehen, gleich die Anfangsworte
Donna Elvira's in der Levischen Ubersetzung. Da Ponte fiihrt diese Figur
mit folgenden Worten ein: „Ah! chi mi dice mai quel barbaro dov'^." Dies
1 ) s. 14. Heft Oktober 1902.
2 ) Unmotiviert erscheint uberhaupt eine Ubertragung, die von der Tradition ab-
weicht, um den Komthur stehend anstatt zu Pferde darzustellen. Eine derartige Uber-
tragung hat nicht einmal den Vorzug der grosseren Ubersetzungstreue, was sich schon
daraus ergibt, dass auch nach dem italienischen Original der Komtur sehr wohl zu
Pferde dargestellt werden kann, da eine „statua gentilissima* 4 prinzipiell auch eine
Reiterstatue sein kann.
J::;i ".i/.OV*
(" r\< \n}{* Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
21
HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN"
ubersetzt Levi durch : „Ach, werd ich ihn wohl finden usw. a , Rochlitz da-
gegen durch: „Wo werd ich ihn entdecken". Bei Rochlitz fehlt also das
Dapontesche „Ah! a , das „Ach a , und doch kann von seiner Lesart eine
grossere Treue der Obersetzung behauptet werden. Denn der Gefiihls-
inhalt des Ausdrucks „Ach tf kann ein verschiedener sein; er kann Zorn,
Verachtung, Erstaunen usw. wiedergeben; was er zum Ausdruck bringt,
wird durch das, was ihm folgt, bestimmt. Wenn Da Ponte sagt, „Ah! chi
mi dice mai u , so bringt dieser Satz gleich im Anfang die leidenschaftliche
Emporung der Elvira iiber die Untreue ihres Geliebten, also ihre wahre
Verfassung, zum Ausdruck. Wenn aber Levi ubersetzt „Ach, werd ich ihn
wohl finden", so sieht das so aus, als ob sie sich uberlegte, ob sie
ihn finden wird. Durch den ungliicklichen Ausdruck „wohl" hat Levi den
wirklichen Gefiihlsinhalt in dem Ausruf „Ach!" wieder aufgehoben und
durch eine der Verfassung der Elvira auch nicht im entferntesten Rechnung
tragende reflexive Stimmung ersetzt. Die Levische Obersetzung bringt
also hier nicht den leidenschaftlichen Zorn iiber das Verschwinden des
Geliebten, sondern das gerade Gegenteil, eine Oberlegung zum Aus-
druck; der Charakter ist also vollstandig verzeichnet, trotz der wortlichen
Wiedergabe des „Ach! tt Fast unrettbar aber erscheint eine Charakterfigur,
die gleich bei ihren Einfiihrungsworten verzeichnet ist.
Genau dasselbe Missgeschick ist dem Verfasser dieser Obersetzung
auch bei den Schlussworten der Elvira widerfahren, nur dass hier auch
noch starke Verstosse gegen die Musik hinzutreten. Fur die Stimmung der
Elvira bei ihrem letzten Auftreten sind bezeichnend die in der Partitur
vermerkten Worte: „entra disperata". Diese verzweifelte Stimmung kommt
bei Da Ponte in folgenden Worten zum Ausdruck:
„R6stati, barbaro! nel lezzo immondo,
Esempio orribile d'iniquita!"
Die Mozartsche Musik fiir diese Worte war hier der sicherste Wegweiser
fur den Obersetzer und Darsteller. In dem Ausdruck „orribile a , oder
noch genauer ausgedriickt, in der Silbe „ri a dieses Wortes war der ganze
leidenschaftliche Zorn der Elvira gleichsam niedergelegt worden. Wie
ubersetzt Levi dieses nun?
„Nun so versinke denn ganz in dem Pfuhle,
Bleibe ein Vorbild der Ruchlosigkeit."
Zunachst der Widersinn, der hier in dem Ausdruck „ Vorbild der
Ruchlosigkeit" liegt: die Ruchlosigkeit kann niemals vorbildlich sein;
man sagt deshalb wohl ironisch: ein nettes Vorbild, also in einer der
Gemiitsverfassung der Elvira direkt entgegengesetzten Stimmung. Der
Unterschied zwischen einem „Beispiel a (esempio) und einem ,, Vorbild"
scheint dem Obersetzer iiberhaupt entgangen zu sein; in seinem Bestreben,
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^ilKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
22
DIE MUS1K V. 7.
wortlich zu iibersetzen, bringt seine Ubersetzung hier das gerade Gegen-
teil des Originals und, wie wir sehen werden, auch der Musik:
denn gerade an die Stelle, an der Mozart das Wort „orribile" in
der Musik charakterisiert, bringt Levi das Wort — Vorbild! So etwas
sollte einem Musiker nicht passieren! Hierzu kommt noch die ungliick-
liche Ubersetzung des italienischen „d'iniquit& tt durch den Ausdruck
„Ruchlosigkeit tt . Dem Sinne des italienischen Originals entspricht dies
zwar, aber die musikalische Unbrauchbarkeit dieses Ausdrucks hat Levi
selbst dadurch dargetan, dass er im Gegensatz zu dem italienischen
Original von einer dreimaligen Wiederholung dieses Ausdrucks wegen der
sonst unvermeidlichen, hochst bedenklichen Betonung der Silbe „Ruch u
Abstand genommen hat und statt dessen andere Worte einfiigte, wodurch
die Steigerung in der empfindlichsten Weise beeintrachtigt worden ist.
Die Rochlitzsche Ubertragung an dieser Stelle (Wahrlich, der Strafe wirst
du nicht entgehen) mit der dreimaligen falschen Betonung des „du" war
verbesserungsbediirftig genug. Jedenfalls ergibt sich aus dem Vorstehenden,
dass die Charakterfigur der Elvira in der Levischen Ubersetzung bei
ihrem ersten und letzten Auftreten vollstandig verzeichnet ist, und damit
diirfte allein die Unbrauchbarkeit einer so gezeichneten Figur dargetan sein.
Man hatte iiberhaupt annehmen diirfen, dass in einer Ubersetzung,
die einen Musiker zum Verfasser hat, auch der Musiker in erster Linie
zur Geltung gekommen ware. Dass das in bezug auf diese Oper nicht der
Fall ist, zeigen bereits die vorigen Ausfiihrungen, deren Beweiskraft noch
durch einige weiteren Beispiele verstarkt werden mag. Wie wenig Levi
und ebenso Rochlitz imstande gewesen sind, sich durch den Komponisten
emporziehen zu lassen, tritt am deutlichsten in der sogenannten
Champagnerarie hervor. Bei der Ubertragung leitete den Miinchener
Bearbeiter zwar das Bestreben, diese Arie von all den musikalischen
Zutaten zu befreien, die im Interesse der Rochlitzschen Ubersetzung in
die Mozartsche Musik eingefiigt waren und die bei dem Presto-Tempo
dieser Arie sich fiir den Sanger in doppelter Hinsicht unangenehm fiihlbar
machten. Aber dieses Ziel ist erreicht worden durch Schaffung einer
Charakterfigur, die mit dem Mozartschen Originale kaum noch etwas
gemein hat. Bei den Worten:
„Ed io frattanto
Dall'altro canto
Con questa e quella
Vo'amoreggiar"
sieht Don Juan im Geiste, wie er aus dem Feste mit einer Schonen (Zer-
line) fortstrebt; was ihn hierbei bewegt, hat Da Ponte durch den Ausdruck
„amoreggiar" gekennzeichnet. Dieses „amoreggiar" hat Mozart dreimal
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23
HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN«~
wiederholt, und bei der dritten Wiederholung, wenn die Endsilbe „giar -
verklungen ist, schildert die Musik:
Viol.
namentlich in der Fuhrung der Violinstimme der beiden letzten Takte in
bezug auf die Verfassung Don Juans jenen Zustand, den Goethe im Faust
durch die Worte ausdrtickt:
„lm Vorgefuhl von solchem hohen Gluck
Geniess ich jetzt den hochsten Augenblick",
— einen Zustand, aus dem sich Don Juan erst durch den Ausruf: „Ah, la
mia lista" gewaltsam wieder losreisst. Und fur diesen Zustand des namen-
losesten Entziickens, fiir diesen Zustand der Selbstberauschung, hat der
eine der beiden Ubersetzer (Rochlitz) den Ausdruck „Schlafgemach B , der
andere (Levi) den Ausdruck „Kammerlein a , und der letztere tragt kein
Bedenken, sein „Kammerlein a (entsprechend dem Original) seinen Zuhorern
obendrein dreimal vorzufiihren! Was muss das fiir eine Musik sein, die
solche Dinge auszuhalten vermag ! *)
Aber weiter. Die letzte Strophe, die die neuen Triumphe Don Juans
verkiindet:
„Ab, la mia lista, doman mattina
D'una decina devi aumentar!"
iibersetzt Rochlitz :
w Blonde, Brunetten, drauf will ich wetten,
Zahlt mein Register morgen noch mehr."
Da das Komma zwischen dem „ Blonde* und „ Brunetten" in dem Presto-
Tempo der Musik verschwindet, so versteht man mithin : Blonde Brunetten
— eine contradictio in adjecto ! Nehmen wir hinzu den melodischen Aus-
druck „drauf a (drauf will ich wetten), so hat man die Schonheiten der
Rochlitzschen Ubersetzung dieser beiden Zeilen. In der Levischen Uber-
setzung aber lauten die Worte:
w Drum ohne Sorgen
In dein Register 2 )
*) Auch d'Andrade ist m. E. uber dieses vo'amoreggiar zu rasch hinweggegangen:
ich hatte die Empfindung, als ob ihm die Bedeutung dieser Stelle nicht recht zum
Bewusstsein gekommen sei.
2 ) Im Klavierauszug heisst es: „Deinem Register", also: Du schreibst
deinem Register zehne noch ein." (!)
Di;j '"i/'fiC!
C it)OQlc
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
24
DIE MUSIK V. 7.
Schreibst du schon morgen
Zehne noch em."
Wohlverstanden : zehne, nicht zehn. Zehne wird aber ausgesprochen und
gesungen, als ob es mit einem „a a geschrieben wiirde, also genau wie
„Zahne". Und dieser Ausdruck:
„Zehne (Z2hne) noch ein a
wird in der Levischen Ubersetzung nicht weniger als neunmal, sage und
schreibe neunmal im Gesange wiederholt! Welch eine Zumutung fiir
die Musik !
Ein ahnliches Beispiel, das eine formliche Profanation der Musik
enthalt, findet sich bei Rochlitz in dem Sextett im zweiten Aufzuge. Hier
lauten die Worte Donna Anna's folgendermassen :
„Lascia almeno alia mia pena
Questo piccolo ristoro,
Sol la morte, o mio tesoro,
II mio pianto puo finir."
Dies iibersetzt Rochlitz:
„Lass mich klagen, lass mich weinen,
Ohne diese Trinenfluten
Musste sich dies Herz verbluten,
Sie erquicken meine Brust."
Uber die Geschmacklosigkeit der Ausdrucksweise (die Tranenfluten er-
quicken die Brust der Donna Anna) will ich mich hier nicht weiter aus-
sprechen; hier mag lediglich auf die Bedeutung dieser Ubersetzung fiir
die Mozartsche Musik hingewiesen werden. Dadurch, dass Rochlitz im
Gegensatz zu Da Ponte die erste Zeile dieser Strophe (Lass mich klagen,
lass mich weinen) statt der letzten wiederholt, gerat das Verhaltnis der
Textworte zur Musik in Unordnung, und die Textunterlage gestaltet sich
daher zum Schluss folgendermassen :
Daponte: pian to puo fi - - nir!
Rochlitz: sie er - quik - ken mei - ne Brust.
Erstens ist das „ Erquicken**, das an Stelle von „pianto a steht, das gerade
Gegenteil von „pianto**, sodann werden an Stelle der fiber mehrere Tone
zu haltenden, den Schmerz ausdriickenden Silbe „pian a (pianto) fiir die
einzelnen Tone neue Silben gesungen ; hierbei ereignet es sich, dass die
Silbe „qui tt in dem Worte „erquicken** voile dreiviertel Takte, und noch
dazu in einer Steigerung von „des a auf „f a ausgehalten werden muss, also
nicht kurz, wie „quick a , sondern lang, wie „quie a gesungen werden
muss, sodass wir also im Gesang nicht das Wort „erquicken a , sondern
( * , . AO | . Original from
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25
HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN"
„erquieken" vernehmen ! „Die Tranenfluten, sie erquieken meine Brust u —
so versichert uns Donna Anna nach Rochlitz in ihrem tiefsten Schmerze!
Man sollte meinen, dass diese Proben geniigten, denn nicht die Menge,
sondern schon die Art der Beispiele ist charakteristisch fur die Obersetzung.
Indessen mogen noch einige weiteren Beispiele angefiihrt werden, die speziell
die Bedeutung dieser Obersetzung fur die Musik charakterisieren. Gleich
beim ersten Auftreten der Donna Anna, wenn sie dem entweichenden Don
Juan die Worte: „Non sperar, se non m'uccidi, ch'io ti lasci fuggir mai"
entgegenschleudert, sagt sie im Original bei der dritten Wiederholung
dieser Worte „Non sperar, ch'io ti lasci fuggir mai.**
Die ganze Kraft der Leidenschaft hat Mozart hier in den Ausdruck „lasci a hinein-
gelegt, und bei der dritten Wiederholung dieses Ausdrucks kann die G-Note:
Ch'io ti las - ci fug - gir mai
Rochlitz: Rau - ber du ent-gehst mir nicht
Levi: Un - er-kannt zu fliehn von hier
tatsachlich als die exponierteste Note des ganzen Absatzes gelten. Rochlitz
iibersetzt hier:
„Rauber, du entgehst mir nicht.**
Mit der G-Note, d. i. also mit der am starksten betonten Note fallt (s. o.) hier
das Wortchen „du a , also ein beim Sprechen vollstandig unbetontes Wort,
zusammen, so dass die Sangerin gegen jeden Sinn genotigt ist, dieses „du tt
mit aller Kraft zu betonen. Richtiger ware es gewesen, wenn die Roch-
litzschen Worte hier gelautet hatten:
„Du entgehst mir wahrlich nicht**,
so dass die Silbe „gehst** mit dem stark betonten „G a zusammengetroffen
ware. Bei Levi heisst es hier (s. o.):
„Hoffe nicht, unetkannt zu flieh'n von hier".
Dass die Silbe „kannt a in dem Worte „unerkannt" sich auch nicht im entfernte-
sten dazu qualifiziert, urn den Ausbruch der Leidenschaft wiederzugeben,
wie er in den Worten „ch'io ti lasci" und insbesondere in der Mozartschen
Charakteristik des Wortes „lasci a hervortritt, fiihlt jeder. J ) Ahnlich ist es
J ) Gerade diese Stelle entschleiert fur die, die nachzuempfinden verstehen, das
ganze Getriebe der musikalischen Komposition, sie zeigt, wie der eigentliche spiritus
rector hierbei die Phantasie ist. Bei den Worten:
„Non sperar, se non m'uccidi,
ch'io ti lasci fuggir mai**
sah Mozart die Szene vor seinem geistigen Auge, er sah im Geiste, wie die zorn-
bebende Spanierin den frechen Eindringling unter Aufgebot ihrer ganzen Kraft fest-
zuhalten suchte, und bei der dritten Wiederholung des „ch'io ti lasci** kam der Vulkan
in ihrem Innern zum vollen Ausbruch, und der Ton ging bei dem Worte „lasci**, man
( " i m \i-\ L - Original from
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DIE MUSIK V. 7.
den Ubersetzern gegangen in dem gemeinschaftlichen Klagegesang Octavio's
und Donna Anna's (Che giuramento, oh Dio), namentlich bei der Uber-
tragung des „ondeggiando il cor":
Anna: fe ^z^ ^g^^^E
- cor, vam -mi on-deg - gian do
(Rochlitz) - Herz, sonst un - ter - liegt sonst un - ter liegt usw.
(Levi) - ein, ach welch ein Jam - mer brach her- ein.
Man sieht, wie es Mozart darum zu tun war, den an sich so melodischen
Ausdruck „ondeggiando a durch die musikalische Behandlung der Silbe
«gian a zu charakterisieren. Statt nun diese Silbe in der vorgeschriebenen Form
auszuhalten, werden in der Ubersetzung den Noten an dieser Stelle neue
Worte, und noch dazu solche, die mit dem musikalischen Sinne nichts
zu tun haben, unterlegt, zum grossten Nachteil fiir die Mozartsche Musik.
— In dieselbe Kategorie von Missgriffen gehort die zweite Arie der Zer-
line („Vedrai carino tt ) in der Levischen Ubersetzung. Von der Ausdrucks-
weise an sich will ich auch hier ganz absehen; bei den Worten aber:
„non lo sa far, no! a
durfte kein Ubersetzer, und vor allem kein Musiker, dieses „no u , das
gar nicht von Da Ponte herriihrt, sondern von Mozart selbst zur Ver-
starkung dieses Ausdrucks eingefiigt worden ist, ignorieren. An Stelle
dieses „non lo sa far, no a bringt Levi bei der zweiten Wiederholung die
unglaublichen Worte „kein Apotheker", so dass also der betonte Ausruf
„no! a mit der Schlussilbe des Wortes Apotheker („ker ft ) zusammenfallt:
Zerline:
^mms
non lo sa far, no!
Levi: Kein A - po - the-ker(!!)
Es tritt also eine vollstandige Verdunkelung des musikalischen Sinnes ein,
die gerade der Musiker hatte vermeiden miissen.
In eine andere Kategorie von Verstossen gegen die Musik gehort
die Art, wie der Ubersetzer an gewissen Stellen mit langeren Laufen fertig
zu werden sucht. In der nachkomponierten Arie der Elvira heisst die letzte
Zeile bei Da Ponte:
„Provo ancor per lui pieta."
konnte sagen, mechanisch in die Hohe. Die SSngerinnen sollten sich gerade an einer
solchen Stelle in die Mozartsche Musik versenken, die ihnen die sicherste Aus-
kunft gibt, wie sie an dieser Stelle nicht allein zu singen, sondern auch — zu spielen
haben. Freilicb, in der Rochlitzschen oder Levischen Ubersetzung ist die richtige
Wiedergabe geradezu eine Unmoglichkeit.
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HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN"
Dies iibersetzt Rochlitz:
„Weint noch Mitleid hier fur ihn."
Zum Ungliick fiir den Ubersetzer trifft das Schlusswort „ihn" mit einer
langeren Tonfigur zusammen. Aber ein findiger Ubersetzer weiss sich
zu helfen; er schiebt einfach mitten in den Lauf ein „ja a ein, und die
arme Elvira muss dieses „ja a bis zur Bewusstlosigkeit heruntersingen.
Dasselbe Missgeschick ist dem Ubersetzer in der sog. Briefarie wider-
fahren; dem Worte ^Sentir^" (Sentir& piet& di me), dessen letzte Silbe
Mozart bei der Wiederholung zu einer sich iiber zehn Takte erstrecken-
den musikalischen Idee benutzte, werden im Klavierauszuge (Rochlitz)
im Deutschen die schonen Worte:
„bis meinem Herzen dieser Morgen j a — ein Morgen scheint"
unterlegt, und in das Wort „ja" ergiessen sich — zehn Takte hindurch —
die Empfindungen der Donna Anna. Das ist gewiss sehr erhebend, zumal
in einer so sinnreichen Phrase — aber immer noch ist's besser als die
Textunterlage in der Partitur, in der an Stelle des Wortchens „ja" das
Wort „scheint" steht. Das Wort „scheint tt zehn Takte singen zu lassen,
ohne zu beriicksichtigen, dass die beiden Endkonsonanten wahrend dieser
zehn Takte nicht mitgesungen werden konnen — welch eine Zumutung
fiir die Darstellerin dieser Rolle!
Beziehen sich die vorstehenden Beispiele in erster Linie auf die Be-
deutung, die die betreffenden Ubertragungen fiir die Musik haben, so mogen
nachstehend noch einige Beispiele angefiihrt werden, die den Ausdruck an
sich betreffen. Im Quartett des ersten Aufzuges sagt Octavio nach Rochlitz:
„Eher weich ich nicht von hinnen,
Bis mir Auskunft wird und Licht.*
Der Ausdruck „Auskunft tt konnte einen Neuerer wohl zu einer Verbesserung
anregen. Levi, der es versuchte, brachte hier folgende Worte:
„Nein, nicht eher will ich weichen,
Bis mir Klarheit ward und Licht."
Zunachst ist zu bemerken, dass der Ausdruck „ward tt sich immer nur auf
vergangene, aber niemals auf zukiinftige Dinge beziehen kann. Sodann
mochte ich wissen, warum jemand, der bereits Klarheit in einer Frage
besitzt, sich auch noch Licht in einer solchen Frage verschaffen soil. Wenn
Levi umgekehrt gesagt hatte „bis mir Licht und Klarheit wird", so wiirde
das Sinn gehabt haben, denn durch das Licht wird die Klarheit verbreitet,
aber nicht durch die Klarheit das Licht.
In der zwolften Szene iibersetzt Levi das „che dolce maest& tt durch
„welch holde Majestat", und zwar findet sich diese Ubersetzung im
Levischen Klavierauszuge; im Levischen Textbuch heisst die Ubersetzung
dagegen: „welch hohe Majestat". Nach meinem Gefiihl ist beides un-
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DIE MUS1K V. 7.
zulassig: die Majestat ist weder „hold u noch „hoch a ; der BegrifF des „hohen a
bleibt hinter der Vorstellung des „majestatischen a zuriick, und der Begriff
des „holden" und des „majestatischen a schliessen einander aus.
Schon oben ist auf die verfehlte Art hingewiesen worden, in der Levi
mitunter Interjektionen anwendet. Im Finale des zweiten Aktes lasst er
Don Juan mit folgendem Ausruf eintreten:
„Ha! das Mahl ist schon bereitet!"
„Ha! tt — beim Anblick eines gedeckten Tisches! Und noch dazu bei einer
Charakterfigur wie Don Juan, fur den derartige Dinge, wie eine Mahlzeit,
offenbar etwas ganz Aussergewohnliches darstellen! Man sagt wohl: Ha!
Verrater! wie iiberhaupt der Ausdruck: Ha! immer auf eine starke innere
Spannung schliessen lasst. Aber beim Anblick eines gedeckten Tisches
die Fassung zu verlieren — das konnen wir am allerwenigsten einem Don
Juan zutrauen.
Ein weiteres Beispiel dieser Art sind die Eingangsworte (in dieser
Beziehung ist Levi iiberhaupt vom Missgeschick verfolgt) Zerlinen's:
„0 ihr MSdchen, zur Liebe geboren,
Auf! benutzet die bluhende Zeit. a
Ich will von dem Ausdruck „bliihende Zeit a ganz absehen; aber wie sollen
wohl die Madchen „zur Liebe geboren** diesem Appell: „Auf! benutzet die
bluhende Zeit" entsprechen? Der Ausruf: Auf! pflegt nur bei ganz konkreten
Fallen angewendet zu werden; man sagt wohl: Auf zum Kampf! auf zur
Tafel! auf zur Jagd! Aber: „Auf! benutzet die bluhende Zeit a ?
Im Quartett des ersten Aufzuges legt Levi Don Juan (!) die Worte
in den Mund:
w O wie fuhlt sich die Seele befangen".
Eine solche Ausdrucksweise passt zur Charakterfigur Don Juans wie die
Faust aufs Auge.
Uber die fehlerhafte Art, die Wiederholung anzuwenden, habe ich
mich bereits an anderer Stelle geaussert. Hier noch ein Beispiel,
das bezeichnend ist fur den Mangel an Uberlegung bei der Anwendung
angemessener Worte in dieser Beziehung. Die # zweite Arie Don Octavio's:
„Il mio tesoro intanto
Andate a consolar*
iibersetzt Rochlitz:
„TrSnen, vom Freund getrocknet,
An seiner Brust geflossen".
Nun hat Mozart das „Andate a zur Wiederholung benutzt; da nun an der
Stelle dieses „Andate a in der deutschen Ubersetzung die Worte: „an seiner"
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HEINEMANN: ZU MOZARTS „DON JUAN 8
stehen, so wiederholt Rochlitz ganz mechanisch auch diese Worte, und
Octavio bringt demgemass im Gesang seine Empfindungen in folgender ge-
fiihlvollen Weise zum Ausdruck:
„Tranen, vom Freund getrocknet,
An seiner, an seiner Brust geflossen"
Man hat den Eindruck, als ob Octavio hier stotterte, als ob ihm bei dem
Worte „seiner a das Wort in der Kehle stecken bliebe. Es lassen sich
prinzipiell nur solche Worte zur Wiederholung gebrauchen, die iiberhaupt
einen Gedankeninhalt haben, der eben durch die Wiederholung verstarkt
werden kann. Worte aber, wie die beiden Worte: „an seiner" haben
iiberhaupt keinen Inhalt und konnen infolgedessen auch nicht wiederholt
werden. Richtig ware es gewesen, wenn er den Ausdruck „an seiner
Brust" wiederholt hatte; man hatte dann wenigstens gewusst, was ihn
iiberhaupt bewegte und was infolgedessen durch die Wiederholung hatte
verstarkt werden konnen.
Zwei Stellen seien noch angefiihrt, die speziell die Darstellung
betreffen. Im ersten Akte, wenn Masetto sich in der Laube verbirgt,
fahrt Don Juan vor dem aus der Laube tretenden Masetto betroffen zuriick.
Dies Erstaunen Don Juans wird in der Musik haarscharf geschildert und
zwar in dem Augenblicke, wenn die Musik von F-dur nach a-moll iibergeht.
In diese m Augenblick muss Don Juan zuriickfahren, bis sein zunachst
sprachloses Erstaunen sich in die Worte:
„Masetto?
E chiuso I&-perche?"
auflost. Der Verfasser dieser Zeilen wohnte einer Vorstellung bei, in der,
soweit er beobachten konnte, Don Juan, wahrend die Musik das Erstaunen
bereits zum Ausdruck brachte, die widerstrebende Zerline in die Laube zu
drangen suchte und nun zuriickprallte, nachdem die Musik das Erstaunen
langst zum Ausdruck gebracht hatte. Hier muss der Darsteller darauf
achten, dass die Handlung mit der Musik im Einklang bleibt.
Ein zweites Beispiel dieser Art. Im ersten Akte, wenn Donna Anna
Don Juan zu halten sucht und die Worte „Ti sapro perseguitar" zum
letzten Male ausgesprochen hat, heisst es in der Partitur erklarend: „Donna
Anna, sentendo il commendatore, lascia Don Giovanni ed entra in casa tt .
Darauf erscheint der Comtur und sagt: „Lasciala, indegno! u Das ist
natiirlich unlogisch, denn wenn Donna Anna ihn bereits losgelassen hat
und ins Haus eingetreten ist, kann der Comtur Don Juan nicht mehr
auffordern, sie loszulassen. In der Ricordischen Ausgabe des Textbuches
ist dieser Widerspruch auch beseitigt. Hier tritt zuerst der Comtur mit
dem Ausruf „lasciala tt herein, und erst dann heisst es in der Erklarung,
dass Donna Anna den Eindringling loslasst und dann ins Haus tritt. Nach
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DIE MUSIK V. 7.
meinem Dafiirhalten ist es iiberhaupt iiberfliissig, diese ausdriickliche
Aufforderung, sie loszulassen, dem Comtur in den Mund zu legen, denn
wenn der Comtur seinen Gegner auffordert, den Degen zu Ziehen, dann
geht daraus ohnehin hervor, was er auch in bezug auf seine Tochter von
seinem Gegner erwartet.
Ich bin mir nicht im Zweifel dariiber, dass eine musikalische Autoritat,
wie Hermann Levi, sich wohl im Klaren iiber die Unzulanglichkeit seiner
Ubersetzung gewesen ist. Wenn er den Versuch einer Besserung unter-
nahm, so trieb ihn wohl in erster Linie hierzu die Opposition gegen die
Rochlitzsche Ubersetzung, deren Verstosse allerdings an gewissen Stellen
eine formliche Aufforderung bilden, die Losung dieses Problems wieder
zu versuchen. Hierbei beging er indessen schon den Fehler, das
traditionelle Moment nicht genugend zu beriicksichtigen und auch da
Anderungen vorzunehmen, wo die Tradition immerhin gewisse Rechte
geltend machen konnte. Allein der Hauptgrund der mangelhaften
Beschaffenheit seines Textes lag hauptsachlich darin, dass er iiberhaupt
nicht imstande war, die Ubertragung dichterisch zu gestalten. Es kommt,
wie schon angedeutet, nicht allein darauf an, dass die einzelnen Noten
und Silben in einwandfreier Form vereinigt werden, sondern die Gesamtheit
des Textes muss bei diesem Verfahren immer den Anspruch auf den
Namen einer Dichtung erheben konnen. Erst wenn die Frage in betreff der
poetischen Beschaffenheit des Libretto's entschieden ist, kann dieses auf
seine musikalische Brauchbarkeit hin gepriift werden. Nur aus der Hand
der Poesie kann die Musik das Textbuch empfangen, um ihrerseits ihr
Urteil zu fallen. Levi aber glaubte die Poesie ausschalten und sich direkt
an die Musik wenden zu konnen: er beachtete also den „Instanzenweg u
nicht — ein Verfahren, das sich auf dem von ihm betretenen Gebiete
unter alien Umstanden rachen muss. Indessen, hat Levi das Problem
auch nicht gelost, so ist sein Bemiihen doch nicht umsonst gewesen, denn
er hat die Aufmerksamkeit von neuem auf die Frage gelenkt, und seine
Arbeit kann vielleicht als ein Produkt jenes Strebens aufgefasst werden,
„das stets das Bose will und stets das Gute schafft".
Am 27. Januar 1906 findet die 150jahrige Wiederkehr von Mozarts
Geburtstagsfeier statt. Nicht besser konnten die Buhnen das Andenken
des Meisters ehren als durch Erreichung jenes Zieles, das ihnen seit
Jahren vorschwebt: durch Vereinheitlichung des deutschen Don Juan -Textes.
Oder sollte die deutsche Sprache fur alle Zeiteri vergebens nach einem ein-
heitlichen Ausdruck ringen, der imstande ware, eine der grossten
Schopfungen, die der Genius hervorgebracht hat, in einer ihrer selbst und
diesem Werke gleich wurdigen Form zur Darstellung zu bringen?
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iiiiiiiiniiiiiiiinimiD
jzart als Knabe, als Junge. Er muss ein entzuckender Knabe
gewesen sein, sicherlich einer von denen, die man sc|pn ob
ihrer Kindfichkeit Heb haben muss, Er war auch sch5n» Sein
Gesicht hat attf dem bekannten Veroneser Bilde, das Sonn-
leithner fond, weicbe und frauenbafte ZBge, die an das nioderne eng-
liache Salonbild erinnera; auch hat der unbekannte Maler Mozarts Nase,
flber welche die boshafte Signora Malerbi einen schlechten Witz machte,
dem kfinstlerischen Ideal nthergebracht; fiber das funkelnde Auge, das liber
den Beschauer hinwegfliegt, fibt die alte hypnotische Zauberkraft, der
man auf alien Knabenbildern beruhmter Mflnner begegnet. Was aber auch
die Bilder nicht wiedergeben kSnnen, er&chliesst sich aus den reichlich
erhaltenen Jugendbriefen. Mag auch zuweilen in ihnen die krftftig-derbe
Atmospbire des vfiterlichen Hause& einen leisen Nachklang finden, der uns
verletzen will — die warme Liebe zu den Eltern, die uberquellende ZBrtlich-
keit zur Sch wester, die aus diesen Papiercn reden, machen uns den
Knaben nicht nur sympathischer als alle Wunderktnder unserer Zeit, sondern
lassen una ihn mit unserer ganzen Liebe umfassen. Wie der junge
Feuerkopf wirkte, wollen die folgenden Zeilen auf Grand unbekannten
Materials darstellen.
Aus den biographischen Werken von Niemtscbek und Nissen 1st
uns bekannt, dass die Pamilie Mozart im Januar 1768 nach Wien iiber-
siedelte, mit der Absicht, dem Sohne ein neues Wirkungsfeld zu gewinnen.
Der Kaiserliche Hot erwies sicb wohlgeneigt, und Wolfgang Mozart erbielt
den Auftrag, eine Oper zu komponieren; in knrzer Zeit war dieses Werk
beendet; es war eine Opera buffa, La Finta semplice, deren Text-
buch der Hofdicbter Marco Coltellini verfasst hatte. Aber die Aufffibrung
kam trotz ausretcbender Vorbereitungen nicht zustande; der Theaterunter*
nehmer Affligio, eine katilinarische Existenz vom relnsten Wasser, hinter-
trieb sie mit den unsaubersten Mitteln. Ferner erblickten die ltalienischen
Singer in dem Umstande, dass ein 12j&hriger Knabe die Aufffihrong leiten
sollte, einen Angriff auf ihren kfinstlerischen Ruf; denn sie waren welt
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DIE MUSIK V. 7.
davon entfernt zu glauben, dass dieser Junge die dicke Partitur von
558 Seiten selbst komponiert hatte. Der Vater Mozart war emport und
wandte sich in der Not — der Hof war von Wien abwesend — an die
ersten musikalischen Personlichkeiten Wiens. Er verrechnete sich hier
teilweise. Der alte Klavierkomponist Christoph Wagenseil, der Lehrer der
Kaiserin Maria Theresia, war krank und konnte nicht eingreifen. Gluck
verhielt sich indifferent; ja, Leopold Mozart behauptet sogar, Gluck habe
zu der aufhetzenden Gegenpartei gehort. Priift man ganz unbefangen an
der Hand zeitgenossischer Mitteilungen die Beziehungen in der musikalischen
Welt Wiens, so entrollt sich das Bild eines unverfalschten Konkurrenz-
neides. Da steht auf der einen Seite Gluck mit seinem Textdichter
Calzabigi, und beide tragt die fortschrittliche Presse eines Josef von Sonnenfels.
Auf der Gegenseite gewahren wir, alt und grau geworden, Johann Adolph
Hasse und seinen Librettisten Metastasio, beide langst Manner von einer
europaischen Beriihmtheit, die nun auf die neuen Kopfe vornehm abwartend
herabsahen, Leute, die in Wien zu den Intimen der Kaiserin gehorten.
Dann ware noch an eine dritte Partei zu denken, mit Dittersdorf an der
Spitze; diese wird von Gluck und Hasse vollstandig iibersehen. Haydn
lebte damals nicht in Wien. Leopold Mozart wandte sich nun an Hasse
und wurde mit seinem „Wolfgangerl a herzlich aufgenommen. In einem
wohl etwas dick instrumentierten Briefe vom 30. Juli 1768 teilt Leopold
Mozart triumphierend mit, „dass der Musikvater Hasse und der grosse
Metastasio" erklart hatten, die Verleumder des jungen Mozart sollten zu
ihnen kommen, „um aus ihrem Munde zu horen, dass 30 Opern in Wien
aufgefiihrt worden waren, die in keinem Stiicke der Oper dieses Knaben
beykamen, welche sie beyde in hochstem Grade bewunderten"; ferner lesen
wir in demselben Briefe, dass Wolfgang in Hasses Hauslichkeit „in Gegen-
wart vieler Personen von Ansehn", Proben seines Talents gegeben hatte.
Der Knabe musste in diesen etwas jahrmarktsartigen Schaustellungen
Kunststiicke leisten, denen unsere heutigen 20jahrigen Konservatoristen
hilflos gegeniiberstehen wiirden. Aber Hasses Intervention niitzte nichts;
Mozarts Oper wurde zuriickgestellt und sah das Lampenlicht erst 1769 in
Salzburg. Der Vater trostete sich damit, dass sein Sohn den Auftrag er-
hielt, fur einen Privatzirkel das Liederspiel Bastien und Bastienne
zu schreiben, das noch im selben Jahre mit Erfolg aufgefiihrt wurde, und
dass Wolfgang am 7. Dezember 1768 eine selbstkomponierte Messe zur
Einweihung der neuerbauten Waisenhauskirche dirigierte. Wurde doch
damit der weitverbreiteten Ansicht, der Vater sei der Komponist dieser
Werke und nicht der Sohn, der wurzelfeste Boden allmahlich entzogen.
Oben war vom Musikvater Hasse die Rede. Wer Hasse war, wissen
heute nur wenige; in den Jahren 1730 — 1800 wusste es jeder, der sich
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MENNICKE: IL RAGAZZO MOZARD
mit Musik beschaftigte. Er genoss eine Popularitat, an welche diejenige
Richard Wagners gerade heranreicht. Die musikalische Presse nennt un-
zahlige Male seinen Namen mit der hochsten Verehrung, und sie gerat
dabei in eine leichte Extase; die deutschen Kunstschreiber betonen jedes-
mal, dass es ein Deutscher ist, der an der Spitze marschiere, obwohl Hasse
durchaus in italienischen Bahnen wandelte. Wie Fuhrmann von den drei
B geredet hatte: Buxtehude, Bach und Bachelbel, so spricht Mattheson von den
drei deutschen H : Hasse, Handel, Heinichen. Der Lexikograph Gerber faltet
jedesmal die Hande, wenn er Hasses Namen nennt; er redet mit Vorliebe
vom „grossen Hasse", und fur ihn haben die mannigfachen Urteile Hasses
iiber Komponisten und ausiibende Kiinstler etwas von der Wucht und
Schwerkraft der Gebote des alttestamentarischen Gottes. Johann Adolph
Hasse, 1699 in Bergedorf bei Hamburg geboren, aus einer alten Organisten-
familie hervorgegangen, die aus Liibeck stammt, kam als Tenorist an die
Braunschweiger Oper, komponierte hier seine erste Oper, ging dann nach
Neapel und wurde daselbst der getreue Famulus des alten Scarlatti. Er
macht rasch Karriere, wird 1727 Konservatoriumsdirektor in Venedig und
schreibt alljahrlich zwei Opern, die mit Enthusiasmus aufgenommen werden.
Seinen unbequemen Namen schreiben und sprechen die Italiener Asse,
sagen aber bald kurz und klangvoller il Sassone, der Sachse. Der furor
italicus findet bald Beiworte, und nun ertont in alien Theatern Italiens
das Feldgeschrei il divino, il caro Sassone, das uber die Alpen dringt
und in der deutschen Heimat die Herzen hoher schlagen lasst. Im Jahre
1734 weilt Hasse voriibergehend in London, wohin ihn schmeichelhafte
Einladungen gerufen hatten, und in demselben Jahre tritt er die Dresdener
Stellung des Opernkapellmeisters an, die er bis 1764 bekleidet hat.
Friedrich der Grosse iiberschiittete ihn mit Ehren, lud ihn nach Berlin ein,
am Miinchener Hofe verkehrte er in familiarer Weise, und in Paris feierte
ihn die konigliche Familie mit einem echt franzosischen Feinsinn. Von
1760 — 72 fesselte ihn die osterreichische Kaiserin an Wien, wo er fur die
Hoffestlichkeiten einige Werke schrieb. Dann zog er sich nach seiner
zweiten Heimat Venedig zuriick und starb dort 1783. Den Ruhm seines
Namens hat aber Johann Adolph Hasse nicht allein zu Wege gebracht;
einen betrachtlichen Anteil tragt seine Gattin. Faustina Bordoni-Hasse,
zumeist nur Faustina genannt, war die bedeutendste Buhnensangerin
ihrer Zeit; ihre Erfolge sind marchenhaft, und wir miissen schon an
Adelina Patti denken, wenn wir den der Geschichte Fernerstehenden orientieren
wollen. Bei ihrem ersten Auftreten im Alter von 16 Jahren in Venedig
1716 hatte sie phanomenalen Erfolg; zwei deutsche Fiirsten beeilten sich,
ihr den Titel einer Virtuosa di camera zu verleihen. In Florenz wurden
1723 zwei Denkmiinzen auf sie gepragt. Wenn man ihr Bild in der
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DIE MUSIK V. 7.
Dresdener Galerie gesehen hat, versteht man, dass ihr die Cavalieri in
Bologna zu Fiissen lagen, dass sich bei Gelegenheit ihrer Londoner Tatigkeit der
Jockeyklub enthusiasmierte, und dass der galante Prinz Friedrich von Wales
ihretwegen einen Zweikampf ausfocht. In Wien erhielt sie ein Gehalt von
12 500 Gulden, in London zahlte ihr Handel 40 000 Mark. Von 1730 ab
war sie Hasses Gattin, und sie hat mit ihm zusammen der Dresdener
Oper das glanzende Relief gegeben, das die gesamte europaische Kunstwelt
auf Dresden achten Hess; mit Dresden verglichen waren die Operntheater in
Berlin, Wien, Mannheim nur Provinzbiihnen. Faustina starb 1781 in Venedig;
zwei Tochter, ein Sohn und der Gatte betrauerten ihren Verlust; von der
grossen Welt hatte sie sich diplomatisch, im rechten Zeitpunkte, zuriickgezogen.
Bei diesem Ehepaar, das in Wien zuriickgezogen lebte und Unterricht
erteilte, klopfte also Leopold Mozart an, als ihm die Intriguenwirtschaft zu
arg wurde; er wusste genau, dass ein Urteil Hasses ein Machtwort war.
In einer Klaviersonate Wolfgang Mozarts, 1764 in London komponiert und
der Konigin Charlotte von Grossbritannien gewidmet, heisst es (Kochel 10)
in der Widmung, die hochstwahrscheinlich vom Vater, keinesfalls vom
Sohne herriihrt:
. . . Mais que je vive, et un jour je lui ofPrirai un don digne d'EUe et de
toi; car avec ton secours, j'ggalerai la gloire de tous les grands hommes de ma patrie,
je deviendrai immortel comme Handel et Hasse, et mon nom sera aussi cdlebre que
celui de Bach.
Niemtschek behauptet, Wolfgang habe in seiner Jugend die Werke
Hasses, Handels und Phil. E. Bachs unablfissig studiert; wieviel daran
wahr ist, lasst sich nicht ohne weiteres entscheiden; jedenfalls findet sich
in Wolfgangs Briefen keine Zeile der Anerkennung fur Hasse. In Sachen
der Oper La Finta semplice konnte Hasse, wir wir schon gesehen
haben, nicht so helfen, als es erwiinscht war; aber er hat spMter mit seiner
Gunst und Zuneigung nicht nur nicht zuruckgehalten, sondern er hat dem
grossen Meister den Weg geebnet. Es existieren Briefe Hasses, die in
den Jahren 1766 — 72 aus Wien an den befreundeten Abate Giovanni Maria
Ortes nach Venedig geschrieben worden sind und die neben familiaren
Mitteilungen auch kritische Bemerkungen iiber die Wiener Theaterverhalt-
nisse enthalten. Drei von diesen Briefen und eine Antwort des Empfangers
sprechen von Mozart. Zuerst hat G. M. Urbani de Gheltof in einer 1890 in
Venedig erschienenen Abhandlung, die nur in wenig Exemplaren gedruckt
worden ist, auf diese Briefe hingewiesen. Die vier unten abgedruckten
Briefe, die wir in einer freien Ubertragung deutsch wiedergeben, ') ver-
danken wir der Giite des Herrn Prof. Angelo Scriuz in Venedig.
*) Die originale italienische Fassung hat der Verfasser an anderer Stelle mit-
geteilt (Hasse und die Bruder Graun als Symphoniker. Leipzig, Breitkopf & HirteL
[unter der Presse]).
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MENMCKE: IL RAGAZZO MOZARD
Sehr auffallig und merkwurdig ist, dass Hasse erst in einem Briefe
vom September 1769 Mozart erwahnt. Denn, wie auch oben ausgefiihrt
worden ist, schreibt ja Leopold Mozart schon im Juli 1768, dass Hasse
seinen Wolfgang kennengelernt und ausserordentlich gelobt habe; dazu
existieren auch neun Briefe Hasses aus dem Jahre 1768, aber sie ent-
halten kein Wort fiber Mozart. Wir miissen vorlaufig darauf verzichten,
hier Klarheit zu schaffen; sonderbar bleibt aber, dass Hasse in dem ersten
Briefe nichts von der Oper La Finta semplice erwahnt, sondern ganz all-
gemein von Kompositionen spricht. Der erste Brief ist dieser:
Wien, 30. September 1769.
Icb habe die Bekanntschaft mit einem gewissen Herrn Mozard [!] gemacht, dem
Kapellmeister des Bischofs in Salzburg, einem Manne von Geist und feinen Umgangs-
formen, und ich glaube, dass er in der Musik ebenso wie in anderen VerhMltnissen
Erfolg baben wird. Dieser bat eine Tochter und einen Sohn. Die erstere spielt aus-
gezeichnet Cembalo und der letztere, der nicht alter als 12 oder 13 Jahre sein
durfte, spielt in diesem Alter die Rolle eines Komponisten und eines Maestro di
Musica. Ich habe die Kompositionen gesehen, die von ihm sein sollen, die sicher-
lich nicht schlecht [cattive] sind und in denen ich nicht einen Knaben von zwdlf
Jahren erkenne; und ich wage kaum daran zu zweifeln, dass sie nicht von ihm stammen,
nachdem er mir am Klavier auf verschiedene Art Sachen vorgespielt hat, die fur
dieses Alter bedeutend sind und die selbst fur einen ausgebildeten Kunstler be-
wunderungswurdig sein konnten.
Nun wollte ibn der Vater nach Italien bringen, urn ibn bekannt zu macben, und
er hatte mir bereits davon geschrieben, indem er mich gleichzeitig um einige
Empfehlungsbriefe bat und sich die Freiheit nabm, einen fur Sie [Abate Ortes] aus-
zubitten. Der genannte Herr Mozard ist ein sehr netter und hoflicher Herr, und
seine Kinder sind sehr gut erzogen. Der Knabe ist auch schon, lebhaft [vivace],
freundlich [gracioso] und bat gute Manieren, und wenn man ibn einmal kennen ge-
iernt hat, muss man ihn lieb baben [difficilmente si pud dispensarsi di non amarlo],
Sicherlich wird er im Verhiltnis zu seinem Alter gehdrige Fortschritte machen, ein
Wunder werden, wenn ihn der Vater nicht so sehr verhatschelt und ihn verdirbt, in-
dem er ihn mit uberflussigen Lobspruchen berfiuctaert. Das ist das Einzige, was ich
befurchte.
Wir sehen also, dass Hasse die Bittsteller nicht mit einigen ver-
bindlichen Worten abspeiste, sondern sich mit Begeisterung bemiihte, der
Laufbahn Wolfgangs durch ein personliches Eingreifen einen kraftigen Anstoss
zu geben. Welchen Wert ein von ihm ausgestelltes Empfehlungsschreiben re-
prasentierte, kann man leicht ermessen; im Juni des Jahres 1768 bat ihn
der Vorsteher des Konservatoriums degl* Incurabili in Venedig, fur die
erledigte Direktorialstelle einen Kandidaten vorzuschlagen; das war nicht
das erste Mai, dass man Hasse um Rat fragte; vielmehr war er fur die
italienischen Konservatorien und Theater gewissermassen ein Auskunfts-
bureau von unfehlbarer Autoritat. Ausserdem kann man uberzeugt sein,
dass ein praktischer Kopf, wie Leopold Mozart, sehr genau wusste, wessen
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( * , . AO | . Original from
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DIE MUSIK V. 7.
Stimme den Ausschlag gab. Bald machen sich nun die beiden Mozart, mit
einem Empfehlungsschreiben Hasses ausgeriistet, auf den Weg. Das
Schreiben selbst lautet:
Wien, 4. Oktober 1769.
Soweit wieder hergestellt [Hasse litt an Podagra], dass ich Ihnen scbon in
meinem letzten Briefe [siehe oben] ausfutarlich uber den Herrn Mozard berichtet habe,
uber seine Familie und seinen bocbbegabten [virtuoso] Sobn, kann icb Ihnen in diesem
Briefe ihn vorstellen, da er ja selbst der Uberbringer sein wird. Ohne micta also
nochmals uber die Eigenscbaften des Vaters und des Sohnes zu verbreiten, will ich
mich nur darauf besctaranken, Sie von neuem zu bitten, die beiden als meine Freunde
zu betrachten und ihnen mit Ihren guten RatschlSgen beizustehen und mit weisen
Ermahnungen, die Sie fur denjenigen notig und nutzbringend erachten, der in ein
fremdes Land geht und dort auf irgendeine Art und Weise hervorzutreten und sich
bekannt zu machen wiinscht.
Die vier Briefe Hasses, die aus dem Jahre 1770 erhalten sind, er-
wahnen Mozart nicht; erst im Marz 1771 erfahren wir und zwar aus dem
Munde von Ortes einiges Neue. Der Abate schreibt an Hasse:
[Venedig], 2. M3rz 1771.
Ich glaube nicht, dass sie [die beiden Mozart] mit dieser Stadt sehr zufrieden
sind, in der sie glaubten, die Leute wurden sie aufsuchen und zwar mebr, als
sie selbst die Leute aufsuchen; wie es ihnen auch noch anderwSrts geschehen wird.
Und in der Tat ist es hier nicht ublich, auf die Suche zu gehen, um andere fur
verdienstlicher und schatzenswerter anzusehen, als sie es wirklich sind, und es gibt
nicht wenig Leute, die denjenigen lieben, der nach Achtung sucht. Es ist interessant,
zu beobachten, mit welcher Gleichgultigkeit der Knabe diesen misslichen Verhaltnissen
gegenubersteht, wahrend der Vater ein wenig bissig [piccato] erscheint.
Hasse beantwortet dieses Schreiben am 23. Marz, und in diesem
Briefe finden wir Mozart zum letzten Male erwahnt:
Der junge Mozard ist fur sein Alter zweifellos ein Wunder, und auch ich liebe
ihn uber alle Massen. Der Vater ist, wie ich sehe, uberall gleicherweise unzufrieden
und es werden auch hier dieselben Klagen laut [siehe oben Ortes 1 Brief]. Er ver-
gottert seinen Sohn etwas zu sehr und verwohnt ion etwas stark; aber ich habe eine
so gute Meinung von der naturlichen Begabung des Knaben, dass ich hoffe, er wird
trotz der Einflusse des Vaters nicht verpfuscht, sondern ein braver Kunstler [un brav'
uomo] werden.
Obwohl die spateren Briefe Hasses iiber Mozart schweigen, waren
doch die Beziehungen zwischen beiden nicht abgebrochen; ja das Schicksal
fuhrte beide noch einmal nahe zusammen.
Im Januar 1771 wurde Hasse von der Kaiserin Maria Theresia ge-
beten, fur die Feier der im Oktober in Mailand stattfindenden Vermahlung
des Erzherzogs Ferdinand mit der Prinzessin Maria Ricciarda Beatrice eine
Oper zu schreiben. Hasse machte sich an die Arbeit und komponierte
ein Textbuch Metastases: Ruggiero (= L'eroica gratitudine). Ungefahr
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MENNICKE: IL RAGAZZO MOZARD
gleichzeitig — im Marz 1771 — kehrte Wolfgang, mit seinem Vater aus
Italien kommend, wieder nach Salzburg zuriick, und dort lag ein Auftrag
des Grafen Firmian vor, fiir die Mailander Festlichkeiten das allegorische
Schaferspiel Ascanio in Alba von Giuseppe Parini zu komponieren.
Am 13. August reiste er mit seinem Vater nach Mailand, wo sie am 21.
ankamen; am 31. schreibt er an die Schwester:
Heir Hasse ist gestern bier angelangt, heunt [!] werden wir ihn besuchen.
Hasse hatte sich im August auf den Weg gemacht, von seiner
Lieblingstochter Peppina und dem treuen Diener Franz begleitet; die Kaiserin
Maria Theresia trug Sorge, dass ihn unterwegs oder in Mailand wieder
die Gicht plagen konne und bat ihre Tochter, die Braut, Maria Beatrix,
sich seiner anzunehmen; er habe sich seiner Oper mit grosser Liebe und
Ausdauer gewidmet. Aus Leopold Mozarts Briefen erfahren wir iiber die
Proben manche Einzelheiten; er schreibt am 21. September:
Heute wird die erste Instrumentalprobe des Herrn Hasse sein, der sich, Gott
Lob, wohl befindet.
Nach mannigfachen Proben fand die erste Auffiihrung der Oper Hasses
am 16. Oktober, und die erste Darstellung von Wolfgangs Schaferspiel am
nachsten Tage statt. Die Oper des 72 jahrigen Meisters ging a terra, wie
die Italiener sagen, das Schaferspiel Mozarts wurde mit einem unendlichen
Jubel aufgenommen. So sagen wenigstens alle Biicher, die je iiber Mozart
geschrieben worden sind; aber sie treffen nicht vollig die Wahrheit. Hasse
selbst soil ausgerufen haben: Questo ragazzo ci farii dimenticar tutti! Dieser
Knabe wird uns alle vergessen machen! Diese geniale Prophetie hat sich
erfiillt, aber — Hasse hat sie nicht ausgesprochen. Leopold Mozart, der
jede banale Kleinigkeit, die seinen Wolfgang betraf, in den Briefen fest-
gelegt hat, erwahnt von dieser Prophezeiung keine Silbe; er schreibt mit
fiihlbarer Genugtuung nach Hause:
Kurz, mir ist leid: die Serenade des Wolfgangs hat die Oper von Hasse so
niedergeschlagen, dass ich es nicht beschreiben kann. Betet und danket Gott.
So viel wir wissen, hat nur Ulibischeff die Aufrichtigkeit des Be-
dauerns, das Leopold Mozart iiber den Misserfolg der Oper Hasses aus-
spricht, mit einem markierten Fragezeichen versehen; wir meinen, der
Heiligenschein in Mozarts Zeilen gibt auch einen Wink. Sicherlich hatte
Leopold Mozart mit Hasses Prophetie eine schwunghafte Reklame getrieben,
wenn sie eben zu seinen Ohren gekommen ware; er, der wenige Tage
spater mit einer peinlichen Genauigkeit berichtet, dass er, Wolfgang und
Hasse, bei dem Grafen Firmian Tischgaste waren, hatte hier geschwiegen?
Wir behauplen : das vermeintlich von Hasse gefallte Urteil gehort in die
Reihe jener wohlfeilen Anekdoten, die das grosse Publikum und der
populare Biograph kolportieren und sorglos von dem einen Meister auf
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DIE MUSIK V. 7.
den anderen iibertragen. Die angezweifelte Ausserung Hasses deckt sich
beinahe mit dem, was Durante iiber Gluck sagte, Zudem war Hasses
Fiasko nicht so, wie es Vater Mozart hinstellt. Wir denken nicht daran,
Hasses Misserfolg zu einem Erfolg zu stempeln. Hasse schreibt selbst
am 30. Oktober:
Mein Ruggiero hatte am ersten Abend das ganze Ungluck, das sich vereinigen
kann, um einer theatralischen Auffuhrung unrecht zu tun. Es ist watar, dass er in
den folgenden drei Wiederbolungen weit besser ging, aber hier zu Lande entscheidet
der Erfolg des ersten Abends.
Auch darf man nicht iibersehen, dass Hasses Textbuch nichts taugte;
Hasse beklagt sich iiber dieses in einem Briefe vom 5. Oktober, und dann
bleibt zu beachten, dass die prima donna Girelli nach der vierten Auf-
fuhrung krank wurde. Wolfgang schreibt am 2. November an seine
Schwester :
Heut ist die Opera des Hasse, weil aber der Papa nicht ausgeht, kann ich nicht
binein. Zum Gluck weiss ich schier alle Arien auswendig und also kann ich zu
Hause in meinen Gedanken horen und sehen.
Schliesslich muss noch erwahnt werden, dass Hasses Ruggiero auch
am 20. Januar 1772 in Neapel zur Auffuhrung kam. Jedoch — der Erfolg
war auch dort meschino; auf der Riickreise von Mailand 1771 besuchte Hasse
Venedig, sang seinem Freunde Ortes einige Arien aus dem Ruggiero vor
und machte sich dabei ein wenig iiber sich selbst lustig. Als er in Wien
ankam, rief ihn die Kaiserin zu sich und trostete ihn wegen des Miss-
erfolges; dazu beschenkte sie ihn und Peppina so reichlich, dass Hasse
schreiben konnte, keine seiner friiheren Opern sei so gut bezahlt worden.
w Non ho avuto mai un' opera piu magnificamente pagata."
Leopold Mozarts Charakter ist von Neid und einer gewissen Enge
nicht frei zu sprechen. Als Hasse das englische Schwesternpaar Cecily
und Mary Anne Davies protegierte, redet Vater Mozart von der „alt-
kindischen, auch aus lauter guter Meinung und freundschaftlichen Menschen-
liebe unternommenen Bemiihung des alten Hasse tt und ein andermal spricht
er mit malignem Akzent von der „Glasermaschine der Miss Devis a ; die
jiingere Davies war namlich eine Virtuosin auf der Glasharmonika. Da-
gegen hielt es Leopold Mozart noch 1777 fur angebracht, Wolfgang zu
empfehlen, er solle sich in betreff seiner „Kontrapunktswissenschaft"
Urteile vom Padre Martini und von Hasse ausbitten, um diese dem Kur-
fiirsten in Miinchen vorlegen zu konnen. Leopold Mozart ist als Helden-
mutter keine unsympathische Erscheinung; aber die wissenschaftliche
Forschung hat mit seinem frommen Verschleiern der Tatsachen zu brechen;
erst jiingst ist aufgedeckt worden, dass Vater Mozart um die Wahrung
seines Rufs als Geiger in egoistischer Weise besorgt war; seine Violin-
schule schweigt vollig iiber einen Geiger von der Qualitat Johann Stamitz\
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MENNICKE: 1L RAGAZZO MOZARD
der in Paris in gleiche Reihe mit Tartini gestellt wurde; es haben in
Deutschland nicht Stimmen gefehlt, die Mozarts Schweigen iiber Stamitz
ernsthaft tadelten und die Bedeutung des Geigers Mozart selbst treffend
beleuchteten.
Die Gunst, die Wolfgang Mozart Hasse zu danken hat, beschrankt
sich nicht auf einige Empfehlungsbriefe. Hasse hat als Komponist dem
Salzburger Meister vorgearbeitet. Es ist aber nicht wahr, dass Mozart ohne
Hasse undenkbar sei, wie zuweilen zu lesen ist, und auch die Behauptung,
Mozart habe oft auf den Hasseschen Formen weitergebaut und viele als
original-mozartisch bewunderte Wendungen von Hasse iibernommen, ist
abzuweisen. Vereinzelt stehen bei Hasse Mozartismen, aber eine genaue
Priifung ergibt bei beiden scharfgeschnittene Idiotismen des Ausdrucks.
Fur Hasse resultieren sie aus der Uberlegenheit und der Reife der Er-
fahrung, fiir Mozart aus dem jugendlichen Eifer, mit dem das Genie
klassische Elemente der Vorzeit reformierend aufgreift. Chrysander hat
treffend darauf hingewiesen, dass Mozarts 1770 gegebene Oper Mitridate
zweifellos durchgefallen ware, ware Mozart 20 Jahr (und nicht 14) alt ge-
wesen; das Werk ist eine schwache Leistung und vermengt Formen der
opera buffa und opera seria; sein Erfolg griindet sich lediglich auf die
ungewohnliche Friihreife des Komponisten. Ein Knabe wie Mozart am
Dirigiercembalo — dieses feine barocke Bild allein entfesselte den Beifall:
evviva il maestrino! In Mailand war 1771 der innere Grund des Er-
folges von Ascania in Alba fast derselbe. Das in Form und Gehalt ab-
geklarte Werk des 12 jahrigen Hasse wurde als etwas Selbstverstandliches
hingenommen; schade nur, dass die Routine dieses alten Herrn und sein
antiquierter Geschmack das Werk nicht einmal zu einer anstandigen
Mitte erhoben. Die grosse Masse hatte nur Augen fiir den Cavaliere
Mozart, den der Papst ausgezeichnet hatte und der mit seinen J 4 Jahren
schon zu den Bologneser Akademikern gehorte. Von Hasses Kompositions-
art ubernahm Mozart die Form der Arienkomposition und das Element
der dramatischen Charakteristik; er hat, wie Chrysander uberzeugend nach-
gewiesen hat, weder die Arienkomposition verbessert, noch ihre Grund-
lagen und Formen umgestossen ; er hat auch nicht die dramatische Charak-
teristik erschaffen, sondern nur vermoge der urspriinglichen Kraft seiner
Begabung den seelischen Ausdruck gesteigert. Hervorzuheben ist aber,
dass Hasse nicht der einzige Vordermann ist; auch an Jomelli, Galuppi,
Traetta ware zu denken. Der Gluckschen Reform stand Mozart anfanglich
verstandnislos gegeniiber; erst spat hat er, und zwar lediglich intuitiv,
Glucksche Prinzipien in sein Programm hineinbezogen. Das Fundament des
Ganzen aber, die rein instrumentale Einkleidung, hat er mit nationalen
Mitteln bestritten. Der Mannheimer Instrumentalmusik, wie sie Johann
r , ( " , *, x n 1 , . " Original from
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40
DIE MUSIK V. %
Stamitz flusgebildet hatte, hat Mozart mebr entlehnt, als nur die neugeartefe
Instrumentation ond die Abtdnung der Dynamik, wie gemelniglich dar-
geatellt wtrd; neben der formelleo Anlage ira grossen und kleinen vcrdankt
er auch der StimmungsweU der Mannheimer Syrophonieen die sein ge-
samtea Schaffen auszeicbnende Innigkeit dee Ausdrucks* —
Die etwas gebrecbliche engllscbe Theorie, die aus dem Namen auf
den Beaitzer des Namens schliesst, behait im Falle Mozart recht. Es gibt
wenige Namen von Komponisten, die so deutlich die Eigenart des Trigers
widerspiegpln. Hasse bat dlesen Namen stets rait einem d geschrieben,
and er bat mit dieser italieniscben Nuance ein kleines Portrlt seines kunst-
lerischen und menschlichen Ffihlens gegeben. Seine Kunst kennt kelne
Mitten und verletzt nie das Ofar, in dem Sinne, wie cine vordringtfche
Trompete una quilen kann* Als Mensch war er ungeracin gutig; Neid
und standesgemlsse Missgunst lagen ihra fern, and nor dann ist er auf-
gebraust, wenn seine Gattin, zu deren Rubm man gem die Lorbeeren eines
Skandals gehluft hat, benachteiligt wurde. Seine Liebe zu Mozart hat
etwas VSteriiches und in ihrer Uneigennutzigkeit etwas Imponierendes*
Sah er doch ein, dass seine Zeit vorfiber war und dass eine neue Kunst*
epoche anbrach; und nun bahnte er selbst ihrem feinsten Reprisentanten
den bescbwerlichen Weg. Er hat sich nach der Auffuhrung von Ruggiero
in die *sterbende Stadt* zuruckgazogen und nur noch wenlge kirchliche
Kompo&itionen geschrieben* Er mag wohl oft auf der Loggia seines Hauses
gestanden haben, in Gedanken versunken: wie er als ein Dreiuudzwanzlg-
jShriger zu Scarlatti kam, der Schuler zum weltberQhmten Meister, wie
ihn Scarlatti lieb gewann und ihn nur noch seinen lieben Sohn nannte.
Und nun sieht er sich funfzig Jabre sp&ter in derselben Lage; nur, dass
einer zu ihm gekommen ist, aus de&sen Augen eine ganze Welt Ieuchtet. Viel-
leicht ruht jetzt sein Blick kalt auf jenem Hause, in dem hundert Jahr
spfiter der Bayreuther Meister starb. Wir sehen den grossen Mann zittern
und sehen, wie Peppina uber seinen gicbtkranken Arm ein Tuch fareitet.
Dann aber schauen wir, wie ein gutiges Licheln fiber das Gesicht huscht,
wie sein Auge gtfnzt, und wir horen, wie der Padre della Musica, der
Musikpapa, mit hetserer Stimme flustert: ed io pure lo amo infinitamente.
Und auch ich liebe ihn unendlich.
■'■' ^ AH > K UNIVERSITY OF MICHIGAN
[as Sheffielder Musikfest iro Oktober 1905 gab inir Gelegenhelt,
Mozarts Requiem zu dirigieren. Die Partitur der Gesamtausgabe,
die Ich bei dieser Gelegenbeit benutzte, verzeichnet mit grossed
Gewissenhaftigkeit, was in diesem Werk noch von des Meisters
Hand selbst herruhrt and was sein Schiller* dem die schwere, ja fast un-
mSgliche AuFgabe zuBel, das von Mozart unvollendet hinterlassene Manuskript
vollendend zu erg&nzen, hinzugeffigt hatte. Bereits im zweiten Stuck, dem
.Dies irae% beginnt Sussmayers Arbeit. Hier rilbren noch die Siogstimmen
und fast das ggnze Quartett von Mozart her. Nur in der ersten Viollne
zeigen sich LQcken, die SGssmayer ausgeffillt bat, so wie er auch die Bliser-
s dm men hinzugcfugt bat* Dann wird es aber iromer weniger Mozart. Bio
zum »Hostias* sind die Singstimmen nnd der InstrumentaJbass Original,
stellenweise linden sich einige Takte in den ViolEnen und den BISsern, die
der Meister offenbar als Haltepunkte fGr die spStere Ausarbeitung in seiner
Partitur flxiert hat nnd die uns nun kostbare VennScbtniase sind, Dazu
gehSren die herrlichen Stimmen der Basse tthorneT im .Records re *\ Vom
*Sanctus* ab verstummt Mozart vollstindig und Sflssmayer bat das Wort. —
So war es mir wfibrend des Dirigierens wie ein sllmttiliges, webmiitiges
Abschiednehmen. Nur das erste * Requiem" uberscbriebene Stiick gewShrt
den ungetrilbten Genuss reinen Mozartscben ScbalFens* Wie wundervoll
ist seine Klangfarbe, wie edel der Ausdruck* — Und die DoppelFuge fiber
das „Kyrie* und .Cbriste eleison*! — Bei alter Wucht, bei aller Kunst
des Satzes, die der Bachs In nichts nacbstebt, bleibt doch steta die Mozart
eigentfimlicbe sinnliche SchSnbeit gewafart Bei Bach deutsche, bei Mozart
italienische Gotik, so m5cbte ich den Unterachied ungefithr ausdriicken.
Ich glaube kauro, dass Mozart am Schluss des Werkes diese herr-
llche Fuge einfach wiederholt hltte, FGr Sfissmayer war es wohl der beste
Answeg. Man darf ihm die Anerkennung nicht versagen, dass er mit
hftcfaster Piettt seine Ergfozungsarbeit ausgefGbrt hat. Nur das »Sanctus*
iat schwach. Das „Benedictus* 1st ein gates, obwohl etwas weichliches
Stiick; sehr sch5n, von den Mozartscben Fragmenten sogar kaum merklicb
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
42
DIE MUSIK V. 7.
abfallend ist hingegen der Anfang des „Agnus Dei* 4 . Nur ein wirklich
genialer Tondichter, der Selbstentausserung genug besasse, sich ganz und
gar in Mozarts Eigenart zu versenken, konnte das Vollendungswerk viel-
leicht einmal noch besser vollbringen.
Ernstlich zu tadeln ist Siissmayer nur fur die oft geradezu brutale
Verwendung der Posaunen. Wie sie Mozart im Requiem wohl geschrieben
hatte, ersieht man ungefahr aus dem ersten Stiick, wo sie nur einmal, am
Anfang vor dem Eintreten des Chores, mit wenigen Akkorden einsetzen.
Siissmayer lasst die Posaunen in den meisten Fallen einfach mit dem Alt,
Tenor und Bass des Chores, ja, im Benedictus sogar mit den Solostimmen
im Einklang mitblasen. Diese primitive Schreibweise der machtigen In-
strumente hat zunachst schon an und fiir sich den Nachteil, dass nur die
tieferen Singstimmen, nicht aber die Soprane durch klanggewaltige Instrumente
verstarkt werden; sie mag aber im w Dies irae", im „Rex tremendae 44 und
allenfalls im „Confutatis a hingehen. Im zuletzt genannten Stuck bringen
die Posaunen, namentlich am Schluss, wo sie selbstandige Stimmen im
piano spielen, sogar eine sehr schone Wirkung hervor. Bedenklich wird
es erst vom „Lacrimosa u ab. Nachdem ich mich auf den Proben in Sheffield
hinlanglich uberzeugt hatte, dass diese fortwahrend mitblasenden Posaunen
nur storen statt zu fordern, entschloss ich mich zu Korrekturen. Die Be-
friedigung, die ich selbst bei der Generalprobe und Auffiihrung dariiber
empfand, sowie die Zustimmung mehrerer anwesenden Musiker, denen ich
mein Verfahrem vorher mitgeteilt hatte, veranlassen mich, diese Korrekturen
hier bekannt zu geben und ihre Nachahmung zu empfehlen. Nebenbei be-
merkt gehore ich auch zu denea, welche die Posaunen im zweiten Finale
des „Don Juan" fiir unecht halten. Beziiglich der Seiten- und Taktzahlen
folge ich im Nachfolgenden der Partitur der Gesamtausgabe.
Lacrimosa: Die Posaunen schweigen vom letzten Takt der Seite 52 ab
und setzen im letzten Takt der Seite 54 wieder ein. Hierauf
schweigen sie vom dritten Takt der Seite 55 ab und blasen erst
wieder die zwei letzten Takte dieses Stiickes, Seite 56, natiirlich
piano.
Domine Jesu: Die Posaunen schweigen vom dritten Takt der Seite 59
ab, was den gewaltigen Kontrapunkt der Singstimmen mit dem
Quartett erst ins richtige Licht setzt, und setzen im dritten Takt
der Seite 64 auf dem vierten Viertel wieder ein. Sie schweigen
dann vom neunten Takt derselben Seite ab und setzen im dritten
Takt der Seite 65 auf dem vierten Viertel forte bis zum Schluss ein.
Genau dasselbe gilt von der Wiederholung des „Quam olim
Abrahae 44 im .Hostias 44 .
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
43
VEINCARTNER: DIB POSAUNBN TM .REQUIEM-
Benedictus: la den ersten vler Takten, ferner luf Seite 81 r 84 und 86
ist den belden ersten Po&auntaten ein diskretes Spiel zu empfehlen;
sie wiren hier Am besten durch HSrner zu ersetzen, wenn nicbt
die Verwendung von HSrnern In diesem Work offenbar Mozuts
Willen widerspriche* GBnzIich zu schveigen haben die Posaunen
von Seite 78 ab bis zum funften Acbtel im ersten Ttkt der Seite SO,
wo sie im vollen fortissimo einsetzen. Dann schweigen sie vieder
vom zweiten Viertel des ersten Taktes des Allegro auf Seite 87
bis zum Schluss dieses Stfickes* Das .Osanna 11 witd bier ebenso
obne Posaunen- Verdoppelung gespielt vie im »Sanctus".
Cookie
Original from
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DIE INTERNATIONALE STIFTUNG
„MOZARTEUM"
IN SALZBURG UND
MOZARTS GEBURTSHAUS
von Dr. jur. E. Ginsberg-Dresden
Is Richard Buchmayer, der feinsinnige Dresdnor Musikgelehrte
und ausgezeichnete Pianist, im letztvergangenen Winter seine
hie&igen Getreuen unter der Parole Johann Sehaatlan Bach, es
gilt seln Gebnrtshsua in Eisenach zu erwerben* um sich scharte
und, seine bekannte bohe Meister&chaft in AusfBhnujg einer kfinstlerisch
Qberaus vornehmen und wcrtvollen Vortiagsordnung entffeltend, alsbald die
HSrer an seine aieggpwohnten Faimen fe&aelte* da hatte er seinen Aufraf
mit den Worten begpnnen: „Das deutacbe Volk besitzt ein Mozarteum in
Salzburg, ein Beetbovenhaus in Bonn, es durfte wohl eine Ehrenscbuld 1 )
sein, Sebastian Bach in gleicber Weise zu vurdigen.*
Ich kann nicbt leugnen, diss mich die Erwlhnung anch des
„Mozaxieuffl&*, in diesem Znsamtnenhange zumal, einigennassen schmerz-
lich berfihrte. Gewi&s, das Salzburger Gebnrtshatts Meiater Mozarte i&t
zur weihevollen Sammelstltte alles dessen gevorden, was an sein Leben
und Wirken crimen, es enthilt eine grosse Zahl wertvoller Manuskripte 1 )
— namentlich Briefe des Meisters — und eine reicbe Menge sonstiger auf
den Meister bezfiglichen GegenstSnde. Und sicherlich, ver jemals jene
Stltte betreten durfte, wem es je vergflnnt wir, all das Herrlichcj was
sich dem Ange and dem Geiste dort bietet, mit and&chtlgpm Schauer zu
betrachtcn, der wird ohne wciteres den Eindruck gewlnnen, dass hier
pietfitvoll eine dem Genius geweihte St&tte bereltet ist, die wohl geeignet
eracheint, den Beaucher in ernstem stillen Gedenken an den verewlgten
Meister in ihr verweilen zu lessen. Auch davon wird man sich alsbald
Rreudig zu flberzeugen verm&gen, dass diese alien Mozartverehrern so
teuren Riume in guter Hut stehen und dasa auch die Lebenden — Ich
branche ja nur an den trefflichen, nm die Mozartsache so hochverdienten
Job. Ev. Engl zu erinnern — bemfiht sind, die ihrer Obhut und Ffirsorge
anvertrauten Schfttze bestens zu pfiegen und zu bewahren. Trotz alledeni
l ) Diet* Ehrenschtild 1st iox«J«cb» herein getilgt warden,
*} Die weitaui grOsste Zahl der bedeuteaditea Mannskripta beflodet lich aller-
diuge 1m Besltie der Berliner Kfiuig). Bibtiothek*
. I rOO^Ic
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
45
GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS
aber, ja ich mochte sagen, gerade eben deshalb beriihrt es den Mozart-
freund schmerzlich, wenn er erfahren muss, dass es lediglich ermietete
Raume sind, in denen er weilt, dass das Geburtshaus des Meisters noch
immer nicht — 150 Jahre nach seiner Geburt! — im Eigentum der grossen
Mozartgemeinde sich befindet, die sich mit Fug und Recht und im wahr-
sten, besten Sinne des Wortes eine internationale nennen darf.
Vor nicht allzulanger Zeit erschien in der „ Frankfurter Zeitung" 1 )
ein alsbald auch in eine Anzahl anderer Blatter iibergegangener kleiner
Artikel, der zwar in nicht allenthalben zutreffender Weise die Zustande im
Salzburger Mozarthause geisselte, im iibrigen aber richtig bemerkte: „Auf-
gabe der Mozartgesellschaft ware es, das Haus anzukaufen und seinen
Inhalt zu schiitzen, aber hierzu fehlt es an Geld. Vielleicht bedarf es
nur einer Anregung, um die reichen Mitglieder der grossen Mozartgemeinde
zu Spenden zu veranlassen, damit das Haus und die Reliquien in ihm ge-
sichert werden konnen."
Man konnte voraussehen, dass die Ausfiihrungen dieses Artikels in
Salzburg Unmut, ja heftige Erregung hervorrufen wiirden. Dass dies in
der Tat der Fall gewesen, beweist die Entgegnung darauf, die, aus der
Feder Engls stammend, im 23. Jahresbericht der „ Internationalen Stiftung:
Mozarteum 44 enthalten ist. 2 ) Engl wendet sich darin mit aller Scharfe
gegen den Verfasser des Frankfurter Artikels und versucht, die darin auf-
gestellten Behauptungen nach jeder Richtung hin zu widerlegen. Ob ihm
dies ausreichend gelungen ist? Es mag dem Verfasser dieser Entgegnung,
es mag der Verwaltung der Internationalen Stiftung „Mozarteum u ohne
weiteres zugegeben werden, dass der oben erwahnte Artikel der „ Frank-
furter Zeitung" bedeutend iiber das Ziel hinausschiesst und Misstande als
vorhanden annimmt, die entweder uberhaupt nicht vorhanden sind, oder
deren Bedeutung doch wesentlich iiberschatzt wird. Aber mag immer auch
der Frankfurter Korrespondent iiber den einen oder den anderen Punkt
irrig informiert gewesen sein und dariiber irrig berichtet haben, in einem
Punkte wird man ihm — leider! — vollauf Recht geben miissen. Von
einem schweren Vorwurfe vermag sich die Leitung der Internationalen
Stiftung „Mozarteum tt in alle Wege nicht zu reinigen, dem Vorwurfe nam-
lich, dass sie bisher keinerlei erfolgreichen Schritte, ja in der letzten Zeit
absichtlich uberhaupt keine Schritte getan hat, um das Geburtshaus des
Meisters dauernd in den Besitz der Mozartgemeinde zu bringen.
Die Satzungen der Internationalen Stiftung „ Mozarteum* 4 bezeichnen als
„gemeinsames Ziel der unter diesem Namen bestehenden Vereinigung
l ) No. 239 der ^Frankfurter Zeitung" vom 29. August 1903 (Abendblatt).
-') 23. Jahresbericht der ^Internationalen Stiftung , Mozarteum* in Salzburg 44 ,
1903, S. 61 ff.
r ( " i \r \n L - Original from
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DIE MUSIK V. 7.
aller Freunde und Verehrer der Musik im allgemeinen und Mozarts im
besonderen die Pflege der Tonkunst und des Mozartkultus". Befremdlich
freilich mutet es an, wenn dann gesagt wird, dass dieser Zweck u. a. „vor-
zugsweise" erstrebt werde, „erstens a durch Haltung und Forderung der
offentlichen Schule „Mozarteum a , wahrend man es ohne weiteres versteht,
dass man dem Ziele nahe zu kommen sucht durch Veranstaltung periodischer
Musikfeste. Dabei freilich ist immer vorauszusetzen, was bisher in Salz-
burg keineswegs allenthalben festgehalten worden, dass die Programme
dieser Musikfeste vorzugsweise Mozartsche Musik aufweisen und auch dann
nicht in ausgetretenen Geleisen sich bewegen, dass vielmehr aus dem
reichen Borne Mozartschen Schaffens auch die im allgemeinen nur selten
gehorten, der Auffuhrung aber wahrlich nicht minder wiirdigen Werkc —
oft geradezu kostbare Perlen! — geschopft werden. Man erstrebt ferner
in Salzburg die wiirdige Instandhaltung des Geburtszimmers Mozarts und
sorgfaltige Bewahrung des „Zauberflotenhauschens a , sowie der sonstigen
Mozarterinnerungsstatten, des weiteren die moglichst vollstandige Ansamm-
lung der Mozartrelikten 1 ) und endlich — ja, man muss zurzeit sagen: leider
auch! — die Herstellung eines Mozarthauses fur die Musikschule nebst
Archiv und Bibliothek und fur musikalische Festauffiihrungen.
Gewiss, die Ziele, die man sich in Salzburg fur die naturgemass der
Geburtsstadl des Meisters in besonderem Masse obliegende Mozartpflege
gesteckt hat, verdienen an sich allseitige Billigung. Die Mittel freilich zur
Erreichung dieser Ziele, ja die ganze Art und Weise, wie man bisher in
Salzburg Mozartkultus getrieben hat, sie sind zum Teil in hohem Grade
anfechtbar.
Ganz unbegreiflich erscheint vor allem einer grossen Zahl der Mozart-
verehrer das bisherige Verhalten der Stiftungsleitung in Sachen des Mozart-
schen Geburtshauses. Will man wirklich „die pietatvolle Erhaltung der
durch den Fuss des Unsterblichen geweihten Statten", wie es in dem
spater noch des naheren zu erwahnenden „Aufruf an alle Mozartverehrer u
heisst, so ist es doch wahrlich nicht zu verstehen, dass man die weitaus
wichtigste aller dieser Salzburger Statten, das Geburtshaus des Meisters,
nicht langst schon in das unverausserliche Eigentum der grossen Mozart-
gemeinde ubergefuhrt und so fur alle Zeiten privaten Einwirkungen ent-
zogen hat.
Bedauerlich auch ist es, dass man seitens der Stiftungsleitung nicht
') Man hat leider gleichwohl in Salzburg verabsaumt, den Mozartschen Heirats-
kontrakt fur das Mozartmuseum zu erwerben und es geschehen lassen, dass die Ur-
kunde fur einen Preis, der in Rucksicht auf ihre Bedeutung keineswegs als ein zu
hoher bezeichnet werden kann, kurzlich in einer in Leipzig offentlich veranstalteten
Auktion in Privathand gelangt ist.
r ( " i \r \is L - Original from
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GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS
alljahrlich ein oder mehrere Preisausschreiben erlasst und Anregung da-
durch gibt, auf dem Gebiete der Mozartforschung und Mozartpflege
hervorragend tatig zu werden, obwohl man doch gerade hiervon einen
machtigen Impuls fiir die gesamte Mozartsache wiirde erwarten konnen.
Geradezu unerklarlich aber und unfassbar ist es, wie man das gesteckte
Ziel einer erfolgreichen Mozartpflege „vorzugsweise tt durch Haltung und
Forderung der offentlichen Musikschule „Mozarteum u zu erreichen hofFen
kann. Ja, in der Tat, man fragt sich vergebens, was denn in aller Welt
nur die Stifter oder deren Rechtsnachfolger veranlasst haben kann, die
Haltung und Forderung jener Musikschule als ein so wesentliches, ja ich
gehe noch weiter und sage: als uberhaupt ein Mittel zur Erreichung des
schonen besonderen Zweckes der Mozartpflege ins Treffen zu fiihren? Die
Frage der Griindung, Haltung und Forderung der Musikschule Mozarteum,
so wenig sie auch an sich mit der kauflichen Erwerbung des Geburts-
hauses des Meisters im Zusammenhange zu stehen scheint, mich diinkt
sie geradezu kausal fiir den bisher unterlassenen Ankauf jenes Hauses.
Denn wie aus den Jahresberichten der n Stiftung tt , in denen die Mitteilungen
iiber die Schule den breitesten Raum einnehmen, ersichtlich, beansprucht
die Unterhaltung dieser Salzburger Musikschule nebst ihrem Pensions-
fonds einen sehr erheblichen Teil aller der Stiftung zufliessenden, wahrlich
nicht geringen Mittel. Ganz natiirlich auch, wenn man erwagt, welch'
hohen Kosten die Griindung und Unterhaltung irgendeiner Schule ver-
ursacht. Kann man denn aber wirklich im Ernste der Meinung sein,
dass das Bestehen jener Salzburger Musikschule der „Mozartsache a tat-
sachlich in irgendwelcher Weise zugute komme? Ist es denn uberhaupt
Sache der Internationalen Mozartgemeinde, eine Musikschule in Salzburg
mit den von dieser Gemeinde gespendeten Mitteln zu unterhalten, ja auch
nur zu fordern? Ich sollte doch meinen, die ^Internationale Mozart-
gemeinde" konnte immer und immer nur den einen Zweck verfolgen, durch
die von ihr gewahrten Gaben (Mitgliederbeitrage, Schenkungen u. a. m.) die
Stiftungsleitung in den Stand zu setzen, die Mozartpflege und Mozart-
forschung nach Moglichkeit zu betreiben und zu unterstiitzen. Wie diesem
Zwecke aber durch die Haltung einer Musikschule vornehmlich gedient
werden solle, das ist mir vollig unverstandlich. Dass die Schule schon
manchen trefflichen Kiinstler herangebildet hat und fortgesetzt heranbildet,
darf man ja ohne weiteres annehmen, und dass sie die ihr anvertrauten Zog-
linge im Geiste Mozarts und unserer Klassiker uberhaupt erzieht, ebenfalls.
Allein das tut schliesslich doch auch jede andere nach wirklich kiinstlerischen
und idealen Prinzipien gewissenhaft geleitete Musikschule, das also ist und
kann auch gar nicht sein eine Besonderheit des Salzburger Institutes.
Ganz etwas anderes freilich ware es, wenn es sich die Schule zur besonderen
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- DIE MUSIK V. 7.
Aufgabe machte, Mozartschen bel canto, Mozartsche Spielweise zu pflegen,
Mozartsanger und -spieler heranzubilden. Das wiirde ihr gerade in unserer
Zeit eine erhohte Bedeutung verleihen, einer solchen besonderen Zielen
zustrebenden Musikschule konnte man sicherlich auch ein gewichtiges inter-
nationales Interesse entgegenbringen. Salzburg miisste ein Mozartsches
Bayreuth werden, in dessen Musikschule die Tradition fur die praktische
und ideale Verkorperung Mozartscher Kunst fur die ganze gebildete musika-
lische Welt mit wahrer pietatvoller Hingebung erhalten und gepflegt wiirde.
So aber, wie sich die Schule des Mozarteums jetzt darstellt als eine gewiss
trefflich geleitete, aber immerhin nur eine Musikschule wie so zahlreiche
andere derartigen Schulen, miisste sie meines Erachtens aus den Zielen der
„Internationalen Stiftung Mozarteum" oder aus den Mitteln, diese Ziele zu
fordern, vollig ausscheiden. Es ware, wenn man iiberhaupt beim Vor-
handensein so zahlreicher Musikschulen auch im benachbarten Osterreich
das Bestehen einer derartigen Schule in Salzburg gleichwohl als ein Be-
durfnis empfindet, allein Sache der Stadt Salzburg, der Provinz oder des
Staates, die Schule zu unterhalten. Die zur Zeit von dem Herzogtum
Salzburg und der Stadt Salzburg der Schule gewahrten Subventionen sind
ihrer Geringfiigigkeit wegen nicht nennenswert. Wenn anders die Stiftungs-
leitung nicht absichtlich iiber die Mangel ihrer Satzungen sich hinweg-
tauschen oder etwa gar aus einem hier natiirlich durchaus deplaciert
erscheinenden Salzburger Lokalpatriotismus die Schule um jeden Preis
auch fernerhin wesentlich aus den der Stiftung von der „lnternationalen
Mozartgemeinde a zufliessenden Mitteln fortfiihren will, so kann sie sich
der Tatsache gar nicht langer verschliessen, dass die Schule als ein fiir die
Mozartpflege absolut untaugliches Mittel sich erweist. Zu verwundern
ist eigentlich nur, dass nicht langst schon jemand aus der grossen Zahl
der Mozartverehrer auf diesen entschieden wundesten Punkt der von der
^Internationalen Stiftung Mozarteum" offiziell vertretenen Mozartsache hin-
gewiesen hat. Aber freilich: erfahrungsgemass pflegen nur wenige mit
dem Wesen einer von ihnen durch jahrliche Beitrage unterstiitzten Sache
des Naheren sich vertraut zu machen, soweit sie nicht gerade selbst dabei
eine fiihrende Stellung einnehmen oder nicht wie bei Aktien- oder anderen
Erwerbsgesellschaften die finanzielle Seite ihr eigenes wohlverstandenes
Interesse sie wahrnehmen lasst. Und schliesslich gehort es doch auch
gewiss nicht gerade zu den Annehmlichkeiten des Lebens, Zustande als
unhaltbare und der Verbesserung dringend bediirftige zu bezeichnen, die,
sicherlich in nur guter Absicht einstens geschaffen und durch ihr Alter
gleichsam geheiligt, anscheinend einen gewissen Anspruch auf ihr Fort-
bestehen sich erworben haben.
Ob juristisch die Moglichkeit vorliegt, die ira Interesse einer viel
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GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS
tatkraftigeren Mozartpflege so dringend zu wiinschenden Anderungen in
der angedeuteten Richtung herbeizufuhren, vermag ich, da mir der Inhalt
der Stiftungsurkunde nicht bekannt ist, nicht zu beurteilen. Es ist aber
mit Sicherheit anzunehmen, dass die Stifter nicht fur alle Zeiten eine
Satzungsanderung ausgeschlossen und damit unmoglich gemacht haben.
Dann aber auch ist zu wiinschen, dass die Stiftungsleiter je friiher desto
besser bestrebt sein werden, die Musikschule, die sie ja im Laufe der
Jahre zu Bliihen und Gedeihen gebracht haben, in den Besitz der Stadt,
der Provinz oder des Staates iiberzufiihren. Die Salzburger Landschaft
diirfte sicherlich das wesentlichste Interesse am Fortbestehen der Schule
haben, wenn man erwagt, dass ausweislich des unlangst erst erschienenen
Jahresberichtes fur 1904, bei einer Gesamtzahl von 399 Schiilern allein
246 Schiiler aus Stadt und Land Salzburg stammten. Was fur erhebliche
Mittel aber bei Loslosung der Schule von der „lnternationalen Stiftung
Mozarteum" mit einem Schlage frei wiirden, und frei wiirden fiir den eigent-
lichen, wahren Zweck der Mozartpflege, das ist ein Gedanke, der das
Herz jedweden Mozartfreundes hoher schlagen lasst. Nahme die Schule und
ihr Pensionsfonds nicht so gewaltige Mittel zu ihrer Unterhaltung fiir sich
in Anspruch und hatte sie das nicht die ganzen Jahre ihres Bestehens
hindurch getan, das Geburtshaus des Meisters ware, das ist mir nicht
zweifelhaft, langst, wie die Mozartgemeinde dies zu verlangen ein Recht
hat, im Besitze dieser Gemeinde. Deshalb eben auch ist es mir schmerzlich,
feststellen zu miissen, dass, wie ich schon andeutete, die Haltung der
Musikschule des Mozarteums geradezu kausal erscheint fiir den bisher
unterlassenen Ankauf des Mozartschen Geburtshauses.
Leider aber scheint der Vorstand der „Internationalen Stiftung:
Mozarteum" die kSufliche Erwerbung des Hauses fiir eine vollig neben-
sachliche, ja durchaus liberfliissige Sache zu halten. Zu dieser Annahme
berechtigt das ganze von der Stiftungsleitung bisher in der Angelegenheit
beobachtete Verhalten. Uber schwache Versuche namlich, das Haus kauflich
zu erwerben, ist man in Salzburg niemals herausgekommen, ja, man scheint
sogar das Projekt jetzt endgultig begraben zu haben. Horen wir, was Engl
in Erwiderung auf jenen Artikel der „ Frankfurter Zeitung* sagt. Nachdem
er einige dem Frankfurter Korrespondenten unterlaufenen tatsachlichen Un-
richtigkeiten bereinigt hat, fahrt er wortlich fort wie folgt:
,Aber selbst dann, wenn das Haus [d. i. das Mozartscbe Geburtshaus] mit vor-
bandenen Mitteln in das Eigentum zu erwerben wire, so musste es erst wieder ein
Zinshaus bleiben, da die betrSchtlichen Steuern und Umlagen keine genugende Ver-
zinsung des Ankaufskapitals ermoglichen konnten und aus diesem Grunde batte dann
der Verein nur ungleich grossere finanzielle Opfer fur das Mozartmuseum zu bringen
als gegenwartig in der Eigenschaft als einfacher Mieter. Aus diesem Grunde wurde
auch der im Mai 1876 vom damaligen Ausschusse geplante Ankauf des Hauses unter-
V. 7. 4
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DIE MUSIK V. 7.
lassen, das von dem Besitzer Angelo Saullich auf 50000 Fl. bewertet wurde und kauflich
gewesen wSre, und worauf dieser dem Mozarteum das Verkaufsrecht zugesichert taatte."
Ich bekenne offen: mit aufrichtigstem, wahrstem Bedauern hat es
mich erfiillt, aus diesen Worten Engls entnehmen zu miissen, dass fiir die
Internationale Mozartgemeinde vor 30 Jahren die Moglichkeit bestanden
hat, das Haus fiir den Preis von 50 000 Gulden kauflich zu erwerben.
Damals auch ist dem Mozarteum das Vorkaufsrecht zugesichert gewesen.
Es gewinnt den Anschein, dass das zur Zeit nicht mehr der Fall ist. Man
hat also die sich damals bietende, iiberaus giinstige Gelegenheit unbenutzt
gelassen und ruhig geduldet, dass das Haus in anderen Besitz iiberging.
Obwohl kein Kenner der lokalen Verhaltnisse Salzburgs, will mir der damals
geforderte Preis in Anbetracht der Grosse und Stattlichkeit des Hauses
gar nicht so hoch erscheinen. Ist man denn auch nur einmal in Salzburg
der Frage naher getreten, ob nicht die zahlreichen Raume des Mozartschen
Hauses, soweit sie nicht in ihrer Eigenschaft der ehemaligen Mozartschen
Wohnraume als die naturgemasse pietatvolle Sammel- und Aufbewahrungs-
stelle der Manuskripte des Meisters und aller sonstigen auf den Meister
und seine Familie sich beziehenden Gegenstande der Erinnerung in An-
spruch zu nehmen waren, in anderer Weise fiir die Zwecke der Stiftung
nutzbringend zu verwerten seien, etwa durch Aufnahme der Bibliotheca
Mozartiana, der Wohnungen fiir die Beamten der Stiftung und wohl auch,
wenn man sie eben durchaus fiir notwendig erachtete, der Musikschule?
Soviel aber des weiteren die von Herrn Engl so gefurchteten „betracht-
lichen Steuern und Umlagen" anlangt, die der Besitz des Hauses mit sich
bringen wiirde und die im Verein mit dem zu zahlenden Kaufpreise „keine
geniigende Verzinsung des Ankaufskapitals ermoglichen konnten", so ist
zu bemerken, dass die Stadt Salzburg doch wohl selbst das erheblichste
Interesse daran haben diirfte, jenes Haus von so hoher internationaler
Bedeutung im dauernden, gesicherten Besitz der grossen Mozartgemeinde
zu wissen, aus eben diesem Grunde aber auch die kaufliche Erwerbung
desselben von seiten der „Stiftung a tunlichst zu fordern. In richtiger
Wiirdigung der Tatsachen miisste es ja geradezu auch Ehrensache der
Mozartstadt sein, die Mozartgemeinde, soweit nicht allgemeine gesetzliche
oder bindende ortsstatutarische Bestimmungen dem entgegenstehen, mit
Zahlung von „Steuern und Umlagen" zum mindesten bezuglich des Ge-
burtshauses des Meisters ganzlich zu verschonen.
Aber freilich: man beabsichtigt in Salzburg gar nicht mehr, das Haus
kauflich zu erwerben. Gegenwartig und schon seit Jahren verfolgt man
eben dort ganz andere Plane. Fiir viel notwendiger und dringlicher als
die Erwerbung des Hauses erachtet man die Errichtung eines sogenannten
„Mozarthauses a und ruhrt dafiir machtig die Werbetrommel. Vor mir liegt
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GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS
der im Herbst 1903 von der Stiftungsleitung erlassene „ Aufruf an alle
Mozart verehrer*. Nach ihm soil das zu erbauende *Mozarthaus a ent-
sprechend grosse und wiirdig ausgestattete Konzertsaallokalitaten enthalten,
ferner Raume zur Aufnahme der Bibliotheca Mozartiana, des Sekretariats mit
einer Auskunftsstelle fur Mozartforschungen, des wertvollen Archivs und des
Mozarteums mit seiner Musikschule. Klangvolle Namen in grosser Zahl
haben den Aufruf unterzeichnet und durch ihre Namensunterschrift be-
kundet, dass sie das Salzburger Projekt auch zu dem ihrigen machen. Und
man hat nicht vergebens gerufen. Auch hier hat der Name „Mozart a seinen
Zauber entfaltet. Bedeutende Spenden bereits sind dem Mozarthausbau-
schatze zugeflossen. Wie immer, wenn es gilt eine gute Sache zu unter-
stiitzen und zu fordern, hat, wie unlangst die Blatter berichteten, der edle
Kaiser Franz Josef den hohen Betrag von 20000 Kronen dem Fonds zu-
gefiihrt, die unermudliche Forderin der Mozartsache, die Mozartsangerin
y.aztlzoxrjv Frau Lilli Lehmann, auch sie fehlt nicht unter den Spendern, und
wie sie handelten viele andere. Ich zweifle daher keinen Augenblick,
dass das Ziel, das sich die Leitung der „Internationalen Stiftung: Mozarteum"
mit Errichtung jenes Hauses gesetzt hat, in gar nicht ferner Zeit glanzend
erreicht sein wird. Man geizt freilich auch nicht mit Anerkennung fiir
die Spender. Der Aufruf verheisst, ohne selbstverstandlich damit irgend-
wie auf die menschliche Eitelkeit spekulieren zu wollen, „namhafte
Ehrungen". Nach ihm wird „Stifter a , wer 1000 Kronen, „Griinder a , wer
200 Kronen, „G6nner ft , wer irgendeine Spende unter diesem Betrage zum
Bau des Mozarthauses beitragt. Wahrend die Namen der „Stifter tt auf
einer Marmortafel im Mozarthause „verewigt tt werden, sollen die Namen
der „Griinder a in das „zu jedermanns Einsicht aufliegende Ehrenbuch"
des Mozarteums eingezeichnet werden, die schlicbten „G6nner a dagegen
werden sich schon damit begnugen miissen, dass ihre Namen lediglich
in den Jahresberichten der Mozartgemeinde eine einmalige Erwahnung
finden. Difficile est satiram non scribere! Vergebung, wenn ich bitter werde!
Es musste aber einmal frank und frei herausgesagt werden, dass eine
grosse Zahl der Mozartverehrer — ich will nicht unbescheiden sein und
nicht, wie ich zu tun vielleicht berechtigt ware, sagen: die iiberwiegende
Mehrheit aller Verehrer des Meisters, so weit sie nur genugende Kenntnis
vom Sachverhalte hat — unzufrieden ist mit dem zur Zeit projektierten
Mozarthausbau. Man verstehe mich doch nur recht! Von Herzen gonnen
wir alle dem schonen Salzburg das geplante Mozarthaus, wir wollen auch
gem glauben, dass die Errichtung eines derartigen Bauwerkes ihre
Berechtigung und Begriindung findet in Ubelstanden, die das Fehlen eines
Hauses von der Art des geplanten bisher gezeitigt haben mag, wir wiinschen
aufrichtig auch unsererseits, dass der Bau im Andenken an Salzburgs
4*
( " j ^ \o 1 • Original from
fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DIE MUSIK V. 7.
grossten Sohn, dessen Namen er zu tragen bestimmt ist, eine Statte edelster
Kunstpflege, insonderheit der Pflege Mozartscher Kunst werden moge, allein
wir konnen uns nun und nimmermehr damit einverstanden erklaren, dass
man an den kostspieligen Bau eines solchen Hauses geht und gegangen
ist und dafiir unter dem stets Erfolg verheissenden Namen „Mozart a in
reichstem Masse Mittel sammelt, bevor man der unabweislichen Pflicht
geniigt hat, das alien Mozartverehrern so teure Geburtshaus des Meisters
fiir alle Zeiten in den Besitz der Internationalen Mozartgemeinde
zu bringen. Keinen Heller, keinen Pfennig fur andere Zwecke, seien es
auch solche der idealsten Art, bevor das Haus unverausserliches Eigentum
der grossen Mozartgemeinde geworden ist, das, meine ich, hatte die Losung
sein miisen! Schon oben deutete ich an, dass ich hier nicht nur meine
Anschauung vertrete, nein, ich darf kiihn behaupten, dass ich bisher auch
noch nicht einen Mozartfreund gesprochen habe, der meine Ansicht in
der Frage nicht teilte. Man wird mir wohl erlassen, Namen zu nennen,
nur ein Name moge hier nicht unerwahnt bleiben, der Name des so ver-
dienstvollen, greisen Begriinders und Leiters der grossen Berliner Mozart-
gemeinde, Rudolph Gen6e. Ein aus der Feder Gen6e's stammender
Artikel „Mozarts Geburtshaus" 1 ) schliesst mit den Worten:
„Sehr zu bedauern ist es, dass die Stiftung ,Mozarteum' bei dem letzten Wechsel
des Besitzers es versiumt hatte, das Haus als Eigentum zu erwerben, wie es sich
doch wohl gehorte. Dafur ist ihm der Pachtzins von den jetzigen Besitzern des
Hauses erhoht worden, und es ist sehr fraglich, ob sich wieder eine Gelegenheit
finden wird, das Haus dem kaufmSnnischen Privatbesitz zu entzietaen."
So Gen6e!
Die Frage der kauflichen Erwerbung des Mozartschen Geburtshauses
ware wohl wichtig genug gewesen, urn auch einmal die Mitglieder der
weit verzweigten „ Internationalen Mozartgemeinde" iiber ihre Meinung zu
befragen. Wir leben ja in der Zeit der Enqueten, und wenn ich auch
durchaus nicht behaupten mochte, dass derartige Umfragen stets ein un-
triigliches Ergebnis liefern, in unserem Falle hatte es der Stiftungsleitung
schatzbar sein miissen, durch eine derartige Umfrage vor der Fassung
einer derart gewichtigen Entschliessung, ob man namlich ein kostspieliges
Festspielhaus usw. errichten und dafiir offentlich reiche Mittel sammeln oder
zuvorderst die Erwerbung des Geburtshauses des Meisters ins Werk setzen
solle, die Willensmeinung ihrer Mitglieder in Erfahrung zu bringen. Bei der
an sich so einfachen Organisation der „ Internationalen Mozartgemeinde* 4
ware dies unschwer zu bewerkstelligen gewesen und leicht hatte man sich
in Salzburg dadurch ein Urteil iiber die Stimmung in der Gemeinde bilden
y ) Zu vergleichen „Mitteilungen der Berliner Mozartgemeinde 4 *, 6. Heft, Ok-
tober 1898, S. 173ff.
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GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS
konnen. Nichts von alledem! Statt dessen hat die Leitung, in deren Vor-
standschaft trotz des internationalen Charakters der Mozartgemeinde wesent-
lich nur Salzburger Herren vertreten sind, durchaus souveran zwar, aber
wahrhaftig nicht eben gliicklich die schwerwiegendsten Beschliisse gefasst.
Dariiber moge sich indessen die Stiftungsleitung nur keinerlei Tauschung hin-
geben: soweit ich die Stimmung der Mozartgemeinde ausserhalb Salzburgs
kenne, erachtet man die endliche kaufliche Erwerbung des Geburtshauses
des Meisters unter alien Umstanden als die erste und vornehmste Pflicht
der ^Internationalen Mozartgemeinde". Man werfe mir nicht etwa ein, dass
ja ein Widerspruch gegen die von mir bekampfte Massnahme der Stiftungs-
leitung bisher von keiner Seite erfolgt sei. Das Unterbleiben jeglichen
Widerspruches erscheint durchaus nicht befremdend, denn man hat guten
Grund anzunehmen, dass die weit iiberwiegende Zahl der Mozartverehrer,
insonderheit der Mitglieder der „ Internationalen Mozartgemeinde", die die
geweihte Statte in der Salzburger Getreidegasse betreten, es eben gar nicht
weiss, dass das Haus nicht im Eigentume der grossen Mozartgemeinde
steht, dass es vielmehr nur ermietete Raume sind, welche die uns alien
so kostbaren Schatze und Erinnerungen bergen. Ja, Hand aufs Herz:
ob wohl selbst alien den Unterzeichnern des Aufrufes, in dem so kraft-
voll zu Sammlungen fur das zu erbauende monumentale Mozarthaus auf-
gefordert wird, ob wohl den Schuchs, den Mottls und den anderen Namen
von Ruf und Klang, soweit sie nicht als Salzburger mit der Lokalgeschichte
ihrer Stadt eng vertraut sind, jene betriibende Tatsache bekannt ist, und
ob sie, wenn sie sie gekannt hatten, nicht doch vielleicht auch ihrerseits
die kaufliche Erwerbung des Geburtshauses des Meisters als die bei weitem
dringlichere Aufgabe erachtet und der Erreichung dieses Zweckes weit
lieber noch ihre Unterstiitzung geliehen haben wiirden als dem Unter-
nehmen, fur das sie jetzt in die Schranken treten?!
In Abwehr des erwahnten Artikels der ^Frankfurter Zeitung" hat es
Engl u. a. fur notwendig und zweckdienlich erachtet, den Nachweis zu
fuhren, dass eine Feuersgefahr fur das Geburtshaus Mozarts so gut wie
ausgeschlossen sei; im besonderen macht er geltend, dass die gunstige Lage
des Hauses „eventuell das Eingreifen der anerkannt vorziiglichen heimischen
Feuerwehr von beiden Seiten moglich mache". Ich glaube ja ohne weiteres,
dass die Stiftung nach Moglichkeit Fursorge getroflfen hat fur die Erhaltung
der unersetzlichen Schatze, die das Haus in seinem Innern birgt, und dies
vornehmlich auch fur den Fall des Ausbruches eines Brandes; allein wird
man schon den Hinweis auf das Erfolg versprechende Eingreifen der Feuer-
wehr, bei deren Tatigkeit erfahrungsgemass das Inventar leicht Gefahr
lauft, durch Eindringen der Wassermengen arg beschadigt, wenn nicht
vollig vernichtet zu werden, als nicht eben gliicklich bezeichnen miissen,
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DIE MUSIK V. 7.
so wird man doch unter alien Umstanden berechtigt sein zu sagen, dass,
wenn die Stiftung einmal erst Eigentiimerin des Hauses ist, sie dann natur-
gemass weit wirksamer alle Massnahmen fur die Sicherheit nicht nur der ehe-
mals Mozartschen Wohnraume, sondern des gesamten Gebaudes wird treffen
konnen als zur Zeit, wo sie lediglich Mieterin eines Teiles des Hauses ist.
Sollte sie aus Griinden finanzieller Natur selbst gezwungen sein, nach kauf-
licher Erwerbung des Hauses einen Teil der von der Familie Mozart seinerzeit
nicht bewohnten Raume noch auf Jahre hinaus zu vermieten, so wiirde ihr
doch eben solchenfalls das Recht des Eigentiimers eine derart nachdriick-
liche Einwirkung auf die Mieter dieser Raume sichern, dass es ihr mog-
lich wiirde, alle von ihr fiir erforderlich erachteten Sicherheitsmassnahmen
unverziiglich zu treffen. Und wie denn nun, wenn der Eigentiimer des
Hauses, der derzeitige oder dessen Rechtsnachfolger, plotzlich einmal die
Laune hatte, den Mietvertrag, mag er selbst auch auf viele Jahre hinaus
abgeschlossen sein, zu kiindigen? Man wolle doch nur nicht einwenden,
dass eine derartige Moglichkeit vollig ausgeschlossen erscheine. Mag
immer auch der Mietzins, den die Stiftung Mozarteum dem jetzigen Be-
sitzer des Hauses fur die von ihr ermieteten Raume zahlt, ein betracht-
licher, ja fiir Salzburger Verhaltnisse vielleicht ein aussergewohnlich hoher
sein, wie leicht doch ist der Fall denkbar, dass der Besitzer, gar nicht
einmal aus blosser Laune und Willkur, sondern aus Griinden geschaftlicher,
familiarer oder sonst welcher Art geradezu gezwungen ist, die Kiindigung
auszusprechen? Man wird es nach alledem als einen in hohem Grade
beklagenswerten, ja ungliickseligen Beschluss bezeichnen miissen, der den
Vorstand der Internationalen Stiftung „Mozarteum tt im Jahre 1876 davon
Abstand nehmen liess, das Geburtshaus des Meisters damals fiir den Preis
von 50 000 Gulden in den dauernden Besitz der Mozartgemeinde zu bringen.
Noch weit mehr aber wird man die geradezu unbegreifliche Stellungnahme
des jetzigen Vorstandes der Stiftung zu beklagen haben, wenn dieser
durch den Mund Engls offen erklaren lasst, „dass der Gedanke, hier
Hausherr zu werden, dem Verein fernab liegt und dies um so mehr, als
gegenwartig das Projekt eines ,Mozarthausbaues' greifbare Form ange-
nommen hat und in nicht allzu ferner Zeit zur Durchfuhrung kommen
soil." Hier also wird mit nackten, diirren Worten zum Ausdruck ge
bracht, dass man das Mozartsche Geburtshaus gar nicht erwerben
will und dass man die Errichtung jenes Monumentalbaues fiir viel
notwendiger und erspriesslicher erachtet! Kaum fraglich diirfte sein, wem
etwa die Verpflichtung obliege, das Haus zu erwerben. Moglich ware es
ja, dass nicht nur die organisierte „ Internationale Mozartgemeinde", sondern
dass wohl auch die Stadt Salzburg, die Provinz, ja selbst auch der Staat
ie Verpflichtung dazu in sich fiihlen miissten. Mir selbst ist es ja freilich
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nL • Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
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GINSBERG: MOZARTEUM U. MOZARTS GEBURTSHAUS:
keinen Augenblick zweifelhaft, dass allein die Mozartgemeinde dazu berufen
ist, so lang Versaumtes nun endlich nachzuholen. Indessen das alles sind
Fragen, die den Mozartfreund an sich nicht beruhren; er hat Interesse
doch lediglich daran, daran freilich aber auch das allerlebhafteste, dass
das Haus, gleichviel von wem und auf welche Weise, moglichst bald in
den dauernden Besitz der grossen Mozartgemeinde iibergehe.
Wohlan denn! Schon sind 150 Jahre seit der Geburt des grossten
Salzburger Sohnes verflossen, und noch immer nicht ist das Haus, in dem
er der Welt geschenkt wurde, um ihr alsbald einen Himmel zu erschliessen,
im unverausserlichen Besitze seiner grossen, den Erdkreis umfassenden Ge-
meinde. Moge man sich in Salzburg nun endlich auf seine Pflicht
besinnen! Bedarf die Stiftung „Mozartcum a dazu der Unterstiitzung von
auswarts, mag sie's nur sagen, wir sind bereit zu helfen. Keiner der eine
Legion bildenden, iiber den ganzen Erdball verstreuten Verehrer des Meisters
wird ermangeln, sein Scherflein fur diesen allerschonsten Zweck beizutragen.
Beharrt freilich die Salzburger Leitung der „ International Mozartgemeinde"
nach wie vor bei ihrem Entschluss, ihrerseits den Ankauf des Geburts-
hauses des Meisters nicht zu betreiben, und tut sie nicht alsbald die fur
die Erwerbung geeigneten erfolgversprechenden Schritte, so wird sie sich
vor die beschamende Tatsache gestellt sehen, dass man ausserhalb Salz-
burgs und ausserhalb des Kreises der organisierten Mozartge-
meinde die Sache in die Hand nimmt und zum gliicklichen Ende zu fiihren
versucht. Das wird und kann sie nicht wollen. Sie iibernehme daher selbst
die Fiihrung! Ist ihr an unserer Mithilfe gelegen und nimmt sie davon Ab-
stand, in Zukunft die reichen ihr zufliessenden Mittel fur Zwecke zu ver-
wenden, die der Mozartpflege vollig fern liegen, im reichsten Masse soil
ihr diese Mithilfe gewahrt werden!
( " i m \i-\ L - Original from
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n SALOME"
VON RICHARD STRAUSS
UraufFDhruug 1m Kgl. Opernhauae *u Dreeden
am a Dexember 1905
F. A. Geissler- Dresden
rftriem Richard Wagner tela eigner Dlchter geweaen lit, berdtet den
Opernkomponiaten die dichterlache Unterlage ihrcr Werke beeondera
viel* Scfamercen. Deo a mlt ^Teitbfichem* im landlltiflgen Sinne iat ee
nicbt metar getau uad ieider tiod die guten Dictator aetteii, deren Ehrgeiz
etch dimlt zufHeden gibt* gute Operubilcfaer zu ichrelben. Beaondera
■chllmm lag die Sic he immer, eobald ee sicfa dirom faandelte, aus einom rezftieiendeii
Drama eine Oper an macben. Da wurde die Origlnalecbftphng dea Dlchtera too
inebr oder minder geechlcktea Hlnden zu elnem Teitbuche zurechcgeatutzt and dabel
kam ea oft genug zu Vergewaltigungen und Verballhornungen dea DIcbtera, fiber die
dann die Tonkuoit Ibren Mantel verhfUleod breften aollte, wlhrend Ibr doch aelbat
infolge der GertngwerHgkeit dea Textea der Ifeete kunatleriacbe Untergruod mangelte.
Attcb Richard Streuee bat mlt unzulinglichen Textbflchera aelne achlimmen
Erfehrungen gemacbt, iat doch z. B. daa athnelle Verachwindeu der p Feueranot* znm
groaaen Telle auf die Mingel der Wolzogcnacbeu Dlchtung zur&ckzufubren. Dimm
bat der Tonietzer, deaaen Sinn immer nach dem Neuen uad Elgenanigea standi ]etzt
ejnen kfibnen Voreuch gemachtr er hat kurzerband daa ganze Oakar Wlldeacbe Drama
.Salome* (von unweaentlicben Kurzungen abgeaehea} In Muaik gesetzt und damlt In
der Tat die Frage, wle man die Mlttelaperaon dea Textfaearbcltera umgeheu kftnne,
mlt elnem Scblage gelffat. In dieaem Falle Est ibm daa Wagnla entschleden gegl&ckt*
Die kGnetlerieche Abaicbt Strauaeeua war, ala er alch in dleser Welse unmlttelbar
an den Dlchter anachloea, gewias wagnerlech im beaten Sinne: ea aollte die innlgate,
durch keioe »Bearbeitung* unterbrochene Verblndung zwiachen Dichtung und Muaik
hergestellt, die Muillt aollte aua dem Gelate der Dicbtung beraua gcboren werden.
Nun iat aber gegen eben diesen Geiat der Wildeecben Dichtung ma tic her Wider aproch
Jaut geworden* Man bat geeegt, dleae Schlldcrung einer aexuellen Abnormiiit aei
ichon aaf der ScbauapielbQhne uoerqtilcUteb genug und musae In der durch die
Kompoaltfon geachaffenen Verbreliemng der Hand Jang und Uateratreichuog der grtsa-
tichen Momente nocb weit mehr gegen die gmndlegenden Forderungen der Aathetik
Im allgemeinen und der Muaiklathetik im beionderen verztoaaen.
Mlt Verleub, meine Herracbaften : die praktiache Auafibung elner Kunit Iat
nocb immer der Weisbelt der Theoretiker urn elnlge Mellen voraue geweaen. Daa
muaaten wir eigeotlich aua der Kunatgeacbicbte gel era t haben und una darum hfiten,
ela Verdlkt nach allgemein lathetischen Grundaltzen zu flllen, die violleichc gerade
In dem Aogenblicke, wo wir lie zur Ricbtacbnur unierea Kunaturteila machen, inner-
lich berelta uberwunden Bind, Oberdlei bat Strauaa alcberllcb derartige Erwlgungen
aehon aelbat angeatellt, Iat aber docb an die Kompoaltion der .Salome* gegangen,
well er, der rclcbate Orcbeaterkoloriat aller Zeiten, just be) dieaem Stoffe das fand t
waa lbn reizeu muaatc: auf der elneo Seiie daa faullge Milieu elner InnerHcb zer*
rreaaenen, dem Abaterben verfallenen oiienuliacben Kultur, in die Johannea der
Tlufer (Jecbanaan) wle der erete Mecach jener neuen, relneren Kultnr hlnelnragt,
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
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GEISSLER: .SALOME- VON RICHARD STRAUSS
wclche der von ihm verkundete Christus der Welt zu bringen damals eben im Be-
griffe war. Und zwischen diesen beiden Kulturen ein herrliches Weib, das in tiefster
Seele ichzt unter der Scbwule der Atmosphere im blutsch^nderischen Hause von
Herodes und Herodias. Bei einem Gelage im Palast uberkommt sie der Ekel so
stark, dass sie binauslSuft aus der Halle in den nSchtlich dunkeln Hof. Und da
sieht sie den Propheten Jochanaan, vor dessen strafenden Worten alle zittern, der in
seiner berben Keuscbheit und asketiscben Erscheinung so ganz anders ist als alle
Manner ihrer Sphfire. Sie drangt sich liebesehnend, nach Genuss lechzend, an ihn
beran, und als er ihr Werben streng zuruckweist und ihre Liebesworte mit Flucben
lohnt, da erwacbt die Tigernatur dieses Weibes. Sie fordert von Herodes, den sie
durch ihren Tanz aufs hochste entflammt bat, den Kopf des so grausam Geliebten,
nur damit sie ihren Willen bat und den Mund des Jochanaan kussen kann. Dass
ein Musiker von der Eigenart Richard Strauss' sich von dem Gedanken lebhaft an-
gezogen fuhlen musste, in diesen lrrgarten von Liebe, Hass, Wollust, Grausamkeit
und Wahnsinn, in dieses schwule Milieu mit den tausend Lichtern seiner individuali-
sierenden Musik hineinzuleuchten, ist so begreifllcb, dass man daruber kein Wort zu
verlieren braucht. Die Hauptfrage ist: hat Strauss die grosse, schwierige Aufgabe,
die dieser Stoff ihm als Musiker bot, gelost? Hat er auf diesem Boden ein Werk
von dauernder Bedeutung geschaffen?
Die erste Frage ist ohne weiteres zu bejahen. Es ist dem Komponisten in der
Tat gelungen, ein in modernster Farbenpracht schillerndes, von pulsierendem Leben
erfulltes Werk zu schaffen und mit seiner Musik zum Ausdeuter all der Geheimnisse
Salomes und ihrer Umgebung zu werden. Allerdings wendet er dazu Mittel an, die
so ungeheuer sind wie das ganze Unternehmen. Ein Orchester von 110 Musikern
fordert Strauss und an jeden dieser Musiker stellt er die hochsten Anforderungen;
den Instrumenten, deren Zahl er um das „Heckelphon a (zwischen Englischhorn und
Bassklarinette stehend) bereichert, verlangt er die scheinbar unmoglichsten Schwierig-
keiten und Klangwirkungen ab; auch die Gesangskrafte zwingt er zu den hochsten An-
strengungen unter den schwierigsten Bedingungen. Der Schwerpunkt der Musik liegt
im Orchester. Hier tauchen die Motive, die das ganze Werk durchlaufen, in den ver-
schiedensten instrumentalen Einkleidungen, rhythmischen und tonalen Umformungen
auf. Aber diese Motive sind meist sehr kurz, ausgefuhrte Melodieen finden sich sehr
selten, jene Kurzatmigkeit der modernen Musik, die in ihr immermehr zur Herrschaft
gelangt, finden wir auch bei der „Salome". Nur an verhaitnismSssig wenigen Stellen,
wie z. B. in den Gesangen des Jochanaan, der Szene, in der Salome auf den Todes-
schrei des Propheten wartet, dem Schleiertanz und dem Schlussgesang der Salome
stromt der musikalische Fluss breit und langere Zeit unbehindert dahin. Wenn man
die Musik zur „Salome a kurz charakterisieren will, so mochte man sagen, dass sie
Ausdruckskunst im hochsten Grade, aber nicht Empflndungskunst ist. Mosaikartig aus
kleinen und kleinsten Teilen zusammengesetzt, sucht sie zu individualisieren, zu schil-
dern, nicht aber die Regungen der Seele in uns zu losen. Es ist eine unrubevolle
Musik, in der selbst das geubte Ohr kaum einige Male eine Tonart feststellen kann.
Ein fortgesetztes Ineinanderfliessen von Akkorden, ein steter Wechsel von Zeitmass
und Vorzeichnung, eine HSufung von raffinierten Effekten der Orchestration halten
zwar das Interesse des Horers immer wach und bereiten ihm immer neue Ober-
raschungen, lassen ihn aber andrerseits zu einem ruhigen Genusse nur fur Augen-
blicke kommen.
Das Orchester steht durchaus im Vordergrunde, wahrend die Singstimmen wesent-
lich zurucktreten. Das letztere folgt nicht nur aus der durchaus deklamierenden Betaand-
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DIE MUSIK V. 7.
lung der Singstimmen, die sich in den schwierigsten Intervallen bewegen, sondern auch
daraus, dass sie durch das Riesenorchester in vielen Fallen vollstandig Cibertont und sehr
oft wenigstens teilweise gedeckt werden. Organe von nicht aussergewShnlicher Tragkraft
werden gegen die Gewalt des Orctaesters fast machtlos sein. Dadurch gescbieht es, dass
die Textworte nur zum allerkleinsten Teile verstSndlich sind, so dass in diesem Punkte
ein bedauerliches Zuruckweichen von dem Wagnerschen Grundsatze der Vorherrschaft
der Dichtung festzustellen ist. Alle Ubertreibung rScht sicb. Weil Strauss in der
„Salome" die Orchestersprache uber die zulassige Grenze binaus ausgebildet hat (er
arbeitet auch sehr stark mit Effekten, die mehr Geriusche als Tone darstellen), deshalb
muss schliesslich das Wort der Dichtung im Oberschwall der Tone ersticken, obwohl
der Komponist, wie zu Anfang dargelegt wurde, an seine Arbeit mit der festen Ab-
sicht herangegangen ist, die Dichtung im Wagnerschen Sinne zu Ehren zu bringen.
Dass es an harten Dissonanzen, schrillen Missklangen nicht mangelt, erklart sich
leicht aus dem ausgesprochen chromatischen Charaktar dieser Musik. Aber schliesslich
klingt doch alles gut zusammen und man kann nur die Souveranitat bewundern, mit
der Strauss uber all diese scheinbar so widerstrebenden Tongewalten gebietet. Der
stirkste Beweis fur die innere Kraft seiner Musik liegt fur mich zunachst einmal in
dem grossen Zuge, der das Ganze durchweht und ein Zerflattern in Teilwirkungen
verhindert, und in der reinigenden Wirkung, die sie in der letzten Szene bewahrt.
Denn gerade diese in der Dichtung abstossendste Situation wird durch die Musik
emporgehoben und verklSrt, so dass sie das Widerwartige verliert. Und das ist fur
mich die unwiderlegliche Bekundung dessen, dass wir es in „Salome" mit einem
ernsten und echten Kunstwerke zu tun haben.
Freilich durfte auch diese neueste musikdramatische Schopfung des genialen
Fuhrers unserer Modernen kein dauerndes Leben auf der Buhne haben, denn es fehlt
ihr der Ewigkeitswert. Wie die Handlung uns zwar machtig erregt, aber nicht erhebt
oder erschuttert, weil sie nicht das allgemein Menschliche und darum immer Gultige,
sondern einen krassen Ausnahmefall menschlicher Dekadenz uns vorfuhrt, so ist
auch die Musik zu sehr individualisiert und spezialisiert, als dass sie eine fur alle
Zeiten verstSndliche Sprache reden konnte. Als Dokument der Musik unserer Zeit
wird „SaIome" immer genannt und vielleicht von Zeit zu Zeit auch wieder aus
geschichtlichem Interesse neu einstudiert werden; auch die Musiker werden sie
kunftig mit Eifer studieren und schatzen als eine unerschopfliche Fundgrube feinster
Instrumentationskunst und haarscharfer musikalischer Charakteristik. Aber den grossen
Dauerwerken der musikalischen Weltliteratur wird sich „Salome w nicht anreihen. Sie
ist noch das geniale Produkt einer Ubergangszeit, aber dabei doch ein Werk, das von
dem grossen Wollen und Konnen seines Schopfers deutlich Zeugnis ablegt und an
dem man daher nur mit dem Hute in der Hand Kritik uben kann.
Die Auffuhrung stand unter Ernsts v. Schuch Leitung, der sich damit wieder
als einer unserer allerersten Dirigenten erwies, und war eine Ruhmestat der Dresdener
Hofoper, die ihre besten Krafte einsetzte und dem Werke zu einem grossen ehr-
lichen Erfolge verhalf. Frau Wittichs Naturell liegt zwar weit ab von der damonischen
Salome, aber sie gab in dieser Hinsicht, was nur irgend in ihren Kraften stand;
gesanglich war ihre Leistung hochster Anerkennung wert. Mustergultiges in Gesang
und Spiel boten die Herren Burrian (Herodes) und Perron (Jochanaan). Von den
ubrigen Mitwirkenden seien noch die Damen v. Chavanne und Eibenschutz sowie
die Herren Jager, Rudiger, Plaschke, Wachter, Nebuschka, Erl, Kruis,
Grosch, Saville und Rains genannt. Die Konigliche Kapelle hat an dem Erfolge
des Tages einen gewaltigen Anteil.
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bOcher
41. Ludwlg Ritter von KOchel: W, A. Mozart. Cbronologlecb-tbeniatiecbeB
Verzeicbnia eeiner Werke. Zweite AuRage bearbeltet und erglnzt von
Paul GrarWaldersee. Verlag: Breitkopf & Hlrtei, Leipzig 1905.
Drei Grosataten sind ea, die in der zweiten HUfte dea 19. Jahrbunderta fur daa Auf-
bluben der praktischen Pflege Mozartacber Kunst babnbrecbend waren: 1. die jetzt In vierter
Auflage erecbeinende klaaaiecbe Mozartblograpble von Otto Jehn (bearb. von Delters,
Bd. I bcreuegekommea Im Herbif 1905, 11* Bd erscbelnt 1906); 2: du eng an dieses
Werk sich anecbllessende grosse cbrooologiscb-tbematiactae Verzeicbnia simt-
llcber Werke V. A, Mozarts von Kocbel und 3. als Krfnung dee Ganzen die in den Jabren
1877—1883 durch daa Tettbaus BreftkopT & Hlrtei durcbgefiihrte und fortgeeetxt er-
tfbiite erato Partitur-Geaamtauegabe derWcrke deaMoistera in 80 Folloblnden,
Die Neuauagabe dei 1882 erstmallg erscbieneueoj alien Mozartforacbern und wabren
Mozartfreunden anontbebrllchen KOcbelkataiogts bietet dankenawerter Wriae neben dam
lebenewabren Bilde aucb ein en auaffibrlicberen von C. V. Rouacb (Cannatatt) beerbeiteten
Labenaabriaa dea urn die Moxartaache ao iiberau* verdienten Vcfhasera, der, wle Jetzt
erat allgeineiner bekannt vlrd, Jetztvilllg noch J 5000 Gulden far daa Zuetandekominen
der Gesamuusgabe beetimmte* Geboren am 14. Januar 1800 zu Stein a. d. Donan erwarb
er sich nacb einer nlcfat sehr glucklich yerlebten Jugeodzeit in Wien die philoaopbiecbe
Doktorwfirde und wnrde Lnfolge eejner Cbaraktereigenscbaften und seine* vielseitigen
Vlssens — er war ebenso tuchtlger Humanist vie Botanlker und Mineraloge — bald
Brzteber in Torn eb men Hluaern; von 1827—43 varen Jbm die S&bnc dea Erzherzoga
Carl anvertraut. Von da ab zog rich K, ina Prfratleben zuriick, macbte weite Studien-
reiaen und wldmete sich ala begeiaterter Muaikfreund und Kenner von nan an mobf 1
and mebr aelner LiebHngaaulfeebe: der ayatematfecben Sammlung und Regis trierung aller
Mozartwerke, die er in einem groaa angelegten Kataloge cbronologiacb*tbematiacb ver-
zeiebnon und beacbreEben wollie. Daa 1st ibm denn aucb nacb Jabren angeatrengteater
Sammeltltigkelt, die ibn wiederbolt auf Relaen fShrte, in meiaterticher Veiae gegluckt,
vie illgemein bekannt iat Sett 1863, alio oachdem aeln epocbemecbendea Werk er
eebienen war, sicdelte K. dauernd nacb Vlen fiber und start dort 1877 im Palais
seines efaemaligen Zftgfinpi Feldmaracball Erzberzog Albrecbt, bei dem er Wnbnilng auf
Lebenezeit erbelten harte.
Aua der warmberzlgen Wldmung, mlt der K5chel eein Terk aeinem Preunde
Otto jabn fibcrgab, nacb dem letzterer in den Jabren 1856—59 aeinen vlerbindigen
m W+ A. Mozart* verodbntlicbt hette, gebt hervor, daas Jabn fkat gleicbzeltlg mit Kicbel
und unabbingjg von ibm Vorarbciten zu einem Mozartkataloge in Angrilf genommen
batte* Nacbdem er aber von Kfichela Vorbaben Kenntnia erhalten, Qberliesa er
dieaem aeln ganxea wertvollea Material znr freien Benutiung und aetzte Ihn so in den
Stand 7 aeln Verk raacber und volietlndlgpr vum Abacblusa zu bringen, gewtaa ein
achfluer Zng von NeldlosEgkeit im Cbaraktertilde dea groaaen Biognpben. So kam wobl
eratmalig auf dem Gebiete der Mualkwiaaenaebatt ein Verkverzeicbnia inatande, daa
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
60
DIE MUSIK V. 7.
durch Vollstftndigkeit, Vielseitigkeit und praktische Anordnung des Stoffes fur alle
spftteren ihnlichen Kataloge vorbildlich geworden ist (vgl. z. B. den Weberkatalog von
F. W. JEhns) und sich von Anfang an die allgemeinste Anerkennung der musikalischen
Welt erworben hat.
Die im Laufe der Jahre infolge der von K5chel selbst so m&chtig gefdrderten
Entwicklung der Mozartforschung immer ndtiger gewordene Neuauflage, wie sie nunmehr in
der Bearbeitung des langjfthrigen Mitarbeiters der Gesamtausgabe Paul Graf Waldersee
vorliegt, hat in grosser VollstSndigkeit die seit 1862 bekannt gewordenen Ergebnisse der
Mozartforschung berucksichtigi, indem sie vor allem die vielen von Kdchel selbst in
seinem Handexemplar eingetragenen ZusStze, Verbesserungen und Anderungen auf-
genommen hat. Dann aber sind die seit Kdchels Tode vielfach bervorgetretenen
Forschungen und Funde neuer oder verschollen gewesener Mozartwerke bis in die
neueste Zeit hinein nachgetragen. 1 )
Von diesen neueren Funden sind wobl die wertvollsten : das schon verdfPentlichte
konzertante Quartett fur BISser mit Orcbester 9 ) (Anh. 9); das in Paris beflndliche noch
ungedruckte D-dur Violinkonzert (K. 271 a) aus dem Jahre 1777; die mit der fruher ver-
schollenen zweiteh Pariser Symphonie wahrscheinlich identische B-dur Ouverture (vor
einigen Jahren in Paris in alten gedruckten Stimmen aufgefunden und durch den Dres-
dener Mozart-Verein im Januar 1903 erstmalig in Deutscbland aufgefuhrt); ferner die
reizvolle Musik zur Pantomime „Les petits riens* (Anh. 10); ein zweisitziges Klaviertrio
D-dur (im British-Museum) und ein Klavier- Rondo K. 511a (ebendaselbst), letztere beiden
Stucke noch ungedruckt. Von hohem Interesse sind die ZusStze zu den Anmerkungen zu
Don Juan (K. 527) und zum Requiem (K. 626). Die 1896 aufgefundene jetzt in Graz im
Privatbesitz beflndliche Prager Abschrift der Don Juan-Partitur wird hoffentlich dazu bei-
tragen, die schon von Jahn 1867 bekSmpfte auf Guglers Veranlassung entstandene Weg-
lassung der Posaunen im zweiten Finale wieder aufzugeben, da die Echtbeit dieser so
wichtigen Stimmen nach den neuesten Forschungen nicht mebr bezweifelt werden kann.
Eine kleine chronologische Unmoglichkeit scheint vorzuliegen in der noch von
Kdchel selbst herruhrenden Einordnung eines gleichfails unveroffentlichten Orcbester-
menuetts (C-dur) als No. 25a. Mozart hat zwar schon in seiner dritten Symphonie (Es-
x ) Aufgefallen ist mir bei K. 620 (Zauberflote) die Nichterw3hnung des vor einigen
Jahren von G. R. Kruse entdeckten, bis dahin unbekannten Duetts (Tamino und Papa-
geno), das als Musikbeilage zum 7. Heft der von R. Gen6e herausgegebenen Mitteilungen
fur die Berliner Mozartgemeinde (1899) erstmalig im Klavierauszuge von Dr. A. Kopfer-
mann verSffentlicht worden ist.
*) Zu diesem herrlichen Werke, das inzwischen durch die Meininger Hofkapelle all-
gemeiner bekannt geworden ist, mochte ich bemerken, dass seine jetzige Gestalt zweifel-
los nicht die ursprungliche sein kann. Man halt es na*mlich fur identisch mit der 1778
in Paris komponierten „Sinfonie concertante*. Diese war aber nachweislich fur Flote, Oboe,
Horn und Fagott geschrieben, wShrend das aufgefundene Werk Oboe (als erste Stimme),
Klarinette, Horn und Fagott bat. Dieser auffallende Unterschied ist bis jetzt nicht hervor-
gehoben worden, auch nicht in der 4. Auflage des „Jahn", und er kann nur so erklSrt
werden: entweder handelt es sich um ein anderes Werk Mozarts, oder aber Mozart
hat die Anderung vorgenommen, als er es „aus dem GedSchtnis" nach seiner Ruckkehr
von Paris wieder aufsetzte. Vergl. hierzu seinen Brief vom 3. Oktober 1778, wo er be-
richtet, dass er die drei Symphonieen und die „Sinfonie concertante" an Le Gros ver-
kauft habe und die Absicht ausspricht, diese Werke, deren Manuskripte er weggegeben
hatte, spSter wieder aufzuschreiben.
( " j n va I . Original from
Ui:r;i/u:: ! ::»v^ 5 i)UgJi UNIVERSITY OF MICh
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BESPRECHUNGEN (BOCHER)
dur K. 18) aus dem Jahre 1764 zwei Klarinetten (mit zwei Hornern und Fagott) ange-
wendet, das voile Blaserchor (also mit Floten, Oboen, Klarinetten usw.) der Wiener Zeit
aber sicher nicht vor 1778, namlich in den Pariser Orchesterwerken. Die Veroffent-
lichung des kleinen Stuckes wurde hier sofort Klarheit bringen, da alle die spEteren TUnze
mit vollem Orcbester sicta durch grosse Reife der Melodiebildungen auszeicbnen.
Die Echtheit der durch ein Autograph nicht belegten F-dur Symphonie K. 98 kann
wohl mit Recht angezweifelt werden. Selbst fur die Zeit urn 1770 findet sich bei Mozart
nichts, was auch nur annShernd so sehr den Stempel der Durftigkeit in der Erfindung
und Ungeschicklichkeit in der Ausfuhrung und Instrumentierung an sich trSgt, wie diese
Symphonie. Man braucht nur die Nachbarwerke derselben Gattung (K. 96 und 97) an-
zusehen, urn sofort den ganz bedeutenden Unterschied zugunsten der letzteren zu er-
kennen. Von der Anfuhrung einiger weiterer kleiner Berichtigungen und Bemerkungen,
die ich mir noch notiert habe, soil hier abgesehen werden. Was die in den letzten Jahr-
zehnten entstandenen zahllosen Bearbeitungen Mozartscher Werke anbetrifft, so hat der
Herausgeber von ihrer Aufz2hlung Abstand genommen, um den Umfang des Werkes, der
jetzt schon um 125 Druckseiten gewachsen ist, nicht ins Ungemessene zu steigern.
Eine berechtigte Ausnahme aber macht die mit so allseitigem Beifall aufgenommene
1901 veroffentlichte Alois Schmittsche Bearbeitung der grossen c-moll Messe (K. 427),
indem fast das ganze Vorwort zur neuen Partitur zum Abdruck gekommen ist. (Vgl.
den Aufsatz zur MessenergSnzung in diesem Hefte.) Alles in allem darf die Neuauflage
des „K6chel a als eine durcbaus gelungene und dem heutigen Stande der Forschung in
weitgehender Weise entsprecbende bezeichnet werden um so mehr, wenn man die oft
unubersteiglicben Schwierigkeiten bedenkt, die der Auffindung und Aufschliessung der
zahllosen weit zerstreuten Quellen entgegenstehen, aus denen bei solchen Arbeiten ge-
schdpft werden muss. 1 ) Die Ausstattung des Buches ist die bei Breitkopf & Hftrtel
gewohnte sorgfaltige und geschmackvolle, und es steht zu hoffen, dass bei der jetzt in
so erfreulichem Aufschwung begriffenen Mozartpflege bald jede grossere Musikbibliothek
im Besitze des neuen w K6chel" sein wird. Ernst Lewicki
42. W. A. Mozarts Leben nach Originalquellen beschrieben von Franz Niemet-
schek. Verlag: J. Taussig, Prag.
Das vorliegende Werk ist ein Faksimiledruck der ersten Ausgabe (1798) mit den
Lesarten und Zusatzen der zweiten vom Jahre 1808. Also keine Gelegenheitsschrift zu
des Meisters 150. Geburtstage, sondern eine getreue Wiederholung der ersten quellen-
missigen, oft zitierten Biographie Mozarts, von der sich nur eine geringe Anzahl Exem-
plare erhalten hat. Otto Jahn urteilte Goer diese enthusiastische Schrift: M Was dieser
vortreffiiche, wohl unterrichtete und Mozart aufrichtig ergebene Mann berichtet, ist iu-
verlfissig und wahr." Dem hubsch ausgestatteten Neudruck gab Dr. Ernst Rychnovsky
ein Geleitwort, das uns fiber den Verfasser Aufschluss gibt, der das Gluck gehabt hatte,
Mozart personlich kennen zu lernen, und unter dem Eindruck der Prager Mozartbegeiste-
l ) Fur die Neuauflage erwahnt das Vorwort als Quellen: 1. das Handexemplar
Kochels; 2. den 1889 erschienenen Nachtrag zum Verzeichnis; 3. die Gesamtausgabe mit
den zugehorigen Revisionsberichten; 4. die dritte Auflage der Jahnschen Bibliographie;
5. die „Mozartiana" von Nottebohm (1880). Ferner wurden Beitrdge benutzt der Herren
W. Barclay Squire (London); Joh. Ev. Engl (Salzburg); Dr. A. Kopfermann (Berlin);
Ch. Malherbe (Paris) und E. Lewicki (Dresden). Es ist wohl anzunehmen, dass noch
mancher musikalische Forscher und Sammler etwas Neues h&tte beisteuern konnen,
wenn ihm eine Aufforderung zugegangen ware oder er sich nach Bekanntwerden des
Planes einer Neuauflage selbst an den Herausgeber gewandt hStte.
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i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DIE MUSIK V. 7.
rung seine Biographie niederschrieb. Moge das verdienstvolle Buch bei seinem dritten
Gang die Gunst der Leser erneut gewinnen.
43. Carola Belmonte: Die Frauen im Leben Mozarts. Verlag: Gebr. Reicbel,
Augsburg.
Gerade recht zum Mozart-Gedenktag kommt ein wurdig ausgestattetes Buch von
Carola Belmonte. Alle Beziehungen Mozarts zu den Frauen: Mutter, Schwester, Gattin,
und alle Frauen, die je ihm nahegestanden, werden hier in klarer Weise auf Grund
eindringender Quellenforschung anscbaulich geschildert. Zahlreiche Bilder und Faksimiles
tragen zum Verstandnis und zur Erganzung des Buches bei. Richard Wanderer
MUSIKALIEN
44. W. A. Mozarts Werke. Gesamtausgabe. Serie XXIV (Supplement) No. 62.
Funf Divertimenti fur zwei Klarinetten und Fagott. Herausgegeben in
Partitur von Ernst Lewicki. Verlag: Breitkopf & H2rtel, Leipzig. 1905.
Als Vorlage fur die Herausgabe der vorliegenden Divertimenti zu je funf Satzen
diente eine vergrifFene alte Saminlung von Harmoniemusik, die der Herausgeber vor
einigen Jahren im Archiv der Hofmusikalienhandlung von C. A. Klemm in Dresden vor-
fand. Der Titel lautet: „Trois Serenades pour deux Clarinettes, deux Cors et Basson,
composers par W. A. Mozart, Livre I et II, Bonn chez N. Simrock, Verl. No. 926"; sie
werden schon von Ottojahn unter den nicht beglaubigten Kompositionen fur Harmonie-
musik erwahnt (I. Aufi. Bd. IV, S. 117, Anm. 18). Die letzte dieser sechs Serenaden besteht
aus funf wohl kaum von Mozart selbst arrangierten Arien aus „Figaro" und „Don Juan",
wahrend die funf anderen sehr reizvolle Originalkompositionen sind, die spacer durch
fehlerhaftes, ungeschicktes und dazu uberflussiges Hinzusetzen von zwei Hornern
stark entstellt und ziemlich unbrauchbar geworden waren. Da es bis jetzt nicht ge-
lungen ist, die Handschrift Mozarts oder sonst einen authentischen Nachweis uber die
Entstehung dieser Stucke aufzufinden, so konnen vorerst nur die Grunde angegeben
werden, welcbe die Autorschaft Mozarts wahrscheinlich machen.
Was zunachst die inneren Grunde anlangt, so sprechen die in meisterhaft drei-
stimmigem Satze (wie ihn Mozart in seiner Wiener Periode schrieb) gehaltenen Stucke
mit ihrer ebenso bluhenden wie originellen Mozart-Melodik sowie ihrer so ganz auf den
Charakter der drei Blasinstrumente berechneten Klangwirkung (die praktisch erprobt ist),
so entschieden fur Mozarts Autorschaft, dass die sehr schatzbaren Beurteilungen von
vier namhaften Mozartkennern: Richard Muhlfeld, Ernst Naumann, Carl Reinecke und
Alois Schmitt fur die Echtheit der Divertimenti durchgehends gunstig lauteten. Prof.
E. Naumann hat s. Z. zuerst die Authentizitat der beiden Hornstimmen, die vSllig un-
mozartisch und hochst ungeschickt, ja oft geradezu fehlerhaft zugesetzt sind, angezweifelt
und in einer nach der Vorlage hergestellten Partitur die notigen Anderungen und Ver-
besserungen eingetragen, wodurch diese Stimmen wenigstens brauchbar geworden sind.
Sparer hat er sich mit dem Herausgeber dahin geeinigt, dass es richtiger sei, die Horner
ganz zu streichen, da sie offenbar iiberflussig und dem an sich schon ungemein vollen
Zusammenklang der drei Holzblaser eher schaden wie nutzen durften. Die Klangwirkung
der dreistimmigen Fassung ist von Musikdirektor R. Muhlfeld (Meiningen) prak-
tisch gepruft und fur gut befunden worden, ebenso hatte der Herausgeber Gelegenheit,
die Stucke in einem Kreise von musikkundigen Freunden blasen zu horen und sich
ebenfalls von der vorzuglichen Klangwirkung zu uberzeugen, die der von Mozarts
ubrigen Klarinettenkompositionen durchaus entspricht.
Den musikalischen Gehalt der hochstwahrscheinlich fur den v. jaquinschen
J::;i ".i/.OV*
(" r\< \n}{* Original from
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63
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
Freundeskreis in Wien geschriebenen Stucke betreffend, so flnden sich, was aucta E. Nau-
mann bestatigt hat, darin zahlreiche melodische, barmonische und kontrapunktische Fein-
beiten vor, wie sie in der Zeit nach 1782 bei Mozart h2uflg vorkommen und wie sie ein
blosser Nachahmer Mozarts niemals zustande gebracht bStte. So zeigen die zum Teil
weit ausgefiihrten Schlussrondos von 1—4 viele echt Mozartsche Einfalle, wie man sie
in Nachbildungen nirgends findet. Die Ursprunglicbkeit und Frische der Melodieen tritt
bier ebenso wie in mehreren der Menuett-Trios besonders hervor. 1 )
Sehr auffallend ist ferner die grosse innere Verwandtschaft der langsamen Satze
mit den ebenfalls fur den obengenannten Kreis komponierten scbonen Gesangsterzetten
(Kanzonetten) mit Begleitung von Klarinetten und Bassetthornern (K. V. 436—439 und
549), sowie mit den erst vor einigen Jataren veroffentlichten zwolf kleinen, aber weit
weniger bedeutenden Bassetthornduetten (Serie XXIV No. 58). Als Entstehungszeit fur
die Divertimenti konnen die Jahre 1783—1785 angenommen werden, und zwar durfte die
erstgenannte Jabreszabl die wabrscheinlichere sein, da im eigenen thematischen Katalog
Mozarts (begonnen am 9. Februar 1783) nichts von den Stucken erwahnt wird. Obrigens
sollen auch die genannten Terzette K. V. 436—439 nach Kocbel im Jahre 1783 ent-
standen sein.
Was die Susseren Griinde anbetrifft, die man zugunsten der Echtheit heranziehen
kann, so ist zunSchst darauf hinzuweisen, dass schon sehr fruhzeitig Auszuge aus diesen
Divertimenti in der Form von Streichtrios gedruckt worden sind, was bei Nachahmungen
wohl kaum vorkommen durfte. So verdankt der Herausgeber Herrn Dr. Bornemann in
Eisenach den Nachweis, dass Artaria & Co. in Wien (etwa um 1810) drei Streichtrios
unter dem Titel „Drei Terzetti facili" fur zwei Violinen und Violoncell (C, D und F-dur;
veroffentlicht haben, die aus Satzen der vorliegenden Divertimenti zusammengestellt und
neuerdings bei C. F. Schmidt in Heilbronn herausgekommen sind. Auch bei Andre
(Offenbach) sind diese Streichtrios erschienen. Ferner zitiert Kochel (Ann. 229j vier Satze
„Petites pieces pour deux cors de Bassette et Basson par W. A. Mozart Livre I" (Breit-
kopf & Hartel), die dem Herausgeber vorlagen und bis auf den vierten Satz, der offenbar
gefalscht ist und stark gegen die anderen drei abfallt, dieselbe Herkunft haben wie die
Trios bei Artaria und Schmidt.
Schliesslich ist nicht unwichtig, dass auch die ursprungliche dreistimmige Fassung
der Divertimenti (also ohne die Horner) bereits im alten Hofmeister- Katalog auf-
gefuhrt wird, wie der Herausgeber nachtraglich in Erfahrung brachte.
Die Serie XXIV der Gesamtausgabe, die bekanntlich auch unbeglaubigte Werke
enthalt, konnte die vorliegende Sammlung um so eher aufnehmen, als es sich dabei um
wertvolle, auch heute noch ansprechende Musik handelt und von Mozart ausser den
vorliegenden keine weiteren Harmoniemusiken mit fuhrender Klarinette bekannt sind.
Zweifellos werden die Blaser unsrer guten Orchester und Tonkunstlervereine gern ge-
legentlich das eine oder andere dieser reizvollen Stucke zur Auffiibrung bringen, ebenso
wie sie ein willkommenes Studienmaterial fur die Musikschulen abgeben durften. Um
] ) Die diesem Heft in einer notengetreuen Ubertragung fur Klarinette (Violine)
und Klavier beigegebenen Proben sind geeignet, den liebenswurdigen Charakter dieser
leichten aber feinen Musik zu veranschaulichen, wenn auch der eigentliche Klangreiz
in der vorliegenden Fassung verloren geht. Dass die Stucke alle in B-Tonarten stehen,
liegt daran, dass sie durchgehends fur B-Klarinetten geschrieben sind. Besonders sei
auf das b-moll Trio des mitgeteilten Menuetts hingewiesen, das in seiner Originalitat und
Schwermut ganz und gar dem innersten Wesen Mozarts entspricht, der bekanntlich nicht
immer nur graziose und lustige Musik gemacht hat.
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(" r\< \n}{* Original from
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04
DIE MUSIK V, 7.
ale abet aach den weiteren Krelaea dor Matikfreunde zugfatglicb in machen, beabatchtlgeii
die Verleger, cine ObertnpuiE fflr Violin*, Brettctae and Violence!) zu TcrOffeotlichcn,
Emit Lewicki
45. W. A* Mozart: Trio In E*-dur ffir Pianoforte, Violino and Vloloncell (VioU
odor Horn) nach doin Qtilntott f&r Horn and StrdcbJnatmmome, Work 407,
bearbeftet too Emtt Ntamini — Koniert In D-d or Br Honi, Vert 412.
Aasgabe fir Viola fibertngtn von Gaeton March ct, Klarierbegleltung von
H. Kllng, Verlag: Brvitfcopf ft Hlrtel, Lelpilg.
Wenogleich daa dreliltzige, eehr friiche and teflllfte Qalntett Moierta fSr Mora
and Streichinatrumente an Wort dom bektnntcn Klarinettonqaintntt nicbt gloicbkommt,
to wird oa docb la dor vorllegenden tre&lichen Bearbettang Ton Naamana, dio obonao
vie daa Brahmiacbe Horn trio la dreilacber Gestalt gcaplelt werden burn, rich vfele
Freundo erworben. Der Bearbeiter bat die Hornetfmnie geaaa beibehalten, reap. fSr Viola
oder Vloloncell libertragen. Die Faeiung Kr Klavier, Violino and Viola kommt dem
entachlcde* vorhandenea BedQrfoia nacfa derartigan Trloe eatgegcn. — Bratschieton
verden aach com *a dor Obartregang dot Moitrttebon Hornkonxerti ejeifen and
nar bodaaern, daaa dietea nar aaa iwel SItzen beetebt; euch die Bbrigen Horn-
kouzette Mozarta d&rften, ao tebr lie aach aaf dleaea damala nocta nicht alio Ttoe her-
gebende Internment zagaechnltten alnd, far Bratecbe aich gut dgaetw Die eorgflltige
Bezclcfannng der TOriiegtnden Obertragang aoi faeiondor* berrorgeboben.
WUbelm Altmann
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
MUSIKALISCHES WOCHENBLATT (Leipzig) 1905, No. 32-42. - „Zum Kapitel
Opernregie" verlangt E. Hohlfeld Lebenswahrheit neben Klarheit der Handlung
und musikalische Regisseure. Mit Bach befasst sich der Artikel w Quoniam tu
solus sanctus" von E. Liepe, mit Schubart „Aus dem Leben eines Dichtermusikers"
von E. Segnitz, mit Wagner die Artikel „Goethe und R. Wagner" von Max
Morold, „R. Wagners Gedictate* von E. Kloss und „Ein Blick in die Geistes-
werkstatt Richard Wagners".
KUNSTWART (Leipzig) 1906, No. 1 und 2. — Felix Weingartner analysiert „Die
erste Ouverture zu Cornelius ,Barbier von Bagdad' "; er vergleicht ihren Schluss-
effekt mit dem Schluss von Berlioz* „Benvenuto Cellini* -Ouverture und nennt sie
w ein Meisterstuck, eine der besten heiteren Opernouverturen, die uberhaupt ge-
schrieben worden sind." — „Musikalisch" uberschreibt Richard Batka eine geist-
volle Plauderei, in der er sagt, blosse Feinhdrigkeit bedinge noch kein wahrhaft
musikalisches Talent, und den vieldeutigen Begriff „Musikalisch" deflniert er als „eine
seelische Disposition; eine besondere Art der Phantasie, die sich gerade im Reich
der Tonwelt bewahrt."
RIVISTA D'lTALIA (Rom) 1905, No. 9. — Die Abhandlung „L'infinito nella musica*
von L. A. Villanis geht von Schellings Transzendentalphilosophie aus und beruht
zum grossen Teil auf Gedanken der Schillerschen Asthetik, trSgt daher auch viel
deutsche FSrbung an sich.
NUOVA ANTOLOGIA (Rom) 1905, No. 810. — Die „Rassegna musicale" des Heftes
behandelt die Kirchenmusikkongresse in Rom und in Strassburg, die Haltung des
Papstes gegenuber der Reform der Kirchenmusik und den Tod Francesco Tamagno's.
THE NINETENTH CENTURY (London) 1905, No. 344. - Frederick Verneys
Artikel „A municipal concert hall for London" enthSlt eine gl&nzende Schilderung
des musikalischen Lebens in London und davon ausgehend eine schone Obersicht
uber die dortigen sozialen VerhSltnisse.
SUDDEUTSCHE MONATSHEFTE (M One hen) 1905, No. 9-10. - HansPfitzner
wendet sich in einem w Buhnentradition" betitelten Artikel gegen die Schlamperei
in musikalischen Dingen. Er fordert auf zur Verbesserung der bestehenden Miss-
briuche und tut die Zerruttung der ZustSnde sehr schon an dem Adagio im Anfang
der w Freischutz a -Ouverture als Beispiel dar.
KORRESPONDENZBLATT DES EVANGELISCHEN KIRCHENGESANG-
VEREINS FUR DEUTSCHLAND (Leipzig) 1905, No. 11. - Karl Schmidts
Artikel „Was sollen wir singen?" entbait eine Zusammenstellung guter geistlicher
Musikliteratur.
SIGNALE FUR DIE MUSIKALISCHE WELT (Leipzig) 1905, No. 59-62. -
Paul de Stoecklins Studien „Franzosisches Musikleben" behandeln in ihrer Fort-
setzung „Die franzosische Musik, ihre Etappen und Namen" und bieten einen
glucklich gruppierten Oberblick uber die historische Entwicklung der franzosischen
V. 7. 5
J::r:i.
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66
DIE MUSIK V. 7.
Musik und ihre bedeutendsten Vertreter. Eugen Schmitz behandelt das Thetna
„Volkstumliche Musikauffuhrungen" und betont den Wert der dffentlicben Konzerte
zur Popularisierung klassischer Musik. „Rudolf Louis' symphonische Pbantasie
,Proteus <a wird von Detlef Schultz besprochen; obne den Eigenwert des Werkes
zu schmaiern, betont der Verfasser dessen Anknupfung an Wagner, Liszt und
Bruckner und lobt ebenso sehr Louis' arcbitektonische Kunst wie dessen geist-
volle programmatische Gestaltung.
NEUE MUSIKZEITUNG (Stuttgart-Wien) 1906, No. 3. — Ober ^Richard Wagner
und Otto Wesendonk* berichtet Erich Kloss auf Grund der neuen Goltherschen
Veroffentlichung. „Max Regers Sinfonietta" wird von Ludwig Riemann analysiert.
Ober „Die Hammerklaviere" handelt eine Studie von A. Pfeiffer; ein Gedenk-
artikel von Walter Domansky („Friedrich Curschmann und seine Rose*) knupft an
den 100. Geburtstag des SSngers Curschmann an; „Der Choral" erfahrt eine grund-
liche theoretische Besprechung durch M. Koch; ^Siegfried Wagners ,Bruder
Lustig"* wird von Ferdinand Pfohl ausfuhrlich gewurdigt.
NEUE MUSIKALISCHE PRESSE (Leipzig) 1905, No. 20. - Das Heft enthait die
Fortsetzung des Artikels „Die Quintenspirale" von Hans Schmidkunz.
KISSINGER SAALE-ZEITUNG 1905, No. 249. - Der Artikel .Baldurs Tod in
Dusseldorf" verbreitet sich ausfuhrlich fiber Wesen und Wert des Kistlerschen
Musikdramas.
NEUE FREIE PRESSE (Wien) 1905, No. 14810. — Hugo Wittmanns Aufsatz
Jacques Offenbach* entrollt ein vortreffliches Bild der Personlichkeit dieses
„Meisters des musikalischen Frohsinns und Ubermutes, aber auch der musika-
lischen Liederlicbkeit".
DAS HARMONIUM (Leipzig) 1905, No. 11. — Die Betrachtung „Was lehrt der
III. Kunsterziehungstag a von Walter Luckhoff kommt zu dem Ergebnis, wir
mussten stets dessen eingedenk sein, dass die Kunst dem Leben dienen musse.
Eine Satire von Ernst Ludwig Schellenberg betitelt sich „Ein Konzert" und ent-
hait in geistvoll-spottischem Gewand eine Menge bitterer Wahrheiten.
MONATSSCHRIFT FUR GOTTESDIENST UND KIRCHLICHE KUNST
(Gottingen) 1905, No. 10. — Gustav Beckmann widmet ^Robert Radecke" ein
Gedenkblatt zum 75. Geburtstag. Der am 31. Oktober 1830 in Dittmannsdorf in
Schlesien Geborene entfaltete namentlich in den funfziger Jahren als koniglicher
Kapellmeister in Berlin eine umfassende Tatigkeit; er hat z. B. zuerst Wagners
Werke in den Konzertsaal eingefuhrt und als Direktor des „Instituts fur Kirchen-
musik a dieses reorganisiert.
ALLGEMEINE MUSIKZEITUNG (Charlottenburg) 1905, No. 43/44. - Eine
schone Studie ist Paul Cohns „Gebeimnis der Musik". Indem der Verfasser die
geheimnisvollen Beziehungen der Tonwelt zum Seelenleben erl&utert, kommt er
zu dem Schlussergebnis: „Musik ist Psychologie in Tonen. Wo keine Seele ist,
kann keine Seele widerklingen. Geniessen Oder Nichtgeniessen — beides ist ein
Bekenntnis." — In seiner Abhandlung „Die Eigenart des Beethovenschen Kunst-
werkes" entwickelt Fritz Vol bach, von Schillers Unterscheidung zwischen naiv
und sentimentalisch ausgehend, die sentimentalische Natur Beethovens und
bespricht dessen an Clementi und Haydn anknupfende Klavierwerke.
J::;i ".i/.OV*
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NEUE OPERN
Sandra Blumenthalt ^Sulemhh", elite iwelakttge Oper, deren Text sum
troinn Tell wtirtHcb tut dem Hob on Liede Salomonla entnommen let,
wnrde Tom Nfirnberger Stadttbeater fttr die nlchete Saleon erwoiben; der
Komponiat lit ItaUener und bet seine mtttikalieche Erziebung in Dentach-
land genottea,
Silvio Goto: ..Toiii*, else einefctige Oper, Text nacb HeinricheT. Kleitt Navelle
»Die Veriobung Id Sen Domingo*, bet den Prele der Grammophon-Geaeli-
tcbift daTongetngen.
Joan Hanini »Akt£*, eine TlertkUge Oper dee spaniecben Vlollnvtrtuoaen, itt
Ten der GeneraUntendaiiz der Dreadener Hofoper xnr Urauffflbrang
angenommon mrdon.
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Mtinehen: Die Setnmerfeetepiele 1906 warden id nachatebender Veiee atett*
linden: Vom 2, bit 12. Auguet flnden aetbe Mozart-Feetvoratellungen im
ReeLdenztbeater etatt, vom 13. Auguat ble 7. September 16 FeatanffGbningen
Wagneracher Werke im Prinzregententbeater and xwar f&nfrnal die B Meiet*r-
ainger", dreimal »Tennbluaer" and xwelmal der »Ring dee Nlbelungen*.
KONZERTE
Berlin; Die Mnaikaliache Geaellecbaft, Mher n&ter Leitung von Vilhelm
Berger, letxtgpr Diligent Kapellmeister Ed. Levy, bat Ibre dleawtaterlJcben
Obungpn wleder aulkeflommen. Dm fiflbntlicbe Konzert dleaer Sataon findet
am 12. Febniar In der Slngakademie atatt unter Mitwirkung namhaAer
SoUaten,
Easem Gnetav Mahlera neueate Symphonic {No. 6) aoll euf der Tonkflnitler-
veratumnlung dee Allgem Deutaoben Mueikvereina lbre UrauH&brnng
erloben*
LQbcok: In einem Bacb gewldmeteo geiatlicben Konxert der Vereiuigiuig fflr
klrchlicbeii Cbergeeaag (Leitung; K, Licbtwark) in der St* Marleuklrche
wnrde daa Orgelfconzert In a-moll gesptelt and xwar auf der Orgel im nfad-
lichen Nebenachlff der Klrcbe (Totentanxlcepelle). Dleaea gut erbaltene Werk
Ton 35 kllngenden Sdmmen xolgtnocb don Z net and der Orgelbaufcanet
in Bacb a Zeiten. Sic wird von Ihm wibrend aeinea bieelgea Aufonthaltee
bei Dietrich Bnxtebnde bluflg geapielt warden aein and erecbeint wohl
goelgnet, eln BLld von der orlginalen Klangwirkting Bacbacber Orgel*
kompoaltloaen, beaondere In ibrem Vecbaalapie] zwiscben „Hatiptwerfc* und
„RiiekpoaitiT* xu gebeu*
Wancttau: E. N, t. Re in leek -Berlin tat car Leitung Ton aeebs Pbllhar-
monlecben Konxert en verpflicbtet worden.
Zwiekam Der rierte Abend dea Zyklne btatoriacher Orgelrortrlge von
Panl Gerhardi In der Martenkircbe umtoate lediglicb Kompoaitfonen der
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{ " . ^ | v Original from
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68
DIE MUSIK V. 7.
Familie Bach, und zwar solche von Jotaann Heinrich, Johann Christoph,
Johann Michael, Johann Bernhard und Johann Sebastian.
TAGESCHRONIK
Waldemar von Baussnern hat soeben die neugeschaffene Partitur der
Gunlod, der in einem Skizzenfragment hinterlassenen dreiaktigen Oper von
Peter Cornelius, vollendet. Durch Simrocks Edda-Obertragung machtig beruhrt,
schuf Cornelius die Gunlod-Dichtung von 1866—1867. Von 1869 bis zu seinem
Todesjahre 1874 arbeitete er mit grossen Unterbrechungen an den Klavierskizzen
zur Gunlod, doch blieb mehr als ein Drittel der Dichtung unkomponiert. Nach
dem Tode des Dichterkomponisten erhielt Hoflfbauer, ein fruherer Schuler des
Meisters, den Auftrag, nach den Skizzen eine Partitur herzustellen. Doch leider
erwiesen sich seine und die von Lassen spater vorgenommenen Bearbeitungen
in technischer und stilistischer Beziehung als unzuianglicb. Felix Mottl richtete
einzelne Stucke der Gunlod fur den Konzertgebrauch ein, und Max Hasse gab
1894 im Auftrage der inzwischen verstorbenen Frau Professor Cornelius bei Breit-
kopf & HSrtel einen Abdruck des Skizzenfragments heraus. Im Fruhjahr 1904
wurde von Baussnern von der Familie Cornelius und Breitkopf & HSrtel beauf-
tragt, fur die Gesamtausgabe der Werke von Peter Cornelius die Gunlod vollig
unabhSngig von alien bisherigen Bearbeitungen lediglich auf Grundlage des
Skizzenfragments zu erganzen und zu instrumentieren, und in dieser Neugestaltung
hat Direktor Max Martersteig (Koln) das Werk zur Urauffuhrung noch fur diese
Saison angenommen.
Dr. Hermann Stephani in Sonderburg wurde zum Dirigenten des Flens-
burger Lehrergesangvereins berufen.
Als Gesanglehrer an den stSdtischen Schulen in Aarau wurde Musikdirektor
Emil A. Hoffmann in Aarau gewahlt.
Kapellmeister Leo Blech in Prag erhielt das Ritterkreuz des Ordens der
Kgl. RumSnischen Krone.
Ehrenchormeister Adolf Kirchl in Wien wurde vom Kaiser von Osterreich
durch das goldene Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet.
Dem Kgl. Musikdirektor Paul Blum en thai in Frankfurt a. O. ist der Titel
Professor verliehen worden.
Auf dem Grabe des Komponisten Franz Koenen (1826-1904) in Leyden
wurde ein Denkmal enthullt.
TOTENSCHAU
Im Alter von 87 Jahren + in Dusseldorf der fruhere Opernsanger Franz
Becker, der, im Jahre 1819 in Mannheim geboren, in langjahriger TStigkeit an
ersten deutschen Buhnen (Mannheim, Hamburg, Leipzig, Wiesbaden, Breslau,
Dusseldorf) als Bariton und nachher als Bassbuffo tatig war-
Hofopernsanger Max Zottmayer, ein geburtiger Wiener, f in Kassel,
72 Jahre alt. Er gehorte von 1865—1890 der Kasseler Hofbuhne an und war ein
sehr beliebter Heldentenor.
Im Alter von 66 Jahren f der Konzertmeister am Stadttheater in Strassburg
Joseph Hugel.
In Koln f am 12. November Sophie Haase-Bosse, KonzertsSngerin und
Gesanglehrerin am Konservatorium.
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
OPER
BERLIN: Konigliches Opernbaus: Gastspiele. Den Tristan von einem Herrn
dargestellt zu sehen, der als Lyonel odcr als Troubadour eine ganz passable Figur
macben wurde, das ist ein scbmerzhafter Anblick. Die Generalintendanz hat uns den
Anblick nicbt erspart, als sie den fur Wiesbaden ausersebenen Philipp Broz&l vom
Mainzer Stadttheater in Berlin den Tristan spielen liess. Wie gesagt: es ist mdglich,
dass Herr Brozdl bei Flotow oder Verdi in alien Ebren bestebt. Ricbard Wagner aber
ist nichts fur einen oft schonen, nie aber cbarakteristischen Gesang und eine Botel nur
urn Geringes uberragende Darstellungskunst. Neben ihm gastierte Frau Leffler-
Burckard als Isolde. Das machte wieder alles gut. Gesangsmeister behaupten,
bisweilen kSmen bei Frau Leffler-Burckard einige Tone der Mittellage flach und klanglos
heraus. Sie mogen recht haben. Aber es scheint mir eitel Beckmesserei, angesichts
einer herrlichen Gesamtleistung solcbe Kleinigkeiten allzu borbar anzukreiden. Wftre
Frau Leffler-Burckard nicbt das Buhnentemperament, das sie ist, ginge sie nicht so ganz
auf in der dramatischen Situation, so konnte sie gewiss auch den strengsten Gesangs-
meistern zu Dank singen. Seien wir indessen frob, dass sie weniger an ihre Stimme
als ihre kunstlerische Aufgabe denkt. — Das Gegenbeispiel zu dieser Art der Sdngerin
konnte man wenige Tage darauf, gleichfalls im Opernhaus, in aller Musse studieren.
Frau Charles Cahier aus New-York trat als Dalila auf. Das war nun etwas fur die
Formalisten. Der Beweis wurde wieder einmal erbracht, dass auch eine halb schon ver-
sungene Stimme bei einer sorgfaltigen Behandlung immer noch etwas annehmbares her-
gibt. Die sorgfiltige Behandlung verlangt allerdings die Vermeidung jeglicher Aufregung.
Einem Camille Saint-SaSns gegenuber ist diese Forderung ja leicht zu erfullen, und so
hatte denn Frau Cahier, die aus Amerika kommt, aus Frankreich stammt und ausserdem
herrliche Toiletten trSgt, auch ihren Berliner Erfolg. Willy Pastor
BREMEN: Mit einer dreiaktigen Oper Zenobia hat der Amerikaner Louis A. Coerne
einen starken Susseren Erfolg bei der Urauffubrung im hiesigen Stadttheater
unter Leitung unseres tucbtigen Kapellmeisters Egon Pollak errungen. Sein Werk hat
einen kosmopolitischen und eklektischen Cbarakter und sein Erfolg ist mehr der gl&nzenden
ausseren Aufmachung des farbenprichtigen antiken Stoffes mit seinen Kriegeraufzugen,
Priesterchoren und Jungfrauenballets zuzuscbreiben, als der inneren dramatischen Kon-
sequenz und der reichen Psychologie der Cbaraktere, mehr der glanzvollen und effekt-
reichen Instrumentation und dem sentimentalen Ausspinnen einiger nicht sehr in die Tiefe
des seelischen Lebens dringender musikalischer Einf&Ile, als der wirklich fruchtbaren
Ideenfulle und der Kraft der naturlichen dramatischen Steigerung derMusik. Immerhin, ein
Erfolg im Geist der Goldmarkschen Kdnigin von Saba ist nicht in Abrede zu stellen. Der
Text behandelt Zenobia, die stolze und heroische Kdnigin von Palmyra, jener beruhmten
alten Oasenstadt, die ja auch den farbenprichtigen Hintergrund zu Wilbrandts poetischem
Meister von Palmyra abgibt. Als nach der Unterwerfung Agyptens das palmyrenische
Reich sogar dem weltbeherrschenden Rom gef&hrlich wurde, kam Kaiser Aurelian,
besiegte Zenobia's Heer bet Amiotliia und zerstorte Palmyra (273 n. Chr.); Zenobia fuhrt
er gefangen nach Rom. Oscar Stein, der Textdichter Coernes, lasst Zenobia sich
selbst toten, als Aurelian ihren Kanzler Selenos (gescbichtlich Longinus) hinrichten ISsst.
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70
DIE MUSIK V. 7.
Zenobia's unausgesprochene Liebe zu Selenos ist das dramatische Motiv, das aber un-
fruchtbar bleibt, weil es eben erst in der Scblusszene in Aktion tritt. Die Partitur
bringt im ersten Akt einen interessanten, archaistisch geftrbten Priesterchor, ferner den
einzigen guten dramatischen Ansatz in einem die funf Charaktere fein differenzierenden
Quintett, dann das Finale, ein effektvoll sentimentales Duett, das leider von einem
dramatisch ganz unwichtigen Liebesp&rcben gesungen wird; in den folgenden Akten
interessieren einige sich der zweiteiligen Form der alten Arie deutlicb nShernde, aber
in der Melodik wenig vornehme Monologe Zenobia's und des Selenos. Das Streben, die
melodisch gescblossene Form der alten Opernsitze mit dem musikdramatischen Prinzip
des Rezitativs zu verschmelzen, scheitert wesentlich an der chromatischen Ruhelosigkeit
der modernen und oft sprunghaften Modulierungssucht und an dem Mangel der musi-
kalischen Hauptsache, die noch immer von Mozart bis Verdi ausschlaggebend war: der
unerschopflich sprudelnden neuen und interessanten melodischen EinfSlle. Gelernt hat
Coerne (als Schuler Rheinbergers in Munchen) genug. Jetzt muss er sich konzentrieren,
sich auf seine personliche Eigenart besinnen, die er trotz allem zu haben scheint, und
vor allem sollte er bedenken, dass den blendenden Effekten ohne tiefere psychologiscbe
Begrundung die Herzen der Menschen sich bald verschliessen.
Dr. Gerb. Hellmers
DRESDEN: Den Hans Sachs sang unlingst zum ersten Male Herr Kiess, dessen
kunstlerische Entwicklung in den wenigen Jahren seiner hiesigen Titigkeit sehr er-
freulich zu beobachten war. Sein Schusterpoet war eine uberaus sympathische Figur und
durfte sich neben dem beruhmten Hans Sachs Scheidemantels sehr wohl sehen und
horen lassen. GSste gab's in reicher Zahl wahrend der letzten Berichtszeit; aber keiner
von ihnen vermochte besonders zu interessieren. F. A. Geissler
HAMBURG: GSste kommen und zum Gluck gehen sie auch immer bald wieder. Das
sind die sogenannten w Ebrengaste", in Wirklicbkeit die NotnSgel, mit denen die
einmal publizierten „Spielpline" zusammengehalten werden. Einer von ihnen war Herr
Settekorn (Braunschweig), ein respektabler Aufhorer, der durch Buhnensicherheit und
Intelligenz gut zu erganzen weiss, was ihm sonst abhanden gekommen ist und der dem-
zufolge als „Hans Heiling tf recht gut abschnitt. Als NovitSt gab es, und zwar einmal
hintereinander, Puccini's sogenanntes Musikdrama „Tosca". Das war gerade einmal zu
viel fur ein Werk, dem man, nachdem Herr Puccini den groben Sardou noch mehr
brutalisiert hat, kaum anders als mit einem empSrten w Pfui! a begegnen kann. Von wem
unsere sonst doch vorsichtige Theaterleitung sich diesen schamlosen, durchaus un-
kunstlerischen NachlSufer des Verismo aufreden liess, mogen die Cotter wissen. Die
Musen hatten bei dieser traurigen Affare sicher die Hand nicht im Spiele. Die einmutige
Entrustung der gesamten Kritik, die dieser schlechten Sache gegenuber gleichmassig Front
machte, erstickte alle Wiederholungsgeluste von vornherein. Also kann die Kritik doch
etwas erreichen, und an der Vernichtung dieses unsauberen Werkes energisch mitgewirkt
zu haben, darauf darf sie stolz sein. So etwas brauchen wir wirklich nicht dem Drei-
bundskollegen abzunehmen. Die Auffuhrung, von Stransky fleisstg eingeubt und effekt-
voll ausgearbeitet, gelang ausgezeichnet. Eine Prachtleistung bot Frau Fraenkel-Claus
in der Titelrolle. Heinrich Chevalley
KOLN: Die im neuen Stadttheater erfolgte deutsche Urauffuhrung der vieraktigen
grossen Oper w Messalina tt von Isidore de Lara ist zu einem Ereignis von
weittragender, schoner Bedeutung geworden. Da haben wir, nach Text und Musik in
harmonischer Stilechtheit, so einigermassen uberraschend ein Werk bekommen, das
seinem ganzen Wesen nach urkraftig in die Opernproduktion unserer Tage eingreift, —
als richtige „grosse Oper" ! Verfasser des recht guten Textbuchs sind Armand
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71
KRITIK: OPER
Silvestre und Eug&ne Morand. Schauplatz ist das Rom des Kaisers Claudius. Ira
Mittelpunkte steht dessen dirnenhafte, so grausame wie schone Frau Messalina. Der
Hass gegen diese verbuhlte Despotin hat ein griechisches Brfiderpaar, den kfihnen
StrassensSnger Hares und den vielgefeierten Gladiator Helion, nach Rom getrieben. Beide
verfangen sich in Messalina's Liebesnetz und sterben als Opfer der kaiserlichen Hetire.
De Lara zeigt sich als ein von vielgestaltiger, melodisch reizvoller Erfindungsgabe inspi-
rierter, ungemein satz- und orchesterkundiger Illustrator des Milieus und der Begebnisse.
Die von Otto Lohse meisterlich einstudierte und glanzend geleitete Auffuhrung erzielte
mit Alice Guszalewicz und Clarence Whiten ill als ausgezeichneten Vertretern der
Messalina und des Hares machtigen Eindruck. Paul Hiller
KOPENHAGEN: Zu Anfang der Saison versuchte die KSnigl. Oper eine Vorfuhrung
von Bizet* s w Djamileh a — ohne besonderes Glfick. Das kleine Werk interessierte
nur als Vorstudie zu w Carmen", und die Auffuhrung war keine hervorragende. So ver-
schwand w Djamileh M recht schnell wieder vom Repertoire. Nachher beberrschte das
jihrliche Gastspiel unseres Tenors Herold den Spielplan und bracbte u. a. eine Wieder-
aufnahme der w Traviata a . Die alte Oper ffillte durch eine sehr gute Auffuhrung (Herr
Herold und namentlich Frau Ulrich) oftmals den Saal. Ein Gastspiel der tempera-
mentvollen Maikki jarnefelt hatte wegen ihrer Indisposition keinen absoluten Erfolg.
William Behrend
LEIPZIG: Arthur Nikischs Neubelebungsversuch einer vom Furstl. Esterhazy'schen
Kapellmeister Rudolf Raimann komponierten einaktigen Oper „Enoch Arden a
hat wiederum — wie schon vor zehn Jahren die gleichfalls von Nikisch besorgte Urauf-
fuhrung des Werkes in Budapest — nur einen gewissen Ruhrungserfolg erzielen konnen.
Das tragische Problem der Tennysonschen Dichtung, das hier durch Herbeiziehen des
Weihnachtsabends und eines personlichen Begegnens zwischen Annies beiden Gatten
noch stark versentimentalisiert worden ist, griff fiber alle Ungeschicklichkeiten des Buches
und fiber die erflndungsarme und stellenweise arg blechgepanzerte Komposition hinweg
stark genug an die Herzen und Nerven der Zuhorer, um lebhafteren Beifall wenigstens
ffir die sehr tfichtigen Leistungen des Herrn Schwarz (Enoch), der Frau Doenges
(Annie) und des Herrn Urlus (Philipp) auszulosen. Arthur Smolian
MANNHEIM: Von einigen unfruchtbar verlaufenen Gastspielen im Heldentenorfache
hob sich ein zweimaliges Gastieren des italieniscben Tenors Bonci sehr vorteil-
haft ab. Nach glucklicher Beendigung des ersten Ringzyklus unter KShlers trefflicher
Leitung sieht man der Premiere von d'Alberts w Tiefland a entgegen. K. Eschmann
MOSKAU: WShrend der Schreckenstage mussten die Opernauffuhrungen aufgehoben
werden, doch wurden sie bald wieder aufgenommen. Zimins Privat-Oper hat im
November drei Neueinstudierungen aufzuweisen : Rimsky- Korssakow's „Schnee-
wittchen", Mascagni's „Amica a , Godard's „La Vivandi6re a , alles in sorgfaltig aus-
gearbeiteter Inszenierung, gelungener Rollenbesetzung mit Ippolitow-Iwanow als
Orchesterleiter. — Der Kfinstler-Verein Solodownikoff hat Franchetti's „Germania*
in Szene gesetzt und fur den Dezember Gastspiele von Lina Cavalieri angemeldet.
— Das Vol ks theater erweckt mit den Opernauffuhrungen Interesse fur Musik im Volke.
— Die Privat-Oper M. M. Petrowa im „Aquarium a ist leider eingegangen. — Die
kaiserliche Oper bietet keine Neueinstudierungen. E. von Tideboehl
STUTTGART: Zum erstenmal hatten wir eine zweite „Ring"aufffihrung im Winter.
Das Unternehmen ist um so dankenswerter, als wir zurzeit mit dem Heldentenor und
der ersten dramatischen Singerin in Not sind. Herr Bolz hat gerade im Ring trotz
aller anerkannten Vorzfige seine Unmdglichkeit erwiesen; seelische Resonanzen fehlen,
und dazu Noblesse und Selbstbeherrschung im Spiel. Fur Frau Zink trat als Brfinnhilde
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DIE MUSIK V. 7.
Frau Senger-Bettaque ein. Alberich im Rheingold sang Zador aus Munchen, im
Siegfried Breitenfeld aus Frankfurt. Unsere Krafte, voran Frl. Wiborg und Herr
Holm, vermochten sich mebr Oder weniger gut zu behaupten. Dera Wotan bringt Neu-
ddrffer nur lyrische Baritonopfer. Poblig wurde jeden Abend aufs lebhafteste gefeiert.
Lowenfelds Regie scheint Wagner gegenuber zu versagen; solcbe Werke verlangen mebr
Ebrfurcbt. In Pohligs Abwesenheit dirigierte einmal der talentvolle Erich Band die
Walkure. Der strichlose Lohengrin (Wagner wird nie zusammengestrichen) war eine gut
vorbereitete und ira ganzen stimraungsvolle Vorstellung. Frau Bopp-Glaser setzte ihre
Gastspiele fort. Der ^Fidelio" in der Jubil&umswoche fiel m&ssigaus; am schonsten war
das Orchester unter Pohlig. Dr. Karl Grunsky
KONZERT
BERLIN: In seinem zweiten Konzert hat Siegfried Ochs Beethovens Missa Solemnis
zur Auffuhrung gebracbt. Nicht nur der scharf disziplinierte Chor und das Orchester
leisteten diesmal bewundernswertes, sondern auch das Soloquartett der Damen Herzog
und Choinanus, der Herrn Reimers und Sistermans zeigte voile Sicherheit. —
Weingartner hatte fur den vierten Symphonieabend nur Werke von Brahms an-
gesetzt: die Serenade in A-dur (obne Violinen), das Doppelkonzert fur Violine und Cello
und die c-moll-Symphonie. Dank der ausgezeichneten Leistung der beiden Solisten
(Sebald und De chert) errang sich das Doppelkonzert einen sturmiscben Applaus.
Der Dirigent, der fruher entschieden kein intimeres Verh<nis zur Brahmsschen Musik
hatte, wfichst, je mebr er sich mit ihr besctaSftigt, immer tiefer in sie hinein; das war
an diesem Abend ganz horbar zu spuren. — Hjalmar Borgstrom (Cbristiania) fuhrte
mit dem philharmonischen Orchester vier symphonische Dichtungen auf: „John Gabriel
Borkman" (nach Ibsen) „Hamlet", „Die Nacht der Toten" und Jesus in Gethsemane".
Fur die mittleren beiden Stucke war die Mithilfe des Klaviers nStig, vor dem kein Ge-
ringerer als Busoni sass. Sehr genau detaillierte Programme sagten dem Zuhorer, was
die Musik bedeuten sollte, aber selbst mit ihrer Hilfe stand man der Musik, in der der
Tamtam bisweilen eine Hauptrolle spielte, ratios gegenuber. Mir schien alles aus-
nahmslos vdllig unreif, ja dilettantenhaft, und bei dem ganzen Unternehmen nur merk-
wurdig, dass ein Kunstler wie Busoni dabei mitwirkte. E. E. Taubert
Das funfte Philharmonische Konzert erofPnete Arthur Nikisch, der in dieser
Saison noch mebr als sonst Novit&ten aus dem Wege zu gehen scheint, uberflussiger-
weise mit der Freischutz-Ouverture; auch auf das Mendelssobnscbe Violinkonzert, das
Karl Halir gediegen zum Vortrag brachte, hfttte man gern verzicbtet; verdienstvoll aber
war die gelungene Wiedervorfuhrung der Lisztschen Faust-Symphonie (Schlusschor: der
Lehrer-Gesang-Verein, Tenorsolo: Felix Senius). — Das zweite Orchester- Konzert
der neu gegrundeten Char lot ten burger Musik-Gesellschaft fand vor leeren Binken
statt, ein Beweis, dass jene Grundung kaum einem Bedurfnis entsprochen hat. Die
Leitung hatte diesmal Wilhelm Reich. Er brachte die Oberon-Ouverture, das Tristan-
Vorspiel und Beethovens Siebente zum Vortrag. Solist war der Geiger Carlo Sabatint
(Wien), der mit Bruchs erstem Konzert (Dirigent Karl Zimmer) aufwartete. Die
Leistungen des neuen Orchesters wollen wir erst unter die kritische Lupe nehmen, wenn
es etwas alter geworden ist. — Temperamentvoll, fein durcbgearbeitet und tonschSn
spielte das Damenstreichquartett Wie trow etz, Drews, Scbulz und Stoltz Schumanns
A-dur Quartett und Brahms' G-dur Quintett (2. Bratsche Miss Langley). — Einen Brahms-
Abend veranstaltete das Bohmische Streichquartett: ausser dem c-moll Quartett
gelangte das Trio fur Klavier (Frau Haasters-Zinkeisen), Violine und Horn (Robert
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73
KRITIK: KONZERT
Repky) und das Klarinetten-Quintett mit Meister Muhlfeld zur Auffiihrung. — Frau
S^aenger-Sethe gab mit Moritz Mayer-Mahr einen Kammermusikabend: Beethovens
(op. 12) Es-dur Sonate, Schuberts h-moll Rondo und Haydns F-dur Sonate wurden ge-
boten; letztere ist nur ein Arrangement des Streictaquartetts op. 77 No. 2 (mit Weglassung
des Scherzo). Susanne Dessoir steuerte die Weihnachtslieder von Cornelius bei. —
Frederic Lamond gab mit seinen Triogenossen Alfred Wittenberg und Franz Borisch
unter Zuziebung des Tenoristen Paul Reimers einen gelungenen Schubert-Abend. —
Das Schubertsche Es-dur Trio hatten neben Beethovens erstem Trio auch die Herren
Barth, Wirth und Hausmann auf dem Programm; dazwischen spielte der Violoncellist
mit Herrn Barth die zweite Sonate von Brahms, jedoch nur in den beiden letzten Satzer.
einwandfrei. — Eugene Ysaye spielt jetzt mit Vorliebe klassische Werke; diesmal bot
er mit der ihm eigenen Auffassung die Konzerte in E-dur von Bach, G-dur von Mozart und
das Beethovensche. — Gleichfalls unter Hinzuziehung des philharmonischen Orchesters,
das mitunter diskreter begleiten konnte, spielte (u. a. Tschaikowsky's Konzert) der kaum
siebzehnjahrige Josef Achron, dessen eminentes Geigentalent bereits im Vorjahr an-
erkannt wurde. — Auch Mischa El man ist wieder erschienen und verbluffte durch die
Reife seine Auffassung und seine Technik; sein Begleiter R.J. Forbes zeigte sich auch
als Solist von vorteilhafter Seite. — Martha Kuntzel beherrscht die Technik des Klaviers
jetzt so, dass sie in Zukunft das Hauptgewicht auf den Vortrag legen muss. — George
Arm in rezitierte u. a. Szenen aus Byron's Manfred, wobei er die Schumannsche Musik
durch Klavier und Harmonium spielen Hess. — Endlich ist ein neuer gemischter Chor,
Fritz Ruckwards „Musikaliscbe Vereinigung", mit grossem Erfolg erstmalig an die
Offentlichkeit (Cornelius, Requiem; Reger op. 6) getreten. Wilhelm Altmann
Der kunstlerische Ertrag vor Weihnachten ist meist sp£rlich. Was da in die Halme
schiesst, ist Magerfrucht; denn was an Talent vorhanden, umgeht die „toten M Wochen
vor und nach dem Menschheitsfest der Liebe. Nur das Genie macht hiervon eine Aus-
nahme, da echte Kunst noch immer uns der Sorgen und Bedurfnisse uberhebt und in
ihren Zauberkreis zwingt. Die wenigen Leistungen lassen sich daher summarisch abtun.
Das Beste bot Ludwig Hess. Er hat zugenommen im Ausbauen und Formen des Liedes
und scheint sich zu besinnen, dass es noch ein anderes gibt, als ein leichtfertiges Ver-
schwenden gl&nzender Mittel. Hoffen wir, dass ihm die innere Konzentration ma*hlich
vom subjektiven Ausdruck zum Stil hinfuhrt, wobei freilich die Bedingung zu erfullen
ist, dass die Technik gleichen Schritt halt. — Elisabeth Schumann, ein nicht gewohn-
liches Vortragstalent, zeigt Merkmale eines energischen Temperaments. Hier und dort
stosst man gar auf einen glubenden Kern. Aber die schrille Dissonanz tecbnischer
Bildung paralysiert die schonen Momente. Es fehlt entweder der Wille oder die Be-
gabung zum Gesangstechnischen. So muss das Mienen- und GebSrdenspiel wieder aus-
helfen und die Blossen verdecken, die doch ewig Bldssen bleiben. — Tuchtiges leistete
auch das Terzett: Anne Worill, Elise Graziani, Auguste Eberlin, ein gut geschultes
Ensemble mit viel Liebenswurdigkeit und unverbrauchter Frische. — Bleiben: Frieda
Millies-Rickertsen, des Schwunges wohl fahig, aber noch im Zustande unannehm-
barer Tonbildung begriffen, und Hedwig Lahnstein, eine reizende Vortragsbegabung
mit musikalischem Sinn und von guter Durchbildung. Organ jedoch zart und scbwach,
ohne ausgiebige Tiefe, die obendrein matt und halsig. — Paula Stebel spielte Mozart
ohne die Grosse echten Stilgefuhls. Auch bei Liszts „B6n6diction* steht ihr diejugend
noch im Wege. Im ubrigen bewies sie, dass sie eines der wenigen brauchbaren Talente,
bei dem allein das Leben zu entscheiden hat, ob es Charakter und Tiefe erhalt. — Irma
Hun spielte wie sonst. Technisch sicher und brillant, bleibt ihr Anschlag nach wie vor
bildungsbedurftig, ist die pianistische Physiognomie trotz einiger besseren Momente im
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DIE MUSIK V. 7.
allgemeinen ohne sonderlichen Reiz. — Georg Bertram ist ein tuchtiger Techniker, der
tapfer vorwirts strebt. Ein kleiner selbstbewusster Zug und der leidige Hang nach der
iusserlich-virtuosischen Seite beschatten jedoch den musikalischen Ausdruck noch zu
sehr, um eine reine oder tiefere Wirkung zu ermoglichen. — Agnes Leydhecker besitzt
musikalischen Geschmack. WaV die Technik besser, ibre Angstlichkeit nicht so gross,
und klinge vieles nicht so glasig, — man konnt's zufrieden sein. R. M. Breithaupt
Von den von mir gehorten Sangern, die eigene Konzerte gaben, muss Sydney
Biden zuerst genannt werden. Er ist noch kein fertiger Kunstler, die Hohe klingt nicht
fret genug, die Vokalisation ist nicht schlackenfrei und die Aussprache des ihm wohl
ungewohnten Deutschen 19sst zu wunschen. Dafur singt er mit inniger Anteilnahme
ohne Oberschreiten kunstlerischer Grenzen. — Hansi Delisle's hoher, sehr heller
Sopran hat zu viel Schfirfe, die Tongebung ist zu often, in der Tiefe balsig, aber der
Vortrag recht hiibsch. — Gerard Zalsman's Bariton ist nicht so ubel, aber von Schulung
ist nichts zu merken. Absoluter Amateur. Schuberts StSndchen wurde zur reinen
Karikatur. — Die Sopranistin Maria Leval bat nur eine kleine, ewig tremolierende
Stimme. — Nicht grosser ist der hohe Alt von Catharina Hennig-Zimdars, die wie
die Sopranistin Martha H oh If eld trotz redlicher Anstrengung nicht uber eine gute
Durchschnittsleistung hinauskommt. — Als Kunstler ersten Ranges zeigte sich der Cellist
Eugdne Malmgren, der das Volkmannsche Konzert mit wundervoller Phrasierung und
gesangvollem Vortrag spielte. Ihn unterstutzte die Pianistin Marie Barinowa-Malmgren
mit dem d-moll Konzert von Rubinstein. Sie spielt schwungvoll ohne Obertreibung. Ein
treffliches Kunstlerpaar. — Die Cellistin Eugenie Stoltz hat viel Talent Um so mehr
ist zu bedauern, dass sie mit deutscber Soliditat nicht franzosische Eleganz verbindet.
Obgleich ihr Ton gross ist, bleibt er leblos, da Korrektheit und Pedanterie uberwtegen.
Die mitwirkende SSngerin Elisabeth Ohlhoff dokumentierte wieder ihre schon ge-
ruhmten Vorzuge. — Mit dem Herzen ohne Vernachl5ssigung des Kopfes musiziert die
Pianistin Elly Ney. — Einen sproden, durch seine HSrte ohrbeleidigenden Ton erzeugt
der Pianist Sergei von Bortkiewicz, w&hrend sein Kollege Albert Hufeld, trotz nicht
immer sauberer Technik, einen weichen Anschlag verriet und in einzelnen Momenten
sogar Glauben an Intelligenz erweckte. — Etwas zu massiv behandelte Richard Gold-
schmied das Klavier. — Der aus fast lauter Kindern bestehende St. Ursula-
Frauenchor ist fur die Offentlichkeit noch lange nicht reif. Es wird sehr unrein und
unrhytbmisch, ohne jeden kunstlerischen Anstrich gesungen. Einen ziemlich gunstigen
Eindruck machte die Sopranistin Elfriede Goette. — Die unter Leitung von Gustav
Hollaender stehende „Neue Orchestervereiniguug" (aus Dilettanten und Musikern
zusammengesetzt) Hess brillante Schulung erkennen. Der Dirigent hat erfolgreich fur
Akuratesse und Begeisterung gearbeitet. Der Klang war schon. Als Solistin erntete
Frau Wurmser-Delcourt auf einer chromatischen Harfe ohne Pedale mit einem vor-
zuglich gespielten Konzert von Pierne viel Beifall. Karl Klingler trug ein Violin-
konzert von Mozart sehr maschinell ohne Anzeichen von Auffassung vor. — Mehr lasst
sich auch von dem Geiger Alessandro Certani nicht berichten. — Im Konzert des Bach-
vereins unter H. Reimann gelangten vier Stucke aus der Missa Choralis von Liszt
zur Auffuhrung. Der Chor sang ausgezeichnet, mit feinsten Abstufungen, gegen Schluss
leider unsicher und nicht tonrein. Die Orgelbegleitung von Richard Roessler genugte
in keiner Hinsicht. — Schade, dass Iduna Walter-Choinanus ihre gewaltige Alt-
stimme nicht besser geschult hat. Der Ausdruck ist echt dramatisch. Arthur Laser
Wcgen Raummangcls musstcn fiir das nachstc Heft zuriickgestellt werden die Berichtc: StrassburR (Opcr); Ant-
werpen, Braunschweig, Brcslau, Brusscl, Chicago, Darmstadt, Dresden, Diisseldorf, Elbcrfeld, Frankfurt, Haag,
Halle, Hamburg, Hannover, Helsingfors, Kopenhagen, Leipzig, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Moskau, Nlirnberg,
Petersburg, Prag, Schwcrin, Strassburg, Stuttgart, Warschau, Wiesbaden, Zurich (Konzert).
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J :, :i,c::t ::-, V .UU^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
ANMERKUNGEN ZU
UNSEREN BE1LAGEN
Mlt dem Hnldlgnngigedicbt Ludwigs I. von Bayern, d« der Monircb der
Salzburger Mozart-Sikulartbier 1856 widmete* vollen wir unaere Boll agon ertflheop
Bin Hnldignngeblatt fBr den Meieter, von A. H. Payne entworfen und *m-
geffthftp zelgt una du von allegorischen Figures umgebene Schwantbalerecbe Mozart-
StuidbUd — due etwee antiqalerte Leistung, tber von nalver Ebrlichkelt erffUIt
Dii orate uneerer diesmaligen Mozartpomlts lit eln Unikum: ein vfllHf un*
bekanncee Portrlt, den Meioter em Klevler darstelleud* Dee Blett reproduzlerten wir
nach dem 1m Beeiti von Dr. Edgar leiel be And lichen Originalkapforstlch* Letder lleat
es sich bit jetet nocb nicbt rait Sicberheit festatellen, ob du Bild necb dem Leben ver*
brtigt lst r docb sprlcbt die tebendlge Aufhesung, die elite gpwlsae Ahnllchkeit mlt dem
Poech'tchen Relief vom Jahre 178S eafweiet, difOr, und each die Lebenszelten dee Zelchnere,
der ein Zeltgenosse dee Metetera war, tpricht nicht dagegea* Auf dem RBcken dee eaf
dem KUvier llegpnden Baches elnd deatllcb die Bucbetaben ARO erkennbar, die dee
Bach e)i die Flgaropartitur kennzelcbnen. Alto fUlt jedenfislla die Entstehung dee
Portffti In die letzten Lebentjabre nech 1785, Der Zelebner dee Bletteo let der von
Nagler erwlbnte Meier Jobann Bosio, der nach Bollier de La Cbavignerie 1764 in
Monaco gpboren and 1827 In Parle geetorben let Gestocben Ut ee aller Wahracheinlich-
kett necb von Giovanni Antonio Sasso, der nm 1809—1316 in Mailand tltig war. Anf
Sasao's Rechnung let won) die merkwiirdlgp Becekbnung Giovanni Mozart^ womit der
Stecber viellelcbt seine Namenegleichbeit mit dem Meiatcr dokumentieren wollte, zu
eetzon, Bekanntlicb bat Mozart elcb In Deutecbland atets Wolfgang, In Itallen aber
Amadeo gtnannt, nlemale jedocb vod ■ ein era Vornamen Jobann Gebrauch gemachL
Weolger Worte (fir die beiden folgendcn Dare tell ungen: eln Portrlt Mozart a In
einem reichen Rah men, nacb einer Lithographies die dee Meietere Verleger Job, Aadrf
In Offenbach edlerte* Daa Profil ecbelnt una anseeroFdentlich geglfickL Nfcht minder
wahr eracbeint una daa ebenfelle nacb rechte geweudete Profll aur einer Gravure von
T, Blond, die gemiae Ihrer Auhchrlft nsch einer Buste gefertlgt lit E» fblgt ein
Medeillonrellef vera Jabre 178^ desaen Verfiuaer nlcht bekannt let Dae zarte
Knnitwerk beatebt am einem Kitt von Weche und Gips. Mozart achenkte daa Medallion
seiner Fran Konstanze, die es In den letzten Jahren eeinea Lebena zuwellen ale Gfirtel*
vwilemng trng, wozu ee beatlmmt war. Ober den AbnlJcbkeltswert urtellte Mozarta
Sohn Karl, daae dleseo Medallion »untcr alien ohne Ausnahme der verechiedenardgetea
Abbildnngen, ale die vollkommen Ihnllchete von aimtllchen eeiner Angebflrlgpn
and Bekennten eowohl, ate von ihm eelbst anerktnot war*.
Zwei }unger* Darstellungtn der Plastlk elnd die melsterbefte Buete von Karl
Seffner, die ttna bel nnrechwacber Idealiaiernng den lebensfreudigen Meieter In wundcr-
voll weicher Model! lernng zeigt, wlhrend Wllhelm Hag ens Arbeit oboe etirkere indt-
viduelle Zfige dem Mozartkopfe Ernst and Kraft verleibL
Dae PamlllenbUd {Vater Leopold mlt der Geige, Wolfgang Araadena and eelne
Schwester Marianne am KlavJer, an der Wand du Medallion portrit der Mutter Mozara)
Ungt im Mozartenm* Sein Maler 1st der Salzburger Portritiet Jobann Nepomnk de la
Croc** Dm Bild, daa durch die Galakleldung der Dargeatellten und Ihre festlicbe Prieur
dem Geechmack eeiner Zdt Rechnung trtft let vielhch nacfageblldet vorden, n. a, von
Joe. Lacrotx. Maeh dleeer Vodage let uneere Tiedergabe gefertigt
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76
DIE MUSIK V. 7.
Das Salzburger Standbild des Meisters, die ernste, in klassischer Ruhe aufgefasste,
heute aber nuchtern wirkende Arbeit Ludwig Schwanthalers mochten wir nicht uber-
gehen. (Unsere Abbildung ist nach einem Stich von A. Krausse bergestellt.) Als
„Pendant a bieten wir die Statuette von Gustav Landgrebe, die in ibrem zierlichen
Rokoko an das Wiener Mozartdenkmal von Tilgner erinnert. Landgrebe ist der Ver-
fasser der Statuetten Beethovens, Wagners und Bulows (letztere ist besonders gelungen);
sein Mozart fand sich im Nachlass vor, den die Firma Gebruder Micheli in Berlin erwarb.
Die Don Juan-Allegorie uberliess uns der Maler Max Harrach in Frankfurt a. M.
zur Wiedergabe. Es geht ein Zug von Grosse und Einfachheit durch sein Gem51de: wir
seben Don Juan, wie sein Fuss die am Boden wuchernden Lilien scbonungslos nieder-
tritt, wlhrend hinter ihm der Schatten des steinernen Gastes auftaucht.
An den Don Juan erinnert ferner der Theaterzettel der ersten Don Juan-
Auffuhrung in Leipzig, den der Verleger Max Scbmitz nach einem sebr seltenen
Original aufgenommen und uns uberlassen hat. Prof. Hermann Rittergab uns freundlicher-
weise uber dieses Dokument folgende Notiz: Als der 1787 komponierte und am 29. Okt.
1787 in Prag zum ersten Male aufgefuhrte „Don Juan" auch durch Deutschland seinen
Weg machte, ist als fruheste Auffuhrung nach der Prager wohl die in Leipzig vom
15. Juni 1788 zu verzeichnen, bei der mehrere der ersten Prager Darsteller mitwirkten.
Von diesen beteiligten sich Giuseppe Lolli, der als Masetto und Komtur auftrat, Sgra.
Caterina Micelli als Donna Elvira, und Antonio Baglioni als Don Ottavio. Der Direktor
Domenico Guardasoni, der seine „Italienischen Opernvirtuosen" anfuhrte, wurde in
Deutschland zuerst als Singer bei der frfiheren komischen Oper in Dresden bekannt,
pachtete das Landestheater in Prag, wo er 1806 starb. Der Theaterzettel dieser erst-
maligen Don Juan-Aufffihrung in Leipzig spricht wohl fur sich selbst.
Uber den neuen Mozartbrunnen in Wien, den der Bildhauer Karl Wollek
und der Architekt Otto Schonthal ausfuhrten, sind die Meinungen geteilt. Es ist der
Moment gegeben, wo Tamino und Pamina aneinandergeschmiegt den Kreis der Un-
geheuer, die von der Macht der Liebe und der Musik besiegt scheu zuruckweichen,
durchschreiten. Wir glauben aus der innigen Gebarde, mit der Pamina ibrem Geliebten
sich hingibt, und im Linienfluss der beiden schlanken Gestalten viel Musikalisches, so-
gar Mozartisches herauszulesen. Jedenfalls atmen die Erscheinungen Rhythmus, der
dem architektonischen Aufbau und ornamentalen Aufputz weniger zugesprocben werden darf.
Urn auch in diesem Heft eine Handschrift unseres Meisters zu bieten, haben wir
die erste Seite des unsterblichen w Veilchen a faksimilieren lassen.
Ober unsere erste Notenbeilage findet der Leser das Nahere in der Rubrik Be-
sprechungen-Musikalien dieses Heftes (S. 62 63).
Zu den bisher unveroffentlicbten Fragmenten des Salzburger Meisters schreibt
uns Paul Graf Waldersee: „Vorliegende Fragmente, im Kochel-Verzeichnis II. Aufl., An-
hang, unter No. 23a und 109f. B. aufgefuhrt, sind, soweit meine Kenntnis reicht, bisher
nicht veroffentlicht worden. Das Autograph des Fugenanfanges besitzt die Konigl.
Bibliothek zu Berlin, das der Skizze Charles Malherbe in Paris. Letztere wurde unter
drei Skizzen, die auf einem und demselben Blatte stehen, als die relativ vollstSndigste
gewShlt: sie bildet den ersten Abschnitt eines Satzes. Nur im dritten Takt fehlt der
Wert eines Viertels; die hinzugefugte, klein gedruckte Note ist Konjektur meinerseits.*
Druckfehler-Berichtigung. Im Motto dieses Heftes muss es statt Kenner
naturlich Renner heissen.
Nachdruck nur mit ausdrucklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.
Alle Rcchte, insbesondere das der Obersctzung, vorbehalten.
Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bemhard Schuster, Berlin Sw\ 11, Luckenwalderstr. 1. Ill
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GEDICHT VON KONIG LUDWIG 1. VON BAYERN
V. 7
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V. 7
HULDIGUNGSBLATT FOR MOZART
von A* H. Payne
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GIOVANNI MOZART
nach einer Zeichnung von Johann Bosio
V. 7
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WOLFGANG AMADEUS MOZART
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MOZART
Nach etnem Stich von T, Blood
V. 7
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DAS MOZART- MEDAILLONRELIEF
aus dem Jabre 1788
V. 7
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BUSTE MOZARTS
von Karl Seffner
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bOste mozarts
von Wllhelm Hagen
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von G, Heuer & K!mi»e f Berlln-Hsienaee
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DAS MOZART-DENKMAL IN SALZBURG
von Ludwig Schwanthaler
V. 7
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MOZART
nach der Statuette von
Gustav Landgrebe
V, 7
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DON JUAN-ALLEGORIE
von Max Harrach
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FAKSIMILE DES THEATERZETTELS
DER ERSTEN DON JUAN-AUFFOHRUNG
IN LEIPZIG
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v. 7
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V. 7
DER NEUE MOZART-BRUNNEN IN WIEN
vom Bildhauer Karl Woliek
and Architekt Otto Schonthal
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DER ANFANG DES MOZART'SCHEN VEILCHENS
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4 Satze aus den 5 Divertimenti
far 2 Klarinetten und Fagott
W. A. MOZART
In der Gesamt - Partiturausgabe Serie XXIV No. 62
herausgegeben im Herbst 1905 von Ernst Lewicki
Ubertragung fur Klarinette (oder Violine)
und Klavier vom Herausgeber
2 Fragmente
(bisher unverOffentlicht)
von
W. A. MOZART
herausgegeben von Paul Graf Waldersee
Mit Genehmignng der Verlagsanstalt
Breitkopf & H&rtel in Leipzig
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♦)KLARINETTE
oder
VIOLINE.
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(1. Satz aus Div. I\ r .)
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(Fagott.)
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(4. Satz aus Div. III.)
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Skizze fur Sopran, Alt, Tenor und Bass
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIEMUSIK
Soil tinsere Kunst den wahren Ausdruck unserer Zeit tragen, so
muss sie den notwendigen Zusammenbang der Gegenwart mit alien
Jahrhunderten der Vergangpnheit, von denen kernes, auch niche
das entartete, voribtrgegangen ist, ohne einen anvertilgbaren Ein-
druck nuf nnsere Zustflndc zu bintcrlassen, zn ahnen geben und
mit Selbstbewusstsein und Unbefangenbeit sich Ihres reichen Stolfes
bemlchtigen.
Gottfried Semper
V. JAHR 1905/1906 HEFT 8
Zweites Januarheft
Herausgegeben von Kapellmeister Bernhard Schuster
Verlegt bei Schuster & Loeffler
Berlin und Leipzig
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INHALT
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Paul Marsop
Zur Buhnen- und Konzcrtreform
Vom Muiilciaal der Zukimft
Funfie Folge, I.
Br. Alfr. Chr. Kallscher
Ein Konversatfonsbeft von Ludwig van Beethoven
Ectm eraten Male voLltttndif iniffeteHt und erlluten
Register zum I. Quartalsbaud des fflnften
Jahrgangs der MUSIK
Besprcchungen (Bucher und Muaikalien)
Revue der Revuecn
Umschau (Neue Opera, Aus dem Opemrepertoire,
Konzerte, Tageschronik, Totenschau)
Kritik (Oper und Konzert)
Anmerkungea zu unseren BeMagen
Kunstbeilagen
Anzeigen
DIE MUSIK erschdnt momtlich zwelmiL Aboancraentsprcis fflr d*s
Quint) 4 Mirk. Abontiemcntsprds fOr Jen Jihrginf 15 Mart. Prtis
des dnzelncn Heftes 1 Mirk. Vlerteljibnclnbiaddecken A I Mirk.
Simmelkisten fflr die KunstbdUgen ctes gittien jihrgings 2,50 Mirk*
Abon fitments durch jede Buch- und Musiki]j«ntundEung, fflr kletne
Plltze ahne Buchhindler Bezug durch die Post.
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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]ie fortschrittliche Buhnenbaukunst hat einen vollgiltigen Triumph
davongetragen. Ihr bester lebender Vertreter, Max Littmann
in Munchen, erhielt bei einem bedeutungsvollen Wettbewerb
den ersten Preis: das grosse neue, jetzt auf der Charlotten-
burger Gemarkung erstehende Schillertheater wird kein walscher Opern-
k as ten, sondern ein deutsches Spielhaus sein. Die Nachbarstadt Berlins,
die durch die tatkraftige Unterstutzung, die sie der „Sezession a zu Teil
werden Hess, sich bereits auf den Gebieten der Malerei und Plastik einer
fuhrenden Stellung versichert hatte, gewinnt sich jetzt auch auf dem Felde
dramatischer Darstellung den Vorrang. In der deutschen Reichshauptstadt
hat Herr Genzmer aus Wiesbaden den vom Altmeister Schinkel in vor-
nehm strenger, dem Heim der Tragodie Schillers und Kleists gebuhren-
der Linienfuhrung ausgestalteten Innenraum des KSniglichen Schauspiel-
hauses mit frevler Hand zerstort und zu einem Antichambre franzosisch-
oberflachlicher Tapeziererfertigkeit umgewandelt. In Charlottenburg, dessen
Polytechnikum die just auch von Schinkel bereits im Jahre 1817 ent-
worfene Skizze zu einer geschlossenen, amphitheatralischen Innenarchitektur
birgt, leben die Gedanken des genialen, weitsichtigen Vermittlers zwischen
antiker Szene und nationaler deutscher Kunst wieder auf. Zwei Tatsachen,
ein Epigramm. Hie Hulsen, hie Schiller! Nur muss man daraus keine
Schlusse Ziehen, die uber das Reich des schonen Scheines hinausgingen.
Friedrich der ganz Grosse bleibt doch neben Luther, Johann Sebastian
Anmerkung. Es sei auf die fruberen, unter dem Titel „Vom Musiksaal der
Zukunft" in diesen Biattern (Heft: II. 1, II. 17, III. 4, HI. 21) verSffentlichten Ver-
suche verwiesen. Die Aenderung der Oberscbrift erklSrt sich daraus, dass, vielfachen,
der Redaktion der „Musik* und mir ubermittelten Wunscben zufolge, von jetzt ab
aucb die Reformarbeit auf dem Gebiet des Theaters, insbesondere der Gesangsbuhne,
in den Kreis dieser Studien gezogen wird. Ich bitte die werten Gegner und Kollegen,
die uber mcine Aufsatzc raisonnieren, obwohl sie sie lesen, es freundlichst zu ent-
schuldigen, dass ich einige Gedanken wieder vorbringe, die ich schon in anderem
Zusammenbange aussprach. Wenn das Publikum etwas ungern hort — nSmlicb, dass
es sich von Gewohntem, wenngleich RuckstSndigem frei macben mochte — muss
man ibm es erst recbt zwei- und dreimal sagen. Der Tropfen hdhft den Tropf.
Di;j '"i/'fiC!
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
80
DIE MUSIK V. 8.
Bach und Bismarck der beste Deutsche, wenngleich er die kleine Schwache
hatte, sich in den Spazierstunden des Geistes auf den kleinen Voltaire zu
stutzen.
Der Charlottenburger Sieg ist urn so hoher anzuschlagen, als samt-
liche zum engeren Entscheidungskampf aufgeforderten Mitbewerber Litt-
manns fiir ihre Entwurfe die Form des Amphitheater-Ausschnitts gewahlt
und mit strafferer oder geringerer Folgerichtigkeit entwickelt hatten. Man
vermag nun wieder mit einiger Zuversichtlichkeit der Zeit entgegenzusehen,
in der ein Deutschland durchstreifender Italiener nicht mehr daruber den
Kopf zu schiitteln brauchen wird, dass wir, die wir uns sonst auf unsere
nationale Selbstandlgkeit so viel zu gute tun, nach Goethe und Schiller,
Weber und Wagner immer noch am Barock seines langst vermoderten
Ahnherm kleben. Und wohlgemerkt: an der schwachsten Leistung dieses
Barocks. Das Barock der italienischen Kirche erhebt sich hier und da
noch zum Monumentalen. Das Barock des romischen Palastes ist meist
iiberladene, aber noch grosszugig hingestellte Kulisse. Doch das Barock
des walschen Opernhauses war eine architektonische Missgeburt. Kein
Wunder. Nur ein bedeutender Inhalt schafft sich eine bedeutende Form.
Die opera seria aber und ihr Fullstiick und Anhangsel, das Ballett, lebten
im Wesentlichen von historischen Reminiscenzen, fristeten ihr Dasein von
den Gnaden zerstreuungssiichtiger und eitler Duodezherrscher, die in ihrer
Phantasie und in den Augen ihrer Hoflinge iiber ihre paar Quadratmeilen
Land hinauszuwachsen schienen, wenn man sie auf ihren Biihnen mit
Jupiter oder Herakles verglich. Kaum entstanden, streifte jene Kunstart
die Hiille aristotelischer Nachempfindungen ab und gab sich einem liisternen,
selbstherrlichen Virtuosentum preis. Diese Afterdramatik sollte fahig ge-
wesen sein, sich ein Haus zu errichten, das harmonische Schonheit, Wurde
und Stil zu erkennen giebt?
Was sich dagegen im natiirlichen Ausstromen originalen italienischen
Biihnentemperamentes als freigeborene, feinnervige, lebenspriihende Kunst
erwies: die commedia delT arte und die sich aus ihr herauslosende opera
buffa — die eine mit der anderen wohl die hochste von der Weltgeschichte
bisher verzeichnete Bliithe genial improvisatorischen Vermogens: das konnte,
den typischen regionalen Charaktermasken der Halbinsel entsprechend, recht
gut im Freien oder in einer mit nur notdiirftigen dekorativen Behelfen ver-
sehenen Bretterbude durchgespielt werden. Es war, streng genommen, schon
eine Anomalie, eine wundervoll ungebundene Lustspielbegabung wie die
Rossini's, der die Horer ubermutig anpackte und sich mit ihnen so lange im
Kreise herumwirbelte, bis sie schwindlig wurden, in die etikettenmassig nach
Schubladen zurechtgestufte, prunkvoll steife Barockkommode einzusperren.
Diese vom Sonnenrausch des Siidens trunkene Komodie war plein air-,
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MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
war demokratische Freiluftkunst im besten Sinne. Die andere, iiber-
hofische, eunuchenhafte brachte naturgemass auch nur ein verqueres, von
Anbeginn verpfuschtes Zuschauerhaus zuwege. Wie man auf der Biihne
Seitenkulissen nach sechs, sieben haarscharf abgezirkelten Gassen mecha-
nisch hintereinanderreihte, 1 ) so schichtete man im Zuschauerhause der
opera seria die Kulissen in Parallelstellung ubereinander, was man spater
Range nannte. Regt sich in Jemand auch nur ein schwachliches Gefiihl
fur organisch gewachsene Architektur, so wird er schwerlich behaupten,
dass durch derartige Range ein hufeisen- oder lyraformig ausgebuchteter
Zuschauerraum sinnvoll gegliedert sei.
Nein, ware dem Italiener die Begabung fur die achtbiirtige ge-
sprochene und gesungene Tragodie, iiberhaupt fur eine ernste, stilisierende,
das Leben wiederspiegelnde, aber im Zusammendrangen des Gegensatz-
lichen und im tiefsten Ausschopfen der Empfindungen zu erhohter Be-
deutung steigernde szenische Kunst zu Teil geworden, er wiirde mit ihr
auch ein originates, den Geist gesunder baulicher Logik atmendes Buhnen-
und Zuschauerhaus geschaffen haben. Fiir sich, und sofern er, wie in der
Werkstatt des Dichters und Malers, sich gleicherweise diesseit und jenseit
der Rampe als wahrhaft schopferische Renaissance-Natur hatte betatigen
konnen, fiir alle Volker.
Der Wechselbalg des Rang- und Logenhauses kam nach Deutschland.
Das deutsche Volk, das in den Mysterienspielen des Mittelalters sein
Drama geschaffen, es wie ehemals der Grieche selbst dargestellt und so mit
heisserer Inbrunst genossen hatte, das in den Tagen des Hans Sachs und
Albrecht Diirer jedweder Kunst schopferischer Meister gewesen war: ihm
eignete nach den Verheerungen des dreissigjahrigen Krieges weder der
Wille noch die Kraft zu hoherer geistiger Produktivitat. Die Fiirsten, des
Waffentragens und des konfessionellen Haders satt, begehrten nach Zer-
streuungen. Das eigene Land, die von Natur aus schwerbliitigen, dazu
in unaufhorlichen Gefahrdungen und Noten verzagt, ja stumpf gewordenen
Menschen brachten nichts Farbenfreudiges, den Sinnen sich Einschmeicheln-
des heraus. Man begann sich an walsche Art zu halten. Ehe das blendende
Truggestirn von Versailles am Welthorizont aufging, hatte schon der
gleissende Schimmer italienischen Hofprunkes iiber die Alpenkamme ge-
leuchtet. Mit den Sangern, Tanzern, Feuerwerkern wurden auch die
walschen Theaterarchitekten an die Ufer der Donau, der Elbe, der Isar,
der Spree berufen. Die Fertigkeiten dieser Virtuosen bestritt man mit
dem Tageserwerb des verarmten Volkes. Aber von dem Flitterputz, den
J ) Man halte das kindliche Guckkasten-Ergebnis gegen die wundervollen Per-
spektiven, die scbon toscanische Maler des Quattrocento auf Tafelbildern und in Fresco-
Darstellungen erzielten.
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DIE MUS1K V. 8.
Jene vor der Hofgesellschaft entfalteten, bekam der Burger nichts zu
sehen.
Doch unter Schutt und gehauftem mit dem Tage welkenden Tand
keimte junge, lebensstarke Saat auf. Shakespeare warf seinen Schatten
fiber Deutschland. Goethe's „Goetz von Berlichingen" trat ans Licht.
Ihm folgte das Drama Schillers, und diesem die Volksoper der deutschen
Romantiker.
Was hatte das sich schnell und starkgliedrig entwickelnde, durchaus
nationale deutsche Buhnenwerk mit dem Konversationssaal und den Ballett-
freuden des Italieners zu tun? Nicht das Allergeringste. Aber es war
gezwungen, sich in jenem einzurichten, so gut und schlecht es just gehen
wollte, Es ware sonst obdachlos geblieben. Gegensatzliches musste ein-
ander notdiirftig angeglichen werden: ein Haus, das lediglich den Beruf
hatte, den Rahmen fiir leeres Schaugeprange und Darbietungen der Kehl-
akrobaten herzugeben — und eine Kunst, in der das rasch wechselnde,
bewegte Geschehen nichts weniger als eine ausschlaggebende Rolle spielte,
in der, wie das dem deutschen Wesen und seiner schopferisch-kiinstlerischen
Eigenkraft entsprach, das Beste im Erforschen und liebevollen Ausmalen
von Seelenzustanden, in breit hingegossenen, wundersam vertieften Situations-
bildern sich offenbarte. Es geschah, was bei Kompromissen zwischen dem
Idealen und dem Banausischen stets zu geschehen pflegt: das erstere kam
auch diesmal zu kurz. Das Haus und die von ihm untrennbare Buhnen-
einrichtung verausserlichten Darstellung wie Inszenierung, verftihrten das
Publikum dazu, von ihm Befriedigung oberflachlichen Unterhaltungs-
bedurfnisses, wenn nicht gar unlauterer Instinkte zu heischen, Dichtem
und Tonsetzern mit torichten Anmutungen entgegenzutreten, und mit dem
Eigensinn der geistig haltlosen, sich aber ihrer Macht wohl bewussten, auf
die Silber- oder Kupfermiinzen im Beutel pochenden Menge das Schaffens-
niveau herunterzudrucken. Ohne dieses Haus, das in stets grosseren Ver-
haltnissen abgeklatscht wurde, je mehr das Volk aufs Neue zu wirtschaft-
licher Unabhangigkeit gelangte und auch wieder von den Freuden des
Daseins und der Kunst seinen Teil begehrte — ohne dieses Scheusal von
Architektur ware die Pariser w Grosse Oper* kaum zur Macht gediehen,
hatte sie sich schwerlich aller Herren Lander und am wenigsten Deutsch-
land erobert. Ohne dieses Haus ware das deutsche Schauspiel sicherlich
nicht der Versuchung erlegen, zum schweren Schaden der Sprech- und
Vortragskunst, der seiner Sondernatur angemessenen Bild- und Regie-
wirkungen, sich der iibermassig tiefen, auf die Massenprostitution von
Tricoteusen und den drohnenden Chorspektakel zugeschnittenen Opernszene
zu bemachtigen.
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83
MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
II
Lehnten sich der hochstrebende Sinn der Grossen von Weimar, das
Feingefiihl der mannigfach gearteten erlesenen Geister, die in der zweiten
Halfte des achtzehnten Jahrhunderts das iiber ganz Italien hin zerstreute
kiinstlerische Vermachtnis der Antike kennen lernten und Deutschland ver-
mittelten, gegen den walschen Logenkafig nicht auf? Ware Schiller, dem es
wie keinem Anderen gegeben war, die durch ungewohnliche Erscheinungen
oder bedeutende Gegenstande in ihm geweckte Begeisterung in das bfihnen-
massig Ausffihrbare zu iibertragen, ware er nach dem siidlichen Hesperien
gekommen, er hatte sicherlich aus den griechisch-romischen Triimmern das
deutsche Buhnenhaus herausgeschalt. Sowohl die „Braut von Messina",
das herrlichste aller tragischen Festspiele, als auch die gedankenschwere,
ihr vorausgeschickte Vorrede wiirden in einheitlicherem Wurf, in einer von
inneren Widerspriichen freieren Fassung niedergeschrieben worden sein. Und
die anderen Schonheitsucher und Pfadfinder neuer deutscher Kultur? Ich
nenne drei standard works grundverschiedener, in gewissem Sinne sich er-
ganzender Charaktere aus jener Zeit: Winckelmann's Schriften, Heinse's
phantastischen Roman w Ardinghello*, das tollste und tiefste Buch eines Deut-
schen fiber Italien, und Goethe's „Italienische Reise**. In Winckelmann's
„Sendschreiben an den Reichsgrafen Brfihl" vom Jahre 1762 wird fiber das
Theater von Herkulanum Verschiedentliches mitgeteilt. Die „Nachrichten"
von 1764 — an Heinrich Ffissli — bringen eine bis in die kleinsten
Einzelheiten gehende, hochst genaue Beschreibung des Gebaudes. Wie
befremdlich, dass das anhaltende, eifrige Befassen mit einer Anlage von
solch zweckvoller Schonheit einem Manne, der sonst auf Schritt und Tritt
Anregungen ausstreut und vorbildliche aesthetische Werturteile pragt, nicht
ein einzigesmal den Ausruf entlockt: was vermochte der Deutsche sich
davon zum Frommen seiner szenischen Kunst zu eigen zu machen! Und
Winckelmann, wenngleich im Ganzen eine kfihle Denkernatur, konnte
doch, besonders in Briefen an seine Freunde, beim Schildern und Lob-
preisen antiker Kunstwerke auch recht warm werden. Heinse fasste, ein
Jahrhundert vor Burckhardt und Nietzsche, in seinen fiberaus feinsinnigen
Bemerkungen fiber Kunstdenkmaler der Antike und der Renaissance die
schopferische Anlage des Siidlanders bei der Wurzel, indem er, selbst ein
genussfroher Sinnenmensch, sie auf einen fiberschaumenden Lebenstrieb
zurfickfuhrt. Doch den dionysischen Hauch, von dem die weitausschwingen-
den Theater der Alten als zerbrockelnde Reste heute noch umwittert sind,
und das apollinische Korrelat hochster architektonischer Besonnenheit und
Zweckmassigkeit hat er nicht wahrgenommen.
Aber Goethe, der Allumfassende? Wie viele tragfahige Brficken
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DIE MUSIK V. 8.
schlug er nicht von der Antike zur deutschen Dichtung — es sei nur auf
das jedem Gebildeten Gelaufige, auf „ Herrmann und Dorothea*, auf die
„Iphigenie a , auf den zweiten Teil des „Faust a verwiesen ! Was hatte
naher gelegen, als unter den klassischen Statten, an die uns der Dichter
vor dem Auftreten der Helena fiihrt, auch das Halbrund der antiken Buhne
heraufzubeschworen !
Im Goethehause horte ich raunen, der Meister habe, da die letzten
glimmenden Balken des abgebrannten alten Weimarer Hoftheaters noch
kaum geloscht gewesen seien, sich mitten in der Nacht an den Zeichen-
tisch gesetzt und vor den Augen des Grossherzogs die Skizze zu einem
amphitheatralisch gehaltenen Zuschauerraum entworfen. Ein sinnfalliger,
unwiderleglicher Beweis fur solche Mutmassung ist bis zur Stunde noch
nicht aus den Akten aufgetaucht. Vielleicht bringt ihn die Zukunft an den
Tag. Dahingestellt mag bleiben, ob die schlichte, aber gar nicht iible An-
lage des unter Goethe's Auspizien neu aufgefiihrten kleinen Lauchstadter
Badetheaters mehr das Ergebnis von Sparsamkeitsriicksichten war oder aus
kiinstlerischer Absicht hervorging. Den in Tiefurt und Ettersburg unter
freiem Himmel veranstalteten Auffiihrungen programmatische Bedeutung
beizulegen, dazu kann ich mich nicht entschliessen. Hatte sich sonst
Goethe's Interesse nicht auch am griechisch-romischen, die Landschaft als
stimmunggebendes Wirkungsmittel mit einbeziehenden Theater festgesaugt?
Verwunderlich erscheint es auf alle Falle, dass er, der anderweitig nicht
gerade iibermassig bedeutenden Denkmalern romischer Architektur wie dem
Minervatempel zu Assisi die liebevollste Aufmerksamkeit widmete, an den
antiken Theatern Siziliens gleichsam vorbeihuschte. Ueber Segesta mit
seiner ebenso wundervoll gelegenen als vorziiglich disponierten griechischen
Biihnenstatte schreibt er in einer seltsam gewundenen, verlegenen Aus-
drucksweise: „Die Miihseligkeit, in den unscheinbaren Triimmern eines
Theaters herumzusteigen, benahm uns die Lust, die Triimmer der Stadt
zu besuchen." Auf einen Abstecher nach Syrakus verzichtet er leichthin;
sollte man ihm in Rom, in Neapel, in Palermo nichts iiber das gewaltige,
vortrefflich erhaltene Theater der Stadt des Dionys berichtet, ihm keine
Zeichnung vorgewiesen haben? Taormina findet er mit wenigen Worten
ab; das von der Hohe des Theaters sich bietende Landschaftsbild erhalt
eine gute Zensur. Nicht die geringste, andeutende Bemerkung dariiber,
wie etwa das Werk eines griechischen Tragikers hier iiberwaltigende Ein-
driicke hervorrufen musste, wie etwa gar neue Moglichkeiten fiir die Ent-
wicklung des deutschen Dramas aus einer derartigen grossgedachten, iiber
das Gewaltigste, iiber Meer und Gebirge herrschend gewordenen Architektur
auszuspinnen seien. Aber hatte Goethe, der grosse Ruhevolle, eigentlich den
achten Instinkt des Theaters? Unbeschadet des n Goetz tt — in derjugend ist
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MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
fast jeder Phantasiebegabte ein Stuck Dramatiker — und der als szenische
Genrestiicke gewiss unvergleichlichen Volksszenen des „Egmont u ? Man
lese die letzteren nach denen des „Coriolan". Treibt Goethes stets ge-
dankenstrotzender Dialog seine Handlungen in einem von Zeile zu Zeile be-
schleunigtem Zeitmass vorwarts? Stehen die wunderherrlichsten Szenen
des „Tasso tt , des „CIavigo a , des „Faust u nicht jenseit von Wille und
Leidenschaft, wie sokratisch-platonische Gesprache?
Wie man auch iiber Goethe's inneres Verhaltnis zum Drama denken
mag: als er erst einmal in die Sphare Roms recht hineingewachsen war,
nahm ihn fur die weitere Dauer seines Aufenthaltes auf hesperischem
Boden das Studium der bildenden Kunst und das des Volkscharakters ganz
gefangen. Naturgenuss, die FSrderung begonnener dichterischer Werke
und Geselligkeit fiillten die Zeit und das Eigenleben der Phantasie er-
ganzend aus. Der Biihne Italiens wird nur gelegentlich in einer verlorenen
Stunde ein Anstandsbesuch abgestattet, Pulcinell und Genossen mehr unter
dem Gesichtspunkt allgemeiner siidlandischer Beweglichkeit als unter dem
eingeborenen dramatischen Vermogens betrachtet. So mag auch Goethe,
wenn ihn der Weg an einem antiken Theater vorbeifiihrte, mehr den
schonen Statuen, die einstmals das Buhnengebaude verzierten, als den
Darstellungen Sophocles'scher Tragodien und Plautus'scher Komodien nach-
gesonnen haben.
Auch ware es unstatthaft, gegen Goethe und die besten seiner Zeit-
genossen, die antike Theater sahen und doch an ihnen vorbeisahen, Klage
zu erheben. Zweierlei diirfen wir nicht ausser Acht lassen. Dass der
unendliche Reichtum an Altertiimern, der uns heute reinlich gesichtet ent-
gegentritt, damals sich auch dem schnell zur Klarheit vordringenden Auge
im Ganzen noch als beangstigende chaotische Ueberfiille darstellte. Und
dass in jener Periode die deutsche dramatische Literatur, der wir jetzt im
sorgsamen Erwagen von moglichen Anpassungen an friiher Geschaffenes
ein ihrer wiirdiges Haus zu errichten uns anschicken, damals erst in der
Bildung begriffen war.
Ill
Ein guter Bekannter von mir pflegt zu sagen: „\Venn man so das
Ei des Kolumbus vor sich auf dem Tische stehen sieht, meint ein Jeder,
er konne es gelegt haben". Was war denn schliesslich Grosses erforder-
lich, um das antike Theater zu einem Hause umzuwandeln, wie es unser
Kunstwerk, unser Klima und unsere Kulturgewohnheiten erheischen ? Das,
was Schinkel in der Eingangs erwahnten Skizze tat: er verkiirzte auf
beiden Seiten den Halbkreis der Banke, und setzte ein festes Dach iiber
das Auditorium und iiber die erweiterte Szene. Auch diesen Schritt hatten,
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DIE MUS1K V. &
wonn man so ssgen will, die Alten scbon vorbereltungsweise znrfickgelegt
Zeuge dessen: das kleine Schauspielhaus von Pompeji, heme gewShulich
„teatro coperto*, auch *teatro greco* genannt Mm betrachte den
Grundriss:
Denkt man sich die beiden mit a bezeichneten» durch die binzu*
gefEgten punktierten Linien vom Ganzen abgetrennten Stficke wefc so bat
roan nabezu den Plan des Zuschauerraumes iro Prinzregenten-Thcater vor
sich. Die oberen Sitzreiben sind zur Rechten und zur Linken abgekuappt,
also nicht, wie es sonst die Kegel war, bis zum letzten Umgang In Halb-
kreisen durchgefQhrt, um, vie der hochgescb&tzte Archaeologe August
Man sagt „einen vierecklgen Grundriss zn erzielen ttnd so die Bedachuog
za ermfiglicbenV)
Schinkels Gedanke lebte urn ein halbes Jafarhundert spSter in Gottfried
Semper vieder auf. Ueber des Letzteren allgemein bekanntes, nenerdings
im bayerischen Nationalmuseum aufgestelltes Modell fiir das monumental*
Theater, das sich Ludwig II. ertrSnmt hatte, brauche ich kein Wort zn ver-
lieren. Ebensowenig fiber da& Bayrenther Festspielbaus. Wie hocb man
ancfa die Verdienste Schinkels und Sempers urn die Reform der Theater*
architektur anschlagen mag: Richard Wagner gebuhrt der Ruhm, die Idee
in die Tat umgesetzt ztt habere
') VergL A. Mau: „FQbrer durch Pompeji", uud »Kunst und Leben Jo Pompeji*;
„De* kleine Theater, Daaa es bedacht war, Tcrmutilch mlt etnem pyramidenfBrniigea
Dscfr, besagt die in iwci Exemplaren angebracfate Inscbrift . * .* „Ein bedschtes
Theater nebeu eiuem offeuen war nicbti UngewftbnHcbes. Etwa urn die Zeit der Ver*
acbQttung Pompejl's rfibmie der Dlcbter Statius unter den Herrlichkeiten seiner Vatar-
atadt Neapel den ,Doppe)bau del off to en und bedcckten Theaters/ Toed Letzteres
diente, da fur giebt den etniigea Anfciltapunkt der Name dea too Herodes Attlkus In
seiner Vateretadt Athen crbauten bedeckteu Theaters: es hleii Odeum, Singballe; es
a eh eln t also, dast tnau dort muai kali ache Auffuhrungen vcranstaJtete . • . Der Zweck
dea Daches war iwelfellos ein atustischer.* — Der Freundlichkelt dea Herrn Frol
Mau verdanke Ich die MitteHung folgeader Stelle aua Tertulllan'a Schriftoft: , Video
et theatre, nee singula aatis esse nee uuda [unbedeckt]; nam ne vol hieme volnptas
impudlca Erigeret, primi Lacedaemenli Odeum paenulam ludla e*cogit*TerunL* Vichtig
1st die dadurch gegebene FeatateHung dea Vorbandenaelna bedeckter Theater aua
nicht viel aplterer Zeit Dagegen acheint ea mir zweifelbaft, ob der geitrenge, gegea
sienlscbe Spiele eifcnide Kircbenvater recht berlcbtet war, wenn er aagt, dass gerade
die Lacedaemonler mlt dem Bau bedeckter Theater den Anhng gemacht hlnen.
f\ | Original from
■'■' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
87
MARSOP: ZUR BIJHNEN- UND KONZERTREFORM
Warum musste jedoch seit den glorreichen Sommertagen von 1876
fast ein Vierteljahrhundert vergehen, ehe das Prinzregenten-Theater er-
offnet, warum dann noch ein Lustrum verstreichen, ehe ein drittes Buhnen-
haus mit ungefShr amphitheatralischem Zuschauerraum, also das jetzt aus
seinen Fundamenten sich erhebende Charlottenburger Schillertheater in
Angriff genommen werden konnte?
Daffir sind verantwortlich zu machen: die iiberwiegende Mehrzahl
unserer Architekten, die an Theaterbauten gehen, ohne einen Tropfen
Theaterblutes in ihren Adern zu haben. Die sich aufgeklart und fort-
schrittlich stellende, zumeist fiber die erforderlichen Baukapitalien ver-
fiigende Bourgeoisie, die weit mehr Hasten-, bezuglich Besitzunterschiede
in ausserlicher Kennzeichnung zu betonen liebt, als der in Ehrfurcht vor
der Etikette ersterbende Hofmarschall, und die deshalb am Rang- und
Logensystem zah verbissen festhalt. Eine Gruppe von geistig hochstehenden,
stets kampftiichtigen und opferbereiten, grosssinnigen aber etwas schwer
beweglichen Wagnerianern, die sich die Anschauung zurecht gelegt haben,
es sei Hochverrat an der Majestat Wagners, in einem Theater, dessen
Typ er ausmodelliert und dem er den Festspielcharakter aufgedruckt habe,
andere Werke als wagnerische zur Auffiihrung zu bringen. Fur Wagner
jedoch ein weiteres Festspielhaus zu bauen, dazu lage keine Veranlassung vor.
Man sieht, eine Reaktionspartei kann die verschiedenartigsten Elemente
in sich aufnehmen und vereinigen.
IV
Beschaftigen wir uns vorerst mit den modernen Theaterbaumeistern,
die vom Wesen der Buhne keine Ahnung haben, den Reaktionaren aus
Impotenz. Es war einige Tage vor der Eroffnung des grossen, neuen,
uberreich ausgestatteten Theaters zu An alien Ecken und Enden
arbeitete man in fieberhafter Hast; wahrend auf der Szene die Statisten
gedrillt wurden, hatte der Architekt einige Retuschen zu uberwachen.
Endlich war er fertig und wandte sich zum Gehen. Da trat der Ober-
biirgermeister auf ihn zu und fragte ihn, ob er sich nicht noch ein Stuck
der Probe mit ansehen wolle: man kame jetzt an die wirkungsvollsten
Stellen. „Nicht doch, lieber Freund," antwortete Jener. „Sobald da unten
der Komodien-Firlefanz anfangt, interessiert mich me in Theater nicht mehr."
Der Kiinstler — er ist keineswegs der einzige seiner Art — stellt sich
also offenbar den Zuschauerraum als einen in Pracht und Eleganz strahlen-
den Gesellschaftssaal vor, dessen Harmonic dadurch empfindlich gestort
wird, dass sich ganz unversehens an der einen Seite beim Auseinander-
gehen einer Gardine ein riesiges, hMssliches Loch auftut. Davon nicht zu
reden, dass es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit sei, wenn die feinsten
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DIE MUSIK V. 8.
Einzelheiten einer an den Briistungen der Range oder an der Decke mit
allem erdenklichen Raffinement angebrachten Stuckverzierung nur in den
wenigen Minuten der Zwischenpausen zur Geltung gelangen, wahrend der
Kapellmeister, der doch weiter nichts als Musik mache, die allgemeine
Aufmerksamkeit fur ganze lange Stunden beanspruche. Nicht mehr ent-
sinnen kann ich mich, ob jener so ausserordentlich antidramatisch be-
anlagte Mann Privatarchitekt war, oder den Titel Regierungsbaumeister,
wenn nicht gar Koniglicher Oberbaurat fiihrte. Im letzteren Fall musste
er eine Reihe Examina hinter sich haben — und wer in Deutschland oder
in China sich durch Examina gewunden hat, versteht bekanntlich Alles.
Also auch, wie man den vorziiglichsten Grundriss fiir ein Haus erfindet,
in dem von Rechts wegen Shakespeare und Schiller, Mozart und Wagner
die alleinigen Gebieter sein sollen, und wie man die fiir solches Bauwerk
bereitgestellten Summen auf das Zweckmassigste verwendet.
Nach meiner unmassgeblichen Erfahrung lassen sich die Theater-
architekten gemeiniglich in zwei Klassen scheiden: in solche, die von der
Fassade, und in solche, die vom Zuschauerraum ausgehen. Fehlen, wenige
Ausnahmen abgerechnet, seither noch die, die mit der Hauptsache, namlich
mit der Biihne begonnen, sie resolut als Kern der Gesamtanlage erfassten
und herausarbeiteten. Man findet es durchaus in der Ordnung, wenn ein
Architekt, der einen Bankpalast auffiihren soil, das Schwergewicht nicht
auf ein verblitzendes, in Saulen von seltenem Marmor und flandrischen
Gobelins prangendes Stiegenhaus oder auf eine luxurios herzurichtende
Direktorswohnung, sondern auf einen gut belichteten Zentralschalterraum
mit moglichst praktisch um ihn gruppierten Kassen- und Schreibstuben
legt. Verniinftig, wie man heute iiber Dergleichen denkt, wiirde man es
einem Baumeister gewaltig veriibeln, sofern er zu Gunsten einer pomposen
Festaula die Unterrichtssale und -Zimmer einer Schule, einer Universitat
benachteiligen wollte. Soil allein das deutsche Theaterhaus fiir alle Ewig-
keit der typische lucus a non lucendo bleiben?
Aesthetiker der Gegenwart belehren uns dariiber, dass im Zeitalter
der gigantischen Eisenkonstruktionen ein neuer Schonheitsbegriff aus der
nach Seiten des Z weckmassigen am vollkommensten gelungenen Losung
einer Aufgabe abzuleiten sei. Nun denn: das Theatergebaude mit Rangen
und Logen ist der Gipfel der Unzweckmassigkeit. Bei seiner ungliicklichen
Mittelstellung zwischen erweitertem Gesellschaftssalon und Singspielhalle,
bei der Notwendigkeit, den durch die Range gewaltsam zerschnittenen
Wanden mittels dekorativer Zutaten wenigstens den Schein des Einheitlichen
anzuschminken und die hier erforderlichen vielen Aussen- und Innen-
korridore halbwegs wohnlich zu machen, braucht man schlechterdingS viel
teuren Aufputz, der im Amphitheater mit seinen zwei ungebrochenen.
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MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
lediglich architektonisch zu gliedernden Seitenwanden wegfallt. Das Opern-
haus kostet also reichlich um ein Drittel, wenn nicht um die Haifte mehr
als das Amphitheater. Es fordert ferner, selbst wenn fur jeden Rang
zwei bis drei breite Sonderti >pen vorgesehen sind, der unvermeidlichen
Hohe dieser Treppen halber fiir den Fall eines Brandes oder einer Panik
das Verhangnis formlich heraus — wahrend das Amphitheater mit seinen
kurzen geraden Treppen binnen zwei Minuten zu raumen ist. Jenes zwingt
einen guten Teil der Besucher zu krampfhaften Gliederverrenkungen, so-
fern sie vom Schauspiel etwas sehen wollen. Es gewahrt nur der ver-
schwindend geringen Anzahl von Zuschauern, die in der Mitte des Parketts
und des ersten Balkons ihre Platze haben, den fiir ein ungefahr richtiges
Aufnehmen der Biihnenperspektive giinstigen Einblick und zeigt iiber neun
Zehnteln verzerrte Bilder und die schnurrigsten Missverhaltnisse zwischen
den Darstellern und den auf den Prospekt, die Seitenkulissen und Versatz-
stiicke gemalten Gegenstanden. Es zerstort nicht Wenigen rettungslos die
Illusion, indem es fiir alle seitwarts Sitzende technische Behilfe der Maschi-
nerie und der Beleuchtung sichtbar werden lasst. Es notigt die Sc^"-
spieler und Sanger, sich im Ton zu iibernehmen, die Geste zu vergrobern,
den Vortrag oft ungebiihrlich zu dehnen, um sich denen iiberhaupt nur
verstandlich zu machen, die von der olympischen Hohe der oberen Range
herunterspahen. Es zwingt bei starker instrumentierten Musikdramen den
Kapellmeister zu einem unausgesetzten Eiertanze, damit weder die Ge-
sangsstimmen von den Instrumenten gedeckt werden, noch das Orchester
an Glanz und Schmelz der Farben allzuviel einbiisse. Denn in einem
Hause mit Rangen und Logen das Orchester zu versenken, ist vollends
baarer Unsinn. Auch ein Laie miisste einsehen, dass die akustischen Ge-
gebenheiten des himmelhohen Opernhauses mit facherartig auseinander-
geblatterter Wandung und die des geschlossenen Amphitheaters grund-
verschiedene sind.
Alles in Allem: nur die liebe Gewohnheit, die Denkfaulheit ver-
schulden es, dass man bei uns immer noch das italienische Opernhaus
kopiert — wobei es gleichgiiltig bleibt, ob man in die verschiedenen Balkons
mehr oder weniger Extrakafige hineinqualt. Hingegen sind alle guten
praktischen Griinde wie alle aesthetischen Vorteile auf Seiten des Amphi-
theaters. Die Kunstfreunde hatten sich schliesslich nur noch iiber das
Erschrockliche, Unerhorte zu beruhigen, dass man sich in Deutschland
getraute, sich die Weisungen eines deutschen Meisters zu Herzen zu nehmen
und den walschen Kram, zumal wenn er hinlanglich vermodert ist, mit
einem tiichtigen Schwung vor die Tiir zu werfen. Soil denn wirklich noch
einmal ein Aergernis gegeben werden wie solches: dass man anno 1905
in der Stadt des Hans Sachs mit Aufwand von fiber 3 1 ., Millionen dem
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DIE MUSIK V. 8.
Germanischen Museum ein walsches Opernhaus gegenuberstellt ? Wenn
man das Germanische Museum nur noch als eine grosse Raritatenschachtel
fur abgelegte Vergangenheitsmoden betrachtet, wenn als seine vornehmste
Bestimmung nicht mehr die erkannt wird, das deutsche National-
bewusstsein zu starken, dann ist es nicht mehr Reichs- noch Landes-
angelegenheit. Dann mache man getrost ein Casino fiir dieCommis voyageurs
von Furth daraus.
Womit natiirlich nicht in Abrede gestellt werden soil, dass neuere
Prunkbauten wie die Stadttheater von Nurnberg, Koln, Dortmund, wie das
Frankfurter Schauspielhaus in der Behandlung des Ornamentalen, im Zu-
sammenklang von edlem Gestein, reichen Stoffen, farbensattem Glase, in
zarteren, damraerigen Int6rieurstimmungen, in delikat ausgefuhrten Holz-,
Eisen- und Broncearbeiten sehr Geschmackvolles aufzeigen und auch ihrer-
seits fur das Wiedererstarken des deutschen Kunstgewerbes ein vollgiltiges
Zeugnis ablegen. Aber was haben diese Dinge mit dem Theater als solchem
zu schaffen? Gewisslich darf man im Wirtschaftsleben eines Volkes auch
der Luxusindustrie die Berechtigung nicht abstreiten. Fiir den begiiterten
Privatmann ist es Ehrenpflicht, sie zu fordern. Das Konigsschloss braucht
glanzvolle Repraesentationssale. Die Vertretung einer wohlhabenden
Burgerschaft mag mit erheblicherem Aufwand in ihrem Stadthause zur
Schau stellen, was der einheimische Gewerbfleiss an wertvollen boden-
standigen Erzeugnissen nur immer hervorzubringen fahig ist. Museums-
einrichtungen sollen mit schicklichem dekorativem Schmuck sich den Kunst-
werken anschmiegen, die sie beherbergen. Was wollen aber die stock-
werkhohen Spiegel, die Damastverkleidungen der Vande, die uberladenen
Kandelaber und Ampeln, die mit ihren nervosen Schlangellinien schier
aus dem Leim fahrenden Mobel im Theater? Ist all' dergleichen aus
gediegenem Material hergestellt, dann kostet es, iiberflussig wie es sich an
dieser Statte ausnimmt, ein Heidengeld, das zehnmal besser auf die Er-
ganzung des darstellenden Personates, auf eine Erhohung der Beziige der
Orchestermitglieder, Choristen und Buhnenarbeiter, auf die Bereicherung
des Kostumfundus zu verwenden ware. Ist es schlechte Nachahmung in
stucco lustro und notdurftig aufgeklexte Vergoldung, dann beleidigt es das
einigermassen geschulte Auge — und kommt schliesslich auch teuer genug
zu stehen.
V
Fraglos ist es etwas Gutes darura, wenn ein berufener Architekt
auch Innenraume mit Verstandnis auszuzieren versteht. Aber es mag
Jemand sich als gewiegter B architecte-d6corateur" einen Namen gemacht
haben, und braucht darum noch keineswegs in einer bedeutend organischen
( * j n va I . Original from
Ui:r;i/u:: ! ::»v^ 5 i)UgJi UNIVERSITY OF MICh
91
MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
baulichen Formensprache reden zu konnen. Wie man indessen vor Zeit
und Weile mit Vorliebe die einseitigen Fassaden-Virtuosen zum Theaterbau
heranzog — fiir je hunderttausend Mark plus eine Kompagnie korinthischer
Saulen mehr — so scheint man augenblicklich den Tapezierfex fiir den ge-
eignetsten Quartiergeber Melpomenes zu halten. Was bekiimmern sich
auch unsere Stadtvater um das Organische, Zweckvoll-Schone in der Kunst?
Sie wollen den gleichen, gerade herrschenden Kommerzienratsmoden, die
ihnen fiir die Ausstaffierung ihrer Wohnungen massgebend sind, auch in den
von ihnen finanziell gestfitzten „Vergnugungsanstalten tt wieder begegnen;
sie fragen nicht, wann und wo sich Heir Anatole Flinkhand seiner Studien
im Theaterbau befliss, ob er je zuvor schon ein Biihnenhaus von der
Ruckseite sah. Es genugt ihnen, dass er sich am Rockarmel van de Velde's
gerieben hat. Dass er ihnen dem Biihnenbild recht dreist an die Seite
ruckende Proszeniumslogen oder einen geschweiften, kraftig ausladenden
Balkon in die Wand schraubt, von dem aus sie zu ihren minderbegiiterten
Mitbiirgern im Parterre huldvoll herunter grussen konnen. Um Himmels-
willen, nur kein Amphitheater, wo man mit solch vermogenslosen Lumpen
wie dem Lehrer Ameier, dem Schriftsteller Bmeier und — wie entsetz-
lich ! — womoglich mit dem ehrsamen Handwerker Cmeier in einer Reihe
sitzen muss! Mit Leuten, die dazu noch so anmassend sind, von Einem
zu verlangen, dass man wahrend der Vorstellung keinen Laut reden, sich
durch nichts bemerkbar machen diirfe! Das sind die Reaktionare aus
Eitelkeit.
Auch unsere Bankfursten, Grossindustriellen und Wirklichen Ge-
heimen Kanzleirate reisen ja fiber die Alpen. Sofern sie sich unter sach-
kundiger Fuhrung mit antiken Bauwerken vertraut machen, kann man sie
fiiglich darauf hinweisen, dass auch in griechischen und romischen Theatern
die Rangabstufungen nicht fehlten, hergestellt durch nicht zu schmal be-
messene Zwischengange, die den stark ansteigenden halbkreisformigen
Zuschauerraum seiner ganzen Breite nach durchquerten. Es mochte sich
empfehlen, sie auch in das Theater einzulegen, das wir Wagner verdanken
— ich habe daffir die Bezeichnung „Deutsches Spielhaus" vorge-
schlagen, im Gegensatz zum italienischen Opernhause. Diese Gange wfirden
eine bequemere Zirkulation, dazu eine sich schon beim ersten Ueberblick
deutlich kundgebende Zusammenfassung nach Gruppen, oder, wenn man
will, Rangen ermoglichen. In der Art, dass sich die in hoheren oder
niedrigeren Bankgruppen befindlichen Platze so ziemlich auf die bisher
ubliche Weise verschieden einschatzen lassen. (Im Prinzregenten-Theater
hatte man sechs n Range", den sechs Eingangstiiren zur Rechten und zur
Linken entsprechend; Abteilungen von vier bis funf Banken sind jetzt
schon durch Sperrleisten von einander getrennt). Als die besten, also
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DIE MUSIK V. 8.
teuersten Sitze miissten nicht die der ersten, unmittelbar vom oberen
Orchester-Schalldeckel aufsteigenden Bankreihen, sondern die der zweiten
Gruppe gelten, da den Inhabern dieser Platze das Buhnenbild sich noch
besser ausgeglichen zeigt. Der Einheitspreis fiir alle Sitze ist im Bay-
reuther Festspielhause traditionell und lasst sich hier insofern mit Grund
verteidigen, als ein lediglich fiir kurze Zeit zusammengestelltes Sanger-,
Orchester- und Technikerpersonal in Frage kommt, die Kosten also unver-
haltnismassig hoch auflaufen. Nicht zu rechtfertigen ware er fiir Vor-
stellungen in anderen amphitheatralisch gehaltenen Hausern, die ganz oder
doch vorwiegend mit einem jahraus, jahrein regelmassig arbeitenden Buhnen-
apparat bestritten werden. Denn wenn auch in einem nach wagnerisohem
Vorbild geschaffenen Amphitheater jeder Zuschauer die Szene gut uber-
sehen kann, so lassen sich doch die ganz auf der Hohe gelegenen Platze
gerechterweise nicht gleich hoch bewerten wie die gegen die Mitte zu
befindlichen.
Da die von mir vorgeschlagenen umlaufenden Zwischengange den
Wegfall einer Anzahl von Sitzreihen bewirken wiirden, der Zuschauersaal
jedoch nicht zu tief werden, also der Kranz der bekronenden Logen, be-
ziiglich die oberste Bank nicht zu weit von der Vorhangslinie entfernt
sein darf, so muss auf andere Art Raum eingespart werden — wenn nam-
lich ein grosseres Spielhaus von 1200 bis 1500 Platzen in Rede steht.
Man hiilfe sich am besten, indem man gleichsam zwei Amphitheater uber-
einander legte, unter Beibehaltung der Grundform, ohne in die Seiten-
wande auch nur einen Sitz einzuflicken, sodass der Charakter des
vom Orchester bis zur Spitze einheitlich aufsteigenden „Theatron u
schlechterdings nicht beeintrachtigt wiirde. Zwischen dem oberen und dem
unteren Amphitheater liessen sich ganz gut Lauben 1 ) einfiigen, die teils
von zahlenden Besuchern zu benutzen waren, teils Ehrengasten vorbehalten
blieben. Handelte es sich um eine Hofbiihne, so stiinden somit dem
Landesherrn, den Angehorigen des regierenden Hauses und den sogenannten
Hofrangklassen erstens diese Mittellauben, zweitens die den Raum be-
herrschenden oberen Lauben, die man im Bayreuther Festspielhause
Furstenlogen nennt, zu Gebote. Zum dritten konnte man — wie aus dem
oben erwahnten Semper'schen Modell ersichtlich ist — auch ganz gut
unmittelbar iiber dem Orchester einen dtirch einen breiten Quergang vom
eigentlichen Amphitheater vollig getrennten Sonderraum mit Hoflauben
\, Wollen wir nicht das gute deutsche Wort Laube wieder zu Ehren bringen,
und die „Loge a den Franzosen uberlassen? In -»Jeichen den „Regisseur*, den w Souff-
leur a , den ^Billeteur" und auch noch den „Theaterrestaurateur a , unter dem wir augen-
scheinlich einen Mann zu verstehen haben, der schadhafte Stellen im Dachstuhl des
Theatergeb5udes mit Schinkenbrotchen verstopft.
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93
MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
ausbilden, deren Schranken allerdings nicht hoher sein diirften als die
Lehnen der iiber ihnen sich erhebenden durchgehenden Sitzbanke. Der
Hof hatte somit zunachst der Szene, dann in der Mitte, und schliesslich
auf der Hohe des Hauses beliebig zu verwendende, abgeschlossene Platze
mit eigenen Zugangen, Treppen, beziiglich Vor- und Erfrischungszimmern
oder Hallen zur Verfiigung — womit auch dem anspruchsvollsten Zeremonien-
meister Geniige getan ware. Doch mochf ich zur Vermeidung etwaiger
Missverstandnisse ausdriicklich bemerken, dass in den biirgerschaftlichen
Kreisen, die man mit einem derben, aber zutreffenden Ausdruck die
Protzengesellschaft nennt, sich bisher ein verhaltnismassig stiirkerer Wider-
stand gegen die Ausbreitung der amphitheatralischen Bauweise bemerkbar
machte, als in den Zirkeln, die darauf angewiesen sind, die Vorschriften
der Etikette sorglich im Auge zu behalten.
VI
Als weniger machtige, doch immerhin nicht ganz einflusslose Gegner
sind jene, ich wiederhole es, in ihrem Gesamtwirken sehr hochzuschatzenden,
ihre Meinung im besten Glauben verfechtenden, doch ein wenig einseitigen
Wagnerianer anzusehen, bei denen sich der Gedanke festgesetzt hat, es
verstosse gegen die Grundabsichten des Meisters, in einem Hause, wie er
es schuf, andere als wagnerische Werke zur Auffiihrung zu bringen. Ueber-
dies werde man, wie sie sagen, der letzteren Aufgabe im Bayreuther Fest-
spielhause auf mustergiltige Weise, im Miinchner Prinzregenten-Theater
immerhin bis zu einem hohen Grade gerecht. Ergo sei es iiberfliissig,
weitere Theater in wagnerischem Stile zu erbauen. Ergo miisse man
Leute, die sich dessen unterfangen wollten, nach Moglichkeit daran zu
verhindern trachten.
Das sind die Reaktionare aus iibertriebener Pietat.
Der schlichte Hausverstand sagt: was Bayreuth bietet, ist vorbildlich,
was es lehrt, soil an alien Orten befolgt werden. Nun steht es aber so,
dass die Sanger das meiste von dem, was sie heute bei der stilvollen,
abgeklarten Wiedergabe eines wagnerischen Werkes an der rechten Statte
lernten, morgen auf der Szene des italienischen Logenguckkastens, vor dem
hier offenen Orchester und auf einem Podium, das bei hier ganzlich
andersartigem Verhaltnis der Biihne zum Zuschauerraum eine Befolgung
der Bayreuther Regievorschriften oft unmoglich macht, notgedrungen wieder
verlernen miissen. Ergo wird^die Bayreuther Unterweisung erst dann die
rechten Friichte tragen, wenn die darstellenden Kiinstler die wagnerischen
Dramen bei ahnlichen Gegebenheiten wie im Bayreuther Hause an mog-
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DIE MUSIK V. 8.
lichst vielen Orten zur Wiedergabe bringen. Ergo ist es schon aus
diesem Grunde geboten, moglichst viele Deutsche Spielhauser zu errichten.
Aber es giebt keinen zureichenden Grund dafiir, auf solche Gebaude
insgemein die Bezeichnung „Festspielhaus a anzuwenden, weil das erste, in
dem Wagner diesen Typ auspragte, zum Festspielhaus bestimmt und mit
einem „Biihnenfestspiel tt , namlich dem „Ring des Nibelungen* eroffnet
wurde. Ohne alien Zweifel ist das Logenhaus im architektonischen Ver-
stande ein Unding, ein Greuel; sicherlich kann das deutsche Spielhaus,
wenn der rechte Baumeister sich seiner annimmt, eine hohe architektonische
Schonheit offenbaren. Warum in aller Welt soil jedoch iiber die amphi-
theatralische Form an sich eine besondere Weihe gebreitet, von ihr nicht
abzulosen sein? Meine beschrankte Unterthanenlogik reicht nicht hin, urn
das einzusehen. Ist etwa ein Horsaal in einer Klinik oder in einer Kunst-
akademie, dessen Sitze im Halbrund ansteigen, „weihevoller a als ein anderer,
dessen Banke, zu ebener Erde hintereinander gestellt, ein schlichtes Recht-
eck ausfiillen? Klagten vielleicht die alten Athener und Syrakusaner, die
doch unseren Kunsthorizont betrachtlich ausweiteten, es ware die „Weihe
des Hauses 14 von ihrem Theater genommen und der grossen in ihm ge-
pflegten Tragik ein Schimpf angetan, weil dort auch Satyrspiele zur Auf-
fiihrung gelangten — Stiicke, in denen es von argen Zoten wimmelte?
Nicht nur die „Oresteia tt des Aischylos, sondern auch die mit Schlupfrigem
durchtrankten Komodien des Aristophanes erregten dort hellen Jubel, in
den auch die weisesten unter den alten Griechen frohlich einstimmten.
Sind auf romischen Biihnen mit amphitheatralischem Zuschauerraum nicht
n Mimen u und ^Atellanen", zu deutsch Possen und Hanswurstiaden ge-
spielt worden? Es verrat freilich arge Bosheit und hinterlistige Tiicke,
dass die Alten nicht nur die Hauptideen des wagnerischen Theaters vor-
wegdachten, sondern es noch durch lasterliche Spasse entweihten. Mit
seinem im Jahre 1580 begonnenen „Teatro olimpico" zu Vicenza kam
Palladio Richard Wagner noch ein ganzes Stuck weiter entgegen, als es
die Hellenen getan hatten x ). Die Haut schaudert Einem, der helle Angst-
! ) Vergl. Jacob Burckhardt: „Dieser merkwiirdige Versuch eines Theaterbaues
in der Art der Alten ist in jener Zeit lange nicht der einzige; wir durfen z. B. bei
vielen Theaterbauten des Augenblickes, deren Vasari eine ganze Anzahl erwabnt, eine
ahnliche Anlage voraussetzen. Allein des Erhaltenen ist ausserordentlich wenig;
das Teatro Farnese in Parma (1618) erscheint bereits als ein Mittelding
zwischen antiker und moderner Anlage; die Scena ist schon ein auf Verwandlungen
berechneter Tiefbau*** ( w Der Cicerone**.) Ueber solche, meist fur Festlichkeiten, die
der Vermahlung oder der feierlichen Einholung eines Fursten galten, errichtete
„Theaterbauten des Augenblickes" spricht der gleiche Verfasser in seiner ^Kultur der
Renaissance in Italien". — Vasari ( B Lebensbeschreibungen etc.**) ist, wie bekannt,
weder in seinen Mitteilungen ubermassig verlasslich, noch in seiner Ausdrucksweise
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MARSOP: ZUR BCHNEN- UND KONZERTREFORM
schweiss tritt Einem auf die Stirn, wenn man sich vorstellt, dass dort am
Ende lockere Musensohne aus dem benachbarten Padua die „Menaechmen"
des Plautus oder gar die „Mandragola a Machiavells vorgestellt und jede
Anzuglichkeit doppelt unterstrichen haben, um den Bayreuther Meister
aufs Empfindlichste zu kranken. Eine eingehende Behandlung dieses bis-
her noch wenig erorterten besonders triiben Kapitels aus der Leidens-
geschichte des Genius mochte ich kiinftigen Wagner-Biographen angelegent-
lich empfehlen. Es kam das Aergste: Schinkel war ganz nahe daran, im
Jahre 1817 das Bayreuther Festspielhaus auf den Berliner Gensdarmen-
markt zu stellen, und begriindete zu allem Ueberfluss noch die Notwendig-
keit, das Orchester zu verdecken, so vortrefflich, dass es der Schopfer des
^Tristan" hinterher nicht besser zu tun vermochte. 1 ) Wer getraut sich's,
auszumalen, welche Todsiinden Schinkel im Einverstandnis mit dem
damaligen Intendanten gegen den wagnerischen Geist begangen haben
wiirde, wenn seine Skizze feste Gestalt und voiles Leben gewonnen hatte?
Vielleicht waren damals vor dem Amphitheater des vielverschrieenen Kotze-
bue ausserst wirksame ^Deutsche Kleinstadter" erschienen, mit dem in kost-
liche Lokalfarbe getauchten, dem zweiten Aktschluss der „Meistersinger u in
bescheideneren Verhaltnissen vorgeahnten zweiten Finale. Davon nicht zu
reden, dass Richard Wagner in selbige „Meistersinger tt hier und da recht
derbkornige Scherze hauptsachlich aus dem Grunde einflocht, um Wotan
und Briinnhilden das Festspielhaus ein fur allemal zu verleiden.
Im Ernst gesprochen: kein Kiinstler oder Kunstfreund von einigem
Geschmack wird beantragen, dass man auf der einem Amphitheater vor-
gelagerten Szene dem widerwartig albernen Wortspielgetandel eines Blumen-
thal oder den iibel duftenden pariser Ehebruchs-Dialogen oder einem
sensationellen Reisser wie ^Madame Sans-G^ne tt einen Platz einraume.
Er wird aber auch dergleichen Zeug von jedem deutschen Schauplatz
gem verbannt wissen wollen, welchen baulichen Zuschnitt das Theater nur
immer habe. Mit anderen Worten: nicht die Gattung des dramatischen
Spieles an sich adelt das Haus oder setzt es herab. Entscheidend ist viel-
mehr ein gewisser Hohegrad des schopferischen Vermogens, der innerhalb
besonders klar. Es erhellt jeweilig nicht zur Genuge, ob er nur gemalte Prospekte
und Kulissen oder ein vollstandiges Theatergerust meint. (Siehe seine Notizen uber
die Dekorationen Baldassare Peruzzi's zur w Calandra a des Kardinals Bibbiena.) - Die
diesem Heft beigegebene Abbildung des „Teatro olimpico" wird den Leser daruber
aufkiaren, dass es nicht nur, wie Burckhardt meint, w ein Theaterbau in der Art der
Alten" ist, sondern die antike Szene ertaebJich weiter ausbildet. Ein Vergleich mit
der Buhnendisposition von Oberammergau ist sehr belebrend. — Ueber das Teatro
Farnese hab' ich an dieser Stelle scbon gesprochen.
! ) Die bezuglichen Ausfuhrungen Schinkels sind zitiert in der vortrefflicben
Abhandlung Tb. Ungers w Der akustiscbe Musiksaal". („Die Musik", Jahrg. II, 14.)
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DIE MUSIK V. S.
jeder Gattung erreicht werden kann. Durchaus reinliche funfaktige
Jambentragodien, wie sie jiingere Stubendramatiker vierteljahrlich aus ihrem
Organismus auszuscheiden pflegen, wiird' ich als Intendant von einer Bfihne
wie der des Prinzregenten-Theaters ohne Umstande wegweisen. Aber ich
verspiirte nicht die geringste Herzbeklemmung, als ich dort Molifcre's
geniales Possenstiick vom „Eingebildeten Kranken" fiber die Bretter gehen
sah. Nur dass ich in Rficksicht auf die Intimitat der Handlung und die
in einzelnen Auftritten erforderliche schauspielerische Kleinarbeit an jenem
Abend das Amphitheater nach Hohe und Breite gem etwas eingeschrankt
gesehen hatte — ich komme auf Analoges weiter unten zuriick. Hingegen
diinkt mich Shakespeare's Heinrich IV. in seinen beiden Teilen fur eine
Darstellung vor einem Amphitheater von recht ansehnlichen Verhaltnissen
in der Art des Miinchner vorzfiglich geeignet. Wollte mir indessen Jemand
zumuten, ich solle die mit meisterlichem Stift gezeichnete Figur Dortchen
Lakenreissers „in usum amphitheatri" herausstreichen, so wfird' ich ihm
den , ich wollte sagen die Suppe gehorig versalzen.
Naturalistischer Anwandlungen kann man nun die ffihrenden deutschen
Musikdramatiker unserer Tage wahrlich nicht zeihen — auch Richard
Strauss nicht, der, selbst wenn er Arm in Arm mit einem Ernst von
Wolzogen erscheint, doch tausendmal mehr von der Sinnlichkeit eines hoch-
genialen romantischen Eulenspiegels als von der eines ausgepichten Zynikers
hat. Vollends sind Partituren wie die des „Armen Heinrich" und der „Rose
vom Liebesgarten" unseres Hans Pfitzner, wie die der „Ingwelde" von
Schillings, wie die der n Ilsebill" Klose's durchaus vom Geiste eines
lauteren, vornehmen Idealismus durchdrungen. Doch auch ihnen donnern
einige Tempel- und Amphitheater-Hiiter, die wagnerischer als Wagner sind,
ein zorniges „Zurfick!" entgegen. Papstlicher als der Papst; denn Wagner
sagt fiber Aufffihrungen in seinem Hause: „Ich rechne mit
Bestimmtheit auf den entsprechenden Erfolg, nicht meines Werkes als
solchen, sondern der vollendeten Richtigkeit der theatralischen Auffuhrung
desselben, und nehme an, dass dieser Erfolg zunacht in dem Verlangen
nach periodischer Wiederkehr ahnlicher Aufffihrungen sich aussprechen
werde, ffir welche dann, in immer weiterer Ausdehnung vielleicht auf
jede Gattung dramatischer Arbeiten, stets solche Werke bestimmt
sein sollten, welche, der Originalitat ihrer Konzeption und ihres
wirklich deutschen Styles wegen, auf eine besonders korrekte
theatralische Aufffihrung Anspruch zu erheben haben. u
Ich frage: ist jenen Partituren von Pfitzner, Schillings, Klose die
Originalitat der Konzeption und der deutsche Sty 1 abzustreiten? Ich bitte
mich zu widerlegen.
Fur mein Teil mochte ich nicht um alle Schatze Arabiens und In-
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MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
diens in der Haut eines fur die Biihne schreibenden Musikers unserer
Tage stecken. Vernachlassigt er die schone Gesangslinie iiber kleinlicher
Silbenausdeutung, dann halt man ihm mit Recht entgegen: *Nimm Dir ein
Beispiel daran, wie gut Wagner Eindringlichkeit der Deklamation mit
melodischer Fiihrung der Stimmen zu vereinigen wusste!" Wachst seine
Handlung zu sehr in die Breite, anstatt folgerecht, ohne sich in einge-
schobene symphonische Dichtungen oder Lyrismen zu verlieren, einem
Hohepunkte zuzustreben, dann heisst es wieder mit gutem Grunde: „Lies
die ersten Akte des „Tristan" und der „Walkiire tt jeden Tag dreimal mit
gespannter Aufmerksamkeit durch!" 1st seine Musik nicht straff genug
zusammengehalten, nicht durchsichtig genug instrumentiert, so weist man
ihn sachgemasserweise darauf hin, wie Wagner trotz alles iiberquellenden
Reichtums der Gedanken und Farbenvisionen doch stets mit der Sparsam-
keit des streng logisch gestaltenden Beethovenianers verfahrt. Und so
noch viele vaterliche oder freundschaftliche Ermahnungen aus der gleichen
Tonart. Seinerseits entgegnet nun aber der Tonsetzer: „Wenn ich mir,
in Uebereinstimmung mit Eurem beherzigenswerten Rate, jene Stilmuster,
jene Meisterdramen stets vor Augen halte, wenn ich demzufolge zum
Riesenbau der geschichtlichen Entwicklung einen Stein oder auch nur ein
Steinchen hinzuzufiigen suche, dann schreibe ich naturgemass auch mit
dem Klang des verdeckten Orchesters im Ohre, dann muss ich meine In-
strumente in Saft und Farbenpracht sich ausleben lassen, ohne dass meine
Sanger ubertont werden, dann darf ich mich nicht mit der grellen Thea-
tralik begniigen, wie sie die Opernszene hergiebt, sondern muss in einem
Rahmen, der meine Handlung der gemeinen Alltaglichkeit des Lebens
vollig entriickt, lebensvolle Bilder vorbereiten und voriiberziehen lassen
konnen. Oeffnet mir also das Deutsche Spielhaus." „Hor Dich der
Kuckuck", schallt es unwirsch zuriick. ^Fiir Dich und Deinesgleichen
giebt es kein Amphitheater!" Sinnbildlich ausgedriickt: „Halte Dich beim
Marschieren kerzengrad, mein Sohn : Kopf hoch, Brust heraus, die Fiisse
hubsch auswarts gesetzt. Doch dass Du mir ja auf den Handen gehst! u
Nein, meine verehrten Freunde! Entweder wir einigen uns darauf, dass
Wagner, alien Erfahrungen der Historie zum Trotz, nicht wie Gluck,
Mozart, Weber, wie sonst jeder hervorragende Meister der Malerei, Plastik,
Dichtung in den Nachfahren weiter wirken konne. Dann ist sein Werk
Trugkunst und Mitternachtsspuk; dann versenken wir die „Tetralogie tt in
den Rhein und streuen die „Gesammelten Schriften" in die Winde! Oder:
wir halten Wagner fur just so zeugungsfahig wie seine hohen Ahnen.
Dann miissen wir aber auch, indem wir sein Theater als einen
integrirenden Bestandteil seiner Kunst und seiner Reform
betrachten, vor dem ernst strebenden Nachwuchs alle Pforten auftun.
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DIE MUSIK V. 8.
Sonst werden uns die Spateren den indischen Wittwen vergleichen, die
sich und ihre Zukunft mitsamt dem toten Herzgemahl und den edelsten
Familienkostbarkeiten auf dem Scheiterhaufen verbrannten.
Zum hundertsten Male wfrd man mir vorriicken, dass ein Rembrandt
unter alien Umstanden ein Rembrandt bleibt, auch wenn man ihn in einer
Strohhutte aufhangt, und dass aus einem RafFael Mengs nun und nimmer
ein Raffael Santi wird, auch wenn man ihn mit dem schonsten altflorentiner
Altarschnitzwerk umkleidet. Zum hundertsten Male werde ich darauf zu
erwiedern haben, dass ich der letzte bin, der es Jemanden verwehren
wollte, einen Rembrandt — wenn er einen hat — in einer Strohhutte auf-
zuhangen und sich in Hemdarmeln und Unterhosen davor aufzupflanzen —
das Genie nimmt Unhoflichkeiten nachsichtiger auf als der Durchschnitts-
mensch. Dass ich jedoch im Uebrigen von einem Apfelbaum keinen
Pfirsich erwarte, aber um so schmackhaftere Aepfel, je bessere Pflege ich
ihm angedeihen lasse. Ich gebe mich gar keiner Tauschung dariiber hin,
dass wir bisher von nachwagnerischen Opernpartituren, in denen sich eine
Personlichkeit mit eigenen Gedanken und individueller Gestaltungskraft
ausspricht, wohl eben gerade ein Dutzend zusammenstellen konnen. Doch
die, denen es das Geschick bestimmt hat, zu solchem Dutzend beizusteuera,
werden kiinftig mit ungleich gesteigerter Freudigkeit an ihre kiinstlerische
Arbeit gehen und nach Massgabe der ihnen verliehenen Talente ein relativ
Hochstes erreichen, wenn wir es ihnen ermoglichen, in der von Wagner
eroffneten Entwicklungsbahn frei auszuschreiten. Die Unselbstandigen,
Hiilflosen, Ideenarmen, mit einem Wort, die geborenen Hintermanner
werden ja auch fernerhin Wagner-Nachfolge mit Wagner-Nachahmung ver-
wechseln. Weil deren aber genug und iibergenug vorhanden sind, hat man
doch wahrlich nicht das Recht, Andersgearteten die Lebensadern zu
unterbinden.
Die Entscheidung dariiber, welche Werke neuzeitlicher Musikdramatiker
in einem Hause von amphitheatralischer Anlage darzustellen seien und
welche nicht, iiberlasst man billig einem an die Spitze eines Opern-
institutes berufenen fiihrenden Kiinstler. Hierin frei vorzugehen, das ist
die einfache Konsequenz der ihm iibertragenen Befugnis, den Spielplan
nach seinem Gutdunken festzusetzen. Begeht er einen Missgriff, so rechne
die Kritik mit ihm ab, die im einzelnen Falle die besseren Griinde auf
ihrer Seite hat. Ihn jedoch a priori davon abhalten zu wollen, nach-
wagnerische Werke in einem nach wagnerischer Grundform gebauten
Hause zu bringen, weil ihm oder spater einmal einem minder hell-
sichtigen Nachfolger auch gelegentlich etwas weniger Wiirdiges mit unter-
laufen konnte: das ware eine seltsame Logik.
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i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
09 ^^^
MASSOP: ZUR BDHNEN* UND KONZBRTREFOKM
Schwerllch wird Jemand meine obigen Auflftthrungen in irgcndwelche
Beziehungpn zu Bayreuth setzen. Doch half ich es nicbt fdr uberflussig,
mix durren Worten zu erklSren, dass sie keineswegs auf das Festspielhaus
abzielen, nicht darauf abzielen kSnnen. Eine langflhrlge Erfabrung bat
mich darflber belchrt, diss es besser ist, ab und zu Selbstverstfindliches
zu unterstreichcn, als ubelwollenden Auslegern auch nur den geringsten
Anhsltepunkt zu bieten* Fur Bayreuth ist es entscheidend, dass Frau
Wagner, als die berufene Bewahrerin der Tradition, ihre unsctaStzbare
Kraft der Interpretation der Werke des Meisters ungeteilt widme.
Ueber die Aufgaben, die in anderwirts errichteten und des Ferneren
zu enicbtenden Deutschen SpielbBusern ausser der Pflege der wagneriscben
und der gehaltvollen oachwagneriscbeii Musikdramen zu ISsen sind, werde
ich mit Nflchstem Einlges zu sagen haben.
Anmerkung, Auch etHcbe Bemerkuagen Ober die junfst gemacbteu Vor-
acblige, Amphitheater durcb eine einzuschjebeode Z witch eudecke ad libitum zu wr*
Ueiners, towie fiber gotrofffine und aoch zn trelfande VerbettenidgOD im Tenenkten
Orchetter der Hiu«er von imphitheatraliicber Bauvciae tarns Ich mlr fBr d«a nlchstft-
ma) aufiparen. — Betrachtungeo fiber refonnatorische Schritte und Mauuabroen Im
Konzerttatl werden rich daran anschltasaen.
Ein Scblusaartlke] folgt fm 2. Februar-Heft
f\ | Original from"- : -
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
4
EIN KONVERSATIONSHEFT
VON LUDWIG VAN BEETHOVEN
ZUM ERSTEN MALE VOLLSTANDIG MITGETEILT
UND ERLAUTERT
von Dr. Alfr. Chr. Kalischer-Berlin*)
Schluss
Bestimmen Sie nun, wann wir im Erzherzog Carl zusammenspeisen.
2) Stieler hatte etwas Kathe [er, oder Katharrh], ist aber wieder wohl
Staudenheimer. 92 ) Stieler und Wolf. — ich stelle alte Weine.
Nun den nachsten Freytag?
Es bleibt also beym Freytag?
Das ist er gewiss nicht, ich weiss es aus eigener Erfahrung.
Sie war gern in Wien.
Hinterlassen Sie mir gefalligst den bestimmten Tag bey Stieler.
[Bl. 76b] Der Freund, welcher iiber Ihnen wohnt, hat vor zwey Jahren
seine Wirthschaft bey der Schwechat 88 ) an den Baron Minkwitz. um 40,000
verkauft [Rest der Seite leer]
[Bl. 77a] Ihr Portrait 84 ) wird sehr gut; es erkennt's Jeder gleich
[KopFbild darunter]
Ich werde es heute noch lesen. Ich hatte es mir gestern schon vor-
genommen, allein wir sind zu lange beysammen gewesen.
s *) Dr. Staudenheimer war eine Zeitlang Beethovens Arzt, besonders seit
1812. Er wird auch kurzweg ^Staudenheim" genannt, z. B. in einem Briefe an den
Erzherzog Rudolph aus Franzensbrunn August 1812: „Mit Gothe war ich viel zu-
sammen. Von T J eplitzj aber beredete mien mein Arzt Staudenheim nach Karlsbad,
von da hierher, und vermutlich diirfte ich von hier noch einmal nach Toplitz zuruck
— welche Ausfluge!" Und so ofter. Wolf ist vielleicht einer der zwei Portratmaler
dieses Namens, Franz oder Peter Wolf, beide fuhrt Boeckh (a. a. O. S. 285) an.
83 ) Schwechat, Dorf in Niederosterreich am gleichnamigen Flusse, Nebenfluss
der Donau.
Hl ) Dieses Heft fuhrt uns in die Zeit hinein, in der Maler C. J. Stieler sein
beruhmtes Beethovenbild schuf. Stieler lebte von 1781 — 1858. — Die Entstehungszeit
des Portrats ist von Schindler unrichtig angegeben.
*) vgl, Jahrg. V, Heft 4, S, 6.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
101
KALISCHER: EIN KONVERSATIONSHEFT
Bleiben Sie noch langer?
[Bl. 77 b] Es wird ja woll entschieden sein
Es ist aber um des Knaben willen, dass Sie Interesse nehmen
Die Institute sind nicht anders
Mittwoch abends wolln wir gehn, wenn anders alles in Ordnung
gebracht ist. [Rest der Seite leer]
[BL 78a] Da [?] ist dein Land gut gerathen.
Nur Titel
Die nehmliche?
Doll verkauft sein Haus in Modling 8 *) mittelst Licitation
Buchhandler.
vis a vis von Calliaux
Sie haben einen braven Advokaten, Bach 86 )
[Bl. 78b] Die Ursach, warum ich Sie besucht, ist, um zu horen, ob
Sie wieder nach Modling kommen.
Dann Ihnen zu sagen, dass, wenn Sie einst in Modling ein Haus
wiinschen — jenes von Doll viel'besser ware.
1°: die nehmliche Aussicht wie beim Binder —
2°: alles in gutem Baustand. —
3°: im 1. Stock 7 Zimmer, ein grosser Saal, und eine grosse Terasse;
wovon also gleich die ! 2 vermiethet werden konnte —
[Bl. 79a] Zu ebener Erde wieder Wohnungen und Stallungen zu ver-
miethen — ein niedlich kleiner Garten beym Hause, wobey ein Ausgang
aus dem Garten riickwarts hinaus.
6ten December.
Nun wird es wesentlich vergrossert.
abends meist keine Musik, meine Tochter zu Hause
[Bl. 79b] Ende April
Carbon
Mich freut es Sie in gutem Wohlsein gefunden zu haben, und doppelt
freuet es, nachsten Sommer in Modling verehren zu konnen.
8B ) Bekanntlich batte Beethoven auch in diesem Jahre seinen Landaufentbalt in
Mddling — und diese Worte mogen mit seinem Sommeraufentbaltsplane des Jahres
in Verbindung stehen. Siehe auch das weitere Bl. 78b.
") Es ist Beetbovens Rechtsbeistand etwa seit 1816: Dr. Job. Baptist Bach,
Hof- und Gericbtsadvokat in Wien. Ungetrubt war die Freundschaft zwischen beiden.
C * j ^ \o 1 • Original from
fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
102
DIE MUSIK V. 8.
Das wird fiir meine Tochter ein Jubel sein.
Aber es sind ja enorme Gutter zum Bisthum
[Bl. 80 a] Heut war die Probe vom grossen Concert bey Hof, er ist
heut um 1 1 Uhr Vormittag abgereist, so ist mir gesagt worden
er hat den 9ten eintzug
er aus ge [?]
er war Konig
er hat mit
Das nur hat der Zip. [?] gesagt
gestern abend um 6 Uhr
[Bl. 80b Beethoven selbst] Fr. B. 87 ) „zur Intrigue gebohren, ausgelernt
in Betrug, Meisterin in alien Kiinsten der Verstellung".
[ainog] Wissen sie Wohnung Kreuze [?]
Schuster, Balbier — Glass Schleifer
bey Bernard wegen dem Wolfsohn [unleserl. Wortchen]
[Bl. 81 a avros] || Mehrere Contre-Basse, Verschiedene Noten, erinnere
Dich nur der Falle, wie gefehlt war bey
selben in der sinfonie in A |j
[aucta von B.] da jemand genannt wird, so erklart diese beides
[Bl. 81b Schindler] es waren der Fehler nur wenige darin, allein in
der Sonate op. 106 habe ich ausserordentlich viele gefunden
Das Manuscript war stellenweise zu schlecht geschrieben und zerkratzt,
dass ich mich gar nicht auskennen konnte.
Die Kanzleigeschafte lassen mir nur sehr wenig Zeit iibrig, auch
muss ich immer auf der Lauer seyn, ob mich der Erzherzog rufen lasst
Das ist eine andere Sklaverei, eine solche Abhangigkeit
Das Canon-Motiv zum 2. Satz der 8. Symphonie. 8S ) Ich kann das
Original nicht finden.
Sie werden wohl die Gute haben und ihn noch einmal aufschreiben
ST ) Man beachte diese originellen Worte Beethovens uber seine Schwagerin Frau
Johanna van Beethoven, die Mutter seines geliebten Karl. Sie hat auch das
Epitheton „K6nigin der Nacht" von ihm erhalten.
ss ) Der Kanon entstand zur Verherrlichung des Miilzelschen Metronoms wahrend
eines Symposions. Man sehe den 4stimmigen Kanon „An Malzel a in der Gesamt-
ausgabe der Beethovenschen Werke bei Breitkopf & Hartel, Serie 23.
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103
KALISCHER: EIN KONVERSATIONSHEFT
U [der?] Pinterics sang damals den Bass, der Capitain 2 ten Tenor, Oliva
2 ten Bass. 8 *)
Von Maelzel hort man jetzt gar nichts. morgen muss ich mit dem
Hofrath wieder nach Baden
[Bl. 82a schreibt ein anderer] Moscheles hat in Miinchen sehr gefallen
im Concert viel eingenommen
Ein Correspondent hat es uns berichtet.
[scheint Starke zu schreiben] Der Kleine hat eine grosse Freude gehabt
wie ich kam, und fragte mich, wann ich sie sehen werde. [Rest leer]
[BL 82b] Wenn dieses Werk 3 f. kostet, was soil dann eine Sonate
B^) kosten?
Antw. Eine Million
Zu schwer
zu schwer
[BL 83a] Aus Neugierde begehret man die Son. auch in Mayland,
obschon dort kein Mensch lebt, der so etwas spielen kann.
Er macht noch etwas mehr, d. i. Variat
[BL 83b Starke od. Czerny] Jede Pendeluhr kann man ebenso richten.
Ich hab' glaubt, dass er her kommt, ich hab' mit ihm zu sprechen
Er hat mir heute eine Sonate von Mozart, und die Sonate pathetique
- <r ) Diese Stelle ist merkwurdig, wenn man Schindlers Erz&hlung fiber den
Gesang dieses Kanons beim Abschiedsmahle Fruhjahr 1812 damit zusammenh<
(II, 195 f.). Als Teilnehmer am Mahle nennt Schindler dort besonders ausser Beet-
hoven und Maizel: Stephan von Breuning, den Grafen Fr. von Brunswick, Oliva „und
andere". Schindler selbst gehorte damals noch nicht zu den personlichen Bekannten
Beethovens — und so mag diese Stelle des Heftes wohl erganzend eintreten. — Pin-
terics war Gelehrter und Musiker; fur Beethoven verfasste er viele Auszuge, Be-
arbeitungen aus klassischen Schriftstellern. - Ubrigens sei hierbei auf A. W. Thayer
verwiesen, der auf die hier obwaltenden Schindlerschen Irrtumer vortrefflich hinweist,
auch unter Berucksichtigung dieses Konversationsheftes III, 221 f.). — Wer der da-
mals singende „Capitain u war, gibt auch er leider nicht an. Aber die erste Aus-
gabe der Schindlerschen Beetbovenbiographie fuhrt uns doch auf die Spuren dieses
„Kapitans a . Schindler beschreibt (S, 96), wie er im Jahre 1816 fast taglich mit Beet-
hoven zu einer bestimmten Stunde in der Gastwirtschaft „Zum Blumenstock" zu-
sammentraf, Beethoven las dort tSglich die Zeitungen. An solchen Tagesbedurfnissen
nahmen ausser Schindler noch der schon genannte Beethovenfreund Pinterics teil
— „nebst einem KapitSn von der deutschen Garde des Kaisers", dessen Name freilich
nicht genannt wird. Das ist der hier im Konversationsheft erwihnte singende
„Capitain tt .
00 ) = Sonate von Beethoven.
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104
DIE MUSIK V. 8.
vorgespielt; daraus [Bl. 84a] habe ich ihm kennen gelernt. Die nachste
Lection werde ich ihm etwas, was ihm anpasst, anfangen.
Er
hat 3
Pensionen
9 Oder 10
Monathe
Er ^
[Bl.
war heut sehr liebenswiirdig, er that alles was mich
84b] Es wird wohl bald aus werden, die Process
zu befriedigen
Geschichte?
Ich
konnten,
erinnere mich, das der Peters gesagt hat:
indem die Sache ganz nach Ihrem Wunsch
dass Sie
ausgehen
ruhig seyn
musse.
Das
; muss
viel Geld gekostet haben
Der
• Rath
[Bl. 85a] In welchen Verhaltnissen lebt sie jetzt, und wie alt ist sie 91 )
[2 Zeilen ausgestrichen]
Wien ist zu gross, urn diese Menschen ganz genau kennen zu lernen.
blosses Interesse
Im
[Bl.
Sommer ist hier besser zu
85b] Wo mag der Bernard
seyn als
seyn?
jetzt —
Sie
haben schon
gezahlt 3 1
F 9
X
Sie
haben ein 2
f. und 1 f.
detto gegeb<
en.
Sch
indler
[Beethoven selbst] Bankactien gelten 610 in C. M. 9 -)
[Bl. 86a Beethoven] Aritmetisch geordnete Liste Ziehungsliste. Vom
Theater an der Wien etc. bey Gerold Dominikaner-Platz [Rest der Seite leer].
[Bl. 86b von hier ab wieder Starke od. Czerny] Der Peters war so traurig,
das er nicht her kommen konnte. Ihre Gesellschaft ist ihm so angenehm
Leichte Waare
Einer der bessern ist der B. 9:I ) jedoch der Pet: gehort unter die
Edelsten Menschen —
J1 ) Durfte auf Karls Mutter gehen.
v: ) C. M. = Conventionsmiinze.
'•'*) B -- Bernard; Pet ~ Peters, der furstlich Lobkowitzsche Rat.
r ( " i \r \n L - Original from
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105
KAL1SCHER: EIN KONVERSATIONSHEFT
Der jetzt weggieng, 94 ) ist nahe an 80 Jahre alt
[Bl. 87a] Ein reicher Fabrikant aus Frankreich.
Die Baronin hat sich auf Veranlassung des Conversations Blattes die
Gehormaschine von Wolfsohn angeschaft.
Ich habe es ihr gesagt, dass es nicht wahr ist.
[Bl. 87b] Es geht aber dass Geriicht herum, dass Er 9B ) — Ihnen vor
seiner Abreise eine Pension von 1500 f. zugesichert hatte —
Der Gelinek" 6 ) war der erste der es mir erzahlt hat.
[Bl. 88a] Ich habe auch noch nichts bekommen, und Morgen abends
reist er ab.
4 f ist ausgemacht, aber ich habe noch nichts bekommen
Das ist ein blosser Neid
Nun aber werden Sie Ruh haben auf eine Zeit.
[Bl. 88b] Die Westphalische Regierung 97 ) hat aber schon lange
aufgehort.
Ich habe ihm wollen einigen Nutzen verschaffen bey Lobkowitz und
nun ist es zu spat.
Es stehen uns wieder neue finanz Operationen bevor
[Bl. 89a] Der Cours ist (wird) festgesetzt auf 250 f.
[Rest der Seite leer; damit hort das Starke-Gesprach vorliiufig auf.]
[Bl. 89b] haben, so will ich ihn fragen
Der Kraft vielleicht Salis us )
• l ) Diese Unterredung fand wahrscheinlich in einem Restaurant statt.
ys ) Der Erzherzog Rudolph.
Hi ) Abbe Joseph Gelinek, Freund Mozarts, lebte von 1757—1825, fruchtbarer
Komponist. Auf diesen „Variationenschmied" hatte Karl Maria von Weber das Epi-
gramm gedichtet:
Kein Thema auf der Welt verschonte dein Genie,
Das simpelste allein, dich selbst, variierst du nie?
° 7 ) Hier war davon die Rede, dass Beethoven im Jahre 1809 von J6rome
(Hieronymus Napoleon), Konig von Westfalen, aufgefordert war, Kapellmeister in
Kassel zu werden, worauf drei seiner vornehmsten GSnner zusammentraten, urn ihn
an Osterreich zu fesseln.
9U ) Eine besonders dunkle Stelle. So viel scheint daraus hervorzugehen, dass
hierbei vom Dichter Johann Gaudenz, Freiherr von Salis, dem Freunde Matthissons
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106
DIE MUSIK V. 8.
Seine Portraits 90 ) driicken den Karakter aus
[Beethoven] Braunen Zucker
im Kameel
wie viel uhr?
Wolfsohn Bernard.
Sie brauchen den Schein nicht zu schicken
Schneiden Sie nur zwey Monate ab.
[Bl. 90a] Dieser Herr halt viel darauf das er K. K. Hof-Gurtler ist
Dieses ist der Grund warum man hier nichts undernehmen kam,
haben die Leute ausser ihrer gewohnlichen Arbeit eine Andere, so kann
man Sie nicht genug bezahlen, und wollen zugleich das man Sie zu Gottern
haben soil [oder zu Gott erheben soil] dieser hat mich gefragt wie es
[Schluss der Seite leer.]
[Bl. 90b; Beethoven selbst] No. 629 Brucharzt 100 ) Wolfsohn Breite-
markt 108 Xenophons Leben und Thaten des Sokrates 3 fl. und 30 Kr.
beim Antiquar [Bl. 9la] in der Currentgasse hinter der Ober-jesuiten-
kirche. —
[Ein anderer schreibt; 2 Reihen durchstrichen.]
Ich gebe es dem Kopisten schon selbst, und bitte nur mir es morgen
zu schicken. Ich weiss wo der Kopist wohnt und bitte nur urn seinen
Nahmen
die Rede ist. v. Salis lebte von 1762 — 1834. Sonst liegen keine Beweise dafur vor,
dass Beethoven sich mit Salis' Gedichten beschaftigt hStte; es muss aber doch der
Fall gewesen sein. — Eine Stelle bei Schindler fiber Beethovens „Handbibliotbek*
(II, 181) kann man sich nur in diesem Sinne deuten. Dort heisst es: „Von Goethe
war ausser dem Divan nur Wilhelm Meister, Faust, und die Gedichte da; von Schiller
nur die Gedichte und einige Dramen; von Tiedge die Urania, die Gedichte von
Seume, Matthison „und einige noch von gleichzeitigen Dichtern". Zu diesen
„gleichzeitigen Dichtern" mag auch von Salis gehort haben.
■ )P ) Geht hochstwahrscheinlich wieder auf Joseph Stieler.
10 °) Der Brucharzt Wolfsohn, dessen Name hier schon mehrfach vorgekommen
ist, hangt jedenfalls mit der Bruchkrankheit des Neffen zusammen. Siegmund Wolf-
sohn, der Arzt und Mechaniker, ist nach Wurzbach (Band 58, S. 47 f.) in der zweiten
Halfte des 18. Jahrhunderts geboren; seine Todeszeit ist unbekannt. Er ist der Er-
finder zahlreicher chirurgischer Instrumente und Maschinen. Seit dem Jahre 1797
praktizierte er als Brucharzt; zugleich war er Inhaber einer K. K. privilegierten Fabrik
chirurgischer Maschinen in Wien, wofur er von alien Seiten hohe Anerkennung fand:
Fur Beethoven war er auch besonders deshalb interessant, weil er mancherlei Instru-
mente fur Schwerhorige erfand, so die metallenen Resonanzrohre, eine Kopfmaschine
und die Gehormuscheln. — Er war bahnbrechend auf dem Gebiete der hygienischen
Mecbanik und Technik.
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
107
KALISCHER: EIN KONVERSATIONSHEFT
Wo haben Sie denn den Freyschen [?] Schein
[BI. 91b] Die Erzahlungen taugen in der Regel nichts
Hier Stubenmadchen. [2 Reihen ausgestrichen.]
[Czerny oder Starke] Der Plechinger 101 ) lasst sich empfehlen und sagen,
dass Dienstag den 14ten die Prufung sey, ob Sie nicht jemanden, dem es
Interessirt dazu [Bl. 92a] einladen wollten. —
Ich habe an Bernard gedacht —
Er konnte doch sagen, wie es ausgefallen ist.
Er hat wahrscheinlich schon was vergessen —
Er ist halt noch ein Kind Er muss noch eine Erfahrung machen. —
[Bl. 92b] Ich halte den Plechinger fur einen braven ehrlichen Mann
Das ist die 3te oder 4te Crida 102 ) [1 Zeile ausgestrichen.]
Schade um ihr Schreiben. Die Leute draussen sind zu dum, um den
Schpas zu verstehen [Schluss der Seite leer.]
[Bl. 93a] Der Plechinger hat mir heut eine Lection bey ihm an-
getragen, ich kann's aber nicht annehmen
Ich weiss nicht wodurch ich sein Zutrauen gewonnen habe
Wo mag der Peters jetzt sein
Zmeskal fragt mich immer was Sie schreiben. Was soil ich ihm
antworten?
[Bl. 93b] Sie haben mit mir eine schlechte Unterhaltung. Ich
schreibe schlecht.
Der Mann an der Thiir spricht soviel schones von Ihnen.
Er erkennt ganz Ihren werth als Kunstler und als Mensch.
Er macht seinen Nachbarn [Bl. 94a] begreiflich, dass Sie der grosste
Mann in Europa sind.
Er hat recht.
101 ) Der hier Sfters geschriebene Name ^Plechinger* ist immer gleich Bldch-
linger, dem Institutsvorsteher.
10 *) Crida, lateinischen Ursprungs (credo?), ist soviel wie: Konkurs. Das
Konkursverfahren hiess im mittelalterlichen Leben: Crida, der betreffende Schuldner:
der Cridar.
C * j ^ \o 1 • Original from
fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
108
DIE MUSIK V. 8.
Die Geschafte sind Ihm zu gross, sagt der Hausknecht.
Was macht das Oratorium. 108 )
Ich werde ich ihn erinnern unbemerkbar
[Bl. 94b] Es sind schon 2 Jahr. —
Sie sollen es ihm sagen was Sie wiinschen's.
[Ein anderer] In den Phantasiestiicken 104 ) von Hofmann ist viel von
Ihnen die Rede
Der Hofmann war in Bamberg Musikdirector, nun ist er Regierungs-
Rath. — Man giebt in Berlin Opern von seiner Composition
[Bl. 95a Deckel. Beethoven selbst] Hofmann, Du bist kein Hof-Mann
[Starke] Es sind 3 in Compagnie das ist aber der beste der wegging.
1 1 [1 unleserliches Wort.]
Er hat sehr viel Kranke.
108 ) Dieser Teil des GesprSchs vollzieht sich wieder in einem Gasthaus. Urn
diese Zeit (1820) war der fruher so unzertrennliche Freund Beethovens, der „Musik-
graf 44 Zmeskal von Domanovecz, nicht mehr so haufig um den Tondichter; in der
Diensteifrigkeit gegen diesen haben Nanette von Streicher und A. Schindler ihn ab-
gelost. Das Oratorium ist, wie bereits betont, das nach der Bernardschen Dicbtung
„Der Sieg des Kreuzes a ubernommene Werk.
10t ) E. Th. A. Hoffmann, der vielseitige, geniale Mann — Musiker, Dichter,
Jurist — lebte von 1776 — 1822 (f als Kammergerichtsrat in Berlin). Er war einer
der ersten, der die Originalweise Beethovenscher Instrumentalmusik zu wurdigen ver-
stand. Seine Aufsatze in der Leipziger „Allgemeinen Musikalischen Zeitung" gingen
dann in veranderter Form in seine Dichtungen uber, wie die hier genannten „Phan-
tasiestucke in Callots Manier". Im Marz 1820 erhielt er ein Anerkennungsschreiben
von Beethoven. Schon in diesem Hefte, wie noch in manch einem andern taucht
die Kanon-Idee auf, die Beethoven dem genialen Hoffmann zudachte. Dieser Kanon
ist seitber mannigfach gedruckt; nach dem Abdruck in der „Cacilia tt reproduzierte
ihn bereits L. Nohl in seinen „Briefen Beethovens 44 , No. 328, unter dem Titel: „Auf
einen, welcher Hoffmann geheissen. 44 Vergl. auch A. W. Thayer Chronolog. Verz.
No. 223. — In der Gesamtausgabe der Kanons Breitkopf & Hartelsche Ausgabe) ist
er als No. 8 betitelt: „Hufmann und kein Hofmann. 4 * Der humoristische Text des
zweistimmigen Kanons lautet: .Hofmann, Hofmann — sei ja kein Hofmann, ja kein
Hofmann — , nein, nein, nein; — nein, nein, nein, nein; ich heisse H5fmann, und
bin kein Hofmann. u
(" i\ ( x^] t ' Original from
J :, :i,c::t ::-, V .UU^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
bOcher
46* Alfred Einstein: Zur deutscben Literatur Tur Viola da Gimbi im 16.
und 17*Jahrhundert, — Erstci Beibeft der zweiten Folge der Publikatfoaen
der Interna?. Muaikgesellacbart Verlag: Breitkopr & Hlrtel, Leipzig 1905.
Nacta zweljlbrlger Pauae und nacbdem aua bedauerlicben Grunden 4aa lelxte (zebate)
Beibeft der era ten Folge anecheinend aua dem Bucbbandel zurfickgezogen 1st, bat endllcb
eine zweite Relbe der so ausaerordenilicb verdienaivollcn Beibefte der In tenia tionalen *
Muaikgeaellscbaft zu eracheJnen begonnen* Sle erganzen die ubrlgen VerftfTentHcbungen
dieter aoeben aua ernater Krise neurerjungt hervorgegangenen Gcsellacbaft t die 1m
Qbrigen am dec roonatllcb eracbeinenden Heften der „Zeltacfarift der Inteniationalcn
Masikgtaellacbaft* und aua den vierteljlhrlfcb era cbei ilea den Sammelblnden von grfiaserem
Umfang beatehen. Diese Publikationen, die von den verecbicdensten Muaikgelebnen mil
Beitrlgen In den weaentHcbstcn modernen Kulturaprachen — nur die Beibefte sind atcta
La deutacber Sprache verfasat — veraehen wcrden, haben eioeo strcng wissenscbaftllcben
und biawoilen polemlacben Cbarakter und ateben untereiuander in kelnem direkten Zu-
aammenbange* Die Beibcfte slnd in Form und lnfaalt durcbaue wisseoscbaftHcbe Mono-
grapbleen und Einzelatudten und bilden durchweg wicbrlge Belirlge zur mualkblstoriscben
Foracbung, biswellen i. B. weiter aua ge fit brte Doktordisaertationen uaw. Wir wolJten
diea grundeitzHch einmal ausfubrcn (wozu una die ErSffnung der neuen Serie paaaende
Gelegenbeit boOi um zu recbtfertlgeu, weabatb der Bcvprechung dieaer VerGffeotlicbungen
bleher in der »Muaik" immer ein brdter Raum gegfinnt warden jat. — Die Viole oder
Croaageige war nacb der EinbQrgerung der Laute ala Hauainatrument <an deaaen Stelle
beute daa Klavier stent) bald aucb im deutscben Hauae belmisch geworden und bane
von dieaer da* Griffbrect- ubernommen. Diea acbeint urn 1500 berum geacbehen zu seta.
Der crate Kompoulat fur dieaea mebr feincre ala popullre Instrument war cln Nura-
berger Lauieomacher Gerle; ea waren meiat Obertraguugen wehllcber Lied en Einstein
verzekbnet und beaprlcbt genau die veracbiedeaen Auagtben, um sicb dann zu den
apiteren Vlolakomponiaten zu wenden, unter denen Ortiz, Sim pa on (Engllnder),
H5ffler, KGhnel, Scbenk* Schmeizer* Bibar, Waltber, Huygens, Marala,
Reinckeu, Nub, Ebner, Buchner, J. J. Lflwe, Nicoiai, Soberer, Kaapar
Ffirater, Erlebacb, Dietrich Becker, Krieger und Buxtebude bebandeJt werden.
Im zweiten Teil dea Bucbea alnd Komposltlonen dieaer genannten abgedruckt, nlcbt nur
fOr die Gambe allein, aondern in Verblndung mit einer oder mebreren Geigen und
Basao coniinuo. Dleae Kompoaiiionen aind bat derebweg polypbon gebalien und geben
ein e bet) so intereaaantea wie getreuea Abb Lid dea muslkaliacben Treibena In beaaeren
deutacben Hluaem wlbrend dea 1& und 17* J ah rb under t a, Kurt Mey
47* Ferdinand Braunroth: Harmonieiebre. Verlag: Fr. Hofmeiater t Leipzig*
Ein Lebrbucb, daa groaae Acbtung vor dem Autor erwecken muaa durch den Ernst
seines Strebena und die SorgfaJt, mit der veraucbt wird, durch die Anordnung des StoBcs
alcberea VeratlndnJa zu flndeo. Sine Anwenduag ffir den Selbstnnterricbt acbeint nicbt
beabeicbtigt, vietmebr aetzt ea einen die Sacbe vOllig beberracbenden Erkllrer vorana t
V, S. 8
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
110
DIE MUS1K V. 8.
was schon auf Seite 11 und 13 deutlich hervortritt. Der Autor verbindet selbstfindige
pidagogische Gedanken mit einer gewissen Vorliebe fur das gewohnte Material; ofc finden
sicb Akkordfolgen in den Aufgaben, die ibm ganz gewiss selbst nicht gefallen, die also
lediglich zur Ubung des Schulers, nicht aber zur Bildung des Geschmackes dienen.
Eigentlich sollte jeder, der ein derartiges Buch schreiben will, Halms Harmonielehre in
der Sammlung Goschen lesen, urn von der Knappheit, Eleganz und glfcnzenden Klarheit
dieses auf Riemann fussenden herrlichen Bucbleins fur die eigene Arbeit zu profitieren.
48. Cyrill Kistler: Der doppelte Kontrapunkt, die Doppelfuge, die dreistimmige
und zweistimmige Fuge. (Band 3 der vierbandigen Musiktheorie Kistlers).
Verlag: C. F. Schmidt, Heilbronn.
Auch diese neue Abteilung von Kistlers Lebrbuch bietet vorzuglich gewahltes
Material fur solche, denen die Elemente des hier vorgetragenen StoPPes nicht mehr fremd
sind. Denn fur Neulinge spielt Kistler allzusehr den grossen Schweiger. Der Text ist
auf ein Minimum beschrankt, dieses freilich ist klar und streng durchdacht. Gerade fur
die Einfuhrung in den doppelten Kontrapunkt batten sich in Riemanns Schriften vorzug-
liche, textliche Beispiele gefunden. Die Benutzung dieser Abteilung fur den Unterricht
setzt einen Lehrer voraus, der mit Worten weit weniger sparsam ist als der verdienst-
voile Kistler. Dr. Max Steinitzer
MUSIKALIEN
49. Christian Sinding: Lieder fur eine Singstimme mit Pianoforte. Aus w Des
Knaben Wunderhorn". Ohne Opuszahl. — Mannerlied op. 67. —
Vier Gesange op. 68. — Funf Gesange op. 69. Neuausgabe. Verlag:
Robert Forberg, Leipzig.
Sinding, der es stets liebte, geflissentlich seine Eigenart, die ganz im nationalen
Bewusstsein liegt, zu betonen, kann auch anderen Regungen folgen; das beweisen die
Gesange aus „Des Knaben Wunderhorn". Die Bandigung seiner hervorstechendsten
Leidenschaft und das Streben nach gewissen archaistischen, dem dichterischen Vorwurf
angemessenen Wirkungen, geben eigentlich von Sinding ein ganz neues Bild — ob es
aber interessanter ist, als das einmal festgestellte, sozusagen zum Kurswert gelangte,
steht dahin. Die beiden ohne jegliche Vorzeichnung geschriebenen, auf rein diatonische
Wirkung berechneten „Es starben zwei Schwestern" und „Die Bettelfrau" niitzen einen
hubschen Effekt etwas zu breitspurig aus. Durch kernigen, frischen Humor fallt noch
die „Fuge a auf. Ein sicher im Konzertvortrag sehr wirkungsvoller Sang ist das trotzig-
kraftvolle „Mannerlied a . Die Gesiinge op. 68 und 69 geben uns den Komponisten in
seiner unverschleierten personlichen Art wieder; aus ihnen weht die herbe, frische,
nordische Bergluft, rotwangig und gesund wie auch die Texte ist die von jeder Reflexion
feme, uberall aufrichtige Musik. Diese Lieder werden auch bei uns, dort, wo man die
schone Mitte zu finden weiss zwischen Alltagsmusik und moderner „Uberkunst", eine
Heimat haben.
50. Richard Wctz: Sechs Lieder op. 15. — Sechs Lieder op. 17. — Funf Ge-
sange op. 18, Verlag: Ernst Eulenburg, Leipzig.
Diesen Liedern lasst sich nachreden, dass sie mit einer gewissen musikalischen
Fertigkeit entworfen und durchgefiihrt sind, aber diese Fertigkeit lasst sich vielmehr auf
einen vorhandenen Fond ganz unpersonlichen Konnens zuriickfuhren, der seine be-
stimmte Ausserungsformen besitzt, als auf das Vermogen, sich den Geist der Dichtung
als Geist der Musik zu eigen zu machen. Wenn man sich zu diesem, seit Hugo Wolf
nicht mehr zu umgehenden, Lehrsatz bekennen wurde und streng danach, oder gar
J::r:i.
( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ill
BESPRECHUNGEN (MUS1KAL1EN)
nicht handelte — welche Unmassen indifrerenter, totgeborener „Kunstlieder a blieben
uns erspart! Wetz* Harmonik sieht recht modern aus, wenigstens in ihrer formlosen
Beweglichkeit. Eine verhSngnisvolle Vorliebe hat der Komponist fur den Vorhalt. Op. 15
No. 3, „Fruhlingsnacht a bringt im vorletzten Takt ein wahres Schulbeispiel solcher Un-
getume (die linke Hand lost gleichzeitig auf, was die rechte w vorenthalt**) und ihrer Un-
erklarbarkeit aus dem Text. Alles in allem: nicht banale Ges5nge, aber solche, die die
Dichtung in einem fur solche Zwecke stets bereitstehenden musikalischen Neutral-Riihr-
brei rettungslos umbringen.
51. Woldemar Sacks: Zwei Lieder fur eine mittlere Stimme op. 21. Verlag: Ernst
Eulenburg, Leipzig.
Zwei recht gut klingende, gefSllige Lieder ohne jegliche Eigenart. „Nach dem
Abschied" nahert sich in seiner Einleitung in bedenklich liebevoller Weise den An-
spruchen des Salons. Hermann Teibler
52. Alexander Wi titer berger: 31 Lieder und Gesange mit Pianofortebegleitung.
op. 91. Neue, vom Komponisten verbesserte Ausgabe in 2 Banden. Bd. 1.
15 Lieder fur hohe Stimme. Bd. 2. 16 Lieder fur mittlere bezw. tiefere
Stimme. Verlag: J. Schuberth & Co., Leipzig.
Vor kurzer Zeit fiel mir eine kleine Broschiire in die Hande, die mit begeisterten
Worten auf Winterberger als auf einen hochverdienten deutschen Meister hinwies,
dessen bedeutendes SchafPen noch lange nicht die verdiente Wftrdigung gefunden habe.
Obgleich nun von dem wenigen, was ich bis dahin an Winterbergerschen Kompositionen
kennen gelernt, nichts geeignet gewesen war, mir eine allzugunstige Meinung zu wecken,
so muss ich doch gestehen, dass jene volltonenden Versprechungen mich mit einer ge-
wissen Erwartung an das Studium der vorliegenden beiden Liederbande herangehen
liessen. Das Ergebnis war eine furchtbar bittere Enttauschung. Nicht nur dass Winter-
berger weit hinter seiner Zeit zuruckgeblieben und von der Nach-Lisztischen Entwicklung
der musikalischen Lyrik so gut wie gar nichts profitiert hat diese Ruckstandigkeit
wurde nicht unter alien Umstanden einen Mangel bedeuten — , was schwerer ins Ge-
wicht failt: die Ausdrucksweise des Komponisten entbehrt in jeder Hinsicht so sehr der
Eigenart und der Selbstandigkeit, dass man ihm nur ausnahmsweise einmal auf Wegen
begegnet, die etwas abseits liegen von den allerabgetretensten Gemeinplatzen. Abgesehen
davon, dass ihm eigenschopferiscbes Vermogen durchaus abgeht, auch nicht einmal das
kunstlerische Wollen Winterbergers ist derart, dass es einem imponieren oder auch nur
sympathisch sein konnte. Mit dem selbstzufriedenen Wohlbehagen eines Abt oder Kiicken
walzt er sich in Trivialitaten der schlimmsten Sorte. Wenn ihm dabei noch ein Text
wie Morikes „Lass, o Welt" unter die Finger gerat, den ein Meister von der Grosse
Hugo Wolfs mit seinen unsterblichen Tonen geweiht, dann entstehen Gebilde, die man
dem „Kunstwart a empfehlen konnte, falls er einmal daran dachte, seine hubschen
Gegenuberstellungen von w Beispiel tt und „Gegenbeispiel tt auf das Gebiet der Tonkunst
zu ubertragen. Die Gerechtigkeit erfordert es nicht zu verschweigen, dass auch unter
der Spreu der 31 Winterbergerschen Lieder einige wenige Weizenkorner sich befinden.
Gegen Schluss des ersten Bandes stossen wir auf ein pa^ir Stucke, wie z. B. „Am Fenster",
w Zu spat 44 , „Wolkenflug tt , fl Am See* 4 und „Welke Rose 44 , die zwar auch nicht eben be-
deutend, aber doch anstandig und ernstgewollt sind. Auch w Stille Tranen 44 (II, S. 3)
konnte man hierher rechnen, wenn es nicht durch eine ubel banale Wendung (bei den
Worten: „der Himmel wunderblau* 4 ) verdorben ware. Im ubrigen durfte sich kaum ein
halbes Dutzend Gesange in den beiden Banden nachweisen lassen, die in einem ernsten
Konzertsaale der Gegenwart auch nur moglich wSren. Rudolf Louis
8*
J::r:i.
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
MUSIKALISCHES WOCHENBLATT (Leipzig) 1905, No. 4344. - Eine langerc
Arbeit von Hugo Riemann betitelt sich „Die Melodik der Minnesinger". Die
„Briefe Richard Wagners an Otto Wesendonk" bespricht Erich Kloss. Auf die
1901 in Paris gegrundete „Soci6te" des instruments anciens" weist Paul Merkel
hin und auf ihren Wahlspruch: *Jeder Zeit das Seine [!] nach Form und lnhalt."
NEUE ZEITSCHRIFT FUR MUSIK (Leipzig) 1905, No. 43 44. - Die Caligula
unterzeichnete Polemik „Vom Gelegenheitsprinzip* wendet sich, von Heinr. Leut-
holds Versen „Vermoge der Gegenseitigkeit wird jeder Lump unsterblich" aus-
gehend, gegen die Cliquenwirtschaft in Dingen der Musik. „Die Kunst darf nicht
unter die Macht des Ring- und Sippenwesens gebeugt werden!" Eine Reihe von
Artikeln gilt Max Reger („M. Reger als Orchesterkomponist" von Tb. Muller-
Reuter, W M. Reger als Kammermusikkomponist" von H. Leichtentritt, „M. Reger
als Klavierkomponist" von W. Niemann, W M. Reger als Liederkomponist" von
M. Hehemann.
LA REVUE MUSIC ALE (Paris) 1905, No. 19. - Das Heft entbalt hochinteressante
Artikel fiber die Musik exotischer Gegenden. So berichtet Casimir Blanc uber
„La musique au Maroc" — sie bat 14 Tonarten, alle Instrumente spielen im Unisono,
mit Ausnahme der Trommeln, die allein die Begleitung besorgen. E. Enion
beschreibt „Les instruments de musique au Guatemala 4 * — man kennt dort die
„Marimba a , eine Art Xylophon mit Resonanztrommeln, das von drei Spielern
bedient wird, ausserdem eine Trompete, „Chirimia a genannt und eine Flote namens
„Sarabanda", sowie die Guitarilla und Harpa und drei Trommelarten: Tamboron,
Zambonba und Tun. Uber die am Congo ublicben Instrumente Timbila (=Marimba;
und Anzang schreibt „La marimba et l'anzang") H. Trill e. Eine kleine w Note
sur la musique orientale" von Collangette bildet den Beschluss.
BLATTER FUR HAUS- UND KIRCHENMUSIK (Langensalza) 1906, No. 2. -
Die kritiscbe Studie w Ernst Boehe u von Rudolf Louis ruhmt namentlich an Boehe
als Programmusiker w die Fahigkeit, den dichterischen Gegenstand so zu schauen,
dass er sozusagen musikmoglich wird und das poetische Bild den Rahmen fur
eine wahrhaft musikalische Form abgibt.** W. Caspari beendigt seinen Beitrag
„Zur Naturgeschichte des Scherzo 44 . Von Bruckners Scherzi sagt er: „Im Haus-
halten mit der einfachen, einmal gegebenen Erfindung bis zur Knauserigkeit, im
unablassigen Verfolgen des ausgesprochenen Planes wird man das Charakteristische
dieser Stucke sehen mussen." H. Oehlerking bespricht in dem Artikel „Der
Schulgesangsunterricht" eine aktuelle Frage. Nach ihm sind namentlich die Obel-
stande im Gesangunterricht der meisten hoheren Schulen schlimm und geradezu
trostlos. Eine Erinnerung an Simon Dach und Heinrich Albert von August Wellmer
betitelt sich w Die Dicht- und Tonkunst und der Konigsberger Dichterkreis." Ein
kleiner Artikel von Lina Rein hard behandelt „Vortragsnuanccn und Betonungen
beim Gesang**.
SIGNALE FUR DIE MUSIKALISCHE WELT (Leipzig) 1905, No. 63-65. —
„Ein neues Klavier'* bespricht J. Zabludowski — es handelt sich um ein Piano
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REVUE DER REVUEEN
rait auswechselbaren verschieden grossen Klaviaturen. Eine kritische Betrachtung
„Neue Gesangsliteratur" liefert Agda af Wetterstedt, einen Aufsatz fiber „Das
Munchener Kaimorchester" Eugen Scbmitz.
MUNCHNER NEUESTE NACHRICHTEN 1905, No. 516. - Paul Marsop be-
grusst „Zur Eroffnung der musikalischen Volksbibliothek* das junge Unternehmen,
fiber dessen Zustandekommen und kunftige Aussichten er Aufscbluss gibt, auf
das herzlichste und schliesst mit den Worten: w Wieder einmal hat Mfinchen auf
einem bedeutsamen Gebiete, wo Kunst und gemeinnutziges Streben Hand in Hand
gehen, die Iniative ergriffen. Mocbte das hier gegebene Beispiel anderwarts recht
bald Nachahmung linden!"
TAGESFRAGEN (Kissingen) 1905, No. 10. — Der Artikel „Kritik der Kritik* deckt
hassliche Schaden der modernen Musikkritik auf, jener „Die Wagnerfestspiele in
Mfinchen" nimmt gegen die Mfinchener Spiele Stellung.
NEUE MUSIKAL1SCHE PRESSE (Leipzig) 1905, No. 21. - H. Schmidkunz
berichtet fiber „Josef Reiters ,Totentanz l in Dessau**.
COSMOPOLITAIN (Berlin) 1905, No. 1 u. 2. — Diese neue w Zeitschrift fur konzer-
tierende Kfinstler und Kunstfreunde** bringt in ihren zwei ersten Nummern als
Artikel von allgemeiner Bedeutung: „Zur Reform unseres Konzertwesens" von
Arthur Neisser und „Kritik, Kritiker und Kritisierte** von Max Puttmann.
Neisser tritt ffir ein Spezialisieren ein; er bedauert es, dass so viele Anfanger
ihre Konzerte auf wichtige Premierenabende verlegen; er verlangt Abkfirzung der
Programme sowie vollige Sonntagsruhe und wendet sich gegen die ^Zugaben" als
„eine Mischung von Artistentrick und Salonlowentum**. Puttmann gibt eine schone
Ubersicht fiber die Anfange der eigentlichen Musikkritik, behandelt die Schadlich-
° keit des Dilettantismus in der Kritik und bespricht die Erfordernisse fur einen guten
Kritiker. Sehr hfibsch ist eine Zusammenstellung von Fehlern gegen die aussere
Form. Den Schluss bildet eine Besprechung des VerhSltnisses zwischen Kritikern,
Kfinstlern und Publikum. — Eine vortreffliche Plauderei von Franz Dubitzky
betitelt sich „Kleine Sfinden der Konzertgeber* 4 .
NEUE FREIE PRESSE (Wien) 1905, No. 14822. — Der Aufsatz „Grillparzers Ge-
sprache** von Robert Hirschfeld befasst sich mit dem Verhaltnis Grillparzers
zur Musik und legt dar, dass Grillparzer sich von der Musik bloss sinnlich rfihren
liess, dass er fur Beethovcns Grosse, fur Mozarts Schopferkraft, ffir Webers Be-
deutung kein Verstandnis hatte und dass er, ein Opfer der Wiener Zensur, selbst
der grausamste Zensor der Musik gewesen ist.
SIGNALE FUR DIE MUSIKALISCHE WELT (Leipzig) 1905, No. 67 8. - Die
Nummer enthalt einen Jubilaumsartikel „Der hundertjahrige Fidelio" von Friedrich
Brandes.
NEUE MUS1KZEITUNG (Stuttgart- Wien) 1906, No. 4. — A. Kohuts Artikel
„Aus den Erinnerungen einer Sangerin** befasst sich mit Therese Devrient. Eine
beherzigenswerte Mahnung nennt sich „Uber den Dilettantismus im Chorgesange".
Zwei Aufsatze behandeln das „Fidelio tt -Jubilaum: „Beethovens Liebesleben und
Fidelio* von Fritz Volbach und „Die erste Auffuhrung des Fidelio" von Egon
v. Komorzynski.
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NEUE OPERN
Alfredo Donizetti: „Wanda a , Text von Flavius, hat bei dem Turiner Opera-
preisausschreiben den Preis erhalten.
Victor Hansmann: „Die Nazarener a , Oper in drei Akten, wurde vom Hof-
theater in Braunschweig zur Auffiihrung erworben.
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Dortmund: Die seit 1904 bestehende Vereinigung der Stadttheater Dortmund-
Essen wird mit Ablauf des Vertrages im Fruhjahr 1907 wieder gelost werden.
Der Beschluss ist ausgegangen von Essen, das sich bezuglich der kunstle-
rischen Qualitft der Opernauffuhrungen (das Personal wotant in Dortmund)
benachteiligt glaubt, doch sind tiefer liegende Personenfragen im letzten
Grunde mit ausschlaggebend gewesen. Gelling bleibt Direktor in Essen,
wahrend die Direktion fur Dortmund von Herbst 1907 ab Alois Hoffmann,
unserm jetzigen bewahrten Oberregisseur, ubertragen worden ist, der auch
schon jetzt, da Gelling seinen Wohnsitz in Essen hat, als Mitdirektor fur
hier fungiert.
Paris: Die KomischeOper bereitet als nSchste NovitSt die Oper „Aphrodite tt
von Camille E r 1 a n g e r vor, die lyrische Neugestaltung des beruhmten Hetiren-
Romanes aus dem Altertum von Pierre Louys durch Louis deGrammont.
Dann folgt die Oper „Clos tt von Charles Silver, Text von Michel Carre\
KONZERTE
Bielefeld: Das Stadtische Orchester brachte unter Traugott Ochs in der ersten
Halfte der Saison folgende neuen Werke: Romantische Ouverture von Lud-
wig Thuille, „Belsazar" von Paul Ertel, „Till Eulenspiegel" von Richard
Strauss, Tanz der Nymphen und Satyrn von Georg Schumann, Lustspiel-
Ouverture von Carl Kleemann, Serenade fur Blasinstrumente von Richard
Strauss, n Sakuntala a von Carl Goldmark, Capriccio Italien von Tschai-
kowsky; von Felix Weingartner (unter Leitung des Komponisten): Konig
Lear, Es-dur Symphonie, Serenade fur Streichinstrumente und folgende Or-
chesterlieder (Dr. Wu liner): Stille der Nacht, Liebe im Schnee, Letzter
Tanz, und als Urauffiihrungen: Voglein Schwermut, Der Born und Erdriese.
Ferner B-dur Symphonie op. 62 von Friedrich Gernsheim (unter Leitung
des Komponisten), Romantische Ouverture von Ernst Rudorff, Italienische
Serenade von Hugo Wolf.
Gftrlitz: Fur das im Juni stattfindende 16. Schlesische Musikfest sind als
Hauptwerke R. Strauss' „Sinfonia domestica", Beethovens achte Sym-
phonie, Bruckners „Te deurn", Schumanns „Faust-Szenen* und „Sehn-
sucht" von Georg Schumann auf das Programm gestellt worden.
TAGESCHRONIK
Der Hugo Wolf-Verein in Wien hat sich nach achtjahriger erfolgreicher
Tatigkeit freiwillig aufgelost. Sowobl in der aufopfernden Fursorge fur den unheil-
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UMSCHAU
bar kranken Komponisten, dessen Verpflegung im Zahlstock erster Klasse der
niederosterreichischen Landesirrenanstalt vom Verein bestritten worden ist, als in
vielseitiger und eifriger TStigkeit fur die kunstlerische Sache Hugo Wolfs bat
der Verein der von ihm ubernommenen Aufgabe in vollem Masse entsprochen.
Der gesamte druckreife kunstlerische Nachlass des Komponisten wurde veroffent-
licbt, darunter die symphonischen Dichtungen „Penthesilea a , „Italienische Sere-
nade", ferner das Chorwerk w Christnacht", ein Streichquartetr, secbs geistliche
Chore, 22 Lieder fur Gesang und Orchester usw. Auch auf literarischem Wege
hat der Verein drei BSndchen kritischer Wurdigungen von Hugo Wolfs Schaffen
herausgegeben und drei Briefbande veroffentlicht. Das Grabdenkmal von Edmund
Hellmer auf dem Ehrengrabe Hugo Wolfs auf dem Wiener Zentralfriedhof ist
ebenfalls eine Widmung des Vereines. Der Wiener akademische Richard-Wagner-
Verein, der sich schon vor der Grundung des Hugo Wolf-Vereins grosse Ver-
dienste urn den Tonsetzer erworben hatte, durfte das Erbe des Hugo Wolf-Vereins
antreten.
Unter dem Namen Gesellscbaft zur Forderung des Kunstinteresses
im Volke bat sich soeben in Berlin eine Vereinigung konstituiert, an deren Spitze
Heinrich Griinfeld, Bernhard Dessau, Alexander Heinemann stehen und zu
deren Mitgliedern viele hervorragende Kunstler, Schriftsteller und Schauspieler ge-
horen. Die neue Gesellschaft geht von der Tatsache aus, dass die Eintrittspreise
zu den Konzerten mit wirklich hervorragenden Kraften in Berlin so hoch sind, dass
der grosste Teil der Bevolkerung auf den Besuch eines guten Konzerts verzichten
muss. Um dem Ubelstand abzuhelfen, will sie im Laufe des Winters eine Reihe
von Gratis konzerten veranstalten. Der Besuch der Konzerte ist vollkommen
unentgeltlich.
Unter dem Titel Budapester Kammermusikverein bildete sich am
23. Dezember in der ungarischen Hauptstadt ein Verein, dessen Leitung folgende
ist: Prasident: Universitatsprofessor Dr. Michael Lenhoss6k; Vizeprasidenten: Dr.
Karl Heinrich und Karl Gobbi. Aus den gegenwartigen Mitgliedern des Vereins
wurden acht Streichquartette gebildet, die nach ministerieller Genehmigung der
Statuten fur die Vereinsmitglieder Konzerte veranstalten werden.
Der Verein zur Pflege hebraischer Musik in Berlin hat eine Kom-
mission eingesetzt, deren Aufgabe es sein soil, die in den judischen Familien bei
hSuslicben Andachtsgelegenheiten sowie bei Familienfestlichkeiten herkommlichen
Melodieen zu sammeln. Die Kommission wird sich demnachst mit einem Auf-
ruf an weitere Kreise wenden. Die Anregung erscheint sehr dankenswert, da
hierdurch eine Musikliteratur geschaffen werden kann, die sonst zweifellos fur die
Nachwelt verloren gehen wurde.
Der Oberregisseur der Nurnberger Oper, Georg Toller, wurde in gleicber
Eigenschaft vom Dresdener Hoftheater engagiert.
Zum Leiter der Wiener Singakademie ist als Nachfolger Karl Lafittes Prof.
Hermann GrMdener gewfihlt worden.
Die Leitung der Kurkapelle in Bad Nauheim ist vom 1. Mai 1906 ab an
Stelle des zurucktretenden Kapellmeisters Bruch in Nurnberg dem Kapellmeister
Hans Winderstein in Leipzig ubertragen worden. Er hat auch die Mitglieder
der Kapelle anzuwerben und zu besolden.
Als Dirigent des B13serbundes an Stelle seines kurzlich verstorbenen
Begrunders, Professors Kosleck, wurde der Posaunenvirtuos, Kgl. Kammermusiker
Ludwig PI ass in Berlin gewahlt.
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DIE MUSIK V. 8.
Sein 25jahriges Berufsjubilium feiertc Emil Kobler, Konzertmeister des
Pbilharmonischen Orchesters in Breslau.
Der Regisseur des Darmstidter Hoftheaters, Georg Heinrich Hacker, erbtelt
das Ritterkreuz des Verdienstordens Philipp des Grossmutigen.
Musikdirektor Gessner in Strassburg wurde der Professortitel verliehen.
Den Pianisten David Bromberger ernannte der Bremer Senat zum
Professor.
Der Direktor des Strassburger Konservatoriums Prof. Stockhausen erhielt
den preuss. Kronenorden 3. Klasse.
Musikdirektor Hugo Webrle in Freiburg i. B. wurde durcta das Ritterkreuz
2. Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom ZShringer Lowen ausgezeicbnet.
Die Musikalienhandlung und Konzertdirektion von Alexander Ros6, Wien I,
Karntnerring 11 ist in den Besitz des Konigl. Hof-Musikalienhandlers Arthur
Hainauer, Inhaber der Firma Julius Hainauer in Breslau, ubergegangen. Das
Gescbaft wird unter der bisherigen Firma fortgefuhrt.
TOTENSCHAU
Orchesterdirektor Ernst Spiess in Karlsruhe, der 1902 sein 50jahriges
Jubilaum am Hoftheater feierte und mit Beg'nn der Saison zurucktrat, f 75 Jahre
alt am 15. Dezember.
In Leipzig f hochbetagt der 1826 in Breslau geborene Verlagsbuchhandler
Constantin Sander, Inhaber des ruhmlichst bekannten Buch- und Musikalien-
verlags F. E. C. Leuckart. Sander, der als Geschafcsmann und als Mensch allent-
halben in bestem Ansehen stand, war seit 1856 Inhaber des Leuckartschen Ver-
lages, den er 1870 von Breslau nach Leipzig verlegte und durch Herausgabe der
Musikgeschichte von Ambros (mit Fortsetzung von Langhans) und zahlreicher
Klavier-, Gesangs-, Orgel- und Orchesterwerke von Jensen, Rob. Franz, Hiller,
Bruch, Hesse, Brosig, Rheinberger, N. von Wilm, Becker, Engelsberg, Koschat,
Thuille, Reger, Rich. Strauss („Ein Heldenleben") und anderen Komponisten mehr
zu grosser Bedeutung gebracht hat.
In Breslau f nach langen Leiden die Sangerin Anna Weber-Kuk ulla,
die 1861 1871 und 1875 dem Breslauer Stadttheater, zum Schluss der Darmstaiter
Hofbuhne angehorte.
Am 22. Dezember f in Weimar der Kammervirtuose Theodor Winkler,
einer der bedeutendsten Flotisten Deutschlands, im Alter von 72 Jahren. Der
Verblichene war ein intimer Freund von Franz Liszt und Peter Cornelius.
Am 27. Dezember -j- in Nied^r-Lossnitz bei Dresden der Klavierpadagoge
und Komponist Fritz Spindler im Alter von 88 Jahren. Von seinen Salon-
stucken ist besonders „Der Husarenritt" bekannt geworden. Er schrieb auch Sym-
phonieen und Kammermusikwerke.
D*r Violinvirtuose Henry Holmes -J- in Sin Francisco, wo er wahrend
der letzten 17 Jahre lebte. Holmes wurde 1839 in London geboren und erwarb
sich als Violinspieler in den europaischen Hauptst3dten einen grossen Ruf. Im
Jahre 1888 kam er nach den Vereinigten Staaten.
Ende Dezember f in Berlin Prof. Rudolf Otto, ein fru'ieres geschStztes
Mitglied des Lehrk5rpers der Konigl. Hochschule fur Musik, im Alter von
77 Jahren. Otto war ein ausgezeichneter OratoriensSnger.
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i:r:K-c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
OPER
AMSTERDAM: Die erste der drei Muster-Auffuhrungen Mozartscher Opern, die zum
Andenken an den 150jahrigen Geburtstag des Meisters veranstaltet werden n Don
Juan" ist unter der Direktion Anton Tierie's glanzend verlaufen. Zumal der zweite
Abend brachte reichen Genuss durch die Mitwirkung von Frau Thomas-Schwartz
(Hannover) als Donna Anna und Henri Albers (Brussel) als Don Juan. Eine ganz vor-
zugliche Leistung war der Leporello des Herrn Moest, in den Rahmen fugten sich stil-
voll ein Frau Engelen-Sew ing (Elvira), Frau Tyssen- Bremerkamp (Zerline), Jos.
Tyssen (Oktavio) und Thomas Danys (Masetto). Das Utrechter Orchester bewahrte
sich treffiicb, ebenso sein Dirigent Wouter H utschen ruy ter, der die Begleitung der
Rezitative auf sich genommen. Die ltalienische Oper unter Direktor de Hondt
bietet ausgezeichnete Solisten und vorziigliches Orchester, wahrend kleinere Partien und
Chor zu wunschen ubrig lassen. Der feurige Dirigent Coniglio weiss mit diesen
Faktoren uberraschendes zu leisten und ein ungemein reichbaltiges Repertoire hervor-
zuzaubern, vom braven „Trovatore* bis zu „Mefistofele" und „Zaza M ist alles einiger-
massen zugkraftige vertreten. An hervorragenden Kraften sind in erster Linie hervor-
zuheben die glanzenden Tenore Zerola und Isalberti, der Bariton Daclone und
Bass Lucenti ferner die Damen Coniglio und Monti-Baldini. — An der fran-
zosischen Oper machte wie stets Sigrid Arnoldson voile Hauser, am Rembrandt-
Theater, das unter Gabriels energischer Leitung eine neue Glanzperiode begonnen,
gastierte mit grossem Erfolge Botel. Hans Augustin
BERLIN: Konigl. Opernhaus: Tannhauser (Neueinstudierung). Mit schweren Be-
denken sah man dem Experiment dieses Abends entgegen: Frl. Farrar sollte die
Elisabeth singen. Man kannte sie als Mignon, als Manon, als Juliette und hatte sich
uberzeugt, dass ihre gut geschulte aber wenig tragfahige Stimme vortrefflich zu solchen
Niedlichkeiten passte. Und nun Elisabeth? Aber der Versuch gelang uberraschend. Im
Spiel war nichts versusslicht, und der Gesang war von durchaus grosser und edler
Linienfuhrung. Die Leistung dieses Abends war ein Beweis, dass Frl. Farrar es sich
nicht am Technischen genug sein lasst und dass ihre weitere Entwicklung ein Recht an
unsere Aufmerksamkeit hat. Die anderen Rollen zeigten eine bereits bekannte Be-
setzung. Sctaade, dass nicht (wie vorher angekundigt) Herr Kraus den Tannhauser hatte.
Herr Gruning, der fur ihn eintrat, ist zu wenig kraftvoll gerade fur diese Aufgabe.
Dasselbe gilt von dem wehleidigen Wolfram des Herrn Berger; Bertram ist ja nun weg,
aber in Herrn HofPmann hat das Opernhaus noch einen ganz vorzuglichen Reprasen-
tanten dieser Gestalt. Prachtvoll war wieder Herr Knupfer als Landgraf. — • Auch einige
szenische Bilder waren erneuert. Aber das ist ein Thema, uber das einmal im Zu-
sammenhang gesprochen werden soil. Willy Pastor
BRUNN: Humperdincks w Heirat wider Willen" erzielte bei mittelmassiger Auffuhrung
einen Achtungserfolg. Siegbert Ehrenstein
CHARLOTTENBURG: Theater des Westens. Als Herzog im „Rigolet'o a und Raoul
gastierte Florencio Constantino. Gerade die Zeit des holden Festes der Liebe
sollte eine zartfuhlende Direktion nicht dazu benutzen, der Menschheit einen italienischen
Dutzendtenor mit ein paar provozierenden hohen Tonen und ledernem Spiel aufzubauen,
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DIE MUSIK V. 8.
nocta dazu, wenn er indisponiert ist. In beiden Vorstellungen machte sich Mary Stdller
als vielversprechende Koloratursangerin bemerkbar. — Eine Operetten-NovitSt, „Die
Schutzenliesel* von Leo Stein und Karl Lindau, durfte sich infolge der vortreff-
licben Auffuhrung (Lina Doninger, Fritz Werner-Munchen, Heinrich Peer) Ungere
Zeit auf dem Spielplan erhalten. Die Musik von Edmund Eysler ist ein stark ver-
dunnter erniichternder Aufguss auf die prickelnd-verfuhrerischen Ingredienzien derMeister-
Trias der Wiener Operette. Willy Renz
DESSAU: Am 10. Dezember erlebte F. E. Wittgensteins Oper „Antonius und
Kleopatra" ihre hiesige Erstauffuhrung und erzielte einen starken Susserlichen
Erfolg. Der 25. Dezember bot eine Neueinstudierung von Meyerbeers „Afrikanerin a in
prSchtiger Ausstattung. Ernst Hamann
ELBERFELD: Ensemble- und Regiekunst zeichneten die folgenden Auffuhrungen:
„Die Meistersinger", „Die Walkure", „Faust und Margarete", „Hoflfmanns Er-
z§hlungen a , „Die Fledermaus" aus. In der Konzertauffuhrung von Byron's „Manfred*
mit der Schumannschen Musik feierte man Ernst von Possart als Meister der Sprache.
F. Schemensky
FRANKFURT a. M.: Ein kleines kunstlerisches Ereignis war ein Gastspiel „Carmen a
der Nurnberger Opernsangerin Lilly Herking, die schon jetzt bei einer Konkurrenz
der besten Carmendarstellerinnen in Frage kommen konnte. Hans Pfeilscbmidt
GENF: Giordano's Oper „Sib£ria* hat bei ihrer Erstauffuhrung einen vollen Erfolg
erzielt. Die Hauptdarsteller, sowie das vortreffliche Orchester leisteten Aus-
gezeichnetes. Prof. H. Kling
KOLN: Im Neuen Stadttheater erzielte bei ihrer Urauffuhrung die dreiaktige
Operette „Prinzess Wascherin* starken Erfolg, fur dessen zeitweise sturmiscbe
Ausserungen zu gutem Teile die grosse Popularitat des Textverfassers, des Begrunders
der Kolnischen Volksbuhne, Wilhelm Millowitsch, massgebend war. Das mit be-
achtenswertem Geschick und sprudelndem Humor geschriebene Buch stellt eine Variante
des Marchens vom V f erwunschenen Prinzen dar. Der Komponist Georg Keller, als
Geiger seit langen Jahren dem stadtischen Orchester angehorig, brachte bei ruhmlicher
Satztechnik, ohne gerade eine originelle IndividualitMt zu reprasentieren, in Einzel- und
Ensemblenummern viel melodisch Hubsches, dann auch sehr gefdllige Tanzweisen.
Paul Hiller
LEIPZIG: Am hiesigen Theater waltet der augenblicklich konzertfreiere Direktor Arthur
Nikisch als reichlich spendender Weihnachtsmann und zieht dabei zur Hilfe vielfach
die ausserhalb des Opernensembles stehende Elena Gerhardt hinzu. So brachte er
noch vor dem Fest in Erstauffuhrung Massenet's nicht uninteressanten, aber allzugemut-
Iosen „Wertber u mit Frl. Gerhardt und Herrn Schlitzer in den Hauptpartieen zu
sehr ansprechender Wiedergabe, so dirigterte er in der Woche vor dem Feste noch
„Tell'% „Enocb Arden" und eine Wiederholung von „Werther", und so will er als Christ-
bescherung den grossen Leipziger Kindern personlich ^Hansel und Gretel a , w Mignon a
(Frl. Gerhardt) und „Die Meistersinger von Nurnberg 1 * darbieten.
Arthur Smolian
LEMBERG: Nicht viel Erfreuliches ist uber unsere Oper zu melden. Das Repertoire
bleibt sich immer gleich. Immer wieder die schon so oft aufgefuhrten italienischen
und franzosischen Opern. Die Direktion scheint keine Ahnung davon zu haben, dass
heuer das Mozart-Jubilaum gefeiert wird. Die Direktion scheint ferner keine Ahnung
zu haben, dass es neuere Opern gibt. Herr Grombczewski regiert immer noch des-
potiscb, und jeden Tag hort man von einem neuen Skandal. Der talentvolle Dirigent
Rib era darf nicht mehr dirigieren, da er einmal sich unterstanden hat, anderer Meinung
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KR1TIK: OPER
zu sein, als der Herr „Direktor*. Ebenso wird eine ganze Reihe von Sfingern und
Sangerinnen zuruckgesetzt, und Rollen erhalten nur diejenigen, welche beim* Hcrrn
^Direktcfr" — fur schweres Geld — Gesangsunterricht nehmen! Alfred Plohn
MAILAND: Ende Dezember. Zum zweiten Male musste innerhalb kurzer Frist die
„Scala* eine Kapellmeisterkrisis durchmachen. Vor drei Jahren kebrte ibr
Toscanini, weitaus der vorzuglichste unter den italienischen Dirigenten der Gegenwart,
grollend den Rucken. Er war mit einem banausiscben Publikum in Konflikt geraten,
dem er kein Da capo bewilligen wollte. Jetzt hat sein Nachfolger, Campanini, ira Zorn
Hals uber Kopf Mailand verlassen, da ihm das Orchester aus einer Probe, die ihm zu
lang dauerte, einfach weglief. Man ist in der lombardischen Hauptstadt republikanisch
gesinnt, das heisst, man verachtet die Disziplin. Jetzt wire nun der richtige Zeitpunkt
gewesen, urn Toscanini zuruckzuberufen und ihm erweiterte Machtbefugnisse zu geben.
Aber er hatte sich fur die laufende Winter-Stagione schon dem Turiner „Teatro regio"
verpflichtet. So wurde denn das Zepter Leopoldo Mugnone, der gerade frei war, uber-
tragen. Er ist eine tucbtige Kraft, ohne den weiteren astbetischen Horizont Toscanini's,
aber verlassig, achtsam und recht energisch: unter den Minnern der zweiten Reihe
ungefahr der Beste. Bei uns machte er sich zuerst bekannt, als er wihrend der Wiener
Theater- und Musikausstellung vom Jahre 1893 Mascagni und Leoncavallo mit Geschick
und Gluck einfuhrte. Auch er steuerte dazumal einen veristischen Einakter bei: eine
Episode aus dem Dasein einer Bahnwartersfamilie. Man sah im Hintergrunde der Szene
Schienen und TelegraphendrShte; es ertonten furchterregende Alarmsignale, doch entgleiste
schliesslich niemand als der Tondichter. Seitdem hat Mugnone den Komponierteufel so
ziemlich von sich abgeschuttelt, was seinen Dirigentenleistungen sehr zu statten kam.
Er durfte der „Scala" gute Dienste erweisen, so lange bis auch er, als Mann von kunst-
lerischem Charakter, durch die dortigen ungesunden Verhiltnisse in einen Krach hinein-
getrieben werden wird. Paul Marsop
NEW YORK: Ein „Karussell a konnte man das Metropolitan-Opernhaus gegenw&rtig
nennen. Zwei bis dreimal in der Woche singt Caruso, entweder mit Marcella Sem-
bricb, Lillian Nordica oder Edith Walker, und jedesmal ist das Haus gestopft voll, die
Oper mag heissen wie sie will. LSngst toterklarte Werke, wie die „Somnambula tf ,
^L'Elisir d'Amore", „La Favorita", bluhen wieder auf wie MaiglSckchen. Nun, man kann
sich auch das gefallen lassen, wenn einer so schon singt wie Caruso. Allerdings schreit
er ofters fur die Galerie und bringt sogar Schnorkel an im „la donna d mobile", deren
er doch gewiss nicht bedarf, um EflFekt zu machen. Unter seiner Mitwirkung werden
Puccini's Opern immer populirer hier; mit der Nordica hat er sogar zuwege gebracht,
die schwachliche Oper „La Gioconda" popular zu machen. Direktor Conrieds Versuch,
Goldmarks M Konigin von Saba" wieder beliebt zu machen, ist dagegen, trotz geradezu
verschwenderischer Ausstattung, nicht so gegliickt wie man erwartet hatte. Aber ^Hansel
und Gretel" hat sehr gefallen; Prasident Roosevelt kommt sogar im Januar extra von
Washington, um die Oper zu horen. Humperdinck selbst hat bei den Vorbereitungen
mitgeholfen und ist sehr gefeiert worden. Jedenfalls ist er ein besserer Musiker als Ge-
schiftsmann, denn er dachte nicht einmal daran, Conried ein Exemplar seiner neuen
Oper mitzubringen! „Parsifal* soil in dieser Saison viermal zu gewohnlichen (nicht mehr
doppelten) Preisen gegeben werden. Den ersten Nibelungen-Zyklus haben wir in der
Weihnachtswoche mit Knote, Burgstaller und Dippel in den Tenorrollen.
Henry T. Finck
PARIS: Charles Widor, der Komponist des Balletes „La Korrigane" und verschiedener
mehr korrekter, als genialer Orgelstucke und Konzertwerke, hat endlich auch auf
der Buhne den wahren Weg gefunden und zwar vornehmlich durch das Mittel der Ein-
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fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DIE MUSIK V. 8.
fachheit und Aufrichtigkeit. Es ist itam mit den vier Akten seiner „Pecheurs de
Saint-Jean" in der Komischen Oper ein Experiment gelungen, das Bruneau mit
Zola's Hilfe und Vincent d'Indy umsonst angestellt baben. Sowohl der w Orkan" als der
„Fremdling u sollten ein grosses musikalisches Bild des Meeres und des Fiscberlebens
sein, aber durch allerlei symbolistische und mystische Zutaten kamen falscbe Zuge
hinein. Widor und sein sebr buhnengewandter Librettist Henri Cain baben auf ihrer
Meerfahrt diese Klippe zu vermeiden gewusst. Ihre Handlung ist vom handgreiflichsten,
wir durfen fast sagen, plattesten Realismus. Hier ist aucb kein Zug, der nicht jeden
Tag in jedem Stranddorfe vorkommen konnte, und nur die breite Schilderung der
baskischen Volkssitten gibt dem Ganzen einige Eigentumlichkeit. Die Handlung von
Cavalleria Rusticana darf z. B. als kompliziert und raffiniert gelten, wenn man sie mit
derjenigen von Cain und Widor vergleicbt. Sie haben denn aucb ibrem Werk nur die
Bezeichnung von ^Scenes de la vie maritime 44 gegeben, der insofern zu bescbeiden ist,
als sich diese Szenen denn doch zu einem Ganzen zusammenfugen. Das alte Thema von
der durchkreuzten Liebe dient aucb hier als roter Faden. Eine sehr reiche und doch
nicht aufdringliche Orchestergewandung ist der einzige Luxus, den Widor sich diesmal
gestattete. Er behandelt die Singstimmen gut und seine Gesangsdeklamation ist immer
korrekt und eindringlich. Ein besonderes Gluck war es ubrigens fur Widor, dass ein
neuer, ungewohnlich energischer Dirigent namens Ruhlmann in seinem Werke die
Sporen zu verdienen hatte. Auch der neuerdings verpflichtete Tenorist Salignac erwies
sich als ebenso tuchtiger Sanger wie Schauspieler, und Claire Frich6 gab diese
realistische Senta noch besser, als die mystische Senta Wagners. — Die Grosse Oper
gab ein neues Ballet in drei kurzen Akten „La Ronde des Saisons" von Henri Busser
nach einem Text von Lormon. Hier triumphierte die odeste, ledernste Konvention
nach jeder Ricbtung. Busser hat sich in seiner Musik, die einen besseren Gegenstand
verdient hatte, mit Recht an das Vorbild Delibes' gehalten und nur die Harmonieen etwas
raffinierter gestaltet. Der Komponist, der als Dirigent in der Komischen Oper gewirkt
hat, leitete das Orchester selbst und erzielte ein viel praziseres Zusammenspiel, als
Mangin, der am gleichen Abend den verballhornten, sehr kalt aufgenommenen Frei-
schutz zu dirigieren hatte. Ein Neuling hatte nach dem Beifall schliessen konnen, dass
Busser ein viel grosserer Meister sei als Weber. Felix Vogt
PRAG: Leo Blechs neueste dreiaktige Marchenoper „Asc henbrodel" hat bei ihrer
Urauffuhrung einen durchschlagenden Erfolg davongetragen. Richard Batka als
buhnen- und sprachgewandter Librettist hat den interessanten Versuch gewagt, entgegen
der Oberlieferung, dem Aschenbrodel-Charakter dramatisch beizukommen. Er fasst
Aschenbrodels schrankenlose Sehnsucht nach dem Konifesfeste als eine „Schuld u auf,
die erst durch freiwilligen Verzicht auf den Besitz des Prinzen gesiihnt und — wie im
Marchen — belohnt wird Neben den Marchengestalten stehen drei frei erfundene aber
mit dem Gang der Handlung aufs engste verknupfte Personen, der gemutliche Schuster
Kunze und seine beiden an Max und Moritz erinnernden Buben Heinz und Hans, deren
ubersprudelnde Laune zum Sentiment des Liebespaars ein uberaus wirksames Gegen-
gewicht bildet. Leo Blecb, den wir bisher fur den polyphonen Denker par excellence
halten mussten, ist in seinem neuesten opus bei weitem einfacher geworden. Seine
Begabung, bumoristische Situationen mit packender Drastik zu erfassen, feiert Triumphe.
Das Auftrittslied der ungezogenen Rangen, Meister Kunzes Trinklied, ein gesungenes
(fabelhaft schweres) Scherzo sind uppige Bluten kostlichen Humors. Die uber einem
beuchlerischen Walzer-Motiv kunstvoll aufgebaute Zankszene der Stiefschwestern birgt
eine Fulle grotesker Komik. Auch die Note des Pathos kennt Blech sehr gut. Aschen-
brodels unaufbaltsam sich steigernder Monolog, der vom Himmel das Wunder herab-
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KR1T1K: OPER
zwingen muss, das Liebesduo zwiscben ihr und dem Prinzen und noch vieles andere
ISsst sich zum Beweis anfuhren. Um die musikalisch einwandfreie Auffuhrung erwarben
sich grosse Verdienste Frl. Forstel (Aschenbrodel), die Damen Siemsund Carmasini
(Stiefschwestern), Reich und Nigrini (Heinz nnd Hans) sowie die Herren Hunold
(Kunze) und Krause (Prinz). Dr. E. Rycbnovsky
STRASSBURG: Als Novitit fur hier erschien Thuille's „Lobetanz a , eine der er-
freulichsten der neueren Buhnenschopfungen, nicbt uberladen, voll Rbytbraus und
Grazie. Die Entwicklung des dritten Aktes gehSrt zum Besten seit Wagner. — Die
„Fidelio a -Festvorstellung krankte etwas an der Insufficienz des Heldenpaares. — „Hoff-
manns Erzfchlungen* fanden — bis auf das Pbantastische — eine gute Wiedergabe. —
Recht acbtbar war die Auffubrung der „Meistersinger" unter Gorter. Dr. G. Altmann
WEIMAR: Aus Anlass der Hundertjahrfeier des „Fidelio a fand eine Festauffuhrung
start, die eine besondere Weihe durch die Mitwirkung von Lilli Lehmann als
Leonore erhielt. Krzyzanowski dirigierte das Werk mit grosser Begeisterung und
Sicherheit frei aus dem Gedacbtnis. Sonst unterschied sich die Auffuhrung wenig von
einem gewohnlichen Opernabend. — Auch eine Urauffuhrung hatten wir zu ver-
zeichnen: „Die Lieder des Euripides'* eine Mar aus Alt-Hellas von Wildenbruch
mit Musik von M. Vogrich. Die aus Vorspielen, Choren, T3nzen usw. bestehende,
die Handlung zum Teil sehr hemmende Musik, verr2t das Vertrautsein mit der musi-
kalischen Mache, wirkt jedoch nicht uberzeugend. — Die Weihnachtswoche brachte uns
den „Lohengrin tt unter Richards Leitung in gewohnter Weise und ausserdem den neu
einstudierten „Schauspieldirektor" von Mozart, zusammen mit der zum erstenmal
aufgefuhrten Balletpantomime „Coppelia" von Delibes, die fur unsere Verhaltnisse
unter der riihrigen Regie der Balletmeisterin Frl. Lindau recht gut herausgebracht wurde.
Auf den neu einstudierten „Tristan a musste man leider verzichten, da Frau Gmeiner
<Brang5ne) in letzter Stunde absagte. Carl Rorich
WIEN: Der Wiederaufnahme von „Cosi fan tutte" liess Direktor Mahler eine voll-
standige Neuszenierung von „Don Giovanni" folgen. Sie erwies sich als ein
zum grdssten Teil gelungener Versuch, den durch die dreizebn erforderlichen Verwand-
lungen meist empfindlich gesiorten Eindruck des Don Juan-Dramas durch eine rascbe
Szenenfolge zu heben. Das wurde im wesentlichen dadurch erreicht, dass die Vorder-
buhne ihre fur den ganzen Spielabend berechnete, standige Einrichtung erhielt, die auch
einer gewissen Anpassungsfahigkeit an die wechselnden Ortlichkeiten nicht entbehrte.
Die Hauptwirkungen waren in die von Professor Roller meist prBchtig erfundenen und
malerisch vollendet durchgefiihrten Prospekte verlegt. Mit Verwandlungen, deren Her-
stellung nur 20—30 Sekunden in Anspruch nahm, lasst sich uber den auseinanderfallen-
den Bau des Da Ponte'schen Dramma giocoso leichter hinwegkommen. Unter den Solisten
uberragten Frl. von Mildenburg (Donna Anna), Frau Gutheil-Schoder (Donna Elvira)
und Herr Weidemann (Don Giovanni) weitaus die ubrigen Mitwirkenden. Die Milden-
burg gianzte durch die Pracht ihrer Mittel und die Tiefe ihrer tragischen Akzente, Frau
Gutheil durch die feinste Charakterisierung und edelste Gesangskunst und Herr Weide-
mann, der den Don Juan zum ersten Male darstellte, bot jedenfalls die GewMhr fur eine
kunftige, ganz vollendete Leitung. Mahlers feinfuhlige und diskrete Art Mozart zu diri-
gieren bedarf keiner weiteren BestMtigung. Gustav Schoenaich
KONZERT
ANTWERPEN: Das erste Konzert der Gesellschaft Nouveaux Concerts stand
unter Leitung von Max Fiedler. Mit der Ausfuhrung der Brahmsschen c-moll
Symphonie, sowie Tschaikowsky's Vatiationen aus der dritten Orchestersuite zeigte er
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DIE MUSIK V. 8.
sich als Dirigent ersten Ranges. Eugene Ysaye spielte Beethovens Violin-Konzert und
kleinere Stucke mit gewaltigem Erfolg. — Frau Schnitzler (Antwerpen) veranstaltete
ein ^Festival Gounod". Hauptnummer war der erste Teil von w Mors et vita", ein breit-
gezogenes, sussliches Werk. — Das erste Konzert der „Deutschen Liedertafel"
brachte Frauenchdre von Ludwig Thuille, die viel Interesse erweckten, Manner- und
gemischte Chore, von denen die Adventlieder von Edgar Tinel besonders gefielen.
A. Honigsheim
BARMEN: Das 107. und 108. Stadthallen-Abonnementskonzert des Allgemeinen Konzert-
verein-Volkschors gestaltete sich unter Hopfes Leitung zu einem wohlgelungenen
Brahms-Abend. Unter Mitwirkung des Barmer Sangerchors und des Tenoristen Coates
gelangten die „Akademische Festouvertiire", funf Lieder, die „Vierte a und die Kantate
„Rinaldo" zu vollendeter Wiedergabe. — Einen nachhaltigen Eindruck machte das von
vornebmem Kunstempfinden getragene Fried. E. Kochsche Oratorium „Von den Tages-
zeiten", das seitens der Konzertgesellschaft unter Stroncks Direktion durch den Sing-
verein, die Solisten Sophie Hiller, Else Bengell, Paul Reimers, Arthur van Eweyk,
Ewald Flockenhaus (Orgel) und das stSdtische Orchester zu fein abgerundeter, kunst-
lerisch tadelloser Auffiihrung gebracht wurde. — Kiinstlerischen Genuss boten auch die
zweite und dritte Soiree von Ellen Saatweber-Schl ieper, in denen von der Konzert-
geberin, Henriette Schelle und Henri Mar tea u Proben deutscher Kammermusik zur
wirkungsvollen Darbietung gelangten. Heinrich Hanselmann
BERLIN: Unter Georg Sch um an ns Leitung hat die Singakademie Bachs Weihnachts-
oratoriurn aufgefuhrt. Wenn unser Chester Gesangverein dies Werk, wie das Pro-
gramm sagte, zum 23. mal singt, kann man sich wohl denken, dass es ihm wirklich in
Fleisch und Blut iibergegangen ist. Chor und Orchester (das philharmonische) waren
vortreffiich, ebenso die vier Solisten: Klara Erler. Frau Walter-Choinanus, Richard
Fischer und van Eweyk. — Der funfce Symphonie-Abend der Koniglichen Kapelle
war von Weingartner zu einem Beethoven-Abend gestaltet. Bernhard Stavenhagen
spielte das c-moll Konzert weder rhythmisch fest, noch mit der warmen Empfindung >
die doch gerade fur den langsamen Mittelsatz erforderlich ist. Die linke Hand kam nte
ordentlich mit der rechten mit in den Passagen, die Tongebung erschien mir recht trocken.
Besseres leistete er in der Chorphantasie. Treffiich sang der Opernchor seinen vokalen
Anteil. Die grosse Fuge in B-dur erwies zum drittenmal in diesen Konzerten ihre fruher
meist bezweifelteAusfuhrungsmoglichkeit; meisterhafc wurde das Werk von den Streichern
ausgefuhrt, wie von dem ganzen Orchester die achte Symphonie, die den Glanzpunkt
des Abends bildete. — In seinem vierten und letzten Liederabend erzShlte Ludwig
Wu liner Tiecks Marchen von der schonen Magelone und flocht die von Brahms daraus
in Musik gesetzten Lieder und Romanzen als Sanger ein. Conrad van Boos begleitete
wundervoll. Ruckhaltlose Anerkennung verdient die natiirliche, lebendige Art des Er-
zablers; es war ein interessanter Abend. E. E. Taubert
Das zweite der „Neuen a von Oskar Fried geleiteten Konzerte brachte ausser
einigen Mahlerschen Gesangen mit Orchester und dem bedeutenden, in uppiger Melodik
schwelgenden Zwiegesang (Ludwig Hess und Ottilie M etzger-Froitzheim) „VerkIarte
Nacht" (Dichtung von Dehmel) von Fried keine Neuheiten, sondern so bekannte Werke
wie Schuberts unvollendete Symphonie und Rich. Strauss' „Tod und Verklarung", wobei
Fried das philharmonische Orchester wieder so leitete, dass iiber sein Dirigiertalent
nunmehr kein Zweifel sein kann. Willy Burmester spielte ausserdem noch das von
ihm schon wiederholt hier vorgetragene E-dur Konzert von Bach. — Das Halir-Quartett
hat inzwischen seinen Vorsatz, samtliche Quartette Beethovens an funf Abenden vorzu-
tragen, treffiich ausgefuhrt, doch mit Ausschluss der grossen Fuge op. 133 und des F-dur
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KRITIK: KONZERT
Quartetts nach op. 14 No. 1 (vgl. Die Musik Bd. 17, S. 250PF). — Das Joachim-Quartett
bat den ersten Zyklus seiner Abende beendet, an denen es nur klassische Werke
(darunter die C-dur Quintette von Beethoven und Schubert) zur Auffuhrung brachte.
Frederic Lamond, A.Wittenberg und Franz Borisch gaben einen Brahms-Abend,
an dem unter Zuziehung des tuchtigen Bratschisten Fritz Ruckward und des Klarinet-
tisten O. Schubert die Klavierquartette in A-dur und g-moll, sowie das a-moll Trio
vortreffiich gespielt wurden. — Zwei den Kinderschuhen kaum entwachsene talentvolle
Damen: die Geigerin Katarina Bosch (Konzert von Beethoven) und die Pianistin Paula
Hegner (nicht Schwester von Otto Hegner) konzertierten mit dem philharmonischen
Orcbester, das von Hans Sitt (Leipzig) geleitet wurde, in einer Weise, dass man ihnen
unbedenklich eine grosse Zukunft voraussagen kann; die Altistin Else Bengell unter-
stutzte die beiden Debutantinnen. — Alexander Sebald befestigte seinen Ruf als Geiger
durch den Vortrag der Konzerte von Brahms und Wieniawski (fis-moll); das phil-
harmonische Orchester leitete an diesem Abend Georg Schumann, der bei dieser
Gelegenheit seine hochinteressanten, stellenweise aber sehr stark vom „Tristan" beein-
flussten Orchester-Variationen uber den Choral „Wer nur den lieben Gott lasst walten"
erfolgreich zum Vortrag brachte. — Erika Besserer trug Bachs Ciaconna klar, wohl-
uberlegt und sicher, Wieniawski's d-moll Konzert warmblutig und geschmackvoll vor;
auf dem Programm hatte sie ausserdem noch Bruchs drittes Konzert, das allmahlich in
Aufnahme kommt. In ihrem Konzert wirkte Ludwig Hess mit, der mit Begleitung des
philharmonischen Orchesters (Scharrer) Gesange von Hausegger (recht wertvoll: w O wa'r
es doch"), Behm und eigener Komposition wirkungsvoll vortrug. — Mit Klavierbegleitung
konzertierten die Geiger Michael Press (Moskau), der von Vera Mauri na begleitet
wurde und sich als treffiichen Vortragskunstler und Techniker hier gut einfuhrte, und
J. W. L. van Oordt, der mit grossem schonen Ton eine brillante Technik verband,
aber durch sein Programm kein rechtes Urteil uber seine rein musikalischen Fahigkeiten
ermoglichte. — Die beiden Geigerinnen Helene Ferchland und Helene Furst haben
sich zusammengetan, um Werke fur zwei Violinen mit Klavierbegleitung (Dr. Pot-
peschnigg) zum Vortrag zu bringen; mit Sindings Serenade op. 56 und mit Juons Sil-
houetten erzielten die beiden temperamentvollen und musikalischen Damen einen
unbestrittenen Erfolg. Sie spielten auch u. a. ein Duett von Mozart fur zwei Violinen
allein, offenbar ohne zu wissen, dass dieses kein Originalwerk, sondern ein Arrangement
einer Klaviersonate durch einen Unbekannten ist. — Bernhard Stavenhagen und Felix
Berber brachten zwischen der E-dur Sonate von Bach und der in Es-dur von Beethoven
op. 12. eine noch ungedruckte, aus zwei Satzen (einem breit ausgefuhrten Allegro und
einem Variationensatz) bestehende Sonate op. 30 von Anton Beer-Walbrunn zur Auf-
fuhrung, ohne jedoch nachhaltigeres Interesse fur diese Arbeit erwecken zu konnen.
Wilh el m Altmann
Viele Pianisten streben und suchen, kampfen und ringen, ohne im Ausdruck das
Richtige zu finden oder die Auslosung ihres Innern zu erreichen, dieweil sich zwischen
Wille und Ton ein Armmechanismus hindernd in den Weg stellt, der oft die redlichsten
Bemuhungen um Verwirklichung einer gewissen Einheit zwischen Geist und instru-
menteller Form zuschanden macht. So Anton Foerster. Er arbeitet und schafft an
sich, des ist kein Zweifel. Aber das Produkt bleibt Fleiss und Schweiss, und die Aus-
fubrung steht hinter der gewiss guten Absicht noch immer zuriick. Brahms' Konzert
d-moll! Wo blieb da die Maestosokraft! Wo die kostlichen Traume des Adagio? So
sehr sich Foerster tonal hier und da gebessert, so sehr merkt man doch noch die Mangel
eines unzureichenden Anschlagvermogens. Sein Hauptfehler ist, dass er den Ton zu
exakt bildet, zu bewusst nimmt. Daher die Trockenheit und Pedanterie, die Arbeit und
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DIE MUSIK V. 8.
brave Tucbtigkeit. Es feblt an Naivitat und Grazie, an der naturlichen Weichheit fiiessendcr
HSnde. Die „Unterarmtatzen a , jene alten Schlagakkorde aus der Luft und alle die prizi-
sierten Griffe, die nur eine trockene und hissliche Wirkung auslosen, sind instrumentell-
asthetisch heute nicbt mebr zu rechtfertigen. — Raimund von Zur-Muhlen ist bereits
eine geschichtliche Grosse. Er singt mit Ehren seit 20 Jabren und darf sicb des Rufes
erfreuen: der erste Gesangsvirtuose seiner Zeit zu sein. Ein tecbniscbes Genie, von
dem sie Alle ohne Ausnahme, von der Behandlung der Kopfstimme bis binab zu den
pracbtvollen Explosionen eines voll ausladenden, eisern disziplinierten Brustregisters
lernen konnten, weiss er durch die kunstvolle Gestaltung sowobl des Kleinen, Unschein-
baren, wie der schwierigsten Legato-Stellen unsere Bewunderung immer aufs neue an-
zufachen. Mag er nach der sinnlich-klanglicben Seite enttfiuschen, er bleibt doch ein
Meister seiner Kunst und ist den Besten in seinem Facbe zuzuzSblen. Da seien ibm
denn die kleinen M&tzchen, die niedlichen rubaii und Vortragskoketterien verzieben.
„Die bose Farbe" (aus der w Schonen Mullerin a ) ist eine Genieleistung, die rund urn uns
nicbt ibresgleichen finder. — Demgegeniiber bedeutet Hermann Gura die musikalische
Wohlanst2ndigkeit. Fur seinen Vortrag spricht die grosse Kultur des Vaters, aber tecb-
niscb will's nicht recht vorwarts. Der nasale Stopfton ist und bleibt ein Ubel, das sicb
mit dem besten Willen nicht vertuscben lasst. — Frieda Kwast-Hodapp und James
Kwast gaben einen „Mozart a (D-dur Sonate fur zwei Klaviere) voll Geist und feiner
Grazie. — Lucyna von Robowska scheint aus gutem Holz geschnitten. Temperament
und Klangsinn werden sie weiter fubren und ihre Musik und Technik hoffentlich reifer
und klarer gestalten. — Auch auf Alfred Schroeder soil man acht geben, da gesunde
musikalische Beanlagung sich zu einer trefflicben naturlichen Technik findet. — Maria
Seret s schone und weiche Mittel beruhren nach wie vor sympathisch. Technisch sitzt
die Hohe am besten. In der Tiefe kommt etwas Halsiges hinein. Der piano-Ansatz wie
die Kopfstimme noch zu unsicher und zu zag genommen. Neue Lieder von Eyken
bewiesen den festen Griff im Entwurf, einen sicheren Instinkt fur Symmetric der Linien
und ktinstlerische Dynamik, d. h. fur eine echte, feine Fliichenkunst.
Rudolf M. Breithaupt
Der Amerikaner Charles W. Clark durfte bald in den deutschen Konzerisalen
ein gern gesehener Cast sein. Sein sehr weicher Bariton ist technisch brillant geschult.
Virtuos behandelt er das mezza voce. Der Vortrag, obgleich empfindungsvoll, ist aber
doch wohl auf rein ausserlichen Effekt zugeschnitten. Die Aussprache ist hervorragend
gut. Amerikanische Kunstler sollten es sich zur Pflicht machen, Kompositionen ihrer
begabtesten Landsleute: Mac Dowell, Parker, Foote, Chadwick, Paine, Kelley, Whiting,
van der Stucken, Converse usw., im Auslande zu Gehdr zu bringen. Auch Weike der
dort lebenden Deutschen: L. V. Saar, J. Lorenz, W. Damrosch, V. Herbert, A. Weidig,
H. Spielter, O. Strube usw., wurden hier von Interesse sein. — Mit Vergnugen lauscbte
man dem wundervollen, sehr ausgiebigen Sopran von Anna Kuznitzky. Leider verliert
die treffliche Sangerin infolge zu intensiven Miterlebens mitunter die Kontrolle uber den
Tonansatz und die Tonhohe. — Die Altistin Inga Torshof singt nur Noten. Auffassung
und Ausdruck nicht vorhanden. Schade um die umfangreiche und voile Stimme. Der
mit ihr gemeinsam konzertierende Andre* Torchiana ist ein sehr solider, korrekter
Klavierspieler ohne poetische Ader. - Ein vorzugliches Zeugnis gebuhrt der Pianistin
Hedwig Kirscb. Mit sehr klarer und ausgeglichener Technik verbindet sie nuancen-
reichen, beseelten Anschlag. — Zu den auserwahlten Kunstlern, deren Vortrage Geist
atmen und gleichzeitig aus innerstem Gefuhl stammen, gehort die Pianistin Marie
Barinowa-Malmgren. Sie spielte vier Sonaten von Ph. Em. Bach, Beethoven, Chopin
und Liszt. — Henri Stennebruggen trug drei Klavierkonzerte mit Orchester vor. Sein
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KRITIK: KONZERT
Ton ist spitz, seiner Auffassung fehlt Breite. Im Konzert von Schumann war alles
niedlicb, nett, zierlicb, die Tempi uberjagt. Aucta das Philharmonische Orchester war
nicht glucklich im Begleiten. Im letzten Satze von Schumann ereigneten sich viele
Ungenauigkeiten! Arthur Laser
BRAUNSCHWEIG: Im ersten Abonnementskonzert der Hofkapelle gefiel Sauer als
Virtuos weit mehr als sein Klavierkonzert; die Hofkapelle spielte „Orpheus" von
Liszt, Wolfs „ltalienische Serenade" und die erste Symphonie von Brahms sehr beifalls-
wurdig. Von den Gasten der letzten Wochen erzielte Karl Scheidemantel einen vollen
Saal, Heinrich Lutter und Frau dagegen nur einen schwach besetzten. In dem dritten
popuiaren Konzert des Direktors Wegmann feierten Susanna Dessoir und Alice Ripper
aussergewohnliche Triumphe. Ernst Stier
BRESLALJ: „Der Traum des Gerontius" von Elgar hat auch hier gefallen. Man
bewunderte die ausserordentliche liarmonische Gewandtheit des Tonsetzers, sympathi-
sierte mit seiner feinen Instrumentationskunst und der Klangschonheit einzeiner Nummern,
musste aber schliesslich mit Bedauern feststellen, dass es dem Komponisten nicht
gelungen sei, die von dem gegensatzarmen seraphischen Sujet des Kardinals Newman
gegebene Monotonie zu bannen. Auch wollte uns hier durcbaus nicht die Erkenntnis
aufgehen, dass Elgar ein Eigener sei, ein Verkunder neuer musikalischer Ideale und ein
Vertreter spezifisch englischer Musik. Bach und Wagner erscheinen, leisc unterstutzt
von Mendelssohn, als die Paten des Werkes. Dr. Dohrn brachte es in glanzender Ver-
fassung heraus. Die Singakademie und das Orchester des Orchestervereins ieisteten
unter seiner Leitung Hervorragendes. Auch die Solisten: Luise Geller-Wolter und
Ludwig Hess blieben hinter ihren Aufgaben nicht zurtick; der fur den erkrankten Rudolf
Gmur in letzter Stunde eingetretene Baritonist Dorwald vom hiesigen Stadttheater war
musikalisch sicher, sarg aber zu ausserlich. — Im dritten Abonnementskonzert und im
zweiten Kammermusikabend horten wir Haydn, Mozarr, Beethoven, Brahms. Man sieht,
wir gehoren in musikalischen Dingen zur konservativen Partei. Kapellmeister Behr fuhrte
in einem Mittwochkonzert die Lyrische Suite ausop. 54 von Grieg erstmalig auf. In dem-
selben Konzert feierte Martha Schauer-Bergmann durch die Pracht ihrer dramatischen
Stimme und das Feuer ihres Vortrages wahre Triumphe. In dem Konzert zugunsten des
Richard Wagner-Stipendienfonds dirigierte Franz Beidler. Frau Fleischer-Edel sang
eine Mozartarie und die Schlusszene aus der M G6tterdammerung. a — Von Solistenkonzerten
seien erwfihnt die Liede;abende von Emmy Destinn, Amanda Rohl-Riegner, Hans
Hielscher und ein Konzert von Willy Burmester. Gelungene Chorkonzerte veran-
stalteten der Pliiddemannsche Frauenchor und der Spitzersche Mannergesangverein.
J. Schink
BRUNN: Die Musikvereinskonzerte (Frotzler) brachten u. a. Bruchstucke aus
Pfitzners B Rose vom Liebesgarten", Bruckners „Funfte a und Thuille's B Roman-
tische Ouverture*. Von Solisten erschienen Helene Staegemann, Laura Hilgermann,
Willy Burmester, Alfred Grunfeld, die Cellovirtuosin Suggia etc.
Siegbert Ehrenstein
BRUSSEL: Ysaye's Vorhaben, in seinen Symphonie-Konzerten vornehmlich belgische
Werke aufzufuhren, stosst doch auf Schwierigkeiten: das Publikum wird immer
sparlicher und — unzufriedener. Die vier angekundigten Kammermusik-Konzerte hat er
wegen Mangel an Teilnahme bereits abbestellt. Im zweiten Konzert gab es eine offene
Opposition gegen die Symphonie „Belgica a von A. Dupuis, und auch die „sebr moderne"
Rhapsodie moderne fand wenig Anklang. Busoni war es vorbehalten, die gednickte
Stimmung im Saale zu beleben, mit seinen wundervollen VortrSgen des funften Konzertes
von Saint-Saens und den Paganini-Variationen von Brahms nebst etlichen Zugaben. Das
V. 8. 9
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DIE MUSIK V. 8.
dritte Konzert Ysaye stand unter einem glucklicheren Stern: die „homeriscbe Symphonie"
von Mortelmans (Antwerpen) und das symphonische GemSlde Lalla Roukhe von
Jongen (Gent) wurde sehr warm aufgenommen und mit Recht. Beide verdienen in
weiteren Kreisen bekannt zu werden. Thibaud spielte entzuckend das dritte Konzert
von Saint-SaSns und dann unter ungeheurem Jubel zusammen mit Ysaye das Bachsche
Konzert. — Im zweiten Concert populaire (S. Dupuis) gab es auch nur NovitSten —
dataefder Name „Volkskonzert a ! Das mit Spannung erwartete neueste Werk „Das Meer a
von Debussy erregte nur lebhaftes Bedauern, dass ein so genial beanlagter Musiker
zu keinem anderen Resultat gelangen konnte ais einer musikalischen Farbenklexerei, wie
sie noch nicht dagewesen. „Paris bei Naeht* von Deli us interessiert durch reiches
Kolorit, ist aber zu lang. Eine Suite von Dupont, erging sich in konventionellen
Phrasen ohne Interesse. Die junge Geigerin Stefi Geyer spielte mit grossem Erfolg
das Konzert von Goldmark und Solostucke. Sie ist eine vielversprechende Kunstlerin. —
Unter den vielen Kunstlerkonzerten ist zu nenrien ein Rezital von Mark Hambourg,
der leider sein grosses Talent immer mehr der ausseren Virtuositat unterordnet. Wie-
viei hoher steht da Busoni, der an seinem Klavierabend mit Bach, Beethoven, Chopin
und Liszt auserlesene Genusse bot. Auch Clotilde Kleeberg zeigte sich in ihrem
Beethovenabend als die feinsinnige Kunstlerin, ais die man sie uberali kennt, und unser
einheimischer Pianist Bosquet (Rubinsteinpreis) erwies sich in seinem Rezital als ein
auf bedeutender Hone stehender Kunstler. Auch der vorzugliche Geiger Crickboom
gab ein eigenes Konzert, das glSnzend ausfiel. Felix Welcker
CHEMNITZ: Orchester(Stadtkapelle, Max Pohle): Symphonieen von Gade, Schumann,
Beethoven; Programmusik von Dvorak, Chabrier, Rimsky-Korssakow, Sgambati.
Chor (Musikverein, Franz Mayerhoff): Ahasvers Erwachen (Hegar), Gesang der Geister
uber den Wassern (Wilh. Berger), Osterszene (Draeseke). Solisten: Gesang, van Eweyk
(Lieder); Eva Uhlmann (Arie von Bellini und Lieder von Paul Gerhardt); Klavier:
Franziska Amann (Tschaikowsky, G-dur Konzert), Ninon Romaine (Liszt, Es-dur
Konzert). Violine: Irma Saenger-Sethe (Vieuxtemps, d-moll Konzert). — Kammer-
musik: Bertr. Roth, Rich. Gompertz, Joh. Smith (Cello-Sonate, Grieg; Violinsonate,
Brahms, Trio D-dur, Beethoven). — Alles wohlgelungen ; der Erfolg der Interpretation
proportional. Oskar Hoffmann
DARMSTADT: Von unseren beiden trefflichen Kammerm usik-Vereinigungen wurden
uns Paul Scheinpflugs „Worpswede", DvoHks Streichquartett op. 87 (Es-dur) und
Sindings Streichquartett op. 70 (a-mollj, von der Hofmusik v. Baussnerns „Champagner tt -
Ouverture, von dem Mozartverein Hegars „Kaiser Karl in der Johannisnacht" und
von dem Musikverein Wolf-Ferrari's „Vita nuova" als Novitaten vorgefiihrt. Der
Richard Wagne r-Verein, der sich unbeirn die Pflege und Einfiihrung weniger be-
kannter lebender Tondichter angelegen sein lasst, brachte an seinem 94. Vereinsabend
eine Reihe von Liedern des Casseler Musikdirektors Karl Hallwachs zu Gehor, in denen
sich solides Konnen wie eine gluckliche melodische Ader bekundeten. An dem 95. Vereins-
abend wurden erstmalig Dr. Otto Neitzels Klaviervortrage mit Erlauterungen ( w Die
Romantik") eingefuhrt, die auch hier grossen Anklang fanden. Solistisch traten in ver-
schiedenen Konzerten auf: Frl. Nessler von der hiesigen Hofoper, Paula Witzemann,
Jeannette Grumbacher de Jong, Frieda Hall wachs-Zern y, Agnes Leydhecker,
Frau Schlosser-J aid e (Alt), Elsa Laura von Wolzogen, Ludwig Hess, Hans Buff-
Giessen, Alfred Stephani, Hedwig Kirscb, Otto Voss, Adolf Miiller (Bariton),
Richard Sahla, Elsa Ruegger. — Hervorhebung verdient schliesslich noch das von
Arnold Mendelssohn geleitete Bachkonzert des Evangelischen Kirchengesangvereins
der Stadtgemeinde, das bei freiem Eintritt die drei Kantaten „Unser Mund sei voll
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KRITIK: KONZERT
Lachens", „Du wahrer Gott und Davids Sohn" und „Wachet auf! ruft uns die Stimme*
einem nach Hunderten zShlenden Publikum in pracbtig gelungener Weise vorfuhrte.
H. Sonne
DESSAU: Im zweiten Hofkapellkonzert spielte Eugen d'Albert in genialer Weise sein
E-dur Klavierkonzert. Die Solistin des dritten Konzertes war Rose Ettinger. Die
Hofkapelle bot als Novitdt unter Franz Mikoreys Leitung Anton Bruckners E-dur
Symphonie (No. VII) in vorzuglicher Ausfuhrung. Ernst Hamann
DORTMUND: Die Geigenkiinstlerin Elsie PI ay fair zeigte sich im zweiten Huttner-
schen Solistenkonzert in Technik und Ton ebenso bewundernswert, wie in der Reife
des musikalischen Ausdrucks von Brahms' Violinkonzert. Als feinsinnige Mozartspielerin
fuhrte sich Elly Ney ein, und das Orchester glanzte besonders in dem raffinierten
Orchesterscherze »Der Zauberlehrling" von Dukas. — Der Musikverein brachte unter
Jans sen eine wohlgelungene Auffuhrung von Bachs Weibnachtsoratorium, die solistisch
durch die Damen Kuchler und Geller-Wolter, sowie durch die Singer Hintzelmann
upd Gopel unterstutzt wurde. — Im zweiten Hornung-Konzert fesselte E. Ysaye alles
in den Zauberbann seines genialen Spieles. Eine wurdige Begleiterin war ihm Frau
Saatweber-Schlieper, die auch solistisch ais elegante Chopinspielerin entzuckte. —
Ein bedeutsames Orgelkonzert von Holtschneider wurde durcb den Vortrag der „Geist-
lichen Lieder* von Cornelius durch v. Milde bereichert. — Ein Konzert der w Soci6te*
des instruments anciens" fuhrte uns die Originalausfubrung der Musik fruberer
Jahrhunderte vor. Heinrich Bulle
DRESDEN: Im dritten Hoftheaterkonzert batte eine Serenade fur Streichorchester von
Josef Suk (Es-dur) einen freundlichen Erfolg, der besonders den uberaus friscben,
melodischen und fein gearbeiteten zwei ersten Sfitzen gait, wShrend die letzten etwas
abfielen. Im zweiten Philharmonischen Konzert lernten wir Putnam Griswold (Berlin)
als einen Singer von prachtvollen Mitteln und sympathischem Vortrage kennen, dem nur
noch ein wenig mehr innere Wirme zu wunschen wire. Er hatte einen starken Erfolg,
ebenso Emil Sauer, dessen glSnzendes Virtuosentum wieder um einige Nuancen polierter
und frisierter geworden zu sein schien. Das Lewinger-Quartett brachte als Neuheit
ein sehr schSnes, durch reiche Melodik und feine Klangwirkung bemerkenswertes Streich-
quartett A-dur von Iwan Taneiew mit grossem Erfolge zu Gehor. Von den zahlreichen
Solistenabenden seien nur die von Vera Maurina (Klavier) und Michael Press i^Geige)
and der Liederabend von Tilly Koenen, sowie ein Klavierabend von Percy Sherwood
als bemerkenswert und das ortlicbe Interesse ubersteigend hier verzeichnet.
F. A. Geissler
DUSSELDORF: Als ein besonderes Ereignis ist das erste der drei Abonnements-
konzerte von Anna Haasters-Zinkeisen zu bezeicbnen. Sie spielte mit dem
„Bdhmiscben Streichquartett". Dabei kam als Neuheit die interessante, frisch
erfundene Sonate op. 9 fur Klavier und Violine von O. Nedbal, von der genannten
Pianistin und dem Primgeiger C. Hoffmann vollendet gespielt, zu eindrucksvollster Wieder-
gabe. Auch Brahms' Klavierquintett in g-moll enthusiasmierte die Horer. — Das erste
Konzert des B Gesangverein a unter Dr. Limbert brachte Bruchs w Lied von der Glocke**
zu verdienstvoller Vorfuhrung. Hubert Flo hr (Piano) und Genossen spielten am ersten
ihrer modernen Kammermusikabende" ein beachtenswertes Streicbquartett des jungen
Russen Reinhold Gliere, eine interessante Sonate fur Violine (Kloeck) und Klavier (Flohr)
von C. Franck und die fein instrumentierte, mehr liebenswurdige als inhaltstiefe Kammer-
symphonie in B-dur op. 8 von Wolf-Ferrari (fur Klavier, Streichquintett, F16te, Oboe,
Klarinette, Fagott und Horn). — Der „M&nnerchor 1904" brachte neben klangschon vor-
getragenen Werken von J. Schwartz, Becker, Brahms u. a. von seinem Dirigenten Mathias
9*
( * j ^ \o 1 • Original from
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= DIE MUSIK V. 8.
Neumann bearbeitete altdeutsche Volkslieder. O. Neitzel (Piano) und A. Moers
(Gesang) beteiligten sich als Solisten. — Henri Marteau und Ellen Saatweber-
Schlieper boten Busoni's Violin-Klaviersonate in E-dur, die Kreutzersonate von Beet-
hoven und mebrere Soli. Endlich horte man in einem Symphoniekonzert eine sehr
gefallige Symphonie von Georg Kramm (Manuskript). A. Eccarius-Sieber
ELBERFELD: Im zweiten Kunstlerabend der Sauset-Konzerte „tanzte M Miss Allan
u. a. Mendelssohns Frublingslied und den Chopinschen Trauermarsch fesselnd,
enthusiasmierte der junge amerikanische Geiger Francis Macmillen, interessierte die
Pianistin Elsa Rompe. Unter Haym konzertierte der Lehrergesangverein in Choren
von Kjerulf, Neuhoff, Kremser, Schumann und Hegar mit Erfolg, den auch Julian
Gumpert mit seinen Violinvortragen errang. Die Indisposition der mitwirkeriden Rose
Ettinger fand durch reizenden Vortrag ihre vollige Deckung. Im zweiten Abonnements-
konzert unter Haym borten wir neben Haydns B-dur Symphonie und Mozarts Ave verum
Mozarts G-dur und Beethovens D-dur Violinkonzert (Ysaye). Unter des Komponisten
Leitung brachte die „Laetitia" eine neue Komposition von Karl Hirsch „Aus der alten
Reichsstadt" zur Auffuhrung, die, der Dichtung von Otto Hausmann entsprecbend,
volkstumlich gehalten, namentlich in den Mannerchoren viel Schones und Wirkungsvolles
enthSlt, bei aller Einfachheit doch gehalt- und effektvoll, aber nicht gesucht erscheint.
— Eine besonders in den Choren vorzugliche „Messias a -Auffuhrung brachte das dritte
Abonnementskonzert unter Hans Haym; wirkungsvoll einstudierte Gesange des Hirsch-
schen gemischten Chors, Klaviervortrage von Carl Friedberg und Vortrage seltener ge-
horter Lieder durch Desider Zddor waren die Gaben des dritten Kunstlerabends (Direktion
de Sauset). F. Schemensky
FRANKFURT a. M.: Auf dem Gebiete der Kammermusik wurden wir mit zwei be-
merkenswerten Weiken bekannt: erst mit Hugo Wolfs Streichquartetr, zu dessen
Erlauterung auf dem Programm der erste Geiger der ausfuhrenden Vereinigung, Hermann
Hock, zur Feder gegriflfen hatte. Die Herren Friedberg und Rebner gaben Max
Regers neuer Sonate fur Klavier und Violine op 84 eine ihrem anziehenden Inhalte
sehr entsprechende Darstellung. — Maximilian Fleisch, der seit nunmehr 25 Jahren den
Lehrergesangverein leitet, ward bei dessen erstem offentlichen Auftreten in diesem
Winter mit besonderen Ehrungen ausgezeichnet. — Ein Museumsabcnd,an dem d'Albert
mit hinreissender Macht Beethoven und Schubert spielte, erbrachte im ubrigen auch fur Max
Schillings, der verschiedene hier schon vernommene eigene Orchester-Kompositionen
personlich leitete, gebuhrenden Erfolg. Derselbe Kunstler hatte tags vorher in einem Konzert
des Kai m-Orchesters, in dem auch Smetana's symphonische Dichtung „Sarka u bei ihrem
ersten Erscheinen hier gute Aufnahme fand, seine Musik zum w eleusischen Fest a dirigiert,
wobei ihm wieder Ernst von Possart als Melodramsprecher zur Seite stand. Im dritten
Opernhauskonzert (Dr. Rottenberg) wurden von Mozart ausser der Es-dur-Symphonie
auch die drei deutschen Tiinze gespielr, die Kdchel unter No. &)5 verzeichnet. Die
Konzertouverture E. Elgar's „Im Suden" erwies sich als eine der achtbaren Neuheiten,
iiber die man rasch wieder zur Tagesordnung ubergeht. Ein Liederabend Ludwig Wull-
ners mit Gesiingen von Otto Vrieslander, Richard Wetz und Hermann Zilcher wird
wohl unter den zahllosen Konzerteindriicken dieser Tage mit am starksten in der Er-
innerung haften. In gewissem Sinne gilt das auch von den Vortragen des mit seiner
Kraft allzu verschwenderisch umgehenden Pianisten Mark Hambourg.
Hans Pfeilschm idt
GENF: Auf dem Programm des zweiten Abonnementskonzerts stand Beethovens B-dur
Symphonie, ferner als Novitiit die Ouverture uber drei griechische Themen von
Glazounow, sowie das reizende Menuett du Bourgeois Gentilhomme von Lully mit
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KRITIK: KONZERT
dem Violinsolo, mit dessen Vortrag der zweite Konzertmeister Aim6 Kling eine ausser-
gewohnliche Wirkung erzielte. Das dritte Abonnementskonzert wurde eingeleitet mit
Haydns Symphonie in B-dur. Der Violinist Pierre Sechiari brachte Mozarts Violin-
konzert (A-dur) zum gelungenen Vortrag. Als Novitaten sind zu verzeicbnen: „Kors-
holm", symphonische Dichtung von A. Jarnefelt, und „Lie besfriihling", Ouverture
von G. Schumann. Uber das vierte Konzert ist zu sagen, dass die Darbietungen des
italienischen Pianisten E. Consolo einen grossen Genuss gewahrten. Es kamen noch
folgende Novitaten von L. Sinigaglia unter grossem Beifall zum Vortrag: zwei Stucke
fur Streichorchester: „Hora mystica" (adagio), Scherzo, und ..Danse pi€montaise tt fur
Orchester. Unter den funf bis jetzt stattgefundenen Konzerten von Henri Marteau ist
das vierte besonders hervorzuheben; in diesem trat Richard Muhlfeld auf und entzuckte
mit der hochst gelungenen Wiedergabe der Sonate in F-dur op. 120 fur Piano und
Klarinette von Brahms, von Willy Rehberg begleitet. Den Beschluss bildete Mozarts
herrliches Klarinetten-Quintett. Prof. H. Kling
HAAG: Konzerte, veranstaltet von der Konzertdirektion „De Allgemeene Muziek-
handel" in Amsterdam. — Der Liederabend von Johannes Messchaert und Julius
RSntgen war wieder ein grosser Triumph fur beide Kiinstler. Der Reiz des Konzertes
wurde durch die Mitwirkung der Gattin Julius Rontgens erhoht. Das Ehepaar spielte
hier zum ersten Male Max Regers Variationen und Fuge iiber ein Thema von Beet-
hoven fur zwei Klaviere. Messchaert sang Schumanns „Dichterliebe a und altnieder-
landische Volkslieder, von Rontgen bearbeitet. — Henri Viotta hat an der Spitze des
Residenz-Orchesters in einem unter Mitwirkung von Julia Culp stattgefundenen
Konzert und in seiner ersten Sonntagsmatinee (Solist Karl Burrian; u. a. Beethoven
„Weihe des Hauses", Einleitung 3. Akt „Tannhauser", Vorspiele zu „Tristan" und den
„Meistersingern") seinen Ruhm als ausgezeichneter Wagner-Dirigent aufs neue bewahrt.
Otto Wernicke
HALLE: Noch immer ist das Winderstein-0 rcheste r aus Leipzig berufen, unsere
musikalischen Kosten zu bestreiten, zumal die Grundung eines stadtischen Orchesters
auf die bekannte lange Bank geschoben worden ist. Die drei ersten philharmonischen
Konzerte brachten an symphonischen Werken Beethovens „Eroica tt in sehr befriedigender,
Schuberts „Unvollendete" in guter und Berlioz' „Harold in Italien** (Bratsche: Bernhard
Unkenstein) in ruhmenswerter Form. Von Solisten traten hier T£l£maque Lambrino,
Willy Burmester und Felix Berber auf. Berthe Marx-Goldsch midt trug mit
vollendeter Technik aber schwerlich im Sinne des Komponisten Chopin's Preludes
und Etudes vor. Das Busstagskonzert der Neuen Singakademie brachte das neue
Oratorium „Von den Tageszeiten" Friedr. E. Kochs, leider in unzureichender Ausfuhrung.
Martin Frey
HAMBURG: Die Bekanntschaft mit der grossen Novitat dieses Konzertwinters: mit
Max Regers „Sin fonietta u namlich, vermitlelte uns Arthur Nikisch. Wenige
Tage nach der Berliner Auffuhrung fuhrte er bei uns Regers Werk zu einem zwar nicht
glanzenden, aber immerhin unbestrittenen Erfolg. Und gerade, dass die konservativen
Hanseaten sich die Sinfonietta so widerspruchslos gefallen liessen, war das Uberraschende,
nachdem in fruheren Jahren Strauss, Mahler und Boehe jedesmal auf Opposition ge-
stossen waren. Sollte man am Ende in Hamburg sehr richtig doch herausgefuhlt haben,
dass es sich bei Max Reger trotz alien modernen Gebahrens im Grunde doch um musi-
kalische Reaktion handelt? Um einen maskierten Ruckschritt von der Ausdrucksmusik
zur formalistischen Musik? Charakteristisch fur die „Sinfonietta a ist jedenfalls das eine
Moment, dass sie, unter Verzicht auf jedes Programm, dem musikalischen Absolutismus
huldigt und im Grunde ihren Stammbaum auf die Dynastie Brahms zuruckfuhrt. Be-
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DIE MUS1K V. 8.
wusst fortschrittliche Tendenzen verflcht sie keinesfalls. Das erklSrt es, dass Arthur
Nikisch, der selbst langsam und instinktiv von konservativen Tendenzen beherrscht wird,
sich besonders zu Max Reger und seiner Musik hingezogen fuhlt, obschon seinem Farben-
sinn ein so ungescbickt instrumentiertes Werk eigentlich wenig bietet. Mit den Schwierig-
keiten des immerhin interessanten Versuches fanden sich die Philharmoniker bewunderns-
wurdig ab. Im gleicben Konzert sang Weidemann aus Wien die neuen Mahlerschen
Gesilnge, von denen die prachtvoll-beredten „Kindertotenlieder a — freilich fur ein elegantes
Amusementpublikum eine Zumutung! — einen tiefen Eindruck hinterliessen. Max Fiedler
batte vor seiner Abreise nach Amerika die Freude eines ausverkauften Saales. Der
Magnet war Carl Scheidemantel, der, nach Guras Rucktritt von der Offentlichkeir,
wohl der beliebteste Konzertsaal-Gast in Hamburg ist. Ausserdem sang er Wagner! Da
tat's denn der Begeisterung gar keinen Abbruch, dass Wotans Abschied doch weiss Gott
nicht in den Konzertsaal gehort, dass ausserdem die Wotanpartie Herrn Scheidemantel
reichlich tief liegt und dass endlich das Orchester der Musikfreunde diese „Nummer"
keineswegs sehr schon und ausdrucksvoll begleitete. Es war Wagner und das deckt in
Hamburg alles. Spa*ter sang er Schumanns „Dicbterliebe* und zwar unter wesentlich
hoberem kunstlerischen Gelingen, trotzdem auch diese Wahl nicht ganz einwandfrei ist.
Denn der herrliche Zyklus gehort eigentlich wohl in einen intimeren Raum und einen
intimen Kreis. Max Fiedler unterstutzte mit seiner feinsinnigen und verstlndnisvollen
Kunst vom Flugel her den Sanger aufs beste. In Gemeinschaft mit der Singakademie
fuhrte die Philharmonie M Paradies und Peri" auf; Richard Barth leitete diese recht
schon gluckende Wiedergabe des nicht alternden Werkes. Unter den Solistenkonzerten
ragt als bemerkenswert der Liederabend von Elena Gerhardt hervor; bemerkenswert
deshalb, well die junge Kunstlerin so ziemlich die einzige ist, die vor einem gut be-
suchten Saale konzertieren konnte. Freilich war man nicht gegangen, um Elena Gerhardt
zu horen, sondern um Arthur Nikisch am Klavier zu sehen, aber das erfreuliche Resultat
bleibt dasselbe. Heinrich Chevalley
HANNOVER: Aus der Unmasse von Konzerten verschiedenster Art ragten haupt-
sachlich zwei bedeutende Veranstaltungen hervor: eine Auffuhrung der „Legende
von der heiligen Elisabeth" von Liszt und eine solche des Schumannschen „Manfred".
Das Lisztsche Oratorium fand seitens unserer „Musikakademie* (Dirigent: Frischen)
eine geradezu vollkommene Vorfuhrung; die Auffuhrung des w Manfred" hatte sich unsere
ruhrige ^Singakademie" (Dirigent: Brune) als Aufgabe gestellt und diese ebenfalls
trefflich gelost. Ludwig Wu liner rezitierte die Titelrolle. — Das vierte Abonnements-
konzert der Konigl. Kapelle (Dirigent: Kotzky) brachte als Novitit Tscbaikowsky's
weniger populare, aber darum nicht minder interessante Manfred-Symphonie; Solist des
Abends war Franz Naval. L. Wuthmann
HEIDELBERG: Das Programm zum zweiten Konzert des Bachvereins war als
Nachklang zur Schillerfeier gefasst. Liszt (Die Ideale und Lieder aus Wilhelm Tell),
Smetana (Wallensteins Lager), Schubert (Lieder) und Tscbaikowsky (Einleitung zur Jung-
frau von Orleans und Arie der Johanna) reichten sich darin zum reizvoll bunten Reigen
die HSnde. Das dritte Konzert war interessant ebenso durch das Debut der sympathischen
Londoner Violinistin E. Anthony (Mendelssohns Violinkonzert) wie durch die Premiere
von Sibelius' Suite „Pelleas und Melisande", eines lockeren Bandes knapp gehaltener
Stimmungsbilder, das in den mystischen Gehalt der Maeterlinckschen Dichtung noch den
Reiz einer nordisch starkfarbigen Polypbonie zu verflechten weiss. Von den andren
heimischen Vereinen raffte sich die „Harmonie* zur Auffuhrung von Rezniceks B-dur
Suite unter des Komponisten Leitung auf, der „Liederkranz a griff zu Mendelssohns
„6dipus auf Kolonos" und stellte ihm den Schillingsschen Prolog zum „K5nig Odipus"
( " , . AO | . Original from
fjij^oyViUuyi UNIVERSITY OF MICHIGAN
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KRITIK: KONZERT
voran. Die intimere Musik vertraten ein Quartettabend derBohmen (der zweite in der
Sceligschen Reitae), ein Konzert der Pariser Gesellschaft fur alte Instrumente,
ein Liederabend von E. Destinn und das eigenartige Auftreten Wullners als Rezitator
und Singer der Tieck-Brahmsschen Geschicbte der schonen Magelone, die er als Solist
des vierten Bachvereinkonzerts zur Geltung brachte. Drei weitere der hier schon an-
gezeigten Konzerte des stadtischen Orchesters erfreuten sich eines guten Besuches.
Hermann Voss
KOLN: Im vierten Gurzenich-Konzert liess Eugen d'Alberts nicht gerade sehr
originelle Vertonung von Herders scbwulstig-gesuchtem Gedicht „An den Genius
von Deutschland" die Horer kalt, wahrend man d'Alberts trefflicher pianistiscben Inter-
pretierung seines eigenen E-dur Konzerts wie des Beethovenschen G-dur Konzerts das
gewohnte Interesse entgegenbrachte. Scbuf Fritz Steinbach hier eine berrliche Wieder-
gabe von Tscbaikowsky's funfter Symphonie, so vermittelte er im funften Gurzenich-
Konzert Beethovens Eroica zu fesselnder Ausfuhrung. In Urauffuhrung horte man P.
Juons auf drei daniscben Volksliedefn aufgebaute symphonische Phantasie „W5chter-
weise". Das mit viel ausserlichen Effekten arbeitende Werk bietet wenig Originelles
und die geringe Gedankenausbeute interessiert nur auf kurzen Strecken. Als Gesangs-
solistin erzielte Mary Munchhoff vorwiegend gunstige Eindrucke. — Mit eigenen
Abenden taatten in letzterer Zeit Susanne Dessoir, die Pianistin Ellen Saatweber-
Schl ieper (Mitwirkende Bram El de ring und Adele Munz) und Fritz von Bose schone
Erfolge. — Das Gurzenich-Quartett fuhr in der Wiedergabe samtlicher Beethovenscher
Streicbquartette fort und verschafFte durch die ausgezeichnete Mitwirkung des Pianisten
Carl Friedberg dem f-moll Klavierquintett von Cesar Franck erhohte Beacbtung.
Paul Hiller
KOPENHAGEN: Von bedeutenderen Veranstaltungen seien bervorgehoben: Konzerte
von Willy Burmester, Lady Halle* und E. v. Dohn£nyi, des Bremer Lehrer-
gesangvereins mit Lambrino, von Frau AcktS und Ida Ekman, des Prager
Quartetts usw.; grossere Konzerte: Musikverein Hartmann-Feierlichkeit (Erinnerung
an seinen langst vergangenen Hundertjahrstag!), Diinischer Kon zertverein: eine
Symphonie von A. Schioler (schone, gewandte, etwas ausserliche Musik), Kapell-
konzert (Johan Svendsen) u. a. erste danische Auffuhrung von Richard Strauss*
„Till Eulenspiegel* 4 (das reizende Werk hat nicht ganz durchschlagen konnen), Cacilien-
verein: Konzert mit gemischtem Programm, Carl Niel sen-Konzert mit Wiederholung
u. a. der auch in Berlin (Busoni) gespielten Symphonie „Die vier Temperamente" und
mit einigen neuen lustigen Tanzstiicken in altem Stil aus der Oper „Mascarade a
(nach Holberg), deren Auffuhrung bevorsteht. William Behrend
LEIPZIG: Einigermassen sensationell wirkten ein Gewandhausgastspiel der vortreff-
lichen Pariser „Soci6te de Concerts des Instruments anciens", durch
die Tonwerke aus dem 17. und 18. Jahrhundert feinkunstlerisch und sehr an-
sprechend vorgefuhrt wurden — und zwei vom hiesigen Frauenbildungsverein mit
ca. 250 Kindern und jungen Madchen veranstaltete Vorfuhrungen der Tanz- und
Spiellieder und kallisthenischen Studien von E. Jaques-Dalcroze. Das siebente
Gewandbauskonzert brachte als NovitSt Edward Elgar's interessante Orchester-
variationen uber ein Originalthema - und das achte in erster aber wenig ruhmenswerter
Gewandhausauffuhrung „Les Beatitudes" von Cesar Franck, wahrend im vierten
Philharmoniekonzert die Manfredsymphonie von Tschaikowsky Staunen erregte und
ein klassizistisches Orchesterscherzo von Hanz Pfitzner beifillige Aufnahme fand. Der
dritte Abend der Boh men interessierte vornehmlich durch die Urauffuhrung eines
neuen C-dur Streichquintettes von Felix Weingartner, das bei durchweg sehr ge-
J::r:i.
( "r\r ^olf Original from
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DIE MUSIK V. 8.
schickter Klangzubereitung seinen Erfindungsschwerpunkt in einigen durch Rezitative
eingeleiteten Variationen hat. Vertrauenerweckend debutierte der von Kantor Ernst Muller
geleitete neue Andreaskircbenchor. — Die vielen Solisten, die sich hier vernehmen
liessen, seien nur kurz angefuhrt und charakterisiert. Als Singende erschienen neben
dem edlen Meisterbariton Carl Perron die tiichtigen Liedersa"ngennnen Anna Stephan
und Mimie Wittichen, die noch nicht fertigen Damen Marianne Geyer und Marie
Schunk, der noch ganz unfertige Tenor Hermann PI ticker, und drei Gesangsspezialitaten:
der hohe Tenorblender Werner Alberti, die etwas chansonettenhafte Antonia Dolores
und der liebenswurdige Lautenbarde Sven Scholander. Ernsiliche Hochschatzung errang
sich Arthur Egidi mit seinem kunstreich-schonen OrgeispieJ, und als sehr ttichtiger
Geiger erwies sich Adolf Rebner mit dem Vortrage des a*moli Konzertes von Dvorak.
Von den Klavierspielern imponierte Richard Burmeister durch seine feine Virtuositat,
Mark Hambourg durch einige sehr schone Chopin-lnterpretationen, die er furchtbar
wilden Bach- und Beethovenvortragen folgen liess, Georg Lie b ling durch zuverlassige
und gut musikalische Wiedergabe des b-moll Konzertes von Tschaikowsky, und Theodor
Lemba durch gute Anlagen zum Pianisten. Emil Eckert, Alfred Schmidt-Badekow
und Thekla Scholl kamen mit ihren Leistungen nicht wesentlich fiber den Haus-
bedarf hinaus. — Mischa Elman mit trefflicher Wiedergabe des Tschaikowsky-Konzertes
und mehrererSolostucke und derThomaner-Chor (unrer Gustav Schreck) mit prachtigen
a cappella-Chorvortragen erregten im neunten und zehnten G ewand hauskonzer t
zwischen Symphonieen von Mozart (Es-dur), Ph. Em. Bach (D-dur) und Beethoven (Es-dur)
und Suiten von Gluck (aus „Orpbeus tt ) und Bizet („Roma tt ) freudigste Bewunderung,
wahrend das als Beethoven- Abend angelegte funfte Philharmonische Konzert (Violin-
konzert, zwei Romanzen, Ouvertiire zu „Coriolan u und „Leonore a und Balletmusik
„Prometheus tt ) durch Eugene Ysaye's Mitwirkung zum Kunstfeste geweiht wurde. in
der dritten Gewandhaus-Kammermusik begegnete die Erstauffuhrung von Sindings
a-moll Quartett op. 70 freundlichem Interesse, und es folgten in schoner Wiedergabe das
b-moll Trio von Volkmann (mit Pembaur am Flugel) und Beethovens op. 127. Der
Bach-Verein brachte unter Karl Straube und mit solistischer Beteiligung von Emilie
Bu ff-Hedinger und Martha Stapelfeldt, des leider indisponierten Ludwig Hess und
des trefflichen Arthur van Eweyk die Kantaten „Herr! Deine Augen sehen nach dem
Glauben", „Wie schon leuchtet der Morgenstern" und w Der Himmel lacht, die Erde
jubiliert" zu chorisch bedeutender Wiedergabe und rief besonders lebhafte Freude mit
den auch in instrumentaler Hinsicht hochinteressanten zwei letzteren Werken hervor.
Im Liederabend eines vorlaufig noch nicht nennenswiirdigen Sangers debutierte mit
grossem Erfolge der junge Violoncellist Elias Kaganoff, und zwei sehr schonen Lieder-
abenden von Lula Mysz-Gmeiner und Ludwig Hess reihte sich ein Klavierabend des
hiesigen sehr tuchtigen Konservatoriumslehrers Josef Pembaur an, bei dem jedoch die
zum Vortrage gelangenden Balladen und Legenden von Brahms, Chopin und Liszt in-
folge einer allzu neurasthenisch-pathetischen Interpretation teilweise verkummerten.
Arthur Smolian
LEMBERG: Guilhermina Suggia, Frederic Lamond, Aino Acte, Alfred Grunfeld,
Paula Sza lit, Willy Burmester, Grarin Skarbeck und Komtesse Morsztyn
horten wir in ganz kurzer Zeit. Zu erwahnen v;iire noch das I. Jahreskonzert des
„M u si k ver ein s" (u. a. Leonore No. 3 und Boelmanns Symphonie F-dur op. 24) sowie der
crste Quartettabend dieses Vereins (Beetlioven-Quartett op. 59 No. 2 und Schumanns
Klavierquintett op. 44). Die Quartet:? ilnehmer waren die Herren Villy Kurz (Klavier),
M. Wolfsthal (I. Violine), Jack! (II. Violine , Sladek (Violoncello) und M. Thun
(Bratsche). Alfred Plohn
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KRITIK: KONZERT
MAGDEBURG: Die Konzertsaison bringt bei uns im Monat November Sturmfluten
an Musik und an gut ausgefubrter Musik. Der Lehrergesangverein (Dirigent:
Josef Krug-Waldsee) sang Hegar, Heuser, Donati sowie eine wirkungsvolle Hymne des
Dirigenten. Katta. Both-Leipzig, eine blutjunge Geigerin, im Leipziger musikalischen
Kunst-Treibhaus unter Sitt emporgewachsen, spielte Tschaikowsky mit gereifcem Konnen.
Der Tonkiinstlerverein stellte sich mit seinem Quartett meistens auf die Seite der
Klassiker. Der Reblingsche Kirchengesangverein unter Musikdirektor Kauff-
mann bolte sich am Totensonntag einen Erfolg mit einer stilvollen Auffubrung des
Requiems von Brahms; der Brandtsche Gesangverein (Leiter: Prof. Brandt) fuhrte
den „Elias" sehr gut auf. Im Dome (Oratorienverein und Domchor) hSrte man am Buss-
tag den w Tod Jesu" von Graun unter dem Domchordirigenten Kuhne. Dazu die vor-
nehmen Konzerte des Kaufmannischen Vereins: Ludwig Hess, Alexander Sebald,
SchumannsSymphonieinB-dur;dann dieFortsetzungderSymphoniekonzerteim Stadttheater,
ebenfalls unterKrug-Waldsee: Doris Walde und Jacques Thibaud, einversusster Petschni-
koff; dazu d-moll Symphonie von Schumann und Hungaria von Liszt. Ein intimes Konzert
der Loge „Harpokrates"; ein Kauffmann-Berber Sonatenabend, ein Chopin-Abend
der Marx - Goldschmidt. Schliesslich das Heer der Konzerte ausschliesslich lokaler
Bedeutung . . . Winderstein-Abende usw. . . . wir leben wirklich in einem ununterbroche-
nen Musikfest. Max Hasse
MAINZ: Die Liedertafel begann ihren Zyklus von Kammermusikabenden gleich mit
einer Novitat, Regers Trio in a-moll. Das schwierige Werk wurde von den Herren
Rebner (an Stelle Heermanns), Bassermann und H. Becker ganz vortreffiich inter-
pretiert, fand aber nur geringen Beifall. Das war eigentlich zu bewundern, denn das
Werk ist in seiner ganzen Art so klar und ubersichtlicb, dabei so reizvoll in Melodik,
Stimmung, dass zu seinem VerstSndnis keine grosse Vorbereitung gehort. Um so
grdsseren Eindruck machte Brahms' gigantisches g-moll Quartett, in dem Florence
Bassermann den Klavierpart in geradezu vollendeter Weise durchfuhrte. In dem
Symphoniekonzert vom 25, Oktober wirkte Artur Schnabel mit, und errang mit Tscbai-
kowsky's Klavierkonzert grossen Beifall, wShrend Therese Behr-Schnabel sich mit
Schumanns „Dichterliebe" von neuem in Aller Herzen sang. In dem folgenden Konzert
brachte Emil Steinbach eine grossziigige, stimmungsvoll gestaltete Auffiihrung von
Strauss* „Tod und Verklarung*. Von grosstem Interesse war eine Neuheit: L'Apprenti
sorcier (Der Zauberlebrling) von Ducas. Das Werk spruht nur so von geistvollen Ein-
fallen, und ist prickelnd wie Champagner. Zu dem Konzert am 23 November war die
„Societ£ des Instruments anciens" aus Paris zur Mitwirkung herangezogen.
Dass die zum Teil gewiss sehr niedlichen Stiickchen Interesse zu erregen vermdgen und
auch wert sind, gehort zu werden, bestreite ich nicht. In ein Konzert aber, in dem
vorher Beethovens achte Symphonie thronr, passen sie nicht, sie wirken nach solcher
Musik doch zu klein. — Von Solistenkonzerten nenne ich einen Chopin-Abend, in dem
Frau Ries von Trzaska sich als gute Pianistin zeigte. In demselben Konzert sang
Frau Materna, unsere vortreffliche Primadonna, Lieder von Chopin mit prachtiger Ton-
gebung und in ausgezeichneter Auffassung. Dr. Fritz Volbach
MANNHEIM: Aus der Hochflut der Konzertveranstaltungen ragen neben den Akademieen
die Auffuhrungen des Musikvereins und Lehrergesangvereins hervor. Ersterer
brachte unter Kahlers Leitung Judas Maccabaus" mit den Solisten Ruckbeil-Hiller,
Agnes Leydhecker, Fr. Carlen und G. Zalsman zu einer ruhmenswerten Vor-
fuhrung, der letztere (Dirigent: C. Weidt) zeigte seine intellektuelle und numerische
Uberlegenheit in der vortrefflichen Wiedergabe der „Frau Minne" von Fr. Mayerhoff.
K. Eschmann
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DIE MUSIK V. 8.
MOSKAU: Die rauhen Sturme der Revolution haben auch das Musikleben stark er-
schuttert. Sonst hatten wir eine Flut von Konzerten, jetzt sind es deren nur wenige.
Das Abonnementskonzert der kaiserlich russischen Musikgesellschaft, Godowsky's Klavier-
abende und noch mebreres andere mussten aufgegeben werden! — Das Moskau-Trio
(Schor, Krein, Ebrlich) ist alien vorangegangen, indem es den angegebenen Spielplan in
historischer Reibenfolge ausfuhrend von Bach, Rameau bis zu Schubert gelangt ist. —
Der Verein derLiebhaber der russischen Musik unternahm es, in den Schreckens-
tagen mit einer Orchesterauffubrung russischer Kompositionen unter Rachmaninoff
hervorzutreten, und widmete auch einen Liederabend Rimsky - Korssakow. — Die
Philharmoniker brachten unter Chessin nur russische Tondichtungen zu Gebor;
u. a. spielte L. Kreutzer temperamentvoll Rachmaninoff's zweites Klavierkonzert. —
Olenin d'Alheim veranstaltete einen Balladen-, sp3terhin auch einen Liederabend, an
dem sie ihr reiches Vortragstalent zur Geltung bringen konnte. Hugo Wolf war auch auf
dem Programm vertreten. — Eine neue Kunstlervereinigung, das Quartett der Herren
Konius, E. und A. Belloussoff, Averino, spielte bei ihrem ersten Auftreten Kom-
positionen von Taneijeff in ernster, gediegener Weise. E. von Tideboehl
NURNBERG: Von Durchgangserscheinungen nenne ich nur: Frau Preusse-Matzen-
auer mit Bernhard Stavenhagen, Felix Berber, Madenski (Kontrabass mit voll-
endeter Technik aber Vari6t6-Wirkung), Holy (Harfe), Thekla Scholl (Klavier), Sarasate,
Dr. Neitzel und Feinhals (Bass). Das Kaimorchester, an dessen Spitze endgultig Georg
SchnSevoigt steht, hat mit Liszts Faustsymphonie einen vollen Triumph errungen
(Ludwig Hess sang das Tenorsolo unvergesslich schon). Von hervorragenden Or-
chesterleistungen muss ich noch das Konzert unter Wilhelm Bruch nennen, in dem
neben Strauss' Zarathustra noch Hans Pfitzners Solhaug- Vorspiel und Volkmar
Andreaes symphonische Phantasie fur Orchester, Orgel, Tenorsolo und Chor gebracht
wurde. Pfitzners Musik ist abgeklSrter, bewusster; bei Andreae girt noch so star-
ker Most, dass man den rein musikalischen Kern in diesen ewig brodelnden,
ekstatischen Tonen noch nicht klar genug erkennen kann. Warum unsere jungen Kom-
ponisten alle mit frech-prometheischer Faust die ganze Sonne herabreissen wollen?
Eine interessante und auch befriedigende Bekanntschaft vermittelte uns der Verein
fur klass. Chorgesang mit Bossi's verlorenem Paradies. Der musikalische Wert
des Werkes darf nicht uberschatzt werden ; doch bei der Armut anderer mo-
derner Chorwerke wirkt es in seiner frischen, fliessenden und pathetischen Art sehr
erfreulich. Den interessantesten Abend hat uns jedoch wieder der Privatm usik verein
(Vorstand Rektor Volck) geboten, als er Reger einlud, einige seiner Werke selbst vor-
zufuhren; man konnte ausser einer Anzahl von Liedern, von Sanna van Rhyn mit
hochster Intelligenz und Hingebung gesungen, noch die fls-moll Violinsonate kennen
lernen (Violine Franz Schorg vom Brusseler Quartett) und die Beethovenvariationen fur
zwei Klaviere (am zweiten Klavier Hofpianist Mannschedel). Eine Komponisten-
personlichkeit wie Max Reger lasst sich nicht in ein Aphorisma von zwei Zeilen kon-
densieren, aber ich gehore, nach genauer Kenntnis aller seiner Werke, zu denen, die
inn fur einen Berufenen halten. Dr. Flatau
PARIS: In den grossen Sonntagskonzerten war der Zulauf wohl noch selten so stark,
wie diesen Winter. Colonne und Chevillard hatten daher den Mut, allerlei
Novitaten zu bringen, aber keine davon wollte recht einschlagen. Bei Chevillard fand
man, dass die lebhafte Orchester-Kermesse von Jaq ues-Dalcroze zu stark auf dessen
volkstumliche Lieder der Westschweiz zuriickgreife und dass das Orchestergedicht
^Quasimodo" von Fr. Casadesus eine planlose Anhaufung wagnerischer Effekte sei
Nur fur Paris neu war das phantasievolle cis-moll Klavierkonzert von Rimsky-
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KRITIK: KONZERT
Korssakow, das der Spanier Ricardo Vines zu grosser Wirkung brachte. Es ist
interessant zu sehen, welchen Unterschied in Paris das Publikum und die Kritik zwischen
der neuen und der Slteren, klassisch angehaucbten russischen Schule machen. Borodin,
Mussorgski, Balakirew und Rimsky-Korssakow werden angeschwSrmt, Tschaikowsky
dagegen verschmabt. Der Moskauer Dirigent Saffonow, der bei Chevillard gastierte,
batte daher Unrecht, dessen Romeo-Ouverture hervorzuziehen, und die secbste Symphonie
Glazounows in c-moll mitzubringen, die ebenfalls fur den Pariser Gescbmack lange
nicht slawisch genug ist. Colonne gewUhrte den Urhebern neuer Tonwerke ausser dem
Orchester auch hervorragende Solisten, aber sowohl der Schiller nachempfundene Toggen-
burger von Charles Lefebvre, als der auf Renan's Bibelubertragung fussende „Hiob"
von Rabaud, wurden als allzu zahm und bieder mit ziemlicher Kaite aufgenomraen.
Die Serie der neun Symphonieen Beethovens, die mit zweimaliger Auffuhrung der
Neunten endete, entscbSdigte das Publikum Colonne's reichlicb. — Ausser Beethoven
geniesst auch Bach einen wahren Kultus in Paris, wenn er auch nicht so ausgedehnt
ist. Die „Soci6t6 J. S. Bach" von Gustave Bret und Daniel Herrmann hat daher
ihren ersten Jahrgang vollenden und kurzlich einen zweiten antreten konnen. Mit kleinem
Chor und kleinem Orchester, aber mit genugender Vorbereitung gab die Gesellschaft an
einem einzigen Abend die Kirchenkantate „Herr, wie du willt a , die weltliche Kantate
w Herkules am Scheideweg", aus der Bach mehrere Stiicke in das Weihnachtsoratorium
hinubergenommen hat, und das ersie Brandenburger Konzert, dessen Menuett wieder-
holt werden musste. — Unter den Virtuosenkonzerten war wohl das uberraschendste
dasjenige der kaum siebzenjahrigen Flora Joutard, die abgesehen von der noch fehlen-
den Kraft des Anschlages die vorletzte Klaviersonate Beethovens tadellos spielte. —
Die von Barrau gegrundeten „Soir£es d'Art" begnugen sich nicht mit einer sehr
gediegenen, genau einstudierten Ausfuhrung samtlicher Streichquartette Beethovens,
sondern fugten ihm im vorletzten Konzert auch ein BlSserquartett bei, urn das sehr
interessante Quintett fur Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Klavier, op. 16, horen zu
lassen. — In den Konzerten der Philharmonie sind als Lieders5nger Nina Faliero
und namentlich Dr. Wullner zu erwShnen, der zum erstenmal in Paris auftrat und —
naturlich — faszinierte. Felix Vogt
PETERSBURG: Die aufregenden politischen Ereignisse der letzten Zeit scheinen auf
das musikalische Leben der Residenz vernichtend eingewirkt zu haben. Die Kaiserl.
russ. Musikgesellschaft eroffnete ihre Saison unter besonders ungiinstigen Ver-
baltnissen, da sie durch die bekannte Rimsky-Korssakow-Affare einen wirklich ernsten
musikalischen Konflikt heraufbeschworen hat. Der grosse Saal des Kaiserl. Konserva-
toriums sah in den ersten zwei Symphonickonzerten ganz trostlos aus, auch im ersten
Kammermusikabend war sogar der kleine Saal verodet. Das Programm des ersten
Symphoniekonzertes umfasste ausser der „Akademischen Festouverture" von Brahms,
Glazounow's „Fruhling a und Rubinsteins d-moll Konzert (von Frau Barinowa vorzflglich
vorgetragen), noch Bruckners unvollendete neunte Symphonie, die uns neu war. Im
zweiten Symphoniekonzert, in dem der Cellist A. von Glehn (Prof, am Moskauer
Konserv.) mit den ^Variations sur un theme roccoco" von Tschaikowsky debutierte, ge-
langten Rimsky-Korssakow's herrliche Symphonie w Antar a , Beethovens „Egmont-Ouver-
ture a und Schuberts „£rlkonig u (instr. von Kassanli) zur Auffuhrung. Die Konzerte
wurden von W. Woltschek aus Prag geleiter. — Ein ganz anderes Aussehen hatte der
Adelssaal am ErorTnungsabend der Siloti-Konzerte. Der Kunstler erfreut sich mit Recht
von Jahr zu Jahr immer mehr der Gunst hiesiger Kunstverehrer. Sein Einfluss auf
unser Musikleben, sowie das Streben nach eigener Kunstvollendung ist unverkennbar.
Das Programm umfasste Werke vom alten Handel (Concerto grosso in g) bis zum jungen
J::r:i.
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
136
DIE MUSIK V. 8.
Strauss („Guntram a -Vorspiel). Es fehlten auch nicht Werke der drei gegenwartig sehr
gefeierten „liberalen a Komponisten Rimsky-Korssakow, Glazounow und Ljadow. Tilly
Koenen, die im Konzert als Solistin auftreten sollte, konnte infolge des Ausstandes der
Eisenbahner Petersburg nicbt erreichen. Alexander Siloti spielte als Ersatznummer die
Wanderer-Phantasie von Scbubert-Liszt fur Klavier mit Orchesterbegleitung — Von aus-
wartigen Berubmtheiten hatte bis jetzt nur Leopold Godowsky den Mut, unser unruhiges
Russland, in dem der Befehl des Generalgouverneurs: „Patronen sind nicht zu sparen" gilt,
zu besuchen. Leider konnte der gefeierte Virtuose nur ein Konzert geben, das scbon
angekundigte zweite Konzert Iiess er absagen. urn so schnell als moglich fiber die Grenze
zu gelangen. Bernhard Wendel
POSEN: Die Posener Orch este rvereinigung bracbte in dem dritten Symphonie-
konzert Beethovens „Funfte" und die Brabmsschen Variationen iiber ein Thema
von Haydn unter Arthur Sass* Leitung. Ein weiteres Konzert unter v. Rezniceks
Leitung hatte zum Mittelpunkt Schuberts unvollendete h-moll Symphonie und die grosse
Leonorenouverture. — Pastor Greulich veranstaltete mit seinem Kreuzkirchenchor eine
gelungene Bachfeier, deren wicbtigstes Moment die Reformationskantate mit Frau Collin
und dem Bariton Fitzau als Solisten war. — Karl Straube gab ein historisches Orgel-
konzert mit Bachs g-moll Phantasie und Fuge als Hohepunkt. -— Ignaz Friedman
gefiel am besten mit Chopin und Liszt in einem Allerweltsprogramm. — Im „Verein
junger Kaufleute a sangen Jeannette Grumbacher dejong (Volkstumliches), Arthur van
Eweyk (Schubert, Brahms, Wolf), Johanna Kiss, eine begabte Altistin, wahrend das
Hollandische Trio mit Mozartschen Trios entzuckte. A. Huch
PRAG: Das zweite Philharmonische Konzert unter Leo Blech brachte ausser Schumanns
C-dur Symphonie noch Fragmente aus Pfitzners „Rose vom Liebesgarten* und sein
Scherzo, die nur massigen Eindruck machten. Die Solistin Irene Abendroth (Dresden)
fiel ganzlich ab. „Es war einmal." Unvergessliche Genusse bereitete uns Blech in dem
von ihm geleiteten Mozartabend des Durerbundes, der u. a. die Symphonie concertante
fur Geige und Bratsche und das Konzert fur Flote und Harfe brachte. Das Konser-
vatorium wirft sicb, seitdem der verdiente Direktor Knittl wieder den Taktstock fuhrt,
auf die historische Musik und brachte an zwei Abenden Proben aus den Orchestertrios
und Symphonieen der Mannheimer Schule. Uber die tschechische Philharmonie das
n&chstemal im Zusammenhange. Von den Pianisten, die uns besuchten, ist namentlich
Ansorge und Lambrino (welch letzterer im ersten Konzert eines jungen, einheimischen
Geigers Hrn. Jarosch auftrat) zu nennen; von Sangerinnen Helene Staegemann, deren
Vortragskunst im Durerbund mit Liedern von Pfitzner und Streicher Triumphe feiene.
Dr. Richard Batka
ROM: Ende Dezember. Einen Programmzettel fur ein symphonisches Konzert mit
den welthistorischen Buchstaben S. P. Q. R. — Senatus populusque romanus —
am Kopfende, den hatte auch der vortreffliche Ben Akiba mit dem Hut in der Hand als
etwus noch nicht Dagewesenes begriisst! Seit einigen Wochen ist die alte „banda muni-
cipale u der ewigen Stadt, die nur aus Holz- und Blechbliisern bestand, in ein grosses
stadtisches Gesamtorchester mit einer geniigenden Anzahl von Streicherpulten urn-
gewandelt worden. Wahrend der Zeit von Weihnachten bis gegen das Fruhjahr hin
wird es dem Unternehmer, der jeweilig die Opernstagione im „Costanzi tt dem grossten
Theater Roms) leitef, zur Verfugung gestellt. Im ubrigen veranstaltet es abwechselnd in
jenem Hnuse, im „Teatro Argentina 4 * und im „PoJiteama Adriano u an Sonn- und Feier-
tagen Konzerte, die man als sympbonische bezeichnen darf, sofern man die aus Ruck-
sicht auf den italienischen Nationalstolz eingeschobenen Ouverturen eines Verdi und
Donizetti gutwillig mit unter diesen Begriff bringt. Das Unternehmen ist als solches
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137
KRITIK: KONZERT
sehr dankenswert, zumal die Preise durchaus populate genannt werden konnen. Angeregt
und verwirklicht wurde die Idee von dem feinsinnigen, unermudlich tatigen Grafen
von San Martino, der sich auch anderweitig um das Aufbluhen modernen kunstleriscben
Lebens im alten Rom hochverdient gemacbt hat — er ist eben daran, seinen Mitburgern,
die, wie die Florentiner, Neapolitaner, Mail£nder bisber nur Wandertruppen kannten, die
erste standig im Betrieb erbaltene Schauspielbuhne zu geben. Das neue Orchester ver-
eint recht tuchtige Elemente in sich; zumal die Holzblaser und das Quartett durften
sich uberall Anerkennung erringen. Es ware unrecht, zu verlangen, dass das Ensemble
jetzt schon so Vortreffliches leiste, wie die von dem unvergleichlichen Toscanini ge-
schulten grossen Orcbesterkorper von Mailand, Turin und Bologna. Aber wenn der rechte
Erzieher kSme, vermochte er es auf eine hohe Stufe zu erheben. Maestro Vessel la,
der gegenwartigc Leiter, ist ein sehr unterrichteter, intelligenter, ausserst fleissiger
Musiker, aber leider kein Dirigent. Er hat sich als ehemaliger Fuhrer der „banda" einen
angesehenen Namen gemacht; er hat in friiheren Jahren fur die neuere deutsche, ins-
besondere die wagnerische Musik in Rom beinahe soviet getan, wie seinerzeit der alte
Pasdeloup in Paris, und den Italianissimi, die ihn als „schlechten Patrioten" nieder-
pfeifen wollten, mannbaft standgehalten. Das zeugt fur Charakter. Man ware, zumal
in der deutschen Kolonie Roms, sehr erfreut daruber, wenn dieser Mut von offizieller
deutscher Stelle aus durch eine entsprechende Auszeichnung beiohnt werden wurde.
Schade nur, dass man nicht ungestraft zwei Dezennien lang unter freiem Himmel lediglich
mit Blech und Holz arbeitet. Mit Geigen und Celli weiss Vessella nicht viel anzufangen.
Als Rbytbmiker und Dynamiker kein Kapellmeister von besonders hohen Graden ist er
vollends ein durfiiger Kolorist. Das meisre ist grau in grau getont; viertelstundenlang
geht es in einem indifferenten Mezzoforte vorwarts. Wie schade! Studiert wird mit
loblicbem Eifer; wahrend des Verlaufes dreier ziemlicb umfangreicher Konzerte fiel mir
kaum eine geringe Unsauberkeit auf. Anerkennung ist Vessella auch dafur zu zollen,
dass er die guten aiteren Italiener vom Bibliotheksstaube befreit. Eine aus Salierfs
„Danaiden" gezogene Suite liess auch die in der Historie nicht Beschlagenen erkennen,
dass der Rivale unseres Wolfgang Amadeus ktineswegs nur der „wiilsche Tuckebold"
sentimentaler Mozart-Romane, sondern gleicherweise ein melodienreicher und im Tech-
nischen sehr gewandterTonsetzer war. Manches in diesen Siucken klingt hochst mozartisch.
Auch ein allerlitbstes, sehr grazioses w Pastorale u von Boccherini, der bei uns fast aus-
schliesslich durch seine allbekannte Menuet zu Ansehen gelangte, sei deutschen Dirigenten
bestens empfohlen, Paul Marsop
SCHWERIN: Im Hoftheater bescherte das erste Oichesterkonzert Beethovens siebente
Symphonic, deren Vortrag man ein wenig mehr differenziert wunschen konnte; das
folgende Konzert enthielt Schuberts C-dur Symphonie, die Hofkapellmeister Prill mit
grossem Wohlklang und PrSzision herausbrachte. In das Gebiet der neueren Musik
fuhne die interessante dritte Suite von Tschaikow^sky und sein b-moll Klavierkonzert,
das Teresa Carreiio hinreissend und mit krafivollstem Ausdruck spielte. Kammer-
musiker Prill- Berlin fand fur sein ausgezeichnetes Flotenspiel grosse Anerkennung.
Mit eigenen Konzerten zog eine Reihe von Kunstlern durch die KonzertsSle. Besondere
Aufmerksamkeit verdiente Alfred Meyer-Schwtrin mit zwei Violinsonaten von Brahms
und Richard Strauss, die er — mit Artur Schnabel am Klavier — in lichter Darbietung
und mit virtuoser Technik entwickelte. Tilly Koenen (Hofpianistin Monich am Klavier)
erfreut sich hierorts als Liedersangerin grosser Beliebtheit. Prof. Th. Saul-Amerika
errang als bedeutender Orgelvirtuose in seinem Kirchenkonzert einen vollen Erfolg. Das
Petersburger Streichquartett erzielte mit Werken von Borodin, Beethoven und
Tschaikowsky hervorragend schone Wirkungen. Fr. Sothmann
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DIE MUSIK V. 8.
SONDERSHAUSEN: Die Orchesterneuheiten waren nicht gerade von der tiefen,
wuchtigen Art, sondern bevorzugten das graziose Genre. So gab E. Robert-
Hansen mit seiner Ouverture „K6nig Lustig* ein prickelndes Scherzo in Tarantellen-
rhythmus, Edgar Istel in seiner w SingspieI-Ouverture a eine bluhende Inkarnation der
SingspieMdee, gewoben aus Tanz und Lied. Auch die symphonische Dichtung von
Paul Geisler „Till Eulenspiegel" ist eine musikalische Humoreske, deren buntem
Narrengewande dunkle pessimistische Risse und tiefe philosophische Falten ein groteskes
Aussehen verleihen. Hugo Ruckbeil lasst sich im ersten Teil seiner nocta zu vollenden-
den symphonischen Dichtung „Thuringen w bei der Verarbeitung einer Volksweise nicht
zu sehr vom Gefuhlsschwang fortreissen, sondern dampft ihn mit herber Kontrapunktik.
Jean Sibelius gibt in seinen glanzend und eigenartig instrumentierten Legenden „Der
Schwan von Tuonela" und „Lemminkainen zieht heimwarts" in beruckender Tonmalerei
uns fremdartig anmutende Bilder. Massenet steigert in der Suite „Esclarmonde tt die
Pracht der Orchestereffekte zwar aufs hochste, wirkt aber nur theatralisch. — Unter den
Kam merm usi kwerken waren ein Klaviertrio von G. Goldmark und das Klavierquintett
in Des-dur op. 6 von E. Wolf-Ferrari als vornehme Neuheiten hervorzuheben. In der
Ausfuhrung der Orchestersachen bewahrte sich unsere tiichtige Hofkapelle unter
Schroeders Leitung; bei der Kammermusik das unter Corbachs Fuhrung stehende
Streichquartett und die Pianisten C. Fischer und A. Grabofsky. Von auswartigen
Instrumentalsolisten sind zu nennen: der als Komponist obengenannte Cellist E. Robert-
Hansen, die Pianistin C. Mikorey; ausser dem hiesigen Konzertsanger E. Liepe
horten wir Martin Oberdorffer und Paula v. Lichtenfels sowie das a cappella
Quartett der Damen A. und S. Homann, Bergner, Lucke (Leipzig). Das Rotbig-
Quartett wurde zum erstenmal hier gehort. M. Boltz
STRASSBURG: Von den Gaben, die der konzertreiche November spendete, seien
hervorgehoben Mahler's Symphonie No. Ill, dieses merkwurdige Gemisch von er-
haben sein wollendem mit banalem, Zarathustra-Weisheit mit „Bimbam tt aus des Knaben
Wunderhorn, Wiener Landler- und Parsifal-Stimmung. Mir erscheint Mabler immer mehr
als ein Homunculus, der aus Allerweltsessenzen zusammengebraut ist. Von echt musi-
kalischer Form zeigt sich Georg Schumanns f-moll Symphonie, die nur von ihrem
Orchesterpanzer erdruckt wird. Wer wird so alle vier SStze „durchblechen a ? Im Finale
ist auch die Erfindung erschopft. Das Ehepaar Friedrich-Plaichinger gab einen
Lieder- und Duettenabend, in dem namentlich die feine Sangeskunst des Gatten Anklang
fand. Erfolgreich verlief der Liederabend der hiesigen Altistin Margarete Altmann-Kuntz,
die u. a. Schumanns Dicbterliebe sang. — Im Tonkunstlerverein horte man die Berliner
Blaservereinigung und Neitzel als leichten Kauseur und schweren Pianisten. —
Munch brachte drei Bachkantaten mit G. Walter, O. Susse und Frl. Ruhle als
Solisten. — Kreisler interpretierte korrekt Beethovens Violinkonzert; Tilly Kocnens,
der Mahlersolistin, Liederabend fiel leider ins Wasser. Dr. G. Altmann
STUTTGART: In den Solistenabenden der Hofkapelle spielte Wendling das a-moll
Konzert von Bach und das Violinkonzert von Brahms, Kiefer Schumanns Cello-
konzert. Ernst Kraus sang die erweiterte Gralerzahlung. Pohlig brachte eine neue
Symphonie in c-moll von Carl Bleyle, deren markiger Charakter ungemein gefiel. —
Im Populiiren Konzert des Liederkranzes geigte Arrigo Serato Beethovens Violin-
konzert. Dem kunstlerisch aufstrebenden Neu en Singverein unter E. H. Seyffardt
verdanken wir die vortreffliche Erstauffuhrung des „Neuen Lebens 4 * von Wolf-Ferrari. —
Dagegen verzichtete die Wiedergabe von Bruchstucken aus Bachs Weihnachtsoratorium
durch S. de Lange im Klassischen Verein; auf den Ehrgeiz hoherer Anspruche. —
Erfreulich wachsf die Zahl der einem Tondichter gewidmeten Abende. Wolf sang Frl,
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KRITIK: KONZERT
Schweicker, Schumann Freytag, Brahms spielte Pauer (im Tonkunstler-Verein),
Beethovens Violinsonaten Singer, mit Pauer; Mezger veranstaltete ein Konzert mit
Kompositionen des schwibischen Tonmeisters Christian Fink. L. Wullner ruckte Wolf
in den Vordergrund; in Hoches und Frl. Blattmachers Liederabend trug Blattmacher
Liszts Dantesonate vor. Dr. Karl G run sky
WARSCHAU: Erst vor kurzem haben die philharmonischen Konzerte nach dem
fast einmonatlichen Stillstand angefangen. Von etwas kunstlerisch Interessantem
kann kaum die Rede sein — da vorlaufig die Philharmonie keinen ersten Kapellmeister
und keinen kunstlerisch verantwortlichen Leiter besitzt, und die auslSndischen Engagements
infolge der Unruhen nicht zustande gekommen sind. H. v. Opienski
WEIMAR: Schonsten Genuss brachten Stavenhagen und Berber, andererseits
Burmester mit Schmidt-Badekow; das zweite Theaterkonzert eine gute Wieder-
holung der Domestica und eine nicht hervorragende franzosische Sangerin de la
Rouviere; der zweite Kammermusikabend Reger und Regersche Werke, darunt er am
annehmbarsten eine Serenade fur Flote, Violine und Viola. Ein geschickter Sanger, doch
mit sproden Mitteln, J. Muhr, gab einen Liederabend (am Flugel A. Ernst); endlich
konzertierte der talentvolle doch unfertige Pianist R. Mace do. Prof. Paul Bachmann
WIESBADEN: Der „Cacilien-Verein tt fuhrte im ersten Konzert Enrico Bossi's
w Verlorenes Paradies" auf. Das phantasiereiche Werk mit seinem poesievollen
Text und seiner gSnzenden, wenn auch mehr nur dekorativ wirkenden musikalischen
Ausgestaltung erregte lebhaftes Interesse. Die Ausfuhrung unter Kogels Direktion
wurde der Partitur in allem wesentlichen gerecht. — Im VI. Kurhauskonzert brachte
Kapellmeister Afferni die neue Symphonie (No.| 2. D-dur von J. Sibelius zu Gehor:
die virtuose Orchester-Technik fesselte mehr als der inn ere Gehalt der Komposition,
deren Themen, bei origineller nationaler Farbung, kein recht symphonisches Geprlge
tragen und selten zu wirklich organischer Entwicklung gelangen. Die Aufnahme seitens
des Publikums war nur lau: Biilow hatte vielleicht „zur Strafe" das Werk gleich noch
einmal spielen lassen. Und moglich, sogar hochst wahrscheinlich, dass man dann
gunstiger geurteilt hatte. Otto Dorn
ZURICH: Gaste in der Tonhalle mussten, sobald sie nicht in den Abonnements-
konzerten auftraten, die alte Erfahrung machen, dass trotz ihres Namens in der
Musikwelt unsre Stadt ein beschamend kleines Kontingent stellt fur die nicht offiziellen
und regelm3ssigen Veranstaltungen. Das gilt auch von den Orgelkonzertcn in denen
namentlich in der Kirche Enge Hr. Isler uns bedeutende Leistungen Modemer (wie
Reger) nahe zu bringen sucht. Stefi Geyer hatte immerhin mehr Gluck mit ihrer Zauber-
geige, wogegen das herrliche Frankfurter Vokalquartett sich mit dem Entzucken
von etwa zwei Dutzend Leuten begnugen musste. In einem Konzert des Schweiz.
Gesang- und M usiklehrer- Vereins lernte man die Bedeutung von Volksgesang-
Vereinen neuerdings schatzen, wahrend die nachtraglichen Streitereien um das Urteil
der Kampfrichter am eidg. S^ngerfest geradezu eine Blamage fur diese lnstanz und
deren Purification fur die Zukunft bedeuten. Der Gemischte Chor fuhrte Klose's
d-moll Messe glanzend auf. Friedrich He gar hat in den Abonnementskonzerten u. a.
durch seine Interpretation von Tschaikowsky's funfter Symphonie neuerdings eine Un-
verwustlichkeit ohnegleichen kundgetan. W. Niedermann
Vt cgcn Raummangels mussten fiir das nachstc Heft zuriickgcstellt uerdcn die Berichtc: Freiburg i. B., Miinchcn
(Oper); Bradford, Chicago, Freiburg i. B., Helsingfors, Melbourne, AAunchcn, Miinstcr i. W\, New York, Pforz-
heim, Rosario, San Francisco.
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J :, :i,c::t ::-, V .UU^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
ANMERKUNGEN ZU
UNSEREN BEILAGEN
Das diesem Hefte beigegebeoe I Uustr&tiona- Material 1st von Panl Mart op luummea-
gestellt vorden; es bletet etae Art fortlaufeaden Kommentin der Studie »Zur
Buhnen- und Konzertreform", soroit bildiiche Ertluterungen zur Entvicktungs-
gescblcbte dea Vagner-Theaters Oder Deutschen Spiel nausea, Erkllrungen ztt den
eiozelneD Bllnern brings so weJt sie Qberbtupt erlbrderllch slnd, der fbrilaufende
Text. — Das Theater von Orange besitzt die be&tcrh<ene antlke Szene. — Der
Plan der Theaters von Herkulinum: die photograph iscbe Wledergabe elites Holz-
modells (Rekonstruktlon), das in Restaa-Portici («Scavl dl Ercolano*) to besicbtlgcn
fat. — Die Original© der Scblnkeischen Zelchnungen kann man Im Scbinkel-
Museum eiDseben* das sich im Oberatock dca Charlotte n burger Polvtechaikums
beflndet (Mippe 24). Fur veniger Geubte bat Heir Professor Littmann anf unaere
Blue to den Plan dea „Inneren* freundlfcbst elnlge orientlerende Beinerkungen
elngetragen. — Anf eine Vledergibe der rlum Lichen Disposition dea Semperachen
Bauemwurfs fQr Kdnig Ludvig ll, f wie sie das im Bayer, National museum umer-
gebracbte Model! zeigt, masate fur dlesmal sua tecbnlscben Gruoden verzicbtet
werden. — Von der ebeaso geietvoiltn wie praktischen Lositng des Orcbester*
raum- Problems, die Liftman a fur das amphltheatrallach gebaltene neue Char-
lottenburger Schiller-Thester ge fund en bat, wlrd In der Fortsatxung der
Marsopsohen Studie (2. Februsrbeft) elagenender die Rede eein. — Die SkUsa
des Arcfaitekten jean G Irene zn einer Anlage fQr rerdecktes Orchearer In einem
Opernbause mil Ringen 1st znerst durch die Par iter * Illustration" verfBemlicht
worden, Unter dem Gesichtspunkt der «Nicht-Opilk* (Unslcbtbarkelc) 1st bier die
Aufgabe gut gelSst; unter dem der Akustik lisst sie sich nlcbt Utaen: Opernhatts
und offenes Orcbester bedingen sich gegenseiiig[
Nichdrurk nur mil lugdrjckHchcr Erlautml* del Verlfltc* ECflMieL
Altc Efochie, ingbeurndcrc du der tenet* unn, vorbehtltta,
FIjt dlt ZurDckflcndniic unvcrl inj;i cr odcr nJcbr iD[cma1dciar Mmu^krlpEe, fmHt Iboco alcht ten tit tod
Porto bcllleft, tobernJinmi die Kcdtktioa ktira Gtmaik. Schwer Lcwrilche Miauakripia vardea ungcprflft
lurftckjttiiadL
Verantwortlicher Schriftlcitcr: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin SW, ll v Luckenwalderstr. 1. III.
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DIE MUSIK
Ea gibt nichts GStllicheres at* die KunsU Und nlchts Leichtem
zugleich. Uttd doch } varum iat es so schwer? Jede erste Be*
wegung, allcs Unwillkurliche ist schdn, und sctatef und verschroben
•lies, sobald e* sicb selbst begreift. O, der Verstand! Der un-
glficlcliche Verstandl Studiere nicbt zn viel t folge dem Gefuhl*
Heinrlch tod Klclat
V. JAHR 1905/1906 HEFT 9
Erfttes Februuheft
Hersusgegeben von Kapellmeister Bernhird Schuster
Verlegt bei Schuster & Loeffler
Berlin und Leipzig
*
Onciinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Dr. Edgar Istel
Die Entatehung des dcutschcn Melodramas. I*
Ernst Lewicki
Die VervoUsUndigung von Mozart* grosser c-moli Metse
dnrch Alois Scbmitt (Scbluss)
Pro£ Dr. Wilhelm Altmann
Die deutsche Musiksammlutig
Besprechungea (Bftcber nod Musikalien)
Revue der Revueen
Umschau (Neue Opera, Aus dem Opernrepertoire,
Konzerte, Tageschronik, Totenscbau)
Kritik (Oper and Koniert)
Eingelaafene Neuheiten (Bficher und Musikalien)
Anmerknngen zu nnseren Beilagen
Konstbcilagen
Anzelgen
DIB MUSIK ertchdm moottlicta zwelma). Aboimei»«at*pi«U Mr daa
QniffUiJ 4 Mark. Abonnemenitproit ttr den Jahfgug 1 5 Matfc* Ptdt
dea rfnzeioin Helta 1 Mark. VlendjaJuaetahaiiddeckM i I Mark,
far die tCuutbetUfiMi des guuea Jahrgeiifa 2^90 Mark*
Abonitemeata durcb jode Buch- nod MmUeaUenhaadtnnij Itif Uelne
Plttze oboe Bncohlndler Buna durcb die Post
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIE ENTSTEHUNG
DES DEUTSCHEN MELODRAMAS
von Dr. Edgar Istel-Mfinchen
1
Jie letzten Jahrzehnte des IS. Jabrhunderts sollten sicb zu den er-
elgnis- und folgenreichsten fur die deutsche Schauspielbfihne ge*
ataltcn; Riles dr&ngte bin zu dner kunstlerischen und sozialen
Hebung des Schauspielcrstandes, der sicb bisher oft aua rectat
fragwurdlgcn, schiffbrfictaig gewordenen Elementen reknttieit hatte. Von
dem Leben and Trelbcn einer deutschen Schauspielertruppe, wie sic urn das
jabr 1770 in Deutscbland ibr Wesen trieb, vermag wohl heute nichts ein
so lebensftrisches, auschauliches Bild zu bieten als Gocthcs Roman .Wilbelra
Meisters Lebrjahre** Die Schicksale des Schauspieldirektors Molina und
seiner jungen Frau, Philinens, Friedrichs, Laertes 1 und wie aie der Dicbter
tile nemit, ibr Leben auf der Wanderscbaft, ihre Stellung zur Aristokratie,
all das tritt una int Rahmen jenes grosurtigen Werkes als ein prichtiges
Stfick deutscher Buhnengeschichte cntgegen.
Hier begegnen wir auch schon jenen beiden Faktoren, die, mSchtig
das Bflhncnleben beeinfiusseud, von grfisater Frucbtbarkeit far die Welter*
entwicklung des deuiachen Theaters werden sollten; dem Gedankea einer
deutachen Nationalbflhnc und dem Einwirken des ebeo erat in Deutscbland
Fuss fassenden gros&en Briten Shakespeare.
Der erate Versuch einer deutachen Nationalbiilme, daa Hamburger
Unternehmen, aua der Ackennannschen Truppe 1767 hervorgegangen, 1st
durcb Lessing in seiner »Hamburgischen Dramaturgic* verewigt worden
und bat trotz seiner kurzen Dauer sicb in seinen weiteren Folgeerschei-
nungen als von der grdssten Bedentung fSr unsere dramatiscbe Kunst
erwiesen; fBhrt doch von ihm der Weg fiber das Gotbaische Hofthcater
direkt nach der Mannheimer Nattonalbubne, *) der Schdpfung Dalberg* und
inlands, der ersten Heimstitte des Schillerschen Genius. Wir aber werden
diesen Weg auch fiir unsere Betrachtung ins Auge fassen mfissen, da fast
*) VgL ft. Schlatter 1m 13, Bind der too B* LitimtDii herautgegebenen ^Thaatar-
geicblchtL Fortcbungen*, Hamburg und Letpilf 188&
10"
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144
DIE MUSIK V. 9.
samtliche fur die Entwicklung des „akkompagnierten Dramas* (so nannte
man die ersten deutschen Melodramen) wichtigen Personlichkeiten ebenfalls
auf ihm gewandelt sind.
Eine der besten schauspielerischen Krafte, aber auch ein streit- und
rollensiichtiges Frauenzimmer ohnegleichen war die schon in Hamburg
vielgefeierte Heroine Sophie Friederike Hensel (geb. Sparmann, als Mme.
Seyler beriihmt geworden, 1738 — 1790), die spater als „Medea" (in Bendas
gleichnamigem Duodrama) ihre grossten Triumphe feiern sollte. Schon
Lessing riihmte an ihr u. a. als besonderen Vorzug eine sehr richtige De-
klamation. Friedrich Ludwig Schroder, der beruhmte Schauspieler, riigte
dagegen ihre „Zittertone a und wollte sie nur in sanften Rollen fiir vor-
trefflich gelten lassen, wahrend in heftigen ihr „Dragonerschritt tt unleidlich
sei. Zweifellos war sie aber hochbegabt, und personlich wird ihr eine
imponierende Gestalt und ein Gesicht von regelmassigem Schnitt nach-
geriihmt. Sie war seit 1755 mit dem Komiker Hensel verheiratet, der
neben ihr sehr zuriicktrat, wahrend sie und ihr Geliebter Abel Seyler,
den sie 1772 in Weimar dann auch heiratete, allmahlich den Ton angaben.
Seyler (1730 — 1792), bei Basel als Sohn eines Pfarrers geboren, war ur-
spriinglich ohne sonderliche Neigung Kaufmann gewesen, hatte sich dann,
dem Bankerott nahe, mit dem Rest seines Vermogens am Hamburgischen
Nationaltheater beteiligt und sollte noch als Schauspieldirektor weiterhin
eine wichtige Rolle spielen, wahrend er als Schauspieler nie iiber eine ge-
wisse Mittelmassigkeit hinauskam.
Das Hamburgische Nationaltheater, mit grossen Worten ins Leben
getreten, erfreute sich nur eines kurzen Daseins: schon am 3. Marz 1769
war seine Herrlichkeit zu Ende, und die Direktion ging auf F. L. Schroder,
den Stiefsohn des durch die Intriguen der Hensel vertriebenen friiheren
Direktors Ackermann, iiber. Aber Seyler ruhte nicht, bis er heimlich ein
Privilegium als Schauspieldirektor fiir das Kurfiirstentum Hannover erlangt
hatte, und nun bot er den besten Mitgliedern des Hamburgischen Theaters
so giinstige Bedingungen, dass sie im Sommer 1769 samtlich zu ihm iiber-
gingen, und er jetzt tatsachlich eine der besten Truppen bei sich vereinigte.
Unter den Neuhinzugetretenen befand sich auch Joh. Jac. Christian Brandes
(1738 — 99), mehr als Schriftsteller 1 ) denn als Schauspieler von Bedeutung,
der spatere Verfasser der „ Ariadne", sowie seine ungleich bedeutendere
Frau Esther Charlotte geb. Koch (1742 — 86), eine der hervorragend-
sten Schauspielerinnen ihrer Zeit und die grosste Rivalin der Mme. Hensel-
Seyler. Auch ihr war Lessing, der sie auf ihrer Hochzeit in Breslau (1764)
kennen lernte und der spater auch der Pate ihrer Tochter Franziska wurde,
*) Uber sein reichbewegtes Leben siehe seine Autobiographic „Meine Lebens-
geschichte", Berlin 1799—1800.
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
nahegetreten. Uber sie schreiben die „Rheinischen Beitrage zur Gelehr-
samkeit al ):
w Mme. Brandes hat wahres Genie fur die Schaububne. Ihre Empfindungen er-
giessen sich wie ein Feuerstrom. Sie dringt in den Geist ihrer Rolle, und wenn sie
ihn bier und da verfeblte, so geschah es nicht, weil sie obne zu denken spielte, sondern
weil sie irrig dacbte. Sie beftet ihre ganze Seele an jedes Wort und mit jeder Ge-
barde sucbt sie ein Gemaide von dem zu geben, was in ihrer Seele vorgeht. Ihr
Organ ist hell, deutlich und angenehm, ihre Aussprache verst3ndlich und mehrenteils
richtig; ihre Deklamation naturlich und wahr. Die Eintonigkeit ihrer Stimme, die sie
zuzeiten nicht mit Gluck ins Rauhe vertieft, wird durch den sonst sehr mannigfachen,
warmen und darstellenden Ausdruck ersetzt."
Die Kreuz- und Querwanderungen der Seylerschen Truppe im Kur-
furstentum Hannover zu verfolgen, ist fur uns zwecklos. Es geniigt zu
bemerken, dass Seyler gegen Ende des Jahres den ersten erfolgreichen
Versuch machte, seinen Spielplan durch Einfiihrung von Singspielen zu
bereichern und fur deren musikalische Leitung Anton Schweitzer (1737
bis 1787) als Kapellmeister gewann. Dieser, der vorher Hofkapellmeister des
Fursten von Hildburghausen gewesen war und auf dessen Kosten auch eine
dreijahrige Studienreise nach Italien unternommen hatte, lieferte natur-
lich einen grossen Teil jener Singspielmusiken.
Aber Seylers Geschaftsfiihrung war andauernd so ungliicklich, dass
die Truppe wieder am Bankerott gewesen ware, wenn nicht sein Schwager
eine Unterstiitzung geleistet hatte, aber nur unter der Bedingung, dass
Seyler die Direktion abgebe. So wurde der Schauspieler Ekhof das Ober-
haupt der Truppe, die er zunachst nach Wetzlar, dem Sitze des Reichs-
kammergerichts, im Friihjahr 1772 fiihrte. Hier trat man in rege Be-
ziehungen zu Friedrich Wilhelm Gotter 2 ) (1746 — 97), dem Gothaischen
Legationssekretar, der der Truppe auch weiterhin ausserordentlich forder-
lich sein sollte und ihr im Laufe der Zeit eine Reihe vielgespielter Dramen,
darunter auch spater die „Medea a fur die von ihm damals schon bewun-
derte Mme Hensel lieferte. 3 ) Uber Gotter urteilte Goethe, der um
diese Zeit ebenfalls in Wetzlar weilte, in „Dichtung und Wahrheit" 4 )
folgendermassen :
„Es war mir lieb, Gottern gefunden zu haben, der sich mit aufrichtiger Neigung
an mich scbloss und dem ich ein herzliches Wohlwollen erwiderte. Sein Sinn war
zart, klar und beiter, sein Talent geubt und geregelt. Wir brachten viele vergnugte
Stunden zusammen zu, in welchen wir uns wechselseitig unsere Kenntnisse, Vorsatze
und Neigungen mitteilten."
>) 1781. VI. Heft S.539ff.
2 ) Vgl. uber ibn die ausfuhrliche Biographie von R. Schldsser (X. Band der
9 Tbeatergescb. Forsch.")
') Vgl. sein Gedicht an sie im Gdttinger Musenalmanacb 1772. S. 85.
4 ) Werke, Sopbienausgabe XXVHI S. 138f.
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DIE MUSIK V. 9.
Nur kurze Zeit verweilte die Truppe in Wetzlar: ein glanzender An-*
trag der Herzogin Anna Amalia rief sie an den Weimarer Hof, der unter
der feinsinnigen Herrscherin das regste kiinstlerische Interesse zeigte, und
am 7. Oktober 1771 bereits traf man in der thuringischen Residenz ein,
um zum ersten Male nach ruhelosem Wandern wieder ein dauerndes Heim
zu finden.
II
Hier in Weimar fand nun am 13. Mai 1772 eine hochst ratselhafte
Auffiihrung von Rousseau's „ Pygmalion" mit Musik von Schweitzer
statt, bei der Joh. Michael Bok 1 ) den Pygmalion und die spater als
Sangerin beriihmt gewordene Franziska Romana Koch*) (1748—96) geb.
Gieraneck die Galathea spielte. 8 ) Diese friihe, der Pariser (gleich der
nicht minder merkwiirdigen Wiener) Wiedergabe 4 ) mehrere Jahre vorauf-
gehende Auffuhrung entzieht sich jeder weiteren Beurteilung. Wer die
Dichtung geliefert hatte (vielleicht Grimm?) 5 ), wer sie ubersetzte,
(wahrscheinlich Joh. Friedr. Schmidt, der 1777 einen mir nicht zugang-
lichen „Pygmalion, ein musikalisches Drama aus dem Franzosischen
des Rousseau, Musik von Schweitzer" erscheinen Hess), in welcher Art die
(verloren gegangene) Komposition gehalten war, nichts ist mehr zu ermitteln
gewesen. Einzig die genauen Auffiihrungsdaten sind aus Ekhofs Tagebuch 6 )
bekannt. Die erste Auffuhrung ist nicht eingetragen, da das Tagebuch erst
am 22. Juni beginnt, dann folgt:
1772
6. Juli „Pigmalion«
11. August „PigmaIion mit Ballet**
22. Sept. „Pigmalion mit Accomp." [agnement].
2 Nov. „Pigmalion mit Accomp.*
1773
8. Februar „Pigmalion mit Accomp. und Ballet v. Seta." [weitzer]
*) Uber ihn Allg. deutsche Biogr. III. S. 90f.
-) a. a. O. XVI. S. 375 f.
3 ) E. Pasqu6: Goethes Theaterleitung in Weimar, Leipzig 1863, I. S. 29. Pasquf's
Angabe, Iffland sei bei seinem Weimarer Gastspiel 1798 zweimal in Schweitzers
„Pygmalion a aufgetreten, ist dagegen falscb, da das Werk damals schon langst ver-
scbollen war. Es konnte nur der Bendasche „Pygmalion a sein.
*) Vgl. meine Arbeit: J. J. Rousseau als Komponist seiner lyrischen Szene
Pygmalion, Leipzig, Breitkopf & Hartel, 1901, S. 21 ff.
6 ) Oder auch Gotter, der eine Stiefschwester in Lyon verheiratet hatte und selbst
spater hinreiste. Vgl. Schlosser a. a. O. X. S. 85.
6 ) Herausgegeben von Hodermann, Theatergesch. Forscbungen IX.
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147
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
2. Juni „Pigmalion mit Accomp. und Ballet v. Sch." [weitzer]
3. August „Pigmalion mit Accomp. u. Ballet." l )
Weitere Auffiihrungen des Werkes, ausser diesen acht, fanden in Weimar
nicht mehr statt, dagegen finden wir noch eine Leipziger Auffiihrung unter
dem3.Nov. 1774: „Pygmalion mit Divertissem. tt [ent = Ballet] und eineGothaer
am 15. des gleichen Monats mit denselben Worten verzeichnet. Spater,
als „Ariadne a und „Medea" dem Werke erfolgreiche Konkurrenz machten,
verschwand es vom Spielplan, und nur noch eine einzige Auffiihrung, am
18. Oktober 1775, erfolgte. Alle spateren Auffiihrungen des „Pygmalion"
fanden mit Ben das Musik statt, und Schweitzers Partitur blieb verschollen
bis auf den heutigen Tag. Dass aber Schweitzers Musik (abgesehen von der
ohne weitere Folge gebliebenen Aspelmayerschen zur Wiener Auffiihrung)
die erste der Art gewesen, wird von den „Gothaer gelehrten Zeitungen* 2 )
ausdriicklich bezeugt :
„Der erste Gedanke" — heisst es daselbst anlSsslich einer Besprechung der
w Ariadne" — „gehort Rousseau. Indessen ist sein Pygmalion in Frankreicb nie
anders als in Gesellscbaft [soil heissen: auf einem Gesellscbaftstheater] aufgefuhrt
worden,*) und in Weimar, wo man auf den Einfall geriet, ihn zu ubersetzen, behielt
man die franzosiscbe Musik [von Coignet?] nicbt bei, sondern liess eine neue von
Schweitzer dazu komponieren. So kam die Gattung auf das deutsche Theater."
Befremden konnte zunachst der Zusatz: „Mit Ballet", allein aus der
Mannheimer Ubersetzung des „ Pygmalion" von Gemmingen (1778), die
wahrscheinlich an die alte Tradition von Weimar-Gotha anknupft, ersehen wir,
dass damit eine choreographische Ausgestaltung des Schlusses gemeint ist,
wobei Venus in Person auftritt. 4 )
Schon bald nach den ersten Auffiihrungen des w Pygmalion a hatte sich
Bran des, wohl angeregt durch den grossen Erfolg des Werkes, veranlasst
gesehen, eine ahnliche Paraderolle, wie sie Bok dort inne hatte, fiir seine
Frau zu schreiben ; er wahlte hierzu den Ariadne-Stoff, den ihm die 1765
verfasste Gerstenbergsche Kantate nahebrachte, und er selbst bekennt 6 )
in der Vorrede, dass „vieles darunter daraus wortlich beibehalten worden*;
1 ) Hodermanns Zusatz bei dieser Auffiihrung „Brandes und Benda" ist natiirlich
falsch und ganzlich sinnlos.
2 ) 34. Stuck 1775; die oben angefuhrten SStze wurden dann in Reichards Theater-
kalender 1776 S. 103 wortlich ubernommen.
3 j Von der ersten offentlicben Pariser Auffiihrung (30. Oktober 1775) wusste
man damals in Gotba noch nichts.
4 ) Vgl. meine Pygmalionstudie S. 11. Anmerkung 2.
5 ) SSmtliche dramatische Schnften I. Hamburg 1790, ebenso in der Separat-
ausgabe: Ariadne auf Naxos, ein Duodrama von Joh. Christian Brandes, Leipzig im
Verlage der Dykschen Buchhandlung 1790. Seltsamerweise steht beiden Ausgaben
der Vermerk w Verfertigt im Jahre 1774" vorgedruckt. Das muss ein Gedichtnisfehler
sein, da der Brief Grossmanns vom Jahre 1772 ausschlaggebend ist. Die erste, mir
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DIE MUSIK V. 9.
nur die Verse wurden in Prosa aufgelost. Im librigen hat Brandes die
Kantate mit Biihnengeschick zurechtgestutzt und aus dem „liebenden Madchen*
und der „zartlichen Tochter" eine „tragische Heroine" gemacht. 1 ) Doch
guckt an manchen Stellen das urspriingliche epische Gewand nur allzu
deutlich unter dem dramatischen Mantelchen hervor, und nicht mit Unrecht
tadelte ein ungenannter Kritiker in Wielands „Deutschem Merkur" vom
Marz 1775 die ermiidenden Klagen der Heldin, die den weitaus grossten
Teil des Stucks ausmachen, sowie ungenugende Motivierung der Handlungs-
weise des Theseus. 2 ) Sehr derb ausserte sich der alte Zelter sparer
iiber die „Ariadne u : „Erst schlaft sie, dann schimpft sie, endlich stirbt sie a . 3 )
Uber die Entstehungszeit und -geschichte des Werkes ist schon so
viel im 18. und 19. Jahrhundert von Musik- und Literaturhistorikern ge-
fabelt worden, dass es endlich an der Zeit ist, die wenigen, aber sicheren
Beweisstiicke klar hinzustellen. Unzweifelhaften Aufschluss gibt eia
Weimar 14. August 1772 datierter Brief des Schauspielers Gustav Friedrich
Wilhelm Grossmann (1746 — 96) an K. L. v. Knebel, der in dessen lite-
rarischem Nachlass und Briefwechsel 4 ) gefunden wurde. Es heisst daselbst :
^Schweitzer ist ein sehr geschickter Tonkunstler, der Mann verdient einen an-
sehnlichen Posten . . . Jetzt setzt er Ariadne auf Naxos in Musik; es ist nach dem
Rousseau dialogisiert, 6 ) und sehr fahig, die Geschicklicbkeit eines Tonkunstlers zu
beschaftigen.* 6 )
Das weiter Schicksal dieser „Ariadne a erzahlt Brandes selbst: 7 )
„Schweitzers Komposition zu meinem Melodrama , Ariadne auf Naxos* war der
Vollendung nahe, als Wielands Oper ,Alceste« erschien. Jener hielt nun vom Hofe
den Auftrag, dies neue Produkt unseres grossen Dichters ohne Zeitverlust in Musik
zu setzen, der auch sogleich die Arbeit ubernahm, sein ganzes Talent daran verwendete,
und, um ihr einen besonders hohen Grad von Vollkommenheit zu geben, zugleich die
scbonsten Stellen seiner Musik zur , Ariadne* in jene Oper ubertrug."
nicht vorliegende Ausgabe als w Ein Drama mit mus. Accompagnement" erschien 1775
in Leipzig, ein Nacbdruck Himburgs in Berlin 1777 als „Duodrama mit Musik", ein
weiterer unter dem gleichen Titel Riga 1782. Von einem Abdruck im Theater der
Deutschen (Konigsberg und Leipzig 1776 S. 333 ff.) ist es unsicher, ob er authentisch ist.
l ) Erich Schmidt: w Goethes Proserpina** in Seufferts Vierteljahresschrift fiir
Literaturgeschichte, Weimar 1888, I. S. 40ff., wo der Vergleich beider Werke eingehend
durcbgefubrt ist.
-) Eine feinsinnige Analyse der Dichtung und insbesondere der Heldin siehe in
den Dramaturgischen Fragmenten I, Graz 1781, S. 245 ff.
3 ) C. F. Zelter: Autobiographic, herausgegeben von Rintel, Berlin 1861, S. lOOf.
*) Leipzig 1835 2. Band S. 166.
6 ) Soil wohl beissen: nach dem Beispiel, das Rousseau mit seinem Pygmalion
gegeben.
6 ) A. Koster: Preussische Jahrbucher Bd. 68, S. 190 bezieht diese Stelle falsch-
lich auf Schweitzers ^Pygmalion**, von dem gar nicht die Rede ist.
T ) Meine Lebensgeschichte, Berlin 1800, II. S. 156.
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Tatsachlich wurde Schweitzers „Alceste" *) bereits am 28. Mai 1773 in
Weimar aufgefiihrt. Es ware nun mussige Spekulation, wenn man ohne
weitere Anhaltspunkte ausfindig machen wollte, welche Stiicke Schweitzer
aus der w Ariadne" heriibergenommen habe — dass jedoch darunter die
Ouverture gewesen, kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden.
Die Hauptsache bleibt, dass dieser erste Versuch, ausserhalb Rousseau's
Bahnen etwas Neues zu schaffen, im Sande verlief.
Aber es sollte doch noch anders kommen. Am 6. Mai 1774 brach
im Weimarer Schlosse Feuer aus, dem auch das Theater zum Opfer fiel,
und die Truppe war wieder heimatlos. Und so wanderte sie mit einem
Empfehlungsschreiben der Herzogin Anna Amalia an den kunstfreundlichen
Herzog Ernst II. (regierte 1772 — 1804) nach Gotha, wo sie sofort uberaus
freundlich aufgenommen wurde. Am 2. September schloss dann der Herzog
mit Seyler einen Kontrakt zunachst auf ein Jahr ab und gewahrte ihm
zugleich die Erlaubnis, Ostern und Michaelis auch in Leipzig zur Messe
spielen zu diirfen. Hier in Gotha trat nun der Truppe ein Mann nahe,
der von jetzt an im Mittelpunkt unseres Interesses stehen wird: Georg
Ben da.
Ill
Georg Benda, 2 ) geb. 30. Juni 1722 zu Altbenatky in Bohmen, gest.
6. November 1795 in Kostritz, kam urn 1740 als Kammermusiker nach
Berlin, wo sein Bruder Franz, der Geiger, in der Hofkapelle wirkte, und
blieb daselbst bis zum Jahre 1749, in dem er nach Gotha berufen und am
1. Mai 1750 „als Kapellmeister an- und in Dienst genommen wurde". 3 )
Am 13. September 1765 bat dann Benda, der in Berlin namentlich Graun
M Naheres fiber das Werk bei Pasque* a. a. O. S. 253ff.
-) Vgl. fiber ibn vor allem: Friedr. Schlichtegroll: Nekrolog auf das Jahr 1795.
VI. Jabrgang. 2. Band, Gotba 1798, worin sich auch hochst interessante Briefauszuge
flnden. R. Hodermann: Georg Benda, Coburg 1895 (vergriffen) enthilt ausser einigen
Akten des Oberhofmarschallarchivs in Gotha nichts Neues und basiert durchaus auf
Schlichtegroll. Eine Selbstbiographie, von der Reichardt in seinem musik. Almanach
1796 spricht, existiert nicht. Ein 6lgemaide (Brustbild) besitzt die Gesellschaft der
Musikfreunde in Wien, einen Kupferstich die k. k. Familien-Fideikommissbibliothek.
Der hier reproduzierte Stich von Geyser beflndet sich auch im 21. Band der Neuen
Bibliothek der schonen Wissenschaften 1778. Uber den wissenschaftlichen Wert einer
in den Sammelbinden der 9 Int. Musik-Gesellscbaft" unl&ngst erschienenen Studie
„G. Benda und das deutsche Singspiel" (V, Heft 4) vgl. meine Entgegnung „Einiges
fiber G. Bendas akkompagnierte Monodramen" (daselbst VI, Heft 1). Brfickners den
wesentlichen Punkten meines Angriffs ausweichende Erwiderung siehe daselbst VI,
Heft 3.
8 ) Herz. Hofbibliothek zu Gotha, Cod. Chart. A. 1332.
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DIE MUSIK V. 9.
und Hasse eifrig studiert hatte, den Herzog um Unterstutzung zu einer
Reise nach Italien, um, wie er schreibt:
„in diesem in Ansehung der Tonkunst beruhmten Lande meine Nacheiferung
zu erwecken, mir Kenntnisse zu erwerben und meinen Gescbmack mebr auszubilden,
da ich seit 15Jahren, welcbe ich in Ew. Diensten zugebracht, noch keine Gelegenheit
gehabt, etwas ausserordentlicbes an fremden Musiquen zu horen, welches docb bei
meinem Metier unentbehrlich ist**. 1 )
Dieser Urlaub nebst einer Unterstutzung wurde auch gewahrt, und
Benda reiste fiber Munchen und Venedig nach Rom. Anfangs fand er gar
keinen Gefallen am italienischen Opernwesen, aber allmahlich lernte er
den Reiz sudlicher Melodie kennen und legte so den Grund zu seinem
spateren, eines italienischen Einschlags nicht entbehrenden Stil, der ubri-
gens, obwohl Benda nie regelrechten Unterricht genossen, ausserst solid
ist und sogar, wie wir noch sehen werden, von Mozart hochgeschatzt wurde.
Bei seiner Ruckkehr nach Gotha wurde ihm dann am 27. August 1770
durch Dekret „der Charakter eines Capell-Directoris forthin in Gnaden
beygelegt". So wirkte denn Benda in Gotha, wo er als musikalische
Autoritat gait, und sein Name war einer der geachtetsten in Deutschland. 2 )
Nun sollte er noch einer der Beriihmtesten werden durch die Verbindung
mit Brandes, der mit der aus Weimar gekommenen Seylerschen Truppe
nach Gotha gekommen war und dort naturlich bald in nahere Beziehungen
zu dem herzoglichen Kapelldirektor trat. Brandes selbst erzahlt daruber
folgendes: 3 )
„Meinem neuerworbenen Freunde Georg Benda hatte ich das Melodrama:
, Ariadne auf Naxos' bald nach meiner Ankunft zum Lesen mitgeteilt; es fand seinen
Beifall und er erbot sich, da Schweitzers Musik dazu unvollendet geblieben war, zur
Komposition desselben. Auch der Hof interessierte sich fur diese neue Gattung
Schauspiele. Die Prinzessin Luise, der Herzog gaben Beitrflge zu den Kostumen, die
Herzogin beforderte das Manuskript zum Druck und machte mir mit der Auflage ein
Geschenk, die Dekoration wurde auf Befehl und Kosten des Herzogs nach meinen
Angaben verfertigt, und so erhielt dies Schauspiel nach einiger Zeit seine erste
glanzende und fur Benda, meine Charlotte und mich Susserst schmeichelhafte
Existenz" . . . Weiterhin: 4 ) „So wie die Messe [in Leipzig, wo Seyler ebenfalls spielen
\) Ebendaselbst.
2 J So urteilt der gelehrte Englander Burney (Tagebuch seiner musikalischen
Reisen, deutsch, Hamburg 1773, 111 S. 256) uber inn: „Seine Kompositionen sind
uberhaupt genommen, neu, meisterhaft und gelehrt". Und die Allg. Mus. Ztg. schreibt
1801 (S. 329), also lange nach seinem Tode: w Er verband mit den sussesten Melodieen
die richtigste Harmonie und eine schon sehr gewandte Rbythmik. Er kannte (und
das ernebt seinen Kunstlerwert am meisten) die feine Grenzlinie zwischen Uberladung
und Mattigkeit. Er lebte ganz fur seine Kunst, die ihm nie zur Handlangerin der
Eitelkeit diente, sondern wie eine hehre Gottheit in seinem Geiste thronte.* Vgl.
auch Gerbers Lexikon 1790, Artikel Benda.
3 ) a. a. O. S. 172.
4 ) a. a. O. S. 184.
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
liess] geendet war, nthmen wir unsern Weg wiedcr nacb Gotha zuruck. Benda hatte
indes seine Komposition zu dem Melodrama: , Ariadne auf Naxos' vollendet, und so
wurde endlicb dies Schauspiel einige Wocben nach unserer Zuruckkunft mit dem
grossten Beifall auf die Buhne gebracht und vielfaitig wiederbolt."
Dies ist die einzige, aber leider bis jetzt fast unbekannte, wirklich
authentische Darstellung des Sachverhaltes. 3 ) Wie legendenhaft diese Ent-
stehungsgeschichte der „Bendaschen Ariadne" schon von den Zeitgenossen
behandelt wurde, beweist Joh. Friedr. Reichardt 2 ) mit seiner Darstellung:
„Die brave deutscbe Schauspielerin Brandes erzeugte in Benda zuerst die Idee,
ihre Kunst als Schauspielerin mit der Kraft der Musik zu verbinden. Slngerin war
sie nicht, aber in den Augen Bendas eine vortreffliche Deklamatorin und Pantomimikerin.
Es entstand die Idee in ibm zu dem Melodrama: er teilte sie Engeln, s ) der damals
in Gotba sich aufhielt und Gottern mit. Von diesem seinem Freunde erfuhr Benda
erst, dass Rousseau bereits einige Jabre fruher dieselbe Idee gehabt und in seinem
, Pygmalion*, wiewobl nur schwacb, ausgefuhrt hatte. Jener [Engel] entwarf den Plan
zur , Ariadne auf Naxos 1 , Gotter fuhrte ihn aus 4 ) und unser Benda beseelte sie mit
Tonen."
Auf diesen unrichtigen Angaben Reichardts, dessen sonstige, Benda
betreffenden Daten ebenfalls vielfach inkorrekt sind, beruhen fast alle
folgenden Erzahlungen in Lexicis und Musikgeschichten. Auch Schlichte-
groll, dessen Benda- Nekrolog aufs Jahr 1795 ja erst 1798 erschien,
zitiert Reichardt und beschrankt sich darauf, diesen Artikel fast wortlich
abzuschreiben. Spater als er den Nekrolog Brandes' verfasste, 5 ) musste
er dann freilich angesichts der Autobiographic Brandes' darauf aufmerksam
machen, dass dessen Darstellung „etwas a (!) abweichend sei, und er suchte
sich nun dadurch zu retten, dass er behauptete, es liesse sich jetzt nicht
mehr entscheiden, welche von beiden Erzahlungen ganz genau der Wahrheit
entsprache; soviel sei gewiss, dass ein wenig gelungener Versuch in dieser
Gattung, „Polyxena", von Schweitzer komponiert, hauptsachlich Benda bewog,
sich gleichfalls hierin zu versuchen. Damit war der gute Schlichtegroll
nun erst recht eingegangen, denn er verwechselte dabei „Pygmalion tt und
1 ) Welche M&rchen bisweilen aufgetischt wurden, mag man aus Schletterers
Buch: „Das deutscbe Singspiel" Augsburg 1863 ersehen, wo alien Ernstes (S. 123)
behauptet wird, das Melodrama babe sich aus dem Singspiel entwickelt und weiter
(S. 125): Benda babe, durch Schweitzers „Alceste" (!!) angeregt, auf Mittel gesonnen,
sich auszuzeichnen und Brandes zur Bearbeitung veranlasst!
2 ) Mus. Almanach, Berlin (1796).
*) Job. Jakob Engel (1741-1802).
4 ) Hier liegt offenbar eine Verwechslung mit der w Medea" vor, die tatsScblich
von Engel und Gotter herruhrt, aber von der Mme. Seyler veranlasst wurde, nach-
dem die .Ariadne** scbon aufgefuhrt war.
6 ) Nekrolog auf das Jahr 1799 (erst 1804 erscbienen) S. 267.
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DIE MUSIK V. 9.
„Polyxena". Das letztere Werk, das erst 1793 in Partitur erschien, nennt
sich Jyrisches Monodrama" und ist fur Gesang geschrieben. 1 )
Dass Benda Rousseau's „ Pygmalion 44 der Dichtung nach schon damals
kannte, ist zweifellos, denn er horte ja das Werk mit Schweitzers Musik
am 15. November 1774 in Gotha; ob und wieviel er aber von Rousseau's
Stilprinzipien wusste, ist sehr fraglich, und es kame hier vor allem darauf
an, die verlorene Schweitzersche Musik zu kennen, von der er ja wohl
sicher manches lernte. Dass er schliesslich Rousseau gegeniiber etwas
prinzipiell Neues schuf, werde ich noch im einzelnen klarlegen. Schon die
Zeitgenossen warfen die Frage auf, inwieweit Benda von Rousseau ab-
hangig sei. J. F. Reichardt 2 ) schreibt dariiber sehr inkorrekt:
„Benda, unbekannt mit Rousseaus Idee, fiel bei uns auf dieselbe Idee, wShlte
ein viel interessanteres Sujet in der Ariadne und bearbeitete es mit grossem Genie.*
Mit mehr Recht, weil er namlich die rein musikalische Seite der
Sache im Auge behalt, sagt Gerber in seinem Lexikon: 3 )
„Er brachte Ariadne zwar erst im Jahre 1774, nachdem Rousseau schon einen
Versuch dieser Art in Frankreich mit seinem Pygmalion gemacht batte, aufs Theater,
aber ohne selbigen zu kennen. Er ist also, die ungleich grdssere musikalische Voll-
kommenheit an seinem Werk ungerechnet, der erste Erfinder dieser Art unter den
Deutschen."
Das Beste indessen, was dariiber gesagt wurde, schrieb Christian
Gottlieb Neefe (1748 — 98), den wir noch als einen der bedeutsamsten
Nachfolger Bendas kennen lernen werden, im Gothaer Theaterjournal : 4 )
„Durch die Erflndung dieser Gattung, worinnen nur mit Gebirden und Stimme
gesprochen und alles mit Musik begleitet wird, machten beide, Dichter und Komponist,
doch der letztere mehr als der erste, in der Tat Epoche. Zwar hatte schon Rousseau
die Idee zu einem solchen Spektakel durch seinen Pygmalion veranlasst, aber nur
veranlasst. Sein Stuck wie die von ibm selbst [?] dazu verfertigte Musik ist bloss
pantomimisch. Und so steht oder konnte vielmetar seine Musik auch nicht in einem
so genauen Verbaitnis mit Handlung und Leidenscbaften stehen, als des Herrn Benda
Musik mit der Brandesschen Ariadne. Der Oberlegenheit gar nicht zu gedenken, die
Benda uberhaupt als Komponist fiber Rousseau als Komponist bat und haben muss."
Am 27. Januar 1775 ging die „ Ariadne 14 im Gothaer Schlosshof-
theater mit Mme. Brandes und Bok zum erstenmal in Szene, und diese
Auffiihrung, der sich im gleichen Jahr noch zehn weitere anreihten/')
*) Die Originalpartitur jetzt im Besitze von Fr. Nik. Manskopfs „Musikhistorischem
Museum" Frankfurt a. M. Sie stammt aus dem Besitze E. Pasque's und entMIt eine
l&ngere Vorbemerkung von der Hand dieses Schriftstellers.
2 ) Musik. Kunstmagazin, Berlin 1782. S. 86.
*) 1790 I. S. 134.
4 ) 1. Stuck 1777 S. 74. Der Artikel ist nicht mit vollem Namen unterzeichnet.
6 ) Nach dem von Hodermann zusammengestellten Repertoire am 1. Februar,
8. Mirz, 24. April, 28. April, 10. Mai, 3. Juli, 14. Juli, 11. Sept., 28. Dez., im darauf-
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
bedeutete einen ungeheuren Erfolg fiir Benda und Mme. Brandes. So
schreibt »Der deutsche Merkur": 1 )
„Ariadne, ein Duodrama von Brandes, mit musikalischen Akkompagnements toq
Benda, 1st ein Stuck, das in Gotba ausserordentliche Sensation gemacbt hat und worin
Mme. Brandes als Ariadne den Beifall des dasigen Publikums mit dem Tonkunstler
teilte und ihn vornehmlich durch die Kunst, die Leidenschaften zu nuanzieren,
verdient. -
Das „Gothaische Taschenbuch" 2 ) meint ebenfalls:
„Es wurde durch die Vorstellung des musikalischen Duodrama aufdem Gothaiscben
Hoftbeater die deutsche Bubne mit einer neuen Gattung des Scbauspiels bereichert,
das um so merkwurdiger ist, da bis jetzt sich dessen keine der ausl&ndischen Buhnen
rubmt und in seiner erstaunlichen Wirkung, von der nur Zuhdrer sich deutlicbe Be-
griflfe machen konnen, dem stirksten, was man auf dem Theater kennt, an die Seite
gestellt werden muss.
Wer das Langweilige der einfachen Rezitative und das Unangenehme der den
Arien unvermeidlichen Unverst&ndlichkeit des Textes gefuhlt hat, wird schon darin
einen grossen Vorzug finden, dass hier der Scbauspieler seine ganze StSrke im
Deklamieren, das ganze Feuer seiner Aktion anbringen kann."')
Als Augen- und Ohrenzeuge berichtet auch A. v. Knigge: 4 )
„Ich bin so glucklich gewesen, beide Stucke ,Ariadne 4 und ,Medea', als sie zum
ersten Male in Gotba auf das Theater gebracbt wurden, in sehr grosser Vollkommen
beit unter Gotters, Bendas und Brandes Direktion selbst auffubren zu sehen und bin
Zeuge davon gewesen, welche erstaunliche Wirkung sie hervorbracbten . . . Beide
stnd reich an unubertrefflichen Schonheiten aller Art.*
Die „Gothaischen gelehrten Zeitungen" schreiben: 5 )
w Die musikalische Begleitung des Herrn Benda hat durcbgehend die Bewunderung
der Zuhdrer davon getragen und den Verdiensten der ubrigen Arbeiten dieses Ton-
kunstlers vollkommen entsprochen."
Und Joh. Friedr. Schink, nach Lessing der erste Theaterkritiker
seiner Zeit, 6 ) ruft begeistert aus: 7 )
.Glucklicher Dicbter, der mit diesem deutscben Amphion Hand in Hand sein
Werk beginnen kann, sei deiner Unsterblicbkeit sicher: Bendas Zauberkunst trigt dich
auf geweihtem Flugel sicher ihrem Tempel entgegen. Ihm haben sich alle Tiefen
der Natur aufgeschlossen, die Leidenschaften alle sich vor ihm entfaltet; alle hat er
sie durchschaut, alle ihre Kl&nge und Tone gehort."
folgenden Jahre erschien sie noch viermal, 1777 gar nicht, 1778 und 1779 je einmal,
doch waren an diesem aufftlligen Ruckgang die Theaterverhftltnisse schuld.
>) 1775, erstes Vierteljahr. S. 184.
») 1776. S. 103.
3 ) Gothaischer Theater-Kalender 1776. S. 104.
4 ) Dramaturgische BUtter, Hannover 1789. S. 501 f.
5 ) 10. Stuck 1775.
6 ) Oberlinder a. a. O. S. 175.
7 ) Dramaturg. Fragmente Wien 1782. I. S. 252.
H:
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.y^iiK^JL UNIVERSITYOF MICh
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DIE MUSIK V. 9.
Welchen Anteil an dem Erfolge Mme Brandes hatte, moge man den
.Rhein. Beitragen zur Gelehrsamkeit* *) entnehmen:
„Es war nicbt Erstaunen aus Neuheit der Sache, nicht Beifall aus kalter Ober-
legung, aus Grunden oder Gefalligkeit entstanden, was so tiefes Schweigen durch den
ganzen Saal verbreitete: es war ein unwillkurlicbes Gefuhl, Teilnebmung an Ariadnes
Schicksal, Hinreissung des Herzens durch Allmacht der Kunst. Dies war ein Tag
des Ruhms fur Mme. Brandes.*
In der Tat war schon ihre aussere Erscheinung aufsehenerregend,
denn sie war die erste Schauspielerin, die die einfache griechische Kleidung
wieder auf die Biihne brachte. 2 ) Ihr Anzug war von weissem, der Mantel
von rotem Atlas, vollkommen in altgriechischem Geschmack und nach
Winckelmanns Beschreibung und Zeichnungen alter Kunstwerke verfertigt,
der Kopfputz von einer alten Gemme der Ariadne genommen. Das war
in der Tat kein kleines Verdienst, denn wie schlimm es trotz dieses guten
Beispiels noch spater mit den Kostumen stand, moge man aus Schinks
Schriften ersehen: 8 )
„Heil jeder Ariadne, die in Wien von den Felsen sturzt, denn sie ersluft gewiss
nicht; die Weisheit des k. k. Theatralausschusses hat bedichtig dafur gesorgt, dass
die Wellen sie nicht begraben kdnnen; der Steifrock, den er ihr um den Leib schnallt,
wird sie sicher aufrechterbalten . . . Wenn ihre Artadnen und Medeen nur brav von
Gold und Silber strotzen, wenn sie nur mit Quasten, Franzen und Flittern wie die
Frachttiere belastet sind, wenn sie sie nur in einem micbtigen Steifrock spreizen
lassen kdnnen, so meinen die weisen Herren alles getan, so meinen sie recht kdst-
lich furs Auge gesorgt zu baben. Es kann unter der Sonne nichts Abgeschmackteres
gefunden werden als ihre Griecben und Romer: die Helden des Altertums werden zu
Seiltinzern, die sich einem geneigten Publiko produzieren wollen, so bebdndert, frisiert
und eingepudert erscbeinen sie.**
Schon wahrend der ersten Vorstellung wurde Mme Brandes von dem
gerade anwesenden Maler Krause in einer ziemlichen Anzahl der auf-
fallendsten malerischen Stellungen im Umriss aufgenommen; die vollen-
deten Zeichnungen wurden dem Herzog uberreicht. 4 ) Spater hat sie dann
der kursachsische Hofmaler Anton Graff (1736— 1813),*) der die Beruhmt-
heiten seiner Zeit zu portratieren pflegte, gemalt. Danach ist ein vorzug-
licher, von Joh. Chr. Brandes selbst publizierter Stich des pfalzischen
Hofkupferstechers Heinrich Sintzenich in Mannheim, einem Schiiler
y ) 1781, VI. Heft, S. 539ff. Auch Ifflands Lob (Dram. Werke Leipzig 1798 I.
S. 104) failt ins Gewicht.
2 ) Hamb. Adresskomptoirnachrichten 84. Stuck. Gothaische gelehrte Zeitungen
10. Stuck 1775. Epbemeriden der Lir. und d. Theaters, Berlin 1786 IV. Band,
27. Stuck. S. 3.
s ) Dramaturgische Fragmente. I. Wien 1782, S. 275 ff.
4 ) Brandes, a. a. O. S. 184.
r> ) Vgl. fiber ihn die Sammelwerke von Julius Vogel und Otto Waser (1903)
( " i m \i-\ L - Original from
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155
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Bartolozzi's, angefertigt worden. 1 ) Ein bedeutend kleineres Bild sfcellt Mme.
Brandes als Ariadne, im Kostum etwas davon abweichend, in einer Fels-
landschaft am Meer mit dem Schiff des Theseus im Hintergrund dar, 2 )
und dieses mit der Urauffuhrung des Werkes fast gleichzeitige Bild geht
wahrscheinlich auf die Originaldekoration zuruck, steht aber kiinstlerisch
dem Sintzenich'schen Stich bedeutend nach. 8 )
Bei dem ungeheuren Erfolg des Werkes und der damaligen Rechts-
unsicherheit auf literarischem Gebiete war es kein Wunder, dass sich bald
unrechtmassige Vervielfaltigungen einstellten, um so mehr, da das Werk iiber
zwei Jahre lang nur im Manuskript vorlag, und so sah sich Benda denn
Ende 1777 zu folgender Bekanntmachung 4 ) veranlasst:
„Endesunterzeichneter hat nicht ohne gerechtes Missvergnugen in Erfahrung
gebractat, dass von den beiden Duodramen Ariadne und Medea nicht nur Klavier-
auszuge, sondern sogar die Partituren an einigen Orten zum Verkauf angeboten werden.
Da nun das eine wie das andere ohne sein Vorwissen (geschweige Beiwirkung oder
Genebmigung) geschieht und sich hieraus mit Gewissheit abnehmen lisst, dass die
Partituren fluchtig und inkorrekt zusammengeschrieben, die Klavierauszuge aber um
so stumperhafter sein kdnnen, je mebr Erfahrung dazu gehort, eine solche Arbeit bei
dieser von anderen musikalischen Werken betrScbtlich abweichenden Gattung der
Natur jenes Instrumentes gemiss einzurichten; so sieht er sich genotigt, das Publikum
vor dergleicben unechten und unbefugt vertrieben werdenden Waren freundschaftlich
zu warnen und zugleich bekannt zu machen, dass ehestens von ihm selbst ver-
ansfaltete Klavierauszuge beider Stucke im Druck erscheinen werden, die Partituren
aber einzig und allein bei ibm unverfalscht und um biiligen Preis zu haben sind.
Gotha, im Oktober 1777. Georg Benda."
Im Jahre 1778 erschien denn auch wirklich ein Klavierauszug*) unter
dem Titel ^Ariadne auf Naxos. Ein Duodrama in Musik gesetzt von Georg
Benda. Klavierauszug, Leipzig im Schwickertschen Verlage", der sofort
von Gotz in Mannheim wortlich, doch mit Violin- statt Sopranschliissel,
nachgedruckt wurde. Man sollte nun meinen, dieser von Benda angeblich
verfertigte Auszug miisse alles Notwendige enthalten. Aber im Gegenteil:
1 ) Hier reproduziert. Das Gemilde erregte auf der Ausstellung der Dresdener
Akademie Aufseben. Die am 1. Mlrz 1780 datierte Ankundigung Brandes* in N. Bibl.
d. schonen Wissensch. 24. I. S. 317 f. Vgl. auch Goth. Th. Kal. 1778 S. 75, Th. Kal.
1777 S. 255. Ein weiterer Stich nach dem Graffsctaen GemSlde von Berger ist mir
unbekannt geblieben. (Lit.- u. Theaterzeitung 1782).
2 ) Tbeater-Kalender 1776.
8 ) Eine andere Szene aus Ariadne mit Mme Borchers und Herrn Opitz („Zuruck
ihr Griechen*) flndet sich im Taschenbuch fur Schauspieler, Offenbach 1779. Auch
sie geht auf die Seylersche Truppe, die damals in Mainz spielte und Sonntags in
Mannbeim gastierte, zuruck.
4 ) Auch dem ersten Klavierauszug vorgedruckt.
6 ) Das Druckmanuskript (Kopistenhandscbrift mit Autorenkorrekturen) im Besitz
von Fr. Nik. Manskopf in Frankfurt a. M.
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DIE MUSIK V. 9.
er ist schjecht und vermittelt nur ein durchaus unvollkommenes Bild der
Partitur, deren beste Stellen er willkiirlich verandert und verstummelt.
Das wies schon J. N. Forkel bald nach Erscheinen des Werkes 1 ) genau im
einzelnen nach, und er kam sogar zur Schlussfolgerung, Benda konne den
Auszug unmoglich selbst verfasst haben. Dieser Auszug gab die Musik in der
urspriinglichen, in Partitur nie gedruckten Fassung wieder, wie sie sich in
kopierten Manuskriptpartituren und Stimmen zu Mannheim, 2 ) Darmstadt 3 )
(1778 bezeichnet), Berlin 4 ) (2 Exemplare) und Wien 5 ) in einigen Details
abweichend findet. Die Originalpartitur alterer Fassung ist verschollen.
Dagegen findet sich eine von Bendas Hand geschriebene Partitur-Reinschrift
der zweiten Fassung unter dem Titel „ Ariadne auf Naxos — Ein Duo-
drama mit musikalischen Zwischensatzen von Georg Benda" (139 Seiten
fol. obi.) in der Berliner Bibliothek, ) und diese umgearbeitete Partitur
erschien 1781 mit deutschem und franzosischem Text als „vollstandigere
und verbesserte Partitur" mit einem hiibschen, Apollo und die Musen dar-
stellenden Titelkupfer von Geyser, ebenfalls bei Schwickert im Druck.
Der entsprechende Klavierauszug („nach der neuesten verbesserten Par-
titur"), der diesmal ausdriicklich Benda als Bearbeiter nennt, aber nur eine
diirftige Umarbeitung des so ungeniigenden ersten darstellt, erschien 1782
daselbst. Im Jahre 1785 kam dann noch eine Partitur „zum Gesellschafts-
gebrauch" (d. h. fiir Streichorchester ohne Blaser) heraus, die uns hier
nicht weiter interessiert. Massgebend fiir uns ist die Berliner Original-
partitur und der mit ihr identische Druck von 1782. Die Instrumentation
ist um eine zweite Oboe und eine zweite Bratschenstimme gegeniiber der
ersten Fassung bereichert, viele Zwischenspiele sind kiirzer und pragnanter
gefasst, mancher konventionelle Takt charakteristischer gestaltet und der
Text vielfach im Rahmen der Zwischenspiele anders verteilt. Der Schluss
erscheint wesentlich gekurzt.
Sehen wir uns nun das Werk naher an, so finden wir, dass es fur
ein aus Streichquartett, 2 Floten, 2 Oboen, 2 Fagotten, 2 Hornern zusam-
mengesetztes Orchester geschrieben ist, dem sich zum Schluss noch ein
Paar Pauken und gelegentlich hinter der Szene 4 Trompeten 7 ) gesellen.
') Mus. Krit. Bibliothek 1779. III. S. 260ff.
2 ) Theaterbibliothek.
a ) Hofbibliothek.
*) Konigl. Sffentl. Bibliothek.
5 ) k. k. Hofbibliothek.
6 ; Nach Dr. Kopfermanns Mitteilung aus Georg Polctaaus (1773—1836) Besitz,
der bekanntlich eine Reihe der wertvollsten Manuskripte umfasste.
7 ) Viele Theater, die nicht soviele Trompeten besetzen konnten, arrangierten sich
die Fanfare, wie aus den Stimmen ersichtlich. Die Besetzung der Stretcher variierte
sehr. Darmstadt z. B. hat 6 Stimmen (darunter eine Prinzipalstimme) fur die erste,
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
w Bewunderung und Ehrfurcht nehmen meine game Seele ein, so oft ich nur
eine Partitur von Benda vor mich nehme oder eine seiner Arbeiten auffuhren tadre.
Seine Ariadne — welche gluhende hochstrebende Phantasie und reicbe Erfindungs-
kraft! Wie so tief alles uberdacht! Wie so tief alles im Innersten empfunden! Bald
geht die Musik voraus, bald mit der Deklamation zugleicb, bald binter der Deklamation,
um die Leidenschaft und die daraus entspringende Handlung vorzubereiten, zu unter-
stiitzen, zu erhohen und fortzufiihren, wenn der Schauspieler oder die Schauspielerin
den inneren Drang selbst nicht mebr auszudrucken vermochte. Wie ist alles so neu
und doch so watar, so mannigfaltig und doch so ubereinstimmend!"
So schrieb der Berufensten einer, Ch. G. Neefe, im Jahre 1777, 1 ) und
auch heute noch vermogen wir, sind wir nur urteilsfrei genug, diesem
Urteil im wesentlichen zuzustimmen, denn in der Tat, in diesem Werke
gibt sich eine erstaunliche Pragnanz der Erfindung und Sicherheit der
Faktur sowie ein nicht gewohnliches dramatisches Talent zu erkennen.
Gerade die Kurze der Zwischenspiele stellt an die Erfindungs- und Ge-
staltungskraft des Komponisten die grossten Anspriiche, und Benda hat sie
glanzend erfiillt.
Was Rousseau mit seinem „ Pygmalion" eigentlich beabsichtigte, habe
ich in meinem diesem Werke gewidmeten Buche 2 ) gezeigt; ich musste
dort scharf betonen, dass Rousseau keinesfalls als der Erfinder dessen, was
wir heute „Melodram tt zu nennen pflegen, anzusehen ist, ja, dass er die
Gleichzeitigkeit von gesprochenem Wort und Instrumentalmusik ausdriick-
lich und mit den scharfsten Ausdriicken perhorreszierte. 3 ) Rousseau sowohl,
als auch der mit seinen Intentionen vertraute Coignet beschrankten sich
daher auf relativ grossere Instrumentalzwischensatze, die nur den Zweck
hatten, die Pantomimik des Schauspielers zu unterstiitzen. Benda dagegen
geht in zwiefacher Beziehung weiter und schafft dadurch etwas prinzipiell
Neues: zum ersten unterbricht er die Rede ofter und durch kurze
Zwischensatze, die nicht immer der pantomimischen Begleitung, sondern
sogar meist nur der musikalischen Erlauterung der vorangegangenen oder
folgenden Worte dienen, und seine kurzen pragnanten Motive steigern sich
je nach dem Grade der auszudriickenden Leidenschaft thematisch in durch-
aus freier Modulation und wiederholen sich leitmotivisch. Bendas
„Ariadne" ist somit das erste musikalisch-dramatische Werk, das
vollstandig mit der alten Opernform gebrochen hat. Da gibt es
weder Arien noch Rezitative mehr: die Musik folgt ausschliesslich dra-
matischen Gesetzen. Ein Schritt nur — namlich vom gesprochenen
Wort zum gesungenen — und Benda ware der Schopfer des modernen
ebensoviel fur die zweite Violine, 2 Viola- und 3 Basstimmen; Berlin nur 3 erste,
zwei zweite Violin- zwei Viola- und eine Basstimme.
J ) Goth. Theaterjournal 1. St. 74.
-) Vgl. oben.
3 J Vgl. insbesondere Exkurs No. 2 auf S. 72 meiner Arbeit.
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DIE MUSIK V. 9.
Musikdramas geworden. Und merkwurdig, dieser Schritt, den Benda nicht
machte, wurde von einem unbekannten Italiener ausgefiihrt: in der Dres-
dener Hofbibliothek findet sich eine hochst ratselhafte Partitur, die nichts
anderes ist, als eine wortliche italienische Ubersetzung des Brandes'schen
Textes, gesungen zu Bendas Musik, an der nichts geandert wurde, und
zu der nur Rezitative hinzugesetzt sind. An alien Stellen, wo Benda zur
Musik s pre chen Hess, wird bier zur gleichen Musik (gewissermassen im
obligaten Rezitativ) gesungen, und so erhebt sich der Schluss wirklich
zu musikdramatischer Grosse. Ich gebe als Beispiel die ersten (der in
Es-dur schliessenden Ouvertiire unmittelbar folgenden) Takte und bemerke,
dass sowohl Theseus (wohl von einem Kastraten gesungen) wie Ariadne
und die Orcade Altpartieen sind:
No. 1.
Theseus.
P9=7^
B$S5EI3£
Ve-der-la io
I
5EEE
^m
*=3&F*=*
vog-lio una sola vol-ta an-
-fe=t8-
cora,restremoad
zsz.
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*•
(V=?-
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J=t-
di - o
vo
£
¥
dar - le.
— 1.* — • — **» — v-*—
— «•- — -
tuttt
usw.
3E
Die Partitur tragt den Titel: „Teseo ed Arianna, Duodrama del Signor
Georgio Benda, Maestro di Capella di S. A. il Duca di Sassonia-Gotha*
Rechts oben in der Ecke steht der Name Sacchetti. Wer dies gewesen, 1 )
wie der Betreffende auf die so fruchtbare Idee gekommen, ob die Partitur
je aufgefuhrt worden, woher Fiirstenau, aus dessen Besitz das Alanuskript
J ) Ich vermute, die einst beruhmte Altistin Bianca Sacchetti (Bianchetta), uber
deren Lebenslauf nichts naheres bekannt ist (vgl. Schilling, Enc\clopadie der musik.
Wissenschafren. Neue Au^gabe. Stuttgart 1840. 6. Band. S. 110). Fur sie schrieb
namhch Haydn im Jahre 17S9 die Kantate Arianna a Naxos mit Klavierbegleitung,
die cbcnfalls in Es-dur beginnt. (vgl. C. F. Pohl, Jos. Haydn. Leipzig 1882. 2. Band.
S. 237, wo allerdings der Name Sacchetti nicht vorkoinmt.)
H:
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
159
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
stammt, es hatte — , nichts war zu ermitteln. Und so ist denn ein genialer
Gedanke vergessen worden, wahrend im darauffolgenden Jahrhundert das
auch ihm zugrunde liegende Prinzip sich die Welt eroberte.
Der zweite Punkt, in dem Benda etwas prinzipiell neues schuf,
besteht in der erstmaligen Verwendung von gesprochenem Wort und Instru-
mentalmusik zu gleicher Zeit. Benda ist also der Erfinder des Melo-
dramas im modernen Sinne, und auf diesem melodramatischen Ele-
ment beruhte auch die unerhorte Wirkung, die das Werk auf sein erstes
Publikum hervorbrachte. Aber das Nebeneinander von Musik und Dekla-
mation entwickelte sich hier naturgemass erst aus dem Nacheinander. Das
erste Beispiel dieses Gebrauchs zeigt das deutlich und lasst es zunachst
im Unklaren, ob der Komponist wirklich mit Absicht eine Neuerung ein-
fiihren will oder nicht. Wenn namlich Theseus spricht, wahrend hinter
der Szene Fanfaren ertonen, so stellt dies eine zufallige Verbindung von
Rede und Musik dar, wie sie sicherlich auch schon friiher im rezitierten
Schauspiel sich ergeben hatte — man braucht nur z. B. an die Schlachten-
szenen im letzten Akt des „Julius Caesar" zu denken. Allein Benda hatte,
wie sich aus den Partituren der ersten Fassung und sogar aus der Original-
partitur zweiter Fassung ergibt, urspriinglich noch den Theseus an dieser
Stelle in der (Achtel-) Pause zwischen der Fanfare sprechen lassen, wahrend
er hingegen in der gedruckten Partitur ausdriicklich hinzufiigt: n Dies sagt
er unter dem Schall der Trompeten, die sich in der Feme horen lassen."
An der zweiten Stelle ist der gleichmassige Gebrauch von Musik und
Deklamation auch noch gewissermassen motiviert, obgleich hier schon die
Begleitmusik aus der realen Sphare, der die Fanfaren angehoren, in die
ideale des Orchesters, das freilich hier ein Naturgerausch imitiert, aber
damit auch zugleich stilisiert, geruckt ist. Wahrend namlich die Musik dieses
Brausen tonmalerisch darstellt, fragt Ariadne („unter der Musik", wie
Benda ausdriicklich vorschreibt): „Was bedeutet das Brausen im Walde?"
No. 2.
„Was bedeutet das Brausen im Walde?"
Hier richten sich Musik und Deklamation nicht nach einander, und es wird
nur eine ungefahre Gleichzeitigkeit erstrebt; um so interessanter sind die
nachfolgenden Stellen der Art, die durch Verbindung des Klangcharakters
der Stimme mit gewissen instrumentalen Effekten absichtlich die Wirkung
des Grausigen zu verstarken suchen. So tremolieren die Streicher auf drei
11 *
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160
DIE MUSIK V. 9.
gehaltenen Akkorden, die jedesmal bei den hervorgehobenen Worten
wechseln: „Ach nicht diese langsame Todesangst, nicht diesen unaufhor-
lichen Tod! Endiget meine Qualen! Vernichtet mich durch eure Blitze!"
Auf das Wort „Blitze a tritt dann ein erregtes d- moll -Allegro ein, wahrend
vorher Benda bemerkte: „Sie fahrt bei dieser Stelle ununterbrochen unter
den Haltungen der Musik fort, und die Musik richtet sich nach den unter-
gelegten Worten." Benda und seine Nachfolger kennen iiberhaupt nur
diese zwei Arten der Verbindung von Musik und Deklamation; die dritte Art,
wobei sich die Deklamation rhythmisch geregelt nach der Musik zu richten
hat, eine Verwendung, die das moderne Melodrama fast ausschliesslich bevor-
zugt, ist erst neueren Ursprungs und geht auf C. M. v. Weber („Preziosa tt )
zuriick. 1 ) An einer weiteren ahnlichen Stelle heisst es: „Die blasenden
Instrumente halten die ganze Note so lange aus, bis die Worte ,Horch,
welch Geheul' ausgesprochen sind." Am interessantesten sind jedoch die
zehn letzten Takte des Werkes, wo Ariadne unter fortdauernder Sturm-
und Gewittermusik Verzweiflungsrufe ausstosst, bis sie schliesslich ins
Meer sturzt. Auch hier fiigt Benda ausdriicklich hinzu: „Sie fahrt unter
der Musik fort." Damit nun aber Deklamation und Musik sich nicht gegen-
seitig hemmen, lasst Benda ersterer vollig freien Spielraum und gibt in
der Musik einen Takt zu, der solange wiederholt wird, bis Ariadne ins Meer
sturzt; in diesem Moment fiihrt die Musik einen Gang aus, der das Herab-
sturzen malt, worauf nach einigen Takten das Werk zum Abschluss kommt.
Uberhaupt nimmt die musikalische Malerei in dem Werke einen
breiten Raum ein. Das Toben des Meeres, das Zucken der Blitze, das
Heulen des Sturmes, das Brausen des Waldes, das Aufgehen der Sonne
findet ebenso seinen treffenden Ausdruck, wie das Seufzen der verlassenen
Ariadne, das Wallen ihres Busens und das sie iiberwaltigende Grauen in
der Einode. Da ich fiber die Tonmalerei noch im Zusammenhang sprechen
werde, will ich hier nur einer Stelle ge^enken, die um so merkwiirdiger
ist, als sie sich ausschliesslich in der alten Fassung der Partitur befindet
und die Griinde, die Benda zu ihrer Umarbeitung (in diesem Fall: Ver-
schlechterung) veranlassten, nicht recht ersichtlich sind — er miisste
gerade um jeden Preis haben kiirzen wollen. Zu den Worten der Ariadne
„Der Lowe briillt" ertont ein charakteristisches Motiv: 2 )
No. 3. Viol. Br. Vc. u. Fg. unisono
Cb. ^
! ) Ein derartiger Versuch Neefes in seiner autographen w Sophonisbe a -Partitur
blieb ohne praktische Wirkung, ist auch nie im Druck erschienen.
2 ) Man wird unwillkurlich dabei an den Wurm Fafner erinnert.
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r J ::,] :i/ f ^ :;.y ^ K K )^ 1 1 UNIVERSITY OF MICh
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Wenige Takte spater heisst es nun: „Du jagst im fernen Tale nach
Lowen und Tigern und verlasst Deine Ariadne, die fur Deine Seele zittert,"
— und diesen Worten folgten zwei Takte, deren erste Fassung man im
folgenden Notenbeispiel findet:
No. 4.
Oboe
Ee:
i i
MrlLlz
jL 9 ^
Viol.^
Br. Vc. Cb. =
:j =j~q—
I ! 'I
l?0
=£
*
Wie vortrefflich spiegelt die iiber dem Tremolo der Violinen wimmernde
Oboe die zitternde Ariadne wieder, wahrend dazu in den Bassen das
dumpfe Gebriill des Lowen ertont — ein Kabinetstiickchen musikalischer
Malerei, das Benda leider in der neuen Fassung bis zur Unkenntlichkeit
entstellt hat:
Fl. u. Ob. ; ===
'IIP
No. 5.
Vc. Cb.
+ ^
Hier schon fallt die Verwendung des gleichen Motivs zur Charakterisierung
des briillenden Lowen auf, sehen wir aber naher zu, so finden wir in der
„Ariadne* eine ganze Reihe von leitmotivischen Bildungen, 1 ) die freilich
noch nicht im modernen Sinne, psychologisch abgewandelt, verwendet
werden, und mehr der GrStryschen Art des Erinnerungsmotives 2 ) ahneln
(vielleicht von diesem beeinflusst?), also meist wortlich — sogar in der
gleichen Tonart — wieder auftauchen, aber doch schon hie und da inter-
essante Modifikationen aufweisen. Gleich das Vorspiel, das keine Ouver-
tiire im eigentlichen Sinne, sondern mehr eine Einleitung zur ersten Szene
darstellt, bringt nach zwei Takten feierlichen Ernstes ein Motiv, das offen-
bar die Entschlossenheit des Theseus charakterisiert und mit seinen rollen-
den 64stel des ofteren in diesem Sinne — auch etwas verandert als Bass-
figur — wiederholt wird, wahrend das sich anschliessende synkopierfe
*) Da die Partitur der ^Ariadne" gedruckt zuganglich ist, kann ich mir die
Wiedergabe einer grosseren Anzatal von Notenbeispielen daraus hier ersparen.
*) Ansltze dazu flnden sich schon in den Ritornellen Monteverde's.
Y.:y\i
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
162
DIE MUSIK V. 9.
Motiv ebenso wie das zweite durch den Wechsel von forte und piano aus-
gezeichnete wohl auf Ariadne sich beziehen. Die Ouvertiire wird dann stiick-
weise als Einschiebsel zwischen den Monolog des Theseus verwendet und
spater mit kleinen Abanderungen bei der Klage der Ariadne „hier bin ich nun
verlassen" wiederholt. Auch das Ariadnens Lieblichkeit symbolisierende
D-moll-Motiv der Solo-Oboe („und ich sollte sie verlassen") taucht (in
gleicher Tonart) wieder auf, wenn Ariadne den Namen des Ungetreuen im
Schlafe ruft. Ein weiteres Motiv der Solo-Oboe, die auch hier Ariadnen
beigegeben ist, kehrt jedoch bei seiner Wiederkehr eine Stufe hoher wieder.
(Ariadne regt sich und seufzt [C-dur]; er will abgehen, bleibt stehen und
sieht sie mit Wehmut an [D-dur].) Dass das Trompetensignal dreimal
wortlich wiederholt wird, versteht sich aus technischen und asthetischen
Griinden von selbst. Eine wie eine Vorahnung der Beethovenschen „Szene
am Bach" klingende liebliche Stelle, welche die Wonnen des Liebesgluckes
malt („Diese Insel war unsrer Liebe Elysium"), ist bei der Wiederholung (zu
den ersten Worten der erwachenden Ariadne) ebenfalls wortlich beibehalten.
Anders steht es dagegen mit den Motiven des Gewitters:
No. 6.
und des Blitzes:
No. 7.
usw.
die im letzten Drittel des Werkes haufig wiederkehren und dann des
Ofteren etwas verandert sind.
Dass die „Ariadne a binnen kurzer Zeit in Gotha zehn Auffiihrungen
erlebte, wurde bereits erwahnt. Von ihrer grossen, nachhaltigen Beliebt-
heit auf den iibrigen Biihnen mogen folgende Daten zeugen: in Berlin
wurde das Werk am 23. August 1776 zum erstenmal unter Dobbelin ge-
gegeben und 35 mal wiederholt; ja, der Andrang war so gross, dass die
Vorstellungen ins Monbijou-Theater verlegt werden mussten. 1 ) Bis 1833
fanden noch weitere 49 Vorstellungen statt. In Hamburg war das Werk
nachst dem „Hamlet" das beliebteste Repertoirestiick. Am 6. September 1776
zum erstenmal mit Dorothea Ackermann und Brockmann gegeben, wurde
es im gleichen Jahre noch 7 mal wiederholt. 2 ) In Mannheim, wohin
1 ) A. E. Brachvogel: Geschichte d. kgl. Theater in Berlin 1877. I. S. 272.
2 ) Vgl. J. F. Schutze: Hamburg. Theatergescbichte 1794. S. 450, sowie Litz-
mann: Fr. L. Schroder, Hamburg 1894, II. S. 240.
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Original from
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
sich Seyler spater wandte, kam die „Ariadne a in den Jahren 1778 — 1803
19mal zur Auffiihrung, 1 ) zuerst mit Minna Brandes. 2 ) Dass Schikaneder,
der Dichter der „Zauberflote a , in Stuttgart 1778 den Theseus spielte, sei
der Merkwiirdigkeit halber registriert. In Weimar Hess Goethe das Werk
wahrend seiner Direktion von 1793 — 1814 12 mal auffuhren, wobei man
berucksichtigen muss, dass 1793 die Monodrambewegung schon stark ab-
gewirtschaftet hatte. 8 )
Dennoch hielt sich das Werk bis tief ins 19. Jahrhundert hinein und
wurde spater noch in Berlin und Miinchen, wie vorhandene Partituren be-
weisen, in einer ziemlich willkurlichen Neubearbeitung und Instrumentie-
rung von H. L. Ritter von Spengel gegeben. 4 )
Ein Reihe von Urteilen aus spaterer Zeit will ich hier noch anfuhren:
C. F. D. Schubart schrieb wahrend seiner Gefangenschaft auf der
Festung Hohenasperg (1777— 1787): 6 )
„Benda hat noch dies ganz eigene, dass er, gegcn das Herkommen, den Kontra-
punkt auch im dramatischen Stil anwendet. Er war der erste, der die musikalischen
oder deklamatorischen Dramen in Aufnahme brachte und die Sprache des Scbau-
spielers durch seine Zaubermelodieen hob. Diese seine grosse Erflndung ist unter
dem Namen Melodram bald in ganz Europa mit allgemeinem Beifall aufgenommen
worden. Durch sie ist die Wurde der Deklamation auf den lussersten Gipfel erboben.
Jedes Zeichen der Bewunderung, Ausrufung, Frage, jedes Komma, jeder Ruhepunkt,
jeder Strich des Denkens oder der Erwartung, jedes auflodernde oder sinkende Ge-
fuhl des Deklamators; jede kaum merkliche Verflossung der Rede wird durch diese
Art der Tonkunst ausgedruckt. Zuweilen sturzt auch die musikalische Begleitung
in die Rede selber, aber nicht, sie zu ersaufen, sondern sie auf ihren Fluten zu tragen,"
Reichardt berichtet 1782: 6 )
„Briefe aus Gotha und Leipzig verkundeten mir die Erscbeinung der Ariadne.
Da entstanden bei mir allerlei Rasonnements von unnaturlicher, ubeltonender Ver-
einigung der Rede und Musik, von unzeitiger Unterbrechung der Handlung durch
Zwischenspiele usw. . . . Die Ouverture hub an . . . Des Vorhangaufziehens war ich
mir, hingerissen durch die unaussprechlich heniiche Ouverture, schon kaum halb-
bewusst; so war das Stuck zu Ende und ich stand, von namenlosen Gefuhlen durch-
drungen, hin und bergeworfen, meiner selbst unbewusst, wie angezaubert da . . .
Hinterdrein, da ichs zehn-, zwolfmal gesehen hatte, da beobachtete ichs wohl, dass
an jenen Einwurfen, die die Spekulation macht, wohl etwas wire, aber Bendas Genie
*) Nach dem alphabetischen Repertoire bei Dr. Friedr. Walter: Archiv und Bib-
liothek des grossh. Hof- und Nationaltheaters in Mannheim. Leipzig 1899. II.
2 ) Pichler: Chronik des Theaters in Mannheim. S. 44.
3 ) Die Daten der Erstauffuhrungen sind von Bruckner (Sammelbande der Int.
M. G. 5. Jahrgang. S. 609 f.) zusammengestellt.
4 ) Die Originalpartitur in der Berliner Bibliothek; ein weiteres Exemplar in der
Munchener. Der genaue Zeitpunkt ihrer Entstehung und Auffuhrung ist nicht fest-
zustellen; ich vermute ca. 1850.
5 ) Gesammelte Schriften Stuttgart 1839, V. S. 120f.
6 ) Musik. Kunstmagazin. S. 86.
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DIE MUSIK V. 9.
hat einen solchen Zauber uber das Ganze gegossen, dass die Wirkung seiner Musik
bei jedem Menschen von GefQhl alles Rasonnement bei weitem uberstimrat."
Und im „Musikal. Almanach 1796 a schreibt er:
„Eine so ecbt genialische Musik war in den Mauern unserer deutschen Schau-
spielhauser noch nicht erschollen. Ganz Deutscbland weiss aucb, welcb allgemeine
im deutschen Publikum bis dahin unerhorte Wirkung sie von Wien bis Hamburg,
von Berlin bis Mannheim und auf alien grossen und kleinen Theatern hervorgebracht."
Gerber sagt in seinem Lexikon: 1 )
„Wem ist nicht beim Anhoren seiner , Ariadne auf Naxos' Furcht und Freude,
Leben und Entsetzen angekommen? Wer ist nicht aus sich selbst gesetzt worden?
Er brachte das Duodrama, worin nicht gesungen wird, wo aber das Orchester gleich-
sam den Pinsel bestandig in der Hand halt, diejenigen Empfindungen auszumalen,
welche die Deklamation des Acteurs beseelen."
Weitere Urteile von Michael Kelly 2 ) und D. Huber 8 ) wortlich
anzufiihren, kann ich mir versagen. Der Erfolg der „ Ariadne" reichte sogar
fiber die Grenzen des heiligen romischen Reiches deutscher Nation hinaus.
Am 20. Juli 1781 wurde das Werk mit Mr. Michu und Mme. Verteuil in
franzosischer Sprache 4 ) unter der Direktion Bendas an der „Com6die
italienne" zu Paris aufgefiihrt. Reichardt 5 ) spricht davon, dass die Konigin
Marie Antoinette, der die „ Ariadne" von Wien aus bekannt gewesen, zwei-
mal personlich an Benda geschrieben und ihn eingeladen habe. Es fehlt
jedoch hierfur jeglicher Anhaltspunkt. Nach Schlichtegroll schrieb eine
Mme. Zernitz, die durch Gotha nach Paris reiste, ofter an Benda, er solle
sein Werk selbst dirigieren. Trotzdem Zacharia in seinen „Tageszeiten" °)
singt:
„Und Benda von ewigem Nachruhm
Fasst den gewaltigen Bogen. Die Herzen schmelzen und neidisch
Horen die Welschen ihm zu."
scheint der Erfolg nicht den Erwartungen entsprochen zu haben. Nach
Schlichtegroll war der Beifall geteilt, F6tis 7 ) behauptet sogar, das Werk
habe gar keinen Erfolg gehabt („n'ayant point eu de succ&s"). So schlimm
war es nun jedenfalls nach den vorliegenden Berichten nicht, wenn auch
die Franzosen das Werk scharf kritisierten. Grimm 8 ) schreibt dariiber:
„Quoique Arianne abandonnee n'ait pas eu a Paris le succes eclatant que son
traducteur nous assure qu'elle a eu et qu' elle a encore sur tous les theatres du Nord;
l ) 1790. I. S. 134f.
-) Lebenserinnerungen (1764 — 1826) Allg. Mus. Ztg. 1880, S. 325.
T ) „Tamira* nebst einer Abhandlung uber das Melodram. Tubingen 1791. S. 81.
4 ) Arianne abandonnee dans Tile de Naxe, m£lodrame, traduit par Du Bois,
Paris, Bonnet 1781.
:> ) Mus. Kunstmagazin Berlin. 1782. S. 87.
e ) Forkel: Kritische Bibliothek 111. S. 346.
•) Biographie universelle I. S. 235.
*) Correspondance litt. (Edition Gamier) XII. S. 534.
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
quoiqu'on ait trouvS la sc&ne longue et meme un peu monotone, on y a remarque"
plusieurs beaux mouvements, des traits d'une podsie vive et passionee. La musique
sans avoir cette £16gance de style contenue qui semble n' appartenir qu'aux maitres
de P6cole italienne est faite avec chaleur et pleine d'expression: elle est surement
fort superieure aux deux musiques du Pygmalion de Rousseau." J )
Eine sehr ausfiihrliche, 6 1 2 Seiten umfassende Besprechung brachte der
„Mercure de France* 4 .-) Feinsinnig wird hier die dramatische Schwache
der Dichtung eingehend nachgewiesen und ihr die Leidenschaft des
Rousseau'schen w Pygmalion a gegenubergestellt. Dann fahrt der Kritiker fort:
„Nous ajouterons que, si ce genre a des difficultes, c'est pour le musicien, par-
ceque la necessite, ou il se trouve, de ne pas faire languir Taction ne lui permet que
tres rarement de d£velopper ses motions, parcequ'il est force' de jeter de temps en
temps ca et la quelques traits tout au plus indicatifs de ces id£es et le plus souvent
vagues et sans aucune expression. Heureux quand il rencontre une situation qui,
obligeant l'acteur au repos, laisse au compositeur la liberte de donner une ma re he
a son style.
C'est ce qui est arrive* a Mr. Benda dans son Arianne ou Ton trouve d'ailleurs
une belle facture, beaucoup d'taarmonie et Tart de rendre de grands eflPets par des
moyens simples et sagement combines. On y distingue aussi de temps en temps des
traits de mglodie, mais rares, appartemment parceque ce sujet n'en comportait qu'un
petit nombre.
Au total: Mr. Benda a paru digne du succes qu'il a eu en Allemagne et on a
regrettS qu'un musicien de son m£rite ait paru si tard en France. "
Tatsachlich hat also Benda bei den Franzosen Anklang gefunden,
und er selbst bezeugt dies (allerdings einige Jahre vor der ersten Pariser
Auffiihrung) in einer Zuschrift an das Theaterjournal, 8 ) das im Anschluss
an Rousseau's „Pygmalion a behauptet hatte: 4 )
„Ein beruhmter franzosischer Scbauspieler, dem man eine Obersetzung der
Ariadne geschickt hatte, sagte: ,Vielleicht ist diese Epoche auch bald in Deutscbland
vorbei'."
Die selbstbewusste Antwort Bendas hierauf ist jedenfalls von Interesse:
„Lacherlicher Schluss eines beriihmten franzosischen Schauspielers, dessen
Einbildungskraft sich nicht einmal aber iiber das, was Pygmalion ist, erstreckt, weil
er nach diesem Versuche das ganze Fach beurteilt. Wenn dieser angeblich beruhmte
franzosiscbe Schauspieler sich von dieser Art Begriffe machen wollte, so hatte er sie
nicht in Paris auf seiner Stube oder wahrend der Vorstellung des Pygmalion, sondern
vielmehr in den Parterren zu Gotha, Leipzig, Dresden, Berlin und Hamburg sammeln
sollen, wo das erste deutsche Duodrama, Ariadne, mit allgemeinem Beifall aufgenommen
und allein zu Berlin 30mal aufgefuhrt worden ist. Ja, was sage ich? Nicht den
Deutschen allein hat Ariadne gefallen, sie hat auch den in Deutschland befindlichen
Franzosen gefallen, ja sogar auf dem franzosischen Theater zu Berlin gefallen, wo
*) Naturlich sind hier Coignet's und Baudron's Kompositionen gemeint.
*) 28. Juillet 1781. S. 178.
3 ) 1777, 3. St. S. 17.
4 ) 1777, 2. St. S. 143.
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DIE MUSIK V. 9.
dieses Stuck doch jSmmerlich verhunzt wurde. Wie geht das zu, wenn es wahr ist,
dass den Franzosen diese Gattung uberhaupt nicht gefallt? Fiel denn die Vorstellung
der Medea weniger glucklich aus? Und wenn, wie ich doch nicht gewiss weiss,
einige andere Versuche nach Ariadne und Medea minder glucklich waren, lag da die
Schuld in der Natur und dem Wesen der Gattung oder nicht vielmehr in der Aus-
arbeitung oder der Vorstellung? Und ist nicht endlich das neueste Produkt dieser
Art, Cephalus und Pocris, 1 ) nach den offentlicben und Privatnachrichten in Hamburg
mit allgemeinem Beifall aufgefuhrt worden? Nach drei Beispielen haben wir unserem
beruhmten franzosischen Schauspieler weiter nichts zu sagen, als dass sich dieses
Fach ein ebenso langes Dasein als jede andere dramatische Gattung zu versprecben
habe, so lange gewisse Dichter und Tonsetzer jenes, sowie diese, ihrer Bearbeitung
und Vervollkommnung nicht unwurdig achten werden. G. B e n d a. a
Der grosse Erfolg der „Ariadne u veranlasste natiirlich Spassmacher zu
Parodieen. 2 ) Die eine dieser Parodieen, von Joachim Perinet in Wien
herriihrend und von Satzenhoven komponiert, ist in Textbuch*) und Klavier-
auszug 4 ) gedruckt. Sie ist ein Kind echten Wiener Humors. Der musi-
kalische Scherz besteht darin, dass Bendas Malerei travestiert und iiber-
trieben ist oder dass zu ernsten Stellen Landler und Gassenhauer („Ei,
du lieber Augustin") etc. gespielt werden. Dazwischen werden Kuplets
gesungen. Natiirlich endigt das Stuck nicht tragisch. Nach den letzten
Brandes'schen Worten der Ariadne heisst es: „sie tanzt den Berg hinunter
und legt sich langsam ins Wasser". Und nun gibts ein tolles burleskes
Nachspiel: Theseus kommt mit den Griechen, die er beim Schopf gepackt
hat, zuriick, Ariadne erhebt sich aus dem Wasser, und nach einer grossen
Versohnungsszene versichern sie: sie seien „ewig ein' Seel' und ein Leib-
chen". Ariadne aber ruft aus: „Meinen Theseus kann ich kiissen, ich will
nix von Wasser wissen* 4 , worauf sie in die „Sieben Churfiirsten" (ein
Gasthaus in der Leopoldstadt) zu Bratel und Wein unter Gesang und Tanz
abziehen. Sehr witzig verspottet Perinet namentlich auch den Hauptfehler
des Stiickes, die schwachliche Motivierung des Theseus-Abschieds und die
klagliche Gestalt des Helden selbst. So lassen die Griechen aus dem
') Von Reichardt.
2 ) Von einer ernsten Nachahmung berichten die Gothaer gelehrten Zeitungen
1778, S. 376 aus Amsterdam: „Herr Just hat das bekannte Duodrama Ariadne auf
Naxos nach einer neuen franzosischen Ubersetzung komponiert, und im kunftigen
Monat Julius wird solches zu Paris aufgefuhrt werden. Wir haben diese Nachricht
aus einem Brief des Herrn Just an einen seiner hiesigen Freunde gezogen."
:t ) Ariadne auf Naxos, travestiert. Ein musikalisches Quodlibet in einem Auf-
zuge mit neuen Musiktexten von Joachim Perinet, Dichter und Mitglied der k. k.
privil. Schaubuhne in der Leopoldstadt. Die Musik von Herrn Satzenhoven. Wien 1803.
A ) Die travestierte Ariadne auf Naxos, eine musikalische Laune oder Quodlibet
als Drama in einem Aufzuge furs Fortepiano von Friedrich Satzenhoven. Wien bei
Joseph Ecker auf dem Graben.
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ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Schiffe start der Trompetenfanfaren ein lustiges Kneiplled ertSnen, dem
natfirlich der wackere Theseus nicht widerstehen kann, und er selbst betont
immer, was er fflr ein Kerl sei: H Ich hab 1 kein Karasche, drum bin icb
kein Held" usw. Das Textbuch ist schon Bhnlich der Art Offenbacbs ge-
balten, doch herrscht start der Pariser Lasrivitfit nocb der bannlosere
Wiener Humor.
Eine zweite Parodie: 9 Ariadne auf Naxos, ein tragikomjsches Trio-
drama* von August von Kotzebue 1 ) ist dagegen sehr sctiwBchlich. Sie ist
aus albernen und pltirapen, meist geradezu schlupfrigen Witzen zusammen-
gesetzt, und die literarischen Gegner Kotzebues, besonders Schlegct mit
seiner w Lucinde% bekomraen manchen Seitenhieb ab. Ich bezweifle sebr,
dass diese Parodie, zu der die Bendascbe Originalmusik gespielt werden
sollte, iiberhaupt je zur Auffuhrung kara. Eine weitere 1777 anonym
erschienene Parodie w Theseus ohne Ariadne auf Naxos" 9 ) habe ich nicbt
aufgefunden.
l > Gritz 1805.
*) Verzeicbnet taei A. K5*tcr: V D« lyriscbe Drama 4 (Preuuiache Jihrbiicher 68.
188 ft)
Portsetzuog tolgt
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
WE VERVOLLSTANDIGUNG von
MOZARTS GROSSER C-MOLL MESSE
DOHCH ALOIS SCHJUTT
IN ffiREM VSRDBGAtfQ NACH AUTHflHTlSCHBM
Q0BLLBH DARCESTBLLT
^,
Ich hatte Schmitt flber daa hier in Ffige etebende Kyrio K. 323,
dms jetzt das ,et rworraxlt* der grossen Messe blldet, alios hiatorisch
ttberlieferte mitgetetlt, docb war or jedenfalls damals noch u angcgriffen
ton seinem Unfalt, urn elles das xn lesen, und so scbreibt or im
10. September:
Jhre Attseeraag betr. dss »rmmxif rattebe Ich vtsdarem nicbt HWtn Kept
fat voU tdtneta smarten. Sle safes: Jetit bin lob fiberungt*. Tom? Daea das
Stflek nicbt mf Kyrie ksmpenlert lit? Die pgfi GescUdite StadlaftFaehs, via Sle
■I* mlr Jam mlttstlsn, steht anf tehr sebwachtn Fflaeen nod boOifct mlch is
melner Amubme-**)
Sowelt nnsere enF die Mesaenarbeit bezflglicbe Korrespondenz aus
dem Sommer 1900. Nach der Rflckkehr musste sich Schmitt noch einige
Zelt aehr schonen trod konnte alch vonig mit der Mease beschlftigen.
Doch es denerte nicbt lange, ao zog es ihn wieder zu dem Werke, und
vir kamen immcr wieder auf das , Credo" zu sprechen. Schmitt machte
dabei gelegentlich die Bemerkung, diss das gpwlhlte „Cruciflxus* aus
K. 139 docb nicbt wQrdig genug sei, urn in dieser Mease Plate xn finden,
und so brachte icb ihm eines Sonntags im November 1900 die erstmalig
in der Geaamtausgsbe verOffentllchtc Chorskizze »zu einem Requiem",
KSchel, AnhangNo* 21 1 einen kurzen Satz in c-moll fQr vier Singstbnmen
mit Instramentalbass, desaen Autograph ich spiter aoch in der Berliner
Bibliothek eingesehen babe, als ich rair die herrliche Origlnalhandachrift
der c-moll Mease von Dr. Kopfennann zeigen Hess. Schmitt flberflog den
kurzen Satz, der als Text stellenweise die Wortc: M Lacrimosa qua
resurget ex fkvilla* entfallt und erkiarte ihn safort fijr eine wurdige nnd
■) V*L II. Mftwt-Heft dar *Muiik* (J»hrfr V, Heft 7),
*) Vgl. hieran die bei KOchel 323 la dor Anmerknng wtodergefebene MitteiluDf
Sttdler* vom % April 1800.
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169
— LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE =5
passende Unterlage zu einem „Crucifixus". In einigen Tagen hatte er
das Stuck instrumentiert und den Text unterlegt. Da nun aber eine
Transposition (nach d-moll) hier nicht moglich war, musste auch die
des „Resurrexit tt wieder fallen und dieser Satz leider nach C-dur zuriick-
wandern. Damit war die Tonartenfrage wieder akut geworden, und es
musste nun nach dem „et in spiritum sanctum" (G-dur) die Es-dur Tonart
eintreten, um den c-moll Charakter des Werkes auch in der Mitte besser
zu wahren. Zudem verwarf Schmitt nun auch das Stuck, das bisher
das „et unam sanctam" ersetzte (aus K. 66) als zu unbedeutend. Da ich
gelegentlich einmal vorgeschlagen hatte, man konnte an dieser Stelle
zweckmassig beim „et unam sanctam" auf das erste Credomotiv zuriick-
gehen, nahm Schmitt das vorerwahnte Es-dur Kyrie (K. 322) und ver-
schmolz es in gliicklichster Weise mit dem Credo- Anfang, indem er
an Stelle des Originaleinganges zu K. 322 das charakteristische erste
Credothema der Messe, aber im 4 / 4 Takt dargestellt, beniitzte und dem
„et unam sanctam" den zweimaligen Ausruf „Credo a (Es-dur -c-moll)
voranschickte. Zudem wandelte er das Tempo des urspriinglichen Largo
von K. 322 durch Verdoppelung der Zeitwerte der Noten in „Allegro
maestoso", d. h. das Tempo des ersten Credo um und gewann somit
einen durch inneren Anschluss an den Anfang fur die Einheitlichkeit des
ganzen Credoteiles sehr wichtigen Satz. Bei der letzten Wiederholung der
Worte „et exspecto resurrectionem" wob Schmitt einen kleinen Abschnitt
aus dem Credo der C-dur Messe (337) ein, worauf noch ein neu kompo-
nierter Anhang von einigen Takten folgt als notwendige Uberleitung zur
Fuge w et vitam venturi", ahnlich wie ja auch die letzten vier Takte des
„Crucifixus a mit dem tiefen C des Chores vor dem Jubel des „et resurrexit"
ganz von Schmitt herriihren, eine Stelle, die noch stets Bewunderung er-
regt hat. Gerade der Satz: „Credo in unam sanctam", der vielleicht die
meiste Miihe und Arbeit verursacht hat, wurde in der eingangs erwahnten
Kritik scharf getadelt, und hier musste Schmitt den schweren Vorwurf
der Pietatlosigkeit erfahren. Solcher Tadel muss verstummen, wenn man
sieht, auf welchem vielverschlungenen Wege Schmitt endlich dazu gekommen
ist, den fraglichen Abschnitt so zu gestalten, dem iibrigens von manch
anderer Seite auch schon gebiihrendes Lob zuteil geworden ist.
Noch zu erwahnen ist die nun notwendig gewordene Orchesteriiber-
leitung vom G-dur Satz „Et in spiritum sanctum 4 * zum eben besprochenen
Es-dur Chor, zu der ich drei verschiedene Fassungen in Schmitts Hand-
schrift besitze. Die letzte, mit der Schmitt selbst immer noch nicht ganz
zufrieden war, 1 ) entstand erst nach der Dresdener Erstauffiihrung Ende
l ) Schmitt hat mich s. Z. noch beauftragt, bei einer kunftigen Neuausgabe der
Partitur dafur zu sorgen, dass die G-Harmonie am Anfang der Oberleitung noch
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170
DIE MOSIK V. 9.
April 1901. Er kam eines Abends zu uns, setzte sich ans Klavier und
spielte zwei neue Ubergange. Davon sollten wir, meine Frau und ich, einen
auswahlen. Die Wahl fiel auf die jetzt gedruckte Fassung, worin die von
Mozart selbst in Messe K. 262 gebrachte kurze Uberleitung (nach
C-dur) trefflich weiter ausgesponnen und in machtiger Steigerung zum
Es-dur-Credo hingefiihrt ist.
Die Hauptarbeit in der vorstehend begriindeten Ausgestaltung des
„Credo in unam" hat Schmitt in den Weihnachtstagen des Jahres 1900
geleistet, wo er ofters bis lange nach Mitternacht besonders fiber der
Partitur des Es-dur Satzes sass. Aus diesen Tagen datiert sein charakte-
ristischer Ausspruch: „es sei ihm bei seiner Arbeit mitunter gewesen, als
stande Mozart mit drohend erhobenem Finger hinter ihm und blickte in
die Notenblatter.* 1 )
Nachdem schliesslich auch noch die Worte des „ Agnus Dei* und
„Dona nobis" der Musik des Kyrie unterlegt waren — das Dona nobis
tritt bei dem Sopransolo in Es-dur ein — konnte an die Fertigstellung
des Notenmateriales fur die ersten Auffuhrungen gegangen werden, die
dann auch am 3. und 5. April 1901 erfolgten und unsere Erwartungen voll
erfullt haben.
Kurz nach diesen Urauffiihrungen wurde mit dem Hause Breitkopf
A Hartel ein Verlagsvertrag fiir das vervollstandigte Werk abgeschlossen,
und ich konnte meine Darstellung hier endigen lassen, wenn nicht noch
wahrend des Druckes der Partitur und der Chorstimmen mit den Chor-
partieen des „Sanctus a und vor allem des w Osanna* eine wichtige Verande-
rung vorgenommen worden ware. Der ganze Abschnitt bis einschliesslich
des w Benedictus" gait bisher, d. h. in den fruheren Ausgaben des Fragments
(bei AndrS sowie Breitkopf & Hartel) als vollstandig, und man hat nie daran
Anstoss genommen, dass darin der Chorsatz im „Sanctus u fiinfstimmig, im
„0sanna" aber nur vierstimmig wiedergegeben ist. Schon bei den Erstauf-
fuhrungen im April 1901 fiel uns eine eigenartige Leere und Liickenhaftig-
keit in der Chorpartie namentlich bei der „Osanna a -Doppelfuge auf, der wir
jedoch zunachst nicht naher nachforschten. Als es nun an die Veroffent-
lichung ging, und ich mir gelegentlich einmal die Orchester - Partitur
des „Osanna tt genauer durchsah, zeigte sich, dass hier eine achtstimmige
Doppelfuge vorlag, bei der die Blasinstrumente wiederholt thematisch
cinen Takt langer beibehalten, d. h. in der zweiten Violine und ersten Oboe im
zweiten Takt G statt F gesetzt werde, so dass die Septime F erst im dritten Akt eintritt.
Auch im „Crucifixus a sind in der jetzt in meinem Besitz befindlichen Originalpartitur
Schmitts in den Stimmen der Oboen und Horner ein paar Verbesserungen angemerkt,
die spater Beriicksichtigung finden miissen.
] ) Vgl. den Artikel Schmitts in No. 40 d. Musik. -Wochenbl. 1901, aus dem weiter
unten noch ein Auszug mitgeteilt wird.
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(" r\< \n}{* Original from
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171
LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
selbstandig neben den Streichstimmen einhergehen. Im vierstimmigen
Chor aber verschwindet gleich nach dem ersten Einsatz der beiden
Themen das Hauptthema ganzlich bis zum 14. Takte, wo dann wiederum
das Gegenthema wegbleibt usf. Hier musste also unbedingt etwas nicht
in Ordnung sein, zumal an einigen Stellen das eine oder andere Thema
im Orchester nur von einem Blasinstrument, z. B. der zweiten Oboe
angegeben wird. Ich schrieb daher sofort meine Bedenken an Schmitt, der
damals von Dresden abwesend war. Zunachst wollte er nicht ohne weiteres
an die vorgeschlagene Rekonstruktion des achtstimmigen Chorsatzes nach
der Orchesterpartie gehen und schrieb u. a. (4. Juni 1901):
„Ihre ,Osanna'-Skrupel mochte ich, wo nicht beseitigen, doch gleich beantworten.
Ihre Empfindung, dass da ein Dualismus vorliegt, ist ganz richtig. Ich habe das Vor-
dringliche des zweiten Themas stets empfunden. Aber was tun? Ichglaube, wir mussen
unser Kind mit seinen Vorzugen und Mangeln so nehmen, wie es ist. Eine Urn-
arbeitung des Satzes wurde ich hochstens als Versuch unternehmen zu privatem
Interesse. Wir haben nicht die Aufgabe, Mozart zu verbessern, sondern zu erganzen.
Anders wurde sich die Frage stellen, wenn man beweisen konnte, dass ein anderer
den vierstimmigen Chorsatz zu Mozarts Instrumentation geschrieben habe. Dies wird
aber kaum zu beweisen, auch schwerlich der Fall sein."
Diese Antwort Hess mir jedoch keine Ruhe, ich setzte mir den Chor-
satz zunachst siebenstimmig (wie das bei Doppelchoren der alten Meister
oft vorkommt, also mit ungeteiltem Bass) in Partitur und sandte eine Rein-
schrift davon an Schmitt, nachdem ich ein zweites, dringlicheres Begriindungs-
schreiben zu meiner inzwischen gewonnenen Ansicht, dass der vierstimmige
Chorsatz im „Osanna a unvollstandig sein musse, vorausgeschickt hatte.
Darauf erhielt ich nun umgehend folgende mir hocherfreuliche Antwort:
„Einem Blinden und Tauben wird es einleuchten, dass zumal der Anfang so
und nicht anders gemeint sein kann. In Ihrer soeben erhaltenen Skizze mussnament-
lich gegen den Schluss manches anders werden. Werde mich daran machen und mich
bemuhen, die Sache so herauszubringen, dass sie vor der Offentlichkeit bestehen kann.
Auch meine ich, dass die doppelcbdrige Einteilung beibehalten werden sollte, also
zwei Chore untereinander, wie im ,Qui tollis 4 . Angeregt durch Ihre Skizze bin ich
zu der Uberzeugung gekommen, dass in der AndrG'scben alten Ausgabe nur die vier
Stimmen des ersten Chores zur Anwendung gekommen, die anderen vier verloren
waren. — Werde bald heimkommen und dann konnen wir alles genau besprechen.
Bin im Begriff nach Offenbach zu fahren, urn moglicherweise da etwas herauszu-
bekommen."
Die von Schmitt noch vor seiner Ruckkehr zweichorig bearbeitete
Chorpartie der „Osanna a fuge erhielt ich brieflich zugeschickt und habe das
schone Autograph der Gesamtpartitur der Messe beigelegt.
Nun bemerkte Schmitt aber auch in dem von Andre ftinfstimmig
iiberlieferten Chorsatze des „Sanctus u eine auffallende Leere der Harmonie,
die namentlich beim „pleni sunt" sehr gegen den Charakter des Textes
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
172
DIE MUSIK V. 9.
abstach. Auch hier ist nach dem Vorgang beim „0sanna" wohl mit Recht
anzunehmen, dass Andr6 nicht das vollstandige Manuskript vorgelegen haben
kann. Schmitt setzte daher schliesslich auch diesen Chor achtstimmig (als
Doppelchor) aus und hat gewiss recht daran getan. Es ware sehr zu
wunschen, wenn die jetzt verschollenen Partiturteile zum „Sanctus a , „Osanna"
und zum „Benedictus a (welch letzteres Andrd vollstandig gehabt haben
muss) wieder zum Vorschein kamen. Die Originalhandschrift der Berliner
Bibliothek enthalt gegenwartig vom w Sanctus" und „Osanna* nur noch die
vollstandige Partitur der Blasinstrumente, von den Chorstimmen und vom
ganzen „Benedictus a aber keine Note mehr. Alle unsere dahinzielenden
Bemiihungen sind leider erfolglos geblieben. Moglicherweise findet sich
z. B. in der Musikbibliothek des Salzburger Stiftes St. Peter noch etwas;
ein Nachsuchen daselbst ware sehr erwiinscht. 1 )
Zum Schluss meiner Darstellung des Werdeganges der Messen-
vervollstandigung gebe ich noch eine Ubersicht der sieben verschiedenen
Fassungen, wie sie von uns der Reihe nach zur Erganzung des „Credo a
und zum Ersatz des „Agnus Dei" und „Dona nobis" versucht worden
sind, bis in der letzten (VII) die endgiiltige Form gewonnen war. Eine
solche Ubersicht diirfte am klarsten den nicht ganz miihelosen Weg der
Erganzungsarbeit veranschaulichen.
I. Anfinglich war ich der Meinung, dass alle Erganzungen der fruheren c-moll
Messe (K. 139) entnommen werden konnten. Dies erwies sich bald als un-
ausfuhrbar.
II. „Crucifixus" aus K. 139, der Rest des „Credo" aus K. 66. ^Nur die 2 Eingangs-
takte des „Resurrexit a aus K. 139 wurden beibehalten und sind spater auch
stehen geblieben.)
„Agnus Dei" aus K. 139.
„Dona nobis" aus K. 167.
III. „Crucifixus" und w Resurrexit" wie in II.
„Et in spiritum sanctum" aus K. 262.
„Et unam a wie in II.
w Et vitam venturi" aus K. 262.
w Agnus Dei a und w Dona" wie in II.
IV. w Credo a von w Crucifixus a bis Schluss aus Messe C-dur K. 262.
Das ubrige wie bei II und III.
V. „Crucifixus a wie in II.
„Et resurrexit" nach K. 323 mit unterlegtem Text.
Das ubrige wie III.
[Dazwischen hatte ich fur „Et in spriritum sanctum" Duett (F-dur) aus K. V. 623
mit untergelegtem Text, ebenso K, V. 322 (Es-dur) fur denselben Satz zur Auswahl
vorgeschlagen.]
J ) Es ist nicht unmoglich, dass sich die Erganzungsblatter zum w Sanctus" und
w Osanna" irgendwo noch vorfinden und vielleicht mangels naherer Bezeichnung un-
erkannt geblieben sind. Hier konnte nur der Notentext selbst zur Erkennung fuhren.
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
173
LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
VI. w Crucifixus" wie IV, aber von c-moll nach d-moll transponiert.
„Et resurrexit" wie IV, aber von C-dur nach D-dur transponiert.
„Et in spiritum sanctum" wie IV, das ubrige wie III.
VII. Endgultige Fassung: w Crucifixus" (c-moll) nach K. Anh. 21 mit untergelegtem Text.
„Et resurrexit* (C-dur) wie V mit den beiden Eingangstakten aus K. 139.
„Et in spiritum sanctum" (G-dur) aus K. 262 mit Ubertragung des Sopransolo
an den Tenor.
w Credo in unam a (Es-dur) mit Benutzung des ersten Credomotivs der Messe
nach K. 322 und 337 umgearbeitet und Text unterlegt.
„Et vitam venturi" (C-dur) wie III.
„Agnus Dei* und „Dona a nach dem Kyrie der Messe mit unterlegtem Text. 1 )
Die von Schmitt herruhrenden instrumentalen Zusatze sind in der Partitur
uberall durch die Buchstaben A. S. gekennzeichnet.
Hinsichtlich der so wichtigen Tonartenfolge in „Credo" zeigt diese letzte
Fassung gegen alle vorherigen, dass neben dem Wechsel von funf Tonarten
(C-dur, F-dur, c-moll, G-dur und Es-dur) der Charakter der Haupttonart (c-moll)
auch in der Mitte des Werkes durch „Crucifixus a (c-moll) und „Credo in unam"
(Es-dur^ betont ist, wie dies zu Anfang im „Kyrie", — w Christe* und nunmehr
auch am Schluss des Werkes im „Agnus Dei" — „Dona nobis pacem* der Fall
ist und wodurch gewiss die Eurythmie im harmoniscben Aufbau erreicht
worden ist.
Die vorstehende Ubersicht der verschiedenen Credogestaltungen be-
weist wohl deutlich genug, dass Schmitt es sich bei seiner Arbeit nicht
leicht gemacht hat, was ja schon aus den oben wiedergegebenen Brief-
ausziigen klar hervorgeht. Mehr wie einmal wollte der gewissenhafte
Meister die Arbeit aufgeben, da er an der wiirdigen Vollendung zweifelhaft
wurde, und es bedurfte wiederholter Bitten, ihn dann wieder zur Weiter-
arbeit zu veranlassen. Jeder mit den fiir die Erganzung des Credo in Frage
kommenden Stiicken einigermassen Vertraute wird zugeben miissen, dass
die endgultige Fassung alle vorhergehenden an musikalischem
Gehalt und Einheitlichkeit iibertri f ft und dass die nur in Er-
mangelung geeigneter Originalsatze vorgenommene Textunter-
legung bei den Satzen 11, 12 und 14 ( w Crucifixus tt , w et resurrexit*
und „Credo in unam sanctam 41 ) als die verhaltnismassig beste
Losung der schwierigen Aufgabe anzusehen ist.. Wie gut Schmitt
gerade bei den wenigen musikalisch freier behandelten Abschnitten (z. B.
Schluss des „Crucifixus tt , „Credo in unam sanctam 44 ) den Charakter des
Messentextes getroffen hat, zeigen mehrere Besprechungen, die offenbar
ohne irgendwelche Kenntnis von einer Textunterlegung und freieren Be-
arbeitung abgefasst sind. Man kann es Schmitt nicht hoch genug anrechnen,
dass es ihm vermoge seines grossen musikalischen Konnens und feinen
] ) Die von mir aufbewahrten, im Laufe der Arbeit wieder verworfenen Er-
ganzungsversuche in Partiturschrift stehen an Umfang der fertigen Partitur nur
wenig nach.
V. 9. 12
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
174
DIE MUSIK V. 9.
Stilgefiihls gelungen ist, die bestehenden Liicken derartig auszufiillen, dass
sie durch die treffende Charakteristik und Wahrheit des Ausdruckes gerade-
zu hervorstechen. 1 )
Hier mag noch auf die giinstige Beurteilung hingewiesen werden, die
Dr. G. Gohler gerade der Erganzung des „ Credo* gewidmet hat („Musik a
1901 S. 198ff.), und die sich vollstandig mit unserer Anschauung deckt:
„Alois Schmitt hatte sich's leicht machen konnen, wenn er das Credo einfach
aus der anderen c-moll Messe Mozarts (K. 139) entnommen hatte. Dass er das nicht
tat, bewcist, wie grundlich er zu Werke ging. Die grosse Messe verlangte ein ent-
sprechend aufgebautes Credo.*
Nachdem dann die Erganzungsstiicke aufgezahlt sind, fahrt Gohler fort:
„Jedenfalls eine Leistung stilvoller Erganzung und eine Probe grundlichsten
Erfassens Mozartschen Geistes. Schmitt hat's den Norglern sehr schwer gemacbt;
aber sie werden trotzdem kommen, die klugen Kopfe mit ihrer Tagesweisheit, die uns
mit Achselzucken und Fragezeicben unsere Freude vergallen wollen. Mdgen die
deutschen Dirigenten und das deutsche Publikum als Antwort darauf die Messe
iratner lieber gewinnen und sie in ihren Konzerten und in ihren Herzen
ein Seitenstuck zum Requiem werden lassen."
Ganz so ist es denn auch gekommen. Die eingangs erwahnte Kritik
ist solch eine „norgelnde a , und die mir bisher bekannt gewordenen fiber
40 erfolgreichen Auffuhrungen sind gewiss die beste Antwort darauf.
Der Alois Schmitt gemachte schwere Vorwurf der Pietatlosigkeit
gegen Mozart ist somit vollig unbegriindet, und man kann Gohler nur
recht geben, wenn er (a. a. O.) sagt:
„Die ganze Art der Rekonstruktion ist so pietatvoll und zugleich so kunst-
lerisch selbstandig, dass man ihr neben dem Requiem einen Ehrenplatz
einraumen wird. a
So lange also nicht eine in jeder Hinsicht bessere Erganzung des
Werkes vorliegt — und dies diirfte nicht so bald eintreten — wollen wir
uns der Schmittschen Arbeit freuen, durch die ein gegen 120 Jahre
so gut wie vergessenes Meisterwerk der Welt wiedergewonnen wurde.
Dass Schmitt sich wohl bewusst war, diese schwierige Aufgabe nur inner-
halb der menschlichem Konnen gesetzten Grenzen gelost zu haben, hat er
mehr wie einmal ausgesprochen. So auch offentlich in einem kleinen
Aufsatz (vergl. Musik. Wochenbl. 1901 No. 40), in dem er fiber seine
Arbeit ein sehr bezeichnendes Bekenntnis ablegt, dessen Wiedergabe am
Schluss dieser Darstellung gewiss gerechtfertigt ist. Er sagte:
„lch muss gestehen, dass icta mich schwer zu der Bearbeitung der Messe ent-
schloss, Zuweilen war es mir, als ob Mozart mit drohend erhobenem Finger hinter
') Dass zu alien Zeiten die Komposition des Credo selbst dan grossen Meistern
die meiste Miihe verursacht hat ist bekannt genug. Es liegt dies einfach an dem
vklfach sbstrakten und der musikalischen Darstellung wenig entgegenkommenden
Texte des Glaubensbekenntnisses.
( ^ m \ i L - Original from
i:;r^c:j :)y ^iiH)^JC ^ UNIVERSITY OF MICHIGAN
T75
LEWICKI: VERVOLLSTANDIGUNG DER C-MOLL MESSE
mir stinde und in die Notenbiatter blickte. Aber je mehr ich mich in die Aufgabe
vertiefte, je mehr fesselte sie mich. Der Dichter hat ganz recht: Nicht wir haben
die Idee, die Idee bat uns und zwingt uns, ihr zu gehorchen. Der Gedanke, das er-
habene Werk zu vollenden, Hess mir keine Ruhe mehr, bis die Partitur fertig vor
mir lag."
Wenn von anderer Seite der Vorschlag gemacht worden ist, man
solle doch einfach das Messenfragment, wie es Mozart hinterlassen hat,
auffuhren, so bemerke ich dazu, dass innerhalb 118 Jahren dieses Frag-
ment als solches meines Wissens so gut wie gar keine Auffiihrungen er-
fahren hat, also einfach ignoriert worden ist. Schon allein um der Wieder-
belebung der originalen Satze der Messe willen miisste man die Rekon-
struktion des Werkes freudig begrussen.
Das Originalexemplar der Messenpartitur, das von Schmitts Hand
zahlreiche eigenhandige Eintragungen der instrumentalen Erganzungen
einschliesslich der Manuskripte vom „Crucifixus a und den oben genannten
Credostiicken enthalt, ist mir ein teures Vermachtnis des unvergesslichen
Kunstlers und hochverehrten Freundes. Er hat es mir im September 1901
mit folgender Widmung zum Geschenk gemacht: „Seinem Freunde E. L.
zur Erinnerung an manche sorgenvolle und viele schone Stunden".
Diese Erinnerung aber wird fur immer verbunden sein mit dem
Gefuhl tiefster Dankbarkeit fur die grosse kiinstlerische Tat, die Alois
Schmitt an der c-moll Messe zur Ehre ihres herrlichen Schopfers
Wolfgang Amadeus Mozart vollbracht hat.
12*
n:irr/r:: : v, C lOOOlC
t3
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
]q Beginn des Jahres 1904 forderte dieFinna Breitkopf fit Hart ef
unter Bezng auf meinen Aufkatz „Offentliche Masikbibliotbeken.
Ein frommer Wunscb" <Oktoberbeft 1903 der Zeitschrift der
internationalen Musikgesellschaft; tacb als Broschare verbreitet)
in einem warmen Appell die deutschen Musikverleger zur Begriindung
einer .Reichs-Musikbibliothek* auf (vgh .Die Musik" Bd. 10, S. 266 IT,).
Unter dem 22. Januar 1905 ricbtete der Vorstaud des Vereins der deutschen
MusikalienhSndler zu Leipzig namens einiger 70 VerlagsBnnen an den
Reichskanzler die Bitte: 1. denser deutschen Nation seitens der deutschen
MusikalienbBndler nnentgeltlicb dargebotenen Grnndstock fBr cine Reichs-
Musikbibliothek namens des Relcba an neb men zu wollen und 2. dem
deutschen Reichstage baldmfiglichst eine Vorlage zugehen ztt lassen* durch
die die Mittel zur Unterbaitung und Verwaltung der Reichs-Musikbibliothek
gefordert werden.
Dass der Reichsktnzler infolge der ungunstigen Lage der Reichs*
finanzen diese Bitte ablehnen musste, ist bisber dffcntlich nicht bekannt
geworden; auf semen Rat, sich an die Einzelstaaten zu wenden, ersuchte
mich der Vorsitzende des Leipziger Veixins, Herr Kommerzienrat Felix
Siege I (in Firm a J, Scbabertb fit Co*), der keinesfalls den ganzen Plan ins
Wasser fallen lasscn wollte, beim preussischen Kultusminlsterium unter
der Hand anzufragen, ob es geneigt sel, die fur die Reichs-Aiusikbibliothek
zur Verfilgung stehenden Notenschltze als Eigentum in seine Verwaltung zu
nebmen und ev. mit der besonders an Handachriften und alten Drucken sehr
reichbaltigen Muslksaromlung der Kgl. Bibliotbek zu Berlin, unter mSglichst
selbsUndiger Organisation, zu vereinigen, Der Dezemem fur Bibliotheks-
wesen, der Herr Gebeime Ober^Regierungsrat Dr. F. Schmidt, war sofort
bereit, die Annabme dieses ihra hdchst sympathischcn Antrags zn beflir-
worten. Seiner Initiative und seinem regen InterBase iat es auch zuzu-
schreiben, dass bereits in den Staatshaushalt ffir 1906 ausser Beamten-
gehiltern als erste Rate fBr die Einricbtung und Kataloglsierung der
.Deutschen Muaiksaminfung bei der KSnigl* Bibliotbek* — dieser Name
. C tOO^Ic
Origin a I from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
177
ALTMANN: DIE DEUTSCHE MUSIKSAMMLUNG
wurde statt Reichs- Musikbibliothek gewahlt — 51300 Mark eingestellt
wurden, eine Summe, die sicherlich mit Freuden, da sie einer grossen
kulturellen Aufgabe zugute kommt, vom preussischen Landtag bewilligt
werden wird.
Zugleich mit der offiziellen Eingabe des Leipziger Vereins an das
preussische Kultusministerium lief auch ein ahnlicher Antrag des Vereins
der Berliner Musikalienhandler ein. Aus Griinden, die nicht hierher ge-
horen, hatte namlich eine ganze Anzahl Firmen, namentlich die fiihrenden
Berliner, sich von jener ersten Petition an den Reichskanzler ausgeschlossen.
Nachdem es mir gelungen war, den Vertreter der Firma N. Sim rock von
der Notwendigkeit und Wichtigkeit einer umfassenden Musikbibliothek zu
uberzeugen, hatte Herr Willibald Challier, der Vorsitzende des Berliner
Vereins, der von vornherein davon tiberzeugt gewesen war, seine Vereins-
genossen bewogen, gemeinsam in einer Eingabe an das preussische Kultus-
ministerium ihren Verlag fur die „ Deutsche Musiksammlung" zur Ver-
fiigung zu stellen. In der Folge gelang es mir dann noch, nicht bloss eine
Anzahl grosser deutscher Firmen, die sich abwartend verhalten hatten,
dazu zu bewegen, sondern auch die grossten ausserdeutschen, die damit
bekunden wollten, wie eng ihre Fiihlung mit der deutschen Musik und
speziell dem deutschen Musikalienhandel ist.
Jetzt haben ca. 150 Firmen ihren Verlag unentgeltlich zur Verfugung
gestellt; darunter von bekannteren und grosseren 1 ):
J. Aibl, Wien.
Job. Andr<5, Offenbach.
Franz B&rd & Bruder, Budapest.
» » n Wien.
Emil Bert6 & Cie., Wien.
Bessel & Cie., Petersburg.
Bosworth & Co., Leipzig und Wien.
Bote & Bock, Berlin.
Breitkopf & HSrtel, Leipzig.
Carisch & JSnicben, Mailand.
C. A. Challier & Co., Berlin.
J. B. Cramer & Co., London.
Paul Decourcelle, Nizza.
Ludw. Doblinger, Wien.
Ernst Eulenburg, Leipzig.
Jul. Feuchtinger, Stuttgart.
Otto Forberg, Leipzig.
Robert Forberg, Leipzig.
Alb. Gutmann, Wien.
Jul. Hainauer, Breslau.
Wilb. Hansen, Kopenbagen.
Friedr. Hofmeister, Leipzig.
Gebr. Hug & Co., Leipzig
und Zurich.
P. Jurgenson, Moskau.
C. F. Kahnt Nachf., Leipzig.
Lauterbach & Kuhn, Leipzig.
F. E. C. Leuckart, Leipzig.
Henry Litolff, Braunschweig.
Carl Merseburger, Leipzig.
A. A. Noske, Middelburg.
Novello & Co., London.
C. F. Peters, Leipzig (welche Firma be-
kanntlich die grossartige ^Musikbibliothek
Peters" gegrundet hat und erhilt).
Praeger & Meier, Bremen.
2 ) Die vollstSndige Liste der Firmen wird im Februarheft des „Centralblatts fur
Bibliothekswesen" sowie in ^Musikhandel und Musikpflege", dem offiziellen Blatte
des Vereins der Deutschen Musikalienhandler zu Leipzig verdffentlicht werden.
r J : :. if :i/i::,J
-vC xOOQli"
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
178
DIE MUSIK V. 0.
D. Rahter, Leipzig.
Gebr. Reinecke, Leipzig.
G. Ricordi & Co., Mailand.
Ries & Erler, Berlin.
Ad. Robitschek, Wien.
F. Rorich & Co., Wien.
R6zsavolgyi & Co., Budapest.
G. Schirmer, New York.
Schlesinger (Rob. Lienau), Berlin.
Arthur P. Schmidt, Boston.
B. Schotts Sobne, Mainz.
Fritz Schuberth jr., Leipzig.
J. Schuberth & Co., Leipzig.
Schweers & Haake, Bremen.
Bartholf Senff, Leipzig.
C. F. W. Siegel (R. Linnemann), Leipzig.
Carl Simon, Berlin.
N. Simrock, Berlin.
Steingraber, Leipzig.
Suddeutscher Musikverlag, Strassburg i. E.
Universal-Edition, Wien.
G. Venturini, Florenz.
Chr. F. Vieweg, Gr. Lichterfelde-Berlin.
C. Warmuth, Christiania.
Jos. Weinberger, Wien.
Jul. Heinr. Zimmermann, Leipzig.
Wer nur einigermassen mit den Verhaltnissen des Musikalienverlags
vertraut ist, wird wissen, dass die Verlagserzeugnisse dieser genannten
Firmen einen Wert von Millionen reprasentieren, dass sie eine ganz un-
vergleichliche und einzigartige Bibliothek bilden miissen. Die Musikalien-
verleger haben sich durch dieses grossartige Geschenk den Anspruch auf
die Dankbarkeit des deutschen Volkes und speziell des preussischen Staates,
die sicher nicht ausbleiben wird, auf jeden Fall erworben. Der preussische
Staat aber, der keine kleinen Geldopfer fur die Unterhaltung der „Deut-
schen Musiksammlung" bringen muss, zeigt dadurch wieder einmal, dass
er mit Freuden eine Kulturaufgabe ubernimmt, die eigentlich Sache des
Deutschen Reichs ware.
Nun wird es endlich einen Ort geben, wo die Erzeugnisse des deut-
schen Musikalienverlags planmassig gesammelt werden, wo man die Werke
jedes deutschen Komponisten und wohl auch der meisten ausserdeutschen
vollstandig finden wird. Natiirlich werden noch Jahre vergehen, ehe die
nach Hunderttausenden zahlenden Eingange der ^Deutschen Musik-Samm-
lung a inventarisiert, katalogisiert und gebunden sind.
Dank dem grossen Interesse, das der Generaldirektor der Konigl.
Bibliothek Herr Prof. D. Dr. Harnack der „Deutschen Musiksammlung*
entgegenbringt, bin ich schon jetzt mit den Vorarbeiten dafiir beschaftigt.
Die alte Musiksammlung der Konigl. Bibliothek bleibt vorlaufig vollig intakt
weiterbestehen; die „ Deutsche Musiksammlung** findet, bis der grosse
Neubau der Konigl. Bibliothek beendet ist, ihr provisorisches Heim in
ausreichend geraumigen und schonen Raumlichkeiten der alten Bauakademie
(Schinkelplatz 6). Hier wird hoffentlich binnen Jahresfrist wenigstens der
Lesesaal der offentlichen Benutzung ubergeben werden konnen.
^ffia
::r:i.'r::t :- v C lOOOlc
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
bOcher
53. Gottfried Niemann: Richard Wagner und Arnold Bficklin oder fiber das
Wesen von Landacbaft und Musik* Vcriag; J, Zeitler, Leipzig
Venn man aucb nicht mit 111001, tas Ln dies em Bucta zu lesen 1st, bedingungplos
einverstsnden seln wird, verdieut die Arbeit doch vor allem Iateresse wegen ihrer Ori-
ginalitit, und entschleden aind ibre Grundgedanken rfchtig. Niemann gebt von Nietzsche*
„Gebun der Tragfidie ana dem Geiaie der Musik* aus* Fes thai tend an dem Gegensatz
zwischen apolliiiiscber und dlonysiscber Kunst, konstatien er an der Musik Wagners and
an der Maierel Bfckllns die vollig gleicbe Kunit, aus dem Element der Stlmmnng —
Oder dem dlonyslscbeu Element, wle ea Niemann nennt — apollinlsche Gestalten empor-
zuscfaaffen. Das dlonysiscbe Element bci Wagner 1st die Musik, dasseibe be) BBcklln
die Landschaft, und sehr bfibsch zeigt nun Niemann des Elnzelnen und AusfQhrElcben,
wle namentlicb bei Wagner alle Handlung und alle Gestalten aus dlesem Element der
Stimmung berauawachsen* Wenn nun Niemann sagt (S,27): Die Musik alt dlonysiacbe
Kunst „ahtne die Laudscfaaft nach" —so llsst stcb das nicht unbedJngt hlnnebmen; hffebatens
noch In dent Sinn, dass die Musik sicb bemfibe, slcb der Land sc baft nocb mebr nnd
innlger anzugleichen, ata dies obnebfn scbon von Natur aus der Fall 1st. Denn elner der
geheimnisvollsteu Zauber der Kunst besteht eben In der inneren Verwandtscbaft zwiachen
der gesefacnen Natitr und der gehdrten Musik. Beethoven abmt gewlsa nicht Jn dem
zweiten Satz der Pastoral ay mphonie die Ltndscbift nacb, son dem er glbt mit Hilfe der
Musik dasseibe, was er ila Maler mit Hllfe der Farben und des Pfnsels gtgeben bltte,
— die Seel* der Landschaft 1st auch die Seele der Musik. Im spite ren Verlauf der Dar*
legung kommt Niemann Qbrigena selbst auf dieee Verwandtscbaft zu sprecben. Mancbe
Kapttel seiner Arbeit sind ausserordentiich scbGn, so namentlicb das fiber pStimmung*
Gesagte. Beaonders gelungen ist die Herrorhebung des iandschafilfchen Elements und
seines Einflusaes auf Silmmung und Handlnng in den tt Meistersingern B , die Ja auf dem
ersten Blick nicbts von dem, was wlr gemelnbin tt Landschaft* nennen, an aich tu baben
scbelnen. Niemann aagt bier* ea aei in den „Melsteraingern* ntcbt mebr die freie, vom
Menacben abgetrennte Natur: Fold, Wald und Heide, die die landschafltlfcbe Anschauung
des Kfiustlers ausmachf, sondern die goldige Sonne elnea von scblicbtem Bfirgertum,
treuer Betriebsamkelt und rubigem GlOck erfuUten, si Men nnd geacblossenen Ortes*
,Es Ilegt fiber dlesem Werke die Poeaie elner Siube, wie sie Albreebt Dfirer in seinem
,Hieronymua 1m Geblus' zu ewiger Verk lining crhobeu bat", bei sat ea auf Scire 57 und
ebenda wird von dem Vorapiet zum dritten Akt geaagt: „bel dem wir die golden en
Sonnenstrmblen, wie ale durcb den Fliederduft und die Butxenscfaeiben in Hans Sacbsens
stlllea Poetenklmmerleln hlies, ffirmilch mit Hladen zu greifon veraacht sind*. Tlefes
Verstindnia Ffir das Weaen der Kunst und Insbesondere fiir^deu Charafcter der Kunat
Wagners und elno ehrliche Kvnstbegelsterung macben das Bncb Niemann a ganz
beaondera lympsthitch. Dr. Egon v* Komorzynskl
M. Louis KOhler; v Der KlavferunterrtchL" Stodien, Erfabrungen und Bat*
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
180
DIE MUSIK V. 9.
schlage fur Klavierpfidagogen. VI. Auflage, bearbeitet von Richard Hofmann.
Verlag: J. J. Weber, Leipzig.
Der Kohlersche „Katechismus a ist wohl eines der wenigen Klavierbficher, das
seinen Wert behalt. Sind auch viele Anscbauungen und Begriffe veraltet, so ist doch
die grosse Summe von Erfahrungen nnd Beobachtungen, wie sie eine reicbe Lebens-
arbeit mit sich bringt, unschatzbar. Besonders der zweite Teil enthalt viele Feinheiten
und manche treffende Wahrheiten, die jeder ernste P5dagoge sich noch heute zur Richt-
schnur machen konnte. Der Herausgeber hat einen „Anhang a zugeffigt, der in stufen-
massiger Folge eine Ubersicht fiber „zwei- und vierhandige Klaviermusik" gibt, sich aber
sonst nur als Auszug von Eschmann-Ruthardt erweist. Auch die angebangten Angaben
fiber die „musikalische" Literatur sind weder vollstandig noch von besonderer Gediegen-
heit und Wissenschaftlichkeit. Hugo Riemann scheint man immer noch nicht ffir voll
anzusehen, obwohl er den besten „Katecbismus a fiber das Klavierspiel geschrieben hat.
Die Deppesche Lehre fehlt vollstandig. Demgemass auch die Studien von Sochting,
Clark, Bandmann, Wilborg u. a., — von E. Caland, Virgil, Leschetizky-Br6e ganzlich zu
schweigen. Von Marie Jaell ist nur: „Der Anschlag tt erwahnt. Einige Zitationen sind
falsch. „Der Vortrag in der Musik am Ende des XIX. Jahrhunderts" ist nicht von Adolf
sondern von Franz Kullak. Desgleichen ist der: „Leitfaden zum richtigen Gebrauch
des Pianofortepedals" nicht von Anton Rubinstein, sondern von einem Pseudonym
S. v. N. „Naumann", „Nohl", „Polko a u. a. m. sind auch nicht gerade besonders
empfehlenswert, es sei denn, dass man ffir's „Feuilleton a noch ganz besonders schw5rmt.
Rudolf M. Breithaupt
55. Meyers Grosses Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allge-
meinen Wissens. Sechste, ganzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage.
Bd. 11. Verlag: Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien.
Der elfte Band von Meyers Grossem Konversations-Lexikon ist, durch die alpha-
betische Anordnung bedingt, so recht ffir den Hausgebrauch geeignet. Er ist ein vor-
trefflicher Berater in internen, die Familie, den Hausstand betreffenden Fragen, denn die
Gesundheitspflege kommt in ihm besonders zur Geltung. In den Artikeln „Kind" und
w KinderernShrung a ist viel Wichtiges enthalten, desgleichen geben die Abhandlungen
fiber „Kleidung a , „Kost a ffir die allgemeine Lebensfuhrung zu beachtende Regeln, ge-
stfitzt auf grfindliche medizinische Beurteilung. Ffir Krankheitsfalle und ffir die allge-
meine Hygiene ist ein Vertiefen in die Aufsatze „Krankenpflege a , „Krankheit tt , w Kranken-
transport** und „Kurpfuscherei u anzuraten. Die anschaulichen Karten fiber „Verbreitung der
Hauptkrankheiten in Mitteleuropa* sind besonders ffir den Medizinervon grossem Interesse,
desgleichen die heute mit Recht so grosse Beachtung erfahrende „Kriminalanthropologie
und -Psychologic** sowie die Statistik fiber „Kindersterblichkeit a . Viele Artikel fiber
Einzelkrankheiten, wie ^Kindbetlfieber", „Knochenerkrankungen tt , „Kolik u , ^Krampf* 4 ,
„Krampfadern a , „Krebs a , „Kropf u und „Kurzsichtigkeit a werden gleichfalls mit Inter-
esse gelesen werden. Sowohl ffir die Hausstiinde wie ffir Gewerbetreibende bringt der
Artikel „Krankenkassen a Aufklarung in haufig auftretenden Fragen, desgleichen sind
die juristischen und handelsrechtlichen Artikel fiber „Klage a , „Konkurs w , „Kredit a , ferner
die Aufschlfisse fiber „Kurs u und die Tabelle der deutschen Konsulate im Ausland
wichtige Hinweise ffirs geschaftliche Leben. Interessant nicht nur ffir den Juristen sind
die Abhandlungen fiber „Kriminalitat" und „Kriminalstatistik u , denen ebenfalls instruktive
Karten fiber die Haufigkeit krimineller Falle in den mitteleuropaischen Staaten beigegeben
sind. Zur asthetischen Erbauung sind die Abschnitte fiber „Kunstwissenscbaft a , w Kultur-
geschichte 44 mit dem treffiich illustrierten Abschnitt w Kostfim M , „Kunstgewerbe a , „Kupfer-
stecherkunst" und w Kirchenbaukunst rt sowie die literarischen Aufsatze fiber die deutschen
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
181
BESPRECHUNGEN (MUS1KALIEN)
Klassiker „Kleist a , „KIopstock a , „Korner tt geeignet. Die Geographie findet ihre Rechnung
in der umfassenden Behandlung des fur uns wegen der Anatolischen Bahn wichtigen
„Kleinasien a , des im Ostasiatiscben Krieg eine grosse Rolle spielenden „Korea a , des
w Kongostaats a , „Kolumbiens a , w Kreias a , der „Kordilleren tt , die Geschichtswissenschaft
in den Artikeln iiber die „Kreuzzuge a , den w Krimkrieg M , den „Kirchenstaat a und allge-
meine „Kirchengeschichte a . Die stets mehr in den Vordergrund tretenden kolonialen
Bestrebungen finden Berucksichtigung in den Artikeln „KolonialpoIitik u , „Kolonialgesell-
scbaften" (mit Tabelle), „Kolonialrecht a . Die Ausstattung ist wiederum eine aus-
gezeichnete. Richard Wanderer
MUSIKALIEN
56. Siegnutnd von Hausegger: Lieder der Liebe. Nach Dichtungen von Niko-
laus Lenau fur Tenor und Pianoforte. Verlag: Robert Forberg, Leipzig.
Schwieriger als in irgend einer fruheren Periode der Musikgescbichte ist es heut-
zutage geworden, die Laufbabn des reproduzierenden mit der des schaffenden Musikers,
speziell die des Dirigenten mit der des Komponisten zu vereinigen. Richard Strauss
hat es fertig gebracht, dank seiner ganz ausserordentlich starken Begabung und vor
allem auch wohl deshalb, weil er niemals einen Zweifel daruber aufkommen liess, dass
er das Komponieren als Hauptsache, das Dirigieren nur als Nebenfach betreibe. Dagegen
hat Siegmund von Hausegger die grossen Hoffnungen, die man nach seinem
„Zinnober", nach der „Dionysischen Phantasie" und auch noch nach dem „Barbarossa a
hegen durfie, nicht erfullt, und je hoher der Dirigent emporstieg, desto mehr verlor der
Komponist an Interesse. Wollte man einen weniger strengen Masstab anlegen, so w3re
auch an den „Liedern der Liebe", die auf der jungsten Tonkunstlerversammlung zu Graz
ihre Urauffuhrung erlebten, gewiss vieles zu loben. Sie verraten in allem und jedem
den ernsten und kenntnisreichen Musiker, sie sind durchweg interessant, stimmungs-
reich und gewiss auch aufrichtig empfunden, wenn schon sie gerade im Empfindungs-
ausdruck nicht immer uberzeugend wirken. Aber an dem gemessen, was man von
einem Hausegger glaubte erwarten zu durfen, brachten sie, ebenso wie „Wieland der
Schmied", eine Enttauscbung. Es ist dem Komponisten nicht immer gelungen, aus den
stets mit feinsinniger Einfuhlung in den dichterischen Gedanken erfassten Texten Lenaus
ein abgerundetes und formell einwandfreies musikalisches Kunstgebilde zu gestalten,
und — was schwerer wiegt — neben wirklichen Inspirationen findet sich nur allzu
haufig jenes etwas weglose Weiterspinnen des einmal angeknupften musikalischen Fadens,
das immer den Eindruck einer Verlegenheitsauskunft macht, statt des Einfalls die Phrase,
und an solchen Stellen (— als Beispiel nehme man z. B. gleich im ersten Stuck „Frage*
die Durchfuhrung des Hauptmotivs in der Begleitung S. 3—5) wandelt Hausegger leider
Wege, die direkt zur beruchtigsten „Kapellmeistermusik* fuhren. Dass er auch als
Komponist eine starke Begabung ist, an dieser Oberzeugung konnen auch die „Lieder
der Liebe 44 nicht zweifeln machen; aber dass er die zum SchafFen notige Konzentration,
die seine letzten Werke so schmerzlich vermissen lassen, kiinftig in hoherem Masse
finden moge, w3re innigst zu wGnschen.
57. Max Schillings: Vier Lieder nach Gedichten von Gustav Falke fur eine Sing-
stimme und Klavier. op. 19. Verlag: Robert Forberg, Leipzig.
Die reife Gabe eines vornehm empfindenden und meisterlich gestaltenden, im
besten Sinne des Wortes modernen Musikers. Gleich im ersten Stuck („Aus dem
Takt") ist der Stimmungston des Gedichts ebenso prichtig getroffen, wie die RQckkehr
aus dem leidenschaftlich bewegten Mittelsatze in den „Gleichtakt zwischen Wunsch und
J::r:i.
( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
182
DIE MUSIK V. 9.
Pflicht* in formeller Hinsicht Bewunderung verdient. No. 2 („Seliger Eingang") gibt sich
als ein hocbst reizvoller Pfeifertag-Nachklang: schon die charakteristische Vorliebe fur
die Dominantsext bekundet die innere Verwandtschaft. w NSchtliche Haide a , ein eigen-
artig pbantastisches Spukstuck, bat mir personlich von den vieren den bedeutendsten
Eindruck gemacht, wShrend mich das letzte („Sonnenaufgang tf ) weniger innerlich packte,
ohne dass icb seine Vorzuge — grossen Scbwung und kraftvolles Temperament — irgend-
wie verkennte. Rudolf Louis
58. Alphons Diepenbrock: Lieder und Sonette fur eine Singstimme mit Klavier-
begleitung. Verlag: A. A. Noske, Middelburg.
Von diesen Gesangen liegen vier Sonette in hollandischer Sprache, funf deutsche
Gesange und zwei in franzosischer Sprache vor, und ich stehe nach diesen Proben nicht
an, Diepenbrock fur einen der Wenigen zu bezeichnen, die uns wirklich etwas zu sagen
haben. In den Gesangen, die zum Teil auch mit Orchesterbegleitung geschrieben sind,
liegt insgesamt ein so tiefer, kunstlerischer Atem, ein so mSchtig ausladender sympbo-
nischer Schwung und bei alledem eine so wobltuende, formale Rundung, die das Ganze
in „logische" Kreise bannt, dass man sich immer unter dem Eindruck eines Kunstlers
fuhlt, der seine Eigenart in Uberlegenbeit auch zu formen weiss. AnklSnge an den
Wagner, wie wir ihn in Tristan oder Parsifal kennen, sind wohl nachweisbar, aber natur-
lich nicht als direkte „Nachempflndung a . Diese Gesange bedurften in Deutschland eines
mutigen Vorkimpfers; ihre noble Art, ihre spontane Innerlichkeit, ihre vollsaftige, edle
Innerlichkeit wurde ibnen bald Freunde machen. Kaum glaubhaft und doppelt bezeichnend
ist es, dass der Komponist als Musiker vollstandig Autodidakt sein soil.
Hermann Teibler
59. Hugo Wolf: Fruhlingschor aus w Manuel Venegas" fur Chor und grosses
Orchester. Verlag: K. F. Heckel, Mannheim.
Dieser Chor sollte die fragmentarische Oper „Manuel Venegas" einleiten. Man
hat, um den Chor fur den Konzertsaal zu retten, Basstimmen hinzugesetzt; ursprung-
lich ist er nur fur Frauenstimmen und Tenore geschrieben. Ich meine, man sollte den
Chor lieber im Wolfschen Satze singen. Die Fruhlingssonne des Sudens, die daruber
ausgebreitet liegt, der Farbenglanz und der helle Jubel konnen die Basstimmen nicht
nur entbehren, nein sie werden im Gegenteil dadurch, dass der Tenor in die Lage des
Kontraaltes ruckt und der Chor dadurch den Cbarakter eines Frauen- oder Kinderchores
annimmt, noch heller und glSnzender. Mit Wehmut sehen wir an diesem Chor, der
wieder seine ganze Feuerseele ausstrahlt, was wir an ihm verloren haben. Wie kunst-
voll und doch ungekunstelt, welche Meisterschafr, die sich dem Horer nie als uber-
wundene Schwierigkeit darstellt, sondern mit der sonnigen Selbstverstandlichkeit des
Genies hervorquillt.
60. Joseph Rheinberger: J ohann isnacht. Fur vier MSnnerstimmen und Orchester
oder Pianoforte, op. 91. Ausgabe fur gemischten Chor bearbeitet von Paul
Klengel. Verlag: Robert Forberg, Leipzig.
Man schelte nur Rheinberger veraltet und unmodern, seine Musik ist doch in
ihrer Art prachtig und wird stets ihre Freunde haben. In dem kleinen Rahmen des
vorliegenden Werkes zeigt er alle seine Vorzuge wie in dem gradezu genialen tiirkiscben
Liederspiel w Vom goldenen Horn". Seine Musik klingt stets und erfreut stets, be-
denkenlos „hedonistisch i4 . So ist es auch sehr loblicb, dass das vorliegende Werk den
gemischten Choren zuganglich gemacht worden ist, und zwar hat Paul Klengel das in
einer Weise besorgt, dass man vermeint, der Verfasser habe es in dieser Form ge-
schrieben. Paul Hielscher
( " i m \i-\ L - Original from
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ACADEMY (London) 1905, No. 51. — Enthalt einen mit H. C. C. unterzeichneten
Artikel uber „New Sonatas" englischer Komponisten. Verfasser glaubt nicht, dass
die Zukunft der Programmusik gehoren wird und sagt nacb kurzer Besprecbung
der Elgarschen Richtung: ^Programme music is, of course, a valuable and necessary
means towards an end, that of abstract music possessed of a more complete range
of expression than Beethoven or Brahms dreamed of; it is a means of which Sir
Edward Elgar has freely availed himself. — The appearance of an Elgar Symphony
should be a great event in the history of music."
BORSEN- COURIER (Berlin) 1905, No. 499. — Einen hubschen und lesenswerten
Aufsatz „Rolands Knappen" veroffentlicht zu Lortzings Geburtstag Richard Kruse.
Darin berichtet ein Brief Lortzings an seine Familie uber den Erfolg der Oper bei
der Urauffuhrung in Leipzig unter Dir. Wirsing.
PRAGER TAGBLATT 1905, 22. November. - Bringt die Fortsetzung von Rudolf
Prochaska's Aufsatz uber „Anton Apt und den Cacilienverein" (Charakterbilder
aus dem alteren Musik-Prag). Verfasser wurdigt in eingehender Weise die grossen
Verdienste, die sich Apt um die Entwicklung des Vereins erworben hat. Seia
Riicktritt nach einem Vierteljahrhundert intensiven Wirkens brachte auch die Auf-
losung des Cacilienvereins, da sich kein wurdiger Nachfolger fur das auch materielle
Opfer heischende schwere Amt fand. „Die Initiative, mit der Apt zum ersten
Male das siegreiche Banner Richard Wagners auf dem Prager Boden entfaltet hat,
sichert ihm ein ehrenvolles Andenken in der heimischen Musikgeschichte."
ALLGEMEINE ZEITUNG FUR CHEMNITZ 1905, 22. Nov. - Paul Landau
berichtet zur Hundertjahrfeier von „Des Knaben Wunderhorn" uber altere Samm-
lungen deutscher Volkslieder.
DIE POST (Berlin) 1905, 25. Nov. - Hans Freimark schreibt uber „Die moderne
Hausmusikbewegung". Das Klavier, das die Herrschaft im Hause an sich gerissen
hat, genugt den neuzeitlichen Ansprikhen nicht mehr, wo Mannigfaltigkeit der
orchestralen Farben und Entfaltungsfahigkeit der Klangwirkungen gefordert werden.
Eine Neubelebung der Hausmusik wird durch das moderne Harmonium gegeben,
das alien berechtigten Wunschen nach modulatorischen Abwandlungen aufs wirk-
samste entspricht.
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin) 1905, 20. Nov. — Zum w Fidelio«-Jubilaum gibt
Fr. Katt eine anschauliche Schilderung der ersten Auffuhrung der Oper im k. k.
Schauspielhause in Wien und bespricht eingehend die inneren und ausseren
Grunde, die den Misserfolg der Premiere bedingten.
NEUE FREIE PRESSE (Wien) 1905, No. 14801. — Ein anregender Beitrag zur
Wurdigung ^Jacques Offenbachs", in Erinnerung der Wiederkehr des 25. Todestages.
— No. 14815. — Adolph Kohut veroffentlicht einen lesenswerten Aufsatz uber die
erste Fidelio-Darstellerin „Anna Milder" und vier bisher ungedruckte Zuschriften
der Kunstlerin.
KONIGSBERGER ALLGEMEINE ZEITUNG 1905, No. 547. - Paul Ehlers be-
( " i m \i-\ L - Original from
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184
DIE MUSIK V. 9.
spricht eingehend Beethovens „Leonore". Unsere Primadonnen nfibmen an, dass
Leonore immer Heldin, imraer mehr Mann als Weib sei. Dies sei eine rnissver-
stSndliche Auffassung, denn Leonore ist keine Konigin Elisabeth oder Lady Mac-
beth, sondern ganz Weib; wie uns auch jeder Takt sagt, dass Leonore ein einfaches
Weib ist und keine Heldin. Verfasser spricht den Wunsch aus, dass aus der
Scheingeisterwelt oder Theaterei unser Ruf eine Leonore zu neuem Leben erwecke,
eine zweite Schroder-Devrient, die es wie keine zweite verstanden hat, uns das
Reinmenschliche in den Beethovenschen Gestalten naher zu bringen.
HAMBURGER NACHRICHTEN 1905, 18. Okt. - Max Seiling bedauert in seinem
Aufsatz „Wie wird Richard Wagner gewurdigt?" besonders die VerstSndnislosig-
keit und Gleichgultigkeit, denen Bayreuth trotz seiner kunstlerischen Erfolge fort-
dauernd ausgesetzt ist.
MONTHLY MUSICAL RECORD (London) 1905, No. 419. - Clement Harris:
Monarchs as musicians. — Herbert: The military bands of the Balkan countries
(Schluss). — No. 420. — E. A. Baughan schreibt fiber Franz Liszt und fuhrt u. a.
aus, dass Liszt nach seinem Tode an Popularitat bedeutend verloren hStte, im
Gegensatz zu Richard Wagner, der bei Lebzeiten vergeblich um den Lorbeer ge-
kSmpft. — Ausserdem enthait die Nummer Berichte fiber die Bristol und Sheffield
Musical Festival und einen interessierenden Aufsatz fiber englische Musik zu den
Dramen Henry Irvings.
TOONKUNST (Amsterdam) 1905, No. 43-50. — Bringt die Fortsetzung der all-
gemeinen Ubersicht fiber die Vereinst&tigkeit 1904—1905 der Amsterdamer Ton-
kunst-Vereinigung.
FINSK MUSIKREVY (Helsingfors) 1905, Oktoberheft. — Andor Cserna schliesst
seine Abhandlung fiber ungarische Volks- und Zigeunermusik.
KOLNISCHE VOLKSZEITUNG 1905, 22. Oktober. - C.Gerhard: „Mendelssohns
Mutter und Gattin." Eine lebensvolle, anmutige Skizze beschreibt das innige Ver-
haltnis zwischen dem Kfinstler und seiner Mutter, „der edelsten, wfirdigsten Mutter,
deren ganzes Leben Pflichterfullung, Liebe, Wohltun war". Seine Gattin C6cile
war von wunderbarer Schonheit und Lieblichkeit. „Ihr Umgang, a so schildert
Sebastian Hensel — »war so wohltuend ruhig, so erquickend, wie die reine
Himmelsluft oder das frische Quellwasser."
DIE LEHRERWELT (Berlin) 1905, Oktober. — Max Chop veroffentlicht Beitr2ge
zur Charakteristik Franz Liszts. Bei der Besprechung seiner symphonischen
Dichtungen wird hervorgehoben, dass jede dieser Schopfungen eine Lebensphase
Liszts umschliesst mit ihrem Leid und ihren Siegen. Doch nicht nur in seiner
Eigenschaft als Tondichter, auch in seiner ubrigen musikalischen Personlichkeit
tritt das Subjektive durchaus zutage. — „Die freie Phantasie in subjektivster Auf-
fassung war Liszts eigentliches Element."
MUSIKALISCHE RUNDSCHAU (Munchen) 1905, I. 4. - Adolph Schloesser
schreibt fiber die „Musikzustande in England". Verfasser beabsichtigt vor allem,
das alte, ganz unbegrundete Vorurteil: dass England ein unmusikalisches Land
sei, zu widerlegen. Er wurdigt zunfichst die hervorragende Stellung der geistlichen
Musik in ganz England und ffihrt dann einige der bedeutendsten Komponisten an. —
Ausserdem: Theorieunterricht an Konservatorien von Roderich von Mojsisovics
und Friedrich Kloses w Ilsebill a (Schluss) von Rudolf Louis.
LE JOURNAL MUSICAL (Paris) 1905, No. 22. — Als Leitartikel wird eine Skizze
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REVUE DER REVUEEN
veroffentlicht: M Le Melomane - von Ludwig Tieck, die ein komisches Portrit gibt
eines jener vielen heutigen w enthousiastes de commande", die ohne positive Kennt-
nisse und Geschmack, mit Kennermiene sich uberall einmischen. — Sehr lesens-
wert ist der Aufsatz von Alfred Mortier, „Le Role du Critique Musical".
DER TAG (Berlin) 1905, No. 575. — Zum „Fidelio a -Jubilaum von Heinrich Welti. —
Verfasser behandelt besonders die Frage, worin die Wandlung im aussern Geschick
des lange verkannten Meisterwerkes begrundet lag. Er futart aus, wie der allge-
meine Geschmack sich immer entschiedener nach der Richtung bewegt, die Beet-
hoven der dramatischen Musik gewiesen hatte.
BRESLAUER ZEITUNG 1905, No. 817. — E. Boh n schreibt uber die erste ^idelio*-
AuffGhrung in Wien.
KIELER ZEITUNG 1905, 16. Okt. — Enthalt einen beachtenswerten Aufsatz von
Voigt-Preetz uber Friedrich den Grossen und die Musik.
MONTHLY MUSICAL RECORD (London) 1906, No. 421. - Eine Konzertrevue
des Jahres 1905 beweist die stetige Zunahme von Musikauffuhrungen in London,
besonders der Orchesterkonzerte unter Mitwirkung von Solisten. — In einem
Artikel uber die Urauffiihrung von Richard Strauss' „Salome a wird hervor-
gehoben, dass in England eine Abneigung gegen die Behandlung biblischer Sujets
herrsche. Das Werk werde deshalb in England mit merit so groSsem Beifall auf-
genommen werden, wie die symphonischen Scbopfungen, die „tolerably familiar"
waren. — Herbert Antcliffe veroffentlicht eine interessante Studie uber Berlioz,
Liszt und Strauss.
MUSIKALISCHE RUNDSCHAU (Munchen) I. 6. - Richard Braungart schreibt
uber „Gustav Mahler und die Programm-Musik". Mahler weigere sich zwar beharr-
lich, ein Programm zu seinen Symphonieen mitzuteilen, doch konnten nur ganz
einseitige Programmfanatiker behaupten, seine Symphonieen seien ohne eine
programmatische Idee. Verfasser veroffentlicht eine von ihm selbst nieder-
gescbriebene „Geschichte" zur dritten Sympbonie von Mahler, die seine Empfin-
dungen und Gedanken bei ihrer Auffuhrung durch Bernhard Siavenhagen im
Kaimsaal zu Munchen widerspiegelt. Sie ist ein Beweis dafur, dass „in der
Musik Mahlers doch ein ,Sinn' liegt und dass sie eine recht gute Musik sein
musse, da sie dem Gemut und Verstand voile Freiheit lasse und doch immer
sie selbst bleibe." — Karl Thiessen veroffentlicht „Neues von Max Reger*. —
I. 7. — An leitender Stelle ein Aufsatz uber die „Jank6-Klaviatur a , die gegen das
sogenannte Uberspielen der Hfinde schutzt und den Vortrag schwieriger Stucke
bedeutend erleichtert. — Otto Ernst erzShlt unter dem Titel w Hans im Glucke**
eine Bulow-Anekdote.
RHEINISCH-WESTFALISCHE ZEITUNG 1905, No. 1031. - Max Braungart:
w S3tze aus einem Essay uber Max Reger." Verfasser sieht in Reger den be-
rufenen Musiker, der das Erbe Brahms' ubernehmen und mehren soil. Er begrusst
ihn als den „neuen, kraftvollen, waldfrischen, musikalischen Siegfried", der das
Furchten vor Wagner und Liszt nicht gelernt hat und sich sein Schwert allein
schmiedet. Nur vor „Hagen" musse er sich huten, d. h. vor denen, die ihn
dauernd dem nivellierenden Lehrberuf gewinnen mochten.
FINSK MUSIKREVY (Helsingfors) 1905, Dezemberheft. — Jean Sibelius, foster-
landets tonsSttare u von K. Flodin. — A. Ingman „Richard Strauss' ,Salome* in
Dresden".
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NEUE OPERN
Eugen d'Albert : „Der Tugendpreis" heisst der Titel einer dreiaktigen
komischen Oper, deren Buch Richard Batka schreiben wird. Das Milieu
soli ein deutschbohmisches aus der Zeit des siebenjShrigen Krieges sein.
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Bayreuth: Die Buhnenfestspiele fallen in diesem Jahre in die Zeit vora
22. Juli bis 20. August. Es werden, wie bereits mitgeteilt, aufgefuhrt:
„Tristan und Isolde" unter Leitung von Felix Mottl am 22. und 31. Juli,
sowie am 5., 12. und 19. August; „Parsifal a am 23. Juli, 1., 4., 7., 8., 11.
und 20. August; „Der Ring des Nibelungen" am 25. bis 28. Juli und 14.
bis 17. August. Die Einstudierug und Leitung der Chore wird an Stelle des
heimgegangenen Professors Kniese der Chordirigent an der Berliner Hofoper,
Hugo Rudel, ubernehmen. In „Tristan und Isolde" haben die beiden
Hauptrollen Ernst Kraus (Berlin) und Marie Wittich (Dresden), wfihrend
Paul Knupfer (Berlin) und Dr. F. Kraus (Wien) abvrechselnd den Konig
Marke, Theodor Bertram den Kurwenal und Katbarina Fleischer-Edel die
Brang&ne singen werden. Im „Parsifal" wird Zdenka Fassbender vom
Grossherzoglichen Theater in Karlsruhe in einigen Vorstellungeu die Kundry
singen.
Berlin: Die Auffuhrung von Th. Erlers Oper ^Jesus", Text vom Pfarrer Bracke-
busch in Braunschweig, die am Braunschweiger Hoftheater fiber die Bretter
ging, ist in Berlin verboten worden, da nach preussiscbem Gesetz die Per-
sonlichkeit des Erlosers auf der Buhne nicht dargestellt werden darf.
Kdln: Wahrend der Festspiele 1906 sind zwei Auffuhrungen von Strauss'
„ Salome" mit dem Personal der Dresdener Hofoper und unter Leitung
Schuchs geplant.
Liuz: „Die Bruder" von Viktor Boschetti gingen am 30. Dezember erstmals
in Szene.
Ltibeck: Nachdem am 1. Mai das Stadtth eater aus feuerpolizeilichen Grunden
geschlossen werden musste, war es eine schwere Aufgabe der gesetzgeben-
den Korperschaften, die brennende Theaterfrage einer schnellen und gluck-
licben Losung entgegenzufuhren. Durch das hochherzige Geschenk von
465000 Mark, das Senator Possehl Senat und Burgerschaft anbot, wurde es
ennoglicht, die erforderlichen Grundstucke kostenlos fur den Staat zu er-
werben. Dem Wunsche des Gebers, mit dem Theater Konzert- und Gesell-
schaftsrSume zu verbinden, wurde von der Burgerschaft in ihrer Sitzung
vom 29. Dezember stattgegeben. Eine alle befriedigende Losung darf sicher
erwartet werden, da insgesamt rund 4500 qm zur Verfugung stehen. Die
Maximalhdhe der Baukosten des Theaters (obne Fundus) und des Saalbaues
mit Zubehor ist auf 1628000 Mark bestimmt. Die inzwischen schon ge-
wahlte, aus vier Senatoren und acht Burgern bestehende Theaterbaukommis-
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187
UMSCHAU
sion ist beauftragt: 1. die Bedingungen fur einen beschrankten Wettbewerb
festzustellen; 2. die Architekten, die zur Konkurrenz zuzulassen sind, zu
bestimmen; 3. unter den eingereichten Planen die Entscbeidung zu treffen
und Senat und Burgersctaaft zur Genehmigung vorzulegen; 4. alle fur den
Bau erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, den Bau zu beaufsichtigen
und abzunehmen. Die Kosten fur die Preisbewerbung unter voraussichtlich
vier Architekten firmen sind auf 17 000 Mark normiert.
Toulon: Das w Grand Theatre* eroffnete die Saison mit der „Judin". Es
folgten : Die Afrikanerin, Herodiade, Romeo und Julie, Manon. Als Neu-
heiten werden folgen: Siberia, Salambo, La Tosca, Arnica.
Toulouse: Im „Th£atre du Capitole* hat die Spielzeit am 19. Oktober be-
gonnen. An Neuheiten sind vorgesehen: Erlanger „Der polnische Jude tt ,
d'Indy „Der Fremde", Massenet w Der Gaukler unserer lieben Frau", Leroux
„Die Konigin Fiammetta", G. Pfeiffer w Le L6gataire universel", Palhadilhe
„Le Passant**, Gaillard „Amaryllis a .
KONZERTE
Braunschweig: Direktor Settekorn bereitet mit seiner Akademie fur Kunst-
gesang und ca. 200 Kindern den „Kreuzzug der Kinder" von Pierne* vor.
Der Chorgesangverein studiert unter Leitung des Hofmusikdirektors
Clarus den „Messias a von HSndel.
Hanoi (Tonking): Hier hat sich eine Philharmonische Gesellschaft gebildet,
die u. a. Opern von Massenet, Mascagni, Puccini und Werke von Beethoven,
Berlioz und Bizet auffuhren will.
Nantes: Unter dem Patronat von G. FaurS, V. d'Indy und R. Rolland hat sich
eine musikalische Gesellschaft gebildet: Association des Concerts
historiques de Nantes. Grunder und Leiter ist de Lacerda, Lehrer
an der „Schola cantorum". In dieser Spielzeit finden zwei Auffuhrungen statt.
TAGESCHRONIK
Bachhaus und Bachmuseum in Eisenach. Die Sammlungen fur die
Erwerbung von Job. Seb. Bachs Geburtshaus in Eisenach haben bis jetzt die Hohe
von 15000 Mk. erreicht. Damit konnte gerade die am 31. Dezember 1905 fallige erste
Ratenzahlung von 15000 Mark erledigt werden, und das Haus geht nun in den
nominellen Besitz der neuen Bachgesellschaft fiber. Es fehlen an der demnachst
zu erlegenden Kaufsumme weitere 15000 Mk. und mindestens die gleiche Summe,
um das Haus in ein Joh. Seb. Bachs wurdiges Museum umzugestalten. Die
Sammlungen mussen daher auf das eifrigste fortgesetzt werden. Das bishcrige
Ergebnis ist aber nicht glanzend zu nennen, wenn man in Betracht zieht, dass bald
die Halfte der gesamten Betrage durch eine Gesellschaft (Berliner Singakademie)
aufgebracht sind. Fur die Erhaltung des Geburtshauses eines der grossten Sohne
deutscher Erde, dessen Riesengeist die ganze musikalische Welt umspannt und
heute von neuem wieder besonders erkannt und gepflegt wird, muss es Ehrensache
aller musikalischen Vereinigungen sein, das ihrige dazu beizutragen. Es ergeht
daher von neuem die Bitte an Gesellschaften und Privatpersonen, die Sammlungen
mdglichst zu fordern. Beitrage nehmen die Vorstandsmitglieder fur das Bachhaus,
Prof. Dr. Joachim, Prof. Georg Schumann (Berlin), Generalmusikdirektor Fritz
Steinbach (Koln), Dr. von Hase (Leipzig) entgegen. — In einer in Leipzig unter
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DIE MUSIK V. 9.
dem Vorsitz des Geb. Kirchenrates Prof. D. Rietschel abgehaltenen Direktoriums-
sitzung der neuen Bach-Gesellschaft wurde fur das zukunftige Bach -Museum in
Eisenach ein Direktorium gewahlt, dem folgende Herren angehdren: Joseph Joachim,
Georg Schumann-Berlin, Oskar Hase-Leipzig, Fritz Steinbach-Kdln und Dr. Borne-
mann-Eisenach. Die Einweihung des neuen Bach-Museums soil im Frubjahr 1907
erfolgen.
Richard Wagner im Auslande. Auch ausserhalb der deutschen Sprach-
grenzen ist Richard Wagners Ansehen in stetem Aufstieg begriffen. So wurde er in
Stockholm mit 37 Auffuhrungen, in Budapest mit 34, in Brussel mit 32 gefeiert.
In London (Covent Garden) horte man 21, in Antwerpen 6, [Copenhagen 3, Sheffield
5, Lyon 11, Helsingfors 7 und in Moskau 3 Wagner -Auffuhrungen. Obenan aber
steht — o Ironie des Schicksals! — Paris, das mit 77 Auffuhrungen auch Berlin
um ein Wagner-Werk uberragt. Und dabei sind's nicht die geliuBgsten Schdpfungen
des Meisters, die in der Seinestadt so hohe Auffuhrungszahlen erleben, nein! Nicht
weniger als 25 „Tristan M -Vorstellungen gab es in der grossen Oper und 22 „Hol-
lander M -Auffuhrungen in der Opera-Comique. Sehr bemerkenswert ist auch die
viermalige „Tristan a -Auffuhrung in italienischer Sprache in Alexandrien (Agypten).
Hollandische Mozart-Festspiele grossen Stils wurden in der letzten
Januar-Woche in Amsterdam, Rotterdam und dem Haag abgehalten. Als Dirigent
wurde Hofkapellmeister de H a a n - Darmstadt, fur die Koloraturpartieen Anny
Hindermann vom Stadttheater in Hamburg gewonnen, wahrend sonst haupt-
sichlich einheimische Kunstler mitwirkten.
In Paris hat sich unter den Auspizien der „Schola Cantorum" eine Gesell-
schaft „Soci6t£ des chansons de France* 4 gebildet, die sich die Aufgabe
gestellt hat, das franzosische Volkslied zu Ehren zu bringen. Im Frubjahr
flndet in Grenoble eine Versammlung des Vereines statt, deren Vorsitz der Dichter
Frederic Mistral ubernommen hat.
Das Stadttheater-Komitee in Dusseldorf hat beschlossen, von der nSchsten
Spielzeit ab die bisher einer Anzahl von Kunstlern bewilligten Benefize auf-
zuheben. Durch Erhobung der Gagen soil eine Entschadigung gewfthrt werden,
Auch die offentliche Uberreichung von Blumen und Kranzspenden soil nicht mehr
gestattet sein.
Kaiser Franz Josef hat fur die Erricbtung eines Mozarthauses in Salz-
burg 20000 Kronen, Erzherzog Eugen 5000 Kronen gespendet. Ausserdem wurde
dem Komitee die Erlaubnis zur Veranstaltung einer Mozarthaus - Bau>otterie
erteilt. (Vgl. zu diesem Thema den Artikel von Dr. E. Ginsberg „Die Internationale
Stiftung Mozarteum in Salzburg und Mozarts Geburtshaus". Jahrg. V, Heft 7.)
Wien erhSlt ein neues grosses Musi k- und Sangerh au s, das der Sanger-
hausverein bereits seit zwolf Jahren erstrebt. Soeben wurden die Plane fur das
bedeutsame Unternehmen dem Kaiser und den massgebenden Personlichkeiten der
Stadtverwaltung vorgelegt und fanden dort ungeteilten Beifall, und wenn nicht un-
vorhergesehene Schwierigkeiten eintreten, so durfte das Etablissement bereits im
Jahre 1908 eroffnet werden. Gedacht ist es als Konzerthaus grossten Stiles, das
sowohl Konzertveranstaltungen wie Theaterauffuhrungen, und ebenso gesellschaft-
lichen Veranstaltungen, Festen, Ballen und sogar grosseren Ausstellungen Obdach
gewahrt. Das Etablissement wird eine ganze Reihe grosser und kleinerer SSle,
Vereins- und Klubzimmer enthalten, unter ihnen einen Saal fur 2000 Personen,
einen fur 1000 und einen solchen fur 500. Das w Musik- und Sangerhaus*, das in
gewissem Sinn einen Mittelpunkt fur das gesellschaftliche und kunstlerische Leben
J::r:i.
( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
189
UMSCHAU
der Kaiserstadt an der Donau bilden soil, wird sich auf einem der Stadt gehorenden,
5700 Quadratmeter grossen Terrain, auf dem zwiscben Stadtpark und Schwarzen-
bergplatz gelegenen Reserveplatz erheben. Fur die Ausfuhrung des Baues sind
2 1 /* Millionen Kronen veranschlagt.
In Kopenbagen wurde am 29. Dezember auf dem St. Annae-Plads in
Gegenwart der Mitglieder der Kdnigl. Familie ein Denkmal fur den dSnischen
Komponisten J. P. E. Hartmann enthullt.
Katalog No. 157 des Berliner An ti qua riats Leo Liepmannssohn umfasst
Instrumentalmu sik vom Anfang des 16. bis Mitte des 19. Jabrbunderts und
verzeicbnet u. a. Originalausgaben von Francoeur, Froberger, Guillemain,
Handel, Haydn, Huguenet, J. L. Krebs, Leclair, Lolli, Marcband, Mascitti, Mattbeson,
Mozart, Nardini, Noferi und Lautentabulaturen von Gerle.
Von den hervorragendsten Malern in Weimar wurde Willy Burmester, der
in einem Konzert zum Besten des dortigen Kunstlerbundes mitwirkte, ein Gescbenk
gemacbt, das in 27 Gemfilden bestand.
Am 15. Januar feierte Albert Niemann, der unubertroffene Wagners2nger,
in stiller Zuruckgezogenheit seinen 75. Geburtstag.
Der Komponist und Musikpi&dagoge Uso Seifert in Dresden feierte am
1. Januar das 25jihrige Jubil3um als Organist an der dortigen Reformierten Kircbe.
Hofkapellmeister Franz Fischer in Munchen feierte sein 25j3hriges
DienstjubilSum.
Hermann Fernow, der Leiter und Mitinbaber der Konzertdirektion Hermann
Wolff in Berlin, beging am 7. Januar das 25jfihrige Jubilium seiner gescbSftlichen
TStigkeit.
Am 13. Januar beging der Oberregisseur des Hoftbeaters zu Hannover Louis
Ellmenreich sein 50jlhriges Bubnenjubildum.
C. F. W. Siegels Musikalienbandlung (R. Linnemann) in Leipzig konnte
am 1. Januar auf ibr 60j3briges Besteben zuruckblicken.
Das Kdnigl. Konservatorium fur Musik und Theater zu Dresden beging
im Januar die Feier seines 50jibrigen Bestehens.
An der University Leipzig wird ein musikwissenschaftlicbes Seminar
eingerichtet. Man verfolgt damit den Zweck, Anleitung zu selbstfindigem Arbeiten
auf musikwissenschaftlichem Gebiete zu erteilen. Aucb Horer kdnnen sich an den
Ubungen dieses Seminars beteiligen.
In der in Wien am 10. Januar stattgefundenen Sitzung der leitenden
Kommission der ^DenkmSler derTonkunst in Osterreich* wurden ernannt:
zum ordentlichen Mitglied Gesandter Dr. Konstantin Dumb a, zu wirkenden Mit-
gliedern Komponist Ignaz Brull, Prof. Robert Fuchs, Franz Moissl, K. K.
Musiklehrer an der Lebrerbildungsanstalt in Reichenberg, Hofkapellmeister Felix
von Weingartner. Von seiten des Unterricbtsministeriums wurde Ministerialrat
Dr. K. Ritter v. Wiener mit der Vertretung in der leitenden Kommission betraut.
Die KammersSngerin Luise Reuss-Belce erbielt vom Herzog von Sachsen-
Koburg-Gotha die Karl Eduard-Medaille fur Kunst und Wissenschaft am Bande.
Dem Oberlebrer am Seminar zu Borna Behr ist der Titel „Kdniglicher
Musikdirektor* verlieben worden.
Der Grossberzog von Mecklenburg- Schwerin bat dem Domorganisten
Hepworth anl&sslich seines 80. Geburtstages das Verdienstkreuz der Wendiscben
Krone in Gold verliehen.
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DIE MUSIK V. 9.
Der stadtiscbe Kapellmeister Josef Krug-Waldsee in Magdeburg hat den
Titel „K6niglicber Musikdirektor* erhalten.
Dem Organisten an der St. Thomaskircbe in Berlin, Wilhelm Hermann,
wurde der Titel „Koniglicher Musikdirektor* verliehen.
TOTENSCHAU
Am 26. Dezember f in Wien die Inhaberin der Sltesten Privatmusikschule
Wiens, Sophie Koscb. Die Verstorbene leitete seit dem Jahre 1868 die im Jahre
1855 von ihrem Gatten, dem Komponisten Albin Koscb, gegrundete Schule.
In Tarrajona f der bervorragende Organist der Kathedrale und Professor
des Gregorianischen Gesangs an der dortigen papstlichen Univeisitat Theodor
Echegoyen.
Am 1. Januar f am Herzschlag Joseph Miroslaw Weber, erster Konzert-
meister der Muncbener Hofkapelle. (Vgl. S. 212.)
Ende Dezember f in Petersburg die Soubrette Henny Wildner, Mitglied des
Berliner Centraltheaters, im 27. Lebensjabre.
Am 2. Januar f in Koln der namhafce Konzertsanger und Gesanglehrer am
dortigen Konservatorium Paul Haase im Alter von 49 Jahren.
Am 6. Januar f in Paris in fast vollendetem 63. Lebensjahre Gabriele
Krauss, die langj&brige Primadonna der Grossen Oper, zu deren Zierden sie
zwei Jahrzehnte gehort hatte. Sie war geborene Wienerin und Schulerin der
Marchesi.
Der langj&brige Leiter der Kurkapelle in Bad Reichenhall, Karl Hunn,
f am 9. Januar im Alter von 68 Jahren.
Im Alter von 70 Jahren f in Paris der Librettist Eduard Blau. Fur mehrere
erfolgreichen Opern wusste er mit gescbickter Benutzung von klassischen Meister-
werken sehr beifSllig aufgenommene Texte zu liefern, so fur Massenet's „Cid"
und w Werther", fur Lalo's „Roi d'Ys" und „La Jacquerie", fur Godard's w Dante« usw.
In Leipzig f am 10. Januar der 1842 in Rostock geborene Kammersanger
Otto Sen el per, der, ausgerustet mit einer ungemein markigen Stimme und mit
hervorragender kunstlerischer Intelligenz, sich autodidaktisch zu einem in seinen
Gesangsleistungen und in seiner Darstellung gleich hervorragenden Vertreter des
Baritonfaches herangebildet hatte und der seit 1876, wo er nach voraufgegangenen
Engagements in Bremen, Wurzburg, Mannheim, Koln, Berlin, Bremen und Koln
als Nachfolger Eugen Guras fur die Leipziger Buhne gewonnen wurde, bis zu
seinen letzten Lebenstagen der hiesigen Oper als eine ihrer festesten Stutzen und
als die weitaus bedeutendste Kraft und markanteste kunstlerische Personlichkeit
ihres Ensembles angehort hat. Schelper beherrschte alle heldenhaften und
damoniscben, alle gemutvoll-burgerlichen Partieen sowie auch die rein-gesanglich
hervorragenden und selbst die Buffo-Aufgaben seines Faches mit gleich sou-
veraner Meisterschaft, und ganz Leipzig trauert am Grabe seines ausgesprochenen
Lieblingskunstlers, der im ehrenvoll-dankbaien Gedenken aller wahren Kunst*
treunde fortleben wird. (Vgl. S. 212.)
Kapellmeister Anton Wunderer, der Dirigent der Biihnenmusik des Hof-
operntheaters, f 56 Jahre alt, am 15. Januar in Wien. Er betatigte sich auch
als Komponist und schrieb u. a. das Ballett „Die bezauberte Rose" und die
Operette „Komtesse Fleurette u .
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
OPER
BERLIN: Konigl. Opernhaus w Rienzi*. Erik Schmedes (Wien) hatte sich die Oper zu
einem Gastspiel ausersehen. In Wien gilt dieser Sanger fur einen vorzuglichen
Wagnerdarsteller. Die Begrundung eines solchen Urteils durfte nach diesem Rienzi-
Gastspiel auch dem virtuosesten Dialektiker schwer fallen. Die Stimme des Herrn
Schmedes hat stark an Leuchtkraft eingebusst. Damit kSnnte man sich schliesslich ab-
finden, nahme nur das allgemein Menschliche der Darstellung gefangen. Aber auch das
war nicht der Fall. 1st Herr Schmedes nicht vielmehr lyrischer Tenor als Helden-
darsteller? An den wenigen lyrischen Stellen war er uberzeugend, hielt er sich fein an
den ublichen Ruhrseligkeiten; das Heldische hingegen war ihm beim besten Willen nicht
zu glauben. Die Oper wurde auch diesmal unverkurzt gegeben. Bei einem Jugendwerk
wie „Rienzi a , fiber das sein Schopfer selbst spater manches harte Wort gesprochen hat,
durfte das zuviel der Pietat sein. Oder auch zu wenig. Denn entschlosse man sich
dazu, in den ersten drei Akten, in denen die alte grosse Oper noch so viel Spektakel
macht, herzhaft zu streichen, so wurden die echten Wagnerstellen besser zur Geltung
kommen und das Publikum wurde die des jungen Wagners wurdigen beiden Schlussakte
frischer geniessen konnen. Willy Pastor
BRAUNSCHWEIG: Aus Anlass der Anwesenheit des Kaisers fand unter Hermann
Riedel eine Auffuhrung von Verdi's „Othello a statt, der ihm aber wenig behagte;
dagegen bekundete er seine Zufriedenheit mit den Leistungen (Auguste Lau ten bach er,
Leon Gritzinger) durch verschiedene Auszeichnungen. — „Die Hochzeit des Figaro"
leitete den Mozart-Zyklus wurdig ein. Da Johanna Andr6 nach langer verdienst-
voller Tfitigkeit aus dem Verbande des Hoftheaters ausscheidet, finden augenblicklich
fur das boch-dramatiscbe Fach Gastspiele statt. Ernst Stier
BRUSSEL: Im Monnaie-Theater fand die erste Auffuhrung von Massenet's letzter
komischen Oper, des, wie er es nennt, „gesungenen Lustspiels" „Cherubin* statt.
Das Textbuch ist von Cain nach dem gleichnamigen Lustspiel des in Paris lebenden
Belgiers de Croisset verfasst. Durch Beaumarchais, der den Namen erfand und Mozart,
der ihn in „Figaros Hochzeit" verewigte, ist uns das Bild Cherubins als eines von der
ersten Flamme der Liebe erfassten Junglings — weder Kind, noch Mann — bekannt.
Wie dort, so verliebt er sich in jede Schone seiner Umgebung: in die Grafln, die Baronin,
die spanische TSnzenn Ensoleillad, die Geliebte des Konigs. Er richtet an sie Verse,
bringt ihnen Standchen, erregt dadurch Hass und Eifersucht der Ehemanner, zieht sich
drei Duelle zu, und findet zum Schluss, verlassen von alien, wirkliche Liebe bei der an-
fangs verscbmahten Nina. Was die Musik anbetriffr, so ist sie weder gut noch schlecht.
Dass Massenet die orcbestrale Technik als Meister beherrscht und fur die Stimmen zu
schreiben versteht, ist ja bekannt und trifft auch hier zu. Er ermangelt auch nicht des
Lebens und des Humors in den geeigneten Situationen und triffr den graziosen Lust-
spielton wie nur einer — das ist aber auch alles. Vergebens sucht man nach einer
Stelle, die einen packt und interessiert, nach einer Melodie, die man „mitnimmt a , nach
einer fesselnden Steigerung: nichts als Phrasen, die auf die Dauer langweilen. Die Auf-
fuhrung war sorgfaltig vorbereitet; Fraulein Maubourg ist als Cherubin grazios und
lebendig im Vortrag und singt sehr nett; auch die anderen Rollen sind durchaus
13*
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DIE MUSiK V. 9.
angemessen besetzt. Dekorationen sowie Chor und Orchester unter Dupuis tadellos.
Das Publikum bringt dem Werke nur laues Interesse entgegen. — Dagegen bait der
enorme Erfolg von Clucks w Armida a dauernd an. Binnen 2*/t Monaten haben bereits
gegen 30 Auffuhrungen bei erhohten Preisen und total ausverkauftem Hause statt-
gefunden. Welche moderne Oper brScnte das fertig? Felix Welcker
DARMSTADT: Aus dem grauen Einerlei des Opernrepertoires der letzten Wochen,
das die lang andauernden Erkrankungen erster Mitglieder verschuldeten, ragen als
bemerkenswert nur drei prachtige Wagnervorstellungen: „Lotaengrin a , „Die Walkure" und
„Tristan und Isolde" hervor, in denen Augusta M filler von Hannover ( w Ortrud a ), Max
Stury von Mainz ( w TeIramund a ) und Friedrich Garl6n von Mannheim ( w Tristan a ) mit
grossem Erfolg als G3ste auftraten. Erstgenannte Kunstlerin wurde vom Herbst ds. Js.
ab fur das Facta der ersten Altistin verpflichtet. Als „Lohengrin", w Siegmund" und
„Sieglinde a boten Heinrich Spemann und Fanny Pracher stimmlich und darstellerisch
Glanzleistungen. Eine sebr beifailige Aufnahme fand das dreiabendliche Gastspiel unserer
langjfchrigen fruheren Soubrette Alma Saccur. Zu erwahnen bleibt ausserdem nur die
100. Auffuhrung von Rossini's „Barbier von Sevilla* und die Premiere der Herblayschea
Operette „Das Schwalbennest". Wie ein Gruss aus alten Zeiten mutete Mozarts
„Titus a an, der als Vorspiel zu dem in Vorbereitung befindlicben Mozartzyklus in
Szene ging. H. Sonne
DRESDEN: Das Konigl. Opernhaus bot in der vorweihnachtlicben Zeit nocta eine
Gesamtauffuhrung vom „Ring", die unter Kutzschbachs Leitung im ganzen sehr
befriedigend verlief. Bemerkenswert war, dass in der „Walkure a Frau Rocke-Heindl
ohne Probe die Partie der Sieglinde ubernahm und trefflich durchfuhrte. Die „G6tter-
dammerung" brachte zwei Gaste, Frau Reuss-Belce, die als Briinnhilde eine sehr be-
deutende Leistung bot, und Herrn Puttlitz, der als Hagen ein auf Engagement abzielen-
des Gastspiel recht vorteilhaft abscbloss, so dass er, trotz geringerer Darbietungen in
seinen ersten Gastrollen, verpflichtet worden ist „Salome a von Richard Strauss er-
weist sich als starker Kassenmagnet. Trotz wesentlich erhobter Preise waren bisher
alle Wiederholungen ausverkauft; besonders gross ist der Fremdenzudrang aus anderen
Grosstadten. Beweis genug, dass eine namhafte kunstlerische Tat, wie sie unsere Hof-
oper mit der Urauffuhrung der „Salome a vollbracht hat, ihre Fruchte tragt. Holfentlich
ruht man nicht allzu lange auf diesen Lorbeeren aus. Der Spielplan wird schon wieder
recht einformig. F. A. Geissler
FRANKFURT a. M.: Die vom Opernhaus zur Mozartfeier geplante Auffuhrung der
sieben bedeutendsten Buhnenwerke des Meisters hat mit mehr als einer Schwierig-
keit zu kMmpfan. Indispositionen im Personal vereitelten zunSchst die geplante Auf-
einanderfolge der Opern nach ihrer Entstehungszeit, so dass nun ^Figaros Hocbzeit*
den Reigen futarte. Aber auch hier musste man die neueinstudierten Seccorezirative
aus dem gleichen Grund fast unmittelbar vor der Auffuhrung wieder mit den Dialogen
vertauschen und die Rollen der Susanne wie des Cherubin anderen Darstellerinnen uber-
tragen (den Damen Schacko und Hohenleitner). Gewisse Erschutterungen im Gefuge
der Wiedergabe waren da nicht zu vermeiden; es war aber anerkennenswert, dass sie
sich bei allseitigem Aufbieten von Intelligenz und Geistesgegenwart auf das mindeste
Mass beschrankten, so dass sich das unvergleichliche musikalische Lustspiel mit Frau
Hensel-Schweitzer als Grafin, Schneider als Figaro und Brinkmann als Graf in
der Hauptsache „ohn T Schad' und Bruch u und teilweise sogar mit recht schonem Ge-
lingen abrollte. Hans Pfeilschmidt
FREIBURG i. B.: Infolge der vielfachen Erkrankungen im Personal kam bis jetzt keine
der angekundeten Neuheiten und Neueinstudierungen zur Auffuhrung; eine teilweise
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KR1TIK: OPER
Neubesetzung der „Weissen Dame", in der Frau Adam die Rolle der Anna vorzuglich
vertrat, kam dem klassischen Werke sebr zustatten. Victor August Loser
GRAZ: Eine neue Oper, Der Bergkonig, von Robert Fischhof erlebte bis jetzt
drei Auffuhrungen; dies namentlich dank der Hingabe Jenny Korbs (Ingeborg),
Gustav Kaitans (Bergkonig) und des Dirigenten Friedrich Weigmann. Das Werk ist
eine Wiederkomposition des schon von Ivar Hallstrom benutzten Textes (Stockholm 1874).
Doch bat das romantische Halbdunkel des Stoffes von Fischhof eine weniger neue, als
hubsche Musik bekommen: leider zu viel hubsche Musik, und auch viel zu hubsche
Musik. Eine unsachliche susse GefSlligkeit der Tonsprache, als ob die Charakteristiker
Mozart und Wagner nie gelebt hapten! Unmotivierte Modulation, matte Bfisse storen den
Musiker; undramatische Instrumentation, die den Text verdeckt, statt verdeutlicht, den
Laien. Dass das Werk nicht lang ist und doch Langen hat, stort beide. Die Auffuhrung
brachte dem Komponisten iiusseren Erfolg; sie brachte ihm auch inneren, wenn er die
Fehler horte, die freundlicher Beifall ubertonte. Dr. Ernst Decsey
HALLE a. S.: Unser Spielplan zeigt nun schon seit Anfang Dezember ein langweiliges
Gesicht. Nichts als „olle Kamellcn", die man zwar immer wieder mit anhort, aber
doch auch den gewiss nicht unbescheidenen Wunsch aufkeimen lassen, wieder einmal
einer NovitSt oder doch wenigstens wertvollen „Ausgrabungen* zu begegnen. Die meisten
Opernabende fullen Gastspiele aus. Doch die Mehrzahl der Giste kam, sang und ging.
Der Erfolg blieb aus. Ausser dem vielversprechenden Heldentenor Rupert Gogl ist
vorlaufig nur die Gesangsnovize Sophie Wolf engagiert, die das vielbegehrte Fach einer
jugendlich-dramatischen SBngerin ausfullen soil. Hoffentlich bereitet sie, deren „Agathe*
und „Elisabeth" noch manchen Wunsch offen liessen, uns keine EnttSuschung. Ein
Hallenser Kind, Erna Fiebiger, legte als ^Mignon" und als , Marie* ( w Waffenscbmied*)
eine aussergewohnliche, gesangliche und darstellerische Beti&higung an den Tag und
berecbtigt zu schdnen Hoffnungen. Martin Frey
HANNOVER: In unserer Oper absolvierte Katharina Fleischer-Edel zwei Gast-
spiele als Senta und Evchen. Die Kunstlerin, deren Stimme klar und hell, aber
etwas kalt klingt, hatte in beiden Rollen einen berechtigten, schonen Erfolg, doch
ragte sie in keiner Weise uber unser Opernensemble, wenigstens nicht fiber dessen erste
Krafte empor. Im Gegenteil; sowohl im ^Hollander" wie in den „Meistersingern" waren
die Herren Bischoff und Moest entschieden diejenigen, denen im Wettgesang „das
Blumenkranzlein aus Seiden fein a zukam. L. Wuthmann
KOLN: Im neuen Stadttheater erzielte Carl Weinbergers erstmalig aufgefuhrte
komische Oper „Schlaraffenland" (nach Ludwig Fulda in funf Bildern von
M. Sturz) einen durchschlagenden Erfolg. Schon die treffliche Ausgestaltung der sich
gegenuberstehenden beiden Milieus, der kleinburgerlichen VerhEltnisse und der schla-
rafflschen Welt, liessen Weinbergers Gluck bei seinem Ausflug aufs Operngebiet deutlich
hervortreten. Dann waren es seine melodiose Erfindung, die stimmungsvolle Lyrik und
seine eigenartige Charakteristik im Mirchenhaften und Phantastischen, die besonders
ansprachen. — Aino Ackt6 von der Grossen Oper in Paris bewahrte ihre hohe Kunstler-
schaft in fesselndster Weise, indem sie uns mit ihrer Margarete, Elsa und Elisabeth
bekannt machte. Paul Hiller
MAINZ: Auch hier hatte Wolf-Ferrari's Oper „Die neugierigen Frauen" einen guten
Erfolg. Die Auffuhrung war eine vortreffliche. Am 1. Weihnachtstage erschien zum
ersten Male Liszts „Heilige Elisabeth" auf der Buhne. Trotzdem man keine Muhe ge-
scheut hatte, und alles getan, das Werk wurdig zu gestalten, bewies doch auch diese Auf-
fuhrung, dass das Werk nicht auf die Buhne gebort. Es verliert gerade das, was sein
hdchster Reiz ist, den uberaus feinen poetischen Duft, der das Ganze, wie Sonnengold
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DIE MUSIK V. 9.
unter Waldesbluraen, verklirt. Die Versetzung In die reale Wirklichkeit bannt die
Phantasie in gegebene, zu enge Grenzen. Als Elisabeth war Hedwig Ma tern a hervor-
ragend. Die letzte Neuheit bildete Enna's „Streichholzma > del M , in dem Luise Fladnitzer
wiederum einen Beweis ihres liebenswurdigen und bedeutsamen Talents gab. Das Werk
gefiel sebr. Von ilteren Werken nenne ich Wagners ^Siegfried". Philipp Brozel er-
rang in der Titelrolle einen vollen Erfolg. Dr. Fritz Volbacb
MUNCHEN: Kurz vor Weihnachten brachte die Konigliche Hofoper noch zwei Novitlten
heraus, denen man zum Teil mit gemischten Gefublen entgegensab, das einaktige
Singgedicht „Feuersnot" von Ricbard Strauss und Gabriel Dupont's Musikdrama
w La Cabrera", Erwartet wurde eigentlich nur die Strauss'sche Oper, und das schon seit
geraumer Zeit. Man hatte daher nach den Grunden geforscht, die uns das Werk bistaer vor-
enthielten, aber keinen besseren gefunden, als die Furcht vor einem Theater-Skandalchen.
Venn diese jemals existiert hat, so gab es wohl nichts TSricbteres, denn die Munchener
von heute sind lSngst zu anderen geworden, urn sich durch die in das Werk hinein-
eskamotierten Sticheleien wegen ihrer ehemaligen Wagnerschaft noch gekrlnkt zu fuhlen;
andrerseits ist es leider nicht zu leugnen, dass die Personlicbkeit des Komponisten,
dessen Munchener Zeit in der „Feuersnot" auch ibre Spuren abgedruckt hat, von dem
grdsseren Teil des Publikums nicht respektiert wird, wie sie es trotz der jungsten
symphonischen Exzesse doch verdient; die „Feuersnot" war nicht das Ereignis, das sie
schon im politischen Verstand hatte sein mussen, wenn man sich der heutigen kunstlerischen
Stellung des beruhmten Mitburgers allgemein bewusst wire. — Da das Werk den Lesern
dieser Blatter aus ftlteren Berichten bekannt ist, darf ich mich kurz fassen. Wenn ich
oben gesagt habe, dass das Publikum zu einer Besorgnis keinen Anlass gab, so gilt das
auch von dem Werk. Um die Munchener zu reizen, hStte namentlich die vielbewegte
Kapuzinade des Kunrad witziger, deutlicher sein mQssen. Dass einzelne Stellen, in denen das
bierfreudige Munchnertum verspottet wird, ins Schwarze treffen, kommt allein auf Rechnung
des Komponisten, der mit geistreichen Anspielungen dem schlappen Humor des Textdichters
(E. von Wolzogen) oft geradezu genial auf die Beine hilft. Das von Strauss selbst ge-
fundene Sujet bietet unstreitig dramatische Seiten, die aber in der Wolzogenschen Be-
arbeitung kaum zur HSlfte ausgenutzt sind. Ich habe den Eindruck, dass der Dichter
otane innere Anteilnahme an diesen Stoff herangegangen ist; nicht in der sprachlichen
Ausfubrung zeigt sich seine Gleichgultigkeit; der munchnerisch-altertumelnde Dialekt,
die Einflechtung ortsublicher Kinderlieder u. dergl. lassen sogar einige Sorgfalt nicht ver-
kennen; aber der Aufbau ist ohne Spannung, die Entwicklung der Cbaraktere, wenn man
von solchen uberhaupt reden kann, ohne Liebe und Wahrheit; marionettenhaft bewegen
sich diese Gestalten an dem morschen Faden der Wolzogenschen Phantasie, in ihrem
Tun und Reden wirklich wie bei den Haaren berbeigezogen, und wie gesagt, der „Humor"
des Dichters, eine gewisse trockene Lustigkeit in der Korbszene ausgenommen, mag jen-
seits der Donau Lacher finden, uns stosst sie ab. Dass am Schluss der Burgermeister
zu dem sehr bedenklichen Kammerfensterin seiner Tocbter noch mitjubelt, ist das Humor?
Kann man derartiges einem Mann und Vater uberhaupt zutrauen? Auch an anderen
Stellen des Buches werden ahnliche Kunststucke geleistet; uber den Geschmack 13sst
sich ja bekanntlich nicht streiten. Immerhin muss man die Geschicklichkeit bewundern,
mit der der Komponist diesem sproden Stuck doch mitunter tiefe Wirkungen abgewann;
sie sind ein glanzender Beweis seiner Gestaltungskraft. In den Choren, die in dieser
Oper eine Hauptrolle spielen, stecken die musikaltschsten Elemente; ein Meisterstuck
eigenartigster dramatischer Chorlyrik ist der „greinende a Kinderchor w Kam wohl der
grimme Wolf", von dem eine fast unheimliche Lamentoso-Stimmung ausgeht; wenn
irgendwo, hat hier die Musik den Text im edelsten Sinne uberwunden. Und die folgende
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KRITIK: OPER
Szene bis zur Katastrophe kront diesen Triumph des Musikers; sie enthilt eine Fulle
der originellsten EinfSUe und zeugt fur die Genialitlt seiner Kombinationsgabe. Das
Strauss'sche Orchester entfaltet in der .Feuersnot" eine Farbenpracht, die uber die Ge-
stalten romantischen Zauber breitet; nur ist sie in den ersten Szenen mitunter zu dick
aufgetragen; Chore und Solisten hatten Muhe, sich uberhaupt verstSndlich zu machen.
Mass halten, die Gesangsstimmen als etwas SouverSnes der Instrumentation uberzuordnen,
hat Strauss noch nicht gelernt; auch gegen Schluss des Stuckes wire mit weniger
drobnenden Mitteln noch grossere Wirkung erreicht, zumal im Monolog, wo doch alles
auf das Verstandenwerden ankommt. Die Auffuhrung unter Leitung des Komponisten
war sorgf<ig vorbereitet und sehr gut, und verhalf dem Werk zu einem starken Erfolg.
Die beiden Hauptdarsteller, Frl. Koboth als Diemut und Herr Feinhals als Kunrad
machten ihre Sache famos. — Das zweite Stuck gehort zur Spezies der jungitalienischen
Verfuhrungs-Dramen. Seine Annahme an unserer Oper soil noch auf das Konto des
nach Frankfurt a. M. ubersiedelten Hofkapellmeisters Reichenberger kommen. Wer es
auch sein mag, Geschmack hat der Betreffende damit nicht bewiesen. Abgesehen von
dem, in der sentimental-veristischen Form uberlebten Stoff, dessen ErzSblung wir uns
ersparen konnen, zeigt die Dupont'sche Musik auch nicht die Spur einer eigentumlichen
Begabung; wenn sie zu „grossen a Akzenten ausholt, trifFt sie entweder eine Elle zu kurz
oder sie schlagt in den grossmauligen Ton der dramatischen Italianissimi von Mascagni's
Gnaden. Die von Rohr geleitete Auffuhrung mit Frau Burk-Berger in der Titelrolle
war recht wacker; aber das Publikum blieb kalt und in den lauen Beifall mischten sich
bescheidene Sibilanten. Dr. Theodor Kroyer
PETERSBURG: Nachdem im Laufe der letzten Jahre aus dem Wagnerschen Nibelungen-
Zyklus die drei Hauptteile w Walkure a , „Siegfried u und „G6tterdammerung" im
russ. kaiserl. Marien theater gegeben waren, ging zum Benefiz des Maschinenmeisters
N. Berger auch „Das Rheingold" unter Naprawniks Leitung erstmals in Szene und
ist jetzt an der Tagesordnung. Urn die im allgemeinen sehr gute Auffuhrung machten
sich von den Darstellern namentlich Frau Kusnezo wa-Benois (Woglinde), Frl. Petrenko
(Flosshilde), die Herren Kastorski (Wotan), J erscho w (Loge), Labinski (Froh), Ssmir-
now (Alberich), Sserebrjakow (Fafner) verdient. — Die w Neue Oper" im Kaiserl.
Konservatorium hat neuerdings auch Leoncavallo's „Zaza" und die seit 25 Jahren nicht
gegebene Oper „Gioconda u von Ponchielli ihrem Repertoire einverleibt. Durch das
Gastspiel der geistvollen Livia Berlendi und des unvergleichlichen Baritons Titta
Ruffo erwirbt sich die Direktion (Furst Zeretelli) den Dank aller wirklich Kunst-
verstandigen. Bernhard Wendel
ROSARIO (Argentinien): w Anderswo geschehen Taten, eine Welt des Ruhms bewegt
sich glanzend jenseits dieser Berge" — mit solchen Gedanken unwillkurlich blattert
man in den Heften der „Musik", deren regelmassige Ankunft stets freudig begrusst wird.
Ja, man wird bescheiden in seinen Anforderungen inmitten einer Musikwuste. Nicht, dass
es an musikalischen Veranstaltungen jeder Art fehlte, nur dass die Brunnlein echter
Kunst recht sparlicb fliessen und entweder im Sande rein materiellen Denkens und
stumpfer Gleichgultigkeit spurlds verrinnen oder von der brutenden Sonne kunstlerischen
Unverstandnisses aufgesogen werden. — Wahrend ich im Vorjahre wenigstens von einer
Gesellschaft berichten konnte, die den hier landlaufigen Spielplan: Tosca, Bobeme, Tosca,
Tosca, Traviata usw. mit einer achtungswerten Lohengrinvorstellung unterbrach, schweigen
in diesem Jahre alle guten Cotter. Im „Colon" tagte eine mittelmassige italienische Opern-
gesellschaft, die in ihrem Kapellmeister, Luis Provesi, allerdings einen Vollmusiker be-
sass. Er machte uns unter anderem mit einem Jugendwerke Verdi's: „Nabucco" bekannt.
Die Vorstellung, die der deutschen Kolonie anlisslich der kurz vorher stattgefundenen
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DIE MUSIK V. 9.
Schillerfeier gewidmet war und mit der „Freischutz a -Ouverture eingeleitet wurde, ver-
lief eindruckslos, da diese Verdis'che Musik unserm jetzigen Musikempfinden schon
allzu fern liegt. Andererseits gab es Gelegenheit, die Irrwege zu bewundern, in denen sich
ein moderner, verarmter Tonsetzer verlieren kann; ich meine Mascagni mit seiner „Iris w ,
die ich von einer andern, noch weniger guten Gesellsctaaft im kleinen Olymptheater
vorgefubrt sab. Den hiesigen Geschmack kennzeichnet es, dass er gerade an dieser
Musik seinen Narren gefressen bat. — Besser bebaut wurde das Feld der Operette.
Im „Teatro de la Opera" gab die englische Operettengesellschaft Sass & Nelson eine
Reihe von Vorstellungen, von denen die der Geisha die wenigst gelungene war. Die gesang-
Jichen Leistungen waren durchweg sehr gering. — Voile Hauser machte eine franzosiscbe
Truppe. Varneys komische Oper „Die Musquetiere im Kloster" wurde ausgezeichnet
gespielt. Wahrend die Italiener — soweit ich sie hier zu beobachten Gelegenheit hatte
— mit einem oder zwei „protagonistas a zu paradieren pflegen, fiel hier ein abgetontes,
lebendiges Zusammenspiel aller angenehm auf. Es war mal unverfalscbte Pariser Luft,
die hier vorubergehend auf unserer Buhne wehte. — Bedeutsam wird das nichste Jahr
werden, insofern zum erstenmal eine deutsche Gesellschaft (Operette) auf argen-
tinischem Boden spielen wird. Das Unternehmen ist fur Buenos Aires durch Zeichnungen
gesichert, und fur Rosario werden dann wobl auch einige Vorstellungen abfallen. Man
erwartet naturlich einen grossen Erfolg und knupft daran die Hoffnung, dass auch
deutsche Buhnenkunst sich mit der Zeit hier einburgern wird. Freilich bis zu der Zeit,
da alljahrlich bier deutsche Opern in deutscher Sprache gegeben werden, wird noch viel
rein italienische Musik verzapft werden. Hermann Kieslich
SCHWER1N i. M.: Ausser den Wiederholungen Verdi'scher Opern, in denen der
Koloraturaufputz der Gesangskunst der talentvollen Frieda Hem pel ein dankbares
Feld bietet, fand diese Kunstlerin auch in den Hugenotten, in Alessandro Stradella und
anderen Werken einen weiteren Tummelplatz fur ihre trefflichen Darbietungen. Nach
vielen Jahren ging „Der schwarze Domino" wieder uber die Buhne und fand grossen
Beifall. Wertvolleres gab d'AIberts kostliche w Abreise"; ebenso erfreute die Wieder-
kehr des feinhumoristischen „Barbier von Bagdad" unter Paul Prill. Seim sang
und spielte die Titelrolle mit vielem Gluck. Fr. Sothmann
STUTTGART: Verdi's „Amelia tt ist von Erich Band neueinstudiert, von Lowenfeld
neuinszeniert worden. Die Auffuhrung war vortrefflich; wurde nur auch deutschen
Meisterwerken soviel Sorgfalt und sinnige Umsicht zuteil ! Die Regie der „Meistersinger a
konnte noch etwas liebevoller sein; am besten war das frische, feine Orchester unter
Pohlig. Aber auch die Darstellenden setzten ihre besten Krafte ein, und trotz Unpass-
lichkeit des Frl. Wiborg loste der Abend nachhaltige Stimmung aus. Oskar Bolz,
stimmlich ganz vorzuglich, wenig rhythmiscb, wie fast jeder Tenor, spielte besser als im
„Ring"; wahrscheinlich ist er nun auf einige Zeit fest verpflichtet. Leider ist die Stutt-
garter Presse nicht in der Lage, etwas Sicheres uber geplante oder vollzogene Verpflich-
tungen neuer Mitglieder bekanntzugeben. Dr. Karl Grunsky
ZURICH: Auf einen arbeitsreichen aber auch mit schonen Erfolgen gezierten Monat
sieht unsere Oper zuruck. In der ersten Woche des Dezember feierte Erika Wede-
kind Triumphe ungewohnlicher Art, und bald darauf trat unser Ensemble mit einer vor-
trefflichen Neueinstudierung der Zauberflote hervor. Da dazu auch eine prachtige
neue Ausstattung nach Munehener Muster angeschafFt worden ist, konnte Mozarts Meister-
werk bereits achtmal vor sehr gut besuchtem Hause gegeben werden, was fur Zurich
eine Art Ereignis bedeutet. Einen machtigen Aufschwung hat unser Opernpersonal bei
einer Wiedergabe von Wagners »Ring des Nibelungen" genommen. Wir haben seit
vielen Jahren keine so abgerundete, ausgezeichnete Auffuhrung der Tetralogie gehabt.
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KRITIK: KONZERT
Besonderes Verdienst erwarben sich neben dem Tenoristen Max Merter, der sich mit
staunenswerter Geschwindigkeit aus einem ziemlich steifen, mittelmassigen Sanger zu
einem hochst beachtenswerten Kunstler entwickelt bat, Nusi v. Szekrenyessy als
Brunnhilde, Wilhelm Bockholt als Alberich und der noch sehr junge Philipp Schon-
leber als Mime, wahrend des Baritonisten Langefeld Wotan infolge mangelhafter
Schulung des trefflichen Darstellers nictat ungetrubten Genuss bereitete. Die ehemalige
Primadonna Zurichs, Marie Seiffert, die als WalkGre in „Siegfried a auftrat, wurde
ziemlich kuhl aufgenommen, dagegen gewann ein Schiiler des Frankfurter Konservato-
riums, Ludwig Ermold, rasch die Sympathie des Publikums. Er wurde nach zwei-
maligem Gastspiel fur das Fach des Bass-buffo engagiert. Noch immer besteht die
Vakanz fur die Partieen des lyrischen Tenors. Ein junger Anfanger, der als Tamino
debutierte, wurde abgelehnt. Aufsehen erregte der von hiesigen Kunstfreunden aus-
gebildete Bernardo Bernardi, der kurzlich bei einer Fledermaus-Vorstellung einige
Konzertnummern mit glanzvoller, aussergewohnlich tragfahiger und gut geschulter Tenor-
siimme sang. W. Niedermann
KONZERT
BERLIN: Das Programm des ersten Ni kisch-Konzertes im neuen Jahre begann mit
der symphonischen Dichtung „Vysehrad a , dem ersten Stuck aus der Reihe der Ton-
dichtungen, in denen uns Smetana von der vergangenen Herrlichkeit seines bohmischen
Vaterlandes erzShlt. Alsdann spielte Fritz Kreisler das Violinkonzert a-moll von
Viotti mit herrlichem Ton, einfach im grossen Stil, warm in der Empfindung. Till
Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss, sein innerlich heiterstes Werk, in
dem man mit behaglichem Ergotzen der vielfachen Umgestaltung des leicht wieder-
zuerkennenden Hauptmotivs, der geistreich bebandelten alten Rondoform folgt, und die
zweite Symphonie von Brahms waren die iibrigen Gaben des Abends. E. E. Taubert
Die zurzeit etwas verworrenen politischen Zustande im russischen Nachbarreiche
scheinen leider auch auf kunstlerische Veranstaltungen ihre ruckwirkende Kraft zu
iussern: anders lasst sich ein Programm, wie es der Orchesterabend aufwies, den
Ferdinand Neisser, Leiter des Philharmonischen Orchesters in Wasa (Finnland), mit
den Berliner Philharmonikern gab, mit dem besten Willen nicht erklaren. Die Oberon-
Ouverture eroffnete, Paul Ertels effektreiche symphonische Dichtung „Belsazar a schloss
den Abend; in der Mitte stand Beethovens grosse Fuge op. 133, bei deren AusfQhrung
sich nabeliegende Vergleiche schlechterdings nicht ausschalten liessen. Neisser ist
zweifellos ein achtbarer Dirigent von grosser Routine; weshalb er das Urteil uber seine
kunstlerische Intelligenz durch Vorfuhrung von seichter Unterhaltungsmusik, wie
Sinigaglia's w Regenlied tt und w Scherzo a , und drei S^tzen eines „Manoli tt betitelten, nach
Janitscharenmusik duftenden Nichts von F. Rein in einem doch hoffentlich ernst gemeinten
Konzert leichtherzig aufs Spiel setzte, ist nicht recht einzusehen. Die erfreulichste
Gabe des Abends waren „Fruhlingsgesang a und „Valse triste" von Sibelius.
Willy Renz
Die Berliner Kammerm usik-Vereinigung, bestehend aus der Pianistin Vera
Maurina und den Herren Gulzow (erste Violine), Ruckward (zweite Violine), Lenzewski
(Bratsche), Williams (Violoncell), Skibicki (Kontrabass), Rossler (Flote), Bundfuss (Oboe),
Rausch (Klarinette), Fruhauf (Fagott) und Rembt(Horn) brachte in vortrefflichem Ensemble
Spohrs fast vergessenes schones Nonett, das D-dur Konzert von Bach fur Klavier, Violine
und F15te, sowie Beethovens Septett zur Auffuhrung. — Donalt Francis Tovey veranstaltete
mit Zuziehung des Joachim-Quartetts und der Sangerin Meta Diestel zwei Brahms-
Kammermusikabende (f-moll Quintett, A-dur Klavierquartett, Trios in C-dur und c-moll,
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DIE MUSIK V. 9.
Violinsonate in d-moll und dieHindel-Variationen); es fehlt seinem gar zu korrekten Spiel
die personliche Note. — Florian Zajic und Heinrich Grunfeld spielten ausser Solostucken
fur Violine und Violoncell Schumanns Quintett, wobei Alfred Grunfeld das Klavier, die
Herren Diestel und Hasse die Mittelstimmen vertraten; auch der Pianist trug Solostucke
vor, Elisabeth Ohlhoff unterstutzte die Konzertgeber durch woblgelungene Liedervortrage.
— Das Dessau-Quartett wollte Bruno Walters Klavierquintett bier aus der Taufe beben,
verzichtete indessen darauf zugunsten einer Mozartfeier (Quartett in G-dur, Quintett in
g-moll, Divertimento fur Quartett und zwei H6rner in D-dur), die wurdig ausflel. — Otto
Urack trat in einem eigenen Konzert als Violoncellist, Komponist und Pianist auf, in
letzter Eigenscbaft als Begleiter einiger von ibm komponierten Lieder, die Hertba Dehmlow
lebensffihig macbte. Ein Klavier-Quintett Uracks (am Klavier Bruno Hinze-Reinhold)
enthielt gut gearbeitete, scbon klingende, den Horern gar keine Scbwierigkeit bietende
Musik (beinabe Salonmusik) nach Dvor£kschem Vorbild. Die Leistungen des Konzert-
gebers auf dem Violoncell entspracben nicbt ganz den Erwartungen. — Leo Schratten-
holz fuhrte ausser seiner scbon bekannten Violinsonate op. 37 zwei neue Trios eigener
Komposition auf (op. 40); das erste fur Klavier, Klarinette (Richard Muhlfeld) und
Violoncell (Robert Hausmann), das zweite fur Klavier, Violine (Gabriele Wietrowetz)
und Klarinette. Beide Werke waren gediegen gearbeitet, trugen dem Charakter der
Klarinette sebr gut Recbnung und entbielten eine Fulle fesselnder Melodieen; dem zweiten
gebuhrte der Vorzug: dessen ersten Satz kann man sogar bedeutend nennen; ungemein
ansprechend war der Scblussatz, ein ungarisches Rondo. — Auch Heinrich Gottlieb-
Noren, der sich jetzt H. G. Noren nennt, gab einen Kompositionsabend; ausser der bier
schon mehrfach anerkennend besprochenen Suite op. 16 fur Klavier (Vera Maurina)
und Violine (van Veen) und pastoralen Skizzen fur Harmonium (Karl Kampf), Violine
und Violoncell (van Lier) kam ein noch ungedrucktes Klaviertrio op. 28 zur ersten
Auffuhrung. Auch dieses Werk entbaMt viel eigenartiges, bedarf aber vor der Druck-
legung entschieden einer Verkurzung des Andante und vor allem des ersten Satzes;
dieses dauert 22 Minuten und ist in seinem architektonischen Aufbau ziemlich verfeblt;
iiberflussig ist z. B. die Fuge; scbone Gedanken, wie gleicb der Anfang, gehen, unter aus-
getiftelten Harmonieen und Figuren unter. Ungemein ptkant und harmonisch interessant
ist das knapp gebaltene Scherzo; auch das Finale, das auf einer slawischen Melodie auf-
gebaut ist, ist recht annehmbar; hierin lasst man sich gem den Fugenteil gefallen. Eine
Anzahl Lieder des Komponisten sang Gertrud Fischer mit ihrer schonen Altstimme;
darunter der eigenartige, noch ungedruckte „Tanz a . Unzweifelhaft ist Gottlieb Noren
ein begabter Komponist, doch hat er die Sturm- und Drangperiode noch nicht hinter
sich. — Mit Begleitung des philharmonischen Orchesters konzertierten die Geigerin
Lotte Ackers ohne Berechtigung und der sehr talentvolle Geiger Richard Czerwonky,
der mit Bruchs schottischer Phantasie und Joachims ungarischem Konzert erfolgreich
debutierte. — Ossip Schnirlin spielte u. a. eine etwas langatmige Ballade eigener Kom-
position, die auf ein reiches Innenleben schliessen liess. — Erfolgreich fuhrte sich auch
der junge Geiger Georg Merlin Diburtz ein; ihn unterstutzte die sympatbische Sangerin
Charlotte Kimpel. Etnen bedenklichen Ruckschritt zeigte die Geigerin Amalie Birn-
baum, ihre Konzertpartnerin, die Mezzosopranistin Else Vetter, dagegen wieder
erfreuliche Leistungen. — Das angesetzte dritte grosse Orchesterkonzert der neuen
C h arlotten bu rger Musikgesellschaft musste wegen innerer Zwistigkeiten in deren
Direktorium ausfallen. Wilhelm Altmann
Das Gros der Pianisten leidet an dem namlichen Obel: sie spielen immer, wie sie
uben. Jeder von ihnen hat seinen besonderen technischen Typ, d. h. eine sich stets
gleich bleibende Anschlags- oder Beruhrungsform. Sklaven ihrer Technik sind sie nicht
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KRITIK: KONZERT
Herren der Kunst. Nur einer ist Herr von beiden: der Mittel und des Ausdrucks. Was
bei Eugen d'Albert einzig vorhanden, ist nicht allein die Suggestivkraft, der elementare
Wirbel seines prachtvollen Temperamentes, als vielmehr die Grosse der Formgebung,
das Zucken des rbythmischen Pulses, die leidenschaftlichen Akzente und das klare
musikalische Aufbauen. Er spielt nie typisch. Der momentane Ausdruck gebiert
momentan die genaue adaquate tecbnische Form. So verfugt er allein uber die grosse
Dynamik und gibt das Kunstwerk als ein Mannigfaches von Farben und Tonen,
Scbattierungen und GegensStzen. kleinen und grossen Flachen und doch zugleich als ein
Einfaches, wie es das Leben erheischt. Eine gewisse Sorte von Instrumentalisten trakeln
und makeln gem an ihm herum. Die Neidinge!! Es geht noch immer ein Duizend
auf diesen Einen, der doch Aller Meister ist. Die Coda des ersten Satzes der „Wald-
steinsonate", die Uberleitung zum Rondo, dann wieder die Uberleitung zum Prestissimo
im Finale und dieses selbsr, — oder das Scherzo in Brahms' op. 5, dann das kdstliche
Intermezzo, das sind Dinge, von denen zu sagen: „Nachmachen, Ihr Herren, nicht reden!*
— Daneben spielten: Leo Kestenberg, ein neuer Kraftmayer von dickflussigem Geblut, —
Sandra Droucker, deren fruher so schone Gewichtstechnik einen Stich ins Harte be-
kommen hat und deren Musik nach wie vor ohne Reiz und Warme, — Alma Stencel,
das unerfreuliche Produkt einer noch unerfreulicheren Dressur und — Wilhelm Back-
fa aus, die ^Sensation", der Sieger des Rubinsteinpreises. Er ist ein Konner, dessen
Musik nicht im mindesten anstdssig. Er hat des weiteren eine lose Hand und verfugt
uber ein bedeutendes Quant von Technik. Da er noch jung ist, bilde ihm Gott den
Verstand, dass die Musik und der kunstlerische Ausdruck besser und bedeutender werde.
Dies Schmeissen und Hacken, diese Monotonie des Tones, dies wurschtige Deklamieren
im seelenlosen Metronomstil und solche Begrifflosigkeit von Anschlag, Farbe, Dynamik
und singenden Werten passen wenigstens schlecht zu einem Talent, das der Sache schon
etwas mehr Achtung und Wurde entgegenzubringen berufen ware. — Edouard Risler
gab den ersten von drei Beethoven-Abenden. Ich werde daher spater noch Gelegenheit
haben, auf ihn zuruckzukommen. — Unter den Stimmen nenne ich an erster Stelle
Mary Munch hoff. Sie hat zugenommen an Stilgefuhl und technischer Ausarbeitung.
Man bemerkt die gute legato-Schulung Messchaerts und eine feine sinngemasse Deklamation.
Sie konnte eine unserer ersten Lied- und KoloratursSngerinnen sein, hatte sie nicht nur
Liebenswurdigkeit, Klugheit und Geschmack, sondern auch Warme, Sinnlichkeit und
Temperament. Ihr Ton ist „kalt" und die kunstlerische Vollkommenheit scheitert an
dem Kardinalfehler absolut falscher Nasenresonanz. Der Ton klebt hinter der Nase fest,
verfangt sich in den hinteren Hoblraumen. So klingt er stumpf, im Kopfregister matt
und monoton und oft gleich einer gestopften Trompete. Es fehlt dem Klang an elastischer
Schwingungsform und metallischem Kern. — Daneben verdient Gracia Ricardo wegen
der vortrefiPltchen Durchbildung ihrer schonen Mittel, des musikalischen Ausdrucks, der
stilistischen Behandlung des Liedes und der ruhigen und vornehmen Deklamation grossere
und weitergehende Beachtung. — Rosa Olitzka sollte den Konzertsaal meiden. Ihre
ganze Erscheinung, Mimik und Theatralik weisen die Kunstlerin, deren Mittel zwar gross
und noch immer glanzend, deren Technik wie Stilisierung aber hochst anfechtbar sind,
dorthin, von wo sie kommt: nach dem Haus im Covent Garden. — Von Emil Pinks,
dem Oratoriensanger, kann man auch sagen, dass er im Kirchengesang besser am Platze.
Seine Liedkunst ist tuchtig, aber nicht bedeutend genug, und die technischen Mangel
seines leider knodeligen Tenors wiegen zu schwer, als dass man sie hier, wo sie isoliert
wirken, fur die Dauer angenehm finden konnte. — Bleiben: Helene Wolter und Helene
Staegemann, die Graziose, Liebenswurdige, die gleich Glyceren, Pausias* holdem Blumen-
madchen, gar duftige und zierliche Sachen zu bieten weiss. R. M. Breithaupt
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DIE MUSIK V. 9.
Einen genussreichen Abend veranstaltete der Tenorist George A. Walter mit
Werken J. S. Bachs und vier seiner Sonne. Die von ihm getroffene Auswahl wie die
Ausfuhrung aller Gesange war ruhmenswert. Heir Walter singt vorzuglich mit treffendem
Ausdruck und weiss, was bel canto ist. Die ihn unterstutzende Pianistin Elsa Haas
stand nictat ganz auf der Hohe, wurde auch von ibrem Gedachtnis im Stiche gelassen.
— Gertrud Fischers Stimme, fur Alt ausgegeben, hat Sopran-Charakter, ist wenig aus-
giebig aber angenehm. Sie sang mehrere, durch nichts bedingte Anhaufung von Disso-
nanzen verbluffende Lieder von Reger. — Als fur kleinere Gelegenheiten brauchbare
Sangerin zeigte sich die Sopranistin Rose Loening. — Einen klangvollen Bariton besitzt
Hjalmar Arlberg, der mit Klara Erler Duette sang. Das Ensemble ist noch nicht ge-
nugend ausgeglichen. Beide singen recht hubsch, ohne besonderes zu bieten. — Einen
programmatisch interessanten Heine-Abend gab Robert Koppel, dem er jedoch hinsicht-
lich der Ausfuhrung nur rezitatorisch gewachsen war. Besonders gut liegt ihm der
Humor. Gesanglich bleibt Herr Koppel alles schuldig, obgleich sein nicht ubler Bariton
der Ausbildung wert ist. Atmen und Tonbildung sind ganzlich unkultiviert. Fur ernste
Gesange versagt seine musikalische Auffassungsgabe. Hubsch waren einige von den
Komponisten selbst begleitete heitere Lieder von H. Hermann und J. Rothstein. —
Kunstlerisch wertvoll war das Konzert des Ehepaars Marie Barinowa-Malmgren
(Klavier) und Eugene Malmgren (Cello). Sie begannen mit einer Sonate in g moll fur
Viola da Gamba und Klavier von Ph. Em. Bach. Leider war die Gamba nach Art des
Cello nur mit vier anstatt sechs Saiten bespannt und wurde auch in moderner Weise ge-
spielt, wodurch das historische Interesse, das allein noch zugunsten der Vorfubrung des
alten Instrumentes spricht, unterdruckt wurde. — Bernhard Irrgang gab sein 400. Orgel-
Konzert. In der Marienkirche drSngten sich die Zuhdrer zu Hunderten. Der verdienst-
volle Kunstler wurde unterstutzt durch die Sangerinnen Jeannette Grumbacher de
Jong und Charlotte Hemptenmacher sowie das vorzugliche Damen-Streicbquartett von
Gabriele Wietrowetz. — Der Pianist William A. Becker machte einen sehr ungunstigen
Eindruck. Geschmacklose Verzerrungen, unzShlige Willkurlichkeiten und ein fort-
wahrendes Zerreissen des Melodiefadens sind Charakteristika seines Spiels. — Von
grosser Stimme des Tenoristen Fritz Ernst ist nur noch die Hohe in voller Kraft ubrig.
Gleicbmassiges Aushalten eines Tones gelingt ihm schwer, der Vortrag ist theatralisch.
Der mitwirkende Cellist Franz Borisch spielte recht ausdruckslos und Hess technische
Sicherheit vermissen. — Hubsches Talent hat die Altistin Stella Godwin. Die gut aus-
geglichene Stimme ist in tieferen Lagen schwacb, Hohe voll und schon. Der Cellist
Walter Lewy spielte mit kleinem Ton fur ihn zu schwierige Stucke. Die Harfenistin
Mila Stoltz zeigte grosses techniscbes Konnen, sollte aber beim pianissimo nicht ins
Ubertreiben verfallen. — Eine sympathische Sangerin ist Tont Kunz. Ihr Mezzosopran
ist nicht gross, sie singt jedoch mit Leidenschaft. Das leichte Tremolo und das horbare
Atmen sollte sie sich abgewohnen. Arthur Laser
BRADFORD: Das einleitende Konzert brachte uns das Halle-Orchester unter
Ri enter mit Kreisler (Mendeissohn-Konzert, Rondo Capriccioso von Saint-Saens)
und Miss Castles (Gesang) als Solisten. Beethovens jugendfrische „kleine Symphonie",
Elgar's charakteristische w Cockaigne 8 -Ouverture und Strauss' kostlicher „Till Eulenspiegel a
fanden vorzugliche Wiedergabe. — Einen sehr guten Eindruck hinterliess das ^London
Symphony Orchestra" unter Leitung Elgar's. Ausser der Symphonie in F von
Brahms und zwei slawischen Tanzen von Dvorak wies das Programm nur Kompositionen
des Dirigenten auf: Ouverture „In the South", introduction und Allegro" fiir Streich-
orchester, weniger seines musikalischen Gehaltes halber von Interesse als wegen seiner
grossen technischen Schwierigkeiten, sowie (unter Mitwirkung der Altistin Edna Thornton)
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KRITIK: KONZERT ^^ fe^
den Gesangs-Zyklus w Sea Pictures", dessen pikante orchestrate Toneffekte an Berlioz er-
innern. Das Orchester entledigte sich seiner Aufgaben auf das Beste. — Ausserst
genussreich war ein Konzert mit Busoni, Zacharowitsch (Violine) und Agnes
Nicholls (Gesang), das die Kreutzer-Sonate, ferner Werke von Chopin, Liszt, Couperin,
Vitali, Paganini, Bach, Brahms, Richard Strauss u. a. brachte. — Das abschliessende
Konzert dieses Jahres brachte als einzige Novitat eine Humoreske fur Chor und Orchester
„John Gilpin" von Cowen, Dieses Werk zeichnet sich nicht gerade durch grossen
Reichtum an musikalischen Gedanken aus; zur Erzielung des Humors bedient sich der
Komponist oft der grobsten Effekte. R. Rubeling
BRAUNSCHWEIG: Das funfte populare Konzert des Direktors Wegmann vermittelte
in M. Crickboom-Brussel die Bekanntscbaft eines tuchtigen, deutsch empfinden-
den Geigers, dem Mary Munchhoff und Minette Wegmann ebenburtig zur Seite
standen. Frl. Oehlmann brachte mit 85 Kindern und jungen Madchen eine Reihe der
Kinder- und Volkslieder von Jaques-Dalcroze zu mimischer Darstellung und errang mit
den neuen eigenartigen Leistungen solchen Beifall, dass spater eine Wiederholung er-
folgen musste. Ernst Stier
CHICAGO: Eine Saison von viel versprechender Aktivitat nahm ihren Anfang mit dera
ersten Thomaskonzert in der den Namen des Grunders des Orchesters tragenden
Halle. Der Dirigent Friedrich Stock hat gut gewahlte Programme ausgearbeitet, deren
kunstlerischer Standpunkt nichts von der gefurchteten „popularen a , kassenfullenden Pro-
grammacherei verrSt, sondern sich streng auf den Masstab der Thomasprogramme —
also klassisch-modern — stellt. Ich wohnte dem dritten Konzert bei, das die Manfred-
symphonie von Tschaikowsky im Hauptteil gab und zugleich Rudolf Ganz als Klavier-
solisten in Liszts Konzert No. 2 vorftihrte. Das Zusammenspiel des Orchesters lasst in
Straffheit und feinster Schattierung nichts zu wunschen ubrig, ein Memento fur den ver-
slorbenen Dirigenten und ein Beweis, dass unter seinem Nachfolger derselbe Inter-
pretationsgeist henscht. Nur in einem merkt der mit den Verhaltnissen Vertraute einen
Unterschied. Es ist der zwischen Thomas' Autokratie („sic volo sic jubeo"), welche die Ver-
haltnisse schuf, und der jetzigen, augenscheinlich von dem Direktorat der Orchester-
association („Trustees ft ) stark beeinflussten Methode, die w sich den Verhaltnissen an-
passt". Cber die lastige tt En core-Frage" ware es zu Thomas* Zeit unnotig gewesen,
ein Bulletin an die Konzertbesucher zu erlassen, denn Thomas gab einfach keine Encores!
Dem jungen Nachfolger, mit dem das encoresuchtige Publikum leicht fertig zu werden
glaubte, musste es uberlassen bleiben, das Publikum so zu erziehen, wie es von Thomas
erzogen worden war. Die Veroffentlichung eines Bulletins seitens der Trustees —
(„with the hearty concurrence of orchestra and Conductor [warum ist dieser in dem
ubrigens sehr mangelhaften englischen Sprachsatz zuletzt genannt?]) — zeigt nur, dass
die Trustees die Konzerte leiten — „wollen a . Herr Stock wird aller Energie bedurfen,
um sich solchen unziemlichen Einmischungen entgegenzustellen. Dass er musikaliscb
der richtige Mann am richtigen Platz ist, das hat er bewiesen. Eugen Kauffer
DRESDEN: Das dritte Symphoniekonzert (Serie B) im Kgl. Opernhaus brachte als Neu-
heit eine Humoreske D-dur fur grosses Orchester von Karl v. Kaskel, ein effekt-
volles und im Detail interessantes, prachtig instrumentiertes Stuck, dem aber zu voller
Wirkung straffe Konzentration mangelt. Unter Schuchs feuriger Leitung erzielte die
Neubeit einen freundlichen Erfolg. Solistin des Abends war Guilhermina Suggia, die
trotz betrachtlicher technischer Kunstlerschaft und schonen EmpMndens doch wieder den
Beweis dafur lieferte, dass das Cello nun einmal kein Dameninstrument ist. Im 4. Sym-
phoniekonzert der Serie A brachte Ernst v. Schuch Anton Bruckners neunte Symphonic
d-moll als Neuheit heraus. Das riesige Werk erregte, wie nicht anders zu erwarten, zunichst
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DIE MUSIK V. 9.
mehr Befremden als Zustimmung, trotz einer bervorragend schonen Wiedergabe durcb
die Kgl. Kapelle. Es klingt eben aus dem Orchester Bruckners soviel dramatische, mit
Wagner verwandte Musik heraus, dass man sie obne Buhnenbild als absolute Musik zu-
nichst gar nicht geniessen zu konnen meint, zumal da gerade bei der neunten Symphonie die
direkten AnklSnge an Wagner sebr zahlreich und ohrenfallig sind. Aber die Grosse und Be-
deutung des Brucknerschen Kunstschaffens, das erst eine spitere Zeit dem grossen
Publikum recbt erscbliessen wird, empflndet doch selbst der Widerstrebende, und so nabm
man das schwer zugingliche Werk mit Acbtung und Sympathie auf. Das dritte ptail-
barmoniscbe Konzert fubrte als Solisten Emmy Destinn und Artur Scbnabel nacb
Dresden; erstere ist seit lingerer Zeit bier bekannt und geschatzt, so dass ihr Erfolg
von vornherein sicber war, letzterer fubrte sicb als bocbbegabter Klavierkunstler sebr
gunstig ein. Eine vortreffiiche Auffubrung der w Schopfung* bot die Robert Scbumannsche
Singakademie unter Albert Fucbs, und eine hocbst genussreicbe Mozartfeier veranstaltete
die „Dresdner Musikschule a , ein unter Leitung von L. R. Schneider neben dem Kgl.
Konservatorium zu grossem Anseben gelangtes Institut. Die Herren Giessen und
Sittard setzten ibre Sonntag-Nachmittagskonzerte erfolgreich fort; weiter seien noch
Liederabende der Sopranistin Frau Steinbauer-Mallinson und des Baritonisten Emil
Hofmann als woblgelungen bervorgehoben. F. A. Geissler
FRANKFURT a. M.: Mit dem Wiederbeginn der Konzerte im neuen Jahr ist scbon
eine ganze Revue pianistiscber Erscbeinungen vorubergezogen : Lam on d mit einem
prachtvoll zusammengestellten und prachtvoll wiedergegebenen Beethoven-Programm, die
treffiicbe Florence Bassermann, Max und Blanche Schwarz, die bier Wohlbekannten
und Woblaufgenommenen, und Albert Friedenthal, der sicb bei seinem ersten Er-
scheinen vermoge seines etwas rubinsteinisch geaneten Temperamentes gut einfubrte.
Noch besser gelang das seiner Partnerin, der Mezzosopranistin Ciska Schattka, die mit
ihrer Stimme, ihrer Schulung und ihrem Gebalt an Innerlicnkeit einen sebr ver-
sprechenden Eindruck hinterliess. Im ^Museum" wurde in einem Quartettabend Hugo
Heermann nacb lingerer Abwesenheit wieder hocbwillkommen gebeissen. Ein Freitags-
konzert desselben Instituts bot orchestral nichts Neues, liess aber Ludwig Hess als Sanger
mit selbstkomponierten Liedern und solchen S. von Hauseggers auftreten, wobei sich die
letzteren denn doch als die wertvolleren erwiesen. Am namlichen Abend kam es vor,
dass R Strauss' „Don Quixote", der hier s. Z. die vielapplaudierte Urauffuhrung und
seitdem noch manche Wiederholung erlebte, auch mit ablehnenden Kundgebungen be-
schieden ward. Hans Pfeilschmidt
GRAZ: Den Volksliedern Helene Staegemanns horte man zu, wie man einem fernen
Lichterspiel zusieht: man wird so gefesselt, dass man vergisst, wie wenig es warmt.
Der kleine Vecsey spielte Bach und Paganini, mit Bachischer Kraft und Paganinischer
Artistik. Max Pauer brachte in herrlicher Rhythmik u. a. das Beethovensche G-dur
Konzert, namentlich den langsamen Satz, als Gastgeschenk. Godowsky gab in den
24 Chopin-Preludes hundert neue Farben-Moglichkeiten. Possart ruhrte unser sudoster-
reichiscbes Herz tief mit Strauss-Tennyson's w Enoch Arden a . Dr. Ernst Decsey
HALLE a. S.: Ausser Karl Klanert, der das fis-moll Klavierkonzert von Carl Reinecke
schwungvoll vortrug, traten hier nur noch Emmy Destinn und Ludwig Wullner
mit grosstem Erfolg auf. Martin Frey
HELSINGFORS: Von den regelmassigen Symphoniekonzerten des Philharmonischen
Orchesters fanden bisher zwei statt. Bei dem ersten wurden Schuberts „tragische u
Symphonie in c-moll nebst Liszts „Orpheus tt und Glazounow's Orchesterphantasie „Stenka
Razine" gespielt; Solist war Alexandre Petschnikoff, der mit schmelzendem Ton und
technisch sehr hervorragend Tschaikowsky's Violinkonzert vorfiihrte. Das zweite Konzert*
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KRITIK: KONZERT
gleichfalls von R. Kajanus geleitet, bot als Quasinovitat des Finnen Erkki Melartin
Erstlingssymphonie (c-moll) in orchestraler Neubearbeitung, weiter das Vorspiel zu Niccolo
Spinelli's Oper „A basso porto" und C6sar Francks symphonische Dichtung „Le
Chasseur maudit". Der ausgezeichnete BassSnger Ettore Gandolfi, vorlauflg als Ge-
sangslehrer am hiesigen Musikinstitut angestellt, sang eine Arie von Verdi. — Wegen
der grossen politiscben Bewegung, die so siegreich mit Finnlands autonomer Stellung
als Staat endigte, sind die Solistenkonzerte weniger zahlreich gewesen. Nennenswert ist
Elli Raugman, eine junge einbeimische Pianistin, Schulerin von Reisenauer und Grun-
feld, die bei ihrem Konzert u. a. Schumanns Etudes symphoniques sehr schon und
poetisch reizvoll spielte. — Die Musikabende des Musikinstituts boten u. a. Busoni's
hocbinteressante zweite Violinsonate, Bossi's Trio sinfonico, Beethovens Streichquartett
op. 95, Sindings Trio in D und Schumanns Klavierquartett op. 47. Solisten waren
E. Gandolfi (Gesange von Scarlatti, Pergolesi und d'Astorga), Bror Pettersson (Cello-
sonate von Boccherini), Karl Ekman (Webers As-dur Klaviersonate) und Victor Novdcek
(Schuberts Violinrondo h-moll). Karl Flodin
KOLN: In der Musikalischen Gesellschaft wusste die junge Pianistin Elsa Kruger
sehr lebhaft zu interessieren. An einem andern Abend erzielte die Mezzosopranistin
Susanne van Rhyn im ganzen mit Liszts Mignon und Liedern von Max Reger gunstige
Eindrucke. Das Orchester der Musikalischen Gesellschaft bewahrte unter Arnold Krogels
Leitung durch hingebende Ausfuhrung der Don Juan-Ouverture und G.Jensens landlicher
Serenade die guttonkunstlerischen Tugenden dieser im wesentlichen Teil aus Dilet-
tanten beststehenden Vereinigung. — Albert Friedenthal war mit Ciska Schattka
in dem von Virtuosen mit Recht sehr bevorzugten intimen Saale des Hotels Disch ein-
gekehrt. Mit Chopin's b-moll Sonate, Mozarts A-dur Sonate und der Brahms'schen
Ballade D-dur zeigte sich der Pianist auf der vollen Hohe seiner Gestaltungskraft,
wahrend seine Partnerin ihren prachtvollen Mezzosopran mit erfreulicher seelischer
Vertiefung in den Diensf verschieden stilisierter Gesange, wie Liszts Drei Zigeuner,
stellte. — Im sechsten Gurzenicb - Konzert erzielte als Neuheit fur Koln
J. Weismanns Marchenballade „Fingerbutchen", freundliche Wirkung, die zweifellos
eine Steigerung erfahren hatte, wenn dem sehr gefallig gearbeiteten Werkchen ein im
richtigen Verhaltnis zu seiner Dehnung stehender Aufwand an musikalischen Gedanken
dienstbar gemacht worden ware. Auch Gustav Mahlers „Kindertotenlieder tt horte man
zum ersten Male hier. Die ihr zugrunde liegende Tiefe der Empflndung und das wenigstens
teilweise Interessante der Ausgestaltung mussten an ihrer sonst moglichen Eindruckskrafr
durch die bei dem geistigen Gehalte der Dichtungen allerdings nahegelegte Monotonie
in der musikalischen Schilderung einigermassen verkummert werden. Nichts ist anspruchs-
voller, als ein Zuviel von Ahnlichem! Friedrich Weidemann von der Wiener Hofoper
erzielte in beiden Neuheiten durch wertvolle Vortragseigenschaften und ein schones
Organ hervorragende Wirkung. Mit Beethovens Violinkonzert und der Tartinischen
Teufelstriller-Sonate hatte Fritz Kreisler den gewohnten grossen Erfolg. Fritz Stein-
bach, der zu Anfang durch eine ausserordentlich wirksame Steigerung Beethovens Egmont-
Ouverture zu machtigem Eindruck vermittelt hatte, brachte nachher bei der ersten Kolner
Wiederholung von Richard Strauss* Sinfonia domestica durch seine bezwingende, uber-
aus humorvolle Art der Interpretierung das nicbt leichte Kunststuck fertig, auch erklarte
Strauss-Gegner in den Bann des musikalischen Ereignisses zu Ziehen.
Paul Hiller
LEIPZIG: Zwischen Weihnachten und Neujahr gab es hier nur ein Konzert, einen
Sonaten-Abend der Herren Stavenhagen und Berber, die zwischen Werken von
Bach und Beethoven eine tuchtige Manuskript-Sonate op. 30 von A. Bee r- Walbru nn
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DIE MUSIK V. 9.
erstmalig vorfuhrten. Das Neujahrskonzert im Gewandhause wurde durch Paul
Homeyer mit dem Orgelvortrage von Bacbs F-dur Toccata kraftvoll eingeleitet und
brachte weiterhin ausser etwas unzulanglichen Gesangsleistungen von Hermine Bosetti
Mendelssohns „Sommernachtstraum-Ouverture a und eine recht gewandhauswurdige Inter-
pretation der c-moll Sympbonie von Brahms. Im zwolften Gewandbauskonzert uberraschte
Arthur Nikisch mit einer sehr liebevoll vorbereiteten Erstauffuhrung von Anton
Bruckners achter Symphonie (in c-moll), die besonders mit ihren themenkraftigeren und
geschlossener ge form ten zwei vorderen SStzen lebbaft interessierte, worauf dann nocb
Henri Marteau in etwas sentimentaler Weise Beethovens Violinkonzert spielte und die
w Oberon-Ouverture" den schwunghaften Ausklang des Abends bildete. Das secbste Phil-
harmonische Konzert des Winderstein - Orchesters, das unter sch&tzenswerter
solistiscber Mitwirkung von Elena Gerbardt und der trefflicben Violoncellistin Mar-
guerite Caponsacchi stattfand, brachte neben Bruckners romantischer Symphonie
(in Es-dur), die Hans Winderstein tuchtig vorfuhrte, zwei grSssere Novitaten: eine
sympbonische Dicbtung „Auferstehung und jungstes Gericht" von Gerhard von Keussler,
die bei talentbezeugenden Einzelheiten der Tonmalerei und der Instrumentation mit der
Wahl des Vorwurfes, mit dem Allzuvielerlei des Programmes und mit einiger Magerkeit
und geringer Pragnanz der melodiscb-thematischen Erfindung auf gerngrosses Anftlnger-
tum scbliessen machte, — und ein Violoncello-Konzert op. 61 des ungarischen Kompo-
nisten Emanuel Moor, das, abseits von mancberlei etwas bombastiscben und zerfahrenen
Tuttistellen und Soloepisoden, den Violonceliisten zumal mit dem altertumelnden Andan-
tino und mit dem dramatisch belebten Finale brauchbares neues Vortragsmaterial dar-
bietet. An einem von Fritz von Bose unter Mitwirkung von Felix Berber und Julius
Klengel veranstalteten Kammermusikabend gelangten zu Brahms' C-dur Trio noch zwei
Novitaten zur Vorfuhrung: das rafflniert angelegte, allzu buntscheckige F-dur Trio op. 25
von Georg Schumann, dessen beiden mittleren Satzen grossere Wirkung beschieden war,
und eine durch Titelaufschrift und durch einige Absonderlichkeiten der Harmonisierung
Max Reger gewidmete tuchtig gearbeitete F-dur Sonate op. 20 fur Violoncello und
Pianoforte von Stephan Krehl. Dr. Ludwig Wullner tondeklamierte einen ganzen Abend
lang Lieder von Otto Vrieslander, die einzelne hubsche Einfalle und ein sich besonders
in eigenartiger Harmonieenverwendung ausserndes Talent fur moderne Ausdrucksmusik
wahrnehmen lassen, in solcher Menge aber, wie sie Dr. WQllner vorfuhrt, ungeniessbar
sind. Der Violinist Josef Achron wurde freundlich aufgenommen, obschon seine Bogen-
technik zurzeit noch hinter der vortrefflichen Ausbildung der linken Hand zuruckbleibt und
seine Tongebung W&rme und Abwechslung vermissen 13sst; grossen Erfolg hatte aber
wiederum Miscba Elman, der ein eigenes Konzert in der Alberthalle gab. Die Klavier-
spielerin Margarete Roedel erwies mit einem zu boch gegriffenen Programm und mit
dessen vielfach unzureichender Ausfubrung, dass sie noch nicht recht konzertreif ist.
Arthur Smolian
LONDON: Der Monat Dezember mit seiner Weihnachtszeit — die hier eine Ferien-
frist von fast einem Monat bedeutet — bringt immer eine gewisse Ruhepause in
unserem Musikleben mit sich, und von dieser Regel ist auch diesmal nicht abgewichen
worden. Jetzt tritt aber wieder der Wendepunkt ein, und den vorlaufigen Ankundigungen
nach durfen wir einer Saison entgegenblicken, die an Fulle und Geriusch wenig zu
wunschen ubrig lassen wird. Ob sie aber kunstlerisch Bedeutsames bringen wird, steht
dahin. Von einheimischen Komponisten munkelt man, dass Elgar wieder mit einer
grosseren Komposition im Stile des „Gerontius" hervortreten wird. Das Gerucht ist
bisber von seiten der Hauptperson unbestitigt geblieben, allerdings aber auch nicht
dementiert worden. Die wihrend der letzten Zeit abgehaltenen Konzerte unserer beiden
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r J:;j :i/ f ^ :;.y ^ K K )^ 1 1 UNIVERSITY OF MICH
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KRITIK: KONZERT
Hauptorchester, des Queens Hall- und Londoner Symphonie-Orchesters bieten
zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung. In dem Konzert der Symphoniker,
vor Weihnachten, das zugunsten der russischen Juden veranstaltet wurde, wirkten auch
die Bruder Hambourg mit. Das Programm enthielt nur Kompositionen polnischer
und russiscber Tondichter und wurde von Mark Hambourg mit dem Cbopinschen Trauer-
marscb erdffnet, den das Publikum stehend anhorte. Tschaikowsky war mit der
funften Sympbonie und dann mit den Varianonen auf ein Rokoko-Thema fur Violon-
cello und Orchester, dem ersten Satz des Violinkonzertes, und zum Schluss durch das
Klavier-Konzert in b-moll vertreten, die eine vorzugliche Wiedergabe fanden. Das
Queens Hall-Orchester bracbte nichts Neucs, aber dankenswertes Altes. Schuberts
„Unvollendete a , Beettaovens Fiinfte; ausserdem Dvoraks „Stabat Mater", in dem Ada
Crossley die Solopartie ubernoinmen hatte, und das seltener gehorte w Capriccio
Espagnol" von Korssakoff. Im Saal Becbstein gab Adolf Rebner ein sehr erfoig'eiches
Konzert, in dem er seinen Ruf als vortrefflicher Geiger beim Londoner Publikum weiter
befestigte. Mit Percy Grainger spielte er auch eine Sonate von Richard Strauss fur
Violine und Klavier, die in den musikliebenden Kreisen immer grossere Beliebtheit
erlangt. Besonders beifallig wurde aber die von ihm gespielte Bachsche „Cbaconne a
und die Romanze in G-dur von Beethoven aufgenommen. Die Fenalzeit wurde von dem
Londoner Symphonie-Orcbester und dem Sangerchor aus Leeds, der 200 Personen
zShlt, zu einem Ausfluge nach Paris benutzt, wo mehrere Konzerte veranstaltet wurden,
bei denen auch Edouard Colonne wiederholt den Dirigentenstab fuhrte; die von kunst-
lerischem Standpunkt unstreitig gelungene Veranstaltung wurde auch zu einer enthu-
siastischen Kundgebung fur die ^Entente cordiale* benutzt. Dr. Adolf Rosendorff
MAINZ: Die Mainzer Liedertafel brachte am 29. November eine Auffuhrung, deren
erster Teil Liszts wunderbare Graner Messe bildete. Der Eindruck war ein
tiefer und die Wirkung eine ergreifende. Als Solisten zeichneten sich aus Tilly Cahnbley-
H inken, Pauline de Haan-Manifarges, Emil Pinks und Johannes Messchaert. Den
zweiten Teil bildeten drei Kantaten von J. S. Bach: die Pfingstkantate: w O ewiges Feuer",
die Altsolo-Kantate: „Schiage doch gewunschte Stunde", und als Schluss die uberwaMtigende:
aEin' feste Burg" mit ihrem riesenhaften Eingangs-Chor. Ganz hervorragend war der
Trompeter, Hofmusikus Kimmel aus Darmstadt, der in diesen bohen Bachstimmen kaum
zu ubertreffen sein durfte. An der Orgel wirkte Prof. Franke aus Koln und am Pult
Fritz Volbacb. In dem Kammermusikabend der folgenden Woche trug der Chor eine
Reihe alter Werke a cappella vor, von denen besonders zwei altfranzosische Chansons
geflelen. Ein weiterer Kammermusikabend des Heermannschen Quartetts machte
uns mit einer sehr interessanten Novitat, mit Regers Violinsonate in fis-moll bekannt,
meisterhaft vorgetragen von Prof. Heermann und dem Komponisten. Besonders der
zweite und dritte Satz fanden lebbaften Beifall. In der Tat gehort dieser letzte Satz in
Variationenform mit zu dem Bedeutendsten unserer Zeit. — Weniger starken Susseren
Erfolg hatte Regers Sinfonietta im vorletzten Symphoniekonzert unter E. Steinbach,
trotz ganz ausgezeicbneter Ausfuhrung. Es ist kaum moglich, dass das Publikum ein so
kompliziertes Werk gleich in seiner Bedeutung zu erfassen vermag; dass es ihm aber
sichtliches Interesse und guten Willen entgegenbrachte, zeugt fur den vorurteilsfreien
Sinn unseres Publikums. Sehr gefeiert wurde in demselben Konzert Lula Gmeiner, die
vier Lieder Regers, dabei zwei doppelt sang und sich und dem begleitenden Kompo-
nisten manchen Hervorruf eintrug. Noch ist ein bedeutsamer Brahms-Abend zu erwdhnen,
an dem unter Steinbach neben der e-moll Syrrphonie und den Variationen uber ein
Thema von Haydn Marie Roeger-Soldat das Violinkonzert grosszugig vortrug und Herr
Koennecke eine Reihe Brahmslieder mit Geschmack sang. Dr. Fritz Volbach
V, 0. 14
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206
DIE MUSIK V. 9.
MUNCHEN: Der neue Kaimdirigent Schneevoigt getat sehr wacker ins Zeug; in
den letzten Konzerten hat er uns eine Anzahl neuer Werke gebracht, freilich mit
wenig Gluck. S me tana's „Sarka w aus dem symphonischen Zyklus „Mein Vaterland"
und die Sibelius'sche Tondichtung „Finnlandia a sind recht derb aufgetragen; wurde
man in diesen Tonstucken nach poetischen Effekten suchen, so kSme man schwerlich
auf seine Rechnung; Smetana, auch Sibelius haben Bedeutenderes geschrieben. Ohne
alien tiefen Gehalt ist das erste Klavierkonzert Tschaikowsky's, das im 6. Kaimkonzert
von Ossip Gabrilowitsch gespielt wurde; es wimmelt von Plattheiten. Nicht viel feiner
ist Lalo's „Spanische Symphonie" fur Violine und Orchester, aber als Virtuosenstuck
erfullt sie ihren Zweck. Dagegen sind wir dem Dirigenten fur die Auffuhrung des
„Tragischen Gedichts" von Walther Lampe sehr dankbar; man kann dieses Tonstuck
nicht besser ruhmen, als wenn man davon sagt, dass es das reine Gegenteil von Klose-
scher und verwandter Symphonik sei; es ist ungeschminkte Wahrheit und Schlichtheit
gegen den grobschlachtigen Schwulst. Lampe dirigierte sein Werk selbst; er haite es
besser Schneevoigt iiberlassen. Im zweiten Konzert des Koniglichen Hoforchesters
(Musikalische Akademie) war seine bekanntere „Serenade a gespielt worden. Sonst ist
von den Veranstaltungen unseres ersten Musikinstituts wenig zu berichten. Dass Kloses
prStensidse Symphonie „Das Leben ein Traum" heuer wiederholt wurde, finden wir uber-
flussig. Regers „Sinfonietta a wurde im letzten Konzert vom Programm abgesetzt, da
Mottl krank und Fischer nicht gewillt war, das Risiko zu ubernehmen. Recht flott, geist-
reich ist die Orchester-Humoreske op. 15 von Kaskel, die im 3. Abonnementskonzert
einen schonen Erfolg hatte. Mit Chorauffuhrungen sind wir ganz schlecht gestellt.
Mangelt es an Kraften? Fehlt die Sangeslust, die man unseren rheinischen und nord-
deutschen Brudern nacbruhmt? Keins von beiden; in mehr als 200 Gesangvereinen wird
so froblich gesungen, wie nur irgendwo in deutschen Landen; aber man zersplittert sich
in diesen vielen Duodezvereinen, denen Geselligkeit vor Kunst gent. Als vor einigen
Jahren unser greiser Generalintendant Exzellenz von Perfall einen Aufruf an die Mun-
chener Sanger erliess zur Grundung eines leistungsfahigen gemischten Chores, sollen
sich, sagt die bose Fama, dreivieneldutzend Herren von den obgedachten kleineren
Vereinen gemeldct haben, und das Projckt ftel ins Wasser. Die konigliche Vokal-
kapelle, die im Mittdpunkt des Chorlebens stehen sollte, hat sich langst von alien offent-
lichen Verncbtungen zuriickgezogen (den tiefgeheimnisvollen Grund weiss der Himmel).
So sind wir fast allein auf den noch bestehenden Porgesschen Chorverein angewiesen,
der, seit ihn Max Reger leitet, wieder erneutes Interesse gewinnt. Sein letzter Abend
war allerdings nicht recht gliickiich, ais die Lisztschen Prometheus-Chore den grosseren
Teil beanspruchen; kunstlich erhitzte Musik, alles Noblesse, alles Reflexion und kein
frisches Luftchen gesunder Schopferlaune in dieser schwulen „Transzendentalitfit a . Reger
maedte seine Sache als Dirigent, fur den Anfang, sehr gut; er weiss zu gestalten. Ein
Ereignis war die Einweihung der prilchiigtn, neuen von Walcker in Ludwigsburg er-
bauten neuen Odeons-Orgel durch Straube; aber es ware wirklich kein Verbrechen ge-
wesen, wenn die konigliche Akademie der Tonkunst das Instrument durch ein eigenes
Konzert, mit eigenen Kraften der Offentlichkeit ubergeben hatte. Dass die Renaissance-
bewegung auch in Miinchen Boden gefasst hat, zeigt die wachsende Haufigkeit „retro-
spektiver" Konzerte. Wird auch Bach von unsern grossen Orchestern alten Traditionen
gemiiss immer noch tapfer verballhornt, so haben wir doch schon eine Reihe historischer
Tonschopfungen in originaler Besetzung mit Cembalo, Viola d'Amour, Gambe, reduziertem
Orchester usw. gehort. Die von Dr. Bodenstein ins Leben gerufene ^Deutsche Ver-
einigung fiir alte Musik" gab einen Kammermusikabend mit Werken von Erlebach,
Stamitz, Neefe, Mozart u. a. Gustav Drechsel brachte unter Mitwirkung des Kaim-
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207
KRITIK: KONZERT
orchesters und der Cembalistin Frl. Frey u. a. eine Symphonie von C. Ph. Em. Bach
und das Concerto grosso No. 2 von Handel zur Auffuhrung, beide mit nachhaltigem
Erfolg und hoffentlich fruchtbarer Nachwirkung auf die grossen Bachauffuhrungen der
Musikalischen Akademie. Aus der Fiille kleinerer Abende seien die Kammermusik-Soireen
Berber-Stavenhagen, die Quartettabende der „B6hmen" und der w Munchener",
die Konzerte der Pianisten Becker, Hambourg, Bandow hervorgehoben; auch einen
Jank6-Abend, in dem Prof. Hansmann das merkwiirdige Klavierinstrument erlauterte,
konnen wir verzeichnen. Endlich die Liederabende: Willy Martin, Helene Staegemann,
Paula Wizemann und Mathilde Haus-Knauer; letztere konzertierte mit Max Reger
und sang mehrere von seinen Liedern aus op. 76 und 88, darunter die humoristischen
w Zwiesprach a und „Spatz und Spatzin", Produkte einer seltsamen Scherzhaftigkeit, auf
deren Ton nicht jedermann gestimmt ist; aber — wenn man nur zum Scherzen aufgelegt
ist. Es lebe der Scherz! Dr. Theodor Kroyer
MONSTER i. W.: Ein Liederabend Arthur van Eweyks eroffnete die Saison. In seinem
ersten Konzert brachte der Musikverein (Dr. Niessen) neben der Euryanthe-
Ouverture Schuberts C-dur Symphonie zur Auffuhrung, deren Wiedergabe in gleicher
Weise wie bei ihrer letzten Auffuhrung vor vier Jahren befriedigte. Solistisch wirkte
Pablo de Sarasate mit, der nur durch den Vortrag des Violinkonzerts von Saint-Saens
zu interessieren vermochte. In schwacher Besetzung sang der Chor des Musikvereins
w Fruhlingsbotschaft a von Gade. Eine misslungene Auffuhrung von Bruckners zweiter
Symphonie in c-moll ist im zweiten Konzert zu verzeichnen. Sorgfaltiger hatte der
Dirigent das Vorspiel und Isoldens Liebestod aus „Tristan" vorbereitet, doch liess das
Orchester die Solistin Cacilie Rusche-Endorf mit ihrem nicht sehr ausgiebigen Organ
nicht aufkommen Mit einigen Liedern von Liszt errang sich die Kunstlerin gunstigere
Erfolge. Eine kuhle Behandlung erfuhr die Ouverture zu „Iphigenie in Aulis" von
Gluck, womit der Musikverein sein drittes Konzert begann. Das Nocturno aus dem
„Sommernachtstraum a hatte eine etwas reichere dynamische Schattierung aufzuweisen.
Mit den Tempi bei Beethoven kann man sich bei Dr. Niessen nicht immer ein-
verstanden erklSren. Als eine vortreffliche Schumannspielerin erwies sich Anna Haasters-
Zinkeisen in dem Klavierkonzert op. 54 und in den Papillons. Im vierten Konzert
gelangte eine Novitat, Serenade fur Orchester von Elisabeth Kuyper zur Auffuhrung.
Es ist eine brave Arbeit, die aber wenig Geist verrat. Dvor&ks vierte Symphonie ver-
wischte den Eindruck, den man von der Serenade noch gewonnen, vollkommen. Als
eifrigen Anhanger Liszts und Berlioz' offenbarte sich Dr. Niessen schon in „Les Preludes"
und noch mehr am ersten Cacilien-Konzert in „Fausts Verdammung". Chor und
Orchester beherrschten ihre Aufgabe in weitestem Umfang, und auch die Solisten:
Marcella Pregi, Emil Pinks und J. M. Orelio entsprachen alien Erwartungen. Der
zweite CScilientag war eine d'Albertfeier. Er spielte zunachst das Klavierkonzert in
Es-dur von Liszt, dann leitete er seine Komposition „An den Genius von Deutschland",
die mit einem grossen Orchesterapparat wenig erreicht, und endlich iibernahni d'Albert
noch den Klavierpart in Beethovens Chorphantasie. Auch mit einigen Liedern von
d'Albert wartete Frl. Pregi auf, doch lagen sie ihr weniger gut. Die Symphonie in B-dur
von Schumann haben wir unter Dr. Niessens Leitung fruher besser gehort. Die Kunstler-
konzerte erreichten mit dem Wagnerabend von Dr. Briesemeister und Marie Knupfer-
Egli ihren einstweiligen Hohepunkt. Am 15. November wurde das Grimmdenkmal
enthullt und die Feier am Abend durch ein Konzert begangen, in dem ausser einem
Violinkonzert von Mozart, das Joachim spielte, nur Kompositionen des allverehrten
Meisters Grimm zur Auffuhrung kamen. Ernst Bruggemann
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J::r:i.
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DIE MUSIK V. 9.
NEW YORK: Nictat weniger'als neunzehn Dirigenten wird man in dieser Saison in
New York zu horen bekommen, und die Zahl der Orchesterkonzerte betr> mehr
als hundert. Eine eigentumliche Arbeitsteilung besteht in diesem Zweig der Musik, wie
vielleicht sonst nirgends. Sam Franko z. B. ist ein musikalischer Schliemann, der jeden
Winter drei Konzerte gibt, in denen er „Novita*ten a des 17. und 18. Jahrhunderts auffuhrt.
Frank Damrosch gibt ein balbes Dutzend fur junge Leute und ausserdem drei, in denen
neben einem Orchesterstuck die alte italieniscbe Kirchenmusik nebst modernem Chor-
gesang aufgefuhrt wird. Franz Arens widmet sicb den unbemittelten Klassen: seine
Konzerte zu sehr geringen Eintrittspreisen werden jedesmal in verschiedenen Stadtteilen
dreimal wiederholt. Modest Altschuler dirigiert acbtmal; seine Programme enthalten
nur russische Musik! Rachmaninoff wird als Gast mitwirken. Ein anderer Russe,
Safonoff, ist der beliebteste der Dirigenten, die in den letzten Jahren von der Phil-
barmonischen Gesellschaft importiert worden sind. Seine diesjShrigen Koliegen sind
Mengelberg, Fiedler, Steinbacb, Kunwald, die alle den Ozean fur je ein paar
Auffuhrungen kreuzen, und ausserdem Victor Herbert, zurzeit der beliebteste
Operettenkomponist (er soil 8000 Mark per Woche verdienen!) und daneben, wie Johann
Strauss, ein sehr gediegener Musiker. Weingartncr wird einige Konzerte mit Walter
Damroscbs Orchester dirigieren. Mengelberg und Fiedler sind bereits erschienen.
Ersterer bat als Straussinterpret, letzterer als Wagner- und Beethovenkenner besonders
gefallen. Von Violinisten sind bisher neben Kubelik, der mit mehr Gefuhl spielt als
fruher, drei Damen erschienen: zwei Englanderinnen Otie Chew und Marie Hall; letztere
hat Talent, aber ist weniger Kiinstlerin als die Amerikanerin Maud Powell, Unter den
uns diesmal besuchenden Klaviervirtuosen ragen hervor: Pugno und Reisenauer. Das
Bostoner Orchester hat uns mit Vincent D'Indy als Gastdirigenten bekannt gemacht.
Er fuhrte nur eigene und daneben Werke der C6sar Franck-Schule auf; man kann aber
nicht sagen, dass sie besonderen Anklang fanden. Fast alien fehlt die individuelle Note,
und die meisten sind zu absichtlich kakophon. Henry T. Finck
SAN FRANCISCO: Unsere dieswinterliche Saison erSffnete Hugo Heermann mit drei
Konzerten, in denen er Konzerte von Brahms, Beethoven, Spohr, Joachim etc. zum
Vortrag brachte. Seine reife gediegene Kunst fand in den leider nur spjirlich besetzten
SSlen die verdiente reiche Anerkennung. Sein Sohn, Emil Heermann, der ausser Duetten
mit seinem Vater auch Konzerte von Paganini, Tschaikowsky, die Chaconne etc. spielte,
bedarf dagegen noch sebr tuchtigen Studiums. Der sehr beanlagte junge Geiger folgt
in seiner Vortragsart mehr der leider eben modernen SevSik-Schule, statt seinen Vater
als Lehrmeisier anzuerkennen. Ich meine, beim Geigen soil man zunachst sich bestreben,
alles das herauszuholen, was in der Geige ist, und nicht seine ganze Schwerkraft auf
iusserlichcn Fulefanz legen. Der Zweck des Spielens eines Instrumentes ist doch der,
Musik zu macben, und nicht als Sportsmann aufzutreten, der der staunenden Menge
zeigt, wie schnell er die Finger bewegen kann. So etwas gehort ins Vari6t6 und nicht
in den Konzertsaal. Das sollen sich die Sev&ikschuler im besonderen gesagt sein lassen.
Um den jungen Heermann ware es schade, wenn er den musikalisch so unfruchtbaren
Kubehkschen Spuren folgen wollte. — Nach den Heermanns kam Harold Bauer, der
in vier Rezitals Pioben seiner Kunst ablegte. Er ist gereift und vertieft gegen fruher
und besitzt deshalb eine so wohltuende Art des Vortrags, weil er dem Pubhkum gar
keine Konzessionen macht. Ich wunschte ibm nur noch eine etwas mehr personliche
Note. Er kann begeistern, aber noch nicht hinreissen. Hoffentlicb kommt das auch
noch. Bauers Programm bcstand meistens aus hier weniger gehorten Sachen; er
exzellierte speziell in der cbromatischen Pbantasie und Fuge und den DavidsbundlertSnzen.
Er ist ubrigens der geborene Bach- und Scbumanninterpret.— Hatten wir es im vorigen mitGe-
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KRITIK: KONZERT
nussen furdasOhrzu tun, so kam jetzt etwas mehr fur das Auge: MmeEmmaEames undihre
Trabanten. Mme Eames ist zweifellos eine hervorragend scboneErscheinung und besitzt die
wundcrbarstenToiletten,die man sich denken kann ; einem On dit zufolge sollen sie von ihrem
Bildhauergatten personlich entworfen sein Der Genuss, sie auf dem Podium zu setaen,
h6rt aber leider auf, sobald sie den Mund auftut. Denn itare Stimme ist schrill in der
Hobe, mancbmal so scharf wie ein Messer — ich sah verschiedentlich Damen zusammen-
fabren — , sie deioniert hiufig, der Vortrag ist obne jeden Ausdruck und ihre Deklamation
geradezu miserabel. Sie ist sictaer die schlechteste Sangerin, die ich seit Jabren gebdrt
babe. Wenn sie als eine Mrs. Smith und nicht als die fur ihre Extravaganzen berubmte
Primadonna der ebemalig Grauschen Oper gekommen ware, so hatte sie kein zweites
Konzert geben konnen. Aber das Paderewski-Publikum war wieder in grossen Scharen
ausgeruckt — ein sicheres Zeichen, dass die Musikliebhaber zu Hause bleiben sollen.
Die Eames - Konzerte w3ren zweifellos schoner gewesen, wenn sich Madame nur
vor dem Publikum verbeugt — und dann wieder abgetreten wSre, denn man kam ja
schliesslich doch nur, um sie zu sehen. Dagegen konnte man sich wohl ihre w Trabanten*
gefallen lassen. Emilio de Gogorza hat eine hervorragend gute Baritonstimme und gute
Diktion, die mancbmal nur vielleicht etwas zu sehr auf die Wirkung berechnet sind. Aber
er ist wenigstens ein Kunstler, der wie auch der hollandische Cellist Joseph Hollman
mit Recht gefeiert wurde. — Das schonste der in drei Wochen des Oktober gegebenen
elf Konzerte war unstreitig das letzte, in dem Hugo Heermann und Harold Bauer
sicb in einem Sonntagsnachmittagskonzert zusammen horen liessen. Ein derartiges Auf-
gehen ineinander, wie es diese beiden Kunstler fertig brachten, ist heutzutage eine
Seltenheit, wo so oft die Musik der eigenen lieben Personlichkeit geopfert wird. Speziell
der Klavierpart wurde mit bewundernswerter Diskretion trotz geoffneten Flugels durch-
gefuhrt. Das Programm bestand aus der Kreutzersonate und einer Sonate von C6sar
Franck; ausserdem spielte Hugo Heermann die zweite Bachsonate fur Violine allein, und
Harold Bauer Kompositionen von Brahms, Chopin, Schumann und Liszt. Es war ein
grosser, uneingeschrSnkter, leider deshalb so seltener Genuss. — Ausser diesen Solisten-
konzerten batten wir noch ein Symphoniekonzert unter Leitung von Signor Polacco,
dem Kapellmeister der bier gastierenden italienischen Oper. Solche Konzerte sind fur
uns etwas Seltenes; um so mehr muss anerkannt werden, wie tuchtig sich das Orchester
hielt. Ich hatte ihm nur einen besseren Dirigenten gewunscht; Polacco ist ein tuchtiger
Operndirigent, aber von eigentlicher Konzertmusik hat er wenig Ahnung. Die Eroica
war, speziell im ersten Satz, so langweilig als moglich, dabei viel zu schnell im Zeit-
mass. Aus der Weingartnerschen Bearbeitung der w Aufforderung zum Tanz" schien er
nicht recht klug zu werden, wahrend ihm das Vorspiel und der Liebestod (Tristan)
wirklich sehr gut gelang. Dagegen war die Tannhauserouverture wieder ganz im italie-
nischen Stil: zuletzt erhoben sich sogar die vier Posaunisten von ihren Sitzen und
8chmetterten das Pilcbercborthema mit solchem Aufwand von Lungenkraft, dass Ibr
Korrespondent schleunigst das Weite suchte. Dr. A. Wilhelmj
SCHWER1N i. M.: Auf eine Fidelio-Auffuhrung folgte ein Beethoven-Abend. Nach
der Coriolan-Ouverture erklang fein pointiert und grosszugig die „Funfte a . Alfred
Meyer spielte das Violinkonzert mit edlem Vortrag und eleganter Virtuositat. Ein Ron-
dino fur Blasinstrumente passte seinem Inhalte nach nicht so recht in das sonst vorzug-
licbe Programm. Uber die letzte Kammermusik sei bemerkt, dass neben Beethovens
op. 59 No. 2 und Haydns Kaiser-Quartett Arthur Egidy-Berlin mit Kompositionen von
Bach-Liszt und Guilmant sich als ein hervorragender Virtuose erwies. Fr. Sothmann
Wegen Raummangcls mussten fiir das nachste Heft zuriickgestellt werden die Beriehtc: Agram, Bremen, Darm-
stadt Freiburg i. B., Hannover, Melbourne, Nurnberg, Petersburg, Pforzheim, Rosario, Zurich (Konzert).
f",^,,,!,. Original from
J :, :i,c::t ::-, V .UU^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
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EINGELAUFENE NEUHEITEN
Emil Sjogren: Sonat No. 2 A-dur fdr Piano, op. 44. Ebenda.
Max Reger: Zwei Kompositionen fur Violine mit Begleitung des Pianoforte, op. 87.
No. 1: Albumblatt (Mk. 1,50), No. 2: Romanze (Mk. 2,50.) Verlag: Otto
Forberg, Leipzig.
Theodor Wiehmayer: Tonleiter-Scbule fur Pianoforte. (Mk. 5.) Verlag: Breitkopf &
HSrtel, Leipzig.
Franz Mayerhoff: Lenzfahrt. Zyklus von Liedern und Tanzen fur gemischten Chor,
Soloquartett und Orchester. op. 24. (Klavierauszug Mk. 3.) Verlag:
Chr. Fr. Vieweg, Gross-Lichterfelde.
Amadeus v. d. Hoy a: Die Grundlagen der Technik des Violinspiels. II. Teil, II Abt.
(brosch. Mk. 5.) — Tonleiter-Akkord- und Intervall-Studien. Anhang zum
II. Teil der „Grundlagen der Technik des Violinspiels" (brosch. Mk. 2.)
Verlag: Max Hesse, Leipzig.
Ignaz Moscheles: Konzert No. 3 in g-moll fur Pianoforte zu zwei Handen. op. 58.
Genau bezeichnet und herausgegeben von Carl Reinecke. (Mk, 2.) Verlag:
Breitkopf & Hartel, Leipzig.
Job. Seb. Bachs Werke: Veroffentlichungen der Neuen Bachgesellschaft, Jahrgang V,
Heft 2. Ausgewahlte Arien fur Sopran mit einem obligaten Instrument und
Klavier- oder Orgelbegleitung (Mk. 5.) — Jahrgang VI., Heft 1. Ausgewahlte
Arien fur Alt mit einem obligaten Instrument und Klavier- oder Orgel-
begleitung. (Mk. 6.) — Heft 2. Ausgewahlte Duette fur Sopran und Alt
mit einem obligaten Instrument und Klavier- oder Orgelbegleitung' (Mk. 3.)
Ebenda.
D. Gentilli: Ier Air vari6 sur un Theme de Mozart pour violon et piano. (Mk. 1,50.)
Verlag: C. Schmiedl & Co., Triest.
Max Schillings: Dem Verklarten. Eine hymnische Rhapsodie nach Worten Friedrich
Schillers fur gemischten Chor, eine Baritonstimme und grosses Orchester,
op. 21. (Klavierauszug Mk. 6.) Verlag: Robert Forberg, Leipzig.
Arnold Mendelssohn: Vier Gesange auf Volksliedertexte fur eine miitlere Stimme mit
Guitarre oder Klavier. (a Mk. 1,50.) Ebenda.
Christian Sinding: Alte Weisen. Gedichte von Gottfried Keller. Fur eine Sing-
stimme und Pianoforte. (No. 1- 6 a Mk. 1.) Ebenda.
Edmund von Freyhold: Gesungene Gedichte mit Klavierbegleitung. (No. 1—4 a Mk. 1,
No. 5 und 6 a Mk. 0,80.) Verlag: Emil Sommermeyer, Baden-Baden.
Carlo Carturan: Suite per Pianoforte. (No. 1 Mk. 1, No. 2—5 a Mk. 0,75.) Verlag:
Garisch & Janichen, Leipzig und Mailand.
C. Floridia: Huit morceaux pour Piano, op. 14. (No. 1, 2 a Mk. 1,50, No. 3—8
a Mk. 1,25.) Ebenda.
Luigi Stefano Giarda: Frammenti per Pianoforte, op. 48. (No. 1, 4, 5 a Mk. 1,
No. 2, 3, 6, 7 a Mk. 1,25.) Ebenda.
Ludwig Neubeck: „In stiller Schone" fiir eine Singstimme mit Klavierbegl. (Mk. 1.)
Verlag: Ries & Erler, Berlin.
L. R. Feuillard: Schule der Bogentechnik von O. Sevcik op. 2 fur Violoncello uber-
tragen. Heft I, II, V a Mk. 2, Heft III, IV, VI a Mk. 1,50. — 40 Variationen
von O. Sevcik op. 3 fur Violoncello ubertragen. (Mk. 2.) Verlag: Bosworth
& Co., Leipzig.
Einsendungen sind nur an die Redaktion ru adressiercn. Besprechung cinzclner Wcrkc vorbehaltcn. Fiir'dic
Betprechung unverlangt eingesandter Biicher und Musikalien, deren Riicksendung kcincsfalls stattfindet, ubex-
nchmcn Redaktion und Verlag keine Garantie.
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J :, :i,'c::: :;, : , V K)U^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
ANMERKUNGEN 2U
UNSEREN BEILAGEN
Die Mehrzahl unaerer dieamallgea Hluatrationen beziebt aich auf die Abbandlung von
Edgar Istel fiber die Entwlcklung des deutschen Melodrama*. Die Reibe wlrd
crGffaet durch das Bfld
Rouaaeau la Montmorency, nich elncm biBber vollstlndig unbekanaten Sticta tod
Gu£Hq, Ei folgen
sechs kletne Abblldangen nach Kupfern des berfihmten Moreia le Jeune za
Rousscau'i ^Pygmalion"* Die Original* be find en aich In elner sebr aettenen,
tod Berquin besorgten Tersifizierten Aasgabe des „Pygmallon", die 1775 su Paris
erscblen. Wle una Edgar Istel tnftteltt, Mesa er dlese kleinen Sticho der
Inszenlerung des Werke* bei der Auffubrung, die der Orchestcrrerein Is Mflnchon
auf seine Anregnug bin mlt der tod Ibm entdeckten Rouseeau'scbea Orfgtnaimuaik
Teranstaltete, zugrunde tegeo, da file am getreueeten ein Bild von den enten
Attffiibrungea ergtbea,
Daa Portrlt Go org Ben das 1st nacb elnem Srtch von Geyser gehrtlgt
Dae nlebste Blatt stelit Bather Charlotte Brandos En der Rolle der Ariadne aaf
KaxoB dsr. Uoser Bild 1st die Viedergibe elnes prachtrollen Sticbe* von
beriihmten kurpflUxischen Kupferatecher Helniich Slntzenlch nacb dem
von Anton Graft
Die Erlaubait zur Wiedergabe der ersten Partitnraeite von Beads* .Ariadne* lm Fake I mile
Terdaoken wir Oberblbllothekar Dr. Kopfermann In Berlin.
Zum Scblusa die Portrits zweier lm Jaauar verschledeaen ausgezelchneten Kfinatler:
Joseph MirosUv Weber und Otto Scbelper* Der am Neujabrstage infblge
HerzschlagB so jBh aus dem Leben geschiedene crate Konzertmeister der Mfincbener
Hofkapelle J*M. Weber bat etch auch als Operndirigeat (KgL preussischer Mttaik-
dlrektor) und mehrftch preisgekrfnter KompoDist^Kammermuslk, dleSpleloper „Die
neue Mamsell^ Violin fconzcrt u, a.) einen hocbgeacbteten Namen gemaebL
Ober den am 10. Januar Terstorbenen hervorragenden Barltonisten Otto Schelper
vgh die Notiz auf S. 190.
Ntcbdruck nur mlt iiifldriick Metier ErUubali d«t TerLifpa ft ■ tit I it
Alle R«hte > [n*k**ond*r* di* der CbefKliuiif, vorbebilten.
Fttr din Zuritcktcndunf unverliDj;Tcr oder plcht *af em tltlttor Muuakrfptc, hlli fanea nlcht ten* 1**4
Porto bcl licet, Obtrnlmmi die Redtkrion kel&e Girtnrie, Scfcwer Iwerlldhe M*flbtkriptt wcrden vdtapriJt
zurittfcfCHndt
Veraotwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin SW. 11, Luckenwalderstr. 1. Ill,
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
JEAN JACQUES ROUSSEAU
nach dem Stich von C, Gu€rin
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V. 9
SECHS STICHE ZU ROUSSEAU'S ^PYGMALION*
VON MOREAU LE JEUNE o o o o o o
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ESTHER CHARLOTTE BR ANDES
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V. 9
SECHS ST1CHE ZU ROUSSEAU'S M PYGMALION"
VON MOREAU LE JEUNE o o o o o o
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GEORG BENDA
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ESTHER CHARLOTTE BRANDES
ALS ARIADNE AUF NAXOS o o
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JOSEPH MIROSLAV WEBER
f U Jsmuar 1906
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OTTO SCHELPER
f 10. Jarniar 1906
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Z >.-V :
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^ 1^ "*■
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Scfalui
VII
Jon der Notwendigkeit, das Wagnerische und das gehaltvoile nach-
vagnerische Musikdrama an mSglichst vielen Often in Deutsche
SpielhSusern zu pflegen, ist jungst an dieser Stelle eingehend
gesprochen worden. 1 ) Im Weiteren kommt fur eine logische
und praktiscbe DurchFubrung der BQbnenrefonn vomebmllcb Dreierlei in
Betracht. Dass Wagner aucb fur das gesprochene Drama die Form
des Deutschen Spielhauses geschaffen hat. Dass wir t in Ruckstcht auf die
verschiedenen Arten des gesungenen wie des rezitierten Stuckes und der
diesen Sondergattungen entsprechenden Dgrstellungsmittel, grSssere and
kleinere Amphitheater brauchen* Dass die vor einem Amphitheater
befindliche Szene nicht mehr in fiberm&ssiger Ausdehnung gegen die Tiefe
zu das licherlicbe, schaubudenmttssig zugestutzte Guckkastenbild des
Opernfaauses zeigen darf, sondern im Zusammenwirken einea einfach uber-
sichtlichen, aber architektonisch bedeutangsvollen Gesamtaufbaus, stilislerter,
also anti-naturalist ischer Ausstattung und verst9ndig angeordneter Beleuch-
tung eine sinnvolle Koovention ergeben soil*
Fur eine spStere ausfuhrliche Sonderbetrachtung muss icb das hocb*
wichtige Knpitel von der neuen, der bisherigen ingstlicb-peinlichen Natur~
nacbabmung durchaus entgegengesetzten Einrichtung und Zuriistung der
BGhne znriickstellen, vie solche der kcmsequente Reform freund insbesondere
aucb ffir die Inszenierung der Oper und des Musikdramas anzustreben
bat 4 ) Vom gesprochenen Schauspiel 1st in diesem Zusammcnhange
wenigstens auf dern Wege des abgekurzten Verfahrens zu reden; Schillers
Wort: .willst Du DIch setber erkennen, so sleh', wie die Andeni ea
treiben* llsst sich getrost auch auf den Musiker anwenden, der im Er-
l ) Siebe xvaites Januarbeft 1906,
S E* vird alsdanu an dieser Stella aucb auf dte vortrelfllche Set rift von Georg
Pucba: w Die Scbautafihne der Zukucft* und auf Cart Hagemann's feaiclndc und
gehiltroUe Studlenaammliingea „Regie* und w Oper und Szeoe* elniugehan tain.
Elofttwetlen m&cbt* Icb diew schr riankenawenen, aurkllxeoden Verflfbntlicbungen
den Refonnfreunden angelegeadich empfebJen.
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216
DIE MUS1K V. 10.
forschen der Lebensbedingungen der Schwesterkiinste sich um so besser
daruber klar wird, was ihm im engeren Tatigkeitsbereich not tut.
Nicht weniger als die aus dem Geist der Musik geborene Tragodie
verlangt die gesprochene eine Szene, die vom Zuschauerhaus durch den
neutralen, dunklen, dem Spielpodium vorgelagerten Raum fiber dem ver-
deckten Orchester vollig geschieden ist, die allein hier in einer eigenen,
vom „Draussen tt scharf abgetrennten Lichtsphare lebt. Und die somit die
Illusion einer wie aus geheimnisvollen Tiefen aufgestiegenen anderen Welt
weckt und nahrt und bildmassige, bildkrSftige Wirkungen einer ecbten und
rechten Biihnenhandlung einzig ermoglicht. Erst die Klassikervorstellungen
im Munchner Prinzregenten-Theater haben, unbeschadet der ihnen bei
bisher stets ungeniigender Vorbereitung anhaftenden MSngel, uns restlos
offenbart, welch' unvergleichlicher Plastiker Goethe war, welch' hohe
Summe idealer Bewegungsmotive auch in den gemeiniglich als ultra-
realistisch angesehenen Auftritten Shakespeare's enthalten ist. Sie haben
uns gezeigt, wie die unzahlbaren malerischen Feinheiten der Schillerschen
Theaterphantasie nicht durch den bunten Trodelkram der Meininger Mobel-
tischlerei und der Wiesbadener Schneiderwerkstatte, sondern durch die
isolierte, als Traumland des schonen Scheins von der Wirklichkeit streng
geschiedene Szene ausgelost werden. Negativ ausgedriickt: hier konnen
bei geoffneter Gardine Zuhorersaal und Buhne nicht mehr zu einem truben
Brei von festgebannten, auf ihren Sesseln gleichsam erstarrten und von
hin und wieder hastenden Gestalten, von grundverschiedenen, wirr durch-
einanderfliessenden Lichtquellen und hart gegeneinander schreienden Farben
verschwimmen. Das abschreckendste Beispiel: das umgebaute Berliner
Schauspielhaus. Nicht nur, dass in ihm die Proszeniumslogen mit ihrem
gleissenden Schmuck dem Schauplatz ganz besonders aufdringlich entgegen-
starren: der Architekt hat auch den unbegreiflichen Fehler begangen, vom
Parkett bis zur obersten Galerie einen stechenden weissgelben Ton vor-
herrschen zu lassen. Beginnt nun das Spiel, so saugt bei selbst nur
halbhell beleuchteter Szene der Zuschauerraum eine Ueberfiille von Licht
ein. Ein Gewurstel von Reflexen entsteht. Alles, was sich vom Podium
her darbietet, nimmt sich wie ein Gemalde aus, das man nach Beseitigung
des Rahmens schlankweg auf ein grelles Tapetenmuster geklebt hat.
Aehnliche, die Illusion zerstorende, die mitschaffende Phantasie des
aufmerksam teilnehmenden Horers, also die wichtigste Bundesgenossin des
Dichters und Tonsetzers lahmlegende Misstande machen sich mehr oder
weniger in alien nach dem Rangsystem erbauten Theatern geltend. Sind sie
bisher von einem Teile des grossen Publikums als solche nicht besonders stark
empfunden worden, so liegt das daran, dass in friiheren Zeiten an unseren
gesamten Bildungsstatten, von den Volksschulen bis zu den hoheren Unter-
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217
MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
richtsanstalten fiir beide Geschlechter, die Erziehung zum Sehen straf-
lich vernachlassigt wurde. Je mehr jetzt auf diesem Gebiete Wandel
geschaffen wird, je mehr die jungere Generation unter dem Einfluss der
neueren Entwicklung der Malerei und des Kunstgewerbes das oberflachliche
Gefallen an groberen stofflichen Reizen verliert und die Begriffe „Farbe a ,
„Form u , *Bild a und „Stil tt im Sinne eines durch liebevolles Eindringen
in die Natur zur Reife gedeihenden kiinstlerischen Empfindens verstehen
lemt: um so entschiedener wird allseitig darauf gedrungen werden, auch
vor wie auf der Buhne mit den Talmiwerten und Warenhaus-Schaueflfekten
aufzuraumen. Wie die Ausstellungen und Museen, sofern sie nicht der
Leitung einseitiger, mit ihren Gedanken in der Vergangenheit lebender
Gelehrter, sondern berufener, hellsichtiger Volkserzieher unterstehen, so
werden in Zukunft auch die Amphitheater Schulen des Auges sein.
Der Charakter des Raumes als solcher wehrt sich gegen Spiegelfechterei,
gegen Versuche, den Horer durch Matzchen der dekorativen Ausstattung,
der Regie, des Vortrages auf bequeme, unredliche Art zu gewinnen. Er
erzieht das Publikum wie die Darstellenden. Auf seiner Szene kann man
Vers und gehobene Prosa schlechterdings nicht naturalistisch zerhacken:
auch der weniger vorgebildete Theaterbesucher wird hier alsbald des
Kontrastes zwischen der stilisierten Architektur des Hauses und unsauberer
oder affektierter Sprechweise, nachlassigen oder inhaltlos grosspurigen
Gesten mit Befremden gewahr. Bei liebevollem Studium muss auf der
Buhne des Deutschen Spielhauses zugleich die grosste Eindringlichkeit
und die hochste musikalische Schonheit des gesprochenen Wortes erreicht
werden. Dazu eine Reinheit, Kraft und Harmonie der Bildwirkung, die
Goethe, Schiller und Shakespeare in Bezug auf Bedeutung, Energie und
Abrundung der Geberde, Reiz des losen wie des geschlossenen Ineinander-
spiels, plastischen Eigenwert und Mannigfaltigkeit der Gruppenwirkungen
iiberhaupt erst zu ihrem Rechte gelangen lasst.
Was ware nun in einem Biihnengebaude mit grosserem Amphi-
theater, das bis 1500 Personen fasste, von gesprochenen Schauspielen
zweckmassigerweise zur Auffiihrung zu bringen? Vor allem das Stuck von
mehr pathetischer Haltung, vornehmlich soweit es in Versen geschrieben
ist und somit ein langsameres Zeitmass der Rede verlangt. Also beispiels-
weise: die geistlichen und die weltlich romantischen Spiele Calderon's
und der ihm verwandten Geister; die Tragodien Shakespeare's und seine
Historien; Lessing's „Nathan a ; alle Dramen Schiller's mit Ausnahme von
„Kabale und Liebe" ; Goethe's „Tasso a , „Iphigenie a und ^Natiirliche Tochter* ;
Grabbe's B Don Juan und Faust"; fast alles, was Kleist und Grillparzer fiir
die Buhne schrieben; Friedrich Hebbel in Auswahl. Von Neueren: was
ungefahr in die geschichtlich-patriotische Sphare Wildenbruch's und Martin
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218
DIE MUSIK V. 10.
Greifs, in die phantastische des Ibsen'schen „Brand a oder „Peer Gynt*%
oder des Hauptmann'schen „Hannele a fallt. Dazu: das Volksstuck hoherer
Ordnung in der Art des Raimund'schen, sofem es gleichfalls auf verhaltnis-
massig breitere Tempi gestimmt ist.
Allerdings sind fur Schauspielvorstellungen in Hausern mit amphi-
theatralischem Zuschauerraum besondere Vorkehrungen zu treffen. Man
hat das Orchester zu iiberdecken, am besten durch einen praktikablen,
leicht anzubringenden und ebensoleicht zu entfernenden Holzeinbau 1 ) —
keinesfalls, wie es bisher im Prinzregenten-Theater geschah, durch eine
zwischen den Innenrandern des oberen und des unteren Schalldeckels auf-
gespannte Leinwand. Denn da der obere Schalldeckel ein ganzes Teil fiber
der Rampe liegt, schluckte diese schrag aufsteigende Leinwand nicht wenig
Ton ein, zumal wenn sich die Darsteller in der Nahe des Proszeniums
aufhielten. Des Femeren miissen fur Schauspielauffuhrungen moglichst
kurze Dekorationen gewahlt werden. Weiter oben setzte ich bereits
auseinander, dass die unselige tiefe Opernszene mit ihrer unendlichen
Guckkasten-Perspektive fur das Deutsche Schauspiel geradezu ein Verhang-
nis wurde. Vor dreiviertel Jahren hatten wir im Prinzregenten-Theater zur
Schillerfeier eine zykiische Wiedergabe der Dramen des Meisters. Akt fur Akt
musste ich die Wahrnehmung verzeichnen: war der Buhnenplan mit einer
verhaltnismassig kurzen Dekoration besetzt, so verstand man auf den unteren
wie auf den oberen Zuhorerbanken auch die Kunstler gut, die keineswegs
fiber die musterhafte Sprechtechnik eines Possart verffigen. Schlechterdings
nichts abhorchen konnte man nur solchen Damen und Herren, die Zungen-
fehler hatten, die die Worte kauten oder den Ton in der Gegend des Zwerchfells
hervorbrachten. Diese aber kleisterten selbst in dem kleinen Mfinchner Re-
sidenztheater von jeher nur ein Kauderwalsch zusammen. Sie und Ihres-
gleichen sollten von Rechtswegen der Buhne uberhaupt fernbleiben.
In den Auffiihrungsplan des Deutschen Spielhauses mit grosserem
Amphitheater sind eine Reihe von Meisterwerken der alteren Oper und
des vorwagnerischen Musikdramas mit einzubeziehen. Was nur immer in
ihnen die Zuge des Genius tragt, wird vermoge des jeden wichtigen Einzel-
zug zu erhohter Bedeutung heraushebenden Rahmens und der hier eine
l ) Sietae die dem zweiten Januarheft beigegebenen ausserst lichtvollen Plan-
zeicbnungen Littmann's. Diesen entsprecbend wird sich im Charlottenburger Schiller-
Theater bei Schauspielauffuhrungen das Proszenium vermoge einer sinnreich ein-
geschobenen praktikablen Treppenanlage in ganz neuer, eigenartiger Gestalt zeigen,
wahrend bei der Wiedergabe von Musikdramen und Opern der Zuschauer ungefahr
die gleiche Einrichtung vor sich haben wird wie im Bayreuther Festspielhause und
im Munchner Prinzregenten-Theater.
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219
MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
strlisierende Behandlung des gesungenen Dialogs wie der Chorauftritte
ungleich mehr begiinstigenden Vorbedingungen noch grosser erscheinen
als vordem. Eine Gluck - Renaissance, die nicht nur Augenblicksmode
ware, halte ich am ehesten vor dem Amphitheater fur moglich, das ja in
seiner Anordnung ebenfalls „graecisiert a , auch wenn man nach Gebiihr
auf die Gliederung der Seitenwande, auf die Bekronung der Tiiren und
Lauben, auf die Einfassung von Nischen und Anderes deutsche Ornamentik
anwendet. Neben dem unverganglich herrlichen „Orpheus a liessen sich hier
alle heroischen Schopfungen Glucks gleichsam in kolossalen Reliefdarsiel-
lungen ausmodeln — mit Ausnahme der zerfahrenen, bombastischen und
nach Fug ja auch bereits dem musikalischen Nachrichter, Herrn Hofkapell-
meister Schlar, iiberantworteten ^Armida 44 . Vorausgesetzt, dass auch der
Orchesterpart der „Alceste u und des „Orpheus tt gemass den von Wagner
und Richard Strauss hingestellten Vorbildern pietatvoll iiberarbeitet werde,
dass wir endlich sowohl nach Moglichkeit sinngetreue als auch dichterisch
wertvolle Uebersetzungen der Texte erhalten — die vorhandenen sind teils
klaglich schlecht, teils eben nur notdurftig brauchbar, — und dass man in
der Ausstattung weder den hohlen Maskeradenprunk der pariser „Grossen
Oper tt abklatscht, noch sich in schlcchten Nachaffungen antiker Gewand-
studien giitlich tut. Vielmehr galte es, einen acht musikalisch fiihlenden
Maler zu gewinnen, der das Hellenische, wie es sich auf dem Felde der
bildenden Kiinste in den besten Vertretern des Louis XV. -Stiles spiegelte,
mit symbolisierender Vereinfachung und Veredlung der Trachten und Land-
schaftsschilderungen wieder aufleben liesse. — Zu Glucks ^tragedies* 4
gehort Mozart's „Idomeneo M ; ich getraute mir als Spielleiter das wunder-
wiirdige zweite Finale der Oper auf der Szene des Amphitheaters zu einer
Wirkung herauszutreiben, die der eines gewaltigen Shakespeare'schen
Volksauftrittes die Wage hielte. Heil sei dann dem Tag, an dem wir die
„Zauberflote w in das Deutsche Spielhaus verpflanzen, an dem endlich einmal
der grosse Priesterchor als durchgeistigte Maurerische Freudenmusik nicht
von der unreinlichen Opernbiihne, sondern vom „besseren Lande* 4 ab-
geklarter Kunstubung her ertonen wird. Im Uebrigen ware es naturlich
grad' so thoricht, das idealste aller Volksstiicke durch Dehnung der Zeit-
masse und gespreizte Deklamation zum feierlichen Musikdrama auseinander-
zuzerren, als es mozartwidrig bezeichnet werden muss, es unter dem
Flitterputz einer „Aida" oder „ Afrikanerin** zu ersticken. Die Damen der
Konigin der Nacht mogen darum nur ja in keine tragische Pose verfallen,
sondern um den Adonis Tamino, so lange er sich noch nicht der Pamina
zugeschworen hat, recht flott raufen. Papageno quirle alle Humore durch-
einander! Je toller, desto besser! Auch das wird den Weihespiegel des
Hauses nicht erblinden machen. — Ich komme zum „Fidelio tt . Die ersten.
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220
DIE MUSIK V. 10.
etwas Rococo ausatmenden Musikstiicke bis zum Quartett-Canon diirften
vor dem Amphitheater sich noch genrehafter ausnehmen, noch mehr zu-
sammenschrumpfen als in den weiten Opernhausern; um so machtiger aber
wird sich der Geist des tragischen Symphonikers Beethoven vom Erscheinen
des Pizarro an aufrecken. — Vom letzten, Alles iiberragenden Klassiker
des gebundenen instrumentalen Pathos zum ersten Klassiker der deutsch-
musikalischen Koloristik und seinem Hauptwerke. Keines Bearbeiters zart-
sinniges Nachbessern vermag der Dichtung der „Euryanthe" mit ihrer
femininen Pseudoromantik aufzuhelfen. Doch der Stimmungszauber der
breit hingegossenen, von einem der edelsten aller Minnesanger mit herr-
lichster szenischer Lyrik erfiillten Situationen wird im Hause nach dem
Herzen Wagner's zu ungeahnter Schdnheit aufbluhen. Wie verklart der
geisterhafte langsame Mittelsatz der Ouverture aus dem verdeckten Orchester
aufsteigen wiirde, das mag jeder musikalische Leser einstweilen mit dem
inneren Klangsinn vorschmecken. — Wie der „Euryanthe a , so wird den
wieder an Gluck ankniipfenden „Trojanern tt Hector Berlioz' das Podium
vor dem grossen Amphitheater ein festeres szenisches Riickgrat gewahren.
Mit dem Vorstehenden sollten und konnten nur besonders sinnfallige
Beispiele zusammengestellt wet den. Ein Jeder moge sich die Liste nach
seinem Gutdunken erganzen. So bin ich auch nur im Stande, ganz kurz
zu skizzieren, was im Biihnengebaude mit kleinerem, 800 — 900 Personea
aufnehmenden Amphitheater vorwiegend zu pflegen ware. Auf der einen
Seite: das biirgerliche Schauspiel, wie es bei uns mit der „ Emilia Galotti*
und den w Geschwistern a zuerst feste Gestalt gewann, in den vom w Erb-
forster 44 und der „Maria Magdalena 44 sich weiter verzweigenden Linien bis
zur Gegenwart. Sodann das altere und neuere, einheimische und fremd-
landische gediegenere Lustspiel; (Lessing's „Minna tt , Freytag's wjournalisten 44 ,
Molifcre's ^Misanthrope 44 und „ Bourgeois gentilhomme 44 ; das bessere Re-
pertoire des Lope de Vega, des Goldoni). Dazu die auf intimere Wirkungen
berechneten klassischen Possen Kleist's, („Der zerbrochene Krug"), Shake-
speare's („Die Komodie der Irrungen 44 ), und wieder Moltere's („Les Pre-
cieuses ridicules 44 ). Auf der anderen Seite: Mozart's w Entfiihrung a und
seine drei Idealschopfungen im italienischen Stil. Das deutsche Singspiel
von Adam Killer bis Lortzing. Die italienische und die franzosische Spiel-
oper, soweit sie sich ins Deutsche iibertragen lasst, ohne allzusehr an
Eigenfarbe zu verlieren, von Gretry bis Messager und Audran, von Per-
golesi's „Serva padrona 44 bis zu Verdi's „Falstaff a . Die neuere deutsche
musikalische Komodie mit mehr polyphonem Geriist und reicherer In-
strumentation: „Die bezahmte Widerspenstige" von Goetz, der „Barbier
von Bagdad" des Cornelius, d'Alberts „Abreise" und „Flauto solo tt , und
die gute Unterhaltungsmusik des gefalligen Opportunisten Wolf-Ferrari.
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MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
VIII
Fragen hdre ich, ob denn jede Mittelstadt in der Lage sei, sich die
Errichtung von zwei Biihnengebauden mit Amphitheatern zu gestagen. Ich
muss da wiederum mit allem Nachdruck betonen, — die Reformfreunde konnen
das gar nicht oft genug tun! — dass das Deutsche Spielhaus ganz wesent-r
lich billiger zu stehen kommt, als das durch die hohen Ausgaben fur
Maler- und Bildhauerarbeit, Stoffe, Vergoldungen und Stuckaturen nun
einmal unvermeidlich hoch belastete Opernhaus mit Rangen. Die
Summen, die zu Koln und Nurnberg in die neuen Opernhauser gesteefct
wurden, hatten bequem zur Herstellung je zweier einfach, aber wtirdig
ausgestatteter Amphitheater und dazu eines ohne Prunk, doch stimmungs^
voll ausgezierten Konzertsaales gereicht. Man muss nur mit etwas gfr
sundem Menschenverstand und einem Rotstift bewaffnet die Kostenr
aufrechnung fur solch einen „modernen u Luxuskasten durchgehen, um eip
deutliches Bild davon zu gewinnen, wie da Hunderttausende zwecklos ver^
pufft werden!
Ich bringe einen Vorschlag wieder in Erinnerung, mit dem ich var
nun bald zwanzig Jahren zuerst heraustrat und auf den ich seitdem mehr-
fach zuruckgriff: in das Zentrum einer Doppelanlage eine geraumige Szene zu
stellen, derart, dass der Hauptbiihne ein grosseres Amphitheater, der zu jener
gehorenden, wenn notig, durch einen eisernen Vorhang und praktikable
Holzverschalungen abzuschliessenden Hinterbiihne ein kleineres Amphit
theater vorgelagert wiirden. Wobei selbige Hinterbiihne als eigentliche
Szene fur das Haus von geringerer Tiefe diente. Man konnte dann zur
Not am gleichen Abend hiiben und driiben spielen; doch ware mit einer
derartigen Disposition in erster Linie darauf zu rechnen, dass bei einem
Betrieb, wie ihn der Biihnenetat von Stadten mit massiger Einwohnerzahl
gestattet, sehr selten Oper und Schauspiel am gleichen Abend geboten
werden. Diese Doppelanlage wiirde die Gesamtkosten ausserordentlich
herabmindern, da nicht nur Heizung, Beleuchtung, Ventilation und ein an-
sehnlicher Teil der unteren und oberen szenischen Maschinerie mit einer
gemeinsamen Einrichtung bestritten wiirden, sondern auch Sale fur Proben,
Kiinstlergarderoben, Requisitenkammern und Wandelgang oder Erholungs-
raum bei verniinftiger Organisation vom beiderseitigen Personal und
Publikum zu benutzen waren.
Skeptisch stehe ich dagegen dem in jiingster Zeit mehrfach auf*
getauchten Plan gegenuber, in einem grosseren Amphitheater eine ein-
schiebbare Zwischendecke anzubringen, sodass das Haus in seiner ur-
spriinglichen Gestalt fiir das neuere Musikdrama und das Schauspiel mil
weitschichtigerem Apparat, in seiner verengerten fiir das biirgerliche Schau-
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222
DIE MUSIK V. 10.
spiel, das Lustspiel und die Spieloper den angemessenen Zuschauerraum
darstellte. Die schwierige Frage, Heizung und Ventilation bei ansehnlichem
Hohenunterschied im einen wie im anderen Falle sachgemass zu regeln:
sie wird schliesslich durch gewiegte Techniker zu losen sein. Fur voll-
standig ausgeschlossen halt' ich es jedoch, eine Innenarchitektur zu erfinden,
die im Raum von machtigeren Verhaltnissen auch nur halbwegs so gliick-
lich wirkte wie im verkleinerten. Man wurde aller Wahrscheinlichkeit
nach hier den Eindruck des Unfreien, Zusammengepressten, dort den des
Gespreizten erhalten. Wie soil ich die Seitenwande im Entwurf von Turen,
Nischen und Anderem einheitlich gliedern, wenn darauf Rucksicht zu
nehmen ist, dass gegebenen falls das obere Drittel weggeschnitten wird? Es
miisste bei kummerlichem ornamentalen Flickwerk bleiben. Und wurde
die eingeschobene flache Zwischendecke auch bei geschickter Bemalung
nicht stets danach aussehen, als ob sie nur dazu da ware, etwa iiber ihr
vorgenommene Reparaturarbeiten zu verhiillen? Jetzt mein Haupteinwand:
wenn ich die Decke herabsenke, muss ich in entsprechender Proportion
die Buhnenoffnung nach oben, nach rechts und links zu durch Einbauten
und Kulissen verkleinern, schon aus Rucksicht auf den Charakter der nach
dem intimeren Hause verlangenden Stucke. Aber die gemauerten Seiten-
wande des Saales bleiben stehen. Die Folge: die seitlichen Sitze der Zu-
schauerbanke gewahren nur einen ungeniigenden Ausblick auf die Szene,
konnen also nicht benutzt werden. Und am Ende befiircht' ich, dass der
Hohlraum zwischen der massiven oberen und der diinnen, flachen, ein-
geschobenen unteren Decke der Akustik schlimme Possen spielen wurde.
Solche Projekte sind nicht geeignet, die gegen das Amphitheater-
System noch bestehenden Vorurteile zu entkraften. Das werden gute, jedes-
mal mit Rucksicht auf die Gattung, der das vorzufiihrende Stuck zugehort,
sorgsam vorbereitete Opern- und Schauspiel-Darstellungen im Prinzregenten-
und im Charlottenburger Schiller-Theater am besten vermogen* Dazu
gabe es noch ein anderes Mittel. Warum nicht an Orten, wo Unter-
nehmungslust und Opferfreudigkeit zu Hause sind und die Theaterteufel
sich munter regen, fiir die Dauer von Kunst-, Kunstgewerbe- und Industrie-
Ausstellungen im Bezirk des Unternehmens kleinere Amphitheater
aus leichtem, billigem, auch fiir andere Eintagsbauten verwendetem
Material improvisieren, und dort von Ende Mai bis Anfang October ge-
eignete dramatische und musikalisch-dramatische Vorfuhrungen bieten?
Ich denke vor Allem an Dresden, Darmstadt, Dusseldorf. Der Zuspruch
wiir^e kein geringer sein, die Anziehungskraft der Ausstellung bedeutend
gesteigert werden. Die Preise so billig als moglich. Viele Tausende, die
vorlaufig noch im Banne uberkommener Anschauungen stehen, werden
eine Fiille neuartiger Anregungen in sich aufnehmen, werden sich weiter-
/ " | , Original from
rjiy:i,:uL! :;>■ ^ iiK.i^iv UNIVERSITYOF MICHIGAN
223
MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
hin gegen Ueberwundenes, das man ihnen aufnotigen wollte, zur Wehr
setzen. Die Propaganda durch die Tat ist die entscheidende.
1m vergangenen Sommer nahm ich Gelegenheit, unmittelbar nach-
einander in Oberammergau die w Kreuzesschule tt und in Vorderthiersee bei
Kufstein die „Passion u zu sehen. Obwohl an ersterem Ort viel reichere
Mittel, geschulter Farbensinn, eine seit undenklichen Zeiten festgefiigte
Tradition und starkere Begabungen mitsprachen, war doch der Eindruck,
den ich von dem Tiroler Dorfchen mitnahm, ein unvergleichlich tieferer.
Nicht zum Wenigsten schreibe ich das der grundverschiedenen Anlage des
Zuschauerraums und der Szene zu. Dort eine riesige, ungefuge, fast an
einen Bahnhof gemahnende Halle, in der die Stimmung fur langere Zeit
schlechterdings nicht „zusammenzuhalten a ist, mit einem iiberlang ge-
streckten Podium davor, in dessen Mitte man eine bei jedem Voruber-
gleiten einer Wolke sich verfinsternde Guckkastenbiihne gestellt hatte.
Hier ein mit Aufwand von wenigen tausend Gulden roh gezimmertes, aber
einheitliches Amphitheater mit versenktem Orchester und kunstlichera
Licht. Ich bekenne, noch niemals durch irgendwelches szenische Bild so
hingerissen, so aufs tiefste erschiittert worden zu sein, wie dort durch den
Abschied Christi von Maria. Was ich vor den Tafeln der lieben alten
flandrischen und deutschen Meister geahnt hatte, wurde hier zur herz-
bewegenden Wirklichkeit. Ein schlicht bedeutender Vorgang im ge-
schlossenen Rahmen,
IX
Gluck, Mozart und andere altere Meister im Deutschen Spielhaus
von grosseren, bezuglich kleineren Verhaltnissen zu Ehren zu bringen:
auch das heisst den Prozess der Verbesserung des verdeckten Orchesters
im Amphitheater, der sich lange genug trag hinschleppte, im notigen
rascheren Zeitmass wiederaufnehmen.
Bei der Einrichtung des Orchesterraumes im Bayreuther Festspiel-
hause hat Wagner die iiberkommenen, hinlanglich oft besprochenen An-
regungen mit hochster Genialitat verwertet. Von solch' ausserordentlichen
Neuerungen sagen wir mit einem nicht sehr schonen, aber bezeichnenden
Wort, sie seien „epochemachend". Was will das heissen? Dass sie eine
Welt von neuen Entwicklungsmoglichkeiten in sich bergen. Falsche
Pietat ware es somit gleichfalls, an jenem Bayreuther Modell nicht zu
riicken und zu riihren, weil es ein Wagner ersann. Ist denn der Ruhm
grosser Erfinder auf den Gebieten der Technik, des Ingenieurwesens da-
durch gemindert worden, dass das Ergebnis einer schopferischen Stunde,
das ihren Namen unsterblich machte, nach ihrem Ableben zu weiterer Ver-
J::;i ".i/.OV*
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
224
DIE MUSIK V. 10.
vollkommnung gedieh? Wer mochte dazu behaupten, dass Wagner, wenn
es ihm beschieden gewesen ware, seinem ausdriicklich kundgegebenen Vor-
haben gemass auch seine vor dem „ Parsifal" und vor und neben dem „Ring
des Nibelungen" geschriebenen Werke ira Festspielhause unter seiner eigenen
Anleitung zur Darsteilung zu bringen, nicht an der Orchestereinrichtung
so manche Veranderungen vorgenommen haben wiirde? Ferner: sprach
nicht der Meister vom Bayreuther Bau als von einem provisorischen? Musste
man sich nicht damals droben und drunten in Rucksicht auf die knappen
verfiigbaren Geldmittel wie auf die bei der Fiille des zu Erledigeitden schnell
zusammenschrumpfende Vorbereitungszeit mit dem unbedingt Notigsten be-
gnugen? Und man stelle sich vor, die Gotter hatten dem Meister noch
das gegonnt, nach der provisorischen Architektur das monumentale Walhall
auf dem Hiigel fiber dem roten Main entstehen zu sehen. Oder: die
Feinde und Neider Wagners waren seinerzeit mit ihren Anschwarzungen
nicht erfolgreich gewesen — und wir erblickten den Semper'schen Plan in
Munchen verwirklicht vor uns. Wiirde es sich Wagner nicht zurechtgelegt
und in praktischen Massnahmen beriicksichtigt haben, dass Klangresultate,
wie sie sich aus der unter richtigen Vorbedingungen vor sich gehenden
Ausfuhrung seiner Partituren ergeben sollten, in einem Steinbau nicht
ganz auf die gleiche Art zu erzielen sind als in einem Holzbau? Endlich:
ist man nicht auf der Bayreuther Biihne seit 1883 bei der Inszenierung
des „Tannhauser a oder des „ Lohengrin" in so Manchem von dem ab-
gewichen, was Wagner ehemals in Dresden, Wien oder Miinchen aus diesem
und jenem Grunde gebilligt oder geduldet hatte — und zwar, indem man
damit fast ausnahmslos die Abwandlung des dramatischen Gedankens in
all' seinen zarten Beugungen noch besser verdeutlichte und die ideale
kunstlerische Gesamtwirkung noch erhohte? Die Nutzanwendung auf das
verdeckte Orchester leuchtet wohl ein.
So Wundervolles, ja Ueberwaltigendes wir bei der ersten Bayreuther
Auffuhrung der „Meistersinger a erlebten, so ging es dennoch, soweit es den
instrumentalen Teil betraf, nicht ohne einige Enttauschungen ab. Nicht
als ob wir uns nicht an der mannlich sicheren Fuhrung und der gesunden
Auffassung des damals noch nicht allzu behabigen Hans Richter herzlich
gelabt hatten. Doch die Trompeten im Vorspiel entbehrten des Glanzes;
aus den aufsteigenden Figuren und Trillern der Einleitung zum zweiten
Aufzuge sprach keineswegs eitel Frohsinn. Bei Hans Sachser.s: „Nun aber
kam Johannistag" entbehrten wir die strahlende Sonnenhelle, die hier
hervorfluten und uns zu freudigster Lebensbejahung stimmen soil. An
dieser Stelle blieb die zierliche Arabeske eines Holzblasers scheinbar aus,
an jener war eine wichtige durchgehende Mittelstimme kaum zu vernehmen.
Ja in der Priigelszene schlug der Chor das Orchester tot: unentbehrliche
J::;i ".i/.OV*
(" r\< \n}{* Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
225
~MARSOP: ZUR BUHNEN- UND KONZERTREFORM
stutzende Harmonien verschwanden wie in der Versenkung. Umgekehrt
vermochte bei der Wiedergabe des w Tristan* nicht einmal ein technisch
so vielgewandter und das Kunstwerk in ungewohnlich hohem Grade geistig
beheirschender Sanger wie Heinrich Vogl wahrend der ersten Halfte des
zweiten Aktes gegen die von Mottl mit Meisterhand gelenkten Orchester-
massen durchzudringen. Wagner hat indessen zwar unlosbare szenische
Probleme gestellt, wie das Bacchanal ira „Tannhauser a und den Zusammen-
bruch der alten Welt in der w Gotterdammerung", doch nie dem begabten,
in jedem Betracht hinlanglicb technisch geschulten, fur die Buhne ge-
borenen Musiker unlosbare Aufgaben zugewiesen. Es musste also bei
den materiellen Gegebenheiten hapern.
Nach jener denkwiirdigen, in Hinsicht auf eine geradezu ideate
Buhnenleitung unerreicht gebliebenen Meistersinger-Darstellung veroffent-
lichte ich folgende Vorschlage: den, vom Zuschauerraum aus genommen,
hinteren, unter der Rampe befestigten Schalldeckel beweglich zu machen
und die einzelnen Podien, auf denen die verschiedenen Orchestergruppen
untergebracht sind, derart von einander abzulosen, dass jedes von ihnen,
v611ig unabhangig vom anderen, durch hydraulische oder elektrische Kraft
beliebig hoch oder tief gestellt werden konne. Insofern diese Antr&ge aus-
driicklich auf das Bayreuther Haus zielten, habe ich — wie ich bereits
bei einer friiheren Gelegenheit erklarte — den richtigen Ton nicht ge-
troffen. Dass ich in der Sache recht hatte, bewiesen nicht zum wenigsten
ahnliche Erfahrungen, die spater wahrend der ersten Jahre der von
Herman Zumpe mit Hingebung vorbereiteten Sommer-Auffuhrungen des
Prinzregenten-Theaters gemacht wurden. Heute giebt es wenige Musiker,
die nicht fur Amphitheater und verdecktes Orchester eintraten, aber auch
kaum irgend einen, der nicht die weitere Ausbildung der Einrichtung, wie
sie zuerst in Bayreuth geschaffen wurde, mit Eifer verfochte. Als das
Prinzregenten-Theater aus dem Boden wuchs, liess ich es auch hier an
entsprechenden Anregungen nicht fehlen. Man hatte keine Mittel mehr
ubrig, scholl es zuriick. Ich will den erheblichen Verdiensten Ernst
v. Possart's in keiner Weise zu nahe treten ; es mag also dahingestellt sein,
ob es fur das Unternehmen von Anbeginn nicht nutzbringender gewesen
ware, eine etwas grossere Aufwendung fur eine mustergiltige Orchester-
anlage und eine etwas geringere fur szenische Ausstattungen zu machen.
Lucken im dekorativen Fundus sind jederzeit zu erganzen, ohne dass man
einen besonders tiefen GrifT in den Beutel zu tun brauchte. Hingegen
liegt es auf der Hand, dass es viel mehr Geld und Muhe kostet, die
Orchestereinrichtung auf die oben angedeutete Weise in einem bereits fix
und fertig dastehenden Amphitheater von Grund aus umzubauen, als gleich
bei der Aufmauerung es auf etwas Mustergiltiges abzusehen. Von den mit
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226
DIE MUSIK V. 10.
einschneidenden Veranderungen verknupften lastigen und auph fur die
Kasse fuhlbaren Betriebsunterbrechungen gar nicht zu reden. Es ware
deshalb erwunscht, wenn — wie das zweifellos von Littmann vorgesehen
ist — bei der Ausgestaltung des Charlottenburger Schiller-Theaters vor-
erst im Orchesterbereich fiir alle den Anspruchen der Zeit geniigende
Hebungs- und Versenkungsmaschinerien reichlich Raum ausgespart und das
„ Vacuum* einstweilen so lange mit einer provisorischen Holzdecke ver-
kleidet bliebe, als man sich ebendort auf Schauspielvorstellungen be-
schrankt — falls man nicht jetzt schon soviel Tausendmarkscheine zur
Verwendung hat, um gleich von der Stunde der Eroffnung an auch das fur
die Wiedergabe von Musikdramen wichtigste Erfordernis in tadelloser
Vollendung bereit zu halten.
Der Vorschlag, anstatt der ein fiir allemal festgenagelten, sich stufen-
weise abwarts senkenden Terrassenflachen fur den Instrumentalkorper be-
liebig verstellbare, nach Bedurfnis auch auf die gleiche Ebene zu bringende
Einzelpodien einzusetzen, ist nicht zuerst im Theater, sondern im Musik-
saal zur Ausfuhrung gekommen. Der mutige, frisch und grad vordringende
Wolfrum ergriff die Initiative. Im kleinen Heidelberg: es ist ja alte
deutsche Gepflogenheit, wenn einmal ein Mann der Tat hervortritt und sich
ruhrt, ihm moglichst lange den Zugang zu weiteren Wirkungskreisen zu
versperren, damit die sich gegenseitig unterstiitzenden Nichtskonner in der
Fursorge fur die Vetternschaft nicht behindert und in der bequemen,
gleichgiltigen Abhaspelung altgewohnter Tagesgesch2fte nicht gestort
werden. — Hingegen war es dank dem Entgegenkommen Herrn v. Possarts
noch moglich, im Orchesterraum des Prinzregenten-Theaters den festen
unteren Schalldeckel durch einen beweglichen zu ersetzen. Die nach meiner
Angabe von Littmann sehr sinnreich geregelte Vorkehrung ist folgende:
vom Buhnenrande her laufen parallel zu einander eine Anzahl schmaler
Metallschienen in der Breite des fruheren festen Deckels wie heraus-
stehende Stiibe gegen den Zuschauerraum hin. Druckt der neben den
Instrumentalisten im ^mystischen Abgrunde a stehende Maschinist auf einen
Hebel, so rollen durch elektrischen Antrieb untereinander vernietete
Asbestplatten uber jene Schienen; druckt er auf den zweiten Hebel, so rollt
das Plattengefuge unter den Biihnenboden zuriick. Natiirlich kann der
Deckel auch zur Halfte, zu einem Drittel oder sonst, wie es dem Dirigenten
gut dunkt, eingestellt werden. Ursprunglich hatte ich es mir so zurecht-
gelegt, dass der Kapellmeister in den Stand gesetzt werden sollte, durch
Fingerdruck auf etliche Kn5pfe, die, ahnlich wie die fur Erteilung von
Signalen an die Biihnenmusik bestimmten, an seinem Pult anzubringen
wSren, den Deckel beliebig spielen zu lassen. Um das zu richten, hatte
aber viel Mauerwerk wieder fortgebrochen werden mussen. Man schritt zu
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MARSOP: ZUK BOHNEN- UND KONZERTREFORM
der Aushilfe, dass dem die Hebel in der beschriebenen Weise bedienenden
Maschinisten ein Korrepetitor beigesellt wurde, der in Uebereinstimmung
mit den in einen ihm zugewiesenen Klavierauszug vom Dirigenten ein-
getragenen Zeichen das Oeffnen und Schliessen des Deckels veranlasst*
Zieht man diesen ein, so entfalten insbesondere die unterhalb der Rampe
und des Buhnenbodens postierten Instrumente eine grossere Wucht und
Fulle des Tones; der Klang des Blechs wird heller, leuchtender, der der
Pauken kerniger. Demnach zieht man beispielsweise bei einer Auffuhrung
der „Meistersinger tt den Deckel zuriick: fur die Dauer des Vorspieles,
gegen das Ende des ersten Aktes (beim Eintritt der Stimmen der Lehr-
buben), fur die Einleitung zum zweiten Akt, mit Beginn der Priigelszene,
fur wenige Takte im „Wahnmonolog a (Cdur!), und von der Ueberleitungs-
musik zur w Festwiese tt an bis zum nach dem w Wach-auf tt -Chore aus-
brechenden Jubel des Volkes; endlich fur den Schlussgesang „Ehrt Eure
Deutschen Meister."
Die Einrichtung wirkt also, nach einem sehr gliicklichen Ausdruck
Felix Weingartners, w wie ein grosses Fortepedal". Aus dem Gesagten er-
hellt, dass sie manigfacher Vervollkommnung fahig ist. Sie muss aus dem
Fortepedal zu einem ausserordentlich elastischen Schwellzuge werden, ijn
dessen virtuoser Benutzung der Kapellmeister die feinsten Abschattierungen
und Uebergangsnuancen herauszubringen hatte. Nunmehr komme ich mit
einem weiteren Vorschlag: namlich auch den anderen, den oberen Teil des
Orchesters kappenartig uberwolbenden Schalldeckel „mobil zu machen".
Natiirlich nicht, indem man ihn, so wie er sich gegenwartig darstellt, vor-
und ruckwarts schiebt: das wurde ja die Instrumentalisten den Zuschauern
sichtbar machen. Vielmehr auf folgende Art. Es fiel mir auf, dass die
Kappe im Festspielhause wie im Prinzregenten-Theater aus ziemlich festem
Material hergestellt ist. Wie ware es nun, sie derart zu konstruieren, dass
sie aus zwei leichten, genau ineinander zu passenden Lagen bestunde, von
denen die obere, also der eigentliche Schirm, unbeweglich, die untere nach
Art einer bogenformig gespannten Rolljalousie sich vor- und zuruckziehen
Hesse? Gerauschloses Arbeiten ware Vorbedingung. Aber die Zauberin
Elektrizitat bewaltigt heutigestags ungleich schwierigere Aufgaben o.hne
sonderliche Muhe. Der Zweck des Apparates: auch aus den Violinen, die
die beiden oberen Podien einnehmen, wenn's geboten erscheint, einen
starkeren, energischeren Ton herauszuholen, als es bis jetzt im Amphi-
theater moglich war. Ausserdem: bei somit gesteigerter Schallfulle
Wagnerische und nachwagnerische Musikdramen auch ohne die kostspiellge
Festspielbesetzung partiturgerecht ausfuhren zu konnen.
Haben wir dann dazu, wie zu hoffen ist, im Orchester der fernerhin zu
errichtenden Deutschen SpielhMuser die beliebig hoch und tief zu stellendett
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DIE MUSIK V. 10.
Einzelpodien, so wird der Kapellmeister iiber ein ganzes System von
dynamischen Registern verfugen. Ob er die hierdurch sich wiederum
komplizierende Technik der Leitung ohne Anstrengung beherrschen mag?
Wenn er ein Schwachkopf oder ein bequemer, lassiger Herr ist, nein; wenn er
uberhaupt der rechte Mann auf seinem Posten und ein aufgeweckter Kerl
ist, ganz gewiss! Der Dirigent der Zukunft wird, vor seiner, unendlicher
dynamisch-koloristischer Abstufungen fahigen Riesenorgel sitzend, noch in
Viel hoherem Grade nachschaf fender Kunstler sein als der der Gegen-
wart. Es ist Unsinn, einem Richard Strauss oder Hans Pfitzner anzumuten,
sie sollten unmusikalischen oder am Ziel ihrer Entwicklungsfahigkeit an-
gelangten Horern zu Liebe sich auf eine behordlich festzustellende Anzahl
von lnstrumenten beschranken. Wenn ich ein Stuck bewolkten, hier und
da vom Sonnenglast vergoldeten Himmels male, so kann ich das nur mit
den Farben tun, die ich sehe. Doch der aDifferenzierung" der modernen
lnstrumentenarmee wird beim Vortrage im Theater wie im Musiksaal eine
Differenzierung der Abtonungen zu entsprechen haben, wie sie nach meiner
festen Ueberzeugung nur im verdeckten Orchester moglich ist, Es war
gleicherweise in Bayreuth und Miinchen wie in Heidelberg festzustellen,
dass auch der Laie jeden Auffassungsgrades besser hort, demnach Schwie-
rigeres erheblich leichter auffasst, wenn die Tonerzeugungsquellen seinem
Blicke entzogen sind. Es gilt also fernerhin fur den Dirigenten, in sorg-
faltiger Ausnutzung aller oben aufgezeigten Hilfsraittel sowohl vor den
draussen im Amphitheater Sitzenden die Architektur und das Farbenbukett
der musikalisch-dramatischen Schopfung zu freudig anteilvollem Begreifen
auszubreiten, als auch den Sanger durch diskrete, aber die Eigenkoloristik
nicht schadigende Behandlung der Klangmassen derart zu stiitzen, dass das
Allerwichtigste, die Verstandlichkeit der Biihnenhandlung, von
Satz zu Satz gewahrt bleibt. Dariiber hinaus wird er, wiederum mit den
neuen, geschilderten Hilfsmitteln, fur verschiedene Werke, fur einzelne
Akte und Szenen innerhalb dieser Werke, je nach dem Charakter und
dem Auf- und Absteigen der Handlung wie des Dialoges, je nach der mehr
linearen oder farbigen Instrumentierung orchestrale Lokaltone auszu-
bilden haben: sehr kraftige; offene, doch nicht zu starke; leicht verschleierte;
vollig gedeckte; dumpf monotone; ins Unendliche irisierende. Auch hier
offnet sich ein Reich der unbegrenzten Moglichkeiten.
Die Verwendung der verstellbaren Teilpodien im Orchester der
grosseren und kleineren Amphitheater ist natiirlich vom instrumentalen Stil
des zur Auffiihrung gelangenden Werkes und von dem sich im letzteren
kundgebenden Verhaltnis der vokalen Elemente zu den begleitendeu, be-
ziiglich symphonisch gefuhrten Stimmen abhangig. Fur die Wiedergabe
der Wagnerischen wie der nachwagnerischen Dramen wird man an der An-
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MARSOP: ZUR BOHNEN- UND KONZERTREFORM
ordnung nach Terrassenflachen, die sich vom Dirigentenpult gegen die
Biihne zu abwarts senken, im Allgemeinen festhalten. Die von Fall zu
Fall zu treffenden Aenderungen ergeben sich von selbst: bei Richard
Strauss diirften seine Lieblinge, die verschiedentlich geteilten Violinen, bei
Hans Pfitzner die aus den waldfrohen Zeiten der Romantik heriiber-
klingenden Eichendorff-Horner, bei Max Schillings die von ihm gem und
so geschmackvoll verwendeten tiefen Holzblaser sozusagen 9 k jour" zu
fassen sein. Jeder unter den Neueren verwendet die Harfen anders; der
Eine lasst sie mehr herausstechen, der Andere sie sich mehr mit dem En-
semble verschmelzen : danach bemisst sich die Aufstellung dieser Instru-
mente. Die „Salome a erheischt Dispositionen, die von den fur die „G6tter-
dammerung" massgebenden stark abweichen : ich hoffe mit dem verdeckten
Orchester, nicht wie es jetzt aussieht, sondern wie es sich in Zukunft
darstellen wird, noch gegen die von Strauss theoretisch vertretenen An-
schauungen im Interesse seiner Werke Recht zu behalten. Fiihrt man
den „Tannhauser a in der pariser Bearbeitung auf, so ware — abgesehen von
den mannigfachen, fur die Ouverture, das Bacchanal, die Szene zwischen
Venus und dem Helden und die grosse Verwandlung erforderlichen kleineren,
mit Hilfe der beweglichen Schalldeckel zu bewirkenden Modifikationen —
das Orchester in der Pause zwischen dem ersten und dem zweiten Auf-
zuge ganz und gar umzustellen. Dergleichen wird anfangs zu einigem
Schelten und Fluchen, auch zu etlichen geringen Verwirrungen Anlass geben,
dann aber bald gemutlich und in guter Ordnung sich vollziehen.
Das Mozart-Orchester setzt man selbstverstandlich in der Art, dass
alle Teilpodien so hoch, als es der Mechanismus gestattet, gebracht und in
einer durchgehenden Ebene vereinigt werden. Zum mindesten sollten hier
samtliche Streicher und Holzblaser sich auf gleichem Niveau befinden, der
hintere Schalldeckel durchweg zuriickgeschoben sein — ebenso die beweg-
liche untere Jalousie des vorderen. Auf einen Versuch kame es an, ob
man, je nach der Akustik des betreffenden Raumes, Horner, Trompeten
und die Pauke um eine massige Stufe abwarts riicken kann. Bei Weber
empfohle sich eine Verteilung auf drei abfallende Flachen: jedenfalls fiir
die Auffiihrung der „Euryanthe u , vielleicht auch fiir die des „Oberon a und
fiir die der Ouverture zum „Freischiitz a . Was die heiklige Besetzungsfrage
der einzelnen Pulte in der alteren Oper unter den neuen Verhaltnissen
betrifft, so stellt man die Entscheidung, denk' ich, dem leitenden Kapell-
meister jedes Institutes anheim. Auch in dieser Beziehung wird ihm der
genius loci das entscheidende Wort auf die Zunge legen; der wetterwendi-
schen Dame Akustik lasst sich mit keinen allgemein giltigen Paragraphen
beikommen. Hat mir ein verdienstvoller Musikgelehrter nachgewiesen, dass
bei der Urauffiihrung dieser oder jener alteren Oper an diesem oder jenem
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230
DIE MUSIK V. 10.
Ort so und so viele Instrumentalisten in Tatigkeit waren, so nehme ich
diese Bereicherung meiner Kenntnisse mit schuldigem Danke entgegen.
Verwiinscht gleichgiltig aber sind mir solche Aktenfriichte, wenn ich im
Theater sitze und einer Musterauffiihrung eines Mozartischen Hauptwerkes
mit freudiger Erwartung und leisem Bangen ob des Ausgangs entgegenharre
— auch der Zuhorer hat sein Lampenfieber. Fangt dann das Stiick an,
so mocht' ich jeweilig so viele oder so wenige Instrumente aufgereiht
wissen, als hinreichen, um in einem Raum und vor einer Biihne, der sich
die besondere Handlung gut einpasst, mein — ja ganz subjektives —
Mozart-Empfinden vollauf zu sattigen. Mein Empfinden: das eines Mozar-
tianers vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Wer den rechten Klangsinn hat,
kann auch die C-moll-Phantasie auf einem Bechstein oder Steinway leid-
lich mozartisch vortragen und braucht sich nicht einmal im Geiste zu
einem Spinett zuruckzuheucheln. Noch mehr: als Operndirektor wiird' ich
allerdings den „Don Giovanni", wenn irgend moglich, in einem Hause von
geringerer Tiefe und Breite spielen lassen, fur die einzelnen Nummern
aber mit der Besetzung der Streicherpulte seelenruhig wechseln. Bei
alien Arien, Duetten und kleinen Ensembles etwas wie eine erweiterte
Kammermusik; fur die Ouverture, das Duell, das grosse Rezitativ der
Donna Anna, den Schluss des ersten Finales, die Komthurszene eine merk-
liche Verstarkung des Saitenquartettes. Aehnlich, denk' ich mir, wiirde
Wagner die Oper nicht im Festspielhause, doch auf einer Idealbuhne zu
Biilowsruh vorbereitet und dabei gesagt haben: Wer nicht am rechten
Orte differenziert, ist ein — Senator.
Anmerkung. Die in den beiden letzten Kapiteln gegebenen Ausfuhrungen
decken sich nicht vollig mit denen, die ich vor einigen Jahren unter dem Titel ,Der
Kern der Wagnerfrage" veroffentlichte. Ich freue mich, der Erste zu sein, der das
feststellt. Inzwischen bin ich keineswegs „konservativer" geworden — im Gegenteil.
Doch bei anhaltender BeschSftigung mit den szenischen Problemen der Zeit und mit
der Frage des verdeckten Orchesters nab' ich seither klarer zu erkennen gelernt, um
wie viel besser man die unzahligen fortschrittlichen, die Meisterwerke der aiteren
Oper tragenden Elemente vor dem Amphitheater herausarbeiten kann als vor dem
Rang- und Logenhause! — Die Ueberfulle des Stoffes zwingt mich, mit den fSlligen
zusammenfassenden Mitteilungen und Betrachtungen uber reformatorische Massregeln
und Versuche im Konzertsaal bis zum Fruhjahr zuruckzuhalten. Es wird alsdann
zugleich uber die wahrend des ablaufenden Winters auf diesem Gebiet gemachten
Erfahrungen gesprochen werden. Nachrichten uber alles Einschlagige wolle man
freundlichst der Redaktion der w Musik" ubermitteln oder mir unter meiner bekannten
Adresse direkt zugehen lassen. P. M.
£fik&
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Fort tea tint
IV
^er tuuerordentlfche Beifill, den meine Chirlotte ia der Roll© der Ariidne
fortdtuernd erbieir, erzlbll Bnndei 1 ) „envgt* endlich Elfersucbt, be-
tondera bel Midline Seyler, die lefanlfcb In elner Ibnlicben Rolle zo
gllnzen w&nicbte. Sic wendete licb detbilb in den Profc En gel, der
be! Gelegenbeit doer Reite ilch hier Boeben gegenwlrtlg btliiid, Auf
ibr wlederholtei Anincbea entwirf *r endllcii einen Plan zu einem nlcht weniger
interenuiten Stiicke, dec er dem Arcbivar Gutter zur Autfutarung fibergab* Other
enatand ,Medei c , woiu Bendt die Mutik e ben so meltterbift komponierte, nod 10
wurde tucb diese Kunstlerin, die in der H tup trail e tllgemeinen und verdienten Bei-
foil erbieir, befriedlgt.«
Gotters Biograph Schlosser hSlt die ,Medea N trotz der schnellen
Arbeit fur vielleicht das best© Stuck, das Gotter gescbrieben babe and
fflhrt fort:*)
„Ll$«t man die felscheu Vorauiietzungen der Gittung uuberiickiicbtlgt, in
blelbt in der , Med em' eine Szcue von itirkem Gebalt und luflillender dkbtertscber
Kraft Qbrig. Mit vollem Recht bit G otter darauf verzicbtet, in to engem Rah men
du ginte Bild seiner Held In zu geben. Sle Eat fBr iha nichta ill tUeln dis ver-
■toatene Telb, dai rolt Entsetion der zweitea Vermthlung Ibrei Gattes entgegenilebt
und fBr daa Scblckul Ibrer Kinder btngt Dieae velie Betchflnkung bit ei lbm
ermfigllcbt, eein Verk bit ini Klelnate aorgiam und lieberoH auazuirbelten, und
dtbei tit icgir etwai wie dnmitUcbe Stelgerung hineingekommen: fiber die Medea,
die m Anbng dei StBckei erichelnt und mil Vehmut die Stltte einitiger Preuden
begrQist, bit der aufkelmende Ricbegedinken nocb kelne Micbt. Ent der Anblick
juoni und Miner Bruit enreckt den tchreckllcben Gedinken dee Klndermordei in
ibr , iber ei bed erf nur der Gegenvirt der Kinder, am ibn wleder in Vebmut luf*
inlSien. Die Erwtguug desten, wit itaren Klndern bevorambt, und der Jubel dei
HachzeJtifeetei erneuern ibre Wut; rich selbit zu reizen, beicbwflrt lie die Hekite
und lltit Sturm und Gewitter lotbrechen, wlbrenddesien lie Ibre Scbreckenitit roll*
bringt UnbeMedigend lit nur der Schluti; mcb vollbncbter Tit maute die Mutter-
Hebe ttlrker berrortreten und nlebt die Ricbe in Jiton die Hiupttiche blelbcn*"
■> i* 1* O. S. 192, Tgl. audi N. BibL d. icfc* Wliionicb. 37. Bud, 1 St. 1788.
S. 177.
^ i* i* O. S* 220.
16"
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
232
DIB MUSEK V. ttt
Die Dfchtung, arsprfingUch in rhythmischer Press ver&sst, wurde
splttr mit einigen Vertodenuigen in Verse abgetettt Beide Fssstiiigen
erschieaen im Brack 1 ) outer der, dem fautzOsischen Ausdrack # com6die
m6I6e i musique* (woruntor star das Singtpiel vefstsndett vurde) nschge-
bQdetea Bezefchnung »ein mil fltoslk vennlachtes Drains*.
Bends muss die Dichttmg sehr geftdlea fcsben:
„ Wer 1st wilil gescWcktee, pUne so theatrallacfaen Produfctcn m entwertta tit
EngetP Ver wird ale beaser snaarbahaii ala Getter?*
schreibt er spSter efonul darSber, 1 ) So reach voUendets er die Kompo-
shitra, dsss bereits im April 1775 dte erste Probe ststtfinden konntft* Die
«Gothaiacftet) gelehrtca Zettungpn* sehrieben dsrftber:")
»H*de* bat bei der bloesss Probe, we weder BeJencbtrag sedi Detention
nedL KMdmig der Ulnsl** in BOJb toastes, wo die RoHec, Medce anegeaeraiiisii,
ear geleeee and mtebt atonal m dm gehSftgen Personen geleaea veriest, wo die
Musit cndlicb dee neeh nfcbt waj^ was ale bolder eigentlfcben AttflBbrasg aeie moa%
due so etaifcp end aUgettefne Vlrkang hervofgcbracht, dfcxee slab bier necb fcein
TrensespM ffihmeQ dents* Uflser bofttbmtsr Heft Bends bat dabei wegon der
gritoana MasnigMtlgfeelt des Steffas seine Tslente gtttussder ale bd Ariadne aaigae
ktinnen seft die Breartangen der Keener ftbertrotosu*
Die erate AtrffBhrmig And ladttsen nfcbt fa Goths, sondent sm
1. Msi 1775 In Leipzig im Kochscfceit Theater ststt, we vthrend der
Messe zu spielea Seyler kontrsktlich dss Recht hstte. Zmti Wledefholungen
folgtea dsvdbst, and erst sm 6> Jnfil ksm fSm Work in Goths sar Anf-
fBhnmg, Mme. Seylet ids ttede* wtade nicht minder gerfihmt wie ihre
Rivslin Mme. Brsndes sis Ariadne. Das Thesterjournal 4 ) nennt ihre Medea
,musterhaft", alles sei »sab herrlichste susgeffihrt gewesen* und sie sei v nie
im geringsten vom Ausdrack der begleitenden Musik sbgewichen*. Heinrich
Leopold Wsgner 8 ) sagt:
*) la Prow: a} Medea, elo mit Muaik vermiscbtea Drama (oboe Autorangafae)
Gotha, bei Ettinger, 1T75 (enthalten Id „ Deutsche Scbenbfibne* 98. TeU)* b) Medea,
eta mit Mttaik vermiacbtea Drama von Herrs Goner, KSnigsberg und Leipzig 1776 (im
/Theater der Deatachen H 1& TeH), c) Medea, cio Drama mit musikatiachen Zwiachen-
sltien 1800 (obne Dmckon)* Das Drama 1st von Herrn Legationaaekreiir Getter.
Die Musik vom HeraogL Goth. Kapell-Dlrektor Herrn Georg Bend*, d) Nacbdracke
eu AuflQbrungaEwecken : 1779 in Karlarnhe und Mfincbeu, 1806 in Tien (k. k. Hof-
theater). Veraiflziert: in Gotten M Gedlchten M U S. 485 H Oberaetzungen: fraozflflisch
tn Veraan von Berqulu, Paris 1781, italienlacb von Bertola (Idea dalla littaratura Ale*
mauaa II), dlnlach von P. Schwarz (Syngeaplet for dea Dauske Skneplad Bd* 8).
■) Ungedruckter Brief vom 20. Junl 1787 im Beshz der Frau v. Zcch g^b.
ScbeLllng, einer Enkeliu Gotten. Mir mitgeteilt von Herrn Dr. F, Bruckner*
•} 34. St 1775.
*) 1777, A. St. S. 104.
*) Briefe, die Seylenche Scbauaplelerg^sellscbaft betrelTend. Frankfurt 1777
S. lllff.
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■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
233
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
„Fur Mme. Seyler ist Medea eigentlich gemacht, auch ubertrifft sie mit ihrer
wahren affektvollen Sprache alles, was man zu ihrem Lobe sagen konnte. Sie bringt
Tone hervor, die Mark durchdringen, vor denen das feurigste Blut beinahe erstarrt
und stockt. Auch wird sie allgemein bewundert."
Gotter selbst verherrlichte seine Interpretin in einem Gedicht, 1 ) Nicolai
urteilt, 2 ) „Mme. Seyler sei in den furiosen Stellen ausgezeichnet" gewesen,
und Iffland s ) riihmt an ihr den „hohen edlen Stil. Sie gebot iiber Ver-
stand und Empfindung". „Mme. Seyler", ausserte sich der „deutsche Mer-
kur tt , 4 ) erschopft in diesem Stuck ihre ganze Kunst in Deklamation und
Pantomime."
Gedruckt erschien nur der Klavierauszug im Jahre 1778 und noch-
mals 1785, ubrigens in der schon bei der „ Ariadne" geriigten mangelhaften
Fassung, so dass die Schonheit des Werkes nur an Hand der Partitur, die
Manuskript blieb, gewiirdigt werden kann. Der Klavierauszug tragt den
Titel: „ Medea im Klavierauszuge. Der Dialog von Gotter. In Musik
gesetzt von Georg Benda, Herzogl. Sachsen-Gothaischer Kapelldirektor.
Leipzig, im Schwickertschen Verlage". Er wurde sofort wieder von Gotz
& Co. in Mannheim seitengetreu (nur mit Umanderung des Sopranschliissels
in den Violinschliissel) nachgedruckt.
Bisher gait eine in der Berliner kgl. offentlichen Bibliothek befindliche
Partitur als Autograph, was um so weniger angezweifelt wurde, da diese Partitur
im Jahre 1843 von Seiten der Konigin Elisabeth von Preussen ausdriicklich als
Originalpartitur iiberwiesen wurde. Die Konigin hatte sie von der Schau-
spielerin Henriette Hendel-Schiitz, der das Exemplar wiederum vom Her-
zog von Sachsen-Goburg-Gotha geschenkt worden war, erhalten. 5 ) Diese
Partitur, so ahnlich sie Bendas Handschrift im ersten Augenblick erscheint,
hat sich nach genauer Vergleichung als nicht von Bendas Hand herriihrend
herausgestellt, dagegen habe ich zwei autographe Partituren an Stellen,
wo man sie nicht vermutete, entdeckt. Die erste Niederschrift des Werkes
von Bendas Hand befindet sich in der Mannheimer Theaterbibliothek (151
Seiten Querfolio) und tragt keine weitere Bezeichnung; nur auf dem Um-
schlag steht „ Partitur der Medea". 6 ) Diese Partitur, die, wie das Siegel
! ) Theaterkalender 1776 S. 23.
2 ) Schiiddekopf: Nicolai uber Weimar, Vossische Zeitung, Sonntagsbeilage
1893 No. 598.
3 ) Dramat. Werke 1798 I. S. 104.
4 ) 1775. S. 277. 3. Vierteljahr.
T ) Drei weitere Partituren und Stimmen ebenfalls in Berlin. Fur frdl. Mit-
teilungen bin ich Herrn Oberbibliothekar Dr. Kopfermann sehr verpflichtet.
•) Weitere Benda- Autographen in Mannheim: je eine Textabschrift der „Medea a
und des „Pygmalion a , die meisten Stimmen zu „Pygmalion a , sowie die Partitur des
„Dorfjahrmarkt a . Drei weitere Kopiepartituren, Kopiestimmen zur w Medea a (Prinzipal-
stimme, zwei erste und drei zweite Violinen, je zwei Bratschen und Violoncelli,
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
234
DIE MUSIK V. 10.
auf Seite 43b beweist, in Seylers Besitz gewesen ist, kam von der Seyler-
schen Truppe, die sie aus Gotha mitgenotnmen, in das Mannheimer Theater.
Das Exemplar ist ziemlich unsauber geschrieben und weist viele Autoren-
korrekturen sowie Bemerkungen in roter Tinte auf. Abgesehen von gering-
fugigen Anderungen und Kurzungen (die wesentlicbsten am Schluss des
Werks) stimmt diese Partitur mit der spateren Reinschrift, an die wir uns
bei der Besprechung einzig halten wollen, ziemlich uberein. Die auto-
graphe Reinschrift, als welche bisher stets die Berliner Partitur gait,
befindet sich in der Darmstadter Hofbibliothek (Musikmanuskript 223) mit
der Aufschrift: Medea, ein Drama mit musikalischen Zwischensatzen von
Georg Benda (153 Seiten Querfolio). Man vermutet, dass diese Partitur
von der Hendel-Schiitz, die am 11. Dezember 1809 als Medea in Darm-
stadt auftrat, mitgebracht wurde. 1 ) Dann liesse sich auch leicht erklaren,
auf welche Weise die Berliner Partitur in den Ruf eines Originals kam.
Die Hendel-Schiitz hatte eben ausser der Originalpartitur noch eine getreue
Abschrift (das Berliner Exemplar ist Seite fur Seite dem Darmstadter gleich),
die sie gelegentlich mit dem Original verwechselte, und so war sie im
guten Glauben, als sie der preussischen Konigin die vermeintliche Original-
partitur schenkte, wahrend sie die echte Partitur schon langst in Darmstadt
gelassen hatte. 3 ) Fur unsere Besprechung ist natiirlich einzig die Darm-
stadter Partitur massgebend.
No. 8.
Andante con moto.
Stretcher P . ■■■■-,
(sic ffihrt unter der
f-l-m m — m-A — ^-« —
m
*>*
^
♦*^f<
g *U ?±ifi'
§§e
,Wo soil ich bin? In mein Vaterland zuruck? Verliess ich's nicbt urn seinetwillen?
Wfirden unsere
1 Kontrabass, 1 Flote, 2 Ob., 1 Fag., 1 Tromp., 2 Horner, 1 Pauke und Cembalo mit
dem Datum 25. Juni 1786, einige Stimmen scbeinen verloren gegangen zu sein), ein
w Medea% „Sophonisbe M (von Neefe) und .Ariadne" enthaltendes Soufflierbuch, und
drei Manuskriptexemplare des Medea-Textes sind auch noch vorhanden. — Dem
Ordner der Sammlung, Herrn Dr. Friedr. Walter in Mannheim, bin ich fur gutige
Unterstutzung in meinen dortigen Studien sebr zu Dank verpflichtet.
*) Mitteilung der grossb. Hofbibliothek an den Verfasser.
") Eine zweite spStere Kopiepartitur sowie die alten Stimmen sind ebenfalls
noch in Darmstadt zu flnde»i.
Original from
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235
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Musik fort)
82L-
=t|nr
1
**=
Hausgotter nicht vor dem
Schalle meiner Tritte flichen? Die Gebeine meines Vaters nicht erzittern?
Musikalisch steht „Medea a auf gleicher Hohe wie „Ariadne a , ja,
man konnte sogar geneigt sein, ihr den Vorrang zuzugestehen und in ihr
das reifere Werk zu erkennen. Die Biihnenwirkung mag, wohl auch unter-
stiitzt durch eine viel bessere Dichtung, die grossere sein, und die eigent-
lichen melodramatischen Wirkungen erscheinen hier gesteigert. Bei der
„ Ariadne" konnten wir feststellen, wie allmahlich und eigentlich auf natiir-
liche Weise Benda zur Anwendung des „Akkompagnement a kam. In der
„Medea a wird er schon kiihner. (Vgl. Beispiel 8, 9 u. 10.)
No. 9.
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Allegro. (unter der Musik)
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Streicher
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Leben soil er, aber sich zur Qual, GSttern u. Menschen verbasst, ein bleicbes, zitterndes
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Gespenst, von Lande zu Lande fliehen, jeder aufgehenden Sonne, Jeder alnkenden
Nacht fluchen, sterben wollend nicht — konnen!
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
236
DIE MUSIK V. 10.
No. 10. Andante. Fl. u. Ob.
(unter der
Muslk)
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Ha! JetzterblickterdiezerstuckeltenLeichname t dasrieselndeBlutsturztubersieberusw.
Dass aber auch hier wieder das Akkompagnement gerade zum Ausdruck
des Schauerlichen trefflich beniitzt wird, mogen einige Stellen beweisen:
No. 11.
Allegro, (Die ganze BeschwGrung geht unter der Musik ununterbrochen fort und die
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Hecate ! Hore micb, Chaos der ewigen
Nacht und ihr, des Orcus furchterliche Machte! ich
Musik fflllt immer auf das untergelegte Wort ein)
ruP euch! ich ruP euch!
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Pforten der Holle, offnet euch der bekannten
Stimme Medeens!
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Hallt sie wieder, unermessliche Felsenkliifte, dass das Rad des Ixion stocke und der
Geierdes Prometheus zu martcrn Verbirg dich dem Anblick so vieler Greuel! o Pho-
[ve;gesse!
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
pp
237
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
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bus, verbirg dicb dem Mittag!
Mache dich auf, heulender Sturm!
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zcrreisst, ihr Blitze, zerreisst den nachtlichen
Himmell
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Brulle laut, Donner des Rachers!
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und ihr, des Todes Gehulfen, Entsetzen, Raserei, Verzweiflung sturzt
euch unter das Brautgefolge, das siegprangend zu den Toren des Tempels zieht!
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
238
DIE MUSIK V, 10.
No. 12. Allegro,
ururmw
Graunvolle Ahndung! Meine Kinder!
Leitmotivische Bildungen sind gerade in diesem Werke hSufig. Als
Fortschritte gegeniiber der „ Ariadne" sind die tonale Veranderung und auch
gelegentlich schon leise Andeutungen einer motivischen Abwandlung zu
bezeichnen. Gleich der Anfang der Ouvertiire wird leitmotivisch verwendet
Ein wildaufbrausender Gang bezeicbnet die damonische Natur Medeens:
No. 13. Un poco grave e maestoso.
Str.Fl.
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Ihm schliesst sich als Gegensatz ein die andere Seite des Medea-
charakters bezeichnendes Motiv an: Medea als Gattin und Mutter:
No. 14.
VI.
Fl. n. Ob.
Bst.
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VI.
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Mit diesem zweiten Motiv erscheint Medea. („Vertrauter Wohnsitz,
vormals den Schutzgottern frommer Eintracht, hauslichen Gliicks, der un-
verbriichlichen Treue heilig* 4 ); dann aber tritt wieder die erste Seite her-
vor: „Ungliickliche Medea", sowie bald darauf: „Stahie deine Brust,
beleidigtes . . . Weib tt . Mit einem brausenden Anhangsel tritt dann
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
239
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
das gleiche Motiv nochmals auf bei den Worten: „hast du vergessen . . .
dass ich auf Stiirmen daherfahre?" sowie bei der Stelle: „soll ich das
schandliche Paar am Fusse der Bildsaule wiirgen?" Und zum Schluss
ertont endlich, nach befriedigter Rache, dies Motiv bei Jasons Selbstmord.
Auch das weiche Motiv taucht noch zweimal auf bei den Worten: „ich
wiirde mir zwiefach das Herz durchbohren", sowie am Schluss, als Jason
die Leichen der Kinder erblickt. Ein zweites, der Rache gewidmetes
Motiv, ebenfalls schon in der Ouverture enthalten, tritt gleichfalls mehr-
fach hervor:
No. 15. Allegretto.
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Zum erstenmal bei den Worten: „Ungliicklich? da du dich rachen
kannst? tt und dann wieder zum Schluss an der Stelle: „Juno, ich war
einen Augenblick ihre Mutter, sei du es nun auf ewig!" Schliesslich wird
das Motiv fortgesetzt von dem Beginn der Unterredung Jasons mit Medeen
an verwendet.
Ein drittes, die Wut charakterisierendes Motiv:
No. 16. Allegro.
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Ich einer Kreusa
nachgesetzt!
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ha! Treuloser!
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
240
DIBMOSIK V.ia
fttduutbiLoluiF
tritt mf M d«n Wortw: .Icfa bin vwbinntl*, tfcrnud naff veracbledener
Tonstttfo viederbott; nochmal* wirt es dinA etwis verlndcrt jobrtcht bet
den Wortat: *ba, wenn die zflrnetde Nttur dich mr Wut begdstertel*
Noch tftoer merkwfirdlgen Nroening, die Bend* la dcr .Medea*
xttetmal ttofBbrtc, muss gedtcbt verdtifh Obvohl das akkompaffilerte Drama
aosachliessUch dramatitcbea Gewtzett folgt ond obwohl cigendlch gende
in d« Ditihhlngtgtidt yen dm stereotype* Operaformen seta Vert berttht,
bat flenda an «wel SteStar w ttratefti, due Art gwprocbener Ario cin*
XttfQlir«ii > afterdtoga in » nngexvangenei' Yeta, dan aobon eine zdt-
geatftaiedie Krftifc 1 ) rfthnrt:
»An rai <psar SteDra die Instnttnants mtw dsr nrtliii) i flflit nttgGbn n IsasMf
eta pur andern trinoiln^ n amen, bat er ait dent fJfieUtcbtttn Hriblge (****!
nod doch 6benH die Muttk dor AkrtoD nor nntergeordneL*
Beide Stellen tragen In dcr Originalpartitur (nicht aberlm Klavierauszng)
die ausdriicklJcbe Bezeicbnnng .Arioso*, und Benda ISast wie In der Oper
den ersten Tell ,dal segno al Bne* repetieren:
No. 17. AlUgretto, Arioso.
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') Goth, gel, Zeitg. 1775. 34. StBcfc
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
241
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
(Auf jedcs unterstrichene
Wort fallt die Musik ein.)
O du, des chelichen Bun- <
des Bcschtitzerin, des
Meincids Racherin, ver-
lassener Waisen Mutter,
allmachtige Juno! (nur
beim 1. Male)
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
242
DIE MUSIK V. 10.
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herab,
flehte Segcn auf ihn herab.
Dal segno al Fine.
In dem zweiten w Arioso - ist dagegen die Wiederholung etwas ver-
Sndert:
No. 18.
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Peitscht ibn her!
peitscht ihn her, den Verbrecher, dass er
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sehe, dass er bore, das noch Cotter, Gotter leben!
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peitscht ihn her!
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
243
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
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Von zeitgenossischen Urteilen will ich nur das Heinrich Leopold
Wagners 1 ) (1747—79), sowie des Dramaturgen Joh. Friedr. Schink 2 ) er-
wahnen. Wagner schreibt in seinem zehnten Brief vom 3. Mai 1777:
„Mit der grossten Ungeduld erwartete ich Medea, eine in hiesigen Gegenden
ganz neue, noch nie gesehene Gattung von Schauspielen . . . und alles ubertraf meine
Erwartungen. Wer es nicht gesehen hat, kann sich gar keinen Begriff davon machen,
in welchem hohen Grade die Musik der Deklamation zu Hilfe kommen, Leiden-
schaften heben und beruhigen kann. Zum Lob des Akkompagnements brauch ich
wobl weiter nichts zu sagen, als dass es von dem ehrwurdigen Greis Herrn Kapell-
direktor Benda herruhrt. Bei dieser Gattung von Schauspielen liegt sehr viel in der
Deklamation, fast noch mehr aber in dem jene unterstutzenden Akkompagnement.
Selbst das Spiel der Aktrice muss durch dies angefeuert und belebt werden, wird e-.
auch nach dem eigenen Gestindnis der Mme. Seyler."
*) Briefe, die Seylersche Schauspielergesellschaft betreffend, Frankfurt a. M.
1777 S. 111.
2 ) Dramaturg. Fragmente III 1782 S. 659IT.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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2*4
DIB MUSUt v. ia
Schink, der eine ausfabrliche, fainsinnige, detailllerte Analyse des
Werfces nnd imbeaondere des Medeachaxaktere gjUrt, ist vnr *llfcm von dnr
Dicbttmg entzfickt:
.Outer alien NefeenbuUarfiinen, die Ariadne aaf Naxoe gchabt bat, I*t Medea
tmatrcttig die gttnaendete; die elaatypt die ihr die Palme abklapfa fletabe Vonder
tttit Ihr ut $ gWeb tpriUtg mit ihr enf Ula Kenan wirkfe • . . Die RoUe der Medea
lit unatreitig ein ebeaee greater frttuapfa fBr die Kmtet der Scfeemplelefte ate
Ariadne. Ee iat nstnflgjtoli, deal dee Scbaoaptateria von Talent ia dieter Ron*
ntdij fUtute, hbrtieaeii aottte, Beoda hat mit seiner Miiatfc die AJfefcta ao mdatetw
ball auagedrficld, daaa die Schaatplelertn nnr anf Bui zn Wren braocht*
Spiler hat aticb nodi der Dicbter de la JHLotte-Fouqctfi^daa Work,
madite, geprieaea,
Nacb der ersten Gothaer Attff&brting vtadarholte Seyler das Werit
im gtaidhen Jahra deaetbat noch dreintal, im folgenden in Leipzig noch Tier-
maL 1777 hatte er ea dann anf aeinen Jteiaen am Khetn, 177B nnd 1779
in Mannheim In ae&ttem Repertoire, nnd daa JK*niibeim«r National-Theater,
daa noch im gl&lchea jahre ihn ablSete, wiederholte daa Werk von
1770—1803 22maK*) Daa Gothaer Hoftheater aplelte Medea Im Jahre 1779
noch dreltnai In Berlia erachien Medea din 29. MSn 1777 znm ersten*
dial, wnrde dann vkH gogeben, nnd noch 1811 spricht die *ABg, Mna.-Ztg>* ^
getegentlich eicer Wiederbolung v«n w Ben das alter, aber nieht veralteter
Mttslk** In Hamburg vttrde ale worst am 10* Dezember 1776 gpgeben,
geflel aber doit nach Schrdder* Berlcht an Gotter*) mnaikalisch nicht so
gut, textlich ongleich besser vie .Ariadne*, Unter Goetbes Direktion in
Weimar erlebte sie 1791 und 02 je eine AuffOtarnng. In Darmstadt gab
der erbprinzliche Hof aelbst 1778 das Werk offentlich mit grosser Pracht,
und die Erbprinzessin in Person aplelte die Titelrolle,*) Endlich wurde
daa Work im letzten Vieitel des 10. Jabrhunderta in Mfinchen und Goth a
wiederauFgenommen. In MQncben erachien es am 12. Febraar 1885 in
einer Bearbeitung von J. R. Schachner, der selbst dirigierte. Die Be-
arbeitung Ist im wesemlichen eine Neuinstrumentierung und stellenweise
Kflrznng, wie die In der Munchener Bibliothek befindliche Partitur zeigt.
V. H. Riehl begrfisate daa Work in der »Beilage zur Allgem. Zeitung"*)
*} Lebensgeachichte, HiUe 1846 S. 38 ff. aovle »Relaeerinaeru&gen* # Dresden
1823 II S. 184 V.
*) Zuiamroenceatellt nach Vilter a. a. O. An 5* April 1781 (rat a ogar — nach
Seylera Entlaaiung — Mme. Brandei in dem Leibst&ck ibrer Rivalin zum Abactated aut
•> S. 825,
4 ) Lltzmann a, a, O. S, 38.
*) Thcftterjournal 1779 0. St. S, 76 lovie 12- St. S. 61. Ola Daten der Eret-
auffuhruagen zuiammengeatellt von Briickner a. a. O* S. 610.
•) 1885 Nr, 36 und Nn 4&
f\ I Original from
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
245
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
aufs warmste und besprach es eingehend vor und nach der Auffiihrung.
Auch H. Welti in den „Miinchner N. Nachr." ] ) fand es der Wieder-
auffiihrung wert. 1887 wurde „Medea tt dann in der gleichen Bearbeitung in
Gotha wiederaufgenommen und noch am 22. Februar 1896 zur Feier des
80. Geburtstages des Hoftheaterdirektors Benda, eines Enkels von Benda
und Gotter, wiederholt.
Wenn wir nun die technischen Mittel, deren Benda sich in „Ariadne a
und „Medea a bedient, einer naheren Betrachtung unterziehen wollen, so
drangt sich uns zunachst die Frage nach dem Verhaltnis des Meisters zu
seinen Vorgangern auf. Uber die Werke, die auf Benda einwirkten oder
die Meister, deren Studium er besonders betrieben, wissen wir so gut wie
nichts. Benda war Autodidakt:
„EigentIichen Unterricht hat er nie genossen; durch naturliches Talent und
Gefuhl hatte er sich die Setzkunst vollkommen zu eigen gemacht, und er befolgte
sie, ohne es zu wissen. Beim Durchlesen einiger Rezensionen seiner spateren
Werke sagte er zu einem Freunde, der Rezensent bemerke und lobe da die Be-
obachtung sehr sublimer Regeln in der Setzkunst, indessen ihm, dem Kunstler, nicht
einmal die Kunstbenennungen bekannt gewesen waren.** 2 )
Wir sehen also, wie schwierig es ist, Beziehungen zwischen Benda
und zeitgenossischen Komponisten herzustellen. Einzig, dass Carl Hein-
rich Graun, dessen Berliner Tatigkeit mit dem Engagement Bendas in
Friedrichs des Grossen Kapelle zeitlich zusammenfallt, auf ihn gewirkt,
ist bezeugt, und diese Beziehung ist um so wahrscheinlicher, als Graun
nicht nur neben Hasse* 5 ) als der angesehenste Vertreter der allmachtigen
italienischen Opernmusik in Deutschland gait, sondern in den Jahren 1741
bis 1756 die Berliner Oper, in deren Orchester ja Benda von 1742 — 48
mitwirkte, geradezu beherrschte. 4 ) Von diesen Einfliissen ist indessen
nicht allzuviel mehr in Bendas Werken der Gothaer Zeit zu bemerken;
er schreibt einen durchaus individuellen Stil, dessen Faktur weit iiber
der oft nicht gerade sorgfaltigen Grauns steht; trotz ersichtlicher Be-
einflussung durch die italienische Melodik, fiir deren Reiz er, wie be-
zeugt, in Italien selbst empfanglich war, erscheint er auch als durchaus
l ) 12. Februar.
a ) Schlichtegroll a. a. O. S. 293.
8 ) Diesen lernte Benda in Venedig (1765) personlich kennen. Hasse empflng
ihn „mit vieler Freundschaft a , und bot ihm sogar die Komposition einer Oper an
seiner Stelle fur Venedig an. Benda lehnte ab, weil sein Urlaub zu kurz war.
(Schlichtegroll a. a. O. S. 295.)
4 ) A. Mayer- Reinach: C. H. Graun als Opernkomponist. Sammelbande der
I. M. G. I. S. 455.
V. 10. 17
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
246
DIE MUSIK V. 10.
deutsch. Am ehesten zeigt sich hier und da eine gewisse stilistische
Verwandtschaft mit Gluck, allein es ist nirgends berichtet, dass Benda
in seiner Gothaer Wirksamkeit je Partituren dieses Meisters zu Gesicht
bekam; der eigentliche Ruhm Glucks begann erst zu Paris in demselben
Jahre 1774, in dem auch Bendas Stern aufgehen sollte. So ist es denn
wahrscheinlich, dass Ahnlichkeiten der Anlage und des Bildungsganges hier
vorliegen; iiberhaupt ist ja nichts misslicher, als die kiinstlerische Schopfer-
kraft, aus der oft in ratselhafter Weise neuartige Kunstwerke entspringen,
durch das Aufspiiren problematischer „Einfliisse a anderer Meister in Ele-
mente zerlegen zu wollen, deren Existenz der betreffende Kiinstler selbst
ohne weiteres geleugnet hatte.
Aber zweifellos haben die Berliner Opernverhaltnisse auf Benda ein-
gewirkt. Die Besetzung seines Orchesters ist, abgesehen von der Zahl
der Musiker, die gleiche wie die des Berliner Hoforchesters, iiber das Graun
verfiigte; nur hatte das Gothaer Orchester sich inzwischen schon der The-
orbe und der Gamben entledigt; es besass dagegen Trompeten und Pauken,
die in Berlin und Dresden ausschliesslich zu Fanfaren bei Ankunft und
Weggehen des Konigs im Theater gebraucht wurden. 1 ) Gerade von der
Pauke aber macht Benda beim Gewitter gem Gebrauch. Gegeniiber der
schematischen Art der Instrumentation Grauns fallt bei Benda die bessere
Verwendung der Blaser auf, die mit Ausnahme der Horner auch solistisch
ofter hervortreten. Einzig die Oboe brauchte Graun solistisch, und die
Vorliebe fur dieses Instrument iibernahm auch Benda. Dass Benda
gelegentlich zu mehr polyphoner Ausgestaltung sich entschloss, wurde schon
gesagt: auch hierin weicht er von Graun, der zwar ein bedeutendes Konnen
besass, aber seine Opern recht mangelhaft durcharbeitete, 2 ) sehr zu seinem
Vorteil ab.
Es wurde schon — namentlich gelegentlich der ratselhaften
Dresdner Ariadnepartitur — von mir darauf hingewiesen, wie sehr die
melodramatische Technik Bendas mit der Technik des Akkompagnato-
Rezitativs der Oper zusammenhangt. Das Wesen dieser Rezitativart besteht
bekanntlich gegeniiber dem Secco-Rezitativ, das nur den Harmoniewechsel
durch Anschlag einfacher Cembalo-Akkorde markiert, darin, dass mehrere
Instrumente (urspriinglich ausschliesslich die Streichinstrumente) nicht nur
Akkorde wahrend der Rezitation aushalten, sondern auch charakteristische
im Takt vorgetragene Zwischenspiele ausfiihren. Ansatze hierzu finden sich
schon in der Venetianer Oper an Stellen, wo z. B. die Stimme eines Orakels
spricht und die Violinen Akkorde dazu aushalten.") Als Erfinder des Akkom-
] ) Mayer-Reinach a. a. O. S. 512.
-) Mayer-Reinach, a. a. O. S. 527.
; ') Vgl. Kretzsctamar, Vierteljahrschrift fur Musik-Wissenschaft 1892, S. 28.
J::;i ".i/.OV*
(" r\< \n}{* Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
247
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
pagnato gilt jedoch Alessandro Scarlatti, der in der achten Szene des dritten
Aktes seiner Oper „Gli Equivoci in Amore ovvero La Rosaura" (1690) von
einer Arie in genialer Weise ins Akkompagnato-Rezitativ iiberspringt. 1 ) Seit
Scarlatti wurde dann dies Kunstmittel von Italienern und Deutschen, so
schon 1697 von Reinhard Keiser 2 ) in „ Adonis" und von Steffani 1698 in
„Atalanta tt gebraucht, wahrend die Franzosen, wie J.J. Rousseau in seinem
Dictionnaire de Musique (Artikel Recitatif) klagt, sich zwar des „R6citatif
accompagne", nicht aber des ausdrucksvolleren „Recitatif oblige" bedienten,
eine Unterscheidung zwischen dem nur von gehaltenen Akkorden begleiteten
und dem durch ausdrucksvolle Zwischenspiele unterbrochenen Rezitativ, die
gewohnlich nicht gebraucht wurde. Erst durch Gluck, der die Rousseau-
sche Rezitativtheorie verwirklichte, wurden die Franzosen mit diesem Kunst-
mittel vertraut. Den Unterschied zwischen der Wirkung beider Kunst-
mittel hat Jahn 1 ) sehr fein dargestellt angesichts Mozarts durch Benda
veranlasster Absicht, das Accompagnato durch melodramatische Behandlung
zu ersetzen. 4 ) Jahn sagt sehr richtig:
„Bei der Analogie mit dem obligaten Rezitativ ist es ein wesentlicher Unter-
schied fur die musikalische Behandlung, dass dort die selbstandigen InstrumentalsStze
auch musikalisch miteinander verbunden werden, teils durch das Rezitativ selbst,
das immer doch gesungen wird, teils durch die begleitende Harmonie, welcbe die
UbergSnge vermittelt, wahrend im Melodram jeder, auch der kleinste Satz von neuem
unvermittelt ansetzt. Ferner kann man beim Rezitativ, eben weil es gesungen wird,
die leichteren Nuancen der Empfindung durch Tonfall, Rhythmus oder Harmonie
herausheben, ohne jedesmal einen Instrumentalsatz einzuschieben. Im Melodram ist
das nicht moglich, und urn das einzelne zu akzentuieren, muss die zusammenhangende
Rede zerstuckelt werden; auch ergibt sich daraus fast mit Notwendigkeit der Ubel-
stand, dass die Charakteristik sich an Einzelheiten hangt und sie eben deswegen un-
verhSItnismassig betont."
In dieser feinsinnigen Ausfiihrung iibersieht Jahn nur eins: dass nam-
lich ein Umstand, der vom Standpunkte des absoluten Kunstwertes aus als
„Ubelstand tt erscheint, unter dem Gesichtswinkel der historischen Ent-
wicklung als ausserordentliche Bereicherung der Kunstmittel erscheinen
kann, und dies trifft auch hier zu. Zweifellos ist Benda in seinem Streben
nach Charakteristik des einzelnen zu weit gegangen, wenn er auch immerhin
der Gefahr der Zerstiickelung des musikalischen Ausdrucks in hoherem
1 ) Die Stelle ist publiziert von Chrysander, Allgemeine musikalische Zeitung
XVII, 1882, S. 835 ff. (Die Erfindung des akkompagnierten Rezitativs durch A. Scar-
latti.) Vgl. auch den 14. Band „der Publikationen der Gesellschaft fur Musikforschung",
der indes nur die beiden ersten Akte des Werkes enthalt.
2 ) Vgl. W. Kleefeld: „Das Orchester der Hamburger Oper a . Sammelbande der
I. M. G. 1. S. 252.
3 ) Mozart, 3. Auflage V. S. 635.
*) Vgl. Kapitel XI vorliegender Arbeit.
17»
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( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
348
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Mass* ato alle seta* NadilMger m begegnen gawueat bat; abar in or
dnittit fHjr die AuadmkaflBtfgfreit der Mnrik gana im eHgraieinen gamma,
tat vim bober Bedetfnng Hr die Folgewlt gevordea. Dies* kurxen prig*
nanten Mott» bpdienen ah** lronnf teh whan hiagevteaen babe, mit Vor-
Uebe der aogeoanjifen # TonsaaUrei\ ffltd data dieae — mag matt fiber ihtiaa
ilmdittoo Knaatwert drakm, irie man mag — ia der Verbinditng veo
lH^tolk nod Poegte ete uneetbehrlichee Auadraekamtttel darstoRt, Itt gewies*
w«m man nicht gerade jede eseozIatJve Beziebong nrfacbep Muaifc and
Poetie leugnes wiB, was ft auob wrsnebt warden 1st. Ee kann niebt dte
Aalfcabe dvr voriiejendon Albeit aete, dieae kempliatertea Ittbeti&ckeu
Ptobteme, die etaer eingebendfen peycbofogiacben Babandhing nooli inner
barren, Khan an wollem; bedftrfte ea docb dam acbon efnes Kaunas, iter
dem Umfbng dtoeer Stttdie mfodeeians gleichklme. Hter soil ledigHch dte
blstorUcbe Bedautaag des Bendaachen Verhhraw kleigaatalft werden^)
Of* Goscblcbte iter Tonmaierei, za der fid. von WSllHhi*) bedettt-
aame, wenn attcb lange nicht etecft&pteode Studten YerSffieQtticht bat, bant
dte Htttptsttdtatt iter Eatwickfattg aktwierender OberWick aal deehalb Mar
Die Tonraalerei in der cbriatlicben Vokalnuiaik*} erlebtc ibre erafe
Verrotlkommnnng dnjth dte nl^erilodja^be^ Kontrapanktiaten dea 15. mid
16* JaJiEhmiderta, die berefts Ate meifcritejlgftpn Kunststficke damit voll*
(SbrtuL Es brancbt vobl mr an Jeaqttin da PrAa und beaenders an die
Scblacbtenmalereien seines Schfllers Jannequin erinnert su verden;*) dass
Orlandus Lasstts atich in dieser Hinsicbt Meister und Vollender der nleder-
l&ndiscben Schule war, belegen gar manche eraste and besondera viel
beitere Beispiele.*) Aus der Vokalmusik der Niederlinder und der sich
ihnen anschliessenden itaUenischen Madrigalisten kam die Tonmalerei
in die Venezianische Muaikschnle Gsbrieli's, *) und dort mag vohl aucb
zuerst in grSsserem Masstabe der Obergang zur ingtrumentalen Malerel
l ) D«a Vordienst, Alt crater, vonn attch tehr fl&cfatlg dartuf hinfevi0««ii tu btben,
gefafihrt Ph. Spina (MaaLkcaacbichttlcbe Attfaltte, Berlin 1894, Artlkel BtUade S. 422).
■) Sitxungpberichte der pUL n, biit Klaise der bayr. Afcad* (L ViiHnscbaften
IL 1897 S. 221 ff.
*} fiber Tonmalerel im Altertum vgL H- Abert, Beilage xvtr AU|em. Ztg. 1897.
No. 207.
*) VjL Col lectio opera m maiicorum Bata?orttm ed. Franz Commer, Bd. XIL
*) Z* B. da> kditllche w Bauer, vai trl^st im Sack". Eine gate Zuaatnmea*
stelJuog von Beiepielee gibt Volbacb w Neue Zeltachrift fDr Musik* 18S& No. 13 a. 14.
Vftl. die Gesamtaueaabe der Laeeo'achen Werke, herau«aegebca von Habert tiad Saad-
berger (bla jetit 18 Bflnde)*
"} V|). Ambroa, 1IL S48w
f\ | Original from
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
249
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
stattgefunden haben. Von hier gingen jene Bestrebungen einerseits auf
die deutschen venezianisch gebildeten Meister (Hans Leo Hasler usw.) und
die venezianischen Organisten (Frescobaldi usw.), auf deren deutsche
Schiiler (Froberger), 1 ) schliesslich auf die deutschen und franzosischen
Klavieristen (Kuhnau, Couperin, Joh. Seb. Bach usw.) iiber, anderseits
fiihrte aus eben dieser Quelle Monteverdi der dramatischen Musik zum
ersten Male erhohte Charakteristik zu. Welch ungeheuren Einfluss Monteverdi
auf die weitere Entwicklung der dramatischen Musik hatte, braucht hier
wohl nicht naher dargelegt zu werden; genug, er und seine Nachfolger
Cavalli und Cesti 2 ) ubten bis auf Gluck und Mozart reichende Wirkungen
aus. Aber schon die Hamburger Oper (1678 — 1738) hatte, beeinflusst von
den Venezianern, der Tonmalerei gehuldigt, :{ ) und in der franzosischen
Musik des 18. Jahrhunderts hatten bereits Lully, Campra und Rameau,
spater Philidor und vornehmlich Gretry 4 ) in der Oper, daneben ebenfalls die
Klavieristen/) wohl auch unter dem Einfluss der englischen Virginalisten, 6 )
der Malerei besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Hier kniipfte nun Benda an. Welche seiner Vorganger und in welchem
Masse er sie kannte, lasst sich nicht feststellen; dass er aber sowohl
italienische wie franzosische Anregungen empfing, darf als gewiss gelten;
italienische, da er selbst eine Studienreise iiber die Alpen gemacht hatte;
franzosische, da Gr6try's Friihwerke viel in Deutschland gespielt wurden.
Doch kommen, was Gretry betrifft, nur sehr wenige Werke, das heisst die
vor 1774 geschriebenen, in Betracht. Viel gespielt wurde freilich in
Deutschland „Le tableau parlant" (Paris 1769), eine Oper, die die Schilderung
eines Gewitters enthalt, ^ allein eine direkte Beeinflussung lasst sich nicht
nachweisen: die Bendaschen Gewitter erscheinen mir viel grossartiger und
naturalistischer als das Gretrysche. Etwas primitiv gehaltene Gewitter-
malereien waren ja damals iiberhaupt sehr beliebt und namentlich als
Organistenkunststiicke seit dem 17. Jahrhundert viel geiibt, aber wirklich
*) Unter den Tokkaten Frescobaldi's befindet sich ein „Capriccio sopra la battaglia."
Uber Frobergers Malereien vgl. Mattheson: vollkommener Kapellmeister 1739. S. 131.
2 ) Vgl. auch A. Heuss: Die Instrumentalstucke des „Orfeo a (Sammelbande der
I. M. G. IV. S. 189 f.), sowie A. Heuss: Die venetianischen Opernsymphonieen (daselbst
S. 424 f.) neben der alteren Arbeit Kretzschmars („Die Venetianische Oper und die
Werke Cavallis und Cestis", Vierteljahresschrift fiir Musikwissenschaft, VIII, 1894).
3 ) Vgl. Kleefeld: „Das Orchester der Hamburger Oper a . (SammelbSnde der
I. M. G. I S. 261 und 288.)
l ) So malt er in „La Caravane" das Rollen des Blutes, in „Cephale und Procris"
den Gesang der Vogel, in „Aucassin et Nicolette" den Lauf des Pferdes usw.; es liessen
sich noch zahllose Eeispiele aus fast samtlichen seiner Werke anfuhren.
6 ) Siehe Farrence: „Tr6sor des pianistes**, 1861 fF.
c ) Vgl. Grove: ^Dictionary of Music", Artikel Virginal-Book.
^ Vgl. Collection complete des Oeuvres de GrStry IX. Band Partitur S. 86ff.
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIE MUSK ▼. lft.
fai Mote %flfl?*fft *§e nst dutch Bend*, dw ate aiterdlngii mft grower
MtitMmgitft danaacdtai vermochte* Ja* Beodaa Gewi t tenm dCTri irar
geradcztt tpGcfeasiactiefid* Dud rani WBUtUo in dw schon gpttmntan
Studio bctoiptet: *)
«Sdt Moam fUu&MW^t nod wte dftrton wbl aifMi, dweh ttm fcat die MoM-
tinart State m dent Stnnn tsMntnm; * • . daw da* Jikr 1780 etnas Waftdepankt
bQd«t| vtfd fcatnb n beatfafftan tfta rad abaMovenlg dar paiaBallc fc e Bnfltiaa tow
so kfonan wlr dem cntg eg EO hatten, dm Mozart In adnein Idometteo-
Qtvhtor^ new das Betaptef Bendaa, deasen .Ariadne* ttnd .Medea* «
rifrig atodierta, wte vfr tttteh MJien warden, 1 ) nacfaabrote, omw gpwfeaer,
ate mch hum fiendeecbe ££nff&aa« gerado in »IdoiEteneo* acbon no Jahii
uchgewieaea mtrdtt.^ So gpbfibrt Bettda, dettea Ariadtte-Gevitter fa
d-ntoH mi deaatn MedohGnrtftar in o-moH*) stain, Jems Yerdienet, nad
irictot Ami jidir }7tiQi aandem ichon dae Jabr 1774 blldet den von WWfflhi
D» Govlttenootfr nad tin Motiv dm Blities mis ,Ari*dne* ist be-
rote to Nottsbebgrfel No. d trad No* 7 mrtftrtalit Hler sd noeh aof das
Motiv do* Stftnnes lit 3l6dM*:
No. lft.
^^Vii'iii
tn
I
and das „Brfilleo des Dormers*;
No* 20l
'> i rr us r
^
I
a-i
:£*£
£=
llflV.
verwiesen; im Qbrigen beruht die Gewitterachilderang daselbst auf folgendern
Motiv:
No. 21. AlUgro furioso.
^H-iliU^^
USW,
l ) A. a, O, S. 246f.
1 Geumtausgabo dor Worke* Sarle 5, Nr« 13 S. 182 If, der Partitur,
■) Vgl. Kapitel XL vorlfegender Arbeit
*) A. ft. O. S. 674.
•) Anch hierin iat Moxart Benda gafolgt
Cookie
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251
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Diesen Bendaschen Motiven gegeniiber wirken die Gewitter seiner samt-
lichen Nachfolger mit Ausnahme Voglers 1 ) schwSchlich, wie zwei Beispiele
aus Reichardts „Ino a , der feme Donner:
No. 22.
§S
=t
m *> i &■
£
4=
und das nahe Gewitter:
No. 23.
^^t^^^
beweisen mogen.
Aus der Fiille der Detailmalerei in „Ariadne" scheint mir besonders
beachtenswert die Malerei des Herzklopfens :
No. 24. Andante quasi Allegretto.
uvui. ,i,x. ? J| J>S.
pp
a. Viol. area.
©E^fegE
^^
plzz.
Br u. Vc.
=*
=S
=2*=?=^
(,Wie schligt meln Herz.*)
einer der feinsinnigsten Einfalle Bendas; dann das Schluchzen:
No. 25.
BES
^^
m
E
U
g ^^^
£=*
iS¥
7^ P
J5F
g^j
?=^
3T*3=
^Tl=^
(.Deine
Ariadne wcint
urn dlch.*)
und das Wallen des Busens:
No. 26.
ggg.t
(.Ihr
Buseo steigt
empor.")
*) Vgl. Kapitel X. der vorliegendcn Arbeit.
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252
DIE MUSIK V. 10.
weiterhin das .Taumeln":
No. 27. r frf - I J 5
(.cr taumelt bin in JL (** - J ' ' #
ustigcm Rausche, die Mije- «/ jfe
-•-*-
wollustigcm
stir der Gottcr in rerhShnen.*)
f^*^=*m
=J=r
■a
und die .Schauder des Todes":
No. 28.
Eg!
?# I
^
2*
.fit
^
# f
?•-
3=
U81
aus der .Medea - , die nicht allzuviel pittoreske Stellen enthalt. Von den
Naturscbilderungen in .Ariadne* ist wohl das Toben des Meeres am
besten gelungen:
No. 29.
Allegro.
< y~? 8 ^ t i %
XT f p
^^zg^^ ^S .« * » "FF^
( ( Dts Meer tobt
diesen Felsen.*)
=S=F
£
: m* + w w • « —
7^:
m
S
^n
* • m
-M •_
-« . « • '
> *• m — jl
wabrend der .Sonnenaufgang" :
No. 30.
Jetxt sttigt die Sonne henuf.*)
Allegro moderate.
fcF —
^ . . ^
&-' — V
pr
s
s-
poco a poco
s
# * * * *
crsec.
s s
' L. 5*
.
e/
iri-i.-'i-ir: :v,C jOOqIc
o
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253
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
der mit dem „Wallen des Busens" eine merkwiirdige Ahnlichkeit hat, etwas
diirftig erscheint.
Es ist nun eine merkwiirdige historische Wechselwirkung fest-
zustellen: beeinflusst vom Accompagnato-Rezitativ hatte Benda seine melo-
dramatische Technik entwickelt; und als diese ihren Hohepunkt erreicht
hatte, wirkte sie wieder zuriick auf die Vertiefung eben jenes Kunst-
mittels, von dem sie ausgegangen. Benda selbst, der sich in einem offenen
Schreiben „Uber das einfache Rezitativ" *) als leidenschaftlicher Gegner
des Seccorezitativs, das er durch den gesprochenen Dialog ersetzt haben
will, bekennt, sagt dort:
„Von dem Rezitativ mit Accompagnement, wobei die Musik nicht mehr dunkel
und zweideutig spielt, brauche ich Ihnen nicbts zu sagen. Der grosse Eindruck, den
es bei alien Arten von Singspielen macbt, ist bekannt genug. a
Er selbst hatte die Bedeutung des Accompagnement-Rezitativs schon
in seiner den beiden akkompagnierten Dramen folgenden Oper „Romeo
und Julie" (25. September 1776, Gotha) bewiesen: die Rezitative der Julie
im ersten Akte (Kl. A. S. 2) und des Romeo im 3. Akte (Kl. A. S. 41) be-
ruhen in ihrer gesteigerten Charakteristik durchaus auf der in „ Ariadne*
und „Medea* geiibten Technik. Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache,
dass auch Mozart vom „Idomeneo* an, beeinflusst von Benda, wie schon
Jahn meint, 2 ) in den instrumentalen Zwischensatzen des Accompagnato-
Rezitativs die dramatische Charakterisierung namentlich durch die ungleich
reichere Verwendung des Orchesters mit den verschiedensten Klangfarben
viel scharfer auspragte, wie z. B. das Rezitativ des Oberpriesters im
3. Akt 8 ) (siehe Notenbeispiel No. 23) deutlich zeigt. So wirkte denn die
von Benda herbeigefiihrte Steigerung des musikalischen und speziell des
l ) Cramer, Magazin fur Musik, 28. Juli 1783, wieder abgedruckt: Sammelbinde
der I. M. G. V. S. 61 Iff.
9 ) A. a. O. S. 674.
*) Parti tur der Gesamtausgabe S. 251 ff.
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2M
WE MUSK T. 10.
pitioreaken Anadrackn in don Werken Miner groasen Nachfblger, inabesondere
Mozart*, Haydn* und Beethoven* mid durcb die Vennitthmg Ztimateegv
setbet audi bei Schubert and Loewe naoh: Uraen alien kim die MBgUcfc*
kdt dor Bereichenmg und Vertiefttng der mr Veriflgong etehendea Acs-
druckamittel zu Sutton* Dleee grossartigc BntwicklttngaUnie im elnxelnen zu
verfWtaWi H^t jedoch aneaerhalb dee Rahmena vortiegender Arbeit
Erwfimt seien en diescr Stdle noch die zeitgenflssiacben Schriften, die
deb fiber die Berechtigung der Tomnalerel aoslaseeii* Neben einer
eagjUsehea Sttdie von Avison* 1 ) die enm oberttchBeh gebalten 1st,
ercchelnt ein anonym erachieaenea von de Cbabanon v&rftaetea Work, dee
Job* Adam Hitter 1781 detrtscb mil Amnerfctingen heranagib,*) tingjeich
bedettfsemer. Be tautn aiich bier nicfat nnsere Aiifgabe aehi, die vielhch
irtigea Meinaitgen dfceea Anton aevie seines grfindlicberen deatscben
Nacbftigere Jf. j; Engel en der Bend der hetttigen Paychologle zu kMren,
EJn rein hia toriache* Refer**, die der Bfter btttonten Beriehuogen la Bende
iregen Mer em Platze istj mdge einen Oherbtfck fiber die Ansichten Jener
Schriftftte&er gewgfared* Sadie des Aathetikera let ©a denn, dee bier
gegebene Materiel aetaer Wiaaenacbaft frochftar zu machen.
Cbabanon let im aligeraelnen do Gogeer der Tonmalerel. Fflr die
rdetiv beate Art nraalkeBacher Nachahmttug Wttt er die tnualkalischer
Dinge, z* B. einer Kriegumiefk, einer Jagdfabfitie* Jb welter man eieb
Jedoeb Mervon entferne* nut so scbwlcber werde die Nachahmung wegen
der UnzoUnglicbieU der Mitteit da sit die Kotnponiaten si abgebraachten
Fonneln nfirigc, z. B, beim PMtscbern eines Baches oder beim Vogel-
gpsang, wobei freilicb Cbabanon die inusikalische Schopferkraft stark untcr-
schStzL Er meint, atatt solcher AuaserHctakeiten solle man lieber die all-
gpmeine Stimmung treffeu, die die Naturgegensfflnde in der menschlichen
Seeie erregen.
JBe flbt elne Wirkanc to der Natur, die die Mttilk mlt liemlicher Vahrbeit
eacbabniea kann; dieae lit daa Heulen der tobenden MeeraBwellen**
Hier fSgt der Oberseteer binzu:
„Benda hat in der ,Ariadne* dlete Nacbabmnng vertncht Elne andere, die daa
Blld der attffeebenden Sonne icblldcrt, lit ibm nlcht minder gegJGckt*
Im fibrigen verwirft Cbabanon die nmsikalische Malerei sicbt-
barer Dinge*
Viel tiefer als der Engllnder Avison und der Franzose de Cbabanon
Fasst der Deutsche J* J* Engel, den wir als einen der Miturheber der
w Medea* faereits kennen lernten, daa Problem an in einer kleinen, Reichardt
J ) Deutscb als tt Versucb fiber den Musikalliehea Autdrack* 1775.
■*) v Ober die Muaik und deren Tirkonfen".
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255
1STEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
gewidmeten und 1780 geschriebenen Studie „Uber die musikalische
Malerei* 4 . 1 )
Engel stellt zunachst die Frage:
I. Was heisst Malen?
Der Dichter, so meint er, malt (im engeren Sinne), je mebr er die bloss will-
kurlich verabredeten Lautzeichen der Spracbe den naturlichen Zeichen n3hert. Das
Wort „L6we tt erweckt bloss eine Vorstellung in meinem Verstande, das Gemalde eines
Lowen hingegen stellt das sichtbare Phanomen wirklich vor die Augen. Das Wort
„Brullen a hat bereits etwas Malerisches, der Bendasche Ausdruck in der „Ariadne a
ist die vollstandige Malerei des Brullens . . . 2 )
Die Tone der Musik sind keine willkurlichen Zeicben: sie tun ihre Wirkung
nicht durch etwas, das durch sie ausgedruckt wurde, sondern durch sich selbst als
solche oder vielmehr durch bestimmte Eindrucke auf unser Gehor. So kann der
Komponist durch Tone, als durch naturliche Zeichen, Vorstellungen anderer, ver-
wandter Gegenstande erwecken. Will er durch sie diese Gegenstande ahnlich, wie es
der Maler mittels seiner Farben zu tun vermag, andeuten, dann muss er seine Tone
dem anzudeutenden Gegenstande selbst moglichst anahnlichen.
„Vollstandig kann die Malerei naturlicb nur dann sein, wenn der Gegenstand
selbst horbar ist und sich mit abgemessenem Ton und Rhythmus vertragt".
D. h. wohl, wenn er sich musikalisch stilisieren lasst, wie etwa das
Rauschen des Windes, das Murmeln des Baches usw. UnvollStandig wird
jedoch die musikalische Malerei, meint Engel:
a) wenn Sichtbares mit Horbarem verkniipft ist. In diesem Falle muss sich
der Komponist auf die Nachahmung des H5rbaren beschranken, erreicht aber doch
die Vorstellung des Ganzen. Als Beispiele fuhrt Engel die Schlachten- und Gewitter-
malerei an;
b) wenn der Gegenstand gar nicMts Horbares enthalt und also eine Malerei nur
durch Analogie moglich ist. So ist z. B. die WahrnehmungstStigkeit der Grade der
Geschwindigkeit sowohl dem Gesichte, wie dem Gehore eigen. Will man z. B. den
Lauf der Atalante malen, so kann dies annahernd durch eine rasche Folge von Tonen
geschehen. Lassen sich horbare Momente (z. B. das Keuchen) damit vereinigen, so
wird die Malerei vollstandig. Immerhin bedarf jedoch diese Art der Nachahmung, um
verstindlich zu sein, des Wortes und, setzen wir hinzu, der mimischen Gebfirde;
c) wenn der Gegenstand als solcher weder ganz, noch teilweise gemalt, sondern
Iediglich der durch ihn in der Psyche hervorgerufene Eindruck wiedergegeben wird.
Dieses Gebiet ist das weiteste, vermoge der unendlichen FShigkeit der Musik, seelische
Erlebnisse auszudrucken.
Engel halt diese Art der Malerei auch fiir die bessere und empfiehlt,
mehr den Eindruck eines Gewitters auf die Psyche des Beobachters, als
die ausseren Erscheinungen des Gewitters zu malen.
II. Welche Mittel hat die Musik zum Malen?
Engel antwortet darauf:
a) Wahl des Tongeschlechts; b) Wahl der Tonart; c) Art der Rhythmik; d) Art
1 ) J. J. Engel, Schriften, Berlin 1802. IV. S. 297ff.
2 ) Vgl. Notenbeispiel No. 2 und 3 dieser Arbeit.
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
25»
DIB MUSIK V. la
der AWodiefflLrnng (vote! mtfirUeb die t onhfthe mlt InbegfUhn itf detttoo iM^f fc)
die Harmonlk; f) die Klaogtata; i) die dynamlachon StitoattioranseiL
Wekerhin velst Engel his *nf den
III* Unterachied zvleofcen «b eel liter and angewandter M utile,
raid or ntefnt) ee sol ta Aomb beiden Oiltungen wohl n tratortcbefdeft, etfe vnt nm
In der Malerel iphrndfirh Mm nehme ein BeDditcbea Duodrtm obne dte RoUti*,
MM! two Oieheater aaageflUut; fe wu wfird« Ke in dee*, nach dem fefnttat Ge-
aebmacfc and der rtcbtifiten Beutettttag geachriebenen StBcke an bJtam fleabeft?
Gam gewiaa dte wfldeo Phantaiteaii ebee EtobtrltranfctoL *anim diet aber? Otftit-
bar, mil dte Poll* vim Ut«ni od«r Begebenbetten, ant welcbar aBdn dte Fdlgia der
BmpBnditiigen bonntfe begrlftn warden^ ana detii Qaoyeti weggtnoninen wordetL*
BffdHch vent Engel dAvor* 4am
,der Stagfeemponiat wider dm Anadradt male. Deon date er gemalt hit, lit
an iteb nodi Icefn Fefaltr; er bum ea ud dart etj nor dwm wW da FfcMer, *mji
er dte Unrechte oder am imreobtea Orta nudt*
Znm Schlws behanddt Eogel noch die f*rage;
IV. Vm« tit ptcfat in mftlen?
1* ,tm «n dent zn malemlen Objekt, nun Befepbd d*m Begrfff *dae Meer*,
vqj«lii«de8% mt%*t* Prtdiktttt akb fljtdea, to tofnnr das in dm JeweUJgea Ideen-
fcrele Faaaende fault futo 1 DamJt metat Bagel wAi> man dart mui nnr von
der Ej-habenboft dee Meetea die feed* tat, flftht aacb dea Rarocfrfta edef etwft das
Lettcnten dee JH&eres ntafteii*
SL JHalerftdhe Betwerte dflrfcn, atteh ireon lie rnocU ad aehr mm Melton ?rtS
toefam, nkbt usgenult muddo* vran ttro Wfrfcimg aw ichmtekend raid nteht
weeanftlcb in dem Zusammenbasg fat j - fiberbaupt eofl gMatt ervogcn vtrtien, *le-
welt man aich la daa Maieo von Ein»lbeiten einlusen darf
a a Am scbllmmaton wire ob, wenn man aich an dia Tort atatt an den Sinn
hielte and Voratellungcn auamalte, die In der Rede vernelnt alnd**
4. ^Die Malerei, die In der Beflehung grOaaere Freibeiten hat, aoll nie die
Stimmung d« Gansen zeretSren,*
Hiermit sind die Hauptpnnkte der Engelschen Studie wiedergegeben,
die zweifelloa eine der bedeutsamsten musjkfisthetlschen Schriften ihrer
Epocbe darstelltf als solcbe aber bisher meines Wisseos noch gar nicht
gewGrdlgt wurde.
Fortsetzung folgt
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
bOcher
61. Philip H, Goepp; Symphonies and their meaning, 5* ed. Verlag; J, B-
Lippiucott & Co*, Philadelphia und London 1903.
Nacb einleitenden Bemerkungeo, die inch dis Weaen der Symphonic atrelfen, bc-
apricbt Goepp einige klassische und romantische Symphonleen. Bespricbt, d. h, er mscht
allgemeinc Bemerkungeo, die die Verke charakterisieren aollen, fiibri elnlge Themen an,
geht aber elner aorgflltlgen technisch-ftsthetlachen Analyse aus dem Wege« Venn er 1m
Vonrort aagf, aein Buch bedeute einen Gegensatz zu den landlluflgen, Indem ea nur
wenig vom Leben der Meiater, von der Zelt der Entarehung der einxelnen Verke uew.
mltteile, und wenn demgemiaa Goepp die Werke, die er bespricbt, ala etwaa fur alcb
daatebendes, dta keiner fortgesetzten Bezugnahine auf Leben und Weacn ihrer Schfipfor
beansprucht, behandcln xu kSnnen metat, ao irrt er, Menscb und K 5ns tier sind, aoweit
die wahrhaft Groaaeu in Betracbt kommen, die eigenea zu sagen batten und baben,
tinea; der elne 1st vom anderen nicbt zu trennen, und in der Kuuat zeigt alcb die menach-
liche Art im vergelstigten Niederschlage. Keinem Menscb en wird cb ein fallen kfinnen zu
veriangen, derartige Werke, die Analyses Oder Surrogate daflr bieten, sollten nun jedea-
inaJ, ebe aie einem Komponieten in elnzelnen aeiner Werke nabe t re ten, seine voll-
ttlndige Biographle bringen; aber daa essentielle aus ihr, das fur den Menachen em*
acheidende aus seinem Leben musaen sie ebenso betonen, wie sle den Veraucb aeiner
Charekterittik geben aollten* Das Ut freillcb elne unendlich scbwere Aufgabe, In 3 bis
4 Sltien wlrklicb etwas derartiges iu sagen, daa erschdpfend und objektiv wahr 1st. Aber
ea Iltat aicb, will man die Eigenarten der Komponistcn, wle aie in den einzelnen Werken
erschelnen, erkennen und andere erkennen lebren, nun elnnial nlcbt vermelden. Ich er-
kenne gem an, daaa Goepp viel Lust und Llebe auf seine Aufgabe verwendet hat, dasa
daa Bucb viele b&bsche und treffende fiemerkungen entbllt, die den geblldeten und sach-
versltndlgen Mann verraten und ich nehme aucb an, daaa ea in den Krelaen, fur die ea
beatimmt iat, gutea tut, getan hat und tun wird. Ferner bemerke ich auedrfickllch, daaa
Goepp alcb von der Gblicben Art Isthetiscben Schwadronierena fern bllt, nicbt mlt
tSrlcbten BUdern apielt und philoaophische Tiefalnnigkeiten Oder das, was sich dafur aus-
gjbt, unterlftsst Glelchwobl kann Ich daa Bnch mm mlndeaten fur gebildete deutacbe
Laser nicht empfehlen. Ich babe die Grundo oben dargelegt. In Deutschland lat cu-
weilen der Veraucb ibnllcber Arbeiten gemacht worden: man bat kleine „Fuhrer% die
zuerat allein herauagegeben wurden, aplter In elnem Bande zusammengestellt und damll
etwas einen Meiater und aeine Art erachfipfead Charikterfsterendea zu bieten vermeint
Daa lat nlcbt der Fall. Besaer ft in Werk ordeatUch analysieren als an elnem D attend
berumatochernt Vie Symphonieen nach den geschicbtlicben Bedlngungcn Ihrea Seine*
nacfa der techniacben und laihetiachen Seite bin zu analyaleren sind, daa bat una Sir
George Grove in seinem Werk Sber Beethoven a Symphonieen unabertrefflich gezefgt,
Mlt ihm kann alcb Goepp* Arbeit, [ctt sage ea mit Bedauern, nicbt raeasen, Goepp hat
dem eraten einen zweiten Band folgen laaaen ^Philadelphia, ebenda 1902). Er bespricbt bier
die Es-dur Symphonic Mozarta, die 1^ 2*, 4., 8*, & und 0. Beetbovena in der angegpbenen
Onqinal from
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^r^
258
D1BM0SIK V. 10.:
Kei POP tote 0* eOflatttt ^f OntO -"^00 qffo ^^^ aw w i iHtOfl BOieeon fl* teas*. fiVattJUtk uttt TafiOaU30WfaK¥*
Stfattaa, BerBoa, Gade, Gooti, Gflchriet nod OftUmarfc. Stmt fentg tlebt at alao ana;
etna Sanutiliittg ion Fflhmnu Fast hat at flmn Arttthirfn, alt eh dor ZnCdl die Vadsa la
daf aogftgebeneft Poife maunnLengettagdn Mtta* Derteitttttnte wahfUchntehtnot. Am
Bndo Dates etoih dnrch uinetafittnfc Beefbeittin£ nod Ergyftumigder Kapftel balder State
to eflnor ftrigendaii Attflege etra Brattchbaretta achajfea.
Pttft Dr. Villbald Nagel
61 WHHsm Towmond: ^Balance of Arm* in piano technique. Veriag:
Botwrth ft Co* London*
Et* LefttUta, 4ar an don batten laliQft, dfedlajBag»faBiitvlcUiia«darinodanioii
tUdudt geteitigt Ait; Schon tor Intel baaagt^ dan dor Inhtlt doe ▼efkee Mentteeb let
mil deitfenlgan Beetrebtmgeo, die vir aafber im Gafenaatn an da Terrotteton An-
add dnrebntaefran ma battBbt halm* KapUal 1 onffeUt eioa pile DeretB&img
daa Gewlchtaplele* »Seblrer** nd JSaet<li* t alt die GnmdJagen der Tecbnik,
wtfdtt ritihtijg ategeac hltit Da* efctfrt ftttgerhnb wW zvat nkfit beteifigt fan Qcgen-
teU wild to Aba&hnttt 22 bthaoptet: »Tbn create? the height to which tha finger In
raleed, ilea greater tha appearance of independence* etc,** Jedoeh iat die Gegnemtuft
aflon jScblageiia** »KldpJtaa*| »Stoaaeue* Mar atttf a fp e och en* Zonlcfaat konnt Verfeeeer
dan dJaoefndeo Kontnkti »Iii a pttabf the fi&ger moat touch or fed tha key baftm
begitfnfag downward motto*** Ewr anewtoModo Emtx der Spblhetaatwf Budat dumb
4ib Voito aatae Beetttgnof : «tho balanced arm of tha player la all Oat la needed to
f kaap down, either one key or more** Oar hit anf dan homlgjtn Ta£ dn MeJaten noch
vnttere Begtiff der tog. .OntMtliTtlgfcoft der Wager* tat raa Towoeend anf dla etofaefcete
and Ba t fl ri lfcfaatie Vefse. feat fiat tfwi mi warden s* p whenever any Soger la raiaedj tnm
Independence la already kit; and that a real independence erf Jingo? am extot only
whos the balance of tfca artt la In »**' Daa iat lAar- und dentlfoh, Ehenao let
die ttFShtaftf", die Inferiorltlt der alien Ftngereohlagniahtor In tonaler Beclahnng aowie
die Handgelenkachwlngttng glficUlch erkannL Abschnitt 57 enthilt die Scbwangbewegttng
dee ganzen Armei alt GrundUge der Techntk: »tbe weight of the band and arm it
twinging.* Gegen Bade enttlntcht daa Buch> Die legat(hFunktion Iat nicht crftttL Die
Unterarmrollung fohlt glotlkh. Ebenao die Vlbrationamomente. Ganx verkehrt nnd nn-
haltbar iat der Untertatibegriff and die vflllig xweckloae Daumenaktion. In tetiteren
balden Pnnkten hat der Englinder TobJaa M^tthajr weit beaaerea getaistet. Im ganzen
Iat die Arbeit jedocb einer denttchen Obertetiong wert, di vie „lcider* die hler xnlande
fibllchen technitchen a Schnlen" und ^LaltHden* uro eln Erklecklichea QbertrlffL
Rudolf M. Breithanpt
MUSIKALIEN
63. Channoiifl populalres dea provinces belge& lotrodnctlon, Harmon isationt
et Notes par E. Cloaeoa. Verltg: Scbott fr^rts, BrQttel.
Eine wirklicbe Pettgtbe let ea, die E* Clotson mlt dem voriiegenden Werke telnen
Landaleaten gelegentllch der Peler der 75 jlhrigen Unabbinglgkeitterkllruag BeJglent ent-
gegenbriagt: tint Gabe, die urn to wlllkommner ertcbeint f eit aie sich to das geammte
Volk richtet und ihm mm ertten Male turn praktiacben Cebrauch eine atlgemeine
Sammlung von 206 der scbdntten Volkalieder libergibf. Tellaammlungen iub den einzelnen
Provlnzcd > mebr oder wenlger wertvotl, waren acboo aeit ca. 50 Jabren erschlenen —
docb es gait zn slchten, zu vergleichen und tile Genre* zu beruckaicbtigen. — Daaa cin
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
259
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
Volk mit so bedeutender politischer und kunstlerischer Vergangenheit wie das belgische
zu alien Zeiten seine Gefuhle im Lied zum Ausdruck gebracht, ist ja eigentlich natur-
lich — aber erstaunlich bleibt doch die enorme Zahl der Lieder, die allenthalben im
Volke leben und deren eine grosse Zahl uberhaupt nocb nicht notiert ist. Es ware
hochste Zeit, das Versaumte bald nachzuholen! Wie E. Closson in seiner von wissen-
schaftlichen Studien und grosser Grundlichkeit zeugenden Einleitung erzahlt, hat allein
der katholische Priester J. Bols in einem engen Umkreise dem Volke mehrere Hundert
Lieder abgelauscht und niedergeschrieben. Das Aufschreiben eines Liedes, aus unge-
iibtem Volksmunde vernommen, verlangt einen guten Musiker, der Land und Leute genau
kennt und sich keine Miihe verdriessen lasst, die vielen Varianten in Text und Musik
zu vergleichen, fehlerhafte Rhythmen und zweifelhafte Intonationen richtig zu stellen.
Daher sind auch nur wenige dazu erkoren. Aber auch die Harmonisierung der gegebenen
Melodieen, die hier E. Closson bis auf wenige Ausnahmen selbst besorgt hat, verlangt viel
Feingefuhl, um sie dem Charakter der Lieder und der Zeit ihrer Entstehung anzupassen.
Die Art und Weise wie Closson dies getan, und wie er zu jedem Lied Anmerkungen fiber
Ursprung, Inhalt und besondere EigentGmlichkeiten gibt, kann nur gelobt werden. —
GemSss der zweifachen Landessprache teilen sich die belgischen Volkslieder in flamische
und wallonische. Die Flamen, ihrem Namen und ihrer Sprache nach Germanen,
haben ein uns Deutschen verwandtes tiefes Gefuhlsleben, das sich auch in Text und
Musik ihrer Lieder wiederspiegelt. Die Wallonen, von lebhafterem Charakter, Ieichtlebig,
witzig und sarkastisch, ahneln den Franzosen, wie auch ihre Sprache ein franzosischer
Dialekt ist. Musikalisch erscheint das flamische Lied bedeutender, das sich auch, ob-
gleich auf sehr entfernte Zeiten zuriickgreifend, in seiner Grundfassung — ■ dank einer
genaueren Originalaufzeichnung — am reinsten erhalten hat. Dagegen ist das wallonische
im Laufe der Zeit vom Volke vielfach verandert, ja oft ganz neu gestaltet worden, hat
aber dadurch an Charakteristik gewonnen. Viele der flamischen Lieder stammen noch
aus dem Mittelalter und haben dadurch einen besonderen Reiz, dass sie in den alten
Kirchentonen (mit Vorliebe aeolisch und ionisch) komponiert sind. — Die Sammlung
ist eingeteilt in Vaterlandische, Lokale, Religiose und Gelegenheitslieder, Balladen,
Komische, Handwerker-, Tanz- und Kinderlieder. Unter den wallonischen Tanzliedern
sind die sog. Cramignons besonders zu erwahnen. Sie werden in der Provinz Luttich
zu Hunderten gesungen: die Tanzenden bilden eine Kette und folgen laufend und
springend, Solo und Chor singend dem Fiihrer, der sie durch Haus, Garten und Strasse
fuhrt. Dass unter den modernen Komponisten Belgiens das Volkslied immer weiter
schone Fruchte zeitigt, beweisen am besten die Flamen Peter Benoit und Jan Blockx,
deren tief empfundene Lieder in Volk und Schule mit Begeisterung gesungen werden.
Auch des ersteren grossartige Oratorien und Kantaten und des letzteren Opern basieren
auf Volksmelodieen und verdanken ihnen einen guten Teil ihrer PopularitSt. Das Werk
von Closson, das der ruhrige Verlag von Schott freres (Otto Junne) in wurdiger Aus-
stattung herausgegeben hat, kann mit gutem Gewissen alien sich fur Volksgesang
Interessierenden warm empfohlen werden und sollte in keiner grosseren Bibliothek fehlen.
Felix Welcker
64. Oskar Fried: Adagio und Scherzo fur Blasinstrumente, zwei Harfen und
Pauken. op. 2. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
Oskar Fried hat vor einiger Zeit mit seinem „Trunknen Lied a in Berlin ein Auf-
sehen erregt, dessen Berechtigung die nicht wohl zu beurteilen vermogen, die jenes
Werk noch nicht kennen lernen konnten. Gewiss hat es aber dieser grosse Berliner
Erfolg bewirkt, dass nun auch andere, fruher geschriebene Kompositionen Frieds an die
Offentlichkeit gelangt sind. Zu ihnen gehort das Adagio und Scherzo fur Blasinstru-
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
Dffl MOHK v. ia
mente, dm m enteer den Vorcag UeafteUer Int4r*tttent*dofi ahbtiM Gntee
rfflim» tame- Die aeattiaebo Btflsdmg ftt nogettete dfirftig, and it* Pftde, wrf dene*
iteh die ttatfctlltehe Audruelttepmcfce, la Sooierfeeii die Humosifc beveft* rt»d rirtW i
venlger tie aett. ZwetlWloe rtpritantieft dee Wet* doe Stnfe dee FriedtcbeaSebtOm,
die der ebae Frege laleoiiertt Ktoitttr Mogit btater rich lit*.
65. VMM Schubert: Seen* im Don ens Goefbeo Fraet f&r tvel Setottbum
and Cher mft Kariefbefldtung. Mlt Or cb c t torbegfctttmg efrgeifebtt M
Bmet Neumann. — Dei Tag at Weibe. Feattayinoe Br fieri
nttt Kta#ter> Vloline find VMeneJL op. 1 J& Fttr Soli, Cher trad
Ortbeeter bearbettet von Efmt Neumann* Verfag: Btettkepr ft Hlrtel,
Leipzig^
Bin mehr talopaphltob ale mmUtiliecb bedeirttamea Tefk aua Sobttbertt Fr&bieft
mid efce ewer tplter*, iber anefe nfcbt gerad* eonderUcJi bervomgpiEde Geletenbeito*
fcompotttion bet boat Neumann ndt etner aneprttobeloeoPf pit fcliegcnden i
veteeheft, die aleh bBm leeeon kern* Rudolf Louie
SOL Max Kegeart Siebtebn Lleder op. TEL Verieg: Leuteriucfc ft Ktibii,
Max Refer let der MneikbeU to Tegee* In alien Ataelkbllttefn vlderbellf eeta
Lob, ffdd tetoe Orgel-, Ktmmei^ Eerier- nod Qnbeeterweito btben msdhen Mtttlfcer
tiott snttogllebon Strtttbone die emulation efner betben^ ebor eigenen Natur befcebftv
Atieh Wl glubo in dleeem TeO telnet fibemtoben Scbafltat do VerbUtnia mtrerObert
in btben, tithe aber ftegeft Uedea grVeetenteUe abtebnend gtgenfiber* So ancb dieeen*
Be eind Btaeltierileder, die m Singer raid Spieler gent enonn* tocbnlsebe Anfordertrageo
etoHen. After sJcfct dee let dee Fattltj due dteee Liedef mit Hum Scbvfett0£eften toft
flber die Klhtnen telbit efnee tfl^Mgtn Flenleten htntoegoheiii eondeto diet tie en den
8teJte4, die tteb normal bewfltifea teteftfi, 10 wenlg bedeqtend ereebefnea, 0c hblt nlcM
en Stiminong md befdrantecihn Ftncttoiig wofrl eber en fibetseogendon EtnflEleA) en
fntplretioft* Regere AoMiigcr bebtttpten ever, au dflrfb dleeo Sdbwlorlg^elten jtr fifebt
merkoD, dor KltTfenttx dBrfe nebea der Slegttframe ger elcht tafftllcB, Cot* Aber
woxn dtno elu to kompIUiertet Gebllde Oberbtupt tcbreibcn, woxa diete Schwlerltkeit
obne Urtache nod Tirkung? Soil tntn die Lleder ?or ill em ntcb den Cettngttimmen
beurtelleD, to m&ittea dlete Stlmmet docb vlel mohr Autdruck^ Rcti und Chtrtkteriedk
htbefl, tit lhneii ttttlcblicb looewobnt* Diese Ittbetitcbea Bedeoken tcbeinen mir
ecbwervieceiid geiing, urn ernttlicb xtt bezwelhln, dwt Rcger, der ecbon darch die Wtbl
der Teste wenlg Sinn 18 r dlcbteriscbe Verte yerrit, fttr die Entwtckltine det denttcben
Lledee von bSberer Bedeutttsg werden kSnnte* Non credo. Dr. Rlchtrd Bttkt
ff7. G. A. Fano; Sontte In cUmo.l (Br PitDoforte and VIoloocelK op* 7. Verltf*
Breitkopf & Hiitel^ LeipElg-
Dor Verfiuter hit tich mlt dieter Sontte tuf eln recbt undtnkbtret Cebtet be-
gebeo, Nur tebr verebixelteo Toaseftem itt et gelUDgen, dtrin etwte von blelbendem
Verte in leitten, dt g^rtde du Violencell infolge telnet meltncbolltchen Chtrtktert der
Pbtntttle det Komponltten tebr energitchen VIdertttnd bletet. Vie to vlelc moderne
Terke littt tucb dlese Sootto vor tllem Themen Termiiseo^ die fOr Verarbeltung ge-
eignet und gjelcbzeltlg tcbSn tlnd. Dtno vecbteln Ttkt und Rbythmut to untufbOrHcb,
dtt$ mm tlcb vergebent otcb etoero wobltitenden Rubepuokt umtiebt* Die Sootte be-
tteht tut vier Sltzen* von denen mlch nur der drltte (allegretto con vtriiiloni) tellwelte
beMedlgte. Im Zuttmmentplei gibt et in rbytbmltcber Hlntlcbt btrte NGtte zu kucken.
In tccbnlscber Hlntlchi Ur dtt Werlc wenlg tchwlerig. Artbur Ltter
^ j Original from
■-. ^ ^H> tS K UNIVERSITY OF MICHIGAN
TAGESFRAGEN (Bad Kissingen) 1905, No. 10—12. — Aus Einsendungen zusammen-
gestellt ist der Artikel: „Die Wagnerfestspiele in Munchen". Auch dort schon,
wie in Bayreuth besteht der grossere Teil des Festspielpublikums aus Amerikanern;
das Protzentum herrscht vor. „Hoffen wir im Interesse der guten Sacbe, dass
sich alle Faktoren verstehen, um endlich das zu erwerben, was Richard Wagner
wollte: Die Biihnenweihe." — „Baldurs Tod von Kistler in Dusseldorf." Das
Werk, das bei der Urauffuhrung einen gewissen Erfolg zu verzeictanen hatte, wird
eingehend besprochen. Eine „Kritik der Kritik" wendet sich gegen die sehr abfallige
Beurteilung, die die Oper durch viele Pressorgane erfahren hat.
MUSIKALISCHES WOCHENBLATT (Leipzig) 1905, No. 50-52; 1906, No. 1. -
Paul Pfitzner bespricht die Urauffuhrung der „Salome a . Als Strauss* „Feuers-
not* aufgefuhrt wurde, glaubte jeder, die „letzte Grenze des Moglichen" erreicht
zu sehen. Dennoch mutet die „Feuersnot" gegenuber der „Salome a wie ein
^Kinderspiel" an. Von den vielen „ungeahnten u Instrumentaleffekten sei einer
genannt: „um einen unheimlichen Laut zu erzeugen, kurz bevor das Haupt des
Johannes fallt, lasst Strauss die Saiten der Kontrabasse nicht mit dem Finger der
Linken niederdrucken, sondern mit zwei Fingerspitzen umfassen [!], wodurch ein
Ton erzeugt wird, den man sich zunachst gar nicht erklaren kann. — Das Orchester
spielt einmal B-dur, Salome singt aber ausgepragt in H-dur . . . Die Kammer-
musiker wissen selbst oft nicht, ob sie falsch oder richtig spielen! a Verfasser
hilt die Auffuhrung eines Werkes von so perversem Sinnenkitzel fur ein Zeichen
bediohlichster Dekadenz. Strauss selbst und in ihm die neuere Musik durfte
damit an der Grenze angelangt sein, „wo die ausgesuchte Hasslichkeit grellster
Disharmonieen als Sport betrieben und alles, was bisher als abgeklSrt, beruhigend
und kunstlerisch erhebend gait, aufgegeben und geopfert wird". — Fernet: Assia
Spiro-Rombro: „Einige Vorschlage fur die Auffuhrungen Mozartscber Opern"
(Schluss). — „Ein neuer, bisher unveioffentlichter Scbluss zu R. Wagners ,Beet-
hoven*," mit erlauterndem Nachwort von Hans von Wolzogen.
MUSIKALISCHE RUNDSCHAU (Munchen) 1906, No. 1. - Paul Zschorlich:
„Richard Strauss und das Publikum", Bemerkungen uber w Salome*. Wenn es jetzt
auch zum guten Ton gehore, fur Strauss zu sein, so werden doch viele, die
die „Salome" einmal zu horen Gelegenheit finden, dem Verfasser beipflichten, der
seine Abhandlung mit den Worten schliesst: „Die Weise fand ich neu und auch
verwirrt."
LE JOURNAL MUSICAL (Paris) 1905, 16. Dez. — Fred. Blesset: „Etude sur la
Mesure**. Verfasser wunscht statt der bisher (iblichen Benennung des Zeitmasses
rein mathematische Zahlenwerte eingefuhrt zu sehen. Er halt dies fur eine grosse
Vereinfachung und Erleichterung, besonders fur denjenigen, der sich mit Mathe-
matik beschafiigt hat. — „Les 6!6ves qui apprennent la musique a 16cole n'y
apprennent- ils pas rarithm^tique? lis savent done bien ce que e'est qu'une
fraction". Anstatt w deux quarts" solle man w de deux quatre* sagen usw.
DIE SKIZZE (Berlin) 1905, No. 35. — Adolph Kohut schreibt uber die Geliebte
V. 10. 18
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
262
DIE MUSIK. V. 10.
Franz Liszts, zum hundertsten Geburtstage der GrSfin „Marie d'Agoult". Verfasser
bespricht eingehend die literarische TStigkeit der Grafin unter dem Pseudonym
„Daniel Stern" und ihr VerhSltnis zu Franz Liszt. Zur Kenntis ihrer originellen
Welt- und Lebensanschauung werden einige Ausspriiche wiedergegeben.
RHEINISCHE MUSIK- UND THEATERZEITUNG (Koln) VII. Jahrg., No. 1.-
Die bekannte Zeitschrifr, die ihren VII. Jahrgang mit einer umfangreicben Nummer
beginnt, erscheint jetzt wochentlich mit einer vierzehntMgigen Musikbeilage. —
Dr. P. L. scbreibt fiber Beethovens aussere Erscheinung, nach dem Bucbe des
bekannten Beethovenforschers Tb. von Frimmel: „Wie sab Beethoven aus?" —
Franz Dubitzky veroffentlicht eine vergleicbende Studie fiber: „Kennst du das
Land" in der Vertonung unserer Meister.
ZENEVILAG (Budapest) 1905, No. 47-48. — Interessant ist der Artikel SSgody
Otmdr's fiber „Die metrischen Eigenschaften in der ungarischen Musik". — Ferner
eine Studie: „Die Frau und die Musik im Zeitalter der Renaissance".
MUSIKLITERARISCHE BLATTER 1905, Oktober-Nummer. - Edmund von der
Planitz feiert in einem Aufsatz: w Ein Apostel des Wohlklangs" den Ton- und
Wortdichter August Ludwig. Er gehort zu denen, die sich aus dem Gedrfinge
zuruckgezogen haben, die der Schonheit auf still entlegenen Altfren opfern. Wie
Schubert ergeht er sich im „Naturlich-Lieblichen, Idyllischen, Graziosen". Weise
Beschrfinkung, Klarheit und Natfirlicbkeit walten in seiner Kunst. „Mit seinem
Schaffen gehort uns ein Stuck Zukunfr, in ihm empfangen wir stets ein Stuck
Schonheit, stets einen Anteil an Gluck."
PRAGER TAGBLATT 1905, No. 335. — Richard Batka bespricht in einem inte-
ressanten Essay „Klavier-Spielmaschinen. u Verfasser ffihrt aus, dass Manner wie
Richard Strauss, d'Albert, Weingartner, Ansorge, Nikisch usw. mit begeisterten
Urteilen fur die modernen Spielapparate eintreten, die es jedem ermoglichen sollen,
„die schwierigsten Klavierstucke mit der Gelauflgkeit eines Virtuosen zu spielen."
Trotz dieser grossartigen Perspektive muss bedacht werden, dass der Spielapparat
das Tonstuck nur mit unabanderlicher Gleichmiissigkeit reproduziert. Es fehlt das
Wichtigste: die Personlichkeit des Kiinstlers.
SCHLESISCHE ZEITUNG (Breslau) 1906, 3. Januar. — Dr. Dembski veroffent-
licht eine Erinnerung an Henriette Sontag: „Grafin und Sangerin."
LEIPZIGER NEUESTE NACHRICHTEN 1906, 1. Januar. - „Heinrich Dorn in
Leipzig**, ein Erinnerungsblatt fur den als Komponist, Kapellmeister und Kritiker
einst vielgenannten Musiker von Otto Dorn.
DAS DEUTSCHE VOLKSLIED jWien) VIII. Jahrgang, Heft 1. - Einen lesens-
werten Artikel „Gitarre und Volkslied** bringt E. Lucerna. Es sei zu wunschen,
dass die Gitarre im musikliebenden deutschen Burgerhause zur Begleitung des
Gesanges wieder mehr gepflegt werde. Denn dadurch, dass der Singende selbst
begleiten kann, wird eine „aussergewohnlich einheitliche Kunstleistung* 4 erzielt.
Auch das im Absterben bcgriffene Volkslied wfirde wieder neu belebt werden. —
Ferner E. K. Blum ml: „Kinderlieder und Reimc aus Wien und Niederosterreich.**
NEUES WIENER TAGBLATT 1906, 8. Januar. Hans von Gumppenberg be-
handelt eingehend „Die Opernfrage**. Das moderne „H6hendrama tt , sett Jahren
Gegenstand zablloser Abhandlungen, sei kein „theoretisches Problem**, sondern
eine „Schicksalsfrage u . Eine „hohe, dichterische Begabung** allein vermoge es zu
losen. Bei der entsprechenden musikalischen Frage dagegen durften bei der „grosseren
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^OU^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
263
REVUE DER REVUEEN
tecbniscben Gebundenheit der Musik" theoretische Feststellungen notwendig sein.
... Die Ansicht, Wagner musse „uberwunden" werden und der Ruf „Mehr Mozart"
sei die w Parole" der Jetztzeit. Muss Wagner wiiklich schon „iiberwunden" werden,
so kann es nicht mit Altem, nur mit Neuem geschehen. Doch das „Grosse, das
Allgeraeingiltige des Wagnerschen Dramas ist noch nicht ,uberwunden*; uber-
wunden ist nur die unfruchtbare Nachaffung seiner personlichen Schw2chen und
Besonderheiten."
VOSSISCHE ZEITUNG 1905, 16. Dezember. — Irene Wild veroffentlicht zum 135. Ce-
burtstag Beethovens eine bubsche Skizze uber „Das Beethovenhaus in Bonn".
RHE1NISCH-WESTFALISCHE ZEITUNG 1905, 12. Dezember. - w Die komische
Oper" von Carl Hagemann. Verfasser schildert die komische Oper der Fran-
zosen, die schon „als Genre ohne Zweifel das beste ist, was die ahe Oper uber-
haupt bervorgebracht hat". Es sei unserem deutschen Theater dringend anzu-
empfehlen, die Pariser komische Oper zum Vorbild zu nehmen.
THE ACADEMY (London) 1906, No. 1756 58. — Ilich Tschaikovski: „Life and letters
of Peter Ilich Tschaikovski", in das Englische ubersetzt von Rosa Newmarch. Der
mit E. unterzeichnete Artikel gibt an der Hand des Buches interessante Aufschlusse
uber Tschaikowsky's Cbarakter und die Methodik seiner Komposition. Interessant
sind einige Zitate aus einem Briefe an seine „mysterious benefactress", Nadehda
Filaretovna von Meek: „ . . . I begin a composition with the intention of introducing
some folk-melody into it. As to this national element in my work, its affinities
with my melodies and harmonies proceed from my having spent my childhood
in the country. J am passionately fond of the national element in all its varied
expression." — In dem Artikel „Christmas-music" (H. C. C.) wird ein interessanter
Vergleicb zwischen Handel und Bach durchgefuhrt. Verfasser weist zunSchst
darauf hin, wie die offentliche Meinung in England lange Zeit irrtumlicher Weise
von der Ansicht beherrscht war, HSndel sei „the greatest musician" der Welt ge-
wesen, und folglich Bach viel geringeren Grades. — Nach einem Vergleich des
w Messias" mit der „Weihnachtsmesse" sagt Verfasser: ^Handel's was the realistic
or dramatic method, Bachs method one may call the descriptive one. — Bach is
the father of the ,absolute ( music, Handel at any rate laid the foundations for the
programme* music." — Von demselben Autor: „The Overture".
FRANKFURTER ZEITUNG 1905, No. 361; 1906, No. 2, 3, 8. - Einen sehr inte-
ressanten und lesenswerten Aufsatz „Mozarts Operntexte" veroffentlicht Hermann
Gohen. Verfasser wurdigt eingehend Mozart als „Dramatiker der Oper". Die
Individuality Mozarts als Opernkomponist beruhe nicht nur in der „ewigen Wunder-
welt seiner Musik" sondern auf seiner „Genialit2t als Dramatiker". — Paul Wohl-
feil schreibt uber die w GrSfin d'Agoult", zur Erinnerung an ihren 100, Geburtstag.
MONTHLY MUSICAL RECORD (London) 1905, No. 420. - D. C. Parker ver-
gleicht „Wagner and Carlyle" und findet w the most striking similarity" in der
„French Revolution* 4 und „the Nibelung*s Ring". — Originell ist der Artikel „Bell
Music."
Da die w Rcvuc der Rcvueen* jetzt in der Redaktion bearbeitet wird, k<5nnen nur diejenigen Zeitschriften beriick-
sichtigt werden, die der Redaktion von den Verlegern regclmussig zugesandt werden.
18*
. .-., .- ( "m \olr Original from
ljj,ul. jy ^ fin J^a UNIVERSITY0F MICHIGAN
NEUE OPERN
Pratu infer t »Sarema% trine xvelatttge Oper, Text Jvw RwJolt von^Gott-
ecball nach eelnent dramtttecben Gcdlcht .Die Role ran Kufcuui*, wll
Mltte Fcbruir aid Stadttbeater In Regetwbnrg ibre Uranff&hrtmg erieben.
Legraad Borland i Joti*, Qiao pone In Ctlifaraien tpietende Oper, Libretto
Ton Hefnricb von Poecblngeiv
Juttiin Stern: »NiriiB* Rtaem* wttrde von der Direktfoa det Bretlaaer
Siftdtfbeateri *w UrauflBhnwg enratbw*
J* B» Zttrletti Dio Strasdbexe** Text von Hermann Ton BequigooIIee,
ghrg wn 21. Juoir em Hoftbeaier in Neu-Streliti to Szene<
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Al*xandri«ni Gtumt Bellinclonl bracbte elne Oper *L* Dogereeea* von
Stand Van, ***** HnpHoUe tie eptalte, zar eraten AoffiUmiog,
Sayrtuitil Featepiele 1B08L Der erato Rtngeyfctai tmteretebt dem mtnUrtleebtt
Kommtndo Hew RUMore, wibrmd der twette^ vie Weber flblieb, von
Siegfried Vegner geletot WW, Die „Trltt*n*~Orebette? findet In Fell*
Mot? I eotam Ffitaer, wUumd Dr. Mnofc, *]* Metier, dM »P«eiW* dtrigtert
Hofkapeliinetater Balling md Beldler venteo u einfgen Abenden ttell>
vetttotend tttig geta*
Bordeaux: Anltag Jannar ging du etoaktige Maatkdtama ftlManlverailre",
Text tod Ferval nnd Harold, Mnalk von Adilbert Mereler In Szeoe*
Halifax (U. S. A.) ; Anting Jenuar fimd nnter groecem Beifall die crate AuffBfarung
dea «FrelacbGti* >t»tt
MonU Carlo: Die dleajlhrlgp Opernstagloae des Kaal no theater a (Febraar and
Mirz) brlngt fblgendo Werke: »Pagliacci*, „La vie de bobtme*, ^L'an-
cfctre* von Salnt*Sa6ne (Ureufftibriuig), .Don Procopio", ein Jugendwerk
von Bizet (UranffBhrung), pMademoiaelle de Belle-Isle* von Splro
Famara, *Le tol de Lthore* tod Maasenet, .Der Dim on* von Anton
Rtibtaetein, v Oon Cmrloa* von Verdi, „Tanahluaer" von Vagner, f He*
fistofele* von Botto* Die letzten aecha Werke werden rum eraten mai in
Monte Carlo gegeben, Dlrigent lat Raonl GQnabourg, Kranich Ober*
maachinenmelater, die BeleuchtaDg tot den Hinden Freya anvertraut.
KONZERTE
Bordeaux: Kapellmeister Lea pine Teranitaltet la dloaer Salaon aecha O reheat e r-
komerte, die attSBchllesalich der detttachen Muaik (von Bach bis Strauss)
gewldmet alnd. Daa crate Konzert entblelt Teike von Bacbj Htndel nnd
Haydn.
Gflrlitz: 16* echleeiichea Muslkfesr, Im Hinblick aaf den 150. Geburtatag
Mot arts und den 50. Todeatag Scbumanna werden am erstcn Tage dea
Featea daa Requiem von Mozart und die ff F«ust B -SzeneQ von Schumann auf-
gefuhrt. Am zweiten Tage aollen Lis its aympbonlacbe Dicbtung B Prome-
( \ I Ongmalfrom
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
265
UMSCHAU
theus" und die Chore zu Herders „Entfesseltem Prometheus", das Tedeum
von Bruckner, die Sinfonia domestica von Richard Strauss und die
Schlusszene aus der »Gotterdammerung a folgen. Der dritte Tag bringt
die achte Symphonie von Beethoven, ein neues Klavierkonzert von Graf
Hochberg, das Chorwerk „Sehnsucht a von Georg Schumann, Solisten-
vortrSge und die Boldigung fur Hans Sachs aus den .Meistersingern". Ihre
Mitwirkung haben 16 Chorvereine mit 850 SSngern zugesagt; das Orchester
der Berliner Hofkapelle unter Dr. Muck wird ebenfalls mitwirken. Als
Solistin ist bis jetzt Katharina Fleischer-Edel gewonnen worden.
Grfinberg: Das BundessSngerfest des Niederschlesischen Singerbundes
wird am 1. Juli unter Leitung des Bundesdirigenten Kantor Suckel statt-
flnden. Der niederschlesische SSngerbund zShlt 56 Vereine mit 1370 Mit-
gliedern.
St. Louis: Die neue Musikhalle des ^Musical Art building" wurde am 16. Januar
durcb John Towers eroff net, mit einer Rede uber Shakespeare und Beethoven.
Melbourne: In den Orchesterkonzerten von Marshall-Hall werden folgende
Werke zum erstenmal gespielt werden: Saint-Saens: w Pbaeton a , Smetana:
M Libussa", Wagner: Venusbergmusik, Marshall Hall: Phantasie fur Horn
und Orchester, Rimsky-Korssakow: „Scheherazade a , Brahms: Vierte
Symphonie, Elgar: „Im Suden", Strauss: „Don Juan".
Newmark (U. S. A.): Das 21. Musikfest der ^Northeastern German Singing
Societies" von Amerika flndet vom 30. Juni bis 5. Juli statt. An dem Fest
werden mehr als 1300 Quartette teilnehmen. Frau Schumann-Heink ist
als Solistin verpflichtet.
TAGESCHRONIK
Musik-Fachausstellung. Das Ehren-Komitee fur die vom 5.— 20. Mai
a. c. vom Zentral-Verband Deutscher Tonkunstler und Tonkunstler-Vereine (E. V.)
in den RSumen der Philharmonie in Berlin zu veranstaltende Musik-Fachaus-
stellung hat sich gebildet. Das EhrenprSsidium dieses Komitees hat Prinz Friedrich
Wilhelm von Preussen ubernommen. Dem Ehren-Komitee gehoren eine Reihe
unserer hervorragendsten Tonkunstler, Musikschriftsteller und Kunstfreunde an,
unter diesen Bolko Graf von Hochberg, Joseph Joachim, Robert Radecke, Richard
Strauss, Teresa Carreno u. a.m. — An der Ausstellung wird sich auch die Kdnigl.
Bibliothek in Berlin beteiligen. Sie wird eine grosse Auswahl von Autographen
und Manuskripten unserer alten Meister und wertvolle, seltene Notendrucke aus
dem 15. und 16. Jahrhundert ausstellen.
Die Mozart-Stiftung in Frankfurt a. M. hat die Errichtung eines einfachen,
ideal aufzufassenden Mozart- Den km als in Frankfurt angeregt, das in den An-
lagen oder auf dem Mozartplatz zur Aufstellung gelangen soil.
Die wurttembergische Kammer der Abgeordneten hat den Entwurf, betreffend
die Errichtung eines Konigl. Hoftheaters in Stuttgart mit alien abgegebenen
Stimmen angenommen. Der Staat stellt 4 Millionen Mark fur ein neues Opern-
haus zur Verfugung, nachdem die Stadt sich bereit erklSrt hat, fur ein spater zu
bauendes Schauspielhaus ihrerseits 1200000 Mark zu bewilligen. Es soli ein
Preisausschreiben zur Gewinnung von Konkurrenzentwurfen fur das Opern-
baus ergehen.
Der Grossherzog von Sachsen -Weimar hat den Baukontrakt wegen des
neuen Hoftheaters mit der Firma Heilmann & Littmann in Munchen unter-
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266
DIE MUSIK V. 10.
zeicbnct. Der Bau wird sich in dcr Formensprache ganz an die Zeit Goethes
anschliessen. Die Gesamlkosten belaufen sich auf 2100000 Mark; der Grosstaerzog
steuert aus Privatmitteln 1400000 Mark bei.
Fur das im Jatare 1907 in Breslau stattflndende VII. Allgemeine
deutsche Sangei bundesfest ist der holzerne Bau einer Festhalle geplanr,
die 8000 Sangern und 20000 Zuhorern Raum bietet; sie wird 130 m lang, 56 m
breit und 30 m hoch sein. Nachdem Geh. Baurat Pluddemann nach den Angaben
der Bundesleitung den Grundriss fur die Festballe festgelegt hatte, wurde die
kunstlerische Ausgestaltung der Halle ausgeschrieben. Fur die besten drei Arbeiten
wurden Preise von 1000, 800 und 500 Mark festgesetzt. Das Preisrichterkollegium
hat den ersten Preis dem Architekten Wahlich und Maler Denner, den
zweiten Preis dem Ratsbaumeister Klimm und den dritten Preis dem Archi-
tekten Grau und Maler Haertel zuerkannt. Ausserdem war die Arbeit des Archi-
tekten Heger in engere Wahl gekommen.
Das Theater in Krefeld ist vom 1. Juli ab auf zweijahre an Herrn Pester-
Prosky in Koln verpachtet worden. Herr Pester hat sich verpflichtet, in der
Spielzeit von September bis Mai 70 Opernvorstellungen zu geben.
Fur die von dem Mailinder Verleger Sonzogno ausgeschriebene Konkurrenz
sind nicht weniger als 562 Opernlibretti eingeschickt worden.
Direktor Heinrich Conried verlSngert seinen Vertrag mit der New Yorker
Metropolitan Opera-Gesellschaft, der noch zwei Jahre 13uft, um weitere
drei Jahre. Der Grund hierfur ist, dass er eine Reihe von deutschen Kunstlern
fur Wagner-Vorstellungen engagieren will, und diese nur auf eine 12ngere Reihe
von Jahren VertrSge einzugehen bereit sind.
Gertrud Steiner ist als erster Konzertmeister fur das Gewerbehaus-
Orchester in Dresden verpflichtet worden. Es ist das erstemal, dass eine derartige
Stellung durch eine Frau besetzt wird.
Zum Kantor an der Kreuzkirche in Dresden wurde als Nachfolger Prof.
Wermanns Musikdirektor Otto Richter in Eisleben gewahlt.
Der deutsche Kaiser hat dem Generalintendanten der konigl. Schauspiele
in Berlin Georg von Hulsen den Rang eines Wirklichen Geheimen Rats verliehen.
Der konigl. Hofopernsanger Rudolf Berger in Berlin erhielt vom Herzog
von Meiningen die grosse goldene Medaille fiir Kunst und Wissenschaft.
Aus Anlass des 50jahrigen Jubilaums des konigl. Konservatoriums in Dresden
erhielt Felix Draeseke den Titel „Geheimer Hofrat"; die Lehrer Janssen und
Braunroth wurden zu Professoren der Musik ernannt.
Prof. Dr. Joseph Joachim erhielt von Kaiser Wilhelm II. den Stern zum
Roten Adlerorden II. Kl. mit Eichenlaub verliehen, Prof. Heinrich Barth den
Kronenorden III. Kl., Prof. Dr. Karl Krebs den Roten Adlerorden IV. KI. und
die Konzertmeister Eugen Sandow in Berlin und Oskar Bruckner in Wiesbaden
den Kronenorden IV. Kl.
Am 1. Januar feierte der konigl, preussische Musikdirektor Paul Lange in
Konstantinopel sein 25jahriges Jubilaum als Organist der kaiserlich deutschen
Botschaft und als Musiklehrer an der deutschen Real- und hoheren MSdchenschule.
Der Sultan verlieh ihm das Kommandeurzeichen des Osmanie-Ordens.
Dem Jahrcsbericht des Wiener „ K on ze rtvereins w uber das funfte
Vereinsjahr 1904.03 emnehmen wir, dass der Verein zwolf Symphoniekonzerte,
cin statutarisehes Mitgliederkonzert, vier ausserordentliche Symphoniekonzerte,
zwei auswartige Symphoniekonzerte und vier volkstumliche (historische) und jeden
J::r:i.
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
267
UMSCHAU
Sonntag und Donnerstag populare Konzerte, einen Mozart-Abend, zwei Wagner-,
zwei Beethoven-Abende und einen Abend fur Kompositionen franzosiscber Kom-
ponisten veranstaltete. Dirigent der Symphoniekonzerte war Ferdinand Lowe;
die popuiaren Konzerte leiteten Adolf Kirchl und Gustav Gutheil.
Die Verlagsbuchhandlung von Breitkopf & Hartel in Leipzig hat soeben
ihren Musikverlagsbericht 1905 veroffentlicht. Der nach Gruppen geordnete
Teil hat eine Neuerung dadurch erfahren, dass die Werke in solche von zeit-
genossischen Tonsetzern und in fortlebende und neubelebte fruherer
Zeiten geteilt sind. In der ersten Abteilung begegnet man einer ganzen Anzahl Werke
von jungeren aufstrebenden Talenten; nicht minder sind aber auch eine ansehn-
liche Zahl Namen von deutschen und fremdlandischen Tonschopfern vertreten,
die schon lange Anerkennung gefunden haben und in den ersten Reihen der
musikalischen Welt stehen. Die zweite Abteilung dagegen nennt manchen Kom-
ponisten, der mit seinen Werken der Vergessenheit anheimgefallen war, dessen
Name aber zu seiner Zeit guten Klang hatte, manchen Meister und Grossmeister
der Musik, der erst in letzter Zeit wieder hier und da im Konzert auftauchte. —
Das Verzeichnis wird an alle Interessenten kostenlos abgegeben.
Peter Cornelius kommt nunmehr mit seinem Schaffen zur Geltung. Seine
nacbgelassene Oper „Gunlod a ist von W. von Baussnern erganzt und instrumentiert
worden und das Kolner Stadttheater hat sich die Erstauffuhrung des Werkes ge-
sichert. Ober Entstehung und Schicksal der Oper bringt No. 84 der soeben er-
schienenen Mitteilungen der Musikalienhandlung Breitkopf & HSrtel eine
kurze Abhandlung aus der Feder Max Hasses. Aus dem weiteren Inhalt dieser
Nummer ist zu entnehmen: Busoni's Orchestersuite zu Turandot, Weingartners
Streichquintett op. 40 und ein Zyklus mit Morikeschen Fruhlings- und Liebes-
liedern werden demn£chst erscheinen. Auch von dem Finnlander Jean Sibelius,
der in deutschen Konzertsalen durch seine Symphonteen, seinen „Schwan von
Tuonela u und seine sonstigen Orchesterwerke und Lieder lingst ein Wohlbekannter
ist, sind wieder neue Werke zu erwarten, sowohl auf dem Gebiete der Instrumental-
musik, als auf dem des Liedes. Georg Bizet, dessen Musikwerke jetzt freies
Eigentum geworden sind, ist mit Neuausgaben und Neubearbeitungen seiner Oper
w Carmen" und den Orchestersuiten vertreten; sein junger Landsmann D6odat dc
S6verac, der mit seinen Werken vor kurzem ausschliesslich das Programm eines
Konzertes der Schola Cantorum bildete, mit einigen neuen Kompositionen. Der
Forderung der Bachpflege in Frankreich soil die Ausgabc der 100 Chorale von
J. S. Bach dienen, der V. d'Indy ein Geleitwort beigegeben hat. Die Abteilung
der Musikgeschichtlichen Werke nennt diesmal zwei neue Bande der DenkmSler
der Tonkunst in Bayern und die Akten des internationalen Musikkongresses in Rom.
TOTENSCHAU
Am 25. Januar f zu Weimar in ihrem 79. Lebensjahre die gefeierte Kammer-
siingerin Rosa von Milde, die ausgezeichnetste Zierde des Hoftheaters aus der
grossen Lisztschen Zeit, insbesondere beruhmt als Senta und Elisabeth und als
Elsa in der Urauffuhrung des w Lohengrin a , sowie als Ximene in derjenigen des
„Cid a von Cornelius, der mit schwarmerischer Andacht sein kiinstlerisches Ideal
in ihr verehrte.
In Luttich f der ausgezeichnete Klarinettist und Professor am Konservato-
rium G. Haseneier.
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OPER
AMSTERDAM: Die FeetaBflBhrtwg tot Moxerta »Eatffihrnng ana dtm Serill"
geatalteto aicb xtt etaem Genntae teltener Ar^ d* Stiletto, Gtaor und Utrechier
Orcbeater outer dtr beaceltndai Xeftnng Ton WHIem de Hitp «ob Darmttadt wttt-
etbrmt, Ihr Bettee ragebtn. Alt Solittea virkten mft die Damea Aenny H In derm an n
Olid Tytaen-Bremerkamp atta Hamburg (Conetaiti* and Bloadcbeit^ tovtt die Hones
MSdUnger and JSrn eu Berlin (Oamln and Belmonte), Hermann Schramm tnn
Frankfort a *1* (Pwlrino> nod Hafabaafffrfeler Pttit aim Stuttgart (Bim Settm)* Ge~
atntfictt tmd acbauapiekrUeb h*Ue tick bier tin Enttmbfte aatanttttengefandeo, dee tiifc
gi&cklfcbete tatteandtr grilt to dm bel dor gUficenden Aueetettang tief ergrettende
Wtrfatng nrreJcbt vnrdt. — Die Uelieniecbe Qper brtcHto TachafkowekyV „Engnnfo
Onegln*, die wenlg Anklajig bud; grSaaerer Brfolg wa* Ibr mfc PnceinFa »Bohdme*
ttnd H*Mry*a J&brea* beacbledeiL — Die fra&xfteiecbe Qpox blteb dem »T*«n Muter*
to gtft *te ellee eebuldig, Mbm )edocb Rerancbe mit doer gphnenden AttMbnuif too
Cberpcatier'B *LouUe*. Hint A tt (net In
ANTWBBPEN t In d*f {Htmiechon Oper g*b ee in letaten Wocbe* Hut tnatthlieaellcta
dentecbe Werfce, Tim dene* nameatlich die Wiederatifaabme der ^Meieterainger*
Uttd dn .Fidelia* tuner glflckiicbetek Bedtngtwgen tin aablrejchet Fobtffcnm in Jedar
Weiee be&fedigte. A* Hon) gab elm
BALTIMORE: Quaere Sttdt mit 600000 Einwobnern Im Btaate Maryland (Nord-Amerika)
featte win a November Mt VeUuttebitn genan 14 Koattfte end — man Wre nod
attune — tine OpenmnvteHung: Alice Nielaen gib mit ibrer ifelleniacben Truppe
„Don Paaqaale*! DIetet tt groeae Openteretgnla 4 war dte elnatge, recht geringfiigige Be-
ftfedigung — wenn mm tod einer eolcben fiberbaupt In dlcaem Falle aprecben kann — t
die opernbungrige Bfirger wlhrend der Tergangenen Monate empflngen* Sit age's cng-
LUc&e Oper, die la alien grfoaeren Sildten VorBUUungcn gab, u. t* tucb Tamibiuser,
Lohengrin tind Fautt, ging an una Torilber. Edg,
BERLIN: Komiicbe Open „Der Corregidor" von Hugo Veil — Ea 1st ein
achllmmca Geachick, efn Kdnig Midas der Tonkunst iu aein t dem aicb unter den
Htnden alles in goldne Lieder Terwandck. Vem Golde kann man aicb nicbt olbroe,
and einem Midaa der Ton ken at cracbelnt kein erlflsender Cott. Der arm© Hugo Wolf
bat'a bitter erfobren mQssco* Er bat nun auBgelitteiif Groaadeutachland tritt aein Erbe
an — mfichte ea aicb aetner wjBrdlg id gen! Daaa man in Berlin Hugo Volfa'Ustlicbe
Oper weder bel Hocbberg nocb bei Hulaen tu aeben btkaro, konnte ortskundlge Leute
nicbt Qberraacben, Nun bat Herr Gregor den Versuch in aeiner ^komiacben Oper" ge*
wagt, und die gewiaaenbafte Art* wie ei'e ut, alchert ibm geistigen KredH auf lange
bloaua. Herr Gregor 1st der beate Opera regtsaeur, den wlr bitber In Berlin erlebten.
Wie er Spleloperntexre von der Art des Corregidor durcb ein bia Ina kleinate lebendfge
Spiel glaubbaft zu machen welas, iat TerblGffend. Dabei bat er einen ausgeprigten Sinn
fBr gute Bubnenbilder, er duldet kdnen Schematism us der Aufetellirag, und seine
Maachinenmciater aind Virtuoaen der Beleucbtung (In dieaem beaonderen Punkte werden
ihm Ton guten Muaikanten und acbiecbien BHderkennern nocb immer Vorwurre gemacnt;
man iat z. B. empdrt darQber, daaa er die B&bne im DImmcrltcht ISsst, wenn nur ein
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269
KRITIK: OPER
schwaches Licht, eine Kerze oder Lampe, die Szene erhellt; der gute Musikant ist in
diesem Fall bose, weil er nicht das „Mienenspiel a seiner Sanger verfolgen kann — fur
den rembrandtischen Totaleindruck des ganzen Bildes fehlt ihm der Sinn). — Beim
musikalischen Teil war ein gewisses Suchen nach dem rechten Stil noch unverkennbar.
Einzelleistungen, wie der Muller des Herrn Buers und die Frasquita des Frl. FHuillier,
hoben sich sehr vorteilhaft ab. Der Dirigent, Herr Cassirer, nahm es, in den beiden
ersten Akten besonders, oft zu pedantisch niit dem Tempo, stellte die einzelnen Teile
nicht scharf genug gegenuber. Das wird sich geben. Am Berliner Publikum liegt es,
ob das Werk nun endlich der Buhne gewonnen ist. Wie aber auch die Entscheidung
heute ausfalle: die kommende Generation wird den Corregidor im Spielplan nicht ver-
missen. Werke wie Goetzens bezahmte Widerspenstige, wie der Bagdader Barbier von
Cornelius und wie Wolfs Corregidor singen sich nur langsam hinein ins deutsche Volk.
Aber dann werden sie auch so bald nicht mehr vergessen. — Konigl. Opernhaus: „Der
lange Kerl". In Berlin dient augenblicklich in einem Garderegiment ein Mann,
den seine Kameraden den langen Joseph nennen, da dieser Mann auch am Flugel
einer ersten Kompagnie noch auffallt ob seiner kolossalen Lange. Besagter langer
Joseph feierte am 27. und 29. Januar 1906 im Berliner Opernhaus einen grossen
Triumph als die Hauptperson einer neuen Oper, die den Titel „Der lange Kerl a
fuhrt, und Herrn von Woiko wsky-Biedau zum Dichterkomponisten hat. Ihr meint,
das sei doch nicht moglich, dass der erste beste Soldat vom Exerzierplatz weg
in die Oper abkommandiert wurde, um dort einen kunstlerischen Erfolg in Empfang
zu nehmen? Aber in Berlin ist alles moglich, was kommandiert wird. Herr v. Woikowsky-
Biedau wahlte zunachst, um den Mann nicht aus der Fassung zu bringen, etwas Militariscnes
zum Libretto; jene bekannte Anekdote, wie Friedrich Wilhelm I. ein hubsches Bauern-
madel nach Potsdam mit dem schiiftlichen Auftrag schickt, die Uberbringerin sofort mit
dem langen Mac Doll seines Leibregiments zu kopulieren, und wie die schlaue Bauern-
dirne unterwegs Zettel und Trinkgeld einer buckligen Alten ubergibt, die dann schleunigst
dem strammen Grenadier verehelicht wird (die Anekdote nahm im Textbuch freilich einen
anderen Verlauf; Herr v. Woikowsky-Biedau, der eine sehr gutmutige Natur zu sein
scheint, erspart dem langen Kerl noch im letzten Moment die Alte, und Mac Doll und die
Bauerntochter werden ein glucklich liebend Paar). Da aber ferner nicht anzunehmen ist,
dass auf dem Exerzierplatz Opernarien eingeiibt werden, so musste es so eingerichtet
werden, dass die Hauptperson dieser Oper iiberhaupt nichts zu singen hat, sondern nur
stramm zu stehen, dreimal „zu Befehl" zu sagen und seine Herzallerliebste zu tatscheln
— Dinge, die nach einer weitverbreiteten Ansicht beim Miiitar gute alte Uberlieferung
sind. So ging denn alles seinen rechten Pass — so weit es den „langen Kerl a selbst
angeht. Leider hatte Herr v. Woikowsky-Biedau den unglucklichen Einfall, die anderen
Personen nicht stumm oder nur redend einzufuhren, sondern sie singen zu lassen, mit
Orchesterbegleitung gar. Und das war bos. Nach der Gutmutigkeit, die sich in der
Textbehandlung zeigt, bekomme ich's aber nicht ubers Herz, die „Musik a dieser t Oper tt
gebuhrend zu charakterisieren. Nur soviel sei mir gestattet anzumerken, dass das Werk
ziemlich unzweideutig vom Berliner Opernpublikum, das wahrhaftig an Gutmutigkeit
nichts zu wunschen lasst, abgelehnt wurde, trotzdem der Schopfer des Werkes nach
oben so gute Beziehungen hat, dass man ein Justig Spiel in zwei Akten" am 150. Ge-
burtstag eines gewissen W. A. Mozart zur Auffuhrung brachte. Willy Pastor
BRESLAU: Als Novitat brachte die Oper Engelbert Humperdincks „Heirat wider
Willen" in leidlichem Ensemble (Herr Pruwer) heraus, trotzdem uns geeignete
Vertreter fur die beiden lustigen Rollen des Werkes fehlen. Frau Verhunc und Herr
Dorwald halfen mit nie versagender Routine aus. Herr Siewert sang geschmackvoll
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270
DIE MUSIK V. 10.
den Tenorino, Herr Schauer mit gutem Humor den Gouverneur. Dem Publikum
schien die abwechslungsreiche Partitur trotz ihrer argen Stillosigkeiten gut zu gefallen.
„Heirat wider Willen" erlebte seither eine ganze Reihe von Wiederbolungen. Mit be-
sonderen Fahrnissen hatte eine zyklische Vorfubrung des „Nibelungen-Ringes u zu
kampfen. „Rheingold u und „Walkure a liessen sich schlecht und recht mit eigenen
Kr3ften ermoglicben. Fur die Siegfriede aber fetalt uns der rechte Mann. So wurde
Herr Kraus als Gast angekiindigt, aber er sagte ab. Im „Siegfried a ersetzte ihn
Herr Schmedes aus Wien, dessen Stimme und Spiel an jugendlicher Frische mancbes
zu wunschen liessen, in „G6tterdammerung a Herr Urlus aus Leipzig, ein technisch
wohl beschlagener Sanger, dessen Sprachbehandlung jedoch den AuslSnder deutlich er-
kennen lasst. Fur die „Gotterdammerung" sagte dann unsere Brunnhilde ab. Als Ersatz
wurde ein Frl. del I a Rogers herbeigeholt. Eine Probe, die wohl die Notwendigkeit
einer Verschiebung der Auffuhrung zwingend ergeben batte, war offenbar fur uberflussig
erachtet worden. So erlebte das Publikum eine Brunnhilde, die in den exponiertesten
Momenten darstellerische Versehen beging und etwa die Halfte ihres musikalischen
Partes einfach scbuldig blieb. Im ersten Aufzug half ihr Siegfried-Urlus im Bedarfsfalle
ein. In der Schlusszene, als Siegfried auf der Bahre lag, war solche Hilfe nicht mehr
gut moglich, und so sang Frl. della Rogers von der gewaltigen Totenklage nur einzelne
Pbrasen, die ihr gelegentlich einflelen. Diese „MustervorstelIung a , an die die Ein-
heimischen Frl. Rose (Gutrune), die Herren Doring (Hagen) und Dorwald (Gunther)
treffliche Leistungen verschwendeten, fand ubrigens bei erhohten Preisen statt. Unsere
Mozart-Feier bestand aus den Repetitionen von „Don Juan a , „Figaros Hochzeit",
„ Zauberflote" und „Entfuhrung aus dem Serail a . Da wir es in den Vorjahren fiber
„Don Juan" und w Zauberflote a nicht herausgebracht hatten, so war die Einfugung
der beiden heiteren Werke in den Spielplan immerhin ein Gewinn. Waren nur die
Auffiihrungen besser gewesen! In ^Figaros Hocbzeit" konnten wir von den Hauptrollen
nur den Figaro mit Herrn Schauer wurdig besetzen. Die empflndlichste StSrung
brachte wieder ein Gast zu Wege: Frl. Kraus vom Jubilaums-Stadttheater in Wien.
Was sie der Grafin antat, lasst sich in kurzen Worten nicht beschreiben. Freundlicher
erging es der „Entfuhrung aus dem Serail". Hier trat die reife Kunst Emilie Herzogs
fiir die Konstanzc ein, Frl. Mott kam mit dem Blondchen uberraschend gut zustande,
und die Herren Schauer (Osmin), Siewert (Belmonte) und Birkenfeld (Pedrillo)
nahmen sich der Mannerrollen mit EifcT an. Die angekundigte zweite Opernnovitat,
Heubergers „Barfussele tt , ist zunachst verschoben worden. Dann will sich unsere Oper an
Richard Strauss' „Salome a wagen. Dr. Erich Freund
DRESDEN: Im Konigl. Opernhause ruht man auf den mit „Salome" errungenen
Lorbeeren aus. Darum begann der Mozartzyklus mit einer „Entfuhrungs a -Auf-
fuhrung, die zwar als Neueinstudierung auf dem Zettcl verzeichnet war, aber als solche
selbst bei bescheidenen Anspruchen nicht gelten konnte. Bemerkenswert war der Abend,
an dem Herr v. Bary zum ersten Male den Rienzi sang. Ich mochte sagen, dass Herr
v. Bary den Helden dieser Wagnerschen Oper in dem Stile der spateren Musikdramen
des Meisters gab und die Verwandtschaft mit der alteren Opernschule, speziell mit
Meyerbeer, dadurch in iiberraschender Weise zuriicktreten liess. F. A. Geissler
DOSSELDORF: In einer vortreftlichen „Lohengrin tt -Auffiihrung gastierte Frau Mottl-
Standhartner (Miinchen) als „Elsa tt und stellte sich Hans Sch il 1 ing-Ziem ssen
als Nachfolger von Dr. Rabl (fiir die kommende Spielzeit) auf dem ersten Kapellmeister-
posten (neben Frohlich) in vielversprechender Weise vor. Frieda Henke (Coblenz) sang
die n Margarete u und „Scnta u als Bewerberin urn das vakante jugendlich-dramatische
Each ohne entscheidenden Erfolg. Eine Glanzleistung bot Helene Bran des als
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27!
KRITIK: OPER
„Regimentstochter". Zum ersten Male gab man Rohrs „Vaterunser a mit J. von
Hubbenet (Rose), Gartner (Pfarrer) und Grassegger (Leroux). Der Einakter fand
eine rectat beifallige Aufnahme. Neu einstudiert wurden ^Hoffmanns Erzilhlungen" und
„Ha*nsel und Gretel". Ausgezeichnet besetzt in alien Rollen, beherrschten beide Werke
seitdem das Repertoire urn so mehr, als die Vorbereitungen fur einen secbs Abende
umfassenden Mozart-Zyklus weitere Premierenabende ausscbliessen mussten.
A. Eccarius - Sieber
FRANKFURT a. M.: Der Mozartzyklus im Opernbaus hat auch in seinem weiteren
Verlauf mit dem bosen Geiste Indisposition, der dem Unternehmen schon am ersten
Abend drohte, noch manches zu schaffen gebabt. Indessen nahmen sich nicht nur die
ofter im Spielplan wiederkehrenden Opern, sondern auch die seltenere „Entfuhrung
aus dem Serail** und die seit ISngeren Jahren nicht gehorten Werke „Idomeneo a
und „Titus a in der Ausfuhrung doch mindestens wurdig aus. Der romische Imperator,
der eine schone Lcistung Frl. Geigers bildete, und auch der mytbische Konig von
Kreta werden wohl bald wieder in der Versenkung verschwinden miissen, da es mit
der dauernden Empfanglichkeit des Publikums fur den Opernstil vor Gluck, worauf
beide Stucke zuruckgreifen, doch nun einmal vorbei ist. Dagegen hoffen wir, dass wir
die „Entfuhrung tt sowie „Cosi fan tutte", das noch aussteht, durch diesen Festanlass
wieder ofter werden geniessen durfen. An Frau Schackos Blondchen geht einem das
Herz auf, genau so wie vor einem Dutzend Jahren. Hans Pfeilschmidt
HAMBURG: Unsere Oper, vollauf beschaftigt mit dem 32 Abende umfassenden Zyklus
musikalischer Meisterwerke, einer Kette, die sie jetzt schon keuchend mit sich
schleppt, kommt naturlich einstweilen gar nicht zu Novitaten. Mit der scheusslichen
„Tosca a hat sie in dieser Beziehung vor Monaten das letzte Wort gesprochen. Humper-
dinck, d'Albert und wie sie alle heissen, die doch beriicksichtigt werden mussen,
stehen draussen und warten. Und wir warten mit. Damit soil nicht bestritten werden,
dass der Zyklus auch seine erfreulichen und kunstlerisch wertvollen Seiten hat. Einen
besonders interessanten und glucklichen Abend brachte er uns in der Neueinstudierung
der „Stumme von Portici" von Auber. Es liegt, zumal bei uns, etwas in der Luft, was
uns fur die drohende Chromatik dieser Musik, fur die Anklagen dieses Stoffes besonders
empfSnglich stimmt. Zum mindesten begreifen wir heute wieder mal ganz gut, dass ein
Werk wie die „Stumme a einmal die Rolle des ziindenden Funken spielen konnte. Dazu
kam die prachtige Neubearbeitung des Werkes durch Gustav Brecher, der mit seiner
intimen Kenntnis der theatralischen Wirkung das Buch revidierte, neu ubersetzte und
musikalisch manches uberaus glucklich retouchierte. In dieser durchaus beachtens-
werten Neubearbeitung, die in der Edition Peters gedruckt vorliegt und die fur die Zu-
kunft alien Buhnen zu empfehlen ist — schon wegen der besseren Fassung der Expo-
sition des Dramas — , erlebte die Oper bei uns unter Brechers Leitung eine imponierende
Auffuhrung. Imponierend sowohl als ganzes durch einen grossen, hinreissenden Zug,
wie im einzelnen durch eine prachtig beredte Orchesterleistung, durch einen ausdrucks-
voll eindringenden Chor und durch ausgezeichnete Verkorperung der Hauptrollen durch
Frl. Ferron und Herrn Birrenkoven. Jedenfalls war gerade diese Vorstellung ein
vollgultiger Beweis dafur, dass Brechers rastlose Arbeit nicht vergeblich getan ist, dass
das Niveau der Hamburger Oper unter ihm und durch ihn eine Hebung erfahren hat
und hoffentlich auch weiter erfahrt, je mehr die Uberzeugung sich Bahn bricht, dass die
eminenten kunstlerischen Krafte Brechers dem Institut zum Vorteil gereichen, und
dass gutgemeinte, sentimentale Erwagungen nicht am Platze sind in Fragen, wo es sich
ganz ausschliesslich urn Kunst und nicht urn Personen handelt. Als Gast der Oper
erschien, einmal, Willy Schiiller aus Wien. Er sang recht brav den Faust und reiste
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272
DIE MUS1K V. la
dano oboe dm ertebntoo Kontrakt «b. Tentg bedettteam inufete nacb der ,Stnniiimi*
die »Jtdln* an* Billow batte fo bo recht ah tdoem wltztgpn Tort von dem tmecbtat
Mahfabrfkanten: HtWry, dor nur RekUme macho fBr den ecbten: Meyerbeer* Nut def
swehe Akt dor Jttdin* in seiner ereten HUfto lit wtrkltoh ettaummgavol) nod getragoa
von ecbtom mtnlknliadi-drtnintlethen Getete* Prut Bene* und Herr Pennarini onngeti
die Hauptrollon in dor gleicbfirila von Bmber gelelteten AuOTbmng*
Heinrlob Cbevolley
K6tN: None Taten ehtd von den Veroinigten Stadttbeatern nicbt m pcldotv.
Outer dea virion AttthUfaglaten epracfe dor Tenorfat Helnrleb Spemaan top Dornt*
ettdt mis Siegfried fan gteteboamigen Vagnerecben Terke nod ebenoo In dor Gdttof-
dlmmertrog dmob seine fHsdbo, tndfridneU geprlgte, gesengliobe wte daretellerisdio
Geataltttagekraft sebr sympathise]! on- Am don LeiHoogen tod Otto Brteiemeistor
sit Logo In Rboingold tand Siegmttnd in dor Tnlfcftre gewinn man ale oiniif wetcnUicfto*
Eindrack don petalich berechoeter Theatralifc Pottl HI 1 lor
KONIGSBERG I Pr,l Dot Sudtthotter bit eine ran Kapellmeister Frommer nod
Oberreg}esettr Hart ma nn sofgffthfg vorbereltete Anffitttrung ton Tolf-Ferrati*o
ftNotfgferifan Prtnen* gebrecbt, worfn slab die Domen H of acker, Ballon, Schrootor
and Koch, die Ronton Krauoe, Frank, Berger, Rflbe nnd Rftbtam erfblgrtfcb wm
faiopolattotten Gating nnd letefates Spiel bcmfibttn* Mo zone Getrartatag wmde mit
*Cost ta tntfo* geiefert ; dlo Oper lit khr longo nlofet gegoben warden nnd hot In dor
ttbomsebend Arisen, such im Oreheetor graitfaen mttelfctllaOben tud darstaSondaa
Tfedeigabe vlelenBrfalggebabt Fttr FeSraar 1st cln Moxart*Zyfclns venpnrtfeen wordon.
Pool Bblor*
MAGDEBURG: Unset* Oper bradrte In oinor von Josef GSUricb trefflieb tot*
borottoion AntAbrttng Hnmperdincfcs v Hotm wider WHion", obne tedcosen don
gobofton Repertoiroerfolg damit m enleien. Sonet Unfit der Spielplan twisdben Mozart
nnd Tegoer, Gotmod nnd Bizet, Verdi und Mascagoi In Stadttbeaterwetse bin, obne fat
die AuesergtwSbnliche elnzutreteiL So war dor Tunsch wohl da, einmol Roy ero »Stgnrd"
ouf der dentscben Bflhne etazufQhren — or konnte aber darum nicbt zur Am nib rung
kommeo, well koine deutacbe ObersetEang dea Terkes vorbanden war. Vlellelcbt maehon
dleae Zellen einen Mualkknndigen nnd gewandten Oberaetzer euT dia Werk aufmerksaro.
In AnaaJcbt ateht noeh oino AnflQbrung der Oper M TIeflaad" von d' Albert, die nnaere
BSbno scbon bracbte, aber wegen elner Tenoroot wicder abaetzen muaate, die Elnffigtmg
dea tf Oberon* nacb der Tkabadener Elnricbtang nnd dep Nibelungenrings ala Zyklus.
Max Hasae
MANNHEIM; Einen durcbscblagenden Ertolg errang d'ALberta Muaikdraroa „Tier-
land" mil aeiner packenden und trefflicb llluatrierendea Muai^ deren Scbwerpunkt
im Orcbester Hegt Margarete B nodes und Margarote BeHng-Scbifer varen vor-
zGgllcbe Vertreterinnen der weiblicben Hauptrollen, Carl en gab den Pedro und Baail
den Sebtatiaoo, belde boten glinzende Lelstungen. WlHibald Klfaler dirlgierte und bane
in Anweaenbeit des Komponiaten einen atarkcn Erfolg. lutendant Hofmann erzlelto mit
einor Neuelnatudlerung von ,HoffmaftDt Erzlblungen* einen Kassencrfolg, well das
Terk aacb vielen Jahren wleder tnteres«lerte und in guter BeaeUung erschien.
K. Escbmann
NET YORK: Eine „FaustVAuffuhmng obne Cfaor Ut gewiss ein Unikumt Im
Metropolitan Opera House 1st eine seiche gegeben word en t am 3* Januir. Die
Mltglfeder dea Chore batten eine LohoerbObung von 60 Mirk «uf J 00 Mark per Tocbe
und verachiedene andere Beg&natlgungen verlangtf und bildeten eine Union. Direktor
Conrled war bereit, die Lobnfrage zu berucksichtigen, welgerte aich aber, die Union
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
273
KRITIK: OPER
anzuerkennen. Darauf folgte der Streik, und Conried musste sich mit Blechmusik und
Orgel aushelfen. Glucklicherweise dauerte der Streik nicht lange; aber in der nScbsten
Auffuhrung („Tristan und Isolde") wurden die Chore im ersten Akte von Solisten ge-
sungen — worunter Knote, Reiss, Goritz. Auch Caruso wollte mitsingen, kam
aber zu spat — leider, denn dann h&tte er sagen konnen, er hStte in derselben Wocbe
sein Debut sowohl in deutscher wie in franzosischer Oper gemacht. Er sang namlich
an dem Streik-Abend zum ersten Male eine franzosische Rolle. Wie er die Rolle auf-
gefasst hat, kann man daraus ersehen, dass er, ausser in der ersten Szene, den ganzen
Abend weisse Handschube anhaite, sogar im Gefingnis! Gesanglich war er naturlich
besser, aber Caruso ist weit davon entfernt ein Jean de Reszke zu sein, der franzosische,
deutsche und italienische Opern gleich gut sang. Italienische Rollen singt Caruso aller-
dings entzuckend, besonders die modernen von Puccini. Eigentumlicherweise wagt er
sich nicht an Manrico im „Trovatore*, und diese hier seit Jahren nicht gehorte Oper ist
daher mit Knote und Lillian Nordica gegeben worden. „A'ida", mit Nordica und
Caruso, hat grosses Aufsehen gemacht; auch ^Tristan und Isolde", mit Nordica und
Burgstaller, der den Tristan hier zum ersten Male gab, und zwar ausgezeichnet.
Uberhaupt ist „Tristan u das populfirste aller Wagnerschen Dramen in New York — eine
Tatsache, die vor zwei Jahren Mottl so angenehm uberraschte. „Parsifal a war bet der
ersten diesjahrigen Auffuhrung schlecht besucht; bei der zweiten aber war das Haus
wieder vol!. Das Mozartjubil&um wird gefeiert mit einer „Don Juan" -Auffuhrung, in
der Sembrich, Nordica, Scotti, Dippel, Journet mitwirken. Henry T. Finck
PARIS: In der Grossen Oper horte man wenig Neues im Laufe des Januars. Van
Dyck gab mit Erfolg eine Serie von Tristan-Vorstellungen, und daruber vergass
man den neueinstudierten „Freischutz a ohne Schaden. Ein andermal wird man ihn
hoffentlich etwas anders einstudieren. — Die Komische Oper, die letztes Jahr das
Hundertjahresfest des „Fidelio a vers2umt hatte, Ioste endlich im Januar 1906 ihr Ver-
sprechen ein. Die einst vorubergehend an der Grossen Oper beschaftigte deutsche
S&ngerin Frau Kutschera sang als Gast die Leonore mit hervorragendem dramatischen
Feuer, zeigte aber im langsamen Teil ihrer Arie eine gewisse Ermudung des Organs.
Beyle, Dufranne, Vieuille und die jugendliche Vanthrin boten sehr befriedigende
Leistungen als Florestan, Pizarro, Rocco und Marzelline. — Ein neuer Zweiakter von
Gabriel Pierne* „La Coupe Enchanted* (Text von Matrat nach Lafontaine) erwies sich
als ein interessanter Versuch, moderne Harmonik und Melodik mit den Susseren Formen
der alten komischen Oper in Einklang zu bringen. — Die Operette, die als aus-
gestorben gait, hat immerhin in den alten „Bouffes Parisiens" Offenbachs noch ein
kleines Heim behalten. „Les Filles Jackson et Compagnie" von Justin Clarice, einem
gerailigen Nachfolger des gefailigen Lecocq, gehen dort der hundertsten Vorstellung ent-
gegen, obschon das Textbuch von Ordonneau uber Gebuhr albern ist und die Pariser
Kritik uber Stuck und Musik sehr geringschfitzig ausfiel. Felix Vogt
PRAG: „Der schwarze See" heisst die neueste Urauffuhrung des tschechischen
Nationaltheaters, die dem Komponisten, dem greisen Richard Rozkoschny einen
schonen Erfolg brachte. Rozkoschny hat noch am Ende der sechzigerjahre mit Smetana
urn die Palme der Popularity gerungen und gehort zur Gruppe der Blodek, Hrimaly,
Schebor, die ihres Zeichens Eklektiker, gern auch aus dem frischen Tonquell scbopften,
der in der „Verkauften Braut" ihres grossen Rivalen in so reinem Strahle sprudelte.
Dem Buch liegt eine Volkssage, der Roman einer Waldnixe, zugrunde, die einen Sterb-
lichen heiratet. Die Musik zeigt Rozkoschny auf bewahrten Pfaden. Was darin Effekt
macbt, stammt aus dem Arsenal der grossen Oper; was darin lebensvoll anspricht, kommt
vom Volkslied und Volkstanz her. Im ganzen vieux jeu, aber doch recht Iiebenswurdig
- .-., .- ( "m \olr Original from
■j,.ul. .y/ v.. iiH.i^iv UNIVERSITYOF MICHIGAN
274
DIE MUSIK V. 10.
gespielt. Die Auffuhrung unter Kapellmeister Jitek war prSchtig ausgestattet, Frau
Bobek als Nixe ausgezeichnet. — Das deutsche Theater absolvierte zu Beginn des
Jabres den „Nibelungenring a mit besonderem Gelingen und liess die Akt6 gastieren.
Tosca: grossartig; Elsa: stillos, kulissenreisserisch. Den Mozarttagfeierten beide Buhnen
rait Neustudierungen des „Don Juan a . Dr. R. Batka
ROSTOCK: Ausserlich erfuhr unsere Buhne eine wesentliche Verbesserung durch
Einfuhrung des geteilten Wagnervorhangs. Aber was hinter diesem Vorhang ge-
schieht, ist wenig erfreulicb. In Rheingold und Walkiire vermisste man schmerzlicbst
Tollers unvergleichlich sorgfaltige Regiekunst. Der Stolz unsrer fruheren Buhnenleitung,
der vornehme Grundsatz strengsten Bayreuther Stils wird ganz und gar vernachlassigt,
die SchwSchen der Provinzbuhne, unzuiangliche Rollenbesetzung usw. treten teilweise
grell hervor. Unter solchen Umstanden sollten die Wagnerschen Werke lieber gar nicbt
gegeben werden. Die jetzigen Auffuhrungen fallen gegen fruher zu sehr ab! Naturlich
geht so die Teilnabme aller ernsten Kunstfreunde und der gute, kunstlerische Ruf, den
unsere Buhne unter Hagens Leitung in langjahriger Arbeit errang, rasch verloren. —
Der MozaMtag wurde mit Figaro gefciert. Sonst verlauft der Spielplan im gewohnlichen
Gleise. Prof. Dr. W. Golther
STRASSBURG: Chronische Repertoireatrophie! Trotzdcm ofters Unvollkommenheiten
der Einstudierung gangbarer Werke, wie Walkure usw. Als Carmen bot Agnes
Hermann musikalisch nahezu Vollendetes. In v. Manoff bekommen wir einen viel-
versprechenden neuen Heldenbariton. — Eine „ Figaro* -Auffuhrung blieb eindruckslos
wegen partieller Verkehrtheit, teils der Besetzung teils der Tempi, — Katharina Fleischer-
Ed el als Grafin leider indisponiert. — Ein Lichtblick war die saubere Premiere der w Neu-
gierigen Frauen" (Kapellmeister Fried). Ob nicht Wolf-Ferrari doch uberscha*tzt
wird, und einen Teil seines Erfolgs der Reklame und seinem Ausiandertum verdankt?
Die Handlung ist eigentlich gar armselig, und die Musik hat zwar wohl in den Ensemble-
satzen wunderhubsche Momente, zerflattert aber sonst doch auch in der vielfach
fadenscheinigen Instrumentation in Lappen und Flickchen, nicbt selten recht banalen
Charakters. Dr. G. Altmann
TEPLITZ-SCHONAU: Heuer diirfen wir uns auch beziiglich des Theaters in diesen
Blattern vernehmen lassen. Buhnen, die es mit dem ^Hollander 4 *, dem „Lohengrin"
wagen, zahlt es mancheroits; aber mit „Walkure a und dem „Siegfried a , dazu in recht
loblicher Auffuhrung (in letzterem Briesemeister als Gast), davon darf man reden. Von
Mozart gab es zur Gedenkfeier „Figaros Hochzeit 4 *, von Bizet gelangte „Carmen",
von Smetana „Die verkaufte Braui a (letztere Oper ganz ausnehmend treffiich gelungen)
zur Auffuhrung. Der Hofopernsanger Hesch trat in den „Hugenotten a als Marcel auf.
Hinsichtlich der Krafte ist in erster Reihe der jugendliche Kapellmeister Klausner zu
nennen, dann der Tenor Dura, der Bass Burstingshaus besonders vortreffiich als
Wanderer im „Siegfried". Anton Klima
WIESBADEN: Das Hoftheater brachte zur Mozart-Feier eine „Neu-Einrichtung a des
„Don Juan". Sie betraf naturlich in erster Reihe das dekorative Element. Die
szenischen Bilder (Velasquez-Kostiim um 1650!) waren malerisch und so glucklich dis-
poniert, dass wir mit 7maligem Szenenwechsel auskamen. Das erste Finale spielt nicht
im Ballsaal, sondern in der offenen Gasthalle einer Lokanda, wohin Don Juan — so ist
anzunehmen — alles einlud. Sein Hausorchester spielt oben auf der Estrade; im Hinter-
grund, im Freien, spieltj eine — Zigeunerbanda den Bauern zum Tanz auf; Don Juans
Attacke auf Zerline, seine Flucht mit Leporello unter dem Gewittersturm ergeben sich
zwanglos. Leider wurden fast alle die sonst gut-intendierten szenischen Bilder durch
ein Ubermass von Staffage belebt, das von der Hauptsache — der Musik — ablenkte,
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
275
KRITIK: KONZERT
und die Pausen zwischen den einzelnen Bildern debnten sich so endlos, dass die musi-
kalische Stimmung immer wieder grausam zerrissen wurde. Was die gesangliche Wieder-
gabe betrifft, so muss man sich eigentlich wundern, dass Mozart, nach allem modernen
Uberschwang dramatischen Ausdrucks, heute iiberhaupt noch so gesungen wird!
Otto Dorn
KONZERT
A GRAM: In der ersten Kammermusiksoir£e begriissten wir Ernst v. Dohnanyi, der
nun auch den Weg alles Genialen in unserer Monarchic gegangen ist, indem er in
Berlin eine seinem Wirkungskreis entsprechende Stellung annahm. Das Hauptinteresse
konzentrierte sich auf vier Rhapsodieen eigener Faktur, die Dohnanyi hier zum ersten Male
zu Gehor brachte. Die erste, wohl das musikalisch hochststehende der vier unterein-
ander inhaltlich zusammengehorenden Stucke, wird sich dem musikalischen VerstSndnis
infolge seines wild rhapsodischen Gehaltes erst nach ofterem Horen erschliessen, wahrend
die dritte mit ihrem elektrisierenden Rbythmus ziindende Wirkung ubt, und das vierte
Stuck „Dies irae" in der Zusammenfassung der Themen allcr drei vorangehenden Stucke
einen uberwSltigenden Eindruck macht. — In einem Gesellschaftskonzerte des Landes-
musikinstitutes erschien eine neue Vereinigung, das Sevoik-Quartett aus Prag. Den
neuen Quartetiisten ist schones jugendliches Feuer nachzuruhmen, das wohl in zukunf-
tiger fortgesetzter Pflege der Klassiker einigermassen Eindammung erfahren, dafur aber
das rein Geistige des Materials mebr in den Vordergrund treten lassen wird. Der
modernen Auffassung ihrer Schule entsprecbend brachten die „Jungtschechen a das Grieg-
Quartett zu glanzender Wirkung. — Ein neuer Stern am Opernhimmel geht wieder von
Agram aus auf. Wie seinerzeit unsere Ternina ihren Weg zu den Hohen der Kunst
von hier aus unternahm, fubrt das Schicksal abermals eine junge Sangerin, Mira Korosec,
nach Munchen. Felix Mottl, der die junge Kiinstlerin jiingst horte, engagierte sie fur
die Munchener Hofbuhne. Ernst Schulz
AMSTERDAM: Von den vielen Solistenkonzerten konnen wir nur die hervorragendsten
hervorheben: unter den Sangerinnen gebuhrt die Palme Julia Culp, die in drei
Konzerten wiederum durch ihre Prachtstimme und packende Vortragskunst entzuckte.
In zweien war ihr Partner der feinfuhlige Coenraad Bos, im dritten Hermann Zilcher,
der als Begleiter und Komponist Erfolge hatte. — In den Abonnements-Konzerten des
Konzertgebouw zwei glanzende Techniker: C£sar Thomson und Leopold Godowsky.
In zwei Konzerten erregte Teresa Carreno Aufsehen, die durch poesievolles Spiel und
ihre phanomenale Kraftentfaltung in ihren Zauberbann zwang. Zum ersten Male kehrte
in ihrem Vaterlande ein Maria Seret. Glanzende, umfangreiche Stimme, temperament-
voller Vortrag, auserlesenes Programm sichenen ihr bedeutenden Erfolg. Das vor-
treff liche Ros^-Quartett brachte als fesselnde Novitaten Werke von Reger und Hugo
Wolf mit. Hans Augustin
ANTWERPEN: Das zweite und dritte Konzert der Gesellschaft „Nouveaux
Concerts'* stand unter Leitung Lodewyk Mo rt el mans, der sich zu einem
guten Orchesterleiter herangebildet hat und dessen vor kurzem in Brussel mit Erfolg
aufgefuhrte w Homerische Symphonie" auch hier mit grossem Beifall aufgenommen
wurde. WShrend im zweiten Konzert die Solisten Katharina Senger- Bettaque und
namentlich der fur den behinderten Burrian eintretende Kurt Sommer (Wiesbaden) mit
seinem wenig sympathischen Tenor kaum Interesse erregten, erspielte sich im dritten
der Cellist Casals mit Lalo's Konzert grossten Erfolg. In diesem Konzert fiel angenehm
auf eine symphonische Dichtung „Cyrus M des Lehrers des hiesigen flSmischen Kon-
servatoriums, Flor. Alpaerts, die bei dem Preisausschreiben der Gesellschaft fur 1905
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
276
DIB MUSIK V, Ifr
mlt dem eraten Prelae bedaebt vmde. DJeaelbe GeseQsebaft vermittalte nne da
lutereaaauto Bekanntecjiaft mil der «Sociitd dee in str amenta anelene* vw Part**
— Ana der Reibe der Br unaera Vet feSitnfeae reekt xabifeicbea Soifatenkeniettu Steft
Geyer, Megerlfn, Mil* Hamboargt Br etna new* tel beeondere daa dp* VJoffnbttm
Guatav Vattber bervorgeboben* der to Vereln mlt Clotllde Kieeberg das Pubfikam
iu lebbaftem BetfUI verpflicbtete* A. Hoaigellein
BERLIN i UnbekBmmert durcb Mlsaerhlg libit Bttaoni Iton^ Asm Berliner PublifctHB
none Verke In eetaeo Orelieftaribeadea voraufiihreii, la rfeftt leWen fetal ale
intareeaante Gaben eine Pbeataele fiber raesbcbe Tbemen IBr Soloviottae mh Orcbeeter*
begpettnng ran Klmekt-Koreeakow, kraftvoUe, rbytbmiach pEfcanto Muelk* tmd eiae
vteriltilge Symphonic van dem Brflaaaler Looia F* Delano herrargehobca* Jedem der
vler Sitae 1st ein Motto uti Nietaaebee Zarathuetra vofaageaeblcfct; dor erete, tin tellea
Allegro, jagt im FF ©hne Joden mttderen Gegeneatx wie els Stnrmwlnd in tiu rarilwr,
or pack! dnreh die Energie dot Aaadrucfca. Dsnn tolgt ein dOatres Naebtatfick, darani
eta lockerea laetfgea Setters^ du una Tim dor Erdenecfawere befreit; fan Finale fiiegt
viedar der wilde Sturmgeiet dnhin* Alio Dlmonen de« mnderaea Ofcbeetere warden in
dem Werke mt una Ioege4aesen4 Etna Suite IBr Trompete, aval FlStea and Sttelcb-
KCbeatt? 0m eHw Stile) von Vincent d'Udy orichleo mJr recbt dfirWg und geklaaMU
la Ibrem tnbalt; noch dfirfttger aber nad dabcl fiber die Qebfthr attegedehnt/ sftadtok
nad langweiHg warm die bdden Stflcke f&r SolovtoHne mlt Orctaerbegletttuig ma
Taaye, (He dor Kompooiet aelbat cftrltlerte. Der Gelger MicbaH Preaa erftantn doreb
voraettmen Tea nnd efchece Teebntk. — Fflr eel* drittee Orche&tef*Kammerko«ert
batte & N. von fiexnlcek eiae mebrsittlge Strife 19t Blaafatatmrnente too ftlphard
Stranea* wofel eia Jageadwefk, hervorgeeucbt, ana dam nameetlkh die Romaiwe and die
GaTotie taSden, hraar eine Serenade IBr Strekborcbeater ran Veintartaer f banalea
frimndUcbe^ kni»t tetn gedneheette Ntppeaaiefaelcben, Von ateh bracbta der Dlrlgant
tin Kachtatflck Mr CeQoaelo (Beinrteb Grftafeld), doaaea Beglelmnf IBr Tier H6mnr t
StrelcborcheMr nod Harh geaem la^ ein atbnmQncereUaa, bin meMUach tearbriiaara
Maalkitficfc, hraeraoeb drei Vagabtindcnlieder mit KUvIorbegleitang von Herrn Lederer-
Prina gesungen* Teitaus am beaten yon dieeen ist das erategeraten mlt aein er ▼llden,
bittern Stimmnng, ein In fester Stropfaenform gefQgtes Ued; die and era veil ten aieb
wegen xu Tlel Detallmalerel nicbt xu tintm Ganzen abnindcn. — Zwelmal bat Chirlee
Villiama unaere Pbilharmoniker brav und tficbtig, aber obne iirgendvetcbe peraOnlicbe
Note dfrigierL Tea er lint von Motart (Onrerture zum Scbiuspjddirektor, erne Ueinerc
Sympbnaie In B-dnr) Oder von Bicb (eine Suite C-dur fur Strelcborcbeater und drei
Blast mtru men te) vorfGhrte, Uang vlel xu acbwerfllllg, well der Strclchetchor xu stark
beaetxt war, die Bllaer kamen nicbt zur Geltung. Atich in dem KonzertstQck fur Solo*
quartett mit begleitendamStreichorcheaKr von Edward El gs r bffrte man von den vier Soliaten
infblge der atarken Begleitung nur Anton Vitek mil seinem goldnen Ton. Obrigena
xelgte slcb der Bruder des Dirigpnten, Arthur Villiama^ mit dem Vortrag dea
DveHkMcben Cellokonzertea ala ein beacbtenawerter Kunatler — Daa letxte Nikiach-
Konxert war xtt einem Mozart- Abend gestaltet: OuvertOre zur Zauberfl5te, 1m
beaonnenen Zeitmaaae, berrlicb klar in der StlmmfQbrung auageataltet^ Symphonic
concertante £a-dur fflr Vioiine {Titek] und Viols (Klingler) mit Orcta ester, Jupiter-
Sympbonie — ein wahrer Feattag fOr Orcbester und Hirer* Lula Mysz-Gmeiner
sang eine Arle der VlteiUa aus Titus und vier Lieder, darunter naturlich aucb daa
Vellchen t aber aucb ein wenlger bekauntcs Stfick »ili Luisc die Brlefe Ibrca ungetreuen
Llebbabors vcrbrinntc* ein tleforgreifandas StlmmungsbUd, das von der Slogerio xu
roller Vlrkung gebrscbt wurde* — LU1I Lehman a sang wieder einmal vor ausverkauftem
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
277
KRIT1K: KONZERT
Saal in der Philharmonie. — Anton Sistermans hatte sich fur seinen Liederabend
u. a. grossere Liedergruppen von Jensen und Pfitzner ausgesucht, die er trefflich zur
Geltung brachte; des letzteren „Sonst", ein mit reizvollem Humor getrSnktes Rokoko-Bild
(Textvon Eichendorff) verdient besondere Erwahnung. — Eugen d'Albert spielte mit den von
Dr. Muck dirigierten Philharmonikern Schumanns a-moll Konzert, die Wandrerpbantasie
von Schubert-Liszt, Liszts Es-dur Konzert und Totentanz (Paraphrase fiber dies irae),
Chopin's Nocturne in H-dur und ein Menuett von Zanella. Ein herrlicher Abend, ein
Lichtpunkt in der ermfidenden Referententatigkeit! Ergotzlich war es, wie die improvi-
satorische Art in d'Alberts Spiel, die wir alle so lieben, selbst die unerbittliche Festigkeit
eines Dr. Muck mit sich fortzureissen wusste. E. E. Taubert
Das fiber jedes Lob erhabene ausgezeichnete Brusseler Quartett brachte mit
dem g-moll Quartett von Claude Debussy eine interessante lokale Neuheit zur Auf-
ffihrung; es gemahnt in Harmonik, Rhythmik und zum Teil auch Thematik an Griegs
Quartett und ist wie dieses teilweise fast orchestral gehalten; ein brillantes Virtuosen-
stfick ist das Scherzo, ungemein fein in der Stimmung der freilich etwas zerrissene
langsame Satz. — Das Bohmische Streichquartett scheint NovitSten jetzt aus dem
Wege zu gehen; zwischen den Quartetten von Tschaikowsky in es-moll und Beethoven
in e-moll bot es aber mit der vortrefflichen VeraMaurina am Klavier wenigstens Hugo
Kauns hier schon zweimal erfolgreich aufgefuhrtes Klavierquintett. — Das phil-
harmonische Trio (Vita Gerhardt, Anton Witek und Malkin) holte Volkmanns
grossartiges b-moll Trio wieder einmal hervor und erganzte sich durch Max Freund
und Frid. Klingler,um Smetana's Streichquartett „Aus meinem Leben u vorzuffihren. —
Als Verdienst ist es dem Trio Georg Schumann, Halir und Dechert anzurechnen,
die Aufmerksamkeit auf das Klaviertrio op 14. von Heinrich XXIV. Ffirst Reuss gelenkt
zu haben: namentlich der langsame Satz und die vortreffiich gearbeiteten Variationen
(Finale) gefielen sehr. — Richard Rossi er, der treffliche Pianist, und der nicht minder
treffiiche Geiger Karl Klingler machten uns mit ihren neuen Kammermusikwerken
bekannt. RSsslers eben im Druck erschienenes As-dur Klaviertrio, dessen Violoncell-
partie prachtvoll von Rudolf Krasselt ausgeffihrt wurde, ist formvollendet, ungemein
frisch und sehr dankbar, enth< auch viele Feinheiten im einzelnen. Hervorragend ist
Klinglers noch ungedruckte Bratschensonate: ich kenne fibrigens kein ahnliches Werk,
in dem dieses Instrument so klangschon behandelt ist und so wenig vom Klavier zu-
gedeckt wird. Ein grosser Gedankenreichtum, eine Fulle edler Melodieen ist in dieser
Sonate enthalten. — Einen Sonatenabend (Corelli, Mozart, Beethoven, C6sar Franck) ver-
anstaltete die gediegene Geigerin Jeanne Diot, die freilich durch ihren vortrefflichen
Klavierpartner Jose" Vianna da Motta in den Hintergrund gestellt wurde. — Eine
talentvolle Geigenvirtuosin ist Armida Napolitano; nach ihrem Vortrag von Beethovens
Kreutzer-Sonate (mit Coenraad van Bos) darf man sie freilich nicht beurteilen. — Alfred
Wittenberg gab ein eigenes Konzert, obwohl sein Ruf hier langst gefestigt ist; herrlich
spielte er den langsamen Satz von Bachs E-dur Konzert. — Anna Hegner erwarb sich
das Verdienst, endlich hier Felix Woyrsch's wertvolles Violinkonzert w Skaldische Rhapsodie* 1
(vgl. „Die Musik" Bd. 14, S. 431) eingeffihrt zu haben; das philharmonische Orchester
leitete hierbei der Komponist. Mit Zuziehung desselben Orchesters unter Scharrer
konzertierte erfolgreich der nicht mehr junge, sehr solide Geiger Theodor Spiering,
hier ein homo novus. Wilh. Altmann
Um auf Edouard Risler zuruckzukommen. Man verfolgt ihn mit grdsstem Inter-
esse, freut sich seiner technischen Vorzfige und bewundert an ihm das bedeutende
Mass von positivem Konnen. Jedoch meine ich, dass seine Entwicklung in den letzten
Jahren nur eine Susserliche Zunahme erfahren hat. Innerlich will's nicht recht vorwirts
V. 10. 19
J::;i ".i/.OV*
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DIE MUSIK V. 10.
geben. Von seelischer Bereicherung wenigstens war in seinem „Beethoven" wenig zu
spuren. Beweis: die langsamen Satze, die er in dem Bestreben, deutsch zu spielen,
entweder zu breit nahm oder sentimentaliscb versusste. Sein Figuralwerk, die Passagen-
rundung kamen dagegen den SchlusssStzen zugute, wiewohl er das Finale der „Appassio-
nata a vollig ubersturzte und verzerrte. Elementar wiiken kann er eben nicht; denn im Grunde
genommen ist er eber pblegmatiscb und einer rassigen Nervositfit nicht fa*hig. Er sollte
weniger arbeiten, die Detailkunste beiseite lassen, und mehr im Grossen, Allgemeinen
spielen. — Uber Busoni das nachste Mai ausfuhrlicher. Von jiingeren Pianisten er-
wSbne ich: Marcian Thai berg, einen tucbtigen Konner ohne besonders auffallende
Vortragsfahigkeiten, Michael von Zadora, der noch in virtuosischer Entwicklung be-
griffen, und Severin Eisenberger, dessen temperamentvolle und kapriziose Natur
durch eine elegante, etwas leicht gewogene Technik unterstutzt wird. Unter den Damen
leisteten zum Teil ausgezeichnetes: Ella Jonas, eines der wenigen guten jungeren Talente,
das seinen musikalischen Gbarakter und technische Feinkunst an Mozarts d-moll-Konzert
zur Geltung brachte. — Ethel Newcomb, deren Technik noch ohne harmoniscbe Durch-
bildung und deren Auffassung nicht der Kraft und der Grosse ihres Vorwurfs entsprach, —
ferner Klara Kuske, die im Kleinen besser war, denn im Grossen, wie z. B. in Liszts h-moll-
Sonate, die noch Roharbeit war, — Augusta Zuckerman, eine liebenswurdige Spielerin
mit guter Naturtechnik und trefflichem Anschlagsvermogen, — und Flora Scberres-
Friedenthal, die bekannte tuchiige Erscheinung. — Unter den Stimmen nimmt Julia
Culp einen ersten Platz ein. Die zum Teil schone Formgebung, der metallische Glanz,
die musikalische Liebenswurdigkeit sichern ihr nach wie vor eine gewisse Sympathie.
Nach der innerlichen Seite muss sie jedoch noch wachsen, urn das Lied mit dem Zauber
des menschlichen Timbres zu umgeben und zum Kunstwerk zu gestalten. — Eine merk-
wurdige Ehe waren Aaltje Burg und Hendrik Kubbenga eingegangen. Ein hoher
Sopran hatte sich mit einem Bass-Bariton vermahlt, um seltenere Duette zu Gehor zu
bnngen. Dass sich solche stimmliche Gegensfitze in den wenigsten Fallen ausgleichen,
bezw. dass es zu derartigen ZwiegesSngen einer vollendeten Harmonie der Organe und
der tecbnischen Ausbildung bedarf, diese Einsicht scheint beiden nicht recht zum Be-
wusstsein gekommen zu sein. — Alexander H ein em an n setzte seine reichen Mittel
daran, die Ballade in ihrer historischen Entwicklung zu geben. Interessant war die
Gegenuberstellung des „Erlk6nig* von Bernhard Klein und Schubert. — Von Anna
Stephan und Elisabeth Ohlhoff bleibt zu sagen, dass die technischen Mfingel noch
immer nicht so beglichen sind, dass das musikalische Konto schuldenfrei erschiene.
R. M. Breithaupt
Um gerecht zu sein, muss ich meinen Bericht mit der Besprechung von Edwin
Fischers Leistungen beginnen, die alles andere von mir innerhalb zweier Wochen Ge-
horte ubertrafen. Bescheiden war er im Konzert von Grete Steffens an letzter Stelle
unter den Mitwirkenden genannt, wShrend wegen seiner KlaviervortrSge allein der Be-
such des Konzertes lobnend gewesen wMre. In dem augenscheinlicb noch sehr jungen
Mann steckt eines der starksten musikalischen Talente, die mir seit langer Zeit be-
gegneten. Aus dem wird etwas! Auch jetzt schon durfte er sicber uberall Aufsehen
erregen. Er spielt nicht nur Klavier, er dichtet nach. Mit durchdringendem Ver-
stSndnis verhalf er der Klaviersonate op. 6 von F. Draeseke zu grossem Erfolge. Die
Konzertgeberin Grete Steffens singt mit umfangreichem, klingendem und geschultem
hohem Alt recht dramatisch. Leider ist der Ton oft unstet. In drei Duetten von Brahms
hatte sie als Partner Dr. Ludwig Wuilner. — Paul Goldschmidt ist ein ausserst
gewandter Pianist, der musikalische Eigenschaften hat. Aber ein gehngerer Aufwand von
Kraft ist ibm zu empfehlen. — An krankem Ton leidet das KJavierspiel von Anna
- .-., .- ( "m \olr Original from
■j,.ul. jy v, iiH.i^iv UNIVERSITYOF MICHIGAN
279
KRITIK: KONZERT
Laidlaw. Sie hat sich ein sehr leichtes Staccato angeeignet. — Elli Rangman zeigte
eine Musikernatur. Sie vermeidet moglichst die Schablone, ist individuell beanlagt und
gliedert klar. Man muss sie ernst nehmen, wenn sie aucta einer solch grossen Aufgabe
wie Beethovens Sonate op. 110 noch nicht gewachsen ist. — Olga Hahn-Rheinboldt
(Klavier) und Marie Muller-JSssing (Gesang) sollten nicht offentlich auftreten. —
Schon durch ihr Programm, das u. a. Gesange von P. Cornelius, Regsr, d'AIbert, Strauss,
Wolf, Sitt, Thuille und Scheinpflug enthielt, erregte Therese Muller-Reichel Interesse.
Sie hat einen schonen, sympathischen Sopran. Im Ausdruck ist sie noch nicht tief-
gehend genug. — Zu gemeinsamem Konzert hatten sich Jeannette Grumbacher de
Jong (Sopran), Irma Saenger-Sethe (Violine) und Moritz Mayer-Mahr (Klavier) ver-
einigt. Die Sangerin ist im Liedvortrag ganz hervorragend. Die Violinistin ist sich fiber
die Tempi nicht klar, geigt aber mit scbonem Ton. Mayer-Mahrs Vorzuge sind eine
ausserst glatte Technik und ausdrucksvoller, farbenreicher Anschlag. — Elisabeth Halter
nutzt ihren prachtigen Alt nur klanglich aus. Die Stimme pariert nicht gleichmassig
gut. Die Reinheit ist mitunter getrubt. — Ida Kopetschni's Gesang ist zierlich und
allerliebst. Kleines Sopranstimmchen, koketter Vortrag, kurze Noten unhorbar. — Minnie
K uhne-Hellmessen ist eine verstandige Pianistin voll Kraft und Temperament, weiss
auch zartere Saiten anzuschlagen. Gregor vonAkimoff spielt Violine mit gesangvollem
Ton, verzerrt jedoch die Kantilene und zeigt fur Bach kein Stilgefubl. Seine Phrasierung
ist meistens unberechtigt. — Elsa Riess ISsst sich nur eine starke Stimme nachsagen.
— Ohne viel Temperament, aber mit desto mehr Verstand spielte Gottfried Galston
trefflich Bach, Beethoven und Brahms. — Die beiden, wohl kaum den Kinderschuhen
entwachsenen Schwestern Elisabeth und Gudrun Riidinger haben wundervolle Sopran-
stimmen. Bei Elisabeth fiel mir sehr deutliche Koloratur, besonders der runde Triller
auf. Gudrun hat die grossere Stimme und ist musikalischer. Die Violinistin Clara
Schmidt-Guthaus zeigte Soliditat, Korrektheit und Intelligenz, der Vortrag ist aber
etwas zu pedantisch. Ich horte von ihr das F-dur Konzert von Lalo. — Gertrud
Bischoffs Vortrag genugt nicht, um die gesanglichen Fehler zu verdecken. Sopran
nicht ubel. Kiinstlerisch vollig wild ist das Violinspiel des nicht unbegabten Albert
J&rosy. — Jacques van Lier gab einen Beethoven-Abend mit der Pianistin Elisabeth
Odenwaldt. van Lier ist ein vorzuglicher Cellist, tragt sehr sinngemass vor, uber-
treibt in dynamischer Hinsicht aber nach beiden Richtungen. Im Forte ist sein Ton
rauh und schmelzlos. Die Pianistin ist sehr tuchtig. — Annie Ritter singt wie in der
Gesangstunde. Keine Spur von Auffassung. Stimme ist vorhanden. Der mitwirkende
Hermann Mo n ich spielt gewandt Klavier. — Die SpezialitSt der Mezzosopranistin
Susanne Dessoir ist der Vortrag heiterer Lieder, jedoch wird sie auch ernsteren Ge-
singen ziemlich gerecht, obgleich die Mittellage ihrer Stimme des Reizes entbehrt und
das Gefuhl sich nicht ordentlich durchbricht. Sie sang drei schottische und wallisische
Lieder von Beethoven mit Triobegleitung. Auch Robert Kahn hat fur seine hier zum
ersten Male aufgefuhrten sieben Lieder aus ,Jungbrunnen rt von Paul Heyse Trio-
begleitung gewahlt. Mit Ausnahme der beiden letzten Lieder ist diese aber gerade so
uberflussig wie zu denen Beethovens. Die Herren Carl Halir und Leo Schrattenholz
(Violine und Cello) hatten sich der undankbaren Aufgabe unterzogen, wahrend der
Komponist selbst am Klavier sass. Die Lieder sind hubsch und klingen gut, sind auch
effektvoll, lassen Charakteristik aber fast ausnahmslos vermissen. Sie sind teilweise im
Volkston gehalten. — Einen herrlichen, sehr umfangreichen Sopran, der besonders in
der Mittellage weich und schon klingt, hat Emilie Frank. Nie zuvor horte ich aber so
absolut ausdruckslos singen! Auch ist die Sangerin unsicher, die Koloraturen der
Zauberfiotenarie beleidigten das Ohr durch ihre Unsauberkeit. — Uber den Liederabend
19*
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DIE MUSIK V. 10.
von Anni Bremer kann man gunstig berichten. Die junge Sangerin, die im piano
etwas sicherern Ansatz haben sollte, zeigte hubscbes Vortragstalent, wobei sie von an-
genehmer, wenn auch ein wenig verschleierter Stimme unterstutzt wird.
Arthur Laser
BREMEN: Die vier letzten Philharmonischen Konzerte brachten als orchestrale
Neuheit nur das Bruchstuck „Die Insel der Kirke" von Boehe, das sicb, obne tiefer
zu packen, einer recht freundlichen Aufnabme erfreute. Prachtig verlief der Brahms-
Abend (D-dur Symphonie und akademische Ouverturef, an dem Lula Mysz-Gmeiner
ausser einigen Liedern die Solopartie der „Rhapsodie* sang. Am 19. Dezember stieg
in gianzender Wiedergabe die „Domestica a , auch diesmal geteilten Meinungen begegnend,
aber doch im ganzen sehr beifailig aufgenommen. In noch hoherem Grade gait dies
freilich von Tschaikowsky's e-moll Symphonie, die neben Volkmanns interessant gezeich-
neter Ouverture zu Richard III. gespielt wurde. Als Solist erzielte Emil Sauer mit einer
mehr feinen als grossen VorfGhrung von Beethovens Es-dur Konzert bedeutenden Erfolg,
wahrend die ausgezeichnete Vortragskunst Henri Marteau's nicht imstande war, dem
von ihm gewahlten Konzert von Emanuel Moor zu durchschlagender Wirkung zu
verhelfen. — Ausser einem gianzend verlaufenden Konzert unseres seit dem vorigen
Jahre gleichfalls unter Panzners Leitung stehenden Lehrer-Gesangvereins sei an
Leistungen heimischer Krafte noch erwShnt ein gehaltvoller Liederabend Marie Bus-
jaegers und die mit dem Beethovenschen und spater mit dem Bruchschen g-moll
Konzert erfolgte, sehr gunstige Einfuhrung unseres neuen, von Kdln herubergekommenen
Konzertmeisters H. Kolkmeyer. Von auswartigen Kunstlern gab Wu liner vor aus-
verkauftem Saal einen mit Beifall uberschutteten Liederabend, wahrend die gleichfalls
mit Begeisterung aufgenommenen Konzerte Mischa El mans und des vorzuglichen Geigers
Hegedus nur massigen Zuspruch gefunden hatten. Gustav Kissling
BRESLAU: Die letzten Abonnementskonzerte des Orchestervereins unter Dr. Dohrn
brachten ausser bekannten Stucken von Bach, Brahms, Berlioz und Wagner die
erste Wiederholung des vor mehreren Jahren als Neuheit aufgefuhrten „Zarathustra a
von Strauss, der namentlich in seinen dithyrambischen Hohepunkten wieder starken Ein-
druck machte. Von Novitaten wurden geboten das interessante op. 30 Georg Schu-
manns: „Variationen und Fuge fiber ein lustiges Thema" und als Konzertgrosstat die
funfte Symphonie von Gustav Mahler unter personlicher Leitung des Komponisten.
Fur die klugen, geistreichen Zuge des Werkes, fur die Art, wie der Komponist die Satze
seiner Symphonie disponiert, wie er die Themen einzeln oder zu zweien oder in rascher
Folge aufmarschieren lassr, wie er sie zu Zeiten durcheinander fuhrt oder zu einem
Knauel ballt, dafur hatte man auch hier das n5tige Verstandnis. Die Bewunderung der
musikalischen Strategic war aber grosser als die Liebe. Fur die Mozartfeier stellte der
Orchesterverein kein Mozart-Programm auf, sondern lud das Berliner Vokalquartett ein,
das Mozart nicht singt. So entstand leider ein gemischtes Programm. Dagegen wurde
Kapellmeister Behr gestattet, ein volkstumliches Mittwochkonzert als Beethovenabend zu
arrangieren.— Im vierten Kammermusikabend spielten Dr. Dohrn, Himmelstoss, Behr,
Hermann und Melzer ein neues Quintett von Stephan Krehl. — Eine Reihe beruhmter
und unberuhmter Solisten haben uns besucht: Marie Wittich, Marie Gotze, Florence
Bassermann, Leonard Borwick, Richard Muhlfeld, Hermann Schubert (Tenor),
Mischa Ferenzo und die beiden „Wunderknaben a Vecsey und Elman, von denen der
zweite aber die Knabenschuhe nunmehr ausgezogen hat. Auch Ludwig Wu liner ist wieder-
gekommen, um zu zeigen, dass er als Liedersanger in Beziehung auf Geist, Tempera-
ment und plastische Gestaltung auch heute noch keinen Rivalen hat. — Ein Versuch,
die Klavierauszuge zu Wagners Musikdramen als Konzertstucke vorzufuhren (Dill man n),
LV.V'O
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KRITIK: KONZERT
schlug fehl. — Guten Erfolg hatte ein Konzert des Gesangvereins Breslauer]Lehrer
unter Max Franke. J. Schink
DARMSTADT: Beethovens Geburtstag brachte uns in prachtiger Wiedergabe durch
die Kammermusikvereinigung der Herren de Haan, Havemann, Spohr, Oelsner
und Andra" das taier lange nicht geborte Harfenquartett op. 74 (Es-dur) und das B-dur-
Klaviertrio (op. 97), die Weihnachtszeit eine grosszugige Auffuhrung von Bachs h-moll-
Messe durch den Musikverein (mit dem Solistenquartett Emma Ruckbeil-Hiller,
Else Bengell, Otto Wolf und Franz Harres) und Heinrich von Herzogenbergs
Weihnachtsoratorium „Die Geburt Christi" durch den Evangelischen Kirchengesangverein
der Johannesgemeinde. Als Novitaten horten wir in den Symphoniekonzerten der
Hofmusik die beiden sehr beifallig aufgenommenen symphonischen Dichtungen von
Ludwig Hess: „Meeresnacht a und „Hans Memlings Himmelskonigin mit den musizierenden
Engeln", Paul Ertels „Maria Stuart** und Massenet's „Phadra a -Ouverture. Im Richard
Wagner-Verein gab Dr. Ludwig Wullner seinen bekannten Otto Vrieslander-Abend,
der auch hier ein lebhaftes Fur und Wider der Meinungen entfesselte. Als eine Mezzo-
sopranistin von beachtenswertem Konnen fuhrte sich Ciska Schattka ein. — Die
Klaviervirtuosen waren durch Wilhelm Backhaus, Albert Friedenthal und Willy
Hutter, die Geiger durch Arrigo Serato und Wilhelm Schmitt vertreten. Interesse
erregte auch das Auftreten des Kammersangers Willy Fahr. — Jaques-Dalcroze's
graziSse Kinderreigen und Gebardenspiele fanden auch hier viel Anklang. H. Sonne
DRESDEN: Das vierte Hoftheaterkonzert der Serie B stand im Zeichen eines jungen
Musikers, Ernst v. Dohnanyi, der als Komponist und Klavierkunstler hervortrat.
In der letzteren Eigenschaft bot er mit der Wiedergabe des Beethovenschen Es-dur Konzerts
eine zwar schatzenswerte, aber nicht aussergewohnliche Leistung. Als Komponist aber
errang er mit einer Symphonie d-moll einen starken und wohlberechtigten Erfolg. Wir
haben es hier mit einem Werke zu tun, das sich einerseits durch geschickte Verwendung
der modernen Orchestertechnik, andererseits durch eine bliihende, frische Erfindung aus-
zeichnet. Unter Herrn v. Schuchs Leitung machte die Symphonie einen nachhaltigen
Eindruck. Das funfte Konzert der Serie A war dem Andenken Mozarts gewidmet und
brachte unter Herrn Hagens Direktion des Meisters Symphonieen in g-moll und C-dur
(Jupiter), sowie die Konzertante Symphonie Es-dur mit den Herren Petri und Spitzner
an den Soloinstrumenten (Geige und Bratsche). Das vierte Philharmonische Konzert
vermittelte uns die sehr angenehme Bekanntschaft mit Elena Gerhardt, einer Sopranistin
von reichen Mitteln, trefflicher Schulung und grossem Vortragstalent. Der zweite Solist
war Eug&ne Ysaye, der leider diesmal keinen seiner grossen Tage hatte. Eine inter-
essante musikhistorische Auffuhrung veranstalteten die Dreyssigsche Singakademie und der
Orchesterverein w Philharmonie M unter dem Titel „Musik am sachsischen Hofe a .
Es gelangten dabei eine Reihe von Musikstucken aus der Feder von Mitgliedern des
sachsischen Herrscherhauses oder alten, im Hofdienst angestellt gewesenen Meistern
zur Vorfuhrung. Alle diese Kompositionen hat der hiesige Musikforscher Otto Schmid
aufgestobert und herausgegeben. In einer MatinSe in Roths Musiksalon kam Otto
Urbach mit einer langen Reihe von Kompositionen zu Worte, die sein schones Talent
aufs neue bewiesen. Das 50jahrige JubilSum des Kgl. Konservatoriums wurde mit
einigen Auffuhrungen begangen, die hier nur eine KollektiverwShnung flnden konnen.
Mischa El man bewies in einem Konzert wieder seine staunenswerte kunstlerische
Reife, w^hrend in der „Ressource a ein bisher unbekannter Geigerknabe namens Josef
Szigett aus Ofen-Pest auftrat, der zwar fur seine zwolfjahre alles Mogliche leistet, aber
doch an Vecsey und Elman nicht heranreicht. Die Mozart-Gedenkabende des Ton-
kunstlervereins und des Lewinger-Quartetts sowie ein zweiter Klavierabend von Max
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DIB MUSK V, ta
Peaer ttad der Sdtlnee+Naebinlttag tor Herren Gleeaen nod SIttard, die dieema!
Hugo Wolf wd Rlcbatd Striata tttt CEfiefc intefptetiarten* Mien zn* Vervelleflndiginig
der ttbetvidit ganaant P. A, Gefaeler
D0SSELDORF: Vhl Internee bradtfe mm den Klariernntiigeo mft mBndllebett Br*
U u t ani ngen Ton Dr* (X Noltsel wrfgegetL Die iwef letztan Abooncinentnkonjerte
mi Anna Haaetere*Zlnkeieen nafnnen etawi fJSnxeodeit Vcrftul Dfe Kfioatleriu
bet epetten ala Cbopinepielerin Auefezefchnetee; audi die mftwiTkanden Vokaltoen
Lndwig Heee nod Jobmtnee Meaecfceert tauten rich ait Hnen Ltedeftpenden in den
ration Erftrig del Uoternehiuaae, Dar a GeaaegTereln* bmcbte Moaerta „c*tnQll Mou*
outer Lettung yen Dr* Bruit L. Limbert, mit Boaa Etticger, Fran Kilebler, Antes
Kofamann trad Franx Vaaemntb Ha SoUetoO and C. F. Hempel (Orgel) xn efner
etodrnefcflraltea, echtaeo Yledergab** Mo»rt-Abesde veranetaltBten das atfdtlacfcn
Orcheeter outer Direktion aoo O- Reibold mid der faleetge a Moz«t*Vere1n*» vebej
boeondere noGb wenlgef befcejiote Versa lebbaftee lntdroeee erragten*
A. Eccariue-Sieber
TJRAHEFORT a* M.: Doth die KonxeftaUe wandelta mum dfeemal In Januaragen vie
X dnrcb otaen FrBbttogawiId, von titaeen Zwelgen ea feundertflttig Moaart, Moxnr^
Hoiart herabktang turf *aaag. Daa Mnaeum wfdmete dem Greeeen drel Abends awe!
Gfohaetoi^ itnd we Kerenioflpoolfcfcoflifft mid tal dabeH atabetHdi nJcht aoviel dee Gotenw
Ween eg o fam a lj an afvetn Fteftitgkdnjfafti dennoeb oo ecblen tutd da? Hdfer bekenneo
mtteete Arte Tfrwnbloear w Vwwj ..^weon etoe eta Gott ganieeeon Kami* Bin lab deni
YocluuaT notation — * «e bg daa Vatactalldan n»«n eieor etwae ehteeftigea Wetrt na der
QnreebSpfliebenSdtatricammaf dea Mtiateta. Die Haftter-Serenade — daa BUee^Diver-
timenib in B*dor — daa D*d^Vt*>Unk<ttttei% m Huge Heermann mit der bekannten
Metoteretbaft gaapjett ondlfatt die jepl^Sfaiinbeflie to afeer einilgen Starting to bfiran * - *
fciuvlall ration o, daaa nb ono arvecbtet* G t eo a aa Guoaabetder Kaonoenooaftabeod
mft dem Quarteft €*dor* dem g^ell*Qofaifett end dem Klavtefttointett in ghtcher TonaH,
wobei Dr. Ladwfg ft often berg alcb ▼ieder einmal ala gedtegener Moitrtintarpret am
KUrier xeigte. Von andereo Mozanbuldigungen aal ein itihBaer Abend dea F rank-
fit rter Trio a und eine konzertmlaiise Paler arwlbnt, die die Gesellichaft fSr iatbe*
tiache Kultur und die Oiiagrappa der lnternationalen Muaikgeaellicbaft ge-
melneam vcranitaltete und die aueb mtt einer Auattetlnng lntaraa«anter Mourtlina ana
dem Bealtz elnea fldsalgen Sammtere, Paul Hirvcb, rerfcafipft war* Obne Mozart kam
man belm letxten Openibauakonzeit aaa, wo Frits Krelaler mit teinem bervorragenden
Vlollnapiel (Brabmt' Vlolinkontert und Taitini'a tt TenfotatriIler*) grouen Elndruck mtcbte,
efaenao beim drittea Kalm-Konzort, wo Hans Pf itinera nana OarertBre za v Kltbcben
von Heilbronn" bier etogef&brt und ron gewagenen Htnden begrfiaat ward. Hfibich und
danfcbar war die Idee der Muaeumaleitnng, \m letzten ihrer Sonntagakonaerta vorwiagend
den fetzt aaJaonbaberracbanden Tani za kaltivleren. Daa Programm Terxaicbneta da
u* a. Balletmuaiken von Gr6try, Bectbovan (aGeacbSple dea Prametbeua*^ I-annera
H atelriacbe Tlnze" und Job* Stranaa den JBogeren mit der Flederroaua*Ouvertfire und
dem Donauwalaer. Hana Pfellacbmldt
FREIBURG 1/B.: Die bis kurt vor Veibnachten alcb eratreckende Splelzeit bat elae
reichlicbe Auabenta an kQnatleriacben Geo&aaengezeitigt; untar den drel bla jetzt atatt-
gehabten Stlddzcben Sympbonle-Konzarten war daa Itlzte durch die Vorfubrung der acbten
BrucknerBcben Symphonic In c-moll beaonders bemerkenawert; daa Werk wurde vor-
tugiicb geeplelt und erzlctte elnen bedeutenden Etndmck; an Sol is ten bSftcn wlr Fritz
Krelaler, Raoul de Pug no und Paul R elm era. Die Reibo der Vokalkonzerte er-
Sffneto der Muaikvercin mir einer Mozart*Gadacbtnlafeler f In der, auaaer dem
f\ | Original from
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283
KRITIK: KONZERT
Requiem und Ave verum corpus noch das Doppel-Konzert fur zwei Klaviere in Es-dur
zum Vortrag gelangte; sodann brachte der Oratorien vere in unter W. Laporte's
Leitung eine einmaliee sehr gut verlaufene Auffuhrung des „Achilleus a von M. Bruch, in
der Adrienne von Kraus-Osborne die Andromache vorzuglich sang. — Von Konzerten
ausw3rtiger Kunstler und Kunstlervereinigungen kommen noch in Betracht: Frau Kwast-
Hodapp, Eugen d'Albert, E. von Dohnanyi, Max Reger, Sven Scholander,
Soci6te* de Concert des Instruments anciens (Paris) und das Munchner Streich-
quartett, die sich samtlich einer starken Frequenz erfreuten. Unser einheimisches Sud-
deutsches Streichquartett gab bis jetzt einen Beethoven-Brahms-Abend mit sch5nem
Erfolg. Victor August Loser
HAMBURG: Die Berliner Philharmoniker unter Arthur Nikisch haben ihr drittes und
viertes Konzert ohne Solisten veranstaltet. Das muss man ihnen ganz besonders
bei uns danken, wo in weitesten Kreisen noch die Ansicht herrscht, dass der beruhmte
Solist Hauptsache und das ganze ubrige Konzert nur bessere Staffage sei. Dabei war
das eine der Konzerte, das nur Beethovensche Kompositionen zu Gebor brachte, bereits
tagelang vorher total ausverkauft. Sein Verlauf war ein Ehrenabend fur Nikisch und
seine glinzenden Truppen; namentlich die c-moll Symphonie hinterliess Eindrucke, die
sich nicht sobald wieder verwischen. War es Zufall oder ein geistreicher Einfall Nikischs,
dass er dann im folgenden Konzert Smetana's „Vyshegrad" und Straussens „TiIl Eulen-
spiegel" unmittelbar nebeneinander stellte? Zwei Werke, die den Sagenkreis ihres Landes
musikalisch ausmunzen und deren geistige Verwandtschaft nicht nur auf der stofflichen
Parallele zwischen ihnen beruht? Wenn nicht allzu vielen die Erkenntnis einer besonders
stilvollen Gruppierung in diesem Konzertprogramm aufgegangen ist, so ist naturlich nicht
Nikisch schuld. Aber man mochte doch die Frage aufwerfen: wurde ein Programmbuch
oder ein Konzertfuhrer nicht viel besser seinen Zweck erfullen, der mit wenigen Worten
auf solche Dinge hinwiese, als die jetzt ublichen Analysen, die mit trockenem bio-
graphischen Material noch trockenere, fast nichtssagende Notenbeispielchen bringen?
Denn was nutzen bei einem Werke, wie dem w Eulenspiegel", bei dem auf das „wie a der
Verarbeitung alles ankommt, die paar Noten im Fuhrer? Beschlossen wurde das kurze,
aber erbauliche Konzert mit der Brahmsschen milden und sonnigen Symphonie in D.
Max Fiedler, erfolggekront aus Amerika wieder heimgekehrt, brachte im ersten Kon-
zert im neuen Jahre Beethovens Pastoral-Symphonie und die Variationen aus Tschai-
kowsky's III. Orchestersuite. Marteau war der mit Jubel begrusste Solist dieses Kon-
zerts, der uns die Bekanntschaft mit einem neuen Vlolinkonzert von E. Mo6r ver-
mittelte. Allzu erbaulich war diese Bekanntschaft nicht, aber wenn man die engen Kreise
bedenkt, in denen sich sonst die Virtuosen zwischen Beethoven, Mendelssohn und Bruch
drehen, muss man fur jeden Versuch, Neues zu bringen, dankbar sein. Das „Vereins-
konzert der Musikfreunde", zu dem der ergebenst Unterzeichnete eine Einladung
nicht erhielt und dessen Erwahnung an dieser Stelle den Vorstanden des Vereins der
Musikfreunde also wohl unwichtig erschien, leitete Dr. Carl Muck aus Berlin. Ich
hofPe zuversichtlich, dass er von dem Verein, seinen Leitern und unserem Orchester
einen recht gunstigen Eindruck gehabt hat. Mit Mozarts 150. Geburtstag machte die
Philharmonische Gesellschaft nicht viel Umstinde. Doch sag* ich nicht, dass
das ein Fehler sei. Denn aus der forzierten, krampfhaften Gedenktag-Begeisterung kann
ich mir niemals viel entnehmen. Ausserdem ist Mozart wirklich nicht auf solche Ge-
Iegenheiten angewiesen. Herr Fiedler brachte eine Symphonie von Mozart und zwar
weder die C-dur noch die g-moll, er brachte sie mit Liebe und Verstindnis — das ge-
nugt vollauf. Am Schluss dieses Konzertes stand Tschaikowsky. Wiederum! Dazwischen
spielte Eugen d'Albert das Brahmssche B-dur Klavierkonzert. — Von Veranstaltungen
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MB MU51K V* ia
ettf dem GeMefe iter maslkaliscben Kleioktaut tot der erste Kammermusikabocd der
Brfiesolef enrlbnewwart, die, von Hfttra Am nermann up Klavier ttnteretBtff^ aHe
Brfalge eraWten, die man auf dbttm GeMet ercteten bamt* Nnr amtnnehmea rind
(eider tie pekmiBrm* Dai ist, rachdem die gesamte Preeee mlt Nacfcdrucfc ttrf diets
Vtrelolftoif hlngewieeeu hat, Wn gotoe Zetehen Mr den Hamburger Mmftalnifc Ver
IflttfBtt Saale epielte anch ajne fringe Kfinaerin, die Romtteeae Mores tyn, die
Que BgEplbfalnngefcarten m eptt ode? gar nicbt abgogoben batte* Vogogen efn
tatter den Uedentngetiit Hetr Dieraell* eehr gttnstig etafaHhrt g ew os en eebi
denn er eeh efch einem etsrk bseetiten Stile gegraQbor* Beleta lefsre ■— web
when Geaenfc M** *** ***r vtderspreebende Urtette geflUU warden* Jettt bet
gtmrt ee In atteOuBKben Leben der Stedt m Hm. Qta neee Mnsikballe geht ftter
Vottendaog entgegmif and sngEelcb begfrnt mio, Tim Staete wegen ehw Reformation
4er Verbfltalose nneerer Or eh est ermitgliedor ofasnleften, VorUoflg macbt
mie dee nnEsegbar mlt beetem VOIes, aber anacbeineud voUkommen ongenfigondem
Verstlndiris end tfngsuBfendte Mltfceln- Die gutxe der BDigoreehnft sugehondo Votive
lleet eldb van e bis s vie ehie grease NehrMt in soxlaler end kfinstierisdier Betkfcaqg
and gle bet den Hsher encfe nwr btwtrtt, den Unrobe vnd Unsufrkdenfaeft in tee
befettigten Kretoen sanebmta* Wte earn nrtt einer ee iBlnfmrten ataafilcfeen Mebrbfllo
we ODQBDWl ete Jetxt efbfrndtob geetttltee Qrebeeter von 115 Mean auf efneit grflnen
Zvel£ brtnjgan wQt| let *deo etete Rltsalj deeeett Losiieg die Senetsvorlege nicbt tetrlL
Dana afeari wie denkt men stab toner te der Fade die gletabxeitige Tretmung mid
Vflftebmelstfflc der balden beetekendsn groaeen Oreheater? Date irgendein in der
Praxta mhendor Mnetfeer^ der awoui «e lokelon it edi ngu ngv n geiragond kennt^ an den
Beratttegen amodOagftabend teflfenonwee bit, let ei«it*eflett elcbt ennaebMeto* Jn*
eweunAi ecnteeeen dean wllde Ptojekte and PUne far die Anfcttnft ftppis lee Kfeut*
Roffba *ir, deee dto Btffmcbtft» ebe eie die Vorlete aaahnni^ dm Antrag etafrtend
von SachypfitlwUgen praton BbeL IA nenne ihr den Manen Peal Mariopi
Heinrlcb ChcTalley
HANNOVER; Im i. Abeanemeetekoniert d«r KgL Kipelle kam uater Deebbera
Leitaog eia neuee Verk von Edward El gar: teine Orcfaeetervarietienon sebr
get vorbereltet xur AuffSbruog* Schade, data dat auf cbarakteriadiches Gedanken
basleteade, wlrkeagavoll ieatrumenHene Werk einnal bo QbermiaBig laeg and dann in
der ADordnnag dor Vcriatlooen bo sttl* and wablloe angelcgt ist In dem Konzert, daa
necb die ,Halhieracbe" Symphonic von Moxart und Beetbovona »Achte* all Orcheitcr-
nemmern enthielt, araaag aicb daa Singer-Ehepiar von On long (Berlin) ainan bfibacben
Acbtung^erfolg^ L. Wntbmann
KOLN: Dae aiebente Gfirzenlch-Konxert bracbte ala Mor art- Abend die g-moll
Symphonic, die von Frits Steinbacb zuaammengeatellten and eingerlchteten H acbt
dantacben Tinse" fSr klelnas Orcbeator, dsa Klavlerkontort C-dnr, daa Vlolinkonsert
A-dvr f die Lifstacba Don Jiun-Pbanteiie nod BohiioBmllcb dlo ZinborflOte-Ouvertfire*
Steinbacb etxlelte mlt seineni^ eratchtllch von Jabr sn Jabr atetlg mebr in seiner
DIrigentenelgenart auffeebenden Orcbester cine Relhe auserleaener Eindrfickei Ale
Sollaten erfrentan Til holm Backhaul und Karl KOrnor durch ibre beatbakannten
Leistangen. — Bei einem eigenen Abend in Hotel Discb erxielte Willy Burn ester
tumal mit Beethovens D-dur Senate {am Klavler Jobann Wysman), Vlenlawski's d-moll
Konsert und dem Paganiniacben Hexentanx die gewohnten Triumph*. — An glelcher
S telle macbte Anna Z in kelson den durcbauB misslungenen Vertucb, Kr Lieder- und
BBlladenvortrlge mlt Uutenbeglelning * la Kothe ru erwtrmra, — Georg Hflttner von
Dortmund, der schon in seinem ersten hieBlgen Konaert mlt Bciuem Pbilharmoniacben
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KRITIK: KONZERT
Orchester einen vollberechtigten grossen Erfolg erzielt hatte, wusste diesen am zweiten
Abend besonders durch die prichtigen Ausfuhrungen von Berlioz' Ouverture „R5mischer
Carnaval", Bruneau's „La Belle au bois dormant", Georg Scbumanns „Tanz der Nymphen
und Satyrn" sowie Glazounows es-moll Symphonie in erheblicbem Masse zu verst&rken.
— In der funften Kammermusikauffuhrung des Gurzenich-Quartetts gelangten in
Fortsetzung der ganzen Serie Beethovens Quartette in Es-dur (Werk 74) und e-moll
(Werk 59) zu wirkungsvoller Wiedergabe. Die als Neuheit gebrachte fls-moll Sonate
(Werk 1) fur Klavier und Cello von Hans Pfitzner vermochte keinen Erfolg — sehr
gelinde ausgedruckt — zu zeitigen, obwohl Greta Bruhn und Friedrich Grutzmacher
das immer mogliche taten, das schwache Stuck uber Wasser zu balten. — Beim letzten
Abend des Tonkunstler-Vereins wurde eine Klavier- Phantasie uber ungarische
Volkslieder von Franz Kessel, die der Komponist vortrug, verdientermassen sehr warm
aufgenommen. Seine sehr stimmungsvollen Lieder wurden durch frischere und ge-
wihltere Vortragsweise, als ihnen Her mine Techow angedeihen Hess, zweifellos noch
viel uberzeugender gewirkt haben. — In der Musikalischen Gesellschaft fanden in
den letzten Wochen als Pianisten Donald F. Tovey und Gisella Gross sehr gute Auf-
nahme, w&hrend die biesige Konzertsopranistin Stephanie Becker zumal mit Lieder-
vortrigen neben schdnen Stimmitteln ein sehr schitzenswertes Konnen dokumentierte.
Paul Hiller
K6NIGSBERG i. P.: Das Hauptereignis bisher in der heurigen Saison war die erste
Auffuhrung der Tondichtung „AIso sprach Zarathustra" von Richard Strauss. Sie
wurde vom Konigsberger Mrsikverein unter der Agide des opferfreudig tatkr&ftigen
Leiters der Kunstlerkonzerte C.J. Gebauhr veranstahet. Das Vereinsorchester, durch
private Kunstler und Militlrkapellbllser auf die erforderliche Starke gebracht, hat die
enorrae Aufgabe unter der gross gestaltenden und energisch fuhrenden Direktion Ernst
Wendels bewunderungswurdig gelost; die Auffuhrung erregte einen mSchtigen Eindruck
und gab zum ersten Male den Konigsbergern einen wirklichen Begriff vom Genie Strauss',
der hier bisher arg verketzert wurde. Eine weitere bedeutende Gabe bot derselbe Wendel
mit seinen Genossen Hedwig Braun, Paul Binder, Herbst und Else Mendel mit
der tief empfundenen und feinfuhlig abgetonten Wiedergabe des herrlichen F-dur
Quintetts von Bruckner; den neunmal Wefsen erschien das wundersame Werk mit
dem unbeschreiblichen Adagio trotzdem M entsetzlich K . In den Symphoniekonzerten unter
Prof. Brodes Leitung wurde an neueren Werken die instrumentale Liebesszene (hier
„tiebestod" genannt) aus Strauss' M Feuernot tf und Hugo Wolfs pikante italienische
Serenade gespielt, ohne die Zubdrer sonderlich zu erwirmen. In den Brodeschen
Kammermusikabenden kamen eine interessante Violoncellosonate in b-moll von Dohnftnyi,
von Hermann Hopf prachtvoll gespielt, und Mendelssohns Streichoktett zu Gehdr. Eine
neue Trio-Vereinigung der Herren Richard Fuchs, Becker und Hopf hat ihr erstes
Konzert gegeben, wobei die wohltitige Einrichtung der Verdunklung des Saales mit
gutem Gelingen angewendet wurde. Von tiefer Wirkung war das Spiel Frederik Lamond's,
der kurzlich die letzte Sonate Beethovens in kongenialer Weise interpretierte. Ein
Orchesterkonzert, das Siegfried Wagner hier geleitet hat, zeigte, dass sich des
Meisters Sohn zu einem vortrefflichen Dirigenten entwickelt hat; besonders drei Ton-
stucke seines Vaters erstanden in uberraschender Grdsse. Das verstirkte Symphonie-
Orchester leistete unter Wagners Leitung Vortreffliches, wie man es sonst hier nicht bei
ihm gewdhnt ist. Paul Ehlers
LEIPZIG: Das durch einen trefflichen Orgelvortrag (Toccata, Adagio und Fuge in C-dur)
des Organisten M. G. Fest eingeleitete zweite Konzert des Bach-Vereins brachte
unter Leitung Karl Straubes und solistischer Mitwirkung von Anna Hartung, Maria
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= MEMUSIK V. 10.:
Phlllppi, EmQ Plake aad Bah Sebftti die ernfea dial Kantatea dM *1
oraforimt" to dnrebaoe ttflfcareohter tad etimmasgtecbter Vledorgtbe, D» I& G#-r
vaadbaaskonxert, in dam Dr. Alfred von Bary ne eordlags nrft ta aft reflaa aber
wealg a a t o xlatfoat flhitea Teaortbaea pafadterte* ward* m Arthar Nikiaeb fiber titae
aaebttstige Vlodergabe der fhqrdaftcbea B*dar Syatpbenle htaaae sa etear tm
eebr sebQeea fatorpfe cattoa der G-dnr Syaiphoolo too Sobnmenn oiapofgiclttbfi»
Iter tieite Abend der BGhmeo, dm ale NeriOt — mtt Vim M aarlna am ffltgel -^
dae ftr den Haaebedaif woblgeelgBete tanoll Qaiatett op- 30 van Hugo Ksan efageffigt *ar»
llpfeteta ebwn vottflgttcb tebSnea Vonrtfe deeBeetboTenechea w»oU Qnartetfa op. 13L
Bogeteterte Antbabme flkad Sataiaad too Zor-Mfihlen IBr Mine voraebme end attain*
MUe Lfodorveftfegemuaafp beUaneixalngoad aiintaa ofeigo vorzagltcnefe Lilileagta use
etirnmaoftvofiea Fleafetea Joeeph SHwina ki, nad fretouHfebeai Iataeaae begegaete aneth
Lee Keatenberg , ffir desoon VetflBhntng to« Kl avlerBb e rtr a ftaag pn ligaadnlaa
kfiaadtarieefre Bcmhtfemg iflmfiw* wrtil kaam nriunden eeln dbrfte. Dee
tBebtlgea Gemote Adolf Rohanr* der to tinem inlt Ortihaetor Tamata!
Abend trnter aadetaai die d*mol! Koaxerto Tea Jeechtai (tor aagaifecfeer Velee} mud m
W e nl w eU fanrafc — dee eebr iamatigfta Zeaeaiaienaplelet der beldea VUHabtaMft
BUene FatohUnd vnd Hetaw Ffirat, — ehree eitotgreicben AbecMede-Koaxarteo Ton
MfacfceBlmnn end eiaeaeraesten DoHha dee Iwhtaln n derten iber noeh allxe hbrlgea
GMget* Heraiaaa Salomonoff, der alt Begkdtnat dee m eetaem ILebrmeister P*efc
Baaa Sitt geShrtea Vtndefstein^Ofphaetete Sittt UebE n t wQrdlgoa a*moR Kaaeeit Mow 3
nad dee TeobaUtovaky-Roaxeit epiefle and ateh der Mhwlftanf Htaaa Gerhardte n
anroaon annoi puma uer awr aeas aaeaiia aoeecaii a'oraoas aaoanreeesioaor eeof ier-
enr ova **eaeew nuxwoseoot ami aaax 'Oiaer aer casaugoton aae vareioaorrouatoa
Kftdefl ar Lefgetye* JaBae Kle*fel» aaier lebhafteata* Aatettaabme dee pubUfcam* dae
Aet bataer 4reli*lfflbricea atfeatltehen K«attbtttitft(ag Mertt^ dee aaaor
Mttvlrkaag der ^qwdtfectea Uedettlagoria Anna Hartant tnid dae ▼iad^ateia^
Orobettefe etatthnd and dom begeletertea Pttbltttam m Heydne D*dar Konzert die
Bektaatscbaft mlt drei eehf betcbteiiswerten aeaeren VioloDcello-Kompoiitienea ver-
tchifte: mlt Ctrl Reinecket ,Roroioioro la Form cine* Koaxerat&cke*", dem d-inoll
Konzert (No. 2) too Salnt-SeSae and einer von Jalios Kleagel aelbst kompenierteo, tebr
kuiKtreicbea and tecbaleeb-bocbtntemeentea ,C«pricc in Form einer Cbacooae". Do
•Iebente Pbtlbarmoalache Konxerl (Tlnderttda) and dee vierzehate Cewtnd-
faeaekoazert (Nlkiscb) galten berelti der Feier von Mozerti 150* Gebartatat; 1m
ereteran gib es die D-dar Symphonic No. 1, die c-moll KUrierkonxert mlt eebr klxrer
eber etwu tonepritder AaefBbrang dee Solopxrtee dutch Fiitx Meebtch t die Mearerlacbe
Treaenauaik, dta von Teebnlkowaky fOr Orcheeter betrbetiete blmmliecbe „Ave verum
cofpoi*, die Sltxe 2 uad 4 tat der Hilher^Sereaide nod dezwlechen Arien and Lledei^
vortrlge der enmntigen Genhr Singerin Nine Filiero*Dilcroxe — , lm Gowtndhmm
iber bildeten Anfkng and ScUuxb det Moxerttbendi die Ztaberfi0ten*OaTert&re and
elne eebr tchOae loterpietation der Japlter-Symphonle, wthrrad inmltten det Progremme,
nmrefamt von feinabgetflnten Arien- and Liederdtrbletnngen von Helen© Stiegemenn,
Cerl Relnecke and Fritx voa Bote dei Mef iters Es-dur Konzert fOr xwel KUvlere in
aehr acbSner Welie mm Vortrag bracbten. Die Freud*, Prot Reinecke auf dem Gewaad^
hautpodium wiederteben and Ihn troti seiner 82 Jahre mlt wunderbarer Elastizltit
and Friicho Mozart aplelen hflron iu kQnnen, nr so gross, dsss ius der Mozsrtfeler
gewlssermassen cine Relneckefoler mlt Orchestertuach and jabelnden Bhrbezeugnngen
wurde, wofQr dean der gefeierte Kunttreteren mlt der Zagabe des von ihm ffir Klavler
allela bearbeiteten Larghetto's aas dem Krflnangikonxert voa Moxart dankte.
^Arthur Smolian
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
287
KRITIK: KONZERT
MELBOURNE: Die von Prof. Peterson veranstalteten Orchester- und Kammermusik-
konzerte sind jetzt, mit einer Ausnahme, glucklich uberstanden. Zur Auffuhrung
kamen Beethovens c-moll Sympbonie, Mendelssobns Violinkonzert (Solist A. Zelman),
zwei ungarische TSnze von Brahms und die Ouverturen zur „Euryantbe" und zum
w Tannha*user*. Die Sympbonie, in der Andante zum Allegro und Allegro zum Presto
wurden, und wo von Phrasierung u. dgl. uberbaupt nichts zu spuren war, zeigte wieder,
dass Herr Peterson als UniversitStsprofessor der Musik und also offlziell massgebende
Grosse fur den hiesigen musikaliscben Gescbmack nicht besonders segensreich wirken
kann. Ein zweites Orchesterkonzert wurde vor beinahe leerem Hause gegeben. Das
Programm bestand aus der Ouverture zum „Occasional-Oratorium a von Hlndel, der
Hebriden-Ouverture, Haydns Sympbonie „La Reine de France", dem Allegro aus Mozarts
g-moll Symphonie, der Bachschen D-dur Suite und dem Andante aus der Pastoral-
symphonie — alles in derselben oden, unmusikaliscben Weise vorgetragen. Die beiden
Kammermusikabende, die Peterson arrangiert hatte, waren bedeutend besser. Von
den daran Beteiligten mussen besonders die Pianistin Una Bourne und der Hornist
Kubr fur ihr ausgezeichnetes Spiel gelobt werden. Die von Anita Sutherland vor-
getragenen Lieder liessen viel zu wunscben ubrig. (Eine wirklich tiichtige Gesangslehrerin,
die zu gleicber Zeit eine gute KonzertsSngerin ist, kdnnte in Melbourne auf ein reich-
liches Einkommen rechnen). — Um so besser waren die sieben Konzerte des Mar-
shall-Hall-Orchesters. Neu fur Melbourne waren Schuberts .Tragiscbe Symphonie",
die c-moll Symphonie von Brahms (zweimal w&hrend der Saison aufgefubrt), Brahms'
Variationen fiber ein Haydnsches Thema, zwei Menuette aus dessen Serenade in D-dur,
Legenden I und IV von Dvorak (2mal), ein banales ^Symphonic Tonepoem" von einem
hiesigen Komponisten, Siede, das h-moll Violoncell-Konzert (von Louis Hattenbach
vorzuglich gespielt), Vorspiel und Abschied des Engels aus Elgars „Gerontius" (Altsolo:
Friulein Noone); Hugo Wolfs „Mignon", mit von Marshall - Hall orchestrierter Be-
gleitung, wurde von Frau Wiedermann gesungen. Ferner boten die Konzerte noch
Symphonieen von Beethoven (A-dur), Mozart (C-dur), Tscbaikowsky (Pathdtique), Strauss'
w Tod und Verklfirung" (2 mal), Einleitung und ^Isoldes Liebestod" aus Tristan, Walkuren-
ritt, Waldweben, die Trauermusik aus der „Gdtterdimmerung", Georg Schumanns
w Liebesfruhling", Ouverturen zu „Ruy Bias" und „Sommernachtstraum", den Rakoczy-
Marsch, Saint-Saens' w Danse Macabre", Tschaikowsky's Klavierkonzert in b-moll (Edouard
Scharf), Liszts „Loreley" (Frl. Mal yon), die Begleitung von Marshall-Hall orchestriert,
und eine Arie aus dem w Figaro*, vortrefflich gesungen von Frl. O'Brien. Die Konzerte
waren so erfolgreicb, dass die Direktion beschlossen hat, im Laufe des n&chsten Jahres
eine bedeutend grossere Zahl zu veranstalten. Um den storenden Widerhall der hinter
dem Orchester beflndlichen Orgel zu vermindern, wurde jenes auf ein niedrigeres Podium
plaziert und dahinter eine Schallwand errichtet, mit sehr gunstigem Resultat. — Hugo
und Emil Heermann gaben eine Anzahl von Konzerten, deren Erfolg leider weder
vom kunstlerischen, noch vom flnanziellen Standpunkt betrachtet, zufriedenstellend war.
Dass das nicht an ibnen selbst lag, braucht wohl kaum erst gesagt zu werden. Ihr
Impresario, der hiesige Klavierlehrer Laver, bestand n9mlich darauf, dass er als Be-
gleiter, Klaviervirtuose und Kapellmeister in diesen Konzerten auftrete. Da er aber den
Anforderungen dieser verschiedenen Rollen gar nicht gewachsen war, war das Ergebnis
ein hochst unbefriedigendes. Trotzdem war das Spiel Meister Heermanns ein Hoch^
genuss, wie wir ihn wohl nicht so bald wieder erleben werden. Emil Heermann gab auch ein
Konzert, in dem er von Una Bourne in uberaus kunstlerischer Weise begleitet wurde.
— Die Orpheus-Gesellschaft, die die bei weitem genussreichsten der hiesigen
Dilettantenkonzerte gibt, fuhrte an ihren Abenden folgende fur Melbourne neuen Werke
. .-., - ( "ni \olr Original from
■j,.ul. jy v.. iiHi^u. UNIVERSITYOF MICHIGAN
DIEMUSIK V. 1&:
auf: SeJnNSaBna 1 g-moll Kerne** mjt Edonerd Seharf em Ktarter, a cappoUe^Geeang vos
Glacbes do Vertt .Who will bring me tack my hurt?*, Becha »Lobet JefaoTet* and
Cdenr Ftwcka ISO. Peelm. Viederbolt worden dee »StttCtoe* ttu der Becteoben fe-voU
Hem Ztgemerlieder wo Brahma, Pbanteale IBr Klttler, Char nod Orchetter ron Beet*
boeen, drei lieder IBr Ahstfmme mit Orchesterbegleitiuig ion G. Cloteem (SeUstex Fit
Rend), Dtattke Sleriecfae Time, die *Don*juan"-0nTert6re il a*; Under «n Babou*
F, Clutsam and des ewige tt Bmul tnTolami* wurden fen PrL Davit vortreSHch ge-
anngen. — Die iwei Uedertttota olnd mitetaender u einer efnzigen Terecheaelaen warden,
dto rich *The Royal VtetorUn Lledertefel* oeimt und Ton dam Orgnnieton B. Vood
dirigtot wtot — Die Phi liter monieehe Geteilschaft bat urn mit doer Karrfltetor
m Berllo** ^Damnation de Panel* begl&efct Kapellmeister, Chor, Orcbester and Soto-
singer w*re% mit Hblteher Aunabme def Marguerite, Fit Reld, writ tarter dem Hitter
mis*. — Dh .Lyric Society* bene don wunderitehen Einfall, den »Hreisdittti* Is def
Sudfbetle in earner* en gebeo, Ave utter Quelle hBrte icb, den ee aif zagegangea sot
— line Bourne! die tilentvottste PUnletin Melbourne's, net vor etaigen Yochen etan
Studlenreise aaeh Europe en* Vor Dim Abrelae wurde Our eta Bemefiikoniert gegeben*
dee erete woblferdJente Benefit, deeeen leb micb bier erinntrn fcenn, nnd den In Jedec
Betiehttng enageteichflot veriieL — Der esgtfetihe Basajat Vetktn Mllla, beglettet Ton
den Devon Klrkweod nod Lonedele and don Hetren Tilde tmd Ferlowlti (Pianist)
macfete nine eaetraliecbe Kooterttonr vod bit hler got geftUlen. — * Venlger Gl&ck bene
KU Perking elne nnterffcenistihe Koleretnrelngeri% die ein eehflnee, wohlgoaefcultea
Qfgen beatfet nnd Herr Fftldesy* ein ktastJerisch vie ttobnJwdi tflcbtiger, e*er exeea*
trtecher Violoncellist. — Jeeele M selachian, elm schottieche Balltden*lngertn> kette
einen geviesen firfbig be! tbren ubtieUben bier enslsatgen Lsndelentm* — Maggie
Stirling, nine Melbourne* Mesw-Altistin, die mit dem Jttagen ungtrisehen Kteelerffatn-
eeen Borecbko mid der Vlotoiettn Ethel Slnolelr efatlge Konierte gib, enttlttscbto
eebn — Olge Ztcby-Vnlnerekl {VWine), die obenfidle too bier etemmi; kem
nech lingerer Abveeenbtft too Eurepm wieder surflek* — # RedteI»* vwden
▼on Dorie Midden, Annie Dertdeon, Rite Hope^ Betle VhNlcy nnd einer Uuebl
von eaderen mehr oder weniger nnreifen Krtften gegeben ; f»*t elle gleicb unerqnlckllcb.
H J timer Joseph!
NGRNBERG: Im II. KaimkonEert war der Dlrigem Georg Scbaievoigt oBbnber
nicht gusi Herr der Situaiioo, da towohl dai tt TH»tan K -Vorepie] als besondera Beet-
bovena .Siebente* nicht den hohen Scbwnng batten, den die lebendige An dee MBncbeaer
Dlrigenten *on«t bedlngte* Auch Han« Tlnderetein hatte mit den Lelpsiger Phil"
bannonikent nicht aonderllchee GIQck, woran ftelllch attch Tacbaikowsky'e geiwungene
Manfred^Symphonie mancherlel Schuld trng; Claude Debuiay'i „Apr6a-raidi d*nn hnn*
kenn bei aller Tecbnlk der Orcheitefbehandlnng kcin tieferei Intereate wecken. In drel
Konzerten des Phllharmoniacben Verelna, die Tilhelm Bruch leitet, hflrtcn wir
Brahma 1 c-moll Sympbonie, deren Herrllchkelt biefaer weder dem Orcheater nocb dem
Pabliknm auf|^gangen tat, Schnberta h-moll, die IL LeonoreaouvenSre mit vlel Ekateae^
Vorapiel und Uebeitod am „Tristan** Ein anderer Abend brachte nnr aebwerates mo-
dernea Geacbfitz: ,Zaritha»trt*-Strittas, der nicb aecbamaligem Hfiren nur nocb mit
eiaigen Glpfeln Intereaaiert, Haas Pfitmere feeaelndes Jugendwerk .Feat auf Solhang"
ued Volkmar Andreaea Symphoniacbe Pbaataaie, die tin Beweia fBr den Satz iat,
dasa ein sich wild geblrdendea Talent nocb kelp Genie let. An Soilsten nenne leb
Katbaiina Flefscber-Edel, das E he pair Petacbnlkoff und Suaanne Deeaoir^ die
unter Mitvlrkung Minze-Relnholda einen Abend mit felner Liedkunat fuilte. Hanna
Avrll, ein aua Nlirnberg atammender Pianist, berechilgt m achOnen Hofflaungen. End-
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
289
KRITIK: KONZERT
lich nenne icta noch das I. Konzert des Bach-Vereins, das unter der energischen und
doch feinfuhligen Leitung R. Mannschedels eine Reihe Handel- und Bactascher
Kompositionen in mustergultiger und historisch-lebendiger Gestalt gebracht hat, und das
erste Auftreten des „Nurnberger Trios a , das aus den Kunstlern Mannschedel (Klavier),
Kogfin (Violine) und Beckenbach (Cello) bestehend in Beethovens Geister-Trio und
Smetana's g-moll Trio ein mustergultiges Zusammenspiel, jugendliche Kraft und Be-
geisterung und prachtvolle Klangschonbeit vereinigte. Dr. Flatau
PETERSBURG: Getreu seiner Gepflogenheit, in den Konzerten neben der Pflege der
klassischen Musik auch den bedeutenden Komponisten der neueren Zeit die ge-
buhrende Teilnahme zuzuwenden, brachte Alexander Siloti in seinen Abonnements-
konzerten seit meinem letzten Bericht wieder eine ganze Reihe moderner Werke zur
Auffuhrung. Eine Suite kleiner echt russischer Volkslieder instrumentiert von Rimsky-
Korssakow, Glasunow und Liadow bereiteten den Horern das grosste Vergnugen.
Von grossem Interesse waren Schuberts „Phantasie tt op. 103 (instrumentiert von Mottl),
Mozarts Ouverture „Entfuhrung aus dem Serail a mit dem Konzertschluss von Busoni,
„Sauge fleurie a -Legende von d'Indy, Suite „Namouna a von Lalo und unter personlicber
Leitung des Komponisten „Don Juan-Suite** von Naprawnik und Symphonie VI von
Glasunow. Dann gehen wir zu den Solisten fiber und nennen den Cellisten Pablo
Casals (Konzert von Saint-Saens), der zum erstenmal hier spielte und sich die Gunst
der hiesigen Musikwelt im Sturm eroberte. Ferner liessen sich horen Katharina Fleischer-
Edel, Fedor Schaljapin und Alexander Siloti. Die Symphoniekonzerte der Kaiserl.
russ. Musikgesellschaft wurden ausschliesslich von Leopold Auer geleitet; die er-
warteten auswartigen Dirigenten und Solisten nahmen begreiflicherweise Abstand, bei den
jetzigen Zeiten eine Reise nach Russland zu unternehmen. Bernhard Wendel
PFORZHEIM: Im ersten Musikvereinsabend erwies sich Konrad Ansorge als grosser
Klavierkolorist; Tilly Koenen steuerte freudig aufgenommene Liedergaben bei. Die
Brusseler fanden im zweiten Konzert ein sehr dankbares Publikum; namentlich fesselte
Glazounow's geistvolles Opus. In idealer Wiedergabe bescherte uns die Karlsruher
Hofkapelle Beethovens Zweite unter Alfred Lorentz und das Klavierkonzert in Es (op. 73).
Am Flugel sass Theodor Rohmeyer, der auch dieses Jahr wieder eine Reihe von Volks-
konzerten und Kammermusikabenden veranstaltet. Rose Ettinger befriedigte nur teil-
weise. In seinem Busstagskonzert hatte der Mannergesangverein (Albert Fauth) mit der
Karlsruher Hofkapelle das Vorspiel, die Verwandlungsmusik und Abendmahlsszene aus
„Parsifal tt auf dem Programm und brachte ausserdem eine famose Auffuhrung von Wolf-
Ferrari's „La vita nuova" heraus (Solisten: Emma Tester und Max Buttner). Die
Musik des erfolgreich aufgefuhrten Marchenspiels „Die zertanzten Schuhe u von Albert
Fauth spricht fur gesunde produktive Beanlagung des Komponisten. Ernst Gotze
PRAG: Aus der Reihe der Konzerte nur einiges Charakteristische. Dank Branbergers
verdienstlichen Bemuhungen ist jetzt Historie Trumpf. Altbohmische Meister
werden fleissig ausgegraben und aufgefuhrt. Eine w Tat** vollbrachte der tschechische
Singverein „Hlahol a mit Bachs h-moll-Messe (zweimal). Von neuen Komponisten tritt
L. Prokops NameinVerbindungmit symphonischenundKammermusikwerken jetzt hauflger
hervor. Dieser Most kann noch Wein geben. In der ts chechischen Philharmonie
lernten wir in A. Neumann einen Dirigenten von mitreissendem Feuer kennen. In
der Mozartwoche war naturlich alles Amadeo. Auf der Buhne des alten Landes-
theaters, wofur der „Don Juan" geschrieben worden ist, fand eine stimmungsvolle, von
Angelo Neumann veranstaltete Feier statt. — Grosses Interesse erweckte die Pariser
Vereinigung fur alte Instrumente mit ihrer zierlichen Spielmusik.
Dr. R. Batka
J::;i ".i/.OV*
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v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
290
DIE MUSIK V. 10.
ROSARIO (Argentinien): Erwihnenswerte Konzertveranstaltungen knupfen sich allein
an den deutschen gemischten Chorverein „Lyra a . Er beteiligte sich zunachst an
der grossartigen Schillerfeier, welche die deutsche Kolonie am 21. Mai im Teatro de
la Opera ins Werk setzte, mit Teilen der w Glocke a — naturlich der von Romberg, die
ungluckseligerweise in ihrem Schrank schlummerte, nun aber ein fur allemal begraben
sein wird. Bei dieser Feier taucbte der l&ngst verschollene w M3nnerchor a nocb einmal
auf, sein Scherflein in Gestalt des Beethoven'schen Hymnus „Die Himmel Tubmen" bei-
steuernd, um wieder — fur immer wohl — aus der Offentlichkeit zu verschwinden.
Die Ouverturen zu „Tell a , „Egmont" und „Freischutz a , vom Orcbester des Kapell-
meisters Prove si vorzuglich zur Geltung gebracht, bildeten einen wertvollen Teil des
Programms. Fur die von der ungeheuren Oberschwemmung des Parana Betroffenen
gab die „Lyra" ein Konzert, dessen Vorbereitung innerhaib vierzehn Tagen erledigt
wurde. Seinen Kern bildete Rossini's „Siabat mater", mit Weglassung des fugierten
Schlussatzes. Unsere Solokrfifie, von denen ich Frau Dr. Kunz (in Leipzig zur
Berufssangerin ausgebildet) und Frau B runner (mit mehr als Dilettantenkonnen)
erwftbne, kamen vorzuglich zur Geltung. Endlicb beging der Verein sein Stifcungsfest.
Der Chor sang zwei Volkslieder aus dem Jahre 1550, zwei Kinderlieder von Mohring,
beide a cappella, w Meeresstille" und „gluckliche Fahrt" von Podbertsky, und Rbeinbergers
Ballade „Klarcben auf Eberstein". Das fruher eines guten Rufs sicb erfreuende Ame-
long-Quartett spielte mit teilweis neuer Besetzung ein Beethoven'sches Quartett und
Mendelssobns Trio d-moll, und der Unterzeichnete Schumanns „Fascbingsschwank a fur
Piano Solo. Einer Kritik des Konzerts muss icb micb als dessen Letter enthalten. In
diesem Jahre dankte Aiwin Schneider als Vorsitzender des Vereins ab, den er geschaffen
und jahrclang gehalten hat. Er ist der getreue Eckart aller kunstlerischen Bestrebungen
und Unternehmungen in der deutschen Kolonie gewesen und wird es hoffentlich noch
weiter bleiben. So selten sich bier Konzertgelegenheiten bieten, so schlecht sind sie besucht.
Kein Wunder, dass durchreisende Kiinstier sich kaum noch horen lassen, in diesem
Jahre ein einziger: der Cellist M. Loeve nsohn- Pans, ein Meister seines Instruments,
mit ganz bedeutender Tecbnik und grosser kunstlerischer Auffassung.
Hermann Kieslich
STRASSBURG: Die Abonnementskonzerte bracbten eine gut gemacbte sympho-
nische Dichtung („Ideal und Leben") ihres derzeitigen Leiters Gorter, Beethovens
Siebente, mit uberhetztem Finale, den prachtigen Pianisten Dohnanyi, der Liszts Es-dur
Konzert spielte, einen ziemlich unbedeutenden Orchestersatz „Elfenreigen" von Fnedrich
Klose und Antonia Dolores als gute Koloratur- und mezza-voce-S&ngerin, im Pathe-
tischen aber forciert und grell. Der Tonkunstlerverein produzierte das Pariser
G el oso quartett, und einen Abend einheimischer Komponisten, von denen Erb wohl der
bekannteste ist, ein junger Sturmer, R. Hejjer, in Gesangen a la Strauss ein aussichts-
volles Talent offenbarte. Munch bracbte in der Wiihelmskirche das Bachsche Magni-
ficat, in den Solis Georg Walter und Margarete Altmann bemerkenswert, ferner die
Kantate w Sie werden von Saba kommen** mit der originellen Tenorarie. Der Tenorist
hatte vorher in einer Anzahl geistlicher Lieder der Familie Bach seine lyrische Kirchen-
kunst gezeigt, Munch eine prachtvolle Chor a cappella-Motette und 18 interessante Choral-
praludien zu Gehor gebracht. — Frau Adels v. Munchhausen (Mezzosopran) widmete
in einem Liederabend ibre zierliche Kunst nicht obne Erfolg Kompositionen der er-
wShnenswerten Karlsruherin Clara Faisst. Eine beginnende Violinkunstlerin lernten
wir in Lotte Ackers kennen. — Mozart wurde lebhaft gefeiert, in Oper (Zauberfiote)
und Konzert, nicht immer mit glucklicher Auswahl der Werke — dass unter ihnen sich
auch unbedeutendere befinden, konnen nur Kunstbyzantiner leugnen. — Eine dankbare
- .-., .- ( "m \olr Original from
■j,.ul. jy v.. iiH.i^iv UNIVERSITYOF MICHIGAN
291
KRITIK: KONZERT
Kantate („Die ihr des Weltalls Schopfer ehrt"), von Riff geschickt instrumentiert, wurde
durch oben genannte Altistin eingefuhrt und sei ihren Kolleginnen empfohlen.
Dr. G. Altmann
TEPLITZ-SCHONAU: Der erste Abschnitt der philharmonischen Konzerte brachte
uns reichen Gewinn. Freilicb, das erste erlitt durch plotzlicbe Heiserkeit des
Solisten Dr. Walter einigermassen Abbruch; dafur boten die nachsten zwei reicblichen
Ersatz. Im zweiten bereiteten Frau v. Kraus-Osborne und Felix v. Kraus hohen
Genuss vornehmlich mit Brahmsschen Duetten, nicht minder als Solisten. Das Kur-
orchester spielte nach Gewohnheit trefflich Beethovens Siebente unterLeitung Zeischka's;
unter Georg Schumann dessen iiberaus amusantes und interessantes op. 30, sowie
seine „Ouverture zu einem Drama" (Manuskript), ein im ganzen hochachibares Werk.
Das dritte brachte Hubermann. Dvoraks Violinkonzert, ein iiberaus interessantes
Stuck, spielte er uniibertrefflich; die Hohe seiner Kunst lag in der Wiedergabe von
Beethovens Romanze in G-dur. Das Kurorchester markierte in diesem Konzerte den
Mozartgedenktag mit der Jupitersymphonie. Wie die Philharmonischen stets vor aus-
verkaufiem Hause stattfinden, ebenso lebhaften Zuspruch erfahren die Volkskonzerte
des Kurorchesters. Das vierte gait vollstandig Mozart. Die Esdur-Symphonie, die
^Konzertante-Symphonie 4 * fur Violine, Viola und Orchesterbegleitung, sowie vier Satze
aus vor nicht langer Zeit in Dresden wiedergefundenen funf Divertimenti fur zwei
Klarinetten und Fagott, ^ einzig an Reiz und Liebenswurdigkeit — auch trefflich ge-
geben — wurden mit regstem Eifer angehort. Anton Klima
WIESBADEN: Als Neuerscheinungen an unserem Konzerthimmel sind zu signalisieren:
die feurige Magyarin Alice Ripper, eine Pianistin von mfinnlicher Kraft und
Verve; die temperamentvolle Geigerin Erna Schulz aus Berlin, deren Spiel durch
virtuosen Glanz und lebensvollen Vortrag allgemein ansprach; und die Altistin Anna
v. Bertrand — mit ihrer vornehmen Schulung und ihrem empfindungsreichen Ausdruck
eine hochst sympathische Erscheinung. Im letzten Kurhauskonzert zeigte sich Van
Dyck so ziemlich „fertig"; Paul Ertels „Belsazar a erzwang allgemeines und lebhaftes
Interesse. Otto Dorn
ZURICH: Eine Hochflut von Konzerten brachte der Weihnachtsmonat; iiber den Durch-
schnitt erhob sich nicht allzu viel. Die Abonnements-Konzerte lieben es, Anleiben
bei der Opernmusik zu machen; das sechste der diesjahrigen Saison brachte ausser der
mit Raffinement ausgearbeiteten dntten Leonoren-Ouvertiire das Tannbauser-Bachanal.
Als Dirigent zeichnete sich wiederm Volkmar Andrea aus, der zwar noch etwas jugend-
licbe Unruhe verrat, immerhin jedoch mit erstaunlichem Feingefuhl und Geschmack
seiner Aufgabe gerecht wurde. Maikki Jarnefelt liess trotz reichen Nuancierungs-
vermogens und Glanzes der Stimme, namentlich nach der Tiefe zu, recht kuhl. Einen
Hochgenuss bereitete Friedrich He gar den Zuricher Musikfreunden durch die Vor-
fuhrung des „Deutschen Requiem** von Brahms. Die wundervolle Ausfeilung der Chore
erregte berechtigten Beifall, und die Solisten des Abends: August Leimer und Anna
Kappel setzten der prfcchtigen Auffuhrung helle Lichter auf. W. Niedermann
2 ) Das zweite Mozart-Heft der „Musik a (Jahrg. V, Heft 7) brachte vier SStze aus
diesen Divertimenti als Musikbeilage.
Wegen Raummangels musstcn fur das nfichste Heft zuriickgestellt wcrden die Berlchte: Baltimore, Basel,
Cincinnati, Kassel, Kopenhagen, Magdeburg, Manchester, Mannheim, New York, Paris (Konzert).
("j>f\nlr- Original from
J ::., ...u:.: :.-, V il h )^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
ANMERKUNGEN ZU
UNSEREN BEILAGEN
Zo der Portevtnmt d*r Istdschen Abbiadlajig ,Dto Entstthtmg **s deotschstj Meto*
dnrnu* gebflreo die ersten ?tar KttnttbeUsgen dieses Bsftes* ZttBlobet As
Pttltflt TOB
J eh an a Chris tlsa Breads*, Sttah wn 0, Bcrgtr (1798) neck dMr Zefrbntiftg too
Scbtfder. Bs Mgt
Anton Scbweltser, der ftomponlst der Mnslk n Rrassesn's »Pjrgm*ll!Hi\ nsdi dncm
situ Stteb* Dm Ffcrtttt ton
Pried rich ▼Uhslm Cotter, dsn Toxtdlchtsr der JKedes", etas Urorisstefebmuif
mdt etasm Bltybslbfld van setoer Totitor Cicflle^ 1st dem & Bead seinef Gsdlchte
{Goths 1808} entnommeii+ Den BeseUoss insert
Sopbtv Frlederlfc* Seyler, die bttflbtnte Dsrttetletfn der Mede* In Bends* gjeteb-
iwnigem Dnodftm and eibrstabtlfe Kfralin der Chsrtotto Brsndes. Bin BJbt
toii ibf sis Medea koodtta wfr leider nicbt erisngie** (Inser Blstt seigt tie ds
Msrope fat Gotten TrsgOdle nseh eioeat kleinen Kapfef Is ftekbsnls Tbsslttr-
ksleader 17T&
Zqr Erinaenuif s* den tor SOJsbren 00, Bebttst) geborenen llebeasvflrdlgen Toasetser
Press ?on Holt tela brfngea wfr seta Portrlt nioh cinem Shdcb tot Wp&t* Die
drd Opera; .Der Hddesc&sdu* (188% »D*r Ert» m Morley* (1872^ JM* Hocb-
ltnder* (1876) ubess ssinstt Nsmn bi welters Kreise geirageiL Molstets^ der slob
setnp Texts stilbfr dJdktMb wsf smA eta tombtpttor 2etobner* & stub 1878^
Dee ntchsts Blstt setgt nos dss Port* tor sm 25. Janttsr tm Alter ran last 76 Jshren
nncbledenen gretsberiog]. itcbs. Ksmmerslngsrln Rest von Milde (vgL die
Notfa inf S. 267), der ereten Elss, Margiana nod Ximene. Sis stammte ins der
Weimarschen MuslkerfamUle Agthe and wir geboren im 25, Juai 1825, UrsprQngljcb
gpdschte sie Klsviervirtuosln za werden, itudierte indessen eplter in Leipzig Gessng
und debOtierte 1S45 sis Amine in der „Nacbtwsndlerin* suf der Velmsrlechen
Hofbflhiiet der tie 22 Jthre treu blieb* bis sie slch 1867, tuf der Htibe ibres
Rubines, rom Theater fiberbmpt znrfickzog. Ibre wanderbsr getcbalte Soprsn-
sticnme beflhigts sle zur DurchfBbrung slier Kolorstnr^ und slier jngendllcb
drsmsllichen Ptrtieen. In Jeaer denkwfirdigen .Lohengrin* * Autr&bnuig in
28. August 185Q, die Frsnx Llett leitete, wlhrend Rlchsrd Tigner seLbit im Exll
veilte^ esng der Gitte der KQnstlerfn, der ber&bmte Siager Fedor von Milde* den
Telremandf sie die Bits; beide KunsdelituDg^a bHoben vorbildllcb f3r spltere
GescUecbter* Vlr Terdsuken dss Blld der Verstorbenen der Liebensw&rdlglceit
Ibrer Toehter, Frl. Nstslle von Mllde*
Nicbdruck nv mix *o«lrfttWkhw EHwtbaU dot VerUfa fCiUttit.
AlJe fivclKt, lubtMndtffl du d*r Obtnotnaft rtfbehiJtMU
Fttr d]a ZuHlekHmduiif unTirUiittflr oder ntobt *ngt netdfttr WUmntkrlple, WU tbaes alobi |«alc«ad
Porta bftUleft, ftbAnlamt dk R«d«kdoft lnl» Gvutlt Snbw lawrlldha Muaskrifto vwdfa ua^prtA
Vcrsntwortlichcr SchriftleJter: Kspellmei&ter Bernhsrd Schuster
Berlin SV* II, Lnckenwsldentr. 1. IIL
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JOHANN CHRISTIAN BRANDES
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ANTON SCHWEITZER
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FRIEDRICH WILHELM COTTER
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.KYLIRIN
SOPHIE FR1EDER1KE SEYLER
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v ^a*W #&** ^r^^^m^
* 16, Februar 1826
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-5 «*
ROSA VON MILDE
f 25. Jarrnar 1906
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IN HALT
Av
Emil Jgqu&fi-Dalcroce
KtaTiemnterricht tmd mufifkaUsche Erziebmig
Dm Famillewnfltteni gowtdnet I*
Dr. Edgar Istel
Die Entstehung de» dratschen Melodramas, III.
Dr. Julius Hagemann
Der modem* MaBtkalienvertrieb
Bin Voftobtn
Beepredmngea (B&dter m& Altttlfcalieo)
Revue der Revueen
Urn sell in (Neitfr Opera, Am dem O p ernr qpe rto i tt,
Kbnzerte, Tigescbronlk, Totensclutt)
Krltik (Oper trad Konzert)
Anmerkungen zu unseren Bellagen
KunstfaeiUgen
Anzeigen
DIE MUStK arahelnt moaHllch iwetmal. Abonatoeattprcl* POr dtt
Qatrul 4 Mirk. AboaDcmenrtpreU fttr dea JahrgiDg 15 Mirk. Preis
dee einwloen Hefa* 1 Mart, Vierteljihrsefobtiiddecltca A I Mirk*
SunmeLkisteD far die KtMStbetft&cn des ganzeo Jihrgtngt 2,50 Mirk.
AbonaemeDts durch jede Bnch- und Muslkftltoahmndliing, fOr ktolnc
Pllttt abac Bachhiiidler Bezug durcb die Post.
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KLAVIERUNTERRICHT
UND MUSIKAUSCHE ERZIEHUNG
DEN FAMIL1ENM0TTERN GEWIDMET
von Ecnil Jaquea-Dalcroze^Genf
]nziblige Bucher sind fiber Kindererziehung im allgemeinen, liber
musikalische Erziehung im besonderen gesctarieben worden*
Beriihmte PftHosophen, tiefe Denker, einflussreiche Staatsbeamte,
ordengeschmftckte Virtuo&en, bervorragende Professoren, poli-
tisierende Familienv&ter und wohlgesinnte aitere Mfldchen haben una mlt
einer ungeheuern Anzahl von RatschlSgen und Kritiken, von Methoden
and Systemen, von , Veto's" und ^Heureka's* beschenkt, la denen sie ibre
Meinung fiber die beste Art des musikalischen Jugendunterrichtes kund-
gegeben haben, Einer kfirzlich unternorameoeo Urn Frage des Berliner
Lokalanzeigers* verdanken wir die Offenbarung der emscblSgigen Meinungen
der besten Musikcr Deutschlands. Einer nach dem andern Hess seine
Stimme erschallen, aber jeder sang etwas ganz anderes, es gab keinen
ZusammeufcUng, keinen Akkord, keine Oberemstimmung,
Angesichts dieser verwirrenden Verschtedenbeit der Meinungen ent-
stebt vor allem die Frage, ob fiberhaupt die Moglichkeit varliegt, elne
Auswahl zu treffen. Alle diese Meinungen scammen von gewissermassen
„Berufenen*« Muss man da nicht von vornberein die Hoffnung aufgeben,
aus diesem riesenhaften russischen Salat den einzigen nahrhaften Btssen
bentusstocbern zu kfinnen? lch bin dennoch uberzeugt, dasa dieae
MSglichkeit vorliegt und dass man nur methodisch vorzugehen bat, um
zum Ziele zu gelaagen. Wir braucben nur eine Sichtung nacb bestimmten
Grunda&tzen vorzunehmen, deren erster naturgemiss darin besteben muss,
keines Menschen Meinung in der vorliegenden Frage gelten zu
laaaen — und scheme er sonat nocb ao „beruFen a — der nicht in
stetem Umgange mit Kindern jeden Alters war, ihrer Entwicktung
Schritt fur Schritt zu folgen Gelegenbeit hatte, und mebrere Jahre hindurcb
das natfirlicbe Wacbatum ibrer physischen und geistjgen Ffihigkeiten
beobachtet hat. Denn augenscheinllch kann nur der wissen, was ein Kind
zu leisten vermat, der Kinder kennt Ja — ich gehe nach viol welter :
ich behaupte > dass ea eine Vennessenheit ist, Ratscblige ffir die Erziehung
sechsjihriger Kinder erteilen zu wotlen, wenn man es atets nur mit
20*
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OIB MOSUL V. 11. ■ ■ ~ "^
Klndern ven zw5lf Jahren persdolich xu tan gebabt hat, ftdlbat wen jam
letzten die Lebenazeit des zihen Methosaltift hfodurch ait VerttaadwdHcfc
etudiert hStte. Die Erziehungamittei mflssa« doch unxwetfolitaft item After
des Ktades aagepasst aeta. Nicbtadeetovenifer 1st in nana ZetettJij Altar
tbeoretischen Bftcber fiber ttnseren Gegenstaad bamer too Kfadem fan
altgemeinen die Rede. Dte Verffesser Qbersehen voflkommen, dtits.ein
Kind toa 6 — 6 Jahren ein ganz anderes Wesea iat $ ala eia kleiner Kn4be
oder etn MBdchen von 10 Jahren; dass tm Alter too 14 Jahren die
Jungen Individualitftten etne glnzlfcbe Urn- nod Neuforraraig dorcfaiDachea>
and dass die Erzlehiings- Verfahren auf all dieaea verwbledenen Entwickiang**
stolen der eu bildendeu Peraftnltehfceit doch unmSglich dieaelben bteiben
fc&aaea* Der von dieaea Theoretikern ana Uakeantnle derate beolwcfatctea
Eptvicklung dea Klnde* begangene Fetter tat ebenso gross and anbegrefflh^i,
Trie der etaee Naturforscbers win, der die dutch das Alter bedlagtea
Vetfadenwgea der Schlaiigenbaut dutch tlgltebe Beobachtungea eteer
lebeodea Schlange initials dea Vergrftsserttngsg^aaee atndieraa vflftfe, aad
dies wShrend der ganzen Lebensdaier seiner Schlange, ohne je ztt bamerfcen,
daas ale In fedem Fr&hllng die Hani vottattadlg vechaelt.
Haben wir die Works fiber musikaJlsche Erziehnng beaeitift, derea
Verhsser nicht in der Lage warm, sicb selbst ana persftalichen Eifahntnfen
za belehren, so gehen wir zwaiteae an die Auamenuag alt Jener BOotier,
derea Antoren die Traditionen, das GewohnheitsgeiiUtae, das Hersebracbte
derart verehrea, daaa Ihr BQcfc fBr daa Notwendlge dadurch getrtbt wiA
All dteae Sklaven vorgeschriebener Unterrichtsprogramme, all dieae Lelse-
treter, die sicb geschickt zwischen entgegengesetzten Meinungen durch-
winden m5chten, ohne anzustossen, denen ibre Stellnng en boben Orta
gefSrderteu, subventionierten, beruhrateo Anstalten Ketten und Maulkorb
anlegt — ferner alle Nicht* Kunstler, alio, die nor das Mechanische des
Uuterrichtes im Auge haben und ubernommene Formeln und Verfahren
weitergeben — wir schliessen sie aus-
Und haben wir drittens und letztens aucb die grauen Theoretiker
ausge&chlossen, die nur aus der Tlefe fires von der Erfabrung ungekrflnkt
gebliebenen Gemfites heraus Mcthoden konstruieren und nicbt durch Vor-
fQhrucg eines einzigen von thntn gebildeten Zdglings den Beweis er-
briogen kdunen, dass ihre Metboden auch praktiscb anwendbar sind, so 1st
die Cheopspyramide musikalisch-pidagogischer Literatur zu einem klelnen,
leicht iibersebbaren BucherbBuflein zusammengeschmolzen* Nur einige
Werke sind geblieben — allerdings solche, deren Studium von ausser-
ordentltchem Nutzen sein wird. Ausser Karl Storck, Chassevant, Gosset,
Kunowsky, Albert Dresdner nur vereinzelte andere* Wenig genug — aber
dieses wenige wurde genugt haben, venn die Theorieen und RatscblSge
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288
DIE fflUSIK V. II,
sonst die Miuse tn sich einzunisten mid werdan fhs ganz nrinleren*;
zwcitens: *E* let eine Schande, dafta wir kctn Piano baben; wenft KWn-
ElBctaon Unterricht baben muss, kattft Pepa vielleicht elnes;" dritteos:
v Dts Kind wird tlglich tmausstehltcher mit aeinen ewlgen Frsgm und
seiner Lebhaftigkeft, man wird wenigsteus die Zeit fiber Italia baben* die
es ata Piano zubringt;* viertcnt; .Die kleine Schmidt hat schon eiae
Klavierlehrerin, da muss doeh Elschen such eine bekommen*"
Vie man ateht, 1st bei all den angefBhrten Grfinden die Wee dcs
masikaliftcben Unterricbts unlSsllch mlt dem Begriffa .Piano* astoxjiert,
einem besaiteten Tasteninstrument, karz, tafellftrmig oder lang<hi welebem
Falle ea auch Flfigel heisst), das ffrilber, als man manchmal piano nnd
mancbmal forte datiraf m splelen pflegte, ^Pianoforte* geoaimt wnide nnd
heutztttage kurzweg .Piano* heisst, well mas nnr mebr forte darauf spielt*
Dor Gedanke* ihrem Kinde Violin-, F16ten- odor Violoncellunterricht geben
ztt lessen* irird von d6n Eltera nnr denn geftatf, wenn ela Uteres
Geachwlster bereits Klavier spieft; oder wenn Papa oder Mama es nocb
nieht ganz auffeegeben baben und sich die Hoffnung fcfinftigen Zmammen*
spiclens mh dem fr&hllchen Ntchwncbs macben; oder vena die grosse
An&gabe znr Anscbaftnig eines Pianos sich von aelbet verbictetj oder warn
dor eigobene Hansfreund nnd Musikfcenaer, der soehea etoein Bomben-
erfblg Sarasatefa oder Poppers beigewohni bat, enistllcb zur YaM eines
SaHeninstrninentes r8t Fallen derfd Enrlgungen nnd Sfnfiftsse weft so
wird das Piano gewihlt, well Iflr oeuntrodneunzig nnter bnadert Lenten
die Begrjffe .Musik* nnd .Piano* sich decken. Das Klavierspiel ist Mnsik,
Musikmachen heisst Klavier&pielen* Sollen wir nns fiber diesen dem Piano
gegebenen Vorzug vundern? Neinl Denn das Klavier ist ausser der
Orgel, die hier nicbt in Betracbt kommen kann, das einzige Instrument,
das vollst&ndige musikallsche EindrQcke vermittelt Es verhftlt sich
znr Musik, wie eine Radierung oder mancbmal wie eine Photographic znr
Natur. Es ISsst alle Hannonieen erklingen nnd gibt selbst verwickelte
Polyphonieen annShernd wieder. Es genQgt sich selbst und ist das elgent-
Iiche Musik -VerbreitungsmitteL Die Mutter baben vollkororoen recbt,
ibren Kindern die Erlernung seiner Handhabung anznempfehlen. Aber sie
begehen das Unrecht, das himmelscbreiende Unrecht, dlese Erlernnng
beginnen zu lassen, ehe das Kind Musik kennt, begreift und liebt. Denn
der theoretische Unterricht, den das Kind gleichzeitig oder ein, zweijahre
frfiber erhSlt und mittels dessen dem armen Wurm in kondensierten
Dosen das Wesen, die Grundprinzipien und die konventionelle Schreibweise
einer Kunst eingetrichtert werdcn soil* von der es keine Ahnung hat —
dieser theoretische Unterricht libit gar nicht in meinen Augen* Er ist
aufgelegter Unsinnl Die ersten Worte* die das Kind sprechen Iernt, sind
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299
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT 5E5|iil>
e
„Papa tt und „Mama a ; es lasst sie zu seinem Vergniigen oder aus Not-
wendigkeit ertonen, weil es die Personen, deren Bezeichnung es ausspricht,
kennt; es kennt sie, weil es sie oft sieht und Beziehungen zu ihnen
empfindet. Aber es wiirde geradezu toricht erscheinen, von einem Kinde
zu begehren, dass seine ersten Worte „Verwaltungsbehorde a oder „Steuer-
freiheit" sein sollen. 1st es nicht ebenso lacherlich, ihm einige Jahre
spater zu erklaren, was eine Synkope und was eine Appogiatur ist, ehe
ihm Vorhalt und Vorschlag durch den praktischen Gebrauch vollkommen
vertraut worden sind? Die musikalische Theorie ist das Studium der
konventionellen Mitteilungszeichen der Musik, nicht das Studium der Musik
selbst, und sollte eine Folge und nicht eine Voraussetzung bilden.
So steht denn der von mir auszufiihrende Grundsatz aller her-
gebrachten Auffassung der Sachlage schnurstracks entgegen. Er lautet:
„Der Unterricht im Klavierspielen, d. h. im Handhaben des
geeignetsten Werkzeugs, musikalische Eindriicke zu vermitteln,
darf nicht eher beginnen, als bis das Kind in den Stand gesetzt
worden ist, musikalische Eindriicke zu empfinden, bis es das
Bediirfnis fuhlt, musikalische Empfindungen auszudriicken, bis
es gelernt hat, diese Empfindungen zu analysieren und ver-
standesgemass zu ordnen. Mit den Tonen und Tonverbindungen, die
seine Finger mechanisch hervorzubringen abgerichtet werden sollen, mit
diesen Tonen muss sein Ohr vorher vollkommen bekannt und vertraut
worden sein. — Seine Finger sollen phrasieren, Tone musikalisch gebrauchen
lernen — das Kind muss vorher sinngemass eine melodische Folge zer-
gliedern konnen, Unterschiede in der Tonstarke kennen und wissen, wann
und warum sie notwendig sind. — Mittels seiner Finger soil es Ubergange
hervorbringen, Harmonieen entstehen lassen, mehrere Melodieen gleichzeitig
zu Gehor bringen — das Kind soil vorher wissen, warum und wieso
man die Tonart wechselt, was ein Akkord ist und was Polyphonie bedeutet.
Seine Finger sollen Zeitmasse durch metrisches Betonen erkennen lassen
— das Kind soil vorher die naturlichen Gesetze aller Metrik und Rhythmik
verstehen und praktisch erprobt haben. — Seine Finger, seine Handgelenke
sollen schliesslich bald beweglich, bald schwer, bald leicht, bald wuchtig,
bald biegsam, bald kraftig sein — das Kind bedarf hiezu bestimmter
Voriibungen, durch die seine Glieder trainiert worden sind, indem ihre
naturlichen Fahigkeiten entwickelt und etwaige angeborene Mangel be-
hoben wurden.
Was ist der Inhalt der Stiicke, der Ubungen, der Etiiden, die man
dem Kinde von der ersten Unterrichtsstunde an zu spielen gibt? Doch
Musik, d. h. Melodieen, Harmonieen, Polyphonieen, Obergange, Nuancen,
Phrasen, Rhythmen, Zeitmasse und schliesslich Fingergymnastik. Und was
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
300
MB MUSIK V. 11,
weta daa Kind von all diesen zaitlroicftea und verscbiedeBe* Dtes*o,
die all* ea gleichzettig herflcfcsichtigtta wrfl? Es miae ittebt* —* £**-
nlchts von ihnra ale — Worte, Klaaafflkatioaeit, Zeiehenu Veil Xmifc
hat es kelne blaase Ahnnng, ea kanu weder hftran noefa vwntliwm, voder
wfoehmen nocfa analysiereu* Nicht einanl seine Finger dad geikOgend
fttr die mechanischc Drfllung vcrbereiteti Und nntor diesen UmstJtaden
soil ea mlt der abstraktesten alter Kfinate vertraut werden, aft der Kumt
der viclfacben Nttancen, der nnbegrenzt zahlreichen VtintiUedetfbeiien iron
immer neaen Kllngen and Fonaen, mlt feiier Kunst, von der die Welt
einatiramfe behtttptet, daw ale wie keiae andera unmittelbar im Seeleaioben
wnrzelt and ana Seelenleben jppclUert? Und das wild dem Ktnde so
glattwog zegemutet, oftne dass dte Erwlgang dazwiscbeniritt, d«sa die Seele,
die Muslk auffoses nnd wiedetgabea soil, vor allem Ofcren haben nunal
Ea max *te» I» koniiacb klingen, aber — ach — ea entfa< all die achweren
VorwSrfe, die Ich der mnalkalisch-planistiacben Erziehnng maohen muss*
D&eae Erzieher denken ketnen Augenblkk damn, daaa man ea nicht tutter*
nehmen kann» eine Lfteratttr m versieken mid ihre Verkft wiederzngoben,
ehe roan die betnflbnde Sprache voilkommen kennt, die Bedetttttng ait
Hirer Worte tad den ihr eigentflmlicftea an* Und daaa man, went dieae
Spreche mualkaliach 1st, vor allem die Organ* besltzen muss, ale m wr-
nehmen und wiederzqgAeu, ntmHch Ohron tmd Herracbaft fiber aeinc
GUeder, Venn daa Qhr nnfthfg 1st, T6ae an Hum, wie aoll die Seaie
ntnaikaliadie ElndrBcke erhalten? Vermittels dea Obrea werden KUnge
kontrolliert, und die Wertnng von KISngen ist dte Grnndbcdingung aller
musikalischen Bestrebungen* Wfirde durch Klavierunterricht das Ohr ent-
wickelt, so wire nichts empfehlenswerter, als bertlts im zertesten Alter
damit zu beginnen. Aber ich bin davon fiberzengt, dass das Piano nicht
nnr nichts zur Verfeinerung des Gehdrsinna beitrlgt, sonde rn alien For t-
schritt in dieser Bezlebung geradezn verhindert
Auf dem Klaviere wird der Ton dadurch hervorgebracht, dass Himmer
auf Saiten schlagon, sobald ein Hebelmechanismua sic dazu veranlasst,
der durch das Niederdrficken einer Taste in Bewegong gesetzt wird*
Nebenbei sel hier bemerkt, dass dies die Anftnger des Klavierspiels fast
nie wissen und dass ihnen Jabre hindurch aowohl die innere Einrichtung
ihres In&trumentes, als die Regain, nacb denen es zu atimmen ist, metst
ebenso fremd bleiben t wie die Meister, deren Werke sie muhsam ein*
lernen. Ich babe mich davon flberzeugt, dass eine sebr grosae Anzahl
Klaviersch&ler gar nichts aus dem Leben und Wirken Bachs } Haydns,
Mozarts, Beetbovens, Schumanns, Chopin's und selbst Liszts wissen, dessen
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
301
JAQUES-DALCROZE: fc KLAVIERUNTERRICHT
Kompositionen sie auswendig gelernt haben. — Aber kehren wir zu unserm
Gegenstande zuriick: ob auf die den A-Saiten entsprechende Taste irgend
ein kleiner schwerer Gegenstand fallt, ob der Hauskater Hidigeigei iiber
sie hinwegschreitet, ob das Stubenmadchen mit dem Abwischtuch driiber
fahrt oder ob unsre kleine blonde Elsa beim Klavierunterricht mit ihrem
rosigen Fingerchen darauf driickt — der Erfolg ist in alien Fallen ein und
derselbe: es erklingt der Ton A. Mit demselben Recht, wie das geschickte
Elschen, konnen der heruntergefallene Gegenstand, das Stubenmadchen
und der Kater ausrufen : „Auch ich — ich spiele Klavier. 44 Aber keine
einzige dieser sonst sehr interessanten Personlichkeiten, und auch Klein-
Elschen nicht, kann behaupten : „Ich bin musikalisch", wenn sie nicht die
Tonhohe des vernommenen Klanges abzuschatzen versteht und mit Uber-
zeugung auszurufen imstande ist: „Das ist ein A a , ohne gesehen zu haben,
dass jene Taste bewegt worden ist, die mit diesem Tone korrespondiert.
Elschen (oder die Katze) konnen die Taste 50000 Mai nacheinander nieder-
driicken, stark oder schwach, leicht oder wuchtig, sie werden dadurch
musikalisch ebenso wenig gefordert werden, als jemand literarische
Fortschritte dadurch macht, dass er an einer Schreibmaschine wiederholt
die dem Buchstaben A entsprechende Taste niederdriickt. Die Hervor-
bringung des Tones auf einem Piano ist von den Gehorsfahigkeiten ganz
und gar unabhangig. Die Hand gewohnt sich ortlich vollkommen auf der
Klaviatur ein, die Entfernungen der Tasten, die den grosseren Intervallen
entsprechenden Spriinge werden ihr vollstandig vertraut; die Finger lernen
gewohnheitsgemass jene Tasten zu stossen, die mit den auf dem Noten-
papier bezeichneten Tonen korrespondieren ; der Geist erhalt nach und
nach eine derartige Gewohnheit zu analysieren, und der Anschlag kann
es bis zu solchen Wundern der Verfeinerung und der Differenzierung der
Tastempfindung bringen, dass der Spieler geschlossenen Auges die Tone
benennen kann, iiber die seine Finger in rasender Eile hinweggleiten, in-
dem er in Gedanken ihren Weg auf der Klaviatur verfolgt. Aber ich
wiederhole es — das Ohr hat mit der Wertung der Tone gar nichts zu
tun, es fasst lediglich den Ton auf, zu dessen Bildung es in keinerlei
Weise beigetragen hat, und ebensowenig kontrolliert es diesen ihm fix und
fertig gebotenen Ton auf seine Richtigkeit. Der Ton wird mechanisch
mittels eines Fingerdrucks hervorgebracht, die einzige Kontrolle iiber
seine Stellung in der Tonleiter erfolgt vorerst durch das Auge und
nachher durch den Tastsinn; das ganz ausser Spiel bleibende Ohr
wird hierdurch dermassen faul, dass jemand, der ausser seinen Klavier-
studien keine Horiibungen macht, verurteilt ist, nach 20 Jahren Klavier-
spielens musikalisch ebenso schlecht zu horen, als nach den ersten zwei
Monaten seines Unterrichtes.
r ( " i \r \n L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^ilKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
302
DIB MUSIX V, 11.
Es onterliegt keinem Zweifel, din die Tonbildung itff efatem Seken-
Instromeat das Obr mehr In Tltigkeit aetzt, «bn«in KteWcr der Pdl
tit. Aucfc wlrd durch die Bewegnngen des bogcnfBhrenden Anncs mlf
mehr ala durch du Fallenliftsen d» gehobcaen Fingers der Aytbmisehe
Stan geweckt nitd enhrickelt, sber die Links gewSbnt rick so sefenell a
die notwendigen Ortsverilnderiingett* and die Finger lemon so hdd jetton
Punkt suf den Stiten linden, nf den fife zar Hervorbringang dw go*
sucfaten Tones drftcken mflssen, diss — tdlerdlqgs in gevtsser Afescbwicbufig
— illc Bemerkungen, die ich im Folgenden za mscben habea werde, deb
ebenso tuf die Erlernaug eine* Saiteuinstrttmentes, lit wf die des Kbnrier-
spieles beriehea.
Der OehSnbtn km* stcta nor dutn entwfekein, wenn dem Ohre
elne Anstrengung beim Unterscbetden der T5ne von ejmnder zageamtet
virdf and wenn mm es daza tringt, alletn — d. h. obne ifgmdweldie
Beifailfe des Geslcbts oder dee Taatatonet — die Gritate des IntemUes
zwitcnen einem gegebenen and einem erktingend^i Ton zu bsstunmoo*
Bet der firternang d« Klivierspieles wird diese Anstreagpag nto erfo i dorii tib,
nocb wird die UrteUskraft des Individaums in bezag *uf die Abschftxang
von TaabObe^DiiUnun in Ansprach gpnemmen. Fftr den GebSrrinn tat
nick to ra holen* Mi iriederbotor nlehts, nod bin bereft* jeden Attgen-
blick den Bevels anxatreten, diss, wenn von 10 KUvierspieleni zwiscbea
17 and 20 Jabren, die Beethoven und Chopin nfcht nar technisch bewlltigen,
sondern nacb Ausssge lb»r sentimentalen Mfitter each mit ^GefBht*
spielen, zwei, ohne binzublicken, die von einem andern Klavierspieler
bervorgebrachten T6ne za benennen wissen, sie dies der ziemlich seltenen
Gibe ingeborenen absoluten GebQrs verdanken, die sie Instinktiv Jedem
gehSrten Ton seinen Plitz in der Tonleiter anzuweisen beflhign Un-
ansgebildet verleiht diese Naturgibe dem Begunsdgten nur geringe Vorteile,
wird sie aber mit Hilfe geeigneter Obuugeo entwlckelt, so kann sie geradezn
an Wonder grenzende Ergebnlsse liefern* Icb habe in dieser Beziehung
eine kleine persdnlicfae Statistik unter meinen ZSglingen gemacbt und g£~
fanden, diss etwa sechs von hundert mgeborencs absolutes Gehftr besitzen.
Nan ist diese beneidenswerte naturliche FBbigkelt des Gehdrsinns verurteilt
zu verkfimmern, sich von Tag zu Tag zu vennindern, von der Stands in,
in der diese Bevorzagten Klaviemnterricht nehmen. Denn ihre Fihigkeiten
bleiben mangels aller Obungen bracb liegen und fedes pbysiscbe Vermdgen,
das wBbrend der Zeit des Wachstums des Individuums nicht Gelegenbeit
erhSIt, sich zu betitigen, wird in seiner Entwicklung behindert Das fur
kSrperlicbe Obungen, Tanz, Lauf, Wurf, Sprang bestbeanlagte Kind muss
an Kraft und Gescbmeidigkeit dnbussen, wenn es wShrend des ganzen
Tages auf dem Sofa liegt, oder nie anders als im Automobil an die
f\ | Original from
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303
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT
frische Luft kommt. Und Klavieriibungen sind so recht dazu geschaffen,
die Faulheit und die Unwilligkeit des Gehorsinns grosszuziehen. Wo doch
in der Musik alles — alles vom Ohre abhangt! Wenn der Zogling einen
Ton von einem andern nicht zu unterscheiden weiss — und ich versichere
ohne Furcht widerlegt zu werden, dass von 100 meist Klavier spielenden
Kindern, die in die Solfegeklassen eintreten, mindestens 90 es nicht merken,
wenn die Tonart eines vorgespielten Stuckes wechselt — wenn der Zogling
die Tone nicht voneinander unterscheiden kann, so ist er verurteilt, sein
ganzes Leben weder das Geringste selbst schaffen zu konnen, noch je zum
Transponieren einer Melodie auf dem Piano fahig zu sein, denn alle Melodie
besteht in einer Aufeinanderfolge von Ton en, und um schaffen und trans-
ponieren zu konnen, muss man jeden Einzelton durch das Ohr wahr-
nehmen. Wer dies nicht imstande ist, wird in jedem Moment, wo den
Fingern das GedMchtnis ausgeht, auf dem Klaviere stecken bleiben; sein
Mangel an Gehor macht es ihm unmoglich, Akkorde und Harmonieen zu
behalten und im Gedanken zu rekonstruieren, um dann mit den Fingern
die Tone zu bringen, welche die harmonische Begleitung zur Melodie
bilden. Nie kann er dazu kommen, polyphone Werke zu erfassen und
gehorig wiederzugeben, denn da sein Mangel an Gehor ihn bereits
verhindert, eine melodische Linie zu verfolgen, kann von der Auffassung
mehrerer gleichzeitig erklingender, verschiedener Melodieen absolut nicht
die Rede sein. Auch seine Technik muss notgedrungenerweise mangelhaft
bleiben, denn die Kunst des Nuancierens und der Anschlag hangen von
der Feinheit des Gehors ab. Dieses bildet das einzige Mittel zur wirk-
samen Kontrolle der unendlich zahlreichen Verschiedenheiten in der Art
den Ton hervorzubringen, und die so schwierige Kunst, die verschiedensten
Anschlagweisen bei der Interpretation eines Musikstuckes stilgerecht zu
kombinieren, muss ihm terra incognita bleiben, wenn sein Gehorsinn
nicht unmittelbar die Finger beeinflusst, wenn zwischen Absicht und Aus-
fiihrung nicht unmittelbarste, innigste und schnellste Assoziation besteht,
durch die allein die gewollte kunstlerische Wirkung erreicht werden kann.
Wie zahlreiche Klavierspieler zucken die Achseln und brechen in
geringschatzendes Hohngelachter aus, wenn man vor ihnen von der Pianola
sprichtl Aber ist denn das ewige Skalengeklopfe mit den Fingern auf der
Klaviatur musikalischer oder kiinstlerischer als das mechanische Hervor-
bringen von Tonen mittels der Pianola? Sind Mechanismus und Mechanik
nicht im Grunde eins und dasselbe, wenn das mechanische Erklingenlassen
von Tonen als Zweck und nicht als Ausdrucksmittel angesehen wird?
Haben die Klavierstudien, wie sie derzeit allenthalben betrieben werden,
eingestandenermassen einen anderen Zweck, als den Mechanismus zu ver-
bessern? Werden zu den Stucken, die bei Priifungen oder Zoglings-
( "* * y y y 1 • ^ r ' q ' n a ' ^ ro m
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
MS M08IK V, tU
produktionen vorgeffihrt werden* Je andere gewttk *J* mtt%
heit wtr BntSkltttag v<m Gelloflgfceit geben? Nle wiwl
Programme* Stftcke flnden, tnlt denen der Scfafiler
Slim, seinen Gesohmack, setae Stflkenntnis o0Mmi
Scbumsnnschen Jngendblltter* die Bagatelles Beethovens^ die .Rfl tt iri Mw i
tutd gttragenen Noktttrnen Chopin's gelten ttr eolctie QeJeftrttfariioii ife
zu leicht! Haydn und Mozart werden nur jnebr von Sttigling6a gosplDltj
dean da gjtot es schon gar kelne MS^fchkett, mlt Virtnoftitlt m gjttbvnl
Und dieie blldet Pol and Leitetern des guun Uaierrio&tifffegrMnmee,
aicta Pfrrasiening und StH frtgt fcetn Henoch, Han bestn&t skfe* 4§e
Klaviora^tfnge an ill den Kanstttfteken abxurlcbfea, dtemn Yen Kencwt"
gebera zn hflren gewOhnt 1st — ober man veriangt tod Omen nkfefc dees
tie modulleren Oder trnnspanieren kSnnen oder does «fe eeftatlndfe dee
geforderten Rhyttimus, die sfongemlssen Nnancen, die stilgwochte Phrtolening
mneheit, ohno dan Notenheft vor rich zn hnben — das Notenlieft, in feat
rile* notiert, marklert, dwch Zeicheu angedentet ist — genan wle *nf
der Ptanola~Walze — die Tempi, die Tonstlrfcen, die Atempewm —
fcorz alles, woe tin better Z$gHng ohne Bdhiffe ftnaftthien eoffie und
anch kdnute, afles, was im wirkliehen Shine dee Wort* a* der SaOtt
musifcaliscb let — mit einem Wort: alios Kttnetl erf echo,
Der Sinn fBr das SchSne kann tansendmal als Kefan ha Kind* vnv
honden sein, er wird sich unkSglich entwickeln, wean man eft nicht das
SchSne In alt seinen Fonnen tind Gestaltungen kennen lehrt, wenn es
nicht lernt, seine VerhSltnisse zu inalysieren, sein Weson zu begrelfen
tind slch von ihm durchdringen zu las&en. — Das Kind liebt nur, was es
gut kennt; die ersten Regungen der Liebe emp&ndet es fflr seine Mutter,
und diese Zuneigung entwickelt sich in dem Masse, als es seine Mutter
besser kennen und ihre unbegrenzte Liebo und zirtliche Sorgfalt wurdigen
lernt. Wie es seine Mutter liebt, weil es sle kennt — so wird es jedes
Element des SchSnen wfintfgen lernen, mit dem man es langsam vertraut
machen, dessen Eigenarten man ihm aufdecken wird, wenn man ihm
grQndllch auf seine Frsge; warum? zu antworten bestrebt sein wird. —
Wenn es die Kun&t Skalen zu spieled auszuQben beginnt, liebt es da das
Klavier als solches? Kelneswegs, sondern urn der Musik willen, die man
vermittelst des Klavlers machen kann, um der bezauberaden T8ne willen,
die von anderen darauf hervorgebracht wurden und die es auch hervor-
zubringen imstande sein mfichte. Man setzt endlich das Kleine vor den
immensen Kasten voll Wobllaut und nun geht's an. Aber was? Skalen,
Daumenuntersetzeo, FingerubungenI Von Musik erflhrt es nur dasjenige,
was auf die Finger Bezug bat; findet es die Obungen langweilig, so sagt
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305
JAQUES-DALCROZE: KLAV1ERUNTERRICHT
man ihm: das tut nichts, das ist gut fur dich! Und wenn es fragt, warum
man das Zeug als wohltatig betrachtet, so antwortet man: das wirst du
spater schon einmal einsehen ! Wenn es die Kalkbrennerschen Etiiden
fiir hasslich erklart, vertrostet man es und spricht: spater wirst du
schonere Musik spielen diirfen! — Wenn es sich erkundigt, warum es in
einem gegebenen Augenblick forte spielen oder im Zeitmass zuriickhalten
soil, so heisst es: das wirst du spater schon selbst empfinden! Wenn es
der singenden Polyphonie Bachs ratios gegeniibersteht, sagt man ihm: du
wirst das spater schon verstehen! — Immer spater, spater, spater, man
meint damit: wenn du Chopin und Liszt spielen wirst und die jetzt zu
erlernende Technik deiner Seele Schwingen verliehen haben wird; spater,
wenn alle ausseren Eindriicke ihre Frische fiir dich eingebiisst haben und
deine Begeisterung nicht mehr aufloht; spater, wenn deinem Gehorsinn
jede Moglichkeit der Entwicklung abgeschnitten sein wird; spater, wenn
andere Beschaftigungen dir keine Zeit mehr lassen, die Elemente des
musikalisch Schonen in dich aufzunehmen; spater, spater . . . Ach, aus
diesem ewigen „spater a wird ein trauriges, unwiderrufliches „Zu spat"!
O Mutter, Mutter, wann werdet ihr einsehen, dass ihr euren Kindern
sagen musset: Gleich! Sofort! Augenblicklich!
Zweifellos lieben Sie Ihre Kinder, meine Damen, und wollen nur
ihr Bestes. Auf die Gefahr hin, Ihnen Schmerz zu bereiten, bin ich
gezwungen, Ihnen zu sagen, dass Sie die Kleinen nicht nur nicht fordern,
sondern ihnen geradezu iibles zufiigen. So manche unter Ihnen klagt:
ach wie traurig; meine Kinder machen sich gar nichts aus der Musik, sie
wollen keine Skalen spielen ! . . . Seien Sie uberzeugt, dass Ihre Kinder
im Gegenteil die Musik lieben und dass sie nur die Skalen verabscheuen,
weil sie keine Ahnung haben, wozu sie dieses Drillen fiihren soil. Ja —
werden Sie erwidern — die kleine Miiller spielt aber doch von friih bis
abends mit Begeisterung Skalen, das ist doch ein Zeichen, dass sie Sinn
fiir Musik hat! O, nein, verehrte Frau, die kleine Miiller will nichts
anderes als ihre Freundin Schulze im Skalenspielen erreichen oder wo-
moglich iibertreffen. Von Liebe zur Musik ist hierbei nicht im mindesten
die Rede, hier kommt nur der von den Eltern angestachelte, im Kinde so
friih entwickelbare Instinkt des Wetteiferns zum Ausdruck. Und die kleine
Schulze? Die konnte ja gar nicht eifrig stundenlang Skalen spielen, wenn
sie nicht schrecklich tragen Geistes ware und sich in der am Piano zu-
gebrachten Zeit deshalb gliicklich fiihlt, weil ihr da nicht zugemutet
wird, zu denken. — Ihr Kind wird die Skalen von dem Augenblick an
nicht mehr hassen, in dem es wissen wird, dass jede von ihnen sich von
den andern unterscheidet, der vollstandige Ausdruck einer bestimmten
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■ ^_ ^ ...r '
306
DIBMDSIK V.IU
Tooart iat; eobald sein Lehrer, nacbdem ea die As-dur Skala ketaen gelerat
hat, ea veranlaaat habcn wird# .Freut Euch dee LebMs* in dieaer Tenart
zn spielen und dann in einer andern. — Vleaen Sie indue Xiamen mid
Skatenanbeterinnen, daae, wenn der Lebrer seinen Klarfetzfiglingen due
Skala vorspiett, deren Firigeraatz sie alle aoawendig turf inwendfg wiaaea,
keiner von thnen erratan wird, welche Skala er eben gebfirt bet? Vbm
Sie, daaa von den handert beaten Klavierbelliaienen dues Konservatorluma
kanm einer imstande iat, die T5ne eincr MoUtooleiter — nlcftt zu spielen
— aim rlcbtfg aufcurfhien? Vie fcttnncn Sie verfangen, daw Ifae
Kinder* die die Skalen so achlecht kennen, ale mit Vergftflgea spielen
aollen? Der Ktarieranterricht vergewaltigt alle IndMdnalitit mid unter-
drBckt jedea » Varum?* Er iat daa AnHpUago^echette, was ea gefaen
fcaan. Demi die Atxfgabe dm Pftdagogen iat ea, die Kinder za lebren,
Perednlicbkeiten sen bleiben. In geistiger Massage hat er fhre jmgp
Seele an kneten, ihre usentwickelte Beobachtungsgabe za reizen; damit
daa Bedfirfiota daa * Varum* der Ding* zu crfabren inuner lebendiger
verde, muss er jede Frage beentworten nnd znr AttfeteUnng nener an-
etacbdn. Aber daa Klavierfiben macbt ana treier Tttigkeit mascbineHe
Arbeit; der Scfafiler abort inch, wiederbolt und verlernt ea bald vtrilfttlndlg,
lrgendwelche Erklirungen za verbragen. Venn eln etwaa gevfaaanbafter
Schnlinapektor die MuaiktbgUnge nach der Bedentong gewiaaer italieniscber
AitadrBeke befragt, die sie tfigHcta In Ihren Notenheften zn aehen gewohnt
aind, wie etrlngendo, calando oder andere, so mnaa die Mebrzahl der
Schiller gestehen* dass aie nicht wissen, was diese Worte heissen sollen.
Icb h5re, wie zahlreiche Klavieriehrer and -lehrerinnen bier elnwerfen
werden: B Wir wfirden gewiss gerne all dlese Erklirungen gebeo, aber —
wir taaben keine Zeit dazu. Vir roussen ein gegebenes Programm erfullen*
Die El tern der Z5glinge sind uns auf der Ferae; aie wollen sehnellste
Ergebnisse des Ucterrichts sehen. Kaum kSnnen vir das rein Technische
so bebandeln* wie wir gerae mdchtenl* — .Allerdings*, babe icb bierauf
zu erwidern, .feblt euch, liebe Freonde und Kollegen, die Zeit, nnd kein
Mensch ? weder Elteni nocb ZSgNnge, noch nSrgelnde Umsttirzler haben
das Recbt, eucb den geringsten Vorwurf zu macben. Ibr leistet, was roan
von eucb begehrt, und es iat euch tatsScbllcb unmdglicta, mebr zu leisten.
Gewiss empflodet ibr das Bediirfnis, die musikaliscben F&higkeiten des
eucb anvertrauten Kindes zu entwickeln — aber man lasst eucb nur die
Zeit, seine Finger zu exerziereo. Euch triffit keine Schuld, ibr seid —
wie eure ZBgiinge — nur Mfirtyrer der Routine, des furchtbarsten aller
Gotzen t der Herrin der Welt, der Tyrannin des Mcnscben; der Routine,
die zerstSrt, iadera sie zu bauen vorgibt — die unter dem Vorwande, das
Altehrwurdige hochzuhalten, dem Neuen und Dringenden den Weg ver-
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307
JAQUES-DALCROZE: KLAYIERUNTERRICHT
sperrt — die zu ordnen glaubt, aber nur schabloniert — die Emingenes
bewahren will, aber es mumiflziert und versteinert. Nein, neln, ihr seid
scbuldlos und ihr werdet mir gewiss beistimmen* wenn icb euch, wie den
verehrten Herrn El tern, Onkeln und Tan ten der kleinen Zukunftspianisten
zurufe: Damit die Kinder Musiker werden, ist es odtig, ihren Klavier-
studien elnen mindestens funf- bis sechsjahrigen Unterricbt vorausgehen
zu lassen, der rein musikaliscbe Unterweisungen, Obungen im Singen,
HSren, Urteilen zum Gegenstand bat, Femer Obungen der Anne, H&nde,
Ftlsse, Beine, des Kopfes wie der Finger; Ubungen, durch welche die
pbysiscben und getstigen FBhigkeiten in Hinblick auf das zu erreicbende
Ziel entwickelt werden, das in der vollstfndigen Kenntnis der Musifc und
ibrer Elemente besteht. Erst nacbdem die Kinder dieses Ziel erreicbt
haben — erst dann sollen sie mit dem Erlemen des Klaviersplelena
beginnen — und Sie sollen sehen, meine Dainen und Herren* was dann
erzielt werden kannl*
Schluss foJgt
Cookie
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vr
gCTAltig der Erfolg dor „ Ariadne* und *Medea* geweeen, so
konnten tech fataer ffihlenden Beolwdttem die boidoa Hwpt*
schwlcben dinar zttnlchst epocbemmchendon Werke ntatot out*
getaen : die Et&fBnnjtfwit dee monotogiachen Aufbaua {der flbri*«ft,
wio wir nodi sehen warden, vim den Nachahmera Ms xnr Unertriglichkeit
gpstrigort wnrde) and die fotbetiscbe AnfecfatbmrkeEt dor Verbindang von
gpsprochenem Tort and Instramentmlmtitik. Ober den oaten Pttnfct, fiber
den ein Zweifel far nieht in&glich tot, iroUen vtfr fc&ner hlnveggeben, an
dnf&r deeto linger bel dor auch hente noch hfchst latcffeeetnten rwofteti
Frige m verweUen*
VorwhUge so einer Reformation der Gnttmtg gtngen mnentilcli von
zwel MInnern ans: Job. Friedr, S chink 1 ) and Job* Carl Wetzel* 1 )
w lcb dacbte fiber dae Wnen de* muBikiHacben Duodrama mch% aagt Sctaink,
^Qbcrlegte, wle man'e nocb rlcbtiger und intereaaanter machen kfinnte, studierte und
foracbte, wu auh Theater wirkt imd nicbt wirkt usw n tab » . ., dasa die achSnate
muaikallscbe Poesie, aelbst von einem Bend* komponiert, auf der BSbne nicbta tat,
wean tie nicbt von Handlnng untentQtzt wlrd* So entwarf icb Pllne, to entatandeu
melne Duodramen fQr Herrn Berger 1 ) Ariadne auf Naioa wlrd Immer ein aebr
acbitzbarea Monodram blelben, aber Muster fBr daa Duodrama darf dieae Ariadne
acblecbterdinga nicbt seln. Ba bat Wander getan, denn wer kann Bendaa Ziuberelen
widerstehen? Aber trotz der Erfoige, die die era ten Scbauspielerinnen in dieser Rolle
erzielten, 1st Ariadne doch nicht, wu tie aeln kfinnte. Sie lat offeobu- mehr Kanute
aia Drama. Herri iche muBlkalJache Bllder, scb5no Tiraden aind thro vonttgHcluten
Scbfinboiten . . . Feld gonug fiir den Musikus, der fQra Wort arbeitet, aber nicbt to
'} Gotbaiecher Tbeaterkalender 1778 S. 60 ff. B 0ber daa mualkaHacke Duodrama
rait und ohne Geaang," Ober aelne Person babe icb set on geaprocben.
■) Vorrede zu ,ZeImor und Ermlde* (Leipzig bei Dyk 1779 erst anonym, apiter
ala Anhang im 3. Band seiner Luctspiele abgedruckt). Ober ibn vgl. Gerber (Neuei
Lexikon der Tonkunst IV),
*) Es lat unklar, welcher Komponlst dimit gemelnt tat Mir aind keine von
einem Komponiaten dieses Nimens geacbrlebenen Duodramen bekannt, dagegen wurde
Schinka Jncle und Yiriko" yon Ruat komponiert*
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309
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
fur den Tfaeaterkomponisten; der muss etwas mehr haben als Bilder, die von etwas
metar als Empfindung unterstutzt werden. Ariadne hat den Hauptfehler\ dass zu viel
darin gesprochen, aber desto weniger darin gehandelt wird. u
Nun skizziert Schink eine neue Ariadne in zwei Akten, die — bei
wirklich poetischer Ausfiihrung — tatsachlich an dramatischer Schlagkraft
hoch iiber der Brandesschen stehen miisste. „Ich werde Ariadne und
Theseus nicht nach einander handeln, nicht jedes fur sich schwatzen lassen",
meint Schink. Auf die Details dieser Skizze kann hier jedoch nicht
nfiher eingegangen werden; ich will nur bemerken, dass der Konflikt des
Theseus zwischen Liebe und Pflicht hier wirklich tragisch wird und der Held
nicht mehr als elender Schwachling, wie wir ihn auch in der Parodie ver-
spottet sahen, erscheint. „\Veitere Grenzen, grosseren Plan, umfassendes
Interesse, folglich auch eine ganz andere Behandlung 44 fordert er schliess-
lich fiir das akkompagnierte Drama. Die ausserst interessanten Ausfiihrungen
Schinks iiber „das Duodrama mit Gesang" wiederzugeben, muss ich mir —
als zu weit fuhrend — versagen. Nur auf seine allgemeinen, hochst be-
deutsamen, an Herdersche Gedanken erinnernden Bemerkungen mochte
ich noch hinweisen, wenn es z. B. heisst:
„Ich sage, dass Schauspielkunst, Poesie, Malerei und Tonkunst alien ihren
Zauber in eins kolportieren [sic] konnen, und wer dem noch widersteben kann oder wer
da noch zu sagen vermag: ,das ist nichts', dem mag es Gott verzeihen . . . Der herr-
lichste Dialog, von der vonreffiichsten Musik begleitet, wirkt ermudend, wenn ihn
nicht Handlung begleitet."
Dann macht er sich noch iiber den schablonenhaften Aufbau der Arien
lustig und nennt die Koloraturen und Bravourarien Ohrenkitzel — ganz im
Sinne Glucks, der bekanntlich auch schon zahlreiche Vorganger darin
gehabt hat.
Zum Schluss sagt Schink:
„Das Publikum glaubt, jedes Duodrama muss wie Ariadne aussehen, den Ton
und den Stil der Ariadne haben. Aber wahrhaftig, das heisst doch dem Genre grosse
Fesseln anlegen. Das Duodrama hat so gut seine verschiedenen Seiten wie das grosse
Drama. Es kann komisch und tragisch, empfindsam und lacherlich behandelt werden."
Schink hat denn auch tatsachlich ein komisches Duodrama verfasst
und zwar ein „Doktor Faust" betiteltes Werk, das ich der Merk-
wiirdigkeit halber doch erwahnen will, da es uns auf Goethes damals noch
nicht publiziertes Werk, von dem Schink gehort haben mochte, hinweist.
Schink hat es im Gothaer Theater journal 1778 1 ) (Goethes Faustfragment
erschien Ostern 1790, und damals war erst das jetzt als „Ur- Faust"
bezeichnete Werk vorhanden) publiziert und mit einer Vorrede begleitet:
„Liesse sich das musikalische Drama nicht auch komisch behandeln? Ich sollte
denken, und habe auch schon ein paar Versuche gemacht. Von einem derselben teile
J ) 2. St. S. 18ff.
V. 11. 21
J::;i ".i/.OV*
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DIEMOSUt V/tfc
kb bteff 4m Aaasaf Mtat eta pur Saanea atft Be fit der Bettor Kane! Dace 6le
iter kftoea Ftott m dar Ait<enwtee, wie Utn Leeetag* Geetbe Bed tiller MBtor
beafbeftetea* Ztt rim eoUfcen hab teh atoht die Krtftc Mate F«et hOM alekia
aota ala due WaJaaaterie, efa Dtet to hehea niacb?, and dte erete Aa atttrap g der
Grille, daa meefltaUacbe Daedrama fcomiach xe Wbandtte* Fwate M pantoyl eeUea
lin GeKhmack der Ariadne m mneOceUjchea Zwiaohemfeeeft ta^ftittit varies Sow*
hib kft*e nodi mlt Ariee, Dttettftft aad CMrtD Tenfitallt*
In dieaem Werkcbea wird Pant Ala eina Art magtscfcen Don Qtri»to
gereicbnct, der von eSoeni Uebeadcn Weib, das ita fat eflariel fpjsterbaften
VcrUeidtmgeii sum beaten MUt, acfclkftdlidi von seiner Nurhdt t^teOt
wH. Daa Spiel 1st dnfoham nfebt enbedetttend und fibenwcfct vidfech
dnrch Anklinge an Goetbea Faust, die vieUdcbt each awl dio gemefn->
same Quelle dea Pnppfe&aptoia nrfickgehen* Die Goegfe&recfoer aollim
steh dieaea Schlnkachea Fetift JedonWla nlefct eatgefaen taaaeit, Eloen
Kompoaiaten schefnt er nicht gefundes zn habeiL
Den VorscbHgen ScWnka verwendt Bind die Wetzel a, der tiwlicb
♦ie dleaer anatiilirt:
* Aft ich das Mate Hatodtama gesefaeei tutd ntir trett der Bevandefeag^ dto safr
dla wtref Itehe Haalk Sbn&Ugte, das laagveffljp, etafitaaigp der Gattang nieht
bargee konnte, eafataod la mlr d«r BtaWl, tou dtescr Veibfednng der
Datieaatton and der Mtutfk etne Amrendttog aa niaeben, die metor Abvedulnag lb
die Shine trad EtebUdunftfaaft atilteae*, ah ahi abutter bilbetitodfger Meaotofr
Mnalfc eollte mlr ebenfalla alchta mehr fir dat Ghr eela, ala waa Defco-
ratloa dem A age lat ■— Mittel, dae Blld, welches die Werte dee Dtehters
darch dan S ah anap Later la der Etnblldnng akraft erweefcea, mehr xa ver-
slnniichen ond tuF die Empfiadang dea GfilUteu dnrch dea Beltrttt dee Obn win*
wErkender zu micheD. 1 ) DIete Wirkuog der Muslfc in was notwendig fwchwicht
wtrden, wenn eie tinflafhArlkb die Torte dee Schiueplelera begleitet; |e linger ee
dftuert, je mebr wird tie zu blouea Tfinen, mlt welchen der Kompooiat dem Dichter inn
Tort flllt^ ^Arfltdae 4 kern inir d*miJ», lis Ich eie turn ersteamil tab, ¥or t wie
wena mlr jemtad ein Eplgrarom too zwei Oktavieiten vorllie and tin dritter eo vtele
ErUuternngen and Ausbildungen der etnzetnen Ideen dtxwischtn icbwatzte, d*«e ich
die Spltze erai in elaer htlben Stnnde erfilbre , , , Ee scbien mlr da nlchu not-
wendiger, tie date man, am die Knft dee Mlttels nlcbt zu schwfeben, eeinen Gebrauch
eioBcbrlnken mfiaee* Ich zelcbnete alao folgende Stutenantermcbiede aai:
L ProtaJecbe Rede obne Musi It — ale gehfirt fur dea Dielog, ffir Erilblang und
f3r uatergeordaete Empflndung.
] } Mueik ale Alitte! nicht ela Zweck dea mualkalischen Dramaa — werdlchte
da nicht an Vagnera bekannten Auaapruch in H Oper und Drama 1 *! In B N. Blbl. d.
scb. Wisaenachaften* 1788 S, 177ff. aind Gbiigena fSr daa akkompagnierte Drama Ibn*
Mcbe Forderungen aufgestellL
*) Damit bat Weuel, ohne es Jedoch acharf genug auazuvprechen, die Heupt-
achwlcbe der Bendaschen Bebaadlungawelae gegenfiber Rouiseau'a Verfahren dar*
gelegf. Auaserdem bltte er betonen sollen, dais dies eben aur beim rexltlcrtcn
akkompagnierten Drama ao 1st, im geanngenen dagegeo, daa den lnatru mental part
ala zusammenbingendes Ganzea bietet, Dlcbtung und Mualk sich organlach ver*
acta me lien. Tir werdero dleaem Geatcbtapunkt bald bei Eberhard begegnen.
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■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
311
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
II. Prosaische Rede mit solcher Musik, wie sie das obligate Rezitativ hat 1 ) — sie
gehort fur den Monolog, wo die Empfindung in dem herrschenden Tone bleibt,
auf welchen sie durch das ganze Stuck gestimmt ist, oder ibn nur einige Grade
ubersteigt — Gberhaupt fur die Hauptempfindung und fur Nebenempfindung,
wo sie jene heben soil.
III. Versifizierte Rede, gesungen und begleitet, wie das bisherige leidenschaftliche
(oder, wie es andere nennen: deklamierte) Rezitativ. Sie bat statt, wenn die
Empfindung einen sehr starken Grad fiber den herrschenden Ton steigt.
IV. Versifizierte Rede, Gesang und Begleitung, also Arie — im aussersten Ausdruck
der Empfindung: doch musste nach meinem Gefuhle so eine Arie nichts als
blosser melodischer Ausdruck der Worte sein, ohne Kadenzenund
andere solche Verunzierungen, die der Sanger nicht bloss braucht, um
seinem Gesange Annebmlichkeit zu geben, sondern seine Kunst und Fertigkeit
zu zeigen. Wer diese beklatschen lassen will, trete bei einer Kammermusik
oder nach geendigtem Schauspiel ganz allein auf. In jedem Stucke sollte jede,
auch die berrltchste Bravourarie ausgezischt werden: dann bewiese das Publikum,
dass es mit Geschmack und Unterscheidungskunst urteilt . . . a
Namentlich die letzten Satze Wetzels zeigen uns, verglichen mit den
ahnlichen Forderungen Schinks, wie sehr die Werke Bendas die Geister
zum Nachdenken iiber die Unsinnigkeit der iiberlieferten Opernform
anregten, — ganz ahnlich, wie in Frankreich der anonyme Autor des
„Trait6 du melodrame" (1773) ankniipfend an Rousseau's „ Pygmalion"
seine Forderungen aufstellte.-) Ganz im Sinne jenes Franzosen sind auch
die weiteren Ausfiihrungen Wetzels gehalten, dessen Theorie der vier-
fachen Behandlung der Rede und Musik natiirlich eine unertragliche Stil-
mischung ergeben wiirde.
Des weiteren fordert Wetzel, schon ganz im Sinne Wagners:
w Der lnhalt muss aus der idealen Welt oder aus einem solchen Teil der Geschichte
und des Erdbodens genommen werden, der bei uns der idealen Welt beinahe gleich
gilt. Szenen des wirklichen Lebens, wie wir's taglich um uns sehen und fublen, mussen
dem prosaischen, ganz gesprochenen Schauspiel eigentumlich bleiben . . . Der Plan
soil ein Mittelding zwischen dem gesprochenen und gesungenen Schauspiel sein, doch
sich dem letzteren merklich mehr nShern: es muss eine durch ihre Nuancen durch-
gefuhrte Empfindung sein, die durch den Kontrast des Dargestellten gehoben wird . . .
Eine, hochstens zwei Personen sind die Depositare der Hauptempfindung: die ubrigen
als blosse Hebel, um diese in Bewegung zu setzen, zu modifizieren, durch Kontrast
zu heben.
„Dies Rasseln und Getose der Instrumente wahrend der Deklamation ist listig
und zweckwidrig. Sie konnen bloss in den Einscbnitten, den Ruhepunkten der Dekla-
mation stattfinden und mussen alsdann, wenn sie die Deklamation nicht hindern sollen,
nichts als kurze, dem Sinne gemasse, kraftvolle Satze dazwischen schieben, deren
Absptelung nicht merklich mehr Zeit erfordert, als der Schauspieler auch ohne Musik
1 ) Wir werden sehen, dass Mozart, angeregt durch Benda, das obligate Rezitativ
uberhaupt durch akkompagnierte Rede ersetzen wollte.
2 ) Vgl. meine Pygmalion-Studie I. S. 68.
21*
J::r:i.
( "r\r %tilr- Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
~- \ L - 'T
312
DIE MUS1X V. ll.
nrf den Bobepnskt verwndet baben wttfdi Ha *6tcftee Sattj der eft w m dnrt*
vtap Koteo oder *m eterai Slricbe besteb^ *i* die* to des Beodsscbea Mo ae dram en
oft Act ftffl h^ sollt* ate bios* das ehuetne Bfld azlm woUeti, soedtnt fltft abuw
Bliek* mf da* Gauze des MenoJogs gcsem vtidea, ebi T«tt d«* fcletnea Gsetra seto,
dti Jeder Monolog Mr sicb ansmsebL Cberbsnpl dfirAni ittii Zntocb s espl el* Mr
Moiifc n«r ten **Cu and ntebt vW zaebr Zelt mfaebiaea, si* die Pinora vftrtfea
gescbwtegea bsben, ttm dto Vefmndhmg der Some gtscbebes ra lessen eder die
Pantomime w miuhen** 1 )
Damit kommt Wetzel ni-f die Behradltmgrmlse Roaseeait's zarttalc,
der, seine Instrtnnentalsltw steta nor els Begjeltaiig nr Pantomime gib,
wihrfend Bend* sctton* vie wtmentlich sefat ^Pygmalion* zelgt, rousifcalisclie
Einchiebsel u SteUen macht, wo » gar nf cht notwendfg vlro. Cud
doch verstznd es Bemda vortrefftieh, vie je each Wetzel zagibt, ku» t
prfignante Motive zn erflnden* die tetslchlicb stets den grosseti Zitacmmen-
bang za vahren wossten, 1 ) vlhrend seine Nachfolger, nzmentllcb Reicbardt,
vie wir sebeo verden, der Versachang erlegen, zn viol Maslk za geben,
and dadarcb andmnetiseti warden.
Aber «mf den Henptponkt, nlmH&li die Zultatgkett der tmofganischen
Verblndang van gesprocheoem Wort and Inetrntnentilmaslk in gJelcti~
zeitigem firkltaigen, oaf diese folgenscfawemte Neaentng Bonds*, wai«n
veder Scbink noch Wetzel efngegangsn, paa Veffdtenat* bier zom erzten
ItUle eta kiarcs Wort gesprochea za baben, bHeb Job. Nik. Forkel vow
bebatten, die erachOpfende, each heate aoch mastergQltige fiebzndlung dieser
JHeterie aber sollte Job. Ang, Eberbtrd, Pfailosoptaieprofeseor in Hdle,
Uefero, dessen Haaptgedanken dana auch Maaas aussprach. Forkel aagt
in seiner »Miisikalisch-kritiscben Bibliothek" *) u, a. folgendes:
„Anachefnend iiad Im Melodram belde K&nste freler, aber durcb Aufopfentiig
feringcr Preiboifen schmolren lie im Gestng zu eioer Kraft lusinimen, die vfel eio-
drlagllcher 1st + . * Infolge der kBrzeren tmd oft abgebrocfaeaen Sitze maz es fQr
unge&bte Zabfirer lelchter faulich sels, die linger susgefQbrtea Muslkst&ckea olcht
fsalgea kSanea * . . Es 1st eln Notbsbeir t der insofern Wert bat, mla es mf diese Weise
*) MerkwQrdig 1st, dsss Wetzel mth ill diesen bo achflnen Tbeorieen dn
Duodrama .Zdmor und Ermlde* (Leipzig 1784) scbrieb, dit welter aicbti dtrstellt
sis eiD recht bandlungaarmes laagwelllges^ In msneber H in si cht so die »ZauberMte"
eiianerndes Peen* and Ztuberstllck, dem Wetzel selbst GbrigeaB poetlschea Wert
ibspracb. Ob cb komponiert vnrde, weias Ich nlcbt; mSglicb, dass es elnem bel
Ricmtnn verielcbneten Singtplel dieses Nsmens von J* B. Lasser (Briinn 1786) zu-
grunde liegL
*) Das erkennt tucb D. Huber (^Tamira* neb at einer Abbandlung fiber dss Melo-
dram, TQblngen 1791) ia^ deasen Abbandlung im ftbrlgen einen Wuat von klasslscber
Gelchrsamkeit ohne praktiscbes Resulut belzubrlngen versucbt. Eb lat die Arbeit
einei Dileftamen. fiber aeine von Zumsteeg komponierte .Tatnir* - werda tcb noch
sprecben.
^ Gotbt H79 III* S. 250 ft
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
313
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
ungeubten Zuhdrern zum musikalischen Genuss verhilft . . . Die grosseren Wirkungen,
die diese neue Musikgattung hervorzubringen imstande ist, bestehen also nicht aus
wesentlichen Kunstvorzugen, obwobl viele Leute der Meinung waren, man solle dieser
Gattung das gewohnliche musikalische Gesangsdrama aufopfern. Diese Aufopferung
wurde in der Tat allzugross sein, und bei allem Werte, den die neue Gattung in
unseren Augen, als politisches 1 ) Kunststuck betrachtet, wirklich bat, wurde sie unserer
Meinung nach doch den Verlust des scbonen Gesangs der gewohnlichen Gattung
nebst dem Verluste einer unserer Natur sebr angemessenen allmahlichen und aus-
einander entstebenden Entwicklung der Gefuble nicht ersetzen konnen.* 2 )
Ahnlich driickt sich 15 Jahre spater Maass in seinen „Nachtragen zu
Sulzers Theorie der schonen Kiinste" 3 ) aus, nachdem er konstatiert, dass
der „Enthusiasmus, den teils die Neuheit, teils der Zauber der Bendaschen
Musik begreiflich machte, bald erloschen" ist. Sein Haupteinwand lautet
sehr richtig:
„Der mundliche Ausdruck, der so lebhaft ist, dass er zum musi-
kalischen Tone wird (im Orchester), ist doch nicht so lebhaft, dass er
zum Tone wird in der Deklamation. Das ist widersinnig, und es ist keine
Einheit vorhanden".
Damit ist in kurzen Worten die asthetische Unmoglichkeit des Melo-
dramas uberhaupt dargetan, und Maass bemerkt nur noch:
„Es ist ausser Zweifel, dass alle Anstrengungen der Kunst, die dem Melodrama
etwa noch gewidmet werden durften (welches indess nicht zu erwarten stent), 4 ) ver-
geblich bestreben werden, ihm neben der Oper und Operette*) einen ehrenvollen Platz
auf der lyrischen Buhne zu sichern.*
Am scharfsinnigsten und grundlichsten jedoch riickte der Philosoph Joh.
Aug. Eberhard (1739 — 1809), 6 ) von dem Friedr. Nicolai in seiner Ge-
dachtnisschrift 7 ) ausdrucklich sagt, dass n er die Musik liebte und praktisch
darin erfahren" war, dem Melodram zu Leibe.
„Hat nicht" — so beginnt seine mehrere Jahre vor der Veroffentlichung bereits
fertiggestellte Abhandlung — „die Musik der ,Medea', die alles leistet, was man in
dieser Gattung verlangen, und mehr, als man erwarten konnte, schon jeden Liebhaber
der Buhne so vdllig befriedigt, dass wir mit Recht dies neueste Geschdpf der drama-
tischen Muse den vollkommensten und bewShrtesten Gattungen theatralischer Werke
an die Seite setzen konnen? 4
Allein, so meint Eberhard, man ist sich noch nicht kritisch iiber die
l ) Wohl im Sinne des Wortes „sozial a hier gebraucht.
9 ) 9 Ariadne a und w Medea a hilt indes Forkel w als erste Versuche einer ganz
neuen Gattung betrachtet, fur wahre Meisterstucke".
3 ) 1794 II, I., S. 318.
4 ) Wir sollten Ende des neunzehnten Jahrhunderts noch das Gegenteil erleben!
B ) Operette = Singspiel, nicht im modernen, erst seit Offenbach entstandenen
Sinn zu nebmen.
6 ) Neue vermischte Schriften, Halle 1788 S. Iff. „Uber das Melodrama".
7 ) S. 54.
(~* t >r "\ty\i • Original from
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
314
MEMUStK V. U,
Scliivicfaen dee Meiedrtms kite gevordetL FolftHi *ft mm ttt Kfioe dam
GadankengBBS soioir Awifaiinmseiii
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tronnten well nad bUdotoa neb an elgsttea Kaastsa
die Geeaagafcuiiat dea voa dor to§temn«W*ti*lt anffeeferafrtea
fclgen tamntdj eiit^iicfcettc rich a&dereeits dor Attsdntcfc
dttrtrt^ 4»t tte ucb dorcb blotn S«de kflAtdttHscti n
dies* anmasfksttatfee Defcltntation steh nit diet Ift*tntmei)4timfl& so
sebmelzon kSnnsiif dm siO| tnit ur vetoIM^ etnoa
Hflrer rnaofet? Man team die Etaaeato dor ocbAao* Blasts «rf fflifiiltfsehe Aft
naofe VfllkKr zussmmeasotten nad Torotiebea, <rt dome otae mm Gattttag von
Knaotwerkoa he rrorg e b ct die in die Reibe dec fibrfgen eioftl&hrt » verte* tefdient
Aw elaer Mddten layojt on jtaabblstloo scbetat mlt dor Gftdaafco ton dem h**e-
disss entstsnden so ootn* Miti dscbto* dor Cr^tflni Hoot slob mit d#f iMtnnitgiml-
rajistfc mbfndea, nram nkftt eboneogtrt tie Moose DekMumuioB? Doe lit mfetffcr
so gesobloteea: et sjfbt Dreiecko, wanun write m nk&t wefe Zveiecke febea fcAmwa?"
Jotriber eta voUbee Kunstwerk frtbetfacb mfifjkb, d*t* irtrit «e den MeJiaten
Gfad dor Kroft baboo* dor aieh von dor Verelnlgaftg dor Dtobtkonst mit dor Mnsifc
'and Scba&splelkaiLsf of war ten Ifast odor 1st In der Znssnuaeneotttinc mm^ wodarcb
bddt aicbt m rinom Sladrack ^tam vejetoigt verdea?*
In dor TW wlderstrebt don ^
I. *die Disbar mottle in dea Mktela do* Aaedrncke*
[vie oo Eberbsrd aennt *Dlskrep*tti dor AmdmeUmfttol* vOrdm *lr vfeOoteirt beat*
sagea. Ntalicb]: Die (G«aeage*) Mnalk drOcfct Letteaecbaftoa dondi dlo laflctfoaea
dor Sthame, die latemlle dor T5aa, das ZeHmaea nad don Rbyibmu ana. In eHea
dlooea Stficken otobt dio nammtfkaUocho DcMamatton dem Cottage sovott aaeb, data
nriacben ibacn gar kein getneiaachaftilcbor Masestsb deakber 1st Deaa dlo blmao
Deklsmacioa bst weder botimmte Tfine nnd ilso koine beatitumtcn nad anfeblichen
(Intoaierbirea) InBexJonen nnd latervallc dcrselben, aocb sucfa ein (to geaaa) beitimmtes
Zeltmut und Rbytbmus. 1 )
k Diese DIsbarmonie doa Auadrucka mit aich aalbat xiebt noch cine andere nacb
skb f almlkb
II. die Disharmonie xiriscben Ausdruck nnd Etnpfinduag*.
a Die Empfladnng ksnn nor eatveder mit dor Deklamatlon odor mlt dor Mnaik
barmonieroa, 1st ihr die crate re angemeaien, so 1st die andere zn stark; 1st Ibr die
andere gerecht, so passt die erst ere nicht."*)
H Die namuaikaiiacbe Deklamation gibt dea Ton elner scbwlcberen t die andere
einer atirkeren Leidonacbah an. Wean die eine der berrschenden Lcideascbaft
zustimmt, so kann Ibr die andere ntcbt zustimmen. Daraut musa aotweadig eln
Mlssklang des Vortrages auf der einen mJt der Rede und Leideaacbaft auf der aaderen
Seite entatehen, von welcbem der Mtssklang zwiscben den Teilen des Vortrags der
Deklamation und Musik eine notvendige FoJge sein musa."
l ) Ein Auaaprucb, dessen Ricbtigkeit Humperdinck durch den m, E. vSHig verun-
gluckten Versuch, der Deklamation muafkaiiscb beatlmmtea Ze it mass und annlh crude
IntervallBxiemng atifzundtigen, nitr beatidgt bat, ( H Kftnigakinder* T .Trifolium", .Heirat
wider Willen*,)
*) Den gleichen Cedanken bat Maaas, wle wir oben aahen, aplter au&geRihrt.
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
315
1STEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
III. Nennt Eberhard noch die „MisshelIigkeit der Sinnlichkeit", was er
folgcnderraassen ausfuhrt:
w Der musikalische Ausdruck, womit in dem Melodrama die oratorische Deklama-
tion unterstutzt werden soli, pflegt nur aus kurzen SStzen zu bestehen. Kein einziger
musikalischer Gedanke kann mit der Ausfuhrlichkeit vorgetragen werden, der zu der
befriedigenden Entwicklung eines schonen Gesangs erforderlich ist. Das lisst die
Natur und Zusammensetzung nicht zu, wenn der Faden der Deklamation und
Handlung nicht zu lange unterbrochen werden soil*. 1 ) Ein psycbisches Unbebagen
entsteht, wenn die Seele, die sicta einer Stimmung uberlassen bat, gleichsam plotzlich
erweckt wird. Die Musik kann sich nicht ihrer Natur nach entwickeln. — „Ein jedes
fuhlt leicht, dass der musikaliscbe Vortrag unendlich scboner ist als die blosse
oratorische Deklamation. Die geringere Schonheit der oratorischen Deklamation
vernichtet die grossere Schonheit der musikaliscben Begleitung, und die grossere
Schonheit der musikalischen Begleitung setzt den Mangel an Schonheit der oratorischen
Deklamation ins Licht."
„Diese Misshelligkeiten", schliesst Eberhard, „machen ein Werk, wie das
Melodrama, das aus Deklamation und Musik zusammengesetzt ist, Ssthetisch unmog-
licb. Eine derartige Zusammensetzung ist unmoglicb, wie die Zusammensetzung einer
Figur aus zwei geraden Linien."
Diese Eberhardschen Gedanken erschopfen bereits, was gegen das
Melodrama zu sagen moglich ist, und in der Tat waren auch spaterhin alle
feinsinnigen Dichter und Musiker Gegner des Melodramas als Kunstwerk,
wenn sich immerhin auch die Komponisten gelegentlich des melodramatischen
Effekts episodisch mit Gliick (es sei hier nur an das Lied der Gertrud im
2. Akt von Marschners „Hans Heiling" erinnert, m. E. die grossartigste
Verwendung des Melodramas in der gesamten Literatur) bedienten. 2 )
So schreibt Herder: 3 )
„Im griechischen Drama begleiteten Tone das Spiel d. i. Handlung, Charakter,
Aktion, GebSrde; in der Oper herrschen Tone und TSnze. Man hat eine Mittel-
gattung aufs Theater gebracht, da man getrennt voneinander bald spricht, bald geigt
und in der doch Worte und Tone fureinander sein sollen. Eine missliche Gattung,
die bald widrig werden kann, weil Tone die Worte, Worte die Tone als unvereinbar
miteinander jagen. ,Warum singst du nicht 4 rufe ich der Deklamation Oder einem
Pygmalion zu, ,da dir die Tone nachlaufen*? ,Weil ich nicht singen, sondern nur
deklamieren kann' antworten sie. Und die Kunst antwortet: ,So deklamiere entweder
ohne zwischenfallende Tone, sie storen micb, indem ich wShrend ihrer entweder dein
*) Das geht naturlich nur gegen das n Drama mit musikalischen Zwischensatzen";
dass man ein ganzes Drama zu unaufhdrlich weiterspielender Musik sprechen lassen
konne, daran dachte Eberhard hier nicht — das wurde eben unter den zweiten Ein-
wand ( w Disharmonie zwischen Ausdruck und Empflndung") fallen.
-) Auch Richard Strauss und Max Schillings, deren melodramatische Werke neuer-
dings viel gehort werden, sind personlich Gegner des Melodrams und bezeichnen ihre
betr. Kompositionen als Gelegenheitswerke, die sie Possart zuliebe geschrieben
haben. Possarts Rezitation dieser Werke nlhert sich ubrigens auch recht bedenklich
dem Gesang.
3 ) Adrastea, Hempelsche Ausgabe der Werke XIV, S. 484.
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
3ie
BW musik v. ii/m
Spiel oder die Ttoe Tergeaeen mm and etna otteh »m amlera vegfftft* Oder, was*
dtt dlch getrauteat, to aglet* bei fortgebeader Marild die deio* Eispfiitdttnt anadrttckt,
«hne Wa«* dieaee Paatowim! Jetzt bfe* dn data llfcfeadeii Fiecbea (Web, die fed
briden Eletnenien Aire Pelade fladen. Dd»e AW« vinl «r«Ccfcflt imd die Mwlt thr
vor- oder aaebtrillenid, bleflM krafttaa.' Cleae Getting {geoialafiQcb "rtrd eU Mono-
drama geaannt) let alao efin MiechapieJ, dee ricb atebt adaA^ eta Taw, dem die
Muaik biatenaaeb, ebie Rede> der die Ttae apttend anf die Pen* trtten.*
Von spitereo verurteilt Ti eck *) ebeaffclls die akkompagniettcD Dnnwo,
die er .poetische Ungcbtuercfren" nendt, ala gescbmacklos:
»So alritt ntm Stimme ned Mneil* fleee letstete malte oft, beide atftrten and
onterbracben eicb, Who koarne rich genug «m, nd ea emztaad ee etwie vabrtuft
Barbariacbee**
Anch die neaere MaalHadietik verwirft — and mit Recbt — das
Melodrama ale Kunstfonn, aachdem Richard Wagner*) ea in ,Oper nod
Drama* ala eta »Genre von uoerqulcklichater Gemiaohtheit* heieichaet
hatte, ohAft indes dieses Urteil otter zn begrftnden.
So sagt Spina:*)
»Beim Melodrama wird die Aahnerksamkelt awiscben zwi urerbondanea
Eleme&tea teteltt, ea ktim debar nlemala einea harmoalseb beMedlgeadea Elndrnck
macben, veaascbon ea maaehmal ala Zwiechenamh avfecben Rede and Geaaag In
der Oper goto Vlrfcttag tat*
Gftnzlich venulejlend verbilt rich Priedrich voo Hausegger:*)
- „VIfarend In der Vekalmnsik daa Tea der gestaltaadaa Maebt dea Toaea erhaaie
Vert io deanelbea aafeezo onttttgeb^ oboe tich dem Gettaltungeprotosae nil hin-
gefaen zn kffnnen, wahrt ea rich fan Melodrama eatee voile Uubbinglgkrit, Mndet
aber dea Toa an Itutere Vol eteHongeo, ohae Urn die MdgUcbkeit der Ibm notirendlgeii
EatlUtung aaa innerera Triebe iu gewibren.*
Einzig Wilhelm Kienzl 6 ) nimmt das Melodrama in Schutz, nennt es
w eine der wirksamsten und Feiosinnigsten Kunstformen* und bebauptet, die
oft geSusserte Ansicht, man konne gesprocheoe Spracbe und Musik nicht
glcichicitig apperzipieren, beruhe auf B unbegrelflichem Unverstindnis*.
Allein er muss docb zugeben, es sei
^zllerdiiiga wahr, daea die una nicht ikuatiach, aondern vor altem gedankllch ifflzierende
Spracbe immerbln roro rein akuadacheo Standponkt mit der In rcineo kunstvoll ge-
ordneten Tonverbilmiaaeo ala Selbatzweck operierenden MoalJc nicht Tellkommea za
einer EmpBaduog verscbmolzen werden ktno, and stett zwei Sei ten menichHcher
Faaaangakrah in fort win re ad wechselnder Manter in Anspmch nimmt, una also dabei
gchwer zu einom elnhettllcbcn nnd rablgen Geauase kommen llaat* Ttr rausaen una
') # Der Wasaermeoach ft > NoTcllen V, 12 Berlin 1853, Vgl, aucb die ebenfiHa
daa Mel od nm a verwtrfbnden AusfShrungen, die A* B. Mint anltsslicb riper ^Preziosm"-
Kridk gab. (Berliner Allg. Mueikzeitung 1835 S* 37 f.)
>) Scbrihea & Dicbtungen IV. S. 4.
') w Zur Musik", S, 232, Berlin 188Z
*) tt Dle Musik ala Ausdruck* Wien 1687. S. 195.
e ) v DIe Musikaliache Dcklimatioa*, Leipzig 1880 S t I4flff.
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
317
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
aber die Worte im Melodram mehr gesprochen denken, als sie gesprochen
horen [?!] . . . Vollkommene Freiheit in der Behandlung der Sprache und die Un-
umstosslicbkeit einer wenigstens teilweise geregelten Rhythmik in der Musik machen
eine tadellose Wiedergabe fast zur Losung eines kunstleriscnen Paradoxons . . , Be-
sonders hat sich der Deklamator aber vor einem Fehler zu huten; es ist das zu be-
stimmte Festhalten auf einer sprachlichen Tonhohe. Durch diesen halb gesprochenen,
halb gesungenen Ton, den viele Deklamatoren annehmen, wird das musikalische Obr
empfindlich verletzt; der reine GebSrseindruck der gesprochenen Worte muss mog-
lichst beseitigt werden."
VII
Nach den grossen Erfolgen, die Benda mit „Ariadne tt und „Medea tt er-
rungen hatte, ftihlte er sich veranlasst, auch Rousseau's „Pygmalion a selbst
mit Begleitmusik zu versehen, und so eine mannliche Paraderolie als Gegen-
stiick zu schaffen. Im Druck erschien nur der Klavierauszug mit der
Jahreszahl 1780 unter dem Titel: „Pygmalion. Ein Monodrama von
J.J. Rousseau. Nach einer neuen Ubersetzung mit musikalischen Zwischen-
satzen begleitet und fur das Klavier ausgezogen von Georg Benda. Leipzig,
im Schwickertschen Verlage." Den Verfasser der ziemlich mittelmassigen
und sogar liickenhaften Ubersetzung habe ich nicht festzustellen vermocht;
vielleicht war es Gotten Ausser ihr existieren vier weitere Ubertragungen
ins Deutsche, deren erste von Josef Laudes (1742—1780) als Anhang zum
Original in Wien 1771 bei Kurzbock erschien 1 ) und von ausserordent-
licher Seltenheit ist; ich vermag wenigstens nicht ein einziges Exemplar
nachzuweisen. Eine zweite, mir ebenfalls nie zu Gesicht gekommene
Ubersetzung verzeichnet Albert Jansen: 2 ) (Joh. Friedr.) Schmidt, Pygmalion,
ein musikalisches Drama aus dem Franzosischen, Musik von Schweitzer 1777.
Eine dritte anonym erschienene, aber schlechte Ubersetzung erschien 1778
in Mannheim bei C. F. Schwann und hat wahrscheinlich Otto Heinrich
v. Gemmingen (1775 — 1836) zum Verfasser. Ihr Titel lautet: „ Pygmalion.
Eine lyrische Handlung aus dem Franzosischen des Herrn J. J. Rousseau
mit Begleitung der Musik des Herrn Coignet ubersetzt und mit Tanzen
vermehrt fur die Nationalschaubuhne zu Mannheim." 3 ) Eine ausgezeich-
nete, meines Erachtens heute noch nicht iibertroffene Ubersetzung in reim-
1 ) Vgl. Reichard: Theaterkaiender 1795, S. 143 und Wurzbach: Biogr. Lexikon
des Kaisertums Osterreich, Artikel Laudes.
2 ) J- J« Rousseau als Musiker, Berlin 1884. Seine AufzShlung ist nicht korrekt:
Grossmanns Lustspiel ist nicht nach Rousseau, sondern nach der viel fruheren
Komodie des Poinsinet de Sivry (1760) gearbeitet, und Herklots „Pygmalion a ist ein
von Karl Wagner (1772—1822) komponierter Operntext (Partituren in Berlin und
Darmstadt).
8 ) Vgl. meine Pygmalion-Studie S. 49. Bei dieser Gelegenheit will ich einen
Irrtum J. Minors (Schiller, sein Leben und seine Werke. Berlin 1890, II. S. 184
(~* t >r "\ty\i • Original from
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
r
DIB MUWK V, 11.
loam Jaaben YertStfentiJcnte iter Wiener Dichter Gottlieb (wm> Leon in
«D*i!ticbed Mtueam* 17M*) nittw dem Titel: ^PygmaHon, ein tyriecfaea
Monadrunft itach J; J. Rousseau,* Diese sonst ,*ohl noch nie atilfeelQhrte
tibersetznng hat ihre Sch5nheit und Kraft im 20, Jabfbuftdert bcvlhrt:
ale wttrde der auf mtfat Vermnlasattng erfolgten sieitiacben Wledenutf-
fQbruilg dee Ronsaeatt'schett .Pygmalion* (mit der vim mir eatdttfetfta
Qrigtaalmnsik) durch den MfaKrtaer Qrcjieatervwein am 4* trod 6* Mai 1904
zugrtmdo gelegt*
Mlt Sendee JKneik katn ^Pygmalion* znm eretett Mile am 20* Sep-
tember 1779 fan Gothaer Hoftheater tor AuffBhrnng trad hidt rick cfeen-»
tola lange auf der Bfihne, venn er each die Beliebthett der beidm ersten
Verke Bendas nicht zn errefehen vennoebte. In Mannheim dagggen, wo
Bfick akh aebr in der Rollo geftd,*) wnrde das Work urn 1783 — 1803
14 mil gegebeu, vogegtn von 1779 — 1803 nnr 19 Anftfibrtusgen der
.Ariadne* attttlknden. In Berlin ertebte .Pygmalion* von t797 — 1835
36 AnffBbntngen-^ Unter Goethea Vei merer tbeeterdirektion erachfan
das Work nnScbst be! Ifflaads Gastapiel 1798 zweima], Schiller Inaaerte
rich am Jen* (24* April 1798) derftber vorhw an Goethe ilemlich abffllig
mid sagte a. a*:
*Ee tot mir abaohtt uabegreUUeb* wis ein StthaUfpMtart such blots «o rimer
gun gemeiaen Prazia, dm ficfrttf van Kenat ae aebr ana dm Aegen sattan kanft,
am in einer ao fteatigen bandlnegeloef tn nad annatnfllneo Ftatze s*oh vor dem
PttbUfenm «bstiitttfieiL*
Goethe dagegen meint < Weimar, 25, April 1708):
*Es lit wirklich der Pygmalion von Benda, der noch gegebcn wird; icb bin
Instant neuglerig darauf* Das St&ck kesne icb und babe as mebnnalt geaeben; ee
Jet tin aebr sonderbarea Unternehmen, indeesen let docb Ilflsnd viel zu king, als di»
er etwaa wlfalen sollte, wo er nicht elites gewlsaen Elfektes sicher wRre***)
Schliesslich, nach der AuTfuhmng, bench tote er an Schiller (28. April
1798):
B So war geatern eine lueaarst intereasiDte Repitaentation. Pygmalion machte
ricbtigatellen: w Pygmalion* wnrde auch In Mannheim ttote mit der ton Bend* be-
n&titen, nicht mit der Gemmlngenscben Obersetzung gegebeu.
') II. S. 541 IT.
*) Ungedrucfcter Brief Bendas aus dam Friibjahr 1787 im Beaitz der Frau
v, Zech: „Den Besiu diceer Muslk bat daa Tbeater bloaa dem B5ck iu verdanken,
der slch in die Rolle verllebt batte uad nicht mhte t bis sic mir abgekauft wurde.*
VgL aucb Manerateig: Protokolle des Mitinbeimer Natlonaltheatera J 890, S, 215 {Ok-
tober 1783). Die Pardtnr (Kopie) exlstlcrt noch.
*) Die Datec der ErataaffQbrungen von BrQckner (a. a, O. S. 611) lusammen-
geateltt
*) Vgl. Goethes erates Urteil (Frankfurt, 19. Jan. 1773) in einem Brier an Sophie
von Larocbe (herauagegeben von Loeper, Berlin 1879, S. 8),
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
319
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Anspruch an die bdchste theatralische Wurde und Fiille . . . Was Iffland in beiden
Rollen J ) geleistet hat, wird durch keine Worte auszudrucken sein. u
Von Herder dagegen wird berichtet,-) dass ihm Ifflands Pygmalion
„unausstehlich a war.
Spater erschien das Werk in Weimar noch 1811 und 1816 je ein-
mal und Zelter schrieb an Goethe am 19. November 1812 dariiber:
„Der Effekt dieser Piece ist wie ein kalter Schlag und doch auch von sonder-
barer Anregung, indem er, wo nicht anzieht, doch stosst und sticht. Unglucks genug,
wenn ein Poet kein Philosoph ist, noch schlimmer aber, wenn die Philosophen sich
herablassen, in die Poesie zu pfuschen; und das Naturliche lag so nahe, dass es der
Komponist aus lauter Instinkt ergriffen hat, wodurch das Werk sich dennoch sehen
und horen lasst."
Von spateren Urteilen fallt noch das abfallige von Tieck a ) auf, der
den „Pygmalion" einen „sonderbaren Monolog" und die Aufgabe, ihn zu
deklamieren, „toricht" nennt.
Ahnlich wie in Frankreich kamen auch in Deutschland Geschmack-
losigkeiten in der Kostiimierung vor. So wird in den „Rheinischen Bei-
tragen zur Gelehrsamkeit" 4 ) geriigt, dass man
„in die Werkstatt eines griechischen, griechisch gekleideten Bildhauers unter einem
Haufen griechischer BildsSulen eine Galathea in der Tracht einer Pariser Opern-
tlnzerin mit einem Aufsatz a la Herisson, einer Schnurbrust, einem Reifrockchen,
drei Zoll hohen Absatzen, kristallenen Schnallen a la Artois auf den Schuhen hin-
stellte. a
Als Kostiim des Pygmalion fand ich auf einer alten Rollenabschrift
in Darmstadt 6 ) verzeichnet: n Sandalen, Trikots, einfach griechisches Hemd,
langer Mantel, griin, blonde Tour. u
Die autographe Partitur des „Pygmalion tt befindet sich in der Berliner
Bibliothek *) und tragt den zweisprachigen Titel : n Pygmalion par Mr.
J, J. Rousseau. Musique de Mr. G. Benda. Pygmalion, ein Monodrama
von J. J. Rousseau, mit musikalischen Zwischensatzen begleitet von Georg
Benda." (32 Seiten Querfolio, deutsch und franzosisch.) Das Orchester
weist ausser den Streichern 2 Floten, 2 Oboen, 2 Fagotte und 2 Horner auf.
Betrachten wir nun die musikalische Ausfiihrung des Werkes im
Hinblick auf die von Rousseau gegebenen Wiener Instruktionen, 7 ) so
! ) Es wurde noch ein Stuck von Schroder gegeben.
2 ) K. A. Bottiger, Literar. ZustSnde 1838, I. S. 126.
:l ) „Der Wassermensch", Novelle 1835 geschrieben (Tiecks Novellen, Berlin 1853,
S. 9 ff).
4 ) 8. Heft. 1778 (29. Marz 1778).
B ) Daselbst noch eine ungebundene Kopiepartitur, sowie eine spatere Bearbeitung.
°) Daselbst noch eine zweite Kopiepartitur, die jedoch Seite fur Seite der ersten
gleicht.
7 ) Vgl. meine Pygmalion-Studie S. 26.
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
h f - r^^af
320
DIB MBMK V. It
tettchtet sofeit ein, diss Benda diese nfcht gekannt batan kaon; aber er
ktiramcrte stch aach venlg nm die wn R«otMtit in den gtvdhullcbca
TntdiuckftQ gegebenen pantomimisehen Anveisanffra, die ehufc die Be*
rccbtignng in masikalJscben Zwfocbensplelen abgetaDj tan eo tos etner
Stimmttnfi des Haldea In die andete sia&gemlss flbenttrdtem Bends *w-
haefct bier gaaz imii&ttg — aber darcbitis la Siano seiner dttrcb »Ariadne*
nnd »Medea* erworbenon Technlk — die Dictating dorcb EiafQgpng einer
grossen Retbo (71) mebr Oder minder linger Zwtsclteaspiele, vihtend die
van mir gefandene und bescbriebetm 1 ) Berliner Partitor dent Gelsto der
Dicbtnqg gemflss nur 23 Mostkstficke estUQt, vara mm die Ovvertftn
nlcht miftSblk So verilert rich Benda geganfiber Rousseau, der die Muaik
mebr turn Zveefce der Vermitttttng grosser Gegensltne etntreten bsseu
wotlte, in Detaflmalerei, vobel freiUch das amsikaliscbe a Malen* eut-
sprtchtnd dem Vorvurf nicbt m erglebig vie In den belden eraten
Werfcea engevandt warden konnte* Aceompagaement kommt tan genzea
Werke merkwfifdJgcrveiee nidrt almnal vor. VIelieiebt vnsste Benda,
dasa Rousseau die Muilk eusscbliessllch anf Zvlscboaspiete bescbrinkt
bmfaen wollte*
Im fibrigpn Bade ich diese Parttair sowohl 1m Verbiltaia m der
leidenscbafHichen Dlcbtnng, «to *«& «** mnalkaitedi betmebtet trots
elnzelncr hervorngend scbftner Stellen zahm und nlcht gam ttif der Hfihe
der bdden eraten Werke* Sebon die Onvertflre let recbt scbvtcbtfdL In
Ihr tritt eln Allegretto anf, deasen Theme viederkebrt, vena die BHdslule
sicta zu bewegen begirmt Es macfat auch den Beschluss des Werkes, der
ebenhlls matt wirkt:
No. 31*
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la Fetaer Weise wird dura noch eln Etinnenmgsmotiv gebnacht:
N«. 32.
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321
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
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Nach den Worten: w Ich habe die Werke der Gotter ubertroffen!"
ertont das gleiche Motiv im hellen D-dur, mit dem Pygmalion friiher im
elegischen B-dur in Verachtung seine Werkzeuge wegwarf. Im ubrigen
ist noch das hiibsche Galathee-Thema zu erwahnen:
No.. 53.
Un poco allegro
E3Ep£
=■£
j5^*!-
M
■If— j-r— ?= , F= i F
; ^=^
Wegen ihrer eigenartigen Instrumentierung mochte ich auch noch
folgende, im Klavierauszug sehr verstiimmelte Stelle in Particella geben:
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
322
MB JIOSIKV.IL
•^ "» *^-
i-jaaa p****^ csss
tiJjTJj * 5 =153:
U&S
CiJ*rh«l Em phage main Opferl
H<, Icb vcrirrte mloh; tint Nymphe
woLttt tch tatldui, udJ e* tutiUnd dim
Gtiftfn* Vena* *ejb»t lu w*otg*r «cn$ft
■1* Jul
Cookie
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
323
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
So ist immerhin Bendas „Pygmalion a , wenn er auch seinen Meister-
werken erheblich nachsteht, in mehr als einer Hinsicht interessant.
Sehr schwachlich in jeder Beziehung ist dagegen das vierte und letzte
Werk der Art, das Benda schrieb. Die Originalpartitur befindet sich in
der Wiener Hofbibliothek 1 ) und tragt den Titel: „Theone del Sig. Georg
Benda, Wien, im Monat July 1779." 2 ) (51 fol. obi.) Sie enthalt viele
Korrekturen von fremder, auch Nachkompositionen von eigener Hand.
Das ganze Werk wurde dann von einem biihnenkundigen Unbekannten
iiberarbeitet, aber auch musikalisch umgestaltet (von Benda selber?) als
„Almansor und Nadine", und unter diesem Titel besitzt die Wiener
Bibliothek eine zweite, sauber geschriebene „Partitur, welche von Rollig
erkauft worden ist", wie der handschriftliche Vermerk lautet. 3 )
Ein Textdichter ist nicht genannt. Die Fabel ahnelt sehr der
„Ariadne a , nur dass hier der Held auf einer oden Insel urn seine Ge-
liebte, die er ertrunken wahnt, jammert. Dazwischen fallen eine Menge
Geisterchore, und schliesslich erhalt Almansor (Philon) seine Nadine (Theone)
von der Feenkonigin zuriick. Das Orchester besteht aus 2 Floten, 2 Oboen,
2 Fagotten, Horn, Pauken und Streichern. Ein Instrumentalvorspiel (Andante,
ma un poco largo) in c-moll geht in ein d-moll Allegro iiber, das Ton-
leiterfragmente in einer Mozarts Don Juan-Ouverture (erst 1787 komponiert)
ahnlichen Weise gebraucht. Dieses Motiv kehrt auch vor Almansors
Monolog, der durch gehaltene Akkorde akkompagniert wird, wieder. Es
hat keinen Zweck, die Partitur und ihre Umarbeitung im einzelnen weiter
zu verfolgen, und es geniigt die Bemerkung, dass Nadine eine regelrechte
Arie erhalt, dass eine Art Feenballet getanzt wird und eine Reihe von Choren
gesungen werden. Die Musik dazu ist recht uninteressant. Wo es darauf
ankommt, kurze pragnante Zwischenspiele zu bilden, ist immer noch Bendas
Gestaltungskraft nicht zu verkennen; auch einige liebliche Episoden, bei
denen nur die Oboen- und Violinsoli immer mehr iiberhand nehmen, ge-
lingen ihm noch. Akkompagnierte Stellen sind nicht sehr zahlreich, aber
gut verwendet. Aber das Stuck leidet vor allem am Mangel jeglichen
dramatischen Nervs sowie an der Sucht, moglichst viel Neues zu bieten.
So greift denn Benda hier zu ausgiebiger Verwendung des Gesangs, ja des
Sologesangs, und damit erklart er eigentlich selbst den Bankerott der
ganzen Gattung.
l ) Msc. 18521.
*) Das Datum der Auffuhrung war nicht zu ermitteln. Gerber (Neues Lexikon
1812, I) behauptet, ein deutsch - franzosischer Klavierauszug sei 1802 zu Wien im
Industriekontor erscbienen. Mir ist er indes nicht bekannt geworden.
s ) Msc. 18522. Karl Leopold Rollig (1761 — 1804) Komponist und Instrumenten-
erfinder, war von 1797 ab an der Wiener Hofbibliothek angestellt.
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
324
DIB MOSIK V. II,
VIII
Der crrte Koraponist, der du von Bend* in »Ariadoe* nod „Med*M*
gegebene Betftplel nachahmte* war Christian Gottlob Neefe (1748— 1708V)
dersdfae, der spBterhln zu Boon Beethoven* Lehrcr nod als soldier too
gr&sstem EinAnss anf dieses Metster werden oolite. Er ist denn anch d«
efgenartfgste Nachfolger Bendaa in dieter Knnstgattaog geworden. Am
Johaanisiag 1776 hatte er die Kspellmelfcterstelle feci Seylera Trnppe als
Nachfolger HUlen angetreten, rad aeto nener EHrektor, der die Zugfcraft der
Benduchen Verke genan kannfe, hat Ibn aofort, alch an etnetn UutUchen
Werk ztt versuchen. Neefe wlhlte eln Stflck Aug. Gottlieb Malsenttre
(1753—1807), eines gerade sehr betiebten Modeschriftetellera.*) Die Dlchtung
erschien nocb im gieichen Jahre tinter dem Utel: p Sopbonlsbe,*) eta tanei-
kati&ches Drama mli hlstori&chem Prolog und Chfiren von A. G, Meisener,
Leipzig, Dyksche Bnchhandlung 1776.**) Meissner schickte etaen veit-
schweifigen, vom 23. Jul! 1776 datierten Vorbericfrt vorana, in dem er gegeii
die Exposition der Franzo&en wetter^ v dle ungcsehlcfct alles in die ersten
Szenen hineinpfropfen* und ffir den Prolog a der Antike* (ricbtiger: des
Euripides) eintritt. So Matt er denn anch Mer alles Vom Prolog erxifclfen
and entheht sleh dsmlt leicbt der Mfibe, sine gute Exposition liefern zn
jnSssen. Interessant 1st iedoch* wie slch Mel saner fiber das Vesen der
akkompagnlcrten Dramen ansUsst:
^So tetaend auch dies Geacbtecbt Uf, to wird es dock tomer dttr s«br achwaeb
an der Zah! blelben. Denn nichts ist bainaha sebwartr auifiodtg an vacbea, als ein
Sujet, du tile dlejenigen Volikommenhelten besltzt, welcbe es doch eigentlich besitzen
muss, urn bierzu tanglich zu werdeii. Die S el tea belt starker Sltuationen obne Dialog,
die wenige Zeit, Id der die game Hsndlung vorgeben muss, die Notwendigfcelt, dasa
es ntcbt etwa eine blosse EJegle, gondern Handlung, Werden and Reifen Irgendelner
wictatfgen Tat sei; dies alles scbrlnkt mehr als zu sebr eln* Aucb die Erzlhlung
ziemt dieter Gattung nicht Sie msg to lelden&cbaftllcb elngericbtet werden als ale
Iromer will; sobild ale lug und irgendwie verwickelt wird, tiugt tie nicht zur Musik-
begieltung.**)
Das ist alles sehr rlchtig gedacht, aber trotz alledem ist »Sopboni&be*,
*) VgL seine Autobiographic io der „Allg, muslkal* Ztg,* 1790 No* 16— 18 sowle
C. P. Cramers «Magazin der Musik" 1783 S. 381. Ober teln Verhlltnls zu Beethoven
slehe Thayer: L, v. Beetbovens Lcben 1886. I. Bd. S. 120 und nimentlich FHmmel:
Neue Beethoveniaoa J88S S, 9PF + sowle BeJUge zw „AUg. Zfg,* 1898 No. 04 und 85 und
^Beethoven* Berlin 1001. S. I Iff. Neuerdings exiBtlert eine Sonderstudle fiber ibn;
C. G, Neefe t Dissertation von Heinrfch Lewy, Rostock 1901.
*) VgL fiber ibn JSrdens III S.473.
*) Bekanntlich die Tocbter Hssdrubals, deren tragisches Gescbick vielfacb
dramatisub bebindek wurde*
4 ) Eine i pit ere Auagflbe sis F Honodnm* bezeiebnet, Leipzig 1782.
D ) Vgl. luch die ficzension in der „Allg. deutschen Blbliotbek* Bd* 36 S, 467.
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
325
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
obwohl sie recht geschickt Abwechslung in den grossen Monolog bringt,
kein Meisterdrama geworden, und gerade die Einfuhrung des Prologs, auf
den sich Meissner soviel zugute tut, ist dem Werke schadlich gewesen.
So klagt schon Neefe selbst im n Vorbericht a zu dem 1780 erschienenen
Klavierauszuge: l )
„Das Sujet hat hier und da nicht recht gefallen wollen. Es ist nicht meine
Sache, mich in die Aufsuchung der Ursachen davon einzulassen. Nur einen Umstand
will ich und muss ich hier anfiihren. Beim Seylerschen Theater ward, ich weiss nicht,
aus welchen Grunden, der von Herrn Meissner ausdrucklich dazu verfertigte historische
Prolog weggelassen und durch diese Weglassung das ganze Monodram fur viele Zu-
schauer unverst3ndlich gemacht. Wie konnte es aber durchgangig gefallen, da es nicht
durchg3ngig verstanden wird. Ich habe daher den Prolog vor meine Musik drucken
lassen, und ich hoffe, er soil dcnen willkommen sein, die sich damit am Klavier be-
schaftigen wollen."
Uber die Entstehungsgeschichte des Werkes teilt Neefe an der
gleichen Stelle folgendes mit:
„Dieses Monodram ist schon vor vier Jahren, nicht aus Nachahmungssucht,
sondern auf Verlangen des Herrn Seyler, als ich mit seinem Theater in genaue Ver-
bindung kam, von mir komponiert worden. Ich wollte es aber nicht eher dem Druck
Qbergeben, als bis ich die Urteile der Kenner gesammelt und benutzt hatte. Jetzt also,
nachdem diese Musik in Leipzig, Frankfurt a. M., Mannheim, Mainz, Munster und in
Darmstadt vor den durchlauchtigsten Herrschaften selbst/) nicht ohne Beifall auf-
gefuhrt worden ist, nachdem ich mir die gegrundeten Erinnerungen wider einzelne
Stellen derselben, soviel moglich, zunutze gemacht habe, lasse ich sie im Publikum
erscheinen. Ich leugne gar nicht, dass ich den vortrefflichen Mustern des unsterb-
lichen Georg Benda gefolgt bin, aber ohne ihn auszuschreiben. Gewisse Ahnlichkeiien
sind unvermeidlicb. Der wahre Tonkunstler versteht, was ich sagen will."
Man vergleiche ubrigens die beiden folgendeti Notenbeispiele:
No. 35.
usw.
(Benda, Medea, Ouverture)
! ) „Sophonisbe. Ein Monodrama von dem Verfasser der ,Skizzen'. l n Musik
gesetzt und fur das Klavier eingerichtet, der durchlauchtigsten Erbprinzessin von
Hessen-Darmstadt untertanigst zugeeignet von Christian Gottlob Neefe, Sr. Churfurstl.
Gnaden zu Colin Hoforganist. Leipzig im Schwickertschen Verlage."
'') Deshalb auch die Dedikation. w Am 26. April 1779 stellte die Erbprinzessin
von Hessen, die als Medea und Ariadne schon aufgetreten, auch die Sophonisbe dar.
Ihr Spiel war innig, die Deklamation echt, die Gestikulationen und Gemaide den
Leidenschaften angemessen und die Nuancen wShrend der Musik vortrefflich . . . Dies
ist nicht etwa das Urteil eines schmeichelnden Hofiings . . , u Goth. gel. Ztg. 1780,
14. St. S. 93. In Darmstadt befindet sich noch die betreffende Kopiepartitur (genaue
Abschrift des Originals) auf der Bibliothek.
V. 11. 22
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( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
~H»
DIB MOSUt V. 11.
No. 3d,
If I i jffl flj | 'P P5p
f=
(Neeft, SepboaUb^ Off. Put S. ttt, KJ^-JL & 1)
Iter KtaYtennazug weiat tats&cbticb gegeiifiber dar Partttnr 1m
zelnen ihytkniitcfae and barmonisch* Verbeaserungen auf, 1st anch ,
In den Bezelctumngon, aUein, obgloich «tr bnter ah die
arbeitetiet, gfbt er docb ma* eiii aebr trovoMtoin^
dm VnfcM.
Did Origtaalpartiturp an die irir nne bier efazJg balten «otieu» b+-
fin4et eich nt Vim 1 ) In der BibHotbek der .Geaettethaft der Mtuftfremtde*
mid stammt ana dem Beaitz dM Erzberzoga Radolf, dee Scbfllen Bee**
heveu. Sle teaMht ana 78 elgenbiadlg beachriebenen Querfotloblfflani,
dram vier Blltter am Sehlnaa dee eratan Anffttitta von Kopistcnband ein-
gefBgt aind, Dar Hid huttet: Sopfaenlafce, eta Drama mit mnsikallscfeer
Begjeittmg. Daneben ateht mit roter Ttnte dar franztaitcbe Titel, be*
zeiebnet als w Mtiodrraie avec dea cboeiira*, and anck In der FeJ$e iat tod
Neefaa efgennr Hand dla flranzdatacfee Cbertragttftf belgefBgt Der Name
de*. Kompo^toten nsd die Bezeichnung »Origtaalpartitiir" riUiren ran der
Hand Aloys FocfaV (1799 — lBB3fo dea bekannten Sammlera mnalkallulter
Meffcvfirdltftaiten her. Dm Ordmter bcatebt ut Strdchqntatett, 2 FtBten,
2 Oboen, 2 Fagotten nnd 2 Hftrnnrn. Bemorfeenevert let die Fetoheit der
Instrumentation, die viel moderner tie bei Benda anroutet So vird z. B.
die zwelte Viotine meiat von der ersteo emanzipiert und erhllt interessantere
Mittelstimmen, Oder sic darf altemlerend mit der ersten Violine Themen
bringen. Gelegentlicb werden scfaon Passagen von der einen Gmppe an-
gefangen und der anderen fortgesctit Auch die Bllser sind nicht mehr
gehors&me Trabanten der Streicher, aondern gebeo zu schBnen Wecbsel-
effekten Anitas.
No. 37.
(Ictiter Auftritt) Adagio
Nua woblinf
Slth ctjith
hier. Ober
iter von den
Gtiifern r
*) Daaelbat Jn der k* k. Hofbiblioibck d*t Fragment (autograph) cincr eben falls
tuf Meiameri Dlcbtuog komponierten «SopbonIabe* von Gfftzloff, clnem nicbt nlber
bekanmeD Kmnponiiren (No. 18437k Eb 1st obne write re Bedeuiung.
Cookie
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
327
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
No. 38.
Ob.
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5S
Neefes Biograph Lewy schreibt iiber die „Sophonisbe a *):
w Die Musik Neefes kann allerdings fur damalige Zeiten als hervorragend be-
zeichnet werden. Mit grosser Sorgfalt hat Neefe den Text studiert und jede kleine
Gemutsregung, jede Andeutung Meissners benutzt, urn seine Musik mannigfaltiger zu
gestalten. Aber er bediente sich fur unser Ohr doch gar zu einfacher Mittel, die uns
bisweilen naiv anmuten. Die Einheitlicbkeit der Stimmung bat er gar nicbt wahren
konnen; dass ihm Benda darin fiber war, zeigt uns, in welcbem der beiden M&nner
wir den grosseren Dramatiker zu suchen haben."
Diesem Urteil, das ausschliesslich auf dem Studium des Klavieraus-
zugs ohne Kenntnis der Partitur beruht, vermag ich nicht unbedingt bei-
zustimmen; zweifellos ist Benda, der ein ganz neues Gebiet in genialer
Weise erschloss, mit seinen Meisterwerken Neefe iiberlegen. Aber ich
finde, dass Neefe wirklich, wie er selbst im Vorwort auch bekennt, ohne
Benda sklavisch nachzuahmen, auf originelle Art das von jenem erschlossene
Gebiet weiter gepflegt hat. Gerade Bendas grosste Kunst, die darin be-
steht, kurze, pragnante Motive zu erfinden und gemass der dramatischen
Steigerung weiterzufiihren, beherrscht Neefe ausserordentlich, und er ist
und bleibt der einzige, der Benda hierin erreicht. Nie verfallt er, wie
alle spateren Nachfolger, in inhaltloses Musizieren. Leitmotivische Bil-
dungen in der ausgepriigten Art Bendas verwendet Neefe nicht. Dagegen
hat Neefe hier eine ganz eigentumliche Manier, Bruchstiicke aus der
Ouvertiire als Erinnerungsmotive (unter Gretry's Einfluss) zu benutzen.
Dass er mit den ersten Takten der Ouvertiire auch die erste Szene ein-
leitet, ist nichts Aussergewohnliches (auch Benda tut es); aber plotzlich
tauchen auch andere Fragmente der Ouvertiire wieder auf, ein Durchgangs-
motlv:
No. 39,
£te
m
-+•-
i
tmmiw- 3
I
bci den Worten : w Ich bin die gliicklichste meines Geschlechts, wenn ich
ihn habe". Zweimal sogar tritt jenes bereits zitierte und als Benda-Re-
l ) A. a. O. S. 69.
22*
::V: !/*::[ :v, C iOOQIc
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
32ft
DIB MUSI* V. II.
mialsxenz tffcaanfte Motiv nach seinem astern mut zweften Erkiiiifeii in
der Ouvertflj* zar Cttanktetiaientiig Maailnfasa* m& £fa fc an fte tt fr, ta
der Chnrertttre schon nretflMl gtbnehi:
Ko,«L
4£toao*urt#ftte
$
k
^■*i^ii^' 4 j ¥ri^-
m
mw
kommt vieder be* den Vorten: .0 witttommen, tansendmal mlr wHJfcammefie
Tiftam"? l*n Allegro;
Ma 41.
vlrd bd tfeit Vortpo: .Wohio Ich je blickte, je <r^ Hind ich dies* Grw
stiaea nrfr 1m Wef** iriedeiiebncH and due Ucias «efea Scttma der
Onvertfin utftrettnde Ftgnr:
Hoi tt
«^ r Jttf-fa4.JJltra J Il ii l > j»i
ii
kommt nochmale vor bei den Worten: ,Nkht zttfrleden, Karthagena SShne
zti tOten, kfindigen sie auch den T&cbtern dieser unglflcklicben Stadt Krieg
an I" Der Merkwflrdigkeit halber will ich auch den Schlusa der Ouverture,
die In ihrem Gbergang zutn Drama etwaa an die Don Jaan-Ouvcrtfire et-
innert, hierhereetzen, wobei zn bemerken ist, dass Neefe in dteaem Werke
uberbaopt in mancben Eigenheiten {namenttich der chromatUcben Harmonik)
alt Vorginger Mozarts, der ja die NLelodrembewegvng ratt h&cbsteno Intercsse
verfolgte, erscheint:
Andante so&tenuto.
■= r-F=££i
tn=
V\ t: fr
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"3H — 1 ==
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
329
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
SF^S
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Das Akkompagnement wendet Neefe sehr selten, aber stets mit grossem
Effekt an z. B.:
No. 44.
Senza tempo.
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Nimm diesen Becherl Er fat's! G6ttcr, meine Hand stockt! vcrgieb mir, Tocbterdes edel-
sten Puniers, vcrgieb
dem Unglucklicben,
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39E
£
S^l
i§
usw.
m
dcr mit zerrissenemHerzen
dir dies Geschenk sendet.
Die Anrufung Hasdrubals, die im Klavierauszug (S. 21) Akkompagnement
hat, ist in der Oiiginalpartitur anders gegeben: ein grosses Violinsolo in
Bendas Art tritt ein. Dagegen verwendet der Schluss in hochst wirksamer
Weise nach Bendas Vorbild die Gleicbzeitigkeit von Rezitation und Orchester:
No. 45.
Tempo giusto.
Jede mciner Adern stockt! Ich fuhl's, dies ist das letzte Beben usw.
Auch die eigentumliche, von Benda erfundene Art der gesprochenen
Arie (quasi arioso) hat Neefe iibernommen (vgl. S. 12 u. 13 des Klavier-
auszugs); es ist da ein regelrechtes Arioso mit obligater Solo-Violine. Neu
gegenuber Benda ist die Einfiihrung des singenden (Priester-) Chores, der
hier ganz naturlich wirkt. Benda hat dann dies Beispiel selbst in „A1-
mansor und Nadine" allerdings recht ungliicklich nachgeahmt.
Di
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
i.f ?V
5^
330
DIBMUSrK V, U»-
Nocb dser merfcw6rdlgeii Stella, die eigeatlich idten dtafVAeraditt
Art der rfaytfiniJscb graanerea Notiwuin and die KtanpcnrdfncksclM Ait
der Tonbfihenflxiening dor Declamation Yoratte ohimit, nw tab ge-
denkecu Die OrigimJt>*rtitttr <KI*vierati8x*| abwelchend nod ehne sikwe
Angebe) gibt hier die Weiwng: *WIhra*a der Mitstk iwcb dan Trifct,
aber nicfat gesttogen% die Dwastidter Kopiepartitur, die rvetfellM imter
Neefea Antacht eatetandcn, bemerkt degegen: „ttater der Motik md
so yW eta nrfgticb neb ton ZetamavohiigeBiir ao, wte der Vert der
drftber steheeden Noten anieigtr Die raerkwflrdJge Stella, demnTfotieraug*-
art, rhytbmlscb, he Sopranschlflssel und nor eine klelne Sefamde to der Ton-
WJfce TirHerwd, zanficbet kcinen Nacbfolf$r Jfcnd, ed Mer-wted ninqg riic n ;
No. 4*
IF 5U*fe. *U* sehMfik , ILdullU
Stebtdle advert
n,Vr f C ;lr f ^
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ntt - te nibt ticta drlu-end.
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WOTF
S
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Hiaelcbflicb tofta Erfolge* niid Hirer
Verbreituug vermochtedle .Sophonisbe"
an Bendas Meisterwerke nicbt benra-
zureicfaen. Itnmerhin aber konnte nocfa
fast eln Vierteljahrhundert each Er-
acbeinen dee Werkes ibro in der »Allg,
Masikal. Ztg. - *) eln wannea Lob erteilt
werden:
pNethi {Composition," beJist ea daaelbat,
„lit Yeoiger kunitreich ale die tod Benda In der ,Medea' fBr den, det; die Kunit in
dam mehr Verwebten fiodet Ntcbt, daat ea Ncefe an den gehfirigen Kenntsiuen ge*
mangel! bitte, krineevega, Aber er mcbta die Wabrbeit is erbabener Sim pU it tit und
— fend ale* Die muiikatiecbe Spracbc dea Komponlaten, lelne benerbebeDde Har-
monle let der btrmonlicben Spracbe dea Dicbtera durcbaoi ae angemeeean, ao gani
Ibnllcb, daai man nicbt to entacbeiden wagt, wer dem andern voremphinden babe,"
Und zum Schluaa heisat e»:
B Dle nur nocb planl»lmo kurx fartgebende Musfkbegleltung lit der letzte
Hftuch elnea rublg Sterbenden. Der Vorbaog fllit, und man verliaet daa Schiuipid-
bana, wle man die blaste KBIte einer eben veracbledenen Geliebten auf dem Starbe-
lager rerileit — mit gepreHtem Her* en. - Scbluu fblgt
*) Bd, 1 S.354.
Cookie
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DER MODERNE
MUSIKALIENVERTRIEB
EIN VORSCHLAC
von Dr. Julius Hagemann-Bonn
in rend ea den anderen Kiinatlern verblltnismluig ieicbt gemacht wild, ibre
Knnatprodnktc dera gr&sseren Publikum zuglnglicb zu machen, beflndet
alcb der Muslker in den meistcn Plllen in einer sebr liblea Lege. Aber
nicht all ein c r ist es, auch gleicbzeitig sein Verleger* Vie soil man die
Welt mit den Werken einea jungen Muckers bekannt macben? Tie
bringt der Verleger e& feflig, seine Novitften nicbt allein auf den Markt, sondern aucb
an den Mann zu brlngen? Es glbt fa bis jetzt veracbiedenc Wege, die aber In don
wenigaten Flllen zu eincm aicheren Ziel fiibren, Der eine Verleger ineeriert in elner
Muaikzeftung* Aber wieviel Menecben leien derartige B litter oder beaebten die
Inaerate! Ein anderer Verleger veracbickt seine Verlagaartikel an die elnxelnen
Muaikatienbftndler zur Ansicht Selbatverailndlicb sind die Letzteren dann wleder
gezwungen, ibre Kunden mit die sen Werken durcb Ansichtssendungea zu beglficken,
Im allgemefnen 1st das, was In solchen Flllen beim grossen Publikum blngen blelbt,
herzlich wenig, BalLenweise mtiaa der Mmikalienblndler zur O&tcr mease dem Ver-
leger seine Scbitze wieder zuruckschicken.
Eine wcitere Reklame beaieht in der Veraendung der Neubeiten an die
Redaktionen der Musikzeitungen und Ihnlicber Blltter. Ea liegt ja auf dor Hand,
diss eine gunatige Besprectaung des ein en Oder anderen Werkea wotal die Folge
zeitigen kann, dasa einige Leser der betr. Zeltscbrlft alcb die Mfibe geben, die be-
aprocbenen Hefte anzusehen, bzw* anzuscbaffen. Aber ea aind nur sebr wenige, die
auf eine derartige Reklame reigleren. Dazu kommt dann gleicbzeltig fOr Autor und
Verleger die Befurchtung, daas dasaelbe Verk ungleicberweiee von dem ein en gelobl,
ron dem andern getadelt wlrd, Wie hi u fig erleben wir den Fait, daaa die Kritlken
ebon ganz entgegengeeetzt ausfallen, dem musikallscben Standpunkt des betre (Tendon
Rezenaenten entaprtcbend. So wandert eine groase Anzabl wert? oiler Neubeiten zam
Verleger zurBck, obne von irgendeiner Seite beachtet zu aeln. So blelben uater Dm-
atinden Werke jahrelang unbeacbtet licgen, die Anapruch darauf bitten, too der
ganzen Welt geacbltzt zu werden. Man ktnn aucb in der Tat einem uberbfirdeten
Kritlker koine Vorwurfe macben, wenn er unter einem Han fen Ihm zngcaandter Hen*
faeiten nor aolche Namen auawihit, die Ibnj rflr eine gewlaae Qualittt Gewlbr leieten,
Daas fast alle griaseren Pitmen Jetzt ibre Reiaenden Ton Ort zu Ort aonden,
d&rfte aucb noch nicht allgcmein bekannt eeln, aber echUeaalich treten aie nicbt mit
der groaaen Masae, sondern Immer our mit dem Handler in Verblndung. Der Effekt
dfirfte aieo ungeffthr deraelbe aein t wie ich Ibn oben angegeben babe* Nun lollte man
meinen, das, waa bei anderen Kflnaten mfiglEcb aei, dBrfte docb acbUeasllcb der MntUe
aucb zuatatten kommen. Ea gibt beute kaum cine Sudt von gewlaaer Bedeutung, die
nicbt ibren KunatsaJon bat, mag er daa Jabr bindurch geSSbet ectn, Oder nur gewlaae
Zeiten, In den meiaten dleser Salons finden wir beute hat die geaamte Kunat Oder
daa Kuna^gewerbe renreten. FBr ein gerlngea Entgelt let Jeder in der Lege, alcb daa
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
332
WE MOSIK V* IU
gan*e Jabr bfndnmb, wenlgetens la gritoenti Sttdtn, ate Bfld wn d«]
uT dtan Gebfete der Malerei, BUdbauAffcunaf m an macben, Anf *
b*t d*r Knottier die Mfigllcfakeit, aeine Sckftpfttfigen, 41* *on
anderti venders batmen* Taneenden vonttHlbrea tnid w; an dn Mnui £tit <
Varan eofite man etw*» Ibalkbee zdcfet Br unset*
fcfanen? Mm AnApg bit fl* Verlagebnii B> Rtbfef In 1^^ tfw^ tft#mib|
til deiA lettten it intern In den Teracbtodenatan StMten Komtftt obne fin^gelt rtp*
anataltete, In denen ibre etgenen Veriagawttfce in Gebfr gebracbt warden* Dtneldii
aotttea die geeanifa Veiteger eofcreifen mid in liblfntobon Stfdtm ge n efn a cbeftHc li
PvUtknm in regelmfari^en Vecanetatamigen die beaten nenen SebSpfitngen dor |e-
nrftfgen Sateoo In rorxBgHcber Attafftfentng YnrtnfBbmi* Hin mag Met t^vciAni
daa* Juben wfr doch invert Eoiuertftt
▼eon wir dte Koraertprngramme dor griaaten detttacben StMti dttrctiaaen* no
mfltaen wlr gesteben, daea die AuaU neuer Verba (andean veracbwbideiid tat.
Saben *if die Ptqgrainm tni die Ktofennuelk u, die KUfeeeUcfa bd der Alternates
belt daa grffeste Intereeee erragr, no Bind dte Hamcn sener Kompooiatnn bald m
attfflnu fan allgeineliieii splett tttun KBnatterwelt tamer deeeelbe. Htam fat la
eratfcr Unle da* groat* Fnbttknm acbnM, daa snr mf btkannte Name* bin tn din
Knnnerte gebl Im Geaang tot ea nkbt gau to addta** Abet who dent tnnen
Nentfng *li KomponUten, der nicht pertfolkb* Bniabttngoa m efatem Singer ndnr
etoer Stngerin bit I Br dbrfte aehten Neman acbwerttcb anf etaem Kontertprogmmm
laian. AktiUih gebt ea anefa In dcr Knuntroittslb^ di din nudum V arelnjgimgea dieter
An doob mtr dieXIaeatker ptegen eder beforngen. Die Orobeeter- oder Cbormnalk
woHea #ir Wet Torttoflg an* dem SpW Uiien, di bier gnx andftre VerbfitniiM
SttOte d« eteb mn'ntdit nrmfitllcben latetn^ dne* dleYerlegw in Hirer G«eetttb*tt
in aUea SdUm «e nfleregmi Intthnte grindenP Aaf der ehien Soft* wflrden din
Verlcjer geiritse Unkotten mf ileb nebmen, aber mcfa der anderen Rlcbtnng bin
vfirde ganz richer ein bleibender Gewtnn fflr tic aai dieter Einrlcbtuog resitltieren,
Man mag bier einverfeo, daaa dJe grtaaten Scbwierigkeiten dario beateben, daa
Publikum, daa mliatrauiacb let, fBr ein denutlgea Untersebmen zu gewinnen. Aber
daa dBrfte nlcbt in acbver fallen, wcnn die Kompoaiaten aetbat aicb den Verlegem
zur VerfQgung atellen wQrdea, am Im Vereia mit berronagenden Solisten ihre Werke
■elbat vonunbren. Venn dann Werke der verachiedenaten Autoren aua den m*
icbledenen Verlagatnatalten, aargftltlgat auagewlhlt, an eiaem Abend dargeboten
wflrden^ ao wQrde mlt der Zelt daa Pubtlkam bald flir dieae ^Kitnataalona mueikaliacbcr
Rlcfatung" ebenao iu haben ae1o» wle f&r die der anderen KBnate, Urn wie rides
atcberer and teacher vfirden dann tile Neahetteo verbreltet verden, xur Anaebmllcb*
kelt der ZubBier, turn Beaten der Komponlaten und zum Nutien der VerJegerl
Ungeabnte Scbltze glbt ea nocb iu beben. Dtircb den direkten Vetkehr
iwiacben Verleger nod Amor einereelta und dem PubHkum andreraeita wflrde nicbt
allein die Mueik, aondern die geaaniie Kuntt gewionen.
Ratachllge zur Verwirklichung dleaea Vorscblagea den Verlegern an dleaer Stelle
zn geben, wfirde zu welt fuhren* Una wflrde ea zur gr5aaten Bcfrledigung gerelcbeu,
wenn dieaer Varacblag der gemeloaiinen Arbeit auf frucbtbaren Boden flele*
-. Cookie
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
bOcher
68. Hetiirtth Haoke: Lerne stage* Volkstlimlicbe Sprecb- und Sfnglebre zum
Selbattmterricbt Lorelet*Verlag, Berlin 1905.
In fippfgater Austtnttung, relcb mil Kopf- und Randletaten rentier^ dnrcb eine
Ffllle von AbbUdungen und Notenbelapielen erliutcrtt prlaentieri ilch in swei atarken
Folioblnden von Je 384 Sefteo eine neue Scbule der Sing* und Redekunat, die den *f jlen
ftcbon etwas in MJeikredlt geratenen kategorlechen Imperatlven elnen neuen binxulfigt:
„lente aingenl* Der Vermaaer gibt sicb der vielleicbt etwe* tr&geriacben HofTanng bin,
dnrcb aeln gro«e engelegtes, jede EInzelbeit dee Geiangfttudiaina berGckilcbtlgendoB
tbeoretiacbee Work die mfiadliche Unterweieung durch eine Lehrkrift entbebrilch zu
machen and dem Autodfdakten die Wegc vfillig zu ebnen* £r bat nicbt don Ebrgelz,
durcb eine Ifam elgene Tbeorie das Veeen der Geetngtkunat neu zu begrfinden, t endera
int beambt gewesen, atles bhber iuf geeangitbeoretlicbein Gebiete GeteUtefe in enzy-
ktopldtacber V/clae zuiammcniufasien. Dleaea Streben nacb ersch&pfonder Vollstlndlg*
keit bet ibn niefat nttr za elner, ieb mflcbte aagen, bebaglichen Breltc dee Vortrigt ver*
anJaaat, die aucb vor rieleu Viederholangen — aoger eolchen der erllnternden BLIder ~
nicbt surflokacbeut, tandem Ibn aucb bewogen, neben der elgentllobea Geunglebre aucb
die Anatointe and Phyiiologie dee menachllcben Rflrpera t die allgpmeine Mttzlktebre, die
Miinik and Gefairdenapracbe In auaf&brHcbeter Teiee *n bebandeln, }t aogir ein muel-
kellicbei Fremdwflrterbacb, eine Anteitung cur Italientacben Auzapracbe und eine loetin-
mentenkunde am Scblntie beliuffigen. Der BlenenfleLes, mit dem dieter Stoff mm zahl-
relcben QuelJen zuaammengetragen 1st — der Verhsaer niacin etwi 200 na&ibaft — ?er*
dient die gr&sate Anerkenaung. Ob iber nicbt eine Beecbrtnkung *uf dee eigentUcbe
mlt dem Motto „lerne eingen" amachrlebene Geblet gerede fQr eln volkat&mllcb gedacbtes
Bacb xweckmlaaiger gewesen wire, falelbe dablngettellL Der Abdrnck der dreiiebn
Vokaliaen fou Lablache, die der Verfaser en einer StelJe w unvergjelcblicb" noting war
ledenmllt entbebrlicb; donn ale flberragen keineawegt Ibnllcfae Verke von Bordognl,
Aprtle, Concone u, a. and siud wie dieee En zablrelcben billigeo Auigtben jedermann
zuglnflicb* Zudem bletee der Vermaaer eelbat eine reicbe und zweckmlealge Anawabl
der vieleeltigvten tecbniacben Obtingen. In der Tonbildungsfrage nimmt Hacke einen
▼oriichtigen, auf natBrlicben Auecbauuogto begr&ndeton Standpankt eln, and die wlcbtige
Atemtecbnlk bebindelt er mlt dankentwerter Grfindlicbkeit Vie die meiiten Geaang*
lebrer baidlgt er der Drelregiatertheorie, will abor daa Terfinglicbe Vort Regfater ebenao
wie die Auadr&cke Pallet* und Flatelatimme ana der Geaanglebre ansaebalten und Hast
nnr die Bezeicbnungen Bntat-, Mittel- ttnd Kopfittmme gelten. Ter fiber die elnn-
verwirrenden^ )t bolfnungaloven Meinungiverecbiedenbetttn In der Regliterfhv ein«o
Oberblick gewinnen will, flndet auf Seite 162—168 dea eraten Bande* eine hflbachc Zu*
aammenatellung der Deflnitionen bekannter Facbleute. Der elgentlicbe Lelugang der
Stlmmauabildttng (Band II, Abacbnltt 1) iat in aebt Stufon gegliedert, die in je drei
Monaten« Im ganzen also in zwei Jabren zu erUimmen alnd. Eracheint diner Zdtraam
•elbat ffir eine rein acbnlgemlaae Auabildung etwaa kura, to itt er docb immer noch
f ' " \ ilc * Onqinal from
' ^ " K H \S K UNIVERSITY OF MICHIGAN
AH
DIBJIUSIK V. 11.
verftfinitiger bemessen dt die AUniiitalfordentng von secbe und aehr I,etaj*fcra^ wo-
derch aleb bento msncber Cbarlatui don Nimbus der Grfindlidtkeit ekhem wffl- Natftf-
lich tout nu web in dor Gesangsfctinat nie abs; wer titer nfctt in tol tilt rter Jrium
etnen eicliero iccbnlsctaen Grand fn legjttt vormag) eotfta Mf das Studluot Ilebor |m
verziebtes* Folgende Hnsetbaitoa empfbble ich dor Bs^ttckilcbtlgttg bel etaer weltewrt
Auflage. Ant S. 181 (Bd* I] Zdle 2r,alit ^Sopranos* itatt ^teaefotf* in lean. Anf
S, 19 (Bd. II) wird bebanptet, dw der Keblkopf slcb brim Einetmen *Mk»; graas do*
Sefte welter belsst ee, din *d«i Hocbgeben der Ztmge (bdm Einstmea) ten Keblfcopf
unmerklkfli sit bocbxiehe*! Anf S- 106 itad 100 (Bd. lit vbd der Dotaradtied
offiMM and gflsiiitflaifinon Seltafleatea ekierseits mid kanea and langon
oicbt mU der nfltigen Scblffe festgebstien; ein geseblossener Voktl tana im Geaang
knra, cfai offtmer ling sola ttnd ttmgekebrt FBr bedenklteb hslte idh w, dm Singer {n
dm Umfcnge T ait f er fa deroftgeo sit gesttileo, wie es atif S. 225 L (Bd. IQ geecbiebt and
mftchte eolcbe strong anf die miserabeln Opernflbsrsetzugeb (vie Fanst, Cinnat, Migmm,
Aide ** «,) besebrtnkt wlsten, Mosarteche, Sebnbartsche, {trtbamcbe Origlflahexte
mfiaeten selbet Mi ktefauo Atemnftten trad unbeqttemen Koneonantetibittfangen Jedem
Singer ttnenlaetber seio. Ailfoehhiog dfirftn auch die fltr das Kopfregtster dor MliMep»
sttmmea berecboeten Obnngen erfefcren, da vohl die Mebrzabl der beotigen Gesangfebrer
mitJalinsSioefcliaaaen die Anticfet teflt^ dtw dlemlnnticbe Kopktfarae eiuennetbodtebw
KBnstletiaefcen AnaNtdwg unzngfatgiicb In* Aber nel Ding* recbne icb dem Verftsser
tmbedingt mm Lobe in, wodnreta er eJcfc wrfialthaft m „berftbmten Maatara* ttoter*
ecbeidet: diet er nlcbt da* nnsinnige Klagelled fiber dee angebUcben Verhn der bentigen
Gesaigskunat anatimmt, nnddaas erakht ale efatdfee Allbeflmlttfil Ittt afle fetantfchea
SebldM der Gefenwart aetoe eltene Tbeorie aoapoaarat, aoodera auch fBr daa, wn
udere anf dteaem icbvterfgeii Geblete berefts w ibm geleiatet Uaben^ ein Vert der
Aeerimusnt tadet Brnet Tolff
m. Th* von Frlmmelt BeetboTtn^Stadlon. L Band: Beetboreu iane^e &w
scheitiung* Seine BUdniue. Verlaf: Georg Mflller» Mfincben*
Wean der Beethorenfoncher and der Kunetbistorilcer Tb. von Frimmel la
eioem Beetbovenbucbe akb die Hand re[cben } eo kflnnen wir akber *tin> elne in sacb*
Hcber Hinitcbt wertrolle Cabe iu empfangen. Und gerade die Leser der p Masik" warden
dleie Beethovenatudlen des geacbltzten Gelebrten lebbaft begrQssenf nachdem tie fiber
dei Meiatera laitere Erschelnung durcb elne reicbe Zibl von Nacbbildungen in dieeer
Zeiticbrift anterricbtet warden slnd* Si« kSnnen nun beqaem rergleicben und werden
mil Intereiie aui Frimmeli Umerancbnigen entnebmen, welcbe Merkmile nStlg lind,
urn die Abnllcbkeit elnea BeetboTenbildea fe^tsteLIen zn kfinnen, Nicbt viel DaiBteUungen
Bind e», die Frimmel zum Gegeoitand seiner kritiscben Betracbtungen macbt; denn er
wlhlt nnr diejenigen, die zur Lebenizeh Beetbovens entstinden sind, und er wfirdigf
untar dieseo wiedentm dei ntberen die Bildnlsse, die nseb dem lebenden Original ge-
malt wurden, SomJt bleibt der KreJs naturgemgss ein geringer. Aber was Frimmel sagt,
und wie er seine Beweite fSr Oder gegei die Atanlicbkeit ruhi% zeigt uns seine ausser-
ordentlicbe Konntnis der Msterie* Das Result*! seiner klar, leidenschiftslos und obne
Abschweifttngen gegebenen Forscbungen 1st fQr jcden elaigermassen Vertrauten natiiriicb
dss, dsss die Franz Klein eche BeethoTonmiBke, die fiber dem Antlitz des lebenden
Melsters iro Jabre 1812 in Gips tbgeformt wurde und die darauf der Kleinscben BQste
zum unmlttelbaren Modell dfente, das weltsus IbnHcbste Bild lieferte. Sic, die all-
beksnnte Bfiete bildet fur di« BeurteiLnng «Uer nsch 1812 sntstsndanen Bildnisse
Beetbovens die beste Unterlsge. Von den fibrigen DarsteiJungen bewertet Frimmel dss
Schimonscbe (1818/19) und dsnscb das Stlclerscbe Portrlt (1819/20} sis die braucbbarsten.
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
335
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
Hoffentlich — und das ware mehr als wunschenswert — lfisst der Verfasser in einem
Erglnzungsbande die hauptsichlichsten Bildnisse des Meisters, die nacb seinem Tode
entstanden sind, Werke wie die von Hihnel, Knoll, Dake, Zumbusch, Michalek, Stuck,
Flossmann, Netz, Seffner, Klinger, Masseau, Landgrebe, Aronson u. a. ebenfalls Revue
passieren. Dann batten wir das Werk uber Beetbovens „lussere Erscheinung" vom
Datum der ersten Silbouette 1786 bis auf unsere Tage. — Dem reicb illustrierten Bande
bat der Verlag eine vortrefflicbe und wurdige Ausstattung zuteil werden lassen.
Richard Wanderer
MUSIKALIEN
70. Joseph Joachim und Andreas Moser: Violinscbule Bd. 3. Vortragsstudien
(English translation by Alfred Moffat). Verlag: N. Simrock, Berlin.
Dem ersten in Bd. 16, S. 441 if. gewurdigten Bande dieser grossartigen Violinscbule
ist zunSchst der dritte Band gefolgt, der ganz besonders Verbreitung flnden durfte: entbilt
er doch 16 Meisterwerke der Violinliteratur, die Joachim fur den Vortrag genau bezeichnet
und auch mit Kadenzen versehen hat. Es sind dies Bachs a-moll Konzert (dessen Finale
ubrigens nicht durch eine Kadenz bereichert worden ist) und Doppelkonzert, die A-dur
Sonate von Handel und die Teufelstrillersonate von Tartini, beide mit einer neuen von
Joachim auf Grund^des bezifferten Basses bergestellten Klavierbegleitung, ferner folgende
Konzerte: Viotti No. 22, Kreutzer No. 19, Rode No. 10 und 11 (nicht No. 7 in a-moll),
Mozart in D-dur und A-dur, Beethoven (mit doppelten Kadenzen fur jeden Satz), dessen
beide Romanzen, Spohrs Gesangsszene, die Konzerte von Mendelssohn und Brahms. Zu
jedem dieser Werke hat einer der beiden Autoren eine Einleitung geschrieben, besonders
wertvoll ist die Joachims zu den Konzerten von Mendelssohn und Brahms. Selbst-
verst&ndlich sollte und konnte nur eine Auswahl der Meisterwerke getroffen werden.
Oberrascht bat micb, dass kein Konzert Vieuxtemps', Bruchs und auch nicht Joachims
ungarisches Konzert Aufnahme gefunden bat; ich hatte sogar auf Lalo's Sinfonie espagnole
und Saint-Saens' h-moll Konzert gerechnet, deren Aufnahme sicherlich ohne grosse
pekunilre Opfer an die betreffenden Verleger moglich gewesen w3re. Ein Rodesches
Konzert hfitte wohl genugt; dass sogar zwei von Mozart, dem als spezifischen Geigen-
komponisten doch keine Bedeutung zukommt, aufgenommen worden sind, erklirt sich
daraus, dass Joachim diese Konzerte immer gem gespielt hat. — Recht wertvoll sind die
den Band beginnenden 10 Aufsitze Mosers vom Vortrag; besonders beachtenswert er-
schelnen mir seine Ausfuhrungen uber die Ornamentik. — Die aussere Ausstattung des
Werkes ist ausgezeichnet. Wilhelm Altmann
71. Hector Berlioz: Werke XVI. Bd. Ges&nge mit Klavier, 1. Abteilung. Verlag:
Breitkopf & HSrtel, Leipzig.
Berlioz mit Klavierbegleitung — dass das (mit wenigen Ausnahmen) ein Unding,
einen Vogel ohne Flugel bedeutet, das wird auch der zugeben mussen, der den genialen
Franzosen so gut kennt, um in ihm, wie noch vielfach geschieht, nur einen rafflnierten
Instrumentationsvirtuosen zu sehen. Denn abgesehen von solch einseitiger Wertschitzung:
das ibm eigentumliche Organ, das spezielle Ausdrucksmedium, dessen er bedurfte, um
das zu sagen, was er zu sagen hatte, war fur Berlioz das Orchester. Ohne Orchester ist
Berlioz nicht Berlioz; was nach Abzug der Orchestereinkleidung von seiner Tonspracbe
noch ubrig bleibt, ist meist ein kummerliches Fragment, oft auch in dieser Form noch
sehr interessant, aber selten wirklich befriedigend. Die Zahl der Geslnge, die Berlioz
original mit Klavierbegleitung geschrieben hat, ist nicht sehr gross; das meiste und be-
deutendere davon hat er wenigstens nachtr2glich instrumentiert. So kommt es, dass der
vorliegende Band, der Chore und Stucke fur drei oder zwei Singstimmen mit Klavier-
( "* * y y y 1 • c ^"' r ' q ' n a ' ^ ro m
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
me musik v, it/
bqflettmg entblh* bi dm earner dm oriytttalBaviefbegleltsten Gestagen
atjbeittuigftii euligeAOmmen wordm stud, bei dmm die KtavierbegteJtttey mn BerUfc* mUn(I
herribxtt swar wr VetvottsttadJgttng *« Qosf mt s jM fi fo *otirend% «tr f Air Qp aft-
gmictik$& wmtyor Benteffcenewartei wd emdrftBfcHch Hemftuhebeada* bicfst im 4tjp
meiftm seiner Vorgftftger* Vm dm rtf CWreu md ahbm KonHPetn Iftg Sojoadoawfii
dfirften der ,GeUtHcbe Gcaaog* im den »lrisehen JU«todlea* t OptaeSm tod mi »TOaffa*
mid die HufOtehe Ballade *3arah fan Bade* (op, 11) die beacht ens w artoeiw md kflset*
lertoh mrtveUatan sefe* Untbfeacbrliifctei Lob verdleet meh bei dieaem Bande fl«
SoqJUt ud GewIseenhaJtifkeft der Hefiftsgeber <Cb. Mel her be wd F, Welagertnef),
deagfrfchen die von Bam Klingeafeld beaorgte deufscbe Obo ra e tmw g der Tort*
JUdelf Louie
72. Max Jentaeli: Vlerselm Liede r lltr eine Sfngpttmme mil Mavierb agioltuj ig,
Vetfeg: Otto Jtiun, Leipzig.
Dteee Gestnge aind fast darcbweg auf desaefben etwas mdaacfeeHsdi vemritmae-
fliwea Ten goetimmt 8le haben Us ntf swei ela nttigea, melet laogsamee Temper
rteuo We mf swei tefl* recht nmlaagrefcke Vor- and NachepMe geveifteain* Nach der
nansikaHsch techntscben Seite bin seigt rich der Eompontet ate ein mit dem mtwendJgm
RBetseug Wohlvemauter* J^ die Geeinge euchcn mf den objektiven BeurteBer mgir
dm Etndtitcfcj die babe def Komponist In besug mf daa HereHsarteftem dm pmSaAm
jfflnfmun gsg fl h altftt dm Beete en sos l refrt Biafge Momeiite gebeo damn eln gtBctdtchea
Zeugnle, Im gmem fedoch feoarat Hn Jentech nlcht tter els fete InstafUcbee Bm-
ptndm Mnam. Urn wrmtaet an setam Gestagen wr iltein die Keratitis der g*
tchfcfcten Yerwapdtmg dor Slngetlmme* eowlo nine loglseh cbaraktefWermde Defctemntloiir
Htefdiifcb tommt ea, dam Stngstttimo md Klavtefcagltoftmft After oebenotoanderiieftottfaed,
aich fegautftti w ftaldoeer rarasanaaactosrei herebwflrdigeiL Wie wealg Keoiittia 4mt
Kontpoafat rai der LetatnmaimifcBtt der Slugetlmjite, Inabeaendefe dm Alrau, aovto
vu etoer abmfmlaam daUamatoriacbeo Pbraatemtf hat, ndgm etafn Bdaptele bo*
▼risen: am Scblosee dm Lfedm »Ntm xe| dabla" macbt erdism and Wr ateh nebm-
aicblJcbe Tort v iurfickgetra(ea* nlcht allein sum Trigcr einer im Tempo ^lmfiam"
dahiaecbleicbenden Melodfe, soDdern verliagt such noch von dem Slnfer die Wort-
pfarasferung M n«r icbnell jurQckgetr^en* In einer Ausdefaounc fiber voile vier Tskte,
Eb ▼firde mir ein beionderes Vercnfifen bereiten^ die Singer and Stngerinnen iu sthlen^
deren Atem dleie Phrase ao bevUtigt, wle der Kompoalst lie gedicht hat, In dem Liede
v Iu der Mondaacbt" scbreibt der Tonsetzer itatt dea aich gans aelbatverstladUch gebeaden
% Takt einen */* Takt vor und verse rrt dadurch die Djchtung in chartkterlaser De*
klamation. Ebenao Uegt der Fill In dem Llede H Tlndelel% das sonst in der Erflndung
eine Rethe hfibseber Einzelhelren mfwcUL Aucb Id dem pSonnenantergaog" 1st der
gmze Schlu$B bflchst nngeschlckt Kuri, ea 1st hst In Jedem Liede veracbiedenes zu
monieren, was bei diesem KeniponlBten am so bedauerlicher 1st, ala er anscbeinend das
K8nnen dazu hst, besseres zu leisten + Mdge Mmc jentsch vor weiterer Heransgtbc von
Liedern m Kunatwerken wle Hugo Volfs p Anakreons Grtb" oder v Auf einer Tandemng"
ttudicren, wie aich Dichtung und Musik id eln em Ginzen zu vcrscbmetzen baben, urn
kfinftig alien Anfordcrungen gerecht zu verden, die die muslkallsche Welt m das
moderne Kunztlied atellen muss. Adolf Gdttmann
73. Josef Krug-Waldeee; Sonste in c-moll ffir Pianoforte, op. 38. Verisg:
Breltkopf & Hftrtel, Leipzig.
Eln wenig wertvolles Werk. Die Tbemen und Gedaakeo — unbedeutend und
physiognomiefos — zleben am Obre vorfiber: niemsnd zulicbe, aicmsnd zuleide. Die
koroposltorltche Arbeit zeugt von Geschlck und Routine, Walter Fischer
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
MOZARTIANA
KUNSTWART (Munchen) 19.Jahrg., No. 8. - Ein Mozartheft! Richard Batka feiert
Mozart nach Wagners Ausspruch als den „Licht- und Liebesgenius der deutscben
Musik*. Man geniesse seine Musik, obne darum die Cuter anderer Meister zu
missachten. „Mozart ist uns in gewissem Sinne nicht nur ein Gegenpol der
neueren Richtung, um uns im kunstlerischen Gleicbgewicbt zu halten; er ist in
vielem Betracht doch wieder auch der Vater der Moderne." — Ausserdem: Stellen
aus „Mozarts Briefen a und „Stimmen uber Mozart".
BERLINER TAGEBLATT 1906, 22. Jan. — Wiliielm Georg verdffentlicht eine Urn-
frage: ,Mozarturteile moderner Musiker". U. a. schreibt Willi Cronberger: „Es
heisst: In der Religion: Jesus Christus, in der Musik: Mozart, in der Dicbtkunst:
Goethe". — Interessantes bringt der Aufsatz von Camille Mauclair: „Mozart im
Urteil des jungen Frankreich". Durch Wagnerismus ist Mozart lange Zeit vergessen
gewesen. Erst nach Eintritt einer ausgleichenden Reaktion bat auch er wieder all-
gemeine Bewunderung hervorgerufen. Seine symphonischen Schdpfungen stehen
in weit hdherer Gunst als die Opera. So bleibt der „Don Juan" fur den grdsseren
Teil des Publikums ein „Ratsel*. „Es entdeckt darin nicht die geringste Tragik und
ist im h&chsten Grade uberrascht, dass Mozart sich in dieser Form musikalischer
Dichtung versucht. . . . Mozart erscbeint uns Franzosen als der Meister des Neo-
klassizismus." — Egon von Komorzynski: „,Die Zauberflote 4 und die iltere
Wiener Zauberoper*. Verfasser fuhrt aus, wie „der Text der ^Zauberflote* ein
Machwerk, die Konzentration alles dessen, was das Publikum fesseln konnte", durch
das Genie Mozarts zum „Kunstwerk" erhoben worden ist.
NEUE BADISCHE LANDESZEITUNG (Mannheim) 1906, 17. Jan. - „0ber Mozarts
Kunst," zur Mozartfeier des Bachvereins zu Heidelberg, berichtet Philipp Wolf rum.
Zu der bevorstehenden Feier hat der Verein „eine Reihe von weniger oder nicht
bekannten Partituren hervorgeholt, um sie lebendig zu machen*.
BRESLAUER ZEITUNG 1906, 23. Jan. — w Wie sah Mozart aus?" In lebensvoller
Skizze bescbreibt der mit C. K. unterzeichnete Autor Mozarts ftussere Erscheinung.
Der sonst bescheidene, gGtige Mensch wurde oft tief verletzt, wenn man .wegen seines
nucbternen gleicbgultigen Aussehens ihn nicht genugend beachtete. Der leicht
versdhnte Mann konnte unerbittlich werden, wenn jemand uber seine Gestalt und
seine Zuge sich absprechend ftusserte."
NEUE MUSIK-ZEITUNG (Stuttgart) 27. Jahrg., No. 8. — Aus der Reichhaltigkeit der
interessierenden „ersten Mozartnummer" seien folgende AufsStze erwSbnt: Friedrich
Kerst: „Aus Mozarts Leben". — Karl Grunsky: ^Mozarts Kirchenmusik". —
Richard Batka: „Mozart und wir". — Karl Reinecke: „Die Mozartschen Klavier-
pbantasieen". — E. v. Komorzynski: „Mozartlandschaften a .
SCHWEIZERISCHE MUSIKZEITUNG UND SANGERBLATT (Zurich) 1906,
No. 3. — Karl Nef veidffentlicht zum Mozartjubiiaum den lesenswerten Aufsatz:
„Mozart in Zurich und Mozart als Komponist volkstumlicher Chorlieder". Originell
( "* * y y y 1 • ^ r ' q ' n a ' ^ ro m
Uicj:i,<cy :)y ^ rUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
daft
DIB MUHK V. 11.
lit die modorgaba elaer Anxeige, »wia eta Konzert daa ▼tmdertniaban Motwl
aagafcBndlgt warda", (Frank! »- M., 30. Aug. 1783.)
LB COURRIER MUSICAL (Pari*) 1906, No. 2-- Ana daa nosh vorarBfeodfcfetca
Ruche von Camilla Belialgae: *Motart" wtod eta Aottati abgadroett: JUtanm
at le genial »Dana l'lmmenie dontafne dee aoaa, U n*jr * peei*lwi rian d© pin*
dftlicjeux i roreflle qtf tine phnee da Mozart , , , La comprendre art ue Joie at
tfeet one voloptf de Pentendre*. — Sebr lniereaa«nt let dar ArfkeJ von Chariea
MaLherbe: JHoiart et la catalogue da aea mum**, dar auth fiber dan Verbletb
dar Mozsrteeben Autograpben bertehtet, — Ferner: Haniy Ganthier-Villnre*
»A propoa da la »Fiate Enchantee"*.
NEUE FREIE PRESSE (Wien) 1908, 21. Jan. - In etaam mlt ▼, ttntarrdeineteii
Artikel .Mozart* irtrd daranf UngewleaeA, wte bedanerlJch aa ad* Mazait nidit
mate »lm Mlttalpoufct dee Bflbfitikben Mtiafklebane* an aafcen, Ibn nioht mebr ala
da „ftetiadllcheit» tbatill gefwwlrtigaii Hatugeiat dar detttechen Fejallle* an
^ fludan, — Ofaar .Die Bedentuni Manila fftr dia Geaangpknnet* Inaaart zteh Pedro
GeUhard, Dfrakfar dar Groeaen Opar in Parto, v Tar Mozart eftngan kaon, deal
btetat Vaguer kaine echTere Anrgabc Wer Jcdocb tn VafnarriUen (Hut, feat
twrth lange nldrt daa Zevg ram Muartfnger.* — Bdvaid Grieg; JHhmrt vnd aalme
Badaotttng Br dla mnefkaUeebe Gegenmrt** ^Ibr nenen Maiatar, varum ouch
mlt dfaaar loeaemi VOrda pemern? Dte ifcktet doeb nlchte I6r ewe Kooat ana,
fan Gcgetttetl, ala tftet nvr dia wabre ttenacfeltclikaJ^ vaMba ancb «r da Ktmat
daa wahre Salt let* — Ancli R. La an oar alia nsd Pfetro Maacagnl tneaern alch
ar Mezartfeier,
DER TAG (Berlin) iG06> aa Jan* — »SSnm Mozartfeete* von Heforfah Welti, Vai^
taster fflhrt ana* wla »daa Weeen dar Mozartsehen Mnatk arit dee Kfinadata
BHUmftagen eefcr varacbleden er faaet, cakamuaUhnat and gadantat vordea eel*.
BERLINER bORSEN-COURIER 1908^ 27. Jan. - L. Siagfriad vcrfiffentlkht In dam
ArtikeL: H Neties Qbar Mozart* ein bUhcr unbakanntas Dokumantt daa inraraaianta
Aubalchnnogan fibar Mozart entbilt „Ea lit dlaa dar Anfaatz elnaa VIener
Dlchtara^ daa damali vlelgaleaaaan Halnricb R, von Levhachnigg^ wekbar En
dam Muienalmanacb t Orpbaui' lm Jahre 1822, alaa 31 Jabra nach dam Tode
Mosartt^ arachlan*" Dar Dkbtar bazlebt slcfa daita unter Nimenanannnng auf zwei
ihm bafraundeta PeraSallcbkeitan, # walcba In Innigcm pareSnllcben Verkabr mit
Mozan geatandan baben*.
MUSIKAL1SCHES WOCHENBLATT (Laipzig) 1906, No. 4. — Wllb, K lee re Id
tcbrelbt unter dam Tltel v Mo»rt und dia mutikalltcban Frauen* fiber daa Llabas-
laban Mozarti, Nlcbt H dar luiaera Rciz war as, dar ibn lockte, tondani in arater
Llnle die k&naderiBcba Tellnahme, die roaaikaJIscbe Anragung, die von den ihm
nabaatabanden Franco maglng*. — Ferner: .Zwel Scbarzkanona von T, A. Moian*
(mit einem FakainiHe), mftgateilt von C* K*
K6N1GSBERGER HARTUNGSCHE ZEITUNG 1906, 2L Jan. - w Mozart" von
Max Oembskf. — In dam Aufsatz „Mozart und die Kunst des Rokoko"
■cbreibr Pkal Landau u. *.: v Dar achwebende Duft Watteauacher Farbcn, die
allbrlg schfmmernda Harmonic Belner TGne kehrt wleder In dem laise vibriercnden,
gedlmpften Klang dea Mozartacban Orchesters, t , , Auch die Gefuble der Sing*
atimme luaaern alch bel alkr Elnfachbeit In elner so gluhenden LcidenschiftlichkeJt,
ainer ao berauacbenden Fulle, wie nie zuvor. Daa, was die Anflnge daa Rokoko
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
339
REVUE DER REVUEEN
erstrebten, die voile Unmittelbarkeit des Gefuhlstons, das ist bier erreicht.** — Willy
Widmann: „Denkwurdige Mozartauffuhrungen in Konigsberg**.
THEATER-COURIER (Berlin) 1906, 26. Jan. — w Aus Mozarts Leben, rt biographisctae
Skizze von A. Gg. — Kurt Baiseler: „Die Frauen im Leben Mozarts**. Julius
Urgiss: „Mozart uber die Oper tt .
ILLUSTRIERTE ZEITUNG (Leipzig) 1906, No. 326S. — Eine reich illustrierte,
wiirdige Nummer zum Mozartjubilaum. — Arthur Smolians Gedenkworte:
B Wolfgang Amade Mozart** bieten dem Leser „Mozarts Leben in Bildern" dar, das
„anschauliche Befreundung auch mit dem Menschen Mozart, mit seinen An-
gehorigen, mit seiner Umwelt und mit einzelnen Verberrlichungen des Meisters in
Malerei und Plastik ermoglichen soil**. — A. von Winterfeld erzahlt, „Wie Mozarts
,Don Juan* entstand**.
FRANKFURTER ZEITUNG 1906, No. 20, 22,25-27. — Hermann Gehrmann ver-
offentlicht einen anregenden Aufsatz: „ Wolfgang Amadeus Mozart**. Verfasser
wurdigt die rein menschlichen Eigenschaften Mozarts, sein „ehrlich-offenes, gut-
mutiges und beiteres Naturell, sein Bedurfnis zu lieben und geliebt zu werden,
seinen ausgeprSgten Sinn fur Freundscbaft**, und bespricht sein Schaffen auf dem
Gebiete der Instrumentalmusik und der dramatischen Musik. — Egon von Komor-
zynski behandelt unter dem Titel: „Zauberflote** und „Oberon** die Entstehungs-
geschichte des „Zauberfldten**-Textes. — Edgar Istel: w Im Zeicben Mozarts**. Ver-
fasser spricht u. a. den Wunsch aus, dass die Gedenkfeier fur den Meister, „dessen
lichte und klare Kunst, dessen lautere, reine Personlicbkeit einzig geeignet sind,
unsere Zeit, die sich einem leeren, hohlen Geprange zu ergeben Gefahr lSuft,
zum Bewusstsein ihrer selbst zu fuhren**. — Originell ist ein von C. M. publizierter,
unbekannter Brief Mozarts an die Baronin von Waldstadten. — Richard Beer-
Hofmann: „Gedenkrede auf Wolfgang Amade Mozart. 4 * — Alfred Borckel bespricht
w Mozarts Beziehungen zu Mainz und seinem Kunstleben.** — Josef Rutzinger: „Aus
der Mozartstadt**. Verfasser befurwortet den baldigen Bau eines wurdigen Mozart-
hauses, in dem vor allem die kostbaren Mozartreliquien eine sichere Aufnahme
finden.
LEIPZIGER ZEITUNG (Wissenschaftl. Beilage) 1906, 27. Jan. — „Zu Wolfgang Amade
Mozarts 150. Geburtstag** von Arthur Smolian. Verfasser bezeichnet ihn nach
Deutung des Begriffes „griechischer Geist** als w Hellenen unter den deutschen Ton-
dichtern." . . . „Der philosophierenden oder dramatisierenden Musik des 19. Jahr-
hunderts steht Mozarts naiv-vorstellungsfreudige und bei tiefem Gemutsbeseeltsein
durchaus formenschwelgerische Kunst als letzte und vollkommenste reinappollinische
Musik gegenuber.**
THEATER-ANZEIGER (Munchen) 1906, No. 5. — Ein Stirnartikel: ^Wolfgang Amadeus
Mozart** zum 150. Geburtstage.
DIE GEGEN>y/ART (Berlin) 1906, No. 4. - „Wolfgang Amadeus Mozart" von Adolf
Heilborn. Verfasser kniipft in seinem Gedenkaufsatz an Morikes Meister-
novelle an.
NEUE FREIE PRESSE (Wien) 1906, 21., 27., 28. Jan. — Ein beachtenswerter Beitrag
zur Mozartfeier ist Julius Korngolds Aufsatz: ^Wolfgang Amadeus Mozart**. „Bach
ist eine Uberzeugung, Beethoven eine Religion, Mozart ist die Liebe.** In lebens-
voller Art schildert Verfasser den w immer heiteren, leichtlebigen, graziosen Mozart,
den Mozart tSndelnder Rokokomusik* 4 , der w in der Welt lebte 4 *. . . . Mehr als je stehen
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DIB MUSIK V, It
Moiwt ttod Vsfner fronts gtrabftneffliflder** Bbf interessanter Bitttnnppatt
iwlsoben belden 1st die PWft Dtwr ,tmbodiott«n Orittatttit: n koine* ran baHon
knflpft oich eftie lebensflQrifcB Scheie u 1 , — Rtcbsrd Straus* Ineeoft rich spin
MoxartJtibUlttm il a*: *lfm Mosul* Kttnef is proton, dwelt geMrtdl* btoreissoede
Beredsunkeft ofnoo Ricbard Ttcner odot dm d'Aaniutiio* Icgi star taum metoe
tnnorrtsn Empfindunien nor in Noten, ttlcfct In Wtaten nosspndiea,* ■— BtmWm
Hnbormonn sebreibt Bber »MoMrt ill /Vnndoiilnd 1 *.
HAMBURGER NACHRICHTEN igofl^ 9k Jan. — v Eta MoxartevaagdUst* botfWh
tlA rfn Antatt Ftettfnond Pfahls, in d*m or in dent fiturite Sdren Kiorfco-
l*srd*s: *Entwrder — Odor* tntsrfaalorendt Mitteiltragen sas dem .Dm Joon-
K*$iMfc* de* finches sastiht In faraiftfnr Beriebunf tu dem Mo UW w or fc Mozart*
uafeend* verk&ndot «t da* Ew&mm Mount. »D*s* es tl» Don Jnao-Kommootar
kautn tohiesgletcbea fast, sttht feet*
NEUES TAGBLATf UNO GENERALANZEIGER FOR STUtTGART 1906,
2& Jan. — Alexander filoenmann bescbrellp *Mowt in oehion Bri**ra # t tortor
Anl&brong efafger Zttate-
BAD1SCHES MUSEUM 1«M> No. a - Aug, Scbenermanm „Mozert nsd Mano-
helm". Verfiiseer bespftobt die Ajttetlntbmt Mozart* bel setaem iettveUifea
AoteniftOlte In Mmnhriw 0f dan dorttge Ktmsttoben*
E13LEBENER TAGEBLATT we, 36, J a — ,Volfrnf Amadetu Mown- ran
C Horde**
MflNCHNER NEUESTE NACHRICHTEN 190* 23^25. Z7. Jan, - Felix MottI
flber Munrt; * £r 1st 4s Moaiksr to mfrerseU vie Goetii* *I* Vettveloefl Vofaln
Gumbo dmtik seine VMibeft geteiift 1st (let eprecbe nJcbt von dem Dictator, oon-
dotn tod dem Donfeor Goetbe), dabfn 1st Mostrt dttrob setae gdtflicbo ,Gnwoitliett*
gedrtinfso. Hr «sr sozmfen die Mnstk oslbttl* — Qatar Mer* vflrdfft in setoem
Artikek »Zn Mozsrts ISO. Geburtstsge* des Meister* Bedevtung sis Drsmatlkor* —
Rudolf Louis scbrelbt ,Zu Mozsrts ISO. Gebunstag* flbor „Mozart sis Instra-
mentalkoroponlsi*. — .Zur Gescblchte der MozanauffBfarungen la Bsyern" von
W. Tldmsnn,
MAGDEBURG1SCHE ZEITUNG 1906, 26\ Jsn. - ^Moisrt und die Klsssiker* Inutet
ein mft P. L. unterzelcbneter Aufsitz. Verfasser bebsndek dirin boaonders Goethes
Stellung xu Mozsrt, .der zuerst else reine TQrdlping seines Genles fsb*,
BERLINER LOKAL-ANZEIGER 1906^27. Jsn.- Ferrncdo Bu son I iusaert sicb iur
Moisrtfsler In Apborismen. s Er lit bisher die vollkommenste Erscbcinung musi-
kaliscber Begsbung,* , . * w Er ksnn sebr vleles ssgen, sber er sagt nie tu rleL* . . .
„Seln Genfit 1st nkbt rein sus UEkenotofs,* U. a, m.
GERMANIA (Berlin) 1906\ Z& J«n. - .Moisrt sis Vlrtuose* > efn Artikel, Id dem
besonders Moxarts Melsterscbah sis Klarierspieler gewflrdigt wird.
TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin) 1906, 26, Jan. — Tllbelm KleeTeld scbrelbt
Sber »Moisn alt Kritiker** .Die Ucbenswurdige UmgsDgssrt Mozsrts brmcbte es
mlt slcb, dass er selten von vombereln tadelnd oder gar abweisend bervonrsL* * . *
.Unerbltrljcb 1st der Krltlker Moiart auf der anderen Sette gegen die Selbstfiber-
bebung der Mittelmlsaigkelt." — Tilly Pastor: .Mozart". Ein lesenswerter Auf-
srnti, der sicb im wcxcmltchen mil der .muaikatischen Macbt, die Moiirt hetsflt",
bcachlfrlgt, und das Neue andeutct, v dss durcb diese Macbt Id die Musikgescfalchte
bineingekororoeo 1st*.
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341
REVUE DER REVUEEN
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 20., 26. Jan. - „ Wolfgang Amadeus Mozart*, eine
kurze Betrachtung seiner menschlichen Eigenschaften von Franz von Hen nig. —
Beacbtenswert ist der Artikel: „Mozart als Freimaurer" mit A. M. unterzeichnet.
„Hatte Mozart als Mensch vieles fur sein kurzes, aber ausserordentlich inbalt-
reicbes Leben von der Freimaurerei empfangen, so gab er dafiir als Musiker, viel-
fach zu freimaurerischen Kompositionen angeregt, reiche ScbStze seines schier
unerschopflichen Genies."
HAMBURGER FREMDENBLATT 1906, 28. Jan. - W. Widmann berichtet uber
„Denkwurdige Mozartauffuhrungen in Hamburg", das sich ruhmen darf, w den
Mozartopern gleich bei ihrer ersten Einkehr Verstandnis und Liebe entgegen-
gebracbt zu haben".
PRAGER TAGBLATT 1906, 27. Jan. — Rudolf Freiherr ProchSzka: w Mozart in
Prag a . — Ritter von Bel sky: „Der Prager Mozartverein".
DANZIGER NEUESTE NACHRICHTEN 1906, 27. Jan. - J. Haydn beschreibt
in anmutiger Weise „Mozarts Jugendfreundinnen und erste Liebe".
RHEINISCHER KURIER (Wiesbaden) Beilage, 1906 No. 46. — Paul Ehlers scbreibt
„Zu Mozarts 150. Geburtstag" uber das „Geistreiche" in seiner Musik, die dadurch
„vorm Gemeinwerden" geschutzt werde. . . . „Mozart war als Komponist vollendeter
Aristokrat." — Franz Wilke: „ Mozart und die Grossen". Verfasser schildert
Mozarts Beziehungen zu den Hofen Europas.
NEUES WIENER TAGBLATT 1906, 27.Jan.- Max Kalbeck weist in seinem Aufsatz
„Mozart w auf die „kosmopolitische Bedeutung" seiner w vaterl2ndiscben Kunst" hin.
Wir sollen „eingedenk bleiben, dass Mozart seine Universality fremden Vdlkern so
gut wie dem eigenen zu verdanken bat".
KOLNISCHE ZEITUNG 1906, 27. Jan. — Hans Pfeilschmidt berichtet uber den
„Text der KoJner Erstauffuhrung des ,Don Juan'". Verfasser erwahnt die ersten
„Verdolmetscher" des Textes: „Schmieder" und „Gottlob Neete" und gibt zur
Illustrierung ihrer Leistungen einige amusante Versproben.
KLEINE PRESSE (Frankfurt a. M.) 1906, 21. Jan. — Ein mit S. unterzeichneter,
illustrierter Aufsatz: „Wolfgang Amadeus Mozart", zum 150. Geburtstag des Meisters.
BOHEMIA (Prag) 1906, 27. Jan. — Felix Adler schreibt uber „Mozart". Verfasser
warnt vor einem ubermSssigen Mozartkultus und einem „Mozart-Bayreuth und
-Tempel", da es nichts Widersprechenderes gabe, als „Mozart und die Tempel-
kunst". — Mozarts „Parsifal" sei die „Zauberflote". „Man klage nicht mehr uber
das ,uns!nnige' Buch Schikaneders. Es ist im kleinen Finger musikalischer als
der ganze Parsifal." [!] Beweis dafiir: „Was Mozart daraus gemacht hat."
PUBLIKATIONEN DER KONIGLICHEN AKADEMIE DER KUNSTE (Berlin)
1906, 27. Jan. — Carl Krebs: „Mozart". Verfasser fuhrt darin aus, welche Stellung
Mozart in seiner Zeit als Kunstler eingenommen hat und in welchem Gegensatz
er zur Gegenwart steht.
BERLINER BORSEN-COURIER 1906, 28. Jan. - A. Kohut behandelt „Mozarts
Humor". Verfasser fuhrt einige Stellen aus Briefen Mozarts an, die in alien
Lebenslagen neben „Ernst und Wurde" einen „erfrischenden Humor" zeigen.
LEIPZIGER TAGEBLATT 1906, 26. Jan. — Eugen Segnitz bespricht in seinem
Artikel: „ Wolfgang Amadeus Mozart" Mozarts ausgesprochene Richtung auf das
„Schone, auf das Gleichgewicht von Natur- und Kunstbewusstsein und edle Sinnlich-
keit", die ihn vor allem im „Weltlichen seinen eigentlichen Wirkungskreis" flnden
V. 11. 23
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NATIONALZEITUNG <Be*We) MO* 21. Jan. — Uater dem Ttol:
wdlea* vertSrotlicht Mu DemfaiM eta Qedenttriatt » Moiarta ISfc <
DEUTSCHE WARTB (Berlin) 1906, 21, Jan. — J. Anthony vttnUjt „Mettrt eta
Menocfe*.
MEOE MUSIKALISCHE PRESSE 19ffl> Mo, a - Anton Krtimiry: „Un**if*
BHntote Betraobtnnfoit* m Moftrtftfef** Verfaater betiegt die geringe ZiM demr,
die Mctaara Knnet in Ikmr *TotaHtH and Uirtwtalitit *a totee rtretofeta". - - .
Kenin efne unaenr bperibHinen vemeg efaten »Mm*ittyH&a nnaterftltig
msufthres*, * + . ,Vfr haben kelnf Mwart-SInger, feeiM Monrt-DirmOer.* —
AftWo Veeellt wbwtbt flfcer das Tbtm*: »Der Meneelt Motttt and «obw Munfk**
»lra Bagfitefl doe taelgjan Znaemmonbengoo awtecben ^enacfallcfa* nod ^ntlfcollMih*
ttegt vieHetebt die Tradition dor Zttktmft, die Tradition, die vergtngeae Grttem
ew% Jung trtaUt* — Pernor Max Vanese; .Don Juan odor Hon Ghmnml?** —
fttti L≱ »Matert ttnd die Gewtgektmet** — Kert Horvlti; »Mofvt ale
Hnmorief.
HAMBURGER N ACHRICHTEN 1906, 28. Jon. — *Votfgang A*r Dwtoch*« to
Friedneb Kent. — Verfeseer eobUdeit die Sdurlerigkeiiea itnd Getakren* die eo
In Jener tauten, often Zelt* fowde Moiert w aehra nraqbten, dratoch to emptedea.
DEUTSCHE ZEITUNG (Berlin) 1906, A Jan. — Ei wild elne Usaffefe miter den
KenjHgrGtten aller Under veriifltotitobft »Mowt tm UrteU dor Muikeeit tou
hetrte*. — Detfe* roe Lillencron ttgtt jJUttt {odor Menrticlte Mnalfc mr Sefte,
ween *r ilo beben wolltll Be ktmen viol venlger achwere and schwam Stttnden
vor im Leben dot eintelneo."
DEUTSCHE WACHT (Dreaden) 1906, 27. Jan. — F. A. GeUsler: n Zut Mozart-
feier** Verhater warnt, Mozart niche gegen die moderns Kunat attuuipteloo, da
er fBr iclne Zelt eln tt gewaltiger Stunner uad Neaerer" gewesen aet.
DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN 1906, 21. Jan. - „Zur Mozan-Woche"
voo Ludwlg Hart man a, — „Mlt bibllograpblicben Auagrabungen iat ei nfcht
getmn — vlr mfiaten iu der Lebendlgen Erkenntnla dot Wesens Mozans gelangen. k
HALLESCHE ZEITUNG 1906, 27. Jan. - „Zum Mozart -Tage- von Egon von
KomerzynskL — ^Mozarta knnatleHachea Schaffen iat zuelcbat gekennzelcbnot
dDTch elne wibrbaft elnzig dastebende Universal) tit*
WEEKBLAD VOOR MUZIEK (Amaterdam) 1906, No* 5. — .Mozart-, door H-N,
B Magt de warmte waarmede boorden bet bun aangebodene ontvangen bem zeggen
dat bij op dezen Teg veiJIg voon kae gaaol"
STAATSBORGER-ZEITUNG (Berlin) 1906, 25. Jan. — .Die Knnat Moiarta und
unaere Zeii* von D. K. B* — Die beutige ,acbwicblicbe Opernproduktion 4 wird
mit dem Peblen guter Operabucher eatichuldigt* Ein GegenbeweLi iat die p Zauber-
flfite*, . . + Daa weaemllcbste Bindeglivd »zwiscben una und Moiarta Kunst bestebt
in dem bocbentwickelten Stilgefuhl, daa unaere Kuntr aicb aur alleo Gebieten der
KunBt iu eigen gemicht h»t*.
Dn die a Rtvuc der Rcvuccn* f«it \n der RcdiktlaD bctrfacltet wlrd, kdnncn nur dEtjenlgen ZtNsetarlFten bcrtict-
ilchtlct vcrdfijtj dit d*r Rcdtktian von dnn Vcrlefera refclmKajl^ lugHtndi werden
^ j Original from
■-. ^ ^H> tS K UNIVERSITY OF MICHIGAN
NEUE OPERN
Theobald Kretschmann: w Die Brautschau", eine komische Oper in zwei
Akten, hat bei ihrer Erstauffiihrung am Salzburger Stadttheater freundliche
Aufnabme gefunden.
Oskar Malata: „ Dornroschen", eine einaktige Oper des ersten Kapellmeisters
am Elberfelder Stadttheater, wurde von der Theaterleitung zur Auffuhrung
angenommen.
Enrico Morera: „Emporium a , eine neue Oper des katalonischen Komponisten,
erlebte im „Teatro del Liceo" in Barcelona ihre Premiere.
Felipe Pedrell: „La Matinada" wurde im „Teatro Principal" in Barcelona auf*
gefuhrt.
Spiro Samara: „La Biondinetta", eine dreiaktige Oper von Paul Mill iet,
wurde vom Herzogl. Hoftheater in Gotha zur Erstauffuhrung erworben, die
Anfang April stattfinden soil.
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Berlin: Als nachste Novitat der „Komischen Oper a ist „Die schwarze Nina"
von Alfred Kaiser in Aussicht genommen.
Mfinchen: Fur die Festspiele im Prinzregenten-Theater 1906 sind folgende
Kunstler verpflichtet worden: die Damen: Thila Plaichinger (Berlin),
Ernestine Schumann-He ink (New York), Ernesta D el sarta (Dessau), Sophie
David (Koln), Zdenka Fassbender, Berta Morena, Hermine Bosetti,
Irma Koboth, Margarete Preusse-Matzenauer, Charlotte Huhn, Marie
Burk-Berger, Gisela Gehrer, Ella Tordek, Betty Koch, Viktoria Blank
(Munchen), die Herren Anton van Rooy (New York), Ernst Kraus (Berlin),
Karl Burrian (Dresden), Otto Briesemeister (Berlin), Albert Reiss
(London), Heinrich Knote, Fritz Fein h als, Raoul Walter, Desider Zador,
Alfred Bauberger, Paul Bender, Max Gillmann, Fritz Brodersen,
Joseph Geis, Adalbert Holzapfel, Michael Reiter, Seb. Hofmuller,
Hans Koppe, Reimar Poppe, Georg Sieglitz (Munchen); das verstarkte
Kdnigl. Hoforchester. Musikalische Leitung: Felix Mottl, Franz Fischer.
Leiter der Auffuhrungen: Oberregisseur Fuchs, Regisseur Wirk, Dr. Walter.
Dekorationen, Maschinerie und Beleuchtung: Julius Klein. Kostume: Maler
Hermann Buschbeck.
Novara: w Die Seele des Geldes", eine neue Oper von Antonio Castracane,
soil im Corso-Theater ihre Urauffuhrung erleben.
KONZERTE
Brooklyn (U. S. A.): Die neue Musikakademie wird zum nMchsten Herbst
fertig und kostet 1200000 $.
Neuenburg: Fur das im Mai stattflndende siebente Schweizerische Ton-
kunstler fest wurden vorlSufig folgende Orchester- und Chorwerke zur
23»
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i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
344
DIE MUSIK V. 11.
Auffuhrung angenommen: Symphonie in F-dur von Peter Fassbinder
(Luzern), „01ympischer Fruhling", symphonische Tondichtung von Walter
Courvoisier (Basel), Konzert fur Violoncello von Emanuel Moor (Lau-
sanne), Violinkonzert von Joseph Lauber (Genf), Psalm fur gemischten
Chor und Orchester von Otto Barb Ian (Genf), w Mortuus pro nobis* fur
Cbor, Solo und Orchester von Paul Brenner (Bern), „Moisson" fur Solo-
Quartett, gemischten Chor und Orgel von Edouard Combe (Lausanne),
„Deux Noels" fur Frauenchor und Orchester von Jacques Ehrhart (Muhl-
hausen), „Die Quelle" fur gemischten Chor, Tenorsolo und Orchester von
Ernst Isler (Zurich), „Das letzte Lied" fur Chor und Orchester von Karl
Vogler (Baden).
Paris: Felix Weingartner wird an der Spitze eines Musikfestes stehen, das
Ende April im Saale der Grossen Oper stattflndet. Das Program m dieser
Veranstaltung ist noch nicht endgiltig bestimmt, es steht aber bereits fest,
dass Weingartner wieder 'mebrere Beetbovensche Symphonieen dirigieren
wird, darunter die Neunte, und dass die ersten Gesangskunstler Frankreichs
und auch einige deutsche Krifte mitwirken werden.
Richmond (U. S. A.): Das grosse Musi kf est flndet vom 30. April bis zum
2. Mai statt.
Sondershausen: Das dreiteilige weltliche Oratorium „Benina" von H.Schone,
Dichtung von M. Boltz, ist vom Cacilien-Verein hier zur Urauffuhrung
angenommen worden. Der Text behandelt eine litauische Sage.
Springfield (U. S. A.): Im Mai flndet ein dreitSgiges Musikfest statt, unter
Leitung von John J. Bishop. Bei dieser Gelegenheit wird zum ersten Male
Berlioz' „Faust" aufgefuhrt werden.
TAGESCHRONIK
Der dritte Musikpadagogische Kongress tagt unter dem Vorsitz Prof.
Xaver Scharwenka's vom 9.— 11. April d. J. zu Berlin. Die Sitzungen flnden im
Reichstagsgeb&ude vormittags 10 Uhr und nacbmittags 4 Uhr statt. Auf der Tages-
ordnung stehen: 1. Tag: Referate des Vorstandes und der Kommissionen, all-
gemeine musikpHdagogiscbe Fragen, ReformvorschlSge mit anschliessenden Dis-
kussionen usw. 2. Tag: Zwei VortrSge fiber das Thema: „Die Musik in ihrer
kulturellen Bedeutung" a) in der Vergangenheit, b) in der Gegenwart, mit an-
schliessender Diskussion. 3. Tag: „Die Reform auf dem Gebiete des Schulgesanges."
Referat der Kommissionen, Petition und Begrundung, ferner eine Reihe VortrSge
auf speziellem Gebiete mit Vorfuhrung von Lehrmitteln. Die Nachmittage sind zu
Kommissionssitzungen bestimmt, in denen die noch schwebenden Fragen bezuglich
einer einheitlichen Ausgestaltung der Seminare, der Ausbildung durch Privatlehrer,
der Prufungen und Zeugnisse zur Beratung kommen. Anmeldungen zur Teilnahme
am Kongress werden schon jetzt entgegengenommen; sie sind an die Gesch&fts-
stelle des Musikp&dagogischen Verbandes, Berlin W. 50, Ansbacherstrasse 37, zu
richten; die genaue Tagesordnung und die Teilnehmerkarten kommen Mitte Marz
zum Versand.
Musik fa chausstellung. Fur die im Mai in Berlin stattfindende Musik-
fachausstellung sind zwei interessante Apparate angemeldet worden. Der „Kro-
marograph", nach seinem Erfinder Laurenz Kromar in Wien benannt, ist ein
automatiscber Notenschreibapparat, der Improvisationen und Phantasieen auf dem
Klavier Oder Harmonium sofort zu Papier bringt. Der andere Apparat, H. Schrdders
Uicj:i,<cy :)y ^ fUi^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
^4
345
UMSCHAU
^Vibrator", dient zur VerstSrkung von Unter- und Kombinationstonen auf Streich-
instrumenten.
Im Jahre 1904 hat der deutsche Musikalienhandel veroffentlicht:
Instrumentalmusik 7105 Werke, Gesangsmusik 5018 Werke, Schriften usw. 445 Werke;
zusammen 12568. Auf den Tag entfallen also etwa 34 Veroffentlichungen!
Der Wiener Schubertbund hat, im Verein mit einem aus Burgern des
IX. Bezirks in Wien gebildeten Komitee, die Errichtung eines Schubertbrunnens
beschlossen, zur Erinnerung daran, dass der Meister des Liedes im Jahre 1797 in
Lichtenthal geboren wurde und hier seine Jugendzeit verlebte. Die Ausfuhrung des
Denkmals wurde dem Bildhauer Josef Bayer ubertragen.
Die Mozartverehrer in St. Gilgen am Abersee gedenken an dem Geburtshause
der Mutter Mozarts einen wurdigen Gedenkstein zu errichten, und laden alle
Mozartverehrer ein, durch Einsendung eines Scherfleins, durch Veranstaltung von
Konzerten, deren Reinertragnisse diesem Zwecke zufliessen sollen, sich an dem
Werke zu beteiligen. Beitrage werden erbeten an Herrn k. k. Bezirksrichter
Dr. Anton Matzig, in St. Gilgen am Abersee, Salzburg.
Im Februar fand die feierliche Enthiillung des Glinka-Denkmals in Peters-
burg statt, das auf dem Theaterplatz zwischen dem Konservatorium und der National-
oper seine Aufstellung gefunden hat.
E. N. von Reznicek ist zum Leiter des Philharmonischen Orchesters in
Warschau gewahlt worden. Er wird abwechselnd mit dem bisherigen Dirigenten
Noskowski seines Amtes walten.
In Nurnberg hat sich ein neues Streichquartett gebildet, das aus folgenden
Herren besteht: Karl Beermann (1. Violine), Hermann Diess (2. Violine), A.Weick-
mann (Viola) und Georg Rau (Violoncello).
Alexander Glazounow wurde von den Professoren und Studierenden des
kaiserlichen Konservatoriums einstimmig zum Direktor gewShlt. Das Konservatorium
hat die gewunschte Autonomic erhalten, und die ausgetretenen Professoren werden
in nachster Zeit wieder ihre TStigkeit beginnen.
Das Konservatorium in Konigsberg i. Pr. feiert Ende MSrz sein 25ja , hriges
Jubilium.
Am 1. Januar beging Kammermusiker Hans Neubert in Munchen sein
25ja"hriges Dienstjubilaum.
Pater Hartmann von der Lan-Hochbrunn wurde von der theologischen
Fakultat der Universitat Wurzburg wegen seiner Verdienste um die Kirchenmusik
zum Dr. theol. honoris causa ernannt.
Hofopernsingerin Irma Koboth in Munchen erhielt vom Prinzregenten den
Titel Kammersangerin.
TOTENSCHAU
Am 27. Januar f in Zurich Redakteur Wilhelm Niedermann, langjihriger
Mitarbeiter der „Musik a .
In Nizza f im Alter von 71 Jahren der Violoncellist Antoine Oudshoorn,
der uber 20 Jahre dem Orchester in Monte Carlo und Aix-les-Bains angehdrte.
59 Jahre alt f in Prag der Komponist Josef Paukner.
In Coburg f der langjfihrige Intendant des Herzoglichen Hoftheaters unter
Herzog Ernst II., Geheimrat Gustav Adolf Becker.
Am 3. Februar + in Wien Ludwig Speidel, langjihriger Kritiker der „Neuen
Freien Presse", 76 Jahre alt.
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KRirm
OPER
BSONH: Wader Wolf-F**rarl*e JIsttiMp ftwiea" ttocfe die Bbiafcfat .Vancafrtetf"
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Mttnttt OH 0ttO|fjU0DOfy StfWWJDOf HOTf 3EH WnD) dW eflOb ttttttlWI QptilllVeeett BMWt
Loben nflhrai d&fflto, 8. Bhrenetein
CHABLOTTBNBUKG: Theater dM Weatviia. »Der Herr der Henn*, Oper to dmt
Afcten ana dem attbeafefiig)ack«n Yolkakfcenj m Hermami Kircbnen fer der
Anefdrt tat, fir daa Votk *ti da* Beet* farad* gut fnwfc and blerbei e«wa an dea*ftul*
acbfto* deokt, an daa *Ub*n IBr den Zacra* od*r to »Die ver kaofte Bntttf*, der wted dan
kftAMteritdm Vtrt d«s ^Ham der Hum" nkbt An both ehuuecbJ
UTar rich andereraeta ra Amen but, dot dfa Oper anf dm Boden Jc
aptol^ der rich tomltten von Magyara, Stawm, Bomb** tutd Ztgaaneni tepfar and dBh
veretehan kOnneo, test dleeea Vole in eebier Hetaat ala atae Aft Natlonaloper aogtiaatitai
wtod, Fftr wott BMrttBnoi tat denuncb daa oattanale Element tiuaegabMder dfa da*
nio kfimaderledte. Ufiter dJeeam GeeiefctifHmkt erwelat etch die Oper Kircboera ala
ftfcrlkb gfrit i e fait aniprnrbaloee OatartMfft tt pg t o m it^ die 1 mm ml an in dan vafitiHsdmm
vtilfcetftsillcben Madera trad Ttasan maitcli Hebenawtfdlgeii Zag etifwelet. Daa PohUfcom
nahtn die Noifcl^ daren Anfftbrnag *lefc infto bs »Tbea*er daa Weateoa* Qblkbea
Hft§ hewegta^ fiberau* ftmndlhflt onf|egoii« Qans pfacbtvoll warn die fan SiobenbttrgGf
Battera geHebenan Ortginalkftatftme. Willy Rent
DESSAU i Am +. Februar ting In hiealger EretauffGhrnng Ingeborg von B ran a arts
Oper*Hiarne* in Szene trad erfreute aich belAUIger Auhabme. Emit Htminn
ELBERFELD: Dai bedeutaamate EreJgnla war dai Gaataplel SJgrid Arnoldaone. —
Die 150. Wlederkebr von Mozartt Geburtatag wurde dnrcb die AuBubrung dec
„Don Juan* mlt Clarence W hitch HI la der TUelrolle, die ibm aber wenlger gut llegr,
.Figaros Hocbzeit" and .Zeuberflflte* wfirdig gefeiert. P. Scbemenaky
FRANKFURT a. hit Mlt .Coal fan tutte* erbielt unaer .Mottrt-Zyklua* elaan
Abachlnta, der den feitaplelmiatlgen Cbarafeter dea getamten Umeroebmena ge*
bflbrend betonte, Daa Terfc kehrt In der Neueiastudterung mlt dero Ebepaar Henael-
Sehveitzar» den Damen Kernlc mid Scbacko nnd den Herren Brlnkmann und
GareLa aelne kOatlkben nrailkallacben Facetten gllniend berant; an der lueaeren Ana-
atattung war nlchta geapart. In der Torhergogangeoen a ZanberflAte v muaaten wlader
Glate einapringen: Elaa Flaebaf (Mannheim) alB Pamlna, Alice Schenker (Karlsntbe)
ala Kffnigln^ Ludwfg Wiedemann (Elberfeld) al* Saraatro* Han* Pfellscbmidt
GENF: ,pLa Seine Flammette% Mmlk 7on Xavler Leroux, Text von Cattille
Mend 6a, wurde bier xum eratenmal auFgerShrt. Die Wiedergabe war rorzGgllcb.
Das Publlkum bereltete dem Werka elne wahue Aufnahme. Prof. H. Kllng
HAMBURG: Neueimtudiert eracbien am Geburtstage Moxarta der .Don Juan* in
der f&r una neuen Bearbeltnng voo Hermann Levi, die mlr zwar weder spracb-
llcb nocb dramadscb einwandfrei eracbelnt, aber xum mlndesten den Vonug hat, daa
Wort dem Sinne der Mualfc geacblckt inittpasaen, Guatav Brecher batte tuf die Eln-
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KRITIK: OPER
studierung des Werkes eine Unsumme von Fleiss, Liebe und kunstlerischem Verstand
verwandt und so weit es an ihm lag, wurde wunderschon im Geiste Mozarts musiziert.
Ohne modernen Impressionismus im Orchester, ohne D-Zug-Zeitmasse. Aber daruber,
dass unserem Ensemble die geborenen MozartsSnger fehlen, konnte die Auffuhrung doch
nicht hinwegtluschen. Ganz auf der Hobe standen nur der brillante Leporello Lohfings
und die Zerline des FrL von Artner. Sebr respektabel gelang dem jungen Baritonisten
C. Bronsgeest, einem hochbegabten Stockhausen-SchGler, sein erster Versuch in
der Titelrolle. Alles andere war second class — mehr gutes Wollen, als kunstlerisches
Vollbringen. Einen ausgezeicbneten Eindruck machte dagegen, in musikalischer Be-
ziebung, eine Neueinstudierung des „Dalibor u . Textlich ist das Werk leider so unmog-
lich, dass es einen nacbbaltigen Erfolg nirgends erzielen kann; aber die Musik Smetana's,
wohl die poesievollste, die der grosse bobmische Romantiker je geschrieben, verdient es
docb, dass man sich ihrer bei passender Gelegenheit annimmt. Diese Gelegenbeit lag
hier in dem „Zyklus musikalischer Meisterwerke" vor. Brecher hatte auch diese Auf-
fuhrung, in der Birrenkoven und Frau Beuer prachtig die Hauptrollen sangen, mit
aller Sorgfalt vorbereitet. Als Gast erschien, und zwar zuerst in der Partie der Elsa,
ATno Ackt6 von der grossen Oper in Paris. Eine interessante, immer geistvolle und
im ersten Akte zumal wirklich rubrende Darstellerin, die gleichwohl nicht recht zu er-
wSrmen vermochte, da ihre stimmlichen Mittel einen Vergleicb mit guten deutschen
Sangerinnen der Rolle nicht mehr aushalten. Viel Anerkennung verdient es, dass Madame
Ackt6 in einem deutschen Ensemble die Wagnersche Rolle auch in deutscher Sprache
sang; das bringt sie in einen angenehmen Gegensatz zu der leidigen Gewohnheit der
reisenden stars, die in unsere Opernauffuhrungen ein so unerfreulicbes polyglottes Moment
hineinschmuggeln. Im ubrigen missgluckte die Herrn Stransky unterstehende Lohen-
grin-Auffuhrung so vollkommen, dass unser Stadttheater sich eigentlich vor dem be-
ruhmten Gaste gehorig blamierte. Heinrich Chevalley
HANNOVER: Die Mozartfeier unserer Konigl. Oper beschrankte sich auf je eine
Auffuhrung des „Don Juan a und der „Zauberflote a , von denen jene wegen der
ihr zugrunde gelegten neuen Textubersetzung von Ernst Heine mann besonderes
Interesse erregte. Diese neueste unter den vielen Bearbeitungen, die der Don Juan-Text
seit der Rochlitzschen Ubersetzung erfahren hat, zeichnet sich durch vorzugliche Dekla-
mation und Ausmerzung vieler, in dem alten Text vorhandener Sinnwidrigkeiten aus.
So ist z. B. jetzt die entsetzlich gequMlte Deklamation in dem Duett Octavio-Anna
(1. Aufzug), wo zu dem synkopierten Rbythmus die Worte: „Sonst unterliegt dem Leiden
unser gepruftes Herz" so wenig wie moglich passen wollten durch folgende Worte er-
setzt: ^Lass nicht das Herz zerschellen, wenn Sturm und Wellen draun**, die sich der
melodischen Linie vorzuglich anschmiegen. Manche durch die Tradition gleichsam ge-
heiligten Stellen des alten Textes, so u. a. der Beginn der Arie Leporellos: w Keine Ruh'
bei Tag und Nacht", dann die „Register-Arie a , ferner das Duett „Reich mir die Hand
mein Leben" sind — wenigstens in dem fur die hiesige Buhne gultigen Texte — bei-
behalten worden oder doch nur unbedeutend verandert, wofur wir nur unsere Zustimmung
aussprechen konnen. Die Auffuhrung der Oper erfuhr unter Kotzkys Leitung eine recht
gelungene Wiedergabe. Die Vertreter der Hauptrollen — Herren Bischoff (Don Juan),
Battisti (Don Octavio), Moest (Leporello) sowie die Damen Thomas-Schwartz (Donna
Anna) und Mac-Grew (Elivra) boten Hochbefriedigendes. L. Wuthmann
LEIPZIG: Nur unter Herbeiziehung von Gasten — Herr Bertram (Don Juan), Frau
Herzog (Donna Anna), Frau Abendroth (Konigin der Nacht) und Frl. Delsarta
(Cherubin) — hat sich die Oper mit ziemlich alltaglich verlaufenen Auffuhrungen der
drei Meisterwerke w Don Juan - , w Die Zauberflote" und w Figaros Hochzeit* an drr Mozart-
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DIB MUSK V. u.
Feier betefligen kfinnen* Herr Hegel, *« ■■*" dtd AQfmbrangen telfeee, bette epcxfefl
betm »Doti Join* Ar eiie hinfBblige Wledeigebo dee Orebeetorpertne Sorg* g el r igen,
und mom den he » oi fjgon den Leietmfen der drol ereflgenenntftn Clete hefeea T»m
ejeuetalecbra Ptereenel Rri. M*rx t Herr Sehlltxer end Herr Repp befHedigend
vtrkes kojmen. AiteJi nieh der Moxirtwoche fcvnvn und gtogen eoeh etalge Gtoto, e©
die Meoeeopniriedn BUy Freyler (Aeoxena and Amende)* der lyrieebo Tenor Herr
Seibt (George Brown) ted die jngendllcbe Soprinletin Hildegud H earned (HerOe);
intemeierai mid gate Brwirtaogen wictondta fcoevten iber mr der a yp p ein ieenej
etwee dankelgeJlftrto Stimmkleng and dee ffiecbe Spiolteaipeimaieat der lemgeneiuien
Bafanennovjie. Artbnr S molten
LEMBB&G: Ale NovWt bracbte der letxte Mooit Meeeeitefo .Vertber"* Din B*-
eettttngr Pre* Kerolewlei~Veyde (Lotted Herr Meebeu (Verther) wir pit, die
leasanJenmg babecb* Die Orcbeeter outer Cielenoky bitte beeeer eptejee fcfeaen.
Sndlfcb bekunen wlr Hem Ribere vieder em Dirlgentenpolt xn oebes. Und i
wirktteb else SebenewurdJgfceit, dfeee NraeJnetiidterttiig dee »Lo ben grin* neter
Letting. Rtiwfm xetzte eetn genie*, eueerordenttichet Kttnnee, eeiae geese Kraft end
lnJeHJgonx derm, am qui etnen maetergalilgen »Lobengrin* sn gebeo, tmd dtee fdetig
Due *wb voUkofluneo, denm noch nle bebee dee Orebeeter eo gut geiplelt, neck ale der
Cbor ee rein nod die Sotteten (Bend row* fcULobengrfn, Free Korolevlcx-Weyde*
Blee) mit *o tie) Veretnndnle Kraft end Vlrae geeongen. Der Erftrif wer rleeit and
woblrerdlont Alfred Plobe
nETBBSBOKG: Dent 1«X GebwfUef Mtiierte etaie Erinnerang ra weUnn, bet inch
IT die kileerttche rneeiecne Netfoneloper eteb nlcnt nobmen leeeen, eine Feier xn ve*-
eeitelten, bel der dee .Requiem* uad der *Don Join* dee tmeterblleben Meletere mf-
geAbtt warden* and ]ede ▼tederboJaog wr enererfeufteni* Henee eUttOadot Be let
eebr erfreelieb, deee die Dfrektion den Doe June, der wlbrend tWot Jebre in Vergeeieft*
fceit gerttra wtr, nun wteder xn Ebren brtagt — le der ,Nenee Oper* 1m kftieertiebce
Koneemtorittm bene die BrxttnHBnraag der Oper ^Adrtenne LoconTrenr* ran
Frenieeco Cilee, dtnk der Mttwlrkang Ltrle Berlendl'i In der Tltetrolle elnen tSchtlgen
Ertolg. Der Oper eelbit groeee Sympetbieen entgegentubringen rermochte mm nicht
Bernberd Veadel
POSEK: Der Erwibnnng wert ilnd die Geettpieie von Merle Gotze-Berlin (Acnzene,
Amneris), die geni bervorregeod wtr, nod von Alexin der Scbilk (friiher KQln) lie
Lobengrtn and Siegmuod. Zum Mozerttige gib mm H Figiroi HocbieU*, A. Hucb
STUTTGART: Die ertte relcbsdeutBCbe AuffQhrung del relneo Musilclusrtpleli .Fliuto
■olo" von d' Albert (ntcb der Dlcbtung Hens von Volzogene) wurde begelltert
eafgenommea; Pobllg els Dfrlgent, FrK Sutter (Pepplm) t Herr Veil (Ptpuich) eetiten
ibre Kritt erfolgreich in du Gel in go a dee reizvollen Verkes, dem weiteate Verbreltuag
elcber lit. Die Mnelk zelchnet sich vor ill em durcb NitQrlichkeit tus. — Dem unveigleicb-
Hcben UrecfaSphr der beiteren Oper wurde mit eioem Zyklui gebuldigt, der bli jetxt
.EntfShrnag*, H Flgero*, »Don Gioveanl*, H ZtuberflGte s bncbte. Velctae
Tlnne und lnnigkelt! Die Auffflbrong^n gcreichten der Horbuhne troti mencberUntu-
llngllcbkeiten (mueikwldrige Obereetmngcnl) zurEhre. Die meleten Rollen konoten gat,
einxeioe bervomgend icbfin beietzt werden. Ansier Pobllg dlrlgierte lucb Herr Bind.
Dr. Kirl Grunsky
r ElMAR; Eine im illgemeinen gute Auffubrang von Tristan und Isolde gib
Paulm Ucko sowie Helnricb Zeller In den Tltelrollen Gelegenbeit, ibr Kfinnen 1m
be if en LIchtc zu zcigen, wlbrend EI1« G me In or (Branglne) weder im Stone Signer*
ling noch aplelte. Aucb in den ixim enteomil lufgefuhrten w Ntugierlgen Fnuen"
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w
349
KRITIK: KONZERT
von E. Wolf-Ferrari konnte Frau Gmeiner nicht befriedigen. Das launige, fast ans
operettenhafte streifende Werkchen fand nicht die Aufnahme, die es schon infolge der
sonst guten Auffiihrung verdient hStte. — Als Mignon hinterliess Alda Gardini (Leipzig)
keinen besonders gunstigen Eindruck. — Die 150. Wiederkehr von Mozarts Geburts-
tag wurde in entsprechender Weise durch im ganzen recht gute Auffuhrungen von
„Don Juan* 4 , „Figaros Hochzeit" und „Zauberflote tt bei vollbesetzten HHusern
gefeiert, wobei speziell das mittlere der genannten Werke durch flotte Darstellung unter
der zielbewussten Leitung Krzyzanowski's ganz besonders hervorragte. Als Konigin
der Nacht lernten wir in Margarete Si ems vom Landestheater in Prag eine SSngerin mit
schStzenswerten Stimmmitteln kennen. — Die ubrigen Opernabende brachten den
^Hollander", die mangelhaft ausgestattete und bis zum Oberdruss abgedroschene „Undine"
sowie unnotigerweise den stark antiquierten „Stradella a . Carl Rorich
KONZERT
BALTIMORE: An Konzerten gab es manch Gutes, sogar Hervorragendes. Zu letzterem
gehort das erste Konzert der Boston-Symphonie-Kapelle, das ausschliesslich
Wagnersche Kompositionen brachte, indem mit der Schlusszene aus der GotterdSmmerung
der Hdhepunkt erreicht wurde. Frau Gad ski sang die Brunnhilde und erzielte eine
grossartige Wirkung. Vincent d'Indy leitete als Gast das zweite Konzert des Orchesters,
in dem ausschliesslich moderne franzosische Kompositionen zur Auffiihrung kamen:
d'Indy's eigene zweite Symphonie in B, die mehr von grossem Konnen als von des
Komponisten FShigkeit selbstandig zu erfinden zeugt, seine glanzend instrumentierte
Legende: „Sangefleurie a , in der die Blaser ganz vortreffliches leisteten, ausserdem die
Suite „Pell6as und MeMisande" von Gabriel Faur6, sowie das schon im Vorjahre gespielte
geistvolle Scherzo „Der Zauberlehrling" von Ducas, das eine erfreuliche Abwechslung
in das in seiner Stimmung ziemlich einformige Programm brachte. Das Publikum
verhielt sich w^hrend des ganzen Konzertes kuhl und zum Teil sogar abweisend. —
Die Reihe der Freitagskonzerte des Peabody-Konservatoriums wurde durch dessen
Direktor Harold Randolph mit einem Klavierrecital eroffnet. Sein Spiel zeichnet sich
durch grosses technisches Konnen und ebenso grossen Mangel tieferen Empflndens
aus; zu einem kunstlerischen Genuss kommt man infolgedessen beim Anhoren
Randolphs nie. Das zweite Konzert gaben der Geiger Joan van Hulsteyn und
der Pianist Brockway gemeinsam wie im Vorjahre, jedoch mit interessanterem Pro-
gramm und in der Ausfuhrung bedeutend befriedigender. Giuseppe Campanari, der
uber prSchtige Stimmittel und musikalisches Feuer verfugt, gehort auf die Buhne; im
Konzertsaal ist er keine durchweg erfreuliche Erscheinung; trotzdem wurde er mit Bei-
fall uberschuttet. Beers Wirtz, der neue Cellist des Konservatoriums, fuhrte sich mit
Alfred Goodwin am Klavier als recht tuchtiger Musiker mit zwar kleinem aber schonem
Ton ein. Das Kneisel-Quartett, dessen Veranstaltungen ein grosseres Publikum ver-
dienten, spielte in den bisher stattgehabten Konzerten die Streichquartette von Beethoven
op. 95 in f-moll, Haydn D-dur op. 64 No. 5, Schumann op. 41 No. 3 A-dur, ein Klavier-
quartett von d'Indy, Beethovens Es-dur Klaviertrio und die Spharenmusik aus dem Rubin-
steinschen c-moll Quartett, auf das sie ein hubsches Scherzo von F. A. Stock folgen
liessen. Das Philadelphia-Orchester kundigte drei Konzerte an, von denen das erste
unter so geringem Interesse des Publikums stattfand, dass die beiden andern in Frage ge-
stellt sind. Und doch war ihr erstes Erscheinen von einem Erfolg begleitet, der wohl
verdient war. Es wird da mit einer Frische und Spontaneitat musiziert, dass es eine
Freude ist, und Fritz Scheel, der temperamentvolle Leiter des Orchesters, wandelt auch,
was die Aufstellung des Programms betrifft, nicht auf ausgetretenen Pfaden. Darum
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T7V
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DIB munt V. It.
Beeoen fbn dto tfeben Btlttmoter etteb lm Stich* and es goocfaah dottO* mftfc fie ofadt
Tfenaifcovafcy*« Tferte SymjAoale, imda«i,dlgktogTon*, hln aq o goorbofteto Tto dec gab a
to* BMbard Btaaueef *TodTrad VerkBnmg* entfoben Bones. Campnnarl, dor SoHnt
dot Abeade, inacbfe dleemal efeen beoaam Btodmck ilo in aefaiea -etypooft Konnrt —
Emnte CoItA fib «bl Koueft luiwittm m etaer Scber too KSsedorn (ntcfet oBe '
dtartn xwar rileeen Namon); fioelne Korrii, eine bdentroUe SehUetfu
lleoo afeb an etnem eigne* liimm orllrigreldten Kltvierabeitd Ufepn; atteb Kubtllfc
fcam oaf aetnem Trtompttmg zn mw* Bdg.
BARMEN: Dot Allgemelae Kontertvereia-VDlfcacbor bracbte la ooitm 10ft
pnd liaStadttuUei^Aboonementakoittert outer ttopfee Lotting Brtu^i »Ody aeons*
to groaufigiger Fom zor Anfffibrang — mil don Sotlsten CtdHe Hftacbe-flndort*
Maria Phlllppl, Mv Bfittnor nad Paul Haaee* — Doo rierto AbouesienlotoaMrt
dor Kontert-Geeellecbatt ge a tatteto rich motor Stroncke Dtoektion to einetn gpnus-
Tollen Wagftnr abend utor Miwirfcttng dor trefttsben SoUttaa Zdenfca Faoabondu,
Paul Katleeb tend Ham Babltng* — In Buor ddtton Soiree braebte BUoii Sa at web or-
Stifaliftper mtt Henri Starteau die B4nr Sonne von Bneol and die
Senate^* oovfe dor Ganger alien Becbo Cuoono en nin abgorundoter
Bolnriob Haneelinantt
r*AaPLi una DOQcytiiinifo uroiggio suenr iohtoq ^mpnontenoiieerie war vsotramg
D die Anifflifimg dor di«WMgon Syaphonle »D*o LebeneinTranm* Ton Friedricfc
Kloee, dor anWeoHcb dor KottmAor UfUflBbrtiAf oeteer Oper JleoMlf* (1903) m sit
eagen von eiiiem Tog «nf den ondern In die Torderate ReOie dor detttecben
getretm lot Die Vledergab* dieeer ob» Frag* oohr bedetttoaden, eu .der
Apperot; abor die fiber dop oobon alemlleb orw olt erto Otoh oo t or bbuuu
■fiinw wio mnoif xwohdo mootirprc mtoTBrL nttOiCMiMror mnoncoor nnn
IQfon *ldi| obno fl^WrtngHrt n oolSt In oin (OooUoooonoo lefbotEoch vbtencrolleo
Goiuoo, du die M6ror mlchtlg In oelnofl Bonn riekt Deo Pnbltfcttni tot dom Vorke
mix grB»tem Intereose begegnet, und bat Ibm eine gliniende Aufaihme bereltet Men
darf belhgefl, doss iJlordioga die AuiRihruiig unter Hermann S uteri Loituag eine gam
auagezelcbneto war, Auch eln anderer inodenier Dentacber, Georg Schamiao t bet
mlt selnen v Variatlonen fiber ein laatjges Them** f die er aelber dlrigterte, leb*
haften Belfall ermogeii. Von rnnzfliUctaen Terken aind die c-moll Symphonie Ton
Siint-Sataa, feraer Prelude i „Uaprei-raidl d*un Tanne* von Claude Debuaty und
die Varlatlona aympboniquea fur Klavler und Orcbeater von C6aar Franck, die Lucieu
Vurmaer ana Paria gelatToll interprotierte r besondera bervorzubeben. Von weiteren
mltwirkenden Sollaten batten atlrkaten Erfolg FriU Kreialor und Pot* art, letztorer
mit dem Hexenlied von Tltdenbrucb^Scbilllngs, wlbrend Malkki Jlrnefelt die Baeler
nicbt xu erwlrmen Termochte* Welt mebr Sympatbie bracbte das Publikum der jugeud-
Elcben Colliatln Suggia entgegen, die ein schffnes Konzert tou d* Albert tecbnlacb vor*
trefflicb t aber mlt etraa Idelnem Tone apidte. Dr. H, Stumm
BERLIN: An der Spltze des Sternacbcn Geaangvereins bracbte Oakar Fried
auaaer efner Tiederbolung aeloea H trunk*nen Liedes" das neue Cborwerk elnea
amerlkanlBcben Komponlaten ApalacbJa ron Frederik Delias zur Auffubning, Cbor-
werk 1st die Apalacbia elgentlicb nicbt zu nenncn, denn der Chor bat sebr wentg dabei
zu tun; ea alnd Variation en fiber ein Ntggprlied, deasep Weise fast nur aua den TSnen
dea C-dur Akkordea beateht. Ein NacbtatQck von tr&ber melancholfacber Grundstlmmuog,
eine Orcbeaterpbanusie f In die dann nnd vann wie atia weiter Feme Menschenatimmen
blneinlallen. Der Cbor mit aeinein la la wird lodlgllch als Far ben material rerwertel^ nur
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KRITIK: KONZERT
ganz gegen das Ende hin singt er Worte, es klingt wie ein Standchen, das sich nShert
und wieder in der Nacht verschwindet. Orchesterbehandlung, Harmonie durchaus modern;
im Verhfcltnis zu dem grossen Apparat ist der musikalische Gehalt nur unbedeutend.
Ganz interessant zu verfolgen ist es ja, wie die Niggerweise in den verschiedenartigsten
Umgestaltungen immer wieder auftaucht, das Ganze aber ist viel zu lang ausgesponnen.
Oskar Frieds w trunk'nes Lied" schlagt einen kraftigeren Ton an, aber fur einen gesunden
Menschen mit naturlichem gesunden Empfinden erscheint es ein vergeblicher Versuch,
aus dem „Zarathustra a gerade diese Partie fur die Musik gewinnen zu wollen, wo doch
das Genie Nietzsches im vergeblichen Kampfe gegen die zerstorende Gewalt der Gehirn-
paralyse nur noch unzusammenhangende Satze und Interjectionen hinstammelt. Als
Dirigent zeigte sich Oskar Fried, wenn auch noch immer etwas allzu unruhig in seinen
GebSrden, doch Herr uber alle mitwirkenden Krafie; Paul Kniipfer, dem der Haupt-
anteil an den Solis zuflel, erfreute wieder durch herrlichen Stimmklang und vollendet
schone Aussprache; auch Gertrud Bischoff und Hermine Kittel, wie Herr Heine
zeigten sich der Aufgabe gewachsen. Das Publikum feierte O. Fried als Komponisten
und Dirigenten mit wildem Enthusiasmus. — Das letzte Nikisch-Konzert begann mit
der symphonischen Dichtung „Der Mensch tt von Paul Ertel, der sich durch das
Triptychon von Lesser Ury hat anregen lassen, eine grosse Tripelfuge fur Orchester und
Orgel zu schaffen. Die scharf von einander kontrastierenden Themen, die schon in dem
PrSludium auftauchen, werden bald einzeln, bald durcheinander geschlungen mit viel
kontrapunktischem Aufwand verwertet. Uber dem Orchester fallt der Orgel ein wichtiger
Anteil zu, die mit ihrer Klangfulle noch die Wucht des Ausdruckes steigert. Das Publi-
kum der Generalprobe fand mehr Freude an dieser Musik, als die Zuhorer des Montag
Abend. Annette Essipoff, einst ja eine gefeierte Pianistin, spielte alsdann Chopin's
f-moll Konzert in der Originalgestalt mit etwas kurzem, kalten Ton, aber technisch aufs
feinste ausgearbeitet; es war eine in ihrer Art vollendete Kunstleistung, nur allzu filigran-
artig dunn war der Ton in der Cantilene, in den Passagen gesponnen. Tschaikowsky's
Manfred-Symphonie bildete den Schluss des Abends, eine wahre Meisterleistung des
Dirigenten; man fuhlte hier, dass Nikisch ein wirkliches Herzensverhaltnis zu der Musik
des russischen Tondichters hat. E. E. Taubert
Die Berliner Kammermusikvereinigung brachte in ihrem dritten Konzert
ausser Hummels Septett und Schuberts Oktett ein noch ungedrucktes Sextett fur Klari-
nette, Horn und Streichquartett von H. Pogge zur Urauffuhrung; es ist vornehme, im
Geist der Klassiker und von Brahms geschaflfene, gut gearbeitete Musik. — Einen
Kammermusikabend veranstaltete der tuchtige Pianist Bruno Hinze-Reinhold mit Zu-
ziehung der sehr begabten Geigerin Carlotta Stubenrauch, die sich ausserdem in
einem eigenen Konzert mit Begleitung des Philharmonischen Orchesters (Konzert von
Mozart in es-moll und Saint-Saens in h-moll, Chaconne von Bach) horen Hess; zu Gehdr
kamen u. a, Cesar Francks und Griegs F-dur Sonate; wenig Erfreuliches leistete die mit-
wirkende Sangerin Tilly Erlenmeyer. Recht gut fuhrte sich die junge Geigerin Melanie
Michaelis ein, die mit Zuziehung des Philharmonischen Orchesters die Konzerte von
Brahms und Wieniawski in d-moll, sowie Joachims Variationen spielte; es fehlt ibr noch
an der notigen Ruhe. Die mitwirkende Sangerin Matja v. Niessen-Stone hat namentlich
mit zwei GesSngen (mit Orch.) von H. Kaun grossen Erfolg. — In Erinnerung brachte
sich die durch mSnnliche Tongebung und Bogenfuhrung ausgezeicbnete Geigerin RenSe
Chemet. — Eine gute Technikerin ist die junge Geigerin Stefl Fischer, aber ihr Vor-
trag ist noch gar nicht entwickelt; auch ihre Konzertpartnerin Emilie Pfutzner sollte
sich schon wegen ihres Tonansatzes noch der Offentlichkeit fernhalten. — Joan Manen,
der an Sarasate's beste Zeiten erinnert, gab ein populates Konzert, in dem die mitwirkende
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DIE M08IK V. It.
Sfageriii Marianne Wolff ttcb groeeen Hrfblg batte* — WenJg gHtcfclkh defefltlftrte
die mft dem ersten Prefe dee Brfleaelor Koneerreiofittme anageieicbnoto Gelgorio Ifraiay
Street; dagegen lelstete ilin Fartnefin, tile Sgngerin Anna Pel tan, AnaenmlMres* —
Baunl Wolfetbal, nine bfchttene awBlQabrige GeJgerbi, durfte voraosaicWlfib,
nocb etnlge Zett dem Konaefileben ferogebaltso wtrd, rtet von etch win
Prfta Kreisler sptelte neben alter VioUnmnvIk rein Tlrtnoee Wetfce,
Wfeniaweki mU der tbm eigenen VolJenditng* — Dr. Rudolf Bergb errang da lieder*
kompaolet vonlreTdfenten Erfolg; Fftnxl Tiecke aang cine Reibe acinar dnrih bam
monlscben WaUUang nod Stimmung auigezetcbneteo, moist ornate* Under; wenlgnr
geflel aeiite VIoHneonat*, die B«rr Vagi titer mit dam Pianlaten Cfaariee BBnto v«f*
tragi Vllb* Altaians
Die lew* Wecbe brachte oblige gmaa Abende, Znnlebat Femoeto Bneonl*
Sain Beethoven-Abend war eino angeaehme Oberrasclurag. Die Eroica-Variatloitea fn
tdneter Inatmnianfeller Atufitbrnng. Op, 108 fedecb obne die eeellecbe Grula diaaar
mnatfcaMitfh mtnafen ReneiaeanceknnsL im eraten Sate op* 108 vermiaete nan dan
majeatitiacbon Glanx. Urn ao gelongencr daa g e la te rh afta wilde Webon im Setono*
Im Adagio ein reteber Vecbsel poetieeber Anacblagenuance* Die Parapbnaan (*Adelild«* f
*Rniiien fan Atben") In gewobnter teebntecber Btwonr* Dar locate Abend frraofcto
Rablnetatas kfinetlerfacb ttnerqnlekUdieat pianladecb-tecbntsch eber aabr Infereaanntea
Variatloitenwerfc op. 88, EtiMan van Alkan, die ntir trou ibrar apartan Toebnik mneUtalisch
nle recbt naagen und Btatnne* Pagutlni-VariatfMa% letetere mft onfibortrofener Vfc*
taaaMt geaplalt Tea 0i dano In dor Don Jnan-Phaataele nocb lelatete, gebGrt an den
atattwnavortan Wnndetti dteaer WeJt Obex Eluelbehan vtelleiobt eta enderee MaL —
Frederic Lamond mid setae Baatboran^Kmtat ehtd aft gewflrdlgt Er acttten dicann
Abend nlebt reebt dieponlert, andem kann man alob eonat die ecltwacbe nnbehoUsnn Ait
In op, 10 No* 3 niefat Tftrefeltan* Bel eJler Acbtong tot dar ungrfienren Konsantntion
eefnee Tone* Hast ar mlcb mehr nnd meir dan Mangel an abmllobam Rait empBndm*
Sobade, daaa er in aafaier architefctontachen Fihlgfcett nlobt dte wcicha BlegMmkalt daa
Anichlagt biamffigan kinn, Tlr bitten viellcicht dinn ]ene Kunst, dk ein en Tollendetan
Beetboveo wohl dintcllte. — Ernst von Dohnftnyl 1st nocb la der Sturm- tind Drang-
pariode, Ein cbarakter- und temperamentvoller Spieler, .iplelt* er nocb mit der Kraft,
freut er eleb ooch seiner ungeblrdigen TLldheit. Zn Beethoven fehlt*s somlt am Zu-
aammenscbLuBS der Lnneren Krifte, id der abaoluten Hingabe in den reinen Gelst des
Stoffes, — Von den SIngerinnen bSne Ich Lull Cmeiner Hugo Wolf singen. Daa
Program m war von aaaerlesenem Gescbmackf beAiedlgte aber in der Auafubmng nur
zum Tell, Maine Anerkomuiog di«*or Stimmc wir von je nur eine bedfngte* Die
Ponnen aind, inmal In der H6be, aehr oHen, and in dor Mine uod Tiefe wird attf den
Hals gedrfickt. Aucb ihr kunatleiiscfaes Temperament 1st meiner innerstan Oberzeugung
nacb nlcbt ao groae, wie das all gem e Joe Urteil una glauben maehen will, da ea der Seeie
an Grtzle, berxllcber Wlnne und dem ecbtea Auflodern der Leidenecbeft gebricht
Venn nicbt eiserne Zacbt die flacben Tflne beseitjgt f so furchte ich, warden Sommer
nod Herbst nicbt bslten, was der Prfihling veraprich, Mficbte dahcr der Aitmeisterin
LilH Lehminn aucb bier der Lluterungaprozesa so glQcken 1 wie bei Geraldine Firrmr.
Die KGnatlerscbaft Frsn Gmeiners verdienfs, da sic eine der wentgen Berufenen 1st, —
Von Luise Hardy, elner JQogerea Begabung, ward mlr 1 elder nur Ungunstiges berlcbtet.
Das Negative uberwog dss Positive. Tarten wir also ab, was die weitere Entwicklung
mit sicb bringL R» M, Breithanpt
A aster ibrem kriftigen und UlngenElen Mezzosopnn bealtzt Call? Monrad nocb
die Vorzuge, dasa sie trenlicb dekJsmiert, sehr deulHcb spricbt und tiefea Empflnden
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353
KRITIK: KONZERT
zeigt. Sie ist eine sehr beachtenswerte Sangerin. — Ahnliches lasst sich von Paula
Weinbaum sagen, deren imposanter Alt gute Schulung verrat. Sie wurde unterstutzt
durch den Geiger Alfred Wittenberg, der an Stelle der angekiindigten Stucke die G-dur
Romanze von Beethoven und Sarasate's Zigeunerweisen kunstlerisch spielte, wenn auch
mit zu horbarem Bogenwecbsel, dessen Grund in nicht genugendem Ausnutzen seiner
Lange und in vorzeitiger Ruckbewegung des Gelenkes liegt. — Wie der Name Adolf
Wallnofer zu einer gewissen Popularitat gelangen konnte, ist mir nicht recht ersichtlicb.
Weder im Gesange des Herrn noch in seinen Kompositionen konnte ich einen Anhalt
dafur entdecken. Der Tenor ist wohl klangvoll, sein Gesang aber eintonig und tremo-
lierend. Seine Lieder enthalten viele Noten, aber wenig Musik. Die Deklamation der
Texte ist unlogisch, die Begleitungen sehr naiv; sie wurden obendrein von Albert
Pfeiffer- Bonn ausdruckslos gespielt. Lieder gelingen Herrn Wallnofer besser als
Balladen. Er sucht sich aber auch dafur zur Vertonung ungeeignete Texte aus. Wirk-
liches Talent ist nicht ersichtlich. Er erfindet, statt zu empfinden, wandelt aber selbst
als Erfinder ausgetretene Pfade. Einige kleinere Lieder waren ausserlich ziemlich effekt-
voll. — Der Sopran von Blanche Marchesi ist abgesungen und resonanzlos. Technik
bedeutend, obgleich ihr Aushalten von Tonen mit Bruststimme nicht mehr moglich.
Vortragskunst und Temperament gross, spekuliert aber leider auf den Geschmack der
Menge und verfailt einer Vortragsmanier, die nur ins Variety gehort. — Anlage fur
Vortrag hat Marianne Geyer, aber ihre Tonbildung ist unfrei. Ihre Stimme ist ein
Mezzosopran, kein Alt, wie das Programm besagte. Die Klangfarbe, nicht der Umfang
einer Stimme bezeichnet ihren Charakter. — Margarete Altmann-Kuntz schatze ich
als ausgezeichnete Kunstlerin. Zwar durfte die Gestaltung des Tones mitunter etwas
weicher und runder sein; fur diesen Mangel entschadigt aber das sehr grosse, schone
Altorgan. Mit sicherem Ansatz sang sie eine Arie aus „Semele a von Handel, mit richtigem
Ausdruck fur das Dramatische und Lyrische die funf Lieder von Wagner. Unbedeutende
Kompositionen von Widor, d'Indy und Saint-Saens machte sie durch hubschen Vortrag
geniessbar. Koloratur ist ihr wohl gelaufig, aber passt nicht fur ihre Stimme. Sie sang
noch Lieder von Brahms, Wolf und Strauss, von Dr. G. Altmann aus Strassburg voll-
endet begleitet. — Margarete Heidenreich bot mit hohem, verschleiertem Alt recht
hubsche Leistungen fur den Hausgebrauch. — Leonid Kreutzer ist ein Susserst gewandter
Pianist, der mit viel Berechnung spielt. Er hat Temperament, jedoch nicht genugende
Krafr, um dem dieser bendtigenden c-moll Konzert von Rachmaninoff und auch dem in
b-moll von Tschaikowsky gerecht werden zu kSnnen. — An physischer Kraft gebricht es
auch Luise Gerlach, um ihre oft richtig beabsichtigten Steigerungen realisieren zu
konnen. Sie bewies Talent und Fleiss. — Myrtle Elvyn zeigte in ihrer Erscheinung
mehr Grazie, als im Gebrauch der Hande beim Anschlag. Sie kann Beethoven geistig
noch nicht erfassen, ist sonst nicht unbegabt, sollte aber weniger maniriert spielen. —
Else Gipser kommt trotz redlichen Bemuhens fiber sehr anstandiges Klavierspiel nicht
hinaus. — Eine musikalisch-geistige Anfangerin ist Wanda de Zarembska, die unter
der vorzuglichen Direktion von Xaver Scharwenka das e-moll Konzert von Chopin und
Liszts „Totentanz a vortrug. Chopinsche Sentimentalist liegt ihr fern, von Auffassung
kann man nicht sprechen. Das Spiel war zu mechanisch. Technisch hat sie viel
gelernt. — Das Konzert der w Musikalischen Gesellschaft" Hess fleissiges Studium
erkennen. Der gemischte Chor besteht bis auf die Tenore aus brauchbarem Material und
wahrt die Reinheit fast durchgehends. Der Dirigent Eduard Levy hat gute Intentionen,
wenn auch noch nicht alles gleichwertig gelang; jedoch bekundete der Chor Begeisterung
und sang ausdrucksvoll, auch mit guter Aussprache. Von den Solisten Klara Erler und
Hjalmar Arlberg zeichnete sich besonders der letztere aus. Er kokettiert aber stark
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DIB HUS1K V* II.
nit flteem bum bGrbaren pianJeeimo, daa or allerdioga rlrtuoe be&Mdelt> wto wd doo
Obergeag fom Falaat aor Brnatetffmne- Saloon aympathMcbeii Barifton fetaaindit «r
kftnatlerHcn. Arthur Lil«f
BSOSSBL: Doc Mnnat Jamjar etand ha Zetaben dec JubBtamafMent. Zmnt teterte
E, Yaaye dtutib tin auaerordentttcfcee Kooaort daa aefcnjlbftge B e a to fc on Mhwr
Komerte+ Lelder war da* Programm wietaiuB nidit danacu, aeftr m inteTeeetemn * —
hM*r our belglacbe Hndk: Pfaantaale toe Ukou, KlerierkaoieTt von TTuYeaye (do On* t%
die oft gendrte d-moll Synpbonie tod & Av^ Zwtachcna k t aqmal k ana ^Jean AUcfcot*
fm A, Dapflta* tind VhritnatBcke von E* Yeaye (T ft I band), Anaffinnm^ tadelloa. Boi alter
Hochacbtung Sr daa rtele Scbfae* daa Teay» wifcrond dee Teifloaaenen Demttthtma «dt
■tfbiMi famnacin Orcbeetor geboeeOf kvaa nun tbm dm Vorwnif otnee Bberaio&onfltt
Knttna dor modftfnan Moelk, namentiteb der Jnngfraazfteiecben Sfebnle, srit Cut grand*
ftftxttehar AiteacfaHcaeang dor nendontacben Mttalkv flkkt ortparen, Hoften «fr t daea or
in Znkmtft andere MM* etaeebttgt — Die aweiie Rater fait dem ISO* Oobnjtetftffe
Mozart a, and beetand la etnem ram Cercle artletlque In eeidem Stale
etaltetea dreltlglgea Mnaikfeate, vie ea kfaetlariecb nkbt ech&ner gedeeht
kaniL Uater Ldtmg wa ftiti Bteinbtch and onitt Mtarirkosg daa Gtn«ai«li-
Quartotte, Ton Hcnard MBblfeld, Clotflde Kleeberg, JUL CrUfcboom (Vtoifnob
ran Hont (Brateche) nnd elma khrinen ranritgVebon Otcheetere von bier getanftra
(bigend* Work* am ToUmdeter Atttfafciung: Eratar Abend: Kammoraoaik — d*moH
Stretfihqttartetf, Trio IBr Klarinettn, BfHacbo nod Klarfer, Bllaernoronade In b tmd
Klarinettenqtdiitett Zvelter Abend: Ofebeetennnalk — g*mol] Sympbonta, Zubcr-
Bften-GuvefiBfo, adit ISnna maamfMngeeteilt Ton Stainbacb^ B-dnr Klariaf koatait ud
Symphonic fcontertairte Hr VloHue nnd Bratecne* Dor drttte Abend war dot AufTBhrug
dor eett Bber 20 Jthren bier niehi gegebenen »Flgaroa Hocbieh* darcb daa Monnnle*
Enaemble outer Betto tod Pneha ^Hfimchan) ud ooter Lettnng m Stelnbadi bn
Monn^e-Tbeatar p«tdmet — Anob daa Konaervatorlom raaoetaltete elne lrBid^i
MoiartWer; Jo pi tar- nad B-dur Synipbonle, ZaoberBBtan-Ourertflre nnd Teaett, d*moll
KltTierkonzert (do G reef) wnrden unter Gevaert meiiterhift geipielt Felix Telcker
CHEMNITZ: Die Sudtkapelle (Max Pohle) gab einen Wagner-Abend (Siegfried
Vagner ala Diligent elgener Verke), elne Mozart feler (Ei-dar Symphonle, Ouver-
ta«n t Blaaquintett asw*) und bncbte In fUaf Symphonie- uad Aboonenientikonzerten an
interaaianten Neuhelten: Walter Doate .Uebealeben" Mr Sopran, groieea Orcbeater
and Orgel t Paul Dnkaa' ^Zauberlehdlng*, Fnaz Mayerboffs b^moll sowle Volkmanna
d-moU Symphonic nnd Coldmvke p Llndlfcbe Hocbzeit*. Ala Sollet reierte Frit* Krelaler
Trinmphe, — Der Masikrereln (Franz Miyerhoff) fQhrte Kerl Zuachneida „ Unter den
Stemen* bei nna eln und bereitete Fritz Voibichs p Vom Pagen und der K5uigetochter*
elne glinzende AnffBbrung, Elena Gerhardt, Hane Nietan uad Tb. Heie van der
Wyck batten grosaen Erfolg ale GeaanguolJiten. Oakar Hoffmann
CINCINNATI: Die Orcheitemummern des enteu Symphonlekonccrti unter Frank
van der Stackene Leimng blldeten: Dvofaks CeTnevaJ-Ourertiire, Techaikowaky*a
e-moll Symphonie uod MaaeenefB Suite; H Les Erynnea 4 . Alfred Relaenauera Wieder-
gabe dea Beetbovenacben Ea-dur Konzertes war eiue Glanzleiatung. Der Soliat dea zweiten
Konzerta war Aloys Burgateller. Beethovena OuverHire zu Egmout, Schubert s C-dur
Symphonic aowfe Blockx: .Trypiique Symphonie* bildeien die Orcheaternummern. Das
Hauptintereaae dea dritten Konzertea kouztDtrierte sich auf das Deb&t dea neueo Konzert-
meiaterta^ Hugo Oik, (d moll Koniert von Joachim). Deo teohnischen Schwlerigkeiten
dea Werkea wurde er In jeder Weiae gerccbr, wennglelcb auqh sola Ton weder groaa iat,
ooch aein Vortrag aich durch beaondere WIrme auaielchnet* Mendelaaohna OuvenQre:
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KRITIK: KONZERT
„Meeresstille und gluckliche Fahrt**, R. Strauss* Serenade op. 7, sowie Schumanns „Erste a
vervollstandigten das Programm in gliicklichster Weise. — Dr. N.J. Elsenheimer,
Lehrer am ^College of Music of Cincinnati**, veranstaltete einen mit Beifall aufgenommenen
Kompositionsabend, an dem Lieder (Hans Seitz) und Vokalquartette zum Vortrag kamen.
ErwShnung verdient ein von dem hollandischen Pianisten Brahm van den Berg
veranstalteter Klavierabend; der Kunstler verbindet eine staunenswerte Technik mit musi-
kalischem Verstandnis. — Ein Konzert des Apollo- Club verdient ebenfalls hervorgehoben
zu werden. B. Foley, sein artistischer Leiter, hat im Laufe der Jahre einen guten
gemischten Chor gebildet. 1m letzten Konzert wurde eine hier noch unbekannte Kantate:
„Everyman, Cantata founded on the old morality Play" von H. Walford Davies auf-
gefuhrt. Es ist dies ein in jeder Hinsicht hochinteressantes Werk, das entschieden zu
den besten Kompositionen der modernen religiosen Richtung gehort. Wenn auch das
Opus in seiner fesselnden und packenden Vertonung und in der auf Wagnerschen Grund-
satzen beruhenden Diktion einen machtigen Eindruck hervorruft, so ubt es doch nicht
die nachhaltige, erschutternde Wirkung aus, wie eine Auffuhrung des Schauspiels, das
vor etwa zwei Jahren in fast alien grossen Stadten der Union erfolgte. Ober die Durch-
fuhrung der schwierigen Solopartie des Everyman, die Herrn Pendery oblag, sowie
uber die Wiedergabe der Chore lasst sich nur gunstiges berichten; der Rest des
Programmes Mel ganz ausserordentlich ab. Dr. N. J. Elsenheimer
DESSAU: Das vierte Hofkapellkonzert vermittelte u. a. als Novitat Tschaikowsky's
Ouverture-Phantasie „Romeo und Julia" in vorzuglicber Wiedergabe. Wilhelm
Sieben-Munchen spielte mit hochentwickelter Technik und tiefempfindungsvoll Brahms'
Violinkonzert. Das funfte Konzert gestaltete sich zu einer erhebenden Mozartfeier.
Als Solist war Hans Buff-Giessen gewonnen worden, der sich als vorzuglicher Mozart-
sanger erwies. Ernst Hamann
DORTMUND: Der Pianist Backhaus erschien im philharmonischen Solistenkonzert.
Obwohl den Inhali des a-moll Konzertes von Schumann mit Erfolg vermittelnd,
neigt sein Spiel vorlaufig mehr der Virtuositat zu, und in R. Strauss' Burleske fuhrte er
die Horer an die oberste Grenze der Technik. Huttner bot in Bruneau's „Dorn-
roschen" eine fesselnde Neuheit, und in der Begleitung zu der Burleske wurde das
Orchester hochsten AnsprQchen gerecht. In einer Mozartfeier liess das Spiel von
Frl. Geselschap die kleinen geistreichen mozartschen Ziige nicht vermissen. Direktor
Holtschn eider veranstaltete mit dem Konservatoriumschor und tuchtigen Solisteneineher-
vorragende Auffuhrung des „Idomeneo u , fur den Konzertvortrag bearbeitet von Witte-Essen;
die noch gebliebene HSufung und Lange der Soli beeintrSchtigten jedoch den Genuss auf
die Dauer. Mit Unterstutzung von Frau Rusche-Endorf und Bram Eldering gab der
Lehrer-Gesangverein unter Laugs ein Konzert. Manche schwierige Chore, wie das
„Requiem" von Zollner, liessen nicht nur die Gediegenheit der Stimmen, sondern auch
den kunstlerischen Vortrag bewundern. Ein Liederabend von Suse de Cave interessierte
durch die Urauffuhrung des Melodramas „Die Hexe vom Drudenstein**, mit dem Kom-
ponisten Dr. R. Hering am Klavier. Auf charakteristischen Leitmotiven aufgebaut,
hinterliess es nicht den erhofften Eindruck, weil die Themen mehr ausserlich malen als
inhaltlich erlautern. Janssen und Sahla gaben einen Kammermusik-Abend mit Sonaten
von Brahms und Grieg; bereichert wurde er durch den zwingenden Vortrag von Liedern
durch Tilly Koenen. Auch Lula Mysz-Gmeiner bewahrte in einem Hornungschen
Konzert von neuem ihre Kunstlerschaft in Liedern von Brahms, Schumann und Wolf,
Heinrich Bulle
ELBERFELD: Im vierten Abonnementskonzert der Konzertgesellscbaft unter Hans
Haym hatte man Gelegenheit, in Wildenbruch-Schillings' „Hexenlied" Ludwig
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tod
DIB MUSIK V. 11.
VSItner an bovtmderiL Dutch Weichen Anachtsf tad tadelloee Teobnik
Amtr Schnebel }m Beethovenschen G4ur Konzert and In Schabtrisejten Ks
in*. Char vad Ofl&oster botsn v Du LM mm ▼erden und Vergeben* voir V. 4© Bm
nod Glncfcs „IpUcm1«*-OtnrertBre mlt dew Sehlatt von R* Wjgper* Die KfnMtatftss
des vlerten Kflnsflefebend* tfer Kousertfflrektion de Settee* bfidete TlUy Bmrwsster,
GMli Gf oss, Olge Wood, van denes dee ersteren veUendete Metetarsduft sties
sndcre In dsn Schatten stsflts. Dennoeb batten sncb Gisefl* Gross tm FIBfril ond Olgs
Wood, von Henry Vood begfcim, ntit threat (fosssn Organ^ des de sttf dot Bfilmoa-
gsssng vsfwsufl) besonders in irtnTosiscnsn und ntsslsehon Uedern Brfolg*
P* Schemensky
FRANKFDBT *. ML: Dsss skhder Rfthlsebe Gessngvoreiu tarter der nenen LeixOf
von Siegfried Oehs to neht gsdettttchcr Vetec vetter entwiefcelt, selgte sin Kouert,
daa Brahms* »Deatschet Reqaiea* mid rat JHotsrt snsser dem Ave veram sin dlosem
hdMsn Tonstficic ettsmmngtvei • eudtes v Ltsdits dominvnt" sits dor xretten Vesper brwdtts*
SoJlston vsren A. Ten Bweyk ttnd Ftsu Bellwldt ran hlsr. In einem Mseemnskoiusft,
dessen voksle GenBsss Fran Fleischer* fide 1 cpendett, warden such die symnhotttaetae
Dfcbtnnten pKlwB de* Nsnslkss* and ,Hefmkehr* von E. Boshs fespleltj denen men
eber fast nortt kBfcler begegnete sis den Usher Mer beksraten Abschn&ten des Odysseus*
Zykltte* — Dss BBhmlsehs StreJchqutrtett ictgts skit twl seiner jfingaten Einkebr
such den Atttfctben, die Brahms sttUt On op* 51, No. l\ In bervorr sgan der WeJte go*
vschsea, Hsns Pfeilschmidt
HAMBUttG: Dte Dttefctton der pbJlharmonlsehen Komem list G!9cfcs In tan AafM-
tdich, in dem die Abssge des ftL Bosetti slo in Verlegenheit m tetien drobte,
Isndett BrnesHne Rapp-Schnmtnn-Helnk snf dettacbem Boden ond sotamU Uess As
faefflbmtn AlHstln, deren Bohm bel one einat leuehtend stifging, sfcb bereft linden, lb
ftLBosefdebtsaeprfiigen* Natfirltefa wtren enter dlcsen vertndertefl Bedingangen Probe wis
Kensert totsl aatverktuft^ mid die Kfinstkrin, die mil fereifter Tedmlk, mtt eminentent
mnslkillSGbstt Getcbmsck and prtcbtvoll blfihendetn Ton nng t mschte slle Bedenknn
xunichte, due etwa dss DoHarlsnd ihr psychlsch oder pby&licb setcbader baben kfinnte,
Fiedler, unermfldlicb In seiner Strauas-PrQpagandi, brtcbte in dlesem Konzert wieder
elninat den *Ziratbustn*; mm Entaetzeit dea unmuaikaliacben Teiiea dea Pnbliknms,
daa gerade dleamal der Solisdn wegen anden gemiacbt war, als aonst wohl, Mlt einein
groaaen OrcheaterkonKert vorgeladenen Glaten fQhrte aicb Walter Arm b mat, der Sohn
dea bier unvergeasenen Organisten und Mu»ik«ch rifts tellers C* ArmbruBt, in seiner Vater*
stadt ale DIrlgent ein, Der )ange Mann, dem es an innerer Abklirung und an Reife fm
Teebniachen noch mangelt, machte ad der Spitze dea Neuen Hamburger Orch titer* seine
Sacbe gteicbwoblaogut, daaa man ibm elneerfeigreicbe Dirigentenlaufbahu voranasagen darf ;
rorauagesetzt, daas er in elne arbeittreicbe Position gelangt f die ibm Gelegenbeit gibt,
daa Handwerk dei Kapellmeisters beberncben zu lernen* — Die BrQaaeler Kammer-
muaiker acbelnen aicb nun endllcb bier auch in welten Krelsen durcbgeaettt zu baben,
denn bei ibrem letzten Konzert, daa aicb wieder urn der Mitwirkung dea Hcrrn Ammer-
mann zu erfreuen batte, aaben ale aicb elnem volien Stale gegea&ber. — Elne junge
Hamburger Slngerfn und Gesang&lebrerln, Annie Bookboltz, debfitierte ver der Offend
licbkelt ihfer Helmatatadt mlt einem Liederabeud, deaaen Program m der Initiative und
dem Musiksinn der jungen Dame tile Ehre machte. Lieder von Mahler und Schillings
hflrt man bei una nicbt alle Tage. Aucb ala Slngerin aebnitt FrL Bookboltz, die uber
eln aehr hubscbee, sympatbiscbes Material verfiifit, im Vortrage freilich reichllch objektiv
bleibt, recbt gut ab. Denn Mlngel ihrcr Intonation darf man in der Htuptsache boffent-
lich auf die Bcfangenbelt einea Debuta achleben. Der Welmarer SolocelHat E, Roa4
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KRIT1K: KONZERT
spielte auf einem tonlosen Violoncello — das Instrument des Kunstlers hatte auf der
Reise hierher Havarie — einige nichtssagende Kleinigkeiten, die teils wirklich von
Godard waren, teils von ihm hatten sein konnen, und als fleissiger, schmiegsamer Be-
gleiter sass den ganzen Abend Herr Birgfeld am Flugel. Heinrich Chevalley
HANNOVER: In unserem Konzertleben wurde des Mozartjubilaums lediglich durch
ein geistliches Konzert der „Musikakademie" gedactat. Das aus Cboren und
SolovortrSgen zusammengesetzte Programm — Solisten: Klara Erler und Anton Hekking
— nahmen unter der Leitung von Josef Frischen einen im ganzen recht befriedigenden
Verlauf. — Berechtigtes Aufsehen erregte das erste ofFentliche Konzert unseres „Manner-
gesangvereins", unter seinem neuen Dirigenten Frischen, wegen der durch riesige
Schneid und wahrhaft begeisternden Schwung ausgezeichneten Chorleistungen. — Im
sechsten Abonnementskonzert brachte die Konigl. Kapelle unter Doebbers Leitung
die Symphonie „Aus der neuen Welt" von Dvorak (Novitat) und Bizet's „Roma-Suite a
vorzuglich zu Gehor; Eugen d'Albert glanzte als Beethovenspieler in dem G-dur Klavier-
konzert. L. Wuthmann
HEIDELBERG: Der Ton liegt auf drei Konzerten des Bachvereins. Das erste war
der franzosischen Musik geweiht; man hdrte Berlioz' w Harold en Italie", Char-
pentier's .Napoli", den hier neuen „Apprenti Sorcier" von Dukas und Lieder verschiedener
Art, interpretiert durch die charaktervolle Kunst von Nina Faliero-Dalcroze. Das
zweite Konzert war ein Mozartabend und brachte vokale wie instrumental Kompositionen
des Meisters; besonderen Anklang fand eine von Wolfrum aus den w Deutschen* und
Menuetten zusammengestellte Tanzsuite. Das bisherige Hauptereignis dieser Konzerte
aber bildete die vom Komponisten selber geleitete Auffuhrung der Regerschen
Sinfonietta, die eine warme, ja enthusiastische Aufnahme bei einem allerdings in vieler
Hinsicht wohl vorbereiteten Publikum fand. Auch die iibrigen angesetzten Regerschen
Kompositionen, Lieder und Orgelsachen, wurden beifallig vernommen. Den Abschluss
des Abends, der das Orchester auf seiner Hone zeigie, bildete Liszts „Hunnenschlacht a .
Von den ubrigen Konzerten sind erwahnenswert ein Beethovenabend Lamonds, ein
solcher, im Auftrag des Bachvereins gegebener, Edouard Rislers und einige Mozart-
konzerte, darunter eine der Seeligschen Kammermusiken und ein Abend des stadtischen
Orchesters. Hermann Voss
KASSEL: Die hochgeschatzten Konzerte der Konigl. Kapelle unter Dr. Beier brachten
eine neue symphonische Dichtung „Liguria a von Reinhold Hermann, ein Werk,
das in funf Bildern: „Das weite Meer", „In den Bergen", „Schirokkonacht", „Tanz der
Leuchtkafer" und „Beim Kirchfest" in Melodik, Harmonik und Tonmalerei viel Inter-
essantes und Schones birgt und eine freundliche Aufnahme fand, ebenso wie eine neue
dramatische Szene desselben Komponisten „Liliths Gesang", die von Frau Herzog
trefflich gesungen wurde. Zugvoll und gediegen erwies sich F. Mayerhoffs h-moll-
Symphonie. Der dem Andenken Mozarts gewidmete Abend bot als Hauptnummer die
Jupiter-Symphonie, die ausgezeichnet vorgetragene Serenade in c-moll fur acht Blas-
instrumente und das A-dur-Violinkonzert (Petschnikoff). Mendelssohns Violinkonzert
und die Coriolanouverture beschlossen das Programm. Aus den Kammermusiken der
Herren Hoppen, GShlert, Keller und Monhaupt seien als besonders hohe Genusse
hervorgehoben B-dur-Quartett und Klarinettensonate in Es von Brahms, die Herr Loh-
mann (Klarinette) und Dr. Zulauf sehr schon zur Geltung brachten. Der Mozart-Abend
der Kunstler bot das Quintett fur Klavier und Blasinstrumente in Es, das C-dur-Quartett
und das Trio fur Klavier, Klarinette und Viola, alles in exquisiter Ausfuhrung. — Der
Oratorienverein unter Hallwachs feierte wurdig Mozarts Geburtstag mit einer wohl-
gelungenen Auffuhrung der c-moll-Messe. Die Solisten Frau Ettinger, Frl. Leyd-
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3SS
DIB MOSIK V. 11*
flecker, Georg Walter ana Dfisseldorf and Operntfoger Kaee m iter Idrtotoo
Gates, cttm Tell Vonflgllcboe. — Neae Lorbeerea enttete die Me tain g« Haflmpeltt
mlt der Eroica, dor Leoaoren-OavertBre, Wagner* Fatutsrmpfaonte und dem HexenBod
(unter Mitfflrktrag Meister Winners). — Elnen geaussreleben Abend gevtbrta «&e
Kontett der tficbtigen Geigerinnen Frl Fercblaad and FrL PBret mlt Overtoil (Mp,
Trios) Ton Bscb, Mozart, Spohr, Slnding tad Jnon. Or* Brede
KOLN: Itn scbten GBrzenleb-Koazert erztelte In Urstjff&brung dss fteoo ma*
bngrelcbe MysteriatD ^Totenunx" von Felix Woyrsch groenn Ertbig* der den
tnt Alton* bier tnweeeoden Antor oftmits sal dee Podium berieL Im Stile Holbeifts
bat Woyrscta ate Textdlcbter von poetEscb tlefem Empflodea nod scbSoer Spracbe dm
Gmppe von detn Mentcbenleben enlnommeaen BUdera aneiaeadergereibt: ttach Versa*
gang eines den Zug dee Todee sehUderadea Chores bringt (Us erste Bild den beta As*
drRngea der Felnde gemoiasam mlt seiner Uebttngssklavin Mjrrba slab vom scbwelge-
rlscbm Gelsge In die seibstentzBndetca Flammen seines Pslsstes stBtsendm KJhfig
SsrdanapsL Es Iblgt efaie buntbewegto Szene ens dem Lattdaknochdeben mlt dom Tode
etiies Mb wn der Uebenden Mutter geocbledeneii {ugendtlcben mmpee* Im drltteg
Bflde eatttbrt der Sensenmann ©in kraakes Kind sub der Matter Arm. Duviortc xelgt
den mlt seiner Geige alio Herien besvHtgenden Stylelmsna Friedel, wis or die Letter
zo Uebchens Fenster omporgeklommen 1st and vom aeldiecbea Alberstffrer in die TJeft
gescbleadert vtrd. Scbliesslicb retost der Tod etnoa getebrten Grets rem bsJbvolteadeta
grosson Works, dss ibm die Uneterbltobkeft errtngen sollte, erbsfmangslos blnttg* In
VerUlntagageslnfea and HaUelnJi t&nt in Gsnze sua* Exotischo Tiage, Schlscbtea*
getflmmel and dfe Einfiecfctnng mancbofiei sndem Beiwerks in Fersoaen and Headlttage*
momentea liessen d«a von sefnem Paaakmsotatorintn r&bmlich bekaaaten Tonsetxer
seine vlotsoitigo mnsifcalisebe lUnstriemagikinist im gfiastigsteo Licbts zotgon* Prtobtlg
geaetste Cbftre, fntmssmt faebsndefte Solopsrtteea and eine don gemlsstgt Moderns*
konazelcbneade^ woblUntroiche Orcfcesterspracb* bewibtea den Etber «unntendti malo-
discbee Etemont lelcbt and docb each zeitveillg bewaost spsrssm vorfOgenden Tonsetior
tuf dor voliea H5he seiner hoebstrebenden Scbaffcn&kraft. Einzeinea 1st wohl etvis za
breit gedleben — gem&ss der textlichen Aniage — sber die Moment*, wo die Art dor
Erflndnng odor Ausgcstiltung dss fSblbsr micbt f slnd docb schneli vorfibergobendo.
Frttx Steinbscbs gllnzende Dirlgentenfcunst scbuf in Orch ester and Cbfiren sine
wundervoile Auff&bntng. Ais Soli* ten trsten Clotblido Wengcr 4 H.Weil, Ctrl Perron
und Ludwig Hess in beksnnt trsfflicbsr Weiss fur ibre scbOne Aurgsbe ein.
Psai Hilier
KOPENHAGEN;Zu Weibnscbten brschtederMu&ikrerein In der Frtuenkircbe elne —
tellvelso gelangene — Auffubruog des Weibnscbts-Orstoriums von Bicb. Ans dem
nsch Neujshr wleder aufbiflbenden Konzertieben nenoen win Dobnanyl's Komert, die
.BrGsseler* (die dss sebr Imeresaierende Debussyscbe Quartett bracbten); dann dss
Auftrcten des norwegiscbea talentvoilen fUsvierapiders Karl N less en and nocb mebr
dss mlt Jubel surgenommene grosse Koniert der Scbveden; Sicnbsmmsr, Aultn,
Alfvin rait den Gesangskunsticra Forsellund FrL Svlrdatr&m zussmnien, — Mozart
wurde mobrfscb gehuidigt, namemllcb im Clcilienverein (c-moll Messe und Brucb-
st&cke sua der von unserer Oper ganz vergesscnen Zauberflftte) und in den Palais-
konzerten von Joacbim Andersen mft sebr stilvollem Programm. — Der plfitzllcfae
Tod unseres aiten KSniga wird einen pl5tilichen Stilistand des eben sehr blubenden
Konzertlebens mit sich bringen. Wiliiam Bebrend
LEIPZIG: Gerade am 27, Janaar, am 150, Geburtsiage Monrts, gab es bier ausser der
Don Juan voratellung im Tbeater nocb eine vom Riedcl-Verein (Dr. Georg GSbler)
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KR1TIK: KONZERT =5jfeo^
veranstaltete Thomaskircben-Auffuhrung der „c-moll Messe", die unter solistischer Mit-
wirkung der Damen Ruckbeil-Hiller und Leydhecker und der Herren Ankenbrank
und Lehnert wurdevoll scbon gelang, und die vierte Gewandhauskammermusik, bei
der unter Hinzuziehung des trefflichen Pianisten Ernst von Dohndnyi und einiger Ge-
wandhausblSser das dreistimmige Streicherdivertimento in Es-dur, das Klavierquariett in
g-moll und das entzuckende Es-dur Quintett fur Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und
Fagott sehr ansprechend wiedergegeben wurden, und so blieb denn weder Zeit noch
Interesse fur ein auf den gleichen Abend anberaumtcs Konzert der mit Hertha Dehmlow
debutierenden Bruder Ignatz und Wladyslaw Waghalter ubrig. Zum kunstlerischen
Hohepunkt der biesigen Mozart-Feier wurde der funfte Kammermusik-Abend der Boh men,
der pr&chtig mit dem C-dur Streicbquintett anhub und nach abermaliger Vorfuhrung des
g-moll Klavierquartettes 1am Flugel Fritz von Bose) in eine ganz wunderbar schone
Reproduktion des A-dur Klarinettenquintettes ausmiindete, bei der die Horenden besonders
durch das ganz herrliche Klarinettenspiel von Oskar Schubert wie „in eine bessre Welt
entruckt** wurden. Eine von den biesigen Ortsgruppen der internationalen Mozart-
gemeinde und der internationalen Musikgesellschaft veranstaltete Feier, bei der
als einzige ernst-kiinstlerische Leistungen einige Liedervortrage von Anna Hartung
wirkten, gipfelte in einer sehr wohlgelungenen kostumierten Vorfuhrung des Mozartschen
musikalischen Sextettspasses „Die Dorfmusikanten" durch Herren des Gewandhaus-
orchesters und machte also gleichsam ausnahmsweise auch das Apollo-Fest dieser Mozart-
tage mit einem Satyrspiel ausklingen. Das gutgelingende 15. Gewand hauskonzert
brachte zwischen Schumanns Genoveva-Ouvertiire, Handels g-moll Streicherkonzert und
Beethovens c-moll Symphonie Klaviervortrage von Ernst von Dohn£nyi, der mit
Schumanns a-moll Konzert und den Handel-Variationen von Brahms voile, edelgeartete
Meisterschaft bekunden und grossen Erfolg erzielen konnte. Im 16. Gewandhaus-
konzert gab es als von Arthur Nikisch vorzuglich einstudierte Novitaten die erfindungs-
magere aber raffiniert zugerichtete Phantasie-Ouverture w Hamlet u von Tschaikowsky und
die von Weingartner fur voiles Streichorchester eingerichtete grosse Quartettfuge op. 133
von Beethoven, dazu aber erklangen nach Mendelssohns A-dur Symphonie noch Lieder-
vortrage von Maikki Jiirnefel t, die trotz ungenugender Schulung des Organs mit der
Fulligkeit ihrer Tone und mit dem Temperament ihres Vortrages besonders als Interpretin
finischer Gesange von Jarnefelt, Merikanto und Sibelius sehr freundlich anmuten konnte.
Das achte Philharmonische Konzert, das Hans Winderstein mit tuchtigen Inter-
pretationen des Lisztschen „Tasso a und der Berliozschen w Cellini-Ouverture a umrahmte,
vermittelte die Bekanntschaft mit Joan Manen, der in Lalo J s ^Symphonie espagnole"
und Palloffen's „Introduction, Adagio und Variationen" durch Susse des Tones und
phanomenale Technik bestricken konnte. Der akademische Gesangverein „Arion w
(Leitung Paul Klengel) exzellierte in seinem unter Mitwirkung von Carl Scheidemantel
veranstalteten Winterkonzert mit der klangschonen Vorfuhrung von „drei schottischen
Volksliedern a , gesetzt von A. von Othegraven, Hegar's „Die Blutenfee* 4 , w drei Madrigalen
nach Hasler und Morley", gesetzt von Max Reger, und von Fritz Neffs kraftvollem w Ein
schon deutsch Reiterlied" und brachte daneben auch Hugo Kauns stellenweise wohl-
gelungenen „Normannen - Abschied" zur Erstauffuhrung. Von einer Auffuhrung der
„Schopfung a durch die Leipziger Singakademie kann ich ebensowenig berichten,
wie von den Taten des Leipziger Mannerchores, da diese beiden von Gustav
Wohlgemuth geleiteten Vereine durch Nichtubersendung von Konzertkarten wohl
zu verstehen geben wollten, dass ihre Leistungen uber — oder vielleicht auch unter —
meiner Kritik stehen. Ludwig Wu liner wusste mit der gesprochenen ErzShlung von
der „schonen Magelone** und mit andeutendem Gesangsvortrage der Brahmsschen
24*
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
300
DIB MUSK V. It-
liageloite-Roniuixen tu hUeroaaleren, EUsabefh Hnnbtn mtcbte bednnern, tat Btft
symptihlsche Sdmme noeh der vellen Atufetldttn* etmsngelt, und tbnlteb tttftd m mftt
TBIy Brlenmeyer, die ihrcn Alt tUerdmfi achoa temptnmeaJKUer »
verstebi, wibmid Emmy Oelachlegel tcbleunlftf an dm ttbUUchaa Herd 3
iailt*, ATno AckfA iter mlt fbren enra senlenlosen after ttimmlicii
batten Koroerfalngen du YeriMgen ntob otoem Tbeaierbegegniiti mlt thr
feenitte. Der tslemvoOe aber noch nieht hrtlgft Getter Kail Klein begeffttte
Ikftem Intercast, and eebHeaaHcb nude BmB Saner — nicbt tit IfartMfmtfifdtger
Baptellen~K*mponlat und aneb nicbt tb mwm Itnnender Virtuose — vdU after ait
anttrordendlcb htoeiiiniger Mebtertpleler (Schnbert-Tahtlfc Schumann, Chopin, Brahma)
in ettaem trtten Klaviembend mlt to stflrmiac&er Beg riam tmg aoifeeaoamie% daw «r
Mch dam tveften Abend ansetzen mntttt. Arthur SmolUm
MAGDEBURG; Zn bericfcten Itt Tim einem Konzert Im »Kanfmlnnieeh*n Y*r».
tin"; tt bracfate die E*-dw Symphonic v<m Hot trt vftd tit eifi>lgreteb* SoUmm
Unit Fhllf ppl (Bttel) mlt der Alio tut „Stnuon and Dtlfit* nod Utdent von Brahate
mid Refmtnn towit Artttr Schntbel mlt dem d*meU Klavitrfconaett voa Mtttrt ud
dem Karaeval von Schumann. Im Programs des Hnfken Symphoniekimtert* dee Stndt*
theaters tttoden Beettovent w Ertte* ond di« Orchesterviriatioaen m <L SebymmMu
Alt Sotttftn virkten Katbtrtftt Goods 00 trit v tin Ftsniettn von ttocbenrtfftokeiler Teektrik
after *enjg Tlnne det Goflble, tmd Rudolf Monet nut Hannover. Die svelte Halite
det Mounts januar stand In den tnderan Koiueittfien tnch im Zefcfatn dte Bwdertp
nadfOrtttflfarliea, Mo tarts, der, tun tin Wort Jttn Parts am? Ibn ansnwentet vti die
Jogend dn Gelttes, ewfg netn wlrA Max Haaee
MANCHESTER: In den HaH6-Konzerten miter Ham Rlchter kamen die Symphonies*
in Bt von Bruckner, la D ton Brahma, Ho, 8 von Beethoven nod die onvenneMHeho
•anthettedie t«o Ttebttkovaky n ettogeteUhnetor Attfffibrunc, Ate Heaheft Mrten trfr
Blf art Introduction ttnd Allegro IBr Strtbter tUeto, mtt Solo-Stretehqatfttttt eta Verity
dtt trot* sorgflltig vorbereiteter da ctpo-VIedergabe ttnd trott der vlrtnoeen ArafBbnntg
keiDca wirklicben Erfolg btfte, lch b5cte e* kttrx vorber uater Elgir selbtt, httte et
imdlert, o&d hud, data das etwsi prlcenHSse Verk durch Wiederbfiren ktnm gewtnn-
Kreisler ipielte dts Mendelssohnscbo und dts A*dur Konitrt von Maim, and Ltdy
HtllA irotx ihrer 65 Jabre htrrlicb das Beethovepiche. Kreisler fab such tin elftnet
Konzerl mlt ausstrordtctllcfaero Erfolg Ed. Sac hi
ANNHE1M: Die Komerte tteben jetit hit aainabmslos Im Zefchen Moztrts, Dts
Qutrtett Scbuiter felerte den 150. Gedenktt^ durcb Ktmmennutik (Klirlnettentrlo
and -QuJntett)^ der Lebrergeiangverein darch CbSre, dtninter such dts w Ave vemm H
and Lleder fur eine Sitigitimme; der Muslfcveretn tractate unter Kiblers Ltitnng
das Requiem zu eitter trelTljcben Wiedergabe, der PbUbarmonlscbe Vereln spiel te
die c-moll-Sympbonie utd betleltete das Vloliakonzert in A-dur, das Petscbnikoff,
sowie dte Symphonic concertaote fSr Vlollne und Violi^ die Lilli Fetich nikoff nnd
ihr Gttte vollendet ztisimmcn spielten^ Clara Erler erwles sich In Lledern and etner
Arie sub H [domeneo H sis auagezeicfanete Mozartslagerln. In der letzten Akademle apjelte
d' Albert j dann dirigierte er seine schwungvolle Improvisator-Ouvertlire uod einite be-
deutaame Gosinge mil Orchester^ die seine Gail in mm Vortng brachtc,
K. Escbmann
\EV YORK; Tlbrend unsere Oper das Mozartjubillum nur mit einem Terke felerte,
tlbt ea keineo Orch eater- oder Kammermusikvcrein hler zu Lande, der nicht etwaa
zur Feier be i get rage d bat. Sam Fran to verspricht als .Novltli" Mozarts .Dorfmuti-
kaaten", tn denea, wie er annimmt, der grosse Meistcr und Humorist gewistermaasen
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
M'
N'
361
KRITIK: KONZERT
uns quasi prophetisch die neuesten deutschen und franzosischen Musiker, mit ihren aus-
gesuchten Dissonanzen, ungelenken Modulationen und sorgfaltig beabsichtigten Feblern,
persifliert. Die Philharmoniker begnugten sich mit einem von Reisenauer gespielten
Mozartkonzert, in einem dritten von Wassili Safonoff dirigierten Konzert. Der be-
ruhmte Russe besucht uns zum dritten Mai, und ist hier so beliebt geworden, dass
ausser den zwei Konzert- Paaren, die er dirigieren sollte, ein Extrakonzert gegeben
wurde. Es batte ein Tschaikowsky-Programm, mit der Pathetique, und erregte Aufsehen,
wie keine Orchesterauffuhrung seit Seidl's Tod. Es steckt eine elementare vulkanische
Kraft in diesem Manne, die hier sehr imponiert. Wenn die Philharmoniker einmal ihren
Gastdirigenten-Plan aufgeben, dann wird ohne Zweifel Safonoff die Stelle des permanenten
Dirigenten erhalten wenn er sie wunscht. Er verzichtete ubrigens wieder ganz-
lich auf die Hilfe eines Taktstockes, und zwar mit wundervollem Erfolg. Allerdings hat
er erstaunlich „sprechende" Hande; man konnte bei ihm von Handfertigkeit, wie bei
bei einem Klaviervirtuosen von Fingerfertigkeit, reden. Dass wir keinen Mangel an
Orchestermusik haben, geht daraus hervor, dass in der letzten Woche innerhalb vier
Tagen (11.— 14. Jan.) das Bostoner Orchester dreimal hier spielte, die Philharmoniker
zweimal, und das New York Sy mphonie-Or#hester einmal, bei welcher Gelegenheit
Weingartner wieder einen durchschlagenden Erfolg hatte; mehr aber mit Berlioz*
„Phantastischer" als mit der ersten Schumannschen Symphonic Henry T. Finck
PARIS: Zu Ehren des hundertfunfzigsten Geburtstages Mozarts veranstaltete Colonne
in seinem Sonntagskonzert des 28. eine Art Mozartfeier, die leider von geringer
PietSt und noch geringerem VerstSndnis zeugte. Die Jupitersymphonie war ungenugend
vorbereitet, was namentlich im fugierten Finale peinlich hervortrat. Ein wenig bekanntes
Andante fur Flote und Harfe erwies sich als unbedeutendes Gelegenheitswerk, die von
Lola Rally (Berlin) mit guter Schule, aber schwacher Stimme vorgetragene Koloratur-
arie des „Pastor Fido a als schwache Jugendarbeit. Drei Fragmente der Zauberflote wurden
in folgender seltsamerOrdnung vorgefuhrt: Bildnis-Arie, Introduktion, Ouverture. Der Tenor
Plamondon ging an, aber die drei Damen der Nacht weniger. So blieb nur das von
Firmin Touche mit kleinem Ton, aber mit hubscher Nuancierung vorgetragene Geigen-
konzert in Es-dur als vollgultige Festnummer ubrig. Bei Chevillard und in den beiden
Opemhausern wurde Mozart gar nicht gefeiert, aber dafur hatte Le Rey den bizarren
Einfall, nahezu den ganzen Figaro in Konzertform zu geben. Die gleiche Singerin sang
dabei die GrMfin und den Pagen. Man kann sich denken, welche Wahrheit des Ausdrucks
da zustande kam! — Das wichtigste Konzertereignis der letzten Wochen waren die beiden
englischen Konzerte im Ch&telet. Dreihundert Chorsanger von Leeds hatten sich mit
dem Londoner Symphonie-Orchester und mit funf Solisten verbunden, um die ^entente
cordiale" vom politischen aufs musikalische Gebiet zu ubertragen. Deutschland war
ubrigens von dem schonen Verbruderungsfest auch nicht ganz abwesend, denn es lieferte
die erfolgreichsten Nummern des Programms. Nachdem die Damen und Herren von
Leeds mit einer Hoflichkeit ohnegleichen und einem ruhrenden guten Willen die
Marseillaise franzosisch gesungen hatten, spielte das Orchester Saint-Saens' „Phaeton a ,
der von dem zahlreichen Publikum sehr gut aufgenommen wurde. Dann folgten moderne
englische Werke von Parry, Sullivan, Mackenzie und Cowen, von denen nur ein
zierlicher Nymphentanz Sullivan's fesselte. Erst mit dem geist- und lebensvollen „Don
Juan a von Richard Strauss, den der Franzose Messager flott dirigierte, wurde aber
die Stimmung warmer. Wagners Meistersingervorspiel erregte den ublichen Beifall.
In wahre Begeisterung geriet aber das Publikum erst bei der an den kuhnsten polyphonen
Verwicklungen reichen Motette von Bach „Singet dem Herrn ein neues Lied". Eine
macbtvolle und bis ins einzelne genaue Chorleistung ist eben in Paris vollkommen un-
( " i m \i-\ L - Original from
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362
-DIB MUSIK V, 11*
m&gUcb nad anerbSrt. Alle Voraocbe, etnea groeaaa and necb «Dn Riebttmfoo
verflealgeQ gemiiehten Cbor bier ttx fritadea, tlnd gcecbettert Antb du
freaadllcbe Unternehmen Victor Charpentfert, daa nocb Im Herbet eta bdtn
gab, aehefat aaJjgegolMQ zn eefn. Erkiltend wlrkte d*an wieder daa Vtd*nt» nod
Pintle ant doer trtacbm Sjrapbonle no Stanford, der ala Dirfgeat dee OrefcMtan
mit berflbergekoramen war, and sum Schlnee erbiaoata mtt defender Macht der
Schlnaeebor ana Htndela »Iarad hi Agypten*. Noeh beaeer, iti daa cfete> wmr das
svelte Konxert teaucht, well die aeunte Symphonic Beethoven* auf dim Prdgraoua
etand, damn Cborpartieen bier aodta nle eo groaaartlg a«r Galtttag gekomtnen dad* Aoefc
daa Sanettia aae Bach* ta-moil Meeae wirkta alederachmefiernd, trad aagar dMi Sim am
einem deb ror alien berBbmten Mnafern vernefgeaden Requiem too Stanford xoftt
efalgen Nuteen vea der prachtvollen Cborleiatnng. Etwae hflher stand immertUn notar
den moderaen Saeben ein CboratBek ana El gar 'a »Ktfnlg OlaP, aber im ganaen bat die
aeltgantieelacfan engtiacbe Kompoalttan ia dleaen awe) Koaaartea kdzwa b1efbend*o
Eladrndk Mntarlaaaen, AUe dteee Herrea haben affleabar ia Berlin Oder ia Ldpxig die
beaten Kaneervatottaaieaatan davangemgea, aber ale aind ibr Lebea lang ff 1 ** SdiBtor
gebUftben, die aelbet die Kleaeifcer nnr %arch die Brtlle Mendelaaohne an betracbton
wagen. Aucb ale Dtrigaat der Netratee begnBgte aicb Stanford mil elnor gewiaaenbeftea
Korrektbtf t> bei der anr daa Scbenco att eetnem Beobie kam, Zwiacben bddea Otabaetm>
raanataltitafan gatrtn die SoHetea Roae Ettiog er, Coatee, Fraud* Brian tuner der
Filming van Marie Br em a efatea Liederabend im Baal Brard, der beaaer beiucbf sa
warden radiant* Den Scbltiaa bildet* die etadigt «ng)lecbo Kompodtlon, die wiridldi
gefld in dieaen drel Tagan, abnlltib eta altae rweietiinraigee Volkalied „The K«fa of
Heaven*, Fraa Brema and French Braaa maeaten ea wiedertaolea. Zwai Tage aplter
blldeto Fraa Brema each dea grfaatm Anxlebtragaptmfct bei der acbteo Jakreefbler too
Zola'* J'aocneo* im Noareaa*Tbittre. Ste m»f dii Venrfineehnng dea Kriefea aas
Zola-Braaeaa^a tt Attaqaa da Manlia* ebeaea kriMf wr, wie elaat die Delna* — Nach
dea pweltigen engjticben Cborlelatttnfea IBbrte nna die »Socl*t* J. S< Bach" wleder
zur Parlaer Bescbeidenhek auriick. Der von GusUve Bret geleltete klelne Cbor hat
aicb im xwelten Jthre seines Bestehens lelder weder vennebrt noch verbesaert. Daa
P*a*aaenwerk war sehr ver&cbwommen in der Kantate ^Nun Itomm, der Heiden Heitand".
Waa dlesem Kontert aber grosaen Erfolg eiobrtcbte, war die Micwirkung dea deutacben
Tenoriaten Gcorg Talter, der dtn Becbschen Stil auageielcbnet beberracht — Die
modcme fruu&ijacbe Koroposition 1st iwar ffir die grosse Komertmuaik aucb Eiemlicb
unfruchtbar, stebt aber docb welt ubcr der engllachen. Nacbdem sowobl Cote an e ale
CbeviMard, der er star e aogar zweitnal, Ibr game a Program m mit Berlioz* ^DansnaHon
de Faust" gefutlt batten, bracbten aie am glelchen Sonntag erfreuHcbe Novitlten, Bei
Colonne war ea elne nicht aehr streng gefQgte, aber docb lb rem Namen Ehre macbende
dreisttzige Symphonic dea jungen Rnmlnen Ceorg Eneaco, der aicb am Pariaer Ronaer-
vatorium sowobl aia Geiger, als Pianist^ wie ala Komponist hat auabilden laaaen. Ala
Kompoafat buldigte er anfanga einem extravaganten Programmusikstil, den er nttn fiber-
wunden zu baben scbeint Bei Cbevillard war ea der berells vorteilbaft belcanate
Komponist A. Coquard t elner der wenigen w It Ic lichen Scbuler C£sar Francks, deaaen
klelne Orcbeateraulte .En Norvige - aehr btifftllig aurgenommen wurde. Am Nordkap
iucbt die Sonne in Form einer Trompete durcb den Orcbesternebel zu dringen. Dieaer
Gedanke bat Goquard daa Scbema zu elneni ziemlich origlnellen SchEusssatz geHeferr*
Weniger gunatig wurde im gleichen Konzert die wabrbafE norwegiscbe Musik in der
Form eines Geigenkonzertea von Striding aufgenonimen t obwohl ea Johannes Wolff
vorzfiglicb vortrug* — Die Kammermuaik erfreut aicb immer steigender Beliebtbelt*
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
363
KRITIK: KONZERT
In den Soir6es d'Art vollendete das ausgezeichnete Streichquartett Capet den Zyklus
der Beethovenschen Quartette, und zum Lohne der Mube wurde ihm eine ungewohnliche
offlzielle Vergunstigung zuteil. Die Kunstdirektion offnete ihm fur zwei Konzerte die
sonst nur der alten SociSte* des Concerts zuganglichen Hallen des Konservatoriums-
saales. Es wird dort einem grosseren Publikum die funf letzten Quartette und die
grosse Fuge vorfuhren. - In der Societe Philharmonique kamen im Konzert des
16. Januar nur zwei Kunstler zum Wort, aber da es der Geiger Kreisler und der
Pianist Mark Hambourg waren, so wurde gerade dieses Konzert besonders stark besucht
und der Beifallssturm entsprach diesem Zudrang. — Das Rotterdamer Trio (Verhey-
Wolff-Mossel) zeichnete sich im folgenden Konzert im letzten Trio Beethovens aus, und
die fur den tragischen Ausdruck sehr begabte Frau Boy6-Jensen sang die dustersten
Lieder von Schubert, Schumann und Brahms. — Als Londoner „New-Trio a prasentierten
sich am 18. Januar im Saale Pleyel sehr giinstig drei deutsche Kunstler: Epstein,
Zimmermann und Ludwig im ersten Trio von Brahms und im B-dur Trio Schuberts.
Der Bassbariton Theo Lierhammer steuerte Lieder von Schubert, Schumann und
Brahms bei, die fast noch mehr gefielen, als die Triomusik, namentlich das nieder-
deutsche Lied im Volkston von Brahms. — Unter den unglaublich zahlreichen Klavier-
virtuosen stand diesmal Josef Hofmann obenan. Er wurde zweimal bei Colonne mit
Beifall uberschuttet, wo er Beethovens G-dur Konzert und Saint-Saens' c-moll Konzert
mit uberlegener Kraft und daneben auch mit einem wunderbaren, weittragenden Piano
vortrug, und gab bei Erard drei eigene Konzerte, wo er namentlich in den schwierigsten
Werken von Chopin (h-moll Sonate) und Liszt (Les Fun£railles, Don-Juan-Phantasie)
gianzte. Felix Vogt
STUTTGART: Max Regers interessante „Sinfonietta a wurde von Pohlig im sechsten
Abonnementskonzert meisterhaft dirigiert; die Aufnahme war ruhiger als anderswo.
Das siebente Konzert brachte Beethovens Pastorale und A-dur Symphonie in genial ge-
leiteter Ausfuhrung. Die Symphonie- und Kammermusikabende Riickbeils in Cannstatt
werden erfolgreich fortgesetzt. Im Volkskonzert fiihrte Nagel (Esslingen) Mozarts Requiem
auf: die vierte Wiedergabe innerhalb 114 Jahren. Alle Achtung vor unserem Mozart-
kultus! Dass Mozarts Volkstumlichkeit fraglich ist, bewies der mSssige Besuch des
billigen Ausnahmekonzertes, das Wendlings Streichquartett gab. In einem Kammer-
musikabend machte Wendling mit Wolfs d-moll Quartett, einem Werk von grosser sach-
licher und personlicher Bedeutung, bekannt. Aus der Flut vieler anderer Konzerte lSsst
die Erinnerung Frau Gmeiners Liederabend und Rislers Beethovensonaten auftauchen.
Dr. Karl Grunsky
WEIMAR: Wir erfreuten uns eines zweiten Sonatenabends von Stave nhagen und
Berber, eines Konzerts des Kunstlerpaars Stavenhagen, einer Mozartfeier des
Krasseltquartetts mit Fraulein Ucko. Direktor Degner beging wurdig den Todestag
der Grossherzogin mit Vortragen auf der von ihr gestifteten Orgel und brachte uns die
interessanten Variationen fiber „Wer nur den lieben Gott" von G. Schumann, dessen
Variationen fur zwei Klaviere (G. und C. Schumann) wir schon in einem Konzerte des
Fr2ulein Mardersteig genossen batten. Mit Vergnugen horten wir A. Friedenthal
und die gut und empfunden singende C. Schattka, einen Wagnerabend von Briese-
meister und Dillmann, und im dritten Theaterkonzert von R. Burmeister vor-
zuglich gespielt Chopin's f-moll Konzert und den Mephistowalzer. Prof. Bach ma nn
Wegen Rauramangcls mussten fur das nachstc Heft zuruckgestellt werden die Berlchte: Brlinn, Chicago, Essen,
Genf, London, Petersburg, Posen (Konzert).
f",^,,,!,. Original from
J :, :i,c::t ::-, V .UU^R UNIVERSITYOF MICHIGAN
Dan beiden Mlnaeta, deran Fortrlte outer* Beilagen erSftien, 1st daa gcmrtnaaiit dtu
ale m den Labrern Beetborena gebSren:
Cb flatten Gotilob Neefe (1748—1198^ Abar i«mo StoUmig la tor Geeebicble dee
Melodrama die Fortseteong dor Iitetochea Arbeit Auflttfelnee gfttjOOterrfchteto rat
1782 jib Beethoven In Bonn;
JobtQD Georg Albrecbtaberger (get a. Ftobroer 173Qv der gpaebltxte Theoretiker
and Kompoolst, erteUte Beethoven 1194 Umerrtcbt im Kontnpnakt Ofi
Portrlt Albrecbtabergere liegt der Stieh m C. F* Rtodel, Lelfilr 180^
Zur Brtaaenmg tn Joseph Velgl (f 3- Febr. 1846) brfngea wfr set* BUd oacb efarai
alten Sticb von WacbamaaiL Von aelaen fiber 30 Opem ttrfteitte deb die pSclrwiwr-
fitailte* lange Zelt bindnrch ungeatatner Popolarttit nad g-roaaer Vorbtttttiag.
Dem Andanken einee der veidleateatea KlavierpHigogpa tuteerer Zelt, Lottie KBhter
<f 1& Fetaraar laae^ let die nlchfte Bfatt gevldaieL Kfiftlar» der Brbe Karl CierayX
verWenfllcbie nebea eetaea Studied- and Etfldenverten eacb lUaunenattatfceo,
drel Opem u, a* Awh war er fleUstger Mltatbeher vereoHedeaer Faduehnefariftea,
Be ftrigt da* Bild wo
Ldo Dellbee (gab* 21* Febraar 1838); von ealnen Opera nnd BaUatan, In deaen ettfe aeta
Talent fSr Mae gratUfee Mnilk eafb gt&eUlehate bekttndet, aind an Mnaen H La
aoare**» .CopptUa*, p Sylria", die lefeeode fcomlscbo Oper „Lo rot Pa dfcf* Jeu
de Nlvell**, ^Likm*"* die turn Tell eacb In Demeehlend bekannt jeftoidea aind.
Dea Beedhlnee Wide day Portrait tines geeeHtaten teftgendealecbea deatechea
Toneetaera:
August Bungert, der am 14. Mlrz sol pen 60. Geburtstig begebt Von aetata Kom-
poiltlonea find 211 tteoaen tela pre Isgekrfi ntea Klavierquartett op, 18* Lleder,
Minaerqutrtetie, due symphonlscbe Dlchtucg „Auf der Wartburg*, die fcomtache
Oper »Die Studenien von Salamanct", uad die muslkaliacb^dnroatlecbe Tetralogle
w Homeri»cbe Volt 41 ( a Klrke*» iNausikai*, Odysseus' Helmkebr", „Ody«eeua' Tod*),
Nichdruck nur rnlt lufrdr&cUEcbcr Erlmbnls d» Yerljifie* |citiitet>
Allt Rccfatc, friabcsoiidcre dia der Gberutzuag, vorbehilten.
FQr die ZurQck<«oftitne unverlingier odcr nTcht flngemetdcter MintiBkripte, fkJLs Jhntn niche tdnQgttid
Porta bclilcgt, Ubernlmmt die RtdrtUon keJae C«r«nric. Schwer leatrlfcht Mmu»fcrip« verden uoftprJtH
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JOHANN GEORG ALBRECHTSBERGER
* 3. Februar 1736
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JOSEPH WEIGL
f 3. Februar 1846
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LOUJS KOHUR
f 16, Februar i£86
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l£o delibes
* 21. Februar 1836
V. 1 1
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AUGUST BUNGERT
* 14* Mirz 1846
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Die Entstebung des dentscben Melodramas (Scfalnss)
Paul Moos
Richard Wagner ate Astbetikcr
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I
I
iiOO
( 1
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DIE ENTSTEHUNG
DES DEUTSCHEN MELODRAMAS
von Dr, Edgar Istel-MQtichen
Schlnf*
IX
Juch Job* Friedrich Rcicbardt 1 ) (1752—1814), der bedentende
Liederkomponist, fiihite nacb Bendas nnd Neefes Vorgang das
Bedurfhis, sicta auf dem netterscblossenen Gebiet zu betltigpn.
Sein erstes derartiges Werk erschien 1779 im Schwickeitsctaen
Verlag zn Leipzig unter dem Titcl: „lno» ein musikalisches Drama von
Brandes mit Musik von Johann Friedrich Rcichardt, kSniglich preussischer
Kapellmeister." Brandes erzfthlt fiber die Entstebungsgescbicbte folgendes:*)
.Wlbrend indue* damaligen AafentfaaJtes la Dresden sebrieb leb da* Melodrzm
fine 1 , wozn der Kflnigh Preus. Kapellmeister Reich in! t in Berlin die Mnslk kompo*
alerte. Ei wards nacb and nacb auf verscbledenen Tfaeatern nlcbt obne Belhll ge*
gebea, macbte aber bcl veltem nlcht so rlel GIGck als ,Ariadne* . . . Ale Knnetricbter
war Klrnberger*) mil melner Ein ffib rung der Melodramen auf der dentachen B&faaa
oicbt anznfirteden, lobte G. Bendas Maelk, tsdelce dagegen — vobl mit etwis sllznriel
Bftterkeit — Keicbstdts Maaier nnd besonders die Komposition melner ,Ino*. Ancb
id f Ariadne* nnd ,Medea* wunsebte er die Musik einfubcr^ weniger klelne Malerel
nod nur sn den Stellen t we die Headlong Rnbepuakte tiltte, ZvlacheoaStxef urn den
Eladrack des vorhergegangpnen Affekts zn veratlrkea and den Inbalt des folgendea
Texts* vonufaereiten. Er Sueserte, dass v er eelbet ein Master nacb seiner eigenen
Idee entverfen wfiide, worlu der bfcbste Grad ven SimplhltSt berrschen sollte, nnd
bat rnlcb, ein « dleser Absicbt psssendes Drams nacb etnem von Ibm gewiblten
Stoffe snszufuhren. Icb erkllrte micb daiu bereit, allein sine lange anbtltcnde
scbmerzlicbe Krankbeit, die diesen verdienetrollen Mann iaa Grab Jegte, fafaderte Iba,
sein Vorbsben aui zuffibren,*
Dies Urteil inacbt Kirabefger .alle Ebre; er bekannte sich also zu
Rousseau's im ^Pygmalion" verwirklichtem Prinzip und benierkte acbon
trotz alter Anerkeanung fur Benda den schwacben Pnnkt seines Systems,
') Ober ihn eracblen aenerdlags sine Speiialarbelt: Walter Paali: J* F. Relchardt,
sein Lebea vad seine Stellong in der Geschicbie des dentscbea Llede*, Berlin 1903,
die das umfkngrelcba Fragment Scbletterers (I. Band, Augsburg 1865) fiberflflsslg
macbt. Merkwurdlgerwelae erwlbnt Paali wobl .Cepbalu* nnd Procris* sovle den
w Tod des Herknles* Bficbtlg, nicbt aber p Ino% die er gar nlcbt zu fcennen scheint
■) A. a, 0- 11. R 225 nnd 2S&
») Job. Pblllpp (1721-83).
25*
ti(U)
( 1
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DOB HUSK V. t&
aber nodi die draniatische Unmifgfldifeett 'flea vonKctcbanlt
angewvndten Verfrbreoe, atett temr prignmnter Zwiacbeneitie ttager
anagedehnte Zviscbenspiele yon mtrtikaHacher Abnmdmig » tobeo.
ReJchardt ftdbst lieet rich darfiber foigendermassen ventehmen:*)
Jta der Jftrdea* bit Beeda efnfce Snellen fottdanarod ariee lalrtlg brtandeH»
«o Am dsi ZvtodMMpM etaer aottben SttUe ete graa Ueliiee MneficatBck tn fctelbsn*
der Bevaganf mft aawSfeitm Tbetu iat. Die wfrUtoh hemntedmto Mute
Vittaag Mltifcttf SttQftn ferial lata ntldif in tteiaan balden Dttedjamn fCepeetM brA
Precria* and ^n** Mtatypran Gebracfe daron atf vacbtn und 18r Jede L a idaoariuft,
ffir Jeden Haapttttt der Leldenicbaft «tn Tbema ra«nniim> not w mobr B^pbeft
Ira paam m bringta* Ieb babe aber be! der AerfBbrnng nicbt die Virfcang
bemerkt, die leb mlr davon rerapracb* Dem Rilaooaement tebetot dw ebnc
Anttaed Torxflftlcber, dabel tat*a be! allem Anachefn beaaei* fttwrdaebier Arbeit gp*
wtea Mcbtsff ale fltr Jedea Gedanfcea, fUr Jeden Moment einan seaes* to aaad ri lefc ea'
dMj Mfcndee tort inaelfcallaDli ecbftnen Sets nt eritedenj <Se ee ill die Zwtechee*
tplite In Bandaa ,ArIadn*! etnd,*
Qrt tind Datum der ereten Aufffihrung dea Werfces vennag teh nfcht
•nfogefaeflt doch wild ale wobl In das Jtfcr 1777 Mien, dt Brandes dieses
Jthr ils d«s der Verfertigtrag dea Testes engjbt, tmd das nicfasfee Verfc
der Art von Retahtfdt 1777 geschrteben und 1778 raffeefBbrt witrde. Die
Dtatttnng 1 ) der kIpo\ die das Schickaal der *w Juno verfoltfen Techier
dea Kadmtts Bach einer Kantate Yon Ramler bebandelt, iat tmgielcb acbwtcfeer
ala .Ariadne* tmd Tennag der ganun Aolagc tract** da die Scbttld der Ine
nicbt klar 1st, nnr ehien Hchst unerquibklichen Blndruck hetrorranifeiL' Die
Dannstldter Bibliotbek besitit zwef ftanaskriptpartittiren, einc gebundene
vollstfindlge und eine ungebundene unvollsttndlge**) Beide tragen den Titel:
Ido, ein musikatisches Drama von Job. Friedrich Reicbardt 1779 {die Jabres-
zabl bezieht sjch wobl anF die DarmstSdter AuffQhrung, von der nicht
anznnehmen ist t dass sic die erste gevesen). Das Orchester beatebt aua
2 Floten, 2 Oboen, 2 Fagotten, 4 HSinefn und Streichern. Die Reichardtschen
ICIavierauazuge sind bedeuteod besser gearbeitet vie die Bendas und Neefea
und geben ein recht gutes Bild des Werkes, um so mehr, als oft sogar drei
Systeroe angewandt werden und der Schluss der „Ino* gar dem Klavier-
auszug in voller Partitur beigegeben 1st.
Der Hauptfehler des Werkes wie seiner Geschwister ist, was scbon
aogedeutet wurde, das Bestreben, fortgesetzt schSne Musik zu macben. Es
wird zu vie! und an den tinrichtigen Stellen musiziert, und so vermogen
nur wenige Momente dramatisch zu wirken. Eine eigentliche Ouverture bat
das Verk nicbt, da — wenjgstens nacb der szenischen Aogabe Retchardts
[ ) Muaiki], Kuastmagailn Berlin, 1782. S. 66,
*) Septrat als .Melodrama* Leipzig 1790.
*) Weitere Paniturca des Verkes sind mlr nicbt bekannt, cbensoweoig wie der
Verbleib der Originalpsnicur.
■'■' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
369
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
— das langere Instrumentalvorspiel bei offener Szene gespielt wird; bei
Beginn der Deklamation tritt dann ein Larghetto ein, worauf mit der Be-
zeichnung „ Tempo primo" Teile dieses Vorspieles zwischen die Deklamation
eingeschoben werden, ein Verfahren, das dem von Benda eingefuhrten
nahesteht. Eigentlich leitmotivische Bildungen (wenn man von der zwei-
maligen Wiederholung eines die Verzweiflung ausdriickenden Themas absieht)
fehlen bis auf eine sehr merkwiirdige Ausnahme: ein Thema, die Familien-
liebe bezeichnend, tritt nicht weniger wie viermal in seiner Urgestalt auf:
. No. 47.
und wird dann, als Athanas in der Raserei Weib und Kinder fur wilde
Tiere halt, in eigentiimlicher Verzerrung motivisch abgewandelt, eine
ausserordentlich bemerkenswerte Stelle, die weit iiber das, was selbst
Benda in dieser Hinsicht leistete, hinausgeht:
No. 48.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
370
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MerkwfirdJg 1st* din Reicbardt, der nocta in eeiner 1777 eracbJenendn
Bcbrtft fiber die 4etrt»cbe komtacfee Opw eefar abspmcbend fibei innrikaHacbe
Malerei spmdT'tmd teleoaim und Mittkeaon tttw Vennche wege& «r^
bStutfe* sti&et gwtz eiftfg tSesem Verfebren firttnt tm & Kapitel babe idfe
hereto etalg* Sfielten ette der *Ino% namentlicb am dem Gevitter (Oes
Beit » Ariadne* mid JWedea" Ifir tin akkompagniertea Mono- oder Duodrama
tot tmerHaslieh war) wiedergegebea. Den Bescblnaa macfct eta eigentUcb
in dm Haaren herfeefgezogefier Chor der Tritonen tmd Nerriden nebsi Soli.
Dm zwehe Work der Art scbtieb Reicbardt zn obiem Text*, den
Karl WOhebn Render in freien Trimeters*) wheat bettor Es biese
»Cepbalus and Procrte* ttnd behandelt qhne bewmderes Bftluiengeschick
die bekannte Sage. Die Diehtang^ zerfltflt tm veee&tiicben in rwd grosee
Monologe. Die Nympbe Hyale ist Nebenflgur* Die erste Auffubruag find
zn Hamburg 7. Jul! 1777 start**) und Schrdder bericbtet daritber n. a* am
23. Oktober 1777: .Die Zuscbauer wussten nicht, ob sic schlafen oder
lacben sol] ten; , + w es ist unterdessen heut begraben wordeo.* Der sehr
gute Klavierauszug erschien 1781 bei Schwickert unter dem Titel:
v CepbaIus und Procris im Klavierauszuge. E1d Melodrama von Karl
Wilhelm Ramler, mit Musik von Job, Friedr* Reicbardt, KgL Preuss*
Kapellmeister*" Die Originalpartitur bcBndet sich in der Berliner Bibliothck
unter dem gleichen Titel mit der Jahreszahl 1777 verseben (Querfolio^ *)
Die erste Berliner Auffuhrung faod am 25. Februar 1778 start und
zwar im deutsctaen Theater, wo jedocb schlecht gespielt wurde^ Da der
') tt In Deutacblaad war Ramler der erate, der daa Melodrama in einem be-
st! m mien Silbenmasa schrieb.* N. Bibl. d. scb, Viaaenachaften. 37 I. & 184*
l ) Cephalus und P roc lis, eln Melodrama van Karl Wllb. Ramler. Berlin 1778
Ein weiterer Druck im Gotbaer Journal 1778. U Stuck S. 16 IT.
*} Vgl, Litzmano a* a* O- S. 49^ 101 lowie C rim era Magazin der Musik 1783
1. S. 89 und 455.
*) Eine Reinscb rift ko pie diselbat Weitere Exemplire alnd mir nicfat bekannt.
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
371
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Herzog von Braunschweig sich aber besonders fur das Werk interessierte,
iibersetzte er das Stuck ins Franzosische und Hess es unter J. A. P. Schulz
von Mitgliedern des franzosischen Theaters, dessen Kapellmeister Schulz
war, in seinem Palaste auffiihren. 1 ) Fur diese Auffuhrung scheint auch eine
in der Originalpartitur befindliche (in den Klavierauszug nicht aufgenommene)
Szene, die nur franzosischen Text enthalt, nachkomponiert zu sein.
Danach bleibt Cephalus nicht leben, sondern Diana beschwort ein Gewitter
(schon wieder!), dessen Blitze ihn erschlagen. Die Musik ist nach dem-
selben Rezept wie *Ino tt verfasst und enthalt auch einige ganz hubsche
Episoden. Das Orchester besteht aus 2 Floten, 2 Oboen, 2 Fagotten, so-
wie 2 Hornern, und wird gelegentlich zu guten Blasereffekten verwendet.
So kommt in der Jagdszene, die im Klavierauszug stark gekiirzt ist, ein
Echo vor, wobei eine Oboe, ein Fagott und ein Horn das Echo von zwei
Klarinetten (diese nur hier hinter der Szene verwendet), einem Fagott und
zwei Hornern darstellen. Im iibrigen kann ich mich iiber die Musik kurz
fassen, von ihr gilt das gleiche, wie von der Musik zu „Ino". Nur ein
Motiv (man konnte es als das der Eifersucht bezeichnen) wird dreimal
wiederholt:
No. 50.
Allegro.
3EEE
-I-
-•-»-
Tm^fW^Tri
I
332:
B
TTrJ tus tur
<
usw.
T^^V XTTT
Noch eine Episode scheint mir erwahnenswert, die beweist, wie man
auch fur liebliche Stellen das Akkompagnement nutzbar machen kann:
No. 51. Oboe
Aurora! sieh von deinem Wolkenwagen hier den Glucklichsten
J ) AUg. musikal. Ztg. III. S. 602.
nirr:i/.:-! :iv'C lOOOlc
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
372
der Sterblichen, den du vergeblich den Armen seiner Brtut entrissest.
Hochst merkwiirdig ist dagegen, wie Reichardt selbst naiver Weise
die Uberfltissigkeit der melodramatischen Behandlung beweist. Er macht
namlich Seite 8 des Klavierauszugs folgende Anmerkung:
„Fur diejenigen, die vielleicht mit einem meiner Frcunde glauben, diese und
einige andere Stellen dieses Stuckes sollten lieber gesungen als gesprochen werden,
will ich diese und einige andere Stellen am Ende dieses Werkes fur den Gesang auf-
schreiben. Ich tue dies urn desto leichter, da icb gewahr werde, dass mit geringer
AbSnderung derselben Melodie die Worte nur untergelegt werden durfen.*
In der Tat gibt er dann am Schluss des Auszugs dieses Stuck, von
f-moll nach e-moll transponiert, fur Gesang und zwar derart, dass er zu
der etwas veranderten Begleitung eine neue Melodie erfand, die allerdings
nicht iiber das Konventionelle hinauskommt. Dass der Text, der iibrigens in
Prosa bleibt, etwas gedehnt wird, versteht sich. Reichardt gibt noch zwei
ahnlich behandelte Stellen, bei denen die Singstimme die Melodie eines
Solo-Instrumentes iibemimmt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass bei
einer Biihnenauffiihrung diese Stellen wirklich gesungen wurden, wenigstens
deutet die Uberschrift: „Einige Stellen dieses Stuckes fur den Gesang ein-
gerichtet, um sie bei dem Klavier zu singen", nicht darauf hin.
Noch ein drittes Werk der Art schrieb Reichardt und zwar speziell
fur Iffland, dessen „ Pygmalion "-Darstellung ihn entziickt hatte. Es hiess:
,Der Tod des Herkules" und suchte den singenden Chor nach antiker
Art dem (rezitierenden) Schauspieler gegeniiber zu stellen. 1 ) Die Erst-
auffiihrung fand in Berlin am 10. April 1802 statt, und nach einmaliger
Wiederholung am 12. April 2 ) verschwand das Werk schon wieder vom
Spielplan. Ausserdem scheint es nur noch in Darmstadt zur Auffiihrung
gekommen zu sein, wo sich ebenfalls auf der Bibliothek ein Partitur-
Exemplar erhalten hat; gedruckt erschien es nicht. Ein naheres Eingehen
') Vgl Allg. musikal. Ztg. IV. S. 557 und 671.
-') Vgl. Zelters Briefe an Goethe vom 13. April und 2. Mai 1802 Originalaus-
gabe I. S. 23ff.; Reclamscher Neudruck 1. S. 46f. Zelter war sebr von dem Werk
eingenommen und verteidigte es in einem Artikel, der in Bertuchs Journal des Luxus
und der Moden" 1802, August, S. 470 erschien.
Di
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
373
1STEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
darauf verlohnt sich nicht. Zu erwahnen ist nur noch, dass als Accom-
pagnement oft die Glasharmonika verwendet wird, jenes Instrument, dessen
Tone durch verschieden abgestimmte, durch Streichen in Schwingung ver-
setzte Glasteile hervorgebracht werden. Wahrscheinlich hat Reichardt dieses
Instrument im Jahre 1786 zu Paris kennen gelernt, wo sich gerade Joh.
Ladislaus Dussek (1761 — 1812) vor Marie Antoinette darauf produzierte.
Im ubrigen ist die Orchesterbesetzung gegeniiber den friiheren Werken auf-
fallend reich, allerdings gemass der inzwischen eingetretenen Entwicklung
der Instrumentalmusik. 2 Floten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Horner,
2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauke und Streicher wirken zusammen. Die
Erfindung steht nicht auf der Hohe der fruheren Werke, wenn auch die
Chore gelegentlich hiibsche Einfalle aufweisen.
X
Wir sahen schon gelegentlich der Besprechung der „Sophonisbe tt ,
wie lebhaft sich der Darmstadter Hof fur das accompagnierte Drama
interessierte, und die Fiille von Partituren dieser Art, die die dortige
Bibliothek noch heute birgt, beweist, dass keine Erscheinung von Bedeutung
daselbst unbekannt blieb. Es war also natiirlich, dass man den Wunsch
hatte, ein eigens fiir den Darmstadter Hof geschriebenes Stuck der Art und
speziell eine Paraderolle fiir die sehr talentierte Erbprinzessin zu erhalten.
So veranlasste denn der Erbprinz (spater Landgraf Ludwig X.) den Ober-
appellationsrat Lichtenberg, J ) eine derartige Dichtung zu verfassen und er-
suchte den damals (1779) in Mannheim als kurpfalzischen Kapellmeister
wirkenden „Abt a G. J. Vogler, 2 ) der stets in reger Beziehung zu Darm-
stadt stand, um die Musik dazu. Das Werk hiess „Lampedo u , und die
recht schwachliche Dichtung behandelt den sagenhaften Amazonenkrieg, 3 )
in dem die Konigin Lampedo den besiegten und gefangenen Scythenkonig
Argabises opfern will, dann aber, durch ein Gewitter (das durfte ja nicht
fehlen) umgestimmt, ihn begnadigt und sich in Liebe mit ihm vereinigt.
Das Werk wurde zu Darmstadt am 4. Juli 1779 zum ersten Male
aufgefiihrt, dann am 26. August 1779 und am 5. Januar 1780 wiederholt
und zwar, wie Vogler versichert, 4 ) „auf Begehren Sr. Durchlaucht des
J ) Nicht zu verwechseln mit seinem Bruder, dem beruhmten Schriftsteller.
-) Vgl. uber ihn die allerdings extrem glorifizierende Biographie von K. E. Schaf-
hiutl, Augsburg 1888, sowie Jatan, Mozart. 3. Aufl. 1891, I. S. 483f. und II. S. 765ff.
und „K. M. von Weber* 4 von Max M. von Weber, Leipzig 1866 III. S. 8ff., auch in der
Reclamschen Ausgabe der Weber^schen Schriften S. 87 ff. enthalten.
3 ) Als Vorlage hat wohl ein 1775 zu Mannheim gegebenes grosses Ausstattungs-
ballet: „V amour vainqueur des Amazones* von Laucherz, Musik von Cannabich ge-
dient, das den gleichen Stoff behandelt; nur heisst dort die Konigin Marthesia (vgl.
Walter a. a. O. S. 163). *) Betrachtungen der Mannheimer Tonschule, II. S. 255.
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vim thietlie*
Eiae scibr aaschaafictrt Schttderang der Auff&hrong gfl* eto *ao-
aymer Augeszettgp, 1 ) dw rich gdageatlich efami persflttlichea Framd
Neefe* aenat, ia einem Attftatz .Ober das mosikaliscb© Drama* fat 4er
.Atlgemeineii mttsikaL Zettaag*:^
*Vm dttt iUfstltthea Feisonea setbet wf dra Opef&tlmd#r siUJpfUtttp btttn
das Stftck doppdtti Jateresee. Die to frdtti Betfiebt terebrasgeiritafice Gemefctta
dei Heir* Uadgnhs (dtmtllttt Bibpttasea) spirits dto Roll* der Lanpedo itf der
Voltkmaniejiheiteiaer^ Der Httrfrfepftv^dbJifrfte
tn der erstea Vtettrie da Orebester selbet Dieses IBfcne slles rortreBteh «o% ©b-
(McH eta gnuest T«H detsslbsn Mow ens Ltebhsbcni bestand, dls aber site w«tt~
dtartea, d«m darthlaudttfeeteii Besefafitter der Kant die Krlfte tow Tstatts n
opfam, Da diss sof Koeten des Bfbpriasea fhifc ao efitsprseheii die Dofcorathraeii
dem gerefrijjea Gescfeaack des Ffafteo. Dl* Masekbwi tmd Dekertttogea gtagm
so ptaktfieb, els fab ale je to Stuttgart tutd Mannheim gssshen habe, Vegfar fiber-
tfsf siob te tjrtaem gegMwtrtigen Werk turn Te& selbatt mid fuehrers Ideea fwn
pas 0su und aoefa nfe gebBrt,*
Iii der Darmsiidter BibUothek beft&den iich xwei Pardturen, els
Wtdmaag&9»niplar des Laadgrafon uad eine Theaterpartitun Das Dedi-
katfoasueotplar in Folio mil kaUigraphlschem Wldmongsblatt uad Voglers
Wappea (Wablspnich: diaeera et docerey ttlgt den Titel: tt Uaopedo, eta
Molodram von Ucbtenberg und Vogjer, Darmstadt, dm 1 i. Jali 1779.*
Aitf der erstea Seite d*r Pardtnr steht dw Vermerfc »Vom Componist
eigenbfindig geschriebea*, dem eine andere Schrift (Schafldtitl?) hiazugefBgt
hat: «ist nicht wahrV Die Querfolio-Partitur des Theaters bat den gleichen
Titel, nur sind bier nocb die Wfirden der Verfasser uod die Daten der
Auffubmng verzeicbnet. Eine Kopie dieser Partitur hat Voglers Biograph
SchsfhSutl anfertigen lessen. Sic beflndet sich jetzt (mit vielen, zum Teil
unrichtigeti Bemerknagen von seiner Hand versehen) in der Munchener
Hot* und Staatsbibliothek.
Hinsicbtlich der Erfindung ist die Mnsik nicht besonders stark, doch
zeugt sie von dramatischem Sinn. Accompagnement findet sich nirgends.
Am meisten interessiert die Instrumentation, in der Vogler, halb Scharlatan,
halb zielbewusster Experimentator, zweifellos von EinRuss auf seine beiden
grossen Schuter Weber und Meyerbeer gewesen ist, die ebenfalis, aber
viel genialer, vorzugsweisc auf diesem Felde ibre Neuerungen volirQhrten.
Schon die Ouverture ist darin sehr merkwiirdig. Sie ist Fur zvei Orchester
geschrieben, deren eines (2 Piccolofloten, 2 Oboen, 2 Fagot te ? 2 Trompeten,
*) X T J t geiciebnet.
*) 1799 No. 23 und 24.
*) Ludwig f Sohn der geiitreichen Landgrtfin Ctrollne, war ein thcoretiscb und
pr*ktl»cb durcbgeblfdcter Mutiker.
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
375
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
2 Horner, Pauken, grosse Trommel, Triangel und kleine Trommel), die
Scythen 1 ) darstellend, bei geschlossenem Vorhang auf der Buhne spielt,
wahrend das andere (Streicher, 2 Floten, 2 Trompeten, 2 Horner, Pauken)
die Amazonen symbolisierend, im Orchesterraum wirkt. Daran schliesst
sich, ebenfalls fiir die beiden Orchester, ein Marsch bei geoffnetem Vor-
hang an. Von nun an wirkt jedoch nur noch das eine Orchester, iibrigens
meist in sehr miissiger Verwendung. Zwei interessante Instrumentations-
effekte will ich indessen doch herausgreifen: der eine betrifft eine merk-
wiirdige Verwendung der gedeckten Trommel :
No. 52. vi pi. ^
Lar ghetto.
ii^^ti
Vc. Cb.
fed. Trommel
?>£ =
-t
Fg !
3^=
plzz.
&
M
*-!?*?-*-
=t=*
» 0*0
jU-
Ihr Tod
vollende
nur
meinen
Sieg.
der zweite eine neue Blaserzusammenstellung:
Das Merkwurdigste an dem ganzen Stuck ist aber das naturgetreu
mit allerlei Finessen ausstaffierte Gewitter, 2 ) auf das sich Vogler nicht
wenig zugute tat und das er auch in seinen Betrachtungen der Mann-
heimer Tonschule 3 ) analysiert hat.
„Hier fingen" — heisst es daselbst — „die Basse im tiefen A an zu brummen, die
Bratschen folgten nach, dann teilte sich die Harmonie nach und nach in die Geigen
aus und verbreitete sich allmihlich durch alle Blasinstrumente. Die Floten, die
Hoboen, Waldhorne in F, Waldhorne in A, D-Trompeten, nicht marschmassig, sondern
anhaltend gesetzr, und Fagotte tonten bloss die Harmonie. Die D-Pauken rumpelten,
wie der Donner rasselte. Auf dem Theater kirrten die kleinen Flotchen (Flauti piccoli),
wie der Wind pfeift. Eine in A und die andere in den Contraton A gestimmte Orgel-
1 ) Merkwurdig, dass Gluck in seiner zwei Monate fruber aufgeftihrten Oper
„lp higenie in Tauris" (18. Mai 1779) die Scythen ganz ahnlich charakterisiert. (Akt 1,
Szene 111.)
2 ) Auch auf der Orgel liebte es Vogler, „eine Spazierfahrt auf dem Rhein mit
dazwischenkommenden Donnerwetter" und eine „Hirtenarie vom Donnerwetter unter-
brochen" zum besten zu geben (vgl. Schafhautl a. a. O. S. 21 und 24).
- 1 ) 2. Jahrgang 9. und 10. Lieftfrun* S. 256 ff
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
376
KB MUWK V. 12.
plteilfeai wttiden angelitsea, will die Hannenie slclt inuner anf tile tvM ffenpi
Hinge D and A bezot> Wie die GeJgea in der Sttffce vncbaen, so ribi
der mhfaeutenden Iutrtnaeate «*» rod f*rbHtol*iul«ttt word* die Sttite
und jMtr Aualtl wrrtngert Nicb dmsdUfoi Maaattb war *mti die HShe and
Tteh'dsr TBm ibfcetfcbeiL Nw w el ftr 4n Mute CNtr dee entfti Kapetl-
ffi^Hyfrffr tufisi HpfvBuCiih sue wtmwoe a cue eteees mfteuuuteeBeo
etaander ?n nntefiebeiden and tan eo wttiger, tl» die Donner*R*in ebeni
h bUks dot Theater* nod die Be fenma aeMnf^ der Blits, Dnntol etc* itt Bir llfWgjH i b i mi
zttr Lebbaftigkeft bdtmfeiL Dieses Genie vfafcfte uf atte Ztdtfinr glelcfal5nii%
tutu steuts ieeem ein ontsettitonss ^Jnaewitter vor jes tEftnnte flocw naen nen 3to*
mnmepfBiomOTtM benttsRt widen, tber die besoodei* Seh«*Htang dee Gangee,
wenn die Gelgen Itt die HShe etfflgpn* und Jene pht&nde Mdodie der fctebmi Fifteen,
die iieh darcbt geni* deatticb ttutetabiete, wmrdt ma alien ZibStem vie faemerfct
to audi ab aweokinlaaif mid efcarafcterfttiaeh efkanuL"
TfttsacUicb stelit dies Gewitter dm bScbsten Audraek von eett-
gen&saistiher Reeliatik dar and wrist nemeadich fan Anting mit dem Tremolo
der Blsse scbon dentlicb nnf dns berfihmt* Gewitter in Beethoven* ft. Sytn-
p&onie bin. I<* kmn es mir nfcht versagen, da Beghta dieses merit-
wfirdlgen Stflckes bier wiederttgeben, 1 ) dns tonal (es steht dnrchitu nuf
der Dorainame von D and wechsctt nriscben Dor raid Moll) nad instra-
mental 1 ) elgentQmlicb experimentiert, ,
Im Anschluss an Vogier mfcbte ich g}eich en dieser SteUe nech die
Werke dreier Hennbeimer Kamponisten, Peter Winter (1754 — lflAS)> Franz
Danzi (1163—1826) and Christian Cannabich (1731—1798) bebandeln,
von denen die beiden ersteren Vogier* ScbSler waran. Peter Winter, der
Komponist des „iinterbrochenen Opferfestes*, efner ndfch im 19, Jahr*
hundert vielgespielten Oper, schrieb etwa 1778, jedenfalls aber noch vor
der 1780 aufgefubrten Oper H Paris und Helena* drei hierber gebSrige
Werke. Das bedeutendste H Cora und Alonso**) behandelt in zwei Akten
jene bekannte Marmontel's „Incas* entnomraene Gescbicbte der Sonne a-
priesterin Cora. Das Bestreben, moglichst abgeschlossene Musikstucke zu
bieten, tritt bier sicbtlich hervor, und melodisch enfhilt die Partitur auch
viel bubscbes. Kurze charakteristiscbe ZwiscbensStze in Bendas Art, doch
ohne bedeutsame malensche Vervendung treten ebenfalls bervor. Das
Orcbester bestebt aus Streichern > 2 FISten, 2 Oboen t 2 HSraern und
2 Fagotten, deren eines auffallend oft solistisch tStig isL Ein zweites
*) Sichc die Musikbcitage dieses Heftes.
a ) lntcresBim t&t in dieeer Hinsicht ein VergLeich mit dem fist glcicbieitigcn
Ge witter Glacks in „lpbigenie in Tiaris", der ebenfaJls — xum erstea Mile — klehie
FIBten gebriucht (ob tine Oder zwei 1st strittig, vgl, V^imin i. a. O*, S, 333; Vogier
bit sicher zwei unisono bla^cn laszen).
a ) Pirtitur la Mtonbeim; .Cor*", ein muaikiliscbcs Dram*, Mannheim 1780,,
ist cine von Frb. v. Gemmlogen gedicbtete drelaktige Oper und bat mit diesem Terke
nicbts gemein.
^ j Original from
■-. ^ ^H> tS K UNIVERSITY OF MICHIGAN
377
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Werk ^Leonardo und Blandine", Melodrama in einem Akt, 1 ) besteht aus
einer grossen Abschiedsszene der beiden Liebenden und einem unendlich
langen Monolog der Blandine, die sich schliesslich umbringt. Die Musik
ist sehr ungleichmassig; neben schonen melodischen Bliiten und charak-
teristischen kurzen Zwischensatzen gibt es viel weitschweifige Musiziererei.
Wirklich dramatische Momente fehlen nicht neben einer etwas ausserlichen
Theatralik. Die Instrumentation ist sehr einfach, meist spielt nur das
Streichorchester, dem sich selten noch 2 Floten, 2 Oboen und 2 Horner
gesellen. Ein drittes Werk: w Armida" in 3 Aufziigen 2 ) mit Choren ist
musikalisch ahnlich behandelt und von geringerer Bedeutung.
Viel bedeutender als diese Werke Winters ist eine ^Cleopatra" von
Franz Danzi, Duodrama in einem Aufzug (1780). 3 ) Dieses Stiick, auch
textlich wirksam aufgebaut, ist eines der besten nachbendaischen Werke,
das indessen sein grosses Vorbild „Medea tt deutlich durchschimmern lasst.
Vorzuglich sind die knappen und sehr pragnanten Zwischenspiele, und
iiberraschend ist der harmonische Reichtum, der oft ausserst interessante
Wendungen und reizvolle Orgelpunkte zutage fordert. Dagegen ist die
Instrumentation etwas trocken, da die Blaser (2 Floten, 2 Oboen, 2 Horner,
Fagott) nur sparlich verwendet werden, Nach den Forderungen des Dichters
sind (wie bei Neefe) die Dialoge unkomponiert geblieben, Accompagnement
ist selten aber wirksam verwendet.
Schliesslich ist von den Mannheimern noch Christian Cannabich
mit seiner „Electra a zu nennen, 4 ) einem einzigen riesengrossen Monolog der
Heldin, gehalten, wahrend sich hinter der Szene alle Greuel des Atriden-
hauses abspielen. Chore vermitteln den Wechsel der Stimmung. Das
Orchester besteht aus Streichern, 2 Floten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,
2 Fagotten und 2 Hornern. Auffallig ist hierbei die Verwendung der
Klarinetten, die bekanntlich in Mannheim, das damals das bedeutendste
Orchester Europas sein nannte, zum ersten Male in Deutschland standige
1 ) Partitur ebenfalls in Mannheim, Text von J. F. Gdrz, nochmals komponiert
von Anton Zimmermann (1704—81), dessen Werk im Klavierauszug gedruckt zu
Wien erschien.
2 ) Partitur in Darmstadt. Die Dichtung ( w Reinhold und Armida") ist von
Fr. v. Babo verfasst, 1780 in Munchen aufgefuhrt.
8 ) Partitur in der Berliner Bibliothek. Die Dichtung von Neumann erschien
anonym zu Mannheim 1780. Ein weiteres Werk Danzi's w Dido a ist zwar im Stutt-
garter Hoftheaterkatalog aufgefuhrt, war aber leider nicht aufzuflnden. Die Dichtung
(von Reinbeck) erschien im kgl. Wurttembergischen Hoftheatertaschenbuch 1817 und
lehnt sich durchaus an „Ariadne" an.
4 ) Partitur und Stimmen (Manuskript) in Darmstadt (Electra, Melodram von dem
Baron von Dahlberg, in Musik gesetzt von dem Churpfaizischen Musikdirektor
Cannabich 1781); ein weiteres Exemplar in Mannheim. Das Textbuch erschien 1780
zu Mannheim ohne Nennung des Dichters als „eine musikalische Deklamation".
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578
DIB MUSI* V. |fc £
V6rwendni)£ widen mid tttpb Monaifi Bcwinidontitg efTegtan**) So t*e-
nntzto dera Cannabicb die none Ernutgeiiecbeft **E r ^$ mid ench ea (Hescin
Verfee actowolgt er hi ctfektrotton Klarinetteiitoti; ebenso tiwtet du be-
rebnttet von don- roannbeimeni mlt Vorilebe engewaodte Croeoondo^/ duo
anagfdMge Verweadmig* Gefwiflber Bond* flffit tot a&ein die tatter* mid
fatdivkttteltere Inatramenttentng attl, trad inch modtilatoriecb tmd rbytfamiacb
Bndat rich nndm -von- der grease* -Heemraaee AbweJchende* leiee an
Mozart Eriniiemtift. Dtgtgon ated die ZiriBtitenapide nicbt vie be!
Bende Iran tmd prlgwatit gebalten, aondero moist von oilier durcbane ns*
draflaotbchaa Utngo, die den abeofaten Muaiker milt So mag den* die
Bfibnanrirfctnig nor eehr faring feweaon aefn*
x *
Mozart* Steltmtg *n dor MonodrsmbewegtEiig nraa* en dleeor
StcUc setwendig gedacbt verdea* obvobl each Jabna tmd Kftdtob
eifrigen Forecbungm Jienee JHeteifal beizttbringoii nninQtffcb wnr* So
ntOgo dfiiifi elno gedrifngte DevetaHiaig der Angelegenbeitt die nns Mos^rt
gar tnh oinem Vetbe der Art beecbiftigi zeigtv en der Hand dee bertfta
betannten Material***) bier debt naviUkoraJnen edn.
Ale Mozart von Peri* xorfictkebrte, Writ er efcb vieder efnige Zeif
in Mannheim amf tmd echrieb aMhald an setnen Veter am 12* November 1778:
»Dia Saylerache Troppe lit War, to Ilum actio* par fenomade bekannt Mia
wirf; tlerr Dalberg tat EHrtktor damn, dlaaer Ilset mich ntebt Ibrt, Ma Ich itam nlcbt
ein Dnodrama 4 ) komponlert babe, and in der Tat babe leb mich gar nicbt lauge be-
soonen, denn dieae Art Drama tu achrelben, babe Ich immer gewunechen* Ich weiae
oicht^ taabe ich Ihnen, wie ich daa crate mat bier war, etwas von dieter Art Stflcke
gcschrieben? Ich babe damali bier ein tolchee StSck xwetmai mit dem grCaaten
Vergofigen aafFBhreu geaefaenl In der Tat, mich bat noch niemala etwaa ao snrpreniert.
Denn ich bUdete mir immer ein, so wma wfirde keinen Effekt machen* Sie wiaaen
wobl, daas da nlcht gesungen, sondera deUamiert wlrd nnd die Musik wie ein obli-
glertei Rczitariv let. Blsweilen wird auth unter der Muslfc getprochen, welcbea ala*
dann die faarrlicbate Virkung tut, Wai ich gpaehen, war .Medea' von Bend a, Er hat
nocb elae gemacbt, n Ariadne auf Naxoa*, bcidc wahrbaftlg fartrefflicb, Sie
wlaaeiif daas Benda unter den lutherlacben (norddeutacben) Kapell-
melatern immer me in LiebMng war, Ich Hebe dleae zwei Terke ao t daas
icbaiebeimirruhre. Nun atellcn Sie aich meine Freude vor t daa* ich daa, was
ich mir gew&nacbt, xu machen babel Wissen Sie, was meine Meinung wttre? Man
aoUe die meiaten Rezitatfve auf solche Art in der Oper traktferen und nur biiweilen,
wenn die Vorte gut in der Muaik auazudrQcken *\nd> das Reziiad? singen,*
l ) w Acb, wenn wir doch nur Clarinetij bitten* vgl. Jabn 3, Aufl. I. S, 421
■) Jabn, a # a. O S. 429.
a ) Jahn t a. a. O. S, 577 ff.
*) , Sena 1 rami** von Gemmingen,
Onqinal from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
379
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
In einem Briefe an Dalberg vom 24. November 1778 verspricht dann
auch Mozart
„um 25 Louisd'or ein Monodrama zu scbreiben, sich zwei Monate noch hier
aufzuhalten, alles in Ordnung zu bringen, alien Proben beizuwobnen usw."
Allein sein Vater war gegen jeden weiteren Aufenthalt und erklarte
ihm kategorisch: „Beim Empfang dieses wirst Du abreisen!" Nach einigem
Strauben gab denn der Sohn auch nach, wollte aber doch nicht das Werk
im Stiche lassen.
w Ich schreibe nun," meldete er dem Vater, „dem Herrn von Gemmingen und
mir selbst zuliebe, den ersten Akt der deklamierten Oper, die ich hatte schreiben
sollen, umsonst, nehme es mit mir und mache es dann zu Hause aus; sehen Sie, so
gross ist meine Begierde zu dieser Art Komposition."
Und da der Vater anscheinend immer noch nicht iiber das Wesen der
Kunstgattung geniigend orientiert ist, belehrt ihn der Sohn nochmals 1 ) aus
Kaiserslautern am 18. Dezember:
„Was die Monodrama oder Duodrama betrifft, so ist eine Stimme zum Singen
gar nicht notwendig, indem gar keine Note darin gesungen wird, es wird nur geredet,
mit einem Worte, es ist ein Rezitativ mit Instrumenten, nur dass der Akteur seine
Worte spricht und nicht singt. Wenn Sie es nur einmal am Klavier bdren werden,
so wird es Ihnen schon gefallen; boren Sie es aber einmal in der Exekution, so
werden Sie ganz hingerissen, da stehe icb Ibnen gut dafur. Allein einen guten Acteur
oder gute Actrice erfordert es. tt
Leider ist sowohl Dichtung wie Musik des Werkes spurlos ver-
schwunden; ungewiss ist auch, ob es vollendet wurde/ 2 ) Spuren seiner
Existenz sind nur aus einer Nachricht Gerbers iiber den Nachlass Leopold
Mozarts und einem Briefe der Witwe Wolfgangs an Breitkopf & Hartel zu
entnehmen.
Immerhin sollte die Beschaftigung mit der neuen Kunstgattung noch
einmal Friichte tragen. Schon in dem dritten Entreakt zu „K6nig Thamos"
macht sich, wie auch Jahn 3 ) findet, der Einfluss des Melodramas bemerk-
bar, 4 ) wahrend dann etwas spater in der „Zaide" sein Vorhaben, das obli-
gate Rezitativ durch „Accompagnement tt zu ersetzen, ausgefiihrt wurde.
Eine nahere Betrachtung des Werkes, das nicht in diesen Zusammenhang
gehort, kann ich mir ersparen und dafiir auf Jahns feinsinnige Ausfiihrungen 5 )
verweisen. Erwahnt sei nur, dass die ^Zaide" erst vor wenigen Jahren noch
in einer Neubearbeitung Robert Hirschfelds in der Wiener Hofoper wieder
*) Nobl, Mozarts Briefe, Salzburg 1865, S. 220.
2 ) Vgl. Jahn, a. a. O. S. 581.
s ) A. a. O. S. 617 f.
*) Ob auch die Pantoraimen (Gesamtausgabe Serie 24 No. 10a und No. 18) vom
Melodrama beeinflusst sind, scheint mir sebr zweifelhaft.
6 ) A. a. O. S. 635 f.
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
77^
980
ore MUSIK V. 13.
eracbtaL 1 ) Daas Bendaa Ebiflws (Ariadne) soger noch in Mr .ZanberflStc*
nachirebbar ist* 1 ) dflrfte wohl its beaonderar Beweia fllr dm mdtbnititeii
Eindrnck* den Mozart darnels empftagnt, getan, and ea 1A gewttt ein
achtaes Zeugnfa (Br die Grdsse dee Bendaschea Ttientft, dftae ee von dent
Gente Hourts so berritwilljg ttnd vara eaerkennt wntde.
XII
Nodi einea ALeiatertt ninaa to diesem Zusammenliaege besondm
gedacfat warden, einea Komponisteit, der veiilger dutch Mine mclo-
dmmttifiChen Werke edbef, ale durch den starken Einflnta, den die
Bendascfte Tecbnik der AcmmpagnemenfbebandlttDg «nf win eigene*
Schaffen and daa seiner dlrekten Nadtfolger aurfbte, tod grtieater Be-
dettttmf warden aollte: Job. Rudolph Zumsteeg.^ Schon sehr frflh,
nodi nnf der Karlaadrale, etndferte er elfrig die Bendaaehen P toUm re n
und, angeregt von deaaen Erfolgen, komponlerte der nodi nictat IBjfltrige
JfingUng die .Fffiblingafder* des von ihm aqgbbetetan Klopitock v nvr
Deklamation mlt Begtefotng dee Orcheatera*/) vomit or daa crsto Konxert*
tndodram, wenn kh mlch so ausdrScken dart, schiif.*) Bin nfiiens
Elngehen enf daa feodtinteraaaente Work verbietet rich fat diesem Zn-
aammenbang, so daas tch mlt dnem Hinweia anf Landahofh Ausfahrnngen*)
micb begnflgeu kann* VShrend aber Mer gemias dem lyriadien StoHb die
Zviscben<ze gegenfiber der von Banda geftbten Prlgnanz rich achr breft
ansdebnen, scbliesat er aicta in elnem splteren Bfibnenwerk welt enger an
die Bendasche Tecbnik an, obne freilich weder die Fulle der in der „Frfih-
lingsfeier" entfalteten ErBndung, noch die Gritase des Bendascben Ausdrucks
zu erreichen — kein Wander bei dera sprSden Stoffe der Dichtung.
.Taraira* nennt sich ein von Regjeruagsrat D. Ruber gescbriebenes
und den Opfertod eincr indischen KSnigstochter behandelndes Drama, daa
Zum&teeg im Jahre 1788 rait Begleitmustk versah, 7 ) Es fcara am 13, Juli 1788
l ) Vgl. Hirscbfelds Be rich t dariib&r {Zetacbrift der Int. Muflikgeaelltcb, IV, Heft 2,
S. 66ff),
*) Jahn II S.6I3.
*) VgL fiber ibn die vortreffllcbe Biographic von Ladwig Ltndahoff, Berlin 1902.
*) Partitur und Klivicrauszag erBCbfeacu erst oacb leiaein Tode bei Brett*
kopf & Hlrtcl (hcute nocb erhiltHcb)*
°) Ich gliube nicht, dass „Eras KUgen" (elne DctUmttioo mit muaifctHacber
[KUvier-] Begleimng aua Klopsrockfl »Messiide* 8. Geatcg von P. H* Frbr. v. Dilberg^
Speier, bei Rat Bossier) liter 1st und balte daa Vark ehor fur cine Nacbahmuog
Zumsteegs.
*) A. a. Ch S.34T, 124fT- und 158.
7 ) Die Musik blicb ungedruckt und existlen nur In iwei autograpben Partlmren^
deren eioe im Bcsitz des Herrn R, Zumsteeg (mlr durcb freundlicbe Vermltttuag
f\ | Original from
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
381
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
zur Auffiihrung und wurde nur einmal wiederholt. Landshoff geht nicht
naher auf die Musik ein, und auch ich kann mich auf einige wenige kurze
Angaben und Beispiele beschranken. Wirklich geniale Ziige weist das Werk,
das 2 Floten, 2 Oboen, 2 Horner, Fagott und Streicher verwendet, nicht
auf; das Bestreben, dramatisch zu schreiben, fiihrt zu kurzen, aber oft sehr
physiognomielosen Zwischenspielen. Accompagnement wird meist nur auf
gehaltene Noten angewandt. Leitmotivische Bildungen finden sich nicht,
abgesehen davon, dass sowohl das Adagio, wie das Largo der Ouvertiire
wieder auftreten. Bemerkenswert, der Instrumentation wegen, ist eine
zweimal wiederholende Opfermusik w mit Klapperblechen":
No. 55
z Pfcifco u. TrompctPQ
«U.
?«F*
• -m-
* *
Paukc und Fngotte
ifi::^-
'1ZZL
:?-F^:K
*
I
Jf^3^-
usw
Uber den Einfluss der accompagnierten Dramen Bendas auf Zumsteegs
erste Gesange hat Landshoff in einem ausfiihrlichen Kapitel 1 ) erschopfend
gesprochen, so dass ich eines naheren Eingehens darauf enthoben bin.
XIII
Es ist gewiss ein eigentiimliches Zusammentreffen, dass in Weimar,
der Stadt, von der die Monodrambewegung urspriinglich ihren Ausgang
hatte nehmen sollen (Schweitzers „Pygmalion u ), bald nach dem Auftreten
der Bendaschen musikalischen Meisterwerke die hochste dichterische Bliite
dieser Kunstgattung ins Dasein trat: Goethes „Proserpina a .
Uber den ausseren Anlass zur Entstehung des Werkes haben die
Goetheforscher mancherlei Vermutungen aufgestellt. Erich Schmidt be-
hauptet in einer Spezialstudie,' 2 ) das Werk sei auf den Tod von Glucks
geliebter Nichte Nanette (gest. 21. April 1776) gedichtet worden, und in der
Tat hatte sich Gluck an Goethe wegen einer wiirdigen Totenklage gewandt.
von Dr. Landshoff zuganglich gemacht) sich befindet, watfrend die andere in der Kgl.
Bibliothek zu Stuttgart verwabrt wird (vgl. Landshoff a. a. O. S. 169). Das Textbuch
erschien zu Tubingen 1791 mit einer weitschweifigen „Abhandlung uber das Melodram".
Urspriinglich wollte der Regierungspr3sident von Gemmingen das Werk komponieren,
starb aber vor der Vollendung der Arbeit, worauf Zumsteeg das Buch erhielt.
2 ) S. 120 ff. Zum Teil, wie auch dort im Vorwort bemerkt, nach meinen Angaben.
8 ) Vierteljahrsschrift fur Literaturgeschichte von B. Seuffert, 1888 I, S. 27 f. Gute
ErgSnzungen dazu flnde ich wfthrend des Druckes in dem gerade erschienenen 7. Band
der Cottaschen JubilSumsausgabe S. 371 ff., besorgt von A. KSster.
V. 12 26
J::;i ".i/.OV*
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DTE MUSUt V. 12.
Biehchovaky dagegttt 1 ) nettnt ew dtete Vermntnng Schmidts "fficfcHcfa,
raetat aber, die w wesenloee Nicbte docks* set fan GnakEe ton EMdrter
eeter gJefcbgBltig gefaliebeo, vnd er babe dgeotlich tier «n die Fraa ton Stria
vnd deren amchetaend eiioechene Liebe godacht Vie Ann awh eel: tet-
elchtich entetand dn ergrtifeade Vert in der gog e n w lrtlgpa Gestrit infc
Jahre 1777 and wrote xatn ereten Mile em 30. juur 1778 xua Getnut**
teg der Henegki Luite attffcefOhrt nnd »war mlt Mneik van Siegmtmd
Frbn v. Seekendorff (1744 — 1785),*) elneai namendich ale Lieder*
kompotrist nicht anbegtbten Dilettantes dee Weimerer Hofae. Cotona
Schrftter gab die TitctroUc.
Gedmckt erachieo dee Vert mm ersteo Mile in dem Febraarhcft
van Vieiends »Tetttschem Merknr* 1778* Aber innrilaeteea hatte Goethe,
wie er ee selbet nenirt* eine w *reventlkho* Tet begragea: er hfltte dss
wnfldemme Vert in etoe Wile Fern, die elch arspr&tgtJch „Die geBickte
Brant* betitelte, nnd dann bei der Anftuhme in die Verfce (1787) »Der
Triumph der Empftndeamkeit* gewmnt witrde^ eingeeolialtet nnd nuchte
rich in dteeem Stflck eeibet fiber dee graze Monodramweaeu fat mm Teil
etwee gewagteit Spiseen Instfc Dm er dandt aelne v Vlrinnig w-
nichtete%*) monte er eetbet epiter zogebeiL
In die Unterwelt 1st die juafe Pneerpbu entfGhrt vnd ve«veUWt
trrt ele dnrehodie Sden Gefllde, gedenkeitd der Matter and ihrer Oe-
apielinoen* Zette* den KOnig dee Uchtee, Beta eie an, eie von dem ver*
hessten Gemahl, dem Herracher der Schatten, in befrelefi. De brten eie
Gnraattpfel, die de ale himralischen Trost begrfisst; fcaum hat sie aber
die ihr von hSIlischen Geistcrn heimtQckisch gebotene Frucht genossen,
ais sie zu spit erflhrt, dasa sie dam it ihr Schickaa) besiegelt habe: die
unsichtbaren Parzcn BegrGssen sie ah ihre KSnigin.
Es 1st mir geglfickt, die bisher nnbekannte Seckendorffische Mnslk in
Parti tur aufzuflnden and zwsr in der OarmstSdter Hofbibliothek* Das
Mannskript (wahracheialicb Autograph) trfgt den Titeh v Proserpina, ein
Monodnma in einem Aufcuge von Herrn Geheimen Legationsrat Goethe,
in Mttsik gesetzt von Siegmund Freiherrn v. Seekendorff- Weimar 1777**
Das Orchester besteht aua Streicbquintett, 2 Hdrncrn, 2 F18ten> 2 Oboen,
2 Klarinetten und Fagott* Die Musik ist technisch nicht ungpwandr, doch
Tehlen ihr prlgnante Gedanken, wenn immerhln such das Accompagnement
intereasantc Einzelheiten aufweist. MerkwQrdig ist f dass Seekendorff
zwischen unbegleiteter Deklamation, begleiteter Declamation und Gesang
4 Coeibe, seln Leben und seine Vcilce. 8. Aufl, Muncben 1904 I, S.304 u, 512.
*j Vgl, fiber Ihn B. Sapbins Einlcltuac zum 7, Bd, der Schriften der Goethe*
gesellscbift S. XX11L
•) Aomleo, Abscbnitt ,blt 1780*.
f\ | Original from
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
383
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
wechselt. Die einzelnen, meist sehr langen InstrumentalsMtze tragen — wie
in der Oper — Nummern.
Interessanter als diese erste am 17. Juni 1779 in Ettersburg wieder-
holte Auffiihrung mit Seckendorffs Musik ist die zweite authentische
Wiederauffiihrung, die Goethe am 2. Februar 1815 veranstaltete und drei-
mal wiederholte. Hierzu Hess er sich, da „die Musik seit jener Zeit
grosse Fortschritte gemacht" habe und Seckendorffs Komposition ihm ,nicht
mehr zeitgemass" 1 ) erschien, von Carl Eberwein (1786 — 1855), einem
Schiiler Zelters und seit 1808 Direktor von Goethes Hauskapelle, eine
neue Musik schreiben. Goethe hat sich daruber mehrfach ausgesprochen.
In den Annalen 1814 heisst es daruber:
»Das Monodrama Proserpina wurde nach Eberweins Komposition mit Madame
Wolff eingelernt und eine kurze, aber hochst bedeutende Vorstellung bereitet, in
welcber Rezitation, Deklamation, Mimik und edelbewegte plastische Darstellung wett-
eiferten und zuletzt ein grosses Tableau, Plutos Reich vorstellend und das Ganze
kronend, einen sehr gunatigen Eindruck binterliess."
1815 wird nur noch hinzugefugt, dass das Monodram „ Proserpina" mit
„Eberweins Komposition gliicklich dargestellt" wurde. Ausfuhrlicher spricht
Goethe im Brief wechsel mit Zelter (1815) davon. 2 ) Zunachst heisst es am
23. Januar kurz:
^Proserpina, von Eberwein, die Du kennst, wird den 3. Februar gegeben; wir
baben dem Werklein noch wunderlich eingeheizt, dass es als Luftballon steigen und
zuletzt noch als Feuerwerk zerplatzen kann."
Dann wird in einem undatierten (ca. 20. Mai anzusetzenden) Brief 8 ) etwas
ausfuhrlicher daruber gesprochen:
„Meine Proserpina habe ich zum TrSger von Allem gemacht, was die neuere
Zeit an Kunst und Kunststucken gefunden und begunstigt hat: 1. Heroische, land-
scbaftliche Dekoraiion, 2. gesteigerte Rezitation und Deklamation, 3. Hamiltonisch-
Hendelsche *) Gebirden, 4. Kleiderwecbslung, 5. Mantelspiel und sogar 6. ein Tableau
zum Scbluss, das Reich des Pluto vorstellend, und das alles begleitet von der Musik,
die Du kennsr, welcbe diesem uberm&ssigen Augenschmaus zu willkommener Wurze
dient. Es ward mit vielem Beifall aufgenommen."
Danach hatte Goethe dabei Absichten, die dem von Delisle de Sales
anlasslich Rousseau's ,, Pygmalion" aufgestellten Gesamtkunstwerk ziemlich
ahnlich waren. 5 ) Diese Gedanken hat denn Goethe auch, wie er im gleichen
l ) Diese Ausdrucke Goetbes bat Eberwein selbst uberliefert (vgl. Weimarer
Sonntagsblatt 1856 No. 27—29, Erinnerungen eines Weimarischen Musikers von Carl
Eberwein.)
a ) Vgl. entweder die Originalausgabe oder den Neudruck bei Reclam (heraus-
gegeben von Geiger) 1. Band.
3 ) Reclamsche Ausgabe I. S. 418.
4 ) Lady Hamilton hatte Goethe in Neapel kennen gelernt (vgl. italienische Reise),
mit Hendel meint er Henriette Hendel-Schutz, die bereits erwihnte Schauspielerin.
b ) Vgl. meine Pygmalion-Studie S. 68.
26*
( ^iM\n\r Original from
•y.., ul> :a v ..iwu^il UNIVERSITY OF MICHIGAN
38*
DIB MUSIK V, f&
Briefo schofi aokflndlgt, „umstflndlicher dargetan, droit eine glefche, j«
erhBhte Vorstellong dieses Uelnen Stfickes auf mehreren Tbeatera stttt*
haben bOnse", Es handelt rich nm den In die Werke miter der Subfile
, Theater and dnunatiscbe Poesie* aufgetiommenen Aufsafz: M Ober Proses
pina", der im JVU1 181 B entstand, Goethe bexelcbnet Uer die Elemente,
„*as denea die eminence Darstellnng auferbant wnrde*, etwaa genaner tin
In dem Biiefe an Zelter,*n&mlicb: U Pekoratfon, 2. Hesitation tmd Deld*-
madon* 3, kSrperliche Bewegnng, 4, JKUtwfrknng der Klelduog, 5* Mnsifc
and mot a) indem sie die Rede faegleitet, b) indem rie zu malerischen
Bewegnngpn anffordert, c) indent sie den Ghor melodtech eintreten Hssl
Alles dieses wird 6* durch ein Tableau geschlossen trad vollendet
Vir fcttnnen hter anf die nlbere Besprechnag der einzetaen Fnnkte,
deiton Bedentung im Znsannnenwlrben schon fuis der AufzAhlong klar wild,
verdchten* und Jjega&gpn uns mlt der Wiedeigabe des (lie Mttsik be?
treffenden Abachnittes. Es belsat daselbstt
vNtuunebr abac tot eg Zeft, der Mftslfc in gadenfcen, welcbe bier (pax etgentllch
»1* der See anwteben iit, worauf Jenar kfinslierfacb atttgetchmflckte Nechea ge-
tngn wird, ale die gflnttige JLirf^ welebe die Segtl gellsd, eber genuguun erlBUt and
der tteaemden SebUferta bet alien Bewegasgea nicb Jedcr Rlebtuag wflltg geborchL
Die Symphoiiie ofMFaet eben dlesea writen maelbdiacben Raam, und die naben
and fernen Begrenaungan desstfbea »tad llebUcft *hnona*veU aoageacbm&cfct Die
meiodranarieche Behandlaqg hat daa gretee Verdlenat* mlt welter Sfwraitmkatt ane-
gef&bit xu vein* indem etc der Schausplelerin feiade to rfel Zeit gcwfhrt, am die
Gebiidea der m*nnfgf§J*fren Otwrgjnge bedrafend aoazuidrjiclcen, die Rede Jadoeh to
ecblcfclichen Moment ebne Aurenthalt wieder aa ergretfen, wodarch der etgenUtah
mimlscb-tanztitige Tell mlt dem poetisch-rbeierlschen verfichmolzen und einer durch
den inderen gesteigert wird.
Eine geforderte und deato willkommenerc Wirkung tut das [sic] Chor der Parzen,
welches mit Gestng elncritt und das ginzt rezitativartig gch<ene M clod ram rhythmisch-
melodlficb abrundet: denn es 1st nlcbt tv. leugoen, diss dfe melodnmatlache Be-
bandlung slcb zulefrt Im Ge&ang aufldsen und dadurcb erst voile Befdedtgung ge-
wlhren musa* Spftter heiast es noch: H Von den Metodramen t denen der edle Inhklt
am beaten gezienit, werden jPygmilion* und , Ariadne* nocb mtncbmal vorgcstellr.
Die Z»hl d era el ben zu vermehren^ dflrfte daber aJs Verd least angeseben werden"*
Wir seben also, dass Goethe damals von der geringschfitzigen, im
m Triumph der Erapflndsamkeit* dokumentierten Auffassung der accompag-
nierten Monodramen zurfickgekommen war. Zum Schluss riihmt Goethe
noch „die MSssigkeit des Komponistenj der sich nicht selbst zu horen f
sondern niit keuscher Sparsamkeit die Vorstellting zu ffirdern und zu
tragen suchte**
Das Werk selbst publizierte Goethe nochmals in dem .Journal fur
Literatur, Luxus und iVlode"^ 1 ) und don stcht auch noch ein kleiner, wohl
') 1815 No. 4 S. 226 ff.
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
385
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
von Bertuch herriihrender Artikel, auf den er dann in der oben erwahnten
Studie ausdriicklich verweist. Von Interesse fiir uns sind folgende Satze daraus:
„Unter alien Gattungen dramatischer Poesie eignet sich wohl keine so gunstig,
als eben das Monodram; und so musste Goethes , Proserpina*, in der sich die reicbste
und scbonste Folge von Empfindungen und Situationen immer eine aus der anderen
entwickelt, der bequemste Anlass sein, an den Ausdruck so mannigfaltiger Seelen-
zustinde die ungezwungenste Darstellung und Begleitung durch Gebarden und Ge-
wanderspiel anzuschliessen, so grazios, naiv und wahr, als sie nur die vollendetste
Kunst der Alten in ihren Bildwerken, namentlich Basreliefen und VasengemSlden uber-
liefern konnte.
Durch die Begleitung zweier Kunste, plastischer Malerei und Musik, wovon
jene dem Auge, diese dem Ohre in gleichem Wohllaut und Rbythmus schmeichelte,
h§tte die Wirkung dieser Folge von Situationen, welche das Gemut zum hochsten
Anteil aufforderten, schon ungewohnlich sein mussen . . ."
Dann wird wieder Eberweins „weise Sparsamkeit" geriihmt:
„Nicht mehr und nicht weniger Kunstmittel waren aufgewendet, als um das
idyllische Gemalde von der gemeinen Flache des Wirklichen zu isolieren und ihm
den eigenen Farbenton zu geben."
Eberwein selbst hat 1 ) auch einige Erinnerungen an das gemeinsame
Wirken mit Goethe veroffentlicht und berichtet, dass er in wenigen Wochen
die Komposition vollendet und sie dann in Berka a. d. Ilm dem greisen
Dichter vorgespielt habe:
„Gross und erhaben stellte er sich mir zur Seite, blickte in die Partitur und
half mir w2hrend der Ouverture beim Umwenden der Blatter. Hierauf deklatnierte
der 64jShrige Dichter , Proserpina' mit einer gewaltigen Tiefe der Empfindung, so
dass es mir bald warm, bald kalt wurde. Wenn er an geeigneter Stelle in Leiden-
schaft geriet, musste ich mich zusammennehmen, nachzugeben und geflllig zu sein.
Bei so inniger Vereinigung der Poesie mit der Musik konnte der Erfolg fur mich
nicht zweifelhaft sein. Am Schluss erkl&rte sich der Meister mit der Behandlung
seines Gedichts sowie der Musik vollstandig einverstanden."
Eberweins Musik ist in zwei Exemplaren der Partitur erhalten, das
eine (Dedikationsexemplar an Goethe) befindet sich im Goethehaus zu
Weimar, das andere, fiir eine (nicht zu Stande gekommene) Auffiihrung
bestimmt, in der Berliner Bibliothek. 2 ) Eberwein verwendet ausser den
Streichern 2 Floten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Horner, 2 Trom-
peten, 3 Posaunen und Pauken. In der melodramatischen Behandlung
schliesst er sich eng an Benda an, dessen Einfluss auch in der Melodik
unverkennbar ist, daneben ist schon Beethovens und gelegentlich auch
Glucks Einwirkung deutlich bemerkbar. Gewohnlich werden nur halbe
oder ganze, hochstens zwei bis drei Takte zwischen die Deklamation ein-
geschoben. Stellen, die einen grosseren Stimmungswechsel bedingen,
J ) a. a. O.
-) Auch fur Wien wurde, wie Eberwein erzihlt, eine Abschrift hergestellt, die
ich aber dort nicht aufzufinden vermochte.
J::;i ".i/.OV*
(" r\< \n}{* Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
386
DIE MUS1K V. 12.
erhalten kurze abgerundete Musikstucke. Geniale EinfMlle sind nirgends
bemerkbar, alles ist von einer talentvollen Tuchtigkeit. Ausgezeichnet ist
allerdings der pp einsetzende und crescendo fortgesetzte Paukenwirbel
bei Proserpinas Worten w Was ist das?" nach dem Genuss der Frucht.
Accompagnement ist stets nur im Tremolo angewandt Der Cbor der
Parzen zum Schluss wird gesungen. Im ganzen steht die Partitur an
Kunstwert hoch fiber der Seckendorffschen. Zur Charakterisierung der
Erfindung gebe ich hier noch die Hauptthemen der Ouverture wieder:
No. 56 a. ^
g=fe:
3^353
CTJIJl
*
mum
U3W.
Das Werk kam ausser in Weimar nicht mehr in der von Goethe
gewollten Art zur Auffuhrung, und so brachten es auch die Goetheschen
Reformideen zu keiner weiteren Verbreitung. Ende des 19. Jahrhunderts
hat dann noch E. Lassen die Dichtung fur Gesang komponiert.
XIV
Es ist eine alte Erfahrung der Kunstgeschichte, dass, wenn Genie
oder grosses Talent eine Tat vollbringen, das „imitatorum pecus*, der
grosse Haufe mittelmSssiger Kopfe, nichts Eiligeres zu tun hat, als durch
sklavische Nachahmung des erfolgreichen Musters seine eigene Unflhigkeit
zu bekrnden und einen ursprunglich guten Gedanken zu verzerren. So
ging es auch hier. Wie bedeutende Zeitgenossen Bendas Vorgehen in
origineller Art zu verwerten suchten, haben wir in den vorangegangenen
Kapiteln gesehen. Es erubrigt sich also nur noch, die Mit- und AuslSufer
der Bewegung einer allgemeineren Betrachtung zu unterziehen.
Schon bei der Besprechung der nachsten musikalischen Nachfolger
Bendas babe ich gelegentlich darauf hingewiesen, wie eng sich die
dichterischen Unterlagen der „ Ariadne" und „ Medea* anschliessen. Immer
und immer wieder — mit seltenen Ausnahmen — ist es ein Weib der
T'JcOO
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
387
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
klassischen Sage oder Dichtung (Ino, Procris, Lampedo, Sophonisbe, Dido,
Andromeda usw.), das im Mittelpunkt steht und in endlosen Monologen
seine Leiden enthullt. Wollten doch die Schauspielerinnen aller Biihnen
gleich Mme. Brandes und Mme. Seyler ihre Paraderollen haben. Der
mannliche Gegenspieler wird, wenn iiberhaupt vorhanden, gleich Theseus
und Jason bedeutungslos gemacht, und nur mit Hilfe von Jagdfanfaren,
Stimmen unsichtbarer Geister und ahnlichen Notbehelfen ein wenig Ab-
wechslung hineingebracht. Dass einem rechtschaffenen Monodram ein
Gewitter nicht fehlen diirfe, verstand sich schliesslich von selbst. Kein
Wunder, wenn dies stereotype Schema endlich den allgemeinen Spott
herausforderte; 1 ) am witzigsten hat wohl Goethe im 1. Akt des ^Triumph
der Empfindsamkeit" sich daruber lustig gemacht:
Andrason: Eins noch, an dem sie grosses Vergnugen flndet, ist, dass sie
Monodramen auffuhrt.
Mona: Was stnd das fur Dinge?
Andrason: Wenn Ihr Griechisch kdnntet, wurdet Ibr gleich wissen, dass das
ein Schauspiel heisst, wo nur eine Person spielt.
Lato: Mit wem spielt sie denn?
Andrason: Mit sich selbst, versteht sicb.
Lato: Pfui, das muss ein langweilig' Spiel sein!
Andrason: Fur den Zuscbauer wohl. Denn eigentlich ist die Person nicht
allein, sie spielt aber doch allein, denn es konnen nocb mebr Personen dabei sein:
Liebbaber, Kammerjungfern, Najaden, Oreaden, Hamadryaden, Ebem&nner, Hof-
meister, aber eigentlich spielt sie fur sich, es bleibt ein Monodrama. Es ist eben
eine von den neuesten Erflndungen; es l&sst sich nichts daruber sagen. Solche Dinge
flnden grossen Beifall.
Sora: Und das spielt sie ganz allein fur sicb?
Andrason: O ja! Oder, wenn etwa Dolch oder Gift zu bringen ist — denn
es geht meistens etwas bunt her — wenn eine scbrecklicbe Stimme aus dem Felsen
oder darchs Schlusselloch zu rufen bat, solche wicbtige Rollen nimmt der Prinz
fiber sicb, wenn er da ist . . .
Mela: Wir wollen auch einmal so spielen.
Andrason: Lasst's doch gut sein und dankt Gott, dass es noch nicht zu euch
gekommen ist! Wenn ibr spielen wollt, so spielt zu Zweien wenigstens; das ist seit
dem Paradiese her das Oblichste und Gescheiteste gewesen.
Und im 2. Akte heisst es wieder sehr witzig:
Merkulo: Wir fubren aber aucb die neuesten Werke auf, wie man sie in der
Messe kriegt: Monodramen zu zwei Personen, Duodramen zu Dreien usw.
Sora: Wird denn auch drinn gesungen?
Merkulo: Ei, gesungen und gesprochen. Eigentlich weder gesungen, nocb
gesprocben. Es ist weder Melodie, noch Gesang drin, deswegen es auch mancbmal
Melodram genannt wird.
Aber auch ernste Stimmen erhoben sich warnend: 2 )
! ) Vgl Altg. deutsche Bibliothek Bd. 108, S. 138.
*) Rhetn. Beitrftge zur Gelebrsamkeit. Mannheim 1780, L S. 261.
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tV UNIVERSITY OF MICHIGAN
Oil MU&1K V. 14
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dnuiten, Bmebst&oke ins ftananpn, in Drams, ftaunetHeben TrstBdtett turn*
dBrften bstd xnr Mode wcrdeDj warn dem Obel nlcht gsstsoert wtaL
Dean was 1st lelchtef, sis stno odor swo Fofioijen tine Stands d efcfjw totwiij
schirisn, vdnen, Jamment, zftraen, feten, Baelieft, Tertwetfeln and stfuEade stch
nAftriofen itt lassen? Der nnerfahrenste Anfloger sncht dtneo Waaee; Kleopetta,
Dido' ttsv* uiw n gebt stise Iseos rbotortaw dttfcb, Kft seiner Heldin sine ft**r
nach der sndern In den Mttiidt gflrt Or endUch elaen Ttolsti In dfe Hand Oder Heat
dies wMer (at warden, and so tot dss Duedrams httlg, 1st das Stftck scblecbt, so
tot femefatlfjlch dls Mnslk noch schlecbter* Jenss mscht Sehlummer/ dies* wtegt
dss Kind* Hur dss bests Daodrsm* tot ertrltflch. Was fcsmt nub VU cfcwra ehi-
tfnigen, tnehrenttils ostanridrigen (welcher Mensch scbrelt nnd Itront stud tobt Who
Stttnde lang In ddtm tort?) nnd ktmstleeren Dnadrama>rwaJteo? Fdr mlch wBnsehte
Icb ^Hedss* and ^Ariadne* sIM Jabre elnntsl w soften; elb scblecbttre* sis dieec
niensli,*
lm folgenden gebe> ich una tineZusanimenstcllaag all der St&cke,
fiber die ralr etvns Niherea bekannt geworden ; ausgeschiedon sind nicht-
komponierte Tote! deren ZaM Lesion 1st. 1 ) Ebenso dad nkbt berflck-
slchtigt alle die Werke, die sleher nlcht tuttef die Kstegorie der w accoin-
ptgaierten Dramen* fallen nifd ituf inblge hlschtf TcrminologJe noeh
Inimer in Leitlcis nsw. daraoter gereclmet verden. Die beigeffigteo Zshton
sind nach MSglichkeit aus zeitgenSssischen Quellen entnomraen^ die weir
zuverlissiger als die Opemlexika von Cl£ment-Larousse und Riemann sind.
Auch die Schillingsche .Enzyklopidie der Tonkunst**) leistet nocta immer
fur das 18. Jahrhundert Vortreffliche Dienste, Werke, dereo Koinponisten
so unbedeutend waren, dass sich nirgends etwas uber sie finden liess, babe
ich ebenfalls weggelassen. So darf denn die nachrolgende Aufzflhlung in
gewisser Hinsicht Anspruch auf Vollzflhligkeit, jedenfalls aber auf Exakt-
heit erheben. Icb gebe sie in alphabet ischer Reihenfolge nach der Art
der Opemlexika, deren in be^ug auf diese Materie meist unrichtigen An-
gaben man damit vergleichen m5ge.
Abels Tod {Rata und Abel) von Franz Spindler (geb. 1759^ (Ms -Partitur: Gcs.
d. Musikfreuode Tien), (ca, J 797).
Adonis, Melodrama ged. von C W. Bauer, Musik von Karl Vagner, Darmstadt,
oj. (1772-1822), {Textbuch in Mannbeim), Miinz 181&
') Vgh Neue BibL der scbonen Vtasenscb. Bd, 48, IL S, 174> wo der Referent be-
bauptet, 34 unkomponierte Teste gesehen iu baben, line grosse Anzabl babe icb
aucb scibst aesehen. Ffinf auf einmal veroffcniHcbtc t. B. C. G. Rfissig, Biyreuth 1779,
( H Versucbe im musikaL Drama o&w.*)*
*) 2. Aufl- (1840-42) in 7 Bloden.
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
389
ISTEL: ENTSTEHUNG D. DEUTSCHEN MELODRAMAS
Agnes Bernauerin, Melodrama von Franz Gleissner (1760—1815), Munchen
ca. 1790.
Amazili, Musik von Ludwig von Buri, Schuler Voglers, Neuwied (nach 1780),
vgl. Allg. Musikzeitung 1799 No. 23 f. (der „Lampedo" nachgeahmt). Vgl. uber ihn
Schilling, Mus. Enzyklop, II, S. 54.
Andromeda und Perseus, Musik von Anton Zimmermann (1741 — 1781),
Kl. A. gedruckt, 2 Kl. A. im Museum in Wien, Ges. d. Musikfreunde, ca. 1781.
Antonius und Kleopatra, Duodrama mit Gesang in zwei Aufzugen. Dichtung
von d'Arien, Musik von Job. Christ, Kaffka (geb. 1759). Partitur (Ms.) in Berlin, 1779
daselbst aufgefuhrt. Halb Melodrama, halb Oper.
Cephalus und Procris, Melodrama, Musik von Friedr. Hugo von Kerpen
(vgl. uber ihn Schilling, EnzyklopSdie IV, S. 82), Mainz 1792.
Deucalion und Pyrrha, Melodrama, Musik von Franz Andr. Holly (1747—1783),
ca. 1776.
Dido, Melodrama, Musik von Ignaz Holzbauer (Tod der Dido), Munchen 1779
(1711 — 1783). (Dichtung von Goue\)
Emma und Edgar, Duodrama von Reichert, Musik von Franz Mezger (Flotist
der Mannheimer kurfurstl. Kapelle), Text in den „Rhein. Beitr. zur Gelehrsamkeit"
4. Heft 1780.
Hero, Monodrama, Musik von B.A.Weber, Berlin 1800.
Hero und Leander, Musik von Friedr. Ludwig Seidel (1766—1831), Berlin
ca. 1815.
Hero, Monodrama mit Choren, gedichtet von A. Schreiber, Musik von Job.
Brandel (1760-1837), Kl. A. bei Velten in Karlsruhe gedruckt (ca. 1820).
Use, Melodrama, gedichtet von S. G. Laube, Musik von Wilh. Schneider
(geb. 1783), Leipzig 1806.
Incle und Yariko, Duodrama von Schink, Musik von Friedrich Wilbelm Rust
(1739 — 1796), einem Schuler Friedemann Bachs, Berlin, 28. Jult 1777. Partitur leider
verschollen. (Vgl. Gothaer Theaterjournal 1777, 3. St. S. 141, sowie die Biographie
Rusts von seinem Enkel in Mendels Musikal. Konversationslexikon VIII S. 482 ff.)
Zwei weitere Monodramen von Rust „Colma a und „Pyramus und Thisbe a sind eben-
falls verschollen.
Leonardo und Blandine, Melodrama (Dichtung von Goz?), Musik von Job.
Georg Staudinger (gest. 1790) 1784.
Minona, oder die Angelsachsen, tragisches Melodrama in 4 Akten von
H. W. Gerstenberg. Musik von J. A. P. Schulz (1747—1800) Hamburg 1785 (Textbuch),
vgl. N. Bibl. d. scb. Wissensch. 1789, S. 171), aufgefuhrt Rheinsberg 1786.
Perseus und Andromeda, Melodrama, Musik von Friedr. Ludwig Benda
(1746—1793), dem Sohne Georg Bendas. Manuskriptpartitur (Kopie) in der Munchner
Hof- und Staatsbibliothek. Anscheinend zu Auffuhrungszwecken bearbeitet.
Polyxena, Monodrama, Musik von C. A. Zeller (1728—1803), Neu-Strelitz 1781,
Polyxena, Musik von Job. Georg Staudinger (gest. 1790).
Pyramus und Tbisbe, Duodrama (anonym), Halle 1787 (nicht komponiert),
vgl. Gotb. gel. Zeitungen 71. Stuck, 1788. Sollte dies der von Rust komponierte
Text sein?
Pyramus und Thisbe, Melodrama, Musik von J. B. Rochefort (1746—1815),
Kassel 1785.
Pyramus und Thisbe, Duodrama, Musik von J. B. Fuss (1777-1819), Press-
burg ca. 1795.
( " i m \i-\ L - Original from
i::r:^c:j :)y ^OU^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
390
DIE MUSIK V. 12.
Pyramus und Thisbe, Melodrama, Musik von A. Eberl, 1766— 1817 r
Wien 1796.
Pyramus und Thisbe, Melodrama, Musik von Fr. Stanislaus Spindler, 1787
in Muncben, missflel. Textbuch 1703, Warscbau.
Rosamunde, Melodrama von Bretzner, Musik von J. C. Kaffka, 1759. Bres-
lau 1784, Kl.-A. gedruckt.
Sappho, Melodrama von W. Gubitz, Musik von B. A. Weber (Part, und Stitnmen r
Darmstadt) Monolog mit Choren, Berlin 1816.
Sappho, von Noller, Musik von F. A. Kanne (1778-1833), Leipzig 1805.
Sulmalle, Duodrama, Musik von B.A.Weber, Berlin 1802.
Als Hohepunkt der ganzen Bewegung lasst sich die Zeit von 177S
bis 1780 bezeichnen, doch erstrecken sich ihre Auslaufer in grosser An-
zahl bis zum Jahre 1800, ja noch weit ins 19. Jahrhundert hinein. Schon
1788 ist in der „Neuen Bibliothek der schonen Wissenschaften" zu lesen,
dass w die Gattung vom Theater wieder verschwindet", 1791 behauptet
D. Huber, 1 ) das Duodrama werde von der komischen Oper verdrangt, was
H.C.Koch 2 ) 1802 als vollzogene Tatsache bestStigt, und 1800 sagt der
Gothaische Theaterkalender, alle Monodramen bis auf ^Ariadne* seien ver-
schwunden. Dasselbe ist — mit Hinzufugung von „Medea a — im Jahre 1806
in der w Allg. Musik. Ztg. a8 ) zu lesen.
So nahm jene Kunstgattung ihr Ende. Das Melodrama als Genre
ging allmahlich nach Ifflands Beispiel in den Konzertsaal iiber, wahrend es
auf der Biihne nur noch als Episode in Oper und Schauspiel, nicht aber
mehr als eigene Gattung sich zu halten vermochte. Diese Entwicklung
naher zu verfolgen, sei einer spateren Arbeit vorbehalten.
! J A. a. O. (Tamira).
2 ) Musikaliscbes Lexikon, Frankfurt 1802.
3 ) S. 13.
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cV" UNIVERSITY OF MICHIGAN
Nachdem Wagner die Aufgaben der einzelnen Kiinste im Drama der
Zukunft erortert hat, beschaftigt er sich schliesslich noch mit dem Kiinstler
der Zukunft, der an idealem Wesen seine Vorganger ebenso sehr iiber-
ragen soil, wie das ihm anvertraute Kunstwerk jedes friihere kiinstlerische
Schaffen. Als den Kiinstler der Zukunft bezeichnet Wagner die Genossen-
schaft aller Kiinstler. Eine hochst phantastische, fast ans Komische
streifende Schilderung soil eine ungefahre Vorstellung von dieser Genossen-
schaft geben.
Wagner denkt sich die kiinstlerischen Vereinigungen der Zukunft als
freie, nach sozialistischen Prinzipien geregelte, und je nach der erwahlten
Aufgabe wechselnde Verbindungen, die eine Trennung von produzierendem
und reproduzierendem Kiinstlertum nicht mehr aufweisen, und in welchen
die Liebe allein als tatige und ermoglichende Macht gedacht werden
konne. Diese treibende Kraft der Liebe hat der Darsteller des Helden
auf die iibrigen Mitwirkenden zu iibertragen dadurch, dass er die dem
Helden zufallende Handlung gewissermassen moralisch durch sich selbst
wiederholt und so seine Wiirdigkeit fur die iibernommene Aufgabe erweist.
Und in diesem begeisterungsvollen Drange wird der Darsteller der Zukunft
zum — Dichter (164, 165, 166). ') Das Wirken des Dichter-Darstellers
als kiinstlerischen Gesetzgebers der Genossenschaft ist aber immer nur ein
periodisches, es erstreckt sich nur auf den einen Fall, den er kraft seiner
Individualitat zum gemeinsamen Unternehmer erhob. Mit Erreichung dieser
Anmerkung: Dieser kleine Abschnitt stammt aus dem soeben erschienenen,
umfassenden Werk von Paul Moos: „Richard Wagner als Asthetiker*. Unsere
Raumverbaitnisse gestatteten den Abdruck nur eines ganz kleinen Teiles, zudem eines
Bruchstuckes, n3mlich des Schlusses vom Abschnitt: Das Kunstwerk der Zu-
kunft, den wir desbalb wiblten, weil sich die charakteristische Art des Verfassers
in ihm am schirfsten erkennen lisst. Wir gdnnen dieser Kostprobe gem die Auf-
nahme, ohne uns in allem mit Moos' Anschauungen identiflzieren zu konnen.
Die Redaktion
') Die in Klammern vorkommenden Seitenzahlen verweisen auf die Zweite Auf-
lage der Gesammelten Schriften Richard Wagners.
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
382
DIB MUSIK V. 12.
Absicbt ist seine Diktatur zu End* n«d gebt nun « etoen Mdwen Ge;
nossen fiber, dessen Begeistenwg dlesen xum Mlttelpimkte titter Mute
draantisehen {Constellation werden lint Somit kmta jeder efczotae <3e-
noft* inr Diktatur gelangen, wenn er die Kraft besitzt* die Hut tetetitaflde
kSnstleHache Absicbt tar gemeioschaftllchen xu atempeln <1W> 14H)»
Jedea in das Leben tretende Drama irird aledann das Veric einer noa&k,
Vorher nocb at* dagewesenait, vad so nle stab viederfcoJenden Vefetnigftng
von Kfinetlera aetn (160)*
So nod nlcht anders denkt sich Wagner die KftnstleiKhaft der
ZukunftI In seinem Ideaten Drange giaubt er das mtr der Sadie comitate
Streben seiner otgenan,, atiea flberragenden and in ihren Bun nringendcn
Persdnlicbkett veratigemeinern zu dfirfen, Er solbst bat jn apiter In
Bayreuth dlesen Kfinstlertraura bis an eineni gewissen Grade wabr gemacht.
Es haben sich am ihn auserlesene Krifte freiwiUig gesctyrt, tun sich
winer kfinsaerischen Diktatur an ttnterverfen. Was jedoch Ira Hlnblick
auf seine geWaltigen FShlgkeiten berechtfgt ttnd notwondig erschelnen
muss, wird bel der Obertragung auf klelnera, aUtlgtfche Verhtftnisse zor
UnnrfgtichkeiL Unter den gew5hnllchen, nonnalen UmatSnden tretcn snob
wieder die gewdfauUcbea, normalen Gesetze in Kraft Jeder andero mftsate
bei dun Veriuche, das Prinrip Bayreutbs zu dem tefrigen an erhebea,
vermotUcb alsbald Scbiffbruch leiden* Und nlcht efnms! in Beyrouth
selbst konnte sich Wagners Traum g*na bewlhren. Nlcht die Uebe nnd
Begeisterang haben dort be! Vertettung der Aufgaben entschieden, sondern
die fachmlssige Begabung und technische Schtriung. Nicht der war hetite
der kflnstlerische Diktator und morgen jener, sondern imtner der eine
Richard Wagner, der sich in der kiinstlerischen Praxis von den ScbwBchen
seiner Theorie grQndlicb frei zu machen wusste* Die von ihm ertrflumten
ungebuudenen Genossenschaften, die sich mit jedem neuen Drams freiwillig
neu biiden, in welcben Begeisterung und willige Unterordnung die leitenden
MSchte sind, und welcbe nur suf das Kunstwerk bedacht bleiben, sonst
auf xiichts in der Welt — diese freien Genossenschaften konnen in der
Allgemeiaheit erst erstehen, venn alle Menschen, insbesondere atle
Kflnstler und Kunstlerinnen, von idealer Reinheit der Gesinnung durch-
drungen sein werden, obne Neid, Eifersucht und Erwerbstrieb. Auf den
Tag aber, der diese edlen Kraft e ins Leben ruft, ksnn unmogtich gewartet
werden mit alter weiteren kiinstlerischen BetiHgung* die Zeit mochte sich
dabei gar zu lange hiuzieben. Bis dahin mussen auch in den kunstlerischen
Untemehmutigen die rauhen Gesetze der Wirklichkeit die Herrschaft weiter
fuhren und diese Gesetze sind auf durchaus andere Voraussetzungen
gegriindet als auf die blosse Liebe und Begeisterung* Wagners Ausseningen
uber dieses gauze VerhSltnis konnten seiner eigenen Sache nur schaden,
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
393
MOOS: WAGNER ALS ASTHETIKER
da sie ihn als einen Phantasten erscheinen lassen, dem man nicht zu-
trauen durfte, dass er in der wirklichen Welt mit gegebenen Grossen
rechnen und mit ihnen ein reales Ziel erreichen konne, als welches die
Auffiihrung eines Dramas eben doch angesehen werden muss. Wer Wagner
nur aus seinem Kunstwerke der Zukunft kannte, durfte unmoglich an-
nehmen, dass dieser Mann berufen sei, auch als kiinstlerischer Organisator
Grosses zu leisten. Es zeigt sich hier eine seltsame Vereinigung von
Gegensatzen in einer und derselben Personlichkeit: der Schriftsteller und
Asthetiker Wagner wird zum Schwarmer und Trimmer, der Kiinstler da-
gegen bleibt ein eminentes praktisches Genie.
Wagner erganzt seine Bestimmung des Kunstlers der Zukunft noch
dahin, dass er als diesen Kiinstler in Kiirze das Volk bezeichnet (169).
1m voraus weiss er, dass diese Enthiillung bei dem „intelligenten Kunst-
egoismus" seinerzeit nur verachtungsvolles Staunen hervorrufen werde
(172); er ist gefasst auf die abgeschmacktesten Fragen und Zweifel von
seiten derjenigen, die nicht begreifen konnen noch wollen (170, 171). Er
selbst denkt ja, wenn er vom „Volke" spricht, im Grunde immer nur an
den unbewussten schopferischen Volksgeist im Gegensatze zu der unfrucht-
bar kombinierenden bewussten Intelligenz. Er weiss aber nichts davon,
dass eine eigene Auffassung im Gegensatze zu den treffenden Bemerkungen
in jenem Briefe an Hanslick aus der Dresdner Zeit missverstandlich und
irrleitend geworden ist, da sie verschweigt, dass der Volksgeist nur
dadurch Bedeutendes wirkt, dass er in einzelnen ausgezeichneten Indi-
viduen, den grossen Mannern, zum Bewusstsein seiner selbst kommt und
mit Bewusstsein schafft. Diese Beauftragten des Volksgeistes miissen sich
ja fast immer in schwere Kampfe stiirzen, um ihr Werk gegen das Volk
selbst durchzusetzen. Wagner musste das am eigenen Leibe genugsam
erfahren. Wenn das Volk die Sprache, Religion und den Staat erschaffen
hat, so haben einzelne Individuen, wie Goethe, Luther und Bismarck,
diesen Gebieten zum Teil unter heftigem Widerstreben des eigenen Volkes
die machtigste Forderung angedeihen lassen, Wagners Auffassung dagegen
legt die Meinung nahe, als ob die bewusste Intelligenz uberhaupt nur
Schaden stiften konne. Alle grossen Erfindungen reklamiert er als Taten
des Volkes (53), auch die kiinstlerische Erlosung (47, 54), die doch nur
er allein im Namen und Geiste des Volkes zu vollbringen imstande war,
Auf die modernen Staats- und Kulturverhaltnisse ist Wagner
noch immer sehr schlecht zu sprechen (44, 46, 47, 70, 71, 149, 172),
wobei er wieder die sozial-politische Revolution vermengt mit der kiinstle-
rischen. Er ruft auf zur Emporung gegen den „verbrecherischen Zusammen-
hang unserer gesellschaftlichen und staatlichen Zustande" und gegen das
staatsgesetzliche Recht, welches diesen Zusammenhang gewahrleiste (174).
J::;i ".i/.OV*
( "r\r %nlr Original from
v^ki^r UNIVERSITY OF MICHIGAN
394
DIE MUS1K V. 12.
Den „absoluten Egoismus" seiner Zeit weist er hin auf die Erlosung im
Kommunismus. Es ist ihm zwar nicht so ganz behaglich zumut bei diesem
polizei-gefahrlichen, von Feuerbach fibernommenen Worte, aber er weiss
keia anderes, das besser und bestimmter seine Meinung ausdrficken konnte.
Der Begriff des Altruismus, der wahre Gegensatz des Egoismus, scheint
ihm damals nicht gelaufig gewesen zu sein. Noch immer glaubt er, dass
die Zukunft an Stelle der „unnaturlichen a modernen Staatsverhaltnisse
freie Vereinigungen nach Art der von ihm ertraumten dramatischen
Genossenschaften setzen und so das Verlangen aller Menschen nach einem
glucklichen Leben aus dem Reichtum der Erde befriedigen werde (168,
169). Von diesen freien Vereinigungen erhofft er auch die Verwirklichung
des Kunstwerkes der Zukunft, das nur im vollsten Zusammenhange mit
alien unseren Lebensverhaltnissen entstehen konne (123) und der Bruder-
kuss des neuen Bundes sein werde (50). Fiir eine unerlassliche Vor-
bedingung des allumfassenden Dramas halt er ausserdem noch die Aus-
breitung einer neuen, allgemeinen Religion (123), da ihm der Einfluss
des Christentums auf die kiinstlerische Entwicklung noch immer als ein
hochst verderblicher gilt (79).
Wenn wir nun die Schrift fiber das Kunstwerk der Zukunft in ihrer
Ganzheit uberblicken, so diirfen wir unser Urteil dahin zusammenfassen,
dass sie ebensoviel schone und wertvolle Eingebungen enthalt, wie Uber-
treibungen und Entstellungen. Trotz aller Extravaganzen, zu denen er sich
hinreissen lasst, verleugnet Wagner auch in dieser Kundgebung seine Be-
deutung nicht: er bleibt gross in seinem weitausschauenden, unbeirrbaren
kfinstlerischen Streben, in dem hinreissenden Feuer, der Wucht, Tiefe,
Schonheit seiner Sprache und Gedanken. Bei all den seltenen Vorzugen,
die ihn hoch hinausheben fiber das Mittelmass einer bloss verstandigen
Reflexion, ist er in seinem Denken als Kunstphilosoph aber kein Fuhrer
mehr, dem man unter Verzicht auf eigenes Urteil in blindem Vertrauen
folgen dfirfte, sondern ein Brausekopf ohne Mass und Ziel. Wir diirfen
nicht von ihm sagen, dass er als ein Vater alle Kfinste mit gleicher Liebe
umfasse. Im Gegenteil, er ist als Asthetiker der schlimmste aller Tyrannen
geworden. Eine Kunst, die nicht in sein System passt, wird entweder von
ihm ohne weiteres zum Tode verurteilt oder doch so zugerichtet, dass sie
nicht wiederzuerkennen ist. Wagner selbst bezeichnet den Charakter seiner
Darstellung als „warme Aufgeregtheit*. Diese Bezeichnung ist aber doch
wohl zu milde fiir sein Vorgehen, wenn ihm natfirliche und gerade Wege
nicht mehr zu Gebote stehen. Er zieht alsdann das entlegenste Material
von alien Seiten herbei, kleidet es in reiche, uppige Worte, verbindet die
einzelnen Daten nach Willkfir, trfibt das Ganze so, dass kein Bestandteil
cr^ec!
( \ir\nli" Original from
v „ ,i )\ > a i l UNIVERSITY OF MICHIGAN
395
MOOS: WAGNER ALS ASTHETIKER
mehr deutlich zu erkennen ist, und ehe sich der Leser dessen versieht,
steht das Resultat vor seinem erstaunten Blick, der sich gar nicht Rechen-
^chaft dariiber zu geben weiss, von wannen es so unvermutet auftaucht.
Auseinandersetzungen uber die Bedeutung und Aufgabe der Einzelkiinste
im Gesamtkunstwerke gehoren aber in das Gebiet der Kunstphilosophie,
sind also mehr oder weniger wissenschaftliche Erorterungen, die als solche
klar und wohlgegriindet sein miissen. Wagner jedoch phantasiert mehr, als
er denkt. Was ihm als Kunstler unverganglichen Ruhm gebracht hat, das
wird ihm jetzt, da er theoretisch arbeitet, zum verhangnisvollen Hemmnis.
Was niitzt der herrliche Stil, die bilderreiche, vollsaftige Sprache da, wo
nur rein und scharf abgegrenzte Begriffe zum Ziele fiihren konnen? Ware
der Verkiinder so absonderlicher Lehren irgendein beliebiger Theoretiker
oder Asthetiker, so diirften sie mit Schweigen iibergangen werden. Wagner
gegeniiber liegen die Dinge aber anders. Seine unvergleichliche Bedeutung
als Kunstler verbiirgt seinen Theorieen — und mogen sie noch so kraus
sein — stets einen gewissen Einfluss, namentlich in den Tagen einer un-
bedingten Wagnerverehrung, die nicht einen Buchstaben und nicht eine
Note seines Lebenswerkes angefochten wissen will. Gerade deshalb aber
ist eine leidenschaftslose Aufklarung dariiber vonnoten, wie der Meister es
fertig brachte, sich selbst so sehr zu tauschen und sich einzureden, nur
Weisheit verkiindet zu haben, wo doch auch so viel Verkehrtheit zu finden ist.
Ein Gesamtkunstwerk, in welchem alle Kiinste in gleichem Anteil
nach ihrem hochsten Vermogen vertreten sind, gibt es nicht, und wird es
nie geben. Im musikalischen Drama, das Wagner zu einem solchen Ge-
samtkunstwerke erweitern mochte, sind Dichtkunst und Musik die fiihrenden
Kiinste: die Dichtkunst als zeugendes, die Musik als empfangendes Prinzip.
Als nur reproduzierender Faktor entspricht diesen beiden die darstellende
Operngesangskunst; organisch verbindet sich mit ihnen ausserdem noch die
Tanzkunst, bei welcher Produktion und Reproduktion in einen Akt zu-
sammenfallen. Von der Dichtkunst, Tonkunst und Tanzkunst darf man
sagen, dass sie sich im dramatischen Gesamtkunstwerke nach ihrer hochsten
Fahigkeit betatigen konnen und miissen, trotz des ihnen dabei auferlegten
Verzichtes auf Entfaltung von gewissen anderen, ebenso wichtigen Seiten
ihres Wesens. — Dagegen erleiden die bildenden Kiinste durch ihr Eingehen
in das dramatische Gesamtkunstwerk so erhebliche Einbussen, dass sie
kaum mehr in ihrer eigentlichen Gestalt an ihm beteiligt sind. Die Malerei
— es sei wiederholt — muss zur Kulissenmalerei werden, welche sich schon
vermoge der Darstellung des Raumes durch hintereinandergeriickte Kulissen
statt dessen Projektion auf eine gegebene Flache fundamental von aller
anderen malerischen Darstellung unterscheidet und bis zum heutigen Tage
noch nicht so weit gediehen ist, dass sie einen Vergleich mit den hochsten
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIB MUBIK V.tZ.
kfinstleriachen Leistongen der eigentttcben Landachafta* und ArtMtefcfira-
malerei aucb nor wagen d&rfte. Die Plastik wild zur gpmalten Bihram*
plastik oder begoBgt rich mit vorwiegend dekorativer Wirkuag; did Bsatatott
vollends muss aufhSren, sie seibst zn sein, um such attr ia das Bfihneabild
eingehen zu kdnnen* — Ber # Trieb znm Dram**, welcber DJchtknnst and
Musik beseelt, 1st den bildenden Kflnsten ftberhsvpt nicht eigen; diese
werden vielmehr vom Drama sozussgen nor mitgerissen ttcd in ftbertnjgeaft*
B&hnengestalt dienstbsr gemacht Schon durch ihr aieh gleichbfelbeildes
Vertaarren In der Zeis sind sie ausserstande, der dramatfscben Bntwicklttng
In ihren verachiedenen Phaaen Schrltt f8r Scbrltt so zu foigen, vie die
Atusjk es vermag, Die bildende Kunst besitet zwer das Tragisebe, Kinmscbe,
Lustige; Posaenhafte* abet sie besitzt nicht die TngBdle, KomBdle, dss Lust-
spiel nod .die Pease, Sie kaait tamer mtr den Rahmen sohafle% ftuterhalb
dessen der elgentiicbe Bfihnenvorgang sich vollziebt, nod Ihre Unterordnuiit
erweist aicfa action ens dem Uinatande, date cine gate AnffBhnnig ohne
•lie Szenorie tiefe Wirkang fflbt, wihrend dsi schflnste Bfihneabild bei
schlecbter Aafflibfung immer das Wichtigate vermissen Itost
Dieses gauze Verbtttnis bewefst sber nichts gegen die Ebenbftrtigkelt
der bildenden Kunst Diese bedsrf der FStderang dureh dea Drams tun
se weuigor, und kano ihre Beteitigung mit um so grdsserem Rechto sis ein
von ihrer Seke gewBhrtes Gnadengescheiik hetractaten, da sie eta el gen en
Geasmtknnstwerk besitzt, welches mit gleichen kfinailerischen Rechten und
Anaprfichen dem drsmstischen an die Selte tritt Das Gesamtkunatwerk
der bildenden Kunst ist fiberall da vorfaanden, wo Baukunst, Plastik und
Malerei zu einem einhehlicben Eindruck zusammenwirken, also in jedem
mit Statuen und Wandmalereien orgaaisch geschmiickten Kirctaenraum und
Saale, oder an jeder dementsprechenden Fassade* Das Qesamtkunstwerk
der bildenden Kunst steht hinter dem dramatischen insofero zuruck, ats es
ganz niir auf sich seibst gestellt bleibt und kelne weitere Vereinigung mit
anderen Kunsten mehr eingeht, Keine Wiedergabe musikalischer und dich-
terischer Werke verbiudet sich zu einem einbeitlichen, kunstlerischen Ganzen
mit dem von der wirklicben Baukunst geschaffenen Raume, in dem sie statN
findet; das Orgelspiel und der Gesang in einer Kirche* die Konzertauffuhrung
und Deklamadon in einem Saale stehtn innerlich unvermittelt neben der Bau-
kunst, Plastik und Malerei, welchedeuHorer umgeben, wihrend dasdramatische
Gesamtkunstwerk wenigstens in einem gewissen Grade auch die bildenden
Kunste mit sich verschmilzt. Dieser eine unbestreitbare Vorzug recht-
fertigt aber nicbt die Dbertreibungen Wagners, Es steht gar bedenklich
um den v schonen Menschen*, der tins fiberall tm Kunstwerke der Zukunft
begegnet* Dieser # sch5ne Mensch", von dem Wagner trlumt, bat nie
existiert und wird nie existieren. Die bildende Kunst wiirde aber aucb
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
397
MOOS: WAGNER ALS ASTHETIKER
dann nicht aufhoren, als Kunst writer zu leben, wenn alle Manner wohl-
geformt waren wie Apoll, und alle Frauen schaumgeboren gleich Aphrodite,
denn sie entspringt einem dem Menschen eingeborenen schaffenden Triebe,
der in einer gewissen Weise iiber alles hinausgeht, was das Leben auch
unter den gunstigsten Bedingungen zeitigen kann, und der sich daher
immer und iiberall betatigen muss, wo menschlich geartete Wesen geistiges
Leben entfalten. In ihren hochsten Leistungen braucht die bildende Kunst
nicht zuriickzustehen hinter dem Grossten, was alle iibrige Kunst, auch
das Drama, geschaffen hat. Die Dome zu Mainz, Worms, Strassburg,
Mailand, die Peterskirche, die Laokoongruppe, Michelangelo's Moses und
Medicaergraber, Raphael's Stanzen, Rubens' Kreuzaufrichtung und Kreuz-
abnahme, und viele andere Werke der bildenden Kunst treten an Tiefe,
Grosse und Erhabenheit des Gehaltes ebenbiirtig neben die Dramen eines
Shakespeare, Goethe und Wagner; alle diese Schopfungen entstammen im
Grunde dem gleichen Geiste, der, wie er selbst unendlich ist, so auch
unendlich mannigfaltiger Ausdrucksmoglichkeiten bedarf.
Wagner ist selbstverstandlich weit davon entfernt, sich oder andere
tauschen zu wollen. Er ist durchgluht vom ehrlichsten und feurigsten
Eifer fur seine Sache und wie ein Prophet erfiillt von der Hohe seiner
Mission. Das Kunstwerk der Zukunft steht als vollendetes Bild vor seiner
Seele. Seine weitumspannenden, kiinstlerischen Eigenschaften und sein
ins Kolossale gesteigertes Selbstgefiihl lassen ihn nicht daran zweifeln,
dass er zum Messias des Schonen geboren sei und alle menschliche
Kunst zu einer gemeinsamen Bliite zu entwickeln habe, welche das
gesamte kiinstlerische Schaffen der Vergangenheit zur unvollkommenen
Vorstufe herabsetzen werde. Dies hohe Bild benimmt ihn ganz als
zweifellose, begeisternde Gewissheit, so sehr, dass es ihn alle Schranken
ruhiger, alltaglicher Einsicht missachten lasst. Und aus diesen Voraus-
setzungen allein kann das richtige Verstandnis fiir seine gewagten Be-
hauptungen gewonnen werden, deren Ungeheuerlichkeit bedingt bleibt durch
die ungeheure Personlichkeit dessen, der sie ausspricht. Wagners grosste
Ubertreibungen zu durchschauen, ist fiir den Unbefangenen zumeist kinder-
leicht, denn sie geben sich mit erstaunlicher Offenheit und Ungeniertheit.
Es wiirde dem kritischen Leser aber iibel anstehen, wollte er sich seiner
spielend gewonnenen Uberlegenheit riihmen und iiber diese Naivitiiten
spotten. Mag er zwar in der asthetischen Bewertung des Wirkungsbereiches
der einzelnen Kiinste um vieles besonnener sein als Richard Wagner, so
hilft ihm all seine kritische Nuchternheit doch nicht dazu, einen Tann-
hauser zu schaffen, ein Festspielhaus zu griinden und von da aus die
gesamte musikalische Welt in neue Bahnen zu lenken. Was jeden Kleineren
unleidlich erscheinen liesse, wird bei Wagner zum Fanatismus des Genies,
V. 12. 27
r ( " i \r \is L - Original from
[j:: r :i/t:::i :y. ^iiH)^JC UNIVERSITY OF MICHIGAN
DIB Mtisut v* ii:
das fiber seioem refgrmatorischen Hcttpfgedanken ailes Nebenwerk vefgisst,
gortngaoMfatt find v ergo wsltlgt*
So nnxientllcb ea wfre, dev Meiator don Respefct sit tferaagen, dn
er ancb da nock beansprncben darf, wo or* int» to tmsetbsttndig nad
tdndiach wfire ee, wine Irrtfinter gir nidrt sis solcbe gelten m intra.
Nlcht goring 1st ibeFlcider die Zahl derer» d«nen AufkUnusgeit* wie wir
sift gpben, nnbeqnem tmd ansympatiiiBcb sind* EHese btfnden Anbjtager
Vagners hiltni es ffir Hire Pfflcht, tot alien seineo Vlderaprfichen die
Angea xu Yerschlleasen, vm fa ttlcbt das ielseste TQtelcben seiner ver*
meintficben Abaolnthcit im Retehe dor Knnst prelsgeben zn mftasvL Una
sber, die wir klar sehen wollen, wo wir vwehren, ttnd nor da verehren
kSnnen, wo wir klar seben, kann efa solcbos Verfahrea nidus nfltzea.
Wir treten Vaguer ftberall entgegen, wo er Irrt, um ihn mn so anfricfetiger
bewnndent zn kSnnen, wo or grosa Ut. Und gerade nor, indent wir one
ao verbalten, handeln wir gegen ibn adbst in seinem cigenen Gtatoe.
Seinen blinden Anlritogern aber, die sich fedea selbsOndigen Urteils out-
acblagen, und tmmer itttr anbetend attf den Knieen liegan zn Ihrem cigenen
Schaden und nun Schaden dor Ssctie, kaw die von una gaftbte Kritik
eine Matoimg rar Selbstboainniuig sein. Sie m5gen slc& an das Von
Goethes erbwern, das er in v Kflnstiots Apotbeose* den Hetater ram
sebfller
Efksnne Framd, wai tr gelefatet bat)
Und dun erkmu, vu or lateten wonts: *
Dura wlrd er dir em a&fxUeb >cin,
Du wlrtt nlcht allef nebes ibm vorgestfin*
Die Tugend wotaot In kefnem M«cn aUeln,
Die Kunit bit nie tin Mensch illefn beseaies.
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KLAVIERUNTERRICHT
UND MUSIKALISCHE ERZIEHUNG
DEN PAMILIENMOTTERN GEW1DMET
von Em 11 J*qncs-Dslcroze»Genf
Cfr
»_ L<r
SehluM
Jls ich gegen Ende metner AusFiihrungen im letzten Heft Obungen
der Hinde, der Arme und der Beine erwShnte, mag sich mancher
meiner Leser gefragt haben, was diese rein k3rperlichen Excrzi-
den mit der Musik zu tun hStten ? — Durch diese Obungen soil
das Kind die Fthigkeit gewinnen, einen gegebenen Zeitraum in geiiau
gleiche Telle zu teiten, indem ihm gleichzeitig Sinn fur Gleichmass seiner
Bewegungen erteilt und die Herrschaft seines Willens fiber die augen-
blicklich gehorcben sollenden Gliedmassea gestSrkt wird — diese
Obungen dienen zur Ausbildung seines rhythmischen Geffihls. Sie
sollen zwei Jahre lang dauern und schon im Alter von 5—6 Jahren, fast
splelend, begonnen werden, Es 1st kaum zu glauben, wie selten die Ver-
einigung des Gefuhls fur Zeitmass und des Sinns fiir Rhythmus beim
Kinde anzutreffen 1st t Versucben Sie es, meine Damen, lhre 4 bis 5 jthrigen
Kleinchen regelmassige Bewegungen mit den Beinen machen zu lassen,
Zahlen Sie laut: Eins, zwei! bald das Eins — bald das Zwei betonend,
und Sie werden mit Erstaunen gewabr werden, dass das Kind nicbt Herr
seiner Bewegungen ist, dass weder Armcben nocb Beinchen seinem Willen
gehorcbeti, Nocb im Alter von SJahren sind Fast alle Kinder gleich un-
bebolfen. Im 7. bis 8, Jahre entwickelt sich der naturliche rhytbmische
Instinkt be! elner gewissen Anzahl, aber reicblich 75°/ bleiben unfihlg,
bestimmte Bewegungen bei schnellem Wechsel des Rhythmus ricbtig auszu-
fubren . . . Nlchtsdestoweniger setzt man sie mit Seelenruhe in dieaem
Alter vor eln Klavier und mutet ibnen zu, mit Hilfe ihrer kleinen schwachen
Fingerchen — dem einzigen Akzentuierungsapparat, fiber den sie verfugen
— rbythmisierte Tonfolgen, Musik hcrvorzubringen* Zieht man noch in
ErwSgung, dass selbst rhytbmisch gut Beanlagte wShrend ihrer Entwicklungs-
periode zwischen 12 und 14 Jahren tile kSrperlichen Bewegungen mit
grdsserer Schwerfitlligkeit vollziehen, das Gleichmass voriibergehend ver-
lieren, so kann es nicbt mehr Wunder nehmen, dass so wenig Klavier-
scbfilerinnen rhytbmisch oder selbst nur streng im Ttkte spielen kdnnen,
Der rhytbmische Sinn wurzeh im Gleichmass der Kfirperbewegungen, wer
ihn entbehrt, wird notwendigerweise Itnklsch in seinen Geblrden, un-
27*
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400
urn musk v. «.
befeolfen In seinen Bevegmtgen seta* Nerrtae Menacben fato In der
Jkftrik tmregelmlaaifeii, mcfcweiaen Rbftbntne; Ffaletmtffter verweilen nnf
ton Ietzten Tnktteifri Sangainlker hgedwo fiber Bin wqg» DtoHTCrigMtmi
etnes Kitpcltsieiitov town neb faerefte in aeinem Anftretenj MinAr
Haltttngi soineni Gthsz erkenn egj efae or nocfa den Twfctttftb gobobon hit*
Bin boobacbtnnder nd luftnetfcseninf Leber erkennt das Temperament
eefaer neaea Zftgpnge en Hirer Art rich TOrzoitellen, xn geben, ekh tu
tetzen md ztt pttgeui Wer lelcbten vnd natfirllcbon Scbritte gebt, taalizt
din Koime eines scbmiegsainen Rbyfbnrae. pie atelf EInherstelxenden
warden TieDeieht Rbffbmne baben, aber ibnm wirt ebw barte tractate
Art zn akzentnleren anbafteiL Vw nnregplnilssigpa Scbritte, mlt tin*
geitnfcen Geblrden nnknimnt, von dnm iat eta tutrubige* and tmzn*-
geglicbenes Rbylbjnisieren zn erwarten. Aber all dlesa Mlngd ktanen
and nollen Yers^bwinden, oder zmn mlndetfen bedentend abgeaebwiebt
werden. Und kjun dienen die kArpetticben Obttngen, durcb wdche din
Kinder inetand gesetet werden sollen, augenblickUcbe Hemcbaft fiber nil
ibre Mnzkeln zn gpwinnen nnd die veiMhiedenartigBten ud mannJgbcbsfen
Bewegungen mngjos anehtander n reibefu — EIne Scbwtcbc In den
Hnekeln der Widen oder der Hflften oder dee Rfickens kna plStzIicbe
tnut anfreiwttljge, nicbt zu vncmetdend* Bewqgttngen nor Fetge baben mid
blerdnreb etne en ethnelle Bevegong vetenlaasu, wen die Verkfiming
eines nmrifctllnflien Tsktteifs berbeUBbrL Dcnn die KSrperttoUnngon*
und die van elner znr andern blnleitenden Bewegungen werden nnr dmn
in den erforderten Zeitintemlten vollzogen werden, wenn die in Betracbt
kommenden, bald gleichzeJtig, bald nacheinander in Funktion tretenden
Muskelgruppen and ibre Antagonist im ricbtigen Augenblick einsetzen.
— Andererseits kann aus dem Mange] sofortigen Reagierens gewisser
Muskeln auf den Willensakt des Zdglings eine Verlangsamung der Bewegung
folgen, waa die VerUngerung eines musikaliscben Taktteils und — bet
komplizierteren Bewegungen — vollkommen unrhytbmlsche, regellose und
der Abaicbt nicht entsprechende Geb&rden herbeiffibrt. Die Erfabrung
zeigt, daaa selbst die Wiedergabe des einfacb Metrischen, des Taktes, von
der Langsamkeit der Ubertraguog dea Willens aur das ausfuhrende Organ
beeinflusst winL Es stellt sich daher ais unurogHnglich notwendig beraus,
die Kinder vor all em Obungen macben zu lassen, durcb die Ibre
Glieder geschmeidig werden, dam it diese ohne jede Z6gerung f sowobl
riumlich als zeitticb, mit der erforderllchen Kraft, Abrundung und ElaatizitSt
jede GebSrde, jede Korperstellung und jede Kombination von solcben aus-
fuhren, durch die muaikalische Zeiteinteilungen und rhythmische Be-
tonungen dargesteilt werden. Dann, nachdem das Gleichmass aller
KSrperbewegungen erreicbt worden ist> soil das Studium der graphischen
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
401
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT
Zeichen musikalischer Zeitwerte beginnen, die nicht mehr wie auf dem
Piano von den Fingerchen der kleinen schwachen Kinderhand, sondern
von dem ganzen Kdrper, von alien nach und nach in Tatigkeit tretenden
Muskeln ausgedruckt werden, die durch den Rhythmus ihrer Bewegungen
die geistigen Funktionen des Zeitmessens und Akzentuierens schulen. Auf
solche Weise wird das Rhythmisieren gewissermassen eine naturliche,
korperliche TStigkeit, eine individuelle Lebensregung, was es sein soil.
Denn der* Rhythmus ist das Leben. Er ist's, der dem in den bildenden
Kunsten pulsierenden Leben schone VerhSltnisse und Gleicbmass verleiht;
in der Musik gibt er der Teilung von Zeitmassen Bedeutung, indem er
die regelmSssige Folge metrischer Betonung stellenweise durch pathetische
Akzentuierung unterbricht, ohne sie aufzuheben. Durch die von ihm ge-
schaffene RegelmSssigkeit wird — wie Jean d'Udine trelflich sagt — ein
logischer aus derNatur der Musik selbst erwachsender Organis-
mus von ihr ebenso notwendig bedingt, wie die morphologischen Eigen-
schaflen eines Korpers von seiner chemischen Beschaffenheit. — Da jede
korperliche Bewegung oder jede Gruppe solcher Bewegungen einem Takt-
teil bezw. einer Gruppe von Taktteilen entspricht, so braucht der Lehrer
nur gleichzeitig mit den betreffenden Bewegungen die Bedeutung der
musikalischen Zeichen (Ganznote, Halbnote, Viertelnote usw.) zu lehren,
die der Dauer jener Bewegungen entsprechen, um zu erreichen, dass nach
zwei Jahren das Kind nicht nur all diese konventionellen Zeichen kennen
wird, sondern sie auch mittels Gebarde und Stimme zu interpretieren — denn
naturlich muss auch die Stimme bei diesen ersten Studien mitwirken —
und durch das Singen sehr leichter Melodieen die verschiedenen Rhythmen
zur Erscheinung zu bringen weiss. So wird das 7 bis 8j9hrige Kind die Ge-
setze des Taktes und des Rhythmus kennen, ohne sich bewusst geworden
zu sein, dass es musikalische Studien betrieben hat. Und es wird sie
freudig und widerstandslos gelernt haben, denn die Kinder lieben die Be-
wegung fiber alles. Es wird gleichzeitig durch diese gymnastischen Ubungen
geschmeidiger und krSftiger geworden sein. Selbst seine Stimme muss
sich entwickelt haben, da alle Muskeln seines Atmungsapparates in Be-
wegung gesetzt wurden, wodurch sein Brustkorb erweitert, seine Lungen
gestMrkt und seine Ein- und AusatmungsfMhigkeit auf das doppelte bis
dreifache erhoht worden sind. Wenn ein aller rhythmischen Beanlagung
entbehrendes Kind aus diesem zweij&hrigen Unterricht musikalischer
Gymnastik keinen Vorteil in bezug auf die Kunst gezogen hat, wird es
jedenfalls seine Gesundheit bedeutend gefestigt haben. Die anderen,
normal begabten, die, ohne es zu wissen, Musik getrieben haben — wie
Molidre's Bourgeois gentilhomme Prosa spricht, ohne sich dessen bewusst
zu sein — haben ebenfalls in rein kSrperlicher Beziehung profitiert, so
■ wc ->v Goodie „ UB ,°;ir;l f ™
tV UNIVERSITY OF MICHIGAN
408
DIE MOSIK V. 12.
4tts torch diese Gymnestik ein doppelter Zweck erreicht idid: 1. den
K&rper 20 eotwfekeln, 2. eos ihm ein geschmeidiges unit krtftiges ttittel
kftnatlerischer Betltigttng zn maehen. Ich mtm hinznfages, data audi
kfinftlge Klavierstudicn dadurcb mtr gcwinnen kdnnen, da die Finger im
Verfanfe dieser Ofaungen dnrehans nicht mSssig bteibea, sondern ntr Ver-
ahratiebtmg der Sechzehntel-, Zweinaddrelsslgptel- tmd Vlentndeeeh rig stel-
Noten henuigezogen warden saltan* so daas die Handmwfceto einzeln und
verehit gefiht and — Jaucbwt auf, ihr MiHionea* — selbst daf berfifamte
iDanmen^Untersetzen* verttefllicih vorbercitet vint
Nun haben wir ein 7 bis SjShriges Kind, das die Metrfk vollkomraen
fame bat ttnd die ale versinnlicbenden Zeichen fcemit. Begtunt diefeea
Kind daa Stadium der Skalen nnd der Tonartan* so handdt es sicb tun
jnutiktHBche^T&ie, nnd der Geh5rslnn kommt ins Spiel. Ota die Art
nnd Teise ihn xar Gelttmg ixl brlngon, aottte kelue Meinungtverscbiedefi-
beit berrachen, denn ea kann but elne einzlge richtige geben (we&halb ale
vnn kefawm Menschen angevendet winQ* Diese besteht darin, daa Kind
den Unterschitd zwischen dent Ganzton* nnd dam Haibtonintervall be-
werten an lehrtn, Indem man ihm die Skalen beibringt Der Klavier-
apMer kennt nnr eine eindge Skala, die Ten Gnmdton zu Onntdton geht
nnd die er nacfc Bedsrf in endere Taoarten trao&poniertp Der Untctschied
rwischen einer Tenart nnd der aaderen faeachftnkt stab bei ibm anf den
Untcrschied zwi&chen den snzuwendenden Fingeratzeo, Sie kfinnen etch
sofort dsvon iiberzeugen, meine verehrten klavierspielenden Leserinnen:
Denken Sie an irgendeine Skala — z. B. an die in As*Dur! Der Name
dieser Skala erweckt in Ibnen nicht die Erinnerung an eine sicb von
anderen unterscheidende Tonfolge, sondern ist lediglich eine Erinnerung
ihres Tastsinnes. Hand aufs Herzl Wenn Sie an As-Dur denken, haben
Sie nicbt die Vorstellmig Ibres Zeigfingers auf der schwarzen As-Taste,
des Mlttelflngers auf der B~Taste, und des untersetzten Daumens auf dem
folgenden C? Diese Unfflhigkeit des Ton-Gedfichtaisses flndet sicb bet
alien Zdglingen der Harmonie, die ihre Lehrlingszeit am Klavier verbracht
haben, und diese onsch&inend unbedeutende Sacbe ist binreicbender Grand,
den Instruroentalunterricht von Anf&iigern zu verwerfen. Ist einmal aus
dem Gefuhl fur musikalische KISnge eine Tastempflndung geworden, das
Ohr ausser TStigkeit getreten, so ist jeder musikalische Fortschritt aus-
geschlossen, wenn man nicht alle seine Krfifte einsetzt, die verlorene,
auditive BewertungsF&higkeit wiederzugewinnen. In der von niir befiir-
worteten Erziehungsweise wird das Ohr des Kiodcs ohne Zuhilfenahme
irgend eines andcrn Instrumented als seiner eigenen Stimme geubt, und
der Erzieher lehrt es die Folge von Ganz- und Hatbtonen in den ver*
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
403
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT
schiedenen Tonarten erst vernehmen und abschKtzen, ehe er an das Studium
dieser Tonarten geht.
Singt man die Skalen stets von Grundton zu Grundton, so folgen
Ganz- und Halbtone imraer in der gleichen Ordnung aufeinander. Die
beste Metbode wird demnacb zweifellos sein, alle Skalen (welcher Tonart
sie immer seien) mit ein und demselben Ton zu beginnen (etwa dem C).
Dieses Mittel ist von unfehlbarer Wirkung. Horen Sie, meine Damen,
nachdem man Ihnen die C-dur Skala vorgesungen hat, die Tonfolge: W C,
D, E, Fis, G, A, H, C. tf Bemerken Sie nicht sofort, dass dies nicht mehr
die C-dur Skala sein kann? Dass die Halb- und Ganzton-Intervalle ihre
Platze verschoben haben, und dass man nur die alle Durskalen kenn-
zeichnende Aufeinanderfolge: „2 Ganztone, 1 Halbton, 3 Ganztone, 1 Halb-
ton" herzustellen braucht, um zu erkennen, dass man in G-dur ist? Dies
herauszufinden lernen die Kinder in 2 — 3 Monaten, und dann kann man
fur die Folge ruhig und sicher sein, dass die Funktionen des Gehorsinns
sich vervollkommnen werden, dass die Kinder in einer gewissen Zeit
absolutes Gehor erlangen werden — unter der ausdriicklichen Bedingung,
dass sie vor Beendigung dieses Vorbereitungsunterrichtes keinerlei Instru-
mentalunterricht erhalten. Denn dieser — ich versichere es aufs be-
stimmteste — kann das erwiinschte Ergebnis der Vorstudien nur gefahrden.
Ein einziger Monat zu friihen Klavierunterrichts — vor der vollstandigen
Ausbildung des Ohrs — geniigt, alles bis dahin Erreichte zu vernichten.
Ich habe es fruher betont, dass alle zu Gehor zu bringenden Tone
von der Stimme des Zoglings hervorgebracht werden sollen. Auf solche
Weise vollziehen sich Tonerzeugung und Tonaufnahme im selben Kopf,
wodurch zwischen dem Tongebungsapparat und dem Empfangsapparat
klingender Schwingungen derart nahe und innige Beziehungen entstehen
mussen, dass jeder Fortschritt des einen von ihnen dem anderen zugute
kommen muss. Die Vorteile der ersten musikalischen Erziehung des
Kindes mittels des Gesanges sind iibrigens zahlreich. Vor allem ist es
zweifellos, dass die Haltung der Kinder vor dem Klavier geradezu ent-
wicklungswidrig ist, wenn sie nicht von allem Anfang an strengstens be-
aufsichtigt wird. Drei Viertel aller Klavierzoglinge laufen mit eingesunkenem
Brustkorb und eingezogenen Schultern herum; uberdies sind die Schwin-
gungen des Instruments von bedenklichstem Einfluss auf die Nerven. Wie
viele junge Pianistinnen leiden an Magenschmerzen, an Huftweh. Wie
viele Mutter lassen ihre bleichen Tochter ohne alien Erfolg Eisenpillen
schlucken, statt sie fur einige Zeit von den teuren Klavieriibungen zu
dispensieren, wodurch sie all ihre jugendliche Frische wiedergewannen.
Gesangsubungen aber veranlassen im Gegenteile die Erweiterung der Lungen,
die Verbreiterung des Brustkorbes, die natiirliche Haltung der Schultern
•cr^ec!
( \ir\nlr Original from
v „ ,i )\ }^ i l UNIVERSITY OF MICHIGAN
404
DIE MUSIK V. 12.
und beschleunigen die Blutzirkulation. — SelbstverstSndlich mussen die
Atemubungen des ersten rhythmischen Unterricbtes wShrend der zweiten
Unterrichtsperiode, die sich mit dem Studium der Tone beschaftigt, fort-
gesetzt werden. Wenn man in der ersten Solfege-Lektion die Zoglinge ver-
anlasst, tief einzuatmen, so findet man, dass fast alle ausnahmslos lediglich
mit dem Oberteile der Brust atmen, wobei die Schultern gehoben werden,
der Brustkorb sich verlSngert, indem er sich zusammenzieht, was gross t en -
teils — was ich mich verpflichtet halte zu erwihnen — von der barbarischen
Unsitte verschuldet wird, die den jungen MMdchen Mitteleuropas fruhzeitig
das Mieder aufzwingt. Sowohl in Holland, wie in Dfriemark, Belgien,
Schweden, in alien nordlichen LSndern uberhaupt, wird — wie ich mich
bei iiber 350 Auffuhrungen meiner Kinderreigen zu uberzeugen Gelegenheit
hatte — von alien Medizinal- und Schulbehorden der Brauch, die Taille
kunstlich zu verengen, verurteilt und ist ganz abgekommen. In den
schwedischen Schulen, wie in vielen Unterrichtsanstalten Englands ist er
geradezu verboten. In den sudlichen LSndern ist es leider aus unsinnigen
und erheuchelten AnstSndigkeitsgrunden noch nicht so weit gediehen, und
die Frage ist berechtigt, ob der Mangel an stimmlicher Beanlagung so vieler
heranwachsenden Madchen nicht im Zusammenhange mit dieser Vernach-
l&ssigung der dringendsten hygienischen Gebote steht? Holland, das derzeit
reichlich ein Drittel der besten Sanger liefert, ist neben Schweden das
Land, in dem man von fruhester Kindheit an, sowohl in der Schule, als
auf den musikalischen Lehranstalten systematische Atemubungen aufs
genaueste und ernsteste betreibt, durch die alle Brustmuskeln gestarkt
und entwickelt werden. Das freie Spiel der Muskeln des Brustkorbes
erleichtert die Bewegungen der Kehlkopfmuskeln. Wer reichlichen Atem ein-
zuziehen vermag, ihn lang in der Brust zu behalten und im richtigen Augen-
blick auszustossen versteht, wird nie in Gaumentonen, und hochst selten durch
die Nase singen. Seine Stimme wird uberdies einen Umfang gewinnen, der
durch blosse Gesangsubungen nie erreicht werden kann. Alle unsere Ge-
sanglehrer beklagen sich iiber eine Unzahl Fehler ihrer Zoglinge, die
zu beseitigen ihnen meist die Zeit fehlt. Zum grossten Teil sind diese
Fehler Folgen schlechter Behandlung der Stimmwerkzeuge in fruher Jugend.
Wieviel ermudete, gebrochene Stimmen — weil man die Kinder in der
Schule mit der Bruststimme zu hoch singen liess ! Mancher Gesanglehrer
empfiehlt in solchem Falle vor allem monatelange, selbst jahrelange Ruhe.
Ist dieses Heilmittel nicht schlimmer als das Obel? Erhalt ein ubermiidetes
Bein seine Beweglichkeit und Starke wieder, wenn man es auf einige
Wochen zur Unbeweglichkeit verdammt? Wahrlich wir verstehen uns
noch wenig auf die Pflege des Gesanges — weder unsere Schulen noch
unsere musikalischen Lehranstalten leisten was sie sollen. Goethe, der
cr;,.e^vC00Qlc „„ n> ^^™™,
t^ 1 UNIVERSITY OF MICHIGAN
405
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT
in Wilhelm Meisters Wanderjahren einen idealen Erziehungsplan entworfen
hat, der weise und zu beherzigende Ratschlage enthSlt, erklirt, dass in der
ersten Periode des Jugendunterrichtes der Gesang die Grundlage aller
physischen, moralischen und geistigen Erziehung sein sollte. Es heisst
dort ausdriicklich: „Der Gesang bildet die erste Stufe der Ausbildung;
alles andere schliesst sich daran und wird dadurch vermittelt.*
Vom Standpunkte des rein musikalischen Fortschrittes bietet die
zeitige Ubung im Singen, ausser all den angefubrten Vorteilen, noch den,
den gemischten Chorgesellschaften gut vorgebildete Mitglieder zu bringen.
Unsere Chordirigenten wissen es nur zu gut: unter 100 SSngern gibt es
hochstens 25, die notdiirftig vom Blatt lesen konnen. Denn, hat einmal
sein Klavierunterricht begonnen, so wird dem Zogling das gesangliche Vom-
blattlesen ungemein schwer. Dass ein junger Pianist sehr schwierige
Klavierstucke prima vista herunterzuspielen vermag, ist — so seltsam es
auch klingen mag — noch durchaus kein Beweis, dass er hervorragende
musikalische Beanlagung besitzt. Das gute Vomblattlesen auf dem Piano
ist in Wirklichkeit eine Frage der Schnelligkeit des Uberblicks und des
augenblicklichen Gehorchens der ausfiihrenden Organe. Derselbe aus-
gezeichnete Klavierspieler ist vielleicht ausserstande, die einfachste Melodie
singend vom Blatt zu lesen. Wenn er es nicht nebenbei treibt, wird es
ihm nach einigen Jahren sogar ganz unmoglich werden, denn sein Ohr hat
alle Kontrolle fiber seine Stimme verloren, und es ist zu spat, eine augen-
blickliche Verbindung zwischen der Wahrnehmung der Note durchs Auge
und der WillensbetMtigung herzustellen, durch welche die Spannung der
Stimmbander wie erforderlich geregelt wird. — Wird das Kind dagegen
fruhzeitig dazu angehalten, und ist weder Stimme noch Gehor krankhaft
beanlagt, ist das rhythmische Gefuhl nicht tief unter dem Mittelmass, so
wird der Zogling in 4 — 5 Jahren die schwierigsten Melodieen mit grosster
Leichtigkeit vom Blatte singen. Aber — ich wiederhole es nochmals und
ausdriicklich — aber nur unter der Bedingung, dass das Studium irgend-
welchen Instrumentes nicht vorzeitig begonnen hat.
Es kann nicht meine Absicht sein, Ihnen, meine verehrten Leserinnen,
den bis ins kleinste ausgearbeiteten Lehrplan eines vier Jahre dauernden
Unterrichts vorzulegen, durch den sowohl der Gehorsinn als der Stimm-
apparat erzogen werden sollen. Ich muss mich darauf beschranken, zu
sagen, dass aflles in der Musik auf Melodie zuruckgefuhrt und durch sie
erklMrt werden kann. Akkorde, Kontrapunkt, UbergMnge, Formgeschlossen-
heit — alles hat seinen Keim in der Melodie.
Es erubrigt noch die Besprechung der Nuancierung und Phrasierung.
Das Studium dieser beiden finden Sie in keinem einzigen Lehrplan vor-
cr;,.e^vC00Qlc „ UB , ™;™l f ™
tV UNIVERSITY OF MICHIGAN
z^
400
3— MB MUSI t V, tT
gesehen, wiewohl es das besSe Mittel zttr Verfeinerrag des wmsffcaHscfaaa
Geschmscks nnd jpr EntwteUtmg dm Sinus fftr kfinstteriecbe Scbfittbeit
1st* Eln Schweizer Mutiker, Herr Mathia Lussy, ist es, der in scincm
.Traft* du lytttme et de Fexprttsion* (tehrbucb des Rhythms upA des
musjkalischen Aasdrucks) ntfe bewundeniagtfwflrdiger Klarbett nnd Foflge-
ricbtigkeit die Gnmdprinzipien dieses Stadiums in wahfbaft geniatar Weise
festgelegt tut Vihrmd der ttMiche Klavienmterricht die Frage nach dem
Grande der Nnsndenmg tmd Jtotonang gar nlcht aufkommen Usst, werden
die Z3gHnge durch dss Stadium der Prinzipien slier Pbrasierttng nnd
Nflanderang *ur Selbstfndigkeit is der Viedergsbe gefBlut nnd warden
sicb der Bedeutting des Kontrss&es der Tonstlrke, der Grundlage sllee
mnsikslischea Stils, bewtisst. Dies itt der wichtigste Tell slier kflnsderisdien
Unterweisung* Der Sinn (fir dss Scbfine 1st dem Klnde angeboreo, and es
intensslert sicb leidenschsftlich ffir sUes, was ibm ongeahnte Schfabeit
effenbsrt Andererseits forscbt es in seiner Velse unabllssig nach dem
»Wamm*. Es zetiegt sein Spielzeug aus Wlsabegierde* Die zahlrdctaen
Notierungeu in den Notenhsften verhindern es, diesem natfirlfchsn Orange
nachzugehen, es befolgt blind die gegebenen Anordmtngen, spielt pisno
oder forte, verzSgert oder beschletmigt, veil es so geschrieben steht.
Bs spielt oboe persSnlfcben AnteU am Ktmstwcrk nnd seine Indftidnalittt
1st ausgplfischL WIe snders sttht ss der Ssche gegenBber, wenn es die
so leicbten and logischen Gesetze des Pbrssierens nnd Nnsnrierens kennen
gelemt hstl Welehe Frende, sine aller Vortragsbezelchnuflgen bars Melodie
nsch eigenem Empfinden zu aingen, von nichts anderem geleitet, sis der
Kenntais der Regeln des kunstlerisch Schonen, d. h. den Gesetzen des
KontrastesI Und es crreicht das Erforderliche rait grdsster Leichtjgkeit,
veil sicb nichts seincn Fortschritten hemmend in den Weg stellu Zwischen
ibm und dem musikalischea Kunstwerk stebt nichts, in dieseni unmittel-
barsten Verkehr merkt es, wie sein eigenstes Ssthetisches Empfinden von
Tag zu Tag sicb emwickelt. Im regelmassigen und langsamen Verlaufe
seiner Studien bat es sicb ausschlicsstich seiner personltchen Mittel be*
diem; seine Muskeln wurden gestirkt und geschmeidigt und gewShnt, seinem
Willen unverzflglich zu gehorchen; ricbtiger Rhythmus, sinngemSsse Be*
tonung sind ibm in Fleisch und Blut ubergegangen* Sein Ohr bat gelernt,
die Tone voneinander zu umerscheiden, es vernimmt und wird sich
des gegenseitigen Verhaltaisses sowobl nacheinander als miteinander er-
klingender T5ne bewusst, Seine Stimme wurde durcb fortschreitende
Obungen entwickelt und sein Ohr gleichzeitig geschult, so dass das Kind
Melodieen nicbt nur tadellos wiederzugeben, sondern auch neu zu schaffen
verraag. Mit emem Wortc: es ist musikalisch geworden, es kennt alle
Elemeute der Musik, so dass nunmehr der Augenblick gekommen ist, erst
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
407 ^^^
J AQUES-DALCROZE : KLAVIERUNTERRICHT
nunmehr, mit elf oder zwolf Jahren, wo es einen Sinn hat, das Kind an
ein Klavier zu setzen. Jetzt werden Skalen und Fingerubungen kein Gegen-
stand des Grauens und Abscheus mehr sein, denn es weiss, was es spielt,
versteht die Verbindung der Tone, kontrolliert im Innern die Richtigkeit
ihrer Folge. Jetzt wird es binnem Kurzem ohne alle Muhe und An-
strengung, ganz natiirlich — als ob's so sein miisste — transponieren,
praludieren, improvisieren. Seine technischen Fortschritte werden sich
uberraschend schnell vollziehen, denn seine durch die rhythmische Gym-
nastik gut vorbereiteten Finger stehen im Dienste eines zweckbewussten,
lebendigen Gedankens.
Verehrte Leserinnen! Was ich Ihnen hier vorgefuhrt habe, sind nicht
nur Zukunftstraume, Illusionen. Es gibt nichts Neues unter der Sonne! Vor
drei bis vier Jahrhunderten bereits wurden diese Ergebnisse in der nieder-
ISndischen und italieniscben „Schola" erzielt. Es ist kein Zweifel, dass
jedes normal begabte Kind heutzutage es ebensoweit bringen kann. Zeigen
sich unter den dieser Erziehung teilhaftig werdenden Kindern solche, die
durch vollstandigen Mangel musikalischer Fahigkeiten verhindert sind, dem
Unterricht zu folgen, so hat dies nur den bedeutenden Vorteil, Lehrern
und Eltern jeden Zweifel iiber das einschlagige Talent der betreffenden
Kinder zu benehmen. Und wenn diese dann nicht gezwungen werden,
irgendein Instrument zu erlernen, so sind sowohl sie selbst, wie die
Gesellschaft nur zu begluckwunschen. Vielleicht wird die Uberschwemmung
der Welt mit unfahigen und mittelmfissigen Dilettanten eingedammt, die
irgendein Instrument zu spielen erlernt haben, ohne es zu lieben, und
die ohne eigentlichen innern Drang ihr Instrument weiter misshandeln,
weil doch sonst das viele schone Geld zum Fenster hinausgeworfen wfire,
das die bisherigen Studien gekostet haben. Das Musizieren solcher Leute
ist ihnen und ihrer Umgebung eine Qual!
Wer nicht ganz in der Routine befangen ist, wird einsehen, dass
wir uns jetzt auf falschem Wege befinden und dass so schnell als moglich
eingelenkt werden muss. Ich bin auf den Einwand mancher Mutter gefasst,
die mir sagen wird, dass meine „Vorbereitungen" recht lange dauern, dass
mein Lehrplan gar zu viel umfasse, dass sie ihre Kinder nicht zu Kunstlern,
sondern zu Liebhabern erziehen wolle . . . Meine Antwort hierauf lautet,
dass nichts ihrer Absicht entgegengesetzter sein kann, als der ubliche
Klavierunterricht, durch den nicht Liebhaber, sondern Virtuose n gezuchtet
werden, und der ein riesiges Arbeitsquantum zur Voraussetzung hat. Der
von mir vorgeschlagene Weg ist wesentlich kiirzer und weniger anstrengend.
Er ist es, der fur kunftige Liebhaber besonders angezeigt ist, denn auf
ihm werden sie die Musik lieben lernen. Wahlen Sie fur Ihre Kinder,
•cr^ec!
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Dttwfsnc v.i*:
w Sie IBr s&tzticber ttad kfinetlerisch ffirdernder balteai zwef fate 4nl
Settadea titftotaea Sfcaien* and Arpeggleiispiel Oder % Stnndea Arbeit* an
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Kinder mi Virtuosos za eniebea — lessen Sit vorber On amsfkafftcbea
P&tiafceiiea Ms At einen cewissen Eatwickluntscrade eteftern: as ittt
alcbte Unangtnebmeret nad QrQtwfrwg^alf riaffl ^mrnifftfllttdrtrn Vtrtwrtra.
Es btdbt nat aocfc die Frige nr ertrteru* in mlt feoen Madera
gescbsften son, die berelts KlaviefaafcetTicbt geaossea and eioe (Mine
FertfeMt erlasgt baben* Tifd es noch mSgUcfa seta, da fin being art
Gehdr nad Rhytbmus auf den ricbtigen Weg zu bringen? Icbglaube ot L —
aber es wild Menu Hirerseit* etues stsrken Wttfcns nod
Antdeaer bedfirfan* Vor tttem nfissea tie alien Stols bel Setts
nad rich darBber Idtr warden, test tiles was sfe Usher an Khvfer erlerat
habeas nit der Masifc alt soldier debts xn tna bat, sondera aar sis
(hr SttTTOgat gotten baaa; daas Ihrs Wiedergabe musikaUscber fate
ledlgticjj angedrfllt, mascMnaamlsaig ist and wader ibnm indlvldaelta»
Tenperaneat eatspiingty aocb die Frucbt relfea UrteuBj gslbstlgjtea Go*
scltniscket, wahrbaft fcflnstieriscber Erziehuag ist Had diese Setbct-
verfeugnmig balte icb ffir dea schwersten Tell der Auffcabe* Nteht Br
eelbstlttdfgb ZftgHnge, die frfiber odor spfter eiasehea lemon, was Otaea
Kbit and daea durcb anadtaerndstt Arbeit jeae Kaaataiese za e r worbe a
traebten, die aie ffir Hire voUstitadige kfinstterisdte Entwicttung fir
nnentbebrllch erachten — aber fBr jene ZSglinge, die von Eltern abblngen,
die die Notwendjgkeit dieser Studiea ntcht einsehen* die mlt dea blsber
erreichten, rein iu&serlichen Resultatea gasz zafrieden sind und die die
Zukunft ihrer Kinder opfern, otanc zu abnen, welches nie wieder gut zu
machende Uarecbt tie ihnen zufugen, Denn In 75 von 100 Fftllen sind
es die Eltern, die es verhindern, diss sicb die Kinder dem Solftge-Studium
mit Eifer und Vertrauea hingebeu, Sie balten mehrere Jtbre langes
Studieren und Arbelten zur Entwicklung des GebSrsians, Arbeiten, deren
Resultate sicb aicht sofort in an Fomilienabenden einznheimsenden Braves
von Bekannten and Verwandten umsetzen lessen, dem Tileat ibrer Kinder
fur abtrSglicb, die als Pianisten soviet fur die Eitelkeit der Fran Mama
und des Herrn Papa schmeichelhafte Lobspriiche einbeimsen kSnnten.
Und wean sie sicb faerbeilassen, einen Versucb zu machen, so werden die
Studien unter irgendeinem Vorwand achon nacb dem ersten Jabre tuf-
gegeben. Wie oft hdrt der Sotf&ge-Lehrer seine ZSglinge sagen: gerne
wQrde ich fortsetzen — aber Mama ist dagegen. — Und warura? Es kostet
zu viel Zeit, und ich muss micb jetzt zur KonBrmation vorbereiten. —
So? Da musst du deinen Klavierumerrlcht also aucb sufgeben? — O nein,
- < *m\ s \\ UNIVERSITY OF MICHIGAN
409
JAQUES-DALCROZE: KLAVIERUNTERRICHT
den muss ich trotzdem fortsetzen! Ja, ja, den Klavierunterricht,
den kann man nicht aufgeben, selbst wenn es sich urn die Konfirmation
handelt. Das Klavier, das ist die Bundeslade; trotz allem, was man da-
gegen einwenden mag, die Musik; heilig — unantastbar — Tabu! Man
betet es an wie den Moloch, opfert ihm jede bessere Erkenntnis, jedes
edlere kiinstlerische Empfinden, den Geschmack — ja selbst die Gesundheit
der Kinder. Wollten sich doch die Eltern eines bessern belehren lassen!
Wenn sie eine Ahnung hatten, welchen unermesslichen Schaden sie ihren
Kindern zufiigen — ich zweifle nicht, dass sie ihr musikalisches Erziehungs-
system andern wiirden. Das Klavier wiirde dann fiir einige Zeit in den
Hintergrund treten, und die Schiiler — selbst die altesten — miissten das
vorzeitig verlassene oder gar nie betriebene Studium der beiden Grund-
elemente der Musik aufnehmen: Rhythmus und Klang. Sie wiirden er-
fahrenen Lehrern anvertraut werden, durch deren Unterweisung ihre Korper-
bewegungen Gleichmass und Rundung, ihr Geist Entschiedenheit eines
sich sofort den Gliedmassen mitteilenden Willens erhielten; sie wiirden
Empfindung fur Zeitmass und Takt gewinnen, befahigt werden, ohne
Schwierigkeit eine auf irgendwelchem beliebigen Taktteile beginnende
musikalische Phrase ohne Stockung wiederzugeben, ohne Ubertreibung zu
verlangsamen und zu beschleunigen, die hervorzuhebenden Tone einer
Periode zu akzentuieren, die musikalische Phrase kraftig und doch weich
zu „modellieren a .
Die wohltiitige Wirkung rhythmischer Gymnastik wiirde dem unheil-
vollen Einfluss entgegenarbeiten, den das Klavier auf die Nerven unserer
jungen Madchen ausiibt, und sie wiirden nicht nur musikalischer, sondern
gleichzeitig anmutsvoller und ausgeglichener in ihren Bewegungen — „ein
Ziel aufs innigste zu wunschen 41 .
Das Ohr ist immer entwicklungsfahig, wenn ernster Wille und Aus-
dauer vorhanden. Nie ist's zu spat, Erspriessliches zu tun! Und der Erfolg
wird die Beharrlichen fiir ihre Anstrengungen reichlich belohnen. Statt
passiv Musik fiber sich ergehen zu lassen, werden sie ein personliches
Verhaltnis zu ihr gewinnen, sie wie ein Teil ihrer selbst lieben lernen.
Die Klavierlehrer haben hierbei nur zu gewinnen. Sie bekommen fur das
Studium des Instruments gut vorbereitete Zoglinge. All ihre Bemerkungen
fiber Stil und kiinstlerische Wiedergabe fallen auf fruchtbaren Boden. Von
selbst werden die Schiiler jeden groberen Fehler sofort ausbessern, weil
er ihrem verfeinerten musikalischen Geffihl zuwider sein wird. Keine
wegen mangelnden Talentes in Mitte Wegs aufgegebenen Studien mehr,
denn die Klavierlehrer hatten es nur mehr mit Zoglingen zu tun, deren
musikalische Befahigung vorher ihre Probe bestanden hat. Selbst die
Eltern kamen, wenn sie meine Ratschlage befolgten, besser weg. Ihre
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DIE MUSIK V. 12,
Ohren wfirden nicfat mehr miter den farchtharen KlmtggefbdHen
haben, die der Anfingsr mit sainem Instrument zi
warden ihre Kinder bald klasiliclie und moderne JMLnsUk
vem BUtte epteles hftien, stett die monatelangen, peinigendea Tdfr
bereitangen xnr Anfffttirang eines rwend scbweren KonMrtttfiateae w-
dnlden rn mfiesen, das des Geplander einea flve-o'clock oder etaer Fainilitdfc*
aoirfie stBren oder mehr oder minder angpnebm tmterbrechen MIL ttre
Kinder wflrden naefa dem GehSr spiden, geschmackvolt ve rgotragene
Melodleen am Instrument Improvistoren, Geeang in irgendelner gewftnschtnn
Tonart begeften, alte und neue Cbtae siqgen, adbst — nnd varum nfohtP
— oitne weiteres und ohne )ede Ziereni Ihren Ftennden nnd Freitndfitftea
znm Tanz snfepielen, mit Scbwtmg and Rbythmns. Wle maae ea die
Eltern gfficklich macfcen, ihre Kinder in einem so innlgan Vertdltnia zar
Kunat zxk wisaen, die xnr Geneaaln ihres AUtsgslebens geworien, da Wr
KSrper, dank zlelbewnsater Uaterweisixn& ihiem in den Sphiren dee
ScfaSnen helmisdien Geiste willig dientl * —
Ich verde gtatklleh aeln, wean melee Ausffihrcngen dazn belgetragea
haben, der Erkenntnia des falstiien nnd des licfcttgan Wages mnirffcalfoctter
Jngendendehang Bahn zn brechen*
Cookie
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
bOcher
74. Edaard Bernoulli: Oratories texte Hind els. Strelfz&ge im Geblete der
Cbryeandertcben Hlndelflorecbung. Verlag: Scbultheea & Co., ZQrich 1905,
Ed. Bernoulli bletet mil adder kleinen Scbrift cine aebr fteieeigp nod eorgeame
Arbeit* der die tteiteate Verbreitung im Krelse der praktiacben Mueifcer und dee Publikuma
in wunacben let Men braucbt nicbt |ede Aueaerung darin zu unteracbreiben, mber Stare
Tendenz, die in letzter Linle cine Apologle Chiyetnders gegen unberecbtlgte Krttifcer lit,
wlrd men unter alien Umstlnden gutbeiaaen muss en. Bernoulli handelt zunlcbet von
ezeniecben nod dramatischen Vorglugen ale Inner er Voraussetzung zu Hlndela Oratorien,
wobei er slch auf elne Refhe von Vorgffngern berufen kann, die In Hlndel den Mueik-
dramatlker geieben hiben* Er weitt auf die Inezenlerung von Kammerkantatcn* auf
azeniache Bemerkungen in Hlndela Handexemplaren bin usw. A lies dringt darauf,
»wenigatens Ideell, BuhnenbUder bei den una bekannten Oratorien in Betracbt an
zieben*. Die Frage, welcbe praktiacbe Konaequenz aich daraue ergebe, umgeht Bep-
noullL Eln zweiter Abschnitt bebandelt Aualaaaungen und Elnecblebungen etazelner
Stick* elnea Oratoriums In Direktorlalpartituren. Auch bier wird Ch rye and ere, dee un-
verglelcnllcb flelasigen, geviaaenbaften und fcenntaiareJcben, Wirken vollanf gevurdlgt
Veiterhln bebandelt Bernoulli Entlehnungen Hlndela In aeinen Oratorien, aodann die
deutacbe Gberaetzung aus dem engliacben Gr und text, wobel ea naturlfch an Angriffen
gegen R, Franz nlcht febit. Er macht aucta selbat einigc Verbeasemngavoracbllge. Der
letzte Abacbnitt spricbt von den frei improvisferten Zutaten im Ceaangavortrag. Mag
man gegen daa elne Oder andere etwaa vorbringen kSnnen: die verantwortlicben Letter
von Hlndelacben OratorlenauffQhrungen aoltten allesamt das elne beberzigen: daae die
hler wiederum von Bernoulli zusammengeateHten p Fragen* im Grunde genemmen kelne
eolcbon alnd, die im Prinzlpe noch zu ISaen wlren* Daa ist durcb die Wleaenacbaft
llngat und nberzeugend geechehen. Wie man aieb zu elner Elnzelheit, fur die eine be*
atimmte LAaung vorgeachlagen wnrde, it el It, bat damit nictate zu tun.
Prot Dr. Wilibald Nagel
75. Herman Zampe: Peretfnlicbe Erinnerungen nebat Mfttellungen aua
aeinen Tagebuchbllttern und Brlefen* Mlt Geleitwort von Emai
v. Pots art, Verlag: C. H. Beck, MQnctaen.
So recht armpatbtacb und Hebene- und verebrenavert eratetat vor una Geatalt und
Weaen Herman Zumpea, wenn wlr die vorllegende Lebenegtachlcbte leaen, Der Held
dea Buebea fflbrt in dieaem hat fortvlhrend aelbat daa Ton — den zablrelcben ab-
gedruckteu Briefen aind nur kurze verblndende Texte beigegeben — und urn ao unmlttel-
barer iat der Eindntck auf den Leaer, In einzelnen Kapiteln baut alcta ao die Geacblchte
dleaea KBnatlerlebene vor una auf: daa erate bebandelt die Jugendzeit von 1850—1873,
daa nreite die Lehrjahre In Bayreutb, daa dritte die Kapellmelater]ibre In Salzburg*
Wiirzburg, Magdeburg, Frankfort ■. M. und Hamburg [bia 1891), daa vterte die Stuttganer
Ptoriode, daa vorletzte die erate und daa letzte Kapltel die zweiie MOnchener Zeit bla
zum Todeajatar 1903. Dieae gnt getrodbne GUedarang wlrd noch ptaatiactaer durcb den
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^■W-
413
DIB MUSK V. 12.
panflnttcfe n im nt raden achatat VtavM to*
tbtaitea, BeawricrafeOf as AuaapcftabMi Bbaf Knnst nnd K0Mttsr Sndan tldt d* —
mtanter SttM *on Metftecfaer BtaCwnbaft mat m Iaptdvw Kfira and Kmgpbai^ 41a
In Znjfcmift j w l aa nocdt ttt nMfeaim Woftan war den dSdtai}
ttf die acltaia Kwty nttt wanlfc VMtn get vfel an eifon* Dleaor ■
wifd iter jwdi wait Bbertroflto dnreii dto aaUtoaan Dnkn-
■ MimtflfcllftMPtlfi dl» daa BflcMabi In afafe bifft Be tot etoa w(hw Ttonriiij,
b den Bciafen aw dor aottenroSen KipeUmelatefxeJt tit leeen, vto m Jodar Zafle
winder dCs Beastotarann enricaL dto anch durefe den IhrfnHirhttfffl Gefabrwttbi dtfrefc
afle dto old endenwoUande Mftheal dee tlfMohu Labette ttkht erttat mrfA
Vnndttfaatthi alnd Inebeeoadere dto Briete en eatao Brut, 4mm fibftgette so
eeMfiie rroimdi ibrfotfa wBidfg ntif Setto geetellt warden ktanen, Ob
frnde, dto QBttt dto Dili tamer gtofadi rief b eaeolfr der rfbtande Zttg der Tleritoba, Je
det PWfmtfiiHtfrfr — alP daa vefetalgt eidt an efatem BOd vw m odtee and Ktom Bate*
baft, dot ee woU Mail genannt warden tun* — AU Ankng itod begfeftfbmi
Natliaa ^"i» pna ttbar nrfn ZnaammenJeban mfr Klebafd TiiBflf <— liilimnaial fai i
n denten, da aa btoea abferia*
* audi ktor far rial Vartraltee nod Bemerkeaawertea. Mm
wta dfcaet „Dar Tod tot dto Heimkebf Tom Uriaub* Oder
„ VUlet dtt tinea Meneeben erfcennen, to Wre aaf aato Laoben nod mark*, <** aei*
YerbOtnfe torn Ttote tot** EadHoh aln Vafsafehnia von Konpaaktattatt Zva^aa* Daa
Varawt Paaaarta Mtat daa Back ttbonmactroa and banllch aln*
Dr. Bf on van Kamonynakl .
MUSKALIEN
7B- fihrlatlno Sindlngi -An dja Hal mat Pfc gaatiaahm Cbor nnd Baritvnaoto
mil Planaftifta. Vaflagi Bah, Fortrtr^ Laiptif.
Eia luiaarat dankbarar uad leJcht mamfBbrender Cbor mit elnani aehr wirfcnngi-
roUcn Baritomolo, Sabr tntaraaaant hi beiondera d«r KltTierptrt sebalten.
77. Carl Adolf Lorcnz; Drei Mloaarcbfira. op, 69. Verlax: Hug & Co,, Lalpilf
nod Z&ricb.
Dieae Lieder wardan aicb urn [brer kraftroll-mlnnticbcn Eigenart in flit aelaltetao
Geianprerelnen bald Hinging Tencbiffep; besondera gat hat mir No* 2 galUlen. Nq.3
pEcbo" vlrd nat&rHcb daa Hdrern am meiaten man den und atfirmtoch appltudicrt warden.
Dmi daa Echo mlmnter etwaa anderaa iitrQckgibt, da waa ihm rug era fen wlrd, aoll den
Siagern, dam Pubtlkum und den Kritikera keJnen Augenbllck die Frende an dam nled-
Uchen Dioge trQben* Paul Hielicher
78- Fritz Kauffmann; Quintett fur FJfite, Hoboe, Klwinette, Horn and Fagott,
op. 4a Verlag: HeinricbBbofeQ, Magdeburg.
Die erfreuLlcberveiae Immer mebr zunebmende PBege der Blaakammennaaik ver*
anlaast *ueb mod erne Komponiaten iu Kompoailionen fGr Blasloatrumente, trottdeni ale
alcb vorlluflg nocb Immer nitr cine aebwiche Verbreitung fm Publlkum daron ver-
sprechen dQrren. Dia mir in Partitur rorllegende Kauffmannscbe Quinteit gebflrt auf
jedea Fill za den Verken, an donen kelne Bliserverelnigung vorubergehen aollte; ea iat
ein kleines MeUremQck 1m Sau, roelodienreicb und sebr dankbar rur dio einzelncn
lpvtrumente geacbriebeii; ea 1st aber weniger ein Kammermusikwerk aU ein Konzert*
atuck infolge der den Inatrumenlen geateliten vlrtuoaen Aufgaben- Der langaame Sati
1st besondera gebaltvoll, die Verarbeitung der Tbemen im era ten Sitz iat ganz vortrettlfch.
f\ | Original from
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
413
BESPRECHUNGEN (MUSiKALIEN)
79. Gustave Samazeuilh: Son ate (en si mineur) pour Violon et Piano. Verlag:
A. Durand & fils, Paris.
Offenbar ein Erstlingswerk eines bochbegabten Komponisten, der aber noch durch-
aus in seiner Sturm- und Drangperiode sicb befindet und daher C6sar Franck, Ch6villard,
Debussy noch ubertrumpfen will, vor allem in bizarren Einfallen und kuhnen Harmonieen.
Es lotant sich aber, das fur beide Spieler nichts weniger als leichte Werk eingehend zu
studieren. An Takt- und Tempowechsel kann er sich nicht genug tun.
80. David Popper: Streichquartett. op. 74. Verlag: Friedr. Hofmeister, Leipzig.
Man merkt es diesem Streichquartett an, dass der beruhmte Violoncellvirtuos
Popper sich eifrig mit der klassischen Quartettliteratur beschaftigt haben muss; ohne
irgendwie Anklange zu enthalten, erinnert dieses Quartett in bezug auf Stil und Aufbau
durchaus an die Klassiker; es hinterliisst sogar einen etwas altmodischen Eindruck. Die
Melodie des langsamen Satzes ist etwas weichlich; die Tbemen sind im allgemeinen
recht gefailig. Wohl am besten geraten ist das Scherzo. Das klangschone Werk ist
nicht schwierig und bevor2ugt in keiner Weise das Violoncell, wie man glauben konnte.
81. Hermann Gradener: Violin-Konzert in D-dur. op. 22. Ausgabe fur Violine
und Pianoforte. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
Sehr violingemass und melodios, mit Ausnahme der Kadenz des ersten Satzes,
die wie im Mendelssohnschen Konzert ein integrierender Bestandteil ist, nicht uber-
massig schwer, mit einem besonders wirkungsvollen Finale. Sehr empfehlenswert als
Prufungsaufgabe fur Konservatoriumskonzerte, von Ondricek bereits mit Erfolg gespielt.
82. Christian Barnekow: Quartett fur Pianoforte, Violine, Bratsche und Violon-
cell. op. 12. — Quintett fur 2 Violinen, Bratsche und 2 Violoncelle. op. 20.
Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
Wenn ich recht unterrichtet bin, ist dieser danische Komponist, der trotz seiner
zahlreichen Lieder im Riemannschen Lexikon nicht erwahnt ist, noch zur Zeit Mendels-
sohns geboren; jedenfalls komponiert er in dessen und in Gades Geist. Von den beiden
vorliegenden Werken gebe ich unbedingt dem Klavierquartett den Vorzug; es ist sehr
melodios, gefallig und schon gearbeitet. Dilettanten werden es mit Vorliebe spielen.
Die Eiflndung im Streichquintett ist nicht sehr gliicklich; mit Ausnahme des recht ge-
lungenen Scherzos wird man dem Werke kaum ein anhaltendes Interesse entgegenbringen
konnen; die sehr gelungene formale Arbeit sei aber besonders hervorgehoben.
83. B. Solotarjoff: Quartett fur Pianoforte, Violine, Viola und Violoncell. op. 13.
Verlag: M. P. BelaierY, Leipzig.
Enthalt in alien vier Satzen recht Eigenartiges, besonders in dem langsamen Satz
und dem Scherzo. Eine gewisse Weitschweiflgkeit des Werkes, das in knapperer Form
entschieden noch wirkungsvoller wSre, entspricht durchaus dem national-russischen
Charakter. Allen vier Instrumenten bietet das Werk dieses sehr begabten Komponisten
dankbare Aufgaben. Wilhelm Altmann
84. Cornelie van Oosterzee: Sechs leichte Stucke fur Klavier zu 4 Handen.
op. 55. — Carnaval, 3 Phantasieen fur Piano, op. 58. Verlag: A. A. Noske,
Middelburg.
Die vierhandigen Stucke sind im Primo-Part fur einen Anfanger berechnet und er-
fullen den Zweck leichtwiegender Unterhaltungsmusik. Die drei zweihandigen Phantasieen
stellen sehr anspruchsvolle technische Forderungen, verraten aber keinerlei musikalische
Eigenart, lassen vielmehr zwischen ihrem ausseren Aufbau und inneren Wert eine tiefe
Kluft erkennen. Hermann Teibler
V. 12 28
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NEUE OPERN
Ha* Schillings; «Mo1och% raatlktlltche TrtgSdie, DJcbtoag tret atcfa FrvHebbett
Moiocb-Frtgment, *ird in Bcgiaa der aeaea Spfcteett rtefnUch ^eicbxetclg
u der Dreedeaer mid Wiener Hofbfiba* in Sxeae febea*
John Philip Soum; .King of the Day* wtrd Ends Mir* hi Pbtttdelpfal* ram
entto MaJe tafgefEibit werdea.
Siagfrted Wognw; .Sterneogebot* betitelt tieb eiao aeae Opar» die tor K<w*~
paaJet toebea «llendet bat ttnJ die in der attbstea SpieUeit Wf Attftthruat
getsngea nil,
AUS DEM OPERNREPERTOIRE
Berlin: Im KgL Opera ba it* toll oocb in dieter SpJoliett „Der ft ale Kent*
tou Aleitader R liter Mr Aufffbrung kommea*
Llkttiefat Albert Dupole* Oper v J eta Mlcbei*gfag am 17, Fofaratr nater Lettnxtf
dee Kompontttm la Suae.
Pari*: Aadrf Mettager't aeae Oper »Le obaadellef", Libretto ntcb efaar
Maeietacbca E nib lira & toll noch In dieier Sajtoa la der Komi to bet*
Oper berattefcomaiea*
Parma i pBeaveanto Cellini*, eiae aetie Oper von Angela Tab), triable am
21, Febmar ibre fJraaffBbraitfr
Philadelphia* „Ctittrtva*, eine romanrttcbe Oper von WOlam H. Tumbal*
atone, find bel der UraufNibrung tin 2. Fcbruar cine beiflLHge Aufhabme*
Toulouse: Dat ^Tbeatre du Capitole* bat du einakiige lyritcbe Dram* „ Ama-
ryllis* von Andr6 Gallbard zur Ersraurfubrung gebrtcbt.
KONZERTE
Aachen: Daa die&jfcbrlge Niederrfaeiniscbe MusikTcst flddet vom 3 — S. Junt
suit* Alt Festdirigenrcii sind Prof. Scbwickcrtib und Felix Veiagtrtncr
gewonnen warden.
Bonn: Schumannfeler, Ao dem Grtbmtl det Meisters tuT dem alien Fried-
bof soil im So no tig, den 20. Mti morgent eid kurzer Gedlchtaistkt aV
gehtlien we r den, bettebend tut eider Ansprtcbe und dem Geaang det Bonner
Mlnnerge&angveretn* » Concordia*, der vor 50 Jibren tucb die tterblicben
Re arc det gTossen Totcn blcausgetrtgen bit. In zwei Abendkonzerten
■m 22. und 23. Mti we r den die Ouverturen xu Manfred und Genovcva^
die Symphonieen in Es-dur und B-dur, Koaxertaiucke fur vier HGrner und
Orcbe&ter, das Klavierkonzerr, turner die Faustszenen* dis Requiem TQr
Mignon und das Neufabrtlied aufgefubrt werden. Am Himmelfabrtstage
selost 1st das ublicbe Morgenkonzert wieder geplam, dts dem unsrerblichen
Liederkomponistcn und Kammermusiker gift. Das Klavierquartett, Kltvier-
soli, sowic die Dicbtcrlicbe und das spantsche Licdcrspicl aoJtcn daa crleacoc
Pjogramm blJden. Joseph Joacbim teilt sicb mit August G rulers in die
Lcimng der Auffubrungen. Das versilrkte Berliner Fbilhtrmoniscbe
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
415
UMSCHAU
Orchester ubernimmt den instrumentalen Teil. Ernst von Dohndnyi,
sowie das Pariser Blaserquartett des Herrn Penable sind als In-
strumentalsolisten gewonnen; so ist die Gelegenheit gegeben, die nur ausserst
selten aufgefuhrten Konzertstucke fur vier Horner und Orchester zu ge-
niessen. Fur den Sologesang stehen Kiinstler und Kunsilerinnen besten
Namens zur Verfugung: die Damen Kappel und von Kraus-Osborne,
die Herren Dr. von Kraus, Prof. Messchaert und Felix Senins. Der
stadtische Gesangverein wird in einer Starke von etwa 200 Damen und
uber 100 Herren an die Cboraufgaben herantreten.
Lawrence (U. S. A.): Das alljahrlich stattfindende Fruhjahrs-Musikfest an der
Universitat Kansas wird am 6. und 7. April abgehalten.
Marseille: Die ^Association artisiique" (Dirigent: Gabriel Marie) beging die
Feier itares 20jabrigen Bestehens und veranstaltete bei dieser Gelegenheit
ihr 500. Konzert.
Orleans: Kapellmeister G. Rabani und Organist Ed. Mignan, die Grunder der
Bach-Gesellschaft, haben bereits zwei Konzerte veranstaltet, die sich
eines ausserordentlichen Erfolgs zu erfreuen hatten Es gelangten zur Auf-
fuhrung: Ouverture fur Orchester C-dur, „Laudamus te u aus der h-moll
Messe, Klavierkonzert d-moll und die Kantate „Brich dem Hungrigen das Brot".
TAGESCHRONIK
Die IV. Generalversammlung der Pensions- und Sterbekasse des deutschen
Chorsangerverbandes (Sitz: Frankfurt a. M.), die Ende Februar in Dresden
tagte, bescbloss, wie wir der „Sachsischen Zentral-Korrespondenz" (Dresden) ent-
nehmen, den Sitz der Kasse vorlaufig in Frankfurt a. M. zu belassen. Zum ge-
scbaftsfuhrenden Vorsitzenden wurde fur den ausscheidenden Herrn Korner dessen
Stellvertreter Herr Kucera, Mitglied der Frankfurter Oper, gewShlt. Der
Hauptsitzung wohnte als Vertreter des Reichsversicherungsamtes zu Berlin
Regierungsrat Dr. Wolf bei, unter dessen Mitwirkung diejenigen Satzungs-
anderungen getrofifen und angenommen wurden, die das Weiterbestehen der Kasse
ermoglichen. Die Antrage auf Anschluss an die Pensionsanstalt der deutschen
Buhnengenossenschaft oder an eine Rentenversicherung wurden damit binfallig.
Vom Dresdner Generalintendanten Grafen von Seebach, dem Vorsitzenden der
Kommission des deutschen Buhnenvereins zur Prufung der sozialen Lage der
Chormitglieder, traf wahrend der Verhandlungen ein verbindliches Danktelegramm
ein als Antwort fur die ihm ebenfalls telegraphisch entbotene ehrerbietige Be-
grussung. Zum Vorort fur die nachste Generalversammlung wurde Hamburg
gewahlt. Fur die Mitglieder der Pensions- und Sterbekasse, die dem Ausgange
der Verhandlungen mit grosser Spannung entgegen sahen, ist kein Grund zur
Beunruhigung vorhanden. Die Kassenfuhrung ist in bester Ordnung, nur die
mathematischen Grundlagen bedurften einer Berichtigung. So macht sich die
Einfuhrung einer Abstufung der Pensionsabzuge nach der Dauer der Mitgliedschaft
notwendig. Bisher wurde ohne Rucksicht auf die Dauer der Zugehorigkeit der
Berrag von 95 bezw. 100 Mk. jahrlich gewahrt. Kunftig beginnen diese Satze mit
70 Mk. nach lOjahriger Mirgliedschaft. Fur die Nachzahlungen bei verspatetem
Eintritt wurde eine bequemere Zahlungsweise eingefuhrt. Kunftig soli es auch
freistehen, Mitglied der Pensions- oder der Sterbekasse zu werden. Es war auch
moglich, ohne eine empflndliche Herabsetzung des Sterbegeldes auszukommen.
Es genugte von 250 Mk. auf 200 Mk. herabzugehen. Man konnte sogar Nachzahlung
in Aussicht stellen. Fur die Stetigkeit der verh<nismassig grossen Einnahmen
28*
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
416
DIE MUSK V. 12*
ens Bene&tTomdlnngeii sitae Art, nit denen die Knee rtcbwa
wwde d» StebefsteUang vom Kiiserileben AofsJcbttsmte verimtft Bis Yettbemg
soil Im NetiUlb dtmb sine Untlag* aMtyeftmefet word*** Dor Kidootttefeo Ver-
slobefimgilfevisor RsgicrnBgsi'st Dfv Wolf wito sico duroh
BnfttAttferattemni (rota, der beaendorsn ElfeMrt der VeHdBfttlsee 1
Beftfnng d«r Delegterten den safirfcfctitotofi Dank der Yersenuninnc. fir wnrie
els rettsnder Hngel gopnesen end du R ftfcbs f oriJcbOT 'ttogsiint sss sow vow*
tltlge Bfatrleihtsng. Nseh rekhlteb mnHptftodiger Vorbsndlnng konntea die
VefbsndsTOflTBter gotrost tteco House gif«iByfe»g™^-
Rhlttrd Stress* 1 Optr „S*lfline* soil aim doe* in Berlin ear An*
ftonmg kommesu Pells die Berttner Hotoper dee ?vk richt ebutodton, «bd
die Kontertdirektion Jules Stclii efaie elnmsllge AttfflbrttJtg der«Sa]ome"
▼enmstslfen and iwmr mlc dem gsismion Ensemble dm Dresdner Hofoper
(SAttaten, Cher and Orcheoter, 170 Mihrirfcende), ttio fat der
Dfe none Btdgendeeieche Mneikkommtoslon, besjebend i
Hfftfr^* f *^ t * ftg|t ' > Gsbfiol weber. Promisor Angerer, or- Heltmr is Zvub|
Storm in Biol* Rich, Vteener nod BsJdemitt to St Gotten, Trepan ia
Ftantillon in Chsn*-de4tondi/«llilin fflr dee ittstretenden lpcbrerdieotea Dr. Alton*
bete mm Prlotdenten Gsbriel Vober <n ZBriob, mm SefeteOr VBbelm Stttrm
in BieL
Im Verisg ten Zweifal* Weber In St Gsllen efsckelnr soft 1. Jsnnsr etaw
netie stbmlferisehe Gesugrereins-ZeimnK »Dm Berde*,
Am 27. Joour wwdo ta Tries* efn Verdi-Denkmnl eingeweihL Die
Kosten wen dutch Sffsofttobe SobsfcriptlottOB sitfkobricbti Als Staler svs dem
IBr Bettenlscfae Bfldhsner eritflbeten Prelsittsscbnrtben gtog L& Par At horror, Dos
Denknud one fcemtiscbem Mormot efbebt slch ettf dem Sen Giovsnnf*Pfsise a
Kipeltmetater WllbeJm Gorieke, Letter dee Boston SymphontarOfcheoten,
hot inlolge too Dtflbrensa mit dom Bosnstetlen Letter dos Uotornekmess setee
SteNnng nledergelegt
Alexander Sebiid hit seine Sid lung sis Konzertme later der Kgl. Kapelle
in Berlin sufgcgoben,
Musikdlrektor Wjlbelm Rio ken a sua Recklinghausen 1st mm Kan tor in
der Georgenklrche, Gesanglebrer im grosaherxogl. Gy omnium tind Musiklehrer
sm grossberzogl. Lehrerseminar in Efienacb ernannt worden<
Frhr. von and xu Gllss, der Intendant des Kgl* Hofthesters in Kissel, bst
seinen Abschted genommen. Graf Bylandt-Rheydt ist m seinem Nichfolgcr
susersehen.
DerM&nchener KonzertBlnger Josef Lorltz wurds rom Herzog TQn Anbslt
turn Kammerslnger eraannL
Dem Organlaten der Rerormlerten Kirche In Dresden, Uso SeLfert* tst der
Titel .KirchcnmufiikdirelcTor" verlicben vorden.
Der Sultan verlieh Berliner Kunstlem, die in Konstindnopel konzcrticrteii,
folgende Ordeo: Hedwig KauTmann (Koniensingcrin) den Scbefakatorden zweiter
Kla*«e, Felix Meyer (Violinist) und Gustav Lazarus (Pianist) den Medscbidji-,
orden dritter Klasse.
Der Erbauer dea neuen deut&clicn Tiu-KunstharmoniumSf Johannes Titz,
ist zum Furstlich Lippiscbeo Hofbsrmoniumbauer emannt worden.
Aibin Steiodcl, der Fuhrcr des Stcindel-Quartett9 t wurdc vom Kdnig von
Wunteroberg zum Kgl. Musikdirektor crnsant.
■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
417
UMSCHAU
Hofkapellmeister Dr. Richard Strauss wurde durch die Verleihung des
Kronenordens III. Klasse ausgezeichnet.
Mit Bezugnatame auf den im II. Januar-Heft enthaltenen Konzertbericht
unseres Warschauer Referenten ersucht uns der Vorstand der Warschauer
Philharmonie um Aufnahme folgender Erwiderung: „1. Als erster Kapellmeister
unserer Institution ist angestellt: Herr Sigmund von Noskowski, der vorzuglichste
der gegenwartigen polnischen Musiker; ihm zur Seite steht der zweite Kapell-
meister Herr Ignaz Cielewicz und der Chordirigent Herr Mieczyslaw Surzynski.
Seit einigen Wochen gastiert bei uns der vortreflfliche Kapellmeister Herr Baron
von Reznicek. 2. Die musikalische Leitung bildet die Direktion kollegialisch mit
den Herren Kapellmeistern. 3. Unsere symphonischen, philharmonischen und
anderen Konzerte finden unter Mitwirkung erstklassiger auslandischer Solisten
regelmassig statt. a
TOTENSCHAU
In New York f 63 Jahre alt der Kornettvirtuose Theodor Hoch, in den
70er Jahren Mitglied der Bilseschen Kapelle in Berlin; vorher gehorte er der
Kapelle des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments an.
Jacques Roudil, ehemaliger Buhnensanger (Bariton), f im 73. Lebensjahr
zu Toulouse.
In St. Louis f 13. Februar der im Jahre 1833 zu Berlin geborene Pianist,
Organist und Komponist, Prof. Waldemar Malmene, zuletzt Lehrer an der
Washington- Universitat.
Anton Arensky ist am 12./25. Februar in Terioki (Finnland), wo er Heilung
und Genesung von seinem schweren Lungenleiden erhoFfte, aus dem Leben ge-
schieden. Russland verliert in ihm einen seiner hochbegabtesten und popularsten
Komponisten. In Nowgorod am 30. Juli 1863 geboren, trat Arensky fruhzeitig in
das Petersburger Konservatorium ein, um unter Rimsky-Korssakow Komposition
zu studieren. Im Jahre 1880 verliess er das Konservatorium mit der goldenen
Medaille ausgezeichnet, und wandte sich nach Moskau, um bier als Professor am
Kaiserlichen Konservatorium zu wirken (Rachmanninow studierte unter seiner
Leitung). 1895 siedelte er wieder nach Petersburg uber und ubernahm die Leitung
der Hofsangerkapelle. Arensky komponierte mit Erfolg fast in alien musikalischen
Formen. Er schrieb drei Opern, ein Ballet, zwei Symphonieen, funf Suiten fur
zwei Klaviere (vierbandig), ein Klavier- und Violinkonzert, zwei Quartette, zwei
Trios, ein Quintett, Balladen fur Solo, Chor und Orchester, darunter w Der Taucher"
von Schiller, drei Melodeklamationen fur Orchester uber Gedichte in Prosa von
Turgenjew, eine grosse Zahl Violin-, Cello- und Orchesterkompositionen, und geist-
liche Musikwerke. Die Zahl seiner Klavier- und Liederkompositionen geht uber 200
hinaus, darunter echte Perlen der Musikliteratur. Uberhaupt steckt in seiner In-
strumentalmusik, seiner Kammermusik, den beruhmten melodisch-reizvollen Klavier-
suiten, in seinen Choren viel edle und gediegene Musik. Als Komponist ist
Arensky meistens den Spuren Schumanns und Tschaikowsky^ gefolgt. Auch als
vortrefiflicher Pianist und Dirigent hat er oft Konzertreisen gemacht und immer
enthusiastische Aufnahme gefunden. Zum letztenmal sah ihn das Petersburger
Publikum im Dezember 1904 im Siloti-Konzert; er dirigierte damals seine genial
geschriebenen Variationen uber ein Thema von Tschaikowsky. Einen edlen
Kunstler betrauern wir in Anton Arensky. Ehre seinem GedSchtnis.
Bernhard Wendel
( " i m \i-\ L - Original from
i:r:K-c:j :)y ^iiKJ^K UNIVERSITY OF MICHIGAN
OPER
AACHEN: Der Direktim Adolpfa] wer m vorbebelteo, dto # &&tterdlmtmef ang*
aecb 23 Jafarea dem bleslgm Ftablffcaai varcaflUuen. Be war eta Feetttfc ade mm
der letzte T«B dee »Ringee* alt neaen Dekoretfooen to« p*o£ Brflcfcner t» fcobntg
enehleti* Den Hegen suit anebBtteweUe fa til Iti Tom Eeeemr todttbeeter, ellee u4«ft
wvrrfe tod efabeimlacbeii Krf Ami be w l tim . Der Erfolf **? dnwtacblifwid and tief-
gebend* — Am der Flat der Open und Operetten, die fan Leaf* der Saleon fiber den
Prorf ltxler weggebt* bobcn *icb wobhaend VoIf-FemrPe .Neagterige Freuen* hcrmi
joaepb Lieee
BERLIN: Kftnlgl. O pern hem: .Orpheua and Bnrydlke^ Glacfce Verk, die tttestt
Oper dee geeemten Spielplute, let eta babe* Ued der Gettrnttme* Am dleeem
Grande kfirte men dm Stack flfcr die GelavoreteliiMig em 25. Februer, «r Fefer dor
SflberbocJuelt dee Kaiaerpaare* and VeraUrtung dm Ptfnien Eftel Frtedrtch, Nan ml*
hilt eber Gluten .Orpbeo ed Earldlce* bit mm Etatritt dee SUfere in die Gefllde der
Seiigen m vlel dm Dfiaieren, deee ee dacb gewagt acbien, dm Tetk n eo fterttobe r
GeJegenbelt wleder benrormbolea, Decb die Leitung dm Openibeetm vtiete ekb m
belhn+ All dm Dflttere, eehwer Tragtecbe wdrdo — dnheh feetrlcbtn. Demit wurde
nan die Ptrthnr etwee dflnn, » wesig ,ibendf911eftd* eetbet Mr etae F o emcet e B enfr
Wee iedocb efn recbter Splelleiter let, der Ueet efcb oicbt eo leleht verUSHbn. Ebeneo
(at, vie men ehe Stena etrafeben kenn, limen ilcb eacb neae ehuefsen* Orpbete
entffibrt eebie Eurydlko wleder mr Menetbeaveltt diem Helm bet efaie prtebtigo Gefegen-
belt, die ilcb la Vleebaden to bewihrte Wandeldekoretiou ins Rolien ra brfngcn — ttnd
diese Gelegenbeir wurde nach Kriften ausgenutzt. Irgendein Kapellmeister bene eta
Potpourri aut Gluckscber Musik lusimm engest elk, das geniu eo lange wlhrte wle die
Wandeldtkoration* Soil man liber eine eolcbe Fefitan gel egen belt 1m Eros to kritisch be-
ricbten ? Dt zu tiner zweiten Vorstellung die Krltik gc laden wer, llge ji eiu Grand Tor.
Nocb ehe jedoch die gime Tegespresae bertebtet batte, lief la den Redaktionen bereiti
eine Notii der Generelimendanz eta, In der verkGndet wurde, nocb in dleser Splelzeit
eollie der wirklicbe Orpheus von Gluck, oeuinazeniert und -einstudlert* berauagebracbt
werden. Dlese weniger bddscbe iber enste VorstelJung wollen wir mbwirten, ebe wir
eln gemuerei UrtelJ geben. — Komlsche Oper: fc Don Pasqmle* von Donizetti.—
BOse Leute wollen wissen, diss ea flir Primtdonncn und Tenfire nur xwel Klimen von
Komponisten gebe; ersten» solcbe, die breuebbare Rollea gescbrieben btben, und i we Item
Boiche, die d«a nlcbt geien beben* Soli dlete Logik der »Sters* nun eucb Geltung gewinnen
Fur die neueste Form des Bubnenrirtuotentums t dia VlHuoaentum der Reglaeeure? Die
Zelcben roebren sicb. In ernaten SchauspielhAusern verden urilte Possen, deren
Litereturwert nachzuwetaen selbst den Winkeiedvokaien der Kritik sebwer ffllit, auf neu
aurgearbeiret; eimig t well an den Regievirtuoten effekt voile Aufgaben treten. Die Opern-
loiier wollen nicbt nacbsreben, und acbon gar ticbt der beste Opernregisscur, den Berlin
jjqr Stunde hit: Heir Grcgor von der tt Komiscben Oper*. So wenigstens erkllre icb
mir di« Neueinstudierung der alien Doair«ttioper w Don Pisquale*. Ober die musik-
geacbkbtlicbe Stcllung Doniielii'a 1st kautn zu atreiien. Nacb beaten KriTten hat er fur
die BanaliBierung des alien bel canto geaorgt. Er war ausserstande, vie Verdi durcb
-,Ca)(>01c Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
419
KRIT1K: OPER
Kraft 10 ereetzen, waa Ibm an Roaeiniecber Feinfaett abglng. Daa Beate, was die Zeit-
fenosecn Ibm nacbaegten, war aeioe erataunllcbe ScbnelligkeEt lm Komponferen. Aber
did acbnelireTtlgcn Arbelteu ft lad telten die dauerhafteited, and wJe fodenacbelnig dae
Gewebe der Donizetliachcu Mutik heute bereft* wurde, daa 1st nun zam Erachrecken
gar. Kann en elnen Zweck baben, dieae alien Gewebe nocb tin mil neu berzurichren?
MfigHcb, dais die Bemfibungen belm .Don Paaquale* (dcaaen Text Bierbaura, und
desaen Muslk Kleefeld eln wcnig revidlerten) elnen vorQbergehenden Erfolg babeo.
Du Ileber Goit, wer mit den letzien Melodicen dea Central* Oder Metropotibeatera lm
Obr zu Donizetti gebt, flndet inn wirklicb debt zu banal, entdeckt togar Feinbeiten, ]*
eolfde mnslkalitcbe Arbeit* Gegen die Osfcar Straua und Bogumfl Zepler gehalten, iat
dieter Donizetti nocb immer eln Heroa. So nit ibtr —I Die Aufffibrung war redlicb
bemujir, dee niedrig Poaaenbaftc ins ft In Humor! attache umzudeuten. Herr Man tier
war ein volleudeter Paaqaale, Prau Kauffmann elne voltsaftig* Norina* und nor Herr
Nadolowitch, der ein Temperament aber kein Singer dea bel canto iat, blicb etwaa
zur&ck, namentltcfa in Erinnerncg an Herrn Bond, der kurz vorber die Rolle des Pa»-
<qualeneffen in Berlin geaplelt faatte. Willy Paator
BRAUNSCHWEIG: Daa Hofcfaeater beftndet alcb in prlmadonnesloaer, in ecbrecktlcher
Zelt, da die Krankbeft von Frl- Andrg lange deuert, und die Glate niebt wieder*
kebren, wdl tie den Anaprflchen nlcbt genfigen. Mit mebr Erfolg fQhrte sicb Herr
Man a feld- Danzig (Baaaboffo) eln. Der Singer! nnenkrieg urn die Stellen der beiden
Soubretfen Eat luatig, aber bla Jetzt ergebnlaloa* Meyerbeers .Prophet* eraeblen in volllg
ncuem Gewande, d. b. in wabrbaft glinzender Anattauung; der Mozart -Zyklua verllef
gam oacb Wunecb* Em at Stier
BRESLAU: Die llngat veraprocbene xweite Norltlt dea Wlutera, Heubergera.Barfflaaele",
win! nocb Immer .lerachoben". DafGr arbeltet man munter waiter mit Gaatapleleu,
die immer gfcicfa aerienwelae atattflnden. Selt Beglnn der Spielzeft bla Mltte Febntar
baben wir ea auf dieae Weiae in rand 110 Operngaatapielen gebracbt. Solcb dnc kurze
atatiatiacbe Angabe apricbl aucb in kQnatleriacber Hinalcht lauter^aEa ea die Ungftten
Anefflbrnngen vermdebteu. Eva too der Oaten (Dresden), anf deren Konto bisber
allein 20 Gaatabende en t fatten, war der ewigen Repcritioaen von Mlgnon und Roae Frlquet
endllch ein mal mtide und kam una ata geechmeidiger, gefQblrolier Page Cberubin. Sie
kflnnte mit ihren relcben Gaben in dieter Rolle extellieren, aber ffir micb Itt die
MSgtiebkelt einer Anerkennnng ao Lange nicbt gcgeben, alt Frl, von der Oaten die grobe
Geacbmackloalgkeit begebt, Mourn eflsae Cberubin-Kanzoaeo durcb Elnlage tou boben
T0nen zu .berelcbern*. Befrcmdlicb iat ea, daaa unaer bietiger Mozart-Dliigent Brack
derglelchen PrimadGnncben-Launen ttnter die Verantwortung aeinet Taktstockes nimmt.
Ein auderer Gaet, Slgrld Arnoldaon, atagt wieder, wle Ira Vorjahre, die Julio in Gounod'a
»Romeo und Julie* und — ala neue Gate — DftHbes' v Lafcrod*. Sie iat nnatreitig elne
der feinzfeu Virtnoainnen, ateta mebr anf die atiliatlecb reine Wledergabe dea Kunst-
werka bedacbt, ala aur den eigenen EITekr. Ibre ganz reizende, mldcbenbaft zarte Lakmt
iat daf&r eld neuer Bewelt. Sie bediente alcb, wie gewOhnlicfa, dea franzOalacben fdioma,
daa in der Tat aucb grade von der graziOaen Lakmd-Muaik unzertrennlicb erecbeint. Um
ao aebwerer batten ea die nocb dazu maogelbaft vorberniteten Einbeimiacben mit der
greulicben dentacben Oberaenung, die aicb wie Bleigewlcnt an die eleganten Melodieen
Dtlibea' bingt Am beaten bielt aicb nocb Herr Slewert t dem die uugewGbnltcb boch
geacbrlebene Partie dea Gerald gerade recbt liegt. Unttreitig aber wlrd mit dem sebflnen
Organ Siewena Ranbbau getrieben. Er sang in der Lakm^-Wocbe FunT grosae Partleen,
dreimal ala Partner der Arnoldaon, zwelmal ala Partner der Oaten. Fur eine korrekte
Inazenlerung der *Lakro6 B war GbrJgeua nocb weniger Sorge getragen worden, ala f^r ein
^ - I Original from
v,VH Vs K UNIVERSITY OF M.^
420
DIB MUSUC V. 13*
ebfeftmdelee mnalkeiiscSiee Ensemble. Vttread Fnm Araoldaon ee oiebt
hatte, *leb die branne Hautfiufee der Brabatiam^Todmr anioecfamlnfcegfr Hah*
Dtenerinnea* daronter aneb die Utr tnnalkaUecb beeondere aWeejjlerte Maffifcn dm PW»
Scbereacbewekr, mlt ecbneeweiner Haiti bam*. Die GlejcncfiltigkeU fpftn die Aa-
brderuttgpo eioea Knuatwerfee wlrd bai tnu Immer grdeeer* Dr. Ericfc Fretmd
DARMSTADT; Vie flberall, ao warden aneb bier die leMM Tocben durdfc da*
Moiart-JablWum beberrecbt, aaa deeeet Anlae* dee Hoftheater den Btaaelant*
fEbtunfed der Werfce cine Ge*amtwledert*be der ttotartopera (rait Att*aabme dee
a IdonieiLeo*) tni Zykipe fcigen lieoe* Am ndiieu Intofeaee oriogie ^Ooei fto tirtie*^
die Met etftflelenjabretiolcbt fefriieo verdeiLTir Hernia* Xapaet (Ketoraturl, Ctui
Roedige r (Setihretie} end wiser lyrieeher Tenor Otto Well tatea eacb ml* teeondeeo t&ebtife
Moiartaaiiger borvw* Bemefkeiiewerto Atiflftbrnngen erlobten aoeierfleai Seut£5e6fle%
.Samson nod DelUe' ndt Marie Moeel-Tomacbik in der wefUlcben Tlteirell© ad
Verdi** gHotend leegpetettete *AIda"* All date tatea mh ecbftbem Brfaif auf
Lontae Fladnltzer von Main* (^Undine*) and Hone Baetl too Meonbelm (»Ha*a
Secb**). Dees »TH*taa nod Isolde* In enter Salsoo dreioitl tmd imaer ver gtrt beeocbtesi
Btnee gegeben werdeo keenta* war bier noeb oicbt dageveaeti, pie eme Neobalt der
Baleen, Pbocint'e „Le Boh«me%fkod bei trefUoher Beeetsmf alter Rotten, aosyfttetebsot
ntfaenleit mid too alaer prtcbtfgon Leiatang dee wm Kapellmeister Klttol dirigiertesi
Orebeetm fetrafen, etnc nafewoonUcb beUUHge Attfnabme. IL Sonne
DRESDEN: Ale Troet fBr alle dlcjcnifeo, wolcbe fiber die Etoffooigfeell dee Spiel*
plane mid die «eringe Arbcjtafreiidltkeh oneeiwr Hofeper Uagen, word* mttfeteOt,
daee die Tbeaterlethmg dte Oper »Moloeb* rat Ma* ScnilHnaa nr Unnfflbutnf an*
feoonmtra bat E* let mtr mit Fronde* to begjrBaeeo, date die Dreadner Hofcper ejefc
xttr Vorfclmpferin eeneetleneller Neubeftan maeht, eber feh mAebte darettf
macncn, 4am elne einzlge Sanation In {edcr Salmon atenUcb we*4f bedeaton wfll#
dabel die kfinetleriacbe Regsarakeft sonet dennaaeeo leidet, vie ea bieraott ^Salome* der
Fall let Aolubea ernfte Fran Hd|loo tou der Firieer froeaea Oper adt Ibrer folBateit
dargeetellfen and atimmlicb immar ooch tebr acfateoswertea Dallla. D*a Vtederaof*
ireten der oacb mebr tla Jibreifdtt lurQclcgekebrten Frau Nast als Mi mi in Puccini'*
•Bob&me* war eio Freudentag fflr alle Verehrer dieaer aasgezeicbaeten Kuss!lerin P und
in FrJ. Scblfer erbielten wir eiD« neue Branglne, die sicb hOren laasen konote. Ein
Itlcincs Jublllum beging Hcrr Perron, der zum 100. Mile In der Hofoper dea Fliegefiden
Holtlnder sang, cine Rolle, in der er gegecwinig wobl wenig Riralea bat. Eine „Frei-
scbut2*-Auf/til]ruiig bracbre in FrI- KeJdorfer eiit scbr gutei, anmutlgea Annchen und
in Herm C roach einen vlefveraprtcbenden neuen Max* F, A* Geissler
ELBERFELD: Von den fur die nlchste SpleUeit rerpHicbteten Kriftco fQbrte licb
als .Lohengrin* Jakob Decker tls ein vielversprechcnder junger Kunstler ein.
Clirence WhitebHl gaitierte lis v Hans S>chs* und bot eine in jedeni Betracbt noble
LeUtung, Im ubrigen wurde der SpietpUn durcb B Siegfried - , von Hans Tlnxler mil
alien VorzQgea und Scbwlcben geaungen, w Trompcter von Sikkingen", .Ninon 1 , .Rattel-
binder* der fticb niscblich .Operette" nennt, berclchert F. Scbemensky
FRANKFURT a, M.: Die Opcrette H Die Scbutzenlieaei* von E, Eysler ward bier
mit den Damen G* Meyer und Bachrich wie den Herren Steffena, Hauck,
Scbramm In Hauptrollen und unter Leitung Herrn Neumanns Bott und mit Erfolg
eingefubrt* Die ntnnenswerteste Anregung, die wir von dem Verke batten, war die Fragc,
ob das bescbeidene kunstleriscbe Niveau derartiger Scherzartikel in erster Linie dem
Geachmack der Produzenten oder der Abnebmer zuzuscbreiben tar* Ta* ist bier Ursacbe,
was Wirkung? Oder bat man es wirkJich mit einem an kcinem Punkte fassbaren Zirkulua
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421
KR1TIK: OPER
des Gcschmacks zu tun, den man besser sich ungestort ableben lasst, bis er ins ver-
diente Nichts zerfailt? Hans Pfeilschmidt
GRAZ: Nach der Mozartfeier (mit Figaros Hochzeit) kam Carl Burrian als Masaniello,
Siegfried und Tristan. Im Siegfried siegte die Macht der kunstlerischen Personlich-
keit uber das personliche Aussere; im Tristan war er kurz: ein Erfuller des Tristan.
Er hob mit sich das ganze Ensemble; nie hat das Werk hier so eindringlich gesprochen.
Burrian ist vielleicht das mannliche Gegenstiick zu der beruhmten Marie Wilt, die ein
w Stimmkoloss'* ihrer Zeit war. Aber er ist geistig mehr, und man denkt an Wagners
Bericht uber Schnorr von Carolsfeld. Warum dieser Kunstler nicht in Bayreuth singt?
Dr. Ernst Decsey
HALLE a. S.: Im ^Siegfried" gastierte als „Wanderer tt auf Engagement Herr Bursting-
fa aus (Teplitz) mit schonem Erfolg und in Rossini's „Barbier von Sevilla" gab ein
Herr Habich als w Figaro tt deutliche Beweise seines Talentes. Eine Neubdebung der
„Armida a in der Wiesbadener Bearbeiturg hinterliess nur einen ausseren Eindruck. Die
^Mozartfeier" nahm ihren Anfang mit der zum Teil prachtvoll neuinszenierten „Zauber-
flote", doch gelang es weder hier noch in der „Entfuhrung** den Geist Mozarts zu bannen.
Eine freudige Uberraschung brachte dagegen die Urauffuhrung der Erstlingsoper „Cesare
Borgia" unsres ersten Kapellmeisters Bernhard Tittel, der sich darin als echter Vollblut-
musiker und Musikdramatiker offenbarte. Ein bedeutendes musikalisches Konnen spricht
aus diesem Einakter. Die Erfindung ist trotz einiger Anklange an Wagner und Bizet
reich und lebenswarm, die jeweilige Stimmung ist prachtig getroffen, die Charaktere sind
pragnant gezeichnet, die Instrumentation ist glanzend und die polyphone Stimmfuhrung
notigt grosse Hochacbtung vor der Kompositionstechnik ab. Die Achillesferse der Oper
ist - wie so oft — das Textbuch, das Heinrich Gotz, ein Schauspieler, nach dem ein-
aktigen Drama „Cesare Borgia tt von Dr. Rud. Lothar zurechtgestutzt hat. Es ist ein
Opernlibretto alten Musters mit alien Schwachen und Mangeln, aber keine dichterische
Unterlage fur ein Musikdrama. Die Auffuhrung war glanzend. Liesbeth Stoll (Juana)
und Walter Soomer (Cesare Borgia) teilten sich in die Hauptrollen und brachten eine
tiefgreifende Wirkung hervor. Martin Frey
HAMBURG: Als eine der fesselndsten Erscheinungen auf dem Gebiete der dramati-
schen SSngerinnen bewahrte sich wahrend eines viermaligen Gastspieles Madame
ATno Acktg von der Grossen Oper in Paris. Sie sang bei uns die Elsa, die Elisabeth,
die Tosca und die Margarethe — also Rollen der denkbar heterogensten Art und doku-
mentierte dabei eine Vielseitigkeit der Gestaltungskraft und eine so phanomale Sicherheit in
stilistischer Beziehung, dass man dem lehrreichen Gastspiele gern eine noch weitere
Ausdehnung gewunscht hatte. Gern zugegeben, dass uns von ihrer etwas aufdringlichen
und manchmal dem Grimassierenden sich nahernden Elsa allerlei trennt: der erste Akt
ihrer Elsa, der uns ein so reiches und belebtes Spiegelbild der dramatischen Vorglnge
in der Mimik der Ackt6 gibt, bleibt schon unvergesslich. Wunderbar gelang ihrer, keines-
wegs von Anfang an auf die Askese gesetzten Elisabeth dann im Sangerkrieg der Uber-
gang zur heiligen Elisabeth: zur Mittlerin des Himmels, und wenn man an diesem Abend
von der Elisabeth-Tragodie den Eindruck empfing, dass sie als etwas Selbstandiges in
gleicher Berechtigung neben dem Tannhauser-Drama steht, so war es eben das Verdienst
der Ackt6, uns in diesem Punkte sehr wichtige Aufklarungen gegeben zu haben. Eine
glanzende Virtuosen-Leistung, die in der Technik der Schauspielkunst kaum von den
rafflniertesten Mitteln der Sarah Bernhardt uberboten wird, gab Madame AcktS als Tosca
und mit einer sehr sinnigen, zarten Gounodschen Margarethe — die kein deutsches
Gretchen sein kann und will — kronte die hochbegabte Kunstlerin die Serie ihrer inter-
essanten Darbietungen. In neuer Einstudierung erschien, unter Kapellmeister Gilles
( " i m \i-\ L - Original from
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422
DIBMUSIK V. 12.
Laltnng, der .Vampyr* — ain Tart; Br daa ee traa an etoetn Bber ieyt en den
DtreteJIer fBr die Tltelrotle gebracb, Huer wo den geni Groeatt, after tom
4*r Gar*, Scbdper nam. fcann ▼icUcfcbt fiber die Ungenteaelnrfceft 4mio 1
Texbncbe* nocb btowegntuechen — bei una glBekte daa Harm Davtean nicb* mfct+
Die Mafecbnefsebe Mneik, etark entiqniert, vie tie nan ebmtft fan, erregte metre T«B*
nafeme all dramatfscbe Mntlfc fiberbaupi itlcbt aebr, weder tilt three Tetbteaeten
romantiscbcn Farben, noob in Ibrer ScbUdernng'dee Graeeltgen* Una tomut das aitem
aebr barntloe w, and ledlgUcb an die munteren, Tofkatumttchen Bpbodn knflpft ateb
nocb efn gewiaaea Internee. Helnrtob Chevalier
K6LN: Von den Veretnlgten Stadttheatern tat nfchls Ten Bedentang an «r*
maiden, Zum Zwecfce der Persooejergtazung treten hat hi Jeder Oper Gtan mat
manebtnej ml and droJ ant gleichen Abend. Dlaee totnmea aber enmelat von recta
tratergeordneten EUthnen, mid die aebr erklirliehe Fotge fat, daaa ale Ittr unaer Open*
tana ttnbrauchbar alnd und daaa die Krhtk ale ablehnea mnea, «aa anetdiaga ntett-
wBnHferaratae ulcbt Iminer ctn EftgegementablndeTnie btldet JedenbOta lit das Repertoire
dnrcb dieaen T#nbenechJagitietand bficbat nnJiebeam bennrofaigt, nad man mfiaate eia
noverbeasarllober Optimist eettt, nm bei der Art, wle Jetit in uneerer Oper gearbettci
wbfd, an die dringend netwendJge Erbflhtmg dee kfinatleflaeben Nlfeaua m gtauben.
Pant Hiller
LEIPZIG: Vagnere elementargewaltige Runei, die efnttg nocb blar und daefatmel daa
eehwer fiber dem atltlgJ teben Openibetrtebe laatande aehvfileGedfiMt vie nit teloigen*
dent, erfrJechendtm Gewtnerxattber tu durchbrecben veraafe bat am 13l Febrnar aecb bier
etae gelegenttfcbe AnlheUting dee acbwer mnwttlfcten TheaterbofUoittea bewttkt; efne
von Direfctor Niklecb wannfBhtend geleitete AnHBbmog ton „Ttiatan twd Isolde*, nrit
der man den Todeatag dee Meiatere feiette, bat bd berYoiragondereni geaangadrama*
tfeehen Vollbringen der Fran Dean gat (U^lde) m& dar Heme Urrna (Triatanfc
Sehwari (Mark*) nnd Sebfltz (Knrwenal) got kfinatarUeban Veriael nebman nnd den
sahlreicta eticblanenen Vagaerfrennden ala wfitdigea Gedenltfettt gelten kSnnen, Zebu
Tage splter gab es — glelchfalta unter Nlkiscb — eine OperanoTltlt: daa Ton Ham
von Volzogen gedicbtctc und tou Eugen d'AIbert komponkne mustkalfscbe Lnstspiel
tt Flauto *olo* r dem trolz dar stlmmllcb und zum Teil auch daratetlcrlscb tmzttllng-
Hcben Tiedergabe mebrerer P*rtleen due sebr freuodLfcbe AuFnibme lutell wurde.
Um der lieben t bisrorischf RemiDlsienicn ansldsertden, frlscb unierbiitcnd engelegten
und von d'Albert In 8timmungsrclcber T gut cbarakterisierendcr Lust»pie1weise Tertoaten
Htndluog wiilen natam man tucb hier die etwas verzekhnete Gestalt der pseudo-tta^
lieufscben Slugerin Peppiaa, in dercn Wltdergibe Qbrigens FrL Gardlni die weltaua
beste Lei stung de« Abeoda bot, uod die etwaa kQnstlkhe Zuspiizung der Handlung auf
eintn Triumph der t KuD8t iro deuEscben Sinne* gutvUNg in den Kiuf, ergfitzte sicb ein
AndertbalbstQndcben Ung wefdllch an dem sebr drasrtscb erso&nenen und gels troll Ter-
wendeten »Scbwetnekanon fl und an allem sonsiigcn gesunden Humor des VcrkeSjUnd denkte
dem mit anweaeoden Freudebringer d* Albert mlt mehrmaligem ben lichen Herrorrufc.
Arthur Smolltn
MAGDEBURG: In der Oper erfreute uns die Direktion, die after* daa Herz auT der
splendiden Seite bat, durch die Aufnabme des w Oberon* in den SpielpUn* und
zwir nich der v. HuUen-LaufT-Scblarscben Neubearbeitung. Das Beste an Jbr
waren auch bier die ffinftehn Dckorationcn. Kapellmeister G 6 II rich erfreute durcb
etnc vornehme Wiedergabe der Panitur Sonst erTolgte nocb in Anwesenheit dea
KQmponifiten f der dafiir seine Krlftc in den DienM ciner Vcranatiltung der Gcdosscii-
scbafi deutscber BtibneBangehSriger gestelit batte* cine Auffubrung von d 'Alberta
f\ I Original from
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423
KRITIK: OPER
veristischer Oper „Tiefland". „Hoffmanns Erz2blungen a und w Coppe1ia" wurden wieder
in das Repertoire gestellt, das nSchstens w Bruder Lustig" von Siegfried Wagner bringen wird.
Max Hasse
MAINZ: Die Vorstellungen halten sich standig auf respektabler Hohe; einzelne durfen
sogar als hervorragend gelten. Dazu rechne ich eine Siegfried-Vorstellung, in der
Philipp Brozel die Titelpartie in selten schSner Weise gesanglich und darstellerisch
durcbfuhrte. Einen Erfolg, wie er hier nur selten jemand zuteil wird, errang Frl. Craft
als w Traviata a . Die Oper wurde durchweg italienisch gesungen, was hier viei getadelt
wurde. Ob mit Recht? Ich meine, so lange wir von den meisten italienischen Opern
so schlechte Ubersetzungen haben, wiirde man sogar gut daran tun, solche Opern
originaliter aufzufubren. Man denke nur an Mozarts „Figaro tt . Der fluchtigste Vergleich
zeigt, wie wenig der deutsche Text und die Musik selbst in den bedeutsamsten Momenten
flbereinstimmt. Eine gute italienische Auffuhrung dieses Werkes wurde ich als einen
Vorzug betrachten. — Naturlich fehlte auch an unserer Buhne die Mozartfeier nicht. In
wurdigster Weise kam die w Zauberfl6te" zu Gehor. Noch ist eine treffliche Auffuhrung
des „Rheingold a zu erw^hnen, die Emil Steinbach zu seinem Beneflz erwSblt hatte
und als anerkannt vorzuglicher Wagner Interpret meisterhaft durchfuhrte. Als NovitSt
ist Weinbergers Oper w Schlaraffenland a zu nennen, die mit gulem Erfolge zur Auf-
fuhrung gelangte. Die Musik ist wenig originell und fur den reizenden Stoff zu schwer-
failig, dick und gleichmassig in der Farbe, weist aber doch eine Reihe hubscher Melo-
dieen und Stellen auf und ist besonders in der Hauptrolle des Backerlehrlings Veit recht
dankbar. Sie wurde von Frl. Fladnitzer vortrefflich durcbgefuhrt.
Dr. Fritz Volbach
MOSKAU: Zu Mozarts Gedenktage kamen in der Kais. Oper die w Zauberflote a und
in der Privat-Oper Zimin der „Don Juan" glanzvoll zur Ausfuhrung. Zwei
neue Opern: „Der geizige Ritter" und „Francesca da Rimini", die einen Abend
fullen, wurden vom Komponisten Rachmaninoff erfolgreich geleitet. — Schaljapin
ist wieder zuruckgekehrt und hat mit der meisterhaften Wiedergabe seiner Rollen die
ubliche Begeisterung geweckt. — 1m Solodownikoff-Theater hat sich die Wiener
Operette eingefunden. — Die Privat-Oper Zimin hat ausserdem zwei Neuein-
studierungen: ,Le roi d'Ys" von Lalo und SerofFs „Feindes Macht" geboten.
E. von Tideboehl
MUNCHEN: Zwei Neueinstudierungen sind aus letzter Zeit zu melden; als Supplement
zu „Feuersnot a wird jetzt nach dem seligen Ende der „Cabrera" das Ballet „Coppelia"
von Delibes gegeben; das Werk, das s. Z. das Renommee des franzosischen Meisters
endgultig begrundete, wirkt auch heme noch durch seine liebenswurdige pikante Musik,
wenn auch viel von der Poesie, die uber dem Hoffmannschen Marchen liegt, verloren
gegangen ist. Noch freudiger zu begrussen ist die zweite „Novitat a , Lortzings w Wild-
schutz*. Die reizende Lustspieloper, die hier mehrere Jahre nicht mehr gehort worden
war, erwies ihre gewohnte Zugkraft. Es ist wohl Lortzings beste Oper; wenigstens ist
das philistros-sentimentale Zopfchen, das bei den andern Werken mehr oder weniger stort,
hier absolut vermieden. Unter Fischers musikalischer und Wirks szenischer Leitung
wurde eine sehr flotte Auffuhrung erzielt. Im ubrigen leidet gegenwartig das Repertoire
sehr an der Abwesenheit unseres ersten Tenors Knote, der gegenwSrtig bei den Fkisch-
tSpfen des Herrn Conried schwelgt. Der Ersatz, der durch Gaste fur ihn beschafft wird,
ist oft mehr als mangelbaft, und der ganze Zustand einer Buhne vom Range unseres
Hoftheaters absolut unwurdig. Dr. Eugen Schmitz
NEW YORK: „Parsifal* hat jetzt schon mehr Auffuhrungen in Amerika als in Deuisch-
land erlebt! Er wurde letztes Jahr von Savage in alien grosseren Stidten englisch
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424
on musik v. ia
aoffcef&hrt; aiierdlot* mlt ongenflgendem Oreheater, eenet aber gpr nicht eobtechL And)
Courted hat bekanntUeh »Ftieihl* mlt anf Mine Beta© genommeo; bel der
Tonrnee aber, die Baltimore, Washington Pittsburgh, Chicago, St Leal**
San Francisco mid Lob Angeles her&hjra wltd, Heibt dae Bfl
so. Hausm Hier In New York lit es vieraal an
voiden; eonderbarerweJae war daa Haas dse ereteaa! bit hslb leer, dagegen 41e
drei Male gins voIL Jm Min befcommen wtr nnseran swohen rabeltmg*ft*Zyfctae {eaaeer
Abonnefttenth der Jew abend* gegeben warden kaao, wen die Geseflartfaaft nWtf mekr
feden Dienstsg nach Phfladalphfa gahea wtua. Mft Alien, Homer, Knoto, Ynn Beo*v
Gorlta, Raise, Bias* ond Mtthlntann in deb HaoptroUen habea irlr audi rinige
vortreftUche Meisieninger»AniRUn-aQgen untax Kapellmeister Herts ortebt. Die TOttstta
Hiuiar bat aber — man stanoet — ^Martha* femecbt, atterdiogs mlt SembrUh, Ceraee^
Talker and Plan gen* Fur eeine Benrfi-Voretelliing bat dbentel Dtraktof Conried
den «Ztgeonefbami* gevttlt Vefachfedeae Jonniale sehrfeea *Aeb nod web fiber die*
Bothettfgang* ttneeree Institutes; tateJchlich aber eteht dock dieses Work, atit eeinen
grossartigsn Choreitj unaerem BegnJfe voa otaer ^grossen Oper^ mindeoteee ebenoe
nahe wie »Sonnamboia* oder *L'BHaire d'smero* oder »Caralleria rnaticsna** Cp arls d hat
daa Terk wn Johaan Strauss aber each gsni grossaitlg inssanlerL Br ersJalte 8B0Q0 Mb
mfrdteeer Anfl&hrang; die Prelee warden rardoppelt, weH nlmlleh aHe die berflhaitoo
Mttglleder aafttaten ttnd Sell sangen* Henry T* Fimek
NOKNBBRO: Unsafe Oper hat aval Ncufaehen ffir Nlrnberg faeraasgebracbti .Die
achwane Nina* son Kaiaer and den »Brnder Lnsttg* ran Siegfried
Vaguer* Der mnaikaliacfae Tart der ersten Oper tot eehr gertng aniaschlagen: was
dent Puhtfknm an Otr geHHt» 1st eia gewtsses mutlfcallschea NatnrlmrMAentnim daa dan
grtberen Insttailctea der Mange gem e nig e t&n kommt Ond ^Brnder UtMif*P Icb eehft
van der mbagl&ckteo, koaftteee, gvJatnma Handlna« ab nnd haltt mteb Wtr an die
MuallL Blnlge gau nette Tottatflmllche Motive, ordmilkAe Arbeti; got kltngwide Inatrt*
mentioning, Aber too Elgenait, von Paiafolicbkalt (wine Spurt die Singttfmnwn ran
trii tester Chftrftkterlosigkett und nicht ftetttn dn bedepkliches Hlnneigea m trirlftlater
Muaikmacfacrcj^ wie z* B, Jn dcm Zwiscbentptel des iwekeo Aktes. Icb glinbe an den
Ernst und den guten Vtllen Signer jttnlars; icb gkube ibernicht an seine mutikaliscben
Talente. Or. Platan
PRAG: Diesmal bat daa Deutsche Theater eiae ErtunfTQbrting m renelcbaan:
w Do lores* von dem apaniscben Kompontaten Tbomaa Breton. Er hat acbon ivei
Open be! una beraiugebracbl, Terke, in deaen man ihn die Phde zu Wagners heiL Gral
btnaufkeucben sab* Er bat Ibn nicht gehinden. Und so wandte er aich jetzt den
Niederungen des Verlsmo zu. Wir erleben's, wie die scbone } vielumworbene Kellnerin
Dolores gegen ihren VerrGbrer, den Gewaltmenscben MeJchior, den 9 Xttt Ibrer Ehre*
in einem jimgen Theologen flndel. Blut und Dolcb 15 sen die leidedfichafdicheti Konfllkte*
So welt die Musik jungitaiieniscbe Babnen getar, wlrkt sie brutal und wenlg origjnell; wo
ale tins apanlseb kommt, wie in elner reizcuden Serenade fur 20 Mandotinen und Gt-
tirrepj gibt der Koroponlat aein Be&tes, Scbade, dass der wirksame er^te Akt die beiden
folgenden eracbligt. Im dritten ist nur das einleitende Pamiliengebet als atimmungsvoll
zu nennen. Der zweite bringt ein Stiergefecht k la Carmen — fainter der Szene. Aber
welcb ordinftre Scbutzen musik dazu* O BUed Die Gibe, die cinzelnen Gestalten des
Dramas musikalisch zu indivlduftli$teren t scheint dem Komponisten nicht gegeben zu
sein. Sie reden ille den gleicben t Breton 'sen en Dialekt* 1m Or Chester bevorzugt Breton
die knallenden Farben* Er dirigiene selbsi mil Jugendllcnem Feuer. Dte Beaetiung war
vortrefflich: Schubert (Dolores), Krause {TbeoJog), Hunold (Melcbior), ZoUmayer
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425
KRITIK: KONZERT
(Sergant). Nach dem sehr erfolgreichen ersten Akt sank der Beifall im steten Diminuendo.
— Die nachste Novitat ist w Salome«. Dr. R. Batka
SCHWERIN: Zur Erinnerung an Mozarts 150. Geburtstag veranstaltete die Intendantur
im Sonder-Abonnement einen Mozart-Zyklus. Jede der vortrefflicben Auffuhrungen
fand vor ausverkauftem Hause statt. Auf „Don Juan", n Zauberfl6te*« und „Figaro" unter
Prill liess man die „Entfuhrung tt unter Meissner folgen, in der der seriose Bass
Freiburg als Osmin gesanglich und schauspielerisch bemerkenswerten Erfolg erzielte.
„Cosi fan tutte* steht noch in Aussicht. Rucksichten auf das Repertoire baben wohl
eine chronologische Anordnung des Zyklus verhindert. Fr. Sothmann
ZORICH: Gaste kamen und Gaste gingen. Verschiedene asthetische Einreden wurden
laut, als einer davon, es war Ernst von Possart, den Schumannschen „Manfred"
unter nicht ganz einwandfreien Begleifumstanden rezitierte. Katbarina Fleischer-Edel
und Franz Naval hatten unter der Ungunst wechselnder Indispositionen zu leiden, und
die Freude an ihnen wurde so nie schattenlos, urn so mehr, als Frau Fleischer doch nur
rein stimmlich gewertet sein will als reine Opernsangerin. Als George Browne war
Naval dagegen in Spiel und Stimme eine kunstlerische Spezialitat. Sonst ist aus dem
Felde der Oper nicht viel Neues zu berichten. Nach wie vor behaupten sich die Damen,
wie Frl. von Szekrennyessy, wie Frl. Zoder, ibre verheissungsvoll werdende Partnerin
auf dem dramatischen Fache, wie Frau Reucker-Trebess, die jugendlich Dramatische,
wahrend gerundeten und auch darstellerisch ertraglichen Leistungen der Altistin
Schroder buhnenunmogliche Eigenschaften entgegenstehen und die Vertreterin des
Soubrettenfachs wenig gefallt. Schritte nach vorn scheint der Baritonist Bockholt zu
machen, der aus kleinen Anfangen zu einem stattlichen Wolfram gekommen ist; uber
die anderen Herren der Oper hat sich das Urteil noch nicht geandert. Ein Manrico
namens Bernard i, der fur die hiesige Buhne herangebildet werden soil, debutierte als
Sanger von ge^altigen Mitteln und Unarten. Nach siebenjabriger arbeits- und erfolgreicher
wenn auch nicht unbestrittener Tatigkeit scheidet Kapellmeister Richard TArronge.
Dr. Hermann Kesser
K ONZERT
AACHEN: Nach Brahms kam Bach mit vier Kantaten im zweiten Abonnementskonzert
zu Worte. Der alte Hexenmeister riss die Zuhorer zu lauter Bewunderung hin, zu-
mal die Soli recht verstandige Interpreten gefunden hatten. Als spezielles Winterpensum
hatte Prof. Schwickerath sich den viel umstrittenen Max Reger ausgesucht. Zuerst
spielte Karl Flesch die melodiose Violinsonate; dann boten Prof. Schwickerath und
Frl. Doleschall im Instrumentalverein die prachtigen Variationen uber ein Beethoven-
thema, Adele Miinz sang Regerlieder. So kam es, dass alle Welt recht zufrieden
war mit diesem Zuwachs unserer Konzertautoren und es nicht verstand, als die
„Sinfonietta" zwiespaltigem Urteil begegnete. Die Urauffuhrung des „Gesanges der
Verklarten" sollte sie eines anderen belehren. Auf Verstandnis beim Publikum rechnet
Max Reger augenscheinlich nicht, er spannt seinen Dadalusflug so hoch, dass ihm nur
folgen konnen, die Zeit und Gelegenheit haben, sich hineinzuhoren in das Gewoge der
Tone und die rleberhaft sich spannenden Dissonanzen. Mogen die Verklarten aufsteigen
aus der Erdenpein zum Licht, seine Instrumentation ist zu dick und unflussig, zu sehr
behangen von bleierner Gedantenarbeit. Und doch viel Geistesreichtum, blitzartig auf-
tauchende Stellen hehrer Schonheit, Ausdruck voll Mark und Kraft! Aber das Gold liegt
noch zu tief im Berge, Reger muss einfacher, melodioser werden, Themen auszubeuten
lernen und nicht durch die Vielheit der Gedanken die Andacht storen. Die Art, wie
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42a
DIB MUS1K V* 12,
aiob Prtt Scbwtafcoratb dteaer ungebearen AnJfeaba annabm, let flber *Ue* Lab mw-
bdbea. Der AnffBhnutg wir do eaormer Erfblg beecbieden. Daa Oncbaaaar I* Mvaffc>
fbatatftrka kooiite alcfat daa gvwaftlgcn Cbor fiben5o«n p dar cottar iWhwiiimr Lafawny
Tanrelabah ttnd FBUe aelgjfe Nebea dam Ragpfachan Katoee aeUaa Strauaa* *D«-
jnaatiea" mo IHedllcb mid llcbehid, daee tie im beaten Since Lebong Or Jang and alt
amide. In dleacr Wcntting b^ alcb aucb der Celllw Pablo Caaala bevegfc dar ab n4b#*
deaiendea Kanaert von d*Aibert nod etna recbt bedeutnada Snite no Bapb paataa md van*
blfitig mtrug, Anf daa Kaapt diler darer* die ta Rtgera Maaa mabr eiaa Mlaada an
eeben meiniea, aammeite Prat Scfawicfceffttb aplter dnrcfe etna voUendete AnJHhreaf dar
»JaJire*ieiten* glfibenda Kablea. *— Du eine Valdtbatteenkouert IBbrta n one tfe
pSaciiti da muaiqna da cbembre poor Ineuamentek Tent? (Baaffeoreaa QafnteOi)*
daa xweite Kaimnnd tqs tut MBblen, der die beaux ram* vainer SUauoa mk i
nod Grula verwortete, daa drftt* dia Bruateler, dla a* a. DebutfyV
▼orf&brtefi* joeepb L1m#
AMSTERDAM: Daa Bdfamlaeba Streicbq^artdlt, du nnfar deev Hi _ __
„De Bobemera" in gaaa Holland popollr gnbrdea, tab mrtnr dar geacblftltekaa
Letting daa »Niewf* Maalekhandei* drai eQavarknufee Kauerte Daa ata Naaigkcb
mltgebrtebte intereaaaate nod UabaaawBrdiga Streicbqnartnti van Stnigaglia ap, 27 In
D-dar hattn alcb etner beeondere gnnatigen Anfitabme sn erfmiea* — Graaaaa Btndmck
raacbte Utdvtg VdHner tall dar »achBuen Mafaloae* von Tieak-Bnhaaa» Aocb
einlgon ftiaainpftiadenna Ljedam ana *Ptenot tuaaira* von Vriaataader retbaif ar vmm
Brfblg; an Fifigel: Coeoraad V. Baa — dis aagt gating* — Pfir Jeeef Snfc'e aeue
Pbantaeie IBr VloUna nod Orcbeater tfat ala baraJfeser Interpret Kari Half pane 1m
AbeanemenfrKeaiert daa Cettcartftboaw ant Urn dam PnUlkam dan nana Babnao
wandelnda Wark nlbar xn brtofen, vird «a efn swahaa Ma], abenAdla dniah HaAnaan
ittr AaOSbrnni gatiitna. — Pataebatkofr tpielia im Coocertgabotiw Kanaarta ma
Motan* Tacbatfcawaky and Zticber mitef aaaaartawOluiitebam Baifdl.
Hint Angoatla
BERLIN: Georg Scbuminn mis Leiter der Slngakademie bracbte Die Apaatel
von Edward Elgtr 1 ) zur Auffubrung. Der engliscbe KompODiit, von dtra mehrere
Orchestcrwerke our bedtDgte AaerkeonuDg be! una gcfaoden baben, beibsJcbtigt, dieiet
Oratorium za daer TiiJogie zu erveitern. Wlbrcnd daa erste DrLttel, dia Apoatel, mit
der Himroelfabrt Cbriatj endigr, soil der zweite und dritte Tail die fern ere TItfgkeit der
A pastel, die CrBndung und VelteremwfcUung der cbristHcbeo Kircbe bebaadetn. Den
Text bet sicb der Tonsetier aelbac aus der Bibel gexogeOi Die Apoaiel beglanen mit
cinem myatiacb gehalieoen Prolog: B der Gelat dea He mi 1st fiber mir* r den der Cbor
im Uniaono zur Orcheaterbegleirung aiugt; dann wifd Jesus elngefubrt, der nacbta auf
den Berg stelgt, urn zu betea. Der Schofar, daa altbebriiacbe Blasioatrument, errfim
den Morgeo zu verkDoden von derZfnne dee Tempeis zujeruaaiem f und auadem lonern
bttren vir den Psalm der dienenden Prieater- Datin erwlbtt der Heiiand ana der Scbar
aeiner Aabfinger zwdlf, die er Apoatel nennt. Die Geaialten dea Johannes Petiua und
Judaa t reten bedeutuDgarolI aua ibnen hervor. Maria MagdaJena (Ait) und die Mutter
Mtria (Soprao) acblieasen alcb der Gemelnacbaft dea Heliandea und der Apoate) eng an*
Merkwurdfgerweiee wird die Person Jeau nur nebenaicblicb in der muatkaHacben Aua-
geataltung be ban de It, wlhrend die Verleugnuug Petri uod der Verrat dec Judaa breiten
Raum eiDnimmu Selbat die ergrelfendeo Torte des am Kreuze blngenden Heliandea
*y Klavierau^xug mit deutscucm Text vod Prof. Buths erbcbtto bci Novcllo & Co*,
London.
^ j Original from
■-. ^ ^H> tS K UNIVERSITY OF MICHIGAN
427
KRITIK: KONZERT
„eli, eli a usw. werden ihm nicht in den Mund gelegt, sondern dem Orchester anvertraut;
der Horer soil eine Instrumentalphrase als diesen Notschrei deuten. Ebenso kurz wie
die Passion, wird die Auferstehung Christi behandelt, dagegen seine Himmelfabrt und
Ankunft im Himmel glanzend vorgefuhrt. Mit einer Furbitte des Sohnes bei Gottvater,
seine Apostel zu segnen, schliesst das Werk. Der Chor der himmlischen Heerscbaren
vereinigt sich mit dem Ensemble der Apostel und heiligen Frauen. Anfangs wird die
Erzihlung einem Solotenor zugewiesen, der einfach wie in anderen Oratorien die Ver-
bindung zwiscben den personlich auftretenden Gestalten herstelh; spacer erzablt ein
Chor, sogar ein Zwiegesang des Solosoprans und des Soloaltes. Fur ein den Abend
fullendes Orarorium hat der Chor wenig zu tun, der sogar viel unisono singt; breiter
kontrapunktisch ausgefuhrt sind nur der Schlusschor des ersten Teiles „Kommt zu dem
Herrn" sowte der Abschluss des Ganzen. Elgar hat Leitmotive oder, wie man jetzt sagt,
Tonsvmbole erfunden, die im Orchester durcheinander geflochten werden. Sie sollen
etwas ganz bestimmtes bedeuten, wie das Wesen des Heilandes, die Lehrtatigkeit der
Apostel, die Inbrunst der sich bekehrenden Magdalena. Nicht nur die verschiedenen
Personen, sondern auch das Schtff, auf dem Christus und die Apostel uber den See
fahren, die Silberlinge, die Judas fur seinen Verrat von den Phari>aern empfangt, sind
mit einer musikalischen Etikette versehen. Doch finde ich nicht, dass diese Motive
musikalisch ausdrucksvoll wirken. Die Harmonie tut oft wehe, weil sie sich nicht
naturlich entwickelt, sondern eigenwillig, gesucht erscheint. Mein Ohr wehrt sich durch-
aus gegen das Motiv der drei aufsteigenden Sextakkorde mit der chromatischen Gegen-
stimme; es klingt hasslich, zumal diese Akkordfolge als das Tonsymbol Jesu gelten soil.
Das Orchester ist mit modernem Raffinement behandelt. Einzelne Partieen klingen sehr
interessant, wie z. B. der Anbruch der Morgendammerung mit dem Weckruf des Schofar.
Die kurzen lyrischen Stellen der Mutter Maria sind melodisch ausdrucksvoll, ebenso die
Partie, wo Jesus den Petrus als den Fels erkennt, auf dem er seine Kirche aufbauen
kann. Dagegen erscheint mir die breite Szene der Magdalena, auch die des Judas ver-
fehlt; dort vermisse ich den Ausdruck der Inbrunst in der schonen Sunderin, hier den
Ausdruck der Reue iiber seinen Verrat. Die Musik verzettelt sich in lauter Einzelheiten
im Aussern und bringt es nicht zu einer psychologischen Veniefung, zu der das Bibel-
wort drangt. Die Ensemblesatze der heiligen Frauen mit den Aposteln sind ganz ge-
schickt gebaut, bringen es aber doch nicht zu bedeutenderer Klangwirkung. Georg
Schumann hat das Werk mit grosser Liebe einstudiert. Zu den Soli hatte er die denk-
bar geeignetsten Stimmen gewonnen: Klara Erler, Iduna Walter-Choinanus, die
Herren Senius, Albin Gunther, Alex. Heinemann, R. von Milde gaben ein jeder
sein Bestes; auch die Philharmoniker zeigten wieder unbedingte Zuverlassigkeit. — Das
grosse Wagner-Konzert in der Philharmonie wurde diesmal von Bernhard Staven-
hagen dirigiert. Etwas Neues gab es nicht zu horen, wohl aber langst Bekanntes:
Ouverture zum fliegenden Hollander, die Erzihlung Lohengrins (ursprungliche Fassung),
das Bacchanal aus dem TannhSuser, Bruchstucke aus den Meistersingern, das Vorspiel
und die letzten Szenen aus dem Parsifal. Paul Knupfer, Ernst Kraus und Scheide-
mantel wirkten als Solisten mir, im Chor eine Elite der Berliner Liedertafel und
die Schuler des Brandenburger Konservatoriums (B. Kittel). Das Phil harm on ische
Orchester war ansehnlich verstarkt. Der Dirigent leitete sicher und schwungvoll die
Auffuhrung — Im letzten N ikisch-Konzert bildete eine symphonische Dichtung: Der
Tod des Tintagiles, nach dem Trauerspiel Maeterlincks, fur grosses Ochester und
Viola d'Amour von Ch. M. Loffler den Mittelpunkt des Programms. Meinetwegen hatte
das Werk auch die Zerstorung Trojas oder der Korsar nach Byron heissen konnen.
Charakterisiisch Zutreffendes fand ich nichts, nichts Zwingendes in dieser Musik. Die
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DIE MUS1K V. 12.=
Hilfte dee Vnrkae wbfcte, well die AataertoainJceJt edit* ermtma* aleht
Die SaUetfai, Fnw Schumann- H el n k, die etae Arte attt Bnttine Odyttentv dto AlImdM
wn Schnbept itnd Ueztt drrt Zigeoner groaaartig geataltete and niit Aim
Organ, Ibivm anednttkevollea Vortrag alter Hemn enttflett** ttee* ante nen*
data amereHofaper dleae KSnerlefin nlcht «n feaaeln vennocfat*, tteadetieolHii Oqm*-
tin *nm Sominwntchtttrwrta nod die *moIl Symphettfo mBAbMi bUArtM 4m
tttigen Tell dee Programme. «— weingaftner geeiet tet e- eeteen letAen Sympbenfo»Abend
m efner NLoaartfetar* OOTertflre nr ZaubetfHHe, Konserianfe fflr Vkittpe (Deeeea) *ati
Viola (Aug* Gentz), die beMen SympbonJoea in g*mofl nod C-dnr wuntan MeiUptMay
tebeedlg im Gefate geaplelt; nor dee orate Allegro der g»mott Symgbrate war gar n
heetlg angeflmi; die Jupfter-Sjinphofile dagegen, nit herrltoker Kraft^ Ktatait «nd Mbv
retaender SebOnheft dnrchgefflbrt, entfeiaefte etnen Yabftn JnbeL & B. Tanbert
Sine beaoQdere Beoerktute; enter den zabJloeea KouertftfanaWtmy
dai Kootcrt dea Probeaor Anna Schnlifea'Aaieo-Cbofe* tier nor tcbAw,
wfegend kfinadvriicb gezcbuite Frtnenitimmen miter der geediinaekrallM Lefat*c
Margaret* Herrmann tn tlcb verainift AJtmetaterJoaebim vettiefc demKraaert
beaanderen Glanz darcb wtoe Mlfeirknng; im VereJn mit Rob. Kahn nnd Hanamann
apteh* or daa B-dnr Tri* von Brabme. — Etnen gfiniHgen Efatdracfc Untet&eai dot nor
an ting pfHeae Featkonzert der Akedemleehon Lledertefel {Dirigont Afiotf 3efeulee$
tnllealicta ttirea SOflhrigen Beetehene; ale Haaptnommer nrde Broobe Frttt]or ffaHtteir
Hmi Biocnoff nnd Maria Bleiack-Petera) mit dm ftttttbarmonieobea Orduwter ga>
botan, — Daa HolUndlnche Streltbqttartott ipftelte n. a. tin noeti tmgodnicfcM
Sttelebqaartettin Odor von dent in Berlin Iebenden Jungon Kompoolem Arthur WHlaer,
ron dem atwb Guatav Hetllnder eclum tin Qtmrtatt ftutfceHuirt batto* Bmattai
nnd noble BMndttng beaftxi WUlaar ohw Zwvlfol, do«b sobadet er aMb aelbet
aMnen an komptlricrt polyphonan Sate; an betton ialanien iat thn daa Uare, knapp
fobaltettoScberw,— Ernat ?on Deknaayi, (Sbrte mil Robert Hauamtni an wmti Abcadw
HmtlEcbe Kompoiitionaii Beetboveni ffir Klavler uad Vlotoncell tovle dta(afnn|iene) Hom-
Bonate vor. — An dem Sonaten-Abend von Femicrio Bu ■ oo I und Bernfaard DeaBan kam nebom
der bier sebr hluflg gespieheo Senate von CfsarFranck uodder klelnene-mollSoaateMoiarta
Sindings pr&cbtigc erste Sonate in C-dur zur AuffShrung, — Elsie PI ay fair, die mit
dem pbMhannonlscben Orchester konzert]erte T spiel te Brucbs Rchottiacbe Pban taste ein-
d nick a- und tern pera men tvoll: dagegen Hess Hbre Intonation und ihr Pasaagenspiel etwaa
zu wfinschen. — Ein lunger Geiger Karl JCJein, der gleicbfiJla von dem daboi too
Xaver Scbarwenka vorslchtig gelelteten phHharmonlsctien Orcheiter beglejtet warde,
batte sicb mlt dem Konzert von Brahms und Lalo'a spanUcber Syropbonie zu achwlertge
Atirgaben gcstetlt; vor allcm muss er seine TonbHduog vervoUkommnen* — NIcbt on-
Torteitfaaft fubrte sicb der junge Gelger Mix Menge, den Hermann Lafont begleitete,
eln* — Dem ruasischen Geiger Sinovy Kogan (Begleiter: Max LanriBchktts) gelangen
die KanUlenen In Goldmarke Konzert welt beaser als die Pissagea, die nlcbt eanber
genng waren. — Seine bdebst nutzlichen KJaviervortrftge mlt Erliutemngen acblosa
Dr. Otto Neltzel mit elnem sebr gelungenen, dem Humor gewidmeten Abend fur dleae
Sateon ab, — Madame Cahicr, die die BQbnensingerln nicbt vcrleugnet^ gab, von Kapell-
meister Gcrdes gescbmackvoll begleitet p einen Liederabend, der entscbledcn intercsaant
war. Die Kun&tierin verfflgt uber einen phlnonicnateii Alt, der im Piano J eider an Rube
zu wGnscben ubrig Iflsst. Wilb. Altmann
Zu den selienen Finessen, die die reicb besetzte Tafel der winterlicben Saison
aufzuweisen hit, geh5n nun eiomal Vladimir von Pacbmann, Die .Grosscn" haJtcn
nicht viel von ibm- Die Virtuosenzunn nennt ibn gar etnen ^Slumper* und ,pfuacher*,
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429
KRITIK: KONZERT
und gestrenge Herren und Kritiker Ziehen gegen seine „Mfitzchen a zu Felde. Du lieber
Himmel! Als ob dieser kleine Genre-Kunstler Grosses erstrebte und sich wie ein Titan
gebirden wollte! Er tut doch niemandem wehe und hat mit seiner Kleinkunst sicherlich
nur eins im Auge: sich selber und den anderen eine Freude zu bereiten. „Bella cosa a
nannten die pdpstlichen Feinscbmecker der Renaissance die leckeren Kleinodien und
sussen, weltlichen, verbotenen Fruchte der bildenden Kunste. Sie mussten niedlich sein
und ihr Herz erfreuen. Man wollte sich laben und ausruhen nach der Beschaftigung
mit den Dingen der ars severa. So eine „bella cosa" sind die entzuckenden Stucke von
Pachmanns bezaubernden Handen. Die herzliche Freude, Laune und Witz, die Grazie
der Hand, das kostliche jeu perl6, der kokette Rhythmus lassen mich mit Behagen die
gefullten und ungefullten Sussigkeiten geniessen und eine Stunde alles kritische Messen
und kleinliche Wagen vergessen. Ich bekenne ehrlich, zu den Leuten zu gehoren, denen
ein Pachmannscher Walzer oder Mazurek lieber ist als das wuste Lisztgetrommel eines
ganzen Winters. — Uber Ossip Gabrilowitsch habe ich eine eigene Meinung. Er kann
sehr viel, hat ein bedeutendes Mass von Technik, einen koketten piano-Ton und anderes
mehr, aber leider den Febler, dass er mehr scheinen will, als er ist. Seine Deklamation
ist noch immer einem starken rubato unterworfen und sein forte hat noch genau die-
selbe stechende HSrte wie zuvor. Dass er trotz der reizlosen Physiognomie nach der
instrumentellen Seite vorzugliches leisten kann, bewies er bei Brahms. — Uber Georg
Bertram ist nichts neues zu sagen. Sein zweiter Abend glich im Eindruck genau dem
ersten. Charakter und Technik sind noch zu leicht geartet, als dass man ihn in den
Kreis ernsterer Kunstbetrachtungen Ziehen konnte. — Dasselbe gilt von Gwendolyn
Toms. Fleissige Leistungen, doch einformiges Spiel. Passagenwerk ohne technischen
Schliff und besondere Ausgestaltung. Der Vortrag hat noch etwas von einem scheuen
„Muss a . — Der Liederabend von Hertha Dehmlow hat nach dem Urteil meines Gewahrs-
mannes die vorige Scharte vollstandig ausgewetzt. Die Stimme „stand a diesmal und
stromte in den getragenen Gesangen in breitem, vollem Flusse dahin. Bei leidenschaft-
lichen Vorwurfen verliert sie noch leicht den Halt. Mit zunehmender Energie, bei
ruhigem Bewahren des seelischen Gleichmasses und ein wenig mehr innerer Belebung
wird sich das gesteckte Ziel sicher verwirklichen und ihre Kunst freier gestalten. —
Zum Scbluss muss ich eines Liederabends von Klara Erler und Richard Konnecke
Erwihnung tun, die sich einiger Kompositionen von Max Loewengard annahmen. Es
sollen bescheidene kleine Sachen gewesen sein, deren Reiz in formeller Abrundung und
liebenswurdiger Gestaltung zu liegen scheint, ohne dass auf Erfindungsgabe besonderes
Gewicht gelegt w3re. R. M. Breithaupt
Einen genussreichen Abend veranstalteten Hedwig Kirsch (Klavier) und Arthur
van Eweyk (Bariton). Frl. Kirsch zeichnet sich durch schonen Anschlag aus. Ihr
piano ist reizvoll zart, das forte energisch, der Ausdruck naturlich. Herrn van Eweyks
Stimme fuhrt ihn immer zum Siege, wenn auch seine Vortrage nicht gleichwertig sind.
Die Vorzuge uberwiegen jedocb, so dass man die kleinen Mangel gern in Kauf nimmr.
— Sandra Droucker und Gottfried Galston spielten vierh3ndig auf 2 Klavieren Werke
von Mozart, Reger, Alkan und Saint-Saens. Beide zeigten sich als treffliche Musiker;
das Ensemble war nicht einheitlich genug bis auf die tonlich vorziiglich abgestuften
St&rkegrade. — Der Pianist Lazare L6vy ist kein Aufsehen erregender Kiinstler, aber er
spielt mit singendem Anschlag und grossem Verstandnis, vor allem nicht langweilig. —
Zu einem der hervorragendsten seines Faches hat sich Jose" Vianna da Motta ent-
wickelt. Er verfolgt nicht die Wege des Virtuosen, was ihm mit Recht eine zu geringe
Aufgabe zu sein scheint, sondern er gehort in die Reihe der geistvollen Interpreten,
denen Stil und Charakterisierungskunst fur das H5chste gelten. Dafur legte sein Programm
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J::r:i.
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DIB MUSIK V. 12.
den oklataataaten Beweia ab. Tecbnlk lat Ibnfe nle Zwoek* dai&r tooete, Mbaafloftabo
GUodorang. Selbet In ff bat aeln Ton nocb Qtulltlt All Nonbelt bracfate 4s Motta
tttno Pbantaeio-Sonato in e-mail op. 68 wn & B, Tanbort, dlo nit pomm BaiMt
anlfcenommon wtude* Im ereten Satzo Torsinkt nacb etaer viefrofaprodttiidon Efnletamg
daa Tbawatiacbe wobl zn tint in tortreissendnr Pint dor Paragon* Sehr aonitflge, to*
belobendon Ranken latent maaponncno Matin ootbltt der awolto Sat*, In dan dor tfeh
but ton eelbst otgebende VaUat^Rbytbraai am rotate* Platan {it Das Tbetna doa
teuton Satsoa eebefnt rant Zwecko bHllumr Bwbaimng orftroden tn aein* "Ba gfltf in
Minen ocfaion KlavteftVariatJonen Gdegpnnett zur Bntfeltimg bUbmor Vlrtnoeits% an dor
Horr da Motto, der daa ecbwierlge* jednnfirils intereaeaotft Work anawendig aptotta, on
nlcbt Mian Itess* Br a^Moaa mlt dem von Bnwml nacb der Origlnal-Partttnr tamos IBr
Klavier-Soio arrangferten MepMsto-Taker von Llaxt — Helena Obrodska's Pbiaalening
einer Sonata von Pb* E. Bach war abaotnt hririoa* Slo malt (ran In gran* Sla hat gate
Gellnflgkfltt nnd atanllcb gaaoaden AasctUag* aplait abar in dickflieaig, nm %* B, dem
Roinor* dar swoilMloa to Taobertt Httmaraaka stacki* gerecbt an wordon* *-^ Nocb
mehrere Jahro fielaslgen Srodinma Ut der Sopranlailn Uaal Kara so empfeblen* Ibr
Vonraptalent bat nnr baacbeUenon Umbog* — Der nit schonar Stinme bogabte
Baritonlst Carl GantToort aang> oboe gerade viele VonBge an xaigani sine Aoxabl sobr
bflbadmr Lloder von P. van der Stacker nnd ran aonetlgon ametlfcaniscben Konpoaitionan
nocb daa aohr cbaraktnrtadacbo .Danof Dearer* von V. Damroocfe. Dor Ctfflometeter
Anion Hekklng anteraHltato lhn dttrcb aeta gnwandoa Spiel der Variattenon von
Boaltmann nnd daa Andante ana dam Kaniort von KanAnann. — Dar Moxxo-Sopran
von Bern Bioeb~Jabr iat awar nlebt besandera symptthlacbi abar fcriUUg nnd got go*
bUdet Sie bat Temperament nnd fflbtt wa* tic shift Bin lek&tea Tromolo paaata mit*
nater gut ton Auadrucfc* — Malvtne Viegnera Mraio-Sejirafi klingt acblhL In dontadtaa
nnd lattiacben Lfedern aafgta die tttehtigs SOngerln vial Innero AnteHnifamo. — Dlo
Konaert-Voreinlgong daa »Kaleer Vllbelm->GedIobtnlafclrcbott*Chores* beetebt
ana 10 Singern untar der anerfcenneneveiten Direktion von Alas; Kieeelich. Bel
Ungereni Zmamman&ingen wtrd daa Reiultat Foni3gHch warden. Schon Jetit 1st die
teebniaebe AutfubruDg bis auf gckgCDtliche Intonatlonsscbwankungen zu loben. £a feblt
nocb an gemelnaamem Fuhlen, worunter die Ezakifaeit etwiB Icldet Die Viotlnletin
Daisy St rack spiel t willkQrlfch in Takr, Rhytbmus, Reinbeit, zerdrfickt den Ton und
bat Gberhiypt nur njUtelmisiige Begabung. Arthur Laser
BRAUNSCHWEIG: Dss letzte Komcrt der Hofktpclle entbielt Mozarts Requiem
und die w Neunte". Das Soloquartett: Frl. Suick, Frtn Geissler, die Herron
Cronberger nnd Ndldecben^ der Slog char des Hoftbeatera uod die Horicapelle boteo
unter Rfedels Leltung vonflgliche Leiatungcn. Di ret tor Tegmann vennlttelte una die
angenebme Bckanntachift dei Brusselar Streicbquirtetts; Im Klavienrio (op. 07) von
Beethoven aas* Minette Wegmann am Flfigel. C. Brubn t eine junge» talent vol le
Pianiaiin, fQbne sicb in der Sonate ffir Klavier und Cello (Georg WIUe-Drecdtn] von
Hans Pflczner gfiosiig ein; die Violin istlntica Helena Fercbland und Helenc Ffirst-
Berlin erzielten mit ibren gediegenen Vortrijen grosacn Erfolg; die Geachw, Scbkolnick
bracbten sich, untcrstfttzt von FrI* Geyersbach -Leipzig und Herscbenfeld*Odeasa»
wleder in angenehme Erinneruog, Ernst Stier
BRESLAU; Nun haben wlr die .SinToitietta* sucb in Breelau gehSrt. Neue Freunde
bat Mix Reger aber dam it seiner Kunst nlchl gewonnen* Daa unaurbfirliche
polyphone Spiel, die Kurzatmigkeit der melodischen Gebilde, die dicken orcbeairalen
Raaken^ die fonwibrend urn die rcizlosen Motive gewunden wrrdeu, der Mangel an
bedeutsamen HGbepunkten J ice sen eine wlrklicbe Freude an dem Werke nicbt aufkommea.
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431
KRITIK: KONZERT
Nach den beiden ersten Satzen karapften geringer Beifall mit starkem Zischen Der
dritte Satr fand warme Aufnahme; leider kommt die zweitaktige Melodie, urn die der
ganze Satz gebaut ist, nicbt auf Rechnung des Komponisten, sondern sie ist die noten-
getreue Entlehnung der ersten Zeile aus dem Studentenliede „An der Saale hellem Strande".
Dr. Dohrn hatte das widerbaarige Werk Regers vortrefflich einstudiert; es ist aber nicbt
zu rechtfertigen, dass er uns den vierten Satz unterscblug. Ein Skandal wie in Munchen
ist bei uns nicht zu befurchten, dazu sind wir viel zu zahm. Wohl aber haben wir das
Recht, ein Werk, von dem jetzt die ganze musikalische Welt spricht, so zu horen, wie
es der Komponist geschrieben hat: als Ganzes, nicht als Torso. Viel besser als die
Sinfonietta geflelen die Variationen fur zwei Klaviere uber ein Thema von Beethoven
op. 86, zu deren erster Auffuhrung Reger selbst nach Breslau gekommen war. Er spielte
mit Dr. Dohrn sein neues Opus nicht hervorragend plastiscb, aber doch recht wirksam.
Ausser den beiden Regerscben Neuheiten wurden bekannte Stucke alter Firmen vor-
gefuhrt. Zum Gedachtnis von Toni Landsberg, einer opferfreudigen Gonnerin der
Singakademie und des Orchestervereins, fuhrte die Singakademie unter Dr. Dohrn das
Schicksalslied von Brahms auf. — Von Solisten liessen sich horen: Busoni, Burmester,
Grunfeld, Therese Behr, Margarete Alexander und Lilli Lehmann. Gelungene
Chorkonzerte veranstalteten die w Liedertafel u unter Alfred Zobel, und der „Lehrer-
innengesangverein" unter E. Dercks. J. Schink
BRUNN: Der w bohmische philharmonische Verein" bot gelegentlich der Auffuhrung
der „Kindheit Christi" von Berlioz unter Rudolf Reinig eine ausserordentliche
Cborleistung. Konzerte gaben u. a. Hubermann, Leo Slezak, die Biaservereinigung
der Wiener Oper. Auch an diversen Mozartfeiern fehlte es nicht.
S. Ehrenstein
DARMSTADT: Mozarts 150jahriger Geburtstag, dessen samtlicbe hiesige musikalische
Korporationen pietatvoll gedacbten, brachte drei ganz dem Meister gewidmete und
besonders gelungene Veranstaltungen: einen stilvollen Mozartabend des Richard
Wagner- Vereins, eine prachtig verlaufene Auffuhrung der Akademie fur Ton-
kunst und eine solenne Gedenkfeier des Mozartvere ins, bei der auf eine poetische
allegorische Huldigung an einem Mozart geweihten Altar ein „Hofkonzert am Hofe zu
Schonbrunn am 19. September 1762" folgte, in dem u. a. die Familie Mozart auftrat und
dessen Programm Stucke von Handel, Haydn, Telemann, Leopold Mozart, Wagenseil
u. a. brachte. Das auf sorgfaltigsten Quellenstudien aufgebaute, nach Idee wie Aus-
fuhrung gleich hubsche und interessante Werkchen hatte Freiherrn Ernst von Wolzogen
zum Autor. Von Neuheiten brachten uns die letzten Wochen C6sar Francks Klavier-
quintett in f-moll und Max Regers Serenade fur Flote, Violine und Viola in D-dur,
deren Bekanntschaft uns das ruhrige Darmstadter Streichquartett vermittelte.
Bemerkenswerte Leistungen auf dem Gebiete des Mannergesangs bot der nach langerer
Pause wieder hervortretende Lehrersangerchor. Von Gesangssolistinnen horten wir
Johanna Schrader-Rothig von Leipzig, Lola Barnay von Wiesbaden, Klara Roediger,
Gusti Rabenau und Henny Drechsler von hier, von Geigern Hugo Heermann und
Gustav Havemann, von Pianisten Felix Odenwald, Bruno Hinze-Reinhold, der
eine besonders beifallige Aufnahme fand, und Otto Neitzel, dessen Klavierkonzert, mit
imponierender Bravour vorgetragen, lebhaftestes Interesse erregte. Den Hohepunkt der
ganzen bisherigen Saison aber bildete der von Edouard Risler im Richard Wagner-
Verein veranstaltete Beethoven-Abend, der eine hier noch kaum dagewesene kunstlerische
Begeisterung entfesselte. H. Sonne
DRESDEN: Der heutige Bericht umfasst einen ganzen Monat; ich muss also noch
einmal auf die Mozartfeier zuruckkommen und feststellen, dass der Mozartverein
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DIB AtUSlK V. 1& :
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dareb Mia Programm via dareb detm Atufflbruag bedaataazMii Kaaim In
Veiae gthiert bat BeMotat Mi m dA Solleteii Fiu SobaUtt'CaaiiyJ
derea gllazettdo Qeeangafcnnet etnea graeeei Trinmpb arrange — lot lunften Sjnpboofo*
kouert der Serie B brtcbto die K&* KapeUe da NaobeJt etoe a y mpb o aie die Fbantaale
Mr Teaereolo, Cborteaer, Orgd nod groeaee Orobeeter van Volkaiar Andreae ta Gebfir*
etnesi Jnngaa ectawrixeriecbea Komponieten, dar offaabar dan Staged bat, atlea daa son
an fiberfntmpflaa, vu man Uabar fBr dm GJpfelpttnkt orebaatnlar Kfaftentntftnac ■»*
nettoa netfe* uaa T?awt aoutt daa m ^A^neaiST^^ ^i ^ auuutoudeA ■ aatftn af ^n Tftttft^ ^ ft ftft ^ff^^i
dar attcb Sber pafhetlaeben Scbwnng nod die Flbigketc verfflgt) dfistere pbaataetfeclte
Stimmtmgon so eTzeageata? Aber man wttd bed aUar Hocbacbtnttg w dam etab Uar
oflrabeieadea Konnen doeo daa Oedantoa nicbt loa, daaa der rein irnitiaaltfftnft Iabaft
daa Warkaa la kefnem VnrbHtnia n dam angebeaian Attfvaad aa Stinrierigfcate and
Kraft daa Aaadraeta* atttbt Dla Ge&br, daaa in useerer Orcfteeternmefk die 1^
etntmeatadoneviriuoatiit tozmer mebr anf Kaeten dar Brflndong vod EmpBnduag etcb
etrigert, Heat alcb engeslcbia einer aelebea Neubeit nicbt mabr ableagneiL Tiata einer
gnnienden Wladergabe unter ▼. Scbueb kam nicbt mabr ala etna pzVaandlkbe Anbaabme*
m ataade* Sefiet dea Abaada war Frit* Kraialer, dar mlt daa Bactbowaacbco
Violinkoniejt aetne rclche Metsteracbaft to biaialaeend betitfgte, daaa ar eotat Rr daa
Aaebanahnracbakoaiwt gewonnea watde, la dant ar unter lahebideai BettUl daa Baal-
boveaacbe Koaiert irlederboite, — Die Sotovereinlgnng dot Bertiner KgL Hal* and
Dom chorea (Doppelqnartott) fab eln bScfttt geauaaretefea Keniert, ta dem var atlam
dla Auefilbntng daa Iftr MaaaaachBre godachten v TetmvolkB* van Hegar Aajkebea et*-
regte, — Sato lobenevert var «afterbin eiae AuffBbrnog von Liatta »Letnde von dar
baUtfta Bflaafeatb" durcb di* Drayaaigaeb* Siag*kmd*ml* ont*r Kurt HftaeL Daa a|fea-
aft^a Warfc UatetUeaa daafc dar treflBcb atndlartan TMaicAa etaan aebr ataftoo
Blndrtctk; aoHatfach vtrktea dia Dames AttaaScbeakar and Nftaale-Tldar aewte die
Herren Velaaanborn tind Hermann Nfiatla miL — Voa den SoUaflenkaaiertea der
Berlcbtazelt aelen iwei KLaTierabende bervorgehoben^ derjenige Emil Sauera t deaaen
Meisteracbaft aicb In ihren gllazeodea Vonugen wie kldncn M In gel a glelcb bleibt, and
der des Dreadener Planiaten Rudolf Feigerl, auf deo man fur die Zukunft wird acbt
gebaa musaen, weil er elnas der atarken JQngeren Talenta zu acio acheioL
F. A. Gelavler
ELBBRFELD: Margarete Roedel bevJea in efnem Ktavlerabend, dasa ale auf dem
Wcge zu elner voHwertlgcn Kfinatlerin ein tQcbtigea Stuck vorwirta gekommen lat.
Em Ictitca Konzert dea LebrergeaangYereioa unter Hans Haym wlrkten R. von znr
Muhlen und Ellen Saatweber-Scblleper als erfolgrelcbe Sotiaten mit. Daa zwelte
Orgelkonzert bot virtuose Org el- und Violinvortrige von Evald Flockenhaua und
R* Manzer, aowle Geaangvonrlge von F«u Cahn-Poft, der Melsterin im gerragenen
Geaang. 1m fQnfien KQnitlerabend der Komertdirektion de Sauaet wurden auaicblleaallcb
Kompoaitioncn von Max ScbllHoga unter seiner Leituog durcb das Banner Orcbeater
zum Vortrag gebracht. Am h5cbateu stetkn wir seine bcgleltende Musik zu Tildenbrucba
p Hexenlied*, desaen Empflndungsgebalt Ernst von Possart zu pic tender Vlrkuag
bracbte. Daa fQnfre Abonnementakonzert der Konzerrgeaellscbaft unter Hans Haym
bracbte nebeo Cborliedcrn von Robert Franz einen Cbor tt Im Wa1de K von Auguat Jung,
der aber zu gekunstelt und ata Vokalkomposiiion zu Instrumental gearbeitet 1st Der
Frauencbor zelchnete sich ausserdem im berrlicben w Mngniflcai* der Lisztschen w Dante*-
Sympbonie aua, die bei vorzuglicber Ausfubrung den Glanzpuokt dea Abends bildete.
F, Scbemenaky
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433
KR1TIK: KONZERT
ESSEN: Viel Scbones brachten uns die letzten Woctaen: im Evangelischen Kirchen-
chor Bachsche Kantaten, im Musikverein Kochs „Tageszeiten" und zur Mozart-
feier des Meisters c-moll Messe, sowie die Jupiter-Symphonie, ferner einen Hugo Wolf-
Abend mit Ludwig Hess und Frau Mysz-G meiner. In der Musikalischen Ge-
sellscbaft konzertierte die Pariser Gesellschaft mit den alten Instrumenten,
ferner Hans Pfitzner, Fritz Feinhals und Frau Herzog in einem modernen Lieder-
abend. Im Gemischten Chor des Kruppschen Bildungsvereins spielte Conrad Ansorge
Werke von Beethoven, Schubert und Liszt, wozu der Chor a-cappella-Ges3nge bot.
Weingartner beteiligte sich in einer Matinee des hiesigen Quartetts am Vortrag seiner
Kompositionen. Max Hehemann
FRANKFURT a. M.: Zu den schonsten und erbaulichsten Abenden der Berichts-
epoche rechnen wir das Konzert, in dem uns wieder einmal Eugen d'Albert ein
aus Liszt (h-moll Sonate), Brahms, Beethoven, Chopin, Zanella und d'Albert zusammen-
gesetztes Programm vorfuhrte, und diesem Genuss an die Seite zu stellen ist ein anderer,
den Edouard Risler den Horern seines Beethoven-Sonatenabends mit den Werken 31,
90 e-moll und 111 bereitete. Nur dass d'Albert dem Pariser Klaviermeister noch
durch musikalisches Vollblut und durch die Sangbarkeit des Tons, die von jeher Ge-
heimnis seines Anschlags war, voraus ist. Von weiteren auswartigen Krlften hat
namentlich die Koloratursangerin Eve Simony in einem auch sonst gut verlaufenen
Opemhauskonzert viel Anerkennung gefunden; weniger Maikki JSrnefelt, deren
stimmliche Mittel fur die gestellten Aufgaben meist nicht ganz zureichen, bei ihrem Auf-
treten im „Museum a . Siegmund von Hausegger erscheint neuerdings ofter auch als
Komponist auf dem Programm. Von seinen Liedern sang an einem Kammermusikabend
Oscar Noe eine grossere Serie mit allem Aufwand seiner Vortragskunst; die Lieder selbst
aber begegneten geteilten Meinungen. In einem Sonntagskonzert hat die Cellistin
Guilhermina Suggia mit Erfolg gespielt. Das alljfihrlicbe Konzert des Frankfurter
Liederkranzes zum Besten seiner Mozartstiftung kam mit seinem Programm der
gesteigerten Mozart-Empfanglichkeit unserer Tage entgegen, es bot u. a. die maurerische
Kantate „Lob der Freundschaft" aus des Meisters letzter Zeit, und zwar in wohlgelungener
Wiedergabe. Gleicbe Tuchtigkeit bewahrte vorher der Cacilienve rein an Mendelssohns
„Elias a mit den Damen Geller-Wolter und G rumbacher-de Jong sowie Richard
Fischer als Solisten. Hans Pfeilschmidt
GENF: Von den bis jetzt stattgefundenen Solistenkonzerten sind zu erwShnen: Jeanne
Dejoux, Aline de Coultre (Klavier); Marguerite Demont, Robert Pollak (Vio-
line); Lily Lang-Malignon (Gesang). — Die erfolgreicbe Solistin des funften Abonne-
mentskonzerts war Felicia Kaschowska-Darmstadt. Ungeteilten Beifall fanden im
sechsten zwei neue Orchesterwerke: w Hiver a , „Printemps a des hiesigen Komponisten
E. Bloch unter seiner personlichen Leitung. — Zur Mozartfeier kam das Konzert
fur zwei Klaviere mit Orchesterbegleitung zum Vortrag, von Marie PantbSs und Willy
Rehberg geradezu ideal interpretiert. — Das siebente Konzert brachte verschiedene
Kompositionen von Hugo von Senger, sowie Bruchstucke aus dem ^Hollander" und
den „Meistersingern a . Prof. H. Kling
GRAZ: Unter denNovitaten des Musikvereins ist w Nausikaas Klage" von Boehe zu er-
wShnen: das Adagio der vierteiligen Riesensymphonie, neu in der Grundstimmung,
nicht in der Sprache. Von Solisten ist Marie Roeger-Soldat zu nennen, die mit Rob.
Hausmann das Brahmssche Doppelkonzert fur Violine und Violoncell spielte. — „Novi-
taten der Vergangenheit** zu pflegen hat sich Kapellmeister Friedrich Weigmann vor-
gesetzt. Seine erste Orchester-Matinee mit Liszts Prometheus und Beethovens Siebenter
zeigte einen Musiker von moderner Kultur: das (Opern-) Orchester unsichtbar (hinter
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DIB MUSIS V. XX
Pflaaienvand), ebesee der Dtrigent mid die SoHetta, Store Anderson, die Lta*
and Schubert eenf ; dee Program toa taaerer Elnbeft, and die Hanfrtsacbc: n ward*
mtreBHcb gesplolt Dr* Br net Deceej
HALLE a* S*: Dm Kouzertieben eland Out auetchlleetUcb im Zaichen JHenarr*. Da
Refgen erttraete der evelte Kejnmerinnelkaboiid, der o» dee Ee-dnr Tito (Dimd-
mento), D*dur StreiehquaTtett nod dee D*d*r Sewert (Divertimento fBr Strdeftbwtmnieatt
and x*el Hflraer) fn vonQgUcber AnefBfaraof brachtn. Die Sing* Afcedemie fflhfto uttr
Frot Renbkee Leftttng die grease, von Aloje Scbnritt erfiaxte o-aotl Mbik erfirigreteh
eol WUuend die MenrtMerde* Tinder a tftU^
glfcUloh anefiel, getatg ee Kari Klanert In doer popullren Vertnttaltttng, efch ait
dm »Krftnang»koazert* efawn voiles Erblg iu eteplefen, * Merita Frey
HAMBURG: Die Auebeute dee Febrner nr, wta eltylbrUcb, zbmltcb eterfc Bet noe
lilt der Febrtur il« der been Manet der Hocbeelson ttnd olle% wee dee Bedftrftde
hat, ifeb ta Koniertsaai ntr Geltang it* brlngee, verencbt> neck la dleeem Monet eelnem
Talent dee VentS en JJffnen, Debet let Hamburg fflr tile Mmtk t fie xutttUg olcbt .Mode*
I«V fi** *te w der uogeeignetate Rett. Dee koonte nun vieder wcht devtiicb en
dem Beenctae dee KMsertee nterken, dee bier tu Gnnsten dee Vegner-StipeBdieaJfcmde
vefaanajtei vnida. ldt will nJeht eo tndlefcret eota, Zeblen xn nennen, die bevelsen
kftnnten, welcb tfelbs Interns* nneere «Va(persiadi* — ver lacbt da? -* dfeeer edlen
nnd groaeen Sathe tntgegenbrfngt; es genflgt die Konitattorang der Tatiache, daee dee
Kenmt mit elnem fine koloeeelcn Debit ebscMoee* In kflnatlerteeher Hinelcht i
Kenzert, dea Guatav Brech er Miete^ ein voller ErMg and mebr: ein HSbepunki der j
Konzertselson. Dieter kBnetterbebe Erftrff let nm eo h&ber an nekton, ale Brecher mit
etoem ed boa gebOdcien Orchester: dent neeen Konienorehester nnd etner VeredriGimp*
ecber aw* den Refben dee Stedttbeeterorcbeeinre xn mttataieren genfttigt war. Mlt dteeem
Orcbeeter, dee fibrlgens eraeo bier nogewoboten Glanx entfkltete nnd aebr etaitlech nnd
entgetenkonnneDd eeinem jnnten Fftbrer foifte, bracbte Bteeber ala plfeee de rfiabtence
elne pracfanroMe^ aflenthalben cberakterietfiebe nnd vollblfltige AaflBbmng der Dante*
Symphonic von LUiL Auaserdem Werke von Vagner nnd Berliox in Tledcrgaben,
die des enibttslaetlschen BdfmJlea, den sle entfbeselten^ eo wurdig waren, ate der
Bedeuruae des Tagei. Elne Tignerfcfer veruBteltete Arthur Ntkiscb in selaem in
die Nlhe det Wegnerschen Todestigca Tallenden Koniert. Ober die NoiwendJgkeii und
die kSnstlerlsche Zweckmlssigkeit solcber Ttgnerfelem Hease stch fa wobl itrelten*
Zu eioer KoDzentration kommt man btl den vielen BrucbstQcken urn eo wenJgcr, ■!>
die Gruppierung nicmats euT die Scbaffcnsperioden dea Mtisiers Rucksicht nimmt und
une z, B. Tom .Tristan* zum p Paust" t vom .Siegfried* zum „Tannhaa*er* zurQckrer>
echllgt, Schon a lie Bed en ken mil sat en gegenQber der Pracht der Ausfflhrung im
eimeinen sebweigen. Das »WaIdweben* muaaie Ntkiscb scblfetalich wlederbolen and
oacb der Tannbluaer-Ourcrture kam ea sehiiessJich mit Recht docb zu fast bclDgstlgeo-
den Ovitlonen fOr den genlaten Poeten am DlrigentenpulL Elena Gerbardt batte der
Popularitlt Nikiscbs aucb bet ibrem zveiteo Lfederabend einen aaaretkauhen Saat zu
dank err. Den grossed Erfolg aber dankte ale aucb Ibrer Kuast t die sich namenilicb an
Lledern von Gneg und Strauss wirkungsvoll und unter nachbaltiger Wlrkung entfalten
konnie* Die biesige Phllbarmonie slcberre sich, nacb dem pekunilren Resuttat dea
ereten Aurtrctens der Frau Schumann-Helnk, diesen Magneten aucb fur das folgende
Konzerr Wlederum Probe und Konzert tagelang vorber ausverkauft, und wiederum be-
nutzte Max Fiedler die gute Gelegenbeit. seinen Abonnenten und den MitlluTern atis
Mode elne Dosis Strauss zu versetzen. Das isf kuosileriscb brav und geschickt* und
bumorroll dazu. Dieamal mussten sie an „Tod und Verkllrung" glauben, dieses pracht-
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■ , "' ^ AH ^ K UNIVERSITY OF MICHIGAN
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KRITIK: KONZERT
voile Stuck, das sich zur Propaganda fur Strauss ja auch besonders gut eignet. Aus-
verkauft war endlich auch der Goethe-Abend, den Possart und Gura veranstalteten,
wobei allerdings die Attraktion weniger die originelle kunstlerische Idee als der Name
Possart gebildet haben durfce. Heinrich Chevalley
HEIDELBERG: Das Hauptereignis der Saison war die Auffuhrung der MattbXuspassion
im letzten Konzert des Bachvereins. Als Solisten waren Ludwig Hess, Emil Liepe,
Stephanie Becker, Agnes Hermann, Hugo Heydenbluth, Carl Weidt titig. Das
kolossale Werk ward mit einer Pause von uber zwei Stunden zwiscben beiden Teilen
gegeben. Der Instrumentalbegleitung und der Orgelstimme war die Ausarbeitung
Ph. Wo If rums zu grunde gelegt. Der Eindruck der mit grdsster Sorgfalt und Begeisterung
vorbereiteten Auffuhrung war gewaltig. Hermann Voss
KOLN: Als Hauptwerk des neunten Gurzenich-Konzerts h6rte man Beethovens
siebente Symphonic Das Werk erfubr durch Fritz Steinbach eine ungemein
frische, fesselnd aufgebaute Veranscbaulichung, die durch den machtvollen grossen Zug
der ganzen Ausfuhrung die Horer hinriss. Nicht weniger als vier Neuheiten standen
auf dem Program m, Als ziemlich schwache Arbeiten konnten die drei zuerst erscheinen*
den kaum ein irgendwie regeres Interesse wachrufen. Es waren: „Die Insel der Kirke"
aus „Odysseus Fahrten" von Ernst Boehe (fur grosses Orchester), „Die Weihe der
Nacht" (nach Hebbel, fur Chor und Orchester) von Fritz Neff, und „Elfenliedchen a
(nach Goethe, fur dreistimmigen Frauenchor und Orchester) von G. Jenner. Als einen
tonsetzeriscben Gewinn aber begrussten wir K ask els „Humoreske" fur Orchester.
Das in der thematischen Erflndung ungemein reizvolle Tonstuck entwickelt in der geist-
vollen Kombination und dem Gegenspiel der melodiosen Gedanken, sowie in dem
prlchtigen Endresultat einen ganz kostlichen Humor. Als Solist dieses Abends Hess
Eugene Ysaye seine Horer mit Mozarts drittem Konzert und Max Bruchs erstem in
edelstem Kunstgenusse schwelgen. — In der Musikalischen Gesellschaft fanden
an deren beiden letzten Abenden die Pianistin Juliette Wihl aus Brussel, die Geigerin
Irene Pen so und ihr junger Fachgenosse Adolf Busch nach Verdienst sehr freundliche
Aufnahme. — Das Gurzenich- Quartett der Herren Bram Eldering, Karl Korner,
Josef Schwartz und Friedricb Grutzmacher bot stilvolle Ausfuhrungen von Beethovens
op. 18 No. 4 (cmoll) und op. 130(B-dur); dann Hess es una an Wilbelm Bergers neuem
f-moll Klavierquintett (am Flugel der Komponist) mehr den streng kammermusikm&ssigen
Aufbau und die klassisch gerichtete Form, als den eigentlichen Inhalt scb&tzen, der viel-
fach bekannt und wenig vertieft anmutete. Paul Hiller
KOPENHAGEN: Selbstverstandlich haben wir auch unsere Mozart-Feierlicbkeiten
gehabt. Der Cicilien-Verein fubrte die c-moll Messe (in der ursprunglichen
„unfertigen" Gestalt) vor und Bruchstucke aus der Zauberfldte; die Palais-Konzerte
batten ein Konzert mit einem sehr stilvollen Programm eingerichtet, — dann aber trat
der Tod Konig Christians ein, und die sonst beabsichtigten Mozart- Konzerte flelen weg.
Kurz vor dem Tode des Konigs hatte Job. Svendsen sein Konzert mit der Kgl. Kapelle
gegeben: d' Albert war der gefeierte Gast, die einzige Neuheit war Hugo Wolfs *Pen-
thesilea*. Nach der Trauerzeit hat Mischa Elman (der diesmal als 16jibriger auftritt!)
allein es vermocht, das Publikum in den Konzertsaal zu Ziehen.
William Behrend
LEIPZIG: Wihrend das 17. Gewandhauskonzert zu trerTlicben Geigenvortrlgen
von Jacques Thibaud (Mendelssohn-Konzert und Solostucke) die Egmont-Ouverture
und in vorzuglicher Wiedergabe Wagners Faust-Ouverture und die F-dur Sympbonie von
Brahms gebracht hatte, erklangen im 18. Konzert die Hollftnder-Ouverture, Balletsitze
cr;,.e^vC00Qlc „„ n> ^^™™,
t^ 1 UNIVERSITY OF MICHIGAN
436
DIEMUSIK V. 12..
■m mVmaimwP ood Der Mmon* and VoUcauurae B~dnr Sympbooia,
efoifsa prftehtigen acappetbv Oeatog on des Taomanefcbofee. Im senate* PblHurotmt-
eebeo Koztaert lies* sfch iwfschia Haydn* MIUiitiympliMi* turf otalgia
Fragmeaton Jtfemd Rleler mil efner ems sfcedearincke* Vtedeigabe
scboa R§*dar Koniertes tmd dor setar ecMaaa AosAbrang ebxlgef
Sritaiaaaa, Cbopta nod Uwt (E-dnr Polosajte) veraabmea. Der Ubf«r|*fitt|rfrfia
(Haas SItt) begum solo mites Winterkoniert mlt oftier naebtrigtkltea Abum|mtt«i
JftoaartfUet (Onvertfire, Sanstio*Aria la War — Frm Pittaa — and P H e at oi d ier
aos dor frZanbcrflflt e *, nod gvei Slue ana dem D*dor Vlotinkoatof^ sate bftbeeb gssplslt
fw der fnagea Golfed* gsibarina Boaeb) and effreote w eh e Alo boaondete aril dot
BvatvarfBtaaog ra VH^ejm Borgere eebr klaogecbtaef Hymoe Jtabo GStifa*, Der
UniTersitltsiiagervireU m St Paolt (Balarich ZSlloer) Bess Mia tutter Hn>
wfrtang der Sfanmteoaa Br* LIssm*aa~G at setback aad Pnut Cart-AlTers as*
der&oger Utfrfl tfoss asd Sttaibmann vefiaataltetes Koaiert ailt dinar sshr so-
spmtiwodoa Kenbelebong too Ckri Befcaaekes „Hakoa JiM* aoeUfagen, nod die ma
Ottttftr Voblgemntb geJettste* Voietae Letpztger Stngakademfe ood Leipaiger
MInaerebor bracbtea outer Assistant eiass too dea Damon Aaaa Hartnng ood
Margarets Sebfiti ood dea Herreo Bain Plaks and Alfred Kaee gebUdetea Sottstsa-
qaartettes Broot & Seyfttrdts Kaotate „At* Deotechlands grosser Z&t* tor Vteder-
belang, fiedtt saregend veittaf eta von don Artoaoa-Fraaoaekor oater Mtarirkoag
mo Affoaea ood AffoaefisiigthArigea TOfoattafteter .Brahma-Abend*, so dem a tta che *
/Unoarchorea and gemHcbtea Chorkompositioften des Meletervj derootsr each ela
vUebeeliedaMralser", die to rttmmmttr ITeiee ansgeffihrt warden. Pant Kleagel
ood Bdde Klpagel dorob etoe voniefani-kflnetleritene Vledergebe dor A*dor Senate
op. 100 nod Frmu Paator Ttrmtnn and EUtdegsrd Bttraer darek anjanag* Uede**
TOttzfge erbeoim. Der & Gevandbaas*Kemmermasik, to deir nick swteefea*
Scbotmmnt Arihtr Qaartett aad Beetfaevem Odor Qtdotett Heiartcb XXIV. Pflrst Keoss
oater ireBUcber Betbllfe des Brstscfalstea Ctrl Herrmsoo mtt etoer ledtegmeo G-dor
Sooste op. 22 fflr Klarfer ood Viola veraebmeo Hess, folgte eio i welter Sooateo-
Abeod too Berobard Staveobagen und Felix Berber, die mehr oocb sis mlt der
tdebtigen Viedergabe Mozartlcber and BetthOTCDicher Daa-Verke durch eloeo vor
zuglfchen Vortrag der Es-dur Senate op. IS von Rich, Strauss Intereiaiertee. Von dem
voroehmen GesaogskonEert des Ehepaares Felix von Kraus uod Adrieone von Krao|s-
Osborne uod von dem erfolgreicbeu KonzertdebQt des aympithtscben Bass-Baritoolsten
Tilly ROssel fQbrte tin popollrer Lledenbend Ton Elena Gerbardt xu oeuerlichen
Vortraggabenden von Sven Scbolaoder und von Bokken Laason blnBber, wfHrcnd
sine grossc Zabl von Instrumefit&tkfinatleni die wenlger freien Abende beaetat bielL
Berecbtlgte Sensttion erregte der vorxQgllcbe Gelger Joan Mantin mtt telnet auch la
der Polyphonic sebftntonlgen Ausfuhruog der CUconna von Baeb ond mit der Wrtooseo
Beberrschuog des b-moH Kociertet uod der Varlstionen fiber v God save tbe Queen*
von Paganlol, und die mit Ibm Iconxertlcrende junge Plinlstln Alma Stencel konnte
alcb mlt eincr temperamentvoll-bravoiir^aeii Wiedergsbe dea Llsitscben Ea-dur Koniertes
als Tlelversprecbendes virtuosos Klaviertalent erwelaen. Ebenio berechtlgte iu bobea
Erw«ftungen das Debut dea jungen Vtoloncd listen Serge Barjaneky, der mit Davidofls
a-molt Konzert eine acbon vdlllg konzertrelfe Leistung darbot. Groascn Erfolg hatte
Emil Sauer mlt einem zweiten Klivlertbend, der als Hauptstucke Bee tb ovens Sonate
op. 109 p Scbumanns ^Toccata* und Chopin's ^Pbantasle 4 * brachte. Richard Burmeister,
der in Gesellschaft der talentvolleo Soprannovize Lotte Krelsler konzenierte, lotercssierte
mit Chopin's f-moll Konzert und begeisterte mit dem Vonrage des von ihm treSlIch f9r
■ , "' ^ AH V> K UNIVERSITY OF MICHIGAN
437
KRITIK: KONZERT
Klavier und Orchester bearbeiteten Lisztschen Mephisto-Walzers („Der Tanz in der Dorf-
schenke"), wlhrend Fritz Masbach mit eincm eigenen Konzert nur einen kublen
Achtungserfolg erringen konnte, Elly Ney bei betrichtlichera Talent und Temperament
noch zu viel Unreife gewahren liess, und Otto Neitzel durcta seine „KlaviervortrIge mit
raundlichen Eriauterungen" weder in pSdagogischer noch auch in kunstleriscber Hinsicht
ganz einwandfrei zu wirken vermochte. Kapellmeister Hans Winderstein und sein
Orchester, die an mehreren von den vorerwfihnten Solistenabenden mitwirkten und im
Begleiten von Konzerten zu anerkennenswerter Gewandtheit gelangt sind, brachten an
einem Abend als freundlich wirkende Orchester-NovitSt einige Satze aus der Tauferer-
Serenade von Heinrich Rietsch zur Vorfuhrung, wahrend Elly Ney sich im Verein mit Carl
Friedberg um die erstmalige Vorfuhrung eines von Waltber Lampe fur zwei Klaviere
zumeist kanonisch verarbeiteten interessanten Variationenwerkes verdient machte.
Arthur Smolian
LONDON: Wir sind in der Mitte der Hochflut der Konzerte der neuen Saison, die uns
schon manches Interessante gebracht hat, wenn auch nicht auf dem Gebiete der aus-
ubenden Kunstler, so doch auf jenem neuer Tonwerke. Den Anfang machte das vor-
treffliche Londoner Symphonie-Orchester mit einer neuen Symphonie von Sir Charles
Stanford, die, wenn sie auch als kein epocbemachendes oder auch nur grosses Werk,
so doch als eine sehr verdienstliche Leistung auf allerdings etwas ausgetretenen Bahnen
bezeichnet werden kann. Wie immer, ist Sir Charles nicht frei von Anlehnung an be-
ruhmte Muster; zuerst war es Wagner, dann Brahms, dann Verdi und diesmal ist es
Tschaikowsky. Abgesehen von dieser „kleinen Schwache", ist die neue Symphonie recht
anmutend, melodisch und kontrapunktisch, wie sich dies bei Stanford von selbst versteht,
meisterhaft behandelt und geschickt orchestriert. Weit interessanter und bedeutungs-
voller ist die von demselben Orchester gestern unter der Leitung von Hans Richterzur
Erstauffuhrung gebrachte w SymphonischeTondichtung w von York Bo wen, einem der
wenigen wirklich vielversprechenden Komponisten des „jungen England". Es ist keine
Programmusik, wie ausdrucklich bemerkt wird, und soil aus und durch sich selbst
Stimmung machen und gewisse Eindrucke hervorbringen. Wenn dies auch nicht voll-
stlndig gelingt, so ist das Werk doch in hohem Grade anregend und bei aller Sucht zur
alten Form zuruckzukehren in der Orchestration und in anderen Beziehungen durchaus
modern. Es besteht aus sechs Satzen, die miteinander gewohnlich durch einen lang-
gebaltenen Ton verbunden sind. Besonders gelungen sind das Andante, ein pikantes
Scherzo, ein marschartiges Intermezzo und das Finale, in dem alle fruher eingefuhrten,
oft recht originellen Themen geschickt verwoben sind. — Ohne eine richtige Mozart-
feier zu haben, nahm der Salzburger Meister doch in der Woche seines 150. Geburtstages
in den Orchesterkonzerten eine hervorragende Stellung ein — allerdings vorwiegend nur
mit seinen Ouverturen! Dies hat aber den Wunsch angeregt, Mozart wieder hSufiger
in das Konzertprogramm aufgenommen zu finden, ein Verlangen, dem entsprochen
werden durfte. Das Queens Hall-Orchester brachte wieder den „Don Quixote* von
Richard Strauss zur Auffuhrung, bezuglich dessen die englische Kritik noch immer sehr
gespalten ist. Wihrend ein, und zwar der grossere Teil ihn zum Himmel emporbebf,
spricht der andere das Anathema uber den „Neuerer a aus. Das Publikum schlSgt sich
aber zusehends immer mehr auf die Seite der „Straussianer*. — Die neuen ausubenden
KrSfte — Singer, Klaviervirtuosen und namentlich Geiger und noch mehr Geigerinnen^
bieten leider keinen Anlass zu besonderer Erwahnung.
Dr. Adolf Rosendorff
MAGDEBURG: Zur Vorfeier des Festes im Kaiserlichen Hause wurde hier am
26. Februar eine Festkantate des hiesigen Musikdirektors Th. Forchharamer auf-
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DIB MOSIK V. 11
geffltift, die den Neman der wmrgeaattcben „K6nfgin Lniae* trfgt, am deren Bfld
afcra EHaabetb*Roeen and unverwelfcticbe Paaaiontbltunen ranken. Die Kantate befcwddl
fat ehiaotaea Blfafom (12 Hammere) Abechnfife me dcm Lebea der Fitetbk Leider w>
vice eteft die praktlUMe Dtcfajnng tie « fang end dee ttaJetigjbero Talent dee Km*
ponleten IB? die Dene? dee Stflckee (fiber drel Standee) ediHeeailcii »U aidtt eterk genng,
hb mehr vie ebornacnlien Intereeeioren f n kflnneiL Groaeere un voiuoHofe Zftge trag
der cboriaebe Tell, eoweit or rich mchr polppboa tie rota barmonlecb omrtckelw. Die
mttalknliecben BlagnpHeen der Kflnlgia mid three Qetten entbaJten vlel HemaenaJk^
gtfiM *ber m Bedentang Muter den Cb&rea inrflefc* Gewieae Obertetamgeii, tteine
el n g o etrooi g DWege habra nor den Vert gttter Kantorenmaelk; eaeb befcandelt der
Komponfet dee Orchoater demllcb unfroi. WW die Wert flbor ajb c l toe, ee date ee elne
fcnapp twaiet&ndlge Daner nlcfct flberecbrdtet, eo dftrfte ee immetfeia aetne* Weg dnfdi
mefaiere Konnrtalle nehmea and m elner wUlkoanneaen Gibe Mr ibnliebe Feettafe
warden. Groeee Anepritahe ateUt der Anter en die Vertreterln der Partie Letaena and
an den CBOFaoptasp der wte Jane viellncn anpfaktiecb Itoeta -fcii**i*^ff*m*Hi«— ■ tet» ^—
Die Moaartfeler let each bier In groeeer Moxeitverelininf begangpn warden* We*
nennt Uer die RNfranune» tfblt die NamenI — Im fBnften Kenxett dee fcanlmlnariediea
Verefns ereeng rich Fell* Senine Beflall and erepleUe eleta der CefUat Albert Petereen
nenee Loh. — Im letxten Sympbonlekomert dee Stadttheatera lorate mam In Herman*
MonUb efneo aoageielcbBeten Pianfaten kennen; Anny Staramer*HInderinaaa batte
BeUUI mlt Arlen von Dellbee end Meyerbeer* Hex Haiae
MAINZ: Vie atterwltte, eo lieeaea unaete SonxeftenetaHes ee Blob nlebt nebmen,
ttnaern Mozart in hlern. Dae Sympbonlekonxert am 2S, Febrttar bracbta nor
Teike Mozarta, ala dae bedevtendeto die mtoll Sympbenie, Ale Sotiet aptelte Ffcte
Heebmeb-BefUn dae C-dttr Kosaert gana vortrafflicb in der AttJmaaaag tmd mft eanfeereter
Tecbefk. la dem letatea Sympbonlekonxert bracbte EmH Stelsbaob elne Norttit von
Cberpeatter: Inpmairaa tf'halle, eln merfcvftrdlg ineaerticbee Verfe^ mltor BtzaMrte
and Benalitlr, Vaa mBvsen daa Mr merkwflrdlge BlndrBeke geweeen eeto, die Herr
Cbarpeoder \n Itallen em p fin gen hit I In denselben Koniert sang Frau Jlrnefelt aina
Relbe Uader t obne indesaen ttefem Blndruck zu erzeugen* — Die LiedertMfet fcierte
Mozirt in dnetn KammermuBlkibcod, in dcm iu«cr Mozarta KliTierquirteit in (-moll,
tod der bletfgen Qaartettrerelnlgung mlt Frtu Bamberger, elner Tortrcfflichen
Piaalstin, rorgetragen, und dem Strelcbquartett In Es-dur, der Cbor dat Ave verum, tin
Adoramua te and Benedictua von Mozart tang. Von grfiaaeren Verken gelangte der
^PiuIub* zur AufTObrung and iwar in elner Wochc yitrmil, die GaaermJprobe einge-
reebnet; er»t als Koniert fQr die Abonncnten und iwelmil ila Volkskoniert unter Fritz
VoJbacbs Leitang. Das war dca Guten wobl doch etwaa tuvial. Man mag fiber
Mendelaaobn und ,Pau1us* den ken, wie raio will, aber vlermal hlntereinander, daa iat
docb fQr Cbor, Orcbeater und Dirigenten elne Lelstung. Daa letzte Konzcrt der Lleder*
tifel war ein Kammermaaikabend de* Meermenntcben Qmrtetta mlt muatergoJ tiger Auf-
fQbrung dee Tachalkowskygcbea Quartette In D*dur T Beethoven* F-dur Qaarten op* 56
und Scbuberts Variationen fiber >Der Tod und daa Mldchen\ Dr. Fritx Volbacb
OSKAU: Eine Reihe von Konrerten bracbte endlicb EutacbadiguDg fur den vor-
h erf gen Stlllstand im Mufilkweaen. Die Kils, Russ. MuBlk-GestlJscfaaft bot zwel
Aboniiememskonierte unter Kijinui (HeLaingforfl), der tempenmentvoU Werke der
skandinavischtn Musiker: Svendsen, Sibelius, Grieg, Jlrnefelt und Mozans g-moil Sym-
pbouie vorfuhrte* Ellen Beek true die Billide .De* FfibrmauDB Briute* von Sibelius,
Neschdanowa elne Arie me der n Ziubetflate" vor, tgumnofr splelte Mozarts KUvjer-
koniert A-dur No. 9. — Der Verein der Llebbiber der ruaa. Mu»ik macbte um mit einem
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M'
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KRITIK: KONZERT
Zyklus neuer Liederkompositionen von Tan e Tew bekannt und widmete das folgende
Konzert Arensky. — Die Philharmonie unter Chessin feierte Mozart mit der Jupiter-
Sympbonie; Jacques Thibaud spielte Mozarts Violinkonzert Es-dur und erzielte einen
wohlverdienten Erfolg. — Das Moskau-Trio (Schor, Krein, Ehrlicb) schloss die histo-
risctae Reibenfolge seiner Konzerte mit Werken von AndrS, C. Franck, Arensky, und fugte
noch eine Mozart- Matinee hinzu, zu der das Publikum in Massen stromte. — Ferner
sind noch zwei Sonatenabende der Herren Sibor (Violine) und Goldenweiser (Klavier)
zu nennen. Novitit: eine Sonate von Katnar. — Am Tage der Enthullung des Glinka-
Denkmals in Petersburg hat hier ein Glinka-Konzeit unter I ppolitow-I wanoff statt-
gefunden. E. von Tideboehl
MUNCHEN: Die grosste Sensation der Konzertsaison brachte das letzte Akademie-
konzert mit Max Regers Sinfonietta. Das viel umstrittene Werk fand hier eine
ausgezeichnete Aufnahme; die sich bemerkbar machende Opposition wurde demonstrativ
nieder geklatscht. Dass wir es mit einem wirklich bedeutenden Werk zu tun haben,
wird niemand leugnen konnen, ebensowenig aber, dass die Wirkung durch verschiedene
Mangel beeintr3chiigt wird. Der gefahrlichste Mangel liegt in der wenig gescbickten In-
strumentation. Auch die Polyphonic ist fur ein Orchesterwerk etwas zu kompliziert, da
es sich nicht um orchestrale Vielstimmigkeit (im Strauss'schen Sinne), sondern urn rein
musikalische und dann instrumentierte Kontrapunktik bandelt. Von grosser Wirkung ist
der zweite Satz (Scherzo) und der dritte (Largbetto); der Schlusssatz ist ungemein schwung-
voll und der erste Satz erfreut durch prachtvolle Details. Die Auffubrung unter MottI
war vorzuglich. Eine weitere Noviiat „Fingerbutchen ", Marchenballade fur Orcbester,
Frauencbor und Basssolo von J. Weismann erwies sich als ein sehr anmutiges und ge-
falliges Stuck, das volkstumliche Tone mit Gluck anklingen lasst. Herr Dressier
brachte das Solo gut zur Gellung. Den Schluss des Abends bildete Mozarts g-moll
Symphonic Die etwas post festum abgehaltene Mozartfeier der Akademie brachte als
Hauptnummer unter Mottls Leitung die Jupitersymphonie, mit hinreissendem Schwung
gespielt. Interesse erweckte eine Jugendsymphonie in Es-dur und ein recht hubsches
nur etwas zu langes Konzert fur Flote und Harfe. Als Solistin trat Frau Bosetti mit
einer italienischen Arie auf. — Im zehnten Kaimkonzert horten wir als Novitat die erste
Symphonie (g-moll) von W. Kalinnikow; sie lehnt sich stark an Tschaikowsky an, ist
aber im ganzen ein frisches und interessantes Werk. Die Thematik ist klar und ein-
dringlich und in ihrer Entwicklung ubersichtlich. Am wenigsten befriedigte das ziemlich
formlose Andante, wabrend das feurige Scherzo den Vogel abscboss. Schneevoigt
brachte das Werk vorzuglich heraus. — Der Karneval fuhrte eine vorubergehende Stag-
nation des Konzertlebens herbei; trotzdem fanden noch so viel Veranstaltungen statt, dass
hier nur verhaltnism3ssig wenige angefuhrt werden konnen. Kurz registriert seien der
interessante Abend des Chorsch ulvereins, der Ensembleabend des Munchener
Streichquartetts, das Konzert des Lehrerinnengesangvereins,der Klavierabend von
Helene Morsztyn u. a. Interesse erregte der von Wilb. FurtwSngler mit dem Kaim-
orcbester veranstaltete Abend, an dem sich der junge Kunstler mit Beethovens Ouverture
„Zur Weihe des Hauses** und Bruckners neunter Symphonie als technisch schon recbt
sicherer Dirigent vorstellte, wahrend er mit einer eigenen symphonischen Dichtung in
h-moll eine beachtenswerte Talentprobe gab. Kolossalen Zudrangs erfreute sich der
von Ernst Kraus und Hans Pfitzner veranstaltete Eichendorff-Abend, an dem der be-
ruhmte Tenor eine Anzabl Lieder von Wolf und Pfitzner sang. Ausserdem spielte noch
Heinrich Kiefer mit dem Komponisten die Pfitznersche Violoncellsonate, ein an scbonen
Details reiches, im musikalischen Aufbau ziemlich klares Werk, das viel Beifall fand.
Dr. Eugen Schmitz
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DIB MUSI* V. 12..
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fEV YORK: Bio eifeocBmlteber Untersebled beetebt nrtecben Jfeoyotk mod
nrei ttuefkattecbeetea Stldten In Amertka* Die MntftHnMrtfcftr vow
f&riljo (roete Oper pr )»in lDt«rdt«« so bab«. Zwotmal tat Mutter C o nrt ni
dart nit oeloeo weltbertbmten Slogem trad SiSfcrfssM Gold g tijoim (wfbreod «r te>
Nevyork to 15 Vocbeo 428000 Mark Relocation bam), w m tt m
Jebr fir otafct beeoebea wtriL AndererseJti Mfibt doe KwtnmMft in ;
eoodera* Maitcbe Kfioetler, die hi Newyork doreblMleo, warden dort mit
Uuftj wibreod w mngekebrt Sbtr oiofee Newyorker UebUnja dfe Aefcaeln
Newyork lit fibefbattpt IB? moderate VMooeon dorcbaaa fcafo Para*3e%
wtitrend der Opvnwdwo^ die Mar die Hsnptrotle «pMt Vorber and naokher
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MftifciOy efn Sobdlor too School tat to ein*w Koofoct der Booefaji Sjnopbooy
Forore femacbt Br echetot dfeUweoart BoHnetetae geerbt to baben*— OoeofB Otofea
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Dbtgeaten dee Ter fl ooao nott Monata eJod Safe e off ood JFeingartaer dh Hetdoo ■»-
weaett* Salbooa? bit fBr die Pbflberaonlkef 6 Hoi mile Hloeer femaebt Moo mdctrte
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Jabr* Die FMIhamonJker kSooeo nor 20000 Mark loUeo; eo wild daber ebi Voraacb
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IhoHdh ea geacbeben* Audi of hat wfeder Lorbeefoo geernieti dae a We eo natt
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Henry T. Flock
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sang alte ond neoe Liedcbeo toi Vartdtdyanfo ood sopfte bio ood
Goftarm Der Kon ie t u oe lo io i oneefer Oper* Boermann, bewiee tolt
alnd, wihrend der eweite Abend doe »N*rnberger Trloa* (Maaoadiedelp.
Kogio, Beckaiibicb) mlt Saint- SaSn^ P-dur Trio trad BeetboTeoi c-moll Trio op. 1
wiaderum lelgre, dut seine Leiituoeen {ede Kritfk berauarordera Wuneo. Daa Kaim-
arch ester uater Scbadevoist felerte eiaeo itfirmltcben Sieg mit Hiydai G-dar
Symphoale No. 13 und cioen fiir Musiker noch bedeutungsToHereQ mlt Bnbmt 1 crater
Symphonic. Du lent© Kooiort des PhilhirmonUchen Vereiaa war gmni mf die Note
^FortBCbriU* gestlmmt. BerH ox {Beatrice und Benedict), R, Strauss (Uoder), Pfltzner
(StQckc sua der Rose vom Llebeagarten) and Max Re {era SJnTonletta. Der Kom-
peolsr leltete aelbat und das Publikum blattcbte tucbii^ womlt ntcbt ceaaft 1st* daaa e*
tod der Muaik gerade viel begtilfen bat Regere Verk tefdet an xu *iel Maaik, iu rlel
Kunat. Icb gebe iu, daaa dem K&nstLer dfete Spracbe die naturlicbe 1st; leb gebe aber
nicbt iu, daaa ale immer schffn l&t und verlange sogar^ daaa aucb etn Koniponlst (ebenao-
wle elu koropHzlerter StJIIat) alcb aelbat ubervtnde und aicb xur elgenen Klarbett dorcb-
ringe. Dr, Flatau
PARIS: Neben derSympbonie von Bneaco, dieColonne mlt gleiebeni Erfolg wfeder-
belte, wlrd wobl det am 18* Febraar ebenfallt bei Cotonne geapielte Jour d r dt6 a,
la montagoe" too Viocent d^ndy die hervorragendste Konzertneabelt dieses Vintera-
blelben. Dieses drelsitxlge aympbonlscbe Gedicbt geflel dem Pnbtikum wohl baupN
sicblich durch aeine an Abvecbslung uod Komraaten relche Orcbeaterfarbe, aber es
feblt dleaem pUtoreiken Element nicbt an elner solfden musikaHacben Grandlage* Vincent
d'Indy bat aicb aucb endMcb bier gtnx vom mgneracben Einfluaae befreit* Dem TUel dea
Terkca entapricbt am beaten der crate Tell .Aurere*. Hier let wirkllcb etwaa von Jener
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KRITIK: KONZERT
Erhabenheit zu spuren, die sich bei den Talbewohnern mit dem Begriffe der Berge ver-
bindet. Der Mittag unter den Fichten, dem der zweite Satz gilt, enthilt ein etwas ge-
rauschvolles Intermezzo, das an den Realismus der modernen Italiener streift. w Der
Abend" fuhrt auf angenehmen Umwegen zur Anfangsstimmung des ersten Satzes zuruck.
Bei Chevillard-Lamoureux war es ein bis jetzt unbekannter Schuler von Faur6 und
d'Indy, FeMicien PScoud, der die letzte grossere Neuheit in Gestalt eines „poeme
sympbonique" lieferte. Ein Verzweiflungsgedicht Baudelaire's „La Cloche fel6e" gab die
Anregung und den Titel. Die gesprungene Glocke wird durch einen Klavierbass in den
Kulissen versinnlicht, dient aber nur als Ausgangs- und Endpunkt des Ganzen, das von
einem anziebenden Bratschensolo durchzogen ist. — Die Society Philharmonique
ist in ibrer Pflege des Klassizismus fast zu ausschliesslich. In ihren vier letzten Kon-
zerten kam nur ein lebender Tonsetzer zu Wort, namlich Vincent d'Indy mit einer
Suite „Cbanson et Danses" fur sieben Blasinstrumente, wo das Horn zu wenig und die
Oboe nicbt immer angenehm zur Geltung kommen. Beide Instrumente klangen viel
besser im Blaserquintett Beethovens. Sehr gut wurde am 13. Februar das Frankfurter
Streichquartett Heermann- Rebner-Bassermann-Becker aufgenommen. Auch hier
konnte man sehen, welche Fortschritte der musikalische Geschmack in Paris macht.
Bei fruheren Besuchen verlangte man von einem der beiden Hugos, Heermann oder
Becker, auch einige Solostucke. Diesmal zog man es vor, drei vollstandige Quartette
von Haydn, Beethoven und Schumann zu horen und das Publikum druckte seine voile
Befriedigung aus, obschon das Gesangssolo des Abends, das eine Frau R6ja Bauer
ausubte, einiges zu wunschen liess. Das Pariser Quartett Hayot, der Cellist Casals,
der Pianist Cortot und die Pariser Gesellschaft der Blasinstrumente trugen alle
zum Erfolge der Philharmoniker bei. Unter den Gesangskrafien errang Frau Mysz-
Gmeiner mit Liedern von Schumann und Brahms den starksten Beifall. Sister-
mans trug am 20. Februar fast die ganze Kreuzstabkantate und andere Stucke von Bach
vor und zwar mit Stii und Methode, so dass die Heiserkeit, fur die er sich entschuldigte,
kaum bemerkt wurde. Plamondon, in dem Paris endlich wieder einen richtigen Konzert-
tenoristen gefunden, fesselte durch Arien aus Haydns Schopfung und M6huls Joseph. —
Die Soirees d'Art, die ernsthafteste Konkurrenz der Philharmonie, schlossen am
22. Februar ihre erste Serie von sechzehn Konzerten gliicklich ab. Das Quartett Capet-
Touret-Bailly-Hassel mans erwies sich bis ans Ende als eine feste S^ule. Im vor-
letzten Konzert spielte es zwei Tage nach den Frankfuriern das gleiche A-dur Quartett
von Schumann. Der Vergleich war sehr interessant. Die Deutschen haben die mar-
kanten Zuge besser herausgearbeitet und mit mehr Gefuhl wiedergegeben, die Franzosen
die Einzelheiten genauer ausgefeilt und sich Qberall moglichster Klangschonheit be-
fleissigt. Das Quartett Capet fand ubrigens auch in seiner Sonntagsauffuhrung im Kon-
servatorium grossen Zulauf, wo es drei der letzten Quartette Beethovens spielte. Der
fast religiose Ernst, den Capet hier und da etwas absichtlich zur Schau tragt, schadet
ihm im Publikum nicht, im Gegenteil. Seine strafenden Blicke bei der mindesten
Siorung imponieren. Die Soirees d'Art sind auch den lebenden Tonsetzern ziemlich zu-
ganglicb, aber die personliche Bekanntschaft spricht da vielleicht zu oft mit. Im letzten
Konzert sang Plamondon drei Lieder von Leo Sachs, unter denen nur die „Aubade a
kunstlerischen Wert hat, und Frl. Muromzow zwei Lieder von Louis DiSmer, die von
seltener Geschmacklosigkeit zeugten. — Bei Colonne, wo ein Teil des Publikums
eine wahre w Solistophobie" zur Schau trSgt, spielte Georg Enesco Bachs Chaconne
zur allgemeinsten Befriedigung. In zwei eigenen Konzerten im Saale Erard trieb er die
Selbstverleugnung soweit, nichts eigenes zu spielen, sondern zwei anderen lebenden
Komponisten, Saint-SaSns und Sarasate, die Ehre zu gonnen. Neben ihm hat sich als
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442
DIB MUSIK V, 12.
Gelger namenfUcb Ferenet Hegedfie hefTOrgotan, der fiber fM Temperament *erfB|&
ebm dedurtb ari*gevfea*nbafter Arbctt tetfelndert zn warden, Unter den JUerierapteien
eflnd Tor allem drei Damen an oemeB; Wanda Landowsfce aplelte bei Celoane do
ante Ea-dnr Kemert too Momt «lebt bleaa mlt eUberater Tecbfti^ eondern aueb mil
Gfttot on£ GetfibL Blanche Salve idcbnete etch be! CherUlard la Werken vim Caetfltaa
tmd Cdear Fnutek tat. Marie Panlbea zelgte eJeh 1m lettten loetnunentslkDiiieri der
Bacbgoeeficbeft lis veizfiglJcbe Keanesin dea wohltemperiertcn Klffriera* Erwibnen
wtr endllch each den eehr gelangenen Uedertfbend, dm Joe Arger d«r Scfafinen
AffiHerin Sebubene wMmetev Fell* Vegt
PETERSBURG: Dee Tagee an gedenken, an dent tor 150 Jahftm Wollfeaag Amadena
Mozart der Writ geachenkt tnrde, arranglerte die rneataebe Kaiaeriicho Mnelk*
gea el lech aft etae Mozart-Peler miter Nihrirkung almfHcJier deatacher GMangmetee
der Resident mid lierverragender Solltten der Hofoper. Dat Feat ftnd outer Fret
A a era Lefftmg atatt — Daa ifebeate Sympbontefcraxert der Mu*Uc*Ge*eD*cli*lt nater
Letaing Nic. Klenowakl'a ana Tiflia nnd durch dia Mtarirkung Leopold Altera ale
Sotlaten (Brahma* VloUakoniert) geetsltete aiob an einem Mcbet atmganden, Erfrenlkh
- var die WledeiaaffBbniog von Kallnaikev** g-moll Symphonic; gebdrt lie deeb an den
Beaten, via die Zelt naeh Techalknwiky attf eymphonlicbem Gebiete keont, Sie vnrte,
vie anob die andeni orcheatnlen Nummern dea Programmer Llaata v Feetkllnger" and
Gllnka'a Jota Aragoneae* wring} icb ariedergegebetL — Im acbtan Symphonlekouxert
ataad tinaer GelgerkSnJg wleder am Dirlgenteapult. Daa Prognrmm etutzte aleh anf
Glaionnew'e B*dor Symphonic Nr. 5> Strauia' V THI Etdenaplegel*, 5aint«SaeW v Une null
k Uabonne* nnd Webera vQberonMhireilBre, Sollatlacb bctefllgte ateb Ale*. Miehaloveki
(Prof, dea Warachaner Kennrvateritma) mtt Sehtunanna Kiarlerkonxert, flbta aber anf
■ die Zuhflrw eewobl Im Spmpndniekoiuert, ala snob an adeem Chopin-Abend elate mate
varblMTende ala vobltaenda Wlrkung — Bin nle veraagender etriletlacber Magnet war
fBr daa allfEhrfgp Kooaert der PbllbanMnlacben GeeeUacbaft (Dirlgeot; Alex, Glaionnov)
In Feodor Schaljapin geweunen. Daea seine Vorttige wfeder mtt heilatem Jnbel anf-
genommen wurden, Ut wobl fcium des Erwiboena nStlg; ausgezelcbnet war die Wieder-
gtbc dca acbwlerigen KUvierkODzertes von Rlrasky-Korasakow durcb Felix BlamenfeltL
Bernbard VendeL
POSEN; Die Poeencr OrcbcBtervereinigung batte mit dem vienen Symphonte
konzcrt unter Paul G els 1 era Leitung cincn grossen Erfolg; Beetbovena Eroica,
Siegfrieds Rbclnftbrt, dts Vorspiel zur .bcUtgcn Elisabeth* und Schu minus Geneveva*
Ouvcrture gelmgea Tortreffllch. Die deutache Geaellachift fflr Knnst und
TLBsenscbaft begin g den Mozarttig durch eJne Auffubrung der c-moll Meaee (Dirigcnt
Prof, C. R. Hennlg, Sol 1st en: Frau Cabnbley-Hinkec, Fran Speier-Blumenbich,
Ricbard Fiflclier) wtirdig. Em Veretn junger Kiufleutc amg Susanne Deiaolr, v lb re ad
Willy Burmester mlt Moztrtschen Kompositionen gflozte und Hinze-Reinheld tut*
gezciebnet begleltete. Fcmer entiOckte Eugen d J Albert mlt der Wild ttein senate, Brahma'
f-moll Senate op. 5 und Chopinscbcn Wcrken. A. Hucb
PRAG: Unser Konzertleben 1st launiscb wie unser Winterwetter, Von den Sol tat en
konme Hubermann elne Suite von gllnzenden Abenden absolvieren; Ansorge
dicbtete am Klavier vor batbleerera Saal* Im Dfirerbund ersang Brieger Kimpfs
„Todeslust* grossen Erfolg; Klmpf selbst am Harmonium geflel be a cm den mit seinen
hubacben Nippes fur dies in Prager Konzerten bisber noch unbekannte Inatrument
(Mason). Camilla Brandeis brachte Wagnera Jugendpbamaaie in Sa-molJ zur Ur{?)auf-
fubrung. Die Sensation dea Monais war Max Reger im Deutscben Kammermualkverein.
Seine Vlollnsonate und sein Streicbquartett acbreckte die Tonaybariten und leerte die Siti-
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443
KR1TIK: KONZERT
reiben. Seine Beettaovenvariationen fanden die allgemeine Anerkennung der Zuruck-
gebliebenen. Wer dieses Werk schreiben konnte, ist ein grosser Musiker, mag er nebenher
nocta so viel kratzborstiger, stachliger Polyphonie fronen. Dr. R. Batka
SCHWERIN: Mozarts GedSchtnis waren in der Kammermusik das Quintett in
Es-dur fur Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott und das Quartett F-dur
No. 23 gewidmet. Alexander Heinemann streifte mit Mozarts „Warnung" den grossen
Meister. Dem Verlangen nach Neuheiten wurde im Orchesterkonzert mit der Symphonie
No. 2 A-dur von Gustav L£ska, einem Mitgliede der Hofkapelle, entsprocben. Das
Werk bietet erfrischende und unverbrauchte Musik. Namentlich der zweite Satz (Menuett)
ist kunstvoll gearbeitet. Frau Mottl erzielte mit der ersten Szene aus Cornelius' Oper
„Gunlod" im Konzertsaal gar keinen Eindruck. Die starke Instrumentation ubertonte
ihre Stimme vollstandig. Im letzten Konzert gab es den „Paulus a in einer guten Durch-
scbnittsleistung. Fr. Sothmann
VERDEN (Aller): Im Verein fur Kunst undWissenschaft wussten die Duettistinnen
Dora Schulze und Anna Brill durcta moderne Gaben zu fesseln. In Otto Riller-
Hannover lernten wir einen Violinisten ersten Ranges kennen, der, alien Virtuosen-
mfitzchen abhold, seinem Lehrer Joachim alle Ehre macht. Mit ihm waren Marie
Woltereck (Alt), Richard Lorleberg (Cello), Frau Lorleberg (Klavier) echt kunst-
lerisch tStig. — Der Frauenchor des Domchores sang in dem Weihnachtskonzert des
Unterzeichneten „Altes Kindheit-Jesulied" von Frank L. Limbert, eine gar duftige
Komposition von vollendeter Faktur. Frieda Henrici, die Bremer Altistin, sang mit
Beifall Weihnachtslieder und wirkte auch in dem Oratorium „Elias u mit, das ich mit
dem Oratorienverein im Dom auffubrte. Ihre Partner waren Martha Breuer, Dr.
Schuller und H. M filler. Der Versuch, Aufffibrungen von Oratorien zu ganz billigen
Preisen weiten Volksschichten zuganglich zu machen, ermutigt zu weiterem Vorgehen
in dieser Richtung. E. Dieckmann
ZURICH: Fast alles, was ich horte, trug selbst dann, wenn es in jenen Kreisen geschah,
wo sonst der Dilettantismus anfangt, in Vereinskreisen, den Stempel ernst gemeinter
und ehrlicher Kunst. Zu den schonsten Stunden konnte man den Beethovenabend
rechnen, der so eindrucksvoll wie selten unter der Personlichkeit Hegars stand, diesmal
um so mehr, als sich reproduzierende Vollkrafc an produzierender Vollkraft mass, Hegar
an derCoriolanouverture, fur die er einen Ausdruck von seltener psychischerKonzentration
fand. Als Klaviergast war Ernst von Dohnanyi erschienen, ob seines G-dur Klavier-
konzertes mit vollem Recht auf jede Art belobt. Ein interessanter Zwischenfall war
Rudorffs w Romantische Ouvertfire", die man bei Gelegenheit des siebenten horte, ein Er-
eignis Hans Hubers symphonische Tondichtung „Der Geiger von Gmfind", die das neunte
Abonnementskonzert brachte. Huber tritt hier mit sicheren Schritten in die Reihen jener
neudeutschen Symphoniker, die fiber den Einflllen die Architektur nicht vergessen, ein
grosser Formenerfinder und -Ordner zugleich. — Ein Regerabend, den der Pianist Ernst
Isler gab, ein Abend mit unterschiedlich guten, aber durchweg mit schopferischem Ver-
mogen erdachten Kompositionen, den Oskar Ulmer, ein Zuricher Klavierspieler, ver-
anstaltete, und schliesslich ein Lieder-Abend, an dem die LiedersSngerin Neumann-
Weidele einige lyrische Musikformen bewShrter und neuer Komponisten Zurichs brachte,
beanspruchten neben dem regen musikalischen Vereinsleben ein grosses Stuck des
musikalischen Hauptinteresses. Dr. Hermann Kesser
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ANMERKUNGEN ZV
UNSEREN BEILAGEN
M* vfer arataa BOder bezlcben atab sol dea ScUaea der ietelecbon Arbeit Daa
Pertrtt dea Abb* Vogler 1st aadt eiaem to Attftrage Act Gro*eberio(s Lad*
vlC I. ran Bafaaler Zatter in Darmstadt to Jabre 1811 gaaataa labeaagraseea ftlbild,
daa ntettt to Beatae ran Prat K* & m Sehafblatt (UIB-10M& 4m Biograpben Vof- ^
tot, fat aUschra gewee$a war, hefgeateUt Die Ofgfd im Hlato»mndTtod die atoatlecfacn "
VerbtttoieiibJea *af dea Blatte, dm* Vofler to der Hand Uf^ veto* «rf die Haapp
ttcfgteft da* eiaunula b arflb n u ea Lebtare *ea Tatar and Meyetteer bte^ Be biff daa
Portrtt von Peter Ton Wlater, dam Kompontaten dcr eta* viol grgnfrnimi Oper w Daa
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CennabJcb, told* nacfr ZetcfcaongM m(LE»v. matter.
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B* ton dee Fartrtt dec aa*geidcbnewn Slngeria Mathilda da Caetrone-
Marebeai gab, Qnmauuu feeb* 2tL Hto to Ftaafcftm *- M-)» eiaar der bedetftendaten
Jebendea Lebfckrifte dar GeeangetaneL
Znr Eriaaernag aa den rorzfigltcbea Gelger Joaepb BSbm (f 28. Mlrz ISTB zn
Vlen) bringen wlr win BUd nacb elaem elten Sricb. Er wtr von 1821—1868 Mitglied
der KaiserK Hofkapeile und enifaltete cine hervomgende Tliigkeit els Lebrcr: u. a,
^ebtiren Ernst, Joachim* Singer HeHmiberger tVater)^ L. Straut, RippoJdi zu selaen
Scbfilern,
Daa dlcbtte Blatt atelll vermutilcb eln EHnoeruagaxeicbea an die S telle dea
St. Maner Fried hofes In Tien dar, an der die aterbltcben Oberreate TolTgang
Amadeua Mozart a In der # a]lgemeinea Grubc* eimt beerdlgt wurden. Ea iat ein
•Grabbfigel mil einem Denkatein r an dem eln irauernder Engel Wacbe bllt. Daa Grab-
deokmal^ das dem Mclstcr im 5* Dezember 1850 auf dem Sf, Marxer Fried h of erricbtet
warde, atebt bckanmlJcb Jetit auf dem ZentralMedbot Ob beute an der Stelle lm
St. Marxer Fried hof r wo dietes Denbmal atand, einea aicb beflndet, da* nnacrer IHnatration
itir Vorlage diente, konnten wlr trotz tnebrfacber Bemfibungen in Vl*n nlcbt erhbren.
Wir briogen gleicbwobl daa Blatt In der Alio ab me, dass wlr ana tinserem Leaerkreta
nlberea fiber daa abgebUdete Eri one rung si deb en erfibren, wo fur wir acbon lm von us
unsern Dank entdchten. Die Auakuoft a oil evcntueil splterbin verOflfentlicbt werden.
fiber die Note nbeN age vgL den Text der latelseben Arbeit S. 375/6 dieaea Hcftea.
Zum SchltiBB uberrelcben wir unseren Lesern das Exiibris zum IS. Bande der
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Nftthdruck nur mil *utdrD^klfelicp PrLnubn(* d«* Vtr!*t** te*t*ttef.
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Zweites Al&rzheft
nach Gattungen.
Herausgegeben yon Hermann Kretzschmar.
Ats nachste Veroffentlichung zu erwarten:
Bermimn Kretzschmar: Das neue deutsche Lied.
Blsher erschien:
Arnold Schering
lii des Inbimeoti
bis auf die Gegenwart
220 Seiten. 8°. Geheftet 3 M., in Leinwund gchunden 4 M.
NEchi rtur Jer Jf uMksPleliirt* 1 vird daa Ructi mlt frrF^lR henm/cn hfinnen, fluch
Jem ftii-tUltentli-n KUiiNtlfr piM us ftnHtf4»wf»lrlin^ti» HhihIw*1hi-,
Allium Mu^iWrirujij*, Gli*r|u|jv*nhurn, 2- Fcbr. lHOft-
Lewn uirJ din Kuril J«**l*»r Unilltrr Tnusscn, Jti Irdvr mil H unlit i i rimtllch
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LONDON
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LEIPZIG-LlDdenOU, Angerstrasse 38.
FrlBllirt: Anfcrtrp* 1B84. Uttck 1899. Bom 1896. Wpzfg 1897. BiHta 1899.
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KlavterspieUApparat „ Pianist"
Ullhelm Spoethe, Gen im Berlin 0, »teti.i55pt.
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„Jllkt**-Plu» n*e* elteoem P«em, * Jabrciprodukiioa ct. 2000 Flw
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Berliner musikalien-Drudkerei
• « • a. n. b. % . « • Berlin -Cbarlottenbiirg.
i Charlottenburg, Wallstr. 22. * Fernsprecher: Ch. 2078.
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Autographic. Kunstlerisehe Titelbltttter.
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Der Traum dcs Gcrontius, Op. 38. Fur Mezzosopran-, Tenor- und Bass-Soli,
Chor, Orgel und Orchester. Partitur M. 63. — > Streichstimmen M. 20. — ,
Blaserstimmen usw. nur leihweise, Klavierauszug M. 6. — , Chorstimmen
M. 8.—, Textbuch 25 Pf.
Die Apostel, Op. 49. Oratorium fur Soli, Chor, Orgel und Orchester.
Partitur M. 105. — , Streichstimmen M. 23. — , Blaserstimmen usw. nur
leihweise, Klavierauszug M. 8. — , Chorstimmen M. 8. — , Konzertfiihrer
von Max Hehemann 50 Pf., Textbuch 30 Pf.
In the South (Im Suden), Konzert-Ouverture, Op. 50. Partitur M. 31.50,
Stimmen M. 39.50, Pianof. Solo M.3. — , Pianoforte zu 4 Handen M.5 — .
Canto Popolare, aus der Konzert-Ouverture „In the South 44 (Im Suden). Fur
kleines Orchester. Partitur M. 3. — , Stimmen M. 4.75, Bearbeitungen fur
Klavier, Violine und Klavier, Viola und Klavier, Cello und Klavier,
Klarinette und Klavier, je M. 2. — .
IntrodttktiOfl und Allegro, Op. 47. Fur Solo-Streichquartett (2 V., Via., u.
Vcello.) und Streichorchester. Partitur M. 12. — , Solostimmen M. 4. — ,
Orchesterstimmen V. I., II., Via., Vcello. k M. 1.50, K'bass M. 1.—,
Pianoforte zu 4 Handen M. 4. — .
Trauermarsch aus dem Drama „Grania and Diarmid", Op. 42. Partitur
M. 6. — , Stimmen M. 9.—, Pianoforte Solo M. 2.—, Orgel M. 2.—.
Variationen fiber ein Original-Thema, Op. 36. Partitur M. 25.—, Miniatur-
Ausgabe, M. 5. — , Stimmen M. 32. — , Pianoforte Solo M. 3.50, Pianoforte
zu 4 Handen M. 6. — .
Intermezzo (Dorabella) aus den „Variationen u , Op. 36. Partitur M. 3.—,
Stimmen M. 4. — (fiir kleines Orchester: Streicher, Holzblaser u. Pauken),
Pianoforte Solo M. 2. — .
Vorspiel und Finale (Der Traum des Gerontius). Partitur M. 6.—, Stimmen
M. 17. , Pianoforte Solo M. 2.—, Orgel M. 2.—.
Marche impferiale, Op. 32. Partitur M. 3. 50, Stimmen M. 9. — , Pianoforte Solo
M. 2. , Orgel M. 2.—.
Meditation (Lux Christi), Op. 29. Partitur M. 5. , Stimmen M. 7.50, Pianoforte
Solo M. 2. , Orgel M. 2.- .
Froissart. Konzert-Ouverture, Op. 19. Partitur M. 7.50, Stimmen M. 13.50,
Pianoforte Solo M. 2.50.
Triumph-MarSCh (Caractacus), Op. 35. Partitur M. 6. , Stimmen M. 13. .
Orgel M. 2. .
Chanson de Nllit, fiir kleines Orchester, Op. 15, I. Partitur M. 2.50, Stimmen
M. 3. , Pianoforte Solo M. 1.50, Violine und Pianoforte M. 1.50, Viola
und Pianoforte M. 1.50, Cello und Pianoforte M. 1.50, Orgel M. 2.—.
Chanson de Matin, fiir kleines Orchester, Op. 15, II. Partitur M. 2.50, Stimmen
M. 3. --, Pianoforte Solo M. 1.50, Violine und Pianoforte M. 2. --, Cello
und Pianoforte M. 2. , Orgel M. 2. .
Mazurka, Op. 10, I. Partitur M.5. , Stimmen M. 7.50, Pianoforte Solo
M. 2.-- , Violine und Pianoforte M. 2. -.
Sfcrfenade mauresque, Op. 10, II. Part. M. 5.--, St. M. 7. , Pianof. Solo M. 2. .
Kontraste (Die Gavotte A. D. 1700 und 1900), Op. 10, III. Partitur M. 5. ,
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elnband. Prals SO Ilk. Gefl
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ttiltr*m«ffc*t; £■ itthi
inn Verkitur tin* P*rU*
feiu, gtripptfl Oiw
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frliohem W*ldipo0* uad
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blbnen |r*Lb*D inch tmd
uch *ue deo Moat her-
Tttr, ntid btld kbaepaa
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Deutschen, sich an kalendcrmlssig festgesetzten
Tagen zu begeistem. Leute mit empfindlicben
Hfrorganen, denen das unisone Geriiu^ch des
gescbitomlsslgen Enthusiasm us schon lauge
tin Argemia 1st, sind der Meinung, man solle
lleber, als aur den Mund des Nacbbare, einmal
in sein eigen Ich hineinseben und zu erforscben
trachten, wieviel von dcr Grftssc des verstor-
benen KQnstlers oder HaJbgotte noch in una, den
Lebenden* lebt. Der bekannte Leipziger Muslk-
kritiker untervucht ratt unbumherziger Aur-
richtigkelt die Frige: Was ist uns, den fcunst-
empflndenden Menscben von heute, Mozart?
Gerade den Freunden Mozartacher Musik sei
dtese Schrift empfohlen, an der ait die eigene
AnTMchtigkelt prufen Unnen,
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^Tom 1 Kompoaillonen von
RICHARD FRANCK.
Op. 37. ItrammtiHCho Oiirrrtttre fiir
grosses OrdicsKT. Parti tur , . . . M H 10.
Strmmen „ 10.
Op. JR. WuMpliniilntflPii flip KlmiPr „ 4.
Einzeln: No. I „ 1.20
No. 2 „ O.tiO
No. 3 „ 120
No. 4 LH>
Op. 40. IJpbealilyll lAinor unJ Psrchci.
TonJichtunR fur grosses Oreb ester.
Panitur . , . . - * in.
Op- 4L l|iiHrtt B tl (in einem SaivJ fiir Y inline,
Bratscbe, Violoncello und Klavier . . „ 7S0
Op. 42, Drcl Littler flkr MJIiimTi'hor.
Partitur 1. 20
Stimmen 1.N0
Op. 43, TlolhikiHixi'H* KIuvieraLL&zug „ tf.
Terlag der Schlesinger'sttien Budi- und Hiauillnng
in Berlin W* f Fran/ii*.ischesti\ 22 2X
Dicsem Heft Ikgr ein I'mspcfcr bei vmii Verlng llreilJ-
llen, HalPiiMe*** fiber die riulu»HH|»Rrillur /urOuvttr-
tnre Mrnifred vein Hubert Ki-limiuiiiu.
[us*
ubeziehen durch a I
= Bereils iiber 1500 Bandc ^
kritisch revidierto Gcsamt- Ausgabe
der Classlker, UntericMaworke
= und modcrncr Meistcp.=^
WELCHEHACH DEN PRIHCIPIEN DER HEUTIGEN
TECHHIK VON DEN HERV0RRAGENO5TEN
MUSIKPADAGOGEN BEARBEITET 1ST.
Neben den Classikern sind die W&rke der
bedeutendsten Komponisten darin aufqenommen,
wie: von Blilow, Bruckner, Goldmark,
Kcschat.KienzL Liszt, Reger, Rubinstein #
Smetana, Rheinberger, Volkmann,
Richard Strauss, von Suppe, von Wilm,
Wolfrum, Ziehrer und vlele Andere,
,atal o ge
1 grati 6 —
f r a nka,
iemjum mm
Berlin W. 35,47, StBglHw-
itr.GBo MuilkiHenhindl|.
hi hcBirthT, duivh *o]ldu,
ku]»ni? und schntllc Be-
d ten u nn I h ren K linden -
kreis /u crweLiern. Zur
Erlck-tiderunK der An«
schaffiiTijE wtrdtn mtnit-
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Berlin SW. Gegrundet 1850. Bernburgeratr. 22 a.
Hanptlebrer : Madame Blanohe Corelll, Frau Lydfta Hollm, Frau Prof. Selma NloUats-Kempner, Anna Wfiltner,
Alexander Helnemann, Nloolant Rothmahl, kdnigi. Kammersfinger^WladjilaTSeldeniann, S. Klibansky, R. Weinhdpel.
0. Bertram, Theodor Bohlmann, Felix Dreysohook, Sandra Dronoker, Se?ertn Blsenberger, (Mother
Frendenberft, Gottfried Galiton, Brnno Oortatowikl, Brnno Hlnse-Relnhold, Professor Martin Kranie, Emma Kooh,
Professor Jam ef Kwast, Frieda Kwait Hodapp, Grossherzogl. Kammervirtuosin, Max Landow, Dr. Fanl Lntienko,
Professor 8. A. Papendlok, Professor Phlltpp Rfifer, A. Sobmldt-Badekow, Tb. Sohdnberger, Hofpianist A. Sormann,
Professor B. B. Tanbert, W. Harrleri-Wlppern, Rob. Klein, Gnita* Pohl, Hartba Sanfan, Clara Kranie,
Panl Oeblsoblftger.
Professor GnitaY Hollaender, Alfred Wittenberg, Konzertmeister Frltl Aranyl, Konzertmeister Max
Grfinberg, die kdnigl Kammermusiker Willy llloklng und Walter Rampelmann, H. ftotUleb-fforen, W. Kiitob, Max
Modern, Clara Sohwarti usw. (Violine) Joiepb Malkln, Bngen Sandow, kdnigl Kammermusiker (Cello); Bernhard
Irrgang, kdnigl. Musikdirektor (Orgel) ; Carl K&mpf (Harmonium); Fr. PoenltX, kdnigl. Kammervirtuose (Harfe);
Kapellmeister Professor Arno Kleffel, Hans Pfltzner, Professor PMlipp Rnfer, Professor B. B. Tanbert, Wilbelm
Klatte, P. Oeyer, Arthur Willner (Harmonielehre Komposition); Dr. Leopold Schmidt (Musikgeschichte); Sga. Dr.
CapUnoehl (Italienisch); Dr. med. J. Katiensteln (Physiologic der Stimme) usw. usw.
Kapellmeistersohnle: Kapellmeister Hans Pfltzner, Professor Arno Kleffel.
Chorsobnle: Professor Arno Kleffel, PrlmaTlsta: H. Oottlieb-Noren.
Orehestersohnle : Professor OnstaY Hollaender, Gottlleb-Iforen.
Blftsersohnle : Die konigl. Kammermusiker Roessler (Flfite), Bnntfnss (Oboe), Ransoh (Klarlnettc), Koehler
(Fagott), Llttmann (Horn), Koenlgsberg (Trompete), K&mmling (Konirabass).
Kammermnslk: Professor James Kwast, Bngen Sandow, kgl. Kammermusiker, Onita? Bnmke (Blaser-Ensemble).
Seminar fur die Ausbildung zum Lehrberuf: Leiter: Professor 8. A. Papendlok, Fanl Cteyer (Klavter);
WUly Nicking (Violine), W. Seidemann (Gesang).
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Sobansplelsohnle: Die Schauspielschule des Dentsohen Theaters (Direktor Max Retnkardt) ist mlt der des
Stern'schen Konservatoriums TOrelnlgt.
Opernsohnle: Leiter: Nloolans Rolhmohl, kdnigl. Kammersanger; Partieen- und Ensemblestudium. Professor
Arno Kleffel kgi. Chordirektor Jnlins Oraefen, Otto Llndemann ; Corrcpetition: Kapellmeister Max Roth.
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Jahresberichte kostenfrei durch das Sckretariat. Sprechzeit 11-1 Uhr.
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des Stern'schen Konservatoriums
Berlin W., Potsdamerstr. 115a. Direktor: Professor <Miisfav Hollaender.
Eintritt jederzeit. Prospekte Kostenfrei. Sprechzeit 11—2, 3—6.
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Herausgegeben von
Richard Fleischer
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Briefe Leopold von Rankes.
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Konservatorium der Musik zu Koln
unter Leitung des stadtischen Kapellmeisters
Herrn General -Musikdirekior Fritz Steinbach.
(Schuler-Frequenz 1905: 54-8, Anzahl der Lehrkrafte 52.)
Die Aufnahme fiir das Sonimer-Senittster findet am 2. April, vormittags
9 Uhr statt. Schriftliche Anmeldungen sind bis zum 31. Alarz beim Sekretariat,
Wolfsstrasse 3-5, einzureichen. Der Vorstand.
KlaMusbildMlatte des Herrn Carl Frledners.
Neu-Aufnahme am 2. April, nachmittags 3 Uhr. Anmeldungen an das Sekretariat.
Es sind sofort oder zu Ostern folgende Orchest.-Freistellen an unbemittelte junge Leute,
die sich der Ausiibung der betreffend. Instrumente berufsmiissig widmen wollen, zu vergeben :
2 fiir Flote, je I fUr Klarinette und Kontrabass.
Bewerber, die auf Grund ihrer schon erworbenen Kenntnisse im Schiiler-Orchestermit-
wirken konnen, erhalten ausser dem Spezial-Unterrieht auch noch Unterricht im Klavier-
spiel, in Theorie usw. Anmeldungen mit selbstgesehriebenem kurzen Lebenslauf an die
Direktion des Konservatoriums.
Konzert-Direktion Hermann Wolff.
Saal Beclisleiu: Montag, 19. Marz, abends 8 Uhr:
Liederabend ValbOrg SvardStrOIIl von der konigl. Hofoper in Stockholm
Am Klavier: I* rot". Julius S|m*iik<*1.
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— — — — ifeetlioveii.Httal : Freitag, 30. Marz, abends 8 Uhr: — — — —
Orchesterabend juuger Komponisteii ans Warschau tint dem Philliarmonischen Orchester
Dirigent: Georg Fitelberg.
Ueoriz Fil«'lbrrK:: Symphonic <r-mo||), op. Hi. — Fiirst liUilislau* l,ubomlraki : Andante.
Lndomlr R6z > yeki : „Eioleslaw der Kiiline", op. 7. <-. rit«»lh«*rj;: „Lied vom Falken u , op. 18.
Karl Sxyuiauow ski : Symphonisehc Ouvertiire, op 12. Samtliche Werke zum ersten Male in Berlin.
__i_ Karten M. 5, 3, 2, 1 von 9 ! ,»8 bei Bote & Bock u. Wertheim, Leipzigerstr. _-_
final HooliHiein: Sonnabend, 31. Marz. abends 7'/2 Uhr:
Sonatenabend Ferrnccio Busoni (Klavier), Alfred von Glehn (Velio.).
Beethoven: Sonaten op. 102 No. 1 (C) und op. 102 No. 2 (D) fiir Klavier u. Violoncello. - Ituftoui:
Variationen „Kultasele u fiir Klavier u Violoncello. - Samuel KoitMMfaii: Sonate fur Klavier u. Violoncello.
:n „i\.uuaseie rur ruuvicr u vioionceiio. — .-^rtimit-i iioiiKt^titii. oomue rur ruavier u. vioion
Karten M. 5, 3, 2, 1 von 9 ] >8 bei Bote & Bock u. Wertheim, Leipzigerstr.
Philharmonic: Montag, 2. April, abends 7 1 2 Uhr
Letzter Liederabend Ludwig Wiillner
unter Mitwirkung des Anna Willi nernchen Fran en chores.
Liedcr von Schubert, Luh<> : Archibald nonplus. Schumann: lHchterliebc. Rrahms:
Deutsche Volkslieder. Frauci: chore von llralmiN und DelihcN.
__ Karten M. 8« 2, 1 von 9 - 1 e 8 bei Bote & Bock u. Wertheim, Leipzigerstr. ___
UceihoveiiHHHl : Montag, 2. April, abends 8 Uhr:
Konzert zum Rest en ties Deutschen Vereins fiir Kinderasyle in Schoneberg.,
veranstaltet von Emmy Di>*tiiui, Kgl. Hofopernsangerin, unter Mitwirkung
von Sergei Kortkiewicz (Klavier)
und dem Philharmonischen Orchester (Dir.: Aug. Scharrer).
Wafjner: Ballade d. Senta a. „FlicRcnde Hollander". Seliiibert-LiNzt : Wanderer-Phantasie. .Mozart: Aric
a. „Figaros Hochzeit 44 . Jlortkiewicz : Klav.-Knn^ert iH-moll) z. 1 Male. Manuskript. Lieder m. Klav.-Bgltg.
__ Karten N[. 5, 4, 3, 2, 1 v. 9 1 2 H b. Bote & Bock u. Wertheim, Leipzigerstr.
— — BeethoveiiNHHl : Mittwoch, 4. April, abends 8 Uhr: — — " — —
Vohal- O a a rtett- A ben d
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Hof - Pianoforfefabrikanfen
M. 2100.— net to.
Sr. Majeitflt del DeutBchen Kaiuera und Koniga Ton Prauaaen.
St\ MiijunmL duo K»l*^~vygn Osterroicb und Honiga too Va|trD«
6r. Mujestftt dea Eaieera von Hussland.
Sr. Majeatat des Koniga Eduard von England.
Ihrer Hajeat&t der K5nigin Alexandra von England,
fir. Majaattt doe Schah von Feraien.
Sr. Majestat daa Kdnigi tod Sachaea,
Br. Majeat&t don Koniga yon Italian.
Hirer Majoetat der Kdnlgin-Begentiit von Spanion.
Sr, Hajeatfit das Koniga too Schwoden mid Norwegoo*
8r. Majeat&t dei Sultana der Turkei
etc. etc. ate.
"■I Uli
Nich mdner Meinunft fcommi wctfcr to Aroeriki noch in Europi dn tnderc* Ftbrifcii ibrao yoriOglichea
ugnissrn In trgcnd eincr der bervomgenden Eigenschiften rthr, wclche sic dem KQaiiler und PubKkucn gJeich wert
ncn Auf tile Ffilte 1st Jhr FibnLn (ettl in cueinen Augcn dts ideate Produkf unieres Zclmlten, Etfpoa 4'Albart
E* much? mir cio gini lu&serordeatliche* VergnGgcn, Ihncn telbit zu imgen, d«$t meiac Verehrung und
Bewuaderung fOr die unflberwiffeae Schonhcit del Totiei, die VoHendung dts MccbioUmui and die wlrkllcb wunder-
birc Diuerbiftlgkelt unbegrenzt bind.
EM. Mil 1601. Terwa Carrftna.
Mcinc Pmuk Da Pdlle, die Macht, die Idcile ScbOnbeU dei Toflei und die VoUkommenbelt der SpJel*
art I brer Klivicre 1st unbegrcn/t. I, J. PndenswakL
Bel eJaer tadeilesen KUviifur, drier physikillsctt denktunt richtifcen tCorjitruktion. verelnea Ihre FlQgel Ua
Klinge die Kraft, die Weicbheit uad die brillmz, towie die Jlngstc Tondiuer, und lie ermOgUcbert die gr&tatc Ver*
•ehfedenheit der AfiidUagMfl FerrucaSo Busoni.
Ibre unveTglel"hlfc l »ra lairmm me
Itcheriich encheinen muss
Qber illc Kritik
Aula. ILnen
logir ]edea Lob
Sofia Mentor.
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FLOGEL- UND PIAN1NO-FABRIK
CBECHSTEIN
HOFUEFERANT
BEINXB MAJE8TAT DEB KAISEBS UND KOHIGB
JHBEB J1AJESTAT DER KAlfiEBIK UKD KONIGnT
BUirTEB 3£AJ£6TAT I>HS XAI6EEB VOK BUB&LAND
IHHEB MAJESTAT DEH KAXBEBIN FHr&DRICH
BELtfER MAJEBTiT DES KONTQS VOK ENGLAND
IHRER MAJESTiT DEB KCNIGIN VON ENGLAND
BEINFR HAJESTAT DEB KOKIGB VOTT ITALIAN
BJLINEB KAJ1 8TAT DES XflNXGB VOK BPANXEtf
SEINER MA JEST AT DEB KONIGB VOH RTJMAMTWT
BEIN&R MAJEBTAT DES KONIGB VOK WtJRTTEStBERa
IBBKB KONIGL. HOHEIT DEB KROHFHIMESBIN VOW BCHWEDEH TOD HORWEGEDI
IHRER kGNIGL. HOHEIT DER PRINZESSIN FRIED RICH KARL VON PREUSSEN
SEINER KONIGL HOHEIT DES PRINZEN LUDW1G FERDINAND VON BAYERN
SEINER K6N1GL* HOHEIT DES HERZOGS VON SACHSEN-COBURG-GOTHA
IHRER k0NIGL. HOHEIT DER PRINZESSIN LOUISE VON ENGLAND (DUCHESS OF ARGYLL).
Grosse goldenc StiBtsmediille fur faerfomgftD.de gejvcrbliche Lcintujigci IHMl
Bcchsfein Hall. London V.
BERLIN N., PARIS, • LONDON W. t
Jobinnisstr. S. 334 Rue St Honorf. 4a WIGMORE-STREET.
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Anerkennende Zeugnissc dcr bedeutendsten Musiker,
Jttctaarat Stratum loh htlti die Bectisttiruchii Ipitrumentt fir dit ithiiaten ind falnnihllgatM drr Wart,
Fn^n d'Alh<*rl: Mil auPrichti£er Freude erereite ich die GeleienhelT* Ihnen von ncuem metric Bewundcrmip
flner Ihre herrlichen HC^ei ausiudiQcLen, Ich bin mir hewusfrf, dcnsclbcn einen nicht imhedeute&den Teil meine*
Eifolce tu vet darken. Ton,. FpitJarT und Daurrhaftiglieit hi be ich nocu bei ieinem andrren Instrumente in glcic&ar
VortGfclicbkeit vereinie.r (efunden, wle bci Jen lhri(en und icb hoffe, such bci meinen ferneren Konzemeisen aieis Inner
Flllgel bedicnen zu dflrTen.
Ferrnrrlo K. BhhoiiI: Ersi bei meinan Londoner Recitals batte ich eine erachGpfendc Gtlepenheit, ail
den B(Ch>tlin-H&zeln bekannt zu werden, Diejiethen h&btn in jeder Hirsivbl alien meinen I mention en enr*prochai.
AngeskhTS der hochsten mir ^fcrLc^ten Auf^ahen del Vorirtjs und der Technit, wie sie mcin Programm umTisstet,
nedeutet das einen £ us hero rde ml icb en Kft/j; fur die Ecl luteins hen Jnstrnnenie, deTfin unnestre-llaaj'ft VtrziiflMcfakeft ZO
pre teen* mir zu QrtjssfT Frrude geruicht.
T**r^w* t4trrottA: Die Bcchsrein-PiinoF, die ich tuf itlcn meineu europli^chen Konzert-Tourrecs »
npielen d»s Verj:nii^n hattr T sird Jss Idril von Vo!ifct>mmenheit ur h d der KQnwier, der den Vonuft h*K s«e fu bp^elem*
kinn *iuh in dtr Tit erf.n:! ; erc» Fs i i iU?* ]ns'it:Ricr:t. vcltfiH >l]? h n tnderrn vor*us den Anspruuhen eir.cs Ks'iMJen
entvprichr ui;d ihm Catu vrrliilff, <1:c TTcLtc drs TonRfl una des AoPChlajei zu enielei, die er xu crUfigcn »0nscbt*
A'drie HewundrninR ffir dif h^-hsrciti-Htnoii isl unhe£rei^l.
iM'opolil CMail^^Hkj : F.s 1st nir em *■:■■£* Hcrtei:shrdiirrnis, thnen meine unb*e.reoJte Bewunden-n
i-fid Ket^i>t«*ruiic t*t Ihre so unrlkreri [ju-trui^r- 1 ^ Isieniiii *u^dj"r\br» 7u inrn^n. I'ie 5ch6nbeit und uoendK*he
vm er im CrunJr des Hcr;ens fCihit. Mit cinem U one, dag Bechatfcifl-Jji&tmmint lit und bEeibt die VoltkooimenFiAit,
da» IdoaL d«fl Kunttlfir*,
Bopbl«r Jrt^nl^r: BechsUln i*t dcr KOnie tJicr Pii^ofdrtebiuer
Kflimrd Itinl^r: E« isr ijrmflplicli in Vorrrn dis itevisse Enru tatEudrflcken l du den Klivieren der
Flrtni Beohpteln jhren befcondcren UcIl vntribt, Man muss sie eben «pit!en. um c4 zu Ldren und zu fOhlen* Tu
iber dkse InitrujtteiiTc ko hmh auFjtekhneu Eat seben dieter speziH^iben tifcnirt die vunderbnre birmnnische Vcr-
Schmelrtinj vcrn ill den F.ifensi haffen^ die ^rJ den andertn Itbrilaren nuc verein«]| vorki-mnicn. Sin find ftle Pi|izr(CI
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dc« Spiclan BRtlifttltid.'m-lftitTirirrW'Jktf Vt^ihAV 2u inmer nc^fv^^^^p^^t^^n.
ltltfhairaf Wftgn^r: Die Becbsicintchen Piin« sind tOncnde W«hlM;en fir die mualiiUscbc Well.