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Full text of "Die Musik 14Jg, 4Q, Bd.56, 1914-1915"

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DIEMUSIK 



HALBMONATSSCHRIFT MIT BILDERN UND NOTEN 



HERAUSGEGEBEN VON KAPELLMEISTER 

BERNHARD SCHUSTER 



VIERZEHNTER JAHRGANG 

VIEftTER QUARTALSBAND 

BAND LVI 




VERLEGT BEI SCHUSTER & LOEFFLER 
BERLIN UND LEIPZIG 

1914—1915 



Mute 



' : i 



I- ■ 



INHALT 



Selte 

An unsere Leser 288 

Joseph Bloch, Die reine Stimmung und die Intonationslehre 172 

Marie v. Biilow, Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger 215 

Georg Crusen, Deutsche Musik in Ostasien 262 

Werner Deetjen, Vom Ausklingen des Meistergesangs 177 

Franz Dubitzky, Die leere Quinte 243 

F. A. GeiBIer, Das Kriegsziel der deutschen Tonkunst 211 

A. N. Harzen-Muller, Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger 123 

Johannes Hatzfeld, Musikalisches aus dem Tagebuche Martin Deutingers ... Ill 

Richard Hennig, Das Problem des Charakters der Tonarten 61 

Alexander Jemnitz, Lieder von Moussorgsky 270 

Otto Keller, Anton-Bruckner-Literatur 158. 217 

L. Leonbard, Die Musik in Albion seit Kriegsbeginn 51 

Arno Nadel, Gesange der jemenitischen Juden. Versuch einer neuen Einteilungs- 

weise fur alte Melodieen 99 

Wilibald Nagel, Musica futuristica 3 

Walter Niemann, Das musikalische Wunderhorn. Von suddeutscher Romantik 

in Klavier- und Kammermusik furs deutsche Haus 147 

Ernst Otto Nodr.agel f, Jean Louis Nicod6. Ein Kunstlerprofil 195 

Richard Ornstein, Wagner, Lortzing-Reger und Deinhardstein. Ein Beitrag zur 

Quellengeschichte der „Meistersinger von Numberg* 75 

Emil Petschnig, Die Tonkunst nach dem Kriege 26 

Konrad Volker, Schubert und Goethe 128 

Hermann Wetzel, Hauskonzerte % 32 



Revue der Revueen 37. 88. 133. 181. 227. 278 

Besprechungen (Bucher und Musikalien) 42. 92. 138. 187. 234. 283 

Anmerkungen zu unseren Beilagen 48. 96. 144. 192. 240. 287 



INHALT 



Selte 

Btsel 239 

Berlin ... 95. 239. 287 
Graz 44 



Kritik 


(Oper) 


Seiie 




Selte 


Halle a. S. . . 




143 




. . 45 


Hannover . . 




143 
95 






Koln . . . . 







Kritik (Konzert) 



Seite 

Basel 239 

Berlin 96 

Dessau 96 

Graz 45 

Halle a. S 192 



Seite 

Hannover 143 

Jena 46 

Kiel 47 

St. Louis (U. S. A.) . 47 

Sondershausen . . 287 



Selte 

StraBburg i. E 48 

Thun 240 

Worms 144 



DIE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 19 • ERSTES JULI-HEFT 
14. JAHRGANG 1914/1915 

VERLEGT BEI 
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W 



Die Politik hat eine gewisse Verwandtschaft mit der Musik in 
dem Bestreben, Harmonie berzustellen, und aucb Noten bat man in 
der Politik genug zu schreiben. . . . Wenn meine Arbeit als Kom- 
ponist und Notenschreiber in deutscben Angelegenheiten gelungen ist, 
dann ist mein Lebenszweck, soweit er fur die Offentlichkeit von Wert 
ist, erfiillt. 

Bismarck 



INHALT DES 1. JULI-HEFTES 

WILIBALD NAGEL: Musica futuristica 

EMIL PETSCHNIG: Die Tonkunst nach dem Kriege 

HERMANN WETZEL: Hauskonzerte 

REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

BESPRECHUNGEN (Bficher und Musikalien) Referenten: 
Martin Frey, Carl Robert Blum, Hjalmar Arlberg, Emil Thilo, 
Georg Capellen, F. A. GeiBler 

KR1TIK (Oper und Konzert): Graz, Jena, Kiel, St. Louis, 
StraQburg 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

KUNSTBE1LAGEN: Robert Kahn; Therese Malten 

NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenscbau, Verschiedenes 

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Abonnementspreis 

Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung 
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland 
Mk. 6.—). Die bisberige Jabresvorausbezahlung lassen wir, urn den 
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zablungserleichterung 
zu gewahren, fur den 14. Jahrgang in Wegfall kommen. 

Verlag und Redaktion der MUSIK 



MUSICA FUTURISTICA 

VON PROF. DR. WILIBALD NAGEL IN STUTTGART 



Wir leben in einer Zeit, die eine Umwertung vieler Dinge und 
Begriffe erfahrt. Der eiserne Besen des Deutschland in einer 
nie genug zu brandmarkenden, scbamlosen Weise aufgezwungenen 
Krieges fegt mit Allgewalt das hinweg, was alt und verrottet war und raumt 
auf mit dem, was sich gigerlhaft dumm blahte und nur in der Sonne der 
eigenen Dummheit glanzte . . . Man hat derartige Worte in den letzten 
Monaten oft in dieser oder ahnlicher Form gehort. Moge Deutschlands 
guter Geist geben, daD sie sich auch nach dem Kriege bewahrheiten. Der 
Kenner deutscher Art und Geschichte wird freilich geneigt sein, die Dauer 
des Erfolges abzuwarten, ehe er in den allgemeinen Jubel einstimmt. Immer- 
hin ist es als gutes Vorzeichen zu begruflen, daC die Erregung gegen 
die Auslanderei und ihr Affentum diesmal wirklich tief geht. DaC dabei 
fiber die Schnur gehauen wird, darf niemanden wundernehmen. Wo es 
so gahrt und brodelt wie in der Gegenwart, da steigen die seltsamsten 
Blasen auf, und allerhand Gase umnebeln die Sinne. Es entbehrt aber 
nicht einer gewissen Komik, wenn man gewisse Zeitungsschreiber, die sonst 
an Anhimmelung fremder Art sich nicht genug tun konnten, jetzt alles 
Fremdlandische kurz und klein schlagen sieht. Handel, Wissenschaft und 
Kunst sind ihrer innersten Natur nach international. Sonst verdorren sie 
und sinken zu bedeutungsloser Kramerei herab. Darauf wird sich unsere 
Zeit, ist erst einmal der Friede erkampft, bald wieder besinnen. 

Lacherlich, daC erst offentlich angefragt werden muCte, ob heute 
Shakespeare aufgefiihrt werden diirfe! Unser Shakespeare, den die Arbeit 
unseres Geistes uns gewonnen hat! Lacherlich, wollte man Berlioz in Acht 
und Bann erklaren, der Deutschland geliebt hat. Man streicht Kultur- 
werte nicht mit einem Federstriche aus dem Dasein fort. Kulturwerte — 
darauf kommt es an, Erscheinungen von Ewigkeitsgehalt. Was problema- 
tisch ist, Zeichen des volligen Verfalles an sich tragt, das freilich wird 
der Sturm, der jetzt fiber Europa hinwegfegt, erbarmungslos vernichten. 
Ich denke, der Futurismus gehort zu ihm. Und weil er ein traurig- 
lustiges Ding ist, mochte ich einiges fiber ihn sagen. An der Hand kleiner 
in Deutschland nahezu unbekannter Dokumente. 

Als F. Balilla Pratella's op. 30, „Musica futuristica per orchestra", 
irgendwo in Italien aufgefiihrt wurde, soil es zu wfisten Larmszenen ge- 
kommen sein. Das ware zu bedauern, da niemand das Recht hat, dem 
Kunstler vorzuschreiben, wie und was er zu schaffen hat, niemand auch 
wissen kann, ob nicht das, was heute noch allgemein mififallt, morgen 
Beifall finden wird. Vielleicht sogar kfinstlerische Geltung. Zudem werden 



4 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

isthetische Streitfragen nicht durch Joblen und Schimpfen entschieden, und 
das zahlende Publikum erwirbt durch sein Geld noch keineswegs das Recht, 
in seinem Sinne vom Kiinstler unterhalten zu werden. 

Das freilich sehr sonderbare Werk (seine Form ist nicht weiter 
charakterisiert) ist mittlerweile, 1912, bei F. Bongiovanni in Bologna er- 
schienen. Man wiirde es als ein klassisches Beispiel tonsetzerischer 
Armut, barbarischer ScheuOlichkeit und kindischer Ungelenkheit (mit wenigen, 
ganz wenigen ertraglichen Einfallen) ruhig beiseite legen konnen, ginge 
ihm nicht eine mit argen Phrasen gepanzerte theoretische Abhandlung, die 
sich als futuristisches Manifest bezeichnet, voraus. Zu diesem Gemische 
aus GroBenwahn und kritikloser Schwafelei Stellung zu nehmen, ist um 
so mehr angezeigt, als das Manifest in spateren Zeiten zur Beleuchtung 
der Musikkultur des beginnenden 20. Jahrhunderts ohne Zweifel nicht 
selten angezogen werden wird. 

In jeder Kunst hat es von alters her Schaffende gegeben, die die 
iiberkommenen Werte zerschlugen oder doch zerschlagen wollten, und in 
ihren eigenen Werken etwas sahen, das der Welt neuen Gehalt zuzufiihren 
vermochte. Nicht immer war da Spekulation am Werke, wie (in manchem 
Zuge wenigstens) bei den ersten Musikdramatikern und auch bei Gluck, 
Berlioz und Wagner. Es geniige, an Beethoven zu erinnern, der, seiner 
Schopferkraft voll, sich die Kunstregeln nach eigenem Ermessen schuf 
und alle iiberkommenen Vorschriften ablehnte, gleichwohl aber den Zu- 
sammenhang mit den Vorgangern nicht vergaC. Und wie rasch stellte sich 
Wagner diese Verbindung mit der Vergangenheit, deren er als unreifer 
Sturmer und Dranger ledig zu sein glaubte, wieder her! Wenn Pratella 
den Kreuzzug gegen alles Uberkommene predigt, die Akademieen mit 
Stumpf und Stiel auszurotten eifert, so konnen ihm dabei keine mildern- 
den Umstande bewilligt werden, da ihm und seinen Genossen ja nur das 
eine Ziel vorschwebt, aus sich heraus eine neue Kunst zu konstruieren, 
die auOerhalb jeder Verbindung mit dem historisch Gewordenen stehen 
soil — ein Gedanke, den man verwiinscht gescheit nennen konnte, wire 
er nicht so unsagbar toricht. Er ist das, weil er die Grundgesetze alien 
kiinstlerischen Bildens ubersieht, weil Pratella die Ketten, die auch ihn 
an die Vergangenheit binden, gar nicht bemerkt. 

Der Futurismus will unverbrauchtes Tonmaterial in unverbrauchter 
Form bieten. Innerhalb der bis j'etzt giiltigen Grenzen behauptet er kein 
diesen Namen verdienendes Kunstwerk schaffen zu konnen. Fur die 
Gegenwart ist ihm alles bisher Bestandene wertlos geworden. Also muD 
es zugrunde gehen. Wenn man derlei liest, so verfallt man zunachst auf 
die Annahme, die neue Zukunftskunst solle aus einem neuen Urschleime 
erwachsen. Das stimmt vielleicht fur die Malerei des Futurismus, nicht 
aber fur die Musik. Dort herrscht ein vollig ungeordneter Urzustand, der 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 



sich fiber alle Gesetze der Perspektive, der Zeichnung, der Anatomie, also 
fiber alles, was vernunftig ist, hinwegsetzt. Hier ist — leider, mochte 
man sagen — noch nicht jede Verbindung mit der alten Kunst gelost. 
Das Manifest — ich kfirze vielfacb ab — setzt so ein: 

„Ich wende mich an die Jugend. Dem Alter gebUhrt nur das 
Ende. Die Jugend soil mir vertrauend und kfihn folgen auf den 
Wegen, die schon unsere VorgMnger, die Futuristen der Malerei und 
Poesie, ungestfim und kfihn gegangen sind. Vor einem Jabre hat eine 
Kommission, bestehend aus den Maestri: Pietro Mascagni, Giacomo 
Orefice, Gugltelmo Mattioli, Rodolfo Ferrari und dem Kritiker 
Gian Battista Nappi, meine futuristische Oper ,La Sina d'Vargonn* 
mit dem von dem Bolognesen Cincinnato Baruzzi ausgesetzten Preise 
von 10000 Lire gekront. Die Aufffibrung fand im Dezember 1909 
im Teatro Comunale in Bologna statt; sie verschaffte mir begeisterten 
Erfolg, aber auch gemeine und dumme Kritiken, Ebre und Feinde. 
Ich bin durch diese Berfihrung mit Publikum und Verlegern imstande, 
mit der groOten Klarheit die intellektuelle MittelmSOigkeit, die ge- 
scbaftsmaOige Niedrigkeit und den Misoneismus zu beurteilen, was 
alles die italienische Musik zu einer einzigen und fast unverMnder- 
lichen Form von gewohnlichem Melodrama 1 ) macht. Hieraus folgt 
unsere vollstandige Unterlegenheit gegenfiber der Bewegung der futu- 
ristischen Musik in anderen Landern. In Deutschland erhebt nach 
Wagners ruhmreicher Herrschaft R. StrauC das Barock der Instru- 
mentation fast zur lebensfahigen Kunstform, und wenn er auch seine 
sich in harmonischen, akustischen, auffallenden und unfibersichtlichen 
Manieren versteckende Diirre, das Geschaftsmafiige und Banale 
seines Geistes nicht verbergen kann, so bemfiht er sich doch mit er- 
finderischem Geiste, die Vergangenheit zu fiberwinden. In Frankreich 
wirkt CI. Debussy, ein tief subjektiver Kfinstler, mehr Literat als 
Musiker; er schwimmt in einem See, der durchsichtig und ruhig und 
voll von zarten, kostlichen, azurnen und bestandig durchscheinenden [?!?] 
Harmonieen ist. Mit der instrumentalen Symbolik und einer Polyphonie, 
die gleichformig an harmonischer Empfindung aufgebaut ist fiber der 
Ganztonleiter (es ist das ein neues System, aber doch ein System 
und deshalb eigenwillige Einschrankung), gelingt es ihm nicht immer, 
den Mangel des Werkes seiner einseitigen Thematik und Rhythmik 
und das fast vollkommene Fehlen der ideologischen Entwickelung zu 
verdecken. Diese Entwickelung besteht ffir ihn in der primitiven und 
kindlichen periodischen Wiederkehr eines kurzen und armen Themas 
oder eines rhythmischen, einformigen und leeren Tonganges. Weil 



*) Da? Wort ist hier im Sinne von Oper gebraucht. 



DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 



er, was die Oper anbetrifft, auf die untauglichen Gedanken der 
,Camerata fiorentina', die um 1600 die Oper schuf, zuriickgriff, ver- 
mochte er die melodramatische Kunst seines Landes nicht vollig zu 
reformieren. Trotzdem hat Debussy kiihner als alle anderen die Ver- 
gangenheit bekampft. In seinem Wollen starker, ist G. Char pen tier 
musikalisch geringer zu werten als Debussy. In England hat Edward 
Elgar in seinem Bestreben der Erweiterung der klassischen sym- 
phonischen Formen zu einer Zerstorung der Vergangenheit beigetragen, 
indem er reichere und vielseitigere Variationen eines Themas, und 
nicht in der uppigen Verschiedenheit der Instrumente, sondern in der 
Verschiedenheit ihrer Gruppierung Wirkungen sucht, die unserer 
Empfindung entsprechen. In RuBland hat Modest Moussorgski, durch 
N. Rimsky-Korssakoff in unser Gedacbtnis zuruckgerufen, die 
Uberlieferung verlassen, indem er das primitive, nationale Element 
mit den ererbten Formen vereinte und dramatische Wahrheit und 
harmonische Freiheit suchte. Auch in Finnland und Schweden wurden 
durch musikalische, poetische und nationale Tendenzen neue Richtungen 
geschaffen, wie die Werke von J. Sibelius beweisen. 

Und in Italien? Zum Nachteile der Jugend und der Kunst be- 
stehen Gymnasien, Akademieen und Konservatorien. Sie sind Ausdruck 
der Ohnmacht. Lehrer, beriihmte Unfahige bekampfen jede Kraft, die 
das musikalische Gebiet erweitern mochte. Darum also Niederzwingung 
jeder freien und kiihnen Intelligenz, darum unbedingte Unterstiitzung 
der MittelmaBigkeit. Die jungen Musiker, die in den Konservatorien 
versauern, richten ihre Augen auf den blendenden Schein des Theaters 
unter der Vormundschaft der Verleger. Diese fiihrt den groBten Teil 
jener zu einem schlimmen Ende, weil jeder ideale und technische 
Grundgedanke fehlt. — Einen kurzen Erfolg zu erringen kostet Geld . . . 
Schiffbruchige Opernschreiber (operisti mancati) greifen zur letzten 
Zuflucht, der Symphonie. Sie sagen das Ende der Oper als einer 
unmusikalischen Form voraus und beweisen durch ihr neues und 
ungeschicktes Schaffen, dafi die Italiener zu diesem edlen und lebens- 
fahigen Zweige der Tonkunst nicht geboren sind. Ihren Aufstieg be- 
zeichnet die sogenannte ,gut gemachte Musik', eine wertlose Nach- 
ahmung. Ein Komponist, der auf alle Selbstandigkeit verzichtet, findet 
einen Verleger, und der ubergibt ihm einen Galgenvertrag (contratti 
capestro), der ihn zum Feigling, zum Diener des Verlegers, zum frei- 
willig Verkauften erniedrigt. Die groBen Verleger sind Herrscher, die 
fur den Opernmarkt die Grenzen bestimmen. Diese werden bezeichnet 
durch die tiefstehenden, kriippeligen und gemeinen Werke G. Puccini's 
und Umberto Giordano's. Die Verleger bezahlen Dichter, damit 
diese Zeit und Geist vergeuden, um nach dem Rezepte des grotesken 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 



Kuchenbackers Luigi Illica die schmutzige Torte zurechtzumachen, 
die man Operntext heiBt. Die Verleger schatzen alle MittelmaBigkeit 
und bestimmen unter Mitschuld der Kritik den Geschmack des 
Publikums. Nur Pietro Mascagni hat den Mut und die Macht 
gehabt, sich gegen Kunstiiberlieferung, Verleger und das irregeleitete 
Publikum zu emporen. Er einzig und allein hat die Schmach des 
Verlegermonopols aufgedeckt und die Bestechlichkeit der Kritik ent- 
hullt. Mit viel Genialitat hat er ferner wahre Proben der Neuerung 
im harmonischen und lyrischen Teile des Melodramas angebracht, 
ohne sich jedoch von den iiberkommenen Formen freimachen zu 
konnen. Das getreue Bild der gegenwfirtigen Kunstpflege in Italien 
ist dies: Kultus der toten, Austrocknen der lebendigen Quellen. 

Der Futurismus, die Auflehnung des Lebens, der Intuition und 
des Gefiihls, erklart den Krieg an alles Doktrinare, an jedes In- 
dividuum und Werk, das die Vergangenheit wiederholt. Er erklart die 
Eroberung der Freiheit, der Einsicht und des Gedankens. Er erklart, 
daQ Kunst Heldenmut, Gleicbgultigkeit und Verachtung des leichten 
Erfolges ist. 

Ich rufe unter das flammende Symbol des Futurismus die jungen 
Komponisten, die Herz baben, zu lieben und zu kampfen, die Fahig- 
keit zu denken, die die Stirne frei von Feigheit hochtragen. Und ich 
jauchze, denn ich fiihle mich frei von aller Uberlieferung, von 
Zweifeln, von Bequemlichkeit und eitlem Gefiihle. 

Aus allem dem folgt: 

1. Einziges Mittel der Wiedergeburt der Tonkunst ist das freie von 
der Hochschule unabhangige Studium. 

2. Die Kritiker sind als bestechlich und unwissend durch Verachtung 
zu bestrafen, das Publikum muB von ihrer Beeinflussung los- 
gemacht werden. Das kann durch eine zu begrundende Zeit- 
schrift geschehen, die unabhangig ist und gegen das Professoren- 
tum auftritt. 

3. Die Teilnahme an Wettbewerben ist vom Ubel; die Richter sind 
unfabige Trottel und Duckmauser. 

4. Geschaftliche und akademische Kreise sind gleichmaOig zu meiden. 
Ein bescheidenes Leben ist dem Luxus, dem sich die Kunst ver- 
kaufen soil, vorzuziehen. 

5. Das eigene Empfinden ist von jedem Einflusse der Vergangenheit 
freizumachen. Den Geist der Zukunft zugewendet muG man 
fiihlen und singen, indem man Eingebungen und die Asthetik der 
Natur ablauscht in alien ihren gegenwartigen menschlichen und 
auQermenschlichen Phanomenen; erheben muB man den Symbol- 



8 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

menschen, der sich immerwahrcnd in den verschiedenen Erschei- 
nungen des modernen Lebens und in seinen unendlichen innigen 
Verbindungen mit der Natur erneuert. 

6. Der Satz ,laDt uns zum Alten zuriickkehren' ist verachtlich und 
dumm. 

7. Das Reich des Sangers muO enden. Gegenuber den Kunstwerken 
bedeutet der Sanger nicht mehr als ein Orchesterinstrument. 

8. An die Stclle von Operntexten gilt es, ,dramatische oder tragische 
Dichtungen fur Musik' zu schaffen, die in freien Versen zu halten 
sind. Jeder Opernkomponist muB diese Dichtungen selbst ver- 
fassen. 

9. Verachten muB man die historischen Wiederherstellungen usw. 

10. Bekampfen muB man die Lieder in der Art Tosti's und Costa's, 
die ekelhaften neapolitanischen Liedchen und die musica sacra, die 
seit dem Schwinden des Glaubens keine Existenzberechtigung mehr 
bat und die zum Monopol der unwissenden Konservatoriums- 
direktoren und einiger unzurechnungsfahiger Priester geworden ist. 

1 1. Alte Opern immer wieder auszugraben ist ein Verbrechen gegen die 
aufstrebenden jungen Meister. Zu unterstutzen gilt es das, was 
neu ist und umsturzlerisch. 

Und nun walze sich die Reaktion der Vergangenheitler (passatisti) 
nur mit alien Furien gegen mich. Ich pfeife darauf. Ich bin ent- 
flammt ftir den Futurismus, dessen Banner der Dichter Marinetti 
in Paris entfaltet hat, den Futurismus, der in kurzer Zeit die groflen 
intellektuellen Mittelpunkte der Welt besiegt hat." 

Machen wir hier einige Augenblicke halt. Die Ubersetzung des Ur- 
textes ist schwer und nicht gut, wie ich ohne weiteres zugebe: die ge- 
schwollenen Phrasen, mit denen Pratella an einigen Stellen um sich wirft, 
lassen sich in verniinftigem Deutsch nicht ausdriicken. Hier gait es nur, 
den Sinn der Satze, unter denen sich iibrigens auch durchaus Beherzens- 
wertes und Richtiges befindet, genau wiederzugeben. Einige sachliche 
Bemerkungen mogen diesem ersten Manifeste beigefugt werden. Uber 
Pratella als Historiker darf ich mich ganz kurz fassen. Was er da sagt, 
hat nur sehr bedingten Wert. Er ubersieht nicht einmal die Geschichte 
der Musik seines eigenen Landes. Zunachst weiB er nicht, dafi echte 
Kunst niemals das Produkt bloBer Absicht sein kann, daB sich ein Kunst- 
werk niemals, auch durch ehrliches Wollen nicht, konstruieren laBt, daB 
es in irgendeiner seiner Teilerscheinungen stets an die Vergangenheit 
geknupft sein muB. Das ist der lacherliche Irrtum so vieler moderner 
Kunstler, anzunehmen, ein Kunstwerk konne auf den Namen einer individu- 
ellen Schopfung nur dann Anspruch erheben, wenn es in jedem Zuge neu, 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 



9 



noch nicht dagewesen sei. Solange eine ganze Zeit ihren besonderen Aus- 
druck hat, solange das Material einer Kunst das gleiche sein wird, solange 
wird das nicht der Fall sein. Und Pratella, der gegen den einengenden 
Zwang der Systeme wettert und iiber die Ganztonleiter herfallt, wie be- 
ginnt er sein Werk? 



pEL ^i^^ m^^^^^s^ 



- ?r >- 



Und' wie heifit's an einer anderen Stelle? 



^gg 



*=r» 



usw. 



Ob es sich um eine Sechs- oder Acht- oder Zehn-Ganztonreihe handelt, 
ist in Wahrheit ganz gleichgiiltig. Auch den Kontrapunkt hat, Beispiele er- 
lasse ich mir, Pratella nicht ganz iiberwunden, und auch Orgelpunkte und 
andere abtuwiirdige Zeugen einer ruhmlosen Vergangenheit der Tonkunst 
gibt's bei ihm. — Das ist zweifelsohne richtig, dafi Italien — und auch 
andere Lander — viel unter der Herrschaft des Operngeschaftmachens zu 
leiden gehabt hat und noch zu leiden hat, dali es erst spat fur den GenuQ 
der deutschen Instrumentalmusik reif und empffinglich wurde, dafi seine 
Kirchenmusik auch nach der Regensburger Reformbewegung vielfach und 
lange noch im Banne des alten Trodels einhertrottete. Aber daran denkt 
Pratella ja eigentlich gar nicht; er will alles mit Stumpf und Stiel 
ausrotten und ubersieht Erscheinungen wie Boito, Bottessini, 
Sgambati u. a. m. vollstandig, er sagt nichts iiber die Stellung Wagners 
im modernen Musikleben Italiens, die allerlei Kampfe weckte, desselben 
Wagner, dem auch Pratella einiges aus seinem Manifeste verdankt. Er 
hat offenbar wohl eine starke Ahnung von dem Zusammenhange zwischen 
Verdi und den Bellini und Donizetti, ganz und gar keine aber davon, wie 
dieser Verdi iiber jene hinauswuchs und, obwohl Italiener bleibend, doch 
innerlich und aus eigener Kraft dem deutschen Meister entgegenreifte. 
Ubrigens spukt der „Italiener" auch hier und da noch in Pratella's freiem 
Tongefuge. Das hat er aber mit seinem Opus bewiesen: daQ Einer nicht 
gut gemachte Musik zum Drucke bringen kann. Man sehe Takte wie 
diese und ziehe die notigen Schlusse selbst: 



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usw. 



10 



DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 



oder: 



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ltf-T-1 i 


=1= — 1 — 






> V #* V 




> — i- — ? r — ^r — 


~" — "T 





Die Gegensatze beriihren sich auch bei ihm wieder: auf der einen 
Seite herrscht eine gewisse kindlich-kindische Primitivitat, auf der anderen 
eine Haufung kakophoner Mifigeburten. Um das an einem Beispiele 
Pratellas klarzumachen: 

1) t F ,* f< 






usw. 



-ff^fee 



5^3- 



usw. 



und z. B. 

2) 



^..ste.. *tt. * * 1 1 






, __. „ fir: [: — r?:rt :={r^=tz= 






5SF 



^£ 



oder 



__!-„? fe^*'^ 






rtr:p;:t=t-= 



usw. 



£M.= 



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3) Colmo delta passione 



rj—^—^f-t-fV- 



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Iptsu % JE- 



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2 t»2 b*__ 



fid. Cd. M. 

— *? f> »- 

3: r — -t~ 



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* -*- 



- M = 



usw. 



4) Ridendo 



zz±;=r=t=c=t=t- -*— g* *-3g — zzjtji 

— i i i i i i ■ . — ,.«- 




gi=jtg;-lfa 



usw. 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 11 

Es ist im Grunde recht lustig, zu sehen, wie ein Italiener, der sicherlich 
nicht fiber ein starkes ursprfingliches Musikempfinden verfiigt, im Gefolge 
gewisser Wagnerscher Lehren einherstolziert, die er seiner ganzen Natur 
und Anlage nach nicht vollig begreifen kann oder nur dann begreifen 
konnte, vermochte er sich seines nationalen Fiihlens ganzlich zu entkleiden. 
Wir kfihleren Nordlander haben langst die Gefahr nicht nur der Wagner- 
schen, auch der Regerschen und anderer Musik begriffen. Psychologie 
und Tiefsinn haben uns den unmittelbar empfangenden und wirkenden 
Kunstgeist nahezu totgeschlagen, so daC wir vor lauter reflektorischer Tatig- 
keit fast nicht mehr ein noch aus konnen und Sehnsucht nach herz- 
erfreulichen, belebenden Kfinstlertaten haben. Toren, die wir doch sind! 
Wir haben um Sinigaglia, Wolf-Ferrari, Puccini u. a., mochten wir sie 
auch im einzeln nicht einmal allzuhoch stellen, die Italiener beneidet . . . 

Was das Gerede fiber die untauglichen Gedanken der Florentiner 
um 1600 besagen soil, ist nicht einzusehen. J a, ging denn aus ihnen 
nicht die Oper hervor, in der das Drama das Wesentliche sein sollte? 
GrifFen nicht Lully und Gluck, griff nicht Wagner prinzipiell auf jene 
Gedanken zurfick, derselbe Wagner, den auch Pratella rfihmt? Haben 
nun wirklich die Manner, die Pratella anffihrt, nur zerstort, in dieser Zer- 
storung ihr Bestes geleistet? Das heiOt wirklich den Entwickelungsgedanken 
einer Kunst ganz und gar nicht erfassen. Was an einer Kunst irgend- 
eines Zeitraumes alt und uberflussig erscheint, fallt ganz von selbst ab. 
Wenn aber eigenwillige Kunstlerlaune oder vorgefaDte Theoreme diese 
oder jene Erscheinung, die fur das allgemeine Kunstempfinden Bedeutung 
hat, durch eine radikale Amputation entfernen zu konnen meint, ohne daO 
sie veraltet und unfruchtbar ist, so hilft das gar nichts, sie lebt ruhig 
weiter. Wie oft ist nicht schon der Kontrapunkt totgeschlagen worden! 
Beethoven hat die Quintenparallelen erlaubt und nach ihm unzahlige 
andere. Und doch lebt jener und das Verbot dieser ruhig weiter. Und 
lebt mit Recht, wenn auch nicht als ein absolutes. — Pratella begreift 
die Notwendigkeit der organischen Kunstentwickelung nicht. Begreift nicht, 
daO ohne Schulung auch die starkste Begabung nichts Dauerndes wird 
schaffen konnen. Begreift nicht, daQ jede Wirkung eine Ursache hat. 
Wenn wir heute gewisse „exotische a Weisen in der Musik Geltung finden 
sehen, so ist das ein letzter AusfluD der Bewegung, die im 18. Jahr- 
hundert zuerst in bewuDte Bahnen lenkte, nachdem sie vorher langst vor- 
bereitet war, jener, die nationalen Musiken in den Dienst kunstlerischen 
Schaffens zu stellen. Man braucht das wahrlich im einzelnen nicht mehr 
darzulegen. 

Zu seinen Angriffen auf die Akademieen fehlt Pratella die Be- 
glaubigung. GewiC, er konnte sich auf Hugo Wolf, auf Verdi und auf 
andere berufen. Allein es hat auch selbst Wagner nichts geschadet, bei 



12 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

Weinlig Kontrapunkt studiert zu haben, und die Fahigkeit und der FleiB, 
mit dem Hugo Wolf sich in seine Meister vertiefte, selbstandig und obne 
Fiihrung, — sie sind nicht eben vielen Menschen gegeben. Auch da sind 
also Pratella's Ansichten nicht neu; nur daC sie noch niemand so scharf 
wie er ausgesprochen hat. Aber das ist kein Verdienst, ist vielmehr in 
der Verallgemeinerung toricht. Das Wort, daO sich eines nicht fur alle 
schicke, gilt auch hier, und bloO durchs Fernhalten von der Kultur der 
Vergangenheit wird noch kein Mensch ein Kiinstler. 

Die Frage „Autor und Verleger" kann hier selbstverstandlich nicht 
breit beriihrt werden, namentlich ihre soziale Seite nicht, obwohl der Teil 
„Verleger- und Autorenhonorar" mit allem, was drum und dran ist, die 
Zukunft der Musiker sehr beriihrt. Sehen wir also auch wie von dieser 
so von der Frage nach einer genossenschaftlichen Vereinigung der Ton- 
kiinstler ab, die allein das Verhaltnis zum Verlagwesen, zum Publikum, zu 
den Agenturen usw. befriedigend loscn kann, und beschaftigen uns einen 
Augenblick mit anderen Angriffen Pratella's. 

„Jeder Opernkomponist sei sein eigener Dichter." Ja! wenn das so 
leicht ginge! Wie viele Tonkiinstler haben es nach Wagner schon versucht, 
ihre eigenen Dichtungen zu schreiben, und was ist dabei allzuoft heraus- 
gekommen! Siegfried Wagner ist nicht der einzige, der unserer Sprache 
Gewalt angetan hat. Wenn immer noch das Urteil der berufenen Dichter 
iiber die Operntextschreibung zu Recht besteht, so kommt das nur daher, 
datt die Operndichtung mit Riicksicht auf die notige symphonische Aus- 
ladung der Musik vieles nur andeuten kann, also sich selbst in bezug 
auf psychologische Begriindung unausgesetzt Ziigel anlegen muC. Arbeiten 
Dichter und Komponist zusammen, ist dieser vollig vertraut mit den Ab- 
sichten jenes, unterrichtet der Dichter in kurzen Bemerkungen iiber 
wichtige Einzelheiten im psychologischen Aufbaue, so ist nicht einzusehen, 
weshalb das Zweigespann einem Drama Schaden bringen sollte. Calzabigi 
und Gluck haben sich so verstanden, daC ihrer Arbeit wirklich recht 
Gutes erbluhte — und was furs 18. Jahrhundert gait, besteht auch fur 
die Gegenwart zu Recht, mag der moderne Musiker auch vielfach glauben, 
der ErbpSchter psychologischer Tiefgriindigkeit und allein imstande zu 
sein, Dingen und Menschen auf den Grund ihrer Daseinsbedingungen zu 
schauen. 

DaC die Tonkiinstler berechtigt sind, an einer gewissen Art von 
Kritik iiber sie Kritik zu iiben, ist unbestreitbar. Ob Pratella die italienische 
Kritik in Bausch und Bogen bestechlich nennen darf, weiD ich nicht. Auf 
Deutschland und die Schweiz treffen die Angriffe sicherlich nicht zu. 
Immerhin ist auch hier in der Kritik vieles faul. Unter den Kritikern 
sitzen zu wenig gebildete Fachleute, das System der Nachtkritiken ist zu 
verwerfen, der Kritiker muB auf Sachlichkeit verwiesen werden und diirfte 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 13 

nicht, wie es so oft geschieht, Personliches in den Vordergrund riicken. 
Ganz schlimm ist, daO, wie es in kleinen deutscben Stadten geschieht, der 
Verleger aus GeschMftsriicksichten die Leitung „seines" Blattes, der auch 
oft die Kritik zusteht, beeinfluflt. Die Redakteurverbande muBten da auf 
das energischste Stellung nehmen. Das VerhMltnis von Buchverlag, Theater- 
leitung und Kritik ware zu regeln. Der Kritiker geht oft als mehr oder 
weniger ahnungsloser Engel in eine Erstauffiihrung. Diese ist um 10 Uhr 
zu Ende, und morgens um 7 Uhr findet der Leser des Blattes „die Kritik", 
die nicht selten dem Kunstler den Hals bricht. Solcher MiBstande gibt 
es mehr bei der Presse. Ein kritisches Zentralorgan tate uns darum bitter 
not, das Riicksicht auf die Bediirfnisse der Kunstler nahme, dessen Ver- 
fasser aber auch ihrerseits fiir ihre verantwortungsvolle Aufgabe nicht nur 
die notige Zeit, auch die notige materielle Entlohnung fanden. Traten 
daneben ruhige, sachliche Besprechungen in den Tagesblattern, die wochent- 
lich ein- bis zweimal erscheinen konnten, lehnte die Tageszeitung jede Art 
von Stimmungs- und Sensationsmacherei wenigstens im Feuilleton ab, so 
lieOe sich wohl eine gewisse Besserung der Zustande herbeifuhren. DaO 
das Publikum unbedingt auf die Kritik „seines" Blattes schwore, ist nicht 
wabr. Der Kritiker, der etwas gelernt hat und unabhangig ist, wird viel 
mehr bekampft und angefeindet, als im allgemeinen geglaubt wird. Um 
aber Pratella in etwas entgegnen zu konnen: Kein Mensch wird bestreiten, 
daO seine Stellungnahme gegen das Professorentum in einer Richtung 
begriindet ist: was bloB professoral ist, ist zopfig und meist von unglaub- 
lichem Eigendiinkel beseelt. Dem akademisch korrekt Schaffenden ist 
jeder Mensch von Phantasie und Eigenkraft verdachtig und verhaDt, wie 
die Geschichte der Kiinste auf Schritt und Tritt lehrt. Die „Professoren" 
sind die staatlich angestellten Huter der Kunst, und so ist der Grund der 
Erscheinung vollig klar: er liegt in der freilich nicht iiberall erkennbaren 
einseitigen Stellungnahme des Staates fur eine einzelne Kunstrichtung. 
Der „Professor" fiihlt sich als Beamter mehr denn als Kunstler, er wird 
in gewissem Sinne liebedienerisch, sobald sich ihm die Pforten der Aka- 
demie erschlossen haben, er wird einseitig. Mag der einzelne glauben, 
iiber diesen Vorwurf erhaben zu sein, er kann sich wenigstens nicht ganz 
von den Ketten frei mac hen, die er tragt, kann gegen die Anschauungen 
des Staates von der Kunst, die er offiziell vertreten muO, nicht energisch 
einschreiten, wenn er das auch vielleicht hier und da mochte. Das ist 
eine zu naturliche Sache, um Widerspruch finden zu konnen. Aus dieser 
Schwierigkeit herauszukommen, gibt es nur die eine Moglichkeit: der Staat 
muD aufhoren, gewissermaOen Aufsicht iiber das kunstlerische Gewissen 
zu uben, darf nicht einseitig diese Richtung fordern und jene bekampfen; 
dem Landesfiirsten als solchem darf unter keinen Umstanden das Recht 
gewahrt bleiben, zugunsten einer kunstlerischen Partei zu entscheiden. 



14 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

Alle diese Dinge sind in hervorrageoder Weise auch im Interesse einer 
gesunden Vorwartsbewegung unscrer sozialen MaQnahmen notwendig. 
Der Staat soli unsittliche Erscheinungen bekampfen diirfen; sich zutn 
Ricbter iiber kiinstlerische Dinge macben darf er unter keinen Umstanden, 
solange er von den Kiinstlern insgesamt sich selbst gegeniiber die gleiche 
Pflichterfiillung fordert. Das sollte wenigstens ein ganz elementarer 
Rechtsgrundsatz sein. 

Es ist selbstredend barer Unsinn, wenn Pratella den Satz predigt, 
der junge Kiinstler miisse, um voranzukommen, alles Akademikertum ver- 
achten. Was dem Jupiter Genie wenigstens recht sein kann, palit noch 
lange nicht fur jedes Talent-Herdentier. Und au&erdem: unter den Akade- 
mikern waren immerhin Manner wie Kiel und Joachim. Ubrigens konnten 
auch die Regierungen an dieser Tatsache viel in dem oben angegebenen 
Sinne lernen: wie entsetzlich einseitig und konservativ verseucht geradezu 
war die Berliner Akademie, ehe Kiel in sie eintrat, und wie schritt sie 
dann doch sogleich machtig der Kunst der Gegenwart entgegen, wenn sie 
ihr selbst auch noch fernblieb. Das eine ist ohne Frage richtig: eine 
Akademie kann ihrem Wortbegriffe nach nur das Allgemein giiltige und 
Anerkannte pflegen. Das Problematische, und das ist eine modische Kunst 
wie der Futurismus, muQ ihr vorenthalten bleiben, weil die Beschaftigung 
mit ihm unreife Kopfe in die schlimmste Verwirrung zu setzen vermag. 

Dafi der Kiinstler sich grundsatzlich nicht an Wettbewerben beteiligen 
solle, heiOt toricht reden. Talente konnen da immerhin ans Licht treten. 
Aber im ganzen geschahe der Kunst sicherlich kein Abbruch, wenn mit 
dem Wettbewerbwesen uberhaupt aufgeraumt wiirde. Was Pratella im 
zweiten Absatze der vierten These sagt, ist ehrlich gedacht. Nur handelt 
es sich freilich bei Vertragen nicht immer um ein B Sich-Verkaufen" des 
Kiinstlers. Die fiinfte These wird uns in anderer Form noch weiter unten 
begegnen. Hier nur so viel: solange das Tonmaterial dasselbe bleiben 
wird, sind Anklange an die Vergangenheit trotz aller Gegenwartsbestre- 
bungen nicht zu vermeiden. Es gibt im Leben uberhaupt, nicht nur in 
dem der Kunst allein, eine Menge von Einzelerscheinungen, die zu alien 
Zeiten nach den gleichen, nur dem Grade nach abgestuften Ausdrucks- 
mitteln rufen. Im Vermeiden solcher allgemein giiltiger Dinge auBert sich 
die kiinstlerische Kraft nicht. Trotz ihrer Neues zu schaffen, Dauerndem 
den Ausdruck einer Zeit zu geben: das ist die Aufgabe des schaffenden 
Kiinstlers. Darum ist ja die neueste Kunstphase so tiefstehend, daB sie 
fast nur das Alte einzureifien vermochte, mit dem aber, was sie an posi- 
tiven Einzelwerten zu geben vermeinte, nichts traf, das irgendeinen Wider- 
klang im BewuDtsein, im Gefiihle der gebildeten Allgemeinheit geweckt 
hatte. Wie weit blieb die Kunst der Zukiinftler hinter der Wirklichkeit 
zuriick! Dort ein volliges Verneinen der Kraft, die Unfahigkeit jeglichen 



NAGEL: MUSICA FUTURIST1CA 15 

Aufscbwunges, eine grauenhafte Unklarheit des Fuhlens. Hier im harten 
Leben ein gewaltiger Durchbruch der Kraft, ein Betonen der sittlichen 
Michte des Lebens, ein Glutstrom sicherer Hoffnungsfreudigkeit trotz der 
furchtbaren Opfer, die der Weltkrieg fordert. Fiirwahr, wenn je die Kunst 
sich nicbt als Trosterin iiber die Leiden der Gegenwart erwiesen, sich 
unfahig gezeigt hat, das Prophetenamt zu versehen, wie es einst Beethoven 
tat, so jetzt die Afterkunst der Futuristen. Beethovens wirkliche GroBe, 
die erhabene Gewalt, die die Menschen iiber den Erdenjammer erhebt, 
Bachs hohe Kunst, die die Menschen zu stillem Nachdenken ftihrt und 
durch die eherne Gewalt ihrer Harmonie stahlt, Mozarts feierlich-heitere 
Klange, die auch selbst den Schmerz verklaren — hier liegen die Werte, 
die heute wieder ihren Ewigkeitsgehalt mit Allgewalt kiinden. 

Was in Punkt 7 angefuhrt wird, ist durchaus zu billigen. Jede Zeit 
hat ihren Stil; vergangene Stile in ihrem ganzen Umfange nachzuahmen, 
ist Sache des Schiilers, nicht des Meisters, der seine und seiner Zeit 
Empfindungen und Ideen beherrscht. Solche Nachbildungen bleiben auch 
stets hinter den Vorbildern zuriick, tragen die Merkmale des Erzwungenen, 
Gewollten, Unfreien an sich und sind demnach mehr oder weniger Mas- 
kerade. Aber es gibt, wie schon betont, Formen und Ausdrucksmittel, die 
die Zeiten verbinden und die neuen Kunstwerke dem allgemeinen Ver- 
stlndnisse zufuhren. Diese Ausdrucksmittel aus der Kunst ausschalten 
zu wollen, ist ein verfehltes Unternehmen, weil damit von vornherein eine 
Kluft zwischen dem Kunstler und dem Kunstverstandnisse der gebildeten 
Allgemeinheit aufgerichtet wurde. Wenn es namlich gelange, eine solche 
Absicht durchzufiihren. Das ist aber der Natur der Kunst nach aus- 
geschlossen, die unter alien Umstanden in Wechselwirkung mit Zeit und 
Menschen steht. 

Uber den Rest dieses ersten Manifestes, soweit er nicht schon oben 
besprochen wurde, laDt sich ziemlich summarisch handeln. DaD Wagnerscher 
Einschlag in den nachsten Leitsatzen (7 — 8) steht, wurde bereits bemerkt. 
Der 9. ist die notwendige Folge friiherer Auslassungen Pratella's und 
kurzerhand als ein vollig kulturwidriger Standpunkt wie No. 1 1 abzuweisen. 
Und No. 10! Ja, personlich hatte ich nichts dagegen, wenn Lieder Tosti's 
oder irgendeines anderen Modekomponisten nicht mehr erschienen. Aber 
ich meine, das Volk, was man so das Volk nennt, wird immer wieder 
nach ihnen rufen. Es braucht eine gewisse Seichtigkeit und sentimentale 
SuOe, auch wenn nicht nur Herr Pratella, sondern auch andere, einfluB- 
reichere Kreise tausend- und aber tausendmal zum Vernichtungskriege auf- 
rufen. Das ist in der Schriftstellerei nicht anders. Karl May lebt auch 
heute noch, trotzdem Goethe- und Diirerbund gegen ihn nicht schlecht 
vom Leder gezogen haben. Die allgemeine Bildung heben — ja, das ware 
freilich vielleicht ein Mittel. Aber doch nur vielleicht. Ich bin im Laufe 



16 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

derjahre mehr und mehr Skeptiker geworden und weiB recht gut weshalb. 
Fragt man nach dem Resultat der Arbeit unserer Kulturbiinde, so werden 
ganz scbone Zablenangaben fiber die verbreiteten Werke gemacbt. Aber 
fiber die innere Wirkung erfahrt der Frager nichts und kann er nichts 
erfahren. Da hiilfe nur eine nie ermfidende personliche Umfrage. Und 
deren Ergebnisse sind fur den tiefer Biickenden im ganzen durchaus un- 
befriedigend. 

Nicht sonderlich vertrauensvoll geht der Leser weiter an das zweite, 
das n technische Manifest" heran, an dessen Eingange der weisheitsschwere 
Satz steht: „Alle Neuerer sind Futuristen gewesen." „Palestrina wiirde 
Bach verriickt genannt haben. Die gleiche AuBerung tat Verdi gegeniiber 
Wagners Musik, nachdem er die ,Tannhauser'-Ouverture gehort hatte" usw. 
Pratella ubersieht, wenn er die Futuristen seiner Zeit mit den Neuerern 
der Vergangenheit auf die gleiche Stufe stellt, eines. Und es ist das ent- 
scheidende: weder Bach noch Beethoven noch auch Wagner haben grund- 
satzlich die Musik der Vergangenheit in Bausch und Bogen abtun wollen, 
obgleich Wagner ja gewiB einmal fiir kurze Zeit solche Anwandlungen 
hatte. Sie alle zeichnete vielmehr eine nicht geringe Ehrfurcht vor dem Kunst- 
werke der Vergangenheit aus, und kennt man Wagner seiner historischen 
Entwickelung nach recht, so wird man wissen, wie sehr sich sein Musikstil 
organisch aus dem Gewordenen auf- und weiterbaut. Pratella und Genossen 
aber wollen ja um jeden Preis auch die allergeringste Verbindung mit der 
Vergangenheit losen. Was ihnen freilich nicht gelingen konnte, noch je 
gelingen wird, falls sie, was ich glaube, von der Gegenwart nicht iiberhaupt 
schon ad acta gelegt worden sind. 

Weiter verkiindet Pratella, daB Kontrapunkt und Fuge Ruinen aus 
der Zeit der von den Niederlandern bis zu Johann Sebastian Bach 
herrschenden Polyphonie seien, Reste einer untergegangenen Kultur, die 
fiir die Gegenwart nichts mehr bedeuten. Was war demnach Beethoven 
fur ein trauriger Stumper, daB er, auf der Hohe seiner Entwickelung stehend, 
den AnschluQ an Johann Sebastian Bachs Fugenkunst fand! DaB er mit 
seinem urspriinglich sicherlich schonen Talente versuchte, der ehernen 
Form der Fuge ganz personliches Fiihlen zu gesellen! Was war Wagner 
fiir ein untergeordneter Musikdramatiker, als er den SchluBdes zweiten Aktes 
seiner „Meistersinger" schuf! Welch ein Trottel war Brahms! Und 
Bruckner! Und StrauB! Und Reger! Die Satze Pratella's im einzelnen zu 
verfolgen, lohnt sich nicht. Als Gesamturteil kann man nur sagen: „Zu 
dumm!" . . . Was Pratella an der angefuhrten Stelle sagt, ist AusfluB 
eines seine geistige Nichtigkeit fuhlenden Mannes, der die sensations- 
lfisterne Zeit, in der er lebt, recht begriffen zu haben scheint, aber jede 
Klugheit in seinem Vorgehen, jedes Wissen vermissen IMBt. 

,Die Harmonie wurde geboren, als jeder Ton der Melodie in bezug 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 17 

auf seine Verbindung mit alien anderen Tonen der Tonleiter, zu der sie 
gehort, betrachtet wurde. So gelangte man dazu, zu verstehen, daC die 
Melodie die ausdrucksvolle Synthese einer harmonischen Aufeinanderfolge 
ist. Heute schreit und klagt man, daO die jungen Musiker keine Melodie 
mehr finden konnen, womit man ohne Zweifel auf die Weisen Rossini's, 
Bellini's, Verdi's, Ponchielli's anspielt. Man denke sich statt dessen die 
Melodie harmonisch; man hore die Harmonie durch verscbiedene und 
zusammengefallte Tonfolgen, und dann wird man neue Quellen von Melo- 
dieen finden." Schade, daC Pratella zu dem Rezepte keine Beispiele gibt 
und den letzten Satz dieser Quellenfindungsmethode nicht vollig klarmacht. 
Er hatte dann die Grenzen seiner Darstellungskraft ebenso rascb erkennen 
lernen wie die Unmoglichkeit, seinen Worten einen anderen Sinn zu geben 
als den: eine Melodie gestattet die Verbindung aller Tone mit alien. Als 
ob damit iiberhaupt der Begriff der Melodie erschopft ware! Er ist es 
ebensowenig wie in den Angaben der ortsiiblichen Lehrbiicher mit ihrer 
lacherlichen Beschrankung auf die klassische Periodisierung und Satz- 
gliederung. DaD da im Unterrichte viel versaumt wird, ist obne weiteres 
zugegeben; aber ist die landlaufige akademische Beschrankung als hoherer 
Stumpfsinn anzusprechen, so die vollige Anarchie als Gipfelpunkt der 
Brutalitat. Beides hat mit Kunst im hochsten Wortsinne nichts zu tun. 
DaD es sich in Wahrheit um ein vollig anarchisches Unsystem, wenn diese 
Verbindung gestattet ist, handelt, gent aus Pratella's anschlieflenden Worten 
hervor: „Wir Futuristen erklaren, daB die verschiedenen alten Arten der 
Tonleiter und die verschiedenen Eindrucke von Dur, Moll, iibermaQig, ver- 
mindert und auch die gegenw&rtige Art der Ganztonleiter nichts anderes 
sind als Einzelerscheinungen einer einzigen harmonischen und atonalen Art 
der chromatischen Skala. Wir erklaren die Werke der Konsonanz und 
Dissonanz fur unbestandig. Die futuristische Melodie wird erbluhen aus 
den unzahligen Verbindungen und den von ihnen abgeleiteten Zusammen- 
setzungen. Diese Melodie wird nichts anderes sein als die Synthese der 
Harmonie, ahnlich der idealen Linie, die durch das unaufhorliche Erstehen 
von tausend Meereswellen und ihren ungleichen Kammen gebildet wird.* 
Nun wissen wir's ganz genau. Oder doch nicht? Was ist eine „chro- 
matisch-enharmonisch-atonale" Reihe? Ist Tonalitat etwa zu definieren als 
Beziehung der Tone einer Ganz- und Halbtonreihe, resp. der iiber ihnen 
erscheinenden Grundakkorde auf einen gegebenen Anfangspunkt, zu dem 
Mittel- und Endpunkt in nachstcr Verwandtschaft stehen, so muB unter 
Atonalitat eine musikalische Chaotik verstanden werden, wie etwa die Reihe: 



i 



usw. 



auch in jeder anderen Folge der Einzeltone. 
XIV. 19. 



18 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

Aus dieser Reihe ergeben sich aber selbstredend sowohl gegen- 
seitige Beziehungsunmoglichkeiten wie -Moglichkeiten. Jene miissen mit 
Riicksicht auf die kunstlerischc Freiheit iiberwiegen, d. h. Dissonanz ist 
das Primare und Normale, die Konsonanz das Anormale. Quod erat 
demonstrandum. Und zur Dissonanz gesellt sich das Fehlen jeder Art von 
iibersehbarer Gliederung. Chromatik und Enharmonik preist Pratella auch 
weiterhin: „Wahrend die Chromatik uns allein alle in einer Tonleiter ent- 
haltenen Tone . . . geniefien laOt, erlaubt uns die Enharmonik . . . neue und 
vielseitige Verbindungen von Akkorden . . . vor allem aber die natiirliche 
instinktmaDige Intonation und Modulation der enharmonischen Intervalle, 
die gegenwartig unausfuhrbar sind, da unserer Tonleiter die Kiinstlichkeit 
des temperierten Systems gegeben ist, das wir uberwinden wollen." Ja, 
aber urn's Himmels willen, weshalb denn da nicht die einzig mogliche Konse- 
quenz Ziehen und das .System* noch weiterausbauen? Zur reinen Stimmung 
ist eine siebenstufige Skala notig, in der alle chromatischen, enharmonischen 
undanderenTeilungenenthaltensindgegeniibereinigen30derobenangegebenen 
Reihe. Da lieOe sich doch eine unendlich viel groDere Reihe von Varia- 
tionen (in mathematischem Sinne) aufstellen und der Kunst noch in ganz 
anderer Weise auf die Beine helfen! Und welche Aussichten fur die In- 
dustrie! Der umzubauenden Instrumente wegen. Auch die Unmoglichkeit, 
diese neuen Instrumente in ihrer Stimmung zu erhalten, ergibt wieder 
neue Klangmoglichkeiten. Und wenn gar erst die einzelnen Instrumental- 
gruppen in grundsatzlich verschiedener Stimmung gegeneinander gehalten 
sind, aber vereint erklingen, sollte das nicht den Gipfelpunkt kiinstlerischer 
Freiheit bedeuten konnen? Eine Musik, die weder taktige noch periodische 
Gliederung kennt, die weder an Tonarten noch an faObare Akkordik ge- 
bunden ist, deren tongebende Korper in der Stimmung nicht iibereinstimmen, 
ware sie nicht das einzig mogliche und wiinschbare System der System- 
losigkeit? DaO in der Tat dahin die Ziele der Futuristen gehen, lehrt 
Pratella in folgendem Satze: „Wir Futuristen lieben seit langem die en- 
harmonischen Intervalle, die wir allein im Detonieren des Orchesters, 
wenn die Instrumente in verschiedenen Einfuhrungen (in impianti diversi) 
spielen, und in den spontanen Liedern des Volkes finden, die ohne kiinst- 
lerische Voreingenommenheit angestimmt werden." Und die Rhythmik: 
„Der Rhythmus des burgerlichen Tanzes: eintonig beschrankt, alters- 
schwach, mud der Herrschaft der Polyphonie zu einem freien, viel- 
rhythmischen Fortschritte weichen und sich darauf beschranken, eine 
charakteristische Einzelerscheinung zu bilden!" Was die n danza 
borghese" in diesem Zusammenhange soil, ist unklar. Spukt auch da 
eine Wagnererinnerung? Die, daO alle Instrumentalmusik sich aus dem 
Tanze herleite? Pratella fahrt fort: „jedoch muO man gewisse Beziehungen 
unterscheiden: die gleichen, ungleichen und gemischten Zeiten — wie 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 19 

schon ahnlich die zweiteiligen, dreiteiligen und kombinierten Rhythmen". . . 
Das ergibt dann die Vereinigungsmoglichkeit von Satzteilen verschiedener 
MaDe . . ., womit die Lacherlichkeit und Verachtlichkeit der falschen 
Gesetze der sogenannten Quadratur, „jenes verachtenswerten Schutzdaches 
[paracqua, eigentlich Regenschirm] aller unfahigen Lehrer an Konser- 
vatorien" erwiesen ist. Welch abgrundtiefe Weisheit! Der Bettler ist 
allein der wahre Konig, und der jeden Zwangcs Bare allein der wahre 
Kiinstler. Zu dumm, dafi er dem Zwange von Papier, Feder und Noten- 
schrift unterliegt! 

„Das Sicheinander-Ablosen und das Aufeinander-Folgen aller mog- 
lichen Zeiten und Rhythmen findet sein gerechtfertigtes Gleichgewicht 
[il giusto equilibrio] allein im genialen und asthetischen Sinne des 
schopferischen Ktinstlers." Selbstredend. Wenn Cyril Scott seinem 
Trauermarsch auf den hochstseligen agyptischen Konig Ramses II. (es ist 
moglich, daC ich mich in der Numerierung irre) vielleicht 40 verschiedene 
Taktbezeichnungen (oder noch mehr) beigibt, so wird das eben nur der 
geniale Englander rechtfertigen konnen. Wir stumpfsinnigen Horer nicht. 
s Die Technik der Instrumentation wird man durch Experimente erlernen, 
die instrumentale Komposition wird instrumental erlernt, indem man ein 
besonderes Orchester fur jede Einzelheit und fur die verschiedenen 
musikalischen Bedingungen des Geistes ausdenkt." Wer nun noch nicht 
instrumentale Kompositionen schaffen kann, dem ist in der Tat nicht zu 
helfen. Beispiel: die symphonische Dichtung „Das Eisenbahnungliick" 
(derlei soil ja gemacht werden. Siehe unten). Orchester: Stimmen der Bahn- 
beamten, Dampfpfeifen, das Rollen der Rader, Windinstrumente usw., usw. 
Nachher, beim Briickeneinsturze kommen krachende Balken, schreiende 
Menschen, Signalhupen, tutende Autos, heulende Sirenen der Dampf- 
schiffe usw. hinzu. Zum Zusammenhalten der Massen und Unterscheiden 
der „Klange" dient das Orchester in der alten Fassung. 

Und wann wird die „Kunst" Pratella's ihren Siegeszug antreten? Er 
selbst gibt die Antwort: „Dann, wenn die Konservatorien und Akademieen 
zerstort sein werden, wenn begriffen sein wird, daC nur in volliger Freiheit 
die Kunst gedeihen kann. Dann werden die Lehrer, in Sachverstandige 
verwandelt, den Studierenden Fiihrer und objektive Mitarbeiter sein, sie 
werden aufhoren, werdende Genies zu zerbrechen und sie hinter der 
eigenen Person langsam einherzuschleppen." „Fur den Menschen steckt 
die absolute Wahrheit in dem, was er menschlich fiihlt. Der Kiinstler, 
der die Natur jungfraulich wiedergibt, vermenschlicht sie, indem er sie 
wahr macht." „Himmel, Wasser, Walder, Flusse, Berge, fahrende Schiffe, 
wimmelnde StSdte — das alles lebt in der Seele des Musikers und ver- 
wandelt sich da in gewaltige Stimmen, die die Leidenschaften und den 
Willen der Menschen besiegen ... In ihnen entschleiert sich der Winkel, 

2» 



20 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

der den Kiinstler mit der Welt verbindet." Hier haben wir das klassiscbe 
Zeugnis der fur die gesamte modernc Kunst so bezeichnenden gewalt- 
samen Steigerung der Ausdrucksmoglichkeiten. Mit ihr geht Hand in 
Hand ein erbitterter Kampf gegen die Form, wie wir schon horten. Sehen 
wir zu: entweder: der Kiinstler vertieft sich in sein Objekt, sucht aus ihm 
neue Darstellungsmoglichkeiten zu gewinnen; oder: der Kunstler gewinnt un- 
mittelbar neue Moglichkeiten der Darstellung aus sich, aus intuitivem 
Kunstschauen heraus. Den ersten Weg schlagt der moderne Im- 
pressionismus ein, der auf der Versenkung des Kiinstlers in den objektiven 
Natureindruck beruht. Der zweite Weg bemiiht sich, alte Grundformen 
und Verhaltnisse zu neuen Ehren zu bringen, das uberfliissige Dekorative 
zu meiden, aus dem Materiale selbst neue Formen zu gewinnen. Der 
Futurismus geht nun aber dariiber hinaus. Die Kunst soil ihre Darstelluogs- 
mittel erweitern. Gut. Aber die Futuristen wollen dies dadurch er- 
reichen, daB ihre Kunst iiber die ihr gegebenen Grenzen hiniibergreife 
und Dinge ausdriicke, die sie ihrer Natur nach nicht leisten kann, ohne 
den Anspruch, Kunst zu sein, iiberhaupt aufzugeben. Konnen Er- 
scheinungen oder Vorgange wie ein fahrender Bahnzug, eine einstiirzende 
Brficke als Elemente der kunstlerischen Wirkung im theatralischen Werke viel- 
leicht passende Verwendung finden, als Ausdrucksmittel der rein instrumen- 
talen Kunst sind sie schlechtweg ein Unding. Der instrumentale Komponist 
kann meinetwegen seinem Schmerz fiber eine Kesselexplosion in einer 
Elegie Ausdruck geben, den Vorgang selbst aber nicht zur Darstellung bringen, 
ohne sich lacherlich zu machen, weil er in dem Augenblicke, wo er derlei 
unternimmt, jeder kunstlerischen Form hohnspricht, alien Stilgesetzen 
ins Gesicht schlagt. Dem Farbenkleckswesen Kandinsky's entspricht die 
chaotische Ungeordnetheit der enharmonischen, atonal-wirren Klang- 
verbindungen Pratella's. In beiden Fallen ist nicht der ffihlende und 
denkende, nicht der frei schaffende und doch besonnene Kunstler am Werke, 
sondern der Stumper, der mit dem ungeordneten Materiale einer Kunst 
Schindluder treibt. Jeder Esel kann derlei Zeug nachmachen, aber nie wird 
er ein gutes Bild malen oder eine Sonate komponieren konnen. Kunstlerisch 
schaffen heiCt Zusammenhangendes, Logisches schaffen, nicht aber mogliche 
oder wirkliche primitive Kunstelemente wahllos durcheinanderwurfeln. 
Sehr einfach erledigt sich die futuristische Formenlehre: 
„Die Musikformen sind nichts anderes wie Erscheinungen und Frag- 
mente eines einzigen Alls und Ganzen. Jede Form steht in Beziehung 
zur Wirkungskraft des Ausdruckes und der Entwickelung des geschaffenen 
Motivs und zur EmpHndung und Anschauung des schaffenden Kiinstlers. 
Rhetorik und Schwulstigkeit kommen von einem MiCverhaltnis zwischen 
dem passionalen Motive [Was soil das nur sein? Vielleicht sollte dafiir 
„emotionales", also n empfundenes ft Motiv stehen] und seiner ausgedruckten 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 21 

Form [?], was sicb zum grofien Teile von dem blind machenden Einflusse 
aus der Tradition, der Kultur, der Umgebung und oft von geistiger Kunst- 
bestandigkeit her schreibt." (Freiheit, nicht Zwang der Form sicherlich. 
Aber darauf kommt es an, daO ein Kiinstler jene logisch zu rechtfertigen 
versteht. Siehe Beethoven u. a. m.) „Das einzige passionate Motiv notigt 
dem Musiker die eigene formale synthetische Ausdrucksweise auf, da die 
Synthese die Hauptbesitzerin des Musikausdruckes und der Asthetik ist." 
(Sehr richtig. Nur muB eben dem Motive Gestaltungsmoglichkeit inne- 
wohnen.) «Der Gegensatz mehrerer passionaler Motive und die Beziehungen 
zwischen ihren ausdrucksvollen Charakteren und ihrer Entwickelungs- 
moglichkeit bilden die Symphonic" (Demnach vollige Preisgabe der Form 
im alten Sinne und keine Willkur der Formgebung.) „Die futuristische 
Symphonie beriicksichtigt als ihre hauptsachlichen Formen die symphoniscbe, 
die orchestrale [?], die vokale Dichtung und das theatralische Werk". (Das 
letztere soil wohl eine Hinwendung zum modernen Ausbaue der Orchester- 
technik in der Oper bedeuten. Aber wozu eine Klassifikation? Es sind 
allzuviel Worte urn eines winzigen Inhaltes willen.) „Der reine Sympho- 
niker zieht aus den passionalen Motiven Entwickelungen, Gegensitze, 
Linien und Formen mit freier Phantasie, wobei er sich an keine andere 
Kritik halten darf als an sein kunstlerisches Empfinden des Ausgleiches 
und der Proportion . . . Das Gefiihl des futuristischen Ausgleiches ist 
nichts weiter, als das Erreichen des hochsten Nachdruckes des Ausdruckes." 
[???] „Der Opernschreiber dagegen zieht in der Blindheit der Eingebung 
und der musikalischen Asthetik alle Reflexe der anderen Kiinste hinzu . . . 
Er muO immer an seine Eingebung und die musikalische Asthetik, diese 
sonst sekundSren Elemente [I !] denken." Usw. Soweit sich diese Satze 
auBerhalb der Irren- und Idiotenanstalten verstehen lassen, bedurfen sie 
keiner Widerlegung. Herrscher in ihnen ist eine unsinnige Phrase. Der 
ganze Sinn lafit sich in den einen Satz zusammenfassen: Angehender 
Kiinstler, lerne Noten schreiben; das bissel notige Rechnen, um Takte 
zusammenzustellen, wirst du wohl konnen, kaufe dir Feder, Tinte und 
Papier und dann schreibe, wie der Geist dich treibt. Du bist dein eigener 
Richter und Gesetzgeber, die anderen sind Trottel ! 

Auch die folgenden zum Teile ins Einzelne gehenden Bemerkungen 
sollen dem Leser nicht vorenthalten bleiben. Auf sie lang und breit ein- 
zugehen ist iiberfliissig, da die Naivetat der Anschauungen Pratella's gerade 
bier von selbst in die Augen springt. Manches ist ubrigens auch wieder 
bloUe Phrase. 

Pratella faBt zusammen und fordert: 
1. Auffassung der Melodie als einer Synthese der Harmonie; die 

harmonischen Beziehungen Dur usw. sind Einzelheiten einer ein- 

zigen chromatisch-atonalen Weise. 



22 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915 

2. Die Erklirung der Enharmonik als eine glanzende futuristische 
Eroberung (!). 

3. Den Sturz des Rhythmus der „danza borghese", der nur eine 
Einzelheit des freien Rhythmus ist, wie der Hendekasyllabus eine 
solche der Strophe in freien Versen. 

4. Die Schaffung einer Polyphonie im absoluten Sinne (!?!) mit der 
Verschmelzung von Harmonie und Kontrapunkt (?!?). 

5. Die Benutzung aller Werte des Ausdruckes, der Technik, der 
Dynamik, des Orchesters. 

6. Betrachtung der musikalischen Formen als Folgen und als ab- 
hangig von den passionalen rhythmischen Motiven. (Dies ist 
nichts weiter als Formulierung der LeitsStze der extremen 
Programmatiker: die musikalische Form wird durch den jeweiligen 
psychischen, begriff lichen, darstellerischen usw. Gehalt des Werkes 
oder einer dichterischen und anderer Vorlagen bestimmt.) 

7. AusschlieCung der alten formalen Schemen der Symphonie. 

8. Das theatralische Werk ist als symphonische Form zu denken [s. o.]. 
9./10. Der Musiker muD seine theatralische Dichtung selbst in freien 

Versen schaffen. Die von Anderen geschriebenen Verse wiirden 
den Musiker zwingen, von diesen den Rhythmus fur die eigene 
Musik zu nehmen. (Demnach ware also die theatralische Melodie 
nicht allein Synthese der Harmonie, sondern aus dieser und den 
Rhythmen der Worte entsprungen zu denken !) 
11. In die Musik miissen alle neuen Regungen der Natur, die vom 
Menschen stets aufs neue gezahmt wird, hineingetragen werden. 
Man mufl den Massen, dem grofien Liede der Industrie, den 
Eisenbahnziigen, den Untcrseebooten, den Kreuzern, den Auto- 
mobilen, den Aeroplanen musikalische Seele geben. Den innersten 
Motiven der musikalischen Dichtung muB man die Herrschaft der 
Maschine, das siegreiche Gebiet der Elektrizitat hinzufugen 

(Mailand, 11. Marz 1911). 
Sollte jemand dies Programm lacherlich machen, er hatte leichte 
Arbeit: ,Zur Erhohung des Eindruckes der Symphonie ,Electricitas' — ich 
sehe den Titel im schaudernden Geiste voraus — nehme der geehrte 
Horer eine Leidener Flasche und sechs GeiCler-Rohren mit, die, aus der be- 
wahrten Handlung der Gebriider Schnuller stammend, leihweise an der Kasse 
abgegeben werden." Die Symphonie M Der Fiinfmaster" wird auf automatisch 
bewegbaren Schaukelstiihlen angehort, die Symphonie „Die Turbinen- 
dampferreise nach Honolulu" auf festen Sitzen genossen; wegen der 
fehlenden Schlingerbewegung usw. Wer sich einige Jahre zuriickzuerinnern 
vermag, wird wissen, wie sich diese Dinge langsam entwickelt und Vor- 
ganger gehabt haben; nicht eben lange ist's ja her, daB wir moderne 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 23 

lyrische Dichtungen tnit Begleitung von verschiedenen Lichteffekten und 
Woblgeruchen geniefien sollten, was uns erst ihre wahre und tiefe Wirkung 
verschaffen konnte! Es ist eben nichts zu dumm, daQ es nicht zuzeiten 
wieder auf die gefiigige Menscbheit losgelassen werden diirfte! 

Dem zweiten folgt noch ein dritter Abschnitt „Die Zerstorung der 
Quadratur", auf den im einzelnen nicbt eingegangen sei. Er beschaftigt 
sich mit rbythmischen Fragen, dem Tempo, den Akzenten usw. und kommt 
zu folgenden SchluQfolgerungen: 

1. .Die futuristische Musik erstrebt eine absolute Freiheit des Rhythmus, 
indem sie ihren Tonsatzen die vielfache Verschiedenheit und die 
individuelle Unabhangigkeit, die der freie Vers im Worte gefunden 
hat gibt." (Dieser theoretischen Aufgabe entspricht aber Pratella's Musik 
nicbt durchaus, wie aus zahllosen Beispielen seines op. 30 bervorgeht, 
die sogar nicht selten durch lange Strecken hindurch unter dem Zwange 
der verachteten „danza borghese" stehen.) Es heiOt dann weiter: „Der 
Tonsatz, die gewollte, melodische Synthese des musikalischen Aus- 
druckes (der aus einem oder mehreren ZeitmaOen zusammengesetzt 
sein kann) kann sich, aufier daQ er rhythmische Freiheit eines jeden 
Taktes annimmt, mit neuen rbythmischen Bewegungen bereichern, . . . 
er kann also binare und ternare und gemischte ZeitmaCe binarisch 
und ternarisch in einem Tonsatze sich folgen lassen* — woran auch 
vor der Zeit der Futuristen kein Mensch je gezweifelt hat, nur daQ 
die Komponisten von Bildung, Geschmack und Gefiihl dabei freilich 
nicht die Willktir zum obersten Grundsatze ihres kunstlerischen 
Bildens nahmen. 

2. „Die musikalische Periode, die aus einer oder mehreren Phrasen be- 
steht, muB sich in ihrer formalen Gliederung an den gleichen Grund- 
satz der Freiheit und Verschiedenartigkeit halten, der schon fur die 
Anordnung der Phrasen festgesetzt wurde, d. h. er muQ Phrasen 
binarisch oder ternarisch gleich oder ungleich an Zahl und an Ver- 
schiedenheit der rhythmischen Art der Taktzeichen sich folgen lassen." 
Man wird in dieser kindlichen formalen Festlegung nichts anderes 
als die Unterbindung der an anderer Stelle mit so viel Uberschwang 
verlangten absoluten kunstlerischen Freiheit sehen konnen. 

3. „So sagt man von der binaren und ternaren Aufeinanderfolge der 
Perioden, daQ sie in der symphonischen Gesamtheit die melodisch- 
musikalische Synthese bilden, den vorherrschenden, gewollten Aus- 
druck." Man konnte einen entsprechenden Tiefsinn in folgenden 
Satzen entwickeln: „Das Braun, das der Maler hier verwendet hat, 
ist der Ausdruck des Brauns, der ihm als braun vorschwebte," oder 
„der Komponist hat hier Fis-dur gewahlt, weil hier nur Fis-dur das 
innerste Wesen von Fis-dur zu enthiillen vermag" usw. 



24 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915 

4. „In solcber Art laCt sich der gesamte musikalische Gedanke zu- 
sammenfassen in die wissenschaftliche Formel des Rhythmus (1 X2 + 3 
und ihre Vervielfachungen) steht im Vcrhaltnisse zu <l:2-{-3 und 
ihre Vervielfachungen) und zu gleicher Zeit besitzt endlich die Formel 
in alien moglichen Kombinationen und Proportionen die Freiheit sich 
zu entwickeln, indem sie die folgenden multiplizierbaren und dividier- 
baren Einheiten in gleicher Weise anordnet: Unterakzent, Akzent, 
Bewegung, ZeitmaB, Phrase, Periode, Symphonic Die Bewegung stellt 
in jedem Falle die hauptsachliche rhythmische Einheit dar." Zur 
ErklSrung des Einganges dieses Satzes wird zwar kein Euler, wohl 
aber ein Grammatiker notig sein. Der Anfang heiDt im Originale so : 
„In tal maniera l'intera concessione musicale viene a riassumersi 
nella formula scientifica del ritmo (1 x 2 e 3 e loro multipli) sta a 
(1 : 2 e 3 e loro multipli) e nello stesso tempo possiede tinalmente la 
liberta" . . . 

5. „Die Quadratur mit ihren Symmetrieen und Kadenzen des kleinen 
Biirgertanzes wird von der freien Erkenntnis der rhythmischen, in- 
stinktiven und sympathischen Beziehungen zerstort" — eine HofFnung 
Pratella's, die schwerlich in Erfullung gehen diirfte. Die „danza 
borghese" ist ihm scheinbar die kunstlerische Fleischwerdung aller 
Ordnung und RegelmaCigkeit. DaC freilich die Musik der Nachfolger 
Beethovens und dieses selbst, die der Romantik usw. langst iiber die 
„burgerliche" Rhythmik himmelhoch hinausgewachsen ist, das sieht 
Pratella nicht. Ihn argert das einzelne Wort, der Begriff, der auf 
irgendeine RegelmaCigkeit, eine allgemein gultige Formel schlieQen 
lassen konnte. Und so haut er blind um sich und merkt nicht, daC 
er sich iiberall in seiner Musik in den FuCangeln der alten Kunst 
selbst wieder einfMngt, wie schon oben betont wurde. 

6. „ Fallen die Unterscheidungszeichen der Tempi, so auch die Bezeich- 
nungen , Andante', , Allegro' usw., die durch den Ausdruck des jewei- 
ligen Seelenzustandes des schopferischen Kiinstlers ersetzt werden. 
Wir haben endlich die Jahrhunderte alte Quadratur zerstort. Wir 
jauchzen dem freien Gefuhle des Rhythmus und des Ausdruckes zu, 
frei wie das Wort, wie der futuristische Vers, wie der Flug der 
Phantasie, wie der Schlag des Herzens" . . . 

Ich glaube, jeder Arzt wird Herrn Pratella diesen letzten Satz an- 
streichen. Der Herzschlag wird durch mancherlei korperliche und seelische 
Bedingungen geregelt. 1st er rhythmisch frei, so laOt das auf niemals 
unbedenkliche Storungen schlieDen. Gewifi, Pratella hat recht, wenn er 
das nur Akademische als unfrei, als unkunstlerisch verwirft. Aber die 
kunstlerische Besonnenheit schlechtweg iiber den Haufen rennen wollen, 
wie er und der Futurismus das tut, die Regel einen „alten Polizisten" zu 



NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 25 

benennen, dessen Beine zum Laufen nicht mehr gut sind, und den Sieges- 
hymnus anzustimmen „Wir Futuristen schaffen die neue Regel aus der 
Regellosigkeit" (derSatz wurde mit dem Ende des dritten Manifestesin Mailand 
am 18. Juli 1912 geboren), das heifit, das Wesen der Kunst, die den 
Menschen erhebt und begliickt, die ihn innerlich frei macht, griindlich 
verkennen, das heiOt, einen Standpunkt einnehmen, der weder mit Kunst 
nocb Vernunft das mindeste zu tun hat. Hoffentlich sind wir dabei, 
innerlich zu gesunden. Gebe unser guter Geist, daC das von Grund aus 
geschehe! 

Auf eine Reihe von Einzelheiten in Pratella's Ausftihrungen bin ich 
absichtlich nicht eingegangen. Was sollte man auch etwa dazu sagen, daO 
er die Kirchenmusik wegwirft wie einen alten Topf, der in Scherben ge- 
gangen ist! Er hat des neuen Geistes, der durch die Menschen geht, 
nicht einen kleinsten Hauch verspurt, hat keine Ahnung von der trostenden 
und befreienden Macht der Musik. Besser als es Worte vermogen, wird 
ihm und seinesgleichen die Zeit die notige Antwort geben, und vom ganzen 
Futurismus wird bald nichts mehr iibrig sein als ein Hauflein Papier und 
bekleckste Leinwand, die in Bibliotheken und Museen als ein ubles Oenkmal 
geistiger Verirrung und boser Berechnung vermodern werden. 



DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 

VON EMIL PETSCHNIG IN WIEN 



1st auch das Gewitter des Krieges, der nun schon fast ein Jahr lang 
unseren alten Kontinent heimsucht und ohnegleichen ist in der Welt- 
geschichte, noch nicht abgezogen, so halte ich es doch fur nicht 
ganz unzeitgemaB, schon jetzt Lehren, die die bisherigen Ereignisse den 
Deutschen gegeben haben, ins rechte Licht zu stellen und deren Folgen, 
bedingt durch die unleugbar geanderte psychische Verfassung der 
Nation, in bezug auf die kunftige Gestaltung unserer Musik zu betracbten; 
denn es ist nie zu friih, mit einer Erkenntnis zu beginnen, erwagt man 
die vielfachen Widerstande, die sich stets der Verbreitung einer solchen 
entgegenstemmen, und die ihr daher notige Zeit, um Wurzel fassen und 
zur Geltung kommen zu konnen. 

Dabei miissen wir uns jedocb auch daruber klar werden, daO selbst 
dieser gewaltigste Krieg nicht imstande sein kann und wird, sozusagen 
fiber Nacht, ganz neue Anschauungen und Empfindungen (soweit von 
solcher „Neuheit" uberhaupt bei den aller menschlichen Tatigkeit gesetzten 
Grenzen die Rede sein kann) auszulosen, um die alten wie mit einem 
Schlage zu verdrangen. Das Gesetz der organischen Entwickelung be- 
hauptet auch da sein Recht, und nur das Tempo derselben mag durch 
auDere Geschehnisse beeinflufit werden, indem Wandelungen, zu denen 
die Ansatze bereits vorher da waren, ja die fur jeden ohne Vorein- 
genommenheit Beobachtenden bereits einen gewissen sichtbaren Fortschritt 
aufzuweisen batten, durch selbe beschleunigt, ihre Notwendigkeit nach- 
drucklichst dargetan wird. — Solche fur uns Deutsche meist recht bittere 
Erfahrungen blieben uns auf keinem Gebiete erspart; sie werden uns hoffent- 
lich fur unser kiinftiges Verhalten dem Auslande gegenfiber eine nie wieder 
zu vergessende Lehre bilden, die etwa dahin zu formulieren wMre, un seres 
Wertes voller bewuOt zu sein, mehr Stolz im Schenken zu 
bewahren und nicht vor jedem Pofel und jeder hirnverbrannten Idee, 
sofern sie nur von jenseits der Grenze kommt, bewundernd auf den 
Knieen zu liegen, wahrend fiber heimische Erzeugnisse, mogen sie jene 
Produkte auch turmhoch uberragen, geringschatzig und hochmfitig binweg- 
gesehen wird. Doch nicht von dieser, wenn man will, mehr praktischen 
Seite der Angelegenheit soli hier gehandelt werden, sondern wir wollen 
diesmal die Sache von der rein kunstlerischen betrachten, und dazu bedarf 
es, wie gesagt, der Anknfipfung an die Lage, in der sich die Tonkunst in 
den letzten Jahren uberhaupt befand. 

Erkennt man den Grundsatz an, daQ die Kunst stets der untrfigliche 
Spiegel der Zeit war, daQ sich demgemaO in Bachs Musik etwa der strenge, 



PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 27 

verinnerlichte protestantische Geist ausspricht, daC in der Entwickelung 
der Oper mehrmals der jeweilige Geschmack der Epochen im Wechsel 
zwischen dem idealen Bestreben, das Land der Griechen rait der Seele 
zu suchen, und auQerlich-leerem Melodieengeklingel sich kundtut, wie in 
der Musik gleichen Schrittes mit der Dichtkunst die klassische Periode 
vom Romantizismus abgelost wird, daQ Beethovens „Eroica" untrennbar 
ist von der napoleonischen Erscheinung, so ist die Art und Weise unserer 
heutigen Tonkunst bedingt durch den Charakter der Gegenwart. Machte 
sich im Rokoko mehr das spielerische, bei den Klassikern mehr das 
psychologische, bei den Romantikern mehr das malerische Element geltend, 
so finden wir in der Musik der Jetztzeit alle Stile vertreten und vermengt, 
nur technisch auf eine vorher nie gekannte Hohe gebracht. In der gewalt- 
samen, miOklangreichen Heterophonie neuerer Tonschopfungen erschaue ich 
das vollendete Gleichnis der jiingst waltenden, egoistisch sich hart anein- 
ander reibenden Interessengegensatze, im Mangel der melodischen Linie das 
des fehlenden Leben formenden, ihm Inhalt verleihenden Ideales, in der 
formalen und harmonischen Anarchie einiger Allerjungster Gegenstucke zu 
ahnlichen Bestrebungen auf politischem Gebiete, die jedoch, dank ihres 
jedes organischen Wachstums entbehrenden und es negierenden Wesens 
wohl da wie dort nur vereinzelte extravagante und folgenlose Erscheinungen 
sind und bleiben werden. 

Warum diese Parallele gerade in der Musik noch mit solcher Deut- 
lichkeit durchzufuhren ist, liegt darin, daQ diese Kunst ungleich den 
ubrigen (Poesie: Naturalismus, Malerei und Architektur: Sezessionismus) 
den Sturm und Drang noch nicht uberwunden, daQ noch nicht die schlieC- 
liche Klarung Platz gegriffen hat; doch wenn die eingangs angedeuteten An- 
zeichen nicht triigen, sind wir jetzt auch mit ihr auf dem besten und nachsten 
Wege dazu, und er heiCt: Riickkehr zur Natur, zur GroBziigigkeit. 

Man darf, wie gesagt, annehmen, daQ der Krieg den Fortschritt auch 
auf dieser Bahn beflugeln wird, wie er ja gleich bei Beginn alle Kleinlich- 
keiten, Eitelkeiten, alle Zerfahrenheit, AuCerlichkeit und Blasiertheit (das 
Hauptubel des letzten Jahrzehnts) mit eisernem Besen hinwegfegte und 
die Gefiihle und Gedanken des gesamten Volkes fur wenige, aber desto 
erhabenere und ewig gultige Ideen begeisterte. Diese Erscheinung auf die 
Tonkunst angewandt, ist zu sagen, daC der Musiziererei mit der „noch 
nie dagewesenen Harmonie" da, mit dem „interessanten Kontrapunkt" 
dort, und der „faszinierenden Instrumentation" wieder an anderer Stelle, 
bei der vielleicht der Kunstverstand des Kenners bei Durchsicht der 
Partitur auf seine Kosten kommt, gewiB aber das Gemiit des Durch- 
schnittshorers kaum beruhrt wird, die letzte Stunde geschlagen hat. 

Vorbei ist es dann mit der in den letzten 20 Jahren (wohl dem Zuge 
unserer Zeit folgend) eingerissenen Vertechnisierung der Musik, der wir 



28 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915 

wohl ihr heutiges verkriippeltes und zerknittertes Wesen zuzuschreiben 
haben; vorbei mit der leider auch in vielen tonangebenden und einfluB- 
reichen Kopfen fest eingenisteten Ansicht, man konne den Wirkungen der 
Musik mit nur intellektuellen Mitteln beikommen, woher sich die unaus- 
gesetzten Fehlschlage bei Konzert- und Opernneuheiten schreiben, eine 
Ansicht, die Fragen wie u. a. die der Wiedereinfiihrung der Vierteltone 
gebiert, was ich nur als einen atavistischen Riickschlag zu bezeichnen ver- 
mag, nachdem wir uns gliicklich knappe 200 Jahre der gleicbschwebenden 
Temperatur erfreuen diirfen, unter gerade deren Agide die Tonkunst ihr 
bisher Hochstes erreicht hat! Die Behauptung, die gestaltungsreichste aller 
Kunste habe das ihr in den zwolf Halbtonen zur Verfugung stehende Aus- 
drucksmittel bereits erschopft, kann nur von jemandem kommen, der mit 
itam eben nichts anzufangen weiB, und ist ebenso toricht als zu sagen, 
die Bildhauerei habe sich uberlebt, da ihr nur Stein oder Erz als Material 
und als vornehmstes Modell einzig der Mensch dient. Man vergifit 
eben — vielleicht gerne und mit Absicht — daB nicht vom Stoffe, sondern 
vom Geiste, der ihn formt, der Wert eines Kunstwerkes abhangt. Ich 
finde im Gegenteil, daB schon die ausschlieDliche Basierung unserer 
modernen Harmonik auf die eine chromatische Skala eine Verarmung be- 
deutet gegenuber den zwolf Dur- und zwolf Molltonarten, deren jede doch 
eine bestimmt ausgesprochene psychische Stimmung vertritt. Wo in einem 
neueren Tonwerke kann man sich ganz dem Genusse eines strahlenden E-, 
eines feierlichen Des-dur, eines romantischen a-moll hingeben? Nirgends! 
Dafiir die atemlose, selten durch innere Notwendigkeit bedingte, von keiner 
Logik gehemmte und keinem Schonheitsgefuhle geleitete kakophone Jagd 
durch alle Tonarten (wenn dabei von solchen uberhaupt noch gesprochen 
werden kann), in deren Wirbel auch die menschliche Stimme gezogen und 
sie ruinierend zu ihrem eigentlichsten Wesen zuwideren Leistungen mifi- 
braucht wird. 

Kein Zufall ist es, keine bloDe Modelaune, sondern strengste ent- 
wickelungsgeschichtliche Folge, daO entgegen der immer unnatiirlicher, 
immer mehr bloO verstandesmaBig gewordeneo Kunstmusik das Lauten- 
spiel im letzten Lustrum so enormen Aufschwung nahm, womit Hand in 
Hand die neuerliche regste Pflege und Hebung fast schon in Vergessen- 
heit geratener Volksliederscbitze geht, so dem Uberkomplizierten das 
Primitive, dem Erkliigelten das Empfundene gegenuberstellend, in dem 
rechten Gefiible, daB wir wieder zu diesem nie versiegenden und ewig 
jungen Urquell aller Musik zuriickkehren und dort uns Anregung zum 
Schaffen auf neuen Bahnen holen mussen. Der Krieg schlieClich hat diese 
Bestrebungen nur gefordert und den Sinn fur das Volkslied in weitesten 
Kreisen wiedererweckt, in denen zuletzt vielleicht nur mehr der Gassen- 
hauer und schale Operettenware Gastrecht genoD. 



PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 29 

Auf dem Gesange, mithin auf dem Fundamente der Melodie und der 
durch sie bedingten Tonalitat, wird sich die kiinftige Entwickelung der 
Tonkunst wieder aufbauen. Ich weise zur Begriindung dieses Satzes auBer 
auf fruhere Analogieen nicht nur in der Gescbichte der Musik, sondern 
auch der anderen Kiinste auf die bedeutsamen Bestrebungen der letzten 
Jahre hin, die eine hauptsachlich auf intensiverer Gesangspflege fuOende 
(dringende) Reform des Musikunterrichtes bezwecken, dessen noch immer 
gang und gabe, nur auf den leeren auBeren Drill hin arbeitende Methode 
es gliicklich dahin gebracht hat, daO der entsetzliche Mangel des Gefiihls- 
momentes beim „unfehlbaren" Grammophon und elektrischen Klavier 
vielseits gar nicht mehr empfunden wird. — Man kam endlich zur Einsicht, 
daC der Keim des Verstandnisses fur das Echte und Gute schon in die 
junge Seele gepflanzt, bzw. in ihr groBgezogen werden muQ, daD hier der 
nie wieder zu verlierende Grund zu legen ist fur kiinftiges wahres 
Kunstverstandnis, zur Anerziehung eines gelauterten Geschmackes, 
des einzigen und wirksamsten Schutzmittels gegen wider- 
natiirliche snobistische Attentate auf die Kunst, die bei ihrer 
krampfhaften Sucht nach (falscher) Originalitat eben immer nur die Un- 
oder Halbbildung mit der daraus erwachsenden Urteilslosigkeit zu Anbetern 
haben, nur durch diese ihr — wenn auch zumeist bloO — Eintagsdasein 
fristen konnen. 

Hand in Hand mit den gekennzeichneten Bemiihungen, das Ubel an 
der Wurzel zu fassen, geht die Griindung von musikalischen Volks- 
bibliotheken, die auch dem Minderbemittelten die Moglichkeit bieten sollen, 
sich mit dem Schaffen unserer alteren wie neueren Tonmeis.* e ; ••nt zu 

machen, und damit zugleich der Verbreitung der Schundliteratur den Boden 
abgraben, welches Ziel auch die Herausgabe guter Hausmusik verfolgt, die 
im letzten halben Jahrhundert leider sehr vernachlassigt wurde, was sich, 
wie nun ersichtlich, schwer rachte. Bei alien Dingen dieser Welt haben 
die Gotter den SchweiB vor den Erfolg gesetzt. Nur intensives Sich-Be- 
fassen mit einer Sache vermag erst das rechte und tiefe Verstandnis der- 
selben zu beschaffen, und nirgends ist die marchenhafte Schlaraffenweise, 
die Hande teilnahmlos in den SchoB zu legen und zu warten, bis die 
gebratenen Tauben einem von selbst in den Mund fliegen, unangebrachter 
als im KunstgenuB. Diese Heimarbeit ist auch die unerlaBliche Bedingung 
und Voraussetzung des praktischen Erfolges der bereits mehrfach ein- 
gefiihrten und hochst dankenswerten popularen Orchesterkonzerte, durch 
die selbst dem mit irdischen Glucksgiitern Mindergesegneten die Kenntnis 
umfangreicherer Kompositionen vermittelt werden soil. 

Ahnliche Ziele verfolgen ja auch die verschiedenen Volksbildungs- 
vereine mittels Vortragen uber die verschiedensten Disziplinen, Fiihrungen 
durch Museen und Ausstellungen, die freien Volksbuhnen auf dramatischem 



30 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915 

Gebiete, und es steht zu hoffen, daB diese Institutionen ihre wahrhaft edle 
und humane Aufgabe, Wissen und Schonheit auch dem Armsten zu bringen, 
in immer umfangreicherem Mafistabe werden durchfiihren konnen; beruht 
doch eben auf diesen Klassen, denen an der Menschheitsentwickelung 
bisher keinen oder nur sehr bescheidenen Anteil zu nehmen vergonnt 
war, die nunmehr aber ihrer Seele bewuBt geworden sind und auch einen 
Platz an der Sonne beanspruchen, ein Verlangen, das begreiflich und 
dessen Erfullung nur billig ist, die kunftige Starke unseres Volks- 
tums. Sie sind es, die im Gegensatze zum Adel, der seine in fruheren 
Jahrhunderten innegehabte Bedeutung als Fiihrer der Nation eingebiiBt hat, 
und zu dem so erschreckend rasch in sattes Philisterium versunkenen Burger- 
turn, das aus seiner geistigen Lethargie erst wieder aufgeriittelt werden 
muB, noch einen unverbrauchten Fonds von Idealen und Mut sowie dank 
des Gewichtes ihrer groOen Zahl auch die Macht besitzen, deren Ver- 
wirklichung wenigstens nahezukommen; sie sind sozusagen die noch un- 
gebrochene Naturkraft, die, ist sie nur in die rechte Bahn gelenkt, herr- 
lichstes Bliihen und kostliche Friichte verheiCt. DaB diese Hoffnung keine 
Utopie, beweisen nebst dem statistisch nachgewiesenen regen Interesse 
gerade der Arbeiterkreise an ktinstlerischen, philosophischen und wissen- 
schaftlichen Fragen die aus ihnen schon da und dort gleich Friihlingsboten 
aufflatternden Dichterstimmen. 

Der Internationalismus, der wahrend des gegenwartigen Krieges ein 
solch klagliches Fiasko erlitten hat, der Beweis da fur, daB er mehr die 
papierere ""^struktion einiger weniger Phantasten als der Ausdruck 
vyrki.,.i^7rn — weiten Bevolkerungsschichten bereits festgewurzelter An- 
schauungen ist, wird sich schwerlich so rasch von diesem Schlage erholen, 
die guten Keime der sozialen Bewegung aber werden sich auf nationaler 
Grundlage nach unserem Siege, den wir zuversichtlich erwarten, infolge 
des nachher machtiger denn je einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwunges 
immer prachtiger entwickeln und den gesunden Boden auch fur eine wieder 
gesunde Kunst abgeben. 

Das vielartige Neue, womit uns der Erfindergeist der Ingenieure, der 
Forscherdrang der Gelehrten im letzten halben Jahrhundert beschenkte, 
und das einen so volligen Umschwung der allgemeinen Lebensbedingungen 
und Lebensweise mit sich brachte, hat die Gemiiter geblendet und verwirrt; 
aber ebensowenig als die Wissenschaft kann uns letzten Endes die Technik 
eine wahre Herzensbefriedigung gewahren. Sind doch all diese Riesen- 
schiffe, ExpreBziige, Automobile, Aeroplane, die Tele- und Grammophone, 
Kinematographen, die drahtlose Telegraphie und wie die an sich gewiG be- 
wundernswtirdigen Errungenscbaften sonst noch heiBen, nur gigantische 
Erweiterungen unserer Sinnes- und Bewegungsorgane, die aber immer nur 
als Diener einer obwaltenden Idee zu betrachten und werten war en, wie 



PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 31 

das Auge, das Ohr, die Hand nur Hilfswerkzeuge unseres Gehirns sind. 
Man hat nur noch nicht gelernt, diese Errungenschaften auf ihre wahre 
Bedeutung hin zu priifen, hat im Taumel der Begeisterung daruber, wie 
herrlich weit wir es gebracht haben, bisher ubersehen, daC sie nicht 
Selbstzweck sind, sondern nur Mittel sein sollen zu immer hoheren 
Daseinsformen, von welcher Auffassung die Menschen allgemach ergriffen 
werden mussen, urn der schon bedenklich gewordenen Verflachung all 
unseres Tuns und Denkens zu begegnen. — Es ist der uralte auf- und 
abwogende Kampf zwischen Physik und Psyche; aber eben die jungsten 
Monate haben gliicklicherweise wieder aufs eindringlichste dargetan, daO 
immer der lebendige Geist iiber die unbeseelte Materie den 
Sieg davontragt. Diese Erfahrung wird sich wohl tief genug in die 
Herzen eingegraben haben, um, wenn die Friedensschalmei wieder erklingt 
und alle gemiitlicheren Regungen derselben aufs neue aus den Falten, in 
die sie sich verschuchtert verkrochen hatten, hervorlockt, auf unser 
ferneres Verhalten in jedem Belange einen wohltatig-gliicklichen EinfluD 
auszuuben. 

Wir stehen, nach all den oben angefuhrten Symptomen zu urteilen, 
am Beginne einer neuen, einer Epoche der Verinnerlichung. Allerorts 
ruhren sich Krafte, verheiCungsvolle Anfange werden sichtbar, der Same 
einer gesunderen, schoneren Zukunft wird bereits ausgestreut in den 
empfanglichen Boden noch unverkiinstelter und naiv genieQender 
Gem titer. Diese werden unserer senil gewordenen Kunstubung wieder 
frisches Blut zufuhren, und ein neugeartetes Talent wird aus ihrer Mitte 
hervorgehen, das der Tonkunst wieder auf einige Zeit die Wege weist. 
Mit besonderer Treue aber laDt uns hinfort des bisher noch immer zu 
wenig beachteten Wagnerschen Mahnwortes eingedenk sein: 

Ehrt eure deutschen Meister, 
Dann bannt ihr gute Geister! 



HAUSKONZERTE 

VON DR. HERMANN WETZEL IN BERLIN 



Die Einsicht, dafi auch das furchtbarste Ereignis menschliche Interessen 
fordern kann, rechtfertigt zwar nicht die, die das Ereignis ver- 
schuldeten, mag aber manchen die Summe des Ubels auf dieser Erde 
kleiner erscheinen lassen. Auch der jetzige Brand menschlicher Leiden- 
schaften, dieser Zusammenbruch unserer hochsten Kulturbegriffe, hat un- 
zweifelhaft zugleich auch starke gegensatzliche, sittlich erfreuliche Strebungen 
ausgelost. Und der Gedanke, dafi, nachdem dieser tollwutartige Krampf 
der Menschen sich ausgetobt hat, die erhaltenden kulturfordernden Krafte 
allerorten mit verstSrkter Kraft erneut vordringen werden, mag vielen der 
einzige Trost in dieser schlimmen Zeit bleiben. 

So grofi die materiellen EinbuDen allerorten sind, und so schwer sie 
den wirtschaftlich Schwachen treffen mogen, fur die Entwickelung unserer 
Kunst, insonderheit unserer Musik sind sie eher forderlich als hemmend. 
Wohlstand und Luxus mogen wohl eine Kunststromung nach auCen hin 
zu glanzender Entfaltung anregen, zugleich aber fiihren sie auch die Gefahr 
der Veraufierlichung und Verweichlichung mit heran. 

In dieser Hinsicht kann man es fur unsere kiinstlerische Kultur nur 
begriifien, dafi ihr auOerlich recht prunkvolles, vielfach aber nur schein- 
prachtiges Gebaude durch den Krieg etwas ins Wanken geriet. Zerstort 
wird dabei an Gefuhlswerten nur das, worum es nicht schade ist. 

Was unser Musizieren auOerlich oft so prunkhaft aufblies und inner- 
lich hohl werden liefi, ist die immer innigere Verknupfung der kiinst- 
lerischen Strebungen mit geschaftlichen Interessen, so dafi diese jene vielfach 
tiberwucherten und toteten. Alle ernsten Musikfreunde sahen insbesondere 
in dem Konzertunwesen unserer GroOstadte, Berlin voran, eine ernste 
Gefahr fur unsere Musikpflege. Dieses Massenmusizieren ohne inneren 
Zwang, meist ohne eigentliche kiinstlerische Ziele, wo ein Konzert das 
andere zu iiberschreien sucht wie die Plakate an einer Litfafisaule einander, 
mufi verwirrend auf den Geschmack der Ausubenden wie der Horer wirken. 

Der Ruf nach Eindammung der Konzertflut und nach einer kiinst- 
lerisch fruchtbareren Nutzbarmachung der zahlreichen Kiinstlerkrafte auf 
dem Gebiet einer intimeren, auOerlich bescheideneren, dafiir aber ehrlicheren 
Kunstpflege ist daher in den letzten Jahren ofter erklungen. Jetzt hat nun 
die Not des Krieges den Anstofi zu einer Verwirklichung dieses Gedankens 
gegeben. Dem sozialen Empfinden und feinem kunstpolitischen Urteile 
einiger Berliner Musikliebhaber danken wir seine energische und geschickte 
Durchfiihrung, zunachst in GroB-Berlin. Und was bisher erreicht wurde, 
lafit den Wunsch rege werden, diese Einrichtung moge sich auch nach 
dem Kriege erhalten. 



WETZEL: HAUSKONZERTE 33 

Ich habe bereits mehrfach den bedeutsamen wertvollen EinfluO des 
echten Liebhabers auf die Musikpflege betont. Er war und ist der beste, 
treueste Genosse des Kiinstlers, selbst der groOten. Man denke an die 
Freunde Beethovens, Schuberts, Brahms'. In seiner Gesamtheit wirkt 
das Heer der Liebhaber nicht minder bestimmend auf das Musikschaffen 
ein, wie das Heer der Kaufer mit seinen Forderungen das Schaffen der 
Kunstgewerbler beeinfluBt. So muQ die Reform unseres Konzertbetriebes 
vom Liebhaber ausgehen, denn nur er hat die Macht, hier mit Gedanken 
und Handeln frei vorzugehen, weil er an diesem Betriebe nicht wirtschaft- 
lich interessiert ist und recht eigentlich der Auftraggeber bleibt. Der 
Liebhaber muQ aus seiner Reserve herausgehen, er muD von seinem Mit- 
bestimmungsrechte in Sachen der Musikpflege energisch Gebrauch machen, 
und muG von seiner Seite aus selber daran gehen, sich die Musik und 
d i e Form ihrer Pflege zu fordern, die er wunscht. 

Der unverdrossenen und aufopfernden Arbeit zweier kunstliebender 
Frauen Berlins, Frau Marta Crzelitzer und der Dichterin Clara Viebig, 
haben wir nun das kraftige Aufbliihen einer solchen Liebhaberbewegung 
in der Musik zu verdanken, die geeignet sein kann, auf unsere Musik- 
pflege einen heilsamen EinfluO auszuiiben. Als kluge Realpolitikerinnen 
verbanden die beiden Griinderinnen der „Stricknachmittage" einen doppelten 
praktisch-sozialen Beweggrund mit der kiinstlerischen Absicht. Man konnte 
den Besucherinnen dieser Musikstunden sagen: ihr geniefit nicht nur, 
sondern ihr helft zugleich, helft doppelt, mit eurer Handarbeit denen im 
Felde, mit eurem Beitrag den Musikern. So fanden sich zuerst auf den 
Ruf der Frau Crzelitzer in deren Heim in Zehlendorf eine stattliche An- 
zahl Frauen zusammen als Horerinnen und Helferinnen zu einem mensch- 
lich und kiinstlerisch guten Werke. Und nach diesem Vorbilde schlossen 
sich bald in GroB-Berlin 28 solcher Zirkel zusammen, deren Wirken von 
einer gemeinschaftlichen Organisationsstelle geregelt wird. 

Selbstverstandlich ist die Verkniipfung dieser Musikpflege mit der 
Ausiibung weiblicher Handarbeit nur eine auOere. Der Gedanke war fur 
die Verwirklichung der kiinstlerisch -musikalischen Ziele sehr forderlich. 
Diese Verbindung kann aber jederzeit gelost werden und hat sich vielfach 
schon gelost, ohne daC das Musizieren damit ein Ende erreicht hat. Eine 
gerauschlose Handarbeit vertragt sich aber recht gut mit einem lebendigen 
Musikgenusse, der ja beim Dilettanten fast stets nur ein unbewuQtes Er- 
fassen vorwiegend der elementaren und einiger formaler Ausdrucks- 
faktoren bleibt. 

Bevor wir die Arbeitsleistung dieser Organisation durch einige sta- 
tistische Daten naher belegen, wollen wir den durch ihr bisheriges Wirken 
zutage getretenen fiir Kunst und Kiinstler in Betracht kommenden Er- 
scheinungen einige Worte widmen. Durch den Krieg sind alle Kiinstler 

XIV. 19. 3 



34 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

wirtschaftlich stark gescbadigt worden, die schwachen oft bis zur 
Gefahrdung ihrer Existenzgrundlagen. Hier haben die Stricknachmittage 
viel gelindert. Einer betrachtlichen Zahl bedrangter Kunstler ist durch 
die Organisation ein erfreulicher fortlaufender Verdienst gesichert worden. 
Hoher aber noch als das Geld, das ihnen hier zufloB, werden von 
vielen die kiinstlerischen und rein menscblichen Anregungen, die von 
diesen intimen Musikstunden ausgingen, bewertet werden. Das BewuBt- 
sein, mit seiner Tatigkeit nicht plotzlich iiberfliissig geworden zu sein, 
sondern eine neue Betatigungsmoglichkeit gefunden zu haben, die ihn 
mit so vielen Liebhabern der Kunst in Beruhrung bringt, hat wohl 
gerade manchen feineren unter den Musikern ein gut Teil Sorge und 
Niedergeschlagenheit, die ihn zu Beginn der Kriegszeit befallen muGte, 
abgenommen. 

Fur manchen Horer bedeuten die zahlreichen Moglichkeiten, miihe- 
und zwanglos Fuhlung mit diesem oder jenem ihm sympathischen Kunstler 
zu gewinnen, die Gelegenheit, die geistige Physiognomie unserer, in der 
Atmosphare des Konzertsaales meist unpersonlich wirkenden Vortrags- 
kiinstler naher studieren zu konnen, eine wertvolle Bereicherung und Ver- 
tiefung seiner kiinstlerischen Erfahrungen. 

Fiir das Kunstempfinden beider Teile gleicherweise erziehlich ist es 
aber, daC hier endlich dem groBen Schatz der fur intime Raume und auf 
zarte Klangwirkung hin geschaffenen Musik unserer Meister ein breiteres 
Wirkungsfeld erwachst. Hier kann der Vortragende endlich einmal auf 
intime Wirkungen hinarbeiten. Hier hat er nicht nur ein Recht, sondern 
es ist hochste kiinstlerische Pflicht, die Schatze der musikalischen Klein- 
kunst seit Bachs Zeiten vorzufuhren, die fiir den Konzertsaal zu fein und 
zum Zerpflucken durch Schiilerhande zu gut sind. Hier sind Bachs und 
Handels Suiten, Haydns, Mozarts gesamte Klaviermusik, Beethovens friihe 
Sonaten und kleine Stiicke, Schuberts Tanze, der ganze Reichtum unserer 
romantischen Miniaturen von Mendelssohn und Schumann an bis zu Kirch- 
ner, Heller und dem letzten und tiefsten Meister Brahms, und auch end- 
lich mancher nichtbeachtete tuchtige Kleinmeister unserer Tage am Platze. 
Auch fiir die mehrstimmige Kammermusik instrumentaler und vokaler Natur 
ist hier erst der rechte Boden geschaffen. 

Solche Musik im stuckbeladenen Konzertsaal zu spielen, ist stilistisch 
nicht minder arg, als wenn ein Museumsleiter Bildchen von Schwind, 
Kersten, Friedrichs oder Richter in den Prunksalen seiner Sammlung 
zwischen Wandgemalden aufhangen wollte. Unser architektonisches Em- 
pfinden hat in dem letzten Jahrzehnt eine hohe Verfeinerung erfahren. Der 
vornehm sachliche Geist, der in einem modernen kiinstlerisch gestalteten 
Innenraume jetzt vielfach herrscht, wird den denkbar giinstigsten Stimmungs- 
untergrund fur die genannten Werke abgeben. 



WETZEL: HAUSKONZERTE 



35 



Man wendet vielleicht ein : urn das zu erreichen, bedarf es doch 
keiner besonderen Organisation. Dergleichen bot bisher schon jede an- 
spruchsvollere Geselligkeit wohlhabender Menschen. Das ist nicht der Fall. 
Vielmehr unterscheiden sich diese Musiknachmittage wesentlich von den 
musikalischen Geselligkeiten, wie wir sie in den Hausern besitzender Kreise 
bisher gewohnt sind. Sie kennzeichnen sich als reine Hauskonzerte 
intimen Stiles durch die ausschlieQliche Vorherrschaft des musikalischen In- 
teresses. Die Nachmittagszeit von 5 bis 7 Uhr schlieBt jede Beriick- 
sichtigung irgendwelcher Tafelfreuden aus. Dann gibt die von der 
Organisation mit groCer Sorgfalt getroffene Wahl der Kiinstler den Ver- 
anstaltungen ein rein kunstlerisch sachliches Geprage. Sie halt ebenso 
sehr (das verbietet schon die soziale Tendenz) Kiinstler fern, welche, wie 
auf den Soireen reicher Hauser, durch ihren Namen lediglich den Glanz 
des Festes erhohen sollen, indem sie den zu Zungengeniissen nicht mehr 
fahigen Gasten durch virtuose Raffinements noch die Ohren kitzeln sollen. 
Sie vermeidet aber auch jede Moglichkeit eines Vergleiches dieses Musi- 
zierens mit dem fur gesellige Zwecke engagierten Gewerbemusiker. Es 
kommen hier vorwiegend d i e Kiinstler zu Worte, denen, weil weder 
Virtuosen noch Geschaftsgenies, der Konzertsaal nie das ausschlieQliche, 
sie vollig befriedigende Betatigungsgebiet sein kann. 

Zum Schlusse mogen nun noch einige statistische Daten und Zahlen- 
angaben von dem erfolgreichen Wirken der Organisation Kunde geben. Die 
von Frau Crzellitzer und Frau Viebig geleitete im Abgeordnetenhause 
arbeitende Zentrale hat seit Anfang Oktober etwa 50 bis 60 Kiinstlern 
mehrere Wintermonate hindurch eine laufende Einnahme von monatlich 
etwa 70 Mk. vermittelt. Diese Summe konnten sich die Kiinstler durch vier- 
bis fiinfmaliges Spielen im Monat verdienen. Eine weit groOere Zahl von 
Kiinstlern fand durch gelegentliche Beschaftigung einen wenn auch ge- 
ringeren, so doch oft recht willkommenen Nebenverdienst. Wie bereits 
erwahnt, sind neben diesen pekuniaren Vorteilen oft die durch Ankniipfung 
menschlicher und geschaftlicher Beziehungen zwischen dem Vortragenden 
und den Horern sich ergebenden Vorteile oft noch hoher zu bewerten. 

Die folgende Tabelle wird am kiirzesten tinen Uberblick uber die 
durch die Organisation fliissig gemachten und ausschlieOlich zum Vorteile 
der Kiinstler aufgewendeten Gelder geben. 



Zabl 
der Zirkel 



Einnahmen 



Ausgaben 



Oktober . 
November 
Dezember 



1 

7 

19 



Mk. 118 
„ 1986 
. 4414 



Mk. 



70 
1012 
3 169 

3* 



36 



DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 





Zabl 

der Zirkel 


Einnahmen 


Ausgaben 


Januar .... 


28 


Mk. 4 166 


Mk. 3 875 


Februar 










28 


„ 4 699 


. 4 321 


Marz . 










21 


„ 3 708 


„ 3 367 


April . 










18 


„ 2 864 


„ 2 633 


Mai . 










11 


„ 2 000 


„ 2 000 


juni . 










10 


„ 1 500 


„ 1500 


Juli . 










2 


500 


400 














Mk. 25 955 


Mk. 22 347 



Vollig unentgeltlich wurde die gesamte organisatorische Arbeit (das 
Bureau im Abgeordnetenhause war gleichfalls kostenlos zur Verfugung 
gestellt) geleitet. Die Kiinstler haben es also hier mit einer geradezu 
idealen Konzertagentur zu tun, und wohl jeder unter ihnen hat dieses 
kunstfreudige und uneigenniitzige Wirken mit dankbarer Genugtuung 
empfunden. 

Die Zahl der also beschaftigten und honorierten Kiinstler (SSnger, 
Geiger, Pianisten) betragt rund zweihundert. Ein grofier Teil von ihnen 
konnte nur gelegentlich beschaftigt werden, da ihre Leistungen den An- 
spriichen der Organisation nicht genugten, oft auch deshalb, weil die Be- 
ziehungen erst eingeleitet wurden, nachdem die meisten Stellen besetzt 
waren. Es war hier bisher noch vieles im Werden, und die Organisation 
wird mit Beginn des zweiten Spieljahres im September viel leichter und 
zielbewufiter arbeiten konnen. Von alien Seiten, der der Kiinstler wie 
der Horer, wurde die Fortfiihrung dieses Unternehmens lebhaft gewunscht, 
und es ist daher sicher zu hoffen, daC hier ein fur unsere Musikpflege 
kiinstlerisch und wirtschaftlich heilsames Werk sich in erfreulichem Auf- 
bltihen befindet. Das Verdienst gebiihrt hier ausschlieClich einem Kreise 
echter Liebbaber mit seinen beiden tatkraftigen Leiterinnen an der Spitze. 



REVUE DER REVUEEN 



Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

NEUE ZEITSCHRIFT FUR MUSIK (Leipzig), 82.Jahrgang, No. 19, 20 und 22.— 
No. 19. „Die neudeutscbe Partitur." Von Adolf Prumers. „. . . 1st es ein 
Verbrechen, wenn unsere heutigen Partiturcn SuOerlich anders dreinscbauen als 
die von Mozart und Beethoven? 1st es vielmehr nicht ein Unsinn, eine Karikatur, 
dad unsere Partituren den Stempel lSngst verrauschterjahrhunderte tragen? Jede 
Zeit bat ihren Stempel; warum soil sich die neudeutscbe Zeit, unser ,heute', nicbt 
des eigenen Zeitstempels bedienen durfen? Mozart, obwohl urdeutsch in Wesen 
und Art, kleidete seine Partituren in die Spracbe seiner, namlich der italienischen 
Scbule. Das war damals gang und gabe, war Spiegel und zugleich Stempel jener 
Zeit. Sollen wir Deutsche aber, die wir zu den FQQen deutscber Meister gesessen 
baben, nicbt das gleiche, das eigentlich Selbstverstindliche tun? Sind wir Wagners 
Erben oder sind wir es nicht? Diese und weit mebr andere Griinde baben nun 
bisber nabezu nichts ausgerichtet. Wie Iange wollen wir noch hinter unserer Zeit 
und ihren Erscheinungen und gebieteriscben Forderungen wie Sieche und Kruppel 
herumhumpeln? Hat Wagner umsonst gelebt? Verstehen wir ihn nicht? Ver- 
stehen wir Musiker nicht den eisernen Schritt unserer Zeit? Bisher muOte es so 
scheinen; bolen wir das Versaumte docb endlich nach! Fort mit den faulen Aus- 
reden, mit den ,wichtigen Bedenken', mit den historischen Gesetzen! Die italie- 
nischen Bezeicbnungen sind im Laufe der Jabrbunderte so morscb geworden und 
in Vergessenbeit geraten, daQ wir z. B. tenero, slentando erst im Worterbuch auf- 
sucben mussen. Sollen wir warten, bis die Zeit ihr Zerstorungswerk vollendet 
bat? Das erleben wir nicht. Nein! Geben wir unserer Zeit das, was ihrgebubrt: 
den Zeitstempel der deutschen Sprache! . . . Warum soil die italienische Spracbe 
das Recht haben, urdeutscbe Musik zu bevormunden? Zu deutschen Noten ge- 
horen aucb deutsche Bezeicbnungen! Wenn wir dem historischen Prinzip zuliebe 
die pp, mp, mf, f und ff beibebalten, so ist ibm damit vollauf Genuge getan. 
Deutsche Meister! Scbafft neudeutsche Partituren!" — No. 20. „Die Fremdworter 
in der Musik." Von Max Unger. „. . . Bis wir eine auch von Fachausdrucken 
glnzlicb gereinigte deutsche Sprache besitzen werden, wird immerhin noch viel 
Wasser den Rhein hinabflieflen, und bis dorthin werden sich freitich die wahren 
Freunde der deutschen Sprache wohl oder ubel — nicht glucklicherweise — noch 
mit vielen schlechtklingenden Fremdwdrtern abflnden und sie in ihrer Sprache 
dulden mussen, wie ich es auch bier und da noch mudte. Aber unbedingt in 
Acht und Bann sollte jedes irgend entbehrliche Fremdwort, geschweige denn aus 
blotter Eitelkeit und Prablsucht angewandte getan werden. Wenn aber die Sprach- 
reinigung im gleichen Verbaltnis wie in den letzten Jahren andauert, werden wir, 
sollte man denken, eigentlich nur wenige Jahrzehnte benotigen, um eine ziemlich 
gesunde Sprache zu besitzen. Offene Fehde aber alien Sprachverwilderern, denen 
die bisherigen Fremdworter noch nicht genugen und die ihre Eitelkeit darein 
setzen, moglicbst alberne MiQbildungen neu zu erflnden. Ein Beispiel fur viele: 
die Zwitterbildung ,Beethovenianismen', die Merkmale Beetnovenscher Kompositions- 
weise bezeichnen soil. Wenn ich nicht irre, wurde das Wortungettim erst vor 
wenigen Jahren gebildet. Sein Erflnder war darauf gewifl sehr eingebildet . . ." 
— No. 22. „Zukunftige Musik." Von Otto R. Hubner. Verfasser erblickt in 
stSrkerer Pflege der Tonkunst ein wirksames Mittel zur Bekampfung der zunehmen- 
den Ver2uQerlichung unseres Wesens. Er wendet sich gegen die „Verstandes- 
komponisten", d. h. gegen die Erzeuger innerlich-armer, iuQerlich-glinzender Musik, 



38 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

wie sie uns in den letzten Jahren oft genug in Theater und Konzertsaal begegnet 
sind. „Davon aber mussen wir abzukommen suchen und unser ganzes Innenleben 
wieder mehr zu vertiefen trachten. Der jetzige Krieg wird uns diese Aufgabe 
erleichtern: denn liefi er nicbt in vielen Menscben wieder starke Lebensgefuble 
erwacben! Und warf nicht schon so mancber alien iuQeren Flitter beiseite aus 
innerer Kraft! Die Lebensnot ist an uns Deutsche herangetreten; sie wird uns 
nicht schwichen, sondern vertiefen, vor allem aber wieder wahrhaftig machen. 
Und dieser erbobte Zustand soil in unserer kunftigen Kunst zum Ausdruck kommen. 
Darum diirfen wir hoffen, daft in der Zukunft weniger kompliziert-interessante, als 
vielmehreinfacb-ausdrucksvolle Musikgeschrieben wird. Unsere scbaffenden Kunstler 
sollten sicb auch nach dem Geschmacke der Laien und Kunstfreunde mehr umtun, 
auf deren Liebe doch alle Kunst begrundet ist. Gerade jetzt quillt der alte Bronnen 
der Volkskunst wieder in erneuter Frisehe, und wer ibm lauscht, der wird verstehen, 
was sein PlStschern kundet: Auch alle Kunst soil nur dem heil'gen Leben dienen!" 
BOHEMIA (Prag), 23. Mai 1915. — „Brauchen wir die italienische Oper?" Von F. A. 
Verfasser befurwortet die vorlauflge AusschlieBung der Jungitaliener (Mascagni, 
Leoncavallo, Puccini u. a.) von den deutscben Buhnen. » . . . Verdi, Rossini und 
die ubrigen alten Italiener werden von der prinzipiellen AusschlieBung weniger 
betroffen. Die Meister vergangener Gcnerationen baben mit den gegenwartigen 
Verbaltnissen nichts zu scbaffen, und wir werden uns wobl huten, uns der Lacber 
licbkeit preiszugeben wie die Franzosen, die fur Beethoven erst die belgische 
Abstammung seiner Vorfahren reklamierten, um seine Schopfungen nicht entbehren 
zu mussen. Wir waren auch Bizet gegenuber nicht intolerant, von unserem Ver- 
halten gegen Shakespeare ganz zu zu schweigen. Kunstwerke, welche allgemeiner 
Kulturbesitz sind, stehen jenseits der Zeitstromungen. Ob notwendig oder ent- 
behrlicb, das ist die Frage, die man sich bei der Erwagung des Boykotts vorzulegen 
hat. Der Kunstfreund wird darauf antworten, daB er fur einige Zeit sein Aus- 
kommen ganz gut auch ohne Verdi und Rossini — den Wert ihrer Werke 
zugegeben — flnden kann. Wenn die Franzosen Beethoven gegenuber zu der 
obenerwabnten Finte ihre Zuflucht nabmen, so licheln wir darfiber, aber wir ver- 
stehen diesen Vorgang, durch den man uberchauvinistische Empfindlichkeit zu 
beruhigen suchte. Denn ohne Beethoven ist fur den Musiker kein Auslangen. 
Der italienischen Opernmusik zuliebe braucbt man nicht solcbe Ausfluchte zu 
machen. Sie ist Luxuskunst, und es wird bei uns gewifi nicht als ein Ungluck 
empfunden werden, wenn wir auf sie fur wenige Zeit verzichten. Wir werden uns 
also auch Verdi gegenuber zuruckhaltend verbalten, ganz abgesehen davon, daB 
auch Verdi aus seiner osterreichisch- und deutscbfeindlichen Gesinnung nie ein 
Hehl gemacht bat. Von solcber Erwagung ausgebend, hat bereits die Direktion 
unserer Landesbuhne ibre MaBnahmen getroffen und aus dem Programm der 
heutigen gemiscbten Opernvorstellung das ,Rigoletto*-Fragment entfernt. Die 
EinbuBe, die der Spielplan dadurch erleidet, mag auf den ersten Blick grofler 
scheinen, als sie eigentlich ist. Nur der Behaglichkeit des Genusses verdankt die 
italienische Opernmusik ihre Vordergrundstellung im Repertoire. Aber Hand aufs 
Herz, ist man ihrer nicht schon ein wenig uberdrfissig? Und ist der Ernst der 
Zeit mit solchem Behagen vereinbar? Wir haben in unserer musikaliscben 
Schatzkammer den reichlichsten Ersatz fur ,Troubadour\ ,Rigoletto', ,Traviata' 
und ,Maskenball', und wenn statt Puccini und Leoncavallo zeitgenossische deutsche 
und osterreicbische Komponisten zu Gehor gelangen, so erfullt man diesen gegen- 
uber nur elne lange genug vernachlftssigte Pflicht. Darum fort mit welschem 
Dunst und welschem Tand. Ehren wir unsere deutschen Meister!" 



REVUE DER REVUEEN 39 

TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 8., 9. und 10. Juni 1915. — (8. und 9. Juni.) 
„Der deutsche Musikstil." Von Hans Joachim Moser. Verfasser untersucht die 
Frage, ob und wie weit es denn uberhaupt eine nicht nur geographisch, sondern 
aucb ihrem innersten Wesen nach wirklich „deutsche" Tonsprache gebe; ob es 
nicbt bloB eine Art von Zufall sei, daB die zweifellos im letzten Jabrtausend 
immerfort wandernde Vorhcrrschaft der musikalischen Kultur von den englischen 
und nordfranzosischen Kelten des II. bis 13. Jahrhunderts zu den Italienern der 
Dantezeit, dann zu den Niederlindern, bierauf wieder zu den Italienern und 
Franzosen, nun endlich aber zu uns Deutschen gekommen sei, urn vielleicht 
kunftig etwa den Skandinaviern oder Russen oder sonst wem zuzufallen. Moser 
glaubt, daB der besondere deutsche Musikstil weniger prSgnant zu fassen ist, als 
derjenige anderer Linder. Es bedurfe anscheinend erst eines gewissen Abstandes 
von Rasse und Spracbe, um die schaffenden Musiker zum vollen BewutStsein 
vSlkischer Stilmerkmale zu bringen. „Hieraus also lielJe sicb hauptsicblich das 
seltsam anmutende Paradox erklaren: dafl wir keine gleich charakteristische 
,deutscbe Musiksprache' auf der Palette haben, eben weil die tonangebenden 
Meister, von denen allein solche PrSgungen hatten ausgehen konnen, an den ent- 
scheidenden Zeitpunkten selbst Deutsche gewesen sind! Es besteht hierfur aber 
aucb noch ein anderer, nicht minder schwerwiegender Grund: die geographische 
Lage Deutschlands als Durchzugsgebiet. Was das bedeutet, lehrt uns die euro- 
piische Kriegsgeschicbte: Wie unser Vaterland nacheinander von Romern, 
Hunnen, Avaren, Normannen, von Franzosen, Spaniern, Schweden und Russen 
mit Heerhaufen uberzogen worden ist, so haben uns gleichermaBen seit Mero- 
wingerzeit Schwirme lateinischer Mimen, irischer und burgundiscber Klosterleute, 
polnischer und englischer Geiger, franzosischer und italienischer Tonkunstler mit 
ihrer Musik fiberlaufen und heimgesucht; dies wie jenes aber nicht einmal aus- 
schlieOlich zu unserem Schaden, denn leibliche wie geistige Rassenauffrischung 
ist oft genug die bedeutsame und segensreiche Folge hiervon gewesen . . ." 
„. . . wihrend Karl Lamprecht einmal ausgesprochen hat, daB die Romer alle 
Kulturen in sich aufsaugten, um sie vergrdbert, verrobt, wieder von sich zu geben, 
darf man in der Tonkunst wie auf anderen Gebieten von den Deutschen getrost 
behaupten, daB sie willig, ja gierig jede fremde Anregung in sich aufnahmen, um 
sie veredelt und vertieft der Welt zuriickzugeben ..." „. . . Wie sich in diesen 
Tagen vornehm und gering, jung und alt, arm und reich zu einem Heer in 
einem Geiste zusammengefunden hat, wie der blasse, blasierte Snob der GroB- 
stadt sich im Schtitzengraben in den vollblutigen, blondbartigen, gebraunten Teu- 
tonen zuruckverwandelt bat — so mochte man uns auch auf dem Gebiet der 
deutschen Musik einen neuen, allgemeinen Geist der Starke, der Friscbe, des 
Frommseins, des frohlichen Auferstehens im Zeichen der Blutgenossenschaft aller 
Klassen wunscben. Damit unsere groCen KSnner nicbt mehr ausschlieBIich nach 
internationalen Sensationen, wahnwitzigen technischen Experimenten, kitzelnden 
Nervenwirkungen in groteskem Wettrennen, aber mit stSrkster kaufmSnnischer 
Begabung hascben, wahrend der schlichte Mann sich in dem Scbund frivoler, 
bescbrSnkter, gescbmackloser Operettenschlager fur den schtnerzlichen Ausfall 
an guter, neuer, ihm erreichbarer Kunst schadlos halten muB. Moge aller artistische 
Hocbmut, alle epigonische Novititenklugelei, alles kleinliche Parteigezink vor dem 
einen allgewaltigen Verantwortlichkeitsgefuhl hinschwinden: daB dem deutschen 
Volk seine herrliche Tonkunst erhalten bleibe in immer verjungtem Fruhling! Wie 
sagt doch der groBe, so oft miBbrauchte Nietzsche? ,Nicht um die Erfinder neuen 
LSrms — um die Erfinder neuer Werte dreht sich die Welt!' Warum sind die einst 



40 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 

hochmusikalischcn Englander seit der Hochblute des Puritanismus vollig im ton- 
kunstlerischen Wettbewerb der Nationen ausgefallen? Weil ihnen die sittliche 
Starke, das reine Herz, der ehrliche Wille vor Heuchelei, Vollerei und KrSmertum 
abhanden gekommen ist. .Merk's, Wien — !' Die lebendige deutsche Kunst wird 
nicht in Debattierklubs, im Zigarettenqualm der Nachtcafes, im scbwellenden 
Fauteuil uppiger Boudoirs errechnet — sondern man suche sie dort, wo sie der 
Beethoven der Pastoralsymphonie, der Bach der Pfingstkantate, der Stadtpfeifer- 
gesell des Lochheimer Liederbuches, wo sie der tapfere Herr Walter von 
der Vogelweide gefunden hat: ,Unter der Linden, an der Heide . . .' Moge 
sie uns dort kraft der gewaltigen Umwandlungen dieses Krieges wieder auf- 
erstehen zu ewigem Leben! Das walte Gott!" — (10. Juni.) „FQnfzig Jahre 
,Tristan'." Zur Erinnerung an den 10. Juni 1865. Von Gustav Manz. 
„. . . Selten wohl, ja nie vielleicht ist ein Werk der tragiscben Kunst geschaffen 
worden, bei dessen Zeugung und Geburt die hochgespannteste Schopfer- 
kraft des kunstlerischen Genius selbst so zerschmetternd zusammenprallte 
mit der Tragik des personlichen Erlebcns. Es war, als ob dieses ,Schmerzens- 
kind' nur in einer Luft sich sein Lebensdasein erkampfen durfte, die durcbbraust 
war von stiirmenden Orkanen und scbreckenvollen Gewittern. Im Sommer 1858, 
als der ,Tristan' wurde, steht iiber dem Haupt seines Schopfers selbst als dusteres 
Symbol das Isoldenwort: ,Mir erkoren, mir verloren'; zarteste Gespinste seelischer 
Harmonie zerreifit die bastige Hand miBverstehender Eifersucht; in jfiher Flucht 
verlafit der Kunstler sein griines Asyl und sturzt sich aufs neue in die Odyssee 
eines heimlosen Wanderlebens; nichts nimmt er mit sich als eine Erinnerung 
und jcnen Schatz der ,Traume', aus denen sich ihm in der melancholischen Stille 
des Palazzo Giustiniani das Klangwunder der Liebesnacht gestaltete. Im Sommer 
1865, als der ,Tristan' ins Leben trat, erfuhr der Schaffende zum ersten Male 
wieder seit den verdMmmernden Jugenderinnerungen an die groDe Wilhelmine 
Schroder-Devrient die Erfullung eines kunstlerischen Ideals. Schnorr von Carols- 
feld, damals in der Blute seiner 29 Jahre, wurde ihm als ,singender Darsteller' die 
beldiscbste Verkorperung hochfliegender Traume; er macht das Unmoglicbe mog- 
lich, ihm gelingt das Wagnis, an dem alle anderen gescheitert — er ,schafft' den 
,Tristan' in jenen vier Vorstellungen, die man als die wahrhaft ersten deutschen 
Btihnenfestspiele bezeicbnen darf — , und acht Tage nach seinem Abschied 
von Munchen liegt er auf der Totenbahre; in verzweifelndem Jammer eilt Wagner 
nach Dresden, um seinen Sanger zu bestatten, er kommt um zwei Stunden zu 
spat, und wie eine grausige Ironie diinkt es ihn, dad die frohliche Elbestadt gerade 
in Flaggenschmuck und Kranzgewinden prangt, um 20 000 deutsche Sanger zu 
empfangen ... Es ist ein unumstoClicher Beweis fur die aus dem Innern sich 
rastlos erneuernde Kraft des Genius, daft die zwei furchtbaren Schicksalsscblage, 
die in Wagners Leben mit dem ,Tristan' verknupft sind, ihn nicht zum gebrochenen 
Manne gemacbt haben. Er muQte eine Liebe ersticken und hat ihr in seinem 
Werk ein Denkmal gesetzt; er hat den teuersten Kunstler und Freund begraben 
und schenkte der Welt kurz darauf das Werk heiterster VerklBrung, die ,Meister- 
singer* . . .* 
DER TAG (Berlin), 23. April 1915. — „Sven Scholander und Deutschland." Von 
Carl Krebs. Vor kurzem ging die Nacbricht durch die Zeitungen, der bekannte, 
gerade auch in Deutschland gefeierte scbwedische LautensSnger habe ein Exemplar 
des Buches „Ein Volk in Waffen" von Sven Hedin, das ihm der Verfasser selbst 
zugestellt hatte, mit den Worten zuriickgeschickt, er wolle ein solches Machwerk 
nicht im Hause haben. Scholander versandte spiter an die deutschen Zeitungen 



REVUE DER REVUEEN 41 

eine langatmige Erkllrung, in der er sein Verhalten zu rechtfertigen suchte. Er 
behauptete, daft er lediglich von dem Wunsche geleitet sei, die strenge Neutralitat 
seines Landes und seiner Regierung auch seinerseits zu wahren, und dad ibm 
eben Sven Hedin in diesem Sinne die Neutralitat nicht gewahrt zu baben 
scheine. Desbalb und nur desbalb habe er ibm sein Buch zuruckgeschickt, das 
er ubrigens nicbt als Macbwerk bezeicbnet habe. Wie fur die Belgier ge- 
denke er aucb fur die notleidenden Ostpreufien und Galizier zu konzertieren. 
„Scholander's Versucb," schreibt nun Carl Krebs, „seine Haltung zu begrunden 
und zu rechtfertigen, erscheint mir vollig verfehlt, keiner seiner Grunde ist stich- 
haltig. Die Neutralitat eines Volkes wird durch seine Regierung bedingt, nicht 
durch das, was die einzelnen Untertanen reden oder tun; Schweden ist neutral, 
trotzdem Sven Hedin warm fur Deutschland eintritt, trotzdem Forsell einem eng- 
landfreundlicben Banausen die Wacht am Rhein ins Gesicht singt. Scholander's 
kleinliches und angstliches angeblich neutrales Verhalten ist im Grunde weiter 
nichts als Feigheit; Feigheit, wirklich Farbe zu bekennen und dadurch etwa die 
eigene Haut zu Markte zu tragen. Oder ist es noch mehr, ist es Undank? In 
keinem Lande, selbst in seinem eigenen nicht, ist Scholander so entbusiastisch 
gefeiert worden wie in Deutschland, und zwar von hoch und niedrig, von den 
Fursten wie vom Volk, ja, unser Kaiser hat ihn in auflerordentlichem Made aus- 
gezeichnet und zu sich herangezogen. Und schon um des Kaisers willen, der 
sich in Worten und Taten so herrlich bcwatart hat, zu dem jetzt alles, was deutsch 
fuhlt, in ehrfurchtiger Liebe aufscbaut, schon um des Kaisers willen hatte Scho- 
lander, wenn er wirklich deutscbe Sympathieen batte, sie offenbaren miissen, um 
zu beweisen, daft er jener Ehre wurdig war. Aber er hat zuerst fur die Belgier 
konzertiert, ohne sich darum zu kummern, ob er dadurch deutsche Gefuhle ver- 
letzte, gerade fur die Belgier, deren Zivilbevolkerung gegen unsere Soldaten jede 
Gemeinheit begangen, sie aus dem Hinterhalt uberfallen und auf das grausamste 
verstummelt hat. Wenn er jetzt, nachdem die Notiz in der Kieler Zeitung 
erschienen ist, auch fur die Ostpreufien singt, so bat das nicht viel zu bedeuten: 
zuerst hatte er's tun sollen, wenn ihm an unserer Zuneigung gelegen war. Scho- 
lander's Satz, daft der wabrhaft Neutrale seine Gesinnung sorgfaltig verstecken 
und sich ruhig und abwartend verhalten musse, eroffnet den Blick in einen wahren 
Abgrund utilitaristischer Gesinnung. Wenn Deutschland als Sieger aus diesem 
Kampf hervorgeht, was ich mit Sicberheit voraussehe, dann ist es keine Kunst, 
hervorzutreten und zu deklamieren: Ich hab's ja immer gesagt, die Deutscben 
sind pracbtige Menschen, ihre gute Sache hat die Oberhand behalten, und ich 
liebe sie unsaglicb. Nein, gerade jetzt, wo die Lage noch unentschieden ist, 
wollen wir wissen, woran wir sind, wer uns Freund ist oder Feind. Und da gilt 
das Wort: ,Wer nicht fur mich ist, der ist wider mich.' Wer in dieser Zeit nicht 
zu uns steht, der ist unser Feind, mag er noch so Iaut behaupten, er sei nur 
neutral. Dieser heilige Krieg sondert das Metall von den Schlacken, scheidet 
Charaktere und Geister. Hedin bat sich als lauter erwiesen, als Edelmetall; er 
hatte ja auch schon friiber erkannt, eine wie furchtbare Gefahr seinem Vaterland 
durch RuBIands Landergier drohte, batte Weckrufe ausgestofien und versucbt, den 
politisch Unsicbtigen die Augen aufzureifien. Scholander hat sich fur Hedin's 
Aufklirungsversuche unzuganglich erwiesen und fahrt fort, den Tatsachen gegen- 
uber gewaltsam die Augen zuzudrucken. So moge er denn nur weiter , neutral' 
bleiben, aber er moge sich nicht wundern, wenn von nun an Deutschland sich ihm 
und seiner Kunst gegenuber ebenfalls ,neutral' verhSlt." 

Willy Renz 



BESPRECHUNGEN 



bOcher 

262. Gustav GOtze: Klassische Stoffe fur 
das Musikdiktat und fur Gesang- 
iibungen vorgeschri ttener Schiller. 
Verlag: Chr. Fr. Vieweg, Berlin-Lichterfelde. 

In dieser empfehlenswerten Sammlung ist 
von dem Herausgeber der Versuch gemacht, 
dem Schuler wertvolle Beispiele aus der Musik- 
literatur zu vermitteln. Es mag dahingestellt 
bleiben, ob das Biichlein seine Entstehung einer 
AuBerung verdankt, die ich in Heft 18 des 
XIII. Jahrgangs der „Musik" gelegentlich einer 
Besprechung von Max Battkes „Unerschopflichen 
Diktatstoffen" niederlegte. Jedenfalls' ist mein 
Gedanke hier in einer Art und Weise verwirk- 
licht, der ich im allgemeinen beipflichten kann. 
Eines nimmt mien bei der Anlage des Heftes 
jedoch wunder: Der Verfasser geht von der 
Tonleiter aus, wahrend es doch naturlicher und 
fur das Auffassungsvermogen des Schulers 
leichter ware, nach Art von Carl Eitz' „Singfibel", 
fur dessen Tonsilben G. Gotze mit vollem Rechte 
warm eintritt, vom Dreiklang auszugehen, der 
gewissermaBen in der Luft Hegt und in Kinder- 
liedern darum eine grofie Rolle spielt. Zitate 
wie das Rondothema im Beethovenschen Violin- 
konzert, das Hauptthema der „Eroica" wSren 
meines Erachtens und nach meinen Erfahrungen 
fur den Anf&nger im Musikdiktat geeigneter als 
die von G. Gotze gebotenen. Wiinschenswert 
ware auch die Richtigstellung der Taktarten bei 
den Beispielen, die leider nicht geniigend beruck- 
sichtigt ist. So sind z. B., urn einige heraus- 
zugreifen, Nummer 10, 18, 32, 49, 58, 104, 105, 
132, 133 nicht den metrischen Schwerpunkten 
entsprecbend notiert. Wo aber bote sich eine 
bessere Gelegenheit, auf rhythmische und 
metrische Probleme einzugehen als im Musik- 
diktat? GroBe Sorgfalt ist auf die Phrasierung 
der Themen, bei denen auch auf musikalische 
Formenlehre eingegangen ist, verwendet. Mit 
der Gliederung der Beispiele nach den Tonarten 
C-, G-, D- und F-dur ohne oder mit leiterfremden 
Tonen kann bei Gebrauch des Heftes, das 
1 Mk. kostet, ruhig gebrochen werden. Ebenso 
durfte es auch geraten sein, die Motive aus 
Wagners Tondramen vor der dritten und vierten 
Abteilung zu verwenden, wenigstens zum groBen 
Teil. Alles in allem ist das Biichlein ein treff- 
liches Hilfsmittel, die heranwachsende Jugend 
mit den Meisterwerken vertraut zu machen, in- 
dent sie beim Musikdiktat wirklich musikalische 
Luft einatmet und sich einpragt. Ich mochte 
es darum warm empfehlen. Martin Frey 

263. Heinrich Pfannschmidt: Was muB ge- 
schehen, um eine groBere Wurdigung 
der Kirch enmusik im kirchlichen und 
offentlichen Leben herbeizufuhren? 
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen. 
(Mk. —.40.) 

Im vorstehenden gibt der in Berlin als 
tuchtiger Kirchenmusiker bekannte Verfasser 
sozusagen ein Programm fur die Bestrebungen 
auf genanntem Gebiet. Er sagt mit Recht: 
„Die Kirchenmusik bietet in ihren unermeBlichen, 
noch unbekannten Schatzcn den modernen 
religiSsen Volksbediirfnissen die entsprechende 
Befriedigung und Starkung und der Kirche eine 



mit ihren altesten Uberlieferungen durchaus 
iibereinstimmende Art reichster Betatigung." 
(Zitat aus einem diesbezuglichen Artikel von 
Gustav Langen [Diirerbund-Flugblatt].) Hoffent- 
lich wollte Verfasser damit aber nicht etwa sagen, 
daB die lebenden Komponisten nicht imstande 
waren, gute Kirchenmusik zu schreiben! Dem 
miiBte ich allerdings energisch widersprechen. 
Damit, daB Pfannschmidt meint, die Berliner 
Kdnigliche Hochschule fur Musik und das 
hiesige Konigliche akademische Institut fur 
Kirchenmusik seien die einzige Quelle zum 
kirchenmusikalischen Studium, haut er arg da- 
neben. Verkennt er etwa ganz das viel sorg- 
fSltigere Privatstudium? Da miiBte ich ein 
weiteres kraftiges Veto einlegen. Was er dann 
weiterhin vermeldet uber„BesoldungderKircben- 
beamten" ist in vieler Hinsicbt allbekannt, und 
doch wird's nicht eher besser mit der Bezahlung 
aussehen, bis daB man endgultig damit auf- 
hort, seminaristisch gebildete Schul- 
lehrer an so wichtige Posten zu „berufen*. 
Das mag in entlegenen kieinen Nestern an- 
gangig sein (vielmehr notwendig), aber in Stadten 
sollte man allgemein sich entschlieBen, nur 
Berufsmusiker mit dergleichen Amtern zu be- 
trauen. DaB man den Organisten im „A11- 
gemeinen Landrecht" noch zu den „niederen" 
Kirchenbeamten rechnet, beleuchtet so recht 
die Art und Weise der staatlichen Wurdigung 
der Kirchenmusik. Man soil also auch bier von 
„Oben a anfangen zu reformieren, dann wird's 
schon besser werden. Der Autor hat recht, wenn 
er sagi: „Beim Lesen dieser Verordnungen 
(Kirchengemeinde- und Synodalordnung von 
1873) kommt man aus dem Kopfscbutteln nicht 
heraus; es erscheint unglaublich, daB es sich 
um einen Beruf handelt, der groBtenteils von 
akademisch gebildeten Mannern versehen wird." 
Und seinem Wunsche: „Also lasse man die 
alteste, die treueste und erfolgreichste Mit- 
kampferin der Religion — die musica sacra 
auch in den Synoden mitarbeiten", kann ich 
vom allgemeinen und speziellen Standpunkte 
aus nur nachdrijcklichste Unterstiitzung zuteil 
werden lassen, auf daB in Balde bei den be- 
teiligten Parteien vollige Einigkeit herrschen 
moge, die allein nur ein gedeihliches Zu- 
sammenwirken von Kunst und Religion gewahr- 
leistet. Carl Robert Blum 

MUSIKALIEN 

264. Philipp Gretacher: Zehn charakte- 
ristische Solfeggien und Vokalisen. 
op. 87. Verlag: SteingrSber, Leipzig. 

(Mk. 2.-.) 

Man sollte meinen, daB es nicht schwer 
halte, aus dem ungeheuren Vorrate von Gesangs- 
iibungen und -studien ein geniigend abwechs- 
lungsreiches Material fur den Unterricht zu- 
sammenzustellen. Und doch ist dies nicht so 
einfach. Gar mancher Schuler vermag den alt- 
bewahrten, vielleicht etwas akademisch trockenen 
Ubungen nur wenig Zuneigung abzugewinnen, 
und gar leicht gerat er in Gefahr, wenn er fur 
das Studium des lebendigen Liedes oder gar 
der Arie noch nicht reif ist, das ganze Interesse 
am Gesangsstudium zu verlieren. Da helBt es 



BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN) 



43 



nun Cbungen flnden, die das Strenge mit dem 
Zarten, das ZweckmaBige mit dem melodisch 
Anmutigen vereinen, daft der Schuler in der 
Meinung, fast ein Lied obne Worte zu studieren, 
sein Konnen festige und stlrke. Sehr will- 
kommen durften da Lehrer wie Schuler die 
Solfeggien und Vokalisen von Gretscher sein, 
die sicb neben selbstverstSndlicher Zweckmaflig- 
keit durch eine grofte melodische Anmut und 
Leichtflussigkeit auszeichnen. An Zahl iiber- 
wiegen die Solfeggien; zur KrSftigung der im 
Knochengerust des Rhytbmus Schwachen eignen 
sich in Sonderheit No. 1, 3, 5, 7 und 10. Aus 
den Nummern 2, 4 und 6 15Bt sich bei sorg- ; 
faitigem Studium eine Menge an gebundenem 
Singen und ausdrucksvollem Vortrag (dieser j 
aucb an den beiden kleinen Walzern No. 3 und 7) 
lernen, und es empfleblt sich, diese Ubungen j 
anfangs so breit als moglich zu nebmen, um ' 
alles herausbolen zu konnen; dies gilt ganz be- 
sonders von dem lieblichen Wiegenlied (No. 4). j 
Den acht Solfeggien stehen nur zwei Vokalisen | 
gegeniiber, dafiir gehort die Gondoliera (No. 9) 
fur zwei Stimmen zu den reizvollsten Ubungs- , 
stucken, die man sich nur wunschen kann; in | 
anmutigem Wechsel heben sich die beiden 
Stimmen voneinander ab, suchen einander spie- 
lend zu hascben und vereinen sich wieder zu 
ruhig dahinstrdmendem Wohllaut. Wer seinen 
Schiilern eine Freude machen will, versaume I 
nicht, ihnen Gretschers op. 87 in die Hand zu I 
geben, er wird an dem freudigen Fleifie merken, 
wie sehr er das rechte getroffen hat. Und damit I 
sei das Heftchen alien Lehrern und Lernenden [ 
wirmstens empfohlen. Hjalmar Arlberg j 

265. Karl Kampf: Mannerchore a cappella. 
op. 53 „Sangergrab." op. 54 „1914." op. 55 
a) „Holdes Entzucken", b) „Triolett." Ver- [ 
lag: B Eos", Berlin. (Part, je Mk. —.80.) 

Diese Chore gehoren mit zum Besten, was 
auf diesem Gebiete in neuerer Zeit erschienen 
ist. Sie vermeiden ausgetretene Pfade, und nicbts 
von der gefurchteten Liedertafelei ist in ihnen 
zu flnden. Katnpfs Geschicklicbkeit im Miinner- 
cborsatz ist wirklich bedeutend. Er hat das 
schwierige Rezept gefunden, neuzeitlich, aber 
docb gesanglich zu schreiben, und so, dali es auch 
wirklich zu treffen ist. Auch seine melodische 
Erflndung ist von nicht gewohnlicher Qualitat. 
EinigermaQen begabte Chore werden hier wert- 
volles Material flnden. „1914" von Gerh. Haupt- 
mann („Es kam wohl ein Franzos daher") verlangt 
eine starke Besetzung mit glanzenden Tenoren. 
Hier sind zur Charakterisierung der einzelnen 
Gegner deren Nationalhymnen geschickt ver- 
wendet. „Triolett" ist eine lustige, fast ubermiitig 
zu nennende Fuge, die sich auf einem kurzen 
Text von Friedrich Ruckert (Einen Kreuzer gab' 
ich bin) virtuos aufbaut und in einen grazidsen, 
wirkungsvollen Schluft miindet. Fiir das beste 
Stuck halte ich den Chor „Holdes Entziicken", 
ein Fruhlingsgedicht von zartester Farbengebung, 
voll von aparten Stimmungen und gliicklichen 
Eingebungen. 

266. Karl Kampf: Drei Gesange. op. 52. 
No. 1. Der Reisebecher. (Mk. 1.50.) No. 2. 
„Ganz wie du." (Mk. 1.—.) No. 3. „Du und 
icb." (Mk. 1.20.) op. 56. „Altes Haus", 
Ballade fur eine Singstimme und 
Klavier. (Mk. 1.80.) op. 57. No. 1. „Die 



Wacht an der Weichsel." (Mk. 1.— .) Verlag: 

„Eos", Berlin. 
Auch diese Gesange von Kampf muB man 
als willkommene Gaben von Herzen begrufien. 
Sie tragen ein durchaus neuzeitliches GeprSge 
und sind wirklich geschrieben fur eine Sing- 
stimme und Klavier, denn dieses tritt nie als 
nebenher gehende Stutze des Gesanges, sondern 
vollig als selbstandig illustrierender Faktor auf. 
Die Begleitungen sind natiirlich nicht immer 
einfach zu spielen, aber man mull anerkennen, 
daft in re stellenweiseSchwierigkeit in derStruktur 
des Ganzen begrundet ist. Es sind Erzeugnisse 
mit wirklichen Einfallen, deren Innigkeit z. B. 
in „Ganz wie du" sich wohl niemand wird ent- 
Ziehen konnen. Wie wohldurchdacht ist der 
Klavierpart in dem tief empfundenen „Der Reise- 
becher". Am interessantesten ist die Ballade 
„Altes Haus". Hier erinnern die direkt genialen 
Detailschilderungen an die besten Einfalle von 
Loewe. Sie ergeben sich ebenso wie der jubelnde 
effektvolle Schluft zwanglos aus dem Ganzen. 
Die Harmonieverbindungen in diesem Stuck sind 
originell. 

267. Karl Kampf: Zwei Konzertstucke 
fur Klavier. op. 39. 1. „Valse caprice." 
(Mk.2.— .) 2.„ElfeundGnomen.« (Mk. 1.80.) 
Verlag: „Eos", Berlin. 

Zwei effektvolle Vortragsstucke mit flussigem, 
gut klingendem Klaviersatz, in denen das kapri- 
ziose Element eine grofte Rolle spielt. Trotz des 
glanzenden Gewandes sind sie nicht ubermaftig 
schwer und einer guten Wirkung sicher. In dem 
Walzer hebe ich den rubigen Mittelteil als be- 
sonders eindrucksvoll hervor. Emil Thilo 

268. Fritz Klopfer: B Fflnf arabische 
Kriegsl ieder des beruhmten [sic!] 
deutschen Kriegsfreiwilligen Fritz Klopfer. 
Tunisische Melodieen mit arabischem und 
deutschem Text." Verlag: J. C. Hinrichs'sche 
Buchhandlung, Leipzig 1915. (Mk. 1. — .) 

Der Titel und die Liederiiberschriften lassen 
vermuten, daft der Herausgeber zugleicb Ver- 
fasser der Texte ist, obwohl die jedesmal voran- 
gestellte arabische Niederschrift nebst bei- 
gegebenerdeutscberLesartdenGlauben erwecken 
mull, als handele es sich um arabische Original- 
texte. Immerhin sind diese funf Gedichte in 
ihren naiven Gedankengangen nicht ubel an- 
empfunden. Dagegen haben die zugehorigen 
simplen Melodieen keine Spur von exotischem 
Gepriige, weder in Tonart noch Rhythmus. 
Daran andern nichts die Bemerkungen des 
Herausgebers, daft die Araber die Terz am 
liebsten etwas unrein singen, und daft ihre Lieder 
nicht in vielstimmigem Satze gesungen, noch 
begleitet werden durfen. Georg Capellen 

269. Carl Schonherr: „Heimatwim pel." 
Fur Gesang und Klavier. Verlag: 
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 1.—.) 

Dieses zu der Sammlung ^Deutsche Flotten- 
lieder" gehorende Tonstuck besticht durch 
eine schone, sangbare und feurige Weise und 
erhebt sich in Aufbau und Ausdruck nicht un- 
wesentlich fiber den Durchscbnitt der gegen- 
wiirtigen musikalischen Massenerzeugung. 

270. Ernst i^ompeck: »Ich bin ein armer 
Exulant." Fiir eine Singstimme mit 
Orgel Oder Klavier. (Mk. — .50.) Verlag: 
ebenda. 



44 



DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 



Das ergreifende Gedicht Josef Scheitbergers, 
unter dessen Fuhrung i.J. 1686 die vertriebenen 
20000 Protestanten Salzburgs nacb OstpreuCen 
zogen, bat Sompeck tnit einer kraftigen, leicht 
sanglichen Weise versehen, die einerseits in 
itarer Wucht an einen Choral erinnert, anderer- 
seits durch die Figuration von der funften 
Periode ab altertumlich wirkt und ihres Ein- 
drucks sicher sein dOrfte. 

271. Wilhelm Viktor von Ihne: Ostmarken- 
lied. Verlag: Oskar Eulitz, Lissa i. Posen. 
(Mk. —.50.) 

Eine sangbare, aber leider recht schlecbt 
deklamierte Melodic, deren Klavierbegleitung 
auch nicht eben geschickt gesetzt ist. Mit 
solchen gutgemeinten, aber kiinstlerisch belang- 
losen Sachen wird leider jetzt der Markt in fast 
be2ngstigender Weise uberschwemmt. 

272. Im selben Verlag sind als bloCe Blatter 
nocb ein „Deutsches Soldatenlied" von 
M. Walter (Mk. —.20) und ein „Soldaten- 
kinds Wiegenlied" von P. Herrurth er- 
schienen, die ebenfalls nur als gesinnungs- 
tuchtige Liebhaberarbeiten zu bewerten sind. So 
gem man im Hinblick auf die gute Sache, der 
sie an ihrem bescheidenen Teile wohl auch zu 
dienen vermogen, ihnen ein gutes Wort mit auf 
den Weg geben mochte, so wenig ist das in einer 
musikalischen Fachzeitschrift moglich. 

273. Martin Frey: „Kindersang, froher 
Klang", zebn Kinderlieder. op. 42. 
Steingraber Verlag, Leipzig. (Mk. 1.60.) 

Dieses Heft enthalt einige wirklich fur Kinder 
falibare und sangbare Lieder, z. B. „Der kleine 
Stiefelmann", „Frau Holle", „Weihnachtssorgen", 
„Der Hampelmann" — und das ist gewid ein 
groiJes Lob in unseren Tagen, wo man auf 
musikalischem Gebiete den Kindern oft self- 
same Dinge zumutet. Die an sich hiibschen 
Liedchen auf plattdeutsche Dichtungen werden 
urn deswillen schon weniger gesungen werden. 
DieKlavierstimme ist ebenfalls leicht spielbar. Ich 
empfehle das Heftchen Eltern und Lehrerinnen 
gem. 

274. Martin Frey: „Selig sind die Toten." 
Motette fur vierstimmigen gemisch- 
ten Chor. op. 47. Verlag: ebenda. (Part. 
Mk. —.60.) 

Eine schone, wohlgelungene Tondichtung, in 
der sich Erfindung und Empflndung mit wirk- 
samer und doch nicbt zu schwieriger Ausdrucks- 
weise vereinen. Stimmfiihrung, Harmonik und 
Rhythmik machen die Motette vom Anfang bis 
zum Ende fesselnd, und eine Stimmung Hegt iiber 
dem Ganzen, der man sich schon bei der Durch- 
sicht am Klavier nicht entziehen kann, die aber 
im Cborgesang noch viel zwingender sein wird. 
275. Theodor Roh nieyer: Kriegsflugb latter 

fur eine Singstimme und Klavier. 

Pforzheim, Verlag von Th. Rohmeyer. 

(je Mk. —.30.) 

Mit einer langen Reihe von zeitgemafien 
Kriegsliedem tritt bier ein Tonsetzer hervor, 
der sicherlich nicht ohne Begabung ist, wenn 
auch seine musikalische Ausdrucks- und Schreib- 
weise noch den wenig Geubten verrat. Aber 
seine melodische Erfindung flieQt ungezwungen 



und ein naturliches Geschick, den rechten volks- 
tumlichen Ton zu treffen, gibt diesen Liedem 
ihren Wert. „Zum Aufbruch" mit der hiibschen 
Nachahmung des Trommelsignals, B Kaiserlied" 
mit seiner frischen, sangbaren Weise, das 
eindrucksvolle B Fechterlied", „Mein Gewehr", 
„Sturmwind" und „Abschied" seien als die 
besten Stucke der Folge hervorgehoben. Man 
darf aber dem Tonsetzer in bester Absicht 
wunscben, die Tatsache, dafj er zugleich Verleger 
ist, moge ihn nicht zu einer allzu groQen Eilc 
und Leichtigkeit im Schaffen verleiten. 

276. Albert Friedenthal: „Acht Lieder der 
Zeit", fur ein- oder mehrstimmigen 
Gesang und Klavierbegleitung. Verlag 
der Schlesingerschen Buch- und Musik- 
handlung, Berlin. (Mk. —.50.) 

Es ist kein Meister, der aus diesen Liedem 
zu uns spricht, aber entschieden eine musikalische 
Seele, der mancher hubsche Wurf gluckt. „Feins- 
liebchen" z. B. ist meiner Meinung nach ein 
echtes, rechtes Soldatenlied, das allgemeine Auf- 
nahme finden konnte, wenn es durch einen 
gunstigen Zufall unter der Flut der gleichartigen 
Erzeugnisse bemerkt wiirde. Aucb „0 mein 
RoBlein" und „Kriegswiegenlied a treffen den 
Volkston gut, wahrend „Hurra, Marsch" in der 
Weise und im Rhythmus etwas zu sehr an das 
„Immer langsam voran" erinnert. Dennoch ist 
auch diese Komposition, die einen Militarmarsch 
mit hubschem Trioteil darstellt, reizvoll und 
ohrenfallig. 

277. Robert Kabn: n Leuchtende Tage", 
zwei Kriegslieder fur Gesang und 
Klavier. Verlag: Eugen Diederichs, Jena. 
(Mk. —.60.) 

Das erste dieser Lieder, das dem Heftchen 
den Namen gegeben hat, ist, entsprecbend den 
Textworten, ein wenig gefuhlsselig geraten; weit 
hoher steht das zweite Stuck „Der Ausmarsch". 
Hier ist eine Iebendige Kraft der tonlicben 
Schilderung, eine StSrke des Gefuhls und eine 
Wahrhaftigkeit des Ausdrucks zu finden, die 
zwingend wirken. Wenig geschickt flnde ich's, 
daft das erste Lied fur eine hone, das zweite 
fur eine tiefe Stimme (Badschliissel) gescbrieben 
ist. Der Verlag erschwert sich dadurch selbst 
den Vertrieb. 

278. Arnold Mendelssohn: „Der sterbende 
Soldat." Verlag: Eugen Diederichs, Jena. 
(Mk. -.30.) 

Man wird dieses Tonwerk als ein Kunstlied 
auf volksmafiiger Grundlage bezeichnen konnen, 
denn trotz sichtlichen Bemiihens, in den Grenzen 
des Sirophenliedes sich unauffSllig zu bewegen, 
kann sich doch der moderne Tonsetzer nicht 
verleugnen, der durch mehrfachen Wechsel der 
Taktart und Vorzeichnung die innere Einheit 
seiner Arbeit gefahrdet. Gut gesungen, durfte 
das ernste Lied immerhin eine Wirkung tun. 
Auf demselben Bogen findet sich noch ein 
lustiges, keckes „Jagdlied" aus der Feder des- 
selben Tonsetzers, dem hier wirklich ein gliick- 
licher Wurf gelungen ist. Das Falkesche Ge- 
dichtchen und Mendelssohns Weise vereinen 
sich so trefflich, dafi man's nicht besser wiin- 
schen kdnnte. F. A. Geifller 



KR1TIK 



OPER 

/^RAZ: In der Zeit vom 1. Februar bis zum 
^~* 31. Mai (SchluB der Spielzeit) ist infolge der 
durch den Kriegszustand bedingten Personal- 
veranderungen im Orchester eine Erstauffuhrung 
nicht mehr moglich geworden. Als ganz aus- 
gezeichnete Neueinstudierungen erscbienen timer 
der Buhnenleitung von Adolf Fuchs und der 
musikalischen Leitung von Ludwig Seitz „Die 
verkaufte Braut", wobei sich Josef von Mano- 
varda (Kezal), Harry Schurmann (Hans) und 
Olga Barco-Frank (Marie) besonders aus- 
zeichneten, ferner unter der Buhnenleitung von 
Julius Grevenberg und der musikalischen 
Leitung von Oskar C. Posa „Das Heimchen 
am Herd" mit Adolf Fuchs als glanzendem 
John und Rosine Fortelni als trefflicher May 
und .Die Entfiihrung aus dem Serail", deren 
glanzvollste Seite allerdings der orchestrale Teil 
war. An Repertoireopern erscbienen noch „Ein 
Maskenball", .Die Bobeme", .Mignon", .Der 
Kuhreigen". Im ubrigen wurde fleiBig mit Gast- 
spielen gearbeitet. Stets ausverkaufte Hauser 
erzielte Marie Jeritza, die funfzebnmal in dieser 
Spielzeit gesungen hat. Sie erschien noch als 
Aida, Senta, Frau Dot, Margarethe und Blanche- 
fleure. GroQen Erfolg erntete auch Georg 
Maikl, der noch den Eduard (.Heimchen am 
Herd"), Germont, Lyonel sang, ferner William 
Miller als Tannhauser und Manrico und Lucy 
Weidt als Aida. Die Spielzeit wurde mit einer 
schonen Auffuhrung von .Tristan und Isolde" 
geschlossen, deren orchestralen Teil Oskar 
C. Posa ausgezeichnet leitete, wShrend Julius 
Grevenberg hubsche Bubnenbilder schuf. 
Erik Scbmedes sang einen idealen Tristan, 
Fritz Schorr einen tiichtigen Kurwenal. Auf 
Engagement sangen Muschi von Szekrenyeszy 
die Isolde und Stefa Rodanne die Brangane. 
Ibre Leistungen waren befriedigend, so dad ihre 
Verpflichtung einen Gewinn fur die Grazer Oper 
bedeutete. Dr. Otto Hod el 
CTRASSBURG: Die Fortsetzung des Opern- 
•^ betriebs hat nicht ganz gehalten, was man 
von dieser Kriegsspielzeit erwartet hatte. Schon 
dad sie, am 10. Januar erst begonnen, dennoch 
zum gewohnten, ohnehin allzu friihen Termin 
(15. Mai) schon wieder schloB, scheint mir ein 
Fehler, da das Interesse beim Publikum, zumal 
der starken Garnison, noch keineswegs erlabmt 
war. Allerdings hatte man dann wohl zu einem 
etwas gew9hlteren Repertoire greifen mussen, als 
es sonst der Winter gebracht batte. Ich habe 
scbon in meinem ersten Bericht diese durch 
nlchts motivierte Beschrankung des Spielplans 
auf die abgegriffensten Walzen gerugt. Doch 
alien solchen Anregungen gegeniiber gilt hier 
fast stets das Prinzip: „Nun gerade nicht"! So 
brachte die ganze Saison auch nicht eine einzige 
Neueinstudierung; denn das Herausbringen der 
Berliner Lokalposse .Wie einst im Mai" kann 
doch nur als eine Geschmacksverirrung der 
Intendanz, nicht aber als kunstleriscne Tat an- 
geseben werden. Auf Stucke wie „Troubadour", 
.Traviata", .Cavalleria" hatte man unter den 
jetzigen Umstanden auch gern verzichtet. DaB 
man im ubrigen eine Anzahl bekannter Werke 
in groBtenteils "• ' ' "- •-=— 



bekam, sei gern anerkannt. .Tristan" fand mehr 
Freunde, als man gedacht hatte; Pfitzners „Armem 
Heinricb" tut man keinen Gefallen, es zur jahrlich 
wiederkehrenden Repertoireoper zu stempeln. 
Solche exklusive Kunst soil auch als auCer- 
gewohnliches Ereignis wirken. — Frau Bucbels 
Erfolge in den .Lustigen Weibern" und .Hoff- 
manns Erzahlungen" (Olympia) liefien es be- 
dauerlich erscheinen, dad man diese sympathische 
Koloratursangerin ziehen laBt, ebenso wie ihren 
als gediegener Kapellmeister bewahrten Gatten. 
Der gleicbfalls unbegrundete Weggang des Hel- 
denbaritons v. Manoff wurde durch allgemeinen 
Einspruch noch in letzter Stunde abgewendet, 
nachdem auch einige miBgluckte Probegastspiele 
die Uberlegenheit des Genannten zweifelsfrei 
erwiesen hatten. Wie sich sonst die nachste 
Spielzeit gestalten wird, ruht noch in der Zeiten 
SchoBe. Pfltzner, der, wie man hort, seinen 
.Palestrina" ziemlicb vollendet baben soil, wird 
die Direktion wieder ubernehmen; als erstcr 
Kapellmeister bleibt O. Klemperer, der sich 
auch weiterhin als kunstlerisch hochbedeutender, 
nur manchmal zu ubertriebenen pianos neigender 
Dirigent bewahrt hat. Widerspruch fand jedocb 
seine absonderliche Rollenbesetzung in Mozarts 
.Figaro" (der SchluBvorstellung); solche kunst- 
lerisch nicht begrundeten Willkurlichkeiten 
geben nur zu unliebsamen Deutungen Anlafl. 
Dr. Gustav Altmann 

KONZERT 

GRAZ: Es bedurfte der ganzen Umsicht und 
Energie des Leiters der Symphoniekon- 
zerte des Opernorchesters Oskar C. Posa, 
um angesichts des durch den Krieg bervor- 
gerufenen Musikermangels die Abonnements- 
konzerte zu Ende zu fuhren. An groBe Neu- 
heiten war naturlich nicht zu denken. Das 

4. Konzert brachte Mendelssohns .Schottische", 
Dvoraks .Othello", Smetana's .Moldau", den 
.Don Juan" von StrauB und als ortlicbe Neu- 
heit .Funf Soldatenlieder" von Oskar C. Posa, 
die den ausgezeichneten Dirigenten auch als 
Komponisten von Geschmack, klugen Einfallen 
und grofiem techniscben Konnen zeigten. Das 

5. Konzert brachte Beethovens Vierte, die A-dur 
Serenade von Brahms und geradezu glanzvoll 
das Meistersinger-Vorspiel von Wagner. Das 

6. (letzte) Konzert brachte neben Mozarts D-dur 

(504) und Wagners Parsifal -Vorspiel und Kar- 

freitagszauber unter sensationellem Beifallssturm 

die Vierte von Mahler, deren glinzende Wieder- 

gabe Oskar C. Posas ganz besonderes Verdienst 

ist. — Das 2.Sym phoniekonzert derKapelle 

des Graze r Hausregiments No. 27 brachte 

unter Anton von Z a n e 1 1 i s gewissenhafter und urn- 

sichtiger Leitung Liszts .Tasso", Kienzls sym- 

phonisches Zwischenspiel .Don Quixotes phan- 

tastischer Ausritt und seine traurige Heimkehr" 

und Frischenschlagers .Konzertouvertfire 1914", 

eine geschickte Arbeit als Erstauffuhrung. Das 

3. Konzert hatte die .Bruder Lustig"-Ouverture 

von Siegfried Wagner und eine .Symphonische 

Dicbtung" von Zohrer als ortliche Neuheiten. 

Als Solistin wirkte Nora Duesberg mit, die 

das a-moll Konzert von Goldmark ausgezeichnet 
._,..._ „._ . > ., ._.. L .. alsNeu . 



40 



DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915 



heit Schrekers symphonische Dichtung „Ekke- 
hard", dann Humperdincks „Maurische Rhap- 
sodie" und, mit Jaroslaw Kocian als Solisten, 
Beethovens Violinkonzert. — Ein Kammermusik- 
Abend des Bohmischen Quartetts verlief 
recht anregend. — Karl Lafite und Rudolf 
Miiller gaben recht gut besuchte Klavierabende 
mit schonem Programm. — Lula Mysz- 
Gmeiner, Lucie Weidt, Alexander Heine- 
mann, Fritz Feinhals, Viktor Heim gaben 
sehr gut besuchte Liederabende. — Die Geiger 
KubelikundBurmesterkonzertierten,letzterer 
zum drittenmal in dieser Saison im groBten Saale 
der Stadt, der zum drittenmal ganzlich ausver- 
kauft war. Interessant ist, dad Burmester seit 
diesem Konzert,das den Abschli.fi seiner heurigen 
Tournee bildete, in Graz geblieben ist und sich 
hier dauernd niederzulassen gedenkt. 

Dr. Otto Hodel 

JENA: Gleich nach dem Ausbruch des Krieges 
begann Fritz Stein in der Stadtkirche mit 
den vorbildlich gewordenen musikalischen 
Andachten, in denen Bach durchaus voran- 
gestellt wurde. Die Wirkung war fur viele flber- 
raschend; als babe die Grofie der Zeit plotzlich 
der Masse der Horer fur diesen Grofien die 
rechte Einstellung gegeben, so stromte alles 
herzu, und oft genug konnte man von einfachen 
Leuten horen, wie sehr ihnen Bachs Musik 
nahegekommen sei. Stein schlofl dann auch 
Ende September seine Tatigkeit in Jena mit 
einem Bach-Konzert, das zugleich sein Abschied 
von der nach seinen Wfinschen erbauten grofien 
Orgel war, die uns ein dauerndes Zeugnis seiner 
riihrigen Tatigkeit bleibt. Bekanntlich hat er 
dann, wahrend er als Freiwilliger sich dem 
Sanitatsdienst im Felde widmete, die Kriegs- 
andachten in der Kathedrale von Laon ebenso 
wie in Jena abgehalten. Der Krieg hatte leider 
die von ihm so heill ersehnte Betatigung an der 
Spitze der Meininger Hofkapelle, die ohnehin 
durch den plotzlichen Tod des Herzogs Georg 
in Frage gestellt war, unmoglich gemacht. In 
Jena schien es, als wenn das durch Steins acht- 
jahriges Wirken so kraftig entfaltete Musikleben 
bei seinem Weggange in seinen wichtigsten 
Teilen zum Stillstand kommen werde. Als 
Nachfolger von Stein war Hermann Meinhard 
Poppen gewahlt worden, der ebenso wie Stein 
anfanglich Theologie studiert hatte und dann 
ebenfalls Schuler und Assistent von Philipp 
Wolfrum in Heidelberg war. Poppen stand aber 
im Oktober noch als freiwilliger Krankenpfleger 
im Felde. Schon glaubte man, dafi die akade- 
mischen Konzerte fur diesen Winter ausfallen 
mufiten, als Poppen, infolge einer Entziindung 
am Knie fur den Felddienst untauglich geworden, 
doch kam. Sein Leiden, das auch bald behoben 
wurde, hinderte inn nicht, sofort den Dienst an 
der Orgel aufzunehmen, die Kriegsandachten 
fortzusetzen, die Leitung des Akademischen 
Chores zu iibernehmen und die Konzerte vor- 
zubereiten. Statt der ublichen sechs fanden 
allerdings nur vier akademische Konzerte 
statt, deren Programme zwanglos, aber wirkungs- 
voll der Zeitstimmung angepaftt waren. Gleich 
das erste mit der Eroica, der Militarsymphonie 
und den altniederlandischen Volksliedern zeigte 
den neuen Leiter der Konzerte als einen 

Musiker. der. tm>nn fliirh vinhl nichf so nurh 



auQen wirkend wie sein Vorganger, doch etwas 
zu geben hat. Er versteht, was besonders 
wichtig ist, mit dem aus Jenaer Kraften und 
Weimarer und Meininger Hofmusikern etwas 
bunt zusammengesetzten Orchester zu arbeiten. 
Gleich Beethovens Heldensymphonie war unter 
so schwierigen Verhaitnissen bet nur einer 
Gesamtprobe in ihrer Ausgeglichenheit eine 
iiberraschend tiichtige Leistung; der gunstige 
Eindruck wurde durch die Wiedergabe von 
Schuberts C-dur Symphonic im nachsten Kon- 
zerte noch verstarkt. Im iibrigen hatte an diesem 
Abend Teresa Carrefio wieder einen rauschen- 
den Erfolg, wahrend Philipp Wolfrums „Kriege- 
rische Marschrhythmen 1914" trotz personlicher 
Leitung des Komponisten nur eine kiihle Auf- 
nahme fanden. Im dritten Konzert erfreuten 
uns die Hollanderinnen Aaltje Noordewier- 
Reddingius und Pauline de Haan-Mani- 
farges durch ihre gediegene Gesangskunst, 
wobei sich Poppen als feinsinniger Begleiter 
vorstellte. Mit einer in Anbetracht der durch den 
Krieg geschaffenen Verhaitnisse anerkennens- 
werten Auffiihrung von Handels „Judas Makka- 
baus" schlofl der Akademische Chor die Konzert- 
reihe. An akademischen Kammermusiken fand 
nur eine statt, fur die Max Reger gewonnen 
war, der mit dem Wfirzburger Geiger Scbulze- 
Prisca zusammen Bachs E-dur und Brahms' 
G-dur Sonate spielte und dazwischen etwas 
„Wohltemperiertes Klavier" hervorholte zu klin- 
gendem und singendem Leben. Reger bezog 
bald darauf sein neues Heim hier bei uns in 
der Beethovenstrafle. Seitdem haben wir so- 
wohl in der Kircbe wie im Konzertsaal dfter 
etwas von seinen Werken zu horen bekommen, 
was hoffentlich nicht blofl aufierlich bleibt, son- 
dern hilft, ihn immer mehr den unserigen werden 
zu lassen. Auch die Kammermusik schien zu- 
nachst in Jena durch den Krieg vernichtet zu 
sein. DasJenaische Streichquartett, dessen Be- 
stand in der alten Zusammensetzung ohnehin 
fraglich geworden, war ganz verschwunden. Der 
Griinder und Leiter des Quartetts, der Violinist 
Scheichet sowie der Cellist Stutschewski, 
die als tiichtige Musiker schon einen sehr guten 
Boden in Jena gewonnen hatten, wurden als 
geborene Russen durch den Krieg verhindert, 
von ihrem Sommeraufenthalt in der Schweiz 
hierher zuriickiukehren. An ihrer Stelle ver- 
anstaltete Direktor Eickemeyer vom Konser- 
vatorium Kammermusiken, fiber die ich nichts 
zu berichten vermag, weil ich sie nicht besucht 
habe. Bruno Hinze-Reinhold erfreute uns 
mit Robert Reitz noch nach Ostern mit einem 
Beethoven-Zyklus. Die beiden Weimarer Kunst- 
ler spielten an drei Abenden die samtlicnen 
Violinsonaten mit steigendem Erfolge. — In 
alter Weise wurden die von Sekretar Paga mit 
Unterstutzung der Karl Zeifl-Stiftung eingerich- 
teten Volkskonzerte in der Hauptsache von 
Leipziger Kiinstlern bestritten. Wie sehr diese 
Konzerte sich eingeburgert haben, zeigte sich 
dadurch, dafi sie wie in Friedenszeiten stets 
ausverkauft waren, trotzdem Paga aus den Pro- 
grammen jede direkte Beziehttng zum Kriege 
fernhielt. An vier Abenden gab es Kammer- 
musik (Beethoven und Brahms) und Gesang; 
einmal war die Geraer Hofkapelle gewonnen, 

Hprpn npnpr T ,^tt#»r H^inrirh T »ber mit Recht 



KRITIK (KONZERT) 



47 



gefeiert wurde. Gespielt wurden Beethovens 
„Siebente" und Webers „Oberon"-Ouverture und 
dazwischen Brahms' Violinkonzert mit Gustav 
Havemann als temperamentvoilem Solisten. 
Die sonst zablreichen Mannerchorkonzerte 
beschrinkten sich infolge des Krieges auf ein 
Massenchorkonzert, das Stein noch leitete, und 
die Mitwirkung der vereinigten Chore bet der 
Bismarck-Feier am 31. Marz unter Poppen. 1m 
ubrigen stellten die groBeren Vereine ihr Konnen 
fast ganz in den Dienst der Verwundeten, wie 
denn fur deren kunstlerische Unterhaltung und 
Belebrung hier in Jena auBergewohnlich viel 
getan wird. So sehr das fur die wirtschaftliche 
Lage der Musiker auch eine dunkle Kehrseite 
hat, wurde die Mehrzahl der offentlichen Kon- 
zerte hier ebenso wie anderwarts zum Besten 
des Roten Kreuzes oder sonstwie zur Linderung 
der Kriegsnot veranstaltet. 

Martin Meier-Wohrden 

KIEL: Der Verein der Musikfreunde 
setzte unter Leitung seines hervorragend 
befahigten Dirigenten, des UniversitStsmusik- 
direktors Dr. Ernst Kunsemuller, der zurzeit 
als Kriegsfreiwilliger der Fahne dient, die Reihe 
seiner rasch beliebt gewordenen V o 1 k s - 
konzerte (mit klassiscben und modernen, 
auBerordentlich abwecbselungsreichen und fes- 
selnden Programmen) erfolgreich fort. Hier, 
wie in den von demselben Verein veranstalteten 
Kammermusik-Auffuhrungen standen Dr. Kunse- 
muller, der wiederholt als ausgezeichneter 
Pianist und gediegener Komponist sich erwies, 
verschiedene treffliche kunstlerische Kr2fte zur 
Sette, unter denen neben den Damen Hedwig 
Nissen, Ilonka von Pathy, Lulu Andresen 
(Klavier) und Melie Seyberth (Alt) noch die 
Herren John de Jager (Cello) und Franz 
Beetz (Klarinette) besonders genannt seien 
(Brahms, Schubert, Beethoven u. a.). Die von 
Kunsemuller wahrend der nunmehr beendeten 
Saison regelmaflig veranstalteten Kirchen- 
konzerte fur wohltatige Zwecke haben die 
stattliche Anzahl von 25 erreicht. Die Programme 
dieser Konzertabende wurden jedesmal durch 
Werke grofler Meister deutscher Orgelkunst 
geziert (Buxtehude, Bach, Handel, Reger). 
AuBer Gesangs- und Instrumentalsolisten wirkte 
in diesen stimmungsvollen Konzerten auch der 
Knaben- und Frauenchor der Heiligengeistkirche 
unter Leitung des Unterzeichneten im Dienst 
der guten Sache mit. Recht gelungen war auch 
das 2. Konzert des Vereins der Musikfreunde 
zum Besten seiner Orchestermitglieder. Hatte 
in dem I. Konzert derselben Art der Hamburger 
Konzertmeister Heinrich Bandler sein bedeut- 
sames Konnen an die Losung der ebenso groBen 
wie schdnen Aufgabe gegeben, so erfreuten im 
2. die Damen Rathe Neugebauer-Ravoth 
(Sopran) und Toni Klein-Tholfus (Klavier) 
mit ausgezeichneten Leistungen; diese im Zu- 
sammenspiel mit Dr. Kunsemuller in dessen 
Variationen und Fuge uber ein eigenes Thema 
fur zwei Klaviere op. 13 — einem sowohl in 
der Erfindung als auch der kontrapunktischen 
Durchfuhrung sehr tuchtigen Werk — und in 
Bachs Konzert c-moll Nr. 1 fur zwei Klaviere 
und Orchester; jene mit Handels Rezitativ und 
Arie der Nitokris aus „Belsazar" und „Miriams 
Siegesgesang" vor "--' D - : — '— 



Fiinfte Symphonie bildete den AbschluB des in- 
teressanten Abends. — Der Kieler a cappella- 
Chor veranstaltete unter Leitung des Konig- 
lichen Musikdirektors Heinrich Johannsen 
einen Kantaienabend in der St. Jurgenskirche 
(Bach: „Gotteszeit", Neujahrskantate und „Gott 
der Herr ist Sonn' und Schild") und vereinigte 
sich mit dem Kieler Lehrergesangverein 
und dessen groBem Frauenchor an einem „Ton- 
kunstabend" unter dem Ehrenschutz der Prin- 
zessin Heinrich von PreuBen im Dienste der 
Kriegshilfe zu einer Auffuhrung des Deutschen 
Requiems von Brahms und des Ludwig HeBschen 
„Des deutschen Volkes Andacht und Gebet". 
Abgesehen von einigen aus der Not der Zeit 
heraus geborenen und durch sie entschuldigten 
Mangeln im Chor- und Orchesterklang gelang 
die Darstellung beider Werke meist vortrefflich. 
Solistisch machten sich an demselben Abend ver- 
dient Anna Ruhr, Ludwig He (J und Franz 
GeBner. Ludwig Hefl, in dessen Leistung der 
Vortrag das rein Gesanglich-Musikalische er- 
heblich an Wert uberragte, sang auBer Hugo 
Wolfs „Heimweh" und Schuberts „Gebet wahrend 
der Schlacht" noch zwei Ruckertsche „Ge- 
harnischte Sonette", vertont von Heinrich 
Johannsen, kleinere Kompositionen mit aus- 
drucksvoller melodischer Linie und guter De- 
klamation, aber allzu zahmer Klavierbegleitung 
geschrieben. — Ebenfalls im Interesse der 
Wohltatigkeit veranstaltet wurden die Auffuhrung 
des Graunschen „Tod Jesu" in der Lutherkirche 
durch Richard Schmidt (Orgel der Unter- 
zeichnete) und ein Konzert des Chorvereins 
Kiel unter Leitung von Ludwig Neubeck 
(Richard Wagner: „Meistersinger"-Vorspiel und 
„Festwiese", Siegfried Wagner: „Fahnenschwur", 
sowie Orchestersatze von Mozart, Beethoven 
und Schubert). Willy Orthmann 

ST. LOUIS (U. S. A.): Das St. Louis Sym- 
phonie-Orchester hat soeben seine 
35. Saison vollendet. Seit acht Jahren steht das 
Orchester unter der tuchtigen Leitung Max 
Zachs. Er hat es verstanden, das Orchester 
zu einem der besten Orchester Amerikas heran- 
zubilden. Die Saison besteht aus 15 regelrecbten 
Symphoniekonzerten und 20 Konzerten leichteren 
Charakters. Zur Auffuhrung kamen folgende 
Symphonieen: Beethovens „Eroica", „Pastorale", 
Brahms' „Vierte", Dvorak's „Neue Welt", Gold- 
marks „Landliche Hochzeit", Schuberts n C-dur", 
Schumanns „C-dur", Straufi' „f-moll", Tschai- 
kowsky's „Fiinfte" und „Sechste". Ihre ameri- 
kanische Premiere fanden: Garofalo's imposante 
„Romantische Symphonie" und T. Ysaye's „Wal- 
lonische Phantasie". Die erste hiesige Auffuhrung 
fanden: Enesco's „Rumanische Rhapsodie", 
Smetana's B Viertes Symphonisches Gedicht", 
Ropartz' „Vierte Symphonie", Kelley's „New 
England Symphonie" und Goetz' wunderschone 
F-dur Symphonie. Die Symphonie von Edgar 
Stillman Kelley ist wohl eines der bedeutendsten 
Werke, die die aufbluhende Tonkunst Amerikas 
bis jetzt hervorgebracht hat. Als Solisten traten 
auf: Olive Fremstad, Maggie Teyte, Marie 
Sundelius, Riccardo Martin, Theodor 
Spiering, Arrigo Serato, Fritz Kreisler, 
Ludwig Pleier, Ossip Gabrilowitsch, Carl 
.Friedberg, Fannie Bloom field-Zeisler, 
"'- c " ci c — J Frau 



«u — « i i"M~~ e „ 



48 



DIE MUSIK XIV. 19: I. JULIHEFT 1915 



David Kriegshaber. Friulein Spencer ist 
eine hochbegabte Pianistin, die aufrichtige An- 
erkennung gefunden hat durch ihren Vortrag von 
Liszts Es-dur Konzert. Frau David Kriegshaber, 
eine hiesige Pianistin, zeigte ihr schones Talent 
durch die Wiedergabe von Mac Dowell's a-moll 
Konzert. Aufier den Sympboniekonzerten fanden 
eine reichliche Anzahl Kiinstler-Rezitals statt, 
unter anderen die von Alma Gluck und Efrem 
Zimbalist, Elena Gerhardt und Clarence 
Whitehill, David und Clara Mannes, Marie 
C a s 1 o v a und Tina Lerner und Ferruccio 
Busoni. Den durchschlagendsten Erfolg der 
Saison erzielte Fritz Kreisler durch sein 
gemeinschaftlich mit Elisabeth van Endert 
gegebenes Konzert. An Kammermusik fehlte 
es nicht, dank des FIonzaley-Quartetts und 
Franz Kneisels Kunstlerschar. Das neu 
gegrundete City Art League-Quartett, be- 
stehend aus hiesigen Musikern, gab drei sehr 
erfolgreiche Konzerte. Der neu gegrundete 
Volkschor, St. Louis Pageant Choral Society 
(Frederick Fischer, Dirigent) brachte in seinem 
1. Konzert die von Frederick Converse kom- 
ponierte Choral-Musik zu dem grofien historischen 
Fest und Maskenspiel des letzten Sommers. In 
zwei folgenden Konzerten kamen Hiindels 
„Messias" und Schumanns „Paradies und Peri" 
zur Auffuhrung. Ernst C. Krohn jr. 

STRASSBURG: Das 5. und letzte der stadti- 
schen Symphoniekonzerte (Pfitzner) 
beschrankte sicb, wie die anderen, etwas ein- 
seitig auf ein klassisches Programm; etwas 
moderner Einschlag ware schon erwunscht ge- 
wesen, das bevvies z. B. der Erfolg des zweiten, 
Liszt und Wagner gewidmeten Volkskonzertes 
unter Fried. Bedeutsam und so recht zeitgemafi 
waren zwei Abende mit Bachkantaten; sowohl 
Prof. Miinch in der Wilhelmer- als H. Nieli- 
berger in der reformierten Kirche batten be- 
sonders der Gegenwart angemessene Werke aus 
dem reichen Sehatze des Altmeisters heraus- 
gesucht und zu eindrucksvoller Wiedergabe, auch 
in solistischer Hinsicht, gebracht. Anerkannt 
als Bachsangerin ist die hiesige Altistin Frau 
Altmann-Kuntz, die u. a. auch in einem von 
Musikdirektor Rupp veranstalteten Wohltatig 
keitskonzerte in der evangelischen Garnison- 
kircbe mitwirkte. Die Wohltatigkeit spielte auch 
in einer Reihe sonstiger Auffuhrungen ihre den 
Umstanden gem a fie Rolle, auf die im einzelnen 



einzugehen zu weit fuhren wurde. Hervor- 
gehoben sei ein interessanter Abend (in dem 
schonen Festsaal des Offlzierkasinos) der H. H. 
Berber (Violine) und Zilcher (Klavier); mit 
des letzteren allzu Lisztscber Auffassung von 
Schumanns Symphoniscben Etyden konnte ich 
mich allerdings nicht befreunden. Erwahnt sei 
auch der Abend von M. Gutersloh mit der 
Pianistin Mar. Froitzheim, sowie der der hier 
beheimateten stimtnprachtigen, doch in der Aus- 
sprache zu beanstandenden Altistin Agnes Leyd- 
hecker in der katholischen Garnisonkirche, 
deren Organist, H. Ringeissen, freilich als 
Begleiter nicht ganz auf der Hohe stand. Der 
Karfreitag brachte die gewohnte „Passions"-Auf- 
fuhrung (diesmal nach Johannes) des Wilhelmer- 
Chors unter Munch, sowie ein Konzert des 
H. Rupp in der evangelischen Garnisonkirche. 
Der Mannergesangverein (FrodI) bot aufier 
einem gelungenen Kammermusik -Abend sein 
Stiftungsfestkonzert mit H. Wiesendanger als 
Solist, der auch einige Kriegslieder von FrodI 
mit Erfolg vortrug. Der Frauenbildungsverein 
beschlofi den Zyklus seiner wertvollen sieben 
Kammermusik-Abende, die u. a. einen Pfltzner- 
Liederabend gebracht batten. Die beliebten 
Soldatenkonzerte in der Aubette nahmen ihren 
Fortgang, werden aber im Sommer wohl ein- 
schlafen, zumal auch das stSdtische Orchester 
seine popularen Konzerte in der Orangerie 
wieder aufgenommen hat, die Kapellmeister 
Fried in kunstlerischem Sinne zu beleben be- 
muht ist. Nicht unerwSbnt sei ubrigens, dafi 
gewisse Kreise der eingeborenen Bevolkerung 
sicb in ostentativer Weise von alien, fruber 
auch von ihnen rege besuchten, kunstlerischen 
Veranstaltungen fern gehalten haben, ein Punkt, 
iiber den nach dem Kriege wohl noch zu reden 
sein wird. So spendete dieser Kriegswinter 
zwar keine bemerkenswerten Hohepunkte auf 
musikalischem Gebiete, zeichnet sich aber doch 
durch eine liebevolle, und gerade in der Grenz- 
festung doppelt zu wiirdigende Pflege der edlen 
Kunst aus (der in den zahlreichen hiesigen 
Lazaretten sei noch besonders gedacht), die 
gegeniiber den Vorgangen in den FeindeslSndern 
demdeutschenldealismusjedenfallsdasehrendste 
Zeugnis ausstellt. Moge bald der Tag erscheinen, 
wo der zuruckgekehrte „Holde Frieden" das 
Brahmssche Triumphlied anzustimmen berech- 
tigen wird. Dr. Gustav Altmann 



ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

Am 21. Juli begeht Prof. Robert Kahn seinen 50. Geburtstag. Die musikalische Welt 

7m schStzt den aus Mannheim stammenden, seit fast zwei Jahrzehnten in Berlin anslssigen 

L^L Kunstler als feinsinnigen Lyriker, hervorragenden Kammerkomponisten und meisterhaften 

J^ j^ Klavierbegleiter und Kammermusikspieler. In Heft 10 ihrer Reihe „Moderne Tonsetzer" 

(IX. 24) hat die „Musik" eine eingehende Studie iiber den Lebensgang und das Scbaffen 

Robert Kabns aus der Feder Wilhelm Altmanns veroffenilicht, auf die bei dieser Gelegenheit 

verwiesen sei. 

Aus Anlafi des 60. Geburtstages (21. Juni) von Therese Malten veroffentlichen wir ein 
Portr9t der ausgezeichneten Buhnenkiinstlerin, die jahrzehntelang zu den Zierden der Dresdner 
Hofoper gehorte. Unser Bild stellt sie in der Rolle dar, die einer ihrer grofiten Erfolge gewesen 
ist: als Kundry, in deren Verkorperung sie bei den Erstauffuhrungen des „Parsifal" (Bayreuth 
1882) mit Amalie Materna abwechselte. 



Alle Recbte vorbehalten. Vertntwortllcher Schrlftlelter: 




ROBERT KAHN 

* 21, JuH J 865 



XIV 




■ 







THERESE MALTEN 
#21. Juni IS55 



XIV 




DE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 20 • ZWEITES JULI-HEFT 
14. JAHRGANG 1914/1915 

VERLEGT BEI 
SCHUSTER & LOEFFLER- BERLIN W 



Was ist gut? fragt ihr . . . Tapfer sein ist gut . . . Auf- 
lehnung — das ist Vornehmheit am Sklaven . . . Eure Vor- 
nehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen selber sei Gehorsam. 

Friedrich Nietzsche 



INHALT DES 2. JULI-HEFTES 

L. LEONHARD: Die Musik in Albion seit Kriegsbeginn 

RICHARD HENNIG: Das Problem des Charakters der Tonarten 

RICHARD ORNSTEIN: Wagner, Lortzing-Reger und Deinhard- 
stein. Ein Beitrag zur Quellengeschichte der „Meister»inger 
von Nurnberg" 

REVUE DER REVUEEN: Zu Robert Franz' 100. Geburtstag. I 

BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten: 
Edgar Istel, F. A. GeiDler, Wilhelm Altmann 

KRITIK (Oper und Konzert): Berlin, Dessau, K51n 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

KUNSTBEILAGEN: „Loge«, Skulptur von Ludwig Jahn; Philipp 
Reger und Albert Lortzing 

NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes 

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Abonnementspreis 

Wir Hefern DIE MUSIK vom 14. Jabrgang ab mit Quartalsberechnung 
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland 
Mk. 6.—). Die bisherige Jahresvorausbezahlung lassen wir, um den 
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zablungserleicbterung 
zu gewihren, fur den 14. Jabrgang in Wegfall kommen. 

Verlag und Redaktion der MUSIK 



DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 

VON L. LEONHARD IN WIEN 



Der Verfasser, ein Wiener, war eine Reihe von Jabren literarisch 
und journalistisch in England tatig gewesen, als ihn die Kriegserkllrung 
dort uberrascbte. Er wurde nicht interniert, erbielt jedocb erst vor 
kurzem die Erlaubnis, nach Osterreich zuruckzukehren. 

A Is England im vorigen August dem Deutschen Reich den Krieg er- 
/\ klarte, trat in GroBbritannien wie iiber Nacht ein Zustand ein, 
1 \ der einem wiisten Traume glich. Die Verhetzung und Verpobelung 
der breiten Volksschichten, so schmerzlich sie auch beriihren mochte, kam 
nicbt so unerwartet wie der hysterische Hafi, die ganzliche Verwilderung 
und Entartung der hochsten Intelligenz- und Kiinstlerkreise Albions. Scbon 
vor dem Kriege hat mehr oder weniger jeder in England lebende Deutsche 
in den verschiedensten Geistesgebieten die Erfahrung gemacht, daC der 
Brite fast ausnahmslos insular zur Welt kommt, insular erzogen wird und 
insular bis an sein Ende bleibt. Und nur in den seltensten Fallen gelingt 
es ihm, die Nebel seines Landes zu durchdringen, mit klarem Blick auch 
das Fremde zu erschauen und die Fesseln seiner naturlicben, ererbten und 
grofigezuchteten Beschrankung zu zorsprengen. So glaubte der Verfasser 
bei Ausbruch des Krieges, daO die fiihrenden Musiker Albions sich von 
der Pobelpresse fernhalten, daB sie ilire heilige Kunst nicht in den Schmutz 
der Gosse berabzerren lassen wiirden. Aber die britische Regierung hatte 
den Lugenfeldzug gegen Deutschland und alles Deutsche mit solch gran- 
dioser Meisterschaft inszeniert, daB sicb bald auch die hellsten Kopfe zu 
verdunkeln anhuben und mit dem Mob die Trommel um die Wette riihrten. 
Englische Komponisten, Dirigenten, Lehrer, Instrumentalisten wurden zu 
Rufern im Streite. Fur den strategischen Gang der Dinge mag diese 
Tatsache keinen so hohen Wert besitzen, vom rein menschlich-kiinstlerischen 
Standpunkt aus betrachtet ist sie eine der traurigsten Erscheinungen des 
ganzen Krieges. 

Wie ein wtister Traum muBte es beriihren, wenn deutsche Musik, 
die heute hocbgehalten, ja geradezu angebetet ward, am nachsten Tage 
als etwas Niedriges, Verdammenswertes dastand, das jeder waschecbte 
Brite meiden sollte; wenn deutsche und osterreichische Musiker, die bisher 
in England nur ihrer Kunst gelebt batten, iiber Knall und Fall als gemein- 
gefahrliche Subjekte gebrandmarkt wurden, denen man zugunsten der 
Heimischen das Brot nehmen musse; und wenn man diese Musiker nicbt 
nur wirtschaftlich ruinierte, sondern sie auch noch einsperren lieB und 
solcherart sie und ihre Familien auch seelisch umzubringen versuchte. 

4« 



52 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Zunachst sei iiber die okonomischen Verhaltnisse der Musiker seit 
Kriegsbeginn gesprochen. Der wirtschaftliche Boykott deutscher Musiker 
kann lediglich auf Neid- und KonkurrenzhaQ zuruckgefubrt werden. Schon 
seit Jahrzehnten wurmte es den Briten, daC er sich gegen den Auslander 
und besonders gegen den „damned German" nicht behaupten konnte, sei 
es nun als Instrumentalist, als Lehrer oder vorziiglich als schaffender 
Kiinstler. Ich will hier allgemein bekannte Tatsachen nur kurz streifen 
— namlich, daC die kiinstlerische Potenz, der kunstlerische Wert und die 
kunstlerische Kraft des britischen Durchschnittsmusikers im Vergleich mit 
dem Deutschen inferior war, inferior ist und inferior bleiben wird, nicht 
einmal so sehr wegen der unzweifelhaften geistigen Uberlegenheit des 
Teutonen, sondern wegen der in Rasse und Klima begrundeten britischen 
Temperamentlosigkeit, des britischen Phlegmas. (Von einzelnen Ausnahme- 
erscheinungen darf man sich nicht tauschen lassen.) Und eine weitere 
Tatsache ist: die Englander selbst wollten von englischer Kunst und eng- 
lischen Musikern nichts wissen. 

Es mot sich den ken und ist begreiflich, wenn der letztere Umstand 
die britischen Tondichter und ausiibenden Kiinstler bis tief in die Seele 
hinein wurmte. DaC sie fest entschlossen waren, sich im gegebenen 
Augenblick vom „fremden Joch* und von „Auslanderherrschaft" zu be- 
freien. Und daD sie sozusagen mit geziickten Schwertern unter ihren 
Manteln, mit „dem Dolch im Gewande" lauerten, iiber die Konkurrenz 
herzufallen und sie, wenn irgendwie moglich, abzuschlachten. Aber sie 
glaubten nicht daran, daD in absehbarer Zeit eine derart gunstige Gelegen- 
heit eintreten wurde, sie hielten die Deutschen fur unzerstorbar. Auch 
hatten sich in den letzten Jahren die Verhaltnisse sehr zu ihren Gunsten 
geandert, eine vielversprechende britische Komponistenschule war ent- 
standen, britische Solisten traten erfolgreicher als fruher auf, britische 
Dirigenten fuhrten erstklassige Orchester mit Triumph ins Treffen. Daher 
ist es eine boswillige Zeitungsliige, wenn immer und immer wieder darauf 
hingewiesen ward, daC der deutsche Musiker dem Englander den Bissen 
Brot aus dem Munde stahl. Deutsche Uberlegenheit und Tatkraft trugen 
einfach den Sieg davon, sei es nun in der Oper oder im Konzertsaal. Von 
einem Wettbewerb im eigentlichen Sinn des Wortes konnte daher schwer- 
lich die Rede sein. 

Die britischen Musiker wuteten aber auch — und nicht mit Un- 
recht — gegen den unglaublich konservativen Sinn ihrer Nation. Er auCerte 
sich nicht nur in Kleinlichkeiten, die niemandem schaden, wie z. B. die 
charakteristische Tatsache, daB sich das ganze Konzertpublikum noch jetzt 
bei einer gewissen Stelle des Handelschen B Messias" erheben muO, weil 
einmal ein gewisser britischer Konig beim Anhoren dieser Stelle aus 
religioscr Inbrunst und Begeisterung sich erhoben hatte, sondern auch in 



LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 53 

der nun einmal festgewurzelten Einrichtung, daB Opern nicht in englischer 
Sprache aufgefiihrt werden durften. Deutsche muOten deutsch, italienische 
italieniscb, franzosische franzosisch und sogar die wenigen britischen 
Opern, die vorhanden waren — italieniscb oder franzosisch gesungen 
werden! Jahrzehnte bemiihten sich alle fiihrenden Geister der englischen 
Musikwelt, diesen Unfug abzuschaffen — Unfug deshalb, weil der Eng- 
linder bekanntlich fast nie fremde Sprachen lernt und daher eine Opern- 
auffuhrung kaum versteben und gebiihrend wiirdigen kann. In der letzten 
Zeit hatte man es endlich so weit gebracht, englisch singen zu konnen, 
ohne daB diese heilsame Reform irgendwelchen Enthusiasmus im konser- 
vativen Publikum ausgelost hatte, das es ganz selbstverstandlich fand, 
wenn sogar englische Sanger und Sangerinnen englische Opern in fremder 
Sprache sangen. Und nun konnten wir ein Langes und Breites fiber den 
grenzenlosen Undank Albions deutschen Musikern gegenuber erzahlen. 
Diese Musiker, besonders Hans Ri enter, haben nicht nur bedeutende 
britische Komponisten, um die sich zuhause keine Seele scherte, die jedoch 
in Deutschland Anerkennung fanden, gewissermaBen nach England zurfick- 
importiert. Nein, es wird Hans Richter auch zum ewigen Ruhme gereichen, 
es legt ein geschichtliches Zeugnis fur deutsche GroBzugigkeit, deutsches 
Weltverstandnis, fast mochte man sagen deutsche Internationalist ab, daB 
dieser Dirigent es gewesen ist, der mit der ganzen Macht seiner Kunst 
und Personlichkeit fur die Idee eintrat: Damit die Englander Wagners 
.Ring des Nibelungen" griindlich verstehen konnten, miisse er in eng- 
lischer Sprache aufgefiihrt werden. Gegen diese grandiose Idee lehnten 
sich zuerst mit aller Gewalt — die Englander selbst auf. Aber Richter 
brach den Widerstand nieder und es gelang ihm, dem Deutschen, zwei 
englische Auffiihrungen mit fast durchwegs englischen Kiinstlern durch- 
zusetzen. Die britische Presse sprach damals mit Recht von dieser groDen 
Tat als einem Musikereignis von geschichtlicher Bedeutung. Wie aber 
lohnten es ihm die Englander selbst? Als er weitere Auffiihrungen in 
ihrer Sprache veranstalten wollte, begannen sie gegen ihn zu intrigieren, 
verekelten ihm seine TStigkeit, so daC er endlich sagte: 9 Empfehle mich, 
Gentlemen!" und England verlieC, um sich zur Ruhe zu setzen, da ihm 
die dauernde Erfiillung seines Herzenswunsches versagt blieb. 

Wir unterlassen die so nahe liegende Frage: Wo stiinde die Musik 
in England heute, sowohl die kompositorische wie auch die ausiibende ohne 
die deutschen Meister? Wir stellen nur fest, daB die besten britischen 
Tonsetzer — von Deutschen entdeckt wurden. Wir konnen an dieser Stelle 
nicht auf alle wissenswerten Einzelheiten eingehen: wie Hans Richter den 
zweifellos fiberaus begabten Edward Elgar gefordert und weltberuhmt ge- 
macht hat, so daB der Komponist ihm seine auBerordentlich gefeierte Erste 
Symphonie widmete. Nur in aller Kiirze konnen wir erwShnen, daB 



54 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915 

Frcderik Deli us in England noch immer kaum gewfirdigt wird, wahrend 
man ihn in dem verhaDten Germany feierte; daO die hochtalentierte Ethel 
Smyth sich aus Germany den Lorbeer holte, wahrend man in der Heimat 
nichts von ihr wissen wollte, bis sie die Suffragetten aus rein politischen 
Griinden auf den Schild hoben (als Dank fur deutsche Anerkennung ver- 
offentlichte sie jetzt haBliche, aufreizende Briefe in der B Times B fiber 
deutsches Spionagewesen). Vielleicht ist es in Deutschland weniger be- 
kannt, daO ein deutscher Musiker in London namens Jaeger es war, der 
alle britischen Komponisten, die etwas zahlten, zu Taten anspornte, sie 
forderte, sich fur sie mit alien scinen Kraften einsetzte. Diesen deutschen 
Jaeger hat Elgar in seinen B Enigma-Variationen" verherrlicht, er hat ihm 
in einer wunderbar andachtsvollen Variation ein Denkmal gesetzt. Und 
als dieser deutsche Jaeger vor etwa ffinf Jahren starb, da veranstalteten 
ein halbes Dutzend britischer Komponisten — darunter Elgar und der in- 
zwischen verschiedene Coleridge-Taylor — ein Gedachtniskonzert zu 
Ehren des Heimgegangenen, worin sie selbst ihre Werke dirigierten und 
das wohl der schonste musikalische Tribut gewesen ist, der dem forder- 
lustigen, groQzfigigen deutschen Geist von seiten Englands in der letzten 
Zeit gezollt ward. Damals war des Bei falls kein Ende. Und heute — ?! 
„Freilicb," erklarten mir jetzt musikliebende Briten, „es hat schon 
eine Zeit gegeben, wo wir Germany innig liebten. Das war die Zeit, als 
es noch klein, zerspalten, uneinig, ohnmiichtig war. Und wenn die grofien 
Meister fiberhaupt deutscher Abstammuog sind [man versucht jetzt nach- 
zuweisen, daC sie fast samt und sonders keine Deutschen gewesen seien, 
wahrend die Englander fiber die deutsche Herkunft von z. B. Frederik 
Delius nicht hinwegzukommen vermogen!], so wuchsen sie aus dem 
idyllischen Deutschland hervor, das uns so sympathisch war, weil wir 
nicht damit zu rechnen batten. Mit dem Wachstum eurer politischen 
Macht steigerte sich euer GroOenwahn so zusehends, daO wir Angst auch 
um eure Kunst bekamen; nun konntet ihr auch keine Meister mehr her- 
vorbringen, die Franzosen, besonders Claude Debussy, entwanden Euch 
das Zepter. Euer Richard StrauQ ist keiu Meister. Er hat sich sozusagen 
vollgesogen mit dem GroUenwahn eures liollischen Friedrich Nietzsche, 
der am meisten daran Schuld tragt, dr.B euer Kaiser jetzt die ganze 
Welt bekriegt. Euer StrauQ ist auch ein pcrverser, dekadenter Kerl, der 
auf unsere hochentwickelte Moral einen horhst schadigenden EinfluB fibte. 
Wir gestatten daher in unseren Konzerten, daQ man eure Klassiker spielt, 
sogar eurem Brahms gonnen wir noch ein Platzchen (in Wirklichkeit 
machen wir mit unsrer einheimischen oder MoD franzosischer und russischer 
Musik nur ein miserables Geschaft!), aber diese Klassiker und dieser 
Brahms, den wir eigentlich noch immer nicht recht verstehen und der uns 
off en gestanden langweilt, sind eben noch keine German barbarians ge- 



LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 55 

wesen. Anders jedoch stehen die Dinge mit Richard Wagner, der uns 
zwar sehr viel Geld eingebracht hat und trotz des Krieges noch einbringt; 
und von euren ,Modernen', die dieser dekadente, zugellose Richard Straufi 
fuhrt, wollen wir, so lange ihr unsere besten Manner niederschieBt und 
unsere heiligen Schiffe in den Grund zu bohren versucht, nichts wissen. 
Wir geben zu, daC wir Sensationen nicht abgeneigt sind. Wir geben zu, 
daB wir aus den Auffiihrungen der StrauBschen Opern Sensationchen 
machten. Wir geben zu, daB wir im vorigen Jahre aus dem ersten Er- 
scheinen Arnold Schonbergs in Old England ein Sensationchen machten. 
Wir gestehen ein, daB wir von seiner Musik verdammt wenig verstanden 
haben. Wir gestehen ein, daB wir Tschaikowsky's SuBlichkeit vergottem, 
von Anton Bruckners Ernst und Schwerblutigkeit jedoch nichts wissen 
wollen. Wir gestehen ein, daB uns die neuen russischen Opern so gut gefallen, 
weil wir bei ihrem Horen unser Diner in alien seinen GSngen ruhsam ver- 
dauen konnen, wahrend uns eure schwere Kost stets Storungen verursacht. 
Wir geben weiter zu, daB wir bis vor Ausbruch des Krieges unsere eigenen 
Tondichter nicht imtner sehr liebenswurdig behandelt haben. Unser bestes 
Orchester — ganz britisch nebenbei! — das London Symphony Orchestra 
hat Jahr und Tag keinen englischen Komponisten spielen wollen und immer 
nur Deutsche als Gastdirigenten eingeladen, weil diese deutschen Dirigenten 
keine ublen Einnahmen erzielten. Das alles kann uns aber nicht daran 
verhindern, deutscbe Musiker aus ihren Stellen zu werfen. Jetzt ist fur 
uns der psychologische Moment gekommen, die Deutschen in unserer Mitte 
wirtschaftlich zu vernichten — jetzt oder nie. Es tut uns leid, sie ruinieren 
zu miissen. Wir sind sogar bereit, ihnen aus privaten Mitteln Geld zu 
leihen, damit sie nicht verhungern, ihnen, wenn es geht, sogar auch Stunden 
zuzuschanzen, obgleich sie es gar nicht verdienen, aber ihre Stellen mussen 
jetzt nur von reinen, unverfalschten Britensohnen ausgefullt werden." 

Uberaus traurig ist das Los der internierten Musiker in den Ge- 
fangenenlagern. Es gibt FMUe, wo die Betreffenden nicht nur Englande- 
rinnen zur Frau haben, sondern ihre Sonne, in England aufgewachsen und 
erzogen, kampfen fur England an der Front ! Aber die britische Regierung 
in ihrer wahllosen, planlosen, nur dem Druck der Hetzblatter nachgebenden 
Vorgangsweise hat sich auch an diesen Kunstlern vergriffen, die trotz 
britischer Gattinnen und Kinder eine Gefahr fur das old country bedeuten 
sollen! Nach den Leiden, die die Gefangenen anfangs infolge der MiB- 
wirtschaft in den Lagern auszukosten hatten, soil es ihnen jetzt besser 
gehen ; man hat mir versichert, daB sie verhaitnismaBig gut behandelt und 
verpflegt werden. Sie diirfen auch Konzerte veranstalten. Uber die 
traurige Tatsache ist jedoch nicht hinwegzukommen, daB die schwachliche 
Regierung auch altere und kranke Leute ohne Riicksicht zusammen- 
treibeo liefi. 



56 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915 

In einer uberaus miQlichen Lage befinden sich auch die nichtinter- 
nierten deutscben und osterreichischen Musiker, wic sich auch tnebr Oder 
weniger von den frei Umhergehenden sagen HQt, daC sie B nicht leben und 
nicht sterben" konnen. Jeden falls feierte die britische Toleranz darin 
Triumphe, daQ sie sogar alie Naturalisierten aus den Orchestern entlieQ, 
auch wenn diese Englanderinnen zu Frauen batten! Eine .Gesellschaft 
der Freunde" unterstutzt die Entlassenen nach Moglichkeit, doch sind ihre 
Mittel uberaus bescbeiden und den vielen Anforderungen nicht gewachsen. 
Wohlhabende Deutsche und Osterreicher in England helfen auch viel den 
ohne eigenes Verschulden ins Elend geratenen Musikern, besonders in 
Fallen, wo der Gatte bzw. Vater interniert ist. Mancbe begaben sich 
auch gleich bei Ausbrucb des Krieges nach Amerika, wo fast alle ein 
gutes Unterkommen gefunden haben sollen. Nur das bekannte Queen's 
Hall-Orchester, das der naturalisierte Sir Edgar Speyer unterhilt (wieder 
ein Deutscher an der Spitze eines britischen Musikunternehmens !), bebielt 
„feindliche Auslander", die ura die englische Staatsburgerschaft nach- 
suchten. Man unternabm daher allerhand Versuche, diesen Orchester- 
korper zu boykottieren, was jedoch trotz alles heiDen Bemiihens miQlang. 
Fragt man die EnglSnder, welchen Zweck sie eigentlich damit verfolgen, 
sich an unschuldigen Kunstlern zu vergreifen, die doch friedliche und oft 
hochst loyal gesinnte Mitburger waren, so erhalt man stets zur Antwort: 
„Ihr habt uns das Schwert in die Faust gezwungen. Krieg ist Krieg." 
Und wie unendlich traurig der RassenhaO ist und in welchen Auswuchsen 
er sich aufiert, beweist wohl die Tatsache, daQ die besten Komponisten 
(darunter Elgar, Parry), Lehrer und Orchesterleiter (u. a. auch Ronald) 
sich zusammentaten, um nur ja aufs sorgfaltigste zu wachen, daQ auch 
nicht eine einzige Stelle eines Musikers in Albion durcb einen Deutscben 
oder Osterreicher besetzt bleibt! 

Wir gelangen nunmehr zur Boykottierung der deutscben Musik, die 
wir im Vorhergehenden bereits erwahnt haben. Mit den Klassikern hat 
man wenig Radau und gute Geschafte gemacht, obzwar es keineswegs an 
Stimmen fehlte, die auch diese von den Konzertprogrammen abgesetzt 
sehen wollten, gleich in den ersten Stadien des Kriegs. Brahms bleibt 
wie gesagt geduldet, und im April fand sogar ein Fest des Geduldeten 
statt. Uber den Fall Wagner aber werden noch immer Meere von Tinte 
vergossen. Kein Tag verstreicht, ohne daQ man Briefe an die betreffenden 
Zeitungsherausgeber lesen kann. Die einen erklaren, man solle seine 
schadigende Musik samt seinem Angedenken zu tiefst in die See ver- 
senken. Andere sagen, wenn er auch der Sohn eines barbarischen Volkes 
sei, moge man dennoch seine Tonsprache weitergenieQen. Man solle sich 
nicht darum kiimmern, daQ er ein boser Kerl und echter Deutscher 
gewesen, daQ er den Kaisermarsch komponierte usw. Auch nicht darum, 



LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 57 

daO er durcb s systetnatische Zuchtung deutschen Grofienwahns den gegen- 
wSrtigen Krieg Germanys gegen Britannia mitvorbereitet" habe. Dann 
liest man wieder idiotiscbe Episteln voll von pobelhaften Beschimpfungen. 
In den Kreisen der Fachmusiker schielt man mit dem einen Auge nach 
der Kasse, die bei Wagner-Auffiihrungcn stets wohltuende Fiille aufweist, 
mit dem anderen voll Angst nach dem Mob, der sicb moglicherweise noch 
einmal zu der edeln Tat eines offentlichen Boykotts hinreiBen lassen 
konnte, wie im vergangenen Herbst, als die Direktion der Queen's Hall- 
»Promenade"-Konzerte auf „dringendes Verlangen" des Publikums erst 
Wagner gdnzlich absetzte, ihn durch Russen und Franzosen verdrangen 
wollte, jedoch mit Rucksicht auf die Kasse — es kam zu einer beang- 
stigenden Ebbe — Wagner wieder in die Queen's Hall einziehen liefl. 
Doch darf er nur englisch gesungen werden, ein deutsches Wort sogar im 
heiligen Konzerttempel versetzt das wahre Britenherz in Raserei, und es 
ist schon ofters bei derartigen Anlassen zu geradezu kindischen Demon' 
strationen gekommen. Gewisse englische Musiker, in ihren Leistungen 
Nullen, versucben sich jetzt hervorzutun und bekannt zu machen, indem 
sie unablassig gegen derartige B Verirrungen" eifern. 

Die Rachegefuhle der Englander gegen die Deutschen sind und 
bleiben tiberaus kleinlich. DaB man zum Beispiel deutsche Musikalien- 
handler ruiniert hat, nur weil sie Deutsche sind, 12Ct sich ebensowenig wie 
die Internierungen und die Aushungerung unschuldiger deutscher Musiker 
durch das Axiom „ Krieg ist Krieg" rechtfertigen. Es beruhrt merkwiirdig, 
wenn die Rasse, die friiher als typische Vertreterin des gesunden Menschen- 
verstandes gait, sich nun in Schmahfluten ergiefit iiber einen Mann wie 
Hans Richter, dem sie musikalisch so unendlich viel zu verdanken hat, 
nur weil er seine englischen Auszeichnungen jetzt zuruckgab. Hans 
Richter konne jetzt gut iiber Albion schimpfen, heiCt es dort, nachdem er 
britisches Gold haufenweise eingesackt habe! Womoglich noch dummer und 
kleinlicher ist der Vorgang in einer Konzerthalle Manchesters gewesen. 
In dem Wandelgang hing das Bildnis des beruhmten Dirigenten, dessen 
kerndeutscher Vollbart schon seit langem den Zorn jedes glattrasierten 
Britensohnes herausforderte. Ein besonders tapferer Anwalt seines Vater- 
landes hat nun Richters Bildnis umgekehrt, so daC der „ German barbarian" 
nach der Wand blickt! Wie groB und unnachahmlich . . . 

Aber was ist die Folge dieser ganzlichen Abwesenheit deutscher 
Kiinstler? Eine Vergroberung nach jeder Richtung hin. Vor der LSnge 
und dem planlosen Durcheinander der englischen, besonders der Orchester- 
konzerte befMHt einen jedesmal ein wahrer Schauder. Und wenn England 
Germany jetzt auch in den Staub schmettern will und seine Intelligenz 
auch noch immer vollkommen uberzeugt ist, daO es fruher oder spater 
dazu kommt, so hat das die britischen Virtuosen, seien sie jetzt Pianisten, 



58 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Geiger Oder Sanger, aucb um kein Haar begabter oder temperamentvoller 
gemacht. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, gehen jetzt die 
englischen Dirigenten dcr fiihrenden Orchester nur auf KnallefPekte aus, 
und die Programme wimmeln von elenden Virtuosenstuckchen. Im sonstigen 
sind russische und belgische Dirigenten und Kunstler obenauf. Henry 
J. Wood, der Leiter des Queen's Hall-Orchesters, uberschwemmt London 
schon seit Jahren mit russischer, besonders Tschaikowskyscher Musik, die 
sich in der Themsestadt einer auOerordentlichen PopuIaritSt erfreut. Der 
kultivierte Englander, fur das Oberflachlich-SUBlich-Sentimentale von der 
Natur bestimmt, wie er es ja auf der Biihne liebt und im Romane fordert, 
schwelgt jetzt mehr denn je in den Melodeien aus dem heiligen Reich des 
Zaren. Wassilij Safonoff wird als Dirigent verehrt und angebetet, be- 
sonders weil er ohne Taktstock das Orchester fiihrt, wenn auch kundige 
Musiker in London zugeben, daC es mit seiner Kunst nicht sehr weit her 
ist (der Verfasser horte ihn einmal aus der Ersten Symphonie Elgars ein 
wahres Chaos machen). In der diesjahrigen Opernsaison sollen die bereits 
im Vorjahr auOerordentlich gefeierten Russen wieder das erste Wort 
erhalten. 

Wir sprachen eingangs von der Verpobelung auch der fruher besten 
Manner. Diese haben keinen Blick mehr fur die Geschmacklosigkeit, fur 
alles Verkommene in Albion in musikalischer Beziehung. Im Gegenteil. 
In der jetzigen Zeit, wo sich GroBbritannien kommerziell von dem ver- 
ruchten Germany emanzipiert, muO sich das Reich aller Humanitat auch 
vom „Erzfeind der Menschheit" auf dem Gebiete der Musik emanzipieren! 
In dieser unendlich groDen Zeit, wo England fur „die heiligsten Guter der 
zivilisierten Erde" kampft, muli aus seinen Reihen mit Naturnotwendigkeit 
ein Musik-Messias hervorgehen, der die innersten Gefiihle seiner Sohne 
und Tochter in neuen Tonen auszusprechen vermag. Liest man die zahl- 
losen Aufrufe, Artikel, Schmahungen, so muten sie einen etwa wie ein 
Inserat an: „Gesucht erstklassiger britischer Musik-Messias, soil original- 
britische Symphonieen und auch Opern komponieren! Heda, aufgepaCt! 
Eine neue Ara, das messianische Zeitalter bricht an!" 

Als ob ein Genie auf Bestellung kame, durch Zelotismus, Rassen- 
haO und niedertrachtige Verleumdung heraufzubeschworen ware! Und noch 
dazu ein Operngenie, etwa ein britischer Wagner! — Uber die englische 
Oper habe ich in der „ Musik" schon so oft geschrieben, dafi ich hier nur 
kurz feststellen will: Der Wille ist da, Versuche werden angebahnt; aber 
die eigentliche Tat fehlt, und das groDe Publikum fehlt. Man muQ an- 
erkennen, daD Ethel Smyth, Frederik Deli us (wie bereits angefuhrt, 
deutscher Herkunft!) und Andere Werke hervorgebracht haben, die den 
Stempel entschiedener Begabung tragen. Aber eine Nationaloper schafft 
man doch nicht auf hoheren Befehl weniger Hetzer wahrend eines beispiel- 



LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 59 

losen Krieges! Eine Nationaloper geht doch nicht aus wiisten Schmahungen 
des Gegners, aus Orgien des Hasses hervor! Eine Nationaloper kann un- 
moglich das Produkt des geistigen Tiefstandes, der geistigen Umnachtung 
sein, in der sich das Land der Briten jetzt beflndet! Nur ein Ungetum, eine 
MiOgeburt konnte Albion jetzt hervorbringen. Doch wir zweifeln sogar daran. 
Und wenn es sogar dazu kame, waren — keine Zuhorer da. 

Als ob es dem modernen England an Komponisten fehlte! Was ist 
mit Elgar, Delius, Bantock, Williams, Scott und einem Dutzend anderer? 
Warum wShlt man sich nicht aus ihnen den Messias? Wozu in die Feme 
schweifen? TrommelschlMger und Fanfarenblaser setzen sogar Preise aus, 
Preise von sage und schreibe hundert Mark fur eine britisch-nationale 
Komposition, um eine „neue junge Schule" zu begrunden, die das messia- 
nische Genie zur Reife bringen und die England fur ewige Zeiten von 
Germany befreien soil. Aber sogar Preise von hundert Mark andern 
nichts an der grenzenlosen Odigkeit der zeitgenossischen Gelegenheits- 
arbeiten und Pfuschereien. Und es ist bemerkenswert, daO die zehn Monate 
des Krieges in Albion bisher auch nicht ein bedeutendes Musikwerk 
hervorgebracht haben. Nicht einmal Edward Elgars .Carillon", worin der 
Tondichter Belgien beweint, ihm aber eine Zukunft voller GroQe weissagt, 
kann als etwas Bleibendes bezeichnet werden. 

Dagegen sind sogar die Rekrutenwerbesch lager in den Konzertsaal 
eingedrungen und vorzuglich bei WohltStigkeitsdarbietungen in der Albert- 
und Queen's-Hall mit uberwaltigender Begeisterung aufgenommen worden. 
Sie sind ungefShr das Vulgarste, das dieser vulgare Zustand Old Englands 
gezeitigt hat. Hier sei eine ungefahre Obersetzung des populSrsten Liedes 
zitiert, nur um dem Leser einen Begriff des dortigen „Zeitgeistes" bei- 
zubringen : 

„Wir haben euch Kricket spielen sehn 

Und jeden andern Sport; 

Im FuCball, Golf und Polo 

Siegt ihr in einem fort; 

Doch jetzo ruft das Vaterland, 

Zu zeigen euch als Krieger, 

Was auch beschieden Schicksalshand, 

Wir haben euch um so lieber. 

Drum kommt und werdet Soldaten geschwind, 

Wie's eure Vflter taten, die Sieger. 
Chor: 
Ach wir mochten euch nicht verlieren, doch wir glauben ihr 

sollt gehn, 
Denn euer Konig und Vaterland konnten ohn' euch nicht weiter 

bestehn; 



60 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Wir werden uns sehnen und uns gramen, docb mit unsrer 

ganzen Lieb 
Wollen wir jubeln, euch danken, euch kiissen, 

Kehrt ihr zuriick vom Sieg!" 

Und dieses „Soldatenlied" wird angestimmt, wenn der Brite in die 
Scblacht zieht, es begleitet ihn auf seinen Marschen, er singt es im Feld- 
lager . . . Sind das die Produkte des „messianischen Zeitalters?" 

Bei dem Anhoren dieser genialen Hervorbringungen aus „Englands 
groQter Zeit" kann man sich des einen Gefiihles nicht erwehren: Warum 
raumt man in Albion nicht zuerst mit zahllosen unerhorten Geschmack- 
losigkeiten auf? Warum bereitet sich das britische Publikum auf die 
„messianische Ara" nicht dadurch vor, daC es bei Konzertauffiihrungen 
zu rauchen aufhort, bei Opernvorstellungen laut zu schwatzen und 
durch allerhand Gerausch, sogar Alkoholtrinken und Teeloffelgeklapper 
zu storen? Warum bringt es seinen eigenen Tondichtern nicht so 
viel Achtung entgegen, wahrend der Auffiihrung ihrer Werke bis zum 
Ende auszuharren und nicht vorher davonzulaufen? Warum gewohnt es 
sich inmitten einer Oper nicht das Klatschen ab? Warum klatscht es 
nach den Aktschlussen des „Parsifal? a Warum sorgt es nicht fur ein 
halbwegs anstandiges Opernhaus in halbwegs anstandiger Umgebung? 
Warum laCt es seine eigenen Kunstler darben und verkommen, zwingt sie 
dazu, sich in den Music Halls zu prostituieren? Warum, warum — hier 
gibt es noch ein weiteres Tausend von Warums. Wenn sich die britische 
Nation klar daruber ist, wie sie vorerst all diese tausend geschmacklosen 
Niedertrachten in ihrem Musikleben ausmerzen will, dann mag sie im 
Namen Gottes und der Kunst den Anbruch der messianischen Zeit er- 
warten. Ehe aber ihr Lohengrin gezogen kommen soil, miste sie einmal 
zu Hause grundlich aus! Es wird ihr mehr nutzen als der Vernichtungs- 
kampf gegen Germany. 



DAS PROBLEM DES CHARAKTERS 
DER TONARTEN 

VON DR. RICHARD HENNIG IN BERLIN 



Die Frage, ob den verschiedencn Tonarten objektiv ein verschie- 
dener Charakter zukommt, oder ob die zahlreichen Behauptungen 
dieser Art, die von grundverschiedenen Eindrucken der einzelnen 
Tonarten zu bericbten wissen, auf subjektiven TMuschungen und person- 
lichen Erinnerungen an besonders markante Tonstucke beruhen, ist seit 
langer Zeit hart umstritten und bis auf den heutigen Tag, wie man rund- 
weg zugeben muB, noch nicht endgultig gelost. DaG naturlich zwischen 
den Tongeschlechtern Dur und Moll und ebenso zwischen den alten, heut 
nicht mehr gebrauchlichen Kirchentonarten grundlegende Unterschiede des 
Charakterausdruckes bestehen, wird niemand leugnen; es fragt sich nur, 
ob auDerdem zwischen den Tonarten desselben Tongeschlechts so be- 
deutende Unterschiede bestehen, daQ man rundweg von einer .Charakte- 
ristik der Tonarten" reden kann. 

Bemiihungen, die Charaktere der Tonarten zu erfassen und zu deuten, 
sind schon recht friihzeitig gemacht worden. Bereits Mattheson veroffent- 
lichte 1713 einen Versuch, die Tonarten zutreffend zu cbarakterisieren. 
Seinen Spuren folgten, von anderen abgesehen, z. B. der bekannte „Ge- 
fangene von Hohenasperg" Schubart i. J. 1806 (nachgelassenes Werk), 
E. T. A. Hoffmann 1822, Schilling 1838, Marx 1862 usw. In diesen 
Auslassungen, vor allem in denen, die Schilling in seinem „Musikalischen 
Konversationslexikon" brachte, findet sich jedoch reichlich viel Willkur, 
Phantasie und Uberschwenglichkeit, so daQ man sich nicht wundern kann, 
wenn sie wiederholt einen mehr oder weniger scharfen Protest hervorriefen. 
Bereits am 6. April 1825 brachte die „Leipziger Allgemeine musikalische 
Zeitung" einen Aufsatz, der eine besondere Charakteristik der einzelnen 
Tonarten anzweifelte, im iibrigen aber recht unklar gehalten war. Ungleich 
bedeutsamer war ein scharf polemischer Artikel eines Anonymus Hdt., der 
in derselben Zeitschrift am 16. August und 6. September 1848 erschien 
und die Uberschrift „Ketzerische Rhapsodien eines musikalischen Skeptikers, 
Rhapsodia III" trug. Man findet hierin den treffenden Ausspruch fiber die 
zahlreichen Versuche, die Charakteristik der Tonarten zu verdeutlichen: 
„Aber da finden wir gleich von vornherein, daQ all' den schonen Behaup- 
tungen und hubschen Redensarten eine einzige kleine Kleinigkeit fehlt: 
eben der Beweis". Der Verfasser gab eine Reihe von beachtenswerten 
Gedanken, wie die Lehre von der Charakteristik der Tonarten entstanden 
sein konne, und kam zu dem SchluO, daQ ihr eine allgemeine und objektive 
Richtigkeit nicht zuzuerkennen sei. 



62 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Dieser neue kritische Standpunkt rang sich bald zu allgemeinerer 
Anerkennung durch. In der Mitte der fiinfziger Jahre betrachtete man die 
Lehre von der Charakteristik der Tonarten zumeist als einen iiberwundenen 
Standpunkt. Da war es kein Geringerer als Helmholtz, der in seiner be- 
ruhmten „Lehre von den Tonempfindungen" einen wissenschaftlichen Weg 
zeigte, auf dem man zu einer objektiven Anerkennung der wechselnden 
Charakteristik gelangen konnte. Er wies darauf bin, daC beim Klavier- 
spiel der verschiedene Anteil der weiCen und schwarzen Tasten und der 
notwendig verschiedene Anschlagihrer Hammer einen wechselnden Charakter 
der Tonarten erzeugen konne, ebenso die Tatsache, daD dem menschlichen 
Ohr gewisse Eigentone zukommen, die unter Umstanden ein schrilleres 
Hervortreten gewisser Obertone bedingen muCten. Da z. B. g"" ein Eigen- 
ton des Ohrs ist, meinte er: 

„Es mag nun fur Stiicke in C-dur nicht gleichgultig sein, wenn 
ihre hohe Quinte g" und Tonika c" diesen scharfen Klang vor den 
anderen Tonen zeigen, aber jedenfalls sind diese Unterschiede nur 
schwach, und ich muB es vorlaufig dahingestellt sein lassen, ob sie 
in das Gewicht fallen." 

In der Folgezeit ist das von Helmholtz wissenschaftlich nur an- 
geschnittene, aber keineswegs erledigte Problem vielleicht noch mehr urn- 
stritten worden als vorher, ohne daC die Debatte eine Klarung der Meinungen 
herbeifiihrte. Es wurde dabei oft sowohl von Anhangern wie von Gegnern 
der Tonartencharakteristik recht temperamentvoll gestritten, und die Un- 
moglichkeit, die eine oder andere Ansicht einwandfrei zu beweisen, ver- 
leitete oft genug dazu, durch Verspottung und Herabsetzung der gegnerischen 
Meinung zu ersetzen, was der eigenen an guten Griinden abging. So warf 
z. B. Zellner in seinen „Vortragen iiber Musik" alien Anhangern der 
Lehre von der Charakteristik der Tonarten einfach Mangel an musikalischem 
Sinn vor, wahrend umgekehrt der Musikschriftsteller Paul Ertel in einem 
1896 erschienenen Aufsatz erklarte, die Behauptung, daD einer Tonart ein 
bestimmter Klangcharakter zukomme oder nicht, konne nur „von un- 
wissenden und unmusikalischen Asthetikern" bestritten werden: „In hohem 
Grade toricht und verstandnislos ist es, zu behaupten, daC die Tonart gar 
nichts mit dem Stiicke gemein habe, fur dasselbe gleichgultig sei. Wie 
ich schon sagte, konnen nur absolut unmusikalische Menschen mit einer 
so leicht widerlegbaren [I] Ansicht immer wieder vor die Offentlichkeit 
treten." Wie iiberall, wo fehlende Beweise durch Invektiven ersetzt werden, 
ist auch hier die Debatte durch die gegenseitigen Anrempeleien nicht 
gefordert worden. 1896 veranstaltete Wilhelm Tappert im „Tonkiinstler- 
verein" eine Diskussion iiber die Frage, da „solche ehrwurdigen Zankapfel 
ab und zu auf den Markt gebracht werden mussen" — doch wurde auch 
hierdurch eine Einigkeit der Meinungen, eine Klarung der Streitfrage 



HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 63 

naturlich nicht erzielt. Ich selbst habe im Jahre 1897 ein eigenes Buch, 
.Die Charakteristik der Tonarten", herausgegeben, worin ich auf Grund 
einer sehr eingehenden Untersuchung des Gegenstandes die Vermutung 
aussprach, daB ein wechselnder Charakter auch objektiv schwerlich be- 
stritten werden konne, und daB voraussichtlich physiologische Ursachen, 
wie es z. B. die Eigentone des Ohres sind, die wissenschaftliche Erklarung 
des Phanomens in erster Linie liefern miiCten, obwohl von Fall zu Fall 
recht verschiedene Ursachen mitspielen konnen. 

DaB auf dem Klavier die Tonarten mit vielen schwarzen Tasten 
unbedingt anders klingen miissen als diejenigen, die iiberwiegend oder 
ausschlieBlich die weiBen Tasten benutzen, wurde schon erwahnt; ebenso 
werden auf der Violine diejenigen Tonarten, deren Grundakkord eine Be- 
nutzung der leeren Saiten gestattet, notwendig anders klingen als die ubrigen; 
Holz- und Blechinstrumente werden ihre natiirlichen Tone anders von sich 
geben als diejenigen Tone, die erst durch bestimmte Griffe zu erzielen 
sind usw. Nicht von diesen instrumentell verschiedenen und fur jedes 
Instrument anderen Tonartcharakteren soil hier aber die Rede sein, sondern 
von denjenigen Tonartcharakteren, die nach einer weit verbreiteten Meinung, 
unabhangig von der Instrumentalklangfarbe, der Tonart selbst zu- 
kommen. DaB daneben unabhangig von Fall zu Fall noch recht verschiedene 
Einfliisse den Eindruck der Tonart „farben" konnen, ist naturlich unter keinen 
Umstanden zu bestreiten. Vor allem fur den menschlichen Gesang ist zu 
beachten, daB die Wiederholung eines Motivs oder einer Melodic in einer 
hoheren Lage in der Kegel eine starkere Anspannung der Stimme bedingen 
und deshalb um so eindringlicher wirken wird. Wenn Lohengrin seine 
beriihmte Mahnung an Elsa: „Nie sollst du mich befragen" erst in as-moll 
singt und dann in a-moll wiederholt, so kann sich niemand dem Eindruck 
entziehen, daB die Wiederholung auch musikalisch dringlicher ist als die 
erste Ermahnung. Dasselbe gilt fur das sturmische Flehen Tannhausers 
zur Venus, der sein Liebeslied zuerst in Des-dur, dann in D-dur, in Es-dur 
und schlieBlich, im zweiten Akt, gar in E-dur erschallen laBt, oder fur den 
Chor „Lass' ihn kreuzigen" in der „Matthauspassion H , der zunachst in 
a-moll, dann, dringlicher, in h-moll erklingt. Auch auf Loewes „Douglas B - 
Ballade sei hingewiesen, in der eine geradezu geniale Charakterisierung 
der immer heiBeren Bitte des Douglas zum dahingaloppierenden Konig 
dadurch erreicht wird, daB das sturmische Rittmotiv ohne jeden Zwischen- 
takt unmittelbar nacheinander in c-moll, in cis-moll, in d-moll und schlieBlich 
gar in f-moll vor unseren Ohren dahinbraust und dadurch die Stimme des 
Douglas zu stets heftigerer Anstrengung zwingt. 

DaB derartige Modulationen in jedem Fall verschieden wirken und 
den Absichten des Komponisten entsprechen konnen, wird niemand be- 
streiten. Der eigentliche Kernpunkt unserer Betrachtung aber wird davon 



64 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915 

nicht beriihrt. Eine Charakteristik der Tonarten, wenn sie iiberhaupt 
objektiv vorhanden ist, wird in jedem Fall nur bei aufmerksamer Betrach- 
tung zu bemerken sein und wird sich nicht ohne weiteres dem Horer auf- 
drangen — ware es anders, so hatte ja nie ein Streit stattfinden konncn, 
ob die einzelnen Tonarten verschiedene Charaktere haben oder nicht; daQ 
sie also gelegentlich durch Modulationen innerhalb eines Stuckes oder durch 
sonstige kompositorische Ausdrucksmittel vollig verdeckt werden kann, ist 
von vornherein nicht zu bezweifeln. Ebenso werden Tempo, dynamische 
Schattierungen, Nuancierung, allgemeiner Charakter einer Komposition den 
etwa vorhandenen Charakter einer Tonart bald starker zu betonen, bald 
zu verwischen und ihn jedenfalls in mannigfachster Weise zu beeinflussen 
imstande sein: man denke nur etwa daran, daD so grundverschiedene 
Werke, wie'der erste Satz der Bachschen h-moll Messe, Schuberts ,UnvolI- 
endete", der Walkiirenritt und Tschaikowsky's Pathetische Symphonie alle 
in derselben Tonart stehen! Und dennoch wird man vom verschiedenen 
Charakter der einzelnen Tonarten mit Recht sprechen diirfen; nur muQ man 
sich von vornherein daruber klar sein, dafi gewissermaBen etwas guter Wille 
dazu gehort, den Charakter deutlich wahrzunehmen und zu empfinden, und 
daB auch im giinstigsten Fall der Charakter nur unbestimmt, nur angedeutet 
sein kann, wahrend die oft so uberschwenglichen Beschreibungen der ein- 
zelnen Tonartencharaktere rundweg als phantastische Selbsttauschungen oder 
als poetische Ubertreibungen abzulehnen sind. Um nur ein einziges Beispiel 
davon zu geben, was man gelegentlich in einzelne Tonarten und selbst ein- 
zelne Akkorde hineingehort hat, seien aus E. T. A. Hoffmanns „Kreisleriana" 
(„Phantasiestiicke 2: Kreislers musikalisch-poetischer Klub") einige Drei- 
klangdeutungen wiedergegeben, die zwar offenbar absichtlich bizarr iiber- 
trieben, aber doch im Grunde als den Uberzeugungen des genialen Dichters 
und Komponisten entsprechend anzusehen sind. Um sich ganz in den 
Charakter der Tonarten vertiefen zu konnen, setzt Kreisler ein kleines, 
rotes Miitzchen auf, zieht einen chinesischen Schlafrock an, liQt alle 
Lichter loschen und greift dann in dicker Finsternis einige BaBakkorde, 
die er folgendermaOen erlautert (Auszug): 

As-dur Akkord: „Was rauscht denn so wunderbar, so seltsam um 
mich her? — Unsichtbare Fittiche wehen auf und nieder — ich schwimme 
im duftigen Ather. — Aber der Duft erglanzt in flammenden, geheimnis- 
voll verschlungenen Kreisen. Holde Geister sind es, die die goldnen 
Fliigel regen in iiberschwenglich herrlichen KIMngen und Akkorden." 
As-moll Akkord: „Ach! — sie tragen mich ins Land der ewigen 
Sehnsucht, aber wie sie mich erfassen, erwacht der Schmerz und 
will aus der Brust entfiiehen, indem er sie gewaltsam zerreiOt." 

E-dur Terzakkord: „Sie haben mir eine herrliche Krone gereicht, 
aber was in den Diamanten so blitzt und funkelt, das sind die tausend 



HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 65 

TrSnen, die ich vergoG, und in dem Golde gleiCen die Flammen, die 
mich verzehrten. — Mut und Macht — Vertrauen und Starke dera, 
der zu herrschen berufen ist im Geisterreich." 

B-dur Akkord: „ Welch lustiges Leben in Flur und Wald in 
holder Friihlingszeit! — Alle Floten und Schalmeien, die Winters 
fiber in staubigen Winkeln wie zum Tode erstarrt lagen, sind wach 
worden und haben sich auf alle Lieblingsstiickchen besonnen, die sie 
nun lustig trillerieren, gleich den Vogelein in den Liiften." 

Es-dur Akkord: „Zieh' ihm nach! — zieh' ihm nach! — Grun 
ist sein Kleid wie der dunkle Wald — siifier Hornerklang sein 
sehnendes Wort! — Horst du es rauschen hinter den Buschen? Horst 
du es tonen? — Hornerton, voll Lust und Wehmut! — Er ist's — 
auf I ihm entgegen!" 

C-moll Akkorde: „Kennt ihr ibn nicht? — Kennt ihr ihn nicht? 
— Seht, er greift mit gliihender Kralle nach meinem Herzen! — er 
maskiert sich in allerlei tolle Fratzen — als Freijager — Konzert- 
meister — Wurmdoktor . . . Siehst du es lauern, das bleiche Ge- 
spenst mit den rot funkelnden Augen — die krallichten Knochenfauste 
aus dem zerrissenen Mantel nach dir ausstreckend? . . . usw." 
Diese mehr als phantasievollen Beschreibungen des Eindrucks einzelner 
Tonarten sind iiberwiegend Phrasen und diirfen nicht allzu ernst genommen 
werden. Einzelne Ausdrucke darin sind zwar frappant genug und erinnern 
in merkwurdiger Weise an manche neueren Schilderungen der Tonarten- 
charaktere und an Tonstiicke, die ganz unabhangig von Hoffmanns Auf- 
fassung sind, so die „gleiBenden Flammen" beim E-dur (Tonart des 
.Feuerzaubers"), die Fruhlingsempfindung beim B-dur (Liebeslied in der 
„Walkure") usw. Im ubrigen aber mochte ich fast der Vermutung Aus- 
druck geben, daQ gerade diese phantastisch ubertriebenen Gefiihlsbetonungen 
Hoffmann-Kreislers zum Teil durch ganz bestimmte Erinnerungen an 
musikalische Eindriicke beeinfluBt sein mogen. Der zweite Teil der „Kreis- 
leriana" erschien 1822, kurz vor dem Tode des Dichters (25. Juni 1822) 
und wenige Monate, nachdem das (Hoffmann bestens bekannte) wohl sen- 
sationellste Opernwerk jenes Zeitalters in Berlin seine Urauffiihrung erlebt 
hatte: Webers .Freischutz" (18. Juni 1821). Es sieht nun beinahe so aus, als 
ob die Tonarten-Definitionen, die Hoffmann seinem Kreisler in den Mund 
legt, durch „Freischiitz" -Erinnerungen beeinfluBt sind. Zum Beleg hierfiir sei 
hingewiesen auf die Beschreibung des Es-dur, derjenigen Tonart, in der ein 
Teil der Ouvertiire des .Freischiitz" und vor allem die beriihmte Arie 
„Durch die Walder, durch die Auen" steht — sollte nicht der Gedanke an 
Wald und Hornerklang und vor allem der geradezu aus dem „Freischutz tt 
(groBe Arie der Agathe) entnommene SchluB: „Er ist's — auf! ihm ent- 
gegen!" darauf zuriickzufuhren sein? Und sollte nicht auch die merkwurdige 
XIV. 20. 5 



66 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915 

Beschreibung des c-moll mit dem Hinweis auf den .Freijager" und auf 
absonderliche Spukereicn den gleichen Opereindrticken ihre Entstehung ver- 
danken, zumal da ja der groQte Teil der Wolfsschluchtszene und vor allem 
ihr Hohepunkt, der Kampf der Gewitter, tatsachlich in c-moll steht? 

Diese Analyse laQt uns die HofFmannsche Erklarung der Tonarten- 
charaktere recht wertvoll erscheinen, weniger wegen einer Treffsicherheit 
ihrer Schilderung, von der in dem phantastischen Pbrasengeklingel nicht 
wohl die Rede sein kann, als wegen der Einblicke, die sie in die Ent- 
stehung einer subjektiven Auffassung bestimmter Tonartencharaktere ge- 
wahrt. 1st auch die Zuriickfiihrung auf „Freischutz"-Erinnerungen nur 
problematisch, so diirfte sie doch gut begriindet sein, und selbst wenn sie 
den Tatsachen nicht entsprechen sollte, so wiirde sie doch als theoretisches 
Beispiel fur die Moglichkeit der Entstehung subjektiver Auffassungen 
interessant genug bleiben. — Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, 
dalS ein Bruchteil der vorliegenden Aussagen iiber Tonartencharaktere auf 
halb oder ganz zwangsmaQige Verkniipfungen bestimmter Tonarten mit 
bestimmten musikalischen Erlebnissen zuriickzufiihren sind, also (um einen 
Ausdruck Flournoy's zu brauchen) auf „privilegierten Assoziationen" 
beruhen. Fur den Beethoven-Freund wird der Gedanke an F-dur not- 
wendig die Erinnerung an die Pastoral-Symphonie erwecken und demgemaC 
der Tonart selbst einen lieblichen, landlichen Charakter beilegen, c-moll 
wird ebenso, wegen der Fiinften Symphonie, als heroische Tonart bezeichnet 
werden, Es-dur wird den Gedanken an die „Eroica" oder ans Es-dur Konzert, 
cis-moll den an die Mondschein-Sonate mit unwiderstehlicher Kraft aus- 
losen usw. Ahnlich wird der Wagner-Freund durch A-dur ans „Lohengrin*- 
Vorspiel, durch E-dur an den „Feuerzauber", durch H-dur an den Einzugs- 
marsch aus „Tannhauser", durch Es-dur ans „Rheingold"-Vorspiel usw. 
erinnert werden und dann leicht in die Versuchung kommen, der Tonart 
als solcher den Eindruck zuzuschreiben, der in Wahrheit nur dem be* 
treffenden Musikstiick zukommt. 

Diese Fehlerquelle wird untcr alien Umstanden eine grofie Rolle 
spielen; wie groB sie ist, wird sich aber statistisch unmoglich erfassen und 
nachweisen lassen. Jedenfalls diirfte es nicht angebracht sein, auf solche 
subjektiven Eindriicke alle Angaben iiber wahrgenommene Tonarten- 
charaktere ohne weiteres zuriickzufiihren. Bei der ungemein groDen Ver- 
schiedenheit der musikalischen Neigungen miiOte man sonst die denkbar 
groCte Verschiedenheit in der Charakterisierung der einzelnen Tonarten 
erwarten, von der in Wahrheit doch nicht die Rede sein kann. Wer in 
seinem subjektiven Eindruck des e-moll den Gefiihlsinhalt des Eingangs- 
chores der s Matthauspassion u oder des ungeheuren Chores: „Sind Blitze, 
sind Donner" widerspiegelt, muD zu einer ganz anderen Auffassung der 
Tonart kommen als derjenige, der durch seine musikalischen Erinnerungen 



HENNIG: PROBLEM PES CH ARAKTERS DER TONARTEN 67 

etwa zunachst auf Mendelssohns Ouverture zum „Sommernachtstraum" 
hingewiesen wird, oder der, der vielleicht das Studentenlied „Der Sang ist 
verschollen" in dieser Tonart zu spielen gewohnt ist. Uberblickt man die 
unendliche Fulle von Deutungsmoglichkeiten, die durch solche einzelnen 
musikalischen Erlebnisse des Individuums dargeboten werden konnten, so 
muB man doch zugeben, daQ im allgemeinen die Versuche, bestimmten 
Tonarten bestimmte Charaktere zuzuschreiben, von einer bemerkenswerten 
Einheitlichkeit und Ahnlichkeit sind. 

Man betrachte etwa die verschiedenen Deutungen und Anwendungen 
des Des-dur-Charakters, so findet man eine geradezu merkwurdige Uber- 
einstimmung der Beurteilung in der Weise, daB die Tonart ungewohn- 
lich patbetisch und glanzend, aber mehr blendend als gehaltvoll erscheint. 
Die alteren Tonarten-Charakterisdker definieren sie wie folgt: 
Schilling: „Die Tonart an und fur sich — mochten wir behaupten — 
erscheint als ein prachtvoll und glanzend, als ein glcichsam 
himmlisch schon dekoriertes Gebaude oder als ein leicht zu 
durchschauendes und die schonen Formen noch schoner ge- 
staltendes Gewand." 
Hand: „Es eignet sich fur Darstellung der hohen Schonheit, des 
Prachtigen, des Glanzvollen, und tragt eine groBe Fulle in sich." 
Gathy: .Empfindung von Leid und Wonne in wunderbarer Ver- 
mischung." 
Man mag diese wenig bekannten Autoren als nicht geniigend auto- 
ritativ ablehnen — zweifellos hat man ein Recht dazu — , aber mit ihnen 
stimmen einzelne ganz groBe Genien iiberein, an deren Urteil man un- 
moglich vorbeigehen kann. Uber Klopstocks pathetischen B Messias" auBerte 
sich z. B. kein Geringerer als Beethoven: 

„Ich habe mich jahrelang mit ihm getragen; verstanden habe ich 

ihn freilich nicht uberall. Er springt so herum und fangt auch immer 

gar zu weit von oben an; immer maestoso. Des-durl Nicht? Aber 

er ist doch groB und hebt die Seele." 

Weiterhin betrachte man jene oben mitgeteilte, schon aus dem Jahre 

1838 stammende AuBerung Schillings, speziell in ihrem ersten Teil, wo 

von dem glanzenden und himmlisch-schonen Gebaude die Rede ist, und 

dann denke man daran, daB Wagners beruhmtes Walhallamotiv fast immer 

in Des-dur erklingt, und daB am SchluB des „Rheingold", als die Cotter 

in das neue, himmlisch-schone Gebaude einziehen, jenes beruhmte, an 

Instrumentenfiille beispiellose Finale (die Partitur ist 41 zeilig!) das Des-dur 

Motiv zur riesigsten und blendendsten Steigerung anschwellen laBt. Ist dies 

ein Zufall, so gehort er zu den merkwurdigen und wirkt doppelt auffallig, 

da die Tonart sonst in der Orchestermusik nicht eben haufig ist und jeden- 

falls seltener als in der Klaviermusik vorkommt. Und ist es nicht aber- 

5» 



68 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

mals seltsam, daC in dem mehr effekt- als gehaltvollen Berlioz'schen 
B Requiem" gerade die beiden ChorsStze, in denen nach S. Ochs „nur 
hochster Wohlklang zur Geltung kommt", das „Sanctus" und das „Hosanna", 
wieder in Des-dur steben? 1st es ebenso Zufall, daO in der Klavier- 
literatur die besonders eleganten und effektvollen „Salonstucke" mit einer 
geradezu erstaunlichen HSufigkeit in Oes stehen, wahrend die sonstigen 
entlegeneren Tonarten mit fiinf, secbs und sieben Vorzeichen in Klavier- 
stucken eine recht groOe Seltenbeit sind? 

Ich will hier in keiner Weise versuchen, die einzelnen Tonarten der 
Reibe nach durchzugehen, ihre alteren Deutungen zu vergleichen und 
beriihmte Musikstucke aufzuzahlen, die in der betreffenden Tonart ge- 
schrieben sind. Das eine besonders typische Beispiel des Des-dur genugt 
in dieser Hinsicht vollauf, urn eine gewisse Gleichheit der Empfindung fur 
gewisse Tonartencharaktere bei zablreichen Personen unabhangig zu er- 
weisen. Nur sei noch auf zwei bestimmte Kategorien von Tonstucken 
hingewiesen, die es sich zur Aufgabe machen, einen und denselben auBeren 
Eindruck, Naturscbauspiele, musikalisch wiederzugeben, namlich Gewitter 
und Mondscheinszenen. Auch hierbei finden wir zwar keine absolute 
Identitat der Tonarten (die niemand erwarten kann), aber doch eine starke 
Hinneigung zu ganz bestimmten Tonarten, so daO man sich fast scheuen 
muO, hierin das Ergebnis eines Zufalls zu sehen. 

Was die Schilderung der Gewitter betrifft, so hat Beethoven fur 
die berubmteste musikalische. Wiedergabe dieser Art in der Pastoral- 
Symphonie f-moll gewahlt, ebenso Schubert in der „Jungen Nonne". 
Die Gewitter in Haydns „Jahreszeiten" und in Webers „Freischutz" 
toben in c-moll; Rossini hat in der Ouvertiire zum „WilheIm Tell" fur 
die Gewitterschilderung e-moll gew&hlt, Wagner in der vorzuglichen 
Gewitterwiedergabe im Vorspiel zur .Walkure" d-moll, ebenso imf „Fliegen- 
den Hollander". Auch Webers ^Oberon" -Gewitter ist in d-moll geschildert, 
ebenso die Blitz- und Donnererscheinungen in Lortzings „Undine". Der 
Sturm in der Wolfsschluchtszene des „Freischiitz" erbraust aus d-moll, 
und auch Schubert hat den „Sturmischen Morgen" in d-moll geschrieben, 
Marschner seine Sturm- und Regenszene im „Hans Heiling" hingegen 
in cis-moll und Grieg seinen wundervollen stiirmischen Abend an der 
norwegischen Kuste im „Peer Gynt" in fis-moll. Das Resultat, das 
durch eine weitere Statistik noch vermehrt werden konnte, ist immerhin 
interessant genug und zeigt eine entschiedene Vorliebe fur das d-moll zur 
Schilderung der eigentlichen Gewitter. Dabei muO auch beachtet werden, 
daO der in e-moll geschriebene grandiose Chor der n MatthSuspassion": 
.Sind Blitze, sind Donner in Wolken verschwunden" seiner absoluten 
Tonhohe nach in d-moll erdacht ist, da seit Bachs Zeit die Stimmung sich 
fast um einen ganzen Ton erhoht hat. 



HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 69 

Noch mehr Einheitlichkeit der Tonart herrscht in einer Ubersicht 
iiber vorhandene Mondscheinschilderungen. Die weltberuhmte „Mondschein- 
Sonate" Beethovens kann man hier zwar nur bedingt als Beispiel an- 
fuhren, denn Beethoven hat bei der Niederschrift des einzig herrlichen 
Satzes nicht an Mondschein gedacht, sondern ein Gedicht von Seume „Die 
Betende" illustrieren wollen. Wer der Sonate ihren Namen verschafft hat 
und warum er ihr beigelegt ist, kann man nicht mehr feststellen; die Tatsache 
aber, dafi der gar nicht vom Komponisten selbst herriihrende Name iiberall 
Anklang gefunden hat und daQ man iiberall der Meinung begegnet, eine 
treffendere musikalische Schilderung einer „monddurchglanzten Zauber- 
nacht" sei gar nicht vorstellbar, gibt doch recht sehr zu denken. Und man 
kann noch einen anderen Fall nennen, wo ebenso wie bei dieser in cis-moll 
stehenden Zaubersonate ohne jedes Zutun des Komponisten der Horer geradezu 
zwangsmSQig an Mondschein denken muB, obwohl der Titel des Tonstucks 
mit keinem Wort auf Nacht und Mondschein hinweist: Mendelssohns 
eines „Venetianisches Gondellied" („Lieder ohne Worte" Nr. 12) ruft mehr 
als jedes Nocturno die Empfindung hervor, dafl eine nfichtliche Stimmung 
geschildert wird, eine Nachtfahrt auf den mondbeglMnzten Fluten des 
Canale grande. Dieses Gondellied steht in fis-moll, derselben Tonart, die 
Mendelssohn auch sonst zu Mondscheinschilderungen gern benutzt hat, wie 
aus seinen Kompositionen des Lenauschen „Schilfliedes" („Auf dem Teich, 
dem regungslosen, ruht des Mondes stiller Glanz") und von Heines „Neuer 
Liebe" („In dem Mondenschein im Walde") zu erkennen ist, wahrend er 
fur Geibels Gedicht „Der Mond" die Dominantentonart Des-dur gewahlt 
hat. Schumann hat Eichendorffs liebliche „Mondnacht" in E-dur vertont, 
darin aber auch den fis-moll Dreiklangen, zum Teil in harpeggierter Form, 
einen breiten Raum vergdnnt. Nicolais schone Mondscheinszene in den 
„Lustigen Weibern", in der freilich das sentimentale Moment fiihlbar 
zugunsten des humorvollen zuruckgedrMngt werden muflte, steht in Es-dur, 
in der Ouverture in F-dur; hingegen hat auch Weber fur den Beginn der 
Wolfsschluchtszene und zur Erlauterung des schauerlichen Textes „Milch 
des Mondes fiel aufs Kraut" die Tonart fis-moll gewahlt. Von neueren 
und weniger bekannten Mondscheinschilderungen seien Bendels „Fahrt auf 
der Liebesinsel" und das sehr geschickt gemachte, blendend instrumentierte 
Mondschein-Intermezzo in Mascagni's mit Recht bereits vergessener Oper 
.Silvano" genannt, die bemerkenswerterweise gleichfalls beide aus fis-moll 
gehen. — Jedenfalls ist ein geradezu verbluffend hoher Prozentsatz von 
musikalischen Mondscheinschilderungen in fis-moll oder in nahe verwandten 
Tonarten erfolgt. In diesem Zusammenhang verdient immerhin eine Be- 
merkung erwShnt zu werden, auf die sonst nicht viel zu geben ist: in 
Meyers „Konversations-Lexikon" ist im Axtikel , Tonart" inmitten eines 
sonst nicht eben glucklichen Versuchs, den Charakter der Tonarten zu 



70 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

erklaren, die Rede von der „fahlen Beleuchtung der Molltonarten mit 
Kreuzen". Als Kuriosura sei auch noch eine auf ihre Richtigkeit nicbt 
nachgeprufte, im tibrigen auch nicht sehr glaubhaft scheinende Bemerkung 
des fruheren Redakteurs der „AUgemeinen musikalischen Rundschau", 
Paul Ertel, zitiert: „wie ich z. B. die Bemerkung gemacht habe, daD 
gewohnliche Leute auf dem Wasser abends haufig in fis-moll singen". 

Von einer zufalligen Bevorzugung einer und derselben Tonart, einer 
gegenseitigen Beeinflussung der Tondichter oder gar einer Konvention 
kann angesichts solcher Tatsachen wohl nur in den seltensten Fallen oder 
iiberhaupt nicht die Rede sein. Es miissen hier innere Notwendigkeiten 
vorliegen, die sich im einzelnen kaum nachpriifen und begriinden lassen, 
die aber moglichenfalls mit dem besonderen Hervortreten gewisser Ober- 
tone irgendwie im Zusammenhang stehen. Fur das fis-moll scheint diese 
Vermutung noch am ehesten zuzutreffen; ein eigentumlich spitzer Charakter 
wird dem fis-moll Dreiklang von verschiedenen Seiten zugeschrieben, und 
mir personlich ist er so entschieden gegenwartig, daC ich oftmals die Tonart 
beim Horen allein daran erkannt habe, obwohl ich sonst nicht mit ab- 
solutem Gehor begabt bin. 

Achtet man regelmMOig auf die vorliegenden Zeugnisse iiber den 
Charakter einzelner Tonarten, so findet man noch zahlreicbe merkwiirdige 
Ubereinstimmungen, die auf eine innere Berechtigung der Charakterisierung 
schlieOen lassen. Das Strahlende und Leuchtende des E-dur wird ohne 
jede Ausnahme von alien Beurteilern hervorgehoben; merkwurdig haufig 
wird die Tonart mit „brennendem Gelb" oder Rot und „lichter Feuerfarbe" 
(Schilling) verglichen; lange bevor Wagner den „Feuerzauber" in dieser 
Tonart schrieb, wurde der spezifisch helle und glanzende Charakter des 
E-dur schon allseitig hervorgehoben, ja, man kann rundweg sagen, daC iiber 
keine andere Tonart eine so vollstandige Ubereinstimmung aller Urteile vor- 
liegt als beim E-dur. Demgegeniiber gilt As-dur als dunkelste Tonart, als 
eine eigentliche Nocturno-Tonart; in ihr singen auch die Rheintochter in 
den Tiefen des Stromes. Der Gedanke liegt nahe, daO die Vorzeichen die 
EmpfindungstHuschung bedingen, dali einmal die vier Kreuze als Steigerung, 
das andere Mai die vier Be als Dampfung empfunden werden. DaO hiervon 
jedoch unmoglich die Rede sein kann, geht einwandfrei daraus hervor, 
daC die Durtonart mit fiinf Be, das Des-dur, nicht wie es diese Erklarung 
erfordern wiirde, noch dunkler als As-dur, sondern im Gegenteil festlich 
glanzend und strahlend erscheint. 

Ebenso herrscht ziemliche Ubereinstimmung der Urteile iiber den 
ruhigen, weihevollen, frommen Klang des Es-dur. Es ist die eigentliche 
Choraltonart, die im Anfang der „Schopfung" („Und der Geist Gottes"), 
in der Wiedergabe des „Ein feste Burg ist unser Gou" in der „Hugenotten"- 
Ouverture, im ,Rheingold"-Vorspiel, aber auch in den gewaltigen Posaunen- 



HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 71 

choren des jiingsten Gerichts im „Tuba mirum" des Berlioz'schen „ Requiem" 
besonders charakteristisch vcrwendet zu sein scheint. 

Wenn C-dur gelegentlich als „unschuldige Tonart" bezeichnet wird, 
so durfte hier eine Urteilsfalschung insofern vorliegen, als auf dem Klavier 
C-dur lediglich aus weiQen Tasten besteht, und unbewuOt die Assoziation 
WeiB = Unschuld mitspielt. Ein lichter Charakter wird der Tonart haufig 
beigelegt, aber nicht der grelle Feuerschein des E-dur ist ihr zu eigen, 
sondern eine sanftere, wohltuende Helle. Ubereinstimmend lauten alle 
Meinungen, daC eine andre Tonart als C-dur fiir die Wiedergabe der Worte 
„Und es ward Licht" in der „Sch6pfung" ganz undenkbar sei. F-dur gilt 
als friedliche, sanfte Tonart, wobei freilicb schwer zu beurteilen ist, 
inwiefern die Erinnerung an Beethovens „Pastoralsymphonie" auf das 
Urteil abgefarbt bat. Dennoch kann es nicht Beethovens uberragende Be- 
deutung sein, die den Charakter der Tonart erst diktiert hat; denn trotz 
alien Respekts vor dem musikalischen Zeus herrscht gleichfalls vielfach 
die Meinung vor, dafi die Verwendung des F-dur zur Schilderung des 
Siegesjubels am SchluO der „Egmont"-Ouvertiire verfehlt sei, und daC hier 
E-dur ungleich cbarakteristischer wirken wiirde, wahrend sicher Hand 
auf.vielfache Zustimmung rechnen darf, wenn er sagt: „Rom bergs Glocke 
des Friedens" konnte nur in F-dur verhallen". — Auch es-moll ist eine 
ziemlich einmutig beurteilte Tonart, bei der das Unheimliche und Grausige 
scharfer als bei jeder anderen Molltonart zum Vorschein kommt und 
dennoch eine gewisse Wucht des Ausdrucks nicht zu verkennen ist. 
Schilling gibt einer allgemeineren Empfindung treffenden Ausdruck, 
wenn er fiber es-moll sagt: „Wcnn Gespenster reden konnten, so sprachen 
sie aus diesem Tone". Die Verwendung des es-moll im Vorspiel zur 
,G6tterdammerung" und in der Nornenszene sowie in Loewes „Edward"- 
Ballade erscheint besonders glucklich; zur Illustrierung der „Nonnen- 
auferstehung" in Meyerbeers „Robert der Teufel" ware sie trefflichst 
am Platze — doch hat der Komponist hier das entschieden wenig geeignete 
c-moll vorgezogen. 

Wo die Grenze zwischen dem objektiven und subjektiven Empfinden 
der Tonartencharaktere ist, ist ganz ungemein schwer zu sagen. Die vor- 
stehenden Ausfuhrungen beabsichtigen ja auch nicht viel mehr, als auf die 
auffailig zahlreichen Falle einer unabhangigen Ubereinstimmung der Be- 
urteilung hinzuweisen und miissen es jedem uberlassen, daraus seine Schliisse 
zu ziehen. DaC neben den vielfach geteilten Empfindungen auch individu- 
elle Besonderheiten haufig vorkommen — das zu bestreiten, ware ab- 
geschmackt. Wahrend z. B. sonst B-dur besonders gern als Fruhlingstonart 
bezeichnet wird, auch von R. Wagner fur sein „Wintersturme wichen" 
beniitzt ist, bevorzugte Mendelssohn fur seine Friihlingslieder a-moll und 
A-dur, und gelegentlich wurde mir von einem Arzt gesagt, er konne sich 



72 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Friihlingsschilderungen nur in A- und D-dur denken, die Verwendung 
von B-dur hierfiir erschiene ihm „ganz komisch". 

Die individuelle Stellung zu gewissen Tonarten ist iiberhaupt oftmals 
von ganz merkwiirdiger Bestimmtheit. Ein Student schrieb mir, daB E-dur 
so sehr seine Lieblingstonart sei, daB er in jedem Orchesterwerk mit einer 
gewissen angstlichen Spannung nach einem in dieser Tonart geschriebenen 
Stiick ausschaue. E-dur erscheine ihm wie „ein geliebtes, schones Weib", 
wahrend F-dur er selbst sein konne. In dicsem Zusammenhang verdient 
auch eine charakteristische AuOerung von Dvorak Erwahnung; einer seiner 
Schiiler brachte ihm eine Violinkomposition zur Beurteilung, empfing sie 
aber als nicht befriedigend zuruck mit dem Bemerken: „Bleiben Sie mir 
im Mai mit a-moll vom Leibe, bringen Sie die Sonate im Herbst wieder, 
dann wird es vielleicht stimmen! Arbeiten Sie jetzt in Es-dur, Es-dur — 
Friihling!" — Als ein weiterer klassiscber Kronzeuge, den man freilich 
in diesem Zusammenhang kaum zitiert zu horen erwarten wird, und der 
schlieBlich auch als eigentlicher musikalischer Sachverstandiger nicht in 
Betracht kommt, sei Fiirst Bismarck genannt, der im Jahre 1847 nach 
seiner Verlobung der fernen Braut die folgenden, unerwartet schonen und 
poetischen Worte schrieb: 

„Oh, wenn ich Keudell ware, ich spielte jetzt den ganzen Tag, 
und Tone triigen mich fiber Oder, Rega, Persante, Wipper. Ich dachte 
mir, Du spieltest C-dur, wenn der hohle Tauwind durch die durren 
Zweige der Linden heult, und d-moll, wenn die Schneeflocken in 
phantastischem Wirbel um die Ecken flogen." 

Die individuelle Stellung zu gewissen Tonarten kann zu ausgesprochener 
Sympathie und Antipathie werden, ja, vereinzelt sogar psycho-physiologische 
Zwangserscheinungen absonderlicher Art nach sich Ziehen. So wird ein 
hochst seltsamer, hierher gehoriger Fall in der „Leipziger Allgemeinen 
Musikalischen Zeitung" vom 3. Dezember 1806 mitgeteilt: 

„Vor 15 bis 20 Jahren lebte in der Dresdner Kapelle (und lebt 

vielleicht noch) ein braver Violoncellist, Hofmann, der, ob er sich 

taglich mit Musik beschaftigte, doch die Tonart h-moll nie ertragen 

lernte. Uberraschten ihn wahrend eines Spieles einzelne Modulationen 

dieser Tonart, so zitterte er, AngstschweiO brach ihm aus, und lieO 

es sich tun, so ruhete er ein Weilchen; kamen aber ganze Satze in 

dieser Tonart vor, und er konnte sich nicht entfernen — wie, wenn 

er in der Kirche oder Oper spielte — so stand er Todesangst aus, und 

alle Bekampfungen dieser verdrieQlichen Eigenheit waren vergebens." 

Kann man auch in diesem entschieden sehr merkwiirdtgen Fall zur 

Not noch sich mit der hypothetischen Erklarung behelfen, daB der empfind- 

same Musiker durch die Tonart h-moll vielleicht an irgendein besonders 

trfibes oder erregendes Ereignis seines Lebens erinnert worden sei, daB 



HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 73 

demgemaC der ungewohnlich starke Eindruck der Tonart nicht physiologische, 
sondern psychologische Ursachen gehabt haben kann, so schwindet auch 
diese letzte Moglichkeit, der Anerkennung besonderer physiologischer 
Wirkungen einzelner Tonarten zu entgehen, wenn wir gelegentlich horen, 
daC auch Tiere auf verschiedene Tonarten gleicher Instrumente ganz ver- 
schieden reagieren. In einer Jenaer Doktordissertation vom 30. Mai 1846, 
die einen gewissen Eduard Henneberg aus Gotha zum Verfasser hatte, 
sind folgende Falle zitiert, wobei zum Verstandnis der ersten Satze darauf 
bingewiesen sein mag, dafl schon Helmholtz bei Hunden eine besonders 
grofle Empfindlichkeit gegen das hohe e der Violine beobachtet hatte 
(„Tonempfindungen", S. 188). Henneberg erzahlt nun (S. 16/17): 

„Die meisten Hunde lassen, wenn sie musikalische Tone ver- 

nehmen, eine gewisse Angst erkennen oder fangen an laut zu heulen. 

Ein A-dur-Dreiklang erregte einen Hund heftig, ein E-dur-Dreiklang 

aber reizte ihn zu voller Wut . . . Fast wunderbar wirkt jenes be- 

ruhmte Konzert, das mehrere Naturforscher vor den beiden sehr 

groOen Pariser Elefanten veranstalteten. Als ein ganz gewohnliches 

Lied von alien vorhandenen Musikinstrumenten in D-dur angestimmt 

wurde, veranlaOte die Musik die Tiere zu lebhaftesten Ausbruchen 

der Freude; sie tanzten umher und lieQen zu fast kiinstlerischen 

Sprungen ein Freudengeheul ertonen. Als ob sie die Klange fordern 

wollten, lieCen sie erst ein sehr lautes Zischen vernehmen, dann ein 

Getose nach Art der Tubatone, welches (was besonders bemerkens- 

wert erscheint) zu den Gesang- und Orchesterstimmen als harmonisch 

passend bezeichnet werden konnte. Als dann ein zartes Adagio in 

b-moll angestimmt wurde, sind die Elefanten derart besanftigt worden, 

dafl sie ganz unbeweglich dastanden. Weiterhin wurde dasselbe Stuck, 

wie am Anfang, gespielt, aber nicht in D-, sondern in F-dur. Nun 

aber machten die Tone des Liedes auf die Tiere nicht den geringsten 

Eindruck. Als bald darauf aber dasselbe Stuck zum dritten Male, 

und nun wieder in D-dur, vorgetragen wurde, bezeigten die Elefanten 

dieselbe und sogar eine noch groQere Freude als beim erstenmal." 

Man sollte solche Experimente an Tieren des ofteren anstellen, 

denn bier scheiden alle psychischen Fehlerquellen, alle personlichen Ein- 

drucke und musikalischen Erinnerungen, die den objektiven Eindruck ver- 

wischen und truben oder ungebiihrlich verstSrken konnen, restlos aus, 

und der erheblich variierende „Charakter" der verschiedenen Instrumente 

oder Tonarten tritt uns in einwandfreien Zeugnissen unverniinftiger Ge- 

schopfe entgegen, die, von keinem komplizierten Seelenleben belastet, 

triebhaft ihre Eindriicke und Empfindungen an den Tag legen und dadurch 

eine ungleich objektivere Beobachtung ermoglichen, als sie jemals an geistig 

gesunden menschlichen Versuchsobjekten moglich ist. 



74 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Zwingen uns diese Tatsachen zur Annahme, daO infolge wechselnder 
physiologischer Wirkungen, vermutlich also durch gelegentliches Mit- 
schwingen von Obertonen, die verschiedenen Tonarten verschiedenen 
Charakter annehmen konnen, so miissen wir doch in jedem Fall beachten, 
dali zur experimentellen Untersuchung Personen mit „absolutem GehSr", 
die also ohne weiteres jeden Ton und jede gespielte Tonart erkennen, 
nicht geeignet sind. Wie die genaue Kenntnis eines Musikstucks, das 
Wissen, in welcher Tonart es stebt, oder der Einblick in die Noten eine 
Suggestivwirkung in dem Sinne ausuben konnen, daC von vornherein in 
die gehorten Klange gewisse charakteristiscbe Eigenschaften hineingehort 
werden, die der Horer herauszuempfinden erwartet, so muB naturlich ein 
absolutes Gehor in gleichem Sinne suggestiv, also die objektive Empfin- 
dung storend, wirken konnen. Eine klare Feststellung, ob wirklich den 
Tonarten ein verschiedener Charakter zukommt, wird man nur von 
solchen Personen erwarten konnen, die bestimmt keine Spur von absolutem 
Gehor haben, die also einzelne Tone niemals erkennen und die doch im- 
stande sind, lediglich am spezifischen Charakter des musikalischen Klanges 
die jeweilig gespielte Tonart, zuweilen mit Bestimmtheit, zuweilen mit 
ziemlicher Sicherheit, zu erkennen. DaC solche Falle nicht selten vor- 
kommen, habe ich an mir selbst, der ich nicht die geringste Anlage zum 
absoluten Gehor habe, seit fiber 18 Jahren unzahlig oft beobachtet, und 
in meiner 1897 erschienenen Untersuchung ist ein groOer Teil der darauf 
beziiglichen Tatsachen bereits veroffentlicht. 

Endgultig geklart ist das Problem der Tonartencharaktere gegenvartig 
noch in keiner Weise. Dennoch aber sprechen immer mehr und immer 
bedeutsame Tatsachen dafiir, daO der verschiedene Charakter der Ton- 
arten durchaus kein leerer Wahn ist. Selbst wenn man alle die zahllosen 
Obertreibungen und Phantastereien in Abzug bringt, die gerade auf diesem 
Gebiet so uberuppig wuchern, bleibt immer noch genug beweiskraftiges 
Material zuriick, das entschieden fiir die Anhanger der Tonartencharakte- 
ristik spricht und ein weiteres Forschen auf diesem interessanten Grenz- 
gebiet zwischen Kunst und Wissenscbaft aussichtsvoll erscheinen 12Bt. 



WAGNER, LORTZING-REGER UND 
DEINHARDSTEIN 

EIN BEITRAG ZUR QUELLENGESCHICHTE 
DER „MEISTERSINGER VON NORNBERG" 

VON RICHARD ORNSTEIN IN WIEN 



Es gibt keinen neueren groCen Dichter, an den sich nicht die Quellen- 
forschung mit mehr oder minder gliicklichem Erfolg herangewagt 
hatte, meist sehr zum VerdruB seiner Verehrer, die in blindem 
Fanatismus nichts von Vorbildern horen wollen und jedes Werk ihres 
Abgottes kurzweg fiir ein Original erklaren. Den Quellen eines Werkes 
nachspuren aber heiDt nicht das Werk verkleinern oder seinen kfinst- 
lerischen Wert herabsetzen. Der Gradmesser fiir den Wert eines Kunst- 
werkes kann nie die Originalitat sein, sondern nur die kunstlerische 
Wirkung. Im ubrigen kann eine originelle Verarbeitung schon vorhandener 
Motive nicht weniger verdienstvoll genannt werden als die frei erfundener. 
Die aber aus Ubereifer den Dichter vor der Unterschiebung eines Plagiats 
zu schiitzen glauben, indem sie hartnackig jede Beziehung zwischen der 
Behandlung desselben Stoffes durch ihren Meister und fruhere Bearbeiter 
einfach wegleugnen, leisten ihrem Schiitzling wahrlich einen schlechten 
Dienst. Niemandem kann es beifallen, einen Dichter, der vorhandene 
Motive umgestaltet und verwertet hat, einen Plagiator zu nennen, eben- 
sowenig wie etwa einen Ornatnentiker, der, wie es jetzt vielfach geschieht, 
auf antike Motive zuriickgreift. 

Die Quellen von Wagners „Meistersingern" sind bereits wiederholt 
eingehenden Forschungen unterzogen worden. 1 ) Ziemlich allgemein an- 
erkannt ist bereits die Tatsache, dafi als unmittelbarste Quelle Wagners 
die Lortzing-Regersche Oper „Hans Sachs" anzusehen sei, die sich ihrer- 
seits an das gleichnamige dramatische Gedicht des osterreichischen Dichters 
Deinhardstein anlehnt. 2 ) Wan rend nun ein Teil derer, die sich mit diesem 
Problem beschaftigen, annimmt, Wagner hatte iiberhaupt nur auf dem 
Umwege fiber den Operntext das Deinhardsteinsche Drama verwertet, geben 



J ) Vgl. u. a. Baberadt, Hans Sachs im Andenken der Nachwelt. Halle a. d. S. 1906. 
Kurt Mey, Der Meistergesang in Geschichte und Kunst, Leipzig 1901, 2. Teil 
A. M. Bowen, The sources and text of R. Wagner's „Meistersinger K (Diss.) Munchen 
1897. G. R. Kruse, Einleitung zu dem in Reclams Univ.-Bibl. Nr. 4488 erschienenen 
Textbuche des Lortzing-Regerschen ,Hans Sachs". H. Welti, Lortzing und Wagner. 
Richard-Wagner-Jahrbuch 1 (1886), S. 229/38. 

2 ) Uber eine dritte „Hans Sachs"-Bearbeitung als Oper, die zeitlich zwischen dem 
Deinhardsteinschen Drama und der Lortzingschen Oper liegt und „Hans Sachs. Im 
vorgeruckten Alter. Romantisch-komisches Singspiel in 2 Akten" betitelt ist, berichtet 
Kurt Mey im 16. Heft des 2. Jahrganges der „Musik" (Mai 1903). 



76 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

andere wie Mey, Baberadt usw. die Moglichkeit einer Bekanntschaft des 
Bayreuther Meisters mit dem Werke des Osterreichers zu. Aufgabe dieser 
Arbeit aber rnoge dcr Versuch sein, nachzuweisen, daC nicht nur eine 
solche Moglichkeit bestehe, sondern daO tatsachlich unmittelbar von 
den „Meistersingern" Faden zu dem Deinhardsteinschen „Hans Sachs" 
fiihren, ohne den Umweg iiber ein drittes Werk zu nehmen, was urn so 
klarer daraus erhellt, daQ jenes Produkt der Deinhardsteinschen Muse 
nicht das einzige dieses Dichters gewesen zu sein scheint, das Wagner 
beim Abfassen der „Meistersinger" vorgeschwebt hat. 

Die Moglichkeit einer Bekanntschaft Wagners, der sich, worauf auch 
Mey ') hinweist, einer beispiellosen Belesenheit erfreute, mit den Werken 
Deinhardsteins wird niemand bestreiten. Johann Ludwig Deinhardstein 
(geb. 1794, gest. 1859) gehorte bereits in jungen Jahren zu den hoffnungs- 
reichsten Talenten des osterreichischen Parnasses. Sein „Hans Sachs", der 
1827 iiber die Bretter des Wiener Burgtheaters ging und von hier seinen 
Weg iiber samtliche groCen Biihnen Deutschlands nahm, machte ihn rasch 
zum gefeierten Dichter. Von da ab war er einer der meistgelesenen unter 
den deutschen Schriftstellern und behauptete diesen Platz bis in die vierziger 
Jahre. In Dresden erschien sein „Hans Sachs" im Jahre 1828, und es ware 
nicht unmoglich, daC er noch zu der Zeit auf dem Repertoire gestanden, 
als Wagner dort wirkte. 2 ) Jedenfalls lassen diese Tatsachen eine Bekannt- 
schaft Wagners mit jenem „Hans Sachs "-Drama bereits als wahrscheinlich 
annehmen. Klar und unzweideutig muB aber diese Behauptung nach einer 
genauen Untersuchung der drei in Frage kommenden Werke feststehen. 

In Deinhardsteins Drama bildet das Schicksal des jugendlichen Hans 
Sachs den Mittelpunkt der Handlung, deren Gang kurz folgender ist: 

Sachs hat es trotz seiner Jugend bereits zum Meister in seinem Hand- 
werke wie in der Singschule gebracht, sich ansehnlichen Wohlstand und 
durch sein Talent Anerkennung bis iiber die Grenzen seiner Stadt erworben. 
Aber seine eigenen Mitbtirger und Sangesgenossen, die seine Uberlegenheit 
wohl fiihlen, beneiden ihn, halten ihn fur stolz und feinden ihn an, wo sie 
nur konnen. Insbesondere machen sich letztere daruber lustig, daQ Sachs 
es mit den hergebrachten Formen nicht genau nehme. Dieser liebt Kunigunde, 
die Tochter des Goldschmiedes Steffen, der jedoch, als der reichste Burger 
Nurnbergs, deren Verbindung mit einem Schuster niemals zugeben wiirde 
und ihr den Augsburger Ratsherrn Eoban Runge, einen eitlen, einfaltigen 
Gecken, zum Manne bestimmt hat. Vergebens bittet Kunigunde ihren Geliebten, 
von seinem verachteten Handwerke zu lassen, endlich beschlieDen die beiden, 
vom Vater am nachsten Tage die Einwilligung zur Heirat zu erbitten. 



') Kurt Mey, Der Meistergesang ... a. a. O. S. 272. 
a ) 1842—1849. 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 77 

Im zweiten Aufzuge komtnt Runge zu Sachs, um sich seine Schuhe 
ausbessern zu lassen, erkennt in ihm seinen Nebenbuhler, mit dem er bereits 
einmal zusammengeraten ist, und eilt zu Steffen, um ihm mitzuteilen, daB 
der Geliebte seiner Tochter ein Schuster sei. Diese, die eben im Begriffe 
war, ihren Vater auf die kommcnde Werbung Sachsens vorzubereiten, ver- 
leugnet ihn in ihrer augenblicklichen Verwirrung und fordert von dem 
herbeikommenden Sachs, daB er seinem Handwerke entsage. Als sich dieser 
weigert und dem Madchen seine Schwache verweist, laOt sich dieses zu 
hohnischen Worten hinreifien. Hans Sachs, den bereits morgens die Meister- 
sanger tief gekrankt haben, indem sie einen von ihm empfohlenen Kandidaten 
nicht in die Zunft aufnehmen wollten und ihn selbst wegen eines neuen 
Gedichtes verhohnten, so daB er ganz bleich die Singschule verlassen hatte, 
hilt nun nichts mehr in Nurnberg, da sich auch die Geliebte von ihm ab- 
gewendet hat, und er greift zum Wanderstabe. Im Walde stofit er auf 
Kaiser Maximilian, der im Eifer der Jagd von seinem Gefolge abgeirrt ist, 
von Sachs unerkannt, dessen Talent lobt und den Dichter veranlafit, ihn 
nach Nurnberg zuriickzugeleiten, dessen Treiben er sich unter der Maske 
eines vornehmen Grafen besehen will. Inzwischen ist in Nurnberg Steffen 
zum Burgermeister gewahlt worden, und dem pfiffigen Ratsherrn, der festlich 
geschmiickt erschienen ist, um Kunigunde zum Altare zu holen, gelingt es 
ihrem Vater weiszumachen, daB er, Runge, diese Wiirde erwirkt habe. 
Voll Freude will der neue Burgermeister seine Tochter augenblicklich mit 
jenem verbinden, und Runge geht eben daran, im Vereine mit einigen Burgern 
das sich straubende Madchen mit Gewalt fortzuffihren, als Hans Sachs gerade 
mit dem Kaiser vorfiberkommt, die Szene uber die Mauer weg mitansieht, 
diese uberspringt und Kunigunde, die ihm reuig an den Hals sinkt, aus 
ihrer Bedrangnis befreit. 

Sachs wendet sich an den fremden Grafen um Hilfe, die dieser 
ihm zusagt. In pomphaftem Zuge begibt sich der neugewahlte Burger- 
meister, seine Tochter an der Hand ffihrend und gefolgt von den Ziinften 
und Raten der Stadt, in das Rathaus, um sein Amt anzutreten. Sachs, der 
sich auf Befehl des fremden Grafen ebenfalls eingefunden hat, soil zur 
Strafe fur sein freches Eindringen in Steifens Haus aus der Stadt gewiesen 
werden, als jener mit seinem Gefolge erscheint, den Burgermeister durch 
ein Gleichnis, das er ihm zu losen gibt, notigt, Sachs mit Kunigunden zu 
vereinigen, nachdem er sich als Kaiser zu erkennen gegeben und Runge, 
als Liigner entlarvt, sich aus dem Staube gemacht hat. Maximilian mahnt 
die beschSmten Burger, nicht fiber Hans Sachsens niederen Stand dessen 
GroBe zu vergessen, und laBt ihn von Kunigunde mit Lorbeer bekr&nzen, 
wodurch ein Traum Sachsens zur Wirklichkeit wird, in dem er von der 
Muse der Dichtkunst unter einem Blfitenbaume mit Lorbeer gekront 
worden war. 



78 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Von welcher Seite Deinhardstein seinen Stoff und seinen Helden 
geschildert hat, geht aus dieser Inhaltsangabe klar hervor. Von dera be- 
wegten Hintergrund der Zeit, von dem mutigen Eingreifen des Nurnberger 
Schusterpoeten in die Reformation, von seiner zur Zeit der Entstehung 
des Deinhardsteinschen Werkes bereits erkannten gewaltigen Bedeutung 
als Volksaufklarer und Volksbildner ist nicht die geringste Spur zu finden. 
Ein schlichter, biederer Handwerksmann wird uns vorgefuhrt, der in seinen 
MuBestunden auch Dichter ist, und der, in seiner Bescheidenheit sich seines 
Konnens selbst nicht bewuBt, schon im Begriffe ist, dem Unverstand und 
der Boswilligkeit zu weichen, als er, von einer starken Hand gestutzt und 
gehoben, seinem ersehnten Ziele entgegengefuhrt, mit dem geliebten 
Madchen vereinigt wird und die verdiente Anerkennung erlangt. 

Welch erhabene Gestalt ist gegen diesen Hans Sachs der unsterbliche 
des Bayreuther Meisters! Was der schwachen poetischen Kraft, dem be- 
sch rank ten Talente des osterreichischen Lustspieldichters nie gelingen 
konnte, dem Genie Wagners war es vorbehalten: Er hat deutsche Bieder- 
keit und deutsche Kunst in einer Person verkorpert und als lebendiges 
Denkmal auf die Bretter gestellt, er hat eine Figur geschaffen, wie sie so 
kernig und so wahr die deutsche Biihne kein zweites Mai mehr auf- 
tuweisen hat. 

Vor allem ist bei Wagner Sachs nicht der junge aufbrausende Lieb- 
haber, sondern der ernste, gesetzte Mann, der schon ein gut Stuck Leben 
und Erfahrung hinter sich hat, und auf dessen Wort und Rat man gerne 
hort. Schon das Versetzen Sachsens in ein vorgeschrittenes Alter ermog- 
lichte eine weit tiefere und wiirdigere Auffassung der Gestalt. Die Person 
des Kaisers Maximilian wird nun iiberfliissig, und Hans Sachs tritt als 
Lenker des Geschickes der beiden Liebenden — hier der jugendliche Ritter 
Walther und die Goldschmiedstochter Eva — an dessen Stelle. 

Dies ist wohl der eingreifendste Unterschied zwischen dem Wagner- 
schen und dem Deinhardsteinschen Werke und ferner das tiefere Eindringen 
in das Wesen der Meistersangerzunft bei dem ersteren, wozu ubrigens 
bereits die Lortzing-Regersche Oper als — allerdings primitive — Briicke 
hinuberleitet. Diese dreiaktige komische Oper, deren Text von dem Schau- 
spieler Philipp Reger gemeinsam mit Lortzing und Ph. J. Diiringer her- 
stammt, 1 ) stimmt in den wesentlichen Hauptpunkten ganz mit Deinhardstein 
uberein, die Abweichungen bedeuten aber zum Teile bereits wesentliche 
Fortschritte gegeniiber dem Originale. 

Auch bei Lortzing begegnen wir Sachs als jungem Meister, der die 
Tochter des reichen Goldschmieds Steffen liebt, die aber dem altlichen 
und lacherlichen Augsburger Ratsherrn Eoban Hesse — so hieB diese 
Figur urspriinglich auch bei Deinhardstein — vermahlt werden soil. Als 

') Naheres daruber s. bei G. R. Kruse a. a. O. 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 79 

der Iastige Werber zufMHig in die Werkstatte Sachsens kommt, um einen 
Rifi in seinem Scbuh ausbessern zu lassen, bei welcher Gelegenheit er 
von des Meisters treuem Lehrjungen Gorg weidlich geneckt und geargert 
wird, erkennt er in dem Schuster seinen Nebenbuhler, eilt schnurstracks 
zu Meister Steffen, dem neugewahlten Biirgermeister Nurnbergs, und fuhrt 
Klage, daB ein Schuster es wage, zu Kunigunde die Augen zu erheben. 
Der neue Biirgermeister ordnet an, daD zur Feier seines Amtsantritts am 
morgigen Sonntage ein Fest stattfinden solle. Zunachst wolle er selbst 
bei einem Wettgesang, an dem sich auch sein kiinftiger Schwiegersohn 
beteiligen werde, den Vorsitz fiihren; das weitere Festprogramm setzt er 
folgendermaBen fest: 

Wir ziehen drauf gesamt im Chore 

Hinaus vor Nurnbergs schone Tore, 

Zum VogelschieCen! 

Bei Tanz und Sang, beim Becherklang 

Ruft ihr alsdann: 

„Lang' leb' der Biirgermeister!" 
Bei dem Wettgesang in der Meistersangerschule wird der Ratsherr 
fur ein dummes Lied mit der Davids-Medaille belobnt, trotz des Protestes 
der anwesenden Burger, die Sachs Liebe und Verstandnis entgegenbringen, 
und denen dessen Lied besser gefallen hat. Von den Meistersangern aber 
holt sich dieser nur Hohn und Spott, sowie den Rat, bei seinen Schuhen 
zu bleiben und die Poesie kiinftig ruhen zu lassen. Der verkannte Meister 
ist schwer gekrankt; die Singschule ist ihm verleidet, am liebsten mochte 
er gar nicht mehr dichten. Auch die Hoffnung, die Geliebte doch noch 
zu gewinnen, ist ihm entschwunden. So will er denn zum Feste gehen, 
um noch einmal mit ihr zu sprechen, Abschied von ihr zu nehmen und 
dann fur immer Niirnberg den Riicken kehren. 

Auf der Wiese vor der Stadt herrscht indes reges Leben. Das Volk 
geht von Bude zu Bude und belustigt sich bei Spiel, Gesang und Tanz. 
Den Mittelpunkt bildet Gorg, der zur Feier des Geburtstages seiner Kor- 
dula, der Base Kunigundens, Bekannt und Unbekannt traktiert und durch 
schnurrige Lieder ergotzt. Als Extraiiberraschung liest er ein Geburtstags- 
gedicht fur seine Kordula vor, das aber ursprunglich an eine andere 
Adresse gerichtet war, da es der pfiffige Lehrling heimlich vom Arbeits- 
tische des Meisters entwendet hat. Als Sachs kommt, sucht ihn Kunigunde 
zu bewegen, seinen niedrigen Stand aufzugeben, weil sie hofft, dann das 
Widerstreben ihres Vaters besiegen zu konnen. Als aber der Geliebte 
diese Zumutung von sich weist, will sie ihm folgen und sein Geschick 
teilen. In inniger Umarmung werden sie von Steffen, Eoban, den Rats* 
berren und Ziinften betreten, und Sachs, der ja im Begriffe war, freiwillig 
zum Wanderstabe zu greifen, wird aus der Stadt gewiesen. 



80 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Auf dem Wege nach Miinchen begegnet er dem kaiserlichen Gefolge, 
klagt einem hohen Herrn, in dem er einen alten Gonner erkennt, sein 
Geschick und kehrt mit der sicheren Zusage der Hilfe des Kaisers heim- 
lich nach seiner Vaterstadt zuriick. Maximilian, der niemand anderer ist 
als jener hohe Gonner selbst, laBt, kaum in Niirnberg angekommen, dem 
Burgermeister auftragen, nach dem Verfasser eines Gedichtes zu forschen, 
das ihm zufallig in die Hande geraten ist. Es handelt sich nattirlich um 
das von Gorg gestohlene Liebesgedicht, das dieser verloren hat, und 
das nun durch Zufall an den Kaiser kommt, der sofort den wahren Urheber 
errat. Auch Steffen und die Ratsherren sind nicht einen Augenblick im 
Zweifel, wem das Gedicht zuzuschreiben sei, und daher in arger Verlegen- 
heit, die der schlaue Eoban benutzt, um den Vorschlag zu machen, ihn 
dem Kaiser als den gesuchten Dichter vorzufiihren. 

Die endgiiltige Losung hat nun zwei Fassungen. Nach der einen 
fordert der Kaiser bei der ihm zu Ehren veranstalteten Festlichkeit von 
Hesse die Rezitation des Gedichtes. Dieser ist sehr verwirrt und ver- 
wechselt in seiner Aufregung die Verse mit denen seines eigenen beim 
Wettgesange zum besten gegebenen Poems, worauf Hans Sachs vortritt 
und sich durch flieDende Deklamation des Gedichtes als der wahre Ver- 
fasser zu erkennen gibt. Hesse ist iiberfiihrt und wird davongejagt, und 
Sachs erhalt die Hand Kunigundens. 

Die andere Fassung bringt ganz ahnlich die Entlarvung des Schwindlers, 
von dem nun auch Steffen nichts mehr wissen will, weil seine Tochter 
nur einem Dichter ihre Hand reichen soil. Hier gesteht auch, was in der 
ersten Fassung mangelt, Gorg seinen Diebstahl ein, Sachs wird auf Befehl 
des Kaisers vorgefiihrt, der seinen Wert hervorhebt, den Burgern befiehlt, 
ihn zu ehren, und ihn mit Kunigunde vereinigt. Zum Schlusse kann es 
sich Lortzing nicht versagen, auf sein eigenes Schicksal anzuspielen, indem 
er durch den Mund Maximilians den Herrscber mahnt, des Kiinstlers 
Streben zu pflegen und zu belohnen. 

Diese hier an zweiter Stelle mitgeteilte Fassung war die ursprungliche 
und in Prosa geschrieben. Vom dramatischen Standpunkte entschieden 
vorzuziehen, wurde sie spater durch die versifizierte musikalisch wirk- 
samere ersetzt. Nur nebenbei sei der Merkwiirdigkeit halber erwahnt, 
daQ sich in keiner der beiden Fassungen Hans Sachs auch nur einen 
Moment wundert, in dem Kaiser seinen alten Gonner wiederzusehen. 

Die unverkennbaren Ahnlichkeiten der ^Meistersinger" mit dieser 
Oper sind viel zahlreicher und auf den ersten Blick weit einleuchtender 
als die mit dem Deinhardsteinschen Drama. Auch Wagner stellt als 
Gegenstiick seinem Liebespaar Walther-Eva ein zweites in David, dem 
Lehrjungen Sachsens, und Lene, der Amme Evas, gegeniiber, deren direkte 
Abkunft von dem Paare Gorg und Kordula nicht zu verkennen ist. Reger 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 81 

laQt uns auch bereits einen Blick in die Singschule der Meistersanger tun, 
der allerdings imstande ist, uns ein ganz falsches Bild von der Meister- 
sMngerzunft zu geben, da es ohne Ernst und nur der aufieren Wirkung 
halber entworfen ist. Wie anders ist Wagner an seine Aufgabe gegangen, 
wie liebevoll und mit welch tiefem Verstandnis hat er sich in das Wesen 
jener Kunstvereinigung versenkt und es in seiner hohen Bedeutung erfaCt 
und gewiirdigt! Der Hans Sachs Deinhardsteins und Lortzing-Regers ist 
bei Wagner der junge Ritter Walther von Stolzing. Er wird von den 
MeistersSngern verlacht und verspottet, Sachs aber tritt uns als eine im 
Kreise der Zunftgenossen geachtete und vom Volke verehrte und geliebte 
Erscheinung entgegen. Dieser historischen Tatsache sind ubrigens auch 
die Verfasser der Oper .Hans Sachs" schon naher gekommen, indem sie 
ihren Helden, wie wir gesehen haben, nur von den Meistersangern an- 
feinden lassen, wahrend das Volk ibn schatzt und liebt. 

Die Liebe eines Junglings zu einem Madchen, die endlich mit Hilfe 
eines starken Protektors zur ersehnten Vereinigung fiihrt — diesen 
Grundzug der Handlung bei Deinhardstein haben beide Opern ubernommen. 
Bei Lortzing-Reger sind auOer den schon oben erwMhnten Neuerungen 
der Versuch, das Madchen durch einen Sieg im Sangerstreite zu erringen, 
ferner der Lieddiebstahl, das Plagiat und die Uberfuhrung Hesses als 
wichtige Motive hinzugetreten, die auch Wagner verwendet hat. 

Die Charaktere der Hauptpersonen decken sich beinahe bei Dein- 
hardstein und Reger, und es ist interessant zu verfolgen, wie sich diese 
Gestalten von dem dramatischen Gedicht aus iiber die erste Oper zu den 
von Wagner eingefiihrten entwickelt haben. 

Der urspriingliche Sachs, bescheiden, fast schuchtern, ja des oftern ge- 
druckt und unbeholfen, ist in der Oper schon mannlicher, selbstbewuDter 
und entschlossener und wird in den B Meistersingern" vollends zum feurigen, 
iiberschaumenden Helden. Der klagliche, eitle, dummstolze Freier wird bei 
Reger wenigstens zum durchtriebenen Spitzbuben, dem jedes Mittel recht 
ist, um sein Ziel zu erreichen. Alle diese Ziige sind im Charakter Beck- 
messers wiederzufinden. Der licherlich aufgeblasene protzige Goldschmied 
Steffen wird von Reger noch krasser gezeichnet, das VerhSltnis zwischen 
Vater und Tochter erscheint allerdings bereits etwas gemildert. Welch pracht- 
volle Gestalt ist dagegen der Pogner Wagners! Diese ruhige Wtirde und 
dabei Schlichtheit und Biederkeit, durch die nur wie verstohlen ein wenig 
heimliche Eitelkeit und WohlgefSUigkeit durchblitzt, die wir einem reichen 
Burger Nurnbergs im 16. Jahrhundert wohl zutrauen und auch nachsehen 
konnen. Wagners listiges Evchen hat ebenfalls ihre im ganzen ziemlich 
farblosen und schablonenhaften Urbilder weit uberflugelt. Die zweiten 
Paare der beiden Opern, David — Gorg, der muntere, vorlaute, stets zu 
tollen Streichen aufgelegte, dem Meister aber treu ergebene Bursche, und 

XIV. 20. 6 



82 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Lene — Kordula, die bei all ihrer Zartlichkeit doch strenge und strafende 
Geliebte, sind, wie schon erwahnt, nahe Verwandte. Fur des Bayreuther 
Meisters herrlichen Sachs findet sich bei Deinhardstein und Lortzing- 
Reger nur in der Stellung als Loser des Knotens, nicht aber in seiner Art 
ein Gleichnis. 

In den beiden Opern lassen sich aber die Ahnlichkeiten, ganz abge- 
sehen von der Musik, nicht nur in den Charakteren und Hauptmotiven 
nachweisen, sondern sie lassen sich auch in nebensachliche Motive, ja bis 
in kleinste Einzelheiten verfolgen. 

Gleich an die Introduktionsszene der Lortzingschen Oper zwischen 
Gorg und den Gesellen werden wir in den „Meistersingern" durch die 
Szene zwischen David und den Lehrbuben beim Aufstellen des Gerustes 
in der Singschule erinnert. Pogners Schilderung des Sankt Johannisfestes 
enthSlt deutliche AnklSnge an die fruher mit Absicht zitierten Worte 
Steffens bei dem Entwerfen des Festprogramms und uberdies auch noch 
ein wenig an den Eingangschor auf der Festwiese. Wie Pogner seine 
Tochter nur einem Meistersanger zur Gattin geben will, so soil schlieOlich 
auch Kunigunde nur einem Dichter ihre Hand reichen; der Beweggrund 
allerdings ist in beiden Fallen ganz verschieden. Die Szene in der Singschule 
mahnt ganz deutlich an die entsprechende bei Lortzing. Dem jungen Ritter 
soil die Meisterwiirde, die er sich erringen will, zur Hand der Geliebten 
verhelfen, wie Hans Sachs hofft, durch Erlangung des Preises sich den Vater 
gewogen zu machen. Aber hier wie dort triumphiert der hamische Dumm- 
kopf iiber den Helden, der sich nur Schande und Spott holt. Dieses letzte 
Motiv konnte man iibrigens bis auf Deinhardstein zuriick verfolgen, der 
einen Meistersanger von einer Tagung der Zunftgenossen erzahlen laCt, 
die Hans Sachs bleich und zitternd verlieQ, weil er wegen eines Gedichtes 
verhohnt wurde. Die unbegrundete Abneigung Beckmessers gegen Sachs 
und sein Ausfall gegen ihn, als man die Werber zur Meldung auffordert: 

„Vielleicht auch ein Witwer? Fragt nur den Sachs!" 
sind wohl noch Nachklange der friiheren Nebenbuhlerschaft Sachsens und 
des unerwunschten Freiers. Wie dem Junker nach seiner Niederlage die 
Meister ein Greuel sind, wie er mit Eva in die Freiheit fliehen will, wohin 
diese „bosen Geister" ihm nicht folgen konnen, so ist auch dem ent- 
tauschten Sachs Lortzings die Dichtkunst und die Singschule verleidet, 
auch er will von dannen Ziehen, und seine treue Kunigunde will mit ihm 
fliehen, alles wiederum Motive, die schon in dem dramatischen Gedichte 
zu Hnden sind. 

Interessant ist der Fortschritt bei Wagner, der seinen Ritter die Ge- 
liebte zur Flucht auffordern la&t, wahrend sowohl Deinhardstein als auch 
Reger ihren Sachs das freiwillige Anerbieten des Madchens zuruckweisen 
lassen. Was dem osterreichischen Lustspieldichter, der zugleich Zensor 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 83 

war — und bei seinen Produktionen handhabte er sein Amt mit besonderer 
Strenge — und was noch dem harmlosen Librettisten unmoglich gewesen 
ware, das war dem der Schule der Romantiker entstammenden Wagner nur 
eine Selbstverstandlichkeit. 

Wie Beckmesser Sachs auch als Schuster in Anspruch nimmt und sich 
in seine Werkstatt begibt, als der Meister gerade mit dem Anfertigen der 
bestellten Schuhe beschaftigt ist, so geht auch in den friiheren Stucken 
der Ratsherr in die Werkstatt des Rivalen, um sein beschadigtes Schuh- 
werk ausbessern zu lassen, wobei es zu einem heftigen Wortwechsel 
kommt. In der Lortzing-Regerschen Oper greift auch der vorwitzige 
Lending in den Streit ein, wie er bei Wagner den AnstoB zu der groQen 
Keilerei gibt. 

Die Festwiese, auf der Volksbelustigungen stattfinden, prSsentiert 
sich uns in den .Meistersingern" ganz wie bei Lortzing-Reger. In beiden 
Opern ein farbenprachtiges Bild, Tanz und Frohlichkeit. 

DaO der Lieddiebstahl Beckmessers und sein Auftreten als Dichter bei 
Lortzing-Reger der Entwendungdes Geburtstagsgedichtes durch Gorg und dem 
Plagiat Hesses zu vergleichen sind, wurde schon erwahnt. Die sich ergebenden 
SchluQsituationen sind nun in beiden Opern fast vollig gleich. Der Plagiator 
soil sein Werk offentlich vortragen. Wie in „Hans Sachs" Hesse beim Wett- 
streite in der Singschule die Stufen des Podiums hinaufschwankt und mit 
unsicherer Stimme zu singen beginnt, wie er dann vor dem Kaiser angstlich 
den Text im Barett verbirgt und heimlich nachliest, ganz so der Wagnersche 
Beckmesser bei seinem Werbgesange. Ja, die kostliche Kotnik, die darin 
liegt, daB der ungluckliche Hesse beim Deklamieren des Gedichtes in sein 
eigenes lacherliches Machwerk verfSUt und dieses mit jenem vermengt, 
findet sich ebenfalls bei dem Bayreuther Meister, jedoch musikalisch aus- 
gedruckt, indem er Beckmesser das herrliche Preislied Walthers nach der 
ganz unmoglichen Melodie seines eigenen Pfuscherliedes singen laOt, ein 
Witz, den er iibrigens schon fruher bei dem Spruche Davids angewendet 
hat. Kaum ist nun der Betriiger entlarvt, als der wahre Dichter vortritt, 
seine Autorschaft durch fliefienden Vortrag des Liedes erweist und die 
Hand des gelicbten Midchens erhSlt. 

Auch zum Schlusse hat Wagner Lortzings Beispiel befolgt und die 
Worte des Hans Sachs: 

„ehrt eure deutschen Meister: 
dann bannt ihr gute Geister!" 
bedeuten eine nur allzu berechtigte Mahnung an das deutsche Volk, wie 
Lortzings SchluDworte eine Mahnung an den Fiirsten. 

Mit einem Hoch auf den giitigen Lenker des Geschickes der beiden 
Liebenden enden die drei Stucke: auf Hans Sachs bei Wagner; bei seinen 
VorgMngern auf den Kaiser. 

6* 



84 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

Die bisherige Vergleichung kdnnte uns wohl zu dem Schlusse bringen, 
Wagner musse den Deinhardsteinschen „Hans Sachs" nicht gekannt haben, 
da die seiner Oper mit diesem Drama gemeinsamen Motive auch in dem 
Regerschen Libretto zu linden sind. Nun begegnen wir aber auch Motiven 
und Situationen, die nur Wagner und Deinhardstein gemeinsam sind, ja 
zuweilen fallt uns eine deutliche Ubereinstimmung einzelner Gedanken in 
beiden Werken auf. 

Wenn Kruse 1 ) in der Szene der Lortzingschen Oper, in welcher 
Sachs in seiner Werkstatt traumt und dichtet, „eine Vorahnung der herr- 
lichen Szene unter dem Fliederbaum" sieht, so scheint dem Bayreuther 
Meister noch weit mehr die Eingangsszene der Deinhardsteinschen Dichtung 
vorgeschwebt zu haben, in welcher der Schusterpoet unter einem Bliiten- 
baume vor seiner Werkstatt sitzt und ihn sein ,bewegt Gemiit" nicht 
dichten laDt. Schon die rein aufierliche Situation ist viel zu Mhnlich, um 
nicht zu einem Vergleich zu notigen. Und miissen nicht die Verse, die 
der osterreichische Dichter seinem Sachs in den Mund legt: 
„Ich seh vor mir gar sonderbar 
Die Menschen durcheinandertreiben, 
Und von der heiCbewegten Schar 
Will keiner mir dahinten bleiben." 
an ganz gleiche Gedanken in dem groBartigen Wahnmonologe Wagners im 
dritten Akte erinnern? 

Deinhardstein laBt einen Auftritt erzahlen, den sein Schuster in der 
Singschule mit den Meistersangern gehabt hat: 

„Er nahm das Wort, und just als ob er euch 

In seiner Werkstatt vor Gesellen stiinde, 

Sprach er mit uns, verwies uns unsre Art, 

Bei Wahlen vorzugehn, die er pedantisch, 

Einseitig nannte, das Talent verschiichternd; 

Und alles deshalb, weil wir einen Burschen, 

Den er in Schutz nimmt, Puschmann heiCt der Schuft, 

Ein armer Schlucker, der seit Monden schon 

Das Gnadenbrot in seinem Hause ifit — 

Die Aufnahm' weigerten." 
Haben wir da nicht deutlich die Szene vor uns, die Wagner vorfuhrt: 
den abgewiesenen Bewerber, die pedantischen Meister, die alles verwerfen, 
was nicht nach altem Brauch und Herkommen ist, und den beschwichtigenden 
Hans Sachs, der vermittelnd eingreifen, dem Kandidaten helfen mochte, 
der mit der Merkerwahl nicht einverstanden ist und dem das Lied des 
jungen Poeten trotz aller Regelwidrigkeit, trotz Tabulatur und Uber- 



') A. a. O. S. 13. 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 85 

lieferung gefallt? Dem die Regeln nicht ein Heiligtum sind, an dem nicht 
geriittelt werden darf, sondern der sie von Zeit zu Zeit auch auf ihre 
Braucbbarkeit gepruft und nur dort angewendet wissen will, wo sie anzu- 
wenden sind? 1st nicht dieser Sachs Wagners ganz derselbe, der in der 
Dichtung Deinhardsteins spricht: 

„Die Form ist viel, allein die Hauptsach', mein' ich, 
1st doch der Geist, der in der Form erscheint." 

Wagners Beckmesser mochte Pogner gerne dazu bewegen, die Wahl 
des Gemahls nicht von der Entscheidung der Braut abhangen zu lassen. 
Zwar beruhrt er diesen Punkt nur ganz schuchtern und lenkt schnell ein, 
als er das Befremden des erhofften Schwiegervaters sieht, aber es kommt 
da doch ein Zug zum Vorschein, den Deinhardsteins Runge ganz offen 
zugibt, wenn er sagt: 

„Ob sie mich liebt, ob nicht, mein Freund, 
Ist was, das mir entbehrlich scheint." 

und der bei Lortzing-Reger in so krasser Form niemals zum Ausdrucke 
kommt, wenn auch dort Hesse sich um jeden Preis in den Besitz des 
MSdchens setzen will. 

Vor allem ist es aber ein Motiv, das Wagners „Meistersinger" 
mit diesem .Hans Sachs" verbindet, und der Versuch Baberadts, 1 ) dieses 
auf eine gemeinsame Quelle zuriickzufiihren, scheint mir kein gliicklicher 
zu sein. Es ist das Motiv des Traumes, den Walther von Stolzing in seinem 
Preisliede erzahlt, und der dann so wunderbar zur Wirklichkeit wird, ganz 
wie bei dem Deinhardsteinschen Hans Sachs, dem sich einst im Traume 
unter einem Bliitenbaume die Muse der Dichtkunst zuneigte, um sein 
Haupt mit Lorbeer zu bekranzen. 

Kein Zweifel also, Wagner hat auch das Urbild der Lortzingschen 
Oper gekannt und verwertet. Mit wahrhaft bewundernswertem Geschick 
hat er, ein Meister szenischer Technik, aus jedem der beiden Stucke, aus 
dem Drama und dem Libretto, die wirksamsten Momente herausgegriffen 
und fur seine eigene Dichtung verwendet. Sein Genie hat es zustande 
gebracht, aus solchen oft nebensachlichen Momenten — wie es beispiels- 
weise die Erzahlung von Sachsens Eintreten fur den abgewiesenen Be- 
werber bei Deinhardstein ist — Szenen von uberragender Bedeutung fur 
das ganze Stuck und von unubertrefflicher Wirkung zu schaffen. Hinter 
diesen grandiosen Gebilden scheinen die Urbilder, die zu ihrer Zeit gewiO 
bejubelt worden sind, vollig verblaCt. Wie farb- und reizlos erscheint uns 
zum Beispiel das Lortzing-Regersche Motiv des Lieddiebstahls und der 
Mystifikation Hesses gegen das gleiche bei dem Bayreuther Meister! Aber 

•) A. «. O. S. 12. 



86 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JUL1HEFT 1915 

sollte nicht auch da ein Deinhardsteinsches Motiv den vermittelnden 
Ubergang gebildet baben? 

Es ist hiebei an ein anderes Stuck des osterreichischen Dicbters 
gedacht, an eines der besten Produkte, die seiner Feder entstammen, voll 
geistreichen Witzes und spriihenden Humors, an das zweiaktige Lustspiel 
„Das Bild der Danae", 1 ) das im Jahre 1822 im Wiener Burgtbeater 
seine Urauffubrung erlebte, auDerordentlichen Beifall fand und als erstes 
im Auslande die Aufmerksamkeit auf seinen erst 25jahrigen Verfasser 
lenkte. Die Quelle fur dieses Lustspiel hatte ihm der von Wagner hocta- 
geschatzte E. Th. A. Hoffmann 2 ) in seiner Novelle „Signor Formica" 
geliefert. 

Der Inhalt des Lustspieles ist folgender: Der junge Arzt Bernardo 
Ravienna liebt Laura, die Nichte Calmaris, des Direktors der Maler- 
Akademie von San Carlo. Der Vater des Madchens hat testamentarisch 
bestimmt, daO nur der Sieger in der Preisbewerbung der Akademie 
die Hand der Tocbter erbalten solle, falls Calmari nicbts gegen ihn 
einzuwenden habe. Dieser halt seine Nichte, in die er selbst verliebt ist, 
angstlich eingeschlossen; nur durch Zufall hat sie Bernardo gesehen, ist 
in Liebe zu ihr entbrannt, und durch List gelingt es ihm, taglich mit ihr 
zusammenzutreffen. Die Liebe fuhrt ihn auch der Kunst in die 
Arme. Um auf die Hand Lauras Anspruch macben zu konnen und sich 
Kunstlerruhm zu erwerben, will der Alte dem beriihmten Maler Salvator 
Rosa ein Bild und zugleich das Urheberrecht abkaufen und so 
den ersten Preis gewinnen. Ravienna, der den Maler von einem Arm- 
bruche geheilt hat, zeigt diesem unterdessen ein Bild der Danae, 
das er nach Lauras Ziigen gemalt hat, und wird von dem uber- 
raschten Rosa als KunstgenoO begriifit. 
„Ob sie nun 

Eurer nicht acbten, nehmt mein Wort darauf, 
Ich zeig Euch bald der Welt, wie Ihr's verdient". 

Auch verspricht ihm der Meister, ihm zu Lauras Hand zu 
verhelfen. Rosa verkauft nun Calmari das Bild Bernardos, 
indem er vorgibt, er selbst ware der Maler, und der Alte, der 
sich nicht erklaren kann, wie jemand seine Nichte gesehen haben konnte, 
laOt sich weismachen, daQ die Ahnlichkeit nur eine zufallige sei. Bei der 
Preisverteilung wird jedoch der Zettel, der Bernardo als Maler des Bildes 
nennt, zuerst gefunden. Calmari schilt in sinnloser Wut Rosa einen 
Betriiger, wird aber von diesem unter Drohung, seine SchMndlichkeit zu 



') Vgl. Werner Deetjen im 1. Juliheft 1913 der „Musik", S. 14ff. 

*) Bekanntlich sind in einer anderen Novelle dieses Dichters in „Meister Martin 
der Kufner und seine Gesellen" ebenfalls Motive vorbanden, die Wagner in den 
„Meistersingern" verwertet bat. 



ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 87 

offenbaren, zum Schweigen gebracht, muO noch gute Miene zum bosen 
Spiel raachen, Laura mit Bernardo vereinigen und seinem gliicklichen 
Nebenbuhler eigenhandig den Lorbeer aufs Haupt driicken. 

Die Ahnlichkeit ist unverkennbar. Schalt man die Grundidee des 
Lustspieles aus alien seinen Schalen und Zutaten Deinhardsteinscher 
Schablone heraus, dann bleibt ein Kern, der sich mit entsprechenden 
Motiven in Wagners Musikdrama vollstandig deckt. In den „Meistersingern" 
vie im „Bilde der Danae" wird die Hand eines Madchens von dem Siege 
bei einer Preisbewerbung abhangig gemacht; hier wie dort stebt einem 
alten, ungeliebten, eitlen und lacherlichen, ja unredlichen Freier ein junger, 
ersehnter gegeniiber; hier wie dort widmet sich ein unerfahrener Bewerber 
aus Liebe der Kunst, die ibm die Geliebte erringen helfen soil, und die 
Liebe gibt ihm beide Male die Kraft, ein Meisterwerk zu vollbringen: im 
„Bild der Danae" ein Bild, das die Geliebte darstellt, in den „Meister- 
singern" ein Lied, das sie verherrlicht. In beiden Stucken findet sich ein 
Meister, der Anteil an dem Schicksale der Liebenden nimmt und als 
Lenker der Intrige die gluckliche Losung herbeifiihrt. In beiden Stucken 
— und das ist wohl die auffallendste Ubereinstimmung — erhSlt der un- 
redliche Bewerber ein Werk zur Preisbewerbung aus der Hand des Meisters 
und h31t diesen fur den Urheber. Als er die List bemerkt, wutet er 
gegen jenen, wShrend er ein Opfer seiner eigenen Unredlichkeit ge- 
worden ist. 

DaC Wagner nur die Novelle Hoffmanns gekannt und benutzt haben 
sollte, kann man aus dem Grunde nicht annehmen, weil gerade das ver- 
suchte Plagiat und die Bestrafung des unredlichen Freiers, also die in 
den „Meistersingern" vorkommenden Motive, von Deinhardstein frei er- 
funden sind. 

Zieht man die gewaltige Ahnlichkeit dieses Lustspieles mit der 
Wagnerschen Oper in Betracht, bedenkt man ferner die schon erwahnte 
grofie Belesenheit des Meisters, die iibrigens damals gar nicht notwendig 
war, um die Werke eines Deinhardstein zu kennen, dann kann man es 
nicht nur nicht fur ausgeschlossen halten, sondern mull es im Gegenteil 
als sehr wahrscheinlich annehmen, daD Wagner das „Bild der Danae" ge- 
kannt habe, und daQ Motive daraus beim Entwerfen der .Meistersinger" — 
vielleicht ihm selbst unbewuOt — sich mit der Haupthandlung seines 
Dramas vermengt haben. 

Den Ruhm Wagners vermag eine solche Erkenntnis nicht zu ver- 
dunkeln. Einzig erhaben steht sein gewaltiges Werk unerreichbar hoch 
iiber seinen Vorbildern und wird Generationen uberdauern — jene haben 
kaum ihre Urheber iiberlebt. 



REVUE DER REVUEEN 



Zum 100. Geburtstag von Robert Franz. I. 

NEUE MUSIK-ZEITUNG (Stuttgart), 36. Jahrgang, Heft 18. — „Robert Franz." Von 
Hans Kleemann. „. . . Durch die meisten Lieder zieht sich ein melancholischer 
Unterton; oft liegt er nur wie ein zarter Hauch daruber gebreitet, auch in den 
vorwiegend heiteren Geslngen fehlt er selten. Es ist jenes ,In tristitia hilaris, in 
hilaritate tristis' des Giordano Bruno, das nach Schopenhauer zum Wesen hervor- 
ragender Geister gebort. Es entsprach seinem Naturell, und er bevorzugte darum 
die Dichter, die sich in verwandten Stimmungskreisen bewegen. Die ,SchiIflieder' 
(op. 2) sind dafur recht bezeichnend. Hier begegnen sich zwei verwandte Geister, 
Lenau und Franz. . . . Man kennt aber Franz nur halb, wenn man ihn nur als 
den Singer der ,feierlichen, stillen, triumerischen Nacbt' (Ambros) kennt. Und 
viele baben ihn nur von dieser Seite betrachtet. Daraus erkllrt sich auch zum 
Teil, dafi man seinen Liedern den Vorwurf der Einseitigkeit und zu groDer Ahnlich- 
keit untereinander gemacht hat. Etwas Richtiges ist ja darin entbalten. Sein Genre 
ist klein, aber doch nicht so eng, wie es denen scheinen mufi, die ihn nur auf 
diesem einen von ihm bevorzugten Gebiet kennen. Am originellsten und am 
starksten uberzeugend ist der musikalische Ausdruck gerade in den kraftvollen 
Gesangen. Das strafFe, kecke, humoristische ,Nun hat mcin Stecken gute Rast' 
(op. 36, 6), das von mannlicher Kraft erfullte ,Wiedersehen' (op. 51, 8) zeigen uns 
den Meister von einer im allgemeinen noch zu wenig gekannten Seite. ..." — 
„Robert Franz und Franz Liszt." Von August Richard. „. . . Liszts uberzeugungs- 
treues Eintreten fur Robert Franz hatte indessen die von keiner Seite beabsichtigte 
und gewunschte Folge, dafi Franz gegen seinen Willen in den damals mit besonderer 
Heftigkeit entbrannten Kampf der musikalischen Parteien hineingezogen wurde. 
Die Anhanger der neudeutschen Schule glaubten nicht ganz ohne Berechtigung 
ihn fur sich in Anspruch nchmen zu durfen, ebenso wie auch die Freunde der 
Slteren Mendelssohnschen Richtung; doch war er diesen wieder zu ,modern ( , jenen 
dagegen zu ,klassisch'. ,Die Historiker, die Mendelssohnianer, die Schumannianer, 
die Neudeutschen — alle sitzen sie mir auf dem Dache!' so ruft er einmal ver- 
zweiflungsvoll aus, und jedenfalls hat auch seine Stellung in der dffentlichen 
Meinung unter diesem fortwShrenden Hin und Her nicht wenig gelitten. ..." — 
„Robert Franz." Zur Cbarakteristik seiner Personlichkeit und Kunst. Von Hermann 
Abert. „. . . Die Art, wie Franz . . . seine Dichtungen musikalisch wiedergibt, 
verr9t nicht bloD ein Talent, sondern auch einen Charakter ersten Ranges. GewiD 
kann er sich an Universalitit nicht mit Schubert, an feinem literarischen Geschmack 
nicht mit J. Brahms messen. Aber die Fabigkeit, in die Seele einer Dichtung 
einzudringen, eine bestimmte Situation und Stimmung so plastisch wiederzugeben, 
dad der Horer sofort im Innersten gepackt wird, war ihm gegeben wie wenig 
anderen. Die Franzschen Lieder tragen in ihrer uberwiegenden Mebrzabl Charakter- 
kopfe, die man nicht so leicht wieder vergiOt. Gleich alien Liedererzeugnissen 
ihrer Zeit bekennen auch sie sich allein schon durch ihre scharf ausgeprigte 
Subjektivitat als Abkdmmlinge des romantischen Geistes. Aber sie sind zugleich 
frei von den Mingeln der ganzen Bewegung, von zerflatternder Phantastik und 
weichlicher Empfindsamkeit. Sie bezeugen es deutlich, dafi die Romantik auch 
ihre starken Seiten hatte. Der Stern von Robert Franz* Genius strahlt am hellsten, 
wenn schwere Gewitterwolken am Himmel dabinziehen, starke Leidenschaften das 



REVUE DER REVUEEN 89 

Gemut im Innersten aufwuhlen oder tiefe Schwermut ihre Schwingen ausbreitet. 
Das ist das Gebiet, auf dem seine zu vulkaniscben Ausbruchen neigende Kunstler- 
natur ihre reifsten Fruchte erntet; in den lichteren Reihen harmloser oder auch 
fortreiBender Frohlichkeit, in denen Schubert und Schumann regierten, war sie 
weit weniger zu Hause. Dieser machtige, tiefe Ernst seiner Kunst, der in grellem 
Gegensatz stebt zu der lassigen, ruhrseligen Art so manches Epigonen von Franz 
Schubert, hat es verursacbt, dad sie, zumal in Suddeutschland, nur langsam 
popu!9r geworden ist. Heute, in den schweren Sturmen der Gegenwart, mag sie 
uns niher treten denn je. Denn sie schlagt eine Saite an, die in unserem ganzen 
Volke bis zum Geringsten herab nachzittert. Wohl ist auch unser Geschlecht in 
die leidige Neigung langer Friedensjahre, die idealen Guter unseres Volkes als 
bloBe Zierat unseres materiellen Daseins zu betrachten, fiber Gebuhr verstrickt 
worden. Jetzt aber, wo es hart auf hart geht, sind auch wir dessen wieder inne 
geworden, dad die Tonkunst, wie dies seit alters der Fall war, und besonders das 
Lied dem Deutschen nicht bloB eine angenehme Wurze des Lebens, sondern 
innerste Herzenssache ist. Unter den geistigen BannertrSgern, die unseren tapferen 
Truppen voranziehen, stehen in vorderster Reihe auch unsere groQen Tonmeister. 
Es bat seinen guten Grund, wenn unsere Feinde gerade sie uns mit komischem 
Remuhen der Reihe nach absprechen wollen. Geboren sie doch in erster Linie 
zu den Mehrern unserer nationalen Grolie. Robert Franz aber unter die Romanen 
oder Slawen zu versetzen, durfte selbst dem phantasievollsten Franzosen nicht 
gelingen, er bleibt in seiner wuchtigen Mannhaftigkeit und seiner alien Winkel- 
zugen fremden Wahrhaftigkeit nach wie vor ein germanischer Barbar. . . ." 

NEUE ZEITSCHRIFT FUR MUSIK (Leipzig), 82. Jahrgang, No. 25. — „Robert 
Franz." Von Max Puttmann. „. . . Uber seine Stellung in der Kunstgeschichte 
gibt uns Franz selbst aufs klarste Auskunft, wenn er in einem Briefe an Osterwald 
ausfubrt, dafi die deutsche Motetten- und Organistenschule aus dem protestantischen 
Choral, der wiederum auf dem geistlichen und weltlichen Volkslied basiert, hervor- 
gegangen sei. Nachdem sie in Bach und Handel ihren Gipfelpunkt erreicht hat, 
verschwindet sie wie in eine Versenkung, und Haydn, Mozart und Beethoven be- 
grunden die profane Kunst, ,die von dem protestantischen Choral und seinem 
Vater, dem altdeutschen Volksliede, so gut wie nichts mehr weili. In Schubert 
und Schumann besinnt sich die Zeit wieder auf das Volkslied, in Mendelssohn auf 
den protestantischen Choral — in mir endlich will sie beides zusammenfassen'. 
Dazu ging Franz von der Ansicht aus, daft die Kunstform des Liedes die einzige 
sei, die von den GroBmeistern nicht gehorig kultiviert worden und daher noch 
nach alien Seiten hin entwicklungsfahig ware, und so kam es denn, daft er seine 
Schaffenskraft fast ausschlieBlich der Liedkomposition widmete ..." — „Robert 
Franzens Lieder und unsere Zeit." Von Karl Thiessen. In dem Kampf mit 
geistigen Waffen gegen Lugen und Verleumdungen unserer Feinde „kann uns auch 
ein Robert Franz recht wohl zu einem wertvollen Bundesgenossen werden, indem 
wir auf inn als auf einen wahrlich nicht zu unterschatzenden Mitvertreter deutscher 
Kunst und deutscher Art hinzeigen und unsern Feinden sowie den Neutralen sagen: 
hort seine Lieder, lalit diese schlichten, einfachen, so unmittelbar aus dem Herzen 
emporgestiegenen Ges9nge ohne Voreingenommenheit auf euch wirken, und ihr 
werdet und mOBt fuhlen, was Reinheit und Starke deutschen Empfindens besagt. 
Neben der meisterhaften und in jeder Beziehung kunstlerisch vollendeten Form 
dieser Lieder ist es eben jener kerndeutsche, wahrhaftige Zug in ihnen, der alles 
Hoble, Phrasenhafte und Gemachte aus dem Grunde der Seele verabscheut und 
niemals mehr zu gelten sucht, als er wert ist, den wir gerade in einer Zeit wie 



90 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 

der unsrigen zumal bei Robert Franz glaubten besonders betonen zu tnfissen, und der 
zugleicb ein Lob in sich schliefit, wie es schdner und warmer mit wenig Worten 
unserm Tondichter an solchem Gedenktage nicbt ausgesprocben werden kann." 

DEUTSCHE TONKUNSTLER-ZEITUNG (Berlin), 13. Jahrgang, No. 293. — 
„Robert Franz." Von Richard Wintzer. „ . . . Wer kennt nicht den Namen dieses 
,Fixsterns deutscher Lyrik', wie ihn Liszt einst nannte? Naturlicb, jedem Musik- 
treibenden ist der Name vertraut; ob es aber auch die Werke sind? Kaum ist 
der Name unseres Liedermeisters gefallen, als auch schon die Titel der vier bis 
funf oder aucb sechs seiner bekanntesten Lieder wie ein Siegel darauf gesetzt 
werden: ,Die Haide ist braun', ,Er ist gekommen', ,Mein Schatz ist auf der Wander- 
scbaft', ,1m Rhein, im beiligen Strome', ,Es hat die Rose sich beklagt' und allenfalls 
noch ,Fur Musik' oder ,0 danke nicht fur diese Lieder'. Damit glaubt der Ktinst- 
beflissene seine Pflicht einem Meister wie Robert Franz gegenuber erfullt zu haben. 
Und welch einen Born edelster und tiefster Musik enthalt das Lebenswerk des 
,letzten Klassikers des Liedes', dessen Schopfungen mit denen eines Schubert und 
Schumann den eisernen Bestand unseres deutschen Kunstliedes darstellen! In 
die grofie Zeit des grofien Krieges fallt sein bundertster Geburtstag. Jetzt, da uns 
alles Deutsche doppelt am Herzen liegt, da wir gleich Tempelbesuchern zu den 
Saulen aufschauen, die unser Heiligstes gegen einen feindlichen Ansturm von aufien 
her rnachtvoll zu stutzen haben — jetzt ist die beste Zeit, einen Ruckblick auf 
das Lebenswerk eines unserer Groflen zu werfen . . ." 

DER MERKER (Wien), 6. Jahrgang, Heft 11 und 12. — „Robert Franz." Von August 
Richard. Verfasser wirft am SchluB seiner Ausfiihrungen die Frage auf, „warum 
man heutzutage leider nur so selten den Werken von Robert Franz begegnet. 
Dies hat seinen Grund meines Erachtens wohl hauptsachlich darin: zweifellos sind 
gar mancbe seiner Lieder so fein, zarte Gebilde von so innigem keuscben Reiz, 
dad sie das grelle Licht, den lauten Ton unserer modernen grofien Konzertsale 
nicht vertragen, dafi sie dort, scheinbar unbedeutend, ihren hohen, aber stillen 
Wert nicht entfalten konnen; sie muBten deshalb als hochwillkommene Gabe einer 
edlen Hausmusik mit dankbarster Freude zu begrufien sein und wurden hier erst 
ihre voile und tiefe Wirkung ausstrablen. Leider aber wird im Gegensatz zu 
fruheren Zeiten die Pflege einer vornehmen ,Kammermusik' im eigentlichsten 
Sinne des Wortes uber dem billigen Schund der heutigen Operettenfabrikation, der 
Kinematographen-Theater und ahnlicher ,Kunstinstitute' immer mehr und mehr 
vernachlassigt, und neben einer solchen Gesellschaft hat freilich die Lyrik eines 
Robert Franz keinen Platz. Aber auch die vielen anderen Lieder unseres Meisters, 
die durch ihre melodische Schonheit und Kraft, durch ihre GroBe und den boben 
Schwung eines bestimmten Eindrucks auf jedes kiinstlerisch empfangliche Publikum 
im Konzertsaal sicher sind, auch sie flnden sich kaum auf den Programmen unserer 
Konzertsanger und -sangerinnen, von einigen verschwindend wenigen, aber um so 
ruhmlicheren Ausnahmen abgesehen. Unsere SSnger sind sich leider nur selten 
ibrer unbedingten moralischen Pflicht und Schuldigkeit den scbaffenden Kunstlern 
gegenuber voll und ganz bewuBt; leider singt man Winter fur Winter, Abend fur 
Abend die gleichen, auf ihre auBere Wirksamkeit hin schon tausende von Malen 
erprobten und bewahrten, altbekannten Lieder, obne dafi man sich nur einmal zum 
Vortrag unbekannter, selten gehorter Werke entschliefien konnte. Moge unserem 
musikalischen Leben bald eine durchgreifende Anderung und Besserung in dieser 
Hinsicht beschieden sein: dann werden unsere Chorvereinigungen sich der . . . 
Franzscben Schopfungen mit Verstandnis und Liebe annebmen, dann werden unsere 
Singer aus der reichen Fiille der Franzschen Lieder die scbonsten Perlen zu flnden 



REVUE DER REVUEEN 91 

wissen, und der musikliebendc Dilettant wird aus ibnen fur seinen Geschmack eine 
glficklicbe Auswabl treffen konnen. Damit wird dann eine alte Ehrenschuld an 
Robert Franz abgetragen als schonstes Geschenk zu seinem 100. Geburtstag!" 

MONATSSCHRIFT FUR SCHULGESANG (Essen), 10. Jahrgang, No. 3. - 
„Robert Franz." Von Ernst Paul. „ . . . Einer der hervorragendsten Musiker seiner 
Zeit, der trefflichsten Liedersanger einer, in dem Robert Scbumanns Geist lebendig 
ist und der gleichzeitig Grundsatze in seinem Schaffen verwirklichte, wie sie 
Wagner im Musikdrama zur Geltung brachte — so steht Robert Franz vor unserer 
Seele, ein Markstein in der Geschichte unserer Kunst, ein Mann und Meister 
von kerndeutscher Gesinnung, von dessen Wirken ein reicher Strom etbiscber 
Kraft ausgeht als Triebmotiv zum Streben nach dem Idealen . . ." „Die Sangerwelt 
von beute pflegt achtlos an Robert Franz voriiberzugehen, der zur Vertiefung 
zwingt und der bei der Wiedergabe seines Liederfrfihlings den durchgebildeten, 
musikaliscben Singer zur Voraussetzung bat. Das ist ein Unrecht dem bescbeidenen 
und anspruchslosen Meister gegenuber, der Herrliches geschafTen, vieles, was 
turmboch steht fiber den kraft- und saftlosen Rubrseligkeiten, die den Markt be- 
herrscben und den Geschmack verflachen . . ." 

ALLGEMEINE ZEITUNG (Berlin), 25. Juni 1915. — ..Robert Franz, der Meister 
des deutscben Liedes." Von Alfred Goetze. „ . . . Mittel und Gestaltungskraft 
h3tten Franz zweifellos befahigt, sich aucb auf anderen Gebieten des musikalischen 
Schaffens erfolgreicb zu betatigen; wenn er sich trotzdem streng in dem engen 
Rabmen der Liedform hielt, so entsprach diese weise, in ihrer Art einzig da- 
stehende Selbstbeschrinkung seiner klaren Erkenntnis, daft sich nur im Liede 
sein Eigenwesen zu voller GroBe und Selbstandigkeit erheben konne. Sein tiefes, 
reines Kunstempftnden, sein geradezu unerschopfliches Vermogen an Gedanken 
und Stimmungswerten bewahrte ihn dabei vor der nabeliegenden Gefahr, vor der 
Schumann den Mitstrebenden gelegentlich der vollanerkennenden Besprecbung 
seines ersten Liederheftes warnen zu miissen glaubte, nSmlich, sich durch den 
Erfolg auf dem kleinen Gebiet nicht zur Einseitigkeit und Manier verleiten zu 
lassen. Klar fiber den Weg und das Ziel schuf er unbekummert um Schule und 
Partei den Schatz seiner Lieder, die in dem Idealismus, in dem durchdringenden 
Ernst der Textauffassung, der goldklaren Reinheit des melodischen Edelgehalts 
und der charaktervollen Stimmung den Hohepunkt des deutscben Kunstliedes nach 
Schubert bezeichnen. Wohl sind auch bei Franz Einflusse seiner Zeitgenossen 
Schumann, Mendelssohn und Chopin nachweisbar, aber diese Einflusse erstreckten 
sich nur auf AuBerlichkeiten der Gestaltung; in seinem Innenwesen, seinem 
Stimmungsgehalt und seinem Empflndungswert steilt sich das Franzsche Lied als 
ein in sich geschlossenes Eigengebilde dar, das durch die Verschmelzung des 
Klassizismus und der Romantik und die unvergleicbliche Kunst einer an Bach 
gemahnenden kontrapunktischen Setzweise eine scharf ausgepragte Charakter- 
pbysiognomie erhait, die jeden Vergleich mit anderen Erzeugnissen der deutscben 
Liederliteratur ausschlieftt und ibm seine musikgeschichtliche Bedeutung als 
Kunstwerk verburgt. Das zuverlSssige Fundament, auf dem sich das Franzsche 
Kunstlied aufbaut, bilden die alten Kirchenlieder und die protestantiscben Chorale, 
die bier zum ersten Male zu einem organischen Ganzen vereint sind. Sie sind 
die Keime, aus denen, auf dem Mutterboden des Kunstempfindens Bacbs und 
HSndels und gespeist von den starken Wurzeln der deutscben Volksweisen, der 
herrliche kraftstrotzende Baum der Franzscben Liedkunst emporwucbs, in der sich 
zweifellos die musikaliscbe Lyrik am reinsten und tiefsten ausdrfickt . . ." 

Willy Renz 
ScbJluQ folgt 



BESPRECHUNGEN 



BUCHER 

279. Otto Besch : Engelbert Humperdinck. 

Mit acht Abbildungen und zwei Faksimiles. 

Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig 1914. 

(Geh. Mk. 4.—.) 

Humperdincks 60. Geburtstag, 1. September 
1914, ist in dem Getiimmel des gerade einen 
Monat zuvor ausgebrochenen Weltkrieges wenig 
beachtet voriibergegangen, und so wird auch die 
vorliegende liebevolle Schrift, die als Festgabe 
zu jenem Tage gedacht war, wohl zu rechter 
Wurdigung auf friedlichere Tage warten mussen. 
Immerhin haben wir inzwischen wieder eher 
Mufle gefunden zu kunstlerischem Schauen als 
in jenen wildbewegten Herbsttagen, und so 
lassen wir gerne einen Ruckblick auf das gleicb 
einem Marchenschicksal voriiberziehende Hum- 
perdincksche Leben uns gefallen. Der Verfasser, 
dem weniger der iiberbescheidene, nur ungern 
von sich redende Meister selbst als dessen 
klug waltende Gattin und — fur die Jugendjahre 
— Frau Adelheide Wette, die Schwester und 
Dichterin, Material geliefert haben (neben 
Mannern wie Blech, Kienzl und Richard StrauB), 
bemuht sich, Leben und Werke des von ihm 
geliebten Meisters moglichst objektiv zu schil- 
dern, gerat aber dabei leider allzu oft in Weit- 
schweiflgkeiten und poetisch sein sollende, doch 
mehr jugendlich-pennalerhaft anmutende Dar- 
stellungen, die den Genufl der Schrift mitunter 
stark beeintrachtigen. Von den 195 Seiten des 
Biichleins sind so reichlich 95 zu viel, und eine 
straffere Zusammenfassung des iiberreichen 
Stoffes ware fur eine spatere Auflage sehr zu 
empfehlen. 

Manch unbekannten interessanten Zug aus 
Humperdincks wechselvollem Leben erfahren 
wir hier zum ersten Male. Bemerkenswert ist 
vor allem Richard Wagners Meinung iiber 
die Etymologie des Namens, den Wagner auf 
Humbert, Hubert, Hugibert oder Hugbrecht 
(„geistesberuhmt") und die patronymische 
SchluBsilbe M ing" zuruckfiihrte, so dad die 
rechte Schreibart eigentlich „Humberting" und 
die Bedeutung „Sohn des Humbert" ware. Die 
Vorfahren stammen aus Westfalen, wo der 
Richter Anton Humperdinck um 1720 in Vreden 
als erster nachweisbarer Ahn auftritt. Besonders 
merkwiirdig ist, daft Humperdinck, dessen vater- 
licher Stamm urgermanisch ist, von seinem 
Grofivater mutterlicherseits bohmisches Musi- 
kantenblut in den Adern hat (das Bild dieses 
Urahns sah ich in Humperdincks Villa zu 
Wannsee), und daft eine seiner Ahnen, die 
Frau des genannten Richters, als eine geborene 
Riccius italienischen Stammes ist, der sich von 
Pietro Riccio, dem Vater zweier romischer 
Kardinale des 16. Jahrhunderts, herleiten IaBt. 
Interessant sind auch Humperdincks Be- 
ziehungen zu Richard Wagner und Bayreuth, 
denen er ja auch spaterhin als Lehrer Siegfried 
Wagners verbunden blieb. Humperdinck, ein 
keeker, junger Musiker, erfuhr wahrend seines 
Aufenthalts in Italien, daft Wagner zu Neapel 
im Winter 1879/80 in der Villa d'Angri am 
„Parsifal" arbeitete und schickte ihm kurzer- 
hand seine Visitenkarte mit dem Zusatz „Mit- 

fflied de° flrHpnc vnm rjrnl* 4 Wflmpr r!pr ffir 



niemanden sonst zu sprechen war, wurde doch 
neugierig, wie der fahrende Gralsritter aussehe, 
und warb den „reinen Tor" sofort als Heifer 
zur Reinschrift des .Parsifal". Bald gehdrte er 
nun zu den Intimen des Hauses, und als die 
Urauffuhrung des Buhnenweihfestspieles vor- 
bereitet wurde, durfte auch Humperdinck nicht 
fehlen. „Bald fand ich heraus," schrieb splter 
der junge Musiker, „daB das Farbenreiben keine 
uble Beschaftigung fur mich sei, und gerne be- 
kenne ich, in den wenigen Bayreuther Winter- 
monaten mehr erfahren, begriffen und gelernt 
zu haben, als mancher andere vielleicht in eben- 
soviel Konservatoriumsjahren". MerkwQrdig 
und fur die Erfahrungen, die alle Produktiven 
(Cornelius!) mit Wagner machten, ist, daB 
Humperdincks fruhere Schaffenslust trotz der 
personlichen Aufforderung Wagners damals 
vollstandig versiegte: in des Gewaltigen Nahe 
zu komponieren, kam dem jungen Adepten wohl 
als Blasphemie vor. Wie eine Ironie des Schick- 
sals klang es da, daft Humperdinck wihrend 
seines Bayreuther Aufenthalts den — Meyerbeer- 
preis erhielt. Er furchtete erst, mit dieser Kunde 
den Meister in schlechte Laune zu versetzen, 
doch dieser sagte mit gewohntem Humor: 
„Non olet, non olet; Sie sehen, es gibt noch 
Richter in Berlin!" 

Nach lehrreichen Wanderjahren in Rom, 
Paris, Venedig (wo er mit Wagner noch einmal 
kurz vor dessen Tode zusammentraf), Spanien, 
zuruckgekehrt in Koln und — Essen (wo er bei 
Krupp im Friihjahr 1885 eine Stellung als 
musikalischer Hauslehrer innehatte), zog er 
nach Barcelona ans Konservatorium, eine Lehr- 
stellung, die er sparer mit der gleichen in Koln, 
dann nach Iangerer Krankheit mit einer anders- 
artigen im Verlagshause B. Schotts Sohne in 
Mainz vertauschte. Kurz vor seiner Verheira- 
tung siedelte Humperdinck nach Frankfurt uber, 
wo er Lehrer am Hochschen Konservatorium 
und Opernreferent der Frankfurter Zeitung 
wurde. Der grofte Erfolg von „Hansel und 
Gretel" veranlaftte ihn dann, diese Stellungen auf- 
zugeben. Uber die Entstehungsgeschichte dieses 
seines beruhmten Werkes finden wir hier eine 
Reihe von dokumentarischen Angaben,die der Bio- 
graphiebesonderen Wertverleihen. Interessantist 
z. B. die Feststellung, daft fast alle musikalischen 
Autoritaten, selbst die ihm am meisten befreun- 
deten, denen Humperdinck sein vollendetes 
Werk am Klavier vorfuhrte, ihm Opposition 
machten. Erst Richard StrauB, damals Hof- 
kapellmeister in Weimar, nannte die Oper ein 
„Meisterwerk erster Gute"; „das ist wieder seit 
langer Zeit etwas, was mir imponiert hat"; er 
nahm sie sofort an. Gleichzeitig erwarb sie 
auch Hermann Levi fur Munchen, wo die Ur- 
auffuhrung stattfinden sollte. Infolge einer Er- 
krankung kam jedoch Munchen um diese Ehre. 
DaB das Werk als Weihnachtsnacbmittagsvor- 
stellung (am 23. Dezember 1893) in Weimar 
zur Erstauffuhrung kam, weil der Intendant 
meinte, so was sei doch nur fur Kinder, ist 
eine (iibrigens von Besch nicht erwahnte) 
Sonderbarkeit im Schicksal dieses Werkes. 
Die Aufnahme war zunachst weder in Weimar 
noch in Munchen sehr uberschwenglich; erst 

im T hiiFa Hat 7#»it cfolltA ctrV^ der UbeTWftl- 



BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN) 



93 



tigende Erfolg ein. Besonders bemerkenswert 
1st, daft bei der Dessauer Auffubrung Frau 
Cosima Wagner die Regie hatte. Frau 
Wagner futarte mebrere szenische Neuerungen 
ein, von denen sich der Hexenritt durcb die 
Luft im dritten Bilde allgemein durchgesetzt 
bat. Dafi Humperdincks Meisterwerk in nicht 
weniger als elf Sprachen im Druck erschien, 
verdient ebenfalls hervorgehoben zu werden. 
Ober sein ferneres Leben und seine sym- 
patbiscben menschlichen Eigenschaften be- 
richten weitere Kapitel allerlei Lustiges und 
Ernstes. Zum ersten darf man es wohl rechnen, 
wenn Humperdinck in einem Briefe an Schillings 
scbreibt: „Als ich noch jung war und eines 
schonen Tages entdeckte, dad icb komponieren 
konnte, dachte ich sofort an Mozart, spater be- 
gnugte ich mich mit Haydn und entsehloft mich 
endlich, wenn auch schweren Herzens dazu, es 
Schubert gleich zu tun, bis ich zu allerletzt 
bei — Lortzing anlangte. Nachdem ich auch 
diese Hoffnung aufgegeben, plagt mich seit 
einiger Zeit der Ehrgeiz, ein zweiter Schillings 
zu werden (womit ubrigens kein Rangverhaltnis 
zu Lortzing ausgedriickt werden soil)." Diesen 
Brief bezeichnet Besch als „riihrendes Doku- 
ment von Humperdincks Bescheidenbeit". — 
Wenige Seiten sp&ter schreibt Besch: „Eine 
schwere Lungenentzundung bracbte Humper- 
dinck in die Nahe des Todes. In seinen Fieber- 
phantasieen redete er viel von Schillings' ,Pfeifer- 
tag', dessen Klavierauszug ihn kurz vorher 
beschaftigt batte. Er rezitierte Stellen aus dem 
Text und sang Motive aus der Musik. Trotz 
der Schwere des Anfalls gesundete er und 
bewies von neuem, daft seine korperliche Kon- 
stitution im Grunde eine zahe und widerstands- 
krSftige ist." 

Aus der Berliner Lehrtatigkeit Humperdincks 
interessiert vor allem, daft der Meister seinen 
Schulern stets den Rat weiser Okonomie erteilt, 
speziell auf dem Gebiet der Instrumentation. 

Den zweiten Teil des Werkes, eine eingehende 
Analyse der Humperdinckschen Werke, kann 
ich trotz mancher treffenden Bemerkungen als 
Ganzes nur fur weniger gelungen erklarcn. 
Dankenswert ist ein Anhang mit der Zusammen- 
stellung der Humperdinck-Literatur, doch sei es 
mir gestattet, darauf hinzuweisen, daft darin 
meine ausfuhrliche Analyse der „Heirat wider 
Willen" (in Schlesingers Opernfuhrer No. Ill) 
fehlt, eine Tatsache, die ich nur deshalb er- 
wahne, weil Humperdinck meine Arbeit vor 
Drucklegung durchgesehen, sehr warm begut- 
achtet und mit einigen Erganzungen versehen 
bat, so daft sie wohl als autbentiscb gelten darf. 
— Ein Register und mehrere gute Abbildungen 
erhohen den Wert des Biichleins, dessen sym- 
pathische Gesinnung nur leider nicht immer 
den rechten Ausdruck findet und gelegentlich 
etwas bilflos im uberreichen Stoff versinkt. 

Dr. Edgar Istel 

MUSIKALIEN 

280. Robert Lutz: „Ein deutscher Hoch- 

gesang." Hephaestos-Verlag, Hamburg. 

Auch dieser Versuch, der Konigshymne 

»Heil dir im Siegerkranz" zu einer neuen Weise 

zu verhelfen, durfte nicht der euten Absicht 



entsprecben. Denn ist die Lutzscbe Melodie 
auch anfangs sangbar und ohrenfallig, so wird 
sie in ihrem Miltelteil durchaus gekunstelt und 
unvolksrnaftig, was durch den harten und be- 
fremdenden harmonischen Ruck von A-dur nach 
F-dur unwiderleglich dargetan wird. Man muB 
nach all den vergeblichen Versuchen nun bald 
an dem Gelingen der scheinbar so leichten 
Aufgabe verzweifeln. Und dennoch: im rechten 
Augenblick wird auch das rechte Kaiserlied 
da sein. 

281. Robert Garbe: „Jungs, holt fast," 
Oole un nei'e Kriegs- un Suldaten- 
lieder. Verlag: Eugen Diederichs, Jena. 
(Mk. —.25.) 

Unter den 22 Liedern dieses plattdeutschen 
Heftes findet sich Neues und Altes. Die 
Miscbung ist gliicklich und die Auswahl sorg- 
faltig. Es ist sehr viel Gutes in dem dunnen 
Heftchen (Landstorm, Hanseatenlied, De SoBun- 
sawntiger u. a.), und das Beste ist die urwuchsige, 
oft mit derbem Humor gepaarte Kraft, die aus den 
niederdeutschen Worten und Weisen uns anweht. 

282. ..Musketier' seins lust'ge Brftder." 
Alte Hebe Soldatenlieder. Herausgegeben 
von Fritz J ode. Verlag: Eugen Diederichs, 
Jena. (Mk. —.25.) 

In dieser unstreitig verdienstvollen Sammlung 
sind 28 alte Lieder kriegerischen Inhalts mit 
einstimmiger Melodie zusammengetragen, aber 
all diese Gesange sind in Wort und Weise 
jung geblieben, sind gleichsam wabrhafte Volks- 
lieder ohne erkunstelten Schwung und weiner- 
liche SentimentalitSt. Deutsche Schwertfreude 
klingt aus ihnen heraus, darum darf man dieser 
Sammlung gern weiteste Verbreitung und sinn- 
gemafte Fortsetzung wunscben. 

283. Richard Zoozmann: ,Wenn wir mar- 
schieren." 16 Armeemarsche mit 
neuen Texten. Verlag: Chr. Friedrich 
Vieweg, Berlin-Lichterfelde. (Preis geheftet 
Mk. —.50.) 

Es ist immer eine bedenkliche Sache, fertigen 
Melodieen Worte unterzulegen, zumal wenn diese 
Weisen so bekannt sind wie die der bier aus- 
gewahlten Armeemarsche, von denen ubrigens 
einige bereits ihre in Heer undVolk eingefuhrten 
Worte besitzen (z. B. der Dessauer, der Torgauer 
Marsch u. a.). Man wird, da die Grundstimmung 
bei alien Marscbtexten naturgemaft die gleiche 
sein muft, billigerweise keine dichterisch voll- 
wertigen Leistungen erwarten durfen. Was Zooz- 
mann hier an Textworten bietet, ist aber wenigstens 
meist ungekiinstelt und leicht faftlicb, wenn auch 
nicht gerade volksmaftig. Das Heftcben, das 
von A. Kumm fur zweistimmigen Gesang ein- 
gerichtet und von Hans Schmid-Kaiser mit einer 
leichten Lautenbegleitung sowie einer Anleitung 
zum Lautenspiel und Grifftabelle versehen ist, 
wird vielleicht geeignet sein, bei den Ubungs- 
marschen unsererjugendwehren besonders wert- 
volle Dienste zu leisten. 

284. „Ich weiB eiuen Lindenbaum stehen." 
Neue Kriegslieder. Verlag: Eugen 
Diederichs, Jena. (Mk. — .25.) 

An dichterischem und musikalischem Wert 
kann diese Sammlung mit den im selben Verlag 
erscbienenen alten lieben Soldatenliedern keinen 
Vergleich aushalten. Es fehlt diesen neuen 
Gedichten meist das Unmittelbare. die grofte, 



94 



DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 



starke, scblichte Empflndung, und dieser Mangel 
fibertragt sich auch auf die Melodieen. Und 
selbst wo im Gedicht einmal ein echter Natur- 
ton klingt, wie in Kurt Weihmanns „Kameraden- 
grufl" kommt die Weise nicht fiber das Alltag- 
licbe binaus. DaU von dem Inhale vieles auch 
spSter lebensfahig sein wird, bczweiflc ich sebr. 
Aber als Dokument der Gegenwart ist auch 
diese Sammlung sicherlich von Wert. 

285. Fr. VoB: „Frischauf, Soldatenblut". 
Alte und neue Soldatenlieder, zwei- 
stimmig gesetzt. Verlag : Chr. Friedrich 
Vieweg, Berlin-Lichterfelde. 

Dieses handliche und gut ausgestattete Buch- 
lein hat den Vorzug, dafi es nicht sowohl den 
Tageserzeugnissen der Gegenwart Aufnahme 
gewahrt hat, als vielmehr den meistgesungenen 
Vaterlandsliedern und den alteren, im Heere 
noch lebendigen Soldatenliedern, die zum Teii 
eine geschickte Umdichtung erfahren haben. 
Dafi auch „Ein' feste Burg" und „Nun danket 
alle Gott" in dem Heft enthalten sind, kenn- 
zeichnet den Standpunkt des Herausgebers 
ebenso wie die Stimmung unseres Heeres, dem 
das Liederbuch gewifi willkommen sein wird. 

286. Patriotische Einblattdrucke. Musik- 
verlag Fritz Baselt (Th. Henkel), Frank- 
furt a. M. 

Vier neue Stucke dieser Liederfolge liegen 
mir heute vor. „Wenn die Landwehr kommt" 
von Karl Fr. Appel ist ein schlichtes, kraftiges, 
in der Erfindung hiibsches Marscblied, das durch 
die festen Basse gleichsam den Gleichtritt 
markiert. „Botscbaft" von J. Lapple darf als 
ein balladenbaftes Tonstuck von reicher Bewe- 
gung und lebendigem Ausdruck aufrichtig gelobt 
werden. „Reiters Abschied" von Chr. Gerhard 
Eckel erhebt sich in Erfindung und Ausdruck 
zweifellos fiber die Durchschnittserzeugnisse und 
„Unsere Helden" von Emil Sulzbach verdient 
Beachtung als ein Tonstuck von breiterer, 
bymnenartiger Anlage, das uberdies in Erfindung 
und Ausffihrung den begabten und tuchtigen 
Musiker verrat. Jedenfalls sind die vier an- 
spruchslosen Einblattdrucke musikalisch beacht- 
licher als viele in glanzenderem Gewande auf- 
tretende Veroffentlichungen. 

287. P. Sippel: „Die neuen Landsknecht'", 
„Zwischen See und Surapf", „Der rote 
Mohn". Jos. C. Hubers Verlag, Diessen 
vor Munchen. (je Mk. — .60.) 

Drei Einzelgesange, die den landlaufigen 
Durchschnitt nicht fiberragen, aber sicherlich 
nicht nur gut gemeint, sondern auch gut zu 
singen und leicbt zu spielen sind. „Der rote 
Mohn" ubertrifFt die beiden anderen Stucke 
an Eindringlicbkeit der Stimmung, wahrend 
„Zwischen See und Sumpf" dichterisch und 
musikalisch am wenigsten gelungen ist. 

F. A. Geifiler 

288. Heinrich G. Noren: Divertimento fur 
zwei Violinen und Klavier. op. 42. 
(Mk. 6.— .) Notturno und Capriccio 
fttrVioline mit Klavier. op. 43. (Mk.3.— .) 
Sonate fur Cello und Klavier. op. 47. 
(Mk. 7.50.) Verlag: Musikverlag Eos, Berlin. 

Sicherlich gehort Noren zu den eigenartigsten 
Personlichkeiten unter den heute lebenden Ton- 
setzern. Werke wie seine Violinsuite op. 16 
und vor alleni seine „Kaleidoskop" genannten 



Orchestervariationen, die merkwurdig rasch ganz 
unverdientermaCen dem GedSchtnis unserer 
Dirigenten entfallen sind, glucken nur Aus- 
erwahlten. Und doch vermag ich bei aller An- 
erkennung der geistreicben Tonspracbe Norens 
mich fur manche seiner Werke nicht so zu er- 
warmen, wie ich wunschte; das Herz geht zu 
leer aus, die eigentliche Erfindung ist oft zu 
sehr nur auf autterliche Wirkung berechnet, 
entstammt kaum einer aus warmem Herzen 
schSpfenden Kraft. Auch in der Harmonik 
Norens macht sich nur gar zu oft das Bestreben 
geltend, nur ja nicht in althergebracbten Bahnen 
zu wandeln; dem Oh re werden gar zu viel neue 
Anreizungen geboten, so dafi es scblieOIicb fiber- 
sattigt wird und sicb nach Einfachbeit sehnt. 
Am glficklichsten ist wobl Noren, wenn er sich 
seiner sfidslawischen Heimat erinnert, obne zu- 
gleich die harmonischen Errungenschaften der 
Neufranzosen auf sich einwirken zu lassen. 
Auch in seiner Rhytbmik folgt er gern den 
eigentumlichen Gepfiogenheiten der Sudslawen, 
besonders in ihren VolkstSnzen. Von den vor- 
liegenden drei Werken erscheint mir das Di- 
vertimento eine Bereicberung der vorbandenen 
Literatur zu sein. In der ganzen Anlage (man 
vgl. besonders den ersten Satz und den Anfang 
sowie den Mittelsatz des Intermezzos) ist es 
unstreitig beeinfluflt von Sindings erster Serenade 
ffir zwei Violinen und Klavier. Es beginnt mit 
einem kraftvollen Priludium, in dem die Stimm- 
ffihrung nicht alltaglich, das feurige zweite 
Thema besonders wirkungsvoll ist. Voll eigen- 
artigen Reizes ist das Scherzo, dessen Thematik 
glucklich erfunden ist; besonders schon ist der 
mit D-dur beginnende Mittelsatz. Melodisch 
hervorragend ist das Intermezzo, aber der Zusatz 
„Im Volkston" trifft kaum zu. In klanglicher 
Hinsicht ist dieser Satz, der ubrigens an die 
Tecbnik der Ausffihrenden weit geringere An- 
sprfiche als die fibrigen stellt, ganz hervorragend 
ausgefallen. Hochst wirkungsvoll ist das tanz- 
artig mit einer Dudelsackmelodie beginnende 
Finale in Rondoform; in seinem A-dur Teil bringt 
es eine auch trefflichst gesetzte Melodie, deren 
Schonheit sich niemand entziehen durfte. In 
dem ganzen Divertimento fiberwiegen die Vor- 
zfige so sehr, dafi ich es tuchtigen Geigern zum 
hauslichen Musizieren, aber auch zum offent- 
lichen Vortrag aufs warmste empfeblen kann. 
Wer vollig konzertreif ist, der greife auch zu 
dem „Notturno", in dem die Nacbtstimmung 
aufs wundervollste getrofTen ist; hingegen bin 
ich von der Wirkung des Capriccio, einer Art 
Perpetuum mobile, nicht so ganz uberzeugt, 
wenngleich es sicherlich eine geistvolle Etude ist. 
Am wenigsten kann ich mich mit der Violon- 
ccll-Sonate befreunden, die icb ubrigens 
in erstklassiger Ausfuhrung gehort habe. Ganz 
abgeseben davon, dafi es Noren ebensowenig 
wie fast alien seinen Vorgangern auf diesem 
Gebiet gelungen ist, das Streicbinstrument in 
einen aussicbtsvollen Kampf mit dem modernen 
Konzertflugel zu schicken, ist alles in dieser 
Sonate gar zu gesucbt; natfirlich fehlt es nicbt 
an gelegentlichen feinen melodiscben Einfallen 
und aucb an grofizfigigen kraftvollen Gedanken, 
aber sie versebwinden gar zu sehr im Gestrupp; 
am ertraglichsten ist noch das Intermezzo. 

Wilhelm Altmann 



KRITIK 



OPER 

DERLIN: Widerspruch zwischen Schauspiel 
" und Oper: dort hatte die Not des Weltkrieges 
den Blick in die deutsche Vorzeit zuruckwenden 
und aus Iiterariscben Rumpelkammem allerlei 
herausholen Iassen. Die Oper aber war bei 
uns von dieser Sehnsucht nach Ausgrabungen 
freigeblieben. Wohl deshalb, weil das Kuriose 
bier zugleich das Kostspielige bedeutet und hohere 
Opfer fordert. Und gerade beute mochte man 
auf das Kassenstuck nicht verzicbten. Alle, die 
jetzt nach einem deutschen Spielplan rufen, 
rechnen nicht mit den realen Ansprucben der 
Opernbubne, die mit den idealen besonders 
schwer zu vereinen sind. Zumal in der Welt- 
stadt, die den Instinkt fur das Wirksame im 
hochsten Made besitzt. Seitdem in Cbarlotten- 
burg ein Deutscbes Opernhaus besteht, das 
groDstidtiscb und provinziell zugleich ist, er- 
offnen sich den Stiefkindern der Opernbubne 
grofiere Moglichkeiten. Denn hier rubt auch der 
GenuB auf dem kategorischen Imperativ. Wo 
blieben wir in dieser Zeit ohne die Tatkraft 
dieser Buhne, die alien Schwierigkeiten trotzt 
und sicb dafiir nicht nur durch Beifall, auch 
durch Zuspruch so belobnt sieht, daft sie selbst 
der Hundstagshitze die Teilnabme fur die Oper 
abringen, im Sommer durcbspielen wird. Im 
Opernhause dagegen schlaft man den Schlaf 
des Ungerecbten. (Sollte es nicht Albdruck 
sein?) Auch in Charlottenburg war man ubrigens 
vorsichtig. Zwischen Wagner und Mozart, der 
jungst erst durch eine annehmbare „Figaro"- 
Auffuhrung erneuert wurde, gedieh nur wenig 
Mittelhohes. Doch besann sicb Direktor H art- 
man n auf Marschners „Hans Heiling", an 
dem unsere Altvordern nicht nur die Musik 
priesen, sondern auch das Gruseln lernten. 
Wie grausam scheidet die Gescbichte zwischen 
Brauchbarem und Unbrauchbarem, zwischen 
Talent und Genie! Dieser „Hans Heiling", der 
zwischen Weber und Wagner hochgeachtet lcbte, 
bat fur jeden mit ungetrubten, vorurteilslosen 
Sinnen Aufnehmenden heute nur noch den Reiz 
eines Werkes, in dem die Keime des Grofieren 
unentwickelt liegen. Eine Mischung von Damonie 
und SpieQbiirgertum, die den hochsten Auf- 
schwung hindert. Daft der Kapellmeister Richard 
Wagner hier Edelmetall fur eigene dustere 
Stimmungen aufzuspuren wuftte, empflndcn wir 
von Anbeginn; aber auch, daft der „Fliegende 
Hollander", dem hier im Gerust, in der beherr- 
schenden Person, ja, in Melismen vorgebaut 
wird, uns den Geschmack am Mittelmaft ent- 
gGItig verdorben hat. Mag sein, daft das Mift- 
geschick einer Unpaftlichkeit, das den Haupt- 
darsteller Werner En gel traf und zum be- 
deutungsvollen Markieren zwang, dem Eindruck 
im Wege stand; die Lauwarme ware auch unter 
einem gunstigeren Stern nicht gewichen. (Herr 
Re i singer aus Dessau fand sich redlich mit 
dem Rest der Heilingpartie ab.) Sonst batten 
wir nicht zu klagen. Morikes Taktstock sorgte 
fur die nStige Sicherheit, die Chore irrten zwar 
oft von der Linie ab und blieben im Geisterreich 
unbeweglicber, als eine bedachtsame Regie 
(Lagenpuscb) es hatte gestatten sollen; aber 
die Kunst-Natur hatte etwas Walkurenbaftes 



(in Charlottenburger Art). Henriette Gottlieb, 
von Geblut Kunstlerin, fand fur die Mutter 
des Zwitterwesens den vollen, glaubhaften Aus- 
druck; Maria Schneider als Anna versuchte 
ihre Soubrettenhaftigkeit zu beseelen, liell uns 
aber diesen Versuch mit peinlichen Schreitonen 
und Uberintonation biiften. Frisch dagegen gab 
ihr Partner Paul Hansen den Brautigam; 
Schwiegermutter Gertrud, die in der Sturmszene 
Bedeutung gewinnt, erhielt von Frau Marck- 
Liiders Biederkeit und Einfalt, die Dalandsche 
Freude an Kostbarkeiten nicht ausschliefien. 
Josef Plaut und Helmut Berndsen forderten 
die Heiterkeit, fur die Marscbner eine noch heute 
klingende Note zur Verfugung stand. Mag also 
„Hans Heiling" keine Wiedergeburt im eigent- 
lichen Sinne feiern, so doch eine halbe Ehren- 
rettung, die sich, mit starken Kraften gestiitzt, 
wahrend der Kriegszeit behaupten kann. 

Adolf Weifimann 
l/'OLN: Das Opernhaus hat in der ersten Mai- 
**■ woche Verdi's grofie Oper „Der Maskenball" 
erneut in den Spielplan aufgenommen und damit 
einen sehr schonen Erfolg erzielt. Die Auf- 
fiihrung erfreute zunachst vermoge der durch 
Gustav Brechers liebevolle und feinsinnige 
Ausdeutung der Partitur vermittelten, von Wohl- 
laut erfullten und in jedem Moment voile 
Charakteristik entfaltenden farbenreichen Or- 
chesterdarbietung. Eine gesangsdramatisch wert- 
rolle Leistung bot als Amelia Sofie Wolf, als 
Graf Richard lieft Carl Schroder Verdi's 
hiibschen Kantilenen viel klanglichen Reiz und 
daneben die wiinschenswerte Gescbmeidigkeit 
angedeihen, wahrend Julius vom Scheidts 
Renato eine nicht minder darstellenscn wie 
gesanglich sehr edle Gestaltung war und die 
Wahrsagerin Ulrica in Katharina Rohr eine 
lebhaft interessierende, weil in der Eigenart der 
Buhnenflgur nach jeder Richtung mit vielem 
Geschick aufgehende Vertreterin hatte. Noch 
sei der treffliche Page Marie Finks erwahnt. — 
In Wagners „Walkiire" schnitt der soeben von 
Zurich nach Hannover verpfiichtete Baritonist 
Max K rau ft mit seinem als Aushilfsgast in das 
Kolner Ensemble gestellten Wotan, der sich 
durch ein imposantes Organ und zielbewuftte 
Deklamation empfabl, recht vorteilhaft ab. Mit 
der Briinnhilde lieft Marie Ponsgen, deren Dar- 
bietung vom rein kiinstlerischen Standpunkte aus 
noch nicht recht zu befriedigen vermochte, zum 
mindesten stimmlich sehr Schones beobachten, 
dann zeichnete sich neben dem wie fruher 
riihmlichen Siegmund Modest Menzinsky's 
und der eindrucksvollen Sieglinde Sofie Wolfs 
die Fricka von Berta Grimm-Mittelmann als 
eine aus weitreichenden naturlichen und kiinst- 
lerischen Mitteln schopfende musikdramatische 
Gestaltung besonders aus. Hier wie bald nach- 
her in „Tristan" schuf Brecher mit dem Or- 
chester Erstklassiges, indes als Inbaber von 
Tristan und Kurwenal, Isolde und Brangane 
Modest Menzinsky, Tilmann Liszewsky, 
Alice Guszalewicz und Katharina Rohr der 
szenischen Durchfuhrung des Werkes von vorn- 
herein einen vornehmen kiinstlerischen Rang 
sicherten. — Der geniale Katalonier Joan Man en 
durfte nicht nur als einer der besten Geiger, 
sondern auch als stark eigenartiger und sehr 



98 



DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915 



ausdrucks- und gestaltungskriftiger Komponist 
freudig begruGt nach Koln zuruckkebren, wo 
er in beiden Eigenschaften vor etlichen Jahren 
begeisterte Erfolge erzielt hat. Man erneuerte 
jetzt mit verjflngtem und beifalligstem Interesse 
die Bekanntschaft seines vieraktigen musika- 
lischen Dramas „Actea". Unter der sehr tuch- 
tigen Leitung Franz WeiBleders nahm die 
Auffuhrung mit bereits genannten Solisten im 
Rahmen der fruher beschafften glanzenden Aus- 
stattung einen recht schonen Verlauf. Das 
scbone Werk fand wieder eine auQerordentlich 
warme Aufnahme. — Noch sei erwShnt, daB in 
Nicolais „Lustigen Weibern", denen eine vor- 
treffliche Auffuhrung beschieden war, Marie 
Fink als darstellerisch wie gesanglich ganz 
charmante, alles elektrisierende Frau Fluth einen 
Sondererfolg zu verzeichnen hatte, daB die Ein- 
nahme einer mit patriotischen Zutaten ergSnzten 
Auffuhrung von Goldmarks „K6nigin von Saba" 
fur die im Rheinlande ansassigen Hinterbliebenen 
der im Kriege gefallenen Osterreicher und 
Ungarn bestimmt war, und daft die ausnahms- 
weise bis Ende Juni ausgedehnte Spielzeit mit 
einer guten „Meistersinger"-Wiedergabe ihren 
AbschluB fand. Paul Hiller 

KONZERT 

BERLIN: In der Garnisonkirche veranstaltete 
Johannes Messchaert unter Mitwirkung 
Bernhard Irrgangs einen Bach-Abend. Er ent- 
schadigte die vielen Verehrer des Meistersangers 
vollauf fur die verschiedenen Absagen, zu denen 
er sich im Laufe des Winters leider genotigt 
gesehen hatte. Messchaert bot sechs Arien aus 
Kantaten, im Vollbesitz seiner Gesangskunst, 
der die Zeit nichts anzuhaben scheint, und mit 
jener seeliscben Kraft des Ausdrucks, jener 
iiberzeugenden Innerlichkeit des Vortrags, die 
etwas Priesterliches an sich bat. Es war eine 
erhebendemusikalischeKriegsandacht.ergreifend 
und trostend zugleich. An dem unvergeBIichen 
Eindruck des Abends hatte die Begleitung Bern- 
hard Irrgangs vollen Anteil. Er erwies sich 
auch in einigen Solowerken (u. a. PrSludium und 



Fuge c-moll, einem lieblichen Pastorale und 
zwei Choratvorspielen) als ein Meister seines 
koniglicben Instruments. Willy Renz 

pvESSAU: Von den im hiesigen Konzertleben 
*-* sonst eine hochbedeutsame Rolle spielenden 
Hofkapellkonzerten horten wir in diesem 
Winter eigentlich nur deren zwei, die darum 
aber von dem kunstverstindigen Publikum mit 
um so lebhafterer Freude begruQt wurden. Als 
Solisten erschienen Clare Dux von der Berliner 
Hofoper, Konzertmeister Georg Otto-Dessau 
und die fur die Zukunft noch viel versprechende 
junge Munchener Geigerin Eva Bernstein. 
Starken Zuspruchs erfreuten sich die „Vater- 
lindischen Abende" durch ihre auBerst ab- 
wechslungsreichen, sehr volkstumlich gebaltenen 
Programme. Solcher Abende wurden unter 
Generalmusikdirektor Mikoreys Leitung deren 
acht dargeboten. Dazu traten dann zu be- 
stimmten wohltatigen Zwecken mehrere andere 
Konzerte, die teils von der Hofkapelle, teils von 
solistischen Kraften veranstaltet wurden. Keine 
Einscbrankung erfuhren in dem verfiossenen 
Konzertwinter die Kammermusik-Abende 
der Herren Mikorey, Otto, Wenzel, Weise und 
Matthiae. Belebt wurden diese Abende mehr- 
fach durch Hinzuziehung anderer lnstrumental- 
kunstler fur Waldborn, Klarinette usw., so daB 
auch Kammermusikwerke anderer Gattung zum 
Vortrag gelangen konnten. Im ubrigen nannten 
I die Programme die Namen Mozart, Beethoven, 
! Schubert, Weber, Schumann, Brahms, Volkmann, 
I Smetana und Dvorak. Bedeutsame Hohepunkte 
bildeten zwei Kirchenkonzerte, die Franz Mikorey 
mit der Singakademie, dem Hoftheatercbor, der 
Hofkapelle und erlesenen Solokrlften in der 
Jobanniskirche auffuhrte. Das erste fullte in 
ganz hervorragender Wiedergabe Josef Reiters 
„Requiem", wahrend im zweiten die Emmaus- 
Kantate und die Solokantate „Schlage doch, ge- 
wunschte Stunde" fur Alt, beide von Bach, Franz 
Mikoreys „Gebet" (Herr, schicke, was du willt), 
Liszts „MarienstrauBlein zum Maimonat" und 
desselben Meisters erhebender „XIII. Psalm" 
in echt kunstlerischer Gediegenheit zu GehSr 
gebracht wurden. Ernst Hamann 



ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

Unsere Leser erinnem sich wohl noch der geistvollen Studie uber „Loge" von Felix 
GroB im 2. Novemberheft 1914 der „Musik", die den Cbarakter einer der ratselhaftesten 
Gestalten im „Ring" in scharfsinniger Weise erlfiuterte. Technischer Grunde halber 
konnten wir die Skulptur von Ludwig Jahn, von dem wir schon mehrere andere Ar- 
beiten veroffentlicht baben, dem Heft damals nicht beigeben. In dem Feldzug, den 
Deutscbland auch gegen Luge und Verleumdung nach wie vor zu fubren hat, ist eine bildlicbe 
Darstellung des Gottes der Luge, des Verfubrers und Versuchers, des Urhebers alles Bosen, 
auch heute noch „aktuell", und es sei jedem Leser uberlassen, das rankevoll-gauklerische, 
sphinxartige Antlitz des — ubrigens scbon vor zwei Jahren geschaffenen — Jahnschen Loge mit 
der ehrenwerten Person irgendeines der Urheber des Weltkrieges in nahere Vcrbindung zu 
bringen! 

In freundlichem Gegensatz zum „Lugengott" stent das Stuckchen Biedermeierzeit, das die 
folgende Abbildung verkorpert: Philipp Reger und Albert Lortzing. Ober ihre Hans- 
Sachs-Oper, einen der Vorlaufer der Wagnerschen „Meistersinger", unterrichtet der Aufsatz 
Richard Ornsteins im vorliegenden Heft. 



Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster 
Berlin W 57, BulowstraCe 107' 



■ 




B 9 






P "* rk 


^taM^^SS^tiJHj 



LOOS 

Skulptur von l.udwig J»hn 



XIV 




20 







PHILIPP REGER UND ALBERT LORTZING 



XIV 




(■ 



DE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT, 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 21 • ERSTES AUGUST-HEFT 
14. JAHRGANG 1914/1915 

VERLEGT BEI 
SCHUSTERS LOEFFLER: BERLIN W 



Fur das Schone hat der Mensch von Natur aus eine gewisse 
geistige EmpfSnglichkeit, eben weil er Mensch ist und Sinnliches vom 
Geistigen unterscheiden kann. Das sinnlich Angenehme liegt ihm 
zwar n9her, insofern er ein sinnliches Wesen ist. Allein das An- 
genehme ist nicht das Schone. Das erstere nur begreift der Sinn, 
das letztere kann nur der Geist fassen. . . . 

Martin Deutinger 



INHALT DES 1. AUGUST-HEFTES 

ARNO NADEL: Gesange der jemenitischen Judtn. Versuch 
einer neuen Einteilungsweise fur alte Melodieen 

JOHANNES HATZFELD: Musikalisches aus dem Tagebuche 
Martin Deutingers 

A. N. HARZEN-mOLLER: Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger 

KONRAD VOLKER: Schubert und Goethe 

REVUE DER REVUEEN: Zum 100. Geburtstag von Robert Franz 
(SchluC) 

BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten: 
Rudolf Cahn-Speyer, Emil Liepe, Edgar Istel, Arno Nadel, 
Wilhelm Altmann, Emil Thilo, F. A. GeiBIer 

KRIT1K (Oper und Konzert): Halle, Hannover, Worms 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

KUNSTBEILAGEN: Autographe von Schuberts „Erlk6nig", 
„HeidenrosIein" und „K6nig in Thule"; Exlibris zum 55./56. Band 
der MUSIK 

NAMEN-UNDSACHREGISTERzum55.QuartaIsbandderMUSIK 

NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes 

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Abonnementspreis 

Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung 
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland 
Mk. 6.—). Die bisherige Jahresvorausbezahlung lassen wir, um den 
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zahlungserleichterung 
zu gewihren, fur den 14. Jahrgang in Wegfall kommen. 

Verlag und Redaktion der MUSIK 



GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 

VERSUCH EINER NEUEN EINTEILUNGSWEISE FUR ALTE MELODIEEN 
VON ARNO NADEL IN BERLIN 



Das vor uns liegende Werk „ Gesange der jemenischen Juden" *) stellt 
den grandiosen Anfaog einer systematischen Sammlung der tradi- 
tionellen Gesinge der orientalischen Juden dar. Fernere funf 
Bande sollen folgen: Gesange der persischen Juden, Gesange der baby- 
lonischen Juden, Gesange der syrischen Juden, GesMnge der sefardischen 
Juden und GesSnge der marokkanischen Juden. 

Die Methode des Herausgebers ist wahrhaft bewundernswert: sie ist 
sachlich, vollig selbstlos und demgemMQ sehr zweckdienlich. Man mochte, 
um es gerade herauszusagen, den Synagogengesangen der europaischen 
Juden einen so groQzugigen Sammler wie Idelsohn wunschen. Wohl sind 
die reicbbaltigen Werke von Naumbourg, Weintraub, Beer, Sulzer, Lewan- 
dowski, Singer und anderer verdienstvoller Manner vorhanden, wohl 
arbeiten unausgesetzt Gelehrte wie Oberkantor Eduard Birnbaum in Konigs- 
berg i. Pr., Musikdirektor A. Friedmann in Berlin daran, das Material zu 
sondern, zu erlautern, ja in Einzeldarstellungen — wie Birnbaum in nie 
dagewesener wissenschaftlicher Vollkommenheit — zu erschopfen. Aber die 
Anlage einer umfassenden Sammlung Fur die synagogale Kunst der euro- 
paischen Juden nach dem MaDstabe des Idelsohnschen Werkes feblt bisher. 

Wollte man das Gute und Interessante der ausfiihrlichen Einleitung 
herausheben, man wurde in einem Aufzfihlen bleiben. Aus dem Kapitel 
„Aussprache des HebrMischen" mit den klaren Tabellen erfahrt man viel 
Wissenswertes uber die Wandlung der Laute, und da wir es bei den 
jemenitischen Juden mit einem Stamm zu tun baben, der sich seit zwei 
Jahrtausenden unter gunstigen Umstfinden — die hier zur Genuge Leiden, 
Absperrung, Verachtung bedeuten — rein erhalten hat, so bekommen wir 
einen Begriff vom Hebraischen der alteren Zeit, vielleicht sogar der 
Tempelzeit. Das zweite Kapitel, „Die Poesie" betitelt, ist voller be- 
merkenswerter AuOerungen, die die Kultur der jemenitischen Juden an- 
gehen; und da der sich hervortuende Zweig eines groQen Stammes ge- 
wohnlich das Besondere der gesamten Umgebung widerspiegelt, so lernen 
wir hier wieder eines fur vieles. Ich denke an das uber Hochzeitsgesange 
Gesagte. Am umfangreichsten ist, dem Gegenstande entsprechend, das 



*) HebrSisch-orientalischer Melodieenschatz. 1. Band. Gesinge der jemenischen 
Juden. Zum erstenmale gesammelt, erliutert und herausgegeben von A. Z. Idelsohn. 
Subventioniert von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, der Ge- 
sellschaft zur Fdrderung der Wissenschaft des Judentums, Berlin und der Zunz- 
Stiftung, Berlin. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig. 

7* 



100 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

dritte Kapitel „Der Gesang". Und zwar ist es die Darstellung der fiinf- 
zehn verschiedenen Weisen der jemenitischen Synagogengesange, die uns 
einen klaren Uberblick iiber eine der wertvollsten Melodieensammlungen, 
die wir kennen, verschafft. Die Abgrenzung der einzelnen Motive, die 
vergleichenden Notentafeln (die 2. Notentafel stellt die jemenitische Tefilla- 
weise der entsprechenden der anderen orientalischen Juden, einem Motiv 
des syrischen Kirchengesanges und einem arabischen Gesang der Maqam 
Siga gegeniiber und zeigt dadurch, wie urspriinglich diese so vielen Volker- 
schaften eigentumliche Weise sein muC) und die Schlufifolgerungen sind 
von gleich grofiem Reiz, wie der seltsamsten Belehrung voll. 

Ebenso ist das iiber Tonart, Rhythmus und Tempo Ausgefiihrte von 
groCem Interesse fur jeden, der fiir orientalische Kunst, fur jeden, der 
fur elementare Musik Sinn hat. Kommt man doch in neuerer Zeit auf 
alle diese ersten Dinge, wie zusammengesetzte Taktarten, Erweiterung des 
Tonsystems (Busoni: n Entwurf einer Asthetik der Tonkunst", Triest 1901 u. a.) 
zuriick, um die in der Klassik mehr oder weniger steckengebliebene Musik 
zu beleben und zu erweitern. 

Es folgen nun in 203 ausgedehnten Nummern die eigentlichen 
Melodieen in den beiden Hauptteilen: Synagogengesange No. 1 — 127 
(und zwar Gesange fiir Sabbat- und Werktage, Gesange fiir Sabbat, Gesange 
fiir Festtage, Quinnot oder Klagelieder, Selihot oder BuDlieder, Gesange 
fur die hohen Feiertage und Verschiedenes) und auOersynagogale Gesange 
No. 128—203. 

Was Gebet und Ton anbetrifft, so gilt ein anderes fiir den Orient, 
ein anderes fur den Okzident. Der Orientate lebt in einer gottgesattigteren 
SphBre, er ist dem Paradiese nicht nur ortlich naher. Was ist Gebet? 
Versenkung in Gott, Bitte, Dank, Wonne. Der Betende schafft im Momente 
des Betens einen anderen, einen unsinnlichen Raum. In diesem aber 
gelten sofort auch andere Gesetze des Tones, wie uberhaupt der Ton ein 
Bestandteil dieses Raumes wird. Da er aber vom Gestalteten, vom 
Menscblichen sich entfernt, erhalt er etwas Dauerndes und Unkompliziertes. 
Daher ist die Weise des orientalischen Gebetes eng. Sie bewegt sich 
meistens nur in wenigen Tonen. Diese Enge ist aber weit weniger ein 
Zeichen des Primitiven als des starkeren metaphysischen Zustandes. 
So waren und sind die Rezitationen des Veda, so waren die griechi- 
schen Chorweisen, als sie noch tatsachlichen Gottesdienst bedeuteten, 
und so waren und sind noch zum Teil die religiosen GesSnge des 
religiosesten Volkes des Altertums, des Religionsvolkes an sich, mochte 
man sagen, der Israeliten. Die Gottesgesange der jemenitischen Juden 
aber, die sich diese als ein Heiligtum in moglichster Reinheit und Treue 
erhalten haben, bilden ein in seiner Fiille erstes und erstrangiges Denkmal 
dieser Art. 



NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 



101 



Ich lasse hier ein Beispiel aus den jemenitischen Sabbattnelodieen 
folgen : 









=p=* 



8fiE=3=3z=5=5==m ^=$E^==$ EE ^p m 



(Idelsohn No. 19.) Es ist die Weise des 29. Psalms, der am Vorabend 
des Sabbats vor dem popularsten und eigentlichen Sabbatliede „L'cho daudi" 
intoniert wird. Das sind zwei Verse. In diesem Motiv bewegen sich alle 
iibrigen Verse bis zum SchluB. Ahnlich sind unzahlige Stiicke in dem 
Werke; ich meine nicht durchaus ahnlich diesem Motiv, aber die Art ist 
kennzeichnend fur fast alle Melodieen. Ab und zu bewegt sich ein Motiv 
bis zur Sexte, zweimal in der reichhaltigen Sammlung bis zur Septime, 
aber das sind Ausnahmen von der Regel. Die „Klageliedweise* (Idel- 
sohn 58 — 60, 62 — 64) steht vorherrschend im Umfang einer kleinen 
Terz, von der der Herausgeber sagt, daC sie eher vermindert als klein 
klinge, ,da in alien sechs angefiihrten Skalen [gemeint sind die Ton- 
messungen auf phonographischen Platten, die im vorliegenden Falle das 
Hinaufschrauben der Tone durch die Vorsanger feststellen, — eine Gepflogen- 
heit der jemenitischen Vorbeter, die im Rezitieren die Tonalitat steigern, 
je mehr sie in Begeisterung geraten. S. Werk, Einleitung] dieses Interval! 
auch nicht annahernd dem einer kleinen Terz gleichkoramt." Der Anfang 
des allbekannten 137. Psalms „An den Stromen Babels" lautet 




fc=p=fczfc: 



gEg g3=mbfcg^g^ g 



(Idelsohn 58). Ich betone noch einmal: diese Melodieen sind nicht aus 
Durftigkeit eng, sie sind nicht die Folge einer Ohnmacht und bedauerns- 
werten Beschranktheit, zu welcher Annahme die auQere einfache und tcil- 
weise einfaltige Kultur jener Volker leicht verleitet, sondern vielmehr das 
Ergebnis metaphysischen Reichtums und eines anderen, gottlicheren Welt- 
gefuhls. Das Wort ist dem Orientalen schon an sich Ton genug, Wort 
ohne Ton ist ihm undenkbar, und so kommt es, daO der echte Jude nie- 
mals etwas Jernen" wird, ohne den ganzen Text mit all seinen verzwickten 
Auseinandersetzungen, Entgegnungen und Folgerungen vor sich herzusingen. 
Auch diese Weise, wie sie von den jemenitischen Juden gepflegt wird, 
moge hier folgen: 



r^_ 


H-- 


ft • — »— » — * • — — • — K- 


J P * . 


1 — t — * — »— 



102 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



3p=I3^S=B=«^ 



(Idelsohn 4.) Auf solche oder ahnliche Weise wird noch heute von den 
orthodoxen Juden aller Weltgegenden der Talmud studiert. 

Anders ist der europMische Jude. Er bat sich von seinem Boden 
entfernt und hat vieles von seiner Umgebung angenommen. Selbstver- 
standlich ist bei seinem verehrenden Sinn genugend haften geblieben, so 
daC fiir den Nichtjuden, wenn er in eine Synagoge tritt, in der nach altem, 
reinem Ritus gebetet wird, ein fast ebensolches Bild sich ergibt, als wenn 
er ein orientalisches Bethaus besuchen wurde. Dennoch ist der Unter- 
schied grofl. Vor allem herrscht in seinen Weisen das ausgepragte Gefiihl 
fiir Dur und Moll vor. Aber auch der Tonumfang ist weit grofier. Die 
Seele singt sich aus, das Singen ist fiir sie ein besonderes Kunstelement, 
eine Feiertagsangelegenheit. Die jiidische Natur hat sich im Okzident 
auch der anderen Luft assimiliert, der regeren, weltlicheren, der Gott 
nicht die Ruhe allein bedeutet. Als Beispiel diene die folgende, von 
meinem ehemaligen hocbgeschatzten Lehrer Eduard Birnbaum im zweiten 
Heft seiner „Liturgischen Ubungen* aus einer in seinem Besitz befind- 
lichen alteren Kopenhagener Handschrift mitgeteilte Melodie fur das Passah- 
fest. Sie lautet mit Text wie folgt: 




El • ba - ho - do - os 



don- 



ban - nif- lo • os bab- 




Si§ 



bo-cher b' schi-re" sim - rota me - • • - lech el 




che 



Ctaor: 




(Birnbaum, Liturgische Ubungen Heft II, No. 2 a). Was sind das fur aus- 
gepragt harmonische Fortschreitungen, fiir rasche, kehlfertige Tonfolgen! 
Bei alledem ist die Weise in ihrer Eigentumlichkeit durchaus jiidisch und 
gehort gewiC nicht zu den Stiicken, die vom christlichen Ritus beeinfluBt 
oder gar hergekommen sind, wie solche einige A. Friedmann in seiner 
lehrreichen Studie „Der synagogale Gesang" (Berlin 1908) mitgeteilt und 
zum Teil entdeckt hat. In seiner Erlauterung zu diesem Stuck bemerkt 
Birnbaum, daC schon der fromme Verfasser eines liturgischen Werkes am 



NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 



103 



Ende des 17. Jahrhunderts das „viele Singen" dieses Textes getadelt babe, 
ebenfalls ein Beweis fiir den Gegensatz alterer Tradition zum weltlichen 
Vortrag spaterer Zeit. Wie sehr aber der orientalische Jude und ebenso 
der Orientate uberhaupt sicb, seinem starkeren Gottgefiihl entsprechend, 
in seinen synagogalen Weisen bezuglich des Tonumfanges und der Be- 
weglichkeit wissend einschrankt, ersehen wir am besten aus dem Umstand, 
daft er in seinen weltlichen Gesangen weit freier und frischer ist. Dies 
ist ein Sabbatlied, das sicb innerhalb einer Dezime bewegt: 

JS * K ,_ ^ K_ K. 




wa - ag - rib gor- be - not re 



I 



=t 



-==nr- 



=£ 



£ 



tr 



jom sub be 



ho - lij- 



(Idelsobn 133.) Der Text, ohne die intimeren Zeichen, sei eine Probe 
fur das jemenitische Hebraisch. 

Die jemenitischen Juden unterscheiden in ihrem Synagogengesange 
folgende fiinfzehn verschiedene Weisen: 1. Pentateuchweise, 2. Zemirotweise, 
3. Prophetenweise, 4. Psalmenweise, 5. Liedweise des Pentateuchs, 6. Hohe- 
Iiedweise, 7. Estherweise, 8. Klageliedweise, 9. Ijobweise, 10. Mischnaweise, 
11. Tefillaweise, 12. Selibaweise, 13. Hohe Feiertagsweise, 14. Taanitweise, 
15. Azharotweise. In der Einleitung ist, wie bereits gesagt, vora Heraus- 
geber alles Wissenswerte iiber diese Weisen zusammengetragen worden. 
Was ich hier bezuglich der Einordnung der angegebenen Melodietypen in 
ein gewisses System ausfuhren mochte, das ist folgendes. 

Man wird zum Verstandnis sowohl der uns vorliegenden Melodieen 
wie zur Erkenntnis — Altersbestimmung u. a. — orientalischer und anderer 
alter Weisen gut tun, nach Art der griechischen Tetrachorde — schon die 
Griechen kannten auch Heptachorde, Octachorde u. a. mit noch groBerem 
Umfange — und nach Art der Hexachorde aus der Solmisationslehre 
andere Chorde, wenn wir den Plural frei benutzen durfen, zu bilden, die 
jcdesmal eine Reihe von Melodieen besser als gewohnlich kennzeichnen. 
Unter Chord verstehe ich hier eine begrenzte Tonfolge, deren erster Ton 
moglichst den Grundton bildet. Zur Einordnung der jemenitischen Syna- 
gogenmelodieen wiirden nun folgende Chorde geniigen: Der Triachord, 
der Tetrachord, der Pentachord, der Hexachord und der Tetra-Hexachord. 



104 



DIE MUSIK XIV. 21 : 1. AUGUSTHEFT 1915 



Doch muD unseren Ausfiihrungen vorangeschickt werden, daU die Intervalle, 
die nach den von Idelsohn aufgenommenen Platten genauen, im Werke 
angegebenen Messungen unterliegen, nur annShernd der angewandten Noti- 
fizierung entsprechen. Wie wir uberhaupf alles, was wir vom gewisser- 
maOen Bekannten heranziehen, nur sytnbolisch gedacbt wissen mochten, 
zunachst die Skalen. So wende ich die uns gelaufigen Kirchentone an, und 
nicht die hierher besser passenden arabischen Makatnat, um einerseits 
den Charakter der fremden Melodieen moglichst genau auch ohne 
Notenbild zu veranschaulichen, sodann aber aucb, um das Beispiel, 
so gut es geht, naher durcb die uns gegebenen Mittel zu bestimmen. 
Denn sehr oft finden wir auch beziiglich der Skalen erste Dinge so- 
zusagen — Skalen ohne festen Grundton, reine, urmelodische Motive (da 
ja nur bei einem harmonisch ausgebildeten System das Grundtongefiihl 
ein wahrhaft festes sein kann), die mit den fiinf so gut wie alien primi- 
tiven Volkern eigenen Fiinfton-Skalen zusammenhangen, und anderes mehr. 
DaB aber eine tiefe Beziehung zwischen dem vorliegenden Material und 
der altgriechischen wie der altkirchlichen Musik vorhanden ist, steht fur 
mich fest. Nur hier kann von „alten" judischen Melodieen die Rede sein 
und weit weniger bei den polnischen bzw. deutschen Synagogengesangen, 
die gerade in ihren markantesten Stiicken weit jiinger 'sind, so z. B. im 
Kol-Nidre, das in den Elementen wohl alt und tatsachlich mit jemenitischen 
Weisen, auch mit der jemenitischen Kol-Nidre-Weise, verwandt ist — eine 
Analyse dieser beriihmtesten Synagogenmelodie und anderer bedeutender 
europaischer Stucke auf Grund unserer Einteilung und in Beziehung auf 
ihre Verwandtschaft mit den vorliegenden Melodieen wiirde viel Uber- 
raschendes ergeben — im ganzen aber, wie eben die groCen polnischen 
Weisen uberbaupt, auf dem ausgebildeten Gefuhl von Dur und Moll be- 
ruhen, d. h. hier weit mehr Erzeugnisse des 16. und 17. Jahrhunderts als der 
Jahrhunderte um Christi Geburt sind. Naturlich bleibt auch noch einer 
splteren Musikpsychologie, die die Seelen der Volker auf ihre Musik bin 
untersuchen wird, viel zu tun aufbewahrt. Ebenso wiirde die musikalische 
Physik aus Untersuchungen iiber die jemenitischen Tonstufen, die Idelsohn 
bei jeder Weise angibt, vielen Nutzen ziehen; so wiirde es gewiC auch 
manches zum VerstSndnis der griechischen Enharmonik beitragen. 

Es moge nun die eigentliche Einteilung der funfzehn Weisen folgen. 

I. Pentateuchweise 



i 



*: 



*=*: 



r^-p: 



£EB 



I 



^^ 



W=i- 



^^^3r 



NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 



105 



(Idelsobn No. 1. SchluG.) Sie steht im aolischen Pentachord. Dafl das F 
Leiteton ist, ist aus dem ganzen Charakter zu ersehen. Da er aber 
manchesmal auch im Schein der Oberdominante der parallelen Durtonart 
schwebt, so konnte man ihn noch besser als „irisierend" bezeichnen und 
die ganze Art als irisierenden Pentachord. Aolisch nenne ich ihn und 
nicht dorisch, weil in der Folge, und in den meisten jemenitischen 
Stucken uberhaupt, die kleine Sext vorkommt. Eine Weise steht im 
aolischen Pentachord hieOe demnach: in ihr ist der Ganzton als Leiteton 
vertreten. — Zum TerzschluO, der sehr kennzeichnend ist und sehr oft 
vorkommt, ware noch zu bemerken, daD er als eine Art oberer Terzleite- 
ton anzusehen ist, der wahrscheinlich aus der Scheu vor dem Halbton 
zwischen der zweiten und dritten Stufe entstanden ist. Auch die Unter- 
brechung der sonst naturlichen aufwartsfuhrenden Tonfolge von der Dominante 
zum Leiteton (s. Anfang von No. 10) ist wohl mit dieser Scheu zu er- 
klaren, die wiederum mit einem naturalistischen Tongefuhl zusammenhangt. 

II. Zemirotweise 



m 



^^E 



HP 



£ 



S=5=5=&^Q=±: 



*=$=&-- 



(Idelsohn No. 7. Ausschnitt) ist dem aolischen Hexachord zuzuschreiben, 
womit abermals gesagt ist, daD sie den Ganzton als Leiteton aufweist. 
(Die vollig anders geartete Zemirotweise fur Ostern steht im Dur-Pentnchord.) 
III. Prophetenweise 





i^ m~^^m Tl 


-fU? p * * * * g-#-g-g-g-P-g-P- » , 


— # F F ?_p_f_^_S O 



i 



^ 



-*—* — W- 



X—\r- 



-F-f-F-«- 



t=t 



WTJ^T*^ 



%=E=- 



(Idelsohn No. 28.) B ist sowohl Leiteton wie irisierender Ton; er bekommt 
oft vorubergehenden Grundtoncharakter. Daher kann man nur mit schlechtem 
Gewissen diese Weise dem Triachord mit Leiteton zuweisen: man tut 
besser, sie unter den irisierenden Dur-Tetrachord zu fassen. 

IV. Psalmenweise 



ff^=C3 =£=^ ^^^^^^gy 



(Idelsohn No. 16) steht im reinen Dur-Tetrachord, wenigstens im weit 
reineren als die Prophetenweise, denn, wie ich annebme, ist diese Weise 
eine jiingere und aus jener Oder aus einer jener ahnlichen entstanden. 
Der irisierende Ton ist nun so gut wie ganzlich zum Grundton geworden. 



106 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



V. Liedweise des Pentateuchs 







-V- 



(Idelsohn No. 43) steht im irisierenden Dur-Triachord. Hier ist der 
irisierende Ton besonders deutlich. (Urphanomen des Sichauflosens und 
-auslosens von Moll in Dur und der innigsten Verbindung der beiden 
Skalenanfange. Moll ruht in Dur wie in einer verschliefibaren Kapsel. 
Siehe auch: das Beispiel der Prophetenweise.) 

VI. Hoheliedweise 



m 



m^^s^m^^^ 



-t- 

(Idelsohn No. 18) steht im reinen Dur-Tetrachord. 
VII. Estherweise 




(Idelsohn No. 126) steht im reinen Moll-Tetrachord. Bei leidenschaft- 
licher, mehr individueller Steigerung tritt die Quinte als Wechselnote hinzu. 

VIII. Klageliedweise (Idelsohn No. 58, s. oben). Im Moll-Triachord 
mit irisierendem Ganzleiteton. Mancher Vers schlieCt auch auf £, welches, 
mit unserem heutigen Ohr gehort, in drei Bedeutungen sich manefestiert: 
als Moll-Quinte, als Moll-Sekunde und ein wenig auch als Grundton — 
wiederum ein Musterbeispiel fur das Akzidentielle alter Noten und fur das 
rein melodiose, schwebende BewuCtsein. (Vergleiche iibrigens hierzu: das 
schwache Grundtongefiihl in griechischen Weisen, aber auch in Choralen 
wie „Christe, du Lamm Gottes" mit Nebenschliissen, und sogar Volkslieder, 
z. B. russische, die sich in verwandte SchluBtone hineinsehnen.) 

IX. Ijobweise 



$j^$E3E£S£F^m*&**fT*EZ= £5=^^ 



(Idelsohn No. 61.) Im Dur-Tetrachord. 



NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 107 

X. Mischnaweise (Idelsohn No. 4). Im Dur-Triachord. No. 92, welche 
derselben Weise beigezShlt ist mit nur einer Sekunde im Umfang, ist nicht 
etwa deswegen als uralt anzusprechen. Hier ist vielmehr richtige Monotonie 
des Sprecbtones oder des Vorlesetones. (Siehe den reichhaltigen Aufsatz 
„Monotonie als Kunstmittel" von Franz Dubitzky, .Die Musik", Jahr- 
gang XIII, Hefte 23 und 24, in dem ich die zu unseren obigen Aus- 
fuhrungen iiber Frommigkeit und Musik gehorende Bemerkung: „Geister 
reden nach Ansicbt der wissenden Welt in der Regel mit monotoner 
Stimme" finde.) 

XI. Teflllaweise 



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fc 



i t / *r m jz_» — »= g~ m — — * — ,i'~g= 



^. — .; — ^ — * — „ y — j — i — 



(Idelsohn No. 12.) Im Dur- Pentachord. Hier und da mit der Sexte als 
Wechselnote bzw. als momentane Steigerung. Es ist hier mit der Sexte 
dasselbe der Fall wie etwa mit der manchmal auftretenden Quarte in der 
Ijobweise, ,die aber nicht von alien Sangern gebraucht wird, sondern bloQ 
als Verzierung zu betrachten ist." (Idelsohn, Einleitung Seite 32.) Die 
Gemeinde bedient sich denn auch der Sexte nicht, auCer im heiligen 
Kodauscbgebet (No. 13) bei Anrufung des Gottesnamens. 

XII. Selihaweise 



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f m- F —m^-»—~ fB 


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7 -m ■ 


•-fa— a— b— » ' i - 


S 


_J U— ^ J___f__ 



(Idelsohn No. 47.) Im dorischen Tetra-Hexachord, oder besser und kiirzer 
im hypodorischen Hexachord. Da namlich hier der vierte Ton tatsachlich 
Mittelton und Grundton ist, so haben wir ausgesprochene hypodorische 
Melodieen vor uns. Dennoch ist diese Weise anscheinend die am meisten 
beeinfluQte. In den Nummern 38, 67, 111 u. a. haben wir einen regularen 
Ubergang von a-moll nach e-moll durch Fis; No. 51, sonst hypodorisch, 
schliefit, um die hohere Steigerung zu zeigen, in Dur. In No. 70 haben 
wir bereits unsern echten Moll-Leiteton. Die Selihaweise ist denn auch 
vielen noch heute gesungenen Weisen der polnischen und deutschen Juden 
am meisten verwandt. Auch die Beweglichkeit und das harmonische Ton- 
gefiihl ist ganz anders als in den iibrigen Weisen. 



108 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



^^S^^5^^=5=E 



Tr 



-1—i- 




m^ 



=-i-t 



-rr 



(Idelsohn No. 76. Schlufi.) Das klingt weit freier und europMischer 
als sonst. 

XIII. Hohe-Feiertagsweise 



S=^?=^=^=^=ES= rr^ 



fcg^==g=f^ : ^-FF 



:H=f- 



S 



i 



_ ft £=p p p— ^ •3i_j__ji=p=:p — p — p=, 

a a 1 h , — !- — ■ a- — a h — — +, . l, 1 



:£=£: 



P=tt 



sn 



(Idelsohn No. 110, Schlufi) steht, wie das angefuhrte Beispiel, im hypo- 
mixolydischen Hexachord. (G ist Mittelton bzw. Grundton, die Terz ist 
groB, der Leiteton ist Ganzton.) Aber auch im hypodorischen Hexachord 
und oft auch im reinen Dur-Tetra-Hexachord. Sie ist der vorangehenden 
Weise nah verwandt, oft fast identisch mit dieser, und noch reicher 
entwickelt. In No. 112 kommt die Septime vor. Der ganze Charakter 
ist aber auch hier der des Tetra-Hexachords. 



XIV. Taanitweise 

-JL — ^—i — » — »— ,* — r— ■- 


-j , ,- 


_ Ji_ X— — » — »- 


-^-•—5—5—,—^—^=^ 


-*— &=>= 


- M =f=p i — *=£— R- 



ii 



33E 



--^=Jj-- 



£T H 



(Idelsohn No. 90.) Wie dieses Beispiel, welches reiner als die anderen 
Nummern diese Weise wiederzugeben scheint, auch sonst im Moll-Penta- 
chord. Charakteristisch ist hier wieder das Hangenbleiben auf einem 
anderen als auf dem Grundton, auf H, der ein echter Konfliktton im 
Riemannschen Sinne ist. 

XV. Azharotweise 




(Idelsohn No. 53) steht, mit Ausnahme von 41 im phrygischen Pentachord. 



NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 



109 



Der Anfangston ist irisierender Ton, und zwar insofern, als er zwischen 
Leiteton und Dominante zur parallelen Dur-Tonart — im heutigen Sinne — 
scbillert. 

Es ergibt sich demnach folgende Tabelle: 



Weise 



I: 

II: 

III: 

IV: 

V: 

VI: 

VII: 

VIII: 

IX: 

X: 

XI: 

XII: 

XIII: 

XIV: 

XV: 



im aolischen Pentachord, 

im aolischen Hexachord, 

im irisierenden Dur-Tetrachord, 

im reinen Dur-Tetrachord, 

im irisierenden Dur-Triachord, 

im reinen Dur-Tetrachord, 

im reinen Moll-Tetrachord, 

im Moll-Triachord mit Ganzleiteton, 

im Dur-Tetrachord, 

im Dur-Triachord, 

im Dur-Pentachord, 

im dorischen Tetra-Hexachord, 

im hypomixolydischen Hexachord, 

im Moll-Pentachord, 

im phrygischen Pentachord. 

Es stehen also: drei Weisen im Triachord (zwei in Dur, eine in Moll 
mit Ganzleiteton), funf Weisen im Tetrachord (vier in Dur, eine in Moll), 
vier Weisen im Pentachord (Molisch, Moll, Dur und phrygisch), eine -Weise 
im Hexachord (aolisch) und zwei Weisen im Tetra-Hexachord (bzw. im 
hypodorischen und hypomixolydischen Hexachord). — Der groCte Reich- 
turn entfaltet sich innerhalb des Tetra-Hexachords, in etwa 50 Nummern, 
die die wichtigsten und ausdrucksvollsten Stiicke enthalten. 

Mit wieviel Nutzen unsere Einteilungsweise sich auch fur alle anderen 
alten Melodieen anwenden HeCe, das anschaulich nachzuweisen, fehlt mir 
hier der Raum. Einen ausfuhrlichen Vergleich zwischen den griechischen 
Melodieen, dem Gregorianischen Choral und den jemenitischen bzw. den 
orientalischen Synagogengesangen — hoffentlich bringen die folgenden 
Bande ferneres neues und ebenso wertvolles Material — behalte ich mir 
vor. Natiirlich sind noch andere Einteilungsarten moglich. Ich weise 
nur auf das klare, hochst wichtige Werk „Takt und Rhythmus im Choral" 
von Carl Fuchs hin (Schuster & Loeffler, Berlin und Leipzig 1911). Da findcn 
wir eine der Aufgabe entsprechende, forderliche Einteilung nach Auftakten 
bzw. Einsatzen. Eben dasselbe Werk gibt unter anderem auch eine Zu- 
sammenstellung der Chorale — das Material sind 148 ausgewahlte Chorale — 
nach ihrem Melodieenumfange, und da zeigt es sich, um wieviel deutlicher 
notigenfalls eine solche in unserer Art ausfallen wiirde. (Denn dem Ver- 
fasser ist tatsachlich der Umfang im Moment das Ausschlaggebende, da er 



110 



DIE MUS1K XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



ihn auf den Charakter des Textes anwendet.) Die nachfolgende Ode „Veni 
redemptor gentium" des Biscbofs Ambrosius von Mailand (Fuchs No. 60) 



i 



^ 



=& 



£ 



£ 



£ 



-*-*- 



m 



:t=lsc 



45r 



steht im Melodieenumfang einer Sexte. Das G aber ist irisierender Ton, 
wie im Anfang der zitierten Azarothweise, und so wiirden wir eine viel 
deutlichere Empfindung haben, wenn wir feststellten, daO diese Ode im 
dorischen Pentachord stehe. (Wenn, wie bier, da die Sexte fehlt, die 
Tonart sowohl doriscb wie aolisch sein kann, tate man auch gut, schlecht- 
hin vom alten Pentachord zu sprechen.) Der Choral „Ach Gott und Herr, 
ach wie so schwer" (Fuchs No. 17) hat wiederum den Melodieenumfang 
einer Sexte, steht aber im Tetra-Hexachord in Dur. Dagegen steht „Ach 
wie nichtig" (Fuchs 74) im reinen Dur-Hexachord. Desgleichen „Lobt 
Gott ihr Christen allzugleich" und „Nun danket alle Gott". 

Was ich sagen will, ist, daO durch unsere Charakterisierung gewisser- 
maOen die Seele einer alten Melodie auch ohne schriftliche Veranschau- 
lichung moglichst treu wiedergegeben werden kann. In unserem besonderen 
Fall aber wiirde die angewendete Form ihren Zweck vollauf erreicht haben, 
wenn sie zur Einordnung und zur deutlicheren Ubersicht eines ungemein 
wertvollen Melodieenkomplexes beigetragen haben sollte. 



MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE 
MARTIN DEUTINGERS 

VON JOH. HATZFELD IN PADERBORN 



DaC bisweilen auch ein Komodiant einen Pfarrer lehren konne, ist 
eine Wahrheit, die selten bestritten wird, nicht bloB weil die 
Autoritat Goetbes hinter ibr steht. Es ist aber ohne Zweifel void 
Ubel, wenn man das, was Goethe als wohltatige Ausnahme fordert, zur 
geltenden Regel erheben will. Unsere praktischen Kunstler neigen dazu, 
insofern sie es als selbstverstandlich ansehen, daO ein Philosoph, soweit 
er isthetische Neigungen hat, bei ihnen zur Schule geht, wahrend sie 
ihrerseits nur selten Neigung verspiiren, von jenem zu lernen. Und dennoch, 
wenn das Kiinstlervolk asthetisiert — und das tut es bekanntermaBen trotz 
gegenteiliger Versicherungen auBerordentlich gern — , so kommt es mit 
dem Sprach- und Begriffsschatz, den Technik und Handwerksbrauch lehrt, 
nicht allzu weit, und wo immer es eine Frage tiefer anfassen mochte, 
zeigt sich eine Anleihe bei der Philosophie als unvermeidlich. „Das steht", 
wie der Munchener zu sagen pflegt, wenn auch unbedingt eingeraumt sei, 
daO der Philosoph zu seinem Teil manchmal gar zu ungeschickt ist — 
oder war — und vergaD, daB ein Philosophieren ii b c r etwas ein Wissen 
von etwas zur Voraussetzung hat, selbst wenn es sich urn ein so gemein 
Ding handelt, als die Musik es ist. Freilich schlieBt die Aufstellung 
dieser Forderung nicht ein, daQ er nun gleich den „Drei- und Vierfachen" 
handhaben konne, das braucht's dazu wirklich nicht, er darf sich ruhig 
mit weniger begnugen; aber eine Kunstlerseele muO er haben, die es von 
rezeptiver Art ja genau so gut gibt wie von produktiver. Er muB Asthetik 
treiben, nicht bloB weil sie nun mal „ins System" gehort, sondern weil 
sie ihm inneres Bediirfnis ist. Man kann nicht sagen, dafl man von dieser 
Art Philosophen manche aufzahlen konnte, zumal nicht aus friiheren 
Jahrzehnten. Um so mehr muB man wunschen, daB, wenn unter diesen 
wenigen noch ein Vergessener ist, er zu gebuhrenden Ehren komme. 
Man halt's nun in Deutschland mit der Ansicht, dafi der 100. Geburts- 
tag ein passendes Datum sei, um wieder aufzustehen. Das ist fur manchen, 
der wirklich etwas war, zum Guten ausgeschlagen. Nun, Martin Deutinger 
war etwas, nicht nur als Philosoph; er war auch — was uns hier mehr 
angeht — ein Schongeist edelster und starkster Qualitat. Das ist dem 
feinen Spiirsinn Eduard von Hartmanns nicht entgangen, der ihn vor 
etlichen 20 Jahren „entdeckte" und ihm in seiner „Deutschen Asthetik 
seit Kant" (Leipzig 1886) eine Etikette aufklebte, die eigentlich deutlich 
genug war, um ihren Zweck, auf Deutinger aufmerksam zu machen, er- 



112 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

fiillen zu konnen. 1 ) Man darf es ruhig sagen, daC in Deutinger sich 
Kiinstler und Philosoph in wunderbarer Harmonie zusammen fanden und 
aus ihm eine Personlichkeit machten, die uns heute noch etwas zu geben 
hat. Die unten folgenden, die Musik betreffenden Auszuge aus seinem 
noch ungedruckten Tagebuche sollen davon ein, wenn auch nicht allseitiges, 
so dafiir um so interessanteres Zeugnis geben. Sie haben auch als 
Zeitdokumente ihren Wert. 

Martin Deutinger, um die notigen Angaben kurz zu erledigen, war 
geboren am 24. Marz 1815 zu Langenpreising in Oberbayern, vollendete 
mit 17 Jahren seine Gymnasialstudien, war Schiiler Schellings, Gorres' 
und Baaders; nach kurzer Kooperatorzeit war er Professor an verschiedenen 
bayerischen Lyzeen, zuletzt an der Universitat Munchen. Er starb, noch 
nicht 50 Jahre alt, im Jahre 1864. 2 ) Seine Asthetik ist enthalten im 
4. und 5. Bande seiner .Grundlinien einer positiven Philosophie als vor- 
laufiger Versuch einer Zuruckffihrung aller Teile der Philosophie auf 
christliche Prinzipien". (Sechs Teile, Regensburg 1843/49.) Soweit die 
Musikasthetik in Frage kommt, scheint Paul Moos in seinem vorzuglichen 
Werke „Moderne Musikasthetik in Deutschland" 3 ) dem Urteile Hartmanns 
nicht zu widersprechen. 4 ) 

Die nachfolgenden Auszuge erstrecken sich fiber die Jahre 1852 — 54, 
den Zeitraum, in welchem Deutinger ein Tagebuch ffihrte. Die Urschrift 
befindet sich in den Handen des Deutinger-Schulers Prof. Dr. Kastner in 
Munchen, dem ich fiir die Uberlassung einer Abschrift meinen besonderen 
Dank ausspreche. 

Die erste Eintragung ist datiert vom Montag, den 1. November 1852 
und betrifft Meyerbeers „Prophet": 

„ Haben gestern von dem ,Propheten' gesprochen, den ich gestern 
Abends zum ersten Male gesehen. Das ist doch ein grauliches Spiel mit 
der menschlichen Leidenschaft. Keine Tiefe, keine Wahrheit, sondern 
ein gewaltsames Unterdriicken, wenn sie sich regt. Manchmal meint 



J ) Hartmann flndet es angesichts der „inhaltlichen und formellen Vorzuge" der 
Deutingerschen Kunstlebre „geradezu unbegreiflich, daB ein so bedeutendes, epochc- 
machendes und lesbares Werk ganz obne EinfluB auf die weitere Entwickelung der 
Asthetik blieb" (a. a. O. S. 173). 

*) Eine vorzugliche kurze Biographie flndet sich in No. 6—8 der Zeitschrift 
„Uber den Wassern" (Jabrgang 1914) aus der Feder von Heinrich Reintjes mit aus- 
fuhrlicher Bibliographic 

3 ) Berlin 1901, Verlag Schuster & Loeffler. 

*) Es sei auBer auf Moos und Hartmann noch verwiesen auf meinen Aufsatz 
„Martin Deutinger als Musikasthet" (No. 39—42 der „Wissenschaftlichen Beilage zur 
Germania" 1913. Uber die gesamte Asthetik Deutingers orientiert ganz ausgezeichnet 
das kurzlich erschienene Buch des Munchener Privatdozenten Max Ettlinger „Die 
Asthetik Martin Deutingers in ihrem Werden, Wesen und Wirken". (Kempten und 
Munchen, 1914, J. Kosel.) 



HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 1 13 

man, jetzt fiihlt er doch, aber gleich ists wieder verdorben und ver- 
zerrt. Das ist doch Tiepolo in der Musik . . ." 

Schumanns Urteil fiber den „Prophet" in seinem Theaterbiichlein, 
an das roan sicb unwillkiirlich erinnert, ist bekanntlich noch kiirzer. 

Ausffihrlicher beschaftigt sich Deutinger mit Marschners „Templer 
und Jiidin" : 

„Der Stoff ist aus Scotts Ivanhoe genommen und poetisch besser 
durcbgebildet, als bei den meisten Opera. Alle Situationen sind be- 
nfitzt. Wald und Morgenhauch, Komisches und Ernsthaftes, drei 
verschiedene Nationen, die sich begegnen mit Schlacht- und Triumph- 
gesangen; die beiden Hauptpersonen selbst in dem SuBersten Gegen- 
satz der Neigung unter sich und doch in einer gesteigerten, vollstandig 
entwickelten Gefuhlsbewegung. Es gibt wohl keinen reicheren Opern- 
stofP als diesen. Aber er ist eben wieder zu reich, zu unerschopflich 
im Besonderen, als daB er von einem mittelmafiigen Talente bewaltigt 
werden konnte. Gerade bei diesem Reichtum hatte ein Eingehen in 
das Einzelne vermieden werden oder eine altgriechische Trilogie daraus 
gemacht werden sollen. Nur die gro&en, kecken Grundziige konnten 
allenfalls angegeben, die Ausffihrung ins Einzelne aber muBte unter- 
lassen werden, sollte man nicht den Totaleindruck verlieren. Dieses 
Waldesleben der Anhanger des Bogenschfitzen gab allein schon eine 
schone Begleitung zu dem Kampfe der Liebe und Abneigung der 
beiden Hauptpersonen. Diese Chore und Lieder hatten fur sich den 
zureichenden Hintergrund zur Hebung des bewegten Vordergrundes 
der personlichen Aufregung beider Hauptcharaktere gegeben. Indem 
aber der Compositeur zuviel hineintrug, ging es ihm, wie einem 
Tintorett, es wuchs die Masse und uberwucherte das bestimmte Per- 
sonliche. Die Gestalten heben sich nicht mehr hinlanglich von ein- 
ander ab, ebensowenig die groBeren Gruppen. Alles ist zum Knauel 
geballt, der hinfiber und wieder heriiber fiber die Bfihne gezogen 
wird, wie ein Knauel Faden, mit dem eine Katze spielt. Uberdies 
fehlt dem Compositeur die Kraft, die dazu gehort, solch ein Thema 
zu bewaltigen. Er hat weder in der Zeichnung noch in der Farbe 
die rechte Tiefe. Darum werden die Gestalten alle so gleich, so 
charakterlos, so wenig individuell durchgebildet. Sie sind wie die 
Kopfe der neueren Maler, die immer alle einander gleichsehen. Lauter 
Mhnliche Nasen, Augen, Lippen, wie im Bilde Schadows in Frankfurt 
die ffinf klugen und ffinf toricbten Jungfrauen, bei denen man nur 
durch die Attribute unterscheiden kann, welches die klugen und 
welches die torichten sind. Es ist etwas Verweichlichtes, eine gewisse, 
miBverstandene Idealitat fiber alles ausgegossen, wie eine Universal- 
brfihe, die jeder Speise taugen muB, und jeder den eigentumlichen 

XIV. 21. 8 



114 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

Geschmack benimmt, statt ihr einen zu geben. Zuviel Schminke 

schadet der Schonheit. Diese Figuren vor den Schnciderwerkstatten 

und im Modejournal wird nicht letcht ein vernunftiger Mensch fiir 

Schonheitsideale nehmen. An diesem Fehler der modernen Ziererei, 

die nicht naturlich wahr und doch auch nicht groBartig ideal sein 

kann, scheint mir Marschner sehr zu leiden. So eine Angelika 

Kaufmann oder ein Cipriani der Musik und weiter nichts — meine 

ich — die Musikkenner miissen das am besten wissen." 

Glticklicher in der Charakterisierung und treffender noch im Urteil 

scheint mir Deutinger in seinen Bemerkungen zu Mehul's .Joseph" ge- 

wesen zu sein, wobei besonders das interessiert, was er zur Gestaltung 

der Erkennungsszene durch Mehul zu sagen hat: 

„Die ,Briider Josephs' sind ungewohnlich einfach. Durch diese 
Einfachheit schon und ruhrend. Viel Zeichnung und Vordergrund, 
dagegen wenig Perspektive und Farbe wiirde ich sagen, wenn das 
Ganze ein Gemalde ware. Doch malt der Compositeur hie und da, 
besonders in den Ouverturen . . . Bei aller Einfachheit der Arien 
meinte ich in Mehul's Oper doch ein scharferes Eingehen in die Eigen- 
tumlichkeit der einzelnen Empfindung, gleichsam eine Begleitung des 
wechselnden Gefiihls durch den Gesang wahrzunehmen. Es war auch 
hier wieder einfache charakteristische Zeichnung, etwa wie Raphaels 
Kinder, die, den antiken Formen nachgebildet, doch die Kindlichkeit 
bewahren, dafiir aber nur wenige Linien zu ihrer Umschreibung be- 
durfen. IndeQ will ich M6hul darum nicht mit Raphael vergleichen. 
Dazu fehlt ihm die Tiefe und Idealitat. Darum verlaBt uns seine 
Musik gerade da, wo sie am meisten ihre Macht hatte zeigen sollen, 
bei der Erkennungsszene. Da tuts weh, gesprochen zu horen, was 
gerade die Sprache nicht wiedergeben kann und wobei immer das 
Wort verstummt. Hier hatte der KuO des Tones das Wort ersetzen 
sollen. Hier ware Raphael nicht ausgewichen, sondern hatte gerade 
dieses Geheimnis der Empfindung seiner Kunst abgelauscht und uns 
geoffenbart. Soweit reichte aber, wie es scheint, Mehul's Kraft nicht 
mehr. Seine Einfachheit ist mehr Tendenz als Natur. Es ist Sasso- 
ferrato aber nicht Raphael." 
Was Deutinger bei M6hul entbehrt, findet er bei Haydn: 

,Am Sonntag zum zweiten Mai — im Ganzen zum fiinften Mai — 
in der ,Schopfung' von Haydn gewesen. Es bleibt immer dasjenige 
Kunstwerk, welches am unmittelbarsten ergreift, die geheimen Krafte 
der Musik dem Sinne zuerst aufschlieBt. Dabei hat es jene uner- 
schopfliche Fiille der echten Kunstwerke in sich, immer wieder neue 
Seiten uns aufzuschlieOen und in seiner Einfachheit neu und uner- 
schopflich zu bleiben. Nur wer durch eine vorgefaDte Meinung be- 



HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 1 15 

fangen oder in irgend eine bestimmte Form verliebt ist, kann sich der 

Macht des wahrhaft Schonen entziehen. Der letzte Teil selbst, der 

fur das erste Mai zu wenig pikant erscheint, ist tief wahr, versohnend 

und zur Einkehr in das eigene Leben anregend. Er wirkt nur nicht 

gleich, weil er nicht so objektiv ist und nicht so unmittelbar ergreift. 

Aber man versteht doch erst das Ganze recht, wenn man die Not- 

wendigkeit des dritten Teiles begriffen hat ..." 

Den machtigsten Eindruck von allem, was er bisher (1853) an Musik- 

werken gehort hat, verdankt er nach Haydns „Schopfung" Beet- 

h ovens „Fidelio": 

„Schon die Ouverture eine Frei- und Seligsprechung der Instru- 
mentalmusik. Die Instrumente kommen eigentlich zum Bewufitsein 
ihrer Bedeutung, sie werden Personen, die nicht auf sich spielen 
lassen, sondern selbst atmen, leben, singen. Das Instrument ist der 
auOere Klang der Menschenstimme, beinahe artikulierter Laut. Da- 
rum drucken in der Oper selbst sehr haufig die Instrumente aus, was 
der Gesang nur andeutet. Man versteht die Arie durch die Begleitung 
erst recht. Dabei ist doch noch der Gegensatz so scharf ausgepragt, 
daC es dadurch erst klar, wie die Stimme doch wieder etwas ganz 
anderes, Innerlicheres ist. So, als Pizarro den Mord beschlieCt, singt 
aus ihm die verhaltene Stimme des Gewissens mit zuruckgehaltener 
Furcht, dagegen das Instrument tont es laut und schreiend in die Welt 
hinaus, was der Sanger sich gleichsam selbst nicht zu gestehen getraut. 
Die Stimme gewinnt eben dadurch an innerer Bedeutung, wird psy- 
chologisches Symbol der verborgensten Geheimnisse nicht bios des 
spielenden Herzens, wie bei Mozart, wo das Gefiihl so melodisch alles in 
seine sanfte Bewegung hineinzieht, sondern des Geistes, des Charakters, 
der allseitigen Empfindung, die mit sich eins, doch mit sich im Wider- 
spruch ist. Diese hohere Bedeutung des Instrumentes und der Stimme 
ist Beethovens Werk. Darin haben die Spateren es ihm nachtuen wollen, 
nur haben sie leider seinen Geist nicht verstanden und sind so zu einer 
schrecklichen Manier gekommen, die, statt das Instrument durch den Geist 
zu beseelen, alles Geistige durch das Instrumentalgedrohn totschlagt." 
Es sei hier gleich angeschlossen, was Deutinger bei anderer Gelegen- 
heit zu Beethovens „Eroica" zu sagen weiO. Richard Wagner meint in 
seinen programmatischen Erlauterungen zu dieser „heroischen Symphonic", 
daft „gerade ihr Titel unwillkurlich verleltet, eine Folge heldenhafter Be- 
ziehungen in einem gewissen historisch-dramatischen Sinne durch Ton- 
bildungen dargestellt sehen zu wollen." Wenn das ein Fehler ist, so ist 
ihm allerdings Deutinger nicht ganz entgangen, es laut sich aber auch nicht 
leugnen, dafi die Wagnersche Auffassung deutlich genug durchscheint fur 
den, der zu lesen versteht: 

8» 



116 DIE MUS1K XIV. 21: I. AUGUSTHEFT 1915 

„Als Ganzes betrachtet," schreibt Deutinger, „rnuD diese Ton- 
dichtung ja auch ctwas sein, wenn man auch nicht alien einzelnen 
Beziebungen nacbgehen kann. Auch die Platonischen Gesprache 
haben ja eine Gesamtschonheit neben dem Einzelschonen. So stell' 
ich mir nun das Ganze dieser Symphonie so zusammen: Zuerst sucht 
der Meister das hervorbrechende Gefiihl einer Achilleischen Seele in 
vielfacher Reihenfolge zu zeigen. Dem einzelnen Tone wachsen 
sozusagen im Siege die Schwingen und er eilt in raschera Fluge zutn 
Triumph seiner Kraft. Wie in Homers Gesangen die Helden, so 
dringen die einzelnen Instrumente und Tone vorwarts in die vorder- 
sten Schlachtreihen und dort jauchzen sie in ihrem Siegesmut noch 
einmal laut auf und schleudern die Lanze des Wohllauts tief in die 
Brust des Horers; dann vereinigen die MitkMmpfer sich mit ihnen 
und es erhebt sich ein Schlachtlarm von Tonen, bis es wieder einem 
gelingt, vor den anderen her seinen Siegesgang zu verfolgen. So 
erneuert sich das Kampfspiel immer wieder, ohne zu ermuden, weil 
es immer wieder in anderen, schonen Verhaltnissen auftritt. Der 
zweite Teil laOt dagegen zuerst die strenge Trauer uns horen, die erst 
allmahlich wieder zur todesmutigen Begeisterung anwachst. Der Held 
wird vergessen, verachtet; aber Patroklos' Tod weckt die alte Glut 
und durch die Trauer brechen die Tone der sieggewohnten Kraft 
schon hindurch, die endlich im dritten Teil zum stolzen Ubermut 
erwachsen, der die Trauer nicht mehr aufkommen laOt. Zwar an- 
fangs ist die Freude nur wie Hohn, wie Ironie des alten Mutes; der 
vergessene Held spottet gleichsam seines Schmerzes, indem er der 
Wehmut die Tone der Freude leiht. Allmahlich aber bleibt die 
Siegesfreude allein zuriick, und er erinnert sich an den ersten 
Jugendmut und an die dustere Zweifelsnacht der Vergangenheit; 
endlich im letzten, vierten Gliede nur mehr mit ruhiger, selbstbewuQter 
Sicherheit der gepruften Kraft. Das Anschwellen und Aufbaumen der 
Tonwogen geht in den gleichen, stolz und sicher, aber ruhig und 
demutig zugleich hinwandelnden Stromesgang fiber, und versohnend 
loset die Kraft durch Trauer zur Milde sich auf." 
Nicht minder bildkraftig ist das, was er unter dem Eindruck des 
Violinkonzertes desselben Meisters notiert. 

a Welch ein unerschopfliches, rastloses Leben, welche Spriinge 
der bewegten Gedanken! Lebendig vergegenwartigt das Ganze einen 
Kreis junger Manner, die urn das Bild eines gefeierten Helden ver- 
sammelt, gemeinsam sein Andenken ehren wollen. Allein wie bald 
unterbricht das Genie die Schranke der gemeinsamen Rede. Es springt 
heraus aus dem Kreise und beherrscht mit der Gewalt seines Geistes 
die untergeordneten Krafte. Wohin es von seiner Phantasie in raschen 



HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 117 

Sprungen gefiihrt wird, dahin reiflt es die Gedanken der lauschenden 

Horer nach. Man sieht die Einzelnen mit leisem Kopfnicken und 

kurzen Beifallsrufen ibre Zustimmung aussprechen. Ein lauteres oder 

leiseres ,recht, ja!' tont von der oder jener Violine dazwischen, bis 

ein allgetneines ,Bravo, Bravo'! den Redner auf Momente unterbricbt 

und endlich rauschender Beifall ibn umtost. Allein noch ist seine 

Macht nicbt erschopft. Nun beginnt er eine andere Seite des Gefuhls 

anzuscblagen. Er weckt den Scbmerz urn den Verstorbenen und leises 

Schluchzen laBt sicb hier und da aus dem Kreise der Horer vernehmen, 

bis zuletzt der allgemeine Jammer die weitere Rede verschlingt. Jetzt 

ist er seinem Ziele nabe; auf die Wehmut grundet er die Ermunterung 

zur Tat. Immer hoher streben die Klange empor, immer rascher 

folgen die elektriscben Schlage, alle Herzen reiOt es mit fort in 

freudiger, zujauchzender Begeisterung. Nun hat er seine Umgebung 

wo er sie wollte. Er tritt zurtick in den Kreis der ubrigen und 

iiberiaCt sie dem Sturm der geweckten Empfindung." 

In seiner Kunstlehre schon, die acht bis neun Jahre vor dem Tage- 

bucb liegt, cbarakterisiert Deutinger Beethoven als die „Sehnsucht nach 

Gedankentiefe" (S. 536), die im Gegensatze stehe zum Ohrenkitzel eines 

Rossini, der Kalte Mendelssohns und dem Bombast Meyerbeers. 

Ebenda (S. 537) findet er J oh. Seb. Bach gelehrt, aber geschmacklos. Das 

Tagebuch weist aus, dafi er seine Meinung iiber letzteren grundlich revidiert 

hat, wShrend Rossini nochmals eine ebenso geistreiche als bedingungslose 

Ablehnung erfahrt. Wenn nicht in dem letzten Satze eine Andeutung 

liegt, wird es leider schwer auszumachen sein, welche der geistlichen 

Kantaten Bachs es war, die Deutinger in eine Begeisterung versetzte, wie 

sie aus dem Niederscblag im Tagebuche hervorleuchtet: 

. . . „Die geistliche Kantate von Bach . . . war in hohem Grade 
geeignet, in den ernsten Geist der friiheren Periode unserer neuern 
Musik einzufuhren und zugleich die hohe Schonheit dieses sinnigen 
Ernstes zu offenbaren. Wie ein klarer Strom flieOt die durchsichtige, 
breite Harmonie der Instrumentierung dahin; man durchschaut an 
jedem Punkte die klaren Wasser der Tone bis zum Grunde, und 
leicht und sanft schweben die Chore wie schwimmende Nachen auf 
der durchsichtigen Spiegelfiache. Die Stimmen drSngen sich wie wall- 
fahrende Pilger in die schwanken Kahne und freudig stoBt der 
Pilgerzug vom Lande. Zwischen schonen Hiigeln und lieblicben 
Villen schlangelt der Strom sich hin, die Pilger singen ein Lied und 
schweigen dann wieder, urn gleichsam auf den Wiederhall zu horchen, 
der aus den Hainen des Ufers nachruft, bis der Klang die Nachtigall 
weckt und ihren Flotentonen wieder die Menschenstimme aus den 
Schiffen antwortet. Ihr horchen alle Pilgernden ernst und feierlich, 



118 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

ihre Seele empfangt in ruhiger Stille die Eindriicke des festlichen 

Zuges, die Ruder sind erhoben und ruhen, nur von den Schiffen 

heben sich aucb noch die anderen Stimmen und teilen die Begeiste- 

rung gleichsam den ubrigen mit, die nun erst im Chore einfallen und 

in schnellen Schwingungen die Empfindung zu ihrer Hone fiihren. Die 

Ruderschlage fallen wieder nieder und mit raschen Ziigen fliegen die 

Scbifflein zum Lifer. Der Zug ist am Ziele, das Gefiihl hat sich aus- 

gesprochen und die Seele ist vorbereitet zur heiligen Handlung. In 

der Ruckerinnerung an die Taufe des Heilandes durch Johannes haben 

die Gemiiter sich die hohere Stimmung errungen." 

Wer die, die Musik beruhrenden Partieen der Schriften und besonders 

der Romane unserer Romantiker kennt, wird bei diesen, immer aufs Bild- 

hafte gehenden AuBerungen Deutingers unwillkurlich daran erinnert werden. 

Bekanntlich war auch der Humor der romantischen Zeit von einer be- 

sonderen Art, und Deutinger riickt auch hierin an ihre Seite; fur den 

Humor eines Rossini z. B. hat er durchaus kein Verstandnis. Er bat eine 

Ahnlichkeit entdeckt zwischen der Musik Rossini's und dem franzosischen 

Baustil: 

„Ich muQ namlich, um mich in irgend einer Auschauung, be- 
sonders aber in solchen Gegenstanden zurechtzufinden, die mir nicht 
unmittelbar zuganglich sind, bestimmte Parallelen Ziehen, damit ich 
das eine durch das andere, entsprechende, kennen lerne. Als ent- 
sprechend denke ich mir aber nur das, was unter demselben Gesetze 
eine ahnliche Bewegung durchgeht, was also wie Parallellinien der 
gleichen Richtung folgt. In der Kunst z. B. miissen die Kiinste eine 
gewisse Ahnlichkeit miteinander haben, indem sie von demselben 
Grunde, dem Naturgesetze ausgehen und zu demselben Ziele, der 
Offenbarung des Geistes in der Natur, hinstreben. Innerhalb dieser 
parallelen Richtung ihrer Bewegung unterscheiden sie sich aber durch 
den Stoff, in welchem der Geist sich offenbart. Durch Vergleichungen 
von Bewegungen und Bildungen derselben Gattung lernt man aber die 
sowohl darunter begriffenen Arten, als die Gattung selbst, deutlicher 
erkennen. So wurde mir aus Rossini's Oper die Bedeutung des 
franzosischen Baustils selber klarer. In beiden finden sich dieselben 
Verzierungen, die den Ernst, die Harmonie, die Einheit fliehen und 
dafiir in AuDerlichkeit, in sonderbaren Kriimmungen und barocken 
Wendungen ihre Starke haben. Nichts verlauft in sich einfach und 
grade. Keine Linie laCt sich gleichmaCig verfolgen. Selbst die 
Saule ist mit Laubwerk und bunten Verzierungen umhangt, sodaC 
das Auge nur mehr das Einzelne des Zierrats erblickt. Jede Melodie 
ist gebrochen, jeder Ton wieder mehrfach zerstuckelt. Und doch soil 
die Melodie alles sein. Die Harmonie ist fast gar nicht da. Die Be- 



HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 119 

gleitung des Gesanges ist wie gar keine, die Instrumentierung un- 
endlich schwach. Der vergleichende Verstand fehlt ohnehin und alles 
soil die Bewegung des Gefuhls an der Melodie ersetzen. Aber ein 
solches ist wieder nicbt da. Kaum ein Ansatz dazu. Gleich geht 
alles wieder in SpaB und neckischem Gekicber unter. Der Scherz 
allein will noch sich einstellen. Aber dieser Scberz ist nicht Humor, 
nicht inneres Gefuhl des Gegensatzes rait dem Ernste, sondern blasse 
SpaCmacherei; Possen und GetMndel sind sein Inhalt. Darum ftigt 
sich auch das biscben Ernst nicht dazu, denn es ist kein Ernst mit 
dem Ernste; das ist selbst der groOte SpaB, daB es niemand Ernst 
ist, weder mit dem Ernste, noch selbst mit dem SpaBe. Wie ganz 
anders ist schon die komische Seite von ,Zar und Zimrnermann' 
behandelt! Da geht das Komische wirklich aus dem Charakter der 
Personen hervor und liegt in der Musik selbst. Jede Person wechselt 
darum in der musikalischen Bezeicbnung des Charakters. Der SpaB 
hat oft nur Sinn, wenn man zugleich die drollige Situation der Mit- 
spielenden dazurechnet. Das ist immer Leerheit bei groBter Pretension 
nach auBen hin. Ganz wie eine Verzierung im franzosischen Ge- 
schmacke, die sich uberall hinandrangt, an Kirchen und Altare, und 
doch nirgends hinpaBt, als wo der Geist ein bischen betrunken ist 
und Unsinn treibt. Da macht sich dieser krause Humor vortrefflich. 
Sonst aber nirgends. So ist selbst die melodische Tonfolge der italie- 
nischen Opernmusik noch zersplittert, und wihrend Bellini noch 
das Sinnlich-Schone der Melodie, gleichsam wie Palladio die antike 
SMule als Vorballe seiner Palaste, gebraucbt, ist dieses einfache MaB 
Rossini wieder in der ziellosen Bewegung und grundlosen Leiden- 
schaftlichkeit, die kein Leiden zum Grunde hat, untergegangen. Bei 
Bellini ist noch italienischer Baustil, auBere Anmut ohne verstandige 
allseitige Bedeutung des Ganzen. Italienischer Baustil gegeniiber dem 
deutschen, der in voller Harmonie seiner Bogen, Pfeiler, Fenster und 
alter einzelnen Tone und Akkorde sich aufschlieBl; das sinnlich Schone 
gegeniiber dem geistig Schonen. Diese sinnliche Einbeit und Anmut sind 
hier bereits wieder vom Abenteuerlichen und Bizarren verschlungen. 
Nichts ist mehr schon, sondern hochstens ist noch das eine und andere 
reizend, lockend, verfuhrerisch. Es ist die herz- und gedankenlose Leer- 
heit und Liederlichkeit. Selbst der Text von Beaumarchais bat schon 
keine Charaktere und Empfindungen mehr, sondern beruht ganz in der 
Sonderbarkeit der Situationen, er unterhalt, spannt die Neugierde, aber 
belehrt und erhebt nicht, gibt dem Kopfe ebensowenig, als dem Herzen." 
Auch mit der Kunst Wagners, des intimen Gegners Rossinischer 

Musik, traf Deutinger in jenen Jahren zusammen. Aus dem Jabre 1852 

findet sich die Aufzeichnung: 



120 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

„Zuletzt kam eine Ouverture von einem neuen Musiktalente, 
Wagner. Davon laBt sich nun aber auch gar nichts sagen, es war 
wie das Lied von Redwitz: 

Es flattern die Aare um mein Haus, 
Ich frage wohin? Gen wen? 
Ha! wartet, ich fliege mit aus! 
Gluckselige Mar! Verfluchter Sarazen!" 
Man ist versucht anzunehmen, daO es die ,Faust"-Ouverture gewesen 
ist, deren unverhoffte Bekanntschaft ein solches Verlegenheitsbekenntnis, 
das freilich gegen unzahlige andere .Bekenntnisse" jener Tage vorteilhaft 
absticht, herausgefordert hat. 

Es sind letztlich bier noch zwei Stellen des Tagebuchs von Bedeutung, 
wo Deutinger musikasthetische Fragen allgemeinerer Natur beriihrt. In 
einer Gesellschaft hat eine der Teilnehmerinnen es unnatiirlich gefunden, 
an GemMlden Freude zu haben, es wenigstens abgestritten, daD alle Menschen 
von Natur aus Sinn dafiir hatten, wan rend es bei der Musik ganz naturlich 
sei, dafl sie den Menschen von Natur aus hinreiQe und entzucke. Deutinger 
erwidert darauf: 

„Ich meine aber, dies ist MiOverstand. Fiir das Schone hat der 
Mensch iiberhaupt von Natur aus eine gewisse geistige Empfanglich- 
keit, eben weil er Mensch ist und Sinnliches vom Geistigen unter- 
scheiden kann. Das sinnlich Angenehme liegt ihm zwar naher, in- 
sofern er ein sinnliches Wesen ist. Allein das Angenehme ist nicht 
das Schone. Das erstere nur begreift der Sinn, das letztere kann nur 
der Geist fassen. In der Musik nun liegt die Empfindung dem Sinne 
naher; der Mensch braucht sich nicht geistig anzustrengen, um das 
[sinnlich Angenehme?] herauszufiihlen. Daher beruft er sich auf das 
Gefiihl als den einzigen Richter. Dies ist Tauschung. Die Bewegung 
der Seele, die durch den Sinn erzeugt wird, ist noch nicht Erkenntnis 
des Schonen. Sie bringt zwar einen inneren Sturm der Empfindung 
hervor, der hier in der Seele mit unsern Neigungen, mit unsern 
freudigen und schmerzlichen Erinnerungen zusammenklingt. Diese 
Aufregung nennen wir dann Gefiihl. Dieses Gefiihl hangt von der 
Reizbarkeit des Nervensystems, von der vorherrschenden Seelen- 
stimmung ab, ist, wie jede Seelenstimmung, nur dann von bleibender 
Bedeutung, wenn sie vergeistigt wird. So ist es ja bei alien Seelen- 
bewegungen. Die Schwarmerei der geschlechtlichen Zuneigung erzeugt 
ahnliche tiefe Bewegungen. Allein, wenn diese Bewegung nicht ver- 
standen, mit dem Gedanken ins BewuDtsein eingetragen wird, wenn 
der Geist nicht den kranken Menschen hinabsenkt in diese Bewegung 
des Wassers, wird unsere Seele nicht gesund und stark. Daher die 
meisten derselben sich nach und nach wieder verlieren. Das Herz 



HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 121 

wird alt und kalt und der Mensch hat keinen bleibenden Gewinn von 
all diesen tief aufregenden Empfindungen. So liegt das Schone in 
der Musik uns zwar sinnlich naher, aber es wird eben darum seltener 
noch verstanden, weil man urn dieser inneren Anregung willen glaubt, 
des Geistes dabei nicht mehr zu bediirfen. Bei der Malerei und den 
iibrigen Kiinsten aber ist die Unterscheidung schon in der sinnlichen 
Wirkung bedingt. Dieses Berufen aufs Gefiihl ist darum weiter nichts 
als Bequemlichkeit und Zufriedenheit mit der ersten Empfindung und 
hat Armut des Geistes und Oberflachlichkeit in der Empfindung selbst 
zur Folge, macht die Seele eitel und leer, statt sie zu bcreichern." 
Eine Erganzung im gewissen Sinne erfahren diese Ausfuhrungen 

durch eine Parallele, die Deutinger zwischen Symphonie und Landschafts- 

gemalde zieht: 

„In der Symphonie," sagt er, „ist der Inhalt in der Macht des 
Stoffes verschlungen, wie z. B. in der Landschaftsmalerei. Man 
kann nicht sagen, welche bestimmte geistige Bedeutung das Landschafts- 
gemaide hat. Die WSrme oder Kalte der Farbe, der Vordergrund, 
die Tiefe der Landschaft oder tiberhaupt irgend ein Vorzug des dar- 
stellenden Kiinstlers bildet den Anhaltspunkt fur den Betrachtenden, 
irgend einen Gedanken, eine Empfindung, ankniipfend an die Offen- 
barung irgend einer iibermHchtigen Seite der Darstellung, hineinzulegen. 
Wenn die warme Luft der Bilder Waterloos auf den duftig gemalten 
Baumen gleichsam sich wiegt und mild uns anhaucht, so denken wir 
des warmen Abendhauchs irgend eines schon verlebten Tages und 
tragen die Poesie dieser gluhenden, nachtonenden Empfindung in das 
Bild hinein, es spricht zu uns in seiner Farbenglut, es weckt die 
schlafenden Empfindungen der Seele, aber es sagt dem Geiste nichts 
Bestimmtes, wie z. B. eine Madonna Raphaels. Dort (d. h. bei 
Raphaels Madonna) ist das Ideal ein objektiv gegebenes, das ich selbst 
im geistigen Leben trage, und, wenn auch nicht in Farben, doch 
immer in Gedanken mir vergegenwartigen kann. Trilt es nun auf der 
Leinewand gemalt mir entgegen, so habe ich einen geistigen Anhalts- 
punkt der Vergleichung, ich kann meine Idee an der Darstellung des 
Kiinstlers und diese an der mir vorschwebenden Idee bemessen, und 
bin sbher, dafi ich richtig messe, wenn ich beide wieder an der Ge- 
schichte und an der Natur des Geistes und des Menschen prufe. 
Solch ein Werk ist bestimmter, aber darum nicht in engeren Grenzen 
beschrankt, als das unbestimmte Ahnen der Seele im ersten Fall. Der 
Geist umfaDt die Seele, ist so unendlich wie sie und doch einheitlich 
und bestimmt. Das Unbestimmte ist kein Vorzug, sondern noch ein 
Mangel. Darum offenbart sich in ihm noch die Ubermacht des Stoffes, 
der Farbe oder des Tones, und der Inhalt tritt mehr zuriick. Wo 



122 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

aber der geistige Inbalt herrscht, da kann die Verherrlichung des 

Stoffes zugleich mit dem Inhalt sich offenbaren, und es ist das Hochste 

erfullt, was die Kunst geben kann und soil. In diesem Sinne steht 

die Symphonie ungefahr auf jener Stufe der Kunst, welche an der 

Malerei das Landschaftsgemalde einnimmt. Es kann sich die Macht 

des Instrumentes mit aller Freiheit offenbaren; bat sicb aber diese 

geoffenbart, so muB sie wieder einem geistigen Leben dienstbar werden, 

ohne dadurcb beschrankt zu werden . . ." 

Wenn man's auch hier wieder empfinden muO, daB alle Vergleiche 

hinken, so wird man doch gestehen miissen, daQ Deutinger diesem oft 

gebrauchten Bilde eine geistvolle, tiefergehende Begrundung zu geben ge- 

wuBt hat. Aus allem aber geht bervor, daB der stille, kunstliebende 

Philosoph einer jener Menschen war, dem, um mit Beethoven zu reden, 

die Musik „Funken aus der Seele schlug". Um so mehr muO man es 

bedauern, daQ ein fruher Tod es ihm wehrte, das, was er in jungen Jahren 

in seiner Kunstlehre als „vorlaufigen Versuch" mit fluchtiger Feder hin- 

geworfen hatte, mit reiferen Kraften und reicherer Erfahrung fertig aus- 

zubauen. 



HANS VON BOLOWS PSEUDONYM 
W. SOLINGER 

VON A. N. HARZEN-MULLER IN BERLIN 



Die Kompositionen Hans von Biilows zerfallen in die mit seinem Namen 
bezeichneten und in die pseudonymen; die ersten zahlen einige 
zwanzig Opera und enthalten Lieder fiir eine Singstimme und fur 
Chor, Klavier- und Orchesterstticke und eine groOe Menge von instruktiven 
Bearbeitungen, Arrangements und Transskriptionen fur Piano. Es ist auf- 
fallend, daO das aus dem Jahre 1853 stammende op. 1 des 23jahrigen 
Pianisten Bulow kein Klavierstuck ist, sondern ein Heft mit sechs Heineschen 
und Sternauschen Liedern, gewidmet Frau Rosa von der Milde, geborenen 
Agthe, der damals 26jahrigen ersten B Elsa", deren Gatte Feodor der erste 
„Telramund B war (Weimar 1850). Sein op. 5, ebenfalls fiinf Lieder, unter 
ihnen der wertvolle Heinesche „Fichtenbaum", widmete Bulow Julius 
Stockhausen; op. 10 ist die Ouverture nebst den Zwischenaktsmusiken zum 
Trauerspiel .Julius Casar" von Shakespeare, die im Manuskript in Berlin 
aufgefuhrt wurden, op. 16 die Orchesterballade „Des SMngers Fluch", 
op. 20 das symphonische Stimmungsbild .Nirwana". Es ist hdchst be- 
dauerlich, daQ man beutzutage Biilows Liedern und Orchesterkompositionen 
in unseren KonzertsSlen selten oder gar nicht mehr begegnet. Uber seine 
Orchesterballade „Des Sangers Fluch" liegt mir eine gleichzeitige Kritik 
vor in einem interessanten Briefe Ferdinand Lassalles an den ihm eng 
befreundeten Komponisten vom 1. Februar 1863, der lautet: 

„Es ist mir unmoglich, den Tag abzuwarten, wo Sie mich einmal 
wieder besuchen, urn Ihnen meine Bewunderung Ihrer Uhland- 
Kompositionen auszudriicken. Aber auch uber mich babe ich mich 
dabei gefreut. Ich hatte nicht genau auf den Theaterzettel geachtet 
und glaubte, als Ihr Instrumentalsatz anting, nicht, daQ er schon an 
der Reihe sei. Aber gleich nach den ersten Takten sagte ich mir: 
man muO die Reihenfolge verandert haben, das mufi von Bulow sein ! 
Ich griff nach dem Zettel und sah, daQ sich die Reihenfolge damit in 
schonster Ubereinstimmung befand. Aber selbst wenn ich gar nicht 
orientiert gewesen ware, eine Komposition von Ihnen zu horen, so 
bin ich fest uberzeugt, ich wiirde doch nur geschwankt haben, ob die 
Komposition von Ihnen herriihre oder von Wagner. Und das freut 
mich meinetwegen deshalb, weil ich sehe, daQ vieles Horen, trotz des 
Mangels aller musikalischen Vorkenntnisse, mir doch einiges Ver- 
standnis gegeben zu haben scheint." 

Von der Freundschaft Biilows und Lassalles soil hier noch spSter die 
Rede sein; Bulow wurde lebbaft angezogen von Lassalles glanzender, auQer- 



124 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

ordentlicher Personlichkeit, und Ludwig Pietsch bestMtigt (1893), daQ Biilow 
sich Lassalle mit enthusiastischer Sympathie angeschlossen habe, zumal 
da beide Apostel waren fur das daraals noch so neue musikalische 
Evangelium Richard Wagners. 

Die wahrend seines Berliner Aufenthaltes entstandenen und pseudonym 
veroffentlichten Kompositionen Bulows diirften so gut wie unbekannt sein. 
In den beiden Biilow-Biichern von Bernhard Vogel und Eugen Zabel, jenes 
erschienen Leipzig 1887, dieses Hamburg 1894, findet man das Biilow- 
Pseudonym W. Solinger nicht, und kein Musikerlexikon gibt uns Kunde 
von ihm; die groQen Kataloge von Hofmeister und von Challier fiibren 
wohl drei derartige Kompositionen auf, liiften aber das Pseudonym nicht; 
auch Felix Mottl und Richard Pohl wuCten nichts von Bulows PseudonymitMt. 

Ich glaube das erste Auftauchen dieses Pseudonyms in einem Briefe 
der Biilow befreundeten Frau EmmaHerwegh, geborenenSiegmund, aus Berlin 
nachweisen zu konnen, den sie an ihren Mann Georg, den bekannten 
Dichter, am 20. November 1863 richtete, und in dem es heifit: „Gestern 
war, wie Du weiCt, die ProceQverhandlung in der Kammer. Das Schonste 
dabei, daQ der President einige Stellen aus der ProceObroschure Lassalle's 
vorlas als Beleg fur gewisse Punkte. Virchow war entrustet, als man 
den Autor dieser Wahrheiten nannte, wegen der ,Unsittlichkeit' desselben, 
worauf ein junger achtzehnjahriger Solinger, Mitglied des ,Allgemeinen 
Deutschen Arbeitervereins', von der Tribune hinunter rief: ,Dummer 
Schulmeister!'" Bekanntlich hatte im genannten Jahre Lassalle diesen 
Verein gegriindet, den er im nationalen Sinne leiten wollte. Das von Frau 
Herwegh hier zuerst gebrauchte Wort „Solinger" wurde das Pseudonym 
Hans von Bulows, der unter diesem Deckmantel drei Kompositionen ver- 
offentlicht hat, von denen uns die ersten beiden Liederkompositionen be- 
sonders interessieren. DaD die Buchstaben des Pseudonyms W. Solinger 
alle enthalten sind in dem vollen Namen Hans Guido Freiherr von Biilow, 
diirfte wohl ein Zufall sein! Nach Th. Zolling war's eine Huldigung fur 
die Eisenarbeiter der Stadt Solingen, die getreuesten Lassalleaner. Georg 
Herwegh lieferte auf Lassalles Wunsch den Text zu Bulows erster pseud- 
onymer Liederkomposition; es istdas Bundeslied des „Allgemeinen Deutschen 
Arbeitervereins", komponiert von W. Solinger fur vier Mannerstimmen, 
erschienen ohne Opus-Zahl im September oder Oktober 1863 im Verlage 
von Paul Theodor LiCner 1 ) in Zurich, Druck von Ziircher & Furrer 
ebendaselbst (Preis der Partitur 3 Ngr., der Stimmen 7 Ngr.). Wie Moritz 
Wirth mitteilt, war es Lassalle, der das Lied zum Druck gab, das dann 
ofter in seiner Berliner Wohnung gesungen und von Biilow am Klavier 

') Nicht in Leipzig, wie es im Challier-Katalog heiCt, und nicht bei Hugo 
Gentzsch in Berlin, wie der Nikolaus Oesterlein-Katalog des Eisenacher Richard 
Wagner-Museums vermutet (Leipzig 1895). 



HARZEN-MOLLER: HANS v. b0LOWS PSEUDONYM W. SOLINGER 125 

begleitet worden ist; in die Arbeitervereine sei Billow nicht gegangen. 
In einem Briefe Lassalles an Billow, ohne Datum, heiBt es: 1 ) „Lieber 
Biilow! Sie wollten am 11. Februar wieder hier eintreffen, und folglich 
beeile ich micb, Ihnen drei Exemplare von Solingers genialer Komposition 
zu verehren." Und F. Mehring schreibt in seinem Buche „Die deutsche 
Sozialdemokratie" (1879, 2. Auflage): „Die Poesie war vertreten durch 
Herweghs Bundeslied: 

,Bet' und arbeit'l ruft die Welt, 
Bete kurz! denn Zeit ist Geld, 
An die Tiire pocht die Not, 
Bete kurz! denn Zeit ist Brot usw', 

das der bekannte Zukunftsmusiker Hans von Biilow unter dem 
Pseudonym Solinger komponierte. Lassalle war iiber diese poetischen 
Produktionen in seiner Weise hoch begeistert. Das Lied, das fur den Preis 
von 6 Pfg. vertrieben wurde, nannte er ein nimmer sich erschopfendes 
Olflaschchen fiir die von Anfang an zerrutteten Finanzen des Vereins." 
Das Herweghsche , Arbeiterlied" ist jetztbekanntlich verboten; derselbe 
Text ist auch komponiert worden von C. Sahm, J. Scheu, C. Gramm op. 27, 
Wendelin Weiflheimer; wenn auch die letztgenannte Komposition auf 
sozialdemokratischen Parteitagen gesungen wird, so ist doch die Biilow- 
Solingersche „vor allem bekannt", wie die Feuilletonredaktion des Berliner 
„Vorwarts" mir versicherte. Da sie nur in einigen hundert Exemplaren 
gedruckt und unmittelbar an die Arbeitervereine verteilt worden ist und 
nicht im offenen Buchbandel erschien, so ist sie sehr selten geworden; 
der Sohn des Dichters, der in Paris lebende Violinist Marcel Herwegh, 
dem ich meine Kopie verdanke, besitzt ein Originalexemplar, ebenso das 
Oesterleinsche Richard Wagner-Museum in Eisenach als Nummer 10187, 
ein Geschenk von Moritz Wirth. Der Drucker und der Verleger haben 
kein Exemplar mehr; wie letzterer mir erzahlte, erhielt er fiir den 
Kommissionsverlag dieses Liedes — auCer hundert Exemplaren — nicht nur 
keine Bezahlung, sondern er muOte spater noch die samtlichen Rechnungen 
fiir Druck, Papier usw. bezahlen, da Lassalle bald darauf infolge seines 
Duells mit Janko von Rackowitz starb, und seine „miitterliche Freundin", 
die Grafin Sophie Hatzfeld, sich nicht verpflichtet fiihlte, die Schuld ihres 
Schutzlings zu tilgen. Im Anhang des dritten Bandes der von seiner Frau 
Marie, geborenen Schanzer, herausgegebenen „Briefe und Schriften Hans von 
Biilows" findet man die Noten des Herwegh-Solingerschen „Arbeiter- 
liedes" mit Text nach einem wahrend der Drucklegung aufgefundenen 
Exemplare der Originalausgabe verbffentlicht. 



>) Hans von Biilows Briefe und Schriften, herausgegeben von Marie von Biilow, 
Leipzig 1898. Bd. IV, S. 346. 



126 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

Was nun die zweite pseudonyme Liedkomposition Bulows angeht, so 
hangt sie ebenfalls eng zusammen mit dem Namen Lassalles; denn sie ist 
uberschrieben „Nachruf an Ferdinand Lassalle", tragt die Opuszahl 2 und ist 
in Diisseldorf bei Wilhelm Bayrhoffer erschienen, jetzt ubergegangen in den 
Berliner Verlag von Hermann Augustin, der nocb Exemplare besitzt. Der 
Titel heiCt „Die groDe Firma", Gedicht von Franz Freiherrn von Gaudy, 
fur eine Bariton- oder BaBstimme mit Begleitung des Pianoforte komponiert 
von W. Solinger. Dieses doppelt-freiherrlichen Liedes wird in der ganzen 
Bulow-Literatur mit keiner Silbe gedacht, es muflte denn sein, daQ ein 
Berliner Brief Bulows vom 19. Februar 1864 an Dr. jur. K. Gille in Jena, 
den damaligen Leiter der dortigen Akademischen Konzerte, sich indirekt 
auf dasselbe bezieht; Biilow schreibt da: „Ich sende Ihnen nebenbei auch 
— einen vielleicht ernsthaften musikalischen SpaO, betreffs dessen ich auf 
Ihre geneigte Diskretion rechne". Vielleicht handelte es sich hier urn eine 
Niederschrift von „Die groCe Firma", die als „Nachruf an Ferdinand Lassalle" 
im Druck natiirlich erst nach dessen Tode am 31. August 1864 erschienen 
sein kann; dann hatte der Komponist es erst spater dem verstorbenen 
Freunde gewidmet. Das Titelbild zeigt ein hochst merkwiirdiges und inter- 
essantes Weltgericht-Bild, dessen Zeichner nicht signierte. Eingerahmt 
ist die Zeichnung von Dornen- und Distelranken, von denen rechts und 
links ein Geier und eine Eule herabschreien und ein gehangter Land- 
junker mit Sporen an den FiiQen und eine blutende Monchskutte herab- 
baumeln. Oben aus den Himmelswolken heraus schleudert Gottvater, von 
einer Flammen-Gloriole und von sechs blasenden Posaunenengeln umgeben, 
mit beiden Handen feurige Blitze herab und zerschmettert die verschiedenen 
zum Teil im Sinne der Tierfabel gestalteten und kostiimierten Vertreter 
der menschlichen Gesellschaft, welche die groBe Firma Lump & Kompagnie 
bilden: Den Konig (Lowe) mit Krone und Hermelin auf seinem wankenden 
Thron, den Tiirken mit seinem Haremskatzchen, den Monch in der Kutte, 
die Jesuiten (Bocke), den Staatsbeamten (Fuchs) mit Dreispitz, Degen und 
Orden, Kammerherrnschliissel und der Kasse, den Pfaffen (Raubvogel) mit 
iiber der Bibel gefalteten Handen, den Redakteur (Schaf) mit seiner Reklame- 
zeitung, die judischen Kaufleute mit dem gefiillten Geldbeutel, den Edel- 
mann mit der zerbrochenen Hellebarde; sie alle wehren sich verzweifelt 
und vergebens gegen das aus der Hohe ertonende Donnerwort „Bankrott!" 
oder liegen schon am Boden neben Tiara, Krone und Federbarett, um- 
flattert von unheimlichen Fledermausen. 

Spater lieB Biilow bei einem dritten Verlage, bei Bote & Bock in 
Berlin, auch eine Klaviertransskription unter seinem Pseudonym W. Solinger 
erscheinen; warum pseudonym, ist mir unerklarlich. Es handelt sich um 
die groQartige Todesszene der Sklavin-Konigin Selika, den Gipfelpunkt der 
Meyerbeerschen Oper .Die Afrikanerin"; das Titelbild zeigt den Manzanillo* 



HARZEN-MOLLER: HANS v. BULOWS PSEUDONYM W. SOLINGER 127 

baum bei den Tempelruinen am Mceresgestadc; er wirkt ubrigens wedcr 
durch seinen Blutenduft noch durch seine Apfel giftig, sondern nur durcb 
den in seinem Holze befindlichen Wolfsmilchsaft. 1 ) Den Noten ist die von 
Ferdinand Gumbert herriihrende deutsche Ubersetzung des E. Scribe'schen 
Textes untergelegt. Da die Urauffiihrung der „Afrikanerin" am 28. April 1865 
in Paris vor sich ging, ist der Zeitpunkt dieser Transskription nach diesem 
Datum gegeben. 

Biilow hat es jedenfalls verstanden, bei den beiden sozialpolitischen 
Tendenzliedern W. Solingers seine Autorschaft ganz geheimzuhalten, 
was ihm als Adligem und Koniglichem Hofpianisten vielleicht erwiinscht 
und notwendig erscheinen mochte. Zu seinen Lebzeiten schon diese 
Pseudonymitat zu luften, ware gegen seinen ausdriicklichen Willen gewesen. 



') Der franzosische Titel scbreibt Manc6nillier, der Hofmeister-Katalog richtig 
Mancenillier, obne den Akzent; der lateinische Name des Manchinellen- oder Man- 
Bchinellenbaumes ist Hippomane Mancinella. 



SCHUBERT UND GOETHE 

VON DR. KONRAD VOLKER IN GREIZ 



Franz Schubert, der Schopfer des modernen Kunstgesanges, der 
Beethoven des Liedes, war, wie sein Meister und Abgott Beethoven, 
ein gliihender Bewunderer der Goetheschen Muse. Beide sind 
dem Geistesgewaltigen in Weimar, dem „kostbarsten Kleinode der Nation", 
wie ihn Beethoven nannte, mit reinster, tiefempfundener Verehrung genaht, 
beide vergebens. Er, der auf so vielen Gebieten geistiger Kultur ein 
Erster und gerade in der der Musik so nahe stehenden poetischen Lyrik 
der Meister aller Meister war, ging in der Musik mit seinem Fuhlen 
weniger in die Tiefe wie in die Breite, sie war ihm nicht viel mehr als 
„ein reizvolles Spiel fur Sinn und Phantasie", und er ist deshalb sein 
Leben lang iiber eine mehr oberfiachliche Musik nicht hinausgekommen. 
Ungliicklicherweise geriet er dazu noch in nahe personliche Beziehungen 
zu an sich achtbaren, aber neben Beethoven und Schubert doch recht 
bescheidenen Talenten, wie Reichardt und Zelter. Und die haben es, vor 
allem der brave Maurermeister und Musikus Zelter, in ihrer beschrankten 
Philisterhaftigkeit erreicht, daC er an den beiden, die der Hohe seiner 
Kunst so unendlich viel naher standen, in kuhler, weltmannischer Vor- 
nehmheit voruberging. 

Die Begegnungen Goethes und Beethovens in Teplitz und Karlsbad 
mit ihren interessanten Details sind schon vielfach erortert worden. 
Goethe kam dem Wiener Titanen mit der ihm eigenen Reserviertheit, 
aber nicht unfreundlich entgegen. Und Beethoven hatte grofie Hoffnung, 
ihn fur eine tiefere Auffassung seiner Kunst zu gewinnen: „Wenn einer 
ihm Interesse fur Musik beibringen kann, so bin ich's." Aber das Ver- 
haltnis blieb steif. Die beiden grundverschiedenen Manner hatten sich 
nur in der Kunst zueinander finden konnen. Und da versagte Goethe 
und enttSuschte den leidenschaftlichen Beethoven durch die Kalte seiner 
Ablehnung. Trotzdem war Beethoven gliicklich, ihn wenigstens gesehen 
und gesprochen zu haben, und er hat diesem Gliick spater mehrfach in 
ruhrender Weise Ausdruck gegeben. So bescheiden war der unbandig 
selbstbewuflte „GroDmogul" in Wien dem Manne gegeniiber, der sein 
Sehnen nach Freundschaft eines Kongenialen ablehnte und seine Kunst 
nicht verstand. 

Schubert ging es noch schlechter wie seinem Meister. Er hat Goethe 
nie gesehen und auch nie eine Zeile von ihm erhalten, obwohl er sein 
Leben darum gegeben hatte. Im Jahre 1817 sandte der Freiherr Josef 
von Spaun, sein altester und treuester Freund aus der Konviktszeit, 
einige seiner Kompositionen Goethescher Gedichte, darunter den „Erlk6nig", 



VOLKER: SCHUBERT UND GOETHE 129 

mit einem eindringlichen Schreiben an den Olympier: „Die im gegen- 
wartigen Hefte enthaltenen Dichtungen sind von einem neunzehnjahrigen 
Tonkiinstler namens Franz Schubert, dem die Natur die entschiedensten 
Anlagen zur Tonkunst von zartester Kindheit an verlieh, ... in Musik 
gesetzt. Oer allgemeine Beifall, welcher dem jungen Kiinstler sowohl 
tiber gegenwartige Lieder als seine ubrigen bereits zahlreichen Komposi- 
tionen von strengen Richtern in der Kunst sowie von Nichtkennern, von 
Mannern sowie von Frauen, zuteil wird, und der allgemeine Wunsch seiner 
Freunde bewogen endlich den bescheidenen Jungling, seine musikalische 
Laufbahn durch Herausgabe eines Teils seiner Kompositionen zu eroffnen. 
Diese Sammlung nun wunscht der Kunstler Euer Excellenz in Untertanig- 
keit weihen zu diirfen, dessen so berrlichen Dichtungen er nicht allein 
die Entstehung eines groOen Teils derselben, sondern wesentlich auch 
seine Ausbildung zum deutschen Sanger verdankt. Selbst zu bescheiden 
jedoch, seine Werke der groOen Ehre wert zu halten, einen, soweit 
deutsche Zungen reichen, so hochgefeierten Namen an der Stirne zu 
tragen, hat er nicht den Mut, Euer Excellenz selbst um diese groCe 
Gunst zu bitten, und ich, einer seiner Freunde, durchdrungen von seinen 
Melodien, wage es, Euer Excellenz in seinem Namen darum zu bitten. 
Fur eine dieser Gnade wiirdige Ausgabe wird gesorgt werden. Ich enthalte 
mich jedoch weiterer Anruhmung dieser Lieder, sie mogen selbst fur sich 
sprechen . . . Sollte der junge Kunstler so gliicklich sein, auch den 
Beifall desjenigen zu erlangen, dessen Beifall ihn mehr als der irgend 
eines Menschen in der weiten Welt ehren wiirde, so wage ich die Bitte, 
mir die angesuchte Erlaubnis mit zwei Worten gnadigst melden zu Iassen." 

Eine Antwort erfolgte nicht. Acht Jahre spater schrieb Schubert 
selbst unter Beifugung seiner Vertonung der Goetheschen Lieder „An 
Schwager Kronos", ,An Mignon" und „Ganymed a folgenden mehr als 
bescheidenen Brief: „Euer Excellenz! Wenn es mir gelingen sollte, durch 
die Widmung dieser Compositionen Ihrer Gedichte meine unbegrSnzte 
Verehrung gegen E. Excellenz an den Tag legen zu konnen, und vielleicht 
einige Beachtung fur meine Unbedeutenheit zu gewinnen, so wiirde ich 
den giinstigen Erfolg meines Wunsches als das schonste Ereignis meines 
Lebens preisen. Mit grofiter Hochachtung Ihr ergebenster Diener 
Franz Schubert." 

Auch diesmal blieb die Antwort aus. Fur die Erstlingswerke des 
sechzehnjahrigen Mendelssohn, die an demselben Tage eingingen, fand 
Goethe viele Worte warmen Dankes, fur Schuberts unvergleichlich reifere 
und genialere Kompositionen nicht einmal eine Empfangsbestatigung und 
im Tagebuche nur eine trockene Erwahnung. Es ist tief zu bedauern, 
daO der Dichterfurst fur den groBten Komponisten seiner Lieder kein 
Verstandnis, ja nicht einmal ein Wort der Teilnahme gehabt hat, wahrend 

XIV. 20. 9 



130 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

er den Kompositionen von Reichardt und Zelter, die man neben denen 
Schuberts ohne Bedenken als minderwertig bezeichnen kann, Worte des 
hochsten Lobes zollte. Ihm daraus einen groBeren Vorwurf zu machen, 
ware allerdings ungerecht. Ich habe scbon auf seine ungeniigende 
musikalische Beanlagung und die Zurechtstutzung seiner musikalischen 
Bildung durch subalterne Geister hingewiesen. AuBerdcm war er, als 
Spaun sich ihm nahte, bereits 68, als Schubert an ihn schrieb, sogar 
schon 76 Jahre alt. Sein Ruhm brachtc ihm neben all dem Erhebenden 
auch zahlreiche Belastigungen. Taglich wurde er mit Widmungen und 
Bittgesuchen uberschiittet, nicht alle konnte er beantworten, ja viele 
muBten schon von vornherein mit MiBtrauen aufgenommen werden. Mendels- 
sohn war ihm durch Zelter empfohlen, fur Schubert trat keiner ein. Und 
einer AuBerung von ihm will ich noch gedenken, die besonders geeignet 
ist, ein mildes Urteil iiber sein Verhalten gegen Schubert zu rechtfertigen. 
Wir entnehmen sie Eckermanns Aufzeichnungen: „Ich habe groCe Herren 
gekannt, denen man viel zusendete. Diese machten sich gewisse Formulare 
und Redensarten, und so schriebcn sie Briefe zu Hunderten, die sich alle 
gleich und alle Phrasen waren. In mir aber lag dieses nie. Wenn ich 
nicht jemand etwas Besonderes und Gehoriges sagen konnte, wie es in 
der jedesmaligen Sache lag, so schrieb ich lieber gar nicht. Oberflachliche 
Redensarten hielt ich fur unwtirdig, und so ist es dann gekommen, daB 
ich manchem wackeren Manne, dem ich gern geschrieben hatte, nicht 
antworten konnte." Tragisch bleibt es nur, daB gerade Schubert, der dem 
groBten lyrischen Dichter kongeniale Lyriker der Musik, unter dieser 
Nichtachtung leiden muBte. 1822 wuBte Goethe, wie Schuberts Schulfreund 
Lowenthal, der damals den Dichter besuchte, berichtet, iiberhaupt noch 
nichts von Schuberts Kompositionen, er hatte also die Widmung von 1817 
vollig vergessen. 1830 sang ihm Wilhelmine Schroder-Devrient den ,Erl- 
konig" vor, und da erst erinnerte er sich, das Lied friiher einmal gehort 
zu haben, wo es ihm gar nicht hatte zusagen wollen ; so vorgetragen da- 
gegen gestalte sich das Ganze zu einem sichtbaren Bild. Schubert war 
damals schon zwei Jahre tot. In bitterer Armut war er, noch nicht 
32 Jahre alt, am 19. Dezember 1828 am Nervenfieber gestorben. Ein 
Kreis hochgebildeter, feinsinniger und uneigenniitziger Freunde, die seiner 
Kunst hochste Bewunderung entgegenbrachten und dem warmherzigen 
Menschen Schubert herzlich ergeben waren, hatte ihm iiber die Miseren 
seines bescheidenen Daseins, „Des Lebens Martergang", hinweggeholfen. 
Vor allem aber war es die Sonne seiner Kunst, die das an auBeren Ein- 
driicken und Gliicksgutern so arme Leben des schlichten deutschen 
Meisters mit ihren warmen Strahlen vergoldete und ihn oft vor Seligkeit 
ergliihen lieB, wenn der Genius ihn mit dem Zauber seiner Harmonieen 
umfing und iiber all die Triibsale und Entbehrungen, die das Leben ihm 



VOLKER: SCHUBERT UND GOETHE 131 

trotz alter Freundschaft edler Menschen noch brachte, den Schleier der 
schSpferischen Inspiration deckte. Ein Ausspruch von ihm uber Goethes 
verletzendes Schweigen ist uns nicht uberliefert. DaC es ihn bitter ge- 
krankt hat, wird niemand in Abrede stellen konnen, der in der Lage ist, 
mit ihm zu fiihlen, nur hat er vermutlich in seiner still-geniigsamen Art 
diese herbe Enttauschung, wie so manche andere, in sich hineingeschwiegen. 
Die Begeisterung hat er dem GroCen in Weimar jedenfalls bis ans Ende 
bewahrt und damit noch mehr wie Beethoven wahre SeelengroOe bewiesen. 
Was allerdings Goethe fur ihn als Komponisten zu bedeuten batte, 
ist mit dem, was er Beethoven war, gar nicht zu vergleichen, ja uberhaupt 
nicht abzuschatzen. Es ist sogar, und gewiQ nicht ohne Grund, behauptet 
worden, daB ohne Goethe Schuberts lyrisches Lebenswerk gar nicht denk- 
bar gewesen sei. Schon Spaun weist in seinem Brief an Goethe darauf 
hin. Man vergegenwartige sich die Wirkung der Goetheschen Muse auf 
Beethoven. 1811 schreibt er an Bettina Brentano: „Ich bin eben im Be- 
griff, an Goethe zu schreiben wegen Egmont, wozu ich die Musik gesetzt, 
und zwar bloO aus Liebe zu seinen Dichtungen, die mich gliicklich machen". 
Von 1808 ab bis an seinen Tod beschaftigte ihn wieder und wieder der 
Gedanke, zum „Faust", dem „Evangelium des modernen Geisteslebens", eine 
Musik zu schreiben, da er ihn in hochstem MaDe schopferisch anregte. 
Ahnlich wirkte auf ihn die Goethesche Lyrik. Die schonsten der wenigen 
Lieder, die er geschaffen hat: „Mignon", „Neue Liebe, neues Leben", 
B Wonne der Wehmut", sind von Goethe gedichtet. Und in ihrem „Brief- 
wechsel eines Kindes mit Goethe" hat Bettina, zwar nicht in Beethovens 
Ausdrucksweise, aber doch mit der „hellseherischen Kraft einer anschmieg- 
samen Natur" dem Sinne seiner Rede entsprechend fur den Eindruck der 
Goetheschen Kunst auf Beethoven einen unnachahmlichen Ausdruck 
gefunden: „Gestern ging ich mit ihm in einem herrlichen Garten in voller 
Bliite, die Treibhauser offen, der Duft war betaubend; Beethoven blieb in 
der driickenden Sonnenhitze stehen und sagte : Goethes Gedichte behaupten 
nicht allein durch den Inhalt, auch durch den Rhythmus eine grofie Gewalt 
iiber mich, ich werde gestimmt und aufgeregt zum Komponieren durch 
diese Sprache, die wie durch Geister zu hoherer Ordnung sich aufbaut 
und das Geheimnis der Harmonie schon in sich tragt. Da muB ich dann 
von dem Brennpunkt der Begeisterung die Melodie nach alien Seiten hin 
ausladen, ich verfolge sie, hole sie mit Leidenschaft wieder ein, ich sehe 
sie dahinfliehen, in der Masse verschiedener Aufregungen verschwinden, 
bald erfasse ich sie mit erneuter Leidenschaft, ich kann mich nicht von 
ihr trennen, ich muB mit raschem Entziicken in alien Modulationen sie 
vervielfaltigen und im letzten Augenblick da triumphiere ich uber den ersten 
musikalischen Gedanken, sehen Sie, das ist eine Symphonie . . . ". Um 
wieviel mehr muflte Schubert, der Lyriker xazr' i$oxrjv, von Goethes Lyrik 

9* 



132 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

ergriffen werden. Die groBe, herrliche Melodie der Goetheschen Gedicbte 
mit ibrem unnachabmlichen Farbenzauber wirkte auf ihn, den Meister 
farbenreichster Phantasie, wie eine Offenbarung, und je tiefer er in sie 
eindrang, um so voller sprudelte ihm aus ihnen der kostlichste, reichste 
Wunderquell entgegen und erzeugte in ihm jene genialen Gebilde musika- 
lischer Lyrik, die keiner, der sie gehort, je vergessen kann. Mit Goethes 
.Gretchen am Spinnrade" leitete im Jahre 1814 der Siebzehnjahrige die neue 
Ara des Liedes ein. 72 Lieder Goethes hat er im ganzen vertont (erst 
in weitem Abstande folgen die daneben von ihm am meisten bevorzugten 
Dichter: Schiller mit 46, Wilhelm Miiller mit 44 und Mayrhofer, sein 
langjahriger Vertrauter, mit 47 Gedichten), darunter auBer den bereits ge- 
nannten die Mignon-Lieder, die Gesange des Harfners, die Suleika-Lieder, 
das .Heideroslein", »Rastlose Liebe", den „Konig in Thule", den ,Musen- 
sohn", B Geheimnis", den B Nachtgesang°, „ Wanderers Nachtlied", den 
„GesangderGeisteriiberden Wassern" und alsmMchtigstes den. Prometheus". 
Diese 72 Lieder bilden einen wundervollen Bau lyrischer Kunst, in dem 
sich Schonheit des Textes und der Musik zu einem harmonischen Ganzen 
im edelsten Sinne vereinigen. Und aucb zu den vielen anderen Liedern 
Schuberts (im ganzen bat er iiber 600 komponiert) bis hinauf zum alle 
uberragenden Gipfel der „Winterreise" hat Goethe sein Teil beigetragen; 
denn der Liederreformator Schubert ware ohne seinen tiefgreifenden Ein- 
fluB uns vielleicht iiberhaupt nicht beschert worden, mindestens aber nicht 
zu dieser Hohe gelangt. 

Darum wollen wir dem Altmeister trotz der KrSnkung, die er Schubert 
angetan hat, dankbar sein, daO er durch seine unvergangliche Kunst, mit 
der er schon dem Gewaltigsten im Gesamtreiche der Schwesterkunst Musik 
Stunden wahren Gliicks und intensivster kiinstlerischer Anregung gebracht, 
den GroBmeister des Liedes zu Hochstem begeistert bat. 



REVUE DER REVUEEN 



Zum 100. Geburtstag von Robert Franz (SchluQ) 

BERLINER LOKAL-ANZEIGER, 27. Juni 1915. — B Robert Franz." Von Wilhelm 
Klatte. „. . . GroQ ist die Zabl der Sanger und Sangerinnen, die aus dcm 
Reichtum der Franz-Lieder zu schopfen wuQten, von je nicht gewesen. Die Schar 
der Vielzuvielen, die sich mubsam mit dem andertbalb Dutzend in der Gesang- 
stunde eingelernter Lieder durcbschligt, kommt fur Robert Franz kaum, jedenfalls 
nur fur ein paar seiner allerbekanntesten Lieder in Betracbt. Die wirklich Berufenen 
aber haben sicb zu oft nur verleiten lassen, der breiten Wirkung, dem ,groQen 
Effekt' nacbzujagen, und daffir bieten Franzscbe Gesange nicbt den recbten 
Keimboden. Sie gehoren ubcrhaupt nicbt dorthin, wo der schreiende Effekt seine 
StStte bat; sie verlangen den intimen Konzertsaal, und von dort sollen sie von 
den Pflegern kunstlerischer Hausmusik ubernommen werden. Nach Ahem und 
Altestem grabt man muhselig, um der Hausmusik Stoff zuzufuhren, und nach den 
nabeliegenden SchMtzen greifen gar wenige. Von Schubert wissen sie und von 
Schumann und Mendelssohn; aber die allein, die sich aucb in die edle Fulle 
Robert Franzscher Lyrik vertieft haben, wissen erst ganz zu ermessen, welches 
Kleinod wir besitzen in dem, worum die Volker der Welt uns beneiden, im 
deutschen Lied." 

BERLINER BORSEN-ZEITUNG, 27. Juni 1915. — ..Robert Franz' 100. Geburtstag." 
„ln Robert Franz," sagt der ungenannte Verfasser, „verehrt die deutsche Musikwelt 
einen der bedeutendsten Liederkomponisten der romantischen Scbule, einen Kom- 
ponisten, der sich neben den ersten Meistern seines Facbes, den Schubert und 
Schumann, mit Ehren bebauptet hat. Wie jenen, war auch ihm, wenn auch nicht 
in gleich hohem Made, cine reiche melodische Erflndung und ein poesievolles 
Empfinden zu eigen, und wie jene hat auch er mancb kostlicher Schopfung aus 
dem Scbatze unserer alteren Lyrik musikalischen Odem eingehaucht. Freilich 
sind seine Lieder nicht eben so tief ins Volk gedrungen, weil seinem Schaffen 
die voile Ursprunglichkeit und auch der volkstumliche Zug fehlte, der sich 
speziell in zahlreichen Schubertschen Liedern auspragt, seine bohe Bedeutung als 
ein wurdiger Priester deutscber Liederkunst wird jedoch nicbt herabgedruckt. 
Lieder wie ,Es hat die Rose sich beklagt' oder ,Er ist gekommen in Sturm und 
Regen' werden stets den edelsten Bluten im Zaubergarten unserer musikalischen 
Lyrik beigezihlt werden durfen . . ." 

BERLINER BORSEN-COURIER, 27. Juni 1915. — „Robert Franz." Von Alfred 
Keller. Franz war dem Text gegenuber „musikalisch nicht so despotisch wie 
Schubert oder so sinnlich wie Schumann. Seine hingebende Natur hatte keine 
inneren WiderstSnde zu Gberwinden, obgleich sie von zartester Keuschheit und 
beinabe scheuer Angst war. Liszt hat wohl das Ricbtige getroffen, wenn er Franz 
,eine dem weiblichen Gefuhl eigene Reizbarkeit' und ein ,echt weibliches Entgegen- 
nehmen des dichterischen Stoffes' zuschreibt. Leider ist Franz heute aus den 
KonzertsSlen fast ganz verschwunden. Nur ein paar Lieblinge kehren immer wieder. 
Man muD diese Miiiachtung bedauern, da dadurch unserem musikalischen Leben 
vom besten und feinsten Gut entzogen wird. Sie kann nur auf mangelnder Kennt- 
nis der Franzschen Werke beruhen. Wie manche Perle ruht leider noch unge- 
hoben in ibnen. Aber die meisten unserer Sanger und Sangerinnen ziehen vor, 
nur nach dem nichstliegenden Material zu greifen und sich immer und immer 
wieder an den gleichen bekannten Liedern zu messen und uns damit zu langweilen, 



134 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

statt wirkliche Umschau zu halten in dem reichen dcutschen Liederscbatz und 
Neues bervorzuziehen und zu beleben. Doch sind an dieser Scbuld unsere Musik- 
bochschulen mitbeteiligt. Wo wird an ibnen z. B. eine Gescbichte des deutschen 
Liedes gelehrt? Allerdings stellen die Franzscben Lieder hobe Ansprucbe an die 
kunstlerische Wiedergabe . . ." 

TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 28. Juni 1915. — „Ein deutscher Liedermeister." 
Von Adolf Gottmann. „. . . Im Kleinen groB sein, das war das Ziel seines ton- 
dichterischen Wollens, der Endzweck seiner ecbten deutschen Heimatkunst. Hier 
lebte er sich aus. Da schuf er eine kristallklare Lyrik von jener musikalischen 
Objektivitat, deren Kunstwert immer hochgeschatzt, im Konzertsaal aber fremd 
und fremder werden wird . . ." „Durcb die Scbeu vor dem Leidenschaftlicben, 
vor der GroQzugigkeit des Ausdrucks uberbaupt, hat die Neuzeit, der musikaliscbe 
Fortschritt und nicht zuletzt das Wacbsen der GroBenverhaltnisse unserer Konzert- 
sile das Scbaffen von Robert Franz nicht nur iiberbolt, ja sogar seine Kleinkunst 
vor der Offentlicbkeit zu einer Diminutivkunst zuruckgedringt . . ." „Ihm, dem 
Insicbgekehrten, war die Offentlicbkeit, der die Stimmung brutalisierende, grell 
beleuchtete Konzertsaal ein Greuel. Sein Schaffen, seine feinfidige Tonsprache 
war denn auch nie auf eine dimensionale Wirkung eingestellt, mocbte nie nach 
dem lauten Erfolg der groilen Masse geizen. Was sein Talent uns gab, war Haus- 
musik im edelsten Sinne des Wortes; Hausmusik fur den kleinen Kreis Kunst- 
verstandiger, deren Qualititen immerbin groB genug, dem Kunstwerk zu geben, 
was des Kunstwerkes ist. So gehort, entschleiern die Stimmungsbilder des Halloren- 
sohnes, die im Konzertsaal, wo man ihnen laute Wirkungen abringen wollte, immer 
febl waren, Reize von reiner Schone. Da tritt die ganze Tiefe des Gemutes, die 
voile deutscbe Ehrlichkeit ihres Schopfers zutage . . ." 

BERLINER TAGEBLATT, 28. Juni 1915. — ^Robert Franz." Von James Simon. 
„. . . Den Beruf des Lyrikers in sich fublend, hat Franz fast ausschliefilich die 
Kunstgattung des Liedes bebaut, innerhalb dieser Zone aber eine groBe Frucbt- 
barkeit entfaltet . . . Gerade in unseren Tagen, wo sich der Deutscbe wieder auf 
sein innerstes Wesen besinnt, sollte man ofters zu dieser urdeutscben, sinnigen 
Hausmusik zuruckgreifen. Auch unsere KonzertsSnger, denen nicht an blendenden, 
sondern eindringlicb-intimen Wirkungen gelegen ist, sollten iiber Brahms, Hugo 
Wolf und StrauB diesen Fixstern der deutschen Lyrik, wie ihn Liszt genannt hat, 
nicht ganz vergessen." 

VOLKSZEITUNG (Berlin), 26. Juni 1915. — „Ein Meister des deutschen Liedes." 
„. . . Die Eigenart des Franzschen Liedes liegt vor allem in seinem tiefen Ver- 
standnis fur das Dichterwort und in seiner unerschutterlichen Achtung davor. Er 
ist kein Dramatiker, er ist ganz Lyriker. Er erfaBt das Gedicht von seinem Kerne 
aus und baut auf diesem Grunde die Vertonung auf. An der Strophenform bat 
er immer festgehalten. Seine Melodieen sind schlicht, klar, fein, einprigsam; die 
Tone, die er auf seiner Harfe hat, mannigfaltig; sie gleiten vom tiefsten Leide 
hinuber bis zum neckischen Obermute. Ein Hauch zartester Empflndung, dem 
Dufte einer Blute vergleichbar, ist zuletzt das, was an seinen Liedern das eigentlich 
Franzsche ausmacht." 

VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 27. Juni 1915. — „Robert Franz." Von Max 
Marschalk. „. . . Ich weiB nicbt, in welchem Umfange die Franzschen Lieder ein 
Bestandteil unserer Hausmusik geworden sind. Nach den Beobachtungen, die ich ge- 
macht babe, will es mir so scheinen, als ob ibre Geltung auch in den Kreisen singe- 
kundiger Dilettanten zuruckgegangen sei. Unsere Sanger von Beruf haben Franz 
seit Jahren in einer Weise vernacblSssigt, die zu versteben und zu erklaren dem 



REVUE DER REVUEEN 135 

Kenner der Franzschen Muse nicht leicht wird. Wie selten geschieht es, daB wir 
auf unseren Konzertprogrammen Franzsche Lieder verzeichnet flnden . . . Und es 
sind zumeist imtner wieder dieselben Lieder, dieselben oft gesungenen und alt- 
erprobten, die man zu horen bekommt ..." „. . . Es ist der Versuch gemacht 
worden, zu beweisen, daB das Franzsche Lebenswerk sozusagen ein Gipfelpunkt 
der musikaliscben Entwicklung sei. Aber der Beweis bat keine Uberzeugungskraft, 
und soviel auch fiber den Reichtum der Phantasie des Meisters gesagt worden ist, 
fiber die FfiUe der Gedanken, die ihm zuflossen, fiber die an Bach und Handel 
geschulte rneisterhafte Form, fiber die Tiefe und Reinheit des Geffihls, das aus 
seinen Liedern spricht, fiber die Starke des Geistes, der in ihnen leuchtet, so fragt 
man sich doch letzten Endes, indem man alles willig zugesteht, was jemals von bc- 
geisterten Anhangern fiber ihn verkfindet worden ist, ob sich in seinen Liedern wirk- 
lich die Hand eines Genies offenbart. Wenn wir an den gottlichen, unerschopflichen, 
unvergleichlicben Schubert denken, dessen Eingebungen in seinen groBen und in 
seinen kleinen Liedern uns immer wieder fiberrascben und erschuttern, wenn wir 
ihn ein Genie nennen, wenn wir in den schonsten Liedern Schumanns die Luft 
verspfiren, die aus unermelilichen Hohen zu uns herabweht, wenn wir sogar in 
einzelnen Liedern Mendelssohns das Transzendentale feststellen, wenn wir auch 
Schumann und Mendelssohn also Genies nennen, so haben wir, wenn wir an Franz 
denken, eine leise Scheu, das Wort auszusprechen." «... Vielleicht liegt in dem 
Bekenntnis des Meisters, der uns so viele ,kostbare Liederperlen' geschenkt hat, 
in dem Bekenntnis, dad er niemals an die Publikation der gewonnenen Resultate 
gedacht, daB er sie vielmehr ruhig ins Pult gelegt habe, um von Zeit zu Zeit 
Heerschau zu halten, ein weiterer Schlussel dafiir, daB sie eine in die Breite 
gebende Wirkung verfehlen. Nehmen wir uns vor, unser Urteil noch nicht ab- 
zuschlieBen; und seien unsere Singer ermahnt, der Welt ofter als bisher zu Urteils- 
revisionen Gelegenheit zu geben!" 

DRESDNER ANZEIGER, 28. Juni 1815. — „Ein deutscher Liederkomponist." 
„. . . Die Schuld des Vergessenbleibens liegt durchaus nicht bei Franz. Seine 
Lieder ge horen zu den besten deutschen Schopfungen und haben namentlicb im 
Kreise seiner engeren Fachgenossen stets das groBte Lob gefunden. Aber er ist 
vielleicht etwas unmodern; er ist zu wenig dramatisch, etwas auf das Mystisch- 
Gebeimnisvolle gerichtet; er ist vielen wohl zu zart, zu keusch. Er reiBt nicht 
bin, er bestrickt nicht mit auBerem Aufwand. Bei ihm ist alles verinnerlicht, beseelt. 
Ihm kam es darauf an, den Stimmungs- und Gefuhlsgehalt eines Gedichtes so 
tief wie nur moglich auszuschopfen. Er wollte Worte und Musik zu einer un- 
trennbaren Einheit verschmelzen. GewiB ist er von Schubert und auch von 
Schumann ausgegangen, aber er ist bald eigene Wege geschritten und hat das Werk 
Schuberts selbstSndig weitergefuhrt. Schubert legte noch, einem gewissen Schematis- 
mus folgend, den groBten Wert auf die Fuhrung der Singstimme, auf die Melodie, 
bei Schumann dagegen fiberwog haufig die Klavierbegleitung. Franz dagegen suchte 
in feiner Weise zwischen diesen beiden Arten zu vermitteln und dem deutschen 
Lied einen durchaus individuellen Charakter zu verleihen. Er ist somit der Ab- 
schluB der klassisch-romantischen Periode und der VorUufer der jfingsten kfinst- 
lerischen Richtung, die in Hugo Wolf und Brahms ihren Hohepunkt erreicht 
hat . . ." 

DRESDNER NACHRICHTEN, 27. Juni 1915. — .Robert Franz." Von Eugen 
Schmitz. „. . . Nicht das Gedachtnis titanenhafter Grofle Oder genialischen 
Ringens um die hochsten Ideate der Tonkunst knfipft sich an den Namen von 
Robert Franz; aber wenn man den Blick fiber den duftenden Garten deutscher 



136 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 

Lyrik schweifen lSBt, der im vergangenen Jabrhundert seine Bluten erscblofi, so 
ragen die zarten SproBlinge der Franzschen Muse trotz glanzvoller Umgebung doch 
unter den reizvollsten ihrer Art besonders bervor. So darf dem bescbeidenen Meister 
an seinem Ehrentage dankbare Erinnerung nicbt versagt bleiben." „. . . Sein Stil 
stellt sich als eine eigenartige Mischung romantischer Harmonik und altklassischer 
Kontrapunktik dar: die Vokalmelodie erhilt meist eine polypbon ebenso kunstvolle 
wie modulatoriscb kuhne instrumentale Unterlage. Dadurch gestalten sicb des 
Meisters Lieder reich an interessanten Einzelbeiten: ihr Grundcbarakter ist 
aber trotzdem ein durchaus volkstumlicher, wofur SuBerlich schon die 
Vorliebe fur die scblichte Strophenform kennzeicbnend erscheint. Und gerade 
diese vornehme, in ihrer Art einfache und doch auch wieder poetisch wie musi- 
kalisch so reiche Volkstumlichkeit weist Franz* Kunst ibre besondere Stellung im 
Rabmen des modernen Musiklebens zu. Wenn die Lieder von Franz im Konzert- 
saal relativ selten erscheinen, so ist daran nicbt nur die oft beklagte Bequemlich- 
keit der ausubenden Kunstler scbuld. Vielmehr eignet sich das intimc, volks- 
tumliche Wesen der Franzschen Lyrik tatsachlich nicht recht fur das grelle Licbt 
der Offentlichkeit. Dafur sind diese Lieder Hausmusik im edelsten Sinne 
des Wortes. Als solcbe kommt ihnen um so groBere Bedeutung zu, da die Pflege 
moderner Hausmusik bedauerlich daniederliegt. Vielleicht wird aber gerade unsere 
Zeit, der sich der Sinn fur alle Regungen deutscher Geisteskultur unter dem 
Zwange heiliger Not so michtig schSrfte, den Wert der Franzschen Muse fur das 
deutscbe Haus neu schStzen lernen." 

DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN, 27. Juni 1915. — ^Robert Franz." Von 
August Pu ringer. Aus den Franzschen Liedern, urteilt Verfasser, haucht das 
deutscbe Volkslied seinen reinen Atem, „aber in einer ldealisierung, die danach 
trachtete, dafi das Textwort ,im Tone zu voller BIQte aufbreche'. Der scbone 
Ausspruch ist von Robert Franz selbst und zeigt ihn wirklich auf dem Wege, auf 
dem auch Wagner . . . ging und den spiter der Erfuller des Franzschen Strebens 
in der Liedvertonung, Hugo Wolf, bis ans Ziel durchbrach: den Geist des Dichters 
mit der Seele seines Gedichtes lebendig zu machen; die Melodie der Singstimme 
durfte schlieClich nichts anderes mebr sein als ein gehobener Vortrag des Ge- 
dichtes, aber alle Fulle seiner Empfindung, der ganze Duft seiner hinter den 
Worten verborgenen Stimmungen muCte aus ihr und der Musik des begleitenden 
Instrumentes berauschend hervorbrechen. Das Schaffen dieser Meister des Liedes 
ist also nichts anderes als ein Wiedergebarungsakt aus dem Geist der Tonkunst, 
aus dem ja auch der Dichter in Wahrheit schafft, von dessen Erscheinung das 
glucklichste dicbterische Wort aber nur farbige Scbatten festbalten kann. Man 
sebe sich in dem reichen Liederschatz, den Robert Franz hinterlassen, nur ge- 
horig um, und man wird mit Erstaunen gewahren, in wie vielen Liedern ihm schon 
gelungen ist, mit den einfacbsten Ausdrucksmitteln wahrer Meisterschaft dieses 
Ziel zu erreichen oder ihm doch sehr nahe zu kommen." „Seit 1902 ist ihm in 
Halle ein schones Denkmal errichtet, zu dem die Spenden aus alien Teilen 
Deutschlands zuflossen. Fast zur selben Zeit aber liefi Deutschland sein Lieder- 
werk, sein Lebenswerk, der Vergessenheit immer mebr und mehr anheimfallen. 
Es ware Zeit, dad unsere Liedersanger von Beruf diesem Zustand ein Ende setzten, 
doppelt dringlich in einer Zeit wie dieser, die von uns gebieteriscb die Pflege 
deutscben Geisteslebens verlangt." 

DRESDNER VOLKSZEITUNG, 26. Juni 1915. - „Robert Franz." Von E. B. 
„. . . Leider sind unsere Kehlkopfhelden und -heldinnen den Franzschen Liedern 
wegen ihrer eingebildeten ,Undankbarkeit und Einfacbbeit' nicht recht gewogen, 



REVUE DER REVUEEN 137 

und man suchte in den Konzertprogrammen der letzten Jahre nach jenen herrlichen 
Perlen deutschester Musik sehr oft umsonst. Dabei hat . . . Lilli Lehmann ganze 
Konzertabende nur mit Franzschen Liedern ausgefullt; Gura, Alice Barbi, Senfft 
v. Pilsach u. a. haben die Werke oft mit tiefstem Eindruck gebracht. Die edel- 
verklSrte Schwirmerei in der Widmung ,0, danke nicht fur diese Lieder', das 
duster-leidenscbaftlicbe, an Beethovens Appassionata gemahnende ,An die Wolke , 
das friscbe ,Wanderlied', das schmerzlich erregte Herbstlied ,Die Heide ist braun', 
das seltsam unrubige und volkstfimliche Lied im 7 /«-Takt ,Wird er wohl noch 
meiner gedenken?' oder das suB-begluckte ,Er ist gekommen' — das sind rasch ... 
von mir herausgegriffene Bluten aus dem wundersam reicben, duftenden StrauQe 
der Franzschen Lieder, deren jedes einzelne einen besonderen, dem Gedicht 
entsprecbenden Stimmungsgebalt in edelster, schlicbter Form, genial in der Melodic 
und ausdruckstief in dem Klaviersatz, offenbart." 

HALLESCHE ZEITUNG, 27.Juni 1915. — B Robert Franz." Von W. Kaiser. „. . . Die 
Ursprunge seines musikalischen Stils leiten zu Bach hin und dem protestantiscben 
Kirchenlied, das in den entscheidenden Abscbnitten seines Lebens nachhaltig auf 
ibn einwirkte, ebenso wic zu Schubert und Schumann. Blotter Nachahmer ist er 
darum nie gewesen. Alle EinflSsse starkten vielmehr die urspriingliche Kraft 
seiner eigenen Pers5nlicbkeit. Niemals vor ihm waren einerseits Melodie, Harmonie, 
Rbythmus und andererseits Singstimme und Begleitung zu so enger Einbeit ver- 
wachsen. Alle seine Lieder entstanden aus innerem Drang, indem er sich in den 
Sinn der Worte versenkte und den Blick auf das gesamte dichteriscbe Werk richtete. 
Wertloses Reimgeklingel vermochte seine Seele nicbt in Schwingungen zu ver- 
setzen. Nur ecbte und wahre Gefuhle befeuerten seinen musikalischen Schaffens- 
trieb. Stets war er bedacht, seinen Schopfungen nicht bloB isthetische, sondern 
auch ethiscbe Werte zu verleihen. Freilich fur den rauscbenden Betrieb des 
Konzertsaales waren die kostlichen Lieder nicht zugesebnitten, denn der Schonheit 
Stimme redet nur leise. . . ." 

NEUE ZURICHER ZEITUNG, 28.Juni 1915. - ..Robert Franz". Von Sch. „. . . Die 
Schopfungen Franz* entstanden aus innerem kunstlerischen Drange. Fremd ist 
daber seinen Gesangen alles, was auf einen Suderlichen EfFekt hinzielen wurde; 
sie sind keine ,dankbaren* Lieder im vulgiircn oder vielmehr trivialen Sinne, 
wo man unter Dank nur den donnernden Applaus versteht, unbekummert darum, 
ob eine nachhaltige Wirkung beim Horer erzielt wurde, und dieser negativen 
Wirkung ibres Wesens ist es zum Teil zuzuscbreiben, dad sie im Konzertsaal 
ziemlich selten erscheinen. Dafur entfaltet sich der nach innen gekehrte Grund- 
zug in einer Fulle der hochsten positiven kunstlerischen Vorzuge. Franz kann 
als Muster fur die Losung der Frage gelten, welche Gedichte strophisch und welche 
durchzukomponieren sind. Bewunderungswurdig ist, wie er stets mit feinstem 
Gefuhl die Grundstimmung einer Dichtung erkennt, auch da, wo das Gedicht einen 
Wechsel von Bildern und Gedanken enthalt. Durch die beiden letztern lalit er 
sich uberhaupt nie zu Detail-lllustrationen, die den Gesamteindruck zerpflucken 
wurden, verleiten; dennocb wird er bei den strophischen Kompositionen jedem 
Worte, das ein musikalisch geltend zu machendes Empflndungselement enthilt, 
auf das schonste gerecht, indem er diese Empfindung in einem feinen, scharfen 
Lichte, das er vermittelst einer scheinbar geringfugigen Wendung aufsetzt, wie 
einen kleinen bell blitzenden Diamanten hervorleuchten iatit. . . ." 

Willy Renz 



BESPRECHUNGEN 



BUCHER 

289. Otto Schnyder: Grundzuge einer 
Philosophic derMusik. Verlag: Huber 
& Co., Frauenfeld 1915. (Mk. 2.80.) 

In den philosophischen Arbeiten der letzten 
Jahrzehnte laflt sich iramer mehr ein Streben 
nach einer Darstellungsweise erkennen, fur 
wclche Schnyder selbst als Kennzeichen angibt: 
„m6glichste Deutlichkeit der Begriffe", „mog- 
lichste Strenge der Systematik", „moglicbste 
Einfacbbeit, Klarheit und Niichternheit der 
Sprache". Am langsten hat die pbilosopbische 
Behandlung kunstlerischer Probleme auf diesen 
Fortschritt der Methode warten lassen, und so 
weckte es in mir die besten Erwartungen, als 
ich gleich zu Anfang von Schnyders Buch eine 
klare Disposition und eine ersichtliche Vertraut- 
heit mit der bewuBten Anwendung praziser 
Denkmethoden bemerken konnte. 

Die weitere Lekture des Buches hat meine 
Erwartungen enttauscht. Alle Denkmethoden 
haben einen Zweck nur insofern, als sie zur 
Gewinnung neuer Gedanken oder zur klareren 
Ubersicht fiber ein bereits gewonnenes Ge- 
danken- oderTatsachenmaterial fuhren; Schnyder 
aber gibt Form obne Inhalt, insofern, als ich in 
dem ganzen Buche nicht einen Gedanken oder 
ein Ergebnis gefunden babe, das nicht schon 
Gemeingut der Kreise ware, die sich iiberhaupt 
mit den einschlagigen Fragen befassen. Ein 
gewaltiger Apparat an philosophischen Distink- 
tionen und Termini technici wird aufgeboten, 
die Musik wird immanent, transzendental und 
transzendent betrachtet, und — es ist B mit 
Worten ein System bereitet". Die trivialsten 
Satze werden vom Verfasser als sein geistiges 
Eigentum pomphaft vorgebracht, z. B (S. 63): 
„Ich stelle die Behauptung auf, aufier dem Ton 
sei das Gem fit StofF der Musik", und als Er- 
gebnisse langatmiger Untersuchungen werden 
SStze vorgetragen, wie (S. 67): „Wahrend das 
Talent nur gewohnte und bekannte Wollungen 
hervorzutreiben vermag und sich auf ein be- 
stimmtes Gebiet des Gemutes beschrSnkt, ist 
es dem Genie eigen, auch hier neue Bahnen 
zu zeigen, neue ursprungliche Wollungen ent- 
stehen zu lassen und alles zum Ausdruck zu 
bringen, was immer Gemut genannt werden 
kann." Man wird ubrigens der Behauptung, 
da(J das Genie ausnahmslos die ihm bier zu- 
geschriebene UniversalitSt besitzt, nicht ohne 
Einschrankung beistimmen konnen. 

Ein Beispiel dafiir, wie ergebnislos Schnyders 
umstandliche Denkoperationen verlaufen, ist 
seine Erorterung der „Schonheit als Ausdruck 
der Formbildung" (S. 92 ff.). Hier sagt er: „Wende 
ich das hochste Formgebilde, die Idee, auf einen 
beliebigen, in der Weise der Anschauung vor- 
gestellten Stoff an, so ergibt sich ein hochst 
eigenartiges, wunderbares Phanomen: Der in 
der Anschauung ungegliederte Stoff verwandelt 
sich in ein hochst geordnetes Gebilde, das alle 
formalen Beziehungen, nicht nur die Kategorien, 
sondern auch die Kategorialien widerstrahlt. 
Dieses Phanomen, das jedermann kennt, das 
aber bisher noch niemand genugend erklart hat, 
ist die Schonheit." Mit dem Schlusse dieses 
Zitats 



als erster das Phanomen der Schonheit genugend 
erkllrt habe. In der Tat, wenn wir erst recht 
wissen, was wir uns unter der „Idee" denken 
sollen, so haben wir hier eine prazise und viel- 
leicht diskutable Definition. Wie aber definiert 
Schnyder selbst die Idee? Er sagt (S. 112): „Da 
die Sprache fur den besonderen Charakter der 
Idee keinen Ausdruck besitzt, mull ich mich be- 
gnugen, ihr Wesen annShernd dadurch zu be- 
stimmen, daB ich es als Harmonie, edle Einfalt 
und stille GroBe bezeichne." Um wieviel sind 
wir dabei weitergekommen? 

Am wenigsten stichhaltig ist uberhaupt 
Schnyders Asthetik. Als Grundlage musika- 
lischen Schaffens, Nachschaffens und Horens 
stellt er ein aprioristisches Bedurfnis nach 
Ordnung und Regel auf. Diese Behauptung 
bedarf denn doch des Beweises, abgesehen da- 
von, daB die Begriffe von Ordnung und Regel 
im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Verande- 
rungen erfahren haben, und nun einmal fest- 
gestellt werden muUte, wo die Grenze zwischen 
Regel und Regellosigkeit liegt; da aber eine 
solche Feststellung nicht moglich ist, so ist 
auch der ganze Gedanke als asthetischcs Krite- 
rium unbrauchbar. 

Ferner kommt Schnyder in dem Abschnitt 
n Das Materialprinzip: Lebensbejahung" zu dem 
Resultat: n Das Dasein der Musik ist wunschens- 
wert", da eine nicht vorhandene Musik gar keine, 
eine vorhandene aber doch gewisse Werte habe. 
Ein ausgedehnter Abschnitt dient der Beant- 
wortung der Frage : „ Wie verhalt sich die Musik als 
Seiendes zur Musik als Seinsollendem?" Als 
Ergebnis beherrscht den Kunstfreund das Bewufit- 
sein, „da(l die Musik neben dem weniger Wertvollen 
des Guten und Bedeutenden genug in sich birgt". 

Es ist mufiig, ein derartiges SchieBen nach 
Sperlingen mit Kanonen im einzelnen durchzu- 
sprechen oder auf gelegentliche formale 
Schwachen__ der Terminologie und nicht ein- 
wandfreie Aulierungen iiber musikalische An- 
gelegenheiten einzugehen. Immerhin sei als 
charakteristisch fur die musikalische Schulung 
des Verfassers Folgendes zitiert (S. 56): „Mehrere 
Melodieen konnen sich im Miteinander verbinden. 
Dies geschieht so, daU Note gegen Note, pun- 
ctum contra punctum, gesetzt wird." Bei den 
hohen Anspruchen, die Schnyder (S. 17f.) an 
die musikalischen Fachkenntnisse desjenigen 
stellt, der eine Philosophie der Musik schreiben 
will, hatte er sich nicht selbst ein solches testi- 
monium paupertatis ausstellen durfen. Um- 
standliche Abschnitte iiber den „Ton als pbysi- 
kalische Tatsache" und den „Ton als physio- 
logische Tatsache" behandeln die akustischen 
Grundtatsachen und den Bau des Ohres unge- 
fahr so, wie man es in den Lehrbuchern der 
hoheren Mittelschulklassen finden kann. 

Als Ganzes ist Schnyders Buch eine Illu- 
stration dafiir, dad es fur eine philosophische 
Arbeit nicht geniigt, eine formale philosophische 
Schulung zu besitzen; man mull auch Gedanken 
haben. Rudolf Cahn-Speyer 

290. Hans Belart: Gesangsdramatische 
Wagnerkunst nach Richard Wagners 
Tradition. Verlag: C. Reifiner, Dresden. 

Der Verfasser eintr von dem Gedanken aus, 

srungen Wagners, 



BESPRECHUNGEN (BOCHER) 



139 



sei es schriftlich, sei es mundlich, fiber Vortrag 
und Wesensart seiner Werke vorhanden war, 
zu sammeln und so Kunstfreunden wie Fach- 
leuten ein nicbt unwillkommenes Nachschlage- 
werk zu bieten, aus dem sie Rat und Auf- 
scblusse erhalten konnen. Er teilt sein Werk 
in drei Teile, von denen der mittelste, der 
wichtigste und grofite, den eigentlicben Kern 
der Sacbe bebandelt, namlich die praktische 
Ausfuhrung seines Plans, das Durcbgeben der 
einzelnen Werke und Rollen. Ibn umrabmen 
vorher ein erlSuternder und am Scblusse ein 
besonders interessanter betracbtender Teil. Die 
Natur der Sacbe bracbte es mit sich, dafi in den 
beiden ersten Teilen, dem erlSuternden, wie 
dem praktischen Teil, eigene Worte des Ver- 
fassers kaum zu finden sind. Es sind beides 
Sammlungen von Ausspruchen, Urteilen, Rat- 
scbligen usw. anderer, zumeist von Wagner 
selbst, die verstandigerweise im unverinderten 
Wortlaut wiedergegeben sind und somit nur ein 
Zeugnis von dem mehr oder minder grofien 
Gescbick des Verfassers im Zusammenstellen 
ablegen, dann aber aucb von einem unermud- 
lichen, hoch anerkennenswerten FleiB und seiner 
grofien Belesenheit. 

Nicbt alles, was der Verfasser im ersten, 
dem erlauternden, Teil gebracht bat, w2re un- 
bedingt notig gewesen; mancbes, wie die breit 
ausgefubrten Abhandlungen uber die philo- 
sophiscben Tendenzen der spiteren Werke — 
ob Schopenhauer, ob Feuerbach-Hegel — ware 
in einem doch hauptsSchlicb praktischen Zwecken 
dienenden Buch ieicht zu entbehren gewesen. 
Auch ist mancbes sonderbar durcheinander- 
gewurfelt. So kommt Belart unmittelbar hinter 
Schopenhauerschen Sentenzen uber „die ewige 
Keuschheit um Gottes willen" plSulich auf die 
Schutzfrist des „Parsifal" zu sprechen, entrollt 
spSter eine Streitfrage uber die „Parsifal"-Moral 
und bringt unmittelbar hinterher eine an und 
fur sich gewiQ sehr willkommene Zusammen- 
stellung derDaten derTonwerke vom ..Hollander" 
bis ..Parsifal"; es folgen dann Bayreuther Daten, 
ferner zwei unter verschiedenartigen Gesichts- 
punkten gewonnene Aufstellungen uber B Er- 
Iosungstendenzen in Wagners Tondichtungen" 
und dann als Schlufl des ersten Teils ein Ab- 
schnitt uber die traditionelle Haarfarbe von 
Wagners Frauengestalten — zwischendurch 
werden summarisch auch die MSnnerrollen 
abgetan. — Alles dies ist naturlich nur aufierlich. 
Im Grunde genommen ist der erste Teil inter- 
essant, verlangt die ganze Aufmerksamkeit des 
Lesenden und regt Erwartungen an. 

Im zweiten Teil wendet sich der Verfasser 
nun den einzelnen Werken zu und geht ihre 
Hauptrollen einzeln durch. In seiner Vorrede — 
eine Vorrede ist immer das Wichtigste an einem 
Buch, denn sie gibt die notigen Aufschliisse 
uber die Absichten des Verfassers — sagt B6!art 
ausdrucklich, unter Tradition bezuglich der 
Wagnerschen Werke wolle er nicht nur das ver- 
steben, was der Meister selbst schriftlich in 
AufsStzen oder Briefen an einzelne Kunstfreunde 
an Fingerzeigen und Aufschlussen niedergelegt 
hat, sondern aucb alles, was er mundlich, sei 
es beim Studium mit einzelnen Kunstlern, 

Sangern, S3n — ! v — " — : A — 

Kunstgenosser 



das, was nach seinem Tod in Bayreuth von 
seinen Erben, also zunachst von Frau Gosima 
Wagner, beim Einstudieren (namentlich der 
fruheren Werke, wieTannhauser, Lohengrin usw.) 
als in mundlicher Uberlieferung vom Meister 
stammend festgestelit worden ist. Hatte er 
sich mit dem begnugt, was direkt schriftlich — 
oder vielleicht auch noch auf mundlicher Uber- 
lieferung vom Meister selbst stammt, so ware 
sein Buch als eine aufierordentlich will- 
kommene, ungemein fleifiige Arbeit zu schatzen 
gewesen. So aber ist es doch nur eine gut- 
gemeinte, aber luckenhafte und recht unvoll- 
standige Zusammenstellung, bei der es in erster 
Linie befremdet, dafi der Verfasser kleinere, 
aber darum doch keineswegs unwichtige Rollen 
nur stiefmutterlich bebandelt oder ganz aufier 
acht lafit. Wir alle, die wir Wagners Werke 
lieben, wissen, dafi es bei Wagner keine un- 
wichtigen Rollen gibt: alles ist wichtig, die 
kleinste wie die grofite Rolle; denn alles dient 
einem Zweck, dem Gesamtkunstwerk. Oft aber 
sind gerade die kleinen Rollen verhaltnismafiig 
viel schwieriger als die grofien, schon des- 
wegen, weil der Trager derselben der Zeit nach 
um so viel weniger Gelegenbeit bat, sie 
breit und charakteristisch durchdacht aus- 
zufuhren. Ein kurzer Auftritt und dabei eine 
ungeeignete Gebarde, eine unrichtige Vortrags- 
nuance — und die ganze Figur ist verzeichnet, 
und das schlimmste ist, es ist keine Gelegenheit 
vorhanden, den Fehler spater wieder gutzu- 
machen. Gerade deswegen bedurfen kleinere 
Rollen — wir wollen dabei noch von Partieen 
wie dem Steuermann im „Tristan" oder Melot 
(obgleich dieser gerade sehr wichtig und enorm 
schwierig ist) absehen — wenn aucb nicht hoherer 
Aufmerksamkeit wie die grofien, aber doch min- 
destens derselben. Nun mag es ja fur Studierende, 
Kunstler, wie Kunstfreunde recht interessant und 
willkommen sein, uber Partieen wie Hollander, 
Briinnbilde, Wotan, Isolde, Tristan alles das 
beieinander und einheitlich zusammengestellt 
zu finden, was — wenn auch ihnen gewifi zum 
Teil schon bekannt — doch durch die zwolf 
Bande von Wagners Schriften und seinen ge- 
waltig umfangreichen Briefwechsel zerstreut ist; 
wollte aber der Verfasser, der ja auch gelegent- 
licbe Aufierungen von einzelnen Paladinen 
Wagners, wie Julius Hey, Porges usw., anfubrt 
(die „Ring"-Abhandlungen fufien ja wesentlich 
auf den Aufzeichnungen des unermudlichen, 
selbstlosen und iibergewissenhaften Blumen- 
vaters, des treuen und immer hilfsbereiten 
Heinrich Porges), — zu diesem schon ungeheuren 
Material noch alles das hinzuziehen, was, sagen 
wir nur in den erstenjahren, solange Frau Cosima 
noch die Zilgel des Regiments fiihrte, in dieser 
Beziehung in Bayreuth gearbeitet und geleistet 
worden ist — zehn solcher Bande, wie B£lart 
jetzt einen geschrieben hat, batten noch nicht 
gereicht, um all die Fulle personlicher Erfahrung 
und ihrem Gatten abgelauschter Hinweise, geist- 
vollcr und den Kern der Sache manchmal in 
geradezu uberraschender Weise herausschalender 
und hebender Fingerzeige und Auffassungsvor- 
schriften aufzuzeichnen, die Frau Wagner nicht 
nur auf der Szene bei der mimiscben Darstellung, 

.„-^-.„ w„:„ c:„,.i„...j: :. :.a j. r Kunst- 

iie etwas 



140 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



erwartete, auch mit Vertretern kleiner und 
kleinster Rollen ausgesprochen hat. Wir alle, 
die wir jemals das GlQck hatten, mit dieser 
einzigen Frau zusammen studieren zu durfen, 
denken mit innigem Dank zurfick an diese selbst- 
lose Hingabe, diesen unermudlichen Pflichteifer, 
diese geistvolle Art, auch die kleinste Kleinig- 
keit nicht zu uberseben, und diesem iiberlegenen 
Walten beugten sich alle, selbst Manner wie 
Levi, Mottl usw. Wie oft habe ich es personlich 
gesehen, wenn Frau Wagner, neben dem am 
Flugel begleitenden Mottl sitzend, diesen plotzlich 
unterbrach, ihm einige Worte zuflusterte, worauf 
der damals 1891 schon weltberuhmte Meister 
mit einem stummen Dankesblick antwortete. 
So ist, um nur einiges zu erwahnen, in dem 
Belartschen Buche der Daland Seite 67 mit einer 
Viertelseite (und noch dazu mit Regiebemer- 
kungen, die alle im Klavierauszug steben), der 
Erik mit drei Zeilen abgespeist. Steuermann 
und Mary fehlen ganz. Die einzelnen Sanger 
im „Tannhauser", selbst Walter und der so 
wichtige Biterolf, fehlen ebenso wie der Hirte. 
Wenn Herr Belart doch wiifite, welche Unter- 
lassungssunde er darnit begangen hat, wie Frau 
Wagner damals bei der Ureinstudierung des 
„Tannhauser" in Bayreuth im Sommer 1891 
jedem einzelnen von uns charakteristische 
Fingerzeige in gesanglicher, wie rein musi- 
kalischer Hinsicht gegeben hat. Im „Lohengrin" 
sind nur Elsa und Ortrud eingehend behandelt, 
fiber Lohengrin und Telramund ist je eine 
Viertelseite geschrieben. Der Heerrufer fehlt 
ganz. Dad die „Meistersinger" gMnzlich 
ausgeschaltet sind, ist bedauerlich, ebenso dad 
so wichtige und enorm schwierige Rollen wie 
Hunding, Gunther, Donner, Amfortas, ja selbst 
Klingsor nur mit ein paar durftigen Worten ab- 
gespeist sind. — Freilich soil nicht verkannt 
werden, dafi der Verfasser sich hier vor eine 
Aufgabe gestellt hat, die fur einen allein — zu- 
mal wenn es ihm nicht vergonnt war, einer 
grofien Zahl solcher Bayreuther Einzelproben 
beizuwohnen — kaum zu losen war; er hatte 
es denn unternehmen miissen, bei einer Anzahl 
solcher Kunstler, die zeitweise (und gerade in 
der grofien nachwagnerischen Zeit) dort mit- 
gewirkt haben, Umfrage zu halten. GewiB hatte 
er von niemand Abweisung erhalten, — wohl 
aber ware damit der Stoff fur ihn in einer Weise 
angeschwollen, die ihm moglicherweise iiber den 
Kopf gewacbsen ware. Aber er hatte dann etwas 
geliefert, was nahezu auf Vollstandigkeit Anspruch 
hatte erheben durfen, wahrend er jetzt sehr 
fleifiige und sehr gut gemeinte, aber doch nur 
sehr unvollstindige Aufzeichnungen zu liefern 
imstande war. 

Interessant und durchweg lesenswert ist der 
letzte, der betrachtende Teil, in we'chem Belart 
nun endlich als Schriftsteller mit eigenen Worten 
und Gedanken vor uns tritt. Er zeigt sich hier 
in gunstiger Weise als scharf denkender, auch 
hochsten philosophischen Problemen gewach- 
senerSchriftsteller; manches, wie die Vererbungs- 
tbeorie, eine Lehre, die ja uberhaupt, auch ganz 
im allgemeinen, noch immer auf sehr scbwachen 
FuQen steht, hatte auch hier wegbleiben konnen; 
aber mit diesem Schlufiteil hinterlaOt das Buch 
einen gunstigen Eindruck und, wenn ich dem- 
selben i 



wie es der Respekt vor dem FleiB und der 
Arbeitskraft des Verfassers gem getan hatte, so 
ist dies nur eine Folge der fur den zweiten, 
den wichtigsten Teil vorher erwihnten fehlenden 
Bedingungen. Em „ Liepe 

291. Otto Keller: Tschatkowsky. Verlag: 
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Kleine Musiker- 
biographieen.) 

Das Werk ersetzt die groBeren Biographieen 
des Meisters keineswegs, ist indefi seines 
Literaturanhangs wegen sehr schatzbar. Keller, 
der eine grofie Archivsammlung der Musik- 
literatur besitzt, hat hier ein reiches Material 
zusammengestellt. Die kunstlerische Beurteilung 
Tschaikowsky's bleibt meines Erachtens etwas 
an der Oberflache haften. 

292. Artur NciBer: G.Verdi. Verlag: Breit- 
kopf & H2rtel, Leipzig. (Kleine Musikerbio- 
graphieen.) 

Der Verfasser, der langere Zeit in Italien 
lebte, gibt in diesem brauchbaren Buchlein vor 
allem eine gute Auswahl aus der neueren Verdi- 
literatur, die in manchen, den meisten deutschen 
Lesern oft unbekannten Einzelheiten viel Neues 
bringt. Wo das Buchlein dieser Eigenschaft einer 
guten Kompilation getreu bleibt, wirkt es recht 
erfreulich. Weniger kann ich mich mit den 
recht merkwurdigen eigenen Urteilen NeiBers 
befreunden. Wie kann man z. B., wenn man 
aufmerksam Verdi's Briefe gelesen hat, dem 
Maestro „im tiefsten Herzen eine Art von Ab- 
scheu vor dem Theater" andichten? Wendungen 
wie „die drittpopulSrst gewordene Kavatine", 
„das noch furchtbarere Los einer zu Boden ge- 
schlagenen Vaterlichkeit", „die ganze Ewiggultig- 
keit der reinen M5dchenliebe'' sollte ein ge- 
schmackvoller Autor vermeiden. Unrichtig ist 
der erste Urheber des Aidatextbuches bezeichnet: 
er hieB Mariette Bey, nicht: Manetti und war 
ein beruhmter Agyptologe, der Entdecker des 
Serapeums. NeiBers Darstellung der Konig 
Lear-Angelegenheit ist ganz unzutreffend; ich 
darf wohl auf meine Arbeit ,, Verdi und Shake- 
speare" („Die Musik", XIII. Jahrgang, Heft 1 
und 2) verweisen, wo ich auch die Briefe an 
Somrna deutsch wiedergegeben habe. EineTabelle 
der Werke Verdi's beschlieBt das Buchlein, das 
durch eine sorgfaltige stilistische und sachliche 
Uberarbeitung sehr gewinnen durfte. 

Dr. Edgar Istel 

MUSIKALIEN 

293. Fr. Chopin: Etuden fur Pianoforte. 
Instruktive Ausgabe von Ignaz Fried- 
man. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig. 
(Vier Hefte je Mk. 2.—.) 

In seinem Vorwort zur Gesamtausgabe von 
Chopin's Werken versprach der Herausgeber 
„fur Spezialisten, vorgeschrittene Pianisten, 
Kenner und Liebhaber von Chopin's Technik, 
Klaviersatz usw." eine groBer angelegte Separat- 
ausgabe der Etuden. Wenn damit die vorliegenden 
Hefte gemeint sind, so ist es sehr erfreulich, 
dafi sich diese Ausgabe als eine ungemein brauch- 
bare Darstellung nicht nur fur Spezialisten, 
sondern fur alle anspruchsvolleren Schuler und 

ind tatsachlich: 



BESPRECHUNGEN (MUS1KALIEN) 



141 



die Etuden, — wenn Etuden nicht nur tech- 
nische Obungen sein sollen. Wie seine „Tanze" 
keine Tanzc mehr sind, sondern rein seelische 
Ausdruckserzeugnisse erlesenster Kultur. Da 
nun aber die Chopin'schen Etuden dennoch 
Studienwerke ersten Ranges bedeuten, so ist 
keine Mtihe, die man auf sie verwendet, und 
ware sie noch so vielfaltig, als verloren zu be- 
zeichnen. Fiir solche Arbeit bietet die vor- 
liegende Ausgabe das notwendige Material. 
Naturlich ist, wie der Herausgeber selbst im 
Vorwort andeutet, seine Auffassung durchaus 
personlicher Natur. Das zeigt sich namentlich 
im Fingersatz, bei dessen Anwendung man sehr 
oft an die Hand und an die gan/e Spielart 
Friedmans denkt. Da das Individuelle, manch- 
mal sogar Eigenwillige aber immer interessant 
bleibt, so nimmt man es gem hin, und ware es 
auch nur, urn zu vergleichen. Die Einleitungen 
zu den einzelnen Etuden sind sehr liebevoll 
durchgearbeitet. Ich weise beispielsbalber auf 
die vorzuglichen Notizen zu den Nummern 14 
und 25 hin. 

294. Bach'Busoni: Praludium, Fuge, 
Allegro Es-dur fur Klavier. Verlag: 
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 2.—.) 

Ignaz Friedman nimmt sicb in seinem 
Chopin'schen Etudenwerk, wie er ausdrucklich 
betont, Busoni's Ausgabe des Wohltemperierten 
Klaviers zum Muster, die eine padagogische 
Hilfe n in schlechtweg kiassischer, scbwer zu 
erreichender Vollendung" darstelle. Warum 
darf man tatslchlich dies Wort bei den Busoni- 
schen Bach-Ausgaben anwenden? Weil sie bei 
allem Eigenen und Eigensten, bei ihrem Tem- 
perament und bei ihrer Gelehrsamkeit dennoch 
den grotien, allgemeinen Zug nicht vermissen 
lassen. Hier ist die Anschauung vom gesamten 
Klavierapparat tatsachlich erweitert, das fuhlt 
man vor diesen vorbildlichen Bearbeitungen. — 
Das angezeigte kleine Werkchen laBt diese Vor- 
zuge auch im engeren Rahmen erkennen. 

295. Jaroslav Hoppe: „Liebe". Acbt Lieder 
fur mittlere Stimme und Klavier. 
Verlag: Albert Stahl, Berlin W. (Mk. 3.—). 

Ein Zyklus Stimmungslyrik. Freilich soil 
jedes Lied Stimmungskunst sein, aber wenn man 
dies betont, ist eben etwas nicht ganz in der 
Ordnung. Und so auch hier. Die Arbeit ist 
die eines tuchtigen, fein empfindenden, wahr- 
scheinlicb jungen Musikers. Das Angreifbare 
ist das spezifisch harmonische Fuhlen, das die 
ganze Liedstruktur durchsetzt. Der Komponist 
will, allerdings auf vornehme Weise, iiberraschen, 
und so wirkt er zu sehr fiir den Augenblick und 
zu wenig fur die Dauer. Man fuhlt zu wenig 
nach, wenn man am Ende ist. Wo er melodi- 
scher ist, — was, wie aus den folgenden Liedern 
ersichtlich ist, nicht identisch ist mit: in einer 
und derselben Tonart verharren — ist er auch 
eindrucksvoller, so z. B. in „Entbietung" und in 
„Eine Melodie". Arno Nadel 

296. Torsten Petre: Drombilder for Violin 
och Piano, op. 41. Verlag: Wilhelm 
Hansen, Kopenhagen. 

Von diesen „Traumbildern" liegen bisher nur 
die Nummern 4 und 7 vor. Erstere mit dem 
Untertitel „Le Violon du Grand-pere" ist eine 
mit norwegischer Harmonik durchsetzte, im 



Mittelteil besonders schwungvolle, auch melo- 
disch aparte Art Mazurka, ein dankbares Vor- 
tragsstuck. No. 7 mit dem Untertitel „La 
Demoiselle" schildert ein etwas kaprizioses 
junges Madchen mit feinen Strichen und wirkt 
anregend, besonders wenn es fein abschattiert 
zum Vortrag kommt. Beide Nummern sind 
keineswegs schwierig. 

297. Issay Mitnitzky: Valse con Sordino, 
op. 9. — Mazurka fur Violine mit Kla- 
vier. op. 11. Verlag: Ebenda. 

Wenn der junge talentvolle Geiger diese 
beiden Stiickchen im Konzert vortragt, wird er 
gewifS viel Beifall ernten; sieht man sich beide 
dankbar geschriebenen Werke aber naher an, so 
wird man sie nur unter geschickt gemachte 
Salonmusik einreihen konnen, bei der sich frei- 
lich der Komponist bemiiht, gelegentlich einige 
nicht alltagliche harmonische Wendungen anzu- 
bringen. Der Mazurka mochte ich den Vorzug 
vor dem Walzer geben. 

298. Sverrejordan: Quatre Morceaux pour 
Violon et Piano, op. 8. Verlag: Ebenda. 

Diese vier sehr fein gearbeiteten, von wirk- 
licher Erflndungsgabe zeugenden, sehr dankbaren 
Vortragsstucke mochte ich auch fur die Haus- 
musik angelegentlichst empfehlen. No. 1 „Piecc 
ancienne" ist ein reizendes Rokokomenuett, 
No. 2 eine grotlziigige, die alte Form mit 
modernem Empfinden vereinigende Sarabande; 
No. 3 „S6r6nade sentimentale de Pierrot" ist 
recht eigenartig pikant und wirkt auch durch 
die Art der Klavierbegleitung, No. 4 endlich 
tragt der Bezeichnung „Elegie" durchaus Rech- 
nung; besonders ergreifend ist der Mittelsatz. 

299. Edvard Grieg: „Ave Maris Stella". 
Fiir Violine und Klavier von Carl 
Flesch. Verlag: Ebenda. 

Eine wirkungsvolle Ubertragung des be- 
kannten warm empfundenen Liedes, der erste 
Vers auf der G-Saite, der zweite in auch fiir 
Dilettanten nicht zu schweren Doppelgriffen, ein 
Seitenstiick zu dem „Ave Maria" von Scbubert- 
Wilhelmj. 

300. Albert Spalding: Bagatelle for Violin 
and Pianoforte No. 1 and 2. Verlag: 
Ebenda. 

Der bekannte amerikaniscbe Geiger gibt 
mit No. 1, betitelt „Nostalgie", eine schone 
Probe seines Kompositionstalents; es steckt viel 
Seele und Empflndung in diesem sehr schon 
klingenden, ungemein dankbaren und dabei 
leichten Stuck. Die zweite Nummer, die eine 
Kokette schildern soil, erfordert virtuosen Vor- 
trag, scheint mir an innerem Wert aber erheb- 
licb hinter der ersten zuriickzustehen. 

Wilhelm Altmann 

301. Heinrich G. Noren: Drei Klavier- 
stucke in mittlerer Schwierigkeit. 
op. 20. (Mk. 1.20 Oder 1.50.)— Drei Lieder 
fiir eine Singstimme mit Klavier. 
op. 15. — Drei Lieder. op. 46. (je Mk. 1.— .) 
Verlag: „Eos", Berlin. 

Diese Stiicke enthalten hubsche EinfSlle. 
Sie sind in einem flussigen, gut spielbaren 
Klaviersatz geschrieben und bilden fur die fort- 
geschrittene Mittelstufe ein treffliches neuzeit- 
liches Material im Unterricht. Den Vorzug 



142 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



mochte ich dem reizenden Marsch geben, der 
allerdings ctwas schwieriger auszufuhren ist als 
die beiden anderen Stucke. In den Liedern 
op. 15 steckt noch viel Konventionelles. Der 
Verfasser hat sich bier nocb nicht zu einem 
so personlichen Ausdruck durcbgerungen wie 
in den Gesangen op. 46. Hier ist alles be- 
stimmter und von einer eigenartigen Farbe. Da 
hort man z. B. in „Das Bleibende im Wander 
(Japanische Dichtung) sehr interessante und 
aparte Harmonieen. im ganzen mufi man aber 
sagen, dad Noren der absoluten Musik doch 
naiver gegeniibersteht als diesen vokalen SStzen. 
Er scheint dort unbewuilter und freier zu 
schafFen, wahrend man hier immer etwas Zwang 
zu horcn vermeint, der ihn bindert, sein Bestes 
zu geben. 

302. Erich Anders: Fun f Gesange mit 
Klavier.op. 19 (je Mk.l.— ). Verlag: Ebenda. 

Der Komponist bemutat sich, einfach und 
naturlich zu schreiben, leider hat er aber nicht 
die Kraft, uns von der Notwendigkeit seiner 
Produktion zu uberzeugen. Dazu ist alles 
musikalisch nicht stark genug. Die Texte von 
Karl Leopold Mayer sind auch nicht dazu an- 
getan, besonders starke Saiten in einem Kom- 
ponisten erklingen zu lassen. Nur in einem 
der Gesange schlMgt er uberzeugendere Tone 
an: in „Im Walde". Daraus kdnnte man wobl 
entnebmen, dafi bei gunstiger Entwicklung und 
scharfer Selbstkritik Bedeutenderes von ihm zu 
erwarten sein konnte. 

303. SelimPalingren: „Die Stadt" (Th. Storm). 
Fur eine Singstimme mit Klavier. 
op. 41. (Mk. 1.—.) Verlag: Ebenda. 

Das Lied ist, kurz gesagt, ein Einfall voll 
tiefer Empfindung und iiberzeugender Diktion. 
Der iiberquellende SchluQ ubt eine hinreiftende 
Wirkung aus. 

304. Max Kowalski: Zwei Klavierstucke: 
1. Andante (Mk. 1.20). 2. Menuett (Mk. 1.80). 
Verlag: Ebenda. 

Diese Stucke sind in ihrer Struktur modern 
gehalten und pianistisch nicht zu schwer. Sie 
schmecken aber etwas nach OriginalitStssucht; 
man merkt oft sehr die Absicht, durch Ober- 
raschungen wirken zu wollen. Von melodischer 
Erfindung ist in dem Andante nicht viel zu 
spiiren. Solche chromatische Motivchen konnen 
keinen Eindruck macben. Das Menuett ist 
besser, es enthalt hubsche kapriziose Stellen. 
Schade, daR der Schlufi ganz abfallt. 

305. Bernhard Engelke : BaftgesSnge alter 
Meister. 1. Mozart: Rezitativ und 
Arie: Cosi dunque tradisci. (Mk.l.—.) 
Verlag: Ebenda. 

Die Herausgabe im Klavierauszug dieser 
Meisterarie ist sehr zu begrufien. Stimm- 
gewaltige Bassisten werden in ihr ein ideales 
Stuck finden, ihr Konnen zu zeigen. Der 
enorme Stimmumfang, der dazu verlangt wird, 
ist D— f 1 . Mozart hatte die Arie 1783 fur den 
Bassisten Ludwig Fischer in Wien geschrieben. 
Die deutsche Obersetzung stammt von Max 
Kalbeck. 

306. K. Goepfart: „Der Gartner als Ulan". 
Fur Mannerchor a cappella. (Partitur 
Mk. 0.80.) Verlag: Potsdam, LennSstr. 13a. 

Ein „Marschlied aus dem Felde" nennt der 
Komponist vorliegendes Liedchen. Es enthalt 



eine hubsche Marschmelodie und einen Chorsatz 
von der denkbar einfacbsten Art. So wird es 
gewiB seinen Zweck erfullen. Emil Tbilo 

307. Ungarische Lieder in deutschen 
Worten. Nach ungarischen Originalen 
frei ubersetzt von Wilhelm Donath, ein- 
gerichtet von Albert Heidlberg. Verlag: 
Nador Kalman, Budapest. (Mk. 4.—.) 

Der Reicbtum des ungarischen Volkes an 
schonen, durch eine ganz besondere Rhythmik 
und eigenartigen Tonfall gekennzeichneten 
Weisen ist allbekannt, seitdem Meister wie 
Brahms und Liszt die Aufmerksamkeit der ge- 
samten Musikwelt darauf hingewiesen haben. 
Darum durfte die vorliegende Sammlung, zumal 
in der jetzigen Zeit der Waffenbruderschaft, 
groQe Beachtung finden. Der Herausgeber hat 
aus der grofien Fulle des ihm zu Gebote stehen- 
den Materials mit so glucklicher Hand seine 
Auswahl getroffen, dad unter den 21 Liedern 
des Heftes sich keins befindet, das als musi- 
kalisch reizlos zu bezeichnen ware. Vielmehr 
glanzen in der Sammlung einige wabre Perlen, 
die auch bei uns volkstiimlich zu werden ver- 
dienen. Dies wird durch den erfreulich schlich- 
ten Klaviersatz ebenso erleichtert wie durch die 
Ubersetzungen Donaths, welcbe die Schwierig- 
keiten des nationalen ungarischen Rhythmus 
fur die deutsche Sprache fast restlos uberwinden 
und auch im Ausdruck volkstiimlich und ge- 
schmackvoll sind. Aus der anregenden Anleitung, 
die der Herausgeber zum Vortrag der ungarischen 
Volksweisen erteilt, wird auch der Deutsche 
jenes nach dem Sinn wechselnde ZeitmaB lernen 
konnen, das diesen ernsten, wehmutigen Melo- 
dieen erst zum wahren Eindruck verhilft. Als 
die wertvollsten Lieder der gut ausgestatteten 
Sammlung mochte ich die folgenden bezeichnen: 
„Abschied", ein wunderschones altes Volkslied, 
„Des Primas Tod", eine schwermutige, hdchst 
cbarakteristische Tonschopfung, B Emtelied", ein 
beruhmter, prachtvoller Csardas, „Das Linden- 
blatt", „Sag', was flustert die Akazie", eine eben- 
falls sehr bekannte und schone Weise, sowie 
„Zwei Briefe", dessen Melodie auBerordentlich 
ausdrucksvoll und innig ist. Doch auch die 
anderen, hier nicht ausdrflcklich hervorgehobenen 
Stucke der Sammlung sind wertvoll. Mochten 
alle sangesliebenden Kreise der bedeutsamen 
Veroffentlichung ihre Anteilnabme zuwenden. 

308. Albert Meise: „MitSingen ins goldne 
M org en rot". Verlag: „Die Lese", Stuttgart. 

Ein Kriegsmann hat inmitten des Feldlebens 
die Weisen gefunden und gesetzt, die dieses 
Heft enthalt. Meisterweisen im kunstlerischen 
Sinne sind es nicht, aber doch offenbart sich in 
den 20 Liedern der Sammlung eine entschiedene 
Begabung, die sich in den Grenzen der ge- 
schlosscnen Form des Strophenliedes mit freund- 
lichem Erfolg betatigt. Es steckt bisweilen, bei 
aller kunstlosen Schreibweise, eine leidenschaft- 
liche Kraft in diesen Tonen, z. B. „Reiterlied", 
„Der Grenadier", „Gefallene Kameraden". Aber 
auch zarte Regungen und humorvolle Wendungen 
fehlen nicht. Diesen Eigenschaften werden es 
die Meiseschen Kriegslieder vielleicht zu danken 
haben, dad man sie gelegentlich auch noch 
singen wird, wenn die groQe Flut der Volks- 
kunst, die uns der Weltkrieg bescherte, sich 
verlaufen bat. F. A. Geililer 



KRITIK 



OPER 

HALLE a. S.: Die letzten Wochen unter Ge- 
heimratM. Richards kunstlerischerLeitung 
waren fast ausschliefllich unseren beiden groliten 
Musikdramatikern, Mozart und Wagner, geweiht. 
Der scheidende Direktor batte nichts unterlassen, 
hier in bester Erinnerung zu bleiben, und so 
schloU er seine Tatigkcit mit einer FestauffGhrung 
von „Tristan und Isolde", in der aufter aus- 
wartigen Gesangssolisten noch das Dessauer 
Hoforchester unter Franz Mi koreys Leitung 
mitwirkte. Der Eindruck muftte also, wie es 
bei der Heranziehung solcher Krafte nicht anders 
zu erwarten war, ein tiefgehender sein, wenn- 
gleich sicb Mikoreys Auffassung der groften 
Musiktragodie noch nicht mit Nikischs Inter- 
pretation vergleichen liUt, der fur mich der 
Tristan-Dirigent ist. Die Tempi waren zuweilen 
etwas zu willkurlicber Natur, doch gab es auch 
viele Stellen, wo es zu gewaltigen Wirkungen 
kam. Unter den Gasten fesselten am meisten 
Martha Leffler-Burckard, die eine faszi- 
niercnde Isolde bot, und Lilly Hoffmann- 
Onegin, deren Brangane stimmlich und dar- 
stellerisch gleich vollendet war. Den Tristan 
hatte in letzter Minute Herr Engelhard vom 
Hoftheater in Dessau ubernommen und fiihrte 
ibn zur Zufriedenbeit durch, ohne jedoch grofte 
Hohepunkte zu erklimmen. Eine Prachtgestalt 
war der Kurwenal unseres Franz Schwarz, der 
den treuen Freund und Knappen restloserschopfte. 
Recht gut war auch der Melot bei dem Weimaraner 
Hofopernsanger H. Bergmann, der wenige Tage 
vorher einen ausgezeichneten Don Juan auf 
die Buhne stellte, aufgeboben. Ganz in den 
Rahmen der woblgelungenen Vorstellung fugte 
sich auch der Konig Marke des Herrn G i 1 1 m a n n 
(Muncben). Das Haus spendete reichen Beifall 
und feierte den scheidenden Direktor aufs herz- 
lichste. Martin Frey 

LJANNOVER: Unsere Koniglicbe Buhne hat 
** mit alien Kraften dafur gesorgt, daft auch 
die zweite Halfte der Saison — uber die icb hier 
zu berichten habe — trotz der sich aus den 
Begleiterscheinungen des Krieges ergebenden 
Schwierigkeiten der Warde des angesehenen 
Instituts entspracb. Der einschneidenden Lucke 
im Solopersonal, die durch die Einberufung 
unseres Heldentenors ter Mer beim Beginn der 
Spielzeit entstand, konnte nur durch aufter- 
gewohnliche Anstrengungen um die Herbei- 
fuhrung geeigneter Gastspiele begegnet werden, 
und es ist dem Einflusse unseres bewahrten 
Ersten Kapellmeisters Karl Gille und der aus- 
gezeichneten Regie (Oberregisseur Derichs) zu- 
zuschreiben, daft der ruhige und sichere Gang 
der Auffuhrungen, in die ofters kurzerhand eine 
fremde Kraft hineinschneite, nicht gefahrdet 
wurde. Eine andere Gefahr drohte dem Theater- 
betriebe dadurch, daft der bei weitem groftte 
Teil des wohleingeubten Hilfs- und Arbeiter- 
personals der Buhne zur Fahne einberufen wurde. 
Die Prazision bei der Abwickelung der szenischen 
Vorgange wurde damit oft auf eine harte Probe 
gestellt, so daft, wie z. B. bei dem „Rheingold", 
das auch mit einer Pause nach dem zweiten 
Bilde gegeben werden muftte, oder bei der 
„G6tterdammerung" einer Vereinfachung dieser 



oder jener szenischen Anordnung nachzugeben 
notig wurde. Bei alledem ward aber nicht die 
Achtung vor dem Kunstwerke vergessen. Der 
wunschenswerte Takt und ein ausgesprochenes 
Stilgefuhl halfen aus, so daft der Zuschauer nichts 
Beleidigendes zu Gesicht bekam. Ubrigens er- 
hielt die Heldentenorfrage schlieftlich damit 
eine gliickliche Losung, als von Mai abTaucher 
vom Stadttheater in Chemnitz, der von nachster 
Spielzeit ab dem Verbande unserer Koniglichen 
Biihne angehort, als standiger Gast in seinem 
Fache tatig war. Vorher waren von seinen 
Spezialkollegen u. a. Heinrich Hensel (Parsifal, 
Siegmund), Hofmiiller (Straftburg), Steins 
(Koln) usw. hiergewesen. Reichen Erfolg brachte 
das Ehrengastspiel von Eva Plaschke-von der 
Osten, die hier sehr popular ist, ein. Sie gab 
den Rosenkavalier und die Carmen mit der 
ihr eigenen kiinstlerischen Einfublung. Ebenso 
wurde der Heldenbariton Max Krauft als Tclra- 
mund, Wotan, Sachs aufs beste aufgenommen. 
Er wurde daraufbin fur unsere Konigliche Buhne 
von ubernachster Spielzeit ab verpflichtet. Eine 
Reihe Probespiele fur das Fach des Tenorbuffos 
verlief ziemlich belanglos. An der Ausgestaltung 
des Spielplans wurde weiter mit Erfolg gearbeitet. 
Erscbien auch nicht ganzlich Neues auf dem 
Plan, so iibten verschiedene Neueinstudierungen, 
wie von Mozarts „Bastien und Bastienne" und 
„SchauspieIdirektor", Kienzls „Evangelimann", 
Humperdincks n Konigskinder u , unverkennbaren 
Reiz aus. An den hohen Festen Ostern und 
Pflngsten wurden die Theatervorstellungen auf 
die weihevolle Wirkung des „Parsifal" gestellt. 
Dicht vorToresschluft der Spielzeit — am 18.Juni 
mit den „Meistersingern" — gab es noch den 
n Ring" in zykliscber Vorfubrung zu genieften. 

Albert Hartmann 

KONZERT 

O ANNOVER : Anschlieftend an meinen fruberen 
^* Bericht, babe ich aus unserem Konzertleben 
voran die vier letzten Abbonnements- 
konzerte unserer Koniglichen Kap el le unter 
Karl Gille als Erscheinungen zu wurdigen, die 
unserem Musiktreiben eine feste Basis gaben. 
Von den Neuheiten, die das Orchester brachte, 
verdienen Max Regers Mozart- Variationen, die 
gern gehort wurden, als abgeklarte, geist- und 
phantasiedurchtrankte Gabe des angesehenen 
Komponisten eingeschatzt zu werden. Ein 
Kriegsmarsch von Richard Strauft Heft bei 
allem auderen Pomp kalt, und auch Siegfried 
Wagner hatte mit einem Chorstuck „Fahnen- 
schwur" uns nur wenig zu sagen. Neben dem 
Orchester, das mit Symphonieen von Beethoven, 
Brahms, H. Goetz sein bestes Konnen einsetzte, 
fanden Clare Dux, Max KrauB, Edgar Woll- 
gandt und Ernst Riemann Gelegenheit, sich 
von iiberaus vorteilhafter Seite zu zeigen. Zur 
Belebung des Spielplans ricbtete unsere Konig- 
liche Theaterleitung einige „Bunte Abende" 
ein, Konzerte mehr unterhaltender Art, die von 
Mitgliedern unserer Opernbuhne und des Konig- 
lichen Orchesters solistisch bestritten wurden. 
Sensationell wirkte darin das Auftreten des zwolf- 
jahrigen Geigers Pepo Barton, der in der Tat 
Erstaunliches leistete. Unsere Musikakade- 



144 



DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915 



mie brachte uns unter der bewShrten Fuhrung 
durch Josef Frischen „Die Glocke" von Max 
Bruch und die „Matthauspassion" in glanzender 
Aufmachung, unter anderem auch durch Zu- 
ziebung namhafter Solisten und des Koniglichen 
Orchesters. Genusse auserlesener Art ver- 
mittelten ferner das 3. und 4. Lutter-Konzert, 
wo Prof. H. Lutter, Hermine Bosetti, Lula 
Mysz-Gmeiner, A. Wittenberg, E. Tel- 
ma nyi eine stilvolle Ausfuhrung verburgten, 
ebenso der 3. Beethoven-Abend von Heinrich 
Lutter und Karl Klingler. Mit einem inter- 
essanten Programm, das unter anderem Bachs 
selten gehortes Konzert d-moll fur drei Kla- 
viere enihielt, warb die Gesellschaft der 
Musikfreunde um die Gunst unserer Offent- 
lichkeit, die dann auch den Ausfuhrenden: 
H. Brune, E. Evers, K. Leimer und 
H. Bottermund gem gewahrt wurde. Sehr 
anregend verliefen die drei Kammermusik-Abende 
des Riller-Quartetts. Im Dienste der Wohl- 
titigkeit veranstalteten unserc grofteren Manner- 
chore eine ganze Reihe wohlaufgenommener 
Konzerte. Das Erscheinen des Berliner 
Philharmonischen Orchesters unter 
A. Nikisch war nach so langen Jahren, die 
es uns gemieden, ein wabres Fest, das Be- 
geisterung weckte. Sonst noch wurde unser 
Musikleben von aufien her befruchtet durch 
Veranstaltungen von L. HeB, L. Wullner, 
M. KrauB, Bronsgeest, Metzger usw. 

Albert Hartmann 
W/ORMS: Die Musikgesellschaft und 
" Liedertafel brachte in ihrem 1. Konzert 
eine Anzahl Chore aus dem Deutschen Requiem 
und aus „Paulus"; die Chore zeigten unter Hans 
Weisbachs anfeuernderLeitung straffe Energie, 
rhythmische Bestimmtbeit und Reichtum in den 
dynamischen Schattierungen. Tina GeBner 
bewies in Beethovens e-moll Sonate gesunden 
und zielbewuBten Anschlag und plastische Ge- 
staltungskraft; Luise Metzler sang Schubert 
mit vorzuglichem Stimmaterial und sicherer 
Tonbildung. Brahms' Klarinettentrio, gespielt 
von den Herren Weisbacb, Leucht und 
Grimm, schloQ den Abend. Im 2. Konzert 
waren die Leistungen des Chores nicht gleich- 
wertig; wahrend a cappella-Chore von Brahms 
und Mendelssohn gut herausgearbeitet waren, 



zeigten die instrumental begleiteten Chore (Beet- 
hovens selten aufgefuhrter elegiscber Gesang, 
Mozarts Ave verum, Schuberts Psalm 23 fur 
Frauenstimmen) empfindlichen Mangel an Rein- 
beit. Rosie Hahn batte ihr Liederprogramm 
mit vornehmem Geschmack zusammengestellt; 
sie verzichtet auf „dankbare" Nummern und 
weill Brahms und Schubert mit ihrem nicht 
sehr groBen, aber sehr sympathischen aus- 
geglichenen Alt musikalisch wie seelisch aus- 
zuschopfen. Musikdirektor Weisbacb. ist uns 
als Brahms-Spieler besonders lieb, die h-moll 
Rhapsodie und das Intermezzo waren Kabinetts- 
stucke, und aus Schuberts A-dur Sonate op. 120 
holte der Kunstler den ganzen poetischen Duft 
des Werkes heraus. — In der Lutherkirche ver- 
anstaltete ihr Organist Heinrich Deboben eine 
Anzahl von Konzerten zum Besten der Kriegs- 
fursorge. In dem ersten beherrschten Bach 
und Handel das Programm; Deboben selbst be- 
wies sich als fein emptindender Kunstler, der 
sein Instrument beherrscht, besonders gelang 
ihm Bachs Phantasie und Doppelfuge in c-moll. 
Wilhelm Konig zeigte seine Vorzuge — Wirme 
des Vortrages und kluge Berechnung der Stimm- 
mittel — in Liedern von Hugo Wolf; R. Leucht, 
unser bewahrter einheimischer Cellist, spielte 
Bach und Rbeinberger ergreifend scblicht. Ein 
weiteres Orgelkonzert Debobens in der Luther- 
kirche stand unter dem Zeicben des Weibnachts- 
festes. Bachs Orgelchoral „in dulci jubilo" und 
„Vaterunser im Himmelreich" paBten sich vor- 
zuglich den Weihnacbtsliedern von Cornelius 
an, die Friederike von Betzold mit Innerlich- 
keit und technischer Beherrschung ihrer Mittel 
sang. — Der Pbilharmonische Verein hat 
im Berichtsjahr von der Veranstaltung von 
Konzerten abgesehen. — Das Sangerehepaar 
Hermann und Annie Gura veranstaltete einen 
Richard-Wagner-Abend, bei dem besonders die 
Sangerin ibre umfangreiche und klare Stimme 
gut zur Geltung brachte, wahrend ihr Gatte in 
den tieferen Lagen nicht immer ganz rein sang. — 
Heinrich Hensels strahlender Tenor und seine 
groBzugige Vortragsweise konnen mich nicht 
mit der Tatsache versohnen, dafi ein Kunstler, 
der in Bayreuth den Parsifal singt, als befrackter 
Siegfried und mit Orden geschmuckter Lohen- 
grin auftritt. Dr. Max StrauB 



z 



ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

u dem Artikel Konrad Volkers „Schubert und Goethe" im vorliegenden Heft gehSren 
unsere heutigen Bildbeigaben, Nachbildungen der Autographe von Schuberts „Erlkonig", 
„Heidenr6sIein" und n Konig in Thule". 

Gleichzeitig uberreichen wir unseren Lesern das Exlibris zum 55./56. Band der 
„Musik". 



Nacbdruck our mit besonderer Erliubnls des Verligei gesttttet 

Alle Rechte, iasbeiondere das der Obersetzung, vorbchatten 

FQr die ZurDckaendung uaverlangter oder nicht angemeldeter Manuskrlpte, falls Ibnea nicht genDgend 

Porto belllegt, Obernlmmt die Redaktion kelne Garantle. Schwer leserllcbe Manuskrlpte werden ungepruft 

znrGckgesandt. 

Vcrantwortlichcr Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster 
Berlin W 57, BulowstraCe 107 1 



NAMEN- UND 
SACHREGISTER 

ZUM III. QUARTALSBAND DES VIERZEHNTEN 
JAHRGANGS DER MUSIK (1914/15) 



Abel* (Kantor) 253. 
Abendrotb, Hermann, 44. 48. 93. 

95. 190. 238. 285. 

Abert, Joseph, s. Totenschau 

XIV. 14. 
Abonnementskonzerte (Zdrich) 

96. 192. 

Acbsel, Wind*, 87. 185. 190. 
Agricola 165. 
Ailbout, Hans, 89. 
Akademie, Musikalischc (MOn- 

cben), 142. 143. 
d' Albert, Eugen, 72. 182. 263. 

264. 265. 
d' Albert, Hermine, 42. 
Aldegreven 20. 
Alfermann, Marianne, 87. 
Alkan, Ch. H. V., 269. 
Altdorfer 20. 

Altmann-Kuntz, Margarete, 239. 
Alving, Karl, 235. 
Alwin, Karl, 91. 
Amato, Pasquale, 282. 
Ambros, A. W., 16. 
Ambroslus, H., 47. 
Amft, Georg, 135. 
Amman, Jost, 20. 
Amsel, Ella, 140. 
Anacker, A. F., 229. 
Anders, Heinricb, 47. 
Andreae, Volkmar, 96. 
Andreas von Kreta 135. 
Ansermet (Kapellmeister) 189. 
Ansorge, Conrad, 72. 139. 140. 

240. 
Ansorge, Margarete, 140. 
Appel, Karl Fr., 182. 
Arbelterzeitung (Wien) 216. 
Arend, Max, 35. 
Aristoteles 81. 

Arlo-Schlesinger, Henny, 287. 
Armbrust, Walter, 183. 
Arndt, Ernst Moritz, 189. 
v. Arnim, Achim, 19. 
Arnold, Fr. Wllh, 16. 
Aron, P., 237. 
Artz, Carl Maria, 89. 137. 
Auber, D. E., 248. 
Auerbach, Felix, 135. 
Auner, Karl, 45. 
Autenrieth, Lia, 283. 
Baal, A. W., 287. 



Bach.Joh. Seb., 10. 18. 35. 36. 

41. 43. 46. 51 ff (Beethovens 

Neunte Symphonic und J. S. 

B. I.). 64. 75. 80. 88. 89. 90. 92. 

93. 94. 95. 99 ff (Beethovens 

Neunte Symphonie und J. S. 

B. SchluO). 131. 136. 140. 

141. 142. 162. 165. 180. 185. 

187. 188. 189. 190. 191. 222. 

236. 237. 239. 240. 248. 253. 

254. 255. 258. 259. 283. 285. 

286. 287. 288. 
Bach-Jabrbuch 61. 
Bach, K. Ph. E., 131. 137. 
Bach, With. Friedemann, 89. 
Bach-Verein (Barmen) 236. 
Bach-Verein (Braunschweig) 92. 
Bach-Verein (Heidelberg) 93. 
Bach-Verein (Karlsruhe) 94. 
Bach-Verein (Leipzig) 191. 
Bachraann, Hermann, 38. 
Bachmann, Walter, 189. 
Backer-GrOndahl, Agathe, 90. 
Backhaus, Wilhelm, 46. 90. 94. 

143. 239. 
Bader, Georg, 186. 
Bahling, Hans, 234. 
Balakirew, Mili, 136. 
Baley, Stefan, 279. 
Bandler, Heinrich, 94. 
Barbiera, Raffaello, 126. 
Barblan, Otto, 189. 
Barck, Cornelius, 235. 
Bargiel, Woldemar, 94. 188. 
Barmas, Issay, 136. 
Baron 13. 
Barth, J. A., 279. 
Bartb & Rebholz 280. 
Bartich, Rudolf, 188. 
Bartsch, Gertrud, 235. 
Baruch, Friedemann, 42. 
Baselt, Fritz, 182. 233. 
Batka, Richard, 266. 
Battke, Max, 85. 281. 
Bauer, Friedricb, 85. 
Bauer, Harold, 286. 
Bauer, Moritz, 134. 
Bauer-Ziech, Melanie, 141. 
Baum, Karl, 87. 235. 
Baumann, Alfred, s. Totenschau 

XIV. 13. 
Baumann, Ludwig, 94. 



v. BauOnern, Waldemar, 72. 

Bechler-Rahm 224. 

Becht, Ella, 284. 

Becker, Albert, 288. 

Becker, C. F., 229. 

Becker, E., 44. 45. 

Becker, Fritz, 90. 237. 

Becker, Hugo, 42. 

Becker, Reinbold, 44. 

Becker, Willy, 185. 

Beckershaus, Frida, 94. 

van Beethoven, Ludwig, 4. 5. 

6. 7. 10. 23. 25. 41. 42. 44. 

45. 46. 47. 48. 51 ff (B.s 

Neunte Symphonie und Job. 

Seb. Bach. I.). 64. 68. 80. 

89. 90. 92. 93. 94. 95. 96. 

99 ff (B.s Neunte Symphonie 

und Joh. Seb. Bach. SchluO). 

139. 140. 142. 143. 144. 173. 

178. 180. 181. 183. 185. 186. 

187. 188. 189. 190. 191. 216. 

219. 222. 227. 229. 234. 236. 

238. 239. 240. 244. 247. 248. 

255. 275. 276. 277. 283. 284. 

285. 286. 287. 288. 
Bebam 20. 
Behr, Otto, 181. 
Beines, Karl, 284. 
BeiOenherz, Henry David, s. 

Totenschau XIV. 17. 
Bellini, Gian, 48. 
Benas, Gertrude, 91. 
Bender, Paul, 143. 190. 
Benjamin, Anton J., 136. 
Berber, Felix, 191. 
Berend, Fritz, 283. 
Berens, Hermann, 136. 
Berger, Rudolf, s. Totenschau 

XIV. 13. 
Berger, Wilhelm, 44. 72. 92. 
Berlioz, Hector, 18. 177. 224. 

225. 227. 269. 
Bernardi, Bernardo, 40. 
Bertini, Henri, 136. 
Bertram, Christel, 189. 
Besardo 13. 
Besserer, Erica, 285. 
Biden, Sydney, 91. 92. 140. 
Bie, Oskar, 222. 
Bieler, August, 92. 
Bienert, Karl, 284. 285. 



IV 



NAMENREGISTER 



Bienert-Boserup, Annette, 285. 
Bierbaum, O. J., 266. 
Binder, August, 284. 
Binder, Max, 235. 
Bischoff, Johannes, 38. 91. 139. 
v. Bismarck, Otto, 127. 180. 

182. 185. 276. 285. 
Bittner, Julius, 182. 264. 265. 
Bizet, Georges, 86. 
Blflservereinigung der Karlsruher 

Hofkapelle 287. 
Blaesing, Felix, 233. 
BlaO, Robert, 184. 
Blech, Leo, 39. 234. 264. 265. 
Bloch, Ernest, 189. 
Bloem, Walter, 266. 
BIQcher, Furst, 230. 
BIQthgen, Viktor, 266. 
BlOthner-Orchester 89. 91. 140. 

186. 240. 
Blumenthal, Olga, 234. 
Boccherini, Luigi, 192 (Bild). 
Bodan (Konstanz) 285. 
Boehe, Ernst, 143. 
Boel, Willy, 235. 
de Boer, Willem, 96. 
Boerlage-Reyers, Charlotte, 42. 
Boerresen, Hakon, 190. 
Boescr, Paul, 283. 
BOhm, Jul., 220. 
BOhmer, Elisabeth, 43. 
Bohnen, Michael, 47. 
Bolz, Oskar, 39. 
Bommer, Martha, 139. 
Le Borne, Fernand, 189. 
Bornemann, Heinrich, 283. 
Bortz, Alfred, 140. 
Borwick, Leonard, 286. 
Bosch, Catharina, 191. 
Bosch, Friedel, 285. 
v. Bose, Fritz, 47. 
Bosetti, Hermine, 239. 285. 
Boskoff, Georges, 189. 
Bosse, Gustav, 35. 
Brahms, Johannes, 19. 23. 36. 

41. 42. 43. 44. 45. 46. 48. 

66. 68. 69. 71. 80. 84. 88. 

89. 90. 92. 93. 94. 95. 136. 

140. 144. 180. 188. 189. 190. 

191. 192. 229. 236. 238. 239. 

240. 248. 273. 280. 283. 284. 

285. 286. 287. 288. 
Brandenberger, Ernst, 87. 
Brandes, Friedrich, 47. 
Brant, Sebastian, 19. 
Braun, Eddy, 89. 91. 
Braun, Ernst, 37. 
Braun, Friedrich, 39. 44. 
Braun, H., 235. 
Braunfels, Walter, 264. 
Brauer, Max, 94. 
Brauner, Else, 40. 
Brecher, Gustav, 42. 87. 185. 190. 
Brede, Dr., 47. 



Breitenfeld, Richard, 189. 
Breitkopf & Hartel 17. 35. 36. 

37. 134. 135. 136. 183. 188. 

232. 279. 281. 
Brentano, Clemens, 19. 230. 
Brentano, F., 279. 
Brenner, Hanna, 284. 
Brockhaus, Max, 85. 
Brodersen, Friedrich, 40. 143. 
Brodersen (Komponist) 190. 
BrCmse-SchQnemann, Else, 191. 
Bruch, Max, 46. 90. 93. 141. 

188. 191. 240. 283. 284. 
BrOckler, Hugo, 69. 
Bruckner, Anton, 89. 92. 144. 

187. 188. 220. 276. 277. 285. 
v. BrO hi, Graf, 230. 
BrOll, Ignaz, 262. 263. 265. 
Brun, A., 41. 
Brun, Fritz, 288. 
Brunner 136. 
Buchel, Hermann, 88. 
v. Bulow, Hana, 126. 127. 227. 

269. 275. 
Bulthaupt, Heinrich, 266. 
Bungert, August, 263 264. 265. 
Bunk, Gerard, 44. 45. 
Burgkmeier, Hans, 20. 
BurgmQller, Friedrich, 136. 
Burmeister, Richard, 90. 
Burmester, Willy, 93. 95. 190. 

240. 285. 
Burns, Robert, 257. 
Burrian, Karl, 95. 
Busch, Adolf, 92. 188. 191. 
Busch, Dora, 186. 
Busoni, Ferruccio, 35. 36. 183. 

224. 225. 265. 286. 
BOssel, Robert, 39. 
Ruths, Julius, 92. 93. 
BQttner, Fritz, 39. 
Banner, Max, 235. 287. 
j Buxtehude, Dietrich, 75. 
Byron, Lord, 70. 
Cacilia (Zeitschrift) 220. 
Cacilienverein(Kopenhagen) 190. 
Cahier, Charles, 88. 190. 
Cahnbley-Hinken, Tilly, 45. 286. 
Calandro, Jacob, 76. 
Calderon 38. 
Camoes 267. 269. 
Candidus 69. 
Capus, Alfred, 3. 
Carissimi, Giacomo, 189. 
Carlyle, Thomas, 78. 
Caro (Sanger) 88. 
Carracci, Agostino, 96. 
Carracci, Annibale, 96. 
Carracci, Antonio, 96 (Bild). 
Carracci, Lodovico, 96. 
Carreno, Teresa, 42. 89. 141. 
Carulli, Ferdinando, 19. 
Caruso, Enrico, 282. 
Casals, Pablo, 286. 



v. Catopol, Ellse, 282. 
Challier sen., Ernst, 231. 
Chamberlain, Houston, 133. 
v. Chamisso, Adelbert, 66. 256. 
Cherubini, Luigi, 80. 220. 283. 
v. Chezy, Helmina, 38. 86. 
Chilesotti, Oskar, 16. 
Chodounsky, Stefan, 234. 
Chop-Groenevelt, Celeste, 89. 95. 
Chopin, Frederic, 41. 42. 44. 

47. 90. 94. 96. 133. 136. 137. 

227. 236. 245. 268. 269. 272. 

273. 
Chor, Gemischter (Zflrich), 96. 

288. 
Chor, Philharmonischer (Berlin), 

41. 
Chor, Philharmonischer (Kasael), 

46. 
Chor,Philharmonischer(LObeck), 

285. 
Chorverein (Freiburg i. Br.) 284. 
Chorvereinigung, Neue (Berlin), 

42. 
Chrysander, Friedrich, 93. 258. 
! Claudius, Matthias, 134. 
Clement, Edouard, 234. 
Clementi, Muzio, 136. 182. 
v. Clere, Ernst GOnther, 92. 
Clerron, Elly, 39. 
Cohn, Carl, 237. 
Concertgebouw-Orchester 88. 
Concordia (Freiburg i. Br.) 284. 
! Conrad, Albert, 87. 
! Corbach, Karl, 95. 285. 
j Corelli, Arcangelo, 44. 
Corinth, Lovis, 67. 
Corneiis, Evert, 88. 
Cornelius, Peter, 42. 44. 67. 68. 

93. 135. 234. 282. 285. 
Cotta'sche Buchhandlung Nachf., 

J. G., 136. 
Cramer, Joh. B., 136. 
Cronegk, Berta, 87. 
Croner, Helene, 90. 
Crusius, O., 280. 
Culp, Julia, 286. 
Czerny, Carl, 124. 136. 
Daffner, Hugo, 92. 186. 187. 
Dahn, Felix, 266. 
v. Dameck, Hjalmar, 43. 44. 91. 
Davidsohn, Magnus, 186. 
Debogis, M.-L., 189. 
Debussy, Claude, 64. 136. 
Dechert, Fritz, 42. 
Dechert, Hugo, 41. 
Deckert, Willy, 285. 
Decsey, Ernst, 70. 
Deffner, Oskar, 93. 94. 
Degerberg 46. 
Dehmel, Richard, 71. 72. 233. 

280. 
Dehmlow, Hertha, 41. 239. 240. 
Delius, Frederik, 64. 



NAMENREGISTER 



Denera, Erna, 185. 

Denys, Thomas, 47. 88. 93. 

Deppe, Ludwig, 183. 

Dern (Kammermusiker) s. Toten- 

schau XIV. 17. 
Dessau, Bernhard, 41. 89. 
Dessoir, Max, 28. 
Dewitz, J., 37. 
Diabelli, Antonio, 220. 
Diedel-LaaQ, Gertrud, 39. 
DiefTenbrugger, Magnus, 13. 
Diehl 45. 

Diener, Fritz, 185. 
Dillmann, Alexander, 92. 93. 

285. 
Dittberner, Johannes, 85. 
Doebber, Johannes, 140. 265. 
v. Dohnanyi, Ernst, 95. 
Dohrn, Georg, 187. 188. 
DOlitzscher, Elfriede, 235. 
Dopier, Marie, 39. 44. 282. 
Dopper, Cornells, 88. 
Dornay, Louis, 88. 
Draeseke, Felix, 47. 230. 
Dreililien (Verlag) 280. 
Dreisewerd, Jacob, 234. 
Drobisch, Moritz Wilhelm, 181. 
v. Droste-HOIshoff, Annette, 66. 

68. 
Dubitzky, Franz, 128. 
Duncker, A., 255. 
DOrer, Albrecht, 20. 32. 64. 
Duvernoy 136. 
Dux, Clflre, 38. 92. 139. 188. 

239. 
Dvorak, Anton, 41. 96. 188. 

192. 239. 283. 285. 287. 
Dwelshauvers, Victor Felix, s. 

Totenschau XIV. 15. 
Easton, Florence, 235. 
Ebenstein, Victor, 139. 
Ebner, Adalbert, 189. 
Eckel, Chr. Gerh., 233. 
Eckert, Emil, 93. 
Ecorcheville, Jules, s. Toten- 
schau XIV. 14. 274. 275. 
Ehrmann, August, s. Totenschau 

XIV. 17. 
v. Eichendorff, Joseph Frhr., 19. 

65. 66. 76. 143. 256. 
Eisenberger, Severin, 240. 
Elb, Margarete, 39. 92. 
v. Eles, Maria, 288. 
Elgar, Edward, 232. 
Elisabeth, Konigin v. England, 

80. 
Elsmann, Alfred, 188. 
Engel, Gustav, 181. 
Engel, Werner, 86. 184. 
Enke, Otto, 44. 45. 
Epstein, Lony, 239. 
Espenhahn, Fritz, 91. 
Erb, Carl, 236. 
Erb, J. M., 265. 



Erdmannsdorffer, Frl., 94. 

Erhard, Hanne, 141. 

Erk, Ludwig, 19. 

Erler, Hermann, 281. 

Erler-Schnaudt, Anna, 45. 143. 

Ermold, Ludwig, 39. 86. 

v. Ernst, Mary, 40. 

Eschment, Maria, 45. 

Essigmann, Friedrich, s. Toten- 
schau XIV. 17. 

Eugster (SSngerin) 285. 

Eulenberg, Herbert, 72. 

Euler, Leonhard, 237. 

Evertz, Walter, 45. 

Eybler, Joseph, 220. 

van Eyken, Heinrich, 37. 

Faber, Hans Joachim, 87. 

Falke, Gustav, 72. 

Fall, Leo, 234. 

v. Fangh, Freyda, 40. 

Farbach, Alfred, 87. 

Farrar, Geraldine, 282. 283. 

FaQbander, Peter, 288. 

Fauth, Albert, 287. 

Feigerl, Rudolf, 188. 

Feinhals, Fritz, 185. 235. 

Felser, Frida, 235. 

Feuerbach, Anselm, 64. 

Fichte, Joh. Gottlieb, 180. 

Fiebiger, Erna, 138. 

Fiedler, Max, 89. 

Field, John, 181. 

Fink, Marie, 87. 

Fischer, Albert, 46. 95. 

Fischer, Carl, 232. 

Fischer, Dr., 234. 

Fischer, Edwin, 139. 

Fischer von Erlach 218. 

Fischberg, Arnold, 237. 

Fleck, Fritz, 72. 190. 

Fleischer, Felix, 284. 

Flemming 89. 

Flesch, Carl, 42. 46. 48. 90. 

Flockenhaus, Ewald, 283. 

Flohr, Hubert, 93. 

v. Florentin-Weber, Paula, 40. 

v. Flotow, Friedrich Frhr., 86. 
262. 

Fochler, Klemens, s. Totenschau 
XIV. 16. 

Fock, Dirk, 135. 

Forchhammer, Ejnar, 138. 

Forst, H. D., 94. 

Foerster, Adolph M., 232. 

Forti, Elena, 86. 

Francillo-Kaufmann, Hedwig,9l. 
235. 236. 

Franck, Joh. Wolfgang, 85. 

Francke, Aug. Herm., 253. 

Franke, Fr. Wilhelm, 190. 

Franz Joseph, Kaiser, 233. 

Franz, Richard, 39. 

Franz, Robert, 66. 69. 253 ff 
(R. F.). 288 (Bild). 



Frauenbildungsverein(StraOburg) 

191. 
Freiesleben, Gerhard, 231. 
Frenkel, H., 47. 
v. Frenkel-Nast, Minnie, 235. 
Frey, Emil, 189. 
Frey, Martin, 85. 233. 280. 
Freylinghausen 253. 
Fricke, Richard, 37. 
Fried, Oscar, 72. 
Fried, Richard, 88. 
Frieder, Karlhans, 37. 
Friedfeldt, Mara, 87. 
Friedlaender, Max, 256. 
Friedman, Ignaz, 44. 141. 
Friedman, Sophie C, 139. 
Friedrich der GroDe 81. 
Friedrich Wilhelm I., KOnig von 

PreuOen, 81. 
Friedrich Wilhelm II., KOnig von 

PreuOen, 192. 
Friedrich Wilhelm III., KOnigvon 

PreuCen, 81. 
Friedt, Franz, 45. 
Frohlich, Alfred, 40. 
Frohlich-FOrster, Herminc, 40. 
Fromm, Use, 285. 
Frotzler, Karl, 238. 
Fruhauf, Arnold, 44. 186. 
Fuchs, Stanislaus, 235. 
FQhrer, Anna, 47. 191. 
Fuhrmeister, Fritz, 85. 
Funck, Therese, 82. 189. 
FurtwUngler, Wilhelm, 91. 236. 

285. 
v. Gabain, Anna, 92. 187. 
Gabrilowitsch, Clara, 286. 
Gabrilowitsch, Ossip, 286. 
Gaede, Margarete, 283. 
Gaertner, Walter, 87. 185. 
Gambke, Fr., 135. 
Gambke, Martin, 233. 
Gambke (Musikdirektor) 240. 
Garibaldi 127. 
de Garmo, Harry, 138. 
Card, Hilda, 87. 
Cast, Peter, 263. 
Gatti-Casazza 282. 
Gemund, Karl, 86. 87. 189. 
George, Stefan, 71. 
Gerhardt, Elena, 45. 286. 
Gerhardt, Reinhold, 191. 
v. Gerlach, Artur, 282. 
Gerle, Hans, 17. 
Gernsheim, Friedrich, 286. 
v. Gerstenberg, H. W., 31. 
Geibel, Emanuel, 32. 232. 256. 
Gesangverein, Elberfelder, 189. 

283. 
Gesangverein, Erkscher, 186. 
Gesangverein, Hennigscher, 240. 
Gesangverein, Stfldtischer(Hagen 

i. W.), 284. 
Gesangverein, Kieler, 94. 



VI 



NAMENREGISTER 



Gesangverein, ROhlscher, 192. 
Gesangverein der Staatseisen- 

bahnbeamten (Dresden) 188. 
Gesellschaft der Musikfreunde 

(Berlin) 88. 186. 
Gesellschaft, Musikalische (Dort- 
mund), 44. 45. 
Gesellschaft,MusikaIische(K6In), 

47. 
Gesellschaft der Musikfreunde 

am Rhein und in Westfalen 92. 
Gewandhaus-Konzerte 47. 188. 

190. 
Giesebrecht 66. 
Giesen, Carl, 40. 
Giordano, Umberto, 282. 
Gitarrefreund, Der (MOnchen), 

18. 
Giuliani, Mauro, 19. 
Gura, Hermann, 89. 
Glasenapp, Carl Friedrich, s. 

Totenschau XIV. 17. 
GleO, Julius, 185. 
Glinka, Michael, 248. 
Clock, Joh. Philipp, 182. 
Gluck, Alma, 286. 
Gluck, Chr. Willibald, 35. 39. 76. 

92. 96. 1 80. 223. 234. 283. 285. 
Goethe, Joh. Wolfgang, 19. 64. 

65. 66. 70. 78. 134. 180. 256. 

284. 
Goette, Elfriede, 45. 186. 286. 
Goetz, Hermann, 96. 234. 282. 
van Gogh, Vincent, 64. 
Gogl, Rupert, 138. 
Gohler, Georg, 137. 220. 232. 

285. 
Goldmark, Karl, 40. 46. 95. 188. 

238. 262. 263. 264. 265. 285. 
Golmer, Frida, 138. 
Gomes, A. C, 273. 
Gorn, Kurt, 92. 
Gortcr, Albert, 239. 264. 
GOschen, Sammlung, 35. 
Gotter, Fr. Wilh., 134. 
Gottfried v. StraOburg 19. 
Gottschalk, L. M., 267. 
GOtze, Ernst, 287. 
G6tze, Marie, 95. 139. 285. 
G6tze, Wilhelm, 233. 
GOtz), Anselm, 264. 
Grabert, Martin, 85. 
Gridener, Hermann, 135. 
Graener, Paul, 235. 236. 
Graf, Emil, 235. 283. 
Grainger, Percy, 286. 
Gratl, Maximilian, 39. 
Gregor, Josef, 280. 
Gregory, Elsa, 139. 
Grejry, A. E. M., 137. 
Gretscher, Philipp, 84. 135. 
Grieg, Edvard, 8. 36. 45. 88. 
137. 140. 188. 268. 269. 270. 

271. 273. 285. 286. 



Grillparzer, Franz, 118. 217. 
Grimm, J. O., 286. 
Grimm-Mittelmann, Bertha, 190. 
GrObke, Adolf, 41. 
Grondona, Emma, 87. 
Grosch, G., 47. 
GroDe, Hedwig, 281. 
Grote jr., Robert, 236. 
GrOnfeld, Heinrich, 41. 89. 
Gruppe, Otto, 69. 
Gruselli, Fritz, 138. 
Graters, Hugo, 232. 
Gubitz, Fr. Wilh., 230. 
Guimaraes 273. 
Gulbins, Max, 281. 
Guller, Marguerite, 189. 
Gumpert, Julian, 92. 93. 189. 
GOnther, Karl, 236. 
GQnther-Vetter, Else, 235. 
GQnzburg, Mark, 90. 
Gunzel-Bengell, Else, 87. 282. 
Gura, Hermann, 45. 95. 239. 

285. 288. 
Gura-Hummel, Annie, 89. 
GOrzenich-Chor 190. 238. 
Gurzenich-Konzerte 95. 189. 
Gurzenicb-Orchester 190. 238. 
Guszalewicz, Alice, 40. 185. 
de Haan - Manifarges, Pauline, 

88. 
Haas, Joseph, 92. 
Haas, Robert, 280. 
Haberbier, Ernst, 183. 
Haberl, Benno, 189. 
Hafgren-Waag, Lilly, 38. 284. 
Hagen, Otfried, 39. 
v. Haken, Max, 141. 
Hale>y, J. F. E., 87. 177. 184. 

185. 
Hal 16, Lady, 190. 
Hallwachs, Carl, 46. 
Halvorsen, Johan, 136. 141. 
Hamm, Adolf, 284. 
Hammer, Birger, 90. 
Handel, Georg Friedrich, 43. 44. 

46. 47. 48. 80. 91. 92. 93. 

96. 141. 162. 166. 185. 186. 

188. 189. 191.238. 240.253. 

254. 258. 287. 
Handschuh, Anni, 87. 
Hanfstaengl, Erich, 40. 
Hanke, Fritz, 235. 
Hansen, Paul, 184. 
Hansen, Willi, 136. 
Hansjakob, Heinrich, 266. 
Harder, Knud, 190. 
Hart, GebrOder, 71. 
Hartmann, Ella, 287. 
Hartmann, Else, 39. 
Hartmann, Georg, 39. 
Harzer 89. 
Hasse, Aline, 287. 
Hasse, Karl, 188. 287. 
Hasse, Max, 234. 



Hasseldieck, Christoph, s. Toten- 
schau XIV. 14. 
HaQler, H. L., 279. 
Hauptmann, Gerhart, 72. 
v. Hausegger, Siegmund, 72. 277. 
Havemann,Gustav, 46. 192.288. 
Haydn, Joseph, 39. 45. 46. 47. 

61. 88. 93.94. 102. 104. 140. 

141. 174. 185. 188. 189.216. 

217. 219. 220. 227. 236.239. 

283. 286. 288. 
Haydn, Michael, 220. 
Haym, Hans, 189. 283. 
Hebbel, Friedrich, 64. 66. 68. 
Hecker, Siegmund, 282. 
Hegner, Anna, 284. 
Heine, Heinrich, 19. 64. 65. 66. 

70. 256. 257. 258. 
Heinemann, Alexander, 43. 139. 

186. 240. 
Heinemann, Kflthe, 91. 
Heinemann, Wilhelm, 91. 
Heinrich, Arthur, 182. 
Heller, Josef, 235. 
Heller, Stephen, 183. 
Heller-Halberg, Friedrich, 235. 
Helling-Roaenthal, Use, 47. 287. 
Helmholtz, Hermann, 181. 237. 
Helt, Heinz, 17. 
Henckell, Karl, 71. 
Henke, Waldemar, 186. 
Henning, Max, 90. 
Hensel, Heinrich, 89. 92. 93. 284. 
Henselt, Adolph, 183. 
Herbeck, Johann, 220. 
Herder, Joh. Gottfried, 134. 
Hermann, Hans, 93. 139. 
Hermann, Reinhold, 265. 
Herold, Wilhelm, 138. 
Herodot 179. 
den Hertog, H. J., 88. 
Hertz, Alfred, 283. 
Herz, Henri, 136. 
Hesses Verlag, Max, 82. 
HeO, Ludwig, 41.48. 187. 239. 

287. 
HeO, Myra, 88. 
HeO, Willy, 41. 46. 
HeO-Quartett 91. 240. 
HeD van der Wyk, Theodor, 187. 
Heuberger, Richard, 262. 264. 

265. 
Heuser, Ernst, 72. 135. 
Hieber, Theodor, 235. 
Hildebrand, Camillo, 42. 
Hiller, Ferdinand, 278. 
Hindermann, Paul, 288. 
Hinrichs, Maria, 254. 
Hirsch, Carl, 135. 
Hirt, Fritz, 94. 239. 
Hirtz, Alfred, 280. 
Hjorth, Rosa, 235. 283. 
Hobrecht 279. 
Hochhelm, Paul, 39. 86. 1 84. 282. 



NAMENREGISTER 



VII 



Hoffmann, D. F., 45. 
Hoffmann, Hermine, 40. 
Hoffmann-Onegin, Lilly, 41. 
Hofkapelle (Braunschweig) 92. 
Hofkapelle (Karlsruhe) 94. 287. 
Hofkapelle (Schwerin) 287. 288. 
Hofmann, Josef, 286. 
v. Hofmannsthal, Hugo, 71.266. 
Hofmeier, Andreas, 285. 
Hofmeister, Friedrich, 182. 
HormOlIer, Karl, 93. 
Hoftheaterkonzerte (Dresden) 45. 

188. 
Hof- und Domchor, Kgl. (Berlin), 

92. 95. 240. 285. 286. 288. 
Hohne, A., 236. 
Holbein, Hans, 64. 
Holderlin, Friedrich, 64. 
Holtschneider, Carl, 44. 45. 
Holtschneider-Konservatoriura 

45. 
Holty, Ludwig, 134. 
Honrath, Maria, 235. 
HOrder, Kite, 286. 
Horn, Camlllo, 43. 143. 
Hornemann, Helene, 87. 
van Horst, Viktor Erik, 138. 
Hosl, Marie, 235. 
Hoyer, Karl, 84. 188. 
Huber, Hans, 183. 192. 288. 
Huch, Ricarda, 71. 
Hug & Co. 279. 
Hummel, Joh. Nep., 136. 220. 
Hutnmelsheim, Anton, 39. 
Hutnperdinck, Engelbert, 185. 

236. 263. 264. 265. 282. 
Hungar, Lili, 284. 
Hunold, Erich, 87. 283. 
Hurum, Alf, 90. 
v. Hutten, Ulrich, 183. 
HQttner, Georg, 44. 45. 
HQttner-Konservatorium 44. 45. 
Illing, Arthur, 236. 
Illmer, Gustav, 90. 
Imme, Elisabeth, 189. 282. 
d'Indy, Vincent, 189. 
Institut far Kirchenmusik, Kgl. 

Akademisches, 26. 
Instrumentalverein (Pforzheim) 

287. 
Irrgang, Bernhard, 89. 186. 240. 
Islaub, Jean, 87. 
Isola 144. 
Istel, Edgar, 264. 
Ivogun, Marie, 96. 
Jacob! 134. 

Jadlowker, Hermann, 236. 
Jiger, Rudolf, 47. 87. 191. 
JahrbQcher, Hallesche, 253. 
Jakobowski, Ludwig, 71. 
Jakobsohn, Siegfried, 4. 7. 
Jalowetz, Heinrich, 236. 
Jandy (Sflngerln) 46. 
Janssen, Julius, 44. 45. 



Jaques-Dalcroze, Emile, 8. 126. 

189. 
JSrnefelt, Armas, 188. 
Jay-Seldeneck, Hertba, 94. 
Jelmoli, Hans, 285. 
Jemnitz, Alexander, 36. 
Jensen, Adolf, 46. 69. 135. 136. 
Jeritza, Mizzi, 234. 
Joachim, Joseph, 258. 
Johannsen, Heinrich, 94. 
Josef II., Kaiser, 218. 
Josquin 279. 
Judenkunig, Hans, 17. 
JOlich, Else, 235. 
Jung, August, 83. 84. 
Jung, Rudolf, 235. 283. 284. 
JOngst, Hugo, 188. 
Kaempfert, Anna, 142. 189.283. 
Kahl, Oskar, 279. 
Kahler, Margarete, 87. 
Kahn, Robert, 42. 72. 
Kahnt Nachf., C. F., 85. 135. 

232. 
Kaiser, Alfred, 264. 265. 
Kalbeck, Max, 266. 
Kampen, Hermann, 137. 
Kimpf, Karl, 89. 90. 
Kammermusikfest, 7. Freiburger, 

283. 
Kammermusikvereinigung, L0- 

becker, 285. 
Kant, Imanuel, 81. 
Kapelle, Kgl. (Berlin), 41. 88. 

139. 
Kapelle, Kgl. (Dresden), 45. 
Kapelle, Kgl. (Kassel), 46. 
Kapelle, Kgl. ((Copenhagen), 190. 
Kapelle, StBdtische (Chemnitz), 

188. 
Kapelle, Stldtische (Mainz), 239. 
Kapp, Julius, 144. 
Karg-Elert, Sigfrid, 90. 187. 
Karl (Sfingerin) 285. 
Kase, Alfred, 47. 191. 
Kasia 135. 

v. Kaskel, Karl, 264. 265. 
Kasselmann, Clemens, 39. 
v. Kaulbach, Wilhelm, 276. 
Kaun, Hugo, 44. 84. 95. 187. 

281. 
Keller, Albert, 94. 
Keller, Gottfried, 66. 70. 
Keller, Hans, 40. 
van Kempen, Jacob, 88. 
Kempter, Lothar, 283. 
v. Kertkjartd, Duci, 237. 
Kern 89. 

Kerner, Justinus, 70. 
KeDler, Ferdinand, 237. 
Keyl, B. Hans, 137. 
Kiel, Friedrich, 94. 185. 
Kienzl, Wilhelm, 87. 185. 262. 

263. 264. 265. 
KieQ, August, 40. 



Kindling, Annie, 96. 
Kirchner, Theodor, 188. 
Kirnberger, Joh. Ph., 237. 
Kirchenchor, Evangelischer 

(Pforzheim), 287. 
Kirchhoff, Walther, 46. 238. 283. 
Kistler, Cyrill, 262. 265. 
Kistner, Fr , 31. 
KiD, Johanna, 93. 
Kittel'scher Chor, Bruno, 41. 
Klausner (Kapellmeister) 288. 
Kleffner, August, 234. 
Klein, Josef, 92. 93. 
Klein, Karl, 92. 93. 
v. Kleist, Heinrich, 230. 
Kleitz, Otto, 283. 
Klemm, C. A., 181. 232. 
Klemperer, Otto, 88. 
v. Klenau, Paul, 144. 185. 235. 

283. 
Klengel, Julius, 141. 
Klinger, Max, 69. 
Klinghammer, Erich, 235. 
Klingler, Karl, 41. 
Klingler-Quartett 42. 186. 239. 

240. 286. 
Klose, Amelie, 94. 
Klose, Friedrich, 94. 264. 
Klopstock, F. G., 134. 
Klughardt, August, 288. 
Knappertsbusch, Hans, 87. 282. 
Knoche, Emmy, 92. 
Knote, Heinrich, 95. 
KnQpfer, Paul, 41. 185. 186.235. 
Kobotb, Inna, 143. 
Koch, Brunhilde, 92. 
Koch, Friedrich E., 88. 
v. Kochel, Ludwig Ritter, 47. 

188. 
Koegel, Martin, 39. 
Kohler, Louis, 136. 
Kohler, W., 279. 
Kobmann, Anton, 287. 
Kollwitz (Sanger) 88. 
Komper, Karl, 286. 
Konewsky, Eugenie, 189. 
Konig, Ebcrhard, 41. 
KOnig, Wilhelm, 92. 93. 
Konservatorium,Hochsches, 192. 
Konzerte, Philharmonische 

(Bremen), 92. 
Konzerte, Philharmonische 

(Prag), 95. 
Konzertgesellschaft (Barmen) 

236. 
Konzertgesellschaft (Hagen i.W.) 

284. 
Konzerthaus-Quartett, Wiener, 

46. 
Konzertverein, Dflnischer, 190. 
Konzertverein (Mflnchen) 48. 
Konzertverein (Nordhausen a. H.) 

240. 
KOpf, J., 240. 



vm 



NAMENREGISTER 



Kopken 134. 

Kopp, Annie, 80, 

Kormann, Hans Ludwig, 191, 

Korner, Theodor, 230. 285, 

Korngoid, Erich Wolfgang, 46. 

Koaegartcn, Ludwig Th., 134. 

Kothe, Robert, 20. 45. 240. 

v. Kotzebue, A„ 190. 

KOtzschke, H. 47. 

v. Kralik, Richard, 218. 

Kramer, Frl., 45. 

Kramm, Else, 38. 

Krampe, Heicrkh, 286. 

Kraus, Ernst, 235. 

v. Kraus, Felix, 48- 

Kraus, Max, 283. 285. 

Krehl, Stephan, 47. 

Krelsler, Fritz, 48. 286. 

Kremser, E., 94. 

Kretschmer, Edmund, 262. 265. 

Kretzschmar, Hermann, 44, 133. 

279. 
Kreutzer, Conrad in, 220. 
Kreutzer, Rodolphe, 80. 63. 191. 

285. 
Kriegcskotten, Fr., 280. 
Kriegsmann, Paul, 233. 
Krlegamliinercbor (Pforzheim) 

287. 
Kris, Emeric, 93. 285. 
Kronenberg, Eugen, 189. 
Kronke, Emll, 36. 141. 188. 267. 
Kroyt, Boris, 140, 
KrOger, Alice, 283. 
Kroger, Emmy, 96. 
Kroger, G. t 44. 
KrDger & Co. 37. 
Kruse, Anna, s. Totenscbau XIV, 

13. 
Kruse, Wllhelra, 41. 
Kuhlau, Frledrieh, 134. 
KOhlborn, Heinrtch, 190. 
Kuhlcnkampr 265. 
Kublenkampff-Post, Georg, 61. 
KQbo, Ludwig, »4. 287. 
Kuhn, Paul, 143. 
Kullak, Franz, 31. 
Kultur, Die < Ze its ch rift), 219. 
KunsemQller, Ernst, 94. 
Kurt, Mel ante, 282. 
Kutschka, C, s. Totenscbau XIV. 

16. 
Kutzachbach, Hermann, 86. 140. 

IBS. 
Kwast, James, 93. 
Kwast-Hodapp, Frieda 43. 93. 

1 88. 
Laber, Heinrich, 143. 
Lalo, Edouard, 237. 
Lagenpuscb, Felix, 3ft. 
Langendorff, Frieda, 184. 
Langenhan-Hirzel, Anna, 143. 
Langcr, Ferdinand, 94. 
Landeker, Siegfried, 39. 



Lassen, Eduard, 94. 
Lasius, Orlandua, 279. 
Liszld, Sindor, 140, 
Lauber, Joseph, 189. 
Laubcntbal, Rudolf, 39. 
Lau«r*Kottlar, Beatrice, 40. 
Laugs, Robert, 46. 284. 
Lauprecht-van Lammen, Mlentje, 

190, 
Lauriscbkus, Max, 43. 
Lawaczek, Martha, S3. 
Lebcrt, S., (36. 
Lcdcrer-Prlna, Felix, 89. 
Lee, Eliaabetb, 237. 
Leffler, Robert, 40. 
Leffter-Burckard, Marta, 38. 41, 
Leg band, Paul, 235, 
Legnani, Lulgi, 19. 
Lehar, Franz, 39. 
Lehrergcsangvercln (Chemnitz) 

1S8. 
Lehrergesangverelo (Dortmund) 

44. 
Lehrergesangverefn (Elberfeld) 

189. 283. 
Lehrergesangverctn (Hagen t.W.) 

284. 
LehrergesangVerein (Karlsruhe) 

94. 
Lehrtrgesangverein (Kiel) 94. 
Lehrerlnnengesaagvereiii (Ber- 
lin) 186. 
Lehrer-Singerbund (Stettin) 240. 
Lehmann (AdreQbuch) 219. 
Lehmann, Ernst, 39. 
Lchmarn, Lilli, 42. 259. 
Lcisncr, Em mi, 44. 
Leisiilsow, Walter, 67. 
Letnan, Hugo, 41. 
Lemtlte, Carl, 6fl. 
LcTiioine Lib. 
Lenau, Nlkolaua, 65. 66. 68. 

256. 257. 
Leon, Viktor, 266. 
Leonard, Lane, 285. 
Leonardo d« Vinci 276. 
Leoncavallo, Ruggiero, 3. 8. 126. 
Leoni 282. 
Leopold I., FQrst v, An halt- 

Dessau, 246. 
Leumann, Eva, 41. 
Leucksrt, F. E. C, 37. 84. 85. 

135. 
Leupold 232. 
Levi, Hermann, 40. 
Levizkl, Miscba, 90. 
Levy, Alexander, 271. 
Levy, Casa, 27 i. 
Levy, Lulz, 271. 
Lewin, Gustav, 280. 
Lex, Andre, 271. 
Leydhecker, Agnes, 47. 
v, d. Leyeti, R„ 69. 
Lladow, Anatol, 136, 



Lkhtenatein 230. 
Lifhnowsky, FQrst, 51. 
Lichtwark, Karl, 285. 
LIckl, Job. Georg, 220. 
Liebermann, Max, 67. 
Lieberm ann* RoC w iese, Erich, 191. 
LiebstOckl, Hans, 234. 
Llederhille (Karisruhe) 94. 
Llederkranz, Heidelberger, 64. 
Liedertafel, Berliner, 89. 
Liedertafel, Dresdener, 188. 
Liedertafel (Mainz) 239. 
Llepmannssohn, Leo, s, Toten- 

scbau XIV. 17. 
Liesenbolf, Fran, 44. 
v. Liliencron, Detlev, 64. 65. 68. 

71. 72. 
v. Liliencron, Rochus, 19. 
Lindemann, Fritz, 44. 240. 
Lindemann, Gertrud, 87, 
Linkenbach-Hildebrand, Henny, 

42. 
Linnemann, R., 231. 
Lipps, Theodor, 28. 35. 
Llssauer, Ern*t, 72. 181. 1S8. 
LiDroann, Hans, 87. 188. 
LiQmann,EvBKatharina,42, 188, 
Liszewsky, Tillman, 235. 284. 
Liszt, Franz, 41. 42. 45. 46. 47. 

71, 95. 96. 134. 136. 140. 

141. 142. 183. 186. 220.227. 

229. 230. 238. 254. 255. 270. 

272, 283, 284. 288. 
Lltolff, Collection, 33. 
Lobstein, L., 84, 
Loewe, Carl, 44. 66. 69. 94. 95. 

286. 288. 
Lohse, Otto, 87. 235. 203. 
LOttgen, Adoir, 40. 234. 
Lona, Hermann, 137. 
Lorentz, Alfred, 40. 94. 
Lorenz, Alfred, 135. 
Lortzing, Albert, 40. 89. 185. 

234. 282. 
Lowhky, Wilh. Mathias, 37. 
Lothar, Rudolf, 266. 
Louis Ferdinand, Prinz von 

PreuOen, 183. 
LGwe, Ferdinand, 144, 
von und zu LOwensteln (Sin- 

gerin) 46. 
v. Luba, Pit, 235. 
Lubrlch sen., Fritz, 36. 
Ludewlgs-Korte, Lisa, 235. 
Ludwig, Franz, 95. 284. 
Ludwig-Hou'orki, lina, 95. 
Luedtfce, Hans, 188. 
Ltitgcr, Carl, 217. 
v, Lukasiewicz, Franz, 236. 
Luther, Martin, 7. !80. 253. 
Lfltacbg, Waldemar, 188. 
Lyser, J. P., 144. 
Maas, J,, 44. 
Mc Cormack, John, 286. 



NAMENREGISTER 



IX 



Mac Dowell, Edward, 36. 
de Machault, G., 279. 
Mackay, John Henry, 71. 
Maeterlinck, Maurice, 3. 64. 
Mattel, Grafin Clara, 126. 
Magazin, Musikalisches, 134. 
Mahler, Gustav, 42. 71. 72. 88. 

96. 142. 176. 190. 239. 285. 
Malata, Oskar, 185. 188. 
Mandl, Richard, 143. 144. 
Manelbord, John, 139. 
MUnnerchOre, Vereinigte (Kon- 

stanz), 285. 
MInnergesangverein Clcilia 

(Dortmund) 45. 
MInnergesangverein, Dortmun- 

der, 45. 
MInnergesangverein (Freiburg 

i. Br.) 284. 
MInnergesangverein (Pforzheim) 

287. 
MInnergesangverein (Strafiburg) 

192. 
Mannstaedt, Karl, 96. 
Manz, Berta, 43. 
Maria Theresia, Kaiserin, 137. 
Marion, Georg, 87. 
Marschner, Heinrich, 18. 85. 

177. 185. 223. 234. 
Mascagni, Pietro, 3. 
Mattheson, Johann, 14. 
Matthias, F. X., 220. 
Matthies, Adolf Leopold, s.Toten- 

schau XIV. 13. 
Matthisson, Friedrich, 134. 
Mattiesen, Emil, 95. 
Mauke, Wilhelm, 69. 
Mayer, Ch., 136. 
Mayer, Hermann, 188. 
Mayerhoff, Franz, 92. 181. 182. 

188. 
Mayer-Mahr, Moritz, 41. 89. 136. 
Mazurkiewicz, Th., 141. 
Meader, Georg, 142. 
Mfihul, E. N., 39. 138. 
Meinel, G., 188. 
Meisner, Gertrud, 285. 
Meister, Wilhelm, 233. 
MeiBner, Arthur, 41. 95. 
Melodia (Verlag) 182. 
Melzer, Josef, 188. 
Mendelssohn, Arnold, 71. 182. 
Mendelssohn, Felix Robert, 90. 
v. Mendelssohn, Franz, 91. 
Mendelssohn Bartholdy, Felix, 

41. 43. 44. 46. 47. 48. 66. 

71. 89. 91. 134. 136. 141. 185. 

228. 229. 239. 254. 256. 267. 

273. 278. 283. 285. 286. 287. 
Menge 89. 

Mengelberg, Willem, 88. 
Menges, Sandro, 234. 
Mensing, Max, 90. 
Menzen 72. 



Menzinsky, Modest, 87. 185. 235. 
Mergelkamp, Jan, 236. 
Merkel, Willi, s. Totenschau 

XIV. 15. 
Merker, Der (Zeitschrifi), 221. 
Merker, Rosa, 236. 
Merkle, S., 218. 
Merrem-Nikisch, Crete, 39. 191. 
Mertens, Hubert, 40. 
Messchaert, Johannes, 48. 88. 89. 
Messing (SIngerin) 46. 
Metelmann, D., 235. 
Meyer, C. F., 66. 284. 
Meyer, Johann, 136. 
Meyer, Waldemar, 91. 
Meyerbeer, Giacomo, 40. 180. 

223. 224. 
Michaelia 287. 
Michel, Hermann, s. Totenschau 

XIV. 14. 
Michelangelo 70. 276. 
Miekley-Kemp, Barbara, 185. 
Millocker, Karl, 39. 234. 
Mirza-Schaffy 258. 
Mitschiner-Gura, Elisabeth, 95. 
Modern, Max, 236. 
Modes-Wolf, L., 87. 
Mohler, Anton, 71. 
Mohr, Adolf, 265. 
Mobwinkel, Hans, 288. 
Moldenhauer, Walter, 139. 
Monnaie-Orchester 238. 
Monteverdi, Claudio, 189. 
Montilles (Kapellmeister) 189. 
Moog, Willi, 235. 283. 
Morales, Christobal, 279. 
MOrike, Eduard, 65. 66. 69. 70. 

184. 256. 
Morro, Paula, 234. 
Morsch, Anna, 22. 
Moscheles, Ignaz, 136. 183. 
Mosenthal, C, 266. 
Moser, Hans Joachim, 38. 

da Motta, Jose Vianna, 267. 268. 

269. 270. 
Mottl, Felix, 92. 94. 134. 258. 
Mozart, Wolfgang Amadeus, 4. 

25. 38. 39. 40. 42. 44. 45. 

46. 47. 48. 52. 61. 64. 79. 

80. 87. 91. 92. 93. 94. 95. 

96. 102. 104. 139. 140. 180. 

185. 188. 189. 191. 216. 217. 
219. 220. 222.227.235. 236. 
238. 239. 283. 284. 285. 286. 

Mozart-Verein (Dresden) 141. 
Mraczek, Gustav, 46. 
MQhlbauer, Franz Xaver, 42. 
Mdhlfeld, Hans, 92. 
MQIkens, Maria, 236. 
Mdller, Adolf, 181. 
Mflller, A. E., 136. 
Mailer, Gustav, 46. 240. 
MOller, Hans, 235. 
MOller, Josef, 182. 



MOlIer-Brunow 12. 

MOller-Prem, Fritz, 282. 

MOIIer-Reichel, Therese, 40. 287. 

MQncb, Ernst, 191. 

Musica Divina (Zeitschrift) 217. 

Musik, Die(Zeitschrift), 134.219. 

Musikbuch fur Osterreich 219. 

Musikgesellschaft, Internationale, 
219. 

MusikpSdagogischer Verband, 
Deutscher, 22. 

Musik- und Theaterzeitung, 
Rheinische, 134. 

Musikverein, Allgemeiner Deut- 
scher, 94. 

Musikverein (Dortmund) 44. 45. 

Musikverein (DOsseldorf) 92. 

Musikverein (Essen) 93. 

Musikverein ((Copenhagen) 190. 

Musikverein (MOnster i. W.) 286. 

Musikverein (OsnabrOck) 287. 

Musikverein (Pforzheim) 287. 

Musikverein (Stettin) 240. 

Musik-Zeitung, Neue, 126. 

Mysz-Gmeiner, Lula, 41. 89. 95. 
285. 

Naef, Alfred, 45. 189. 

Nagel, A., 44. 

Nagel, Albine, 39. 

Nagl (Erzbischof) 216. 

Napoleon, Alfredo, 268. 

Napoleon, Arthur, 267. 268. 

Nast, Minnie, 39. 86. 

Nedbal, Oscar, 143. 236. 

Neeter, Philipp, 287. 

Neff, Karl, 284. 

Neitzel, Otto, 93. 234. 262. 265. 

Nepomuceno, Alb., 271. 272. 

Neruda, Franz, 190. s. Toten- 
schau XIV. 14. 

NeOler, Victor, 262. 265. 

Netto, Barrozo, 271. 272. 

Neubeck, Ludwig, 235. 

Neuendorf, Woldemar, 37. 

Neukomm, Sigismund, 94. 

Newsidler, Hans, 17. 

Ney van Hoogstraten, Elly, 92. 
236. 239. 286. 

Nicod6, Jean Louis, 287. 

Nicolai, Otto, 46. 

zur Nieden, Margret, 41. 283. 

Niemann, Albert, 139. 

Niemann, Walter, 144. 274. 

Nigrini, Valeska, 87. 191. 235. 

Nikisch, Arthur, 45. 47. 142. 
190. 227. 

NieDen, Wilhelm, 284. 286. 

Nietzsche, Friedrich, 71. 

Nissen, Adelheid, 88. 

Nitzsche, Friedrich, 44. 

Noordewier-Reddingius, Alida, 
88. 

v. Oberleithner, Max, 234. 

Ochs, Erich, 41. 



NAMENREGISTER 



Ochs, Siegfried, 41. 

Ochsenkhun, Sebastian, 17. 
Ockert, Otto, 234. 
Oehl, August, 85- 

Oder, Paul, 287, 
v. Oettingen, Arthur, 237. 
Oblboff, Elisabeth, 90. 239. 
Obmann, Max, 283. 
Ohrmann, Friti, 90. 187. 
Okegbcm 279. 
Oldenburg, Mtrtt, 91. 
OldOrp, H., 45. 
Opernchcr, Kg]. (Berlin), J 39. 
Opernbaus, Deutsches, 39. [84. 
Opernbaus, Kgl. (Berlin), 38. 
Oppenheim, Hans, 90. 140. 
OratorienVerein (Kissel) 46. 
Oratoriumverecniging, Christ- 

eli]ke (Amsterdam), SS. 
Orchester, Phiibarmonlscbes 

(Berlin), 41, 42, 88. 89. 186. 

238. 
Orchester, Pbilbarmonischcs 

(Dortmund), 39. 44. 
Orchester, Phil h anno nisches 

(Elberfeld), 189. 
Orchester, Stldtisches (Barmen), 

236. 
Orebesrer,SiSdilscbes(EltwrTeld), 

283. 
Orchester, Stldtisches (Frei- 
burg i. Br.), 283. 
Orchester, Stldtisches (K«ln), 47. 
Orchester, Stldtisches (Magde- 
burg), 95. 
Orchester, Stldtisches (Rostock), 

287- 288. 
Orchester, Stldtisches (StraB- 

burg). 191. 
Ore ties terve rein (Berlin) 187. 
OrcbestervcreinJgung (Pasco) 

240. 
Ordensteln, Helnrlch, 94. 
Orobio de Castro, Max, 143. 
Orthmsnn, Willy, 94. 
Ossian 134. 

Osterwald 254. 258. 257. 258. 
Oswald, Henry, 271. 272. 273. 
de Otero 273. 
v. Othegraven, s. Totenschau 

XIV. 14. 
Otto, Anton, 87. 
Overhoff, Elfride, 234. 
Pabsr, P., 85. 

Paderewski, Ignez, 43. 139. 141. 
Paganlnl, Acbilte, 144. 
Paganini, Nicole, 18. 90. 144 

(Bilder). 
Palestrlni, Pierltiigl, 279. 
Panthis, Marie, 189. 
Paniner, Karl, 92. 93. 
PapsJ^rr 280. 
Parbs, Margaret*, 43. 
Pardy, Arm and, 235. 



Pltzold, Karl, 37. 
Pauer, Max, 44. 48. 89. 98. 
Paul!, \Falther, 46. 
Paumann, Konrad, 16. 17. 

Pemtaaur, Jo»ef, 188. 

Pencz 20. 

Pergolesi, G. B., 39. 

Perugino 48 (Bild). 98. 

Petertini, Josef, 220. 

Peters, Edition, 138. 

Peters, Max, 135. 

Petri, Egon, 88. 141. 288. 

Petzet, Walter, 288. 

Peurl, Paul, 44. 

Pfsnnschmfdi, Helnrlch, 135. 

233. 
Pfelfer, Liesel, 287. 
Pfitiner, Hans, 72. 87. 143. 191. 

239. 263. 265. 282. 283. 
Phtllppt, Mario, 142. 190. 283. 
Picasso €4. 
Pick, Rudolf, 234. 
Picktri, Adelhcide, 139. 
Pinks, Emil, 285. 
Pistori, Richard, 236. 
Plischkc, I-'riedrich, 236. 
Plaschke-v. d. Osten, Eva, 46. 
Platon 81. 179. 
Plothow, Bruno, 234. 
Pifldd«n«nn, Manin, 66. 
Plflgge (Musikdlrektor) a. Toten- 
schau XIV. 16. 
Plumer, F., 95. 
Podbensky, Theodor, 94. 
Pobl, C. F., 216. 
Poble, Alfred, s. Totenscbau 

XIV- 13. 
i 'oh lift, Kar!, 92. 
I'finthiclli, AniilcarC, 44. 
Popped, Frl., it4, 
POrkcn, A., 4-1. 45. 
Poscbner, Agnes, 87. 235. 
Posa, Oskar C, 46. 72. 
Possony, Ernst, 87. 101. 235. 
Pottbof, Ernsi, 93, 
Potz, Elisabeth, 238. 
Praetorius, Ernst, 236. 
Praetorius, Michael, 13. 14, 
Preiti, Gerhard, 233. 
Premyslav, Leopold, 89. 
Premier, Rudolf, 237. 
Preyer 220. 

Prieger, Erich, 256. 257. 
v. Prochazka, Rudolph Frhr., 

253. 254. 
Prost, Carl, 135. 280. 
Provincial -Slngerbund, West- 

fllischcr, 284. 
PrQwer, Julius, 86. 282. 
Puccini, Glacomo, 87. 139, 185. 

282. 
Pu hi di a an- Harmonium 237. 238. 
Puree!!, Henry, 80. 
Quantz, J. J., 175. 



v. Raau-BrockmuD, Julius, 41. 

48. 89. 286. 
Rabich, Ernst, 281. 
Rachmaninoff, Sergei, 272, 
Racfcy, Rudoir, 233- 
ftadlg, P., 64. 
Raff, Joachim, 89. 138. 
Raffael 48. 

Ramrath, Konrad, 72. 
Rappoldi'Kabrer, Laura, 141. 
Rasch, Hugo, 139. 
Risen, Jah., 44. 45. 
Rauchenecker, Benno, 265. 
Rauschenbuscb, Elie^ 189. 
Raven, Theo, 138. 
Raw, G., 279. 
Rcbbcrt. K.. 45. 
Reclam, Philipj), 253. 
Rtficr, Mux, 36. 43. 71.72.83. 

88. 93. 134. 188. 283. 2S5. 
Rebbold, Fritz, 190. 
Reibold, Otto, 03. 
Relcbardt, J oh. Fr., 45. 
Relchel, Bernhird, 137. 
Reicbert, Joh , 188. 
Reichner>Feiten, Anna, 186. 
Relnecke, Carl, 263. 265. 
Reiner, Friu, 39. 188. 
Reiohardt, Delia, 282. 
Relaick, Robert. 66. 
ReiQ, Albert, 282. 
Reitz, Frit*, 96. 
Rettz, K»rl, 94. 
Rembrandt 64. 276. 
Rembt 236. 
Remond, Frlti, 185. 
Renner, Willy, 137, 
Renoir 64. 
Rcpky. R , 44. 188. 
RtuO, August, 92. 
Reull. ^'illKlm, 234. 
RtuO-Wslsch, Thilde, 234. 
Reuter, Felix, 186. 
v. Reuter, F lor lie I, 42. 00. 
Revesz 279. 
Rey Colico, Alexandre, 268. 

269. 270. 
Rhelnberger, Joseph, 93. 
Richards, M., 138. 
Rlchter, Hans, 227. 258. 
Ricbter, H. (Klarinettlst), 141. 
Rtchter, Otto, 141, 
Riedel-Verein 47. 
Rlemann, Hugo, 28. 82. 134. 

135. 131. 219. 224. 
Rlemann, Ludwlg, 93. 
Ries, Ferdinand, 181. 
Riea & Erler 137. 
Rieter-Bicdermaun 220. 
Rieu, Julius, 186. 
Rllke, Rtiner Maria, 71. 
Rlnkgarden, Kurt, 44. 
Rilter, Alexander, 67. 68. 234, 

262. 263. 285. 



NAMENREGISTER 



XI 



Ritter, Hans, 17. 
Ritter-Schmidt, Alice, 188. 
Rittner, Paul, 287. 
Rocblitz, Joh. Fr., 164.229. 276. 
Rode, Hedwig, 230. 287. 
Rode, Wilhelm, 86. 
RohlotT, Hermann, 281. 
RoblofT, Max, 280. 
ROhmeyer, Tbeodor, 287. 
Rohr, Katharina, 185. 
Robrbacb, H., 140. 
Roller, Max, 40. 
Rorich (Verleger) 220. 
Rosi, Arnold, 143. 
Rose-Quartett 238. 
Rosenthal, Morlz, 41. 
Rosenthal, Wolfgang, 101. 287. 
Roser, C, 44. 45. 
Rosmer, Ernst, 266. 
Rossini, Gioacchino,91.234.248. 
Roter, Ernst, 240. 
RotbenbQcher, Max, 45. 
Rotter, Ludwig, 220. 
Rottmayr 240. 288. 
Rubinstein, Anton, 136. 262. 

265. 269. 
Ruckauf, Anton, 60. 
Rdckert, Friedricb, 66. 256. 
Ruckward, Fritz, 42. 
Rddel, Hugo, 92. 05. 139. 286. 
ROdiger, Hans, 30. 
Rudigier (Biscbof) 220. 
Rudolph (Slngerin) 46. 
Rueff, Rolf, 05. 
Ruegger 273. 
Rarer, Pbilipp, 80. 01. 
Ruge, Arnold, 254. 
Rundschau, Gregorianiscbe, 217. 
Rundschau, Neue (Zeitschrift), 

222. 
Rundschau, Ostdeutsche, 216. 
Rung, Frederik, 100. 
Rung- Keller (Dirigent) 100. 
Rungenbagen, Karl Friedrich, 

230. 
Rupp, Fritz, 40. 
Rupp, J. E., 230. 
Rust, Wilhelm, 227. 
Rutb-Sommer, Hermann, 48. 06. 
Sachs, Hans, 10. 
Saint-Safins, Camille, 3. 4. 8. 

12. 88. 126. 136. 130. 180. 

260. 
Salieri, Antonio, 220. 
v. Salia, Joh. G. Frhr., 134. 
Salvatlni, Mafalda, 234. 
Sandberger, Adolf, 45. 189. 
Sanden, Aline, 87. 235. 
Sander, Constantin, 255. 
Sandow, Eugen, 44. 
Sandow, Julius, 44. 
Slngerbund, Steiriscber, 46. 
Slngerchor, Barmer, 236. 
Stngerhain, Oberbarmer, 236. 



Slngerkreis, Deutscber (Elber- 

fcld), 189. 
Sanvageol, Wilms, 284. 
Saran, August, 253. 255. 
de Sarasate, Pablo, 190. 
Sarata, Therese, 190. 
Satz, Cicilie, 43. 
Satz, Elsa, 43. 
Sauer, Erail, 188. 
Sauret, Emile, 136. 
Scarlatti, Domenico, 96. 
Scbachleiter, Alban, 217. 
Schaefer, Karl L., 35. 
Schaffer, Julius, 258. 
Schantl, Alois, s. Totenschau 

XIV. 15. 
Schapira, Wera, 47. 
Scharff, Th., 135. 
Schartel, Rudolf, 90. 
Scharwenka, G. Walter, 281. 
Scharwenka, Xaver, 35. 90. 
Scbatter, Paul, s. Totenschau 

XIV. 14. 
Schluffelin 20. 

Scheffel, Joseph Victor, 69. 70. 
Scheidemantel, Karl, 38. 
vom Scheidt, Julius, 87. 185. 

190. 
Scbennicb, Emil, 189. 
Schennich-Braun, Hedwig, 189. 

236. 
Schering, Arnold, 28. 
Scherrer, Heinrich, 18. 19. 139. 
Scheulen 45. 
Schick, Emma, 93. 
Schiedermair, Ludwig, 181. 
Scbiedmayer (Pianofortefabrik) 

237. 
Schikaneder, Emanuel, 217. 
Schiller, Friedrich, 58. 134. 180. 
Schillings, Max, 71. 72. 143. 

263. 264. 265. 283. 
Schindler, Anton, 51. 61. 124. 
Schindler (Komponist) 72. 
Schink, Fritz, 187. 
Schirmer, R., 45. 
Schittler, Ludwig, s. Totenschau 

XIV. 13 und XIV. 14. 
Schlaf, Johannes, 9. 
Schlembach, Joseph, 39. 44. 
Schlick, A., 237. 
Schlitter 218. 
SchloDhauer-Reynolds, Eleanor, 

42. 
Schmedes, Erik, 185. 
Schmedes, Paul, 41. 47. 186. 
Schmemann, Julie, 234. 
Schmid, Eugen, 182. 183. 
Scbmid, Josef, 84. 
Schmidt, Richard, 94. 
Schmidt-Reinecke 45. 
Schmieter, Georg, 40. 
Schmitt, Friedrich, 12. 
Schmitt, J., 136. 



Schmitz, Hans, 189. 
Scbmuller, Alexander, 88. 
Schnabel, Artur, 42. 46. 48. 88. 

90. 238. 239. 
Schnabel, Friedrich, 93. 
Schnabel- Bebr, Therese, 239. 
Schneider, Friedrich, 253. 
Schneider, Hedwig, 91. 
Schneider, Max, 259. 
Schnerich, Alfred, 217. 218. 219. 

240. 288. 
Schnitzler, Arthur, 266. 
Schock, Othmar, 96. 
Schoffel, W., 94. 
SchOll, Hedwig, 92. 
Scholtz, Hermann, 188. 
Scholz,Bernhard, 192(BiId). 274. 
Scholz, Heinricb, 83. 
Scholz, Wilhelm, 140. 
SchOnberg, Arnold, 36. 
Schongauer, Martin, 20. 
SchOnherr, Carl, 47. 
Schoonderbeek, Johan, 88. 
Schott, Ottilie, 288. 
Schramm, Paul, 43. 
Schreck, Gustav, 37. 85. 
Schreiber, Frieda, 41. 
Schreker, Franz, 265. 
Schrey, Lili, 286. 
Schroder, E., 45. 
Schroder, Else, 44. 
Schroder, Karl, 185. 
SchrOder, Rudolf Alexander, 72. 
SchrOdter, Ad., 144. 
Schubart, D. Chr., 134. 
Schubert, Erik, 87. 
Schubert, Franz, 32. 41. 42. 43. 

44. 45. 46. 47. 48. 66. 68. 70. 

90. 91. 94. 96. 134. 186. 188. 

189. 220. 237. 239. 240. 253. 

254. 277. 283. 285. 286. 
Schubert, Oskar, 44. 186. 
Schubert, Richard, 138. 
Schuberth jr., Fritz, 233. 
Schubring 181. 
Schuch, Benno, 44. 187. 
v. Schuch, Ernst, 45. 87. 140. 

142. 188. 
SchOler, C, 235. 
Schulhoff, Liesl, 188. 
Schuiz, Heinrich, 287. 288. 
Schulz, Helene, 140. 
Schuiz -Beuthcn, Heinrich, s. 

Totenschau XIV. 13. 230. 
Schulze-Prisca, Mirny, 187. 
Scbulze-Prlsca, Walter, 187. 
Schumacher-GroOkopf, Hilde- 

gard, 287. 
Schumann, Georg, 41. 89. 143. 

186. 240. 283. 
Schumann, Gustav, 189. 
Schumann, Robert, 42. 44. 45. 

46. 47. 66. 68. 71. 89. 90. 

93.94.96. 131. 133. 134. 137. 



XII 



NAMENREGISTEK 



188. 227. 228. 229. 254. 256. 

257. 259. 267. 269. 271. 272. 

273. 276. 277. 283. 285. 287. 
Schumann-Heink, Ernestine, 286. 
Schumann-Trio 41. 
Schuricht, Karl, 144. 
Schutz, Adolf, 41. 
Schfltz, Heinrich, 180. 
Schutz, Ludwig, 91. 
SchOtzendorf (Sanger) 87. 
Schwalbe, Walther, 233. 
Schwartz, Heinrich, 137. 
Schwarz, Franz, 138. 
Schwarz, Jos6, 273. 
Schwerdt, Franz, 39. 
Schwickerath, Eberhard, 142. 
v. Schwind, Moritz, 38. 64. 
Schytte, Ludwig, 136. 
Scriabine, Alexander, 136. 139. 

3. Totenschau XIV. 17. 286. 
Scribe, Eugene, 185. 
Sealsfield 257. 
Seebe, Magdalene, 39. 
Seelig, Oskar, 285. 
Sehested, Hilda, 190. 
Seidel, Wilhelm, s. Totenschau 

XIV. 14. 
Seidemann, August, 284. 
Seidl, Joh. Gabriel, 66. 
SeiQ, J., 239. 
Seitz 237. 

Sekles, Bernhard, 85. 
Sembach, Joser, 282. 
Sembrich, Marcella, 286. 
Senius-Erler, Klara, 41. 140. 
Senfft v. Pilsach, Frhr., 255. 
Serato, Arrigo, 286. 
Settekorn, R., 92. 
Seyler (Komponist) 220. 
Seyffardt, Ernst H., 94. 284. 
Sgambati, Giovanni, 45. 93. 143. 

191. 288. 
Shakespeare, William, 32. 184. 

228. 
Sibelius, Jean, 36. 
Siebold, Martha, 90. 
Siegel, C. F. W., 231. 232. 
Siegel, Else, 47. 
Siegert, Ewald, 188. 
Sieman, Heinrich, 94. 
Siewert, Adoir, 236. 
Siewert, Hans, 94. 
Signac 64. 
Sigwart, Botho, 93. 
Silcher, Friedrich, 94. 
Simon, Alfred, 288. 
Simon, James, 139. 288. 
Simons, Theodor, 236. 
Simonsen (Komponist) 190. 
Simrock, N., 83. 
Sinding, Christian, 90. 136. 187. 
Singakademie(Berlin)41.89. 185. 
Singakademie (Breslau) 187. 
Singakademie (Chemnitz) 188. 



Singakademie (Dortmund) 45. 

Singakademie (Halle) 254. 

Singakademie (Leipzig) 191. 

Singelee, J. B., 136. 

Singverein, Banner, 236. 283. 

Sinigaglia, Leone, 136. 

Sitt, Hans, 85. 191. 

Skibicki, M., 186. 

Slezak, Leo, 46. 87. 184. 234. 
239. 

Smetana, Friedrich, 41. 46. 188. 

Sohm, Hermann, 220. 

Solario, Andrea, 48 (Bild). 96. 

Sommer, Hans, 72. 265. 

Sophoklea 179. 

Sothmann, Ida, 285. 

Spaan, Bernhard, 45. 

Spiegel, Magda, 40. 

Spielmann, Leopold, 91. 

Spier, Lassalle, 90. 

Spilcker, Max, 285. 

Spinoza, Baruch, 81. 

Spitta, Philipp, 258. 

Spitzner, Alfred, 141. 

Sporck, Graf, 266. 

Stabernack, Carl, 43. 

Stange, Hermann, 94. 

Stapelfeldt, Martha, 187. 284. 

Stark, Ludwig, 136. 

Starke, Gustav, 235. 283. 

Starke, Toni, 283. 

Stavenhagen, Bernhard, 96. 189. 

Stier, Harry, 235. 

Stein, Lola, 39. 

Steinbach, Fritz, 41. 93. 95. 190. 

Steiner-Rothstein, Gertrud, 90. 

Steingraber Verlag 85. 137. 182. 
233. 280. 

Stenz, Arthur, 188. 

Stephan, Hermann, s. Toten- 
schau XIV. 14. 

Stephani, Hermann, 85. 236. 
287. 

Stephanie (SSngei) 142. 

Sternfcld, Richard, 232. 

Sternheim 7. 

Stieber, Richard, 282. 

Stiebitz, Kurt, 260. 

Stieglitz, H., 32. 

Stiehl 75. 

Stiles, Werner, 39. 86. 

Stimmel, J., 45. 

Stimmer 20. 

StoeDel, Albert, 90. 

v. Stolberg, F. L. Graf, 134. 

Stoltz-Premyslav, Eugenie, 89. 

Stolz 45. 

Stolz, Gustav, 94. 

Stolz, Susanne, 138. 

Stolzenberg, Hertha, 184. 186. 

Storm, Theodor, 66. 

Stoye, Paul, 45. 

Straesser, Ewald, 72. 83. 84. 88. 

Stransky, Josef, 286. 



Straube, Karl, 47. 191. 
StrauO, Eduard, 179. 
StrauO, Johann (Vater), 130. 179. 
StrauO, Johann (Sohn), 86. 179. 
StrauO, Josef, 179. 
StrauO, Richard, 3. 5. 35. 41. 
44. 46. 47. 71. 88. 90. 91. 

92. 139. 140. 142. 186. 188. 
223. 234. 235. 239. 263. 264. 
265. 282. 283. 284. 285. 

Strawinski, Igor, 189. 
Streicher, Theodor, 72. 232. 
Streichquartett, Barmer, 236. 
Streichquartett, Bohmisches, 46. 

143. 188. 239. 
Streichquartett, Rhelnisches, 189. 

283. 
Striegler, Kurt, 45. 
Stronck-Kappel, Anna, 88. 89. 

93. 187. 189. 
v. Strumpell 47. 
StObing, Adolf, 233. 
Stuhr, Anna, 94. 
Stumpr, Carl, 28. 279. 
StQnzner, Elisa, 39. 
Sullivan, Arthur, 80. 
Sulzbach, Emil, 233. 
v. Suppe, Franz, 234. 
Suter, Hermann, 288. 
Svendsen, Joban, 283. 

van Swieten, Gottfried, 51. 
Symphoniekonzerte (Dortmund) 

45. 
Symphoniekonzerte (Essen) 93. 
Symphoniekonzerte (Genf) 189. 
Symphoniekonzerte (Graz) 46. 
Symphoniekonzerte (LObeck) 285. 
Symphoniekonzerte, Stidtische 

(StraOburg), 191. 
Symphonieorchester, Bostoner, 

286. 
Symphonieorchester, New Yorker, 

286. 
Synagogenchor (Berlin) 186. 
Szanto, Jani, 285. 
Szendrei, Alfred, 39. 
Szendy, Arpad, 47. 
Szigeti, Josef, 284. 285. 
Tageblatt, Berliner, 237. 
Tanaka, Shob£, 181. 
TBnzler, Hans, 39. 40. 
Tartini, Giuseppe, 45. 95. 
Tausig, Karl, 182. 183. 
Tauwitz 31. 
Telemann.Joh. Philipp, 43. 165. 

166. 
Telmanyi, Emil, 190. 
Teniers d. J., David, 96 (Bild). 
Terborch, Gerhard, 96 (Bild). 
Tester, Emma, 285. 
Teubner, B. G, 135. 260. 
Thayer, A. W., 52. 124. 
Thelen, August, 37. 
Therig, A., 92. 



NAMENREGISTER 



XI11 



Thoma, Hans, 64. 
Tbomann, K., 144. 
Thomson, Cesar, 189. 
Thornberg, Julius, 4 1.43. 89. 139. 
Thuille, Ludwig, 71. 95. 143. 

239. 263. 265. 285. 
Tleck, Ludwig, 230. 
Tillyard, H. J. W., 135. 
Tintoretto, Jacopo, 48 (Bild). 96. 
Tischer, Lilli, 91. 
Tischer & Jagenberg 83. 
Titz-Harmonium 187. 
Toller, Georg, 86. 
Tomaschek, J. W., 220. 
Tonhallegesellschaft (ZOrich) 96. 
Tonkanstler-Orchester (Wien) 

143. 
TonkQnstlerverein (Magdeburg) 

95. 
TonkQnstlerverein (StraOburg) 

191. 
TonkOnstlerverein, Wiener, 182. 
Toonkunst (Amsterdam) 88. 
Toscanini, Arturo, 282. 
Tosi, Pier Francesco, 165. 
Trautmann, Gustav, 239. 
Trautwetter, Paul, 287. 
Treves (Verleger) 126. 
Trinius, Hans, 39. 
Trio, Berliner, 89. 
Trio, Dresdener, 188. 
Trio, Rbeinisches, 92. 
Trojan, Johannes, 280. 
Tschaikowsky, Peter, 8. 136. 

141. 142. 
Oberfeldt, Ludwig, 181. 
Ucko-HOsgen, Paula, 41. 288. 
Uhland, Ludwig, 19. 65. 66. 
Uhlig, Theodor, 255. 

Uhr, Charlotte, 239. 
UniversitStssfingerverein zu St. 

Paul! (Leipzig) 47. 
Unkel, Peter, 38. 139. 
Urak, E., 44. 
Urbach, Otto, 189. 
Urspruch, Anton, 263. 
Uz, Joh. Peter, 134. 
Vandenboeck & Rupprecht 83. 
Vannucci, Pietro, 48 (Bild). 
Varga, Julius, 46. 
Varnhagen von Ense 181. 
Vas, SAndor, 47. 
Verdi, Giuseppe, 4. 87. 126f 

(V., ein Freund Deutscblands?) 

142. 184. 222. 234. 247. 248. 
282. 

Vereeniging tor Verbetering van 
den Volkszang 88. 

Verein der Musikfreunde (Kiel) 
94. 

Verein derMusikfreunde(LQbeck) 
285. 

Verein fflrKammermusik (Braun- 
schweig) 92. 



Verein fur klassische Kirchen- 

musik (ZQrich) 288. 
Verein, Frflhscher, 240. 
Verein, MusikpSdagogischer 

(Dresden), 188. 
Verhaeren, Emile, 64. 
Verlaine, Paul, 64. 
Vermeer, J. C, s. Totenschau 

XIV. 17. 
Viadana 279. 

Vidron, Angele, 185. 234. 
Vieweg, Chr. Friedrich, 85. 135. 

233. 280. 281. 
Vieuxtemps, Henri, 136. 
da Vinci, Lionardo, 48. 
Virdung, Sebastian, 17. 
Vogelstrom, Fritz, 235. 236. 283. 
v. d. Vogelweide, Walther, 69. 
Vogt, Joh. Nep., 66. 

Vogler, Abt, 220. 

de Vogt, Carl, 283. 

Voigt, Fritz, 39. 

Voigt, Georg, 47. 

Volbach, Fritz, 284. 

Volkmann, Hans, 31. 192. 

Volkmann, Robert, 30 ff (Krieg 

und Helden in R. V.s Ton- 

dichtungen). 188. 192 (Bild). 

227 ff (Zu R. V.s 100. Ge- 

burtstag). 283. 
Volkschor, Berliner, 139. 
Vorwerk, Ami, 236. 
VoD, Otto, 93. 94. 
Vrieslander, Otto, 72. 
Waack, Carl, 285. 
Wagenseil, G. Chr., 137. 
Waghalter, Ignatz, 184. 
Wagner, Franz, 47. 135. 
Wagner, Peter, 279. 
Wagner, Richard, 3. 4. 6. 7. 8. 

10. II. 12. 35. 36. 38. 39. 

40. 41. 44. 45. 46. 47. 64. 

66. 67. 69. 70. 71. 74. 83. 

86. 87. 89. 91. 92. 93. 95. 

131. 134. 141. 167. 177. 180. 

184. 185. 189. 221.222.223. 

225. 226. 227. 229. 231. 232. 

234. 240. 244. 248. 255. 260. 
265. 266. 275. 276. 277. 278. 
281. 282. 283. 284.285. 286. 
287. 288. 

Wagner, Siegfried, 95. 188. 189. 

263. 264. 265. 278. 
Wagner-Verein, Deutscher, 232. 
Waldau, Max, 256. 
Waldmann, Wilhelm, 257. 
Waldteufel, Emile- Charles, s. 

Totenschau XIV. 13. 
Wahl, Elsa, 91. 
Walk, Max, 37. 
Walker, Edyth, 42. 89. 
Walkotte, Margarete, 43. 
Wallraf (OberbQrgermeister) 47. 
Walter, Bruno, 48. 142. 143. 



Walter, Eduard, 232. 

Walter, George A., 41. 89. 286. 

287. 
Walter-Haas, Elsa, 287. 
Waltershausen, Hermann, 264. 

265. 
Wangel, Hedwig, 186. 
Warwas, Erdmann, 141. 
v. Weber, Carl Maria, 18. 38. 39. 

66. 85. 86. 91. 94. 136. 139. 

168. 171. 223. 230. 234. 236. 

244. 248. 276. 282. 283. 286. 
Weber, Martha, 235. 
Weber, Paula, 235. 283. 
Weber, Wilhelm, 182. 
Weckauf 45. 

Wedekind-Klebe, Agnes, 40. 
Wegeler, Franz, 181. 
Wenmer (SSngerin) 46. 
Weidele, Minna, 285. 
Weidt, Carl, 94. 
Weigl, Joseph, 220. 
Weimershaus, Emil, 287. 
Weinbaum, Alexander, 186. 
Weinbaum, Paula, 43. 286. 
Weingartner, Felix, 46. 72. 93. 

94. 142. 185. 188. 190. 238. 

262. 263. 264. 265. 
Weingartner-Marcel, Lucille, 238. 
Weinreich, Otto, 191. 
Weinreiter, S., 94. 
Weinwurm, Rudolf, 135. 
Weis, Karl, 265. 
Weisker, Rudolf, 234. 
Weismann, Julius, 83. 84. 94. 
WeiDenfels, Marie, 40. 
WeiOmann, Adolf, 237. 
Wendel, Ernst, 88. 92. 186. 
Wendland, Waldemar, 286. 
Wendling. Carl, 287. 
Wendling-Quartett 283. 
Werhard, Theo, 44. 234. 
Werhard-Poensgen, Mimi, 47. 

86. 234. 
Werner, Helge, 87. 
Werner-Jensen, Paula, 89. 
Wesendonk, Mathilde, 7. 67. 
Wetz, Richard, 47. 
Wetzel, Hermann, 43. 
Wetzel, Otto, 43. 
Wetzler, H. H., 138. 
Weyersberg, Bruno, 89. 
Wichert, Ernst, 266. 
Wichgraf, Else, 41. 
Widmann, J. V., 266. 
Wieck, Fr., 136. 
Wiedemann, Curt, 135. 
Wiedemann, Max, 89. 
Wiemann, Robert, 240. 
Wieniawski, Henri, 136. 
Wieprecht, Wilh. Friedrich, 129. 
Wiese, Max, 235 („Die Liebe der 

Bersagliere". UrauffOhrung in 
i Kiel). 



XIV 



REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER UND MUSIKALIEN 



Wiesendanger, Paul, 88. 
Wildbrunn, Karl, 45. 
Wilde, Oscar, 71. 
Wildt, Franz, 44. 
Wilhelm der Eroberer 275. 
Wilhelm I., Kaiser, 127. 
Wilbelmj, August, 237. 
Wilhelmi, Julius, 282. 
Wille, Georg, 287. 
Winckelsboff, Heinrlch, 47. 87. 
Winderstein-Orchester 191. 
Windsperger, Lothar, 239. 
Witt, Toni, 39. 
Witt, F. X., 217. 
Witte, G. H., 93. 
Wittekopf, Rudolf, 282. 
Wittenberg, Alfred, 187. 
Wohlgemuth, Gustav, 84. 191. 

284. 
Wolf, Charlotte, 47. 
Wolf, Hugo, 44. 45. 47. 65. 69. 

70. 92. 134. 239. 263. 265. 

282. 284. 285. 286. 
Wolf, Kuno, 233. 
Wolf, Otto, 88. 



Wolf-Ferrari, Ermanno, 40. 234. 
Wolff, Henny, 44. 
Wolfram, Karl, 39. 
Wolfrum, Philipp, 93. 94. 
Wollgandt, Edgar, 141. 
v. Wolzogen, Elsa Laura, 240. 
v. Wolzogen, Ernst, 266. 
v. Wolzogen, Hans, 266. 
WOrl, Georg, 95. s. Totenschau 

XIV. 17. 
WormsbScher, Heinrich, 283. 
Wucherpfennig, Hermann, 40. 
WQUner, Franz, 190. 
WOllner, Ludwig, 41.45. 93.284. 
Wunderhorn-Verlag 36. 
Wunderlich, Otto, 141. 
Wunderlich, Philipp, 141. 
Wundt, Wilhelm, 28. 35. 
Wurm, Mary, 90. 
Wuzel, Hans, 46. 284. 
Ysaye, Theo, 189. 
Zabel, Fritz, 235. 
v. Zadora, Michael, 89. 190. 
Zander, Ernst, 140. 
v. Zanetti, Anton, 46. 



Zapf, Joseph, 182. 
Zarlino, Gloseffo, 237. 
Zaschka, Willy, 283. 
Zeitung, Allgemeine Muslkali- 

sche, 229. 
Zeitung, Vossische, 229. 
Zeitschrift fur Musik, Neue, 254. 
Zelter, Karl Friedrich, 230. 
Zemanek, Wilhelm, 95. 
Zlegler, Anna Margarets, 39. 
Zilcher, Hermann, 72. 
Zilken, Willy, 87. 282. 
Zimbalist, Efrem, 286. 
Zimmermann, Emmy, 288. 
Zimmermann, Jul. Heinr., 36. 84. 

85. 135. 232. 281. 
Zohrer 46. 
Zola, Emlle, 71. 
Zoll (Konzertmeister) 285. 
ZOllner, Heinrich, 41. 182. 185. 

234. 262. 263. 265. 284. 
Zscherneck, Georg, 47. 
Zulauf, Ernst, 46. 47. 
Zuschneid, Karl, 281. 
Zuska, Leopoldine, 86. 



REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER 



A rend, Max: Zur Kunst Clucks. 

35. 
Auerbacb, Felix: Historische 

Entwickelung und kulturelle 

Beziehungen der Akustik. 

135. 
Bauer, Moritz: Die Lieder Franz 

Schuberts. 1. Bd. 134. 
Behr, Otto: Natur- Harmonic. 

Grundlage zur vollkommenen 

Tonkunst. 181. 
BeitrSge zur Akustik und Musik- 

wissenschaft. Herausgegeben 

von Carl Stumpf. 8. Heft. 

279. 



Freiesleben, Gerhard: Recht und 
Tonkunst. Eine gemeinver- 
stindliche Darstellung des 
musikalischen Urheber- und 
Verlagsrechts. 231. 

Riemann, Hugo: Musik-Lexikon. 
8. Auflage. Lieferung 2—10. 
82. 

— Studien zur byzantinischen 
Musik. 134. 

Schaefer, Karl L.: EinfQhrung 
in die Musikwissenschaft auf 
physikalischer, physiologi- 
scher und psychologischer 
Grundlage. 35. 



Scholz, Heinrich: Die Kirchen- 
musik in ihrer Bedeutung fflr 
das Leben der Kirche und 
des Volkes. 83. 

Sternfeld, Richard, s. Wagner. 

Dberfeldt, Ludwig: Ferdinand 
Ries'Jugendentwickelung. 181. 

Wagner, Peter: Geschichte der 
Messe. Bd. I. 279. 

Wagner, Richard: Was ist 
deutsch? Schriften und Dich- 
tungen des Meisters fur die 
Zeit des Heiligen deutschen 
Krieges ausgewfthlt von 
Richard Sternfeld. 232. 



REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN 



Amft, Georg: Kriegs- und Sol- 

datenlieder. 135. 
Appel, Karl Fr.: Ein deutsches 

Kaiserlied fur Mlnnerchor mit 

Baritonsolo und Orchester 

oder Klavlerbegleitung. 182. 
Artz, Carl Maria: Vier Klavier- 

stQcke. 137. 
Bach, Job. Seb.: Sonate f-moll 

fflr Violine und Pianoforte. 

Bearbeitet von Max Reger. 

36. 



Bach, K. Ph. E.: Konzerte in 
Es-dur und in F-dur fOr 
zwei Klaviere und Orchester. 
Herausgegeben von Heinrich 
Schwartz. 137. 

Bach-Busoni: Fantasia, Adagio 
e Fuga; Vier Duette; Capricclo 
Ober die Abreise des viel- 
geliebten Bruders. 35. 

Barmas, Issay: „Aus der Geiger- 
welt." Album fOr Violine und 
Klavier. Band I— III. 136. 



Battke, Max: Jugendgesang. 85. 
Bauer, Friedrich: ,Heil dir 1m 

Siegerkranz!" Deutsche Na- 

tionalhymne in deutscher Ver- 

tonung. 85. 
Blaesing, Felix: „Unsern ge- 

fallenen Helden." FQr ge- 

mischten oder Jugendchor. 

233. 
Busoni, Ferruccio: Drei Ka- 

denzen zu Beethovens Violin- 

konzert. 1 83. 



REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN 



XV 



Clementi-Tausig: Gradus ad Par- 

nassum. Herausgegeben von 

Eugen Schmid. 182. 
Deutsche Lieder aus groBer Zeit. 

Heft J— 22. 281. 
Dittberner, Johannes: Zwanzig 

geistliche Lieder von Joh. 

Wolfg. Franck fQr gemischten 

Chor bearbeitet. 85. 
Eioblattdrucke, Patriotische. 233. 
Elgar, Edward: op. 70. „Seufzer.* 

Adagio far Streichorchester 

mit Harfe und Harmonium. 

232. 
Erler, Hermann: „Deutschland 

in Ewigkeit." 281. 
van Eyken, Heinrich : Zwei 

MlanerchOre. 37. 
Flugblltter des Wiener Ton- 

kflnstlervereins, Musikalische. 

Serie I. 182. 
Fock, Dirk: op. 2. Sechs Lieder 

fOr eine Singstimme mit Kla- 

vierbegleitung. 135. 
Foerster, Adolph M. : op. 32. Fest- 

marsch far Orchester. op. 47. 

Suite No. 2 fur Orchester. 232. 
Franck, Joh. Wolfg., s. Ditt- 
berner. 
Frey, Martin: op. 45. „ZuGott!" 

Motette fQr gemischten Chor 

oder Frauenchor. — op. 46. 

„Deutsches Matrosenlied" fQr 

eine Singstimme mit Klavier. 

85. 

— op.41. „Weihnachtsstunden." 
Fflnf neue Weihnachtslieder. 
233. 

— Aus Deutschlands groDer Zeit. 
Heft 3. 280. 

Fricke, Richard: Dankhymnus 
nach Worten des 95. Psalms 
fOr fanfstimmigen gemisch- 
ten Chor, Solostimmen und 
Knabenchor. 37. 

Frieder, Karlhans: Sechs heitere 
Kriegslieder aua dem Kladde- 
radatsch fQr eine Singstimme 
und Klavier. 37. 

Fubrmeister, Fritz : MJnnerchore 
a cappella. 85. 

Gambke, Martin: .Die Ge- 
schichte von Luttich." FQr 
Chor. 233. 

Glock, Joh. Philipp: „Kennt ihr 
den Mann?" Ein Bismarck- 
Lied im Volkston. 182. 

Gohlcr, Georg: Neun Soldaten- 
lieder. 137. 

— Zwei StOcke fOr Violine und 
Klavier. 232. 

GOtze, Wilhelm: Drei vater- 
lindische Gesange fQr drei- 
stimmigen Scbulchor. 233. 



Gr6try, A. E. M.: Suite fflr 
Klavier zu zwei Handen. Frei 
bearbeitet von Bernhard 
Reichel. 137. 

Gretscher, Philipp: „In das 
Frankreich wollen wir mar- 
schieren." Marschlied 1914. 
84. 

— op. 85. Zwei MinnerchOre. 
135. 

GroRe, Hedwig: „Aufs Grab- 
kreuz." 281. 

— Kriegskindermarsch. 281. 
Grflters, Hugo: ,Empor!" Fflr 

Mlnnerchor a cappella. 232. 

Haas, Robert: Sieben Lieder fflr 
eine tiefe Stimme. — Gesinge 
fflr hohe Stimme und Klavier. 
280. 

Heinrich, Arthur: Neue Weisen 
fflr diejugend. Heft I: Kriegs- 
lieder. 182. 

Heuser, Ernst: op. 81. Zwei 
FrauenchOre. 1 35. 

Hirsch, Carl: „Am Ufer des 
Flusses des Manzanares" von 
Ad. Jensen. Fflr Frauenchor 
und Klavier oder kl. Orchester. 
— „Spanisches Stindchen" 
von Ad. Jensen. Fflr MSnner- 
chor und Klavier oder kl. 
Orchester. 1 35. 

Hirtz, Arnold: Marschlied der 
RheinlBnder 1914. 280. 

Hoyer, Karl: Phantasie flber das 
altniederlfindiscbe Dankgebet 
fflr Orgel. 84. 

Huber, Hans: Sonata quasi 
Fantasia fflr Violine und 
Klavier. 183. 

Jemnitz, Alexander: op. 8. Sonate 
fflr Klavier. 36. 

Jensen, Adolf, s. Hirsch. 

Jung, August: op. II. Streich- 
quartett. 83. 

Kahl, Oskar: op. 3. Trio fflr 
Violine, Violoncelljund Kla- 
vier. 279. 

Kaun, Hugo: op. 97. Fflnf 
Lieder. 84. 

— op. 98. Fflnf FrauenchOre 
a cappella. 281. 

Key), B. Hans: Melodische Stu- 
dien III zur Pflege des kurzen 
Anschlags in Form von sechs 
Humoresken. 137. 

Kriegeskotten, Fr.: „Wir Deut- 
sche fdrchten Gott." Fflr ge- 
mischten oder Scbulchor. 280. 

Kronke, Emit: op. 99. Suite im 
alten Stil fflr Pianoforte und 
Violine. 36. 

Lewin, Gustav: Drei Lieder. 
280. 



Liszt, Franz : ^Consolations." Fflr 
Violine und Pianoforte bearb. 
von Walter Armbrust. 183. 

Loschky, Wilhelm Mathias: Zwei 
deutsche Kriegslieder aus dem 
groOen Kriegsjahr 1914. 37. 

Louis Ferdinand, Prinz: op. 1. 
Quintett fflr Pianoforte, zwei 
Violinen, Viola und Violoncell. 
183. 

Lubrich sen., Fritz: „Heil Kaiser 
Dir!" Neue deutsche National- 
hymne. 36. 

Mayerhoff, Franz: op. 39. „Aus 
groBer Zeit." Lieder fflr eine 
Singstimme und Klavier. 181. 

Mayer-Mahr, Moritz: Die Tech- 
nik des Klavierspiels. Bd. I 
bis III. 136. 

Neuendorf, Woldemar: „Wir 
Deutsche fdrchten Gott allein." 
Soldatenlied. 37. 

Oehl, August: op. 33. Drei 
Lieder fflr gemischten Chor. 85. 

Peters, Max: *Das deutsche 
Krlegslied 1914." FflrMSnner- 
chor rait Begleitung von Blas- 
orchester oder Klavier. 135. 

Pfannschmidt, Heinrich: op. 40 
No. 3. „Die ersten Toten." 
Fflr gemischten Chor. 135. 

— „Deutsches Trutzlied." Fflr 
gemischten Chor. — »Der 
Landsturm-FQsilier." Fflr 
Jugendgesang. 233. 

Preitz, Gerhard: Sechs Kinder- 
reime fflr eine Singstimme 
und Klavier. 233. 

Prost,Carl: Reservistenlied 1914. 
Fflr M»nnerchor. 135. 

— Reservistenlied 1914. Fflr 
MSnnerchor. 280. 

Rabich, Ernst: „Unseren 42ern." 
Kriegslied fflr eine Singstimme 
oder einstimmigen Chor mit 
Klavierbegleitung. 281. 

Reger, Max: op. 140. Eine 
vateriandische Ouvertflre fflr 
groQes Orchester. 83. 

Reichel,Bernhard:Klavierstflcke. 
Acht Klavierpoesieen. — Aus 
verklungenen Tagen. — Bunt 
durcheinander. — Ulusionen. 
— Lyrische Blatter. — Fflr 
fleiBige Kinder. — Bourr6e 
fflr zwei Klaviere zu vier 
Handen. 137. 

Renner, Willy: op. 3. Suite fflr 
Klavier zu zwei Handen. — 
op. 6. PrBludien flber den 
Namen Bach fflr Klavier zu 
zwei Handen. — op. 7. Im- 
pressionen. Sieben Klavier- 
stucke. 1 37. 



XVI REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE 



RohlofT, Max: op. 16. Lieder 
for eine Singstimme und Kla- 
vier. 280. 

Scbmid, Josef: Fesiliches Inter- 
ludiumQberein vaterlSndisches 
Thema fdr Orgel. 84. 

Schreck, Gustav: „Fdr uns." 
FOr MSnnerchor. 37. 

— Kriegsgebet fQr gemischtcn 
Chor. 37. 

— op. 45. „Der Herr ist der 
rechte Kriegsmann." FOr 
Sopran oder Tenor, Orgel und 
Chor. 85. 

Sekles, Bern hard: op. 23. Passa- 
caglia und Fuge 1m vier- 
fachen KontrapunktfOrStreich- 
quartett. 85. 

Sibelius, Jean: op. 74. Vier 
lyriscbe StQcke fQr Klavier. 
36. 

Singel6e, J.-B.: Fantaisies pour 
Violon avec Piano. Revues 
par Arthur Seybold. 136. 



Sin, Hans: Kryptagesang fQr 

MSnnerchor. — Soldatenlied 

fQr MSnnerchor. 85. 
Stephani, Hermann: „Die Gc- 

schichte von LOttich." 85. 
Straesser, Ewald: op. 15. Streich- 

quartett. 83. 
Streicher, Theodor: Gavotte und 

Menuett fOr Violine, Viola 

und Violoncell. 232. 
Thelen, August: „Soldaten- 

abschied." MSnnerchor mit 

Baritonsolo. 37. 
Wagenseil, Georg Christoph: 

Menuett in F-dur. FQr zwei 

Klaviere zu vier HSnden 

frei bearbeitet von Bernhard 

Reichel. 137. 
Wagner, Franz: Drei Chorge- 

s&nge fQr das deutsche Volk und 

Heer fQr gemischten Chor oder 

Manner- oder Kinderchor. 135. 
Walk, Max: „Die Wacht an der 

Weichsel." MSnnerchor. 37. 



Walter, Eduard: op. 62. „Der 
Waldsee." FQr gemischten 
Chor. 232. 

Weber, Wilhelmi: „Der Mutter 
Abschiedswort." FQr Sing- 
stimme und Klavier. 182. 

Weismann, Julius: op. 50. Phan- 
tastischer Reigen fQr Streich- 
quartett. 83. 

Wiedemann, Curt: „Das eiserne 
Gebet." FQr MSnnerchor oder 
Schulchor und Klavier. 135. 

Wohlgemuth, Gustav: .Bis- 
marck." FQr einstimmigen 
Chor und Orchester. 84. 

Wolf, Kuno: „Emden." FOr 
eine Singstimme und Klavier. 
233. 

Zapf, Joseph: Kriegsgebet. 182. 

ZOlIner, Heinrich: op. 134. 
„Schwarzwaldkonzert." FOr 
eine Solostimme mit MSnner- 
bzw. Knabenchor und Piano- 
forte. 182. 



REGISTER DER BESPROCHENEN ZEITSCHRIFTEN- 
UND ZEITUNGSAUFSATZE 



Adler, Guido: DieOsterreichische 

Tonkunst und der Weltkrieg. 

131. 
Beuthner, Ernst: Heil dir im 

Siegerkranz. 129. 
Blech, Leo: Gegen den SchluQ- 

applaus. 79. . 
Bolte, Theodor: Bemerkungen 

Qber Robert Volkmann. 227. 
Dahms, Walter: Ein Vergessener 

und Verkannter. 228. 
Gallwitz, S. D.: England, das 

Land ohne Musik. 80. 

— Englands musikalische Un- 
fruchtbarkeit. 133. 

GOttmann, Adolf: Robert Volk- 
mann. 229. 

Graf, Max: Der Kampf gegen 
die deutsche Musik. 180. 

Grawert, Theodor: UnsereArmee- 
mSrsche. 81. 

Hirschberg, Leopold: Kampf- 
schilderungen des auslSn- 
dischen „Deutschmeisters" 
Cherubini. 81. 

— Giacomo Meyerbeer und sein 
deutsches Vaterland. 180. 

Fstel, Edgar: „Politische" Musik. 
78. 



Istel, Jules Ecorcheville f. 274. 

— Musikalische Schlachten- 
schilderungen. 276. 

Kaiser, Georg: Ein vergessener 
Liszt-JOnger. 230. 

Kleinpeter, Otto: Die Kultur- 
sendung der „Meistersinger." 
277. 

Lehmann, Marta: Erinnerungen 
an Franz Kullak. 81. 

Leichtentritt, Hugo: Das musika- 
lische Ohr. 275. 

Marsop, Paul: Unsichtbares Or- 
chester und Deutsches BQhnen- 
haus. 277. 

Moser, Hans Joachim: Berliner 
Musik von 1813. 229. 

Moszkowski, Alexander : BQ- 
lows Beethoven -Symphonic 
275. 

Pringsheim, Klaus: Ein deutsches 
Musikdrama („Die JQdin"). 
177. 

PQringer, August: Robert Volk- 
mann. 227. 

v. Reznicek, E. N.: K. u. k. 
MilitSrmusik. 129. 

Salten, Felix: Eduard StrauB. 
179. 



Schellenberg, Ernst Ludwig: 
Anton Bruckner, der Sym- 
phoniker. 276. 

Schierbaum, Heinrich : Lieder des 
hannoverschen Heeres. 130. 

Schmidl, L. : Was Freund und 
Feind im Felde singen. 78. 

Schurzmann, Katharine: Fer- 
dinand Hiller. 278. 

Storck, Karl: Deutsches Wesen 
und deutsche Musik. 130. 

— Die Aufgabe der Musik im 
deutschen Leben. 177. 

Tessmer, Hans: Siegmund von 
Hausegger. 277. 

Volkmann, Hans: Robert Volk- 
mann und unsere Zeit. 227. 

Waldbauer, Josef: Robert Volk- 
mann. 227. 

Weingartner, Felix: Ein Nach- 
wort zum Vorschlag fQr das 
verdeckte Orchester. 278. 

Zabel, Eugen: Bernhard Scholz 
und Albert Niemann. 274. 

Zeitung, DOsseldorfer: Robert 
Volkmann. 228. 

Zuscbneid, Karl: Zwei Ton- 
poeten. Zum GedSchtnis Cho- 
pin's und Schumanns. 133. 




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DIE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 22 • ZWEITES AUGUST-HEFT 
14. JAHRGANG 1914/1915 

VERLEGT BEI 1 . 
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W 



Man schreit jetzt in alien Kunsten so sehr gegen die Regeln, 
und daB das Genie sicb durcb sie nicht konne binden lassen. Das 
letztere ist wohl auch wahr. Aber durcb ganzliches Aufbeben der 
Regel auch jene Kopfe davon zu befreien, die keine Genies sind, 
mufi doch notwendig zum Unsinn fiihren, und das tut es aucb. 

Grillparzer 



INHALT DES 2. AUGUST-HEFTES 

WALTER NIEMANN: Das musikalische Wunderhorn. Von 
suddeutscber Romantik in Klavier- und Kammermusik furs 
deutsche Haus 

OTTO KELLER: Anton Bruckner-Literatur. I 

JOSEPH BLOCH: Die reine Stimmung und die Intonationslebre 

WERNER DEETJEN: Vom Ausklingen des Meistergesangs 

REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten: 
Rudolf Cahn-Speyer, Hjalmar Arlberg, Wolfgang Golther, 
F. A. GeiBler 

KRITIK (Konzert): Halle a. S. 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

KUNSTBEILAGEN: Bruckner-Medaille von LeoZimpel; Ludwig 
Schittler 

NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenschau, Verscbiedenes 

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Abonnementspreis 

Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jabrgang ab mit Quartalsberechnung 
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland 
Mk. 6.—). Die bisherige Jabresvorausbezablung lassen wir, um den 
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkotnmene Zablungserleichterung 
zu gewSbren, fur den 14. Jabrgang in Wegfall kommen. 

Verlag und Redaktion der MUSIK 



DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 

VON sOddeutscher romantik in klavier- und kammermusik 

FORS DEUTSCHE HAUS 
VON DR- WALTER NIEMANN IN LEIPZIG 



Des Knaben neues musikalisches Wunderhorn liegt urn Miinchen 
vergraben. Sein wichtigster Verleger 1 ) wohnte unter dem Schutz 
des Lind- und Tatzelwurms — nuchtern gesprochen: in der Lind- 
wurmstraCe — , und auf alien blaCgelblich getonten Heften reitet der mutige 
Knabe mit obbesagtem Wunderhorn auf fliegcndem RoQlein in die Welt. 
Und unten in der Ecke verrat ein E. P., dafi Emil Preetorius, der originelle 
Munchener Graphiker, diesen Heften ihre einfache, aber vornehme und 
kiinstlerische Uniform anzog. 

Das laOt sich ganz als Verlagsreklame an, und schon sehe ich das 
Damoklesschwert in Gestalt eines ungeheuren Rotstiftes iiber meinen un- 
schuldigen Blattern schweben. Allein, dieser Wunderhorn-Verlag ist nur 
das publizistische Sammelbecken fur eine ganze Bewegung, deren wichtigste 
Richtlinien er selbst in seinem Leitwort klar vorgezeichnet hat: Pflege 
und Forderung der Hausmusikbewegung, Bekampfung der gleichmachenden 
Einfliisse in der heutigen musikalischen Kultur durch Bevorzugung von 
allerhand seltenen Kunstformen, musikalische Wiedergeburt in Neuausgaben, 
namentlich der Meister des deutschen und italienischen Barock und Rokoko 
(Friedemann Bach, Geminiani, Pergolesi, Pisendel) und — vielleicht doch 
das Entscheidende — vorzugsweise Richtung einer siiddeutschen Romantik. 
Sehen wir einmal von der kleinen Renaissance-Enklave ab, so sind das 
Punkte, deren Wichtigkeit fur eine gesunde musikalische Kultur auQer 
Frage steht. 

Ehe wir untersuchen, inwieweit jeder Forderung Erfiillung wurde, 
wollen wir untersuchen, was denn das Wesen dieser Wunderhorn-Ecke in 
jenem Reiche ist, das wir unter dem Sammelbegriff der Munchener Schule 
oder der Munchener Neuromantik vergeblich zu fassen suchen. 

Der klassizistischen Mendelssohn-Schumann-Reinecke-Tradition Leipzigs 
entspricht die klassizistische Rheinberger-Tradition Munchens. Dieser 
strenge Meister fugierten Stils, der allein in den weichen, stark chroma- 
tisierten Adagien seine suddeutsche Herkunft verrat, wird der Gninder 
aller siiddeutschen Romantik. Stifter wird der von Hans von Biilow ob 
seines leidenschaftlich ausgeiibten neudeutschen Mittleramtes so ehrlich 
gehaOte schwSrmerische und heiCe Lyriker Alexander Ritter (1833 — 96), 
dessen „Liebesnachte" dem Boden von Tristans Burg entsprossen. Zu 
ihm stromen die Quelladern, die von Franz Liszt und Richard Wagner 
kommen. Nicht nur die personlichen — Ritters Mutter war eine bewahrte 

') Ludwig Schittler f (vgl. „Die Musik" XIV. 13 und 14, „Totenschau" S. V). 

10* 



148 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Freundin Wagners, Ritters Gattin Franziska eine Nichte des Meisters, 
Ritters Ansassigkeit nach seiner Verheiratung in Weimar machte ihn im 
Verkehr mit Liszt, Cornelius, Bronsart und Raff zum Komponisten — , 
sondern viel mehr noch die musikalischen, die den tiefen kiinstlerischen 
Ernst, den schweren Gefiihlsreichtum seines in dramatischen Versuchen 
(„Der faule Hans", „Wem die Krone?") versagenden lyrischen Schaffens 
bestimmten. 

Von ihm, dem vornehmen Idealisten der engsten Wagner-Nachfolge, 
gehen jene Strome, die zu den jungen damaligen Klassizisten Richard 
StrauB und Ludwig Thuille(1861 — 1907) fiihren und sie am entscheidenden 
Punkt ihrer Entwickelung der modernen Musik gewannen. Thuille wird als 
Erbe und Nachfolger Rheinbergers durch sein auBergewohnliches Lehr- 
talent der Vater der in der sogenannten „Miinchener Schule" verkorperten 
suddeutschen neuromantischen Moderne, deren jungste Landerwerbung das 
Wunderhorn-Reich bedeutet. 

In der Richtung, die die Aufschrift „ Miinchener Neuromantik" tragt, 
mischen sich in der Hauptsache Lisztsche, Wagnersche, Brucknersche, 
Rittersche, Thuillesche, Pfitznersche, Schillingssche, KlosescheundRegersche 
Elemente mit StrauCschen. Schule gebildet hat unter diesen unmittelbaren 
Vorlaufern der Miinchener Moderne fiir den Wunderhorn-Kreis allein Thuille. 

Einmal als Lehrer. Dessen Testament, die groCe Harmonielehre, 
gab der kiirzlich allzu friih dahingegangene Rudolf Louis in gemeinsamer 
Arbeit 1907 bei Gruninger (Stuttgart) heraus. Darin liegt mehr wie zu- 
fallige Schicksalsfugung: das bedeutet, daD die, trotz seiner notwendig zur 
vielleicht etwas einseitigen Uberschatzung alles Miinchnerischen fuhrenden 
musikalischen „Monachitis" geistvolle und scharfgepragte Personlichkeit 
dieses Liszt-, Berlioz- und Bruckner-Biographen, dieses Geschichtschreibers 
der deutschen Musik der Neuzeit und Fiihrers der Miinchener Musikkritik 
mit ihrem Namen jener Harmonielehre den Stempel des offiziellen siid- 
deutschen musikalischen Lehrbuches aufdruckte. Louis begann als Adept 
der Bahnsenschen Philosophic; er vollendete als Geschichtschreiber der 
suddeutsch-miinchnerischen Moderne. 

Dann als Tondichter. In der verzehrenden Glut und mimosenhaften 
Sensibilitat der Empfindungen, in der breiten und edlen, gesangsmaOigen 
Linienfiihrung auch der instrumentalen Kantilene reichen Ritter und Thuille 
Adolf Jensen, dem zarteren, doch ebenso fein und nervos organisierten 
Nachromantiker, gleichermaOen die Hand. 

Auch Thuille ist Tondichter. Er ist Konig und Herr unseres 
Wunderhorn-Kreises. Der Dramatiker Thuille ist's nur in dem Marchenton 
seines B Lobetanz". Der Kammer- und Klavierkomponist, der Lyriker 
Thuille ist's durchaus. Der aber ist durchweg der viel zu friih von uns 
geschiedene Thuille des letzten Jahrzehnts seines Lebens. 



NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 149 

Der junge Thuille der achtziger Jahre vorigen Jahrhunderts, der 
Thuille des schonen Sextetts fiir Klavier und Blaser op. 6 (Breitkopf), der 
ersten Violinsonate op. 1 (Forberg) beginnt klassizistisch-romantisch. Der 
Thuille als Schutzpatron und Lehrer des Wunderhorn-Kreises ist modern. 
Vielleicht nicht in allem so ganz zu seinem Vorteil. Wohl hat dieser 
schwarmerische Lyriker und Naturpoet die Glut seiner Farben, die innige 
Beseelung seiner Naturstimmungen, die Reife und Kultur seiner Form- 
und Satzkunst aus seiner siidtirolischen Heimat Bozen sich gerettet. Die 
alte naive Frische und ungezwungene Natiirlichkeit der Erfindung aber ist 
der Moderne vielleicht doch zum Teil ein wenig geopfert. Jedes dieser, 
fiir den letzten Thuille entscheidenden Kammermusikwerke — das Klavier- 
quintett in Es op. 20 (Kistner), die zweite Violinsonate in e-moll op. 30 
(Siiddeutscher Musikverlag), die Cellosonate in d-moll op. 22 (ebendort) — 
lafit das erkennen. 

Ihr Stil wird nun Fiir die ganze siiddeutsche Neuromantik, den 
Wunderhorn-Kreis eingeschlossen, vorbildlich. Mit kurzem Schlagwort 
umschrieben: er ist etwa der des chromatisierten und modernisierten 
Schumann, dessen Romantik die Thuillesche Moderne zur Neuromantik 
fortentwickelte. 

Seine charakteristischen Kennzeichen bildet jene ins Kleine und 
Lyrische gewandte geschmeidige Chromatik und Enharmonik, die Halbton- 
fortschreitungen und harmonische Umdeutungen der Akkorde durch 
enharmonische Verwechslungen aufs auQerste ausnutzt und zugleich den 
Mittel- und Nebenstimmen neues und selbstandiges Leben verleiht, bilden 
jene zuweilen beinahe leise manieristischen Modulationen in die Ober- 
sekunde oder Oberterz, jene Sequenzenschiebungen, die eine iiberaus freie 
Behandlung der Tonalitat ermoglichen und letzten Endes aus Wagners 
Tristan- Landen kommen. 

Bei Thuille allerdings beschneidet ihre, dem Lyriker doppelt gefahrvoll 
drohenden Auswiichse ein heiDer und echter Gefiihlsschwung, der die 
Schonheit und Langatmigkeit seiner melodischen Linienfiihrung ermoglicht 
und in der Betonung der groDen gesangsmaOigen Linie das Ganze fiber 
dem Einzelnen nicht vergiOt. Und dies auch dort, wo der Schutzherr des 
ganzen Wunderhorn-Kreises vor uns steht: in der Klaviermusik, einer 
Gattung namentlich des hauslichen Musizierens, dem diese Studie in erster 
Linie gewidmet bleibt. Hier ist das meiste dem guten und poetisch nach- 
empfindenden Liebhaber zuganglich. Die drei liebenswiirdigen, noch von 
Schumannschem Geiste empfangenen Stiicke op. 3 (Breitkopf), der herr- 
liche, den Ton der „suBen Traurigkeit" dieser ahnungsvollen Tage so er- 
greifend zart anschlagende B Vorfruhling u , der frische „Reigen" aus op. 33 
(Kahnt), die „Threnodie" (b-moll) auf den Tod seines Freundes und Schiilers 
Felix vom Rath, jene dunklere und tief leidenschaftliche Schwester der 



150 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Sgambati'schen „Nanie", und die in Grieg's naturidyllischem Pastoralton 
gehaltene kraft voile „Burla" aus op. 37 (Kistner): in ihnen alien lebt der 
ganze Thuille. 

Vielleicht nicht immer so glucklich haben sicb manche der direkten 
und indirekten Jiinger, deren Werke zu so entscheidendem Teile Thuillescbe 
Ztige tragen, daC man ruhig von einer Thuille-Schule auch innerhalb des 
Wunderborn-Kreises reden darf, das uppige und gleiOende Chroma seines 
Stils angeeignet. Wie Thuille, sind es ausnahmslos Lyriker und Dichter- 
naturen. Ihr Musizieren ist immer warmblutig, lebendig, poetisch, malerisch- 
farbenfreudig, ihr Empfinden als modernes auDerordentlich fein differenziert. 
Aber zuweilen scheint es doch daneben fast die Aufgabe des Munchener 
Neuromantikers zu sein, mit schillerndem Moll-Dur, mit iiberreich 
chromatisch-enharmonisch gewundenen Mittel- und Nebenstimmen die ein- 
fachsten melodischen Linien, Fortschreitungen und Kadenzierungen von der 
Welt harmonisch moglichst bis zur Unkenntlichkeit zu maskieren. Das 
zeigt sich urn so verwirrender, je mehr die Kleinheit der Form solch 
buntes und glitzerndes harmonisches und schroffes modulatorisches Gewebe 
eigentlich verbietet. 

Nun klinken wir das anheimelnde weiCe Pfortlein auf, so da den 
Weg weist: „Zum Wunderhorn-Garten". Zuerst aber fragen wir nach dem 
Heimatschein der Wunderhorn-Leute. Es sind alles Oberdeutsche: Bayern 
in weitaus iiberwiegender Mehrzahl, bayerische und richtige Schwabcn, 
Badener, Deutsch-Tiroler, Vorarlberger, Deutsch-Schweizer und Rheinlander. 
Allen gemeinsam aber bleibt bis auf ganz wenige die Munchener, die 
Thuillesche oder — bei den jiingsten — die Regersche und Reger-Haassche 
Schulung in der Komposition, oder wenigstens die Zugehorigkeit zum 
engeren oder weiteren Thuilleschen Kreise, die gleiche direkte technische 
Schulung oder indirekte kiinstlerische Gesinnung. 

Dem oberdeutschen Volkstum entspricht die oberdeutsche Landschaft. 
Alle diese Wunderhorn-Leute sind Naturpoeten feiner Art. Es ist nicht 
zufallig, dafl die hochgesteigerte Chromatik und Enharmonik Thuilles in 
ihren Werken immer mehr die festen Formen und Konturen aufzulosen 
und die Farbe der Zeichnung iiberzuordnen beginnt. DaC z. B. D6sir6 
Thomassin (geboren 1858), dessen Kammermusik in den letzten Jahren 
viel bemerkt wurde, ein Maler-Musiker ist, gibt nur einen SuBerlichen 
Beleg dafiir, wie breit die beseelte Natur, der landschaftliche Stimmungs- 
eindruck bis zur Impression in diese Kunst hineinklingt. Die Naturbilder, 
namentlich die zahlreichen poetischen Waldbilder der Thuille-Schule sind 
die ersten, aus Isarathens herrlichem Bannkreise geholten musikalischen 
Impressionen und zugleich ihre vielleicht doch poetischesten und schonsten 
Leistungen. 

Da malt der Munchener Akademieprofessor Anton Beer-Walbrunn 



NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 151 

(geboren 1864) des „Fruhlings Einzug" 1 ) Oder, mit artig hausbackener 
Naivitat, ein tobendes „Berggewitter". In seiner ruhevoll breiten und 
raelodischen Sing- und Spielfreudigkeit hat man Beer-Walbrunn den 
Miinchener Schubert genannt. Jedenfalls ist er ein guter Anfang zu 
unserer Gartenwanderung: hier ist ein in unserer Zeit ganz seltenes 
naives Schaffen. Nicht allein von Schuberts, sondern auch von Beet- 
hovens Geist ist's empfangen. Freilich nicht von dem Olympier, dem 
tiefen Griibler, der z. B. in Walter Braunfels' Empfindungsschwere lebt, 
sondern von dem fruhlingssonnigen und heiteren jungcn Beethoven, dessen 
von lebhafter Figuration umrankte Melodieen nicht zum Klavier, sondern 
eher zur Harfe zu passen scheinen. 

Da schreibt der Deutsch-Mabre August ReuB (geboren 1871) eine 
schwerbliitige und poesievolle symphonische Dichtung „Johannisnacht" 
(Kistner) und sieben Klaviervariationen iiber ein Thema aus seiner Oper 
„Herzog Philipps Brautfahrt", denen er den Titel „Landsommertage a op. 22 
gibt. Sie einen schone meistersingerliche Polyphonie und eigene ernste, 
schwere und innerliche Natur mit treuem Thuille-Stil. 

Da schreitet Heinrich Kaspar Schmid (geboren 1874) einen viel- 
leicht etwas breiten und weiten, aber poesievollen „ Waldgang" entlang in Form 
einer Phantasie mit lockender Aussicht — einem wunderschonen, schwar- 
merisch ausruhenden Fis-dur Mittelsatz — und gibt gleich ReuB und anderen 
aus dem Wunderhorn-Kreise zu erkennen, daQ seine gediegene Kunst gleich 
stark wie in Thuille in Schumann und Brahms wurzelt. Da nimmt uns 
Georg Stoeber (geboren 1879) in seinem op. 5 auf eine „SturmischeWande- 
rung" mit und malt ein ander Mai eine „Einsame Wolke". Wie Schmids 
„ Waldgang", der ein verschwiegenes Programm birgt — murmelndes Bach- 
lein, Eintritt ins Waldesdunkel, Spiel des Windes in wiegenden Baumkronen, 
Traum des Dichters auf dem Moose, Waldesstille — , so sind auch diese 
Stoeberschen Stiicke unmittelbarem Naturleben entsprossen; im krMftigeren 
und rhythmisch scharf gepragten Stil gleich echte Bliiten Brahms- 
Thuillescher Mischung. Das Hohelied oberdeutschen Sommers stimmt der 
Badener Julius Weismann (geboren 1879) in seinem Kranz von Klavier- 
stiicken „Sommerland" op. 32 an, fiinf wunderschonen, sanft bewegten 
Idyllen. Oder er erzahlt in op. 48 „Aus meinem Garten" (Breitkopf & 
Hartel) von Blumen, Aprilschauern, bliihenden Wiesen, Scbmetterlingen, 
Fledermausen und einer lieben kleinen Wiege im Griinen. Schreibt er 
aber ein groBes Variationenwerk, so redet er auch da noch gem von einem 
„Spaziergang durch alle Tonarten" (op. 27). 

Mit Braunfels ist Weismann, der Sohn des verstorbenen beriihmten 
Freiburger Zoologen, die reichste Begabung der siiddeutschen Neuromantik. 



') Sofern kein anderer Verlag in Klammern vermerkt wurde, erschienen die 
angezogenen Werke im Wunderhorn-Verlag, Munchen. 



152 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Die suddeutsche Naturromantik und -phantastik der Thuille-Schule lebt in 
seinen Werken, deren eines, die prachtigen acht „Wunderhornlieder", schon 
auBerlich seine enge Zugehorigkeit zum Wunderhorn-Kreise belegen, wohl 
am reinsten fort. Thuilles siidtirolerisch sattes und gliihendes Kolorit ist 
zu einer iippigen modernen Stilisierung Eichendorffscher Zartheit und Bunt- 
heit in der musikalischen Farbengebung abgemildert. Sein Klavierzyklus 
„Aus meinem Garten" ist eine suddeutsche Idyllensammlung nach Art 
Mac Dowells, die alles Feine seiner Kunst im Kleinen birgt, das vielleicht 
doch sein Eigenstes bleibt. Zu einer innigen, schwarmerischen und roman- 
tischen Naturbeseelung, zu einer mchr spielerisch leichten und beweglichen 
als tiefen Phantasie, die wie bei Erb und anderen Siidwestdeutschen in ihrem 
rhythmischen Filigran und ihrer metrischen Freiziigigkeit iiber die Vogesen 
hiniiber nach dem neuen und neuesten Frankreich schaut, tritt im „Wiegen- 
lied im Crimen" ein ganz eigener Ton siiCer Traurigkeit. Man denkt da 
an Morike-Hugo Wolfs „Auf ein altes Bild". Das Kindlein in der Wiege 
umschweben die Traume von einem einst harten und schweren Leben. 
Das ist so suddeutsch wie jenes, daO ein wirklich tiefer und unmittelbarer 
Herzenston etwa in der Art von Schumann und Brahms, Weismanns musi- 
kalischen Stammvatern, meist ausbleibt. Grofle konzertma&ige Formen — ich 
denke an das Violinkonzert, die fis-moll Violinsonate (Breitkopf), die Violin- 
Solosonaten, die Violin-Klaviervariationen und Fuge iiber ein altes Ave Maria, 
die Klaviervariationen — fiillt diese reiche und lebendige Phantasie weniger iiber- 
zeugend und natiirlich. In den fruheren Werken steckt noch allerhand Grieg. 
In den spateren stellen sich Brahms und Reger zu Thuille. Regers Barock 
entspricht da Weismanns Neigung, sich, z. B. im Finale der fis-moll Violin- 
sonate, plotzlich an rhythmisch-elementare Einfalle, etwa in Form ostinater 
BaCfiguren, zu hangen. Von Brahms wie von der alemannischen Heimat 
gleichermaBen stammt endlich der leise und fein archaisierende Ton, wie 
auch die zarte christkatholische Mystik so mancher schoner, kirchlich 
gestimmter Seitenthemen seiner Sonaten. Modern in der Nutzung und 
Verschmelzung aller modernen Ausdrucks- und Stilelemente, von auBer- 
gewohnlicher Lebendigkeit und Mannigfaltigkeit im Rhythmischen, bleibt 
Weismanns idyllisch-romantische Kunst immer musikalisch, poetisch und 
volkstumlich inspiriert, immer klangsinnlich schon und eigen, immer kontra- 
punktisch interessant und meisterlich. 

Wie der Friihling, so ist auch die Nacht die liebste Freundin des echten 
Romantikers. Sie zeigt ihm die Natur in ihren unheimlichen Ziigen und 
Gestalten (Joseph Haas' drei Klavierstiicke „Gespenster", J osephSchmids 
kraftiger und damonischer „Nachtlicher Reigen"), oder sie gibt ihm im Auf- 
blick zum ewigen Sternhimmel religiosen Trost (Joseph Schmids „Hymne an 
die Nacht"). Ihre unheimlichen Ziige und Gestalten verkleinern und mildern 
sich ab zum Marchenreich der Kobolde, Zwerge und Wichtelmannchen. 



NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 153 

Hier ist der nun an der Stuttgarter Akademie wirkende Joseph Haas 
(geboren 1879) Konig. Im GroDen iibte er seine Macht in den virtuosen 
B Eulenspiegeleien", allerhand Variationen iiber ein kurzweiliges Thema. 
1m Kleinsten in der entziickenden Hausmusik seiner Tanzmarchen „Wichtel- 
mannchen" und der „Hausmarchen". Diese mit spitzestem Pastellstift 
gezeichneten Miniaturen bedeuten die letzte Fortentwickelung des Reger- 
scben Scberzotyps in der auQersten Verkleinerung der Klavierminiatur. Das 
tappt, scherzt, huscht und kichert, das spinnt und webt spinnwebfeine 
Fadchen, das ruht in suddeutsch treuherzigen, volkstiimlich gefarbten Trios 
oder kleinen Romanzen aus; kurz, hier lebt die Schwindsche Marchenwelt 
von Goethes „Heinzelmannchen" noch einmal wieder auf, nicht schreckhaft, 
sondern ganz und gar freundlich und possierlich. Eine der schonsten 
Sammlungen des nordamerikanischen Naturromantikers Mac Dowell heiOt: 
„Am Katnin". Wohl, am Kamin, wenn die Dammerung iiber die Wande 
kriecht, und die Funken aus den Holzscheiten schlagen, mull man auf 
diese „kleinen Dinge" horen. 

Und dann, wenn alles vorbereitet ist, wird man Gottfried Riidingers 
„Marchenstunde" op. 1 und seine vierhandigen M Bagatellen" daranschlieOen 
und in ihm eine der feinsten und poetischsten Begabungen dieses Kreises 
fur kleine Form willkommen heiBen. Das sind echte und reizende Minia- 
turen, die in Poesie, Gefiihl und Stimmung von Schumann, in Stil und 
Satz vielfach noch von Reger kommen. Damit aber sind wir zu beinahe 
nachtlicher Stunde schon mitten drinnen in der Hausmusik des Wunder- 
horn-Kreises. 

Und hier verrat uns jene oben genannte „Hymne an die Nacht" 
Joseph Schmids, wie schon Weismanns „Ave Maria"-Variationen am deut- 
lichsten eine starke christkatholische Unterstromung dieser Bewegung. 
Diese „Nachtgedanken" kommen mindestens so stark wie von Thuille auch 
von Reger. Hier aber, in diesem weichen Ges-dur Gebet, tritt unwill- 
kiirlich Anton Bruckner segnend dazu. 

Sein frommer Adagiengeist, der Geist Novalis' und der Nazarener 
spricht auch aus des jiingeren Josef Pembaurs (geboren 1875) „Drei Marien- 
liedern", zartesten religiosen Pastellen am Klavier, deren Singstimme iiber 
einem hochmodernen und bunten harmonischen Gewebe dahinschwebt. 
Der Vater (geboren 1848) dieses Leipziger Klavierpoeten und Kon- 
servatoriumsprofessors hat Robert Schumanns Geist treulich in Innsbruck, 
wo er als Universitatsmusikdirektor lebt, bewahrt. Seine Klavierwerke sind 
edler und echter, in groCeren Formen ins Grofizugige und Dramatische 
gewandter Schumann-Stil. Der christkatholischen Gruppe des Wunderhorn- 
Kreises gehoren die beiden Elegien „ Allerseelen" op. 97 an, der natur- 
poetischen fast alles iibrige. Hier ist er der Sanger des Herbstes 
(„HerbstbIatter" op. 94, Rahter) von echter Empfindung in Trauer und 



154 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Trost. Die „Vier Klavierstiicke" op. 96 (Kistner), Nachtstiicke zur Frtih- 
lings-, Sommer-, Herbst- und Winterszeit, schliefien den Ring nach Schmids 
„Nachtgedanken" hiniiber zwanglos und schon ab. 

In den groBen konzertmaBigen Formen hat sich die Tafelrunde der 
Wunderhorn-Leute erfreulich planvoll der fast ausgestorbenen Klavier- 
sonate, der Violinsonate und der Variation fiir Klavier allein oder mit 
Violine angenommen. Es sind Werke jugendlich modernsten Sturmes und 
Dranges darunter, wie des, durch Thuille und Regers Schule gegangenen 
Miincheners Hugo Daffner (geboren 1882), des durch Reger und den 
Leipziger Orgelmeister Karl Straube gebildeten Deutsch-Ungarn Alexander 
Jemnitz (geboren 1890) oder des Tirolers und folgerichtig bei seinem 
Landsmann Pembaur jun. und bei Stephan Krehl in Leipzig in die Schule 
gegangenen Emil Schennich um Weltanschauung und personlichen Aus- 
druck ringende Klaviersonaten, die gewohnlich beim letzten Beethoven 
beginnen und mit Till Eulenspiegels galgenhumoristischer Narrenpritsche 
und Nietzsches Ubermenschentum bei Richard StrauC (Schennich), Reger 
(Daffner), bei Reger, Schonberg und Debussy (Jemnitz) landen. Aber es sind 
auch so ernste und reife, die beste Munchener neuromantische Schule ver- 
ratende Werke, wie die Klavier- und Violinsonaten von Julius Weismann, 
August ReuB oder Beer-Walbrunn dabei. 

Besonders gliicklich sind diese siiddeutschen Neuromantiker in der 
Variation. Hier haben wir ja gleich in Heinrich Kaspar Schmids gediegenen, 
auf Schumann-Brahms-Thuilleschem Boden erwachsenen Variationen iiber 
das reizende, ganz schlicht volkstumliche Spielmannslied „Will mein Junge 
Apfel haben" aus Thuilles Marchenoper „Lobetanz* den besten Beleg 
ihrer auch MuOerlich innigen Verbindung mit ihrem Meister. Und Walter 
Courvoisier (geboren 1875), ein hochbegabter Lyriker und Chorkomponist, 
tritt mit seinem, von einer Fuge geschlossenen, schonen op. 21 neben 
Weismann, ReuO, Haas, deren Variationen wir schon kennen lernten, dicht, 
ganz dicht an Thuille heran. 

In den kleineren und kleinen Formen uberwiegt das Lied, das 
Charakterstuck und die Miniatur fur Klavier, wie die Hausmusik mit 
Instrumenten. Im Charakterstuck sprengen Walter Braunfels (geboren 1882) 
und Walter Lampe (geboren 1872) den hauslichen, den Thuilleschen und 
den Wunderhorn-Rahmen gleichermatten. Einmal schreiben sie im wesent- 
lichen fiir den Konzertsaal, dann kommen sie beide mehr von Beethoven, 
Brahms und (Braunfels) von Pfitzner, als von Thuille, und endlich sind 
sie beide mehr geistig-reflektive, klangsprode, als romantische gefiihls- 
maCige und klangsinnliche Naturen. Dem Liebhaber, wie wir ihn in dieser 
Studie im Auge haben, wird das meiste ihrer Werke technisch kaum zu- 
ganglich sein. Wir konnen sie dem Wunderhorn-Kreise nicht zurechnen 
und lassen sie, obwohl Braunfels die weitaus starkste und person- 



NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 155 

lichste jungere Begabung der Miinchener Neuromantik darstellt, diesmal 
beiseite. 

Die Hausmusik des Wunderhorn-Kreises charakterisiert mancherlei: 
die Pflege der Miniatur, der Marchenton, die Liebe zum Kind, die 
planmaCige Forderung der Kammermusik mit Blasinstrutnenten und die 
Renaissance alter Kammer- und Klaviermusik. 

In der Miniatur haben vielleicht Joseph Haas, der Konig des Elfen-, 
Kobolde- und WichtelmSnnchen-Reiches, dem wir oben unsere artige 
Reverenz erwiesen, und seine Schuler das Reizendste geleistet. Sie 
vertritt Hermann Unger am besten. Der Haasschen Welt liebenswiirdiger 
Grotesken, Gespenster und Unterirdischen setzt er die amourose der 
Schakereien und Traume zwischen gestutzten Taxushecken („Rokoko" op. 3), 
bunte Phantasiebildchen mit allerhand Menuetten ( B Les petits Riens" op 1, 
„Luftschlosser" op. 2) gegeniiber. Haas wie Unger sind Schuler Max 
Regers. Regerisch nach Stil und Satz sind auch diese Miniaturen. Uber 
aller im Detail peinlich strengen und liebevollen Zeichnung aber liegt der 
zarte Duft einer untergegangenen, romantischen Welt: Eichendorffstimmung 
und Marchenton. 

Dieser Marchenton ist im Wunderhorn-Kreise iiberall, am meisten in 
seiner „Kunst dem Kinde" zu Hause. Karl Bleyles „Bausteine" (Breitkopf), 
Riidingers bereits oben besuchte „Marchenstunde", Hans Schobers 
„Sonatinen a op. 10 und Heinrich Schalits (geboren 1886), des Osterreichers 
und Schiilers von Labor und Robert Fuchs, wunderschones „Jugendland" op. 6, 
das uns ein Dichter, mitSchumanns „Kinderszenen", Jensens „Wanderbildem" 
und Robert Fuchs' Bildern vom Wiener Wald unter dem Arm in ganz person- 
licbem und vertraulichem Gesprach zeigt, sollen hier nicht vergessen sein. Es 
entspricht aber der Schumannschen Auffassung, wenn fast alle diese Werkchen 
Kinderszenen fur Erwachsene darstellen. Nur auf dem Gebiet des Kinder- 
liedes ist ein rechtes Bilderbuch fur die Kleinen da; und eins der schonsten 
unserer Zeit uberhaupt. Das ist Heinrich Kaspar Schmids n Ringelreihen", 
23 Kinderliedchen auf Verse von Sergei, die die schwere Kunst verstehen, 
den echten Kinderton mit einem der modernen Reize nicht entbehrenden 
Klaviersatz zu verbinden. 

Marchenton und Naturidylle gleichermaBen liegen im Klange der Oboe 
und des Waldhorns. So kommt es ganz natiirlich und erwartet, daC von 
den Kiinstlern des Wunderhorn-Kreises auch die sonst so schwer und so bedenk- 
lich zugunsten der Violine und des Cello vernachlassigte Kammermusik mit 
Blasern planvoll gepflegt wird. Wieder sind es Haas (Horn-Sonate op. 29, 
Ein Kranzlein Bagatellen mit Oboe) und Weismann (Oboe-Variationen op. 39), 
die hier zwei technisch sehr tiichtigen Liebhabern das Schonste bieten. 

Man darf wiinschen, daO in Zukunft gerade auch die Hausmusik von 
der Beteiligung der Blaser Nutzen zieht. Sie wird es auch in der Wieder- 



156 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

geburt alter Formen in modernem Geiste tun. Wieder ist es Haas, der in 
seinem „Kammertrio" op. 38, dem neuen Namen fur die alte Triosonate 
fur Klavier und zwei Violinen, ira Rahmen der Wunderhorn-Bewegung einen 
guten Anfang gemacht hat. 

Von der Blaser-Kammermusik zum Kammerorchester ist nur ein Schritt. 
Auch hier setzt die Wunderhorn-Bewegung folgerichtig mit den Alten, mit 
den Symphonien des 18. Jahrhunderts von Pergolesi und Friedemann Bach ein. 
Das Kammerorchester der Neuzeit bevorzugt die Form der Serenade, jenes 
auch Divertimento, Notturno oder Kassation genannten instrumentalen 
„ Freiluff-Standchens der klassischen Zeit, dessen Stil und Sinn wir erst 
wieder in unserem Geiste neu erobern miissen. Dieser Geist ist innerhalb 
der Wunderhorn-Bewegung so romantisch wie sie selbst. Er wahrt Stil 
und Sinn der Alten, verfeinert ihn aber in der modernen und romantischen 
Sprache eines neuen Eichendorff. Sie klingt bei Riidinger (Romantische 
Serenade fur kleines Orchester) und Haas (Heitere Serenade fiir Orchester) 
teilweise ein wenig Regerisch, bei Walter Niemann (geboren 1876), einem 
Hamburger holsteinischer Abkunft und Wesensart von Geburt, doch einem 
Rheinlander von Erziehung und Naturfreude (Rheinische Nachtmusik fur 
Streichorchester und Horner) ein wenig Jensen-Humperdinckisch. Gerade 
hier hat die Bewegung eine gesunde Zukunft. Denn eine einzige sauber 
gearbeitete, anstandige und unbefangen melodische Musik zur Freude, Ohr- 
ergotzung und Kurzweil ist uns jetzt hundertmal wichtiger und notiger, 
als ein ganzes Schock in ihrem Tiefsinn erstickter und philosophisch un- 
heilbar belasteter symphonischer Dichtungen, Phantasien und Symphonien. 

Rasch im Vorubergehen seien unter den Jiingsten in der Klavier- 
musik noch der Schweizer Huber-Anderach (Vier Stiicke, op. 6), Hans 
Schindler (Sechs Stiicke, op. 15) und Siegfried Kallenberg (Toccata), im 
Lied Gustav von Bezold genannt. Durchweg gesunde und wohlerzogene 
SchoBlinge der Romantik ohne Sturm und Drang. Die eigentliche, vielfach 
problematische Moderne muC man innerhalb der Wunderhorn-Bewegung 
bei den oben charakterisierten jungen Titanen der Klaviersonate — Daffner, 
Schennich, Jemnitz — suchen. In der Kammermusik bei dem Brabanter 
Jan Ingenhoven (geboren 1876). 

Wahrend diese Moderne bei Daffner mehr nach Reger, bei Schennich 
mehr nach Richard StrauB, bei Jemnitz mehr nach Arnold Schonberg, 
Debussy und Reger hin gerichtet ist, kommt Ingenhoven aus dem Lande 
der jiingstfranzosischen kammermusikalischen Moderne. So ist er ein 
originales Klangtalent, so ist er ein Meister des kammermusikalischen 
Impressionismus in atherisch duftigen undzarten Klangfarben-Kombinationen, 
in Scherzando-Partieen, die in ihren arhythmischen, schwebenden Klang- 
wirkungen etwas Immaterielles, Praraffaelitisches an sich tragen. Das auBere 
Bild seiner Quartette fiir Streichinstrumente, seines Blaserquintetts (samtlich 



NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 157 

nach 1911 erschienen) ist das Aug' und Sinn verwirrende, Form, Melodie- 
linie und Rhythmus auflosende etwa des neuesten Schonberg oder Suk. 
Die Klangwirkung ist erstaunlich fein und dabei echt kammermusikalisch 
und quartettmaCig. 

Das literarische Testament der musikalischen Wunderhorn-Bewegung 
ist des jiingeren Josef Pembaurs Kiinstlerbuch „Von der Poesie des 
Klavierspiels". In ihm treffen die romantisch-poetischen, die christ- 
katholischen, die gefiihlsmaBigen, die hausmusikalischen und die malerisch- 
naturmystischen Strahlen dieser Bewegung wie in ein zartes und phantasie- 
durchleuchtetes Prisma zusammen. Man denkt an Wackenroder und Novalis, 
an die Nazarener, an Zeiten, in denen die Romantik der Kunst mit christ- 
lichem Glauben, mit zarter Mystik und edler Menschenwiirde Hand in 
Hand ging. Nicht die Darstellung der modernen Klaviermethodik auf 
physiologischer Grundlage, nicht ihre zur Diskussion gestellten und kritisch 
mit dem hellsichtigen Instinkt des hochgebildeten Kiinstlers beleuchteten 
Probleme und Reformen sind es, die dies im Geiste Ludwig Ricbters und 
Schwinds geschaute Bild einer neuen poetischen Klavierspielkunst so 
fesselnd und wertvoll machen, sondern die Poesie der Darstellung und die 
Poesie der Auffassung des Klavierspiels als einer Sprache des Herzens. 
Pembaur spricht geradeswegs von der Kontrapunktik des Gefuhls bei Bach. 
Das ist romantisch, das ist aus „Des Knaben Wunderhorn" heraus hell 
und fein geblasen. 

Und in seinem Zeichen wird diese schone und echt siiddeutsche Be- 
wegung stehen. Nicht Alles von ihren Schopfungen kann durch den Konzert- 
saal verbreitet werden, auf dessen besonderer pianistisch-kammermusika- 
lischer Ehrentafel hier wenigstens Josef Pembaur d. J. und seine Schuler, 
die Munchener Schmid-Lindner, Erika von Binzer, Anna von Langenhan- 
Hirzel, weiterhin Carl Friedberg, die Geigerin Catharina Bosch, das Neue 
Munchener Streichquartett rasch genannt seien; der groCere Teil bittet um 
EinlaB ins deutsche Haus. Mochten diese Blatter ihm iiberall die Tiir zu 
herzlichem Willkomm geoffnet haben! 



ANTON BRUCKNER-LITERATUR 

ZUSAMMENGESTELLT VON OTTO KELLER IN MUNCHEN 



1. Bficher und Brosehftren 

Dr. Anton Bruckner, ein Lebensbild von Franz Brunner. Verlag des Oberosterreichischen 

Volksbildungsvereines, Linz 1895. 
Anton Bruckner. Von H. Rietscb. Jahrbuch und deutscher Nekrolog von 1897, Reimer, 

Berlin, 1898. 
Wie die Brucknerbuste entstand. Von Karl Almeroth. (Zum Brucknerdenkmal.) Verlag 

G. M. Engel, Wien 1899. 
Die Tonkunst in der zweiten Hilfte des 19. Jahrhunderts. (Anton Bruckner.) Von 

H. Rietsch. Breitkopf & Hartel, 1900. 
Meine Erinnerungen an Anton Bruckner. Von Karl Hruby. Verlag F. Schalk, Wien 

1901. 
Anton Bruckners Neunte Sympbonie erliutert. Von K. Grunsky. Leipzig 1903. 
Moderne Essays zur Kunst und Literatur. Heft 49. Anton Bruckner. Von Dr. 

Rud. Louis. Berlin 1904. 
Anton Bruckner. Von Rudolf Louis. Verlag Georg Muller, Munchen 1905. 
Bruckners Symphonien erliutert. (Meisterfuhrer.) Verlag Schlesinger, Berlin 1908. 
Anton Bruckners Erste Sympbonie erliutert. Von K. Grunsky. Leipzig 1909. 
Bausteine zu Anton Bruckners Lebensgescbichte. Von F. Griflinger. Verlag R. Piper, 

Munchen 1911. 
Die Boykottierung der Bruckner-Biographie. Ein Wort zur Abwehr. Von F. Graf- 
linger. Wittenberg 1911. 
Anton Bruckner. Von M. Morold. Breitkopf & Hirtel, Leipzig 1912. 
Le tutti orchestral, 6tude analytique et documentaire de la dynamique orchestral 

(u. a. auch Bruckner). Von Paul Gilson. Brussel 1913. 
Verzeichnis simtlicher im Druck erschienenen Werke von Anton Bruckner. Von 

L. Doblinger. Verlag L. Doblinger (ohne Jahreszahl). 

2. Besprechungen obiger Werke 

Griflinger. Griflingers Bruckner-Biographie. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 
7. 7. 1911. 
„ Eine neue Bruckner-Biographie (Griflinger). Von A. v. d. Hoya. Signale 

fur die musikalische Welt, Berlin, 17.5. 1911. 
„ Besprechung der Biographic Anton Bruckners von F. Griflinger. Musik- 

salon, Berlin, 1. 11. 1911. 
„ Griflingers Bausteine. Besprechung. Die Musik, Berlin, XL Jahrg., Heft 6. 

„ Zum Proteste gegen eine Brucknerbiographie/ Von R.^Batka.^ Fremden- 

blatt, Wien, 8. 11. 1911. 
„ Erklirung der Gemeinde treuer Bruckner-Verehrer.'l (Protest gegen die 

Biographic Griflingers.) Borsen-Courier, Berlin, 6.8. 1911. 
Hruby. Besprechung von Hruby's Erinnerungen an Bruckner. Von K. Grunsky. Die 
Musik, Berlin 1901, Heft 10. 
„ Besprechung von Hruby's Erinnerungen an Anton Bruckner. Von H. G. 

Neue Musikalische Presse, Wien, 29.9. 1901. 
„ Erklirung gegen Hruby's Erinnerungen an Anton Bruckner. Von Th. Helm. 
Deutsche Zeitung, Wien, 2. 3. 1901. 



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V. B. Aus dem Leben Anton Bruckners. Osterreich ische Musik- und Theaterzeitung, 

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Anonym. Anton Bruckner. Zum 70. Geburtstage. Die Presse, Wien, 4. 9. 1894. 

„ Anton Bruckner. (Der 70. Geburtstag.) Neue Freie Presse, Wien, 4.9. 1894. 

„ Anton Bruckners 70. Geburtstag in Steyr. Neue Freie Presse, Wien, 6.9. 1894. 

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H. W. Anton Bruckner. Zum 70. Geburtstage. Sonn- und Montagszeitung, Wien, 

10. 9. 1894. 
L. Sp. Anton Bruckner. Zu seinem 70. Geburtstage. Fremdenblatt, Wien, 4. 9. 1894. 
Anonym. Anton Bruckner f. Neue Freie Presse, Wien, 12. 10. 1896. 
Gollerich, A. Anton Bruckner f. Neue Musikalische Presse, Wien, und Linzer 

Tagespost, 25. 10. 1896. 



KELLER: BRLCKNER-LITERATUR 161 

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Hirschfeld, R. Anton Bruckner f. Abendpost, Wien, 12. 10. 1896. 
Keller, O. Anton Bruckner f . Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 15. 10. 1896. 
Madjera, W. Auf den Tod Anton Bruckners. (Gedicht.) Deutsche Zeitung, .Wien, 

• 10. 10 1897. 
Schonaich, G. Anton Bruckner f . Morgenpresse, Wien, 13. 10. 1896. 
Weltner, A. J. Anton Bruckner f . Bei der Kunde von seinem Ableben. (Gedicht.) 

Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 1. 11. 1896. 
Bienenfeld, Elsa. Anton Bruckner. Zum 10. Todestag. Neues Wiener Journal, Wien, 

12. 10. 1906. 
Louis, R. Zur 10. Wiederkehr des Todestages Anton Bruckners. Neue Musikzeitung, 

Stuttgart 1906, No. 24 und 1907, No. 1—3. 
Morold, M. Zum 10. Todestag Anton Bruckners. Osterreichische Rundschau, Wien, 

8. Jahrg. 

Wallaschek, R. Zu Bruckners Todestag. Die Zeit, Wien, 11. 10. 1906. 

Bachrich, S. Bruckner. Erinnerungen eines Musikers. Frankfurter Zeitung, 1.7. und 

9. 8. 1906. 

Hruby, Karl. Meine Erinnerungen an Anton Bruckner. Ostdeutsche Rundschau, 

Wien, 26. 2. 1901 und Forts. 
JoB, Viktor. Eine Erinnerung an Meister Bruckner. Osterreichische Musik- und Theater- 

zeitung, Wien, 15. 12. 1895. 
Keller, O. Zur Erinnerung an Anton Bruckner. Wochenschrift fur Kunst und Musik, 

Wien, 1.9. 1904. 
Kerschagl. Heitere Erinnerungen an Bruckners Lehrstunden. Neue Musikzeitung, 

Stuttgart, 32. Jahrg., No. 1. 

Kluger, Josef. Erinnerungen an Anton Bruckner. Drittes Jahrbuch des Stifles Kloster- 

neuburg. (Besprecbungen.) Deutsche MilitSrmusikerzeitung, Berlin, 5.5. 1911 und 

Munchener Zeitung, 26. 4. 1911. 

Lange, Fritz. Erinnerungen an Anton Bruckner. Neues Wiener Journal, Wien, 9. 10. 1906. 

Marschner, Franz. Erinnerungen an Anton Bruckner. Osterreichisch-ungarische 

Revue, Wien, 30. Jahrg. 1903, No. 1. 
Schmid, W. Erinnerungen an Bruckner. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 
Stradal, A. Erinnerungen an Anton Bruckner. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 34. Jahrg., 

No. 7—9. 
Anonym. Bruckner-Anekdoten. Neues Wiener Journal, Wien, 21. 9. 1913. 

„ Bruckner-Anekdoten. Die Zeit, Wien, 5. 9. 1904. 

Batka, R. Geschicbten vom alten Bruckner. Prager Tagblatt, 14. 8. 1906. 

„ Amiisante Bruckner-Anekdoten. (Prager Tagblatt.) Signale fur die musikalische 

Welt, Berlin, 7. 11. 1906. 

Graf, M. Bruckner in der Anekdote. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 

Anonym. Unbekanntes von Anton Bruckner. Neues Wiener Journal, Wien, 31. 3. 1911. 

„ Der Kaiser und Anton Bruckner. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 18. 2. 1906. 

„ Von Anton Bruckner (in Steyr). Neues Wiener Tagblatt, Wien, 5. 9. 1894. 

„ Anton Bruckner in Horsching. Neue Musikalische Presse, Wien, 15. 11. 1896. 

„ Entwurf eines Gesuches von Anton Bruckner an die Wiener Philharmoniker. 

Die Musik, Berlin, 4. Jahrg., Heft 4. 
„ Die Philharmoniker- und die Bruckner-Sinfonie. (Ein Brief Hans Richters.) 

Deutsche Zeitung, Wien, 11.3. 1894. 
„ Anton Bruckners Befinden. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 

15. 10. 1895. 
XIV. 22. 11 



162 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Anonym. Ubersicht fiber die Entstehung der Hauptwerke Bruckners. Neue Musik- 
zeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 
„ Literatur fiber Bruckner. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 

„ Bruckners Testament. Neue musikalische Presse, Wien, 18. 10. 1896. 

„ Kodizill zum Testamente Anton Bruckners. Neue musikalische Presse, 

Wien, 25. 10. 1896. 
„ Interessante Urteile eines franzosisctaen Musikkritikers fiber Bruckner. 

Neues Wiener Journal, Wien, 7. 4. 1914. 
Altmann, Wilhelm. Bruckners Opernplan. Die Musik, Berlin, 1. Jahrg., Heft 22. 
Batka, R. Bruckneriana. Linzer Tagespost, 23.4. 1911. 

Gollerich, A. Aufruf zu einer Bruckner-Biographie (Bitte um Uberlassung von Material 

zu einer in Vorbereitung begriffenen Bruckner-Biographie). Die Musik, Berlin 1902, 

Heft 10, Abendpost, Wien, 5. 3. 1902 und Deutsche Kunst- und Musikzeitung, 

Wien, 15.3. 1902. 

Grunsky, K. Zum Gedachtnisse A. Bruckners. Neue musikalische Presse, Wien, 

15. Jahrg., No. 19. 
Hofmann, Josef. Eine Rede Anton Bruckners. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1897, No. 3. 
Latzelsberger, Josef. Aphorismen fiber Prof. Dr. Anton Bruckner. Deutsche Kunst- 

und Musikzeituug, Wien, 9. 8. und 23. 8. 1900. 
Louis, R. Bruckner in Wien. Sfiddeutsche Monatshefte 1904, No. 7. 
Newald-Grasse, A. v. (Melk.) Neue Bruckneriana. Neue Musikalische, Presse, Wien, 

15. 2. 1908. 
P. A. Brucknergedachtnis in Wien. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 33. Jahrg., No. 47. 
Ritter, William. A. Bruckner a Notre-Dame de Fourviere. Lugdunum, Lyon, Juni 1908. 
„ „ A. Bruckner a Notre-Dame de Fourviere. Revue Musicale de Lyon, 

1. 1. 1910. 
Unbekannt. Bruckner als Orgelspieler in Paris. Gazette musicale, Paris, 9. 5. 1869, 
S. 157, Signale ffir die musikalische Welt, Leipzig, 24. 6. 1869, Zeit- 
schrift ffir katholische Kirchenmusik von Habert 1869, No. 8. 
„ Bruckner als Orgelspieler in London. Zeitschrift ffir katholische Kirchen- 

musik von J. E. Habert 1871, No. 9, Musikalisches Wochenblatt, 
Leipzig 1871, No. 34, Allgemeine Musikalische Zeitung, Berlin 1871, 
No. 36, Musical Standard, London, 12. 6. 1871 (nach R. Louis' 
Artikel „Anton Bruckner in Frankreich"). 
Bruckner-Nummern der Neuen Musikzeitung in Stuttgart 1902, No. 13, 15, 16 und 17. 

4. Cber Bruckner als Komponist 

Anonym. Melodie, Harmonie und Themabildung bei Anton Bruckner. Neue Musik- 
zeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 

Batka, R. Das Vordringen Bruckners. Kunstwart, 25. Jahrg., No. 6. 

Bekker, P. Anton Bruckner im Verhaitnis zu seiner Zeit. Allgemeine Musikzeitung, 
Berlin, 33. Jahrg., No. 40, 5. 10. 1906. 

Decsey, E. Anton Bruckner als Lehrer der Sechterschen Theorie. Erinnerungen 
und Beitrage. Die Musik, Berlin, 2. Augustheft 1907. 

Graf, M. Anton Bruckner. II. Der Entwickelungsgang. Die Musik, Berlin 1901, 
Heft 4 u. Forts. 

Halm, A. Bruckner als Melodiker. Kunstwart, 1905, No. 17—19. 

Halm, August. Uber den Wert der Brucknerschen Musik. Die Musik, Berlin, 1. 10. 1905. 

Helm, Th. Bruckner-Dirigenten. Osterreichische Musik- und Theaterzeitung, Wien, 
15. 12. 1895. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 163 



Helm, Th. Anton Bruckner als Tondicbter. Osterreichische Musik- und Theater- 
zeitung, Wien, November 1896. 
„ Bruckner als sein eigener Interpret. Neue Musikalische Presse, Wien 

1904, No. 23/24 und 1905 No. 1/2. 
Herbeck, M. R. v. Anton Bruckners Anfange. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 9. 10. 1906. 
Kiel, Max. 1st Anton Bruckner formlos? Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 
Lang, Oskar. Auf den Spuren Anton Bruckners. Propylaen, Munchen, 26. 9. 1913. 
Lange, Fritz. Die Anerkennung Bruckners. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 
Louis, Rudolf. Anton Bruckner, der Mann und sein Werk. Neue Musikzeitung, 
Stuttgart 1902, No. 13-16. 
„ „ Anton Bruckner in Frankreich und England. Die Musik, Berlin, 

1. 10. 1906. 
Marschner, F. Anton Bruckners „Wiederkunft". Neue Zeitschrift fur Musik, Leipzig, 

70.Jahrg., No. 17. 
Montandon, M. Un Symphoniste catbolique. La femme contemporaire, Paris, Mai 1904. 
„ Musicisti moderni. Anton Bruckner. Emporium, Bergamo, April 1906. 

Preiss, C. Cber die Einffihrung der Werke Anton Bruckners. Wochenschrift fur 

Kunst und Musik. Wien, 1. 7. 1905. 
Pfiringer, A. Bruckner-Sisyphus. Die Musik, Berlin, 1. 10. 1906. 
R. H. Besprechung der Eggscben biograpbiscben Skizze fiber Anton Bruckner. Die 

Presse, Wien, 10. 6. 1894. 
Ritter, William. Un grand symphoniste catbolique: Anton Bruckner. Revue generate, 
Bruxelles, Marz 1907. 
„ „ A propos de Bruckner. S. I. M. Paris, 3. Jahrg., No. 12, 15. 12. 1907. 

W. M. Ein Brucknerabend in der Hamburger Kunstgesellschaft (Vortrag Dr. Richard 

Sternfelds fiber Bruckner). Fremdenblatt, Hamburg, 16. 11. 14. 
Wellesz, E. La jeune 6cole viennoise (Imitations de Brahms, Bruckner et Mahler). 

Revue musicale mensuelle, S. I. M. Paris, 15. 3. 1912. 
Wymetal, W. v. Der Fall Bruckner, der Fall Hugo Wolf, der Fall Konrad Ansorge, 
der Fall Zemlinsky, der Fall Langmann. Tagesbote aus MShren und Schlesien, 
Brfinn, 21. 2. 1903. 

5. Bruckner und das Stift St. Florian 

Anonym. Anton Bruckners Beisetzung in St. Florian. Fremdenblatt, Wien, 16. 10. 1896. 
Gruber, Josef. Dr. Anton Bruckner im Stifte St. Florian. Ein biographischer Beitrag. 
Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 12. 4. und 10. 5. 1900. 

6. Briefe Bruckners und Briefe an Bruckner 

Anonym. Brief Anton Bruckners an den Linzer Musikverein aus dem Jahre 1863. 
(Es wird ihm die Leitung des Vereins angetragen und er antwortet.) 
Jubilaumsbuch des Linzer Musikvereins. 
„ Brief Paul Heyses an Anton Bruckner. Ulustriertes Wiener Extrablatt, 

Wien, 20. 12 1890. 
Briefe Bruckners an Mottl. Schwabische Chronik, Stuttgart, 19. 2. 1899. 
„ Ein Brief Bruckners (Lieber guter Freund! Ich habe keinen Verleger usw.). 

Die Musik, Berlin, 6. Jahrg., Heft 1. 
Graflinger, F. Unveroffentlichte Briefe von Bruckner. Neue Musikalische Presse, 
Wien, 14. Jahrg., No. 3. 
„ Brucknerbriefe. (Studie fiber Karl Waldeck). 1905. 

11* 



164 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

7. Gedenktafeln und Denkmale 

R. Die Enthullung der Gedenktafel fur Dr. Anton Bruckner in Ansfelden am 

12. 5. 1895. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 1. 6. 1895. 
Anonym. Das Brucknerdenkmal in Steyr. Neue Musikalische Presse, Wien, 12. 6. 1898. 
„ Aufruf fur ein Denkmal fur Anton Bruckner. Neue Musikalische Presse, 

Wien, 26. 2. 1899. 
„ Die Enthullung des Brucknerdenkmales. Abendpost, Wien, 25. 10. 1899. 

„ Die Enthullung des Brucknerdenkmales. Neues Wiener Journal, Wien, 

26. 10. 1899. 
H. Das Brucknerdenkmal. Fremdenblatt, Wien, 26. 10. 1899. 
Almeroth, C. Von zwei Wiener Meistern. Zur Enthullung des Brucknerdenkmales. 

Wiener Bilder, Wien, 29. 10. 1899. 
Fr— nn, A. Das Brucknerdenkmal im Wiener Stadtpark. (Mit Bild.) Neue Musik- 
zeitung, Stuttgart 1899, No. 22. 
F. F. Die 50jahrige Grundungs- und Stiftungsfeier der Liedertafel Vocklabruck, ver- 
bunden mit der Enthullung der dem Andenken Dr. Anton Bruckners gewidmeten 
Gedenktafel am 24. Mai 1900. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 
14. 6. 1900. 
Anonym. Die Enthullung des Anton Brucknerdenkmales in der Wiener Universitat. 
Neue freie Presse, Wien, 11.2. 1912. 
„ Anton Bruckner. (Zur Enthullung des Denkmales in der Wiener Universitat.) 

Neues Wiener Journal, Wien, 11. 2. 1912. 
„ Die Brucknerdenkmalfeier in der Wiener Universitat. Neue freie Presse, 

Wien, 12. 2. 1912. 
„ Die Errichtung einer Gedenktafel fur Anton Bruckner an dem Schulhause 

in Kronsdorf bei Steyr. Abendpost, Wien, 17. 6. 1913. 
GrSflinger, Franz. Bruckner-Gedenktafel. Enthullung in Kronsdorf. Neue Zeitschrift 
fur Musik, Leipzig 1913, No. 28. 

8. Bruckner in Beziehung zu anderen Kunstlern und PersOnlichkeiten 

Anonym. Brahms fiber Bruckner. Deutsche Militarmusikerzeitung, Berlin, 8. 4. 1910. 
Decsey, E. Wie Brahms und Bruckner sich verstanden. (Grazer Tagespost.) Deutsche 

Kunst- und Musikzeitung, Wien, 11. 10. 1900. 
H. W. Bruckner, Brahms und die Kritik. Sonn- und Montagszeitung, Wien, 19. 10. 1896. 
Kalbeck, M. Brahms und Bruckner. The New Music Review. Newyork, 11. Jahrg. 

No. 125. 
Perger, R. v. Bruckner und Brahms. Schweizerische Musikzeitung, Zurich 1907, 

No. 1/2. 
Seidl, A. Brahms-Bruckner-Parallele. Gesellschaft, Munchen 1902, No. 1. 
Zollner, H. Bruckner und Brahms. Leipziger Tagblatt, 13. 11. 1904. 
Stradal, A. Liszt und Bruckner. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 38. Jahrg., No. 31/32. 
Anonym. Fritz von Uhde und Anton Bruckner. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, 

Wien, September 1900. 
Batka, R. Anton Bruckner und Richard Wagner. (Prager Tagblatt.) Neues Wiener 

Journal, Wien, 24. 10. 1906. 
Morold, M. Anton Bruckner und Hugo Wolf. Vortrag, gehalten in der M Urania" in 

Wien. Neue freie Presse, Wien, 10. 1. 1912. 
Necker, M. Der Bischof Anton Bruckners. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 2. 7. 1912. 
Anonym. Paul Heyse als Bruckner-Verehrer. Frankfurter Zeitung, 10. 4. 1914. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 165 

9. Bruckner* Bilder und -Portraits 

Das Denkmal Anton Bruckners in Steyr. Wiener Bilder, Wien, 10. 7. 1898. 
Bruckner auf dem Sterbebette. Aufgenommen am 11. Oktober 1906. Musik, Berlin, 

1. Jahrg., No. 1. 
Dr. Anton Bruckner (mit eigenhandiger Unterschrift). Nach einer Heliogravure (aus 

dem Jahre 1894) des Verlages J. Lowy in Wien. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 1. 
Karikatur auf Anton Bruckner (KGB die Hand!) Musik, Berlin. 1. Jahrg., No. 4. 
Bruckner und Hanslick. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 14. 

Anton Bruckner-Plakette von J. Tautenhayn jun. Musik, Berlin, 3. Jahrg., No. 3. 
Anton Bruckner, Bild. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 20. 

Wagner und Bruckner. Schattenbild von Otto Bonier. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Anton Bruckner in der ersten Halfte der 60er Jahre. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Die Brucknerdenkmale in Wien und Steyr. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Das Brucknerzimmer in St. Florian und der Hauptplatz in Linz mit der Domkirche. 

Musik, Berlin, 6. Jahrg , No. 1. 
Das Stift St. Florian. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Siegesallegorie Bruckners. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 

Anton Bruckner nach einer Zeichnung von R. Loer. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Bruckners Geburtshaus in Ansfelden (Oberosterreich) und Bruckners Sarkophag in 

den Katakomben im Stifte St. Florian. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Dr. Anton Bruckner (mit eigenhandiger Unterschrift). Musik, Berlin, 6.Jahrg., No. 1. 
Bruckner im Himmel. Schattenbild von Otto Bohler. Musik, 6. Jahrg., No. 1. 
Anton Bruckner nach einem Lichtdruck von V. A. Heck, Wien. Musik, Berlin, 6. Jahrg., 

No. 1. 
Das Brucknerdenkmal in Wien. Musik, Berlin, 9. Jahrg., No. 3. 
Das Brucknerdenkmal in den Arkaden der Wiener Universitat von Tautenhayn. Musik, 

Berlin, 11. Jahrg., No. 15. 
Anton Bruckner vor der Orgel. Keller, Musikgeschichte, 4. Auflage, S. 588. 
Das Brucknerdenkmal in der Wiener Universitit. Leipziger Illustrierte Zeitung, 

22. 2. 1912. 
Die Gedenktafel fur Anton Bruckner in der Wiener Universitit. Neue Musikzeitung, 

Stuttgart, 21.3. 1912. 

10. Brucknerfeste 

Helm, Th. Ein Brucknerfest in Linz. Deutsche Zeitung, Wien, 23. 3. 1898. 
Anonym. Das erste Brucknerkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Lyra, Wien, 

15. 4. 1898. 
St. Das erste Brucknerkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Neue Zeitschrift fur 

Musik, Leipzig, 8. 6. 1898. 
Konigstorfer, A. Linz. Brucknerfeier am 22. 3. 1902. Musik, Berlin 1901, No. 14. 
F. G. Achtes Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Salzburger Volksblatt, 1. 5. 1913. 
Ae. P. Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Linzer Tagespost, 3. 5. 1913. 
Schmitz, E. Das Miinchner Brucknerfest. 20.2. und 21.2.1905. Signale fur die 

musikalische Welt, Leipzig, 63. Jahrg., No. 19,20. 
Gutmann. Das erste Brucknerfest. Musik, Berlin, 9. Jahrg., No. 23. 
Kyser, Hans. Wann feiern wir ein Brucknerfest? und Antwort von Emil Gutmann. 

Berliner Tageblatt, 16. 6. 1912. 
Graf, M. Ein Brucknerzyklus. Pester Lloyd, Budapest, 5. 11. 1910. 
Montandon, M. Le festival Bruckner. Bulletin de Part ancienet moderne, Paris, 11.3.1905. 
Kaiser, Georg. Funftes Symphoniekonzert der Kdniglichen Kapelle in Dresden. (Ein 

Brucknerkonzert.) Dresdner Nachrichten, 7. 2. 1914. 



166 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

11. Allgemeines fiber Bruckners Symphonieen 

Funtek, Leo, Helsingfors. Beitrage zum Studium und zur Darstellung Brucknerscber 

Symphonien. Die Musik, Berlin, 1. Novemberheft 1909. 
GeiBIer, F. A. Beitrage zum Verstandnis der Symphonien A. Bruckners. Chorgesang, 

Stuttgart, 15. Jabrg., No. 25 vom 16.3. 1900. 
Graf, M. Die symphonische Musik seit Brahms und Bruckner. Diskussionsabend am 

7. 11. 1905 in der Landessektion Osterreich-Ungarn der Internationalen Musik- 

gesellschaft, Wien. 
Grunsky, K. Bruckners Symphonien. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 22. Jahrg., No. 17. 
„ Bruckner als Symphoniker. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13. 

„ Zum Gedachtnisse Anton Bruckners. (Die Symphonien.) Neue 

Musikalische Presse, Wien, 20. 10. 1906. 
„ Bruckner-Symphonien. Kunstwart, 16. Jahrg., No. 10/11. 

Kalbeck, M. Bruckners Symphonien in Wien. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 2. 11. 1910. 
Komorzinsky, E. v. Bruckners Symphonikern. Finsk Musikrevy 1905, No. 17/18. 
Morold, M. Das Brucknersche Finale. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
O. A. Bruckners Symphonien. Finsk Musikrevy, Helsingfors 1907, Januar. 
Prelinger, F. Anton Bruckner als Symphoniker. Signale fur die musikalische Welt, 

Leipzig, 66. Jahrg., No. 11, 11.3. 1908. 
R. H. Eine neue Symphonic von Anton Bruckner. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1893, 

No. 1. 

12. Bruckners Erste Symphonic 

a) Allgemeines: 

Heuberger, R. Eine Symphonie von Bruckner. (Die Erste.) Neue Musikzeitung, 

Stuttgart, 1892, No. 1. 
Stradal, A. Bruckners Erste Symphonie in c-moll. Neue Zeitschrift fur Musik, Leipzig, 

79. Jahrg. No. 6. 

b) Auffuhrungen: 

In Berlin: Joseph Stolzing. Bruckners erste Symphonie. Die Post, Berlin, 4. 12. 1912. 
In Hamburg: H., Ch. Die c-moll Symphonie von Bruckner in Hamburg. Fremden- 

blatt, Hamburg, 11. 12. 1912. 
In Linz: St. Neue Zeitschrift fur Musik, 8.6. 1898. 

In Munchen: Hahn, A. Bruckner-Zyklus in Munchen. (Die Erste Symphdnie.) Munchner 

Zeitung, Munchen, 18. 10. 1910. 
Anonym. Bruckners Erste Symphonie in Munchen. Neueste Nach- 

richten, Munchen, 19. 10. 1910. 
In Wien: Graf, Max. Bruckner-Zyklus (Die Erste Symphonie.) Neues Wiener 

Journal, Wien, 28. 10. 1910. 

13. Bruckners Zweite Symphonie 

a) Allgemeines: 
Helm, Th. Bruckners Zweite Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 30. 11. 1894. 

„ Bruckners Zweite Symphonie. MusikalischesWochenblatt, Leipzig 7. 2. 1895. 

b) Auffuhrungen: 
In Mannheim: ck. 6. Musikalische Akademie in Mannheim. Bruckners Zweite 

Symphonie. Mannheimer Generalanzeiger, 4. 2. 1910. 
In Teplitz: Dw— n. Bruckners Zweite Symphonie in Teplitz. Tagblatt, Prag, 

31. 1. 1913. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 167 

14. Bruckners Dritte Symphonic 

a) Allgemeines: 
Hirschfeld, Robert. Anton Bruckners d-moll Symphonic Ein analytischer Versuch. 

Neue Wiener Musikzeitung, Wien, Februar 1891. 
Hirschfeld R. Anton Bruckner, Symphonic No. 3. Programmbuch der Philbar- 

moniker, Wien. 
B. Anton Bruckners Dritte Symphonic Bohemia, Prag, 3. 3. 1903. 

b) Auffuhrungen : 
In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Dritte Symphonie in d-moll in Leipzig. Neueste 

Nachrichten, Leipzig, 24. 11. 1912. 
In Wien: Anonym. Bruckners d-moll Symphonie in Wien. Neue Zeitschrift fur 
Musik, Leipzig, 8. 6. 1898. 
k. st. Viertes Philharmonisches Konzert. (Bruckners d-moll Symphonie.) 
Illustriertes Wiener Extrablatt, Wien, 23. 2. 1890. 

15. Bruckners Vierte Symphonie 

a) Allgemeines: 
Decsey, E. Das Hauptthema der Romantischen Symphonie. Neue Musikalische 

Presse, Wien 1904, No. 23/24. 
Gollerich, A. Das ursprungliche Scherzo der Romantischen Symphonie. Merker, 

Wien, 2. Jahrg., No. 2. 
Grunsky, K. Anton Bruckner und seine Es-dur Symphonic Karlsruher Zeitung, 

17. 11. 1902. 
Kothen, A. v. Bruckners Vierte Symphonie. Finsk Musikrevy, Helsingfors 1906 

No. 2/3. 
Ritter, William. La Vierte Symphonie de Bruckner. Revue Musicale de Lyon, 5.2.1911- 
Schelle, E., Bruckners Es-dur Symphonic Die Presse, Wien, Februar 1881. 

b) Auffuhrungen: 
In Dresden: G. K. Symphoniekonzert im Opernhause in Dresden. (Die Vierte 

Symphonie von Bruckner.) Dresdener Nachrichten, 12. 3. 1914 
In Frankfurt a. M.: r. Anton Bruckners Symphonie in E. in Frankfurt a. M. Neueste 

Nachrichten, Munchen, 1. 11. 1896. 
In Hamburg: H. Ch. Bruckners Romantische Symphonic (Aufffihrung in 

Hamburg unter Nikisch.) Hamburger Fremdenblatt, 23. 2. 1913. 
In Karlsruhe: rh. Bruckners Vierte Symphonie in Karlsruhe. Badische Presse, 

Karlsruhe, 23. 1. 1913. 
In Leipzig: Niemann, Walter. Bruckners Romantische Symphonie in Leipzig. 

Neueste Nachrichten in Leipzig, 23. 12. 1911. 
Niemann, W. Bruckners Romantische Symphonie in Leipzig. 

Neueste Nachrichten, Leipzig, 14. 12. 1912. 

16. Bruckners Ftinfte Symphonie 

a) Allgemeines: 
Anonym. Aufflndung einer Bruckner-Partitur. (Handschrift der Funften Symphonie.) 

Neueste Nachrichten, Munchen, 16. 11. 1904. 
Helm, Th. Zur Einfiihrung in Bruckners FCnfte Symphonic Deutsche Zeitung, 
Wien, 27. 2. 1898. 
„ Auffindung einer Bruckner-Partitur. (Manuskript der Funften Symphonic) 

Die Zeit, Wien, 16. 11. 1904. 



168 



DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT J915 



b) Auffuhrungen: 
In Berlin: Anonym. Funfte Symphonie von A. Bruckner. Staatszeitung, Berlin 

23. 3. 1913. 
In Breslau: Neufeldt, Ernst. Bruckners Funfte Symphonie in Breslau. Schlesische 
Zeitung, Breslau, 24. 1. 1913. 
Pliiddemann, P. Bruckners Funfte Symphonie in Breslau. Breslauer 
Zeitung, 24. 1. 1913. 
In Dresden: B. Bruckners Funfte Symphonie in Dresden. Dresdener Volkszeitung. 

(Leben, Wissen und Kunst.) 6. 2. 1913. 
In Karlsbad: Kfm. Bruckners Funfte Symphonie in Karlsbad. Tagblatt, Prag, 

9. 2. 1912. 
In Leipzig: Anonym. Bruckners Funfte Symphonie in Leipzig. Chorgesang, Leipzig 
1. 12. 1899. 
Segnitz, E. Die Funfte Symphonie Anton Bruckners in Leipzig. Tageblatt, 
Leipzig, 26. 11. 1910. 
In Munchen: r. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Neueste Nachrichten, 
Munchen, 4. 2. 1898. 
Porges, H. Musikfest im Kaimsaal in Munchen. Bruckners Funfte 

Symphonie. Neueste Nachrichten, Munchen. 5. 6. 1898. 
Louis, R. Konzert der Musikalischen Akademie in Munchen. Bruckners 
Funfte Symphonie. Neueste Nachrichten, Munchen, 13. 11. 1904. 
Louis, R. Die Funfte Symphonie von Anton Bruckner in Munchen. 

Neueste Nachrichten, Munchen, 1.2. 1911. 
Louis, R. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Neueste Nach- 
richten, Munchen, 26. 1. 1912. 
P. E. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Augsburger Abend- 
zeitung, Augsburg, 21. 3. 1913. 
In Stuttgart: S. Bruckners Funfte Symphonie in Stuttgart. Neues Tagblatt, Stuttgart, 

8. 3. 1912. 
In Wien: Helm, Th. Bruckners Funfte Symphonie und ihre Auffuhrung im ersten 

Konzert des Munchener Kaimorchesters. Deutsche Zeitung, 
Wien, 10.3. 1898. 
Heinrich, Reinhardt. Konzerte. Bruckners Funfte Symphonie. Wiener 

Tagblatt, Wien, 17. 4. 1899. 
Puchstein, H. Konzert zugunsten des Bruckner-Denkmals (Auffuhrung 
der Fiinften Symphonie und des 150. Psalms). Deutsches Volks- 
blatt, Wien, 18. 4. 1899. 
Helm, Th. Sechstes Philharmonisches Konzert. (Bruckners Funfte 

Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 25.2. 1901. 
Graf, Max. Bruckners Funfte Symphonie. Neues Wiener Journal, 

Wien, 28. 2. 1901. 
Wallaschek, R. Bruckners Funfte Symphonie. Die Zeit, Wien, 
21. 11. 1904. 



17. Bruckners Sechste Symphonie 

a) Allgemeines: 
Helm, Th. Bruckners Sechste Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 28. 2. 1899. 
G. K. Zwei Bruckner-Symphonieen. (Die Sechste und die Achte.) Neue Musik- 
zeitung, Stuttgart, 22. Jahrg. No. II. 



KELLER: BRUCKNER-L1TERATUR 169 

b) Auffuhrungen: 
In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Sechste Symphonie in Leipzig. Neueste Nach- 

richten, Leipzig, 22. 2. 1913. 
In Munchen: Bruckners Sechste Symphonie in A-dur in Miinchen. Der Sammler, 

Augsburger Abendzeitung, Augsburg, I. 12. 1908. 

18. Bruckners Siebente Symphonie 

a) Allgemeines: 

Gollerich, A. Ein Fest musikaliscben Fortschrittes. (Bruckners Siebente Symphonie.) 

Deutsches Volksblatt, Wien, 2. u. 7. 3. 1889. 
Humperdinck, E. Bruckners Siebente Symphonie in E-dur. Fremdenblatt, Wien, 

20. 12. 1895. 
Kalbeck, M. Dichter und Symphoniker. Eine zeitgemaBe Parallele. (Bruckners E-dur 

Symphonie.) Die Presse, Wien, 3. 4. 1886. 
Lucka. Die Siebente Symphonie in E-dur. Der Merker, Wien, 2. Jahrg., No. 10. 

b) Auffuhrungen: 

In Breslau: Neufeldt, E. Bruckners Siebente Symphonie in Breslau. Schlesische 

Zeitung, Breslau, 24. 10. 1913. 
Pollak, E., Bruckners Siebente Symphonie in Breslau. Breslauer Zeitung, 

24. 10. 1913. 
In Hamburg: Ch., H. Bruckners Siebente Symphonie unter Hausegger in Hamburg. 

Fremdenblatt, Hamburg, 7. 2. 1912. 
In Leipzig: Schalk, Franz. Die erste Auffiihrung von Anton Bruckners Siebenter 

Symphonie im Stadttheater in Leipzig (30. 12. 1884). Deutsche 

Kunst- und Musikzeitung, Wien, 23. 3. 1885. 
In Munchen: j. S. Auffiihrung der Siebenten Symphonie (E-dur) von Anton Bruckner 

im Konzert der Koniglichen Musikakademie in Munchen. Deutsche 

Kunst- und Musikzeitung, Wien, 23. 3. 1885. 
In Stuttgart: s. Bruckners Siebente Symphonie in Stuttgart. Neue Musikzeitung, 

Stuttgart, 1897, No. 6. Neues Tagblatt, Stuttgart, 13. 12. 1912. 
In Wien: K.St. Wiener Konzertrevue. (Bruckners Siebente Symphonie.) Illustriertes 

Wiener Extrablatt, Wien, 26. 3. 1886. 
Bienenfeld, E. Die Siebente Symphonie von Bruckner. Neues Wiener 

Journal, Wien, 9. 1. 1911. 
r. Bruckners Siebente Symphonie in Wien. Neue freie Presse, Wien, 

15.2. 1912. 

19. Bruckners Achte Symphonie 

a) Allgemeines: 
E. M. Anton Bruckners Achte Symphonie. Programmbuch des Konzertvereins, Wien, 

3. 12. 1903. 
Helm, Th. Bruckners Achte Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 18. 12. 1892. 

„ Bruckners Achte Symphonie und die Wiener Kritik. Deutsche Zeitung, 

Wien, 28. 12. 1892. 
„ Bruckners Achte Symphonie. MusikalischesWochenblatt, Leipzig, 29. 12.1892. 

„ Bruckners Achte Symphonie. Osterreichische Musik- und Theaterzeitung, 

Wien, 15. 12. 1895. 
Stoecklin, P. de. Bruckners Achte Symphonie und der Pangermanismus. Courrier 
musical 1909, No. 23. 



170 



DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 



b) Auffuhrungen: 

In Berlin: Paul Geyer. Bruckners c-moll Symphonie No. 8 in Berlin. Der Reicbs- 

bote, Berlin, 26. 2. 1913. 
In Dresden: P. Bruckners Achte Symphonie in Dresden unter Nicode. Neue 
Musikzeitung, Stuttgart, 1896. No. 5. 
Maurice, Alphonse. Die erste Auffuhrung der Achten Symphonie von 
A. Bruckner in Dresden. Osterreicbische Musik- und Theater- 
zeitung, Wien, 1. 1. 1896. 
In Karlsruhe: rh. Bruckners Achte Symphonie in Karlsruhe. Badiscbe Presse, Karls- 
ruhe, 7. 12. 1911. 
In Mannheim: Helm, Th. Bruckners Achte Symphonie in Mannheim. Deutsche 

Zeitung, Wien, 14. 1. 1901. 
In Munchen: Louis, Rudolf. Bruckners Achte Symphonie. Neueste Nachrichten, 
Munchen, 2. 2. 1900. 
Louis, Rudolf. Bruckners Achte Symphonie in Munchen. Neueste 

Nachrichten, Munchen, 9.3. 1911. 
P. E. Bruckners Achte Symphonie und das Tedeum (Auffuhrung in 

Munchen). Augsburger Abendzeitung, Augsburg, 9. 4. 1913. 
Louis, R. Bruckners Achte Symphonie und das Tedeum. Neueste 
Nachrichten, Munchen, 9. 4. 1913. 
In Wien: Mandyczewski, E. Das 4. philharmonische Konzert. (Bruckners 

Achte Symphonie.) Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 
1. 1. 1893. 
Kauders, A. Bruckners Achte Symphonie. Fremdenblatt, Wien, 9. 3. 1903. 



20. Bruckners Neunte Symphonie 

a) Allgemeines: 

Eine Partiturseite aus Anton Bruckners Neunter Symphonie. Die Musik, Berlin, 

1. Jahrg. No. 5. 
Zu Bruckners Todestag. Eine Partiturseite seiner Neunten Symphonie. Neues 

Wiener Journal, Wien, 10. 10. 1901. 
Ein Blatt von dem unvollendet gebliebenen Satze der Neunten Symphonie Anton 

Bruckners. Die Musik, Berlin, 6.. Jahrg. No. 1. 
Anonym. Bruckner uber seine „Neunte". Die Zeit, Wien, 23. 6. 1912. 
Auer, M. Bruckners „Neunte". Salzburger Volksblatt, 16. 8. 1906. 
Batka, R. Bruckners Neunte. Kunstwart, 1908, No. 19. 
GoIIerich, A. Bruckners d-moll Symphonie. Ein Beitrag zu ihrer Leidens- und 

Ruhmesgeschichte. Deutsche Zeitung, Wien, 10. 4. 1900. 
Grunsky, K. Bruckners Neunte Symphonie. Die Musik, Berlin, 2. Jahrg. No. 11. 

„ Bruckners Neunte Symphonie. Eine Wurdigung und Analyse des 

Werkes. Neue Musikalische Presse, Wien, 19. 3. No. 12 u. Forts. 

„ Bruckners Neunte Symphonie. Die Musik, Berlin 1903, 1. Marzheft. 

„ Bruckners Neunte Symphonie. Der Klavierlehrer, Berlin, 26. Jahrg., No. 6. 

„ Bruckners Neunte Symphonie. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 5. 3. 1903. 

Helm, Th. jun. Bruckners Neunte Symphonie. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 1908, 

No. 6 u. Forts. 
Hirschfeld, R. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Programmbuch der Wiener 

Philharmoniker. 
Ottenheimer. Bruckners Neunte Symphonie. Kunstwart, 21. Jahrg. No. 19. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 



171 



Pastor, W. Bruckners Neunte Symphonic Beilage zur Taglichen Rundschau, Berlin, 

1902, No. 286. 
Rietsch, H. Ein Akkord in Bruckners Neunter Symphonic Neue Musikzeitung, 

Stuttgart, 1912, No. 13. 
StrauB, J. Anton Bruckners Neunte Symphonic Wochenschrift fur Kunst und Musik, 

Wien, 1. Jahrg., No. 11. 
Ziehn, B. Uber den ersten Akkord im Scherzo der Neunten Symphonie von Anton 

Bruckner. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 30. Jahrg. No. 28 u. 29. 

b) Auffuhrungen: 
In Dresden: Kaiser, Georg. Bruckners Neunte Symphonie in Dresden. Dresdner 
Nachrichten, 16.3. 1911. 
Kaiser, Georg. Bruckners Neunte und das Tedeum in Dresden. 
Dresdner Nachrichten, 7. 2. 1913. 
In Dusseldorf: Bruckners Neunte in Diisseldorf. Deutsche Militarmusikerzeitung, 

Berlin, 11. 11. 1910. 
In Hamburg: W. M. Bruckners „Neunte" in Hamburg. Fremdenblatt, Hamburg, 

18. 2. 1914. 
In Koln: Anonym. Bruckners „Neunte" in Koln. Volkszeitung, Koln, 24. 1. 1912. 

In Leipzig: Segnitz, E. Bruckners Neunte Symphonie in Leipzig. Leipziger Tage- 

blatt, 11.2. 1911. 
In Munchen: Louis, R. Bruckners Neunte Symphonie in Munchen. Neueste Nach- 
richten, Munchen, 12.4.1911. 
In Wien: Fromm, Karl Josef. Bruckners „Neunte a . Zur Urauffuhrung. Deutsches 

Volksblatt, Wien, 11.2. 1903. 
Graf, Max. Eine Bruckner- Premiere. (Neunte Symphonie.) Neues 

Wiener Journal, Wien, 12. 2. 1903. 
Graf, Max. Die Neunte Symphonie Bruckners. Hamburger Nach- 
richten, 15. 2. 1903. 
Grunsky, K. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Erste Auffuhrung in 
Wien am 11.2.1903. Allgem. Musikzeitung, Berlin, 30.Jahrg., No. 8. 
Hirschfeld, R. Anton Bruckners „Neunte B . Abendpost, Wien, 14.2. 1903. 
Karpath, L. Bruckners M Neunte". Der Tag, Berlin, 1903 No. 77. 
Kauders, A. Bruckners Neunte Symphonie. Fremdenblatt, Wien, 

17. 2. 1903. 
Korngold, J. Bruckners Neunte Symphonie. Neue Freie Presse, Wien, 

21. 2. 1903. 
NeiBer, Artur. Wiener Musikleben. (Bruckners Neunte.) Neueste 

Nachrichten, Munchen, 13. 2. 1903. 
NeiBer, Artur. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Urauffuhrung 
in Wien. Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft, 
Leipzig, IV. Jahrg., Heft 6, Seite 313. 
Pizzicato. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Sonn- und Montags- 

zeitung, Wien, 16. 2. 1903. 
Stefan, Paul. Urauffuhrung von Bruckners Neunter Symphonie. Tages- 
post, Linz, 13. 2. 1903. 



SchluB folgt 



DIE REINE STIMMUNG 
UND DIE INTONATIONSLEHRE 

VON JOSEPH BLOCH IN BUDAPEST 



jtnkniipfend an den lehrreichen Bericht von Carl Robert Blum im 
/% 1. Juniheft 1915 der „Musik" iiber das Puhlmannsche Harmonium- 
X m.konzert im Musiksaal der Firma „Schiedmayer Pianofortefabrik", 
Berlin, sei mir gestattet, einige Bemerkungen zu machen, welche geeignet 
sein diirften, die von den Musikern etwas stiefmiitterlich behandelte Frage 
der reinen Stimmung mehr in den Vordergrund zu riicken. Das will aber 
keineswegs besagen, daB die reine Stimmung die temperierte zu ersetzen 
geeignet ware. Das „KompromiB", welches als Ergebnis die temperierte 
Stimmung zeitigte, diirfte noch lange anhalten, obwobl es in den letzten 
Jahren an mannigfachen Versuchen, dasselbe zu verdrangen, ganz und gar 
nicht fehlte. Es sei nur auf die von Busoni angeregten Dritteltone und 
an die von Stein empfohlenen Vierteltone hingewiesen. Hier soil jedoch 
nur hauptsachlich von der reinen Stimmung gesprochen werden, welche 
— abgesehen von der wissenschaftlich - akustischen Seite — noch eine 
andere Bestimmung zu erfullen hat: namlich die Festlegung der Intonations- 
lehre zu ermoglichen. Es ist dies eine in den weitesten Kreisen unbe- 
kannte Theorie, unbekannt, weil das Intonieren im allgemeinen nur votn 
praktischen Standpunkte aufgefaOt wird. Man sagt: wer gutes Gehor hat, 
wird richtig intonieren; bei mangelhaftem Gehor niitzt auch die schonste 
Theorie nichts. Das mag ja richtig sein. Doch laBt sich vorderhand gar 
nicht bestimmen, ob diese Theorie uns nicht doch bei der Bildung des 
Gehors behilflich sein wird? Wenn wir aber auch annehmen, daC sie von 
gar keinem EinfluB in der ausubenden Kunst, beispielsweise auf die 
Technik der linken Hand bei den Streichinstrumenten ist, sollen wir uns 
damit zufrieden geben? Sollen wir uns damit begnugen, daB wir bei un- 
richtiger Intonation unbewuCt, instinktiv auf dem Griffbrett hin- und her- 
gleiten? Der Mensch trachtet in allem die Ursachen, die geheimen Faden 
zu ergriinden, und der denkende Musiker darf mit Recht fragen, wie jene 
GesetzmaBigkeiten zu formulieren sind, deren Bestand und Geltung unwill- 
kiirlich empfunden werden, und in die er trotzdem nicht eingeweiht wird. 
Jeder Lehrer eines Streichinstrumentes kann die Erfahrung machen, 
daB die Schiiler mit gutem Gehor (auch solche mit sog. absolutem Gehor) 
in der ersten Zeit des Unterrichts haufig anders greifen, als wir es ge- 
wohnt sind. Die groflen Terzen, die groBen Sexten sind meist zu tief, die 
kleinen Terzen und Sexten zu hoch usw. Die Ursache? Sie haben noch 
ihr unberiihrtes (man mochte sagen: von der Kultur unbelecktes) Gehor 
und greifen absolut rein; die haufige Kontrolle mit den leeren Saiten wie 



BLOCH: DIE REINE STIMMUNG 173 

auch die Heranziehung des Klaviers beim Unterricht zwingt sie dann itn 
Laufe des Lehrganges zum Verlassen des naturlichen Tonsystems und zur 
haufigen Anwendung der zwolfstufigen gleichschwebenden Temperatur. Auch 
der erwachsene, ausgebildete Musiker klammert sich an die absolute Ton- 
reinheit, doch stellen sich dem viele Hindernisse entgegen; namentlich 
sind es Griinde technischer, akkordlicher, physiologischer und psycho- 
logischer Art. Man mutt sich also zu Konzessionen bequemen. Das be- 
deutet aber nicht, dafi unser Ohr schlechter wurde, hierfiir ist die har- 
monische Entwickelung der Musik der schlagendste Beweis. 

Jeder geiibte Spieler eines Streichinstrumentes weiB ganz gut, daC er 
mit der temperierten Stimmung allein sein Auskommen nicht finden kann. 
Denn weshalb greift er oft fis hoher als ges, oder ces tiefer als h? Das 
geschieht nicht, um die reine Stimmung zu bevorzugen, da im naturlichen 
Tonsystem ges hoher liegt als fis und h tiefer als ces, sondern es ge- 
schieht, um in das spater zu erlauternde dritte System, das pythagoreische, 
zu verfallen. In dem eingangs erwahnten Bericht sagt Blum ganz richtig, 
daO es unmoglich sei, auf den Streichinstrumenten ausschliefilich in der 
reinen Stimmung zu spielen. Hierzu muC bemerkt werden, dad das pytha- 
goreische System ebenso wie die temperierte Stimmung nur als Nothelfer 
gebraucht werden. Haufig machen Finger und Ohr, in Notlage versetzt, 
diese Konzession, doch wo und wann nur moglich, wird den Erfordernissen 
der absoluten Reinheit gemaO intoniert. 

In der Praxis begegnet das gute Vorhaben so manchen Schranken. 
Ein wesentliches Hindernis beim absolut reinen Spiele bilden die vier 
leeren Saiten als streng fixierte Tonhohen. Wahr ist, daC, ausgenommen 
die unterste (die man anderswo nicht greifen kann), es scheinbar moglich 
ware, die leeren Saiten zu ubergehen, doch in der Praxis wird das bei- 
nahe unmoglich, weil wir einerseits die leeren Saiten zu gewissen Doppel- 
griffen und beim Unterrichte zur Kontrolle der verschiedenen Griffe 
benotigen, andererseits gibt es in den Musikstucken Partieen, deren Vortrag 
ohne Benutzung der leeren Saite kaum denkbar ist; oft fordert es der 
Komponist ganz direkt. Wie konnte man z. B. in Bachs VI. Sonate fur 
Violine die leere Saite auslassen? 

Doch nicht allein die vier Tone der leeren Saiten sind fixiert; die- 
selben Tone, ebenso wie deren Oktaven, sind festgehalten, auch wenn sie 
nicht auf der leeren Saite erklingen. Spielt man einen von diesen Tonen: 

gva gva gva gva 



No. 1 






mB^m 



auf der Geige, so klingt die gleichnamige, unberiihrte Saite mit, wodurch 



174 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

der betreffende Ton heller erglanzt. Bei den Instrumenten der alten 
Italiener fallt das sofort auf. Ganz besonders klammern wir uns an die 
soeben erwahnten fixierten Tonhohen bei kurzen Notenwerten. Bei langeren 
Tonen muC hiervon haufig abgesehen werden, denn in solchem Falle miissen 
wir uns unbedingt dem schon bestehenden Akkorde anpassen. Ein noch 
groBeres Hindernis entsteht dadurch, daB die Applikatur der Geige (infolge 
der Quintenstimmung) eine Menge von solchen fixierten Tonhohen an den 
Tag fordert, ist ja doch der Quintengriff fiir den Griff der meisten Intervalle 
bestimmend. 

DaB die vier leeren Saiten der absolut reinen Intonation faktisch im 
Wege stehen, beweist das folgende Beispiel: 



No. 2 



Sind die Saiten rein gestimmt und greift man auf der A-Saite mit 
dem ersten Finger ein h, das mit der leeren E-Saite eine reine Quarte 
bildet, dann wird dasselbe h, mit der leeren D-Saite gespielt, zu keiner 
reinen groOen Sext fuhren. Um damit die Sext einwandfrei konsoniere, 
muC der Finger etwas herabgezogen (bzw. verflacht) werden, wodurch der 
Ton etwas tieferen Klang erhalt. Es beweist dies zugleich, daB die beiderlei 
Arten von Ganztonen auch in der Praxis gebraucht werden, und daB auch 
mit absoluter Reinheit gespielt werden kann. Natiirlich nicht immer! 
Sollen einmal die obigen drei Tone zu gleicher Zeit gespielt werden, dann 
miissen wir uns an das pythagoreische System oder an die temperierte 
Stimmung wenden. 

Nehmen wir ein anderes Beispiel: 



n ° • ° 





J ._ 




1 1 u ' 


A '" fj 3^ 




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frts r-< Y \ 


«K- -Sr 






*J7 cr- 


O 


%J \ 


fi 





No. 3 



Hier ist im ersten Takte a — h groBerer Ganzton als h — cis; im 
zweiten Takte aber ist a — h kleinerer Ganzton als h — cis. Wir muBten 
also, streng der absoluten Reinheit gehorchend, zweierlei h greifen, das 
erste hoher, das zweite tiefer. Die Differenz ist aber so gering, daB sie 
von dem groBten Teil der Spieler entweder gar nicht erkannt oder nicht 
beachtet wird. 

Zahlreiche physikalische Erscheinungen sprechen fiir das gute Recht 
der reinen Stimmung. Am auffalligsten die Tatsache, daB beim harmonischen 
Zusammenklingen von zwei oder mehreren musikalischen Tonen hohere 
Partial- oder Aliquottone, sogenannte Obertone, horbar werden, die im 
Hauptklange enthalten sind und diesem Kraft, Glanz, Helligkeit, kurz mehr 
Leben verleihen. 



BLOCH: DIE REINE STIMMUNG 175 

Einem anderen Phanomen begegnet man bei den Flageolettonen, einem 
weiteren beim Klopfen mit dem Finger auf der mittonenden Saite; letztere 
Erscheinung hat mit dem unter Notenbeispiel No. 1 erwahnten Phanomen 
Ahnlichkeit. Hierher gehoren auch die Kombinationstone, die bei der 
Intonation von Doppelgriffen vorziiglichen Dienst tun. 

Ganz ausgeschlossen ist daher die reine Stimmung bei den Streich- 
instrumenten nicht. Neben der temperierten wird auch diese Stimmung an 
einzelnen Stellen gebraucht, besonders bei ruhigen, respektive lang aus- 
gehaltenen, konsonierenden Akkorden, hauptsachlich da, wo nur Streich- 
instrumente wirken, (2 Violinen, Streichquartett usw.). Neben diesen zwei 
Systemen wird auf den Streichinstrumenten sehr haufig noch ein drittes 
gebraucht: das pythagoreische. Dieses System hat bekanntlich die reine 
Quinte zur Grundlage (2 : 3), samtliche Tone werden mit Hilfe dieses 
Intervalls berechnet. Die Hauptmotive, weshalb dieses System so haufig 
bei den Streichinstrumenten angewendet wird, sind: die Quintenstimmung 
und das hieraus folgende Griffsystem. 

Die aus der Stimmung hervorgehenden Konsequenzen sind uns bereits 
bekannt. Sucht man, von der leeren G-Saite der Violine ausgehend, die 
reine Sext, so findet man das absolut reine e 1 ; sucht man aber durch 
Quintenschritte einen ahnlichen Ton, so mutt man bis zum e s hinauf- 
gehen (g — d 1 — a 1 — e 2 ); der letztere Ton aber wird mit dem vorigen nicht 
verschmelzen, weil er etwas hoher ist. Das e 9 ist weder das absolut 
reine, noch das temperierte, sondern das pythagoreische e. Dem Geiger 
jedoch klingen die vier leeren Saiten mit ihren fixierten, fur ihn stets 
bestimmenden Tonen fortwahrend im Ohr, und daher wird er bereits das 
e 1 nicht absolut rein, sondern pythagoreisch intonieren. Einerseits hat 
sich nun sein Ohr daran gewohnt, das untere e mit der leeren E-Saite 
in Einklang zu bringen, zumal er die beiden offers nebeneinander oder 
zugleich spielt, andererseits hat sich auch sein Griff daran gewohnt und 
das Intonieren geschieht nunmehr ganz instinktiv. 

Und ebenso ergeht es uns mit den meisten Tonen, denn leere Saiten 
kommen in zahlreichen Tonarten (C-, G-, D-, A-, E-, H-, F-, B-, Es-, 
As-dur, a-, e-, h-, fis-, cis-, gis-, d-, g-, c-, f-, b-, es-, as-moll) vor, und 
in Skalen, wo keine leere Saite figuriert, bringt die Modulation oder 
Enharmonie eine der obengenannten Tonarten zum Vorschein, so daO wir 
es friiher oder spater mit der leeren Saite von neuem zu tun haben. 

Noch in erhohterem MaDe ist der Geiger auf das pythagoreische Into- 
nieren angewiesen infolge des aus der Quintenstimmung hervorgehenden 
Griffsystems. Bei dieser Stimmung erhalt man bekanntlich, sobald man 
irgendeinen Finger auf zwei benachbarte Saiten, an welche Stelle des 
Griffbrettes immer, niederlegt, wieder nur Quinten. Solche Quinten gibt 
es eine Menge; es ist uns auch moglich, den einen Ton selbst zu 



176 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

bildcn; der andere in dem Quintengriffe hangt vom vorigen ab, wodurch 
eine Anzahl von solchen fixen Tonen entsteht. 

Die vorhin gemachte Erfahrung in bezug auf die leere G- und E-Saite 
wiederholt sich daher fortwahrend, und so kommen wir imroer wieder in 
die Lage, pythagoreisch zu intonieren. Hierzu nehme man noch, daD auf 
der Violine die Intonation eines groQen Teiles der Intervalle sich der 
Quint anpaOt: so die der verminderten und ubermaCigen Quint, der groBen 
und kleinen Sext, der ubermaOigen und reinen Quart und einigermaOen 
auch die der Terzen, indem wir beim Griffe derselben gleichfalls von der 
Quintenvorstellung geleitet werden. Man kann also sagen: der Geiger 
benutzt in den meisten Fallen das pythagoreische System, das infolge der 
technischen Einrichtung seines Instrumentes ihm am nachsten liegt. (Das- 
selbe gilt auch fur den Bratschisten und den Cellisten.) 

Es kann hier natiirlich die Lehre von der Intonation nicht ausfuhr- 
lich behandelt werden, 1 ) ich will nur noch kurz das Ergebnis meiner Er- 
fahrungen mitteilen. 

Auf den Streichinstrumenten intoniert man nach drei verschiedenen 
Systemen, und zwar auf Grund der 

1. absolut reinen Stimmung, 

2. pythagoreischen Stimmung, 

3. temperierten Stimmung. 

Der Unterschied zwischen diesen drei Systemen — in betreff der 
Tonhohen — ist kein iiberaus bedeutender, weshalb auch in der Praxis 
jene Systeme nebeneinander und abwechselnd gebraucht werden, ohne daD 
eine wesentlichere Schwankung oder eine Vergewaltigung des Gehor- 
apparates eintreten wiirde. 

So ist die reine Stimmung eigentlich doch nicht tot, sie lebt noch 
immer weiter — friedlich-nachbarlich verkehrend mit anderen Systemen 
— in der Lehre von der Intonation. Mit der Entwickelung der akustischen, 
physiologischen und psychologischen Wissenschaften wird es der spateren 
Forschung ermoglicht werden, diese Theorie weiterzubilden und z. B. klar- 
zustellen: Wo, wieso und warum der Ubergang von einem System in das 
andere stattfindet? 

] ) Interessenten seien auf die M Doppelgriff-Schule u , II. Teil, von J. Bloch (Buda- 
pest, Rozsnyai) verwiesen. 



VOM AUSKLINGEN DES MEISTERGESANGS 

VON PROF. DR. WERNER DEETJEN IN HANNOVER 



Uber das Ausklingen des Meistergesangs berichtet die sonst so aus- 
fuhrlicbe Monographic von Kurt Mey „Der Meistergesang in Ge- 
schichte und Kunst" ') nur kurz. Es sei darum hier auf Grund 
alter verschollener Nachrichten, die auch Schnorr von Carolsfeld 2 ) und 
anderen Forschern entgingen, eine Erganzung gegeben. 

Wahrend die meisten Singschulen mit dem Untergang der Reichsver- 
fassung zerfielcn, erhielt sich die zu Ulm durch eine besondere Gunst der 
Umstande noch mehrcre Jahrzehnte. 3 ) Zu dieser an sich bekannten Tat- 
sache entnehme ich zeitgenossischen Tagesblattern noch folgendes: Zwar 
muOten die Ulmer Meistersanger ihre „Schaustube" auf dem Rathause 
raumen, wo sie Jahrhunderte hindurch jeden Sonntag „Schule" gesungen und 
dazu das Publikum durch Aushangen und Offnen der „Schultafel" eingeladen 
hatten; aber einige Zeit war ihnen noch die Benutzung eines anderen oftent- 
lichen Raumes gestattet, und als sie auch diesen verlassen muDten, setzten 
sie ihre Ubungen in der Herberge fort. 

Im Jahre 1830 hatte die Vereinigung noch zwolf — meist alte — Mit- 
glieder und schmolz 1839 trotz verschiedener Versuche, neue Krafte zu 
gewinnen, auf vier Mann zusammen, die gerade hinreichten, das „ehrbare 
Gemerk" zu bilden. Noch sangen sie zuweilen die alten Weisen Oder „T6ne" ; 
ihre Lieder waren inhaltlich meist von geringem Gehalt, die Komposition 
aber, „obwohl selten groQartig, schon oder anmutig, doch haufig sehr kiinstlich 
oder hochst merkwiirdig", so daB es fast unbegreiflich erscheint, wie eine 
stattliche Zahl von solchen „Tdnen" bei Mannern einer niederen Bildungs- 
stufe, die keine Noten kannten, sich nur durch die Uberlieferung des Gehors 
solange erhalten konnte. 

Von ihrem B Kleinod a , d. h. ihrem Eigentum an Gold und Silber, das 
noch im achtzehnten Jahrhundert nicht ganz unbetrachtlich gewesen sein soil, 
war zur Zeit der Kriegsnot von den der armsten Klasse angehorigen Mit- 
gliedern das meiste verauQert worden. Da die letzten vier Mitglieder mit 
der in absehbarer Zeit notwendigen ganzlichen Auflosung der Ulmer Sing- 
schule rechnen muOten, beschlossen sie fur die Rettung des noch Vor- 
handenen Sorge zu tragen und iibergaben es mit einer besonderen 
Schenkungsurkunde dem Ulmer Liederkranze, der es sich seinerseits zur 
Pflicht machte, die unvermogenden Geber nicht zu schadigen. 

Der Text der Urkunde lautet: 



') 2. Aufl. Leipzig, 1910. (Herm. Seemann, Nachf.) 

■) Zur Geschichte des deutschen Meistergesangs. Berlin, 1892. 

3 ) Uhland, Schriften II, S. 297, F. 

XIV. 22. 12 



178 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

„Wir unterzeichneten, einzig noch ubrigen Mitglieder der von 
Alters her in Ulm bestehenden Meistersangergesellschaft haben in der 
Voraussicht, daQ mit uns die letzten Weisen des alten Meistergesangs 
verklingen werden, und in der Absicht, so weit es von uns abhangt, 
die Wahrzeichen einer ehrwiirdigen, in den Tagen der Vater weithin 
und tief einwirkenden Anstalt den kommenden Geschlechtern zu er- 
halten, rucksichtlich des von den Vorfahren iiberkommenen Eigenthums 
folgenden BeschluC gefaBt: es soil dieses Eigenthum, bestehend in der 
Schultafel mit den Originalgemalden unserer Fahne, sammt dieser 
Fahne und den dazu gehorigen alten Kleinodien, deOgleichen der Lade, 
den Tabulaturen, Schul- und Liederbiichern und einigen andern Gegen- 
standen dem Liederkranze zu Ulm, als dem natiirlichen Nachfolger 
und Stellvertreter des alten Meistersangerthums in der neuen Zeit, 
hiermit zu einem freien Geschenk gegeben seyn, mit der Bitte, das- 
selbe wohl zu bewahren, und die Fahne bei Festziigen und andern 
Gelegenheiten, getragen von einem von uns, so lange noch einer von 
uns am Leben, neben den seinigen als die seinige zu fuhren, und mit 
dem Wunsche, daQ, gleichwie der Meistersanger Tafel Jahrhunderte 
herab die frommen Vater zum Horen ihrer Weisen lud, so Jahr- 
hunderte hinab die Banner des Liederkranzes wehen, und seine Lieder 
spaten Enkeln tonen mogen. 

Ulm, den 21. October 1839. 

Das Gemerk der letzten deutschen, der Ulm'schen 

Meistersanger. (Es folgen die Unterschriften des 

Biichsenmeisters, Schliisselmeisters, Werkmeisters, 

Kronmeisters.) 

Als die Presse iiber dies Ereignis Mitteilungen machte, fiihlte sich 
ein Poet, namens E. Straube, bewogen, es zu besingen. Sein Gedicht, das 
in der „ Wiener Zeitschrift fur Kunst, Literatur, Theater und Mode" (1839 
Nr. 137) erschien, mag, wenn es auch hoheren Anspruchen dichterisch 
nicht geniigt, hier Platz finden, urn zu bezeugen, welche Bedeutung ein 
Zeitgenosse dem Ereignis beilegte: 

Die Meistersanger von 1 839 

Zu Ulm auf der Herberg, im fernsten Gemach, 
Sind spat noch vier eisgraue Mannlein wach! 

Sie sitzen beysammen am eichenen Tisch, 
Vor ihnen steht Braten und Wein und Fisch. 

Doch mundet Keinem das Essen, im Wein 
Fallt manch' eine bittere Zahre hinein. 



DEETJEN: AUSKLINGEN DES MEISTERGESANGS 179 

Und Einer erhebt sich und spricht bewegt: 
n Es geht zur Neige, die Stunde schlagt; 

Nicht schmahe man einst in's dunkle Grab 
Den Letzten der MeistersMnger hinab; 

Die Zeit hat geiibt ihr grausames Recht 
In unserem ganzen, uralten Geschlecht: 

Die Meister starben, die Sanger auch, 

Kein Lehrling mehr fand sich nach unserem Brauch: 

Die Beerweis, die Pfeilweis, die Krummzinkenweis, 
Es hort sie, es achtet sie Keiner mit FleiO; 

Ein neues Singethum tont durch die Welt, 
Dem nur die zerrissene 1 ) Weis mehr gefallt; 

Das glatte Singen achten sie nicht, 
Des Merkers Rede ist sonder Gewicht; 

Es singet und seufzet nun jeder Duns, 

Da drauCen wissen sie kaum mehr von Uns; 

Wir sind die Letzten und sterben wir bin, 

Wem bliebe das Kleinod der Zunft als Gewinn? 

Drum laOt uns vererben das heilige Gut 
In wackerer Sanger Treu und Hut; 

DieQ sey unsre letzte Innungsnacht, 
Und feyerlich ein Testament gemacht. 

Herr Eschenbach, Klingsohr und Frauenlob," 2 ) 
Die ehrsamen Zunftmeister, segnen uns drob!" — 

Und weinend umarmen sie sich und schnell 
Ist ihre letztwill'ge Verfiigung zur Stell': 

„Wir Endesgefertigte, Uberley 
Der uralten Meistersangerey, 

Benennen hiermit und bestimmen hiermit 
Zu unseren Erben, nach christlicher Sitt', 

Die Sanger der Liedertafel zumal, 
Aus eigenem Antrieb, aus freyer Wahl. 



') Anspielung auf die in der zeitgendssischen Literatur herrschende Stimtnung. 
*) Sie geborten zu den zwolf grolJen Meistern, auf welche die Meistersinger 
ihre Kunst zuruckfuhrten. 

12* 



180 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

Sie mogen besitzen Gehange 1 ) und Schnur, 2 ) 
Sie sollen besitzen die Tabulatur, 

Sie sollen haben all' Kettlein und Ring, 
So einer der Zunft je als Ehrung empfing; 

Sie mogen besitzen die Tafel zuletzt, 
Worauf wir die Feste sonst angesetzt; 

Sie mogen es wahren als freundlich Gemerk, 
Und mogen es niitzen zu loblichem Werk; 

Sie mogen es haben viel hundert Jahr, 
So wie es ein Stolz uns'rer Innung war, 

Und mogen singen manch wunniglich Lied, 
Das herrlich durch Deutschlands Gauen zieht, 

Und mogen dauern in Ewigkeit, 

Zu deutschen Vaterlands Ruhm und Freud'; 

Und mogen nimmer so einsam wie wir 
Versterben ohne Lending und Zier, 

Und mogen, an Frauen- und Fiirstengunst, 
Erhalten die schonste, die herrlichste Kunst; 

Denn nichts ist das Leben und lohnte sich nie 
Ohn' dich, du himmlische Poesie!" — 

Sie kiiOten sich scheidend — aus war zur Stund 
Der letzte Meistersangerbund. 

DaB die Ulrner Singschule wirklich noch in demselben Jahre 1839, 
wie Mey und andere behaupten, ganz aufgelost worden sei, ist nicht wahr- 
scheinlich. Die letzte, wie man meinte, war es nicht, denn die in 
Memmingen bestand, wie J. F. Lentner berichtet (Morgenblatt 1852 S. 139), 
noch 1852. 

') Eine lange silberne Kette, in deren grofle, breite Glieder die Namen der 
Stifter eingraviert waren (vgl. Mey S. 89). 

a ) Eine Schnur mit drei vergoldeten Silbermiinzen diente als Ersatz der schweren 
Kette (vgl. Mey S. 90). 



REVUE DER REVUEEN 



Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

NEUE JAHKBUCHER FUR PADAGOGIK (Leipzig), Jahrg. 1915, II. Abteil., 
XXXVI. Bd., 4. Heft. — „Carl Loewe und das klassische Altertum." Von Leopold 
Hirschberg. „. . . EineSonderstellung auf demGebiete antikerMusik in modernem 
Gewande beansprucht, wie in so vielem, Loewe. Nicht allein durch die Zahl seiner 
einschlagigen Werke und durch die Mannigfaltigkeit der von ihm in Anspruch 
genommenen Dichtungen, sondern aus inneren Grunden ..." „. . . Die Berechtigung 
antiker lyrischer Gedichte, in ein modernes musisches Gewand gehullt zu werden, 
ist sonach um so weniger zu bestreiten, als die Dichter des Altertums noch immer 
unerreichte Muster darstellen und die damals noch unentwickelte Musik zu einer 
Vertiefung in diesem Sinne unfahig war. Eine andere Frage aber ist die, ob alle 
Tonmeister der Neuzeit dazu imstande gewesen waren. Zweifelsohne hatte Mozart 
der Heiterkeit eines Anakreon, Beethoven der Tiefe eines Sophokles und Aschylos, 
Schubert der Schwermut eines Properz sich anpassen konnen, wenn sie so viel 
Griechisch und Lateinisch verstanden batten wie z. B. Italienisch. So blieb es 
eben allein Loewe vermoge seines Bildungsganges vorbehalten, der erste und einzige 
unserer groften Meister zu sein, der antike Gedichte in der Ursprache komponierte. 
Wir besitzen von ihm vier Anacreontica, sieben Oden des Horaz, je eine Ode 
der Sappho, des Pindar und des Dionysios, nebst einem Fragment des 
Horaz... Ihre Entstehung umfaftt einen Zeitraum von 30 Jahren (1815 — 1845); 
drei der anakreontiscben Lieder sind aus der Jugendzeit, alle ubrigen Werke seiner 
reifen Kiinstlerschaft. Aus dem letztenjahre (1845), in dem sich der Meister sehr 
eingehend musikhistorischen Studien zuwandte, stammen jene oben erwSbnten drei 
Tondichtungen, in denen (nach seiner eigenen Angabe) die ,Originalmelodieen' 
zugrunde gelegt sind. Schon die Auswabl und Mannigfaltigkeit dieser Reihe beweist 
deutlicb, daQ es sich nicht um zufallige Begegnungen antiker Texte (wie etwa bei 
den beiden Schubertschen) handeln kann, sondern um eine bewuftte Auswahl 
besonders schdner und vor allem zur Komposition geeigneter Dichtungen . . ." 
Verfasser bespricht der Reihe nach die einzelnen Kompositionen und teilt zum 
erstenmal nach der Handschrift die Loewesche Vertonung des Horazischen 
Carmen saeculare mit. 

DIE STIMME (Berlin), 9.Jahrgang, Heft 8 und 9. — „Der Krieg und das Lied." Von 
Hugo Lobmann. „. . . So mancher Schriftsteller ruhmt den Krieg als die beste 
Lernscbule des Volkes fur die Neuauflebung des alten Volksliedes. Sie sind im 
Recht. Der Krieg fSrdert den Gesang, fordert die Neuschaffung von Liedern, be- 
gunstigt die Singlust. Das hat Grunde psychologischer und auch physiologischer 
Art. In psychologischer Hinsicht ist zu beacbten, daft der Krieg starke Gefuhle, 
tiefste Gemiitserschutterungen auslost. Die in Erregung versetzte Seele verlangt 
nach einem gleichgestimmten Ausdruck. Fur sie kommt die gesprochene oder 
geschriebene Rede, das linienhafte Wort weniger in Frage. Ihrer inneren Spannung 
erscheint die blasse Zeichnung des Gedankens durch das Wort als zu matt, zu 
wenig ausdrucksvoll. Unbewuftt, aber mit grofttem Gluck greift die erschutterte 
Seele nach dem gesteigerten Gefuhlsausdruckmittel der Tonkunst. Das handlichste, 
das ihr zunSchst liegende Instrument, die menschliche Stimme, ist ihr zuerst will- 
kommen. Der ,erregte* Mensch, das in Mitleidenschaft versetzte Gemut verlangt 
nacb dem Tonen der menschlichen Stimme, das zugleich ein Mitsprechen im 
Worte gestattet — und das Lied tritt in die Umwelt des Singers als Gesang. Es 



182 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

spricht aber aucta die Leibesnatur ein Wort mit darein. In der Erregung erleidet 
der Atem eine groBere Ausdehnungskraft als Auslosung einer vorausgegangenen 
Spannung. Und wenn dem angeregten Manne keine Worte zur Verfugung stehen 
sollten, so fangt er wenigstens an zu brummen, vor sich bin zu summen. Das 
Lied ist da. Auch das ist nicbt zu ubersehen, dafi der Gleichtritt der Massen die 
geheime Urkraft der Seele, die im Rhythmus gebunden liegt, wohltatig auslost. 
Und langt die Kraft nicht mehr zum Liede, so reicht sie doch noch zu den Pfeif- 
tonen des Mundes vollkommen hin — und wir baben das seltsame Schauspiel 
einer wandernden Soldatentruppe mit Marschgepflff und Massentritt. Die Musik 
des stummen Tretrhytbmus zwingt nacb musikalischer Ausformung. Die ,mit- 
schreitende Seele' verlangt nach Begleitung der aufschlagenden FuBe mit Kling 
und Klang. Der Rhythmus ist die Schlagader des musikaliscben Gefuhls." 

WESTERMANNSMONATSHEFTE (Braunschweig), Juli 1915. — „Franz Schubert." 
Ein Gedenkblatt von Hermann Seeliger. „. . . Schubert ist der erste grofie Heimat- 
kfinstler in der Musik, der tief in die Seele der Landschaft seiner herrlichen nieder- 
osterreichischen Heimat, seines Volkes hineingelauscht bat. Nun tont sie aus 
seinen Weisen zuriick, zuweilen, wie z. B. in den Tinzen, in dem Scherzo der 
D-dur Sonate, echt wienerisch gestimmt. . . . Neben der Ursprunglichkeit einer 
durch keine Reflexion angekrankelten Empflndung ist es nicbt zum mindesten 
dieser herzergreifend volkstumliche Einschlag, der den Liedern Schuberts ihren 
unwiderstehlichen Zauber verleiht: hier offenbart sich so recht, wie vertraut dies 
echte Natur- und Volkskind mit der Natur war. Was sie ihm zuraunte im Murmeln 
des Bacbleins, im Rauschen des Waldes, was die linden Lufte des Fruhlings ihm 
zutrugen, Lerchenjubel und Feldblumenduft, Sonnenglanz und Mondenschimmer, 
das bat er in unsterblichen Tonen in seinen Liedern niedergelegt. Wenn irgend- 
einer, so konnte Schubert von sich sagen: ,1m Walde dort, auf der Vogelweid', 
da lernt' auch ich das Singen.' Darum wohnt seinen Melodieen jene zwingende 
Oberzeugungskraft inne, die sie als das Ansich der vorgestellten AuBenwelt wie 
der aus ihr abgezogenen Empflndungen erscheinen IaBt. ..." 

DER TURMER (Stuttgart), Heft 20, Juli 1915. — „Die Untreue gegen den ,guten 
Kameraden'." Von Karl Storck. Verfasser wendet sich mit scharfen Worten 
gegen die Verslummelung des herrlichen Uhlandschen Gedichts, die sich leider 
in der letzten Zeit eingeburgert hat. Er nennt die jetzige Fassung des Uhland- 
Silcherscben Liedes ein Schulbeispiel fur die verheerende Wirkung des Potpourri- 
Unfugs und fur den beschamenden geistigen Tiefstand alles dessen, was in den 
iiblen letzten Jahrzehnten einer blodsinnigen Operettenkultur zur Volkstumlicbkeit 
gebracht worden ist. „So konnte es denn geschehen, dafi ein unsagbar roh 
zusammengezimmertes Gemengsel verschiedener kleiner Melodiestucke in der 
ernstesten und grofiten Stunde unseres Volkslebens zum Liedausdruck des lieder- 
reichsten, musikalisch tiefsten aller Volker wurde. Nur die erste Zeile bewahrt 
die ursprungliche Melodie, die zweite bringt ein Stuck aus ,Preisend mit viel 
schonen Reden', die dritte und vierte die Wiederholung eines kleinen Fetzchens 
aus einem Turnerlied, und daran scblieBt sich der Kehrreim, in dem als Haupt- 
stiick (von ,Die Voglein' bis zum SchluB) das englische ,Home, sweet home' mit 
entsprechend verkurzten Noten steckt. Das englische sentimentale Lied war ja 
schon ISngst bei uns als Heimatlied (,Wenn weit in den Landen wir zogen umher') 
eingeburgert. Und so erfullt denn das ganze Gebilde vollauf jene alte Forderung, 
nur Bekanntes oder bekannt Klingendes zu verwerten, wo man rasche Volks- 
tumlichkeit erreichen will. . . ." „Ich glaube, wir sollten alles daransetzen, das 
schwere Unrecht, das wir an einem der schonsten unserer neueren Volkslieder 



REVUE DER REVUEEN 183 

begangen haben, wieder gutzumachen. Die Sache ist durchaus nicht schwer. Wenn 
die Lehrer in den Schulen, in den Volksschulen sowohl wie in den hoheren, 
den Schulern einmal den Unsinn ihres jetzigen Liedes recht klarmachen, wird 
hier eine rasche Wirkung zu beobacbten sein, und fur die Krieger drauBen im 
Felde ist es eine alte Erfahrung, daB der dringend ausgesprochene Wunsch von 
seiten der Vorgesetzten alle Schwierigkeiten behebt. Hugo Zuschneid in Offen- 
burg (Baden) hat seine neue Dichtung mit der neuen Melodic als Feldpostkarte 
drucken lassen. Die jetzt fur die Ankundigung benutzte letzte Seite der Doppel- 
karte konnte in gedrangter Darstellung das Unwurdige unseres jetzigen Verhaltnisses 
zusammenfassen, und dann sollten wir in Tausenden von Exemplaren diese Feld- 
postkarte unseren Kriegern zusenden. Nicht nur stolze Bauwerke sind Merksteine 
der Kunst, die nur der Rohling mutwillig zerstort; ein schlichtes, kleines Lied ist 
ein ebenso reines und edles Kunstgebilde. Wir werden, wenn wir die rechten 
Worte flnden, von keinem unserer Krieger ungehort bleiben in der Mabnung, auch 
dem Liede vom ,Guten Kameraden', das ihm so wunderbar tief ein tigliches 
Scbicksal vor Augen rfickt, das tausendmal erklungen ist, wenn ein Krieger ins 
Grab gesenkt wurde, die Treue zu halten, die es verdient. Wir schonen die Kunst- 
denkmaler in Feindesland; wie konnten wir es da fiber uns bringen, mit BewuBt- 
sein ein deutsches Kunstwerk mutwillig zu zerstoren?" 
DEUTSCHER KURIER (Berlin), 1. Juli 1915. — „Deutsches Singen und das Kriegs- 
ziel." Von Ferdinand Kunzelmann. „. . . Elf Monate Krieg und Sieg haben 
uns ernst und schweigsamer als je gemacht, und wenn wir gewiQ auch keinen 
Grund hatten, das Singen zu verlernen, so spurt doch ein jeder, dafi die hellen 
und begeisterten Klange der Lieder des Auszugs jetzt nicht mehr recht in die 
groBe, ernste Zeit passen wollen und zu der Trauer, die fast ein jeder von uns 
neben der Freude zu tragen bat. Wir singen nicht mehr, weil wir nicht mehr 
begeistert den EntschluB zum Kriege zu bejahen notig haben, und wir brauchen 
auch singend den Schwur nicht mehr zu bekraftigen, dafi wir die Grenze scbutzen 
wollen, dafi wir nicht nur am deutschen Rhein, sondern an alien Grenzen als 
Wachter und Hiiter stehen wollen. Die Grenzen sind geschutzt: unsere Heere 
stehen langst in Feindesland. Und je mehr uns alien dieses zum Bewufitsein kam, 
dafi dieser deutsche Krieg aufierhalb Deutschlands im Lande der Feinde gefuhrt 
wird, um so hoher flammte die Liebe zu Deutschland in uns auf, und wir vergessen 
die Grenzen, die heute schon nicht mehr bestehen. Das Lied der Verteidigung, 
die ,Wacht am Rhein', konnte, ja mufite verstummen: Lieder der Sehnsucht mufiten 
an ihre Stelle treten. Denn wenn wir heute singen, so geschieht's nicht mehr in 
der hellen Begeisterung der beschwingten Stunde: wir Menschen mit dem ungeheuren 
Erlebnis von elf Monaten Krieg in den Seelen singen, weil wir sehnsuchtig sind . . . 
Und so werden es denn mehr und mehr, von Tag zu Tag mehr zwei Lieder, die 
ganz Deutschland singt, die alle anderen aus dem Felde geschlagen haben: , Deutsch- 
land, Deutschland fiber alles' und das Lied ,vom guten Kameraden' mit der Ver- 
heifiung vom Wiedersehen in der Heimat. Diese Lieder sind es, die man jetzt 
fiberall hort, und ich mufl gestehen, daB sie mir noch heiliger, noch erhebender 
klingen als im letzten Herbst ,Die Wacht am Rhein'. Denn das Singen dieser Lieder 
beweist, mehr und besser als alles Reden davon, welch eine groBe, neue, tiefe und 
echte Liebe zu Deutschland aus dem Feuer der Verteidigung geboren ist: es handelt 
sich jetzt nicht mehr um den deutschen Rhein, sondern um Deutschland selbst. 
Und wenn ich diese beiden Lieder am Abend und in der Nacht hore, oder am 
Tage, von Schulern, von Soldaten, von Mannern und Frauen gesungen, dann weiB 
ich, daB sie so singen, daB sie so singen mussen, weil sie alle das Kriegsziel 



184 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

ahnend erkannt haben, so wie es neulicb Bayerns weiser Konig zur Freude von 
Millionen Deutschen in Worte gefadt hat, daft nur die vollige Sicherbeit Deutschlands 
das Kriegsziel sein kann. Wer Obren bat zu horen, braucbt nur auf die Gesange 
des Volkes zu achten, und er wird wissen, was das Volk vom Krieg und — Frieden 
will. Gott gebe, dali es verstanden wird." 

KOLN1SCHE ZEITUNG, 23.Juni 1915. - „Gut Deutsch in Kunst und Alltag." Von 
H. KannegieQer. „. . . Die Sucht nach fremdlandischen Ausdrucken grassiert in 
einer besorgniserregenden Weise in unserer Musikliteratur. Man sehe nur einmal 
aufmerksam einen Musikkatalog durch, und man wird flnden, daft es wimmelt von 
, Arabesques, Poemes symphoniques', von .Romances, Impromptus und Airs varieV. 
Dann folgen .Variations, Preludes, Polonaises, Suites', und so gebt es weiter ad 
infinitum. Auch die Titel deutscher Stucke sind der franzdsischen Sprache ent- 
nommen, und mancb echter deutscbe Komponist hat namentlich auf dem Gebiete 
der Unterhaltungsmusik hierin Erklecklicbes geleistet. Ein Blick in das Programm- 
beft eines Kaffeebaus-Orchesters wird uns davon zur Genuge uberzeugen. Haben 
doch selbst unsere Klassiker , Marches hSroiques und Moments musicals' geschrieben. 
Auch die Sucht, deutsche Autorennamen zu franzosieren, gehort hierber (J ean 
Gilbert), ebenso das Bestreben, den Tonstucken einen fremdlandischen Gattungs- 
begriff zu geben (Indianisches Intermezzo, English song and dance, Twostep usw.). 
Sind wir denn eigentlich Deutsche, baben wir so wenig eigene Schopferkraft, dad 
wir in Titeln, Gattungsbegriffen und Art der Komposition immer auf das Ausland 
zuruckgreifen mussen? Ich denke, das alles haben wir gar nicht notig. Unsere 
deutsche Kunst ist so hoch entwickelt, dad wir getrost jede Konkurrenz mit dem 
Auslande aufnehmen kdnnen. Aber wir mussen mehr Ruckgrat entwickeln, mehr 
Vertrauen haben auf unsere enorme Kraft. Und das Publikum mull sich daran 
gewdhnen, deutsche Musik nicht erst in fremdem Gewande schmackhaft zu finden. 
Die deutsche Musik ist ein Vogel, der aus sich selbst die herrlichsten Lieder singt, 
und der sich nicht mit fremden Federn zu schmticken braucht. Weg mit den 
IScherlichen fremden Modeerzeugnissen der letzten Jabre, werft alle die Tangos, 
Two- und Onesteps, die ja noch immer in den Herzen der tanzlustigen Welt nicbt 
ganzlich vergessen sind, zum Lande hinaus und laUt deutsche Tanze nach dem 
Kriege wieder zu Ehren kommen. Dann wird auch im Auslande nach dem Kriege 
deutsche Kunst weit hoher bewertet werden, als es bei dem Liebaugeln mit fremder 
Kunst jemals der Fall war." 

VOLKSZEITUNG (Berlin), 28. Mai 1915. — ^Deutsche Musik." Von Johannes 
Doebber. „Was hoffen wir nicht alles von der kommenden, von der neuen Zeit!? 
Wieviel Segnungen erwarten wir, wenn der Krieg erst wieder voruber sein wird? 
Auf alien Gebieten glauben wir, dali der Krieg mit seinen Schrecknissen Iauternde 
Wirkung hervorbringen, ein groBer Neugestalter und Heilfaktor werden wird. Wir 
glauben fest daran, wie an unser ,Wir mussen siegen!' — Dieser feste Glaube, 
dieser unerschiitterliche Wille zum Siegen kennzeichnet den Grundcharakter 
unseres starken, einigen Volkes. Will man's leugnen, daft wir uns — sieht man 
von dem unwiirdigen Treiben der leichtfertigen Lebewelt ab, die selbst in der 
Gegenwart dem Ernst der Zeit mit frivolem Lachen begegnet — nach einer Ent- 
spannung auf alien Gebieten, das heiBt nach einer Neuorganisation krankhaft 
gewordener Lebensinteressen und ihrer Gesundung scbon lange gesehnt haben? 
Unsere Anspriiche waren vor Ausbruch des Krieges uberall ins Riesenhafte 
gewachsen. Die Wucherblume der Verflachung, die sich das Ausleben des ein- 
zelnen Individuums zum Ziele setzte, hatte sich ins Ungeheuere entfaltet. Die 
Sucht nach aufterem Gewinn schien nur noch allein erstrebenswert. Auch in der 



REVUE DER REVUEEN 185 

Kunst machte sich diese Erscheinung geltend. Die unausbleiblicbe Folge stellte 
sicb bald ein: die Kunst verflacbte zusehends. Man fragte nicht mehr nach ihren 
inneren Werten, sondern nach ihrer auBerlichen Wirkung, die gunstige Ruckschlusse 
auf ein gutes, gewinnbringendes Geschaft zulieB. Die Musik namentlich, wenig- 
stens ibre moderne Produktion, hatte nach und nach ihre ethischen erzieherischen 
Werte fast ganz eingebuBt. An Stelle kerniger, deutscber Volkslieder trat der 
salonfihige Gassenhauer, der von der Biihne herab den Weg nicht nur in die 
Tummelplltze der Lebewelt, sondern auch in die gesitteten Burgerhauser fand. 
Seit dem Kriege ist er verstummt. Nur eine gescbaftlich interessierte Gemeinde 
versucht, ihm auch jetzt noch neue Nahrung zuzufuhren ..." „ . . . Das Bestreben, 
der deutschen Kunst neue Pflege angedeihen zu lassen, hat sich in dieser Zeit 
des gewaltigen nationalen Aufschwungs in Dichtung und Musik bereits machtig 
geregt, wenn auch dabei Gesange, wie sie beispielsweise Weber mit ,Lutzows 
wilder Jagd' vor 100 J ah re n schuf, nicht zutage traten. Lieder und Mannerchore 
patriotischen Charakters sind in Hiille und Fulle erschienen und im Laufe des 
Winters gehort worden, aber nichts davon hat sich ,^eine Shnliche Popularitat 
erworben. Vielleicht auch ein Zeichen dafur, wie weitab wir uns vom richtigen 
Wege verloren haben. Unsere farbenschillernde Musik braucht Zeit, bis sie sich 
mit neuer Kraft gestahlt und den einfachen Ton wiedergefunden hat, der von 
Herzen kommt und zu Herzen geht . . ." 

VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 6. Juni 1915. — „Kathedralen." Zur Erscheinung 
Anton Bruckners. Von Moritz Heimann. „. . . wahrend die Zeit sich kuhn 
und dem Neuen zugewandt glaubt, sehen wir sie immer wieder das wahrhaft Neue 
und wahrhaft Schopferische zugunsten der radikal und zuchtlos ausgebildeten 
Konsequenzen siegreich gewordener Geistesmachte verkennen und verwerfen. An 
Beispielen im kleineren Maflstab fehlt es nicht; aber wir konnen auch mit einem 
im allergroBten aufwarten: das ist das Schicksal Anton Bruckners. Er ist der 
letzte der deutschen Heroen, nicht blofi des musikalischen Reiches, Schopfer eincr 
Welt wie Wagner, Beethoven, Mozart und Bach, — und fast zwanzig Jahre nach 
seinem Tode fallen von dem reichen Berliner Musikwinter auf ihn nur ein paar 
hastig verschuttete Stunden. Wir riihmen uns der vielen Beethoven-Abende mitten 
im Krieg; aber Beethovens schmerzlich zurnende Stirn wurde sich nicht aufhellen, 
wenn er die Menge in seine Konzerte laufen sane; er wurde die Tragheit in diesem 
GenuB erkennen. Es mogen ungefahr funfzehn Jahre her sein, dad jemand von 
einer Brucknerschen Symphonie schrieb, sie sei ,das senile Geschwatz eines 
grofienwahnsinnigen Schulmeisters', — das war nur ein SachverstSndiger, das 
zahlt nicht. Inzwischen bat sich das Bild, mit der tuckischen Unmerklichkeit, mit 
der die offentliche Meinung sich verbessert, doch gewandelt und sieht etwa so 
aus: Bruckner, ein Naturmensch mit genialen Einfallen, unfMhig zur hoheren Ord- 
nung des Kunstwerks, mit dem Orchester improvisierend, als saBe er an der 
Orgel; in einigen seiner Mittelsatze, Adagio und Scherzo, habe er freilich auch 
die Einheit und Konzentration erreicht und in diesen Fallen Musikstucke vom 
hochsten Rang und Wert geschaffen; aber die Ecksatze seien und blieben das 
Kreuz dieser im Grunde doch zerstreuten, geschwatzigen Kunst. So ungefahr, mit 
einigen Abstufungen, geht die Rede. Wohlwollend oder flbelwollend, murrisch 
oder bereitwillig ausgesprochen, sie steckt voller Unsinn, voller Bequemlichkeit . . ." 
„... Bruckners Werke sind frei von der Zufalligkeit sowohl des ungebandigten 
wie des unvermogenden Kunstlers. Er ist weder ein Improvisator noch ein 
Rhapsode; daB er ein Organist war, ist im Gefuge seines Werkes nicht zu 
spiiren, hochstens in seiner Dynamik. WuBte man von seinem Privatleben nichts 



186 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 

und erdachte sich sein Bild nacb seinem Werk, so wurde man einen Menschen 
von so extrem geistiger Art hinter ihm vermuten, wie Michelangelo. Sofern das 
Wort ,naiv' einen Beiklang von Nacbsicbt hat, trifft es auf ihn nicht zu. Seine 
Kunst ist intelligent, ob man es auch von seiner Person bestreiten will; seine 
Musik ist eine tonende Vorstellung der Welt und keineswegs ein nur unversehens 
leucbtendes, ubrigens bald leeres, bald wirres Geklinge . . ." Statt von dem in 
seinem Privatleben mitunter etwas komischen Mann auf das Werk, sollte man 
von dem Werk auf den Mann zu schliefien lernen. „F.in grofies Genie der Kunst 
verfallt, wenn nicht durch das Schicksal, dann durch eigene Wahl, der wacbsenden 
Einsamkeit. Denn es will zu tiefst nur durch das Organ seiner Kunst der Welt 
Herr sein und leidet darunter, dafi seine anderen Organe beansprucht werden; es 
will nicht reden und will nicht anders denken als schaffend. So ist Bruckners 
,Unintellektualitat' ein Geschenk der Natur, ein Ersatz freundlicher Art fur den 
sonst auf andere Weise notwendigen Verzicht, mit den Menschen des Tages auf 
ibre Weise zu leben. Er ist auch darin ein groOer Mann, daQ er es auf eine neue 
Art ist. Dieses soil man endlich zu fuhlen und womoglich zu verstehen anfangen; 
man soli sich des Dunkels entschlagen, wenn man ihn tadelt, und der Herab- 
lassung, wenn man ihn lobt. Eines Tages wird man es spuren, dafi er nicht blofi 
den Menschen mebr Oder minder angenehm die Ohren kitzelt, sondern daft er 
der Menschheit ein neues himmlisches Reich geschenkt hat. So ein bimmlisches 
Reicb, die groQe Seele eines seltenen Menschen — das sind Kathedralen so gut 
und besser als die steinernen." 

BOHEMIA (Prag), 20. Juni 1915. — „Italienische Oper?" Von Heinrich Teweles. 
„Was hat denn die deutscbe Kultur zu so hober Blute gebracht, als eben das 
liebevolle Eingehen in fremde Eigenart, das, immer wieder auf das richtige Mali 
zuruckgefuhrt, die deutsche Kraft und Tiefe zu Anmut und Geschmack veredelt 
hat? Wenn wir uns so abschlossen, wie es Englander, Franzosen, Italiener bis 
heutigentags getan, dann waren heute wir die Besiegten und nicht die Sieger. 
Ja, wir brauchen die italienische Oper, wie wir alles Fremde brauchen. Wir 
braucben diesen Einschlag, diese FSrbung, diesen Ton, gaben sie auch nur eine 
dunkle Linie in dem herrlichen Spektrum, das der weitgespannte Regenbogen 
deutscher Kultur bietet, der nach dem Kriegsgewitter reinste Luft und erquicktes 
Aufbluhen alles Lebens verheifit. Aber sind die Linien so dunkel? Es gibt nur 
zwei Hauptvolker fur die Musik: die Deutscben und die Italiener. Mag man 
Donizetti, Bellini, Rossini, Verdi, Mascagni, Leoncavallo, Wolf-Ferrari werten, wie 
man will, den einen Komponisten oder das andere Werk begnadigen — man kann 
sie nicht entbebren. Aus dem dichten Laub der italienischen Musik leuchten so 
viele Goldapfel hervor, dafi man immer wieder danach greifen mull . . . Das Publikum 
will aber nicht blofi hin und wieder von einem toten Italiener horen, es will auch 
immer wieder Neues zu horen bekommen, und wenn heute eine neue ,Cavalleria 
rusticana' kame — kame sie nur! — ich mfifite sie bringen. Wir haben in erster 
Reibe Werke aufzufuhren, die ,mit Bedeutung auch gefallig' sind. Wir mussen 
ferner Werke bringen, die nur bedeutend sind. Wir mussen aber auch Werke vor- 
fuhren, die blofi gefallig sind. Und wir mussen namentlich das Neue bringen, wenn es 
Wirkung verspricht. Ob das Neue von Wert, die Wirkung von Dauer ist, dafi weifi 
weder Direktor, noch Publikum, nocb die Kritik. Machen wir doch taglich die Erfabrung, 
wie verganglich das Ewige ist, und wie dauernd das Vergangliche oder das, was eben 
ewig, was verganglich geschienen . . . Ich glaube deutsch zu sein, wenn ich in der 
Betreuung der Kunst an dem Weltburgertum deutschen Volkswesens festhalte, fur 
das uns Goethe und Schiller erzogen haben." Willy Renz 



BESPRECHUNGEN 



bOcher 

309. Hugo Goldschmidt: DieMusikasthetik 
des 18. Jahrhunderts und ihre Be- 
ziebungen zu seincm Kunstschaffen. 
Verlag: Rascher & Co., Zurich und Leipzig 
1915. (Mk. 11.—.) 
In der Vorrede zu seiner „Musikastbetik des 
18. Jahrhunderts" sagt Goldschmidt, er babe 
diese Arbeit unternommen, um n die Beziehungen 
zu weisen, die zwischen dem allgemeinen Geistes- 
leben jener Zeit und der SchafFensweise der 
Meister bestanden". Diese Cbarakteristik durch 
den Autor lafit jedoch von dem Bucbe etwas 
wesentlich anderes erwarten, als was es in 
Wirklicbkeit ist. Nicht das allgemeine Geistes- 
leben der Zeit ist es, womit Goldschmidt die 
SchafFensweise der Meister in Beziehung setzt — 
abgeseben von einigen gelegentlich eingestreuten 
Bemerkungen — , sondern die Musiklsthetik; 
erst auf dem Umwege fiber diese kann man 
sich wenigstens mittelbar eine Vorstellung davon 
machen, welcber Art der Zusammenhang ist, 
der zwischen der allgemeinen Kultur und den 
musikaliscben Kompositionen bestanden hat. 
Dieser Umweg aber ist nicht sehr glficklich 
gewihit. Gewifi, sowobl der Komponist als auch 
der Asthetiker wird von den Kulturstromungen 
seiner Zeit beeinfluftt; aber die Einwirkung auf 
den Komponisten geschieht vorwiegend geffibls- 
mafiig und daber relativ unmittelbar und scbnell, 
die Einwirkung auf den Asthetiker hingegen vor- 
wiegend durch den Intellekt, daber bewufit und 
relativ langsam. Das ist einer der Grfinde daffir, 
dafi im allgemeinen in der Kunst die Theorie 
hinter der Praxis einberhinkt, ist aucb ein Grund 
dafur, daft die Musikasthetik nicbt den Einfluli 
auf die Beschaffenheit der Kompositionen be- 
sitzt, dessen Erorterung Goldschmidt zur Grund- 
lage seines Buches hat machen wollen. 

Es muft in der Tat mit Nachdruck hervor- 
gehoben werden und ergibt sich auch aus vielen 
Stellen von Goldschmidts Buch aufs neue, daft 
mit ganz verschwindenden Ausnahmen die Musik- 
asthetik von den Wcrken der Komponisten be- 
einfluBt worden ist, und nicbt umgekehrt. Ein 
erheblicher Teil des Buches beschaftigt sich 
denn auch damit, zu zeigen, wie einige namhafte 
Asthetiker durch Gluck beeinftuftt worden sind. 
Durch das Streben, musikalische Eigentfimlich- 
keitenaufdieWirkungasthetiscberAnschauungen 
zurfickzuffihren, wird Goldschmidt zuweilen zu 
tatsachlichen Unrichtigkeiten verfuhrt. So be- 
hauptet er gleich zu Anfang (S. 9) und spater 
(S. 196, 222), daft die Ansicht, die Musik erzeuge 
im Horer Realaffekte, zu der Forderung gefuhrt 
babe, daft ein musikalischer Satz nur einen 
einzigen Affekt enthalten dfirfe; erst am Ende 
des 18. Jahrhunderts sei die Einsicht in die 
Scheinhaftigkeit der asthetischen Gefuhle ge- 
wonnen worden und habe dann diese Bedenken 
beseitigt. Goldschmidt ubersieht dabet, daft die 
Realitat eines Affektes nicht dessen Unverander- 
lichkeit zur Folge hat, und daft eine solche 
Folgerung auch im 18. Jahrhundert nur in ganz 
vereinzelten Fallen gezogen worden ist; aber 
abgesehen biervon, hat sich schon fast ein halbes 
Jahrhundert vor dem Zeitpunkt, den Goldschmidt 



Stfickes geradezu als formgebendes Prinzip fur 
den Sonatensatz eingeburgert, insbesondere in 
den Werken der Mannheimer Schule (Stamitz, 
Franz Xaver Richter u. a. m.). Allerdings will 
Goldschmidt hierin nur ein formales Prinzip 
sehen, das von dem Geffihlsausdruck der Kom- 
position nicht bedingt sei. 

Es muft bei der Beurteilung des neuen Buches 
von Goldschmidt uberhaupt scharf unterschieden 
werden, was er an Tatsachlichem mitteilt, und 
was er fiber dieses Tatsachliche personlich 
auftert. Was das Tatsichliche betrifft, so sagt 
er selbst, daft er Vollstandigkeit des von ihm 
zusammengetragenen Materials nicht angestrebt 
hat; dennoch vermiftt man kaum etwas von er- 
heblicher Wichtigkeit. Nur bei den Nicht- 
musikern, die sich fiber Musikasthetik geauQert 
haben, wird man sich wundern, Lessing und 
Goethe nur nebenbei erwahnt zu flnden, dagegen 
Schillers bei einer einzigen Gelegenbeit (in dem 
Aufsatz „0ber Matthissons Gedichte") nur neben- 
bei geauQerte Ansicbten fiber Musikasthetik breit 
besprochen zu sehen, obwohl sie augenscheinlich 
nicht einem engen personlichen Verhaitnis zur 
Tonkunst ihre Entstehung verdanken. Einen 
viel grofieren Anspruch auf ausffibrliche Er- 
wahnung batten Goetbes zahlreiche Bemerkungen 
fiber den Gegenstand gehabt, ganz besonders 
aber Lessings mit gewohnter Pragnanz formulierte 
Aufierungen (im 51. Literaturbrief und in der 
„Hamburgischen Dramaturgic", XXVI. Stuck ff.). 
Ebenso befremdet die Erklarung, daft dieses 
Buch vor Kant haltmache. Kant gehort chrono- 
logisch durchaus in die Epocbe, welche Gold- 
schmidts Buch umfafit, und es ist kein Grund 
einzusehen, warum er fehlt, wenn z. B. Heyden- 
reich besprochen wird, der zum Teil auf Kant fufit. 

Um eine moglichst ungetrfibte Vorstellung 
von den_ Ansichten der verschiedenen ange- 
ffibrten Asthetiker zu geben, lafit Goldschmidt 
sie moglichst viel mit ihren eigenen Worten 
sprechen. Diese Teile des Goldschmidtschen 
Buches sind die unbestreitbar wertvollen, ver- 
moge deren es auch einen der Zwecke erfullt, 
die der Verfasser bei seiner Arbeit im Auge 
gehabt hat: fur die kfinftigen Biographen Glucks 
und Mozarts eine Vorarbeit zu liefern. 

Weniger unanfecbtbar ist Goldschmidts Art, 
seine Autoren zu interpretieren. Er ffihlt sich 
denn auch veranlafit, zu Beginn seiner Arbeit 
seine eigenen asthetischen Anschauungen in 
einer ausfuhrlichen Vorrede zu entwickeln und 
dabet zu erklaren, daft er sich der Gefahr be- 
wuftt gewesen sei, diese seine eigenen Anschau- 
ungen auch in den Ansichten der anderen 
wiederzuerkennen. Dieser Gefahr ist er in der 
Tat in bedeutendem Mafte zum Opfer gefallen. 
Ich habe den Eindruck, daft hieran ein metho- 
discher Febler zum groften Teile die Schuld 
tragt. Den als Asthetiker dilettierenden Kunstlern 
des 18. Jahrhunderts fehlte fast allgemein die 
Scharfe der Diktion und der Begriffsbildung, an 
die wir uns in den letztenjahrzehnten allmahlich 
gewohnt haben, und das gleiche flnden wir bei 
so manchem Pbilosophen jener Zeit. Man geht 
deshalb fast immer fehl und stofit auf Wider- 
sprfiche, wenn man in den Scbriften dieser 
Autoren alles streng wortlich nimmt und den 

aiitAr auf HittcA /\Har iama Anftapnno ^CStlCPt 



188 



DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 



die nur so ungefahr dem entspricht, was er 
sagen wollte. Man muB vielmehr, obne allzusehr 
am Worte zu hSngen, den Gedankengang der 
Verfasser als Ganzes zu erkennen suchen, und 
von diesem Gedankengang aus fur die einzelnen 
mehrdeutigen AuBerungen eine solche Auffassung 
zu finden trachten, daB sie mit dem Gedanken- 
gang in Ubereinstimmung stehen. Dies tut 
Goldschmidt nicht. Ein Beispiel fur viele: 
Hiller erkiart (S. 135), daft die Vokalmusik 
sich an die naturliche Affektensprache anlehne, 
aber sie „stylisiere". Aus diesem einen Wort 
schlieBt Goldschmidt schlankweg: „Was Hiller 
stylisieren nennt, ist nicbts anderes, als die 
Statuierung freien kiinstlerischen Schaffens." 
Ich kann aus dieser Stelle, verbunden mit der 
Stelle S. 525 ff. der von Goldschmidt zitierten 
„Abhandlung von der Nachahmung der Natur 
in der Musik" in Marpurgs „Historisch-kritischen 
BeytrSgen" (1754) nur herauslesen, daB Hiller 
in der musikalischen Komposition eines Affekts 
nicht eine mechaniscbe Reproduktion des im 
Affekt angewandten Tonfalls zu sehen wunscht, 
sondern dem Komponisten gestattet, gemifl den 
Moglichkeiten musikalischer Notierung davon 
abzuweichen. Von derartigen etwas gewalt- 
samen Deutungen wimmelt es in Goldschmidts 
Buch. Man kann sie nicht geradezu als Ent- 
stellungen bezeichnen; aber ihre konsequente 
Anwendung von einem bestimmten Standpunkte 
aus fuhrt schlieBlich zu einer Verschiebung des 
Gesamtbildes in einer Richtung, die durch 
Goldschmidts personliche asthetische Anschau- 
ung bestimmt ist. 

Wenn ich dies im einzelnen nachweisen 
wollte, so hieBe das, Goldschmidts Buch von 
einem anderenStandpunkte noch einmal schreiben. 
Ebenso ist es unmoglich, hier seine Asthetik zu 
erliiutern, zumal sie keinen geschlossenen Auf- 
bau hat und zu inneren Widerspriichen fuhrt. 
In einer Einleitung von 32 Seiten setzt er sie 
knapp auseinander. Die Grundlage des musi- 
kalischen Genusses ist ibm, in Anlehnung an 
Hanslick, das Sinnlich-Schone; die gefiihls- 
maBige Musik tritt als hohere Stufe hinzu, ist 
aber an die Voraussetzung des Sinnlich-Schonen 
ausnahmslos gebunden. Diese Auffassung wird 
charakterisiert durch die Behauptung, daB die 
groBe Mehrzahl der Werke Bachs, ein groBer 
Teil der Symphonieen der Mannheimer und 
Wiener Schule nur als Sinnlich-Schones, nur 
durch anschauliches Vorstellen zu genieBen i 
seien. Allerdings erklSrt Goldschmidt spater 
(S. 21): w Glucklicherweise gibt es aber keine 
Instrumentalmusik, die nicht ubcrwiegend ge- 
fiihlsmaBig erfaBt wurde", und weiterhin (S. 25) 
wieder: „Ein groBer Teil der instrumentalen 
und konzertierenden Musik. beansprucht nichts j 
anderes, als eben durchs Ohr wahrgenommen ! 
zuwerdenundist,intuitivangeschauteSchdnbeit'. u 
Den groBten Nachdruck legt Goldschmidt darauf, 
zu betonen, daB die Gefuhle, welche der Kom- 
ponist in seinem Werk ausdruckt und welche | 
im Zuhorer beim Anhoren des Werkes erwekt 
werden, keine Realgefuhle sind, sondern Schein- 
gefiihle. i 

DemgemaB erscheint in Goldschmidts Augen | 
als das Ergebnis, auf welches der Kampf der 
Meinungen im 18. Jahrbundert lossteuerte, die 
Uberwindung der Affektenlehre durch die Er- , 



kenntnis von derScheinhaftigkeit der Ssthetischen 
Gefuhle, und des Sinnlich-Schonen als Voraus- 
setzung jeder kiinstlerischen musikalischen 
Wirkung. Er Gbersieht, daB dieser Sieg weder 
ein unbeschrankter, noch ein dauernder war; 
obwohl er an einigen Stellen diese Tatsache 
streift, geht er doch an den entscheidenden 
Stellen an ihr voriiber, dort, wo er versucht, 
die groBen Linien der Entwickelung zu kenn- 
zeichnen. In meinen Augen ergibt die Betrachtung 
der Meinungsverschiedenheiten, von welchen das 
Goldschmidtsche Buch handelt, ein ganz anderes 
Bild. An einer Stelle (S. 238) spricht Goldschmidt 
selbst von dem „nie ruhenden Konflikt des 
Emotionalismus und des Formalismus". Dazu 
kann man in bezug auf die Vokalkomposition 
noch sprechen von dem Konflikt zwischen einer 
moglichst getreuen Wiedergabe des Tonfalls der 
natiirlichen Sprache in der Musik und dem Auf- 
gehen der natiirlichen Deklamation in der ab- 
solut-musikalischen Melodie. In meinen Augen 
erbringt Goldschmidts Buch den Beweis, daB 
dieselben Gegensatz*, die heute bestehen, die 
zu Wagners, Webers Zeit vorhanden gewesen 
sind, auch im 18. Jahrhundert bestanden haben, 
wenn auch teilweise in anderer Formulierung. 
Wir haben es hier offenbar mit Gegensatzen zu 
tun, die in jedem kunstlerisch empfindenden 
Individuum miteinander in Streit liegen, und von 
denen je nach dessen personlicher Anlage und 
Bildung bald der eine, bald der andere die 
Oberhand behalt, wenn nicht beide sich einiger- 
maBen die Wage halten und eine Art von In- 
differentismus hervorbringen. Im Gegensatz zu 
Goldschmidt, welcher die isthetiscben An- 
schauungen des 18. Jahrhunderts fur Lehren 
halt, „die lingst eines natiirlichen Todes ge- 
storben sind", finde ich in denjenigen Teilen 
seines Buches, die Tatsachliches enthalten, eine 
Bestatigung fur eine Ansicht, die sich mir bei 
der historischen Betrachtung der Kiinste immer 
starker aufdriingt, namlich dafur, daB es in 
kiinstlerischen Dingen gewisse Meinungs- 
verschiedenheiten gibt, die niemals zu existieren 
aufhoren. Wenn sie auch zuweilen eine Zeitlang 
in der einen oder der anderen Richtung ent- 
schieden zu sein scheinen, so lebt doch der 
Gegensatz immer wieder auf. Die Schlusse, 
die sich hieraus Ziehen lassen, des naheren zu 
erlautern, ist hier nicht der Ort. 

Im einzelnen ware noch zu sagen, daB Gold- 
schmidts Buch hie und da Behauptungen ent- 
halt, die objektiv unrichtig oder doch stark 
anfechtbar sind. So behauptet Goldschmidt 
(S. 208), es sei ein Irrtum, „daB die Verarbeitung 
der musikalischen Gedanken eine Sache der 
,Kunst' im Sinne einer intellektuellen T9tigkeit 
und von der eigentlichen Erfindung als AusfluB 
der Phantasie zu trennen sei." Ein Blick etwa 
in Beethovens Skizzenbucher widerlegt diese 
Ansicht. Ebenso unrichtig ist die Behauptung 
(S. 265), Wagner habe gemeint, „in seinem 
Musikdrama eine Formel gefunden zu haben, 
die von nun an alien Schaffenden die Werkstatt 
der Oper ofmen und alien verbindlich sein 
sollte"; gerade das Gegenteil ist der Fall. Ich 
verweise auf die Zusammenstellung der Beleg- 
stellen bei Chamberlain, „Richard Wagner" 
S. 273 f. Die Zahl dieser Beispiele lieQe sich 
bedeutend vermehren. 



BESPRECHUNGEN (BUCHER) 



189 



Mit seiner „Musik5sthetik des 18.Jahrhunderts" 
hat sich der geschatzte Verfasser der „Studien 
zur Gescbichte der italienischen Oper im 17.Jahr- 
bundert", der„Lebre von der vokalen Ornamentik" 
und mancberanderendamitzusammenhangenden 
Arbeiten aufein Gebiet begeben, das ihm zweifel- 
los verhaltnismaflig fern liegt; wer jedoch mit 
der Materie genugend vertraut ist, urn das Sub- 
jektive von dem Objektiven scheiden zu konnen, 
wird in dem neuen Buche von Goldschmidt 
manche tatsacblicbe Bereicherung seines Wissens 
flnden. Rudolf Cahn-Speyer 

310. Olga Cassius: Die Erziehung der 
Stimme und Atmung durch Artikula- 
tion der Konsonanten und Biegung 
der Vokale. Verlag: Georg Plothow, 
Charlottenburg 1913. 
Stimmkranke Schuler, deren Stimmen in kurzer 
Zeit wieder dauernd funktionsfahig zu macben der 
Verfasserin gelang, baben sie — wie sie im Vor- 
wort sagt — angeregt, vorliegende kleine Schrift 
berauszugeben. Es wird jabraus, jahrein so vie) 
Stimmaterial von unfahigen oder gewissenlosen 
Lebrern verwustet und in Grund und Boden 
ruiniert, dad jeder, der mit gutem Gewissen 
sagen kann: Ich babe eine kranke Stimme ge- 
heilt, eigentlicb von Staats wegen mit einer 
Rettungsmedaille fur Kunst und Wissenschaft 
ausgezeichnet werden muftte. Denn eine edle 
Tat verdient edlen Lohn. Wenn ich mich nun 
trotzdem gegen die Verfasserin wende, deren 
Erfolge ich nicbt in Zweifel ziebe, so gescbieht 
dies zu ihrem eigenen Besten: sie vor dem 
Schaden zu bewahren, ihre Stimmerziehung, 
deren Heilwirkung sie wohl zur Genuge erprobt 
baben wird, als eine Panacee zu betrachten, und 
ich mocbte ihr darum das Wort Virchows vor 
Augen halten, das er seinen Schulern immer 
wieder ins Herz gelegt hat: es gibt keine Krank- 
heiten, esgibt nur kranke Menschen! Und darum 
kann es auch keine Patentmedizin geben, die 
alien und immer hilft. Mag die Methode eines 
Heilungsprozesses noch so oft erprobt sein, es 
kommt der Patient, der alle Regeln uber den 
Haufen wirft und uns zwingt, das scheinbar so 
fest gefugte nochmals von Grund aus aufzubauen. 
Wenn es noch gar auf dem Titelblatte beiQt: 
eine wissenschaftlich begrundete Methodik der 
Stimmerziehung, so haben wir nicht nur das 
Recbt, sondern auch die Pflicht, nachzuprufen, 
ob das da zu Recht steht. Die Verfasserin 
geht von folgendem Gesichtspunkt aus: „Da 
Stimmbildung Muskelerziehung ist, redet die 
Natur und der Mecbanismus unseres Stimm- 
apparates dem Beginn der Stimmerziehung durch 
Konsonantenubungen" — anstatt Vokalubungen 
— „selbst das Wort." Der Nutzen der Muskel- 
erziehung zu energischer Konsonantenbildung 
kann doch nur bei Stimmschwachen in Frage 
kommen; aber bei gesunden Stimmen? Und 
haben denn die Muskeln des Artikulations- 
apparates bei der Bildung der Vokale keine 
Arbeit zu leisten? Allerdings ist sie da passiver 
Art — anstatt Spannung Entspannung — aber 
beim Gesangsstudium ist gerade diese passive 
Arbeitsleistung die Hauptsache; denn die meisten 
Stimmkrankheiten entstehen eben durch eine 
falscbe Arbeit der Muskulatur des Schlundes 
und des Keblkopfes, und da ist das einzige 
Heilmittel : alle verkehrte Muskelarbeit durch 



Entspannen zu beseitigen. Fur Stimmschwache 
mit kraftloser Muskelarbeit beim Artikulieren 
der Konsonanten, da, aber nur da, ist der Weg 
der Verfasserin der richtige. Ich habe ihre 
Vorschriften langere Zeit ausprobiert, aber sie 
recht schwierig und unbequem gefunden. Man 
versuche nach der Vorschrift: „Die Zungen- 
ruckenkonsonanten" (g, k, j, ch) „sind durch 
einen VerschluB zu artikulieren, den der Zungen- 
muskel ausfuhrt, indem er den Zungenrucken 
bei hochgedffnetem Munde gegen den harten 
Gaumen druckt, wahrend die Zungenspitze an 
den Wurzeln der unteren Schneidezahne fixiert 
bleibt. Nach der Artikulation sinkt die Zunge 
wieder in den Grund des Mundes unter dem 
harten Gaumen." Nebenbei verlangt nicht das 
K den kraftigsten VerschluB an der ganzen 
Lange des harten Gaumens, sondern das G, 
wenn es wirklich energisch gesprochen werden 
soil. Die Richtigkeit der Behauptung: „Eine be- 
sondere Stellung nimmt hier das R ein, bei dessen 
Artikulation sich die Stimmbander in demselben 
Tempo offnen und schliefien, als der Konsonant- 
verschluli im Vokalraum sich vollzieht," wurde 
mir von einem bekannten Physiologen unter 
starkem Protest als absolut falsch bezeichnet. 
Ganz ubel ist aber die Darstellung des Atmungs- 
vorganges: „Die Lungen saugen" — sic! — „auf 
dem durch den Mund offenen Wege die Luft ein, 
debnen sich aus und regen dadurch [!] das Zwerch- 
fell, welches ihnen als elastischer Boden dient, 
an, sich zu kontrahieren, indem es sich abflacht." 
An einer anderen Stelle heilit es: „Gesetzt, dalJ 
die Schulkinder bei einem Tempo, welches 116 
der Metronomskala angibt, in einer Minute 
116mal ein- und ausatmen, in fiinf Minuten 
580 mal, und sie diese Ubung zehn Jahre hin- 
durch jeden Schultag zweimal funf Minuten lang 
zu machen hatten, wie muftte sich ihre Atmung 
entwickelt haben, wenn sie die Schule verlassen! 
Und dieser Atmung haftet nichts Kiinstliches, 
Unnatiirliches an; denn sie erzieht sich von 
selbst." Geschwindigkeit ist keine Hexerei; aber 
ist denn Geschwindigkeit im Wechsel des Aus- 
und Einatmens das hochste der Ziele, und — 
verzeihen Sie die harte Frage — wo im Kunst- 
gesang lafit sich diese anwenden ? Der Gesundung 
und Starkung der Lungen dient langsames Tief- 
atmen, da dadurch den Lungen eine grofiere Luft- 
menge, also mehr Sauerstoff, zugefuhrt wird. Das 
rasche oberflachliche Atmen ist vielmehrgesund- 
heitsschadlich, wie es unfreiwillig geschehend ja 
auch ein Zeichen von Schwache oder Entzundung 
der Atmungswege ist. — Ganz besondere Liebe 
zeigt die Verfasserin dem Ausdruck „Biegung 
der Vokale". Die Erklarung dazu lautet: „Die 
gesunde Stimme biegt beim Sprechen bestandig 
hin und her, gewohnlich innerhalb einer Oktave 
eine Quinte aufwarts und eine Quarte abwarts. 
In beiden Ricbtungen bewegt sie sich mit Leich- 
tigkeit durch alle drei Register. Dagegen hat die 
kranke Stimme oft selbst nach vorangegangenem 
fleidigen Konsonantenstudium hier noch sebr zu 
kampfen. Ihr kommen die stimmhaften Konso- 
nanten zu Hilfe, besonders das Zungenspitzen-R, 
in dem sich der Registerwechsel am leichtesten 
vollzieht. Das Zungenspitzen-R ist daher auch 
aus diesem Grunde zu erstreben und fleiftig zu 
iiben. Zur Biegung setzt die Stimme auf dem 
ihr beauemsten Brustton ein. zuerst mit R und 



190 



DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 



spater mit Glottisschlag auf O und den anderen 
Vokalen; sie gleitet abwarts nach dem Punkt 
oder aufwarts nach dem Fragezeichen. Gelingt 
beides, ist die Stimme auch auf gleicber Ton- 
hone durch die Register zu biegen. Je elastiscber 
die Stimmbandmuskulatur arbeitet, desto lang- 
samer laufen die Biegungen ab, und der Atem 
scheint kein Ende nehmen zu wollen." Ich 
mufi zu meiner Schande gestehen, dad ich den 
Nutzen dieses Prinzips nicht einzusehen vermag, 
furchte vielmehr, dafl dem Schuler dadurch ein 
fortwahrendes Herauf- und Herunterschmieren 
der Vokale leicht zur ublen Angewohnheit werden 
kann. So guten Nutzen der Erziehungsweg der 
Verfasserin manchem Stimmkranken bringen 
wird, ihr Buch ist die Verallgemeinerung eines 
an sich richtigen Prinzips, das aber in der Hand 
eines kritiklos Lernwutigen zu einer wahren 
Gefahr werden kann. Und das ware ein Erfolg, 
den die Verfasserin wohl selbst am meisten be- 
dauern wurde. Hjalmar Arlberg 

311. Richard Wagner: Das Judentum in 
derMusik; Zukunftsmusik; Uber das 
Dirigieren. Verlag: Breitkopf & Hirtel, 
Leipzig 1914. (je Mk. —.50.) 

Die Wagnerschen Schriften erscheinen hier 
in kleinen Einzelausgaben, im Satz und Format 
der sogenannten Volksausgabe der Gesammelten 
Schriften, bequem und handlich und vor allem 
auch vortrefflich erlautert. Sternfeld schrieb 
kurze Einleitungen und Anmerkungen, die in 
gedrangter Fassung dem Leser die zum Ver- 
standnis notwendigen Voraussetzungen gewahren. 
Die Wagnerschen Schriften sind ganz aus der 
Stimmung des Augenblicks hervorgegangen, sie 
sind voll von Anspielungen auf Zeitumstande, 
die unserem Gedachtnis langst entschwanden. 
Hier hat die ErlSuterung eine dankbare Aufgabe, 
deren sich Sternfeld mit griindlichem Wissen 
und in knappster Form entledigt. Der Leser 
wird nirgends mit Gberflussiger Gelehrsamkeit 
beschwert, aber auch nirgends im Stich gelassen, 
wo er des Fuhrers bedarf. Vielleicht wire 
beim „Judentum" die Aufnahme der ab- 
weichenden Lesarten des Erstdruckes, die ge- 
rade in einer Sonderausgabe zur Erganzung der 
Gesammelten Schriften wohl untergebracht 
werden konnten, nutzlich gewesen. 

Wolfgang Golther 

MUSIKALIEN 

312. Kugen Hildach: Zwei Gesange. op. 34, 
2 und op. 35. Heinrichshofen's Verlag, 
Magdeburg. (Mk. 1.— , bez. Mk. 1.20.) 

„Landwehrmanns Abschied" ist ein ganz 
schlichtes, von choralahnlicher Feierlichkeit er- 
fulltes Lied, dessen eindringlicbe Weise ihm 
einen tiefen Eindruck sichert. Bewegter ist 
Hildachs Tonsprache, die allenthalben den guten 
Musiker und kundigen Sanger verrat, in dem 
„Gebet fur den Kaiser". Hier ist die Steigerung 
des Ausdrucks im AnschluB an die drei Strophen 
des Gedichts ebenso folgerichtig wie musikalisch 
schon gelungen. Die beiden Gesange seien 
aufrichtig empfohlen. 

313. Adolf Stubing: „Hindenburg-Marsch 
mit dem Hindenburg-Lied." Musik- 
verlag: Fritz Baselt, Frankfurt a. M. 

Der Marsch ist feurig und kraftig und klingt 
leicht ins Ohr, das Trio („Hindenburg-Lied") muB 



aber schon urn des nichtssagenden, fast albernen 
Textes willen abgelehnt werden. Solche „Verse" 
(die ubrigens, wie mir scheint, der Weise unter- 
gelegt sind) sind geeignet, der Abneigung ge- 
wisser Kreise gegen unsere ganze zeitgemaBe 
Kriegskunst eine Berechtigung zu geben, und 
mussen schon deshalb ruckhaltlos getadelt werden. 

314. P. Sippel: „Die Freundesbanner." 
Einstimmiges Chorlied mit einem 
Vorspiel und Weihespruch. Verlag: 
Jos. C. Huber, DieBen vor Munchen. 
(Mk. 1.20.) 

Die marschartige, instrumental gedachte Ein- 
leitung dieses fur Feiern von Schulen und Ver- 
einen bestimmten Musikstucks ist, wenn auch 
nicht bedeutend, so doch nicht ohne Spannung 
und Kraft. Der vom selben Verfasser „ge- 
dichtete" Weihespruch, der nun gesprocben 
werden soil, ist allerdings nicht mehr als wort- 
drobnende Versmacherei, aber das anschliefiende 
Lied ist nicht ubel. Nun eine Frage: Warum 
heiBt das mit mit der deutschen, osterreichischen 
und turkischen Fahne auf dem Titel geschmuckte 
Tonstuck „Die Freundesbanner", da doch nur 
vom schwarzweiBroten die Rede ist? 

315. Kurt Johnen: n Das war der Sturm". 
Fur eine Singstimme mit Klavier-, 
Orgel- oder Harmoniumbegleitung. 
Verlag: Melodia, Berlin. (Mk. 1. — .) 

Trotz seines geringen Urn fangs ist dieses Ton- 
stuck von einem groBen Hauch durchwebt, der 
ibm einen Platz uber den Durchschnittserzeug- 
nissen anweist. Auch im Aufbau und in 
der technischen Ausfuhrung verrat das Werk 
eine entschiedene Begabung. Als ernst-festlicbe 
Hymne, die sich am Schlufi zum ahnungsvollen 
Psalm der SiegesgewiBheit erhebt, wird das 
Lied seinen Eindruck nicht verfehlen. 

316. Alexander Bartusch: „Unsere Ma- 
rine". Fur eine Singstimme mit 
Klavierbegleitung. Heinrichshofen' s 
Verlag, Magdeburg. (Mk. 1.—.) 

Die volksmSBige Wirkung dieses frischen 
und feurigen Liedes durfte sehr dadurch be- 
eintrachtigt werden, daB der Tonsetzer in dem 
Bestreben, genau zu deklamieren, nicht weniger 
als achtmal die Taktart wechselt, Beweis genug, 
daB seine Weise die unmittelbare Einheitlichkeit 
entbehrt, die gerade beim Strophenlied so notig 
ist. Doch lebt in dem Tonstuck eine trotzige 
fanfarenschmetternde Kraft, die bei gutem Vor- 
trag den Eindruck nicht verfehlen wird. Der 
Refrain erinnert stark an den des bekannten 
Studentenliedes „Ergo bibamus". 

317. Reinhold Lichey: „Soldatenabschied". 
Lied fur Gesang und Klavier. Verlag: 
Gebruder Reinecke, Leipzig. (Mk. — .60.) 

Dieses sehr gelungene Tonstuck erbringt den 
Beweis dafur, daB eine wohlerfundene, aus 
der Gesamtstimmung eines Gedichts heraus 
geborene Melodie fur jede Strophe, desselben 
paBt und hochstens ganz geringer Anderungen 
und Vortragsabtonungen bedarf. Man darf 
dieses Lied unbedenklich empfehlen. 

318. Ignaz Neumark: Zwei polnische 
Miniaturen fur Klavier. Verlag: 
Wilhelm Hansen, Kopenhagen und Leipzig. 
(Mk. 1.50.) 

Das klangschone, melodisch-reizvolle „Pra- 
ludiurn" erinnert im guten Sinne an Chopin, 



BESPRECHUNGEN (MUS1KALIEN) 



191 



und in der „Mazurka" steckt Feuer und Schwung. 
Schiiler und Dilettanten von mittlerer Fertigkeit 
werden die beiden geschickt gesetzten Kleinig- 
keiten mit Vergnugen spielen. 

319. E. Hornemann: „Konig der Konige". 
Fur Klavier. Verlag: Ebenda. (Mk. 4. — .) 

Eine uberaus sangbare, feierliclie Weise, 
deren SchlutJ die bekannte Handelsche Ton- 
wiederholung aufweist, wird in verschiedener 
Starke und Bewegung dreimal wiederholt, ahn- 
licb dem volkstumlichen „Niederlandischen 
Dankgebet", nur dad Hornemann die zarte 
Strophe in die Mitte stellt. Wenn es gelange, 
seiner edlen und kraftigen Weise die rechten 
Worte unterzulegen, durfte man ihr eine noch 
starkere Wirkung voraussagen, als sie in der 
vorliegenden Klavierbearbeitung schon haben 
wird, deren Leichtigkeit der Verbreitung nur 
forderlich sein kann. 

320. Emil Sulzbach: „Gebet" fur Violon- 
cello mit Begleitung des Pianoforte 
oder der Orgel. (op. 37, 2b) Musikverlag 
Fritz Baselt, Frankfurt a. M. (Mk. 1.— .) 

Bei dem offenkundigen Mangel an leichten 
und doch wirksamen Einzelstikken fur Cello 
wird das vorliegende Werkchen vielen Lehrern 
und Schulern willkommen sein. Eine klare, 
grolilinige Melodie in A-dur wird durch einen 
zarten und innigen Zwischensatz in F harmonisch 
wohl scbattiert und gedanklicb so gut fortgebildet, 
dad die auf der enharmonischen Verwechslung 
Des-Cis wieder eintretende Weise einen be- 
friedigenden Abschluft herbeifiihrt. Das dank- 
bare, von Hugo Schlemuller bearbeitete und 
mit Fingersatz versehene Tonstuck sei seiner ehr- 
lichen Einfachheit wegen besonders empfohlen. 

321. Benno Pulvermacher: „Kaiserlied a . 
Verlag: C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig. 

Wie die Verse von Carl Leiberfeld ungekunstelt 
und herzlich singen, so ist auch die Weise. Ein 
Strophenlied von echter Volkstumlichkeit haben 
wir hier vor uns, das wegen seiner leichten Fatt- 
lichkeit besonders in den Schulen Eingang finden 
sollte. 

322. Ludolf Nielsen: „Schlummert sanft 
in beilger Ruh\" Fur Gesang mit 
Streichorchester und Harfe. op. 33. 
Verlag: Wilhelm Hansen, (Copenhagen und 
Leipzig. (Mk. 3. — .) 

Das ernste, vom Welken und Sterben 
sprechende Gedicht hat eine durchaus ent- 
sprechende Vertonunggefunden; denn die choral- 
artig gegliederte eindringliche Gesangsweise 
haftet rasch im Ohr und wird der triiben Stim- 
mung des Ganzen auch insofern gerecht, als 
sie sich niemals fiber die Begleitstimmen erhebt, 
sondern sogar oft unter deren Tonhohe zurfick- 
bleibt. Die Singstimme wird an einzelnen Stellen 
durch die Solovioline bzw. Bratsche im Unisono 
verstarkt, was bei der auffallend ausgiebigen 
Besetzung des Streichorchesters unbedingt er- 
forderlich war. Ich verspreche mir von dem 
kurzen, aber an Empflndung und Ausdrucks- 
kraft reichen Tonstuck eine tiefgehende Wirkung. 

323. Ludwig van Beethoven: Ecossaisen, 
frei bearbeitet von Edmund Parlow. Ver- 
lag: Ebenda. (Mk. —.60.) 

Dieses durcb die sich oft wiederbolende End- 
melodie jeder Periode gekennzeichnete Werk 
des groQen Tonmeisters ist durch die vorliegende 



geschickte und vorsicbtige Bearbeitung aus einem 
Virtuosenstuck zu einem Stuck fur den Haus- 
gebrauch gemacht worden, was an sich gewifi 
nur erfreulich ist. Freilich bleibt die grund- 
satzliche Frage unentschieden, ob solche Be- 
arbeitungen von Meisterwerken erlaubt sind 
oder nicht. Wer nicht engherzig ist, wird jede 
Bearbeitung willkommen heifien, die geeignet 
ist, ein Meisterwerk unter Wahrung seines 
wesentlichen Inhaltes den weitesten Kreisen 
zuganglich zu machen, wie das im vorliegenden 
Falle zutrifft. 

324. „Wir treten zum Beten." Bearbeitet 
von Julius Rontgen. Verlag: Breitkopf & 
Hartel, Leipzig. 

Das einzig Bemerkenswerte an diesem JBlatt 
ist die Zeichnung von B. Heroux. Die Uber- 
tragung des Textes, die Karl Budde verfafit hat, 
ist weder sprachlich so schon, noch musikalisch 
so brauchbar wie die altgewohnte Fassung. 

325. Gustav Lazarus: „Jugendfreuden." 
Funf ganz leichteVortragsstucke fur 
Klavier. op. 168. Verlag: Wilhelm Hansen, 
Kopenhagen und Leipzig. 

Der Lehrer, der diese Stucke als Belohnung 
des FleiQes zwischen Skalen und Fingerubungen 
einschaltet, wird bei seinen Anfangern sicherlich 
grofie Freude damit anricbten und sie fast spielend 
zu den AnfSngen der Vortragskunst hinleiten; 
denn so leicht die Lazarusschen Kleinigkeiten 
auch sind, so sehr gewinnen sie durch saubere, 
in Anschlag und Dynamik wohlabgerundete 
Wiedergabe. Als besonders hubsch seien 
„Puppenball a und „Menuett" hervorgeboben. 

326. Fini Henriques: »Das Spinnradcben." 
Fur Klavier. Verlag: Ebenda. 

Das Schnurren des Radcbens ist in der alten, 
wohlbekannten Manier musikalisch dargestellt; 
aber dazu erklingt teils in der linken, teils in 
der rechten Hand eine sehr hubsche, sangreicbe 
Weise, der es an landlicher Eigenart nicht 
mangelt. Das Stuck sieht zwar infolge der Zwei- 
unddreiBigstel-Figuren schwerer aus, als es in 
Wahrheit ist, erfordert aber immerhin einige 
Obung. 

327. Trygve Torjussen: Norwegische Me- 
lodieen. Sieben Stucke far Klavier. 
op. 15. Verlag: Ebenda. 

Diese Tonstucke werden alien Freunden nor- 
discher Musik willkommen sein, und sie ver- 
dienen, unter den Klavierspielern bekannt zu 
werden; denn sie sind kurz, im Aufbau klar, 
hubsch in der Erflndung und eigenartig reizvoll 
im Ausdruck. Offenbar sind bier norwegische 
Volksweisen mit Gliick benutzt worden. Die 
Schreibweise ist ziemlich einfach, so dafl einiger- 
maQen geubte Liebhaber sich mit Aussicht auf 
voiles Gelingen an dieStucke heranwagen konnen. 
Welche von diesen die schSnsten sind, istschwer 
zu sagen. Besticht das „Brautlied" durch seine 
volksmadige Heiterkeit und festliche Wurde, so 
ist „Die Hirtenflote" ein kleines Kabinettstiick. 
In „Schelmerei" und „Spielerei" treibt tollende 
Lustigkeit anmutig ihr Wesen, und der Bauern- 
tanz „Halling" verrat Kraft und rhythmische 
Lebendigkeit ebenso wie eine gewisse humor- 
voile Liebenswurdigkeit. Die „BaIlade" vom er- 
trankten Bock ist ein Stucklein von derber Ko- 
mik, und im „Klagelied" spricht sich tiefe, innige 
Empflndung aus. Die Harmonik der samtlichen 



192 



DIE MUS1K XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915 



Arbeiten ist charakteristisch, ohne durch Ab- 
sonderlichkeiten aufzufallen. 
328. Rud Langgard: ..Sphinx." Tongemalde 
fur groBes Orchester. Verlag: Ebenda. 
Das Gedicht von Viktor Rydberg, welches der 
Tonsetzer seinem Werke vorangestellt hat, spricht 
nicht von der Sphinx, sondern von dem Ge- 
heimnis der ewigen GroBe, die sich aus uner- 
grundlichen Tiefen bis zu schwindelnden Hohen 
erhebt. DemgemaB darf der Horer sich von 
dem Titel des Tonstucks nicht irrefuhren lassen, 
sondern nur eine Musik erwarten, die den 
Stimmungsgehalt der Verse auszudeuten sucht. 
Dies ist aber ganz vortrefflich gelungen. Uber 
einem langen, orgelpunktartigen, leisen Pauken- 
wirbel auf F steigt in den Holzinstrumenten ein 
feierlich ernstes Thema geheimnisvoll empor, 
nach wenigen Takten durch die Horner aufge- 
nomrnen und von bewegten Figuren der ge- 
dampften Streichinstrumente umspielt. Ein kurzer, 
in den Streichern und Holzblasern von der Hohe 
zur Tiefe in ZweiunddreiBigsteln niedersinkender 
Nebengedanke leitet zu dem leidenschaFtlichen 
Mittelsatz uber, der den sturmischen Versuch 
zu schildern scheint, mit menschlicher Kraft das 
Ratsel der Urkraft zu losen. In die teils sturmen- 
den, teils sehnsuchtig verlangenden Figuren des 
mehrfach geteilten Streichkonzerts klingt hart 
und unbeugsam das kunstvoll umgebildete Motiv 



des Geheimnisses, von dunklen Holzinstrumenten 
und Posaunen geblasen, hinein, worauf die Be- 
wegungderStreicherallmahlichinsichzusammen- 
sinkt, verzweifelnd, entsagend, obwohl ein auf- 
munternder Hornruf zu neuen Versuchen zu er- 
muntern scheint. Schwer, lastend, aber doch 
nicht ohne versohnenden Beiklang tritt das erste 
langsame ZeitmaB wieder ein, in dem das Ton- 
stuck aushauchend verklingt. Das Ganze ist also 
ein Werk jener Programmusik, die, im AnschluB 
an eine Dichtung, des Tonsetzers Empflndungen 
uns vermitteln, nicht aber Vorginge und Zu- 
stSnde schildern will. Soweit es sich nach Ein- 
sicht in die Partitur erkennen laRt, ist der Musiker 
seiner Aufgabe durchaus gewachsen. Seine Er- 
findung ist zweckentsprechend und ohrenfailig, 
der Aufbau des Ganzen klar und folgerichtig, 
die Instrumentation geschickt, farbenreich, aber 
dabei keineswegs uberladen. In Harmonik und 
Rhythmik offenbart sich der moderne Musiker. 
Besonders schitzenswert erscheint mir der ent- 
schieden germanischeGrundzugdieser Musik, die 
natiirlich von Wagner, Richard StrauB und Grieg 
nicht unbeeinflufit, aber doch voll selbstandiger 
Eigenart ist. Ich zweifle nicht, daB das Werk, 
welches allerdings an den Kapellmeister wie 
an das Orchester keine geringen Anforderungen 
stellt, bei guter Wiedergabe einen starken Ein- 
druck hinterlassen wird. F. A. Geililer 



KRITIK 



KONZERT 



HALLE a. S.: In der ernsten Zeit lieUen sich 
von Solisten nur Walter und Mirny Schulze- 
Prisca horen. Ihr Musizieren hat einen ganz 
besonders intimen Charakter, und ich kann wohl 
behaupten, dad ich den zweiten und dritten Satz 
des Bachschen d-moll Konzertes noch nie so 
vollendet im Zusammenspiel gehort habe. Ebenso 
bereitete das Geigerpaar mit Spohrs Duo op. 67 
einen seltenen GenuB. Solistisch uberragt zweifel- 
los Walter Schulze-Prisca seine Gattin, was er 
mit dem Vortrag von Tartini's g-moll Sonate 
offenbarte, wShrend sie mit Fritz von Bose die 
Kreutzer-Sonate technisch gewandt, aber doch 
nicht schlackenlos spielte. — Die Robert 
Franz-Singakademie zeigte unter Alfred 
Rahlwes' zielbewuBter und stilsicherer Leitung, 
daB aus Mendelssohns „Paulus u doch weit mehr 
herauszuholen ist, als sein Vorganger uns glauben 
machen wollte. Die Auffuhrung, an der sich 
Elisabeth Ohlhoff, Else Cantor, Paul 
Schmedes und Felix Lederer-Prina als 



Solisten beteiligten, brachte es zu groBartigen 
Steigerungen, da der Dirigent die schatzens- 
werte Gabe besitzt, den Pulsschlag der Musik 
zu fuhlen, eine Fahigkeit, die fast in noch hoherem 
Grade in Brahms' „Deutschem Requiem" hervor- 
trat. Das war in der Tat eine Gedachtnisfeier 
fur unsere gefallenen Helden in Ost und West. 
Das letzte Konzert brachte Frauenchore (op. 17) 
von Brahms, deutsche Volkslieder in Brahms- 
scher Fassung, und zum Gediichtnis von Robert 
Franz dessen doppelchorigen 117. Psalm in vor- 
zuglicber Ausfuhrung. Als Solisten wirkten mit 
Else Gipser, die durch eine stilvolle Wieder- 
gabe von Schumanns „Kreisleriana" sich voile 
Sympathieen gewann, und Fritz Becker, der im 
Verein mit der Pianistin die F-dur Sonate fur 
Violoncello von Brahms (op. 99) und einige Solo- 
stucke, darunter das selten zu horende Lento 
aus Schumanns Konzert op. 129 vortrug. Aus 
Brahms, der mit zu zarter Hand angefafit wurde, 
hatte sich allerdings noch mehr herausholen 

lassen - Martin Frey 



ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

Die Reihe unserer bildlichen Darstellungen Anton Bruckners vermebren wir heute 
urn die Medaille, die im Jahre 1908 von Musikdirektor Franz Bayer in Steyr (Ober- 
Osterreich), einem Schuler des Meisters, aus AnlaB des 50. Stiftungsfestes des dortigen 
Mannergesangvereins „Krinzchen M zum Zweck der Verleihung an bedeutende musikalische 
Personlichkeiten und Vereine gestiftet wurde. Die in Silber hergestellte Medaille ist 
eine Arbeit des Prof. Leo Zimpel in Steyr. 

Zur Studie „Das musikalische Wunderhorn" von Walter Niemann im vorliegenden Heft 
gehort das Portrat des verdienstvollen jungen Begrunders und Inhabers des Wunderhorn-Verlags 
in Munchen, Ludwig Schittler, der anfangs Marz den Heldentod gefunden hat. Seine Ver- 
offentlichungen lenkten schon durch ibre auBerordentlich geschmackvollc kunstlerische Aus- 
stattung die Aufmerksamkeit auf sich. (Vgl. den Nachruf von Alexander Jemnitz in der „Toten- 
schau" des 2. Aprilheftes 1915.) 

owstr. 107 





BRUCKNER-MEDA1LLE 
von Leo Zimpel 



XIV 




*+V 




Alclkr Elisibcrh, MLinfhen, phot. 



LUDWIG SCHITTLER 
f Anfang M3rz 18)5 



XIVL 




J 22 



DIE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 23 • ERSTES SEPTEMBER-HEFT 
14. JAHRGANG 1914/1915 

VRRLEGT BE1 
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W 



Die Politik hat nicht zu rachen, was gescheben ist, sondern 
zu sorgen, daB es nicht wieder geschehe. 

Bismarck 



INHALTDES 1. SEPTEMBER-HEFTES 

ERNST OTTO NODNAGEL f: Jean Louis Nicodd. Ein Kunstler- 
profll 

F. A. GEISSLER: Das Kriegsziel der deutschen Tonkunst 

MARIE VON b0LOW: Hans von BQlows Pseudonym W.Solinger 

OTTO KELLER: Anton Bruckner-Literatur (Schluil) 

REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten: 
Ernst Schnorr von Carolsfeld, Martin Frey, Carl Robert Blum, 
F. A. GeiBler 

KRITIK (Oper und Konzert): Basel, Berlin, Thun 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

KUNSTBEILAGEN: Portrats von Jean Louis Nicod6 (3 Blatt) 

NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes 

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Abonnementspreis 

Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung 
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland 
Mk. 6.—). Die bisherige Jabresvorausbezahlung lassen wir, um den 
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zahlungserleichterung 
zu gewabren, fur den 14. Jahrgang in Wcgfall kommen. 

Verlag und Redaktion der MUSIK 



JEAN LOUIS NICODE 

EIN KONSTLERPROFIL 
VON ERNST OTTO NODNAGEL f 



Vorbemerkung der Redaktion. Fur die Reihe unserer Sonderhefte „Modeme 
Tonsetzer" hatte uns Ernst Otto Nodnagel die nactastehende Studie fiber Nicode" 
geliefert. Umstande verschiedener Art verhinderten uns bisher an der Veroffentlichung 
dieser letzten Arbeit des im Marz 1909 verstorbenen ausgezeichneten Musikschrift- 
stellers. Trotz ihres etwas fragmentarischen Charakters — Nodnagels lange Krankheit 
und frfiher Tod vereitelte die ursprunglich vereinbarte Erweiterung und ErgSnzung 
einzelner Abschnitte sowie die Abrundung des Ganzen — gehort Nodnagels feinsinnige, 
warmherzige Wfirdigung des Nicodg'schen Schaffens zum Besten, was fiber den 
Dresdner Tonsetzer gesagt worden ist, und wird aus diesem Grunde den zahlreicben 
Verehrern Nicod6s sebr willkommen sein. 

Es war im Jahre 1890, dem Jahr, von dem man die Bewegung so- 
wohl in der deutschen Literatur — Holz, Hauptmann — wie in der 
deutschen Tonkunst — „Tod und Verklarung" auf der Eisenacher 
Tonkfinstlerversammlung und Wolfs lyrischer Hohepunkt — datieren muQ, 
der Hermann Bahr damals bereits in seiner „Kritik der Moderne" den 
Namen pragte. Ich war gerade frisch aus meines verehrten ersten Meisters 
Wolfram HSnden in die Sackgasse der Koniglichen Hochschule geraten und 
horte aus der Meister Munde goldene Worte wie: „Grieg?! — Grieg ist doch 
kein Komponist!" oder „Ist denn die ,Prfigelszene' eine richtige Fuge?" — 
In jener schonen Zeit des Sich-selbst-Findens und Freiringens fiel mir 
zufallig das bedeutendste und am tiefsten packende Werk der damaligen 
jungen Belletristik in die Hande, eines Schweizer Dichters Erstlingswerk: 
„Tino Moralt" von Walter Siegfried. „Kampf und Ende eines Kunstlers" 
lautet der Untertitel, aus dem sofort ersichtlich war, daC hier gestaltet 
war, was in unserm jungen Blut rumorte. In diesem Roman begegnete 
mir zuerst der Name Jean Louis Nicode. Einige junge Maler haben im 
Odeon einen uberwaltigenden Eindruck von der Symphonie-Ode „Das 
Meer" empfangen. Dort wird u. a. gesagt: „Oh! ... an Magie der Klange, 
an Charakteristik in Tonen, an Ausdruck fiir das scheinbar Unausdruck- 
barste noch fiber Berlioz! Sie wfirden es nicht fur moglich halten! Ein 
unmogliches Orchester! Ein Orchester, welches zaubern kann! welches Sie 
in der ,Meer-Symphonie' mit in den tiefen Grund des Elementes hinunter- 
zieht, und Sie da Dinge horen laGt, die einer anderen Sphare anzugehoren 
scheinen; — ein Orchester, welches Farbenempfindungen hervorruft, grune, 
glaserne Flut erschafft, fiber welche plotzlich kleine Wellenzuge hinfliegen 
und weiQe kristallene Schaumkammchen glitzernd verspritzen. Und dann 
beginnt das Meer zu leuchten, zu glilhen; die kolossale Masse wird immer 
durchsichtiger, immer schillernder; Klange aus versunkenen Palasten ziehen 

13* 



196 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

herauf, marchenhaft, nie gehort, und droben iiber der unermeClichen ein- 
samen Wasserwelt steigt die Fata morgana empor." Auf der Seite darauf 
folgt noch eine amiisante Bemerkung iiber die „Fantastique". „Eine nette 
Hollenmusik, diese Symphonie . . .", wird da gesagt, „wie? — aber ver- 
dammt interessant! Man kriegt den ganzen Kopf dabei voll Bilder!" 

Mein erster Gang war natiirlich zum Musikalienhandler: „Alles, was 
Sie von Nicode auf Lager haben." Auf die prompte Ausfiihrung dieses 
Auftrages bezieht sich eine liebenswiirdige Stelle in einem Briefe des 
Kunstlers an mich: „Geruhrt hat mich Ihre Erinnerung an das Sieg- 
friedsche Buch ,Tino Moralt'. Obwohl ich dessen Autor bei Gelegenheit 
einer Fragment-Auffiihrung des ,Meeres' (3 Satze) im Dresdener Hoftheater 
personlich, wenn auch fiiichtig, kennen gelernt habe, wuDte ich nichts von 
der Erwahnung meiner Person und meiner ,Sinfonie-Ode' in dem sehr viel 
spater erschienenen Buche; ich wurde erst durch die Besprechungen und 
Auszuge aus demselben in den Zeitungen aufmerksam. — Dafi dieses Buch 
Sie veranlaCte, sich mit dem ,weiteren' Nicode bekannt zu machen, hat 
insofern etwas Riihrendes fiir mich, als Sie da einen Nicode erwischten, 
der nicht gehalten, was er mit diesem seinem ersten offentlichen Geh- 
versuch — ,versprach'. Gott, wie das mich heut anmutet: ,Deux valses 
brillantes'? !« 

In der Tat waren das zwei waschechte Chopin'sche Walzer de pur 
sang, unter der Opusziffer 3, aber brillant waren sie auch, sowohl als 
technische Bravourstiicke, wie als elegant und korrekt gearbeitete Musik; 
der Anfanger wies sich schon darin als souveraner Beherrscher des Hand- 
werksmaGigen. 

Geboren wurde Jean Louis Nicod6 aus hugenottischem Blut am 
12. August 1853 im Posenschen. Der Name des Geburtsortes wird ver- 
schieden angegeben. Theo Schaefer schreibt — vermutlich im AnschluQ 
an Breitkopf & Hartels Verlagskatalog — Jerczyk, wShrend die neue 
Auflage von Brockhaus Jersitz schreibt. Riemann gibt in seinem Musik- 
lexikon die Brockhaussche Schreibweise; daQ er indes nicht der Verfasser 
der Notiz im Supplement des Brockhaus ist, wie ich — dadurch verleitet — 
anfanglich vermutete, das beweist der Umstand, daD das Konversations- 
lexikon abweichend von Riemanns richtiger Angabe behauptet, 1869 sei 
Nicode in die „K6nigliche Hochschule fiir Musik" eingetreten. Das stimmt 
nicht, vielmehr war Nicod6 bei Eroffnung der „Koniglichen Hochschule" 
bereits in festen und auch besten Handen, namlich in Kullaks t4 Va Jahre 
alterer, durch Sezession vom heutigen „Sternschen Konscrvatorium" ent- 
standener B Neuer Akademie der Tonkunst". 

Der Vater Nicodds hatte urspriinglich im Posenschen ein kleines 
Rittergut besessen, war aber durch allerlei Widrigkeiten des Schicksals 
zum in Wirklichkeit notleidenden Agrarier geworden, der sein Besitztum 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 197 

nicht fur seine Familie zu erhalten vermochte. Er iibersiedelte mit den Seinen 
nach Berlin, wo er sich zum Gliick auf seine Geige besann; war die in 
fruheren besseren Zeiten seine Freundin gewesen, so ward sie ihm jetzt 
nicht nur Trosterin, sondern sogar auch Retterin. Und es gelang ihm, 
durch Geigenspiel und namentlich durch Unterricht auf seinem Instrument 
sich und der Familie eine neue Existenz zu griinden. 

Da sein Sohnchen Jean Louis bereits im zarten Kindesalter auffallige 
Symptome starken musikalischen Talentes gezeigt hatte, so nahm er das 
Kind schon friihzeitig in seine Unterweisung. Und da der heranwachsende 
Knabe schnelle Fortschritte machte, lieO er ihn von einem Organisten 
Hartkans noch im Klavierspiel und vermutlich auch in den Anfangsgriinden 
der Theorie belehren. Knapp 16 Jahre alt, kam er dann, wie bereits ge- 
sagt, in Theodor Kullaks schon beruhmte „Neue Akademie der Tonkunst", 
in der er bis zum AbschluD seiner Studien, ja sogar — sofort danach an 
dem Institut selbst als Lehrer angestellt — noch einige Jahre daruber 
hinaus verblieb. Er sagt selbst in einem seiner Briefe (30. Januar 1905) 
an mich: „In strengster konservativer Zucht erzogen, durfte ich naturlich 
nicht fiber die Schnure hauen. Der Autoritatglaube an meine Lehrer be- 
herrschte mich so, daD ich ein ,loyaler Staatskunstler' wurde und es bis 
weit in meine Dresdener Zeit hinein verblieb." Hauptsachlich beziehen 
diese und andere Stofiseufzer sich auf die Engherzigkeit Wuersts. Denn 
spater bei Kiel, der, selbst Kiinstler, Konner und Mensch, ihm entgegen- 
kam und auf ihn einging, scheint er sich bedeutend wohler gefiihlt zu 
haben. Und Kullak hat er ja seine Ausbildung als bedeutender Klavier- 
virtuose zu verdanken. 

Nach Beendigung seiner Studien nahm Kullak den Jungling sofort in 
das Lehrerkollegium seiner beruhmten Schule auf; er machte sich nun 
alsbald als Pianist einen geachteten Namen, zunachst in Berlin, wo er 
schnell eine bedeutende padagogische Praxis entfalten konnte. Durch 
Konzertreisen, namentlich durch eine langer andauernde Tournee (1878) 
mit Madame Desir6e Artot de Padilla, mit der er besonders groCe Erfolge 
in Rumanien und Galizien teilen durfte, kam er schnell auch als Lehrer 
in den Ruf eines „Gesuchten". Franz Wiillner, der selbst erst 1877 
seine Munchener Hofkapellmeisterstelle mit der in Dresden vertauschte 
und zugleich die „artistische Direktion" des so betitelten „K6niglichen" 
Konservatoriums 1 ) ubernommen hatte, berief ihn 1878, unmittelbar nach 
seinen galizischen und rumanischen Erfolgen als Hauptlehrer fiir Klavier- 
spiel an das Konservatorium. 

„Das Klavierlehrertum war mein Verhangnis!" ruft er in einem Briefe 
aus. Aber im Hinblick auf die Sorge um die Erhaltung seiner Eltern und 



') Das in Wirklichkeit die 52 Jahre seines bisherigen Bestehens hindurcb 
Privatanstalt war. 



198 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Geschwister war er genoligt, die „gunstige Konjunktur" auszunutzen. 
„Ich fand nur Mufie, ,Sachelchen' (meist nur fiir meine Sanger) zu 
produzieren, fiir die heute einzutreten mir recht schwer wird; denn ich 
zeigte in ihnen nicht mein wahres Innere, welches begehrend nach groGen 
Formen, Orchester, Chor usw. ausschaute. Wenn ich auch vereinzelt 
diesem Drange zu geniigen suchte, konnte dies nur in den — ganze 
1 */j Monate wahrenden! — Sommerferien geschehen, und zwar nach einem 
die physischen Krafte vollig erschopfenden iibrigen Jahre! Sie miissen 
namlich wissen, dafi ich vor meiner Dresdener Zeit ein fanatischer 
Fortschrittler war; aber (zweifellos) unter dem Einflusse der verkalkenden 
Dresdener Luft und des tnich vollig terrorisierenden Lehrerberufes mit 
seinen (Perriicken- und Talar-Wurde fordernden) Obliegenheiten fiihlte ich 
meine Schwingen bald gelahmt und mich selbst dermaOen nach rechts ,ge- 
lautert', daQ das konservative Lager nunmehr meinen Ruhehafen bildete, 
aus dem heraus Sonaten-, Suiten- und Variationenwerke ,strengsten' Stiles, 
als Abglanz meiner ,Lauterung als Komponist' in die Welt gingen." 

Werfen wir, bevor wir den angehenden Meister auf seinem weiteren 
Aufstieg bis zum „Hirten auf dem Berge" begleiten, einen kurzen Blick 
auf die Sachelchen, so werden wir doch vieles zu bewundern finden. 
Allerdings sind die beiden Vorlaufer der „deux Valses brillantes" der 
Offentlichkeit vorenthalten geblieben, und zwar vier Lieder op. 1 und eine 
Es-dur Symphonie op. 2; allein bereits als op. 4 folgt eine Orchester- 
Partitur, die symphonische Dichtung „Maria Stuart", die in ihrer Urform 
als „Konzertouverture a schon 1873 entstanden war. Die Gestalt, in der 
sie 1879 an die Offentlichkeit gelangte, ist das Ergebnis der dritten Um- 
arbeitung. Die Urauffiihrung fand durch die Gothaer Hofkapelle am 
18. November 1880 statt. Ich habe das Werk noch nicht gehort, kenne 
es vielmehr nur vom Papier, so daU ich mir noch keine voile Klarheit 
iiber die Stimmungentwickelung verschaffen konnte. Es ist ja im formal 
Technischen mit groDer Geschicklichkeit aufgebaut und lehnt sich an die 
akademische „Sonatenform" mit einer gewissen Freiheit an. Jedoch die 
ja anscheinend erst spater an den Haaren herbeigezogenen Beziehungen 
auf Schillers Trauerspiel scheinen mit der Musik nicht recht amalgamiert 
zu sein, und so ist denn der Ideengang, dessen Darstellung Nicode sich 
zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, nicht zu plastischem Ausdruck 
gelangt. Oder sollte der Trauermarschcharakter (im "/i-Takt!) der Themen- 
gruppe, vielleicht in Verbindung mit den leidenschaftlichen kadenzierenden 
Ausbruchen der Soloklarinette womoglich gar die Tragodie selbst in die 
Vorfabel der Tondichtung drangen?! Es ist, wie gesagt, nicht klug daraus 
zu werden, und so steht dieses Anfangerwerk — ein drastischer Beweis 
dafiir, wie sehr es vom Ubel ist, einem Werk, das nicht als symbolische 
Darstellung organisch gewachsen ist, eine auDermusikalische Vorstellungs- 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 199 

folge nachtraglich verkoppeln und oktroyieren zu wollen — an dem Aus- 
gangspunkt seiner Kiinstlerlaufbahn als der diametrale Gegensatz zu dem 
Wcltwunder, das den vorlaufigen Hohepunkt in dieser merkwiirdig logischen 
und psychologisch so klaren Entwickelung bildet. 

Eine Partitur aus dieser ersten Schaffensperiode konnte ich noch nicht 
studieren, da sie beim Verlag vergriffen ist, namlich op. 11: „Die Jagd 
nach dem Gliick", ein Phantasiestiick nach dem bekannten Henneberg- 
scben Gemalde. Diesem Stuck wird in der zeitgenossischen Fachpresse 
eine ziindende Wirkung nachgeruhmt. Zwei Blatter kamen sogar 1881 
innerhalb Jahresfrist zu wortlicher Ubereinstimmung in der Floskel „ein 
Bravourstiick im besten Sinne des Wortes". Mit der fur Henri Petri 
geschriebenen Romanze ist die Geigenliteratur um ein bei alien virtuosen 
Anspriicben, fiber die jedem richtigen Geiger das Herz im Leibe lacht, 
stimmungwarmes, auch im Orchester wohlklanggesattigtes, mit einem Wort 
B dankbares" Konzertwerk von maCiger Zeitdauer bereichert. 

Das bedeutendste Orchesterwerk aus diesem Schaffensabschnitt ist 
die Symphonische Suite op. 17; ihr mufi Geist, Liebenswiirdigkcit, lichte 
und erfinderische Orchesterbehandlung noch zu den selbstverstandlichen 
technischen Vorziigen und Reichtumern seiner schon damals virtuosen 
Satzkunst nachgeruhmt werden. Der bemerkenswerteste der vier Satze 
ist der den Manen Beethovens geweihte Variationensatz, der dem Scherzo 
als Andante folgt. In der ganzen Erfindung nicht allein des Themas selbst, 
sondern auch seiner fiinf Umgestaltungen glaubt man bestandig, echten 
Beethoven zu horen. Der Satz ist von einer wunderbaren Stilreinheit; die 
Anlehnung an Beethovens eigenen Variationenstil wirkt um so frappanter, 
als sie mit auBerster Diskretion und feinstem Takt, ja ich darf wohl sagen: 
mit keuscher, ehrerbietiger Zuriickhaltung durchgefiihrt ist. Am meister- 
haftesten gelungen ist die Stilkopie in den beiden letzten Variationen, 
namlich einem erschiitternden Trauermarsch, in dem ganz besonders die 
Kadenzen der einzelnen Abschnitte tauschend echt nachgebildet sind, und in 
dem Adagio mit obligater Geige, das von warmster, innigster Melodik blunt 
und sprieOt. 

Bevor ich mich einer fluchtigen Skizzierung der sich unmittelbar an 
die Suite anreihenden entziickenden Kammermusikwerke zuwende, muB 
ich noch einige Worte iiber die fur seine eigene „Leier" bestimmten 
„Sachelchen" sagen. Einer „charakteristischen Polonaise" op. 5, die 
auf der Diagonale zwischen denen von Chopin und Liszt liegt, folgen 
als op. 6 „Sechs Phantasiestiicke", die Clara Schumann gewidmet 
waren und die Uberschrift „Andenken an Robert Schumann" trugen. 
Diese zwei Hefte bilden das geistreiche stimmungsvolle Gegenstuck zu 
den Beethoven-Variationen; ja, in alien sechs spricht die Schumann- 
Ahnlichkeit sogar aus dem Notenbild jeder einzelnen Seite so deutlich, 



200 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

daO der Schumann-Kenner bei jedem neuen Them* von neuem auf den 
ersten Blick staunt. Unter den Klavierstucken dieser Periode befinden 
sich sehr geistvolle feurige Tanze zu zwei und vier Handen. In den 
schwierigen zwei „Etiiden" op. 12 ebenso vie in spiteren, op. 21, gibt er 
viel Studienmaterial fur zwei technische Spezialitaten seiner eigenen 
Virtuosentechnik: fiir den schnellen Fingcrwecbsel bei Tonrepetitionen 
und fiir Oktavenspiel. 

Als op. 18 und 19 folgen der „Symphonischen Suite" zwei groOer 
angelegte Klavierwerke ernsten Stils; das erste, ein Originalthema mit 
elf Variationen und einer pomposen SchluBfuge, im Genre etwas an den 
Variationenzyklus von Friedrich Kiel op. 17 gemahnend, ist gleicbwohl 
das selbstandigste und reifste Werk aus dieser Schaffensperiode und deutet 
in der Behandlung der Variationenform schon weit voraus auf zwei spatere 
Hauptwerke des Tondichters, auf die „Symphonischen Variationen" op. 27 
und auf das .Gloria", zu dessen uberwaltigend groCartigen Fugensatzen diese 
Klavierfuge bereits eine prachtige Vorstudie bildet. Die f-moll Sonate 
op. 19 reicht weder an Eigenart, noch an Formvollendung an op. 18 heran; 
nur der langsame Satz ist ein Adagio, das wieder von Beethoven sein 
konnte. Die Ecksatze, nainentlich das Rondo-Finale, sind etwas langstilig 
ausgefallen, wenngleich auch sie mit schonen und eigenartigen Einzelheiten 
nicht kargen. Hauptsachlich ist es bei beiden Satzen die allzusehr ins 
Breite gegangene Form, die auf Augenblicke die Empfindung der Leere 
aufkommen lassen kann. Urn so kraftvoller und wirksamer ist das nachste 
Werk, in dem der Tondicbter sich wiederum den Ausdrucksmitteln des 
Orchesters zuwendet. Seine seitherigen Partituren waren im wesentlichen 
iiber die Besetzung des Beethovenschen und Weberschen Orchesters nicht 
hinausgegangen. In diesem „Jubilaumsmarsch", den er als op. 20 zur 
Feier des 25jahrigen Bestehens der Kullak-Akademie deren Direktor in 
Dankbarkeit widmet, arbeitet er zum ersten Male mit ganz groOen 
Registern. Der „Jubilaumsmarsch" existiert noch in einer spateren Neu- 
bearbeitung, in der er den Titel „Festlicher Aufzug" tragt, aber vom 
Verlag nur in Abschrift zu beziehen ist. An Wiillner hatte Nicod6 stets 
einen starken Ruckhalt in seiner Konservatoriumstellung gefunden — 
scheint sich ubrigens auch mit seinem Spezialkollegen Musikdirektor Adolf 
BlaDmann gut verstanden zu haben, wovon ein schones Zeugnis die drei 
Ettiden op. 21 sind, die er ihm freundschaftlich gewidmet hat. — 

Nun nahm aber die Situation plotzlich eine veranderte Gestalt an, 
indem Wiillner, der als Professor und Doctor honoris causa nach Dresden 
gekommen war, plotzlich von der Generalintendanz briiskiert wurde. Wie 
Riemanns Musik-Lexikon betont, „ohne irgendeinen plausibeln Grund", 
wurde er 1882 „plotzlich durch die Generalintendanz zugunsten Schuchs 
von der Direktion der Oper ausgeschlossen". Wiillner dirigierte nun viel 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 201 

auswarts, unter anderem 1883/84 die Berliner Philharmonischen Konzerte 
und verlieC 1884 Dresden ganz, um dem Ruf nach Koln als Leiter der 
Giirzenichkonzerte und des Konservatoriums zu folgen. An seine Stelle 
in der Leitung des Dresdener Konservatoriums trat als „artistischer Rat" 
ein Dreimannerkollegium, ein Trifolium von SpieCbiirgern, mit dem fur 
einen Kunstler nicht auszukommen war. Nun war aber in den letzten 
Jahren mit dem DreiOigjihrigen eine Veranderung vor sich gegangen. Anfangs 
(zweifellos) „unter dem Einflusse der verkalkenden Dresdener Luff und 
des Ihn .vollig terrorisierenden Lehrerberufes mit seinen Periicken- und 
Talarwurde erfordernden Obliegenheiten" fiihlte er seine Schwingen bald 
gelahmt und sich selbst dermaOen nach rechts B gelautert", daO das 
konservative Lager nunmehr seinen Ruhehafen bildete, aus dem heraus 
Sonaten-, Suiten- und Variationenwerke „strengsten Stiles" als Abglanz 
seiner „L3uterung als Komponist" in die Welt gingen. 

Die wertvollsten Gaben aus jenem Zeitabschnitt sind zweifellos die 
beiden Violoncello-Sonaten op. 28 und op. 25. Die erste, in h-moll ist 
spHter komponiert und auch noch bedeutender, als die zweite in G-dur mit 
der hoheren Opusziffer. In dieser ist an Stelle des Scherzo ein kostliches 
a la Savoyardes. Das Hauptthema des sehr schonen, edlen und ausdrucks- 
vollen ersten Satzes kehrt in dem entziickend schonen Larghetto, wiederum 
als Hauptthema, wieder. Das Finale ist von froher Laune bewegt. Diese 
G-dur Sonate ist Friedrich Griitzmacher mit einer freundlichen Widmung 
zugeschrieben. Eine noch bedeutendere Bereicherung als sie ist ihre dem 
trefflichen Johannes Smith gewidmete Schwester in h-moll fur die im 
allgemeinen von den Komponisten so sehr vernachlassigte Violoncello- 
Literatur; in dieser h-moll Sonate ist ebenfalls der langsame Satz der 
schonste und bedeutendste : die Kantilene des als „gemachlich" charak- 
terisierten Hauptsatzes ist von herzwarmender Innigkeit und bliihender 
Schonheit; ihr ist im Mittelsatz ein Thema von stiirmender Energie des 
Ausdrucks gegenubergestellt, und eine harmonisch uppige Koda fiihrt nach 
der Reprise den Satz zu ergreifendem AbschluQ. In formeller Beziehung 
hat Nicod6 mit diesen Violoncell-Sonaten seinen Stil zu klassischer Klar- 
heit und Reinheit gerundet, und auch das Seelisch-Kunstlerische in seinem 
Schaffen ist inzwischen zu Selbstandigkeit und charakteristischer Eigenart 
ausgereift, und das Stadium, in das seine Schaffenskraft eingetreten ist, 
macht einen Eindruck, wie eine im Aufbrechen zu herrlicher Bliite be- 
griffene Knospe. 

Schon fiinf Jahre hatte dieser Zustand angedauert; „als an einem 
schonen Maimorgen (1883) plotzlich ,Praludium, Thema und SchluD' zu 
meinen ,Symphonischen Variationen' wie aus einem Gusse vor mir standen. 
Ich fiihlte eine — Wandlung, die alte Neigung kehrte mit dem wonnigen 
Fruhling in mir zuruck. Die jahrelang gemiedenen Gotter des Neu- 



202 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

deutschtutns erstanden dem abtriinnig Gewesenen in vollstem Glanze aufs 
neue; sie umfingen ihn, hielten ihn fest, — und er war abermals, aber 
nun mit feurigem Herzen und gliihender Seele ihnen ergeben! Die 
,Loyalitat' war wie weggeweht, und mit Pauken und Trompeten strebte ich 
dem Pfade der ,Untugend' zu. Ich beschloO, die Fesseln des Lehrer- 
berufes nach Moglichkeit abzustreifen." 

In dieser gehobenen Stimmung schuf Nicod6 das erste seiner drei 
Hauptwerke, die „Symphonischen Variationen", die bald darauf als 27. 
seiner Schopfungen seinen Namen und seinen Ruhm durch die deutschen 
Konzertsale trugen. Der Partitur dieses genialen Variationenzyklus ist 
eine Rhapsodie vorangestellt, die der Stimmungentwickelung der Musik 
auch konkreten Iyrischen Ausdruck verleiht; diese Verse sind nicht als 
sogenanntes „Programm a aufzufassen, eher als eine Art Motto. Das Werk 
scheint als Nachruf fur eine teure Tote empfunden zu sein; das Motto 
endet mit dem Ausruf B Amarantha". Ich weiC nicht, ob die Mitteilung 
in Theo Schaefers warmherziger „ Monographic" authentisch ist, die Verse 
seien von Karl Woermann, dem beruhmten Direktor der Dresdener Galerie, 
nach Angaben Nicod6s entworfen. Nach meinem Eindruck wirken sie mehr 
wie eigener Empfindungsausdruck des Tondichters. „Dem Andenken an 
Amarantha" ist iibrigens noch ein Liederkreis op. 33 gewidmet, dessen 
Text mit der einst so beruhmten „Amaranth" von Oskar von Redwitz 
allerdings in gar keiner Beziehung stehen. Nach einem pathetischen 
Praludium setzt das Horn mit dem Thema ein. In der ersten Variation 
ubernehmen es die Holzblaser, von einem Sechzehntel-Kontrapunkte der 
Geigen umrankt, in der zweiten imitieren die Klarinetten es einer anmutigen 
Triolenauflosung der Floten. Im Laufe der Entwickelung steigert sich das 
Werk zu immer groBerer Leidenschaftlichkeit, bis die neunte Variation, ein 
grazioses Adagietto, einen Iyrischen Ruhepunkt bietet. Ein figuriertes 
Duett zwischen Sologeige und Solovioloncello verharrt in der Stimmung 
der vorhergegangenen Variation, und dann steigert ein geistreiches Scherzo 
die neuausbrechende Leidenschaft bis zu dem das Ganze kronenden, er- 
greifenden Trauermarsch. Eine Wiederholung des Praludiums als Krone 
bildet den Schlufi des groC angelegten Werkes. 

Gelegenheit, die Fesseln des Lehrerberufes abzustreifen, brach sich 
Nicode bald vom Zaune. Er hatte beabsichtigt, durch seine beiden besten 
Klavierschiiler Liszts eigene Bearbeitung seiner „Faust"-Symphonie fur 
zwei Klaviere in einer Auffuhrung des Konservatoriums spielen zu lassen; 
der sogenannte „akademische Rat" beanstandete die offentliche Auffuhrung 
derartiger Arrangements, ahnungslos, daO Liszt selbst mit Felix Mendels- 
sohn Bartholdy Beethovensche Symphonieen im Gewandhaus gespielt hatte, 
als unkiinstlerisch. Da die hochmogenden Herren auf ihrem fadenscheinigen 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 203 

Schein bestanden, warf Nicod6 ohne weiteres ihnen den Bettel vor die 
FiiDe. 

Der Kiinstler hatte den Plan, sich ganz „der Dirigentenbetatigung zu 
widmen, mit dem Ziele, dem modernen Schaffen als Vermittler dienen zu 
konnen, — wofiir in Dresden damals (1885) ein noch ungepfliigter Boden 
vorhanden war". In derselben Zeit begann er die Skizzen seiner Symphonie- 
Ode „Das Meer" zu entwerfen. Vier Jahre dauerte es, bis dies Riesen- 
werk vollendet und reif zur Auffiihrung war. 

Inzwischen trat der geniale Entdecker Hermann Wolff an Nicode 
heran, animierte ihn, an die Spitze eines Unternehmens im Stile der 
„Philharmonischen Konzerte" in Berlin, Hamburg, Bremen zu treten, und 
da er ohnehin den Drang nach Erwerbung von Dirigentenlorbeeren ver- 
spiirte, so folgte er dem liebenswiirdigen Notigen Wolffs und ubernahm 
die Leitung des Konzertzyklus mit um so groBerer Freude, als er auf 
diese Weise hoffen durfte, der Propaganda fur die modernen Tondichter 
Vorspanndienste leisten zu konnen, denn diese war in Dresden unglaublich 
verwahrlost und lag dem Kiinstler aucb auBerdem noch ganz besonders am 
Herzen. Der vollige Mangel an einem einheimischen Orchester, das auch 
nur minimalen kiinstlerischen Anforderungen geniigt hatte, geschweige denn 
hoheren Aufgaben hatte gewachsen sein konnen, verleidete ihm jedoch 
bald die kiinstlerische Freude an der Sache; nur etwa vier Jahre hielt er 
die Halbheit aus; dann gab er das Unternehmen auf, dem auch die 
Konigliche Kapelle mit ihren reiferen kiinstlerischen KrSften durch einen 
neben dem vorhandenen Symphoniekonzert neu eingerichteten Zyklus 
von Konkurrenzkonzerten Luft und Licht nahm. Die Nachfrage nach 
Nicodes Privatunterricht war inzwischen bedeutend gestiegen, so daB er, 
trotzdem er die Dirigentenlaufbahn vorlaufig abgebrochen hatte, dennoch 
in seiner Produktion sehr gehemmt war. So erklart es sich, daB er „nur 
langsam und in grofieren Abstanden zu produzieren fahig war. Umfang- 
lichere kompositorische Leistungen nahmen denn auch infolge ihres bruch- 
stiickweisen Entstehens ungewohnlich lange Zeit bis zu ihrer Vollendung 
in Anspruch". 

Das Jahr 1887 brachte ihm mit der Griindung eines eigenen Heim- 
wesens endlich die langersehnte Befreiung. Er konnte sich nach und nach 
der driickenden Fessel des Unterrichtgebens endgultig entwinden. Durch 
Organisation der „Nicode-Konzerte" wagte der Kiinstler, dem „das groBe 
Orchesterinstrument es nun einmal angetan hatte", einen erneuten „Vor- 
stoB" als Dirigent, diesmal aber (1893) in groBerem Stile. In der durch 
ihren genialen Dirigenten Max Pohle glanzend geschulten stadtischen 
Kapelle in Chemnitz hatte er endlich ein nicht allein leistungs-, son- 
de™ — was noch weit schwerer ins Gewicht fiel — auch auf dem gefahr- 
lichen Dresdner Boden wirklich konkurrenzfahiges Instrument gefunden. 



204 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

„Die Sirene des modernen Dirigententums lockte zu verfiihrerisch! — 
Voller Hoffnung nach den sich steigernden auGeren Erfolgen" glaubte er 
in Dresden eine ideale Mission erfullen zu konnen, zumal da es ihm auch 
gelungen war, einen intelligenten, leistungsfahigen, begeisterten — und 
last not least musikalischen Chor aus dem Boden zu stampfen. Und 
einige Jahre standen die Nicod6-Konzerte in reichster Bliite, neues Leben 
bliihte aus den Ruinen der Dresdner Reaktion, und Nicodes geniale Din- 
gentenbegabung verband sich mit seiner charaktervolien Initiative, so dafi 
das Dresdner Musikleben mit einem Male in Zug kam. 

Die schon vor diesem bedeutsamen und erfolggekronten Unternehmen 
1884 bis 1888 geschaffene Symphonie-Ode „Das Meer" hatte ihm in 
den Jahren seither in den meisten vornehmen Konzertinstituten glanzende 
Erfolge und reiche Ehrungen eingetragen und seinen Namen, der ja stets 
einen guten Klang besessen, in seinem ganzen Vaterland innerhalb weniger 
Jahre beruhmt gemacht. Er stand mit dieser kolossalen Partitur an der 
Schwelle einer neuen musikgeschichtlichen Ara. Die Urauffiihrungen in 
der Dresdner Hofoper und durch die Leipziger Pauliner im Februar 1889 
lagen noch vor dem Beginn des raschen glanzenden Aufstiegs von 
Richard StrauB, etwa '/« J a hr vor der Urauffiihrung des genialen „Don 
Juan", l 1 /, Jahre vor der Eisenacher Tonkiinstlerversammlung, wo das 
klassische „Tod und Verklarung" aus der Taufe gehoben ward. Ludwig 
Hartmann und Hermann Kretzschmar waren die ersten, die ihn begeistert 
begruDten. Auf der Tonkiinstlerversammlung 1891 (Berlin) lernte ich 
das Werk in fleiDigem Probenbesuch grundlich kennen und lieben, als 
einen der Glanzpunkte des Festprogramms neben Bruckners „Te deum". 
Inzwischen ist das Werk so allgemein verbreitet, daD ich mir hier eine ins 
einzelne gehende Zergliederung versagen kann. Von den sieben Satzen 
bietet der erste in einer machtigen Doppelfuge eine Suggestion von dem 
iiberwaltigenden Eindruck, den das ungeheure Wunder in dem, der es in Wirk- 
lichkeit kennt, hervorzurufen pflegt. In meisterhafter Handhabung der Form 
und in einem kaum glaublichen Reichtum und einer spruhenden Mannig- 
faltigkeit des Kolorits steigert sich die Wirkung des Satzes ins Elementare. 
Nach dem machtvollen Brausen des ersten Satzes ist die Kontrastwirkung 
des unisono einsetzenden a cappella-Mannerchores von frappanter Schlag- 
kraft. Vielleicht der Hohepunkt der Partitur an Suggestionskraft und Vir- 
tuositat ist der mittlere Satz, das „Meeresleuchten", das man von Anfang 
an allgemein der „Fee Mab" aus Berlioz' „Romeo et Juliette" als Gegen- 
stiick Oder gar als technisch iiberlegen an die Seite gestellt hat. 

Auf die Dauer muGte Nicod6 doch zu der Einsicht gelangen, daO er 
„die Rechnung ohne die MiGgunst — sagen wir: der Verhaltnisse — 
gemacht! Was an Erschwernissen vorhanden war, sollte mir auf Schritt 
und Tritt in den Weg treten, um eine bis zur endlichen Stabilitat gesicherte 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 205 

Durchfuhrung meiner Absichten unmoglich zu machen. Von neuem muBte 
icb mit grausamer Bitterkeit den Mangel eines guten, mir unter geringerem 
Zeit- und Krafteverlust, als ihn das ewige Hin und Her zu den Vorproben 
in Chemnitz mit sich brachte, zur Verfugung stehenden einheimischen 
Orchesters, sowie auch die Unmoglichkeit, meinen Dresdner Chor mit 
dem auswartigen Orchester zu den notwendigsten Proben zusamrnen- 
kriegen zu konnen, auf die Dauer als einen so unertraglichen und unhalt- 
baren Zustand empfinden, daC ich nur noch mit Grausen an die Vorfuhrung 
groBer Werke fur Chor und Orchester mien wagte. Wenn Sie horen, daB 
ich — urn die Auffiihrung der ,Missa ( zustande zu bringen — genotigt 
war, ein aus Dresdner Tanzbodenkraften bestehendes Orchester aus 
dem Boden zu stampfen, dasselbe in — sage und schreibe — 22 Or- 
chestervorproben fur den Vortrag des Werkes erst stilfahig zu machen, 
um dann, nach zwei Gesamtproben (mit dem Chore) und der General- 
probe, erst die Moglichkeit zu gewinnen, das Beethovensche Riesengebilde 
dem ahnungslosen Zuhorer zu vermitteln, — so werden Sie begreifen, 
daB eine derartige Vergeudung an Zeit, Geld und Kraften — NB. mit der 
Aussicht auf Permanenz dieses Zustandes!! — einen Kampf gegen ein 
unabschatzbares Ungeheuer bedeutete, dem keine menschliche Kraft auf 
die Dauer gewachsen sein konnte. — Ich muBte erkennen, daB ich hier 

vor einem ,Umsonst!' stehe, dem gegeniiber es nur das eine 

in die Tat umzusetzende Wort gab: — ,Na, denn nicht!'" . . . „,Missa 
coronat opus!' In diesem Gedanken loste ich mein ganzes Unter- 
nehmen sowie die riihrend anhangliche Chorgemeinde auf und machte 
einen dicken Strich unter diese Episode meines Lebens. Der hierauf 
sich begeistert kundgebenden Absicht, die ,Nicod6-Konzerte' und den 
,Nicod6-Chor' dem Dresdner Musikleben zu erhalten, wurde zwar ein 
erfreulich-teilnehmendes Entgegenkommen seitens der musikalischen Kreise 
Dresdens durch Begriindung einer ,Gesellschaft fur die Erhaltung der 
Nicod6-Konzerte' bezeugt, — aber die Tatsache, daD die Fortfiihrung des 
Unternehmens nach wie vor auf die ,Auswartigkeit' bzw. auf die ,Tanz- 
bodenkrafte' sich angewiesen sah, blieb bestehen und konnte mich nur 
bestarken in meinem EntschluO: zum dritten Male den aussichtslosen, 
aufreibenden Kampf nicht wieder aufzunehmen. — DaD ich der Sirene: 
Dresden manche mir angetragene hervorragende Dirigentenstellung zum 
Opfer gebracht habe, um ihr Treue zu halten, erwahne ich nur nebenbei. 
Mein Glaube an die Pflichten einer Kunststadt wie Dresden — die allein 
berufen war, das fehlende Instrument zu schaffen — war eben — ein Irr- 
glaube!" 

Es ist einzusehen, daD es dem Tondichter wahrend jener grauen- 
haften, seine Krafte sieben Jahre hindurch fast restlos verzehrenden Zeit 
auch nicht einen Tag vergonnt war, MuDe und Sammlung zu eigenem 



206 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Schaffen zu findcn. Er war von seinem Berufe als Orchesterleiter der- 
maDen ausgefiillt, daO sein eigenes Schaffen von 1890 ab sieben Jahre 
vollstandig ruhte. 

Endlich, 1900, baute er sich in dem auf der Dresdener Heide idyllisch 
gelegenen Villenvorort Langebriick eine behagliche Villa, in der er Ruhe 
und Vergessen seiner unerfreulichen Dresdener Erfahrungen suchte. Und 
er fand die ungestorte, durch nichts abgelenkte Konzentration, die seiner 
Schaffenskraft einjahrzehnt hindurch gefehlt hatte, wieder. Im Jahre 1900 
besuchte ich Winderstein in Leipzig, der mich mit der freudigen Mit- 
teilung iiberraschte: Nicod6 schreibt wieder! „Die erste Frucht der 
mich umgebenden herrlichen Waldesruhe und landlichen Abgeschiedenheit 
muQte nun solch ein Ungetiim: — ,Gloria!' werden, dessen Themen teil- 
weise bis in die 80 er Jahre zuriickreichen. — Nie in meinem Leben habe 
ich mit einer solchen Inbrunst und uberquellenden freudigen Genugtuung 
geschaffen, wie in den drei Jahren der Entstehung dieses Werkes: 1. Februar 
1901 bis Neujahr 1904! Das Gefiihl meiner ganzlichen Freiheit iibertrug 
sich bis ins kleinste auf meine Arbeit. Inwieweit dieselbe — nach all 
den langen unfreiwilligen Schaffenspausen — sich nicht als ruckstandig 
(oder vielleicht doch?) erweist, vermag ich selbst nicht zu beurteilen. 
Jedenfalls kann ich aber sagen, daQ ich mit meinem ganzen Herzblut und 
mit schonungsloser Sorgfalt mich in den Gegenstand vertiefte." 

Fur die Richtigkeit dieser AuOerung spricht auf das Deutlichste eine 
bemerkenswerte Tatsache in der Entstehungsweise dieser Schopfung: Nach- 
dem der Meister vor der langjahrigen Schaffenspause seine samtlichen 
Werke — wie er mir gestand — unter teilweiser Benutzung des Klaviers 
geschrieben, hat er in den drei Jahren, da dies neue Werk geboren ward, 
seinen Fliigel nur dann geoffnet, wenn er vollendete Satze sich selbst, 
seiner Gattin oder Freunden zu Gemiite fiihren wollte. 

Seit den „Meistersingern" ist noch keine kiinstlerische Abrechnung 
von ahnlicher Wucht und Bedeutung geschaffen worden, wie dieses kolossale 
„Sturm- und Sonnenlied", besonders in dem Satz, dessen Idee der Kampf 
„Um das Hochste" und — seine Vergeblichkeit ist. Die Bitternisse seiner 
langjahrigen Kampfe gegen die Dresdener Philister und Banausen mit ihrem 
zahen passiven Widerstand wurden vollkommen in Kunst umgewandelt 
und aufgelost, wurden zu triebkraftigen Keimen dieses machtigen sym- 
phonischen Werkes, dessen sechs monumentale Satze sich in zwingender 
musikalischer Logik zu machtiger organischer Einheit aufturmen. Stark und 
groB angelegt in der musikalischen Erfindung, laOt die Symphonie im ganzen 
wie in alien Einzelheiten ein gigantisches Gestaltungsvermogen und eine 
technische Meisterschaft erkennen, wie sie nur den AllergroOten eigen war. 

Der formale und kontrapunktische Aufbau zeigt riesenhafte Dimen- 
sioned und doch ist, wie bei den Meisterwerken der Gotik, das kleinste 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 207 

Detail mit gleicher Liebe behandelt und in Proportion zum kolossalen 
Ganzen gehaltcn. Das Sinnenfalligste ist natiirlich die Instrumentation, 
die derjenigen von Mahler und StrauB nicht das Mindeste nachgibt. Das 
wichtigste Thema, das dem ganzen Werk auch den Titel gibt, ist das 
Gloriathema aus Beethovens Schaffensgipfel, seiner Missa Solemnis, deren 
Beziehung zu Nicod6s Leben wir ja kennengelernt haben. 

Der erste Satz stellt dies Gloriathema in einer monumentalen Entrata 
mit reicher thematischer Durchfuhrung in fanfarenartigen Imitationen wie 
ein Motto an die Spitze. Die Einleitung ist als B Vorverkiindung" eine 
Exposition, die auch noch zwei andere Themen voranstellt, deren eines 
das B mahnende Fatum" symbolisierend sich wie ein roter Faden durch 
die ganze Partitur zieht. Von .Werdelust und tausend Zielen" handelt 
der erste Satz, das Gefiihl sprieCender Kraft ist seine Grundstimmung. 
Das Thema, das dem „hochsten Trachten" Ausdruck verleihen soil, wird 
dem Horer durch einen Zyklus von acht in imposanter Harmonik und 
machtiger Klimax sich steigernden interessanten und individuellen Variationen 
besonders eingepragt, in denen rhythmische Wucht, mit lieblichen Bildern 
abwechselnd, zum Gipfel fiibrt. 

Der zweite Hauptsatz des ganzen sechssatzigen Werkes besteht aus 
zweiScherzi;imersten wird der „ Held" der Symphonie „durchs Feuer" ge- 
lautert, eine langere Fugato-Episode von elektrisierender Wirkung. Dann folgt 
das zweite Scherzo, worin der Held „durch die Schmiede" des Lebens 
geht, sozusagen gestahlt, zum mannlichen Charakter entwickelt wird. In 
einer geistreichen und packenden Umgestaltung wird das zweite Haupt- 
thema Subjekt eines rhythmisch hinreiOenden charaktervollen Satzes, der 
unter Zutritt eines anderen Themas wieder in eine Steigerung voll uber- 
waltigenden Enthusiasmus iibergeht. Der dritte Hauptsatz stellt einen 
„Sonnentag des Gliicks* dar. Das Thema der „sprieBenden Kraft" 
malt in siebenstimmigem Kanon eine mystische poetische Morgenstimmung 
von groBem Reiz. Das Englische Horn mischt die Schalmeienweise eines 
Hirten in ein wundersam reiches und reizvolles, durch seine Neuheit und 
Eigenart zunachst verbliiffendes, spater faszinierendes Tongemalde: die 
tausend Vogelstimmen der Dresdener Heide, die Nicod6 aus griindlicher 
Naturbeobachtung aufgezeichnet, hat er mit leicht stilisierender Naturtreue 
und aparter Harmonik zu einer bezaubernd anmutigen „Fruhmesse im 
Walde" gestaltet, in die verschiedene freche Spatzenschwarme (drastisch 
genug durch drei Gruppen vierstimmig abgestimmter Trillerpfeifen dar- 
gestellt) mit derb-komisch kontrastierendem Realismus hineinplatzen; dieses 
ganze „ Gloria" der Naturstimmen ist eine dergeistreichsten, originellsten und 
drolligsten, dabei iiberzeugendsten tonmalerischen Episoden in dem ganzen 
mir bekannten Teil der musikalischen Weltliteratur. Ihre Verwegenheit geht 
tibrigens ahnlich, wie das beruhmte, vielberufene Lammerbloken im »Don 



208 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Quixote" von StrauB und das, nicht dem Wesen nach, sondern nur 
graduell davon verschiedene Vogelterzett in der ^Pastorale" oder die 
analoge Stelle in Berlioz' „Scene au champ" neben der musikalischen 
Weiterentwickclung her, deren Faden hier das Schalmeienlied des Hirten bildet. 

Prachtvoll ist der Jubel, der im Hauptteil des Satzes durch Um- 
gestaltung des zweiten Hauptthemas (des „hochsten Trachtens", das schon 
in dem „Schmiede"-Scherzo eine bedeutsame Rolle gespielt hat) zu einem 
hinreiCenden Walzer zum Ausdruck gelangt, und eine fiberraschende Kom- 
bination, namlich das Walzerthema in seiner oben genannten Urform (also 
hier als augmentatio) tritt seiner Walzertonbildung entgegen, so daB es, 
von den Trompeten geschmettert, zugleich zu einem cantus firmus wird 
und mit dem Walzer einen Kanon per augmentationem bildet. 

Der originellen Tierstimmenimitation zu Beginn des Satzes stellt 
Nicode am SchluO als Pendant in der Koda ein „Hohnlachen" aus dem 
Froschteich gegenfiber, dessen Humor noch drastischer wirkt als der des 
Vogelkonzerts, den der Kiinstler mit seinem feinen Ohr fur das Musika- 
lische in den Naturlauten der drei Stimmen, in denen die Froschchore — 
den drei mitwirkenden Generationen entsprechend — besetzt zu sein 
pflegen, durch einen geistreich erfundenen Orchestereffekt zu differenzieren 
vermocht hat: die Frosche im besten Alter geben ihr klagendes „Quororax" 
in gedampften Trompeten- und Hornertriolen zum Besten; das eigentumliche 
Lauten der jiingsten Sangergeneration wird mit erstaunlicher Suggestions- 
kraft durch Unisono-Wirbel dreier Xylophons nachgeahmt, dagegen das 
mfirrische Quarren der GroBvater bzw. -mutter wird von kratzenden, mit 
dem Bogen geschleiften Vorschlagsintervallen tauschend nachgeahmt; bei 
der Urauffuhrung wurde dieses Schleifen sogar mit dem Holz der Bogen 
ausgefuhrt; diese Nuance fehlt in der gestochenen Partitur. 

„K(irze ist des Witzes Wfirze"; so dehnt denn auch Nicode den 
Scherz des Froschkonzerts nicht fiber 18 Takte aus; wieviel wirkliche 
Stimmung in diesem wunderlichen kleinen Abschnitt steckt, das empfindet 
man erst beim zweiten oder ffinften Horen, wenn die Uberraschung fiber 
die ungewohnte Klangwirkung fiberwunden ist. Im Zusammenhang des 
Werkes symbolisiert der Abschnitt das Hohnlachen der AuBenwelt im 
Gegensatz zu dem innerlichen Kfinstlerglfick des Schaffenden. Eine ent- 
zfickende Mondlandschaft, durch die das „Gloria"-Motiv als Kanon per 
augmentationem zwischen kleinen Glockchen und groBen Glocken ertont, 
bildet als zweite Koda die Uberleitung zu dem Adagio der Symphonie, 
ihrem Mittelstiick und Schonheitsgipfel. »Die stillste St und e" lautet 
die Uberschrift des Satzes. 

Die BaBklarinette leitet mit dem Symbol des Fatums in dfisterer 
bedrohlicher Klangfarbung zu einem dreimaligen leisen, angstvoll schluch- 
zenden Aufschrei, fiber dessen Symbol bereits aus der Exposition der ganzen 



NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 209 

Symphonic, aus der Vorverkiindung bekannt ist. Der Hauptsatz ist in 
seiner ersten Halfte ein neues Thema, wundervoll fugiert. Zu dieser er- 
greifend klagenden cis-moll Melodie tritt in ihrer ersten Fugendurchfiihrung 
als zaghafter cantus firmus das Thema des hochsten Trachtens, das 
dann in der zweiten Durchfiihrung mit dem Subjekt zusammen durch- 
gefiihrt wird, um endlich in der dritten Durchfiihrung in den Bassen die 
Fuhrung bis zu einem imposanten Orgelpunkt zu ubernehmen. Der drei- 
malige Angstschrei oder -seufzer leitet dann eine erregt klagende neue 
Variation des seitherigen Fugenthemas ein, die allmahlich in die Stimmung 
immer leidenschaftlicheren Sehnens in die Weite iibergeht. Da ruft ein 
Flammenzeichen auf zum Kampf gegen das Gemeine, dessen Symbol vor- 
laufig in einem Marschmotiv nur angedeutet wird. Drohende Klange be- 
reiten auf den Hauptsatz der ganzen Symphonie, auf die Darstellung der 
eigentlichen Banausomachie vor. Das Thema des hochsten Trachtens 
nimmt eine feierliche choralartige Stimmung an, wie ein Gelubde. Und 
mit feierlichen Glockenklangen (im Gloriamotiv!) geht der Satz in die 
Einleitungfanfaren des „Um das Hochste!" betitelten funften Haupt- 
satzes iiber. Aus den werbenden Fanfaren entwickelt Nicode Wagners 
„Wach' auf, mit welchem Zitat er auf das Kampfobjekt anspielt, in Er- 
innerung daran, daQ sein Chor „in hoc signo" seine Tatigkeit begonnen 
hatte, wie er denn auch mit denselben Klangen seinen Chor spater feier- 
lich-resigniert aufloste. Die „Gegner" werden jetzt durch eine Verkleine- 
rung des n Fatum"-Motives symbolisiert, den „um die Fahne" des Bundes- 
schwures „gesammelten a Getreuen gegenubergestellt und „Gegen Felsen!" 
geht jetzt der Kampf in Gestalt einer riesigen Fuge mit drei Zwischen- 
satzen. Nach einem enthusiastischen Ansturm des martialisch umgestalteten 
„Gloria" wird der erste Fugenteil in fiinf Durchfuhrungen gesteigert, bis 
ein freches »Tschingdada" der zwei groCen Trommeln und gleich darauf 
ein noch dreisteres Schaubudensignal eine elegante, „listig-verschlagene" 
Polka in den Vordergrund drangt, als Allegoric der Mode, in deren 
Maske sich das Symbol des Fatums birgt. „Emport" fahrt die zweite 
Fuge, diesmal mit dem Thema der „sprieQenden Kraft" als Gegenthema 
zum Kampfthema in Doppelfuge dazwischen zu neuem, noch erbitterterem 
Angriff. Von einem Orgelpunkt auf B, bei dem man schon siegessicher 
aufatmet, geht es in unaufhaltsamer polyphoner Steigerung zu einem noch 
hoheren Gipfel, namlich zu einem alles niederschmetternden Orgelpunkt 
auf Fis; da, als die Spannung auf ihren Explosionspunkt gelangt, kracht 
wieder die Jahrmarktspauke und das Schaubudensignal dazwischen, und 
als siiD-freundlich gleiDnerischer Walzer erscheint die Sensation; das 
Symbol des Fatums erklingt — fast bis zur Unkenntlichkeit vergroCert — 
als cantus firmus in einer Mittelstimme, und endlich beendet den Walzer 
eine parodistisch-derbe, mit drastischer Komik wirkende lange Meyerbeer- 
XIV. 23. 14 



210 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Koloraturkadenz fur eine B- und eine Es- (!) Klarinette (bekanntlich die 
Phonesthenikerin des Orchesters), ferner noch zwei „siegesgewifl-dreiste" 
Trompeten und eine pathetisch-salbadernde Posaune. Ein frenetischer 
Kastagnettenapplaus von samtlichen verfiigbaren Doppelkastagnetten malt 
sehr charakteristisch und drastisch den Jubel des suOen Pobels. 

Die thematischen Entwickelungen aus der Vorverkundung mit den 
Durchfiihrungen der Symbole „sprieBender Kraft", .hochsten Trachtens" 
und der „Stahlung" in der „Schmiede" treten in immer packenderer, iiber- 
waltigenderer Gewalt und lapidarem Ansturm in die vordersten Reihen 
des wild und vernichtend tobenden Kampfes, der jetzt selbst mit Aufgebot 
der letzten begeisterten und fanatischen Kraft doch des in immer grofieren 
Haufen, mit immer schamloserer Unverschamtheit und Brutalitat heran- 
stiirmenden Pobelpacks nicht Herr zu werden vermag. In der „stillsten 
Stunde" war bereits — wie ein Menetekel — eine die Gemeinheit sym- 
bolisierende Fanfare tiber des Helden BewuCtseinsschwelle getreten; jetzt 
macht sich die ganze ScbeuGlichkeit und Ekelhaftigkeit der Hefe in einem 
turbulenten Marsch von rohester Gemeinheit und frechstem „Radau" un- 
anstandig Luft. Das besudelte Ideal, die zerfetzte Fahne des Gloriathemas 
(Tritonus!) ist dabingesunken, der Kampfer um das Hochste ist gebrochen. 
Das Symbol des Fatums drohnt ihm mit zerschmetternder Wucht ins Ohr: 
„Du sollst nicht bekehren!" 

Der letzte Satz ist „Der neue Morgen" betitelt und seine Einleitung 
ist formell eine abgekiirzte, zusammengedrangte Reprise der Einleitung 
zum Sonnentag des Gliicks; ideell sind es traumhafte Erinnerungen, die 
ubrigens dem Publikum beim zweiten Horen demonstrieren sollen, daB 
Vogel- und Froschkonzert gar nicht so schlimm sind, als es anfangs schien. 
Der enttauschte Kampfer hort jetzt die Schalmei des Hirtenknaben von 
der Hohe, dann erschallt die Stimme des Knaben mit dem Lockruf: „Dir 
winket das Wonneland, das Land reinsten Heils" nach der Melodie der 
sprieBenden Kraft. Der Chor setzt gruppenweise ein; von seinen fiinf 
Strophen bringt der Tenor die erste, der Alt die zweite. Dann vereinigen 
sich alle Stimmen in einem weihevoll erhabenen, machtig sich steigernden 
Hymnus von bezauberndem Wohlklang. Nachdem ein bis zur hochsten 
Kraftentfaltung gesteigerter Gipfelpunkt erreicht ist, setzt der a cappella- 
Chor mit der innigen Beethovenschen Bitte „Dona nobis pacem" mit dem 
Wort: „H6henfrieden" ein. Die Stimme des Hirten fragt: ^Christ, Mensch! 
Du die Macht, die all' dies gab?" und der Chor: „Wer ist's? Wer gibt 
uns Licht? Gloria in excelsis Deo!" Eine breite, aus dem Gloria 
entbluhte Koda mit den Chorrufen „Sonnentag!" fiihrt noch zu einem 
Ausklang: Wir werden noch einmal daran gemahnt, daO die Welt weiter 
ihren tollen Gang geht, daC der Pobel Pobel bleibt. Nach dem Schluflakkord 
halten drei kleine Floten ihr hohes cis im piano noch drei Takte aus . . . 



DAS KRIEGSZIEL 
DER DEUTSCHEN TONKUNST 

VON F. A. GEISSLER IN DRESDEN 



A llenthalben, wo wir Barbaren im Feindesland festen FuB gefaBt haben, 
/% ist die holde Kunst unseren Feldgrauen gefolgt. In den Domen 
Ji JL. der feindlichen Stadte feierliche Vespermusiken, im stolzen Monnaie- 
Theater zu Briissel ein groBes Konzert und in unzahligen Orten die Auf- 
fiihrungen, die unsere Militar-Musikmeister unermiidlich veranstalten — 
sie alle legen davon Zeugnis ab, daB unserem Volke, das sich ja in der 
Heimat sein Musikleben trotz des Krieges nicht verkiimmern lieB, die 
Tonkunst Herzenssache ist. Und gerade darurn wollen wir hoffen, daB 
das Kriegsgewitter auch in unserem Musikleben reinigend wirken moge. 

Die Wutausbriiche unserer Gegner haben es uns bestatigt, daB gerade 
in der deutschen Tonkunst starke volkische Elemente liegen, vor allem in 
der Kunst unserer klassischen Meister und Richard Wagners, den die 
Franzosen geradezu als einen der geheimen Fiihrer des deutschen Volkes 
mit den maBlosesten Schmahungen bedenken. Er, der sich sogar in den 
trubsten Zeiten als deutscher Kunstler kiihn bekannte, sei unser Vor- 
bild. Deutsch, bewufit deutsch sei in Zukunft unsere Tonkunst und ihre 
Ausubung. 

Diejenigen freilich schieBen sicherlich weit iibers Ziel hinaus, die da 
meinen, kunftig miisse uns gleichsam eine chinesische Mauer von der Kunst 
fremder Volker scheiden. GewiB, wir Deutsche sind so reich, daB wir 
z. B. die Musik der Franzosen, Englander und Russen viel Ieichter ent- 
behren konnen als sie die unsere, aber das Einfuhlen in fremde Kunst 
ist ein so groBer Vorzug unseres Wesens, daB wir nur zu eigenem Schaden 
uns seiner vollig enteignen konnten. 

Nein, wir diirfen und sollen nach dem Kriege die Anschauung be- 
tatigen, daB das Schonste und Beste im fremden Kunstschaffen gerade gut 
genug ist, um unserem eigenen als ErgSnzung und Anregung zu dienen. 
Das deutsche Volk muB lernen, in dieser Hinsicht einem groBen Herrn 
zu gleichen, der die besten Erzeugnisse alter Lander mit der ruhigsten 
Selbstverstandlichkeit in seinen Dienst stellt. 

Bisher war das Verhaltnis aber leider umgekehrt. Nicht die fremde 
Kunst diente uns, sondern wir dienten ihr. Die deutschen Tonsetzer 
konnen ein Liedlein davon singen. Fremde wurden von unsern Verlegern, 
Theatern und Konzertunternehmern mit ofTenen Armen willkommen ge- 
heiBen, wahrend die deutschen Tonsetzer unberiicksichtigt blieben oder 
mit einer weniger liebevollen Behandlung vorlieb nehmen muBten. Grieg, 

14* 



212 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Saint-Saens, Puccini, Leoncavallo, Debussy und unzahlige andere sahen 
sich in deutschen Landen gepflegt und gefeiert, ganz ohne Kiicksicht darauf, 
ob der Inhalt ihrer Werke unserem Wesen entsprach oder nicht. 

Und doch muC gerade von der Beantwortung dieser Frage die Pflege 
fremder Kunst bei uns abhangig gemacht werden. Verdi z. B. ist ein 
groBer Kunstler, dessen Eigenart der unseren meist in erwunschter Weise 
entgegenkommt; aber wie fern steht uns die SiiOlichkeit eines Puccini, 
die grubelnde Verschwommenheit eines Debussy? Was haben wir innerlich 
mit den meisten auslandischen Tonschopfungen gemein, die nur, weil sie 
„weither" sind, bei uns mit jener scheuen Verehrung des Auslandischen 
aufgenommen wurden, die wir uns unter alien Umstanden abgewohnen 
mussen. 

Deutsche Musiker, schaffende, ausiibende und beurteilende, bekennt 
euch in Zukunft offen und stolz als deutsche Kunstler, verneigt euch 
nicht mehr vor den Fremden, sondern schaffet, daB sie sich vor euch 
verneigen. Und ihr, Hebe deutsche Musikfreunde, die ihr als Horer 
den entscheidenden EinfluB auf die weitere Gestaltung des Musiklebens 
habt, geratet nicht mehr in Entziicken, wenn eine Sangerin erst Lieder 
in drei fremden Sprachen singt, ehe sie sich herablaBt, auch die deutsche 
Sprache zu berucksichtigen. Duldet es nicht langer, daB euch Konzert- 
unternehmer Vortragsfolgen bieten, die zum grbBten Teil oder ganz aus 
fremden Werken bestehen, wie wir es, ach so oft, erlebt haben. Und seid 
nicht nachsichtig gegen auslandische Kunstler, die sich bisher meist gar 
nicht die Miihe nahmen, sich mit unserem Kunstempfinden vertraut zu 
machen, bevor sie in deutschen Stadten auftraten. Nein, wer als Fremder 
zu uns kommt, der beweise uns, daB er deutsche Kunst, deutsche Sprache 
ehrt und versteht, — kann oder will er das nicht, so bleibe er fern. 
Konnen wir heute anders als mit Schamrote an das Auftreten einer 
Yvette Guilbert in Deutschland denken, das wohl den Gipfelpunkt blinden, 
modesiichtigen Auslandsdienstes bedeutete und vielleicht spater nur noch 
durch den von mir an dieser Stelle gebiihrend beleuchteten Hellerauer 
Dalcroze-Rummel ubertroffen wurde? 

DaB unsere Musikdramatiker vaterlandische Stoffe in Zukunft vor 
den fremden bevorzugen sollen, ist eine schier selbstverstandliche Forderung. 
Deutsche Geschichte und Sage, deutsches Leben und Erleben ist so reich 
und vielseitig, daB kein Textdichter und Tonsetzer in die Weite zu schweifen 
braucht, um eine fesselnde und wirksame Handlung zu finden. Sie 
werden dabei auch mit freudigem Erstaunen gewahr werden, daB in einem 
deutschen Stoff meist schon der sittlich-ernste Kern ruht, dem z. B. 
die Wagnerschen Handlungen ihre immer aufs neue bewegende und 
riihrende Kraft verdanken. War es vor dem Kriege geradezu Mode und 
Geschmacksgesetz geworden, jeden inneren Zusammenhang von Ethik und 



GEISSLER: DAS KRIEGSZIEL DER DEUTSCHEN TONKUNST 213 

Asthetik mit iiberlegenem Lacheln abzuleugnen, so durfte der Ernst der 
Zeit in diesem Punkte eine hofFentlich griindliche Anderung der An- 
schauungen hervorgebracht haben. 

Von dieser wird hofFentlich auch die Operette einen Nutzen haben. 
Denn so wenig ein Vernunftiger diese heitere und unterhaltende Kunst- 
gattung entbehren mochte, so offen muO doch gesagt werden, daO der 
bliihende Blodsinn, der mit sexuellem Pfeffer und dem iiblichen Tanz- 
gehopse versehen seit geraumer Zeit den Inhalt der Operetten bildet, 
unertraglich geworden ist und hofFentlich bald endlich einer Verbesserung 
weichen wird, die im weiteren Verlauf zu einer neuen Bliite des Singspiels 
und der heiteren Oper fiihren kann. 

Ganz besonders wichtig und notwendig erscheint es mir, daC sich 
die deutsche Tonkunst von dem melodischen EinfluB der Englander und 
Amerikaner befreit, dessen Uberhandnehmen gerade bei der Operette, aber 
auch beim Lied, bei der Tanzkomposition, beim Couplet, ja sogar bei der 
Marschmusik festzustellen war. Jene casurenlosen, leierigen Weisen, die 
teils ohne rhythmische Gliederung dahinschlendern, teils abgehackte 
Rhythmen zeigen, sind so undeutsch als moglich, waren aber in die Mode 
gekommen wie die englischen Anziige und araerikanischen Halsbinden und 
Schuhe. Die schlappe, schleimige angelsachsische Melodik gait fiir „chik", 
weil sie so salopp, so seelenlos war. 

Erreichen wir die Loslosung der leichten Musik aus den Fesseln des 
Auslandes, so ist schon deshalb sehr viel damit gewonnen, weil gerade 
diese Musik durch unzahlige Schallplatten und andere mechanische Hilfs- 
mittel in die weitesten Kreise getragen wird. Bei der ungeheuren Wichtig- 
keit dieser neuzeitlichen Volksmusik ware der Gedanke wohl der Erwagung 
wert, durch einen musikalischen „ Heimatschutz" EinfluQ auf diesen 
Zweig der Musikausiibung zu gewinnen und im Sinne einer verstindigen 
musikalischen Volkserziehung geltend zu machen. 

Was die Verdeutschung der musikalischen Kunst- und Fachausdriicke 
anlangt, so halte ich sie zwar fiir berechtigt und wunschenswert, warne 
aber vor Ubereilung, die hier mehr schaden als nutzen kann. Robert 
Schumann hat bereits den Versuch gemacht, die italienischen ZeitmaB- 
bezeichnungen durch deutsche zu ersetzen, und seinem Beispiele sind z. T. 
Brahms und andere gefolgt, ohne daC es doch bisher gelungen ware, die 
fremdsprachigen Ausdriicke zu verdrangen. Der Musiker verbindet eben 
mit Worten wie Andante, Adagio, Allegro usw. ganz bestimmte Begriffe, 
die durch die entsprechenden deutschen Worte nicht mit derselben Deutlich- 
keit gekennzeichnet werden. Auch beim Gesangsunterricht wird nur ein 
HeiCsporn den volligen Verzicht auf die italienische Sprache verlangen, die 
nun einmal durch ihre Vokalisation besonders dazu geeignet ist. Wohl 
aber ist der gewohnheitsmaOige Unfug zu beseitigen, dafi die meisten 



214 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Sangerinnen die Reihe ihrer Darbietungen rait einer Arie in italienischer 
Sprache eroffnen. 

Die iible Sitte, die TitelblStter von Tonwerken in franzosischer 
Sprache abzufassen, ist leider noch nicht ganz uberwunden, doch wird 
kiinftig wohl kein deutscher Verleger ihr mehr huldigen diirfen, ohne sich 
scharfstem Tadel auszusetzen. 

Wichtiger aber als diese mehr oder minder SuBerlichen Dinge ist die 
Befreiung unserer Kunst von dem undeutschen Mammonismus, dem sie 
immer riickhaltloser zu verfallen drohte. Die vielgeriihmte Antwort eines 
deutschen Sangers auf eine ehrenvolle, aber nicht mit hohetn Geldangebot 
verbundene Einladung: „Ehrensache Nebensache, Geldsache Hauptsache" 
ist bezeichnend fur den Geist, der auch in unserem Musikleben immer 
machtiger geworden war. Auf der einen Seite die Unmoglichkeit, mit 
ernsten kiinstlerischen Leistungen hervorzutreten, wenn man nicht fur 
Reklamc, Agenten und Verleger-, Auslagen" groBe Summen aufwenden 
kann — und auf der anderen Seite die Sucht, die Gunst der „Konjunktur" 
riicksichtslos auszuniitzen und auch mit der Kunst Geld zu machen um 
jeden Preis. Folgte aus dem erstgenannten Ubelstand naturgemaB die be- 
schamende Tatsache, daB der von Haus aus vermogende Kiinstler fast 
allein die Moglichkeit des kiinftigen Erfolges besitzt, weil er diesen vor- 
bereiten und „etwas ins Geschaft stecken" kann, so ergab sich aus dem 
anderen die riicksichtslose Jagd nach dem Gold, die als „Amerikanisierung" 
der Kunst so hoch gepriesen wurde. 

Die dies taten, bedachten nicht, daB durch den Mammonismus in der 
Kunst diese immer mehr zum bloBen Geschaft herabsank und im selben 
MaBe an innerer Reinheit und Wahrhaftigkeit sowie an der Wertschatzung 
bei den Besten unseres Volkes verlieren muBte. Eine kleine Minderheit 
wollte uns alien Ernstes einreden, daC die rein geschaftsmaBige Regelung 
aller Kunstdinge nach den Grundsatzen : Unternehmer-Angestellter, Kapital- 
anlage-Kapitalumlauf, Angebot und Nachfrage die einzig moderne sei. 
Der Krieg hat gliicklicherweise gezeigt, daB der Geist Schillers noch in 
unserem Volke lebendig ist. Er moge kraftvoll die Wechsler und Handler 
aus dem Tempel unserer Kunst treiben, damit fur ihre Jiinger das Schiller- 
wort an die Kiinstler wieder zur Wahrheit werde: 

Der Menschheit Wurde ist in eure Hand gegeben, 
Bewahret sie! 



HANS VON BOLOWS PSEUDONYM 
W. SOLINGER 



Sehr geehrter Herr Redakteur! 

Der in Ihrem 1. Augustheft 1915 crschienene Artikel „Hans von 
Biilows Pseudonym W. Solinger" von Harzen-Miiller gibt dankenswerten 
AnlaO zu einigen Bemerkungen. Der Herr Verfasser scheint wirkliches 
Interesse fur Biilows Kompositionen zu haben, deren Nichtberucksichtigung 
in den Konzertsalen er beklagt. Im iibrigen stiitzt sich sein Artikel in 
allem Wesentlichen auf Band III der von mir veroffentlichten Briefe meines 
Mannes, obwobl diese Quelle nur an einer Stelle inmitten der Ausfiihrungen 
genannt wird. DaC die fliichtigen kurzen Skizzen von B. Vogel (1887) 
und E. Zabel (1894) das Pseudonym W. Solinger nicht beriihren, ist 
naturlich. Hingegen hatte mein der zweiten Auflage von Biilows „Schriften" 
(1911) beigegebenes genaues Verzeichnis seiner samtlichen Kompositionen, 
Bearbeitungen und Ausgaben dem Verfasser von Nutzen sein konnen. Dies 
Verzeichnis en t halt 44 Werke, wovon 13 ohne Opuszahl, unter diesen 
letzteren nur zwei nicht mit eigenen Namen, sondern W. Solinger gezeichnet. 
Demgegenuber lafit sich Herrn Harzen-Mullers Anfangssatz: B Bulows 
Kompositionen zerfallen in die mit seinem Namen bezeichneten und in 
die pseudonymen" sicher nicht aufrechterhalten. Ebensowenig wie sein 
SchluQsatz vom „Adligen und Koniglichen Hofpianisten, der es verstanden, 
die Autorschaft beider sozialpolitischer Tendenzlieder ganz geheimzuhalten . . . 
Zu seinen Lebzeiten schon diese Pseudonymitat zu liiften, ware gegen 
seinen ausdriicklichen Willen gewesen." Solcher Auffassung steht Biilows 
weltbekannter Freimut, von dem viele meinten, er ware auch bei zahl- 
reichen offentlichen Anlassen iiber die Grenzen des Erlaubten weit hinaus- 
gegangen, geradezu entgegen. DaC er damals, als jugendlicher Bahnbrechei 
fur Liszt und Wagner, der erst sich durchzusetzen hatte, um der von ihm 
iiber alles hochgehaltenen Sache wirksam zu dienen, daQ Biilow Anfang 
der sechziger Jahre fur das unter Lassalles EinfluO entstandene „Arbeiter- 
lied" ein Pseudonym wahlte, war einfach Notwendigkeit. Aber schon 
zehn Jahre spater diirfte ihm eine Enthiillung seiner Autorschaft gleicbgiiltig 
gewesen sein, von seiner mutmaClichen Stellungnahme in den zwanzig 
letzten Lebensjahren ganz zu geschweigen. Den Grundsatz: was er getan 
oder gesagt, vor aller Welt bis in die peinlichsten Folgen hinein personlich 
zu vertreten, hat er zeitlebens auf die Spitze getrieben; und da dies ein 
Hauptzug seines Wesens war, ist es weder ein nebensachliches noch ein zu- 
falliges Moment, daB Pseudonymitat in diesem Leben keine Rolle gespielt 
hat, wenn er sich auch, wie gesagt, in seiner ringenden und kSmpfenden 



216 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Jugend einigemale dazu herbeilassen muBte. Die von Herrn Harzen-Muller, 
B Musik" S. 126, angefuhrte Briefstelle (sie stammt aus Biilow III S. 581) 
vom 19. Februar 1864 vom „vielleicht ernsthaften musikalischen SpaO" batte 
ich ebenfalls stets auf ,Die groDe Firma", die zweite unter W. Solinger 
erschienene (1867) Komposition bezogen, wie dies aus einer in meinem Ver- 
zeichnis stehenden Bemerkung S. 293 zu ersehen ist. Bis ich in dem 
Buche von W. WeiCheimer B Erlebnisse mit Wagner, Liszt und vielen 
anderen Zeitgenossen" S. 371 folgende Stelle fand: „Da er [Liszt, der 
eben eine Weiflheimerische Komposition angehort hatte] nocb mehr horen 
wollte, spielte ich zur Abwecbslung einmal ,Die groOe Firma' von Freiherr 
v. Gaudy, welche soeben bei Bayrhofer in Diisseldorf unter dem Pseudonym 
,Solinger op. 2' erschienen war, weil Biilow kurz vorher ein ahnliches 
Werk unter ,SoIinger op. 1' hatte erscheinen lassen. Die Firma Solinger 
sollte daher fortgesetzt werden mit der Inschrift: ,Den Manen Lassalles'. 
Ich weiO nicht, ob sich noch ein anderer zur Fortsetzung der Solingerfirma 
bereit gefunden hat." Nach dieser Mitteilung, deren Berechtigung anstands- 
los geglaubt oder die auch — je nach der Stellung, die man WeiBheimers 
Buch gegeniiber einnimmt — bestritten werden kann, wiirde die Frage 
nach W. Solingers op. 3 namlich noch offen sein. In meinem mehrfach 
genannten Verzeichnis von 1911 figuriert dies Opus unter „Bearbeitungen" 
S. 299 bei Meyerbeer, Manzanilla-Szene aus der B Afrikanerin*. Wie Herr 
Harzen-Muller dabei die Pseudonymitat unerklarlich findet, so finde ich 
es noch unerklarlicher, daB Biilow im Jahre 1866 dieses Stuck gemacht 
und veroffentlicht haben soil. Mein Glaube daran ist durch die Stelle bei 
WeiCheimer stark erschiittert. Somit bliebe von dem Bestande der drei 
Solinger-Opera nur eins als sicheres Bulowsches Gut. Es bildet einen 
kleinen charakteristischen Zug in seinem Kiinstlerantlitz, wertvoll an sich 
wie durch den episodischen Zusammenhang mit Lassalle; dieser Zug kann 
durch die zwei folgenden Solinger-Stiicke — selbst wenn sie von Biilow 
stammten — weder vertieft noch erganzt werden. 

Marie von Biilow 



ANTON BRUCKNER-LITERATUR 

ZUSAMMENGESTELLT VON OTTO KELLER IN MUNCHEN 



SchluO 

21. Ein unbekannter Symphoniesatz von Bruckner 

— i— Ein unbekannter Symphoniesatz Bruckners. Linzer Tagespost, 12. 11. 1913. 

Gollerich, A. Zur Erstauffuhrung des „Andante", einer Schularbeit A. Bruckners. 
Linzer Tagespost, 21. 11. 1913. 

Hynais, C. Ein unbekannter Symphoniesatz Bruckners. Signale fur die musikalische 
Welt, Berlin, 71.Jahrg., No. 43. 

Kr. Die erste Auffuhrung eines Symphonie-Andante von Bruckner in Wien. Abend- 
post, Wien, 6. 11. 1913. 

22. Bruckners Streichquintett 

Anonym. Bruckners F-dur Quintett in Karlsruhe. Badische Presse, Karlsruhe, 18. 1. 1912. 

Ehlers, P. Das F-dur Quintett. Augsburger Abendzeitung, Augsburg, 8. 2. 1908. 

K. St. Die Leich' auf der Aim und die Wiiste Davids. Illustriertes Extrablatt, Wien, 

12. 1. 1885. 
Louis, R. Bruckners Streichquintett in F-dur. Neueste Nachrichten, Munchen, 1.2. und 
6. 2. 1905. 
„ Bruckners Streichquintett in F-dur. Neueste Nachrichten, Munchen, 5.2. 1908. 

23. Bruckner als Kirchenkomponist 

Auer, M. Anton Bruckners Kirchenmusik. Musica divina, Wien, 1. Jahrg., Heft 7/8 und 

2. Jahrg., Heft 5/6, 10/11, 3. Jahrg., 1, 3, 4. 
Bauer, M. Die Bedeutung Anton Bruckners als Kirchenkomponist. Vortrag in der 

Ortsgruppe Frankfurt a. M. der Internationalen Musikgesellschaft am 19. 3. 1912. 
Grunsky, K. Anton Bruckner als Kirchenkomponist. Kunstwart, 14. Jahrg., No. 6. 

24. Bruckners d-moll Messe 

a) Allgemeines: 
Helm, Th. Bruckners d-moll Messe. Deutsche Zeitung, Wien, 16. 1. 1897. 
Lvovsky, B. Anton Bruckners Messe in d-moll. Almanach der Osterreichischen 

Musik- und Theaterzeitung, Wien, 1897. 
Pembaur, J. Bruckners d-moll Messe. Blatter fur Kirchenmusik, Wien 1892. 

b) Auffiihrungen: 
In Wien: J. B. K. Bruckners Messe in d-moll in Wien. Neue Zeitschrift fur Musik, 
Leipzig, 7. 3. 1900. 
Lvovsky, B. Anton Bruckners Messe in d-moll. Zur Erstauffuhrung in Wien 
am 17. Januar 1897. Osterreichische Musik- und Theaterzeitung, Wien, 
15. 1. 1897. 
L. Sp. Bruckners Messe in d-moll. Fremdenblatt, Wien, 28. 1. 1897. 

25. Bruckners e-moll Messe 

a) Allgemeines: 
Mohler, Anton. Anton Bruckners e-moll Messe. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, 
No. 13. 



218 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



b) Auffuhrungen: 
In Chemnitz: ob. Bruckners Messe in e-moll in Chemnitz. Chemnitzer Tagblatt, 
20. 11. 1913. 
—I. Bruckners Messe in e-moll. (Auffuhrung in Chemnitz.) Chem- 
nitzer Tagblatt, 22. 3. 1913. 
In Linz: E. G. 8. Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Salzburger Volks- 

blatt, 1.5. 1913. 
In Munchen: A. H. Anton Bruckners Messe in e-moll in Miinchen. Munchner 
Zeitung, 29.5. 1911. 



Osterreichische 



26. Bruckners f-moll Messe 

a) Allgemeines: 
Lvovsky, B. GroDe Messe No. 3 in f-moll von Anton Bruckner. 
Musik- und Theaterzeitung, Wien, 15. 12. 1895. 
„ GroDe Messe No. 3 in f-moll von Dr. Anton Bruckner. Almanach der 

Osterreichischen Musik- und Theaterzeitung, Wien 1897. 
Rietsch, H. DieTonkunstinder2.H51ftedes 19.Jahrhunderts. (Bruckners f-moll Messe.) 

b) Auffuhrungen: 
In Dresden: E. P. Bruckners f-moll Messe in Dresden. Dresdner Nachrichten, 

26. 11. 1912. 
In Leipzig: Steinitzer, Max. Konzert des Riedelvereines. Leipziger Neueste Nach- 
richten, 11. 11. 1914. 
In Mannheim: Segnitz, E. Die Mannheimer Erstauffuhrung der f-moll Messe von 

Bruckner. Blatter fur Haus- und Kirchenmusik, Langensalza, 

17. Jahrg., No. 5. 
Egel. Die Mannheimer Erstauffuhrung der f-moll Messe von Bruckner. 

Musiksalon, Berlin, 5. Jahrg., No. 3/4. 
In Mfihlheim an der Ruhr: Schmedding, H. Bruckners Messe in f-moll in Muhlheim 

an der Ruhr. Rhein- und Ruhrzeitung, Essen, 11. 11. 1912. 
In Munchen: Louis, R. Bruckners f-moll Messe in Munchen. Neueste Nachrichten 

Munchen, 5. 12. 1913. 
In Nurnberg: K. Zur Auffuhrung von Bruckners f-moll Messe. Frankischer Kurier, 

Nurnberg, 26. 11. 1913. 
Anonym. Jubil2umskonzert des Vereines fur klassischen Chorgesang. 

(Anton Bruckners f-moll Messe.) Niirnberger Zeitung, 28. 11. 1913. 
In Tubingen: Grunsky, K. Bruckners f-moll Messe in Tubingen. Zeitschrift der 

Internationalen Musikgesellschaft, Leipzig, 1. Jahrg., S. 349. 
In Wien: Anonym. Bruckners f-moll Messe in Wien. Fremdenblatt, Wien, 

8. 3. 1903. 

— d— r. Bruckners f-moll Messe. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, 

Wien, 1.4. 1893. 
E. B. Bruckners Messe in f-moll in Wien. Neues Wiener Journal, 

Wien, 16. 1. 1913. 
H. Bruckners f-moll Messe in Wien. 

15. 12. 1885. 
H. P. Bruckners f-moll Messe in Wien. 
Korngold, J. Bruckners f-moll Messe. 

9. 3. 1906. 

Wymetal. Bruckners f-moll Messe im 4. auQerordentlichen Gesell- 



Allgemeine Zeitung, Wien, 

Abendpost, Wien, 6. II. 1894. 
Neue Freie Presse, Wien, 



schafts-Konzert. Tagespost, Brunn, 10. 3. 1903. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB) 219 

27. Bruckners Tedeum 

a) Allgemeines: 
Reichel, A. Te deum laudamus von Anton Bruckner. Schweizerische Musikzeitung, 

Zurich, 44.Jahrg., No. 6. 
Schmitz, Eugen. Kleine Partiturausgabe von Bruckners Tedeum. Signale fur die 

musikalische Welt, Leipzig, 20. 10. 1905. 

b) Auffuhrungen: 
In Berlin: Anonym. Bruckners Tedeum. (28. Tonkiinstlerversammlung, Berlin.) 

Musikalisches Wochenblatt, Leipzig, 18. 6. 1891. 
In Frankfurt a. M.: P. B. Bruckners Tedeum in Frankfurt. Frankfurter Zeitung, 

23. 3. 1912. 

In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Tedeum in Leipzig. Neueste Nachrichten, 

Leipzig, 24. 2. 1912. 
Segnitz, E. Bruckners Tedeum in Leipzig. Tageblatt, Leipzig, 

24. 2. 1912. 

In Nurnberg: St. Das Tedeum von Bruckner in Nurnberg. Frankischer Kurier, 

Nurnberg, 7. 5. 1913. 
In Wien: K. St. Bruckners Tedeum. Ulustriertes Wiener Extrablatt, Wien, 

23. I. 1886. 

28. Bruckners 114. Psalm 

Eine Seite aus der Originalhandschrift des 114. Psalms von Anton Bruckner. Die 

Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1. 
Gollerich, A. Anton Bruckners 114. Psalm. Die Musik, Berlin, 1. 10. 1906. 

29. Bruckners 150. Psalm 

Botstiber, H. A. Bruckner, der 150. Psalm erlautert. Leipzig 1909. 

Graf, M. Bruckners 150. Psalm. Neues Wiener Journal, Wien, 21. 1. 1901. 

Helm, Tb. Bruckners 150. Psalm. Deutsche Zeitung, Wien, 21. 1. 1901. 

30. Bruckner als M&nnerchorkomponist 

Helm, Th. Bruckner als Mannerchorkomponist- Festblatter zum 6. Deutschen 
SSngerbundesfest in Graz 1902. Heft 3. 

31. Bruckners Chor „Abendzauber" 

Anonym. Der Chor „Abendzauber" von Bruckner im Konzert des Wiener Manner- 

gesangvereines. Neue Freie Presse, Wien, 29.3. 1911. 
E. B. Der Chor „Abendzauber" von Anton Bruckner im Wiener MSnnergesangverein. 

Neues Wiener Journal, Wien, 19. 3. 1911. 

32. Das Hohe Lied von Bruckner 

H. G. Anton Bruckner, das Hohe Lied. Mannerchor. Neue musikalische Presse, 

Wien, 9. 3. 1902. 
Keller, O. Das Hohe Lied von Anton Bruckner. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, 

Wien, 15. 2. 1902. 
Wagner, Hans. Das Hohe Lied von Anton Bruckner. Deutsches Volksblatt, Wien, 

31. 1. 1902. 



220 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



33. Amaranths Waldeslieder von Bruckner 

Marschalk, Max. Amaranths Waldeslieder. Ein Lied Anton Rruckners. Die Musik, 
Berlin 1901, No. 17. 

34. Eine verschollene Festkantate Bruckners 

Graflinger, F. Eine verschollene Festkantate. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1910, No. 19. 



35. Geschichtliche Daten fiber Entstehung und Auffabrnng 
Brucknerscher Werke 

(Unter teilweiser Benutzung von Aufzeichnungen Dr. Theodor Helms und M. Auers) 

Erste Symphonie 
Entstanden 1865/66 in Linz 

1868, 9. Mai. Urauffuhrung in Linz. 

1891, 13. Dezember. Erstauffuhrung in Wien (Phil. Konzert) unter Hans Richter. 



1898, 20. Marz. 

1898/99. 

1902, Oktober. 

1905, 15. M8rz. 
1909. 



1873, 26. Oktober. 
1876, 20. Februar. 

1894, 25. November. 

1896. 

1897. 

1902, 30. Januar. 

1902, 27. Oktober. 

Saison 1902/03. 

1904, 23. Marz. 

1910. 

1913. 



Erstauffuhrung in Linz in der neuen Gestalt unter Gollerich. 

Erstauffuhrung in Mannheim unter Reznicek. 

Erstauffuhrung in Berlin (Tonkunstlerorchester) unter Richard 

StrauB. 
Erstauffuhrung in Wien (Konzertverein) unter Lowe. 
Erstauffuhrung in Munchen. 

Zweite Symphonie 
Entstanden 1871/72 in Wien 

Urauffuhrung bei der SchluCfeier der Weltausstellung in Wien. 
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter personlicher Leitung 

des Komponisten. 
Wien (Pbilharmonische Konzerte) unter Richter. 
Brunn unter Kitzler. 
Heidelberg unter Wolfrum. 
Stuttgart unter K. Pohlig. 
Berlin unter Nikisch. 
Chemnitz unter Pohle. 
Wien (Konzertverein) unter Lowe. 
Mannheim. 
Teplitz. 



Dritte Symphonie (Richard Wagner gewidmet) 



1877, 16. Dezember. 

1885. 
1885. 

1890, 21. Dezember. 
Saison 1890/91. 

1891, 25. Januar. 

1891, 14. Februar. 

1892, 9. Juli. 



Entstanden 1873/77 in Wien 
Urauffuhrung in Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter 

personlicher Leitung des Komponisten. 
Frankfurt am Main unter Muller. 
Dresden. 

Wien (Philharmonische Konzerte). 
Salzburg. 

Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Hans Richter. 
Prag. 
Wien (PopulSre Symphoniekonzerte der Musik- und Theater- 

ausstellung) unter Lowe. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB) 



221 



1893. 

1894, MMrz. 
Saison 1897/98. 
1899. 

1900, 17. MIrz. 
1900, 8. April. 
Saison, 1901/02. 
1902, November. 
Saison, 1902/03. 



Berlin (Philharmonische Konzerte). 

Paris unter Lamoureux. 

Oldenburg unter Manns. 

Breslau unter Maszkowski. 

Wien (Konzertverein) unter Lowe. 

Linz unter Gollerich. 

Berlin (Tonkunstlerorchester) unter R. StraufJ. 

Mannheim unter Kahler. 

Leipzig unter Nikiscb. 



1881, 21. Februar. 

1888, 29. Januar. 

1890, 12. Dezember. 

1891, 1. Februar. 

1892, 15. Juni. 

1893, Mirz. 
1893, Mirz. 
1895, Februar. 
1895, Marz. 

1895, 15. November. 

1896, 5. Januar. 
Saison 189697. 
Saison 1896/97. 
Saison 1896/97. 
Saison 1896,97. 

1897, 23. November. 
Saison 1897/98. 
Saison 1897/98. 
Saison 1897,98. 
Saison 1897/98. 
Saison 1897/98. 
Saison 1899/00. 
1900, 20. November. 
Saison 1899/1900. 

1900, 6. Februar. 

1901, 4. Januar. 
1901, 24. Marz. 

1901, 4. November. 

1902, 18. Mai. 

1902, 19. November. 
Saison 1902,03. 

1903, 30. Januar. 
1910. 
1913. 
1914. 
1914. 



Vierte Symphonie (Die Romantische) 
Entstanden 1874/80 in Wien 

Urauffutarung Wien (Konzert des Deutschen Schulvereins) unter 

Hans Richter. 
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Hans Richter. 
Miinchen unter Levi. 
Graz unter Schalk. 

Wien (Musik- und Theaterausstellung) unter Schalk. 
Briinn. 
Troppau. 

Hamburg unter Mahler. 

Berlin (Konigliche Kapelle) unter Weingartner 
Dresden unter Nicode\ 
Wien (Philharmonische Konzerte). 
Frankfurt am Main unter Kogel. 
Leipzig unter Sitt. 
Koln unter Wullner. 
Wiesbaden unter Lutter. 

Wien (Budapester Symphonieorchester) unter Zimmer. 
Innsbruck unter Pembaur. 
Darmstadt unter de Haan. 
Wurzburg unter Klieber. 
Baden-Baden unter Hein. 
Lubeck unter Afferni. 
Stuttgart unter Obrist. 
Wien (Konzertverein) unter Lowe. 
Schwerin unter Zumpe. 
Kopenhagen. 
Graz unter Sporr. 
Linz unter Gollerich. 
Teplitz unter Zeischka. 
Laibach. 

Karlsruhe unter Mottl. 
Prag unter Nedbal. 

Wien (Gutmanns Philh. Konzerte) unter Mottl. 
Breslau. 

Hamburg unter Nikisch. 
Dresden unter Kutzschbach. 
Hamburg unter Hausegger. 



222 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



Fun 

1894, 8. April. 

1895, 18. Dezember. 
1898, Februar. 

1898, 1. Marz. 
Saison 1898/99. 
Saison 1898/99. 

1899, 9. November. 
1899, 6. Dezember. 
Saison 1899/00. 
Saison 1900,01. 
Saison 1900/01. 
Saison 1900,01. 
1901, 24. Februar. 
1901, 10. Dezember. 
1912. 

1912. 
1912. 
1913. 
1913. 



1883, 11. Februar. 

1899, 26. Februar. 

1901, 14. Marz. 

1902, 19. Marz. 
Saison 1902/3. 
1908. 

1913. 



Sieben 

1884, 30. Dezember. 

1885, 10. Marz. 
1885 

Saison 1885/86. 
Saison 1885/86. 
Saison 1885/86. 

1886, 21. M2rz. 
1886, 2. November. 

1886, November. 

1887, 31. Januar. 
1887, April. 
1887, April. 
1889, 24. Februar. 
1891, Juni. 

1894, Januar. 



fte Symphonie in B-dur (mit ChoralschluB) 
Entstanden 1875/80 in Wien 
Urauffuhrung in Graz unter Scbalk. 
Budapest unter Lowe. 
Munchen unter Lowe. 

Wien (MQnchener Kaimorchester) unter Lowe. 
Berlin unter Nikisch. 
Frankfurt a. M. unter Rottenberg. 
Leipzig unter Nikisch. 
Karlsruhe unter Mottl. 
Berlin unter Weingartner. 
Hamburg unter Fiedler. 
Bremen unter Panzner. 
Oldenburg unter Manns. 

Wien (Philharmonische Konzerte) unter Mahler. 
Wien (Konzertverein) unter Lowe. 
Karlsbad unter Manzer. 
Stuttgart unter Schillings. 
Dresden unter Schuch. 
Breslau unter Dohrn. 
Pforzheim (in der Kirche mit Berlioz' Requiem zusammen). 

Sechste Symphonie in A-dur 

Entstanden 1897/81 in Wien 
Urauffuhrung des Adagio und Scherzo (im Philharmonischen 

Konzert) Wien. 
Erste vollstandige Auffuhrung in Wien (im Philharmonischen 

Konzerte) unter Mahler. 
Stuttgart unter Pohlig. 

Wien (Konzertverein) unter Lowe (ungekurzt). 
Berlin unter Weingartner. 
Munchen (Akademiekonzert) unter Mottl. 
Leipzig unter Nikisch. 

te Symphonie in E-dur (mit cis-moll Adagio) 
Entstanden 1881/83 in Wien 
Urauffuhrung in Leipzig unter Nikisch. 
Munchen unter Levi. 

Karlsruhe (Tonkunstlerversammlung) das Adagio. 
Karlsbad unter Sporr. 
Graz. 

Koln unter Wullner. 

Wien (Philharmonische Konzerte) unter Richter. 
Amsterdam. 

New York unter Thomas. 
Berlin unter Klindworth. 
Budapest. 
Dresden. 

Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Richter. 
Berlin (Tonkunstlerversammlung). 
Berlin unter Muck. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB) 



223 



1895, 18. Dezember. 

1896, Juni. 
Saison 1896/97. 
Saison 1896/97. 
Saison 1896/97. 
Saison 1898/99. 
1899, 18. Januar. 
1901. 

1901, 13. M»rz. 
Saison 1902/3. 
Saison 1902/3. 
1912. 
1913. 



Frankfurt a. M. unter Rottenberg. 

Troppau. 

Muncben unter Franz Fischer. 

Stuttgart unter Obrist. 

Konstanz unter Handloser. 

Hannover unter Kotzky. 

Magdeburg unter Winkelmann. 

Oldenburg unter Manns. 

Wien (Konzertverein) unter Lowe. 

Prag unter Nedbal. 

Dortmund unter JanlJen. 

Hamburg unter Hausegger. 

Breslau unter Dobrn. 



1895, 18. Dezember, 

1893. 

1899, 17. Dezember. 

1901, 8. Januar. 

1901, 15. Marz. 

1902. 

1903, 3. Marz. 

1903, 16. April. 

1911, 7. Dezember. 

1911. 

1913. 

1913. 



Achte Sympbonie in c-moll 

Entstanden 1885/90 und umgearbeitet 1889/90 in Wien 

1892, 18. Dezember. Urauffuhrung in Wien (im philharmonischen Konzerte) unter 

Richter. 
Dresden unter Nicod£. 
Olmutz unter Labler. 
Munchen unter Hausegger. 
Mannheim unter Klbler. 
Graz unter Sporr. 

Berlin (Konigliche Kapelle) unter Weingartner. 
Wien (Konzertverein) unter Lowe. 
Stuttgart unter Pohlig. 
Karlsruhe unter Reichwein. 
Breslau. 

Linz unter Gollerich. 
Hamburg unter Hausegger. 

Neunte Symphonie in d-moll 
Entstanden 1. Satz April 1891 bis 14. Oktober 1892, Scherzo beendet 15. Februar 1894, 

Trio beendet 27. Februar 1893, Adagio beendet 31. Oktober 1894 
1903, 11. Februar. Urauffuhrung in Wien (Konzert des Akademischen Wagner- 

vereines) unter Lowe. 
Duisburg unter Josephson. 
Berlin (Philharmonische Konzerte). 
Wien (Philharmonische Konzerte) unter Muck. 
Paris (Lamoureuxorchester) unter Hasselmans. 
Berlin (Kdnigliche Kapelle) unter R. StrauQ. 
Dusseldorf unter Panzner. 
Koln unter Steinbach. 
Dresden unter Kutzscbbach. 
Hamburg unter Francesco P. Neglia. 

d-moll Messe 
Entstanden 1863/64 in Linz 
Wien (Hofkapelle) unter Herbeck. 
Hamburg unter Mahler. 
Steyr unter Bayer. 
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter R. von Perger. 



1903, 24. Mai. 

1903, 26. Oktober. 

1906, 4. Marz. 

1908, 14. Mai. 

1910. 

1910. 

1912. 

1914. 

1914. 



1867. 

1893, 30. M2rz. 

1893, 2. April. 

1897. 



224 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



1869, 29. September. 

1885, 4. Oktober. 

1899, 17. Marz. 

1902. 

1903, 2. Juli. 

1913. 

1913. 



1872, Juni. 

1884, 9. November. 

1885, 8. Dezember. 

1893, 23. Marz. 

1894, 4. November. 
Saison 1896/97. 
Saison 1902/03. 
Saison 190203. 
1903, 13. April. 
1910. 

1913. 
1913. 
1913. 
1914. 



1885, 2. Mai. 

1886, 10. Januar. 
1886, April. 
1888, 13. April. 
1891, 31. Mai. 

1891, 3. Dezember. 

1892, 15. April. 

1892, 26. Mai. 

1893, 21. Mai. 
1896. 

Saison 1896,97. 

1897. 

Saison 1897/98. 

1900. 

Saison 1901/2. 

Saison 1902/3. 

Saison 1902,3. 

1910, 20. Marz. 

1912. 

1913. 

1913. 



e-moll Messe 
Entstanden 1868/69 in Linz 

Linz (im Dom) unter Leitung des Komponisten. 

Linz unter Schreyer. 

Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Dr. Neubauer. 

Leipzig (Riedelverein). 

Tubingen. 

Linz unter Gollerich. 

Chemnitz unter Mayerhoff. 

f-moll Messe 
Entstanden 1867/68 in Linz 
Wien (Augustinerkirche). 

Wien (Hofkapelle) unter Leitung des Komponisten. 
Wien (Hofkapelle) unter Hellmesberger. 
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Schalk. 
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Gericke. 
Tubingen unter Kauffmann. 
Dfisseldorf. 
Elberfeld. 

Mannheim (Musikfest) unter Mottl. 
Muhlheim a. d. Ruhr unter Diehl. 
Niimberg unter Hans Dorner. 
Augsburg unter Hugo Rohr aus Munchen. 
Dresden unter Albert Romhild. 
Leipzig unter Richard Wetz. 

Tedeum 
Entstanden 1883/84 in Wien 

Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Leitung des Kom- 
ponisten. 

Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Richter. 

Munchen. 

Brunn. 

Berlin (Tonkunstlerversammlung) unter S. Ochs. 

Amsterdam unter Viotta. 

Hamburg unter Mahler. 

Cincinnati unter Th. Thomas. 

Dusseldorf. 

Munchen unter Zumpe. 

Leipzig unter Nikisch. 

Dresden unter Nicode\ 

Karlsruhe unter Mottl. 

Munchen unter Hausegger. 

Koburg unter Heubner. 

StraBburg unter Stockhausen. 

Stuttgart unter Seyffardt. 

Wien (Philharmonische Konzerte). 

Frankfurt a. M. unter Schuricht. 

Nurnberg unter Lowe. 

Augsburg unter Hugo Rohr aus Munchen. 



KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB) 



225 



1906, 1. April. 



1892, 13. November. 
Saison 1896/97. 

1899, 15. April. 

1900, 8. April. 

1901, 20. Januar. 

1902, 26. Februar. 



Der 114. Psalm 
Entstanden 1850 in St. Florian 
Linz (Musikverein) unter Gollerich. 

Der 150. Psalm 
Entstanden 1892 in Wien 

Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Gericke. 

Chemnitz unter Mayerhoff. 

Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Lowe. 

Linz unter Gollerich. 

Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Lowe. 

Leipzig (Riedelverein) unter Gohler. 



Streichquintett 
Entstanden 1879 in Wien 

1881, 17. November. Wien (Quartett Winkler). Interner Abend des Akademischen 

Wagner-Vereins. 
1885, 8. Januar. Wien (Quartett Hellmesberger). 

1896. Wien (Quartett Duesberg). 

1905. Munchen (Munchener Streichquartett). 

1912. Karlsruhe. 



Mannerchore: 

Tafellied (Text von Ptak), entstanden Kronsdorf 1845? Erstauffuhrung 13. 3. 1893 durch 
den Akademischen Gesangverein Wien. 

Festkantate (Pammersberger), entstanden Linz 1862, 1. 5. 1862 Liedertafel Frohsinn 
in Linz. 

Germanenzug (Silberstein), entstanden Linz 1863, 5. 6. 1863 durch den Oberosterreich- 
Salzburger Sangerbund in Linz. 11. 12. 1891 durch den Akademischen Gesang- 
verein in Wien. 

Herbstlied (Sallet), entstanden Linz 1864, 24. 11. 1894 durch die Liedertafel Frohsinn 
in Linz. 

Urn Mitternacht (Prutz), entstanden Linz 1864, 11. 12. 1864 durch die Liedertafel Froh- 
sinn in Linz. 

Um Mitternacht (zweite Fassung, Text von J. Mendelssohn), entstanden Wien 1870, 
1870 durch die Liedertafel Frohsinn in Linz, 22. 2. 1885 durch den Akademischen 
Gesangverein Wien, 27. 3. 1887 durch den Wiener Mannergesangverein/ 

Vaterlandsliebe (Silberstein), enstanden Linz 1866, 4. 4. 1868 durch die Liedertafel 
Frohsinn in Linz. 

Vaterlandisches Weinlied, entstanden Linz 1866, 13. 2. 1868 durch die Liedertafel Froh» 
sinn in Linz. 

Der Abendhimmel (Zedlitz), entstanden Linz 1866, 11.12.1898 durch den Wiener 
Mannergesangverein. 

Das hohe Lied (Mattig), entstanden Wien 1876, 13. 3. 1902 durch den Akademischen 
Gesangverein Wien. 

Trosterin Musik (Seuffert), entstanden Wien 1877, 11.4. 1886 durch den Akademischen 
Gesangverein Wien. 

Abendzauber (Mattig), entstanden Wien 1878, 18.3. 1911 durch den Wiener Manner' 
gesangverein. 
XIV. 23. 15 



226 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Sangerbund (Kerschbaum), entstanden 1882 Wien, 10. 6. 1883 durch den Oberosterreich- 

Salzburgiscben Sangerbund, Wels. 
Traumen und Wachen (Grillparzer), entstanden 1890, 15. 1. 1891 durch den Akademischen 

Gesangverein Wien. 
Das deutsche Lied (E. Fels), entstanden Wien 1892,5.6. 1892 beim Deutsch-Akademischen 

SHngerfest in Salzburg. 
Helgoland (Silberstein), entstanden Wien 1893, 8. 10. 1893 durch den Wiener Minner- 

gesangverein. 

Gemischte Chore: 

FGnf Tantum ergo, entstanden St. Florian 1846. 

Requiem in d-moll, enstanden St. Florian 1849, 12. 11. 1911 durch den Musikverein 
Linz unter Gollerich. 

Missa solemnis in b-moll, entstanden St. Florian 1854, 29.3.1911 durch den Musik- 
verein Linz unter Gdllerich. 

Ave Maria, entstanden 1856, 12. 5. 1861 im Linzer Dom (Grundungsfest der Lieder- 
tafel „Frohsinn") unter der Leitung des Komponisten. 

Antiphon, entstanden Linz, 17. 3. 1910 durch den Wiener a cappella-Chor. 

Ave Maria, entstanden 1861, 12. 5. 1861 durch die Liedertafel Frohsinn in Linz unter 
der Leitung des Komponisten. 

Pange lingua, entstanden Linz 1868. 

Locus iste, Graduate, entstanden Wien 1869, 7. 3. 1906 durch den a cappella-Chor 
in Wien. 

Christus factus est, Graduate, entstanden Wien 1869, 1.3. 1905 durch den a cappella- 
Chor in Wien. 

Os justi, Iydisch, Graduate, entstanden 1879 Wien, 19. 3. 1908 durch den a cappella- 
Chor in Wien. 

Virgo jesse, Graduate, entstanden Wien 1884, 7. 3. 1907 durch den a cappella-Chor 
in Wien. 

Ecce sacerdos, entstanden Wien 1885. 

Vexitla regis, phrygisch, entstanden Wien 1892, 6. 4. 1909 in einem geistlichen Konzert 
in Vocklabruck unter Auer. 

Klavierstucke: 

Erinnerung, entstanden Linz, 16. 1. 1901 gespielt von Ella Kerndl in einem Konzerte 
des Wiener Akademischen Gesangvereins. 

Lieder: 

Aus Amaranths Waldestiedem, entstanden Linz. 

Im April, entstanden Linz. 

Ave maria, entstanden Wien 1882. 



REVUE DER REVUEEN 



Aus Zeitschriften und Tageszeitungen 

NEUE MUSIK-ZEITUNG (Stuttgart), 36. Jahrgang, Heft 17. — „KosmopoIitische oder 
nationale Musik?" Von Wilibald Nagel. „. . . Nichts wurde von beschrankterem 
Verstande zeugen, als einem extremen Nationalismus das Wort zu reden. Volkisches 
Bewufitsein zu entwickeln, zu stahlen und im Kampfe mit der Welt zu bewahren 
— das wird schon Arbeit genug kosten. Toricht aber ware es, etwa zu befurworten, 
der deutsche Kaufmann solle in Zukunft seine Waren nur in Deutschland absetzen 
oder hochstens noch den Neutralen davon abgeben; gleich toricht wire es, an- 
zunehmen, der deutsche Forscher solle sein Werk an der Grenze seines Landes 
enden lassen. Der Kaufherr, der Mann der Wissenschaft, der Kunstler — sie alle 
gehoren der Welt, und sperrt deren Grenzen der Krieg zu, so wird sie der Frieden 
wieder auftun. Kunstler sein, heifit als freier, ungebundener Geist schaffen. Wer 
sich selbst fesselt und auf nationale Formeln beschrankt, scheidet bald aus. Das 
war mit den nationalen Schulen der Fall. Aber was wird nun nacta dem Kriege 
mit der Kunst geschehen? Werden, wie mancher das wohl jetzt annehmen mochte, 
da das volkische Fuhlen so hoch gespannt ist, wie noch nie zuvor, die nationalen 
Schulen wieder aufleben, wird der musikalische Kosmopolitismus die Oberhand 
behalten? ..." ,. . . Im Musikschatze der deutschen Vergangenheit Iiegen un- 
vergleichlich hohe Werte aufgespeichert, die der Zukunft nicht verloren gehen 
durfen, Werte, an die die Musik der kommenden Zeiten immer wieder wird an- 
knupfen konnen, ohne sich Fesseln anzulegen. Dem fremden Kunstgute nicht zu 
erliegen, den Sinn des eigenen innerlich zu erwerben, urn ihn tatsSchlich zu be- 
sitzen, aus der furchtbaren Gegenwart den Wirklichkeitssinn zu gewinnen und ihm 
den alten deutschen Idealismus zu vereinen — das mag vielleicht die Aufgabe fur 
die Kunstler der nachsten Zukunft sein. Moge aus ihnen ein neuer Fuhrer er- 
stehen, uns und der Welt zum Segen, ein Meister, der uns erhebt und begeistert, 
uns den Tag und seine Kampfe vergessen macht und uns zu den ewigen Quellen 
der wahren Kunst fiihrt, die im BewuBtsein des eigenen Volkes Iiegen. Der 
Meister moge sich nie bemiihen, fremde Zulaufe zu diesen Quellen angstlich ab- 
zuwehren, denn echte und ehrliche Kunst ist nicht das Vorrecht eines Volkes. 
Aber er moge wie Bach die Macht besitzen, das Fremde nach seinem Willen zu 
formen und nutzbar zu machen, moge das Kunstwerk nicht nach Laune und Willkur 
oder nach modischen Forderungen gestalten, moge aus dem Geiste seines Volkes 
heraus fur sein Volk schaffen, das ihn, friiher oder spSter gilt gleichviel, verstehen 
wird. Eine Beschrankung auf nationale Ausdrucksmittel, wie sie die volkischen 
Schulen des 19. Jahrhunderts kannten, erscheint fur Deutschland mit der Sber- 
waltigenden Fiille seines Reichtumes an Musik von vornherein ausgeschlossen. 
Die zurzeit noch nicht ubersehbare Masse von deutschtumelnden Werken der 
Gegenwart, die Not und Hoffnung des Krieges gebaren, sind deshalb von vorn- 
herein als vorubergehende Erscheinungen anzuschen, mag auch vielleicht einiges 
davon dauernden Wert besitzen. Den Sinn der Zeit gilt es auch fur die deutsche 
Tonkunst zu nutzen, alles Scheinwesen abzutun und die guten Geister wiederzu- 
gewinnen, die in der Vergangenheit der deutschen Musik die Weltherrschaft zu 
erwerben halfen. Das freilich steht nicht im Willen des Menschen, ist vielmehr 
eine von ihm unabhangige Gabe der Natur." 

DER MERKER (Wien), 6. Jahrgang, No. 15/16. — „Bach und das 20. Jahrbundert." 
Von H. von Perger. Es ist falsch, „im Kunstwerk immer vor allem das Indi- 
viduelle zu suchen. Holier als dieses steht jener Uberblick, der alle Variationen 

15* 



228 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

aller Individualiiaten objektiv in sich aufnimmt. Je individueller, desto abhSngiger, 
manierierter (Chopin, Grieg usw.). Individuell-homophon. Universell-polyphon. 
Nur derjenige Kunstler kann jenen Oberblick gewinnen, der sein personliches 
Empfinden der hoheren Weisheit unterordnet; derselben Fubrerin, die sich in 
unserem Moraldenken als kategorischer Imperativ ausspricht, die in der Kunst- 
schopfung als kategorischer Imperativ regieren muB, wenn sein Werk etwas Aufler- 
gewohnliches, Allgemein - Gultiges darstellen soil. Erst dann erfullt es seinen 
praktischen Zweck: der Allgemeinheit einen Blick in geistige Welten tun zu lassen, 
die ihr im alltaglichen Leben nicht erreichbar sind. Geistige Welten, deren Ge- 
danken sich um die Ideale der Menschheit ranken. Geistige Welten, deren An- 
schauung uns erhebt und begltickt. Weil diese bohere Weisheit aber unserem 
kulturellen BewuBtsein, ihren Ursachen nach, unbekannt ist, konnen ibre Daseins- 
bedingungen nur in Form von Gesetzen offenbar werden. Der Mann, der durch 
die Moglichkeit uneingeschranktcr Gedankenvermittlung zum erstenmal bewiesen 
hat, daB er diese Gesetze voll erkannte — der Mann hat diese Gesetze gegeben. 
Das ist Bach. In dem Mali, als unsere philosophische Wissenschaft sich der Er- 
kenntnis derselben Gesetze auf anderen Gebieten nShert, wird die Erkenntnis 
Bachs fortschreiten. Dafi die Periode hochsten Aufschwunges der geistigen 
musikalischen Schopfungen nicht Hand in Hand mit dem kulturellen Fortschritt 
der Musik gekommen ist, hat seine Ursache darin: Nur in jenen Zeiten war die 
HerrschaFt der hoheren Weisheit eines Genies, seines aktiven UnterbewuBtseins, 
moglich, als Kritik und Analyse des Verstandes noch nicht in TStigkeit getreten 
waren. Die Erfahrung an Geschaffenem fabriziert Rezepte. Die Rezepte verursachen 
Beeinflussung der Gestaltungskraft. Diese operiert allmahlich nicht nach ihrer 
eigenen hoheren Einsicht, sondern nach Einsicht ihres bcwufiten Willens. Der 
Wille ist abhangig vom Zeitalter, abhSngig von der Mode, von der Originalitits- 
sucht, von der Eitelkeit, von, was weiB ich, noch allem! ..." „. . . Wir Kinder 
des 20. Jahrhunderts haben sehen gelernt. Die Geschichte ist es, die als offenes 
Buch vor unseren Augen liegt. Hunderte und Hunderte, vom enthusiastischen Taumel 
ihrer Zeit getragen, gehen ein in die dunkle Pforte der Vergessenheit! Kein Blick gilt 
ihnen mehr; aber unsere Augen hingen an der immer strahlenderen Erscheinung 
des schlichten Kantors, des nie modernen Leipziger Schulmannes, der keine Erfolge 
traumte, dem es niemals um eine neue Form des Ausdruckes, um hervorstechende 
OriginalitSt zu tun war. Nur ,eine Kirchenmusik zu Gottes Ehren' war sein 
heilig Ziel. Ihm gait kein subjektiver Wille; er diente seinem Herrgott in Musik 
und schuf Gedanken der Musik, die ein unermefiliches Reich offenbarten, das 
hoch iiber aller bewuBten menschlichen Erkenntnis steht. Heute, nach zweihundert 
Jahren, beginnen wir zu erfassen, auf welch gewaltigem Felsen Bach seine Schopfung 
aufgebaut hat. Er steht unerschutterlich im Wandel, im Sturm der Zeit. Der fegt 
die kleinen, zarten Bluten der abhangigen, eingekapselten Subjektivitaten, die 
Modenerflnder und Modenfuhrer erbarmungslos hinweg." 
BUHNE UND WELT (Hamburg), Heft 7, Juli 1915. — „Gluck, der deutsche Musiker." 
Von Max A rend. „. . . Es ist wahr, Gluck hat fast ausscblieBlich italienische und 
spater franzosischer Texte komponiet. Aber das schlieBt doch nicht aus, daB er 
ein echt deutscher Kunstler war. Deutschland war damals, was es seit Bismarck 
nicht mehr ist, fast nur ein ,geographischer Begriff, und eine deutsche Literatur 
erst im Entstehen — miBverstanden und brusk zuruckgewiesen vom groBten 
deutschen Fiirsten, dem groBen Friedrich, dessen Staat die Grundlage fur unser 
Deutscbes Reich werden sollte. Wer es aus personlichen Ausspruchen Clucks, 
aus seinen Briefen, aus seinem Verkehr mit Klopstock nicht wuBte, muBte es 



REVUE DER REVUEEN 229 

eigentlicb aus den Werken des Meisters ersehen, was fur ein spezifisch deutscbes 
Gemutsleben hier waltet: die Freude an derNatur, am leisen Murmeln des BSchleins, 
an der sullen Vogelstimme. Hier spricht das Kind des deutschen Waldes zu uns. 
Dazu die Reinheit und die mannliche Kraft, die der ,welsche Tand' der italieniscben 
Oper nicbt beeintrachtigen konnte, die lediglicb das kunstlerische Instrument dieser 
italieniscben Kunst entnimmt. Wo er es aber kann . . -, ist Gluck deutsch-national. 
Mit Begeisterung verfolgte er das Aufbluhen der deutschen Literatur. Klopstocks 
Oden war sein Lieblingsbuch. Ein freundschaftlicher Verkehr verband ihn bis 
zum Ausgang seines Lebens mit Klopstock. Wir besitzen ein Heft Klopstockscher 
Oden, die von Gluck fur Gesang ,beim Klavier zu singen' vertont sind. Es sind 
das die Oden: ,Vaterlandslied', ,Wir und sie' (namlich wir und die EnglSnder!), 
,Schlachtgesang', ,Der Jungling', ,Die Sommernacht', ,Die fruhen Griber' und 
,Die Neigung'. Wir sehen in diesen Liedern, die man als musikalisch-deklamatori- 
scbe Akzente zur Klopstockscben Poesie bezeicbnet hat, ein eigentumliches Ver- 
hiltnis der Musik zur Poesie, ein Verhiltnis, das etwa auf die alten Barden oder 
Rbapsoden mit kunstlerischem Bewulitsein zuruckgreift. Nur mit einer boben 
Vortragskunst, die diesem kunstleriscben Gedanken gerecht wird, wirken und 
wollen wirken diese GesSnge. Wer in ibnen Schikanen musikalischer Tonsetzkunst 
oder gefallige ,Gesange' im landlaufigen Sinne sucht, beweist die Niedrigkeit 
seines kunstleriscben Standpunktes und sein kunstlerisches Unvermogen, Gluck 
nahezukommen, wird aber vor allem niemals einen Eindruck von diesen herrlichen 
Gesangen erhalten. Zu diesen sieben Oden . . . tritt nocb eine achte, vielleicht 
die scbonste von alien, eine prachtvolle Vertonung der Ode an den Tod von 
Klopstock fur Alt und Klavier. Sie ist ein . . . nachgelassenes Werk des Meisters . . . 
Dieser Gesang ist von gewaltigster, sicberlich urdeutscher Wirkung. Stellen, wie 
das: ,mit hinab, o mein Leib, zur Heerschar, die entscblief!' am Ende, gehoren 
zum Erhabensten der Gesangliteratur uberhaupt. Diese Oden . . . Iassen uns die 
GroQe des Verlustes ermessen, den die deutsche Buhne dadurch erlitten hat, daB 
Gluck die Komposition der Klopstockschen ,Hermannsschlachf, die er fertig im 
Kopfe trug und mit der er sich fast zwei Jahrzehnte beschaftigt batte, nicht mebr 
zu Papier gebracht, sondern mit sich in die Ewigkeit genommen hat . . . Kultur 
und Kunst sind Blute im Wachstum des Volkes und setzen den Stamm und die 
Wurzel der nationalen Macht voraus. Wir Deutsche baben lange darunter leiden 
miissen, daB unsere Kultur sozusagen in der Luft scbwebte. So werden wir mit 
doppelter Liebe heute das wenige an spezifisch national-deutscher Kunst, was 
wir von Gluck in seinen Klopstock-Oden nocb haben, pflegen und buten, wie eine 
Mutter ibr letztes Kind, nach dem Verlust der ubrigen, besonders zlrtlich ans 
Herz druckt." 
ALLGEMEINE ZEITUNG (Chemnitz), Wissenschaftliche Beilage, No. 28. — „Krieg 
und Musik." Von Georg Stolz. „. . . Die Einflusse des Krieges auf die Musik 
und umgekehrt liegen so klar zutage, daB sie selbst dem Gleichgfiltigen sich be- 
merkbar machen. Es konnte niemand entgehen, daB mit der ersten Sturmflut des 
Krieges auch jcne Bewegung einsetzte und durch elf Kriegsmonde ungeschwacht 
wirkte, welche die Liebe zum deutschen Liede, zum Choral, die Erkenntnis des 
reichen Schatzes deutscher Kunst, die Abwehr seichter Fremdware und die starkere 
Zuneigung zu unserer klassischen Musik neu belebte, zum anderen die anfeuernde 
Kraft, den erhebenden Zauber deutscher Musik zu breitester Wirkung brachte, die 
unseren Kriegern als guten Geist das deutsche Lied mit ins Feld gab, die in 
unseren Kirchen das sieghafte Lutherlied zu gewaltigem Brausen anschwellen lieB, 
die uns die Musik als Trosterin im Leid, als Bannerin zehrender Sorge wieder zur 



230 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Seite stcllte ..." Das Innenleben des deutschen Kunstlers „ist nicht unbedingt 

abhangig von der AuBenwelt, es spinnt seine Faden ungestort aucb in den Zeiten 

der gewaltigsten auBerlichen Geschehnisse mit ihren Forderungen und Hemmungen. 

Wahrend die Schrecken des 30jahrigen Krieges das unglucklicbe Land durchzittern, 

schafFen die ,drei groBen S' jenes Jahrhunderts, Schein, Scheidt und Schutz, die 

Werke, in denen sich zuerst die Schwingen deutschen Geistes regen, die nach- 

folgende Zeit niedrigster Bedriickung und schmachvoller Fremdsucht gebar — ein 

Wunder! — drei der grofiten deutschen Musiker: am 23. Februar 1685 erblickte 

Handel in Halle das Licht der Welt, und nicht ganz vier Wochen spater wurde 

dem Eisenacher Stadtmusikus Ambrosius Bach ein Sohn geboren, Johann Sebastian 

Bach; zu diesen beiden Meistern gesellte sich spater Gluck; den 24jahrigen Haydn 

umbrausten die Sturme des beginnenden 7jahrigen Krieges, als er seine ersten 

Streichquartette schrieb, Mozart sah das Fruhrot der groBen Revolution leuchten 

und schrieb den ,Figaro* und die ,Zauberflote', Beethoven turmte unter der 

Schreckensherrschaft des WeltbedrGcfcers Napoleon seine gigantischen Werke auf, 

mit ihm Schubert und Weber; Wagner arbeitete wahrend des Kriegsjahres 1870 

an der Fertigstellung der ,Nibelungen'. Wir sehen — trotz starker Hemmungen 

frischgemuter Fortschritt. So ist's heute auch: Unsere Kunstler wirken im stillen 

am Werke des Fortschrittes ..." 

TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 21. Juli 1915. — „Kriegslieder und Volks- 

tumlichkeit." Von Adolf Gottmann. „. . . Nie haben Krieg, Siegeszuversicht, 

Vaterlandsliebe die Phantasie mehr angeregt als in dieser waffenstarrenden Gegen- 

wart. Dichter und Musiker folgen emsig schaffend den blutigen Vorgangen nie 

dagewesenen Volkerringens auf dem FuBe, und die Literatur des Kriegs- und 

Vaterlandsliedes ist zu einer Hochflut angewachsen wie nie zuvor. Vom tiefsten, 

erschutterndsten Leid, von Tod und Todesqualen bis zum sonnigen Humor jauch- 

zender Lebensbejahung und Siegesfreude sind in tausenderlei Arten und Schattierungen 

alle moglichen Geschehnisse und Augenblicksbilder poetisch niedergelegt. Auch 

hier zeigt es sich, wie das blutige Gespenst des Krieges dort Kulturen vernichtet, 

hier Werte schafft. Ob auch Dauerwerte, Ewigkeitswerte? Wer vermag das zu 

sagen? Nur die Zeit gliiht Unvergangliches! ..." „Doch mag man auch vergebens 

auf den neuen Messias einer Volkslyrik warten, die, dem Wahren, Schonen und 

Guten geweiht, von Stunde ihres Entstehens an unser Inneres zu packen, die 

Menge zu begeistern und zu erschiktern weiB, wir diirfen uns . . . von Herzen 

uber all die vielen, von inniger Heimatliebe, heller Begeisterung, ja vom heiB- 

blutigen Furor teutonicus getragenen lyrischen Schopfungen freuen, deren vielfach 

hohe Werte ganz dazu angetan sind, uns weit uber die Zeit der kriegerischen 

Gegenwart hinwegzutragen in eine Zeit des Friedens, der freien, nimmermehr von 

dem Gott des Krieges gestorten freien Entfaltung kunstlerischen Lebens . . ." 

DEUTSCHE TAGESZEITUNG (Berlin), 16. Juli 1915. — „Das deutsche Opern- 

theater der deutschen Oper." Von Josef Stolzing. „. . . Alles in allem ge- 

nommen, handelt es sich . . . um hochstens ein Dutzend italienischer Opern, von 

denen sich unsere deutschen Theater nun einmal nicht zu trennen vermogen. 

Worin ist diese Anziehungskraft zu suchen? Etwa in dem kunstlerischen Werte 

der italienischen Oper? Dieser ist — und darin sind sich wohl alle Musikkenner 

einig — wenigstens fur unsere deutschen Anspruche an die Kunst herzlich gering. 

Was uns an der italienischen Oper bestrickt, ist lediglich der rein sinnliche 

Wohlklang ihrer Musik, so daB man so ziemlich das Richtige treffen diirfte mit 

der Behauptung, daB ebenjene italienischen Opern, die am wollustigsten unser 

Trommelfell kitzeln, sich als die lebenskraftigsten erwiesen haben, wie denn der 



REVUE DER REVUEEN 231 

Durcbsctanittsmensch uberhaupt fur jene Kunste am empfanglichsten ist, die am 
meisten seinen Sinnen schmeicheln, und zu dercn GenuB er die graue Gebirn- 
rinde am wenigsten zu strapazieren braucht . . ." „Man komme uns . . . nicbt mit 
faulen Ausreden. Der deutsche SpieBburger, der sich ein Operntheater ohne die 
welsche Drehorgeloper nun einmal nicbt vorstellen kann, war ja auch entsetzt, als 
er an Stelle des geliebten Weiflbrotes Kriegsbrot essen muBte; allein jetzt hort 
man schon von vielen Leuten, dad das Schwarzbrot eigentlicb viel kraftiger und 
nabrbafter scbmecke als das bloCe Weizenbrot. So feme es mir liegt, etwa zu 
verlangen, dad sicb das deutsche Volk furderhin mit einer Art geistiger chinesischer 
Mauer umgeben und daber auch die ganze auslandische Kunst von sich fernhaltcn 
moge, so muO doch diese hochheilige Zeit der volkischen Wiedergeburt auch dazu 
benutzt werden, die deutsche Kunst moglicbst zu fordern, indem wir vor allem 
auch das Schaffen unserer zeitgenossischen deutschen Tondichtcr liebevoll pflegen. 
Dies ist nicbt nur nationale Ehrensacbe, sondern auch soziale Pflicht. Es war 
doch ein geradezu unerhorter Skandal, dati, wihrend in den Ietzten vierzig Jabren 
sich die fremdlSndischen Kunstler mit deutschen Tantiemen und Honoraren die 
Taschen fullten, ein Hans Pfltzner, urn nur ein Beispiel zu nennen, in Berlin 
Klavierunterricbt erteilen muBte, urn nicbt zu verhungern!" 

DRESDNER ANZEIGER, 22. Juli 1915. — „Das erste deutsche Singerbundesfest zu 
Dresden" (22. bis 25. Juli 1865). Eine kulturgeschicbtliche Erinnerung von Karl 
GroBmann. „. . . Der heutige Tag bringt die funfzigste Wiederkehr der Feier 
des ersten deutschen SSngerbundesfestes in Dresden, an dessen glanzvollen 
Verlauf viele unserer alteren Mitburger noch die lebendigsten Erinnerungen be- 
wahren. Die Sammlungen des Stadtmuseums und der Stadtbibliothek bergen eine 
groBe Anzahl von roten Kalikomappen und Banden, in denen in seltener Voll- 
st9ndigkeit alle musikalischen, literarischen und bildlichen oder kunstgewerblichen 
Erinnerungen an das Fest aufbewahrt sind, eine Sammlung, die uns vortrefflich 
in das Leben und den Geist jener bewegten und als Gradmesser der deutschen 
politischen Gesamtstimmung so bedeutungsvollen Zeit zuruckversetzt. Lange mag 
auf diesen Zeugen einer ergreifenden vaterlSndiscben Begeisterung kein Auge 
geruht haben, und doch spricht noch heute in den Zeiten des Weltkrieges aus 
den Liedern und enthusiastiscben Reden die gewaltige Sehnsucht der Zeit nach 
der Einigung des deutschen Vaterlandes, zu deren Entstehen es nocb der groBen 
historiscben Ereignisse bedurfte. Was das Lied als beredtester Ausdruck des 
patriotischen Gefuhls im deutschen Volke ernoffte und ersehnte, muBte durcb das 
Schwert auf blutigem Schlachtfeld erst errungen werden, und heute kampft 
Deutschland den gigantischen Kampf gegen eine Welt von Feinden, um das zu 
bewahren, was als herrlich vollendetes Werk die Kriege von 1866 und 1870/71 
kronte: das geeinte Deutsche Reich. Auch damals war der politische Himmel 
duster und gewitterschwul, die groBe geschichtliche Auseinandersetzung zwischen 
PreuBen und Osterreich erhob sich drohend, und das groBe Fest, das in Dresden 
die Sanger alter deutschen Stamme auch aus fernen Landern vereinte, entsprach 
dem heiBen Wunsche aller Deutschen, aus der inneren Zerrissenheit zur Einheit 
zu gelangen. Der Grundton der Sebnsucbt eines ganzen Volkes erklingt in alien 
diesen von hohem vaterlandischen Sinn getragencn Gesangen. Auch damals war 
es neben den anderen beruhmten Liedern die ,Wacht am Rhcin', deren Kliinge 
der Begeisterung der Zehntausende fur das groBe nationale Ziel Ausdruck gaben." 

OSTPREUSSISCHE ZEITUNG (Konigsberg), 2. Juli 1915. — „Das deutsche Lied 
unser Kriegsverbundeter." Was Bismarck mit seinem Wort vom ^deutschen Lied 
als Kriegsverbundetem fur die Zukunft" gesagt hat, „ist jetzt eingetreten: das deutsche 



232 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 

Lied ist in der Tat auch in diescm Kriege unser machtiger Verbundeter. Unwigbar, 
uncrmeDIich groQ ist die Macbt des deutschen Vaterlandssanges, der EinfluQ, die 
StoBkraft des deutschen Kriegsliedes. Wieviel Begeisterung, wieviel Kampfeslust 
und Todesmut, wieviel Siegeszuversicht haben die ,Wacht am Rhein', ,Deutschland, 
Deutschland fiber alles' und ,Heil dir im Siegerkranz' ausgelost! So alt die Weise 
dieser Gesange, so neu, so frisch ist doch immer wieder ihre Wirkung. Sie ver- 
altet nicbt. In den Weisen dieser deutschen Lieder schwingen alle Regungen der 
Seele mit, beben und stahlen sich die Krafte des Willens, fur das Vaterland zu 
kampfen, zu siegen, zu sterben. ,Singend stiirmten', so wurde amtlich berichtet, 
,junge deutsche Regimenter bei Langemarck'. Das ,Deutscbland, Deutschland uber 
alles' auf den Lippen, ging die Jungmannschaft in Belgien siegesgewiB in den Tod. 
Auf dem Marsche singen die deutschen Krieger, im Lager, beim Gebet. Wenn 
das Kriegsschiff in die Tiefe sinkt, stimmen die Mannschaften auf ihm, den Tod 
im Angesicht, das Flaggenlied an. Dieser Gesang des deutschen Kriegers ist ganz 
und gar deutsche Eigenart. Es bekundet ein Zwiefaches, was urdeutsches Wesen 
ist: das* weiche, empflndsame, empfangliche Herz und zugleich den eisernen, 
starken Kampfeswillen, beides untrennbar miteinander verscbmolzen. Menschen- 
alter hindurcb sind diese Vaterlandsgesange und Kriegslieder gesungen worden, 
obne daft sie zur Tat begeistert, die Tat ausgelost haben. Aber bewirkt hat das 
deutsche Lied die langen Friedenszeiten hindurch, daft es im deutschen Volke 
fort und fort die Krafte des zur Tat begeisternden Willens aufgespeicbert und von 
Geschlecht zu Geschlecht lebendig erbalten hat, also dall diese Krafte jeden 
Augenblick wirksam und damit im Kriegsfalle das deutsche Lied, wie Bismarck 
gesagt hat, unser Kriegsvcrbundeter werden konnte. Das deutsche Lied hat unsere 
Krieger auf diesen Krieg seelisch und sittlich vorbereiten und rusten helfen . . ." 

DER TAG (Berlin), Juli 1915. — „Reinigung.« Von Carl Krebs. «... Am Anfang 
dieses ungebeuren Krieges hatte ich grofie Hoffnung auf eine Wiedergeburt des 
deutschen Geistes; jetzt tauchen allmahlich qualende Zweifel in mir auf, ob nicbt 
nach FriedensschluQ Ahnliches sich begeben wird wie nach dem Krieg von 1870, 
wo die besiegten Franzosen als Beherrscher unserer Buhnen mit billigen Mitteln 
Vergeltung ubten. Der Laschen und Lauen und geistig Bequemen sind gar zu 
viele, und scblimmer als sie noch sind die ewig Ahnungslosen, die Schwarmer 
von Volkerverbruderung und internationaler Liebedienerei ..." „. . . Wir kommen 
mit den uns vollig wesensfremden Volkerschaften, die uns jetzt bedrangen, niemals 
zu einem gedeiblichen Ende, wenn wir uns nicbt angewohnen, sie ebenso grundlich 
zu verachten, wie sie uns hassen. Wir mussen aufhoren, die Franzosen als eine 
Anhaufung von Einzelwesen zu betracbten, von denen wir einige lieben konnen 
und andere mit gutiger Gleicbgultigkeit ablebnen. Die Franzosen mussen als 
Gesamterscheinung, als Volk in unsere Vorstellung eingehen und mussen so die 
Behandlung erfahren, die sie verdienen. Naturlich konnen wir nicbt Vergeltung 
uben in ihrem Sinn; wir konnen niemals zu der Stufe sittlicher Verwahrlosung 
hinabsteigen, die sie uns gegeniiber beweisen, aber wir konnen sie sich selbst 
uberlassen. Nur durch vollige Nichtbeachtung dieser entarteten Narren werden 
wir es dahin bringen, dall sie uns beachten und schlielSIich, soweit das bei ihrer 
krankhaft gesteigerten Eitelkeit moglich ist, auch achten lernen. Also: Deutschland, 
werde hart! Deutschland, werde stolz! Das ist der einzige Weg zu der heiQ er- 
sehnten innerlichen Reinigung." 

VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 4. und 11. Juli, 1915. — (4. VII.) B Turken-Opern." 
Von Edgar Istel. „Dte Turken, unsere Verbflndeten in diesem Kriege, doch 
vor Jahrhunderten grimmige Feinde, waren, sowie ihre Einfalle gegen Mittel- 



REVUE DER REVUEEN 233 

europa aufgehort batten, bald scbon auch auf dcrn Theater bei uns zu einer be- 
liebten Nation geworden. Deutscbland darf sich ruhmen, das alteste europaische 
Theaterstuck, in dem ein Turke auftritt, zu besitzen. Im Jahre 1450 bereits liefl 
Johann Rosenblut (Pseudonym fur Hans Schnepperer) ,sechs kliglicbe Fastnachts- 
spiele' erscbeinen, deren eines sich ,Der Turke' betitelt. Darin erscbeint der 
Sultan, urn mit den Christen Frieden zu machen, aber ein Abgesandter des Papstes 
kanzelt ibn wegen seiner Religion tucbtig ab. Erst bedeutend spater kam man zu 
einer hoheren Auffassung vom Islam, denn auch noch die erste deutsche Turken- 
oper, Reinbard Reisers ,Muhamed II.' (1696), deren Musik verloren ging, war auf 
einen derart erbirmlichen Text geschrieben, daQ sie noch nicht im entferntesten 
an Werke der spSteren Zeit . . . denken lafit." Verfasser bespricht dann kurz 
Turkenopern von Hasse, A. Scarlatti, L. Leo, Handel, Jomelli, Cluck, Mozart, Weber, 
Meyerbeer, Lortzing und Cornelius. — (11. VII.) „Verirrte Geigen." Von Julius 
Levin. „. . . Die Abenteuer mancher Instrumente hatten die Phantasie gewisser 
Leute nicht ruhen lassen ... So wird bericbtet, daB Paginini ,seine' Geige den 
Eltern eines Kindes abgekauft hat, das in dem Korpus des Instrumentes Sand fuhr. 
Der Meister babe sogleich die Bedeutung des Instrumentes erkannt, den Wagen 
halten lassen usw. Jedermann kann sich die Geschichte nach Belieben erganzen. 
Ibr Ende wird darum nicbt falscher sein, als es ihr Anfang ist. Tatsachlich ging 
die Sacbe viel weniger spannend vor sich. ,Die' Geige Paganinis von der man 
spricbt, weil sie, unter den vielen aus seinem Besitze, ihm, seitdem er sie bekam, 
ausschlieQlich als Konzertinstrument diente, ist ihm in Livorno von einem fran- 
zosischen Kaufmann, namens Lioron, zunachst fur die Dauer eines Konzerts, ge- 
liehen worden, da der Meister die seinige verloren hatte. (Nebenbei bemerkt: 
wohin kann sich wohl das damals verlorene Instrument verirrt baben?) Herr 
Lioron machte Paganini nach dem Konzerte die Geige zum Geschenke, da er 
selbst sich fur unwurdig erachtete, sich ihrer jetzt noch zu bedienen." Dieses 
Instrument, das, „wie wir seben werden, im ubertragenen Sinne, zu den sehr 
verirrten gehort . . ." hat Paganini „seiner Vaterstadt Genua letztwillig vermacht, 
in deren Rathaus es sich im wabren Wortessinne verirrt hat. Als ich es 
sah, bewunderte ich nicht nur seine Schonheit, sondern auch die jeder Sach- 
kenntnis bare Art, wie es von seinen nunmehrigen Besitzern behandelt wurde. 
Sie hatten es zu meiner Zeit in einem Glasschranke, in dem, nebenbei bemerkt, 
auch die Geige Sivoris, eines Schulers Paganinis, aufbewahrt wird, unter eine Glas- 
glocke gestellt, die versiegelt war, wo nur fur ein Siegel sich Platz fand. So, schdn 
abgeschlossen von alter Luft, sollte sie nicht nur vor diebiscben Handen, sondern 
auch vor der Verderbnis sicher sein. Vor Diebstahl konnte man sie so bewahren. 
Wenn man aber es darauf anlegen wollte, das kostbare Stuck sicberem Untergange 
zu weihen, so hitte man nicht unsacbgemaller verfabren konnen, als es seitens 
der Genueser Stadtverwaltung geschehen ist. Sie scheint zu glauben, dad Holz, 
wenn es einmal verarbeitet ist, ein toter, keines StofTwechsels fibiger oder auch 
bedurftiger Korper ist. Die Geigenmacher wuBten das Gegenteil so genau, da(J sie 
die Instrumente zwar von auQen her durch Lack gegen SchweiB und Schmutz 
soweit sicher stellten wie moglich, sie aber innen bloQ lieQen, eben damit das 
Holz stets in Beruhrung mit der Luft bliebe und seinem Respirationsbedurfnisse 
— um nichts anderes handelt es sich — genugen konnte . . ." „So ist denn 
in der Tat Paganini's Geige unter die verirrten zu zihlen, wenn auch niemand sie 
jemals gestohlen hat. Verirrt ist jedes Ding, das sich in unrechten und vor allem 
in IgnorantenhSnden beflndet." Willy Renz 



BESPRECHUNGEN 



BUCHER 

329. Hugo Lobmann: Uber Glockentone. 
ZugleichRatschlageffirdenGlocken- 
kauf. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig 
1915. (Mk. 1.— .) 
Die unter Vermeidung rein theoretischen 
Ballastes gemeinverstandlich verfadte kleine 
Schrift ist wohlgeeignet, die Auftraggeber fiber 
die wesentlichsten Gesichtspunktc beratend auf- 
zuklaren, die bei Anschaffung von Glocken zu 
beacbten sind. Es wird darin vor allem dar- 
gelegt, welcbe klanglichen Anforderungen an die 
Einzelglocken eines musikalisch wirklich wert- 
vollen Gelautes gestellt werden miissen, ins- 
besondere betrifft dies die vom Verfasser kurz 
und treffend mit „Terzenreinheit" bezeich- 
nete Art der Abstimmung der Schlag- und Bei- 
tone, auf deren Bedeutung vielfach von Glocken- 
giefiern wie prufenden SachverstSndigen nicht 
der notige Nachdruck gelegt wird. Erortert 
werden nach Erklarung der Einzelklangbestand- 
teile einer Glocke die musikalisch-akustischen 
Eigentumlichkeiten der sog. harmonischen Dur- 
oder Moll-, sowie der melodischen Gelaute, 
welcb letztere in neuerer Zeit oft vorgezogen 
werden. Es folgen allgemeine Winke, durch ge- 
eignete Wahl der GroBe der Glocken die daffir 
ausgesetzten Geldmittel am vorteilhaftesten an- 
zulegen unter Riicksicht auf die in Frage 
kommenden ortlichen und baulichen Verhalt- 
nisse. Verfasser tritt dafur ein, bei festgesetztem 
Gesamtgewicht des Gelautes lieber weniger und 
dafur schwerere Glocken anzuschaffen, welche 
klanglich edler und wirkungsvoller ausfallen als 
dunnwandige. Auf Grund vielfacher Erfahrung 
bait Verfasser die seit alters ubliche, sog. labile 
Aufhangungsart der Glocken fur am besten, 
rat auch von elektriscben Liutewerken ab, die 
nach seiner Ansicht leicht ein unedles Drohnen 
erzeugen, auch eine vorzeitige Abnutzung ver- 
ursachen. — Die vom Verfasser geforderte 
„Terzenreinheit" findet in den Ergebnissen experi- 
menteller Forschungen von Biehle ihre Be- 
statigung. Zur Veranschaulichung dienen ein- 
zelne Notenbeispiele. 

Dr. Ernst Schnorr v. Carolsfeld 
330.Johannes Merkel: Aufgaben zur Ubung 
im Harmonisieren. Verlag: Breitkopf 
& Hartel, Leipzig 1915. (Mk. 1.— .) 
Im AnschluB an sein kurzgefafltes Lehrbuch 
der Harmonik bietet der Leipziger Theorielehrer 
eine Sammlung von Aufgaben alter Art, die in 
enger, weiter oder gemischter Lage zu arbeiten 
sind und sicher den fleiBigen Schiiler ein gutes 
Stiick vorwartsbringen konnen, zumal sie 
musikaliscber Natur sind. Ziim Schlusse bietet 
Merkel eine reiche Auswahl von bezifferten 
Choralen auch im figurierten Stil von Joh. Seb. 
Bach und eine Anzahl Volkslieder, bei denen 
nur die Melodie gegeben ist. Ein vorangehendes 
Musterbeispiel — von Merkel sonderbarerweise 
„Modell" genannt — gibt dem Lernenden die 
notigen Fingerzeige, wie diese Melodieen zu 
setzen sind. Merkel betont im Vorwort aus- 
driicklich, dad er ein Anhanger des Stufen- 
systems ist. So kann es also auch nicht wunder- 
nehmen, wenn er versucht, wider den genialen 
Reform"'"' - ri*r Harmnnielehre Hiitro Riemann 



zu Felde zu Ziehen, indem er an dessen Ein- 
beitsgedanken der SchluBkadenz auf S D T oder 
IV V I zu riitteln sucht. Ein zweckloses Unter- 
fangen; denn Riemann gewinnt mehr und mehr 
Anhanger, und in nicht zu ferner Zeit durften 
die Herren der „konservativen" Richtung aus- 
gestorben sein. Auch Johannes Merkel vermag 
keine stichhaltigen Beweise gegen Riemanns 
Lehre vorzubringen. Wenn wir in der Harmonie- 
lehre den Satz aufstellen, daft der Baft mit Vor- 
liebe den Grundton wahlt und in der genannten 
Kadenz in etwa 80 von 100 Fallen die Prim im 
Basse erscheint, so erblicken wir ebendarin 
eine Bestatigung der Regel und freuen uns, daft 
der alte Rameau auf den guten Einfall von der 
„sixte ajoutee" gekommen ist. Weshalb das 
System eigensinnig selbst durchlochern wollen? 
Auch den sogenannten „dominierenden Quart- 
sext-Akkord" will Merkel nicht als Dominante 
mit Quarten- und Sexten-Vorhalt anerkennen! 
Das ist ein Kampf gegen Windmfihlenflfigel. 
Fast alle Harmonielehren von Bedeutung weisen 
ihm seinen Rang als Vorhaltsakkord an. Da- 
gegen freue ich mich aufrichtig, daft Merkel 
fiber den durchgehenden Quartsext-Akkord der 
Dominante sagt, er werde besser durch den 
Sextakkord der siebenten Stufe, d. b. den Sext- 
akkord des Dominantsept-Fragmentes, ersetzt. 
Tatsachlich macht Bach in seinen Choralen 
davon aufierst sparsamen Gebrauch. Zum Kampf 
gegen Riemanns Dualismus mochte ich noch 
sagen, daft man garwohl ein AnhSnger Riemanns 
sein kann, ohne mit ihm durch dick und dfinn 
zu gehen. Aus rein praktischen Grunden ver- 
weigern Schreyer und Rogly hierin Riemann die 
Gefolgschaft, sonst sind sie aber „Riemannianer a 
durch und durch. 

331. Wilhclm Klatte: Aufgaben fur den 
einfachen Kontrapunkt. Musikverlag 
„Eos", Berlin. 

Die Aufgabensammlung bringt gewissermafien 
einen KompromiB zwischen Kontrapunktstudien 
alteren Datums, wie sie Ricbter, Jadassohn und 
andere dem Scbuler boten, und den Arbeiten im 
neuen Fahrwasser, die, ungleich interessanter, 
den Lernenden entschieden mehr fordern miissen 
und werden, als das friiher moglich war. Wer 
diese Aufgaben bewaltigt hat, wird an die Ratsel 
des doppelten und mehrfachen Kontrapunktes 
ohne grofte Beschwerden herantreten konnen. 
Das Heft durfte sich als Erganzung anderer 
Lehrbiicher erfolgreich verwenden lassen und 
ist warm zu empfehlen. Martin Frey 

332. Eugen Sctimitz: Orlando di Lasso. 
Verlag: Breitkopf & Hiirtel, Leipzig. 

Verfasser laftt seiner gunstig aufgenommenen 
Palestrina-Biographie mit diesem Werkchen in 
dankenswerter Weise eine solche des beruhmten 
Komponisten der w Buftpsalmen a folgen. An 
Hand der bekannten Quellen gibt Schmitz eine 
fast luckenlose Schilderung dieses fur die Musik- 
geschichte so bedeutsamen Kfinstlerlebens. Er 
betrachtet ihn als Kirchenkomponisten und als 
Profankomponisten. Beide schatzt er mit Recht 
gleich hoch ein und laBt Lasso in jeder Hin- 
sicht eine gerechte Wurdigung zuteil werden. 

Was durch das „Aufblfihen der musikhistori- 
schen Forschung des 18. Jahrhunderts und vor 
allem die mit dem 19. lahrhnndert einsetzende 



KRITIK (MUSIKALIEN) 



235 



Restauration der katholischen Kirchenmusik" 
errcicht wurde, was Manner wie Karl Proske, 
Thibaut („Uber Reinheit der Tonkunst") 
u. a. m. begonnen baben, das sollten wir und 
spatere Generationen nacbbolen; wir sollten 
Lasso die Stelle in der Musikhistorik nicht 
allein, nein, auch im praktiscben, speziell im 
liturgischen Musikschatze einriumen, die 
seinem Genius zukommt. Auch er gehort zu 
den Quellen lauterster Kunst, an denen unsere 
vielfacb extreme, ja perverse Musik gesunden 
mufl, urn nicht ganz dem Verfall preisgegeben 
zu sein. Und — mich deucht — hierzu ist eine 
erhohte allgemeine Religiositat vonnoten, die 
dem Menschenvolke wiederum das zu geben 
verm5chte, was ihm fehlt, — die Innerlich- 
keit. Obne die es keine echte Kunst gibt. 
Hoffen wir auch in dieser Hinsicht auf die un- 
bedingt vielfachen gunstigen Einflusse dieses 
furcbtbar-gewaltigen Volkerringens, das gleich 
einem Gewitter alle Schwule, alles Verderbte in 
Kunst und Weltanschauung binwegfegen wird. 
Carl Robert Blum 

MUSIKALIEN 

333. Arnold Sobering: Drei Soldaten- 
lieder fur eine Singstimme oder ein- 
stimmigen Chor mit Klavier. Verlag: 
C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig. (Mk.— .80.) 

Das Marschlied ist musikalisch ganz prachtig, 
voll Zuck und Schneid; scbade, daft der Text 
nicht gleichwertig genannt werden kann. Besser 
stimmen beide Bestandteile zusammen bei dem 
derbhumoristischen Liedcben „Die dicke Berta". 
Das beste der drei Lieder ist aber meiner 
Meinung nach „Der Landsturm kommt". Hier 
klingt neben dem straffen Soldatenton auch 
Gerniit mit. Alle drei Stucke sind leicht sang- 
lich und spielbar, das ganze Heftchen ragt ent- 
schieden fiber den Durcbschnitt der Kriegs- 
erzeugnisse empor. 

334. Patriotische Einblatt-Drucke. Musik- 
verlag Fritz Baselt, Frankfurt a. M. 

Die beiden mir vorliegenden Blatter No. 32 
und 33 reihen sich den vorhergehenden bei- 
fallswert an. »Ade du schone Welt" ist von 
C. M. Busch so schlicht und innig vertont 
worden, wie es das ergreifende Gedicht des 
seiner Wunde erlegenen Wilhelm Schreiber er- 
heischt. Mehr als Kunstlied ist „Botschaft" 
von J. Laepple zu bezeichnen. Hier flielJt die 
melodische Erflndung nicht so mubelos, wie man 
es angesichts des scbonen Gedichts von Franz 
Evers wunschen mochte; weniger Deklamation 
wire hier besser gewesen. Immerhin ist das Ton- 
stuck bei gutem Vortrag eines Eindrucks sicher. 

335. Reinhold Lichey: Psalm 13 ffir vier- 
stimmigen gemischten Chor a cap- 
pell a. op. 45. Verlag: K.Juterbock, Konigs- 
berg i. Pr. (Mk. 1.— .) 

Aus der tiefen Not des Russen-Einfalls heraus 
ist wohl diese Tondichtung geschaffen, ein in 
seiner Einfachheit um so eindn'nglicherer Klage- 
und Hilferuf, der am Schlusse zuversichtlicber 
Hoffnung weicht. Der erste Teil, der in d moll 
stebt und teils wild aufschreit, teils sanft bittet 
(Halbchor), hat in Erflndung und Satzweise un- 
leugbar einen Zug tiefsten Erlebens und religioser 
GroiJe. Ihr geg--" u — *■«♦— i ~ K J — ! - c ■*•- 



stehenden SchluBteil etwas weniger bebaglich 
in der Melodik gewfinscht. 

336. Reinhold Lichey: „Kriegschoral." 
Verlag: Ebenda. 

In diesem Bittgesang steckt nicht nur knappe 
und leichtfaBliche Erflndung, sondern auch Kraft 
und gliubiger Mut, so daB die Wirkung bei all- 
gemeinem Gesang stark und erhebend sein mu(5, 
zumal da der Stil des protestantischen Kirchen- 
liedes mit Sicherheit getroffen ist. 

337. Fr. W. Trautner: „Die Toten." (In 
memoriam.) Fur vierstimmigen ge- 
mischten Chor. op. 62. Verlag: Breit- 
kopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 1.—.) 

Unter teilweiser Benutzung des Chorals 
„HerrGott, nun schlieB den Himmel auf", dessen 
Melodie allenthalben durchklingt, hat der Ver- 
fasser ein Tonstuck von weihevoller Schonheit 
und edlem Wohlklang geschaffen, das sich zur 
Wiedergabe bei Gedachtnisgottesdiensten ebenso 
empfiehltwiebeivaterlSndischen Veranstaltungen. 
Trotz einfachen Tonsatzes ist das Werk senr 
wirksam geschrieben. 

338. Gustav Schreck: .Das feme Grab." 
FurAltoderMezzosopranmitKlavier. 
Verlag: Ebenda. (Mk. —.60.) 

Ein einfaches, ungekunsteltes, kurzes Stro- 
phenlied von eindringlicher Melodie und voll 
inniger, tiefer Empfindung. Im Gegensatz zu 
der schlichten Weise druckt die maCige Be- 
wegung der Begleitung aufs glucklicbste die 
sehnende Unruhe aus, die das Gedicht erfullt. 

339. Gustav Schreck: „Halt aus, mein 
Volk." Fur vierstimmigen gemischten 
Chor. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.-.) 

In kircblichem Stil, dessen Strenge nur durch 
harmonische Freiheiten belebt wird, wandelt 
dieses Chorlied dahin, anfangs ernst und mit 
mahnender Eindringlichkeit, spater nach der 
Wandlung von e-moll nach E-dur mit der un- 
erschfitterlichen Siegeszuversicht eines starken 
Glaubens. Viel Bewegung und lebendiger Aus- 
druck sowie eine unverkennbare GroBe der 
Linien verleihen dem Tonstuck seinen Wert, 
der bei der Ausfuhrung durch einen guten Chor 
erst voll erkannt werden wird. DaB der Tonsatz 
nicht schwierig ist, dfirfte der Verbreitung des 
Werkes nur forderlich sein, das vermoge seiner 
Eigenart als ernste Mahnung zum Aushalten 
jetzt ganz besonders zeitgemaft ist. 

340. Jan Sibelius: „Die Okeaniden." Ton- 
dichtung fur groBes Orchester. op. 73. 
Verlag: Ebenda. (Mk. 12.—.) 

Dem Sonne des seenreichen Finnlands er- 
schien die Aufgabe wohl lockend, den unzahligen 
Tochtern des alten Urgottes Okeanos, des Vaters 
der Strome und Quellen, ein Lied zu singen. 
Wir haben hier wieder einmal die scheinbar 
selfsame, aber innerlich wohlbegrundete Tat- 
sacbe zu verzeiebnen, daB ein in seiner Aus- 
drucksweise durchaus moderner Kunstler sich 
in die Arme der Romantik wirft, und zwar einer 
Romantik, die nicht an ein Geschehen anknupfr, 
sondern die Schilderung einer nur in der Ein- 
bildungskraftbestehendenWesensartunternimmt. 
Wir kennen den Tondichter Sibelius schon lingst 
als einen Romantiker der erstgenannten, an Ge- 
schichte und Sage sicb begeisternden Art; im 
vorliegenden Werke macht er sich von den 



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236 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



das Element des Wassers gibt seiner Phantasie 
Richtung und Grenze. Ich gestehe gern, daB 
micb die Partitur aufierordentlich gefesselt bat. 
Unter Verzicht auf groBe, breite, in sich ge- 
schlossene Themen macht der Tonsetzer den 
Versuch, seine Motive durch kunstvolle Ver- 
mischung und Weiterbildung dermaBen mitein- 
ander zu verbinden, dad eine Art „unendlicher 
Melodie" entsteht. Einheitlicb, wie das Element 
der Okeaniden, ist die Grundstimmung des 
Ganzen. Das leichte Krauseln der ruhenden 
Wellen steigert sich zum Aufsteigen und Auf- 
baumen derWogen; auch das Ineinandcrflieden 
derselben ist mit Anscbaulichkeit gemalt. Zu 
dieser, ich mochte sagen: unpersonlichen, ele- 
mentaren Bewegung stehen die kurzen, aber 
charaktervollen Motive, die vor allem in den 
Blasern auftreten, in wohlberechnetem Gegen- 
satz. Und fiber dem Ganzen liegt die Stimmung 
geheimnisvoller GroBe, die in einem starken 
Pathos des Vortrags ihre Gipfelpunkte erreicht. 
DaB der Tonsetzer von Wagners „Rheingold" und 
dem „Waldweben" nicht ganz unbeeinfluBt ge- 
blieben ist, kann ibm ebensowenig zum Vorwurf 
gereichen, wie dafi das Motiv der Floten auf 
Seite 5 an die „Traurige Weise" aus „Tristan 
und Isolde" anklingt. Im ganzen zeigt das Werk 
doch allenthalben die Zuge des auf eigenen FfiBen 
stebenden, nach besonderen Ausdrucksmoglich- 
keiten ringenden Musikers, der das Orchester 
in ibm eigentumlicherweise zu verwenden weiB. 
Die oft seltsame Mischung zarter und greller 
Farben fallt dabei in erster Linie auf. Die Ton- 
dichtung ist besonders in der Rhythmik schwierig 
und erfordert uberhaupt ein Orchester ersten 
Ranges und einen Dirigenten von Phantasie und 
starkem Klangsinn. Sind diese Voraussetzungen 
aber erfullt, so diirfte dem auch barmonisch und 
dynamisch anregenden Werke der Erfolg nicht 
fehlen. 

341. Sigfrid Karg-Elert: „Sechs Kriegs- 
lieder im Volkston" fur eine Sing- 
stimme mit Klavierbegleitung. op. 111. 
Verlag: Ebenda. 

Zu meinem Bedauern (denn ich schatze andere 
Arbeiten Karg-Elerts sehr) vermag ich dem vor- 
liegenden Heft keinen Platz fiber dem Durch- 
schnitt der Iandlaufigen Kriegslyrik anzuweisen. 
Sind die Dehmelschen Gedichte schon nicht 
volksmSBig im echten Sinne, so sind es die 
Weisen Karg-Elerts noch minder. Es steckt in 
diesem „VoIkston" so viel Absichtlichkeit, wie 
wenn ein groBer Herr einmal herablassend 
Mundart und Ausdrucksweise der Menge nach- 
ahmen will. Am besten gelungen scbeint mir 
das erste Lied n Gebet ans Volk" zu sein mit 
dem Zitat aus der Haydnschen Kaisermelodie 
in der letzten Strophe. „Lied an alle" zeigt 
deutlich, wie es mit der Volkstfimlichkeit des 
Tonsetzers steht: Oktavensprfinge der Melodie, 
dreifacher Wechsel der Taktart (darunter Ein- 
vierteltakt!!) (was auch in anderen Stucken 
vorkommt, z. B. in „Von Feld zu Feld" der 
ganz kunstmaBige Funfvierteltakt auf S. 6) sind 
nicht geeignet, die Verheiflungen des Untertitels 
zu erfullen. Der unschone, unfibersichtliche 
Notendruck sowie die Ersetzung des Violin- und 
BaBschlfissels durch die groBen Bucbstaben G 
und F sind ebenfalls mehr auffallend als volks- 
maBir '-•- 



..r.ki. a. 



T__.._*... 



j:. d- 



herzigung der berfihmten Mahnung Mercks an 
Goethe: „Solchen , . . muBt du kfinftig nicht 
mehr schreiben; das konnen die anderen auch." 

342. Heinrich Zollner: „D e u t s c h 1 a n d." 
op. 133. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.— .) 

Die von einem Arbeiter herruhrende wert- 
volle Dichtung hat Zollner in hymnenartiger 
Weise vertont, so daB weniger das lyrische als 
vielmehr das epische Element in dem Tonstuck 
vorherrscht. DaB dieses dadurch an Vortrags- 
wirkung gewinnt, ist begreiflich, obwohl es an 
FluB der Erflndung und sinngemSBerDeklamation 
hinter anderen Zollnerschen Arbeiten wesentlicb 
zurficksteht. Die Bearbeitung fur MSnnerchor 
durfte der Verbreitung des Gesanges besonders 
forderlich sein. 

343. ReinlioldLichey : Drei Lie derim Volks- 
ton ffir dreistimmigen Frauen- oder 
Kinderchor. op. 37. Verlag: K.Juterbock, 
Konigsberg i. Pr. (Mk. —.80.) 

Diese drei sangbaren und geschickt gesetzten 
Liedchen verraten die Gabe, den kindlichen Ton 
im allgemeinen glucklich zu treffen. Die Weisen 
an sich sind ohrenfallig und schlicht, und die 
dreistimmige Ausarbeitung wird aucb in den 
Fallen, wo sie dem kindlichen Ohr zunachst 
fremd klingt (z. B. die Ghromatik im drittletzten 
Takt des ersten Liedes) unter Mithilfe des Ge- 
sangslehrers den jungen Kehlen vertraut werden. 

344. „Unsere Feldgrauen." Marsch- und 
Lagerlieder ffir Gesang und Gitarre. 
Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig. 

Das handliche, MuBerlich gut ausgestattete, 
aber leider im Notendruck schwer leserliche 
Bfichlein enthalt eine lange Reihe alter und 
neuerer Lieder mit vollgrifflger Gitarren- 
begleitung, wobei Auswahl und Satzweise gleich- 
maBig zu loben sind. 

345. Deutsche Kriegs- und Soldatenlieder 
fur eiue Singstiniiue und Klavler. 
Verlag: Ebenda. 

Von dieser Sammlung liegen zwei neue 
Hefte vor, die Anspruch auf Beachtung erheben 
dfirfen. „Das Vaterland" von Karl Bleyle ist 
ein von Kraft, Entschlossenheit und begeisterter 
Hingabe erffilltes Lied, bei dem Wort und 
Weise sich in bester Weise vermahlen. Auch 
„Der sterbende Soldat" vonjohann Valentin 
Andrea trifft den Soldatenton recht glucklich. 
Aber in einem auf Volkstfimlichkeit berechneten 
Strophenlied sollte der Tonsetzer es vermeiden, 
mitten im Stuck die Taktart zu andern; denn 
dies erschwert nicht nur den Vortrag durch 
weniger Gefibte, sondern ist auch ein Beweis 
daffir, daB der Komponist nicht mit genfigendem 
FleiB den naturlichen, gleichmaBigen Rbytbmus 
des Gedichtes gesucht hat. 

346. Ernst Fischer: „Zwischen Metz und 
den Vogesen." Ffir zweistimmigen 
MSnnerchor und Klavier. Verlag: Otto 
Halbreiter, Mfinchen. (Mk. 2.—.) 

Dieses Tonstuck ragt betrichtlich fiber den 
Durchschnitt der zeitgenossischen Massenerzeug- 
nisse herror. Das dramatisch belebte Gedicbt 
Rudolf Herzogs ist in der Gesamtstimmung vom 
Tonsetzer sehr glucklich erfaBt und weist einen 
balladenahnlichen Zug auf. Auch in den Einzel- 
heiten verrat sich eine geschickte Hand, be- 
sonders erfreulicb ist es, die „faulen Basse" 
— Sehr wirksam ist 



:~*J__ ... 



BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN) 



237 



die sinngemSd durchgefuhrte Badfigur, die den 
Ritt des Erzengels kennzeichnet. Auch harmo- 
niscb birgt das Tonwerk manche Feinheir, 
z. B. den leuchtenden Eintritt von C-dur nach 
dem Aufruf des Engels. Der zweistimmige Satz 
der Singstimmen verleiht dem Klang etwas 
eigenartig Herbes, wie es der Dicbtung entspricbt. 
Die schone Arbeit durfte, zumal da sie keine 
wesentlicben Scbwierigkeiten bietet, bei lebens- 
voller Ausfuhrung einen starken Eindruck hinter- 
lassen. 

347. Fritz Weber: „Die deutsche Flagge." 
Fur einstimmigen Chor oder eine 
mittlere Singstimme mit Klavier- 
begleitung. op. 8. Verlag: Ebenda. 
(Mk. 1.— .) 

Die Begeisterung, die in der frisch erfunde- 
nen, kraftig dabinschreitenden Weise weht, macht 
den Beurteiler nacbsicbtig gegen die wenigeigen- 
personliche Art der Harmonisierung und Be- 
gleitung, deren beabsichtigte Harte an der Stelle 
„Tot lieber" gekunstelt wirkt und den volks- 
madigen Flud des Tonstiicks auf ebenso selt- 
same Art unterbricbt, wie sie den ganzen Stil 
der Einbeitlichkeit beraubt. 

348. Alois Moller-Pasing: „An den Sohn im 
Feld." Fur Mezzosopran oder Bariton 
mit Klavierbegleitung. Verlag: Ebenda. 
(Mk. 1.20.) 

Das anspruchslose, treuberzig schlichte Ge- 
dicbt ist dem Verfasser schier besser gegluckt 
als seine Vertonung, die sich keinesfalls iiber 
die Mittellinie eines achtbaren Durchscbnitts 
erbebt. Dad der Verfasser die Begabung besitzt, 
sich von der sonst durchweg in dem Liede zu 
flndenden leierigen Gleichformigkeit loszu- 
machen, beweist die gut und anschaulich dekla- 
mierte Stelle „Von unseren Herzen nahmst ein 
Stuck du mit hinaus, o bring's zuruck." 

349. Hermann Meilbeck: „Deutschland sei 
wach." For vierstimmigen Manner- 
chor. Verlag: Ebenda. (Part. Mk. —.80.) 

Frische, ohrenfallige Erflndung, wirksam ge- 
steigerter Aufbau, naturliche Kraft des Aus- 
drucks und eine Satzweise, die, ohne schwer zu 
sein, doch ihres Eindrucks sicher sein darf, — 
das sind die Vorzuge dieses Tonstuckes, das 
im selben Verlag auch in einer Bearbeitung fur 
dreistimmigen Kinderchor mit Klavierbegleitung 
erschienen ist. Ich gtaube aber, dad die Aus- 
fuhrung durch Mannerstimmen dem Wesen des 
Gedichtes wie der Weise besser entspricbt. 

350. Anton Schiegg: „Ein Gebet im Kriegs- 
jahr." Fur vierstimmigen gemisch- 
ten Chor. op. 12. Verlag: Ebenda. (Part. 
Mk. —.60.) 

Man sollte, den Gesetzen asthetischer Logik 
entsprechend, ein Gedicht, das den Gefiilils- 
ausdruck einer Einzelperson darstellt, nicbt Fur 
einen Chor komponieren. Nach meinem Em- 
pflnden ergibt sich in solchen Fallen stets ein 
Zwiespalt zwischen der in der Ich-Form ver- 
faQten Dicbtung und der vielkopfigen Scbar der 
Ausfuhrenden. Abgesehen von diesem grund- 
satzlichen Einwand, dessen Beherzigung ich 
unseren oft recht wahllos zugreifenden Ton- 
setzern dringend ans Herz legen mochte, ver- 
dient das vorliegende Tonstuck Anerkennung, 
well es mit ansprecbender Weise klangvollen, 

niCbt SChwierige n Tnn«flt7 vprhinHAt 



351. Beliebte Soldatenlieder far Manner- 
chor. Verlag: Ebenda. (Part, je Mk. —.60.) 

Sechs bekannte und vielgesungene Lieder 
(„0 Deutscbland hoch in Ehren", „Drei Lilien", 
„Ich hatt' einen Kameraden", „Der Musketier", 
„Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren" 
und „Wenn wir marschieren") liegen hier in 
einer Bearbeitung vor, die keinerlei Anforde- 
rungen an die Einzelstimmen und an die Chor- 
technik stellt, aber doch die Mittel eines Manner- 
chors so gut ausnutzt, daft man die geschickte 
Hand eines Kundigen allentbalben spurt. Mittlere 
und kleine Vereine, die ja jetzt ihrer besten 
jungen Sanger oft beraubt und deshalb gezwungen 
sind, in der Pflege schlichten, volksmaCigen und 
zeitgemaden Gesanges ihre Hauptaufgabe zu 
erblicken, werden diese Veroffentlichung be- 
sonders willkommen heitien. 

352. Alois Moller-Pasing: n Kriegs-Gebet". 
Verlag: Ebenda. (Mk. 1.80.) 

Ein bymnenartiges, fur eine Baflstimme 
sicherlich sehr wirksames Tonstuck, das wohl 
noch besser gelungen ware, wenn in der Be- 
gleitung weniger oft das Tremolo und die ent- 
sprechende Triole verwendet wiirde. Dad der 
Aufblick des Betenden zum Sternenzelt ebenfalls 
in Triolen geschildert wird (und zwar sowohl 
von der Singstimme wie vom Klavier) erscheint 
mir besonders befremdlich. 

353. Hans May: „Hindenburg, der Russen- 
schreck." Marsch und Lied. Verlag: 
Ebenda. (Mk. 1.20.) 

Kunstlerisch ist diese Veroffentlichung nicbt 
zu bewerten. Wie die Reime, so sind auch die 
Tone nur auf das breiteste Publikum berechnet, 
das fur leichte Ware empfanglich ist. 

354. Markus Koch: „Sei stille, me in Kind." 
Ein Kriegslied fur dreistimmigen 
Frauenchor und Klavierbegleitung. 
Verlag: Ebenda. (Klavierauszug Mk. 2.—.) 

Ein Tonstuck, das man mit gutem Gewissen 
empfehlen darf, da es sich durch schone Er- 
flndung, wohlerwogenen Aufbau und geschickten 
Gesangssatz vor vielen anderen auszeichnet. Im 
Klaviersatz macht es sich der Verfasser mit- 
unter etwas bequem, indem er zu einem Tremolo 
der rechten Hand lediglich ein Oktaventhema 
in der Hnken bringt, was man um des guten 
musikalischen Eindrucks willen doch nur in 
Ausnahmefallen und bei bestimmter kunstle- 
rischer Absicht, nicht aber als Manier gutheiden 
kann. 

355. H. Kluin: Lutticher Lied. Fur eine 
Singstimme mit Klavierbegleitung. 
Verlag: Ebenda. (Mk. —.80.) 

Die Wahl des Gedichtes, das von Plattheiten 
und Geschmacklosigkeiten wimmelt, obwohl der 
Versemacher sie vielleicht geradezu fur Kenn- 
zeichen volkstumlichen Humors halt, zeugt nicht 
von einer glucklichen Hand. Die Vertonung 
gibt sich als ein sehr harmloser, aber nicht ubel 
klingender Marsch, dem Flottheit nicht abzu- 
sprechen ist. 

356. Gustav Jaeger: „Und die Liebe zieht 
mit." Fur eine Sopranstimme mit 
Klavierbegleitung. Verlag: Ebenda. 
(Mk. 1.—.) 

Dieses glucklich erfundene und innig emp- 
fundene Lied, dessen gute Deklamation nur durch 

Hi* falcr»h#» mAtricph* R»tvArturtiv Hac WorteS 



238 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



„Seele a (die letzte Silbe ist stets als Lange be- 
handelt) beeintrachtigt wird, ist ein lebendiges 
Beispiel fur die von mir bei Durchsicht der 
Kriegslyrik schon oft gemacbte Beobachtung, 
dafl die in alien Seelen bebende Erregung sich 
oft in nicht ganz berechtigter Weise SuBert. Wie 
bei vielen anderen Kriegsliedern spielt auch bier 
die Triole eine sehr groBe Rolle, und sie er- 
scheint, vor allem in der Begleitung, auch da, 
wo das Gedicbt eine ruhigere Bewegung erfordern 
wurde, wie denn uberhaupt der musikalische 
Teil des vorliegenden Liedes eine groBere Un- 
ruhe zeigt, als sie nach dem Gedicbt berechtigt 
zu sein scbeint. 

357. Theodor Huber-Anderach: „Das Lied 
vom Hindenburg." Fur eine Sing- 
stimme und Klavier. Verlag: Ebenda. 
(Mk. 1.— .) 

Eine ansprechende Marschweise, kunstlos 
gesetzt, aber kraftig und nicht ohne Humor. 
Man wird das Lied gern singen und gem horen, 
zumal da es auch von einem Chor gesungen 
werden kann, fur den der Verfasser einige be- 
lebende Wendungen eingefugt hat. 

358. Otto Breve: „Des Konigs Artollerey", 
„Soldatenabschied". Verlag: Ebenda. 

Das erste dieser als Einzelhefte erschienenen 
Lieder ist gewiB sangbar, ohrenfallig und volks- 
mfiBig, aber man vermilit gerade das Wuchtige, 
Gewaltige, das der Artillerie des Weltkriegs als 
kennzeichnendes Merkmal dient. In der Zeit 
der 42cm-Brummer und der Skodamorser sowie 
der bisher unerhorten Geschutzkampfe erscheint 
dieses Liedchen ein wenig zu zahm, zumal da 
der Text trotz des altertumlichen Wortes 
„Artollerey a ganz auf die Gegenwart zugeschnitten 
ist. Im zweiten Lied „Soldatenabschied" trifft 
der Tonsetzer auBerordentlich gliicklich die volks- 
liedartige Stimmung, gemischt aus Ernst, Be- 
geisterung und ein wenig Empflndsamkeit. 

359. Patriotische Einblattdrucke. Musik- 
verlag Fritz Baselt, Frankfurt a. M. (No. 32 
und 33.) 

„Ade du schone Welt" von C. M. Busch 
entspricht in der Vertonung nicht ganz dem 
schlicbten, wie ein Naturlaut wirkenden Gedicht, 
obwohl die Periode vor der ersten Fermate wohl 
absichtlich ein bekanntes Soldatenlied anklingen 
lafit. Die Weise ist nicht innig, nicht tief genug. 
Dagegen trifft „Botschaft" von J. Laepple ganz 
vortrefflich die Stimmung des Gedichts und die 
hier erforderliche Mischung von lyrischen und 
balladentaaften Elementen; nur wiirden einige 
kurze Zwischenakkorde zwischen den einzelnen 
Strophen und ein den Ausklang der Stimmung 
bringendes Nachspiel die Wirkung wesentlich 
verstarken und dem Sanger wie dem Horer 
Gelegenheit zum Aufatmen geben. 

360. Hermann Spauimth: „Zwei patrio- 
tische Lieder." Verlag: Bruno Vogler, 
Leipzig. (Mk. 1. — .) 

Zwei Gesinge, die ganz einfach gehalten 
sind, aber just durch diese Kunstlosigkeit ein- 
dringlich und volksmaBig wirken. Besonders 
„Der Reitersmann" ist ein Kabinettstiick und 
wird gern gesungen werden. 
361. James Simon: „VierK riegslieder 1914." 

Fur eine mittlereStimme und Klavier. 

Verlag: „Harmonie", Berlin. (Mk. 2.50.) 



Diese vier Gesange haben etwas, was man 
nicht oft bei den Erzeugnissen der Kriegszeit 
flndet: einen eigenen Stil. Zwar flielit die Er- 
flndung dem Tonsetzer nicht muhelos, sondern 
seine Melodik wird oft zum Psalmodieren, aber 
die darin liegende Feierlichkeit und Inner- 
lichkeit, verbunden mit einer gewissen Herbheit 
des Ausdrucks nimmt immer gefangen. „Kriegs- 
spruch" verbindet sinnenden, schweren Ernst 
mit Kraft und Zuversicht; „Vor der Schlacht" 
mutet durch die Mischung von Choralklangen 
und Kampfgeton erst seltsam an, offenbart aber bei 
naherer Bekanntschaft viele Einzelschonheiten. 
„Nehmt den Spaten" mochte ich als das ge- 
Iungenste, in Anlage und Ausfuhrung ein- 
heitlichste der Stiicke bezeichnen, wahrend 
„Es kam wohl ein Franzos daher" schon ein 
wenig zum „Reifler" hinneigt. Jedenfalls ver- 
dienen die Lieder voile Beachtung, und darum 
ist der altvaterische, schwer leserliche Notendruck 
besonders zu bedauern. 

362. Deutsche Lieder aus groBer Zeit. 
Verlag: Chr. Friedrich Vieweg, G. m. b. H., 
Berlin-Lichterfelde. (PreisderNo. Mk.— .50.) 

Von dieser Sammlung liegen wieder eine 
Anzahl der gut ausgestatteten Nummern vor. 
Sind sie auch nicht alle gleichwertig, so kann 
doch gesagt werden, daft nicbts Schlechtes 
darunter ist, und das ist bei einer Sammlung, 
die schon bis zur No. 37 vorgeschritten ist, 
kein kleines Lob. Das flotte, frische „Fliegerlied" 
von Karl Zuschneid sei nach Verdienst 
hervorgehoben, ebenso G. Walter Scharwen kas 
„Jungmannscbaftslied a , das einen musikalischen 
Volltreffer darstellt. Auch w O du deutsches 
Land und du Osterreich" von Bogumil Zepler 
tragt alle Eigenschaften einer Volkstumlichkeit 
im besten Sinne in sich. Feierliche Tone schlagt 
Joseph Haas in seinem „Viktoria" an, wobei 
allerdings die Klavierstimme etwas zu konzert- 
maBig behandelt zu sein scheint. Ein Tonstuck 
grofieren Umfanges, das bisweilen zum Ton- 
gemSlde wird, stammt von Johann Harder 
und heiBt „Die Jungen". Man wird es nicht 
ohne Bewegung und Begeisterung singen und 
horen. Bekannte Weisen und Signale sind 
aufs glucklichste eingewebt. „Michel" von 
H. Grabner leidet an mangelnder Einheit- 
lichkeit infolge des unablassigen Wechsels 
der Taktart. Desselben Tonsetzers „AIlerseelen" 
dagegen ist ein vortreffliches Tonstuck, das 
durch seine schone Instrumentaleinleitung ebenso 
bemerkenswert wird wie durch die wirksam 
herausgearbeiteten Gegensatze. 

363. Henri Vieuxtemps: „Traumerei a fur 
Violine und Klavier. Violinstimme be- 
zeichnet von Issay Bar mas. Verlag: 
Wilhelm Hansen, Kopenhagen und Leipzig. 

DaB irgendwelches Bediirfnis vorlag, den 
allbekannten und abgespielten Schmachtlappen 
aller „siifien" Geiger in einer neuen Ausgabe 
auf den Markt zu bringen, vermag ich nicht an- 
zuerkennen. Unsere deutschen Geiger wenigstens 
werden sich in Zukunft genotigt sehen, Besseres 
zu spielen. In dem vom Bearbeiter eingezeich- 
neten Flngersatz der Geigenstimme flnde ich 
kaum eine wesentliche Verbesserung oder Ver- 
einfachung. f> A> GejBIer 



KRITIK 



OPER 

BASEL: Durcta Einberufung zum Kriegsdienste 
und andere Umstande wurde das Personal 
unserer Oper dermaBen dezimiert, daB es dcr 
ganzen personlichcn und kunstlerischen Energie 
Gottfried Beckers bedurfte, einem volligen Zu- 
sammenbruch des Instituts vorzubeugen. Unter 
Mitwirkung begabter einheimischer Krafte, von 
denen der BaBbuffo Peter Hegar mit hohem 
Lobe erwahnt sei, und durch Gastspiele gelang 
es immerhin, eine Reihe kunstlerisch annehm- 
barerOpern- und Operettenvorstellungen heraus- 
zubringen, so daB dem in Anbetracht der Zeitver- 
baitnisse ungemein regen Interesse des theater- 
freundlichen Basel wenigstens einigermaBen 
Genuge getan wurde. Fur die nachste Saison 
wire der Theaterkommission, nach dem glan- 
zenden Vorbilde Zurichs, etwas mehr Wagemut 
und Initiative dringend zu wunschen. 

Gebhard Reiner 

BERLIN: DieOperette fuhltsich im Deutschen 
Opernhause nicht glucklich. Diese Halle 
mag der sittlich gericbteten Kunst eine Heim- 
statte gewibren; sie mag in ernsten Dingen 
gelegentlich etwas wie Stimmung dulden, das 
Lachen aber, das sicb durch Echo fortpflanzt 
und steigert, gedeiht hier nicht. Nur das scharf 
akzentuierte, bedachtig gesprochene Wort findet 
den Weg zum Zuhdrer; in diesem Tempo 
aber hat es am Ziel die Schlagkraft bereits ein- 
gebfiBt. Das ist einer von den Grunden gegen 
die Operette in Charlottenburg. Ein anderer 
allgemeiner ist der Mangel an Anlage und Ge- 
wohnung fur dieses Fach bei fast alien Mit- 
gliedern der Biihne. Folgen sind eine auf 
Flaschen gezogene Lustigkeit, ein mudes, stocken- 
des Nebeneinanderherlaufen von Szenen, die 
durch Brio gebunden werden mfiflten. Aber es 
handelte sich darum, iiber die Sommermonate 
titig hinwegzukommen, und das ist gelungen. 
Messen wir also diese Buhnenereignisse nicht an 
der klassischen Operette. Millockers „Bettel- 
student" hat langstden Edelrost des Klassischen 
angesetzt. Ob er in der geheiligten Tradition 
seliger und erfolgreicher wird als in der Form, 
die ibm der eigenwillige Ignatz Waghalter gab, 
ist zweifelhaft. Reden wir uns nicht ein, daB 
eine Wiedergeburt dieser historischen Gattung 
fur die Dauer moglich ist. Auch die Operette 
hat einen Schritt weiter-, nicht nur zuriickgetan. 
Der liebenswiirdige Millocker kann den guten, 
alten Geist nicht beschworen; das konnen hoch- 
stens StrauB und Offenbach. In dieser Auf- 
fuhrung des B Bettelstudenten" brachten Eduard 
Kandl als Ollendorff und Joseph Plaut als 
Enterich die Heiterkeit, die sich sonst nicht 
einstellte. Damit ware dem Ereignis Genuge 
getan. Kluger war es scbon, auf Offenbach 
zuruckzugreifen. Nicht auf den der Operette, 
sondern auf den anderen, in dem der Ehrgeiz 
brannte, vor dem prufenden Auge der Ge- 
schichte als Meister zu bestehen: den Kompo- 
nisten von .Hoffmanns Erzablungen". Wie 
zfindend Ieitete einst das Werk die Ara Gregor 
ein! Es war einer der groBen Augenblicke 
in der Berliner Operngeschichte. Es machte 
den stSrkstcn Berliner Erfolg des klassischen 
Offenbach. Mit solcben Gedanken durfen wir 



uns in Charlottenburg nicht belasten. Hier 
fehlt das kiinstlerische Weltburgertum, das ja 
jetzt bis auf weiteres zum Schweigen verurteilt 
ist. Offenbach wird ins Urdeutsche ubertragen. 
Ist das mit Erfolg moglich? Ganz unmoglich 
jedenfalls nicht. Denn ^Hoffmanns Erzahlungen" 
bilden eine Dreieinigkeit, die im dritten Akt in 
die ernste Oper miindet. Hier, wo ebrsame 
Burgerlichkeit im Kampfe mit dem Damon 
leiden muB, zeigt sich die Biihne des Direktors 
Hartmann, der selbst den Urtext moglichst 
rein herstellt, diesem Offenbach gewachsen: 
Lulu Kaesser ist auflerste Bravheit als Antonia, 
Rudolf Gerhart ihr echter Vater, Reisinger 
eindringlich und mit gespenstischer Silhouette 
als Mirakel; Joseph Plaut so charakteristisch 
als Diener, wie er es, als Einziger, bei Giulietta 
und bei Spalanzani gewesen war. Franz 
Laubenthal gibt einen Hoffmann mit Stimme, 
aber ohne Gehirn. In der Ausstattung uberwog 
das, was man sonst als „Kitsch" bezeichnet. 
Tuchtig wie immer verdeutschte Morike am 
Pult den Meister Offenbach, der mit E. Th. A. 
Hoffmann fiber allzu groBe Treuherzigkeit und 
geschwachte Damonie klagte. 

Adolf WeiBmann 

KONZERT 

DASEL: Neben den obligaten Abonnements- 
*^ konzerten, zu denen mir Karten nicht zu- 
kamen und iiber die zu berichten ich mir darum 
leider versagen muB, fand namentlich ein Extra- 
konzert der Allgemeinen Musikgesell- 
schaft lebbaftes Interesse, denn es brachte das 
erste groBe Orchesterwerk Hermann Suters, 
seine Symphonic in d-moll. Der Erfolg des 
Opus, das unter Leitung des Komponisten durch 
unser Orchester mit Begeisterung und kaum 
zu potenzierendem Feuer wiedergegeben wurde, 
war ein auBerordentlich spontaner, in den Quali- 
taten des monumental angelegten Werkes be- 
grundeter. Die ruckhaltlose Hingebung, mit der 
Hermann Suter an jede Aufgabe herantritt, 
und die jedcm Spiclerischen abholde Art seines 
Gestaltens verleihen dem technisch glanzenden 
Werke den Cbarakter hohen Ernstes, der durch 
Verwendung bodenstandiger Volksmelodieen oft 
glucklich gemildert und verklart wird. Die GroBe 
der Konzeption und der viele Gehalt an wert- 
voller, innerlich bedeutender Musik durfte dem 
Werke bald zur verdienten Verbreitung verhelfen. 
Neben der Symphonie brachte der Abend eine 
groBzugige Interpretation des Klavierkonzerts von 
Edvard Grieg durch johnny Aubert und eine 
scharfgepragte Wiedergabe der „Altniederlan- 
dischen Volkslieder" Eduard Kremsers durch 
die Basler Liedertafel. — An grofien Chorauf- 
fuhrungen boten Gesangverein und Lieder- 
tafel vereint ein prachtvoll angelegtes Konzert, 
dessen Hohepunkt die gewaltigen Fest- und 
Gedenkspriiche von Johannes Brahms bildeten 
Allein brachte der Gesangverein Haydns 
„Schopfung* und Beethovens „Missa solemnis", 
deren chorale und instrumentale Partieen unter 
der energievollen Leitung Hermann Suters 
technisch bewundernswert wiedergegeben wurden. 
Leider waren die Leistungen der Solisten Mohl- 
Knabl. Paul Brefin und Max Sauter. sowie 



240 



DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915 



Aaltje Noordewier, Ilona Durigo, Rodolphe 
Plamondon und Peter Hegar allzu ungleich- 
wertig. — Das traditionelle „KfinstIerkonzert" 
brachte selten gehorte Werke fur Solo und 
Ensemble von Bach, Beethoven, Brahms und 
Berlioz. — Kirchliche Kammermusik im edel- 
sten Sinne des Wortes vermittelte der Basler 
Bachchor unter der stilsicheren Leitung Adolf 
Hamms in einem Palmsonntagskonzert, in 
dem neben anderem die Kantaten: „Sehet wir 
gehn hinauf und „Ich hatte viel Bekummer- 
nis" eine klanglich wohlabgetonte, im Ausdruck 
einheitlich grofie und verinnerlichte Wiedergabe 
fanden. Die Solisten Elisabeth Wesler, Rosy 
Hahn, Joseph Cron und der Unterzeichnete 
ffigten sich gut in das Ensemble ein. — Aus der 
kleinen Zahl von Solistenabenden verdienen die 
Veranstaltungen des zweifellos einer glanzenden 
Zukunftentgegengehenden Pianisten Ernst Levi, 
die Liederabende Barblan-Deutsch und na- 
mentlich die technisch und musikalisch be- 
deutende Wiedergabe der Beethovenschen So- 
naten fur Klavier und Violine durch Hans Huber 
und Hans Kotscher spezielle Erwahnung. — 
Im nahen Rbeinstidtchen Schaffhausen, 
dessen musikalisches Leben unter der urn- 
sichtigen, von hohem kfinstlerischen Ernste ge- 
tragenen Leitung von Otto Ris einen sehr er- 
freulichen Aufschwung genommen, brachte das 
gewohnte Karfreitagskonzert unter Mitwirkung 
des Solistenquartetts Laura Kuth, Hanna 
Bunner, Joseph Cron und des Referenten vier 
feinsinnig gewahlte Kantaten von Bach: „Mein 
liebster Jesus ist verloren", „0 Ewigkeit, du 
Donnerwort" (2. Fassung), „Ich will den Kreuz- 
stab gerne tragen" und „Wachet auf" in ebenso 
stilvoller wie innerlich grofizugiger Wiedergabe, 
die einem dem Bach der Kantaten aus begreif- 
lichen Griinden noch etwas fremd gegenfiber- 
stehenden Auditorium die unvergleichlich in- 
timen Scbonheiten und die ergreifende Grolie 
dieser Schopfungen uberzeugend kundtat und 
damit eine edle Mission mit Gluck erfullte. 

Gebhard Reiner 
'THUN: Schweizerisches Tonkunstler- 
* fest. Als im August des vorigen Jahres der 
Weltkrieg ausbrach, sanken auch in unserer 
neutralen Schweiz die Hoffnungen auf ein er- 
sprieQliches Weiterarbeiten in den Gefllden der 
Tonkunst, ja der Vorstand des Vereins Schwei- 
zerischer Tonkunstler ging sogar so weit, in 
patriotischer Aufwallung auf den jahrlichen Bei- 
trag der Eidgenossenschaft an die Bestrebungen 
zur Hebung der Tonkunst mit edler Geste 
zu verzichten. Man dachte damals auch nicht 
daran, ein Tonkunstlerfest abzuhalten. Gliick- 



licherweise hat man im Laufe dieses Jahres 
wieder Mut gefaQt, und so trafen sich die 
schweizerischen Tonkunstler am 10. und ll.Juli 
in Tbun, urn zu horen, was das Kriegsjahr an 
schweizerischer Musik hervorgebracht hat. Man 
beschrankte sich auf zwei Kammermusik- 
konzerte. Ein neuer Name, an den sich groCe 
Hoffnungen knupfen konnten, ist bei dieser Ver- 
anstaltung nicht am Horizonte erschienen; wohl 
aber ist ein neues Werk eines Altbekannten ge- 
spielt worden, das weiteste Verbreitung verdient: 
ich meine die neue Violinsonate von Hans 
Huber (Basel). Dieser Bedeutendste unter den 
schweizerischen Musikern ist ja auch in Deutsch- 
land kein Unbekannter, wenn auch nicht so be- 
kannt, wie es seine urgesunde, ganz aus einer 
gefestigten Personlichkeit erwachsene Musik 
verdiente. Hans Huber hat sich mit der geistigen 
Beweglichkeit, die ihm stets eigen war, die 
Errungenschaften der modernen Entwickelung 
zu eigen gemacht, ohne irgend etwas von seiner 
rassigen Personlichkeit einzubuOen. Die ur- 
sprungliche Frische der Erflndung, der blitzende 
Geist, der die Durcbfiihrung der Themen er- 
hellt, ist ebenso bewunderungswurdig wie das 
zundende Temperament, das alle Sitze belebt. 
Geiger und Pianisten seien nachdriicklich auf 
dieses neue Werk hingewiesen. Wenn es so 
gespielt wird, wie in Thun von Fritz Hirt 
(Heidelberg-Luzern) und Willy Rehberg (Frank- 
furt-Genf), so ist ein starker Erfolg unausbleib- 
lich. Der jugendliche Genfer Frank Martin 
befestigte mit einer Violinsonate in G-dur von 
schoner Klarheit und personlicher Tbematik 
seine Stellung als einer der begabtesten Jungen" 
im Kreise der schweizerischen Tonkunstler. 
Karl Heinrich Davids (Koln-Bern) Klavier- 
sonate in C-dur scheint mir mehr geistreich 
konstruiert als aus einem schopferischen Zwange 
erwachsen. Als ebrliche und daberauch gesunde 
Musik darf man die Klavierstucke des vom 
Essener Tonkunstlerfest her auch in Deutsch- 
land nicht unbekannten Otto SchultheB 
(Zurich) ansprechen. Ein Streichquartett von 
Georg Haser (Basel) ist so recht aus der Mu- 
sizierfreudigkeit eines Quartettspielers heraus 
erfunden und klingt daber auch sehr gut. Unter 
den Lied em dieser Konzerte stehen unstreitig 
an erster Stelle zwei auf herrlicbe Texte von 
Holderlin geschriebene Kompositionen von Fritz 
Brun (Bern) fur Altstimme, in denen die H6I- 
derlinsche Gefuhlswelt mit starker Empflndung 
musikalisch erfafit ist. Da es Ibnen ja nicht 
um einen „protokollgetreuen a Bericbt zu tun 
ist, mogen diese Namen genugen. 

Gian Bundi 



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ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

u der das vorliegende Heft erSffnenden Studie fiber Jean Louis Nicod6 gehoren 
die drei aus verschiedenen Lebensjahren des Kunstlers stammenden Portrits, von 
denen das Reservistenbild gerade in unseren Tagen allgemeinem Interesse begegnen 
diirfte. 



Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster 
Berlin W 57, BulowstraBe 107 ' 




J. L. NICODfi 



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DIE MUSIK 

HALBMONATSSCHRIFT MIT 
BILDERN UND NOTEN 
HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 




HEFT 24 • ZWEHES SEPTEMBER-HEFT 
14 JAHRGANG 1914/1915 

VERLEGT BEI 
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W 



Das dem Deutschen angeborene Kunstbedurfnis unterscheidet sich in 
seiner Eigenart hauptsachlich dadurch von dem anderer Volker, dafi 
der deutsche KQnstler diesem Bediirfnisse nur dann zu genugen ver- 
mag, wenn er iramer und uberall von innen heraus gestaltet. Es 
kommt ibm darauf an, sich selbst zu geben, sein eigenes Innenwesen 
durch seine Scbopfung und in ibr zu offenbaren. 

Friedrich von Hausegger 



INHALT DES 2. SEPTEMBER-HEFTES 

FRANZ DUBITZKY: Die Ieere Quinte 

GEORG CRUSEN: Deutsche Musik in Ostasien 

ALEXANDER JEMNITZ: Lieder von Moussorgsky 

REVUE DER REVUEEN: Aus Tageszeitungen 

BESPRECHUNGEN (Biicher und Musikalien) Referenten: 
Carl Robert Blum, Wilhelm Altmann, F. A. Geifiler 

KRIT1K (Oper und Konzert): Berlin, Sondershausen 

ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

AN UNSERE LESER 

KUNSTBEILAGEN : Carl Wilhelm ; Johann Straufi; Friedrich Kiel 

QUARTALSTITEL zum 56. Band der MUSIK 

NAMEN- UND SACHREGISTER zum 56. Band der MUSIK 

VERZEICHNIS DER KUNSTBEILAGEN des H.Jahrgangs der 
MUSIK 

NACHRICHTEN: Neue Opera, Opernspielplan, Konzerte, 
Tageschronik, Totenscbau, Verschiedenes 

ANZEIGEN 



Nacbdruck nur mlt besonderer Erliubnls des Verliges gestattet 

Alle Recbte, insbesonderc dai der Obersetzung, vorbelialten 

FBr die Zurucksendunt unverlangier odcr nlcht angemeldeter Minuskripte, fall* Ibnen 

nlcbt genBgend Porto belliegt, Bbernimmt die Redaktion keine Garantle. Schwer leserllche 

Manuskrlpte werden ungeprDfl zurDckgesandt. 

Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster 
Berlin W 57, Bulowstrafie 107" 



DIE LEERE QUINTE 

VON FRANZ DUBITZKY IN BERLIN-FRIEDENAU 



Die reine Quinte ist nach den allereinfachsten Intervallen: Prime 
und Oktave (welche eigentlich noch gar keine Intervalle, sondern 
bloCe Identitat sind), das nachst einfache Intervall ... Unser 
heutiges, asthetisch entwickeltes, daher auf vollen Wohlklang gerichtetes 
Musikgehor und -gefiihl ist keineswegs geneigt, die Quinte mit ihrem 
entschieden herben Charakter als das der Oktave nachstliegende Ton- 
verhaltnis anzuerkennen, vielmehr glauben wir dieses in der so wohl- 
klingenden Terz vorzufinden. DaO aber tatsachlich die Quinte die zweite 
Stelle in der Intervallenreihe einnimmt, erweist sich durch mehrfache 
Grunde . . . Die Schwingungsgeschwindigkeiten zweier Tone, welche eine 
Oktave bilden, verhalten sich wie 1 : 2, stehen mithin in dem denkbar ein- 
fachsten Zahlenverhaltnis zueinander . . . Das um einen Grad kompliziertere 
Verhaltnis ist nun das von 2:3... und dieses Verhaltnis ergibt das Inter- 
vall der reinen Quinte." So lehrt William Wolf in seiner „Asthetik 
der Musik". Von der Bedeutsamkeit der Quinte spricht in demselben 
Werke die Stelle: „In den nachsten und wichtigsten Akkordbildungen, dem 
Dur- und Moll-Dreiklang, ist die Quinte der Grundbestandteil, denn 
sie ist das in beiden Gleiche, Bestehende, wahrend die Terz variiert, als 
groCe Oder kleine auftritt . . . Die Quinte ist der zweite Hauptton der 
Tonart, der mit Recht als ein ,hcrrschender', als ,Dominante' an- 
gesprochen wird." 

Fur den wichtigsten Septimen- und Nonenakkord dient die Dominante, 
die Quinte der Tonart, als Fundament. Der Quintenzirkel, der Auftritt des 
Seitenthemas bei Sonaten und Symphonieen in der Tonart der Quinte, die 
Beantwortung (Comes) des Fugenthemas (Dux) in der Quinte, das Stimmen 
der Violinen, Bratschen und Violoncelli in Quinten (die E-Saite der Geige 
nennt man auch Quinte) 1 ) u. a. — all dieses weist hin auf den hervor- 
ragenden Platz im Tonbezirk und auf die Achtung, deren sich die reine 
Quinte erfreut. 

„In den ersten Jahrhunderten der Entwicklung mehrstimmiger Musik 
(das ist ungefahr 900 bis 1200 n. Chr.) wurde die Quinte als das fast allein 
gultige, mindestens als durchaus hauptsachliches Intervall empfunden, und 
noch mehrere Jahrhunderte weiter ward, wiewohl man den angenehm 
klingenden Terzen und Sexten je langer desto mehr Sympathie zuwandte, 
der Quinte die hervorragendste Bedeutung beigelegt. Jene Generationen 
befanden sich gleichsam im musikalischen ,Naturzustand', aus welchem 



') Das Stimmen der Klaviere geht bekanntlicb auch in moglichst reinen Quinten 
vor sich. 

16* 



244 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



erst allmahlich der moderne ,Kulturzustand' der Musik sich entwickelt hat" 
— so erinnert W. Wolf in seinem Werke. Dem .Naturzustand" begegnen 
wir noch heutigen Tages in der Regel, wenn es sich urn musikalische 
Schilderungen von Naturvolkern, von baurischem Wesen, von Land und 
Landleuten handelt. AIs Fundament von Bauerntanzen und der- 
gleichen in ungezwungener „Naturlichkeit" sich gebenden Tonstiicken er- 
klingt dann die Naturquinte, die leere Quinte. AIs Zeugen fiihre ich 
an: Beethovens Pastoralsymphonie, Jensens „Wanderbilder" (No. 10 „Im 
Wirtshaus"), Springtanz aus Humperdincks M K6nigskindern", „Bauern- 
hochzeit" fur Klavier von Arnold Krug (aus „Rusticana a , op. 123, No. 4), 
„Der Rose Pilgerfahrt" von Rob. Schumann (No. 22: „Im Hause des 
Miillers, da tonen die Geigen, da springen die Bursche im wirbelnden 
Reigen"): 



Beethoven (Pastoralsympta.) ebenda (Hirtengesang) 




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Lobe fuhrt in seinem Lehrbuch der musikalischen Komposition 
(Bd. II, 70) folgende Stelle aus Cherubini's „Wassertrager" an: 

Ob. Kl. 







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Er gibt hierzu die, mit der eben gebrachten BaBquinten-Deutung im 
Einklang stehende Betrachtung: „Viel zur Erweckung des Landlichen wirkt 
hier bei den Hornern ohne Zweifel die leere Quinte mit. Warum? Wahr- 
scheinlich haucht uns aus diesem reinen und leeren Intervall, verbunden 
mit dem reinen Klang der Horner, etwas wie reine, heitere, landliche Luft 
an. Man setze anstatt der Quinte die Terz e-cis oder a-cis, und der land- 
liche Hauch ist verschwunden!" 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



245 



Auf das VolksbewuQtsein, auf Ursprunglichkeit deuten auch in den 
Tanzen des „Aristokraten" Chopin die Quintenbasse bin, wie wir sie z. B. 
in den Mazurkas op. 6 No. 2 und 3, op. 68 No. 3 und in der Phantasie 
iiber polnische Nationalweisen (op. 13) finden: 



Chopin (op. 6 No. 2) 



(No. 3) 



l*fe 



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*i44 



A. 



usw. 






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4 mal 
» — »_ 






H^7 






J^ 



(op. 68 No. 3) 




Die urewige Natur spiegelt sich in detn Quintenuntergrund im 



,Rheingold u -Vorspiel wieder: Y^-9- — a 




Uber die Tone der Wasserfalle stellte im Jahre 1874 Albert Heim 
Untersuchungen an; er kam dabei stets zu dem gleichen Resultat, zu dem 
gleicben Akkorde, zu der Quintbasis F — c. Er notierte z. B. die Klange: 



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5! 






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Von anderer Seite wurden diese Wasserfall-Akkorde um eine Oktave 
in die Tiefc geriickt, welcher Meinung auch Richard Wagner beizustimmen 
scheint, wie die vorher vermerkte reine „Rhein a -Quinte offenbart. In 
meinem Klavierstuck B Auf dem Wasser" habe ich mich wie viele andere 
ebcnfalls fur die tiefere Quinte entscbieden: 



246 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



All commodo 



% 



mm. 



W&£ 



Hfc 



I^=t 



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^ 



8 bassa 



SchlieOlich ist noch der Wiegenlied-BaBquinte zu gedenken. Sie 
laOt sich aus der Meeresquinte ableiten, durch die Erinnerung an das 
Schaukeln des Kahnes auf den Wogen und die Gegeniiberstellung der 
„schaukelnden" Wiege; zweitens ist die standig wiederkehrende BaBquinte 
als ein Zeichen der Ruhe, des Einschlummerns usw. hier aufzufassen — 
und drittens konnte man sie auch als Ausdruck der reinen Natur, der 
Natiirlichkeit, als Fingerzeig auf das von der Kultur noch unbeleckte in 
der Wiege ruhende Wesen hinnehmen: 

R. StraulJ (Wiegenlied aus der „Domestica") 




MaQig langsam 



Die reine Quinte ist das gefahrlichste, vom Kompositionsschiiler 
hochlichst gefiirchtete, vom gestrengen Herrn Magister und auch von den 
Kritikern frtiherer Zeiten arg verfolgte Intervall. Selbst Konige entgingen 
der Bosheit der Quinte und der fein aufhorchenden Spotter nicht. Als 
einmal Quantz, dem Lehrer Friedrichs des GroBen, beim Vortrage einer 
Sonate des Konigs eine bose Quintenfolge auffiel, lieB er als Opposition 
ein recht kraftiges Rauspern vernehmen. Der Autor des Werkes verstand 
den Wink und anderte dann unter dem Beistande seines Konzertmeisters 
Franz Benda die Stelle, indem er sagte: „Wir diirfen doch Quantz keinen 
Katarrh zuziehen." Carl Mayrberger warnt in seinem Lehrbuch der 
musikalischen Harmonik (1878) und mit ihm in Shnlicher oder gleicher 
Fassung all die zahlreichen Harmonieschriften: .Wenn zwei Stimmen zu- 
einander Quinten bilden, und sei es nun stufen- oder sprungweise, in 
gerader Bewegung wieder zu Quinten fortschreiten, so entstehen dadurch 
offenbare Quinten, welche unbedingt verboten sind." Aber um das „Un- 
bedingt" kiimmern sich die Komponisten aufgeklSrterer Zeiten herzlicb 



DUB1TZKY: DIE LEERE QUINTE 



247 



wenig. (Ubrigens gab auch schon der alte Herr Marpurg, gestorben 1795 
als Koniglicher Lotteriedirektor in Berlin, zu: „Gegen manche Quinten- 
parallelen ist nichts einzuwenden, so ftirchterlich sie auch auf dem Papier 
aussehen".) „Franz Liszt verwendet in seinen kirchlichen Monumental- 
werken reine Quintenfolgen absichtlich, wo er das unfaCbar Hohe und 
GroBe den Sinnen greifbar machen will" — berichtet Ludwig Nohl in seiner 
Allgemeinen Musikgeschichte. Aus des jungen StrauB „Guntram" (wann 
wird diese der Beachtung des 20. Jahrhunderts gewiO immer noch werte 
Oper wiedererweckt werden?) gebe ich ein leere Quinten bringendes Motiv: 






*TE 






w 



xz 



-§V- 



-*y — ■ 

T 






Sehr scbnell 



Puccini eroffnet ohne Gewissensbisse das dritte Bild seiner B Boheme* 
raif dem Quintenthema: 



= 112 



r<, 



;s=iJEigggEg ^ 



w? 



¥ 









i 



usw. 



Sein Landsmann Bossi macht sich fiber das Quintenverbot in seinen 
Satire musicali fur Klavier lustig, No. 3 daselbst prunkt fast durchgehends, 
fast Note fur Note, mit verbotenen Quinten. Richard StrauB, der Gereifte, 
versetzt in seincm „Heldenleben" den B Widersachern" eine leere Quinten- 
folge, auf ahnlichc Art argert sich der eben aus russischer Gefangenschaft, 
aus russischer „Winterwelt" entflohene Tondichter Paul Scheinpflug in 
seinem Orchesterwerk „Frfihling" fiber die B Winterwelt": 




StrauQ (Heldenleben) 



grazioso g 

Ped. -" 

(Schlufi aus No. 3) 



usw. 



-:g5E^i=H* 



&-*- 



-#=- 



-*»- 



Dubitzky 
(„Nachts" fur Orchester, komp. 1903) 



Scheinpflug 
(Thema der Winterwelt, komp. 1905) 




S. con sord. 



VPv w 

> > ^ 

Sehr langsam 






y£>»- 



248 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Im Gegensatz zu den die Uberklugen treffenden Quinten im „Helden- 
leben" gilt die Quintenfolge in des Meisters Ouverture zum n 6iirger als 
Edelmann" dem ungeschickten Dilettanten; es handelt sich also bier zu- 
gleich, ganz in Ubereinstimmung mit den gelehrten Lehrbuchern, um eine 
Verspottung .offener Quinten". Das erinnert an Mozarts „Musikalischen 
SpaB", in welchem die „falschen" Musikanten und „falschen" Komponisten 
belachelnden und verlachenden Instrumentalwerke die bosen Quinten natur- 
lich auch nicht fehlen. Da wir gerade bei „Iustigen" Quinten weilen, mag 
eine Stelle aus meinem Orchestersatz „Ein lustig Stuck" Erwahnung finden: 



Straufi (Burger als Edelmann) 



I , - v. i W~I— i— W- 



S!S 



Dubitzky (Ein lustig Stuck) 

J5- * J53J 



breit ♦ 

All - comodo 

In dem letztgenannten Stiick lautet ein Takt: 









Eine verruchte leere Quintenfolge! Nach hundertjahrigem Gesetz 
hatte ich die eingeklammerte Stelle in echte, rechte Hornquinten ver- 



bessern miissen, namlich: 






Bei alt und jung und wohl in Ewigkeit erfreuen sich die Hornquinten 
groDter Beliebtheit. Riemanns Musiklexikon bestatigt: ^Hornquinten, alter 
Name der fiir Horner durch Naturtone ausfiihrbaren, jederzeit auch von den 

allerpedantischsten Lehrern gestatteten ,verdeckten' Quinten - tat;—*: 



: Ep==El^ 



und zuriick." Diese „Naturquinten" stromen gesunde Jugendlichkeit, 
Naturfrische aus (gar mancher unzufriedene Zuhorer der Sinfonia domestica 
atmet froh auf, wenn daselbst die Homquintenstelle erklingt). Wagner 
bedient sich der Naturquinten fiir das Motiv der ewigen Jugend im „Rhein- 
gold", im ^Lohengrin" ertonen die Naturquinten im Morgenweckruf der 
Tiirmer (Trompeten), sehr ^popular" sind die Hornquinten im Bauern- 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



249 



Walzer in Webers „Freischutz" (eine Nachahmung in gleicher Tonart 
brachte Schumann im Finale seiner „Papillons a ). Hier die Noten: 



StrauB (Domestic*) 



Rheingold 







Hr. 
sebr ruhig 



f 



Lohengrin 



I 



5 

Trp. 






Freiscbutz 



M^ -*-f-r 



t 



^T: 






5f 



:n 



-tL=K-:e^. 



Hr. 



poco a poco morendo 



Pl'P 



Die Naturtrompete ist in ihren Naturtonen noch beschrankter als das 
Naturhorn (Waldhom), das Naturhorn in F besitzt mehr als ein Dutzend, 
die Naturtrompete in der gleichen Stimmung etwa 10 gcbrauchsfihige 
Naturtone: 



Naturtrp. 
in F 



^m 



=¥= 



-9*~ 



Von den am baufigsten vertretenen (viermal C, zweimal G) und in 
bequemster Lage befindlichen Tonen macht die Naturtrompete vorwiegend 
Gebrauch. Das hohe e 2 und das tiefe C und c scheiden der Unbequem- 
lichkeit und groBeren Anstrengung wegen aus der crsten Linie aus, es 
verbleiben g, c 1 , e 1 g 1 , c 8 — aus diesen Tonen setzen sich mit Vorliebe die 
Rufe, Signale der Naturtrompeten (und nach dieser iiberkommenen Sine 
auch bei Anwendung unserer beutigen Ventiltrompete) zusammen. Als 
Beispiele Kir die aus der leeren Quinte (und deren Umkehrung, der leeren 
Quarte) gewonnenen Signale fiihre ich an: den Schlachtruf aus Rubinsteins 
B Makkabaem a , Schlachtruf aus Edm. Kretschmers w Geisterschlacht", 
Schlachtruf aus Julius Zechs „Krieg und Frieden", Schlachtruf aus 
R. Volkmanns „Richard HI.", den Kampfruf aus dem Gladiatorenkampf im 
„Rienzi a und Chopin's A-dur Polonaise: 

Rubinstein i 



ipj*=g=^ 



4mal 









:::znr 



250 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Kretschmer 



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I 



Wagner 



Cbopin (A-dur Polonaise) 




(gleichsam Trompete) 



Der friedliche Ruf des Horns oder der menschlichen Stimme er- 
schallt ebenfalls gern im Intervall der Quinte. Siegfrieds Hornruf beginnt 
und schlieQt mit dem Quint-Intervall, weiter verweise ich auf den Jagdruf 
im ersten Akt des „Tannhauser", auf Wotans Loge geltenden Ruf am 
SchluQ der „Walkure", auf die markante Quinte im Rufe des Schiffsvolkes 
im ersten Aufzug des „Tristan", auf Siegfrieds feurig-ehernen Ruf im 
ersten Schmiedeliede und auf — Herrn Beckmessers von minder reinen 
Gefiihlen erfullten Zuruf: „Fanget an!" (letzterer ist verwandt mit dem 
Spottruf der Kriegsknechte: „Sei gegruOet, lieber Judenkonig!" in Bachs 
„Johannespassion"). Betrachten wir die Notenzeilen: 



Siegfried 



Tannhauser 



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=p 



:usw.~:z^; 



ebenda 



Walkure 




msmmm 



3^; 



Tristan 



Lo - ge bor! 

Siegfried 



lau - scbe hie - her! 



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-»— #— I- 



W 



:usw.. 



9 



^-r- 



z*=*-- 



-4-»-l-«r- » 1 — * z 

+— I 7— p — « — f- 



-Jfr. 



Ho he ha be! 

Meistersinger 



Ho -ho! Ho-hei! 
Bach 



Ho-hei! Ho - ho! 



I 



Fan - get an ! 



m 



it 






Sei ge - gru- Bet 



DUB1TZKY: DIE LEERE QUINTE 



251 



Auch fur den Hirten ist die Quinte von Bedeutung, sie ist das 

wichtigste Intervall seiner Schalmei. Die Hirtenweise im .Tristan" beginnt 

auf solcbe Art und zollt im weiteren Verlaufe der Quinte die ubliche 

Reverenz; also geschieht es auch in der Schaferweise in Richard StrauO' 
.Don Quixote" — diese beiden Beispiele mogen geniigen: 



Tristan 



ebenda 



m 



m 



wm 



3=X 



-&- 






Don Quixote 



m 






"i 




s=7_ 



<<Zi*Z 



H— i — 1-«- : £ 



;^." 



;*=:!=*: 



I 



Der Hirt, das „Kind der Natur", gibt uns AnlaB, nach ahnlich ge- 
stimmten Wesen, nach anderen Natur- Motiven Umschau zu halten. 
Till Eulenspiegel, Siegfried, der .Knabe" Parsifal — ihrem reinen Natur- 
zuge eignet sich die reine Quinte gut. Reznicek gibt in diesem Sinne 
in seiner Oper „Till Eulenspiegel" dem sorglosen Volksschalk den Quinten- 
schritt als hochsteigenes Motiv; Parsifal, der .reine" Tor, erfreut sich in 
der Weissagung des Gurnemanz der .reinen" Quinte — und Siegfried, 
der hochzeitlich Gestimmte, macht seinen unverfalschten Sinn in Natur- 
tonen kund: 



Reznicek 



Parsifal 



'T~ 



*-* d P — 



TV 
Mein Nam ist Till. 



JE^; g*E=EEgEJE 



4?i2i 



=t=|: 






wis -send, der rei - ne Tor, bar - re sein, 



.GotterdSmmerung" 


1 ^__^^ I 


l-w 1 J J 


i J — 



fro 



hen 



Mu 



te 



In Richard StrauO' .Also sprach Zarathustra" erklingt als Natur- 
symbol die (an den Anfang einer Melodie aus Freylinghausens Gesangbuch 
und manche andere Weise erinnernde) Tonfolge: 



StrauO 

rf- pi 




(Fr. Gesangb.) 

i i 


*§-==*=* 


^ 


L* j „, _ 

LA — i — • — | u 



Trp. 



Macht weit die Tor 



252 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Der „Natur"-Quintschritt stellt sich beim Beginn der Natursymphonie 
Hauseggers als Weckruf ein und durchzieht in mannigfacher rhythmischer 
Veranderung die Themen jenes Werkes, z. B.: 



$- 



h 



|r 



m 



Hr. 



PP ■ 
Fl. 



Str. 



-m 



s=? 



&- 



-a- 



Trp. 



Liest man die letzte Umwandlung .krebsmaBig", d. h. riickwarts, so 
ersteht vor uns das bekannte Hornthema aus dem ersten Satz der c-moll 
Symphonie Beethovens (dort zuerst auch in gleicher Tonbenennung): 

Beethoven 



^ ^^^^ 



==1 



i 



Rob. Schumann brachte das Beethoven-Motiv in seiner Faustmusik 
in Moll: 



I 



¥ 



9—v- 



-=T 



~i r 



:X 



T 



3= 



Al - les Ver - gang - It - che ist nur ein Gleich • nis. 
Erinnerte er sich des Hauptthemas im 1. Satze des Haydnschen 
d-moll Quartettes op. 76 No. 2? Jenes setzt ein: L/^^rr^ 



In seinem iiberall, aber in Berlin noch immer (und zu Unrecht!) 
nicht aufgefuhrten Chorwerke „La vita nuova" (.Das neue Leben") beginnt 
Wolf-Ferrari einen neuen Satz (Nr. 11) mit folgender Fermate: 



(BSsse, SI 



Orgelpedal, 
Paukenwirbel) 



VV 



3Z£ 



Er setzt die Anmerkung hinzu: „Diese Fermate wird so lange gehalten, 
daC sie auf den Horer den Eindruck gespannter Erwartung hervorbringt." 
Der vorhergehende Satz schloD in Ges-dur. Wirkt nun diese leere Quinte 
als Dur oder Moll? Unser Auge wird sich fur Dur entscheiden; unser 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



253 



Auge ist gewohnt, beim Fehlen einer Vorzeichnung die Quinte c-g als 
C-dur zugehorig zu reklamieren: 

StrauB („Tod u. Verklarung") 



m 



Mod. 



Tb. 5 

Kfg. ^ 
PP 



^ 



usw. 



— und ebenso wird die Quinte a-e, wenn die Durvorzeichnung, die drei 
Kreuze, fehlen, von unserem Auge als Moll aufgefaQt. Auch unser Ohr ist 
nicht frei von Gewohnung und Erinnerung. Die Ouvertiire zum „Fliegenden 
Hollander" oder der erste Satz der „Neunten" dringt mit der leeren Anfangs- 
quinte zu unserem Ohr: 



Wagner 



Beethoven 



m 



m 



-19--- 



-T7r 



m 



-o— 



-&± : 



12 



Wir wisscn, daO beide Satze in Moll stehen, und empfinden in dieser 
Erinnerung, in diesem Vorausblick die leere Quinte daselbst im Nu als 
Moll-Gebilde. Die Zumutung, bei der „Hollander"-Ouvertiire an eine 
„Dur "-Quinte zu glauben, wiirde unsere starkste Opposition erregen. Oft 
genug will jedoch beides, Dur und Moll, nicht passen; haufig wird durch 
den Hinzutritt der fur Moll oder Dur sich entscheidenden Terz der Charakter 
eines Motives verwischt oder zerstort. Im „Rheingold" vernehmen wir 
das Tarnhelm-Zaubermotiv: 



gl=iS§t=fe^ 



t=£=± 






-**= 



Wiirden wir der leeren Quinte h-fis ein .Klarheit" bringendes dis 
oder d zugesellen, so ware der Zaubercharakter, der Tarnhelmcharakter, 
das nebelhafte, unbestimmte, verschwommene Wesen des Motives ver- 
nichtet. Nebenbei, im AnschluQ an das „Zaubermotiv", mag darauf hin- 
gewiesen werden, daC in Dur-Dreiklangen die in der Hohe thronende leere 
Quinte zweifellos zauberhaftes, geheimnisvolles, himmlisches Wesen be- 
kundet und den betreffenden Akkord „verklart". Als bekanntesten Zeugen 
rufe ich das „Lohengrin"-Vorspiel herbei: 




254 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Nehmen wir den fruheren Faden wieder auf! Ich sprach vorhin vom 
Quinten-„Ruf". Der Ruf ist gesteigerte, verstSrkte Rede. Die verstarkte, 
gesteigerte Rede tritt auch in Aktion, wenn es sich urn Warnungen, 
Drohungen und um Eide handelt. Und wiederum ist es der Quinten- 
schritt, der sich bei solcher Gelegenheit emsig meldet. In Lohengrins 
Warnung „Nie sollst du mich befragen" ist die Quinte das unterstreichende, 
warnende Intervall: 




Nie sollst du mich be 
Nocb Wis-sens Sor - ge 



fra - gen, 
tra - gen, 



Noch markanter und bestandiger, entschiedener, drohender offenbart 
sich die Quinte im Speerschwur in der ^Gotterdammerung": 




- & »— 0- 



:! 



;»-- 



-^ a- 



3jZ*1 



V- 



=C=X 



=Ci 



I 



it 



-t 



X- 



usw 



Hel-le Wehr, hei - li - ge Waf-fe! 



hilf mei - - nem 



Auch der wie eine gewaltige Drohung wirkende, vom Orchester 
unbegleitete Ruf Leonorens in Beethovens einziger Oper gehort hierher: 



^ 



=Hr- 



9a 



:tzr:: 



Tot erst sein 



Weib! 



Den Quintensprung am Anfang des ersten Satzes seines „Aus meinem 
Leben" betitelten Quartettes erklarte Smetana selbst als: w eine Warnung 
vor meinem kunftigen Ungliick". Im letzten Satze desselben Werkes 
erklingt das gleiche Motiv, die herabsturzende, den Absturz im Leben des 
Meisters malende Quinte, als „DrohruP, der die nahe bevorstehende 
Taubheit Smetanas ankundigt: 



Smetana (1. Satz) 



i 



i= 



-19- 



I 



iz 



(letzter Satz) 



-<&- 



l--i 



rjz 



r/2 



£ 



ifct 



Robert Schumann brachte einmal die Deutung: „Dreiklang = Zeiten. 
Terz vermittelt Vergangenheit und Zukunft als Gegenwart." Er fugte dann 
allerdings hinzu: M Gewagter Vergleich!" Schumann gab also die Prim als 
„ Vergangenheit", die Quinte als „Zukunft" aus. Meiner Ansicht nach 
vertritt jedoch die Prim die Gegenwart, die Terz die Vergangenheit und 
(hier in Ubereinstimmung mit Schumann) die Quinte die Zukunft: 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



255 



Gegenwart Vergangenbeit Zukunft 



i§t=$-\—^ 



4t 



Es ist! Es war! Es wird sein! 

Als einen Hinweis auf das „kunftige" Ungluck, auf die Zukunft, sahen 
wir eben den Quintenschritt in Smetanas e-moll Quartett vom Tondichter 
selbst erklart. In der Lohengrin-Warnung erblicken wir in ahnlicher Weise 
zukiinftiges Geschick. Uber Rob. Schumanns C-dur Symphonie auCert sich 
H. Kretzschmar in seincm „Fuhrer durch den Konzertsaal": „Das Motiv 

sosten. a$sai 



$ 



ZSI 



ZSTZWi*- 



VP 

durchzieht, mit Ausnahme des Adagio, alle Satze des Werkes wie ein 
gebeimnisvolles Geisterwort ... Es handelte sich hier fur den Komponisten 
. . . urn Faust'sche Probleme: um den Weiterbau auf jenem grausig scbonen 
Terrain, auf welchem die ,Neunte Symphonie* stent." Also wiederum ein 
Suchen und Blicken in die Zukunft! 



Beethoven („Neunte") 

I 



J 



m 



^s==n-: 



ZfiTi 



EPE 



r ^ 

Der Zukunft sieht die Welt gewohnlich mit einem gewissen Bangen 
entgegen: man weiO, daO die Zukunft in der Regel enttauscht, mehr Un- 
frohes als Frohes beschert. Damit laQt sich dann leicht erklaren, dafi das 
„Zukunftsintervall" dem Tonsetzer zugleich ein Unheil und Not kun- 
dender, lugvoller Klang ist. Fur das „Unheil" der Quinte fuhre ich 
als Beweis zwei Stellen aus der „G6tterdammerung", Salomes unheimliches 
Lauschen und fieberhaftes Warten auf den Tod Jochanaans und den .Tod" 
in Rezniceks symphonisch-satyrischem Zeitbild .Der Sieger" an: 

B G6tterdammerung" (Akt 1) 

dL_| x— -»-A— ft-r-i- 



m 



-02. 



3= 



3=£ 



<3> 



Briinnhilde: Kommst du von 



V- 
I 
Hel-las nacht 



ebenda (Akt 3) 



Salome 



li - chera Heer? 
Reznicek 



95rt^ 



sfz P* 7 m /' h 

• --- sfz 



n- 



p pjEfc^^j 



-&-■ 



33E? 



s^r 

und Un-heil W ^ 



-k «q — I _ ■ 



Gunther: Angst 



//i r < 

Mit furchtbarer Majestlt 



256 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Die „Not" malende Quinte haben wir in dem armen „Leiermann a 
des armen Schubert (die ewige leere Quinte der Begleitung deutet zugleich 
auf das armselige, dem Dudelsack in der Beschranktheit seines Basses 
verwandte primitive Instrument hin . • . es vereinigen sich also in dieser 
Quinte „Not" und ungelehrte, anspruchslose „Natur a ): 
Schubert 



Ipgppi 



p3z: 



usw. 



=f£=fc 



=*£ 



Dru-ben hinterm Dor-fe 



=*=*: 



■E*Z 



«t=tc 



3= 



stehtein Lei-ermann 



usw. 



Das bekannteste Beispiel fiir die Ode und Leere der Quinte gab 
Wagner im „Hollander"-Motive. Bruckner widmete seine Dritte Sympbonie 
„Meister Richard Wagner in tiefster Ehrfurcht", sie steht in der B Hollander"- 
Tonart und beginnt in verwandter Art mit „leeren" Intervallen. Ahnliche 
Gebilde wie das hohlwangige „Hollander"-Motiv stellten sich seit Wagner 
oft und gern ein; aber auch vor Wagner fehlten derartige Quintenmotive 
nicht, wie ja schon Beethovens „Neunte" bezeugt. Aus neuer und alter 
Zeit erinnere ich an das Scherzo aus Bruckners E-dur Sympbonie, an eine 
Knabenchorstelle in Mahlers Achter Symphonie, an das Lied „0 Dannebom, 
o Dannebom, du dragst 'ne gronen Twig" (aus dem Paderbornschen, 1812), 
an das Volkslied „Was blasen die Trompeten?" (hier sind die Naturtone 
der Trompete fiir die Quinte und Quarte verantwortlich, ich behandelte 
diesen Punkt bereits oben); weiter nenne ich die Volksweise „Waldlied* 
von Johann Abraham Peter Schulz („Wenn hier nur kahler Boden war', 
wo jetzt die Baume stehn" — Schulz starb dreizehn Jahre vor der Geburt 
des Bayreuther Meisters), „Der Ritter und die Konigstochter" (eine Volks- 
weise von Unbekannt aus dem Jahre 1830); bei Richard StrauB ist seiner 
symphonischen Dichtung „Macbeth" und seines Violinkonzertes zu ge- 
denken, und auf Mozarts .Don Juan", auf das Motiv des gleich dem 
B Fliegenden Hollander" unheimlichen „steinernen Gastes" ware wohl auch 
hinzuweisen (Ouvertiire Takt 5 — 8). Uber den dritten Satz aus Griegs 
Peer Gynt-Suite II, iiber „Peer Gynts Heimkehr", schreibt Kretzschmar 
in seinem Fiihrer durch den Konzertsaal: „Der Komposition liegt ein ganz 
ahnliches Programm zugrunde wie R. Wagners Ouvertiire zum ,Fliegenden 
Hollander'. Mit ihm begegnet sich Grieg auch thematisch, namentlich der 
Quintenfall in seinem Hauptmotiv bildet eine fiir jeden bemerkbare Ahn- 
lichkeit. Das kommt daher, weil der Gehoreindruck des durch die Segel 
und Taue pfeifenden Sturmes fiir alle Musiker nahezu derselbe ist. Das 
ist ein Klang, der unten ansetzt und springend sich nach oben immer mehr 
zuspitzt." Ferner erwahne ich Robert Schumanns B Neujahrslied", desselben 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



257 



Ouverture .Julius Casar" und Chorballade (fur Mannerchor) »Das Gliick 
von Edenhall", das BaDthema im Finale von Beetbovens „Eroica a -Symphonie, 
sowie dessen das gleiche Thema verwertende Klaviervariationen op. 35, 
R. Schumanns Lied „Die alten bosen Lieder", Franz Schuberts Lied 
„Wehmut" („Wenn ich durch Wald und Fluren geh, es wird rnir dann 
so wohl und weh in unruhvoller Brust"), Peter Casts den Gesang „ Tristan 
muDte ohne Wahl dienen seiner Koniginne" erofFnende Fanfare (op. 2 No. 2), 
Goldmarks zweite Suite fur Violine und Klavier (op. 43, Haupttheraa des 
SchluBsatzes), Chabriers ^Gwendoline" (Haralds markantes, mehrmals 
repetiertes: »Nous avons frapp6 des epees"). Doch — genug der mehr 
oder weniger an das „Hollander"-Motiv gemahnenden Beispiele! Teilen 
wir diese Quintentheraen in drei Gruppenl 1. Aufstieg: 



.Fliegender Hollander" 



I 



M 



Mahler (Achte Sympbonie) 



g 



fS ^p^ S 



^ 



=F 



a • mo- rem cor - di - bus 



Lied vom Jahre 1812 



P 



Volkslied 



Schulz (Waldlied) 



*: 



4 — I l 



O Dan-ne-bom, o Was bla-sen die Trompe-ten? Wenn bier nun kah-ler 



R. StrauQ (Macbeth) 



IN 



4* # 



-&- 



M 



Grieg (Peer Gynts Heimkehr) 



¥=£ 



S^= 



E^ 



Schumann (Neujabrslied) Schubert (Wehmut) 



^ 



-u- 



*=fc 



g ,, m 

Wenn icb durch Wald und Flu - ren 



Feierlich 



P. Cast (Tristan muBte ohne Wahl) 
a 




Chabrier (Gwendoline) ^ — s- 



X 



^>=r- 



* 



* 



schmetternd 



Nous a - vons frap • p6 



Von friiber gebrachten Zitaten gehoren zu dieser Gruppe der 
Schlachtruf aus den „Makkab2ern" und Volkmanns .Richard III.", der 
Jagdruf aus „Tannhauser", Wotans Ruf nach Loge („Walkiire"), Siegfrieds 
„Hoho! Hobei!" im ersten Schmiedeliede, Rezniceks „Till"-Motiv, StrauB' 
,Zarathustra" (Natursymbol) u. a. 

XIV. 24. 17 



258 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Die zweite Gruppe zeigt das umgekehrte Bild, den Abstieg: 

Bruckner (Dritte Symphonie) derselbe (Scherzo aus der Siebenten Symphonie) 






■js2iz=# 



Trp. 
Strauli (Violinkonzert) 



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Mozart (Don Juan) 



Schumann 



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Andante 



Die al - ten bo - sen Lie - der, 



§s 



derselbe (Julius Clsar-Ouverture) 



3 



Hr. ^ 

Unter den fruher vermerkten Notenbeispielen kommen hier u. a. in 
Betracht: Chopins A-dur Polonaise und Beethovens Neunte (1. Satz). Als 
dritte Gruppe fuhre ich Themen an, die eine Umstellung der beiden 
HMlften des „Holiander"-Motives darstellen; wShrend dieses nach der 
Quarte die Quinte bringt, beginnen die nachstehenden Zitate mit der 
Quinte und lassen die Quarte folgen. (Nebenbei: Quinte-Frage, Quarte- 
Antwort.) Die erste Gruppe schloC mit dem hohen Ton, die zweite mit 
dem tiefen, die dritte nun entscheidet sich fur den Mittelweg, fur den 
Mittelton im Anfang und Ende. 

Beethoven (Eroica-Variationen) Schumann (Gluck von Edenhall) 



1= 



3= 



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§& 



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Frage 



Antwort 



Heil E - den - hall! Heil sei-nem Lord! 



derselbe (Julius C9sar-Ouverture) 



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Trp. 



^ 



2 mal 

Man vgl. auch den fruher notierten Schlachtruf aus Kretschmers „Geister- 
schlacht". 

Ich wies bereits darauf hin, daC die Zukunft gewohnlich triigt, und 
daQ das Intervall der Zukunft, die Quinte, dementsprechend als lugvolles 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



259 



Bild angewandt wird. So finden wir z. B. die Quinte als Signum des 
lugvollen Loge, des Betruges und der Luge im „Rheingold". Im „Tristan" 
gedenkt Isolde der wider die Wahrheit sundigenden Angabe des Helden, 
sein Name sei „Tantris a , mit der lugvollen Quinte. Auch des lugvollen 
Beckmesser Hohnmotiv mag hier Aufnahme finden. Doch muB bei der- 
artigen Lugthemen nicht iibersehen werden, daC die Chromatik, die Ver- 
schiebung der Quinten um Halbtone, an dem Zustandekommen solchen 
trugerischen, unverlaClichen Charakters stark beteiligt ist: schnell wechselnde 
Tonart, lugvolle Tonart, lugvolles Wesen. Man betrachte daraufbin: 

Rheingold (Loge) 




usw. 



ebenda 



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-Urs 



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3= 



4»: 



19- 



Fafner: Ge - treu-ster Bru-der, merkst du nun den Be - trug? 
Tristan Meisters (Beckmesser) 




Der „Tan - tris" mit sorgender 

List sich nannte, als Tri - stan Isold ihn 

bald erkannte 



Dubitzky (Ein lustig Stuck) 



usw. 




3>= 






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*3r — ^ ^ — ?- 



col 8 



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usw. 



Abwarts gehende Quintenspriinge sind seit Wagners Preislied in 
den „Meistersingern a besonders in Kantilenen sehr beliebt. Indes — auch 
vor Wagner waren diese Melodieschritte wohlbekannt. Hier einige Belege: 



Bach (Wohlt. Klavier, Fuge 4) 



Clementi (Gradus ad Parn. No. 90) 






Beethoven (Klaviersonate op. 101) 



Rossini (Moses) 



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17* 



260 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 




Meistcrsinger (Preislied) 



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Ss* 



Unter den vorstehenden Notenbeispielen prangt an erster Stelle der 
Name Bach; in des Thoraaskantors „Wohltemperiertem Klavier" stoCen 
wir nicht selten auf eine fur das Fugenthema bedeutsame Quinte. Das 
Hervortreten derselben ist allerdings zumeist auch auf den Umstand zu 
setzen, daO die Quinte in diesen Fugenthemen haufig das groQte Intervall 
darstellt; je groQer aber ein Intervall, desto machtiger ist seine Wirkung. 
Einige Takte aus dem groQen Bach-Werke: 



II. Teil, Fuge 2 



Fuge 3 



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Fuge 5 r 



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Fuge 7 










*K?-~- -fV-P- -*— T— P- 


i^-tf^f-t+^-P-f-ff p-^-? P-h^a 


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Fuge 11 



Fuge 12 



I. Teil, Fuge 8 




usw. 



Franz Liszt bringt in seinem „Christus"-Oratorium folgendes kiihne 
Fugenthema: 
Alio- mosso 



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t=t 



* 



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S 



Christus vin-cit, Christus reg-nat, Cbristus im-pe-rat in sem-pi - ter - na 



Den vier ersten Takten begegnen wir in der Umstellung 2-1-3-4 in 
desselben Meisters ebenfalls „imperatorischem" „ Faust "-Thema in gleicher 
Tonart wieder: 

„Faust"-Symphonie (1. Satz) 




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E3 



DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE 



261 



SchlieQlich sei, nachdem wir der kirchlichen Fuge einen Blick ge- 
gonnt haben, auch dem Choral ein solcher zugestanden. Unter den 
Choralen, die mit dem aufsteigenden Quintenschritt beginnen, zeigen sich: 
„Aus meines Herzens Grunde", .Lobe den Herren, den machtigen Konig 
der Ehren", „Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich", „Erschienen ist der 
herrlich Tag", „Wie schon leuchtet der Morgenstern", ,Valet will ich dir 
geben", „Alles ist an Gottes Segen", „In dich hab' ich gehoffet", „Mit 
Fried und Freud ich fahr dahin", „Kommt her zu mir, spricht Gottes 
Sohn". Mit dem absteigenden Quintenschritt setzt ein: „Aus tiefer Not 
schrei ich zu dir", „Nun sich der Tag geendet hat". 

Der letzte Choral gemahnt mich durch sein „Nun sich geendet hat" 
an das lobliche SchluCwort „Ende". Ich beende also mcine Betrachtungen 
iiber die .Quinte" (. . . War mir's doch, als horte ich jemand meinen 
„SchluC-EntschluC mit dem Ausruf begruQen: 



Fidelio (2. Finale) 



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-zurzmr 



Chor: Heil! 



Heil! 



. . . je nun I) 



DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 

VON DR. GEORG CKUSEN IN TSINGTAU, ZURZEIT IN SHANGHAI 



Der grofie Krieg hat uns vollig auf uns selbst gestellt. Nicht nur 
bei den Feinden, auch bei den Neutralen (wenn es solche iiber- 
haupt noch gibt) findcn wir eine ausgesprochene, meist leiden- 
schaftliche, nicht selten gehassige Abkehr von deutschem Wesen. Wer 
Sinn fur Humor besitzt, kann seine Freude haben an den kindlichen Ver- 
suchen, nachzuweisen, daQ Deutschland auf keinem Gebiete — mit Aus- 
nahme des Militarismus — etwas geleistet hat. Der „Japan Advertiser", 
eine in Tokio in englischer Sprache erscheinende amerikanische Zeitung, 
beantwortete kurzlich im Briefkasten eine Anfrage nach den bedeutendsten 
Mannern auf dem Gebiete der ElektrizitMt; die Antwort enthielt zwolf 
Namen, darunter keinen Deutschen. Nur die deutsche Musik scheint bis 
zu einem gewissen Grade eine Ausnahme zu machen: die Franzosen haben 
nicht aufgehort, fur Wagner zu schwarmen, und in England werden nicht 
nur Handel und Mendelssohn weitergespielt, die dort mehr oder weniger 
als akklimatisiert betrachtet werden, sondern auch Beethoven, Schubert und 
Brahms. 

Das gilt auch ftir die deutsche Musik in Ostasien, oder gait wenigstens 
bis vor kurzem. Vertreten ist sie hier durch die Kapelle des zur Besatzung 
von Tsingtau gehorigen III. Seebataillons und die Musikabteilung des Vereins 
fur Kunst und Wissenschaft in Tsingtau, durch die deutschen Professoren 
der Kaiserlich Japanischen Hochschule fur Musik in Tokio und durch die 
unter deutscher Leitung stehende Stadtische Kapelle in Shanghai. Die 
iibrigen groCen Stadte Ostasiens haben kein Musikleben aufzuweisen, das 
eine besondere ausfuhrliche Erwahnung verdiente; selbst in den GroDstadten 
Kobe, Peking, Hongkong und Hankau beschrankt es sich auf gelegentliche 
Konzerte, deren Programme meist von ansassigen Dilettanten bestritten 
werden, und nur Tientsin und Yokohama nehmen eine Sonderstellung ein. 
Letzteres ist auch musikalisch ein Vorort von Tokio, von dem es in halb- 
stiindiger Bahnfahrt zu erreichen ist, und in Tientsin sorgten bisher gelegent- 
liche Konzerte der Tsingtauer Kapelle in Verbindung mit Frau Elsa von 
Hannekens unermiidlicher Propaganda fur die Erweiterung und Erhaltung 
des Interesses an guter Musik. Frau von Hanneken, eine Schulerin 
Etelka Gersters und selbst eine hervorragende Sangerin, ist auch 
dem deutschen Publikum nicht unbekannt. Was sonst in Ostasien an 
Musik gemacht wird, erhebt sich wohl kaum iiber einen gut gemeinten 
Dilettantismus. 

Uber die Verhaltnisse in Japan habe ich im 1. Heft des I. Jahrganges 
der „Musik u berichtet. Was in Japan an ernsthafter, wertvoller Musik ge- 



CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 263 

leistet wird, beruht auf der Arbeit deutscher Kfinstler. Professor August 
Junker aus Stolberg bei Aachen, von 1899 bis 1912 kiinstlerischer Leiter 
der Kaiserlichen Musikschule, hat nicht nur dieser — in erster Linie der 
Ausbildung von Musiklehrern fiir Schulen dienenden — Anstalt ihre jetzige 
Organisation gegeben und die Schule aus einem kleinem Institut zu einem 
der groOten Konservatorien entwickelt, sondern auch in der von ihm ge- 
grundeten Beethoven-Gesellschaft zum ersten Male regelmafiige Abonnements- 
konzerte veranstaltet, in denen dem schlechten Geschmack keinerlei Kon- 
zessionen gemacht wurden. Die auf seine Veranlassung herangezogenen 
deutschen Kunstler sind auch nach Ausbruch des Krieges in ihren Stellungen 
geblieben, wie ja iiberhaupt die japanische Regierung eine gewisse Ruhe 
bewahrt und z. B. weder die Deutschen in ihrer Gesamtheit aus Japan 
ausgewiesen, noch den Handel mit Deutschen verboten hat. Es sind die 
Herren Scholz (Violine) und Werckmeister (Cello) sowie Frau Hanka Petzold- 
Schelderup (Klavier und Gesang), die, obwohl von Geburt Norwegerin, 
doch nicht nur infolge ihrer Verheiratung mit dem deutschen Schriftsteller 
Fritz Petzold, sondern auch ihrer kiinstlerischen Richtung nach zu uns ge- 
rechnet werden mufl. 

Die offentliche Wirksamkeit dieser Kunstler scheint, wie das nicht 
anders zu erwarten war, durch den Krieg stark eingeschrankt zu sein. 
Immerhin haben sie in dem letzten Konzert der Musikschule, dessen 
Programm vorwiegend deutsch war, mitgewirkt und lebhaften Beifall ge- 
funden. Das hat wohl einen britischen Patrioten zu einem .Eingesandt" 
an die erwahnte amerikanische Zeitung veranlaDt, in dem er es als „german 
insolence" bezeichnet, dafi Angehorige einer Nation von Mordern und See- 
rMubern es wagen, in einem mit Deutschland im Kriege befindlichen Lande 
offentlich aufzutreten, und als bedauerlich, daC ein Mitglied der englischen 
Botschaft dem Konzert beigewohnt habe. Die deutschen Kunstler werden 
sich fiber den Angriff kaum aufregen; denn soweit mir die Verhflltnisse 
in den Fremdenkolonieen Japans bekannt sind, dfirfte der ungenannte Patriot 
selbst von seinen Landsleuten nur den weniger guten Teil hinter sich 
haben. Ich erwMhne den Vorfall, weil ich in deutschen Zeitungen gelesen 
habe, daB in der Heimat von einzelnen den deutschen Dozenten, Lehrern 
und Kunstlern iiberhaupt ein Vorwurf daraus gemacht wird, daB sie nach 
Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Japan im Dienste der 
japanischen Regierung geblieben sind. Diese Kritik wird den tatsachlichen 
VerhSltnissen nicht gerecht. Der Krieg Japans gegen Deutschland ist kein 
volkstiimlicher Feldzug, sondern ein geschaftliches Unternehmen, das auf 
der Grundlage des englisch-japanischen Bundnisses nur moglich geworden 
ist durch das Zusammentreffen einer Reihe von Umstanden. Die machtigsten 
davon sind, daB gleichzeitig der in der auswartigen Politik vollig ungeschickte 
Ministerprasident Graf Okuma einen ganzlich anglisierten, gewissenlosen 



264 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1815 

und auf Augenblickserfolge bedachten Minister des AuCeren (Baron Kato) 
zur Seite hatte, der an die Instinkte des Mob appellierte und damit die 
durch den Genro (die alteren Staatsmanner) und die deutschfreundliche 
Militarpartei vertretenen ruhigen Elemente kaltstellte. Jetzt ist der Katzen- 
jammer langst da, der Sturz des Ministeriums Okuma ist nur noch eine 
Frage von Monaten, und nach Niederwerfung unserer europaischen Feinde 
wird es nur von Deutschland abhangen, ob die freundschaftlichen Beziehungen 
zu Japan wieder aufgenommen werden sollen. Unter diesen — bei Beginn 
des Krieges schon vorauszusehenden — Umstanden ware es falscb gewesen, 
die bisher in den HSnden von Deutschen beBndlichen Stellungen obne Not 
Angehorigen feindlicher Nationen zu iiberlassen, die naturgemaB mit mehr- 
jahrigen Vertragen angestellt und schon aus praktischen Grunden nicht so 
leicht zu beseitigen gewesen waren. 

Die Kapelle des III. Seebataillons bat als Teil der in Tsingtau 
tatig gewesenen Rote-Kreuz-Organisation am 5. Juni die Ruckreise nach 
Deutschland auf dem Wege uber Amerika angetreten. Damit ist ihre mehr 
als funfzehnjahrige, an Arbeit, aber auch an Erfolgen reiche Wirksamkeit 
in Ostasien zu einem, wenn auch hoffentlich nur voriibergehenden, AbschluD 
gebracht. Die Urgeschichte der Kapelle ist in mystisches Dunkel getaucht, 
dessen Erhellung hier nicht versucht werden soil. Ihre eigentliche Geschichte 
beginnt im Friihjahr 1903 mit der Ankunft des noch sehr jungen, aber 
energischen und tiichtigen damaligen Stabshoboisten O. K. Wille. Als er 
kam, werden ibm zuweilen die Haare zu Berge gestanden haben, denn es 
gab wohl kaum eine schlecbtere Bataillonskapelle; jetzt beim Scheiden kann 
er mit Stolz behaupten, daC es nicht viele gleichwertige oder gar bessere 
geben wird. Allerdings ist sie im Laufe der Jahre uber den Rahmen einer 
Bataillonsmusik erheblich hinausgewachsen; denn Herr Wille hat es ver- 
standen, fur seinen Plan, mit Hilfe eines leistungsfMhigen deutschen Or- 
chester fur das Deutschtum in Ostasien Propaganda zu machen, die Unter- 
stutzung seiner Vorgesetzten, der Gouverneure v. Truppel und Meyer- Waldeck, 
zu gewinnen. So zahlte die Kapelle anstatt der friiheren 18 zuletzt uber 
40 Mitglieder und besaC die erforderlichen Instrumente (Harfe, Englischhorn, 
BaQklarinette, Kontrafagott), um auch moderne Musik vorfuhren zu konnen. 

Uber die Tatigkeit der Kapelle im einzelnen habe ich in der „ Musik" 
regelmaBig berichtet und mochte mich hier nicht wiederholen. Schon ein 
Vergleich der Programme aus den ersten Jahren mit denen aus der letzten 
Zeit beweist die erreichten Fortschritte. Um das mit ernsthafter Musik 
noch wenig vertraute, aufierdem in der jungen Kolonie noch wenig zabl- 
reiche Publikum heranzuziehen, mufiten anfangs unter der Firma „Symphonie- 
konzert" ziemlich bunte Programme aufgestellt werden. In den letzten Jahren 
dagegen gab es fur Liebhaber leichter Musik populare Konzerte nach dem 
Muster der Berliner Philharmonischen, fur Freunde ernster Kunst aber jeden 



CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 265 

Winter 6 bis 10 Symphoniekonzerte, deren Programme es vielfach mit denen 
groCer heimischer Konzertinstitute aufnehmen konnten. Sogar mit Neuauf- 
fuhrungen lebender Komponisten batten wir es recht gut: Kaun, Sibelius, 
Humperdinck, Borodin, Weingartner,"Boehe, Suk, Schillings, urn nur einige 
Namen zu erwahnen, sind in Tsingtau rechtzeitig zu Wort gekommen. Und 
wenn auf den Programmen der Name Richard StrauG fast ganzlich fehlt, so 
liegt das nicht an Herrn Wille, sondern daran, daO dieser Kunstler — oder 
sein Verleger? — seine Werke nur zu Preisen zur Verfugung stellen wollte, 
die fur Ostasien unerschwinglich waren. Denn leider hielten mit den kunst- 
lerischen Erfolgen dieser Konzerte die materiellen nicht annahernd Schritt. 
Vielen war diese Art der Kunst zu ernst; manche blieben auch in echt 
deutscher Eigenbrodelei fort, weil die Programme ihnen zu klassisch oder zu 
modern, oder ich weiB nicht, was sonst noch, waren; das groOte Hemmnis 
aber war die in Ostasien grassierende offizielle Geselligkeit, die nicht etwa 
zu verwechseln ist mit der echt deutschen Gastlichkeit, sondern zur Pflicht 
erhoben und, mit einem gramlichen Ernst betrieben, fiber Leichen schreitend, 
alien vernunftigen, nicht materiellen Bestrebungen hindernd in den Weg 
tritt. So haben jahrelang in einem Orte, in dem wandernde englische 
Operettengesellschaften fun f ten Ranges vor 500 Leuten mit einem Orchester 
von 8 Mann einen kfimmerlichen Auszug aus der „Lustigen Witwe" auf- 
fiihren konnten, die Symphoniekonzerte der Kapelle vor einem Stamm- 
publikum von 60 bis 80 Horern stattgefunden und nicht nur nichts einge- 
bracht, sondern Zuschusse erfordert. DaQ sie trotzdem immer durch wochen- 
lange Proben auf das sorgfal tigste vorbereitet war en und mit einem Enthusiasmus 
dargeboten wurden, zu dem der leere Saal in melancholischem Gegensatze 
stand, spricht fur den Idealismus des Dirigenten und den guten Geist, den 
er seinem Orchester einzuflofien verstanden hat. Das muQ um so mehr 
anerkannt werden, als die Musiker auch durch Tatigkeit auQerhalb des Konzert- 
saales in dem kleinen und sehr teuren Tsingtau nicht soviet verdienen konnten, 
wie die Mitglieder der deutschen Militarkapellen. Der Wechsel im Personal, 
von dem ein Teil auch aus klimatischen Griinden frtihzeitig nach Deutschland 
zuruckkehren muB, war daher unerfreulich groD, und nicht selten wechselte im 
Fruhjahr fast die Halfte der Mitglieder, so daC alle Werke mehr oder weniger 
neu einstudiert werden muBten. Einen Ersatz fur die geringere Anteilnahme 
der Tsingtauer fanden Kapelle und Dirigent bei den regelmMQigen jahrlichen 
Gastspielreisen nach Shanghai, Tschifu, Tientsin und Peking, wo sie von 
vorneherein eines begeisterten Empfanges und voller Sale sicher sein konnten. 
Wenn auch in Tsingtau selbst die dort ansassigen Auslander und die zahl- 
reichen durchreisenden Nichtdeutschen Gelegenheit gehabt haben, die Kapelle 
zu horen, so haben doch noch mehr diese Konzertreisen zur Propaganda 
fur deutsche Musik beigetragen, und Herr Musikmeister Wille konnte die 
Heimreise mit der Gewiflheit antreten, seine Aufgabe gelost zu haben. 



266 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

Dem „ Verei n fur Kunst undWissenschaft" war naturgemSD 
eine derartige Wirksamkeit auQerhalb des deutschcn Schutzgebietes nicht 
vergonnt. Gegriindet im Sommer 1906, hat er in den acht J ah r en seiner 
TStigkeit versucht, durch seine drei Abteilungen (fur dramatische Kunst, 
fur Musik, fur Wissenschaft und bildende Kunst) Interesse und Verstandnis 
fur diese Gebiete zu erwecken. Uber die Arbeit der mir unterstellten 
musikalischen Abteilung sind die Leser der „Musik" durch meine fort- 
laufenden Berichte orientiert. Nur an einige Veranstaltungen groBerer 
Art mochte ich hier erinnern: das Eroffnungskonzert im Sommer 1906 
unter Mitwirkung der (damals in Abwesenheit des Herrn Wille) von Prof. 
August Junker aus Tokio geleiteten Bataillonskapelle, die Opern-Auf- 
fiihrungen („Zar und Zimmermann", ^Joseph in Agypten", B Verlobung bei 
der Laterne"), die Vorfuhrung groBerer Chorwerke, wie ^Requiem" von 
Cherubini und von Mozart, „Paradies und Peri", „Schopfung", B Jahres- 
zeiten", Robert Kahns „Sommerabend", „Erlkonigs Tochter" von Gade, 
der erste Teil der „Matthaus-Passion", Mendelssohns „Walpurgisnacht", 
ferner — in den Konzerten der Bataillonskapelle — Beethovens Chor- 
phantasie und Webers „Preciosa"-Musik. Daneben fanden zahlreiche Kirchen- 
konzerte, Lieder-, Klavier- und Kammermusik-Abende, sowie Konzerte mit 
gcmischtem Programm statt, viele davon unter Mitwirkung der Kapelle. 
Als der Krieg ausbrach, hatte der dem Verein angegliederte Geniischte 
Chor die fur die kleine Kolonie stattliche Anzahl von 75 Mitgliedern er- 
reicht und als letztes Konzert vor der Sommerhitze das XXVIII. (Auf- 
fuhrung der .Jahreszeiten") stattgefunden. Die beispiellosen Erfolge der 
deutschen Waffen berechtigen zu der Hoffnung, daC wir nach dem Frieden 
imstande sein werden, im wieder deutsch gewordenen Tsingtau unsere 
Bestrebungen wiederaufzunehmen ; aber es wird ein Anfang von vorne 
an sein miissen und lange dauern, bis der jetzige Stand wiedererreicht 
sein wird. 

Vor einer ahnlichen gewaltsamen Unterbrechung ihrer kunstlerischen 
TStigkeit ist die StHdtische Kapelle in Shanghai bisher bewahrt 
geblieben. Auch sie verdankt alles, was sie leistet, der Energie und der 
hohen kunstlerischen Befahigung ihres jetzigen Leiters, Prof. Rudolf Buck, 
den deutschen und speziell den Berliner Musikfreunden wohlbekannt als 
langjahriger Kritiker der Berliner „Neuesten Nachrichten" und als Schopfer 
wertvoller Lieder nach Texten von C. F. Meyer, Uhland, Liliencron u. a. m. 
Auch er fand haarstraubende Zustande vor, als er Ende 1906 in Shanghai 
ankam, und hat daruber in Nr. 40 der (friiher LeQmannschen) „ Allgemeinen 
Musikzeitung" vom 30. September 1910 amiisant geplaudert. Die .Public 
Band", wie sie offizicll heiBt, steht im Dienste der Stadtverwaltung der 
Internationalen Niederlassung von Shanghai, eines Gebildes, deren staats-, 



CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 267 

volker- und verwaltungsrechtliche Stellung meincn juristischen Fachgenossen 
hochst interessante Probleme liefert. Im Frieden besteht sie aus 35 Mu- 
sikern, namlich 14 Deutschen und 21 Tagalen aus Manila, d. h. an jedem 
Instrument wirkt mindestens ein Deutscher, der von einem oder mehreren 
Manilaleuten unterstutzt wird. Diese Tagalen sind in Ostasien wegen 
ihrer musikalischen Begabung bekannt, die sie zur schnellen Erwerbung 
tecbnischer Fertigkeiten befahigt, wahrend sie wenig Initiative und Emp- 
findung haben. 

Die offentliche Tatigkeit der Kapelle zerfallt in zwei verschiedenartige 
Zweige. Im Sommer hat sie fast taglich, teils in einem der beiden offent- 
licben Parks, teils auf dem Rennplatz Promenadenkonzerte zu veranstalten, 
die naturlich leichter Musik gewidmet sind und auch nicht von dem Diri- 
genten, sondern vom Konzertmeister geleitet werden. Im Winter dagegen 
findet jeden Sonntag von 4 J / 2 bis 6 Uhr in der „Stadthalle" ein ernstes 
Konzert statt, und diese Konzerte sind es, die einen Ktinstler veranlassen 
konnen, die Dirigentenstelle trotz mancherlei sonstiger Schattenseiten als 
Lebensaufgabe zu betrachten. Sie haben namlich das Eigenartige, daO ihr 
Besucb vollig unentgeltlich ist; selbst die in Deutschland bei Gratis- Ver- 
anstaltungen iibliche Form der Schropfung durch ein hohes Garderobengeld 
fallt hier weg. Die sehr bedeutenden Kosten der Unterhaltung der Kapelle, 
die sich auf 55000 Taels, gleich etwa 150000 Mk., jahrlich belaufen, werden 
bis auf einen kleinen Beitrag der benachbarten franzosischen Niederlassung 
von den Steuergeldern der Internationalen Niederlassung getragen. Und 
diese sind, was weiter bemerkenswert ist, zu etwa drei Vierteln Englander, 
die Stadtverwaltung selbst sogar fast ganz englisch. Und diese englische 
Stadtverwaltung hat auch nach dem Kriege der Kapelle ihr voiles Interesse 
bewahrt und ihre Tatigkeit in jeder Weise gefordert, nicht ohne dafiir von 
einzelnen weniger hochstehenden Englandern in der Presse angegriffen 
worden zu sein. In einer Zeit, die so wenig Gelegenheit gibt, von 
unserem Hauptfeinde Gutes zu sagen, verlangt die Gerechtigkeit diese 
Feststellungen. Sie sollten den deutschen Stadten Gelegenheit geben, 
daruber nachzudenken, ob nicht ahnlicbe unentgeltliche Konzerte auch 
in Deutschland moglich sind. An aufmerksamen und dankbaren Horern 
wird es ihnen, namentlich wenn die Konzerte ebenfalls am Sonntag- 
nachmittag stattfinden, ebensowenig fehlen, wie der Stadtischen Kapelle 
in Shanghai. Freilich mussen sie einen Leiter haben, der neben den 
notigen musikalischen Vorbedingungen auch den Takt und das Geschick 
besitzt, sein Publikum heranzuziehen und zu fesseln. Als Prof. Buck 
sein Amt antrat, war die Kapelle jahrelang in den Handen eines 
italienischen Maestro gewesen, der sich anscheinend seine Arbeit leicht 
gemacht hatte; die Sonntagskonzerte waren ein beliebter Tummelplatz 
fur chinesische Kindermadchen mit ihren europaischen Schutzbefohlenen. 



268 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

Heute ist Kindern unter zehn Jahren der Eintritt nicht gestattet und der 
Saal bis auf den letzten Platz besetzt von etwa tausend Horern, die lautlos 
den Darbietungen folgen. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt zunachst 
in der Riicksichtnahme auf die Wiinsche des hiesigen, aus Angehorigen 
alter Nationen zusammengesetzten Publikums. Die Programme bestehen 
gewohnlich aus vier oder fiinf Nummern, einer Symphonie oder Suite, 
einer Ouvertiire und einigen zur besseren Salonmusik gehorenden Werken. 
Kunstlerisch Wertloses ist ausgeschlossen oder wird doch wenigstens nur 
ganz selten in der Form der hier beliebten Opern-Phantasieen geboten. 
Diese Art von Programmen liebt das hiesige Publikum; fur die ganz 
hohe Kunst ist nur ein kleiner Bruchteil reif; Bach, Gluck, Beethoven, 
Brahms, Hugo Wolf fehlen deshalb fast ganz, und auch Mozart und Schubert 
erscheinen nur selten auf den Programmen. Einen groCen Raum nehmen 
ein Tschaikowsky, Saint-Saens, Schumann, vor allem aber Liszt und Wagner. 
Haufig stellen hiesige Kiinstler und Musikfrende als Solisten ihre KrSfte 
in den Dienst der guten Sache; so horten wir in diesem Winter die aus- 
gezeichnete norwegische Sangerin Frau Thue, verschiedene Pianistinnen 
(Magda von der Leithen, Frau Powell, Frau Cochrane) und die tuchtige 
englische Geigerin Alice Machod. Die Vorfuhrungen selbst stehen auf 
bedeutender Hohe; Prof. Buck ist ein feinfuhliger Dirigent und er versteht 
es meisterhaft, die verborgenen Schonheiten einer Partitur ans Licht zu 
bringen. Was dem Orchester zurzeit fehlt, ist der voile Klang des Streich- 
orchesters; die Manila-Musiker haben wenig Ton, und fiinf der deutschen 
Streicher, darunter der tuchtige Konzertmeister Millies, sind in Japan 
kriegsgefangen. 

Auch auf anderen Gebieten hat Prof. Buck anregend gewirkt. Er 
ist Leiter des kleinen, aber gut disziplinierten Deutschen Mannerchors 
und hatte vor dem Kriege einen Versuch gemacht, neben den Sonntags- 
konzerten abendliche Abonnementskonzerte der Kapelle einzufuhren, in 
denen auch Solisten auftreten und Chorwerke aufgefiihrt werden sollten. 
Wenn es gelingt, diese Bestrebungen nach dem Kriege wieder aufzunehmen, 
so ware damit ein Ersatz geschaffen fur die Konzerte des leider ein- 
gegangenen Deutschen Konzert-Vereins. DaO dieser mit einem ausge- 
zeichneten Programm gegrundete Verein sich aus Grunden, die mit Musik 
wenig zu tun haben, nur einige Jahre hat halten konnen, ist im Interesse 
des Deutschtums lebhaft zu bedauern; denn er hatte auf dem Gebiete der 
Propaganda fur gute Musik eine ausgezeichnete Erganzung der Bestrebungen 
der Kapelle bilden konnen. Zurzeit besteht an ernsten Musikvereinigungen 
nur noch die ..Shanghai Chamber Music-Society", in der, wenn auch meist 
von Nichtdeutschen ausgefiihrt, die deutsche Kammermusik einen breiten 
Raum einnimmt. 



CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 269 

Was nach dem Frieden werden wird — wer kann es heute sagen! 
DaO die hiesige Kapelle in ihrer jetzigen Zusammensetzung erhalten bleibt, 
ist wahrscheinlich. In Tsingtau, iiber dem hoffentlich bald wieder die 
deutsche Flagge went, werden wir von vorne anfangen mussen und Jahre 
gebrauchen, urn dahin zu kommen, wo wir bei Ausbruch des Krieges waren. 
Aber an dem guten Willen dazu wird es nicht fehlen, wenn nur die maD- 
gebenden Instanzen in Deutschland bereit sind, die auCeren Mittel dazu 
zur Verfiigung zu stellen. 



LIEDER VON MOUSSORGSKY 1 ) 

VON ALEXANDER JEMNITZ IN BUDAPEST 



Der Verlag Peters hat zum erstenmal eine eine Ubersicht gestattende 
groBere Auswahl der Licder (zwolf) in nur deutscher Sprache er- 
scheinen lassen. Die Vorzuge solcher eintextigen Liederausgaben 
sind ersichtlich, denn sie gewinnen an Lesbarkeit, sowohl der Worte, als 
durch Vermeidung der hieroglyphisch hinauf- und hinuntergefiihrten Noten- 
kopfe auch der Noten. 

Die vier ersten Lieder gehoren einem Zyklus „Lieder und Tanze des 
Todes" an, dessen Verfasser A. Golenischtschew-Kutusow ist. Soweit sich 
so etwas nach der Ubersetzung beurteilen laCt, machen die Gedicbte keinen 
kiinstlerischen Eindruck. Sie bleiben ganz im Stofflichen stecken und er- 
heben sich nicht zur Ausgestaltung der Idee. Da sie sich ausschlieQlich 
symbolistischer Mittel bedienen, wirken sie farblos und erreichen nicht 
die beabsichtigte Anschaulichkeit, koramen aber durch ihre wirksamen 
Situationen und deren Moglichkeiten dem Komponisten sehr entgegen. 

Das erste Gedicht heifit „Trepak". Ein Winterbild. Ein Bauer 
kommt durch die nachtliche Schneelandschaft; er ist schwer betrunken. 
Seine Mudigkeit und sein Bediirfnis, sich etwas auszuruhen, dessen Be- 
friedigung mit sicherem Tode droht, wird personifiziert: der Tod erscheint 
ihm und lockt ihn zu kurzer Rast. Ein d-moll Thema, ein echt russisches 
Motiv, wird fortwahrend wiederholt und nur die Situation charakterisierend 
variiert. Es erhebt sich, den Sturm der Schneeflocken malend, iiber 
chromatische ZweiunddreiBigstelgange, die auf eine Sechzehntelbewegung 
zuruckgehen, um sich schlieBlich auf Achtel-Triolen zu beruhigen. Die 
Verfuhrung des Todes wird immer suggestiver, der Bauer erliegt ihr, mit 
leeren Quinten klingt das Lied aus. — Gleich bei dieser ersten fliichtigen 
Bekanntschaft mit dem Schaffen Moussorgsky's packt einen seine hervor- 
ragende Charakterisierungsgabe. Sie wirkt zwar im Gesamtbild oft etwas 
erkliigelt und durchaus reflexionsgeboren, doch immer derartig unzweideutig 
und pragnant, daC sie jeglichen Vorwurf zum Schweigen bringt. Das Ge- 
dicht schiebt sich, wie in den meisten Liederschopfungen Moussorgsky's, 
unter seiner Hand auseinander, es weitet sich zusehends und wird zu einer 
dramatischen Szene voller Farbe, Kraft und Wirklichkeit. 

Das zweite Lied ist ein B Wiegenlied". Die Mutter sitzt bei ihrem 
schwerkranken Kind. Doch der Tod will es besser warten und verspricht 
seine Schmerzen eher zu lindern. Nach einer dusteren Einfiihrung in 



') Dieser Artilcel ist vor Ausbruch des Krieges angenommen worden. Da wir 
„Barbaren" nicht mit toten Komponisten feindlicher Volker Krieg fuhren, tragen wir 
kein Bedenken, die Studie von Alexander Jemnitz zu veroffentlichen. Red. 



JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 271 

fis-moll, in der die Stelle ,Da in des Morgenscheins dammerndem 
Grauen ..." mit dem lydisch erhohten His von groBer Wirkung ist, werden 
in dem sich nun zwischen Mutter und Tod entwickelnden Zwiegesprach 
die beiden musikalisch scharf unterschieden und gegeniibergestellt. Wahrend 
die Stimme der Mutter groBtenteils rezitativisch gefuhrt wird, erhalt der 
Tod zwei melodisch sehr eindringliche Motive, das eine fiir die Mutter 
(„Hast zu erschrecken nicbt not") sich von fis-moll nach A-dur wendend, 
ruhig und majestatisch, das andere furs Kind („Schlafe, mein Kind, schlafe 
ein") mit Schlufl in a-moll, einscbmeichelnd und weich, das eigentliche 
Wiegenthema. Die Mutter erfaBt die Angst, sie beschwort den Tod, sich 
zu entfernen; ihre Rezitative werden immer erregter, bei „Wehe, hab' 
Mitleid" steigern sie sich zu leidenschaftlichen Sekundenfortschreitungen, 
die gut erfunden sind. Doch ihr Flehen bleibt vergebens, der Tod hat 
dem Kinde Erlosung gebracht. Als Gegensatz zur Verzweiflung der Mutter 
kann vom Sanger am SchluB durch das Herausarbeiten der verklarten 
Friedensstimmung am Lager des gestorbenen Kindes eine Versohnung und 
dadurch der Figur des Todes ein neuer, milderer Zug gegeben werden, 
durch den sein Bild belebt und die Typisierung der Lieder vermieden 
werden wiirde, was namentlich fur Gesamtauffuhrungen von Vorteil ware. 
— So knapp und vorziiglich auch die Mittel des Komponisten sind, werden 
in diesem Liede auch schon seine Mangel augenfallig. Die Rezitative der 
Mutter sind thematisch willkurlich und zusammenhanglos aneinander gereiht, 
anstatt auseinander entwickelt zu sein. Die beiden Motive des Todes 
werden mit kleinen oder gar keinen Veranderungen fortwahrend wiederholt, 
sie wachsen nicht im weiteren Verlauf. Die Einfalle sind hervorragend, 
aber die Technik des Komponisten ist mangelhaft, er weiB mit ihnen 
nichts anzufangen. Er wiederholt die Gedanken oder lSBt sie fallen und 
bringt etwas Neues. Das ist ein untriigliches Zeichen des Dilettantismus. 
Moussorgsky ist reich an Phantasie und Erfindung, doch es fehlt ihm am 
Konnen zu deren wirklicher Verwertung. 

Es folgt das „Standchen", das der Tod als Liebhaber vor dem Fenster 
eines kranken Madchens singt. Eine das Gitarrenzupfen nachahmende 
Bewegung begleitet das etwas flach geratene Standchenthema in es-moll, 
das leider wieder viel zu oft gebracht wird. Bei den Worten „dein Bestes 
im Sinn" findet sich eine durch harmonische Erweiterung des vorher- 
gehenden Taktes erreichte wohlklingende Wendung nach einem Des-dur 
Nonenakkord. Der Werbegesang wird immer hypnotischer, der Ton er- 
stickt in unterdruckter Glut: sanft, die Sinne betaubend, schleicht der Tod 
heran und lost ein restloses Sich-Aufgeben aus. Um diesen eigentlichen 
symbolischen Gehalt des Liedes dem Horer naher zu bringen, bedarf es 
hier der zartesten erotischen Farben im Vortrage. „ Welch Gluck", flustert 
der Tod in ersterbendem Pianissimo, die Musik ist hier stark empfunden, 



272 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

aber zu mangelhaft gestaltet — und plotzlich, mittelalterlich grotesk, der 
Triumphschrei: „Du bist mein!" 

Als letztes Lied in dieser Reihe steht der „Feldherr". Eine Schlacht 
geht zu Ende. Der musikalische Gehalt dieser Einleitung ist schablonen- 
haft. Dann wird es still, und auf dem mit Gefallenen iibersaten Felde 
erscheint der Tod. Zu den Klangen des polnischen Nationalliedes — 
diese Gedankenverbindung, obgleich unkiinstlerischen Motiven entspringend, 
ist von ergreifender Wirkung — versammelt er die leblosen Scharen und 
laBt sie an sich vorbeidefilieren. Dieses Lied ist jeder Weichlichkeit bar 
und stromt groCe Kraft aus: hier steht der Heldentod. Auffallen muB, 
daB die Stimmlage ganzlich von der bisherigen verschieden ist. Wahrend 
sie sich in den vorhergehenden Liedern nicht iiber das zweigestrichene 
D erhoben hat und einen ausgesprochen mittel-tiefen Charakter tragt, 
roacht sie jetzt durch fast ausschlieBIiche Anwendung der hoheren Mittel- 
lage einen zweifellos tenoralen Eindruck. Es hangt dies mit dem heroisch 
gefaBten Entwurf zusammen und ist darum bemerkenswert, weil die Aus- 
nutzung der Stimmlagen zum Zweck einer Charakterisierung bei Moussorgsky 
sonst selten ist. Auch fur die folgenden Lieder ist es bezeichnend, daD 
er in Zwiegesprachen Kinder und altere Personen in derselben Stimmlage 
singen lSBt, daB sich aber die beiden Stimmen durch Art ihrer Fiihrung 
und durch ihren musikalischen Gehalt trotzdem vollkommen voneinander 
unterscheiden. Und dies ist auch das im eigentlichen Sinne kiinstleriscb 
angebrachte Mittel, das der stets SuBerlich wirkenden Art des anderen 
weit iiberlegen ist. 

Wie Bilder ziehen die vier Szenen an einem voriiber, der Vergleich 
mit Holbein drangt sich unwillkurlich auf. Die Ahnlichkeit der Welt- 
anschauung des Malers und Musikers fiihren ihn herbei. Beide fuhlen 
sich unwiderstehlich vom Todesgedanken angezogen, der den Schwerpunkt 
ihrer Vorstellungen bildet, fassungslos bestaunen sie die unendlich mannig- 
faltigen und ewig gleichen Erscheinungen des Vergehens. Beide bedienen 
sich derselben Darstellungsweise und symbolisieren den Tod mit den kon- 
kretesten Mitteln. In letzterer Zeit hat es Maeterlinck sehr wirkungsvoll 
mit den entgegengesetzten versucht. Die Mittel sind eben das zeitlich und, 
man mochte fast sagen, auch ortlich Bedingteste in der Kunst. Wie 
Holbein in Deutschland nur zu seiner Zeit, so war Moussorgsky zu seiner 
Zeit nur in RuBland moglicb. — Was den Charakter der Musik Moussorgsky's 
kennzeichnet, ist ihre engste Anlehnung an die Dichtung. Sie ist das 
freiwillig dienende, weibliche Element, ganz im Sinne Wagners. Dieser 
unbedingte AnschluB hat aber seinen sich deutlich merkbar machenden 
Nachteil: die Musik nimmt den inneren Rhythmus der Poesie an. Treibt 
dieser vorwarts, geht die Musik mit, meistens zu gegenseitigem Nachteile, 
da sich die beiden Bewegungen nur in den seltensten Fallen harmonisch ver- 



JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 273 

binden konnen, ihre Wirkung gegenseitig beeintrachtigen, und, wird diese Ver- 
bindung erreicht, sich gegenseitig uberfliissig tnacben. Halt dieser innere 
Rhythmus an oder setzt gar zeitweise aus, was sich bei lyrisch ausbreitenden 
Stellen oft nicht vermeiden laflt, bleibt die Musik ebenfalls zuriick, anstatt 
gerade da einzusetzen und auszugleichen. Die bisher besprochenen Lieder 
sind samtlich Beispiele dafiir. Wo es sich urn flieDende, balladeske Stellen 
handelt, wie das Zwiegesprach im „Wiegenlied B , ist auch die Musik ziel- 
bewuBt und straff gefiihrt, wahrend sie bei stagnierenden Stellen, wie dem 
Werbegesang im „Standchen a oder der Ansprache im „Feldherr" sich 
planlos in Verlegenheitskunsten ergeht. — Das Kunstlied derart entwickeln 
zu wollen, daC man seine beiden Elemente den gleichen Gesetzen unter- 
stellt — die eigentlich immer nur dem einen Gesetz, dem anderen will- 
kiirlichen Zwang bedeuten — ist aussichtslos, denn die Vorbedingungen 
sind trotz der nahen Verwandtschaft der beiden Kiinste unuberbruckbar 
verschieden. Viel ist da durch die Ubertragung der Theorie Wagners von 
der Oper auf das Lied gesiindigt worden. Blicke man doch stets und 
immer wieder zu unseren reinsten Liedwirkungen, zu den Volksliedern, 
zuriick. Welch heterogene Komponenten werden da oft zusammengefiihrt, 
wie sehr folgen sie doch ihren innersten und eigensten Gesetzen, und 
was fur vollkommene Zusammenwirkungen ergeben sich dennoch! Der 
Gesamtstimmungsgehalt ist hier auf beiden Seiten der gleiche. DaC er 
von Satz zu Satz mit Takt um Takt symmetrisch ubereinstimme, wird bier 
niemals gefordert. Gerade das selbstandige Sichausleben beider Teile nach 
eigenen Voraussetzungen, Bedurfnissen und Vorzugen zeitigt ihre in sich 
abgeschlossene Ganzheit. 

Wenn man sich der zweiten „Aus der Kinder s tube" benannten Gruppe 
zuwendet, wird man gleich vom veranderten Notenbild uberrascht, das auf 
eine bedeutend spatere Entstehungszeit dieser Kompositionen schlieOen laCt. 
Der Griiblergeist Moussorgskys, der unverkennbar schon aus seinen friiheren 
Schopfungen weht, wagt sich in ihnen vorurteilslos an Prinzipienfragen 
der Harmonielehre heran. Auffallend ist der haufige Gebrauch des 
Dominantnonenakkords mit erhohter Quinte, aus der sich aller Wahr- 
scheinlichkeit nach die Ganztonleiter Debussy's entwickelt hat. Seine Art 
und Weise ist aber unsystematisch; neben fesselnd interessanten Takten 
stehen gleich die unbeholfensten angereiht, und dieser haufige Wechsel 
macht oft den Eindruck der Zerfahrenheit und Stillosigkeit, deren Grund 
wieder in einer mangelhaften musikalischen Grundbildung zu suchen ist. Dies- 
mal ist Moussorgsky, wie bei seiner groCen Oper „ Boris Godounow", sein 
eigener Textdichter gewesen. Ohne besondere poetische Qualitaten aufzu- 
weisen, Ziehen diese kleinen Genrebilder durch ihren psychologischen Gehalt 
die feine und seelenvolle Beobachtung der Kinderseele an, deren Tonfall 
nicht nur in den Worten, sondern auch in der Musik einen fast uniiber- 

XIV. 24. 18 



274 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

troffenen Schilderer hier gefunden hat. Trotz des groCen Aufwandes von 
harmonischen und rhythmischen Mitteln — oder vielleicht gerade durch 
sie erreicht er einen niedageweseoen, wirklich kindlichen Ausdruck. Denn 
das naiv-primitive Kindergemut vertragt und verlangt darum aucb starke 
Reize. Wie eine rote Farbe, wenn sie auf Kinder wirken soli, nicht rot 
genug gehalten sein kann, so kann ein dissonierender Akkord, wenn's der 
Zweck erheischt, fur sie nicht dissonant genug sein. In jedem Kinder- 
bilderbuch wird dem Rechnung getragen, nur fiber die Kindermusik 
herrscht die entgegengesetzte Ansicht, und alles ist bestrebt, sie moglichst 
zu verwassern. Diese Lieder allein mfiQten genugen, um dem ungluck- 
lichen Aberglaubenein Ende zu machen, der von „schlichten" Kinderliedern 
faselt, ohne sich fiber diese Forderung Rechenschaft zu geben. Es ist die 
Erfindung unfahiger Komponisten, die ihre blassen Langweiligkeiten, fur 
die sie auf keine andere Weise Verwendung finden konnen, unter dieser 
Schutzmarke zu bergen versuchen. Die B SchIichtheit a ist nacbgerade zum 
bewahrtesten Freihafen geworden. Wenn eine allzu belanglose Harmlosig- 
keit auf gar keinen Anklang rechnen kann, wird sie zum B Kinderlied" 
gemacht, und Verleger und Publikum sind abgefunden. Kinder baben ja 
diesbezfiglich nichts zu sagen. 

„Mit der Njanja" ist das erste der sieben Lieder dieser Reihenfolge. 
Das Kind bittet die alte Amme um ein Marchen, kann sich aber unter 
seinen Geschichtchen gar nicht fur dasjenige entscheiden, das es gerade 
am liebsten horen mochte. Ob das vom bosen Wolf, „wie er um das 
Haus im Dunkeln schlich", oder das vom Konig, der lahm war, und seiner 
Frau, die stets den Schnupfen hatte. Die Musik untermalt alles auf kuhnste 
und doch immer drollige und unmittelbare Weise, bei der groCen Beweg- 
lichkeit des Textes ist sie in ihrem eigensten Element. Die Ffihrung der 
Singstimme ist dem Geplauder des Kindermundes abgelauscht und alles 
von einer musterhaft stilisierten Knappheit und PrSgnanz, die den Eindruck 
auf das Kindergemut nicht verfehlen kann. Es sind eben echte und nicht 
auf Voraussetzungen beruhende Wirkungen, mit einem Wort — es ist ein 
echtes Kinderlied. 

Es folgt „Im Winkel", das kostlichste Kindergeraunze, das in Noten 
festgehalten worden ist. Mit starken dynamischen Wechseln, eigensinnigen 
Sforzati bis zum belustigend-bemitleidenswerten SchluD „siehst dul" gibt 
es auf die ergotzlichste Art das GequMngel wieder, das die Kleinen mit ihrem 
Schicksal hadernd in solchen Fallen aufzufuhren pflegen. Harmonisch ist 
das Stfick durchaus einfach gehalten und steht ganz in F-dur. Der Passagen- 
gang der ersten beiden Takte enthalt nur die Akkordtone des dritten Takts, 
die des Septimenakkords siebenter Stufe mit vertiefter Terz und Septime. 
Er gibt das musikalische Material fur den ersten Teil ab, wahrenddem die 
Amme schilt. Die Durchgangsnote As des Anfangs wendet sich schon im 



JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 275 

vierten Takt nach A und laCt das F-dur deutlicher hervortreten, bis es beim 
Obergang zum zweiten Teil zur reinen F-dur Wirkung kommt, die bis zum 
Schlusse anhalt. Der Vorhalt vor dem Grundton, der hier den Dreiklang 
zu verschleiern sucht, wird im weiteren Verlauf motivisch ausgenutzt. 
Sogar die den scheinbar harmonisch komplizierten AbschluB bildenden 
vierzehn letzten Takte bestarken nur die herrschende Tonalitat: die kleine 
Terz der sechsten Stufe, D-F, senkt sich chromatisch iiber Cis-E und C-Es 
bis B-D, wobei es noch den bubschen Vorhalt H-Es abgibt. Auf der auf 
diese Weise erreichten vierten Stufe wird ein zweitaktiges Motiv gebracht 
und wiederholt, worauf die Wendung nach der Dominante C erfolgt. Also 
I V.- V.! Nach einem zweitaktigen Orgelpunkt auf der Dominante schlieOt das 
Stuck, noch chromatisch die zweite Oberdominante beruhrend, von der 
Dominante zur Tonika, also vollkommen kadenzenmafiig IV-V-I. DaO sich 
hier noch ein Des-dur Akkord einscbleicht, ist fur den eigentlichen 
harmonischen Verlauf ganz ohne Bedeutung, er kommt hier als Tonart 
nicht in Betracht, er ist lediglich Farbe, die aufgesetzt wird, um die ein- 
fache Struktur zu beleben und zu verwischen, Er ist in seiner Allein- 
wirkung viel zu schwach, um sich dem herrschenden F-dur gegenuber 
behaupten zu konnen, er geht in ihm unter und lost sich als sein Bestandteil 
auf. Der starke modulatorische Zug unserer heutigen Musik hat anstatt, 
wie befurchtet wurde, unsere Tonalitatsbegriffe zu untergraben, sie nur 
gefestigt. Das Ohr wurde gewohnt, sich im Strome der wechselnden Zu- 
sammenklange auf das Wesentliche zu richten. Hort es irgendwo den 
Klang Cis-E-Gis, braucht es ihn nicht gleich als cis-moll aufzufassen, das 
bisher Gehorte wird fur seine Wertung ausschlaggebend sein. An eine 
uberhandnehmende Tonart treten jetzt weit hohere Anspruche heran, sie 
muQ vor allem den Grundton, die Farbe eines Stiickes oder eines Teiles 
desselben angeben, trotz alien Veranderungen immer wieder hindurchgehort 
werden, auch wenn sie selber gar nicht in klar hervortretender Fassung 
auftritt. Die gedankenlos-oberflachliche Art, sich von Akkord zu Akkord 
weiterzutasten und sich bei jedem in seine eigene Tonart zu versetzen, 
zeugt von Mangel an Uberblick und Dispositionsfahigkeit. 

„Der Kafer" ist wieder ein kleines Kabinettstiick. Die Begegnung 
■ist ganz in den Riesendimensionen geschildert, in denen sie auf die Vor- 
stellung des Kindes gewirkt hat. Die aufsteigenden, ubermaOigen Intervalle 
iiber dem chromatischen Figurenwerk des Basses sind keineswegs ironisch 
gemeint. Derlei unfrohe Uberlegenheiten, mit denen sich weniger reiche 
Gemuter zu entschuldigen pflegen, wenn ihnen solche fur sie unlosbare 
Aufgaben miDglucken und ins Ubertriebene, Karikierende geraten, liegen 
der sich innig einfuhlenden und verstehenden Begabung Moussorgsky's feme. 
Ein versonnener, melancholischer Schimmer liegt viel eher auf diesen 
liebevoll gestalteten kurzen Szenen. 

18* 



276 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

Weniger gelungen ist das kleine Wiegenlied „Mit der Puppe". Es 
schaltet gar zu engherzig mit dem einzigen Einfall. Es ist die Folge der 
mangelnden Selbstandigkeit dieser Musik, die sich immer wieder bemerkbar 
macht. Die Stimmung des Textes halt hier bis zum SchluO unverandert 
an, sie bietet der Musik keine Anlehnungsmoglichkeiten, mit deren Hilfe 
sie sich weiterbewegen konnte. Dementsprechend bleibt sie ebenfalls 
stehen, das heiQt, sie wiederholt sich ohne UnterlaC. 

Dafiir ist „Abendgebet" wieder von groOem Stimmungsgehalt. Schon 
der Entwurf — ein Kind, das in seinem Gebet samtlicher Verwandten 
und Bekannten mit einer frommen Bitte gedenkt, vergiOt gerade den 
SchluB desselben, wo es auch fur sich selber noch ein Wortchen einzulegen 
hat — ist von einfacher, tiefer Schonheit. 

Wuchsen schon die bisherigen Stiicke durch ihre ausgesprochen dia- 
logisch-dramatische Form und Anlage weit aus dem Rahmen des gewohn- 
lichen Liedes heraus, so kann man „Steckenpferdreiten a uberhaupt kaum 
mehr als ein solches bezeichnen, empfindet man doch beim Vortrag dieser 
mit sprudelnder Lebendigkeit gestalteten Szene geradezu den Mangel einer 
biihnenmaBigen Einkleidung. (Ungeahnte Moglichkeiten der Weiterent- 
wickelung des Kunstliedes eroffnen sich hier. Wenn Egon Wellesz durch 
die Vertonung ganzer Geschichten von Peter Altenberg das stoffliche Gebiet 
des Liedes von der epischen Seite her zu erweitern versucht hat, ware 
die Bereicherung des formalen durch das Drama ebenso gut denkbar. 
Wie sich von der Oper deren konzertmafiige Abart, das Oratorium, ab- 
sonderte, konnte das Konzertlied sein theatermafiiges Gegenstiick erhalten.) 
DaD das wiederum ganz dialogisch gehaltene und ziemlich ausgedehnte 
Stuck beim ununterbrochenen, raschen Wechsel der sprechenden Personen 
keine EinbuOe an Deutlichkeit und Verstandlichkeit erleidet, ist ein Haupt- 
verdienst der Musik, die all ihre Vorziige wieder reich entfaltet. Wenn 
das Kind sich beim Spiel den FuQ verletzt und das trostende, milde G-dur 
Thema einsetzt, ist sich kein Ohr dariiber im Zweifel, daG die Stimme 
der Mutter es ist, die den Schmerz wieder rasch beruhigt. Ebenso deut- 
lich hebt sich die kleine Abmachung mit dem gerade vorubergehenden 
Spielkameraden ab, der man die Hitze des Spiels anhort, in der sie iiber 
den Gartenzaun hiniibergerufen wurde. Alles ist hier frisch und humorvoll. 
Ein prachtiges Stiick. 

Es folgt als letztes der Kinderlieder der wieder schwacher geratene 
„Kater Prinz". Neben Erfindungsarmut weist es mit dem immer wieder- 
kehrenden bewegten Figurenwerk des ersten Teiles, das, vcn einem im 
ruhigeren Parlando gehaltenen Mittelsatz abgelost, gegen SchluB wieder 
einsetzt, Spuren einer Neigung zur stereotypen Formbildung auf. 

„Aus der Kinderstube" ist unter alien Umstanden eins der bedeut- 
samsten Werke der einschlagigen Literatur. Der psychologische Moment 



JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 277 

ist in ihm ein ganz neuer. Wahrend im allgemeinen Kioderlieder Zweck 
und Bestimmung, von Erwachsenen fiir Kinder verfaOt zu sein, in Form, 
Inhalt und Ausdruck offenkundig und absichtsvoll zur Schau tragen, ver- 
laBt Moussorgsky diesen iiberlegenen Standpunkt und fiihlt sicb ganz in 
jenen der Kinder ein. Aus ihrem Gesichtswinkel wird hier die Welt be- 
trachtet, und die durchgreifende Anderung in der Wahl der Ausdrucksmittel 
und das iiberaus Neue und Unerhorte des Tones ist nur die notwendige 
Folge der konsequent durchgefiihrten, einheitlichen Stimmung. Es sind 
eben echte Kinderlieder. — Der Haupterfolg dieser Musik ist aber, daC 
sie, vorurteilslos mit verstaubten Traditionen brechend, gezeigt hat, wie mit 
den neuesterrungenen, kompliziertesten musikalischen Mitteln die einfach- 
sten Wirkungen erzielbar sind, und daB eine Musik trotz der gewagtesten 
akkordischen und rhythmischen Neubildungen in ihrer Sprache — weil sie 
es in ihrem Geiste ist — doch „schlicht" sein kann. 

Den AbschluC dieser Sammlung bildet schlieClich der seiner Anlage 
nach einer friiheren Periode entstammende „Hopak". Ein Kosakentanzlied, 
dessen derber Fis-moll Melodie die eingestreuten starken Akzente auf der 
Dur-Unterdominante, H-dur, ein eigentumliches, wildes Kolorit verleihen. 
Es ist rhythmisch markig, nur zu gleichformig gestaltet und wirkt deshalb 
monoton. Das hangt immer wieder mit der Beschaffenheit des Textes 
eng zusammen. Wenn diese Musik nicht schildern, ihre Anregungen nicht 
aus dem Texte gewinnen kann, versagt sie, weil sie einer Entwickelung 
im eigentlichen musikalischen Sinne nicht fahig ist. 

Wir wMren somit am Ende dieses Heftes angelangt, das eine Fiille 
des Interessanten und Anregenden enthalt. Es ist fiir die ausgepragte 
Eigenart Moussorgskys bezeichnend, daB sie schon in dieser kleinen Aus- 
wahl seiner Arbeiten scharf umrissen hervortritt. Und gerade weil die 
Vorziige seiner stets innerlichen und erlebten Musik so stark beriihren, 
werden ihre groQen Mangel, deren Erklarung in seiner unvollkommenen 
rein-musikalischen Durchbildung zu suchen ist, die keine ungetrubte har- 
monische Wirkung aufkommen laBt, urn so schmerzlicher empfunden. Er 
war ein genialer Dilettant und als solcher nicht allein dastehend, der trotz- 
dem Anspruch auf unbedingte Aufmerksamkeit erheben kann. Wir wiin- 
schen aufrichtig, daB der verdienstvolle Herausgeber dieser Sammlung, 
Herr Hans Schmidt-Riga, sein Versprechen baldigst einlosen und die in 
der Vorrede angekundigten Fortsetzungsbande demnachst folgen lassen 
mochte. 



REVUE DER REVUEEN 



Aus Tageszeitungen 

HAMBURGER NACHRICHTEN, 4. und 11. Juli 1915. — „Bisbigliando. Deutsche 
Musik und Fremdwort." Von Ferdinand Pfohl. „. . . Wer mochte die deutsche 
Musik nicbt dem wuchernden Fremdwort und seiner Umklammerung entzogen 
wissen? Allzuviel des Fremden lastet von altersher auf deutschem Musikbesitz, 
und in diesem saftreicben Nahrboden haben sich Scharcn von Schmarotzern ein- 
genistet und festgesogen. Den Franzosen, mehr noch den Italienern entlebnten 
unsere Vorfahren eine Unsumme von Fachausdrucken und Namen, unter denen 
mehr als das eine ,niedertrachtige Wort' [,Componieren, Composition'] anzutreffen 
sein mochte, gegen das Goethe wettert, und von dem er wunscht, daft ,wir es so- 
bald wie moglich wieder los zu werden versuchen sollten'. Ach, wir sind die 
Niedertrichtigkeit und die Fremdlinge trotz der mahnenden Stimme des weisen 
Olympiers nicht los geworden. ,Composition': jenes eine Wort, stent heute auf 
ebenso festen Fullen, wie damals, als der hoffahige ,Compositeur' eine besonders 
ehrenvolle und schmeichelhafte Bezeichnung fur den schaffenden Musiker zu sein 
vortiuschte. Und wenn wir alle die Fremdworte, die QberflGssigen und die not 
wendigen, die gedankenlosen, von deutscher Auslandssucht geschaftig zusammen 
getragenen und die organisch mit den AnFSngen einer Kunstform verwachsenen 
in Reih' und Glied wollten aufmarschieren lassen: es gabe ein ganzes Bataillon 
ja, ein Heer von Eindringlingen. In der deutschen Musik wimmelt es von viel 
gestaltiger Freradheit. Italienische und franzosische Sprachbrocken schieben sich 
in ihr durcheinander ..." „. . . in den Partituren von Richard Strauft, die in der 
Hauptsache die italienischen Kunstausdrucke vermeiden und auch aufterhalb der 
Musik, dort, wo das Wort richtunggebend und aufklarend notwendig ist, Deutsch 
sprechen, geistert in der Harfenstimme neben dem bekannten ,glissando' die Be- 
zeichnung: ,bisbigliando'. In keinem Musiklexikon, selbst nicht in dem trefflichen, 
vom Allgemeinen Deutschen Sprachverein herausgegebenen Verdeutschungsbuchlein, 
findet man dieses Wort aufgefuhrt und iibersetzt. Es ist also wohl, wie auch die 
Bezeichnungen animandosi und perdendosi, neueren Ursprungs. (Worte, die zumeist 
mit falscher Betonung auf der vorletzten, statt auf der drittvorletzten Silbe aus- 
gesprochen werden!) ,Bisbigliando' bedeutet: fliisternd, wispernd, und soil den 
Spieler der Harfenstimme, der natfirlich von der Bedeutung dieses geheimnisvollen 
Wortes keine Ahnung hat (wenn er nicht zufSllig ein geborener Italiener ist!) be- 
stimmen, einen geisterhaft webenden Klang seinem Instrument zu entlocken. 
Warum schreibt nun Strauft an der betreffenden Stelle seiner Partitur nicht einfach: 
.fliisternd' oder ,wispernd'? Jeder deutsche Musiker, der Dirigent, der Leser, der 
Spieler seiner Partitur und nicht zuletzt der Orchestermusiker, dessen Verstandnis 
fur die ihm anvertraute Aufgabe doch in erster Linie geweckt werden soil, wurde 
sie ohne weiteres verstehen. Hat Strauft etwa aus Rucksicht auf das Ausland das 
Fremdwort gewihlt? Kaurn zu glauben: denn dann wurde er doch vor allem die 
deutschen Bezeichnungen seiner Partituren fallen gelassen haben; ganz abgesehen 
davon, daft er dem franzosischen Orchestermusiker zu Liebe franzosischer Worte 
sich bedienen muftte. Oder war es der lispelnd zischelnde Wortklang, der sein 
Ohr bestach? Aber besitzen die deutschen Worte ,wispernd' und ,flusternd' mit 
ihren weichen Ieisen Zischlauten nicht die gleiche tonmalerische Kraft wie das 
italienische bisbigliando? Gleichviel: das Fremdwort war entbehrlich und seine 
Wahl bleibt verwerflicb, da dem nach Spielanweisungen suchenden Musiker deutsche 
Worte von der gleichen Schlagkraft und derselben scharf abgrenzenden Inhalts- 



REVUE DER REVUEEN 279 

bezeichnung zur Verfugung standen und sich ihm anboten. Aber er verschmabte 
sie; oder er acbtete ibrer nicht: unter dem Zwang einer einlullenden Gewohnbeit, 
einer von Jabrbundert zu Jabrbundert vererbten Oberlieferung, die inzwischen 
ihre Daseinsberecbtigung verlor und lingst aufgehort hat, als ,alter Kulturbesitz' 
Ebrfurcht und Scbeu fur sich in Anspruch nehmen zu diirfen. Wir beruhren bier 
den Angelpunkt der fur die Reinheitsbestrebungen der deutscben Spracbe und der 
deutschen Musik so wichtigen Frage: ob und in wclchem Malic die Fremdworte, 
deren sich die deutsche Musik bisher in erstaunlicher Fulle zu bedienen pflegte, 
aus ibren Bezirken sich ausscbalten lassen, ohne die Auffubrungspraxis und die 
kunstlerischen Erscheinungsmdglichkeiten des musikalischen Kunstwerks zu ge- 
fihrden. Die doppelte Rucksicht auf Geschichtlich-Gewordenes, auf Fertiges und 
auf nationale Selbstachtung mit ibrer selbstverstindlichen Voraussetzung: Recht 
und Wurde des deutschen Sprachgutes zu wahren, der wundervollen Ausdrucks- 
scbattierungen der deutschen Sprache und ibres Reichtums an Worten von feinster 
Stimmung und letzter WSgbarkeit Herr zu werden, — diese zwiefache Rucksicht 
liOt uns jene Frage leicbt beantworten : alles Uberflussige, alles Entbehrliche 
an Fremdworten soil kunftig aus der deutscben Musik verschwinden. Und 
uberflussig und entbehrlich erscheinen uns Fremdworte dort, wo ein deutscbes 
Wort von gleicber Schwere und Genauigkeit des Ausdrucks der Verwendung barrt. 
Aber auch da beifit es besonnen und vorsicbtig sein; weder den Teufel des Er- 
baltungsfanatismus und der .Tradition' mit dem Beelzebub uberspannter Deutsch- 
tumelei austreiben, noch tief Angewurzeltes mit Strunk und Stiel ausreilien wollen. 
Denn mancbe dieser italienischen Fremdworte sind der deutschen Musik und dem 
deutschen Musiker in Fleisch und Blut ubergegangen, sind fest und untrennbar 
in seinen tiglichen Spracbschatz binein gewachsen ..." „. . . Erst Richard Wagner 
fuhrte die deutsche Musik aus der Periode einer allerdings nur iuQerlicben Aus- 
llnderei, der sie auch in ibren wertvollsten und bedeutendsten Erscheinungen 
sich freiwillig ausgeliefert batte, — wShrend sie im Kern und Wesen immer deutsch 
geblieben war, — auf den recbten Weg und in das Heimatland der deutschen 
Spracbe zuruck. Zwar, auch er muBte zunichst die Modekrankheit des Italianismus 
ubersteben; aber, dem Einflufi italienischer und franzSsiscber Vorbilder einmal 
entwachsen, entwickelte sich alles Deutsche seiner Natur und seines Genies in 
unaufhaltsamem Zug zu prachtvoller Blute und klarster Bestimmtheit. Richard 
Wagner war es, der vom ,Lobengrin' angefangen in der Hauptsacbe deutsche Be- 
zeicbnungen fur ZeitmaB und Vortrag gebraucbte, ohne im Innern und im Unter- 
bau seiner Tondramen die beliebten italienischen Hilfsworte und Abkurzungen 
aufzugeben . . ." „Darum: dem groften Beispiel Wagners zu folgen ist die Ehren- 
pflicht aller deutscben Musiker. Deutseb sei fortan die Losung auch der deutschen 
Musik, wo sie auf die Hilfsmittel des Wortes angewiesen ist. Die Italiener waren 
immer italienisch; die Franzosen franzdsisch. Nun mogen endlich die Deutschen 
deutsch sein! Und wie es einst die Tondicbter und Tonsetzer waren, die das 
Edelmetall deutscher Musik mit dem Fremdkorper romanischen Sprachgusses 
zusammenschweiQten, so konnen es wiederum nur die Scbaffenden sein, die das 
letzte Wort sprechen und endgultig die Aufgabe losen werden: die deutsche Musik 
von allem Fremden zu reinigen, sie zu einem ganz klaren und goldhellen Spiegel- 
bild der deutschen Seele zu machen. Denn auch bier gilt das Wort Parsifals: 
,Die Wunde heilt der Speer nur, der sie schlug — '." 
SONNTAGSBEILAGE ZUR VOSSISCHEN ZE1TUNG (Berlin), 15. August 1915. - 
„Carl Loewe und das Slawentum." Von Leopold Hirscbberg. „. . Die von 
Wagner als charakteristisch fur den deutschen Geist hervorgehobene Vielseitigkeit 



280 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 

war Loewe vor alien andern eigen. Die wechselvollen Schauplitze, die mannig- 
faltigen Volker, die, zum Unterschiede von den rein lyrischen Gedichten, un- 
zertrennlicb zum Wesen der epischen Ballade gehoren, erfallte er mit dem In- 
stinkt des Genies in ihrer Eigenart. Denn Reisen in die fcrnen Lander aller 
vier Himmelsrichtungen konnte der in bescheidenen Verhiltnissen aufgewachsene 
Kantorssohn aus Lobejun nicbt macben; als er sein Meisterwerk, die schottische 
Ballade ,Edward', im Alter von 22 Jabren scbrieb, war er fiber sein Heimatsdorf 
nur wenig hinausgekommen: Kothen und Halle waren bis dabin die Stationen 
seiner Lebenspilgerschaft gewesen. Und wie steht in dieser gigantiscben Ur-Ballade, 
wie wir sie wohl nennen diirfen, das Bild des wilden schottischen Hocblandes vor 
uns! Die Fahigkeit, fremde Gebiete und Volker so zu erfassen, diti in dem 
musikalischen Bilde ibre Eigenart deutlich erkennbar wird, muli also angeboren 
sein." Verfasser behandelt im folgenden die Loewescben Vertonungen slawiscber 
Gedicbte und schliefit seine Ausfubrungen mit den Worten: „Wenn die Slawen 
einmal von der gcistigen Infektion durch die Qbergeschnappten Romanen, die die 
Standbilder der deutschen Tondicbter zertrummern, genesen sein und von ihrem 
ewigen Glinka und ahnlichen Heroen genug haben werden, dann wird ibnen auch 
die Erkenntnis kommen, dad neben Chopin, der sich trotz aller Versucbungen 
vom franzdsischen EinfluB freizubalten wuCte, Carl Loewe ibr wirklicber National- 
klassiker ist." 
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 18. und 25. Juli, 5. und 8. August 1915. — (18. VII.) 
„Hornsteins Soldatenlieder". Von Georg Kaiser. „. . . Wer auch nur die . . . 
Soldatenlieder kennt, der darf Hornstein als Musiker einfach nicht mehr, wie es aber 
fast samtliche Musikgeschichtsschreiber tun, unbeacbtet beiseite schieben. Robert 
von Hornstein war ein tuchtiges, ehrliches Talent, ein Musiker von sicherem Kunst- 
gescbmack. . . . Aus Karl Lemckes, eines auch von Brahms vertonten, vergessenen 
Dichters, Soldatenliedern und Karl Stielers Landsknecbtsliedern stammen die Texte, 
in denen der Aufbrucb der Soldaten in das Kriegslager, das gute Verbiltnis des 
Krieges zu seinem alten flSmischen Schwert, die Scbneidigkeit der Seidlitz-Kurassiere, 
die Niederlage der Parlezvous-Franzosen durch Ziethens Husaren gescbildert wird; 
wo von der kriegeriscben Bedeutung des pommerschen Specks und Schinkens die 
Rede ist, von der verflixten Ko-Ki-Ka-Kasern', die nur den Ausmarsch zu lange 
auFhalt, von Markedenterinnen und schonem Reitertod — und das alles in einer 
volkstumlich gewordenen, schlichten poetischen Spracbe, der das gewaltsame Wort- 
gerassel so vieler beutiger Kriegsdichtungen gottlob fehlt. DaQ Hornstein ein 
feiner musikalischer Kopf war, beweist nicht nur seine Fahigkeit, die Strophen- 
gestaltung seiner Vertonungen aus dem Stimmungsgehalt der Dichtungen mit 
seltener Treffsicherheit des Wesenskernes berausersteben zu lassen, auch die viel- 
fachen und mit den einfachsten Mitteln gescbehenen Vor- und Nacbspiele in der 
Klavierbegleitung kennzeichnen ibn als poetisch empfindenden Musiker. Es ist 
ihm gelungen, in einzelnen Stucken, wie etwa in dem ,Ziethenlied', dem ,He 
Marketenderin!' und dem ,ReiterIiedchen' musikalische Kriegsgenrebildchen zu 
schaffen, die in ihren durch rhythmiscbe und harmonische Feinheiten wie durch 
die ausscbmuckende, immer maflhaltende Figuration erreichten lebendigen Zustands- 
schilderungen an die Kriegs- und Lagerbildchen alter niederlandischer Maler er- 
innern. Und uberall verrat sich in der geschickten Stimmfuhrung und Wort- 
akzentuierung der kundige Tonsetzer, der sich an Weber, Schumann und Franz 
seinen Geschmack gebildet bat. So sind diesen, wieder recht zeitgemlB gewordenen 
Liedern recht viele gute Singer und liebevolle Pflege in alien hausmusikalischen Ver- 
anstaltungen zu wunschen." — (25. VII.) „Musik und Natur." Von Hugo Leichten- 



REVUE DER REVUEEN 281 

tritt. Verfasser fuhrt an der Hand einiger Beispiele aus, wie sich die Musiker 
„zur Natur, d. b. zur iuBeren, sichtbaren Natur, zur Landschaft, gestellt baben, 
welche Rolle das Landschaftliche in der Musik spielt. Eine recht geringe, wird 
die Antwort lauten, wenn man die Gescbicbte der Musik bis zur Schwelle der 
Neuzeit daraufhin durchsieht. Die Einsicbt, dali in der Natur eine starke Anregung, 
eine reiche Schaffensquelle zu finden sei, scheint den Musikern erst in neuerer 
Zeit aufgegangcn zu sein. Die iltere, kirchliche Kunst steigert bis zum phantastisch 
Grofiartigen das arcbitektonische, logische Element der Musik: die Messen und 
Motetten der Niederlander bis zum 16. Jahrbundert bezeugen es. Sie besitzt eine 
spSter nicht wieder erreichte Starke der religiosen Empflndung, eine transzendentale 
Mystik seltsamster Art, sie schurft in den Tiefen der ungebrocbenen menscblichen 
Grundempfindungen mit einer ergreifenden Gewalt. Der Schatz alter, volkstumlicber 
Musik beweist es . . ." „Dieser fluchtige Oberblick fiber die Rolle des ,MaIeriscben', 
zumal des Landscbaftlichen in der Musik wird zeigen, daB man die Musik auch 
unter diesem Gesichtswinkel recbt wobl zu betrachten berechtigt ist. Nur vergesse 
man nicbt, daft es sich immer nur um ein kleines Teilgebiet bandelt. Nicbt minder 
lobnend wire es, das Logische, Arcbitektonische, Plastiscbe, Poetische in ihrem 
EinfluG auf die Musik aufzuweisen, die Art zu kennzeicbnen, wie die Musik sich 
diese Elemente, ihre Nahrung sozusagen assimiliert. Die Astbetik der Musik wird 
auf diese vielseitigen Beziehungcn wobl viel mehr eingehen mussen als bisher, 
wenn sie zu wirklichen Ergebnissen kommen will." — (5. VIII.) „Das Glockenwerk 
zu Mecheln." Von Edgar Istel. „Vor kurzem berichtete die ,Vossische Zeitung*, 
daQ nacb zuverllssigen Nachrichten das beruhmte Glockenwerk von St. Romuald, 
das durcb das Bombardement der Kathedrale zerstort sein sollte, glucklicherweise 
vollstSndig unversehrt geblieben, daQ jedoch die Kabine des Tastenwerks vernichtet, 
also der Altmeister der belgiscben Glockenspieler, der weltberuhmte Jef Denijn, 
zunachst an der Ausubung seines schonen Berufes verhindert sei. Da der Schaden 
nun wobl nicbt allzu groB ist, wird das berrlicbe Glockenwerk bald wiederum 
erklingen, das die Bewunderung alter Reisenden errungen hat und in Victor Hugos 
bekannter Vision auch seine poetiscbe Verklarung fand. . . . Wie eigentlich ein 
derartiges groQes Glockenwerk eingerichtet ist, daruber herrscht in weiteren Kreisen 
derartige Unklarheit, daB es sich wobl verlohnt, naher darauf einzugehen, zumal 
wir kein einziges deutscbes Buch daruber besitzen und meist auf die — franzosisch 
geschriebene — belgische Literatur angewiesen sind, der sich neuerdings ein um- 
fassendes Werk des Amerikaners William Gorham Rice (.Carillons of Belgium 
and Holland', New York 1914) kurz vor Kriegsausbruch zugesellt hat. Danach 
hat man, obwohl wir im Deutschen nur das eine Wort , Glockenspiel' zur Ver- 
fugung haben, zu unterscbeiden zwiscben dem primitiven, nur eine Oktave urn- 
fassenden diatonischen — also nur in einer einzigen Tonleiter verwendbaren — 
Glockenspiel und dem chromatischen — also modulationfahigen — ,Carillon', 
von dem wir im folgenden unter dem Ausdruck ,Glockenwerk' ausschliettlich 
sprechen wollen, da ihm das Spiel in Mecheln zuzurechnen ist. Das Glocken- 
werk besteht aus einer Anzabl, in chromatischer Reihe^ also halbtonweise, sich 
fortsetzender Glocken, deren groBte zentnerschwer sind, wShrend die kleinsten 
kaum 20 Pfund wiegen; sie bangen alle fest, so dad sie also nicht selbst 
schwingen konnen. Gespielt wird das Glockenwerk entweder mit Hilfe einer 
Klaviatur von einem Spieler derart, daB durch die Klaviatur Kloppel innerhalb der 
Glocken in Bewegung gesetzt werden, oder durch ein Hammerwerk von auBen 
mechaniscb, wie dies gewohnlich beim Ablauf der Stunden geschieht. In letzterer 
Weise funktioniert das Glockenwerk in der Art einer riesigen Spieldose, doch 



282 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



kommt seine Feinheit erst durch das individuelle Spiel des Meisters vollstindig 
zur Geltung ... In Deutschland haben wir den belgisch-niederlandiscben Glocken- 
spielen nicbts Ebenburtiges zur Seite zu setzen. Hoffen wir also, daO die Sturme 
des Krieges weiterhin dem beiligen Romuald zu Mecheln gnSdig bleiben werden 
und somit in den kunftigen Friedenstagen recht viele Deutsche sich an Meister 
Denijns echt niederdeutscher Kunst erquicken konnen gleich jenen Tausenden, die 
fruher dichtgedrangt die Kathedrale andachtig umstanden, wenn der feinsinnige 
und liebenswiirdige Kunstler hoch oben in den Wolken die Himmelsmusik eines 
Johann Sebastian Bach erklingen liefi." — (8. VIII.) „Die musikalischen Englander." 
Von Albert Friedenthal. „. . . Nlchst den Amerikanern kenne ich kein Volk, das 
seiner Freude an musikalischen Darbietungen einen so lebhaften, so enthusiastischen 
Ausdruck gibt wie die Englander. Nur leider hat diese Liebe ,einen Haken' — sie 
ist blind. Zwar ruft jeder Englander aus: I love music, I adore music und so 
ahnlich, und englische Frauen begleiten diese Versicherung mit emphatischen 
Gesten, die ihnen im allgemeinen nicht liegen. Aber was fur cine Musik meinen 
sie wohl, die sie so entzuckt? Das ist es gerade, was ihre Stellung zur Tonkunst 
so eigentumlich macht: jede Art Klingklang erregt ihr Wohlgefallen. Wenn ich 
beliebigen EnglSndern eine Beethoven-Sonate vorspiele, so werden sie sagen: Oh, 
how beautiful!, und wenn ich ihnen gleich danach vorspiele ,Was die Madchen so 
gem haben', sagen sie wieder: Oh, how beautiful! Den Unterschied in den 
Kunstwerten begreifen sie nicht, wenn man es ihnen nicht umstindlich erklirt . . ." 
„Als Tonsetzer nehmen die Englander keineswegs die niedrige Stufe ein, die man 
bei uns offers vermutet. Die Namen der Opernkomponisten Balfe und Wallace, 
des Klavierkomponisten John Field, der das Nocturno lange vor Chopin erdacht 
hat (alle drei sind ubrigens Irlander), der Name von George Onslow, des Schopfers 
gediegener Kammermusik, von Sterndale Bennet u. a. leben zum mindesten in 
der Musikgeschichte. Arthur Sullivan (wieder ein Ire), der Komponist des , Mikado', 
und Sydney Jones, der Komponist der ,Geisha', sind Meister ihrer besonderen, 
sehr originellen Gattung. E. W. Elgar, der Stern unter den gegenwSrtigen Ton- 
setzern seines Landes, ist, man mag seine Werke einsch&tzen, wie man will, 
jedenfalls ein grofler Konner der neueren Richtung." Friedenthal faBt sein Urteil 
uber die musikalische Allgemeinheit Englands dahin zusammen: „Das englische 
Volk ist auderst musikliebend, aber wenig musikalisch." 
STRASSBURGER POST, 21. Juli 1915. — „Krieg und Musik." Von Alexander ReuB. 
„. . . Auf eine einfache Weise ware ... die Musik von ihrer Drangsal in heutiger 
Zeit zu heilen. Man gonne ihr Zeit, nicht allein sich zu entwickeln, sondern auch 
auf uns zu wirken. Wir stehen unserer zeitgenossischen Musik trotz aller Partei- 
gangerei und gerade durch diese viel zu einseitig, viel zu ablehnend gegenuber, 
ablehnend in dem Sinne, daft wir uns sagen: wir haben ja so vieles Gute aus der 
klassischen, aus der romantischen, aus der verflossenen neudeutscben Zeit — 
warum uns abgeben mit den Dingen, die diejetztzeit bringt, und die vielleicht ver- 
fehlt sind! — Vielleicht verfehlt — ja, das ist es eben, wovor wir zuruckschrecken. 
War aber nicht beispielsweise auch die Musik der unmittelbar auf Bach folgenden 
Zeit vom musikasthetischen Standpunkt aus verfehlt, und ist nicht doch aus ihr 
ein Haydn hervorgegangen? Wir sollten die Musik der Gegenwart lieben und 
ausuben — nicht mit fanatischer Wut, nicht im Sinne einer Partei: dann wurde 
sich aus den verschiedenen Richtungen Oder Parteien bald das als bevorzugt heraus- 
bilden, was man in fruherer Zeit ,Stil' nannte, dessen Mangel man in unseren 
Tagen bitter beklagt." Willy Rcnz 



BESPRECHUNGEN 



bOcher 

364. Hans Volkmann: Robert Volkmann. 
Universal-Bibliothek Nr. 5753. Verlag: Ph. 
Reclamjr., Leipzig. (Mk. — .20.) 

Es ist zu begruUen, dad der Verlag die Reiben 
wertvoller w Musiker-Biographien a in der Aus- 
gabe der Universal-Bibliothek durch die Robert 
Volkmanns vermehrt hat. In weitesten Kreisen 
wird damit einer erhohten Wertschatzung Volk- 
manns als poesievollen Komponisten der Weg be- 
reitet. Verfasser schildert in leicht fafilicher 
Weise, dabei liebevoll, aber keineswegs kritiklos, 
den bewegten, teils recht dornenvollen Weg 
unseres norddeutschen Tondichters und bringt 
wertvolle Anregungen zum Studium seiner 
immerhin zahlreichen Werke. Bei den bedeu- 
tenderen, wo sich eine Analyse rechtfertigt, geht 
er auf Einzelheiten ein, die, wenn auch mitunter 
durch die Brille der personlichen Begeisterung 
geschaut, im wesentlichen dem die Wege weisen 
konnen, der eine nShere Beziehung zu Robert 
Volkmann sucht. Es wire wunschenswert, wenn 
dies recht viele taten, dadurch wurden sich — 
besser noch als durch alle Biographieen in „kri- 
tiscben Fuhrern" — am besten Spreu und Weizen 
scheiden. Und letzterer, der immerhin noch ein 
betrachtliches MalJ im Volkmannschen Schaffen 
ausmacht, wire in der Tat wert und berechtigt, 
weiterzuwirken als Sauerteig in der Entwickelung 
unserer Tonkunst. Mocbte das Buchlein also 
bewirken, dafi daraufhin weitere Kreise ihre 
Kenntnisse uber die Volkmannsche Muse ver- 
vollstandigen, dafi „man" in Zukunft Volkmanns 
Bedeutung nicbt nur mit seinem pracbtvollen 
b-moll Trio und seiner c-moll Klaviersonate 
identifiziert. 

365. Georg Richard Kruse: Albert Lort- 
zing. (Kleine Musikerbiographieen.) Verlag: 
Breitkopf & HSrtel, Leipzig. (Mk. 1.— .) 

Wie all diese Bandchen, ist auch genanntes 
schon gebunden und mit einem Bildnis des be- 
sprochenen Kunstlers geschmfickt. Kruse hat 
mit dieser kleinen Schrift Lortzing ein schones 
Denkmal gesetzt. Mit warmen Worten schildert er 
in stilvoller Weise Lortzings Leben. Die wechsel- 
vollen, teils guten, teils bosen Pfade seiner ir- 
dischen Laufbahn werden in geschickter Weise 
in engste Beziehung gebracht und dadurch be- 
sonders reizvoll gestaltet, dafi Verfasser mit- 
unter Personlichstes des Tondichters beruhrt 
und damit gleichzeitig eine lebenswarme Schil- 
derung des Komponisten gibt, als Mensch und 
Kunstler. Die ganze Anlage des Bandchens ist 
ubersichtlich, und aufierdem enthalt es als An- 
hang ein „Verzeichnis der Werke von Albert 
Lortzing". Neben vielem weniger allgemein In- 
teressierenden bringt Kruse nutzbringende kri- 
tische Betrachtungen der Hauptwerke Lortzings, 
die vielerseits meiner Meinung nach nicht nur 
freudig, sondern auch in anregender Weise ge- 
lesen werden konnen. Und damit ware ja der 
Hauptzweck der vorliegenden Arbeit erreicht. 
Carl Robert Blum 

MUSIKAL1EN 

366. August ReuB: Trio fur Violine, Violon- 
cello und Klavier. op. 30. Wunderhorn- 
Verlag, Munchen. (Mk. 8.—.) 



Ein bemerkenswertes Werk, in dem der Ton- 
setzer inbezug auf Harmonik und Stimmfuhrung 
an Althergebrachtes sich sehr wenig kehrt und 
von dem Ausfuhrenden viel verlangt. Man tate 
ihm aber bitter unrecht, wenn man nach einem 
ersten Versucb mit diesem Trio es aus der Hand 
legte; es verlangt liebevolles Eingehen und lohnt 
dieses auch trotz vieler sproder Stellen und 
mancher Gewaltsamkeit. An der Spitze des ersten 
Satzes steht gewissermafien als Motto ein markiges, 
ja groBzugiges, sehr charakteristiscbes Motir, das 
im weiteren Verlauf des Satzes, u. a. als Fugen- 
thema, mehrfach Verwendung findet, im lang- 
samen (dritten) Satz als Erinnerung herangezogen 
und im SchluBsatze als Abschlufi der Themen- 
gruppe gebraucht wird. Im ersten Satz ist viel 
Leidenschaft; doch fehlt es nicht an zarten, 
lieblichen Stellen, so dafi in diesem Satze, in 
dem auch das ZeitmaB des ofteren wechselt, 
viel Abwechselung herrscht. Ein sehr lebendiges, 
durch straffe Rhythmik ausgezeichnetes Scherzo, 
in dem von der Chromatik ein reicher Gebrauch 
gemacht wird, hebt sich von der Stimmung des 
ersten Satzes sehr gut ab; doch wird vielen das 
sogenannte Trio gar zu gesucht, auch wohl etwas 
zerrissen erscheinen. Hochst stimmungsvoll ist 
der langsame Satz von einem Violoncellsolo ein- 
geleitet, das ihn auch beendigt; eine weiche 
elegische Melodie fuhrt dann zu einer Art 
Trauermarsch, in den das an die Spitze des 
ganzen Werks gestellte Motiv hineinverwebt ist. 
Mit keckem Humor beginnt das Finale, als 
Gegensatz erscheint eine sich einschmeichelnde 
Melodie, in der der Zwolfachteltakt mit dem 
Sechsvierteltakt kombiniert ist Daran scbliefit 
sich eine weitere, ganz besonders gltickliche 
schwungvolle Melodie, an die (wie schon erwahnt) 
als SchluB jenes am Anfang des Werks stebende 
Motiv gehSngt ist. Die Wiederholung vollzieht 
sich in der herkommlichen Form, wie denn der 
Tonsetzer uberhaupt an der bei den Klassikern 
ublichen musikaliscben Architektur festhalt. Das 
Klavier verwendet er mit einer gewissen Vor- 
liebe harfenartig; auch liebt er es, die Streich- 
instrumente unisono zu fubren, wenn er ein 
Motiv besonders eindrucklich gegenuber dem 
Klavier bebaupten will. 

367. Norden. Album fur Violine solo, fftr 
zwei Violinen, for drei Violinen. Be- 
arbeitet von Nicolai Hansen. Je2 Hefte. 
(Preis Mk. 1.— ,bzw. Mk. 1,50, bzw. Mk.2.— .) 
Verlag: Wilhelm Hansen, Kopenhagen und 
Leipzig. 

Eine ganze Reihe rasch beliebt gewordener 
Stucke aus dem Originalverlag dieser hoch- 
bedeutenden, sehr verdienten danischen Musik- 
flrma sind in leicht spielbaren Bearbeitungen in 
diesen Albums vereinigt. Svendsen ist mit seiner 
langst volkstiimlich gewordenen Romanze op. 26, 
Grieg mit seinem Liede „Ave, maris Stella", 
Gade mit seinem Schlummerlied, Sinding mit 
mehreren sehr ansprechenden Stucken vertreten. 
Es fehlen auch nicht die bemerkenswerten 
danischen Tondichter Emil Hartmann, Carl 
Nielsen, P. E. Lange-Muller, P. Heise, Otto 
Mailing, Henriques, Schytte usw., so dafi man einen 
hubscben Einblick in die Eigenart der danischen 
Musik erhalt. Da die zwei- und dreistimmige 
Ausgabe aucb mit Partitur versehen ist, kann 



284 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



sie sehr gut aufter zur Unterhaltung aucb zu 
Unterrichtszwecken benutzt werden. 

Wilhelm Altmann 

368. Henri Wieniawski : Legende fur 
Violine und Klavier. Herausgegeben 
von Issay Barmas. Verlag: Ebenda. 

Das fiber Vieuxtemps' „Traumerei" Gesagte 
gilt auch von dieser Veroffentlichung, nur daB 
die Legende musikalisch etwas wertvoller ist als 
der Vieuxtemps'sche Schmarren. 

369. Eyvind AInaes: „Des Seemanns letzte 
Reise" fur Klavier allein. Verlag: 
Ebenda. 

Man denkt bei dem Titel des vorliegenden 
Werkes zunachst wohl an ein Tonstuck ernsten, 
ja tragischen Inhalts und groBeren Umfangs und 
ist vielleicht zunachst enttauscht, zu seben, daB 
nur ein an sich harmlos-heiteres Thema in drei- 
facher Gestaltung vorgefubrt wird. Aber dieses 
Thema, das anfangs als tanzartiges Matrosenlied 
nur einige wehmutige Wendungen aufweist, ge- 
winnt im Verlauf der Entwickelung immer mehr 
an Bedeutung, so daB sein Wiedererscheinen in 
jeder neuen Einkleidung wieder fesselt. Die Har- 
monik tragt teilweise die gewohnten nordischen 
Zfige, der AbschluB ist wohl stark durch den 
beruhmten Anfangsquartsextakkord im Andante 
der Beethovenschen A-dur Symphonie beeinfluBt. 
Der Schwierigkeiten flnden sich nicht viel in 
dem geffilligen Stuck, dem man gem ein emp- 
fehlendes Wort mit auf den Weg gibt. 

370. Josef Wagner: „Die deutschen Tarn- 
boure", fur Gesang mit Klavier- 
begleitung. Mit deutschem und ungari- 
schem Text. Verlag: Rozsavolgyi & Tarsa, 
Budapest. (Kr. 1.50.) 

Zu dem deutschen Text will die ungarische 
Rhythmik oft nicht recht passen, aber in dem 
Tonstuck, dessen Text die bekannte Episode des 
trommelschlagenden Prinzen Eitel Friedrich im 
Kampfe behandelt, steckt Lebenskraft und male- 
rische Anschaulichkeit. Die Klavierbegleitung 
konnte etwas besser ausgebaut sein. 

371. Fritz von Bose: „Elegie" fur Violon- 
cello und Klavier. Verlag: Breitkopf 
& HSrtel, Leipzig. 

Bei dem offenbaren Mangel an guter neuerer 
Celloliteratur werden die Spieler und Freunde 
dieses Instruments das vorliegende Werk mit 
Freude begruBen. Es ist kein Virtuosenstuck, 
sondern scbon einem m3Big geubten Cellisten 
zuganglich, und die edle Melodie gibt Gelegen- 
heit, schdnen Gesangston zu entwickeln, wihrend 
in der Steigerung des Mittelteils der Vortragende 
Feuer und Leidenschaft zeigen kann. DerKlavier- 
satz zeigt den vortrefflichen Pianisten, der sich 
in Harmonik und Aufbau als Tonsetzer von 
entschiedener Begabung erweist. 

372. Heinrich Platzbecker: „Weihnachts- 
lied" fur eineSingstimme mit Klavier- 
begleitung. Crescendo-Verlag, Dresden A. 
(Mk. 1.-.) 

Mag uns nun noch ein Kriegs-Weihnachtsfest 
bevorstehen oder nicht, jedenfalls wird dies 
schlichte, innige Lied, dessen milde Weise sich 
mit den schonen Versen Hans Volkmanns aufs 
glucklichste vermahlt, noch lange zeitgemafl 
sein und aus Kindermund ruhrend klingen 
und aucb Erwacbsenen Freude und Erholung 
bereiten. 



373. Heinrich Platzbecker : „Kriegers 

Wiegenlied" fur hohe oder tiefe 
Stimme mit Klavierbegleitung. Ver- 
lag: Ebenda. 

Ein zartes, freundliches Liedcben, dessen 
wiegende Weise (durch ein sehr kennzeicbnendes 
BaBmotiv ausgedriickt) sich schlieBlich zur Innig- 
keit eines Gebets erhebt. 

374. Heinrich Platzbecker: „Midchenlied" 
fur hohe oder tiefe Stimme und 
Klavier. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.20.) 

Das prachtige Gedicht Kernstocks hat bier 
eine durchaus wesensverwandte Vertonung ge- 
funden, die sich durch cdle Melodik und charakter- 
vollen Tonsatz auszeichnet. Icb glaube, dieses 
Lied verdiente mehr als viele andere allgemein 
gekannt und gesungen zu werden. 

375. Heinrich Platzbecker: „Wenn die 
Landwehr kommt" fur vierstimmigen 
MInnerchor. Verlag: Ebenda. (Partitur 
Mk. —.40.) 

Dieses frische, berzbafte Marschlied, das, 
ohne schwierig zu sein, jedem Chor eine 
lohnende Aufgabe bietet, ist im vergangenen 
Winter so viel gesungen worden, daB man sich 
eine Empfehlung sparen und nur bestatigen 
kann, daB der Erfolg des Tonstucks wohl be- 
recbtigt ist. 

376. Heinrich Platzbecker: „Kriegslieder 
1914." Verlag: Ebenda. 

Der durch seine reizende Operette „Der 
Wabrheitsmund", die ubrigens den Theatern 
angelegentlich in Erinnerung gebracht sei, vor- 
teilbaft bekannt gewordene Tonsetzer bat seit 
Kriegsbeginn eine auBerordentlich fruchtbare 
Tatigkeit entfaltet. Die sechs GesSnge der vor- 
liegenden Sammlung erbringen den Beweis 
dafur, daB das Wesen seiner Begabung ihn ganz 
besonders zum Ausdruck der Empflndungen 
befahigt, die jetzt allenthalben nach kunstlerischer 
Gestaltung ringen. Eine gluckliche, muhelos 
fliefiende Erfindung, die dem Ernsten wie dem 
Heiteren in gleich volkstumlicber Weise gerecht 
wird und sich doch vom Trivialen immer fern- 
bilt, erfreut in alien diesen Liedern ebenso wie 
ein offenbares Formtalent, das jeden Text als 
Ganzes zu gestalten weiB und ihn nicht in 
einzelne Teile zerstiickelt. Besticht „Deutscbland, 
Osterreich Hand in Hand" durch seine frische, 
kriftige Weise, so treibt in „Bei Metz" ein 
keeker Humor sein Wesen. Herzlich und mit 
ungeziertem Pathos klingt„Die eiserne Brigade"; 
ganz besonders gelungen durch den wirksamen 
Gegensatz der festen Marschweise zu der 
wogenden Begleitung der BaBtriolen ist „U 9", 
und auch in „Held Hindenburg" werden kraft- 
volle Tone mit volkstiimlicher Bestimmtbeit 
angeschlagen. Bei dem Marschlied „Es wird 
doch geschafft" habe ich den Eindruck, daB die 
Verse spater entstanden sind als die Weise, die 
ubrigens sehr ohrenfillig ist. Alles in allem 
verdienen diese Kriegslieder, deren Wirkung 
bereits mehrfach von namhaften Kunstlern wie 
Soomer, Rudiger u. a. erprobt ist, ein herzliches 
Lob. Das an erster Stelle genannte Lied ist aucb 
fur vierstimmigen Mannerchor bearbeitet und mit 
starkem Erfolg scbon vielfach gesungen worden. 

377. Gustav Wohlgemuth: Drei Gesange 
mit Klavier. Verlag: F. E. C. Leuckart, 
Leipzig. 



BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN) 



285 



Das „Madchenlied" erfreut durch schlichte, 
schdne Erfindung sowohl in dem ersten, sin- 
nenden, triumerischen Abschnitt als auch im 
zweiten Teile, der von jubelnder Begeisterung er- 
fullt ist. Besonders schon ist der in VerklSrung 
verschwebendc SchluB. Eigcnartig ist „Der letzte 
Brief". Zu harfenartig rauschenden Akkorden von 
meist chromatischcr Folge bewegt sicb die Sing- 
stimme deklamierend, nur bei dem Endreim 
„DaB ich dicb fiber alles Iiebe" vereinigen sicb 
Singstimme und Klavier in der melcWischen Linie. 
Auch fur das unzahlige Male vertonte „Oster- 
reicbiscbe Reiterlied" von Zuckermann hat 
Wohlgemuth eine beifallswfirdige musikalische 
Fassung gefunden, die sich vor anderen dadurch 
auszeichnet, dafi die dritte Strophe durch helles 
E-Dur in sieghaft-hoffenden Gegensatz zu dem 
dumpfem e-moll der ersten beiden gesetzt ist, 
wodurch beim Vortrag sich sicherlich eine gute 
Endwirkung ergibt. 

378. Gustav Lcwin: „Der Friede." Fur mitt- 
lere Singstimme mit Klavier. Verlag: 
Gebruder Hug & Co., Leipzig und Zurich. 
(Mk. 1.— .) 

Ein Tonstuck, dem leider die innere Einheit- 
lichkeit mangelt, was schon durch den unab- 
lassigen Wechsel der Taktart dargetan wird; auf 
drei Seiten andert sich der Takt achtmal. Auch 
melodisch ist das Lied wenig reizvoll infolge der 
haufigen Wiederholungen desselben Tones. Ich 
bezweifle sehr, dafi dieses Lied weite Verbreitung 
flnden wird. 

379. Hermann Zilcher: Vier Kriegslieder 
fur eine Singstimme und Klavier. 
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig. (Mk. 0,80; 
1.—, 1.20.) 

Die Vertonung der „Mahnung" von Vesper 
reicht an Kraft und Eindringlichkeit bei weitem 
nicht an andere musikalische Einkleidungen des- 
selben Gedicbts heran, da die grofie, klare melo- 
dische Linie fehlt. Dagegen ist das „Oster- 
reichische Reiterlied" so gut gelungen, dafi es 
unter den zahllosen Kompositionen des Zucker- 
mannschen Gedichtes „Driiben am Wiesenrand 
hocken zwei Dohlen" einen bevorzugten Platz 
einnimmt. Auch das „Marschlied" ist in Weise 
und Ausdruck ein beachtenswertes Tonstuck; am 
wertvollsten aber erscheint mir „Abendlied im 
Feld", das aus tonmalerischer Ruhe sich zum 
innigsten Empfinden erhebt und eines tiefen Ein- 
drucks sicher sein kann. 

380. A. v. Othegraven; AchtSoldatenlieder 
fur Minnerchor. Verlag: Ebenda. 

Diese Bearbeitung bekannter Soldatenweisen 
wird den Gesangvereinen um so willkommener 
sein, als sie jetzt infolge der Einberufung zahl- 
reicher Sanger genotigt sind, auf kunstvolle, 
schwierige Chore zu verzichten. Der Verfasser 
hat Deklamationsfebler verbessert und auch sonst 
Anderungen angebracht, die man gutheifien kann. 
Die Satzweise zeigt den erfahrenen Musiker und 
ist bei aller Schlichtbeit wirksam. 

381. Carl Prouaska : „Deutscher Schwur." 
FurvierstimmigenMannerchor. Ver- 
lag: Ebenda. 

Eine kraftige, feierliche Weise, die mit ruhiger 
Macht dahinschreitet und wirksam ist. Nach 
dem Vorbild des „Niederlandischen Dankge- 
bets" ist eine von Strophe zu Strophe ansteigende 
TonstSrke vorpeschrieben, wodurch schon eine 



eindrucksvolle Steigerung erzielt wird. Das Werk 
ist vom selben Verlag auch fur Tenor und Klavier 
erschienen. 

382. Walter Niemann: Romantische Minia- 
ture n fur Klavier. Werk 33. Verlag: 
Ernst Bisping, Munster i. W. (Mk. 2.—.) 

In diesen zehn kleinen Stucken steckt wieder 
viel Schones und Zartes, viel Innigkeit und viel 
farbensatte Phantasie. Kurze Worte desdanischen 
zarten Romantikers J. P. Jacobsen geben dem 
Spieler und Horer die Richtlinien fur seine 
Nachempfindung an. Begreiflicherweise mufi 
man mitunter im guten Glauben mit dem Ton- 
setzer gehen, z. B. wenn er uns „Gelbe Rosen" 
vorzaubern will; uber die Farbenwerte in der 
Musik sind doch eben die Meinungen sehr ver- 
schieden. Dagegen gehoren Stucke wie n Traume" 
„Stille Liebe" und „Schatten" zu den besten 
Klavierpoesieen der neueren Zeit. In einigen 
Miniaturen tritt auch das tonmalerische Geschick 
Niemanns wieder klar zutage und sein Be- 
streben, Stimmung und Ausdruck scharf zu 
konzentrieren und dem Klavier neue Klangreize 
abzugewinnen. „Altromische Pastorale" und 
„Tod im Fruhling" hebe ich noch als besonders 
gelungen hervor. Fur Liebbaber wie Kunstler 
bietet das gut ausgestattete Heft manche Freude 
und Anregung. 

383. Walter Niemann :„EinekleineWasser- 
musik. tt DreipoetischeVortragsstucke 
fur Klavier. Werk 32. Verlag: Ebenda. 
(Mk. 1,50.) 

Der Verfasser, den man als Tondichter von 
Erfindung und Geist bereits schitzen lernte, hat 
hier den wohlgelungenen Versuch gemacht, drei 
Tonstucke mit ahnlicher gedanklicher Grund- 
lage so nebeneinander zu stellen, dafi daraus 
ein Ganzes wird. Naturlich ist jedes der drei 
Stucke auch allein wirksam, aber ihre inneren 
Wechselbeziehungen werden doch erst im Zu- 
sammenhang ftihlbar. Ich meine, dafi damit 
ein entschiedener Fortschritt zu einer neuen 
musikalischen Form gegeben ist, zumal da 
der Naturhintergrund der Einbildungskraft des 
Spielers und Horers die gewunschte Richtung 
verleiht, ohne ihn mit weiteren programmatischen 
Hinweisen zu plagen. Dafi Niemann sich nicht 
mit blofien Tonmalereien begniigt, obwohl er in 
ihnen sehr gliicklich und eigenartig ist, war zu 
erwarten. „Der Wiesenbach" besticht durcb fein- 
sinnige Verwendung des sehr einfachen thema- 
tischen Materials, das sich von dem gleichmafiig 
rieselnden Figurenwerk prachtig abhebt. „Am 
Waldbach entlang" ist vor allem rhythmisch 
fesselnd, es ist als habe der Tonsetzer alle 
Windungen seines Wasserleins, alle Steine und 
Strudel darin musikalisch andeuten wollen, wobei 
er sogar vor mehrfacher Anderung der Taktart 
und vor dem nicht eben landlaufigen Funfviertel- 
takt nicht zuruckscbreckt. „Der kleine Wasserfall" 
ist am meisten tonmalerisch gehalten. Wahrend 
in der linken Hand orgelpunktartig ein Sekunden- 
intervall in gleichformig rieselnden Sechszehnteln 
erklingt, gesellen sich zwei iiberaus anschauliche 
Themen hinzu, die der Tondichter gar prachtig 
zu verwenden weifi. Jedenfalls hat er ein gutes 
Recht, seine drei Sitze „poetische Stucke" zu 
nennen, denn gerade der starke dichteriscbe 
Gehalt derselben macht in Verbindung mit 
Liebenswurdigkeit und oft neckischer Freude am 



286 



DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915 



Spiel der Tone ihren besonderen Reiz aus. 
Ohne kinderleicht zu sein, bieten sie uberdies 
einem einigermafien geubten Spieler dankbare 
Aufgaben. Fiir die Hausmusik sind sie deshalb 
besonders empfehlenswert, wetl sie gegenuber 
den „Salonstucken" und Operettenplattbeiten 
wirklich gute, kunstlerisch anregende Musik 
enthalten. 

384. Joh. Seb. Bach: Bearbeitungen fiir 
Geige und Klavier von S. Lieberson. 
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig. (Mk. 2.—, 
1.50 und 1— .) 

Seitdem Fritz Kreisler und Willy Burmester 
aus verschollenen Werken alter Meister kostbare 
Schatze ausgegraben haben, ist das Bestreben 
so manches Bearbeiters auF den gleichen Zweck 
gerichtet. Und sicherlich gewShrt der grofle 
Thomaskantor in dieser Hinsicht eine reiche 
Ausbeute. Lieberson legt hier vier Hefte vor, 
die sicherlich bei alien Geigern Beachtung flnden 
durften. Fillt im ersten Heft eine prachtvolle 
„Aria" auf, die vielleicht bald eine ihnliche 
Beliebtheit erlangen kann wie das beruhmte 
„Air" aus der beruhmten D-dur Suite, so sind 
im zweiten Heft die reizvolle Gavotte und ein 
entzuckendes Echostuck besonders bemerkens- 
wert. Sind diese Stiicke auch einem einiger- 
mafien geubten Liebhaber zuganglich, so ver- 
langt das in Heft 3 enthaltene Andante aus 
dem „Italienischen Konzert" schon eine groBere 
Fertigkeit, auch die „Melodie" zum c-moll Pra- 
ludium erfordert einen sicberen und tonkraftigen 
Spieler. Die Klavierstimme ist, soweit der Be- 
arbeiter vom Original abweicht, geschmackvoll 
und nicht allzu schwierig. Der wiedererwachen- 
den Hausmusik ist zweifellos viel damit gedient, 
wenn ihr gerade Bach in so glucklicher Weise 
nahegebracbt wird. Man hat vor ihm in Dilet- 
tantenkreisen meist eine gewisse ehrfiirchtige 
Scheu. Durch die hier gesammelten Stucke 
aber wird man ihn lieben lernen. 

385. Maximilian Heidrich: Phantasie- 
Sonate, Suite und Lieder. Heraus- 
gegeben von Richard Buchmayer. Ver- 
lag: Ebenda. (Mk. 4.—, 4.—, 5.-.) 

Die alte und immer neue „Traurige Ge- 
schichte" eines schaffenden Kunstlers! Von 
dem Tondichter Maximilian Heidrich, der im 
Jahre 1909 gestorben ist, haben bei seinen Leb- 
zeiten kaum einige wenige etwas gewulit, ja, 
sein Name klang auch mir fremd, als Richard 
Buchmayer im Winter 1911/12 einen ganzen ab- 
wechselungsreichen Abend lang Werke aus seiner 
Feder vorfuhrte. Von dem, was damals schon 
beim ersten Anhoren die Achtung der Fach- 
genossen und den Beifall der Horer sich er- 
zwang, liegt nun einiges im Druck vor und man 
darf es dem Herausgeber aufricbtig danken, dad 
er den toten Meister dadurch zu Ehren bringt, 
die dem lebenden leider versagt blieben. Die 
groB angelegte Phantasie-Sonate fiir Klavier 
(Werk 70, D-dur) ist eine Tonschopfung, die 
durch die Kraft und Eigenart ihrer Gedanken 
ebenso besticht wie durch den monumentalen 
Aufbau. Zwar lafit sich die uberquellende Fulle 
des Werkes kaum in die Fesseln der herkomm- 
lichen Form schlagen; aber man hat das Werk 



eben mehr als Phantasie denn als Sonate zu 
betrachten. Es steckt ungemein viel in dieser 
Arbeit, mit der Klavierspieler von Rang ihre 
Vortragsfolgen wahrhaft bereichern konnten. 
Einflusse von Schumann und Brahms, ja sogar 
von Bruckner, sind erkennbar, doch beein- 
trachtigcn sie niemals die SelbstSndigkeit des 
Tonsetzers, der durchaus eigene Wege wandelt. 
Sehr schon und wesentlicb leichter verstSndlich 
sind vier Lieder nach Worten von Friedrich 
Nietzsche, gesetzt fur eine Singstimme mit 
obligater Geige und Klavier. Schone Erfindung 
und gliickliche Stimmungskunst verleihen diesen 
Liedern einen betrachtlichen Wert. „Es ist der 
Wind um Mitternacht" und „Einsam durch den 
dusterblauen, nacht'gen Himmel" mochte ich be- 
sonders hervorheben. Von dem hohen kunst- 
lerischen Wollen ihres Schopfers legt auch die 
Suite fur zwei Klaviere zu vier Handen 
(Werk 58) deutlich Zeugnis ab. Gibt sich der 
Tonsetzer hier auch teilweise schlichter als in 
der groBen Sonate (z. B. ist die ^Serenade" ein 
Satz von liebenswiirdiger Anmut), so vermeidet 
er doch streng alles GewShnliche und Ab- 
gebrauchte. Der dritte Satz „Bair ruft unwill- 
kurlich Empflndungen an Schumann wach, die 
aber nicht zum Schaden Heidrichs gereichen. 
In Harmonie und Rhythmik ister meist besonders 
fesselnd, und selbst fiber seiner Heiterkeit liegt 
eine gewisse Schwermut, die um so eindring- 
licher wirkt, als der Tonsetzer sie gem durch 
sprungbaft aufwallende Leidenschaft zu ver- 
decken sucht. Im letzten Satz der Suite, einer 
prachtig gearbeiteten, lebendigen und von jeder 
zopfigen Schulmeisterei freien Fuge zeigt der 
Tonsetzer ebensoviel Phantasie wie technische 
Reife. Alles in allem: an Maximilian Heidrich 
hat die Nachwelt viel gut zu machen. Ist er 
auch nicht leicht zuganglich, weil er ansehnliche 
Anspruche an die Ausfuhrenden stellt, so lohnen 
doch seine Werke die darauf verwandte Muhe 
reichlich. 

386. fl.J.Schwinn: Kriegslieder aus groBer 
Zeit. Komponisten - Verlag E. Schwinn, 
Leipzig-Co. 

Die acht Lieder des Heftes verraten eine 
schone melodische Begabung, wie sie im Kriegs- 
jabr ja oftmals ganz uberraschend zutage ge- 
treten ist. Aber die Technik ist so kunstlos, 
mitunter sogar karg, daB man keinen kunstle- 
rischen Gesamteindruck empfangt, so gern man 
dem guten Willen Anerkennung spenden mochte. 
Aber es gibt doch wohl jetzt Tausende, denen 
diese Lieder gerade um ihrer groBen Einfach- 
heit und Leichtigkeit willen erwunscht sein 
durften. 

387. Karl Pembaur: „Seliger Tod." Fur 
gemischten Chor ohne Begleitung. 
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig. 

Nach einer Volksweise hat der Bearbeiter 
mit sehr geschickter Hand ein uberaus eindring- 
liches Chorlied geschafFen, von dessen tief- 
gehender Wirkung ich mich bereits selbst fiber- 
zeugen konnte. Das bescheidene Hervortreten 
einer Solostimme (Tenor bezw. Bariton) in den 
ersten zwei Strophen verstarkt den Eindruck 
wesentlich. F. A. Gei flier 



KRITIK 



OPER 

OERLIN: Man konnte nach aller Lauwirme der 
*-* Sommeroperette auf das Los der „Fleder- 
maus" im Deutscben Operntaause neu- 
gierig sein. Sie war kein ubler ScbluQtakt. Wie 
beneidenswert, das Meisterwerk auf jungfrau- 
licbem Boden neu entdecken zu seben! Wir 
durfen der Leitung des Hauses nachruhmen, 
dad es solche Gunst des Schicksals zu nutzen 
wuCte. Diese „Fledermaus" war nicht ganz aus 
dem Geiste ihres Schopfers heraus empfunden, 
nicbt nacb herkommlicber Art gestaltet, erreichte 
aber den Endzweck der Stimmung. Die kam zu- 
nicbst vom Orcb ester, das Ignatz Wagh alter 
mit Begeisterung, mit personlicber Note, wenn 
aucb nicht mit letzter Selbstbeherrscbung, in die 
Operettenlaune trieb. Manches, wie m O je, o je", 
keuchte atemlos dahin; der Walzer vor allem 
fuhlte sicb scbwer bedrangt; aber als die Ouver- 
tfire verklungen war, gab es jenen Kontakt 
zwiscben Masse und Buhne, die dem Eindruck 
den Weg bahnt. Man hat sicb die Neueinrichtung 
der .Fledermaus" etwas kosten lassen. Prinz 
Orlofski bewirtet seine Gaste im Garten, eine 
Halle in rotlich strablendem Licht bildet den 
Hintergrund. Darin Hertha Stolzenberg als 
Adele, uberlustiges Kammerkatzchen und Qber- 
ragende Sangerin; Rosalinde Elisabeth van En- 
dert, die nicht die gleicbe Sicherheit des In- 
stinkts, aber Liebenswurdigkeit, Scbmiegsamkeit 
und eine hubsche, nur zuweilen nicht fugsame 
Stimme einzusetzen hat. Orlofskis, Johanna 
Geislers, Lispeln storte zuweilen. Unter den 
Mannern weifl nur Bernhard B 6 1 e 1 lebemlnniscbe 
Anmut aufzubringen. Die anderen — Julius 
L i e b a n ist Frosch — stehen schon nicht ganz auf 
gesellschaftlicher Hdhe, fallen aber aucb nicht ab. 
Alle Herren und Damen stecken im alteren 
Kostum, und auch dagegen ist nicbts zu sagen. 
Das Spiel, von Dr. Kauffmann geordnet, greift 
lebendig ineinander, die Worte und Witze er- 



reichen ihr Ziel. Auch diese (von der Oper be- 
fruchtete) „Fledermaus* hat Daseinsberechtigung. 

Adolf Weiftmann 



KONZERT 

CONDERSHAUSEN: Der Glanz unseres musi- 
^ kalischen Lebens, die Folge der altberuhmten 
Loh-Konzerte, leuchtet uns in diesem Kriegssom- 
mer leider nicht. Die Sehnsucht nach sympho- 
nischen Genussen konnte nur einige Male durch 
das von Corbach sorgfaltig geschulte Konser- 
vatoriumsorchester befriedigt werden, das Mozart- 
sche Symphonieen (Schwanengesang, Jupitersym- 
phonie u. a.) recht beifallswurdig ausfuhrte. Im 
Loh gab es nur ein „feldgraues" Wohltatigkeits- 
konzert, aus dem wir „Drei Kriegslieder", ifur 
Einzelgesang mit Orchester komponiert von Karl 
Neidhardt (Hornist in unserer Hofkapelle), als 
recht dankbare zeitgemafte Vortragsnummern be- 
sonders hervorheben. Freilich gehort ein stimm- 
gewaltiger SSnger, wie wir ibn hier in Albert 
Fischer besitzen, dazu, um z. B. das „Reiterlied" 
von Gerhart Hauptmann „Raus aus dem Haus!" 
packend zu bewaltigen. Von der Reibe der 
Kammermusik-Abende, die sich uber das ganze 
Musikjahr erstreckte, Helen die letzten Konzerte 
in den beginnenden Sommer. Hieraus seien als 
hervorragende Gaben die Passacaglia fur Vio- 
line und ViolavonHindel(Ausfuhrende:Plumer 
und Corbacb) und die g-moll Sonate fur Vio- 
line allein von Bach (Corbach) genannt. Musi- 
kalische Zugvogel besuchten uns wenig. Die 
tnteressantesten GSste waren das Berliner Kunst- 
lerpaar Konrad und Liselotte Berner. Er, als 
ein fruhererSchiiler unseres Konservatoriums und 
als tuchtiger Geigerbekannt und geschatzt, fiihrte 
sich jetzt als Virtuose auf der wieder in Auf- 
nabme gekommenen Viola d'mour ein , seine Frau 
verdient den Ruhm einer gewandten Lauten- 
spielerin. M. Boltz 



ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN 

Im 5. September waren hundert Jahre seit der Geburt Karl Wilhelms, des Komponisten 
/^ der w Wacht am Rhein", vergangen. Mit dieser Vertonung hat, wie Bismarck dem 
^^^ Kunstler am 24. Juni 1871 schrieb, Wilhelm „dem deutschen Volke ein Lied gegeben, 
JL. JL welches mit der Geschichte des eben beendeten groBen Krieges untrennbar verwachsen. 
ist. Entstanden zu einer Zeit, wo die deutscben Rheinlande in ahnlicher Weise wie vor einem 
Jahre bedrobt erschienen, hat ,Die Wacht am Rhein' ein Menschenalter spiter, als die Drohung 
sich verwirklicbte, in der begeisterten Entscblossenheit, mit welcher unser Volk den ihm auf- 
gedrungenen Kampf aufgenommen und bestanden bat, ibren vollen Anklang gefunden. Ihr Ver- 
dienst, Herr Musikdirektor, ist es, unserer letzten grofien Erhebung die Volksweise gegeben zu 
haben, welcbe daheim wie im Felde dem nationalen Gemeingefuhle zum Ausdruck gedient hat . . ." 
Diese Worte des eisernen Kanzlers bestehen auch heute noch zu Recht: Karl Wilhelms markige 
Chorweise bat sich auch im August 1914, bei Beginn des Weltkrieges, als das Sturm- und Kampf- 
lied des deutschen Volkes aufs herrlichste neu bewahrt. 

Des 90. Geburtstages (25. Oktpber) von Johann StrautJ Sobn sei vorgreifend heute schon 
gedacht. Dem Gedachtnis an den 30. Todestag (14. September) Friedrich Kiels, des hervor- 
ragenden Berliner Musikers, ist die letzte Bilderbeigabe dieses Jahrgangs gewidmet. 

Dem vorliegenden Heft liegen ferner bei: der Quartalstitel und das Namen- und 
Sachregister zum 56. Band sowie das Verzeichnis der Kunstbeilagen des 14. Jahr- 
gangs. 



AN UNSERE LESER! 

Der Krieg hat nun auch in unser friedvolles Handwerk mit 
storender Hand eingegriffen. War eines unserer Redaktions- 
mitglieder, Herr Max Dubinski, schon Ende Marz d. Js. 
zum Heeresdienst berufen, so wurde inzwischen auch unser Herr 
Willy Renz gemustert und sieht stundlich seiner Einberufung ent- 
gegen, nachdem unser Herausgeber selbst im Juni schon durch frei- 
willige Dienstleistung die Aufgaben seines Amtes mit wichtigeren 
patriotischen Pflichten eingetauscht hatte. Unsere Redaktionsraume 
sind verwaist, und ein nicht unbetrachtlicher Teil unserer Mitarbeiter 
steht im Felde. Da es nicht in unserer Absicht liegen kann, eine 
Vertretung zu berufen, die vielleicht auf langere Zeit die Geschafte 
der Schriftleitung fiihren muO und dem seit vierzehn Jahren ein- 
gehaltenen und fiir richtig erkannten Weg ein fremdes, ungewunschtes 
Ziel gibt, so muCten wir uns schweren Herzens dazu entschlieOen, 
der MUSIK eine Ferienzeit zu gonnen, die, wie wir hoffen diirfen, 
eine begrenzte sein wird. Unsere Zeitschrift macht fiir die Dauer, 
in der die Geschiitze noch ihre ehernen Melodieen singen, eine 
Generalpause, urn sich wieder einzufinden, wenn der Redaktionsstab 
zur Neuarbeit vollzahlig beisammen ist. 

Rechtzeitig werden wir unseren Freunden den Beginn des 
Wiedererscheinens melden, und wir halten uns versichert, daO uns 
niemand grollen wird — jede Anklage richtet sich gegen unsere 
Feinde — , daC vielmehr alle sich wieder um die Fahne unserer 
MUSIK scharen werden. 

Unseren verehrten Mitarbeitern Dank zu sagen fiir ihre 
treue Hilfe in den verflossenen dreizehn schweren Monaten, ist 
uns ebenso Bedurfnis, wie an sie die ergebene Bitte zu richten, 
ihre bisher nicht zur Veroffentlichung gebrachten Beitrage unserem 
Archiv zur sorgsamen Aufbewahrung zu belassen. Wiinscht jedoch 
jemand sein Manuskript zuriick, so wird diesem Ersuchen sogleich 
entsprochen werden. Neu eintreffende Beitrage werden wir un- 
gepriift entgegennehmen, falls die Bitte um Riicksendung nicht aus- 
gesprochen wird. 

Unfreiwillig nimmt die MUSIK somit Abschied; moge es eine 
nur kurze Zeit wahren, bis sie der Fessel entledigt ist, die sie ver- 
stummen machte. 

DER VERLAG SCHUSTER & LOEFFLER 




£ 3 

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» 1 







2 




FRIEDRICH KIEL 
f 14. September 1 885 



XIV L 




NAMEN- UND 
SACHREGISTER 

ZUM IV. QUARTALSBAND DES VIERZEHNTEN 
JAHRGANGS DER MUSIK (1914/15) 



Akademie der Tonkunst, Neue 

(Berlin), 196. 197. 200. 
Akademie der Wissenschaften, 

Kaiserlicbe (Wien), 99. 
Alnaes, Eyvind, 284. 
Altenberg, Peter, 276. 
Altmann, Wilhelm, 48. 
Altmann-Kuntz, Margarete, 48. 
Ambros, A. W., 88. 
d'Ambrosio, Alfredo, s. Toten- 

schau XIV. 23. 
Ambrosius, Bischof von Mailand, 

110. 
Anakreon 181. 
Anders, Erich, 142. 
Andrea, Joh. Valentin, 236. 
Andresen, Lulu, 42. 
Appel, Karl Fr., 94. 
ArtOt de Padilla, Desiree, 197. 
Aschylos 181. 
Aubert, Johnny, 239. 
Augustin, Hermann, 126. 
Baader 112. 
Baberadt 75. 76. 85. 
Bacb, Ambrosius, 230. 
Bach, Joh. Seb., 15. 16. 34. 40. 

46. 47. 48. 64. 68. 89. 91. 

117. 141. 144. 157. 173. 185. 

188. 192. 227.228.230.234. 

240. 250. 259. 260. 268. 282. 

286. 287. 
Bach-Chor (Basel) 240. 
Bach.Wilh.Friedemann, 147. 156. 
Bahnsen, Julius, 148. 
Balfe, M. W., 282. 
Bandler, Heinrich, 47. 
Bantock, Granville, 59. 
Barbi, Alice, 137. 
Barblan 240. 
Barco-Frank, Olga, 45. 
Barmas, Issay, 238. 284. 
Barton, Pepo, 143. 
Bartusch, Alexander, 190. 
Baruzzi, Cincinnato, 5. 
Baselt, Fritz, 94. 190. 191. 235. 

238. 
Battke, Max, 42. 
Bayer, Franz, 192. 
Bayrhofer (Verleger) 216. 
Bayrhoffer, Wilhelm, 125. 
Beaumarchais 119. 
Becker, Fritz, 192. 
Becker, Gottfried, 239. 



Beer 99. 

Beer-Walbrunn, Anton, 150. 151. 

154. 
Beethoven, Ludwig van, 4. II. 

15. 16. 21. 24. 27. 33. 34. 

37. 38. 40. 42. 45. 46. 47. 

66. 67. 68. 69. 71. 89. 96. 

115. 117. 122. 128. 131. 137. 

143. 144. 151. 154. 181. 185. 

188. 191. 199. 200. 202. 207. 

210. 230. 239. 244.252.253. 

254. 255. 256. 257. 258. 259. 

266. 268. 282. 284. 
Beetz, Franz, 47. 
Bel art, Hans, 138. 139. 140. 
Bellini, Vincenzo, 9. 17. 1 19. 186. 
Benda, Franz, 246. 
Bendel, Franz, 69. 
Bennet, W. St., 282. 
Berber, Felix, 48. 
Bergmann, H., 143. 
Berlioz, Hector, 3. 4. 68. 71. 

148. 195. 204. 208. 240. 
Berndsen, Helmut, 95. 
Berner, Konrad, 287. 
Berner, Liselotte, 287. 
Bernstein, Eva, 96. 
Bertram, Hermann, s. Toten- 

schau XIV. 21. 
Besch, Otto, 92. 93. 
v. Betzold, Friederike, 144. 
v. Bezold, Gustav, 156. 
Biehle 234. 
v. Binzer, Erika, 157. 
Birnbaum, Eduard, 99. 192. 
Bischoff, F., s. Totenschau XIV. 

24. 
v. Bismarck, Otto, 72. 231. 232. 
Bisping, Ernst, 285. 
Bizet, Georges, 38. 
BlaOmann, Adolf, 200. 
Blech, Leo, 93. 
Bleyle, Karl, 155. 236. 
Bloch, Joseph, 176. 
Bloomfield-Zeisler, Fannie, 47. 
Blum, Carl Robert, 172. 173. 
Bodell, C, s. Totenschau XIV. 22. 
Boehe, Ernst, 265. 
Boehm-van Endert, Elisabeth, 48. 

287. 
Boito, Arrigo, 9. 
Bongiovanni, F., 4. 
Bosch, Catharina, 157. 



v. Bose, Fritz, 192. 
Bosetti, Hermine, 144. 
Bossi, Enrico, 247. 
Bote & Bock 126. 
Botel, Bernhard, 287. 
Bottermund, Hans, 144. 
Bottessini, Giovanni, 9. 
Bowen, A. M., 75. 
Borodin, Alexander, 265. 
Brahms, Johannes, 16. 33. 34. 

45. 46. 47. 48. 54. 56. 88. 

96. 134. 135. 142. 143. 144. 

151. 152. 154. 192.213.239. 

240. 268. 280. 286. 
Braunfels, Walter, 151. 154. 
Brecher, Gustav, 95. 
Brefln, Paul, 239. 
Breitkopf & Hartel 43. 93. 99. 

140. 141. 149. 151. 152. 155. 

190. 191. 196.234.235. 236. 

283. 284. 
Brentano, Bettina, 131. 
Breve, Otto, 238. 
Brockhaus ((Conversations- 

lexikon) 196. 
v. Bronsart, Hans, 148. 
Bronsgeest, Cornells, 144. 
Bruch, Max, 144. 
Bruckner, Anton, 16. 55. 148. 

158ff (B.-Literatur I). 185. 

192 (Bild). 204. 217ff (B.- 
Literatur. SchluB). 256. 258. 

286. 
Brun, Fritz, 240. 
Brune, H., 144. 
Bruno, Giordano, 88. 
BQchel, Anna, 45. 
Bflchel, Hermann, 45. 
Buchmayer, Richard, 286. 
Buck, Rudolf, 266. 267. 268. 
Budde, Karl, 191. 
v. Bulow, Hans, 1 23 ff (H. v. B.s 

Pseudonym W. Solinger). 147. 

215ff (H. v. B.'s Pseudonym 

W. Solinger). 
v. BQlow, Marie, 125. 
Bunner, Hanna, 240. 
Burmester, Willy, 46. 286. 
Busch, C. M., 235. 238. 
Busoni, Ferruccio, 48. 100. 141. 
Buxtehude, Dietrich, 47. 
da Calzabigi, Raniero, 12. 
a cappella-Chor, Kieler, 47. 



IV 



NAMENREGISTER 



Cantor, Else, 192. 
Carreuo, Teresa, 46. 
Casadesut, Henri, s. Totenschau 

XIV. 20. 
Casadesus, Marcel, s. Totenschau 

XIV. 20. 
Caslova, Marie, 48. 
Cassius, Olga, 189. 
Chabrier, Emanuel, 257. 
Challier sen., Ernst, 124. 
Chamberlain, H. St., 188. 
Charpentier, Gustave, 6. 
Cherubini, Luigi, 244. 266. 
Chopin, Frederic, 91. 140. 141. 

191. 196. 199. 228. 245. 249. 

250. 258. 
Chor, Akademischer (Jena), 46. 
Chorverein (Kiel) 47. 
Cipriani 114. 
City Art League -Quartet (St. 

Louis) 48. 
Clementi, Muzio, 259. 
Cochrane (Pianistin) 268. 
Coleridge-Taylor, Samuel, 54. 
Converse, Frederick, 48. 
Corbach, Karl, 287. 
Cornelius, Peter, 93. 144. 148. 

233. 
Costa 8. 

Courvoisier, Walter, 154. 
Crescendo-Verlag 284. 
Cron, Joaeph, 240. 
Crzelitzer, Marts, 33. 
Cummings, W. H., s. Totenschau 

XIV. 23. 
Czapek, Josef, s. Totenschau 

XIV. 21. 
Daffner, Hugo, 154. 156. 
David, Karl Heinrich, 240. 
Deboben, Heinrich, 144. 
Debussy, Claude, 5. 6. 54. 154. 

156. 212. 273. 
Deetjen, Werner, 86. 
Dehmel, Richard, 236. 
Deinhardstein, Joh. Ludwig, 75ff 

(Wagner, Lortzing-Reger u. D.). 
Delius, Frederik, 54. 58. 59. 
Denijn, Jef, 281. 282. 
Derichs, Mathieu, 143. 
Deutinger, Martin, 1 1 1 (T (Musi- 

kalisches aus dem Tagebuche 

M. D.s). 
Deutsch 240. 
Deutscher Arbeiterverein, AII- 

gemeiner, 124. 
Diederichs, Eugen, 44. 93. 
Dionysios (Dichter) 181. 
Donath, Wilhelm, 142. 
Donizetti, GaCtano, 9. 186. 
Dubinski, Max, 288. 
Dubitzky, Franz, 107. 247. 248. 

259. 
DOrer-Bund 15. 42. 
Durigo, Ilona, 240. 



Duringer, Ph. J., 78. 

Dueaberg, Nora, 45. 

Dux, CUre, 96. 143. 

Dvorak, Anton, 45. 47. 72. 96. 

Eckel, Chr. Gerhard, 94. 

Eckermann, J. P., 130. 

Egel, H. W., s. Totenschau XIV. 

22. 
Eibl, F., a. Totenschau XIV. 22. 
v. EichendorrT, Joseph Frhr., 69. 

152. 155. 156. 
Eickemeyer, Willi, 46. 
Eitel Friedrich, Prinz v. PreuDen, 

284. 
Eitz, Carl, 42. 
Elgar, Edward, 6. 53. 54. 56. 

58. 59. 282. 
Enesco, Georges, 47. 
Engel, Werner, 95. 
Engelhard, Leonor, 143. 
Engelke, Bernhard, 142. 
Eos (Musikverlag) 43. 94. 141. 

142. 234. 
Erb, C. M., 152. 
Ertel, Paul, 62. 70. 
Ettlinger, Max, 112. 
Euler, Leonhard, 24. 
Eulitz, Oskar, 44. 
Evers, E., 144. 
Evers, Franz, 235. 
Falke, Gustav, 44. 
Fanciulli, F., s. Totenschau XIV. 

24. 
Feinhals, Fritz, 46. 
Ferrari, Rodolfo, 5. 
Feuerbach, Ludwig, 139. 
Field, John, 282. 
Fink, Marie, 95. 96. 
Fischer, Albert, 287. 
Fischer, Ernst, 236. 
Fischer, Frederick, 48. 
Fischer, Ludwig, 142. 
Flesch, Carl, 141. 
Flonzaley-Quartett 48. 
Flournoy 66. 
Foerstler, Wilhelm, s. Toten:chau 

XIV. 21. 
Forberg, Rob., 149. 
Forsell, John, 41. 
Fortelni, Rosine, 45. 
Franz, Robert, 88 ff u. 133ff 

(Zum 100. Geburtstag v. R. 

Franz). 192. 280. 
Robert-Franz-Singakademie 192. 
Fremstad, Olive, 47. 
Frey, Martin, 44. 
Freylinghausen, Joh. A., 25. 
Fried, Richard, 48. 
Friedberg, Carl, 47. 157. 
Friedenthal, Albert, 44. 282. 
Friedman, Ignaz, 140. 141. 
Friedmann, A., 99. 102. 
Friedrich der GroOe 228. 246. 
Friedrichs 34. 



Frischen, Josef, 144. 
Friachenschlager, Fridwin, 45. 
Frodl, K., 48. 
Froitzheim, M., 48. 
Fuchs, Adolf, 45. 
Fuchs, Carl, 109. 110. 
Fuchf, Robert, 155. 
Gabrilowitsch, Clara, 47. 
Gabrilowitscb, Ossip, 47. 
Gade, Niels W., 266. 
Garbe, Robert, 93. 
Garofalo 47. 
Gast, Peter, 257. 
Gathy, August, 67. 
v. Gaudy, Franz Frhr., 126. 216. 
Geibel, Emanuel, 69. 
Geisler, Johanna, 287. 
Geminiani, Francesco, 147. 
Gentzscb, Hugo, 124. 
Georg II., Herzog v. Sachien- 

Meiningen, 46. 
Gerhardt, Elena, 48. 
Gerhart, Rudolf, 239. 
Gesangverein (Basel) 239. 
Gesellschaft der Musikfreunde 

(Hannover) 144. 
Gesellschaft zur FOrderung der 

Wissenschaft des Judentums 

(Berlin) 99. 
GeDner, Franz, 47. 
GeOner, Tina, 144. 
Gille, Karl, 126. 143. 
Gillmann, Max, 143. 
Giordano, Umberto, 6. 
Gipser, Else, 192. 
Gluck, Alma, 48. 
Gluck, Christoph Willibald, 4. 

II. 12. 187. 228. 229. 230. 

233. 268. 
Goepfart, Karl, 142. 
Goethe, Joh. Wolfgang, 111. 

128n* (Schubert und G.). 153. 

186. 187. 236. 278. 
Goethe-Bund 15. 
Goetz, Hermann, 47. 143. 
Goldmark, Karl, 45. 47. 96. 257. 
Goldschmidt, Hugo, 187.188.189. 
Golenischtschew - Kutusow, A., 

270. 
GOUrich, Josef, s. Totenschau 

XIV. 21. 
v. GOrres, Joseph, 112. 
Gottlieb, Henriette, 95. 
GOtze, Gustav, 42. 
Grabner, H., 238. 
Gramm, C, 125. 
Graun, K. H., 47. 
Gregor, Hans, 239. 
Grevenberg, Julius, 45. 
Gretscher, Philipp, 42. 43. 
Grieg, Edvard, 68. 141. 150. 

152. 192. 195.211. 228. 239. 

256. 283. 
Grimm 144. 



NAMENREGISTER 



Grimm-Mittelmann, Berta, 05. 
GroO, Felix, 90. 
GrQninger, Carl, 148. 
Grdtzmacher, Friedrich, 201. 
Guilbert, Yvette, 212. 
Gumbert, Ferdinand, 127. 
Gura, Annie, 144. 
Gura, Eugen, 137. 
Gura, Hermann, 144. 
Gurzenich-Konzerte 201. 
Guszalewicz, Alice, 95. 
GOtersloh, M., 48. 
de Haan-Manifargcs, Pauline, 46. 
Haas, Joseph, 150. 152. 153. 

154. 155. 156. 238. 
Hahn, Rosie, 144. 240. 
Halbrelter, Otto, 236. 237. 238. 
Hamm, Adolf, 240. 
Hand, Ferdinand G., 67. 71. 
Hindel, Georg Friedrich, 34. 46. 

47. 48. 52. 89. 91. 144. 191. 

233. 287. 
v. Hanneken, Elsa, 262. 
Hansen, Nicolai, 283. 
Hansen, Paul, 95. 
Hansen, Wilhelm, 141. 190. 191. 

192. 238. 283. 
Han slick, Eduard, 188. 
Harder, Jobann, 238. 
Harmonie (Verlag) 238. 
v. Hartmann, Eduard, 111. 112. 
Hartmann, Emil, 283. 
Hartmann, Georg, 95. 239. 
Hartmann, Ludwig, 204. 
Harzen-MOller, A. N., 215. 216. 
HJser, Georg, 240. 
Hasse, Joh. Adolf, 233. 
Hatzfeld, Sophie Grflfln, 125. 
Hauptmann, Gerhart, 43. 195. 

287. 
v. Hausegger, Siegmund, 252. 
Havemann, Gustav, 47. 
Haydn, Joseph, 34. 68. 81. 93. 

114. 115. 236. 239. 252. 
Hedin, Sven, 40. 41. 
Hegar, Peter, 239. 240. 
Hegel, G. W. Fr., 139. 
Heidlberg, Albert, 142. 
Heidrich, Maximilian, 286. 
Heim, Albert, 245. 
Heim, Viktor, 46. 
Heine, Heinricb, 69. 123. 
Heinemann, Alexander, 46. 
Heinrich, Prinzessin v. PreuDen, 

47. 
Heinrichshofen's Verlag 190. 
Heise, P., 283. 
Heller, Stephen, 34. 
v. Helmholtz, Hermann, 62. 73. 
Henkel, Th., 94. 
Henneberg, Eduard, 73. 
Henneberg, Rudolf, 199. 
Henriques, Fini, 191. 283. 
Hensel, Heinricb, 143. 144. 



Hephaestos-Vcrlag 93. 

Herfurth, P., 44. 

Heroux, B., 191. 

Herwegh, Emma, 124. 

Herwegh, Georg, 124. 125. 

Herwegh, Marcel, 125. 

Herzog, Rudoir, 236. 

HeO, Ludwig, 47. 144. 

Hey, Julius, 139. 

Heydenreich 187. 

Hildach, Eugen, 190. 

Hiller, Joh. Adam, 188. 

v. Hindenburg, Paul, 190. 237. 

238. 284. 
Hinrichssche Buchhandlung, J. 

C., 43. 
Hinze-Reinhold, Bruno, 46. 
Hirt, Fritz, 240. 
Hochschule for Musik, KOnigl. 

(Berlin), 195. 196. 
Hoffmann, E. T. A., 61. 64. 65. 

66. 86. 87. 239. 
Hoffmann-Onegin, Lilly, 143. 
Hofkapelle (Dessau) 96. 143. 
Hofkapelle (Gera) 46. 
Hofkapelle (Meiningen) 46. 
Hofmann (Violinist) 72. 
Hofmeiater, F., 124. 127. 
Hofmuller (Singer) 143. 
Hoftheaterchor (Dessau) 96. 
Holbein, Hans, 272. 
Hfllderlin, Friedrich, 240. 
Holz, Arno, 195. 
Homer 116. 
Hoppe, Jaroslav, 141. 
Horaz 181. 
Horncmann, E., 191. 
v. Hornatein, Robert, 280. 
Huber, Hans, 240. 
Huber, Jos. C., 94. 190. 
Huber- Anderach, Theodor, 156. 

238. 
Huber & Co. 138. 
Hug & Co., Gebr., 285. 
Hugo, Victor, 281. 
Humperdinck, Anton, 93. 
Humperdinck, Engelbert, 46. 92. 

93. 143. 156. 244. 265. 
Idelsohn, A. Z., 99. 101. 102. 

103. 105. 106. 107. 108. 
v. Ihne, Wilhelm Viktor, 44. 
Illica, Luigi, 7. 
Ingenhoven, Jan, 156. 
Irraer, Arno, s. Totenschau XIV. 

21. 
Irrgang, Bernhard, 96. 
Jacobsen, J. P., 285. 
Jadassohn, S., 234. 
Jaeger, Gustav, 237. 
Jaeger (London) 54. 
dejager, John, 47. 
Jahn, Ludwig, 96. 
Jaques-Dalcroze, £mile, 212. 
Jemnitz, Alexander, 1 54. 1 56. 1 92. 



Jensen, Adolf, 148. 155. 156. 

244. 
Jeritza, Marie, 45. 
Joachim, Joseph, 14. 
J8de, Fritz, 93. 
Johannsen, Heinrich, 47. 
Johnen, Kurt, 190. 
Jomelli, N., 233. 
Jones, Sydney, 282. 
Jordan, Sverre, 141. 
Joseffy, Rafael, s. Totenschau 

XIV. 21. 
Junker, August, 263. 266. 
JOterbock, K., 235. 236. 
Kaesser, Lulu, 239. 
Kahn, Robert, 44. 48(Bild). 266. 
Kahnt Nachf., C. F., 149. 191. 

235. 
Kalbeck, Max, 142. 
Kallenberg, Siegfried, 156. 
Kampf, Karl, 43. 
Kandl, Eduard, 239. 
Kant, Immanuel, 111. 187. 
Kapelle, Kgl. (Dresden), 203. 
Kapelle, Kgl. (Hannover), 143. 
Kapelle, Stidtische (Chemnitz), 

203. 
Kapelle, StSdtische (Shanghai), 

266. 
Karg-Elert, Sigfrid, 236. 
Kastner, Prof., 112. 
Kato, Baron, 263. 
Kauffmann, Hans, 207. 
Kaufmann, Angelika, 114. 
Kaun, Hugo, 265. 
Keiser, Reinhard, 233. 
Keller, Otto, 140. 
Kelley, Edgar Stilman, 47. 
Kernatock, O., 204. 
Kersten 34. 
Keudell, Robert, 72. 
Kiel, Friedrich, 14. 197. 200. 

287 (Bild). 
Kienzl, Wilhelm, 45. 93. 143. 
Kirchner, Theodor, 34. 
Kistner, C. F., 149. 150. 151. 

154. 
Klatte, Wilhelm, 234. 
Klein-Tholfus, Toni, 47. 
Klemperer, Otto, 45. 
Klingler, Karl, 144. 
Klopfer, Fritz, 43. 
Klopstock, F. G., 67. 228. 229. 
Klose, Friedrich, 148. 
Klum, H., 237. 
Kneisel, Franz, 48. 
Koch, Markus, 237. 
Kocian, Jaroslaw, 46. 
KOnig, Wilhelm, 144. 
Konservatorium, Hochsches, 93. 
Konservatorium (KSln) 201. 
Konservatorium, Kgl. (Dresden), 

197. 
Konservatorium, Sternsches, 196. 



VI 



NAMENREG1STER 



Konzerte, Akademische (Jena), 

46. 
Konzerte, Philbarmonische 

(Berlin), 201. 203. 
Kosel, J., 112. 
Kotscher, Hans, 240. 
Kowalski, Max, 142. 
Krinzchen (MSnnergesangverein 

in Steyr) 192. 
KrauO, Max, 95. 143. 144. 
Krehl, Stephan, 154. 
Kreisler, Fritz, 47. 286. 
Kremser, Eduard, 239. 
Kretschmer, Edmund, 249. 250. 

258. 
Kretzscbmar, Hermann, 204. 255. 

256. 
Kriegshaber, Frau, 48. 
Krug, Arnold, 244. 
Krupp 93. 
Kruse, Georg Richard, 75. 78. 

84. 283. 
Kubelik, Jan, 46. 
Kullak, Theodor, 197. 200. 
Kumm, A., 93. 
Kummer, Alexander, s. Toten- 

schau XIV. 23. 
KunsemOller, Ernst, 47. 
KOtb, Laura, 240. 
Laber, Heinrich, 46. 
Labor, Josef, 155. 
Laepple, J., 94. 235. 238. 
Lafite, Karl, 46. 
Lagenpusch, Felix, 95. 
Lampe, Walther, 154. 
Lamprecht, Karl, 39. 
Lange-MDller, P. E., 283. 
Langenbacb (Musikdirektor) s. 

Totenschau XIV. 22. 
v. Langenhan-Hirzel, Anna, 157. 
Langgard, Rud, 192. 
Langen, Gustav, 42. 
Lassalle, Ferdinand, 123. 124. 

125. 126. 215. 216. 
di Lasso, Orlando, 234. 235. 
Laubenthal, Franz, 239. 
Lazarus, Gustav, 191. 
Lederer-Prina, Felix, 192. 
Leffler-Burckard, Martha, 143. 
Lehmann, Lilli, 137. 
Lehrergesangverein (Kiel) 47. 
Leimer, K. r 144. 
v. d. Leithen, Magda, 268. 
Lemcke, Karl, 280. 
Lenau, Nikolaus, 69. 88. 
Lentner, J. F., 180. 
Leo, L., 233. 
Leoncavallo, Ruggiero, 38. 186. 

212. 
Lerner, Tina, 48. 
Lese, Die, 142. 
Lcssing, G. E., 187. 
Leucht, R., 144. 
Leuckart, F. E. C., 284. 285. 286. 



Levi, Ernst, 240. 

Levi, Hermann, 93. 140. 

Lewandowski 99. 

Lewin, Gustav, 285. 

Leydhecker, Agnes, 48. 

Ljadow, Anatol, s. Totenschau 

XIV. 19. 
Lichey, Reinhold, 190. 235. 236. 
Lieban, Julius, 287. 
Liederkranz (Ulm) 178.- 
Liedertafel (Basel) 239. 
Liedertafel (Worms) 144. 
v. Liliencron, Detlev, 266. 
Lioron 233. 
LiCner, P. Th., 124. 
Liszewsky, Tillman, 95. 
Liszt, Franz, 45. 48. 88. 90. 96. 

133. 134. 142. 147. 148. 199. 

202. 215. 247. 260. 268. 
Lobe, Joh. Chr., 244. 
LObmann, Hugo, 234. 
Loewe, Carl, 43. 63. 71. 181. 

279. 280. 
Loh-Konzerte 287. 
Lortzing, Albert, 68. 75 IT (Wag- 
ner, L.-Reger und Deinhard- 

stein). 93. 96 (Bild). 233. 283. 
Louis, Rudoir, 148. 
LOwenthal 130. 
Lully, J.-B., 11. 
Lutter, Heinrich, 144. 
Lutz, Robert, 93. 
Mac Dowell, Edward, 48. 152. 

153. 
Macbod, Alice, 268. 
Maeterlinck, Maurice, 272. 
Mahler, Gustav, 45. 207. 256. 
Maikl, Georg, 45. 
Mailing, Otto, 283. 
Malten, Therese, 48 (Bild). 
Man£n, Joan, 95. 
MSnnergesangverein (StraOburg 

i. E.) 48. 
Mannes, Clara, 48. 
Mannes, David, 48. 
v. Manoff, August, 45. 
v. Manovarda, Josef, 45. 
Marck-Ldders, Luise, 95. 
Mariette Bey 140. 
Marinetti 8. 

Marpurg, Fr. Wilh, 188. 247. 
Marschner, Heinrich, 68. 95. 

113. 114. 
Martin, Frank, 240. 
Martin, Riccardo, 47. 
Marx, A. B., 61. 
Mascagni, Pietro, 5. 7. 38. 69. 

186. 
Materna, Amalie, 48 (Bild). 
Mattheson, Johann, 61. 
Matthiae (Kammermusiker) 96. 
Matthisson, Friedrich, 187. 
Mattioli, Guglielmo, 5. 
May, Hans, 237. 



May, Karl, 15. 
Mayer, K. L.,142. 
Mayrberger, Carl, 246. 
Mayrhofer 132. 
Mehring, Franz, 125. 
M6hul, E. N., 114. 
Meilbeck, Hermann, 237. 
Meise, Albert, 142. 
Melodia (Musikverlag) 190. 
Mendelssohn, Arnold, 44. 
Mendelssohn Bartholdy, Felix, 

34. 45. 67.69.71.88.91. 117. 

135. 144. 147. 192. 202. 266. 
Menzinsky, Modest, 95. 
Merck, Joh. Heinrich, 236. 
Merkel, Johannes, 234. 
Messchaert, Johannes, 96. 
Metzger, Ottilie, 144. 
Metzler, Luise, 144. 
Mey, Kurt, 75. 76. 177. 180. 
Meyerbeer, Giacomo, 71. 93. 

112. 117. 126.209.216. 233. 
Meyer-Waldeck 264. 
Meyers Konversationslexikon 69. 
Michelangelo 186. 
Mikorey, Franz, 96. 143. 
v. Milde, Feodor, 123. 
v. Milde, Rosa, 123. 
Miller, William, 45. 
Millies (Konzertmeister) 268. 
Millocker, Karl, 239. 
Mitnitzky, Issay, 141. 
MOhl-Knabl, Marie, 239. 
Moos, Paul, 112. 
Morike, Eduard, 95. 152. 239. 
Mottl, Felix, 124. 140. 
Moustorgsky, Modest, 6. 270 ff 

(Lieder von M.). 
Mozart, W. A., 15. 34. 37. 45. 

47. 89. 93. 95. 96. 115. 142. 

143. 144. 181. 185. 230.233. 

248. 256. 258. 266. 268. 287. 
MOller, Rudolf, 46. 
MOller, Wilhelm, 132. 
Muller-Pasing, Alois, 237. 
Munch, Ernst, 48. 
Musik, Die (Zeitschrift), 42. 58. 

75. 86. 1 40. 2 1 6. 262. 264. 266. 
Musikakademie (Hannover) 143. 
Musikalische Rundschau, All- 

gemeine, 70. 
Musikalische Zeitung, Leipziger 

Allgemeine, 61. 72. 
Musikgesellschaft, Allgemeine 

(Basel), 239. 
Musikgesellschaft (Worms) 144. 
Musikverlag, SQddeutscher, 149. 
Musikzeitung, Allgemeine, 266. 
Mysz-Gmeiner, Lula, 46. 144. 
Nachrichten, Neueste (Berlin), 

266. 
Nador, Kalman, 142. 
Napoleon 230. 
Nappi, Gian Battista, 5. 



NAMENREGISTER 



VII 



Naumbourg 99. 
Neidhardt, Karl, 287. 
NeiDer, Arthur, 140. 
Neubeck, Ludwlg, 47. 
Neugebauer-Ravoth, Kithe, 47. 
Neumark, Ignaz, 190. 
Nicod6,JeanLouis,195ff(J.L.N.). 

240 (Bilder). 
Nicolai, Otto, 69. 96. 
Nielsen, Carl, 283. 
Nielsen, Ludolf, 191. 
Niemann, Walter, 156. 192. 285. 
NieCberger, H., 48. 
Nietzsche, Friedrich, 54. 1 54. 286. 
Nikisch, Arthur, 143. 144. 
Nissen, Hedwig, 47. 
Nodnagel, Ernst Otto, 195. 
Nohl, Ludwig, 247. 
Nollet, G., s. Totenschau XIV. 24. 
Noordewier-Reddingius, Aaltje, 

46. 240. 
Noren, Heinrich G , 94. 141. 142. 
Novalis 153. 157. 
O'Brien Butler, s. Totenschau 

XIV. 19. 
Ochs, Siegfried, 68. 
Oelschlegel, Alfred, s. Totenschau 

XIV. 20. 
Oesterlin, Nikolaus, 124. 125. 
Offenbach, Jacques, 239. 
Ohlhoff, Elisabeth, 192. 
Okuma, Graf, 263. 
Onslow, George, 282. 
Opernhaus, Deutsches, 95. 239. 

287. 
Opernhaus (KOIn) 95. 
Orchester, Philharmonisches 

(Berlin), 144. 
Orefice, Giacomo, 5. 
Ornstein, Richard, 96. 
Osterwald 89. 
v. Othegraven, A., 285. 
Otto, Georg, 96. 
Paga 46. 

Paganini, Nicolo, 233. 
Palestrina 16. 234. 
Palladio 119. 
Palmgren, Selim, 142. 
Parlow, Edmund, 191. 
Parry, Hubert, 56. 
v. Pathy, Ilonka, 47. 
Pembaur, Josef, 153. 154. 157. 
Pembaur, Karl, 286. 
Pergolesi, G. B., 147. 156. 
Peters, C. F., 270. 
Petre, Torsten, 141. 
Petzold, Fritz, 263. 
Petzold-Schelderup, Hanka, 263. 
Pfannschmidt, Heinrich, 42. 
Pfltzner, Hans, 45. 48. 148. 154. 

231. 
Pietsch, Ludwig, 124. 
Pindar 181. 
Pisendel, Joh. Georg, 147. 



Plamondon, Rodolphe, 240. 
Plaschke- v. d. Osten, Eva, 1 43. 
Plato 116. 

Platzbecker, Heinrich, 284. 
Plaut, Joseph, 95. 239. 
Pleier, Ludwig, 47. 
Plothow, Georg, 189. 
Poensgen, Marie, 95. 
Pohl, Richard, 124. 
Pohle, Max, 203. 
Ponchielli, Amilcare, 17. 
Poppen, Hermann M., 46. 47. 
Porges, Heinrich, 139. 
Posa, Oskar C., 45. 
Powell (Pianistin) 268. 
Pratella, F. Batista, 3. 4. 8. 9. 

10. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 

19. 20. 21. 23. 24. 25. 
Preetorius, Emil, 147. 
Prohaska, Carl, 285. 
Properz 181. 
Proske, Carl, 235. 
Puccini, Giacomo, 6. 1 1. 38. 212. 

247. 
Puhlmann-Harmonium 172. 
Pulvermacher, Benno, 191. 
Quantz, J. J., 246. 
Queen's Hall-Orchcster (London) 

56. 57. 58. 
v. Rackewitz, Janko, 125. 
Rafael 114. 121. 
Raff, Joachim, 148. 
Rahlwes, Alfred, 192. 
Rahter, D., 153. 
Rameau, J. Ph., 234. 
Ramses II., KOnig, 19. 
Rascher & Co. 187. 
vom Rath, Felix, 149. 
Reclam jr., Ph., 75. 283. 
v. Redwitz, Oskar, 120. 202. 
Reger, Max, II. 16. 46. 47. 143. 

148. 150. 152. 153. 154. 155. 

156. 
Reger, Philipp, 75 ff (Wagner, 

Lortzing-R. und Deinhard- 

stein). 96 (Bild). 
Rehberg, Willy, 240. 
Reichardt, Joh. Fr., 128. 130. 
Reinecke, Carl, 47. 147. 
Reinecke, Gebr., 190. 
Reiner, Gebhard, 240. 
Reintjes, Heinrich, 112. 
Reisinger, Franz, 95. 239. 
ReiCner, C, 138. 
Reiter, Josef, 96. 
Reitz, Robert, 46. 
Renz, Willy, 288. 
ReuB, August, 151. 154. 283. 
v. Reznicek, E.N., 251. 255. 257. 
Rheinberger, Joseph, 144. 147. 
Riccio, Pietro, 93. 
Rice, William Gorham, 281. 
Richard, M., 143. 
Richter, E. F., 234. 



Richter, F. X., 187. 
Richter, Hans, 53. 57. 
Richter, Ludwig, 34. 157. 
Riemann, Ernst, 143. 
Riemann, Hugo, 108. 196. 200. 

234. 248. 
Riller-Quartett 144. 
Rimsky-Korssakow, Nikolai, 6. 
Ringeisen (Organist) 48. 
Rinskopf, Leon, s. Totenschau 

XIV. 21. 
Ris, Otto, 240. 
Ritter, Alexander, 147. 148. 
Ritter, Franziska, 148. 
Ritter-Schmidt (Kammervirtuos) 

s. Totenschau XIV. 20. 
Rodanne, Stefa, 45. 
ROgly 234. 

Rflhmeyer, Theodor, 44. 
Rohr, Katharine, 95. 
Romberg, Andreas, 71. 
Ronald, Landon, 56. 
ROntgen, Julius, 191. 
Ropartz, Guy, 47. 
Rosenblfit, Johann, 233. 
Rossini, Gioacchino, 17. 38. 68. 

117. 118. 119. 186. 259. 
Rozsnyai 176. 
RozsavOlgyi & Tarsa 284. 
Rubinstein, Anton, 249. 
RQckert, Friedrich, 43. 47. 
RQdiger, Hans, 284. 
RUdinger, Gottfried, 153. 155. 156. 
Ruhr, Anna, 47. 
Rupp, Erwin, 48. 
Rydberg, Viktor, 192. 
Safonoff, Wassili, 58. 
Sahm, C, 125. 

Saint-Saens, Camille, 212. 268. 
Samaroff, Olga, 47. 
Sappho 181. 
Sauter, Max, 239. 
Scarlatti, Alessandro, 233. 
Schadow, Wilhelm, 113. 
Schaefer, Theo, 196. 202. 
Schaichet, Alexander, 46. 
Schalit, Heinrich, 155. 
Scharwenka, G. Walter, 238. 
vom Scheidt, Julius, 95. 
Scheldt, Samuel, 230. 
Schein, Joh. Hermann, 230. 
Scheinpflug, Paul, 247. 
Scheitberger, Josef, 44. 
Schelling, F. W. J , 112. 
Schennich, Emil, 154. 156. 
Schering, Arnold, 235. 
Scheu, J., 125. 
Schiedmayer, Pianofortefabrik, 

172. 
Schiegg, Anton, 237. 
Schiller, Friedrich, 132. 186. 

187. 198. 
Schilling, Gustav, 61. 67. 70. 71. 
Schillings, Max, 93. 148. 265. 



VIII 



NAMENREGISTER 



Schindler, Hans, 156. 
Schittler, Ludwig, 147. 102(Bild). 
Schlemflller, Hugo, 191. 
Schlesinger'sche Buch- und 

Musikhandlung 44. 93. 
Schlufier, Friedrich, s. Toten- 

schau XIV. 23. 
Schmedes, Erik, 45. 
Schmedes, Paul, 192. 
Schmid, Heinrich Kaspar, 151. 

154. 155. 
Schmid, Joseph, 152. 153. 
Schmid-Kaiser, Hans, 93. 
Schmid-Lindner, August, 157. 
Schmidt, Hans, 277. 
Schmidt, Richard, 47. 
Schmitz, Eugen, 234. 
Schneider, Maria, 95. 
Schnorr v. Carolsfeld, Franz, 177. 
Schnorr v. Carolsfeld, Ludwig, 40. 
Schnyder, Otto, 138. 
Schober, Hans, 155. 
Scholander, Sven, 40. 41. 
Scholz (Violinist) 263. 
SchOnberg, Arnold, 55. 154. 

156. 157. 
Schonherr, Carl, 43. 
Schopenhauer, Arthur, 88. 139. 
Schorr, Fritz, 45. 
Schott's Sonne, B., 93. 
Schreck, Gustav, 235. 
Schreiber, Wilhelm, 235. 
Schreker, Franz, 46. 
Schreyer, Johannes, 234. 
Schroder, Carl, 95. 
Schroder-Devrient, Wilhelmine, 

40. 130. 
Schubart, D. Chr., 61. 
Schubert, Franz, 33. 34. 46. 47. 

64. 68. 88. 89. 90. 93. 96. 

I28ff (Sch. und Goethe). 133. 

135. 137. 141. 144 (Bilder). 

151. 181. 182.230.256. 257. 
268. 

v. Schuch, Ernst, 200. 
SchuItheD, Otto, 240. 
Schulz, Joh. A. P., 256. 257. 
Schulze-Prisca, Mirny, 192. 
Schulze-Prisca, Walter, 46. 192. 
Schumann, Clara, 199. 
Schumann, Robert, 34. 47. 48. 

69. 88. 89. 90. 91. 96. 113. 

133. 135. 137. 147. 149. 151. 

152. 153. 155. 192. 199. 200. 
213. 244. 249. 252. 254. 255. 
256. 257. 258. 268. 280. 286. 

Schurmann, Harry, 45. 
Schuster & Loeffler 109. 112. 
Schdtz, Heinrich, 230. 
Schwarz, Franz, 143. 
v. Schwind, Moritz, 34. 153. 157. 
Schwinn, E , 286. 
Schwinn, H. J., 286. 
Schytte, Ludwig, 283. 



Scott, Cjyil, 19. 59. 
Scott, Walter, 113. 
Scribe, Eugene, 127. 
Seitz, Ludwig, 45. 
Senfft v. Pilsach 137. 
Serato, Arrigo, 47. 
Sergei, Albert, 155. 
Seume, Joh. G., 69. 
Seyberth, Melie, 47. 
Sgambati, Giovanni, 9. 150. 
Shakespeare 3. 38. 123. 140. 
Sibelius, Jean, 6. 235. 265. 
Siegfried, Walter, 195. 
Silcher, Friedrich, 182. 
Simon, James, 238. 
Singakademie (Dessau) 96. 
Singer 99. 

Sinigaglia, Leone, II. 
Sippel, P., 94. 190. 
Sivori, Camillo, 233. 
Smetana, Friedrich, 45. 47. 96. 

254. 255. 
Smith, Johannes, 201. 
Smyth, Ethel, 54. 58. 
Somma, Antonio, 140. 
Sompeck, Ernst, 43. 
Soomer, Walter, 284. 
Sophokles 181. 
Spalding, Albert, 141. 
Spannutb, Hermann, 238. 
v. Spaun, Josef Frhr., 128. 130. 

131. 
Spencer, Eleonora, 47. 48. 
Speyer, Edgar, 55. 
Spiering, Theodore, 47. 
Spohr, Louis, 192. 
Sprachverein, Allgemeiner Deut- 

scher, 278. 
Stahl, Albert, 141. 
Staiger, Robert, s. Totenschau 

XIV. 20. 
Stamitz, Johann, 187. 
Stehle, Eduard, s. Totenschau 

XIV. 20. 
Stein, Fritz, 46. 47. 
Steingraber Verlag 42. 44. 
Steins (Sanger) 143. 
Steinwarz, E., s. Totenschau XIV. 

24. 
Sternau 123. 
Sternfeld, Richard, 190. 
Stieler, Karl, 280. 
Stockhausen, Julius, 123. 
Stoeber, Georg, 151. 
Stolzenberg, Hertha, 207. 
Storm, Theodor, 142. 
Straube, E., 178. 
Straube, Karl, 154. 
StrauD, Johann (Sohn), 287 (Bild). 
StrauD, Richard, 5. 16. 45. 47. 

54. 55. 93. 134. 143. 148. 

154. 156. 192. 204.207. 208. 

239. 246. 247. 248. 249.251. 

253. 256. 257. 258. 265. 278. 



Streichquartett, BOhmisches, 46. 
Streichquartett, Jenaer, 46. 
Streichquartett, Neues Mflnche- 

ner, 157. 
Strobl, Rudolf, s. Totenschau 

XIV. 19. 
Stubing, Adolf, 190. 
Stutschewski, Joachim, 46. 
Suk, Joseph, 265. 
Sullivan, Arthur, 282. 
Sulzbach, Emil, 94. 191. 
Sulzer, J. G., 99. 
Sundelius, Marie, 47. 
Suter, Hermann, 239. 
Svendsen, Johan, 283. 
Symphoniekonzerte (Graz) 45. 
Symphoniekonzerte, Stadtische 

(StraOburg i. E), 48. 
Symphonieorchester, Londoner, 

55. 
Symphonieorchester (St. Louis) 

47. 
v. Szekrenyeszy, Muschi, 45. 
Tappert, Wilhelm, 62. 
Tartini, Giuseppe, 192. 
Taucher 143. 
Telmanyi, Emil, 144. 
ter Mer, Max, 143. 
Teyte, Maggie, 47. 
Thibaut, A. F. J., 235. 
Tbomassin, Desire\ 150. 
Thue (Sangerln) 268. 
Thuille, Ludwig, 148. 149. 150. 

151. 152. 153. 154. 
Tiepolo 113. 
TonkQnstleiTest, Schweizerisches. 

240. 
Torjussen, Trygve, 191. 
Tosta-Kuhlmann, Willy, s. Toten- 
schau XIV. 19. 
Tosti, F. P., 8. 15. 
Trautner, Fr. W., 235. 
v. Truppel (Gouverneur) 264. 
Tschaikowsky, Peter, 47. 55. 58. 

64. 140. 268. 
Uhland, Ludwig, 123. 177. 182. 

266. 
Unger, Hermann, 155. 
Vandenhoeck & Ruprecht 42. 
Verdi, Giuseppe, 9. 11. 16. 17. 

38. 95. 140. 186. 212. 
VereinderMusikfreunde(Kiel)47. 
Verein fOr Kunst und Wlssen- 

schaft (Tsingtau) 266. 
Verein, Philharmonischer 

(Worms), 144. 
Vesper, Will, 285. 
Viebig, Clara, 33. 
Vieuxtemps, Henri, 238. 284. 
Vieweg, Chr. Friedrich, 42. 93. 

94. 238. 
Vogel, Bernhard, 124. 215. 
Vogel, Niel, s. Totenschau XIV. 

19. 



REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER 



IX 



Vogler, Bruno, 238. 
Volker, Konrad, 144. 
Volkmann, Hans, 283. 
Volkmann, Robert, 96. 240. 250. 

257. 283. 
Volkschor (St. Louis) 48. 
Volkskonzerte (Jena) 46. 
Volkskonzerte (Kiel) 47. 
Vorwirts (Berlin) 125. 
Vofl, Fr., 94. 

Wackenroder, Wilhelm, 157. 
Wagbalter, Ignatz, 239. 287. 
Wagner, Cosima, 93. 139. 140. 
Wagner, Josef, 284. 
Wagner, Richard, 4. II. 12. 15. 

16. 18. 31. 37. 40. 45. 47. 

48. 53. 55. 56. 57. 58. 66. 67. 

68. 70. 71. 75ff(W., Lortzing- 

Reger und Deinhardstein). 93. 

95. 115. 119. 120. 123. 124. 

136. 139. 143. 144. 147. 148. 

149. 185. 188. 190. 192. 209. 

211. 212. 215. 230.236.245. 

248. 250. 253. 256. 259. 268. 

272. 273. 279. 
Wagner-Jahrbuch, Richard, 75. 
Wagner-Museum, Richard, 124. 

125. 
Wagner, Siegfried, 12. 45. 47. 

93. 143. 
Wallace, W. V., 282. 
Walter, M., 44. 

Walther von der Vogelweide 40. 
Waterloo (Maler) 121. 
v. Weber, Carl Maria, 47. 65. 

68. 69. 95. 185. 188. 200. 230. 

233. 249. 266. 280. 



Weber, Fritz, 237. 
Weidt, Lucy, 45. 46. 
Weihmann, Kurt, 94. 
Weingartner, Felix, 265. 
Weinlig, Theodor, 12. 
Weintraub 99. 
Weisbach, Hans, 144. 
Weise (Kammermusiker) 96. 
Weismann, Julius, 151. 153. 

154. 
WeiOheimer,Wendelin, 125.216. 
WeiQIeder, Franz, 96. 
Wellesz, Egon, 276. 
Welti, Heinrich, 75. 
Wenzel (Kammermusiker) 96. 
Werckmeister (Cellist) 263. 
Wester, Elisabeth, 240. 
Wette, Adelheide, 93. 
Whitehill, Clarence, 48. 
Wieniawski, Henri, 284. 
Wiesendanger (Singer) 48. 
Wilhelm, Carl, 287 (Bild). 
Wilhelm II., Kaiser, 41. 
Wilhelm j, August, 141. 
Wille, O. K., 264. 265. 266. 
Williams 59. 
Winderstein, Hans, 206. 
Wirth, Moritz, 124. 125. 
Wittenberg, Alfred, 144. 
Woermann, Karl, 202. 
Wohlgemuth, Gustav, 285. 
Wolf, Hugo, 11. 47. 134. 135. 

136. 144. 152. 195. 268. 
Wolf, Sofie, 95. 
Wolf, William, 243. 244. 
Wolf-Ferrari, Ermanno, II. 1 86. 
252. 



Wolff, Hermann, 203. 
Wolff-Roder, Hugo, s. Toten- 

schau XIV. 19. 
Wolfram 195. 
Wolfrum, Philipp, 46. 
Wollgandt, Edgar, 143. 
Wood, Henry J., 58. 
WOerst, Richard, 197. 
WCllner, Franz, 197. 200. 
WQUner, Ludwig, 144. 
Wunderhorn-Verlag 147ff. 192. 

283. 
Ysaye, Theo, 47. 
Zabel, Eugen, 124. 215. 
Zach, Max, 47. 
v. Zanetti, Anton, 45. 
Zech, Julius, 249. 250. 
ZeiO-Stiftung, Karl, 46. 
Zeitung, Frankfurter, 93. 
Zeitung, Kieler, 41. 
Zellner 62. 

Zelter, K. Fr., 128. 130. 
Zepler, Bogumil, 238. 
Zernik, Kurt, s. Totenschau 

XIV. 21. 
Zilcher, Hermann, 48. 285. 
Zimbalist, Efrem, 48. 
Zimpel, Leo, 192. 
ZOhrer 45. 
Zolling, Th., 124. 
ZOUner, Heinrich, 236. 
Zoozmann, Richard, 93. 
Zuckermann, Hugo, 285. 
Zunz-Stiftung 99. 
Zurcher & Furrer 124. 
Zuschneid, Hugo, 183. 
Zuschneid, Karl, 238. 



REGISTER DER BESPROCHENEN BUCHER 



Bllart, Hans: Gesangsdrama- 
tische Wagnerkunst nach Ri- 
chard Wagners Tradition. 138. 

Besch, Otto: Engelbert Humper- 
dinck. 92. 

Cassius, Olga: Die Erziehungder 
Stimme und Atmung durch 
Artikulation der Konsonanten 
und Biegung der Vokale. 189. 

Goldschmidt, Hugo: Die Musik- 
isthetik des 18. Jahrhunderts 
und ihre Beziehung zu seinem 
Kunstschalfen. 187. 

Gotze, Gustav: Klassische Stoffe 
for das Musikdiktat und fQr 



GesangObungen vorgeschrit- 

tener SchQler. 42. 
Keller, Otto : Tschaikowsky. 1 40. 
Klatte, Wilhelm: Aufgaben far 

den einfachen Kontrapunkt. 

234. 
Kruse, Georg Richard: Albert 

Lortzing. 283. 
LObmann, Hugo: Ober Glocken- 

tOne. Zugleich RatschlSge fQr 

den Glockenkauf. 234. 
Merkel, Johannes : Aufgaben 

zur Obung im Harmonisieren. 

234. 
NeiOer, Arthur: G.Verdi. 140. 



Pfannschmidt, Heinr. : Was muO 
geschehen, um eine grOQere 
WOrdigung der Kirchenmusik 
im kirchlichen und Offentlichen 
Leben herbeizufQhren? 42. 

Schmitz, Eugen: Orlando di 
Lasso. 234. 

Schnyder, Otto: Grundzflge einer 
Philosophie der Musik. 138. 

Volkmann, Hans: Robert Volk- 
mann. 283. 

Wagner, Richard: Das Juden- 
tum in der Musik; Zukunfts- 
musik; Ober das Dirigieren 
(R. Sternfeld). 190. 



REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN 



REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN 



Alnaes, Eyvind: „Des Seemnnns 
letzte Reise." FOr KUvier 
allein. 284. 

Anders, Erich: op. 19. FOnf 
Gesfinge mit Klavier. 142. 

Bach, Joh. Seb. : PrSludium, 
Fuge, Allegro Es-dur fflr Kla- 
vier (F. Busoni). 141. 

— Bearbeitungen fQr Geige und 
Klavier von S. Lieberson. 286. 

Bartusch, Alexander: „Unsere 
Marine." FOr eine Sing- 
stimme mit Klavierbegleitung. 
190. 

van Beethoven, Ludwig: Ecos- 
saisen (E. Parlow). 191. 

v. Bose, Fritz: Elegie fQr Vio- 
loncello und Klavier. 284. 

Breve, Otto: Des KOnigs Ar- 
tollercy ; Soldatenabschied. 
238. 

Chopin, Fr.: EtQden fflr Piano- 
forte (Ignaz Friedman). 140. 

Deutsche Kriegs- und Soldaten- 
lieder fflr eine Singstimme und 
Klavier. 236. 

Deutsche Lieder aus grofler Zeit. 
238. 

Einblattdrucke, Patriotische. 94. 
235. 

Engelke, Bernhard: BaOgesSnge 
alter Meister. 142. 

Fischer, Ernst: „Zwischen Metz 
und den Vogesen." FQr zwei- 
stimmigen MJnnerchor und 
Klavier. 236. 

Frey, Martin: op. 42. „Kinder- 
sang, froher Klang." Zehn 
Kinderlieder. 44. 

— op. 47. „Selig sind die 
Toten.* Motette fQr vier- 
stimmigen gem. Chor. 44. 

Friedcnthal, Albert: Acht Lieder 
der Zeit fQr ein- oder mehr- 
stimmigen Gesang und Klavier- 
begleitung. 44. 

Garbe, Robert: „ Jungs, holt 
fast". Oole un neie Kriegs- 
un Suldatenlieder. 93. 

Goepfart, Karl: „Der GSrtner 
als Ulan." FQr Mftnnerchor 
a cappella. 142. 

Gretscher, Philipp: Zehn cha- 
rakteristische Solfeggien und 
Vokalisen. 42. 

Grieg, Edvard: Ave Maris Stella. 
FQr Violine und Klavier von, 
Carl Flescb. 141. 

Hansen, Nicolai : „Norden." 
Album fflr Violine solo, fflr 
zwei Violinen, fQr drei Vio- 
linen. 283. 



Heidrich, Maximilian: Phantasie- 

Sonate, Suite und Lieder. 

Herausgegeben von Richard 

Buchmayer. 286. 
Henriques, Fini: „Das Spinn- 

rSdchen." FQr Klavier. 191. 
Herfurth, P. : Soldatenkinds 

Wiegenlied. 44. 
Hildach, Eugen: op. 34 No. 2, 

op. 35. Zwei Gesinge. 190. 
Hoppe, Jaroslav: B Liebe." Acht 

Lieder fQr mittlere Stimme und 

Klavier. 141. 
Hornemann, E.: „K0nig der 

KOnige." FQr Klavier. 191. 
Huber-Anderach, Theodor: Das 

Lied vora Hindenburg. FQr 

eine Singstimme und Klavier. 

238. 
v. Ihne, Wilhelm Viktor: Ost- 

markenlied. 43. 
Jaeger, Gustav: „Und die Liebe 

zieht mit." FQr eine Sopran- 

stimme mit Klavierbegleitung. 

237. 
jOde, Fritz: „Musketier' seins 

lust'ge BrQder." 93. 
Johnen, Kurt: „Das war der 

Sturm." FQr eine Singstimme 

mit Klavier. 190. 
Jordan, Sverre : op. 8. Quatre 

morceaux pour Violon et Piano. 

141. 
Kahn, Robert : „Leuchtende 

Tage." Zwei Kriegslieder fflr 

Gesang und Klavier. 44. 
Kflmpf, Karl : op. 52. Drei Ge- 
singe. 43. 

— op. 56. „Altes Haus." Ballade 
fQr eine Singstimme und Kla- 
vier. 43. 

— op. 57. No. 1. „Die Wacht 
an der Weichsel." 43. 

— op. 39. Zwei Konzertstflcke 
fQr Klavier. 43. 

— op. 53, 54, 55. Minner- 
chOrc a cappella. 43. 

Karg-Elert, Sigfrid: op. 111. 
Sechs Kriegslieder im Volks- 
ton far eine Singstimme mit 
Klavierbegleitung. 236. 

Klopfer, Fritz: FOnf arabische 
Kriegslieder. 43. 

Klum, H.: LOtticher Lied. FOr 
eine Singstimme mit Klavier- 
begleitung. 237. 

Koch, Markus: „Sei stille, mein 
Kind." Ein Kriegslied fQr 
dreistimmigen Frauenchor und 
Klavierbegleitung. 237. 

Kowalski, Max: Zwei Klavier- 
stOcke. 142. 



Kriegslieder, Neue. ,Ich weiQ 

einen Lindenbaum steben." 93. 
Langgard, Rud: „Sphinx." Ton- 

gemalde fQr groOes Orchester. 

192. 
Lazarus, Gustav: op. 168. 

„Jugendfreuden." FQnf ganz 

leichte VortragsstOcke far 

Klavier. 191. 
Lewin, Gustav: „Der Friede." 

FOr mittlere Singstimme mit 

Klavier. 285. 
Lichey, Reinhold: „Soldaten- 

abschied." Lied far Gesang 

und Klavier. 190. 

— op. 45. Psalm 13 fOr vier- 
stimmigen gem. Chor a cap- 
pella. 235. 

— Kriegschoral. 235. 

— op. 37. Drei Lieder im Volks- 
ton fQr dreistimmigen Frauen- 
oder Kinderchor. 236. 

Lutz, Robert: Ein deurscher 
Hochgesang. 93. 

May, Hans : Hindenburg, der 
Rusaenschreck. 237. 

Meilbeck, Hermann: „Deutsch- 
land, sei wach." FOr vier- 
stimmigen Minnerchor. 237. 

Meise, Albert: .Mit Singen ins 
goldne Morgenrot." 142. 

Mendelssohn, Arnold : „Der 
sterbende Soldat." 44. 

Mitwitzky, Issay: op. 9. Valse 
con Sordino. — op. 11: Ma- 
zurka fQr Violine und Klavier. 
141. 

Mozart, W. A. s. Engelke. 

MQlIer-Pasing, Alois: „An den 
Sohn im Feld." FQr Mezzo- 
sopran oder Bariton mit Kla- 
vierbegleitung. 237. 

— Kriegsgebet. 237. 
Neumark, Ignaz: Zwei polnische 

Miniaturen far Klavier. 190. 

Nielsen, Ludolf: op. 33. „Schlum- 
mert sanft in heil'ger Ruh'." 
FQr Gesang mit Streich- 
orchester und Harfe. 191. 

Niemann, Walter: op. 32. „Eine 
kleine Wassermusik." Drei 
poetische VortragsstOcke far 
Klavier. 285. 

— op. 33. Romantische Minia- 
turen far Klavier. 285. 

Noren, Heinrich G.: op. 42. 
Divertimento fOr 2 Violinen 
und Klavier. — op. 43. Not- 
turno und Capriccio fOr Vio- 
line mit Klavier. — op. 47. 
Sonate fQr Cello und Klavier. 
94. 



REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE 



Noren, Heinrich G. : op. 15. Drei 
Lieder for eine Singstimme 
mit Klavier. 141. 

— op. 20. Drei KlavierstQeke 
in mittlerer Schwierigkeit. 
141. 

— op. 46. Drei Lieder. 141. i 
v. Othegraven, August: Acht ! 

Soldatenlieder fQrMSnnerchor. ! 

285. 
Palmgren, Selim: op. 41. n Die I 

Stadt." FQr eine Singstimme , 

mit Klavier. 142. | 

Pembaur, Karl: „Seliger Tod." J 

FQr gemischten Chor obne > 

Begleitung. 286. 
Petre, Torsten: op. 41. Dr6ra- 

bilder for Violin och Piano. 

141. 
Platzbecker: MSdchenlied fQr 

hohe oder tiefe Stimme und 

Klavier. 284. 

— „Wenn dieLandwehrkommt." 
FQr vierstimmigen MSnner- 
chor. 284. 

— Weihnachtslieder fQr eine 
Singstimme mit Klavierbe- 
gleitung. 284. 

— Kriegers Wiegenlied. FQr 
hohe oder tiefe Stimme mit 
Klavierbegleitung. 284. 

— „Kriegslieder 1914." 284. 
Prohaska, Carl: „Deutscber 

Schwur." FQr vierstimmigen 

MSnnerchor. 285. 
Pulvermacher, Benno : Kaiser- 
lied. 191. 
ReuO, August: op. 30. Trio 

fQr Violine, Violoncello und 

Klavier. 283. 
ROhmeyer, Theodor: Kriegsflug- 

blStter fflr eine Singstimme 

und Klavier. 44. 
Rontgcn, Julius: Wir treten zum 

Beten. 191. 



Sobering, Arnold: Drei Soldaten- 
lieder fQr eine Singstimme 
oder einstimmigen Chor mit 
Klavier. 235. 

Schiegg, Anton: op. 12. „Ein 
Gebet im Kriegsjahr." FQr 
vierstimmigen gemischten 

Chor. 237. 

SchOnherr, Carl : „Heimat- 
wimpel." FQr Gesang und 
Klavier. 43. 

Schreck, Gustav: „Das feme 
Grab." FQr Ait oder Mezzo- 
sopran mit Klavier. 235. 

— „Halt aus, mein Volk." FOr 
vierstimmigen gemischten 
Chor. 235. 

Schwinn, H. J.: Kriegslieder aus 
groDer Zeit. 286. 

Sibelius, Jean: op. 73. „Die 
Okeaniden." Tondichtung fQr 
groOes Orchester. 235. 

Simon, James: Vier Kriegslieder 
1914. FQr eine mittlere 
Stimme und Klavier. 238. 

Sippel, P.: Die neuen Lands- 
knecht'; Zwischen See und 
Sumpf; Der rote Mohn. 94 

— „Die Freundesbanner." Ein- 
stimmiges Chorlied mit einem 
Vorspiel und Weihespruch. 
190. 

Soldatenlieder fQr MSnnerchor, 
Beliebte. 237. 

Sompeck, Ernst: „Ich bin ein 
armer Exulant." FQr eine 
Singstimme mit Orgel oder 
Klavier. 43. 

Spalding, Albert: Bagatelle for 
Violine and Pianoforte No. 1 
and 2. 141. 

Spannuth, Hermann : Zwei patrio- 
tische Lieder. 238. 

Sulzbach, Emil: Gebet fflr Vio- 
loncello mit Begleitung des 



Pianoforte oder der Orgel. 
191. 

Torjussen, Trygve: op. 15. 
Norwegische Melodieen. Sie- 
ben StQcke fQr Klavier. 191. 

Trautner, Fr. W.: op. 62. „Die 
Toten." FQr vierstimmigen 
gemischten Chor. 235. 

Ungarische Lieder in deutschen 
Worten (Donath und Heidl- 
berg). 142. 

Unseren Feldgrauen. Marsch- 
und Lagerlieder fQr Gesang 
und Gitarre. 236. 

Vieuxtemps, Henri: TrSumerei 
fQr Violine und Klavier (Issay 
Barmas). 238. 

VoD, Fr.: „Frisch auf, Soldaten- 
blut." Alte und neue Soldaten- 
lieder. 94. 

Wagner, Josef: „Die deutschen 
Tamboure." FQr Gesang mit 
Klavierbegleitung. 284. 

Walter, M.: Deutsches Soldaten- 
lied. 44. 

Weber, Fritz: op. 8. „Die deut- 
sche Flagge." FQr einstim- 
migen Chor oder eine mittlere 
Singstimme mit Klavierbe- 
gleitung. 237. 

Wieniawski, Henri: Lcgende fQr 
Violine und Klavier (Her- 
ausgegeben von Issay Barmas). 
284. 

Wohlgemuth, Gustav: Drei Ge- 
sfinge mit Klavier. 284. 

Zilcher, Hermann: Vier Kriegs- 
lieder far eine Singstimme 
und Klavier. 285. 

ZOllner, Heinrich: op. 133. 
Deutscbland. 236. 

Zoozmann, Richard : „Wenn wir 
marschieren." 16 Armee- 
mflrsche mit neuen Texten. 
93. 



REGISTER DER BESPROCHENEN ZEITSCHRIFTEN- 
UND ZEITUNGSAUFSATZE 



Abert, Hermann: Robert Franz. 

88. 
Adler, Felix: Brauchen wir die 

italienische Oper? 38. 
Anzeiger, Dresdner: Ein deut- 

scher Liederkomponist (R. 

Franz). 135. 
Arend, Max: Gluck, der deutsche 

Musiker. 228. 
BOrsen-Zeitung, Berliner: Robert 

Franz' 100. Geburtstag. 133. 



Doebber, Johannes: Deutsche 

Musik. 184. 
Friedenthal, Albert: Die musi- 

kaliscben EngUnder. 282. 
Goetze, Alfred: Robert Franz, 

der Meister des deutschen 

Liedes. 91. 
GOttmann, Adolf: Ein deutscher 

Liedermeister. 134. 
— Kriegslieder undVolkstQmlich- 

keit. 230. 



GroOmann, Karl : Das I . Deutsche 

Sfingerbundesfest zu Dresden. 

231. 
Heimann, Moritz: Kathedralen 

(Zur Erscheinung Bruckners). 

185. 
Hirschberg, Leopold : Carl Loewe 

und das klassische Altertum. 

181. 
— Carl Loewe und das Slawen- 
tum. 279. 



XII REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE 



HQbner, Otto R.: Zukunftige 

Musik. 37. 
Istel, Edgar: TOrken-Opern. 232. 

— DasGlockenwerk zu Mecheln. 
281. 

Kaiser, Georg: Hornsteins Sol- 

datenlieder. 280. 
Kaiser, W.: Robert Franz. 137. 
KannegieDer, H.: Gut Deutsch 

in Kunst und Alltag. 184. 
Keller, Alfred: Robert Franz. 133. 
Klatte, Wilhelm: Robert Franz. 

133. 
Kleemann, Hans: Robert Franz. 

88. 
Krebs, Carl: Sven Scholander 

und Deutschiand. 40. 

— Reinigung. 232. 
KQnzelmann, Ferdinand: Deut- 

sches Singen und das Kriegs- 

ziel. 183. 
Leichtentritt, Hugo: Musik und 

Natur. 280. 
Levin, Julius: Verlrrte Geigen. 

233. 
LObmann, Hugo: Der Krieg und 

das Lied. 181. 



Manz, Gustav: FQnfzig Jahre 

..Tristan". 40. 
Marschalk, Max: Robert Franz. 

134. 
Moser, Hans Joachim: Der 

deutsche Musikstil. 39. 
Nagel,Wilibald: Kosmopolitische 

oder natlonale Musik? 227. 
Paul, Ernst: Robert Franz. 91. 
v. Perger, H.: Bach und das 

20. Jahrhundert. 227. 
Pfohl, Ferdinand: Bisbigliando. 

Deutsche Musik und Fremd- 

wort. 278. 
Prflmcrs, Adolf: Die neudeutsche 

Partitur. 37. 
POringer, August: Robert Franz. 

136. 
Puttmann, Max: Robert Franz. 

89. 
ReuD, Alexander: Krieg und 

Musik. 282. 
Richard, August: Robert Franz 

und Franz Liszt. 88. 
— Robert Franz. 90. 
Schmitz, Eugen: Robert Franz. 

135. 



Seeliger, Herm. : Franz Schubert. 

182. 
Simon, James: Robert Franz. 

134. 
Stolz, Georg: Krieg und Musik. 

229. 
Stolzing, Josef: Das deutsche 

Operntheater der deutschen 

Oper. 231. 
Storck, Karl: Die Untreue gegen 

den „guten Karaeraden". 182. 
Teweles, Heinrich: Italienische 

Oper? 186. 
ThieOen, Karl: Robert Franzens 

Lieder und unaere Zeit. 89. 
Volkszeitung, Berliner: Ein 

Melster des deutschen Liedes 

(R. Franz). 134. 
Volkszeitung, Dresdner: Robert 

Franz. 136. 
Wintzer, Richard: Robert Franz. 

90. 
Zeitung, OstpreuQische : Das 

deutsche Lied unserer Kriegs- 

verbQndeten. 231. 
ZQrcher Zeitung, Neue: Robert 

Franz. 137. 



DIEMUSIK 

VERZEICHNIS DER KUNSTBEILAGEN 
DES VIERZEHNTENJAHRGANGS (1914-1915) 

NotenbeUagen: 

Peter Cornelius, ,1m Waide", Gedicht von Paul Heysc Zum erstcnmil aus der Hand- 

scbrirt ver5ff«nUlcht von Georg Richard Kruse. (5.) 1 ) 
Lorenzo da Firedzc, Baliata .Come insu *1 fonte fu preao Narcisso". Herausgegeben 

von Hugo Riemann. (7.) 
Franz Schubert, Zwiscbenakt nacb. dem 2. Aufzug und Hirtenmelodieen tut .Rosa- 

munde". Fur KUvier zu zvei Handed ubertrageo. v °n Eugen Kretzer. (8.) 
Robert Schumann, Deutscher Freiheitsgesang fur vierstiraraigen Mlnnercbor. (2.) 
Carl Maria von Weber, Drei vateriindiscbe GesSnge (Kriegsetd; Retterlicd; Sctjfitien- 

weibe) fur Mlnnercbor. Zum erstenmal aus der Handschrift verSffentlicbt 

von Leopold Hlrschberg. (4.) 

Autographen in Faksimilei 

Ludvlg van Beethoven, Anfang des Kyrie aus der Missa solemnis. (3.) 

— Kanon ,Gott 1st eine Teste Burg". (3.) 

W. At Mozart, Vier Seiten aus dem §kjzzenbuch if) der pibliothek zu Upsala. (1.) 

— Eine Seite aus dem Requiem. (1.) 

— Leme Scbhftzuge. (1.) 

Franz Schubert, Autograph dea „Erlk5nig*. (21.) 

— Autograph des .Heidenroslein*. (21.) 

— Autograph des .Konig in Thule*. (21.) 

Kunst: 

Antonio Carracci, Lautenspieler. (14.) 

Johano Nepomuk della Croce, W. A. Mozart. (1.) 

Hans Gasser, Mozarrs Grabdenkmal auf dem Wiener ZentralFriedbof, (1.) 

[sola, Paganini. (15.) 

Ludwig Jahn, Logc. (20.) 

Willibrord Joseph MSbler, Beethoven. (3.) 

Perugino, Ausschnilt aus dem Gemilde Maris Himmelfsbrt. (13.) 

Rottmayr, Fresko fiber der Qrgelempore der Peterskirche in Wien. (17.) 

— Fresko uber der Musikempore der Karlsklrche in Wien. (17.) 
Andrea Solaris, Lautenspieierin. (13.) 

David Teniers d. J., Lautenspieler und FlotenblSser. (14.) 

Gerard Terborch, Lautenspieierin. (14.) 

Tintoretto, Lautenspieler. (13.) 

Vogel von Vogelstein, Helmina v. Chezy. (9.) 



') Die in () beige fugle Zahl gibt die HeFtnummer an. 



Portriits: 



Luigi Boccherini. (16.) 

Anton Bruckner. Mcdaille von Leo 
Zimpel. (22.) 

Heinrich Dorn. (10.) 

Francesco Durante. Zeichnung von H. E. 

von Winner. (12.) 

Robert Franz. (18.) 

Johann Joseph FUX. Zeichnung von H. E. 
von Winner. (10.) 

Carl Goldmark. (9.) 

Robert Kahn. (19.) 

Friedrich Kiel. (24.) 

Eduard Kremser. (6.) 

Leonardo Leo. Stich von c. Biondi. (11.) 

Albert Lortzing. (20.) 

Rudolf Louis. (6.) 

Therese Malten. (19.) 

Benedetto MarcellO. Stieh von J. Antonio 
Zuliani. (11.) 

W. A. Mozart. Nach einer Federzeichnung von 
J. B. Herzesvyn. (I.) 



Jean Louis Nicodc. Pbotographie aus 
neuerer Zeit. (23.) 

— im Jahre 1878. (23.) 

— als Reservist (1884). (23.) 

NicolO Paganini. Bleistiftzeicbnung eines 
unbekannten Kiinstlers. (15.) 

Giovanni Battista Pergolesi. Zeich- 
nung von H. E. von Winner. (10.) 
Philipp Reger. (20.) 
Franz Xaver Richter. Stich von C. 

Guirin. (12.) 
A. M. G. SaCCbini. Zeichnung von H. E. von 

Winner. (11.) 
Adolf Sandberger. (6.) 
Ludwig Schittler. (22.) 
Bernhard Scholz. (16.) 
Bernhard Stavenhagen. (9.) 
Johann Straufl. (24.) 
Robert Volkmann. (16.) 
Carl Wilhelm. Letzte photographische 

Aufnahme. (24.) 
Nicola Antonio Zingarelli. Zeichnung 

von H. E. von Winner. (12.) 



Karikaturen: 



Ad. Schrodter, Nicolo Paganini. (15.) 
J. P. Lyser, Nicolo Paganini. (15.) 



Verschiedenes: 

W. A. Mozart: 

Grab auf dem St. Marxer Friedhof in Wien. (1.) 
Nicolo Paganini: 

Letzte Worte. (15.) 

Titelblatt des Albums zum Besten des Frauenvereins zur Erwerbung eines 
vaterlSndischen Kriegsfabrzeuges. (2.) 

Wien: 

Inneres der Piaristenkirche in Wien. (17.) 
Musikchor der St. Peterskirche in Wien. (18.) 



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DIE 



MUSIK 



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HALBMONATSSCHRIFT ; 
MIT BILDERN UND 
NOTEN 




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HERAUSGEGEBEN VON 

KAPELLMEISTER 
BERNHARD SCHUSTER 



HEFT 24 

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VERLAG SCHUSTER & LOFFLERBERLINW-57 
14IAHRG- -rf y^*^v -tf ^^ SEPTEMBER 



■ ■ ■■■■■ 



Sonderhef te der MUSIK 



1. Bach-Heft . Jab 

2. Bach-Heft , 

1. Beethoven-Heft (vergriffen) 

2. Beethoven-Heft (vergriffen) 

3. Beethoven-Heft {vergrifTen) 

4. Beethoven-Heft 

5. Beethoven- Heft 

6. Beethoven-Heft 

7. Beethoven-Heft 

8. Beethoven-Heft 

9. Beethoven-Heft 

10. Beethoven-Heft 



Berlioz-Heft . . . 

1. Brahms-Heft . 

2. Brahms-Heft . 

3. Brahms-Heft , 
Bruckner-Heft . . 

1. Chopin-Heft . 

2. Chopin-Heft , 
Cornelius-Heft ■ 

1. Dvorak-Heft . 

2. Dvorak-Heft . 
G luck-Heft . . . 
Haydn-Heft . . . 

1. Liszt-Heft . . 

2. Liszt-Heft . . 
Mahler-Heft . . . 

1. Marschner-Heft 

2. Marschner-Heft 
Mendelssohn-Heft 

1. Mozart-Heft 

2. Mozart-Heft . 

3. Mozart-Heft . 

1. Schubert-Heft , 

2. Schubert-Heft . 

3. Schubert-Heft . 

1, Schumann-Heft 

2. Schumann-Heft 

1. Richard StrauB-Heft 

2. Richard Strautt-Heft 

1. Verdi-Heft .... 

2. Verdi-Heft .... 
I. Wagner- Heft (vcrgriRen) 
Z Wagner-Heft 

3. Wagner-Heft 

4. Wagner-Heft 

5. Wagner-Heft 

6. Wagner-Heft 

7. Wagner-Heft 

8. Wagner-Heft 

9. Wagner-Heft 

10. Wagner-Heft 

11. Wagner- Heft 

12. Wagner-Heft 

13. Wagner-Heft 

14. Wagner-Heft 
Weber-Heft . , 
Hugo Wolf-Heft 



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Amerika . . Jahrrang IV 16 

Ruflland '. . . . VI 13 

Sfcandinavien 111/22 

Berlin X 13 

Wien IX 7 



1. Faechingsheft . 

2. Faschingshcft . 

3. Faschingsheft . 

4. Faschingsheft . 

5. Faschingsheft . 

6. Faschingsheft . 

7. faschingsheft . 

8. Faschingsheft . 



Gesangskunst 

Munchener Kunstter Theater . 
Opern-Renniisance , . . . , 
Zeit- und Streitfragen, Heft I 
Zeit- und Streitfragen, Heft 2 



. V1|10 

. VII 9 

VIII.-IO 

. . 1X9 
. . X 10 
. XI/IO 
. XII. 9 
XI1I/I0 

VII 1/24 
. VJJI/-7 

IX S 
. VII.3 
. . 1X6 



Vll/l 



Moderne Tonsetzer, Heft I . . 

(Reger — Weingarmer) 
Moderne Tonsetzer, Heft 2 . . . . Vli;s 

{Bun gen — Bruch) 
Moderne Tonsetzer, Heft 3 . . . . V1I7 

(Pfluner — Kloset 
Moderne Tonsetzer, Heft 4 .... Vll/ll 

(d'Albert — Hausegger) 
Modeme Tonsetzer, Heft S . . , . VII/15 

(Goldmark — Mahler) 
Moderne Tonsetzer, Hell 8 . . . , Vll/22 

(Arnold Mendelssohn — Blccb) 
Moderne Tc-nseizer, Heft 7 .... V1113 

(Tinet — Wo1f-Ferrari> 
Moderne Tonsetzer, Heft 8 . . . VI1I/13 

(Humperdlnck — Siegfried Wagner) 
Moderne Tonsetzer, Hen 9 . . , V1II,22 

(Binding — Georg Schumann) 
Moderne Tonsetzer, Heft 10 . . . IX/24 

(Rufer— Hugo Kaun — Robert Kahn) 



1. Tontcunstlerfestheft (vergrlffen) 

2. ToflkQnsilerfestbeft . 

3. Tonkunstlerfesiheft , 

4. Tonkunstlerfcsibeft . 

5. Tonkunstlerfeatheft . 
8. Tonkflnstlerfestheft . 

7. Tonkunstlerresihef! . 

8. Tonkunstlerfest heft . 

9. Tonkunstlerfestheft . 

10. Tonkunstlerfestheft . 

11. Tonkunstlerfestheft . 

12. Tonktinstlerfeatbeft . 



. 1/18 
. III? 
111/16 
I V/17 
V/16 
Vl/18 

vn/ii 

vni/i7 

IX 16 

XI/16 

XII 17 

XI1I/16 






NACHRICHTEN und ANZEIGEN zub »MUSIK" XIV/19 



NEUE OPERN 

Hanos Ludwig Kormanm .Die Kralle", 
Text von Erich Liebermann -Rouwiese. 

OPERNSPIELPLAN 

^Hamburg; Die Volksoper h*t den musikali- 
schen Scbwanlc „Der Hetratsschwindier* 
von Eduard v. d. Becke und Louis Herrmann 
zut UraurTubrung angenornmen. 

KONZERTE 

Tbunt Am M. Jul] flndet bier die diesjabrige 
Generatversamrnlung des Scbwcizerischen 
TonkQnstlerverelnB statt. Bei den twei 
Kamtnermusikkonzerten werden Son ate n von 
Prank Martin, Hans Huber, A. Scblageier, 
Carl David, ein Streichquartett von G. HIser, 
Getlngc von H. Sulzberger, E. Levy, C. Voglcr, 
Fr. Brun und Klaviersiucke von H. Rcymond, 
V. Scbultbefi zur Auffiihrung kommen. 

Verdea(Aller): UmerLeitungdes DomorganUten 
Gottfried Deepen veranstaltete der O ra- 
te rienverein eine Auffuhrung von vier 
Bachscben Kantaten (Liebster Gott, wann 
word teh sterben?; jesu, der du melne Seele; 
Jtucbzet Gott in alien Landen; Heir, deine 
Augen sehen naeh dem Glauben). 

Wiesbaden: Elne groftere {Composition Fur 
Mlnnercbor und Orcbestcr: .Die deutsche 
Veatc" von Guido v. GillhauBen kam int 
Wiesbaden er Kurbaua zur Auffiihrung und 
erring bemerkenswerten Erfolg. Das Werk 
stuUt sicb auf bekannte zeicgcmlfk Motive 
und ist gtinzend instrumentierl, Herr v. Gill- 
bauBen, ein im Kriege schwer verwundeier 
hSberer Officer, bat aucb einige kleinere 
Kom positioner! mil Beifall in Wiesbaden durcb 
das Kurorchester zu Gehor gebracbt. 

TACESCHRONIK 

Mtind- und Ziehharmon ika, im Feide 
heute die beliebtesten Musifcinstrumente, sind 
Berliner Erfindungen. Sie wurden von Christian 
Ffiedrich Ludwig Buscbmann erfunden, und zwari 
in den Jihren 182| und 1822. Sie hieilen damals n 
Mund-Aeoiine und Hand*Aeo)in.e. Die Mund- 
harmonika, auch Aura genannt, geht aur die 
deutscben Brummeiaen des ausgebenden Mitiel- 
alters zuruck. Das Brummeisen bestand aus 
ein em ei&ernen BugeL in dem eine Zunge 
schwingend angeordnet war. Bites man gegen 
diese Zunge, so entstand ein brummender Ton. 
Wie man den Gescbuizen im spaten Mitteitlter 
Namen gab, die man von ihrem. Aussehen oder 
Ihrem Ton herleitete, so nannte man einzelne 
Geachutze such Trummei, Mauitrommel oder 
Brummerin. Dtese Benennung leitetsich von den 
Brummeisen oder Maultrommeln her. Im Ber- 
liner Zeughsus liegt noch heute ein franzosisches 
Prachtgeschutz vom J»hre 1535, auf dem man 
ein SOlcbes Brummeisen bildlich dargcstelll siebf, 
Ein gam ihnliches Geschiiti ist in das Arsenal 
von Woolwich gekommen und dort nocti vor- 
bartden. in der Liferaiur erwiihnt wird die Maul- 
trommel zuersl imjahre 165$ von dem beruhmten 
PidagOgen Comenius in seinem Orbis pictus. 
Ea iat «lso nicht Hchttg, daB man den Jesuiien 
Klrcber »ls den Erflnder der MauUrommel be- 



■Mil MIISBI IH, LEIPZIG 



Trios. 

a) Klavier, Violine und Violoncell. 

THo- Album. Bind !, II. J II. Mk. 

1283 — Band I ........ 1— 

Grief, Ave miris ■fella.. Haydn, Mtnucti 
I* IKUr-Symphonle). 5Yendsen.Scta*cdiw:liei 
VoHkitlcd. Mailing, Mjiuriu Rublniteln, 
Melodic Bendel, Souvenir d'Huntrle. 
TKbllkOWakr, Ch*m d'lutamne, CM. 
Oodard, Mianonnciif. Hartmanti. Grk- 
chfsBher Feitiaai. Lange-Mtlller, Ser*«»iSc. 
Mozart, Roniuc (Ein* klctnc Nschiimisikj. 
Scbubcrl, echtrto (Olttett, op. tflfl). Flnl 
Henrique*, Stlnntmnj. 

1264 — Band II 3.— 

Schumann, Afnatuisd. aide, K«nt*«i*ni. 
Relsil^er, Sebsrm (Trio, op. SO), S'ndlng, 
Melodlo ttiijttianiit, OavOtte LOuit XIll. 
Tsdialkowtky, Cbant hdi paroln. Schvtce. 
D!« Gukarrtaplrlcr. Svendfeil, Schve- 
dicchfi Volkilied tit. t. Carl Nlelien, twat- 
nene der AUedilonc. RObtier, Rosillon 
(Nopmrnc). Beethoven, Aodnni* CF-diiT], 
Schubert, Kircbe milltiire. 

1388 - Band Hi 3. - 

Kalvonen, Erstr Bcjcecnuitg (Gurrc-Suiic, 
op, 17). Harimann, Biucnmni {.Klcin Kir- 
aien'). Wlnge, wie[«nlled. JHendelfrabn. 
iu* IV. Syoiphonic (3. Sin, ap. 80>. Hum me), 
Rondo All* Turca (Trio, op. 22>, Jf. S. Bach, 
Bourrts iVIaHnSonite Nr.2). Lan£t-MQUer, 
Serentdc (RcnjtJHtncc). NJcalaJ H*n*tn, 
Piitanle (Oprt. .Difnls oj Clat"). Qade, 
Stberrn. Svendien, Andmtc (Rhaptodk nar- 
vtjuietitie Np. Hi. Borreien, iKenuctto (op. 14 
Nr. 2). Burtntiter-Sindlng, c»vott* top. M 

Mr. Sj. 
13S9 Ambcrtf. Op. Il, Trio riir VloJIne oder 

Kltrtnettc, Violimcell uod Kdvicr - , . , , . 9.- 
132* - Op. 12, F*n(«le«aclse fBr Violine (oder 

Klirioede), VtoIonceJl uod KliirjrT odtr Vlolt EL— 
1308 Bendlx, Victor. Op, 12, Trio, (A-dur) . . 7.— 

KM7 Bohlmann, Trim d'Atnumrj 2.— 

A Ji JlriKin. Nocturne. Dinic skve. Hcnuci. 
8SS Oodard, Benjamin. Op, ts, Six DuciHnl. 

Tt-tncrit el doigtec pir Jacqusa van U»r 5.— 
906 Harimann, Emil. Op, H, Scremde furKltrl- 
nctie (VloJInc oder Vtoli), Violoncell uod 

Klii-itr T.W 

12S1 Henriques, Flnl, Op. 31, Kindcr-Trlo In 

G-dur ...,,,..., ,,,■*.— 

IMS Hebe. Trio (Es-dun S.- 

i»f MBlllng. Op. 36, Trio (A-dur) e.— 

Sctiylt*. Op 132, Petite j Buitts ficflej. 

«m Nr. I. ftnrtlsies (C-durj 3.- 

S70 . 2. Reveries (F-dur) 3- 

^71 » ^. Souv(nlr» (G-dur) 3.- 

97^ . A Stritltde (B-durp . - , . , 3.- 

aa sindfna. Op. 2i, Tcio io-d ur i ».- 

H36S0chHna. Op SB. Klndcnrlo* . 1.50 

Allegro. Tempo dl Mrnuctio, ftardlno 

b> Klavier, Violine und Viola. 

tfo* Bull-Svendten. Sehnsotht der Senncrln. 

(Nicolaj Hanien) . . , I Hi 

IJOli Gade. Nordlschc SennTjIin, Limsplel-Ouver- 

lurt iNleolaj Hanienj 3.— 

150.1 Hartmann, Emll. BeKcusc [Mt'lesenHed] 

iNleolaj Haaioni - i?n 

IJIKI LanfC-MQIItr. Int Halle der Abrnccrrigcn, 
Jul dee Sulfe .In der Alhambri*, op, 3 
iKlkoloj Hantenj 2.NI 

|51W (Halllntf. Lied den Wlisl^nmiJcbcns mil 

up. 51 (NlCOlaj H»nm«n) 1 23 

151)2 Runf, Fr, SchBierKrllngatiiit (Nieolaj 

Hansen) , . , , , I. SO 

1501 Svendscn, Priniempt, Morcesu de Bullcr 

(Nico!a| Hansen) I.2S 






fyt t ffrtebridj gjicwefl, @.m.b.jr}. 
<B*tlrn.fctd>tcrffU>t 




$eutf$e debet? 
aus Qtoftcr 3eit 

vyiir *ine ©ingftiminc unb fttawter. 

3ebe Summer 5U T>f . 

IS flnb bereft* ifber W tJiumniern erfdjienen. 

1. Wobioff, SaS Clrt wm JilnbtnbiKg i'3. 3>e 

2. 3ufd)n([», 5>eurf$(anti3 ffa^nmllrt i^Sictj. 

7. Stogtltt, iflfitrr. Tieitedtcb (d. 3u<terntamr. 

mutttii. 
15. Cfiot, »«r (fntmicB utri) itlne Orefc 

(0 t>. <perlftr1n.j. 
IS "WogTitt, Kirttie*£atiti|ltmii4<Jo.7>tinH.«(i. 
12 (Sulbin*. 3Jttin tSSenxljc f»- rKabo. 
37(28 (Beat net, Mi**! iO. aJUdjaeli). 

3,v *ooi, T)t(wria ic. SHldjatlji 
43,44, aitttidii, 3fwclln-l'kfc 

■ ■ 'BerjeicbnhTc gratis. 



Militarisms 
und Hilitfirmusfk 



von 



Hermann Eichborn 

S* Marli 




Ein echt patrioiisches Volkslied! 

JB.34:„Emden H 

Auigithc Tuf Piirn,fi,rri: time 'R-\l "h F J t'. 

„ MiniHcr.lnir. I'.i!!i[ui' TiO ! J k, Slimii^ri i:m . 
p p S-hulerdmr [i> w 

[)i:s Miis;k»!ili:i; hi: i:i hufi 17 '-W Mu^it i--r-.- ;i ■; ■ 
j;c i; i?hncii ^'"ijf J i i^ ■ ; n f; erfi^rcTi — %h- i r J :,^ii /m/j> 
I'insi vurj.iij>:>i')i w-!|>i'ii..-tic]> , u. ■ <ng: l'rr)i L H -■ ' ! " 
k' . ■: in i n h ■ L . c T p jr i'j^ : ^UiV^cn' £ .t^a^h'-'fi. --I aii!1£iv;m.i: 
jvUnotK'L'^en Med -,\ ii n -s jh c cincn --. L ,Eir avjicti i-ri^tc-* — 
[>:■. ^nhei S I c [ii :] n n - i.::iii;:i; ■ ^tiJh EilitJcnltcJ rtklinff; 
■.k'!l d-: r ^- !i r.t'ltl: K ^LKi-,r urn] U: r J El E:- II L ! u.l'; run 1 ! (LIlJ il'l\r 
frpi'tli^n r^ I ^ ■- . "" 

feff~ T.iri M-i-i k-.Ti:^--. nw s--l -.:!■■ rji } ri". :■ 

Hsa~ in? S::rri *'■•* Hir:-rn i!'r V. ll 



:i:?r- rii'iih ■ lI 



Emdrn rOstFnt'slanJj 



M ■ j -. i ;-. . 1 i 1 j- ; . ;■ 1 ii .1 i lj ■ "■ < ; ■■ 

W. Sohwalbe. 



Ui'j V(<r:iK«iitlii:lii.ii<j LTlaljl jujur.s<i;r! utr 



KejcbneL Er bescbrieb ate Dur Im jsfere 1078. 

— Die Ziehbirmonika vpn Bntcbmanil war noqfa 
luuerst primitiv. Eine welte Vetbreltunt e^ 
langten solcbcs Instruments sett 1839 doreh rfe* 
Wiener Klavlermacher Demian tinier der Be- 
*eicbnung .Accordion*. UrsprtingUcb button die' 
Instrument ffinf fasten, die je oinen Akkord 
zum Ansprecben bracbten, wena men due TaaiP 
druckie. RnSpfe an Sielle der Taaten tfubrtcn 
Bkhler und Klein 1834 ein. 1S43 erfaod Band 
In Krefeld die komplulerte Form der Zleh- 
barmonilw, das Bsndonion. 

Singerwettstreit in Neuyork. ill icr 
„B. Z." 1st m lesen: Unter nlcbt alltlfillcben 
UmstBnden, jedenfalls ifaer unter der Mitwlrlcuog 
erster Kunstler errang die deutsche MuaUc la 
Amerikt einen schdnen Stcg. Nach der Vcr- 
stellung im Neuyorker Metropolitan Opern*- 
tiiuG, die xugleicb die Abschiedsvorstellung ftV 
den don 13 J ah re Ung tltig gewesenen Dirlgeateo 
Hertz w»r, scbarten sich die KGirttler Im 
Restaurant Kaiserfaof unt den Ab&chiednebmeiH 
den. Beim Eintritt spiehe die Hotetkapelle 
gerade das ^Tipperary", und ein groCer Teil 
der engtiscti-amerikaniscben Clste sang dies 
Liedchen mlt. Fur unsere deutscben Kunstler 
*ber war das Lied Tommy Atkins das Signal, 
um auch .Detitschland uber alles" lu ver-' 
tangen, Und als der Kapellmeister yerlegen die 
Achsel zuckte, da rief man den Manager berbcL 
Mit aller Energie macbie die SIngerin Frau 
Ober ihr VerUngen nach diesem Liede gehond; 
woiil oder iihel mullte er dero Orcbester die 
Erlaubnis geben. Und so vie die ersten TSne 
erschallten, erelgnete sicb etwas, das der Neu- 
yorker KaiserhoT ^ohl no(h nicbr ertebt bat. 
Frau Ober begann, Herr Scmbtcb flel eta, 
ihre berrlichen Stimmen veretnigten stcti mlt 
denen von Goriti und Veil aus Stuttgart mit 
Mittfelds Stimme und Frau Gadakis glocken- 
helkm Sopran. So berrllch ist sicher seHen die 
deutsche Weise gesungen worden. 

Die Familie Gravina. General-Oberarit 
Dr. Oskar Siobaus (Bad Kissingen) schreibt der 
Voss. Ztg. : jiingsi brachie die Vossische Zeitung 
eine Notiz iiber die Famiiie Gravina, die tcb' 
vcrvollst£indigeii mochte, da mir die VerbUtnlsM 
geiiau bekannt sind, Nicbt nur ein Sohn der 
verwitveien GrlFin Gravina, geb, v. Bulow 
(Tochter Cosima Wagners), steht akti? im 
italienisc hen Heere, sondern alle drel 
Sd li n e, Graf Manfred, der Alteste, geh5rt schon 
sett Jahren der lUlknischen Marine an, war 
eine Zeittang dem Admiraisstabe zugeteilt und 
is( jeur beim Msrine-Flugkorps. AuQer dem 
von Itinen genannren Grafen Gilberto (Gil) dient 
iiuch cJlt jiingste Sohn, Graf Guido Gravina. 
Die iuny-cn Htrren, allzusammen Typen des 
dL'^adcnien, degencrierten sizilianischetl Adcls 

- iie titHren Jen hochKlingenden Beioamen 
PrmL'ipi di RmnaccB — , haben sich wlhreod 
ilires witderb'ilten l.nngen Aufenthalts in Deutach- 
land imnier .ils Itali.inissimi gefuhlt und *uf 
Jftiu-thci UesL-n stL'ts herabgeblickt. Ober die 
Muglk-tiliL-it, d:iii das Haus Wahnfried {emals 
dara: 1 . (indjvtit Uiuw, den tdlen Conte >GII mr 
L^hii: 1 .^ 'is bertifen, kann der Wtsseude nur 
l.'^titin. Da^ i-laus Wabnfried ban^t*?lel in 
s'.-lir an st? iiilii HeiclitiJmern, als daQ |ea dem 
tlutL-^pi'trl^-Li Jen biicttaiuen Gil oder etnenp andcra 



Enfcel iub dem alien Seerflubergeschlecbt derer 
van Romacca elne maBgebende Stellung ge- 
wibrt bine. Es i« ohnedies schon getiug Geld, 
das der Meister erwarb, durch die stets welt- 
geSffnetfn Hlnde der Sippe Gravina gelaufen. 

Der BerlinerTonkunstler-Ve rein(e, V.). 
der den Zweck bat, die ideelien und materiellen 
Intcreasen seiner Mitglieder iu fordern, versendel 
soeben den vcm sieltveftreienden Vorsitzenden 
Rich. J. Eiehberg verFaBten Jahresbcricht uber 
das 71. Vereinsjahr. Wir emnehmen ihm, daft 
trotz der Kriegswirren in dem abgelaufenen 
Jahre iwei Vortragsabende, em aufterordentlicher 
Vortragtabend, ein Volks-Kammerkonsert, sowSe 
ein pldagogischer Vorrragsabend und zwei 
Scbulefvorlragsabende stattfanden. Em Verlauf 
der drei Vortragsabende kamen 45 Werke von 
zebn Komponisten und Komponisrinnen unrer 
Mttwtrkung von 17 Kunstlern und Kunstteritinen 
Ear ersten Auffuhrung. Seine reiche, fiber 
20000 Nummern srarke Bibliothek bat der Ver- 
efn Id den Diensi der Allgemeinheit gestellt und 
•eJt dem I. November 1908 zur Volksbibliothek 
srweitert. Die Zentrale der Muslk-Volksbiblio- 
rbek, von der Stadt Berlin pektiniir untersttitzt, 
bcBndet sich Berlin W, ZietenstraBe 27 I (Re- 
Sffnet tlglich, auch Sonutags von 11 — 12 Uhr 
und Mitiwochs von S— 9 Uhr abends). Dorr 
ffcnden im abgelaufenen Jahre 8495 Ausleihungen 
stall. Die von der Stadt Charlouenburg unter 
stutzte, am 1. Oktober 1912 eroffnete Zweig- 
■nctalt befindet sich Savignyplau 1 (geoffner 
DienstagS, Donncrstags und Sonnabcnds von 
4—7 Ubr). Die Summt der Ausleihungen er- 
reJcbte don die Zahl 7933, Die Einrichtung 
einer Stunden- und Konzertveimiulung hat 
aegensreidte FrQchte geiragen, ebe nso die seit 
Jahren stark in Anspruch genoinmene Kranken- 
kasse. Mil detn Btrgmn des Krieges wurde aus 
der Unterstuuungs und Darlehenskasse, der 
\Pilliam-WolF-Stifiung und Freiwilligen Beitriigen 
eine „Kriegshilfskasse u begrurtdet, 

Richard StrauB'^Salome" ais Ursa c hi' 
des Weltkrieges, Cincii originclkn Beirrag 
iu dem Kapitel derletzten Ursachen des Krieges 
steuert die .Gazeite de France - jt- rzt btti. Sc-lhst- 
versiSndlich is: es klar, da(S es die: „Boches" 
Water, die den Welibrand entziindet haben. 
Warum sie das gutaii haben, das hat der Dra- 
matlker Maurice Donnay in einer schwachen 
Stutide dem Benthiers-tauer der „Ga;ette de 
France" verraten. hie Erithiillung, die diescr 
den ersraunten I.esern seines BUttes iriatht, 
knupFt an den Zwisihcnfill an, der sich kftrz- 
Men bei der Au'fiihning eines belgiscllen Stuckcs 
im Tbfiitre Gymnase zu Pans errignet Inn und 
bei der ein eniriisieter Zuscliauer gelegenilich 
einer im Stiick vorkommenden Anspielung auf 
das Deutschland Goetties iris Parterre rief: 
,Fort mit ditscm Deurschland Goethes!" „Dieser 
Zuschauer," fiihrt der Eierithterstatter Fort, „war 
ersichtlk-h ein von ehilitbem pairtfiTisclien 
GefQhl erfuiker ("ranzosc. fcr tai ni^ht& setter, 
ais auf das Vorgetien eirur (jeselisclial't von 
Snobs zu ant^oiten, die uns ^lauben macben 
wolJen, dali sich hiiuer dt-n HirliarenliorJi-n 
noch iiamcr em cutes, kluges und L-mpHrdungs- 
reiehes Deuts.tiland vcrberge, und dali man 
ditsem Deu'Scliland, na^lidini u-ir die „Botli*i" 
militBrisch niedergerutigen baben, Ji-.' Hand .--isr 



VersSbnuDg bieten musse. Denn es gitigt doch 
niebt gut an, daB wlr in Zulcunft auf die Goerbet 
und Kants sowie auf die Muslk de* Herrn 
Ricbard Straufl venlcbten kdnnen! Ober dieae 
Musik teilte mir Maurice Donnay ubrigens eine 
Bemerkung mit, die sich Frau Slraufl in ibrem 
Arger uber den geringen ErToFg der , Salome' 
hat entschlupfen lassen. Diese Bemerkuog 
lautet nach der Aussage meincs GewShrsmannes 
wSnlieli: ,Es wird erst eines neuen Krieges 
bedurfen, um den Franiosen das Verstandnis 
fur die (Musik meines Gatten zu erschlieDen.' (IIP) 
Nun, den Krieg htben wir ja, aber micb dunkt, 
dad er uns fur lange Zeit binaus von aller 
t Salome*-Sctl Warm ere i gebeitt bit." 

Die studentischen Slngerschaften im 
Kriege. Nach einer im Bundesblatte des 
Weimarer CC, des Verbandes Deutsche? SJnger- 
schaften, veroffentSicbten eingehenden staitsti- 
schen Untersuchung von Dr. Herbsi - Halle, 
Alter Herr des Weimarer CC, stehen von den 
Mitgliedern des Verbandes fast 1500, das sind 
uber 40 Prozenidesgesamien Mitgiiederbestandes, 
im Felde. Die etnielnen im Bunde vertretenen 
Singerschaften sind folgendermsflen beteiligt: 
Anon (Leipzig) 420, Erato (Dresden) 200, Leo- 
poldina (Breslau) 135, Germania (Berlin) 115, 
Chattia (Marburg) 89, Guilelmia (Greifs*ald) 86, 
Zollern (Tiibingen) 85. Sallo (Halle) 80, Gottingia 
(Gottingen) 7(, johanni-Fridericia tJ en ») ^*i 
Thuringia (Heidelberg) 4.1, Alanfa (CharloEten- 
burg) 3ti, Alt-Witrelshach (Munchen) 30, Nor- 
mannia (Danzig-LangFuhr) 19, Burgundia (Bres- 
iau) 17. Die Gesamtialil der bisher auf dem 
Felde der Ehre gefallenen Singer beirigt UO, 
die seit Beginn des Krieges gemeldeten Verlttste 
an Gefallenen, Verwundeten, Gefangenen, Ver- 
miftten, Erkrankten betragen gegen 400. An 
372 CCer sind Ausi^ichnungen verliehen vorden, 
und iv, ir zweimal das Eiserne Kreuz erster, 
317 haben das Eiserne Kreu?. zwetter Klasae 
und 53 sonstige Ausieichnungen erhalten. 

Die deutsohen Musiker im Auslande 
haben ill ren von der KriegStJOt betroffenen Kol- 
legen wieJerholt ramhafte Betrige zugesandt. 
Der Deutsche Musikcrverband erhielt nun neuer- 
ditigs Betrage in der H6he von 1000 Mk. von 
i : riti Kreisler ais Teilertrag eines in Amerika 
vcranstalteien Kon^ertes, ferner von Dr. Muck, 
der sich an die Spitje einer Sammtung des 
Bustoner Symphonieorchesters stellte; auch die 
Musiker in Porto Alegre in Brasilien haben etne 
namhafte Gabe angekundtgi. 

ProF. Franz Mayerhoff in Chemnitz ist 
zum Dirigenten des Leipztger Riedel-Vereins 
gewahlt worden. 

Musikdiryktor Paul Sc he in pf I u g, der im 
vorigen jahre vom Biutthner-Orchester in Berlin 
ais erster Kapellmeister engagiert, bei Beginn 
des Krieges aber in Riga anliiiJIich eines Gast- 
spiels verhaftet wtirdc. so dafl er sein Engage- 
meiit nECht aiitrvieii konnte, ist es iefjiT naeh 
ztiinnionaliicher KriegsgcFungenschaft geiungen, 
.ins RulMand zu ciitfcommcn. 

MK'i Its i'ii n M o e I icn d o r f F in Ncuenalir hat 
das ds.-uisi.-lie Ruch'ipiuem {Nu, 563U4) auf seine 
n KUviaiLir hir tin Ta>teninstrument mit Viertel- 
tfinen" erlialten, 

Am IS. Juni beging Generiilrrmsikdirektor 
I : rin Si tin bach teinen (W. Geburtstag. Unier 



II 



L 



den Meistern des Taktstocks steht Steinbach in 
erster Reihe. 

Auszeicbnungen. Dem Koniglichen Musik- 
direktor Riedel in Plauen i. V., dem Kantor an 
der Marienkirche in Zwickau Vollhardt, dem 
Stadtkantor in Freiberg An acker ist vom Konig 
von Sacbsen der Titel Professor der Musik ver- 
liehen worden. Dieselbe Auszeicbnung wurde 
dem Konzertmeister bei der Koniglichen Kapelle 
in Dresden Rudolf Bartich zuteil. 

TOTENSCHAU 

O'Brien Butler, der erste national-irische 
Opernkomponisi, befand sich unter den Passa- 
gieren der torpedierten „Lusitania" und ist nacb 
den letzten in Amerika eingetroffenen Nacbrichten 
nicht gerettet worden. O'Brien Butler hatte kurz 
vor der (Catastrophe in New York Bruchstucke 
seiner neuen irischen Oper „Muirgheis" offent- 
lich vorgefiihrt und damit Interesse erweckt. 

Anfang Juni + in Warschau der Pianist 
Rudolf Strobl. Von deutscben Eltern am 
15. April 1831 in Troppau in Osterreichisch- 
Scblesien geboren, empflng Strobl seine Aus- 
bildung hauptsSchlich am Wiener Konservatorium 
unter der Leitung von Fischhof und Volckmann 
und kam scbon im Jahre 1855 nach Warschau, 
wo er dauernd verblieb. 1866 wurde er als 
Lebrer des Klavierspiels an das neubegrundete 
Konservatorium in Warschau berufen und be- 
kleidete die Stellung ununterbrochen bis zum 
Jahre 1896. Aus seiner Schule sind u. a. auch 
Paderewski und Sliwinski hervorgegangen. Strobl 
hat sich auch um die Bearbeitung der Bachschen 
Tonschopfungen in musikalisch-pSdagogischer 
Hinsicht groBe Verdienste erworben. 

Bald nach Kriegsausbruch f, wie jetzt erst 
bekannt wird, in Petersburg Anatol Ljadow, 
60 Jahre alt. Der Tonsetzer hat nur etwa 
70 Werke in 36 Schaffensjahren geschrieben; er 
wurde indes als einer der fuhrenden Manner 
des musikalischen RuQland angesehen, wo er 
am Petersburger Konservatorium seit 1878 eine 
Professur bekleidete. Im Anfang stark von 
Chopin und Schumann in Klavierwerken beein- 
fluDt, neigte sich Ljadow spater mehr Wagner 
in seiner Orchestermusik zu. Bemerkenswert 
fur seine Liebe zu deutscher Kunst ist auch, 
dad er Chore mit Orchester zu Schillers „Braut 
von Messina" schrieb. Er stammte aus einer 
sehr musikalischen Familie; sein Vater, der 
russische Hofkapellmeister Konstantin Ljadow 
(1820—1868), war sein erster Lehrer. 



In Amsterdam f im Alter von 40 Jahren 
Dr. Niel Vogel, ein ausgezeichneter Spieler 
der Viola d'amour; der Kunstler bat sich auch 
als Forscher in der Literatur seines Instrumentes 
betatigt. 

In Leipzig f Kommerzienrat Hugo Wolff- 
Rod e r, der Seniorchef der Weltfirma C. G. R5der 
G. m. b. H. (Notenstich, Notendruck). 

In Berlin + der Heldentenor der Leipziger 
Oper Willy Tosta-Kuhlmann. Er stand als 
Unterofflzier der Landwebr beim 1. Ersatz- 
bataillon des Inf.-Regiments No. 24. 



Schluss des redaktionellen Teils 

Verantwortlicb : Willy Renz, Schoneberg 



VERSCHIEDENES 

Fremde Kunstler und der deutsche 
Krieg- Zu den dem Ausland entstammenden, 
aber deutscher Kultur aufs engste verbundenen 
Kunstlern gehort der seit langem in Deutscbland 
heimische Komponist und Pianist Ferruccto 
B u s o n i. Seine warme Anteilnahme am Deutsch- 
tum bezeugt ein am 10. Juni von New York ein- 
gegangener Brief, dem er recbt bald zu folgen 
boffte, an seine Verleger Breitkopf & Hartel in 
Leipzig: „Die Haltung Ihrer Nation scheint mir 
bewunderungswert, die Sohne des Herrn Geheim- 
rats sind hochzuschatzen. Der Lohn durfte 
nicht ausbleiben. Meine herzlichen Wiinsche 
begleiten Sie in Gedanken." Dieser Hinweis 
ist wohl am Platze, da soeben von einer franzo- 
sisch beeinfludten Zeitungsnachrichtaus Amerika 
Kapital zu schlagen versucht wird, weil Busoni 
gleichzeitig mit dem deutschfeindlichen St. Saens 
bei der Ausstellung in San Francisco einer 
w Carmen"-Auffuhrung beigewohnt hat. Diese 
Lieblingsoper unseres alten Kaisers Wilhelm I. 
wird auch in Deutschland wahrend des Krieges 
unbedenklich vielfach gegeben. 

Lilli Lehmann bat sich bereit erklirt, vom 
nachsten Sommer an zwei Monate lang am 
Salzburger Mozarteum talentvolle Stimmbesitzer 
im Mozartgesang zu unterrichten. 

AUS DEM VERLAG 

Richard StrauQ hat soeben sein 64. Werk 
„Alpensymphonie" fur grofies Orchester der 
Firma F. E. C. Leuckart in Leipzig zum Verlag 
iibergeben. Die Urauffiihrung flndet im 
November dieses Jahres in Berlin start. In 
demselben Verlag erscheint auch sein „Wiegen- 
lied" mit Orchesterbegleitung. 



Ml. Akwtemie der Tonkunst in Munchen. 

Ausbildung in alien Zweigen der Musik einschlieBlich Oper. Sonderkurs im Sologeaangi 
(Dr. Felix von Kraus). Sonderkurs in Violine: (Professor Alexander Petschnikoff). 
Vorbereitungskurs zur Prufung fur das Lehramt in der Musik an den Mittelschulen sowie an 
den hoberen weiblichen Unterrichts- und Eriiehungsanstalten. Beginn des Schuljahres 1915'16 
am 16. September. Schriftliche Anmeldungen bis langstens 10. September. Personliche Vor- 
stellung am 16. September. Die Aufnahmepriifungen finden am 17. und 18. September start. 
Statuten sind durch das Sekretariat der Kgl. Akademie zu beziehen. 



Munchen, Juni 1915. 



Der Kgl. Direktori Hans Bussmeyer. 

IV 



NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUS1K« X1V/20 



'-1 

* 

-1 



NEUE OPERN 

Xoopold HaBsenkamp: „Erin" betltelt sic& 
eine einakrige Qper, die zur Zcit der Frelheits- 
kriege der Iren gegen die Englinder spielr. 
Dm Buch stain mt von Axel Del mar- 

OPERNSPIELPLAN 

Mftacbent Am 10, Juoi bat sich der Tig der 
Unmffliflruag des B Trist*n* lum 50. Male 
wtederbolt. Unsere Hofoper bat dieses Fest 
durcb elne .Tristan" -A uf fib rung gefeiert, wie 
sie wurdiger kaum denkbar 1st. Bruno Wal tera 
ebenso sensible^ als plastiscbes und grofies 
CestalluDgsvermogen und uoser weltbekarwtea 
Ensemble wirtten xu einer jener Leistungen 
luiammen, dejren SchSnheit und Srilsicberhett 
la Muncben Tradition isr. Es genu gen die 
Namen (Knote als Tristan, Frau Mottl als 
Isolde, Bender als Marke, Bamberger als 
Knrwenil, Frl. Miller als Branglne), urn dem 
Kundlgcn eine ausreiebende Vorstellung des 
Gebotenen zu verrohieln. 

KONZERTE 

Berlin: ttn oichsien Winter verden zehti 
NifcUch-Konzene stattfinden. Die Daten 
lauten: 11. und 25. Oktober, 8, und 29. No- 
vember, 13. Dezember, 10. und 24. Januar, 
7. nnd 21. Februar, 0. MSrz. Zur sollatiscben 
Mitwirkung sind u. a. folgende Kunscter in 
Ausslcht genoromen: Eugen d'Albert, Ernst 
v. Dobnaoyi, Carl Flescb, John Forsell, 
Arrur Scbnabel, LeoSleiak, Franz v. Vec- 
sey, Edyth Walker. 

TAGESCHRONIK 

Die Weltherrschaft der deutscben 
Muaik, Isidore de Lara, einer der jung- 
franzSsiacben Musiker aus Debussy's Schule, 
bat in der cngliscben Zeifscttrift ..Fortnightly 
Review" das Wort ergrirTen, uin den engliscben 
Muslkern ins Gewissen zu reden, da(J sie sicb 
too dem druckenden Joch der demscben Musik 
befreien, eine Sacbe, die freilich leichter gesagt 
alt getan isr. „Es 1st durchaus nfitig," erklBrt 
der gutige Mahner, B daD, wibrend unsere 
Scbverter gezuckt sind, urn unser Vaterland 
utid unsere Nationalitat zu verteidigen, aueh die 
Kun6t den festen Willen bekundet, sich von 
den fremden Einflusscn m befreien und die 
natlonaJe Etgenart, die in der Volksseele 
scblummert, zum Ausdruck zu bringen. Frank- 
reich bat bereits das Beispiel zu einer solchen 
musikilischen Befreiung gegeben, und als der 
Held dieses Befreiungskampfes darf Claude 
Debussy betractatet werden, der das Kansrstuck 
zuwege bracbte, sich von dem scheinbar un- 
vermeidlicben und verhangnisvollen Einflufi des 
deutschen , Leitmotivs' zu befreien. Und die 
Jungen franzosischen Musiker, die in seinen 
Spuren wandeln, haben die revoiulionare Be- 
wegung weitergefubrt, eine Bewegung, die auch 
die EnglBoder nachatimen solhen* Herr de Lara, 
der leicht reden hat, beschwdn die englischcn 
Musiker, aich dieser Aufgabe mit aller Kraft iu 
wldmen und nicht auf den materiellen Vorteil 
lit aehen, bei einer so vaterlandiscben Aufgabe 
wie der Wiedergcburt der englischen Volks 




Flote. 

Fldte solo. Mk 

110 Andersen, Joachim. Op, 37, X kieine 

Ctprlecn , - 3S> 

136-13.7 — Op. C3. 24 EtuJtt tcdinlquet. Heft 

1. 2 \t 4.- 

10 Kin tiler, 12 progressiva EiUJeri tJO 

— KUvirrbcgteltuaf lu I JO 

F16te and Hlavier. 

1028 Amberg. Thtmt a Vvltrionj 2.SCI 

[Orchutcr MtlttHt! in Abacbrlfi ] 
18.4 Andersen, jAacblm. Op.44. L'blroaddk, 

Vtlu-Ctprice 2. — 

— Op. 45, Operntranskrlptlonen (rolite)- 
sebwer) 

362 - Kr. 1. IHoxart, Flgiro 1.50 

3S4 - . 2. Bellini, Normi t.SO 

3M — . 3. Bote 14 ItU, Die weiOe Dine . . I.M) 

38S — .4. NlcOlal, Die luetljtcn Writer . 1-50 

3GS — . S. Woiart, Don Juno 1.50 

367 - .6. Dortiieltl, LueU t-90 

368 — . 7. Weber, Der Fref*chOrj .... 1.50 

369 — . 8. Mozart, Dfe ZaatKrfldte . ... 1.50 

— Op. 57, Trolt morcMU*. 

438 — Nr. L. Le cilme 1-50 

437 — .2. Sercaidc tueluicollquc , , . . , 1.50 

438 — .3, Lt tourblllan 1.50 

359 — Op. 59, IntTOduciioo ci Fltitolstc sur de» 

tin hancroii 3.— 

~ Op. 59, Ftauialet nillomln (nan dlin- 

cllet) 

JBZ — Nf. 1. Diaol* ,,.... 1.50 

353 - . S. EcojhI 1.7S 

354 — . 3. Ruue tSd 

355 — . 4. Suedoii 3-— 

356 — » 5. Itillen 2,— 

.157 - ,6. Hotif-nH* ....,.,.-- Z." 
358 — Op. 61, 2m< morenu dccoomrt,tonipo*t 

poar It contours de 1BB5 iu Conservatoire 

ilr Mualiiue t P»rt» 3. — 

— Op. 62, 4 morvemu*. 

|M — Nr. r Ciritlne I.— 

IMS — . 2. Irtrccmeiia 1.50 

KM) — . 3. DtrE ligondolt 1.80 

187 - . 4. Sirtnide d'emour 1 — 

tSBO BuH-SvCnd&cn. SolJiude iurl» monugne — 

Sehmuchl der Sccincrfn (tug. Ralnhard> 1.25 
[Auch mil Hirmonimn imftihrbir.J 
IS; Neupert. KeuignMloti, Srudlc, bctrb. vim 

Josehtcn Andcnsn . I 50 

1374 b Sandby. Danish Sonf, .Ro«|t|* ... 1.25 

1613 Scot I, Cyril. Neil. Scutch Pijlurtl , . . 3,50 

t2BS Svcndlta. Op.ze, Rominic,Cdur(B»rgt) 2,— 

Flote and Harmonium. 

BS3 Bull-Svendsen. Sehnauebi der Scnnerla 

<Avg. Rflnhird) 1-25 

Flote, Oboe and Marinette 
(in B) mit Hlavier. 

1078 flmberj. StiHe 5. - 

St-jasdilk. Dev»n( la Cnhedrile. Rondo 
v|[|jig*:<»l^Ci 

Fl&te and Strekhlnstramente 
oder Hlavier. 

LM7 Amberg. Neu. Op, 1,4, Three Stcrcbe* 5.-- 
IPiirorolc. Rtmembnoce. Tinotelle), 



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musik und der Uoterfrncfcung des deuucheu 
Blnflunes. „Man aagt xwtr," nbit de Lara 
fort, *dajl die Motik nicht auaschlieQllcb dem 
natlonalen Gedaaken dienen Awt, Aber e* 1st 
dgch eine lings t erwiesenc Tatsacbc, daQ das 
engliscbe Publikum gar kein Verlangcn mehr 
(rigt, Wagner und Brahms ta horen*, was Heir 
de Lara augenscbeinlich fur eln Zeichen des 
erwachenden englischen Mustkslnns zu deuten 
geneigt ist. Seiner Meinung nach wlrd der 
Kfieg aucb in der Welt der Musik elne durch- 
greifende Verlnderung herbeifubren. Er wird 
nacb der Prophezeiung des franzosischen 
Musikers den Triumph des dcmokretischen 
PrlmlpB bedeuten, und diese detnokratiscbe 
Herrachaft wird Ihrcrseits dazu beltragen, die 
Kunst wieder auf Klare, einfache Formes zu 
bringen. „ Diese detnokratiscbe Weltanschauung 
wtrd es ferner niit sich bringen, daQ sicb kunftig- 
bin in Europa, ja sogar in Deutschladd, das 
Wtderstreben geltend macben wird, nocb weiter 
die hysterischen Verscbrobcnbsiten etwa der 
(Salome 1 uber sich ergehen zu lassen. Man 
wird vielmehr allemhaiben das dringende Ver- 
Ungen baben, sich wieder an elner frischeren, 
klare re n Quelle zu erqutcken. Die Engl&nder 
' haben in der Gescbicbte der Welt, dank lb rem 
politiscbcn G em fit, eine ausschlsggebende Rolle 
gespielt. Sie baben es immer verstanden, 
mit Tat und Geschmack den Sitten und dem 
Glaoben anderer Vdlker Duldsamkeit entgegen- 
zubringen. [?} Diese Duldsamkeit bat die uble 
Folge gehabt, daft man dem ausiindiachen 
Gelat eine grenzenlose Gastfreundscbaft ein- 
ger&umt bat. Daraus bat die Kunst im all- 
gemeinen und vor allem die deutsche Musik 
ausgiebig Nuuen geic-gen, Deutschland. hat 
England mit setnen Kompositionen, seioen 
Dirigenten, seinea SSngem und seinen Virtuosen 
erabert. Und die englischea Musiker haben so 
viel Wagner, so viel brabms und Richard Straufl 
in sicb aufgenommen, dad ihre musikalische 
Seele wie ein Schwamm mit deutscber Musik 
angefullr 1st und von Rechts- und Kunstwegen 
mit der Aufscbrift ,made In Germany' versehen 
werden muilte. Aber nicht nur die englische 
lnstrumentalmusik, sondern teider auch der 
engliscbe Gesang ist von den deutschen 
,Liedcrn' zugrunde gericbtef wordcn. Die 
leidige Auslanderei bat die Engender dazu ver- 
Tuhrt, mehr deutscbe als engliscbe Stticke zu 
singen, so da() die Wiedere;stehung einer 
nationalen, einer von fremden Einfliissen un- 
abhingigen Kunst, die wahr und unverfSJschi 
die Empflndungen und ldeale des engltscben 
Volkes iu tBnendem Leben gebrachr hatte, in 
England immer schwieriger geworden isr." Abe'r 
Herr de Lara latlt mit sicb reden, und er will 
nicht etwa, daft die gesamte ausl&ndische Musik 
dem Scherbengericbt verfiillt. Spricht er doth 
in cigener Sache, und vor allem im Interesse 
des t:\ports franzosisther Mtisik. Deshilb 
nimmt er audi nur liie deutsche Musik aufs 
Korn und hai im iibrigen nichts dagcgen, wenn 
die Muslkfrtunde sich audi weiierliin an 
italicnt^cher, russisthen und vor allem an 
fran/osisdien ^'erken erfreucn. Aber die 
deutsche Musik mul), urn der englischen Seelc 
ihre Keusdilieit ~iu trhslten, unbedingt aus- 
geroiiet werden, und es versttht sidi, dal^ an 



ibre Stslle, wenn die EngHndftt 
sein Bollten, naiionale Mnaifc ia 
Muaik der VerbQndeten xa trotta hat, 
de Lara hat sich in Paris im Bbrlgen schan tot. 
Ilebenswurdiger Weise kflnatleriach tnn die Jeng* 
liscben Bundesgenosaen benlubt, und er bil In 
seinen Orchesterkonierten mlr Vorllebe Wetfu; 
britiscber Komponifiten aurgeFubrt Zu wobt* 
tEtigen Zwecken Tersteht sicb, und iwar vtrn 
die Einnahmen dieser englischen Konierle f&r 
die Hinterbllebenen der Sold ate n and Sesleutt 
Frankrelcbs bestimmt. Die armelt HintOf- 
bliebenen! Viel dflrtte bei der Sacbe oicht 
berauagekommen sein, da man es aoeh deal 
patriotiscbesten Menscben nicht wohl tumtnen 
kann, einen ganzen Abend blndurcb engliscbe 
Musik zu hSren. 

Der DeutschenfresserSaint-SsSns. De* 
SOJSbrige Tonsetzer Saint-Sagas bereirt attgett- 
blicklicb Amerika. Er hat den ersteo Schritt 
auf amerikanischem Baden benutzt, um etee 
nambafte Kuastlerin, Frau Kutscberra, sttni 
groblichste zu beleidtgen- Frau Kutscbern, die 
in Paris zablreiche Wagnerkonzerte In deutscber 
Sprachc gegeben hat, stand mit Saint-SaBna aeit 
langem in so freundschaftlichen Beziehungett, 
daQ sie sich fur befugt bielt, ihn bei seiner 
Landung zu begruBen. Kaum wird Saint-Saena 
ihrer ansicbtlg, als er hervorkrichxt: a AlIex- 
vons^en, vous Stes AUetnande!" Nun 1st Frau 
Kutscberra trotz ihrer Vorliebe fur die deutscbe 
Sprache und Wagners Kunst zufallig keine 
Deutsche, sondem eine Belgierin. In einent 
offnen Brief, den sie an den franzSsischen Ton* 
setzer acbrieb, betont sie, der ,K0In. Ztg." zn> 
folge: „Was jcb aucb sein mag, icb bin vor 
alien Dingen Kunstferin. Ich weiQ, daQ Sie zu 
halsstarrig stnd, um sich zu entschuldigen, ttnd 
da Sic micb vor allem Volk beleidigt haben, SO 
iibe icb Vergeltung, indem ich Sie Bffentlicb an- 
schuldtge. Sie haben gefeblt, indem Sie gegen 
eine Dame und Kunstlerin unbofllch waren- Ich 
weill, da(S Sie infolge Ihres ungluck lichen Tern* 
peramenis eine Menge Schnitzer begehen, aber 
ich wunsche Fcstzustellen, daD Sie in Amerika 
nicht straflos und bus keinerlei Grand eine 
Kunstlerin beleidtgen diirFen, die Sie zudem ut 
Europa so sehr bewundert haben." Saint-Safins' 
schwachlicher Rechtfertigungsversuch schlieOt 
echt scbuljungenhaft: „Warum sagten Sie nicht 
fruher, da[i Sie eine Belgierin sindl" Wenn, wie 
ein [YanzBsisches Wort sagt, die LJcherlicbkelt 
toiet, so hat Sains-Saens mit seinem Betragen 
jedenfalls so viel erreicht, dad Ihn auQer In det 
Musik niemand mehr ernst nimmt. 

Ein Entarteter. Unter dieser Spiuraarke 
lasen wir in der „Tflg]. Rundschau"; Der be* 
kannte deutsche Musiker Georg Henscbel, der 
seit vitlen Jabren in England lebt und dort SO* 
gar - ' wir wissen nicht, wegen welcber Vet- 
dienstc — geadelt worden ist, hat aus Anlau der 
herecbtijjten Vernicbtung der s Lusitanla H folgen- 
des Schreiben an die .Times" gerichtet: S MU 
Entriistung und Scbrecken habe icb von den 
letzten und totlsten Verbrecben gehStt, von det 
Ve-rsenkung der .Lusitania' und ihrer unscbnl* 
digen menschlithcn Fracht, begangen durcb ein 
Volk, das ich durch Zufall der Geburt (icb bin 
poln ischer Abkunft} das meinige nannte.desaen 
barbarisclie und unmenschltche Kriegfubning 



1 



11 



" ^ '■? ,t ~*^T'\ : -f\ 



bfe iber aoa ganxem Hdrnn varabacbeua, Uod 
es uhelnt mir unfaBbar, daft Irgandetn xivilt- 
■ierter Mensch coders dariiber dcnkt ich babe 
aherauU dutch eCnen elnfluDreicned Freund der 
engjiscben Regierung meine Dienste angeboten, 
hoflfeatlicb diesmtl mit Erfolg, damit icb 
mlcb aucb jrgendwo betitigen und mit meinen 
tcBwacben Krlfien das grofle Ende raitberbei- 
Ffthren kann, welches in der vollstSndlgen 
Yeraichtung dleser furchterlichen Macht be- 
■teht, die nicht nnr urtser gelicbtes Land, son- 
dem die ganze Welt bedroht." Indem wir diese 
lnteressante, durch politische Saebkenntnls 
nicht getrfibte Stiliibung des ehrvergessenen 
Renegaten B Sir* Georg Henscbel hiermit 
nledriger hlngen, beroerken wir nocb, daB er 
keioeswegs, wie er vorgibt, polnischer Ab- 
kunft 1st Es isr namlicb am IS. Februar 1850 
In Breslau geboren, seta Vater war der Kall- 
mann Moritz Henschel, seiner Mutter Mid- 
Chen name war Frankenstein. Dleser merk- 
wBrdige .Pole* aus Breslau hat das dortige 
Magdalenen-Gymnasium und dann das Leipzigcr 
KoDserratoriunt besucht. 1877 Fand seine Ober- 
tfedlnng nacb England statt. Wir gSnnen ihn 
den Englandern! 

Richard StrauQ als Scbmuggler, Der 
Daily Telegraph erzlhlt mit vollkommen ernstem 
Gesicht in seiner, von dem bekannten Londoner 
Musikforscher Robbin Legge geleiteten Musik- 
halle, die er in alien Abonnementprospekten 
als die „beste und belehrendste* Musikrubrik 
England* ruhmt, cine Ceschichte, die Richard 
StrauC als Schmuggler darstelU. Hoffentlich 
gjaubt Herr Robbin Legge selbst, was er drucken 
llfit! Dem Daily Telegraph zufolge hat Richard 
Stiaufl vor einiger Zeic irgendwclche Konzerte 
In Amsterdam geleitet. In der Vonussicbt 
zablreichen LorbeergemCscs, das dort seiner 
Popularitit immer gespendet wurde, sei diesmal 
StrauC an seine hollandischen Verebrer mir der 
Bitte her an get re ten, ihm statt der Kr&nze und 
Striufie eine praktischere Huldigung darzu- 
bringen, namlich — ein Quartelfaftchen Wei ien ■ 
mehl und ebensoviel Eidamer Kasc! Die 
Amsterdamer Musikfreunde waren durch diesen 
Hungerschrei des Genies so geruhn, daft sie 
Ibm diese Kostbarkeiten soFon fracbtfrei zur 
Babn steHten. Richard StrauB sei es durch 
Aufbietung seines ganzen ScharFsinns, durch 
GeLtendmachung seiner offiziellen Titel und 
Stellungen und durch energiscbe Obcrwindung 
von tausend FShrnissen aucb gelungen, seine 
Schatze in Deutschland einzuschmuggeln und 
nach Garmisch zu bringen. Dart begann nun 
Fran Strauli-de Ahna ein groGes dreitagiges 
Backen »on herrlichen Broten und Broichen, 
Semmeln und Horncben und Kuchen, und 
vierzehn Tage lang konnte sich der abgezehrte 
Kunstler durch die Mehlschwelgerei wieder zu 
Kraften bringen. Aber das Weltblan weiB auch 
von seinem guien Herzen zu bericbten: er bat 
nicht alles allein aufgegessen, sondern von 
dem Mehl und Kase auch an Paul Knupfer, 
Clare Dux und Helix Weingartner ab- 
gegeben! — Und ob man es glaubt oder nicht: 
nicht elnmal die dunkle Andeutung mogltLher 
dlplomatischer Verwickelungen, die sich 
daraus ergeben konnien, 1st in dem geschetren 
Blatt unterdruckc. 



Musi It im Krlege. Aut einem detrtacbott 
P«Edpoatbrt«r: a !n unsererHIhe Aegt Chateau..^ 
ein wnnderrones Scblofl, abor ginztlch dnrcfa 
dla Fraaroatn verwOstet. In dam groflen Saale 
sind tile Schrlnke erbmeben, Spiegel Bind zer- 
trummert, kurt, ein Greuel ohnegieictten. In 
dieger Umgebung stebt woblerfaalten etn prtcht- 
voller Brtrdacber FJOgel, Naturllcb benuue icb 
so Tort die eigemumlicb gQnstige Gelegenheft 
und sctiwelge Z ] /i St und en im siebenten Hlmmel, 
oder vielmehr in .Tannhluser*, ,Rheingold' und 
.Walkure'. PttStzlich piff, palf, knallen zwel 
Schusse, und zwei Kugeln schlagen rtchtig In 
die Wand uberm Klavier ein." . . . Auch fn der 
Liller Kriegszettung sowie In den fl legend en 
Zeitunesblittern, die in den Gefangenenlagem 
zur Ernolung dienen, steht allerhand n Musl- 
kaliscbes". Da werden mir UmerstuuuDg der 
deutschen Kommandantureo z. B. nocb Bl&ser 
und Poaaunisten gesucht. . , , Die Russen 
haben bekanntlich, wie alle Slawen, eine bervor- 
ragende musikailsche Beanlagung, und es 1st 
vorgekotnmen, daB russische Musiker, die scbon 
vordem in deutscben Orcbestem im Frieden 
milgewirkt batten, sich freiwillig gefangennehmen 
lielien und jerzt durcb ihre Musik die deutschen 
Soldaten iu erfreuen sucben. Ja, an der Rawka 
soil ein rruber in Linz als Musiker tltig ge- 
wesener Russe sich tapFer durch ajle Poaten 
bindurchgeschlichen haben, um bet der Regi- 
mentsn-iuslk der verbundeten Deutscben und 
Osterreicfaer wieder gute deutsche Musik hSren 
zu kdnnen. 

Mit Beziehung auf den Artikel .Krieg und 
Helden In Robert Volkmanns Tondicbtuogen* 
von Dr. Hans Volkmann in Heft 13 dieses 
jahrganges der B Musik" wird uns oiitgctetlt, dafi 
ein Tonstuck Robert Volkmanns letzthln auch 
im Fel de zum Erkltngen gekommen ist. Kapell- 
meister Josef Striczl von dem in PreQburg 
(Ungarn) stehenden Honved-Regiment bat das 
„Lied vom Held*n H aus den Klavlerstucken 
„Vjsegrad" (op, 21) Instrumentlert und kurz vor 
seinem Ausmarscb mit seinem Blasorchester ein- 
studiert. Durcb Feldpostkarte berichtete er jungst 
an den Musikrefcrenten der PreQburger Zeitung: 
„Vorde-mFeindestehend,wurdegesternzumersten 
Mate das ,Lied vom Helden' von Robert Volk- 
mann durch die Musik des Konigtich Ungarischen 
13. Honvid-Regimenies vorgerragen. Offlziercund 
Soldatc n (auch deutsche Truppen) waren zuTausen- 
den anwesend und honen mtt Begetsterung diese 
machtigen, hytnnenartigen, nationalftd KUnge." 

Aus Zurich wtrd uns gescbrieben: An Stelle 
des aus Altersriicksichten von seinem Amt zuruck- 
getretenen Dr. Kcmpter wurde Robert Denzler 
von Zurich als Kapellmeister fur die Ziircher 
Oper gewablt. Der Mitte der zwanziger Jahre 
stehende neue Kapellmeister hat sich durch tneh- 
rere in modcrnstem Stil gehaltene symphonische 
Werke bekannt gemacht. Meines Wissens wirkte 
Denzler einige Zeit als Solorepetitor in Bayreuth 
und Koln; seit einigen Jahren dirigiert er die 
groflen Symphoniekonzerte von Luzern. 

Der ausgeschlossene Kam mersanger. 
Wie der Dresdener Stadtrat Ploetner in der 
Hauptversammlung des Vereins zur Forderung 
Dresdens und des Fremdenverkehrs mitteilte, 
ist der amerikaniscbe Staatsburger Professor 
Leon Rains, der bekannte siichsische Kammer- 



1 



III 



slater, »n* der ftmerikinlschen Sttittn&irger- 
gemeijucbBft lusgescblossen worden,' veil er 
einen tcbirfea Prof eat gegen die sogenannte 
Neutralftitflpolttik der Herren Wilson und Bryan 
beiiehungsweise gegen die amerikanischen 
Waf Ten 11 e fcru n ge n verfaBt und unter- 
Bchrieben hatte. 

Das Kuraiorium der Guatav Mabler- 
Stl flung verlieh den diesjlhrigen Stiftungspreis 
dem durch seine Opern „Der Musikaot* and 
■Der Bergsee* bek&nnc gewordenen Wiener 
Komponisten Julius Bltincr. 

Am 17. Junl begin g Professor Frllz Kauff- 
ibidd in Magdeburg aelnen 60. Gebumtag. 
Der Kfinstler bat sleb ala Dirigent und Pidagoge 
einen auagezeiebneten Narnen gescbafTen, Aiich 
als Komponist (Klavierstucke, Lieder, Kammer- 
musfk) ist er erfolgreich hervorgetreten. 

Am 30. Junl beging Ludoif Waldmann in 
Berlin seinen 75. Gc burl stag. Viele von fteinen 
Ljedern waren zu ihrer Zeit Gemeingut auf 
beiden H&lften des Erdballs. Vftr erinnern nur 
an .Fiscberin, du kleine", an „Denke dir, triein 
Uebchen" (den sogenanntea .Scbunkelwalzer"). 
an das Teucbl-rrSbltche „Die alten Deutscben 
tranken noch c'm$" t dann an »Lustig Blot und 
leicbter Sinn" und an die such heute nocb un- 
abaaderiicta beliebte Vertonung von Paul Heyses 
»Sei gegrudt, du mein scbones Sorrent". 

TOTENSCHAU 

Auf dem Felde der Ehre ist in Frankretch 
gefallen; Dr. Robert Staiger, Vorstand des 
Gotttnger Collegium musicum und Privatdozent 
fur Muslkwissenschaften der dortigen Untversitlt. 

Nacb lingerer Krankhcitf in Dresden, SOJahre 
alt, Kammervlrtuos Ritter-Schmidt, em aus- 
gezeichneter Oboer. 

Im Alter von 68 Jahren + in Leipzig Alfred 
Oetsehlegel, Komponist der einst vie! ge- 
gebeneo Operetten .Prim und Maurer", „Der 
Scbelm von Bergen", „Der Landsireicher" und 
der Oper „Kynasi". 

• Am 21. Juni f in St. GalJen, 7fi Jahre ait, 
Domkapellmeister Dr. Eduard Stehle, einer 
der bervnrragendsten katbolischen Kirchen- 
musiker der Gegenwart. Geborener WQrttem- 
berger, kam er schon in jungen Jahren nacb 
derScbwei2, wo er sein gauzes Leben verbrachte. 
Von 1874 bi& 1913 wirkte er als Domkapell- 
meisier und Domorganist an der Bcnediktiner- 
Kathedrale in St. Gallen. Als Komponist eni- 
faltete er eine ungemein fruchibarc Tattgkeic 
er schrieb Messen, Motetteti, Kantaten, Kircben- 
Sesiinge versehiedenster Art, Chorwerke mit 
Orcbestcr, Orgelsiikke. Seine Mferke waren 
niche nur in den katholiscben Kreisen Deutsche 
lands und der Sehweiz hocligeschit/l, auch in 
Qsterreieh, Belgien, rrankreich unJ NorUamerika 
wurden sie vjel aufgefiihrt. 

In den Kampfen an der deulseti-lraniosisclien 
Front f Henri Casidesus, der Bratscher des 
auch in llcurschland wohlbekannten und hoch- 
fceschatzten Caper-Quartetts. Auch sein Bruder 
Marcel Casadcsus. der vortrcfflithe Cellist, 
ist ein Opfer des Krieges geworden. 

Schlufi des redbk tionellen Teils 

Vcrantwortlkh : Willy Ren;!, Scbftnubere 



VERSCHIEDENB5 ' 

Tausond Seoul kinder wlrkten in einem K6I&0- 
zum Beaten des Roten Kreusea En Stettin itf^. ,■ 
bei dem ,Du Ued vom Hindenbarg*<A-D«N«fiJ, 
komponiert von Hermaaa RobloTf, deo H5be> 
punkt bildete und unbeschrelblioben Jubel «jr- 
weckte. Der Oberprlsident, der aem Konxett 
beiwobnte, beglflckwdnschte den KomponJaten 
(Kantor in Daber, Kreia Naugard) xum ErtO^B 
seines Uedes, du als die bests und TOlkst&n- 
licbsie Vertonung dieses Gedlcbte* g^lt 



Bei Schuster & Loeffler, Beriin, 

erschien: 




MMM i lie Gtii 

Hcrausgegcben von Felix Loreoz 

Buchscbmuck von Ctrl Zander 
5. Auflage — Vornebm gebunden 3 Murk; 

Den Gefallenen gevidmel und ibren 
Angehorigen bestimmt: das Ist iter 
Charakter dieses in seiner Art ein^ 
zigen Werkes. Wie unsere GroQen, 
von den Herrschern und Heerfiihrern bis 
auf den stillen Decker und Dicbter, die 
Heldenkraft, das Heldentum und den 
Heldentod sehen, begreifen und verbcrr- 
lichen — bier ist es in ehernen und riefen 
Worten fur alle Zeit festgebalten. Dm 
Buch wird so zu einem Kulturdoku- 
ment edit germanischer GrflQc 
Jeder, der den Tod eines Teuren auf dem 
Felde der Ehre betrauert, fjndet in dicsem 
sclionen Werk sein Trostbuch t das ibm 
den Schmen erleichtert; sein Erlnne* 
ntngsbuch, das thn stolz raacben wird; 
sein Gedachtnisbuch, das er selbst 
durch eigene Aufzeichnungen und Ge- 
danken bereichern kann, wozu ibm die 
eigenttimliche Anlage de9 Verkes Rtum 
gibt. So kann siuh jedermann die .Heldeo- 
kranie u ^u einem Hausbucb der elge- 
niiji Aufrichtung gestolten oder als ein 
Zeichen des Beileids den trauersden 
Freunden darbringen. 



IV 



JJ 



NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur m MUSIK" XlV/21 



NEUE OPERN 

Oakar Straus: »Der aielnerne Cast", Text 
¥«n Oskar Bluraenthal nach seinem Lust* 
spiel .Nlobe", 1st vom Viener Carltheaier zur 
UrautFfibrang angenomntca worden, 

OPERNSPIELPLAN 

New York: Die Metropolitan-Oper har,,Fran* 
ciaco Goya", Dicbtung von Periquet, Musik 
TOfl Enrique Grimdos, zur UraufTuhrung 
ervorben. 

KONZERTE 

Boston: Die Handel and Haydn-Society, 
die von kunstbegeisterten BOrgern ursprOnglicb 
feesonders iur Pftege der Oratorien der beiden 
gra&en dcutschen Meister begruodet worden 
war, felerte ibr bundertjihrlges Besfehen 
rait einem vieriigigen Masikfesi, das unter 
Leitungvoti Emit Mollenbauer stand, Merk- 
wQrdigerwei?e wurde indes von groBen deut- 
scbeti Werfcen nur Mendetssobns .Elias" 
wledergegeben, wlhrend den Hfihepunkt des 
Fcstes die Urauffuhrung des Oratoriums 
„Morven and tbe Grail" von dem ameri- 
kanischen Komponlsten Horatio Parker (ge- 
boren 1863) bilden sollte, dessen Famflie mil 
der GrBndung und Gescbichtc des Vereins 
eng verknupft ist. Dieses in Dicbtung und 
Musik dem ^Parsifal" nabestehende Werk er- 
»ie» sich jedoch ais vollfcommener Fehlschlig; 
es wird von der amerikanischen Kritlk als eins 
der schwichsten Werke Parker's bezeichnet, 

TAGESCHRON1K 

Der endgultige Text der „Wacht am 
Rboin" wurde vor kurzem, vie Gymnasia!- 
direktor Prof. Pohl in der Zeicschrift „Die 
SUrome" miiteilt, auf Veranlassung des preutti- 
scben Ministers der geistlichen und Unterrichts- 
angelegenbeiten unter Vorsitz von JVlinisterial- 
dircktor Dr. Scbmidl von einer Kommissron 
festgesreJli, urn dem in den SchulbQcbern ein- 
gerlssenen Wirrwarr eta Ende zu bereiren. Die 
Grundjage der Beratungen bildete etne von 
Geb. Reg- Hat Prof. Dr. Mai Friedllndcr in 
Gcmeinschaft rnit Prof. Dr. Job. Bolte a«s* 
gearbeitete Denkscbrift, die zwei Lesarten des 
Liedes gegenuberstellt: cine aus der von KarJ 
Gerok besorgten Ausgabe der Schnecken- 
burgerschen Deutschen Lieder vomjahre \ffiQ, 
und cine iweiie t die Karl Wilbelm im jabre 1SS4 
seiner beruhmren Komposition unterlegte. Die 
Denkschrift stetlt sicb in der Hauptsache auf 
den Standpunkt, daC zwar fur den Text eines 
Dicbtwerkes die Ausgabe lemer Hand miB- 
gebend sei, „ein komponienes Lied aber singen 
wir in der Gcstair, in welcher der Musiker es 
in die Welt schiekte, auch wenn er die Worte 
des Dichters anderte". Die Wilhelmscbe Fassung 
1st scbon deshalb maf]gebend, weil die Ver- 
tonung dem Text ersi die Sctiwingen gegeben 
hat; auGerdem variieren die Sclineckenburger- 
schen Autograpben unter sich. So wurde troti 
anflngiicher Opposition einiger Miiglieder der 
Kommission schlieGlich die Wilhelmsche Fassung 
gewahlt, indes mit wabtweiser Zuiassung der 
von ibm gesthchenen vierten Strophe ^Und ob 



I 



Will lama llin :: leipi 

Salonorchester. 

n HEIMDAL M . Nwdlacbe Saton- 
Drchesttr-Saitimtutig. 

BesetXUnl: Ifltfler, HirmDnlum, VlaLiMt, 
ViuHneohllpf, Cello, BiO, Fldte, Klirineire, 
Trompcje, PostKne and Scblineui 
AnHOhroir in ktelnster Baettung; 

Klivlcr, VIolLm und Cello. 

1-27 - Nr. 1. Neu. Ch. Godard, op. « Nr I, 

MljitUnflilCC , t.Sl 

15SS - , 2. SlltlJIrtfl, «p, 59 Nr. 3, Vtlmt . , I SO 
1S29 - , 3. •Halvorsen, Elntugjmirich der 

Boltrtn 3.- 

IK30 — , 4 'Carl Niatman, Tinmen* und 

Foils d'E»p4fne in* derlnnnlMhm 

Oper .M«»k*fidc* , 2 SO 

1531 — , 5. RuDtntt«ln, op. ,1 Hr, 1, Mtlodht I.— 
1533 - . 6. •ftani N«ruda, «p. 3Q Ht. 3, 

tAtrchc iloviquc 3. — 

1533- . 7. FtniHanNquaa.op. 22Nr.9, An- 

itM.me religiose 1.50 

ISM — . 8. Joh. Svendian, Priludt . , . l.fQ 
1S3S - , O, Lsnga-MQMvr, op. 59. Str*mdt 

*ua .Rtnilinnce* 1-SO 

IMS - . Iff. Qrl«g, Av* nurii »tt51t .,..!.» 
1537 - .11. Joh. Svendaen, Din»c (wfsitit I.SO 
IS*J — , 12. Tachallcowaky. op. B Nr. 3, Mi- 

igrka dc Slloo 

IS39 - , 13. Fran^ol* fiahiT, Slftnidt eilnnte 
t.MO ~ » 14. Emll Harlmann, WkKrtlled . , 
IS4J — , W Ttehalkowsty, op. 37* Nr. 10, 

Ch*n( d'AmoiBne. 

]U2 - , IB. Nlftli W. Oade, Wtegenllsd . . J.— 
1MJ - . 17. Per Laaten, Crcwandfl . . . . 1.— 
IM4 — , l& Langa-Mullar. Weittrlcitcbien 

tar Mlircrn»cl)t, Sertnide .... 
IMS - . 19. Sinalng-Burm««1»r, G4voite . 
JM6 - , 10. Lwd*lo SehytU, Berceuse . 
1H" — .11. Eitm. Ntupart, Rciigniitm . ■ 

\^is - . 21 Moiarl, Henitctr 

1549 - , 23- Aug. Enna, blc Sfcrnckin ei 

k linden Lied «ns dtt Optr .Aa- 

castln und Nleolele* 

|«0 - . 24. *Fini Honrlquaa, Elffnwni . . 
)F-l - . ZS. Eylnd Alnaf*, Dct Seem«nn« 

Itrtie Rtlit 1-50 

1S?2 - , 2B. Hfllyorsen, op. 17 Nr. 1, Aitod- 

ltndsch.fi . . 1» 

1ESJ - , 21 *A. W. Lanialiy, Kintislt liher 

din. NnlotitliTielodlcn ..... 4.— 
IS54 - , 2S. H. C. Lumbyo, Trtumirldcr . . 1.50 
Erglnxtingnflmmen Je lit PI.: eu den 
mlt * bezelthncten werken |c 30 Pt. 



1.50 
I.SO 

1,50 

1.M 



1.— 
I SO 
1.50 
1-- 
I.- 



1.S0 
2.S0 



f. — 
2.H> 
5,— 
■j _ 

2.50 
i.- 
2. SO 



I 



Repertoire fur Haus- 
und Salon -Konzerte. 

ror Ktavicr, Harmonium, Viollne und 

VlolonCtll (Viollne t! unJ Viol« ail Hb.) 
14S0 l. Harrmann. Klein Xlraien, Oiii-eriare 1 50 
H«0 2. SctlLtirri- Svmphonitln h-moU l.Sit: 4. - 

H!)l 3. SYendicn, *h*p»»dl>;norvti;i«!rirNr 3, 

Of, 21 ....... 

Mt!-> ■t. MlSkOW. ,V«(Cr iiristr" 

HH3 S Svcndsen. Fcit-PnlnnSie. op. li . ■ 

I4!*4 G- Grieg. Ave miril llclli 

1 4*13 7, Svendscn. Andinic Tunthrc ..... 
nyc K. Laiigc-firtQIler. lni MjntniiDfc iui 

Jcr Suit*^ B ln der ALl^BtinhfL*. op .^ . 
1 437 U. tiiie. Hoilncliiuilicr aus dem Billei 

.Kine Vi.1k!s»(i:' 

I4;t?i ID. Boleldleu. Der K.llf vuu BueJaJ, Ou- 

ttnurt 

H9t) 11. Malvorsen. Einj^stnirscb dcrtlo|ireti 3.50 



1 



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T* 



--i.7— T 



T^ 



J ! 



main Hen Jm Tpde hricbt"). Die Abwetehiingen 
rem komponierten Text etnd geringfuglg -und 
tfsher f*st amnerklicb {z. B. die Wiederberstellung 
def urapruneUchea Ftasuog: .bcBchfrmt die 
betl'ge Ltndesroark* ststt .bescbfltzr", wie 
Wilbelm Knderre), Es 1st zu boffen, daH nunmebr 
der endg&ltlg Fur Preuflen festgelegte Text sicfa 
much In den ubrigen Bundesataaten einbekticb 
durc&setzen wird, damit sSmtticbe Deutsche 
Scbutklnder nfcbt mebr in ibren Lesebuchera 
eine and ere Fataung als In den Gesangbfichcrn 
flnden. 

Die Ausbildung deg Obres. Die Be- 
deutung der Sprccbmascbioe Fur die Spneb- 
wissenscbaft und den Unterricht scbitdert Weber 
in der Zettscbrirt fflr den neusprachllchen Unter- 
richt. Es 1st bekannt,daB Akademieen, besonders 
die Akademie der Wisscnscbaften in Tien, sich 
fur die wissenscbaftlicbe Sprachforscbung des 
Phonographen bedlcnen; die Wiener Akademie 
bat ein grodea Phonogram march iv eingerichiet, 
wo meat nur die Spracben der Vfilker, sondern 
auch die Stimmen bedeutender Celebrter auf- 
bewahrt werden. Dem Pbilologen werden die 
Platten das Sprachstudium und die Sprich- 
forschung zwelfellos sehr erleichtern, ja Fiir vide 
werden auch im Kriege solche Platten oft der 
elnzige Lebrmeister der richtigen AusEprache 
sein, Aber auch der Schule fcann die Sprecb- 
maschine nutzen. Sie kann dann, wenn der 
Schuler scbon den SpracbstofF beherrscht, etn 
Gedicbt be re its auswendig kann, Verwendung 
ftnden und wird dann ein Mittel iur Forderung 
der Beobacbtungsgabe des Scbulers sein. Unsere 
Schuler sollen so tuchtig wie moglicb im Kampf 
urns Daseiti gemacht werden. Daher bemuht 
man sich in alien FSchern, den Verstand aus- 
zubilden. Aber die Sinne durfen nicht zu kuri 
komtnen. Der naturwissenschaFtliche Unterricht 
ist beute weniger Lern- als Beobachmngsunter- 
ricbt, beim bioiogisclien Unterricht, in Chemie 
und Pbysik legt man immer mehr Wert auf die 
eigene Arbeit der Schuler und richtet praktiscbe 
Arbeitsstunden im Laboratorium ein. Aber alles 
geht doch nur auf die Ausbildung des Auges, 
Der Ausbildung des Ohres bat der modern* 
Spraehunterricht mtt dtcnen sollen. Er kann 
dieser Aufgabe aber erst ordentlich gerecht 
werden mit Hilfe der Sprechmascriine. Durcb 
sie wird dem Spraehunterricht ein neuer Werr 
verliehen, er bat in den Flatten fast naiurwissen- 
scbaFilkbe Beobaehtungsobjekte, und die Bc- 
obachtungen, die die Schuler mnchen konnen, 
haben einen absoluten wissenschaFilichen Wert 
gerade wie die biologiscben, chemischen Oder 
physikalischen Beobauhiungsergebnisse. 

Musikunlsrrichl versicherungs* 
pflichtig. Eire interessante Entscheidung 
uber die VfrsichcrungspNicht von Musiklelirern 
iat kiirzlicu vom Kentenausscriull der An- 
gesttlltenviTsicherung getroffen worden. Einc 
verheiratete Musiklehrerin, die in der Haupt- 
sache sich iin Haushalt und in ihrer Farnilie 
betatigt, erteilt daneben atith an einc Anzahl 
von Schulern Klavierunte rricbt in Mirer Wohnung. 
Sie tsat dicscn Unierfkht siets den BedurTntssen 
ihrer Farnilie untcrseordnei, Sie war daher der 
Mctnung, in dieser 'i'Siiglcsit sirlbstandig und 
dsmit nicht vcrsi^htriingspflichtit; Jti stin. Dem 
cntgeyen hat dtr Kcntenausschud entscliieden, 



daS die Ertollung der Sttuiden *lt vendclti 
pfllobttga BeachlfHgung utmeben lei 
Entsebeidungwird^baaptsIebHcbbegruiuletdv 
$ 1 des Versicberungigeaetzes fur AngetteQB>> L 
nich dem Lebrer und Erzfefaer, die gegen BenV 
gelt arbelten, veraicberuogipflicbtig tind } tiha* 
RuckEicbt darauf, ob ate dfese Tltlgkeit bupt- 
qder nebenberuflich ausubcn. Vor allem aber 
geht aus den Vorarbelten lura Angeatetlton* 
versicbemngsgesetz, der BegrfludtiBg und dm 
Rekbstagsvcrhandlungen hervor, difi dje nnbe^ 
dingte Absicbt bestandcn bat, dte unatlndlgea 
Piivatlebrer und Prlratlehrerinncn der Adgfl- 
(telltenversicberung zu unterwerfea * und d* 
nselbstandige* 1 nur solche aniusehen, die ebnne 
Unterrlcbtsanstaiten usw. unterbiUttiL Dleie 
Entscheidung verdient Beach tung, da zwelfeUo* 
in zablreichen derartigen Flllen aus Unkenntole 
keine Beitrage gezahlt werden. Ea Ist alleo 
Priratlehrern Oder -lehrerinnen dringend tu 
empFeblen, aicb uber ihre VersicberungapBlcht 
zu unterrichten, da unter Umatinden dnitb. 
Nachzablung von Beitragen K oaten nod On--' 
aanehntlicbkeiten erwachsen" 1 konnen. Rat Ha 
alien Versicherungsfragen wird in den Bonn 
der Reicbsversicherutig&anstalt* fur 'Angeateltte 
sowie von den Onaausacbiissen der Verrrauem- 
minner (fur Berlin: FlottwellstraQe 4, 1, Sprecb- 
stunde tMglicb 1—3 Ubr) erteilt. 

Gounod und das Deutacbtutn. Mto 
weiG, daD Saint-Saens, der franzoslachc 
Musiker, seit Auabruch des Kriegea die 
„Bocbe9" nicht mebr leiden mag, obwoht er 
sich vor dem I. August 1914 durchaua geduldtg 
von ihnen verebren liefi und sogar die Gaat- 
freundschaft des Deutscben Kaisers nur zu gent 
genossen bat. Man weifi, da.Q er jungst in seiner 
Verblendung so welt gtng, eine ibn begrfiflende 
belgische Sangertn, die er Irrtumlicb fur elae 
Deutsche hielt, mit roher Gewalt von sleb zu 
stollen und thr die tbeatralischen Worte fns 
Gestcht zu scbleudern: „Heben Sie aicb -wef 
von mir, Sie sind eine Deutsche I" Bei dieser 
Gelegenheit ist ea interessant, daran zu erlnnern, 
wie grundverschieden von Saiat-SaSns elnst 
Gounod t sein nationaler Facbgenosse, anli&V 
lich des Krieges von 187071 fiber die Deutechen 
dachte. Gounod, der in St.-Cloud bei Paris eine 
kleine Besitzung bewohnte, hatte die Schrecken 
des Krieges am eigenen Leibe zu spuren, und 
die Belagerung der Franz5sischen Kaupiatadt 
vertrieb ihn nach London. Als ein Mann mit 
weitem Blicke aber batte er von vom here in fiber 
den vom Zaun gebrochenen Krieg mit Deutach- 
land ein vernichtendes Urteil gefallt. Er konnte 
das Gescbick jedoch nicht aufbalten, und M 
mullte er im Zustand tiefster Niedergeschlagen- 
heit von jcnseits des Kanals das Unhell an seinem 
Vaterlande sich erfullen seheit. Dieser Stlmmung 
entsprang beispielsweise die nach den Worten 
der Klagelieder Jeremia komponierte und 1871 
in London zum ersten Male aufgefuhrte Trmuer- 
kantare B Ga!lia". Von der Themsestadt rtcbtete 
Gounod ferner an den damaligen Kronprinzen 
von Preulien einen denkwiirdigen Brief, in dem 
er mil bewegten Worten der Bitte Ausdruck gab, 
nach Aloglithkeit sein Haus in St.-Cloud zu 
sclionen, das er sic]} erst nach langen kfljist- 
lerischen KampFen habe erwerben kSnnen. 
Gounod ist orTen und ehrltch genug, in dfeaefa 



k+ 



Schrelben dem. Kronprtazes gegenilber zn be- 
tOflftn, daB er deutscher Kunst and dem- 
■them Geiste voeotllcb seise elgene 
kfinstleriscbe Richtung verdsnke und 
den KrJeg »ufs tfefste beklage. 

Mozart uber Paris. Im Jabre 1T78 war's, 
als der jonge Mozart In der frtnzdsiscben Haupt- 
stadt weilte; einem Machtgebot des Vaters ge- 
borchend, ging er rait der Mutter nacb Paris, 
nod in dieser Stadt, die slcb gar iu gerne als 
dea Sttz der Kultur und des groGten Kunsrver- 
sttndnlsses bewundcrn lied, schatzte man den 
trotz seiner Jugeud bereits anerkanntcn Meister 
co wenig, daB cr gezwungen war, sicb die Zelt 
seines PariserAufedtbtltts hlndurch mitStunden- 
geben durcbxubritigeo. Die Mutter, an der Mo- 
tan mit groUer Liebe bing, erlag denn aucb 
bald dea Entbehrungen, die sie sicb auferlegen 
mnBten. ,Vcnn bier ein Ort wire, wo die 
Leutc Ohren hitten,* heiBt es in einem Briefe 
an den Vater, .Her* mm Empfloden und our 
ein wenig eiwas von der Muslk verstunden und 
Gusto bitten, so wiirde ich von Herzen zu alien 
dlesen Sichen lac hen, aber so bin ich unter 
tauter Viecher und Bestlen {was die Musik an- 
belangt). Wie kann es aber anders sein, sie 
afnd ja in alien lbren Handlungen, Leidenscbaften 
und Passionen aucb nicht anders , , . Venn ich 
eine Opera zu mschen bekomme, so werde icb 
genug Verdrufi bekommen — das wurde icb 
aber nicbt viel achien, denn ich bin es schon 
gewobnt. Venn nur die «rflucbte ftanzosische 
Spracbe nicbt so bundrotttsch zur Musik wire! 
Das ist wis Elendes — die deutscbe 1st nocb 
gottlicb dagegen. Und dann erst die Singer 
und Slngerinnen; man sollte sie gar nicbt bo 
nennen, denn sie stngen nicht, sonde rn sie 
schreien — beulen — und zwar aus vollem 
Halse, aus der Nase und Gurgel.* Nun, der 
Verdrufi, eine Oper fur diese Singer und Sin- 
gerinnen zu komponieren, sollte dem arglosen 
deutscben Musiker erspart bleiben; denn er er 
bielt den Auftrag nicht. Es litt ilm denn aucb 
nicht lange mebr in der verstandnisarmen Stadt, 
die das Wunderkind zur Zeit seiner ersten 
Pariser Reise verhatschelt batte, und die dem 
Genius des reifen Ktinstlers ihre Anerkennung 
versagte, bloQ weil er in seiner kernig oster- 
reicbiscben Art es nicht zuwege brachte, sich 
bci den leichtfertigen Farisern einzuschmeicheln; 
So verlieB er denn bald die ungastliche Stadt, 
um nach Salzburg in seine ffiihere Steliung zu- 
riickzukebren. 

Joachim Qber englische Musik. Der 
Vossischen Zejtung wird gesehrieben: In England 
bat man es unter der Einwirkung des Weltkrieges 
versucbt, mit einheimischer Musik auszukommen. 
Das Wagnis endete mit einer Blamage; die fade 
britiscbe Produktion kann eben nicbt einmal 
die Jingc-s reiien. Dad die scbopferischen 
Krafte der britischen Tonkunstler nichts taugen, 
muBte selbsc Joseph Joachim bekennen, der 
rerstorbene Grolimeistcr des Geigenspiels, der 
in England, wje man weitt, goiiliche Verehrung 
genoft. Von etner Kantate Artur Sullivan's 
schreibt Joachim aus London (unter dem 
22. MIrz 1887) an Prof, Ernst Rudorff in 
Berlin: „Ich fand sie talcntvolt, aber das Guie 
zu skizzenhaft und den Geschmack nicbt iiherall 
rein. Viel Berlioz und Wagnersch SQfiliches, 



fael maneaem Ortgmellen, Spontanea tn dcVr 
Auffassuog. Wir slod recht heroirter- 
gekommen, wean da* ersten Ranges win 
soil!" Dieses Uriel! nacb Gebflbr eiazuechltxeo, 
tnnQ man bedenken, daD Joachim ein Mann von 
anglophller Gesinnung war; pries er docb 
schw&rmerisch das .dear, dear London", schreibt 
er doch einmal an Clara Sebum an n: John 
Ball kann Mozart, Beethoven und Hindel gegen- 
uber eine gute, ebrlicbe Haut sein, rielleicht 
gewlnnen Sie Ihn von der Seite lieb", anderer 
Zeugnisse seiner Sympathieen Kir das Inselvolk 
nichr zu gedeoken. Joachim, der gefeterte 
Liebling der .season", Ehrendoktor von Oxford, 
Cambridge, Glasgow, wuBte die kunstlerlscbe 
Erapranglichkeit des britischen Publikums wobl 
zu bewerten; aber von den scbopferischen Gaben 
seiner Wirte hlelt er nichts. 

Mobilmacbung des franiosiscben 
Musi kverlags, Der B Temps" bat, wle ge- 
meldet, die rranzdsischen Verleger zu einem 
Pcldzug gegen die deutscben Klasiikerausgaben 
engiiscber, lateinlscber und griecbischer Autoren 
aufgeforden. Die fraazSsischen Musikverleger 
Bind noch erbeblicb weiter gegangen. Mit 
einem Kapital von zehn Millionett Franken bat 
man ein Syndikat begrundet iwecks Ver- 
dringung der weltbekannten deutscben und 
dsterreicblscben Musikverlagsflrmen wie Peters, 
LitoJff, Breitkopr & Hirtel, Universal Edition. 
Die gesamte gangbare Musikliteratur soil in 
neuen franzSsischen Ausgaben erscheinen. Es 
bieibt sbtuwarten, ob der verbsitnisma&ig be- 
scbrSnkte Bedarf in Frankrelcb die Kosten des 
Unternebmens decken wird, und ob die neuen 
franzosiscben Ausgaben in den ubrjgen Llodera 
beim Vettbewerb mit drn bewlbrtcn und ein- 
gefuhrten deutschen Musibalien den Sieg davon- 
tragen werden. 

Harts von Bulows Pseudonym W. So- 
linger. Der Verfasser dieses Artikels im vor- 
liegenden Hefr, A. N. H a rzen-M filler, w'eist im 
Anschlufl an seine Bemerkungen zu dem 
Herweghschen „Arbeiterbundeslied" darauf bin, 
dafl der Leser ailes Nibere uber Bfllow- 
Herwegh in seinem AuFsatz ^Liszt, Wagner, 
Biilow in ibren musikalischen Beziehungen zu 
Georg Herwegh", 1, und 2. Septemberheft 1904 
der „Musik" findet. 

Prof. Max Schneider, Lehrer am Aka- 
demischen Institut Fur Ktrchenmusik und Hilfs- 
arbeiter an der Berliner Koniglichen Bibliothek, 
bat einen Ruf als autlerordcntlicher Professor 
ftir Musikwissenschafien an die Breslauer Uni- 
versitit erhalten und angenommen. 

TOTENSCHAU 

Auf dem Felde der Ehre sind getallen: Musik- 
direktor Hermann Bertram, der Leittr des 
Lcipziger Konkordia-Orchesiers; Kapellmeister 
Kurt Zernik aus Leipzig, zuktzt an den 
Stadttheatern in Gorlitz und Brandenburg tltig, 
25 Jahre alt. 

Am 24. Juni -f- in New York, <i3 Jahre all, 
der Klaviervinuose Rafael J oseffy. Geborener 
Ungar, Schuler von Brauer, Tausig und Liszt, 
lebte er seit dem Jahre IS79 in Amerika. AuBer 
KJavterkompositionen veroffentlichte er eine 
^Mdsrerscaule des KlBvierspiels". 

Am 29. juni f in Stuttgon, 64 Jahre alt, 



111 



Prof, Willi elm Foerstler, der langJBnrige 
Dirigent des „Liederkranz", Preisrichter bei iabl- 
reichen SI rig erf eaten, eine urn den deutschen 
Miinnergesang hochverdienre Personlichkeif. 

In Gotenburg in Schweden f Josef Czapek, 
90 Jabre alt. Aus Prag geburtig, gelangie er 
auf einer Konzertreise durch Skandinavien nacb 
Gotenburg, wo er sicb urn die Entwtcketung 
des musikalischen Lebens als Dirigent, Organist 
und Gesanglehrer grolie Verdienste erwarb. 

In Deuvjlle •% Leon Rinskopf, der Direktor 
und Kapellmeister des Ostender Kursaales. Er 
war ein tuchtiger Orchesterleiter, der sicb aucb 
im Ausland einen geachteten Namen gemachr 
hat. Sein Hauptverdienst ist die glSnzende 
Organisation der Konzerte im Ostender Kursa&l. 

Am I3.juli f in Plauen (Vogt!.) der K6nigSiche 
Musikdirektor Arno lrmer, 69 jahre all, der 
langjihrige Musiklebrer des KSniglichen Lehrer- 
seminars. 

Aus Magdeburg wird uns geschrieben; In 
Bielefeld •}■ am 17. Juli auf seiner Reise nach 
Bad Salzuflen, wo er Genesung von schwerer 
Herzkranfcheit suehen wollte, der bisherige erste 
Kapellmeister des Magdeburger Stadrthe iters 
Joseph GoUrich. Mil Ausgang der vorigen 
Spielzeit war er — Mjahrtg — in den Ruhestand 
getreten; ein ruhevoller Lebensabend war dem 
NimmermiJden nicht bescbieden. Das Leben 
machte es dem Verstorbenen nicht leicht, sieh 
durchzusetzen; es warF ihit, nachdem seine 
musikalischen Studien (Dr. M. Brosig-Breslau) 
■bgeschlossen waien, in halb Deutschiand umher 
(Krefeld, Barmen, Metz, Ulm, Augsburg, Konigs- 
berg, DusseJdorf, Berlin}, bis er im Hamburger 
Stadttbeater landete. Von hier wurde er vor 
zwolf Jabren nacb Magdeburg berufen, 
das ihm, dem verstehenden und feurigen Kunst- 
let, einen Aufschwung der Oper verdankt. Er 
gehorte zu den „Sreuermannern*, die den Schiffen 
mit Tester Hand und klarem Auge ihren Willen 
vorschreiben. Sein Auge beaaH [ene seltene 
suggestive Kraft, die alJes unter den eigenen 
Willen zwingr. DaB er immer dem Kunstwerke 
aelbst entnommen war, darin beruhte der fort- 
reiQeride Reiz seines Dirigen ten turns. Das rein 
Reprodukttve erschien ausgeschaltet; er srlebte 
das Kunstwerk; sein Dirigieren wurde zum 
Nachdichten. Und nicht nur bei den Werken 
Wagners, den er gliihend liebte — Mozart, 
Beethoven, Weber, Strauft, dann auch tieuere 
italienische und franzosische Meister, die er In 
ihrem Heimatlande studierte, umfadte sein Hen 
mtt gleicher Hingehung, Er war, wie das bei 
solchen Naturen selbsiverstandlich ist, auch ejn 
bedeutender Sympboniedirigent. Als letzte Oper 
der vorigen Saison dirigierte er noch den „Tann- 
hauser"; mit dem Verschwcben der purpurnen 
Erldsungsklange nahm er Abschicd von der 
Buhne. MsgdeburE steht vor einer Kapellmeisrer- 
wahl. Die Direktion der Oper und der grolien 
Symphoniekonzerte soil in einer Hand vereinigt 
werden. Es ist zu hofFen, dad man Joseph Goll- 
rich einen wurdigen Naehfolger gibt. 

Max Hasse 

Schliias dea redaktioaelleo Teil& 

Vermiwortlkb : Willy Ren/, Schoneberg 



VERSCHIEDENES 

Conrad Ansorge wird in diesem Jahre vom 
20. August bis 19. September den fu often 
Meisterkursus in Konigsberg (Pr.) Jeiten. 
Interessenten wollen stch an Herrn Direktor 
Emit Kiihns in Konigsberg, Franifisiscbe Strafle, 
Konservatorium FSr Musik, wenden. 



Bei Schuster & LoeJFfler, Berlin, 

erschien : 




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Herausgegeben von Felix Lorenz 

Buchschmuck von Carl Zander 
5. Auflage — Vornelim gebunden 3 Mark 

Den Gefallenen gewidmet und ibren 
Angehdrigen bestimmt: das ist der 
Charakter dieses in seiner Art ein- 
zigen Werkes. Wie unsere GroRen, 
von den Herrschern und Heerfuhrern bis 
auf den stillen Denker und Dicbter, die 
Heldenkraft, das Heldentum und den 
Heldentod sehen, begreifen und verherr- 
lichen — hier tst es in ehernen und tiefen 
Worten fur alle Zeit festgehalten. Das 
Buch wird so zu einem Kulturdoku- 
ment echt germani sc her GroGe. 
Jeder, der den Tod eines Teuren an F dem 
Felde der Ehre betrauert, flndet in diesem 
schonen Werk sein Trostbuch, daa ihm 
den Schmerz erleicluert; sein Erinne- 
rungsbuch, das ihn stolz machenwird; 
sein Gedachi nisbuch, das er selbst 
durch eigene Aufzeichnungen und Ge- 
danken bereichern kann, wozu ihm (tie 
eigentiimliche Anlage des Wcrkes Raum 
gibt. So kann sich jedermann die .Hclden- 
krSnze" zu einem Hausbuch der etge- 
nen Aufrichtung gest»lt?n oder als ein 
Zeichen des Beileids den trauernden 
Freunden darbringen. 



IV 



w^ 



* 



NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUSIK" XIV/22 

NEUE OPERN 



Franz Schrekcr: ,Die Gezeichneten", eine 
dreiaktige MusiktragSiIie aus der Renaissance- 
zejt, wtrd in der kommeitden Sptelzeit an der 
Munchener Hofoper ihre Urauffuhrung er- 
leben. 

OPERNSPIELPLAN 
New York: Das Weiterbestehen der Dem- 
scben Oper jst geFahrdet, besonders iiifolge 
des Einflusses der Familie Vanderbllt, der 
vielleicht ausreichen wird, urn die deuische 
Oper von der donigen Opernbuhne zu ver- 
bannen. Auch die haliener scbwimmen jetzi 
vollig im feindlichen Fahrwasser, wie man 
sagt sogar der Generaldirektor Gatti-Casazza. 
Wie erinnerMch, ist schon in den ersien An- 
fangen des Krieges der deutscbe Kapellmeister 
Hertz wegen unerquicklicher Verhaltnisse, 
die sich auch aufden Krieg beiiehen, zuriick- 
getreten. 

KONZERTE 

San Franctsco: „Hiil California", die Welt- 
ausiiteHungshymne von Camille Saint-Saens, 
erlebte bei ibrer Urauffuhrung einen eni- 
scbiedenen Mitlerfolg. Die vornehme deutsch- 
freundlicbe *Wt\x hielt sich fast demonsira.tii' 
der Auffuhrung fern, und die amerikantsche 
Mustkfcritik flndet das praterttiose \Perk T in 
dem die Marseillaise mil dem „5iar Spangled 
Banner" unorganisch verquickt wird, steif, 
langweilig und dem „Blurnen-, Bluten- und 
Sonuenland" KaliTornien wenig emsprecbend. 
Man war indes rucksichlsvoil genug, dem 
personlich so wenig takrvollen Komponisien, 
der selbst dirigicrte, eine kteine, seiner Eitel- 
keit sehmeichelnde Ovation zu bereiien. 

TAGESCHRONIK 

Schicksale eines Marsthnermonu- 
menfs, Der „Vossischen Zciiung" wird ge- 
schrieben: Heinrieh Marst-hricr . . . besitzt wei 
Denkmaler, eins in ZiUau, seinem Geburtson, 
und ein beruhmteres in Hannover, der Siaite 
seines langjsbrigen Wirkens. Die Geschichie 
dieses Montimenies ist recht bewegt. Noch im 
TodcBJahr des Meistcrs, 1861, rufcn josef 
Joachim und Fricdrich Spiethagen, beide 
damals in Hannover, cntrustet vielleicht durcb 
den Friedhofskandal, den die Takilosigkeii eines 
positiven Geistlichen bei der Bestattungsfekr 
verschuldet ha(, zur Errichtung eines Denkmals 
fiir den liberal gesinnien Musiker auf. Es gehen 
nur schmale Spenden ein, nachdem das r Leip- 
ziger Tageblatt" milgeteijl hat, dad Marschners 
Tochter Toni mit sieben Kindern in Hamburg 
Not leide, eine Betiauptung, die Spielhagens 
„Zeiiung fur Norddemschlstid" bestreiiet. Die 
Sammlung schliift nun ein, wenn audi der Plan 
nicht aufgegeberi wird. Zwulf Jnhre spiiter 
meldet die „Spenersche Zeiiung", Toni habe 
sich aus Hunger erhiingt, und die „Berliner 
Vespen" sehlagen liohnend fiir das Monument 
diese Inschrifj vor: 

B Hier ruh! ein KDnstler, der sein fianzes Leben 
Der deutschen Kun^i geweiht o hilt rt? Not! 
Er bititr fiir sein armes Kind um Broi -- 
Und diescr Stctn ward ilmi gegeheri." 



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Hubajf. Op. GO, ,Aii mondjik", Seine* dt 

In Ciirdi Nr. 8. 

ItltE — Psriimr S.-- 

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SfNU^Timmc I. — 

Nk'ISen. Ludoll Op i', Bcrcculc in U-dur 
mil Srreiclilnilruni(!fiien. 

1114 Hinifur und Silmmtn 3.— 

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Kail .,....,..-.. 1.25 

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Cif>. 4fi, l.cpcndc in ti-dur. 

83li - I'urlisur 5 Ml 

(vlrti Silmnien fl.SO 

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StendSCn. Oj>. 2I'f. Romanic in tj-dur. 

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Die Naebricht Est felscb, und bo ectareibt 
noch im selben Jahre einen Vettbewerb aui, 
an dem itch die gefeiertes Bttdbauer jener 
Zeit (da nur 27000 Mfc. verfugbar waren) ntcfal 
heteiligten. Den Auftrag erbielt Hamer- Berlin. 
Am 17. Junl IS77 wurdc das De&kmal vor dem 
Hofibcttter enthullt, von dem der penaionierte 
Generalmusifcdirektor iMarscbner er&iell dlesen 
Tt'tel tatsichticb erst bei seinem Abacbied, 
richtiger seiner Verabscbiedung) grollend slcb 
zurikkgezogen batte. 

Amcrifcanlsche Opernbilanz. Die Neu- 
tratitlf der Amerlkaner bat sich fur uns tm tll~ 
gemeinen nicbt gerede erfreulich bewahrt, aber 
ein Gthiet konncn sie docb anfubren, auf dem 
sie sich im strengsien Sinne neutral gezeigi 
haben: die Oper. In vielen ameriltaniscben 
Stadten hat sicb der Krieg fur die Buhnenleiter 
verhlngnisvnll erwieseiu In Cbikago bat die 
Oper Bankerott gemacbt und wurde gescblossea, 
in Boston liegen die Verbalmisse nur wenig 
gunstiger. Nur die New Yorker Oper hat sicb 
durctahalten konnen; die Spielzeit bat zwar aiieb 
bier nlcht mit einem finanziellen Nutzeo ab- 
geschiossen, aber die Direktion bat sicb durcb 
das drohende Deficit nicbt abbalien lassen, die 
Aiiffuhrungen regelmoGig zu Ende zu fuhren. 
Sie hat dabet, wobl nicbt zu ihrem Nachteil, in 
der Durehfuhrung ibres Programme die strengste 
Neutralitat bewahrt, und es ist ihrauch gelungen, 
ihre Kiinstlerschar, die sicb aus alien feindlicben 
Nattonen Europas lusammensetzte und Deutsche, 
ltaliener, Franiosen, Betgier, EnglSnder uod 
sogar aucii Tiirken iu den lliren ilblte, in Ein- 
tracht zusammenzuhalten. EbensD bewies sie 
bei der Aufstellung des Spielpianes ihre Neu- 
tralitat. Von den Opern waren 17 italieniscb, 
14 deutsch und 2 franzosisch. Unterden Kom- 
ponisten sreht Wagner mit 34 AufFuhrungen an 
erster Stelie; ihm foigt Puccini mit 24. Die 
grdflte Zabl von Wiederhoiungen derselben 
Oper wurde mil Bizet'a ^Carmen" erztelt. 
Unter den Neubeiten und Neueinstudierungen 
waren 3 italienische, 2 deutsche und I franzS- 
sische. hs Feblte unter den angekundigten 
Opern nur die russiscbe „Eurst Igor" von 
Boriidine, die aus Mangel ati Zeit auf das 
nscliste Jahr verschoben wurde. Die Neuheiteti 
hatten kcinen }>roISen Erfolg: Giordano's „Madame 
Sani-GL-ne 1 * fand das Publtkum nicht so schon 
wie stine fruheren Werkc, und auch .L'Oracolo" 
von Ltoni geniigie ihm nicht. Sehr viel groOeres 
Interesse fanden beim amerikaniscben Publittum 
dagegen die Neueinstudierungen von Webers 
„Euryaniiie", Btrethovcns ^Fidelio" und Bizet's 
„Cannen u . Unter den Kiinstlern, die sicb in 
der Ictzten Spielmt dem New Yorker Publtkum 
;um erittnmal vorstcllten, geiielen am meisicn 
Alelanie Kurt und Jer italienische Tenor Luca 
Bona. l'n\ Jk Aline der Spielzeit liefl der 
Direktor Gaui-Casa/za das Gerucht verbreiten, 
dali die durcb den europiischen Krieg her- 
\ orgerufenen viirtscliafdichen Verh31tnisse zu 
Reform vcrsiicli en zuangtn, die sicb besonders 
ui!i;h auf die tiohcn Anspriiche der eraten 
Kiiiisticr hezogen. Wie *eit dies geben soli, 
u-eid nsan nichi; aber es erregte ^rodes AuTsehen, 
ale im januar niii^eieih wurde, dad Caruso 
niciit titi /um I:nde der Spit licit singe, da er 
cine amk-re VcrpilithturiR btim Theater von 



man 



11 



BekAnntmaehung. 

Kdnlgllche Akademie der KUnste xu Berlin. 

Wlnterknrau* dm Lrehranartalten flip Huaik* 

A) Akademlsche Meisterschulen fflr muslkalEftche Komposltton zu Berlin In Chariottenburf, 

FasanenstraBe 1. 

Vorsteber: die Herren ProFessoren Gcrnsheim, Dr. Humpcrdinck und Schumann. 

Die Meisterschulen haben den Zweck, den in sie aufgenomrnenen Schulern Gelcgenbeit zur 
weiteren Ausbildung in der Kompositton unter unmtrtelbarer Leicung eines Mtisters iu geben. 
Genugcnd vorbereitete Aspiranten, welcbe einem der vorgehannten Meister stch tnzuscbJie&en 
wunscben, haben stcb bei diesem in der ersten Wocbe des Monats Oktober persflnlicn xu tnelden 
und ibre Kompositionen und Zeugnisse ^insbesondere aucb den Nacbwets einer untadelhaften 
slttlichen Ffihrung) vonulegen. 

Cber die praktische Beflbigung der Bewerber zur Aufnahme m die Meisterscfaule entscheidet 
der betreffende Meister. Der Unterrlcht 1st bis auf weiiere Besiimmung unentgeltllch. 

Niheres auch im Bureau der Akademie der Kunste, Berlin f 8, Pariser Platz 4. 

B) Akademlsche Hochschule fUr Musik zu Berlin in Charlottenburg, FasanenstraBe 1. 

Direktoriutn: Geheimer Regterungsrai Professor Dr. Kretzschmar, Professor Banti, Professor 
Dr. Humpcrdinck, Professor Felix Schmidt. 

Die Aufnahmcbedingungen sind aus den Satzungen erstchtlich. 

Die Anmeldung tst schriftlich tinter BeifOgung der unter Nr. VIIJ der Satzungen angegebenen 
Nachweise, aus denen das zu studierende Hauptfach ersichilich sein muB, spatestens bis zum 
25. September 1915 an das Dlrektorium der Kg!, akademischen Hochschule fur Musik zu richten, 
Auch muB aus der Meldung hervorgehen t daB dem Bewerber der PrQfungstag bekannt 1st. 

Die Aufnahmepriifungen fur das Winterhalbjahr 1915.16 flnden start: 

1. Fur Komposilion, Direktion (Kapellmeister), Klavier, Cembalo, Violoncell, Harfe, Kontra- 
ball und Blasinstrumente am 4. Oktober, morgens 9 Uhr; 

2. fur Gesang (einschl, Opernschule) am 4. Oktober, nachmtttags 4 Ubr; 

3. fur Violine und Orgel am 5, Oktober, morgens 9 Ubr; 

4. fur Chorscbule (Einzelgesangunterricht) am i I. Oktober, mittags 12 Ubr; 

5. fur Cbor am 11. Oktober, nachmittags 4 Ubr. 

Die Bewerber haben sich ohne wettere Benachrichtigungen zu den Prufungen einzufinden. 
Berlin, den 6. August 1915. Der Senat, 

Sektion fur Musik: Gernsbeim. 



Monte Carlo habe. Man glaubte, daQ der be- 
riihmte Tenor gegen jede Gehaltsverminderung 
pf&tesiierert Nolle, obwobl die DifdklAren ef- 
klirten, dad sein Auftreten fur sie gut die 
[0000 Mk. wen ware, die er fur den Abend 
erhalt. Jetzt wird jedocb mitgeteilt, daQ Caruso 
die ganze Spielzeit 1915/16 in New York singeu 
wird. Ais besondcre Anziehungskraft fur die 
nichste Spielzeit bat die Leitung der Metropolitan- 
Oper ferner ein russisches Ballet gewonnen, 

England und die deutschc Musik. In 
England weifi man jeut die Ursache fiir den 
bekiagenswerten Niedergang der deutscben Musik 
seit dem Tode Richard Wagners und Brahms'. 
Im letzten Hefi der ..Quarterly Review* beweist 
Charles V. Stanford schlagend, dad audi die 
deutschc Musik vom Gift des Militarismus an- 
geFressen sei, und daft man sich somit Cber ihren 
2ustand nicht mehr zu wundern tirauche. [n 
den letzten Jahrzehnten hat Deutschland kein 
mustkalisches Genie hervorgebrachi, und der 
hocbgefeierte Richard SirauO ist heme nur noch 
ein Sklave des deutschen Systems. Gr hat sein 
besseres Selbst verleugnet; mit der Verherr- 
lichung Nietzsches, mit dem n HeldenIeben", 
einer Hymne auf General Bernhardt, begann 
es, und heuie komponiert er. ein musikalisches 
GegenstQck 7u „General Staff", auf Befehl des 
deulschen Kaisers Soldatenlieder. Das ist wohl 
bezeichnend genujj. Und trotz des hoffnuiigs- 
losen Tiefstand^s, desten Erkenntnia sich auch 
Einsichtige kaum verschiieBen, wagt man es 
immer noch, Deutschland als das Musikzentrum 
der Welt binzustellen, wagt es, iiber engiische 
Musik die Achse! zu zucken, als ob, wenn 



Deutschland nichts leiste, auch andere Volker 
nithts leisten wtirden. Deutsche Musik be- 
herfseht Ait Welt, deutsehe Musikliteralur Hndet 

uberall Eingang und raubt der engliscben Licht 
und Luft. Allerwarts trtfft man auf die Ausgaben 
deutscher Verleger, a!s ob nicht aucb England 
das Recht habe, die groflen Musikheroen Bach, 
Handel und den Niederlander Beethoven zu 
ehren. Die Werke englischer Komponisten aber 
liegen verstaubt im Schreibtisch. Hiltten sie 
doch „Made in Germany" darauf geschrieben! 
Aber das alles muB anders werden. Der Krieg 
wird das Musikleben von Grund aus umwalzen. 
Und England kann endlich den Platz einnehmen, 
der ihm schon ISngsi gebiihrt. Der Barm, der 
die Augen der ganzen musikalischen Welt in 
torichter Verblendung nach Deutschland starren 
lIHt, wird gar bald fiir immer gebrochen sein, 
und Englands Musik, die bedauerlkherweise all- 
zulange geschlaFen hat, wird erwachen, Britische 
Sanger ubertreffen bei weitem die deutschen an 
Schonheit des Tones und Schmiegsamkeit des 
Vonrages. Ein lacherliches Vorurteil, die eng- 
lische Spravhe unmusikalisch zu nennen, die 
Sprache eines Shakespeare und Milton! Deutsch- 
land aber wird finanziell bald so zusammen- 
gebrochen sein, dafl es weder seine Oper noch 
seine Musikinstttute unterhalten kann. Dann 
suchen Musikfreunde und Sctiuler ein neues 
Heim. England ist an der Rcihe! Aber aucb 
mit der Micbt der deutschen Verleger ist ea 
aus; ihre Musterausgaben sind dahin, denn die 
Druckplatien fur die VervielFiltigung wanderten 
\n alle schon ISngst zu Krupp! Jetzt ist es 
also Zeit, dall England die Augen offnet; mochten 



111 



sicb die Briten auch in der Musik ibren Platz 
suchen, den ihnen nur Neid und Scheelsucht so 
lange streitig gemacht hat! 

Erinnerungen an Brahms veroffentlicht 
Ferdinand Schumann, ein Enkel Roberts und 
Klaras, in der „Neuen Zeitschrift fur Musik". 
Schumann weiB auch einige unterbaltsame kleine 
Zuge des oft so brummigen und stacheligen, 
verSrgerten Brahms festzubalten. So, wenn 
Brahms bei Tisch einmal auf die Frage, ob er 
Rot- oder WeiBwein beliebe, antwortet: „WeiB- 
wein; und nachher Rotwein, damit der's nicht 
ubelnimmt." Oder, wenn er Ferdinands Schwester 
Julie Schumann, einem netten Backfisch, auf 
eine Photographie von sich als Widmung kritzelt: 
„In Ermangelung eines Romeo Joh. Br. . . ." 
Hubsch ist auch, wie Brahms, da er einmal aus 
der Bahnhofshalle von Frankfurt a/M. abdampft, 
seinen zuruckbleibenden Geleitem zulacht: 
„Reisen Sie glucklich!" — Ober Brahms' 
auBere Erscheinung in den letzten Jahren seines 
Lebens gibt der damals 19j9hrige Ferdinand 
Schumann folgendeanschaulicheAufzeicbnungen: 
„Ein kleiner, korpulenter Herr mit schon etwas 
ergrautemVollbart.SeinfuchsrotfarbenerSchnurr- 
bart ist auffallend; aber nur die rechte Halfte 
ist so gefarbt, die andere grau. Wenn er hustet, 
bekommt er einen starken Blutandrang nach 
dem Kopf. Seine Stimme ist eigentumlich hell, 
nicht wohlklingend; sie klingt, als sei sie zer- 
brochen . . ." Ober Brahms am Klavier heiBt 
es: „Brahms gibt beim Spielen ein merkwiirdiges 
Gerausch von sich: man konnte es ein kurz 
abgestoBenes Brummen oder Scbnarchen nen- 
nen." Ober Hans von Bulow auBert Brahms 
einmal kurz nach dessen Tode: „DaB Biilow die 
Orchestersachen, die er auffubrte, auswendig 
dirigierte, ist nicht gerade erstaunlicb; aber daB 
er auch die Proben schon auswendig dirigiert 
hat, das war eminent." Die Partituren hatte 
Bulow eben schon beim personlichen Studium 
formlich auswendig gelernt . . . Ober das ge- 
eignete Alter zum Tonschaffen macht Brahms 
Ende 1895 einmal zu Klara Schumann die 
charakteristische Anmerkung: er komponiere 
jetzt nichts mehr fur die Offentlichkeit, nur mehr 
einiges fur sich. „Man soil nur bis zum 
50. Jahr komponieren. Von da an nimmt die 
Kompositionskraft wieder ab." 

Anton Bruckner, der „Bettelmusikant". 
Gelegentlich einer launigen Schilderung, die der 
Kammersanger Leo Slezak von seinen ameri- 
kaniscben Kunstfahrten in einem New Yorker 
Blatt gegeben hat, erwaunt er auch eine Anek- 
dote, die erkennen ISBt, daB der groBe oster- 
reichiscbe Symphoniker Anton Bruckner in 
seiner Familie nicht eben viel gait. Slezak hatte 
vor einigen Jahren mit seiner Frau von Kanada 
aus einen Ausflug nach den Niagarafallen ge- 
macht und war aufs freudigste iiberrascht, als 
ihm vor dem Hotel ein Kellner entgegenkam, 
der ihn mit den anheimelnden Worten begrfiBte: 
„KiiB d' Hand, Euer Gnaden." Der Mann, der 
im Hotel gleichzeitig auch als Hausknecht und 
Faktotum seines Amtes waltete, war bereits 
30 Jahre in Amerika und hatte wfihrend dieser 
Zeit seinen lerchenfelderischen Dialekt in 
schonster Reinheit bewahrt. Slezak unterhielt 
sich mit dem Landsmann aufs angelegentlichste, 
und sein Interesse fur den Kellner wurde noch 



wesentlich gesteigert, als er horte, daB er ein 
leiblicher Neffe des Komponisten Anton Bruckner 
sei und Karl Bruckner beiBe. Dabei kam man 
auch auf den Onkel zu sprechen, der in der 
Familie als verlorener Sohn betrachtet wurde 
und als eine Art abschreckendes Beispiel her- 
halten muBte, wenn irgendeines der Kinder etwas 
Boses getan hatte. So geschah es, daB Karl 
Bruckner, als er noch ein kleiner Bub war, eines 
Tages vom Vater wegen irgendeiner Dummheit 
mit den Worten abgekanzelt wurde: „DaB du mir 
nicht so ein armseliger Bettelmusikant 
wirst wie der Onkel Anton, sonst kriagst a paar 
an Schidel, du elendiger Bua!" 

Ein Berliner Musiker, Prof. Theobald Reh- 
baum, vollendete am 7. August sein 80. Lebens- 
jahr in korperlicber und geistiger Frische. Er 
war, wie uns geschrieben wird, infolge jahre- 
langer Abwesenheit von Berlin wohl der All- 
gemeinheit etwas aus dem Gesichtskreis ent- 
schwunden; aber er verdient es, bei Gelegenbeit 
seines Ehrentages in allgemeine Erinnerung 
gebracbt zu werden. Als Tonsetzer zablreicher 
ausgezeichneter Violinstudien und schoner Lieder, 
als beliebter Geigenlehrer und als Musikreferent 
groBer Tagesblatter hat er sich einen Namen 
gemacht. Sein besonderes Gebiet aber ist die 
BuhnenschriftstellereijvieleOpernlibretti, Schau- 
und Lustspiele entstammen seiner Feder, und 
namentlich als umdichtender und gcschmack- 
voller Obersetzer hat er Vorbildliches geleistet. 

Dr. J. Neumark aus Warschau ist zum 
Vorstand der polnischen Musikabteilung an der 
„Deutschen Auslandsbibliothek" in Berlin er- 
nannt worden. 

Ehrendoktorat fur einen Geiger. Der 
Primgeiger des hervorragendsten amerikanischen 
Streichquartetts Franz Kneisel wurde von der 
Universitat Princeton zum musikaliscben Ehren- 
doktor graduiert, welche Wurde ihm bereits 1900 
die Yale-Universitat verliehen hatte. 

Auszeicbnung. Otto Fiirstner, der In- 
haber des Musikverlags Adolph Furstner in 
Berlin, bat als Fiihrer einer Kraftwagenkolonne 
im Westen das Eiserne Kreuz 2. Klasse erbalten. 

TOTENSCHAU 

Am 20. Juli f in Mannheim, 37 Jahre alt, 
Dr. H. W. Egel, der langjahrige Musikreferent 
der „Mannbeimer Volksstimme". Als Kritiker, 
Padagoge und Organisator der Musikalischen 
Volksbibliothek hat er sich unbestrittene Ver- 
dienste um das Mannheimer Musikleben er- 
worben. 

In Innsbruck f im Alter von 51 Jahren Franz 
Eibl, der Konzertmeister des Musikvereins. 

Im 71. Lebensjahre f der um die Entwickelung 
des musikalischen Lebens der Stadt Essen hoch- 
verdiente, in ganz Rheinland und Westfalen 
bekannte Musikdirektor Langenbacb. 

In Harbarton (U. S. A.) f der Pianist und 
Konservatoriumsdirektor Carl Bodell, ein ge- 
borener Schwede, der in Leipzig unter Reinecke 
seine Ausbildung erhielt. 



SchluB des redaktionellen Teils 

Verantwortlich: Willy Renz, SchOneberg 



IV 



NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUSIK" XIV/23 

NEUE OPERN 



Carl Goepfart: „K]as Avenstaken", Text 
nacta dem MBrchen gleichen Namens von 
Ernsr Moritz Arndt. 

Hans Ludwig Korniaou: w Die Odaliske", 
eine Tanzphantasie nach einem dicbterlschen 
Entwurf von WotTgang Goetz. 

Ludomlr von Rozycki: .Eros und Psyche", 
Textbueh nach einem Drama des im Felde ge- 
TaMenen poSnischen Dichters Jerzy Zulawski 

OPERNSPIELPLAN 

Bayreuth: Wie die Verwaltung der BQhnen- 
festspiele mifteilt, konnten wihrendderDauer 
des Krieges keineriei Bestimmungen fiber die 
kommende Spietzeit getroffen werden. Alle 
andersgearteten Mitteilungen beruben auf Ver- 
mutungcn. 

Darmstadt: Das Hoftheater eroffnel die neue 
Spielzeit am 12. September mit „Tannbiuser". 
Im Laufe des Winters wird aucb .Parsifal" 
gegeben werden. 

KONZERTE 

Berlin: Die Singakademie (Direktor: Georg 
Schumann) bat fur ihr erstes Konzert im 
Oktober Hindels Fur unsere Zeit besonders 
geeignetes Oratorium „Deborah" in Aussichl 
geriommen. 

London: DiekGrzlicherflffneten Promenaden- 
konzerte, die in der Queen's Hall unter 
der Leitung von Henry Wood stattflnden, sind 
bemerkenswert durch die groOe Zabl deutscher 
Musikwerke, die auf dem Programm ver- 
zeicbnet sind. Von den 741 zur Auffuhrung 
gelangenden Tondicbtungen sind 490 aus- 
ISndiscber Herkunft. Von deutschen Orchester- 
werken sind vor allem Beethovens neun Sym- 
phonieen, Scbuberts B tJnvoIlendeie* t sowie 
Werke von Mozart und Wagner zu nennen. 
Im Rabmen der KLavierkonzerte sind Mozart, 
Beethoven und Brahms zu finden. Die Violtn- 
konzene verzeicbnen auf ihrem Programm 
Brahms und Bach. Man siehi, daB die Eng- 
ender, trotz aller Feindschaft, in der Musik 
wenigstens nicht ohne uns auskommen kormen. 

Stockholm: Als G9ste des Konzertvereins 
im kommenden Winter werden u, a. Teresa 
Carreno und Eugen d'Albert mitwirken. 
Zum Ersten Kapellmeister ist Georg Schnee- 
voigt gewShlt worden. 

TAGESCHRONIK 

Chopin's Herz, Der Chopin-Forscher 
Bernard Scharlitt schreibt der „N. Fr. Pr.": 
Die Nachricht, daQ die Russen bei ihrer Flucht 
aus Warschau das in der dortigen Heiligen- 
kreuzkirche aufgebahne Herz Chopm'sgeraubt 
haben, wird nicht nur bei uns Polen, sondern 
auch bei der groBen Gemeinde der Verehrer 
dieses Tondichters neben hcichsier Entrustunn 
auch schrecklichste Bewegung hervorrufen. Ist 
es doch aus der Lebcnsbesctireibung des Nok- 
turnensingers bekannt, daD mit der Bcisetzung 
seines Herzens in Warscbau ein von ihm auf 
dem Sterbebetr ausgesprochener Wunscb erFulIt 
worden war. „lch weifl", so sagte dersterbende 
Meister zu seiner Lieblingsschwester Ludwika, 



fielm Im Mm :: Leipng. 

Nr. 1682—1690. 

Ign. Friedman 

^Episodes lyriques" 

— fur Klavier = = — - 

Op. 59 



I 



2. 



3. 



5. 



6. 



8. 



9. 



Chaconne 
Mazurka 
Intermezzo 
En valsant 
La fileuse 
Aubade 
Sur I'eau 
Jongterie 
Epilogue 



Mk. 3.00 

Mk. 2.00 

Mk. 2.00 

Mk. 2.00 

Mk. 2.50 

Mk. 2.00 

Mk. 2.00 

Mk. 2.50 

Mk. 2.50 




Neupert-Friedman 

33 Etuden Mk. 3.50 

Etude, A-moll Mk. 1.20 

Baeker-Grifodahl-Friedman 

Die Linde Mk. 1.25 

Elling-Friedman 

Ich will fort Mk. 1.25 

SehyUe-Friedman 

Technische Klavier- 
studien Mk. 2.50 






1 



M daB Paskiewitsch euch nicht erlauben wird, 
micb nach Warschau zu Qberfubren; so nehmt 
denn wenigstens mein Herz dorthin mit, das 
ausschlieQlich dem Vaterlande gehort hat." Es 
war immcr sein sehnlichster Wunsch gewesen, 
neben seinem Vater und seiner jungverstorbenen 
zweiten Schwester Emilie auf dem sogenannten 
Powonski-Friedhof in Warschau die letzte Ruhe- 
statte zu finden, doch gab ersich hinsichtlich der 
Erfullung dieses Wunscbes keinen TSuschungen 
hin. Denn er kannte die moskowitiscbe Knuten- 
berrschaft zu gut, um nicht zu wissen, dad sie 
die polnischen Emigranten selbst fiber das Grab 
hinaus verfolge. Und er selber war eben, wenn 
auch unter ganz eigenartigen Umstanden, zum 
Emigranten geworden. Als nlmlich imjahre 
1830 der Aufstand in Warschau ausgebrocben 
war, weilte Chopin gerade in Wien, wobin es ihn 
nach den groDen Triumphen, die er hier ein 
halbes Jahr zuvor errungen, mSchtig gezogen 
hatte. Seine Pflicht als „russisccher Untertan" 
war es nun gewesen, seinen Pali nach dessen 
Ablauf erneuern zu lassen, was Chopin jedoch 
wegen des Aufstandes und der von den Polen 
an diesen geknupften Hoffnungen unterliefl. 
Diese Unterlassung hatte aber eben zur Folge, 
dafl er das Russische Reich und mithin auch 
Warschau zeitlebens nicht mehr betreten durfte 
und daber Emigrant blieb. So hatte sein eigenes 
Geschick mit dem seines Vaterlandes sich aufs 
innigste verwoben. Das tragische Ende des Auf- 
standes vom Jahre 1830 entschied auch uber 
Chopin's Zukunft. Durch die Unmoglichkeit, 
nach Warschau zurfickzukehren, wurde er nach 
Paris verschlagen, das ihm jedoch, obschon er 
dort erst zu Weltruhm gelangte, niemals zur 
zweiten Heimat geworden war. Er fuhlte und 
bezeichnete sich vielmehr bis an sein Lebens- 
ende als Emigrant und verzehrte sich in Sehn- 
sucbt nach dem heiflgeliebten Vaterland, an 
dessen Geschick er noch in seinen letzten 
Lebenstagen Anteil nahm. Das Jahr 1848 hatte 
auch die Polen mit neuen Hoffnungen erfiillt, 
und der todgeweihte Meister verfolgte auf seinem 
Scbmerzenslager mit Begeisterung die Ereignisse 
in den polnischen Landen und triumte wie alle 
seine Bruder von der Wiederherstellung Polens. 
„Alles stebt giinstig fur uns", schrieb er damals 
seinem in Amerika weilenden Jugendfreunde 
Julian Fontana, „mit einem Wort: Polen wird 
wieder da sein!" Es muB nun geradezu mystisch 
anmuten, dafi Chopin, der bis zum letzten 
Lebenshauch an allem, was sein Vaterland be- 
traf, mit jeder Faser seines Herzens teilnahm, 
in das dort gegenwartig sich abspielende welt- 
historische Ereignis gleichsam aus dem Jenseits 
mit hineingezogen wird. Moskowitische Bar- 
barei, die seinem Herzen die tiefsten Wunden 
gescblagen, raubt diesem jetzt noch die ewige 
Ruhe! Sollten nun aber die Russen die Kiihn- 
heit haben, diese ihre Schandtat als einen „Akt 
der slawischen Bruderliebe" hinzustellen, 
dann donnere ihnen entgegen, was Chopin uber 
sie nach dem Fall Warschaus im Jahre 1831 
in sein Tagebuch geschrieben: „Die Vorstadt 
zerstort, verbrannt! Paskiewitsch, der Hund von 
Mohilew, nimmt die treue Stadt ein! Moskau 
befiehlt der Welt! O Gott, bist du da? Bist da 
— und rachst dich nicht? Bist du der mosko- 
witischen Verbrechen noch nicht satt? Oder — 

II 



oder - bist du am Ende gar selber — ein Mosko- 
witer?! Mein armer Vater, meine treue Seele, 
leidet jetzt vielleicht Hunger? Kann vielleicbt 
nicht einmal Brot Fur unseregute Mutter kaufen? 
Meine Schwestern — Opfer der entmenschten 
moskowitischen Soldateska? O mein Vater! Das 
ist also die Freude deiner alten Tage? Meine 
arme kranke Mutter, dazu hast du deine Tochter 
uberlebt, um zusehen zu mussen, wie uber ihre 
Gebeine hinweg der Moskowiter Horden zu 
neuen Greueltaten sturmen?! Ach, ob sie ihr 
Grab verschont haben? Oder . . . habe ich viel- 
leicht keine Mutter mehr, vielleicht bat sie schon 
der Moskowiter ermordet . . . Und ich hier un- 
tatig, mit verschrankten Armen, zuweilen nur 
jammernd und am Klavier verzweiflungsvoll 
klagend! O Gott, plage die Franzosen mit den 
schrecklichsten Qualen dafur, daft sie uns 
nicht zu Hilfe kamen! ... 

Die serbische Hymne von Lehar. Der 
erste Dirigent des Berliner Bluthner-Orchesters, 
Paul Scheinpflug, erzihlt in seinen russischen 
Erlebnissen: Am Freitag, den 31.Juli, mitten in 
Beethovens c-moll Symphonie mussen wir plotz- 
lich abbrechen ; denn die Zuhorer verlassen flucht- 
artig die Platze. Ein Manifestationszug mit den 
Fahnen der Alliierten dringt johlend und brullend 
in den Konzertraum. Vor dem Orchester wird 
haltgemacht, und ein fanatischer Student, der 
Fiihrer der Bande, schreit uns etwas zu. Da 
ich nicht gleich verstand (er sprach Russisch), 
will die Menge das Orchester sturmen. Mir wird 
ubersetzt, und es bleibt uns nichts anderes ubrig, 
als die russische Hymne dreimal stehend zu 
spielen, danach die franzosische und dann die 
englische, welche Gott sei Dank der deutschen 
glich. Plotzlich schreit jemand: die serbische 
Hymne! Ja, da war guter Rat teuer, denn keiner 
von uns kennt die Hymne dieser edlen Insekten- 
pulvernation. Da komme ich auf den Gedanken: 
die Gesellschaft da unten kennt auch nicht diese 
Hymne. Die Noten einer Lehar'schen Operette 
liegen gerade bereit, und so spielen wir nicbt 
ohne innere Freude an Stelle der serbiscben 
Hymne einen Lehar'schen Operetten- 
marsch. Die Menge brullte vor Begeisterung! 

Die Richard-Wagner-Stipendien- 
Stiftung wird auch in diesem Jahre einen 
grofien Teil der verfugbaren Zinsen zur Unter- 
stutzung notleidender Kiinstler bereitstellen. Fur 
diesen Zweck soil mit Genehmigung der Konig- 
lichen Regierung von Oberfranken und unter 
Zustimmung von Siegfried Wagner und der Ver- 
waltung der Biilinenfestspiele eine Summe von 
14000 Mk. verwendet werden. Im letzten Jahre 
wurden die durch die fehlenden Stipendienaus- 
gaben ersparten 1300 Mk. fur Kriegsunter- 
stfitzungen, und zwar zum Teil fur den Deutschen 
Buhnenverein und die Genossenschaft Deutscher 
Buhnenangehoriger, bewilligt. In diesem Jahre 
erhalten der Allgemeine Deutsche Musikerver- 
band und der Allgemeine Deutsche Chorsanger- 
verband je 750 Mk., die Vereinigten Inspizienten 
deutscher Biihnen 500 Mk. Der ubrige Teil 
wird an in Not geratene Biihnenkunstler, und 
zwar vor allem an solche, die in Bayreuth mit- 
gewirkt haben, verteilt werden. Die Stiftung 
hat sich auf Veranlassung des Schatzmeisters 
auch mit 52000 Mk. an den Kriegsanleihen 
beteiligt. 



Neuordnung der Musi ksammlung de r 
Koniglichen Hof- und Staa tsbibliotbek 
in Miinchen. Nacb miibevollen und lang- 
wierigen Vorarbeiten ist jetzt die Neuordnung 
der Musikbestande der alten und berubmten 
MGnchener Bibliothek beendet worden. Die An- 
regung zur Umgestaltung der Musikabteilung 
gab der Direktor Sctanorr von Carolsfeld. 
Schopfer der Neuordnung ist der jetzige Vor- 
stand der Musikabteilung Dr. Gottfried Schulz. 
Die Musikbibliotbek zerfallt nach ibrer Neu- 
ordnung in drei Gruppen. Die erste umfaDt die 
auBerordentlich groDe Anzahl von Handschriften. 
Aus den Zeiten, in denen alle musikalische 
Kultur zum grofien Teil von der Kirche ausging, 
besitzt die Bibliothek allein 5000 Manuskripte. 
Unter ihnen haben die Cborbucher der bayeri- 
schen Hofkapelle, die so oft von hervorragenden 
Meistern, wie Ludwig Senfl und Orlando di Lasso 
geleitet wurde, groBes Interesse. Die Vokal- 
musik uberwiegt durchaus, docb findct sich aucb 
unter der Literatur fiir Orgel- und Lautenmusik 
manches kostbare Stuck. Die Gruppe der ge- 
druckten Musikalien umfaDt etwa 15000 Binde 
mit auDerordentlich wertvollen SchStzen. Die 
besondere Sorgfalt gilt der Erg3nzung der Gruppe 
von Werken der modernen Tonkunstler. In der 
dritten Abteilung, die die Musiktheorie umfaDt, 
sind etwa 5000 Veroffentlichungen musikwissen- 
schaftlichen Inhalts vorhanden. Auch der groDe 
Krieg der Gegenwart spiegelt sich in der jetzt 
eingerichteten Kriegsmusiksammlung, die zahl- 
reiche, auf den Krieg bezugliche Kompositionen 
entbalt. 

Eine ausgewiesene Pianistin. Die aus- 
gezeichnete Pianistin Natalie Janotha ist in 
London festgenommen undausgewiesen worden, 
wie der Londoner „Daily ExpreD" meldet. Ob- 
gleich sie die Freundschaft hochgestellter eng- 
lischer Personlichkeiten, darunter der Konigin 
Alexandra, genoD, zeigte sie einen starken Hali 
und Verachtung fur England. Eine unvorsicb- 
tige AuDerung dieser Gefuhle fuhrte zum Ein- 
schreiten des Ministeriums des Innern. Frau 
Janotha, die ubrigens den Titel einer preuDischen 
Hofpianistin fuhrt, wurde in Warschau geboren 
und ist nahezu 60 Jahre alt. 

E. T. A. Hoffmann in Warschau. In 
Warschau batte sich zu Anfang des 19. Jahr- 
hunderts eine kleine deutsche Kiinstlerkolonie 
angesiedelt, der neben Zacharias Werner, dem 
Musikamateur Hitzig u. a. auch E. T. A. Hoff- 
mann von 1804 bis zum Einzug der Franzosen 
angehorte. Allerdings hat der Dichter dort sich 
vorwiegend musikalischen Studien hingegeben, 
und als im Palais Mnizek Symphoniekonzerte 
veranstaltet werden sollten, war Hoffmann so 
begeistert fur deren Durchfuhrung, daB er die 
Konzertriume eigenhandig ausmalte. Mehrere 
der Konzerte wurden dann von Hoffmann dirigiert, 
der fur diese Gelegenheit einige Kompositionen, 
nach Texten von Zacharias Werner, schrieb. 

Das groflte Orgelwerk der Schweiz, 
enthaltend 92 Register, erbaut von Th. Kuhn in 
Mannedorf, wurde vor kurzem in der Zuricher 
G roDmunsterki rche seiner Bestimmung 
ubergeben. 

Der Wiener Gesellschaft fur Musik- 
freunde ist eine Stiftung im Betrage von 
67000 Kronen von Frau Marie Puffer vermacht 



worden. Die Zinsen sollen als Unterstiitzungen 
fiir arme Klavierlehrerinnen, ganz gleich welcher 
Konfession, Verwendung finden. 

Dr. Arnold Scbering, Privatdozent furMusik- 
wissenschaft an der Universitat Leipzig, der zur- 
zeit als Landwehroffizier im Felde stent, ist zum 
auBerordentlichen Professor ernannt worden. 

In die Bayerische Sachverstand igen- 
kammer fur Werke der Tonkunst wurde 
zum Vorsitzenden Bruno Walter, General- 
musikdirektor in Munchen, zum Mitglied der Kom- 
mission Friedrich Klose und zum stellver- 
tretenden Mitglied Prof. Anton Beer-Walbrunn 
gewSblt. 

Aus Halle a. d. S. wird uns gemeldet: Der 
neue Direktor unseres Stadttheaters Leopold 
Sacbse verpflichteteOskar Braun, denfruheren 
Kapellmeister der Berliner Sacbse-Oper, und 
Paul Graener, den Leiter der Mozartfest- 
spiele in Salzburg — bekannt durcb seine Oper 
„Don Juans letztes Abenteuer" — als musika- 
lische Leiter unserer Oper. 

An Stelle des von Miilhausen i. E. scheiden- 
den Kaiserlichen Musikdirektors Max Schlocbow 
wurde Hans Munch, ein Schiiler des Baseler 
Miinsterorganisten Adolf Hamm, als Organist 
an St. Stephan und Dirigent des Oratorienchores 
berufen. 

Auszeichnungen. Der fruhere Kapell- 
meister am Frankfurter Opernhaus, Hans 
Schilling-ZiemDen wurde zum Major be- 
fordert und erhielt auDer dem Eisernen Kreuz 
den bayerischen Militarverdienstorden 4. Klasse 
mit Krone und Schwertern, sowie das Ritterkreuz 
1. Klasse des wurttembergischen Friedrichs- 
ordens. - Herzog Friedrich von Anhalt hat 
Prof. Dr. Friedrich Stade in Leipzig die Ritter- 
Insignien 1. Klasse des Herzoglicb Anbaltischen 
Hausordens Albrechts des Baren verliehen. — 
Dem Obmann des Vereins der Musikfreunde in 
Warnsdorf in Bobmen, A. Bach, ist das oster- 
reichische Ehrenzeichen 2. Klasse vom Roten 
Kreuz verliehen worden. 

TOTENSCHAU 

In Braunschweig f im Alter von 76 Jahren 
Kammermusiker Friedrich Schlufter, ein 
ausgezeichneter KontrabaDspieler. 

In Essen f der bekannte Geiger Alexander 
Kum mer, 65 Jahre alt. Der Kfinstler hat lange 
Zeit in England gelebt, von wo ihn der Krieg 
vertrieben hatte. 

In London f, 84 Jahre alt, William Hay- 
man Cummings, einer der namhaftesten 
englischen Musikhistoriker. Sein Spezialgebiet 
war die Purcell-Forschung. Er schrieb eine 
Biographie dieses einzigen Musikgenies, das 
England hervorgebracht hat, und redigierte die 
Veroffentlichungen der Purcell-Gesellscbaft. 

In Paris, wo er seit 1898 lebte, f Alfredo 
d'Ambrosio, im Alter von 44 Jahren; er hat 
sich mit Violin- und Kammermusikwerken einen 
Namen gemacht. 



Schluss des redaktionellen Teils 

Verantwortlich: Willy Renz, SchOneberg 



III 



VERSCHIEDENES 

Pat riot isches Wirken eines unga- 
rischen Pianisten in Sudamerika, Aus 
Buenos Aires wird uns unterm 7. Juni ge- 
schrieben: Der hier allgemein beliebte 30jahrige 
ungarische Klaviervirtuose Kada JenS hat der 
biesigen Prcsse letztbin eine Reihe interessanter 
Dokumente vorgelegt, aus denen bervorgebf, dail 
der begabte Kunstler, der durcb den Ausbruch 
des Wcltkriegs an der Ruckkebr in seine Heimat- 
stadt Budapest verhindert war, in selbstEosester 
Welse und mit rastlosem Fleill seit sieben 
Monatcn in fast ganz Sudamerika Konzerte zum 
Bestendes Deutschen undOsterreichisch- 
Ungarischen Roten Kreuzes gegeben bat. 

Wie wir erfahren, beflndet sich Kapellmeister 
Hermann Scberchen, der im Sommer ver- 
gangenen Jahres Dirigem eincs Kurorchesters 
in einem Badeorte iu der Nlbe Rigas war, seit 
Kriegsbegtnn in russischer Gefangenschaft. Der 



junge talentierte Musiker, ein fruheres Mitglied 
des Berliner Bluthner-Orchesters, isl in Berlin 
durcb sein Eintreien fur Arnold Schonberg 
weiteren Kreiaeu bekannt g«worden. 

AUS DEM VERLAG 

Hans Schmid-Kayser t derbekannte Lauten- 
singer, hat soeben im Verlag „Harmonie", Berlin- 
Halensee, ein Jung-Deutscbland gewidmetes Heft 
moderner vaterlindiscber Lieder nach Texten 
von GerhartHauptmann, Hans Brennert, Richard 
Zoozraano, Gustav Ricfcelt, Fritz Brentano lisw. 
rait Lauten- und Kiavierbcgleitung zum Preise 
von 2 Mark erscheinen lassen, das die wirk- 
samsten der vom Komponisten selbst im letzten 
Winter vie! 5ffenl1icb vorgetragenen aktuellen 
Kompositionen enthllt, darunter B Gardemarsch", 
„,Aufruf" t „Drauf los tt , „Reiterlied" t „Berliner 
Landsturm", „Monaco mobil", „Auf den Feind", 
»Fest und mutig drauf, „Es ist Zeit" usw. 



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IV 



, t r 



NACHRICHTEN und ANZEIGE^ zur „MUSIK«< XIV/24 



NEUE OPERN 

Oflker Nedbal: .Vimerbriut", eine drel- 
alttige Operette, Text von Leo Stein, wird 
in Wien thre UrauFFuhrung erleben. 

Lndwlg BottenbcrR: „Dte Gescb wlster*, 
Bach Goethe, werden in Frankfurt a. M. zur 
UrauFFuhrung komrnen. i 

OPERNSP1ELPLAN 

Darmatadti Aufler „Parsiial" aind an Neu- 
aufffibrungen vorgesehen: StrauR („ Rosen- 
kavalier"), Weingartner (,Dame Kobo Id") und 
Otto Neiuel („Dcr Richter von Kascha"}; die 
letzten belden Werke erleben hier ibre Ur- 
auffQbriing. 

Stuttgart; Ende dieses Monats findet die Ur- 
auffuhrung von Max Schillings' „Mona Lisa" 
mU John Forsell in der Hauptrolle statt. Ala 
weitere Neubetien werden B Sulamith" von 
Paul v. Klenau und„Die Lieder des Euripides" 
von Botbo Sigwart angekundigt. 

KONZERTE 

Dresden; In den Symphonickonierten der 
K5nlglicben Kapelle werdeo die Foigenden 
Werke ium era ten Male gespielt: Reger 
(Variationcn uber ein Thema von Mozart), 
Mahler (.Das Lied von der Erde"), Bruckner 
(Drltte), Buttner {Symphonic), Strauli <„Alpen- 
syraphonie'k Ntcode <„Nach Sonnenunter- 
gang", symphonisches Stimrtiungsbild), Bartok 
(Suite), Brahms („SchicksB.lslied»), Koelller 
(Symphonische Variatjonen). 

Kasael: Die UraufrQbrung von Hugo Kauns 
Dritter Symphonic findet am 12. November 
unier Leitung des Hofkapeilmeisters Robert 
Laugs statt. 

Spandau; Zugunsten Hinterbliebener des 
Pionierbataillons von Rauch wurde im 
neuen Stadtibeater efn grofies Konzert veran- 
Staltet. Hervorragende Solisten: Frau Arndt- 
Ober, Herr Baptist Hoffmann vom Berliner 
K.5n!gl.Opernrnus, Kurt Schubert, der Lfszts 
Lfngarische Phantasie ftir Kla vier mil Begleitung 
des Orchesters in vollendeter Weise zur Dar- 
stellung brachte, Frau Jonas-Stockhausen, 
Koniertmeister van Laar u. a. hatten sich in 
den Dienst der guten Sache gestellt. Der 
kQnstlerische Hohepunkt des Kon^enes war 
die zundende Wiedergabe der grolien Beet- 
hovenschen Leonoren-Ouverture Nr, 3 unrer 
der hinreiflenden Leimng des Musikmeisters 
Richard Knoch. Das ausgeieiehitete Or- 
chester des Batailltms leltete mit Wagners 
Kaisermarsch den genullreichen Abend ein, 
der fur Spandau ein Ereignis bedeutete. 

Wien; Anfang December wird Weingartner 
mit den Philbarmonikern Richard SirautV 
sAlpensympbonie" zur Auftuhrung brtngen. 

TAGESCHRON1K 

Ein BrieF Busoni's. Ferruccio Busoni, der 
sicb seil Januar in Amerika aufhilt, sendet der 
„Vossischen Zeitung* in Beaniwortung von An- 
fetndungen, die ihm von deutscher Seite luteil 
geworden sind, ein Schreiben, das ein unzwei- 
deutiges Bekenntnis iv den Kulturgutern des 



nadi 

friEdenssdilufi 

wird in unserem 
Verlag erscheinen: 




Eine 

Biographie 



von 



WALTER DAHHS 

dem Verfasser der 

Schubert-Biographie. 



llll1IUI||tlllllltllll)IMIINIMI|hl|IM|ll!|lltlllllllll|llllllllinillHI 

Das Werk wird zahlreiche 
Abbildungen aofweisen. 

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Pre Is: 

Etwa 10, M. geheftet, 
12.— M. gebunden. 

Vorbesrellungen nehmen schon 
jetzt entgegen 

Sdiuster & Loeffler 

Berlin ID 57. 




r 



Deutsebtums 1st. Der Brier", der hoffratlEeb alien 
weltered Verdlcbtfgungeii des Kfinttiers den 
Boden enufehen wfrd, Iiatet: Verebrljcbc Ro- 
tUktionl Ein amerikanischer Kontrskt, in 
Friedenszeiten noch vereinbart, twang micb, 
Deurschland in dem Augenblicke zu vcr- 
lessen, its viete Hotfaungsbluien fur micb iu 
reifon schienen, zugleicb, ober dis Land, durch 
Allerwiohtigstes, in erne cinfaeitliche Ricbtung 
der Interessen Btrebie. Dlese grade Bewegung 
einer Nation, mil der icb im Verlaufe von uber 
20 Jabren so vieles ausgetauscht, zwang und 
zwingt tbrtgesetzt meine Toilnahme und Sym- 
patbie. Darum bine micb nicbts davon ab- 
gehalten, Deutschland wiedcr zu betreren, wenn 
nicbt neue Ereignlsae es tatelchlich verbfndcrt 
bitten; wenn nicbt Ereigniste und Hindernisse 
nocb heme in Kraft siunden. Icb wurde nfcht 
linger in einem Lande verbarren, das nicbt 
das Land m einer Wahl ist, wurde nicht die 
Jabre m einer rusrigen Reife als Unbeteiligter 
fern von dort verbringen, wo die Gberfulle der 
Anregungcn eine em cute Jugcnd verbeiBt. Icb 
babe vcrsucbt — und mir selber errungen — 
ein unabb&ngiger Kunstler m bleiben, metnen 
eigenaten AuTgaben zugewandt, in der Idee, daH 
ernster Friedensarbeir obzuliegen die mir zu- 
kommende und nicht unwurdige Sendung Tire, 
in dem Gtauben, dad, von alien, die Tonlcunst 
mit den irdischen Geschiften am wenigsten 
etwis gemeinsarn babe. Ich erfabre durcb 
Ocruchte und Mitteilungen von Freunden, daQ 
man es dennocb zu Wege gebracht habe, micb 
in das Feld potitiscber Fragen blnaus- 
xustoQen. Und macbe mir tlar, d*B dies Be- 
richtete infolge meiner Nationalist eine schirfere 
Intonation bekommen musse. Das bedauere ich 
wahrhaftig und vcrsrebe zugleich, dad tnin — in 
einer solcben Zeit — verlangt, ein offenes 
Bekenntnis zu horen. Wenn es Ibnen er- 
vunscht sein sotlte, bescliigt zu wlssen, was 
Ihnen seit jeher bekannt sein rauflte, so sprecbe 
ich es gem und ohne RiJckbali aus, dafl ich fur 
die geistige Kultur Deutsch lands eine hobe 
Schitzung hege und daft die Haltunglhres Volkes 
mir eine ebensolche in vollem MaUe abzwingi. 
Daft icb, dank dieser Erkenntnis deutscher 
Tugenden, meine Abstammung verleugnete, 
wurde Ihr eigenes aufrechtes Ehrgefuhl nie 
biliigen; daQ ich Mensch und Kunstler bleibe 
und gem geneigt und Fihig bin, liberal] Menschen 
und Kunstler zu erblicken und zu achten, wo 
ich solche wahrzunehmen glaube, kann den Sinn 
von meiner SchStzurtg Deutschlands nur er- 
weitern und die AuFnchtigkeit meiner Auflerung 
erst rechi dartun. In dieser Oberzeugung griifle 
ich Sie herzlich als Ihr ergebener 
New Yurkjuli 1915. T r erruccio Busoni 
Saint-Satins gegen Breiikopf& Hariel. 
Vor kurzem wurde uber die Bestrebungen fran- 
ziisischer Verleger berichtet, die den Versuch 
machvn, die vielfach musiergiilngen Ausgaben 
deutscher Verleger durch neu zu veranstaltende 
EdiTionen zu ersetzen. Im Zusammenhangc 
damit mull ein scharFer Angriff betrachtet werden, 
den der streitbare alte Camtlle Saint-Saens 
vor kurzem auf der Weltausstellung zu S^n 
Francisco gegen den Leipziger Verlag von 
Breitkopf & Hartel erbob, bei dem die monu- 
raentalen Gesamtausgaben der groden Meisterl 

II 



der Muaik erachlenes. Der Vortrafc 
Thema lautete .Die Autffibntng d«f 
apeziell titer Musik" wurde lm „Salon dfr '■■ 
Pensee Franctise" gebalten und 1st nnaowftf ba: 
einer von Henry Bowie beeorgten eBgiiaebctt' 
Obersetiuog erscbienen, am der die ZeHaelnill 
.Musical America" ausfubrlicbere Atuifigebftngt 
NacbllngerentechnischcnAuBeinanderaeO ctt ln eri 
fiber die Spielweise von Bach, Kin del, Haydn 
und Beethoven, wobei Saint-SaCfli besondert 
das Cembalo-Spiel der an der Berliner &&Blf- 
lichen Hocbichule lebrenden poisiicbtB 
Pianistin Wanda Landowska ala muitet|filtic 
hervorhebl, geht der Kritiker, der tick, wfe tnw 
siebt, troti seines Deuischenhasscs doch ■M- 
scbliedlich mit unseren Meistern beacblftigt) be* 
senders auf Mozart ein und fahrt dann totti 
fl Das Haus Breitkopf & Hlrtel, dts bla m 
kurzem die besten Ausgaben deutscher Klaettkar 
hatte, hat start ihrer neue Ausgaben bertBS- 
gebracht, worin Professoren sicb mile Mtth* 
gaben, die Musik der Meister In ihrer eifeoea 
Art zu verbessern. AIs dieses grofie Haut eine 
vollstSndige Ausgabe der uberaus xablrelcbea 
Mozartscben Werke vorbereltete, richtete ei n 
alle Beshzer der Handschriften Moaartt etnea 
AuFruf, und als es diese tehr koatbaren Dokff* 
mente eriangt hatte, beliebte es der Finna, start 
diese sorgfiltig wiederzugeben, den Profeasorea 
freie Hand zu Verinderungen zu laaaen, So 
wurde die bewundernswerte Heihe von Kltvier- 
konzerten durcb Kirlfteinecke ausgescbm&okt 
mit Blndungen, legato, tnolto legato nnd sempre 
legato, die genau das Gegenteil von den Ab- 
stchien des Komponisten ausdrucken." Es 1st 
oifensichtlicb, daB Saint-Saens hier die immer 
noch kiuftichen Urtextauagaben mit den otnlrUeb 
oft recht ungleicbwertigen Bearbeitungen r«r- 
wechselt, die grode Verleger daneben zum prak- 
tiscben Gebrauch herausbrlngen musaen. Im 
ubrigen gilt gerade Karl Reinecke als besondera 
Autoritat auf dem Gebiet der Mozartlnterpretation, 
wenigstens in Deutschland. 

Richard Wagners erster Anstellunga> 
vert rag. Ein Interessantes Zeugnis dafur, von 
welch bescheidener Grundlage aus slcb der Atif- 
stieg eines GroBen der Kunst volizjebt, 1st der 
erste Ansteliungsvertrag Richard Wagners. Dem 
EjnundzwanzigjJLhrigen war es durch Vermittlung 
seines Bruders Albert gelungen, mit dem Direktor 
des Wtirzburger Sladtiheaters, an dem Albert 
Wagner als Sanger, Schauspieler und Regisseur 
wjrkte, in Unterhandlungen zu treten, dfe mit 
dem Ergebnis schlossen, daQ Richard Wagner fur 
die vlelseitigcn Dienste eines Cboreinsrudierers, 
Aushilfsschauspielers und Ballettstatlsten in den 
Verband dieses Kunstinstiiuts aufgenommen 
wurde. Der Anstellungsverrrag, den der .Theater- 
courier* verorTenilicht, ist ein wabres Muster- 
beispiei fur die Genngschitzung, mit der ein* 
„holie Direktion" ihre jungen ICrafte behaodejts 
und bezahlte, Wenn es nicht cigentlicb. ein 
trauriges Kapitel w&re, konnie man Ubcr die 
Vorsicht lachen, mit der sich die Direktlon der 
„guten Auffiihrung" des neuen Mitgliedes durcb 
Biirgen verstcherte, die ihrerseita sicb dttfeb 
VerpHichtungen irgendwelcher Art belaatefl, 
Unter dreifacher Burgschaft (seiner Mutter, seiner 
Schwester und seines Bruders) 9 fur Punktlicbkett 
und Geborsam" wird er angestellt, und rolgende 



XJauscl zeigt, vis Richard Wagner su tun hatte: 
»Richard Wagner wird bauptslchlich sis Cbor- 
Dinitadierer beschifrig: werden. Derselbe hat 
sber, wdzu er und die Burgen rar selnen FleiO 
Genehmlgung und Zusicberung erteilen, norigen- 
M!s auch als Mitwirkender sprechendcr und 
Hummer Rollen Jn Schauspietcn, TragSdien und 
ebenfaJls in mimischen Gruppen im Ballete, 
sowelt erforderlich, sich nutzlicb zu roachen. 
In FsJIe von Ungenorsam, Unbotmifiigkeit stehi 
der Direktion iu, Herrn Richard Wagner nacb 
den Theaiergesetzen zu strafen. Sollte erforder- 
Hcbenfalls das Eiokommen des Richard Wagner 
die fiber Ihn verblngten Strafen nicbt decken, 
so verpftichtcn sich die obengenannten Burgen, 
der Direktion die Butted fur Richard Wagner iu 
beiahlen. Ricbard Wagner bat seine ganzen 
Krtfte und Diensre, soweit sie gebraucbt werden, 
iu jeder Zeft der Direktion des Stadrtbeaters 
zur Verfugung zu uberlassen, wo fur ibm nach 
pSnktllcher Erfullung allmonatlicb iebo Gulden 
von der Direktion als Verdienst ausgezablt wird * 

Void Londoner Musifcleben. Im ..Daily 
Telegraph 4 rerbreitet sich Robin H. Legge, der 
stitadlge Berichterstatter dieser Zeitung, fiber 
das musikalische Leben in London. Man weifi, 
da& die Frfihlingszeit bis in den Sommcr hinein 
sonst cine Hochflut von OpemvorBtellungen, 
Konzerten, der .at home's* der Reichen und 
Vornebmen mit sicb bringr, wie denn aucb die 
groBen deutschen Kunstler st&ndlge Giste der 
eigentlicben „season" waren. Der Krleg hat 
dteaem flutenden Leben ein Ende bereitet. Die 
groQcn Opeminstitute blciben geschlossen. Nur 
im London Opera House ubten die „ButierBy" 
und itallenische und russiscbe Opern- und 
Balletvorstellusgen lebhafte Anziebung. Traurig 
istes urn die Konierte bestellt. Die Promenaden- 
konzerte in der riesigen Albenhalle sjnd bei 
ausgezeiebneter, gediegener Musik und billigen 
Preisen die cinzigen, die leidlicb besucht sind. 
Die umihligen Wohliatigkeitskonzerte decken 
oft nicbt die Kosten, obsctaon die Kunstler 
umsonst mitwirken. Versuchen diese nun, ihrer 
eigenen ublen Lage durch ein Konzeri abzuhelfen, 
so sehen sie sicb leeren Stuhlreiben gegenuber, 
da das Publtkum sie schon in den Wohltsiigkeits- 
konzcrren gebon bat. Der Chauvinistenrummel 
in bezug auf die Programme scheint infolge der 
vSltigen Teilnabmlosigkeit des Publikums gegen- 
uber den vaterlandischen Propheien im Sand 
verlaufen zu sein. 

Ein Wiener — Komponist der tiirki- 
schen Natjonalhymne. Es wird wenig be- 
kannt sein, daC die Sultansbymne, die seit Be* 
ginn des Krieges in Wien bei feierlichen Ge- 
legenbeicen zugleich mit der osterreichischen 
und der deutscben Volkshymne gespiclr und 
gesungen wird, von einem dortigen Cetlisten, 
dem Professor Josef Sulzer, fcomponien worden 
ist. Mit diesem Stuck hat Sulzer einen sebr 
volkstumlich gebaltenen Festgesang gesctaaffen, 
der das orienialische B Kolorii" mit kunstleriscber 
MiBigung Testbalt. Vor nicbt langer Zeit war 
Sulzer eingeladen worden, seine Hymne in 
Konstantinopel vor dem Sultan selbst aufzu- 
ffihren, und die packende Melodic hat den auf. 
rlcbtigen Beifall Mohammeds V. geernret. Das 
Interesse des GroJlherrri an der ihm gewidmeten 
ScbSpfung durfte eine Folge haben, an die der 



KomponUt kattm gedacbt faaben mag, dean, wie 
Wiener Zeittttag en meldea, steht *u( eine Wcimmg 
des Sultans die Aserfcennung der Sulzertchen 
Komposition als der offiziellen tBrkischen 
Hymne unmitteibw bevor. 

Ela Corpus scrlptorum de musics 
medii acvi. NIcht nur Musikfreunde werden 
es gern b5ren, di& das Deutsche Relcb seit 
dem J*hre 1914 JIhrlich 2500 Mk. saswirfl, am 
die »Freie Veretnigung zttr Hersusgsbe eines 
Corpus scrlptorum de musics medii sevi" zu 
untersttltzen, Diese Verelnigung wurde schon 
im Mat 1909 in Wien von Gelehrten, die auf 
dem KongreU der Internationa! en Musikgellscbafi 
sicb zusammengerunden batten, gegriindet. Nacb 
den Pllnen der Verelnigung soil das bis xum 
Jabre MSOO entstindene Quellenmaterial mittel- 
alterlicber Musikschriftea, das sicb in deutschen 
und ausllndischen, offentlichen und privaten 
Bibliotheken sowie in Klostern benndet, ge- 
sammelt werden. Die Kandscfartften der mlttel- 
slterllehen MusikscbriftstelJer sollen dann neu 
berausgegeben werden. Das ganze Werk wird 
zwfilf mit Fakslmillen reicb ausgesuttete BSnde 
umfassen und innerhalb von etwa 14 Jahren 
erscbeinen. Obne staatliche Hilfe ist nun solche 
Arbeit naturlich nicbt zu schaETen. Und die 
Hilfe muQ groD sein. Es sind nicbt wenlger 
als 140000 Mk an staatlicher Beibilfc notwendlg. 
Das macbl jihrlich 10000 Mk. aus, Osterreicb 
bai sicb bereit erkllrr, die Haifte dieser Summe 
aufzubringen, wepn Deutscbland fur die andere 
Hitfte einsteht. Im Hinblick auf die hobo 
kulturelle Bedeutung des Unternehmens bat die 
preuQische Regierung die Haifte des von Deutscb- 
land zu gewShrenden Antcils auf PreuQen uber- 
nommen. Die anderen 2500 Mk, trlgt jihrlfcb 
das Reich. 

Am 6. September beging Kdnigiicber Musifc- 
direktor Prof, Ferdinand Hummel, der Direktor 
der Bubnenmusik des KSniglicben Schauspiel- 
hauses in Berlin, seinen 60. Gebunstag. Als 
schaffender Kunstler hat sich Hummel durch 
Chorkompositionen und Opern einen ange- 
sehenen Namen erworben. 

Der Musifcverein in Kopenbsgen hat zum 
Nachfotger von Prof. Franz Neruda den Kom- 
ponisten Carl Nietsen gewShlr. 

TOTENSCHAU 

In Hannover f Georg Nollet, ein Aus- 
gezeiebneter Bariton, der 22 Jabre der Hofbubne 
angebort hatte, aber eines Leidens wegen schon 
vor 20 Jahren seinem Beruf entssgen mti&te. 

In New York t Francesco Fanciulli, 
65 Jabre alt, von 1853— 9S als Nachfolger von 
Sousa ersterMarinekapellmeister der Vereinigten 
Staaten; zuletzt leitete er die offentlichen Kon- 
zerte im Stadtpark. 

In Graz f Ende August Prof. Dr. Ferdinand 
Bis ch off, 90 Jahre all. Er bat sich durch 
musikgescbicbtliche Forschungen einen Namen 
gemaebt. 

In Karlsruhe f Musikdirektor Ed u a rd Stein- 
wari. 



Scblufi dea redaktlonellen Teils 

Verantwortlith; Villy Benz, SchOnebcrc 



111 



VERSCHIEDENES 

Die Direktion des Harmonium-Saalcs, 
Berlin W, Steglitzer Stride 35,, uberllfir auch in 
dero Icommenden Musikwtnter fur die Dauer 
des Krieges den Harmonium-Saal alien deutschen, 
osterreicbischen und alien Deutschland wohl- 
gesinnten fremdilndischen Kunstlern unentgelt- 
lich an den noch nicht fest belegten Tageri. Der 
Sail wird den betreffenden Kunstlern mr Ver- 
anstaliung von Wobltstigkeitskonzerten und 
-vortrtgsabenden zur Linderung der durch den 
Krieg bervorgerufenen Notlage uberlassen. An- 
meldungen mil RCckporto und Angabe, welcber 
Art die Veranstaltung gepl&nt ist, sind nur 
schriftUcb ntit dem Vermerk „Kriegskonzert" 
an die Direktion des Harmonium-Saales ein- 
zurcichen. 



VUlrillllHllllinHHIIIIIHHIIIMHIIIIIMIIIIIIIIIIIIIIIUIIIIIIMIIIIIHKHIIIII^ 



KOSTENLOS 

erhlLt jeder Interessenl »uT Wunsch eln Ver* 
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Daf? „DIE MUSIK" in diesem Kriegsjahre statt in 4 Quartals= % 

Decken in 2 ScmesteraDecken einzubinden ist, haben wir ft 

unseren Lesern durch mehrfache Anzeigen bekanntgegeben. g 

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Das Exlibrls zu dieser letzten Dectce: 55. und 
56. Band, lag Heft 2t bei. In vorliegendem Heft 
findet der Leser den Tltel zum Juli-September- 
Vierteljahr, das Register ffir den gleichen Zeit- 
raum, sowie das Verzeichfils der Bilder und 
^=: Beitagen fiir den XIV. Jahrgang vor. ^=^ 



Sdiusler & Loeffler, Berlin ID 57. 



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leflcr Band koflet 20 Pfe, 



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Sluber. Ton Slbolf ftobut. 
3. ©♦ 93acf>. Ton X Tatfa. 
93«etljot»eiu Ton I' ?»col>L. 
33ettini. Ton "Paul Tofj. 
53«rlioj. Ton Tvuno i3d>rabei. 
Ti$ct, <33on ^aul Tofe- 
93rabnt3. Ton 9\idjnrl> ». 'l>ergcv, 
Gbcrubtnu Ton?: 1 ?. (f.TJHttmflnn. 
Chopin. Ton (?. ?\etio]it>act)ei'. 
GornciiuS. 7? on <Sb^r 3ftcl. 
TR. ffranft Ton 0?. ftveifwrn 

D. '"procha^fa. 
©lutf. Ton A. <3'0elti. 
5>anbcl. 7>on Tv. cctjrftber. 
£at)bn. Ton I'liDiuig ?ip&(. 
Eifet, I. Tanb. Ton L'. ^ot)t. 

2. Tanc. Ton a ©SUeriet). 



Cocwc. Ton ^icirim. 3?un&e. 
Cording. Ton A. SHittmcmn. 
SRarfancr. Ton SK. £ <2Bittm<tiin. 
SKenbctSfcbn. TonTv.£d)raber. 
SHerjccbeer. Ton 'Jib. tfobut. 
OTo^art. Ton tubwig 9Mf. 
9toffmi. Ton Slbotf "Sto&ut. 
Slnt. giubtnfitciii. Ton 9lic. ©. 

Temffein. 
eibubcrt. Ton <3(. 9ltggli. 
<2d>mnann. Ton X Tatfa. 
Gpobr. Ton L'nbnng ?tobl. 
SofjannGtraufj. TonrVntjl'angt. 
Terbi. Ton Sftaj ffbop. 
<2Bagncr. Ton Cubung ?lol)l. 
QBebcr. Ton ttibrois -^eti(. 
JjjHge SSolf. Ton <*;tigen icd>mitj. 



..^en 9?ctlaitifriifn iOIiifttev- ^.MofiraptiiiMi Dot lein iinccce? T3olf etn>a$ 
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btldcr. 

505 — Heft J 2.— 

E. Die VerkiJndigung. 2, Miria bciucht 
Elisibeth und prelaei GtHt. 3. Die ticl- 
Ilge Nacht. 

506 - Heft II 2,- 

4.Je*oD*rBiislluog im Tempt), wo Simeon 
und Ann i von itin sprecben. S. Mir It 
findet Jesus zwiscben den Lehrem im 
Tempel bei d em Osierfeate. 6. Am FuQe 
des Kreuzrs. 

— Op. 7S, Ein Requiem fDr die Orgel. 
Stimmungsbilder liber WorTeder Heiligen • 
Srhrlft. 

SCO - Heft t 2,50 

1. Gib Ibsen Rube. 2. Dae JOngsle Ce- 
richl. 3. Darum wachet. 

861 — Heft II 2.50 

4. Der Gliube, 5, Friede. 6. Dirtim 
1st mein Hen frShllch — Gib lb pen 
Ruhe. 

- Op. 78, Psulus, Stiftimuiigshilder. 

ff7B - Heft 1 2.— 

1. Sitilus j-iiei wider die JQnger des 
Herrn. 2. Auf dem Wcgcnach DtmtskuB. 

3. Siulus wtri sehrnd und bckehrt sieh. 

H77 — Heft [[ 2.— 

4. Paulus verltundiget das EvangcJium 
und leidet Verfolgung. 5. Das Volk hilt 
Paulua fur clTien Gort und opTert ibm, 

5. Die Gibe der Li'ebe. 

— Op. 81, Die sleben Wortc des ErlSsers 
Am Krcuie. Slimmungsbllder. 

1034 - Heft I 2.50 

1. Einleitung. Der G»ng ateh Golg»th«. 

2. Die Worte der Liebe. 

1035 - Heft II .2.50 

3. Die Worte des Leldens. 4. Die Wone 
des Sieges. 5. Epilog (Sihluuebor id 
libitum). 

- Op, 84, Die heiligen dre! KSnlge. 
Weihnachi-Siimniitngsbildcr. 

J 127 - Hift 1 *3.— 

1, Einleimng. Cbrismachl. 2, .Wo tsl 
der KSuig derjuden?* 3. Die Hohefi- 
pricstcr und die Schriffgelehrlen. 4. Ni<h 
Bethlehem. 

1128 - Heft [[ A — 

5. Die AnbcLung. 0. Hcrodes. 7. Helm- 
warts. 

1233 - Op. 88, Bel kirchllchen Handlungen. 
Stlmmuiigsbllder mm Gcbrauch bei 
Gottcsdlenstcn uder zutn Konicrivortrig 2.50 
[. 8l4 der Taufe. 11. Bei der Hochteit. 
III. Beim Ahead m atile. IV, Bei der Be- 
erdigung (Trtuermirs^b). 

1317 — Op. H9, Naebklitngc aua Davids Psalmen. 

Slimmungsbildcr flir dlf OfrcI . . - ■ 2,50 
J. Der 23. Psalm. II. Der 33, Psalm, 



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Zti •prcctitn tjflHcK von 2—3. 

Untcrrlchtakursc Iflr Muaik- 
■fi«fe«mschaftan und Klavfersplel 

(1m Slime dcr Rjcmmoschca Lehrta unit lhrc» wclitrcn 
Auibliist.j 

Frospakto unantgeltllah. 



Willy von Hoellendorff 

Komponist und Musikschriftsteller 
(fr, Kapellmeister) 

Neuenahr (Rtlld.), Villa Katharina, 

Individueller brieflicher Theorie- 
Unterricht, Eigene prakt. Methode. 

Nichrs Gedrucktes. 

Instrumentierungen modernscer Art 

fiir jede Besetzung. 

OherFdlungen. — Streng diskret. 



an iiiiiimi until imiiiiitiiiiimtiiniiiii in mini until iiwinmiii i nun imimiu hi iiiiiiiiiiiiiiimiiiiiimiimiiiimiiiiitiiiiimiiiiiiimimiiiHL 



EDGAR ISTEL: 



DAS LIBRETTO 

Wesen, Aufbau und Wlrkung desOpernbuchs 

Preis: geh. 3 Mk., geb. 4 Mk. 



ZWEITE AUFLAGE 

=^ U r t c i I <* dcr P r r s s t ^= 

Die Auijraljie von drt-i Mark fiir titcscs linrh kiinuU' maitclictii Komjioiiistcn odcr seincn 
hochltemjjcii GSmit-'iri viele TaiiSende trsparefl. Istel sa«t. was er iu sagcn hat, deutlich 
schonungsloe, selbst btssig, und cla.Jiii.li um so flesllnder fUr mtisikdramatischB Patienten. 

Lcipziyer Neuesslc Naciirichteo. 
Kenntflisreich und von eincin durcli kuiiicrltM P^rU-ilaiiiitismu!; miijekrankL'lteii Standpunkt 
aus bidiaiidvlt Istr-1 dio iiilert'ssahle unci dislu-r vii-l i.u ueiiijj crorterte MaUrie. Uber aile 
Fraiipn, die das Lihrutlo lutrfff^ii. i;il>t tlas Budi Ijefi ii'digi'iidtn und ^uten Bcsclicid. Wir 
diirff ii es somil witrrnstrns cnipfcMen. Ni j uc Preuliisdie (Kreuz-) Zcilunjf. 

Es ist eint ganz vortreffliche Arbeit vail gutpr Ratscltiagr, Waritungon. feiner Beobachtunyen, 
treffender Bemerkungcn, alu- und iiem* WitlirliL-ittn ancitii'imicrreihetid. Ktfifl irjjend in 
Betracht kommentler Punkt ist vom Verfasser flbersrihen wordcn. Grazer Ta^blatt. 

Durch jede Buchhandlung zu beziehen 



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I ui dec Reldimeicil : SutmsTci & Lo;ff!;r. Etdm ff. Vllt Lir,u-t von Hsrrunc 4 Ziennen, G. »■. t) H r VlucDbci]. 



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