DIEMUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
VIERZEHNTER JAHRGANG
VIEftTER QUARTALSBAND
BAND LVI
VERLEGT BEI SCHUSTER & LOEFFLER
BERLIN UND LEIPZIG
1914—1915
Mute
' : i
I- ■
INHALT
Selte
An unsere Leser 288
Joseph Bloch, Die reine Stimmung und die Intonationslehre 172
Marie v. Biilow, Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger 215
Georg Crusen, Deutsche Musik in Ostasien 262
Werner Deetjen, Vom Ausklingen des Meistergesangs 177
Franz Dubitzky, Die leere Quinte 243
F. A. GeiBIer, Das Kriegsziel der deutschen Tonkunst 211
A. N. Harzen-Muller, Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger 123
Johannes Hatzfeld, Musikalisches aus dem Tagebuche Martin Deutingers ... Ill
Richard Hennig, Das Problem des Charakters der Tonarten 61
Alexander Jemnitz, Lieder von Moussorgsky 270
Otto Keller, Anton-Bruckner-Literatur 158. 217
L. Leonbard, Die Musik in Albion seit Kriegsbeginn 51
Arno Nadel, Gesange der jemenitischen Juden. Versuch einer neuen Einteilungs-
weise fur alte Melodieen 99
Wilibald Nagel, Musica futuristica 3
Walter Niemann, Das musikalische Wunderhorn. Von suddeutscher Romantik
in Klavier- und Kammermusik furs deutsche Haus 147
Ernst Otto Nodr.agel f, Jean Louis Nicod6. Ein Kunstlerprofil 195
Richard Ornstein, Wagner, Lortzing-Reger und Deinhardstein. Ein Beitrag zur
Quellengeschichte der „Meistersinger von Numberg* 75
Emil Petschnig, Die Tonkunst nach dem Kriege 26
Konrad Volker, Schubert und Goethe 128
Hermann Wetzel, Hauskonzerte % 32
Revue der Revueen 37. 88. 133. 181. 227. 278
Besprechungen (Bucher und Musikalien) 42. 92. 138. 187. 234. 283
Anmerkungen zu unseren Beilagen 48. 96. 144. 192. 240. 287
INHALT
Selte
Btsel 239
Berlin ... 95. 239. 287
Graz 44
Kritik
(Oper)
Seiie
Selte
Halle a. S. . .
143
. . 45
Hannover . .
143
95
Koln . . . .
Kritik (Konzert)
Seite
Basel 239
Berlin 96
Dessau 96
Graz 45
Halle a. S 192
Seite
Hannover 143
Jena 46
Kiel 47
St. Louis (U. S. A.) . 47
Sondershausen . . 287
Selte
StraBburg i. E 48
Thun 240
Worms 144
DIE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 19 • ERSTES JULI-HEFT
14. JAHRGANG 1914/1915
VERLEGT BEI
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W
Die Politik hat eine gewisse Verwandtschaft mit der Musik in
dem Bestreben, Harmonie berzustellen, und aucb Noten bat man in
der Politik genug zu schreiben. . . . Wenn meine Arbeit als Kom-
ponist und Notenschreiber in deutscben Angelegenheiten gelungen ist,
dann ist mein Lebenszweck, soweit er fur die Offentlichkeit von Wert
ist, erfiillt.
Bismarck
INHALT DES 1. JULI-HEFTES
WILIBALD NAGEL: Musica futuristica
EMIL PETSCHNIG: Die Tonkunst nach dem Kriege
HERMANN WETZEL: Hauskonzerte
REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
BESPRECHUNGEN (Bficher und Musikalien) Referenten:
Martin Frey, Carl Robert Blum, Hjalmar Arlberg, Emil Thilo,
Georg Capellen, F. A. GeiBler
KR1TIK (Oper und Konzert): Graz, Jena, Kiel, St. Louis,
StraQburg
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
KUNSTBE1LAGEN: Robert Kahn; Therese Malten
NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenscbau, Verschiedenes
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Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland
Mk. 6.—). Die bisberige Jabresvorausbezahlung lassen wir, urn den
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zablungserleichterung
zu gewahren, fur den 14. Jahrgang in Wegfall kommen.
Verlag und Redaktion der MUSIK
MUSICA FUTURISTICA
VON PROF. DR. WILIBALD NAGEL IN STUTTGART
Wir leben in einer Zeit, die eine Umwertung vieler Dinge und
Begriffe erfahrt. Der eiserne Besen des Deutschland in einer
nie genug zu brandmarkenden, scbamlosen Weise aufgezwungenen
Krieges fegt mit Allgewalt das hinweg, was alt und verrottet war und raumt
auf mit dem, was sich gigerlhaft dumm blahte und nur in der Sonne der
eigenen Dummheit glanzte . . . Man hat derartige Worte in den letzten
Monaten oft in dieser oder ahnlicher Form gehort. Moge Deutschlands
guter Geist geben, daD sie sich auch nach dem Kriege bewahrheiten. Der
Kenner deutscher Art und Geschichte wird freilich geneigt sein, die Dauer
des Erfolges abzuwarten, ehe er in den allgemeinen Jubel einstimmt. Immer-
hin ist es als gutes Vorzeichen zu begruflen, daC die Erregung gegen
die Auslanderei und ihr Affentum diesmal wirklich tief geht. DaC dabei
fiber die Schnur gehauen wird, darf niemanden wundernehmen. Wo es
so gahrt und brodelt wie in der Gegenwart, da steigen die seltsamsten
Blasen auf, und allerhand Gase umnebeln die Sinne. Es entbehrt aber
nicht einer gewissen Komik, wenn man gewisse Zeitungsschreiber, die sonst
an Anhimmelung fremder Art sich nicht genug tun konnten, jetzt alles
Fremdlandische kurz und klein schlagen sieht. Handel, Wissenschaft und
Kunst sind ihrer innersten Natur nach international. Sonst verdorren sie
und sinken zu bedeutungsloser Kramerei herab. Darauf wird sich unsere
Zeit, ist erst einmal der Friede erkampft, bald wieder besinnen.
Lacherlich, daC erst offentlich angefragt werden muCte, ob heute
Shakespeare aufgefiihrt werden diirfe! Unser Shakespeare, den die Arbeit
unseres Geistes uns gewonnen hat! Lacherlich, wollte man Berlioz in Acht
und Bann erklaren, der Deutschland geliebt hat. Man streicht Kultur-
werte nicht mit einem Federstriche aus dem Dasein fort. Kulturwerte —
darauf kommt es an, Erscheinungen von Ewigkeitsgehalt. Was problema-
tisch ist, Zeichen des volligen Verfalles an sich tragt, das freilich wird
der Sturm, der jetzt fiber Europa hinwegfegt, erbarmungslos vernichten.
Ich denke, der Futurismus gehort zu ihm. Und weil er ein traurig-
lustiges Ding ist, mochte ich einiges fiber ihn sagen. An der Hand kleiner
in Deutschland nahezu unbekannter Dokumente.
Als F. Balilla Pratella's op. 30, „Musica futuristica per orchestra",
irgendwo in Italien aufgefiihrt wurde, soil es zu wfisten Larmszenen ge-
kommen sein. Das ware zu bedauern, da niemand das Recht hat, dem
Kunstler vorzuschreiben, wie und was er zu schaffen hat, niemand auch
wissen kann, ob nicht das, was heute noch allgemein mififallt, morgen
Beifall finden wird. Vielleicht sogar kfinstlerische Geltung. Zudem werden
4 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
isthetische Streitfragen nicht durch Joblen und Schimpfen entschieden, und
das zahlende Publikum erwirbt durch sein Geld noch keineswegs das Recht,
in seinem Sinne vom Kiinstler unterhalten zu werden.
Das freilich sehr sonderbare Werk (seine Form ist nicht weiter
charakterisiert) ist mittlerweile, 1912, bei F. Bongiovanni in Bologna er-
schienen. Man wiirde es als ein klassisches Beispiel tonsetzerischer
Armut, barbarischer ScheuOlichkeit und kindischer Ungelenkheit (mit wenigen,
ganz wenigen ertraglichen Einfallen) ruhig beiseite legen konnen, ginge
ihm nicht eine mit argen Phrasen gepanzerte theoretische Abhandlung, die
sich als futuristisches Manifest bezeichnet, voraus. Zu diesem Gemische
aus GroBenwahn und kritikloser Schwafelei Stellung zu nehmen, ist um
so mehr angezeigt, als das Manifest in spateren Zeiten zur Beleuchtung
der Musikkultur des beginnenden 20. Jahrhunderts ohne Zweifel nicht
selten angezogen werden wird.
In jeder Kunst hat es von alters her Schaffende gegeben, die die
iiberkommenen Werte zerschlugen oder doch zerschlagen wollten, und in
ihren eigenen Werken etwas sahen, das der Welt neuen Gehalt zuzufiihren
vermochte. Nicht immer war da Spekulation am Werke, wie (in manchem
Zuge wenigstens) bei den ersten Musikdramatikern und auch bei Gluck,
Berlioz und Wagner. Es geniige, an Beethoven zu erinnern, der, seiner
Schopferkraft voll, sich die Kunstregeln nach eigenem Ermessen schuf
und alle iiberkommenen Vorschriften ablehnte, gleichwohl aber den Zu-
sammenhang mit den Vorgangern nicht vergaC. Und wie rasch stellte sich
Wagner diese Verbindung mit der Vergangenheit, deren er als unreifer
Sturmer und Dranger ledig zu sein glaubte, wieder her! Wenn Pratella
den Kreuzzug gegen alles Uberkommene predigt, die Akademieen mit
Stumpf und Stiel auszurotten eifert, so konnen ihm dabei keine mildern-
den Umstande bewilligt werden, da ihm und seinen Genossen ja nur das
eine Ziel vorschwebt, aus sich heraus eine neue Kunst zu konstruieren,
die auOerhalb jeder Verbindung mit dem historisch Gewordenen stehen
soil — ein Gedanke, den man verwiinscht gescheit nennen konnte, wire
er nicht so unsagbar toricht. Er ist das, weil er die Grundgesetze alien
kiinstlerischen Bildens ubersieht, weil Pratella die Ketten, die auch ihn
an die Vergangenheit binden, gar nicht bemerkt.
Der Futurismus will unverbrauchtes Tonmaterial in unverbrauchter
Form bieten. Innerhalb der bis j'etzt giiltigen Grenzen behauptet er kein
diesen Namen verdienendes Kunstwerk schaffen zu konnen. Fur die
Gegenwart ist ihm alles bisher Bestandene wertlos geworden. Also muD
es zugrunde gehen. Wenn man derlei liest, so verfallt man zunachst auf
die Annahme, die neue Zukunftskunst solle aus einem neuen Urschleime
erwachsen. Das stimmt vielleicht fur die Malerei des Futurismus, nicht
aber fur die Musik. Dort herrscht ein vollig ungeordneter Urzustand, der
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA
sich fiber alle Gesetze der Perspektive, der Zeichnung, der Anatomie, also
fiber alles, was vernunftig ist, hinwegsetzt. Hier ist — leider, mochte
man sagen — noch nicht jede Verbindung mit der alten Kunst gelost.
Das Manifest — ich kfirze vielfacb ab — setzt so ein:
„Ich wende mich an die Jugend. Dem Alter gebUhrt nur das
Ende. Die Jugend soil mir vertrauend und kfihn folgen auf den
Wegen, die schon unsere VorgMnger, die Futuristen der Malerei und
Poesie, ungestfim und kfihn gegangen sind. Vor einem Jabre hat eine
Kommission, bestehend aus den Maestri: Pietro Mascagni, Giacomo
Orefice, Gugltelmo Mattioli, Rodolfo Ferrari und dem Kritiker
Gian Battista Nappi, meine futuristische Oper ,La Sina d'Vargonn*
mit dem von dem Bolognesen Cincinnato Baruzzi ausgesetzten Preise
von 10000 Lire gekront. Die Aufffibrung fand im Dezember 1909
im Teatro Comunale in Bologna statt; sie verschaffte mir begeisterten
Erfolg, aber auch gemeine und dumme Kritiken, Ebre und Feinde.
Ich bin durch diese Berfihrung mit Publikum und Verlegern imstande,
mit der groOten Klarheit die intellektuelle MittelmSOigkeit, die ge-
scbaftsmaOige Niedrigkeit und den Misoneismus zu beurteilen, was
alles die italienische Musik zu einer einzigen und fast unverMnder-
lichen Form von gewohnlichem Melodrama 1 ) macht. Hieraus folgt
unsere vollstandige Unterlegenheit gegenfiber der Bewegung der futu-
ristischen Musik in anderen Landern. In Deutschland erhebt nach
Wagners ruhmreicher Herrschaft R. StrauC das Barock der Instru-
mentation fast zur lebensfahigen Kunstform, und wenn er auch seine
sich in harmonischen, akustischen, auffallenden und unfibersichtlichen
Manieren versteckende Diirre, das Geschaftsmafiige und Banale
seines Geistes nicht verbergen kann, so bemfiht er sich doch mit er-
finderischem Geiste, die Vergangenheit zu fiberwinden. In Frankreich
wirkt CI. Debussy, ein tief subjektiver Kfinstler, mehr Literat als
Musiker; er schwimmt in einem See, der durchsichtig und ruhig und
voll von zarten, kostlichen, azurnen und bestandig durchscheinenden [?!?]
Harmonieen ist. Mit der instrumentalen Symbolik und einer Polyphonie,
die gleichformig an harmonischer Empfindung aufgebaut ist fiber der
Ganztonleiter (es ist das ein neues System, aber doch ein System
und deshalb eigenwillige Einschrankung), gelingt es ihm nicht immer,
den Mangel des Werkes seiner einseitigen Thematik und Rhythmik
und das fast vollkommene Fehlen der ideologischen Entwickelung zu
verdecken. Diese Entwickelung besteht ffir ihn in der primitiven und
kindlichen periodischen Wiederkehr eines kurzen und armen Themas
oder eines rhythmischen, einformigen und leeren Tonganges. Weil
*) Da? Wort ist hier im Sinne von Oper gebraucht.
DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
er, was die Oper anbetrifft, auf die untauglichen Gedanken der
,Camerata fiorentina', die um 1600 die Oper schuf, zuriickgriff, ver-
mochte er die melodramatische Kunst seines Landes nicht vollig zu
reformieren. Trotzdem hat Debussy kiihner als alle anderen die Ver-
gangenheit bekampft. In seinem Wollen starker, ist G. Char pen tier
musikalisch geringer zu werten als Debussy. In England hat Edward
Elgar in seinem Bestreben der Erweiterung der klassischen sym-
phonischen Formen zu einer Zerstorung der Vergangenheit beigetragen,
indem er reichere und vielseitigere Variationen eines Themas, und
nicht in der uppigen Verschiedenheit der Instrumente, sondern in der
Verschiedenheit ihrer Gruppierung Wirkungen sucht, die unserer
Empfindung entsprechen. In RuBland hat Modest Moussorgski, durch
N. Rimsky-Korssakoff in unser Gedacbtnis zuruckgerufen, die
Uberlieferung verlassen, indem er das primitive, nationale Element
mit den ererbten Formen vereinte und dramatische Wahrheit und
harmonische Freiheit suchte. Auch in Finnland und Schweden wurden
durch musikalische, poetische und nationale Tendenzen neue Richtungen
geschaffen, wie die Werke von J. Sibelius beweisen.
Und in Italien? Zum Nachteile der Jugend und der Kunst be-
stehen Gymnasien, Akademieen und Konservatorien. Sie sind Ausdruck
der Ohnmacht. Lehrer, beriihmte Unfahige bekampfen jede Kraft, die
das musikalische Gebiet erweitern mochte. Darum also Niederzwingung
jeder freien und kiihnen Intelligenz, darum unbedingte Unterstiitzung
der MittelmaBigkeit. Die jungen Musiker, die in den Konservatorien
versauern, richten ihre Augen auf den blendenden Schein des Theaters
unter der Vormundschaft der Verleger. Diese fiihrt den groBten Teil
jener zu einem schlimmen Ende, weil jeder ideale und technische
Grundgedanke fehlt. — Einen kurzen Erfolg zu erringen kostet Geld . . .
Schiffbruchige Opernschreiber (operisti mancati) greifen zur letzten
Zuflucht, der Symphonie. Sie sagen das Ende der Oper als einer
unmusikalischen Form voraus und beweisen durch ihr neues und
ungeschicktes Schaffen, dafi die Italiener zu diesem edlen und lebens-
fahigen Zweige der Tonkunst nicht geboren sind. Ihren Aufstieg be-
zeichnet die sogenannte ,gut gemachte Musik', eine wertlose Nach-
ahmung. Ein Komponist, der auf alle Selbstandigkeit verzichtet, findet
einen Verleger, und der ubergibt ihm einen Galgenvertrag (contratti
capestro), der ihn zum Feigling, zum Diener des Verlegers, zum frei-
willig Verkauften erniedrigt. Die groBen Verleger sind Herrscher, die
fur den Opernmarkt die Grenzen bestimmen. Diese werden bezeichnet
durch die tiefstehenden, kriippeligen und gemeinen Werke G. Puccini's
und Umberto Giordano's. Die Verleger bezahlen Dichter, damit
diese Zeit und Geist vergeuden, um nach dem Rezepte des grotesken
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA
Kuchenbackers Luigi Illica die schmutzige Torte zurechtzumachen,
die man Operntext heiBt. Die Verleger schatzen alle MittelmaBigkeit
und bestimmen unter Mitschuld der Kritik den Geschmack des
Publikums. Nur Pietro Mascagni hat den Mut und die Macht
gehabt, sich gegen Kunstiiberlieferung, Verleger und das irregeleitete
Publikum zu emporen. Er einzig und allein hat die Schmach des
Verlegermonopols aufgedeckt und die Bestechlichkeit der Kritik ent-
hullt. Mit viel Genialitat hat er ferner wahre Proben der Neuerung
im harmonischen und lyrischen Teile des Melodramas angebracht,
ohne sich jedoch von den iiberkommenen Formen freimachen zu
konnen. Das getreue Bild der gegenwfirtigen Kunstpflege in Italien
ist dies: Kultus der toten, Austrocknen der lebendigen Quellen.
Der Futurismus, die Auflehnung des Lebens, der Intuition und
des Gefiihls, erklart den Krieg an alles Doktrinare, an jedes In-
dividuum und Werk, das die Vergangenheit wiederholt. Er erklart die
Eroberung der Freiheit, der Einsicht und des Gedankens. Er erklart,
daQ Kunst Heldenmut, Gleicbgultigkeit und Verachtung des leichten
Erfolges ist.
Ich rufe unter das flammende Symbol des Futurismus die jungen
Komponisten, die Herz baben, zu lieben und zu kampfen, die Fahig-
keit zu denken, die die Stirne frei von Feigheit hochtragen. Und ich
jauchze, denn ich fiihle mich frei von aller Uberlieferung, von
Zweifeln, von Bequemlichkeit und eitlem Gefiihle.
Aus allem dem folgt:
1. Einziges Mittel der Wiedergeburt der Tonkunst ist das freie von
der Hochschule unabhangige Studium.
2. Die Kritiker sind als bestechlich und unwissend durch Verachtung
zu bestrafen, das Publikum muB von ihrer Beeinflussung los-
gemacht werden. Das kann durch eine zu begrundende Zeit-
schrift geschehen, die unabhangig ist und gegen das Professoren-
tum auftritt.
3. Die Teilnahme an Wettbewerben ist vom Ubel; die Richter sind
unfabige Trottel und Duckmauser.
4. Geschaftliche und akademische Kreise sind gleichmaOig zu meiden.
Ein bescheidenes Leben ist dem Luxus, dem sich die Kunst ver-
kaufen soil, vorzuziehen.
5. Das eigene Empfinden ist von jedem Einflusse der Vergangenheit
freizumachen. Den Geist der Zukunft zugewendet muG man
fiihlen und singen, indem man Eingebungen und die Asthetik der
Natur ablauscht in alien ihren gegenwartigen menschlichen und
auQermenschlichen Phanomenen; erheben muB man den Symbol-
8 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
menschen, der sich immerwahrcnd in den verschiedenen Erschei-
nungen des modernen Lebens und in seinen unendlichen innigen
Verbindungen mit der Natur erneuert.
6. Der Satz ,laDt uns zum Alten zuriickkehren' ist verachtlich und
dumm.
7. Das Reich des Sangers muO enden. Gegenuber den Kunstwerken
bedeutet der Sanger nicht mehr als ein Orchesterinstrument.
8. An die Stclle von Operntexten gilt es, ,dramatische oder tragische
Dichtungen fur Musik' zu schaffen, die in freien Versen zu halten
sind. Jeder Opernkomponist muB diese Dichtungen selbst ver-
fassen.
9. Verachten muB man die historischen Wiederherstellungen usw.
10. Bekampfen muB man die Lieder in der Art Tosti's und Costa's,
die ekelhaften neapolitanischen Liedchen und die musica sacra, die
seit dem Schwinden des Glaubens keine Existenzberechtigung mehr
bat und die zum Monopol der unwissenden Konservatoriums-
direktoren und einiger unzurechnungsfahiger Priester geworden ist.
1 1. Alte Opern immer wieder auszugraben ist ein Verbrechen gegen die
aufstrebenden jungen Meister. Zu unterstutzen gilt es das, was
neu ist und umsturzlerisch.
Und nun walze sich die Reaktion der Vergangenheitler (passatisti)
nur mit alien Furien gegen mich. Ich pfeife darauf. Ich bin ent-
flammt ftir den Futurismus, dessen Banner der Dichter Marinetti
in Paris entfaltet hat, den Futurismus, der in kurzer Zeit die groflen
intellektuellen Mittelpunkte der Welt besiegt hat."
Machen wir hier einige Augenblicke halt. Die Ubersetzung des Ur-
textes ist schwer und nicht gut, wie ich ohne weiteres zugebe: die ge-
schwollenen Phrasen, mit denen Pratella an einigen Stellen um sich wirft,
lassen sich in verniinftigem Deutsch nicht ausdriicken. Hier gait es nur,
den Sinn der Satze, unter denen sich iibrigens auch durchaus Beherzens-
wertes und Richtiges befindet, genau wiederzugeben. Einige sachliche
Bemerkungen mogen diesem ersten Manifeste beigefugt werden. Uber
Pratella als Historiker darf ich mich ganz kurz fassen. Was er da sagt,
hat nur sehr bedingten Wert. Er ubersieht nicht einmal die Geschichte
der Musik seines eigenen Landes. Zunachst weiB er nicht, dafi echte
Kunst niemals das Produkt bloBer Absicht sein kann, daB sich ein Kunst-
werk niemals, auch durch ehrliches Wollen nicht, konstruieren laBt, daB
es in irgendeiner seiner Teilerscheinungen stets an die Vergangenheit
geknupft sein muB. Das ist der lacherliche Irrtum so vieler moderner
Kunstler, anzunehmen, ein Kunstwerk konne auf den Namen einer individu-
ellen Schopfung nur dann Anspruch erheben, wenn es in jedem Zuge neu,
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA
9
noch nicht dagewesen sei. Solange eine ganze Zeit ihren besonderen Aus-
druck hat, solange das Material einer Kunst das gleiche sein wird, solange
wird das nicht der Fall sein. Und Pratella, der gegen den einengenden
Zwang der Systeme wettert und iiber die Ganztonleiter herfallt, wie be-
ginnt er sein Werk?
pEL ^i^^ m^^^^^s^
- ?r >-
Und' wie heifit's an einer anderen Stelle?
^gg
*=r»
usw.
Ob es sich um eine Sechs- oder Acht- oder Zehn-Ganztonreihe handelt,
ist in Wahrheit ganz gleichgiiltig. Auch den Kontrapunkt hat, Beispiele er-
lasse ich mir, Pratella nicht ganz iiberwunden, und auch Orgelpunkte und
andere abtuwiirdige Zeugen einer ruhmlosen Vergangenheit der Tonkunst
gibt's bei ihm. — Das ist zweifelsohne richtig, dafi Italien — und auch
andere Lander — viel unter der Herrschaft des Operngeschaftmachens zu
leiden gehabt hat und noch zu leiden hat, dali es erst spat fur den GenuQ
der deutschen Instrumentalmusik reif und empffinglich wurde, dafi seine
Kirchenmusik auch nach der Regensburger Reformbewegung vielfach und
lange noch im Banne des alten Trodels einhertrottete. Aber daran denkt
Pratella ja eigentlich gar nicht; er will alles mit Stumpf und Stiel
ausrotten und ubersieht Erscheinungen wie Boito, Bottessini,
Sgambati u. a. m. vollstandig, er sagt nichts iiber die Stellung Wagners
im modernen Musikleben Italiens, die allerlei Kampfe weckte, desselben
Wagner, dem auch Pratella einiges aus seinem Manifeste verdankt. Er
hat offenbar wohl eine starke Ahnung von dem Zusammenhange zwischen
Verdi und den Bellini und Donizetti, ganz und gar keine aber davon, wie
dieser Verdi iiber jene hinauswuchs und, obwohl Italiener bleibend, doch
innerlich und aus eigener Kraft dem deutschen Meister entgegenreifte.
Ubrigens spukt der „Italiener" auch hier und da noch in Pratella's freiem
Tongefuge. Das hat er aber mit seinem Opus bewiesen: daQ Einer nicht
gut gemachte Musik zum Drucke bringen kann. Man sehe Takte wie
diese und ziehe die notigen Schlusse selbst:
z$m
-*
*E*
«r-
^
*-iS
m^M
i^ta^s
k^
usw.
10
DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
oder:
3
ltf-T-1 i
=1= — 1 —
> V #* V
> — i- — ? r — ^r —
~" — "T
Die Gegensatze beriihren sich auch bei ihm wieder: auf der einen
Seite herrscht eine gewisse kindlich-kindische Primitivitat, auf der anderen
eine Haufung kakophoner Mifigeburten. Um das an einem Beispiele
Pratellas klarzumachen:
1) t F ,* f<
usw.
-ff^fee
5^3-
usw.
und z. B.
2)
^..ste.. *tt. * * 1 1
, __. „ fir: [: — r?:rt :={r^=tz=
5SF
^£
oder
__!-„? fe^*'^
rtr:p;:t=t-=
usw.
£M.=
:t_
3) Colmo delta passione
rj—^—^f-t-fV-
2 i2«? 5? <:
Iptsu % JE-
±*r
2 t»2 b*__
fid. Cd. M.
— *? f> »-
3: r — -t~
V**
: £— ?<*
^=^~
* -*-
- M =
usw.
4) Ridendo
zz±;=r=t=c=t=t- -*— g* *-3g — zzjtji
— i i i i i i ■ . — ,.«-
gi=jtg;-lfa
usw.
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 11
Es ist im Grunde recht lustig, zu sehen, wie ein Italiener, der sicherlich
nicht fiber ein starkes ursprfingliches Musikempfinden verfiigt, im Gefolge
gewisser Wagnerscher Lehren einherstolziert, die er seiner ganzen Natur
und Anlage nach nicht vollig begreifen kann oder nur dann begreifen
konnte, vermochte er sich seines nationalen Fiihlens ganzlich zu entkleiden.
Wir kfihleren Nordlander haben langst die Gefahr nicht nur der Wagner-
schen, auch der Regerschen und anderer Musik begriffen. Psychologie
und Tiefsinn haben uns den unmittelbar empfangenden und wirkenden
Kunstgeist nahezu totgeschlagen, so daC wir vor lauter reflektorischer Tatig-
keit fast nicht mehr ein noch aus konnen und Sehnsucht nach herz-
erfreulichen, belebenden Kfinstlertaten haben. Toren, die wir doch sind!
Wir haben um Sinigaglia, Wolf-Ferrari, Puccini u. a., mochten wir sie
auch im einzeln nicht einmal allzuhoch stellen, die Italiener beneidet . . .
Was das Gerede fiber die untauglichen Gedanken der Florentiner
um 1600 besagen soil, ist nicht einzusehen. J a, ging denn aus ihnen
nicht die Oper hervor, in der das Drama das Wesentliche sein sollte?
GrifFen nicht Lully und Gluck, griff nicht Wagner prinzipiell auf jene
Gedanken zurfick, derselbe Wagner, den auch Pratella rfihmt? Haben
nun wirklich die Manner, die Pratella anffihrt, nur zerstort, in dieser Zer-
storung ihr Bestes geleistet? Das heiOt wirklich den Entwickelungsgedanken
einer Kunst ganz und gar nicht erfassen. Was an einer Kunst irgend-
eines Zeitraumes alt und uberflussig erscheint, fallt ganz von selbst ab.
Wenn aber eigenwillige Kunstlerlaune oder vorgefaDte Theoreme diese
oder jene Erscheinung, die fur das allgemeine Kunstempfinden Bedeutung
hat, durch eine radikale Amputation entfernen zu konnen meint, ohne daO
sie veraltet und unfruchtbar ist, so hilft das gar nichts, sie lebt ruhig
weiter. Wie oft ist nicht schon der Kontrapunkt totgeschlagen worden!
Beethoven hat die Quintenparallelen erlaubt und nach ihm unzahlige
andere. Und doch lebt jener und das Verbot dieser ruhig weiter. Und
lebt mit Recht, wenn auch nicht als ein absolutes. — Pratella begreift
die Notwendigkeit der organischen Kunstentwickelung nicht. Begreift nicht,
daO ohne Schulung auch die starkste Begabung nichts Dauerndes wird
schaffen konnen. Begreift nicht, daQ jede Wirkung eine Ursache hat.
Wenn wir heute gewisse „exotische a Weisen in der Musik Geltung finden
sehen, so ist das ein letzter AusfluD der Bewegung, die im 18. Jahr-
hundert zuerst in bewuDte Bahnen lenkte, nachdem sie vorher langst vor-
bereitet war, jener, die nationalen Musiken in den Dienst kunstlerischen
Schaffens zu stellen. Man braucht das wahrlich im einzelnen nicht mehr
darzulegen.
Zu seinen Angriffen auf die Akademieen fehlt Pratella die Be-
glaubigung. GewiC, er konnte sich auf Hugo Wolf, auf Verdi und auf
andere berufen. Allein es hat auch selbst Wagner nichts geschadet, bei
12 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
Weinlig Kontrapunkt studiert zu haben, und die Fahigkeit und der FleiB,
mit dem Hugo Wolf sich in seine Meister vertiefte, selbstandig und obne
Fiihrung, — sie sind nicht eben vielen Menschen gegeben. Auch da sind
also Pratella's Ansichten nicht neu; nur daC sie noch niemand so scharf
wie er ausgesprochen hat. Aber das ist kein Verdienst, ist vielmehr in
der Verallgemeinerung toricht. Das Wort, daO sich eines nicht fur alle
schicke, gilt auch hier, und bloO durchs Fernhalten von der Kultur der
Vergangenheit wird noch kein Mensch ein Kiinstler.
Die Frage „Autor und Verleger" kann hier selbstverstandlich nicht
breit beriihrt werden, namentlich ihre soziale Seite nicht, obwohl der Teil
„Verleger- und Autorenhonorar" mit allem, was drum und dran ist, die
Zukunft der Musiker sehr beriihrt. Sehen wir also auch wie von dieser
so von der Frage nach einer genossenschaftlichen Vereinigung der Ton-
kiinstler ab, die allein das Verhaltnis zum Verlagwesen, zum Publikum, zu
den Agenturen usw. befriedigend loscn kann, und beschaftigen uns einen
Augenblick mit anderen Angriffen Pratella's.
„Jeder Opernkomponist sei sein eigener Dichter." Ja! wenn das so
leicht ginge! Wie viele Tonkiinstler haben es nach Wagner schon versucht,
ihre eigenen Dichtungen zu schreiben, und was ist dabei allzuoft heraus-
gekommen! Siegfried Wagner ist nicht der einzige, der unserer Sprache
Gewalt angetan hat. Wenn immer noch das Urteil der berufenen Dichter
iiber die Operntextschreibung zu Recht besteht, so kommt das nur daher,
datt die Operndichtung mit Riicksicht auf die notige symphonische Aus-
ladung der Musik vieles nur andeuten kann, also sich selbst in bezug
auf psychologische Begriindung unausgesetzt Ziigel anlegen muC. Arbeiten
Dichter und Komponist zusammen, ist dieser vollig vertraut mit den Ab-
sichten jenes, unterrichtet der Dichter in kurzen Bemerkungen iiber
wichtige Einzelheiten im psychologischen Aufbaue, so ist nicht einzusehen,
weshalb das Zweigespann einem Drama Schaden bringen sollte. Calzabigi
und Gluck haben sich so verstanden, daC ihrer Arbeit wirklich recht
Gutes erbluhte — und was furs 18. Jahrhundert gait, besteht auch fur
die Gegenwart zu Recht, mag der moderne Musiker auch vielfach glauben,
der ErbpSchter psychologischer Tiefgriindigkeit und allein imstande zu
sein, Dingen und Menschen auf den Grund ihrer Daseinsbedingungen zu
schauen.
DaC die Tonkiinstler berechtigt sind, an einer gewissen Art von
Kritik iiber sie Kritik zu iiben, ist unbestreitbar. Ob Pratella die italienische
Kritik in Bausch und Bogen bestechlich nennen darf, weiD ich nicht. Auf
Deutschland und die Schweiz treffen die Angriffe sicherlich nicht zu.
Immerhin ist auch hier in der Kritik vieles faul. Unter den Kritikern
sitzen zu wenig gebildete Fachleute, das System der Nachtkritiken ist zu
verwerfen, der Kritiker muB auf Sachlichkeit verwiesen werden und diirfte
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 13
nicht, wie es so oft geschieht, Personliches in den Vordergrund riicken.
Ganz schlimm ist, daO, wie es in kleinen deutscben Stadten geschieht, der
Verleger aus GeschMftsriicksichten die Leitung „seines" Blattes, der auch
oft die Kritik zusteht, beeinfluflt. Die Redakteurverbande muBten da auf
das energischste Stellung nehmen. Das VerhMltnis von Buchverlag, Theater-
leitung und Kritik ware zu regeln. Der Kritiker geht oft als mehr oder
weniger ahnungsloser Engel in eine Erstauffiihrung. Diese ist um 10 Uhr
zu Ende, und morgens um 7 Uhr findet der Leser des Blattes „die Kritik",
die nicht selten dem Kunstler den Hals bricht. Solcher MiBstande gibt
es mehr bei der Presse. Ein kritisches Zentralorgan tate uns darum bitter
not, das Riicksicht auf die Bediirfnisse der Kunstler nahme, dessen Ver-
fasser aber auch ihrerseits fiir ihre verantwortungsvolle Aufgabe nicht nur
die notige Zeit, auch die notige materielle Entlohnung fanden. Traten
daneben ruhige, sachliche Besprechungen in den Tagesblattern, die wochent-
lich ein- bis zweimal erscheinen konnten, lehnte die Tageszeitung jede Art
von Stimmungs- und Sensationsmacherei wenigstens im Feuilleton ab, so
lieOe sich wohl eine gewisse Besserung der Zustande herbeifuhren. DaO
das Publikum unbedingt auf die Kritik „seines" Blattes schwore, ist nicht
wabr. Der Kritiker, der etwas gelernt hat und unabhangig ist, wird viel
mehr bekampft und angefeindet, als im allgemeinen geglaubt wird. Um
aber Pratella in etwas entgegnen zu konnen: Kein Mensch wird bestreiten,
daO seine Stellungnahme gegen das Professorentum in einer Richtung
begriindet ist: was bloB professoral ist, ist zopfig und meist von unglaub-
lichem Eigendiinkel beseelt. Dem akademisch korrekt Schaffenden ist
jeder Mensch von Phantasie und Eigenkraft verdachtig und verhaDt, wie
die Geschichte der Kiinste auf Schritt und Tritt lehrt. Die „Professoren"
sind die staatlich angestellten Huter der Kunst, und so ist der Grund der
Erscheinung vollig klar: er liegt in der freilich nicht iiberall erkennbaren
einseitigen Stellungnahme des Staates fur eine einzelne Kunstrichtung.
Der „Professor" fiihlt sich als Beamter mehr denn als Kunstler, er wird
in gewissem Sinne liebedienerisch, sobald sich ihm die Pforten der Aka-
demie erschlossen haben, er wird einseitig. Mag der einzelne glauben,
iiber diesen Vorwurf erhaben zu sein, er kann sich wenigstens nicht ganz
von den Ketten frei mac hen, die er tragt, kann gegen die Anschauungen
des Staates von der Kunst, die er offiziell vertreten muO, nicht energisch
einschreiten, wenn er das auch vielleicht hier und da mochte. Das ist
eine zu naturliche Sache, um Widerspruch finden zu konnen. Aus dieser
Schwierigkeit herauszukommen, gibt es nur die eine Moglichkeit: der Staat
muD aufhoren, gewissermaOen Aufsicht iiber das kunstlerische Gewissen
zu uben, darf nicht einseitig diese Richtung fordern und jene bekampfen;
dem Landesfiirsten als solchem darf unter keinen Umstanden das Recht
gewahrt bleiben, zugunsten einer kunstlerischen Partei zu entscheiden.
14 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
Alle diese Dinge sind in hervorrageoder Weise auch im Interesse einer
gesunden Vorwartsbewegung unscrer sozialen MaQnahmen notwendig.
Der Staat soli unsittliche Erscheinungen bekampfen diirfen; sich zutn
Ricbter iiber kiinstlerische Dinge macben darf er unter keinen Umstanden,
solange er von den Kiinstlern insgesamt sich selbst gegeniiber die gleiche
Pflichterfiillung fordert. Das sollte wenigstens ein ganz elementarer
Rechtsgrundsatz sein.
Es ist selbstredend barer Unsinn, wenn Pratella den Satz predigt,
der junge Kiinstler miisse, um voranzukommen, alles Akademikertum ver-
achten. Was dem Jupiter Genie wenigstens recht sein kann, palit noch
lange nicht fur jedes Talent-Herdentier. Und au&erdem: unter den Akade-
mikern waren immerhin Manner wie Kiel und Joachim. Ubrigens konnten
auch die Regierungen an dieser Tatsache viel in dem oben angegebenen
Sinne lernen: wie entsetzlich einseitig und konservativ verseucht geradezu
war die Berliner Akademie, ehe Kiel in sie eintrat, und wie schritt sie
dann doch sogleich machtig der Kunst der Gegenwart entgegen, wenn sie
ihr selbst auch noch fernblieb. Das eine ist ohne Frage richtig: eine
Akademie kann ihrem Wortbegriffe nach nur das Allgemein giiltige und
Anerkannte pflegen. Das Problematische, und das ist eine modische Kunst
wie der Futurismus, muQ ihr vorenthalten bleiben, weil die Beschaftigung
mit ihm unreife Kopfe in die schlimmste Verwirrung zu setzen vermag.
Dafi der Kiinstler sich grundsatzlich nicht an Wettbewerben beteiligen
solle, heiOt toricht reden. Talente konnen da immerhin ans Licht treten.
Aber im ganzen geschahe der Kunst sicherlich kein Abbruch, wenn mit
dem Wettbewerbwesen uberhaupt aufgeraumt wiirde. Was Pratella im
zweiten Absatze der vierten These sagt, ist ehrlich gedacht. Nur handelt
es sich freilich bei Vertragen nicht immer um ein B Sich-Verkaufen" des
Kiinstlers. Die fiinfte These wird uns in anderer Form noch weiter unten
begegnen. Hier nur so viel: solange das Tonmaterial dasselbe bleiben
wird, sind Anklange an die Vergangenheit trotz aller Gegenwartsbestre-
bungen nicht zu vermeiden. Es gibt im Leben uberhaupt, nicht nur in
dem der Kunst allein, eine Menge von Einzelerscheinungen, die zu alien
Zeiten nach den gleichen, nur dem Grade nach abgestuften Ausdrucks-
mitteln rufen. Im Vermeiden solcher allgemein giiltiger Dinge auBert sich
die kiinstlerische Kraft nicht. Trotz ihrer Neues zu schaffen, Dauerndem
den Ausdruck einer Zeit zu geben: das ist die Aufgabe des schaffenden
Kiinstlers. Darum ist ja die neueste Kunstphase so tiefstehend, daB sie
fast nur das Alte einzureifien vermochte, mit dem aber, was sie an posi-
tiven Einzelwerten zu geben vermeinte, nichts traf, das irgendeinen Wider-
klang im BewuDtsein, im Gefiihle der gebildeten Allgemeinheit geweckt
hatte. Wie weit blieb die Kunst der Zukiinftler hinter der Wirklichkeit
zuriick! Dort ein volliges Verneinen der Kraft, die Unfahigkeit jeglichen
NAGEL: MUSICA FUTURIST1CA 15
Aufscbwunges, eine grauenhafte Unklarheit des Fuhlens. Hier im harten
Leben ein gewaltiger Durchbruch der Kraft, ein Betonen der sittlichen
Michte des Lebens, ein Glutstrom sicherer Hoffnungsfreudigkeit trotz der
furchtbaren Opfer, die der Weltkrieg fordert. Fiirwahr, wenn je die Kunst
sich nicbt als Trosterin iiber die Leiden der Gegenwart erwiesen, sich
unfahig gezeigt hat, das Prophetenamt zu versehen, wie es einst Beethoven
tat, so jetzt die Afterkunst der Futuristen. Beethovens wirkliche GroBe,
die erhabene Gewalt, die die Menschen iiber den Erdenjammer erhebt,
Bachs hohe Kunst, die die Menschen zu stillem Nachdenken ftihrt und
durch die eherne Gewalt ihrer Harmonie stahlt, Mozarts feierlich-heitere
Klange, die auch selbst den Schmerz verklaren — hier liegen die Werte,
die heute wieder ihren Ewigkeitsgehalt mit Allgewalt kiinden.
Was in Punkt 7 angefuhrt wird, ist durchaus zu billigen. Jede Zeit
hat ihren Stil; vergangene Stile in ihrem ganzen Umfange nachzuahmen,
ist Sache des Schiilers, nicht des Meisters, der seine und seiner Zeit
Empfindungen und Ideen beherrscht. Solche Nachbildungen bleiben auch
stets hinter den Vorbildern zuriick, tragen die Merkmale des Erzwungenen,
Gewollten, Unfreien an sich und sind demnach mehr oder weniger Mas-
kerade. Aber es gibt, wie schon betont, Formen und Ausdrucksmittel, die
die Zeiten verbinden und die neuen Kunstwerke dem allgemeinen Ver-
stlndnisse zufuhren. Diese Ausdrucksmittel aus der Kunst ausschalten
zu wollen, ist ein verfehltes Unternehmen, weil damit von vornherein eine
Kluft zwischen dem Kunstler und dem Kunstverstandnisse der gebildeten
Allgemeinheit aufgerichtet wurde. Wenn es namlich gelange, eine solche
Absicht durchzufiihren. Das ist aber der Natur der Kunst nach aus-
geschlossen, die unter alien Umstanden in Wechselwirkung mit Zeit und
Menschen steht.
Uber den Rest dieses ersten Manifestes, soweit er nicht schon oben
besprochen wurde, laDt sich ziemlich summarisch handeln. DaD Wagnerscher
Einschlag in den nachsten Leitsatzen (7 — 8) steht, wurde bereits bemerkt.
Der 9. ist die notwendige Folge friiherer Auslassungen Pratella's und
kurzerhand als ein vollig kulturwidriger Standpunkt wie No. 1 1 abzuweisen.
Und No. 10! Ja, personlich hatte ich nichts dagegen, wenn Lieder Tosti's
oder irgendeines anderen Modekomponisten nicht mehr erschienen. Aber
ich meine, das Volk, was man so das Volk nennt, wird immer wieder
nach ihnen rufen. Es braucht eine gewisse Seichtigkeit und sentimentale
SuOe, auch wenn nicht nur Herr Pratella, sondern auch andere, einfluB-
reichere Kreise tausend- und aber tausendmal zum Vernichtungskriege auf-
rufen. Das ist in der Schriftstellerei nicht anders. Karl May lebt auch
heute noch, trotzdem Goethe- und Diirerbund gegen ihn nicht schlecht
vom Leder gezogen haben. Die allgemeine Bildung heben — ja, das ware
freilich vielleicht ein Mittel. Aber doch nur vielleicht. Ich bin im Laufe
16 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
derjahre mehr und mehr Skeptiker geworden und weiB recht gut weshalb.
Fragt man nach dem Resultat der Arbeit unserer Kulturbiinde, so werden
ganz scbone Zablenangaben fiber die verbreiteten Werke gemacbt. Aber
fiber die innere Wirkung erfahrt der Frager nichts und kann er nichts
erfahren. Da hiilfe nur eine nie ermfidende personliche Umfrage. Und
deren Ergebnisse sind fur den tiefer Biickenden im ganzen durchaus un-
befriedigend.
Nicht sonderlich vertrauensvoll geht der Leser weiter an das zweite,
das n technische Manifest" heran, an dessen Eingange der weisheitsschwere
Satz steht: „Alle Neuerer sind Futuristen gewesen." „Palestrina wiirde
Bach verriickt genannt haben. Die gleiche AuBerung tat Verdi gegeniiber
Wagners Musik, nachdem er die ,Tannhauser'-Ouverture gehort hatte" usw.
Pratella ubersieht, wenn er die Futuristen seiner Zeit mit den Neuerern
der Vergangenheit auf die gleiche Stufe stellt, eines. Und es ist das ent-
scheidende: weder Bach noch Beethoven noch auch Wagner haben grund-
satzlich die Musik der Vergangenheit in Bausch und Bogen abtun wollen,
obgleich Wagner ja gewiB einmal fiir kurze Zeit solche Anwandlungen
hatte. Sie alle zeichnete vielmehr eine nicht geringe Ehrfurcht vor dem Kunst-
werke der Vergangenheit aus, und kennt man Wagner seiner historischen
Entwickelung nach recht, so wird man wissen, wie sehr sich sein Musikstil
organisch aus dem Gewordenen auf- und weiterbaut. Pratella und Genossen
aber wollen ja um jeden Preis auch die allergeringste Verbindung mit der
Vergangenheit losen. Was ihnen freilich nicht gelingen konnte, noch je
gelingen wird, falls sie, was ich glaube, von der Gegenwart nicht iiberhaupt
schon ad acta gelegt worden sind.
Weiter verkiindet Pratella, daB Kontrapunkt und Fuge Ruinen aus
der Zeit der von den Niederlandern bis zu Johann Sebastian Bach
herrschenden Polyphonie seien, Reste einer untergegangenen Kultur, die
fiir die Gegenwart nichts mehr bedeuten. Was war demnach Beethoven
fur ein trauriger Stumper, daB er, auf der Hohe seiner Entwickelung stehend,
den AnschluQ an Johann Sebastian Bachs Fugenkunst fand! DaB er mit
seinem urspriinglich sicherlich schonen Talente versuchte, der ehernen
Form der Fuge ganz personliches Fiihlen zu gesellen! Was war Wagner
fiir ein untergeordneter Musikdramatiker, als er den SchluBdes zweiten Aktes
seiner „Meistersinger" schuf! Welch ein Trottel war Brahms! Und
Bruckner! Und StrauB! Und Reger! Die Satze Pratella's im einzelnen zu
verfolgen, lohnt sich nicht. Als Gesamturteil kann man nur sagen: „Zu
dumm!" . . . Was Pratella an der angefuhrten Stelle sagt, ist AusfluB
eines seine geistige Nichtigkeit fuhlenden Mannes, der die sensations-
lfisterne Zeit, in der er lebt, recht begriffen zu haben scheint, aber jede
Klugheit in seinem Vorgehen, jedes Wissen vermissen IMBt.
,Die Harmonie wurde geboren, als jeder Ton der Melodie in bezug
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 17
auf seine Verbindung mit alien anderen Tonen der Tonleiter, zu der sie
gehort, betrachtet wurde. So gelangte man dazu, zu verstehen, daC die
Melodie die ausdrucksvolle Synthese einer harmonischen Aufeinanderfolge
ist. Heute schreit und klagt man, daO die jungen Musiker keine Melodie
mehr finden konnen, womit man ohne Zweifel auf die Weisen Rossini's,
Bellini's, Verdi's, Ponchielli's anspielt. Man denke sich statt dessen die
Melodie harmonisch; man hore die Harmonie durch verscbiedene und
zusammengefallte Tonfolgen, und dann wird man neue Quellen von Melo-
dieen finden." Schade, daC Pratella zu dem Rezepte keine Beispiele gibt
und den letzten Satz dieser Quellenfindungsmethode nicht vollig klarmacht.
Er hatte dann die Grenzen seiner Darstellungskraft ebenso rascb erkennen
lernen wie die Unmoglichkeit, seinen Worten einen anderen Sinn zu geben
als den: eine Melodie gestattet die Verbindung aller Tone mit alien. Als
ob damit iiberhaupt der Begriff der Melodie erschopft ware! Er ist es
ebensowenig wie in den Angaben der ortsiiblichen Lehrbiicher mit ihrer
lacherlichen Beschrankung auf die klassische Periodisierung und Satz-
gliederung. DaD da im Unterrichte viel versaumt wird, ist obne weiteres
zugegeben; aber ist die landlaufige akademische Beschrankung als hoherer
Stumpfsinn anzusprechen, so die vollige Anarchie als Gipfelpunkt der
Brutalitat. Beides hat mit Kunst im hochsten Wortsinne nichts zu tun.
DaD es sich in Wahrheit um ein vollig anarchisches Unsystem, wenn diese
Verbindung gestattet ist, handelt, gent aus Pratella's anschlieflenden Worten
hervor: „Wir Futuristen erklaren, daB die verschiedenen alten Arten der
Tonleiter und die verschiedenen Eindrucke von Dur, Moll, iibermaQig, ver-
mindert und auch die gegenw&rtige Art der Ganztonleiter nichts anderes
sind als Einzelerscheinungen einer einzigen harmonischen und atonalen Art
der chromatischen Skala. Wir erklaren die Werke der Konsonanz und
Dissonanz fur unbestandig. Die futuristische Melodie wird erbluhen aus
den unzahligen Verbindungen und den von ihnen abgeleiteten Zusammen-
setzungen. Diese Melodie wird nichts anderes sein als die Synthese der
Harmonie, ahnlich der idealen Linie, die durch das unaufhorliche Erstehen
von tausend Meereswellen und ihren ungleichen Kammen gebildet wird.*
Nun wissen wir's ganz genau. Oder doch nicht? Was ist eine „chro-
matisch-enharmonisch-atonale" Reihe? Ist Tonalitat etwa zu definieren als
Beziehung der Tone einer Ganz- und Halbtonreihe, resp. der iiber ihnen
erscheinenden Grundakkorde auf einen gegebenen Anfangspunkt, zu dem
Mittel- und Endpunkt in nachstcr Verwandtschaft stehen, so muB unter
Atonalitat eine musikalische Chaotik verstanden werden, wie etwa die Reihe:
i
usw.
auch in jeder anderen Folge der Einzeltone.
XIV. 19.
18 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
Aus dieser Reihe ergeben sich aber selbstredend sowohl gegen-
seitige Beziehungsunmoglichkeiten wie -Moglichkeiten. Jene miissen mit
Riicksicht auf die kunstlerischc Freiheit iiberwiegen, d. h. Dissonanz ist
das Primare und Normale, die Konsonanz das Anormale. Quod erat
demonstrandum. Und zur Dissonanz gesellt sich das Fehlen jeder Art von
iibersehbarer Gliederung. Chromatik und Enharmonik preist Pratella auch
weiterhin: „Wahrend die Chromatik uns allein alle in einer Tonleiter ent-
haltenen Tone . . . geniefien laOt, erlaubt uns die Enharmonik . . . neue und
vielseitige Verbindungen von Akkorden . . . vor allem aber die natiirliche
instinktmaDige Intonation und Modulation der enharmonischen Intervalle,
die gegenwartig unausfuhrbar sind, da unserer Tonleiter die Kiinstlichkeit
des temperierten Systems gegeben ist, das wir uberwinden wollen." Ja,
aber urn's Himmels willen, weshalb denn da nicht die einzig mogliche Konse-
quenz Ziehen und das .System* noch weiterausbauen? Zur reinen Stimmung
ist eine siebenstufige Skala notig, in der alle chromatischen, enharmonischen
undanderenTeilungenenthaltensindgegeniibereinigen30derobenangegebenen
Reihe. Da lieOe sich doch eine unendlich viel groDere Reihe von Varia-
tionen (in mathematischem Sinne) aufstellen und der Kunst noch in ganz
anderer Weise auf die Beine helfen! Und welche Aussichten fur die In-
dustrie! Der umzubauenden Instrumente wegen. Auch die Unmoglichkeit,
diese neuen Instrumente in ihrer Stimmung zu erhalten, ergibt wieder
neue Klangmoglichkeiten. Und wenn gar erst die einzelnen Instrumental-
gruppen in grundsatzlich verschiedener Stimmung gegeneinander gehalten
sind, aber vereint erklingen, sollte das nicht den Gipfelpunkt kiinstlerischer
Freiheit bedeuten konnen? Eine Musik, die weder taktige noch periodische
Gliederung kennt, die weder an Tonarten noch an faObare Akkordik ge-
bunden ist, deren tongebende Korper in der Stimmung nicht iibereinstimmen,
ware sie nicht das einzig mogliche und wiinschbare System der System-
losigkeit? DaO in der Tat dahin die Ziele der Futuristen gehen, lehrt
Pratella in folgendem Satze: „Wir Futuristen lieben seit langem die en-
harmonischen Intervalle, die wir allein im Detonieren des Orchesters,
wenn die Instrumente in verschiedenen Einfuhrungen (in impianti diversi)
spielen, und in den spontanen Liedern des Volkes finden, die ohne kiinst-
lerische Voreingenommenheit angestimmt werden." Und die Rhythmik:
„Der Rhythmus des burgerlichen Tanzes: eintonig beschrankt, alters-
schwach, mud der Herrschaft der Polyphonie zu einem freien, viel-
rhythmischen Fortschritte weichen und sich darauf beschranken, eine
charakteristische Einzelerscheinung zu bilden!" Was die n danza
borghese" in diesem Zusammenhange soil, ist unklar. Spukt auch da
eine Wagnererinnerung? Die, daO alle Instrumentalmusik sich aus dem
Tanze herleite? Pratella fahrt fort: „jedoch muO man gewisse Beziehungen
unterscheiden: die gleichen, ungleichen und gemischten Zeiten — wie
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 19
schon ahnlich die zweiteiligen, dreiteiligen und kombinierten Rhythmen". . .
Das ergibt dann die Vereinigungsmoglichkeit von Satzteilen verschiedener
MaDe . . ., womit die Lacherlichkeit und Verachtlichkeit der falschen
Gesetze der sogenannten Quadratur, „jenes verachtenswerten Schutzdaches
[paracqua, eigentlich Regenschirm] aller unfahigen Lehrer an Konser-
vatorien" erwiesen ist. Welch abgrundtiefe Weisheit! Der Bettler ist
allein der wahre Konig, und der jeden Zwangcs Bare allein der wahre
Kiinstler. Zu dumm, dafi er dem Zwange von Papier, Feder und Noten-
schrift unterliegt!
„Das Sicheinander-Ablosen und das Aufeinander-Folgen aller mog-
lichen Zeiten und Rhythmen findet sein gerechtfertigtes Gleichgewicht
[il giusto equilibrio] allein im genialen und asthetischen Sinne des
schopferischen Ktinstlers." Selbstredend. Wenn Cyril Scott seinem
Trauermarsch auf den hochstseligen agyptischen Konig Ramses II. (es ist
moglich, daC ich mich in der Numerierung irre) vielleicht 40 verschiedene
Taktbezeichnungen (oder noch mehr) beigibt, so wird das eben nur der
geniale Englander rechtfertigen konnen. Wir stumpfsinnigen Horer nicht.
s Die Technik der Instrumentation wird man durch Experimente erlernen,
die instrumentale Komposition wird instrumental erlernt, indem man ein
besonderes Orchester fur jede Einzelheit und fur die verschiedenen
musikalischen Bedingungen des Geistes ausdenkt." Wer nun noch nicht
instrumentale Kompositionen schaffen kann, dem ist in der Tat nicht zu
helfen. Beispiel: die symphonische Dichtung „Das Eisenbahnungliick"
(derlei soil ja gemacht werden. Siehe unten). Orchester: Stimmen der Bahn-
beamten, Dampfpfeifen, das Rollen der Rader, Windinstrumente usw., usw.
Nachher, beim Briickeneinsturze kommen krachende Balken, schreiende
Menschen, Signalhupen, tutende Autos, heulende Sirenen der Dampf-
schiffe usw. hinzu. Zum Zusammenhalten der Massen und Unterscheiden
der „Klange" dient das Orchester in der alten Fassung.
Und wann wird die „Kunst" Pratella's ihren Siegeszug antreten? Er
selbst gibt die Antwort: „Dann, wenn die Konservatorien und Akademieen
zerstort sein werden, wenn begriffen sein wird, daC nur in volliger Freiheit
die Kunst gedeihen kann. Dann werden die Lehrer, in Sachverstandige
verwandelt, den Studierenden Fiihrer und objektive Mitarbeiter sein, sie
werden aufhoren, werdende Genies zu zerbrechen und sie hinter der
eigenen Person langsam einherzuschleppen." „Fur den Menschen steckt
die absolute Wahrheit in dem, was er menschlich fiihlt. Der Kiinstler,
der die Natur jungfraulich wiedergibt, vermenschlicht sie, indem er sie
wahr macht." „Himmel, Wasser, Walder, Flusse, Berge, fahrende Schiffe,
wimmelnde StSdte — das alles lebt in der Seele des Musikers und ver-
wandelt sich da in gewaltige Stimmen, die die Leidenschaften und den
Willen der Menschen besiegen ... In ihnen entschleiert sich der Winkel,
2»
20 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
der den Kiinstler mit der Welt verbindet." Hier haben wir das klassiscbe
Zeugnis der fur die gesamte modernc Kunst so bezeichnenden gewalt-
samen Steigerung der Ausdrucksmoglichkeiten. Mit ihr geht Hand in
Hand ein erbitterter Kampf gegen die Form, wie wir schon horten. Sehen
wir zu: entweder: der Kiinstler vertieft sich in sein Objekt, sucht aus ihm
neue Darstellungsmoglichkeiten zu gewinnen; oder: der Kunstler gewinnt un-
mittelbar neue Moglichkeiten der Darstellung aus sich, aus intuitivem
Kunstschauen heraus. Den ersten Weg schlagt der moderne Im-
pressionismus ein, der auf der Versenkung des Kiinstlers in den objektiven
Natureindruck beruht. Der zweite Weg bemiiht sich, alte Grundformen
und Verhaltnisse zu neuen Ehren zu bringen, das uberfliissige Dekorative
zu meiden, aus dem Materiale selbst neue Formen zu gewinnen. Der
Futurismus geht nun aber dariiber hinaus. Die Kunst soil ihre Darstelluogs-
mittel erweitern. Gut. Aber die Futuristen wollen dies dadurch er-
reichen, daB ihre Kunst iiber die ihr gegebenen Grenzen hiniibergreife
und Dinge ausdriicke, die sie ihrer Natur nach nicht leisten kann, ohne
den Anspruch, Kunst zu sein, iiberhaupt aufzugeben. Konnen Er-
scheinungen oder Vorgange wie ein fahrender Bahnzug, eine einstiirzende
Brficke als Elemente der kunstlerischen Wirkung im theatralischen Werke viel-
leicht passende Verwendung finden, als Ausdrucksmittel der rein instrumen-
talen Kunst sind sie schlechtweg ein Unding. Der instrumentale Komponist
kann meinetwegen seinem Schmerz fiber eine Kesselexplosion in einer
Elegie Ausdruck geben, den Vorgang selbst aber nicht zur Darstellung bringen,
ohne sich lacherlich zu machen, weil er in dem Augenblicke, wo er derlei
unternimmt, jeder kunstlerischen Form hohnspricht, alien Stilgesetzen
ins Gesicht schlagt. Dem Farbenkleckswesen Kandinsky's entspricht die
chaotische Ungeordnetheit der enharmonischen, atonal-wirren Klang-
verbindungen Pratella's. In beiden Fallen ist nicht der ffihlende und
denkende, nicht der frei schaffende und doch besonnene Kunstler am Werke,
sondern der Stumper, der mit dem ungeordneten Materiale einer Kunst
Schindluder treibt. Jeder Esel kann derlei Zeug nachmachen, aber nie wird
er ein gutes Bild malen oder eine Sonate komponieren konnen. Kunstlerisch
schaffen heiCt Zusammenhangendes, Logisches schaffen, nicht aber mogliche
oder wirkliche primitive Kunstelemente wahllos durcheinanderwurfeln.
Sehr einfach erledigt sich die futuristische Formenlehre:
„Die Musikformen sind nichts anderes wie Erscheinungen und Frag-
mente eines einzigen Alls und Ganzen. Jede Form steht in Beziehung
zur Wirkungskraft des Ausdruckes und der Entwickelung des geschaffenen
Motivs und zur EmpHndung und Anschauung des schaffenden Kiinstlers.
Rhetorik und Schwulstigkeit kommen von einem MiCverhaltnis zwischen
dem passionalen Motive [Was soil das nur sein? Vielleicht sollte dafiir
„emotionales", also n empfundenes ft Motiv stehen] und seiner ausgedruckten
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 21
Form [?], was sicb zum grofien Teile von dem blind machenden Einflusse
aus der Tradition, der Kultur, der Umgebung und oft von geistiger Kunst-
bestandigkeit her schreibt." (Freiheit, nicht Zwang der Form sicherlich.
Aber darauf kommt es an, daO ein Kiinstler jene logisch zu rechtfertigen
versteht. Siehe Beethoven u. a. m.) „Das einzige passionate Motiv notigt
dem Musiker die eigene formale synthetische Ausdrucksweise auf, da die
Synthese die Hauptbesitzerin des Musikausdruckes und der Asthetik ist."
(Sehr richtig. Nur muB eben dem Motive Gestaltungsmoglichkeit inne-
wohnen.) «Der Gegensatz mehrerer passionaler Motive und die Beziehungen
zwischen ihren ausdrucksvollen Charakteren und ihrer Entwickelungs-
moglichkeit bilden die Symphonic" (Demnach vollige Preisgabe der Form
im alten Sinne und keine Willkur der Formgebung.) „Die futuristische
Symphonie beriicksichtigt als ihre hauptsachlichen Formen die symphoniscbe,
die orchestrale [?], die vokale Dichtung und das theatralische Werk". (Das
letztere soil wohl eine Hinwendung zum modernen Ausbaue der Orchester-
technik in der Oper bedeuten. Aber wozu eine Klassifikation? Es sind
allzuviel Worte urn eines winzigen Inhaltes willen.) „Der reine Sympho-
niker zieht aus den passionalen Motiven Entwickelungen, Gegensitze,
Linien und Formen mit freier Phantasie, wobei er sich an keine andere
Kritik halten darf als an sein kunstlerisches Empfinden des Ausgleiches
und der Proportion . . . Das Gefiihl des futuristischen Ausgleiches ist
nichts weiter, als das Erreichen des hochsten Nachdruckes des Ausdruckes."
[???] „Der Opernschreiber dagegen zieht in der Blindheit der Eingebung
und der musikalischen Asthetik alle Reflexe der anderen Kiinste hinzu . . .
Er muO immer an seine Eingebung und die musikalische Asthetik, diese
sonst sekundSren Elemente [I !] denken." Usw. Soweit sich diese Satze
auBerhalb der Irren- und Idiotenanstalten verstehen lassen, bedurfen sie
keiner Widerlegung. Herrscher in ihnen ist eine unsinnige Phrase. Der
ganze Sinn lafit sich in den einen Satz zusammenfassen: Angehender
Kiinstler, lerne Noten schreiben; das bissel notige Rechnen, um Takte
zusammenzustellen, wirst du wohl konnen, kaufe dir Feder, Tinte und
Papier und dann schreibe, wie der Geist dich treibt. Du bist dein eigener
Richter und Gesetzgeber, die anderen sind Trottel !
Auch die folgenden zum Teile ins Einzelne gehenden Bemerkungen
sollen dem Leser nicht vorenthalten bleiben. Auf sie lang und breit ein-
zugehen ist iiberfliissig, da die Naivetat der Anschauungen Pratella's gerade
bier von selbst in die Augen springt. Manches ist ubrigens auch wieder
bloUe Phrase.
Pratella faBt zusammen und fordert:
1. Auffassung der Melodie als einer Synthese der Harmonie; die
harmonischen Beziehungen Dur usw. sind Einzelheiten einer ein-
zigen chromatisch-atonalen Weise.
22 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915
2. Die Erklirung der Enharmonik als eine glanzende futuristische
Eroberung (!).
3. Den Sturz des Rhythmus der „danza borghese", der nur eine
Einzelheit des freien Rhythmus ist, wie der Hendekasyllabus eine
solche der Strophe in freien Versen.
4. Die Schaffung einer Polyphonie im absoluten Sinne (!?!) mit der
Verschmelzung von Harmonie und Kontrapunkt (?!?).
5. Die Benutzung aller Werte des Ausdruckes, der Technik, der
Dynamik, des Orchesters.
6. Betrachtung der musikalischen Formen als Folgen und als ab-
hangig von den passionalen rhythmischen Motiven. (Dies ist
nichts weiter als Formulierung der LeitsStze der extremen
Programmatiker: die musikalische Form wird durch den jeweiligen
psychischen, begriff lichen, darstellerischen usw. Gehalt des Werkes
oder einer dichterischen und anderer Vorlagen bestimmt.)
7. AusschlieCung der alten formalen Schemen der Symphonie.
8. Das theatralische Werk ist als symphonische Form zu denken [s. o.].
9./10. Der Musiker muD seine theatralische Dichtung selbst in freien
Versen schaffen. Die von Anderen geschriebenen Verse wiirden
den Musiker zwingen, von diesen den Rhythmus fur die eigene
Musik zu nehmen. (Demnach ware also die theatralische Melodie
nicht allein Synthese der Harmonie, sondern aus dieser und den
Rhythmen der Worte entsprungen zu denken !)
11. In die Musik miissen alle neuen Regungen der Natur, die vom
Menschen stets aufs neue gezahmt wird, hineingetragen werden.
Man mufl den Massen, dem grofien Liede der Industrie, den
Eisenbahnziigen, den Untcrseebooten, den Kreuzern, den Auto-
mobilen, den Aeroplanen musikalische Seele geben. Den innersten
Motiven der musikalischen Dichtung muB man die Herrschaft der
Maschine, das siegreiche Gebiet der Elektrizitat hinzufugen
(Mailand, 11. Marz 1911).
Sollte jemand dies Programm lacherlich machen, er hatte leichte
Arbeit: ,Zur Erhohung des Eindruckes der Symphonie ,Electricitas' — ich
sehe den Titel im schaudernden Geiste voraus — nehme der geehrte
Horer eine Leidener Flasche und sechs GeiCler-Rohren mit, die, aus der be-
wahrten Handlung der Gebriider Schnuller stammend, leihweise an der Kasse
abgegeben werden." Die Symphonie M Der Fiinfmaster" wird auf automatisch
bewegbaren Schaukelstiihlen angehort, die Symphonie „Die Turbinen-
dampferreise nach Honolulu" auf festen Sitzen genossen; wegen der
fehlenden Schlingerbewegung usw. Wer sich einige Jahre zuriickzuerinnern
vermag, wird wissen, wie sich diese Dinge langsam entwickelt und Vor-
ganger gehabt haben; nicht eben lange ist's ja her, daB wir moderne
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 23
lyrische Dichtungen tnit Begleitung von verschiedenen Lichteffekten und
Woblgeruchen geniefien sollten, was uns erst ihre wahre und tiefe Wirkung
verschaffen konnte! Es ist eben nichts zu dumm, daQ es nicht zuzeiten
wieder auf die gefiigige Menscbheit losgelassen werden diirfte!
Dem zweiten folgt noch ein dritter Abschnitt „Die Zerstorung der
Quadratur", auf den im einzelnen nicbt eingegangen sei. Er beschaftigt
sich mit rbythmischen Fragen, dem Tempo, den Akzenten usw. und kommt
zu folgenden SchluQfolgerungen:
1. .Die futuristische Musik erstrebt eine absolute Freiheit des Rhythmus,
indem sie ihren Tonsatzen die vielfache Verschiedenheit und die
individuelle Unabhangigkeit, die der freie Vers im Worte gefunden
hat gibt." (Dieser theoretischen Aufgabe entspricht aber Pratella's Musik
nicbt durchaus, wie aus zahllosen Beispielen seines op. 30 bervorgeht,
die sogar nicht selten durch lange Strecken hindurch unter dem Zwange
der verachteten „danza borghese" stehen.) Es heiOt dann weiter: „Der
Tonsatz, die gewollte, melodische Synthese des musikalischen Aus-
druckes (der aus einem oder mehreren ZeitmaOen zusammengesetzt
sein kann) kann sich, aufier daQ er rhythmische Freiheit eines jeden
Taktes annimmt, mit neuen rbythmischen Bewegungen bereichern, . . .
er kann also binare und ternare und gemischte ZeitmaCe binarisch
und ternarisch in einem Tonsatze sich folgen lassen* — woran auch
vor der Zeit der Futuristen kein Mensch je gezweifelt hat, nur daQ
die Komponisten von Bildung, Geschmack und Gefiihl dabei freilich
nicht die Willktir zum obersten Grundsatze ihres kunstlerischen
Bildens nahmen.
2. „Die musikalische Periode, die aus einer oder mehreren Phrasen be-
steht, muB sich in ihrer formalen Gliederung an den gleichen Grund-
satz der Freiheit und Verschiedenartigkeit halten, der schon fur die
Anordnung der Phrasen festgesetzt wurde, d. h. er muQ Phrasen
binarisch oder ternarisch gleich oder ungleich an Zahl und an Ver-
schiedenheit der rhythmischen Art der Taktzeichen sich folgen lassen."
Man wird in dieser kindlichen formalen Festlegung nichts anderes
als die Unterbindung der an anderer Stelle mit so viel Uberschwang
verlangten absoluten kunstlerischen Freiheit sehen konnen.
3. „So sagt man von der binaren und ternaren Aufeinanderfolge der
Perioden, daQ sie in der symphonischen Gesamtheit die melodisch-
musikalische Synthese bilden, den vorherrschenden, gewollten Aus-
druck." Man konnte einen entsprechenden Tiefsinn in folgenden
Satzen entwickeln: „Das Braun, das der Maler hier verwendet hat,
ist der Ausdruck des Brauns, der ihm als braun vorschwebte," oder
„der Komponist hat hier Fis-dur gewahlt, weil hier nur Fis-dur das
innerste Wesen von Fis-dur zu enthiillen vermag" usw.
24 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915
4. „In solcber Art laCt sich der gesamte musikalische Gedanke zu-
sammenfassen in die wissenschaftliche Formel des Rhythmus (1 X2 + 3
und ihre Vervielfachungen) steht im Vcrhaltnisse zu <l:2-{-3 und
ihre Vervielfachungen) und zu gleicher Zeit besitzt endlich die Formel
in alien moglichen Kombinationen und Proportionen die Freiheit sich
zu entwickeln, indem sie die folgenden multiplizierbaren und dividier-
baren Einheiten in gleicher Weise anordnet: Unterakzent, Akzent,
Bewegung, ZeitmaB, Phrase, Periode, Symphonic Die Bewegung stellt
in jedem Falle die hauptsachliche rhythmische Einheit dar." Zur
ErklSrung des Einganges dieses Satzes wird zwar kein Euler, wohl
aber ein Grammatiker notig sein. Der Anfang heiDt im Originale so :
„In tal maniera l'intera concessione musicale viene a riassumersi
nella formula scientifica del ritmo (1 x 2 e 3 e loro multipli) sta a
(1 : 2 e 3 e loro multipli) e nello stesso tempo possiede tinalmente la
liberta" . . .
5. „Die Quadratur mit ihren Symmetrieen und Kadenzen des kleinen
Biirgertanzes wird von der freien Erkenntnis der rhythmischen, in-
stinktiven und sympathischen Beziehungen zerstort" — eine HofFnung
Pratella's, die schwerlich in Erfullung gehen diirfte. Die „danza
borghese" ist ihm scheinbar die kunstlerische Fleischwerdung aller
Ordnung und RegelmaCigkeit. DaC freilich die Musik der Nachfolger
Beethovens und dieses selbst, die der Romantik usw. langst iiber die
„burgerliche" Rhythmik himmelhoch hinausgewachsen ist, das sieht
Pratella nicht. Ihn argert das einzelne Wort, der Begriff, der auf
irgendeine RegelmaCigkeit, eine allgemein gultige Formel schlieQen
lassen konnte. Und so haut er blind um sich und merkt nicht, daC
er sich iiberall in seiner Musik in den FuCangeln der alten Kunst
selbst wieder einfMngt, wie schon oben betont wurde.
6. „ Fallen die Unterscheidungszeichen der Tempi, so auch die Bezeich-
nungen , Andante', , Allegro' usw., die durch den Ausdruck des jewei-
ligen Seelenzustandes des schopferischen Kiinstlers ersetzt werden.
Wir haben endlich die Jahrhunderte alte Quadratur zerstort. Wir
jauchzen dem freien Gefuhle des Rhythmus und des Ausdruckes zu,
frei wie das Wort, wie der futuristische Vers, wie der Flug der
Phantasie, wie der Schlag des Herzens" . . .
Ich glaube, jeder Arzt wird Herrn Pratella diesen letzten Satz an-
streichen. Der Herzschlag wird durch mancherlei korperliche und seelische
Bedingungen geregelt. 1st er rhythmisch frei, so laOt das auf niemals
unbedenkliche Storungen schlieDen. Gewifi, Pratella hat recht, wenn er
das nur Akademische als unfrei, als unkunstlerisch verwirft. Aber die
kunstlerische Besonnenheit schlechtweg iiber den Haufen rennen wollen,
wie er und der Futurismus das tut, die Regel einen „alten Polizisten" zu
NAGEL: MUSICA FUTURISTICA 25
benennen, dessen Beine zum Laufen nicht mehr gut sind, und den Sieges-
hymnus anzustimmen „Wir Futuristen schaffen die neue Regel aus der
Regellosigkeit" (derSatz wurde mit dem Ende des dritten Manifestesin Mailand
am 18. Juli 1912 geboren), das heifit, das Wesen der Kunst, die den
Menschen erhebt und begliickt, die ihn innerlich frei macht, griindlich
verkennen, das heiOt, einen Standpunkt einnehmen, der weder mit Kunst
nocb Vernunft das mindeste zu tun hat. Hoffentlich sind wir dabei,
innerlich zu gesunden. Gebe unser guter Geist, daC das von Grund aus
geschehe!
Auf eine Reihe von Einzelheiten in Pratella's Ausftihrungen bin ich
absichtlich nicht eingegangen. Was sollte man auch etwa dazu sagen, daO
er die Kirchenmusik wegwirft wie einen alten Topf, der in Scherben ge-
gangen ist! Er hat des neuen Geistes, der durch die Menschen geht,
nicht einen kleinsten Hauch verspurt, hat keine Ahnung von der trostenden
und befreienden Macht der Musik. Besser als es Worte vermogen, wird
ihm und seinesgleichen die Zeit die notige Antwort geben, und vom ganzen
Futurismus wird bald nichts mehr iibrig sein als ein Hauflein Papier und
bekleckste Leinwand, die in Bibliotheken und Museen als ein ubles Oenkmal
geistiger Verirrung und boser Berechnung vermodern werden.
DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE
VON EMIL PETSCHNIG IN WIEN
1st auch das Gewitter des Krieges, der nun schon fast ein Jahr lang
unseren alten Kontinent heimsucht und ohnegleichen ist in der Welt-
geschichte, noch nicht abgezogen, so halte ich es doch fur nicht
ganz unzeitgemaB, schon jetzt Lehren, die die bisherigen Ereignisse den
Deutschen gegeben haben, ins rechte Licht zu stellen und deren Folgen,
bedingt durch die unleugbar geanderte psychische Verfassung der
Nation, in bezug auf die kunftige Gestaltung unserer Musik zu betracbten;
denn es ist nie zu friih, mit einer Erkenntnis zu beginnen, erwagt man
die vielfachen Widerstande, die sich stets der Verbreitung einer solchen
entgegenstemmen, und die ihr daher notige Zeit, um Wurzel fassen und
zur Geltung kommen zu konnen.
Dabei miissen wir uns jedocb auch daruber klar werden, daO selbst
dieser gewaltigste Krieg nicht imstande sein kann und wird, sozusagen
fiber Nacht, ganz neue Anschauungen und Empfindungen (soweit von
solcher „Neuheit" uberhaupt bei den aller menschlichen Tatigkeit gesetzten
Grenzen die Rede sein kann) auszulosen, um die alten wie mit einem
Schlage zu verdrangen. Das Gesetz der organischen Entwickelung be-
hauptet auch da sein Recht, und nur das Tempo derselben mag durch
auDere Geschehnisse beeinflufit werden, indem Wandelungen, zu denen
die Ansatze bereits vorher da waren, ja die fur jeden ohne Vorein-
genommenheit Beobachtenden bereits einen gewissen sichtbaren Fortschritt
aufzuweisen batten, durch selbe beschleunigt, ihre Notwendigkeit nach-
drucklichst dargetan wird. — Solche fur uns Deutsche meist recht bittere
Erfahrungen blieben uns auf keinem Gebiete erspart; sie werden uns hoffent-
lich fur unser kiinftiges Verhalten dem Auslande gegenfiber eine nie wieder
zu vergessende Lehre bilden, die etwa dahin zu formulieren wMre, un seres
Wertes voller bewuOt zu sein, mehr Stolz im Schenken zu
bewahren und nicht vor jedem Pofel und jeder hirnverbrannten Idee,
sofern sie nur von jenseits der Grenze kommt, bewundernd auf den
Knieen zu liegen, wahrend fiber heimische Erzeugnisse, mogen sie jene
Produkte auch turmhoch uberragen, geringschatzig und hochmfitig binweg-
gesehen wird. Doch nicht von dieser, wenn man will, mehr praktischen
Seite der Angelegenheit soli hier gehandelt werden, sondern wir wollen
diesmal die Sache von der rein kunstlerischen betrachten, und dazu bedarf
es, wie gesagt, der Anknfipfung an die Lage, in der sich die Tonkunst in
den letzten Jahren uberhaupt befand.
Erkennt man den Grundsatz an, daQ die Kunst stets der untrfigliche
Spiegel der Zeit war, daQ sich demgemaO in Bachs Musik etwa der strenge,
PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 27
verinnerlichte protestantische Geist ausspricht, daC in der Entwickelung
der Oper mehrmals der jeweilige Geschmack der Epochen im Wechsel
zwischen dem idealen Bestreben, das Land der Griechen rait der Seele
zu suchen, und auQerlich-leerem Melodieengeklingel sich kundtut, wie in
der Musik gleichen Schrittes mit der Dichtkunst die klassische Periode
vom Romantizismus abgelost wird, daQ Beethovens „Eroica" untrennbar
ist von der napoleonischen Erscheinung, so ist die Art und Weise unserer
heutigen Tonkunst bedingt durch den Charakter der Gegenwart. Machte
sich im Rokoko mehr das spielerische, bei den Klassikern mehr das
psychologische, bei den Romantikern mehr das malerische Element geltend,
so finden wir in der Musik der Jetztzeit alle Stile vertreten und vermengt,
nur technisch auf eine vorher nie gekannte Hohe gebracht. In der gewalt-
samen, miOklangreichen Heterophonie neuerer Tonschopfungen erschaue ich
das vollendete Gleichnis der jiingst waltenden, egoistisch sich hart anein-
ander reibenden Interessengegensatze, im Mangel der melodischen Linie das
des fehlenden Leben formenden, ihm Inhalt verleihenden Ideales, in der
formalen und harmonischen Anarchie einiger Allerjungster Gegenstucke zu
ahnlichen Bestrebungen auf politischem Gebiete, die jedoch, dank ihres
jedes organischen Wachstums entbehrenden und es negierenden Wesens
wohl da wie dort nur vereinzelte extravagante und folgenlose Erscheinungen
sind und bleiben werden.
Warum diese Parallele gerade in der Musik noch mit solcher Deut-
lichkeit durchzufuhren ist, liegt darin, daQ diese Kunst ungleich den
ubrigen (Poesie: Naturalismus, Malerei und Architektur: Sezessionismus)
den Sturm und Drang noch nicht uberwunden, daQ noch nicht die schlieC-
liche Klarung Platz gegriffen hat; doch wenn die eingangs angedeuteten An-
zeichen nicht triigen, sind wir jetzt auch mit ihr auf dem besten und nachsten
Wege dazu, und er heiCt: Riickkehr zur Natur, zur GroBziigigkeit.
Man darf, wie gesagt, annehmen, daQ der Krieg den Fortschritt auch
auf dieser Bahn beflugeln wird, wie er ja gleich bei Beginn alle Kleinlich-
keiten, Eitelkeiten, alle Zerfahrenheit, AuCerlichkeit und Blasiertheit (das
Hauptubel des letzten Jahrzehnts) mit eisernem Besen hinwegfegte und
die Gefiihle und Gedanken des gesamten Volkes fur wenige, aber desto
erhabenere und ewig gultige Ideen begeisterte. Diese Erscheinung auf die
Tonkunst angewandt, ist zu sagen, daC der Musiziererei mit der „noch
nie dagewesenen Harmonie" da, mit dem „interessanten Kontrapunkt"
dort, und der „faszinierenden Instrumentation" wieder an anderer Stelle,
bei der vielleicht der Kunstverstand des Kenners bei Durchsicht der
Partitur auf seine Kosten kommt, gewiB aber das Gemiit des Durch-
schnittshorers kaum beruhrt wird, die letzte Stunde geschlagen hat.
Vorbei ist es dann mit der in den letzten 20 Jahren (wohl dem Zuge
unserer Zeit folgend) eingerissenen Vertechnisierung der Musik, der wir
28 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915
wohl ihr heutiges verkriippeltes und zerknittertes Wesen zuzuschreiben
haben; vorbei mit der leider auch in vielen tonangebenden und einfluB-
reichen Kopfen fest eingenisteten Ansicht, man konne den Wirkungen der
Musik mit nur intellektuellen Mitteln beikommen, woher sich die unaus-
gesetzten Fehlschlage bei Konzert- und Opernneuheiten schreiben, eine
Ansicht, die Fragen wie u. a. die der Wiedereinfiihrung der Vierteltone
gebiert, was ich nur als einen atavistischen Riickschlag zu bezeichnen ver-
mag, nachdem wir uns gliicklich knappe 200 Jahre der gleicbschwebenden
Temperatur erfreuen diirfen, unter gerade deren Agide die Tonkunst ihr
bisher Hochstes erreicht hat! Die Behauptung, die gestaltungsreichste aller
Kunste habe das ihr in den zwolf Halbtonen zur Verfugung stehende Aus-
drucksmittel bereits erschopft, kann nur von jemandem kommen, der mit
itam eben nichts anzufangen weiB, und ist ebenso toricht als zu sagen,
die Bildhauerei habe sich uberlebt, da ihr nur Stein oder Erz als Material
und als vornehmstes Modell einzig der Mensch dient. Man vergifit
eben — vielleicht gerne und mit Absicht — daB nicht vom Stoffe, sondern
vom Geiste, der ihn formt, der Wert eines Kunstwerkes abhangt. Ich
finde im Gegenteil, daB schon die ausschlieDliche Basierung unserer
modernen Harmonik auf die eine chromatische Skala eine Verarmung be-
deutet gegenuber den zwolf Dur- und zwolf Molltonarten, deren jede doch
eine bestimmt ausgesprochene psychische Stimmung vertritt. Wo in einem
neueren Tonwerke kann man sich ganz dem Genusse eines strahlenden E-,
eines feierlichen Des-dur, eines romantischen a-moll hingeben? Nirgends!
Dafiir die atemlose, selten durch innere Notwendigkeit bedingte, von keiner
Logik gehemmte und keinem Schonheitsgefuhle geleitete kakophone Jagd
durch alle Tonarten (wenn dabei von solchen uberhaupt noch gesprochen
werden kann), in deren Wirbel auch die menschliche Stimme gezogen und
sie ruinierend zu ihrem eigentlichsten Wesen zuwideren Leistungen mifi-
braucht wird.
Kein Zufall ist es, keine bloDe Modelaune, sondern strengste ent-
wickelungsgeschichtliche Folge, daO entgegen der immer unnatiirlicher,
immer mehr bloO verstandesmaBig gewordeneo Kunstmusik das Lauten-
spiel im letzten Lustrum so enormen Aufschwung nahm, womit Hand in
Hand die neuerliche regste Pflege und Hebung fast schon in Vergessen-
heit geratener Volksliederscbitze geht, so dem Uberkomplizierten das
Primitive, dem Erkliigelten das Empfundene gegenuberstellend, in dem
rechten Gefiible, daB wir wieder zu diesem nie versiegenden und ewig
jungen Urquell aller Musik zuriickkehren und dort uns Anregung zum
Schaffen auf neuen Bahnen holen mussen. Der Krieg schlieClich hat diese
Bestrebungen nur gefordert und den Sinn fur das Volkslied in weitesten
Kreisen wiedererweckt, in denen zuletzt vielleicht nur mehr der Gassen-
hauer und schale Operettenware Gastrecht genoD.
PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 29
Auf dem Gesange, mithin auf dem Fundamente der Melodie und der
durch sie bedingten Tonalitat, wird sich die kiinftige Entwickelung der
Tonkunst wieder aufbauen. Ich weise zur Begriindung dieses Satzes auBer
auf fruhere Analogieen nicht nur in der Gescbichte der Musik, sondern
auch der anderen Kiinste auf die bedeutsamen Bestrebungen der letzten
Jahre hin, die eine hauptsachlich auf intensiverer Gesangspflege fuOende
(dringende) Reform des Musikunterrichtes bezwecken, dessen noch immer
gang und gabe, nur auf den leeren auBeren Drill hin arbeitende Methode
es gliicklich dahin gebracht hat, daO der entsetzliche Mangel des Gefiihls-
momentes beim „unfehlbaren" Grammophon und elektrischen Klavier
vielseits gar nicht mehr empfunden wird. — Man kam endlich zur Einsicht,
daC der Keim des Verstandnisses fur das Echte und Gute schon in die
junge Seele gepflanzt, bzw. in ihr groBgezogen werden muQ, daD hier der
nie wieder zu verlierende Grund zu legen ist fur kiinftiges wahres
Kunstverstandnis, zur Anerziehung eines gelauterten Geschmackes,
des einzigen und wirksamsten Schutzmittels gegen wider-
natiirliche snobistische Attentate auf die Kunst, die bei ihrer
krampfhaften Sucht nach (falscher) Originalitat eben immer nur die Un-
oder Halbbildung mit der daraus erwachsenden Urteilslosigkeit zu Anbetern
haben, nur durch diese ihr — wenn auch zumeist bloO — Eintagsdasein
fristen konnen.
Hand in Hand mit den gekennzeichneten Bemiihungen, das Ubel an
der Wurzel zu fassen, geht die Griindung von musikalischen Volks-
bibliotheken, die auch dem Minderbemittelten die Moglichkeit bieten sollen,
sich mit dem Schaffen unserer alteren wie neueren Tonmeis.* e ; ••nt zu
machen, und damit zugleich der Verbreitung der Schundliteratur den Boden
abgraben, welches Ziel auch die Herausgabe guter Hausmusik verfolgt, die
im letzten halben Jahrhundert leider sehr vernachlassigt wurde, was sich,
wie nun ersichtlich, schwer rachte. Bei alien Dingen dieser Welt haben
die Gotter den SchweiB vor den Erfolg gesetzt. Nur intensives Sich-Be-
fassen mit einer Sache vermag erst das rechte und tiefe Verstandnis der-
selben zu beschaffen, und nirgends ist die marchenhafte Schlaraffenweise,
die Hande teilnahmlos in den SchoB zu legen und zu warten, bis die
gebratenen Tauben einem von selbst in den Mund fliegen, unangebrachter
als im KunstgenuB. Diese Heimarbeit ist auch die unerlaBliche Bedingung
und Voraussetzung des praktischen Erfolges der bereits mehrfach ein-
gefiihrten und hochst dankenswerten popularen Orchesterkonzerte, durch
die selbst dem mit irdischen Glucksgiitern Mindergesegneten die Kenntnis
umfangreicherer Kompositionen vermittelt werden soil.
Ahnliche Ziele verfolgen ja auch die verschiedenen Volksbildungs-
vereine mittels Vortragen uber die verschiedensten Disziplinen, Fiihrungen
durch Museen und Ausstellungen, die freien Volksbuhnen auf dramatischem
30 DIE MUSIK XIV. 19: 1. JULIHEFT 1915
Gebiete, und es steht zu hoffen, daB diese Institutionen ihre wahrhaft edle
und humane Aufgabe, Wissen und Schonheit auch dem Armsten zu bringen,
in immer umfangreicherem Mafistabe werden durchfiihren konnen; beruht
doch eben auf diesen Klassen, denen an der Menschheitsentwickelung
bisher keinen oder nur sehr bescheidenen Anteil zu nehmen vergonnt
war, die nunmehr aber ihrer Seele bewuBt geworden sind und auch einen
Platz an der Sonne beanspruchen, ein Verlangen, das begreiflich und
dessen Erfullung nur billig ist, die kunftige Starke unseres Volks-
tums. Sie sind es, die im Gegensatze zum Adel, der seine in fruheren
Jahrhunderten innegehabte Bedeutung als Fiihrer der Nation eingebiiBt hat,
und zu dem so erschreckend rasch in sattes Philisterium versunkenen Burger-
turn, das aus seiner geistigen Lethargie erst wieder aufgeriittelt werden
muB, noch einen unverbrauchten Fonds von Idealen und Mut sowie dank
des Gewichtes ihrer groOen Zahl auch die Macht besitzen, deren Ver-
wirklichung wenigstens nahezukommen; sie sind sozusagen die noch un-
gebrochene Naturkraft, die, ist sie nur in die rechte Bahn gelenkt, herr-
lichstes Bliihen und kostliche Friichte verheiCt. DaB diese Hoffnung keine
Utopie, beweisen nebst dem statistisch nachgewiesenen regen Interesse
gerade der Arbeiterkreise an ktinstlerischen, philosophischen und wissen-
schaftlichen Fragen die aus ihnen schon da und dort gleich Friihlingsboten
aufflatternden Dichterstimmen.
Der Internationalismus, der wahrend des gegenwartigen Krieges ein
solch klagliches Fiasko erlitten hat, der Beweis da fur, daB er mehr die
papierere ""^struktion einiger weniger Phantasten als der Ausdruck
vyrki.,.i^7rn — weiten Bevolkerungsschichten bereits festgewurzelter An-
schauungen ist, wird sich schwerlich so rasch von diesem Schlage erholen,
die guten Keime der sozialen Bewegung aber werden sich auf nationaler
Grundlage nach unserem Siege, den wir zuversichtlich erwarten, infolge
des nachher machtiger denn je einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwunges
immer prachtiger entwickeln und den gesunden Boden auch fur eine wieder
gesunde Kunst abgeben.
Das vielartige Neue, womit uns der Erfindergeist der Ingenieure, der
Forscherdrang der Gelehrten im letzten halben Jahrhundert beschenkte,
und das einen so volligen Umschwung der allgemeinen Lebensbedingungen
und Lebensweise mit sich brachte, hat die Gemiiter geblendet und verwirrt;
aber ebensowenig als die Wissenschaft kann uns letzten Endes die Technik
eine wahre Herzensbefriedigung gewahren. Sind doch all diese Riesen-
schiffe, ExpreBziige, Automobile, Aeroplane, die Tele- und Grammophone,
Kinematographen, die drahtlose Telegraphie und wie die an sich gewiG be-
wundernswtirdigen Errungenscbaften sonst noch heiBen, nur gigantische
Erweiterungen unserer Sinnes- und Bewegungsorgane, die aber immer nur
als Diener einer obwaltenden Idee zu betrachten und werten war en, wie
PETSCHNIG: DIE TONKUNST NACH DEM KRIEGE 31
das Auge, das Ohr, die Hand nur Hilfswerkzeuge unseres Gehirns sind.
Man hat nur noch nicht gelernt, diese Errungenschaften auf ihre wahre
Bedeutung hin zu priifen, hat im Taumel der Begeisterung daruber, wie
herrlich weit wir es gebracht haben, bisher ubersehen, daC sie nicht
Selbstzweck sind, sondern nur Mittel sein sollen zu immer hoheren
Daseinsformen, von welcher Auffassung die Menschen allgemach ergriffen
werden mussen, urn der schon bedenklich gewordenen Verflachung all
unseres Tuns und Denkens zu begegnen. — Es ist der uralte auf- und
abwogende Kampf zwischen Physik und Psyche; aber eben die jungsten
Monate haben gliicklicherweise wieder aufs eindringlichste dargetan, daO
immer der lebendige Geist iiber die unbeseelte Materie den
Sieg davontragt. Diese Erfahrung wird sich wohl tief genug in die
Herzen eingegraben haben, um, wenn die Friedensschalmei wieder erklingt
und alle gemiitlicheren Regungen derselben aufs neue aus den Falten, in
die sie sich verschuchtert verkrochen hatten, hervorlockt, auf unser
ferneres Verhalten in jedem Belange einen wohltatig-gliicklichen EinfluD
auszuuben.
Wir stehen, nach all den oben angefuhrten Symptomen zu urteilen,
am Beginne einer neuen, einer Epoche der Verinnerlichung. Allerorts
ruhren sich Krafte, verheiCungsvolle Anfange werden sichtbar, der Same
einer gesunderen, schoneren Zukunft wird bereits ausgestreut in den
empfanglichen Boden noch unverkiinstelter und naiv genieQender
Gem titer. Diese werden unserer senil gewordenen Kunstubung wieder
frisches Blut zufuhren, und ein neugeartetes Talent wird aus ihrer Mitte
hervorgehen, das der Tonkunst wieder auf einige Zeit die Wege weist.
Mit besonderer Treue aber laDt uns hinfort des bisher noch immer zu
wenig beachteten Wagnerschen Mahnwortes eingedenk sein:
Ehrt eure deutschen Meister,
Dann bannt ihr gute Geister!
HAUSKONZERTE
VON DR. HERMANN WETZEL IN BERLIN
Die Einsicht, dafi auch das furchtbarste Ereignis menschliche Interessen
fordern kann, rechtfertigt zwar nicht die, die das Ereignis ver-
schuldeten, mag aber manchen die Summe des Ubels auf dieser Erde
kleiner erscheinen lassen. Auch der jetzige Brand menschlicher Leiden-
schaften, dieser Zusammenbruch unserer hochsten Kulturbegriffe, hat un-
zweifelhaft zugleich auch starke gegensatzliche, sittlich erfreuliche Strebungen
ausgelost. Und der Gedanke, dafi, nachdem dieser tollwutartige Krampf
der Menschen sich ausgetobt hat, die erhaltenden kulturfordernden Krafte
allerorten mit verstSrkter Kraft erneut vordringen werden, mag vielen der
einzige Trost in dieser schlimmen Zeit bleiben.
So grofi die materiellen EinbuDen allerorten sind, und so schwer sie
den wirtschaftlich Schwachen treffen mogen, fur die Entwickelung unserer
Kunst, insonderheit unserer Musik sind sie eher forderlich als hemmend.
Wohlstand und Luxus mogen wohl eine Kunststromung nach auCen hin
zu glanzender Entfaltung anregen, zugleich aber fiihren sie auch die Gefahr
der Veraufierlichung und Verweichlichung mit heran.
In dieser Hinsicht kann man es fur unsere kiinstlerische Kultur nur
begriifien, dafi ihr auOerlich recht prunkvolles, vielfach aber nur schein-
prachtiges Gebaude durch den Krieg etwas ins Wanken geriet. Zerstort
wird dabei an Gefuhlswerten nur das, worum es nicht schade ist.
Was unser Musizieren auOerlich oft so prunkhaft aufblies und inner-
lich hohl werden liefi, ist die immer innigere Verknupfung der kiinst-
lerischen Strebungen mit geschaftlichen Interessen, so dafi diese jene vielfach
tiberwucherten und toteten. Alle ernsten Musikfreunde sahen insbesondere
in dem Konzertunwesen unserer GroOstadte, Berlin voran, eine ernste
Gefahr fur unsere Musikpflege. Dieses Massenmusizieren ohne inneren
Zwang, meist ohne eigentliche kiinstlerische Ziele, wo ein Konzert das
andere zu iiberschreien sucht wie die Plakate an einer Litfafisaule einander,
mufi verwirrend auf den Geschmack der Ausubenden wie der Horer wirken.
Der Ruf nach Eindammung der Konzertflut und nach einer kiinst-
lerisch fruchtbareren Nutzbarmachung der zahlreichen Kiinstlerkrafte auf
dem Gebiet einer intimeren, auOerlich bescheideneren, dafiir aber ehrlicheren
Kunstpflege ist daher in den letzten Jahren ofter erklungen. Jetzt hat nun
die Not des Krieges den Anstofi zu einer Verwirklichung dieses Gedankens
gegeben. Dem sozialen Empfinden und feinem kunstpolitischen Urteile
einiger Berliner Musikliebhaber danken wir seine energische und geschickte
Durchfiihrung, zunachst in GroB-Berlin. Und was bisher erreicht wurde,
lafit den Wunsch rege werden, diese Einrichtung moge sich auch nach
dem Kriege erhalten.
WETZEL: HAUSKONZERTE 33
Ich habe bereits mehrfach den bedeutsamen wertvollen EinfluO des
echten Liebhabers auf die Musikpflege betont. Er war und ist der beste,
treueste Genosse des Kiinstlers, selbst der groOten. Man denke an die
Freunde Beethovens, Schuberts, Brahms'. In seiner Gesamtheit wirkt
das Heer der Liebhaber nicht minder bestimmend auf das Musikschaffen
ein, wie das Heer der Kaufer mit seinen Forderungen das Schaffen der
Kunstgewerbler beeinfluBt. So muQ die Reform unseres Konzertbetriebes
vom Liebhaber ausgehen, denn nur er hat die Macht, hier mit Gedanken
und Handeln frei vorzugehen, weil er an diesem Betriebe nicht wirtschaft-
lich interessiert ist und recht eigentlich der Auftraggeber bleibt. Der
Liebhaber muQ aus seiner Reserve herausgehen, er muD von seinem Mit-
bestimmungsrechte in Sachen der Musikpflege energisch Gebrauch machen,
und muG von seiner Seite aus selber daran gehen, sich die Musik und
d i e Form ihrer Pflege zu fordern, die er wunscht.
Der unverdrossenen und aufopfernden Arbeit zweier kunstliebender
Frauen Berlins, Frau Marta Crzelitzer und der Dichterin Clara Viebig,
haben wir nun das kraftige Aufbliihen einer solchen Liebhaberbewegung
in der Musik zu verdanken, die geeignet sein kann, auf unsere Musik-
pflege einen heilsamen EinfluO auszuiiben. Als kluge Realpolitikerinnen
verbanden die beiden Griinderinnen der „Stricknachmittage" einen doppelten
praktisch-sozialen Beweggrund mit der kiinstlerischen Absicht. Man konnte
den Besucherinnen dieser Musikstunden sagen: ihr geniefit nicht nur,
sondern ihr helft zugleich, helft doppelt, mit eurer Handarbeit denen im
Felde, mit eurem Beitrag den Musikern. So fanden sich zuerst auf den
Ruf der Frau Crzelitzer in deren Heim in Zehlendorf eine stattliche An-
zahl Frauen zusammen als Horerinnen und Helferinnen zu einem mensch-
lich und kiinstlerisch guten Werke. Und nach diesem Vorbilde schlossen
sich bald in GroB-Berlin 28 solcher Zirkel zusammen, deren Wirken von
einer gemeinschaftlichen Organisationsstelle geregelt wird.
Selbstverstandlich ist die Verkniipfung dieser Musikpflege mit der
Ausiibung weiblicher Handarbeit nur eine auOere. Der Gedanke war fur
die Verwirklichung der kiinstlerisch -musikalischen Ziele sehr forderlich.
Diese Verbindung kann aber jederzeit gelost werden und hat sich vielfach
schon gelost, ohne daC das Musizieren damit ein Ende erreicht hat. Eine
gerauschlose Handarbeit vertragt sich aber recht gut mit einem lebendigen
Musikgenusse, der ja beim Dilettanten fast stets nur ein unbewuQtes Er-
fassen vorwiegend der elementaren und einiger formaler Ausdrucks-
faktoren bleibt.
Bevor wir die Arbeitsleistung dieser Organisation durch einige sta-
tistische Daten naher belegen, wollen wir den durch ihr bisheriges Wirken
zutage getretenen fiir Kunst und Kiinstler in Betracht kommenden Er-
scheinungen einige Worte widmen. Durch den Krieg sind alle Kiinstler
XIV. 19. 3
34 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
wirtschaftlich stark gescbadigt worden, die schwachen oft bis zur
Gefahrdung ihrer Existenzgrundlagen. Hier haben die Stricknachmittage
viel gelindert. Einer betrachtlichen Zahl bedrangter Kunstler ist durch
die Organisation ein erfreulicher fortlaufender Verdienst gesichert worden.
Hoher aber noch als das Geld, das ihnen hier zufloB, werden von
vielen die kiinstlerischen und rein menscblichen Anregungen, die von
diesen intimen Musikstunden ausgingen, bewertet werden. Das BewuBt-
sein, mit seiner Tatigkeit nicht plotzlich iiberfliissig geworden zu sein,
sondern eine neue Betatigungsmoglichkeit gefunden zu haben, die ihn
mit so vielen Liebhabern der Kunst in Beruhrung bringt, hat wohl
gerade manchen feineren unter den Musikern ein gut Teil Sorge und
Niedergeschlagenheit, die ihn zu Beginn der Kriegszeit befallen muGte,
abgenommen.
Fur manchen Horer bedeuten die zahlreichen Moglichkeiten, miihe-
und zwanglos Fuhlung mit diesem oder jenem ihm sympathischen Kunstler
zu gewinnen, die Gelegenheit, die geistige Physiognomie unserer, in der
Atmosphare des Konzertsaales meist unpersonlich wirkenden Vortrags-
kiinstler naher studieren zu konnen, eine wertvolle Bereicherung und Ver-
tiefung seiner kiinstlerischen Erfahrungen.
Fiir das Kunstempfinden beider Teile gleicherweise erziehlich ist es
aber, daC hier endlich dem groBen Schatz der fur intime Raume und auf
zarte Klangwirkung hin geschaffenen Musik unserer Meister ein breiteres
Wirkungsfeld erwachst. Hier kann der Vortragende endlich einmal auf
intime Wirkungen hinarbeiten. Hier hat er nicht nur ein Recht, sondern
es ist hochste kiinstlerische Pflicht, die Schatze der musikalischen Klein-
kunst seit Bachs Zeiten vorzufuhren, die fiir den Konzertsaal zu fein und
zum Zerpflucken durch Schiilerhande zu gut sind. Hier sind Bachs und
Handels Suiten, Haydns, Mozarts gesamte Klaviermusik, Beethovens friihe
Sonaten und kleine Stiicke, Schuberts Tanze, der ganze Reichtum unserer
romantischen Miniaturen von Mendelssohn und Schumann an bis zu Kirch-
ner, Heller und dem letzten und tiefsten Meister Brahms, und auch end-
lich mancher nichtbeachtete tuchtige Kleinmeister unserer Tage am Platze.
Auch fiir die mehrstimmige Kammermusik instrumentaler und vokaler Natur
ist hier erst der rechte Boden geschaffen.
Solche Musik im stuckbeladenen Konzertsaal zu spielen, ist stilistisch
nicht minder arg, als wenn ein Museumsleiter Bildchen von Schwind,
Kersten, Friedrichs oder Richter in den Prunksalen seiner Sammlung
zwischen Wandgemalden aufhangen wollte. Unser architektonisches Em-
pfinden hat in dem letzten Jahrzehnt eine hohe Verfeinerung erfahren. Der
vornehm sachliche Geist, der in einem modernen kiinstlerisch gestalteten
Innenraume jetzt vielfach herrscht, wird den denkbar giinstigsten Stimmungs-
untergrund fur die genannten Werke abgeben.
WETZEL: HAUSKONZERTE
35
Man wendet vielleicht ein : urn das zu erreichen, bedarf es doch
keiner besonderen Organisation. Dergleichen bot bisher schon jede an-
spruchsvollere Geselligkeit wohlhabender Menschen. Das ist nicht der Fall.
Vielmehr unterscheiden sich diese Musiknachmittage wesentlich von den
musikalischen Geselligkeiten, wie wir sie in den Hausern besitzender Kreise
bisher gewohnt sind. Sie kennzeichnen sich als reine Hauskonzerte
intimen Stiles durch die ausschlieQliche Vorherrschaft des musikalischen In-
teresses. Die Nachmittagszeit von 5 bis 7 Uhr schlieBt jede Beriick-
sichtigung irgendwelcher Tafelfreuden aus. Dann gibt die von der
Organisation mit groCer Sorgfalt getroffene Wahl der Kiinstler den Ver-
anstaltungen ein rein kunstlerisch sachliches Geprage. Sie halt ebenso
sehr (das verbietet schon die soziale Tendenz) Kiinstler fern, welche, wie
auf den Soireen reicher Hauser, durch ihren Namen lediglich den Glanz
des Festes erhohen sollen, indem sie den zu Zungengeniissen nicht mehr
fahigen Gasten durch virtuose Raffinements noch die Ohren kitzeln sollen.
Sie vermeidet aber auch jede Moglichkeit eines Vergleiches dieses Musi-
zierens mit dem fur gesellige Zwecke engagierten Gewerbemusiker. Es
kommen hier vorwiegend d i e Kiinstler zu Worte, denen, weil weder
Virtuosen noch Geschaftsgenies, der Konzertsaal nie das ausschlieQliche,
sie vollig befriedigende Betatigungsgebiet sein kann.
Zum Schlusse mogen nun noch einige statistische Daten und Zahlen-
angaben von dem erfolgreichen Wirken der Organisation Kunde geben. Die
von Frau Crzellitzer und Frau Viebig geleitete im Abgeordnetenhause
arbeitende Zentrale hat seit Anfang Oktober etwa 50 bis 60 Kiinstlern
mehrere Wintermonate hindurch eine laufende Einnahme von monatlich
etwa 70 Mk. vermittelt. Diese Summe konnten sich die Kiinstler durch vier-
bis fiinfmaliges Spielen im Monat verdienen. Eine weit groOere Zahl von
Kiinstlern fand durch gelegentliche Beschaftigung einen wenn auch ge-
ringeren, so doch oft recht willkommenen Nebenverdienst. Wie bereits
erwahnt, sind neben diesen pekuniaren Vorteilen oft die durch Ankniipfung
menschlicher und geschaftlicher Beziehungen zwischen dem Vortragenden
und den Horern sich ergebenden Vorteile oft noch hoher zu bewerten.
Die folgende Tabelle wird am kiirzesten tinen Uberblick uber die
durch die Organisation fliissig gemachten und ausschlieOlich zum Vorteile
der Kiinstler aufgewendeten Gelder geben.
Zabl
der Zirkel
Einnahmen
Ausgaben
Oktober .
November
Dezember
1
7
19
Mk. 118
„ 1986
. 4414
Mk.
70
1012
3 169
3*
36
DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
Zabl
der Zirkel
Einnahmen
Ausgaben
Januar ....
28
Mk. 4 166
Mk. 3 875
Februar
28
„ 4 699
. 4 321
Marz .
21
„ 3 708
„ 3 367
April .
18
„ 2 864
„ 2 633
Mai .
11
„ 2 000
„ 2 000
juni .
10
„ 1 500
„ 1500
Juli .
2
500
400
Mk. 25 955
Mk. 22 347
Vollig unentgeltlich wurde die gesamte organisatorische Arbeit (das
Bureau im Abgeordnetenhause war gleichfalls kostenlos zur Verfugung
gestellt) geleitet. Die Kiinstler haben es also hier mit einer geradezu
idealen Konzertagentur zu tun, und wohl jeder unter ihnen hat dieses
kunstfreudige und uneigenniitzige Wirken mit dankbarer Genugtuung
empfunden.
Die Zahl der also beschaftigten und honorierten Kiinstler (SSnger,
Geiger, Pianisten) betragt rund zweihundert. Ein grofier Teil von ihnen
konnte nur gelegentlich beschaftigt werden, da ihre Leistungen den An-
spriichen der Organisation nicht genugten, oft auch deshalb, weil die Be-
ziehungen erst eingeleitet wurden, nachdem die meisten Stellen besetzt
waren. Es war hier bisher noch vieles im Werden, und die Organisation
wird mit Beginn des zweiten Spieljahres im September viel leichter und
zielbewufiter arbeiten konnen. Von alien Seiten, der der Kiinstler wie
der Horer, wurde die Fortfiihrung dieses Unternehmens lebhaft gewunscht,
und es ist daher sicher zu hoffen, daC hier ein fur unsere Musikpflege
kiinstlerisch und wirtschaftlich heilsames Werk sich in erfreulichem Auf-
bltihen befindet. Das Verdienst gebiihrt hier ausschlieClich einem Kreise
echter Liebbaber mit seinen beiden tatkraftigen Leiterinnen an der Spitze.
REVUE DER REVUEEN
Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
NEUE ZEITSCHRIFT FUR MUSIK (Leipzig), 82.Jahrgang, No. 19, 20 und 22.—
No. 19. „Die neudeutscbe Partitur." Von Adolf Prumers. „. . . 1st es ein
Verbrechen, wenn unsere heutigen Partiturcn SuOerlich anders dreinscbauen als
die von Mozart und Beethoven? 1st es vielmehr nicht ein Unsinn, eine Karikatur,
dad unsere Partituren den Stempel lSngst verrauschterjahrhunderte tragen? Jede
Zeit bat ihren Stempel; warum soil sich die neudeutscbe Zeit, unser ,heute', nicbt
des eigenen Zeitstempels bedienen durfen? Mozart, obwohl urdeutsch in Wesen
und Art, kleidete seine Partituren in die Spracbe seiner, namlich der italienischen
Scbule. Das war damals gang und gabe, war Spiegel und zugleich Stempel jener
Zeit. Sollen wir Deutsche aber, die wir zu den FQQen deutscber Meister gesessen
baben, nicbt das gleiche, das eigentlich Selbstverstindliche tun? Sind wir Wagners
Erben oder sind wir es nicht? Diese und weit mebr andere Griinde baben nun
bisber nabezu nichts ausgerichtet. Wie Iange wollen wir noch hinter unserer Zeit
und ihren Erscheinungen und gebieteriscben Forderungen wie Sieche und Kruppel
herumhumpeln? Hat Wagner umsonst gelebt? Verstehen wir ihn nicht? Ver-
stehen wir Musiker nicht den eisernen Schritt unserer Zeit? Bisher muOte es so
scheinen; bolen wir das Versaumte docb endlich nach! Fort mit den faulen Aus-
reden, mit den ,wichtigen Bedenken', mit den historischen Gesetzen! Die italie-
nischen Bezeicbnungen sind im Laufe der Jabrbunderte so morscb geworden und
in Vergessenbeit geraten, daQ wir z. B. tenero, slentando erst im Worterbuch auf-
sucben mussen. Sollen wir warten, bis die Zeit ihr Zerstorungswerk vollendet
bat? Das erleben wir nicht. Nein! Geben wir unserer Zeit das, was ihrgebubrt:
den Zeitstempel der deutschen Sprache! . . . Warum soil die italienische Spracbe
das Recht haben, urdeutscbe Musik zu bevormunden? Zu deutschen Noten ge-
horen aucb deutsche Bezeicbnungen! Wenn wir dem historischen Prinzip zuliebe
die pp, mp, mf, f und ff beibebalten, so ist ibm damit vollauf Genuge getan.
Deutsche Meister! Scbafft neudeutsche Partituren!" — No. 20. „Die Fremdworter
in der Musik." Von Max Unger. „. . . Bis wir eine auch von Fachausdrucken
glnzlicb gereinigte deutsche Sprache besitzen werden, wird immerhin noch viel
Wasser den Rhein hinabflieflen, und bis dorthin werden sich freitich die wahren
Freunde der deutschen Sprache wohl oder ubel — nicht glucklicherweise — noch
mit vielen schlechtklingenden Fremdwdrtern abflnden und sie in ihrer Sprache
dulden mussen, wie ich es auch bier und da noch mudte. Aber unbedingt in
Acht und Bann sollte jedes irgend entbehrliche Fremdwort, geschweige denn aus
blotter Eitelkeit und Prablsucht angewandte getan werden. Wenn aber die Sprach-
reinigung im gleichen Verbaltnis wie in den letzten Jahren andauert, werden wir,
sollte man denken, eigentlich nur wenige Jahrzehnte benotigen, um eine ziemlich
gesunde Sprache zu besitzen. Offene Fehde aber alien Sprachverwilderern, denen
die bisherigen Fremdworter noch nicht genugen und die ihre Eitelkeit darein
setzen, moglicbst alberne MiQbildungen neu zu erflnden. Ein Beispiel fur viele:
die Zwitterbildung ,Beethovenianismen', die Merkmale Beetnovenscher Kompositions-
weise bezeichnen soil. Wenn ich nicht irre, wurde das Wortungettim erst vor
wenigen Jahren gebildet. Sein Erflnder war darauf gewifl sehr eingebildet . . ."
— No. 22. „Zukunftige Musik." Von Otto R. Hubner. Verfasser erblickt in
stSrkerer Pflege der Tonkunst ein wirksames Mittel zur Bekampfung der zunehmen-
den Ver2uQerlichung unseres Wesens. Er wendet sich gegen die „Verstandes-
komponisten", d. h. gegen die Erzeuger innerlich-armer, iuQerlich-glinzender Musik,
38 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
wie sie uns in den letzten Jahren oft genug in Theater und Konzertsaal begegnet
sind. „Davon aber mussen wir abzukommen suchen und unser ganzes Innenleben
wieder mehr zu vertiefen trachten. Der jetzige Krieg wird uns diese Aufgabe
erleichtern: denn liefi er nicbt in vielen Menscben wieder starke Lebensgefuble
erwacben! Und warf nicht schon so mancber alien iuQeren Flitter beiseite aus
innerer Kraft! Die Lebensnot ist an uns Deutsche herangetreten; sie wird uns
nicht schwichen, sondern vertiefen, vor allem aber wieder wahrhaftig machen.
Und dieser erbobte Zustand soil in unserer kunftigen Kunst zum Ausdruck kommen.
Darum diirfen wir hoffen, daft in der Zukunft weniger kompliziert-interessante, als
vielmehreinfacb-ausdrucksvolle Musikgeschrieben wird. Unsere scbaffenden Kunstler
sollten sicb auch nach dem Geschmacke der Laien und Kunstfreunde mehr umtun,
auf deren Liebe doch alle Kunst begrundet ist. Gerade jetzt quillt der alte Bronnen
der Volkskunst wieder in erneuter Frisehe, und wer ibm lauscht, der wird verstehen,
was sein PlStschern kundet: Auch alle Kunst soil nur dem heil'gen Leben dienen!"
BOHEMIA (Prag), 23. Mai 1915. — „Brauchen wir die italienische Oper?" Von F. A.
Verfasser befurwortet die vorlauflge AusschlieBung der Jungitaliener (Mascagni,
Leoncavallo, Puccini u. a.) von den deutscben Buhnen. » . . . Verdi, Rossini und
die ubrigen alten Italiener werden von der prinzipiellen AusschlieBung weniger
betroffen. Die Meister vergangener Gcnerationen baben mit den gegenwartigen
Verbaltnissen nichts zu scbaffen, und wir werden uns wobl huten, uns der Lacber
licbkeit preiszugeben wie die Franzosen, die fur Beethoven erst die belgische
Abstammung seiner Vorfahren reklamierten, um seine Schopfungen nicht entbehren
zu mussen. Wir waren auch Bizet gegenuber nicht intolerant, von unserem Ver-
halten gegen Shakespeare ganz zu zu schweigen. Kunstwerke, welche allgemeiner
Kulturbesitz sind, stehen jenseits der Zeitstromungen. Ob notwendig oder ent-
behrlicb, das ist die Frage, die man sich bei der Erwagung des Boykotts vorzulegen
hat. Der Kunstfreund wird darauf antworten, daB er fur einige Zeit sein Aus-
kommen ganz gut auch ohne Verdi und Rossini — den Wert ihrer Werke
zugegeben — flnden kann. Wenn die Franzosen Beethoven gegenuber zu der
obenerwabnten Finte ihre Zuflucht nabmen, so licheln wir darfiber, aber wir ver-
stehen diesen Vorgang, durch den man uberchauvinistische Empfindlichkeit zu
beruhigen suchte. Denn ohne Beethoven ist fur den Musiker kein Auslangen.
Der italienischen Opernmusik zuliebe braucbt man nicht solcbe Ausfluchte zu
machen. Sie ist Luxuskunst, und es wird bei uns gewifi nicht als ein Ungluck
empfunden werden, wenn wir auf sie fur wenige Zeit verzichten. Wir werden uns
also auch Verdi gegenuber zuruckhaltend verbalten, ganz abgesehen davon, daB
auch Verdi aus seiner osterreichisch- und deutscbfeindlichen Gesinnung nie ein
Hehl gemacht bat. Von solcber Erwagung ausgebend, hat bereits die Direktion
unserer Landesbuhne ibre MaBnahmen getroffen und aus dem Programm der
heutigen gemiscbten Opernvorstellung das ,Rigoletto*-Fragment entfernt. Die
EinbuBe, die der Spielplan dadurch erleidet, mag auf den ersten Blick grofler
scheinen, als sie eigentlich ist. Nur der Behaglichkeit des Genusses verdankt die
italienische Opernmusik ihre Vordergrundstellung im Repertoire. Aber Hand aufs
Herz, ist man ihrer nicht schon ein wenig uberdrfissig? Und ist der Ernst der
Zeit mit solchem Behagen vereinbar? Wir haben in unserer musikaliscben
Schatzkammer den reichlichsten Ersatz fur ,Troubadour\ ,Rigoletto', ,Traviata'
und ,Maskenball', und wenn statt Puccini und Leoncavallo zeitgenossische deutsche
und osterreicbische Komponisten zu Gehor gelangen, so erfullt man diesen gegen-
uber nur elne lange genug vernachlftssigte Pflicht. Darum fort mit welschem
Dunst und welschem Tand. Ehren wir unsere deutschen Meister!"
REVUE DER REVUEEN 39
TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 8., 9. und 10. Juni 1915. — (8. und 9. Juni.)
„Der deutsche Musikstil." Von Hans Joachim Moser. Verfasser untersucht die
Frage, ob und wie weit es denn uberhaupt eine nicht nur geographisch, sondern
aucb ihrem innersten Wesen nach wirklich „deutsche" Tonsprache gebe; ob es
nicbt bloB eine Art von Zufall sei, daB die zweifellos im letzten Jabrtausend
immerfort wandernde Vorhcrrschaft der musikalischen Kultur von den englischen
und nordfranzosischen Kelten des II. bis 13. Jahrhunderts zu den Italienern der
Dantezeit, dann zu den Niederlindern, bierauf wieder zu den Italienern und
Franzosen, nun endlich aber zu uns Deutschen gekommen sei, urn vielleicht
kunftig etwa den Skandinaviern oder Russen oder sonst wem zuzufallen. Moser
glaubt, daB der besondere deutsche Musikstil weniger prSgnant zu fassen ist, als
derjenige anderer Linder. Es bedurfe anscheinend erst eines gewissen Abstandes
von Rasse und Spracbe, um die schaffenden Musiker zum vollen BewutStsein
vSlkischer Stilmerkmale zu bringen. „Hieraus also lielJe sicb hauptsicblich das
seltsam anmutende Paradox erklaren: dafl wir keine gleich charakteristische
,deutscbe Musiksprache' auf der Palette haben, eben weil die tonangebenden
Meister, von denen allein solche PrSgungen hatten ausgehen konnen, an den ent-
scheidenden Zeitpunkten selbst Deutsche gewesen sind! Es besteht hierfur aber
aucb noch ein anderer, nicht minder schwerwiegender Grund: die geographische
Lage Deutschlands als Durchzugsgebiet. Was das bedeutet, lehrt uns die euro-
piische Kriegsgeschicbte: Wie unser Vaterland nacheinander von Romern,
Hunnen, Avaren, Normannen, von Franzosen, Spaniern, Schweden und Russen
mit Heerhaufen uberzogen worden ist, so haben uns gleichermaBen seit Mero-
wingerzeit Schwirme lateinischer Mimen, irischer und burgundiscber Klosterleute,
polnischer und englischer Geiger, franzosischer und italienischer Tonkunstler mit
ihrer Musik fiberlaufen und heimgesucht; dies wie jenes aber nicht einmal aus-
schlieOlich zu unserem Schaden, denn leibliche wie geistige Rassenauffrischung
ist oft genug die bedeutsame und segensreiche Folge hiervon gewesen . . ."
„. . . wihrend Karl Lamprecht einmal ausgesprochen hat, daB die Romer alle
Kulturen in sich aufsaugten, um sie vergrdbert, verrobt, wieder von sich zu geben,
darf man in der Tonkunst wie auf anderen Gebieten von den Deutschen getrost
behaupten, daB sie willig, ja gierig jede fremde Anregung in sich aufnahmen, um
sie veredelt und vertieft der Welt zuriickzugeben ..." „. . . Wie sich in diesen
Tagen vornehm und gering, jung und alt, arm und reich zu einem Heer in
einem Geiste zusammengefunden hat, wie der blasse, blasierte Snob der GroB-
stadt sich im Schtitzengraben in den vollblutigen, blondbartigen, gebraunten Teu-
tonen zuruckverwandelt bat — so mochte man uns auch auf dem Gebiet der
deutschen Musik einen neuen, allgemeinen Geist der Starke, der Friscbe, des
Frommseins, des frohlichen Auferstehens im Zeichen der Blutgenossenschaft aller
Klassen wunscben. Damit unsere groCen KSnner nicbt mehr ausschlieBIich nach
internationalen Sensationen, wahnwitzigen technischen Experimenten, kitzelnden
Nervenwirkungen in groteskem Wettrennen, aber mit stSrkster kaufmSnnischer
Begabung hascben, wahrend der schlichte Mann sich in dem Scbund frivoler,
bescbrSnkter, gescbmackloser Operettenschlager fur den schtnerzlichen Ausfall
an guter, neuer, ihm erreichbarer Kunst schadlos halten muB. Moge aller artistische
Hocbmut, alle epigonische Novititenklugelei, alles kleinliche Parteigezink vor dem
einen allgewaltigen Verantwortlichkeitsgefuhl hinschwinden: daB dem deutschen
Volk seine herrliche Tonkunst erhalten bleibe in immer verjungtem Fruhling! Wie
sagt doch der groBe, so oft miBbrauchte Nietzsche? ,Nicht um die Erfinder neuen
LSrms — um die Erfinder neuer Werte dreht sich die Welt!' Warum sind die einst
40 DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
hochmusikalischcn Englander seit der Hochblute des Puritanismus vollig im ton-
kunstlerischen Wettbewerb der Nationen ausgefallen? Weil ihnen die sittliche
Starke, das reine Herz, der ehrliche Wille vor Heuchelei, Vollerei und KrSmertum
abhanden gekommen ist. .Merk's, Wien — !' Die lebendige deutsche Kunst wird
nicht in Debattierklubs, im Zigarettenqualm der Nachtcafes, im scbwellenden
Fauteuil uppiger Boudoirs errechnet — sondern man suche sie dort, wo sie der
Beethoven der Pastoralsymphonie, der Bach der Pfingstkantate, der Stadtpfeifer-
gesell des Lochheimer Liederbuches, wo sie der tapfere Herr Walter von
der Vogelweide gefunden hat: ,Unter der Linden, an der Heide . . .' Moge
sie uns dort kraft der gewaltigen Umwandlungen dieses Krieges wieder auf-
erstehen zu ewigem Leben! Das walte Gott!" — (10. Juni.) „FQnfzig Jahre
,Tristan'." Zur Erinnerung an den 10. Juni 1865. Von Gustav Manz.
„. . . Selten wohl, ja nie vielleicht ist ein Werk der tragiscben Kunst geschaffen
worden, bei dessen Zeugung und Geburt die hochgespannteste Schopfer-
kraft des kunstlerischen Genius selbst so zerschmetternd zusammenprallte
mit der Tragik des personlichen Erlebcns. Es war, als ob dieses ,Schmerzens-
kind' nur in einer Luft sich sein Lebensdasein erkampfen durfte, die durcbbraust
war von stiirmenden Orkanen und scbreckenvollen Gewittern. Im Sommer 1858,
als der ,Tristan' wurde, steht iiber dem Haupt seines Schopfers selbst als dusteres
Symbol das Isoldenwort: ,Mir erkoren, mir verloren'; zarteste Gespinste seelischer
Harmonie zerreifit die bastige Hand miBverstehender Eifersucht; in jfiher Flucht
verlafit der Kunstler sein griines Asyl und sturzt sich aufs neue in die Odyssee
eines heimlosen Wanderlebens; nichts nimmt er mit sich als eine Erinnerung
und jcnen Schatz der ,Traume', aus denen sich ihm in der melancholischen Stille
des Palazzo Giustiniani das Klangwunder der Liebesnacht gestaltete. Im Sommer
1865, als der ,Tristan' ins Leben trat, erfuhr der Schaffende zum ersten Male
wieder seit den verdMmmernden Jugenderinnerungen an die groDe Wilhelmine
Schroder-Devrient die Erfullung eines kunstlerischen Ideals. Schnorr von Carols-
feld, damals in der Blute seiner 29 Jahre, wurde ihm als ,singender Darsteller' die
beldiscbste Verkorperung hochfliegender Traume; er macht das Unmoglicbe mog-
lich, ihm gelingt das Wagnis, an dem alle anderen gescheitert — er ,schafft' den
,Tristan' in jenen vier Vorstellungen, die man als die wahrhaft ersten deutschen
Btihnenfestspiele bezeicbnen darf — , und acht Tage nach seinem Abschied
von Munchen liegt er auf der Totenbahre; in verzweifelndem Jammer eilt Wagner
nach Dresden, um seinen Sanger zu bestatten, er kommt um zwei Stunden zu
spat, und wie eine grausige Ironie diinkt es ihn, dad die frohliche Elbestadt gerade
in Flaggenschmuck und Kranzgewinden prangt, um 20 000 deutsche Sanger zu
empfangen ... Es ist ein unumstoClicher Beweis fur die aus dem Innern sich
rastlos erneuernde Kraft des Genius, daft die zwei furchtbaren Schicksalsscblage,
die in Wagners Leben mit dem ,Tristan' verknupft sind, ihn nicht zum gebrochenen
Manne gemacbt haben. Er muQte eine Liebe ersticken und hat ihr in seinem
Werk ein Denkmal gesetzt; er hat den teuersten Kunstler und Freund begraben
und schenkte der Welt kurz darauf das Werk heiterster VerklBrung, die ,Meister-
singer* . . .*
DER TAG (Berlin), 23. April 1915. — „Sven Scholander und Deutschland." Von
Carl Krebs. Vor kurzem ging die Nacbricht durch die Zeitungen, der bekannte,
gerade auch in Deutschland gefeierte scbwedische LautensSnger habe ein Exemplar
des Buches „Ein Volk in Waffen" von Sven Hedin, das ihm der Verfasser selbst
zugestellt hatte, mit den Worten zuriickgeschickt, er wolle ein solches Machwerk
nicht im Hause haben. Scholander versandte spiter an die deutschen Zeitungen
REVUE DER REVUEEN 41
eine langatmige Erkllrung, in der er sein Verhalten zu rechtfertigen suchte. Er
behauptete, daft er lediglich von dem Wunsche geleitet sei, die strenge Neutralitat
seines Landes und seiner Regierung auch seinerseits zu wahren, und dad ibm
eben Sven Hedin in diesem Sinne die Neutralitat nicht gewahrt zu baben
scheine. Desbalb und nur desbalb habe er ibm sein Buch zuruckgeschickt, das
er ubrigens nicbt als Macbwerk bezeicbnet habe. Wie fur die Belgier ge-
denke er aucb fur die notleidenden Ostpreufien und Galizier zu konzertieren.
„Scholander's Versucb," schreibt nun Carl Krebs, „seine Haltung zu begrunden
und zu rechtfertigen, erscheint mir vollig verfehlt, keiner seiner Grunde ist stich-
haltig. Die Neutralitat eines Volkes wird durch seine Regierung bedingt, nicht
durch das, was die einzelnen Untertanen reden oder tun; Schweden ist neutral,
trotzdem Sven Hedin warm fur Deutschland eintritt, trotzdem Forsell einem eng-
landfreundlicben Banausen die Wacht am Rhein ins Gesicht singt. Scholander's
kleinliches und angstliches angeblich neutrales Verhalten ist im Grunde weiter
nichts als Feigheit; Feigheit, wirklich Farbe zu bekennen und dadurch etwa die
eigene Haut zu Markte zu tragen. Oder ist es noch mehr, ist es Undank? In
keinem Lande, selbst in seinem eigenen nicht, ist Scholander so entbusiastisch
gefeiert worden wie in Deutschland, und zwar von hoch und niedrig, von den
Fursten wie vom Volk, ja, unser Kaiser hat ihn in auflerordentlichem Made aus-
gezeichnet und zu sich herangezogen. Und schon um des Kaisers willen, der
sich in Worten und Taten so herrlich bcwatart hat, zu dem jetzt alles, was deutsch
fuhlt, in ehrfurchtiger Liebe aufscbaut, schon um des Kaisers willen hatte Scho-
lander, wenn er wirklich deutscbe Sympathieen batte, sie offenbaren miissen, um
zu beweisen, daft er jener Ehre wurdig war. Aber er hat zuerst fur die Belgier
konzertiert, ohne sich darum zu kummern, ob er dadurch deutsche Gefuhle ver-
letzte, gerade fur die Belgier, deren Zivilbevolkerung gegen unsere Soldaten jede
Gemeinheit begangen, sie aus dem Hinterhalt uberfallen und auf das grausamste
verstummelt hat. Wenn er jetzt, nachdem die Notiz in der Kieler Zeitung
erschienen ist, auch fur die Ostpreufien singt, so bat das nicht viel zu bedeuten:
zuerst hatte er's tun sollen, wenn ihm an unserer Zuneigung gelegen war. Scho-
lander's Satz, daft der wabrhaft Neutrale seine Gesinnung sorgfaltig verstecken
und sich ruhig und abwartend verhalten musse, eroffnet den Blick in einen wahren
Abgrund utilitaristischer Gesinnung. Wenn Deutschland als Sieger aus diesem
Kampf hervorgeht, was ich mit Sicberheit voraussehe, dann ist es keine Kunst,
hervorzutreten und zu deklamieren: Ich hab's ja immer gesagt, die Deutscben
sind pracbtige Menschen, ihre gute Sache hat die Oberhand behalten, und ich
liebe sie unsaglicb. Nein, gerade jetzt, wo die Lage noch unentschieden ist,
wollen wir wissen, woran wir sind, wer uns Freund ist oder Feind. Und da gilt
das Wort: ,Wer nicht fur mich ist, der ist wider mich.' Wer in dieser Zeit nicht
zu uns steht, der ist unser Feind, mag er noch so Iaut behaupten, er sei nur
neutral. Dieser heilige Krieg sondert das Metall von den Schlacken, scheidet
Charaktere und Geister. Hedin bat sich als lauter erwiesen, als Edelmetall; er
hatte ja auch schon friiber erkannt, eine wie furchtbare Gefahr seinem Vaterland
durch RuBIands Landergier drohte, batte Weckrufe ausgestofien und versucbt, den
politisch Unsicbtigen die Augen aufzureifien. Scholander hat sich fur Hedin's
Aufklirungsversuche unzuganglich erwiesen und fahrt fort, den Tatsachen gegen-
uber gewaltsam die Augen zuzudrucken. So moge er denn nur weiter , neutral'
bleiben, aber er moge sich nicht wundern, wenn von nun an Deutschland sich ihm
und seiner Kunst gegenuber ebenfalls ,neutral' verhSlt."
Willy Renz
BESPRECHUNGEN
bOcher
262. Gustav GOtze: Klassische Stoffe fur
das Musikdiktat und fur Gesang-
iibungen vorgeschri ttener Schiller.
Verlag: Chr. Fr. Vieweg, Berlin-Lichterfelde.
In dieser empfehlenswerten Sammlung ist
von dem Herausgeber der Versuch gemacht,
dem Schuler wertvolle Beispiele aus der Musik-
literatur zu vermitteln. Es mag dahingestellt
bleiben, ob das Biichlein seine Entstehung einer
AuBerung verdankt, die ich in Heft 18 des
XIII. Jahrgangs der „Musik" gelegentlich einer
Besprechung von Max Battkes „Unerschopflichen
Diktatstoffen" niederlegte. Jedenfalls' ist mein
Gedanke hier in einer Art und Weise verwirk-
licht, der ich im allgemeinen beipflichten kann.
Eines nimmt mien bei der Anlage des Heftes
jedoch wunder: Der Verfasser geht von der
Tonleiter aus, wahrend es doch naturlicher und
fur das Auffassungsvermogen des Schulers
leichter ware, nach Art von Carl Eitz' „Singfibel",
fur dessen Tonsilben G. Gotze mit vollem Rechte
warm eintritt, vom Dreiklang auszugehen, der
gewissermaBen in der Luft Hegt und in Kinder-
liedern darum eine grofie Rolle spielt. Zitate
wie das Rondothema im Beethovenschen Violin-
konzert, das Hauptthema der „Eroica" wSren
meines Erachtens und nach meinen Erfahrungen
fur den Anf&nger im Musikdiktat geeigneter als
die von G. Gotze gebotenen. Wiinschenswert
ware auch die Richtigstellung der Taktarten bei
den Beispielen, die leider nicht geniigend beruck-
sichtigt ist. So sind z. B., urn einige heraus-
zugreifen, Nummer 10, 18, 32, 49, 58, 104, 105,
132, 133 nicht den metrischen Schwerpunkten
entsprecbend notiert. Wo aber bote sich eine
bessere Gelegenheit, auf rhythmische und
metrische Probleme einzugehen als im Musik-
diktat? GroBe Sorgfalt ist auf die Phrasierung
der Themen, bei denen auch auf musikalische
Formenlehre eingegangen ist, verwendet. Mit
der Gliederung der Beispiele nach den Tonarten
C-, G-, D- und F-dur ohne oder mit leiterfremden
Tonen kann bei Gebrauch des Heftes, das
1 Mk. kostet, ruhig gebrochen werden. Ebenso
durfte es auch geraten sein, die Motive aus
Wagners Tondramen vor der dritten und vierten
Abteilung zu verwenden, wenigstens zum groBen
Teil. Alles in allem ist das Biichlein ein treff-
liches Hilfsmittel, die heranwachsende Jugend
mit den Meisterwerken vertraut zu machen, in-
dent sie beim Musikdiktat wirklich musikalische
Luft einatmet und sich einpragt. Ich mochte
es darum warm empfehlen. Martin Frey
263. Heinrich Pfannschmidt: Was muB ge-
schehen, um eine groBere Wurdigung
der Kirch enmusik im kirchlichen und
offentlichen Leben herbeizufuhren?
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen.
(Mk. —.40.)
Im vorstehenden gibt der in Berlin als
tuchtiger Kirchenmusiker bekannte Verfasser
sozusagen ein Programm fur die Bestrebungen
auf genanntem Gebiet. Er sagt mit Recht:
„Die Kirchenmusik bietet in ihren unermeBlichen,
noch unbekannten Schatzcn den modernen
religiSsen Volksbediirfnissen die entsprechende
Befriedigung und Starkung und der Kirche eine
mit ihren altesten Uberlieferungen durchaus
iibereinstimmende Art reichster Betatigung."
(Zitat aus einem diesbezuglichen Artikel von
Gustav Langen [Diirerbund-Flugblatt].) Hoffent-
lich wollte Verfasser damit aber nicht etwa sagen,
daB die lebenden Komponisten nicht imstande
waren, gute Kirchenmusik zu schreiben! Dem
miiBte ich allerdings energisch widersprechen.
Damit, daB Pfannschmidt meint, die Berliner
Kdnigliche Hochschule fur Musik und das
hiesige Konigliche akademische Institut fur
Kirchenmusik seien die einzige Quelle zum
kirchenmusikalischen Studium, haut er arg da-
neben. Verkennt er etwa ganz das viel sorg-
fSltigere Privatstudium? Da miiBte ich ein
weiteres kraftiges Veto einlegen. Was er dann
weiterhin vermeldet uber„BesoldungderKircben-
beamten" ist in vieler Hinsicbt allbekannt, und
doch wird's nicht eher besser mit der Bezahlung
aussehen, bis daB man endgultig damit auf-
hort, seminaristisch gebildete Schul-
lehrer an so wichtige Posten zu „berufen*.
Das mag in entlegenen kieinen Nestern an-
gangig sein (vielmehr notwendig), aber in Stadten
sollte man allgemein sich entschlieBen, nur
Berufsmusiker mit dergleichen Amtern zu be-
trauen. DaB man den Organisten im „A11-
gemeinen Landrecht" noch zu den „niederen"
Kirchenbeamten rechnet, beleuchtet so recht
die Art und Weise der staatlichen Wurdigung
der Kirchenmusik. Man soil also auch bier von
„Oben a anfangen zu reformieren, dann wird's
schon besser werden. Der Autor hat recht, wenn
er sagi: „Beim Lesen dieser Verordnungen
(Kirchengemeinde- und Synodalordnung von
1873) kommt man aus dem Kopfscbutteln nicht
heraus; es erscheint unglaublich, daB es sich
um einen Beruf handelt, der groBtenteils von
akademisch gebildeten Mannern versehen wird."
Und seinem Wunsche: „Also lasse man die
alteste, die treueste und erfolgreichste Mit-
kampferin der Religion — die musica sacra
auch in den Synoden mitarbeiten", kann ich
vom allgemeinen und speziellen Standpunkte
aus nur nachdrijcklichste Unterstiitzung zuteil
werden lassen, auf daB in Balde bei den be-
teiligten Parteien vollige Einigkeit herrschen
moge, die allein nur ein gedeihliches Zu-
sammenwirken von Kunst und Religion gewahr-
leistet. Carl Robert Blum
MUSIKALIEN
264. Philipp Gretacher: Zehn charakte-
ristische Solfeggien und Vokalisen.
op. 87. Verlag: SteingrSber, Leipzig.
(Mk. 2.-.)
Man sollte meinen, daB es nicht schwer
halte, aus dem ungeheuren Vorrate von Gesangs-
iibungen und -studien ein geniigend abwechs-
lungsreiches Material fur den Unterricht zu-
sammenzustellen. Und doch ist dies nicht so
einfach. Gar mancher Schuler vermag den alt-
bewahrten, vielleicht etwas akademisch trockenen
Ubungen nur wenig Zuneigung abzugewinnen,
und gar leicht gerat er in Gefahr, wenn er fur
das Studium des lebendigen Liedes oder gar
der Arie noch nicht reif ist, das ganze Interesse
am Gesangsstudium zu verlieren. Da helBt es
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
43
nun Cbungen flnden, die das Strenge mit dem
Zarten, das ZweckmaBige mit dem melodisch
Anmutigen vereinen, daft der Schuler in der
Meinung, fast ein Lied obne Worte zu studieren,
sein Konnen festige und stlrke. Sehr will-
kommen durften da Lehrer wie Schuler die
Solfeggien und Vokalisen von Gretscher sein,
die sicb neben selbstverstSndlicher Zweckmaflig-
keit durch eine grofte melodische Anmut und
Leichtflussigkeit auszeichnen. An Zahl iiber-
wiegen die Solfeggien; zur KrSftigung der im
Knochengerust des Rhytbmus Schwachen eignen
sich in Sonderheit No. 1, 3, 5, 7 und 10. Aus
den Nummern 2, 4 und 6 15Bt sich bei sorg- ;
faitigem Studium eine Menge an gebundenem
Singen und ausdrucksvollem Vortrag (dieser j
aucb an den beiden kleinen Walzern No. 3 und 7)
lernen, und es empfleblt sich, diese Ubungen j
anfangs so breit als moglich zu nebmen, um '
alles herausbolen zu konnen; dies gilt ganz be-
sonders von dem lieblichen Wiegenlied (No. 4). j
Den acht Solfeggien stehen nur zwei Vokalisen |
gegeniiber, dafiir gehort die Gondoliera (No. 9)
fur zwei Stimmen zu den reizvollsten Ubungs- ,
stucken, die man sich nur wunschen kann; in |
anmutigem Wechsel heben sich die beiden
Stimmen voneinander ab, suchen einander spie-
lend zu hascben und vereinen sich wieder zu
ruhig dahinstrdmendem Wohllaut. Wer seinen
Schiilern eine Freude machen will, versaume I
nicht, ihnen Gretschers op. 87 in die Hand zu I
geben, er wird an dem freudigen Fleifie merken,
wie sehr er das rechte getroffen hat. Und damit I
sei das Heftchen alien Lehrern und Lernenden [
wirmstens empfohlen. Hjalmar Arlberg j
265. Karl Kampf: Mannerchore a cappella.
op. 53 „Sangergrab." op. 54 „1914." op. 55
a) „Holdes Entzucken", b) „Triolett." Ver- [
lag: B Eos", Berlin. (Part, je Mk. —.80.)
Diese Chore gehoren mit zum Besten, was
auf diesem Gebiete in neuerer Zeit erschienen
ist. Sie vermeiden ausgetretene Pfade, und nicbts
von der gefurchteten Liedertafelei ist in ihnen
zu flnden. Katnpfs Geschicklicbkeit im Miinner-
cborsatz ist wirklich bedeutend. Er hat das
schwierige Rezept gefunden, neuzeitlich, aber
docb gesanglich zu schreiben, und so, dali es auch
wirklich zu treffen ist. Auch seine melodische
Erflndung ist von nicht gewohnlicher Qualitat.
EinigermaQen begabte Chore werden hier wert-
volles Material flnden. „1914" von Gerh. Haupt-
mann („Es kam wohl ein Franzos daher") verlangt
eine starke Besetzung mit glanzenden Tenoren.
Hier sind zur Charakterisierung der einzelnen
Gegner deren Nationalhymnen geschickt ver-
wendet. „Triolett" ist eine lustige, fast ubermiitig
zu nennende Fuge, die sich auf einem kurzen
Text von Friedrich Ruckert (Einen Kreuzer gab'
ich bin) virtuos aufbaut und in einen grazidsen,
wirkungsvollen Schluft miindet. Fiir das beste
Stuck halte ich den Chor „Holdes Entziicken",
ein Fruhlingsgedicht von zartester Farbengebung,
voll von aparten Stimmungen und gliicklichen
Eingebungen.
266. Karl Kampf: Drei Gesange. op. 52.
No. 1. Der Reisebecher. (Mk. 1.50.) No. 2.
„Ganz wie du." (Mk. 1.—.) No. 3. „Du und
icb." (Mk. 1.20.) op. 56. „Altes Haus",
Ballade fur eine Singstimme und
Klavier. (Mk. 1.80.) op. 57. No. 1. „Die
Wacht an der Weichsel." (Mk. 1.— .) Verlag:
„Eos", Berlin.
Auch diese Gesange von Kampf muB man
als willkommene Gaben von Herzen begrufien.
Sie tragen ein durchaus neuzeitliches GeprSge
und sind wirklich geschrieben fur eine Sing-
stimme und Klavier, denn dieses tritt nie als
nebenher gehende Stutze des Gesanges, sondern
vollig als selbstandig illustrierender Faktor auf.
Die Begleitungen sind natiirlich nicht immer
einfach zu spielen, aber man mull anerkennen,
daft in re stellenweiseSchwierigkeit in derStruktur
des Ganzen begrundet ist. Es sind Erzeugnisse
mit wirklichen Einfallen, deren Innigkeit z. B.
in „Ganz wie du" sich wohl niemand wird ent-
Ziehen konnen. Wie wohldurchdacht ist der
Klavierpart in dem tief empfundenen „Der Reise-
becher". Am interessantesten ist die Ballade
„Altes Haus". Hier erinnern die direkt genialen
Detailschilderungen an die besten Einfalle von
Loewe. Sie ergeben sich ebenso wie der jubelnde
effektvolle Schluft zwanglos aus dem Ganzen.
Die Harmonieverbindungen in diesem Stuck sind
originell.
267. Karl Kampf: Zwei Konzertstucke
fur Klavier. op. 39. 1. „Valse caprice."
(Mk.2.— .) 2.„ElfeundGnomen.« (Mk. 1.80.)
Verlag: „Eos", Berlin.
Zwei effektvolle Vortragsstucke mit flussigem,
gut klingendem Klaviersatz, in denen das kapri-
ziose Element eine grofte Rolle spielt. Trotz des
glanzenden Gewandes sind sie nicht ubermaftig
schwer und einer guten Wirkung sicher. In dem
Walzer hebe ich den rubigen Mittelteil als be-
sonders eindrucksvoll hervor. Emil Thilo
268. Fritz Klopfer: B Fflnf arabische
Kriegsl ieder des beruhmten [sic!]
deutschen Kriegsfreiwilligen Fritz Klopfer.
Tunisische Melodieen mit arabischem und
deutschem Text." Verlag: J. C. Hinrichs'sche
Buchhandlung, Leipzig 1915. (Mk. 1. — .)
Der Titel und die Liederiiberschriften lassen
vermuten, daft der Herausgeber zugleicb Ver-
fasser der Texte ist, obwohl die jedesmal voran-
gestellte arabische Niederschrift nebst bei-
gegebenerdeutscberLesartdenGlauben erwecken
mull, als handele es sich um arabische Original-
texte. Immerhin sind diese funf Gedichte in
ihren naiven Gedankengangen nicht ubel an-
empfunden. Dagegen haben die zugehorigen
simplen Melodieen keine Spur von exotischem
Gepriige, weder in Tonart noch Rhythmus.
Daran andern nichts die Bemerkungen des
Herausgebers, daft die Araber die Terz am
liebsten etwas unrein singen, und daft ihre Lieder
nicht in vielstimmigem Satze gesungen, noch
begleitet werden durfen. Georg Capellen
269. Carl Schonherr: „Heimatwim pel."
Fur Gesang und Klavier. Verlag:
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 1.—.)
Dieses zu der Sammlung ^Deutsche Flotten-
lieder" gehorende Tonstuck besticht durch
eine schone, sangbare und feurige Weise und
erhebt sich in Aufbau und Ausdruck nicht un-
wesentlich fiber den Durchscbnitt der gegen-
wiirtigen musikalischen Massenerzeugung.
270. Ernst i^ompeck: »Ich bin ein armer
Exulant." Fiir eine Singstimme mit
Orgel Oder Klavier. (Mk. — .50.) Verlag:
ebenda.
44
DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
Das ergreifende Gedicht Josef Scheitbergers,
unter dessen Fuhrung i.J. 1686 die vertriebenen
20000 Protestanten Salzburgs nacb OstpreuCen
zogen, bat Sompeck tnit einer kraftigen, leicht
sanglichen Weise versehen, die einerseits in
itarer Wucht an einen Choral erinnert, anderer-
seits durch die Figuration von der funften
Periode ab altertumlich wirkt und ihres Ein-
drucks sicher sein dOrfte.
271. Wilhelm Viktor von Ihne: Ostmarken-
lied. Verlag: Oskar Eulitz, Lissa i. Posen.
(Mk. —.50.)
Eine sangbare, aber leider recht schlecbt
deklamierte Melodic, deren Klavierbegleitung
auch nicht eben geschickt gesetzt ist. Mit
solchen gutgemeinten, aber kiinstlerisch belang-
losen Sachen wird leider jetzt der Markt in fast
be2ngstigender Weise uberschwemmt.
272. Im selben Verlag sind als bloCe Blatter
nocb ein „Deutsches Soldatenlied" von
M. Walter (Mk. —.20) und ein „Soldaten-
kinds Wiegenlied" von P. Herrurth er-
schienen, die ebenfalls nur als gesinnungs-
tuchtige Liebhaberarbeiten zu bewerten sind. So
gem man im Hinblick auf die gute Sache, der
sie an ihrem bescheidenen Teile wohl auch zu
dienen vermogen, ihnen ein gutes Wort mit auf
den Weg geben mochte, so wenig ist das in einer
musikalischen Fachzeitschrift moglich.
273. Martin Frey: „Kindersang, froher
Klang", zebn Kinderlieder. op. 42.
Steingraber Verlag, Leipzig. (Mk. 1.60.)
Dieses Heft enthalt einige wirklich fur Kinder
falibare und sangbare Lieder, z. B. „Der kleine
Stiefelmann", „Frau Holle", „Weihnachtssorgen",
„Der Hampelmann" — und das ist gewid ein
groiJes Lob in unseren Tagen, wo man auf
musikalischem Gebiete den Kindern oft self-
same Dinge zumutet. Die an sich hiibschen
Liedchen auf plattdeutsche Dichtungen werden
urn deswillen schon weniger gesungen werden.
DieKlavierstimme ist ebenfalls leicht spielbar. Ich
empfehle das Heftchen Eltern und Lehrerinnen
gem.
274. Martin Frey: „Selig sind die Toten."
Motette fur vierstimmigen gemisch-
ten Chor. op. 47. Verlag: ebenda. (Part.
Mk. —.60.)
Eine schone, wohlgelungene Tondichtung, in
der sich Erfindung und Empflndung mit wirk-
samer und doch nicbt zu schwieriger Ausdrucks-
weise vereinen. Stimmfiihrung, Harmonik und
Rhythmik machen die Motette vom Anfang bis
zum Ende fesselnd, und eine Stimmung Hegt iiber
dem Ganzen, der man sich schon bei der Durch-
sicht am Klavier nicht entziehen kann, die aber
im Cborgesang noch viel zwingender sein wird.
275. Theodor Roh nieyer: Kriegsflugb latter
fur eine Singstimme und Klavier.
Pforzheim, Verlag von Th. Rohmeyer.
(je Mk. —.30.)
Mit einer langen Reihe von zeitgemafien
Kriegsliedem tritt bier ein Tonsetzer hervor,
der sicherlich nicht ohne Begabung ist, wenn
auch seine musikalische Ausdrucks- und Schreib-
weise noch den wenig Geubten verrat. Aber
seine melodische Erfindung flieQt ungezwungen
und ein naturliches Geschick, den rechten volks-
tumlichen Ton zu treffen, gibt diesen Liedem
ihren Wert. „Zum Aufbruch" mit der hiibschen
Nachahmung des Trommelsignals, B Kaiserlied"
mit seiner frischen, sangbaren Weise, das
eindrucksvolle B Fechterlied", „Mein Gewehr",
„Sturmwind" und „Abschied" seien als die
besten Stucke der Folge hervorgehoben. Man
darf aber dem Tonsetzer in bester Absicht
wunscben, die Tatsache, dafj er zugleich Verleger
ist, moge ihn nicht zu einer allzu groQen Eilc
und Leichtigkeit im Schaffen verleiten.
276. Albert Friedenthal: „Acht Lieder der
Zeit", fur ein- oder mehrstimmigen
Gesang und Klavierbegleitung. Verlag
der Schlesingerschen Buch- und Musik-
handlung, Berlin. (Mk. —.50.)
Es ist kein Meister, der aus diesen Liedem
zu uns spricht, aber entschieden eine musikalische
Seele, der mancher hubsche Wurf gluckt. „Feins-
liebchen" z. B. ist meiner Meinung nach ein
echtes, rechtes Soldatenlied, das allgemeine Auf-
nahme finden konnte, wenn es durch einen
gunstigen Zufall unter der Flut der gleichartigen
Erzeugnisse bemerkt wiirde. Aucb „0 mein
RoBlein" und „Kriegswiegenlied a treffen den
Volkston gut, wahrend „Hurra, Marsch" in der
Weise und im Rhythmus etwas zu sehr an das
„Immer langsam voran" erinnert. Dennoch ist
auch diese Komposition, die einen Militarmarsch
mit hubschem Trioteil darstellt, reizvoll und
ohrenfallig.
277. Robert Kabn: n Leuchtende Tage",
zwei Kriegslieder fur Gesang und
Klavier. Verlag: Eugen Diederichs, Jena.
(Mk. —.60.)
Das erste dieser Lieder, das dem Heftchen
den Namen gegeben hat, ist, entsprecbend den
Textworten, ein wenig gefuhlsselig geraten; weit
hoher steht das zweite Stuck „Der Ausmarsch".
Hier ist eine Iebendige Kraft der tonlicben
Schilderung, eine StSrke des Gefuhls und eine
Wahrhaftigkeit des Ausdrucks zu finden, die
zwingend wirken. Wenig geschickt flnde ich's,
daft das erste Lied fur eine hone, das zweite
fur eine tiefe Stimme (Badschliissel) gescbrieben
ist. Der Verlag erschwert sich dadurch selbst
den Vertrieb.
278. Arnold Mendelssohn: „Der sterbende
Soldat." Verlag: Eugen Diederichs, Jena.
(Mk. -.30.)
Man wird dieses Tonwerk als ein Kunstlied
auf volksmafiiger Grundlage bezeichnen konnen,
denn trotz sichtlichen Bemiihens, in den Grenzen
des Sirophenliedes sich unauffSllig zu bewegen,
kann sich doch der moderne Tonsetzer nicht
verleugnen, der durch mehrfachen Wechsel der
Taktart und Vorzeichnung die innere Einheit
seiner Arbeit gefahrdet. Gut gesungen, durfte
das ernste Lied immerhin eine Wirkung tun.
Auf demselben Bogen findet sich noch ein
lustiges, keckes „Jagdlied" aus der Feder des-
selben Tonsetzers, dem hier wirklich ein gliick-
licher Wurf gelungen ist. Das Falkesche Ge-
dichtchen und Mendelssohns Weise vereinen
sich so trefflich, dafi man's nicht besser wiin-
schen kdnnte. F. A. Geifller
KR1TIK
OPER
/^RAZ: In der Zeit vom 1. Februar bis zum
^~* 31. Mai (SchluB der Spielzeit) ist infolge der
durch den Kriegszustand bedingten Personal-
veranderungen im Orchester eine Erstauffuhrung
nicht mehr moglich geworden. Als ganz aus-
gezeichnete Neueinstudierungen erscbienen timer
der Buhnenleitung von Adolf Fuchs und der
musikalischen Leitung von Ludwig Seitz „Die
verkaufte Braut", wobei sich Josef von Mano-
varda (Kezal), Harry Schurmann (Hans) und
Olga Barco-Frank (Marie) besonders aus-
zeichneten, ferner unter der Buhnenleitung von
Julius Grevenberg und der musikalischen
Leitung von Oskar C. Posa „Das Heimchen
am Herd" mit Adolf Fuchs als glanzendem
John und Rosine Fortelni als trefflicher May
und .Die Entfiihrung aus dem Serail", deren
glanzvollste Seite allerdings der orchestrale Teil
war. An Repertoireopern erscbienen noch „Ein
Maskenball", .Die Bobeme", .Mignon", .Der
Kuhreigen". Im ubrigen wurde fleiBig mit Gast-
spielen gearbeitet. Stets ausverkaufte Hauser
erzielte Marie Jeritza, die funfzebnmal in dieser
Spielzeit gesungen hat. Sie erschien noch als
Aida, Senta, Frau Dot, Margarethe und Blanche-
fleure. GroQen Erfolg erntete auch Georg
Maikl, der noch den Eduard (.Heimchen am
Herd"), Germont, Lyonel sang, ferner William
Miller als Tannhauser und Manrico und Lucy
Weidt als Aida. Die Spielzeit wurde mit einer
schonen Auffuhrung von .Tristan und Isolde"
geschlossen, deren orchestralen Teil Oskar
C. Posa ausgezeichnet leitete, wShrend Julius
Grevenberg hubsche Bubnenbilder schuf.
Erik Scbmedes sang einen idealen Tristan,
Fritz Schorr einen tiichtigen Kurwenal. Auf
Engagement sangen Muschi von Szekrenyeszy
die Isolde und Stefa Rodanne die Brangane.
Ibre Leistungen waren befriedigend, so dad ihre
Verpflichtung einen Gewinn fur die Grazer Oper
bedeutete. Dr. Otto Hod el
CTRASSBURG: Die Fortsetzung des Opern-
•^ betriebs hat nicht ganz gehalten, was man
von dieser Kriegsspielzeit erwartet hatte. Schon
dad sie, am 10. Januar erst begonnen, dennoch
zum gewohnten, ohnehin allzu friihen Termin
(15. Mai) schon wieder schloB, scheint mir ein
Fehler, da das Interesse beim Publikum, zumal
der starken Garnison, noch keineswegs erlabmt
war. Allerdings hatte man dann wohl zu einem
etwas gew9hlteren Repertoire greifen mussen, als
es sonst der Winter gebracht batte. Ich habe
scbon in meinem ersten Bericht diese durch
nlchts motivierte Beschrankung des Spielplans
auf die abgegriffensten Walzen gerugt. Doch
alien solchen Anregungen gegeniiber gilt hier
fast stets das Prinzip: „Nun gerade nicht"! So
brachte die ganze Saison auch nicht eine einzige
Neueinstudierung; denn das Herausbringen der
Berliner Lokalposse .Wie einst im Mai" kann
doch nur als eine Geschmacksverirrung der
Intendanz, nicht aber als kunstleriscne Tat an-
geseben werden. Auf Stucke wie „Troubadour",
.Traviata", .Cavalleria" hatte man unter den
jetzigen Umstanden auch gern verzichtet. DaB
man im ubrigen eine Anzahl bekannter Werke
in groBtenteils "• ' ' "- •-=—
bekam, sei gern anerkannt. .Tristan" fand mehr
Freunde, als man gedacht hatte; Pfitzners „Armem
Heinricb" tut man keinen Gefallen, es zur jahrlich
wiederkehrenden Repertoireoper zu stempeln.
Solche exklusive Kunst soil auch als auCer-
gewohnliches Ereignis wirken. — Frau Bucbels
Erfolge in den .Lustigen Weibern" und .Hoff-
manns Erzahlungen" (Olympia) liefien es be-
dauerlich erscheinen, dad man diese sympathische
Koloratursangerin ziehen laBt, ebenso wie ihren
als gediegener Kapellmeister bewahrten Gatten.
Der gleicbfalls unbegrundete Weggang des Hel-
denbaritons v. Manoff wurde durch allgemeinen
Einspruch noch in letzter Stunde abgewendet,
nachdem auch einige miBgluckte Probegastspiele
die Uberlegenheit des Genannten zweifelsfrei
erwiesen hatten. Wie sich sonst die nachste
Spielzeit gestalten wird, ruht noch in der Zeiten
SchoBe. Pfltzner, der, wie man hort, seinen
.Palestrina" ziemlicb vollendet baben soil, wird
die Direktion wieder ubernehmen; als erstcr
Kapellmeister bleibt O. Klemperer, der sich
auch weiterhin als kunstlerisch hochbedeutender,
nur manchmal zu ubertriebenen pianos neigender
Dirigent bewahrt hat. Widerspruch fand jedocb
seine absonderliche Rollenbesetzung in Mozarts
.Figaro" (der SchluBvorstellung); solche kunst-
lerisch nicht begrundeten Willkurlichkeiten
geben nur zu unliebsamen Deutungen Anlafl.
Dr. Gustav Altmann
KONZERT
GRAZ: Es bedurfte der ganzen Umsicht und
Energie des Leiters der Symphoniekon-
zerte des Opernorchesters Oskar C. Posa,
um angesichts des durch den Krieg bervor-
gerufenen Musikermangels die Abonnements-
konzerte zu Ende zu fuhren. An groBe Neu-
heiten war naturlich nicht zu denken. Das
4. Konzert brachte Mendelssohns .Schottische",
Dvoraks .Othello", Smetana's .Moldau", den
.Don Juan" von StrauB und als ortlicbe Neu-
heit .Funf Soldatenlieder" von Oskar C. Posa,
die den ausgezeichneten Dirigenten auch als
Komponisten von Geschmack, klugen Einfallen
und grofiem techniscben Konnen zeigten. Das
5. Konzert brachte Beethovens Vierte, die A-dur
Serenade von Brahms und geradezu glanzvoll
das Meistersinger-Vorspiel von Wagner. Das
6. (letzte) Konzert brachte neben Mozarts D-dur
(504) und Wagners Parsifal -Vorspiel und Kar-
freitagszauber unter sensationellem Beifallssturm
die Vierte von Mahler, deren glinzende Wieder-
gabe Oskar C. Posas ganz besonderes Verdienst
ist. — Das 2.Sym phoniekonzert derKapelle
des Graze r Hausregiments No. 27 brachte
unter Anton von Z a n e 1 1 i s gewissenhafter und urn-
sichtiger Leitung Liszts .Tasso", Kienzls sym-
phonisches Zwischenspiel .Don Quixotes phan-
tastischer Ausritt und seine traurige Heimkehr"
und Frischenschlagers .Konzertouvertfire 1914",
eine geschickte Arbeit als Erstauffuhrung. Das
3. Konzert hatte die .Bruder Lustig"-Ouverture
von Siegfried Wagner und eine .Symphonische
Dicbtung" von Zohrer als ortliche Neuheiten.
Als Solistin wirkte Nora Duesberg mit, die
das a-moll Konzert von Goldmark ausgezeichnet
._,..._ „._ . > ., ._.. L .. alsNeu .
40
DIE MUSIK XIV. 19: l.JULIHEFT 1915
heit Schrekers symphonische Dichtung „Ekke-
hard", dann Humperdincks „Maurische Rhap-
sodie" und, mit Jaroslaw Kocian als Solisten,
Beethovens Violinkonzert. — Ein Kammermusik-
Abend des Bohmischen Quartetts verlief
recht anregend. — Karl Lafite und Rudolf
Miiller gaben recht gut besuchte Klavierabende
mit schonem Programm. — Lula Mysz-
Gmeiner, Lucie Weidt, Alexander Heine-
mann, Fritz Feinhals, Viktor Heim gaben
sehr gut besuchte Liederabende. — Die Geiger
KubelikundBurmesterkonzertierten,letzterer
zum drittenmal in dieser Saison im groBten Saale
der Stadt, der zum drittenmal ganzlich ausver-
kauft war. Interessant ist, dad Burmester seit
diesem Konzert,das den Abschli.fi seiner heurigen
Tournee bildete, in Graz geblieben ist und sich
hier dauernd niederzulassen gedenkt.
Dr. Otto Hodel
JENA: Gleich nach dem Ausbruch des Krieges
begann Fritz Stein in der Stadtkirche mit
den vorbildlich gewordenen musikalischen
Andachten, in denen Bach durchaus voran-
gestellt wurde. Die Wirkung war fur viele flber-
raschend; als babe die Grofie der Zeit plotzlich
der Masse der Horer fur diesen Grofien die
rechte Einstellung gegeben, so stromte alles
herzu, und oft genug konnte man von einfachen
Leuten horen, wie sehr ihnen Bachs Musik
nahegekommen sei. Stein schlofl dann auch
Ende September seine Tatigkeit in Jena mit
einem Bach-Konzert, das zugleich sein Abschied
von der nach seinen Wfinschen erbauten grofien
Orgel war, die uns ein dauerndes Zeugnis seiner
riihrigen Tatigkeit bleibt. Bekanntlich hat er
dann, wahrend er als Freiwilliger sich dem
Sanitatsdienst im Felde widmete, die Kriegs-
andachten in der Kathedrale von Laon ebenso
wie in Jena abgehalten. Der Krieg hatte leider
die von ihm so heill ersehnte Betatigung an der
Spitze der Meininger Hofkapelle, die ohnehin
durch den plotzlichen Tod des Herzogs Georg
in Frage gestellt war, unmoglich gemacht. In
Jena schien es, als wenn das durch Steins acht-
jahriges Wirken so kraftig entfaltete Musikleben
bei seinem Weggange in seinen wichtigsten
Teilen zum Stillstand kommen werde. Als
Nachfolger von Stein war Hermann Meinhard
Poppen gewahlt worden, der ebenso wie Stein
anfanglich Theologie studiert hatte und dann
ebenfalls Schuler und Assistent von Philipp
Wolfrum in Heidelberg war. Poppen stand aber
im Oktober noch als freiwilliger Krankenpfleger
im Felde. Schon glaubte man, dafi die akade-
mischen Konzerte fur diesen Winter ausfallen
mufiten, als Poppen, infolge einer Entziindung
am Knie fur den Felddienst untauglich geworden,
doch kam. Sein Leiden, das auch bald behoben
wurde, hinderte inn nicht, sofort den Dienst an
der Orgel aufzunehmen, die Kriegsandachten
fortzusetzen, die Leitung des Akademischen
Chores zu iibernehmen und die Konzerte vor-
zubereiten. Statt der ublichen sechs fanden
allerdings nur vier akademische Konzerte
statt, deren Programme zwanglos, aber wirkungs-
voll der Zeitstimmung angepaftt waren. Gleich
das erste mit der Eroica, der Militarsymphonie
und den altniederlandischen Volksliedern zeigte
den neuen Leiter der Konzerte als einen
Musiker. der. tm>nn fliirh vinhl nichf so nurh
auQen wirkend wie sein Vorganger, doch etwas
zu geben hat. Er versteht, was besonders
wichtig ist, mit dem aus Jenaer Kraften und
Weimarer und Meininger Hofmusikern etwas
bunt zusammengesetzten Orchester zu arbeiten.
Gleich Beethovens Heldensymphonie war unter
so schwierigen Verhaitnissen bet nur einer
Gesamtprobe in ihrer Ausgeglichenheit eine
iiberraschend tiichtige Leistung; der gunstige
Eindruck wurde durch die Wiedergabe von
Schuberts C-dur Symphonic im nachsten Kon-
zerte noch verstarkt. Im iibrigen hatte an diesem
Abend Teresa Carrefio wieder einen rauschen-
den Erfolg, wahrend Philipp Wolfrums „Kriege-
rische Marschrhythmen 1914" trotz personlicher
Leitung des Komponisten nur eine kiihle Auf-
nahme fanden. Im dritten Konzert erfreuten
uns die Hollanderinnen Aaltje Noordewier-
Reddingius und Pauline de Haan-Mani-
farges durch ihre gediegene Gesangskunst,
wobei sich Poppen als feinsinniger Begleiter
vorstellte. Mit einer in Anbetracht der durch den
Krieg geschaffenen Verhaitnisse anerkennens-
werten Auffiihrung von Handels „Judas Makka-
baus" schlofl der Akademische Chor die Konzert-
reihe. An akademischen Kammermusiken fand
nur eine statt, fur die Max Reger gewonnen
war, der mit dem Wfirzburger Geiger Scbulze-
Prisca zusammen Bachs E-dur und Brahms'
G-dur Sonate spielte und dazwischen etwas
„Wohltemperiertes Klavier" hervorholte zu klin-
gendem und singendem Leben. Reger bezog
bald darauf sein neues Heim hier bei uns in
der Beethovenstrafle. Seitdem haben wir so-
wohl in der Kircbe wie im Konzertsaal dfter
etwas von seinen Werken zu horen bekommen,
was hoffentlich nicht blofl aufierlich bleibt, son-
dern hilft, ihn immer mehr den unserigen werden
zu lassen. Auch die Kammermusik schien zu-
nachst in Jena durch den Krieg vernichtet zu
sein. DasJenaische Streichquartett, dessen Be-
stand in der alten Zusammensetzung ohnehin
fraglich geworden, war ganz verschwunden. Der
Griinder und Leiter des Quartetts, der Violinist
Scheichet sowie der Cellist Stutschewski,
die als tiichtige Musiker schon einen sehr guten
Boden in Jena gewonnen hatten, wurden als
geborene Russen durch den Krieg verhindert,
von ihrem Sommeraufenthalt in der Schweiz
hierher zuriickiukehren. An ihrer Stelle ver-
anstaltete Direktor Eickemeyer vom Konser-
vatorium Kammermusiken, fiber die ich nichts
zu berichten vermag, weil ich sie nicht besucht
habe. Bruno Hinze-Reinhold erfreute uns
mit Robert Reitz noch nach Ostern mit einem
Beethoven-Zyklus. Die beiden Weimarer Kunst-
ler spielten an drei Abenden die samtlicnen
Violinsonaten mit steigendem Erfolge. — In
alter Weise wurden die von Sekretar Paga mit
Unterstutzung der Karl Zeifl-Stiftung eingerich-
teten Volkskonzerte in der Hauptsache von
Leipziger Kiinstlern bestritten. Wie sehr diese
Konzerte sich eingeburgert haben, zeigte sich
dadurch, dafi sie wie in Friedenszeiten stets
ausverkauft waren, trotzdem Paga aus den Pro-
grammen jede direkte Beziehttng zum Kriege
fernhielt. An vier Abenden gab es Kammer-
musik (Beethoven und Brahms) und Gesang;
einmal war die Geraer Hofkapelle gewonnen,
Hprpn npnpr T ,^tt#»r H^inrirh T »ber mit Recht
KRITIK (KONZERT)
47
gefeiert wurde. Gespielt wurden Beethovens
„Siebente" und Webers „Oberon"-Ouverture und
dazwischen Brahms' Violinkonzert mit Gustav
Havemann als temperamentvoilem Solisten.
Die sonst zablreichen Mannerchorkonzerte
beschrinkten sich infolge des Krieges auf ein
Massenchorkonzert, das Stein noch leitete, und
die Mitwirkung der vereinigten Chore bet der
Bismarck-Feier am 31. Marz unter Poppen. 1m
ubrigen stellten die groBeren Vereine ihr Konnen
fast ganz in den Dienst der Verwundeten, wie
denn fur deren kunstlerische Unterhaltung und
Belebrung hier in Jena auBergewohnlich viel
getan wird. So sehr das fur die wirtschaftliche
Lage der Musiker auch eine dunkle Kehrseite
hat, wurde die Mehrzahl der offentlichen Kon-
zerte hier ebenso wie anderwarts zum Besten
des Roten Kreuzes oder sonstwie zur Linderung
der Kriegsnot veranstaltet.
Martin Meier-Wohrden
KIEL: Der Verein der Musikfreunde
setzte unter Leitung seines hervorragend
befahigten Dirigenten, des UniversitStsmusik-
direktors Dr. Ernst Kunsemuller, der zurzeit
als Kriegsfreiwilliger der Fahne dient, die Reihe
seiner rasch beliebt gewordenen V o 1 k s -
konzerte (mit klassiscben und modernen,
auBerordentlich abwecbselungsreichen und fes-
selnden Programmen) erfolgreich fort. Hier,
wie in den von demselben Verein veranstalteten
Kammermusik-Auffuhrungen standen Dr. Kunse-
muller, der wiederholt als ausgezeichneter
Pianist und gediegener Komponist sich erwies,
verschiedene treffliche kunstlerische Kr2fte zur
Sette, unter denen neben den Damen Hedwig
Nissen, Ilonka von Pathy, Lulu Andresen
(Klavier) und Melie Seyberth (Alt) noch die
Herren John de Jager (Cello) und Franz
Beetz (Klarinette) besonders genannt seien
(Brahms, Schubert, Beethoven u. a.). Die von
Kunsemuller wahrend der nunmehr beendeten
Saison regelmaflig veranstalteten Kirchen-
konzerte fur wohltatige Zwecke haben die
stattliche Anzahl von 25 erreicht. Die Programme
dieser Konzertabende wurden jedesmal durch
Werke grofler Meister deutscher Orgelkunst
geziert (Buxtehude, Bach, Handel, Reger).
AuBer Gesangs- und Instrumentalsolisten wirkte
in diesen stimmungsvollen Konzerten auch der
Knaben- und Frauenchor der Heiligengeistkirche
unter Leitung des Unterzeichneten im Dienst
der guten Sache mit. Recht gelungen war auch
das 2. Konzert des Vereins der Musikfreunde
zum Besten seiner Orchestermitglieder. Hatte
in dem I. Konzert derselben Art der Hamburger
Konzertmeister Heinrich Bandler sein bedeut-
sames Konnen an die Losung der ebenso groBen
wie schdnen Aufgabe gegeben, so erfreuten im
2. die Damen Rathe Neugebauer-Ravoth
(Sopran) und Toni Klein-Tholfus (Klavier)
mit ausgezeichneten Leistungen; diese im Zu-
sammenspiel mit Dr. Kunsemuller in dessen
Variationen und Fuge uber ein eigenes Thema
fur zwei Klaviere op. 13 — einem sowohl in
der Erfindung als auch der kontrapunktischen
Durchfuhrung sehr tuchtigen Werk — und in
Bachs Konzert c-moll Nr. 1 fur zwei Klaviere
und Orchester; jene mit Handels Rezitativ und
Arie der Nitokris aus „Belsazar" und „Miriams
Siegesgesang" vor "--' D - : — '—
Fiinfte Symphonie bildete den AbschluB des in-
teressanten Abends. — Der Kieler a cappella-
Chor veranstaltete unter Leitung des Konig-
lichen Musikdirektors Heinrich Johannsen
einen Kantaienabend in der St. Jurgenskirche
(Bach: „Gotteszeit", Neujahrskantate und „Gott
der Herr ist Sonn' und Schild") und vereinigte
sich mit dem Kieler Lehrergesangverein
und dessen groBem Frauenchor an einem „Ton-
kunstabend" unter dem Ehrenschutz der Prin-
zessin Heinrich von PreuBen im Dienste der
Kriegshilfe zu einer Auffuhrung des Deutschen
Requiems von Brahms und des Ludwig HeBschen
„Des deutschen Volkes Andacht und Gebet".
Abgesehen von einigen aus der Not der Zeit
heraus geborenen und durch sie entschuldigten
Mangeln im Chor- und Orchesterklang gelang
die Darstellung beider Werke meist vortrefflich.
Solistisch machten sich an demselben Abend ver-
dient Anna Ruhr, Ludwig He (J und Franz
GeBner. Ludwig Hefl, in dessen Leistung der
Vortrag das rein Gesanglich-Musikalische er-
heblich an Wert uberragte, sang auBer Hugo
Wolfs „Heimweh" und Schuberts „Gebet wahrend
der Schlacht" noch zwei Ruckertsche „Ge-
harnischte Sonette", vertont von Heinrich
Johannsen, kleinere Kompositionen mit aus-
drucksvoller melodischer Linie und guter De-
klamation, aber allzu zahmer Klavierbegleitung
geschrieben. — Ebenfalls im Interesse der
Wohltatigkeit veranstaltet wurden die Auffuhrung
des Graunschen „Tod Jesu" in der Lutherkirche
durch Richard Schmidt (Orgel der Unter-
zeichnete) und ein Konzert des Chorvereins
Kiel unter Leitung von Ludwig Neubeck
(Richard Wagner: „Meistersinger"-Vorspiel und
„Festwiese", Siegfried Wagner: „Fahnenschwur",
sowie Orchestersatze von Mozart, Beethoven
und Schubert). Willy Orthmann
ST. LOUIS (U. S. A.): Das St. Louis Sym-
phonie-Orchester hat soeben seine
35. Saison vollendet. Seit acht Jahren steht das
Orchester unter der tuchtigen Leitung Max
Zachs. Er hat es verstanden, das Orchester
zu einem der besten Orchester Amerikas heran-
zubilden. Die Saison besteht aus 15 regelrecbten
Symphoniekonzerten und 20 Konzerten leichteren
Charakters. Zur Auffuhrung kamen folgende
Symphonieen: Beethovens „Eroica", „Pastorale",
Brahms' „Vierte", Dvorak's „Neue Welt", Gold-
marks „Landliche Hochzeit", Schuberts n C-dur",
Schumanns „C-dur", Straufi' „f-moll", Tschai-
kowsky's „Fiinfte" und „Sechste". Ihre ameri-
kanische Premiere fanden: Garofalo's imposante
„Romantische Symphonie" und T. Ysaye's „Wal-
lonische Phantasie". Die erste hiesige Auffuhrung
fanden: Enesco's „Rumanische Rhapsodie",
Smetana's B Viertes Symphonisches Gedicht",
Ropartz' „Vierte Symphonie", Kelley's „New
England Symphonie" und Goetz' wunderschone
F-dur Symphonie. Die Symphonie von Edgar
Stillman Kelley ist wohl eines der bedeutendsten
Werke, die die aufbluhende Tonkunst Amerikas
bis jetzt hervorgebracht hat. Als Solisten traten
auf: Olive Fremstad, Maggie Teyte, Marie
Sundelius, Riccardo Martin, Theodor
Spiering, Arrigo Serato, Fritz Kreisler,
Ludwig Pleier, Ossip Gabrilowitsch, Carl
.Friedberg, Fannie Bloom field-Zeisler,
"'- c " ci c — J Frau
«u — « i i"M~~ e „
48
DIE MUSIK XIV. 19: I. JULIHEFT 1915
David Kriegshaber. Friulein Spencer ist
eine hochbegabte Pianistin, die aufrichtige An-
erkennung gefunden hat durch ihren Vortrag von
Liszts Es-dur Konzert. Frau David Kriegshaber,
eine hiesige Pianistin, zeigte ihr schones Talent
durch die Wiedergabe von Mac Dowell's a-moll
Konzert. Aufier den Sympboniekonzerten fanden
eine reichliche Anzahl Kiinstler-Rezitals statt,
unter anderen die von Alma Gluck und Efrem
Zimbalist, Elena Gerhardt und Clarence
Whitehill, David und Clara Mannes, Marie
C a s 1 o v a und Tina Lerner und Ferruccio
Busoni. Den durchschlagendsten Erfolg der
Saison erzielte Fritz Kreisler durch sein
gemeinschaftlich mit Elisabeth van Endert
gegebenes Konzert. An Kammermusik fehlte
es nicht, dank des FIonzaley-Quartetts und
Franz Kneisels Kunstlerschar. Das neu
gegrundete City Art League-Quartett, be-
stehend aus hiesigen Musikern, gab drei sehr
erfolgreiche Konzerte. Der neu gegrundete
Volkschor, St. Louis Pageant Choral Society
(Frederick Fischer, Dirigent) brachte in seinem
1. Konzert die von Frederick Converse kom-
ponierte Choral-Musik zu dem grofien historischen
Fest und Maskenspiel des letzten Sommers. In
zwei folgenden Konzerten kamen Hiindels
„Messias" und Schumanns „Paradies und Peri"
zur Auffuhrung. Ernst C. Krohn jr.
STRASSBURG: Das 5. und letzte der stadti-
schen Symphoniekonzerte (Pfitzner)
beschrankte sicb, wie die anderen, etwas ein-
seitig auf ein klassisches Programm; etwas
moderner Einschlag ware schon erwunscht ge-
wesen, das bevvies z. B. der Erfolg des zweiten,
Liszt und Wagner gewidmeten Volkskonzertes
unter Fried. Bedeutsam und so recht zeitgemafi
waren zwei Abende mit Bachkantaten; sowohl
Prof. Miinch in der Wilhelmer- als H. Nieli-
berger in der reformierten Kirche batten be-
sonders der Gegenwart angemessene Werke aus
dem reichen Sehatze des Altmeisters heraus-
gesucht und zu eindrucksvoller Wiedergabe, auch
in solistischer Hinsicht, gebracht. Anerkannt
als Bachsangerin ist die hiesige Altistin Frau
Altmann-Kuntz, die u. a. auch in einem von
Musikdirektor Rupp veranstalteten Wohltatig
keitskonzerte in der evangelischen Garnison-
kircbe mitwirkte. Die Wohltatigkeit spielte auch
in einer Reihe sonstiger Auffuhrungen ihre den
Umstanden gem a fie Rolle, auf die im einzelnen
einzugehen zu weit fuhren wurde. Hervor-
gehoben sei ein interessanter Abend (in dem
schonen Festsaal des Offlzierkasinos) der H. H.
Berber (Violine) und Zilcher (Klavier); mit
des letzteren allzu Lisztscber Auffassung von
Schumanns Symphoniscben Etyden konnte ich
mich allerdings nicht befreunden. Erwahnt sei
auch der Abend von M. Gutersloh mit der
Pianistin Mar. Froitzheim, sowie der der hier
beheimateten stimtnprachtigen, doch in der Aus-
sprache zu beanstandenden Altistin Agnes Leyd-
hecker in der katholischen Garnisonkirche,
deren Organist, H. Ringeissen, freilich als
Begleiter nicht ganz auf der Hohe stand. Der
Karfreitag brachte die gewohnte „Passions"-Auf-
fuhrung (diesmal nach Johannes) des Wilhelmer-
Chors unter Munch, sowie ein Konzert des
H. Rupp in der evangelischen Garnisonkirche.
Der Mannergesangverein (FrodI) bot aufier
einem gelungenen Kammermusik -Abend sein
Stiftungsfestkonzert mit H. Wiesendanger als
Solist, der auch einige Kriegslieder von FrodI
mit Erfolg vortrug. Der Frauenbildungsverein
beschlofi den Zyklus seiner wertvollen sieben
Kammermusik-Abende, die u. a. einen Pfltzner-
Liederabend gebracht batten. Die beliebten
Soldatenkonzerte in der Aubette nahmen ihren
Fortgang, werden aber im Sommer wohl ein-
schlafen, zumal auch das stSdtische Orchester
seine popularen Konzerte in der Orangerie
wieder aufgenommen hat, die Kapellmeister
Fried in kunstlerischem Sinne zu beleben be-
muht ist. Nicht unerwSbnt sei ubrigens, dafi
gewisse Kreise der eingeborenen Bevolkerung
sicb in ostentativer Weise von alien, fruber
auch von ihnen rege besuchten, kunstlerischen
Veranstaltungen fern gehalten haben, ein Punkt,
iiber den nach dem Kriege wohl noch zu reden
sein wird. So spendete dieser Kriegswinter
zwar keine bemerkenswerten Hohepunkte auf
musikalischem Gebiete, zeichnet sich aber doch
durch eine liebevolle, und gerade in der Grenz-
festung doppelt zu wiirdigende Pflege der edlen
Kunst aus (der in den zahlreichen hiesigen
Lazaretten sei noch besonders gedacht), die
gegeniiber den Vorgangen in den FeindeslSndern
demdeutschenldealismusjedenfallsdasehrendste
Zeugnis ausstellt. Moge bald der Tag erscheinen,
wo der zuruckgekehrte „Holde Frieden" das
Brahmssche Triumphlied anzustimmen berech-
tigen wird. Dr. Gustav Altmann
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
Am 21. Juli begeht Prof. Robert Kahn seinen 50. Geburtstag. Die musikalische Welt
7m schStzt den aus Mannheim stammenden, seit fast zwei Jahrzehnten in Berlin anslssigen
L^L Kunstler als feinsinnigen Lyriker, hervorragenden Kammerkomponisten und meisterhaften
J^ j^ Klavierbegleiter und Kammermusikspieler. In Heft 10 ihrer Reihe „Moderne Tonsetzer"
(IX. 24) hat die „Musik" eine eingehende Studie iiber den Lebensgang und das Scbaffen
Robert Kabns aus der Feder Wilhelm Altmanns veroffenilicht, auf die bei dieser Gelegenheit
verwiesen sei.
Aus Anlafi des 60. Geburtstages (21. Juni) von Therese Malten veroffentlichen wir ein
Portr9t der ausgezeichneten Buhnenkiinstlerin, die jahrzehntelang zu den Zierden der Dresdner
Hofoper gehorte. Unser Bild stellt sie in der Rolle dar, die einer ihrer grofiten Erfolge gewesen
ist: als Kundry, in deren Verkorperung sie bei den Erstauffuhrungen des „Parsifal" (Bayreuth
1882) mit Amalie Materna abwechselte.
Alle Recbte vorbehalten. Vertntwortllcher Schrlftlelter:
ROBERT KAHN
* 21, JuH J 865
XIV
■
THERESE MALTEN
#21. Juni IS55
XIV
DE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 20 • ZWEITES JULI-HEFT
14. JAHRGANG 1914/1915
VERLEGT BEI
SCHUSTER & LOEFFLER- BERLIN W
Was ist gut? fragt ihr . . . Tapfer sein ist gut . . . Auf-
lehnung — das ist Vornehmheit am Sklaven . . . Eure Vor-
nehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen selber sei Gehorsam.
Friedrich Nietzsche
INHALT DES 2. JULI-HEFTES
L. LEONHARD: Die Musik in Albion seit Kriegsbeginn
RICHARD HENNIG: Das Problem des Charakters der Tonarten
RICHARD ORNSTEIN: Wagner, Lortzing-Reger und Deinhard-
stein. Ein Beitrag zur Quellengeschichte der „Meister»inger
von Nurnberg"
REVUE DER REVUEEN: Zu Robert Franz' 100. Geburtstag. I
BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten:
Edgar Istel, F. A. GeiDler, Wilhelm Altmann
KRITIK (Oper und Konzert): Berlin, Dessau, K51n
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
KUNSTBEILAGEN: „Loge«, Skulptur von Ludwig Jahn; Philipp
Reger und Albert Lortzing
NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes
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Abonnementspreis
Wir Hefern DIE MUSIK vom 14. Jabrgang ab mit Quartalsberechnung
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland
Mk. 6.—). Die bisherige Jahresvorausbezahlung lassen wir, um den
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zablungserleicbterung
zu gewihren, fur den 14. Jabrgang in Wegfall kommen.
Verlag und Redaktion der MUSIK
DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN
VON L. LEONHARD IN WIEN
Der Verfasser, ein Wiener, war eine Reihe von Jabren literarisch
und journalistisch in England tatig gewesen, als ihn die Kriegserkllrung
dort uberrascbte. Er wurde nicht interniert, erbielt jedocb erst vor
kurzem die Erlaubnis, nach Osterreich zuruckzukehren.
A Is England im vorigen August dem Deutschen Reich den Krieg er-
/\ klarte, trat in GroBbritannien wie iiber Nacht ein Zustand ein,
1 \ der einem wiisten Traume glich. Die Verhetzung und Verpobelung
der breiten Volksschichten, so schmerzlich sie auch beriihren mochte, kam
nicbt so unerwartet wie der hysterische Hafi, die ganzliche Verwilderung
und Entartung der hochsten Intelligenz- und Kiinstlerkreise Albions. Scbon
vor dem Kriege hat mehr oder weniger jeder in England lebende Deutsche
in den verschiedensten Geistesgebieten die Erfahrung gemacht, daC der
Brite fast ausnahmslos insular zur Welt kommt, insular erzogen wird und
insular bis an sein Ende bleibt. Und nur in den seltensten Fallen gelingt
es ihm, die Nebel seines Landes zu durchdringen, mit klarem Blick auch
das Fremde zu erschauen und die Fesseln seiner naturlicben, ererbten und
grofigezuchteten Beschrankung zu zorsprengen. So glaubte der Verfasser
bei Ausbruch des Krieges, daO die fiihrenden Musiker Albions sich von
der Pobelpresse fernhalten, daB sie ilire heilige Kunst nicht in den Schmutz
der Gosse berabzerren lassen wiirden. Aber die britische Regierung hatte
den Lugenfeldzug gegen Deutschland und alles Deutsche mit solch gran-
dioser Meisterschaft inszeniert, daB sicb bald auch die hellsten Kopfe zu
verdunkeln anhuben und mit dem Mob die Trommel um die Wette riihrten.
Englische Komponisten, Dirigenten, Lehrer, Instrumentalisten wurden zu
Rufern im Streite. Fur den strategischen Gang der Dinge mag diese
Tatsache keinen so hohen Wert besitzen, vom rein menschlich-kiinstlerischen
Standpunkt aus betrachtet ist sie eine der traurigsten Erscheinungen des
ganzen Krieges.
Wie ein wtister Traum muBte es beriihren, wenn deutsche Musik,
die heute hocbgehalten, ja geradezu angebetet ward, am nachsten Tage
als etwas Niedriges, Verdammenswertes dastand, das jeder waschecbte
Brite meiden sollte; wenn deutsche und osterreichische Musiker, die bisher
in England nur ihrer Kunst gelebt batten, iiber Knall und Fall als gemein-
gefahrliche Subjekte gebrandmarkt wurden, denen man zugunsten der
Heimischen das Brot nehmen musse; und wenn man diese Musiker nicbt
nur wirtschaftlich ruinierte, sondern sie auch noch einsperren lieB und
solcherart sie und ihre Familien auch seelisch umzubringen versuchte.
4«
52 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Zunachst sei iiber die okonomischen Verhaltnisse der Musiker seit
Kriegsbeginn gesprochen. Der wirtschaftliche Boykott deutscher Musiker
kann lediglich auf Neid- und KonkurrenzhaQ zuruckgefubrt werden. Schon
seit Jahrzehnten wurmte es den Briten, daC er sich gegen den Auslander
und besonders gegen den „damned German" nicht behaupten konnte, sei
es nun als Instrumentalist, als Lehrer oder vorziiglich als schaffender
Kiinstler. Ich will hier allgemein bekannte Tatsachen nur kurz streifen
— namlich, daC die kiinstlerische Potenz, der kunstlerische Wert und die
kunstlerische Kraft des britischen Durchschnittsmusikers im Vergleich mit
dem Deutschen inferior war, inferior ist und inferior bleiben wird, nicht
einmal so sehr wegen der unzweifelhaften geistigen Uberlegenheit des
Teutonen, sondern wegen der in Rasse und Klima begrundeten britischen
Temperamentlosigkeit, des britischen Phlegmas. (Von einzelnen Ausnahme-
erscheinungen darf man sich nicht tauschen lassen.) Und eine weitere
Tatsache ist: die Englander selbst wollten von englischer Kunst und eng-
lischen Musikern nichts wissen.
Es mot sich den ken und ist begreiflich, wenn der letztere Umstand
die britischen Tondichter und ausiibenden Kiinstler bis tief in die Seele
hinein wurmte. DaC sie fest entschlossen waren, sich im gegebenen
Augenblick vom „fremden Joch* und von „Auslanderherrschaft" zu be-
freien. Und daD sie sozusagen mit geziickten Schwertern unter ihren
Manteln, mit „dem Dolch im Gewande" lauerten, iiber die Konkurrenz
herzufallen und sie, wenn irgendwie moglich, abzuschlachten. Aber sie
glaubten nicht daran, daD in absehbarer Zeit eine derart gunstige Gelegen-
heit eintreten wurde, sie hielten die Deutschen fur unzerstorbar. Auch
hatten sich in den letzten Jahren die Verhaltnisse sehr zu ihren Gunsten
geandert, eine vielversprechende britische Komponistenschule war ent-
standen, britische Solisten traten erfolgreicher als fruher auf, britische
Dirigenten fuhrten erstklassige Orchester mit Triumph ins Treffen. Daher
ist es eine boswillige Zeitungsliige, wenn immer und immer wieder darauf
hingewiesen ward, daC der deutsche Musiker dem Englander den Bissen
Brot aus dem Munde stahl. Deutsche Uberlegenheit und Tatkraft trugen
einfach den Sieg davon, sei es nun in der Oper oder im Konzertsaal. Von
einem Wettbewerb im eigentlichen Sinn des Wortes konnte daher schwer-
lich die Rede sein.
Die britischen Musiker wuteten aber auch — und nicht mit Un-
recht — gegen den unglaublich konservativen Sinn ihrer Nation. Er auCerte
sich nicht nur in Kleinlichkeiten, die niemandem schaden, wie z. B. die
charakteristische Tatsache, daB sich das ganze Konzertpublikum noch jetzt
bei einer gewissen Stelle des Handelschen B Messias" erheben muO, weil
einmal ein gewisser britischer Konig beim Anhoren dieser Stelle aus
religioscr Inbrunst und Begeisterung sich erhoben hatte, sondern auch in
LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 53
der nun einmal festgewurzelten Einrichtung, daB Opern nicht in englischer
Sprache aufgefiihrt werden durften. Deutsche muOten deutsch, italienische
italieniscb, franzosische franzosisch und sogar die wenigen britischen
Opern, die vorhanden waren — italieniscb oder franzosisch gesungen
werden! Jahrzehnte bemiihten sich alle fiihrenden Geister der englischen
Musikwelt, diesen Unfug abzuschaffen — Unfug deshalb, weil der Eng-
linder bekanntlich fast nie fremde Sprachen lernt und daher eine Opern-
auffuhrung kaum versteben und gebiihrend wiirdigen kann. In der letzten
Zeit hatte man es endlich so weit gebracht, englisch singen zu konnen,
ohne daB diese heilsame Reform irgendwelchen Enthusiasmus im konser-
vativen Publikum ausgelost hatte, das es ganz selbstverstandlich fand,
wenn sogar englische Sanger und Sangerinnen englische Opern in fremder
Sprache sangen. Und nun konnten wir ein Langes und Breites fiber den
grenzenlosen Undank Albions deutschen Musikern gegenuber erzahlen.
Diese Musiker, besonders Hans Ri enter, haben nicht nur bedeutende
britische Komponisten, um die sich zuhause keine Seele scherte, die jedoch
in Deutschland Anerkennung fanden, gewissermaBen nach England zurfick-
importiert. Nein, es wird Hans Richter auch zum ewigen Ruhme gereichen,
es legt ein geschichtliches Zeugnis fur deutsche GroBzugigkeit, deutsches
Weltverstandnis, fast mochte man sagen deutsche Internationalist ab, daB
dieser Dirigent es gewesen ist, der mit der ganzen Macht seiner Kunst
und Personlichkeit fur die Idee eintrat: Damit die Englander Wagners
.Ring des Nibelungen" griindlich verstehen konnten, miisse er in eng-
lischer Sprache aufgefiihrt werden. Gegen diese grandiose Idee lehnten
sich zuerst mit aller Gewalt — die Englander selbst auf. Aber Richter
brach den Widerstand nieder und es gelang ihm, dem Deutschen, zwei
englische Auffiihrungen mit fast durchwegs englischen Kiinstlern durch-
zusetzen. Die britische Presse sprach damals mit Recht von dieser groDen
Tat als einem Musikereignis von geschichtlicher Bedeutung. Wie aber
lohnten es ihm die Englander selbst? Als er weitere Auffiihrungen in
ihrer Sprache veranstalten wollte, begannen sie gegen ihn zu intrigieren,
verekelten ihm seine TStigkeit, so daC er endlich sagte: 9 Empfehle mich,
Gentlemen!" und England verlieC, um sich zur Ruhe zu setzen, da ihm
die dauernde Erfiillung seines Herzenswunsches versagt blieb.
Wir unterlassen die so nahe liegende Frage: Wo stiinde die Musik
in England heute, sowohl die kompositorische wie auch die ausiibende ohne
die deutschen Meister? Wir stellen nur fest, daB die besten britischen
Tonsetzer — von Deutschen entdeckt wurden. Wir konnen an dieser Stelle
nicht auf alle wissenswerten Einzelheiten eingehen: wie Hans Richter den
zweifellos fiberaus begabten Edward Elgar gefordert und weltberuhmt ge-
macht hat, so daB der Komponist ihm seine auBerordentlich gefeierte Erste
Symphonie widmete. Nur in aller Kiirze konnen wir erwShnen, daB
54 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915
Frcderik Deli us in England noch immer kaum gewfirdigt wird, wahrend
man ihn in dem verhaDten Germany feierte; daO die hochtalentierte Ethel
Smyth sich aus Germany den Lorbeer holte, wahrend man in der Heimat
nichts von ihr wissen wollte, bis sie die Suffragetten aus rein politischen
Griinden auf den Schild hoben (als Dank fur deutsche Anerkennung ver-
offentlichte sie jetzt haBliche, aufreizende Briefe in der B Times B fiber
deutsches Spionagewesen). Vielleicht ist es in Deutschland weniger be-
kannt, daO ein deutscher Musiker in London namens Jaeger es war, der
alle britischen Komponisten, die etwas zahlten, zu Taten anspornte, sie
forderte, sich fur sie mit alien scinen Kraften einsetzte. Diesen deutschen
Jaeger hat Elgar in seinen B Enigma-Variationen" verherrlicht, er hat ihm
in einer wunderbar andachtsvollen Variation ein Denkmal gesetzt. Und
als dieser deutsche Jaeger vor etwa ffinf Jahren starb, da veranstalteten
ein halbes Dutzend britischer Komponisten — darunter Elgar und der in-
zwischen verschiedene Coleridge-Taylor — ein Gedachtniskonzert zu
Ehren des Heimgegangenen, worin sie selbst ihre Werke dirigierten und
das wohl der schonste musikalische Tribut gewesen ist, der dem forder-
lustigen, groQzfigigen deutschen Geist von seiten Englands in der letzten
Zeit gezollt ward. Damals war des Bei falls kein Ende. Und heute — ?!
„Freilicb," erklarten mir jetzt musikliebende Briten, „es hat schon
eine Zeit gegeben, wo wir Germany innig liebten. Das war die Zeit, als
es noch klein, zerspalten, uneinig, ohnmiichtig war. Und wenn die grofien
Meister fiberhaupt deutscher Abstammuog sind [man versucht jetzt nach-
zuweisen, daC sie fast samt und sonders keine Deutschen gewesen seien,
wahrend die Englander fiber die deutsche Herkunft von z. B. Frederik
Delius nicht hinwegzukommen vermogen!], so wuchsen sie aus dem
idyllischen Deutschland hervor, das uns so sympathisch war, weil wir
nicht damit zu rechnen batten. Mit dem Wachstum eurer politischen
Macht steigerte sich euer GroOenwahn so zusehends, daO wir Angst auch
um eure Kunst bekamen; nun konntet ihr auch keine Meister mehr her-
vorbringen, die Franzosen, besonders Claude Debussy, entwanden Euch
das Zepter. Euer Richard StrauQ ist keiu Meister. Er hat sich sozusagen
vollgesogen mit dem GroUenwahn eures liollischen Friedrich Nietzsche,
der am meisten daran Schuld tragt, dr.B euer Kaiser jetzt die ganze
Welt bekriegt. Euer StrauQ ist auch ein pcrverser, dekadenter Kerl, der
auf unsere hochentwickelte Moral einen horhst schadigenden EinfluB fibte.
Wir gestatten daher in unseren Konzerten, daQ man eure Klassiker spielt,
sogar eurem Brahms gonnen wir noch ein Platzchen (in Wirklichkeit
machen wir mit unsrer einheimischen oder MoD franzosischer und russischer
Musik nur ein miserables Geschaft!), aber diese Klassiker und dieser
Brahms, den wir eigentlich noch immer nicht recht verstehen und der uns
off en gestanden langweilt, sind eben noch keine German barbarians ge-
LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 55
wesen. Anders jedoch stehen die Dinge mit Richard Wagner, der uns
zwar sehr viel Geld eingebracht hat und trotz des Krieges noch einbringt;
und von euren ,Modernen', die dieser dekadente, zugellose Richard Straufi
fuhrt, wollen wir, so lange ihr unsere besten Manner niederschieBt und
unsere heiligen Schiffe in den Grund zu bohren versucht, nichts wissen.
Wir geben zu, daC wir Sensationen nicht abgeneigt sind. Wir geben zu,
daB wir aus den Auffiihrungen der StrauBschen Opern Sensationchen
machten. Wir geben zu, daB wir im vorigen Jahre aus dem ersten Er-
scheinen Arnold Schonbergs in Old England ein Sensationchen machten.
Wir gestehen ein, daB wir von seiner Musik verdammt wenig verstanden
haben. Wir gestehen ein, daB wir Tschaikowsky's SuBlichkeit vergottem,
von Anton Bruckners Ernst und Schwerblutigkeit jedoch nichts wissen
wollen. Wir gestehen ein, daB uns die neuen russischen Opern so gut gefallen,
weil wir bei ihrem Horen unser Diner in alien seinen GSngen ruhsam ver-
dauen konnen, wahrend uns eure schwere Kost stets Storungen verursacht.
Wir geben weiter zu, daB wir bis vor Ausbruch des Krieges unsere eigenen
Tondichter nicht imtner sehr liebenswurdig behandelt haben. Unser bestes
Orchester — ganz britisch nebenbei! — das London Symphony Orchestra
hat Jahr und Tag keinen englischen Komponisten spielen wollen und immer
nur Deutsche als Gastdirigenten eingeladen, weil diese deutschen Dirigenten
keine ublen Einnahmen erzielten. Das alles kann uns aber nicht daran
verhindern, deutscbe Musiker aus ihren Stellen zu werfen. Jetzt ist fur
uns der psychologische Moment gekommen, die Deutschen in unserer Mitte
wirtschaftlich zu vernichten — jetzt oder nie. Es tut uns leid, sie ruinieren
zu miissen. Wir sind sogar bereit, ihnen aus privaten Mitteln Geld zu
leihen, damit sie nicht verhungern, ihnen, wenn es geht, sogar auch Stunden
zuzuschanzen, obgleich sie es gar nicht verdienen, aber ihre Stellen mussen
jetzt nur von reinen, unverfalschten Britensohnen ausgefullt werden."
Uberaus traurig ist das Los der internierten Musiker in den Ge-
fangenenlagern. Es gibt FMUe, wo die Betreffenden nicht nur Englande-
rinnen zur Frau haben, sondern ihre Sonne, in England aufgewachsen und
erzogen, kampfen fur England an der Front ! Aber die britische Regierung
in ihrer wahllosen, planlosen, nur dem Druck der Hetzblatter nachgebenden
Vorgangsweise hat sich auch an diesen Kunstlern vergriffen, die trotz
britischer Gattinnen und Kinder eine Gefahr fur das old country bedeuten
sollen! Nach den Leiden, die die Gefangenen anfangs infolge der MiB-
wirtschaft in den Lagern auszukosten hatten, soil es ihnen jetzt besser
gehen ; man hat mir versichert, daB sie verhaitnismaBig gut behandelt und
verpflegt werden. Sie diirfen auch Konzerte veranstalten. Uber die
traurige Tatsache ist jedoch nicht hinwegzukommen, daB die schwachliche
Regierung auch altere und kranke Leute ohne Riicksicht zusammen-
treibeo liefi.
56 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915
In einer uberaus miQlichen Lage befinden sich auch die nichtinter-
nierten deutscben und osterreichischen Musiker, wic sich auch tnebr Oder
weniger von den frei Umhergehenden sagen HQt, daC sie B nicht leben und
nicht sterben" konnen. Jeden falls feierte die britische Toleranz darin
Triumphe, daQ sie sogar alie Naturalisierten aus den Orchestern entlieQ,
auch wenn diese Englanderinnen zu Frauen batten! Eine .Gesellschaft
der Freunde" unterstutzt die Entlassenen nach Moglichkeit, doch sind ihre
Mittel uberaus bescbeiden und den vielen Anforderungen nicht gewachsen.
Wohlhabende Deutsche und Osterreicher in England helfen auch viel den
ohne eigenes Verschulden ins Elend geratenen Musikern, besonders in
Fallen, wo der Gatte bzw. Vater interniert ist. Mancbe begaben sich
auch gleich bei Ausbrucb des Krieges nach Amerika, wo fast alle ein
gutes Unterkommen gefunden haben sollen. Nur das bekannte Queen's
Hall-Orchester, das der naturalisierte Sir Edgar Speyer unterhilt (wieder
ein Deutscher an der Spitze eines britischen Musikunternehmens !), bebielt
„feindliche Auslander", die ura die englische Staatsburgerschaft nach-
suchten. Man unternabm daher allerhand Versuche, diesen Orchester-
korper zu boykottieren, was jedoch trotz alles heiDen Bemiihens miQlang.
Fragt man die EnglSnder, welchen Zweck sie eigentlich damit verfolgen,
sich an unschuldigen Kunstlern zu vergreifen, die doch friedliche und oft
hochst loyal gesinnte Mitburger waren, so erhalt man stets zur Antwort:
„Ihr habt uns das Schwert in die Faust gezwungen. Krieg ist Krieg."
Und wie unendlich traurig der RassenhaO ist und in welchen Auswuchsen
er sich aufiert, beweist wohl die Tatsache, daQ die besten Komponisten
(darunter Elgar, Parry), Lehrer und Orchesterleiter (u. a. auch Ronald)
sich zusammentaten, um nur ja aufs sorgfaltigste zu wachen, daQ auch
nicht eine einzige Stelle eines Musikers in Albion durcb einen Deutscben
oder Osterreicher besetzt bleibt!
Wir gelangen nunmehr zur Boykottierung der deutscben Musik, die
wir im Vorhergehenden bereits erwahnt haben. Mit den Klassikern hat
man wenig Radau und gute Geschafte gemacht, obzwar es keineswegs an
Stimmen fehlte, die auch diese von den Konzertprogrammen abgesetzt
sehen wollten, gleich in den ersten Stadien des Kriegs. Brahms bleibt
wie gesagt geduldet, und im April fand sogar ein Fest des Geduldeten
statt. Uber den Fall Wagner aber werden noch immer Meere von Tinte
vergossen. Kein Tag verstreicht, ohne daQ man Briefe an die betreffenden
Zeitungsherausgeber lesen kann. Die einen erklaren, man solle seine
schadigende Musik samt seinem Angedenken zu tiefst in die See ver-
senken. Andere sagen, wenn er auch der Sohn eines barbarischen Volkes
sei, moge man dennoch seine Tonsprache weitergenieQen. Man solle sich
nicht darum kiimmern, daQ er ein boser Kerl und echter Deutscher
gewesen, daQ er den Kaisermarsch komponierte usw. Auch nicht darum,
LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 57
daO er durcb s systetnatische Zuchtung deutschen Grofienwahns den gegen-
wSrtigen Krieg Germanys gegen Britannia mitvorbereitet" habe. Dann
liest man wieder idiotiscbe Episteln voll von pobelhaften Beschimpfungen.
In den Kreisen der Fachmusiker schielt man mit dem einen Auge nach
der Kasse, die bei Wagner-Auffiihrungcn stets wohltuende Fiille aufweist,
mit dem anderen voll Angst nach dem Mob, der sicb moglicherweise noch
einmal zu der edeln Tat eines offentlichen Boykotts hinreiBen lassen
konnte, wie im vergangenen Herbst, als die Direktion der Queen's Hall-
»Promenade"-Konzerte auf „dringendes Verlangen" des Publikums erst
Wagner gdnzlich absetzte, ihn durch Russen und Franzosen verdrangen
wollte, jedoch mit Rucksicht auf die Kasse — es kam zu einer beang-
stigenden Ebbe — Wagner wieder in die Queen's Hall einziehen liefl.
Doch darf er nur englisch gesungen werden, ein deutsches Wort sogar im
heiligen Konzerttempel versetzt das wahre Britenherz in Raserei, und es
ist schon ofters bei derartigen Anlassen zu geradezu kindischen Demon'
strationen gekommen. Gewisse englische Musiker, in ihren Leistungen
Nullen, versucben sich jetzt hervorzutun und bekannt zu machen, indem
sie unablassig gegen derartige B Verirrungen" eifern.
Die Rachegefuhle der Englander gegen die Deutschen sind und
bleiben tiberaus kleinlich. DaB man zum Beispiel deutsche Musikalien-
handler ruiniert hat, nur weil sie Deutsche sind, 12Ct sich ebensowenig wie
die Internierungen und die Aushungerung unschuldiger deutscher Musiker
durch das Axiom „ Krieg ist Krieg" rechtfertigen. Es beruhrt merkwiirdig,
wenn die Rasse, die friiher als typische Vertreterin des gesunden Menschen-
verstandes gait, sich nun in Schmahfluten ergiefit iiber einen Mann wie
Hans Richter, dem sie musikalisch so unendlich viel zu verdanken hat,
nur weil er seine englischen Auszeichnungen jetzt zuruckgab. Hans
Richter konne jetzt gut iiber Albion schimpfen, heiCt es dort, nachdem er
britisches Gold haufenweise eingesackt habe! Womoglich noch dummer und
kleinlicher ist der Vorgang in einer Konzerthalle Manchesters gewesen.
In dem Wandelgang hing das Bildnis des beruhmten Dirigenten, dessen
kerndeutscher Vollbart schon seit langem den Zorn jedes glattrasierten
Britensohnes herausforderte. Ein besonders tapferer Anwalt seines Vater-
landes hat nun Richters Bildnis umgekehrt, so daC der „ German barbarian"
nach der Wand blickt! Wie groB und unnachahmlich . . .
Aber was ist die Folge dieser ganzlichen Abwesenheit deutscher
Kiinstler? Eine Vergroberung nach jeder Richtung hin. Vor der LSnge
und dem planlosen Durcheinander der englischen, besonders der Orchester-
konzerte befMHt einen jedesmal ein wahrer Schauder. Und wenn England
Germany jetzt auch in den Staub schmettern will und seine Intelligenz
auch noch immer vollkommen uberzeugt ist, daO es fruher oder spater
dazu kommt, so hat das die britischen Virtuosen, seien sie jetzt Pianisten,
58 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Geiger Oder Sanger, aucb um kein Haar begabter oder temperamentvoller
gemacht. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, gehen jetzt die
englischen Dirigenten dcr fiihrenden Orchester nur auf KnallefPekte aus,
und die Programme wimmeln von elenden Virtuosenstuckchen. Im sonstigen
sind russische und belgische Dirigenten und Kunstler obenauf. Henry
J. Wood, der Leiter des Queen's Hall-Orchesters, uberschwemmt London
schon seit Jahren mit russischer, besonders Tschaikowskyscher Musik, die
sich in der Themsestadt einer auOerordentlichen PopuIaritSt erfreut. Der
kultivierte Englander, fur das Oberflachlich-SUBlich-Sentimentale von der
Natur bestimmt, wie er es ja auf der Biihne liebt und im Romane fordert,
schwelgt jetzt mehr denn je in den Melodeien aus dem heiligen Reich des
Zaren. Wassilij Safonoff wird als Dirigent verehrt und angebetet, be-
sonders weil er ohne Taktstock das Orchester fiihrt, wenn auch kundige
Musiker in London zugeben, daC es mit seiner Kunst nicht sehr weit her
ist (der Verfasser horte ihn einmal aus der Ersten Symphonie Elgars ein
wahres Chaos machen). In der diesjahrigen Opernsaison sollen die bereits
im Vorjahr auOerordentlich gefeierten Russen wieder das erste Wort
erhalten.
Wir sprachen eingangs von der Verpobelung auch der fruher besten
Manner. Diese haben keinen Blick mehr fur die Geschmacklosigkeit, fur
alles Verkommene in Albion in musikalischer Beziehung. Im Gegenteil.
In der jetzigen Zeit, wo sich GroBbritannien kommerziell von dem ver-
ruchten Germany emanzipiert, muO sich das Reich aller Humanitat auch
vom „Erzfeind der Menschheit" auf dem Gebiete der Musik emanzipieren!
In dieser unendlich groDen Zeit, wo England fur „die heiligsten Guter der
zivilisierten Erde" kampft, muli aus seinen Reihen mit Naturnotwendigkeit
ein Musik-Messias hervorgehen, der die innersten Gefiihle seiner Sohne
und Tochter in neuen Tonen auszusprechen vermag. Liest man die zahl-
losen Aufrufe, Artikel, Schmahungen, so muten sie einen etwa wie ein
Inserat an: „Gesucht erstklassiger britischer Musik-Messias, soil original-
britische Symphonieen und auch Opern komponieren! Heda, aufgepaCt!
Eine neue Ara, das messianische Zeitalter bricht an!"
Als ob ein Genie auf Bestellung kame, durch Zelotismus, Rassen-
haO und niedertrachtige Verleumdung heraufzubeschworen ware! Und noch
dazu ein Operngenie, etwa ein britischer Wagner! — Uber die englische
Oper habe ich in der „ Musik" schon so oft geschrieben, dafi ich hier nur
kurz feststellen will: Der Wille ist da, Versuche werden angebahnt; aber
die eigentliche Tat fehlt, und das groDe Publikum fehlt. Man muQ an-
erkennen, daD Ethel Smyth, Frederik Deli us (wie bereits angefuhrt,
deutscher Herkunft!) und Andere Werke hervorgebracht haben, die den
Stempel entschiedener Begabung tragen. Aber eine Nationaloper schafft
man doch nicht auf hoheren Befehl weniger Hetzer wahrend eines beispiel-
LEONHARD: DIE MUSIK IN ALBION SEIT KRIEGSBEGINN 59
losen Krieges! Eine Nationaloper geht doch nicht aus wiisten Schmahungen
des Gegners, aus Orgien des Hasses hervor! Eine Nationaloper kann un-
moglich das Produkt des geistigen Tiefstandes, der geistigen Umnachtung
sein, in der sich das Land der Briten jetzt beflndet! Nur ein Ungetum, eine
MiOgeburt konnte Albion jetzt hervorbringen. Doch wir zweifeln sogar daran.
Und wenn es sogar dazu kame, waren — keine Zuhorer da.
Als ob es dem modernen England an Komponisten fehlte! Was ist
mit Elgar, Delius, Bantock, Williams, Scott und einem Dutzend anderer?
Warum wShlt man sich nicht aus ihnen den Messias? Wozu in die Feme
schweifen? TrommelschlMger und Fanfarenblaser setzen sogar Preise aus,
Preise von sage und schreibe hundert Mark fur eine britisch-nationale
Komposition, um eine „neue junge Schule" zu begrunden, die das messia-
nische Genie zur Reife bringen und die England fur ewige Zeiten von
Germany befreien soil. Aber sogar Preise von hundert Mark andern
nichts an der grenzenlosen Odigkeit der zeitgenossischen Gelegenheits-
arbeiten und Pfuschereien. Und es ist bemerkenswert, daO die zehn Monate
des Krieges in Albion bisher auch nicht ein bedeutendes Musikwerk
hervorgebracht haben. Nicht einmal Edward Elgars .Carillon", worin der
Tondichter Belgien beweint, ihm aber eine Zukunft voller GroQe weissagt,
kann als etwas Bleibendes bezeichnet werden.
Dagegen sind sogar die Rekrutenwerbesch lager in den Konzertsaal
eingedrungen und vorzuglich bei WohltStigkeitsdarbietungen in der Albert-
und Queen's-Hall mit uberwaltigender Begeisterung aufgenommen worden.
Sie sind ungefShr das Vulgarste, das dieser vulgare Zustand Old Englands
gezeitigt hat. Hier sei eine ungefahre Obersetzung des populSrsten Liedes
zitiert, nur um dem Leser einen Begriff des dortigen „Zeitgeistes" bei-
zubringen :
„Wir haben euch Kricket spielen sehn
Und jeden andern Sport;
Im FuCball, Golf und Polo
Siegt ihr in einem fort;
Doch jetzo ruft das Vaterland,
Zu zeigen euch als Krieger,
Was auch beschieden Schicksalshand,
Wir haben euch um so lieber.
Drum kommt und werdet Soldaten geschwind,
Wie's eure Vflter taten, die Sieger.
Chor:
Ach wir mochten euch nicht verlieren, doch wir glauben ihr
sollt gehn,
Denn euer Konig und Vaterland konnten ohn' euch nicht weiter
bestehn;
60 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Wir werden uns sehnen und uns gramen, docb mit unsrer
ganzen Lieb
Wollen wir jubeln, euch danken, euch kiissen,
Kehrt ihr zuriick vom Sieg!"
Und dieses „Soldatenlied" wird angestimmt, wenn der Brite in die
Scblacht zieht, es begleitet ihn auf seinen Marschen, er singt es im Feld-
lager . . . Sind das die Produkte des „messianischen Zeitalters?"
Bei dem Anhoren dieser genialen Hervorbringungen aus „Englands
groQter Zeit" kann man sich des einen Gefiihles nicht erwehren: Warum
raumt man in Albion nicht zuerst mit zahllosen unerhorten Geschmack-
losigkeiten auf? Warum bereitet sich das britische Publikum auf die
„messianische Ara" nicht dadurch vor, daC es bei Konzertauffiihrungen
zu rauchen aufhort, bei Opernvorstellungen laut zu schwatzen und
durch allerhand Gerausch, sogar Alkoholtrinken und Teeloffelgeklapper
zu storen? Warum bringt es seinen eigenen Tondichtern nicht so
viel Achtung entgegen, wahrend der Auffiihrung ihrer Werke bis zum
Ende auszuharren und nicht vorher davonzulaufen? Warum gewohnt es
sich inmitten einer Oper nicht das Klatschen ab? Warum klatscht es
nach den Aktschlussen des „Parsifal? a Warum sorgt es nicht fur ein
halbwegs anstandiges Opernhaus in halbwegs anstandiger Umgebung?
Warum laCt es seine eigenen Kunstler darben und verkommen, zwingt sie
dazu, sich in den Music Halls zu prostituieren? Warum, warum — hier
gibt es noch ein weiteres Tausend von Warums. Wenn sich die britische
Nation klar daruber ist, wie sie vorerst all diese tausend geschmacklosen
Niedertrachten in ihrem Musikleben ausmerzen will, dann mag sie im
Namen Gottes und der Kunst den Anbruch der messianischen Zeit er-
warten. Ehe aber ihr Lohengrin gezogen kommen soil, miste sie einmal
zu Hause grundlich aus! Es wird ihr mehr nutzen als der Vernichtungs-
kampf gegen Germany.
DAS PROBLEM DES CHARAKTERS
DER TONARTEN
VON DR. RICHARD HENNIG IN BERLIN
Die Frage, ob den verschiedencn Tonarten objektiv ein verschie-
dener Charakter zukommt, oder ob die zahlreichen Behauptungen
dieser Art, die von grundverschiedenen Eindrucken der einzelnen
Tonarten zu bericbten wissen, auf subjektiven TMuschungen und person-
lichen Erinnerungen an besonders markante Tonstucke beruhen, ist seit
langer Zeit hart umstritten und bis auf den heutigen Tag, wie man rund-
weg zugeben muB, noch nicht endgultig gelost. DaG naturlich zwischen
den Tongeschlechtern Dur und Moll und ebenso zwischen den alten, heut
nicht mehr gebrauchlichen Kirchentonarten grundlegende Unterschiede des
Charakterausdruckes bestehen, wird niemand leugnen; es fragt sich nur,
ob auDerdem zwischen den Tonarten desselben Tongeschlechts so be-
deutende Unterschiede bestehen, daQ man rundweg von einer .Charakte-
ristik der Tonarten" reden kann.
Bemiihungen, die Charaktere der Tonarten zu erfassen und zu deuten,
sind schon recht friihzeitig gemacht worden. Bereits Mattheson veroffent-
lichte 1713 einen Versuch, die Tonarten zutreffend zu cbarakterisieren.
Seinen Spuren folgten, von anderen abgesehen, z. B. der bekannte „Ge-
fangene von Hohenasperg" Schubart i. J. 1806 (nachgelassenes Werk),
E. T. A. Hoffmann 1822, Schilling 1838, Marx 1862 usw. In diesen
Auslassungen, vor allem in denen, die Schilling in seinem „Musikalischen
Konversationslexikon" brachte, findet sich jedoch reichlich viel Willkur,
Phantasie und Uberschwenglichkeit, so daQ man sich nicht wundern kann,
wenn sie wiederholt einen mehr oder weniger scharfen Protest hervorriefen.
Bereits am 6. April 1825 brachte die „Leipziger Allgemeine musikalische
Zeitung" einen Aufsatz, der eine besondere Charakteristik der einzelnen
Tonarten anzweifelte, im iibrigen aber recht unklar gehalten war. Ungleich
bedeutsamer war ein scharf polemischer Artikel eines Anonymus Hdt., der
in derselben Zeitschrift am 16. August und 6. September 1848 erschien
und die Uberschrift „Ketzerische Rhapsodien eines musikalischen Skeptikers,
Rhapsodia III" trug. Man findet hierin den treffenden Ausspruch fiber die
zahlreichen Versuche, die Charakteristik der Tonarten zu verdeutlichen:
„Aber da finden wir gleich von vornherein, daQ all' den schonen Behaup-
tungen und hubschen Redensarten eine einzige kleine Kleinigkeit fehlt:
eben der Beweis". Der Verfasser gab eine Reihe von beachtenswerten
Gedanken, wie die Lehre von der Charakteristik der Tonarten entstanden
sein konne, und kam zu dem SchluO, daQ ihr eine allgemeine und objektive
Richtigkeit nicht zuzuerkennen sei.
62 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Dieser neue kritische Standpunkt rang sich bald zu allgemeinerer
Anerkennung durch. In der Mitte der fiinfziger Jahre betrachtete man die
Lehre von der Charakteristik der Tonarten zumeist als einen iiberwundenen
Standpunkt. Da war es kein Geringerer als Helmholtz, der in seiner be-
ruhmten „Lehre von den Tonempfindungen" einen wissenschaftlichen Weg
zeigte, auf dem man zu einer objektiven Anerkennung der wechselnden
Charakteristik gelangen konnte. Er wies darauf bin, daC beim Klavier-
spiel der verschiedene Anteil der weiCen und schwarzen Tasten und der
notwendig verschiedene Anschlagihrer Hammer einen wechselnden Charakter
der Tonarten erzeugen konne, ebenso die Tatsache, daD dem menschlichen
Ohr gewisse Eigentone zukommen, die unter Umstanden ein schrilleres
Hervortreten gewisser Obertone bedingen muCten. Da z. B. g"" ein Eigen-
ton des Ohrs ist, meinte er:
„Es mag nun fur Stiicke in C-dur nicht gleichgultig sein, wenn
ihre hohe Quinte g" und Tonika c" diesen scharfen Klang vor den
anderen Tonen zeigen, aber jedenfalls sind diese Unterschiede nur
schwach, und ich muB es vorlaufig dahingestellt sein lassen, ob sie
in das Gewicht fallen."
In der Folgezeit ist das von Helmholtz wissenschaftlich nur an-
geschnittene, aber keineswegs erledigte Problem vielleicht noch mehr urn-
stritten worden als vorher, ohne daC die Debatte eine Klarung der Meinungen
herbeifiihrte. Es wurde dabei oft sowohl von Anhangern wie von Gegnern
der Tonartencharakteristik recht temperamentvoll gestritten, und die Un-
moglichkeit, die eine oder andere Ansicht einwandfrei zu beweisen, ver-
leitete oft genug dazu, durch Verspottung und Herabsetzung der gegnerischen
Meinung zu ersetzen, was der eigenen an guten Griinden abging. So warf
z. B. Zellner in seinen „Vortragen iiber Musik" alien Anhangern der
Lehre von der Charakteristik der Tonarten einfach Mangel an musikalischem
Sinn vor, wahrend umgekehrt der Musikschriftsteller Paul Ertel in einem
1896 erschienenen Aufsatz erklarte, die Behauptung, daD einer Tonart ein
bestimmter Klangcharakter zukomme oder nicht, konne nur „von un-
wissenden und unmusikalischen Asthetikern" bestritten werden: „In hohem
Grade toricht und verstandnislos ist es, zu behaupten, daC die Tonart gar
nichts mit dem Stiicke gemein habe, fur dasselbe gleichgultig sei. Wie
ich schon sagte, konnen nur absolut unmusikalische Menschen mit einer
so leicht widerlegbaren [I] Ansicht immer wieder vor die Offentlichkeit
treten." Wie iiberall, wo fehlende Beweise durch Invektiven ersetzt werden,
ist auch hier die Debatte durch die gegenseitigen Anrempeleien nicht
gefordert worden. 1896 veranstaltete Wilhelm Tappert im „Tonkiinstler-
verein" eine Diskussion iiber die Frage, da „solche ehrwurdigen Zankapfel
ab und zu auf den Markt gebracht werden mussen" — doch wurde auch
hierdurch eine Einigkeit der Meinungen, eine Klarung der Streitfrage
HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 63
naturlich nicht erzielt. Ich selbst habe im Jahre 1897 ein eigenes Buch,
.Die Charakteristik der Tonarten", herausgegeben, worin ich auf Grund
einer sehr eingehenden Untersuchung des Gegenstandes die Vermutung
aussprach, daB ein wechselnder Charakter auch objektiv schwerlich be-
stritten werden konne, und daB voraussichtlich physiologische Ursachen,
wie es z. B. die Eigentone des Ohres sind, die wissenschaftliche Erklarung
des Phanomens in erster Linie liefern miiCten, obwohl von Fall zu Fall
recht verschiedene Ursachen mitspielen konnen.
DaB auf dem Klavier die Tonarten mit vielen schwarzen Tasten
unbedingt anders klingen miissen als diejenigen, die iiberwiegend oder
ausschlieBlich die weiBen Tasten benutzen, wurde schon erwahnt; ebenso
werden auf der Violine diejenigen Tonarten, deren Grundakkord eine Be-
nutzung der leeren Saiten gestattet, notwendig anders klingen als die ubrigen;
Holz- und Blechinstrumente werden ihre natiirlichen Tone anders von sich
geben als diejenigen Tone, die erst durch bestimmte Griffe zu erzielen
sind usw. Nicht von diesen instrumentell verschiedenen und fur jedes
Instrument anderen Tonartcharakteren soil hier aber die Rede sein, sondern
von denjenigen Tonartcharakteren, die nach einer weit verbreiteten Meinung,
unabhangig von der Instrumentalklangfarbe, der Tonart selbst zu-
kommen. DaB daneben unabhangig von Fall zu Fall noch recht verschiedene
Einfliisse den Eindruck der Tonart „farben" konnen, ist naturlich unter keinen
Umstanden zu bestreiten. Vor allem fur den menschlichen Gesang ist zu
beachten, daB die Wiederholung eines Motivs oder einer Melodic in einer
hoheren Lage in der Kegel eine starkere Anspannung der Stimme bedingen
und deshalb um so eindringlicher wirken wird. Wenn Lohengrin seine
beriihmte Mahnung an Elsa: „Nie sollst du mich befragen" erst in as-moll
singt und dann in a-moll wiederholt, so kann sich niemand dem Eindruck
entziehen, daB die Wiederholung auch musikalisch dringlicher ist als die
erste Ermahnung. Dasselbe gilt fur das sturmische Flehen Tannhausers
zur Venus, der sein Liebeslied zuerst in Des-dur, dann in D-dur, in Es-dur
und schlieBlich, im zweiten Akt, gar in E-dur erschallen laBt, oder fur den
Chor „Lass' ihn kreuzigen" in der „Matthauspassion H , der zunachst in
a-moll, dann, dringlicher, in h-moll erklingt. Auch auf Loewes „Douglas B -
Ballade sei hingewiesen, in der eine geradezu geniale Charakterisierung
der immer heiBeren Bitte des Douglas zum dahingaloppierenden Konig
dadurch erreicht wird, daB das sturmische Rittmotiv ohne jeden Zwischen-
takt unmittelbar nacheinander in c-moll, in cis-moll, in d-moll und schlieBlich
gar in f-moll vor unseren Ohren dahinbraust und dadurch die Stimme des
Douglas zu stets heftigerer Anstrengung zwingt.
DaB derartige Modulationen in jedem Fall verschieden wirken und
den Absichten des Komponisten entsprechen konnen, wird niemand be-
streiten. Der eigentliche Kernpunkt unserer Betrachtung aber wird davon
64 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915
nicht beriihrt. Eine Charakteristik der Tonarten, wenn sie iiberhaupt
objektiv vorhanden ist, wird in jedem Fall nur bei aufmerksamer Betrach-
tung zu bemerken sein und wird sich nicht ohne weiteres dem Horer auf-
drangen — ware es anders, so hatte ja nie ein Streit stattfinden konncn,
ob die einzelnen Tonarten verschiedene Charaktere haben oder nicht; daQ
sie also gelegentlich durch Modulationen innerhalb eines Stuckes oder durch
sonstige kompositorische Ausdrucksmittel vollig verdeckt werden kann, ist
von vornherein nicht zu bezweifeln. Ebenso werden Tempo, dynamische
Schattierungen, Nuancierung, allgemeiner Charakter einer Komposition den
etwa vorhandenen Charakter einer Tonart bald starker zu betonen, bald
zu verwischen und ihn jedenfalls in mannigfachster Weise zu beeinflussen
imstande sein: man denke nur etwa daran, daD so grundverschiedene
Werke, wie'der erste Satz der Bachschen h-moll Messe, Schuberts ,UnvolI-
endete", der Walkiirenritt und Tschaikowsky's Pathetische Symphonie alle
in derselben Tonart stehen! Und dennoch wird man vom verschiedenen
Charakter der einzelnen Tonarten mit Recht sprechen diirfen; nur muQ man
sich von vornherein daruber klar sein, dafi gewissermaBen etwas guter Wille
dazu gehort, den Charakter deutlich wahrzunehmen und zu empfinden, und
daB auch im giinstigsten Fall der Charakter nur unbestimmt, nur angedeutet
sein kann, wahrend die oft so uberschwenglichen Beschreibungen der ein-
zelnen Tonartencharaktere rundweg als phantastische Selbsttauschungen oder
als poetische Ubertreibungen abzulehnen sind. Um nur ein einziges Beispiel
davon zu geben, was man gelegentlich in einzelne Tonarten und selbst ein-
zelne Akkorde hineingehort hat, seien aus E. T. A. Hoffmanns „Kreisleriana"
(„Phantasiestiicke 2: Kreislers musikalisch-poetischer Klub") einige Drei-
klangdeutungen wiedergegeben, die zwar offenbar absichtlich bizarr iiber-
trieben, aber doch im Grunde als den Uberzeugungen des genialen Dichters
und Komponisten entsprechend anzusehen sind. Um sich ganz in den
Charakter der Tonarten vertiefen zu konnen, setzt Kreisler ein kleines,
rotes Miitzchen auf, zieht einen chinesischen Schlafrock an, liQt alle
Lichter loschen und greift dann in dicker Finsternis einige BaBakkorde,
die er folgendermaOen erlautert (Auszug):
As-dur Akkord: „Was rauscht denn so wunderbar, so seltsam um
mich her? — Unsichtbare Fittiche wehen auf und nieder — ich schwimme
im duftigen Ather. — Aber der Duft erglanzt in flammenden, geheimnis-
voll verschlungenen Kreisen. Holde Geister sind es, die die goldnen
Fliigel regen in iiberschwenglich herrlichen KIMngen und Akkorden."
As-moll Akkord: „Ach! — sie tragen mich ins Land der ewigen
Sehnsucht, aber wie sie mich erfassen, erwacht der Schmerz und
will aus der Brust entfiiehen, indem er sie gewaltsam zerreiOt."
E-dur Terzakkord: „Sie haben mir eine herrliche Krone gereicht,
aber was in den Diamanten so blitzt und funkelt, das sind die tausend
HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 65
TrSnen, die ich vergoG, und in dem Golde gleiCen die Flammen, die
mich verzehrten. — Mut und Macht — Vertrauen und Starke dera,
der zu herrschen berufen ist im Geisterreich."
B-dur Akkord: „ Welch lustiges Leben in Flur und Wald in
holder Friihlingszeit! — Alle Floten und Schalmeien, die Winters
fiber in staubigen Winkeln wie zum Tode erstarrt lagen, sind wach
worden und haben sich auf alle Lieblingsstiickchen besonnen, die sie
nun lustig trillerieren, gleich den Vogelein in den Liiften."
Es-dur Akkord: „Zieh' ihm nach! — zieh' ihm nach! — Grun
ist sein Kleid wie der dunkle Wald — siifier Hornerklang sein
sehnendes Wort! — Horst du es rauschen hinter den Buschen? Horst
du es tonen? — Hornerton, voll Lust und Wehmut! — Er ist's —
auf I ihm entgegen!"
C-moll Akkorde: „Kennt ihr ibn nicht? — Kennt ihr ihn nicht?
— Seht, er greift mit gliihender Kralle nach meinem Herzen! — er
maskiert sich in allerlei tolle Fratzen — als Freijager — Konzert-
meister — Wurmdoktor . . . Siehst du es lauern, das bleiche Ge-
spenst mit den rot funkelnden Augen — die krallichten Knochenfauste
aus dem zerrissenen Mantel nach dir ausstreckend? . . . usw."
Diese mehr als phantasievollen Beschreibungen des Eindrucks einzelner
Tonarten sind iiberwiegend Phrasen und diirfen nicht allzu ernst genommen
werden. Einzelne Ausdrucke darin sind zwar frappant genug und erinnern
in merkwurdiger Weise an manche neueren Schilderungen der Tonarten-
charaktere und an Tonstiicke, die ganz unabhangig von Hoffmanns Auf-
fassung sind, so die „gleiBenden Flammen" beim E-dur (Tonart des
.Feuerzaubers"), die Fruhlingsempfindung beim B-dur (Liebeslied in der
„Walkure") usw. Im ubrigen aber mochte ich fast der Vermutung Aus-
druck geben, daQ gerade diese phantastisch ubertriebenen Gefiihlsbetonungen
Hoffmann-Kreislers zum Teil durch ganz bestimmte Erinnerungen an
musikalische Eindriicke beeinfluBt sein mogen. Der zweite Teil der „Kreis-
leriana" erschien 1822, kurz vor dem Tode des Dichters (25. Juni 1822)
und wenige Monate, nachdem das (Hoffmann bestens bekannte) wohl sen-
sationellste Opernwerk jenes Zeitalters in Berlin seine Urauffiihrung erlebt
hatte: Webers .Freischutz" (18. Juni 1821). Es sieht nun beinahe so aus, als
ob die Tonarten-Definitionen, die Hoffmann seinem Kreisler in den Mund
legt, durch „Freischiitz" -Erinnerungen beeinfluBt sind. Zum Beleg hierfiir sei
hingewiesen auf die Beschreibung des Es-dur, derjenigen Tonart, in der ein
Teil der Ouvertiire des .Freischiitz" und vor allem die beriihmte Arie
„Durch die Walder, durch die Auen" steht — sollte nicht der Gedanke an
Wald und Hornerklang und vor allem der geradezu aus dem „Freischutz tt
(groBe Arie der Agathe) entnommene SchluB: „Er ist's — auf! ihm ent-
gegen!" darauf zuriickzufuhren sein? Und sollte nicht auch die merkwurdige
XIV. 20. 5
66 DIE MUSIK XIV. 20: 2. JULIHEFT 1915
Beschreibung des c-moll mit dem Hinweis auf den .Freijager" und auf
absonderliche Spukereicn den gleichen Opereindrticken ihre Entstehung ver-
danken, zumal da ja der groQte Teil der Wolfsschluchtszene und vor allem
ihr Hohepunkt, der Kampf der Gewitter, tatsachlich in c-moll steht?
Diese Analyse laQt uns die HofFmannsche Erklarung der Tonarten-
charaktere recht wertvoll erscheinen, weniger wegen einer Treffsicherheit
ihrer Schilderung, von der in dem phantastischen Pbrasengeklingel nicht
wohl die Rede sein kann, als wegen der Einblicke, die sie in die Ent-
stehung einer subjektiven Auffassung bestimmter Tonartencharaktere ge-
wahrt. 1st auch die Zuriickfiihrung auf „Freischutz"-Erinnerungen nur
problematisch, so diirfte sie doch gut begriindet sein, und selbst wenn sie
den Tatsachen nicht entsprechen sollte, so wiirde sie doch als theoretisches
Beispiel fur die Moglichkeit der Entstehung subjektiver Auffassungen
interessant genug bleiben. — Es kann gar keinem Zweifel unterliegen,
dalS ein Bruchteil der vorliegenden Aussagen iiber Tonartencharaktere auf
halb oder ganz zwangsmaQige Verkniipfungen bestimmter Tonarten mit
bestimmten musikalischen Erlebnissen zuriickzufiihren sind, also (um einen
Ausdruck Flournoy's zu brauchen) auf „privilegierten Assoziationen"
beruhen. Fur den Beethoven-Freund wird der Gedanke an F-dur not-
wendig die Erinnerung an die Pastoral-Symphonie erwecken und demgemaC
der Tonart selbst einen lieblichen, landlichen Charakter beilegen, c-moll
wird ebenso, wegen der Fiinften Symphonie, als heroische Tonart bezeichnet
werden, Es-dur wird den Gedanken an die „Eroica" oder ans Es-dur Konzert,
cis-moll den an die Mondschein-Sonate mit unwiderstehlicher Kraft aus-
losen usw. Ahnlich wird der Wagner-Freund durch A-dur ans „Lohengrin*-
Vorspiel, durch E-dur an den „Feuerzauber", durch H-dur an den Einzugs-
marsch aus „Tannhauser", durch Es-dur ans „Rheingold"-Vorspiel usw.
erinnert werden und dann leicht in die Versuchung kommen, der Tonart
als solcher den Eindruck zuzuschreiben, der in Wahrheit nur dem be*
treffenden Musikstiick zukommt.
Diese Fehlerquelle wird untcr alien Umstanden eine grofie Rolle
spielen; wie groB sie ist, wird sich aber statistisch unmoglich erfassen und
nachweisen lassen. Jedenfalls diirfte es nicht angebracht sein, auf solche
subjektiven Eindriicke alle Angaben iiber wahrgenommene Tonarten-
charaktere ohne weiteres zuriickzufiihren. Bei der ungemein groDen Ver-
schiedenheit der musikalischen Neigungen miiOte man sonst die denkbar
groCte Verschiedenheit in der Charakterisierung der einzelnen Tonarten
erwarten, von der in Wahrheit doch nicht die Rede sein kann. Wer in
seinem subjektiven Eindruck des e-moll den Gefiihlsinhalt des Eingangs-
chores der s Matthauspassion u oder des ungeheuren Chores: „Sind Blitze,
sind Donner" widerspiegelt, muD zu einer ganz anderen Auffassung der
Tonart kommen als derjenige, der durch seine musikalischen Erinnerungen
HENNIG: PROBLEM PES CH ARAKTERS DER TONARTEN 67
etwa zunachst auf Mendelssohns Ouverture zum „Sommernachtstraum"
hingewiesen wird, oder der, der vielleicht das Studentenlied „Der Sang ist
verschollen" in dieser Tonart zu spielen gewohnt ist. Uberblickt man die
unendliche Fulle von Deutungsmoglichkeiten, die durch solche einzelnen
musikalischen Erlebnisse des Individuums dargeboten werden konnten, so
muB man doch zugeben, daQ im allgemeinen die Versuche, bestimmten
Tonarten bestimmte Charaktere zuzuschreiben, von einer bemerkenswerten
Einheitlichkeit und Ahnlichkeit sind.
Man betrachte etwa die verschiedenen Deutungen und Anwendungen
des Des-dur-Charakters, so findet man eine geradezu merkwurdige Uber-
einstimmung der Beurteilung in der Weise, daB die Tonart ungewohn-
lich patbetisch und glanzend, aber mehr blendend als gehaltvoll erscheint.
Die alteren Tonarten-Charakterisdker definieren sie wie folgt:
Schilling: „Die Tonart an und fur sich — mochten wir behaupten —
erscheint als ein prachtvoll und glanzend, als ein glcichsam
himmlisch schon dekoriertes Gebaude oder als ein leicht zu
durchschauendes und die schonen Formen noch schoner ge-
staltendes Gewand."
Hand: „Es eignet sich fur Darstellung der hohen Schonheit, des
Prachtigen, des Glanzvollen, und tragt eine groBe Fulle in sich."
Gathy: .Empfindung von Leid und Wonne in wunderbarer Ver-
mischung."
Man mag diese wenig bekannten Autoren als nicht geniigend auto-
ritativ ablehnen — zweifellos hat man ein Recht dazu — , aber mit ihnen
stimmen einzelne ganz groBe Genien iiberein, an deren Urteil man un-
moglich vorbeigehen kann. Uber Klopstocks pathetischen B Messias" auBerte
sich z. B. kein Geringerer als Beethoven:
„Ich habe mich jahrelang mit ihm getragen; verstanden habe ich
ihn freilich nicht uberall. Er springt so herum und fangt auch immer
gar zu weit von oben an; immer maestoso. Des-durl Nicht? Aber
er ist doch groB und hebt die Seele."
Weiterhin betrachte man jene oben mitgeteilte, schon aus dem Jahre
1838 stammende AuBerung Schillings, speziell in ihrem ersten Teil, wo
von dem glanzenden und himmlisch-schonen Gebaude die Rede ist, und
dann denke man daran, daB Wagners beruhmtes Walhallamotiv fast immer
in Des-dur erklingt, und daB am SchluB des „Rheingold", als die Cotter
in das neue, himmlisch-schone Gebaude einziehen, jenes beruhmte, an
Instrumentenfiille beispiellose Finale (die Partitur ist 41 zeilig!) das Des-dur
Motiv zur riesigsten und blendendsten Steigerung anschwellen laBt. Ist dies
ein Zufall, so gehort er zu den merkwurdigen und wirkt doppelt auffallig,
da die Tonart sonst in der Orchestermusik nicht eben haufig ist und jeden-
falls seltener als in der Klaviermusik vorkommt. Und ist es nicht aber-
5»
68 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
mals seltsam, daC in dem mehr effekt- als gehaltvollen Berlioz'schen
B Requiem" gerade die beiden ChorsStze, in denen nach S. Ochs „nur
hochster Wohlklang zur Geltung kommt", das „Sanctus" und das „Hosanna",
wieder in Des-dur steben? 1st es ebenso Zufall, daO in der Klavier-
literatur die besonders eleganten und effektvollen „Salonstucke" mit einer
geradezu erstaunlichen HSufigkeit in Oes stehen, wahrend die sonstigen
entlegeneren Tonarten mit fiinf, secbs und sieben Vorzeichen in Klavier-
stucken eine recht groOe Seltenbeit sind?
Ich will hier in keiner Weise versuchen, die einzelnen Tonarten der
Reibe nach durchzugehen, ihre alteren Deutungen zu vergleichen und
beriihmte Musikstucke aufzuzahlen, die in der betreffenden Tonart ge-
schrieben sind. Das eine besonders typische Beispiel des Des-dur genugt
in dieser Hinsicht vollauf, urn eine gewisse Gleichheit der Empfindung fur
gewisse Tonartencharaktere bei zablreichen Personen unabhangig zu er-
weisen. Nur sei noch auf zwei bestimmte Kategorien von Tonstucken
hingewiesen, die es sich zur Aufgabe machen, einen und denselben auBeren
Eindruck, Naturscbauspiele, musikalisch wiederzugeben, namlich Gewitter
und Mondscheinszenen. Auch hierbei finden wir zwar keine absolute
Identitat der Tonarten (die niemand erwarten kann), aber doch eine starke
Hinneigung zu ganz bestimmten Tonarten, so daO man sich fast scheuen
muO, hierin das Ergebnis eines Zufalls zu sehen.
Was die Schilderung der Gewitter betrifft, so hat Beethoven fur
die berubmteste musikalische. Wiedergabe dieser Art in der Pastoral-
Symphonie f-moll gewahlt, ebenso Schubert in der „Jungen Nonne".
Die Gewitter in Haydns „Jahreszeiten" und in Webers „Freischutz"
toben in c-moll; Rossini hat in der Ouvertiire zum „WilheIm Tell" fur
die Gewitterschilderung e-moll gew&hlt, Wagner in der vorzuglichen
Gewitterwiedergabe im Vorspiel zur .Walkure" d-moll, ebenso imf „Fliegen-
den Hollander". Auch Webers ^Oberon" -Gewitter ist in d-moll geschildert,
ebenso die Blitz- und Donnererscheinungen in Lortzings „Undine". Der
Sturm in der Wolfsschluchtszene des „Freischiitz" erbraust aus d-moll,
und auch Schubert hat den „Sturmischen Morgen" in d-moll geschrieben,
Marschner seine Sturm- und Regenszene im „Hans Heiling" hingegen
in cis-moll und Grieg seinen wundervollen stiirmischen Abend an der
norwegischen Kuste im „Peer Gynt" in fis-moll. Das Resultat, das
durch eine weitere Statistik noch vermehrt werden konnte, ist immerhin
interessant genug und zeigt eine entschiedene Vorliebe fur das d-moll zur
Schilderung der eigentlichen Gewitter. Dabei muO auch beachtet werden,
daO der in e-moll geschriebene grandiose Chor der n MatthSuspassion":
.Sind Blitze, sind Donner in Wolken verschwunden" seiner absoluten
Tonhohe nach in d-moll erdacht ist, da seit Bachs Zeit die Stimmung sich
fast um einen ganzen Ton erhoht hat.
HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 69
Noch mehr Einheitlichkeit der Tonart herrscht in einer Ubersicht
iiber vorhandene Mondscheinschilderungen. Die weltberuhmte „Mondschein-
Sonate" Beethovens kann man hier zwar nur bedingt als Beispiel an-
fuhren, denn Beethoven hat bei der Niederschrift des einzig herrlichen
Satzes nicht an Mondschein gedacht, sondern ein Gedicht von Seume „Die
Betende" illustrieren wollen. Wer der Sonate ihren Namen verschafft hat
und warum er ihr beigelegt ist, kann man nicht mehr feststellen; die Tatsache
aber, dafi der gar nicht vom Komponisten selbst herriihrende Name iiberall
Anklang gefunden hat und daQ man iiberall der Meinung begegnet, eine
treffendere musikalische Schilderung einer „monddurchglanzten Zauber-
nacht" sei gar nicht vorstellbar, gibt doch recht sehr zu denken. Und man
kann noch einen anderen Fall nennen, wo ebenso wie bei dieser in cis-moll
stehenden Zaubersonate ohne jedes Zutun des Komponisten der Horer geradezu
zwangsmSQig an Mondschein denken muB, obwohl der Titel des Tonstucks
mit keinem Wort auf Nacht und Mondschein hinweist: Mendelssohns
eines „Venetianisches Gondellied" („Lieder ohne Worte" Nr. 12) ruft mehr
als jedes Nocturno die Empfindung hervor, dafl eine nfichtliche Stimmung
geschildert wird, eine Nachtfahrt auf den mondbeglMnzten Fluten des
Canale grande. Dieses Gondellied steht in fis-moll, derselben Tonart, die
Mendelssohn auch sonst zu Mondscheinschilderungen gern benutzt hat, wie
aus seinen Kompositionen des Lenauschen „Schilfliedes" („Auf dem Teich,
dem regungslosen, ruht des Mondes stiller Glanz") und von Heines „Neuer
Liebe" („In dem Mondenschein im Walde") zu erkennen ist, wahrend er
fur Geibels Gedicht „Der Mond" die Dominantentonart Des-dur gewahlt
hat. Schumann hat Eichendorffs liebliche „Mondnacht" in E-dur vertont,
darin aber auch den fis-moll Dreiklangen, zum Teil in harpeggierter Form,
einen breiten Raum vergdnnt. Nicolais schone Mondscheinszene in den
„Lustigen Weibern", in der freilich das sentimentale Moment fiihlbar
zugunsten des humorvollen zuruckgedrMngt werden muflte, steht in Es-dur,
in der Ouverture in F-dur; hingegen hat auch Weber fur den Beginn der
Wolfsschluchtszene und zur Erlauterung des schauerlichen Textes „Milch
des Mondes fiel aufs Kraut" die Tonart fis-moll gewahlt. Von neueren
und weniger bekannten Mondscheinschilderungen seien Bendels „Fahrt auf
der Liebesinsel" und das sehr geschickt gemachte, blendend instrumentierte
Mondschein-Intermezzo in Mascagni's mit Recht bereits vergessener Oper
.Silvano" genannt, die bemerkenswerterweise gleichfalls beide aus fis-moll
gehen. — Jedenfalls ist ein geradezu verbluffend hoher Prozentsatz von
musikalischen Mondscheinschilderungen in fis-moll oder in nahe verwandten
Tonarten erfolgt. In diesem Zusammenhang verdient immerhin eine Be-
merkung erwShnt zu werden, auf die sonst nicht viel zu geben ist: in
Meyers „Konversations-Lexikon" ist im Axtikel , Tonart" inmitten eines
sonst nicht eben glucklichen Versuchs, den Charakter der Tonarten zu
70 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
erklaren, die Rede von der „fahlen Beleuchtung der Molltonarten mit
Kreuzen". Als Kuriosura sei auch noch eine auf ihre Richtigkeit nicbt
nachgeprufte, im tibrigen auch nicht sehr glaubhaft scheinende Bemerkung
des fruheren Redakteurs der „AUgemeinen musikalischen Rundschau",
Paul Ertel, zitiert: „wie ich z. B. die Bemerkung gemacht habe, daD
gewohnliche Leute auf dem Wasser abends haufig in fis-moll singen".
Von einer zufalligen Bevorzugung einer und derselben Tonart, einer
gegenseitigen Beeinflussung der Tondichter oder gar einer Konvention
kann angesichts solcher Tatsachen wohl nur in den seltensten Fallen oder
iiberhaupt nicht die Rede sein. Es miissen hier innere Notwendigkeiten
vorliegen, die sich im einzelnen kaum nachpriifen und begriinden lassen,
die aber moglichenfalls mit dem besonderen Hervortreten gewisser Ober-
tone irgendwie im Zusammenhang stehen. Fur das fis-moll scheint diese
Vermutung noch am ehesten zuzutreffen; ein eigentumlich spitzer Charakter
wird dem fis-moll Dreiklang von verschiedenen Seiten zugeschrieben, und
mir personlich ist er so entschieden gegenwartig, daC ich oftmals die Tonart
beim Horen allein daran erkannt habe, obwohl ich sonst nicht mit ab-
solutem Gehor begabt bin.
Achtet man regelmMOig auf die vorliegenden Zeugnisse iiber den
Charakter einzelner Tonarten, so findet man noch zahlreicbe merkwiirdige
Ubereinstimmungen, die auf eine innere Berechtigung der Charakterisierung
schlieOen lassen. Das Strahlende und Leuchtende des E-dur wird ohne
jede Ausnahme von alien Beurteilern hervorgehoben; merkwurdig haufig
wird die Tonart mit „brennendem Gelb" oder Rot und „lichter Feuerfarbe"
(Schilling) verglichen; lange bevor Wagner den „Feuerzauber" in dieser
Tonart schrieb, wurde der spezifisch helle und glanzende Charakter des
E-dur schon allseitig hervorgehoben, ja, man kann rundweg sagen, daC iiber
keine andere Tonart eine so vollstandige Ubereinstimmung aller Urteile vor-
liegt als beim E-dur. Demgegeniiber gilt As-dur als dunkelste Tonart, als
eine eigentliche Nocturno-Tonart; in ihr singen auch die Rheintochter in
den Tiefen des Stromes. Der Gedanke liegt nahe, daO die Vorzeichen die
EmpfindungstHuschung bedingen, dali einmal die vier Kreuze als Steigerung,
das andere Mai die vier Be als Dampfung empfunden werden. DaO hiervon
jedoch unmoglich die Rede sein kann, geht einwandfrei daraus hervor,
daC die Durtonart mit fiinf Be, das Des-dur, nicht wie es diese Erklarung
erfordern wiirde, noch dunkler als As-dur, sondern im Gegenteil festlich
glanzend und strahlend erscheint.
Ebenso herrscht ziemliche Ubereinstimmung der Urteile iiber den
ruhigen, weihevollen, frommen Klang des Es-dur. Es ist die eigentliche
Choraltonart, die im Anfang der „Schopfung" („Und der Geist Gottes"),
in der Wiedergabe des „Ein feste Burg ist unser Gou" in der „Hugenotten"-
Ouverture, im ,Rheingold"-Vorspiel, aber auch in den gewaltigen Posaunen-
HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 71
choren des jiingsten Gerichts im „Tuba mirum" des Berlioz'schen „ Requiem"
besonders charakteristisch vcrwendet zu sein scheint.
Wenn C-dur gelegentlich als „unschuldige Tonart" bezeichnet wird,
so durfte hier eine Urteilsfalschung insofern vorliegen, als auf dem Klavier
C-dur lediglich aus weiQen Tasten besteht, und unbewuOt die Assoziation
WeiB = Unschuld mitspielt. Ein lichter Charakter wird der Tonart haufig
beigelegt, aber nicht der grelle Feuerschein des E-dur ist ihr zu eigen,
sondern eine sanftere, wohltuende Helle. Ubereinstimmend lauten alle
Meinungen, daC eine andre Tonart als C-dur fiir die Wiedergabe der Worte
„Und es ward Licht" in der „Sch6pfung" ganz undenkbar sei. F-dur gilt
als friedliche, sanfte Tonart, wobei freilicb schwer zu beurteilen ist,
inwiefern die Erinnerung an Beethovens „Pastoralsymphonie" auf das
Urteil abgefarbt bat. Dennoch kann es nicht Beethovens uberragende Be-
deutung sein, die den Charakter der Tonart erst diktiert hat; denn trotz
alien Respekts vor dem musikalischen Zeus herrscht gleichfalls vielfach
die Meinung vor, dafi die Verwendung des F-dur zur Schilderung des
Siegesjubels am SchluO der „Egmont"-Ouvertiire verfehlt sei, und daC hier
E-dur ungleich cbarakteristischer wirken wiirde, wahrend sicher Hand
auf.vielfache Zustimmung rechnen darf, wenn er sagt: „Rom bergs Glocke
des Friedens" konnte nur in F-dur verhallen". — Auch es-moll ist eine
ziemlich einmutig beurteilte Tonart, bei der das Unheimliche und Grausige
scharfer als bei jeder anderen Molltonart zum Vorschein kommt und
dennoch eine gewisse Wucht des Ausdrucks nicht zu verkennen ist.
Schilling gibt einer allgemeineren Empfindung treffenden Ausdruck,
wenn er fiber es-moll sagt: „Wcnn Gespenster reden konnten, so sprachen
sie aus diesem Tone". Die Verwendung des es-moll im Vorspiel zur
,G6tterdammerung" und in der Nornenszene sowie in Loewes „Edward"-
Ballade erscheint besonders glucklich; zur Illustrierung der „Nonnen-
auferstehung" in Meyerbeers „Robert der Teufel" ware sie trefflichst
am Platze — doch hat der Komponist hier das entschieden wenig geeignete
c-moll vorgezogen.
Wo die Grenze zwischen dem objektiven und subjektiven Empfinden
der Tonartencharaktere ist, ist ganz ungemein schwer zu sagen. Die vor-
stehenden Ausfuhrungen beabsichtigen ja auch nicht viel mehr, als auf die
auffailig zahlreichen Falle einer unabhangigen Ubereinstimmung der Be-
urteilung hinzuweisen und miissen es jedem uberlassen, daraus seine Schliisse
zu ziehen. DaC neben den vielfach geteilten Empfindungen auch individu-
elle Besonderheiten haufig vorkommen — das zu bestreiten, ware ab-
geschmackt. Wahrend z. B. sonst B-dur besonders gern als Fruhlingstonart
bezeichnet wird, auch von R. Wagner fur sein „Wintersturme wichen"
beniitzt ist, bevorzugte Mendelssohn fur seine Friihlingslieder a-moll und
A-dur, und gelegentlich wurde mir von einem Arzt gesagt, er konne sich
72 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Friihlingsschilderungen nur in A- und D-dur denken, die Verwendung
von B-dur hierfiir erschiene ihm „ganz komisch".
Die individuelle Stellung zu gewissen Tonarten ist iiberhaupt oftmals
von ganz merkwiirdiger Bestimmtheit. Ein Student schrieb mir, daB E-dur
so sehr seine Lieblingstonart sei, daB er in jedem Orchesterwerk mit einer
gewissen angstlichen Spannung nach einem in dieser Tonart geschriebenen
Stiick ausschaue. E-dur erscheine ihm wie „ein geliebtes, schones Weib",
wahrend F-dur er selbst sein konne. In dicsem Zusammenhang verdient
auch eine charakteristische AuOerung von Dvorak Erwahnung; einer seiner
Schiiler brachte ihm eine Violinkomposition zur Beurteilung, empfing sie
aber als nicht befriedigend zuruck mit dem Bemerken: „Bleiben Sie mir
im Mai mit a-moll vom Leibe, bringen Sie die Sonate im Herbst wieder,
dann wird es vielleicht stimmen! Arbeiten Sie jetzt in Es-dur, Es-dur —
Friihling!" — Als ein weiterer klassiscber Kronzeuge, den man freilich
in diesem Zusammenhang kaum zitiert zu horen erwarten wird, und der
schlieBlich auch als eigentlicher musikalischer Sachverstandiger nicht in
Betracht kommt, sei Fiirst Bismarck genannt, der im Jahre 1847 nach
seiner Verlobung der fernen Braut die folgenden, unerwartet schonen und
poetischen Worte schrieb:
„Oh, wenn ich Keudell ware, ich spielte jetzt den ganzen Tag,
und Tone triigen mich fiber Oder, Rega, Persante, Wipper. Ich dachte
mir, Du spieltest C-dur, wenn der hohle Tauwind durch die durren
Zweige der Linden heult, und d-moll, wenn die Schneeflocken in
phantastischem Wirbel um die Ecken flogen."
Die individuelle Stellung zu gewissen Tonarten kann zu ausgesprochener
Sympathie und Antipathie werden, ja, vereinzelt sogar psycho-physiologische
Zwangserscheinungen absonderlicher Art nach sich Ziehen. So wird ein
hochst seltsamer, hierher gehoriger Fall in der „Leipziger Allgemeinen
Musikalischen Zeitung" vom 3. Dezember 1806 mitgeteilt:
„Vor 15 bis 20 Jahren lebte in der Dresdner Kapelle (und lebt
vielleicht noch) ein braver Violoncellist, Hofmann, der, ob er sich
taglich mit Musik beschaftigte, doch die Tonart h-moll nie ertragen
lernte. Uberraschten ihn wahrend eines Spieles einzelne Modulationen
dieser Tonart, so zitterte er, AngstschweiO brach ihm aus, und lieO
es sich tun, so ruhete er ein Weilchen; kamen aber ganze Satze in
dieser Tonart vor, und er konnte sich nicht entfernen — wie, wenn
er in der Kirche oder Oper spielte — so stand er Todesangst aus, und
alle Bekampfungen dieser verdrieQlichen Eigenheit waren vergebens."
Kann man auch in diesem entschieden sehr merkwiirdtgen Fall zur
Not noch sich mit der hypothetischen Erklarung behelfen, daB der empfind-
same Musiker durch die Tonart h-moll vielleicht an irgendein besonders
trfibes oder erregendes Ereignis seines Lebens erinnert worden sei, daB
HENNIG: PROBLEM DES CHARAKTERS DER TONARTEN 73
demgemaC der ungewohnlich starke Eindruck der Tonart nicht physiologische,
sondern psychologische Ursachen gehabt haben kann, so schwindet auch
diese letzte Moglichkeit, der Anerkennung besonderer physiologischer
Wirkungen einzelner Tonarten zu entgehen, wenn wir gelegentlich horen,
daC auch Tiere auf verschiedene Tonarten gleicher Instrumente ganz ver-
schieden reagieren. In einer Jenaer Doktordissertation vom 30. Mai 1846,
die einen gewissen Eduard Henneberg aus Gotha zum Verfasser hatte,
sind folgende Falle zitiert, wobei zum Verstandnis der ersten Satze darauf
bingewiesen sein mag, dafl schon Helmholtz bei Hunden eine besonders
grofle Empfindlichkeit gegen das hohe e der Violine beobachtet hatte
(„Tonempfindungen", S. 188). Henneberg erzahlt nun (S. 16/17):
„Die meisten Hunde lassen, wenn sie musikalische Tone ver-
nehmen, eine gewisse Angst erkennen oder fangen an laut zu heulen.
Ein A-dur-Dreiklang erregte einen Hund heftig, ein E-dur-Dreiklang
aber reizte ihn zu voller Wut . . . Fast wunderbar wirkt jenes be-
ruhmte Konzert, das mehrere Naturforscher vor den beiden sehr
groOen Pariser Elefanten veranstalteten. Als ein ganz gewohnliches
Lied von alien vorhandenen Musikinstrumenten in D-dur angestimmt
wurde, veranlaOte die Musik die Tiere zu lebhaftesten Ausbruchen
der Freude; sie tanzten umher und lieQen zu fast kiinstlerischen
Sprungen ein Freudengeheul ertonen. Als ob sie die Klange fordern
wollten, lieCen sie erst ein sehr lautes Zischen vernehmen, dann ein
Getose nach Art der Tubatone, welches (was besonders bemerkens-
wert erscheint) zu den Gesang- und Orchesterstimmen als harmonisch
passend bezeichnet werden konnte. Als dann ein zartes Adagio in
b-moll angestimmt wurde, sind die Elefanten derart besanftigt worden,
dafl sie ganz unbeweglich dastanden. Weiterhin wurde dasselbe Stuck,
wie am Anfang, gespielt, aber nicht in D-, sondern in F-dur. Nun
aber machten die Tone des Liedes auf die Tiere nicht den geringsten
Eindruck. Als bald darauf aber dasselbe Stuck zum dritten Male,
und nun wieder in D-dur, vorgetragen wurde, bezeigten die Elefanten
dieselbe und sogar eine noch groQere Freude als beim erstenmal."
Man sollte solche Experimente an Tieren des ofteren anstellen,
denn bier scheiden alle psychischen Fehlerquellen, alle personlichen Ein-
drucke und musikalischen Erinnerungen, die den objektiven Eindruck ver-
wischen und truben oder ungebiihrlich verstSrken konnen, restlos aus,
und der erheblich variierende „Charakter" der verschiedenen Instrumente
oder Tonarten tritt uns in einwandfreien Zeugnissen unverniinftiger Ge-
schopfe entgegen, die, von keinem komplizierten Seelenleben belastet,
triebhaft ihre Eindriicke und Empfindungen an den Tag legen und dadurch
eine ungleich objektivere Beobachtung ermoglichen, als sie jemals an geistig
gesunden menschlichen Versuchsobjekten moglich ist.
74 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Zwingen uns diese Tatsachen zur Annahme, daO infolge wechselnder
physiologischer Wirkungen, vermutlich also durch gelegentliches Mit-
schwingen von Obertonen, die verschiedenen Tonarten verschiedenen
Charakter annehmen konnen, so miissen wir doch in jedem Fall beachten,
dali zur experimentellen Untersuchung Personen mit „absolutem GehSr",
die also ohne weiteres jeden Ton und jede gespielte Tonart erkennen,
nicht geeignet sind. Wie die genaue Kenntnis eines Musikstucks, das
Wissen, in welcher Tonart es stebt, oder der Einblick in die Noten eine
Suggestivwirkung in dem Sinne ausuben konnen, daC von vornherein in
die gehorten Klange gewisse charakteristiscbe Eigenschaften hineingehort
werden, die der Horer herauszuempfinden erwartet, so muB naturlich ein
absolutes Gehor in gleichem Sinne suggestiv, also die objektive Empfin-
dung storend, wirken konnen. Eine klare Feststellung, ob wirklich den
Tonarten ein verschiedener Charakter zukommt, wird man nur von
solchen Personen erwarten konnen, die bestimmt keine Spur von absolutem
Gehor haben, die also einzelne Tone niemals erkennen und die doch im-
stande sind, lediglich am spezifischen Charakter des musikalischen Klanges
die jeweilig gespielte Tonart, zuweilen mit Bestimmtheit, zuweilen mit
ziemlicher Sicherheit, zu erkennen. DaC solche Falle nicht selten vor-
kommen, habe ich an mir selbst, der ich nicht die geringste Anlage zum
absoluten Gehor habe, seit fiber 18 Jahren unzahlig oft beobachtet, und
in meiner 1897 erschienenen Untersuchung ist ein groOer Teil der darauf
beziiglichen Tatsachen bereits veroffentlicht.
Endgultig geklart ist das Problem der Tonartencharaktere gegenvartig
noch in keiner Weise. Dennoch aber sprechen immer mehr und immer
bedeutsame Tatsachen dafiir, daO der verschiedene Charakter der Ton-
arten durchaus kein leerer Wahn ist. Selbst wenn man alle die zahllosen
Obertreibungen und Phantastereien in Abzug bringt, die gerade auf diesem
Gebiet so uberuppig wuchern, bleibt immer noch genug beweiskraftiges
Material zuriick, das entschieden fiir die Anhanger der Tonartencharakte-
ristik spricht und ein weiteres Forschen auf diesem interessanten Grenz-
gebiet zwischen Kunst und Wissenscbaft aussichtsvoll erscheinen 12Bt.
WAGNER, LORTZING-REGER UND
DEINHARDSTEIN
EIN BEITRAG ZUR QUELLENGESCHICHTE
DER „MEISTERSINGER VON NORNBERG"
VON RICHARD ORNSTEIN IN WIEN
Es gibt keinen neueren groCen Dichter, an den sich nicht die Quellen-
forschung mit mehr oder minder gliicklichem Erfolg herangewagt
hatte, meist sehr zum VerdruB seiner Verehrer, die in blindem
Fanatismus nichts von Vorbildern horen wollen und jedes Werk ihres
Abgottes kurzweg fiir ein Original erklaren. Den Quellen eines Werkes
nachspuren aber heiDt nicht das Werk verkleinern oder seinen kfinst-
lerischen Wert herabsetzen. Der Gradmesser fiir den Wert eines Kunst-
werkes kann nie die Originalitat sein, sondern nur die kunstlerische
Wirkung. Im ubrigen kann eine originelle Verarbeitung schon vorhandener
Motive nicht weniger verdienstvoll genannt werden als die frei erfundener.
Die aber aus Ubereifer den Dichter vor der Unterschiebung eines Plagiats
zu schiitzen glauben, indem sie hartnackig jede Beziehung zwischen der
Behandlung desselben Stoffes durch ihren Meister und fruhere Bearbeiter
einfach wegleugnen, leisten ihrem Schiitzling wahrlich einen schlechten
Dienst. Niemandem kann es beifallen, einen Dichter, der vorhandene
Motive umgestaltet und verwertet hat, einen Plagiator zu nennen, eben-
sowenig wie etwa einen Ornatnentiker, der, wie es jetzt vielfach geschieht,
auf antike Motive zuriickgreift.
Die Quellen von Wagners „Meistersingern" sind bereits wiederholt
eingehenden Forschungen unterzogen worden. 1 ) Ziemlich allgemein an-
erkannt ist bereits die Tatsache, dafi als unmittelbarste Quelle Wagners
die Lortzing-Regersche Oper „Hans Sachs" anzusehen sei, die sich ihrer-
seits an das gleichnamige dramatische Gedicht des osterreichischen Dichters
Deinhardstein anlehnt. 2 ) Wan rend nun ein Teil derer, die sich mit diesem
Problem beschaftigen, annimmt, Wagner hatte iiberhaupt nur auf dem
Umwege fiber den Operntext das Deinhardsteinsche Drama verwertet, geben
J ) Vgl. u. a. Baberadt, Hans Sachs im Andenken der Nachwelt. Halle a. d. S. 1906.
Kurt Mey, Der Meistergesang in Geschichte und Kunst, Leipzig 1901, 2. Teil
A. M. Bowen, The sources and text of R. Wagner's „Meistersinger K (Diss.) Munchen
1897. G. R. Kruse, Einleitung zu dem in Reclams Univ.-Bibl. Nr. 4488 erschienenen
Textbuche des Lortzing-Regerschen ,Hans Sachs". H. Welti, Lortzing und Wagner.
Richard-Wagner-Jahrbuch 1 (1886), S. 229/38.
2 ) Uber eine dritte „Hans Sachs"-Bearbeitung als Oper, die zeitlich zwischen dem
Deinhardsteinschen Drama und der Lortzingschen Oper liegt und „Hans Sachs. Im
vorgeruckten Alter. Romantisch-komisches Singspiel in 2 Akten" betitelt ist, berichtet
Kurt Mey im 16. Heft des 2. Jahrganges der „Musik" (Mai 1903).
76 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
andere wie Mey, Baberadt usw. die Moglichkeit einer Bekanntschaft des
Bayreuther Meisters mit dem Werke des Osterreichers zu. Aufgabe dieser
Arbeit aber rnoge dcr Versuch sein, nachzuweisen, daC nicht nur eine
solche Moglichkeit bestehe, sondern daO tatsachlich unmittelbar von
den „Meistersingern" Faden zu dem Deinhardsteinschen „Hans Sachs"
fiihren, ohne den Umweg iiber ein drittes Werk zu nehmen, was urn so
klarer daraus erhellt, daQ jenes Produkt der Deinhardsteinschen Muse
nicht das einzige dieses Dichters gewesen zu sein scheint, das Wagner
beim Abfassen der „Meistersinger" vorgeschwebt hat.
Die Moglichkeit einer Bekanntschaft Wagners, der sich, worauf auch
Mey ') hinweist, einer beispiellosen Belesenheit erfreute, mit den Werken
Deinhardsteins wird niemand bestreiten. Johann Ludwig Deinhardstein
(geb. 1794, gest. 1859) gehorte bereits in jungen Jahren zu den hoffnungs-
reichsten Talenten des osterreichischen Parnasses. Sein „Hans Sachs", der
1827 iiber die Bretter des Wiener Burgtheaters ging und von hier seinen
Weg iiber samtliche groCen Biihnen Deutschlands nahm, machte ihn rasch
zum gefeierten Dichter. Von da ab war er einer der meistgelesenen unter
den deutschen Schriftstellern und behauptete diesen Platz bis in die vierziger
Jahre. In Dresden erschien sein „Hans Sachs" im Jahre 1828, und es ware
nicht unmoglich, daC er noch zu der Zeit auf dem Repertoire gestanden,
als Wagner dort wirkte. 2 ) Jedenfalls lassen diese Tatsachen eine Bekannt-
schaft Wagners mit jenem „Hans Sachs "-Drama bereits als wahrscheinlich
annehmen. Klar und unzweideutig muB aber diese Behauptung nach einer
genauen Untersuchung der drei in Frage kommenden Werke feststehen.
In Deinhardsteins Drama bildet das Schicksal des jugendlichen Hans
Sachs den Mittelpunkt der Handlung, deren Gang kurz folgender ist:
Sachs hat es trotz seiner Jugend bereits zum Meister in seinem Hand-
werke wie in der Singschule gebracht, sich ansehnlichen Wohlstand und
durch sein Talent Anerkennung bis iiber die Grenzen seiner Stadt erworben.
Aber seine eigenen Mitbtirger und Sangesgenossen, die seine Uberlegenheit
wohl fiihlen, beneiden ihn, halten ihn fur stolz und feinden ihn an, wo sie
nur konnen. Insbesondere machen sich letztere daruber lustig, daQ Sachs
es mit den hergebrachten Formen nicht genau nehme. Dieser liebt Kunigunde,
die Tochter des Goldschmiedes Steffen, der jedoch, als der reichste Burger
Nurnbergs, deren Verbindung mit einem Schuster niemals zugeben wiirde
und ihr den Augsburger Ratsherrn Eoban Runge, einen eitlen, einfaltigen
Gecken, zum Manne bestimmt hat. Vergebens bittet Kunigunde ihren Geliebten,
von seinem verachteten Handwerke zu lassen, endlich beschlieDen die beiden,
vom Vater am nachsten Tage die Einwilligung zur Heirat zu erbitten.
') Kurt Mey, Der Meistergesang ... a. a. O. S. 272.
a ) 1842—1849.
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 77
Im zweiten Aufzuge komtnt Runge zu Sachs, um sich seine Schuhe
ausbessern zu lassen, erkennt in ihm seinen Nebenbuhler, mit dem er bereits
einmal zusammengeraten ist, und eilt zu Steffen, um ihm mitzuteilen, daB
der Geliebte seiner Tochter ein Schuster sei. Diese, die eben im Begriffe
war, ihren Vater auf die kommcnde Werbung Sachsens vorzubereiten, ver-
leugnet ihn in ihrer augenblicklichen Verwirrung und fordert von dem
herbeikommenden Sachs, daB er seinem Handwerke entsage. Als sich dieser
weigert und dem Madchen seine Schwache verweist, laOt sich dieses zu
hohnischen Worten hinreifien. Hans Sachs, den bereits morgens die Meister-
sanger tief gekrankt haben, indem sie einen von ihm empfohlenen Kandidaten
nicht in die Zunft aufnehmen wollten und ihn selbst wegen eines neuen
Gedichtes verhohnten, so daB er ganz bleich die Singschule verlassen hatte,
hilt nun nichts mehr in Nurnberg, da sich auch die Geliebte von ihm ab-
gewendet hat, und er greift zum Wanderstabe. Im Walde stofit er auf
Kaiser Maximilian, der im Eifer der Jagd von seinem Gefolge abgeirrt ist,
von Sachs unerkannt, dessen Talent lobt und den Dichter veranlafit, ihn
nach Nurnberg zuriickzugeleiten, dessen Treiben er sich unter der Maske
eines vornehmen Grafen besehen will. Inzwischen ist in Nurnberg Steffen
zum Burgermeister gewahlt worden, und dem pfiffigen Ratsherrn, der festlich
geschmiickt erschienen ist, um Kunigunde zum Altare zu holen, gelingt es
ihrem Vater weiszumachen, daB er, Runge, diese Wiirde erwirkt habe.
Voll Freude will der neue Burgermeister seine Tochter augenblicklich mit
jenem verbinden, und Runge geht eben daran, im Vereine mit einigen Burgern
das sich straubende Madchen mit Gewalt fortzuffihren, als Hans Sachs gerade
mit dem Kaiser vorfiberkommt, die Szene uber die Mauer weg mitansieht,
diese uberspringt und Kunigunde, die ihm reuig an den Hals sinkt, aus
ihrer Bedrangnis befreit.
Sachs wendet sich an den fremden Grafen um Hilfe, die dieser
ihm zusagt. In pomphaftem Zuge begibt sich der neugewahlte Burger-
meister, seine Tochter an der Hand ffihrend und gefolgt von den Ziinften
und Raten der Stadt, in das Rathaus, um sein Amt anzutreten. Sachs, der
sich auf Befehl des fremden Grafen ebenfalls eingefunden hat, soil zur
Strafe fur sein freches Eindringen in Steifens Haus aus der Stadt gewiesen
werden, als jener mit seinem Gefolge erscheint, den Burgermeister durch
ein Gleichnis, das er ihm zu losen gibt, notigt, Sachs mit Kunigunden zu
vereinigen, nachdem er sich als Kaiser zu erkennen gegeben und Runge,
als Liigner entlarvt, sich aus dem Staube gemacht hat. Maximilian mahnt
die beschSmten Burger, nicht fiber Hans Sachsens niederen Stand dessen
GroBe zu vergessen, und laBt ihn von Kunigunde mit Lorbeer bekr&nzen,
wodurch ein Traum Sachsens zur Wirklichkeit wird, in dem er von der
Muse der Dichtkunst unter einem Blfitenbaume mit Lorbeer gekront
worden war.
78 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Von welcher Seite Deinhardstein seinen Stoff und seinen Helden
geschildert hat, geht aus dieser Inhaltsangabe klar hervor. Von dera be-
wegten Hintergrund der Zeit, von dem mutigen Eingreifen des Nurnberger
Schusterpoeten in die Reformation, von seiner zur Zeit der Entstehung
des Deinhardsteinschen Werkes bereits erkannten gewaltigen Bedeutung
als Volksaufklarer und Volksbildner ist nicht die geringste Spur zu finden.
Ein schlichter, biederer Handwerksmann wird uns vorgefuhrt, der in seinen
MuBestunden auch Dichter ist, und der, in seiner Bescheidenheit sich seines
Konnens selbst nicht bewuBt, schon im Begriffe ist, dem Unverstand und
der Boswilligkeit zu weichen, als er, von einer starken Hand gestutzt und
gehoben, seinem ersehnten Ziele entgegengefuhrt, mit dem geliebten
Madchen vereinigt wird und die verdiente Anerkennung erlangt.
Welch erhabene Gestalt ist gegen diesen Hans Sachs der unsterbliche
des Bayreuther Meisters! Was der schwachen poetischen Kraft, dem be-
sch rank ten Talente des osterreichischen Lustspieldichters nie gelingen
konnte, dem Genie Wagners war es vorbehalten: Er hat deutsche Bieder-
keit und deutsche Kunst in einer Person verkorpert und als lebendiges
Denkmal auf die Bretter gestellt, er hat eine Figur geschaffen, wie sie so
kernig und so wahr die deutsche Biihne kein zweites Mai mehr auf-
tuweisen hat.
Vor allem ist bei Wagner Sachs nicht der junge aufbrausende Lieb-
haber, sondern der ernste, gesetzte Mann, der schon ein gut Stuck Leben
und Erfahrung hinter sich hat, und auf dessen Wort und Rat man gerne
hort. Schon das Versetzen Sachsens in ein vorgeschrittenes Alter ermog-
lichte eine weit tiefere und wiirdigere Auffassung der Gestalt. Die Person
des Kaisers Maximilian wird nun iiberfliissig, und Hans Sachs tritt als
Lenker des Geschickes der beiden Liebenden — hier der jugendliche Ritter
Walther und die Goldschmiedstochter Eva — an dessen Stelle.
Dies ist wohl der eingreifendste Unterschied zwischen dem Wagner-
schen und dem Deinhardsteinschen Werke und ferner das tiefere Eindringen
in das Wesen der Meistersangerzunft bei dem ersteren, wozu ubrigens
bereits die Lortzing-Regersche Oper als — allerdings primitive — Briicke
hinuberleitet. Diese dreiaktige komische Oper, deren Text von dem Schau-
spieler Philipp Reger gemeinsam mit Lortzing und Ph. J. Diiringer her-
stammt, 1 ) stimmt in den wesentlichen Hauptpunkten ganz mit Deinhardstein
uberein, die Abweichungen bedeuten aber zum Teile bereits wesentliche
Fortschritte gegeniiber dem Originale.
Auch bei Lortzing begegnen wir Sachs als jungem Meister, der die
Tochter des reichen Goldschmieds Steffen liebt, die aber dem altlichen
und lacherlichen Augsburger Ratsherrn Eoban Hesse — so hieB diese
Figur urspriinglich auch bei Deinhardstein — vermahlt werden soil. Als
') Naheres daruber s. bei G. R. Kruse a. a. O.
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 79
der Iastige Werber zufMHig in die Werkstatte Sachsens kommt, um einen
Rifi in seinem Scbuh ausbessern zu lassen, bei welcher Gelegenheit er
von des Meisters treuem Lehrjungen Gorg weidlich geneckt und geargert
wird, erkennt er in dem Schuster seinen Nebenbuhler, eilt schnurstracks
zu Meister Steffen, dem neugewahlten Biirgermeister Nurnbergs, und fuhrt
Klage, daB ein Schuster es wage, zu Kunigunde die Augen zu erheben.
Der neue Biirgermeister ordnet an, daD zur Feier seines Amtsantritts am
morgigen Sonntage ein Fest stattfinden solle. Zunachst wolle er selbst
bei einem Wettgesang, an dem sich auch sein kiinftiger Schwiegersohn
beteiligen werde, den Vorsitz fiihren; das weitere Festprogramm setzt er
folgendermaBen fest:
Wir ziehen drauf gesamt im Chore
Hinaus vor Nurnbergs schone Tore,
Zum VogelschieCen!
Bei Tanz und Sang, beim Becherklang
Ruft ihr alsdann:
„Lang' leb' der Biirgermeister!"
Bei dem Wettgesang in der Meistersangerschule wird der Ratsherr
fur ein dummes Lied mit der Davids-Medaille belobnt, trotz des Protestes
der anwesenden Burger, die Sachs Liebe und Verstandnis entgegenbringen,
und denen dessen Lied besser gefallen hat. Von den Meistersangern aber
holt sich dieser nur Hohn und Spott, sowie den Rat, bei seinen Schuhen
zu bleiben und die Poesie kiinftig ruhen zu lassen. Der verkannte Meister
ist schwer gekrankt; die Singschule ist ihm verleidet, am liebsten mochte
er gar nicht mehr dichten. Auch die Hoffnung, die Geliebte doch noch
zu gewinnen, ist ihm entschwunden. So will er denn zum Feste gehen,
um noch einmal mit ihr zu sprechen, Abschied von ihr zu nehmen und
dann fur immer Niirnberg den Riicken kehren.
Auf der Wiese vor der Stadt herrscht indes reges Leben. Das Volk
geht von Bude zu Bude und belustigt sich bei Spiel, Gesang und Tanz.
Den Mittelpunkt bildet Gorg, der zur Feier des Geburtstages seiner Kor-
dula, der Base Kunigundens, Bekannt und Unbekannt traktiert und durch
schnurrige Lieder ergotzt. Als Extraiiberraschung liest er ein Geburtstags-
gedicht fur seine Kordula vor, das aber ursprunglich an eine andere
Adresse gerichtet war, da es der pfiffige Lehrling heimlich vom Arbeits-
tische des Meisters entwendet hat. Als Sachs kommt, sucht ihn Kunigunde
zu bewegen, seinen niedrigen Stand aufzugeben, weil sie hofft, dann das
Widerstreben ihres Vaters besiegen zu konnen. Als aber der Geliebte
diese Zumutung von sich weist, will sie ihm folgen und sein Geschick
teilen. In inniger Umarmung werden sie von Steffen, Eoban, den Rats*
berren und Ziinften betreten, und Sachs, der ja im Begriffe war, freiwillig
zum Wanderstabe zu greifen, wird aus der Stadt gewiesen.
80 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Auf dem Wege nach Miinchen begegnet er dem kaiserlichen Gefolge,
klagt einem hohen Herrn, in dem er einen alten Gonner erkennt, sein
Geschick und kehrt mit der sicheren Zusage der Hilfe des Kaisers heim-
lich nach seiner Vaterstadt zuriick. Maximilian, der niemand anderer ist
als jener hohe Gonner selbst, laBt, kaum in Niirnberg angekommen, dem
Burgermeister auftragen, nach dem Verfasser eines Gedichtes zu forschen,
das ihm zufallig in die Hande geraten ist. Es handelt sich nattirlich um
das von Gorg gestohlene Liebesgedicht, das dieser verloren hat, und
das nun durch Zufall an den Kaiser kommt, der sofort den wahren Urheber
errat. Auch Steffen und die Ratsherren sind nicht einen Augenblick im
Zweifel, wem das Gedicht zuzuschreiben sei, und daher in arger Verlegen-
heit, die der schlaue Eoban benutzt, um den Vorschlag zu machen, ihn
dem Kaiser als den gesuchten Dichter vorzufiihren.
Die endgiiltige Losung hat nun zwei Fassungen. Nach der einen
fordert der Kaiser bei der ihm zu Ehren veranstalteten Festlichkeit von
Hesse die Rezitation des Gedichtes. Dieser ist sehr verwirrt und ver-
wechselt in seiner Aufregung die Verse mit denen seines eigenen beim
Wettgesange zum besten gegebenen Poems, worauf Hans Sachs vortritt
und sich durch flieDende Deklamation des Gedichtes als der wahre Ver-
fasser zu erkennen gibt. Hesse ist iiberfiihrt und wird davongejagt, und
Sachs erhalt die Hand Kunigundens.
Die andere Fassung bringt ganz ahnlich die Entlarvung des Schwindlers,
von dem nun auch Steffen nichts mehr wissen will, weil seine Tochter
nur einem Dichter ihre Hand reichen soil. Hier gesteht auch, was in der
ersten Fassung mangelt, Gorg seinen Diebstahl ein, Sachs wird auf Befehl
des Kaisers vorgefiihrt, der seinen Wert hervorhebt, den Burgern befiehlt,
ihn zu ehren, und ihn mit Kunigunde vereinigt. Zum Schlusse kann es
sich Lortzing nicht versagen, auf sein eigenes Schicksal anzuspielen, indem
er durch den Mund Maximilians den Herrscber mahnt, des Kiinstlers
Streben zu pflegen und zu belohnen.
Diese hier an zweiter Stelle mitgeteilte Fassung war die ursprungliche
und in Prosa geschrieben. Vom dramatischen Standpunkte entschieden
vorzuziehen, wurde sie spater durch die versifizierte musikalisch wirk-
samere ersetzt. Nur nebenbei sei der Merkwiirdigkeit halber erwahnt,
daQ sich in keiner der beiden Fassungen Hans Sachs auch nur einen
Moment wundert, in dem Kaiser seinen alten Gonner wiederzusehen.
Die unverkennbaren Ahnlichkeiten der ^Meistersinger" mit dieser
Oper sind viel zahlreicher und auf den ersten Blick weit einleuchtender
als die mit dem Deinhardsteinschen Drama. Auch Wagner stellt als
Gegenstiick seinem Liebespaar Walther-Eva ein zweites in David, dem
Lehrjungen Sachsens, und Lene, der Amme Evas, gegeniiber, deren direkte
Abkunft von dem Paare Gorg und Kordula nicht zu verkennen ist. Reger
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 81
laQt uns auch bereits einen Blick in die Singschule der Meistersanger tun,
der allerdings imstande ist, uns ein ganz falsches Bild von der Meister-
sMngerzunft zu geben, da es ohne Ernst und nur der aufieren Wirkung
halber entworfen ist. Wie anders ist Wagner an seine Aufgabe gegangen,
wie liebevoll und mit welch tiefem Verstandnis hat er sich in das Wesen
jener Kunstvereinigung versenkt und es in seiner hohen Bedeutung erfaCt
und gewiirdigt! Der Hans Sachs Deinhardsteins und Lortzing-Regers ist
bei Wagner der junge Ritter Walther von Stolzing. Er wird von den
MeistersSngern verlacht und verspottet, Sachs aber tritt uns als eine im
Kreise der Zunftgenossen geachtete und vom Volke verehrte und geliebte
Erscheinung entgegen. Dieser historischen Tatsache sind ubrigens auch
die Verfasser der Oper .Hans Sachs" schon naher gekommen, indem sie
ihren Helden, wie wir gesehen haben, nur von den Meistersangern an-
feinden lassen, wahrend das Volk ibn schatzt und liebt.
Die Liebe eines Junglings zu einem Madchen, die endlich mit Hilfe
eines starken Protektors zur ersehnten Vereinigung fiihrt — diesen
Grundzug der Handlung bei Deinhardstein haben beide Opern ubernommen.
Bei Lortzing-Reger sind auOer den schon oben erwMhnten Neuerungen
der Versuch, das Madchen durch einen Sieg im Sangerstreite zu erringen,
ferner der Lieddiebstahl, das Plagiat und die Uberfuhrung Hesses als
wichtige Motive hinzugetreten, die auch Wagner verwendet hat.
Die Charaktere der Hauptpersonen decken sich beinahe bei Dein-
hardstein und Reger, und es ist interessant zu verfolgen, wie sich diese
Gestalten von dem dramatischen Gedicht aus iiber die erste Oper zu den
von Wagner eingefiihrten entwickelt haben.
Der urspriingliche Sachs, bescheiden, fast schuchtern, ja des oftern ge-
druckt und unbeholfen, ist in der Oper schon mannlicher, selbstbewuDter
und entschlossener und wird in den B Meistersingern" vollends zum feurigen,
iiberschaumenden Helden. Der klagliche, eitle, dummstolze Freier wird bei
Reger wenigstens zum durchtriebenen Spitzbuben, dem jedes Mittel recht
ist, um sein Ziel zu erreichen. Alle diese Ziige sind im Charakter Beck-
messers wiederzufinden. Der licherlich aufgeblasene protzige Goldschmied
Steffen wird von Reger noch krasser gezeichnet, das VerhSltnis zwischen
Vater und Tochter erscheint allerdings bereits etwas gemildert. Welch pracht-
volle Gestalt ist dagegen der Pogner Wagners! Diese ruhige Wtirde und
dabei Schlichtheit und Biederkeit, durch die nur wie verstohlen ein wenig
heimliche Eitelkeit und WohlgefSUigkeit durchblitzt, die wir einem reichen
Burger Nurnbergs im 16. Jahrhundert wohl zutrauen und auch nachsehen
konnen. Wagners listiges Evchen hat ebenfalls ihre im ganzen ziemlich
farblosen und schablonenhaften Urbilder weit uberflugelt. Die zweiten
Paare der beiden Opern, David — Gorg, der muntere, vorlaute, stets zu
tollen Streichen aufgelegte, dem Meister aber treu ergebene Bursche, und
XIV. 20. 6
82 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Lene — Kordula, die bei all ihrer Zartlichkeit doch strenge und strafende
Geliebte, sind, wie schon erwahnt, nahe Verwandte. Fur des Bayreuther
Meisters herrlichen Sachs findet sich bei Deinhardstein und Lortzing-
Reger nur in der Stellung als Loser des Knotens, nicht aber in seiner Art
ein Gleichnis.
In den beiden Opern lassen sich aber die Ahnlichkeiten, ganz abge-
sehen von der Musik, nicht nur in den Charakteren und Hauptmotiven
nachweisen, sondern sie lassen sich auch in nebensachliche Motive, ja bis
in kleinste Einzelheiten verfolgen.
Gleich an die Introduktionsszene der Lortzingschen Oper zwischen
Gorg und den Gesellen werden wir in den „Meistersingern" durch die
Szene zwischen David und den Lehrbuben beim Aufstellen des Gerustes
in der Singschule erinnert. Pogners Schilderung des Sankt Johannisfestes
enthSlt deutliche AnklSnge an die fruher mit Absicht zitierten Worte
Steffens bei dem Entwerfen des Festprogramms und uberdies auch noch
ein wenig an den Eingangschor auf der Festwiese. Wie Pogner seine
Tochter nur einem Meistersanger zur Gattin geben will, so soil schlieOlich
auch Kunigunde nur einem Dichter ihre Hand reichen; der Beweggrund
allerdings ist in beiden Fallen ganz verschieden. Die Szene in der Singschule
mahnt ganz deutlich an die entsprechende bei Lortzing. Dem jungen Ritter
soil die Meisterwiirde, die er sich erringen will, zur Hand der Geliebten
verhelfen, wie Hans Sachs hofft, durch Erlangung des Preises sich den Vater
gewogen zu machen. Aber hier wie dort triumphiert der hamische Dumm-
kopf iiber den Helden, der sich nur Schande und Spott holt. Dieses letzte
Motiv konnte man iibrigens bis auf Deinhardstein zuriick verfolgen, der
einen Meistersanger von einer Tagung der Zunftgenossen erzahlen laCt,
die Hans Sachs bleich und zitternd verlieQ, weil er wegen eines Gedichtes
verhohnt wurde. Die unbegrundete Abneigung Beckmessers gegen Sachs
und sein Ausfall gegen ihn, als man die Werber zur Meldung auffordert:
„Vielleicht auch ein Witwer? Fragt nur den Sachs!"
sind wohl noch Nachklange der friiheren Nebenbuhlerschaft Sachsens und
des unerwunschten Freiers. Wie dem Junker nach seiner Niederlage die
Meister ein Greuel sind, wie er mit Eva in die Freiheit fliehen will, wohin
diese „bosen Geister" ihm nicht folgen konnen, so ist auch dem ent-
tauschten Sachs Lortzings die Dichtkunst und die Singschule verleidet,
auch er will von dannen Ziehen, und seine treue Kunigunde will mit ihm
fliehen, alles wiederum Motive, die schon in dem dramatischen Gedichte
zu Hnden sind.
Interessant ist der Fortschritt bei Wagner, der seinen Ritter die Ge-
liebte zur Flucht auffordern la&t, wahrend sowohl Deinhardstein als auch
Reger ihren Sachs das freiwillige Anerbieten des Madchens zuruckweisen
lassen. Was dem osterreichischen Lustspieldichter, der zugleich Zensor
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 83
war — und bei seinen Produktionen handhabte er sein Amt mit besonderer
Strenge — und was noch dem harmlosen Librettisten unmoglich gewesen
ware, das war dem der Schule der Romantiker entstammenden Wagner nur
eine Selbstverstandlichkeit.
Wie Beckmesser Sachs auch als Schuster in Anspruch nimmt und sich
in seine Werkstatt begibt, als der Meister gerade mit dem Anfertigen der
bestellten Schuhe beschaftigt ist, so geht auch in den friiheren Stucken
der Ratsherr in die Werkstatt des Rivalen, um sein beschadigtes Schuh-
werk ausbessern zu lassen, wobei es zu einem heftigen Wortwechsel
kommt. In der Lortzing-Regerschen Oper greift auch der vorwitzige
Lending in den Streit ein, wie er bei Wagner den AnstoB zu der groQen
Keilerei gibt.
Die Festwiese, auf der Volksbelustigungen stattfinden, prSsentiert
sich uns in den .Meistersingern" ganz wie bei Lortzing-Reger. In beiden
Opern ein farbenprachtiges Bild, Tanz und Frohlichkeit.
DaO der Lieddiebstahl Beckmessers und sein Auftreten als Dichter bei
Lortzing-Reger der Entwendungdes Geburtstagsgedichtes durch Gorg und dem
Plagiat Hesses zu vergleichen sind, wurde schon erwahnt. Die sich ergebenden
SchluQsituationen sind nun in beiden Opern fast vollig gleich. Der Plagiator
soil sein Werk offentlich vortragen. Wie in „Hans Sachs" Hesse beim Wett-
streite in der Singschule die Stufen des Podiums hinaufschwankt und mit
unsicherer Stimme zu singen beginnt, wie er dann vor dem Kaiser angstlich
den Text im Barett verbirgt und heimlich nachliest, ganz so der Wagnersche
Beckmesser bei seinem Werbgesange. Ja, die kostliche Kotnik, die darin
liegt, daB der ungluckliche Hesse beim Deklamieren des Gedichtes in sein
eigenes lacherliches Machwerk verfSUt und dieses mit jenem vermengt,
findet sich ebenfalls bei dem Bayreuther Meister, jedoch musikalisch aus-
gedruckt, indem er Beckmesser das herrliche Preislied Walthers nach der
ganz unmoglichen Melodie seines eigenen Pfuscherliedes singen laOt, ein
Witz, den er iibrigens schon fruher bei dem Spruche Davids angewendet
hat. Kaum ist nun der Betriiger entlarvt, als der wahre Dichter vortritt,
seine Autorschaft durch fliefienden Vortrag des Liedes erweist und die
Hand des gelicbten Midchens erhSlt.
Auch zum Schlusse hat Wagner Lortzings Beispiel befolgt und die
Worte des Hans Sachs:
„ehrt eure deutschen Meister:
dann bannt ihr gute Geister!"
bedeuten eine nur allzu berechtigte Mahnung an das deutsche Volk, wie
Lortzings SchluDworte eine Mahnung an den Fiirsten.
Mit einem Hoch auf den giitigen Lenker des Geschickes der beiden
Liebenden enden die drei Stucke: auf Hans Sachs bei Wagner; bei seinen
VorgMngern auf den Kaiser.
6*
84 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
Die bisherige Vergleichung kdnnte uns wohl zu dem Schlusse bringen,
Wagner musse den Deinhardsteinschen „Hans Sachs" nicht gekannt haben,
da die seiner Oper mit diesem Drama gemeinsamen Motive auch in dem
Regerschen Libretto zu linden sind. Nun begegnen wir aber auch Motiven
und Situationen, die nur Wagner und Deinhardstein gemeinsam sind, ja
zuweilen fallt uns eine deutliche Ubereinstimmung einzelner Gedanken in
beiden Werken auf.
Wenn Kruse 1 ) in der Szene der Lortzingschen Oper, in welcher
Sachs in seiner Werkstatt traumt und dichtet, „eine Vorahnung der herr-
lichen Szene unter dem Fliederbaum" sieht, so scheint dem Bayreuther
Meister noch weit mehr die Eingangsszene der Deinhardsteinschen Dichtung
vorgeschwebt zu haben, in welcher der Schusterpoet unter einem Bliiten-
baume vor seiner Werkstatt sitzt und ihn sein ,bewegt Gemiit" nicht
dichten laDt. Schon die rein aufierliche Situation ist viel zu Mhnlich, um
nicht zu einem Vergleich zu notigen. Und miissen nicht die Verse, die
der osterreichische Dichter seinem Sachs in den Mund legt:
„Ich seh vor mir gar sonderbar
Die Menschen durcheinandertreiben,
Und von der heiCbewegten Schar
Will keiner mir dahinten bleiben."
an ganz gleiche Gedanken in dem groBartigen Wahnmonologe Wagners im
dritten Akte erinnern?
Deinhardstein laBt einen Auftritt erzahlen, den sein Schuster in der
Singschule mit den Meistersangern gehabt hat:
„Er nahm das Wort, und just als ob er euch
In seiner Werkstatt vor Gesellen stiinde,
Sprach er mit uns, verwies uns unsre Art,
Bei Wahlen vorzugehn, die er pedantisch,
Einseitig nannte, das Talent verschiichternd;
Und alles deshalb, weil wir einen Burschen,
Den er in Schutz nimmt, Puschmann heiCt der Schuft,
Ein armer Schlucker, der seit Monden schon
Das Gnadenbrot in seinem Hause ifit —
Die Aufnahm' weigerten."
Haben wir da nicht deutlich die Szene vor uns, die Wagner vorfuhrt:
den abgewiesenen Bewerber, die pedantischen Meister, die alles verwerfen,
was nicht nach altem Brauch und Herkommen ist, und den beschwichtigenden
Hans Sachs, der vermittelnd eingreifen, dem Kandidaten helfen mochte,
der mit der Merkerwahl nicht einverstanden ist und dem das Lied des
jungen Poeten trotz aller Regelwidrigkeit, trotz Tabulatur und Uber-
') A. a. O. S. 13.
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 85
lieferung gefallt? Dem die Regeln nicht ein Heiligtum sind, an dem nicht
geriittelt werden darf, sondern der sie von Zeit zu Zeit auch auf ihre
Braucbbarkeit gepruft und nur dort angewendet wissen will, wo sie anzu-
wenden sind? 1st nicht dieser Sachs Wagners ganz derselbe, der in der
Dichtung Deinhardsteins spricht:
„Die Form ist viel, allein die Hauptsach', mein' ich,
1st doch der Geist, der in der Form erscheint."
Wagners Beckmesser mochte Pogner gerne dazu bewegen, die Wahl
des Gemahls nicht von der Entscheidung der Braut abhangen zu lassen.
Zwar beruhrt er diesen Punkt nur ganz schuchtern und lenkt schnell ein,
als er das Befremden des erhofften Schwiegervaters sieht, aber es kommt
da doch ein Zug zum Vorschein, den Deinhardsteins Runge ganz offen
zugibt, wenn er sagt:
„Ob sie mich liebt, ob nicht, mein Freund,
Ist was, das mir entbehrlich scheint."
und der bei Lortzing-Reger in so krasser Form niemals zum Ausdrucke
kommt, wenn auch dort Hesse sich um jeden Preis in den Besitz des
MSdchens setzen will.
Vor allem ist es aber ein Motiv, das Wagners „Meistersinger"
mit diesem .Hans Sachs" verbindet, und der Versuch Baberadts, 1 ) dieses
auf eine gemeinsame Quelle zuriickzufiihren, scheint mir kein gliicklicher
zu sein. Es ist das Motiv des Traumes, den Walther von Stolzing in seinem
Preisliede erzahlt, und der dann so wunderbar zur Wirklichkeit wird, ganz
wie bei dem Deinhardsteinschen Hans Sachs, dem sich einst im Traume
unter einem Bliitenbaume die Muse der Dichtkunst zuneigte, um sein
Haupt mit Lorbeer zu bekranzen.
Kein Zweifel also, Wagner hat auch das Urbild der Lortzingschen
Oper gekannt und verwertet. Mit wahrhaft bewundernswertem Geschick
hat er, ein Meister szenischer Technik, aus jedem der beiden Stucke, aus
dem Drama und dem Libretto, die wirksamsten Momente herausgegriffen
und fur seine eigene Dichtung verwendet. Sein Genie hat es zustande
gebracht, aus solchen oft nebensachlichen Momenten — wie es beispiels-
weise die Erzahlung von Sachsens Eintreten fur den abgewiesenen Be-
werber bei Deinhardstein ist — Szenen von uberragender Bedeutung fur
das ganze Stuck und von unubertrefflicher Wirkung zu schaffen. Hinter
diesen grandiosen Gebilden scheinen die Urbilder, die zu ihrer Zeit gewiO
bejubelt worden sind, vollig verblaCt. Wie farb- und reizlos erscheint uns
zum Beispiel das Lortzing-Regersche Motiv des Lieddiebstahls und der
Mystifikation Hesses gegen das gleiche bei dem Bayreuther Meister! Aber
•) A. «. O. S. 12.
86 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JUL1HEFT 1915
sollte nicht auch da ein Deinhardsteinsches Motiv den vermittelnden
Ubergang gebildet baben?
Es ist hiebei an ein anderes Stuck des osterreichischen Dicbters
gedacht, an eines der besten Produkte, die seiner Feder entstammen, voll
geistreichen Witzes und spriihenden Humors, an das zweiaktige Lustspiel
„Das Bild der Danae", 1 ) das im Jahre 1822 im Wiener Burgtbeater
seine Urauffubrung erlebte, auDerordentlichen Beifall fand und als erstes
im Auslande die Aufmerksamkeit auf seinen erst 25jahrigen Verfasser
lenkte. Die Quelle fur dieses Lustspiel hatte ihm der von Wagner hocta-
geschatzte E. Th. A. Hoffmann 2 ) in seiner Novelle „Signor Formica"
geliefert.
Der Inhalt des Lustspieles ist folgender: Der junge Arzt Bernardo
Ravienna liebt Laura, die Nichte Calmaris, des Direktors der Maler-
Akademie von San Carlo. Der Vater des Madchens hat testamentarisch
bestimmt, daO nur der Sieger in der Preisbewerbung der Akademie
die Hand der Tocbter erbalten solle, falls Calmari nicbts gegen ihn
einzuwenden habe. Dieser halt seine Nichte, in die er selbst verliebt ist,
angstlich eingeschlossen; nur durch Zufall hat sie Bernardo gesehen, ist
in Liebe zu ihr entbrannt, und durch List gelingt es ihm, taglich mit ihr
zusammenzutreffen. Die Liebe fuhrt ihn auch der Kunst in die
Arme. Um auf die Hand Lauras Anspruch macben zu konnen und sich
Kunstlerruhm zu erwerben, will der Alte dem beriihmten Maler Salvator
Rosa ein Bild und zugleich das Urheberrecht abkaufen und so
den ersten Preis gewinnen. Ravienna, der den Maler von einem Arm-
bruche geheilt hat, zeigt diesem unterdessen ein Bild der Danae,
das er nach Lauras Ziigen gemalt hat, und wird von dem uber-
raschten Rosa als KunstgenoO begriifit.
„Ob sie nun
Eurer nicht acbten, nehmt mein Wort darauf,
Ich zeig Euch bald der Welt, wie Ihr's verdient".
Auch verspricht ihm der Meister, ihm zu Lauras Hand zu
verhelfen. Rosa verkauft nun Calmari das Bild Bernardos,
indem er vorgibt, er selbst ware der Maler, und der Alte, der
sich nicht erklaren kann, wie jemand seine Nichte gesehen haben konnte,
laOt sich weismachen, daQ die Ahnlichkeit nur eine zufallige sei. Bei der
Preisverteilung wird jedoch der Zettel, der Bernardo als Maler des Bildes
nennt, zuerst gefunden. Calmari schilt in sinnloser Wut Rosa einen
Betriiger, wird aber von diesem unter Drohung, seine SchMndlichkeit zu
') Vgl. Werner Deetjen im 1. Juliheft 1913 der „Musik", S. 14ff.
*) Bekanntlich sind in einer anderen Novelle dieses Dichters in „Meister Martin
der Kufner und seine Gesellen" ebenfalls Motive vorbanden, die Wagner in den
„Meistersingern" verwertet bat.
ORNSTEIN: WAGNER, LORTZING-REGER UND DEINHARDSTEIN 87
offenbaren, zum Schweigen gebracht, muO noch gute Miene zum bosen
Spiel raachen, Laura mit Bernardo vereinigen und seinem gliicklichen
Nebenbuhler eigenhandig den Lorbeer aufs Haupt driicken.
Die Ahnlichkeit ist unverkennbar. Schalt man die Grundidee des
Lustspieles aus alien seinen Schalen und Zutaten Deinhardsteinscher
Schablone heraus, dann bleibt ein Kern, der sich mit entsprechenden
Motiven in Wagners Musikdrama vollstandig deckt. In den „Meistersingern"
vie im „Bilde der Danae" wird die Hand eines Madchens von dem Siege
bei einer Preisbewerbung abhangig gemacht; hier wie dort stebt einem
alten, ungeliebten, eitlen und lacherlichen, ja unredlichen Freier ein junger,
ersehnter gegeniiber; hier wie dort widmet sich ein unerfahrener Bewerber
aus Liebe der Kunst, die ibm die Geliebte erringen helfen soil, und die
Liebe gibt ihm beide Male die Kraft, ein Meisterwerk zu vollbringen: im
„Bild der Danae" ein Bild, das die Geliebte darstellt, in den „Meister-
singern" ein Lied, das sie verherrlicht. In beiden Stucken findet sich ein
Meister, der Anteil an dem Schicksale der Liebenden nimmt und als
Lenker der Intrige die gluckliche Losung herbeifiihrt. In beiden Stucken
— und das ist wohl die auffallendste Ubereinstimmung — erhSlt der un-
redliche Bewerber ein Werk zur Preisbewerbung aus der Hand des Meisters
und h31t diesen fur den Urheber. Als er die List bemerkt, wutet er
gegen jenen, wShrend er ein Opfer seiner eigenen Unredlichkeit ge-
worden ist.
DaC Wagner nur die Novelle Hoffmanns gekannt und benutzt haben
sollte, kann man aus dem Grunde nicht annehmen, weil gerade das ver-
suchte Plagiat und die Bestrafung des unredlichen Freiers, also die in
den „Meistersingern" vorkommenden Motive, von Deinhardstein frei er-
funden sind.
Zieht man die gewaltige Ahnlichkeit dieses Lustspieles mit der
Wagnerschen Oper in Betracht, bedenkt man ferner die schon erwahnte
grofie Belesenheit des Meisters, die iibrigens damals gar nicht notwendig
war, um die Werke eines Deinhardstein zu kennen, dann kann man es
nicht nur nicht fur ausgeschlossen halten, sondern mull es im Gegenteil
als sehr wahrscheinlich annehmen, daD Wagner das „Bild der Danae" ge-
kannt habe, und daQ Motive daraus beim Entwerfen der .Meistersinger" —
vielleicht ihm selbst unbewuOt — sich mit der Haupthandlung seines
Dramas vermengt haben.
Den Ruhm Wagners vermag eine solche Erkenntnis nicht zu ver-
dunkeln. Einzig erhaben steht sein gewaltiges Werk unerreichbar hoch
iiber seinen Vorbildern und wird Generationen uberdauern — jene haben
kaum ihre Urheber iiberlebt.
REVUE DER REVUEEN
Zum 100. Geburtstag von Robert Franz. I.
NEUE MUSIK-ZEITUNG (Stuttgart), 36. Jahrgang, Heft 18. — „Robert Franz." Von
Hans Kleemann. „. . . Durch die meisten Lieder zieht sich ein melancholischer
Unterton; oft liegt er nur wie ein zarter Hauch daruber gebreitet, auch in den
vorwiegend heiteren Geslngen fehlt er selten. Es ist jenes ,In tristitia hilaris, in
hilaritate tristis' des Giordano Bruno, das nach Schopenhauer zum Wesen hervor-
ragender Geister gebort. Es entsprach seinem Naturell, und er bevorzugte darum
die Dichter, die sich in verwandten Stimmungskreisen bewegen. Die ,SchiIflieder'
(op. 2) sind dafur recht bezeichnend. Hier begegnen sich zwei verwandte Geister,
Lenau und Franz. . . . Man kennt aber Franz nur halb, wenn man ihn nur als
den Singer der ,feierlichen, stillen, triumerischen Nacbt' (Ambros) kennt. Und
viele baben ihn nur von dieser Seite betrachtet. Daraus erkllrt sich auch zum
Teil, dafi man seinen Liedern den Vorwurf der Einseitigkeit und zu groDer Ahnlich-
keit untereinander gemacht hat. Etwas Richtiges ist ja darin entbalten. Sein Genre
ist klein, aber doch nicht so eng, wie es denen scheinen mufi, die ihn nur auf
diesem einen von ihm bevorzugten Gebiet kennen. Am originellsten und am
starksten uberzeugend ist der musikalische Ausdruck gerade in den kraftvollen
Gesangen. Das strafFe, kecke, humoristische ,Nun hat mcin Stecken gute Rast'
(op. 36, 6), das von mannlicher Kraft erfullte ,Wiedersehen' (op. 51, 8) zeigen uns
den Meister von einer im allgemeinen noch zu wenig gekannten Seite. ..." —
„Robert Franz und Franz Liszt." Von August Richard. „. . . Liszts uberzeugungs-
treues Eintreten fur Robert Franz hatte indessen die von keiner Seite beabsichtigte
und gewunschte Folge, dafi Franz gegen seinen Willen in den damals mit besonderer
Heftigkeit entbrannten Kampf der musikalischen Parteien hineingezogen wurde.
Die Anhanger der neudeutschen Schule glaubten nicht ganz ohne Berechtigung
ihn fur sich in Anspruch nchmen zu durfen, ebenso wie auch die Freunde der
Slteren Mendelssohnschen Richtung; doch war er diesen wieder zu ,modern ( , jenen
dagegen zu ,klassisch'. ,Die Historiker, die Mendelssohnianer, die Schumannianer,
die Neudeutschen — alle sitzen sie mir auf dem Dache!' so ruft er einmal ver-
zweiflungsvoll aus, und jedenfalls hat auch seine Stellung in der dffentlichen
Meinung unter diesem fortwShrenden Hin und Her nicht wenig gelitten. ..." —
„Robert Franz." Zur Cbarakteristik seiner Personlichkeit und Kunst. Von Hermann
Abert. „. . . Die Art, wie Franz . . . seine Dichtungen musikalisch wiedergibt,
verr9t nicht bloD ein Talent, sondern auch einen Charakter ersten Ranges. GewiD
kann er sich an Universalitit nicht mit Schubert, an feinem literarischen Geschmack
nicht mit J. Brahms messen. Aber die Fabigkeit, in die Seele einer Dichtung
einzudringen, eine bestimmte Situation und Stimmung so plastisch wiederzugeben,
dad der Horer sofort im Innersten gepackt wird, war ihm gegeben wie wenig
anderen. Die Franzschen Lieder tragen in ihrer uberwiegenden Mebrzabl Charakter-
kopfe, die man nicht so leicht wieder vergiOt. Gleich alien Liedererzeugnissen
ihrer Zeit bekennen auch sie sich allein schon durch ihre scharf ausgeprigte
Subjektivitat als Abkdmmlinge des romantischen Geistes. Aber sie sind zugleich
frei von den Mingeln der ganzen Bewegung, von zerflatternder Phantastik und
weichlicher Empfindsamkeit. Sie bezeugen es deutlich, dafi die Romantik auch
ihre starken Seiten hatte. Der Stern von Robert Franz* Genius strahlt am hellsten,
wenn schwere Gewitterwolken am Himmel dabinziehen, starke Leidenschaften das
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Gemut im Innersten aufwuhlen oder tiefe Schwermut ihre Schwingen ausbreitet.
Das ist das Gebiet, auf dem seine zu vulkaniscben Ausbruchen neigende Kunstler-
natur ihre reifsten Fruchte erntet; in den lichteren Reihen harmloser oder auch
fortreiBender Frohlichkeit, in denen Schubert und Schumann regierten, war sie
weit weniger zu Hause. Dieser machtige, tiefe Ernst seiner Kunst, der in grellem
Gegensatz stebt zu der lassigen, ruhrseligen Art so manches Epigonen von Franz
Schubert, hat es verursacbt, dad sie, zumal in Suddeutschland, nur langsam
popu!9r geworden ist. Heute, in den schweren Sturmen der Gegenwart, mag sie
uns niher treten denn je. Denn sie schlagt eine Saite an, die in unserem ganzen
Volke bis zum Geringsten herab nachzittert. Wohl ist auch unser Geschlecht in
die leidige Neigung langer Friedensjahre, die idealen Guter unseres Volkes als
bloBe Zierat unseres materiellen Daseins zu betrachten, fiber Gebuhr verstrickt
worden. Jetzt aber, wo es hart auf hart geht, sind auch wir dessen wieder inne
geworden, dad die Tonkunst, wie dies seit alters der Fall war, und besonders das
Lied dem Deutschen nicht bloB eine angenehme Wurze des Lebens, sondern
innerste Herzenssache ist. Unter den geistigen BannertrSgern, die unseren tapferen
Truppen voranziehen, stehen in vorderster Reihe auch unsere groQen Tonmeister.
Es bat seinen guten Grund, wenn unsere Feinde gerade sie uns mit komischem
Remuhen der Reihe nach absprechen wollen. Geboren sie doch in erster Linie
zu den Mehrern unserer nationalen Grolie. Robert Franz aber unter die Romanen
oder Slawen zu versetzen, durfte selbst dem phantasievollsten Franzosen nicht
gelingen, er bleibt in seiner wuchtigen Mannhaftigkeit und seiner alien Winkel-
zugen fremden Wahrhaftigkeit nach wie vor ein germanischer Barbar. . . ."
NEUE ZEITSCHRIFT FUR MUSIK (Leipzig), 82. Jahrgang, No. 25. — „Robert
Franz." Von Max Puttmann. „. . . Uber seine Stellung in der Kunstgeschichte
gibt uns Franz selbst aufs klarste Auskunft, wenn er in einem Briefe an Osterwald
ausfubrt, dafi die deutsche Motetten- und Organistenschule aus dem protestantischen
Choral, der wiederum auf dem geistlichen und weltlichen Volkslied basiert, hervor-
gegangen sei. Nachdem sie in Bach und Handel ihren Gipfelpunkt erreicht hat,
verschwindet sie wie in eine Versenkung, und Haydn, Mozart und Beethoven be-
grunden die profane Kunst, ,die von dem protestantischen Choral und seinem
Vater, dem altdeutschen Volksliede, so gut wie nichts mehr weili. In Schubert
und Schumann besinnt sich die Zeit wieder auf das Volkslied, in Mendelssohn auf
den protestantischen Choral — in mir endlich will sie beides zusammenfassen'.
Dazu ging Franz von der Ansicht aus, daft die Kunstform des Liedes die einzige
sei, die von den GroBmeistern nicht gehorig kultiviert worden und daher noch
nach alien Seiten hin entwicklungsfahig ware, und so kam es denn, daft er seine
Schaffenskraft fast ausschlieBlich der Liedkomposition widmete ..." — „Robert
Franzens Lieder und unsere Zeit." Von Karl Thiessen. In dem Kampf mit
geistigen Waffen gegen Lugen und Verleumdungen unserer Feinde „kann uns auch
ein Robert Franz recht wohl zu einem wertvollen Bundesgenossen werden, indem
wir auf inn als auf einen wahrlich nicht zu unterschatzenden Mitvertreter deutscher
Kunst und deutscher Art hinzeigen und unsern Feinden sowie den Neutralen sagen:
hort seine Lieder, lalit diese schlichten, einfachen, so unmittelbar aus dem Herzen
emporgestiegenen Ges9nge ohne Voreingenommenheit auf euch wirken, und ihr
werdet und mOBt fuhlen, was Reinheit und Starke deutschen Empfindens besagt.
Neben der meisterhaften und in jeder Beziehung kunstlerisch vollendeten Form
dieser Lieder ist es eben jener kerndeutsche, wahrhaftige Zug in ihnen, der alles
Hoble, Phrasenhafte und Gemachte aus dem Grunde der Seele verabscheut und
niemals mehr zu gelten sucht, als er wert ist, den wir gerade in einer Zeit wie
90 DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
der unsrigen zumal bei Robert Franz glaubten besonders betonen zu tnfissen, und der
zugleicb ein Lob in sich schliefit, wie es schdner und warmer mit wenig Worten
unserm Tondichter an solchem Gedenktage nicbt ausgesprocben werden kann."
DEUTSCHE TONKUNSTLER-ZEITUNG (Berlin), 13. Jahrgang, No. 293. —
„Robert Franz." Von Richard Wintzer. „ . . . Wer kennt nicht den Namen dieses
,Fixsterns deutscher Lyrik', wie ihn Liszt einst nannte? Naturlicb, jedem Musik-
treibenden ist der Name vertraut; ob es aber auch die Werke sind? Kaum ist
der Name unseres Liedermeisters gefallen, als auch schon die Titel der vier bis
funf oder aucb sechs seiner bekanntesten Lieder wie ein Siegel darauf gesetzt
werden: ,Die Haide ist braun', ,Er ist gekommen', ,Mein Schatz ist auf der Wander-
scbaft', ,1m Rhein, im beiligen Strome', ,Es hat die Rose sich beklagt' und allenfalls
noch ,Fur Musik' oder ,0 danke nicht fur diese Lieder'. Damit glaubt der Ktinst-
beflissene seine Pflicht einem Meister wie Robert Franz gegenuber erfullt zu haben.
Und welch einen Born edelster und tiefster Musik enthalt das Lebenswerk des
,letzten Klassikers des Liedes', dessen Schopfungen mit denen eines Schubert und
Schumann den eisernen Bestand unseres deutschen Kunstliedes darstellen! In
die grofie Zeit des grofien Krieges fallt sein bundertster Geburtstag. Jetzt, da uns
alles Deutsche doppelt am Herzen liegt, da wir gleich Tempelbesuchern zu den
Saulen aufschauen, die unser Heiligstes gegen einen feindlichen Ansturm von aufien
her rnachtvoll zu stutzen haben — jetzt ist die beste Zeit, einen Ruckblick auf
das Lebenswerk eines unserer Groflen zu werfen . . ."
DER MERKER (Wien), 6. Jahrgang, Heft 11 und 12. — „Robert Franz." Von August
Richard. Verfasser wirft am SchluB seiner Ausfiihrungen die Frage auf, „warum
man heutzutage leider nur so selten den Werken von Robert Franz begegnet.
Dies hat seinen Grund meines Erachtens wohl hauptsachlich darin: zweifellos sind
gar mancbe seiner Lieder so fein, zarte Gebilde von so innigem keuscben Reiz,
dad sie das grelle Licht, den lauten Ton unserer modernen grofien Konzertsale
nicht vertragen, dafi sie dort, scheinbar unbedeutend, ihren hohen, aber stillen
Wert nicht entfalten konnen; sie muBten deshalb als hochwillkommene Gabe einer
edlen Hausmusik mit dankbarster Freude zu begrufien sein und wurden hier erst
ihre voile und tiefe Wirkung ausstrablen. Leider aber wird im Gegensatz zu
fruheren Zeiten die Pflege einer vornehmen ,Kammermusik' im eigentlichsten
Sinne des Wortes uber dem billigen Schund der heutigen Operettenfabrikation, der
Kinematographen-Theater und ahnlicher ,Kunstinstitute' immer mehr und mehr
vernachlassigt, und neben einer solchen Gesellschaft hat freilich die Lyrik eines
Robert Franz keinen Platz. Aber auch die vielen anderen Lieder unseres Meisters,
die durch ihre melodische Schonheit und Kraft, durch ihre GroBe und den boben
Schwung eines bestimmten Eindrucks auf jedes kiinstlerisch empfangliche Publikum
im Konzertsaal sicher sind, auch sie flnden sich kaum auf den Programmen unserer
Konzertsanger und -sangerinnen, von einigen verschwindend wenigen, aber um so
ruhmlicheren Ausnahmen abgesehen. Unsere SSnger sind sich leider nur selten
ibrer unbedingten moralischen Pflicht und Schuldigkeit den scbaffenden Kunstlern
gegenuber voll und ganz bewuBt; leider singt man Winter fur Winter, Abend fur
Abend die gleichen, auf ihre auBere Wirksamkeit hin schon tausende von Malen
erprobten und bewahrten, altbekannten Lieder, obne dafi man sich nur einmal zum
Vortrag unbekannter, selten gehorter Werke entschliefien konnte. Moge unserem
musikalischen Leben bald eine durchgreifende Anderung und Besserung in dieser
Hinsicht beschieden sein: dann werden unsere Chorvereinigungen sich der . . .
Franzscben Schopfungen mit Verstandnis und Liebe annebmen, dann werden unsere
Singer aus der reichen Fiille der Franzschen Lieder die scbonsten Perlen zu flnden
REVUE DER REVUEEN 91
wissen, und der musikliebendc Dilettant wird aus ibnen fur seinen Geschmack eine
glficklicbe Auswabl treffen konnen. Damit wird dann eine alte Ehrenschuld an
Robert Franz abgetragen als schonstes Geschenk zu seinem 100. Geburtstag!"
MONATSSCHRIFT FUR SCHULGESANG (Essen), 10. Jahrgang, No. 3. -
„Robert Franz." Von Ernst Paul. „ . . . Einer der hervorragendsten Musiker seiner
Zeit, der trefflichsten Liedersanger einer, in dem Robert Scbumanns Geist lebendig
ist und der gleichzeitig Grundsatze in seinem Schaffen verwirklichte, wie sie
Wagner im Musikdrama zur Geltung brachte — so steht Robert Franz vor unserer
Seele, ein Markstein in der Geschichte unserer Kunst, ein Mann und Meister
von kerndeutscher Gesinnung, von dessen Wirken ein reicher Strom etbiscber
Kraft ausgeht als Triebmotiv zum Streben nach dem Idealen . . ." „Die Sangerwelt
von beute pflegt achtlos an Robert Franz voriiberzugehen, der zur Vertiefung
zwingt und der bei der Wiedergabe seines Liederfrfihlings den durchgebildeten,
musikaliscben Singer zur Voraussetzung bat. Das ist ein Unrecht dem bescbeidenen
und anspruchslosen Meister gegenuber, der Herrliches geschafTen, vieles, was
turmboch steht fiber den kraft- und saftlosen Rubrseligkeiten, die den Markt be-
herrscben und den Geschmack verflachen . . ."
ALLGEMEINE ZEITUNG (Berlin), 25. Juni 1915. — ..Robert Franz, der Meister
des deutscben Liedes." Von Alfred Goetze. „ . . . Mittel und Gestaltungskraft
h3tten Franz zweifellos befahigt, sich aucb auf anderen Gebieten des musikalischen
Schaffens erfolgreicb zu betatigen; wenn er sich trotzdem streng in dem engen
Rabmen der Liedform hielt, so entsprach diese weise, in ihrer Art einzig da-
stehende Selbstbeschrinkung seiner klaren Erkenntnis, daft sich nur im Liede
sein Eigenwesen zu voller GroBe und Selbstandigkeit erheben konne. Sein tiefes,
reines Kunstempftnden, sein geradezu unerschopfliches Vermogen an Gedanken
und Stimmungswerten bewahrte ihn dabei vor der nabeliegenden Gefahr, vor der
Schumann den Mitstrebenden gelegentlich der vollanerkennenden Besprecbung
seines ersten Liederheftes warnen zu miissen glaubte, nSmlich, sich durch den
Erfolg auf dem kleinen Gebiet nicht zur Einseitigkeit und Manier verleiten zu
lassen. Klar fiber den Weg und das Ziel schuf er unbekummert um Schule und
Partei den Schatz seiner Lieder, die in dem Idealismus, in dem durchdringenden
Ernst der Textauffassung, der goldklaren Reinheit des melodischen Edelgehalts
und der charaktervollen Stimmung den Hohepunkt des deutscben Kunstliedes nach
Schubert bezeichnen. Wohl sind auch bei Franz Einflusse seiner Zeitgenossen
Schumann, Mendelssohn und Chopin nachweisbar, aber diese Einflusse erstreckten
sich nur auf AuBerlichkeiten der Gestaltung; in seinem Innenwesen, seinem
Stimmungsgehalt und seinem Empflndungswert steilt sich das Franzsche Lied als
ein in sich geschlossenes Eigengebilde dar, das durch die Verschmelzung des
Klassizismus und der Romantik und die unvergleicbliche Kunst einer an Bach
gemahnenden kontrapunktischen Setzweise eine scharf ausgepragte Charakter-
pbysiognomie erhait, die jeden Vergleich mit anderen Erzeugnissen der deutscben
Liederliteratur ausschlieftt und ibm seine musikgeschichtliche Bedeutung als
Kunstwerk verburgt. Das zuverlSssige Fundament, auf dem sich das Franzsche
Kunstlied aufbaut, bilden die alten Kirchenlieder und die protestantiscben Chorale,
die bier zum ersten Male zu einem organischen Ganzen vereint sind. Sie sind
die Keime, aus denen, auf dem Mutterboden des Kunstempfindens Bacbs und
HSndels und gespeist von den starken Wurzeln der deutscben Volksweisen, der
herrliche kraftstrotzende Baum der Franzscben Liedkunst emporwucbs, in der sich
zweifellos die musikaliscbe Lyrik am reinsten und tiefsten ausdrfickt . . ."
Willy Renz
ScbJluQ folgt
BESPRECHUNGEN
BUCHER
279. Otto Besch : Engelbert Humperdinck.
Mit acht Abbildungen und zwei Faksimiles.
Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig 1914.
(Geh. Mk. 4.—.)
Humperdincks 60. Geburtstag, 1. September
1914, ist in dem Getiimmel des gerade einen
Monat zuvor ausgebrochenen Weltkrieges wenig
beachtet voriibergegangen, und so wird auch die
vorliegende liebevolle Schrift, die als Festgabe
zu jenem Tage gedacht war, wohl zu rechter
Wurdigung auf friedlichere Tage warten mussen.
Immerhin haben wir inzwischen wieder eher
Mufle gefunden zu kunstlerischem Schauen als
in jenen wildbewegten Herbsttagen, und so
lassen wir gerne einen Ruckblick auf das gleicb
einem Marchenschicksal voriiberziehende Hum-
perdincksche Leben uns gefallen. Der Verfasser,
dem weniger der iiberbescheidene, nur ungern
von sich redende Meister selbst als dessen
klug waltende Gattin und — fur die Jugendjahre
— Frau Adelheide Wette, die Schwester und
Dichterin, Material geliefert haben (neben
Mannern wie Blech, Kienzl und Richard StrauB),
bemuht sich, Leben und Werke des von ihm
geliebten Meisters moglichst objektiv zu schil-
dern, gerat aber dabei leider allzu oft in Weit-
schweiflgkeiten und poetisch sein sollende, doch
mehr jugendlich-pennalerhaft anmutende Dar-
stellungen, die den Genufl der Schrift mitunter
stark beeintrachtigen. Von den 195 Seiten des
Biichleins sind so reichlich 95 zu viel, und eine
straffere Zusammenfassung des iiberreichen
Stoffes ware fur eine spatere Auflage sehr zu
empfehlen.
Manch unbekannten interessanten Zug aus
Humperdincks wechselvollem Leben erfahren
wir hier zum ersten Male. Bemerkenswert ist
vor allem Richard Wagners Meinung iiber
die Etymologie des Namens, den Wagner auf
Humbert, Hubert, Hugibert oder Hugbrecht
(„geistesberuhmt") und die patronymische
SchluBsilbe M ing" zuruckfiihrte, so dad die
rechte Schreibart eigentlich „Humberting" und
die Bedeutung „Sohn des Humbert" ware. Die
Vorfahren stammen aus Westfalen, wo der
Richter Anton Humperdinck um 1720 in Vreden
als erster nachweisbarer Ahn auftritt. Besonders
merkwiirdig ist, daft Humperdinck, dessen vater-
licher Stamm urgermanisch ist, von seinem
Grofivater mutterlicherseits bohmisches Musi-
kantenblut in den Adern hat (das Bild dieses
Urahns sah ich in Humperdincks Villa zu
Wannsee), und daft eine seiner Ahnen, die
Frau des genannten Richters, als eine geborene
Riccius italienischen Stammes ist, der sich von
Pietro Riccio, dem Vater zweier romischer
Kardinale des 16. Jahrhunderts, herleiten IaBt.
Interessant sind auch Humperdincks Be-
ziehungen zu Richard Wagner und Bayreuth,
denen er ja auch spaterhin als Lehrer Siegfried
Wagners verbunden blieb. Humperdinck, ein
keeker, junger Musiker, erfuhr wahrend seines
Aufenthalts in Italien, daft Wagner zu Neapel
im Winter 1879/80 in der Villa d'Angri am
„Parsifal" arbeitete und schickte ihm kurzer-
hand seine Visitenkarte mit dem Zusatz „Mit-
fflied de° flrHpnc vnm rjrnl* 4 Wflmpr r!pr ffir
niemanden sonst zu sprechen war, wurde doch
neugierig, wie der fahrende Gralsritter aussehe,
und warb den „reinen Tor" sofort als Heifer
zur Reinschrift des .Parsifal". Bald gehdrte er
nun zu den Intimen des Hauses, und als die
Urauffuhrung des Buhnenweihfestspieles vor-
bereitet wurde, durfte auch Humperdinck nicht
fehlen. „Bald fand ich heraus," schrieb splter
der junge Musiker, „daB das Farbenreiben keine
uble Beschaftigung fur mich sei, und gerne be-
kenne ich, in den wenigen Bayreuther Winter-
monaten mehr erfahren, begriffen und gelernt
zu haben, als mancher andere vielleicht in eben-
soviel Konservatoriumsjahren". MerkwQrdig
und fur die Erfahrungen, die alle Produktiven
(Cornelius!) mit Wagner machten, ist, daB
Humperdincks fruhere Schaffenslust trotz der
personlichen Aufforderung Wagners damals
vollstandig versiegte: in des Gewaltigen Nahe
zu komponieren, kam dem jungen Adepten wohl
als Blasphemie vor. Wie eine Ironie des Schick-
sals klang es da, daft Humperdinck wihrend
seines Bayreuther Aufenthalts den — Meyerbeer-
preis erhielt. Er furchtete erst, mit dieser Kunde
den Meister in schlechte Laune zu versetzen,
doch dieser sagte mit gewohntem Humor:
„Non olet, non olet; Sie sehen, es gibt noch
Richter in Berlin!"
Nach lehrreichen Wanderjahren in Rom,
Paris, Venedig (wo er mit Wagner noch einmal
kurz vor dessen Tode zusammentraf), Spanien,
zuruckgekehrt in Koln und — Essen (wo er bei
Krupp im Friihjahr 1885 eine Stellung als
musikalischer Hauslehrer innehatte), zog er
nach Barcelona ans Konservatorium, eine Lehr-
stellung, die er sparer mit der gleichen in Koln,
dann nach Iangerer Krankheit mit einer anders-
artigen im Verlagshause B. Schotts Sohne in
Mainz vertauschte. Kurz vor seiner Verheira-
tung siedelte Humperdinck nach Frankfurt uber,
wo er Lehrer am Hochschen Konservatorium
und Opernreferent der Frankfurter Zeitung
wurde. Der grofte Erfolg von „Hansel und
Gretel" veranlaftte ihn dann, diese Stellungen auf-
zugeben. Uber die Entstehungsgeschichte dieses
seines beruhmten Werkes finden wir hier eine
Reihe von dokumentarischen Angaben,die der Bio-
graphiebesonderen Wertverleihen. Interessantist
z. B. die Feststellung, daft fast alle musikalischen
Autoritaten, selbst die ihm am meisten befreun-
deten, denen Humperdinck sein vollendetes
Werk am Klavier vorfuhrte, ihm Opposition
machten. Erst Richard StrauB, damals Hof-
kapellmeister in Weimar, nannte die Oper ein
„Meisterwerk erster Gute"; „das ist wieder seit
langer Zeit etwas, was mir imponiert hat"; er
nahm sie sofort an. Gleichzeitig erwarb sie
auch Hermann Levi fur Munchen, wo die Ur-
auffuhrung stattfinden sollte. Infolge einer Er-
krankung kam jedoch Munchen um diese Ehre.
DaB das Werk als Weihnachtsnacbmittagsvor-
stellung (am 23. Dezember 1893) in Weimar
zur Erstauffuhrung kam, weil der Intendant
meinte, so was sei doch nur fur Kinder, ist
eine (iibrigens von Besch nicht erwahnte)
Sonderbarkeit im Schicksal dieses Werkes.
Die Aufnahme war zunachst weder in Weimar
noch in Munchen sehr uberschwenglich; erst
im T hiiFa Hat 7#»it cfolltA ctrV^ der UbeTWftl-
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
93
tigende Erfolg ein. Besonders bemerkenswert
1st, daft bei der Dessauer Auffubrung Frau
Cosima Wagner die Regie hatte. Frau
Wagner futarte mebrere szenische Neuerungen
ein, von denen sich der Hexenritt durcb die
Luft im dritten Bilde allgemein durchgesetzt
bat. Dafi Humperdincks Meisterwerk in nicht
weniger als elf Sprachen im Druck erschien,
verdient ebenfalls hervorgehoben zu werden.
Ober sein ferneres Leben und seine sym-
patbiscben menschlichen Eigenschaften be-
richten weitere Kapitel allerlei Lustiges und
Ernstes. Zum ersten darf man es wohl rechnen,
wenn Humperdinck in einem Briefe an Schillings
scbreibt: „Als ich noch jung war und eines
schonen Tages entdeckte, dad icb komponieren
konnte, dachte ich sofort an Mozart, spater be-
gnugte ich mich mit Haydn und entsehloft mich
endlich, wenn auch schweren Herzens dazu, es
Schubert gleich zu tun, bis ich zu allerletzt
bei — Lortzing anlangte. Nachdem ich auch
diese Hoffnung aufgegeben, plagt mich seit
einiger Zeit der Ehrgeiz, ein zweiter Schillings
zu werden (womit ubrigens kein Rangverhaltnis
zu Lortzing ausgedriickt werden soil)." Diesen
Brief bezeichnet Besch als „riihrendes Doku-
ment von Humperdincks Bescheidenbeit". —
Wenige Seiten sp&ter schreibt Besch: „Eine
schwere Lungenentzundung bracbte Humper-
dinck in die Nahe des Todes. In seinen Fieber-
phantasieen redete er viel von Schillings' ,Pfeifer-
tag', dessen Klavierauszug ihn kurz vorher
beschaftigt batte. Er rezitierte Stellen aus dem
Text und sang Motive aus der Musik. Trotz
der Schwere des Anfalls gesundete er und
bewies von neuem, daft seine korperliche Kon-
stitution im Grunde eine zahe und widerstands-
krSftige ist."
Aus der Berliner Lehrtatigkeit Humperdincks
interessiert vor allem, daft der Meister seinen
Schulern stets den Rat weiser Okonomie erteilt,
speziell auf dem Gebiet der Instrumentation.
Den zweiten Teil des Werkes, eine eingehende
Analyse der Humperdinckschen Werke, kann
ich trotz mancher treffenden Bemerkungen als
Ganzes nur fur weniger gelungen erklarcn.
Dankenswert ist ein Anhang mit der Zusammen-
stellung der Humperdinck-Literatur, doch sei es
mir gestattet, darauf hinzuweisen, daft darin
meine ausfuhrliche Analyse der „Heirat wider
Willen" (in Schlesingers Opernfuhrer No. Ill)
fehlt, eine Tatsache, die ich nur deshalb er-
wahne, weil Humperdinck meine Arbeit vor
Drucklegung durchgesehen, sehr warm begut-
achtet und mit einigen Erganzungen versehen
bat, so daft sie wohl als autbentiscb gelten darf.
— Ein Register und mehrere gute Abbildungen
erhohen den Wert des Biichleins, dessen sym-
pathische Gesinnung nur leider nicht immer
den rechten Ausdruck findet und gelegentlich
etwas bilflos im uberreichen Stoff versinkt.
Dr. Edgar Istel
MUSIKALIEN
280. Robert Lutz: „Ein deutscher Hoch-
gesang." Hephaestos-Verlag, Hamburg.
Auch dieser Versuch, der Konigshymne
»Heil dir im Siegerkranz" zu einer neuen Weise
zu verhelfen, durfte nicht der euten Absicht
entsprecben. Denn ist die Lutzscbe Melodie
auch anfangs sangbar und ohrenfallig, so wird
sie in ihrem Miltelteil durchaus gekunstelt und
unvolksrnaftig, was durch den harten und be-
fremdenden harmonischen Ruck von A-dur nach
F-dur unwiderleglich dargetan wird. Man muB
nach all den vergeblichen Versuchen nun bald
an dem Gelingen der scheinbar so leichten
Aufgabe verzweifeln. Und dennoch: im rechten
Augenblick wird auch das rechte Kaiserlied
da sein.
281. Robert Garbe: „Jungs, holt fast,"
Oole un nei'e Kriegs- un Suldaten-
lieder. Verlag: Eugen Diederichs, Jena.
(Mk. —.25.)
Unter den 22 Liedern dieses plattdeutschen
Heftes findet sich Neues und Altes. Die
Miscbung ist gliicklich und die Auswahl sorg-
faltig. Es ist sehr viel Gutes in dem dunnen
Heftchen (Landstorm, Hanseatenlied, De SoBun-
sawntiger u. a.), und das Beste ist die urwuchsige,
oft mit derbem Humor gepaarte Kraft, die aus den
niederdeutschen Worten und Weisen uns anweht.
282. ..Musketier' seins lust'ge Brftder."
Alte Hebe Soldatenlieder. Herausgegeben
von Fritz J ode. Verlag: Eugen Diederichs,
Jena. (Mk. —.25.)
In dieser unstreitig verdienstvollen Sammlung
sind 28 alte Lieder kriegerischen Inhalts mit
einstimmiger Melodie zusammengetragen, aber
all diese Gesange sind in Wort und Weise
jung geblieben, sind gleichsam wabrhafte Volks-
lieder ohne erkunstelten Schwung und weiner-
liche SentimentalitSt. Deutsche Schwertfreude
klingt aus ihnen heraus, darum darf man dieser
Sammlung gern weiteste Verbreitung und sinn-
gemafte Fortsetzung wunscben.
283. Richard Zoozmann: ,Wenn wir mar-
schieren." 16 Armeemarsche mit
neuen Texten. Verlag: Chr. Friedrich
Vieweg, Berlin-Lichterfelde. (Preis geheftet
Mk. —.50.)
Es ist immer eine bedenkliche Sache, fertigen
Melodieen Worte unterzulegen, zumal wenn diese
Weisen so bekannt sind wie die der bier aus-
gewahlten Armeemarsche, von denen ubrigens
einige bereits ihre in Heer undVolk eingefuhrten
Worte besitzen (z. B. der Dessauer, der Torgauer
Marsch u. a.). Man wird, da die Grundstimmung
bei alien Marscbtexten naturgemaft die gleiche
sein muft, billigerweise keine dichterisch voll-
wertigen Leistungen erwarten durfen. Was Zooz-
mann hier an Textworten bietet, ist aber wenigstens
meist ungekiinstelt und leicht faftlicb, wenn auch
nicht gerade volksmaftig. Das Heftcben, das
von A. Kumm fur zweistimmigen Gesang ein-
gerichtet und von Hans Schmid-Kaiser mit einer
leichten Lautenbegleitung sowie einer Anleitung
zum Lautenspiel und Grifftabelle versehen ist,
wird vielleicht geeignet sein, bei den Ubungs-
marschen unsererjugendwehren besonders wert-
volle Dienste zu leisten.
284. „Ich weiB eiuen Lindenbaum stehen."
Neue Kriegslieder. Verlag: Eugen
Diederichs, Jena. (Mk. — .25.)
An dichterischem und musikalischem Wert
kann diese Sammlung mit den im selben Verlag
erscbienenen alten lieben Soldatenliedern keinen
Vergleich aushalten. Es fehlt diesen neuen
Gedichten meist das Unmittelbare. die grofte,
94
DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
starke, scblichte Empflndung, und dieser Mangel
fibertragt sich auch auf die Melodieen. Und
selbst wo im Gedicht einmal ein echter Natur-
ton klingt, wie in Kurt Weihmanns „Kameraden-
grufl" kommt die Weise nicht fiber das Alltag-
licbe binaus. DaU von dem Inhale vieles auch
spSter lebensfahig sein wird, bczweiflc ich sebr.
Aber als Dokument der Gegenwart ist auch
diese Sammlung sicherlich von Wert.
285. Fr. VoB: „Frischauf, Soldatenblut".
Alte und neue Soldatenlieder, zwei-
stimmig gesetzt. Verlag : Chr. Friedrich
Vieweg, Berlin-Lichterfelde.
Dieses handliche und gut ausgestattete Buch-
lein hat den Vorzug, dafi es nicht sowohl den
Tageserzeugnissen der Gegenwart Aufnahme
gewahrt hat, als vielmehr den meistgesungenen
Vaterlandsliedern und den alteren, im Heere
noch lebendigen Soldatenliedern, die zum Teii
eine geschickte Umdichtung erfahren haben.
Dafi auch „Ein' feste Burg" und „Nun danket
alle Gott" in dem Heft enthalten sind, kenn-
zeichnet den Standpunkt des Herausgebers
ebenso wie die Stimmung unseres Heeres, dem
das Liederbuch gewifi willkommen sein wird.
286. Patriotische Einblattdrucke. Musik-
verlag Fritz Baselt (Th. Henkel), Frank-
furt a. M.
Vier neue Stucke dieser Liederfolge liegen
mir heute vor. „Wenn die Landwehr kommt"
von Karl Fr. Appel ist ein schlichtes, kraftiges,
in der Erfindung hiibsches Marscblied, das durch
die festen Basse gleichsam den Gleichtritt
markiert. „Botscbaft" von J. Lapple darf als
ein balladenbaftes Tonstuck von reicher Bewe-
gung und lebendigem Ausdruck aufrichtig gelobt
werden. „Reiters Abschied" von Chr. Gerhard
Eckel erhebt sich in Erfindung und Ausdruck
zweifellos fiber die Durchschnittserzeugnisse und
„Unsere Helden" von Emil Sulzbach verdient
Beachtung als ein Tonstuck von breiterer,
bymnenartiger Anlage, das uberdies in Erfindung
und Ausffihrung den begabten und tuchtigen
Musiker verrat. Jedenfalls sind die vier an-
spruchslosen Einblattdrucke musikalisch beacht-
licher als viele in glanzenderem Gewande auf-
tretende Veroffentlichungen.
287. P. Sippel: „Die neuen Landsknecht'",
„Zwischen See und Surapf", „Der rote
Mohn". Jos. C. Hubers Verlag, Diessen
vor Munchen. (je Mk. — .60.)
Drei Einzelgesange, die den landlaufigen
Durchschnitt nicht fiberragen, aber sicherlich
nicht nur gut gemeint, sondern auch gut zu
singen und leicbt zu spielen sind. „Der rote
Mohn" ubertrifFt die beiden anderen Stucke
an Eindringlicbkeit der Stimmung, wahrend
„Zwischen See und Sumpf" dichterisch und
musikalisch am wenigsten gelungen ist.
F. A. Geifiler
288. Heinrich G. Noren: Divertimento fur
zwei Violinen und Klavier. op. 42.
(Mk. 6.— .) Notturno und Capriccio
fttrVioline mit Klavier. op. 43. (Mk.3.— .)
Sonate fur Cello und Klavier. op. 47.
(Mk. 7.50.) Verlag: Musikverlag Eos, Berlin.
Sicherlich gehort Noren zu den eigenartigsten
Personlichkeiten unter den heute lebenden Ton-
setzern. Werke wie seine Violinsuite op. 16
und vor alleni seine „Kaleidoskop" genannten
Orchestervariationen, die merkwurdig rasch ganz
unverdientermaCen dem GedSchtnis unserer
Dirigenten entfallen sind, glucken nur Aus-
erwahlten. Und doch vermag ich bei aller An-
erkennung der geistreicben Tonspracbe Norens
mich fur manche seiner Werke nicht so zu er-
warmen, wie ich wunschte; das Herz geht zu
leer aus, die eigentliche Erfindung ist oft zu
sehr nur auf autterliche Wirkung berechnet,
entstammt kaum einer aus warmem Herzen
schSpfenden Kraft. Auch in der Harmonik
Norens macht sich nur gar zu oft das Bestreben
geltend, nur ja nicht in althergebracbten Bahnen
zu wandeln; dem Oh re werden gar zu viel neue
Anreizungen geboten, so dafi es scblieOIicb fiber-
sattigt wird und sicb nach Einfachbeit sehnt.
Am glficklichsten ist wobl Noren, wenn er sich
seiner sfidslawischen Heimat erinnert, obne zu-
gleich die harmonischen Errungenschaften der
Neufranzosen auf sich einwirken zu lassen.
Auch in seiner Rhytbmik folgt er gern den
eigentumlichen Gepfiogenheiten der Sudslawen,
besonders in ihren VolkstSnzen. Von den vor-
liegenden drei Werken erscheint mir das Di-
vertimento eine Bereicberung der vorbandenen
Literatur zu sein. In der ganzen Anlage (man
vgl. besonders den ersten Satz und den Anfang
sowie den Mittelsatz des Intermezzos) ist es
unstreitig beeinfluflt von Sindings erster Serenade
ffir zwei Violinen und Klavier. Es beginnt mit
einem kraftvollen Priludium, in dem die Stimm-
ffihrung nicht alltaglich, das feurige zweite
Thema besonders wirkungsvoll ist. Voll eigen-
artigen Reizes ist das Scherzo, dessen Thematik
glucklich erfunden ist; besonders schon ist der
mit D-dur beginnende Mittelsatz. Melodisch
hervorragend ist das Intermezzo, aber der Zusatz
„Im Volkston" trifft kaum zu. In klanglicher
Hinsicht ist dieser Satz, der ubrigens an die
Tecbnik der Ausffihrenden weit geringere An-
sprfiche als die fibrigen stellt, ganz hervorragend
ausgefallen. Hochst wirkungsvoll ist das tanz-
artig mit einer Dudelsackmelodie beginnende
Finale in Rondoform; in seinem A-dur Teil bringt
es eine auch trefflichst gesetzte Melodie, deren
Schonheit sich niemand entziehen durfte. In
dem ganzen Divertimento fiberwiegen die Vor-
zfige so sehr, dafi ich es tuchtigen Geigern zum
hauslichen Musizieren, aber auch zum offent-
lichen Vortrag aufs warmste empfeblen kann.
Wer vollig konzertreif ist, der greife auch zu
dem „Notturno", in dem die Nacbtstimmung
aufs wundervollste getrofTen ist; hingegen bin
ich von der Wirkung des Capriccio, einer Art
Perpetuum mobile, nicht so ganz uberzeugt,
wenngleich es sicherlich eine geistvolle Etude ist.
Am wenigsten kann ich mich mit der Violon-
ccll-Sonate befreunden, die icb ubrigens
in erstklassiger Ausfuhrung gehort habe. Ganz
abgeseben davon, dafi es Noren ebensowenig
wie fast alien seinen Vorgangern auf diesem
Gebiet gelungen ist, das Streicbinstrument in
einen aussicbtsvollen Kampf mit dem modernen
Konzertflugel zu schicken, ist alles in dieser
Sonate gar zu gesucbt; natfirlich fehlt es nicbt
an gelegentlichen feinen melodiscben Einfallen
und aucb an grofizfigigen kraftvollen Gedanken,
aber sie versebwinden gar zu sehr im Gestrupp;
am ertraglichsten ist noch das Intermezzo.
Wilhelm Altmann
KRITIK
OPER
DERLIN: Widerspruch zwischen Schauspiel
" und Oper: dort hatte die Not des Weltkrieges
den Blick in die deutsche Vorzeit zuruckwenden
und aus Iiterariscben Rumpelkammem allerlei
herausholen Iassen. Die Oper aber war bei
uns von dieser Sehnsucht nach Ausgrabungen
freigeblieben. Wohl deshalb, weil das Kuriose
bier zugleich das Kostspielige bedeutet und hohere
Opfer fordert. Und gerade beute mochte man
auf das Kassenstuck nicht verzicbten. Alle, die
jetzt nach einem deutschen Spielplan rufen,
rechnen nicht mit den realen Ansprucben der
Opernbubne, die mit den idealen besonders
schwer zu vereinen sind. Zumal in der Welt-
stadt, die den Instinkt fur das Wirksame im
hochsten Made besitzt. Seitdem in Cbarlotten-
burg ein Deutscbes Opernhaus besteht, das
groDstidtiscb und provinziell zugleich ist, er-
offnen sich den Stiefkindern der Opernbubne
grofiere Moglichkeiten. Denn hier rubt auch der
GenuB auf dem kategorischen Imperativ. Wo
blieben wir in dieser Zeit ohne die Tatkraft
dieser Buhne, die alien Schwierigkeiten trotzt
und sicb dafiir nicht nur durch Beifall, auch
durch Zuspruch so belobnt sieht, daft sie selbst
der Hundstagshitze die Teilnabme fur die Oper
abringen, im Sommer durcbspielen wird. Im
Opernhause dagegen schlaft man den Schlaf
des Ungerecbten. (Sollte es nicht Albdruck
sein?) Auch in Charlottenburg war man ubrigens
vorsichtig. Zwischen Wagner und Mozart, der
jungst erst durch eine annehmbare „Figaro"-
Auffuhrung erneuert wurde, gedieh nur wenig
Mittelhohes. Doch besann sicb Direktor H art-
man n auf Marschners „Hans Heiling", an
dem unsere Altvordern nicht nur die Musik
priesen, sondern auch das Gruseln lernten.
Wie grausam scheidet die Gescbichte zwischen
Brauchbarem und Unbrauchbarem, zwischen
Talent und Genie! Dieser „Hans Heiling", der
zwischen Weber und Wagner hochgeachtet lcbte,
bat fur jeden mit ungetrubten, vorurteilslosen
Sinnen Aufnehmenden heute nur noch den Reiz
eines Werkes, in dem die Keime des Grofieren
unentwickelt liegen. Eine Mischung von Damonie
und SpieQbiirgertum, die den hochsten Auf-
schwung hindert. Daft der Kapellmeister Richard
Wagner hier Edelmetall fur eigene dustere
Stimmungen aufzuspuren wuftte, empflndcn wir
von Anbeginn; aber auch, daft der „Fliegende
Hollander", dem hier im Gerust, in der beherr-
schenden Person, ja, in Melismen vorgebaut
wird, uns den Geschmack am Mittelmaft ent-
gGItig verdorben hat. Mag sein, daft das Mift-
geschick einer Unpaftlichkeit, das den Haupt-
darsteller Werner En gel traf und zum be-
deutungsvollen Markieren zwang, dem Eindruck
im Wege stand; die Lauwarme ware auch unter
einem gunstigeren Stern nicht gewichen. (Herr
Re i singer aus Dessau fand sich redlich mit
dem Rest der Heilingpartie ab.) Sonst batten
wir nicht zu klagen. Morikes Taktstock sorgte
fur die nStige Sicherheit, die Chore irrten zwar
oft von der Linie ab und blieben im Geisterreich
unbeweglicber, als eine bedachtsame Regie
(Lagenpuscb) es hatte gestatten sollen; aber
die Kunst-Natur hatte etwas Walkurenbaftes
(in Charlottenburger Art). Henriette Gottlieb,
von Geblut Kunstlerin, fand fur die Mutter
des Zwitterwesens den vollen, glaubhaften Aus-
druck; Maria Schneider als Anna versuchte
ihre Soubrettenhaftigkeit zu beseelen, liell uns
aber diesen Versuch mit peinlichen Schreitonen
und Uberintonation biiften. Frisch dagegen gab
ihr Partner Paul Hansen den Brautigam;
Schwiegermutter Gertrud, die in der Sturmszene
Bedeutung gewinnt, erhielt von Frau Marck-
Liiders Biederkeit und Einfalt, die Dalandsche
Freude an Kostbarkeiten nicht ausschliefien.
Josef Plaut und Helmut Berndsen forderten
die Heiterkeit, fur die Marscbner eine noch heute
klingende Note zur Verfugung stand. Mag also
„Hans Heiling" keine Wiedergeburt im eigent-
lichen Sinne feiern, so doch eine halbe Ehren-
rettung, die sich, mit starken Kraften gestiitzt,
wahrend der Kriegszeit behaupten kann.
Adolf Weifimann
l/'OLN: Das Opernhaus hat in der ersten Mai-
**■ woche Verdi's grofie Oper „Der Maskenball"
erneut in den Spielplan aufgenommen und damit
einen sehr schonen Erfolg erzielt. Die Auf-
fiihrung erfreute zunachst vermoge der durch
Gustav Brechers liebevolle und feinsinnige
Ausdeutung der Partitur vermittelten, von Wohl-
laut erfullten und in jedem Moment voile
Charakteristik entfaltenden farbenreichen Or-
chesterdarbietung. Eine gesangsdramatisch wert-
rolle Leistung bot als Amelia Sofie Wolf, als
Graf Richard lieft Carl Schroder Verdi's
hiibschen Kantilenen viel klanglichen Reiz und
daneben die wiinschenswerte Gescbmeidigkeit
angedeihen, wahrend Julius vom Scheidts
Renato eine nicht minder darstellenscn wie
gesanglich sehr edle Gestaltung war und die
Wahrsagerin Ulrica in Katharina Rohr eine
lebhaft interessierende, weil in der Eigenart der
Buhnenflgur nach jeder Richtung mit vielem
Geschick aufgehende Vertreterin hatte. Noch
sei der treffliche Page Marie Finks erwahnt. —
In Wagners „Walkiire" schnitt der soeben von
Zurich nach Hannover verpfiichtete Baritonist
Max K rau ft mit seinem als Aushilfsgast in das
Kolner Ensemble gestellten Wotan, der sich
durch ein imposantes Organ und zielbewuftte
Deklamation empfabl, recht vorteilhaft ab. Mit
der Briinnhilde lieft Marie Ponsgen, deren Dar-
bietung vom rein kiinstlerischen Standpunkte aus
noch nicht recht zu befriedigen vermochte, zum
mindesten stimmlich sehr Schones beobachten,
dann zeichnete sich neben dem wie fruher
riihmlichen Siegmund Modest Menzinsky's
und der eindrucksvollen Sieglinde Sofie Wolfs
die Fricka von Berta Grimm-Mittelmann als
eine aus weitreichenden naturlichen und kiinst-
lerischen Mitteln schopfende musikdramatische
Gestaltung besonders aus. Hier wie bald nach-
her in „Tristan" schuf Brecher mit dem Or-
chester Erstklassiges, indes als Inbaber von
Tristan und Kurwenal, Isolde und Brangane
Modest Menzinsky, Tilmann Liszewsky,
Alice Guszalewicz und Katharina Rohr der
szenischen Durchfuhrung des Werkes von vorn-
herein einen vornehmen kiinstlerischen Rang
sicherten. — Der geniale Katalonier Joan Man en
durfte nicht nur als einer der besten Geiger,
sondern auch als stark eigenartiger und sehr
98
DIE MUSIK XIV. 20: 2.JULIHEFT 1915
ausdrucks- und gestaltungskriftiger Komponist
freudig begruGt nach Koln zuruckkebren, wo
er in beiden Eigenschaften vor etlichen Jahren
begeisterte Erfolge erzielt hat. Man erneuerte
jetzt mit verjflngtem und beifalligstem Interesse
die Bekanntschaft seines vieraktigen musika-
lischen Dramas „Actea". Unter der sehr tuch-
tigen Leitung Franz WeiBleders nahm die
Auffuhrung mit bereits genannten Solisten im
Rahmen der fruher beschafften glanzenden Aus-
stattung einen recht schonen Verlauf. Das
scbone Werk fand wieder eine auQerordentlich
warme Aufnahme. — Noch sei erwShnt, daB in
Nicolais „Lustigen Weibern", denen eine vor-
treffliche Auffuhrung beschieden war, Marie
Fink als darstellerisch wie gesanglich ganz
charmante, alles elektrisierende Frau Fluth einen
Sondererfolg zu verzeichnen hatte, daB die Ein-
nahme einer mit patriotischen Zutaten ergSnzten
Auffuhrung von Goldmarks „K6nigin von Saba"
fur die im Rheinlande ansassigen Hinterbliebenen
der im Kriege gefallenen Osterreicher und
Ungarn bestimmt war, und daft die ausnahms-
weise bis Ende Juni ausgedehnte Spielzeit mit
einer guten „Meistersinger"-Wiedergabe ihren
AbschluB fand. Paul Hiller
KONZERT
BERLIN: In der Garnisonkirche veranstaltete
Johannes Messchaert unter Mitwirkung
Bernhard Irrgangs einen Bach-Abend. Er ent-
schadigte die vielen Verehrer des Meistersangers
vollauf fur die verschiedenen Absagen, zu denen
er sich im Laufe des Winters leider genotigt
gesehen hatte. Messchaert bot sechs Arien aus
Kantaten, im Vollbesitz seiner Gesangskunst,
der die Zeit nichts anzuhaben scheint, und mit
jener seeliscben Kraft des Ausdrucks, jener
iiberzeugenden Innerlichkeit des Vortrags, die
etwas Priesterliches an sich bat. Es war eine
erhebendemusikalischeKriegsandacht.ergreifend
und trostend zugleich. An dem unvergeBIichen
Eindruck des Abends hatte die Begleitung Bern-
hard Irrgangs vollen Anteil. Er erwies sich
auch in einigen Solowerken (u. a. PrSludium und
Fuge c-moll, einem lieblichen Pastorale und
zwei Choratvorspielen) als ein Meister seines
koniglicben Instruments. Willy Renz
pvESSAU: Von den im hiesigen Konzertleben
*-* sonst eine hochbedeutsame Rolle spielenden
Hofkapellkonzerten horten wir in diesem
Winter eigentlich nur deren zwei, die darum
aber von dem kunstverstindigen Publikum mit
um so lebhafterer Freude begruQt wurden. Als
Solisten erschienen Clare Dux von der Berliner
Hofoper, Konzertmeister Georg Otto-Dessau
und die fur die Zukunft noch viel versprechende
junge Munchener Geigerin Eva Bernstein.
Starken Zuspruchs erfreuten sich die „Vater-
lindischen Abende" durch ihre auBerst ab-
wechslungsreichen, sehr volkstumlich gebaltenen
Programme. Solcher Abende wurden unter
Generalmusikdirektor Mikoreys Leitung deren
acht dargeboten. Dazu traten dann zu be-
stimmten wohltatigen Zwecken mehrere andere
Konzerte, die teils von der Hofkapelle, teils von
solistischen Kraften veranstaltet wurden. Keine
Einscbrankung erfuhren in dem verfiossenen
Konzertwinter die Kammermusik-Abende
der Herren Mikorey, Otto, Wenzel, Weise und
Matthiae. Belebt wurden diese Abende mehr-
fach durch Hinzuziehung anderer lnstrumental-
kunstler fur Waldborn, Klarinette usw., so daB
auch Kammermusikwerke anderer Gattung zum
Vortrag gelangen konnten. Im ubrigen nannten
I die Programme die Namen Mozart, Beethoven,
! Schubert, Weber, Schumann, Brahms, Volkmann,
I Smetana und Dvorak. Bedeutsame Hohepunkte
bildeten zwei Kirchenkonzerte, die Franz Mikorey
mit der Singakademie, dem Hoftheatercbor, der
Hofkapelle und erlesenen Solokrlften in der
Jobanniskirche auffuhrte. Das erste fullte in
ganz hervorragender Wiedergabe Josef Reiters
„Requiem", wahrend im zweiten die Emmaus-
Kantate und die Solokantate „Schlage doch, ge-
wunschte Stunde" fur Alt, beide von Bach, Franz
Mikoreys „Gebet" (Herr, schicke, was du willt),
Liszts „MarienstrauBlein zum Maimonat" und
desselben Meisters erhebender „XIII. Psalm"
in echt kunstlerischer Gediegenheit zu GehSr
gebracht wurden. Ernst Hamann
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
Unsere Leser erinnem sich wohl noch der geistvollen Studie uber „Loge" von Felix
GroB im 2. Novemberheft 1914 der „Musik", die den Cbarakter einer der ratselhaftesten
Gestalten im „Ring" in scharfsinniger Weise erlfiuterte. Technischer Grunde halber
konnten wir die Skulptur von Ludwig Jahn, von dem wir schon mehrere andere Ar-
beiten veroffentlicht baben, dem Heft damals nicht beigeben. In dem Feldzug, den
Deutscbland auch gegen Luge und Verleumdung nach wie vor zu fubren hat, ist eine bildlicbe
Darstellung des Gottes der Luge, des Verfubrers und Versuchers, des Urhebers alles Bosen,
auch heute noch „aktuell", und es sei jedem Leser uberlassen, das rankevoll-gauklerische,
sphinxartige Antlitz des — ubrigens scbon vor zwei Jahren geschaffenen — Jahnschen Loge mit
der ehrenwerten Person irgendeines der Urheber des Weltkrieges in nahere Vcrbindung zu
bringen!
In freundlichem Gegensatz zum „Lugengott" stent das Stuckchen Biedermeierzeit, das die
folgende Abbildung verkorpert: Philipp Reger und Albert Lortzing. Ober ihre Hans-
Sachs-Oper, einen der Vorlaufer der Wagnerschen „Meistersinger", unterrichtet der Aufsatz
Richard Ornsteins im vorliegenden Heft.
Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin W 57, BulowstraCe 107'
■
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LOOS
Skulptur von l.udwig J»hn
XIV
20
PHILIPP REGER UND ALBERT LORTZING
XIV
(■
DE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT,
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 21 • ERSTES AUGUST-HEFT
14. JAHRGANG 1914/1915
VERLEGT BEI
SCHUSTERS LOEFFLER: BERLIN W
Fur das Schone hat der Mensch von Natur aus eine gewisse
geistige EmpfSnglichkeit, eben weil er Mensch ist und Sinnliches vom
Geistigen unterscheiden kann. Das sinnlich Angenehme liegt ihm
zwar n9her, insofern er ein sinnliches Wesen ist. Allein das An-
genehme ist nicht das Schone. Das erstere nur begreift der Sinn,
das letztere kann nur der Geist fassen. . . .
Martin Deutinger
INHALT DES 1. AUGUST-HEFTES
ARNO NADEL: Gesange der jemenitischen Judtn. Versuch
einer neuen Einteilungsweise fur alte Melodieen
JOHANNES HATZFELD: Musikalisches aus dem Tagebuche
Martin Deutingers
A. N. HARZEN-mOLLER: Hans v. Bulows Pseudonym W. Solinger
KONRAD VOLKER: Schubert und Goethe
REVUE DER REVUEEN: Zum 100. Geburtstag von Robert Franz
(SchluC)
BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten:
Rudolf Cahn-Speyer, Emil Liepe, Edgar Istel, Arno Nadel,
Wilhelm Altmann, Emil Thilo, F. A. GeiBIer
KRIT1K (Oper und Konzert): Halle, Hannover, Worms
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
KUNSTBEILAGEN: Autographe von Schuberts „Erlk6nig",
„HeidenrosIein" und „K6nig in Thule"; Exlibris zum 55./56. Band
der MUSIK
NAMEN-UNDSACHREGISTERzum55.QuartaIsbandderMUSIK
NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes
ANZEIGEN
Abonnementspreis
Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland
Mk. 6.—). Die bisherige Jahresvorausbezahlung lassen wir, um den
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zahlungserleichterung
zu gewihren, fur den 14. Jahrgang in Wegfall kommen.
Verlag und Redaktion der MUSIK
GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN
VERSUCH EINER NEUEN EINTEILUNGSWEISE FUR ALTE MELODIEEN
VON ARNO NADEL IN BERLIN
Das vor uns liegende Werk „ Gesange der jemenischen Juden" *) stellt
den grandiosen Anfaog einer systematischen Sammlung der tradi-
tionellen Gesinge der orientalischen Juden dar. Fernere funf
Bande sollen folgen: Gesange der persischen Juden, Gesange der baby-
lonischen Juden, Gesange der syrischen Juden, GesMnge der sefardischen
Juden und GesSnge der marokkanischen Juden.
Die Methode des Herausgebers ist wahrhaft bewundernswert: sie ist
sachlich, vollig selbstlos und demgemMQ sehr zweckdienlich. Man mochte,
um es gerade herauszusagen, den Synagogengesangen der europaischen
Juden einen so groQzugigen Sammler wie Idelsohn wunschen. Wohl sind
die reicbbaltigen Werke von Naumbourg, Weintraub, Beer, Sulzer, Lewan-
dowski, Singer und anderer verdienstvoller Manner vorhanden, wohl
arbeiten unausgesetzt Gelehrte wie Oberkantor Eduard Birnbaum in Konigs-
berg i. Pr., Musikdirektor A. Friedmann in Berlin daran, das Material zu
sondern, zu erlautern, ja in Einzeldarstellungen — wie Birnbaum in nie
dagewesener wissenschaftlicher Vollkommenheit — zu erschopfen. Aber die
Anlage einer umfassenden Sammlung Fur die synagogale Kunst der euro-
paischen Juden nach dem MaDstabe des Idelsohnschen Werkes feblt bisher.
Wollte man das Gute und Interessante der ausfiihrlichen Einleitung
herausheben, man wurde in einem Aufzfihlen bleiben. Aus dem Kapitel
„Aussprache des HebrMischen" mit den klaren Tabellen erfahrt man viel
Wissenswertes uber die Wandlung der Laute, und da wir es bei den
jemenitischen Juden mit einem Stamm zu tun baben, der sich seit zwei
Jahrtausenden unter gunstigen Umstfinden — die hier zur Genuge Leiden,
Absperrung, Verachtung bedeuten — rein erhalten hat, so bekommen wir
einen Begriff vom Hebraischen der alteren Zeit, vielleicht sogar der
Tempelzeit. Das zweite Kapitel, „Die Poesie" betitelt, ist voller be-
merkenswerter AuOerungen, die die Kultur der jemenitischen Juden an-
gehen; und da der sich hervortuende Zweig eines groQen Stammes ge-
wohnlich das Besondere der gesamten Umgebung widerspiegelt, so lernen
wir hier wieder eines fur vieles. Ich denke an das uber Hochzeitsgesange
Gesagte. Am umfangreichsten ist, dem Gegenstande entsprechend, das
*) HebrSisch-orientalischer Melodieenschatz. 1. Band. Gesinge der jemenischen
Juden. Zum erstenmale gesammelt, erliutert und herausgegeben von A. Z. Idelsohn.
Subventioniert von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, der Ge-
sellschaft zur Fdrderung der Wissenschaft des Judentums, Berlin und der Zunz-
Stiftung, Berlin. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
7*
100 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
dritte Kapitel „Der Gesang". Und zwar ist es die Darstellung der fiinf-
zehn verschiedenen Weisen der jemenitischen Synagogengesange, die uns
einen klaren Uberblick iiber eine der wertvollsten Melodieensammlungen,
die wir kennen, verschafft. Die Abgrenzung der einzelnen Motive, die
vergleichenden Notentafeln (die 2. Notentafel stellt die jemenitische Tefilla-
weise der entsprechenden der anderen orientalischen Juden, einem Motiv
des syrischen Kirchengesanges und einem arabischen Gesang der Maqam
Siga gegeniiber und zeigt dadurch, wie urspriinglich diese so vielen Volker-
schaften eigentumliche Weise sein muC) und die Schlufifolgerungen sind
von gleich grofiem Reiz, wie der seltsamsten Belehrung voll.
Ebenso ist das iiber Tonart, Rhythmus und Tempo Ausgefiihrte von
groCem Interesse fur jeden, der fiir orientalische Kunst, fur jeden, der
fur elementare Musik Sinn hat. Kommt man doch in neuerer Zeit auf
alle diese ersten Dinge, wie zusammengesetzte Taktarten, Erweiterung des
Tonsystems (Busoni: n Entwurf einer Asthetik der Tonkunst", Triest 1901 u. a.)
zuriick, um die in der Klassik mehr oder weniger steckengebliebene Musik
zu beleben und zu erweitern.
Es folgen nun in 203 ausgedehnten Nummern die eigentlichen
Melodieen in den beiden Hauptteilen: Synagogengesange No. 1 — 127
(und zwar Gesange fiir Sabbat- und Werktage, Gesange fiir Sabbat, Gesange
fiir Festtage, Quinnot oder Klagelieder, Selihot oder BuDlieder, Gesange
fur die hohen Feiertage und Verschiedenes) und auOersynagogale Gesange
No. 128—203.
Was Gebet und Ton anbetrifft, so gilt ein anderes fiir den Orient,
ein anderes fur den Okzident. Der Orientate lebt in einer gottgesattigteren
SphBre, er ist dem Paradiese nicht nur ortlich naher. Was ist Gebet?
Versenkung in Gott, Bitte, Dank, Wonne. Der Betende schafft im Momente
des Betens einen anderen, einen unsinnlichen Raum. In diesem aber
gelten sofort auch andere Gesetze des Tones, wie uberhaupt der Ton ein
Bestandteil dieses Raumes wird. Da er aber vom Gestalteten, vom
Menscblichen sich entfernt, erhalt er etwas Dauerndes und Unkompliziertes.
Daher ist die Weise des orientalischen Gebetes eng. Sie bewegt sich
meistens nur in wenigen Tonen. Diese Enge ist aber weit weniger ein
Zeichen des Primitiven als des starkeren metaphysischen Zustandes.
So waren und sind die Rezitationen des Veda, so waren die griechi-
schen Chorweisen, als sie noch tatsachlichen Gottesdienst bedeuteten,
und so waren und sind noch zum Teil die religiosen GesSnge des
religiosesten Volkes des Altertums, des Religionsvolkes an sich, mochte
man sagen, der Israeliten. Die Gottesgesange der jemenitischen Juden
aber, die sich diese als ein Heiligtum in moglichster Reinheit und Treue
erhalten haben, bilden ein in seiner Fiille erstes und erstrangiges Denkmal
dieser Art.
NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN
101
Ich lasse hier ein Beispiel aus den jemenitischen Sabbattnelodieen
folgen :
=p=*
8fiE=3=3z=5=5==m ^=$E^==$ EE ^p m
(Idelsohn No. 19.) Es ist die Weise des 29. Psalms, der am Vorabend
des Sabbats vor dem popularsten und eigentlichen Sabbatliede „L'cho daudi"
intoniert wird. Das sind zwei Verse. In diesem Motiv bewegen sich alle
iibrigen Verse bis zum SchluB. Ahnlich sind unzahlige Stiicke in dem
Werke; ich meine nicht durchaus ahnlich diesem Motiv, aber die Art ist
kennzeichnend fur fast alle Melodieen. Ab und zu bewegt sich ein Motiv
bis zur Sexte, zweimal in der reichhaltigen Sammlung bis zur Septime,
aber das sind Ausnahmen von der Regel. Die „Klageliedweise* (Idel-
sohn 58 — 60, 62 — 64) steht vorherrschend im Umfang einer kleinen
Terz, von der der Herausgeber sagt, daC sie eher vermindert als klein
klinge, ,da in alien sechs angefiihrten Skalen [gemeint sind die Ton-
messungen auf phonographischen Platten, die im vorliegenden Falle das
Hinaufschrauben der Tone durch die Vorsanger feststellen, — eine Gepflogen-
heit der jemenitischen Vorbeter, die im Rezitieren die Tonalitat steigern,
je mehr sie in Begeisterung geraten. S. Werk, Einleitung] dieses Interval!
auch nicht annahernd dem einer kleinen Terz gleichkoramt." Der Anfang
des allbekannten 137. Psalms „An den Stromen Babels" lautet
fc=p=fczfc:
gEg g3=mbfcg^g^ g
(Idelsohn 58). Ich betone noch einmal: diese Melodieen sind nicht aus
Durftigkeit eng, sie sind nicht die Folge einer Ohnmacht und bedauerns-
werten Beschranktheit, zu welcher Annahme die auQere einfache und tcil-
weise einfaltige Kultur jener Volker leicht verleitet, sondern vielmehr das
Ergebnis metaphysischen Reichtums und eines anderen, gottlicheren Welt-
gefuhls. Das Wort ist dem Orientalen schon an sich Ton genug, Wort
ohne Ton ist ihm undenkbar, und so kommt es, daO der echte Jude nie-
mals etwas Jernen" wird, ohne den ganzen Text mit all seinen verzwickten
Auseinandersetzungen, Entgegnungen und Folgerungen vor sich herzusingen.
Auch diese Weise, wie sie von den jemenitischen Juden gepflegt wird,
moge hier folgen:
r^_
H--
ft • — »— » — * • — — • — K-
J P * .
1 — t — * — »—
102
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
3p=I3^S=B=«^
(Idelsohn 4.) Auf solche oder ahnliche Weise wird noch heute von den
orthodoxen Juden aller Weltgegenden der Talmud studiert.
Anders ist der europMische Jude. Er bat sich von seinem Boden
entfernt und hat vieles von seiner Umgebung angenommen. Selbstver-
standlich ist bei seinem verehrenden Sinn genugend haften geblieben, so
daC fiir den Nichtjuden, wenn er in eine Synagoge tritt, in der nach altem,
reinem Ritus gebetet wird, ein fast ebensolches Bild sich ergibt, als wenn
er ein orientalisches Bethaus besuchen wurde. Dennoch ist der Unter-
schied grofl. Vor allem herrscht in seinen Weisen das ausgepragte Gefiihl
fiir Dur und Moll vor. Aber auch der Tonumfang ist weit grofier. Die
Seele singt sich aus, das Singen ist fiir sie ein besonderes Kunstelement,
eine Feiertagsangelegenheit. Die jiidische Natur hat sich im Okzident
auch der anderen Luft assimiliert, der regeren, weltlicheren, der Gott
nicht die Ruhe allein bedeutet. Als Beispiel diene die folgende, von
meinem ehemaligen hocbgeschatzten Lehrer Eduard Birnbaum im zweiten
Heft seiner „Liturgischen Ubungen* aus einer in seinem Besitz befind-
lichen alteren Kopenhagener Handschrift mitgeteilte Melodie fur das Passah-
fest. Sie lautet mit Text wie folgt:
El • ba - ho - do - os
don-
ban - nif- lo • os bab-
Si§
bo-cher b' schi-re" sim - rota me - • • - lech el
che
Ctaor:
(Birnbaum, Liturgische Ubungen Heft II, No. 2 a). Was sind das fur aus-
gepragt harmonische Fortschreitungen, fiir rasche, kehlfertige Tonfolgen!
Bei alledem ist die Weise in ihrer Eigentumlichkeit durchaus jiidisch und
gehort gewiC nicht zu den Stiicken, die vom christlichen Ritus beeinfluBt
oder gar hergekommen sind, wie solche einige A. Friedmann in seiner
lehrreichen Studie „Der synagogale Gesang" (Berlin 1908) mitgeteilt und
zum Teil entdeckt hat. In seiner Erlauterung zu diesem Stuck bemerkt
Birnbaum, daC schon der fromme Verfasser eines liturgischen Werkes am
NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN
103
Ende des 17. Jahrhunderts das „viele Singen" dieses Textes getadelt babe,
ebenfalls ein Beweis fiir den Gegensatz alterer Tradition zum weltlichen
Vortrag spaterer Zeit. Wie sehr aber der orientalische Jude und ebenso
der Orientate uberhaupt sicb, seinem starkeren Gottgefiihl entsprechend,
in seinen synagogalen Weisen bezuglich des Tonumfanges und der Be-
weglichkeit wissend einschrankt, ersehen wir am besten aus dem Umstand,
daft er in seinen weltlichen Gesangen weit freier und frischer ist. Dies
ist ein Sabbatlied, das sicb innerhalb einer Dezime bewegt:
JS * K ,_ ^ K_ K.
wa - ag - rib gor- be - not re
I
=t
-==nr-
=£
£
tr
jom sub be
ho - lij-
(Idelsobn 133.) Der Text, ohne die intimeren Zeichen, sei eine Probe
fur das jemenitische Hebraisch.
Die jemenitischen Juden unterscheiden in ihrem Synagogengesange
folgende fiinfzehn verschiedene Weisen: 1. Pentateuchweise, 2. Zemirotweise,
3. Prophetenweise, 4. Psalmenweise, 5. Liedweise des Pentateuchs, 6. Hohe-
Iiedweise, 7. Estherweise, 8. Klageliedweise, 9. Ijobweise, 10. Mischnaweise,
11. Tefillaweise, 12. Selibaweise, 13. Hohe Feiertagsweise, 14. Taanitweise,
15. Azharotweise. In der Einleitung ist, wie bereits gesagt, vora Heraus-
geber alles Wissenswerte iiber diese Weisen zusammengetragen worden.
Was ich hier bezuglich der Einordnung der angegebenen Melodietypen in
ein gewisses System ausfuhren mochte, das ist folgendes.
Man wird zum Verstandnis sowohl der uns vorliegenden Melodieen
wie zur Erkenntnis — Altersbestimmung u. a. — orientalischer und anderer
alter Weisen gut tun, nach Art der griechischen Tetrachorde — schon die
Griechen kannten auch Heptachorde, Octachorde u. a. mit noch groBerem
Umfange — und nach Art der Hexachorde aus der Solmisationslehre
andere Chorde, wenn wir den Plural frei benutzen durfen, zu bilden, die
jcdesmal eine Reihe von Melodieen besser als gewohnlich kennzeichnen.
Unter Chord verstehe ich hier eine begrenzte Tonfolge, deren erster Ton
moglichst den Grundton bildet. Zur Einordnung der jemenitischen Syna-
gogenmelodieen wiirden nun folgende Chorde geniigen: Der Triachord,
der Tetrachord, der Pentachord, der Hexachord und der Tetra-Hexachord.
104
DIE MUSIK XIV. 21 : 1. AUGUSTHEFT 1915
Doch muD unseren Ausfiihrungen vorangeschickt werden, daU die Intervalle,
die nach den von Idelsohn aufgenommenen Platten genauen, im Werke
angegebenen Messungen unterliegen, nur annShernd der angewandten Noti-
fizierung entsprechen. Wie wir uberhaupf alles, was wir vom gewisser-
maOen Bekannten heranziehen, nur sytnbolisch gedacbt wissen mochten,
zunachst die Skalen. So wende ich die uns gelaufigen Kirchentone an, und
nicht die hierher besser passenden arabischen Makatnat, um einerseits
den Charakter der fremden Melodieen moglichst genau auch ohne
Notenbild zu veranschaulichen, sodann aber aucb, um das Beispiel,
so gut es geht, naher durcb die uns gegebenen Mittel zu bestimmen.
Denn sehr oft finden wir auch beziiglich der Skalen erste Dinge so-
zusagen — Skalen ohne festen Grundton, reine, urmelodische Motive (da
ja nur bei einem harmonisch ausgebildeten System das Grundtongefiihl
ein wahrhaft festes sein kann), die mit den fiinf so gut wie alien primi-
tiven Volkern eigenen Fiinfton-Skalen zusammenhangen, und anderes mehr.
DaB aber eine tiefe Beziehung zwischen dem vorliegenden Material und
der altgriechischen wie der altkirchlichen Musik vorhanden ist, steht fur
mich fest. Nur hier kann von „alten" judischen Melodieen die Rede sein
und weit weniger bei den polnischen bzw. deutschen Synagogengesangen,
die gerade in ihren markantesten Stiicken weit jiinger 'sind, so z. B. im
Kol-Nidre, das in den Elementen wohl alt und tatsachlich mit jemenitischen
Weisen, auch mit der jemenitischen Kol-Nidre-Weise, verwandt ist — eine
Analyse dieser beriihmtesten Synagogenmelodie und anderer bedeutender
europaischer Stucke auf Grund unserer Einteilung und in Beziehung auf
ihre Verwandtschaft mit den vorliegenden Melodieen wiirde viel Uber-
raschendes ergeben — im ganzen aber, wie eben die groCen polnischen
Weisen uberbaupt, auf dem ausgebildeten Gefuhl von Dur und Moll be-
ruhen, d. h. hier weit mehr Erzeugnisse des 16. und 17. Jahrhunderts als der
Jahrhunderte um Christi Geburt sind. Naturlich bleibt auch noch einer
splteren Musikpsychologie, die die Seelen der Volker auf ihre Musik bin
untersuchen wird, viel zu tun aufbewahrt. Ebenso wiirde die musikalische
Physik aus Untersuchungen iiber die jemenitischen Tonstufen, die Idelsohn
bei jeder Weise angibt, vielen Nutzen ziehen; so wiirde es gewiC auch
manches zum VerstSndnis der griechischen Enharmonik beitragen.
Es moge nun die eigentliche Einteilung der funfzehn Weisen folgen.
I. Pentateuchweise
i
*:
*=*:
r^-p:
£EB
I
^^
W=i-
^^^3r
NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN
105
(Idelsobn No. 1. SchluG.) Sie steht im aolischen Pentachord. Dafl das F
Leiteton ist, ist aus dem ganzen Charakter zu ersehen. Da er aber
manchesmal auch im Schein der Oberdominante der parallelen Durtonart
schwebt, so konnte man ihn noch besser als „irisierend" bezeichnen und
die ganze Art als irisierenden Pentachord. Aolisch nenne ich ihn und
nicht dorisch, weil in der Folge, und in den meisten jemenitischen
Stucken uberhaupt, die kleine Sext vorkommt. Eine Weise steht im
aolischen Pentachord hieOe demnach: in ihr ist der Ganzton als Leiteton
vertreten. — Zum TerzschluO, der sehr kennzeichnend ist und sehr oft
vorkommt, ware noch zu bemerken, daD er als eine Art oberer Terzleite-
ton anzusehen ist, der wahrscheinlich aus der Scheu vor dem Halbton
zwischen der zweiten und dritten Stufe entstanden ist. Auch die Unter-
brechung der sonst naturlichen aufwartsfuhrenden Tonfolge von der Dominante
zum Leiteton (s. Anfang von No. 10) ist wohl mit dieser Scheu zu er-
klaren, die wiederum mit einem naturalistischen Tongefuhl zusammenhangt.
II. Zemirotweise
m
^^E
HP
£
S=5=5=&^Q=±:
*=$=&--
(Idelsohn No. 7. Ausschnitt) ist dem aolischen Hexachord zuzuschreiben,
womit abermals gesagt ist, daD sie den Ganzton als Leiteton aufweist.
(Die vollig anders geartete Zemirotweise fur Ostern steht im Dur-Pentnchord.)
III. Prophetenweise
i^ m~^^m Tl
-fU? p * * * * g-#-g-g-g-P-g-P- » ,
— # F F ?_p_f_^_S O
i
^
-*—* — W-
X—\r-
-F-f-F-«-
t=t
WTJ^T*^
%=E=-
(Idelsohn No. 28.) B ist sowohl Leiteton wie irisierender Ton; er bekommt
oft vorubergehenden Grundtoncharakter. Daher kann man nur mit schlechtem
Gewissen diese Weise dem Triachord mit Leiteton zuweisen: man tut
besser, sie unter den irisierenden Dur-Tetrachord zu fassen.
IV. Psalmenweise
ff^=C3 =£=^ ^^^^^^gy
(Idelsohn No. 16) steht im reinen Dur-Tetrachord, wenigstens im weit
reineren als die Prophetenweise, denn, wie ich annebme, ist diese Weise
eine jiingere und aus jener Oder aus einer jener ahnlichen entstanden.
Der irisierende Ton ist nun so gut wie ganzlich zum Grundton geworden.
106
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
V. Liedweise des Pentateuchs
-V-
(Idelsohn No. 43) steht im irisierenden Dur-Triachord. Hier ist der
irisierende Ton besonders deutlich. (Urphanomen des Sichauflosens und
-auslosens von Moll in Dur und der innigsten Verbindung der beiden
Skalenanfange. Moll ruht in Dur wie in einer verschliefibaren Kapsel.
Siehe auch: das Beispiel der Prophetenweise.)
VI. Hoheliedweise
m
m^^s^m^^^
-t-
(Idelsohn No. 18) steht im reinen Dur-Tetrachord.
VII. Estherweise
(Idelsohn No. 126) steht im reinen Moll-Tetrachord. Bei leidenschaft-
licher, mehr individueller Steigerung tritt die Quinte als Wechselnote hinzu.
VIII. Klageliedweise (Idelsohn No. 58, s. oben). Im Moll-Triachord
mit irisierendem Ganzleiteton. Mancher Vers schlieCt auch auf £, welches,
mit unserem heutigen Ohr gehort, in drei Bedeutungen sich manefestiert:
als Moll-Quinte, als Moll-Sekunde und ein wenig auch als Grundton —
wiederum ein Musterbeispiel fur das Akzidentielle alter Noten und fur das
rein melodiose, schwebende BewuCtsein. (Vergleiche iibrigens hierzu: das
schwache Grundtongefiihl in griechischen Weisen, aber auch in Choralen
wie „Christe, du Lamm Gottes" mit Nebenschliissen, und sogar Volkslieder,
z. B. russische, die sich in verwandte SchluBtone hineinsehnen.)
IX. Ijobweise
$j^$E3E£S£F^m*&**fT*EZ= £5=^^
(Idelsohn No. 61.) Im Dur-Tetrachord.
NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN 107
X. Mischnaweise (Idelsohn No. 4). Im Dur-Triachord. No. 92, welche
derselben Weise beigezShlt ist mit nur einer Sekunde im Umfang, ist nicht
etwa deswegen als uralt anzusprechen. Hier ist vielmehr richtige Monotonie
des Sprecbtones oder des Vorlesetones. (Siehe den reichhaltigen Aufsatz
„Monotonie als Kunstmittel" von Franz Dubitzky, .Die Musik", Jahr-
gang XIII, Hefte 23 und 24, in dem ich die zu unseren obigen Aus-
fuhrungen iiber Frommigkeit und Musik gehorende Bemerkung: „Geister
reden nach Ansicbt der wissenden Welt in der Regel mit monotoner
Stimme" finde.)
XI. Teflllaweise
I
fc
i t / *r m jz_» — »= g~ m — — * — ,i'~g=
^. — .; — ^ — * — „ y — j — i —
(Idelsohn No. 12.) Im Dur- Pentachord. Hier und da mit der Sexte als
Wechselnote bzw. als momentane Steigerung. Es ist hier mit der Sexte
dasselbe der Fall wie etwa mit der manchmal auftretenden Quarte in der
Ijobweise, ,die aber nicht von alien Sangern gebraucht wird, sondern bloQ
als Verzierung zu betrachten ist." (Idelsohn, Einleitung Seite 32.) Die
Gemeinde bedient sich denn auch der Sexte nicht, auCer im heiligen
Kodauscbgebet (No. 13) bei Anrufung des Gottesnamens.
XII. Selihaweise
f\
,
^-""~ ~*»^
=k
£—w£=Z' *-*^—r *f=
— • —
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— p 1 — • — ■«--*— t— — -^ —
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*
£ f»- r~« : • -f m-
f m- F —m^-»—~ fB
m
7 -m ■
•-fa— a— b— » ' i -
S
_J U— ^ J___f__
(Idelsohn No. 47.) Im dorischen Tetra-Hexachord, oder besser und kiirzer
im hypodorischen Hexachord. Da namlich hier der vierte Ton tatsachlich
Mittelton und Grundton ist, so haben wir ausgesprochene hypodorische
Melodieen vor uns. Dennoch ist diese Weise anscheinend die am meisten
beeinfluQte. In den Nummern 38, 67, 111 u. a. haben wir einen regularen
Ubergang von a-moll nach e-moll durch Fis; No. 51, sonst hypodorisch,
schliefit, um die hohere Steigerung zu zeigen, in Dur. In No. 70 haben
wir bereits unsern echten Moll-Leiteton. Die Selihaweise ist denn auch
vielen noch heute gesungenen Weisen der polnischen und deutschen Juden
am meisten verwandt. Auch die Beweglichkeit und das harmonische Ton-
gefiihl ist ganz anders als in den iibrigen Weisen.
108
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
^^S^^5^^=5=E
Tr
-1—i-
m^
=-i-t
-rr
(Idelsohn No. 76. Schlufi.) Das klingt weit freier und europMischer
als sonst.
XIII. Hohe-Feiertagsweise
S=^?=^=^=^=ES= rr^
fcg^==g=f^ : ^-FF
:H=f-
S
i
_ ft £=p p p— ^ •3i_j__ji=p=:p — p — p=,
a a 1 h , — !- — ■ a- — a h — — +, . l, 1
:£=£:
P=tt
sn
(Idelsohn No. 110, Schlufi) steht, wie das angefuhrte Beispiel, im hypo-
mixolydischen Hexachord. (G ist Mittelton bzw. Grundton, die Terz ist
groB, der Leiteton ist Ganzton.) Aber auch im hypodorischen Hexachord
und oft auch im reinen Dur-Tetra-Hexachord. Sie ist der vorangehenden
Weise nah verwandt, oft fast identisch mit dieser, und noch reicher
entwickelt. In No. 112 kommt die Septime vor. Der ganze Charakter
ist aber auch hier der des Tetra-Hexachords.
XIV. Taanitweise
-JL — ^—i — » — »— ,* — r— ■-
-j , ,-
_ Ji_ X— — » — »-
-^-•—5—5—,—^—^=^
-*— &=>=
- M =f=p i — *=£— R-
ii
33E
--^=Jj--
£T H
(Idelsohn No. 90.) Wie dieses Beispiel, welches reiner als die anderen
Nummern diese Weise wiederzugeben scheint, auch sonst im Moll-Penta-
chord. Charakteristisch ist hier wieder das Hangenbleiben auf einem
anderen als auf dem Grundton, auf H, der ein echter Konfliktton im
Riemannschen Sinne ist.
XV. Azharotweise
(Idelsohn No. 53) steht, mit Ausnahme von 41 im phrygischen Pentachord.
NADEL: GESANGE DER JEMENITISCHEN JUDEN
109
Der Anfangston ist irisierender Ton, und zwar insofern, als er zwischen
Leiteton und Dominante zur parallelen Dur-Tonart — im heutigen Sinne —
scbillert.
Es ergibt sich demnach folgende Tabelle:
Weise
I:
II:
III:
IV:
V:
VI:
VII:
VIII:
IX:
X:
XI:
XII:
XIII:
XIV:
XV:
im aolischen Pentachord,
im aolischen Hexachord,
im irisierenden Dur-Tetrachord,
im reinen Dur-Tetrachord,
im irisierenden Dur-Triachord,
im reinen Dur-Tetrachord,
im reinen Moll-Tetrachord,
im Moll-Triachord mit Ganzleiteton,
im Dur-Tetrachord,
im Dur-Triachord,
im Dur-Pentachord,
im dorischen Tetra-Hexachord,
im hypomixolydischen Hexachord,
im Moll-Pentachord,
im phrygischen Pentachord.
Es stehen also: drei Weisen im Triachord (zwei in Dur, eine in Moll
mit Ganzleiteton), funf Weisen im Tetrachord (vier in Dur, eine in Moll),
vier Weisen im Pentachord (Molisch, Moll, Dur und phrygisch), eine -Weise
im Hexachord (aolisch) und zwei Weisen im Tetra-Hexachord (bzw. im
hypodorischen und hypomixolydischen Hexachord). — Der groCte Reich-
turn entfaltet sich innerhalb des Tetra-Hexachords, in etwa 50 Nummern,
die die wichtigsten und ausdrucksvollsten Stiicke enthalten.
Mit wieviel Nutzen unsere Einteilungsweise sich auch fur alle anderen
alten Melodieen anwenden HeCe, das anschaulich nachzuweisen, fehlt mir
hier der Raum. Einen ausfuhrlichen Vergleich zwischen den griechischen
Melodieen, dem Gregorianischen Choral und den jemenitischen bzw. den
orientalischen Synagogengesangen — hoffentlich bringen die folgenden
Bande ferneres neues und ebenso wertvolles Material — behalte ich mir
vor. Natiirlich sind noch andere Einteilungsarten moglich. Ich weise
nur auf das klare, hochst wichtige Werk „Takt und Rhythmus im Choral"
von Carl Fuchs hin (Schuster & Loeffler, Berlin und Leipzig 1911). Da findcn
wir eine der Aufgabe entsprechende, forderliche Einteilung nach Auftakten
bzw. Einsatzen. Eben dasselbe Werk gibt unter anderem auch eine Zu-
sammenstellung der Chorale — das Material sind 148 ausgewahlte Chorale —
nach ihrem Melodieenumfange, und da zeigt es sich, um wieviel deutlicher
notigenfalls eine solche in unserer Art ausfallen wiirde. (Denn dem Ver-
fasser ist tatsachlich der Umfang im Moment das Ausschlaggebende, da er
110
DIE MUS1K XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
ihn auf den Charakter des Textes anwendet.) Die nachfolgende Ode „Veni
redemptor gentium" des Biscbofs Ambrosius von Mailand (Fuchs No. 60)
i
^
=&
£
£
£
-*-*-
m
:t=lsc
45r
steht im Melodieenumfang einer Sexte. Das G aber ist irisierender Ton,
wie im Anfang der zitierten Azarothweise, und so wiirden wir eine viel
deutlichere Empfindung haben, wenn wir feststellten, daO diese Ode im
dorischen Pentachord stehe. (Wenn, wie bier, da die Sexte fehlt, die
Tonart sowohl doriscb wie aolisch sein kann, tate man auch gut, schlecht-
hin vom alten Pentachord zu sprechen.) Der Choral „Ach Gott und Herr,
ach wie so schwer" (Fuchs No. 17) hat wiederum den Melodieenumfang
einer Sexte, steht aber im Tetra-Hexachord in Dur. Dagegen steht „Ach
wie nichtig" (Fuchs 74) im reinen Dur-Hexachord. Desgleichen „Lobt
Gott ihr Christen allzugleich" und „Nun danket alle Gott".
Was ich sagen will, ist, daO durch unsere Charakterisierung gewisser-
maOen die Seele einer alten Melodie auch ohne schriftliche Veranschau-
lichung moglichst treu wiedergegeben werden kann. In unserem besonderen
Fall aber wiirde die angewendete Form ihren Zweck vollauf erreicht haben,
wenn sie zur Einordnung und zur deutlicheren Ubersicht eines ungemein
wertvollen Melodieenkomplexes beigetragen haben sollte.
MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE
MARTIN DEUTINGERS
VON JOH. HATZFELD IN PADERBORN
DaC bisweilen auch ein Komodiant einen Pfarrer lehren konne, ist
eine Wahrheit, die selten bestritten wird, nicht bloB weil die
Autoritat Goetbes hinter ibr steht. Es ist aber ohne Zweifel void
Ubel, wenn man das, was Goethe als wohltatige Ausnahme fordert, zur
geltenden Regel erheben will. Unsere praktischen Kunstler neigen dazu,
insofern sie es als selbstverstandlich ansehen, daO ein Philosoph, soweit
er isthetische Neigungen hat, bei ihnen zur Schule geht, wahrend sie
ihrerseits nur selten Neigung verspiiren, von jenem zu lernen. Und dennoch,
wenn das Kiinstlervolk asthetisiert — und das tut es bekanntermaBen trotz
gegenteiliger Versicherungen auBerordentlich gern — , so kommt es mit
dem Sprach- und Begriffsschatz, den Technik und Handwerksbrauch lehrt,
nicht allzu weit, und wo immer es eine Frage tiefer anfassen mochte,
zeigt sich eine Anleihe bei der Philosophie als unvermeidlich. „Das steht",
wie der Munchener zu sagen pflegt, wenn auch unbedingt eingeraumt sei,
daO der Philosoph zu seinem Teil manchmal gar zu ungeschickt ist —
oder war — und vergaD, daB ein Philosophieren ii b c r etwas ein Wissen
von etwas zur Voraussetzung hat, selbst wenn es sich urn ein so gemein
Ding handelt, als die Musik es ist. Freilich schlieBt die Aufstellung
dieser Forderung nicht ein, daQ er nun gleich den „Drei- und Vierfachen"
handhaben konne, das braucht's dazu wirklich nicht, er darf sich ruhig
mit weniger begnugen; aber eine Kunstlerseele muO er haben, die es von
rezeptiver Art ja genau so gut gibt wie von produktiver. Er muB Asthetik
treiben, nicht bloB weil sie nun mal „ins System" gehort, sondern weil
sie ihm inneres Bediirfnis ist. Man kann nicht sagen, dafl man von dieser
Art Philosophen manche aufzahlen konnte, zumal nicht aus friiheren
Jahrzehnten. Um so mehr muB man wunschen, daB, wenn unter diesen
wenigen noch ein Vergessener ist, er zu gebuhrenden Ehren komme.
Man halt's nun in Deutschland mit der Ansicht, dafi der 100. Geburts-
tag ein passendes Datum sei, um wieder aufzustehen. Das ist fur manchen,
der wirklich etwas war, zum Guten ausgeschlagen. Nun, Martin Deutinger
war etwas, nicht nur als Philosoph; er war auch — was uns hier mehr
angeht — ein Schongeist edelster und starkster Qualitat. Das ist dem
feinen Spiirsinn Eduard von Hartmanns nicht entgangen, der ihn vor
etlichen 20 Jahren „entdeckte" und ihm in seiner „Deutschen Asthetik
seit Kant" (Leipzig 1886) eine Etikette aufklebte, die eigentlich deutlich
genug war, um ihren Zweck, auf Deutinger aufmerksam zu machen, er-
112 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
fiillen zu konnen. 1 ) Man darf es ruhig sagen, daC in Deutinger sich
Kiinstler und Philosoph in wunderbarer Harmonie zusammen fanden und
aus ihm eine Personlichkeit machten, die uns heute noch etwas zu geben
hat. Die unten folgenden, die Musik betreffenden Auszuge aus seinem
noch ungedruckten Tagebuche sollen davon ein, wenn auch nicht allseitiges,
so dafiir um so interessanteres Zeugnis geben. Sie haben auch als
Zeitdokumente ihren Wert.
Martin Deutinger, um die notigen Angaben kurz zu erledigen, war
geboren am 24. Marz 1815 zu Langenpreising in Oberbayern, vollendete
mit 17 Jahren seine Gymnasialstudien, war Schiiler Schellings, Gorres'
und Baaders; nach kurzer Kooperatorzeit war er Professor an verschiedenen
bayerischen Lyzeen, zuletzt an der Universitat Munchen. Er starb, noch
nicht 50 Jahre alt, im Jahre 1864. 2 ) Seine Asthetik ist enthalten im
4. und 5. Bande seiner .Grundlinien einer positiven Philosophie als vor-
laufiger Versuch einer Zuruckffihrung aller Teile der Philosophie auf
christliche Prinzipien". (Sechs Teile, Regensburg 1843/49.) Soweit die
Musikasthetik in Frage kommt, scheint Paul Moos in seinem vorzuglichen
Werke „Moderne Musikasthetik in Deutschland" 3 ) dem Urteile Hartmanns
nicht zu widersprechen. 4 )
Die nachfolgenden Auszuge erstrecken sich fiber die Jahre 1852 — 54,
den Zeitraum, in welchem Deutinger ein Tagebuch ffihrte. Die Urschrift
befindet sich in den Handen des Deutinger-Schulers Prof. Dr. Kastner in
Munchen, dem ich fiir die Uberlassung einer Abschrift meinen besonderen
Dank ausspreche.
Die erste Eintragung ist datiert vom Montag, den 1. November 1852
und betrifft Meyerbeers „Prophet":
„ Haben gestern von dem ,Propheten' gesprochen, den ich gestern
Abends zum ersten Male gesehen. Das ist doch ein grauliches Spiel mit
der menschlichen Leidenschaft. Keine Tiefe, keine Wahrheit, sondern
ein gewaltsames Unterdriicken, wenn sie sich regt. Manchmal meint
J ) Hartmann flndet es angesichts der „inhaltlichen und formellen Vorzuge" der
Deutingerschen Kunstlebre „geradezu unbegreiflich, daB ein so bedeutendes, epochc-
machendes und lesbares Werk ganz obne EinfluB auf die weitere Entwickelung der
Asthetik blieb" (a. a. O. S. 173).
*) Eine vorzugliche kurze Biographie flndet sich in No. 6—8 der Zeitschrift
„Uber den Wassern" (Jabrgang 1914) aus der Feder von Heinrich Reintjes mit aus-
fuhrlicher Bibliographic
3 ) Berlin 1901, Verlag Schuster & Loeffler.
*) Es sei auBer auf Moos und Hartmann noch verwiesen auf meinen Aufsatz
„Martin Deutinger als Musikasthet" (No. 39—42 der „Wissenschaftlichen Beilage zur
Germania" 1913. Uber die gesamte Asthetik Deutingers orientiert ganz ausgezeichnet
das kurzlich erschienene Buch des Munchener Privatdozenten Max Ettlinger „Die
Asthetik Martin Deutingers in ihrem Werden, Wesen und Wirken". (Kempten und
Munchen, 1914, J. Kosel.)
HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 1 13
man, jetzt fiihlt er doch, aber gleich ists wieder verdorben und ver-
zerrt. Das ist doch Tiepolo in der Musik . . ."
Schumanns Urteil fiber den „Prophet" in seinem Theaterbiichlein,
an das roan sicb unwillkiirlich erinnert, ist bekanntlich noch kiirzer.
Ausffihrlicher beschaftigt sich Deutinger mit Marschners „Templer
und Jiidin" :
„Der Stoff ist aus Scotts Ivanhoe genommen und poetisch besser
durcbgebildet, als bei den meisten Opera. Alle Situationen sind be-
nfitzt. Wald und Morgenhauch, Komisches und Ernsthaftes, drei
verschiedene Nationen, die sich begegnen mit Schlacht- und Triumph-
gesangen; die beiden Hauptpersonen selbst in dem SuBersten Gegen-
satz der Neigung unter sich und doch in einer gesteigerten, vollstandig
entwickelten Gefuhlsbewegung. Es gibt wohl keinen reicheren Opern-
stofP als diesen. Aber er ist eben wieder zu reich, zu unerschopflich
im Besonderen, als daB er von einem mittelmafiigen Talente bewaltigt
werden konnte. Gerade bei diesem Reichtum hatte ein Eingehen in
das Einzelne vermieden werden oder eine altgriechische Trilogie daraus
gemacht werden sollen. Nur die gro&en, kecken Grundziige konnten
allenfalls angegeben, die Ausffihrung ins Einzelne aber muBte unter-
lassen werden, sollte man nicht den Totaleindruck verlieren. Dieses
Waldesleben der Anhanger des Bogenschfitzen gab allein schon eine
schone Begleitung zu dem Kampfe der Liebe und Abneigung der
beiden Hauptpersonen. Diese Chore und Lieder hatten fur sich den
zureichenden Hintergrund zur Hebung des bewegten Vordergrundes
der personlichen Aufregung beider Hauptcharaktere gegeben. Indem
aber der Compositeur zuviel hineintrug, ging es ihm, wie einem
Tintorett, es wuchs die Masse und uberwucherte das bestimmte Per-
sonliche. Die Gestalten heben sich nicht mehr hinlanglich von ein-
ander ab, ebensowenig die groBeren Gruppen. Alles ist zum Knauel
geballt, der hinfiber und wieder heriiber fiber die Bfihne gezogen
wird, wie ein Knauel Faden, mit dem eine Katze spielt. Uberdies
fehlt dem Compositeur die Kraft, die dazu gehort, solch ein Thema
zu bewaltigen. Er hat weder in der Zeichnung noch in der Farbe
die rechte Tiefe. Darum werden die Gestalten alle so gleich, so
charakterlos, so wenig individuell durchgebildet. Sie sind wie die
Kopfe der neueren Maler, die immer alle einander gleichsehen. Lauter
Mhnliche Nasen, Augen, Lippen, wie im Bilde Schadows in Frankfurt
die ffinf klugen und ffinf toricbten Jungfrauen, bei denen man nur
durch die Attribute unterscheiden kann, welches die klugen und
welches die torichten sind. Es ist etwas Verweichlichtes, eine gewisse,
miBverstandene Idealitat fiber alles ausgegossen, wie eine Universal-
brfihe, die jeder Speise taugen muB, und jeder den eigentumlichen
XIV. 21. 8
114 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
Geschmack benimmt, statt ihr einen zu geben. Zuviel Schminke
schadet der Schonheit. Diese Figuren vor den Schnciderwerkstatten
und im Modejournal wird nicht letcht ein vernunftiger Mensch fiir
Schonheitsideale nehmen. An diesem Fehler der modernen Ziererei,
die nicht naturlich wahr und doch auch nicht groBartig ideal sein
kann, scheint mir Marschner sehr zu leiden. So eine Angelika
Kaufmann oder ein Cipriani der Musik und weiter nichts — meine
ich — die Musikkenner miissen das am besten wissen."
Glticklicher in der Charakterisierung und treffender noch im Urteil
scheint mir Deutinger in seinen Bemerkungen zu Mehul's .Joseph" ge-
wesen zu sein, wobei besonders das interessiert, was er zur Gestaltung
der Erkennungsszene durch Mehul zu sagen hat:
„Die ,Briider Josephs' sind ungewohnlich einfach. Durch diese
Einfachheit schon und ruhrend. Viel Zeichnung und Vordergrund,
dagegen wenig Perspektive und Farbe wiirde ich sagen, wenn das
Ganze ein Gemalde ware. Doch malt der Compositeur hie und da,
besonders in den Ouverturen . . . Bei aller Einfachheit der Arien
meinte ich in Mehul's Oper doch ein scharferes Eingehen in die Eigen-
tumlichkeit der einzelnen Empfindung, gleichsam eine Begleitung des
wechselnden Gefiihls durch den Gesang wahrzunehmen. Es war auch
hier wieder einfache charakteristische Zeichnung, etwa wie Raphaels
Kinder, die, den antiken Formen nachgebildet, doch die Kindlichkeit
bewahren, dafiir aber nur wenige Linien zu ihrer Umschreibung be-
durfen. IndeQ will ich M6hul darum nicht mit Raphael vergleichen.
Dazu fehlt ihm die Tiefe und Idealitat. Darum verlaBt uns seine
Musik gerade da, wo sie am meisten ihre Macht hatte zeigen sollen,
bei der Erkennungsszene. Da tuts weh, gesprochen zu horen, was
gerade die Sprache nicht wiedergeben kann und wobei immer das
Wort verstummt. Hier hatte der KuO des Tones das Wort ersetzen
sollen. Hier ware Raphael nicht ausgewichen, sondern hatte gerade
dieses Geheimnis der Empfindung seiner Kunst abgelauscht und uns
geoffenbart. Soweit reichte aber, wie es scheint, Mehul's Kraft nicht
mehr. Seine Einfachheit ist mehr Tendenz als Natur. Es ist Sasso-
ferrato aber nicht Raphael."
Was Deutinger bei M6hul entbehrt, findet er bei Haydn:
,Am Sonntag zum zweiten Mai — im Ganzen zum fiinften Mai —
in der ,Schopfung' von Haydn gewesen. Es bleibt immer dasjenige
Kunstwerk, welches am unmittelbarsten ergreift, die geheimen Krafte
der Musik dem Sinne zuerst aufschlieBt. Dabei hat es jene uner-
schopfliche Fiille der echten Kunstwerke in sich, immer wieder neue
Seiten uns aufzuschlieOen und in seiner Einfachheit neu und uner-
schopflich zu bleiben. Nur wer durch eine vorgefaDte Meinung be-
HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 1 15
fangen oder in irgend eine bestimmte Form verliebt ist, kann sich der
Macht des wahrhaft Schonen entziehen. Der letzte Teil selbst, der
fur das erste Mai zu wenig pikant erscheint, ist tief wahr, versohnend
und zur Einkehr in das eigene Leben anregend. Er wirkt nur nicht
gleich, weil er nicht so objektiv ist und nicht so unmittelbar ergreift.
Aber man versteht doch erst das Ganze recht, wenn man die Not-
wendigkeit des dritten Teiles begriffen hat ..."
Den machtigsten Eindruck von allem, was er bisher (1853) an Musik-
werken gehort hat, verdankt er nach Haydns „Schopfung" Beet-
h ovens „Fidelio":
„Schon die Ouverture eine Frei- und Seligsprechung der Instru-
mentalmusik. Die Instrumente kommen eigentlich zum Bewufitsein
ihrer Bedeutung, sie werden Personen, die nicht auf sich spielen
lassen, sondern selbst atmen, leben, singen. Das Instrument ist der
auOere Klang der Menschenstimme, beinahe artikulierter Laut. Da-
rum drucken in der Oper selbst sehr haufig die Instrumente aus, was
der Gesang nur andeutet. Man versteht die Arie durch die Begleitung
erst recht. Dabei ist doch noch der Gegensatz so scharf ausgepragt,
daC es dadurch erst klar, wie die Stimme doch wieder etwas ganz
anderes, Innerlicheres ist. So, als Pizarro den Mord beschlieCt, singt
aus ihm die verhaltene Stimme des Gewissens mit zuruckgehaltener
Furcht, dagegen das Instrument tont es laut und schreiend in die Welt
hinaus, was der Sanger sich gleichsam selbst nicht zu gestehen getraut.
Die Stimme gewinnt eben dadurch an innerer Bedeutung, wird psy-
chologisches Symbol der verborgensten Geheimnisse nicht bios des
spielenden Herzens, wie bei Mozart, wo das Gefiihl so melodisch alles in
seine sanfte Bewegung hineinzieht, sondern des Geistes, des Charakters,
der allseitigen Empfindung, die mit sich eins, doch mit sich im Wider-
spruch ist. Diese hohere Bedeutung des Instrumentes und der Stimme
ist Beethovens Werk. Darin haben die Spateren es ihm nachtuen wollen,
nur haben sie leider seinen Geist nicht verstanden und sind so zu einer
schrecklichen Manier gekommen, die, statt das Instrument durch den Geist
zu beseelen, alles Geistige durch das Instrumentalgedrohn totschlagt."
Es sei hier gleich angeschlossen, was Deutinger bei anderer Gelegen-
heit zu Beethovens „Eroica" zu sagen weiO. Richard Wagner meint in
seinen programmatischen Erlauterungen zu dieser „heroischen Symphonic",
daft „gerade ihr Titel unwillkurlich verleltet, eine Folge heldenhafter Be-
ziehungen in einem gewissen historisch-dramatischen Sinne durch Ton-
bildungen dargestellt sehen zu wollen." Wenn das ein Fehler ist, so ist
ihm allerdings Deutinger nicht ganz entgangen, es laut sich aber auch nicht
leugnen, dafi die Wagnersche Auffassung deutlich genug durchscheint fur
den, der zu lesen versteht:
8»
116 DIE MUS1K XIV. 21: I. AUGUSTHEFT 1915
„Als Ganzes betrachtet," schreibt Deutinger, „rnuD diese Ton-
dichtung ja auch ctwas sein, wenn man auch nicht alien einzelnen
Beziebungen nacbgehen kann. Auch die Platonischen Gesprache
haben ja eine Gesamtschonheit neben dem Einzelschonen. So stell'
ich mir nun das Ganze dieser Symphonie so zusammen: Zuerst sucht
der Meister das hervorbrechende Gefiihl einer Achilleischen Seele in
vielfacher Reihenfolge zu zeigen. Dem einzelnen Tone wachsen
sozusagen im Siege die Schwingen und er eilt in raschera Fluge zutn
Triumph seiner Kraft. Wie in Homers Gesangen die Helden, so
dringen die einzelnen Instrumente und Tone vorwarts in die vorder-
sten Schlachtreihen und dort jauchzen sie in ihrem Siegesmut noch
einmal laut auf und schleudern die Lanze des Wohllauts tief in die
Brust des Horers; dann vereinigen die MitkMmpfer sich mit ihnen
und es erhebt sich ein Schlachtlarm von Tonen, bis es wieder einem
gelingt, vor den anderen her seinen Siegesgang zu verfolgen. So
erneuert sich das Kampfspiel immer wieder, ohne zu ermuden, weil
es immer wieder in anderen, schonen Verhaltnissen auftritt. Der
zweite Teil laOt dagegen zuerst die strenge Trauer uns horen, die erst
allmahlich wieder zur todesmutigen Begeisterung anwachst. Der Held
wird vergessen, verachtet; aber Patroklos' Tod weckt die alte Glut
und durch die Trauer brechen die Tone der sieggewohnten Kraft
schon hindurch, die endlich im dritten Teil zum stolzen Ubermut
erwachsen, der die Trauer nicht mehr aufkommen laOt. Zwar an-
fangs ist die Freude nur wie Hohn, wie Ironie des alten Mutes; der
vergessene Held spottet gleichsam seines Schmerzes, indem er der
Wehmut die Tone der Freude leiht. Allmahlich aber bleibt die
Siegesfreude allein zuriick, und er erinnert sich an den ersten
Jugendmut und an die dustere Zweifelsnacht der Vergangenheit;
endlich im letzten, vierten Gliede nur mehr mit ruhiger, selbstbewuQter
Sicherheit der gepruften Kraft. Das Anschwellen und Aufbaumen der
Tonwogen geht in den gleichen, stolz und sicher, aber ruhig und
demutig zugleich hinwandelnden Stromesgang fiber, und versohnend
loset die Kraft durch Trauer zur Milde sich auf."
Nicht minder bildkraftig ist das, was er unter dem Eindruck des
Violinkonzertes desselben Meisters notiert.
a Welch ein unerschopfliches, rastloses Leben, welche Spriinge
der bewegten Gedanken! Lebendig vergegenwartigt das Ganze einen
Kreis junger Manner, die urn das Bild eines gefeierten Helden ver-
sammelt, gemeinsam sein Andenken ehren wollen. Allein wie bald
unterbricht das Genie die Schranke der gemeinsamen Rede. Es springt
heraus aus dem Kreise und beherrscht mit der Gewalt seines Geistes
die untergeordneten Krafte. Wohin es von seiner Phantasie in raschen
HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 117
Sprungen gefiihrt wird, dahin reiflt es die Gedanken der lauschenden
Horer nach. Man sieht die Einzelnen mit leisem Kopfnicken und
kurzen Beifallsrufen ibre Zustimmung aussprechen. Ein lauteres oder
leiseres ,recht, ja!' tont von der oder jener Violine dazwischen, bis
ein allgetneines ,Bravo, Bravo'! den Redner auf Momente unterbricbt
und endlich rauschender Beifall ibn umtost. Allein noch ist seine
Macht nicbt erschopft. Nun beginnt er eine andere Seite des Gefuhls
anzuscblagen. Er weckt den Scbmerz urn den Verstorbenen und leises
Schluchzen laBt sicb hier und da aus dem Kreise der Horer vernehmen,
bis zuletzt der allgemeine Jammer die weitere Rede verschlingt. Jetzt
ist er seinem Ziele nabe; auf die Wehmut grundet er die Ermunterung
zur Tat. Immer hoher streben die Klange empor, immer rascher
folgen die elektriscben Schlage, alle Herzen reiOt es mit fort in
freudiger, zujauchzender Begeisterung. Nun hat er seine Umgebung
wo er sie wollte. Er tritt zurtick in den Kreis der ubrigen und
iiberiaCt sie dem Sturm der geweckten Empfindung."
In seiner Kunstlehre schon, die acht bis neun Jahre vor dem Tage-
bucb liegt, cbarakterisiert Deutinger Beethoven als die „Sehnsucht nach
Gedankentiefe" (S. 536), die im Gegensatze stehe zum Ohrenkitzel eines
Rossini, der Kalte Mendelssohns und dem Bombast Meyerbeers.
Ebenda (S. 537) findet er J oh. Seb. Bach gelehrt, aber geschmacklos. Das
Tagebuch weist aus, dafi er seine Meinung iiber letzteren grundlich revidiert
hat, wShrend Rossini nochmals eine ebenso geistreiche als bedingungslose
Ablehnung erfahrt. Wenn nicht in dem letzten Satze eine Andeutung
liegt, wird es leider schwer auszumachen sein, welche der geistlichen
Kantaten Bachs es war, die Deutinger in eine Begeisterung versetzte, wie
sie aus dem Niederscblag im Tagebuche hervorleuchtet:
. . . „Die geistliche Kantate von Bach . . . war in hohem Grade
geeignet, in den ernsten Geist der friiheren Periode unserer neuern
Musik einzufuhren und zugleich die hohe Schonheit dieses sinnigen
Ernstes zu offenbaren. Wie ein klarer Strom flieOt die durchsichtige,
breite Harmonie der Instrumentierung dahin; man durchschaut an
jedem Punkte die klaren Wasser der Tone bis zum Grunde, und
leicht und sanft schweben die Chore wie schwimmende Nachen auf
der durchsichtigen Spiegelfiache. Die Stimmen drSngen sich wie wall-
fahrende Pilger in die schwanken Kahne und freudig stoBt der
Pilgerzug vom Lande. Zwischen schonen Hiigeln und lieblicben
Villen schlangelt der Strom sich hin, die Pilger singen ein Lied und
schweigen dann wieder, urn gleichsam auf den Wiederhall zu horchen,
der aus den Hainen des Ufers nachruft, bis der Klang die Nachtigall
weckt und ihren Flotentonen wieder die Menschenstimme aus den
Schiffen antwortet. Ihr horchen alle Pilgernden ernst und feierlich,
118 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
ihre Seele empfangt in ruhiger Stille die Eindriicke des festlichen
Zuges, die Ruder sind erhoben und ruhen, nur von den Schiffen
heben sich aucb noch die anderen Stimmen und teilen die Begeiste-
rung gleichsam den ubrigen mit, die nun erst im Chore einfallen und
in schnellen Schwingungen die Empfindung zu ihrer Hone fiihren. Die
Ruderschlage fallen wieder nieder und mit raschen Ziigen fliegen die
Scbifflein zum Lifer. Der Zug ist am Ziele, das Gefiihl hat sich aus-
gesprochen und die Seele ist vorbereitet zur heiligen Handlung. In
der Ruckerinnerung an die Taufe des Heilandes durch Johannes haben
die Gemiiter sich die hohere Stimmung errungen."
Wer die, die Musik beruhrenden Partieen der Schriften und besonders
der Romane unserer Romantiker kennt, wird bei diesen, immer aufs Bild-
hafte gehenden AuBerungen Deutingers unwillkurlich daran erinnert werden.
Bekanntlich war auch der Humor der romantischen Zeit von einer be-
sonderen Art, und Deutinger riickt auch hierin an ihre Seite; fur den
Humor eines Rossini z. B. hat er durchaus kein Verstandnis. Er bat eine
Ahnlichkeit entdeckt zwischen der Musik Rossini's und dem franzosischen
Baustil:
„Ich muQ namlich, um mich in irgend einer Auschauung, be-
sonders aber in solchen Gegenstanden zurechtzufinden, die mir nicht
unmittelbar zuganglich sind, bestimmte Parallelen Ziehen, damit ich
das eine durch das andere, entsprechende, kennen lerne. Als ent-
sprechend denke ich mir aber nur das, was unter demselben Gesetze
eine ahnliche Bewegung durchgeht, was also wie Parallellinien der
gleichen Richtung folgt. In der Kunst z. B. miissen die Kiinste eine
gewisse Ahnlichkeit miteinander haben, indem sie von demselben
Grunde, dem Naturgesetze ausgehen und zu demselben Ziele, der
Offenbarung des Geistes in der Natur, hinstreben. Innerhalb dieser
parallelen Richtung ihrer Bewegung unterscheiden sie sich aber durch
den Stoff, in welchem der Geist sich offenbart. Durch Vergleichungen
von Bewegungen und Bildungen derselben Gattung lernt man aber die
sowohl darunter begriffenen Arten, als die Gattung selbst, deutlicher
erkennen. So wurde mir aus Rossini's Oper die Bedeutung des
franzosischen Baustils selber klarer. In beiden finden sich dieselben
Verzierungen, die den Ernst, die Harmonie, die Einheit fliehen und
dafiir in AuDerlichkeit, in sonderbaren Kriimmungen und barocken
Wendungen ihre Starke haben. Nichts verlauft in sich einfach und
grade. Keine Linie laCt sich gleichmaCig verfolgen. Selbst die
Saule ist mit Laubwerk und bunten Verzierungen umhangt, sodaC
das Auge nur mehr das Einzelne des Zierrats erblickt. Jede Melodie
ist gebrochen, jeder Ton wieder mehrfach zerstuckelt. Und doch soil
die Melodie alles sein. Die Harmonie ist fast gar nicht da. Die Be-
HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 119
gleitung des Gesanges ist wie gar keine, die Instrumentierung un-
endlich schwach. Der vergleichende Verstand fehlt ohnehin und alles
soil die Bewegung des Gefuhls an der Melodie ersetzen. Aber ein
solches ist wieder nicbt da. Kaum ein Ansatz dazu. Gleich geht
alles wieder in SpaB und neckischem Gekicber unter. Der Scherz
allein will noch sich einstellen. Aber dieser Scberz ist nicht Humor,
nicht inneres Gefuhl des Gegensatzes rait dem Ernste, sondern blasse
SpaCmacherei; Possen und GetMndel sind sein Inhalt. Darum ftigt
sich auch das biscben Ernst nicht dazu, denn es ist kein Ernst mit
dem Ernste; das ist selbst der groOte SpaB, daB es niemand Ernst
ist, weder mit dem Ernste, noch selbst mit dem SpaBe. Wie ganz
anders ist schon die komische Seite von ,Zar und Zimrnermann'
behandelt! Da geht das Komische wirklich aus dem Charakter der
Personen hervor und liegt in der Musik selbst. Jede Person wechselt
darum in der musikalischen Bezeicbnung des Charakters. Der SpaB
hat oft nur Sinn, wenn man zugleich die drollige Situation der Mit-
spielenden dazurechnet. Das ist immer Leerheit bei groBter Pretension
nach auBen hin. Ganz wie eine Verzierung im franzosischen Ge-
schmacke, die sich uberall hinandrangt, an Kirchen und Altare, und
doch nirgends hinpaBt, als wo der Geist ein bischen betrunken ist
und Unsinn treibt. Da macht sich dieser krause Humor vortrefflich.
Sonst aber nirgends. So ist selbst die melodische Tonfolge der italie-
nischen Opernmusik noch zersplittert, und wihrend Bellini noch
das Sinnlich-Schone der Melodie, gleichsam wie Palladio die antike
SMule als Vorballe seiner Palaste, gebraucbt, ist dieses einfache MaB
Rossini wieder in der ziellosen Bewegung und grundlosen Leiden-
schaftlichkeit, die kein Leiden zum Grunde hat, untergegangen. Bei
Bellini ist noch italienischer Baustil, auBere Anmut ohne verstandige
allseitige Bedeutung des Ganzen. Italienischer Baustil gegeniiber dem
deutschen, der in voller Harmonie seiner Bogen, Pfeiler, Fenster und
alter einzelnen Tone und Akkorde sich aufschlieBl; das sinnlich Schone
gegeniiber dem geistig Schonen. Diese sinnliche Einbeit und Anmut sind
hier bereits wieder vom Abenteuerlichen und Bizarren verschlungen.
Nichts ist mehr schon, sondern hochstens ist noch das eine und andere
reizend, lockend, verfuhrerisch. Es ist die herz- und gedankenlose Leer-
heit und Liederlichkeit. Selbst der Text von Beaumarchais bat schon
keine Charaktere und Empfindungen mehr, sondern beruht ganz in der
Sonderbarkeit der Situationen, er unterhalt, spannt die Neugierde, aber
belehrt und erhebt nicht, gibt dem Kopfe ebensowenig, als dem Herzen."
Auch mit der Kunst Wagners, des intimen Gegners Rossinischer
Musik, traf Deutinger in jenen Jahren zusammen. Aus dem Jabre 1852
findet sich die Aufzeichnung:
120 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
„Zuletzt kam eine Ouverture von einem neuen Musiktalente,
Wagner. Davon laBt sich nun aber auch gar nichts sagen, es war
wie das Lied von Redwitz:
Es flattern die Aare um mein Haus,
Ich frage wohin? Gen wen?
Ha! wartet, ich fliege mit aus!
Gluckselige Mar! Verfluchter Sarazen!"
Man ist versucht anzunehmen, daO es die ,Faust"-Ouverture gewesen
ist, deren unverhoffte Bekanntschaft ein solches Verlegenheitsbekenntnis,
das freilich gegen unzahlige andere .Bekenntnisse" jener Tage vorteilhaft
absticht, herausgefordert hat.
Es sind letztlich bier noch zwei Stellen des Tagebuchs von Bedeutung,
wo Deutinger musikasthetische Fragen allgemeinerer Natur beriihrt. In
einer Gesellschaft hat eine der Teilnehmerinnen es unnatiirlich gefunden,
an GemMlden Freude zu haben, es wenigstens abgestritten, daD alle Menschen
von Natur aus Sinn dafiir hatten, wan rend es bei der Musik ganz naturlich
sei, dafl sie den Menschen von Natur aus hinreiQe und entzucke. Deutinger
erwidert darauf:
„Ich meine aber, dies ist MiOverstand. Fiir das Schone hat der
Mensch iiberhaupt von Natur aus eine gewisse geistige Empfanglich-
keit, eben weil er Mensch ist und Sinnliches vom Geistigen unter-
scheiden kann. Das sinnlich Angenehme liegt ihm zwar naher, in-
sofern er ein sinnliches Wesen ist. Allein das Angenehme ist nicht
das Schone. Das erstere nur begreift der Sinn, das letztere kann nur
der Geist fassen. In der Musik nun liegt die Empfindung dem Sinne
naher; der Mensch braucht sich nicht geistig anzustrengen, um das
[sinnlich Angenehme?] herauszufiihlen. Daher beruft er sich auf das
Gefiihl als den einzigen Richter. Dies ist Tauschung. Die Bewegung
der Seele, die durch den Sinn erzeugt wird, ist noch nicht Erkenntnis
des Schonen. Sie bringt zwar einen inneren Sturm der Empfindung
hervor, der hier in der Seele mit unsern Neigungen, mit unsern
freudigen und schmerzlichen Erinnerungen zusammenklingt. Diese
Aufregung nennen wir dann Gefiihl. Dieses Gefiihl hangt von der
Reizbarkeit des Nervensystems, von der vorherrschenden Seelen-
stimmung ab, ist, wie jede Seelenstimmung, nur dann von bleibender
Bedeutung, wenn sie vergeistigt wird. So ist es ja bei alien Seelen-
bewegungen. Die Schwarmerei der geschlechtlichen Zuneigung erzeugt
ahnliche tiefe Bewegungen. Allein, wenn diese Bewegung nicht ver-
standen, mit dem Gedanken ins BewuDtsein eingetragen wird, wenn
der Geist nicht den kranken Menschen hinabsenkt in diese Bewegung
des Wassers, wird unsere Seele nicht gesund und stark. Daher die
meisten derselben sich nach und nach wieder verlieren. Das Herz
HATZFELD: MUSIKALISCHES AUS DEM TAGEBUCHE M. DEUTINGERS 121
wird alt und kalt und der Mensch hat keinen bleibenden Gewinn von
all diesen tief aufregenden Empfindungen. So liegt das Schone in
der Musik uns zwar sinnlich naher, aber es wird eben darum seltener
noch verstanden, weil man urn dieser inneren Anregung willen glaubt,
des Geistes dabei nicht mehr zu bediirfen. Bei der Malerei und den
iibrigen Kiinsten aber ist die Unterscheidung schon in der sinnlichen
Wirkung bedingt. Dieses Berufen aufs Gefiihl ist darum weiter nichts
als Bequemlichkeit und Zufriedenheit mit der ersten Empfindung und
hat Armut des Geistes und Oberflachlichkeit in der Empfindung selbst
zur Folge, macht die Seele eitel und leer, statt sie zu bcreichern."
Eine Erganzung im gewissen Sinne erfahren diese Ausfuhrungen
durch eine Parallele, die Deutinger zwischen Symphonie und Landschafts-
gemalde zieht:
„In der Symphonie," sagt er, „ist der Inhalt in der Macht des
Stoffes verschlungen, wie z. B. in der Landschaftsmalerei. Man
kann nicht sagen, welche bestimmte geistige Bedeutung das Landschafts-
gemaide hat. Die WSrme oder Kalte der Farbe, der Vordergrund,
die Tiefe der Landschaft oder tiberhaupt irgend ein Vorzug des dar-
stellenden Kiinstlers bildet den Anhaltspunkt fur den Betrachtenden,
irgend einen Gedanken, eine Empfindung, ankniipfend an die Offen-
barung irgend einer iibermHchtigen Seite der Darstellung, hineinzulegen.
Wenn die warme Luft der Bilder Waterloos auf den duftig gemalten
Baumen gleichsam sich wiegt und mild uns anhaucht, so denken wir
des warmen Abendhauchs irgend eines schon verlebten Tages und
tragen die Poesie dieser gluhenden, nachtonenden Empfindung in das
Bild hinein, es spricht zu uns in seiner Farbenglut, es weckt die
schlafenden Empfindungen der Seele, aber es sagt dem Geiste nichts
Bestimmtes, wie z. B. eine Madonna Raphaels. Dort (d. h. bei
Raphaels Madonna) ist das Ideal ein objektiv gegebenes, das ich selbst
im geistigen Leben trage, und, wenn auch nicht in Farben, doch
immer in Gedanken mir vergegenwartigen kann. Trilt es nun auf der
Leinewand gemalt mir entgegen, so habe ich einen geistigen Anhalts-
punkt der Vergleichung, ich kann meine Idee an der Darstellung des
Kiinstlers und diese an der mir vorschwebenden Idee bemessen, und
bin sbher, dafi ich richtig messe, wenn ich beide wieder an der Ge-
schichte und an der Natur des Geistes und des Menschen prufe.
Solch ein Werk ist bestimmter, aber darum nicht in engeren Grenzen
beschrankt, als das unbestimmte Ahnen der Seele im ersten Fall. Der
Geist umfaDt die Seele, ist so unendlich wie sie und doch einheitlich
und bestimmt. Das Unbestimmte ist kein Vorzug, sondern noch ein
Mangel. Darum offenbart sich in ihm noch die Ubermacht des Stoffes,
der Farbe oder des Tones, und der Inhalt tritt mehr zuriick. Wo
122 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
aber der geistige Inbalt herrscht, da kann die Verherrlichung des
Stoffes zugleich mit dem Inhalt sich offenbaren, und es ist das Hochste
erfullt, was die Kunst geben kann und soil. In diesem Sinne steht
die Symphonie ungefahr auf jener Stufe der Kunst, welche an der
Malerei das Landschaftsgemalde einnimmt. Es kann sich die Macht
des Instrumentes mit aller Freiheit offenbaren; bat sicb aber diese
geoffenbart, so muB sie wieder einem geistigen Leben dienstbar werden,
ohne dadurcb beschrankt zu werden . . ."
Wenn man's auch hier wieder empfinden muO, daB alle Vergleiche
hinken, so wird man doch gestehen miissen, daQ Deutinger diesem oft
gebrauchten Bilde eine geistvolle, tiefergehende Begrundung zu geben ge-
wuBt hat. Aus allem aber geht bervor, daB der stille, kunstliebende
Philosoph einer jener Menschen war, dem, um mit Beethoven zu reden,
die Musik „Funken aus der Seele schlug". Um so mehr muO man es
bedauern, daQ ein fruher Tod es ihm wehrte, das, was er in jungen Jahren
in seiner Kunstlehre als „vorlaufigen Versuch" mit fluchtiger Feder hin-
geworfen hatte, mit reiferen Kraften und reicherer Erfahrung fertig aus-
zubauen.
HANS VON BOLOWS PSEUDONYM
W. SOLINGER
VON A. N. HARZEN-MULLER IN BERLIN
Die Kompositionen Hans von Biilows zerfallen in die mit seinem Namen
bezeichneten und in die pseudonymen; die ersten zahlen einige
zwanzig Opera und enthalten Lieder fiir eine Singstimme und fur
Chor, Klavier- und Orchesterstticke und eine groOe Menge von instruktiven
Bearbeitungen, Arrangements und Transskriptionen fur Piano. Es ist auf-
fallend, daO das aus dem Jahre 1853 stammende op. 1 des 23jahrigen
Pianisten Bulow kein Klavierstuck ist, sondern ein Heft mit sechs Heineschen
und Sternauschen Liedern, gewidmet Frau Rosa von der Milde, geborenen
Agthe, der damals 26jahrigen ersten B Elsa", deren Gatte Feodor der erste
„Telramund B war (Weimar 1850). Sein op. 5, ebenfalls fiinf Lieder, unter
ihnen der wertvolle Heinesche „Fichtenbaum", widmete Bulow Julius
Stockhausen; op. 10 ist die Ouverture nebst den Zwischenaktsmusiken zum
Trauerspiel .Julius Casar" von Shakespeare, die im Manuskript in Berlin
aufgefuhrt wurden, op. 16 die Orchesterballade „Des SMngers Fluch",
op. 20 das symphonische Stimmungsbild .Nirwana". Es ist hdchst be-
dauerlich, daQ man beutzutage Biilows Liedern und Orchesterkompositionen
in unseren KonzertsSlen selten oder gar nicht mehr begegnet. Uber seine
Orchesterballade „Des Sangers Fluch" liegt mir eine gleichzeitige Kritik
vor in einem interessanten Briefe Ferdinand Lassalles an den ihm eng
befreundeten Komponisten vom 1. Februar 1863, der lautet:
„Es ist mir unmoglich, den Tag abzuwarten, wo Sie mich einmal
wieder besuchen, urn Ihnen meine Bewunderung Ihrer Uhland-
Kompositionen auszudriicken. Aber auch uber mich babe ich mich
dabei gefreut. Ich hatte nicht genau auf den Theaterzettel geachtet
und glaubte, als Ihr Instrumentalsatz anting, nicht, daQ er schon an
der Reihe sei. Aber gleich nach den ersten Takten sagte ich mir:
man muO die Reihenfolge verandert haben, das mufi von Bulow sein !
Ich griff nach dem Zettel und sah, daQ sich die Reihenfolge damit in
schonster Ubereinstimmung befand. Aber selbst wenn ich gar nicht
orientiert gewesen ware, eine Komposition von Ihnen zu horen, so
bin ich fest uberzeugt, ich wiirde doch nur geschwankt haben, ob die
Komposition von Ihnen herriihre oder von Wagner. Und das freut
mich meinetwegen deshalb, weil ich sehe, daQ vieles Horen, trotz des
Mangels aller musikalischen Vorkenntnisse, mir doch einiges Ver-
standnis gegeben zu haben scheint."
Von der Freundschaft Biilows und Lassalles soil hier noch spSter die
Rede sein; Bulow wurde lebbaft angezogen von Lassalles glanzender, auQer-
124 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
ordentlicher Personlichkeit, und Ludwig Pietsch bestMtigt (1893), daQ Biilow
sich Lassalle mit enthusiastischer Sympathie angeschlossen habe, zumal
da beide Apostel waren fur das daraals noch so neue musikalische
Evangelium Richard Wagners.
Die wahrend seines Berliner Aufenthaltes entstandenen und pseudonym
veroffentlichten Kompositionen Bulows diirften so gut wie unbekannt sein.
In den beiden Biilow-Biichern von Bernhard Vogel und Eugen Zabel, jenes
erschienen Leipzig 1887, dieses Hamburg 1894, findet man das Biilow-
Pseudonym W. Solinger nicht, und kein Musikerlexikon gibt uns Kunde
von ihm; die groQen Kataloge von Hofmeister und von Challier fiibren
wohl drei derartige Kompositionen auf, liiften aber das Pseudonym nicht;
auch Felix Mottl und Richard Pohl wuCten nichts von Bulows PseudonymitMt.
Ich glaube das erste Auftauchen dieses Pseudonyms in einem Briefe
der Biilow befreundeten Frau EmmaHerwegh, geborenenSiegmund, aus Berlin
nachweisen zu konnen, den sie an ihren Mann Georg, den bekannten
Dichter, am 20. November 1863 richtete, und in dem es heifit: „Gestern
war, wie Du weiCt, die ProceQverhandlung in der Kammer. Das Schonste
dabei, daQ der President einige Stellen aus der ProceObroschure Lassalle's
vorlas als Beleg fur gewisse Punkte. Virchow war entrustet, als man
den Autor dieser Wahrheiten nannte, wegen der ,Unsittlichkeit' desselben,
worauf ein junger achtzehnjahriger Solinger, Mitglied des ,Allgemeinen
Deutschen Arbeitervereins', von der Tribune hinunter rief: ,Dummer
Schulmeister!'" Bekanntlich hatte im genannten Jahre Lassalle diesen
Verein gegriindet, den er im nationalen Sinne leiten wollte. Das von Frau
Herwegh hier zuerst gebrauchte Wort „Solinger" wurde das Pseudonym
Hans von Bulows, der unter diesem Deckmantel drei Kompositionen ver-
offentlicht hat, von denen uns die ersten beiden Liederkompositionen be-
sonders interessieren. DaD die Buchstaben des Pseudonyms W. Solinger
alle enthalten sind in dem vollen Namen Hans Guido Freiherr von Biilow,
diirfte wohl ein Zufall sein! Nach Th. Zolling war's eine Huldigung fur
die Eisenarbeiter der Stadt Solingen, die getreuesten Lassalleaner. Georg
Herwegh lieferte auf Lassalles Wunsch den Text zu Bulows erster pseud-
onymer Liederkomposition; es istdas Bundeslied des „Allgemeinen Deutschen
Arbeitervereins", komponiert von W. Solinger fur vier Mannerstimmen,
erschienen ohne Opus-Zahl im September oder Oktober 1863 im Verlage
von Paul Theodor LiCner 1 ) in Zurich, Druck von Ziircher & Furrer
ebendaselbst (Preis der Partitur 3 Ngr., der Stimmen 7 Ngr.). Wie Moritz
Wirth mitteilt, war es Lassalle, der das Lied zum Druck gab, das dann
ofter in seiner Berliner Wohnung gesungen und von Biilow am Klavier
') Nicht in Leipzig, wie es im Challier-Katalog heiCt, und nicht bei Hugo
Gentzsch in Berlin, wie der Nikolaus Oesterlein-Katalog des Eisenacher Richard
Wagner-Museums vermutet (Leipzig 1895).
HARZEN-MOLLER: HANS v. b0LOWS PSEUDONYM W. SOLINGER 125
begleitet worden ist; in die Arbeitervereine sei Billow nicht gegangen.
In einem Briefe Lassalles an Billow, ohne Datum, heiBt es: 1 ) „Lieber
Biilow! Sie wollten am 11. Februar wieder hier eintreffen, und folglich
beeile ich micb, Ihnen drei Exemplare von Solingers genialer Komposition
zu verehren." Und F. Mehring schreibt in seinem Buche „Die deutsche
Sozialdemokratie" (1879, 2. Auflage): „Die Poesie war vertreten durch
Herweghs Bundeslied:
,Bet' und arbeit'l ruft die Welt,
Bete kurz! denn Zeit ist Geld,
An die Tiire pocht die Not,
Bete kurz! denn Zeit ist Brot usw',
das der bekannte Zukunftsmusiker Hans von Biilow unter dem
Pseudonym Solinger komponierte. Lassalle war iiber diese poetischen
Produktionen in seiner Weise hoch begeistert. Das Lied, das fur den Preis
von 6 Pfg. vertrieben wurde, nannte er ein nimmer sich erschopfendes
Olflaschchen fiir die von Anfang an zerrutteten Finanzen des Vereins."
Das Herweghsche , Arbeiterlied" ist jetztbekanntlich verboten; derselbe
Text ist auch komponiert worden von C. Sahm, J. Scheu, C. Gramm op. 27,
Wendelin Weiflheimer; wenn auch die letztgenannte Komposition auf
sozialdemokratischen Parteitagen gesungen wird, so ist doch die Biilow-
Solingersche „vor allem bekannt", wie die Feuilletonredaktion des Berliner
„Vorwarts" mir versicherte. Da sie nur in einigen hundert Exemplaren
gedruckt und unmittelbar an die Arbeitervereine verteilt worden ist und
nicht im offenen Buchbandel erschien, so ist sie sehr selten geworden;
der Sohn des Dichters, der in Paris lebende Violinist Marcel Herwegh,
dem ich meine Kopie verdanke, besitzt ein Originalexemplar, ebenso das
Oesterleinsche Richard Wagner-Museum in Eisenach als Nummer 10187,
ein Geschenk von Moritz Wirth. Der Drucker und der Verleger haben
kein Exemplar mehr; wie letzterer mir erzahlte, erhielt er fiir den
Kommissionsverlag dieses Liedes — auCer hundert Exemplaren — nicht nur
keine Bezahlung, sondern er muOte spater noch die samtlichen Rechnungen
fiir Druck, Papier usw. bezahlen, da Lassalle bald darauf infolge seines
Duells mit Janko von Rackowitz starb, und seine „miitterliche Freundin",
die Grafin Sophie Hatzfeld, sich nicht verpflichtet fiihlte, die Schuld ihres
Schutzlings zu tilgen. Im Anhang des dritten Bandes der von seiner Frau
Marie, geborenen Schanzer, herausgegebenen „Briefe und Schriften Hans von
Biilows" findet man die Noten des Herwegh-Solingerschen „Arbeiter-
liedes" mit Text nach einem wahrend der Drucklegung aufgefundenen
Exemplare der Originalausgabe verbffentlicht.
>) Hans von Biilows Briefe und Schriften, herausgegeben von Marie von Biilow,
Leipzig 1898. Bd. IV, S. 346.
126 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
Was nun die zweite pseudonyme Liedkomposition Bulows angeht, so
hangt sie ebenfalls eng zusammen mit dem Namen Lassalles; denn sie ist
uberschrieben „Nachruf an Ferdinand Lassalle", tragt die Opuszahl 2 und ist
in Diisseldorf bei Wilhelm Bayrhoffer erschienen, jetzt ubergegangen in den
Berliner Verlag von Hermann Augustin, der nocb Exemplare besitzt. Der
Titel heiCt „Die groDe Firma", Gedicht von Franz Freiherrn von Gaudy,
fur eine Bariton- oder BaBstimme mit Begleitung des Pianoforte komponiert
von W. Solinger. Dieses doppelt-freiherrlichen Liedes wird in der ganzen
Bulow-Literatur mit keiner Silbe gedacht, es muflte denn sein, daQ ein
Berliner Brief Bulows vom 19. Februar 1864 an Dr. jur. K. Gille in Jena,
den damaligen Leiter der dortigen Akademischen Konzerte, sich indirekt
auf dasselbe bezieht; Biilow schreibt da: „Ich sende Ihnen nebenbei auch
— einen vielleicht ernsthaften musikalischen SpaO, betreffs dessen ich auf
Ihre geneigte Diskretion rechne". Vielleicht handelte es sich hier urn eine
Niederschrift von „Die groCe Firma", die als „Nachruf an Ferdinand Lassalle"
im Druck natiirlich erst nach dessen Tode am 31. August 1864 erschienen
sein kann; dann hatte der Komponist es erst spater dem verstorbenen
Freunde gewidmet. Das Titelbild zeigt ein hochst merkwiirdiges und inter-
essantes Weltgericht-Bild, dessen Zeichner nicht signierte. Eingerahmt
ist die Zeichnung von Dornen- und Distelranken, von denen rechts und
links ein Geier und eine Eule herabschreien und ein gehangter Land-
junker mit Sporen an den FiiQen und eine blutende Monchskutte herab-
baumeln. Oben aus den Himmelswolken heraus schleudert Gottvater, von
einer Flammen-Gloriole und von sechs blasenden Posaunenengeln umgeben,
mit beiden Handen feurige Blitze herab und zerschmettert die verschiedenen
zum Teil im Sinne der Tierfabel gestalteten und kostiimierten Vertreter
der menschlichen Gesellschaft, welche die groBe Firma Lump & Kompagnie
bilden: Den Konig (Lowe) mit Krone und Hermelin auf seinem wankenden
Thron, den Tiirken mit seinem Haremskatzchen, den Monch in der Kutte,
die Jesuiten (Bocke), den Staatsbeamten (Fuchs) mit Dreispitz, Degen und
Orden, Kammerherrnschliissel und der Kasse, den Pfaffen (Raubvogel) mit
iiber der Bibel gefalteten Handen, den Redakteur (Schaf) mit seiner Reklame-
zeitung, die judischen Kaufleute mit dem gefiillten Geldbeutel, den Edel-
mann mit der zerbrochenen Hellebarde; sie alle wehren sich verzweifelt
und vergebens gegen das aus der Hohe ertonende Donnerwort „Bankrott!"
oder liegen schon am Boden neben Tiara, Krone und Federbarett, um-
flattert von unheimlichen Fledermausen.
Spater lieB Biilow bei einem dritten Verlage, bei Bote & Bock in
Berlin, auch eine Klaviertransskription unter seinem Pseudonym W. Solinger
erscheinen; warum pseudonym, ist mir unerklarlich. Es handelt sich um
die groQartige Todesszene der Sklavin-Konigin Selika, den Gipfelpunkt der
Meyerbeerschen Oper .Die Afrikanerin"; das Titelbild zeigt den Manzanillo*
HARZEN-MOLLER: HANS v. BULOWS PSEUDONYM W. SOLINGER 127
baum bei den Tempelruinen am Mceresgestadc; er wirkt ubrigens wedcr
durch seinen Blutenduft noch durch seine Apfel giftig, sondern nur durcb
den in seinem Holze befindlichen Wolfsmilchsaft. 1 ) Den Noten ist die von
Ferdinand Gumbert herriihrende deutsche Ubersetzung des E. Scribe'schen
Textes untergelegt. Da die Urauffiihrung der „Afrikanerin" am 28. April 1865
in Paris vor sich ging, ist der Zeitpunkt dieser Transskription nach diesem
Datum gegeben.
Biilow hat es jedenfalls verstanden, bei den beiden sozialpolitischen
Tendenzliedern W. Solingers seine Autorschaft ganz geheimzuhalten,
was ihm als Adligem und Koniglichem Hofpianisten vielleicht erwiinscht
und notwendig erscheinen mochte. Zu seinen Lebzeiten schon diese
Pseudonymitat zu luften, ware gegen seinen ausdriicklichen Willen gewesen.
') Der franzosische Titel scbreibt Manc6nillier, der Hofmeister-Katalog richtig
Mancenillier, obne den Akzent; der lateinische Name des Manchinellen- oder Man-
Bchinellenbaumes ist Hippomane Mancinella.
SCHUBERT UND GOETHE
VON DR. KONRAD VOLKER IN GREIZ
Franz Schubert, der Schopfer des modernen Kunstgesanges, der
Beethoven des Liedes, war, wie sein Meister und Abgott Beethoven,
ein gliihender Bewunderer der Goetheschen Muse. Beide sind
dem Geistesgewaltigen in Weimar, dem „kostbarsten Kleinode der Nation",
wie ihn Beethoven nannte, mit reinster, tiefempfundener Verehrung genaht,
beide vergebens. Er, der auf so vielen Gebieten geistiger Kultur ein
Erster und gerade in der der Musik so nahe stehenden poetischen Lyrik
der Meister aller Meister war, ging in der Musik mit seinem Fuhlen
weniger in die Tiefe wie in die Breite, sie war ihm nicht viel mehr als
„ein reizvolles Spiel fur Sinn und Phantasie", und er ist deshalb sein
Leben lang iiber eine mehr oberfiachliche Musik nicht hinausgekommen.
Ungliicklicherweise geriet er dazu noch in nahe personliche Beziehungen
zu an sich achtbaren, aber neben Beethoven und Schubert doch recht
bescheidenen Talenten, wie Reichardt und Zelter. Und die haben es, vor
allem der brave Maurermeister und Musikus Zelter, in ihrer beschrankten
Philisterhaftigkeit erreicht, daC er an den beiden, die der Hohe seiner
Kunst so unendlich viel naher standen, in kuhler, weltmannischer Vor-
nehmheit voruberging.
Die Begegnungen Goethes und Beethovens in Teplitz und Karlsbad
mit ihren interessanten Details sind schon vielfach erortert worden.
Goethe kam dem Wiener Titanen mit der ihm eigenen Reserviertheit,
aber nicht unfreundlich entgegen. Und Beethoven hatte grofie Hoffnung,
ihn fur eine tiefere Auffassung seiner Kunst zu gewinnen: „Wenn einer
ihm Interesse fur Musik beibringen kann, so bin ich's." Aber das Ver-
haltnis blieb steif. Die beiden grundverschiedenen Manner hatten sich
nur in der Kunst zueinander finden konnen. Und da versagte Goethe
und enttSuschte den leidenschaftlichen Beethoven durch die Kalte seiner
Ablehnung. Trotzdem war Beethoven gliicklich, ihn wenigstens gesehen
und gesprochen zu haben, und er hat diesem Gliick spater mehrfach in
ruhrender Weise Ausdruck gegeben. So bescheiden war der unbandig
selbstbewuflte „GroDmogul" in Wien dem Manne gegeniiber, der sein
Sehnen nach Freundschaft eines Kongenialen ablehnte und seine Kunst
nicht verstand.
Schubert ging es noch schlechter wie seinem Meister. Er hat Goethe
nie gesehen und auch nie eine Zeile von ihm erhalten, obwohl er sein
Leben darum gegeben hatte. Im Jahre 1817 sandte der Freiherr Josef
von Spaun, sein altester und treuester Freund aus der Konviktszeit,
einige seiner Kompositionen Goethescher Gedichte, darunter den „Erlk6nig",
VOLKER: SCHUBERT UND GOETHE 129
mit einem eindringlichen Schreiben an den Olympier: „Die im gegen-
wartigen Hefte enthaltenen Dichtungen sind von einem neunzehnjahrigen
Tonkiinstler namens Franz Schubert, dem die Natur die entschiedensten
Anlagen zur Tonkunst von zartester Kindheit an verlieh, ... in Musik
gesetzt. Oer allgemeine Beifall, welcher dem jungen Kiinstler sowohl
tiber gegenwartige Lieder als seine ubrigen bereits zahlreichen Komposi-
tionen von strengen Richtern in der Kunst sowie von Nichtkennern, von
Mannern sowie von Frauen, zuteil wird, und der allgemeine Wunsch seiner
Freunde bewogen endlich den bescheidenen Jungling, seine musikalische
Laufbahn durch Herausgabe eines Teils seiner Kompositionen zu eroffnen.
Diese Sammlung nun wunscht der Kunstler Euer Excellenz in Untertanig-
keit weihen zu diirfen, dessen so berrlichen Dichtungen er nicht allein
die Entstehung eines groOen Teils derselben, sondern wesentlich auch
seine Ausbildung zum deutschen Sanger verdankt. Selbst zu bescheiden
jedoch, seine Werke der groOen Ehre wert zu halten, einen, soweit
deutsche Zungen reichen, so hochgefeierten Namen an der Stirne zu
tragen, hat er nicht den Mut, Euer Excellenz selbst um diese groCe
Gunst zu bitten, und ich, einer seiner Freunde, durchdrungen von seinen
Melodien, wage es, Euer Excellenz in seinem Namen darum zu bitten.
Fur eine dieser Gnade wiirdige Ausgabe wird gesorgt werden. Ich enthalte
mich jedoch weiterer Anruhmung dieser Lieder, sie mogen selbst fur sich
sprechen . . . Sollte der junge Kunstler so gliicklich sein, auch den
Beifall desjenigen zu erlangen, dessen Beifall ihn mehr als der irgend
eines Menschen in der weiten Welt ehren wiirde, so wage ich die Bitte,
mir die angesuchte Erlaubnis mit zwei Worten gnadigst melden zu Iassen."
Eine Antwort erfolgte nicht. Acht Jahre spater schrieb Schubert
selbst unter Beifugung seiner Vertonung der Goetheschen Lieder „An
Schwager Kronos", ,An Mignon" und „Ganymed a folgenden mehr als
bescheidenen Brief: „Euer Excellenz! Wenn es mir gelingen sollte, durch
die Widmung dieser Compositionen Ihrer Gedichte meine unbegrSnzte
Verehrung gegen E. Excellenz an den Tag legen zu konnen, und vielleicht
einige Beachtung fur meine Unbedeutenheit zu gewinnen, so wiirde ich
den giinstigen Erfolg meines Wunsches als das schonste Ereignis meines
Lebens preisen. Mit grofiter Hochachtung Ihr ergebenster Diener
Franz Schubert."
Auch diesmal blieb die Antwort aus. Fur die Erstlingswerke des
sechzehnjahrigen Mendelssohn, die an demselben Tage eingingen, fand
Goethe viele Worte warmen Dankes, fur Schuberts unvergleichlich reifere
und genialere Kompositionen nicht einmal eine Empfangsbestatigung und
im Tagebuche nur eine trockene Erwahnung. Es ist tief zu bedauern,
daO der Dichterfurst fur den groBten Komponisten seiner Lieder kein
Verstandnis, ja nicht einmal ein Wort der Teilnahme gehabt hat, wahrend
XIV. 20. 9
130 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
er den Kompositionen von Reichardt und Zelter, die man neben denen
Schuberts ohne Bedenken als minderwertig bezeichnen kann, Worte des
hochsten Lobes zollte. Ihm daraus einen groBeren Vorwurf zu machen,
ware allerdings ungerecht. Ich habe scbon auf seine ungeniigende
musikalische Beanlagung und die Zurechtstutzung seiner musikalischen
Bildung durch subalterne Geister hingewiesen. AuBerdcm war er, als
Spaun sich ihm nahte, bereits 68, als Schubert an ihn schrieb, sogar
schon 76 Jahre alt. Sein Ruhm brachtc ihm neben all dem Erhebenden
auch zahlreiche Belastigungen. Taglich wurde er mit Widmungen und
Bittgesuchen uberschiittet, nicht alle konnte er beantworten, ja viele
muBten schon von vornherein mit MiBtrauen aufgenommen werden. Mendels-
sohn war ihm durch Zelter empfohlen, fur Schubert trat keiner ein. Und
einer AuBerung von ihm will ich noch gedenken, die besonders geeignet
ist, ein mildes Urteil iiber sein Verhalten gegen Schubert zu rechtfertigen.
Wir entnehmen sie Eckermanns Aufzeichnungen: „Ich habe groCe Herren
gekannt, denen man viel zusendete. Diese machten sich gewisse Formulare
und Redensarten, und so schriebcn sie Briefe zu Hunderten, die sich alle
gleich und alle Phrasen waren. In mir aber lag dieses nie. Wenn ich
nicht jemand etwas Besonderes und Gehoriges sagen konnte, wie es in
der jedesmaligen Sache lag, so schrieb ich lieber gar nicht. Oberflachliche
Redensarten hielt ich fur unwtirdig, und so ist es dann gekommen, daB
ich manchem wackeren Manne, dem ich gern geschrieben hatte, nicht
antworten konnte." Tragisch bleibt es nur, daB gerade Schubert, der dem
groBten lyrischen Dichter kongeniale Lyriker der Musik, unter dieser
Nichtachtung leiden muBte. 1822 wuBte Goethe, wie Schuberts Schulfreund
Lowenthal, der damals den Dichter besuchte, berichtet, iiberhaupt noch
nichts von Schuberts Kompositionen, er hatte also die Widmung von 1817
vollig vergessen. 1830 sang ihm Wilhelmine Schroder-Devrient den ,Erl-
konig" vor, und da erst erinnerte er sich, das Lied friiher einmal gehort
zu haben, wo es ihm gar nicht hatte zusagen wollen ; so vorgetragen da-
gegen gestalte sich das Ganze zu einem sichtbaren Bild. Schubert war
damals schon zwei Jahre tot. In bitterer Armut war er, noch nicht
32 Jahre alt, am 19. Dezember 1828 am Nervenfieber gestorben. Ein
Kreis hochgebildeter, feinsinniger und uneigenniitziger Freunde, die seiner
Kunst hochste Bewunderung entgegenbrachten und dem warmherzigen
Menschen Schubert herzlich ergeben waren, hatte ihm iiber die Miseren
seines bescheidenen Daseins, „Des Lebens Martergang", hinweggeholfen.
Vor allem aber war es die Sonne seiner Kunst, die das an auBeren Ein-
driicken und Gliicksgutern so arme Leben des schlichten deutschen
Meisters mit ihren warmen Strahlen vergoldete und ihn oft vor Seligkeit
ergliihen lieB, wenn der Genius ihn mit dem Zauber seiner Harmonieen
umfing und iiber all die Triibsale und Entbehrungen, die das Leben ihm
VOLKER: SCHUBERT UND GOETHE 131
trotz alter Freundschaft edler Menschen noch brachte, den Schleier der
schSpferischen Inspiration deckte. Ein Ausspruch von ihm uber Goethes
verletzendes Schweigen ist uns nicht uberliefert. DaC es ihn bitter ge-
krankt hat, wird niemand in Abrede stellen konnen, der in der Lage ist,
mit ihm zu fiihlen, nur hat er vermutlich in seiner still-geniigsamen Art
diese herbe Enttauschung, wie so manche andere, in sich hineingeschwiegen.
Die Begeisterung hat er dem GroCen in Weimar jedenfalls bis ans Ende
bewahrt und damit noch mehr wie Beethoven wahre SeelengroOe bewiesen.
Was allerdings Goethe fur ihn als Komponisten zu bedeuten batte,
ist mit dem, was er Beethoven war, gar nicht zu vergleichen, ja uberhaupt
nicht abzuschatzen. Es ist sogar, und gewiQ nicht ohne Grund, behauptet
worden, daB ohne Goethe Schuberts lyrisches Lebenswerk gar nicht denk-
bar gewesen sei. Schon Spaun weist in seinem Brief an Goethe darauf
hin. Man vergegenwartige sich die Wirkung der Goetheschen Muse auf
Beethoven. 1811 schreibt er an Bettina Brentano: „Ich bin eben im Be-
griff, an Goethe zu schreiben wegen Egmont, wozu ich die Musik gesetzt,
und zwar bloO aus Liebe zu seinen Dichtungen, die mich gliicklich machen".
Von 1808 ab bis an seinen Tod beschaftigte ihn wieder und wieder der
Gedanke, zum „Faust", dem „Evangelium des modernen Geisteslebens", eine
Musik zu schreiben, da er ihn in hochstem MaDe schopferisch anregte.
Ahnlich wirkte auf ihn die Goethesche Lyrik. Die schonsten der wenigen
Lieder, die er geschaffen hat: „Mignon", „Neue Liebe, neues Leben",
B Wonne der Wehmut", sind von Goethe gedichtet. Und in ihrem „Brief-
wechsel eines Kindes mit Goethe" hat Bettina, zwar nicht in Beethovens
Ausdrucksweise, aber doch mit der „hellseherischen Kraft einer anschmieg-
samen Natur" dem Sinne seiner Rede entsprechend fur den Eindruck der
Goetheschen Kunst auf Beethoven einen unnachahmlichen Ausdruck
gefunden: „Gestern ging ich mit ihm in einem herrlichen Garten in voller
Bliite, die Treibhauser offen, der Duft war betaubend; Beethoven blieb in
der driickenden Sonnenhitze stehen und sagte : Goethes Gedichte behaupten
nicht allein durch den Inhalt, auch durch den Rhythmus eine grofie Gewalt
iiber mich, ich werde gestimmt und aufgeregt zum Komponieren durch
diese Sprache, die wie durch Geister zu hoherer Ordnung sich aufbaut
und das Geheimnis der Harmonie schon in sich tragt. Da muB ich dann
von dem Brennpunkt der Begeisterung die Melodie nach alien Seiten hin
ausladen, ich verfolge sie, hole sie mit Leidenschaft wieder ein, ich sehe
sie dahinfliehen, in der Masse verschiedener Aufregungen verschwinden,
bald erfasse ich sie mit erneuter Leidenschaft, ich kann mich nicht von
ihr trennen, ich muB mit raschem Entziicken in alien Modulationen sie
vervielfaltigen und im letzten Augenblick da triumphiere ich uber den ersten
musikalischen Gedanken, sehen Sie, das ist eine Symphonie . . . ". Um
wieviel mehr muflte Schubert, der Lyriker xazr' i$oxrjv, von Goethes Lyrik
9*
132 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
ergriffen werden. Die groBe, herrliche Melodie der Goetheschen Gedicbte
mit ibrem unnachabmlichen Farbenzauber wirkte auf ihn, den Meister
farbenreichster Phantasie, wie eine Offenbarung, und je tiefer er in sie
eindrang, um so voller sprudelte ihm aus ihnen der kostlichste, reichste
Wunderquell entgegen und erzeugte in ihm jene genialen Gebilde musika-
lischer Lyrik, die keiner, der sie gehort, je vergessen kann. Mit Goethes
.Gretchen am Spinnrade" leitete im Jahre 1814 der Siebzehnjahrige die neue
Ara des Liedes ein. 72 Lieder Goethes hat er im ganzen vertont (erst
in weitem Abstande folgen die daneben von ihm am meisten bevorzugten
Dichter: Schiller mit 46, Wilhelm Miiller mit 44 und Mayrhofer, sein
langjahriger Vertrauter, mit 47 Gedichten), darunter auBer den bereits ge-
nannten die Mignon-Lieder, die Gesange des Harfners, die Suleika-Lieder,
das .Heideroslein", »Rastlose Liebe", den „Konig in Thule", den ,Musen-
sohn", B Geheimnis", den B Nachtgesang°, „ Wanderers Nachtlied", den
„GesangderGeisteriiberden Wassern" und alsmMchtigstes den. Prometheus".
Diese 72 Lieder bilden einen wundervollen Bau lyrischer Kunst, in dem
sich Schonheit des Textes und der Musik zu einem harmonischen Ganzen
im edelsten Sinne vereinigen. Und aucb zu den vielen anderen Liedern
Schuberts (im ganzen bat er iiber 600 komponiert) bis hinauf zum alle
uberragenden Gipfel der „Winterreise" hat Goethe sein Teil beigetragen;
denn der Liederreformator Schubert ware ohne seinen tiefgreifenden Ein-
fluB uns vielleicht iiberhaupt nicht beschert worden, mindestens aber nicht
zu dieser Hohe gelangt.
Darum wollen wir dem Altmeister trotz der KrSnkung, die er Schubert
angetan hat, dankbar sein, daO er durch seine unvergangliche Kunst, mit
der er schon dem Gewaltigsten im Gesamtreiche der Schwesterkunst Musik
Stunden wahren Gliicks und intensivster kiinstlerischer Anregung gebracht,
den GroBmeister des Liedes zu Hochstem begeistert bat.
REVUE DER REVUEEN
Zum 100. Geburtstag von Robert Franz (SchluQ)
BERLINER LOKAL-ANZEIGER, 27. Juni 1915. — B Robert Franz." Von Wilhelm
Klatte. „. . . GroQ ist die Zabl der Sanger und Sangerinnen, die aus dcm
Reichtum der Franz-Lieder zu schopfen wuQten, von je nicht gewesen. Die Schar
der Vielzuvielen, die sich mubsam mit dem andertbalb Dutzend in der Gesang-
stunde eingelernter Lieder durcbschligt, kommt fur Robert Franz kaum, jedenfalls
nur fur ein paar seiner allerbekanntesten Lieder in Betracbt. Die wirklich Berufenen
aber haben sicb zu oft nur verleiten lassen, der breiten Wirkung, dem ,groQen
Effekt' nacbzujagen, und daffir bieten Franzscbe Gesange nicbt den recbten
Keimboden. Sie gehoren ubcrhaupt nicbt dorthin, wo der schreiende Effekt seine
StStte bat; sie verlangen den intimen Konzertsaal, und von dort sollen sie von
den Pflegern kunstlerischer Hausmusik ubernommen werden. Nach Ahem und
Altestem grabt man muhselig, um der Hausmusik Stoff zuzufuhren, und nach den
nabeliegenden SchMtzen greifen gar wenige. Von Schubert wissen sie und von
Schumann und Mendelssohn; aber die allein, die sich aucb in die edle Fulle
Robert Franzscher Lyrik vertieft haben, wissen erst ganz zu ermessen, welches
Kleinod wir besitzen in dem, worum die Volker der Welt uns beneiden, im
deutschen Lied."
BERLINER BORSEN-ZEITUNG, 27. Juni 1915. — ..Robert Franz' 100. Geburtstag."
„ln Robert Franz," sagt der ungenannte Verfasser, „verehrt die deutsche Musikwelt
einen der bedeutendsten Liederkomponisten der romantischen Scbule, einen Kom-
ponisten, der sich neben den ersten Meistern seines Facbes, den Schubert und
Schumann, mit Ehren bebauptet hat. Wie jenen, war auch ihm, wenn auch nicht
in gleich hohem Made, cine reiche melodische Erflndung und ein poesievolles
Empfinden zu eigen, und wie jene hat auch er mancb kostlicher Schopfung aus
dem Scbatze unserer alteren Lyrik musikalischen Odem eingehaucht. Freilich
sind seine Lieder nicht eben so tief ins Volk gedrungen, weil seinem Schaffen
die voile Ursprunglichkeit und auch der volkstumliche Zug fehlte, der sich
speziell in zahlreichen Schubertschen Liedern auspragt, seine bohe Bedeutung als
ein wurdiger Priester deutscber Liederkunst wird jedoch nicbt herabgedruckt.
Lieder wie ,Es hat die Rose sich beklagt' oder ,Er ist gekommen in Sturm und
Regen' werden stets den edelsten Bluten im Zaubergarten unserer musikalischen
Lyrik beigezihlt werden durfen . . ."
BERLINER BORSEN-COURIER, 27. Juni 1915. — „Robert Franz." Von Alfred
Keller. Franz war dem Text gegenuber „musikalisch nicht so despotisch wie
Schubert oder so sinnlich wie Schumann. Seine hingebende Natur hatte keine
inneren WiderstSnde zu Gberwinden, obgleich sie von zartester Keuschheit und
beinabe scheuer Angst war. Liszt hat wohl das Ricbtige getroffen, wenn er Franz
,eine dem weiblichen Gefuhl eigene Reizbarkeit' und ein ,echt weibliches Entgegen-
nehmen des dichterischen Stoffes' zuschreibt. Leider ist Franz heute aus den
KonzertsSlen fast ganz verschwunden. Nur ein paar Lieblinge kehren immer wieder.
Man muD diese Miiiachtung bedauern, da dadurch unserem musikalischen Leben
vom besten und feinsten Gut entzogen wird. Sie kann nur auf mangelnder Kennt-
nis der Franzschen Werke beruhen. Wie manche Perle ruht leider noch unge-
hoben in ibnen. Aber die meisten unserer Sanger und Sangerinnen ziehen vor,
nur nach dem nichstliegenden Material zu greifen und sich immer und immer
wieder an den gleichen bekannten Liedern zu messen und uns damit zu langweilen,
134 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
statt wirkliche Umschau zu halten in dem reichen dcutschen Liederscbatz und
Neues bervorzuziehen und zu beleben. Doch sind an dieser Scbuld unsere Musik-
bochschulen mitbeteiligt. Wo wird an ibnen z. B. eine Gescbichte des deutschen
Liedes gelehrt? Allerdings stellen die Franzscben Lieder hobe Ansprucbe an die
kunstlerische Wiedergabe . . ."
TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 28. Juni 1915. — „Ein deutscher Liedermeister."
Von Adolf Gottmann. „. . . Im Kleinen groB sein, das war das Ziel seines ton-
dichterischen Wollens, der Endzweck seiner ecbten deutschen Heimatkunst. Hier
lebte er sich aus. Da schuf er eine kristallklare Lyrik von jener musikalischen
Objektivitat, deren Kunstwert immer hochgeschatzt, im Konzertsaal aber fremd
und fremder werden wird . . ." „Durcb die Scbeu vor dem Leidenschaftlicben,
vor der GroQzugigkeit des Ausdrucks uberbaupt, hat die Neuzeit, der musikaliscbe
Fortschritt und nicht zuletzt das Wacbsen der GroBenverhaltnisse unserer Konzert-
sile das Scbaffen von Robert Franz nicht nur iiberbolt, ja sogar seine Kleinkunst
vor der Offentlicbkeit zu einer Diminutivkunst zuruckgedringt . . ." „Ihm, dem
Insicbgekehrten, war die Offentlicbkeit, der die Stimmung brutalisierende, grell
beleuchtete Konzertsaal ein Greuel. Sein Schaffen, seine feinfidige Tonsprache
war denn auch nie auf eine dimensionale Wirkung eingestellt, mocbte nie nach
dem lauten Erfolg der groilen Masse geizen. Was sein Talent uns gab, war Haus-
musik im edelsten Sinne des Wortes; Hausmusik fur den kleinen Kreis Kunst-
verstandiger, deren Qualititen immerbin groB genug, dem Kunstwerk zu geben,
was des Kunstwerkes ist. So gehort, entschleiern die Stimmungsbilder des Halloren-
sohnes, die im Konzertsaal, wo man ihnen laute Wirkungen abringen wollte, immer
febl waren, Reize von reiner Schone. Da tritt die ganze Tiefe des Gemutes, die
voile deutscbe Ehrlichkeit ihres Schopfers zutage . . ."
BERLINER TAGEBLATT, 28. Juni 1915. — ^Robert Franz." Von James Simon.
„. . . Den Beruf des Lyrikers in sich fublend, hat Franz fast ausschliefilich die
Kunstgattung des Liedes bebaut, innerhalb dieser Zone aber eine groBe Frucbt-
barkeit entfaltet . . . Gerade in unseren Tagen, wo sich der Deutscbe wieder auf
sein innerstes Wesen besinnt, sollte man ofters zu dieser urdeutscben, sinnigen
Hausmusik zuruckgreifen. Auch unsere KonzertsSnger, denen nicht an blendenden,
sondern eindringlicb-intimen Wirkungen gelegen ist, sollten iiber Brahms, Hugo
Wolf und StrauB diesen Fixstern der deutschen Lyrik, wie ihn Liszt genannt hat,
nicht ganz vergessen."
VOLKSZEITUNG (Berlin), 26. Juni 1915. — „Ein Meister des deutschen Liedes."
„. . . Die Eigenart des Franzschen Liedes liegt vor allem in seinem tiefen Ver-
standnis fur das Dichterwort und in seiner unerschutterlichen Achtung davor. Er
ist kein Dramatiker, er ist ganz Lyriker. Er erfaBt das Gedicht von seinem Kerne
aus und baut auf diesem Grunde die Vertonung auf. An der Strophenform bat
er immer festgehalten. Seine Melodieen sind schlicht, klar, fein, einprigsam; die
Tone, die er auf seiner Harfe hat, mannigfaltig; sie gleiten vom tiefsten Leide
hinuber bis zum neckischen Obermute. Ein Hauch zartester Empflndung, dem
Dufte einer Blute vergleichbar, ist zuletzt das, was an seinen Liedern das eigentlich
Franzsche ausmacht."
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 27. Juni 1915. — „Robert Franz." Von Max
Marschalk. „. . . Ich weiB nicbt, in welchem Umfange die Franzschen Lieder ein
Bestandteil unserer Hausmusik geworden sind. Nach den Beobachtungen, die ich ge-
macht babe, will es mir so scheinen, als ob ibre Geltung auch in den Kreisen singe-
kundiger Dilettanten zuruckgegangen sei. Unsere Sanger von Beruf haben Franz
seit Jahren in einer Weise vernacblSssigt, die zu versteben und zu erklaren dem
REVUE DER REVUEEN 135
Kenner der Franzschen Muse nicht leicht wird. Wie selten geschieht es, daB wir
auf unseren Konzertprogrammen Franzsche Lieder verzeichnet flnden . . . Und es
sind zumeist imtner wieder dieselben Lieder, dieselben oft gesungenen und alt-
erprobten, die man zu horen bekommt ..." „. . . Es ist der Versuch gemacht
worden, zu beweisen, daB das Franzsche Lebenswerk sozusagen ein Gipfelpunkt
der musikaliscben Entwicklung sei. Aber der Beweis bat keine Uberzeugungskraft,
und soviel auch fiber den Reichtum der Phantasie des Meisters gesagt worden ist,
fiber die FfiUe der Gedanken, die ihm zuflossen, fiber die an Bach und Handel
geschulte rneisterhafte Form, fiber die Tiefe und Reinheit des Geffihls, das aus
seinen Liedern spricht, fiber die Starke des Geistes, der in ihnen leuchtet, so fragt
man sich doch letzten Endes, indem man alles willig zugesteht, was jemals von bc-
geisterten Anhangern fiber ihn verkfindet worden ist, ob sich in seinen Liedern wirk-
lich die Hand eines Genies offenbart. Wenn wir an den gottlichen, unerschopflichen,
unvergleichlicben Schubert denken, dessen Eingebungen in seinen groBen und in
seinen kleinen Liedern uns immer wieder fiberrascben und erschuttern, wenn wir
ihn ein Genie nennen, wenn wir in den schonsten Liedern Schumanns die Luft
verspfiren, die aus unermelilichen Hohen zu uns herabweht, wenn wir sogar in
einzelnen Liedern Mendelssohns das Transzendentale feststellen, wenn wir auch
Schumann und Mendelssohn also Genies nennen, so haben wir, wenn wir an Franz
denken, eine leise Scheu, das Wort auszusprechen." «... Vielleicht liegt in dem
Bekenntnis des Meisters, der uns so viele ,kostbare Liederperlen' geschenkt hat,
in dem Bekenntnis, dad er niemals an die Publikation der gewonnenen Resultate
gedacht, daB er sie vielmehr ruhig ins Pult gelegt habe, um von Zeit zu Zeit
Heerschau zu halten, ein weiterer Schlussel dafiir, daB sie eine in die Breite
gebende Wirkung verfehlen. Nehmen wir uns vor, unser Urteil noch nicht ab-
zuschlieBen; und seien unsere Singer ermahnt, der Welt ofter als bisher zu Urteils-
revisionen Gelegenheit zu geben!"
DRESDNER ANZEIGER, 28. Juni 1815. — „Ein deutscher Liederkomponist."
„. . . Die Schuld des Vergessenbleibens liegt durchaus nicht bei Franz. Seine
Lieder ge horen zu den besten deutschen Schopfungen und haben namentlicb im
Kreise seiner engeren Fachgenossen stets das groBte Lob gefunden. Aber er ist
vielleicht etwas unmodern; er ist zu wenig dramatisch, etwas auf das Mystisch-
Gebeimnisvolle gerichtet; er ist vielen wohl zu zart, zu keusch. Er reiBt nicht
bin, er bestrickt nicht mit auBerem Aufwand. Bei ihm ist alles verinnerlicht, beseelt.
Ihm kam es darauf an, den Stimmungs- und Gefuhlsgehalt eines Gedichtes so
tief wie nur moglich auszuschopfen. Er wollte Worte und Musik zu einer un-
trennbaren Einheit verschmelzen. GewiB ist er von Schubert und auch von
Schumann ausgegangen, aber er ist bald eigene Wege geschritten und hat das Werk
Schuberts selbstSndig weitergefuhrt. Schubert legte noch, einem gewissen Schematis-
mus folgend, den groBten Wert auf die Fuhrung der Singstimme, auf die Melodie,
bei Schumann dagegen fiberwog haufig die Klavierbegleitung. Franz dagegen suchte
in feiner Weise zwischen diesen beiden Arten zu vermitteln und dem deutschen
Lied einen durchaus individuellen Charakter zu verleihen. Er ist somit der Ab-
schluB der klassisch-romantischen Periode und der VorUufer der jfingsten kfinst-
lerischen Richtung, die in Hugo Wolf und Brahms ihren Hohepunkt erreicht
hat . . ."
DRESDNER NACHRICHTEN, 27. Juni 1915. — .Robert Franz." Von Eugen
Schmitz. „. . . Nicht das Gedachtnis titanenhafter Grofle Oder genialischen
Ringens um die hochsten Ideate der Tonkunst knfipft sich an den Namen von
Robert Franz; aber wenn man den Blick fiber den duftenden Garten deutscher
136 DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
Lyrik schweifen lSBt, der im vergangenen Jabrhundert seine Bluten erscblofi, so
ragen die zarten SproBlinge der Franzschen Muse trotz glanzvoller Umgebung doch
unter den reizvollsten ihrer Art besonders bervor. So darf dem bescbeidenen Meister
an seinem Ehrentage dankbare Erinnerung nicbt versagt bleiben." „. . . Sein Stil
stellt sich als eine eigenartige Mischung romantischer Harmonik und altklassischer
Kontrapunktik dar: die Vokalmelodie erhilt meist eine polypbon ebenso kunstvolle
wie modulatoriscb kuhne instrumentale Unterlage. Dadurch gestalten sicb des
Meisters Lieder reich an interessanten Einzelbeiten: ihr Grundcbarakter ist
aber trotzdem ein durchaus volkstumlicher, wofur SuBerlich schon die
Vorliebe fur die scblichte Strophenform kennzeicbnend erscheint. Und gerade
diese vornehme, in ihrer Art einfache und doch auch wieder poetisch wie musi-
kalisch so reiche Volkstumlichkeit weist Franz* Kunst ibre besondere Stellung im
Rabmen des modernen Musiklebens zu. Wenn die Lieder von Franz im Konzert-
saal relativ selten erscheinen, so ist daran nicbt nur die oft beklagte Bequemlich-
keit der ausubenden Kunstler scbuld. Vielmehr eignet sich das intimc, volks-
tumliche Wesen der Franzschen Lyrik tatsachlich nicht recht fur das grelle Licbt
der Offentlichkeit. Dafur sind diese Lieder Hausmusik im edelsten Sinne
des Wortes. Als solcbe kommt ihnen um so groBere Bedeutung zu, da die Pflege
moderner Hausmusik bedauerlich daniederliegt. Vielleicht wird aber gerade unsere
Zeit, der sich der Sinn fur alle Regungen deutscher Geisteskultur unter dem
Zwange heiliger Not so michtig schSrfte, den Wert der Franzschen Muse fur das
deutscbe Haus neu schStzen lernen."
DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN, 27. Juni 1915. — ^Robert Franz." Von
August Pu ringer. Aus den Franzschen Liedern, urteilt Verfasser, haucht das
deutscbe Volkslied seinen reinen Atem, „aber in einer ldealisierung, die danach
trachtete, dafi das Textwort ,im Tone zu voller BIQte aufbreche'. Der scbone
Ausspruch ist von Robert Franz selbst und zeigt ihn wirklich auf dem Wege, auf
dem auch Wagner . . . ging und den spiter der Erfuller des Franzschen Strebens
in der Liedvertonung, Hugo Wolf, bis ans Ziel durchbrach: den Geist des Dichters
mit der Seele seines Gedichtes lebendig zu machen; die Melodie der Singstimme
durfte schlieClich nichts anderes mebr sein als ein gehobener Vortrag des Ge-
dichtes, aber alle Fulle seiner Empfindung, der ganze Duft seiner hinter den
Worten verborgenen Stimmungen muCte aus ihr und der Musik des begleitenden
Instrumentes berauschend hervorbrechen. Das Schaffen dieser Meister des Liedes
ist also nichts anderes als ein Wiedergebarungsakt aus dem Geist der Tonkunst,
aus dem ja auch der Dichter in Wahrheit schafft, von dessen Erscheinung das
glucklichste dicbterische Wort aber nur farbige Scbatten festbalten kann. Man
sebe sich in dem reichen Liederschatz, den Robert Franz hinterlassen, nur ge-
horig um, und man wird mit Erstaunen gewahren, in wie vielen Liedern ihm schon
gelungen ist, mit den einfacbsten Ausdrucksmitteln wahrer Meisterschaft dieses
Ziel zu erreichen oder ihm doch sehr nahe zu kommen." „Seit 1902 ist ihm in
Halle ein schones Denkmal errichtet, zu dem die Spenden aus alien Teilen
Deutschlands zuflossen. Fast zur selben Zeit aber liefi Deutschland sein Lieder-
werk, sein Lebenswerk, der Vergessenheit immer mebr und mehr anheimfallen.
Es ware Zeit, dad unsere Liedersanger von Beruf diesem Zustand ein Ende setzten,
doppelt dringlich in einer Zeit wie dieser, die von uns gebieteriscb die Pflege
deutscben Geisteslebens verlangt."
DRESDNER VOLKSZEITUNG, 26. Juni 1915. - „Robert Franz." Von E. B.
„. . . Leider sind unsere Kehlkopfhelden und -heldinnen den Franzschen Liedern
wegen ihrer eingebildeten ,Undankbarkeit und Einfacbbeit' nicht recht gewogen,
REVUE DER REVUEEN 137
und man suchte in den Konzertprogrammen der letzten Jahre nach jenen herrlichen
Perlen deutschester Musik sehr oft umsonst. Dabei hat . . . Lilli Lehmann ganze
Konzertabende nur mit Franzschen Liedern ausgefullt; Gura, Alice Barbi, Senfft
v. Pilsach u. a. haben die Werke oft mit tiefstem Eindruck gebracht. Die edel-
verklSrte Schwirmerei in der Widmung ,0, danke nicht fur diese Lieder', das
duster-leidenscbaftlicbe, an Beethovens Appassionata gemahnende ,An die Wolke ,
das friscbe ,Wanderlied', das schmerzlich erregte Herbstlied ,Die Heide ist braun',
das seltsam unrubige und volkstfimliche Lied im 7 /«-Takt ,Wird er wohl noch
meiner gedenken?' oder das suB-begluckte ,Er ist gekommen' — das sind rasch ...
von mir herausgegriffene Bluten aus dem wundersam reicben, duftenden StrauQe
der Franzschen Lieder, deren jedes einzelne einen besonderen, dem Gedicht
entsprecbenden Stimmungsgebalt in edelster, schlicbter Form, genial in der Melodic
und ausdruckstief in dem Klaviersatz, offenbart."
HALLESCHE ZEITUNG, 27.Juni 1915. — B Robert Franz." Von W. Kaiser. „. . . Die
Ursprunge seines musikalischen Stils leiten zu Bach hin und dem protestantiscben
Kirchenlied, das in den entscheidenden Abscbnitten seines Lebens nachhaltig auf
ibn einwirkte, ebenso wic zu Schubert und Schumann. Blotter Nachahmer ist er
darum nie gewesen. Alle EinflSsse starkten vielmehr die urspriingliche Kraft
seiner eigenen Pers5nlicbkeit. Niemals vor ihm waren einerseits Melodie, Harmonie,
Rbythmus und andererseits Singstimme und Begleitung zu so enger Einbeit ver-
wachsen. Alle seine Lieder entstanden aus innerem Drang, indem er sich in den
Sinn der Worte versenkte und den Blick auf das gesamte dichteriscbe Werk richtete.
Wertloses Reimgeklingel vermochte seine Seele nicbt in Schwingungen zu ver-
setzen. Nur ecbte und wahre Gefuhle befeuerten seinen musikalischen Schaffens-
trieb. Stets war er bedacht, seinen Schopfungen nicht bloB isthetische, sondern
auch ethiscbe Werte zu verleihen. Freilich fur den rauscbenden Betrieb des
Konzertsaales waren die kostlichen Lieder nicht zugesebnitten, denn der Schonheit
Stimme redet nur leise. . . ."
NEUE ZURICHER ZEITUNG, 28.Juni 1915. - ..Robert Franz". Von Sch. „. . . Die
Schopfungen Franz* entstanden aus innerem kunstlerischen Drange. Fremd ist
daber seinen Gesangen alles, was auf einen Suderlichen EfFekt hinzielen wurde;
sie sind keine ,dankbaren* Lieder im vulgiircn oder vielmehr trivialen Sinne,
wo man unter Dank nur den donnernden Applaus versteht, unbekummert darum,
ob eine nachhaltige Wirkung beim Horer erzielt wurde, und dieser negativen
Wirkung ibres Wesens ist es zum Teil zuzuscbreiben, dad sie im Konzertsaal
ziemlich selten erscheinen. Dafur entfaltet sich der nach innen gekehrte Grund-
zug in einer Fulle der hochsten positiven kunstlerischen Vorzuge. Franz kann
als Muster fur die Losung der Frage gelten, welche Gedichte strophisch und welche
durchzukomponieren sind. Bewunderungswurdig ist, wie er stets mit feinstem
Gefuhl die Grundstimmung einer Dichtung erkennt, auch da, wo das Gedicht einen
Wechsel von Bildern und Gedanken enthalt. Durch die beiden letztern lalit er
sich uberhaupt nie zu Detail-lllustrationen, die den Gesamteindruck zerpflucken
wurden, verleiten; dennocb wird er bei den strophischen Kompositionen jedem
Worte, das ein musikalisch geltend zu machendes Empflndungselement enthilt,
auf das schonste gerecht, indem er diese Empfindung in einem feinen, scharfen
Lichte, das er vermittelst einer scheinbar geringfugigen Wendung aufsetzt, wie
einen kleinen bell blitzenden Diamanten hervorleuchten iatit. . . ."
Willy Renz
BESPRECHUNGEN
BUCHER
289. Otto Schnyder: Grundzuge einer
Philosophic derMusik. Verlag: Huber
& Co., Frauenfeld 1915. (Mk. 2.80.)
In den philosophischen Arbeiten der letzten
Jahrzehnte laflt sich iramer mehr ein Streben
nach einer Darstellungsweise erkennen, fur
wclche Schnyder selbst als Kennzeichen angibt:
„m6glichste Deutlichkeit der Begriffe", „mog-
lichste Strenge der Systematik", „moglicbste
Einfacbbeit, Klarheit und Niichternheit der
Sprache". Am langsten hat die pbilosopbische
Behandlung kunstlerischer Probleme auf diesen
Fortschritt der Methode warten lassen, und so
weckte es in mir die besten Erwartungen, als
ich gleich zu Anfang von Schnyders Buch eine
klare Disposition und eine ersichtliche Vertraut-
heit mit der bewuBten Anwendung praziser
Denkmethoden bemerken konnte.
Die weitere Lekture des Buches hat meine
Erwartungen enttauscht. Alle Denkmethoden
haben einen Zweck nur insofern, als sie zur
Gewinnung neuer Gedanken oder zur klareren
Ubersicht fiber ein bereits gewonnenes Ge-
danken- oderTatsachenmaterial fuhren; Schnyder
aber gibt Form obne Inhalt, insofern, als ich in
dem ganzen Buche nicht einen Gedanken oder
ein Ergebnis gefunden babe, das nicht schon
Gemeingut der Kreise ware, die sich iiberhaupt
mit den einschlagigen Fragen befassen. Ein
gewaltiger Apparat an philosophischen Distink-
tionen und Termini technici wird aufgeboten,
die Musik wird immanent, transzendental und
transzendent betrachtet, und — es ist B mit
Worten ein System bereitet". Die trivialsten
Satze werden vom Verfasser als sein geistiges
Eigentum pomphaft vorgebracht, z. B (S. 63):
„Ich stelle die Behauptung auf, aufier dem Ton
sei das Gem fit StofF der Musik", und als Er-
gebnisse langatmiger Untersuchungen werden
SStze vorgetragen, wie (S. 67): „Wahrend das
Talent nur gewohnte und bekannte Wollungen
hervorzutreiben vermag und sich auf ein be-
stimmtes Gebiet des Gemutes beschrSnkt, ist
es dem Genie eigen, auch hier neue Bahnen
zu zeigen, neue ursprungliche Wollungen ent-
stehen zu lassen und alles zum Ausdruck zu
bringen, was immer Gemut genannt werden
kann." Man wird ubrigens der Behauptung,
da(J das Genie ausnahmslos die ihm bier zu-
geschriebene UniversalitSt besitzt, nicht ohne
Einschrankung beistimmen konnen.
Ein Beispiel dafiir, wie ergebnislos Schnyders
umstandliche Denkoperationen verlaufen, ist
seine Erorterung der „Schonheit als Ausdruck
der Formbildung" (S. 92 ff.). Hier sagt er: „Wende
ich das hochste Formgebilde, die Idee, auf einen
beliebigen, in der Weise der Anschauung vor-
gestellten Stoff an, so ergibt sich ein hochst
eigenartiges, wunderbares Phanomen: Der in
der Anschauung ungegliederte Stoff verwandelt
sich in ein hochst geordnetes Gebilde, das alle
formalen Beziehungen, nicht nur die Kategorien,
sondern auch die Kategorialien widerstrahlt.
Dieses Phanomen, das jedermann kennt, das
aber bisher noch niemand genugend erklart hat,
ist die Schonheit." Mit dem Schlusse dieses
Zitats
als erster das Phanomen der Schonheit genugend
erkllrt habe. In der Tat, wenn wir erst recht
wissen, was wir uns unter der „Idee" denken
sollen, so haben wir hier eine prazise und viel-
leicht diskutable Definition. Wie aber definiert
Schnyder selbst die Idee? Er sagt (S. 112): „Da
die Sprache fur den besonderen Charakter der
Idee keinen Ausdruck besitzt, mull ich mich be-
gnugen, ihr Wesen annShernd dadurch zu be-
stimmen, daB ich es als Harmonie, edle Einfalt
und stille GroBe bezeichne." Um wieviel sind
wir dabei weitergekommen?
Am wenigsten stichhaltig ist uberhaupt
Schnyders Asthetik. Als Grundlage musika-
lischen Schaffens, Nachschaffens und Horens
stellt er ein aprioristisches Bedurfnis nach
Ordnung und Regel auf. Diese Behauptung
bedarf denn doch des Beweises, abgesehen da-
von, daB die Begriffe von Ordnung und Regel
im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Verande-
rungen erfahren haben, und nun einmal fest-
gestellt werden muUte, wo die Grenze zwischen
Regel und Regellosigkeit liegt; da aber eine
solche Feststellung nicht moglich ist, so ist
auch der ganze Gedanke als asthetischcs Krite-
rium unbrauchbar.
Ferner kommt Schnyder in dem Abschnitt
n Das Materialprinzip: Lebensbejahung" zu dem
Resultat: n Das Dasein der Musik ist wunschens-
wert", da eine nicht vorhandene Musik gar keine,
eine vorhandene aber doch gewisse Werte habe.
Ein ausgedehnter Abschnitt dient der Beant-
wortung der Frage : „ Wie verhalt sich die Musik als
Seiendes zur Musik als Seinsollendem?" Als
Ergebnis beherrscht den Kunstfreund das Bewufit-
sein, „da(l die Musik neben dem weniger Wertvollen
des Guten und Bedeutenden genug in sich birgt".
Es ist mufiig, ein derartiges SchieBen nach
Sperlingen mit Kanonen im einzelnen durchzu-
sprechen oder auf gelegentliche formale
Schwachen__ der Terminologie und nicht ein-
wandfreie Aulierungen iiber musikalische An-
gelegenheiten einzugehen. Immerhin sei als
charakteristisch fur die musikalische Schulung
des Verfassers Folgendes zitiert (S. 56): „Mehrere
Melodieen konnen sich im Miteinander verbinden.
Dies geschieht so, daU Note gegen Note, pun-
ctum contra punctum, gesetzt wird." Bei den
hohen Anspruchen, die Schnyder (S. 17f.) an
die musikalischen Fachkenntnisse desjenigen
stellt, der eine Philosophie der Musik schreiben
will, hatte er sich nicht selbst ein solches testi-
monium paupertatis ausstellen durfen. Um-
standliche Abschnitte iiber den „Ton als pbysi-
kalische Tatsache" und den „Ton als physio-
logische Tatsache" behandeln die akustischen
Grundtatsachen und den Bau des Ohres unge-
fahr so, wie man es in den Lehrbuchern der
hoheren Mittelschulklassen finden kann.
Als Ganzes ist Schnyders Buch eine Illu-
stration dafiir, dad es fur eine philosophische
Arbeit nicht geniigt, eine formale philosophische
Schulung zu besitzen; man mull auch Gedanken
haben. Rudolf Cahn-Speyer
290. Hans Belart: Gesangsdramatische
Wagnerkunst nach Richard Wagners
Tradition. Verlag: C. Reifiner, Dresden.
Der Verfasser eintr von dem Gedanken aus,
srungen Wagners,
BESPRECHUNGEN (BOCHER)
139
sei es schriftlich, sei es mundlich, fiber Vortrag
und Wesensart seiner Werke vorhanden war,
zu sammeln und so Kunstfreunden wie Fach-
leuten ein nicbt unwillkommenes Nachschlage-
werk zu bieten, aus dem sie Rat und Auf-
scblusse erhalten konnen. Er teilt sein Werk
in drei Teile, von denen der mittelste, der
wichtigste und grofite, den eigentlicben Kern
der Sacbe bebandelt, namlich die praktische
Ausfuhrung seines Plans, das Durcbgeben der
einzelnen Werke und Rollen. Ibn umrabmen
vorher ein erlSuternder und am Scblusse ein
besonders interessanter betracbtender Teil. Die
Natur der Sacbe bracbte es mit sich, dafi in den
beiden ersten Teilen, dem erlSuternden, wie
dem praktischen Teil, eigene Worte des Ver-
fassers kaum zu finden sind. Es sind beides
Sammlungen von Ausspruchen, Urteilen, Rat-
scbligen usw. anderer, zumeist von Wagner
selbst, die verstandigerweise im unverinderten
Wortlaut wiedergegeben sind und somit nur ein
Zeugnis von dem mehr oder minder grofien
Gescbick des Verfassers im Zusammenstellen
ablegen, dann aber aucb von einem unermud-
lichen, hoch anerkennenswerten FleiB und seiner
grofien Belesenheit.
Nicbt alles, was der Verfasser im ersten,
dem erlauternden, Teil gebracht bat, w2re un-
bedingt notig gewesen; mancbes, wie die breit
ausgefubrten Abhandlungen uber die philo-
sophiscben Tendenzen der spiteren Werke —
ob Schopenhauer, ob Feuerbach-Hegel — ware
in einem doch hauptsSchlicb praktischen Zwecken
dienenden Buch ieicht zu entbehren gewesen.
Auch ist mancbes sonderbar durcheinander-
gewurfelt. So kommt Belart unmittelbar hinter
Schopenhauerschen Sentenzen uber „die ewige
Keuschheit um Gottes willen" plSulich auf die
Schutzfrist des „Parsifal" zu sprechen, entrollt
spSter eine Streitfrage uber die „Parsifal"-Moral
und bringt unmittelbar hinterher eine an und
fur sich gewiQ sehr willkommene Zusammen-
stellung derDaten derTonwerke vom ..Hollander"
bis ..Parsifal"; es folgen dann Bayreuther Daten,
ferner zwei unter verschiedenartigen Gesichts-
punkten gewonnene Aufstellungen uber B Er-
Iosungstendenzen in Wagners Tondichtungen"
und dann als Schlufl des ersten Teils ein Ab-
schnitt uber die traditionelle Haarfarbe von
Wagners Frauengestalten — zwischendurch
werden summarisch auch die MSnnerrollen
abgetan. — Alles dies ist naturlich nur aufierlich.
Im Grunde genommen ist der erste Teil inter-
essant, verlangt die ganze Aufmerksamkeit des
Lesenden und regt Erwartungen an.
Im zweiten Teil wendet sich der Verfasser
nun den einzelnen Werken zu und geht ihre
Hauptrollen einzeln durch. In seiner Vorrede —
eine Vorrede ist immer das Wichtigste an einem
Buch, denn sie gibt die notigen Aufschliisse
uber die Absichten des Verfassers — sagt B6!art
ausdrucklich, unter Tradition bezuglich der
Wagnerschen Werke wolle er nicht nur das ver-
steben, was der Meister selbst schriftlich in
AufsStzen oder Briefen an einzelne Kunstfreunde
an Fingerzeigen und Aufschlussen niedergelegt
hat, sondern aucb alles, was er mundlich, sei
es beim Studium mit einzelnen Kunstlern,
Sangern, S3n — ! v — " — : A —
Kunstgenosser
das, was nach seinem Tod in Bayreuth von
seinen Erben, also zunachst von Frau Gosima
Wagner, beim Einstudieren (namentlich der
fruheren Werke, wieTannhauser, Lohengrin usw.)
als in mundlicher Uberlieferung vom Meister
stammend festgestelit worden ist. Hatte er
sich mit dem begnugt, was direkt schriftlich —
oder vielleicht auch noch auf mundlicher Uber-
lieferung vom Meister selbst stammt, so ware
sein Buch als eine aufierordentlich will-
kommene, ungemein fleifiige Arbeit zu schatzen
gewesen. So aber ist es doch nur eine gut-
gemeinte, aber luckenhafte und recht unvoll-
standige Zusammenstellung, bei der es in erster
Linie befremdet, dafi der Verfasser kleinere,
aber darum doch keineswegs unwichtige Rollen
nur stiefmutterlich bebandelt oder ganz aufier
acht lafit. Wir alle, die wir Wagners Werke
lieben, wissen, dafi es bei Wagner keine un-
wichtigen Rollen gibt: alles ist wichtig, die
kleinste wie die grofite Rolle; denn alles dient
einem Zweck, dem Gesamtkunstwerk. Oft aber
sind gerade die kleinen Rollen verhaltnismafiig
viel schwieriger als die grofien, schon des-
wegen, weil der Trager derselben der Zeit nach
um so viel weniger Gelegenbeit bat, sie
breit und charakteristisch durchdacht aus-
zufuhren. Ein kurzer Auftritt und dabei eine
ungeeignete Gebarde, eine unrichtige Vortrags-
nuance — und die ganze Figur ist verzeichnet,
und das schlimmste ist, es ist keine Gelegenheit
vorhanden, den Fehler spater wieder gutzu-
machen. Gerade deswegen bedurfen kleinere
Rollen — wir wollen dabei noch von Partieen
wie dem Steuermann im „Tristan" oder Melot
(obgleich dieser gerade sehr wichtig und enorm
schwierig ist) absehen — wenn aucb nicht hoherer
Aufmerksamkeit wie die grofien, aber doch min-
destens derselben. Nun mag es ja fur Studierende,
Kunstler, wie Kunstfreunde recht interessant und
willkommen sein, uber Partieen wie Hollander,
Briinnbilde, Wotan, Isolde, Tristan alles das
beieinander und einheitlich zusammengestellt
zu finden, was — wenn auch ihnen gewifi zum
Teil schon bekannt — doch durch die zwolf
Bande von Wagners Schriften und seinen ge-
waltig umfangreichen Briefwechsel zerstreut ist;
wollte aber der Verfasser, der ja auch gelegent-
licbe Aufierungen von einzelnen Paladinen
Wagners, wie Julius Hey, Porges usw., anfubrt
(die „Ring"-Abhandlungen fufien ja wesentlich
auf den Aufzeichnungen des unermudlichen,
selbstlosen und iibergewissenhaften Blumen-
vaters, des treuen und immer hilfsbereiten
Heinrich Porges), — zu diesem schon ungeheuren
Material noch alles das hinzuziehen, was, sagen
wir nur in den erstenjahren, solange Frau Cosima
noch die Zilgel des Regiments fiihrte, in dieser
Beziehung in Bayreuth gearbeitet und geleistet
worden ist — zehn solcher Bande, wie B£lart
jetzt einen geschrieben hat, batten noch nicht
gereicht, um all die Fulle personlicher Erfahrung
und ihrem Gatten abgelauschter Hinweise, geist-
vollcr und den Kern der Sache manchmal in
geradezu uberraschender Weise herausschalender
und hebender Fingerzeige und Auffassungsvor-
schriften aufzuzeichnen, die Frau Wagner nicht
nur auf der Szene bei der mimiscben Darstellung,
.„-^-.„ w„:„ c:„,.i„...j: :. :.a j. r Kunst-
iie etwas
140
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
erwartete, auch mit Vertretern kleiner und
kleinster Rollen ausgesprochen hat. Wir alle,
die wir jemals das GlQck hatten, mit dieser
einzigen Frau zusammen studieren zu durfen,
denken mit innigem Dank zurfick an diese selbst-
lose Hingabe, diesen unermudlichen Pflichteifer,
diese geistvolle Art, auch die kleinste Kleinig-
keit nicht zu uberseben, und diesem iiberlegenen
Walten beugten sich alle, selbst Manner wie
Levi, Mottl usw. Wie oft habe ich es personlich
gesehen, wenn Frau Wagner, neben dem am
Flugel begleitenden Mottl sitzend, diesen plotzlich
unterbrach, ihm einige Worte zuflusterte, worauf
der damals 1891 schon weltberuhmte Meister
mit einem stummen Dankesblick antwortete.
So ist, um nur einiges zu erwahnen, in dem
Belartschen Buche der Daland Seite 67 mit einer
Viertelseite (und noch dazu mit Regiebemer-
kungen, die alle im Klavierauszug steben), der
Erik mit drei Zeilen abgespeist. Steuermann
und Mary fehlen ganz. Die einzelnen Sanger
im „Tannhauser", selbst Walter und der so
wichtige Biterolf, fehlen ebenso wie der Hirte.
Wenn Herr Belart doch wiifite, welche Unter-
lassungssunde er darnit begangen hat, wie Frau
Wagner damals bei der Ureinstudierung des
„Tannhauser" in Bayreuth im Sommer 1891
jedem einzelnen von uns charakteristische
Fingerzeige in gesanglicher, wie rein musi-
kalischer Hinsicht gegeben hat. Im „Lohengrin"
sind nur Elsa und Ortrud eingehend behandelt,
fiber Lohengrin und Telramund ist je eine
Viertelseite geschrieben. Der Heerrufer fehlt
ganz. Dad die „Meistersinger" gMnzlich
ausgeschaltet sind, ist bedauerlich, ebenso dad
so wichtige und enorm schwierige Rollen wie
Hunding, Gunther, Donner, Amfortas, ja selbst
Klingsor nur mit ein paar durftigen Worten ab-
gespeist sind. — Freilich soil nicht verkannt
werden, dafi der Verfasser sich hier vor eine
Aufgabe gestellt hat, die fur einen allein — zu-
mal wenn es ihm nicht vergonnt war, einer
grofien Zahl solcher Bayreuther Einzelproben
beizuwohnen — kaum zu losen war; er hatte
es denn unternehmen miissen, bei einer Anzahl
solcher Kunstler, die zeitweise (und gerade in
der grofien nachwagnerischen Zeit) dort mit-
gewirkt haben, Umfrage zu halten. GewiB hatte
er von niemand Abweisung erhalten, — wohl
aber ware damit der Stoff fur ihn in einer Weise
angeschwollen, die ihm moglicherweise iiber den
Kopf gewacbsen ware. Aber er hatte dann etwas
geliefert, was nahezu auf Vollstandigkeit Anspruch
hatte erheben durfen, wahrend er jetzt sehr
fleifiige und sehr gut gemeinte, aber doch nur
sehr unvollstindige Aufzeichnungen zu liefern
imstande war.
Interessant und durchweg lesenswert ist der
letzte, der betrachtende Teil, in we'chem Belart
nun endlich als Schriftsteller mit eigenen Worten
und Gedanken vor uns tritt. Er zeigt sich hier
in gunstiger Weise als scharf denkender, auch
hochsten philosophischen Problemen gewach-
senerSchriftsteller; manches, wie die Vererbungs-
tbeorie, eine Lehre, die ja uberhaupt, auch ganz
im allgemeinen, noch immer auf sehr scbwachen
FuQen steht, hatte auch hier wegbleiben konnen;
aber mit diesem Schlufiteil hinterlaOt das Buch
einen gunstigen Eindruck und, wenn ich dem-
selben i
wie es der Respekt vor dem FleiB und der
Arbeitskraft des Verfassers gem getan hatte, so
ist dies nur eine Folge der fur den zweiten,
den wichtigsten Teil vorher erwihnten fehlenden
Bedingungen. Em „ Liepe
291. Otto Keller: Tschatkowsky. Verlag:
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Kleine Musiker-
biographieen.)
Das Werk ersetzt die groBeren Biographieen
des Meisters keineswegs, ist indefi seines
Literaturanhangs wegen sehr schatzbar. Keller,
der eine grofie Archivsammlung der Musik-
literatur besitzt, hat hier ein reiches Material
zusammengestellt. Die kunstlerische Beurteilung
Tschaikowsky's bleibt meines Erachtens etwas
an der Oberflache haften.
292. Artur NciBer: G.Verdi. Verlag: Breit-
kopf & H2rtel, Leipzig. (Kleine Musikerbio-
graphieen.)
Der Verfasser, der langere Zeit in Italien
lebte, gibt in diesem brauchbaren Buchlein vor
allem eine gute Auswahl aus der neueren Verdi-
literatur, die in manchen, den meisten deutschen
Lesern oft unbekannten Einzelheiten viel Neues
bringt. Wo das Buchlein dieser Eigenschaft einer
guten Kompilation getreu bleibt, wirkt es recht
erfreulich. Weniger kann ich mich mit den
recht merkwurdigen eigenen Urteilen NeiBers
befreunden. Wie kann man z. B., wenn man
aufmerksam Verdi's Briefe gelesen hat, dem
Maestro „im tiefsten Herzen eine Art von Ab-
scheu vor dem Theater" andichten? Wendungen
wie „die drittpopulSrst gewordene Kavatine",
„das noch furchtbarere Los einer zu Boden ge-
schlagenen Vaterlichkeit", „die ganze Ewiggultig-
keit der reinen M5dchenliebe'' sollte ein ge-
schmackvoller Autor vermeiden. Unrichtig ist
der erste Urheber des Aidatextbuches bezeichnet:
er hieB Mariette Bey, nicht: Manetti und war
ein beruhmter Agyptologe, der Entdecker des
Serapeums. NeiBers Darstellung der Konig
Lear-Angelegenheit ist ganz unzutreffend; ich
darf wohl auf meine Arbeit ,, Verdi und Shake-
speare" („Die Musik", XIII. Jahrgang, Heft 1
und 2) verweisen, wo ich auch die Briefe an
Somrna deutsch wiedergegeben habe. EineTabelle
der Werke Verdi's beschlieBt das Buchlein, das
durch eine sorgfaltige stilistische und sachliche
Uberarbeitung sehr gewinnen durfte.
Dr. Edgar Istel
MUSIKALIEN
293. Fr. Chopin: Etuden fur Pianoforte.
Instruktive Ausgabe von Ignaz Fried-
man. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
(Vier Hefte je Mk. 2.—.)
In seinem Vorwort zur Gesamtausgabe von
Chopin's Werken versprach der Herausgeber
„fur Spezialisten, vorgeschrittene Pianisten,
Kenner und Liebhaber von Chopin's Technik,
Klaviersatz usw." eine groBer angelegte Separat-
ausgabe der Etuden. Wenn damit die vorliegenden
Hefte gemeint sind, so ist es sehr erfreulich,
dafi sich diese Ausgabe als eine ungemein brauch-
bare Darstellung nicht nur fur Spezialisten,
sondern fur alle anspruchsvolleren Schuler und
ind tatsachlich:
BESPRECHUNGEN (MUS1KALIEN)
141
die Etuden, — wenn Etuden nicht nur tech-
nische Obungen sein sollen. Wie seine „Tanze"
keine Tanzc mehr sind, sondern rein seelische
Ausdruckserzeugnisse erlesenster Kultur. Da
nun aber die Chopin'schen Etuden dennoch
Studienwerke ersten Ranges bedeuten, so ist
keine Mtihe, die man auf sie verwendet, und
ware sie noch so vielfaltig, als verloren zu be-
zeichnen. Fiir solche Arbeit bietet die vor-
liegende Ausgabe das notwendige Material.
Naturlich ist, wie der Herausgeber selbst im
Vorwort andeutet, seine Auffassung durchaus
personlicher Natur. Das zeigt sich namentlich
im Fingersatz, bei dessen Anwendung man sehr
oft an die Hand und an die gan/e Spielart
Friedmans denkt. Da das Individuelle, manch-
mal sogar Eigenwillige aber immer interessant
bleibt, so nimmt man es gem hin, und ware es
auch nur, urn zu vergleichen. Die Einleitungen
zu den einzelnen Etuden sind sehr liebevoll
durchgearbeitet. Ich weise beispielsbalber auf
die vorzuglichen Notizen zu den Nummern 14
und 25 hin.
294. Bach'Busoni: Praludium, Fuge,
Allegro Es-dur fur Klavier. Verlag:
Breitkopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 2.—.)
Ignaz Friedman nimmt sicb in seinem
Chopin'schen Etudenwerk, wie er ausdrucklich
betont, Busoni's Ausgabe des Wohltemperierten
Klaviers zum Muster, die eine padagogische
Hilfe n in schlechtweg kiassischer, scbwer zu
erreichender Vollendung" darstelle. Warum
darf man tatslchlich dies Wort bei den Busoni-
schen Bach-Ausgaben anwenden? Weil sie bei
allem Eigenen und Eigensten, bei ihrem Tem-
perament und bei ihrer Gelehrsamkeit dennoch
den grotien, allgemeinen Zug nicht vermissen
lassen. Hier ist die Anschauung vom gesamten
Klavierapparat tatsachlich erweitert, das fuhlt
man vor diesen vorbildlichen Bearbeitungen. —
Das angezeigte kleine Werkchen laBt diese Vor-
zuge auch im engeren Rahmen erkennen.
295. Jaroslav Hoppe: „Liebe". Acbt Lieder
fur mittlere Stimme und Klavier.
Verlag: Albert Stahl, Berlin W. (Mk. 3.—).
Ein Zyklus Stimmungslyrik. Freilich soil
jedes Lied Stimmungskunst sein, aber wenn man
dies betont, ist eben etwas nicht ganz in der
Ordnung. Und so auch hier. Die Arbeit ist
die eines tuchtigen, fein empfindenden, wahr-
scheinlicb jungen Musikers. Das Angreifbare
ist das spezifisch harmonische Fuhlen, das die
ganze Liedstruktur durchsetzt. Der Komponist
will, allerdings auf vornehme Weise, iiberraschen,
und so wirkt er zu sehr fiir den Augenblick und
zu wenig fur die Dauer. Man fuhlt zu wenig
nach, wenn man am Ende ist. Wo er melodi-
scher ist, — was, wie aus den folgenden Liedern
ersichtlich ist, nicht identisch ist mit: in einer
und derselben Tonart verharren — ist er auch
eindrucksvoller, so z. B. in „Entbietung" und in
„Eine Melodie". Arno Nadel
296. Torsten Petre: Drombilder for Violin
och Piano, op. 41. Verlag: Wilhelm
Hansen, Kopenhagen.
Von diesen „Traumbildern" liegen bisher nur
die Nummern 4 und 7 vor. Erstere mit dem
Untertitel „Le Violon du Grand-pere" ist eine
mit norwegischer Harmonik durchsetzte, im
Mittelteil besonders schwungvolle, auch melo-
disch aparte Art Mazurka, ein dankbares Vor-
tragsstuck. No. 7 mit dem Untertitel „La
Demoiselle" schildert ein etwas kaprizioses
junges Madchen mit feinen Strichen und wirkt
anregend, besonders wenn es fein abschattiert
zum Vortrag kommt. Beide Nummern sind
keineswegs schwierig.
297. Issay Mitnitzky: Valse con Sordino,
op. 9. — Mazurka fur Violine mit Kla-
vier. op. 11. Verlag: Ebenda.
Wenn der junge talentvolle Geiger diese
beiden Stiickchen im Konzert vortragt, wird er
gewifS viel Beifall ernten; sieht man sich beide
dankbar geschriebenen Werke aber naher an, so
wird man sie nur unter geschickt gemachte
Salonmusik einreihen konnen, bei der sich frei-
lich der Komponist bemiiht, gelegentlich einige
nicht alltagliche harmonische Wendungen anzu-
bringen. Der Mazurka mochte ich den Vorzug
vor dem Walzer geben.
298. Sverrejordan: Quatre Morceaux pour
Violon et Piano, op. 8. Verlag: Ebenda.
Diese vier sehr fein gearbeiteten, von wirk-
licher Erflndungsgabe zeugenden, sehr dankbaren
Vortragsstucke mochte ich auch fur die Haus-
musik angelegentlichst empfehlen. No. 1 „Piecc
ancienne" ist ein reizendes Rokokomenuett,
No. 2 eine grotlziigige, die alte Form mit
modernem Empfinden vereinigende Sarabande;
No. 3 „S6r6nade sentimentale de Pierrot" ist
recht eigenartig pikant und wirkt auch durch
die Art der Klavierbegleitung, No. 4 endlich
tragt der Bezeichnung „Elegie" durchaus Rech-
nung; besonders ergreifend ist der Mittelsatz.
299. Edvard Grieg: „Ave Maris Stella".
Fiir Violine und Klavier von Carl
Flesch. Verlag: Ebenda.
Eine wirkungsvolle Ubertragung des be-
kannten warm empfundenen Liedes, der erste
Vers auf der G-Saite, der zweite in auch fiir
Dilettanten nicht zu schweren Doppelgriffen, ein
Seitenstiick zu dem „Ave Maria" von Scbubert-
Wilhelmj.
300. Albert Spalding: Bagatelle for Violin
and Pianoforte No. 1 and 2. Verlag:
Ebenda.
Der bekannte amerikaniscbe Geiger gibt
mit No. 1, betitelt „Nostalgie", eine schone
Probe seines Kompositionstalents; es steckt viel
Seele und Empflndung in diesem sehr schon
klingenden, ungemein dankbaren und dabei
leichten Stuck. Die zweite Nummer, die eine
Kokette schildern soil, erfordert virtuosen Vor-
trag, scheint mir an innerem Wert aber erheb-
licb hinter der ersten zuriickzustehen.
Wilhelm Altmann
301. Heinrich G. Noren: Drei Klavier-
stucke in mittlerer Schwierigkeit.
op. 20. (Mk. 1.20 Oder 1.50.)— Drei Lieder
fiir eine Singstimme mit Klavier.
op. 15. — Drei Lieder. op. 46. (je Mk. 1.— .)
Verlag: „Eos", Berlin.
Diese Stiicke enthalten hubsche EinfSlle.
Sie sind in einem flussigen, gut spielbaren
Klaviersatz geschrieben und bilden fur die fort-
geschrittene Mittelstufe ein treffliches neuzeit-
liches Material im Unterricht. Den Vorzug
142
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
mochte ich dem reizenden Marsch geben, der
allerdings ctwas schwieriger auszufuhren ist als
die beiden anderen Stucke. In den Liedern
op. 15 steckt noch viel Konventionelles. Der
Verfasser hat sich bier nocb nicht zu einem
so personlichen Ausdruck durcbgerungen wie
in den Gesangen op. 46. Hier ist alles be-
stimmter und von einer eigenartigen Farbe. Da
hort man z. B. in „Das Bleibende im Wander
(Japanische Dichtung) sehr interessante und
aparte Harmonieen. im ganzen mufi man aber
sagen, dad Noren der absoluten Musik doch
naiver gegeniibersteht als diesen vokalen SStzen.
Er scheint dort unbewuilter und freier zu
schafFen, wahrend man hier immer etwas Zwang
zu horcn vermeint, der ihn bindert, sein Bestes
zu geben.
302. Erich Anders: Fun f Gesange mit
Klavier.op. 19 (je Mk.l.— ). Verlag: Ebenda.
Der Komponist bemutat sich, einfach und
naturlich zu schreiben, leider hat er aber nicht
die Kraft, uns von der Notwendigkeit seiner
Produktion zu uberzeugen. Dazu ist alles
musikalisch nicht stark genug. Die Texte von
Karl Leopold Mayer sind auch nicht dazu an-
getan, besonders starke Saiten in einem Kom-
ponisten erklingen zu lassen. Nur in einem
der Gesange schlMgt er uberzeugendere Tone
an: in „Im Walde". Daraus kdnnte man wobl
entnebmen, dafi bei gunstiger Entwicklung und
scharfer Selbstkritik Bedeutenderes von ihm zu
erwarten sein konnte.
303. SelimPalingren: „Die Stadt" (Th. Storm).
Fur eine Singstimme mit Klavier.
op. 41. (Mk. 1.—.) Verlag: Ebenda.
Das Lied ist, kurz gesagt, ein Einfall voll
tiefer Empfindung und iiberzeugender Diktion.
Der iiberquellende SchluQ ubt eine hinreiftende
Wirkung aus.
304. Max Kowalski: Zwei Klavierstucke:
1. Andante (Mk. 1.20). 2. Menuett (Mk. 1.80).
Verlag: Ebenda.
Diese Stucke sind in ihrer Struktur modern
gehalten und pianistisch nicht zu schwer. Sie
schmecken aber etwas nach OriginalitStssucht;
man merkt oft sehr die Absicht, durch Ober-
raschungen wirken zu wollen. Von melodischer
Erfindung ist in dem Andante nicht viel zu
spiiren. Solche chromatische Motivchen konnen
keinen Eindruck macben. Das Menuett ist
besser, es enthalt hubsche kapriziose Stellen.
Schade, daR der Schlufi ganz abfallt.
305. Bernhard Engelke : BaftgesSnge alter
Meister. 1. Mozart: Rezitativ und
Arie: Cosi dunque tradisci. (Mk.l.—.)
Verlag: Ebenda.
Die Herausgabe im Klavierauszug dieser
Meisterarie ist sehr zu begrufien. Stimm-
gewaltige Bassisten werden in ihr ein ideales
Stuck finden, ihr Konnen zu zeigen. Der
enorme Stimmumfang, der dazu verlangt wird,
ist D— f 1 . Mozart hatte die Arie 1783 fur den
Bassisten Ludwig Fischer in Wien geschrieben.
Die deutsche Obersetzung stammt von Max
Kalbeck.
306. K. Goepfart: „Der Gartner als Ulan".
Fur Mannerchor a cappella. (Partitur
Mk. 0.80.) Verlag: Potsdam, LennSstr. 13a.
Ein „Marschlied aus dem Felde" nennt der
Komponist vorliegendes Liedchen. Es enthalt
eine hubsche Marschmelodie und einen Chorsatz
von der denkbar einfacbsten Art. So wird es
gewiB seinen Zweck erfullen. Emil Tbilo
307. Ungarische Lieder in deutschen
Worten. Nach ungarischen Originalen
frei ubersetzt von Wilhelm Donath, ein-
gerichtet von Albert Heidlberg. Verlag:
Nador Kalman, Budapest. (Mk. 4.—.)
Der Reicbtum des ungarischen Volkes an
schonen, durch eine ganz besondere Rhythmik
und eigenartigen Tonfall gekennzeichneten
Weisen ist allbekannt, seitdem Meister wie
Brahms und Liszt die Aufmerksamkeit der ge-
samten Musikwelt darauf hingewiesen haben.
Darum durfte die vorliegende Sammlung, zumal
in der jetzigen Zeit der Waffenbruderschaft,
groQe Beachtung finden. Der Herausgeber hat
aus der grofien Fulle des ihm zu Gebote stehen-
den Materials mit so glucklicher Hand seine
Auswahl getroffen, dad unter den 21 Liedern
des Heftes sich keins befindet, das als musi-
kalisch reizlos zu bezeichnen ware. Vielmehr
glanzen in der Sammlung einige wabre Perlen,
die auch bei uns volkstiimlich zu werden ver-
dienen. Dies wird durch den erfreulich schlich-
ten Klaviersatz ebenso erleichtert wie durch die
Ubersetzungen Donaths, welcbe die Schwierig-
keiten des nationalen ungarischen Rhythmus
fur die deutsche Sprache fast restlos uberwinden
und auch im Ausdruck volkstiimlich und ge-
schmackvoll sind. Aus der anregenden Anleitung,
die der Herausgeber zum Vortrag der ungarischen
Volksweisen erteilt, wird auch der Deutsche
jenes nach dem Sinn wechselnde ZeitmaB lernen
konnen, das diesen ernsten, wehmutigen Melo-
dieen erst zum wahren Eindruck verhilft. Als
die wertvollsten Lieder der gut ausgestatteten
Sammlung mochte ich die folgenden bezeichnen:
„Abschied", ein wunderschones altes Volkslied,
„Des Primas Tod", eine schwermutige, hdchst
cbarakteristische Tonschopfung, B Emtelied", ein
beruhmter, prachtvoller Csardas, „Das Linden-
blatt", „Sag', was flustert die Akazie", eine eben-
falls sehr bekannte und schone Weise, sowie
„Zwei Briefe", dessen Melodie auBerordentlich
ausdrucksvoll und innig ist. Doch auch die
anderen, hier nicht ausdrflcklich hervorgehobenen
Stucke der Sammlung sind wertvoll. Mochten
alle sangesliebenden Kreise der bedeutsamen
Veroffentlichung ihre Anteilnabme zuwenden.
308. Albert Meise: „MitSingen ins goldne
M org en rot". Verlag: „Die Lese", Stuttgart.
Ein Kriegsmann hat inmitten des Feldlebens
die Weisen gefunden und gesetzt, die dieses
Heft enthalt. Meisterweisen im kunstlerischen
Sinne sind es nicht, aber doch offenbart sich in
den 20 Liedern der Sammlung eine entschiedene
Begabung, die sich in den Grenzen der ge-
schlosscnen Form des Strophenliedes mit freund-
lichem Erfolg betatigt. Es steckt bisweilen, bei
aller kunstlosen Schreibweise, eine leidenschaft-
liche Kraft in diesen Tonen, z. B. „Reiterlied",
„Der Grenadier", „Gefallene Kameraden". Aber
auch zarte Regungen und humorvolle Wendungen
fehlen nicht. Diesen Eigenschaften werden es
die Meiseschen Kriegslieder vielleicht zu danken
haben, dad man sie gelegentlich auch noch
singen wird, wenn die groQe Flut der Volks-
kunst, die uns der Weltkrieg bescherte, sich
verlaufen bat. F. A. Geililer
KRITIK
OPER
HALLE a. S.: Die letzten Wochen unter Ge-
heimratM. Richards kunstlerischerLeitung
waren fast ausschliefllich unseren beiden groliten
Musikdramatikern, Mozart und Wagner, geweiht.
Der scheidende Direktor batte nichts unterlassen,
hier in bester Erinnerung zu bleiben, und so
schloU er seine Tatigkcit mit einer FestauffGhrung
von „Tristan und Isolde", in der aufter aus-
wartigen Gesangssolisten noch das Dessauer
Hoforchester unter Franz Mi koreys Leitung
mitwirkte. Der Eindruck muftte also, wie es
bei der Heranziehung solcher Krafte nicht anders
zu erwarten war, ein tiefgehender sein, wenn-
gleich sicb Mikoreys Auffassung der groften
Musiktragodie noch nicht mit Nikischs Inter-
pretation vergleichen liUt, der fur mich der
Tristan-Dirigent ist. Die Tempi waren zuweilen
etwas zu willkurlicber Natur, doch gab es auch
viele Stellen, wo es zu gewaltigen Wirkungen
kam. Unter den Gasten fesselten am meisten
Martha Leffler-Burckard, die eine faszi-
niercnde Isolde bot, und Lilly Hoffmann-
Onegin, deren Brangane stimmlich und dar-
stellerisch gleich vollendet war. Den Tristan
hatte in letzter Minute Herr Engelhard vom
Hoftheater in Dessau ubernommen und fiihrte
ibn zur Zufriedenbeit durch, ohne jedoch grofte
Hohepunkte zu erklimmen. Eine Prachtgestalt
war der Kurwenal unseres Franz Schwarz, der
den treuen Freund und Knappen restloserschopfte.
Recht gut war auch der Melot bei dem Weimaraner
Hofopernsanger H. Bergmann, der wenige Tage
vorher einen ausgezeichneten Don Juan auf
die Buhne stellte, aufgeboben. Ganz in den
Rahmen der woblgelungenen Vorstellung fugte
sich auch der Konig Marke des Herrn G i 1 1 m a n n
(Muncben). Das Haus spendete reichen Beifall
und feierte den scheidenden Direktor aufs herz-
lichste. Martin Frey
LJANNOVER: Unsere Koniglicbe Buhne hat
** mit alien Kraften dafur gesorgt, daft auch
die zweite Halfte der Saison — uber die icb hier
zu berichten habe — trotz der sich aus den
Begleiterscheinungen des Krieges ergebenden
Schwierigkeiten der Warde des angesehenen
Instituts entspracb. Der einschneidenden Lucke
im Solopersonal, die durch die Einberufung
unseres Heldentenors ter Mer beim Beginn der
Spielzeit entstand, konnte nur durch aufter-
gewohnliche Anstrengungen um die Herbei-
fuhrung geeigneter Gastspiele begegnet werden,
und es ist dem Einflusse unseres bewahrten
Ersten Kapellmeisters Karl Gille und der aus-
gezeichneten Regie (Oberregisseur Derichs) zu-
zuschreiben, daft der ruhige und sichere Gang
der Auffuhrungen, in die ofters kurzerhand eine
fremde Kraft hineinschneite, nicht gefahrdet
wurde. Eine andere Gefahr drohte dem Theater-
betriebe dadurch, daft der bei weitem groftte
Teil des wohleingeubten Hilfs- und Arbeiter-
personals der Buhne zur Fahne einberufen wurde.
Die Prazision bei der Abwickelung der szenischen
Vorgange wurde damit oft auf eine harte Probe
gestellt, so daft, wie z. B. bei dem „Rheingold",
das auch mit einer Pause nach dem zweiten
Bilde gegeben werden muftte, oder bei der
„G6tterdammerung" einer Vereinfachung dieser
oder jener szenischen Anordnung nachzugeben
notig wurde. Bei alledem ward aber nicht die
Achtung vor dem Kunstwerke vergessen. Der
wunschenswerte Takt und ein ausgesprochenes
Stilgefuhl halfen aus, so daft der Zuschauer nichts
Beleidigendes zu Gesicht bekam. Ubrigens er-
hielt die Heldentenorfrage schlieftlich damit
eine gliickliche Losung, als von Mai abTaucher
vom Stadttheater in Chemnitz, der von nachster
Spielzeit ab dem Verbande unserer Koniglichen
Biihne angehort, als standiger Gast in seinem
Fache tatig war. Vorher waren von seinen
Spezialkollegen u. a. Heinrich Hensel (Parsifal,
Siegmund), Hofmiiller (Straftburg), Steins
(Koln) usw. hiergewesen. Reichen Erfolg brachte
das Ehrengastspiel von Eva Plaschke-von der
Osten, die hier sehr popular ist, ein. Sie gab
den Rosenkavalier und die Carmen mit der
ihr eigenen kiinstlerischen Einfublung. Ebenso
wurde der Heldenbariton Max Krauft als Tclra-
mund, Wotan, Sachs aufs beste aufgenommen.
Er wurde daraufbin fur unsere Konigliche Buhne
von ubernachster Spielzeit ab verpflichtet. Eine
Reihe Probespiele fur das Fach des Tenorbuffos
verlief ziemlich belanglos. An der Ausgestaltung
des Spielplans wurde weiter mit Erfolg gearbeitet.
Erscbien auch nicht ganzlich Neues auf dem
Plan, so iibten verschiedene Neueinstudierungen,
wie von Mozarts „Bastien und Bastienne" und
„SchauspieIdirektor", Kienzls „Evangelimann",
Humperdincks n Konigskinder u , unverkennbaren
Reiz aus. An den hohen Festen Ostern und
Pflngsten wurden die Theatervorstellungen auf
die weihevolle Wirkung des „Parsifal" gestellt.
Dicht vorToresschluft der Spielzeit — am 18.Juni
mit den „Meistersingern" — gab es noch den
n Ring" in zykliscber Vorfubrung zu genieften.
Albert Hartmann
KONZERT
O ANNOVER : Anschlieftend an meinen fruberen
^* Bericht, babe ich aus unserem Konzertleben
voran die vier letzten Abbonnements-
konzerte unserer Koniglichen Kap el le unter
Karl Gille als Erscheinungen zu wurdigen, die
unserem Musiktreiben eine feste Basis gaben.
Von den Neuheiten, die das Orchester brachte,
verdienen Max Regers Mozart- Variationen, die
gern gehort wurden, als abgeklarte, geist- und
phantasiedurchtrankte Gabe des angesehenen
Komponisten eingeschatzt zu werden. Ein
Kriegsmarsch von Richard Strauft Heft bei
allem auderen Pomp kalt, und auch Siegfried
Wagner hatte mit einem Chorstuck „Fahnen-
schwur" uns nur wenig zu sagen. Neben dem
Orchester, das mit Symphonieen von Beethoven,
Brahms, H. Goetz sein bestes Konnen einsetzte,
fanden Clare Dux, Max KrauB, Edgar Woll-
gandt und Ernst Riemann Gelegenheit, sich
von iiberaus vorteilhafter Seite zu zeigen. Zur
Belebung des Spielplans ricbtete unsere Konig-
liche Theaterleitung einige „Bunte Abende"
ein, Konzerte mehr unterhaltender Art, die von
Mitgliedern unserer Opernbuhne und des Konig-
lichen Orchesters solistisch bestritten wurden.
Sensationell wirkte darin das Auftreten des zwolf-
jahrigen Geigers Pepo Barton, der in der Tat
Erstaunliches leistete. Unsere Musikakade-
144
DIE MUSIK XIV. 21: 1. AUGUSTHEFT 1915
mie brachte uns unter der bewShrten Fuhrung
durch Josef Frischen „Die Glocke" von Max
Bruch und die „Matthauspassion" in glanzender
Aufmachung, unter anderem auch durch Zu-
ziebung namhafter Solisten und des Koniglichen
Orchesters. Genusse auserlesener Art ver-
mittelten ferner das 3. und 4. Lutter-Konzert,
wo Prof. H. Lutter, Hermine Bosetti, Lula
Mysz-Gmeiner, A. Wittenberg, E. Tel-
ma nyi eine stilvolle Ausfuhrung verburgten,
ebenso der 3. Beethoven-Abend von Heinrich
Lutter und Karl Klingler. Mit einem inter-
essanten Programm, das unter anderem Bachs
selten gehortes Konzert d-moll fur drei Kla-
viere enihielt, warb die Gesellschaft der
Musikfreunde um die Gunst unserer Offent-
lichkeit, die dann auch den Ausfuhrenden:
H. Brune, E. Evers, K. Leimer und
H. Bottermund gem gewahrt wurde. Sehr
anregend verliefen die drei Kammermusik-Abende
des Riller-Quartetts. Im Dienste der Wohl-
titigkeit veranstalteten unserc grofteren Manner-
chore eine ganze Reihe wohlaufgenommener
Konzerte. Das Erscheinen des Berliner
Philharmonischen Orchesters unter
A. Nikisch war nach so langen Jahren, die
es uns gemieden, ein wabres Fest, das Be-
geisterung weckte. Sonst noch wurde unser
Musikleben von aufien her befruchtet durch
Veranstaltungen von L. HeB, L. Wullner,
M. KrauB, Bronsgeest, Metzger usw.
Albert Hartmann
W/ORMS: Die Musikgesellschaft und
" Liedertafel brachte in ihrem 1. Konzert
eine Anzahl Chore aus dem Deutschen Requiem
und aus „Paulus"; die Chore zeigten unter Hans
Weisbachs anfeuernderLeitung straffe Energie,
rhythmische Bestimmtbeit und Reichtum in den
dynamischen Schattierungen. Tina GeBner
bewies in Beethovens e-moll Sonate gesunden
und zielbewuBten Anschlag und plastische Ge-
staltungskraft; Luise Metzler sang Schubert
mit vorzuglichem Stimmaterial und sicherer
Tonbildung. Brahms' Klarinettentrio, gespielt
von den Herren Weisbacb, Leucht und
Grimm, schloQ den Abend. Im 2. Konzert
waren die Leistungen des Chores nicht gleich-
wertig; wahrend a cappella-Chore von Brahms
und Mendelssohn gut herausgearbeitet waren,
zeigten die instrumental begleiteten Chore (Beet-
hovens selten aufgefuhrter elegiscber Gesang,
Mozarts Ave verum, Schuberts Psalm 23 fur
Frauenstimmen) empfindlichen Mangel an Rein-
beit. Rosie Hahn batte ihr Liederprogramm
mit vornehmem Geschmack zusammengestellt;
sie verzichtet auf „dankbare" Nummern und
weill Brahms und Schubert mit ihrem nicht
sehr groBen, aber sehr sympathischen aus-
geglichenen Alt musikalisch wie seelisch aus-
zuschopfen. Musikdirektor Weisbacb. ist uns
als Brahms-Spieler besonders lieb, die h-moll
Rhapsodie und das Intermezzo waren Kabinetts-
stucke, und aus Schuberts A-dur Sonate op. 120
holte der Kunstler den ganzen poetischen Duft
des Werkes heraus. — In der Lutherkirche ver-
anstaltete ihr Organist Heinrich Deboben eine
Anzahl von Konzerten zum Besten der Kriegs-
fursorge. In dem ersten beherrschten Bach
und Handel das Programm; Deboben selbst be-
wies sich als fein emptindender Kunstler, der
sein Instrument beherrscht, besonders gelang
ihm Bachs Phantasie und Doppelfuge in c-moll.
Wilhelm Konig zeigte seine Vorzuge — Wirme
des Vortrages und kluge Berechnung der Stimm-
mittel — in Liedern von Hugo Wolf; R. Leucht,
unser bewahrter einheimischer Cellist, spielte
Bach und Rbeinberger ergreifend scblicht. Ein
weiteres Orgelkonzert Debobens in der Luther-
kirche stand unter dem Zeicben des Weibnachts-
festes. Bachs Orgelchoral „in dulci jubilo" und
„Vaterunser im Himmelreich" paBten sich vor-
zuglich den Weihnacbtsliedern von Cornelius
an, die Friederike von Betzold mit Innerlich-
keit und technischer Beherrschung ihrer Mittel
sang. — Der Pbilharmonische Verein hat
im Berichtsjahr von der Veranstaltung von
Konzerten abgesehen. — Das Sangerehepaar
Hermann und Annie Gura veranstaltete einen
Richard-Wagner-Abend, bei dem besonders die
Sangerin ibre umfangreiche und klare Stimme
gut zur Geltung brachte, wahrend ihr Gatte in
den tieferen Lagen nicht immer ganz rein sang. —
Heinrich Hensels strahlender Tenor und seine
groBzugige Vortragsweise konnen mich nicht
mit der Tatsache versohnen, dafi ein Kunstler,
der in Bayreuth den Parsifal singt, als befrackter
Siegfried und mit Orden geschmuckter Lohen-
grin auftritt. Dr. Max StrauB
z
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
u dem Artikel Konrad Volkers „Schubert und Goethe" im vorliegenden Heft gehSren
unsere heutigen Bildbeigaben, Nachbildungen der Autographe von Schuberts „Erlkonig",
„Heidenr6sIein" und n Konig in Thule".
Gleichzeitig uberreichen wir unseren Lesern das Exlibris zum 55./56. Band der
„Musik".
Nacbdruck our mit besonderer Erliubnls des Verligei gesttttet
Alle Rechte, iasbeiondere das der Obersetzung, vorbchatten
FQr die ZurDckaendung uaverlangter oder nicht angemeldeter Manuskrlpte, falls Ibnea nicht genDgend
Porto belllegt, Obernlmmt die Redaktion kelne Garantle. Schwer leserllcbe Manuskrlpte werden ungepruft
znrGckgesandt.
Vcrantwortlichcr Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin W 57, BulowstraCe 107 1
NAMEN- UND
SACHREGISTER
ZUM III. QUARTALSBAND DES VIERZEHNTEN
JAHRGANGS DER MUSIK (1914/15)
Abel* (Kantor) 253.
Abendrotb, Hermann, 44. 48. 93.
95. 190. 238. 285.
Abert, Joseph, s. Totenschau
XIV. 14.
Abonnementskonzerte (Zdrich)
96. 192.
Acbsel, Wind*, 87. 185. 190.
Agricola 165.
Ailbout, Hans, 89.
Akademie, Musikalischc (MOn-
cben), 142. 143.
d' Albert, Eugen, 72. 182. 263.
264. 265.
d' Albert, Hermine, 42.
Aldegreven 20.
Alfermann, Marianne, 87.
Alkan, Ch. H. V., 269.
Altdorfer 20.
Altmann-Kuntz, Margarete, 239.
Alving, Karl, 235.
Alwin, Karl, 91.
Amato, Pasquale, 282.
Ambros, A. W., 16.
Ambroslus, H., 47.
Amft, Georg, 135.
Amman, Jost, 20.
Amsel, Ella, 140.
Anacker, A. F., 229.
Anders, Heinricb, 47.
Andreae, Volkmar, 96.
Andreas von Kreta 135.
Ansermet (Kapellmeister) 189.
Ansorge, Conrad, 72. 139. 140.
240.
Ansorge, Margarete, 140.
Appel, Karl Fr., 182.
Arbelterzeitung (Wien) 216.
Arend, Max, 35.
Aristoteles 81.
Arlo-Schlesinger, Henny, 287.
Armbrust, Walter, 183.
Arndt, Ernst Moritz, 189.
v. Arnim, Achim, 19.
Arnold, Fr. Wllh, 16.
Aron, P., 237.
Artz, Carl Maria, 89. 137.
Auber, D. E., 248.
Auerbach, Felix, 135.
Auner, Karl, 45.
Autenrieth, Lia, 283.
Baal, A. W., 287.
Bach.Joh. Seb., 10. 18. 35. 36.
41. 43. 46. 51 ff (Beethovens
Neunte Symphonic und J. S.
B. I.). 64. 75. 80. 88. 89. 90. 92.
93. 94. 95. 99 ff (Beethovens
Neunte Symphonie und J. S.
B. SchluO). 131. 136. 140.
141. 142. 162. 165. 180. 185.
187. 188. 189. 190. 191. 222.
236. 237. 239. 240. 248. 253.
254. 255. 258. 259. 283. 285.
286. 287. 288.
Bach-Jabrbuch 61.
Bach, K. Ph. E., 131. 137.
Bach, With. Friedemann, 89.
Bach-Verein (Barmen) 236.
Bach-Verein (Braunschweig) 92.
Bach-Verein (Heidelberg) 93.
Bach-Verein (Karlsruhe) 94.
Bach-Verein (Leipzig) 191.
Bachraann, Hermann, 38.
Bachmann, Walter, 189.
Backer-GrOndahl, Agathe, 90.
Backhaus, Wilhelm, 46. 90. 94.
143. 239.
Bader, Georg, 186.
Bahling, Hans, 234.
Balakirew, Mili, 136.
Baley, Stefan, 279.
Bandler, Heinrich, 94.
Barbiera, Raffaello, 126.
Barblan, Otto, 189.
Barck, Cornelius, 235.
Bargiel, Woldemar, 94. 188.
Barmas, Issay, 136.
Baron 13.
Barth, J. A., 279.
Bartb & Rebholz 280.
Bartich, Rudolf, 188.
Bartsch, Gertrud, 235.
Baruch, Friedemann, 42.
Baselt, Fritz, 182. 233.
Batka, Richard, 266.
Battke, Max, 85. 281.
Bauer, Friedricb, 85.
Bauer, Harold, 286.
Bauer, Moritz, 134.
Bauer-Ziech, Melanie, 141.
Baum, Karl, 87. 235.
Baumann, Alfred, s. Totenschau
XIV. 13.
Baumann, Ludwig, 94.
v. BauOnern, Waldemar, 72.
Bechler-Rahm 224.
Becht, Ella, 284.
Becker, Albert, 288.
Becker, C. F., 229.
Becker, E., 44. 45.
Becker, Fritz, 90. 237.
Becker, Hugo, 42.
Becker, Reinbold, 44.
Becker, Willy, 185.
Beckershaus, Frida, 94.
van Beethoven, Ludwig, 4. 5.
6. 7. 10. 23. 25. 41. 42. 44.
45. 46. 47. 48. 51 ff (B.s
Neunte Symphonie und Job.
Seb. Bach. I.). 64. 68. 80.
89. 90. 92. 93. 94. 95. 96.
99 ff (B.s Neunte Symphonie
und Joh. Seb. Bach. SchluO).
139. 140. 142. 143. 144. 173.
178. 180. 181. 183. 185. 186.
187. 188. 189. 190. 191. 216.
219. 222. 227. 229. 234. 236.
238. 239. 240. 244. 247. 248.
255. 275. 276. 277. 283. 284.
285. 286. 287. 288.
Bebam 20.
Behr, Otto, 181.
Beines, Karl, 284.
BeiOenherz, Henry David, s.
Totenschau XIV. 17.
Bellini, Gian, 48.
Benas, Gertrude, 91.
Bender, Paul, 143. 190.
Benjamin, Anton J., 136.
Berber, Felix, 191.
Berend, Fritz, 283.
Berens, Hermann, 136.
Berger, Rudolf, s. Totenschau
XIV. 13.
Berger, Wilhelm, 44. 72. 92.
Berlioz, Hector, 18. 177. 224.
225. 227. 269.
Bernardi, Bernardo, 40.
Bertini, Henri, 136.
Bertram, Christel, 189.
Besardo 13.
Besserer, Erica, 285.
Biden, Sydney, 91. 92. 140.
Bie, Oskar, 222.
Bieler, August, 92.
Bienert, Karl, 284. 285.
IV
NAMENREGISTER
Bienert-Boserup, Annette, 285.
Bierbaum, O. J., 266.
Binder, August, 284.
Binder, Max, 235.
Bischoff, Johannes, 38. 91. 139.
v. Bismarck, Otto, 127. 180.
182. 185. 276. 285.
Bittner, Julius, 182. 264. 265.
Bizet, Georges, 86.
Blflservereinigung der Karlsruher
Hofkapelle 287.
Blaesing, Felix, 233.
BlaO, Robert, 184.
Blech, Leo, 39. 234. 264. 265.
Bloch, Ernest, 189.
Bloem, Walter, 266.
BIQcher, Furst, 230.
BIQthgen, Viktor, 266.
BlOthner-Orchester 89. 91. 140.
186. 240.
Blumenthal, Olga, 234.
Boccherini, Luigi, 192 (Bild).
Bodan (Konstanz) 285.
Boehe, Ernst, 143.
Boel, Willy, 235.
de Boer, Willem, 96.
Boerlage-Reyers, Charlotte, 42.
Boerresen, Hakon, 190.
Boescr, Paul, 283.
BOhm, Jul., 220.
BOhmer, Elisabeth, 43.
Bohnen, Michael, 47.
Bolz, Oskar, 39.
Bommer, Martha, 139.
Le Borne, Fernand, 189.
Bornemann, Heinrich, 283.
Bortz, Alfred, 140.
Borwick, Leonard, 286.
Bosch, Catharina, 191.
Bosch, Friedel, 285.
v. Bose, Fritz, 47.
Bosetti, Hermine, 239. 285.
Boskoff, Georges, 189.
Bosse, Gustav, 35.
Brahms, Johannes, 19. 23. 36.
41. 42. 43. 44. 45. 46. 48.
66. 68. 69. 71. 80. 84. 88.
89. 90. 92. 93. 94. 95. 136.
140. 144. 180. 188. 189. 190.
191. 192. 229. 236. 238. 239.
240. 248. 273. 280. 283. 284.
285. 286. 287. 288.
Brandenberger, Ernst, 87.
Brandes, Friedrich, 47.
Brant, Sebastian, 19.
Braun, Eddy, 89. 91.
Braun, Ernst, 37.
Braun, Friedrich, 39. 44.
Braun, H., 235.
Braunfels, Walter, 264.
Brauer, Max, 94.
Brauner, Else, 40.
Brecher, Gustav, 42. 87. 185. 190.
Brede, Dr., 47.
Breitenfeld, Richard, 189.
Breitkopf & Hartel 17. 35. 36.
37. 134. 135. 136. 183. 188.
232. 279. 281.
Brentano, Clemens, 19. 230.
Brentano, F., 279.
Brenner, Hanna, 284.
Brockhaus, Max, 85.
Brodersen, Friedrich, 40. 143.
Brodersen (Komponist) 190.
BrCmse-SchQnemann, Else, 191.
Bruch, Max, 46. 90. 93. 141.
188. 191. 240. 283. 284.
BrOckler, Hugo, 69.
Bruckner, Anton, 89. 92. 144.
187. 188. 220. 276. 277. 285.
v. BrO hi, Graf, 230.
BrOll, Ignaz, 262. 263. 265.
Brun, A., 41.
Brun, Fritz, 288.
Brunner 136.
Buchel, Hermann, 88.
v. Bulow, Hana, 126. 127. 227.
269. 275.
Bulthaupt, Heinrich, 266.
Bungert, August, 263 264. 265.
Bunk, Gerard, 44. 45.
Burgkmeier, Hans, 20.
BurgmQller, Friedrich, 136.
Burmeister, Richard, 90.
Burmester, Willy, 93. 95. 190.
240. 285.
Burns, Robert, 257.
Burrian, Karl, 95.
Busch, Adolf, 92. 188. 191.
Busch, Dora, 186.
Busoni, Ferruccio, 35. 36. 183.
224. 225. 265. 286.
BOssel, Robert, 39.
Ruths, Julius, 92. 93.
BQttner, Fritz, 39.
Banner, Max, 235. 287.
j Buxtehude, Dietrich, 75.
Byron, Lord, 70.
Cacilia (Zeitschrift) 220.
Cacilienverein(Kopenhagen) 190.
Cahier, Charles, 88. 190.
Cahnbley-Hinken, Tilly, 45. 286.
Calandro, Jacob, 76.
Calderon 38.
Camoes 267. 269.
Candidus 69.
Capus, Alfred, 3.
Carissimi, Giacomo, 189.
Carlyle, Thomas, 78.
Caro (Sanger) 88.
Carracci, Agostino, 96.
Carracci, Annibale, 96.
Carracci, Antonio, 96 (Bild).
Carracci, Lodovico, 96.
Carreno, Teresa, 42. 89. 141.
Carulli, Ferdinando, 19.
Caruso, Enrico, 282.
Casals, Pablo, 286.
v. Catopol, Ellse, 282.
Challier sen., Ernst, 231.
Chamberlain, Houston, 133.
v. Chamisso, Adelbert, 66. 256.
Cherubini, Luigi, 80. 220. 283.
v. Chezy, Helmina, 38. 86.
Chilesotti, Oskar, 16.
Chodounsky, Stefan, 234.
Chop-Groenevelt, Celeste, 89. 95.
Chopin, Frederic, 41. 42. 44.
47. 90. 94. 96. 133. 136. 137.
227. 236. 245. 268. 269. 272.
273.
Chor, Gemischter (Zflrich), 96.
288.
Chor, Philharmonischer (Berlin),
41.
Chor, Philharmonischer (Kasael),
46.
Chor,Philharmonischer(LObeck),
285.
Chorverein (Freiburg i. Br.) 284.
Chorvereinigung, Neue (Berlin),
42.
Chrysander, Friedrich, 93. 258.
! Claudius, Matthias, 134.
Clement, Edouard, 234.
Clementi, Muzio, 136. 182.
v. Clere, Ernst GOnther, 92.
Clerron, Elly, 39.
Cohn, Carl, 237.
Concertgebouw-Orchester 88.
Concordia (Freiburg i. Br.) 284.
! Conrad, Albert, 87.
! Corbach, Karl, 95. 285.
j Corelli, Arcangelo, 44.
Corinth, Lovis, 67.
Corneiis, Evert, 88.
Cornelius, Peter, 42. 44. 67. 68.
93. 135. 234. 282. 285.
Cotta'sche Buchhandlung Nachf.,
J. G., 136.
Cramer, Joh. B., 136.
Cronegk, Berta, 87.
Croner, Helene, 90.
Crusius, O., 280.
Culp, Julia, 286.
Czerny, Carl, 124. 136.
Daffner, Hugo, 92. 186. 187.
Dahn, Felix, 266.
v. Dameck, Hjalmar, 43. 44. 91.
Davidsohn, Magnus, 186.
Debogis, M.-L., 189.
Debussy, Claude, 64. 136.
Dechert, Fritz, 42.
Dechert, Hugo, 41.
Deckert, Willy, 285.
Decsey, Ernst, 70.
Deffner, Oskar, 93. 94.
Degerberg 46.
Dehmel, Richard, 71. 72. 233.
280.
Dehmlow, Hertha, 41. 239. 240.
Delius, Frederik, 64.
NAMENREGISTER
Denera, Erna, 185.
Denys, Thomas, 47. 88. 93.
Deppe, Ludwig, 183.
Dern (Kammermusiker) s. Toten-
schau XIV. 17.
Dessau, Bernhard, 41. 89.
Dessoir, Max, 28.
Dewitz, J., 37.
Diabelli, Antonio, 220.
Diedel-LaaQ, Gertrud, 39.
DiefTenbrugger, Magnus, 13.
Diehl 45.
Diener, Fritz, 185.
Dillmann, Alexander, 92. 93.
285.
Dittberner, Johannes, 85.
Doebber, Johannes, 140. 265.
v. Dohnanyi, Ernst, 95.
Dohrn, Georg, 187. 188.
DOlitzscher, Elfriede, 235.
Dopier, Marie, 39. 44. 282.
Dopper, Cornells, 88.
Dornay, Louis, 88.
Draeseke, Felix, 47. 230.
Dreililien (Verlag) 280.
Dreisewerd, Jacob, 234.
Drobisch, Moritz Wilhelm, 181.
v. Droste-HOIshoff, Annette, 66.
68.
Dubitzky, Franz, 128.
Duncker, A., 255.
DOrer, Albrecht, 20. 32. 64.
Duvernoy 136.
Dux, Clflre, 38. 92. 139. 188.
239.
Dvorak, Anton, 41. 96. 188.
192. 239. 283. 285. 287.
Dwelshauvers, Victor Felix, s.
Totenschau XIV. 15.
Easton, Florence, 235.
Ebenstein, Victor, 139.
Ebner, Adalbert, 189.
Eckel, Chr. Gerh., 233.
Eckert, Emil, 93.
Ecorcheville, Jules, s. Toten-
schau XIV. 14. 274. 275.
Ehrmann, August, s. Totenschau
XIV. 17.
v. Eichendorff, Joseph Frhr., 19.
65. 66. 76. 143. 256.
Eisenberger, Severin, 240.
Elb, Margarete, 39. 92.
v. Eles, Maria, 288.
Elgar, Edward, 232.
Elisabeth, Konigin v. England,
80.
Elsmann, Alfred, 188.
Engel, Gustav, 181.
Engel, Werner, 86. 184.
Enke, Otto, 44. 45.
Epstein, Lony, 239.
Espenhahn, Fritz, 91.
Erb, Carl, 236.
Erb, J. M., 265.
Erdmannsdorffer, Frl., 94.
Erhard, Hanne, 141.
Erk, Ludwig, 19.
Erler, Hermann, 281.
Erler-Schnaudt, Anna, 45. 143.
Ermold, Ludwig, 39. 86.
v. Ernst, Mary, 40.
Eschment, Maria, 45.
Essigmann, Friedrich, s. Toten-
schau XIV. 17.
Eugster (SSngerin) 285.
Eulenberg, Herbert, 72.
Euler, Leonhard, 237.
Evertz, Walter, 45.
Eybler, Joseph, 220.
van Eyken, Heinrich, 37.
Faber, Hans Joachim, 87.
Falke, Gustav, 72.
Fall, Leo, 234.
v. Fangh, Freyda, 40.
Farbach, Alfred, 87.
Farrar, Geraldine, 282. 283.
FaQbander, Peter, 288.
Fauth, Albert, 287.
Feigerl, Rudolf, 188.
Feinhals, Fritz, 185. 235.
Felser, Frida, 235.
Feuerbach, Anselm, 64.
Fichte, Joh. Gottlieb, 180.
Fiebiger, Erna, 138.
Fiedler, Max, 89.
Field, John, 181.
Fink, Marie, 87.
Fischer, Albert, 46. 95.
Fischer, Carl, 232.
Fischer, Dr., 234.
Fischer, Edwin, 139.
Fischer von Erlach 218.
Fischberg, Arnold, 237.
Fleck, Fritz, 72. 190.
Fleischer, Felix, 284.
Flemming 89.
Flesch, Carl, 42. 46. 48. 90.
Flockenhaus, Ewald, 283.
Flohr, Hubert, 93.
v. Florentin-Weber, Paula, 40.
v. Flotow, Friedrich Frhr., 86.
262.
Fochler, Klemens, s. Totenschau
XIV. 16.
Fock, Dirk, 135.
Forchhammer, Ejnar, 138.
Forst, H. D., 94.
Foerster, Adolph M., 232.
Forti, Elena, 86.
Francillo-Kaufmann, Hedwig,9l.
235. 236.
Franck, Joh. Wolfgang, 85.
Francke, Aug. Herm., 253.
Franke, Fr. Wilhelm, 190.
Franz Joseph, Kaiser, 233.
Franz, Richard, 39.
Franz, Robert, 66. 69. 253 ff
(R. F.). 288 (Bild).
Frauenbildungsverein(StraOburg)
191.
Freiesleben, Gerhard, 231.
Frenkel, H., 47.
v. Frenkel-Nast, Minnie, 235.
Frey, Emil, 189.
Frey, Martin, 85. 233. 280.
Freylinghausen 253.
Fricke, Richard, 37.
Fried, Oscar, 72.
Fried, Richard, 88.
Frieder, Karlhans, 37.
Friedfeldt, Mara, 87.
Friedlaender, Max, 256.
Friedman, Ignaz, 44. 141.
Friedman, Sophie C, 139.
Friedrich der GroDe 81.
Friedrich Wilhelm I., KOnig von
PreuOen, 81.
Friedrich Wilhelm II., KOnig von
PreuOen, 192.
Friedrich Wilhelm III., KOnigvon
PreuCen, 81.
Friedt, Franz, 45.
Frohlich, Alfred, 40.
Frohlich-FOrster, Herminc, 40.
Fromm, Use, 285.
Frotzler, Karl, 238.
Fruhauf, Arnold, 44. 186.
Fuchs, Stanislaus, 235.
FQhrer, Anna, 47. 191.
Fuhrmeister, Fritz, 85.
Funck, Therese, 82. 189.
FurtwUngler, Wilhelm, 91. 236.
285.
v. Gabain, Anna, 92. 187.
Gabrilowitsch, Clara, 286.
Gabrilowitsch, Ossip, 286.
Gaede, Margarete, 283.
Gaertner, Walter, 87. 185.
Gambke, Fr., 135.
Gambke, Martin, 233.
Gambke (Musikdirektor) 240.
Garibaldi 127.
de Garmo, Harry, 138.
Card, Hilda, 87.
Cast, Peter, 263.
Gatti-Casazza 282.
Gemund, Karl, 86. 87. 189.
George, Stefan, 71.
Gerhardt, Elena, 45. 286.
Gerhardt, Reinhold, 191.
v. Gerlach, Artur, 282.
Gerle, Hans, 17.
Gernsheim, Friedrich, 286.
v. Gerstenberg, H. W., 31.
Geibel, Emanuel, 32. 232. 256.
Gesangverein, Elberfelder, 189.
283.
Gesangverein, Erkscher, 186.
Gesangverein, Hennigscher, 240.
Gesangverein, Stfldtischer(Hagen
i. W.), 284.
Gesangverein, Kieler, 94.
VI
NAMENREGISTER
Gesangverein, ROhlscher, 192.
Gesangverein der Staatseisen-
bahnbeamten (Dresden) 188.
Gesellschaft der Musikfreunde
(Berlin) 88. 186.
Gesellschaft, Musikalische (Dort-
mund), 44. 45.
Gesellschaft,MusikaIische(K6In),
47.
Gesellschaft der Musikfreunde
am Rhein und in Westfalen 92.
Gewandhaus-Konzerte 47. 188.
190.
Giesebrecht 66.
Giesen, Carl, 40.
Giordano, Umberto, 282.
Gitarrefreund, Der (MOnchen),
18.
Giuliani, Mauro, 19.
Gura, Hermann, 89.
Glasenapp, Carl Friedrich, s.
Totenschau XIV. 17.
GleO, Julius, 185.
Glinka, Michael, 248.
Clock, Joh. Philipp, 182.
Gluck, Alma, 286.
Gluck, Chr. Willibald, 35. 39. 76.
92. 96. 1 80. 223. 234. 283. 285.
Goethe, Joh. Wolfgang, 19. 64.
65. 66. 70. 78. 134. 180. 256.
284.
Goette, Elfriede, 45. 186. 286.
Goetz, Hermann, 96. 234. 282.
van Gogh, Vincent, 64.
Gogl, Rupert, 138.
Gohler, Georg, 137. 220. 232.
285.
Goldmark, Karl, 40. 46. 95. 188.
238. 262. 263. 264. 265. 285.
Golmer, Frida, 138.
Gomes, A. C, 273.
Gorn, Kurt, 92.
Gortcr, Albert, 239. 264.
GOschen, Sammlung, 35.
Gotter, Fr. Wilh., 134.
Gottfried v. StraOburg 19.
Gottschalk, L. M., 267.
GOtze, Ernst, 287.
G6tze, Marie, 95. 139. 285.
G6tze, Wilhelm, 233.
GOtz), Anselm, 264.
Grabert, Martin, 85.
Gridener, Hermann, 135.
Graener, Paul, 235. 236.
Graf, Emil, 235. 283.
Grainger, Percy, 286.
Gratl, Maximilian, 39.
Gregor, Josef, 280.
Gregory, Elsa, 139.
Grejry, A. E. M., 137.
Gretscher, Philipp, 84. 135.
Grieg, Edvard, 8. 36. 45. 88.
137. 140. 188. 268. 269. 270.
271. 273. 285. 286.
Grillparzer, Franz, 118. 217.
Grimm, J. O., 286.
Grimm-Mittelmann, Bertha, 190.
GrObke, Adolf, 41.
Grondona, Emma, 87.
Grosch, G., 47.
GroDe, Hedwig, 281.
Grote jr., Robert, 236.
GrOnfeld, Heinrich, 41. 89.
Gruppe, Otto, 69.
Gruselli, Fritz, 138.
Graters, Hugo, 232.
Gubitz, Fr. Wilh., 230.
Guimaraes 273.
Gulbins, Max, 281.
Guller, Marguerite, 189.
Gumpert, Julian, 92. 93. 189.
GOnther, Karl, 236.
GQnther-Vetter, Else, 235.
GQnzburg, Mark, 90.
Gunzel-Bengell, Else, 87. 282.
Gura, Hermann, 45. 95. 239.
285. 288.
Gura-Hummel, Annie, 89.
GOrzenich-Chor 190. 238.
Gurzenich-Konzerte 95. 189.
Gurzenicb-Orchester 190. 238.
Guszalewicz, Alice, 40. 185.
de Haan - Manifarges, Pauline,
88.
Haas, Joseph, 92.
Haas, Robert, 280.
Haberbier, Ernst, 183.
Haberl, Benno, 189.
Hafgren-Waag, Lilly, 38. 284.
Hagen, Otfried, 39.
v. Haken, Max, 141.
Hale>y, J. F. E., 87. 177. 184.
185.
Hal 16, Lady, 190.
Hallwachs, Carl, 46.
Halvorsen, Johan, 136. 141.
Hamm, Adolf, 284.
Hammer, Birger, 90.
Handel, Georg Friedrich, 43. 44.
46. 47. 48. 80. 91. 92. 93.
96. 141. 162. 166. 185. 186.
188. 189. 191.238. 240.253.
254. 258. 287.
Handschuh, Anni, 87.
Hanfstaengl, Erich, 40.
Hanke, Fritz, 235.
Hansen, Paul, 184.
Hansen, Willi, 136.
Hansjakob, Heinrich, 266.
Harder, Knud, 190.
Hart, GebrOder, 71.
Hartmann, Ella, 287.
Hartmann, Else, 39.
Hartmann, Georg, 39.
Harzer 89.
Hasse, Aline, 287.
Hasse, Karl, 188. 287.
Hasse, Max, 234.
Hasseldieck, Christoph, s. Toten-
schau XIV. 14.
HaQler, H. L., 279.
Hauptmann, Gerhart, 72.
v. Hausegger, Siegmund, 72. 277.
Havemann,Gustav, 46. 192.288.
Haydn, Joseph, 39. 45. 46. 47.
61. 88. 93.94. 102. 104. 140.
141. 174. 185. 188. 189.216.
217. 219. 220. 227. 236.239.
283. 286. 288.
Haydn, Michael, 220.
Haym, Hans, 189. 283.
Hebbel, Friedrich, 64. 66. 68.
Hecker, Siegmund, 282.
Hegner, Anna, 284.
Heine, Heinrich, 19. 64. 65. 66.
70. 256. 257. 258.
Heinemann, Alexander, 43. 139.
186. 240.
Heinemann, Kflthe, 91.
Heinemann, Wilhelm, 91.
Heinrich, Arthur, 182.
Heller, Josef, 235.
Heller, Stephen, 183.
Heller-Halberg, Friedrich, 235.
Helling-Roaenthal, Use, 47. 287.
Helmholtz, Hermann, 181. 237.
Helt, Heinz, 17.
Henckell, Karl, 71.
Henke, Waldemar, 186.
Henning, Max, 90.
Hensel, Heinrich, 89. 92. 93. 284.
Henselt, Adolph, 183.
Herbeck, Johann, 220.
Herder, Joh. Gottfried, 134.
Hermann, Hans, 93. 139.
Hermann, Reinhold, 265.
Herold, Wilhelm, 138.
Herodot 179.
den Hertog, H. J., 88.
Hertz, Alfred, 283.
Herz, Henri, 136.
Hesses Verlag, Max, 82.
HeO, Ludwig, 41.48. 187. 239.
287.
HeO, Myra, 88.
HeO, Willy, 41. 46.
HeO-Quartett 91. 240.
HeD van der Wyk, Theodor, 187.
Heuberger, Richard, 262. 264.
265.
Heuser, Ernst, 72. 135.
Hieber, Theodor, 235.
Hildebrand, Camillo, 42.
Hiller, Ferdinand, 278.
Hindermann, Paul, 288.
Hinrichs, Maria, 254.
Hirsch, Carl, 135.
Hirt, Fritz, 94. 239.
Hirtz, Alfred, 280.
Hjorth, Rosa, 235. 283.
Hobrecht 279.
Hochhelm, Paul, 39. 86. 1 84. 282.
NAMENREGISTER
VII
Hoffmann, D. F., 45.
Hoffmann, Hermine, 40.
Hoffmann-Onegin, Lilly, 41.
Hofkapelle (Braunschweig) 92.
Hofkapelle (Karlsruhe) 94. 287.
Hofkapelle (Schwerin) 287. 288.
Hofmann, Josef, 286.
v. Hofmannsthal, Hugo, 71.266.
Hofmeier, Andreas, 285.
Hofmeister, Friedrich, 182.
HormOlIer, Karl, 93.
Hoftheaterkonzerte (Dresden) 45.
188.
Hof- und Domchor, Kgl. (Berlin),
92. 95. 240. 285. 286. 288.
Hohne, A., 236.
Holbein, Hans, 64.
Holderlin, Friedrich, 64.
Holtschneider, Carl, 44. 45.
Holtschneider-Konservatoriura
45.
Holty, Ludwig, 134.
Honrath, Maria, 235.
HOrder, Kite, 286.
Horn, Camlllo, 43. 143.
Hornemann, Helene, 87.
van Horst, Viktor Erik, 138.
Hosl, Marie, 235.
Hoyer, Karl, 84. 188.
Huber, Hans, 183. 192. 288.
Huch, Ricarda, 71.
Hug & Co. 279.
Hummel, Joh. Nep., 136. 220.
Hutnmelsheim, Anton, 39.
Hutnperdinck, Engelbert, 185.
236. 263. 264. 265. 282.
Hungar, Lili, 284.
Hunold, Erich, 87. 283.
Hurum, Alf, 90.
v. Hutten, Ulrich, 183.
HQttner, Georg, 44. 45.
HQttner-Konservatorium 44. 45.
Illing, Arthur, 236.
Illmer, Gustav, 90.
Imme, Elisabeth, 189. 282.
d'Indy, Vincent, 189.
Institut far Kirchenmusik, Kgl.
Akademisches, 26.
Instrumentalverein (Pforzheim)
287.
Irrgang, Bernhard, 89. 186. 240.
Islaub, Jean, 87.
Isola 144.
Istel, Edgar, 264.
Ivogun, Marie, 96.
Jacob! 134.
Jadlowker, Hermann, 236.
Jiger, Rudolf, 47. 87. 191.
JahrbQcher, Hallesche, 253.
Jakobowski, Ludwig, 71.
Jakobsohn, Siegfried, 4. 7.
Jalowetz, Heinrich, 236.
Jandy (Sflngerln) 46.
Janssen, Julius, 44. 45.
Jaques-Dalcroze, Emile, 8. 126.
189.
JSrnefelt, Armas, 188.
Jay-Seldeneck, Hertba, 94.
Jelmoli, Hans, 285.
Jemnitz, Alexander, 36.
Jensen, Adolf, 46. 69. 135. 136.
Jeritza, Mizzi, 234.
Joachim, Joseph, 258.
Johannsen, Heinrich, 94.
Josef II., Kaiser, 218.
Josquin 279.
Judenkunig, Hans, 17.
JOlich, Else, 235.
Jung, August, 83. 84.
Jung, Rudolf, 235. 283. 284.
JOngst, Hugo, 188.
Kaempfert, Anna, 142. 189.283.
Kahl, Oskar, 279.
Kahler, Margarete, 87.
Kahn, Robert, 42. 72.
Kahnt Nachf., C. F., 85. 135.
232.
Kaiser, Alfred, 264. 265.
Kalbeck, Max, 266.
Kampen, Hermann, 137.
Kimpf, Karl, 89. 90.
Kammermusikfest, 7. Freiburger,
283.
Kammermusikvereinigung, L0-
becker, 285.
Kant, Imanuel, 81.
Kapelle, Kgl. (Berlin), 41. 88.
139.
Kapelle, Kgl. (Dresden), 45.
Kapelle, Kgl. (Kassel), 46.
Kapelle, Kgl. ((Copenhagen), 190.
Kapelle, StBdtische (Chemnitz),
188.
Kapelle, Stldtische (Mainz), 239.
Kapp, Julius, 144.
Karg-Elert, Sigfrid, 90. 187.
Karl (Sfingerin) 285.
Kase, Alfred, 47. 191.
Kasia 135.
v. Kaskel, Karl, 264. 265.
Kasselmann, Clemens, 39.
v. Kaulbach, Wilhelm, 276.
Kaun, Hugo, 44. 84. 95. 187.
281.
Keller, Albert, 94.
Keller, Gottfried, 66. 70.
Keller, Hans, 40.
van Kempen, Jacob, 88.
Kempter, Lothar, 283.
v. Kertkjartd, Duci, 237.
Kern 89.
Kerner, Justinus, 70.
KeDler, Ferdinand, 237.
Keyl, B. Hans, 137.
Kiel, Friedrich, 94. 185.
Kienzl, Wilhelm, 87. 185. 262.
263. 264. 265.
KieQ, August, 40.
Kindling, Annie, 96.
Kirchner, Theodor, 188.
Kirnberger, Joh. Ph., 237.
Kirchenchor, Evangelischer
(Pforzheim), 287.
Kirchhoff, Walther, 46. 238. 283.
Kistler, Cyrill, 262. 265.
Kistner, Fr , 31.
KiD, Johanna, 93.
Kittel'scher Chor, Bruno, 41.
Klausner (Kapellmeister) 288.
Kleffner, August, 234.
Klein, Josef, 92. 93.
Klein, Karl, 92. 93.
v. Kleist, Heinrich, 230.
Kleitz, Otto, 283.
Klemm, C. A., 181. 232.
Klemperer, Otto, 88.
v. Klenau, Paul, 144. 185. 235.
283.
Klengel, Julius, 141.
Klinger, Max, 69.
Klinghammer, Erich, 235.
Klingler, Karl, 41.
Klingler-Quartett 42. 186. 239.
240. 286.
Klose, Amelie, 94.
Klose, Friedrich, 94. 264.
Klopstock, F. G., 134.
Klughardt, August, 288.
Knappertsbusch, Hans, 87. 282.
Knoche, Emmy, 92.
Knote, Heinrich, 95.
KnQpfer, Paul, 41. 185. 186.235.
Kobotb, Inna, 143.
Koch, Brunhilde, 92.
Koch, Friedrich E., 88.
v. Kochel, Ludwig Ritter, 47.
188.
Koegel, Martin, 39.
Kohler, Louis, 136.
Kohler, W., 279.
Kobmann, Anton, 287.
Kollwitz (Sanger) 88.
Komper, Karl, 286.
Konewsky, Eugenie, 189.
Konig, Ebcrhard, 41.
KOnig, Wilhelm, 92. 93.
Konservatorium,Hochsches, 192.
Konzerte, Philharmonische
(Bremen), 92.
Konzerte, Philharmonische
(Prag), 95.
Konzertgesellschaft (Barmen)
236.
Konzertgesellschaft (Hagen i.W.)
284.
Konzerthaus-Quartett, Wiener,
46.
Konzertverein, Dflnischer, 190.
Konzertverein (Mflnchen) 48.
Konzertverein (Nordhausen a. H.)
240.
KOpf, J., 240.
vm
NAMENREGISTER
Kopken 134.
Kopp, Annie, 80,
Kormann, Hans Ludwig, 191,
Korner, Theodor, 230. 285,
Korngoid, Erich Wolfgang, 46.
Koaegartcn, Ludwig Th., 134.
Kothe, Robert, 20. 45. 240.
v. Kotzebue, A„ 190.
KOtzschke, H. 47.
v. Kralik, Richard, 218.
Kramer, Frl., 45.
Kramm, Else, 38.
Krampe, Heicrkh, 286.
Kraus, Ernst, 235.
v. Kraus, Felix, 48-
Kraus, Max, 283. 285.
Krehl, Stephan, 47.
Krelsler, Fritz, 48. 286.
Kremser, E., 94.
Kretschmer, Edmund, 262. 265.
Kretzschmar, Hermann, 44, 133.
279.
Kreutzer, Conrad in, 220.
Kreutzer, Rodolphe, 80. 63. 191.
285.
Kriegcskotten, Fr., 280.
Kriegsmann, Paul, 233.
Krlegamliinercbor (Pforzheim)
287.
Kris, Emeric, 93. 285.
Kronenberg, Eugen, 189.
Kronke, Emll, 36. 141. 188. 267.
Kroyt, Boris, 140,
KrOger, Alice, 283.
Kroger, Emmy, 96.
Kroger, G. t 44.
KrDger & Co. 37.
Kruse, Anna, s. Totenscbau XIV,
13.
Kruse, Wllhelra, 41.
Kuhlau, Frledrieh, 134.
KOhlborn, Heinrtch, 190.
Kuhlcnkampr 265.
Kublenkampff-Post, Georg, 61.
KQbo, Ludwig, »4. 287.
Kuhn, Paul, 143.
Kullak, Franz, 31.
Kultur, Die < Ze its ch rift), 219.
KunsemQller, Ernst, 94.
Kurt, Mel ante, 282.
Kutschka, C, s. Totenscbau XIV.
16.
Kutzachbach, Hermann, 86. 140.
IBS.
Kwast, James, 93.
Kwast-Hodapp, Frieda 43. 93.
1 88.
Laber, Heinrich, 143.
Lalo, Edouard, 237.
Lagenpuscb, Felix, 3ft.
Langendorff, Frieda, 184.
Langenhan-Hirzel, Anna, 143.
Langcr, Ferdinand, 94.
Landeker, Siegfried, 39.
Lassen, Eduard, 94.
Lasius, Orlandua, 279.
Liszld, Sindor, 140,
Lauber, Joseph, 189.
Laubcntbal, Rudolf, 39.
Lau«r*Kottlar, Beatrice, 40.
Laugs, Robert, 46. 284.
Lauprecht-van Lammen, Mlentje,
190,
Lauriscbkus, Max, 43.
Lawaczek, Martha, S3.
Lebcrt, S., (36.
Lcdcrer-Prlna, Felix, 89.
Lee, Eliaabetb, 237.
Leffler, Robert, 40.
Leffter-Burckard, Marta, 38. 41,
Leg band, Paul, 235,
Legnani, Lulgi, 19.
Lehar, Franz, 39.
Lehrergcsangvercln (Chemnitz)
1S8.
Lehrergesangverelo (Dortmund)
44.
Lehrergesangverefn (Elberfeld)
189. 283.
Lehrergesangverctn (Hagen t.W.)
284.
LehrergesangVerein (Karlsruhe)
94.
Lehrtrgesangverein (Kiel) 94.
Lehrerlnnengesaagvereiii (Ber-
lin) 186.
Lehrer-Singerbund (Stettin) 240.
Lehmann (AdreQbuch) 219.
Lehmann, Ernst, 39.
Lchmarn, Lilli, 42. 259.
Lcisncr, Em mi, 44.
Leisiilsow, Walter, 67.
Letnan, Hugo, 41.
Lemtlte, Carl, 6fl.
LcTiioine Lib.
Lenau, Nlkolaua, 65. 66. 68.
256. 257.
Leon, Viktor, 266.
Leonard, Lane, 285.
Leonardo d« Vinci 276.
Leoncavallo, Ruggiero, 3. 8. 126.
Leoni 282.
Leopold I., FQrst v, An halt-
Dessau, 246.
Leumann, Eva, 41.
Leucksrt, F. E. C, 37. 84. 85.
135.
Leupold 232.
Levi, Hermann, 40.
Levizkl, Miscba, 90.
Levy, Alexander, 271.
Levy, Casa, 27 i.
Levy, Lulz, 271.
Lewin, Gustav, 280.
Lex, Andre, 271.
Leydhecker, Agnes, 47.
v, d. Leyeti, R„ 69.
Lladow, Anatol, 136,
Lkhtenatein 230.
Lifhnowsky, FQrst, 51.
Lichtwark, Karl, 285.
LIckl, Job. Georg, 220.
Liebermann, Max, 67.
Lieberm ann* RoC w iese, Erich, 191.
LiebstOckl, Hans, 234.
Llederhille (Karisruhe) 94.
Llederkranz, Heidelberger, 64.
Liedertafel, Berliner, 89.
Liedertafel, Dresdener, 188.
Liedertafel (Mainz) 239.
Llepmannssohn, Leo, s, Toten-
scbau XIV. 17.
Liesenbolf, Fran, 44.
v. Liliencron, Detlev, 64. 65. 68.
71. 72.
v. Liliencron, Rochus, 19.
Lindemann, Fritz, 44. 240.
Lindemann, Gertrud, 87,
Linkenbach-Hildebrand, Henny,
42.
Linnemann, R., 231.
Lipps, Theodor, 28. 35.
Llssauer, Ern*t, 72. 181. 1S8.
LiDroann, Hans, 87. 188.
LiQmann,EvBKatharina,42, 188,
Liszewsky, Tillman, 235. 284.
Liszt, Franz, 41. 42. 45. 46. 47.
71, 95. 96. 134. 136. 140.
141. 142. 183. 186. 220.227.
229. 230. 238. 254. 255. 270.
272, 283, 284. 288.
Lltolff, Collection, 33.
Lobstein, L., 84,
Loewe, Carl, 44. 66. 69. 94. 95.
286. 288.
Lohse, Otto, 87. 235. 203.
LOttgen, Adoir, 40. 234.
Lona, Hermann, 137.
Lorentz, Alfred, 40. 94.
Lorenz, Alfred, 135.
Lortzing, Albert, 40. 89. 185.
234. 282.
Lowhky, Wilh. Mathias, 37.
Lothar, Rudolf, 266.
Louis Ferdinand, Prinz von
PreuOen, 183.
LGwe, Ferdinand, 144,
von und zu LOwensteln (Sin-
gerin) 46.
v. Luba, Pit, 235.
Lubrlch sen., Fritz, 36.
Ludewlgs-Korte, Lisa, 235.
Ludwig, Franz, 95. 284.
Ludwig-Hou'orki, lina, 95.
Luedtfce, Hans, 188.
Ltitgcr, Carl, 217.
v, Lukasiewicz, Franz, 236.
Luther, Martin, 7. !80. 253.
Lfltacbg, Waldemar, 188.
Lyser, J. P., 144.
Maas, J,, 44.
Mc Cormack, John, 286.
NAMENREGISTER
IX
Mac Dowell, Edward, 36.
de Machault, G., 279.
Mackay, John Henry, 71.
Maeterlinck, Maurice, 3. 64.
Mattel, Grafin Clara, 126.
Magazin, Musikalisches, 134.
Mahler, Gustav, 42. 71. 72. 88.
96. 142. 176. 190. 239. 285.
Malata, Oskar, 185. 188.
Mandl, Richard, 143. 144.
Manelbord, John, 139.
MUnnerchOre, Vereinigte (Kon-
stanz), 285.
MInnergesangverein Clcilia
(Dortmund) 45.
MInnergesangverein, Dortmun-
der, 45.
MInnergesangverein (Freiburg
i. Br.) 284.
MInnergesangverein (Pforzheim)
287.
MInnergesangverein (Strafiburg)
192.
Mannstaedt, Karl, 96.
Manz, Berta, 43.
Maria Theresia, Kaiserin, 137.
Marion, Georg, 87.
Marschner, Heinrich, 18. 85.
177. 185. 223. 234.
Mascagni, Pietro, 3.
Mattheson, Johann, 14.
Matthias, F. X., 220.
Matthies, Adolf Leopold, s.Toten-
schau XIV. 13.
Matthisson, Friedrich, 134.
Mattiesen, Emil, 95.
Mauke, Wilhelm, 69.
Mayer, Ch., 136.
Mayer, Hermann, 188.
Mayerhoff, Franz, 92. 181. 182.
188.
Mayer-Mahr, Moritz, 41. 89. 136.
Mazurkiewicz, Th., 141.
Meader, Georg, 142.
Mfihul, E. N., 39. 138.
Meinel, G., 188.
Meisner, Gertrud, 285.
Meister, Wilhelm, 233.
MeiBner, Arthur, 41. 95.
Melodia (Verlag) 182.
Melzer, Josef, 188.
Mendelssohn, Arnold, 71. 182.
Mendelssohn, Felix Robert, 90.
v. Mendelssohn, Franz, 91.
Mendelssohn Bartholdy, Felix,
41. 43. 44. 46. 47. 48. 66.
71. 89. 91. 134. 136. 141. 185.
228. 229. 239. 254. 256. 267.
273. 278. 283. 285. 286. 287.
Menge 89.
Mengelberg, Willem, 88.
Menges, Sandro, 234.
Mensing, Max, 90.
Menzen 72.
Menzinsky, Modest, 87. 185. 235.
Mergelkamp, Jan, 236.
Merkel, Willi, s. Totenschau
XIV. 15.
Merker, Der (Zeitschrifi), 221.
Merker, Rosa, 236.
Merkle, S., 218.
Merrem-Nikisch, Crete, 39. 191.
Mertens, Hubert, 40.
Messchaert, Johannes, 48. 88. 89.
Messing (SIngerin) 46.
Metelmann, D., 235.
Meyer, C. F., 66. 284.
Meyer, Johann, 136.
Meyer, Waldemar, 91.
Meyerbeer, Giacomo, 40. 180.
223. 224.
Michaelia 287.
Michel, Hermann, s. Totenschau
XIV. 14.
Michelangelo 70. 276.
Miekley-Kemp, Barbara, 185.
Millocker, Karl, 39. 234.
Mirza-Schaffy 258.
Mitschiner-Gura, Elisabeth, 95.
Modern, Max, 236.
Modes-Wolf, L., 87.
Mohler, Anton, 71.
Mohr, Adolf, 265.
Mobwinkel, Hans, 288.
Moldenhauer, Walter, 139.
Monnaie-Orchester 238.
Monteverdi, Claudio, 189.
Montilles (Kapellmeister) 189.
Moog, Willi, 235. 283.
Morales, Christobal, 279.
MOrike, Eduard, 65. 66. 69. 70.
184. 256.
Morro, Paula, 234.
Morsch, Anna, 22.
Moscheles, Ignaz, 136. 183.
Mosenthal, C, 266.
Moser, Hans Joachim, 38.
da Motta, Jose Vianna, 267. 268.
269. 270.
Mottl, Felix, 92. 94. 134. 258.
Mozart, Wolfgang Amadeus, 4.
25. 38. 39. 40. 42. 44. 45.
46. 47. 48. 52. 61. 64. 79.
80. 87. 91. 92. 93. 94. 95.
96. 102. 104. 139. 140. 180.
185. 188. 189. 191. 216. 217.
219. 220. 222.227.235. 236.
238. 239. 283. 284. 285. 286.
Mozart-Verein (Dresden) 141.
Mraczek, Gustav, 46.
MQhlbauer, Franz Xaver, 42.
Mdhlfeld, Hans, 92.
MQIkens, Maria, 236.
Mdller, Adolf, 181.
Mflller, A. E., 136.
Mailer, Gustav, 46. 240.
MOller, Hans, 235.
MOller, Josef, 182.
MOlIer-Brunow 12.
MOller-Prem, Fritz, 282.
MOIIer-Reichel, Therese, 40. 287.
MQncb, Ernst, 191.
Musica Divina (Zeitschrift) 217.
Musik, Die(Zeitschrift), 134.219.
Musikbuch fur Osterreich 219.
Musikgesellschaft, Internationale,
219.
MusikpSdagogischer Verband,
Deutscher, 22.
Musik- und Theaterzeitung,
Rheinische, 134.
Musikverein, Allgemeiner Deut-
scher, 94.
Musikverein (Dortmund) 44. 45.
Musikverein (DOsseldorf) 92.
Musikverein (Essen) 93.
Musikverein ((Copenhagen) 190.
Musikverein (MOnster i. W.) 286.
Musikverein (OsnabrOck) 287.
Musikverein (Pforzheim) 287.
Musikverein (Stettin) 240.
Musik-Zeitung, Neue, 126.
Mysz-Gmeiner, Lula, 41. 89. 95.
285.
Naef, Alfred, 45. 189.
Nagel, A., 44.
Nagel, Albine, 39.
Nagl (Erzbischof) 216.
Napoleon, Alfredo, 268.
Napoleon, Arthur, 267. 268.
Nast, Minnie, 39. 86.
Nedbal, Oscar, 143. 236.
Neeter, Philipp, 287.
Neff, Karl, 284.
Neitzel, Otto, 93. 234. 262. 265.
Nepomuceno, Alb., 271. 272.
Neruda, Franz, 190. s. Toten-
schau XIV. 14.
NeOler, Victor, 262. 265.
Netto, Barrozo, 271. 272.
Neubeck, Ludwig, 235.
Neuendorf, Woldemar, 37.
Neukomm, Sigismund, 94.
Newsidler, Hans, 17.
Ney van Hoogstraten, Elly, 92.
236. 239. 286.
Nicod6, Jean Louis, 287.
Nicolai, Otto, 46.
zur Nieden, Margret, 41. 283.
Niemann, Albert, 139.
Niemann, Walter, 144. 274.
Nigrini, Valeska, 87. 191. 235.
Nikisch, Arthur, 45. 47. 142.
190. 227.
NieDen, Wilhelm, 284. 286.
Nietzsche, Friedrich, 71.
Nissen, Adelheid, 88.
Nitzsche, Friedrich, 44.
Noordewier-Reddingius, Alida,
88.
v. Oberleithner, Max, 234.
Ochs, Erich, 41.
NAMENREGISTER
Ochs, Siegfried, 41.
Ochsenkhun, Sebastian, 17.
Ockert, Otto, 234.
Oehl, August, 85-
Oder, Paul, 287,
v. Oettingen, Arthur, 237.
Oblboff, Elisabeth, 90. 239.
Obmann, Max, 283.
Ohrmann, Friti, 90. 187.
Okegbcm 279.
Oldenburg, Mtrtt, 91.
OldOrp, H., 45.
Opernchcr, Kg]. (Berlin), J 39.
Opernbaus, Deutsches, 39. [84.
Opernbaus, Kgl. (Berlin), 38.
Oppenheim, Hans, 90. 140.
OratorienVerein (Kissel) 46.
Oratoriumverecniging, Christ-
eli]ke (Amsterdam), SS.
Orchester, Phiibarmonlscbes
(Berlin), 41, 42, 88. 89. 186.
238.
Orchester, Pbilbarmonischcs
(Dortmund), 39. 44.
Orchester, Phil h anno nisches
(Elberfeld), 189.
Orchester, Stldtisches (Barmen),
236.
Orebesrer,SiSdilscbes(EltwrTeld),
283.
Orchester, Stldtisches (Frei-
burg i. Br.), 283.
Orchester, Stldtisches (K«ln), 47.
Orchester, Stldtisches (Magde-
burg), 95.
Orchester, Stldtisches (Rostock),
287- 288.
Orchester, Stldtisches (StraB-
burg). 191.
Ore ties terve rein (Berlin) 187.
OrcbestervcreinJgung (Pasco)
240.
Ordensteln, Helnrlch, 94.
Orobio de Castro, Max, 143.
Orthmsnn, Willy, 94.
Ossian 134.
Osterwald 254. 258. 257. 258.
Oswald, Henry, 271. 272. 273.
de Otero 273.
v. Othegraven, s. Totenschau
XIV. 14.
Otto, Anton, 87.
Overhoff, Elfride, 234.
Pabsr, P., 85.
Paderewski, Ignez, 43. 139. 141.
Paganlnl, Acbilte, 144.
Paganini, Nicole, 18. 90. 144
(Bilder).
Palestrlni, Pierltiigl, 279.
Panthis, Marie, 189.
Paniner, Karl, 92. 93.
PapsJ^rr 280.
Parbs, Margaret*, 43.
Pardy, Arm and, 235.
Pltzold, Karl, 37.
Pauer, Max, 44. 48. 89. 98.
Paul!, \Falther, 46.
Paumann, Konrad, 16. 17.
Pemtaaur, Jo»ef, 188.
Pencz 20.
Pergolesi, G. B., 39.
Perugino 48 (Bild). 98.
Petertini, Josef, 220.
Peters, Edition, 138.
Peters, Max, 135.
Petri, Egon, 88. 141. 288.
Petzet, Walter, 288.
Peurl, Paul, 44.
Pfsnnschmfdi, Helnrlch, 135.
233.
Pfelfer, Liesel, 287.
Pfitiner, Hans, 72. 87. 143. 191.
239. 263. 265. 282. 283.
Phtllppt, Mario, 142. 190. 283.
Picasso €4.
Pick, Rudolf, 234.
Picktri, Adelhcide, 139.
Pinks, Emil, 285.
Pistori, Richard, 236.
Plischkc, I-'riedrich, 236.
Plaschke-v. d. Osten, Eva, 46.
Platon 81. 179.
Plothow, Bruno, 234.
Pifldd«n«nn, Manin, 66.
Plflgge (Musikdlrektor) a. Toten-
schau XIV. 16.
Plumer, F., 95.
Podbensky, Theodor, 94.
Pobl, C. F., 216.
Poble, Alfred, s. Totenscbau
XIV- 13.
i 'oh lift, Kar!, 92.
I'finthiclli, AniilcarC, 44.
Popped, Frl., it4,
POrkcn, A., 4-1. 45.
Poscbner, Agnes, 87. 235.
Posa, Oskar C, 46. 72.
Possony, Ernst, 87. 101. 235.
Pottbof, Ernsi, 93,
Potz, Elisabeth, 238.
Praetorius, Ernst, 236.
Praetorius, Michael, 13. 14,
Preiti, Gerhard, 233.
Premyslav, Leopold, 89.
Premier, Rudolf, 237.
Preyer 220.
Prieger, Erich, 256. 257.
v. Prochazka, Rudolph Frhr.,
253. 254.
Prost, Carl, 135. 280.
Provincial -Slngerbund, West-
fllischcr, 284.
PrQwer, Julius, 86. 282.
Puccini, Glacomo, 87. 139, 185.
282.
Pu hi di a an- Harmonium 237. 238.
Puree!!, Henry, 80.
Quantz, J. J., 175.
v. Raau-BrockmuD, Julius, 41.
48. 89. 286.
Rabich, Ernst, 281.
Rachmaninoff, Sergei, 272,
Racfcy, Rudoir, 233-
ftadlg, P., 64.
Raff, Joachim, 89. 138.
Raffael 48.
Ramrath, Konrad, 72.
Rappoldi'Kabrer, Laura, 141.
Rasch, Hugo, 139.
Risen, Jah., 44. 45.
Rauchenecker, Benno, 265.
Rauschenbuscb, Elie^ 189.
Raven, Theo, 138.
Raw, G., 279.
Rcbbcrt. K.. 45.
Reclam, Philipj), 253.
Rtficr, Mux, 36. 43. 71.72.83.
88. 93. 134. 188. 283. 2S5.
Rebbold, Fritz, 190.
Reibold, Otto, 03.
Relcbardt, J oh. Fr., 45.
Relchel, Bernhird, 137.
Reicbert, Joh , 188.
Reichner>Feiten, Anna, 186.
Relnecke, Carl, 263. 265.
Reiner, Friu, 39. 188.
Reiohardt, Delia, 282.
Relaick, Robert. 66.
ReiQ, Albert, 282.
Reitz, Frit*, 96.
Rettz, K»rl, 94.
Rembrandt 64. 276.
Rembt 236.
Remond, Frlti, 185.
Renner, Willy, 137,
Renoir 64.
Rcpky. R , 44. 188.
RtuO, August, 92.
Reull. ^'illKlm, 234.
RtuO-Wslsch, Thilde, 234.
Reuter, Felix, 186.
v. Reuter, F lor lie I, 42. 00.
Revesz 279.
Rey Colico, Alexandre, 268.
269. 270.
Rhelnberger, Joseph, 93.
Richards, M., 138.
Rlchter, Hans, 227. 258.
Ricbter, H. (Klarinettlst), 141.
Rtchter, Otto, 141,
Riedel-Verein 47.
Rlemann, Hugo, 28. 82. 134.
135. 131. 219. 224.
Rlemann, Ludwlg, 93.
Ries, Ferdinand, 181.
Riea & Erler 137.
Rieter-Bicdermaun 220.
Rieu, Julius, 186.
Rllke, Rtiner Maria, 71.
Rlnkgarden, Kurt, 44.
Rilter, Alexander, 67. 68. 234,
262. 263. 285.
NAMENREGISTER
XI
Ritter, Hans, 17.
Ritter-Schmidt, Alice, 188.
Rittner, Paul, 287.
Rocblitz, Joh. Fr., 164.229. 276.
Rode, Hedwig, 230. 287.
Rode, Wilhelm, 86.
RohlotT, Hermann, 281.
RoblofT, Max, 280.
ROhmeyer, Tbeodor, 287.
Rohr, Katharina, 185.
Robrbacb, H., 140.
Roller, Max, 40.
Rorich (Verleger) 220.
Rosi, Arnold, 143.
Rose-Quartett 238.
Rosenthal, Morlz, 41.
Rosenthal, Wolfgang, 101. 287.
Roser, C, 44. 45.
Rosmer, Ernst, 266.
Rossini, Gioacchino,91.234.248.
Roter, Ernst, 240.
RotbenbQcher, Max, 45.
Rotter, Ludwig, 220.
Rottmayr 240. 288.
Rubinstein, Anton, 136. 262.
265. 269.
Ruckauf, Anton, 60.
Rdckert, Friedricb, 66. 256.
Ruckward, Fritz, 42.
Rddel, Hugo, 92. 05. 139. 286.
ROdiger, Hans, 30.
Rudigier (Biscbof) 220.
Rudolph (Slngerin) 46.
Rueff, Rolf, 05.
Ruegger 273.
Rarer, Pbilipp, 80. 01.
Ruge, Arnold, 254.
Rundschau, Gregorianiscbe, 217.
Rundschau, Neue (Zeitschrift),
222.
Rundschau, Ostdeutsche, 216.
Rung, Frederik, 100.
Rung- Keller (Dirigent) 100.
Rungenbagen, Karl Friedrich,
230.
Rupp, Fritz, 40.
Rupp, J. E., 230.
Rust, Wilhelm, 227.
Rutb-Sommer, Hermann, 48. 06.
Sachs, Hans, 10.
Saint-Safins, Camille, 3. 4. 8.
12. 88. 126. 136. 130. 180.
260.
Salieri, Antonio, 220.
v. Salia, Joh. G. Frhr., 134.
Salvatlni, Mafalda, 234.
Sandberger, Adolf, 45. 189.
Sanden, Aline, 87. 235.
Sander, Constantin, 255.
Sandow, Eugen, 44.
Sandow, Julius, 44.
Slngerbund, Steiriscber, 46.
Slngerchor, Barmer, 236.
Stngerhain, Oberbarmer, 236.
Slngerkreis, Deutscber (Elber-
fcld), 189.
Sanvageol, Wilms, 284.
Saran, August, 253. 255.
de Sarasate, Pablo, 190.
Sarata, Therese, 190.
Satz, Cicilie, 43.
Satz, Elsa, 43.
Sauer, Erail, 188.
Sauret, Emile, 136.
Scarlatti, Domenico, 96.
Scbachleiter, Alban, 217.
Schaefer, Karl L., 35.
Schaffer, Julius, 258.
Schantl, Alois, s. Totenschau
XIV. 15.
Schapira, Wera, 47.
Scharff, Th., 135.
Schartel, Rudolf, 90.
Scharwenka, G. Walter, 281.
Scharwenka, Xaver, 35. 90.
Scbatter, Paul, s. Totenschau
XIV. 14.
Schluffelin 20.
Scheffel, Joseph Victor, 69. 70.
Scheidemantel, Karl, 38.
vom Scheidt, Julius, 87. 185.
190.
Scbennicb, Emil, 189.
Schennich-Braun, Hedwig, 189.
236.
Schering, Arnold, 28.
Scherrer, Heinrich, 18. 19. 139.
Scheulen 45.
Schick, Emma, 93.
Schiedermair, Ludwig, 181.
Scbiedmayer (Pianofortefabrik)
237.
Schikaneder, Emanuel, 217.
Schiller, Friedrich, 58. 134. 180.
Schillings, Max, 71. 72. 143.
263. 264. 265. 283.
Schindler, Anton, 51. 61. 124.
Schindler (Komponist) 72.
Schink, Fritz, 187.
Schirmer, R., 45.
Schittler, Ludwig, s. Totenschau
XIV. 13 und XIV. 14.
Schlaf, Johannes, 9.
Schlembach, Joseph, 39. 44.
Schlick, A., 237.
Schlitter 218.
SchloDhauer-Reynolds, Eleanor,
42.
Schmedes, Erik, 185.
Schmedes, Paul, 41. 47. 186.
Schmemann, Julie, 234.
Schmid, Eugen, 182. 183.
Scbmid, Josef, 84.
Schmidt, Richard, 94.
Schmidt-Reinecke 45.
Schmieter, Georg, 40.
Schmitt, Friedrich, 12.
Schmitt, J., 136.
Schmitz, Hans, 189.
Scbmuller, Alexander, 88.
Schnabel, Artur, 42. 46. 48. 88.
90. 238. 239.
Schnabel, Friedrich, 93.
Schnabel- Bebr, Therese, 239.
Schneider, Friedrich, 253.
Schneider, Hedwig, 91.
Schneider, Max, 259.
Schnerich, Alfred, 217. 218. 219.
240. 288.
Schnitzler, Arthur, 266.
Schock, Othmar, 96.
Schoffel, W., 94.
SchOll, Hedwig, 92.
Scholtz, Hermann, 188.
Scholz,Bernhard, 192(BiId). 274.
Scholz, Heinricb, 83.
Scholz, Wilhelm, 140.
SchOnberg, Arnold, 36.
Schongauer, Martin, 20.
SchOnherr, Carl, 47.
Schoonderbeek, Johan, 88.
Schott, Ottilie, 288.
Schramm, Paul, 43.
Schreck, Gustav, 37. 85.
Schreiber, Frieda, 41.
Schreker, Franz, 265.
Schrey, Lili, 286.
Schroder, E., 45.
Schroder, Else, 44.
Schroder, Karl, 185.
SchrOder, Rudolf Alexander, 72.
SchrOdter, Ad., 144.
Schubart, D. Chr., 134.
Schubert, Erik, 87.
Schubert, Franz, 32. 41. 42. 43.
44. 45. 46. 47. 48. 66. 68. 70.
90. 91. 94. 96. 134. 186. 188.
189. 220. 237. 239. 240. 253.
254. 277. 283. 285. 286.
Schubert, Oskar, 44. 186.
Schubert, Richard, 138.
Schuberth jr., Fritz, 233.
Schubring 181.
Schuch, Benno, 44. 187.
v. Schuch, Ernst, 45. 87. 140.
142. 188.
SchOler, C, 235.
Schulhoff, Liesl, 188.
Schuiz, Heinrich, 287. 288.
Schulz, Helene, 140.
Schuiz -Beuthcn, Heinrich, s.
Totenschau XIV. 13. 230.
Schulze-Prisca, Mirny, 187.
Scbulze-Prlsca, Walter, 187.
Schumacher-GroOkopf, Hilde-
gard, 287.
Schumann, Georg, 41. 89. 143.
186. 240. 283.
Schumann, Gustav, 189.
Schumann, Robert, 42. 44. 45.
46. 47. 66. 68. 71. 89. 90.
93.94.96. 131. 133. 134. 137.
XII
NAMENREGISTEK
188. 227. 228. 229. 254. 256.
257. 259. 267. 269. 271. 272.
273. 276. 277. 283. 285. 287.
Schumann-Heink, Ernestine, 286.
Schumann-Trio 41.
Schuricht, Karl, 144.
Schutz, Adolf, 41.
Schfltz, Heinrich, 180.
Schutz, Ludwig, 91.
SchOtzendorf (Sanger) 87.
Schwalbe, Walther, 233.
Schwartz, Heinrich, 137.
Schwarz, Franz, 138.
Schwarz, Jos6, 273.
Schwerdt, Franz, 39.
Schwickerath, Eberhard, 142.
v. Schwind, Moritz, 38. 64.
Schytte, Ludwig, 136.
Scriabine, Alexander, 136. 139.
3. Totenschau XIV. 17. 286.
Scribe, Eugene, 185.
Sealsfield 257.
Seebe, Magdalene, 39.
Seelig, Oskar, 285.
Sehested, Hilda, 190.
Seidel, Wilhelm, s. Totenschau
XIV. 14.
Seidemann, August, 284.
Seidl, Joh. Gabriel, 66.
SeiQ, J., 239.
Seitz 237.
Sekles, Bernhard, 85.
Sembach, Joser, 282.
Sembrich, Marcella, 286.
Senius-Erler, Klara, 41. 140.
Senfft v. Pilsach, Frhr., 255.
Serato, Arrigo, 286.
Settekorn, R., 92.
Seyler (Komponist) 220.
Seyffardt, Ernst H., 94. 284.
Sgambati, Giovanni, 45. 93. 143.
191. 288.
Shakespeare, William, 32. 184.
228.
Sibelius, Jean, 36.
Siebold, Martha, 90.
Siegel, C. F. W., 231. 232.
Siegel, Else, 47.
Siegert, Ewald, 188.
Sieman, Heinrich, 94.
Siewert, Adoir, 236.
Siewert, Hans, 94.
Signac 64.
Sigwart, Botho, 93.
Silcher, Friedrich, 94.
Simon, Alfred, 288.
Simon, James, 139. 288.
Simons, Theodor, 236.
Simonsen (Komponist) 190.
Simrock, N., 83.
Sinding, Christian, 90. 136. 187.
Singakademie(Berlin)41.89. 185.
Singakademie (Breslau) 187.
Singakademie (Chemnitz) 188.
Singakademie (Dortmund) 45.
Singakademie (Halle) 254.
Singakademie (Leipzig) 191.
Singelee, J. B., 136.
Singverein, Banner, 236. 283.
Sinigaglia, Leone, 136.
Sitt, Hans, 85. 191.
Skibicki, M., 186.
Slezak, Leo, 46. 87. 184. 234.
239.
Smetana, Friedrich, 41. 46. 188.
Sohm, Hermann, 220.
Solario, Andrea, 48 (Bild). 96.
Sommer, Hans, 72. 265.
Sophoklea 179.
Sothmann, Ida, 285.
Spaan, Bernhard, 45.
Spiegel, Magda, 40.
Spielmann, Leopold, 91.
Spier, Lassalle, 90.
Spilcker, Max, 285.
Spinoza, Baruch, 81.
Spitta, Philipp, 258.
Spitzner, Alfred, 141.
Sporck, Graf, 266.
Stabernack, Carl, 43.
Stange, Hermann, 94.
Stapelfeldt, Martha, 187. 284.
Stark, Ludwig, 136.
Starke, Gustav, 235. 283.
Starke, Toni, 283.
Stavenhagen, Bernhard, 96. 189.
Stier, Harry, 235.
Stein, Lola, 39.
Steinbach, Fritz, 41. 93. 95. 190.
Steiner-Rothstein, Gertrud, 90.
Steingraber Verlag 85. 137. 182.
233. 280.
Stenz, Arthur, 188.
Stephan, Hermann, s. Toten-
schau XIV. 14.
Stephani, Hermann, 85. 236.
287.
Stephanie (SSngei) 142.
Sternfcld, Richard, 232.
Sternheim 7.
Stieber, Richard, 282.
Stiebitz, Kurt, 260.
Stieglitz, H., 32.
Stiehl 75.
Stiles, Werner, 39. 86.
Stimmel, J., 45.
Stimmer 20.
StoeDel, Albert, 90.
v. Stolberg, F. L. Graf, 134.
Stoltz-Premyslav, Eugenie, 89.
Stolz 45.
Stolz, Gustav, 94.
Stolz, Susanne, 138.
Stolzenberg, Hertha, 184. 186.
Storm, Theodor, 66.
Stoye, Paul, 45.
Straesser, Ewald, 72. 83. 84. 88.
Stransky, Josef, 286.
Straube, Karl, 47. 191.
StrauO, Eduard, 179.
StrauO, Johann (Vater), 130. 179.
StrauO, Johann (Sohn), 86. 179.
StrauO, Josef, 179.
StrauO, Richard, 3. 5. 35. 41.
44. 46. 47. 71. 88. 90. 91.
92. 139. 140. 142. 186. 188.
223. 234. 235. 239. 263. 264.
265. 282. 283. 284. 285.
Strawinski, Igor, 189.
Streicher, Theodor, 72. 232.
Streichquartett, Barmer, 236.
Streichquartett, Bohmisches, 46.
143. 188. 239.
Streichquartett, Rhelnisches, 189.
283.
Striegler, Kurt, 45.
Stronck-Kappel, Anna, 88. 89.
93. 187. 189.
v. Strumpell 47.
StObing, Adolf, 233.
Stuhr, Anna, 94.
Stumpr, Carl, 28. 279.
StQnzner, Elisa, 39.
Sullivan, Arthur, 80.
Sulzbach, Emil, 233.
v. Suppe, Franz, 234.
Suter, Hermann, 288.
Svendsen, Joban, 283.
van Swieten, Gottfried, 51.
Symphoniekonzerte (Dortmund)
45.
Symphoniekonzerte (Essen) 93.
Symphoniekonzerte (Genf) 189.
Symphoniekonzerte (Graz) 46.
Symphoniekonzerte (LObeck) 285.
Symphoniekonzerte, Stidtische
(StraOburg), 191.
Symphonieorchester, Bostoner,
286.
Symphonieorchester, New Yorker,
286.
Synagogenchor (Berlin) 186.
Szanto, Jani, 285.
Szendrei, Alfred, 39.
Szendy, Arpad, 47.
Szigeti, Josef, 284. 285.
Tageblatt, Berliner, 237.
Tanaka, Shob£, 181.
TBnzler, Hans, 39. 40.
Tartini, Giuseppe, 45. 95.
Tausig, Karl, 182. 183.
Tauwitz 31.
Telemann.Joh. Philipp, 43. 165.
166.
Telmanyi, Emil, 190.
Teniers d. J., David, 96 (Bild).
Terborch, Gerhard, 96 (Bild).
Tester, Emma, 285.
Teubner, B. G, 135. 260.
Thayer, A. W., 52. 124.
Thelen, August, 37.
Therig, A., 92.
NAMENREGISTER
XI11
Thoma, Hans, 64.
Tbomann, K., 144.
Thomson, Cesar, 189.
Thornberg, Julius, 4 1.43. 89. 139.
Thuille, Ludwig, 71. 95. 143.
239. 263. 265. 285.
Tleck, Ludwig, 230.
Tillyard, H. J. W., 135.
Tintoretto, Jacopo, 48 (Bild). 96.
Tischer, Lilli, 91.
Tischer & Jagenberg 83.
Titz-Harmonium 187.
Toller, Georg, 86.
Tomaschek, J. W., 220.
Tonhallegesellschaft (ZOrich) 96.
Tonkanstler-Orchester (Wien)
143.
TonkQnstlerverein (Magdeburg)
95.
TonkQnstlerverein (StraOburg)
191.
TonkOnstlerverein, Wiener, 182.
Toonkunst (Amsterdam) 88.
Toscanini, Arturo, 282.
Tosi, Pier Francesco, 165.
Trautmann, Gustav, 239.
Trautwetter, Paul, 287.
Treves (Verleger) 126.
Trinius, Hans, 39.
Trio, Berliner, 89.
Trio, Dresdener, 188.
Trio, Rbeinisches, 92.
Trojan, Johannes, 280.
Tschaikowsky, Peter, 8. 136.
141. 142.
Oberfeldt, Ludwig, 181.
Ucko-HOsgen, Paula, 41. 288.
Uhland, Ludwig, 19. 65. 66.
Uhlig, Theodor, 255.
Uhr, Charlotte, 239.
UniversitStssfingerverein zu St.
Paul! (Leipzig) 47.
Unkel, Peter, 38. 139.
Urak, E., 44.
Urbach, Otto, 189.
Urspruch, Anton, 263.
Uz, Joh. Peter, 134.
Vandenboeck & Rupprecht 83.
Vannucci, Pietro, 48 (Bild).
Varga, Julius, 46.
Varnhagen von Ense 181.
Vas, SAndor, 47.
Verdi, Giuseppe, 4. 87. 126f
(V., ein Freund Deutscblands?)
142. 184. 222. 234. 247. 248.
282.
Vereeniging tor Verbetering van
den Volkszang 88.
Verein der Musikfreunde (Kiel)
94.
Verein derMusikfreunde(LQbeck)
285.
Verein fflrKammermusik (Braun-
schweig) 92.
Verein fur klassische Kirchen-
musik (ZQrich) 288.
Verein, Frflhscher, 240.
Verein, MusikpSdagogischer
(Dresden), 188.
Verhaeren, Emile, 64.
Verlaine, Paul, 64.
Vermeer, J. C, s. Totenschau
XIV. 17.
Viadana 279.
Vidron, Angele, 185. 234.
Vieweg, Chr. Friedrich, 85. 135.
233. 280. 281.
Vieuxtemps, Henri, 136.
da Vinci, Lionardo, 48.
Virdung, Sebastian, 17.
Vogelstrom, Fritz, 235. 236. 283.
v. d. Vogelweide, Walther, 69.
Vogt, Joh. Nep., 66.
Vogler, Abt, 220.
de Vogt, Carl, 283.
Voigt, Fritz, 39.
Voigt, Georg, 47.
Volbach, Fritz, 284.
Volkmann, Hans, 31. 192.
Volkmann, Robert, 30 ff (Krieg
und Helden in R. V.s Ton-
dichtungen). 188. 192 (Bild).
227 ff (Zu R. V.s 100. Ge-
burtstag). 283.
Volkschor, Berliner, 139.
Vorwerk, Ami, 236.
VoD, Otto, 93. 94.
Vrieslander, Otto, 72.
Waack, Carl, 285.
Wagenseil, G. Chr., 137.
Waghalter, Ignatz, 184.
Wagner, Franz, 47. 135.
Wagner, Peter, 279.
Wagner, Richard, 3. 4. 6. 7. 8.
10. II. 12. 35. 36. 38. 39.
40. 41. 44. 45. 46. 47. 64.
66. 67. 69. 70. 71. 74. 83.
86. 87. 89. 91. 92. 93. 95.
131. 134. 141. 167. 177. 180.
184. 185. 189. 221.222.223.
225. 226. 227. 229. 231. 232.
234. 240. 244. 248. 255. 260.
265. 266. 275. 276. 277. 278.
281. 282. 283. 284.285. 286.
287. 288.
Wagner, Siegfried, 95. 188. 189.
263. 264. 265. 278.
Wagner-Verein, Deutscher, 232.
Waldau, Max, 256.
Waldmann, Wilhelm, 257.
Waldteufel, Emile- Charles, s.
Totenschau XIV. 13.
Wahl, Elsa, 91.
Walk, Max, 37.
Walker, Edyth, 42. 89.
Walkotte, Margarete, 43.
Wallraf (OberbQrgermeister) 47.
Walter, Bruno, 48. 142. 143.
Walter, Eduard, 232.
Walter, George A., 41. 89. 286.
287.
Walter-Haas, Elsa, 287.
Waltershausen, Hermann, 264.
265.
Wangel, Hedwig, 186.
Warwas, Erdmann, 141.
v. Weber, Carl Maria, 18. 38. 39.
66. 85. 86. 91. 94. 136. 139.
168. 171. 223. 230. 234. 236.
244. 248. 276. 282. 283. 286.
Weber, Martha, 235.
Weber, Paula, 235. 283.
Weber, Wilhelm, 182.
Weckauf 45.
Wedekind-Klebe, Agnes, 40.
Wegeler, Franz, 181.
Wenmer (SSngerin) 46.
Weidele, Minna, 285.
Weidt, Carl, 94.
Weigl, Joseph, 220.
Weimershaus, Emil, 287.
Weinbaum, Alexander, 186.
Weinbaum, Paula, 43. 286.
Weingartner, Felix, 46. 72. 93.
94. 142. 185. 188. 190. 238.
262. 263. 264. 265.
Weingartner-Marcel, Lucille, 238.
Weinreich, Otto, 191.
Weinreiter, S., 94.
Weinwurm, Rudolf, 135.
Weis, Karl, 265.
Weisker, Rudolf, 234.
Weismann, Julius, 83. 84. 94.
WeiDenfels, Marie, 40.
WeiOmann, Adolf, 237.
Wendel, Ernst, 88. 92. 186.
Wendland, Waldemar, 286.
Wendling. Carl, 287.
Wendling-Quartett 283.
Werhard, Theo, 44. 234.
Werhard-Poensgen, Mimi, 47.
86. 234.
Werner, Helge, 87.
Werner-Jensen, Paula, 89.
Wesendonk, Mathilde, 7. 67.
Wetz, Richard, 47.
Wetzel, Hermann, 43.
Wetzel, Otto, 43.
Wetzler, H. H., 138.
Weyersberg, Bruno, 89.
Wichert, Ernst, 266.
Wichgraf, Else, 41.
Widmann, J. V., 266.
Wieck, Fr., 136.
Wiedemann, Curt, 135.
Wiedemann, Max, 89.
Wiemann, Robert, 240.
Wieniawski, Henri, 136.
Wieprecht, Wilh. Friedrich, 129.
Wiese, Max, 235 („Die Liebe der
Bersagliere". UrauffOhrung in
i Kiel).
XIV
REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER UND MUSIKALIEN
Wiesendanger, Paul, 88.
Wildbrunn, Karl, 45.
Wilde, Oscar, 71.
Wildt, Franz, 44.
Wilhelm der Eroberer 275.
Wilhelm I., Kaiser, 127.
Wilbelmj, August, 237.
Wilhelmi, Julius, 282.
Wille, Georg, 287.
Winckelsboff, Heinrlch, 47. 87.
Winderstein-Orchester 191.
Windsperger, Lothar, 239.
Witt, Toni, 39.
Witt, F. X., 217.
Witte, G. H., 93.
Wittekopf, Rudolf, 282.
Wittenberg, Alfred, 187.
Wohlgemuth, Gustav, 84. 191.
284.
Wolf, Charlotte, 47.
Wolf, Hugo, 44. 45. 47. 65. 69.
70. 92. 134. 239. 263. 265.
282. 284. 285. 286.
Wolf, Kuno, 233.
Wolf, Otto, 88.
Wolf-Ferrari, Ermanno, 40. 234.
Wolff, Henny, 44.
Wolfram, Karl, 39.
Wolfrum, Philipp, 93. 94.
Wollgandt, Edgar, 141.
v. Wolzogen, Elsa Laura, 240.
v. Wolzogen, Ernst, 266.
v. Wolzogen, Hans, 266.
WOrl, Georg, 95. s. Totenschau
XIV. 17.
WormsbScher, Heinrich, 283.
Wucherpfennig, Hermann, 40.
WQUner, Franz, 190.
WOllner, Ludwig, 41.45. 93.284.
Wunderhorn-Verlag 36.
Wunderlich, Otto, 141.
Wunderlich, Philipp, 141.
Wundt, Wilhelm, 28. 35.
Wurm, Mary, 90.
Wuzel, Hans, 46. 284.
Ysaye, Theo, 189.
Zabel, Fritz, 235.
v. Zadora, Michael, 89. 190.
Zander, Ernst, 140.
v. Zanetti, Anton, 46.
Zapf, Joseph, 182.
Zarlino, Gloseffo, 237.
Zaschka, Willy, 283.
Zeitung, Allgemeine Muslkali-
sche, 229.
Zeitung, Vossische, 229.
Zeitschrift fur Musik, Neue, 254.
Zelter, Karl Friedrich, 230.
Zemanek, Wilhelm, 95.
Zlegler, Anna Margarets, 39.
Zilcher, Hermann, 72.
Zilken, Willy, 87. 282.
Zimbalist, Efrem, 286.
Zimmermann, Emmy, 288.
Zimmermann, Jul. Heinr., 36. 84.
85. 135. 232. 281.
Zohrer 46.
Zola, Emlle, 71.
Zoll (Konzertmeister) 285.
ZOllner, Heinrich, 41. 182. 185.
234. 262. 263. 265. 284.
Zscherneck, Georg, 47.
Zulauf, Ernst, 46. 47.
Zuschneid, Karl, 281.
Zuska, Leopoldine, 86.
REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER
A rend, Max: Zur Kunst Clucks.
35.
Auerbacb, Felix: Historische
Entwickelung und kulturelle
Beziehungen der Akustik.
135.
Bauer, Moritz: Die Lieder Franz
Schuberts. 1. Bd. 134.
Behr, Otto: Natur- Harmonic.
Grundlage zur vollkommenen
Tonkunst. 181.
BeitrSge zur Akustik und Musik-
wissenschaft. Herausgegeben
von Carl Stumpf. 8. Heft.
279.
Freiesleben, Gerhard: Recht und
Tonkunst. Eine gemeinver-
stindliche Darstellung des
musikalischen Urheber- und
Verlagsrechts. 231.
Riemann, Hugo: Musik-Lexikon.
8. Auflage. Lieferung 2—10.
82.
— Studien zur byzantinischen
Musik. 134.
Schaefer, Karl L.: EinfQhrung
in die Musikwissenschaft auf
physikalischer, physiologi-
scher und psychologischer
Grundlage. 35.
Scholz, Heinrich: Die Kirchen-
musik in ihrer Bedeutung fflr
das Leben der Kirche und
des Volkes. 83.
Sternfeld, Richard, s. Wagner.
Dberfeldt, Ludwig: Ferdinand
Ries'Jugendentwickelung. 181.
Wagner, Peter: Geschichte der
Messe. Bd. I. 279.
Wagner, Richard: Was ist
deutsch? Schriften und Dich-
tungen des Meisters fur die
Zeit des Heiligen deutschen
Krieges ausgewfthlt von
Richard Sternfeld. 232.
REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN
Amft, Georg: Kriegs- und Sol-
datenlieder. 135.
Appel, Karl Fr.: Ein deutsches
Kaiserlied fur Mlnnerchor mit
Baritonsolo und Orchester
oder Klavlerbegleitung. 182.
Artz, Carl Maria: Vier Klavier-
stQcke. 137.
Bach, Job. Seb.: Sonate f-moll
fflr Violine und Pianoforte.
Bearbeitet von Max Reger.
36.
Bach, K. Ph. E.: Konzerte in
Es-dur und in F-dur fOr
zwei Klaviere und Orchester.
Herausgegeben von Heinrich
Schwartz. 137.
Bach-Busoni: Fantasia, Adagio
e Fuga; Vier Duette; Capricclo
Ober die Abreise des viel-
geliebten Bruders. 35.
Barmas, Issay: „Aus der Geiger-
welt." Album fOr Violine und
Klavier. Band I— III. 136.
Battke, Max: Jugendgesang. 85.
Bauer, Friedrich: ,Heil dir 1m
Siegerkranz!" Deutsche Na-
tionalhymne in deutscher Ver-
tonung. 85.
Blaesing, Felix: „Unsern ge-
fallenen Helden." FQr ge-
mischten oder Jugendchor.
233.
Busoni, Ferruccio: Drei Ka-
denzen zu Beethovens Violin-
konzert. 1 83.
REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN
XV
Clementi-Tausig: Gradus ad Par-
nassum. Herausgegeben von
Eugen Schmid. 182.
Deutsche Lieder aus groBer Zeit.
Heft J— 22. 281.
Dittberner, Johannes: Zwanzig
geistliche Lieder von Joh.
Wolfg. Franck fQr gemischten
Chor bearbeitet. 85.
Eioblattdrucke, Patriotische. 233.
Elgar, Edward: op. 70. „Seufzer.*
Adagio far Streichorchester
mit Harfe und Harmonium.
232.
Erler, Hermann: „Deutschland
in Ewigkeit." 281.
van Eyken, Heinrich : Zwei
MlanerchOre. 37.
Flugblltter des Wiener Ton-
kflnstlervereins, Musikalische.
Serie I. 182.
Fock, Dirk: op. 2. Sechs Lieder
fOr eine Singstimme mit Kla-
vierbegleitung. 135.
Foerster, Adolph M. : op. 32. Fest-
marsch far Orchester. op. 47.
Suite No. 2 fur Orchester. 232.
Franck, Joh. Wolfg., s. Ditt-
berner.
Frey, Martin: op. 45. „ZuGott!"
Motette fQr gemischten Chor
oder Frauenchor. — op. 46.
„Deutsches Matrosenlied" fQr
eine Singstimme mit Klavier.
85.
— op.41. „Weihnachtsstunden."
Fflnf neue Weihnachtslieder.
233.
— Aus Deutschlands groDer Zeit.
Heft 3. 280.
Fricke, Richard: Dankhymnus
nach Worten des 95. Psalms
fOr fanfstimmigen gemisch-
ten Chor, Solostimmen und
Knabenchor. 37.
Frieder, Karlhans: Sechs heitere
Kriegslieder aua dem Kladde-
radatsch fQr eine Singstimme
und Klavier. 37.
Fubrmeister, Fritz : MJnnerchore
a cappella. 85.
Gambke, Martin: .Die Ge-
schichte von Luttich." FQr
Chor. 233.
Glock, Joh. Philipp: „Kennt ihr
den Mann?" Ein Bismarck-
Lied im Volkston. 182.
Gohlcr, Georg: Neun Soldaten-
lieder. 137.
— Zwei StOcke fOr Violine und
Klavier. 232.
GOtze, Wilhelm: Drei vater-
lindische Gesange fQr drei-
stimmigen Scbulchor. 233.
Gr6try, A. E. M.: Suite fflr
Klavier zu zwei Handen. Frei
bearbeitet von Bernhard
Reichel. 137.
Gretscher, Philipp: „In das
Frankreich wollen wir mar-
schieren." Marschlied 1914.
84.
— op. 85. Zwei MinnerchOre.
135.
GroRe, Hedwig: „Aufs Grab-
kreuz." 281.
— Kriegskindermarsch. 281.
Grflters, Hugo: ,Empor!" Fflr
Mlnnerchor a cappella. 232.
Haas, Robert: Sieben Lieder fflr
eine tiefe Stimme. — Gesinge
fflr hohe Stimme und Klavier.
280.
Heinrich, Arthur: Neue Weisen
fflr diejugend. Heft I: Kriegs-
lieder. 182.
Heuser, Ernst: op. 81. Zwei
FrauenchOre. 1 35.
Hirsch, Carl: „Am Ufer des
Flusses des Manzanares" von
Ad. Jensen. Fflr Frauenchor
und Klavier oder kl. Orchester.
— „Spanisches Stindchen"
von Ad. Jensen. Fflr MSnner-
chor und Klavier oder kl.
Orchester. 1 35.
Hirtz, Arnold: Marschlied der
RheinlBnder 1914. 280.
Hoyer, Karl: Phantasie flber das
altniederlfindiscbe Dankgebet
fflr Orgel. 84.
Huber, Hans: Sonata quasi
Fantasia fflr Violine und
Klavier. 183.
Jemnitz, Alexander: op. 8. Sonate
fflr Klavier. 36.
Jensen, Adolf, s. Hirsch.
Jung, August: op. II. Streich-
quartett. 83.
Kahl, Oskar: op. 3. Trio fflr
Violine, Violoncelljund Kla-
vier. 279.
Kaun, Hugo: op. 97. Fflnf
Lieder. 84.
— op. 98. Fflnf FrauenchOre
a cappella. 281.
Key), B. Hans: Melodische Stu-
dien III zur Pflege des kurzen
Anschlags in Form von sechs
Humoresken. 137.
Kriegeskotten, Fr.: „Wir Deut-
sche fdrchten Gott." Fflr ge-
mischten oder Scbulchor. 280.
Kronke, Emit: op. 99. Suite im
alten Stil fflr Pianoforte und
Violine. 36.
Lewin, Gustav: Drei Lieder.
280.
Liszt, Franz : ^Consolations." Fflr
Violine und Pianoforte bearb.
von Walter Armbrust. 183.
Loschky, Wilhelm Mathias: Zwei
deutsche Kriegslieder aus dem
groOen Kriegsjahr 1914. 37.
Louis Ferdinand, Prinz: op. 1.
Quintett fflr Pianoforte, zwei
Violinen, Viola und Violoncell.
183.
Lubrich sen., Fritz: „Heil Kaiser
Dir!" Neue deutsche National-
hymne. 36.
Mayerhoff, Franz: op. 39. „Aus
groBer Zeit." Lieder fflr eine
Singstimme und Klavier. 181.
Mayer-Mahr, Moritz: Die Tech-
nik des Klavierspiels. Bd. I
bis III. 136.
Neuendorf, Woldemar: „Wir
Deutsche fdrchten Gott allein."
Soldatenlied. 37.
Oehl, August: op. 33. Drei
Lieder fflr gemischten Chor. 85.
Peters, Max: *Das deutsche
Krlegslied 1914." FflrMSnner-
chor rait Begleitung von Blas-
orchester oder Klavier. 135.
Pfannschmidt, Heinrich: op. 40
No. 3. „Die ersten Toten."
Fflr gemischten Chor. 135.
— „Deutsches Trutzlied." Fflr
gemischten Chor. — »Der
Landsturm-FQsilier." Fflr
Jugendgesang. 233.
Preitz, Gerhard: Sechs Kinder-
reime fflr eine Singstimme
und Klavier. 233.
Prost,Carl: Reservistenlied 1914.
Fflr M»nnerchor. 135.
— Reservistenlied 1914. Fflr
MSnnerchor. 280.
Rabich, Ernst: „Unseren 42ern."
Kriegslied fflr eine Singstimme
oder einstimmigen Chor mit
Klavierbegleitung. 281.
Reger, Max: op. 140. Eine
vateriandische Ouvertflre fflr
groQes Orchester. 83.
Reichel,Bernhard:Klavierstflcke.
Acht Klavierpoesieen. — Aus
verklungenen Tagen. — Bunt
durcheinander. — Ulusionen.
— Lyrische Blatter. — Fflr
fleiBige Kinder. — Bourr6e
fflr zwei Klaviere zu vier
Handen. 137.
Renner, Willy: op. 3. Suite fflr
Klavier zu zwei Handen. —
op. 6. PrBludien flber den
Namen Bach fflr Klavier zu
zwei Handen. — op. 7. Im-
pressionen. Sieben Klavier-
stucke. 1 37.
XVI REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE
RohlofT, Max: op. 16. Lieder
for eine Singstimme und Kla-
vier. 280.
Scbmid, Josef: Fesiliches Inter-
ludiumQberein vaterlSndisches
Thema fdr Orgel. 84.
Schreck, Gustav: „Fdr uns."
FOr MSnnerchor. 37.
— Kriegsgebet fQr gemischtcn
Chor. 37.
— op. 45. „Der Herr ist der
rechte Kriegsmann." FOr
Sopran oder Tenor, Orgel und
Chor. 85.
Sekles, Bern hard: op. 23. Passa-
caglia und Fuge 1m vier-
fachen KontrapunktfOrStreich-
quartett. 85.
Sibelius, Jean: op. 74. Vier
lyriscbe StQcke fQr Klavier.
36.
Singel6e, J.-B.: Fantaisies pour
Violon avec Piano. Revues
par Arthur Seybold. 136.
Sin, Hans: Kryptagesang fQr
MSnnerchor. — Soldatenlied
fQr MSnnerchor. 85.
Stephani, Hermann: „Die Gc-
schichte von LOttich." 85.
Straesser, Ewald: op. 15. Streich-
quartett. 83.
Streicher, Theodor: Gavotte und
Menuett fOr Violine, Viola
und Violoncell. 232.
Thelen, August: „Soldaten-
abschied." MSnnerchor mit
Baritonsolo. 37.
Wagenseil, Georg Christoph:
Menuett in F-dur. FQr zwei
Klaviere zu vier HSnden
frei bearbeitet von Bernhard
Reichel. 137.
Wagner, Franz: Drei Chorge-
s&nge fQr das deutsche Volk und
Heer fQr gemischten Chor oder
Manner- oder Kinderchor. 135.
Walk, Max: „Die Wacht an der
Weichsel." MSnnerchor. 37.
Walter, Eduard: op. 62. „Der
Waldsee." FQr gemischten
Chor. 232.
Weber, Wilhelmi: „Der Mutter
Abschiedswort." FQr Sing-
stimme und Klavier. 182.
Weismann, Julius: op. 50. Phan-
tastischer Reigen fQr Streich-
quartett. 83.
Wiedemann, Curt: „Das eiserne
Gebet." FQr MSnnerchor oder
Schulchor und Klavier. 135.
Wohlgemuth, Gustav: .Bis-
marck." FQr einstimmigen
Chor und Orchester. 84.
Wolf, Kuno: „Emden." FOr
eine Singstimme und Klavier.
233.
Zapf, Joseph: Kriegsgebet. 182.
ZOlIner, Heinrich: op. 134.
„Schwarzwaldkonzert." FOr
eine Solostimme mit MSnner-
bzw. Knabenchor und Piano-
forte. 182.
REGISTER DER BESPROCHENEN ZEITSCHRIFTEN-
UND ZEITUNGSAUFSATZE
Adler, Guido: DieOsterreichische
Tonkunst und der Weltkrieg.
131.
Beuthner, Ernst: Heil dir im
Siegerkranz. 129.
Blech, Leo: Gegen den SchluQ-
applaus. 79. .
Bolte, Theodor: Bemerkungen
Qber Robert Volkmann. 227.
Dahms, Walter: Ein Vergessener
und Verkannter. 228.
Gallwitz, S. D.: England, das
Land ohne Musik. 80.
— Englands musikalische Un-
fruchtbarkeit. 133.
GOttmann, Adolf: Robert Volk-
mann. 229.
Graf, Max: Der Kampf gegen
die deutsche Musik. 180.
Grawert, Theodor: UnsereArmee-
mSrsche. 81.
Hirschberg, Leopold: Kampf-
schilderungen des auslSn-
dischen „Deutschmeisters"
Cherubini. 81.
— Giacomo Meyerbeer und sein
deutsches Vaterland. 180.
Fstel, Edgar: „Politische" Musik.
78.
Istel, Jules Ecorcheville f. 274.
— Musikalische Schlachten-
schilderungen. 276.
Kaiser, Georg: Ein vergessener
Liszt-JOnger. 230.
Kleinpeter, Otto: Die Kultur-
sendung der „Meistersinger."
277.
Lehmann, Marta: Erinnerungen
an Franz Kullak. 81.
Leichtentritt, Hugo: Das musika-
lische Ohr. 275.
Marsop, Paul: Unsichtbares Or-
chester und Deutsches BQhnen-
haus. 277.
Moser, Hans Joachim: Berliner
Musik von 1813. 229.
Moszkowski, Alexander : BQ-
lows Beethoven -Symphonic
275.
Pringsheim, Klaus: Ein deutsches
Musikdrama („Die JQdin").
177.
PQringer, August: Robert Volk-
mann. 227.
v. Reznicek, E. N.: K. u. k.
MilitSrmusik. 129.
Salten, Felix: Eduard StrauB.
179.
Schellenberg, Ernst Ludwig:
Anton Bruckner, der Sym-
phoniker. 276.
Schierbaum, Heinrich : Lieder des
hannoverschen Heeres. 130.
Schmidl, L. : Was Freund und
Feind im Felde singen. 78.
Schurzmann, Katharine: Fer-
dinand Hiller. 278.
Storck, Karl: Deutsches Wesen
und deutsche Musik. 130.
— Die Aufgabe der Musik im
deutschen Leben. 177.
Tessmer, Hans: Siegmund von
Hausegger. 277.
Volkmann, Hans: Robert Volk-
mann und unsere Zeit. 227.
Waldbauer, Josef: Robert Volk-
mann. 227.
Weingartner, Felix: Ein Nach-
wort zum Vorschlag fQr das
verdeckte Orchester. 278.
Zabel, Eugen: Bernhard Scholz
und Albert Niemann. 274.
Zeitung, DOsseldorfer: Robert
Volkmann. 228.
Zuscbneid, Karl: Zwei Ton-
poeten. Zum GedSchtnis Cho-
pin's und Schumanns. 133.
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DIE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 22 • ZWEITES AUGUST-HEFT
14. JAHRGANG 1914/1915
VERLEGT BEI 1 .
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W
Man schreit jetzt in alien Kunsten so sehr gegen die Regeln,
und daB das Genie sicb durcb sie nicht konne binden lassen. Das
letztere ist wohl auch wahr. Aber durcb ganzliches Aufbeben der
Regel auch jene Kopfe davon zu befreien, die keine Genies sind,
mufi doch notwendig zum Unsinn fiihren, und das tut es aucb.
Grillparzer
INHALT DES 2. AUGUST-HEFTES
WALTER NIEMANN: Das musikalische Wunderhorn. Von
suddeutscber Romantik in Klavier- und Kammermusik furs
deutsche Haus
OTTO KELLER: Anton Bruckner-Literatur. I
JOSEPH BLOCH: Die reine Stimmung und die Intonationslebre
WERNER DEETJEN: Vom Ausklingen des Meistergesangs
REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten:
Rudolf Cahn-Speyer, Hjalmar Arlberg, Wolfgang Golther,
F. A. GeiBler
KRITIK (Konzert): Halle a. S.
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
KUNSTBEILAGEN: Bruckner-Medaille von LeoZimpel; Ludwig
Schittler
NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenschau, Verscbiedenes
ANZEIGEN
Abonnementspreis
Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jabrgang ab mit Quartalsberechnung
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland
Mk. 6.—). Die bisherige Jabresvorausbezablung lassen wir, um den
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkotnmene Zablungserleichterung
zu gewSbren, fur den 14. Jabrgang in Wegfall kommen.
Verlag und Redaktion der MUSIK
DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN
VON sOddeutscher romantik in klavier- und kammermusik
FORS DEUTSCHE HAUS
VON DR- WALTER NIEMANN IN LEIPZIG
Des Knaben neues musikalisches Wunderhorn liegt urn Miinchen
vergraben. Sein wichtigster Verleger 1 ) wohnte unter dem Schutz
des Lind- und Tatzelwurms — nuchtern gesprochen: in der Lind-
wurmstraCe — , und auf alien blaCgelblich getonten Heften reitet der mutige
Knabe mit obbesagtem Wunderhorn auf fliegcndem RoQlein in die Welt.
Und unten in der Ecke verrat ein E. P., dafi Emil Preetorius, der originelle
Munchener Graphiker, diesen Heften ihre einfache, aber vornehme und
kiinstlerische Uniform anzog.
Das laOt sich ganz als Verlagsreklame an, und schon sehe ich das
Damoklesschwert in Gestalt eines ungeheuren Rotstiftes iiber meinen un-
schuldigen Blattern schweben. Allein, dieser Wunderhorn-Verlag ist nur
das publizistische Sammelbecken fur eine ganze Bewegung, deren wichtigste
Richtlinien er selbst in seinem Leitwort klar vorgezeichnet hat: Pflege
und Forderung der Hausmusikbewegung, Bekampfung der gleichmachenden
Einfliisse in der heutigen musikalischen Kultur durch Bevorzugung von
allerhand seltenen Kunstformen, musikalische Wiedergeburt in Neuausgaben,
namentlich der Meister des deutschen und italienischen Barock und Rokoko
(Friedemann Bach, Geminiani, Pergolesi, Pisendel) und — vielleicht doch
das Entscheidende — vorzugsweise Richtung einer siiddeutschen Romantik.
Sehen wir einmal von der kleinen Renaissance-Enklave ab, so sind das
Punkte, deren Wichtigkeit fur eine gesunde musikalische Kultur auQer
Frage steht.
Ehe wir untersuchen, inwieweit jeder Forderung Erfiillung wurde,
wollen wir untersuchen, was denn das Wesen dieser Wunderhorn-Ecke in
jenem Reiche ist, das wir unter dem Sammelbegriff der Munchener Schule
oder der Munchener Neuromantik vergeblich zu fassen suchen.
Der klassizistischen Mendelssohn-Schumann-Reinecke-Tradition Leipzigs
entspricht die klassizistische Rheinberger-Tradition Munchens. Dieser
strenge Meister fugierten Stils, der allein in den weichen, stark chroma-
tisierten Adagien seine suddeutsche Herkunft verrat, wird der Gninder
aller siiddeutschen Romantik. Stifter wird der von Hans von Biilow ob
seines leidenschaftlich ausgeiibten neudeutschen Mittleramtes so ehrlich
gehaOte schwSrmerische und heiCe Lyriker Alexander Ritter (1833 — 96),
dessen „Liebesnachte" dem Boden von Tristans Burg entsprossen. Zu
ihm stromen die Quelladern, die von Franz Liszt und Richard Wagner
kommen. Nicht nur die personlichen — Ritters Mutter war eine bewahrte
') Ludwig Schittler f (vgl. „Die Musik" XIV. 13 und 14, „Totenschau" S. V).
10*
148 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Freundin Wagners, Ritters Gattin Franziska eine Nichte des Meisters,
Ritters Ansassigkeit nach seiner Verheiratung in Weimar machte ihn im
Verkehr mit Liszt, Cornelius, Bronsart und Raff zum Komponisten — ,
sondern viel mehr noch die musikalischen, die den tiefen kiinstlerischen
Ernst, den schweren Gefiihlsreichtum seines in dramatischen Versuchen
(„Der faule Hans", „Wem die Krone?") versagenden lyrischen Schaffens
bestimmten.
Von ihm, dem vornehmen Idealisten der engsten Wagner-Nachfolge,
gehen jene Strome, die zu den jungen damaligen Klassizisten Richard
StrauB und Ludwig Thuille(1861 — 1907) fiihren und sie am entscheidenden
Punkt ihrer Entwickelung der modernen Musik gewannen. Thuille wird als
Erbe und Nachfolger Rheinbergers durch sein auBergewohnliches Lehr-
talent der Vater der in der sogenannten „Miinchener Schule" verkorperten
suddeutschen neuromantischen Moderne, deren jungste Landerwerbung das
Wunderhorn-Reich bedeutet.
In der Richtung, die die Aufschrift „ Miinchener Neuromantik" tragt,
mischen sich in der Hauptsache Lisztsche, Wagnersche, Brucknersche,
Rittersche, Thuillesche, Pfitznersche, Schillingssche, KlosescheundRegersche
Elemente mit StrauCschen. Schule gebildet hat unter diesen unmittelbaren
Vorlaufern der Miinchener Moderne fiir den Wunderhorn-Kreis allein Thuille.
Einmal als Lehrer. Dessen Testament, die groCe Harmonielehre,
gab der kiirzlich allzu friih dahingegangene Rudolf Louis in gemeinsamer
Arbeit 1907 bei Gruninger (Stuttgart) heraus. Darin liegt mehr wie zu-
fallige Schicksalsfugung: das bedeutet, daD die, trotz seiner notwendig zur
vielleicht etwas einseitigen Uberschatzung alles Miinchnerischen fuhrenden
musikalischen „Monachitis" geistvolle und scharfgepragte Personlichkeit
dieses Liszt-, Berlioz- und Bruckner-Biographen, dieses Geschichtschreibers
der deutschen Musik der Neuzeit und Fiihrers der Miinchener Musikkritik
mit ihrem Namen jener Harmonielehre den Stempel des offiziellen siid-
deutschen musikalischen Lehrbuches aufdruckte. Louis begann als Adept
der Bahnsenschen Philosophic; er vollendete als Geschichtschreiber der
suddeutsch-miinchnerischen Moderne.
Dann als Tondichter. In der verzehrenden Glut und mimosenhaften
Sensibilitat der Empfindungen, in der breiten und edlen, gesangsmaOigen
Linienfiihrung auch der instrumentalen Kantilene reichen Ritter und Thuille
Adolf Jensen, dem zarteren, doch ebenso fein und nervos organisierten
Nachromantiker, gleichermaOen die Hand.
Auch Thuille ist Tondichter. Er ist Konig und Herr unseres
Wunderhorn-Kreises. Der Dramatiker Thuille ist's nur in dem Marchenton
seines B Lobetanz". Der Kammer- und Klavierkomponist, der Lyriker
Thuille ist's durchaus. Der aber ist durchweg der viel zu friih von uns
geschiedene Thuille des letzten Jahrzehnts seines Lebens.
NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 149
Der junge Thuille der achtziger Jahre vorigen Jahrhunderts, der
Thuille des schonen Sextetts fiir Klavier und Blaser op. 6 (Breitkopf), der
ersten Violinsonate op. 1 (Forberg) beginnt klassizistisch-romantisch. Der
Thuille als Schutzpatron und Lehrer des Wunderhorn-Kreises ist modern.
Vielleicht nicht in allem so ganz zu seinem Vorteil. Wohl hat dieser
schwarmerische Lyriker und Naturpoet die Glut seiner Farben, die innige
Beseelung seiner Naturstimmungen, die Reife und Kultur seiner Form-
und Satzkunst aus seiner siidtirolischen Heimat Bozen sich gerettet. Die
alte naive Frische und ungezwungene Natiirlichkeit der Erfindung aber ist
der Moderne vielleicht doch zum Teil ein wenig geopfert. Jedes dieser,
fiir den letzten Thuille entscheidenden Kammermusikwerke — das Klavier-
quintett in Es op. 20 (Kistner), die zweite Violinsonate in e-moll op. 30
(Siiddeutscher Musikverlag), die Cellosonate in d-moll op. 22 (ebendort) —
lafit das erkennen.
Ihr Stil wird nun Fiir die ganze siiddeutsche Neuromantik, den
Wunderhorn-Kreis eingeschlossen, vorbildlich. Mit kurzem Schlagwort
umschrieben: er ist etwa der des chromatisierten und modernisierten
Schumann, dessen Romantik die Thuillesche Moderne zur Neuromantik
fortentwickelte.
Seine charakteristischen Kennzeichen bildet jene ins Kleine und
Lyrische gewandte geschmeidige Chromatik und Enharmonik, die Halbton-
fortschreitungen und harmonische Umdeutungen der Akkorde durch
enharmonische Verwechslungen aufs auQerste ausnutzt und zugleich den
Mittel- und Nebenstimmen neues und selbstandiges Leben verleiht, bilden
jene zuweilen beinahe leise manieristischen Modulationen in die Ober-
sekunde oder Oberterz, jene Sequenzenschiebungen, die eine iiberaus freie
Behandlung der Tonalitat ermoglichen und letzten Endes aus Wagners
Tristan- Landen kommen.
Bei Thuille allerdings beschneidet ihre, dem Lyriker doppelt gefahrvoll
drohenden Auswiichse ein heiDer und echter Gefiihlsschwung, der die
Schonheit und Langatmigkeit seiner melodischen Linienfiihrung ermoglicht
und in der Betonung der groDen gesangsmaOigen Linie das Ganze fiber
dem Einzelnen nicht vergiOt. Und dies auch dort, wo der Schutzherr des
ganzen Wunderhorn-Kreises vor uns steht: in der Klaviermusik, einer
Gattung namentlich des hauslichen Musizierens, dem diese Studie in erster
Linie gewidmet bleibt. Hier ist das meiste dem guten und poetisch nach-
empfindenden Liebhaber zuganglich. Die drei liebenswiirdigen, noch von
Schumannschem Geiste empfangenen Stiicke op. 3 (Breitkopf), der herr-
liche, den Ton der „suBen Traurigkeit" dieser ahnungsvollen Tage so er-
greifend zart anschlagende B Vorfruhling u , der frische „Reigen" aus op. 33
(Kahnt), die „Threnodie" (b-moll) auf den Tod seines Freundes und Schiilers
Felix vom Rath, jene dunklere und tief leidenschaftliche Schwester der
150 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Sgambati'schen „Nanie", und die in Grieg's naturidyllischem Pastoralton
gehaltene kraft voile „Burla" aus op. 37 (Kistner): in ihnen alien lebt der
ganze Thuille.
Vielleicht nicht immer so glucklich haben sicb manche der direkten
und indirekten Jiinger, deren Werke zu so entscheidendem Teile Thuillescbe
Ztige tragen, daC man ruhig von einer Thuille-Schule auch innerhalb des
Wunderborn-Kreises reden darf, das uppige und gleiOende Chroma seines
Stils angeeignet. Wie Thuille, sind es ausnahmslos Lyriker und Dichter-
naturen. Ihr Musizieren ist immer warmblutig, lebendig, poetisch, malerisch-
farbenfreudig, ihr Empfinden als modernes auDerordentlich fein differenziert.
Aber zuweilen scheint es doch daneben fast die Aufgabe des Munchener
Neuromantikers zu sein, mit schillerndem Moll-Dur, mit iiberreich
chromatisch-enharmonisch gewundenen Mittel- und Nebenstimmen die ein-
fachsten melodischen Linien, Fortschreitungen und Kadenzierungen von der
Welt harmonisch moglichst bis zur Unkenntlichkeit zu maskieren. Das
zeigt sich urn so verwirrender, je mehr die Kleinheit der Form solch
buntes und glitzerndes harmonisches und schroffes modulatorisches Gewebe
eigentlich verbietet.
Nun klinken wir das anheimelnde weiCe Pfortlein auf, so da den
Weg weist: „Zum Wunderhorn-Garten". Zuerst aber fragen wir nach dem
Heimatschein der Wunderhorn-Leute. Es sind alles Oberdeutsche: Bayern
in weitaus iiberwiegender Mehrzahl, bayerische und richtige Schwabcn,
Badener, Deutsch-Tiroler, Vorarlberger, Deutsch-Schweizer und Rheinlander.
Allen gemeinsam aber bleibt bis auf ganz wenige die Munchener, die
Thuillesche oder — bei den jiingsten — die Regersche und Reger-Haassche
Schulung in der Komposition, oder wenigstens die Zugehorigkeit zum
engeren oder weiteren Thuilleschen Kreise, die gleiche direkte technische
Schulung oder indirekte kiinstlerische Gesinnung.
Dem oberdeutschen Volkstum entspricht die oberdeutsche Landschaft.
Alle diese Wunderhorn-Leute sind Naturpoeten feiner Art. Es ist nicht
zufallig, dafl die hochgesteigerte Chromatik und Enharmonik Thuilles in
ihren Werken immer mehr die festen Formen und Konturen aufzulosen
und die Farbe der Zeichnung iiberzuordnen beginnt. DaC z. B. D6sir6
Thomassin (geboren 1858), dessen Kammermusik in den letzten Jahren
viel bemerkt wurde, ein Maler-Musiker ist, gibt nur einen SuBerlichen
Beleg dafiir, wie breit die beseelte Natur, der landschaftliche Stimmungs-
eindruck bis zur Impression in diese Kunst hineinklingt. Die Naturbilder,
namentlich die zahlreichen poetischen Waldbilder der Thuille-Schule sind
die ersten, aus Isarathens herrlichem Bannkreise geholten musikalischen
Impressionen und zugleich ihre vielleicht doch poetischesten und schonsten
Leistungen.
Da malt der Munchener Akademieprofessor Anton Beer-Walbrunn
NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 151
(geboren 1864) des „Fruhlings Einzug" 1 ) Oder, mit artig hausbackener
Naivitat, ein tobendes „Berggewitter". In seiner ruhevoll breiten und
raelodischen Sing- und Spielfreudigkeit hat man Beer-Walbrunn den
Miinchener Schubert genannt. Jedenfalls ist er ein guter Anfang zu
unserer Gartenwanderung: hier ist ein in unserer Zeit ganz seltenes
naives Schaffen. Nicht allein von Schuberts, sondern auch von Beet-
hovens Geist ist's empfangen. Freilich nicht von dem Olympier, dem
tiefen Griibler, der z. B. in Walter Braunfels' Empfindungsschwere lebt,
sondern von dem fruhlingssonnigen und heiteren jungcn Beethoven, dessen
von lebhafter Figuration umrankte Melodieen nicht zum Klavier, sondern
eher zur Harfe zu passen scheinen.
Da schreibt der Deutsch-Mabre August ReuB (geboren 1871) eine
schwerbliitige und poesievolle symphonische Dichtung „Johannisnacht"
(Kistner) und sieben Klaviervariationen iiber ein Thema aus seiner Oper
„Herzog Philipps Brautfahrt", denen er den Titel „Landsommertage a op. 22
gibt. Sie einen schone meistersingerliche Polyphonie und eigene ernste,
schwere und innerliche Natur mit treuem Thuille-Stil.
Da schreitet Heinrich Kaspar Schmid (geboren 1874) einen viel-
leicht etwas breiten und weiten, aber poesievollen „ Waldgang" entlang in Form
einer Phantasie mit lockender Aussicht — einem wunderschonen, schwar-
merisch ausruhenden Fis-dur Mittelsatz — und gibt gleich ReuB und anderen
aus dem Wunderhorn-Kreise zu erkennen, daQ seine gediegene Kunst gleich
stark wie in Thuille in Schumann und Brahms wurzelt. Da nimmt uns
Georg Stoeber (geboren 1879) in seinem op. 5 auf eine „SturmischeWande-
rung" mit und malt ein ander Mai eine „Einsame Wolke". Wie Schmids
„ Waldgang", der ein verschwiegenes Programm birgt — murmelndes Bach-
lein, Eintritt ins Waldesdunkel, Spiel des Windes in wiegenden Baumkronen,
Traum des Dichters auf dem Moose, Waldesstille — , so sind auch diese
Stoeberschen Stiicke unmittelbarem Naturleben entsprossen; im krMftigeren
und rhythmisch scharf gepragten Stil gleich echte Bliiten Brahms-
Thuillescher Mischung. Das Hohelied oberdeutschen Sommers stimmt der
Badener Julius Weismann (geboren 1879) in seinem Kranz von Klavier-
stiicken „Sommerland" op. 32 an, fiinf wunderschonen, sanft bewegten
Idyllen. Oder er erzahlt in op. 48 „Aus meinem Garten" (Breitkopf &
Hartel) von Blumen, Aprilschauern, bliihenden Wiesen, Scbmetterlingen,
Fledermausen und einer lieben kleinen Wiege im Griinen. Schreibt er
aber ein groBes Variationenwerk, so redet er auch da noch gem von einem
„Spaziergang durch alle Tonarten" (op. 27).
Mit Braunfels ist Weismann, der Sohn des verstorbenen beriihmten
Freiburger Zoologen, die reichste Begabung der siiddeutschen Neuromantik.
') Sofern kein anderer Verlag in Klammern vermerkt wurde, erschienen die
angezogenen Werke im Wunderhorn-Verlag, Munchen.
152 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Die suddeutsche Naturromantik und -phantastik der Thuille-Schule lebt in
seinen Werken, deren eines, die prachtigen acht „Wunderhornlieder", schon
auBerlich seine enge Zugehorigkeit zum Wunderhorn-Kreise belegen, wohl
am reinsten fort. Thuilles siidtirolerisch sattes und gliihendes Kolorit ist
zu einer iippigen modernen Stilisierung Eichendorffscher Zartheit und Bunt-
heit in der musikalischen Farbengebung abgemildert. Sein Klavierzyklus
„Aus meinem Garten" ist eine suddeutsche Idyllensammlung nach Art
Mac Dowells, die alles Feine seiner Kunst im Kleinen birgt, das vielleicht
doch sein Eigenstes bleibt. Zu einer innigen, schwarmerischen und roman-
tischen Naturbeseelung, zu einer mchr spielerisch leichten und beweglichen
als tiefen Phantasie, die wie bei Erb und anderen Siidwestdeutschen in ihrem
rhythmischen Filigran und ihrer metrischen Freiziigigkeit iiber die Vogesen
hiniiber nach dem neuen und neuesten Frankreich schaut, tritt im „Wiegen-
lied im Crimen" ein ganz eigener Ton siiCer Traurigkeit. Man denkt da
an Morike-Hugo Wolfs „Auf ein altes Bild". Das Kindlein in der Wiege
umschweben die Traume von einem einst harten und schweren Leben.
Das ist so suddeutsch wie jenes, daO ein wirklich tiefer und unmittelbarer
Herzenston etwa in der Art von Schumann und Brahms, Weismanns musi-
kalischen Stammvatern, meist ausbleibt. Grofle konzertma&ige Formen — ich
denke an das Violinkonzert, die fis-moll Violinsonate (Breitkopf), die Violin-
Solosonaten, die Violin-Klaviervariationen und Fuge iiber ein altes Ave Maria,
die Klaviervariationen — fiillt diese reiche und lebendige Phantasie weniger iiber-
zeugend und natiirlich. In den fruheren Werken steckt noch allerhand Grieg.
In den spateren stellen sich Brahms und Reger zu Thuille. Regers Barock
entspricht da Weismanns Neigung, sich, z. B. im Finale der fis-moll Violin-
sonate, plotzlich an rhythmisch-elementare Einfalle, etwa in Form ostinater
BaCfiguren, zu hangen. Von Brahms wie von der alemannischen Heimat
gleichermaBen stammt endlich der leise und fein archaisierende Ton, wie
auch die zarte christkatholische Mystik so mancher schoner, kirchlich
gestimmter Seitenthemen seiner Sonaten. Modern in der Nutzung und
Verschmelzung aller modernen Ausdrucks- und Stilelemente, von auBer-
gewohnlicher Lebendigkeit und Mannigfaltigkeit im Rhythmischen, bleibt
Weismanns idyllisch-romantische Kunst immer musikalisch, poetisch und
volkstumlich inspiriert, immer klangsinnlich schon und eigen, immer kontra-
punktisch interessant und meisterlich.
Wie der Friihling, so ist auch die Nacht die liebste Freundin des echten
Romantikers. Sie zeigt ihm die Natur in ihren unheimlichen Ziigen und
Gestalten (Joseph Haas' drei Klavierstiicke „Gespenster", J osephSchmids
kraftiger und damonischer „Nachtlicher Reigen"), oder sie gibt ihm im Auf-
blick zum ewigen Sternhimmel religiosen Trost (Joseph Schmids „Hymne an
die Nacht"). Ihre unheimlichen Ziige und Gestalten verkleinern und mildern
sich ab zum Marchenreich der Kobolde, Zwerge und Wichtelmannchen.
NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 153
Hier ist der nun an der Stuttgarter Akademie wirkende Joseph Haas
(geboren 1879) Konig. Im GroDen iibte er seine Macht in den virtuosen
B Eulenspiegeleien", allerhand Variationen iiber ein kurzweiliges Thema.
1m Kleinsten in der entziickenden Hausmusik seiner Tanzmarchen „Wichtel-
mannchen" und der „Hausmarchen". Diese mit spitzestem Pastellstift
gezeichneten Miniaturen bedeuten die letzte Fortentwickelung des Reger-
scben Scberzotyps in der auQersten Verkleinerung der Klavierminiatur. Das
tappt, scherzt, huscht und kichert, das spinnt und webt spinnwebfeine
Fadchen, das ruht in suddeutsch treuherzigen, volkstiimlich gefarbten Trios
oder kleinen Romanzen aus; kurz, hier lebt die Schwindsche Marchenwelt
von Goethes „Heinzelmannchen" noch einmal wieder auf, nicht schreckhaft,
sondern ganz und gar freundlich und possierlich. Eine der schonsten
Sammlungen des nordamerikanischen Naturromantikers Mac Dowell heiOt:
„Am Katnin". Wohl, am Kamin, wenn die Dammerung iiber die Wande
kriecht, und die Funken aus den Holzscheiten schlagen, mull man auf
diese „kleinen Dinge" horen.
Und dann, wenn alles vorbereitet ist, wird man Gottfried Riidingers
„Marchenstunde" op. 1 und seine vierhandigen M Bagatellen" daranschlieOen
und in ihm eine der feinsten und poetischsten Begabungen dieses Kreises
fur kleine Form willkommen heiBen. Das sind echte und reizende Minia-
turen, die in Poesie, Gefiihl und Stimmung von Schumann, in Stil und
Satz vielfach noch von Reger kommen. Damit aber sind wir zu beinahe
nachtlicher Stunde schon mitten drinnen in der Hausmusik des Wunder-
horn-Kreises.
Und hier verrat uns jene oben genannte „Hymne an die Nacht"
Joseph Schmids, wie schon Weismanns „Ave Maria"-Variationen am deut-
lichsten eine starke christkatholische Unterstromung dieser Bewegung.
Diese „Nachtgedanken" kommen mindestens so stark wie von Thuille auch
von Reger. Hier aber, in diesem weichen Ges-dur Gebet, tritt unwill-
kiirlich Anton Bruckner segnend dazu.
Sein frommer Adagiengeist, der Geist Novalis' und der Nazarener
spricht auch aus des jiingeren Josef Pembaurs (geboren 1875) „Drei Marien-
liedern", zartesten religiosen Pastellen am Klavier, deren Singstimme iiber
einem hochmodernen und bunten harmonischen Gewebe dahinschwebt.
Der Vater (geboren 1848) dieses Leipziger Klavierpoeten und Kon-
servatoriumsprofessors hat Robert Schumanns Geist treulich in Innsbruck,
wo er als Universitatsmusikdirektor lebt, bewahrt. Seine Klavierwerke sind
edler und echter, in groCeren Formen ins Grofizugige und Dramatische
gewandter Schumann-Stil. Der christkatholischen Gruppe des Wunderhorn-
Kreises gehoren die beiden Elegien „ Allerseelen" op. 97 an, der natur-
poetischen fast alles iibrige. Hier ist er der Sanger des Herbstes
(„HerbstbIatter" op. 94, Rahter) von echter Empfindung in Trauer und
154 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Trost. Die „Vier Klavierstiicke" op. 96 (Kistner), Nachtstiicke zur Frtih-
lings-, Sommer-, Herbst- und Winterszeit, schliefien den Ring nach Schmids
„Nachtgedanken" hiniiber zwanglos und schon ab.
In den groBen konzertmaBigen Formen hat sich die Tafelrunde der
Wunderhorn-Leute erfreulich planvoll der fast ausgestorbenen Klavier-
sonate, der Violinsonate und der Variation fiir Klavier allein oder mit
Violine angenommen. Es sind Werke jugendlich modernsten Sturmes und
Dranges darunter, wie des, durch Thuille und Regers Schule gegangenen
Miincheners Hugo Daffner (geboren 1882), des durch Reger und den
Leipziger Orgelmeister Karl Straube gebildeten Deutsch-Ungarn Alexander
Jemnitz (geboren 1890) oder des Tirolers und folgerichtig bei seinem
Landsmann Pembaur jun. und bei Stephan Krehl in Leipzig in die Schule
gegangenen Emil Schennich um Weltanschauung und personlichen Aus-
druck ringende Klaviersonaten, die gewohnlich beim letzten Beethoven
beginnen und mit Till Eulenspiegels galgenhumoristischer Narrenpritsche
und Nietzsches Ubermenschentum bei Richard StrauC (Schennich), Reger
(Daffner), bei Reger, Schonberg und Debussy (Jemnitz) landen. Aber es sind
auch so ernste und reife, die beste Munchener neuromantische Schule ver-
ratende Werke, wie die Klavier- und Violinsonaten von Julius Weismann,
August ReuB oder Beer-Walbrunn dabei.
Besonders gliicklich sind diese siiddeutschen Neuromantiker in der
Variation. Hier haben wir ja gleich in Heinrich Kaspar Schmids gediegenen,
auf Schumann-Brahms-Thuilleschem Boden erwachsenen Variationen iiber
das reizende, ganz schlicht volkstumliche Spielmannslied „Will mein Junge
Apfel haben" aus Thuilles Marchenoper „Lobetanz* den besten Beleg
ihrer auch MuOerlich innigen Verbindung mit ihrem Meister. Und Walter
Courvoisier (geboren 1875), ein hochbegabter Lyriker und Chorkomponist,
tritt mit seinem, von einer Fuge geschlossenen, schonen op. 21 neben
Weismann, ReuO, Haas, deren Variationen wir schon kennen lernten, dicht,
ganz dicht an Thuille heran.
In den kleineren und kleinen Formen uberwiegt das Lied, das
Charakterstuck und die Miniatur fur Klavier, wie die Hausmusik mit
Instrumenten. Im Charakterstuck sprengen Walter Braunfels (geboren 1882)
und Walter Lampe (geboren 1872) den hauslichen, den Thuilleschen und
den Wunderhorn-Rahmen gleichermatten. Einmal schreiben sie im wesent-
lichen fiir den Konzertsaal, dann kommen sie beide mehr von Beethoven,
Brahms und (Braunfels) von Pfitzner, als von Thuille, und endlich sind
sie beide mehr geistig-reflektive, klangsprode, als romantische gefiihls-
maCige und klangsinnliche Naturen. Dem Liebhaber, wie wir ihn in dieser
Studie im Auge haben, wird das meiste ihrer Werke technisch kaum zu-
ganglich sein. Wir konnen sie dem Wunderhorn-Kreise nicht zurechnen
und lassen sie, obwohl Braunfels die weitaus starkste und person-
NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 155
lichste jungere Begabung der Miinchener Neuromantik darstellt, diesmal
beiseite.
Die Hausmusik des Wunderhorn-Kreises charakterisiert mancherlei:
die Pflege der Miniatur, der Marchenton, die Liebe zum Kind, die
planmaCige Forderung der Kammermusik mit Blasinstrutnenten und die
Renaissance alter Kammer- und Klaviermusik.
In der Miniatur haben vielleicht Joseph Haas, der Konig des Elfen-,
Kobolde- und WichtelmSnnchen-Reiches, dem wir oben unsere artige
Reverenz erwiesen, und seine Schuler das Reizendste geleistet. Sie
vertritt Hermann Unger am besten. Der Haasschen Welt liebenswiirdiger
Grotesken, Gespenster und Unterirdischen setzt er die amourose der
Schakereien und Traume zwischen gestutzten Taxushecken („Rokoko" op. 3),
bunte Phantasiebildchen mit allerhand Menuetten ( B Les petits Riens" op 1,
„Luftschlosser" op. 2) gegeniiber. Haas wie Unger sind Schuler Max
Regers. Regerisch nach Stil und Satz sind auch diese Miniaturen. Uber
aller im Detail peinlich strengen und liebevollen Zeichnung aber liegt der
zarte Duft einer untergegangenen, romantischen Welt: Eichendorffstimmung
und Marchenton.
Dieser Marchenton ist im Wunderhorn-Kreise iiberall, am meisten in
seiner „Kunst dem Kinde" zu Hause. Karl Bleyles „Bausteine" (Breitkopf),
Riidingers bereits oben besuchte „Marchenstunde", Hans Schobers
„Sonatinen a op. 10 und Heinrich Schalits (geboren 1886), des Osterreichers
und Schiilers von Labor und Robert Fuchs, wunderschones „Jugendland" op. 6,
das uns ein Dichter, mitSchumanns „Kinderszenen", Jensens „Wanderbildem"
und Robert Fuchs' Bildern vom Wiener Wald unter dem Arm in ganz person-
licbem und vertraulichem Gesprach zeigt, sollen hier nicht vergessen sein. Es
entspricht aber der Schumannschen Auffassung, wenn fast alle diese Werkchen
Kinderszenen fur Erwachsene darstellen. Nur auf dem Gebiet des Kinder-
liedes ist ein rechtes Bilderbuch fur die Kleinen da; und eins der schonsten
unserer Zeit uberhaupt. Das ist Heinrich Kaspar Schmids n Ringelreihen",
23 Kinderliedchen auf Verse von Sergei, die die schwere Kunst verstehen,
den echten Kinderton mit einem der modernen Reize nicht entbehrenden
Klaviersatz zu verbinden.
Marchenton und Naturidylle gleichermaBen liegen im Klange der Oboe
und des Waldhorns. So kommt es ganz natiirlich und erwartet, daC von
den Kiinstlern des Wunderhorn-Kreises auch die sonst so schwer und so bedenk-
lich zugunsten der Violine und des Cello vernachlassigte Kammermusik mit
Blasern planvoll gepflegt wird. Wieder sind es Haas (Horn-Sonate op. 29,
Ein Kranzlein Bagatellen mit Oboe) und Weismann (Oboe-Variationen op. 39),
die hier zwei technisch sehr tiichtigen Liebhabern das Schonste bieten.
Man darf wiinschen, daO in Zukunft gerade auch die Hausmusik von
der Beteiligung der Blaser Nutzen zieht. Sie wird es auch in der Wieder-
156 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
geburt alter Formen in modernem Geiste tun. Wieder ist es Haas, der in
seinem „Kammertrio" op. 38, dem neuen Namen fur die alte Triosonate
fur Klavier und zwei Violinen, ira Rahmen der Wunderhorn-Bewegung einen
guten Anfang gemacht hat.
Von der Blaser-Kammermusik zum Kammerorchester ist nur ein Schritt.
Auch hier setzt die Wunderhorn-Bewegung folgerichtig mit den Alten, mit
den Symphonien des 18. Jahrhunderts von Pergolesi und Friedemann Bach ein.
Das Kammerorchester der Neuzeit bevorzugt die Form der Serenade, jenes
auch Divertimento, Notturno oder Kassation genannten instrumentalen
„ Freiluff-Standchens der klassischen Zeit, dessen Stil und Sinn wir erst
wieder in unserem Geiste neu erobern miissen. Dieser Geist ist innerhalb
der Wunderhorn-Bewegung so romantisch wie sie selbst. Er wahrt Stil
und Sinn der Alten, verfeinert ihn aber in der modernen und romantischen
Sprache eines neuen Eichendorff. Sie klingt bei Riidinger (Romantische
Serenade fur kleines Orchester) und Haas (Heitere Serenade fiir Orchester)
teilweise ein wenig Regerisch, bei Walter Niemann (geboren 1876), einem
Hamburger holsteinischer Abkunft und Wesensart von Geburt, doch einem
Rheinlander von Erziehung und Naturfreude (Rheinische Nachtmusik fur
Streichorchester und Horner) ein wenig Jensen-Humperdinckisch. Gerade
hier hat die Bewegung eine gesunde Zukunft. Denn eine einzige sauber
gearbeitete, anstandige und unbefangen melodische Musik zur Freude, Ohr-
ergotzung und Kurzweil ist uns jetzt hundertmal wichtiger und notiger,
als ein ganzes Schock in ihrem Tiefsinn erstickter und philosophisch un-
heilbar belasteter symphonischer Dichtungen, Phantasien und Symphonien.
Rasch im Vorubergehen seien unter den Jiingsten in der Klavier-
musik noch der Schweizer Huber-Anderach (Vier Stiicke, op. 6), Hans
Schindler (Sechs Stiicke, op. 15) und Siegfried Kallenberg (Toccata), im
Lied Gustav von Bezold genannt. Durchweg gesunde und wohlerzogene
SchoBlinge der Romantik ohne Sturm und Drang. Die eigentliche, vielfach
problematische Moderne muC man innerhalb der Wunderhorn-Bewegung
bei den oben charakterisierten jungen Titanen der Klaviersonate — Daffner,
Schennich, Jemnitz — suchen. In der Kammermusik bei dem Brabanter
Jan Ingenhoven (geboren 1876).
Wahrend diese Moderne bei Daffner mehr nach Reger, bei Schennich
mehr nach Richard StrauB, bei Jemnitz mehr nach Arnold Schonberg,
Debussy und Reger hin gerichtet ist, kommt Ingenhoven aus dem Lande
der jiingstfranzosischen kammermusikalischen Moderne. So ist er ein
originales Klangtalent, so ist er ein Meister des kammermusikalischen
Impressionismus in atherisch duftigen undzarten Klangfarben-Kombinationen,
in Scherzando-Partieen, die in ihren arhythmischen, schwebenden Klang-
wirkungen etwas Immaterielles, Praraffaelitisches an sich tragen. Das auBere
Bild seiner Quartette fiir Streichinstrumente, seines Blaserquintetts (samtlich
NIEMANN: DAS MUSIKALISCHE WUNDERHORN 157
nach 1911 erschienen) ist das Aug' und Sinn verwirrende, Form, Melodie-
linie und Rhythmus auflosende etwa des neuesten Schonberg oder Suk.
Die Klangwirkung ist erstaunlich fein und dabei echt kammermusikalisch
und quartettmaCig.
Das literarische Testament der musikalischen Wunderhorn-Bewegung
ist des jiingeren Josef Pembaurs Kiinstlerbuch „Von der Poesie des
Klavierspiels". In ihm treffen die romantisch-poetischen, die christ-
katholischen, die gefiihlsmaBigen, die hausmusikalischen und die malerisch-
naturmystischen Strahlen dieser Bewegung wie in ein zartes und phantasie-
durchleuchtetes Prisma zusammen. Man denkt an Wackenroder und Novalis,
an die Nazarener, an Zeiten, in denen die Romantik der Kunst mit christ-
lichem Glauben, mit zarter Mystik und edler Menschenwiirde Hand in
Hand ging. Nicht die Darstellung der modernen Klaviermethodik auf
physiologischer Grundlage, nicht ihre zur Diskussion gestellten und kritisch
mit dem hellsichtigen Instinkt des hochgebildeten Kiinstlers beleuchteten
Probleme und Reformen sind es, die dies im Geiste Ludwig Ricbters und
Schwinds geschaute Bild einer neuen poetischen Klavierspielkunst so
fesselnd und wertvoll machen, sondern die Poesie der Darstellung und die
Poesie der Auffassung des Klavierspiels als einer Sprache des Herzens.
Pembaur spricht geradeswegs von der Kontrapunktik des Gefuhls bei Bach.
Das ist romantisch, das ist aus „Des Knaben Wunderhorn" heraus hell
und fein geblasen.
Und in seinem Zeichen wird diese schone und echt siiddeutsche Be-
wegung stehen. Nicht Alles von ihren Schopfungen kann durch den Konzert-
saal verbreitet werden, auf dessen besonderer pianistisch-kammermusika-
lischer Ehrentafel hier wenigstens Josef Pembaur d. J. und seine Schuler,
die Munchener Schmid-Lindner, Erika von Binzer, Anna von Langenhan-
Hirzel, weiterhin Carl Friedberg, die Geigerin Catharina Bosch, das Neue
Munchener Streichquartett rasch genannt seien; der groCere Teil bittet um
EinlaB ins deutsche Haus. Mochten diese Blatter ihm iiberall die Tiir zu
herzlichem Willkomm geoffnet haben!
ANTON BRUCKNER-LITERATUR
ZUSAMMENGESTELLT VON OTTO KELLER IN MUNCHEN
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Sternfelds fiber Bruckner). Fremdenblatt, Hamburg, 16. 11. 14.
Wellesz, E. La jeune 6cole viennoise (Imitations de Brahms, Bruckner et Mahler).
Revue musicale mensuelle, S. I. M. Paris, 15. 3. 1912.
Wymetal, W. v. Der Fall Bruckner, der Fall Hugo Wolf, der Fall Konrad Ansorge,
der Fall Zemlinsky, der Fall Langmann. Tagesbote aus MShren und Schlesien,
Brfinn, 21. 2. 1903.
5. Bruckner und das Stift St. Florian
Anonym. Anton Bruckners Beisetzung in St. Florian. Fremdenblatt, Wien, 16. 10. 1896.
Gruber, Josef. Dr. Anton Bruckner im Stifte St. Florian. Ein biographischer Beitrag.
Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 12. 4. und 10. 5. 1900.
6. Briefe Bruckners und Briefe an Bruckner
Anonym. Brief Anton Bruckners an den Linzer Musikverein aus dem Jahre 1863.
(Es wird ihm die Leitung des Vereins angetragen und er antwortet.)
Jubilaumsbuch des Linzer Musikvereins.
„ Brief Paul Heyses an Anton Bruckner. Ulustriertes Wiener Extrablatt,
Wien, 20. 12 1890.
Briefe Bruckners an Mottl. Schwabische Chronik, Stuttgart, 19. 2. 1899.
„ Ein Brief Bruckners (Lieber guter Freund! Ich habe keinen Verleger usw.).
Die Musik, Berlin, 6. Jahrg., Heft 1.
Graflinger, F. Unveroffentlichte Briefe von Bruckner. Neue Musikalische Presse,
Wien, 14. Jahrg., No. 3.
„ Brucknerbriefe. (Studie fiber Karl Waldeck). 1905.
11*
164 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
7. Gedenktafeln und Denkmale
R. Die Enthullung der Gedenktafel fur Dr. Anton Bruckner in Ansfelden am
12. 5. 1895. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien, 1. 6. 1895.
Anonym. Das Brucknerdenkmal in Steyr. Neue Musikalische Presse, Wien, 12. 6. 1898.
„ Aufruf fur ein Denkmal fur Anton Bruckner. Neue Musikalische Presse,
Wien, 26. 2. 1899.
„ Die Enthullung des Brucknerdenkmales. Abendpost, Wien, 25. 10. 1899.
„ Die Enthullung des Brucknerdenkmales. Neues Wiener Journal, Wien,
26. 10. 1899.
H. Das Brucknerdenkmal. Fremdenblatt, Wien, 26. 10. 1899.
Almeroth, C. Von zwei Wiener Meistern. Zur Enthullung des Brucknerdenkmales.
Wiener Bilder, Wien, 29. 10. 1899.
Fr— nn, A. Das Brucknerdenkmal im Wiener Stadtpark. (Mit Bild.) Neue Musik-
zeitung, Stuttgart 1899, No. 22.
F. F. Die 50jahrige Grundungs- und Stiftungsfeier der Liedertafel Vocklabruck, ver-
bunden mit der Enthullung der dem Andenken Dr. Anton Bruckners gewidmeten
Gedenktafel am 24. Mai 1900. Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien,
14. 6. 1900.
Anonym. Die Enthullung des Anton Brucknerdenkmales in der Wiener Universitat.
Neue freie Presse, Wien, 11.2. 1912.
„ Anton Bruckner. (Zur Enthullung des Denkmales in der Wiener Universitat.)
Neues Wiener Journal, Wien, 11. 2. 1912.
„ Die Brucknerdenkmalfeier in der Wiener Universitat. Neue freie Presse,
Wien, 12. 2. 1912.
„ Die Errichtung einer Gedenktafel fur Anton Bruckner an dem Schulhause
in Kronsdorf bei Steyr. Abendpost, Wien, 17. 6. 1913.
GrSflinger, Franz. Bruckner-Gedenktafel. Enthullung in Kronsdorf. Neue Zeitschrift
fur Musik, Leipzig 1913, No. 28.
8. Bruckner in Beziehung zu anderen Kunstlern und PersOnlichkeiten
Anonym. Brahms fiber Bruckner. Deutsche Militarmusikerzeitung, Berlin, 8. 4. 1910.
Decsey, E. Wie Brahms und Bruckner sich verstanden. (Grazer Tagespost.) Deutsche
Kunst- und Musikzeitung, Wien, 11. 10. 1900.
H. W. Bruckner, Brahms und die Kritik. Sonn- und Montagszeitung, Wien, 19. 10. 1896.
Kalbeck, M. Brahms und Bruckner. The New Music Review. Newyork, 11. Jahrg.
No. 125.
Perger, R. v. Bruckner und Brahms. Schweizerische Musikzeitung, Zurich 1907,
No. 1/2.
Seidl, A. Brahms-Bruckner-Parallele. Gesellschaft, Munchen 1902, No. 1.
Zollner, H. Bruckner und Brahms. Leipziger Tagblatt, 13. 11. 1904.
Stradal, A. Liszt und Bruckner. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 38. Jahrg., No. 31/32.
Anonym. Fritz von Uhde und Anton Bruckner. Deutsche Kunst- und Musikzeitung,
Wien, September 1900.
Batka, R. Anton Bruckner und Richard Wagner. (Prager Tagblatt.) Neues Wiener
Journal, Wien, 24. 10. 1906.
Morold, M. Anton Bruckner und Hugo Wolf. Vortrag, gehalten in der M Urania" in
Wien. Neue freie Presse, Wien, 10. 1. 1912.
Necker, M. Der Bischof Anton Bruckners. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 2. 7. 1912.
Anonym. Paul Heyse als Bruckner-Verehrer. Frankfurter Zeitung, 10. 4. 1914.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 165
9. Bruckner* Bilder und -Portraits
Das Denkmal Anton Bruckners in Steyr. Wiener Bilder, Wien, 10. 7. 1898.
Bruckner auf dem Sterbebette. Aufgenommen am 11. Oktober 1906. Musik, Berlin,
1. Jahrg., No. 1.
Dr. Anton Bruckner (mit eigenhandiger Unterschrift). Nach einer Heliogravure (aus
dem Jahre 1894) des Verlages J. Lowy in Wien. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 1.
Karikatur auf Anton Bruckner (KGB die Hand!) Musik, Berlin. 1. Jahrg., No. 4.
Bruckner und Hanslick. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 14.
Anton Bruckner-Plakette von J. Tautenhayn jun. Musik, Berlin, 3. Jahrg., No. 3.
Anton Bruckner, Bild. Musik, Berlin, 1. Jahrg., No. 20.
Wagner und Bruckner. Schattenbild von Otto Bonier. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Anton Bruckner in der ersten Halfte der 60er Jahre. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Die Brucknerdenkmale in Wien und Steyr. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Das Brucknerzimmer in St. Florian und der Hauptplatz in Linz mit der Domkirche.
Musik, Berlin, 6. Jahrg , No. 1.
Das Stift St. Florian. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Siegesallegorie Bruckners. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Anton Bruckner nach einer Zeichnung von R. Loer. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Bruckners Geburtshaus in Ansfelden (Oberosterreich) und Bruckners Sarkophag in
den Katakomben im Stifte St. Florian. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Dr. Anton Bruckner (mit eigenhandiger Unterschrift). Musik, Berlin, 6.Jahrg., No. 1.
Bruckner im Himmel. Schattenbild von Otto Bohler. Musik, 6. Jahrg., No. 1.
Anton Bruckner nach einem Lichtdruck von V. A. Heck, Wien. Musik, Berlin, 6. Jahrg.,
No. 1.
Das Brucknerdenkmal in Wien. Musik, Berlin, 9. Jahrg., No. 3.
Das Brucknerdenkmal in den Arkaden der Wiener Universitat von Tautenhayn. Musik,
Berlin, 11. Jahrg., No. 15.
Anton Bruckner vor der Orgel. Keller, Musikgeschichte, 4. Auflage, S. 588.
Das Brucknerdenkmal in der Wiener Universitit. Leipziger Illustrierte Zeitung,
22. 2. 1912.
Die Gedenktafel fur Anton Bruckner in der Wiener Universitit. Neue Musikzeitung,
Stuttgart, 21.3. 1912.
10. Brucknerfeste
Helm, Th. Ein Brucknerfest in Linz. Deutsche Zeitung, Wien, 23. 3. 1898.
Anonym. Das erste Brucknerkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Lyra, Wien,
15. 4. 1898.
St. Das erste Brucknerkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Neue Zeitschrift fur
Musik, Leipzig, 8. 6. 1898.
Konigstorfer, A. Linz. Brucknerfeier am 22. 3. 1902. Musik, Berlin 1901, No. 14.
F. G. Achtes Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Salzburger Volksblatt, 1. 5. 1913.
Ae. P. Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Linzer Tagespost, 3. 5. 1913.
Schmitz, E. Das Miinchner Brucknerfest. 20.2. und 21.2.1905. Signale fur die
musikalische Welt, Leipzig, 63. Jahrg., No. 19,20.
Gutmann. Das erste Brucknerfest. Musik, Berlin, 9. Jahrg., No. 23.
Kyser, Hans. Wann feiern wir ein Brucknerfest? und Antwort von Emil Gutmann.
Berliner Tageblatt, 16. 6. 1912.
Graf, M. Ein Brucknerzyklus. Pester Lloyd, Budapest, 5. 11. 1910.
Montandon, M. Le festival Bruckner. Bulletin de Part ancienet moderne, Paris, 11.3.1905.
Kaiser, Georg. Funftes Symphoniekonzert der Kdniglichen Kapelle in Dresden. (Ein
Brucknerkonzert.) Dresdner Nachrichten, 7. 2. 1914.
166 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
11. Allgemeines fiber Bruckners Symphonieen
Funtek, Leo, Helsingfors. Beitrage zum Studium und zur Darstellung Brucknerscber
Symphonien. Die Musik, Berlin, 1. Novemberheft 1909.
GeiBIer, F. A. Beitrage zum Verstandnis der Symphonien A. Bruckners. Chorgesang,
Stuttgart, 15. Jabrg., No. 25 vom 16.3. 1900.
Graf, M. Die symphonische Musik seit Brahms und Bruckner. Diskussionsabend am
7. 11. 1905 in der Landessektion Osterreich-Ungarn der Internationalen Musik-
gesellschaft, Wien.
Grunsky, K. Bruckners Symphonien. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 22. Jahrg., No. 17.
„ Bruckner als Symphoniker. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902, No. 13.
„ Zum Gedachtnisse Anton Bruckners. (Die Symphonien.) Neue
Musikalische Presse, Wien, 20. 10. 1906.
„ Bruckner-Symphonien. Kunstwart, 16. Jahrg., No. 10/11.
Kalbeck, M. Bruckners Symphonien in Wien. Neues Wiener Tagblatt, Wien, 2. 11. 1910.
Komorzinsky, E. v. Bruckners Symphonikern. Finsk Musikrevy 1905, No. 17/18.
Morold, M. Das Brucknersche Finale. Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
O. A. Bruckners Symphonien. Finsk Musikrevy, Helsingfors 1907, Januar.
Prelinger, F. Anton Bruckner als Symphoniker. Signale fur die musikalische Welt,
Leipzig, 66. Jahrg., No. 11, 11.3. 1908.
R. H. Eine neue Symphonic von Anton Bruckner. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1893,
No. 1.
12. Bruckners Erste Symphonic
a) Allgemeines:
Heuberger, R. Eine Symphonie von Bruckner. (Die Erste.) Neue Musikzeitung,
Stuttgart, 1892, No. 1.
Stradal, A. Bruckners Erste Symphonie in c-moll. Neue Zeitschrift fur Musik, Leipzig,
79. Jahrg. No. 6.
b) Auffuhrungen:
In Berlin: Joseph Stolzing. Bruckners erste Symphonie. Die Post, Berlin, 4. 12. 1912.
In Hamburg: H., Ch. Die c-moll Symphonie von Bruckner in Hamburg. Fremden-
blatt, Hamburg, 11. 12. 1912.
In Linz: St. Neue Zeitschrift fur Musik, 8.6. 1898.
In Munchen: Hahn, A. Bruckner-Zyklus in Munchen. (Die Erste Symphdnie.) Munchner
Zeitung, Munchen, 18. 10. 1910.
Anonym. Bruckners Erste Symphonie in Munchen. Neueste Nach-
richten, Munchen, 19. 10. 1910.
In Wien: Graf, Max. Bruckner-Zyklus (Die Erste Symphonie.) Neues Wiener
Journal, Wien, 28. 10. 1910.
13. Bruckners Zweite Symphonie
a) Allgemeines:
Helm, Th. Bruckners Zweite Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 30. 11. 1894.
„ Bruckners Zweite Symphonie. MusikalischesWochenblatt, Leipzig 7. 2. 1895.
b) Auffuhrungen:
In Mannheim: ck. 6. Musikalische Akademie in Mannheim. Bruckners Zweite
Symphonie. Mannheimer Generalanzeiger, 4. 2. 1910.
In Teplitz: Dw— n. Bruckners Zweite Symphonie in Teplitz. Tagblatt, Prag,
31. 1. 1913.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR 167
14. Bruckners Dritte Symphonic
a) Allgemeines:
Hirschfeld, Robert. Anton Bruckners d-moll Symphonic Ein analytischer Versuch.
Neue Wiener Musikzeitung, Wien, Februar 1891.
Hirschfeld R. Anton Bruckner, Symphonic No. 3. Programmbuch der Philbar-
moniker, Wien.
B. Anton Bruckners Dritte Symphonic Bohemia, Prag, 3. 3. 1903.
b) Auffuhrungen :
In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Dritte Symphonie in d-moll in Leipzig. Neueste
Nachrichten, Leipzig, 24. 11. 1912.
In Wien: Anonym. Bruckners d-moll Symphonie in Wien. Neue Zeitschrift fur
Musik, Leipzig, 8. 6. 1898.
k. st. Viertes Philharmonisches Konzert. (Bruckners d-moll Symphonie.)
Illustriertes Wiener Extrablatt, Wien, 23. 2. 1890.
15. Bruckners Vierte Symphonie
a) Allgemeines:
Decsey, E. Das Hauptthema der Romantischen Symphonie. Neue Musikalische
Presse, Wien 1904, No. 23/24.
Gollerich, A. Das ursprungliche Scherzo der Romantischen Symphonie. Merker,
Wien, 2. Jahrg., No. 2.
Grunsky, K. Anton Bruckner und seine Es-dur Symphonic Karlsruher Zeitung,
17. 11. 1902.
Kothen, A. v. Bruckners Vierte Symphonie. Finsk Musikrevy, Helsingfors 1906
No. 2/3.
Ritter, William. La Vierte Symphonie de Bruckner. Revue Musicale de Lyon, 5.2.1911-
Schelle, E., Bruckners Es-dur Symphonic Die Presse, Wien, Februar 1881.
b) Auffuhrungen:
In Dresden: G. K. Symphoniekonzert im Opernhause in Dresden. (Die Vierte
Symphonie von Bruckner.) Dresdener Nachrichten, 12. 3. 1914
In Frankfurt a. M.: r. Anton Bruckners Symphonie in E. in Frankfurt a. M. Neueste
Nachrichten, Munchen, 1. 11. 1896.
In Hamburg: H. Ch. Bruckners Romantische Symphonic (Aufffihrung in
Hamburg unter Nikisch.) Hamburger Fremdenblatt, 23. 2. 1913.
In Karlsruhe: rh. Bruckners Vierte Symphonie in Karlsruhe. Badische Presse,
Karlsruhe, 23. 1. 1913.
In Leipzig: Niemann, Walter. Bruckners Romantische Symphonie in Leipzig.
Neueste Nachrichten in Leipzig, 23. 12. 1911.
Niemann, W. Bruckners Romantische Symphonie in Leipzig.
Neueste Nachrichten, Leipzig, 14. 12. 1912.
16. Bruckners Ftinfte Symphonie
a) Allgemeines:
Anonym. Aufflndung einer Bruckner-Partitur. (Handschrift der Funften Symphonie.)
Neueste Nachrichten, Munchen, 16. 11. 1904.
Helm, Th. Zur Einfiihrung in Bruckners FCnfte Symphonic Deutsche Zeitung,
Wien, 27. 2. 1898.
„ Auffindung einer Bruckner-Partitur. (Manuskript der Funften Symphonic)
Die Zeit, Wien, 16. 11. 1904.
168
DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT J915
b) Auffuhrungen:
In Berlin: Anonym. Funfte Symphonie von A. Bruckner. Staatszeitung, Berlin
23. 3. 1913.
In Breslau: Neufeldt, Ernst. Bruckners Funfte Symphonie in Breslau. Schlesische
Zeitung, Breslau, 24. 1. 1913.
Pliiddemann, P. Bruckners Funfte Symphonie in Breslau. Breslauer
Zeitung, 24. 1. 1913.
In Dresden: B. Bruckners Funfte Symphonie in Dresden. Dresdener Volkszeitung.
(Leben, Wissen und Kunst.) 6. 2. 1913.
In Karlsbad: Kfm. Bruckners Funfte Symphonie in Karlsbad. Tagblatt, Prag,
9. 2. 1912.
In Leipzig: Anonym. Bruckners Funfte Symphonie in Leipzig. Chorgesang, Leipzig
1. 12. 1899.
Segnitz, E. Die Funfte Symphonie Anton Bruckners in Leipzig. Tageblatt,
Leipzig, 26. 11. 1910.
In Munchen: r. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Neueste Nachrichten,
Munchen, 4. 2. 1898.
Porges, H. Musikfest im Kaimsaal in Munchen. Bruckners Funfte
Symphonie. Neueste Nachrichten, Munchen. 5. 6. 1898.
Louis, R. Konzert der Musikalischen Akademie in Munchen. Bruckners
Funfte Symphonie. Neueste Nachrichten, Munchen, 13. 11. 1904.
Louis, R. Die Funfte Symphonie von Anton Bruckner in Munchen.
Neueste Nachrichten, Munchen, 1.2. 1911.
Louis, R. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Neueste Nach-
richten, Munchen, 26. 1. 1912.
P. E. Bruckners Funfte Symphonie in Munchen. Augsburger Abend-
zeitung, Augsburg, 21. 3. 1913.
In Stuttgart: S. Bruckners Funfte Symphonie in Stuttgart. Neues Tagblatt, Stuttgart,
8. 3. 1912.
In Wien: Helm, Th. Bruckners Funfte Symphonie und ihre Auffuhrung im ersten
Konzert des Munchener Kaimorchesters. Deutsche Zeitung,
Wien, 10.3. 1898.
Heinrich, Reinhardt. Konzerte. Bruckners Funfte Symphonie. Wiener
Tagblatt, Wien, 17. 4. 1899.
Puchstein, H. Konzert zugunsten des Bruckner-Denkmals (Auffuhrung
der Fiinften Symphonie und des 150. Psalms). Deutsches Volks-
blatt, Wien, 18. 4. 1899.
Helm, Th. Sechstes Philharmonisches Konzert. (Bruckners Funfte
Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 25.2. 1901.
Graf, Max. Bruckners Funfte Symphonie. Neues Wiener Journal,
Wien, 28. 2. 1901.
Wallaschek, R. Bruckners Funfte Symphonie. Die Zeit, Wien,
21. 11. 1904.
17. Bruckners Sechste Symphonie
a) Allgemeines:
Helm, Th. Bruckners Sechste Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 28. 2. 1899.
G. K. Zwei Bruckner-Symphonieen. (Die Sechste und die Achte.) Neue Musik-
zeitung, Stuttgart, 22. Jahrg. No. II.
KELLER: BRUCKNER-L1TERATUR 169
b) Auffuhrungen:
In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Sechste Symphonie in Leipzig. Neueste Nach-
richten, Leipzig, 22. 2. 1913.
In Munchen: Bruckners Sechste Symphonie in A-dur in Miinchen. Der Sammler,
Augsburger Abendzeitung, Augsburg, I. 12. 1908.
18. Bruckners Siebente Symphonie
a) Allgemeines:
Gollerich, A. Ein Fest musikaliscben Fortschrittes. (Bruckners Siebente Symphonie.)
Deutsches Volksblatt, Wien, 2. u. 7. 3. 1889.
Humperdinck, E. Bruckners Siebente Symphonie in E-dur. Fremdenblatt, Wien,
20. 12. 1895.
Kalbeck, M. Dichter und Symphoniker. Eine zeitgemaBe Parallele. (Bruckners E-dur
Symphonie.) Die Presse, Wien, 3. 4. 1886.
Lucka. Die Siebente Symphonie in E-dur. Der Merker, Wien, 2. Jahrg., No. 10.
b) Auffuhrungen:
In Breslau: Neufeldt, E. Bruckners Siebente Symphonie in Breslau. Schlesische
Zeitung, Breslau, 24. 10. 1913.
Pollak, E., Bruckners Siebente Symphonie in Breslau. Breslauer Zeitung,
24. 10. 1913.
In Hamburg: Ch., H. Bruckners Siebente Symphonie unter Hausegger in Hamburg.
Fremdenblatt, Hamburg, 7. 2. 1912.
In Leipzig: Schalk, Franz. Die erste Auffiihrung von Anton Bruckners Siebenter
Symphonie im Stadttheater in Leipzig (30. 12. 1884). Deutsche
Kunst- und Musikzeitung, Wien, 23. 3. 1885.
In Munchen: j. S. Auffiihrung der Siebenten Symphonie (E-dur) von Anton Bruckner
im Konzert der Koniglichen Musikakademie in Munchen. Deutsche
Kunst- und Musikzeitung, Wien, 23. 3. 1885.
In Stuttgart: s. Bruckners Siebente Symphonie in Stuttgart. Neue Musikzeitung,
Stuttgart, 1897, No. 6. Neues Tagblatt, Stuttgart, 13. 12. 1912.
In Wien: K.St. Wiener Konzertrevue. (Bruckners Siebente Symphonie.) Illustriertes
Wiener Extrablatt, Wien, 26. 3. 1886.
Bienenfeld, E. Die Siebente Symphonie von Bruckner. Neues Wiener
Journal, Wien, 9. 1. 1911.
r. Bruckners Siebente Symphonie in Wien. Neue freie Presse, Wien,
15.2. 1912.
19. Bruckners Achte Symphonie
a) Allgemeines:
E. M. Anton Bruckners Achte Symphonie. Programmbuch des Konzertvereins, Wien,
3. 12. 1903.
Helm, Th. Bruckners Achte Symphonie. Deutsche Zeitung, Wien, 18. 12. 1892.
„ Bruckners Achte Symphonie und die Wiener Kritik. Deutsche Zeitung,
Wien, 28. 12. 1892.
„ Bruckners Achte Symphonie. MusikalischesWochenblatt, Leipzig, 29. 12.1892.
„ Bruckners Achte Symphonie. Osterreichische Musik- und Theaterzeitung,
Wien, 15. 12. 1895.
Stoecklin, P. de. Bruckners Achte Symphonie und der Pangermanismus. Courrier
musical 1909, No. 23.
170
DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
b) Auffuhrungen:
In Berlin: Paul Geyer. Bruckners c-moll Symphonie No. 8 in Berlin. Der Reicbs-
bote, Berlin, 26. 2. 1913.
In Dresden: P. Bruckners Achte Symphonie in Dresden unter Nicode. Neue
Musikzeitung, Stuttgart, 1896. No. 5.
Maurice, Alphonse. Die erste Auffuhrung der Achten Symphonie von
A. Bruckner in Dresden. Osterreicbische Musik- und Theater-
zeitung, Wien, 1. 1. 1896.
In Karlsruhe: rh. Bruckners Achte Symphonie in Karlsruhe. Badiscbe Presse, Karls-
ruhe, 7. 12. 1911.
In Mannheim: Helm, Th. Bruckners Achte Symphonie in Mannheim. Deutsche
Zeitung, Wien, 14. 1. 1901.
In Munchen: Louis, Rudolf. Bruckners Achte Symphonie. Neueste Nachrichten,
Munchen, 2. 2. 1900.
Louis, Rudolf. Bruckners Achte Symphonie in Munchen. Neueste
Nachrichten, Munchen, 9.3. 1911.
P. E. Bruckners Achte Symphonie und das Tedeum (Auffuhrung in
Munchen). Augsburger Abendzeitung, Augsburg, 9. 4. 1913.
Louis, R. Bruckners Achte Symphonie und das Tedeum. Neueste
Nachrichten, Munchen, 9. 4. 1913.
In Wien: Mandyczewski, E. Das 4. philharmonische Konzert. (Bruckners
Achte Symphonie.) Deutsche Kunst- und Musikzeitung, Wien,
1. 1. 1893.
Kauders, A. Bruckners Achte Symphonie. Fremdenblatt, Wien, 9. 3. 1903.
20. Bruckners Neunte Symphonie
a) Allgemeines:
Eine Partiturseite aus Anton Bruckners Neunter Symphonie. Die Musik, Berlin,
1. Jahrg. No. 5.
Zu Bruckners Todestag. Eine Partiturseite seiner Neunten Symphonie. Neues
Wiener Journal, Wien, 10. 10. 1901.
Ein Blatt von dem unvollendet gebliebenen Satze der Neunten Symphonie Anton
Bruckners. Die Musik, Berlin, 6.. Jahrg. No. 1.
Anonym. Bruckner uber seine „Neunte". Die Zeit, Wien, 23. 6. 1912.
Auer, M. Bruckners „Neunte". Salzburger Volksblatt, 16. 8. 1906.
Batka, R. Bruckners Neunte. Kunstwart, 1908, No. 19.
GoIIerich, A. Bruckners d-moll Symphonie. Ein Beitrag zu ihrer Leidens- und
Ruhmesgeschichte. Deutsche Zeitung, Wien, 10. 4. 1900.
Grunsky, K. Bruckners Neunte Symphonie. Die Musik, Berlin, 2. Jahrg. No. 11.
„ Bruckners Neunte Symphonie. Eine Wurdigung und Analyse des
Werkes. Neue Musikalische Presse, Wien, 19. 3. No. 12 u. Forts.
„ Bruckners Neunte Symphonie. Die Musik, Berlin 1903, 1. Marzheft.
„ Bruckners Neunte Symphonie. Der Klavierlehrer, Berlin, 26. Jahrg., No. 6.
„ Bruckners Neunte Symphonie. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 5. 3. 1903.
Helm, Th. jun. Bruckners Neunte Symphonie. Neue Musikzeitung, Stuttgart, 1908,
No. 6 u. Forts.
Hirschfeld, R. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Programmbuch der Wiener
Philharmoniker.
Ottenheimer. Bruckners Neunte Symphonie. Kunstwart, 21. Jahrg. No. 19.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR
171
Pastor, W. Bruckners Neunte Symphonic Beilage zur Taglichen Rundschau, Berlin,
1902, No. 286.
Rietsch, H. Ein Akkord in Bruckners Neunter Symphonic Neue Musikzeitung,
Stuttgart, 1912, No. 13.
StrauB, J. Anton Bruckners Neunte Symphonic Wochenschrift fur Kunst und Musik,
Wien, 1. Jahrg., No. 11.
Ziehn, B. Uber den ersten Akkord im Scherzo der Neunten Symphonie von Anton
Bruckner. Allgemeine Musikzeitung, Berlin, 30. Jahrg. No. 28 u. 29.
b) Auffuhrungen:
In Dresden: Kaiser, Georg. Bruckners Neunte Symphonie in Dresden. Dresdner
Nachrichten, 16.3. 1911.
Kaiser, Georg. Bruckners Neunte und das Tedeum in Dresden.
Dresdner Nachrichten, 7. 2. 1913.
In Dusseldorf: Bruckners Neunte in Diisseldorf. Deutsche Militarmusikerzeitung,
Berlin, 11. 11. 1910.
In Hamburg: W. M. Bruckners „Neunte" in Hamburg. Fremdenblatt, Hamburg,
18. 2. 1914.
In Koln: Anonym. Bruckners „Neunte" in Koln. Volkszeitung, Koln, 24. 1. 1912.
In Leipzig: Segnitz, E. Bruckners Neunte Symphonie in Leipzig. Leipziger Tage-
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In Munchen: Louis, R. Bruckners Neunte Symphonie in Munchen. Neueste Nach-
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In Wien: Fromm, Karl Josef. Bruckners „Neunte a . Zur Urauffuhrung. Deutsches
Volksblatt, Wien, 11.2. 1903.
Graf, Max. Eine Bruckner- Premiere. (Neunte Symphonie.) Neues
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Graf, Max. Die Neunte Symphonie Bruckners. Hamburger Nach-
richten, 15. 2. 1903.
Grunsky, K. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Erste Auffuhrung in
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Hirschfeld, R. Anton Bruckners „Neunte B . Abendpost, Wien, 14.2. 1903.
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Kauders, A. Bruckners Neunte Symphonie. Fremdenblatt, Wien,
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Korngold, J. Bruckners Neunte Symphonie. Neue Freie Presse, Wien,
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NeiBer, Artur. Wiener Musikleben. (Bruckners Neunte.) Neueste
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NeiBer, Artur. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Urauffuhrung
in Wien. Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft,
Leipzig, IV. Jahrg., Heft 6, Seite 313.
Pizzicato. Anton Bruckners Neunte Symphonie. Sonn- und Montags-
zeitung, Wien, 16. 2. 1903.
Stefan, Paul. Urauffuhrung von Bruckners Neunter Symphonie. Tages-
post, Linz, 13. 2. 1903.
SchluB folgt
DIE REINE STIMMUNG
UND DIE INTONATIONSLEHRE
VON JOSEPH BLOCH IN BUDAPEST
jtnkniipfend an den lehrreichen Bericht von Carl Robert Blum im
/% 1. Juniheft 1915 der „Musik" iiber das Puhlmannsche Harmonium-
X m.konzert im Musiksaal der Firma „Schiedmayer Pianofortefabrik",
Berlin, sei mir gestattet, einige Bemerkungen zu machen, welche geeignet
sein diirften, die von den Musikern etwas stiefmiitterlich behandelte Frage
der reinen Stimmung mehr in den Vordergrund zu riicken. Das will aber
keineswegs besagen, daB die reine Stimmung die temperierte zu ersetzen
geeignet ware. Das „KompromiB", welches als Ergebnis die temperierte
Stimmung zeitigte, diirfte noch lange anhalten, obwobl es in den letzten
Jahren an mannigfachen Versuchen, dasselbe zu verdrangen, ganz und gar
nicht fehlte. Es sei nur auf die von Busoni angeregten Dritteltone und
an die von Stein empfohlenen Vierteltone hingewiesen. Hier soil jedoch
nur hauptsachlich von der reinen Stimmung gesprochen werden, welche
— abgesehen von der wissenschaftlich - akustischen Seite — noch eine
andere Bestimmung zu erfullen hat: namlich die Festlegung der Intonations-
lehre zu ermoglichen. Es ist dies eine in den weitesten Kreisen unbe-
kannte Theorie, unbekannt, weil das Intonieren im allgemeinen nur votn
praktischen Standpunkte aufgefaOt wird. Man sagt: wer gutes Gehor hat,
wird richtig intonieren; bei mangelhaftem Gehor niitzt auch die schonste
Theorie nichts. Das mag ja richtig sein. Doch laBt sich vorderhand gar
nicht bestimmen, ob diese Theorie uns nicht doch bei der Bildung des
Gehors behilflich sein wird? Wenn wir aber auch annehmen, daC sie von
gar keinem EinfluB in der ausubenden Kunst, beispielsweise auf die
Technik der linken Hand bei den Streichinstrumenten ist, sollen wir uns
damit zufrieden geben? Sollen wir uns damit begnugen, daB wir bei un-
richtiger Intonation unbewuCt, instinktiv auf dem Griffbrett hin- und her-
gleiten? Der Mensch trachtet in allem die Ursachen, die geheimen Faden
zu ergriinden, und der denkende Musiker darf mit Recht fragen, wie jene
GesetzmaBigkeiten zu formulieren sind, deren Bestand und Geltung unwill-
kiirlich empfunden werden, und in die er trotzdem nicht eingeweiht wird.
Jeder Lehrer eines Streichinstrumentes kann die Erfahrung machen,
daB die Schiiler mit gutem Gehor (auch solche mit sog. absolutem Gehor)
in der ersten Zeit des Unterrichts haufig anders greifen, als wir es ge-
wohnt sind. Die groflen Terzen, die groBen Sexten sind meist zu tief, die
kleinen Terzen und Sexten zu hoch usw. Die Ursache? Sie haben noch
ihr unberiihrtes (man mochte sagen: von der Kultur unbelecktes) Gehor
und greifen absolut rein; die haufige Kontrolle mit den leeren Saiten wie
BLOCH: DIE REINE STIMMUNG 173
auch die Heranziehung des Klaviers beim Unterricht zwingt sie dann itn
Laufe des Lehrganges zum Verlassen des naturlichen Tonsystems und zur
haufigen Anwendung der zwolfstufigen gleichschwebenden Temperatur. Auch
der erwachsene, ausgebildete Musiker klammert sich an die absolute Ton-
reinheit, doch stellen sich dem viele Hindernisse entgegen; namentlich
sind es Griinde technischer, akkordlicher, physiologischer und psycho-
logischer Art. Man mutt sich also zu Konzessionen bequemen. Das be-
deutet aber nicht, dafi unser Ohr schlechter wurde, hierfiir ist die har-
monische Entwickelung der Musik der schlagendste Beweis.
Jeder geiibte Spieler eines Streichinstrumentes weiB ganz gut, daC er
mit der temperierten Stimmung allein sein Auskommen nicht finden kann.
Denn weshalb greift er oft fis hoher als ges, oder ces tiefer als h? Das
geschieht nicht, um die reine Stimmung zu bevorzugen, da im naturlichen
Tonsystem ges hoher liegt als fis und h tiefer als ces, sondern es ge-
schieht, um in das spater zu erlauternde dritte System, das pythagoreische,
zu verfallen. In dem eingangs erwahnten Bericht sagt Blum ganz richtig,
daO es unmoglich sei, auf den Streichinstrumenten ausschliefilich in der
reinen Stimmung zu spielen. Hierzu muC bemerkt werden, dad das pytha-
goreische System ebenso wie die temperierte Stimmung nur als Nothelfer
gebraucht werden. Haufig machen Finger und Ohr, in Notlage versetzt,
diese Konzession, doch wo und wann nur moglich, wird den Erfordernissen
der absoluten Reinheit gemaO intoniert.
In der Praxis begegnet das gute Vorhaben so manchen Schranken.
Ein wesentliches Hindernis beim absolut reinen Spiele bilden die vier
leeren Saiten als streng fixierte Tonhohen. Wahr ist, daC, ausgenommen
die unterste (die man anderswo nicht greifen kann), es scheinbar moglich
ware, die leeren Saiten zu ubergehen, doch in der Praxis wird das bei-
nahe unmoglich, weil wir einerseits die leeren Saiten zu gewissen Doppel-
griffen und beim Unterrichte zur Kontrolle der verschiedenen Griffe
benotigen, andererseits gibt es in den Musikstucken Partieen, deren Vortrag
ohne Benutzung der leeren Saite kaum denkbar ist; oft fordert es der
Komponist ganz direkt. Wie konnte man z. B. in Bachs VI. Sonate fur
Violine die leere Saite auslassen?
Doch nicht allein die vier Tone der leeren Saiten sind fixiert; die-
selben Tone, ebenso wie deren Oktaven, sind festgehalten, auch wenn sie
nicht auf der leeren Saite erklingen. Spielt man einen von diesen Tonen:
gva gva gva gva
No. 1
mB^m
auf der Geige, so klingt die gleichnamige, unberiihrte Saite mit, wodurch
174 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
der betreffende Ton heller erglanzt. Bei den Instrumenten der alten
Italiener fallt das sofort auf. Ganz besonders klammern wir uns an die
soeben erwahnten fixierten Tonhohen bei kurzen Notenwerten. Bei langeren
Tonen muC hiervon haufig abgesehen werden, denn in solchem Falle miissen
wir uns unbedingt dem schon bestehenden Akkorde anpassen. Ein noch
groBeres Hindernis entsteht dadurch, daB die Applikatur der Geige (infolge
der Quintenstimmung) eine Menge von solchen fixierten Tonhohen an den
Tag fordert, ist ja doch der Quintengriff fiir den Griff der meisten Intervalle
bestimmend.
DaB die vier leeren Saiten der absolut reinen Intonation faktisch im
Wege stehen, beweist das folgende Beispiel:
No. 2
Sind die Saiten rein gestimmt und greift man auf der A-Saite mit
dem ersten Finger ein h, das mit der leeren E-Saite eine reine Quarte
bildet, dann wird dasselbe h, mit der leeren D-Saite gespielt, zu keiner
reinen groOen Sext fuhren. Um damit die Sext einwandfrei konsoniere,
muC der Finger etwas herabgezogen (bzw. verflacht) werden, wodurch der
Ton etwas tieferen Klang erhalt. Es beweist dies zugleich, daB die beiderlei
Arten von Ganztonen auch in der Praxis gebraucht werden, und daB auch
mit absoluter Reinheit gespielt werden kann. Natiirlich nicht immer!
Sollen einmal die obigen drei Tone zu gleicher Zeit gespielt werden, dann
miissen wir uns an das pythagoreische System oder an die temperierte
Stimmung wenden.
Nehmen wir ein anderes Beispiel:
n ° • °
J ._
1 1 u '
A '" fj 3^
ft"
frts r-< Y \
«K- -Sr
*J7 cr-
O
%J \
fi
No. 3
Hier ist im ersten Takte a — h groBerer Ganzton als h — cis; im
zweiten Takte aber ist a — h kleinerer Ganzton als h — cis. Wir muBten
also, streng der absoluten Reinheit gehorchend, zweierlei h greifen, das
erste hoher, das zweite tiefer. Die Differenz ist aber so gering, daB sie
von dem groBten Teil der Spieler entweder gar nicht erkannt oder nicht
beachtet wird.
Zahlreiche physikalische Erscheinungen sprechen fiir das gute Recht
der reinen Stimmung. Am auffalligsten die Tatsache, daB beim harmonischen
Zusammenklingen von zwei oder mehreren musikalischen Tonen hohere
Partial- oder Aliquottone, sogenannte Obertone, horbar werden, die im
Hauptklange enthalten sind und diesem Kraft, Glanz, Helligkeit, kurz mehr
Leben verleihen.
BLOCH: DIE REINE STIMMUNG 175
Einem anderen Phanomen begegnet man bei den Flageolettonen, einem
weiteren beim Klopfen mit dem Finger auf der mittonenden Saite; letztere
Erscheinung hat mit dem unter Notenbeispiel No. 1 erwahnten Phanomen
Ahnlichkeit. Hierher gehoren auch die Kombinationstone, die bei der
Intonation von Doppelgriffen vorziiglichen Dienst tun.
Ganz ausgeschlossen ist daher die reine Stimmung bei den Streich-
instrumenten nicht. Neben der temperierten wird auch diese Stimmung an
einzelnen Stellen gebraucht, besonders bei ruhigen, respektive lang aus-
gehaltenen, konsonierenden Akkorden, hauptsachlich da, wo nur Streich-
instrumente wirken, (2 Violinen, Streichquartett usw.). Neben diesen zwei
Systemen wird auf den Streichinstrumenten sehr haufig noch ein drittes
gebraucht: das pythagoreische. Dieses System hat bekanntlich die reine
Quinte zur Grundlage (2 : 3), samtliche Tone werden mit Hilfe dieses
Intervalls berechnet. Die Hauptmotive, weshalb dieses System so haufig
bei den Streichinstrumenten angewendet wird, sind: die Quintenstimmung
und das hieraus folgende Griffsystem.
Die aus der Stimmung hervorgehenden Konsequenzen sind uns bereits
bekannt. Sucht man, von der leeren G-Saite der Violine ausgehend, die
reine Sext, so findet man das absolut reine e 1 ; sucht man aber durch
Quintenschritte einen ahnlichen Ton, so mutt man bis zum e s hinauf-
gehen (g — d 1 — a 1 — e 2 ); der letztere Ton aber wird mit dem vorigen nicht
verschmelzen, weil er etwas hoher ist. Das e 9 ist weder das absolut
reine, noch das temperierte, sondern das pythagoreische e. Dem Geiger
jedoch klingen die vier leeren Saiten mit ihren fixierten, fur ihn stets
bestimmenden Tonen fortwahrend im Ohr, und daher wird er bereits das
e 1 nicht absolut rein, sondern pythagoreisch intonieren. Einerseits hat
sich nun sein Ohr daran gewohnt, das untere e mit der leeren E-Saite
in Einklang zu bringen, zumal er die beiden offers nebeneinander oder
zugleich spielt, andererseits hat sich auch sein Griff daran gewohnt und
das Intonieren geschieht nunmehr ganz instinktiv.
Und ebenso ergeht es uns mit den meisten Tonen, denn leere Saiten
kommen in zahlreichen Tonarten (C-, G-, D-, A-, E-, H-, F-, B-, Es-,
As-dur, a-, e-, h-, fis-, cis-, gis-, d-, g-, c-, f-, b-, es-, as-moll) vor, und
in Skalen, wo keine leere Saite figuriert, bringt die Modulation oder
Enharmonie eine der obengenannten Tonarten zum Vorschein, so daO wir
es friiher oder spater mit der leeren Saite von neuem zu tun haben.
Noch in erhohterem MaDe ist der Geiger auf das pythagoreische Into-
nieren angewiesen infolge des aus der Quintenstimmung hervorgehenden
Griffsystems. Bei dieser Stimmung erhalt man bekanntlich, sobald man
irgendeinen Finger auf zwei benachbarte Saiten, an welche Stelle des
Griffbrettes immer, niederlegt, wieder nur Quinten. Solche Quinten gibt
es eine Menge; es ist uns auch moglich, den einen Ton selbst zu
176 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
bildcn; der andere in dem Quintengriffe hangt vom vorigen ab, wodurch
eine Anzahl von solchen fixen Tonen entsteht.
Die vorhin gemachte Erfahrung in bezug auf die leere G- und E-Saite
wiederholt sich daher fortwahrend, und so kommen wir imroer wieder in
die Lage, pythagoreisch zu intonieren. Hierzu nehme man noch, daD auf
der Violine die Intonation eines groQen Teiles der Intervalle sich der
Quint anpaOt: so die der verminderten und ubermaCigen Quint, der groBen
und kleinen Sext, der ubermaOigen und reinen Quart und einigermaOen
auch die der Terzen, indem wir beim Griffe derselben gleichfalls von der
Quintenvorstellung geleitet werden. Man kann also sagen: der Geiger
benutzt in den meisten Fallen das pythagoreische System, das infolge der
technischen Einrichtung seines Instrumentes ihm am nachsten liegt. (Das-
selbe gilt auch fur den Bratschisten und den Cellisten.)
Es kann hier natiirlich die Lehre von der Intonation nicht ausfuhr-
lich behandelt werden, 1 ) ich will nur noch kurz das Ergebnis meiner Er-
fahrungen mitteilen.
Auf den Streichinstrumenten intoniert man nach drei verschiedenen
Systemen, und zwar auf Grund der
1. absolut reinen Stimmung,
2. pythagoreischen Stimmung,
3. temperierten Stimmung.
Der Unterschied zwischen diesen drei Systemen — in betreff der
Tonhohen — ist kein iiberaus bedeutender, weshalb auch in der Praxis
jene Systeme nebeneinander und abwechselnd gebraucht werden, ohne daD
eine wesentlichere Schwankung oder eine Vergewaltigung des Gehor-
apparates eintreten wiirde.
So ist die reine Stimmung eigentlich doch nicht tot, sie lebt noch
immer weiter — friedlich-nachbarlich verkehrend mit anderen Systemen
— in der Lehre von der Intonation. Mit der Entwickelung der akustischen,
physiologischen und psychologischen Wissenschaften wird es der spateren
Forschung ermoglicht werden, diese Theorie weiterzubilden und z. B. klar-
zustellen: Wo, wieso und warum der Ubergang von einem System in das
andere stattfindet?
] ) Interessenten seien auf die M Doppelgriff-Schule u , II. Teil, von J. Bloch (Buda-
pest, Rozsnyai) verwiesen.
VOM AUSKLINGEN DES MEISTERGESANGS
VON PROF. DR. WERNER DEETJEN IN HANNOVER
Uber das Ausklingen des Meistergesangs berichtet die sonst so aus-
fuhrlicbe Monographic von Kurt Mey „Der Meistergesang in Ge-
schichte und Kunst" ') nur kurz. Es sei darum hier auf Grund
alter verschollener Nachrichten, die auch Schnorr von Carolsfeld 2 ) und
anderen Forschern entgingen, eine Erganzung gegeben.
Wahrend die meisten Singschulen mit dem Untergang der Reichsver-
fassung zerfielcn, erhielt sich die zu Ulm durch eine besondere Gunst der
Umstande noch mehrcre Jahrzehnte. 3 ) Zu dieser an sich bekannten Tat-
sache entnehme ich zeitgenossischen Tagesblattern noch folgendes: Zwar
muOten die Ulmer Meistersanger ihre „Schaustube" auf dem Rathause
raumen, wo sie Jahrhunderte hindurch jeden Sonntag „Schule" gesungen und
dazu das Publikum durch Aushangen und Offnen der „Schultafel" eingeladen
hatten; aber einige Zeit war ihnen noch die Benutzung eines anderen oftent-
lichen Raumes gestattet, und als sie auch diesen verlassen muDten, setzten
sie ihre Ubungen in der Herberge fort.
Im Jahre 1830 hatte die Vereinigung noch zwolf — meist alte — Mit-
glieder und schmolz 1839 trotz verschiedener Versuche, neue Krafte zu
gewinnen, auf vier Mann zusammen, die gerade hinreichten, das „ehrbare
Gemerk" zu bilden. Noch sangen sie zuweilen die alten Weisen Oder „T6ne" ;
ihre Lieder waren inhaltlich meist von geringem Gehalt, die Komposition
aber, „obwohl selten groQartig, schon oder anmutig, doch haufig sehr kiinstlich
oder hochst merkwiirdig", so daB es fast unbegreiflich erscheint, wie eine
stattliche Zahl von solchen „Tdnen" bei Mannern einer niederen Bildungs-
stufe, die keine Noten kannten, sich nur durch die Uberlieferung des Gehors
solange erhalten konnte.
Von ihrem B Kleinod a , d. h. ihrem Eigentum an Gold und Silber, das
noch im achtzehnten Jahrhundert nicht ganz unbetrachtlich gewesen sein soil,
war zur Zeit der Kriegsnot von den der armsten Klasse angehorigen Mit-
gliedern das meiste verauQert worden. Da die letzten vier Mitglieder mit
der in absehbarer Zeit notwendigen ganzlichen Auflosung der Ulmer Sing-
schule rechnen muOten, beschlossen sie fur die Rettung des noch Vor-
handenen Sorge zu tragen und iibergaben es mit einer besonderen
Schenkungsurkunde dem Ulmer Liederkranze, der es sich seinerseits zur
Pflicht machte, die unvermogenden Geber nicht zu schadigen.
Der Text der Urkunde lautet:
') 2. Aufl. Leipzig, 1910. (Herm. Seemann, Nachf.)
■) Zur Geschichte des deutschen Meistergesangs. Berlin, 1892.
3 ) Uhland, Schriften II, S. 297, F.
XIV. 22. 12
178 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
„Wir unterzeichneten, einzig noch ubrigen Mitglieder der von
Alters her in Ulm bestehenden Meistersangergesellschaft haben in der
Voraussicht, daQ mit uns die letzten Weisen des alten Meistergesangs
verklingen werden, und in der Absicht, so weit es von uns abhangt,
die Wahrzeichen einer ehrwiirdigen, in den Tagen der Vater weithin
und tief einwirkenden Anstalt den kommenden Geschlechtern zu er-
halten, rucksichtlich des von den Vorfahren iiberkommenen Eigenthums
folgenden BeschluC gefaBt: es soil dieses Eigenthum, bestehend in der
Schultafel mit den Originalgemalden unserer Fahne, sammt dieser
Fahne und den dazu gehorigen alten Kleinodien, deOgleichen der Lade,
den Tabulaturen, Schul- und Liederbiichern und einigen andern Gegen-
standen dem Liederkranze zu Ulm, als dem natiirlichen Nachfolger
und Stellvertreter des alten Meistersangerthums in der neuen Zeit,
hiermit zu einem freien Geschenk gegeben seyn, mit der Bitte, das-
selbe wohl zu bewahren, und die Fahne bei Festziigen und andern
Gelegenheiten, getragen von einem von uns, so lange noch einer von
uns am Leben, neben den seinigen als die seinige zu fuhren, und mit
dem Wunsche, daQ, gleichwie der Meistersanger Tafel Jahrhunderte
herab die frommen Vater zum Horen ihrer Weisen lud, so Jahr-
hunderte hinab die Banner des Liederkranzes wehen, und seine Lieder
spaten Enkeln tonen mogen.
Ulm, den 21. October 1839.
Das Gemerk der letzten deutschen, der Ulm'schen
Meistersanger. (Es folgen die Unterschriften des
Biichsenmeisters, Schliisselmeisters, Werkmeisters,
Kronmeisters.)
Als die Presse iiber dies Ereignis Mitteilungen machte, fiihlte sich
ein Poet, namens E. Straube, bewogen, es zu besingen. Sein Gedicht, das
in der „ Wiener Zeitschrift fur Kunst, Literatur, Theater und Mode" (1839
Nr. 137) erschien, mag, wenn es auch hoheren Anspruchen dichterisch
nicht geniigt, hier Platz finden, urn zu bezeugen, welche Bedeutung ein
Zeitgenosse dem Ereignis beilegte:
Die Meistersanger von 1 839
Zu Ulm auf der Herberg, im fernsten Gemach,
Sind spat noch vier eisgraue Mannlein wach!
Sie sitzen beysammen am eichenen Tisch,
Vor ihnen steht Braten und Wein und Fisch.
Doch mundet Keinem das Essen, im Wein
Fallt manch' eine bittere Zahre hinein.
DEETJEN: AUSKLINGEN DES MEISTERGESANGS 179
Und Einer erhebt sich und spricht bewegt:
n Es geht zur Neige, die Stunde schlagt;
Nicht schmahe man einst in's dunkle Grab
Den Letzten der MeistersMnger hinab;
Die Zeit hat geiibt ihr grausames Recht
In unserem ganzen, uralten Geschlecht:
Die Meister starben, die Sanger auch,
Kein Lehrling mehr fand sich nach unserem Brauch:
Die Beerweis, die Pfeilweis, die Krummzinkenweis,
Es hort sie, es achtet sie Keiner mit FleiO;
Ein neues Singethum tont durch die Welt,
Dem nur die zerrissene 1 ) Weis mehr gefallt;
Das glatte Singen achten sie nicht,
Des Merkers Rede ist sonder Gewicht;
Es singet und seufzet nun jeder Duns,
Da drauCen wissen sie kaum mehr von Uns;
Wir sind die Letzten und sterben wir bin,
Wem bliebe das Kleinod der Zunft als Gewinn?
Drum laOt uns vererben das heilige Gut
In wackerer Sanger Treu und Hut;
DieQ sey unsre letzte Innungsnacht,
Und feyerlich ein Testament gemacht.
Herr Eschenbach, Klingsohr und Frauenlob," 2 )
Die ehrsamen Zunftmeister, segnen uns drob!" —
Und weinend umarmen sie sich und schnell
Ist ihre letztwill'ge Verfiigung zur Stell':
„Wir Endesgefertigte, Uberley
Der uralten Meistersangerey,
Benennen hiermit und bestimmen hiermit
Zu unseren Erben, nach christlicher Sitt',
Die Sanger der Liedertafel zumal,
Aus eigenem Antrieb, aus freyer Wahl.
') Anspielung auf die in der zeitgendssischen Literatur herrschende Stimtnung.
*) Sie geborten zu den zwolf grolJen Meistern, auf welche die Meistersinger
ihre Kunst zuruckfuhrten.
12*
180 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Sie mogen besitzen Gehange 1 ) und Schnur, 2 )
Sie sollen besitzen die Tabulatur,
Sie sollen haben all' Kettlein und Ring,
So einer der Zunft je als Ehrung empfing;
Sie mogen besitzen die Tafel zuletzt,
Worauf wir die Feste sonst angesetzt;
Sie mogen es wahren als freundlich Gemerk,
Und mogen es niitzen zu loblichem Werk;
Sie mogen es haben viel hundert Jahr,
So wie es ein Stolz uns'rer Innung war,
Und mogen singen manch wunniglich Lied,
Das herrlich durch Deutschlands Gauen zieht,
Und mogen dauern in Ewigkeit,
Zu deutschen Vaterlands Ruhm und Freud';
Und mogen nimmer so einsam wie wir
Versterben ohne Lending und Zier,
Und mogen, an Frauen- und Fiirstengunst,
Erhalten die schonste, die herrlichste Kunst;
Denn nichts ist das Leben und lohnte sich nie
Ohn' dich, du himmlische Poesie!" —
Sie kiiOten sich scheidend — aus war zur Stund
Der letzte Meistersangerbund.
DaB die Ulrner Singschule wirklich noch in demselben Jahre 1839,
wie Mey und andere behaupten, ganz aufgelost worden sei, ist nicht wahr-
scheinlich. Die letzte, wie man meinte, war es nicht, denn die in
Memmingen bestand, wie J. F. Lentner berichtet (Morgenblatt 1852 S. 139),
noch 1852.
') Eine lange silberne Kette, in deren grofle, breite Glieder die Namen der
Stifter eingraviert waren (vgl. Mey S. 89).
a ) Eine Schnur mit drei vergoldeten Silbermiinzen diente als Ersatz der schweren
Kette (vgl. Mey S. 90).
REVUE DER REVUEEN
Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
NEUE JAHKBUCHER FUR PADAGOGIK (Leipzig), Jahrg. 1915, II. Abteil.,
XXXVI. Bd., 4. Heft. — „Carl Loewe und das klassische Altertum." Von Leopold
Hirschberg. „. . . EineSonderstellung auf demGebiete antikerMusik in modernem
Gewande beansprucht, wie in so vielem, Loewe. Nicht allein durch die Zahl seiner
einschlagigen Werke und durch die Mannigfaltigkeit der von ihm in Anspruch
genommenen Dichtungen, sondern aus inneren Grunden ..." „. . . Die Berechtigung
antiker lyrischer Gedichte, in ein modernes musisches Gewand gehullt zu werden,
ist sonach um so weniger zu bestreiten, als die Dichter des Altertums noch immer
unerreichte Muster darstellen und die damals noch unentwickelte Musik zu einer
Vertiefung in diesem Sinne unfahig war. Eine andere Frage aber ist die, ob alle
Tonmeister der Neuzeit dazu imstande gewesen waren. Zweifelsohne hatte Mozart
der Heiterkeit eines Anakreon, Beethoven der Tiefe eines Sophokles und Aschylos,
Schubert der Schwermut eines Properz sich anpassen konnen, wenn sie so viel
Griechisch und Lateinisch verstanden batten wie z. B. Italienisch. So blieb es
eben allein Loewe vermoge seines Bildungsganges vorbehalten, der erste und einzige
unserer groften Meister zu sein, der antike Gedichte in der Ursprache komponierte.
Wir besitzen von ihm vier Anacreontica, sieben Oden des Horaz, je eine Ode
der Sappho, des Pindar und des Dionysios, nebst einem Fragment des
Horaz... Ihre Entstehung umfaftt einen Zeitraum von 30 Jahren (1815 — 1845);
drei der anakreontiscben Lieder sind aus der Jugendzeit, alle ubrigen Werke seiner
reifen Kiinstlerschaft. Aus dem letztenjahre (1845), in dem sich der Meister sehr
eingehend musikhistorischen Studien zuwandte, stammen jene oben erwSbnten drei
Tondichtungen, in denen (nach seiner eigenen Angabe) die ,Originalmelodieen'
zugrunde gelegt sind. Schon die Auswabl und Mannigfaltigkeit dieser Reihe beweist
deutlicb, daQ es sich nicht um zufallige Begegnungen antiker Texte (wie etwa bei
den beiden Schubertschen) handeln kann, sondern um eine bewuftte Auswahl
besonders schdner und vor allem zur Komposition geeigneter Dichtungen . . ."
Verfasser bespricht der Reihe nach die einzelnen Kompositionen und teilt zum
erstenmal nach der Handschrift die Loewesche Vertonung des Horazischen
Carmen saeculare mit.
DIE STIMME (Berlin), 9.Jahrgang, Heft 8 und 9. — „Der Krieg und das Lied." Von
Hugo Lobmann. „. . . So mancher Schriftsteller ruhmt den Krieg als die beste
Lernscbule des Volkes fur die Neuauflebung des alten Volksliedes. Sie sind im
Recht. Der Krieg fSrdert den Gesang, fordert die Neuschaffung von Liedern, be-
gunstigt die Singlust. Das hat Grunde psychologischer und auch physiologischer
Art. In psychologischer Hinsicht ist zu beacbten, daft der Krieg starke Gefuhle,
tiefste Gemiitserschutterungen auslost. Die in Erregung versetzte Seele verlangt
nach einem gleichgestimmten Ausdruck. Fur sie kommt die gesprochene oder
geschriebene Rede, das linienhafte Wort weniger in Frage. Ihrer inneren Spannung
erscheint die blasse Zeichnung des Gedankens durch das Wort als zu matt, zu
wenig ausdrucksvoll. Unbewuftt, aber mit grofttem Gluck greift die erschutterte
Seele nach dem gesteigerten Gefuhlsausdruckmittel der Tonkunst. Das handlichste,
das ihr zunSchst liegende Instrument, die menschliche Stimme, ist ihr zuerst will-
kommen. Der ,erregte* Mensch, das in Mitleidenschaft versetzte Gemut verlangt
nacb dem Tonen der menschlichen Stimme, das zugleich ein Mitsprechen im
Worte gestattet — und das Lied tritt in die Umwelt des Singers als Gesang. Es
182 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
spricht aber aucta die Leibesnatur ein Wort mit darein. In der Erregung erleidet
der Atem eine groBere Ausdehnungskraft als Auslosung einer vorausgegangenen
Spannung. Und wenn dem angeregten Manne keine Worte zur Verfugung stehen
sollten, so fangt er wenigstens an zu brummen, vor sich bin zu summen. Das
Lied ist da. Auch das ist nicbt zu ubersehen, dafi der Gleichtritt der Massen die
geheime Urkraft der Seele, die im Rhythmus gebunden liegt, wohltatig auslost.
Und langt die Kraft nicht mehr zum Liede, so reicht sie doch noch zu den Pfeif-
tonen des Mundes vollkommen hin — und wir baben das seltsame Schauspiel
einer wandernden Soldatentruppe mit Marschgepflff und Massentritt. Die Musik
des stummen Tretrhytbmus zwingt nacb musikalischer Ausformung. Die ,mit-
schreitende Seele' verlangt nach Begleitung der aufschlagenden FuBe mit Kling
und Klang. Der Rhythmus ist die Schlagader des musikaliscben Gefuhls."
WESTERMANNSMONATSHEFTE (Braunschweig), Juli 1915. — „Franz Schubert."
Ein Gedenkblatt von Hermann Seeliger. „. . . Schubert ist der erste grofie Heimat-
kfinstler in der Musik, der tief in die Seele der Landschaft seiner herrlichen nieder-
osterreichischen Heimat, seines Volkes hineingelauscht bat. Nun tont sie aus
seinen Weisen zuriick, zuweilen, wie z. B. in den Tinzen, in dem Scherzo der
D-dur Sonate, echt wienerisch gestimmt. . . . Neben der Ursprunglichkeit einer
durch keine Reflexion angekrankelten Empflndung ist es nicbt zum mindesten
dieser herzergreifend volkstumliche Einschlag, der den Liedern Schuberts ihren
unwiderstehlichen Zauber verleiht: hier offenbart sich so recht, wie vertraut dies
echte Natur- und Volkskind mit der Natur war. Was sie ihm zuraunte im Murmeln
des Bacbleins, im Rauschen des Waldes, was die linden Lufte des Fruhlings ihm
zutrugen, Lerchenjubel und Feldblumenduft, Sonnenglanz und Mondenschimmer,
das bat er in unsterblichen Tonen in seinen Liedern niedergelegt. Wenn irgend-
einer, so konnte Schubert von sich sagen: ,1m Walde dort, auf der Vogelweid',
da lernt' auch ich das Singen.' Darum wohnt seinen Melodieen jene zwingende
Oberzeugungskraft inne, die sie als das Ansich der vorgestellten AuBenwelt wie
der aus ihr abgezogenen Empflndungen erscheinen IaBt. ..."
DER TURMER (Stuttgart), Heft 20, Juli 1915. — „Die Untreue gegen den ,guten
Kameraden'." Von Karl Storck. Verfasser wendet sich mit scharfen Worten
gegen die Verslummelung des herrlichen Uhlandschen Gedichts, die sich leider
in der letzten Zeit eingeburgert hat. Er nennt die jetzige Fassung des Uhland-
Silcherscben Liedes ein Schulbeispiel fur die verheerende Wirkung des Potpourri-
Unfugs und fur den beschamenden geistigen Tiefstand alles dessen, was in den
iiblen letzten Jahrzehnten einer blodsinnigen Operettenkultur zur Volkstumlicbkeit
gebracht worden ist. „So konnte es denn geschehen, dafi ein unsagbar roh
zusammengezimmertes Gemengsel verschiedener kleiner Melodiestucke in der
ernstesten und grofiten Stunde unseres Volkslebens zum Liedausdruck des lieder-
reichsten, musikalisch tiefsten aller Volker wurde. Nur die erste Zeile bewahrt
die ursprungliche Melodie, die zweite bringt ein Stuck aus ,Preisend mit viel
schonen Reden', die dritte und vierte die Wiederholung eines kleinen Fetzchens
aus einem Turnerlied, und daran scblieBt sich der Kehrreim, in dem als Haupt-
stiick (von ,Die Voglein' bis zum SchluB) das englische ,Home, sweet home' mit
entsprechend verkurzten Noten steckt. Das englische sentimentale Lied war ja
schon ISngst bei uns als Heimatlied (,Wenn weit in den Landen wir zogen umher')
eingeburgert. Und so erfullt denn das ganze Gebilde vollauf jene alte Forderung,
nur Bekanntes oder bekannt Klingendes zu verwerten, wo man rasche Volks-
tumlichkeit erreichen will. . . ." „Ich glaube, wir sollten alles daransetzen, das
schwere Unrecht, das wir an einem der schonsten unserer neueren Volkslieder
REVUE DER REVUEEN 183
begangen haben, wieder gutzumachen. Die Sache ist durchaus nicht schwer. Wenn
die Lehrer in den Schulen, in den Volksschulen sowohl wie in den hoheren,
den Schulern einmal den Unsinn ihres jetzigen Liedes recht klarmachen, wird
hier eine rasche Wirkung zu beobacbten sein, und fur die Krieger drauBen im
Felde ist es eine alte Erfahrung, daB der dringend ausgesprochene Wunsch von
seiten der Vorgesetzten alle Schwierigkeiten behebt. Hugo Zuschneid in Offen-
burg (Baden) hat seine neue Dichtung mit der neuen Melodic als Feldpostkarte
drucken lassen. Die jetzt fur die Ankundigung benutzte letzte Seite der Doppel-
karte konnte in gedrangter Darstellung das Unwurdige unseres jetzigen Verhaltnisses
zusammenfassen, und dann sollten wir in Tausenden von Exemplaren diese Feld-
postkarte unseren Kriegern zusenden. Nicht nur stolze Bauwerke sind Merksteine
der Kunst, die nur der Rohling mutwillig zerstort; ein schlichtes, kleines Lied ist
ein ebenso reines und edles Kunstgebilde. Wir werden, wenn wir die rechten
Worte flnden, von keinem unserer Krieger ungehort bleiben in der Mabnung, auch
dem Liede vom ,Guten Kameraden', das ihm so wunderbar tief ein tigliches
Scbicksal vor Augen rfickt, das tausendmal erklungen ist, wenn ein Krieger ins
Grab gesenkt wurde, die Treue zu halten, die es verdient. Wir schonen die Kunst-
denkmaler in Feindesland; wie konnten wir es da fiber uns bringen, mit BewuBt-
sein ein deutsches Kunstwerk mutwillig zu zerstoren?"
DEUTSCHER KURIER (Berlin), 1. Juli 1915. — „Deutsches Singen und das Kriegs-
ziel." Von Ferdinand Kunzelmann. „. . . Elf Monate Krieg und Sieg haben
uns ernst und schweigsamer als je gemacht, und wenn wir gewiQ auch keinen
Grund hatten, das Singen zu verlernen, so spurt doch ein jeder, dafi die hellen
und begeisterten Klange der Lieder des Auszugs jetzt nicht mehr recht in die
groBe, ernste Zeit passen wollen und zu der Trauer, die fast ein jeder von uns
neben der Freude zu tragen bat. Wir singen nicht mehr, weil wir nicht mehr
begeistert den EntschluB zum Kriege zu bejahen notig haben, und wir brauchen
auch singend den Schwur nicht mehr zu bekraftigen, dafi wir die Grenze scbutzen
wollen, dafi wir nicht nur am deutschen Rhein, sondern an alien Grenzen als
Wachter und Hiiter stehen wollen. Die Grenzen sind geschutzt: unsere Heere
stehen langst in Feindesland. Und je mehr uns alien dieses zum Bewufitsein kam,
dafi dieser deutsche Krieg aufierhalb Deutschlands im Lande der Feinde gefuhrt
wird, um so hoher flammte die Liebe zu Deutschland in uns auf, und wir vergessen
die Grenzen, die heute schon nicht mehr bestehen. Das Lied der Verteidigung,
die ,Wacht am Rhein', konnte, ja mufite verstummen: Lieder der Sehnsucht mufiten
an ihre Stelle treten. Denn wenn wir heute singen, so geschieht's nicht mehr in
der hellen Begeisterung der beschwingten Stunde: wir Menschen mit dem ungeheuren
Erlebnis von elf Monaten Krieg in den Seelen singen, weil wir sehnsuchtig sind . . .
Und so werden es denn mehr und mehr, von Tag zu Tag mehr zwei Lieder, die
ganz Deutschland singt, die alle anderen aus dem Felde geschlagen haben: , Deutsch-
land, Deutschland fiber alles' und das Lied ,vom guten Kameraden' mit der Ver-
heifiung vom Wiedersehen in der Heimat. Diese Lieder sind es, die man jetzt
fiberall hort, und ich mufl gestehen, daB sie mir noch heiliger, noch erhebender
klingen als im letzten Herbst ,Die Wacht am Rhein'. Denn das Singen dieser Lieder
beweist, mehr und besser als alles Reden davon, welch eine groBe, neue, tiefe und
echte Liebe zu Deutschland aus dem Feuer der Verteidigung geboren ist: es handelt
sich jetzt nicht mehr um den deutschen Rhein, sondern um Deutschland selbst.
Und wenn ich diese beiden Lieder am Abend und in der Nacht hore, oder am
Tage, von Schulern, von Soldaten, von Mannern und Frauen gesungen, dann weiB
ich, daB sie so singen, daB sie so singen mussen, weil sie alle das Kriegsziel
184 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
ahnend erkannt haben, so wie es neulicb Bayerns weiser Konig zur Freude von
Millionen Deutschen in Worte gefadt hat, daft nur die vollige Sicherbeit Deutschlands
das Kriegsziel sein kann. Wer Obren bat zu horen, braucbt nur auf die Gesange
des Volkes zu achten, und er wird wissen, was das Volk vom Krieg und — Frieden
will. Gott gebe, dali es verstanden wird."
KOLN1SCHE ZEITUNG, 23.Juni 1915. - „Gut Deutsch in Kunst und Alltag." Von
H. KannegieQer. „. . . Die Sucht nach fremdlandischen Ausdrucken grassiert in
einer besorgniserregenden Weise in unserer Musikliteratur. Man sehe nur einmal
aufmerksam einen Musikkatalog durch, und man wird flnden, daft es wimmelt von
, Arabesques, Poemes symphoniques', von .Romances, Impromptus und Airs varieV.
Dann folgen .Variations, Preludes, Polonaises, Suites', und so gebt es weiter ad
infinitum. Auch die Titel deutscher Stucke sind der franzdsischen Sprache ent-
nommen, und mancb echter deutscbe Komponist hat namentlich auf dem Gebiete
der Unterhaltungsmusik hierin Erklecklicbes geleistet. Ein Blick in das Programm-
beft eines Kaffeebaus-Orchesters wird uns davon zur Genuge uberzeugen. Haben
doch selbst unsere Klassiker , Marches hSroiques und Moments musicals' geschrieben.
Auch die Sucht, deutsche Autorennamen zu franzosieren, gehort hierber (J ean
Gilbert), ebenso das Bestreben, den Tonstucken einen fremdlandischen Gattungs-
begriff zu geben (Indianisches Intermezzo, English song and dance, Twostep usw.).
Sind wir denn eigentlich Deutsche, baben wir so wenig eigene Schopferkraft, dad
wir in Titeln, Gattungsbegriffen und Art der Komposition immer auf das Ausland
zuruckgreifen mussen? Ich denke, das alles haben wir gar nicht notig. Unsere
deutsche Kunst ist so hoch entwickelt, dad wir getrost jede Konkurrenz mit dem
Auslande aufnehmen kdnnen. Aber wir mussen mehr Ruckgrat entwickeln, mehr
Vertrauen haben auf unsere enorme Kraft. Und das Publikum mull sich daran
gewdhnen, deutsche Musik nicht erst in fremdem Gewande schmackhaft zu finden.
Die deutsche Musik ist ein Vogel, der aus sich selbst die herrlichsten Lieder singt,
und der sich nicht mit fremden Federn zu schmticken braucht. Weg mit den
IScherlichen fremden Modeerzeugnissen der letzten Jabre, werft alle die Tangos,
Two- und Onesteps, die ja noch immer in den Herzen der tanzlustigen Welt nicbt
ganzlich vergessen sind, zum Lande hinaus und laUt deutsche Tanze nach dem
Kriege wieder zu Ehren kommen. Dann wird auch im Auslande nach dem Kriege
deutsche Kunst weit hoher bewertet werden, als es bei dem Liebaugeln mit fremder
Kunst jemals der Fall war."
VOLKSZEITUNG (Berlin), 28. Mai 1915. — ^Deutsche Musik." Von Johannes
Doebber. „Was hoffen wir nicht alles von der kommenden, von der neuen Zeit!?
Wieviel Segnungen erwarten wir, wenn der Krieg erst wieder voruber sein wird?
Auf alien Gebieten glauben wir, dali der Krieg mit seinen Schrecknissen Iauternde
Wirkung hervorbringen, ein groBer Neugestalter und Heilfaktor werden wird. Wir
glauben fest daran, wie an unser ,Wir mussen siegen!' — Dieser feste Glaube,
dieser unerschiitterliche Wille zum Siegen kennzeichnet den Grundcharakter
unseres starken, einigen Volkes. Will man's leugnen, daft wir uns — sieht man
von dem unwiirdigen Treiben der leichtfertigen Lebewelt ab, die selbst in der
Gegenwart dem Ernst der Zeit mit frivolem Lachen begegnet — nach einer Ent-
spannung auf alien Gebieten, das heiBt nach einer Neuorganisation krankhaft
gewordener Lebensinteressen und ihrer Gesundung scbon lange gesehnt haben?
Unsere Anspriiche waren vor Ausbruch des Krieges uberall ins Riesenhafte
gewachsen. Die Wucherblume der Verflachung, die sich das Ausleben des ein-
zelnen Individuums zum Ziele setzte, hatte sich ins Ungeheuere entfaltet. Die
Sucht nach aufterem Gewinn schien nur noch allein erstrebenswert. Auch in der
REVUE DER REVUEEN 185
Kunst machte sich diese Erscheinung geltend. Die unausbleiblicbe Folge stellte
sicb bald ein: die Kunst verflacbte zusehends. Man fragte nicht mehr nach ihren
inneren Werten, sondern nach ihrer auBerlichen Wirkung, die gunstige Ruckschlusse
auf ein gutes, gewinnbringendes Geschaft zulieB. Die Musik namentlich, wenig-
stens ibre moderne Produktion, hatte nach und nach ihre ethischen erzieherischen
Werte fast ganz eingebuBt. An Stelle kerniger, deutscber Volkslieder trat der
salonfihige Gassenhauer, der von der Biihne herab den Weg nicht nur in die
Tummelplltze der Lebewelt, sondern auch in die gesitteten Burgerhauser fand.
Seit dem Kriege ist er verstummt. Nur eine gescbaftlich interessierte Gemeinde
versucht, ihm auch jetzt noch neue Nahrung zuzufuhren ..." „ . . . Das Bestreben,
der deutschen Kunst neue Pflege angedeihen zu lassen, hat sich in dieser Zeit
des gewaltigen nationalen Aufschwungs in Dichtung und Musik bereits machtig
geregt, wenn auch dabei Gesange, wie sie beispielsweise Weber mit ,Lutzows
wilder Jagd' vor 100 J ah re n schuf, nicht zutage traten. Lieder und Mannerchore
patriotischen Charakters sind in Hiille und Fulle erschienen und im Laufe des
Winters gehort worden, aber nichts davon hat sich ,^eine Shnliche Popularitat
erworben. Vielleicht auch ein Zeichen dafur, wie weitab wir uns vom richtigen
Wege verloren haben. Unsere farbenschillernde Musik braucht Zeit, bis sie sich
mit neuer Kraft gestahlt und den einfachen Ton wiedergefunden hat, der von
Herzen kommt und zu Herzen geht . . ."
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 6. Juni 1915. — „Kathedralen." Zur Erscheinung
Anton Bruckners. Von Moritz Heimann. „. . . wahrend die Zeit sich kuhn
und dem Neuen zugewandt glaubt, sehen wir sie immer wieder das wahrhaft Neue
und wahrhaft Schopferische zugunsten der radikal und zuchtlos ausgebildeten
Konsequenzen siegreich gewordener Geistesmachte verkennen und verwerfen. An
Beispielen im kleineren Maflstab fehlt es nicht; aber wir konnen auch mit einem
im allergroBten aufwarten: das ist das Schicksal Anton Bruckners. Er ist der
letzte der deutschen Heroen, nicht blofi des musikalischen Reiches, Schopfer eincr
Welt wie Wagner, Beethoven, Mozart und Bach, — und fast zwanzig Jahre nach
seinem Tode fallen von dem reichen Berliner Musikwinter auf ihn nur ein paar
hastig verschuttete Stunden. Wir riihmen uns der vielen Beethoven-Abende mitten
im Krieg; aber Beethovens schmerzlich zurnende Stirn wurde sich nicht aufhellen,
wenn er die Menge in seine Konzerte laufen sane; er wurde die Tragheit in diesem
GenuB erkennen. Es mogen ungefahr funfzehn Jahre her sein, dad jemand von
einer Brucknerschen Symphonie schrieb, sie sei ,das senile Geschwatz eines
grofienwahnsinnigen Schulmeisters', — das war nur ein SachverstSndiger, das
zahlt nicht. Inzwischen bat sich das Bild, mit der tuckischen Unmerklichkeit, mit
der die offentliche Meinung sich verbessert, doch gewandelt und sieht etwa so
aus: Bruckner, ein Naturmensch mit genialen Einfallen, unfMhig zur hoheren Ord-
nung des Kunstwerks, mit dem Orchester improvisierend, als saBe er an der
Orgel; in einigen seiner Mittelsatze, Adagio und Scherzo, habe er freilich auch
die Einheit und Konzentration erreicht und in diesen Fallen Musikstucke vom
hochsten Rang und Wert geschaffen; aber die Ecksatze seien und blieben das
Kreuz dieser im Grunde doch zerstreuten, geschwatzigen Kunst. So ungefahr, mit
einigen Abstufungen, geht die Rede. Wohlwollend oder flbelwollend, murrisch
oder bereitwillig ausgesprochen, sie steckt voller Unsinn, voller Bequemlichkeit . . ."
„... Bruckners Werke sind frei von der Zufalligkeit sowohl des ungebandigten
wie des unvermogenden Kunstlers. Er ist weder ein Improvisator noch ein
Rhapsode; daB er ein Organist war, ist im Gefuge seines Werkes nicht zu
spiiren, hochstens in seiner Dynamik. WuBte man von seinem Privatleben nichts
186 DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
und erdachte sich sein Bild nacb seinem Werk, so wurde man einen Menschen
von so extrem geistiger Art hinter ihm vermuten, wie Michelangelo. Sofern das
Wort ,naiv' einen Beiklang von Nacbsicbt hat, trifft es auf ihn nicht zu. Seine
Kunst ist intelligent, ob man es auch von seiner Person bestreiten will; seine
Musik ist eine tonende Vorstellung der Welt und keineswegs ein nur unversehens
leucbtendes, ubrigens bald leeres, bald wirres Geklinge . . ." Statt von dem in
seinem Privatleben mitunter etwas komischen Mann auf das Werk, sollte man
von dem Werk auf den Mann zu schliefien lernen. „F.in grofies Genie der Kunst
verfallt, wenn nicht durch das Schicksal, dann durch eigene Wahl, der wacbsenden
Einsamkeit. Denn es will zu tiefst nur durch das Organ seiner Kunst der Welt
Herr sein und leidet darunter, dafi seine anderen Organe beansprucht werden; es
will nicht reden und will nicht anders denken als schaffend. So ist Bruckners
,Unintellektualitat' ein Geschenk der Natur, ein Ersatz freundlicher Art fur den
sonst auf andere Weise notwendigen Verzicht, mit den Menschen des Tages auf
ibre Weise zu leben. Er ist auch darin ein groOer Mann, daQ er es auf eine neue
Art ist. Dieses soil man endlich zu fuhlen und womoglich zu verstehen anfangen;
man soli sich des Dunkels entschlagen, wenn man ihn tadelt, und der Herab-
lassung, wenn man ihn lobt. Eines Tages wird man es spuren, dafi er nicht blofi
den Menschen mebr Oder minder angenehm die Ohren kitzelt, sondern daft er
der Menschheit ein neues himmlisches Reich geschenkt hat. So ein bimmlisches
Reicb, die groQe Seele eines seltenen Menschen — das sind Kathedralen so gut
und besser als die steinernen."
BOHEMIA (Prag), 20. Juni 1915. — „Italienische Oper?" Von Heinrich Teweles.
„Was hat denn die deutscbe Kultur zu so hober Blute gebracht, als eben das
liebevolle Eingehen in fremde Eigenart, das, immer wieder auf das richtige Mali
zuruckgefuhrt, die deutsche Kraft und Tiefe zu Anmut und Geschmack veredelt
hat? Wenn wir uns so abschlossen, wie es Englander, Franzosen, Italiener bis
heutigentags getan, dann waren heute wir die Besiegten und nicht die Sieger.
Ja, wir brauchen die italienische Oper, wie wir alles Fremde brauchen. Wir
braucben diesen Einschlag, diese FSrbung, diesen Ton, gaben sie auch nur eine
dunkle Linie in dem herrlichen Spektrum, das der weitgespannte Regenbogen
deutscher Kultur bietet, der nach dem Kriegsgewitter reinste Luft und erquicktes
Aufbluhen alles Lebens verheifit. Aber sind die Linien so dunkel? Es gibt nur
zwei Hauptvolker fur die Musik: die Deutscben und die Italiener. Mag man
Donizetti, Bellini, Rossini, Verdi, Mascagni, Leoncavallo, Wolf-Ferrari werten, wie
man will, den einen Komponisten oder das andere Werk begnadigen — man kann
sie nicht entbebren. Aus dem dichten Laub der italienischen Musik leuchten so
viele Goldapfel hervor, dafi man immer wieder danach greifen mull . . . Das Publikum
will aber nicht blofi hin und wieder von einem toten Italiener horen, es will auch
immer wieder Neues zu horen bekommen, und wenn heute eine neue ,Cavalleria
rusticana' kame — kame sie nur! — ich mfifite sie bringen. Wir haben in erster
Reibe Werke aufzufuhren, die ,mit Bedeutung auch gefallig' sind. Wir mussen
ferner Werke bringen, die nur bedeutend sind. Wir mussen aber auch Werke vor-
fuhren, die blofi gefallig sind. Und wir mussen namentlich das Neue bringen, wenn es
Wirkung verspricht. Ob das Neue von Wert, die Wirkung von Dauer ist, dafi weifi
weder Direktor, noch Publikum, nocb die Kritik. Machen wir doch taglich die Erfabrung,
wie verganglich das Ewige ist, und wie dauernd das Vergangliche oder das, was eben
ewig, was verganglich geschienen . . . Ich glaube deutsch zu sein, wenn ich in der
Betreuung der Kunst an dem Weltburgertum deutschen Volkswesens festhalte, fur
das uns Goethe und Schiller erzogen haben." Willy Renz
BESPRECHUNGEN
bOcher
309. Hugo Goldschmidt: DieMusikasthetik
des 18. Jahrhunderts und ihre Be-
ziebungen zu seincm Kunstschaffen.
Verlag: Rascher & Co., Zurich und Leipzig
1915. (Mk. 11.—.)
In der Vorrede zu seiner „Musikastbetik des
18. Jahrhunderts" sagt Goldschmidt, er babe
diese Arbeit unternommen, um n die Beziehungen
zu weisen, die zwischen dem allgemeinen Geistes-
leben jener Zeit und der SchafFensweise der
Meister bestanden". Diese Cbarakteristik durch
den Autor lafit jedoch von dem Bucbe etwas
wesentlich anderes erwarten, als was es in
Wirklicbkeit ist. Nicht das allgemeine Geistes-
leben der Zeit ist es, womit Goldschmidt die
SchafFensweise der Meister in Beziehung setzt —
abgeseben von einigen gelegentlich eingestreuten
Bemerkungen — , sondern die Musiklsthetik;
erst auf dem Umwege fiber diese kann man
sich wenigstens mittelbar eine Vorstellung davon
machen, welcber Art der Zusammenhang ist,
der zwischen der allgemeinen Kultur und den
musikaliscben Kompositionen bestanden hat.
Dieser Umweg aber ist nicht sehr glficklich
gewihit. Gewifi, sowobl der Komponist als auch
der Asthetiker wird von den Kulturstromungen
seiner Zeit beeinfluftt; aber die Einwirkung auf
den Komponisten geschieht vorwiegend geffibls-
mafiig und daber relativ unmittelbar und scbnell,
die Einwirkung auf den Asthetiker hingegen vor-
wiegend durch den Intellekt, daber bewufit und
relativ langsam. Das ist einer der Grfinde daffir,
dafi im allgemeinen in der Kunst die Theorie
hinter der Praxis einberhinkt, ist aucb ein Grund
dafur, daft die Musikasthetik nicbt den Einfluli
auf die Beschaffenheit der Kompositionen be-
sitzt, dessen Erorterung Goldschmidt zur Grund-
lage seines Buches hat machen wollen.
Es muft in der Tat mit Nachdruck hervor-
gehoben werden und ergibt sich auch aus vielen
Stellen von Goldschmidts Buch aufs neue, daft
mit ganz verschwindenden Ausnahmen die Musik-
asthetik von den Wcrken der Komponisten be-
einfluBt worden ist, und nicbt umgekehrt. Ein
erheblicher Teil des Buches beschaftigt sich
denn auch damit, zu zeigen, wie einige namhafte
Asthetiker durch Gluck beeinftuftt worden sind.
Durch das Streben, musikalische Eigentfimlich-
keitenaufdieWirkungasthetiscberAnschauungen
zurfickzuffihren, wird Goldschmidt zuweilen zu
tatsachlichen Unrichtigkeiten verfuhrt. So be-
hauptet er gleich zu Anfang (S. 9) und spater
(S. 196, 222), daft die Ansicht, die Musik erzeuge
im Horer Realaffekte, zu der Forderung gefuhrt
babe, daft ein musikalischer Satz nur einen
einzigen Affekt enthalten dfirfe; erst am Ende
des 18. Jahrhunderts sei die Einsicht in die
Scheinhaftigkeit der asthetischen Gefuhle ge-
wonnen worden und habe dann diese Bedenken
beseitigt. Goldschmidt ubersieht dabet, daft die
Realitat eines Affektes nicht dessen Unverander-
lichkeit zur Folge hat, und daft eine solche
Folgerung auch im 18. Jahrhundert nur in ganz
vereinzelten Fallen gezogen worden ist; aber
abgesehen biervon, hat sich schon fast ein halbes
Jahrhundert vor dem Zeitpunkt, den Goldschmidt
Stfickes geradezu als formgebendes Prinzip fur
den Sonatensatz eingeburgert, insbesondere in
den Werken der Mannheimer Schule (Stamitz,
Franz Xaver Richter u. a. m.). Allerdings will
Goldschmidt hierin nur ein formales Prinzip
sehen, das von dem Geffihlsausdruck der Kom-
position nicht bedingt sei.
Es muft bei der Beurteilung des neuen Buches
von Goldschmidt uberhaupt scharf unterschieden
werden, was er an Tatsachlichem mitteilt, und
was er fiber dieses Tatsachliche personlich
auftert. Was das Tatsichliche betrifft, so sagt
er selbst, daft er Vollstandigkeit des von ihm
zusammengetragenen Materials nicht angestrebt
hat; dennoch vermiftt man kaum etwas von er-
heblicher Wichtigkeit. Nur bei den Nicht-
musikern, die sich fiber Musikasthetik geauQert
haben, wird man sich wundern, Lessing und
Goethe nur nebenbei erwahnt zu flnden, dagegen
Schillers bei einer einzigen Gelegenbeit (in dem
Aufsatz „0ber Matthissons Gedichte") nur neben-
bei geauQerte Ansicbten fiber Musikasthetik breit
besprochen zu sehen, obwohl sie augenscheinlich
nicht einem engen personlichen Verhaitnis zur
Tonkunst ihre Entstehung verdanken. Einen
viel grofieren Anspruch auf ausffibrliche Er-
wahnung batten Goetbes zahlreiche Bemerkungen
fiber den Gegenstand gehabt, ganz besonders
aber Lessings mit gewohnter Pragnanz formulierte
Aufierungen (im 51. Literaturbrief und in der
„Hamburgischen Dramaturgic", XXVI. Stuck ff.).
Ebenso befremdet die Erklarung, daft dieses
Buch vor Kant haltmache. Kant gehort chrono-
logisch durchaus in die Epocbe, welche Gold-
schmidts Buch umfafit, und es ist kein Grund
einzusehen, warum er fehlt, wenn z. B. Heyden-
reich besprochen wird, der zum Teil auf Kant fufit.
Um eine moglichst ungetrfibte Vorstellung
von den_ Ansichten der verschiedenen ange-
ffibrten Asthetiker zu geben, lafit Goldschmidt
sie moglichst viel mit ihren eigenen Worten
sprechen. Diese Teile des Goldschmidtschen
Buches sind die unbestreitbar wertvollen, ver-
moge deren es auch einen der Zwecke erfullt,
die der Verfasser bei seiner Arbeit im Auge
gehabt hat: fur die kfinftigen Biographen Glucks
und Mozarts eine Vorarbeit zu liefern.
Weniger unanfecbtbar ist Goldschmidts Art,
seine Autoren zu interpretieren. Er ffihlt sich
denn auch veranlafit, zu Beginn seiner Arbeit
seine eigenen asthetischen Anschauungen in
einer ausfuhrlichen Vorrede zu entwickeln und
dabet zu erklaren, daft er sich der Gefahr be-
wuftt gewesen sei, diese seine eigenen Anschau-
ungen auch in den Ansichten der anderen
wiederzuerkennen. Dieser Gefahr ist er in der
Tat in bedeutendem Mafte zum Opfer gefallen.
Ich habe den Eindruck, daft hieran ein metho-
discher Febler zum groften Teile die Schuld
tragt. Den als Asthetiker dilettierenden Kunstlern
des 18. Jahrhunderts fehlte fast allgemein die
Scharfe der Diktion und der Begriffsbildung, an
die wir uns in den letztenjahrzehnten allmahlich
gewohnt haben, und das gleiche flnden wir bei
so manchem Pbilosophen jener Zeit. Man geht
deshalb fast immer fehl und stofit auf Wider-
sprfiche, wenn man in den Scbriften dieser
Autoren alles streng wortlich nimmt und den
aiitAr auf HittcA /\Har iama Anftapnno ^CStlCPt
188
DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
die nur so ungefahr dem entspricht, was er
sagen wollte. Man muB vielmehr, obne allzusehr
am Worte zu hSngen, den Gedankengang der
Verfasser als Ganzes zu erkennen suchen, und
von diesem Gedankengang aus fur die einzelnen
mehrdeutigen AuBerungen eine solche Auffassung
zu finden trachten, daB sie mit dem Gedanken-
gang in Ubereinstimmung stehen. Dies tut
Goldschmidt nicht. Ein Beispiel fur viele:
Hiller erkiart (S. 135), daft die Vokalmusik
sich an die naturliche Affektensprache anlehne,
aber sie „stylisiere". Aus diesem einen Wort
schlieBt Goldschmidt schlankweg: „Was Hiller
stylisieren nennt, ist nicbts anderes, als die
Statuierung freien kiinstlerischen Schaffens."
Ich kann aus dieser Stelle, verbunden mit der
Stelle S. 525 ff. der von Goldschmidt zitierten
„Abhandlung von der Nachahmung der Natur
in der Musik" in Marpurgs „Historisch-kritischen
BeytrSgen" (1754) nur herauslesen, daB Hiller
in der musikalischen Komposition eines Affekts
nicht eine mechaniscbe Reproduktion des im
Affekt angewandten Tonfalls zu sehen wunscht,
sondern dem Komponisten gestattet, gemifl den
Moglichkeiten musikalischer Notierung davon
abzuweichen. Von derartigen etwas gewalt-
samen Deutungen wimmelt es in Goldschmidts
Buch. Man kann sie nicht geradezu als Ent-
stellungen bezeichnen; aber ihre konsequente
Anwendung von einem bestimmten Standpunkte
aus fuhrt schlieBlich zu einer Verschiebung des
Gesamtbildes in einer Richtung, die durch
Goldschmidts personliche asthetische Anschau-
ung bestimmt ist.
Wenn ich dies im einzelnen nachweisen
wollte, so hieBe das, Goldschmidts Buch von
einem anderenStandpunkte noch einmal schreiben.
Ebenso ist es unmoglich, hier seine Asthetik zu
erliiutern, zumal sie keinen geschlossenen Auf-
bau hat und zu inneren Widerspriichen fuhrt.
In einer Einleitung von 32 Seiten setzt er sie
knapp auseinander. Die Grundlage des musi-
kalischen Genusses ist ibm, in Anlehnung an
Hanslick, das Sinnlich-Schone; die gefiihls-
maBige Musik tritt als hohere Stufe hinzu, ist
aber an die Voraussetzung des Sinnlich-Schonen
ausnahmslos gebunden. Diese Auffassung wird
charakterisiert durch die Behauptung, daB die
groBe Mehrzahl der Werke Bachs, ein groBer
Teil der Symphonieen der Mannheimer und
Wiener Schule nur als Sinnlich-Schones, nur
durch anschauliches Vorstellen zu genieBen i
seien. Allerdings erklSrt Goldschmidt spater
(S. 21): w Glucklicherweise gibt es aber keine
Instrumentalmusik, die nicht ubcrwiegend ge-
fiihlsmaBig erfaBt wurde", und weiterhin (S. 25)
wieder: „Ein groBer Teil der instrumentalen
und konzertierenden Musik. beansprucht nichts j
anderes, als eben durchs Ohr wahrgenommen !
zuwerdenundist,intuitivangeschauteSchdnbeit'. u
Den groBten Nachdruck legt Goldschmidt darauf,
zu betonen, daB die Gefuhle, welche der Kom-
ponist in seinem Werk ausdruckt und welche |
im Zuhorer beim Anhoren des Werkes erwekt
werden, keine Realgefuhle sind, sondern Schein-
gefiihle. i
DemgemaB erscheint in Goldschmidts Augen |
als das Ergebnis, auf welches der Kampf der
Meinungen im 18. Jahrbundert lossteuerte, die
Uberwindung der Affektenlehre durch die Er- ,
kenntnis von derScheinhaftigkeit der Ssthetischen
Gefuhle, und des Sinnlich-Schonen als Voraus-
setzung jeder kiinstlerischen musikalischen
Wirkung. Er Gbersieht, daB dieser Sieg weder
ein unbeschrankter, noch ein dauernder war;
obwohl er an einigen Stellen diese Tatsache
streift, geht er doch an den entscheidenden
Stellen an ihr voriiber, dort, wo er versucht,
die groBen Linien der Entwickelung zu kenn-
zeichnen. In meinen Augen ergibt die Betrachtung
der Meinungsverschiedenheiten, von welchen das
Goldschmidtsche Buch handelt, ein ganz anderes
Bild. An einer Stelle (S. 238) spricht Goldschmidt
selbst von dem „nie ruhenden Konflikt des
Emotionalismus und des Formalismus". Dazu
kann man in bezug auf die Vokalkomposition
noch sprechen von dem Konflikt zwischen einer
moglichst getreuen Wiedergabe des Tonfalls der
natiirlichen Sprache in der Musik und dem Auf-
gehen der natiirlichen Deklamation in der ab-
solut-musikalischen Melodie. In meinen Augen
erbringt Goldschmidts Buch den Beweis, daB
dieselben Gegensatz*, die heute bestehen, die
zu Wagners, Webers Zeit vorhanden gewesen
sind, auch im 18. Jahrhundert bestanden haben,
wenn auch teilweise in anderer Formulierung.
Wir haben es hier offenbar mit Gegensatzen zu
tun, die in jedem kunstlerisch empfindenden
Individuum miteinander in Streit liegen, und von
denen je nach dessen personlicher Anlage und
Bildung bald der eine, bald der andere die
Oberhand behalt, wenn nicht beide sich einiger-
maBen die Wage halten und eine Art von In-
differentismus hervorbringen. Im Gegensatz zu
Goldschmidt, welcher die isthetiscben An-
schauungen des 18. Jahrhunderts fur Lehren
halt, „die lingst eines natiirlichen Todes ge-
storben sind", finde ich in denjenigen Teilen
seines Buches, die Tatsachliches enthalten, eine
Bestatigung fur eine Ansicht, die sich mir bei
der historischen Betrachtung der Kiinste immer
starker aufdriingt, namlich dafur, daB es in
kiinstlerischen Dingen gewisse Meinungs-
verschiedenheiten gibt, die niemals zu existieren
aufhoren. Wenn sie auch zuweilen eine Zeitlang
in der einen oder der anderen Richtung ent-
schieden zu sein scheinen, so lebt doch der
Gegensatz immer wieder auf. Die Schlusse,
die sich hieraus Ziehen lassen, des naheren zu
erlautern, ist hier nicht der Ort.
Im einzelnen ware noch zu sagen, daB Gold-
schmidts Buch hie und da Behauptungen ent-
halt, die objektiv unrichtig oder doch stark
anfechtbar sind. So behauptet Goldschmidt
(S. 208), es sei ein Irrtum, „daB die Verarbeitung
der musikalischen Gedanken eine Sache der
,Kunst' im Sinne einer intellektuellen T9tigkeit
und von der eigentlichen Erfindung als AusfluB
der Phantasie zu trennen sei." Ein Blick etwa
in Beethovens Skizzenbucher widerlegt diese
Ansicht. Ebenso unrichtig ist die Behauptung
(S. 265), Wagner habe gemeint, „in seinem
Musikdrama eine Formel gefunden zu haben,
die von nun an alien Schaffenden die Werkstatt
der Oper ofmen und alien verbindlich sein
sollte"; gerade das Gegenteil ist der Fall. Ich
verweise auf die Zusammenstellung der Beleg-
stellen bei Chamberlain, „Richard Wagner"
S. 273 f. Die Zahl dieser Beispiele lieQe sich
bedeutend vermehren.
BESPRECHUNGEN (BUCHER)
189
Mit seiner „Musik5sthetik des 18.Jahrhunderts"
hat sich der geschatzte Verfasser der „Studien
zur Gescbichte der italienischen Oper im 17.Jahr-
bundert", der„Lebre von der vokalen Ornamentik"
und mancberanderendamitzusammenhangenden
Arbeiten aufein Gebiet begeben, das ihm zweifel-
los verhaltnismaflig fern liegt; wer jedoch mit
der Materie genugend vertraut ist, urn das Sub-
jektive von dem Objektiven scheiden zu konnen,
wird in dem neuen Buche von Goldschmidt
manche tatsacblicbe Bereicherung seines Wissens
flnden. Rudolf Cahn-Speyer
310. Olga Cassius: Die Erziehung der
Stimme und Atmung durch Artikula-
tion der Konsonanten und Biegung
der Vokale. Verlag: Georg Plothow,
Charlottenburg 1913.
Stimmkranke Schuler, deren Stimmen in kurzer
Zeit wieder dauernd funktionsfahig zu macben der
Verfasserin gelang, baben sie — wie sie im Vor-
wort sagt — angeregt, vorliegende kleine Schrift
berauszugeben. Es wird jabraus, jahrein so vie)
Stimmaterial von unfahigen oder gewissenlosen
Lebrern verwustet und in Grund und Boden
ruiniert, dad jeder, der mit gutem Gewissen
sagen kann: Ich babe eine kranke Stimme ge-
heilt, eigentlicb von Staats wegen mit einer
Rettungsmedaille fur Kunst und Wissenschaft
ausgezeichnet werden muftte. Denn eine edle
Tat verdient edlen Lohn. Wenn ich mich nun
trotzdem gegen die Verfasserin wende, deren
Erfolge ich nicbt in Zweifel ziebe, so gescbieht
dies zu ihrem eigenen Besten: sie vor dem
Schaden zu bewahren, ihre Stimmerziehung,
deren Heilwirkung sie wohl zur Genuge erprobt
baben wird, als eine Panacee zu betrachten, und
ich mocbte ihr darum das Wort Virchows vor
Augen halten, das er seinen Schulern immer
wieder ins Herz gelegt hat: es gibt keine Krank-
heiten, esgibt nur kranke Menschen! Und darum
kann es auch keine Patentmedizin geben, die
alien und immer hilft. Mag die Methode eines
Heilungsprozesses noch so oft erprobt sein, es
kommt der Patient, der alle Regeln uber den
Haufen wirft und uns zwingt, das scheinbar so
fest gefugte nochmals von Grund aus aufzubauen.
Wenn es noch gar auf dem Titelblatte beiQt:
eine wissenschaftlich begrundete Methodik der
Stimmerziehung, so haben wir nicht nur das
Recbt, sondern auch die Pflicht, nachzuprufen,
ob das da zu Recht steht. Die Verfasserin
geht von folgendem Gesichtspunkt aus: „Da
Stimmbildung Muskelerziehung ist, redet die
Natur und der Mecbanismus unseres Stimm-
apparates dem Beginn der Stimmerziehung durch
Konsonantenubungen" — anstatt Vokalubungen
— „selbst das Wort." Der Nutzen der Muskel-
erziehung zu energischer Konsonantenbildung
kann doch nur bei Stimmschwachen in Frage
kommen; aber bei gesunden Stimmen? Und
haben denn die Muskeln des Artikulations-
apparates bei der Bildung der Vokale keine
Arbeit zu leisten? Allerdings ist sie da passiver
Art — anstatt Spannung Entspannung — aber
beim Gesangsstudium ist gerade diese passive
Arbeitsleistung die Hauptsache; denn die meisten
Stimmkrankheiten entstehen eben durch eine
falscbe Arbeit der Muskulatur des Schlundes
und des Keblkopfes, und da ist das einzige
Heilmittel : alle verkehrte Muskelarbeit durch
Entspannen zu beseitigen. Fur Stimmschwache
mit kraftloser Muskelarbeit beim Artikulieren
der Konsonanten, da, aber nur da, ist der Weg
der Verfasserin der richtige. Ich habe ihre
Vorschriften langere Zeit ausprobiert, aber sie
recht schwierig und unbequem gefunden. Man
versuche nach der Vorschrift: „Die Zungen-
ruckenkonsonanten" (g, k, j, ch) „sind durch
einen VerschluB zu artikulieren, den der Zungen-
muskel ausfuhrt, indem er den Zungenrucken
bei hochgedffnetem Munde gegen den harten
Gaumen druckt, wahrend die Zungenspitze an
den Wurzeln der unteren Schneidezahne fixiert
bleibt. Nach der Artikulation sinkt die Zunge
wieder in den Grund des Mundes unter dem
harten Gaumen." Nebenbei verlangt nicht das
K den kraftigsten VerschluB an der ganzen
Lange des harten Gaumens, sondern das G,
wenn es wirklich energisch gesprochen werden
soil. Die Richtigkeit der Behauptung: „Eine be-
sondere Stellung nimmt hier das R ein, bei dessen
Artikulation sich die Stimmbander in demselben
Tempo offnen und schliefien, als der Konsonant-
verschluli im Vokalraum sich vollzieht," wurde
mir von einem bekannten Physiologen unter
starkem Protest als absolut falsch bezeichnet.
Ganz ubel ist aber die Darstellung des Atmungs-
vorganges: „Die Lungen saugen" — sic! — „auf
dem durch den Mund offenen Wege die Luft ein,
debnen sich aus und regen dadurch [!] das Zwerch-
fell, welches ihnen als elastischer Boden dient,
an, sich zu kontrahieren, indem es sich abflacht."
An einer anderen Stelle heilit es: „Gesetzt, dalJ
die Schulkinder bei einem Tempo, welches 116
der Metronomskala angibt, in einer Minute
116mal ein- und ausatmen, in fiinf Minuten
580 mal, und sie diese Ubung zehn Jahre hin-
durch jeden Schultag zweimal funf Minuten lang
zu machen hatten, wie muftte sich ihre Atmung
entwickelt haben, wenn sie die Schule verlassen!
Und dieser Atmung haftet nichts Kiinstliches,
Unnatiirliches an; denn sie erzieht sich von
selbst." Geschwindigkeit ist keine Hexerei; aber
ist denn Geschwindigkeit im Wechsel des Aus-
und Einatmens das hochste der Ziele, und —
verzeihen Sie die harte Frage — wo im Kunst-
gesang lafit sich diese anwenden ? Der Gesundung
und Starkung der Lungen dient langsames Tief-
atmen, da dadurch den Lungen eine grofiere Luft-
menge, also mehr Sauerstoff, zugefuhrt wird. Das
rasche oberflachliche Atmen ist vielmehrgesund-
heitsschadlich, wie es unfreiwillig geschehend ja
auch ein Zeichen von Schwache oder Entzundung
der Atmungswege ist. — Ganz besondere Liebe
zeigt die Verfasserin dem Ausdruck „Biegung
der Vokale". Die Erklarung dazu lautet: „Die
gesunde Stimme biegt beim Sprechen bestandig
hin und her, gewohnlich innerhalb einer Oktave
eine Quinte aufwarts und eine Quarte abwarts.
In beiden Ricbtungen bewegt sie sich mit Leich-
tigkeit durch alle drei Register. Dagegen hat die
kranke Stimme oft selbst nach vorangegangenem
fleidigen Konsonantenstudium hier noch sebr zu
kampfen. Ihr kommen die stimmhaften Konso-
nanten zu Hilfe, besonders das Zungenspitzen-R,
in dem sich der Registerwechsel am leichtesten
vollzieht. Das Zungenspitzen-R ist daher auch
aus diesem Grunde zu erstreben und fleiftig zu
iiben. Zur Biegung setzt die Stimme auf dem
ihr beauemsten Brustton ein. zuerst mit R und
190
DIE MUSIK XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
spater mit Glottisschlag auf O und den anderen
Vokalen; sie gleitet abwarts nach dem Punkt
oder aufwarts nach dem Fragezeichen. Gelingt
beides, ist die Stimme auch auf gleicber Ton-
hone durch die Register zu biegen. Je elastiscber
die Stimmbandmuskulatur arbeitet, desto lang-
samer laufen die Biegungen ab, und der Atem
scheint kein Ende nehmen zu wollen." Ich
mufi zu meiner Schande gestehen, dad ich den
Nutzen dieses Prinzips nicht einzusehen vermag,
furchte vielmehr, dafl dem Schuler dadurch ein
fortwahrendes Herauf- und Herunterschmieren
der Vokale leicht zur ublen Angewohnheit werden
kann. So guten Nutzen der Erziehungsweg der
Verfasserin manchem Stimmkranken bringen
wird, ihr Buch ist die Verallgemeinerung eines
an sich richtigen Prinzips, das aber in der Hand
eines kritiklos Lernwutigen zu einer wahren
Gefahr werden kann. Und das ware ein Erfolg,
den die Verfasserin wohl selbst am meisten be-
dauern wurde. Hjalmar Arlberg
311. Richard Wagner: Das Judentum in
derMusik; Zukunftsmusik; Uber das
Dirigieren. Verlag: Breitkopf & Hirtel,
Leipzig 1914. (je Mk. —.50.)
Die Wagnerschen Schriften erscheinen hier
in kleinen Einzelausgaben, im Satz und Format
der sogenannten Volksausgabe der Gesammelten
Schriften, bequem und handlich und vor allem
auch vortrefflich erlautert. Sternfeld schrieb
kurze Einleitungen und Anmerkungen, die in
gedrangter Fassung dem Leser die zum Ver-
standnis notwendigen Voraussetzungen gewahren.
Die Wagnerschen Schriften sind ganz aus der
Stimmung des Augenblicks hervorgegangen, sie
sind voll von Anspielungen auf Zeitumstande,
die unserem Gedachtnis langst entschwanden.
Hier hat die ErlSuterung eine dankbare Aufgabe,
deren sich Sternfeld mit griindlichem Wissen
und in knappster Form entledigt. Der Leser
wird nirgends mit Gberflussiger Gelehrsamkeit
beschwert, aber auch nirgends im Stich gelassen,
wo er des Fuhrers bedarf. Vielleicht wire
beim „Judentum" die Aufnahme der ab-
weichenden Lesarten des Erstdruckes, die ge-
rade in einer Sonderausgabe zur Erganzung der
Gesammelten Schriften wohl untergebracht
werden konnten, nutzlich gewesen.
Wolfgang Golther
MUSIKALIEN
312. Kugen Hildach: Zwei Gesange. op. 34,
2 und op. 35. Heinrichshofen's Verlag,
Magdeburg. (Mk. 1.— , bez. Mk. 1.20.)
„Landwehrmanns Abschied" ist ein ganz
schlichtes, von choralahnlicher Feierlichkeit er-
fulltes Lied, dessen eindringlicbe Weise ihm
einen tiefen Eindruck sichert. Bewegter ist
Hildachs Tonsprache, die allenthalben den guten
Musiker und kundigen Sanger verrat, in dem
„Gebet fur den Kaiser". Hier ist die Steigerung
des Ausdrucks im AnschluB an die drei Strophen
des Gedichts ebenso folgerichtig wie musikalisch
schon gelungen. Die beiden Gesange seien
aufrichtig empfohlen.
313. Adolf Stubing: „Hindenburg-Marsch
mit dem Hindenburg-Lied." Musik-
verlag: Fritz Baselt, Frankfurt a. M.
Der Marsch ist feurig und kraftig und klingt
leicht ins Ohr, das Trio („Hindenburg-Lied") muB
aber schon urn des nichtssagenden, fast albernen
Textes willen abgelehnt werden. Solche „Verse"
(die ubrigens, wie mir scheint, der Weise unter-
gelegt sind) sind geeignet, der Abneigung ge-
wisser Kreise gegen unsere ganze zeitgemaBe
Kriegskunst eine Berechtigung zu geben, und
mussen schon deshalb ruckhaltlos getadelt werden.
314. P. Sippel: „Die Freundesbanner."
Einstimmiges Chorlied mit einem
Vorspiel und Weihespruch. Verlag:
Jos. C. Huber, DieBen vor Munchen.
(Mk. 1.20.)
Die marschartige, instrumental gedachte Ein-
leitung dieses fur Feiern von Schulen und Ver-
einen bestimmten Musikstucks ist, wenn auch
nicht bedeutend, so doch nicht ohne Spannung
und Kraft. Der vom selben Verfasser „ge-
dichtete" Weihespruch, der nun gesprocben
werden soil, ist allerdings nicht mehr als wort-
drobnende Versmacherei, aber das anschliefiende
Lied ist nicht ubel. Nun eine Frage: Warum
heiBt das mit mit der deutschen, osterreichischen
und turkischen Fahne auf dem Titel geschmuckte
Tonstuck „Die Freundesbanner", da doch nur
vom schwarzweiBroten die Rede ist?
315. Kurt Johnen: n Das war der Sturm".
Fur eine Singstimme mit Klavier-,
Orgel- oder Harmoniumbegleitung.
Verlag: Melodia, Berlin. (Mk. 1. — .)
Trotz seines geringen Urn fangs ist dieses Ton-
stuck von einem groBen Hauch durchwebt, der
ibm einen Platz uber den Durchschnittserzeug-
nissen anweist. Auch im Aufbau und in
der technischen Ausfuhrung verrat das Werk
eine entschiedene Begabung. Als ernst-festlicbe
Hymne, die sich am Schlufi zum ahnungsvollen
Psalm der SiegesgewiBheit erhebt, wird das
Lied seinen Eindruck nicht verfehlen.
316. Alexander Bartusch: „Unsere Ma-
rine". Fur eine Singstimme mit
Klavierbegleitung. Heinrichshofen' s
Verlag, Magdeburg. (Mk. 1.—.)
Die volksmSBige Wirkung dieses frischen
und feurigen Liedes durfte sehr dadurch be-
eintrachtigt werden, daB der Tonsetzer in dem
Bestreben, genau zu deklamieren, nicht weniger
als achtmal die Taktart wechselt, Beweis genug,
daB seine Weise die unmittelbare Einheitlichkeit
entbehrt, die gerade beim Strophenlied so notig
ist. Doch lebt in dem Tonstuck eine trotzige
fanfarenschmetternde Kraft, die bei gutem Vor-
trag den Eindruck nicht verfehlen wird. Der
Refrain erinnert stark an den des bekannten
Studentenliedes „Ergo bibamus".
317. Reinhold Lichey: „Soldatenabschied".
Lied fur Gesang und Klavier. Verlag:
Gebruder Reinecke, Leipzig. (Mk. — .60.)
Dieses sehr gelungene Tonstuck erbringt den
Beweis dafur, daB eine wohlerfundene, aus
der Gesamtstimmung eines Gedichts heraus
geborene Melodie fur jede Strophe, desselben
paBt und hochstens ganz geringer Anderungen
und Vortragsabtonungen bedarf. Man darf
dieses Lied unbedenklich empfehlen.
318. Ignaz Neumark: Zwei polnische
Miniaturen fur Klavier. Verlag:
Wilhelm Hansen, Kopenhagen und Leipzig.
(Mk. 1.50.)
Das klangschone, melodisch-reizvolle „Pra-
ludiurn" erinnert im guten Sinne an Chopin,
BESPRECHUNGEN (MUS1KALIEN)
191
und in der „Mazurka" steckt Feuer und Schwung.
Schiiler und Dilettanten von mittlerer Fertigkeit
werden die beiden geschickt gesetzten Kleinig-
keiten mit Vergnugen spielen.
319. E. Hornemann: „Konig der Konige".
Fur Klavier. Verlag: Ebenda. (Mk. 4. — .)
Eine uberaus sangbare, feierliclie Weise,
deren SchlutJ die bekannte Handelsche Ton-
wiederholung aufweist, wird in verschiedener
Starke und Bewegung dreimal wiederholt, ahn-
licb dem volkstumlichen „Niederlandischen
Dankgebet", nur dad Hornemann die zarte
Strophe in die Mitte stellt. Wenn es gelange,
seiner edlen und kraftigen Weise die rechten
Worte unterzulegen, durfte man ihr eine noch
starkere Wirkung voraussagen, als sie in der
vorliegenden Klavierbearbeitung schon haben
wird, deren Leichtigkeit der Verbreitung nur
forderlich sein kann.
320. Emil Sulzbach: „Gebet" fur Violon-
cello mit Begleitung des Pianoforte
oder der Orgel. (op. 37, 2b) Musikverlag
Fritz Baselt, Frankfurt a. M. (Mk. 1.— .)
Bei dem offenkundigen Mangel an leichten
und doch wirksamen Einzelstikken fur Cello
wird das vorliegende Werkchen vielen Lehrern
und Schulern willkommen sein. Eine klare,
grolilinige Melodie in A-dur wird durch einen
zarten und innigen Zwischensatz in F harmonisch
wohl scbattiert und gedanklicb so gut fortgebildet,
dad die auf der enharmonischen Verwechslung
Des-Cis wieder eintretende Weise einen be-
friedigenden Abschluft herbeifiihrt. Das dank-
bare, von Hugo Schlemuller bearbeitete und
mit Fingersatz versehene Tonstuck sei seiner ehr-
lichen Einfachheit wegen besonders empfohlen.
321. Benno Pulvermacher: „Kaiserlied a .
Verlag: C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig.
Wie die Verse von Carl Leiberfeld ungekunstelt
und herzlich singen, so ist auch die Weise. Ein
Strophenlied von echter Volkstumlichkeit haben
wir hier vor uns, das wegen seiner leichten Fatt-
lichkeit besonders in den Schulen Eingang finden
sollte.
322. Ludolf Nielsen: „Schlummert sanft
in beilger Ruh\" Fur Gesang mit
Streichorchester und Harfe. op. 33.
Verlag: Wilhelm Hansen, (Copenhagen und
Leipzig. (Mk. 3. — .)
Das ernste, vom Welken und Sterben
sprechende Gedicht hat eine durchaus ent-
sprechende Vertonunggefunden; denn die choral-
artig gegliederte eindringliche Gesangsweise
haftet rasch im Ohr und wird der triiben Stim-
mung des Ganzen auch insofern gerecht, als
sie sich niemals fiber die Begleitstimmen erhebt,
sondern sogar oft unter deren Tonhohe zurfick-
bleibt. Die Singstimme wird an einzelnen Stellen
durch die Solovioline bzw. Bratsche im Unisono
verstarkt, was bei der auffallend ausgiebigen
Besetzung des Streichorchesters unbedingt er-
forderlich war. Ich verspreche mir von dem
kurzen, aber an Empflndung und Ausdrucks-
kraft reichen Tonstuck eine tiefgehende Wirkung.
323. Ludwig van Beethoven: Ecossaisen,
frei bearbeitet von Edmund Parlow. Ver-
lag: Ebenda. (Mk. —.60.)
Dieses durcb die sich oft wiederbolende End-
melodie jeder Periode gekennzeichnete Werk
des groQen Tonmeisters ist durch die vorliegende
geschickte und vorsicbtige Bearbeitung aus einem
Virtuosenstuck zu einem Stuck fur den Haus-
gebrauch gemacht worden, was an sich gewifi
nur erfreulich ist. Freilich bleibt die grund-
satzliche Frage unentschieden, ob solche Be-
arbeitungen von Meisterwerken erlaubt sind
oder nicht. Wer nicht engherzig ist, wird jede
Bearbeitung willkommen heifien, die geeignet
ist, ein Meisterwerk unter Wahrung seines
wesentlichen Inhaltes den weitesten Kreisen
zuganglich zu machen, wie das im vorliegenden
Falle zutrifft.
324. „Wir treten zum Beten." Bearbeitet
von Julius Rontgen. Verlag: Breitkopf &
Hartel, Leipzig.
Das einzig Bemerkenswerte an diesem JBlatt
ist die Zeichnung von B. Heroux. Die Uber-
tragung des Textes, die Karl Budde verfafit hat,
ist weder sprachlich so schon, noch musikalisch
so brauchbar wie die altgewohnte Fassung.
325. Gustav Lazarus: „Jugendfreuden."
Funf ganz leichteVortragsstucke fur
Klavier. op. 168. Verlag: Wilhelm Hansen,
Kopenhagen und Leipzig.
Der Lehrer, der diese Stucke als Belohnung
des FleiQes zwischen Skalen und Fingerubungen
einschaltet, wird bei seinen Anfangern sicherlich
grofie Freude damit anricbten und sie fast spielend
zu den AnfSngen der Vortragskunst hinleiten;
denn so leicht die Lazarusschen Kleinigkeiten
auch sind, so sehr gewinnen sie durch saubere,
in Anschlag und Dynamik wohlabgerundete
Wiedergabe. Als besonders hubsch seien
„Puppenball a und „Menuett" hervorgeboben.
326. Fini Henriques: »Das Spinnradcben."
Fur Klavier. Verlag: Ebenda.
Das Schnurren des Radcbens ist in der alten,
wohlbekannten Manier musikalisch dargestellt;
aber dazu erklingt teils in der linken, teils in
der rechten Hand eine sehr hubsche, sangreicbe
Weise, der es an landlicher Eigenart nicht
mangelt. Das Stuck sieht zwar infolge der Zwei-
unddreiBigstel-Figuren schwerer aus, als es in
Wahrheit ist, erfordert aber immerhin einige
Obung.
327. Trygve Torjussen: Norwegische Me-
lodieen. Sieben Stucke far Klavier.
op. 15. Verlag: Ebenda.
Diese Tonstucke werden alien Freunden nor-
discher Musik willkommen sein, und sie ver-
dienen, unter den Klavierspielern bekannt zu
werden; denn sie sind kurz, im Aufbau klar,
hubsch in der Erflndung und eigenartig reizvoll
im Ausdruck. Offenbar sind bier norwegische
Volksweisen mit Gliick benutzt worden. Die
Schreibweise ist ziemlich einfach, so dafl einiger-
maQen geubte Liebhaber sich mit Aussicht auf
voiles Gelingen an dieStucke heranwagen konnen.
Welche von diesen die schSnsten sind, istschwer
zu sagen. Besticht das „Brautlied" durch seine
volksmadige Heiterkeit und festliche Wurde, so
ist „Die Hirtenflote" ein kleines Kabinettstiick.
In „Schelmerei" und „Spielerei" treibt tollende
Lustigkeit anmutig ihr Wesen, und der Bauern-
tanz „Halling" verrat Kraft und rhythmische
Lebendigkeit ebenso wie eine gewisse humor-
voile Liebenswurdigkeit. Die „BaIlade" vom er-
trankten Bock ist ein Stucklein von derber Ko-
mik, und im „Klagelied" spricht sich tiefe, innige
Empflndung aus. Die Harmonik der samtlichen
192
DIE MUS1K XIV. 22: 2. AUGUSTHEFT 1915
Arbeiten ist charakteristisch, ohne durch Ab-
sonderlichkeiten aufzufallen.
328. Rud Langgard: ..Sphinx." Tongemalde
fur groBes Orchester. Verlag: Ebenda.
Das Gedicht von Viktor Rydberg, welches der
Tonsetzer seinem Werke vorangestellt hat, spricht
nicht von der Sphinx, sondern von dem Ge-
heimnis der ewigen GroBe, die sich aus uner-
grundlichen Tiefen bis zu schwindelnden Hohen
erhebt. DemgemaB darf der Horer sich von
dem Titel des Tonstucks nicht irrefuhren lassen,
sondern nur eine Musik erwarten, die den
Stimmungsgehalt der Verse auszudeuten sucht.
Dies ist aber ganz vortrefflich gelungen. Uber
einem langen, orgelpunktartigen, leisen Pauken-
wirbel auf F steigt in den Holzinstrumenten ein
feierlich ernstes Thema geheimnisvoll empor,
nach wenigen Takten durch die Horner aufge-
nomrnen und von bewegten Figuren der ge-
dampften Streichinstrumente umspielt. Ein kurzer,
in den Streichern und Holzblasern von der Hohe
zur Tiefe in ZweiunddreiBigsteln niedersinkender
Nebengedanke leitet zu dem leidenschaFtlichen
Mittelsatz uber, der den sturmischen Versuch
zu schildern scheint, mit menschlicher Kraft das
Ratsel der Urkraft zu losen. In die teils sturmen-
den, teils sehnsuchtig verlangenden Figuren des
mehrfach geteilten Streichkonzerts klingt hart
und unbeugsam das kunstvoll umgebildete Motiv
des Geheimnisses, von dunklen Holzinstrumenten
und Posaunen geblasen, hinein, worauf die Be-
wegungderStreicherallmahlichinsichzusammen-
sinkt, verzweifelnd, entsagend, obwohl ein auf-
munternder Hornruf zu neuen Versuchen zu er-
muntern scheint. Schwer, lastend, aber doch
nicht ohne versohnenden Beiklang tritt das erste
langsame ZeitmaB wieder ein, in dem das Ton-
stuck aushauchend verklingt. Das Ganze ist also
ein Werk jener Programmusik, die, im AnschluB
an eine Dichtung, des Tonsetzers Empflndungen
uns vermitteln, nicht aber Vorginge und Zu-
stSnde schildern will. Soweit es sich nach Ein-
sicht in die Partitur erkennen laRt, ist der Musiker
seiner Aufgabe durchaus gewachsen. Seine Er-
findung ist zweckentsprechend und ohrenfailig,
der Aufbau des Ganzen klar und folgerichtig,
die Instrumentation geschickt, farbenreich, aber
dabei keineswegs uberladen. In Harmonik und
Rhythmik offenbart sich der moderne Musiker.
Besonders schitzenswert erscheint mir der ent-
schieden germanischeGrundzugdieser Musik, die
natiirlich von Wagner, Richard StrauB und Grieg
nicht unbeeinflufit, aber doch voll selbstandiger
Eigenart ist. Ich zweifle nicht, daB das Werk,
welches allerdings an den Kapellmeister wie
an das Orchester keine geringen Anforderungen
stellt, bei guter Wiedergabe einen starken Ein-
druck hinterlassen wird. F. A. Geililer
KRITIK
KONZERT
HALLE a. S.: In der ernsten Zeit lieUen sich
von Solisten nur Walter und Mirny Schulze-
Prisca horen. Ihr Musizieren hat einen ganz
besonders intimen Charakter, und ich kann wohl
behaupten, dad ich den zweiten und dritten Satz
des Bachschen d-moll Konzertes noch nie so
vollendet im Zusammenspiel gehort habe. Ebenso
bereitete das Geigerpaar mit Spohrs Duo op. 67
einen seltenen GenuB. Solistisch uberragt zweifel-
los Walter Schulze-Prisca seine Gattin, was er
mit dem Vortrag von Tartini's g-moll Sonate
offenbarte, wShrend sie mit Fritz von Bose die
Kreutzer-Sonate technisch gewandt, aber doch
nicht schlackenlos spielte. — Die Robert
Franz-Singakademie zeigte unter Alfred
Rahlwes' zielbewuBter und stilsicherer Leitung,
daB aus Mendelssohns „Paulus u doch weit mehr
herauszuholen ist, als sein Vorganger uns glauben
machen wollte. Die Auffuhrung, an der sich
Elisabeth Ohlhoff, Else Cantor, Paul
Schmedes und Felix Lederer-Prina als
Solisten beteiligten, brachte es zu groBartigen
Steigerungen, da der Dirigent die schatzens-
werte Gabe besitzt, den Pulsschlag der Musik
zu fuhlen, eine Fahigkeit, die fast in noch hoherem
Grade in Brahms' „Deutschem Requiem" hervor-
trat. Das war in der Tat eine Gedachtnisfeier
fur unsere gefallenen Helden in Ost und West.
Das letzte Konzert brachte Frauenchore (op. 17)
von Brahms, deutsche Volkslieder in Brahms-
scher Fassung, und zum Gediichtnis von Robert
Franz dessen doppelchorigen 117. Psalm in vor-
zuglicber Ausfuhrung. Als Solisten wirkten mit
Else Gipser, die durch eine stilvolle Wieder-
gabe von Schumanns „Kreisleriana" sich voile
Sympathieen gewann, und Fritz Becker, der im
Verein mit der Pianistin die F-dur Sonate fur
Violoncello von Brahms (op. 99) und einige Solo-
stucke, darunter das selten zu horende Lento
aus Schumanns Konzert op. 129 vortrug. Aus
Brahms, der mit zu zarter Hand angefafit wurde,
hatte sich allerdings noch mehr herausholen
lassen - Martin Frey
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
Die Reihe unserer bildlichen Darstellungen Anton Bruckners vermebren wir heute
urn die Medaille, die im Jahre 1908 von Musikdirektor Franz Bayer in Steyr (Ober-
Osterreich), einem Schuler des Meisters, aus AnlaB des 50. Stiftungsfestes des dortigen
Mannergesangvereins „Krinzchen M zum Zweck der Verleihung an bedeutende musikalische
Personlichkeiten und Vereine gestiftet wurde. Die in Silber hergestellte Medaille ist
eine Arbeit des Prof. Leo Zimpel in Steyr.
Zur Studie „Das musikalische Wunderhorn" von Walter Niemann im vorliegenden Heft
gehort das Portrat des verdienstvollen jungen Begrunders und Inhabers des Wunderhorn-Verlags
in Munchen, Ludwig Schittler, der anfangs Marz den Heldentod gefunden hat. Seine Ver-
offentlichungen lenkten schon durch ibre auBerordentlich geschmackvollc kunstlerische Aus-
stattung die Aufmerksamkeit auf sich. (Vgl. den Nachruf von Alexander Jemnitz in der „Toten-
schau" des 2. Aprilheftes 1915.)
owstr. 107
BRUCKNER-MEDA1LLE
von Leo Zimpel
XIV
*+V
Alclkr Elisibcrh, MLinfhen, phot.
LUDWIG SCHITTLER
f Anfang M3rz 18)5
XIVL
J 22
DIE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 23 • ERSTES SEPTEMBER-HEFT
14. JAHRGANG 1914/1915
VRRLEGT BE1
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W
Die Politik hat nicht zu rachen, was gescheben ist, sondern
zu sorgen, daB es nicht wieder geschehe.
Bismarck
INHALTDES 1. SEPTEMBER-HEFTES
ERNST OTTO NODNAGEL f: Jean Louis Nicodd. Ein Kunstler-
profll
F. A. GEISSLER: Das Kriegsziel der deutschen Tonkunst
MARIE VON b0LOW: Hans von BQlows Pseudonym W.Solinger
OTTO KELLER: Anton Bruckner-Literatur (Schluil)
REVUE DER REVUEEN: Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
BESPRECHUNGEN (Bucher und Musikalien) Referenten:
Ernst Schnorr von Carolsfeld, Martin Frey, Carl Robert Blum,
F. A. GeiBler
KRITIK (Oper und Konzert): Basel, Berlin, Thun
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
KUNSTBEILAGEN: Portrats von Jean Louis Nicod6 (3 Blatt)
NACHRICHTEN: Neue Opern, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenschau, Verschiedenes
ANZEIGEN
Abonnementspreis
Wir liefern DIE MUSIK vom 14. Jahrgang ab mit Quartalsberechnung
von Mk. 4.— (bei direkter Zustellung ins Inland Mk. 5.20, ins Ausland
Mk. 6.—). Die bisherige Jabresvorausbezahlung lassen wir, um den
Abonnenten eine jetzt jedenfalls willkommene Zahlungserleichterung
zu gewabren, fur den 14. Jahrgang in Wcgfall kommen.
Verlag und Redaktion der MUSIK
JEAN LOUIS NICODE
EIN KONSTLERPROFIL
VON ERNST OTTO NODNAGEL f
Vorbemerkung der Redaktion. Fur die Reihe unserer Sonderhefte „Modeme
Tonsetzer" hatte uns Ernst Otto Nodnagel die nactastehende Studie fiber Nicode"
geliefert. Umstande verschiedener Art verhinderten uns bisher an der Veroffentlichung
dieser letzten Arbeit des im Marz 1909 verstorbenen ausgezeichneten Musikschrift-
stellers. Trotz ihres etwas fragmentarischen Charakters — Nodnagels lange Krankheit
und frfiher Tod vereitelte die ursprunglich vereinbarte Erweiterung und ErgSnzung
einzelner Abschnitte sowie die Abrundung des Ganzen — gehort Nodnagels feinsinnige,
warmherzige Wfirdigung des Nicodg'schen Schaffens zum Besten, was fiber den
Dresdner Tonsetzer gesagt worden ist, und wird aus diesem Grunde den zahlreicben
Verehrern Nicod6s sebr willkommen sein.
Es war im Jahre 1890, dem Jahr, von dem man die Bewegung so-
wohl in der deutschen Literatur — Holz, Hauptmann — wie in der
deutschen Tonkunst — „Tod und Verklarung" auf der Eisenacher
Tonkfinstlerversammlung und Wolfs lyrischer Hohepunkt — datieren muQ,
der Hermann Bahr damals bereits in seiner „Kritik der Moderne" den
Namen pragte. Ich war gerade frisch aus meines verehrten ersten Meisters
Wolfram HSnden in die Sackgasse der Koniglichen Hochschule geraten und
horte aus der Meister Munde goldene Worte wie: „Grieg?! — Grieg ist doch
kein Komponist!" oder „Ist denn die ,Prfigelszene' eine richtige Fuge?" —
In jener schonen Zeit des Sich-selbst-Findens und Freiringens fiel mir
zufallig das bedeutendste und am tiefsten packende Werk der damaligen
jungen Belletristik in die Hande, eines Schweizer Dichters Erstlingswerk:
„Tino Moralt" von Walter Siegfried. „Kampf und Ende eines Kunstlers"
lautet der Untertitel, aus dem sofort ersichtlich war, daC hier gestaltet
war, was in unserm jungen Blut rumorte. In diesem Roman begegnete
mir zuerst der Name Jean Louis Nicode. Einige junge Maler haben im
Odeon einen uberwaltigenden Eindruck von der Symphonie-Ode „Das
Meer" empfangen. Dort wird u. a. gesagt: „Oh! ... an Magie der Klange,
an Charakteristik in Tonen, an Ausdruck fiir das scheinbar Unausdruck-
barste noch fiber Berlioz! Sie wfirden es nicht fur moglich halten! Ein
unmogliches Orchester! Ein Orchester, welches zaubern kann! welches Sie
in der ,Meer-Symphonie' mit in den tiefen Grund des Elementes hinunter-
zieht, und Sie da Dinge horen laGt, die einer anderen Sphare anzugehoren
scheinen; — ein Orchester, welches Farbenempfindungen hervorruft, grune,
glaserne Flut erschafft, fiber welche plotzlich kleine Wellenzuge hinfliegen
und weiQe kristallene Schaumkammchen glitzernd verspritzen. Und dann
beginnt das Meer zu leuchten, zu glilhen; die kolossale Masse wird immer
durchsichtiger, immer schillernder; Klange aus versunkenen Palasten ziehen
13*
196 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
herauf, marchenhaft, nie gehort, und droben iiber der unermeClichen ein-
samen Wasserwelt steigt die Fata morgana empor." Auf der Seite darauf
folgt noch eine amiisante Bemerkung iiber die „Fantastique". „Eine nette
Hollenmusik, diese Symphonie . . .", wird da gesagt, „wie? — aber ver-
dammt interessant! Man kriegt den ganzen Kopf dabei voll Bilder!"
Mein erster Gang war natiirlich zum Musikalienhandler: „Alles, was
Sie von Nicode auf Lager haben." Auf die prompte Ausfiihrung dieses
Auftrages bezieht sich eine liebenswiirdige Stelle in einem Briefe des
Kunstlers an mich: „Geruhrt hat mich Ihre Erinnerung an das Sieg-
friedsche Buch ,Tino Moralt'. Obwohl ich dessen Autor bei Gelegenheit
einer Fragment-Auffiihrung des ,Meeres' (3 Satze) im Dresdener Hoftheater
personlich, wenn auch fiiichtig, kennen gelernt habe, wuDte ich nichts von
der Erwahnung meiner Person und meiner ,Sinfonie-Ode' in dem sehr viel
spater erschienenen Buche; ich wurde erst durch die Besprechungen und
Auszuge aus demselben in den Zeitungen aufmerksam. — Dafi dieses Buch
Sie veranlaCte, sich mit dem ,weiteren' Nicode bekannt zu machen, hat
insofern etwas Riihrendes fiir mich, als Sie da einen Nicode erwischten,
der nicht gehalten, was er mit diesem seinem ersten offentlichen Geh-
versuch — ,versprach'. Gott, wie das mich heut anmutet: ,Deux valses
brillantes'? !«
In der Tat waren das zwei waschechte Chopin'sche Walzer de pur
sang, unter der Opusziffer 3, aber brillant waren sie auch, sowohl als
technische Bravourstiicke, wie als elegant und korrekt gearbeitete Musik;
der Anfanger wies sich schon darin als souveraner Beherrscher des Hand-
werksmaGigen.
Geboren wurde Jean Louis Nicod6 aus hugenottischem Blut am
12. August 1853 im Posenschen. Der Name des Geburtsortes wird ver-
schieden angegeben. Theo Schaefer schreibt — vermutlich im AnschluQ
an Breitkopf & Hartels Verlagskatalog — Jerczyk, wShrend die neue
Auflage von Brockhaus Jersitz schreibt. Riemann gibt in seinem Musik-
lexikon die Brockhaussche Schreibweise; daQ er indes nicht der Verfasser
der Notiz im Supplement des Brockhaus ist, wie ich — dadurch verleitet —
anfanglich vermutete, das beweist der Umstand, daD das Konversations-
lexikon abweichend von Riemanns richtiger Angabe behauptet, 1869 sei
Nicode in die „K6nigliche Hochschule fiir Musik" eingetreten. Das stimmt
nicht, vielmehr war Nicod6 bei Eroffnung der „Koniglichen Hochschule"
bereits in festen und auch besten Handen, namlich in Kullaks t4 Va Jahre
alterer, durch Sezession vom heutigen „Sternschen Konscrvatorium" ent-
standener B Neuer Akademie der Tonkunst".
Der Vater Nicodds hatte urspriinglich im Posenschen ein kleines
Rittergut besessen, war aber durch allerlei Widrigkeiten des Schicksals
zum in Wirklichkeit notleidenden Agrarier geworden, der sein Besitztum
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 197
nicht fur seine Familie zu erhalten vermochte. Er iibersiedelte mit den Seinen
nach Berlin, wo er sich zum Gliick auf seine Geige besann; war die in
fruheren besseren Zeiten seine Freundin gewesen, so ward sie ihm jetzt
nicht nur Trosterin, sondern sogar auch Retterin. Und es gelang ihm,
durch Geigenspiel und namentlich durch Unterricht auf seinem Instrument
sich und der Familie eine neue Existenz zu griinden.
Da sein Sohnchen Jean Louis bereits im zarten Kindesalter auffallige
Symptome starken musikalischen Talentes gezeigt hatte, so nahm er das
Kind schon friihzeitig in seine Unterweisung. Und da der heranwachsende
Knabe schnelle Fortschritte machte, lieO er ihn von einem Organisten
Hartkans noch im Klavierspiel und vermutlich auch in den Anfangsgriinden
der Theorie belehren. Knapp 16 Jahre alt, kam er dann, wie bereits ge-
sagt, in Theodor Kullaks schon beruhmte „Neue Akademie der Tonkunst",
in der er bis zum AbschluD seiner Studien, ja sogar — sofort danach an
dem Institut selbst als Lehrer angestellt — noch einige Jahre daruber
hinaus verblieb. Er sagt selbst in einem seiner Briefe (30. Januar 1905)
an mich: „In strengster konservativer Zucht erzogen, durfte ich naturlich
nicht fiber die Schnure hauen. Der Autoritatglaube an meine Lehrer be-
herrschte mich so, daD ich ein ,loyaler Staatskunstler' wurde und es bis
weit in meine Dresdener Zeit hinein verblieb." Hauptsachlich beziehen
diese und andere Stofiseufzer sich auf die Engherzigkeit Wuersts. Denn
spater bei Kiel, der, selbst Kiinstler, Konner und Mensch, ihm entgegen-
kam und auf ihn einging, scheint er sich bedeutend wohler gefiihlt zu
haben. Und Kullak hat er ja seine Ausbildung als bedeutender Klavier-
virtuose zu verdanken.
Nach Beendigung seiner Studien nahm Kullak den Jungling sofort in
das Lehrerkollegium seiner beruhmten Schule auf; er machte sich nun
alsbald als Pianist einen geachteten Namen, zunachst in Berlin, wo er
schnell eine bedeutende padagogische Praxis entfalten konnte. Durch
Konzertreisen, namentlich durch eine langer andauernde Tournee (1878)
mit Madame Desir6e Artot de Padilla, mit der er besonders groCe Erfolge
in Rumanien und Galizien teilen durfte, kam er schnell auch als Lehrer
in den Ruf eines „Gesuchten". Franz Wiillner, der selbst erst 1877
seine Munchener Hofkapellmeisterstelle mit der in Dresden vertauschte
und zugleich die „artistische Direktion" des so betitelten „K6niglichen"
Konservatoriums 1 ) ubernommen hatte, berief ihn 1878, unmittelbar nach
seinen galizischen und rumanischen Erfolgen als Hauptlehrer fiir Klavier-
spiel an das Konservatorium.
„Das Klavierlehrertum war mein Verhangnis!" ruft er in einem Briefe
aus. Aber im Hinblick auf die Sorge um die Erhaltung seiner Eltern und
') Das in Wirklichkeit die 52 Jahre seines bisherigen Bestehens hindurcb
Privatanstalt war.
198 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Geschwister war er genoligt, die „gunstige Konjunktur" auszunutzen.
„Ich fand nur Mufie, ,Sachelchen' (meist nur fiir meine Sanger) zu
produzieren, fiir die heute einzutreten mir recht schwer wird; denn ich
zeigte in ihnen nicht mein wahres Innere, welches begehrend nach groGen
Formen, Orchester, Chor usw. ausschaute. Wenn ich auch vereinzelt
diesem Drange zu geniigen suchte, konnte dies nur in den — ganze
1 */j Monate wahrenden! — Sommerferien geschehen, und zwar nach einem
die physischen Krafte vollig erschopfenden iibrigen Jahre! Sie miissen
namlich wissen, dafi ich vor meiner Dresdener Zeit ein fanatischer
Fortschrittler war; aber (zweifellos) unter dem Einflusse der verkalkenden
Dresdener Luft und des tnich vollig terrorisierenden Lehrerberufes mit
seinen (Perriicken- und Talar-Wurde fordernden) Obliegenheiten fiihlte ich
meine Schwingen bald gelahmt und mich selbst dermaOen nach rechts ,ge-
lautert', daQ das konservative Lager nunmehr meinen Ruhehafen bildete,
aus dem heraus Sonaten-, Suiten- und Variationenwerke ,strengsten' Stiles,
als Abglanz meiner ,Lauterung als Komponist' in die Welt gingen."
Werfen wir, bevor wir den angehenden Meister auf seinem weiteren
Aufstieg bis zum „Hirten auf dem Berge" begleiten, einen kurzen Blick
auf die Sachelchen, so werden wir doch vieles zu bewundern finden.
Allerdings sind die beiden Vorlaufer der „deux Valses brillantes" der
Offentlichkeit vorenthalten geblieben, und zwar vier Lieder op. 1 und eine
Es-dur Symphonie op. 2; allein bereits als op. 4 folgt eine Orchester-
Partitur, die symphonische Dichtung „Maria Stuart", die in ihrer Urform
als „Konzertouverture a schon 1873 entstanden war. Die Gestalt, in der
sie 1879 an die Offentlichkeit gelangte, ist das Ergebnis der dritten Um-
arbeitung. Die Urauffiihrung fand durch die Gothaer Hofkapelle am
18. November 1880 statt. Ich habe das Werk noch nicht gehort, kenne
es vielmehr nur vom Papier, so daU ich mir noch keine voile Klarheit
iiber die Stimmungentwickelung verschaffen konnte. Es ist ja im formal
Technischen mit groDer Geschicklichkeit aufgebaut und lehnt sich an die
akademische „Sonatenform" mit einer gewissen Freiheit an. Jedoch die
ja anscheinend erst spater an den Haaren herbeigezogenen Beziehungen
auf Schillers Trauerspiel scheinen mit der Musik nicht recht amalgamiert
zu sein, und so ist denn der Ideengang, dessen Darstellung Nicode sich
zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, nicht zu plastischem Ausdruck
gelangt. Oder sollte der Trauermarschcharakter (im "/i-Takt!) der Themen-
gruppe, vielleicht in Verbindung mit den leidenschaftlichen kadenzierenden
Ausbruchen der Soloklarinette womoglich gar die Tragodie selbst in die
Vorfabel der Tondichtung drangen?! Es ist, wie gesagt, nicht klug daraus
zu werden, und so steht dieses Anfangerwerk — ein drastischer Beweis
dafiir, wie sehr es vom Ubel ist, einem Werk, das nicht als symbolische
Darstellung organisch gewachsen ist, eine auDermusikalische Vorstellungs-
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 199
folge nachtraglich verkoppeln und oktroyieren zu wollen — an dem Aus-
gangspunkt seiner Kiinstlerlaufbahn als der diametrale Gegensatz zu dem
Wcltwunder, das den vorlaufigen Hohepunkt in dieser merkwiirdig logischen
und psychologisch so klaren Entwickelung bildet.
Eine Partitur aus dieser ersten Schaffensperiode konnte ich noch nicht
studieren, da sie beim Verlag vergriffen ist, namlich op. 11: „Die Jagd
nach dem Gliick", ein Phantasiestiick nach dem bekannten Henneberg-
scben Gemalde. Diesem Stuck wird in der zeitgenossischen Fachpresse
eine ziindende Wirkung nachgeruhmt. Zwei Blatter kamen sogar 1881
innerhalb Jahresfrist zu wortlicher Ubereinstimmung in der Floskel „ein
Bravourstiick im besten Sinne des Wortes". Mit der fur Henri Petri
geschriebenen Romanze ist die Geigenliteratur um ein bei alien virtuosen
Anspriicben, fiber die jedem richtigen Geiger das Herz im Leibe lacht,
stimmungwarmes, auch im Orchester wohlklanggesattigtes, mit einem Wort
B dankbares" Konzertwerk von maCiger Zeitdauer bereichert.
Das bedeutendste Orchesterwerk aus diesem Schaffensabschnitt ist
die Symphonische Suite op. 17; ihr mufi Geist, Liebenswiirdigkcit, lichte
und erfinderische Orchesterbehandlung noch zu den selbstverstandlichen
technischen Vorziigen und Reichtumern seiner schon damals virtuosen
Satzkunst nachgeruhmt werden. Der bemerkenswerteste der vier Satze
ist der den Manen Beethovens geweihte Variationensatz, der dem Scherzo
als Andante folgt. In der ganzen Erfindung nicht allein des Themas selbst,
sondern auch seiner fiinf Umgestaltungen glaubt man bestandig, echten
Beethoven zu horen. Der Satz ist von einer wunderbaren Stilreinheit; die
Anlehnung an Beethovens eigenen Variationenstil wirkt um so frappanter,
als sie mit auBerster Diskretion und feinstem Takt, ja ich darf wohl sagen:
mit keuscher, ehrerbietiger Zuriickhaltung durchgefiihrt ist. Am meister-
haftesten gelungen ist die Stilkopie in den beiden letzten Variationen,
namlich einem erschiitternden Trauermarsch, in dem ganz besonders die
Kadenzen der einzelnen Abschnitte tauschend echt nachgebildet sind, und in
dem Adagio mit obligater Geige, das von warmster, innigster Melodik blunt
und sprieOt.
Bevor ich mich einer fluchtigen Skizzierung der sich unmittelbar an
die Suite anreihenden entziickenden Kammermusikwerke zuwende, muB
ich noch einige Worte iiber die fur seine eigene „Leier" bestimmten
„Sachelchen" sagen. Einer „charakteristischen Polonaise" op. 5, die
auf der Diagonale zwischen denen von Chopin und Liszt liegt, folgen
als op. 6 „Sechs Phantasiestiicke", die Clara Schumann gewidmet
waren und die Uberschrift „Andenken an Robert Schumann" trugen.
Diese zwei Hefte bilden das geistreiche stimmungsvolle Gegenstuck zu
den Beethoven-Variationen; ja, in alien sechs spricht die Schumann-
Ahnlichkeit sogar aus dem Notenbild jeder einzelnen Seite so deutlich,
200 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
daO der Schumann-Kenner bei jedem neuen Them* von neuem auf den
ersten Blick staunt. Unter den Klavierstucken dieser Periode befinden
sich sehr geistvolle feurige Tanze zu zwei und vier Handen. In den
schwierigen zwei „Etiiden" op. 12 ebenso vie in spiteren, op. 21, gibt er
viel Studienmaterial fur zwei technische Spezialitaten seiner eigenen
Virtuosentechnik: fiir den schnellen Fingcrwecbsel bei Tonrepetitionen
und fiir Oktavenspiel.
Als op. 18 und 19 folgen der „Symphonischen Suite" zwei groOer
angelegte Klavierwerke ernsten Stils; das erste, ein Originalthema mit
elf Variationen und einer pomposen SchluBfuge, im Genre etwas an den
Variationenzyklus von Friedrich Kiel op. 17 gemahnend, ist gleicbwohl
das selbstandigste und reifste Werk aus dieser Schaffensperiode und deutet
in der Behandlung der Variationenform schon weit voraus auf zwei spatere
Hauptwerke des Tondichters, auf die „Symphonischen Variationen" op. 27
und auf das .Gloria", zu dessen uberwaltigend groCartigen Fugensatzen diese
Klavierfuge bereits eine prachtige Vorstudie bildet. Die f-moll Sonate
op. 19 reicht weder an Eigenart, noch an Formvollendung an op. 18 heran;
nur der langsame Satz ist ein Adagio, das wieder von Beethoven sein
konnte. Die Ecksatze, nainentlich das Rondo-Finale, sind etwas langstilig
ausgefallen, wenngleich auch sie mit schonen und eigenartigen Einzelheiten
nicht kargen. Hauptsachlich ist es bei beiden Satzen die allzusehr ins
Breite gegangene Form, die auf Augenblicke die Empfindung der Leere
aufkommen lassen kann. Urn so kraftvoller und wirksamer ist das nachste
Werk, in dem der Tondicbter sich wiederum den Ausdrucksmitteln des
Orchesters zuwendet. Seine seitherigen Partituren waren im wesentlichen
iiber die Besetzung des Beethovenschen und Weberschen Orchesters nicht
hinausgegangen. In diesem „Jubilaumsmarsch", den er als op. 20 zur
Feier des 25jahrigen Bestehens der Kullak-Akademie deren Direktor in
Dankbarkeit widmet, arbeitet er zum ersten Male mit ganz groOen
Registern. Der „Jubilaumsmarsch" existiert noch in einer spateren Neu-
bearbeitung, in der er den Titel „Festlicher Aufzug" tragt, aber vom
Verlag nur in Abschrift zu beziehen ist. An Wiillner hatte Nicod6 stets
einen starken Ruckhalt in seiner Konservatoriumstellung gefunden —
scheint sich ubrigens auch mit seinem Spezialkollegen Musikdirektor Adolf
BlaDmann gut verstanden zu haben, wovon ein schones Zeugnis die drei
Ettiden op. 21 sind, die er ihm freundschaftlich gewidmet hat. —
Nun nahm aber die Situation plotzlich eine veranderte Gestalt an,
indem Wiillner, der als Professor und Doctor honoris causa nach Dresden
gekommen war, plotzlich von der Generalintendanz briiskiert wurde. Wie
Riemanns Musik-Lexikon betont, „ohne irgendeinen plausibeln Grund",
wurde er 1882 „plotzlich durch die Generalintendanz zugunsten Schuchs
von der Direktion der Oper ausgeschlossen". Wiillner dirigierte nun viel
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 201
auswarts, unter anderem 1883/84 die Berliner Philharmonischen Konzerte
und verlieC 1884 Dresden ganz, um dem Ruf nach Koln als Leiter der
Giirzenichkonzerte und des Konservatoriums zu folgen. An seine Stelle
in der Leitung des Dresdener Konservatoriums trat als „artistischer Rat"
ein Dreimannerkollegium, ein Trifolium von SpieCbiirgern, mit dem fur
einen Kunstler nicht auszukommen war. Nun war aber in den letzten
Jahren mit dem DreiOigjihrigen eine Veranderung vor sich gegangen. Anfangs
(zweifellos) „unter dem Einflusse der verkalkenden Dresdener Luff und
des Ihn .vollig terrorisierenden Lehrerberufes mit seinen Periicken- und
Talarwurde erfordernden Obliegenheiten" fiihlte er seine Schwingen bald
gelahmt und sich selbst dermaOen nach rechts B gelautert", daO das
konservative Lager nunmehr seinen Ruhehafen bildete, aus dem heraus
Sonaten-, Suiten- und Variationenwerke „strengsten Stiles" als Abglanz
seiner „L3uterung als Komponist" in die Welt gingen.
Die wertvollsten Gaben aus jenem Zeitabschnitt sind zweifellos die
beiden Violoncello-Sonaten op. 28 und op. 25. Die erste, in h-moll ist
spHter komponiert und auch noch bedeutender, als die zweite in G-dur mit
der hoheren Opusziffer. In dieser ist an Stelle des Scherzo ein kostliches
a la Savoyardes. Das Hauptthema des sehr schonen, edlen und ausdrucks-
vollen ersten Satzes kehrt in dem entziickend schonen Larghetto, wiederum
als Hauptthema, wieder. Das Finale ist von froher Laune bewegt. Diese
G-dur Sonate ist Friedrich Griitzmacher mit einer freundlichen Widmung
zugeschrieben. Eine noch bedeutendere Bereicherung als sie ist ihre dem
trefflichen Johannes Smith gewidmete Schwester in h-moll fur die im
allgemeinen von den Komponisten so sehr vernachlassigte Violoncello-
Literatur; in dieser h-moll Sonate ist ebenfalls der langsame Satz der
schonste und bedeutendste : die Kantilene des als „gemachlich" charak-
terisierten Hauptsatzes ist von herzwarmender Innigkeit und bliihender
Schonheit; ihr ist im Mittelsatz ein Thema von stiirmender Energie des
Ausdrucks gegenubergestellt, und eine harmonisch uppige Koda fiihrt nach
der Reprise den Satz zu ergreifendem AbschluQ. In formeller Beziehung
hat Nicod6 mit diesen Violoncell-Sonaten seinen Stil zu klassischer Klar-
heit und Reinheit gerundet, und auch das Seelisch-Kunstlerische in seinem
Schaffen ist inzwischen zu Selbstandigkeit und charakteristischer Eigenart
ausgereift, und das Stadium, in das seine Schaffenskraft eingetreten ist,
macht einen Eindruck, wie eine im Aufbrechen zu herrlicher Bliite be-
griffene Knospe.
Schon fiinf Jahre hatte dieser Zustand angedauert; „als an einem
schonen Maimorgen (1883) plotzlich ,Praludium, Thema und SchluD' zu
meinen ,Symphonischen Variationen' wie aus einem Gusse vor mir standen.
Ich fiihlte eine — Wandlung, die alte Neigung kehrte mit dem wonnigen
Fruhling in mir zuruck. Die jahrelang gemiedenen Gotter des Neu-
202 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
deutschtutns erstanden dem abtriinnig Gewesenen in vollstem Glanze aufs
neue; sie umfingen ihn, hielten ihn fest, — und er war abermals, aber
nun mit feurigem Herzen und gliihender Seele ihnen ergeben! Die
,Loyalitat' war wie weggeweht, und mit Pauken und Trompeten strebte ich
dem Pfade der ,Untugend' zu. Ich beschloO, die Fesseln des Lehrer-
berufes nach Moglichkeit abzustreifen."
In dieser gehobenen Stimmung schuf Nicod6 das erste seiner drei
Hauptwerke, die „Symphonischen Variationen", die bald darauf als 27.
seiner Schopfungen seinen Namen und seinen Ruhm durch die deutschen
Konzertsale trugen. Der Partitur dieses genialen Variationenzyklus ist
eine Rhapsodie vorangestellt, die der Stimmungentwickelung der Musik
auch konkreten Iyrischen Ausdruck verleiht; diese Verse sind nicht als
sogenanntes „Programm a aufzufassen, eher als eine Art Motto. Das Werk
scheint als Nachruf fur eine teure Tote empfunden zu sein; das Motto
endet mit dem Ausruf B Amarantha". Ich weiC nicht, ob die Mitteilung
in Theo Schaefers warmherziger „ Monographic" authentisch ist, die Verse
seien von Karl Woermann, dem beruhmten Direktor der Dresdener Galerie,
nach Angaben Nicod6s entworfen. Nach meinem Eindruck wirken sie mehr
wie eigener Empfindungsausdruck des Tondichters. „Dem Andenken an
Amarantha" ist iibrigens noch ein Liederkreis op. 33 gewidmet, dessen
Text mit der einst so beruhmten „Amaranth" von Oskar von Redwitz
allerdings in gar keiner Beziehung stehen. Nach einem pathetischen
Praludium setzt das Horn mit dem Thema ein. In der ersten Variation
ubernehmen es die Holzblaser, von einem Sechzehntel-Kontrapunkte der
Geigen umrankt, in der zweiten imitieren die Klarinetten es einer anmutigen
Triolenauflosung der Floten. Im Laufe der Entwickelung steigert sich das
Werk zu immer groBerer Leidenschaftlichkeit, bis die neunte Variation, ein
grazioses Adagietto, einen Iyrischen Ruhepunkt bietet. Ein figuriertes
Duett zwischen Sologeige und Solovioloncello verharrt in der Stimmung
der vorhergegangenen Variation, und dann steigert ein geistreiches Scherzo
die neuausbrechende Leidenschaft bis zu dem das Ganze kronenden, er-
greifenden Trauermarsch. Eine Wiederholung des Praludiums als Krone
bildet den Schlufi des groC angelegten Werkes.
Gelegenheit, die Fesseln des Lehrerberufes abzustreifen, brach sich
Nicode bald vom Zaune. Er hatte beabsichtigt, durch seine beiden besten
Klavierschiiler Liszts eigene Bearbeitung seiner „Faust"-Symphonie fur
zwei Klaviere in einer Auffuhrung des Konservatoriums spielen zu lassen;
der sogenannte „akademische Rat" beanstandete die offentliche Auffuhrung
derartiger Arrangements, ahnungslos, daO Liszt selbst mit Felix Mendels-
sohn Bartholdy Beethovensche Symphonieen im Gewandhaus gespielt hatte,
als unkiinstlerisch. Da die hochmogenden Herren auf ihrem fadenscheinigen
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 203
Schein bestanden, warf Nicod6 ohne weiteres ihnen den Bettel vor die
FiiDe.
Der Kiinstler hatte den Plan, sich ganz „der Dirigentenbetatigung zu
widmen, mit dem Ziele, dem modernen Schaffen als Vermittler dienen zu
konnen, — wofiir in Dresden damals (1885) ein noch ungepfliigter Boden
vorhanden war". In derselben Zeit begann er die Skizzen seiner Symphonie-
Ode „Das Meer" zu entwerfen. Vier Jahre dauerte es, bis dies Riesen-
werk vollendet und reif zur Auffiihrung war.
Inzwischen trat der geniale Entdecker Hermann Wolff an Nicode
heran, animierte ihn, an die Spitze eines Unternehmens im Stile der
„Philharmonischen Konzerte" in Berlin, Hamburg, Bremen zu treten, und
da er ohnehin den Drang nach Erwerbung von Dirigentenlorbeeren ver-
spiirte, so folgte er dem liebenswiirdigen Notigen Wolffs und ubernahm
die Leitung des Konzertzyklus mit um so groBerer Freude, als er auf
diese Weise hoffen durfte, der Propaganda fur die modernen Tondichter
Vorspanndienste leisten zu konnen, denn diese war in Dresden unglaublich
verwahrlost und lag dem Kiinstler aucb auBerdem noch ganz besonders am
Herzen. Der vollige Mangel an einem einheimischen Orchester, das auch
nur minimalen kiinstlerischen Anforderungen geniigt hatte, geschweige denn
hoheren Aufgaben hatte gewachsen sein konnen, verleidete ihm jedoch
bald die kiinstlerische Freude an der Sache; nur etwa vier Jahre hielt er
die Halbheit aus; dann gab er das Unternehmen auf, dem auch die
Konigliche Kapelle mit ihren reiferen kiinstlerischen KrSften durch einen
neben dem vorhandenen Symphoniekonzert neu eingerichteten Zyklus
von Konkurrenzkonzerten Luft und Licht nahm. Die Nachfrage nach
Nicodes Privatunterricht war inzwischen bedeutend gestiegen, so daB er,
trotzdem er die Dirigentenlaufbahn vorlaufig abgebrochen hatte, dennoch
in seiner Produktion sehr gehemmt war. So erklart es sich, daB er „nur
langsam und in grofieren Abstanden zu produzieren fahig war. Umfang-
lichere kompositorische Leistungen nahmen denn auch infolge ihres bruch-
stiickweisen Entstehens ungewohnlich lange Zeit bis zu ihrer Vollendung
in Anspruch".
Das Jahr 1887 brachte ihm mit der Griindung eines eigenen Heim-
wesens endlich die langersehnte Befreiung. Er konnte sich nach und nach
der driickenden Fessel des Unterrichtgebens endgultig entwinden. Durch
Organisation der „Nicode-Konzerte" wagte der Kiinstler, dem „das groBe
Orchesterinstrument es nun einmal angetan hatte", einen erneuten „Vor-
stoB" als Dirigent, diesmal aber (1893) in groBerem Stile. In der durch
ihren genialen Dirigenten Max Pohle glanzend geschulten stadtischen
Kapelle in Chemnitz hatte er endlich ein nicht allein leistungs-, son-
de™ — was noch weit schwerer ins Gewicht fiel — auch auf dem gefahr-
lichen Dresdner Boden wirklich konkurrenzfahiges Instrument gefunden.
204 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
„Die Sirene des modernen Dirigententums lockte zu verfiihrerisch! —
Voller Hoffnung nach den sich steigernden auGeren Erfolgen" glaubte er
in Dresden eine ideale Mission erfullen zu konnen, zumal da es ihm auch
gelungen war, einen intelligenten, leistungsfahigen, begeisterten — und
last not least musikalischen Chor aus dem Boden zu stampfen. Und
einige Jahre standen die Nicod6-Konzerte in reichster Bliite, neues Leben
bliihte aus den Ruinen der Dresdner Reaktion, und Nicodes geniale Din-
gentenbegabung verband sich mit seiner charaktervolien Initiative, so dafi
das Dresdner Musikleben mit einem Male in Zug kam.
Die schon vor diesem bedeutsamen und erfolggekronten Unternehmen
1884 bis 1888 geschaffene Symphonie-Ode „Das Meer" hatte ihm in
den Jahren seither in den meisten vornehmen Konzertinstituten glanzende
Erfolge und reiche Ehrungen eingetragen und seinen Namen, der ja stets
einen guten Klang besessen, in seinem ganzen Vaterland innerhalb weniger
Jahre beruhmt gemacht. Er stand mit dieser kolossalen Partitur an der
Schwelle einer neuen musikgeschichtlichen Ara. Die Urauffiihrungen in
der Dresdner Hofoper und durch die Leipziger Pauliner im Februar 1889
lagen noch vor dem Beginn des raschen glanzenden Aufstiegs von
Richard StrauB, etwa '/« J a hr vor der Urauffiihrung des genialen „Don
Juan", l 1 /, Jahre vor der Eisenacher Tonkiinstlerversammlung, wo das
klassische „Tod und Verklarung" aus der Taufe gehoben ward. Ludwig
Hartmann und Hermann Kretzschmar waren die ersten, die ihn begeistert
begruDten. Auf der Tonkiinstlerversammlung 1891 (Berlin) lernte ich
das Werk in fleiDigem Probenbesuch grundlich kennen und lieben, als
einen der Glanzpunkte des Festprogramms neben Bruckners „Te deum".
Inzwischen ist das Werk so allgemein verbreitet, daD ich mir hier eine ins
einzelne gehende Zergliederung versagen kann. Von den sieben Satzen
bietet der erste in einer machtigen Doppelfuge eine Suggestion von dem
iiberwaltigenden Eindruck, den das ungeheure Wunder in dem, der es in Wirk-
lichkeit kennt, hervorzurufen pflegt. In meisterhafter Handhabung der Form
und in einem kaum glaublichen Reichtum und einer spruhenden Mannig-
faltigkeit des Kolorits steigert sich die Wirkung des Satzes ins Elementare.
Nach dem machtvollen Brausen des ersten Satzes ist die Kontrastwirkung
des unisono einsetzenden a cappella-Mannerchores von frappanter Schlag-
kraft. Vielleicht der Hohepunkt der Partitur an Suggestionskraft und Vir-
tuositat ist der mittlere Satz, das „Meeresleuchten", das man von Anfang
an allgemein der „Fee Mab" aus Berlioz' „Romeo et Juliette" als Gegen-
stiick Oder gar als technisch iiberlegen an die Seite gestellt hat.
Auf die Dauer muGte Nicod6 doch zu der Einsicht gelangen, daO er
„die Rechnung ohne die MiGgunst — sagen wir: der Verhaltnisse —
gemacht! Was an Erschwernissen vorhanden war, sollte mir auf Schritt
und Tritt in den Weg treten, um eine bis zur endlichen Stabilitat gesicherte
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 205
Durchfuhrung meiner Absichten unmoglich zu machen. Von neuem muBte
icb mit grausamer Bitterkeit den Mangel eines guten, mir unter geringerem
Zeit- und Krafteverlust, als ihn das ewige Hin und Her zu den Vorproben
in Chemnitz mit sich brachte, zur Verfugung stehenden einheimischen
Orchesters, sowie auch die Unmoglichkeit, meinen Dresdner Chor mit
dem auswartigen Orchester zu den notwendigsten Proben zusamrnen-
kriegen zu konnen, auf die Dauer als einen so unertraglichen und unhalt-
baren Zustand empfinden, daC ich nur noch mit Grausen an die Vorfuhrung
groBer Werke fur Chor und Orchester mien wagte. Wenn Sie horen, daB
ich — urn die Auffiihrung der ,Missa ( zustande zu bringen — genotigt
war, ein aus Dresdner Tanzbodenkraften bestehendes Orchester aus
dem Boden zu stampfen, dasselbe in — sage und schreibe — 22 Or-
chestervorproben fur den Vortrag des Werkes erst stilfahig zu machen,
um dann, nach zwei Gesamtproben (mit dem Chore) und der General-
probe, erst die Moglichkeit zu gewinnen, das Beethovensche Riesengebilde
dem ahnungslosen Zuhorer zu vermitteln, — so werden Sie begreifen,
daB eine derartige Vergeudung an Zeit, Geld und Kraften — NB. mit der
Aussicht auf Permanenz dieses Zustandes!! — einen Kampf gegen ein
unabschatzbares Ungeheuer bedeutete, dem keine menschliche Kraft auf
die Dauer gewachsen sein konnte. — Ich muBte erkennen, daB ich hier
vor einem ,Umsonst!' stehe, dem gegeniiber es nur das eine
in die Tat umzusetzende Wort gab: — ,Na, denn nicht!'" . . . „,Missa
coronat opus!' In diesem Gedanken loste ich mein ganzes Unter-
nehmen sowie die riihrend anhangliche Chorgemeinde auf und machte
einen dicken Strich unter diese Episode meines Lebens. Der hierauf
sich begeistert kundgebenden Absicht, die ,Nicod6-Konzerte' und den
,Nicod6-Chor' dem Dresdner Musikleben zu erhalten, wurde zwar ein
erfreulich-teilnehmendes Entgegenkommen seitens der musikalischen Kreise
Dresdens durch Begriindung einer ,Gesellschaft fur die Erhaltung der
Nicod6-Konzerte' bezeugt, — aber die Tatsache, daD die Fortfiihrung des
Unternehmens nach wie vor auf die ,Auswartigkeit' bzw. auf die ,Tanz-
bodenkrafte' sich angewiesen sah, blieb bestehen und konnte mich nur
bestarken in meinem EntschluO: zum dritten Male den aussichtslosen,
aufreibenden Kampf nicht wieder aufzunehmen. — DaD ich der Sirene:
Dresden manche mir angetragene hervorragende Dirigentenstellung zum
Opfer gebracht habe, um ihr Treue zu halten, erwahne ich nur nebenbei.
Mein Glaube an die Pflichten einer Kunststadt wie Dresden — die allein
berufen war, das fehlende Instrument zu schaffen — war eben — ein Irr-
glaube!"
Es ist einzusehen, daD es dem Tondichter wahrend jener grauen-
haften, seine Krafte sieben Jahre hindurch fast restlos verzehrenden Zeit
auch nicht einen Tag vergonnt war, MuDe und Sammlung zu eigenem
206 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Schaffen zu findcn. Er war von seinem Berufe als Orchesterleiter der-
maDen ausgefiillt, daO sein eigenes Schaffen von 1890 ab sieben Jahre
vollstandig ruhte.
Endlich, 1900, baute er sich in dem auf der Dresdener Heide idyllisch
gelegenen Villenvorort Langebriick eine behagliche Villa, in der er Ruhe
und Vergessen seiner unerfreulichen Dresdener Erfahrungen suchte. Und
er fand die ungestorte, durch nichts abgelenkte Konzentration, die seiner
Schaffenskraft einjahrzehnt hindurch gefehlt hatte, wieder. Im Jahre 1900
besuchte ich Winderstein in Leipzig, der mich mit der freudigen Mit-
teilung iiberraschte: Nicod6 schreibt wieder! „Die erste Frucht der
mich umgebenden herrlichen Waldesruhe und landlichen Abgeschiedenheit
muQte nun solch ein Ungetiim: — ,Gloria!' werden, dessen Themen teil-
weise bis in die 80 er Jahre zuriickreichen. — Nie in meinem Leben habe
ich mit einer solchen Inbrunst und uberquellenden freudigen Genugtuung
geschaffen, wie in den drei Jahren der Entstehung dieses Werkes: 1. Februar
1901 bis Neujahr 1904! Das Gefiihl meiner ganzlichen Freiheit iibertrug
sich bis ins kleinste auf meine Arbeit. Inwieweit dieselbe — nach all
den langen unfreiwilligen Schaffenspausen — sich nicht als ruckstandig
(oder vielleicht doch?) erweist, vermag ich selbst nicht zu beurteilen.
Jedenfalls kann ich aber sagen, daQ ich mit meinem ganzen Herzblut und
mit schonungsloser Sorgfalt mich in den Gegenstand vertiefte."
Fur die Richtigkeit dieser AuOerung spricht auf das Deutlichste eine
bemerkenswerte Tatsache in der Entstehungsweise dieser Schopfung: Nach-
dem der Meister vor der langjahrigen Schaffenspause seine samtlichen
Werke — wie er mir gestand — unter teilweiser Benutzung des Klaviers
geschrieben, hat er in den drei Jahren, da dies neue Werk geboren ward,
seinen Fliigel nur dann geoffnet, wenn er vollendete Satze sich selbst,
seiner Gattin oder Freunden zu Gemiite fiihren wollte.
Seit den „Meistersingern" ist noch keine kiinstlerische Abrechnung
von ahnlicher Wucht und Bedeutung geschaffen worden, wie dieses kolossale
„Sturm- und Sonnenlied", besonders in dem Satz, dessen Idee der Kampf
„Um das Hochste" und — seine Vergeblichkeit ist. Die Bitternisse seiner
langjahrigen Kampfe gegen die Dresdener Philister und Banausen mit ihrem
zahen passiven Widerstand wurden vollkommen in Kunst umgewandelt
und aufgelost, wurden zu triebkraftigen Keimen dieses machtigen sym-
phonischen Werkes, dessen sechs monumentale Satze sich in zwingender
musikalischer Logik zu machtiger organischer Einheit aufturmen. Stark und
groB angelegt in der musikalischen Erfindung, laOt die Symphonie im ganzen
wie in alien Einzelheiten ein gigantisches Gestaltungsvermogen und eine
technische Meisterschaft erkennen, wie sie nur den AllergroOten eigen war.
Der formale und kontrapunktische Aufbau zeigt riesenhafte Dimen-
sioned und doch ist, wie bei den Meisterwerken der Gotik, das kleinste
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 207
Detail mit gleicher Liebe behandelt und in Proportion zum kolossalen
Ganzen gehaltcn. Das Sinnenfalligste ist natiirlich die Instrumentation,
die derjenigen von Mahler und StrauB nicht das Mindeste nachgibt. Das
wichtigste Thema, das dem ganzen Werk auch den Titel gibt, ist das
Gloriathema aus Beethovens Schaffensgipfel, seiner Missa Solemnis, deren
Beziehung zu Nicod6s Leben wir ja kennengelernt haben.
Der erste Satz stellt dies Gloriathema in einer monumentalen Entrata
mit reicher thematischer Durchfuhrung in fanfarenartigen Imitationen wie
ein Motto an die Spitze. Die Einleitung ist als B Vorverkiindung" eine
Exposition, die auch noch zwei andere Themen voranstellt, deren eines
das B mahnende Fatum" symbolisierend sich wie ein roter Faden durch
die ganze Partitur zieht. Von .Werdelust und tausend Zielen" handelt
der erste Satz, das Gefiihl sprieCender Kraft ist seine Grundstimmung.
Das Thema, das dem „hochsten Trachten" Ausdruck verleihen soil, wird
dem Horer durch einen Zyklus von acht in imposanter Harmonik und
machtiger Klimax sich steigernden interessanten und individuellen Variationen
besonders eingepragt, in denen rhythmische Wucht, mit lieblichen Bildern
abwechselnd, zum Gipfel fiibrt.
Der zweite Hauptsatz des ganzen sechssatzigen Werkes besteht aus
zweiScherzi;imersten wird der „ Held" der Symphonie „durchs Feuer" ge-
lautert, eine langere Fugato-Episode von elektrisierender Wirkung. Dann folgt
das zweite Scherzo, worin der Held „durch die Schmiede" des Lebens
geht, sozusagen gestahlt, zum mannlichen Charakter entwickelt wird. In
einer geistreichen und packenden Umgestaltung wird das zweite Haupt-
thema Subjekt eines rhythmisch hinreiOenden charaktervollen Satzes, der
unter Zutritt eines anderen Themas wieder in eine Steigerung voll uber-
waltigenden Enthusiasmus iibergeht. Der dritte Hauptsatz stellt einen
„Sonnentag des Gliicks* dar. Das Thema der „sprieBenden Kraft"
malt in siebenstimmigem Kanon eine mystische poetische Morgenstimmung
von groBem Reiz. Das Englische Horn mischt die Schalmeienweise eines
Hirten in ein wundersam reiches und reizvolles, durch seine Neuheit und
Eigenart zunachst verbliiffendes, spater faszinierendes Tongemalde: die
tausend Vogelstimmen der Dresdener Heide, die Nicod6 aus griindlicher
Naturbeobachtung aufgezeichnet, hat er mit leicht stilisierender Naturtreue
und aparter Harmonik zu einer bezaubernd anmutigen „Fruhmesse im
Walde" gestaltet, in die verschiedene freche Spatzenschwarme (drastisch
genug durch drei Gruppen vierstimmig abgestimmter Trillerpfeifen dar-
gestellt) mit derb-komisch kontrastierendem Realismus hineinplatzen; dieses
ganze „ Gloria" der Naturstimmen ist eine dergeistreichsten, originellsten und
drolligsten, dabei iiberzeugendsten tonmalerischen Episoden in dem ganzen
mir bekannten Teil der musikalischen Weltliteratur. Ihre Verwegenheit geht
tibrigens ahnlich, wie das beruhmte, vielberufene Lammerbloken im »Don
208 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Quixote" von StrauB und das, nicht dem Wesen nach, sondern nur
graduell davon verschiedene Vogelterzett in der ^Pastorale" oder die
analoge Stelle in Berlioz' „Scene au champ" neben der musikalischen
Weiterentwickclung her, deren Faden hier das Schalmeienlied des Hirten bildet.
Prachtvoll ist der Jubel, der im Hauptteil des Satzes durch Um-
gestaltung des zweiten Hauptthemas (des „hochsten Trachtens", das schon
in dem „Schmiede"-Scherzo eine bedeutsame Rolle gespielt hat) zu einem
hinreiCenden Walzer zum Ausdruck gelangt, und eine fiberraschende Kom-
bination, namlich das Walzerthema in seiner oben genannten Urform (also
hier als augmentatio) tritt seiner Walzertonbildung entgegen, so daB es,
von den Trompeten geschmettert, zugleich zu einem cantus firmus wird
und mit dem Walzer einen Kanon per augmentationem bildet.
Der originellen Tierstimmenimitation zu Beginn des Satzes stellt
Nicode am SchluO als Pendant in der Koda ein „Hohnlachen" aus dem
Froschteich gegenfiber, dessen Humor noch drastischer wirkt als der des
Vogelkonzerts, den der Kiinstler mit seinem feinen Ohr fur das Musika-
lische in den Naturlauten der drei Stimmen, in denen die Froschchore —
den drei mitwirkenden Generationen entsprechend — besetzt zu sein
pflegen, durch einen geistreich erfundenen Orchestereffekt zu differenzieren
vermocht hat: die Frosche im besten Alter geben ihr klagendes „Quororax"
in gedampften Trompeten- und Hornertriolen zum Besten; das eigentumliche
Lauten der jiingsten Sangergeneration wird mit erstaunlicher Suggestions-
kraft durch Unisono-Wirbel dreier Xylophons nachgeahmt, dagegen das
mfirrische Quarren der GroBvater bzw. -mutter wird von kratzenden, mit
dem Bogen geschleiften Vorschlagsintervallen tauschend nachgeahmt; bei
der Urauffuhrung wurde dieses Schleifen sogar mit dem Holz der Bogen
ausgefuhrt; diese Nuance fehlt in der gestochenen Partitur.
„K(irze ist des Witzes Wfirze"; so dehnt denn auch Nicode den
Scherz des Froschkonzerts nicht fiber 18 Takte aus; wieviel wirkliche
Stimmung in diesem wunderlichen kleinen Abschnitt steckt, das empfindet
man erst beim zweiten oder ffinften Horen, wenn die Uberraschung fiber
die ungewohnte Klangwirkung fiberwunden ist. Im Zusammenhang des
Werkes symbolisiert der Abschnitt das Hohnlachen der AuBenwelt im
Gegensatz zu dem innerlichen Kfinstlerglfick des Schaffenden. Eine ent-
zfickende Mondlandschaft, durch die das „Gloria"-Motiv als Kanon per
augmentationem zwischen kleinen Glockchen und groBen Glocken ertont,
bildet als zweite Koda die Uberleitung zu dem Adagio der Symphonie,
ihrem Mittelstiick und Schonheitsgipfel. »Die stillste St und e" lautet
die Uberschrift des Satzes.
Die BaBklarinette leitet mit dem Symbol des Fatums in dfisterer
bedrohlicher Klangfarbung zu einem dreimaligen leisen, angstvoll schluch-
zenden Aufschrei, fiber dessen Symbol bereits aus der Exposition der ganzen
NODNAGEL: JEAN LOUIS NICODE 209
Symphonic, aus der Vorverkiindung bekannt ist. Der Hauptsatz ist in
seiner ersten Halfte ein neues Thema, wundervoll fugiert. Zu dieser er-
greifend klagenden cis-moll Melodie tritt in ihrer ersten Fugendurchfiihrung
als zaghafter cantus firmus das Thema des hochsten Trachtens, das
dann in der zweiten Durchfiihrung mit dem Subjekt zusammen durch-
gefiihrt wird, um endlich in der dritten Durchfiihrung in den Bassen die
Fuhrung bis zu einem imposanten Orgelpunkt zu ubernehmen. Der drei-
malige Angstschrei oder -seufzer leitet dann eine erregt klagende neue
Variation des seitherigen Fugenthemas ein, die allmahlich in die Stimmung
immer leidenschaftlicheren Sehnens in die Weite iibergeht. Da ruft ein
Flammenzeichen auf zum Kampf gegen das Gemeine, dessen Symbol vor-
laufig in einem Marschmotiv nur angedeutet wird. Drohende Klange be-
reiten auf den Hauptsatz der ganzen Symphonie, auf die Darstellung der
eigentlichen Banausomachie vor. Das Thema des hochsten Trachtens
nimmt eine feierliche choralartige Stimmung an, wie ein Gelubde. Und
mit feierlichen Glockenklangen (im Gloriamotiv!) geht der Satz in die
Einleitungfanfaren des „Um das Hochste!" betitelten funften Haupt-
satzes iiber. Aus den werbenden Fanfaren entwickelt Nicode Wagners
„Wach' auf, mit welchem Zitat er auf das Kampfobjekt anspielt, in Er-
innerung daran, daQ sein Chor „in hoc signo" seine Tatigkeit begonnen
hatte, wie er denn auch mit denselben Klangen seinen Chor spater feier-
lich-resigniert aufloste. Die „Gegner" werden jetzt durch eine Verkleine-
rung des n Fatum"-Motives symbolisiert, den „um die Fahne" des Bundes-
schwures „gesammelten a Getreuen gegenubergestellt und „Gegen Felsen!"
geht jetzt der Kampf in Gestalt einer riesigen Fuge mit drei Zwischen-
satzen. Nach einem enthusiastischen Ansturm des martialisch umgestalteten
„Gloria" wird der erste Fugenteil in fiinf Durchfuhrungen gesteigert, bis
ein freches »Tschingdada" der zwei groCen Trommeln und gleich darauf
ein noch dreisteres Schaubudensignal eine elegante, „listig-verschlagene"
Polka in den Vordergrund drangt, als Allegoric der Mode, in deren
Maske sich das Symbol des Fatums birgt. „Emport" fahrt die zweite
Fuge, diesmal mit dem Thema der „sprieQenden Kraft" als Gegenthema
zum Kampfthema in Doppelfuge dazwischen zu neuem, noch erbitterterem
Angriff. Von einem Orgelpunkt auf B, bei dem man schon siegessicher
aufatmet, geht es in unaufhaltsamer polyphoner Steigerung zu einem noch
hoheren Gipfel, namlich zu einem alles niederschmetternden Orgelpunkt
auf Fis; da, als die Spannung auf ihren Explosionspunkt gelangt, kracht
wieder die Jahrmarktspauke und das Schaubudensignal dazwischen, und
als siiD-freundlich gleiDnerischer Walzer erscheint die Sensation; das
Symbol des Fatums erklingt — fast bis zur Unkenntlichkeit vergroCert —
als cantus firmus in einer Mittelstimme, und endlich beendet den Walzer
eine parodistisch-derbe, mit drastischer Komik wirkende lange Meyerbeer-
XIV. 23. 14
210 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Koloraturkadenz fur eine B- und eine Es- (!) Klarinette (bekanntlich die
Phonesthenikerin des Orchesters), ferner noch zwei „siegesgewifl-dreiste"
Trompeten und eine pathetisch-salbadernde Posaune. Ein frenetischer
Kastagnettenapplaus von samtlichen verfiigbaren Doppelkastagnetten malt
sehr charakteristisch und drastisch den Jubel des suOen Pobels.
Die thematischen Entwickelungen aus der Vorverkundung mit den
Durchfiihrungen der Symbole „sprieBender Kraft", .hochsten Trachtens"
und der „Stahlung" in der „Schmiede" treten in immer packenderer, iiber-
waltigenderer Gewalt und lapidarem Ansturm in die vordersten Reihen
des wild und vernichtend tobenden Kampfes, der jetzt selbst mit Aufgebot
der letzten begeisterten und fanatischen Kraft doch des in immer grofieren
Haufen, mit immer schamloserer Unverschamtheit und Brutalitat heran-
stiirmenden Pobelpacks nicht Herr zu werden vermag. In der „stillsten
Stunde" war bereits — wie ein Menetekel — eine die Gemeinheit sym-
bolisierende Fanfare tiber des Helden BewuCtseinsschwelle getreten; jetzt
macht sich die ganze ScbeuGlichkeit und Ekelhaftigkeit der Hefe in einem
turbulenten Marsch von rohester Gemeinheit und frechstem „Radau" un-
anstandig Luft. Das besudelte Ideal, die zerfetzte Fahne des Gloriathemas
(Tritonus!) ist dabingesunken, der Kampfer um das Hochste ist gebrochen.
Das Symbol des Fatums drohnt ihm mit zerschmetternder Wucht ins Ohr:
„Du sollst nicht bekehren!"
Der letzte Satz ist „Der neue Morgen" betitelt und seine Einleitung
ist formell eine abgekiirzte, zusammengedrangte Reprise der Einleitung
zum Sonnentag des Gliicks; ideell sind es traumhafte Erinnerungen, die
ubrigens dem Publikum beim zweiten Horen demonstrieren sollen, daB
Vogel- und Froschkonzert gar nicht so schlimm sind, als es anfangs schien.
Der enttauschte Kampfer hort jetzt die Schalmei des Hirtenknaben von
der Hohe, dann erschallt die Stimme des Knaben mit dem Lockruf: „Dir
winket das Wonneland, das Land reinsten Heils" nach der Melodie der
sprieBenden Kraft. Der Chor setzt gruppenweise ein; von seinen fiinf
Strophen bringt der Tenor die erste, der Alt die zweite. Dann vereinigen
sich alle Stimmen in einem weihevoll erhabenen, machtig sich steigernden
Hymnus von bezauberndem Wohlklang. Nachdem ein bis zur hochsten
Kraftentfaltung gesteigerter Gipfelpunkt erreicht ist, setzt der a cappella-
Chor mit der innigen Beethovenschen Bitte „Dona nobis pacem" mit dem
Wort: „H6henfrieden" ein. Die Stimme des Hirten fragt: ^Christ, Mensch!
Du die Macht, die all' dies gab?" und der Chor: „Wer ist's? Wer gibt
uns Licht? Gloria in excelsis Deo!" Eine breite, aus dem Gloria
entbluhte Koda mit den Chorrufen „Sonnentag!" fiihrt noch zu einem
Ausklang: Wir werden noch einmal daran gemahnt, daO die Welt weiter
ihren tollen Gang geht, daC der Pobel Pobel bleibt. Nach dem Schluflakkord
halten drei kleine Floten ihr hohes cis im piano noch drei Takte aus . . .
DAS KRIEGSZIEL
DER DEUTSCHEN TONKUNST
VON F. A. GEISSLER IN DRESDEN
A llenthalben, wo wir Barbaren im Feindesland festen FuB gefaBt haben,
/% ist die holde Kunst unseren Feldgrauen gefolgt. In den Domen
Ji JL. der feindlichen Stadte feierliche Vespermusiken, im stolzen Monnaie-
Theater zu Briissel ein groBes Konzert und in unzahligen Orten die Auf-
fiihrungen, die unsere Militar-Musikmeister unermiidlich veranstalten —
sie alle legen davon Zeugnis ab, daB unserem Volke, das sich ja in der
Heimat sein Musikleben trotz des Krieges nicht verkiimmern lieB, die
Tonkunst Herzenssache ist. Und gerade darurn wollen wir hoffen, daB
das Kriegsgewitter auch in unserem Musikleben reinigend wirken moge.
Die Wutausbriiche unserer Gegner haben es uns bestatigt, daB gerade
in der deutschen Tonkunst starke volkische Elemente liegen, vor allem in
der Kunst unserer klassischen Meister und Richard Wagners, den die
Franzosen geradezu als einen der geheimen Fiihrer des deutschen Volkes
mit den maBlosesten Schmahungen bedenken. Er, der sich sogar in den
trubsten Zeiten als deutscher Kunstler kiihn bekannte, sei unser Vor-
bild. Deutsch, bewufit deutsch sei in Zukunft unsere Tonkunst und ihre
Ausubung.
Diejenigen freilich schieBen sicherlich weit iibers Ziel hinaus, die da
meinen, kunftig miisse uns gleichsam eine chinesische Mauer von der Kunst
fremder Volker scheiden. GewiB, wir Deutsche sind so reich, daB wir
z. B. die Musik der Franzosen, Englander und Russen viel Ieichter ent-
behren konnen als sie die unsere, aber das Einfuhlen in fremde Kunst
ist ein so groBer Vorzug unseres Wesens, daB wir nur zu eigenem Schaden
uns seiner vollig enteignen konnten.
Nein, wir diirfen und sollen nach dem Kriege die Anschauung be-
tatigen, daB das Schonste und Beste im fremden Kunstschaffen gerade gut
genug ist, um unserem eigenen als ErgSnzung und Anregung zu dienen.
Das deutsche Volk muB lernen, in dieser Hinsicht einem groBen Herrn
zu gleichen, der die besten Erzeugnisse alter Lander mit der ruhigsten
Selbstverstandlichkeit in seinen Dienst stellt.
Bisher war das Verhaltnis aber leider umgekehrt. Nicht die fremde
Kunst diente uns, sondern wir dienten ihr. Die deutschen Tonsetzer
konnen ein Liedlein davon singen. Fremde wurden von unsern Verlegern,
Theatern und Konzertunternehmern mit ofTenen Armen willkommen ge-
heiBen, wahrend die deutschen Tonsetzer unberiicksichtigt blieben oder
mit einer weniger liebevollen Behandlung vorlieb nehmen muBten. Grieg,
14*
212 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Saint-Saens, Puccini, Leoncavallo, Debussy und unzahlige andere sahen
sich in deutschen Landen gepflegt und gefeiert, ganz ohne Kiicksicht darauf,
ob der Inhalt ihrer Werke unserem Wesen entsprach oder nicht.
Und doch muC gerade von der Beantwortung dieser Frage die Pflege
fremder Kunst bei uns abhangig gemacht werden. Verdi z. B. ist ein
groBer Kunstler, dessen Eigenart der unseren meist in erwunschter Weise
entgegenkommt; aber wie fern steht uns die SiiOlichkeit eines Puccini,
die grubelnde Verschwommenheit eines Debussy? Was haben wir innerlich
mit den meisten auslandischen Tonschopfungen gemein, die nur, weil sie
„weither" sind, bei uns mit jener scheuen Verehrung des Auslandischen
aufgenommen wurden, die wir uns unter alien Umstanden abgewohnen
mussen.
Deutsche Musiker, schaffende, ausiibende und beurteilende, bekennt
euch in Zukunft offen und stolz als deutsche Kunstler, verneigt euch
nicht mehr vor den Fremden, sondern schaffet, daB sie sich vor euch
verneigen. Und ihr, Hebe deutsche Musikfreunde, die ihr als Horer
den entscheidenden EinfluB auf die weitere Gestaltung des Musiklebens
habt, geratet nicht mehr in Entziicken, wenn eine Sangerin erst Lieder
in drei fremden Sprachen singt, ehe sie sich herablaBt, auch die deutsche
Sprache zu berucksichtigen. Duldet es nicht langer, daB euch Konzert-
unternehmer Vortragsfolgen bieten, die zum grbBten Teil oder ganz aus
fremden Werken bestehen, wie wir es, ach so oft, erlebt haben. Und seid
nicht nachsichtig gegen auslandische Kunstler, die sich bisher meist gar
nicht die Miihe nahmen, sich mit unserem Kunstempfinden vertraut zu
machen, bevor sie in deutschen Stadten auftraten. Nein, wer als Fremder
zu uns kommt, der beweise uns, daB er deutsche Kunst, deutsche Sprache
ehrt und versteht, — kann oder will er das nicht, so bleibe er fern.
Konnen wir heute anders als mit Schamrote an das Auftreten einer
Yvette Guilbert in Deutschland denken, das wohl den Gipfelpunkt blinden,
modesiichtigen Auslandsdienstes bedeutete und vielleicht spater nur noch
durch den von mir an dieser Stelle gebiihrend beleuchteten Hellerauer
Dalcroze-Rummel ubertroffen wurde?
DaB unsere Musikdramatiker vaterlandische Stoffe in Zukunft vor
den fremden bevorzugen sollen, ist eine schier selbstverstandliche Forderung.
Deutsche Geschichte und Sage, deutsches Leben und Erleben ist so reich
und vielseitig, daB kein Textdichter und Tonsetzer in die Weite zu schweifen
braucht, um eine fesselnde und wirksame Handlung zu finden. Sie
werden dabei auch mit freudigem Erstaunen gewahr werden, daB in einem
deutschen Stoff meist schon der sittlich-ernste Kern ruht, dem z. B.
die Wagnerschen Handlungen ihre immer aufs neue bewegende und
riihrende Kraft verdanken. War es vor dem Kriege geradezu Mode und
Geschmacksgesetz geworden, jeden inneren Zusammenhang von Ethik und
GEISSLER: DAS KRIEGSZIEL DER DEUTSCHEN TONKUNST 213
Asthetik mit iiberlegenem Lacheln abzuleugnen, so durfte der Ernst der
Zeit in diesem Punkte eine hofFentlich griindliche Anderung der An-
schauungen hervorgebracht haben.
Von dieser wird hofFentlich auch die Operette einen Nutzen haben.
Denn so wenig ein Vernunftiger diese heitere und unterhaltende Kunst-
gattung entbehren mochte, so offen muO doch gesagt werden, daO der
bliihende Blodsinn, der mit sexuellem Pfeffer und dem iiblichen Tanz-
gehopse versehen seit geraumer Zeit den Inhalt der Operetten bildet,
unertraglich geworden ist und hofFentlich bald endlich einer Verbesserung
weichen wird, die im weiteren Verlauf zu einer neuen Bliite des Singspiels
und der heiteren Oper fiihren kann.
Ganz besonders wichtig und notwendig erscheint es mir, daC sich
die deutsche Tonkunst von dem melodischen EinfluB der Englander und
Amerikaner befreit, dessen Uberhandnehmen gerade bei der Operette, aber
auch beim Lied, bei der Tanzkomposition, beim Couplet, ja sogar bei der
Marschmusik festzustellen war. Jene casurenlosen, leierigen Weisen, die
teils ohne rhythmische Gliederung dahinschlendern, teils abgehackte
Rhythmen zeigen, sind so undeutsch als moglich, waren aber in die Mode
gekommen wie die englischen Anziige und araerikanischen Halsbinden und
Schuhe. Die schlappe, schleimige angelsachsische Melodik gait fiir „chik",
weil sie so salopp, so seelenlos war.
Erreichen wir die Loslosung der leichten Musik aus den Fesseln des
Auslandes, so ist schon deshalb sehr viel damit gewonnen, weil gerade
diese Musik durch unzahlige Schallplatten und andere mechanische Hilfs-
mittel in die weitesten Kreise getragen wird. Bei der ungeheuren Wichtig-
keit dieser neuzeitlichen Volksmusik ware der Gedanke wohl der Erwagung
wert, durch einen musikalischen „ Heimatschutz" EinfluQ auf diesen
Zweig der Musikausiibung zu gewinnen und im Sinne einer verstindigen
musikalischen Volkserziehung geltend zu machen.
Was die Verdeutschung der musikalischen Kunst- und Fachausdriicke
anlangt, so halte ich sie zwar fiir berechtigt und wunschenswert, warne
aber vor Ubereilung, die hier mehr schaden als nutzen kann. Robert
Schumann hat bereits den Versuch gemacht, die italienischen ZeitmaB-
bezeichnungen durch deutsche zu ersetzen, und seinem Beispiele sind z. T.
Brahms und andere gefolgt, ohne daC es doch bisher gelungen ware, die
fremdsprachigen Ausdriicke zu verdrangen. Der Musiker verbindet eben
mit Worten wie Andante, Adagio, Allegro usw. ganz bestimmte Begriffe,
die durch die entsprechenden deutschen Worte nicht mit derselben Deutlich-
keit gekennzeichnet werden. Auch beim Gesangsunterricht wird nur ein
HeiCsporn den volligen Verzicht auf die italienische Sprache verlangen, die
nun einmal durch ihre Vokalisation besonders dazu geeignet ist. Wohl
aber ist der gewohnheitsmaOige Unfug zu beseitigen, dafi die meisten
214 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Sangerinnen die Reihe ihrer Darbietungen rait einer Arie in italienischer
Sprache eroffnen.
Die iible Sitte, die TitelblStter von Tonwerken in franzosischer
Sprache abzufassen, ist leider noch nicht ganz uberwunden, doch wird
kiinftig wohl kein deutscher Verleger ihr mehr huldigen diirfen, ohne sich
scharfstem Tadel auszusetzen.
Wichtiger aber als diese mehr oder minder SuBerlichen Dinge ist die
Befreiung unserer Kunst von dem undeutschen Mammonismus, dem sie
immer riickhaltloser zu verfallen drohte. Die vielgeriihmte Antwort eines
deutschen Sangers auf eine ehrenvolle, aber nicht mit hohetn Geldangebot
verbundene Einladung: „Ehrensache Nebensache, Geldsache Hauptsache"
ist bezeichnend fur den Geist, der auch in unserem Musikleben immer
machtiger geworden war. Auf der einen Seite die Unmoglichkeit, mit
ernsten kiinstlerischen Leistungen hervorzutreten, wenn man nicht fur
Reklamc, Agenten und Verleger-, Auslagen" groBe Summen aufwenden
kann — und auf der anderen Seite die Sucht, die Gunst der „Konjunktur"
riicksichtslos auszuniitzen und auch mit der Kunst Geld zu machen um
jeden Preis. Folgte aus dem erstgenannten Ubelstand naturgemaB die be-
schamende Tatsache, daB der von Haus aus vermogende Kiinstler fast
allein die Moglichkeit des kiinftigen Erfolges besitzt, weil er diesen vor-
bereiten und „etwas ins Geschaft stecken" kann, so ergab sich aus dem
anderen die riicksichtslose Jagd nach dem Gold, die als „Amerikanisierung"
der Kunst so hoch gepriesen wurde.
Die dies taten, bedachten nicht, daB durch den Mammonismus in der
Kunst diese immer mehr zum bloBen Geschaft herabsank und im selben
MaBe an innerer Reinheit und Wahrhaftigkeit sowie an der Wertschatzung
bei den Besten unseres Volkes verlieren muBte. Eine kleine Minderheit
wollte uns alien Ernstes einreden, daC die rein geschaftsmaBige Regelung
aller Kunstdinge nach den Grundsatzen : Unternehmer-Angestellter, Kapital-
anlage-Kapitalumlauf, Angebot und Nachfrage die einzig moderne sei.
Der Krieg hat gliicklicherweise gezeigt, daB der Geist Schillers noch in
unserem Volke lebendig ist. Er moge kraftvoll die Wechsler und Handler
aus dem Tempel unserer Kunst treiben, damit fur ihre Jiinger das Schiller-
wort an die Kiinstler wieder zur Wahrheit werde:
Der Menschheit Wurde ist in eure Hand gegeben,
Bewahret sie!
HANS VON BOLOWS PSEUDONYM
W. SOLINGER
Sehr geehrter Herr Redakteur!
Der in Ihrem 1. Augustheft 1915 crschienene Artikel „Hans von
Biilows Pseudonym W. Solinger" von Harzen-Miiller gibt dankenswerten
AnlaO zu einigen Bemerkungen. Der Herr Verfasser scheint wirkliches
Interesse fur Biilows Kompositionen zu haben, deren Nichtberucksichtigung
in den Konzertsalen er beklagt. Im iibrigen stiitzt sich sein Artikel in
allem Wesentlichen auf Band III der von mir veroffentlichten Briefe meines
Mannes, obwobl diese Quelle nur an einer Stelle inmitten der Ausfiihrungen
genannt wird. DaC die fliichtigen kurzen Skizzen von B. Vogel (1887)
und E. Zabel (1894) das Pseudonym W. Solinger nicht beriihren, ist
naturlich. Hingegen hatte mein der zweiten Auflage von Biilows „Schriften"
(1911) beigegebenes genaues Verzeichnis seiner samtlichen Kompositionen,
Bearbeitungen und Ausgaben dem Verfasser von Nutzen sein konnen. Dies
Verzeichnis en t halt 44 Werke, wovon 13 ohne Opuszahl, unter diesen
letzteren nur zwei nicht mit eigenen Namen, sondern W. Solinger gezeichnet.
Demgegenuber lafit sich Herrn Harzen-Mullers Anfangssatz: B Bulows
Kompositionen zerfallen in die mit seinem Namen bezeichneten und in
die pseudonymen" sicher nicht aufrechterhalten. Ebensowenig wie sein
SchluQsatz vom „Adligen und Koniglichen Hofpianisten, der es verstanden,
die Autorschaft beider sozialpolitischer Tendenzlieder ganz geheimzuhalten . . .
Zu seinen Lebzeiten schon diese Pseudonymitat zu liiften, ware gegen
seinen ausdriicklichen Willen gewesen." Solcher Auffassung steht Biilows
weltbekannter Freimut, von dem viele meinten, er ware auch bei zahl-
reichen offentlichen Anlassen iiber die Grenzen des Erlaubten weit hinaus-
gegangen, geradezu entgegen. DaC er damals, als jugendlicher Bahnbrechei
fur Liszt und Wagner, der erst sich durchzusetzen hatte, um der von ihm
iiber alles hochgehaltenen Sache wirksam zu dienen, daQ Biilow Anfang
der sechziger Jahre fur das unter Lassalles EinfluO entstandene „Arbeiter-
lied" ein Pseudonym wahlte, war einfach Notwendigkeit. Aber schon
zehn Jahre spater diirfte ihm eine Enthiillung seiner Autorschaft gleicbgiiltig
gewesen sein, von seiner mutmaClichen Stellungnahme in den zwanzig
letzten Lebensjahren ganz zu geschweigen. Den Grundsatz: was er getan
oder gesagt, vor aller Welt bis in die peinlichsten Folgen hinein personlich
zu vertreten, hat er zeitlebens auf die Spitze getrieben; und da dies ein
Hauptzug seines Wesens war, ist es weder ein nebensachliches noch ein zu-
falliges Moment, daB Pseudonymitat in diesem Leben keine Rolle gespielt
hat, wenn er sich auch, wie gesagt, in seiner ringenden und kSmpfenden
216 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Jugend einigemale dazu herbeilassen muBte. Die von Herrn Harzen-Muller,
B Musik" S. 126, angefuhrte Briefstelle (sie stammt aus Biilow III S. 581)
vom 19. Februar 1864 vom „vielleicht ernsthaften musikalischen SpaO" batte
ich ebenfalls stets auf ,Die groDe Firma", die zweite unter W. Solinger
erschienene (1867) Komposition bezogen, wie dies aus einer in meinem Ver-
zeichnis stehenden Bemerkung S. 293 zu ersehen ist. Bis ich in dem
Buche von W. WeiCheimer B Erlebnisse mit Wagner, Liszt und vielen
anderen Zeitgenossen" S. 371 folgende Stelle fand: „Da er [Liszt, der
eben eine Weiflheimerische Komposition angehort hatte] nocb mehr horen
wollte, spielte ich zur Abwecbslung einmal ,Die groOe Firma' von Freiherr
v. Gaudy, welche soeben bei Bayrhofer in Diisseldorf unter dem Pseudonym
,Solinger op. 2' erschienen war, weil Biilow kurz vorher ein ahnliches
Werk unter ,SoIinger op. 1' hatte erscheinen lassen. Die Firma Solinger
sollte daher fortgesetzt werden mit der Inschrift: ,Den Manen Lassalles'.
Ich weiO nicht, ob sich noch ein anderer zur Fortsetzung der Solingerfirma
bereit gefunden hat." Nach dieser Mitteilung, deren Berechtigung anstands-
los geglaubt oder die auch — je nach der Stellung, die man WeiBheimers
Buch gegeniiber einnimmt — bestritten werden kann, wiirde die Frage
nach W. Solingers op. 3 namlich noch offen sein. In meinem mehrfach
genannten Verzeichnis von 1911 figuriert dies Opus unter „Bearbeitungen"
S. 299 bei Meyerbeer, Manzanilla-Szene aus der B Afrikanerin*. Wie Herr
Harzen-Muller dabei die Pseudonymitat unerklarlich findet, so finde ich
es noch unerklarlicher, daB Biilow im Jahre 1866 dieses Stuck gemacht
und veroffentlicht haben soil. Mein Glaube daran ist durch die Stelle bei
WeiCheimer stark erschiittert. Somit bliebe von dem Bestande der drei
Solinger-Opera nur eins als sicheres Bulowsches Gut. Es bildet einen
kleinen charakteristischen Zug in seinem Kiinstlerantlitz, wertvoll an sich
wie durch den episodischen Zusammenhang mit Lassalle; dieser Zug kann
durch die zwei folgenden Solinger-Stiicke — selbst wenn sie von Biilow
stammten — weder vertieft noch erganzt werden.
Marie von Biilow
ANTON BRUCKNER-LITERATUR
ZUSAMMENGESTELLT VON OTTO KELLER IN MUNCHEN
SchluO
21. Ein unbekannter Symphoniesatz von Bruckner
— i— Ein unbekannter Symphoniesatz Bruckners. Linzer Tagespost, 12. 11. 1913.
Gollerich, A. Zur Erstauffuhrung des „Andante", einer Schularbeit A. Bruckners.
Linzer Tagespost, 21. 11. 1913.
Hynais, C. Ein unbekannter Symphoniesatz Bruckners. Signale fur die musikalische
Welt, Berlin, 71.Jahrg., No. 43.
Kr. Die erste Auffuhrung eines Symphonie-Andante von Bruckner in Wien. Abend-
post, Wien, 6. 11. 1913.
22. Bruckners Streichquintett
Anonym. Bruckners F-dur Quintett in Karlsruhe. Badische Presse, Karlsruhe, 18. 1. 1912.
Ehlers, P. Das F-dur Quintett. Augsburger Abendzeitung, Augsburg, 8. 2. 1908.
K. St. Die Leich' auf der Aim und die Wiiste Davids. Illustriertes Extrablatt, Wien,
12. 1. 1885.
Louis, R. Bruckners Streichquintett in F-dur. Neueste Nachrichten, Munchen, 1.2. und
6. 2. 1905.
„ Bruckners Streichquintett in F-dur. Neueste Nachrichten, Munchen, 5.2. 1908.
23. Bruckner als Kirchenkomponist
Auer, M. Anton Bruckners Kirchenmusik. Musica divina, Wien, 1. Jahrg., Heft 7/8 und
2. Jahrg., Heft 5/6, 10/11, 3. Jahrg., 1, 3, 4.
Bauer, M. Die Bedeutung Anton Bruckners als Kirchenkomponist. Vortrag in der
Ortsgruppe Frankfurt a. M. der Internationalen Musikgesellschaft am 19. 3. 1912.
Grunsky, K. Anton Bruckner als Kirchenkomponist. Kunstwart, 14. Jahrg., No. 6.
24. Bruckners d-moll Messe
a) Allgemeines:
Helm, Th. Bruckners d-moll Messe. Deutsche Zeitung, Wien, 16. 1. 1897.
Lvovsky, B. Anton Bruckners Messe in d-moll. Almanach der Osterreichischen
Musik- und Theaterzeitung, Wien, 1897.
Pembaur, J. Bruckners d-moll Messe. Blatter fur Kirchenmusik, Wien 1892.
b) Auffiihrungen:
In Wien: J. B. K. Bruckners Messe in d-moll in Wien. Neue Zeitschrift fur Musik,
Leipzig, 7. 3. 1900.
Lvovsky, B. Anton Bruckners Messe in d-moll. Zur Erstauffuhrung in Wien
am 17. Januar 1897. Osterreichische Musik- und Theaterzeitung, Wien,
15. 1. 1897.
L. Sp. Bruckners Messe in d-moll. Fremdenblatt, Wien, 28. 1. 1897.
25. Bruckners e-moll Messe
a) Allgemeines:
Mohler, Anton. Anton Bruckners e-moll Messe. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1902,
No. 13.
218
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
b) Auffuhrungen:
In Chemnitz: ob. Bruckners Messe in e-moll in Chemnitz. Chemnitzer Tagblatt,
20. 11. 1913.
—I. Bruckners Messe in e-moll. (Auffuhrung in Chemnitz.) Chem-
nitzer Tagblatt, 22. 3. 1913.
In Linz: E. G. 8. Festkonzert der Brucknerstiftung in Linz. Salzburger Volks-
blatt, 1.5. 1913.
In Munchen: A. H. Anton Bruckners Messe in e-moll in Miinchen. Munchner
Zeitung, 29.5. 1911.
Osterreichische
26. Bruckners f-moll Messe
a) Allgemeines:
Lvovsky, B. GroDe Messe No. 3 in f-moll von Anton Bruckner.
Musik- und Theaterzeitung, Wien, 15. 12. 1895.
„ GroDe Messe No. 3 in f-moll von Dr. Anton Bruckner. Almanach der
Osterreichischen Musik- und Theaterzeitung, Wien 1897.
Rietsch, H. DieTonkunstinder2.H51ftedes 19.Jahrhunderts. (Bruckners f-moll Messe.)
b) Auffuhrungen:
In Dresden: E. P. Bruckners f-moll Messe in Dresden. Dresdner Nachrichten,
26. 11. 1912.
In Leipzig: Steinitzer, Max. Konzert des Riedelvereines. Leipziger Neueste Nach-
richten, 11. 11. 1914.
In Mannheim: Segnitz, E. Die Mannheimer Erstauffuhrung der f-moll Messe von
Bruckner. Blatter fur Haus- und Kirchenmusik, Langensalza,
17. Jahrg., No. 5.
Egel. Die Mannheimer Erstauffuhrung der f-moll Messe von Bruckner.
Musiksalon, Berlin, 5. Jahrg., No. 3/4.
In Mfihlheim an der Ruhr: Schmedding, H. Bruckners Messe in f-moll in Muhlheim
an der Ruhr. Rhein- und Ruhrzeitung, Essen, 11. 11. 1912.
In Munchen: Louis, R. Bruckners f-moll Messe in Munchen. Neueste Nachrichten
Munchen, 5. 12. 1913.
In Nurnberg: K. Zur Auffuhrung von Bruckners f-moll Messe. Frankischer Kurier,
Nurnberg, 26. 11. 1913.
Anonym. Jubil2umskonzert des Vereines fur klassischen Chorgesang.
(Anton Bruckners f-moll Messe.) Niirnberger Zeitung, 28. 11. 1913.
In Tubingen: Grunsky, K. Bruckners f-moll Messe in Tubingen. Zeitschrift der
Internationalen Musikgesellschaft, Leipzig, 1. Jahrg., S. 349.
In Wien: Anonym. Bruckners f-moll Messe in Wien. Fremdenblatt, Wien,
8. 3. 1903.
— d— r. Bruckners f-moll Messe. Deutsche Kunst- und Musikzeitung,
Wien, 1.4. 1893.
E. B. Bruckners Messe in f-moll in Wien. Neues Wiener Journal,
Wien, 16. 1. 1913.
H. Bruckners f-moll Messe in Wien.
15. 12. 1885.
H. P. Bruckners f-moll Messe in Wien.
Korngold, J. Bruckners f-moll Messe.
9. 3. 1906.
Wymetal. Bruckners f-moll Messe im 4. auQerordentlichen Gesell-
Allgemeine Zeitung, Wien,
Abendpost, Wien, 6. II. 1894.
Neue Freie Presse, Wien,
schafts-Konzert. Tagespost, Brunn, 10. 3. 1903.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB) 219
27. Bruckners Tedeum
a) Allgemeines:
Reichel, A. Te deum laudamus von Anton Bruckner. Schweizerische Musikzeitung,
Zurich, 44.Jahrg., No. 6.
Schmitz, Eugen. Kleine Partiturausgabe von Bruckners Tedeum. Signale fur die
musikalische Welt, Leipzig, 20. 10. 1905.
b) Auffuhrungen:
In Berlin: Anonym. Bruckners Tedeum. (28. Tonkiinstlerversammlung, Berlin.)
Musikalisches Wochenblatt, Leipzig, 18. 6. 1891.
In Frankfurt a. M.: P. B. Bruckners Tedeum in Frankfurt. Frankfurter Zeitung,
23. 3. 1912.
In Leipzig: Niemann, W. Bruckners Tedeum in Leipzig. Neueste Nachrichten,
Leipzig, 24. 2. 1912.
Segnitz, E. Bruckners Tedeum in Leipzig. Tageblatt, Leipzig,
24. 2. 1912.
In Nurnberg: St. Das Tedeum von Bruckner in Nurnberg. Frankischer Kurier,
Nurnberg, 7. 5. 1913.
In Wien: K. St. Bruckners Tedeum. Ulustriertes Wiener Extrablatt, Wien,
23. I. 1886.
28. Bruckners 114. Psalm
Eine Seite aus der Originalhandschrift des 114. Psalms von Anton Bruckner. Die
Musik, Berlin, 6. Jahrg., No. 1.
Gollerich, A. Anton Bruckners 114. Psalm. Die Musik, Berlin, 1. 10. 1906.
29. Bruckners 150. Psalm
Botstiber, H. A. Bruckner, der 150. Psalm erlautert. Leipzig 1909.
Graf, M. Bruckners 150. Psalm. Neues Wiener Journal, Wien, 21. 1. 1901.
Helm, Tb. Bruckners 150. Psalm. Deutsche Zeitung, Wien, 21. 1. 1901.
30. Bruckner als M&nnerchorkomponist
Helm, Th. Bruckner als Mannerchorkomponist- Festblatter zum 6. Deutschen
SSngerbundesfest in Graz 1902. Heft 3.
31. Bruckners Chor „Abendzauber"
Anonym. Der Chor „Abendzauber" von Bruckner im Konzert des Wiener Manner-
gesangvereines. Neue Freie Presse, Wien, 29.3. 1911.
E. B. Der Chor „Abendzauber" von Anton Bruckner im Wiener MSnnergesangverein.
Neues Wiener Journal, Wien, 19. 3. 1911.
32. Das Hohe Lied von Bruckner
H. G. Anton Bruckner, das Hohe Lied. Mannerchor. Neue musikalische Presse,
Wien, 9. 3. 1902.
Keller, O. Das Hohe Lied von Anton Bruckner. Deutsche Kunst- und Musikzeitung,
Wien, 15. 2. 1902.
Wagner, Hans. Das Hohe Lied von Anton Bruckner. Deutsches Volksblatt, Wien,
31. 1. 1902.
220
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
33. Amaranths Waldeslieder von Bruckner
Marschalk, Max. Amaranths Waldeslieder. Ein Lied Anton Rruckners. Die Musik,
Berlin 1901, No. 17.
34. Eine verschollene Festkantate Bruckners
Graflinger, F. Eine verschollene Festkantate. Neue Musikzeitung, Stuttgart 1910, No. 19.
35. Geschichtliche Daten fiber Entstehung und Auffabrnng
Brucknerscher Werke
(Unter teilweiser Benutzung von Aufzeichnungen Dr. Theodor Helms und M. Auers)
Erste Symphonie
Entstanden 1865/66 in Linz
1868, 9. Mai. Urauffuhrung in Linz.
1891, 13. Dezember. Erstauffuhrung in Wien (Phil. Konzert) unter Hans Richter.
1898, 20. Marz.
1898/99.
1902, Oktober.
1905, 15. M8rz.
1909.
1873, 26. Oktober.
1876, 20. Februar.
1894, 25. November.
1896.
1897.
1902, 30. Januar.
1902, 27. Oktober.
Saison 1902/03.
1904, 23. Marz.
1910.
1913.
Erstauffuhrung in Linz in der neuen Gestalt unter Gollerich.
Erstauffuhrung in Mannheim unter Reznicek.
Erstauffuhrung in Berlin (Tonkunstlerorchester) unter Richard
StrauB.
Erstauffuhrung in Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Erstauffuhrung in Munchen.
Zweite Symphonie
Entstanden 1871/72 in Wien
Urauffuhrung bei der SchluCfeier der Weltausstellung in Wien.
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter personlicher Leitung
des Komponisten.
Wien (Pbilharmonische Konzerte) unter Richter.
Brunn unter Kitzler.
Heidelberg unter Wolfrum.
Stuttgart unter K. Pohlig.
Berlin unter Nikisch.
Chemnitz unter Pohle.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Mannheim.
Teplitz.
Dritte Symphonie (Richard Wagner gewidmet)
1877, 16. Dezember.
1885.
1885.
1890, 21. Dezember.
Saison 1890/91.
1891, 25. Januar.
1891, 14. Februar.
1892, 9. Juli.
Entstanden 1873/77 in Wien
Urauffuhrung in Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter
personlicher Leitung des Komponisten.
Frankfurt am Main unter Muller.
Dresden.
Wien (Philharmonische Konzerte).
Salzburg.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Hans Richter.
Prag.
Wien (PopulSre Symphoniekonzerte der Musik- und Theater-
ausstellung) unter Lowe.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB)
221
1893.
1894, MMrz.
Saison 1897/98.
1899.
1900, 17. MIrz.
1900, 8. April.
Saison, 1901/02.
1902, November.
Saison, 1902/03.
Berlin (Philharmonische Konzerte).
Paris unter Lamoureux.
Oldenburg unter Manns.
Breslau unter Maszkowski.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Linz unter Gollerich.
Berlin (Tonkunstlerorchester) unter R. StraufJ.
Mannheim unter Kahler.
Leipzig unter Nikiscb.
1881, 21. Februar.
1888, 29. Januar.
1890, 12. Dezember.
1891, 1. Februar.
1892, 15. Juni.
1893, Mirz.
1893, Mirz.
1895, Februar.
1895, Marz.
1895, 15. November.
1896, 5. Januar.
Saison 189697.
Saison 1896/97.
Saison 1896/97.
Saison 1896,97.
1897, 23. November.
Saison 1897/98.
Saison 1897/98.
Saison 1897,98.
Saison 1897/98.
Saison 1897/98.
Saison 1899/00.
1900, 20. November.
Saison 1899/1900.
1900, 6. Februar.
1901, 4. Januar.
1901, 24. Marz.
1901, 4. November.
1902, 18. Mai.
1902, 19. November.
Saison 1902,03.
1903, 30. Januar.
1910.
1913.
1914.
1914.
Vierte Symphonie (Die Romantische)
Entstanden 1874/80 in Wien
Urauffutarung Wien (Konzert des Deutschen Schulvereins) unter
Hans Richter.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Hans Richter.
Miinchen unter Levi.
Graz unter Schalk.
Wien (Musik- und Theaterausstellung) unter Schalk.
Briinn.
Troppau.
Hamburg unter Mahler.
Berlin (Konigliche Kapelle) unter Weingartner
Dresden unter Nicode\
Wien (Philharmonische Konzerte).
Frankfurt am Main unter Kogel.
Leipzig unter Sitt.
Koln unter Wullner.
Wiesbaden unter Lutter.
Wien (Budapester Symphonieorchester) unter Zimmer.
Innsbruck unter Pembaur.
Darmstadt unter de Haan.
Wurzburg unter Klieber.
Baden-Baden unter Hein.
Lubeck unter Afferni.
Stuttgart unter Obrist.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Schwerin unter Zumpe.
Kopenhagen.
Graz unter Sporr.
Linz unter Gollerich.
Teplitz unter Zeischka.
Laibach.
Karlsruhe unter Mottl.
Prag unter Nedbal.
Wien (Gutmanns Philh. Konzerte) unter Mottl.
Breslau.
Hamburg unter Nikisch.
Dresden unter Kutzschbach.
Hamburg unter Hausegger.
222
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Fun
1894, 8. April.
1895, 18. Dezember.
1898, Februar.
1898, 1. Marz.
Saison 1898/99.
Saison 1898/99.
1899, 9. November.
1899, 6. Dezember.
Saison 1899/00.
Saison 1900,01.
Saison 1900/01.
Saison 1900,01.
1901, 24. Februar.
1901, 10. Dezember.
1912.
1912.
1912.
1913.
1913.
1883, 11. Februar.
1899, 26. Februar.
1901, 14. Marz.
1902, 19. Marz.
Saison 1902/3.
1908.
1913.
Sieben
1884, 30. Dezember.
1885, 10. Marz.
1885
Saison 1885/86.
Saison 1885/86.
Saison 1885/86.
1886, 21. M2rz.
1886, 2. November.
1886, November.
1887, 31. Januar.
1887, April.
1887, April.
1889, 24. Februar.
1891, Juni.
1894, Januar.
fte Symphonie in B-dur (mit ChoralschluB)
Entstanden 1875/80 in Wien
Urauffuhrung in Graz unter Scbalk.
Budapest unter Lowe.
Munchen unter Lowe.
Wien (MQnchener Kaimorchester) unter Lowe.
Berlin unter Nikisch.
Frankfurt a. M. unter Rottenberg.
Leipzig unter Nikisch.
Karlsruhe unter Mottl.
Berlin unter Weingartner.
Hamburg unter Fiedler.
Bremen unter Panzner.
Oldenburg unter Manns.
Wien (Philharmonische Konzerte) unter Mahler.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Karlsbad unter Manzer.
Stuttgart unter Schillings.
Dresden unter Schuch.
Breslau unter Dohrn.
Pforzheim (in der Kirche mit Berlioz' Requiem zusammen).
Sechste Symphonie in A-dur
Entstanden 1897/81 in Wien
Urauffuhrung des Adagio und Scherzo (im Philharmonischen
Konzert) Wien.
Erste vollstandige Auffuhrung in Wien (im Philharmonischen
Konzerte) unter Mahler.
Stuttgart unter Pohlig.
Wien (Konzertverein) unter Lowe (ungekurzt).
Berlin unter Weingartner.
Munchen (Akademiekonzert) unter Mottl.
Leipzig unter Nikisch.
te Symphonie in E-dur (mit cis-moll Adagio)
Entstanden 1881/83 in Wien
Urauffuhrung in Leipzig unter Nikisch.
Munchen unter Levi.
Karlsruhe (Tonkunstlerversammlung) das Adagio.
Karlsbad unter Sporr.
Graz.
Koln unter Wullner.
Wien (Philharmonische Konzerte) unter Richter.
Amsterdam.
New York unter Thomas.
Berlin unter Klindworth.
Budapest.
Dresden.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Richter.
Berlin (Tonkunstlerversammlung).
Berlin unter Muck.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB)
223
1895, 18. Dezember.
1896, Juni.
Saison 1896/97.
Saison 1896/97.
Saison 1896/97.
Saison 1898/99.
1899, 18. Januar.
1901.
1901, 13. M»rz.
Saison 1902/3.
Saison 1902/3.
1912.
1913.
Frankfurt a. M. unter Rottenberg.
Troppau.
Muncben unter Franz Fischer.
Stuttgart unter Obrist.
Konstanz unter Handloser.
Hannover unter Kotzky.
Magdeburg unter Winkelmann.
Oldenburg unter Manns.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Prag unter Nedbal.
Dortmund unter JanlJen.
Hamburg unter Hausegger.
Breslau unter Dobrn.
1895, 18. Dezember,
1893.
1899, 17. Dezember.
1901, 8. Januar.
1901, 15. Marz.
1902.
1903, 3. Marz.
1903, 16. April.
1911, 7. Dezember.
1911.
1913.
1913.
Achte Sympbonie in c-moll
Entstanden 1885/90 und umgearbeitet 1889/90 in Wien
1892, 18. Dezember. Urauffuhrung in Wien (im philharmonischen Konzerte) unter
Richter.
Dresden unter Nicod£.
Olmutz unter Labler.
Munchen unter Hausegger.
Mannheim unter Klbler.
Graz unter Sporr.
Berlin (Konigliche Kapelle) unter Weingartner.
Wien (Konzertverein) unter Lowe.
Stuttgart unter Pohlig.
Karlsruhe unter Reichwein.
Breslau.
Linz unter Gollerich.
Hamburg unter Hausegger.
Neunte Symphonie in d-moll
Entstanden 1. Satz April 1891 bis 14. Oktober 1892, Scherzo beendet 15. Februar 1894,
Trio beendet 27. Februar 1893, Adagio beendet 31. Oktober 1894
1903, 11. Februar. Urauffuhrung in Wien (Konzert des Akademischen Wagner-
vereines) unter Lowe.
Duisburg unter Josephson.
Berlin (Philharmonische Konzerte).
Wien (Philharmonische Konzerte) unter Muck.
Paris (Lamoureuxorchester) unter Hasselmans.
Berlin (Kdnigliche Kapelle) unter R. StrauQ.
Dusseldorf unter Panzner.
Koln unter Steinbach.
Dresden unter Kutzscbbach.
Hamburg unter Francesco P. Neglia.
d-moll Messe
Entstanden 1863/64 in Linz
Wien (Hofkapelle) unter Herbeck.
Hamburg unter Mahler.
Steyr unter Bayer.
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter R. von Perger.
1903, 24. Mai.
1903, 26. Oktober.
1906, 4. Marz.
1908, 14. Mai.
1910.
1910.
1912.
1914.
1914.
1867.
1893, 30. M2rz.
1893, 2. April.
1897.
224
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
1869, 29. September.
1885, 4. Oktober.
1899, 17. Marz.
1902.
1903, 2. Juli.
1913.
1913.
1872, Juni.
1884, 9. November.
1885, 8. Dezember.
1893, 23. Marz.
1894, 4. November.
Saison 1896/97.
Saison 1902/03.
Saison 190203.
1903, 13. April.
1910.
1913.
1913.
1913.
1914.
1885, 2. Mai.
1886, 10. Januar.
1886, April.
1888, 13. April.
1891, 31. Mai.
1891, 3. Dezember.
1892, 15. April.
1892, 26. Mai.
1893, 21. Mai.
1896.
Saison 1896,97.
1897.
Saison 1897/98.
1900.
Saison 1901/2.
Saison 1902/3.
Saison 1902,3.
1910, 20. Marz.
1912.
1913.
1913.
e-moll Messe
Entstanden 1868/69 in Linz
Linz (im Dom) unter Leitung des Komponisten.
Linz unter Schreyer.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Dr. Neubauer.
Leipzig (Riedelverein).
Tubingen.
Linz unter Gollerich.
Chemnitz unter Mayerhoff.
f-moll Messe
Entstanden 1867/68 in Linz
Wien (Augustinerkirche).
Wien (Hofkapelle) unter Leitung des Komponisten.
Wien (Hofkapelle) unter Hellmesberger.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Schalk.
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Gericke.
Tubingen unter Kauffmann.
Dfisseldorf.
Elberfeld.
Mannheim (Musikfest) unter Mottl.
Muhlheim a. d. Ruhr unter Diehl.
Niimberg unter Hans Dorner.
Augsburg unter Hugo Rohr aus Munchen.
Dresden unter Albert Romhild.
Leipzig unter Richard Wetz.
Tedeum
Entstanden 1883/84 in Wien
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Leitung des Kom-
ponisten.
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Richter.
Munchen.
Brunn.
Berlin (Tonkunstlerversammlung) unter S. Ochs.
Amsterdam unter Viotta.
Hamburg unter Mahler.
Cincinnati unter Th. Thomas.
Dusseldorf.
Munchen unter Zumpe.
Leipzig unter Nikisch.
Dresden unter Nicode\
Karlsruhe unter Mottl.
Munchen unter Hausegger.
Koburg unter Heubner.
StraBburg unter Stockhausen.
Stuttgart unter Seyffardt.
Wien (Philharmonische Konzerte).
Frankfurt a. M. unter Schuricht.
Nurnberg unter Lowe.
Augsburg unter Hugo Rohr aus Munchen.
KELLER: BRUCKNER-LITERATUR (SchluB)
225
1906, 1. April.
1892, 13. November.
Saison 1896/97.
1899, 15. April.
1900, 8. April.
1901, 20. Januar.
1902, 26. Februar.
Der 114. Psalm
Entstanden 1850 in St. Florian
Linz (Musikverein) unter Gollerich.
Der 150. Psalm
Entstanden 1892 in Wien
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Gericke.
Chemnitz unter Mayerhoff.
Wien (Akademischer Wagnerverein) unter Lowe.
Linz unter Gollerich.
Wien (Gesellschaft der Musikfreunde) unter Lowe.
Leipzig (Riedelverein) unter Gohler.
Streichquintett
Entstanden 1879 in Wien
1881, 17. November. Wien (Quartett Winkler). Interner Abend des Akademischen
Wagner-Vereins.
1885, 8. Januar. Wien (Quartett Hellmesberger).
1896. Wien (Quartett Duesberg).
1905. Munchen (Munchener Streichquartett).
1912. Karlsruhe.
Mannerchore:
Tafellied (Text von Ptak), entstanden Kronsdorf 1845? Erstauffuhrung 13. 3. 1893 durch
den Akademischen Gesangverein Wien.
Festkantate (Pammersberger), entstanden Linz 1862, 1. 5. 1862 Liedertafel Frohsinn
in Linz.
Germanenzug (Silberstein), entstanden Linz 1863, 5. 6. 1863 durch den Oberosterreich-
Salzburger Sangerbund in Linz. 11. 12. 1891 durch den Akademischen Gesang-
verein in Wien.
Herbstlied (Sallet), entstanden Linz 1864, 24. 11. 1894 durch die Liedertafel Frohsinn
in Linz.
Urn Mitternacht (Prutz), entstanden Linz 1864, 11. 12. 1864 durch die Liedertafel Froh-
sinn in Linz.
Um Mitternacht (zweite Fassung, Text von J. Mendelssohn), entstanden Wien 1870,
1870 durch die Liedertafel Frohsinn in Linz, 22. 2. 1885 durch den Akademischen
Gesangverein Wien, 27. 3. 1887 durch den Wiener Mannergesangverein/
Vaterlandsliebe (Silberstein), enstanden Linz 1866, 4. 4. 1868 durch die Liedertafel
Frohsinn in Linz.
Vaterlandisches Weinlied, entstanden Linz 1866, 13. 2. 1868 durch die Liedertafel Froh»
sinn in Linz.
Der Abendhimmel (Zedlitz), entstanden Linz 1866, 11.12.1898 durch den Wiener
Mannergesangverein.
Das hohe Lied (Mattig), entstanden Wien 1876, 13. 3. 1902 durch den Akademischen
Gesangverein Wien.
Trosterin Musik (Seuffert), entstanden Wien 1877, 11.4. 1886 durch den Akademischen
Gesangverein Wien.
Abendzauber (Mattig), entstanden Wien 1878, 18.3. 1911 durch den Wiener Manner'
gesangverein.
XIV. 23. 15
226 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Sangerbund (Kerschbaum), entstanden 1882 Wien, 10. 6. 1883 durch den Oberosterreich-
Salzburgiscben Sangerbund, Wels.
Traumen und Wachen (Grillparzer), entstanden 1890, 15. 1. 1891 durch den Akademischen
Gesangverein Wien.
Das deutsche Lied (E. Fels), entstanden Wien 1892,5.6. 1892 beim Deutsch-Akademischen
SHngerfest in Salzburg.
Helgoland (Silberstein), entstanden Wien 1893, 8. 10. 1893 durch den Wiener Minner-
gesangverein.
Gemischte Chore:
FGnf Tantum ergo, entstanden St. Florian 1846.
Requiem in d-moll, enstanden St. Florian 1849, 12. 11. 1911 durch den Musikverein
Linz unter Gollerich.
Missa solemnis in b-moll, entstanden St. Florian 1854, 29.3.1911 durch den Musik-
verein Linz unter Gdllerich.
Ave Maria, entstanden 1856, 12. 5. 1861 im Linzer Dom (Grundungsfest der Lieder-
tafel „Frohsinn") unter der Leitung des Komponisten.
Antiphon, entstanden Linz, 17. 3. 1910 durch den Wiener a cappella-Chor.
Ave Maria, entstanden 1861, 12. 5. 1861 durch die Liedertafel Frohsinn in Linz unter
der Leitung des Komponisten.
Pange lingua, entstanden Linz 1868.
Locus iste, Graduate, entstanden Wien 1869, 7. 3. 1906 durch den a cappella-Chor
in Wien.
Christus factus est, Graduate, entstanden Wien 1869, 1.3. 1905 durch den a cappella-
Chor in Wien.
Os justi, Iydisch, Graduate, entstanden 1879 Wien, 19. 3. 1908 durch den a cappella-
Chor in Wien.
Virgo jesse, Graduate, entstanden Wien 1884, 7. 3. 1907 durch den a cappella-Chor
in Wien.
Ecce sacerdos, entstanden Wien 1885.
Vexitla regis, phrygisch, entstanden Wien 1892, 6. 4. 1909 in einem geistlichen Konzert
in Vocklabruck unter Auer.
Klavierstucke:
Erinnerung, entstanden Linz, 16. 1. 1901 gespielt von Ella Kerndl in einem Konzerte
des Wiener Akademischen Gesangvereins.
Lieder:
Aus Amaranths Waldestiedem, entstanden Linz.
Im April, entstanden Linz.
Ave maria, entstanden Wien 1882.
REVUE DER REVUEEN
Aus Zeitschriften und Tageszeitungen
NEUE MUSIK-ZEITUNG (Stuttgart), 36. Jahrgang, Heft 17. — „KosmopoIitische oder
nationale Musik?" Von Wilibald Nagel. „. . . Nichts wurde von beschrankterem
Verstande zeugen, als einem extremen Nationalismus das Wort zu reden. Volkisches
Bewufitsein zu entwickeln, zu stahlen und im Kampfe mit der Welt zu bewahren
— das wird schon Arbeit genug kosten. Toricht aber ware es, etwa zu befurworten,
der deutsche Kaufmann solle in Zukunft seine Waren nur in Deutschland absetzen
oder hochstens noch den Neutralen davon abgeben; gleich toricht wire es, an-
zunehmen, der deutsche Forscher solle sein Werk an der Grenze seines Landes
enden lassen. Der Kaufherr, der Mann der Wissenschaft, der Kunstler — sie alle
gehoren der Welt, und sperrt deren Grenzen der Krieg zu, so wird sie der Frieden
wieder auftun. Kunstler sein, heifit als freier, ungebundener Geist schaffen. Wer
sich selbst fesselt und auf nationale Formeln beschrankt, scheidet bald aus. Das
war mit den nationalen Schulen der Fall. Aber was wird nun nacta dem Kriege
mit der Kunst geschehen? Werden, wie mancher das wohl jetzt annehmen mochte,
da das volkische Fuhlen so hoch gespannt ist, wie noch nie zuvor, die nationalen
Schulen wieder aufleben, wird der musikalische Kosmopolitismus die Oberhand
behalten? ..." ,. . . Im Musikschatze der deutschen Vergangenheit Iiegen un-
vergleichlich hohe Werte aufgespeichert, die der Zukunft nicht verloren gehen
durfen, Werte, an die die Musik der kommenden Zeiten immer wieder wird an-
knupfen konnen, ohne sich Fesseln anzulegen. Dem fremden Kunstgute nicht zu
erliegen, den Sinn des eigenen innerlich zu erwerben, urn ihn tatsSchlich zu be-
sitzen, aus der furchtbaren Gegenwart den Wirklichkeitssinn zu gewinnen und ihm
den alten deutschen Idealismus zu vereinen — das mag vielleicht die Aufgabe fur
die Kunstler der nachsten Zukunft sein. Moge aus ihnen ein neuer Fuhrer er-
stehen, uns und der Welt zum Segen, ein Meister, der uns erhebt und begeistert,
uns den Tag und seine Kampfe vergessen macht und uns zu den ewigen Quellen
der wahren Kunst fiihrt, die im BewuBtsein des eigenen Volkes Iiegen. Der
Meister moge sich nie bemiihen, fremde Zulaufe zu diesen Quellen angstlich ab-
zuwehren, denn echte und ehrliche Kunst ist nicht das Vorrecht eines Volkes.
Aber er moge wie Bach die Macht besitzen, das Fremde nach seinem Willen zu
formen und nutzbar zu machen, moge das Kunstwerk nicht nach Laune und Willkur
oder nach modischen Forderungen gestalten, moge aus dem Geiste seines Volkes
heraus fur sein Volk schaffen, das ihn, friiher oder spSter gilt gleichviel, verstehen
wird. Eine Beschrankung auf nationale Ausdrucksmittel, wie sie die volkischen
Schulen des 19. Jahrhunderts kannten, erscheint fur Deutschland mit der Sber-
waltigenden Fiille seines Reichtumes an Musik von vornherein ausgeschlossen.
Die zurzeit noch nicht ubersehbare Masse von deutschtumelnden Werken der
Gegenwart, die Not und Hoffnung des Krieges gebaren, sind deshalb von vorn-
herein als vorubergehende Erscheinungen anzuschen, mag auch vielleicht einiges
davon dauernden Wert besitzen. Den Sinn der Zeit gilt es auch fur die deutsche
Tonkunst zu nutzen, alles Scheinwesen abzutun und die guten Geister wiederzu-
gewinnen, die in der Vergangenheit der deutschen Musik die Weltherrschaft zu
erwerben halfen. Das freilich steht nicht im Willen des Menschen, ist vielmehr
eine von ihm unabhangige Gabe der Natur."
DER MERKER (Wien), 6. Jahrgang, No. 15/16. — „Bach und das 20. Jahrbundert."
Von H. von Perger. Es ist falsch, „im Kunstwerk immer vor allem das Indi-
viduelle zu suchen. Holier als dieses steht jener Uberblick, der alle Variationen
15*
228 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
aller Individualiiaten objektiv in sich aufnimmt. Je individueller, desto abhSngiger,
manierierter (Chopin, Grieg usw.). Individuell-homophon. Universell-polyphon.
Nur derjenige Kunstler kann jenen Oberblick gewinnen, der sein personliches
Empfinden der hoheren Weisheit unterordnet; derselben Fubrerin, die sich in
unserem Moraldenken als kategorischer Imperativ ausspricht, die in der Kunst-
schopfung als kategorischer Imperativ regieren muB, wenn sein Werk etwas Aufler-
gewohnliches, Allgemein - Gultiges darstellen soil. Erst dann erfullt es seinen
praktischen Zweck: der Allgemeinheit einen Blick in geistige Welten tun zu lassen,
die ihr im alltaglichen Leben nicht erreichbar sind. Geistige Welten, deren Ge-
danken sich um die Ideale der Menschheit ranken. Geistige Welten, deren An-
schauung uns erhebt und begltickt. Weil diese bohere Weisheit aber unserem
kulturellen BewuBtsein, ihren Ursachen nach, unbekannt ist, konnen ibre Daseins-
bedingungen nur in Form von Gesetzen offenbar werden. Der Mann, der durch
die Moglichkeit uneingeschranktcr Gedankenvermittlung zum erstenmal bewiesen
hat, daB er diese Gesetze voll erkannte — der Mann hat diese Gesetze gegeben.
Das ist Bach. In dem Mali, als unsere philosophische Wissenschaft sich der Er-
kenntnis derselben Gesetze auf anderen Gebieten nShert, wird die Erkenntnis
Bachs fortschreiten. Dafi die Periode hochsten Aufschwunges der geistigen
musikalischen Schopfungen nicht Hand in Hand mit dem kulturellen Fortschritt
der Musik gekommen ist, hat seine Ursache darin: Nur in jenen Zeiten war die
HerrschaFt der hoheren Weisheit eines Genies, seines aktiven UnterbewuBtseins,
moglich, als Kritik und Analyse des Verstandes noch nicht in TStigkeit getreten
waren. Die Erfahrung an Geschaffenem fabriziert Rezepte. Die Rezepte verursachen
Beeinflussung der Gestaltungskraft. Diese operiert allmahlich nicht nach ihrer
eigenen hoheren Einsicht, sondern nach Einsicht ihres bcwufiten Willens. Der
Wille ist abhangig vom Zeitalter, abhSngig von der Mode, von der Originalitits-
sucht, von der Eitelkeit, von, was weiB ich, noch allem! ..." „. . . Wir Kinder
des 20. Jahrhunderts haben sehen gelernt. Die Geschichte ist es, die als offenes
Buch vor unseren Augen liegt. Hunderte und Hunderte, vom enthusiastischen Taumel
ihrer Zeit getragen, gehen ein in die dunkle Pforte der Vergessenheit! Kein Blick gilt
ihnen mehr; aber unsere Augen hingen an der immer strahlenderen Erscheinung
des schlichten Kantors, des nie modernen Leipziger Schulmannes, der keine Erfolge
traumte, dem es niemals um eine neue Form des Ausdruckes, um hervorstechende
OriginalitSt zu tun war. Nur ,eine Kirchenmusik zu Gottes Ehren' war sein
heilig Ziel. Ihm gait kein subjektiver Wille; er diente seinem Herrgott in Musik
und schuf Gedanken der Musik, die ein unermefiliches Reich offenbarten, das
hoch iiber aller bewuBten menschlichen Erkenntnis steht. Heute, nach zweihundert
Jahren, beginnen wir zu erfassen, auf welch gewaltigem Felsen Bach seine Schopfung
aufgebaut hat. Er steht unerschutterlich im Wandel, im Sturm der Zeit. Der fegt
die kleinen, zarten Bluten der abhangigen, eingekapselten Subjektivitaten, die
Modenerflnder und Modenfuhrer erbarmungslos hinweg."
BUHNE UND WELT (Hamburg), Heft 7, Juli 1915. — „Gluck, der deutsche Musiker."
Von Max A rend. „. . . Es ist wahr, Gluck hat fast ausscblieBlich italienische und
spater franzosischer Texte komponiet. Aber das schlieBt doch nicht aus, daB er
ein echt deutscher Kunstler war. Deutschland war damals, was es seit Bismarck
nicht mehr ist, fast nur ein ,geographischer Begriff, und eine deutsche Literatur
erst im Entstehen — miBverstanden und brusk zuruckgewiesen vom groBten
deutschen Fiirsten, dem groBen Friedrich, dessen Staat die Grundlage fur unser
Deutscbes Reich werden sollte. Wer es aus personlichen Ausspruchen Clucks,
aus seinen Briefen, aus seinem Verkehr mit Klopstock nicht wuBte, muBte es
REVUE DER REVUEEN 229
eigentlicb aus den Werken des Meisters ersehen, was fur ein spezifisch deutscbes
Gemutsleben hier waltet: die Freude an derNatur, am leisen Murmeln des BSchleins,
an der sullen Vogelstimme. Hier spricht das Kind des deutschen Waldes zu uns.
Dazu die Reinheit und die mannliche Kraft, die der ,welsche Tand' der italieniscben
Oper nicbt beeintrachtigen konnte, die lediglicb das kunstlerische Instrument dieser
italieniscben Kunst entnimmt. Wo er es aber kann . . -, ist Gluck deutsch-national.
Mit Begeisterung verfolgte er das Aufbluhen der deutschen Literatur. Klopstocks
Oden war sein Lieblingsbuch. Ein freundschaftlicher Verkehr verband ihn bis
zum Ausgang seines Lebens mit Klopstock. Wir besitzen ein Heft Klopstockscher
Oden, die von Gluck fur Gesang ,beim Klavier zu singen' vertont sind. Es sind
das die Oden: ,Vaterlandslied', ,Wir und sie' (namlich wir und die EnglSnder!),
,Schlachtgesang', ,Der Jungling', ,Die Sommernacht', ,Die fruhen Griber' und
,Die Neigung'. Wir sehen in diesen Liedern, die man als musikalisch-deklamatori-
scbe Akzente zur Klopstockscben Poesie bezeicbnet hat, ein eigentumliches Ver-
hiltnis der Musik zur Poesie, ein Verhiltnis, das etwa auf die alten Barden oder
Rbapsoden mit kunstlerischem Bewulitsein zuruckgreift. Nur mit einer boben
Vortragskunst, die diesem kunstleriscben Gedanken gerecht wird, wirken und
wollen wirken diese GesSnge. Wer in ibnen Schikanen musikalischer Tonsetzkunst
oder gefallige ,Gesange' im landlaufigen Sinne sucht, beweist die Niedrigkeit
seines kunstleriscben Standpunktes und sein kunstlerisches Unvermogen, Gluck
nahezukommen, wird aber vor allem niemals einen Eindruck von diesen herrlichen
Gesangen erhalten. Zu diesen sieben Oden . . . tritt nocb eine achte, vielleicht
die scbonste von alien, eine prachtvolle Vertonung der Ode an den Tod von
Klopstock fur Alt und Klavier. Sie ist ein . . . nachgelassenes Werk des Meisters . . .
Dieser Gesang ist von gewaltigster, sicberlich urdeutscher Wirkung. Stellen, wie
das: ,mit hinab, o mein Leib, zur Heerschar, die entscblief!' am Ende, gehoren
zum Erhabensten der Gesangliteratur uberhaupt. Diese Oden . . . Iassen uns die
GroQe des Verlustes ermessen, den die deutsche Buhne dadurch erlitten hat, daB
Gluck die Komposition der Klopstockschen ,Hermannsschlachf, die er fertig im
Kopfe trug und mit der er sich fast zwei Jahrzehnte beschaftigt batte, nicht mebr
zu Papier gebracht, sondern mit sich in die Ewigkeit genommen hat . . . Kultur
und Kunst sind Blute im Wachstum des Volkes und setzen den Stamm und die
Wurzel der nationalen Macht voraus. Wir Deutsche baben lange darunter leiden
miissen, daB unsere Kultur sozusagen in der Luft scbwebte. So werden wir mit
doppelter Liebe heute das wenige an spezifisch national-deutscher Kunst, was
wir von Gluck in seinen Klopstock-Oden nocb haben, pflegen und buten, wie eine
Mutter ibr letztes Kind, nach dem Verlust der ubrigen, besonders zlrtlich ans
Herz druckt."
ALLGEMEINE ZEITUNG (Chemnitz), Wissenschaftliche Beilage, No. 28. — „Krieg
und Musik." Von Georg Stolz. „. . . Die Einflusse des Krieges auf die Musik
und umgekehrt liegen so klar zutage, daB sie selbst dem Gleichgfiltigen sich be-
merkbar machen. Es konnte niemand entgehen, daB mit der ersten Sturmflut des
Krieges auch jcne Bewegung einsetzte und durch elf Kriegsmonde ungeschwacht
wirkte, welche die Liebe zum deutschen Liede, zum Choral, die Erkenntnis des
reichen Schatzes deutscher Kunst, die Abwehr seichter Fremdware und die starkere
Zuneigung zu unserer klassischen Musik neu belebte, zum anderen die anfeuernde
Kraft, den erhebenden Zauber deutscher Musik zu breitester Wirkung brachte, die
unseren Kriegern als guten Geist das deutsche Lied mit ins Feld gab, die in
unseren Kirchen das sieghafte Lutherlied zu gewaltigem Brausen anschwellen lieB,
die uns die Musik als Trosterin im Leid, als Bannerin zehrender Sorge wieder zur
230 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Seite stcllte ..." Das Innenleben des deutschen Kunstlers „ist nicht unbedingt
abhangig von der AuBenwelt, es spinnt seine Faden ungestort aucb in den Zeiten
der gewaltigsten auBerlichen Geschehnisse mit ihren Forderungen und Hemmungen.
Wahrend die Schrecken des 30jahrigen Krieges das unglucklicbe Land durchzittern,
schafFen die ,drei groBen S' jenes Jahrhunderts, Schein, Scheidt und Schutz, die
Werke, in denen sich zuerst die Schwingen deutschen Geistes regen, die nach-
folgende Zeit niedrigster Bedriickung und schmachvoller Fremdsucht gebar — ein
Wunder! — drei der grofiten deutschen Musiker: am 23. Februar 1685 erblickte
Handel in Halle das Licht der Welt, und nicht ganz vier Wochen spater wurde
dem Eisenacher Stadtmusikus Ambrosius Bach ein Sohn geboren, Johann Sebastian
Bach; zu diesen beiden Meistern gesellte sich spater Gluck; den 24jahrigen Haydn
umbrausten die Sturme des beginnenden 7jahrigen Krieges, als er seine ersten
Streichquartette schrieb, Mozart sah das Fruhrot der groBen Revolution leuchten
und schrieb den ,Figaro* und die ,Zauberflote', Beethoven turmte unter der
Schreckensherrschaft des WeltbedrGcfcers Napoleon seine gigantischen Werke auf,
mit ihm Schubert und Weber; Wagner arbeitete wahrend des Kriegsjahres 1870
an der Fertigstellung der ,Nibelungen'. Wir sehen — trotz starker Hemmungen
frischgemuter Fortschritt. So ist's heute auch: Unsere Kunstler wirken im stillen
am Werke des Fortschrittes ..."
TAGLICHE RUNDSCHAU (Berlin), 21. Juli 1915. — „Kriegslieder und Volks-
tumlichkeit." Von Adolf Gottmann. „. . . Nie haben Krieg, Siegeszuversicht,
Vaterlandsliebe die Phantasie mehr angeregt als in dieser waffenstarrenden Gegen-
wart. Dichter und Musiker folgen emsig schaffend den blutigen Vorgangen nie
dagewesenen Volkerringens auf dem FuBe, und die Literatur des Kriegs- und
Vaterlandsliedes ist zu einer Hochflut angewachsen wie nie zuvor. Vom tiefsten,
erschutterndsten Leid, von Tod und Todesqualen bis zum sonnigen Humor jauch-
zender Lebensbejahung und Siegesfreude sind in tausenderlei Arten und Schattierungen
alle moglichen Geschehnisse und Augenblicksbilder poetisch niedergelegt. Auch
hier zeigt es sich, wie das blutige Gespenst des Krieges dort Kulturen vernichtet,
hier Werte schafft. Ob auch Dauerwerte, Ewigkeitswerte? Wer vermag das zu
sagen? Nur die Zeit gliiht Unvergangliches! ..." „Doch mag man auch vergebens
auf den neuen Messias einer Volkslyrik warten, die, dem Wahren, Schonen und
Guten geweiht, von Stunde ihres Entstehens an unser Inneres zu packen, die
Menge zu begeistern und zu erschiktern weiB, wir diirfen uns . . . von Herzen
uber all die vielen, von inniger Heimatliebe, heller Begeisterung, ja vom heiB-
blutigen Furor teutonicus getragenen lyrischen Schopfungen freuen, deren vielfach
hohe Werte ganz dazu angetan sind, uns weit uber die Zeit der kriegerischen
Gegenwart hinwegzutragen in eine Zeit des Friedens, der freien, nimmermehr von
dem Gott des Krieges gestorten freien Entfaltung kunstlerischen Lebens . . ."
DEUTSCHE TAGESZEITUNG (Berlin), 16. Juli 1915. — „Das deutsche Opern-
theater der deutschen Oper." Von Josef Stolzing. „. . . Alles in allem ge-
nommen, handelt es sich . . . um hochstens ein Dutzend italienischer Opern, von
denen sich unsere deutschen Theater nun einmal nicht zu trennen vermogen.
Worin ist diese Anziehungskraft zu suchen? Etwa in dem kunstlerischen Werte
der italienischen Oper? Dieser ist — und darin sind sich wohl alle Musikkenner
einig — wenigstens fur unsere deutschen Anspruche an die Kunst herzlich gering.
Was uns an der italienischen Oper bestrickt, ist lediglich der rein sinnliche
Wohlklang ihrer Musik, so daB man so ziemlich das Richtige treffen diirfte mit
der Behauptung, daB ebenjene italienischen Opern, die am wollustigsten unser
Trommelfell kitzeln, sich als die lebenskraftigsten erwiesen haben, wie denn der
REVUE DER REVUEEN 231
Durcbsctanittsmensch uberhaupt fur jene Kunste am empfanglichsten ist, die am
meisten seinen Sinnen schmeicheln, und zu dercn GenuB er die graue Gebirn-
rinde am wenigsten zu strapazieren braucht . . ." „Man komme uns . . . nicbt mit
faulen Ausreden. Der deutsche SpieBburger, der sich ein Operntheater ohne die
welsche Drehorgeloper nun einmal nicbt vorstellen kann, war ja auch entsetzt, als
er an Stelle des geliebten Weiflbrotes Kriegsbrot essen muBte; allein jetzt hort
man schon von vielen Leuten, dad das Schwarzbrot eigentlicb viel kraftiger und
nabrbafter scbmecke als das bloCe Weizenbrot. So feme es mir liegt, etwa zu
verlangen, dad sicb das deutsche Volk furderhin mit einer Art geistiger chinesischer
Mauer umgeben und daber auch die ganze auslandische Kunst von sich fernhaltcn
moge, so muO doch diese hochheilige Zeit der volkischen Wiedergeburt auch dazu
benutzt werden, die deutsche Kunst moglicbst zu fordern, indem wir vor allem
auch das Schaffen unserer zeitgenossischen deutschen Tondichtcr liebevoll pflegen.
Dies ist nicbt nur nationale Ehrensacbe, sondern auch soziale Pflicht. Es war
doch ein geradezu unerhorter Skandal, dati, wihrend in den Ietzten vierzig Jabren
sich die fremdlSndischen Kunstler mit deutschen Tantiemen und Honoraren die
Taschen fullten, ein Hans Pfltzner, urn nur ein Beispiel zu nennen, in Berlin
Klavierunterricbt erteilen muBte, urn nicbt zu verhungern!"
DRESDNER ANZEIGER, 22. Juli 1915. — „Das erste deutsche Singerbundesfest zu
Dresden" (22. bis 25. Juli 1865). Eine kulturgeschicbtliche Erinnerung von Karl
GroBmann. „. . . Der heutige Tag bringt die funfzigste Wiederkehr der Feier
des ersten deutschen SSngerbundesfestes in Dresden, an dessen glanzvollen
Verlauf viele unserer alteren Mitburger noch die lebendigsten Erinnerungen be-
wahren. Die Sammlungen des Stadtmuseums und der Stadtbibliothek bergen eine
groBe Anzahl von roten Kalikomappen und Banden, in denen in seltener Voll-
st9ndigkeit alle musikalischen, literarischen und bildlichen oder kunstgewerblichen
Erinnerungen an das Fest aufbewahrt sind, eine Sammlung, die uns vortrefflich
in das Leben und den Geist jener bewegten und als Gradmesser der deutschen
politischen Gesamtstimmung so bedeutungsvollen Zeit zuruckversetzt. Lange mag
auf diesen Zeugen einer ergreifenden vaterlSndiscben Begeisterung kein Auge
geruht haben, und doch spricht noch heute in den Zeiten des Weltkrieges aus
den Liedern und enthusiastiscben Reden die gewaltige Sehnsucht der Zeit nach
der Einigung des deutschen Vaterlandes, zu deren Entstehen es nocb der groBen
historiscben Ereignisse bedurfte. Was das Lied als beredtester Ausdruck des
patriotischen Gefuhls im deutschen Volke ernoffte und ersehnte, muBte durcb das
Schwert auf blutigem Schlachtfeld erst errungen werden, und heute kampft
Deutschland den gigantischen Kampf gegen eine Welt von Feinden, um das zu
bewahren, was als herrlich vollendetes Werk die Kriege von 1866 und 1870/71
kronte: das geeinte Deutsche Reich. Auch damals war der politische Himmel
duster und gewitterschwul, die groBe geschichtliche Auseinandersetzung zwischen
PreuBen und Osterreich erhob sich drohend, und das groBe Fest, das in Dresden
die Sanger alter deutschen Stamme auch aus fernen Landern vereinte, entsprach
dem heiBen Wunsche aller Deutschen, aus der inneren Zerrissenheit zur Einheit
zu gelangen. Der Grundton der Sebnsucbt eines ganzen Volkes erklingt in alien
diesen von hohem vaterlandischen Sinn getragencn Gesangen. Auch damals war
es neben den anderen beruhmten Liedern die ,Wacht am Rhcin', deren Kliinge
der Begeisterung der Zehntausende fur das groBe nationale Ziel Ausdruck gaben."
OSTPREUSSISCHE ZEITUNG (Konigsberg), 2. Juli 1915. — „Das deutsche Lied
unser Kriegsverbundeter." Was Bismarck mit seinem Wort vom ^deutschen Lied
als Kriegsverbundetem fur die Zukunft" gesagt hat, „ist jetzt eingetreten: das deutsche
232 DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Lied ist in der Tat auch in diescm Kriege unser machtiger Verbundeter. Unwigbar,
uncrmeDIich groQ ist die Macbt des deutschen Vaterlandssanges, der EinfluQ, die
StoBkraft des deutschen Kriegsliedes. Wieviel Begeisterung, wieviel Kampfeslust
und Todesmut, wieviel Siegeszuversicht haben die ,Wacht am Rhein', ,Deutschland,
Deutschland fiber alles' und ,Heil dir im Siegerkranz' ausgelost! So alt die Weise
dieser Gesange, so neu, so frisch ist doch immer wieder ihre Wirkung. Sie ver-
altet nicbt. In den Weisen dieser deutschen Lieder schwingen alle Regungen der
Seele mit, beben und stahlen sich die Krafte des Willens, fur das Vaterland zu
kampfen, zu siegen, zu sterben. ,Singend stiirmten', so wurde amtlich berichtet,
,junge deutsche Regimenter bei Langemarck'. Das ,Deutscbland, Deutschland uber
alles' auf den Lippen, ging die Jungmannschaft in Belgien siegesgewiB in den Tod.
Auf dem Marsche singen die deutschen Krieger, im Lager, beim Gebet. Wenn
das Kriegsschiff in die Tiefe sinkt, stimmen die Mannschaften auf ihm, den Tod
im Angesicht, das Flaggenlied an. Dieser Gesang des deutschen Kriegers ist ganz
und gar deutsche Eigenart. Es bekundet ein Zwiefaches, was urdeutsches Wesen
ist: das* weiche, empflndsame, empfangliche Herz und zugleich den eisernen,
starken Kampfeswillen, beides untrennbar miteinander verscbmolzen. Menschen-
alter hindurcb sind diese Vaterlandsgesange und Kriegslieder gesungen worden,
obne daft sie zur Tat begeistert, die Tat ausgelost haben. Aber bewirkt hat das
deutsche Lied die langen Friedenszeiten hindurch, daft es im deutschen Volke
fort und fort die Krafte des zur Tat begeisternden Willens aufgespeicbert und von
Geschlecht zu Geschlecht lebendig erbalten hat, also dall diese Krafte jeden
Augenblick wirksam und damit im Kriegsfalle das deutsche Lied, wie Bismarck
gesagt hat, unser Kriegsvcrbundeter werden konnte. Das deutsche Lied hat unsere
Krieger auf diesen Krieg seelisch und sittlich vorbereiten und rusten helfen . . ."
DER TAG (Berlin), Juli 1915. — „Reinigung.« Von Carl Krebs. «... Am Anfang
dieses ungebeuren Krieges hatte ich grofie Hoffnung auf eine Wiedergeburt des
deutschen Geistes; jetzt tauchen allmahlich qualende Zweifel in mir auf, ob nicbt
nach FriedensschluQ Ahnliches sich begeben wird wie nach dem Krieg von 1870,
wo die besiegten Franzosen als Beherrscher unserer Buhnen mit billigen Mitteln
Vergeltung ubten. Der Laschen und Lauen und geistig Bequemen sind gar zu
viele, und scblimmer als sie noch sind die ewig Ahnungslosen, die Schwarmer
von Volkerverbruderung und internationaler Liebedienerei ..." „. . . Wir kommen
mit den uns vollig wesensfremden Volkerschaften, die uns jetzt bedrangen, niemals
zu einem gedeiblichen Ende, wenn wir uns nicbt angewohnen, sie ebenso grundlich
zu verachten, wie sie uns hassen. Wir mussen aufhoren, die Franzosen als eine
Anhaufung von Einzelwesen zu betracbten, von denen wir einige lieben konnen
und andere mit gutiger Gleicbgultigkeit ablebnen. Die Franzosen mussen als
Gesamterscheinung, als Volk in unsere Vorstellung eingehen und mussen so die
Behandlung erfahren, die sie verdienen. Naturlich konnen wir nicbt Vergeltung
uben in ihrem Sinn; wir konnen niemals zu der Stufe sittlicher Verwahrlosung
hinabsteigen, die sie uns gegeniiber beweisen, aber wir konnen sie sich selbst
uberlassen. Nur durch vollige Nichtbeachtung dieser entarteten Narren werden
wir es dahin bringen, dall sie uns beachten und schlielSIich, soweit das bei ihrer
krankhaft gesteigerten Eitelkeit moglich ist, auch achten lernen. Also: Deutschland,
werde hart! Deutschland, werde stolz! Das ist der einzige Weg zu der heiQ er-
sehnten innerlichen Reinigung."
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 4. und 11. Juli, 1915. — (4. VII.) B Turken-Opern."
Von Edgar Istel. „Dte Turken, unsere Verbflndeten in diesem Kriege, doch
vor Jahrhunderten grimmige Feinde, waren, sowie ihre Einfalle gegen Mittel-
REVUE DER REVUEEN 233
europa aufgehort batten, bald scbon auch auf dcrn Theater bei uns zu einer be-
liebten Nation geworden. Deutscbland darf sich ruhmen, das alteste europaische
Theaterstuck, in dem ein Turke auftritt, zu besitzen. Im Jahre 1450 bereits liefl
Johann Rosenblut (Pseudonym fur Hans Schnepperer) ,sechs kliglicbe Fastnachts-
spiele' erscbeinen, deren eines sich ,Der Turke' betitelt. Darin erscbeint der
Sultan, urn mit den Christen Frieden zu machen, aber ein Abgesandter des Papstes
kanzelt ibn wegen seiner Religion tucbtig ab. Erst bedeutend spater kam man zu
einer hoheren Auffassung vom Islam, denn auch noch die erste deutsche Turken-
oper, Reinbard Reisers ,Muhamed II.' (1696), deren Musik verloren ging, war auf
einen derart erbirmlichen Text geschrieben, daQ sie noch nicht im entferntesten
an Werke der spSteren Zeit . . . denken lafit." Verfasser bespricht dann kurz
Turkenopern von Hasse, A. Scarlatti, L. Leo, Handel, Jomelli, Cluck, Mozart, Weber,
Meyerbeer, Lortzing und Cornelius. — (11. VII.) „Verirrte Geigen." Von Julius
Levin. „. . . Die Abenteuer mancher Instrumente hatten die Phantasie gewisser
Leute nicht ruhen lassen ... So wird bericbtet, daB Paginini ,seine' Geige den
Eltern eines Kindes abgekauft hat, das in dem Korpus des Instrumentes Sand fuhr.
Der Meister babe sogleich die Bedeutung des Instrumentes erkannt, den Wagen
halten lassen usw. Jedermann kann sich die Geschichte nach Belieben erganzen.
Ibr Ende wird darum nicbt falscher sein, als es ihr Anfang ist. Tatsachlich ging
die Sacbe viel weniger spannend vor sich. ,Die' Geige Paganinis von der man
spricbt, weil sie, unter den vielen aus seinem Besitze, ihm, seitdem er sie bekam,
ausschlieQlich als Konzertinstrument diente, ist ihm in Livorno von einem fran-
zosischen Kaufmann, namens Lioron, zunachst fur die Dauer eines Konzerts, ge-
liehen worden, da der Meister die seinige verloren hatte. (Nebenbei bemerkt:
wohin kann sich wohl das damals verlorene Instrument verirrt baben?) Herr
Lioron machte Paganini nach dem Konzerte die Geige zum Geschenke, da er
selbst sich fur unwurdig erachtete, sich ihrer jetzt noch zu bedienen." Dieses
Instrument, das, „wie wir seben werden, im ubertragenen Sinne, zu den sehr
verirrten gehort . . ." hat Paganini „seiner Vaterstadt Genua letztwillig vermacht,
in deren Rathaus es sich im wabren Wortessinne verirrt hat. Als ich es
sah, bewunderte ich nicht nur seine Schonheit, sondern auch die jeder Sach-
kenntnis bare Art, wie es von seinen nunmehrigen Besitzern behandelt wurde.
Sie hatten es zu meiner Zeit in einem Glasschranke, in dem, nebenbei bemerkt,
auch die Geige Sivoris, eines Schulers Paganinis, aufbewahrt wird, unter eine Glas-
glocke gestellt, die versiegelt war, wo nur fur ein Siegel sich Platz fand. So, schdn
abgeschlossen von alter Luft, sollte sie nicht nur vor diebiscben Handen, sondern
auch vor der Verderbnis sicher sein. Vor Diebstahl konnte man sie so bewahren.
Wenn man aber es darauf anlegen wollte, das kostbare Stuck sicberem Untergange
zu weihen, so hitte man nicht unsacbgemaller verfabren konnen, als es seitens
der Genueser Stadtverwaltung geschehen ist. Sie scheint zu glauben, dad Holz,
wenn es einmal verarbeitet ist, ein toter, keines StofTwechsels fibiger oder auch
bedurftiger Korper ist. Die Geigenmacher wuBten das Gegenteil so genau, da(J sie
die Instrumente zwar von auQen her durch Lack gegen SchweiB und Schmutz
soweit sicher stellten wie moglich, sie aber innen bloQ lieQen, eben damit das
Holz stets in Beruhrung mit der Luft bliebe und seinem Respirationsbedurfnisse
— um nichts anderes handelt es sich — genugen konnte . . ." „So ist denn
in der Tat Paganini's Geige unter die verirrten zu zihlen, wenn auch niemand sie
jemals gestohlen hat. Verirrt ist jedes Ding, das sich in unrechten und vor allem
in IgnorantenhSnden beflndet." Willy Renz
BESPRECHUNGEN
BUCHER
329. Hugo Lobmann: Uber Glockentone.
ZugleichRatschlageffirdenGlocken-
kauf. Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig
1915. (Mk. 1.— .)
Die unter Vermeidung rein theoretischen
Ballastes gemeinverstandlich verfadte kleine
Schrift ist wohlgeeignet, die Auftraggeber fiber
die wesentlichsten Gesichtspunktc beratend auf-
zuklaren, die bei Anschaffung von Glocken zu
beacbten sind. Es wird darin vor allem dar-
gelegt, welcbe klanglichen Anforderungen an die
Einzelglocken eines musikalisch wirklich wert-
vollen Gelautes gestellt werden miissen, ins-
besondere betrifft dies die vom Verfasser kurz
und treffend mit „Terzenreinheit" bezeich-
nete Art der Abstimmung der Schlag- und Bei-
tone, auf deren Bedeutung vielfach von Glocken-
giefiern wie prufenden SachverstSndigen nicht
der notige Nachdruck gelegt wird. Erortert
werden nach Erklarung der Einzelklangbestand-
teile einer Glocke die musikalisch-akustischen
Eigentumlichkeiten der sog. harmonischen Dur-
oder Moll-, sowie der melodischen Gelaute,
welcb letztere in neuerer Zeit oft vorgezogen
werden. Es folgen allgemeine Winke, durch ge-
eignete Wahl der GroBe der Glocken die daffir
ausgesetzten Geldmittel am vorteilhaftesten an-
zulegen unter Riicksicht auf die in Frage
kommenden ortlichen und baulichen Verhalt-
nisse. Verfasser tritt dafur ein, bei festgesetztem
Gesamtgewicht des Gelautes lieber weniger und
dafur schwerere Glocken anzuschaffen, welche
klanglich edler und wirkungsvoller ausfallen als
dunnwandige. Auf Grund vielfacher Erfahrung
bait Verfasser die seit alters ubliche, sog. labile
Aufhangungsart der Glocken fur am besten,
rat auch von elektriscben Liutewerken ab, die
nach seiner Ansicht leicht ein unedles Drohnen
erzeugen, auch eine vorzeitige Abnutzung ver-
ursachen. — Die vom Verfasser geforderte
„Terzenreinheit" findet in den Ergebnissen experi-
menteller Forschungen von Biehle ihre Be-
statigung. Zur Veranschaulichung dienen ein-
zelne Notenbeispiele.
Dr. Ernst Schnorr v. Carolsfeld
330.Johannes Merkel: Aufgaben zur Ubung
im Harmonisieren. Verlag: Breitkopf
& Hartel, Leipzig 1915. (Mk. 1.— .)
Im AnschluB an sein kurzgefafltes Lehrbuch
der Harmonik bietet der Leipziger Theorielehrer
eine Sammlung von Aufgaben alter Art, die in
enger, weiter oder gemischter Lage zu arbeiten
sind und sicher den fleiBigen Schiiler ein gutes
Stiick vorwartsbringen konnen, zumal sie
musikaliscber Natur sind. Ziim Schlusse bietet
Merkel eine reiche Auswahl von bezifferten
Choralen auch im figurierten Stil von Joh. Seb.
Bach und eine Anzahl Volkslieder, bei denen
nur die Melodie gegeben ist. Ein vorangehendes
Musterbeispiel — von Merkel sonderbarerweise
„Modell" genannt — gibt dem Lernenden die
notigen Fingerzeige, wie diese Melodieen zu
setzen sind. Merkel betont im Vorwort aus-
driicklich, dad er ein Anhanger des Stufen-
systems ist. So kann es also auch nicht wunder-
nehmen, wenn er versucht, wider den genialen
Reform"'"' - ri*r Harmnnielehre Hiitro Riemann
zu Felde zu Ziehen, indem er an dessen Ein-
beitsgedanken der SchluBkadenz auf S D T oder
IV V I zu riitteln sucht. Ein zweckloses Unter-
fangen; denn Riemann gewinnt mehr und mehr
Anhanger, und in nicht zu ferner Zeit durften
die Herren der „konservativen" Richtung aus-
gestorben sein. Auch Johannes Merkel vermag
keine stichhaltigen Beweise gegen Riemanns
Lehre vorzubringen. Wenn wir in der Harmonie-
lehre den Satz aufstellen, daft der Baft mit Vor-
liebe den Grundton wahlt und in der genannten
Kadenz in etwa 80 von 100 Fallen die Prim im
Basse erscheint, so erblicken wir ebendarin
eine Bestatigung der Regel und freuen uns, daft
der alte Rameau auf den guten Einfall von der
„sixte ajoutee" gekommen ist. Weshalb das
System eigensinnig selbst durchlochern wollen?
Auch den sogenannten „dominierenden Quart-
sext-Akkord" will Merkel nicht als Dominante
mit Quarten- und Sexten-Vorhalt anerkennen!
Das ist ein Kampf gegen Windmfihlenflfigel.
Fast alle Harmonielehren von Bedeutung weisen
ihm seinen Rang als Vorhaltsakkord an. Da-
gegen freue ich mich aufrichtig, daft Merkel
fiber den durchgehenden Quartsext-Akkord der
Dominante sagt, er werde besser durch den
Sextakkord der siebenten Stufe, d. b. den Sext-
akkord des Dominantsept-Fragmentes, ersetzt.
Tatsachlich macht Bach in seinen Choralen
davon aufierst sparsamen Gebrauch. Zum Kampf
gegen Riemanns Dualismus mochte ich noch
sagen, daft man garwohl ein AnhSnger Riemanns
sein kann, ohne mit ihm durch dick und dfinn
zu gehen. Aus rein praktischen Grunden ver-
weigern Schreyer und Rogly hierin Riemann die
Gefolgschaft, sonst sind sie aber „Riemannianer a
durch und durch.
331. Wilhclm Klatte: Aufgaben fur den
einfachen Kontrapunkt. Musikverlag
„Eos", Berlin.
Die Aufgabensammlung bringt gewissermafien
einen KompromiB zwischen Kontrapunktstudien
alteren Datums, wie sie Ricbter, Jadassohn und
andere dem Scbuler boten, und den Arbeiten im
neuen Fahrwasser, die, ungleich interessanter,
den Lernenden entschieden mehr fordern miissen
und werden, als das friiher moglich war. Wer
diese Aufgaben bewaltigt hat, wird an die Ratsel
des doppelten und mehrfachen Kontrapunktes
ohne grofte Beschwerden herantreten konnen.
Das Heft durfte sich als Erganzung anderer
Lehrbiicher erfolgreich verwenden lassen und
ist warm zu empfehlen. Martin Frey
332. Eugen Sctimitz: Orlando di Lasso.
Verlag: Breitkopf & Hiirtel, Leipzig.
Verfasser laftt seiner gunstig aufgenommenen
Palestrina-Biographie mit diesem Werkchen in
dankenswerter Weise eine solche des beruhmten
Komponisten der w Buftpsalmen a folgen. An
Hand der bekannten Quellen gibt Schmitz eine
fast luckenlose Schilderung dieses fur die Musik-
geschichte so bedeutsamen Kfinstlerlebens. Er
betrachtet ihn als Kirchenkomponisten und als
Profankomponisten. Beide schatzt er mit Recht
gleich hoch ein und laBt Lasso in jeder Hin-
sicht eine gerechte Wurdigung zuteil werden.
Was durch das „Aufblfihen der musikhistori-
schen Forschung des 18. Jahrhunderts und vor
allem die mit dem 19. lahrhnndert einsetzende
KRITIK (MUSIKALIEN)
235
Restauration der katholischen Kirchenmusik"
errcicht wurde, was Manner wie Karl Proske,
Thibaut („Uber Reinheit der Tonkunst")
u. a. m. begonnen baben, das sollten wir und
spatere Generationen nacbbolen; wir sollten
Lasso die Stelle in der Musikhistorik nicht
allein, nein, auch im praktiscben, speziell im
liturgischen Musikschatze einriumen, die
seinem Genius zukommt. Auch er gehort zu
den Quellen lauterster Kunst, an denen unsere
vielfacb extreme, ja perverse Musik gesunden
mufl, urn nicht ganz dem Verfall preisgegeben
zu sein. Und — mich deucht — hierzu ist eine
erhohte allgemeine Religiositat vonnoten, die
dem Menschenvolke wiederum das zu geben
verm5chte, was ihm fehlt, — die Innerlich-
keit. Obne die es keine echte Kunst gibt.
Hoffen wir auch in dieser Hinsicht auf die un-
bedingt vielfachen gunstigen Einflusse dieses
furcbtbar-gewaltigen Volkerringens, das gleich
einem Gewitter alle Schwule, alles Verderbte in
Kunst und Weltanschauung binwegfegen wird.
Carl Robert Blum
MUSIKALIEN
333. Arnold Sobering: Drei Soldaten-
lieder fur eine Singstimme oder ein-
stimmigen Chor mit Klavier. Verlag:
C. F. Kahnt Nachfolger, Leipzig. (Mk.— .80.)
Das Marschlied ist musikalisch ganz prachtig,
voll Zuck und Schneid; scbade, daft der Text
nicht gleichwertig genannt werden kann. Besser
stimmen beide Bestandteile zusammen bei dem
derbhumoristischen Liedcben „Die dicke Berta".
Das beste der drei Lieder ist aber meiner
Meinung nach „Der Landsturm kommt". Hier
klingt neben dem straffen Soldatenton auch
Gerniit mit. Alle drei Stucke sind leicht sang-
lich und spielbar, das ganze Heftchen ragt ent-
schieden fiber den Durcbschnitt der Kriegs-
erzeugnisse empor.
334. Patriotische Einblatt-Drucke. Musik-
verlag Fritz Baselt, Frankfurt a. M.
Die beiden mir vorliegenden Blatter No. 32
und 33 reihen sich den vorhergehenden bei-
fallswert an. »Ade du schone Welt" ist von
C. M. Busch so schlicht und innig vertont
worden, wie es das ergreifende Gedicht des
seiner Wunde erlegenen Wilhelm Schreiber er-
heischt. Mehr als Kunstlied ist „Botschaft"
von J. Laepple zu bezeichnen. Hier flielJt die
melodische Erflndung nicht so mubelos, wie man
es angesichts des scbonen Gedichts von Franz
Evers wunschen mochte; weniger Deklamation
wire hier besser gewesen. Immerhin ist das Ton-
stuck bei gutem Vortrag eines Eindrucks sicher.
335. Reinhold Lichey: Psalm 13 ffir vier-
stimmigen gemischten Chor a cap-
pell a. op. 45. Verlag: K.Juterbock, Konigs-
berg i. Pr. (Mk. 1.— .)
Aus der tiefen Not des Russen-Einfalls heraus
ist wohl diese Tondichtung geschaffen, ein in
seiner Einfachheit um so eindn'nglicherer Klage-
und Hilferuf, der am Schlusse zuversichtlicber
Hoffnung weicht. Der erste Teil, der in d moll
stebt und teils wild aufschreit, teils sanft bittet
(Halbchor), hat in Erflndung und Satzweise un-
leugbar einen Zug tiefsten Erlebens und religioser
GroiJe. Ihr geg--" u — *■«♦— i ~ K J — ! - c ■*•-
stehenden SchluBteil etwas weniger bebaglich
in der Melodik gewfinscht.
336. Reinhold Lichey: „Kriegschoral."
Verlag: Ebenda.
In diesem Bittgesang steckt nicht nur knappe
und leichtfaBliche Erflndung, sondern auch Kraft
und gliubiger Mut, so daB die Wirkung bei all-
gemeinem Gesang stark und erhebend sein mu(5,
zumal da der Stil des protestantischen Kirchen-
liedes mit Sicherheit getroffen ist.
337. Fr. W. Trautner: „Die Toten." (In
memoriam.) Fur vierstimmigen ge-
mischten Chor. op. 62. Verlag: Breit-
kopf & Hartel, Leipzig. (Mk. 1.—.)
Unter teilweiser Benutzung des Chorals
„HerrGott, nun schlieB den Himmel auf", dessen
Melodie allenthalben durchklingt, hat der Ver-
fasser ein Tonstuck von weihevoller Schonheit
und edlem Wohlklang geschaffen, das sich zur
Wiedergabe bei Gedachtnisgottesdiensten ebenso
empfiehltwiebeivaterlSndischen Veranstaltungen.
Trotz einfachen Tonsatzes ist das Werk senr
wirksam geschrieben.
338. Gustav Schreck: .Das feme Grab."
FurAltoderMezzosopranmitKlavier.
Verlag: Ebenda. (Mk. —.60.)
Ein einfaches, ungekunsteltes, kurzes Stro-
phenlied von eindringlicher Melodie und voll
inniger, tiefer Empfindung. Im Gegensatz zu
der schlichten Weise druckt die maCige Be-
wegung der Begleitung aufs glucklicbste die
sehnende Unruhe aus, die das Gedicht erfullt.
339. Gustav Schreck: „Halt aus, mein
Volk." Fur vierstimmigen gemischten
Chor. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.-.)
In kircblichem Stil, dessen Strenge nur durch
harmonische Freiheiten belebt wird, wandelt
dieses Chorlied dahin, anfangs ernst und mit
mahnender Eindringlichkeit, spater nach der
Wandlung von e-moll nach E-dur mit der un-
erschfitterlichen Siegeszuversicht eines starken
Glaubens. Viel Bewegung und lebendiger Aus-
druck sowie eine unverkennbare GroBe der
Linien verleihen dem Tonstuck seinen Wert,
der bei der Ausfuhrung durch einen guten Chor
erst voll erkannt werden wird. DaB der Tonsatz
nicht schwierig ist, dfirfte der Verbreitung des
Werkes nur forderlich sein, das vermoge seiner
Eigenart als ernste Mahnung zum Aushalten
jetzt ganz besonders zeitgemaft ist.
340. Jan Sibelius: „Die Okeaniden." Ton-
dichtung fur groBes Orchester. op. 73.
Verlag: Ebenda. (Mk. 12.—.)
Dem Sonne des seenreichen Finnlands er-
schien die Aufgabe wohl lockend, den unzahligen
Tochtern des alten Urgottes Okeanos, des Vaters
der Strome und Quellen, ein Lied zu singen.
Wir haben hier wieder einmal die scheinbar
selfsame, aber innerlich wohlbegrundete Tat-
sacbe zu verzeiebnen, daB ein in seiner Aus-
drucksweise durchaus moderner Kunstler sich
in die Arme der Romantik wirft, und zwar einer
Romantik, die nicht an ein Geschehen anknupfr,
sondern die Schilderung einer nur in der Ein-
bildungskraftbestehendenWesensartunternimmt.
Wir kennen den Tondichter Sibelius schon lingst
als einen Romantiker der erstgenannten, an Ge-
schichte und Sage sicb begeisternden Art; im
vorliegenden Werke macht er sich von den
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236
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
das Element des Wassers gibt seiner Phantasie
Richtung und Grenze. Ich gestehe gern, daB
micb die Partitur aufierordentlich gefesselt bat.
Unter Verzicht auf groBe, breite, in sich ge-
schlossene Themen macht der Tonsetzer den
Versuch, seine Motive durch kunstvolle Ver-
mischung und Weiterbildung dermaBen mitein-
ander zu verbinden, dad eine Art „unendlicher
Melodie" entsteht. Einheitlicb, wie das Element
der Okeaniden, ist die Grundstimmung des
Ganzen. Das leichte Krauseln der ruhenden
Wellen steigert sich zum Aufsteigen und Auf-
baumen derWogen; auch das Ineinandcrflieden
derselben ist mit Anscbaulichkeit gemalt. Zu
dieser, ich mochte sagen: unpersonlichen, ele-
mentaren Bewegung stehen die kurzen, aber
charaktervollen Motive, die vor allem in den
Blasern auftreten, in wohlberechnetem Gegen-
satz. Und fiber dem Ganzen liegt die Stimmung
geheimnisvoller GroBe, die in einem starken
Pathos des Vortrags ihre Gipfelpunkte erreicht.
DaB der Tonsetzer von Wagners „Rheingold" und
dem „Waldweben" nicht ganz unbeeinfluBt ge-
blieben ist, kann ibm ebensowenig zum Vorwurf
gereichen, wie dafi das Motiv der Floten auf
Seite 5 an die „Traurige Weise" aus „Tristan
und Isolde" anklingt. Im ganzen zeigt das Werk
doch allenthalben die Zuge des auf eigenen FfiBen
stebenden, nach besonderen Ausdrucksmoglich-
keiten ringenden Musikers, der das Orchester
in ibm eigentumlicherweise zu verwenden weiB.
Die oft seltsame Mischung zarter und greller
Farben fallt dabei in erster Linie auf. Die Ton-
dichtung ist besonders in der Rhythmik schwierig
und erfordert uberhaupt ein Orchester ersten
Ranges und einen Dirigenten von Phantasie und
starkem Klangsinn. Sind diese Voraussetzungen
aber erfullt, so diirfte dem auch barmonisch und
dynamisch anregenden Werke der Erfolg nicht
fehlen.
341. Sigfrid Karg-Elert: „Sechs Kriegs-
lieder im Volkston" fur eine Sing-
stimme mit Klavierbegleitung. op. 111.
Verlag: Ebenda.
Zu meinem Bedauern (denn ich schatze andere
Arbeiten Karg-Elerts sehr) vermag ich dem vor-
liegenden Heft keinen Platz fiber dem Durch-
schnitt der Iandlaufigen Kriegslyrik anzuweisen.
Sind die Dehmelschen Gedichte schon nicht
volksmSBig im echten Sinne, so sind es die
Weisen Karg-Elerts noch minder. Es steckt in
diesem „VoIkston" so viel Absichtlichkeit, wie
wenn ein groBer Herr einmal herablassend
Mundart und Ausdrucksweise der Menge nach-
ahmen will. Am besten gelungen scbeint mir
das erste Lied n Gebet ans Volk" zu sein mit
dem Zitat aus der Haydnschen Kaisermelodie
in der letzten Strophe. „Lied an alle" zeigt
deutlich, wie es mit der Volkstfimlichkeit des
Tonsetzers steht: Oktavensprfinge der Melodie,
dreifacher Wechsel der Taktart (darunter Ein-
vierteltakt!!) (was auch in anderen Stucken
vorkommt, z. B. in „Von Feld zu Feld" der
ganz kunstmaBige Funfvierteltakt auf S. 6) sind
nicht geeignet, die Verheiflungen des Untertitels
zu erfullen. Der unschone, unfibersichtliche
Notendruck sowie die Ersetzung des Violin- und
BaBschlfissels durch die groBen Bucbstaben G
und F sind ebenfalls mehr auffallend als volks-
maBir '-•-
..r.ki. a.
T__.._*...
j:. d-
herzigung der berfihmten Mahnung Mercks an
Goethe: „Solchen , . . muBt du kfinftig nicht
mehr schreiben; das konnen die anderen auch."
342. Heinrich Zollner: „D e u t s c h 1 a n d."
op. 133. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.— .)
Die von einem Arbeiter herruhrende wert-
volle Dichtung hat Zollner in hymnenartiger
Weise vertont, so daB weniger das lyrische als
vielmehr das epische Element in dem Tonstuck
vorherrscht. DaB dieses dadurch an Vortrags-
wirkung gewinnt, ist begreiflich, obwohl es an
FluB der Erflndung und sinngemSBerDeklamation
hinter anderen Zollnerschen Arbeiten wesentlicb
zurficksteht. Die Bearbeitung fur MSnnerchor
durfte der Verbreitung des Gesanges besonders
forderlich sein.
343. ReinlioldLichey : Drei Lie derim Volks-
ton ffir dreistimmigen Frauen- oder
Kinderchor. op. 37. Verlag: K.Juterbock,
Konigsberg i. Pr. (Mk. —.80.)
Diese drei sangbaren und geschickt gesetzten
Liedchen verraten die Gabe, den kindlichen Ton
im allgemeinen glucklich zu treffen. Die Weisen
an sich sind ohrenfallig und schlicht, und die
dreistimmige Ausarbeitung wird aucb in den
Fallen, wo sie dem kindlichen Ohr zunachst
fremd klingt (z. B. die Ghromatik im drittletzten
Takt des ersten Liedes) unter Mithilfe des Ge-
sangslehrers den jungen Kehlen vertraut werden.
344. „Unsere Feldgrauen." Marsch- und
Lagerlieder ffir Gesang und Gitarre.
Verlag: Breitkopf & Hartel, Leipzig.
Das handliche, MuBerlich gut ausgestattete,
aber leider im Notendruck schwer leserliche
Bfichlein enthalt eine lange Reihe alter und
neuerer Lieder mit vollgrifflger Gitarren-
begleitung, wobei Auswahl und Satzweise gleich-
maBig zu loben sind.
345. Deutsche Kriegs- und Soldatenlieder
fur eiue Singstiniiue und Klavler.
Verlag: Ebenda.
Von dieser Sammlung liegen zwei neue
Hefte vor, die Anspruch auf Beachtung erheben
dfirfen. „Das Vaterland" von Karl Bleyle ist
ein von Kraft, Entschlossenheit und begeisterter
Hingabe erffilltes Lied, bei dem Wort und
Weise sich in bester Weise vermahlen. Auch
„Der sterbende Soldat" vonjohann Valentin
Andrea trifft den Soldatenton recht glucklich.
Aber in einem auf Volkstfimlichkeit berechneten
Strophenlied sollte der Tonsetzer es vermeiden,
mitten im Stuck die Taktart zu andern; denn
dies erschwert nicht nur den Vortrag durch
weniger Gefibte, sondern ist auch ein Beweis
daffir, daB der Komponist nicht mit genfigendem
FleiB den naturlichen, gleichmaBigen Rbytbmus
des Gedichtes gesucht hat.
346. Ernst Fischer: „Zwischen Metz und
den Vogesen." Ffir zweistimmigen
MSnnerchor und Klavier. Verlag: Otto
Halbreiter, Mfinchen. (Mk. 2.—.)
Dieses Tonstuck ragt betrichtlich fiber den
Durchschnitt der zeitgenossischen Massenerzeug-
nisse herror. Das dramatisch belebte Gedicbt
Rudolf Herzogs ist in der Gesamtstimmung vom
Tonsetzer sehr glucklich erfaBt und weist einen
balladenahnlichen Zug auf. Auch in den Einzel-
heiten verrat sich eine geschickte Hand, be-
sonders erfreulicb ist es, die „faulen Basse"
— Sehr wirksam ist
:~*J__ ...
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
237
die sinngemSd durchgefuhrte Badfigur, die den
Ritt des Erzengels kennzeichnet. Auch harmo-
niscb birgt das Tonwerk manche Feinheir,
z. B. den leuchtenden Eintritt von C-dur nach
dem Aufruf des Engels. Der zweistimmige Satz
der Singstimmen verleiht dem Klang etwas
eigenartig Herbes, wie es der Dicbtung entspricbt.
Die schone Arbeit durfte, zumal da sie keine
wesentlicben Scbwierigkeiten bietet, bei lebens-
voller Ausfuhrung einen starken Eindruck hinter-
lassen.
347. Fritz Weber: „Die deutsche Flagge."
Fur einstimmigen Chor oder eine
mittlere Singstimme mit Klavier-
begleitung. op. 8. Verlag: Ebenda.
(Mk. 1.— .)
Die Begeisterung, die in der frisch erfunde-
nen, kraftig dabinschreitenden Weise weht, macht
den Beurteiler nacbsicbtig gegen die wenigeigen-
personliche Art der Harmonisierung und Be-
gleitung, deren beabsichtigte Harte an der Stelle
„Tot lieber" gekunstelt wirkt und den volks-
madigen Flud des Tonstiicks auf ebenso selt-
same Art unterbricbt, wie sie den ganzen Stil
der Einbeitlichkeit beraubt.
348. Alois Moller-Pasing: „An den Sohn im
Feld." Fur Mezzosopran oder Bariton
mit Klavierbegleitung. Verlag: Ebenda.
(Mk. 1.20.)
Das anspruchslose, treuberzig schlichte Ge-
dicbt ist dem Verfasser schier besser gegluckt
als seine Vertonung, die sich keinesfalls iiber
die Mittellinie eines achtbaren Durchscbnitts
erbebt. Dad der Verfasser die Begabung besitzt,
sich von der sonst durchweg in dem Liede zu
flndenden leierigen Gleichformigkeit loszu-
machen, beweist die gut und anschaulich dekla-
mierte Stelle „Von unseren Herzen nahmst ein
Stuck du mit hinaus, o bring's zuruck."
349. Hermann Meilbeck: „Deutschland sei
wach." For vierstimmigen Manner-
chor. Verlag: Ebenda. (Part. Mk. —.80.)
Frische, ohrenfallige Erflndung, wirksam ge-
steigerter Aufbau, naturliche Kraft des Aus-
drucks und eine Satzweise, die, ohne schwer zu
sein, doch ihres Eindrucks sicher sein darf, —
das sind die Vorzuge dieses Tonstuckes, das
im selben Verlag auch in einer Bearbeitung fur
dreistimmigen Kinderchor mit Klavierbegleitung
erschienen ist. Ich gtaube aber, dad die Aus-
fuhrung durch Mannerstimmen dem Wesen des
Gedichtes wie der Weise besser entspricbt.
350. Anton Schiegg: „Ein Gebet im Kriegs-
jahr." Fur vierstimmigen gemisch-
ten Chor. op. 12. Verlag: Ebenda. (Part.
Mk. —.60.)
Man sollte, den Gesetzen asthetischer Logik
entsprechend, ein Gedicht, das den Gefiilils-
ausdruck einer Einzelperson darstellt, nicbt Fur
einen Chor komponieren. Nach meinem Em-
pflnden ergibt sich in solchen Fallen stets ein
Zwiespalt zwischen der in der Ich-Form ver-
faQten Dicbtung und der vielkopfigen Scbar der
Ausfuhrenden. Abgesehen von diesem grund-
satzlichen Einwand, dessen Beherzigung ich
unseren oft recht wahllos zugreifenden Ton-
setzern dringend ans Herz legen mochte, ver-
dient das vorliegende Tonstuck Anerkennung,
well es mit ansprecbender Weise klangvollen,
niCbt SChwierige n Tnn«flt7 vprhinHAt
351. Beliebte Soldatenlieder far Manner-
chor. Verlag: Ebenda. (Part, je Mk. —.60.)
Sechs bekannte und vielgesungene Lieder
(„0 Deutscbland hoch in Ehren", „Drei Lilien",
„Ich hatt' einen Kameraden", „Der Musketier",
„Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren"
und „Wenn wir marschieren") liegen hier in
einer Bearbeitung vor, die keinerlei Anforde-
rungen an die Einzelstimmen und an die Chor-
technik stellt, aber doch die Mittel eines Manner-
chors so gut ausnutzt, daft man die geschickte
Hand eines Kundigen allentbalben spurt. Mittlere
und kleine Vereine, die ja jetzt ihrer besten
jungen Sanger oft beraubt und deshalb gezwungen
sind, in der Pflege schlichten, volksmaCigen und
zeitgemaden Gesanges ihre Hauptaufgabe zu
erblicken, werden diese Veroffentlichung be-
sonders willkommen heitien.
352. Alois Moller-Pasing: n Kriegs-Gebet".
Verlag: Ebenda. (Mk. 1.80.)
Ein bymnenartiges, fur eine Baflstimme
sicherlich sehr wirksames Tonstuck, das wohl
noch besser gelungen ware, wenn in der Be-
gleitung weniger oft das Tremolo und die ent-
sprechende Triole verwendet wiirde. Dad der
Aufblick des Betenden zum Sternenzelt ebenfalls
in Triolen geschildert wird (und zwar sowohl
von der Singstimme wie vom Klavier) erscheint
mir besonders befremdlich.
353. Hans May: „Hindenburg, der Russen-
schreck." Marsch und Lied. Verlag:
Ebenda. (Mk. 1.20.)
Kunstlerisch ist diese Veroffentlichung nicbt
zu bewerten. Wie die Reime, so sind auch die
Tone nur auf das breiteste Publikum berechnet,
das fur leichte Ware empfanglich ist.
354. Markus Koch: „Sei stille, me in Kind."
Ein Kriegslied fur dreistimmigen
Frauenchor und Klavierbegleitung.
Verlag: Ebenda. (Klavierauszug Mk. 2.—.)
Ein Tonstuck, das man mit gutem Gewissen
empfehlen darf, da es sich durch schone Er-
flndung, wohlerwogenen Aufbau und geschickten
Gesangssatz vor vielen anderen auszeichnet. Im
Klaviersatz macht es sich der Verfasser mit-
unter etwas bequem, indem er zu einem Tremolo
der rechten Hand lediglich ein Oktaventhema
in der Hnken bringt, was man um des guten
musikalischen Eindrucks willen doch nur in
Ausnahmefallen und bei bestimmter kunstle-
rischer Absicht, nicht aber als Manier gutheiden
kann.
355. H. Kluin: Lutticher Lied. Fur eine
Singstimme mit Klavierbegleitung.
Verlag: Ebenda. (Mk. —.80.)
Die Wahl des Gedichtes, das von Plattheiten
und Geschmacklosigkeiten wimmelt, obwohl der
Versemacher sie vielleicht geradezu fur Kenn-
zeichen volkstumlichen Humors halt, zeugt nicht
von einer glucklichen Hand. Die Vertonung
gibt sich als ein sehr harmloser, aber nicht ubel
klingender Marsch, dem Flottheit nicht abzu-
sprechen ist.
356. Gustav Jaeger: „Und die Liebe zieht
mit." Fur eine Sopranstimme mit
Klavierbegleitung. Verlag: Ebenda.
(Mk. 1.—.)
Dieses glucklich erfundene und innig emp-
fundene Lied, dessen gute Deklamation nur durch
Hi* falcr»h#» mAtricph* R»tvArturtiv Hac WorteS
238
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
„Seele a (die letzte Silbe ist stets als Lange be-
handelt) beeintrachtigt wird, ist ein lebendiges
Beispiel fur die von mir bei Durchsicht der
Kriegslyrik schon oft gemacbte Beobachtung,
dafl die in alien Seelen bebende Erregung sich
oft in nicht ganz berechtigter Weise SuBert. Wie
bei vielen anderen Kriegsliedern spielt auch bier
die Triole eine sehr groBe Rolle, und sie er-
scheint, vor allem in der Begleitung, auch da,
wo das Gedicbt eine ruhigere Bewegung erfordern
wurde, wie denn uberhaupt der musikalische
Teil des vorliegenden Liedes eine groBere Un-
ruhe zeigt, als sie nach dem Gedicbt berechtigt
zu sein scbeint.
357. Theodor Huber-Anderach: „Das Lied
vom Hindenburg." Fur eine Sing-
stimme und Klavier. Verlag: Ebenda.
(Mk. 1.— .)
Eine ansprechende Marschweise, kunstlos
gesetzt, aber kraftig und nicht ohne Humor.
Man wird das Lied gern singen und gem horen,
zumal da es auch von einem Chor gesungen
werden kann, fur den der Verfasser einige be-
lebende Wendungen eingefugt hat.
358. Otto Breve: „Des Konigs Artollerey",
„Soldatenabschied". Verlag: Ebenda.
Das erste dieser als Einzelhefte erschienenen
Lieder ist gewiB sangbar, ohrenfallig und volks-
mfiBig, aber man vermilit gerade das Wuchtige,
Gewaltige, das der Artillerie des Weltkriegs als
kennzeichnendes Merkmal dient. In der Zeit
der 42cm-Brummer und der Skodamorser sowie
der bisher unerhorten Geschutzkampfe erscheint
dieses Liedchen ein wenig zu zahm, zumal da
der Text trotz des altertumlichen Wortes
„Artollerey a ganz auf die Gegenwart zugeschnitten
ist. Im zweiten Lied „Soldatenabschied" trifft
der Tonsetzer auBerordentlich gliicklich die volks-
liedartige Stimmung, gemischt aus Ernst, Be-
geisterung und ein wenig Empflndsamkeit.
359. Patriotische Einblattdrucke. Musik-
verlag Fritz Baselt, Frankfurt a. M. (No. 32
und 33.)
„Ade du schone Welt" von C. M. Busch
entspricht in der Vertonung nicht ganz dem
schlicbten, wie ein Naturlaut wirkenden Gedicht,
obwohl die Periode vor der ersten Fermate wohl
absichtlich ein bekanntes Soldatenlied anklingen
lafit. Die Weise ist nicht innig, nicht tief genug.
Dagegen trifft „Botschaft" von J. Laepple ganz
vortrefflich die Stimmung des Gedichts und die
hier erforderliche Mischung von lyrischen und
balladentaaften Elementen; nur wiirden einige
kurze Zwischenakkorde zwischen den einzelnen
Strophen und ein den Ausklang der Stimmung
bringendes Nachspiel die Wirkung wesentlich
verstarken und dem Sanger wie dem Horer
Gelegenheit zum Aufatmen geben.
360. Hermann Spauimth: „Zwei patrio-
tische Lieder." Verlag: Bruno Vogler,
Leipzig. (Mk. 1. — .)
Zwei Gesinge, die ganz einfach gehalten
sind, aber just durch diese Kunstlosigkeit ein-
dringlich und volksmaBig wirken. Besonders
„Der Reitersmann" ist ein Kabinettstiick und
wird gern gesungen werden.
361. James Simon: „VierK riegslieder 1914."
Fur eine mittlereStimme und Klavier.
Verlag: „Harmonie", Berlin. (Mk. 2.50.)
Diese vier Gesange haben etwas, was man
nicht oft bei den Erzeugnissen der Kriegszeit
flndet: einen eigenen Stil. Zwar flielit die Er-
flndung dem Tonsetzer nicht muhelos, sondern
seine Melodik wird oft zum Psalmodieren, aber
die darin liegende Feierlichkeit und Inner-
lichkeit, verbunden mit einer gewissen Herbheit
des Ausdrucks nimmt immer gefangen. „Kriegs-
spruch" verbindet sinnenden, schweren Ernst
mit Kraft und Zuversicht; „Vor der Schlacht"
mutet durch die Mischung von Choralklangen
und Kampfgeton erst seltsam an, offenbart aber bei
naherer Bekanntschaft viele Einzelschonheiten.
„Nehmt den Spaten" mochte ich als das ge-
Iungenste, in Anlage und Ausfuhrung ein-
heitlichste der Stiicke bezeichnen, wahrend
„Es kam wohl ein Franzos daher" schon ein
wenig zum „Reifler" hinneigt. Jedenfalls ver-
dienen die Lieder voile Beachtung, und darum
ist der altvaterische, schwer leserliche Notendruck
besonders zu bedauern.
362. Deutsche Lieder aus groBer Zeit.
Verlag: Chr. Friedrich Vieweg, G. m. b. H.,
Berlin-Lichterfelde. (PreisderNo. Mk.— .50.)
Von dieser Sammlung liegen wieder eine
Anzahl der gut ausgestatteten Nummern vor.
Sind sie auch nicht alle gleichwertig, so kann
doch gesagt werden, daft nicbts Schlechtes
darunter ist, und das ist bei einer Sammlung,
die schon bis zur No. 37 vorgeschritten ist,
kein kleines Lob. Das flotte, frische „Fliegerlied"
von Karl Zuschneid sei nach Verdienst
hervorgehoben, ebenso G. Walter Scharwen kas
„Jungmannscbaftslied a , das einen musikalischen
Volltreffer darstellt. Auch w O du deutsches
Land und du Osterreich" von Bogumil Zepler
tragt alle Eigenschaften einer Volkstumlichkeit
im besten Sinne in sich. Feierliche Tone schlagt
Joseph Haas in seinem „Viktoria" an, wobei
allerdings die Klavierstimme etwas zu konzert-
maBig behandelt zu sein scheint. Ein Tonstuck
grofieren Umfanges, das bisweilen zum Ton-
gemSlde wird, stammt von Johann Harder
und heiBt „Die Jungen". Man wird es nicht
ohne Bewegung und Begeisterung singen und
horen. Bekannte Weisen und Signale sind
aufs glucklichste eingewebt. „Michel" von
H. Grabner leidet an mangelnder Einheit-
lichkeit infolge des unablassigen Wechsels
der Taktart. Desselben Tonsetzers „AIlerseelen"
dagegen ist ein vortreffliches Tonstuck, das
durch seine schone Instrumentaleinleitung ebenso
bemerkenswert wird wie durch die wirksam
herausgearbeiteten Gegensatze.
363. Henri Vieuxtemps: „Traumerei a fur
Violine und Klavier. Violinstimme be-
zeichnet von Issay Bar mas. Verlag:
Wilhelm Hansen, Kopenhagen und Leipzig.
DaB irgendwelches Bediirfnis vorlag, den
allbekannten und abgespielten Schmachtlappen
aller „siifien" Geiger in einer neuen Ausgabe
auf den Markt zu bringen, vermag ich nicht an-
zuerkennen. Unsere deutschen Geiger wenigstens
werden sich in Zukunft genotigt sehen, Besseres
zu spielen. In dem vom Bearbeiter eingezeich-
neten Flngersatz der Geigenstimme flnde ich
kaum eine wesentliche Verbesserung oder Ver-
einfachung. f> A> GejBIer
KRITIK
OPER
BASEL: Durcta Einberufung zum Kriegsdienste
und andere Umstande wurde das Personal
unserer Oper dermaBen dezimiert, daB es dcr
ganzen personlichcn und kunstlerischen Energie
Gottfried Beckers bedurfte, einem volligen Zu-
sammenbruch des Instituts vorzubeugen. Unter
Mitwirkung begabter einheimischer Krafte, von
denen der BaBbuffo Peter Hegar mit hohem
Lobe erwahnt sei, und durch Gastspiele gelang
es immerhin, eine Reihe kunstlerisch annehm-
barerOpern- und Operettenvorstellungen heraus-
zubringen, so daB dem in Anbetracht der Zeitver-
baitnisse ungemein regen Interesse des theater-
freundlichen Basel wenigstens einigermaBen
Genuge getan wurde. Fur die nachste Saison
wire der Theaterkommission, nach dem glan-
zenden Vorbilde Zurichs, etwas mehr Wagemut
und Initiative dringend zu wunschen.
Gebhard Reiner
BERLIN: DieOperette fuhltsich im Deutschen
Opernhause nicht glucklich. Diese Halle
mag der sittlich gericbteten Kunst eine Heim-
statte gewibren; sie mag in ernsten Dingen
gelegentlich etwas wie Stimmung dulden, das
Lachen aber, das sicb durch Echo fortpflanzt
und steigert, gedeiht hier nicht. Nur das scharf
akzentuierte, bedachtig gesprochene Wort findet
den Weg zum Zuhdrer; in diesem Tempo
aber hat es am Ziel die Schlagkraft bereits ein-
gebfiBt. Das ist einer von den Grunden gegen
die Operette in Charlottenburg. Ein anderer
allgemeiner ist der Mangel an Anlage und Ge-
wohnung fur dieses Fach bei fast alien Mit-
gliedern der Biihne. Folgen sind eine auf
Flaschen gezogene Lustigkeit, ein mudes, stocken-
des Nebeneinanderherlaufen von Szenen, die
durch Brio gebunden werden mfiflten. Aber es
handelte sich darum, iiber die Sommermonate
titig hinwegzukommen, und das ist gelungen.
Messen wir also diese Buhnenereignisse nicht an
der klassischen Operette. Millockers „Bettel-
student" hat langstden Edelrost des Klassischen
angesetzt. Ob er in der geheiligten Tradition
seliger und erfolgreicher wird als in der Form,
die ibm der eigenwillige Ignatz Waghalter gab,
ist zweifelhaft. Reden wir uns nicht ein, daB
eine Wiedergeburt dieser historischen Gattung
fur die Dauer moglich ist. Auch die Operette
hat einen Schritt weiter-, nicht nur zuriickgetan.
Der liebenswiirdige Millocker kann den guten,
alten Geist nicht beschworen; das konnen hoch-
stens StrauB und Offenbach. In dieser Auf-
fuhrung des B Bettelstudenten" brachten Eduard
Kandl als Ollendorff und Joseph Plaut als
Enterich die Heiterkeit, die sich sonst nicht
einstellte. Damit ware dem Ereignis Genuge
getan. Kluger war es scbon, auf Offenbach
zuruckzugreifen. Nicht auf den der Operette,
sondern auf den anderen, in dem der Ehrgeiz
brannte, vor dem prufenden Auge der Ge-
schichte als Meister zu bestehen: den Kompo-
nisten von .Hoffmanns Erzablungen". Wie
zfindend Ieitete einst das Werk die Ara Gregor
ein! Es war einer der groBen Augenblicke
in der Berliner Operngeschichte. Es machte
den stSrkstcn Berliner Erfolg des klassischen
Offenbach. Mit solcben Gedanken durfen wir
uns in Charlottenburg nicht belasten. Hier
fehlt das kiinstlerische Weltburgertum, das ja
jetzt bis auf weiteres zum Schweigen verurteilt
ist. Offenbach wird ins Urdeutsche ubertragen.
Ist das mit Erfolg moglich? Ganz unmoglich
jedenfalls nicht. Denn ^Hoffmanns Erzahlungen"
bilden eine Dreieinigkeit, die im dritten Akt in
die ernste Oper miindet. Hier, wo ebrsame
Burgerlichkeit im Kampfe mit dem Damon
leiden muB, zeigt sich die Biihne des Direktors
Hartmann, der selbst den Urtext moglichst
rein herstellt, diesem Offenbach gewachsen:
Lulu Kaesser ist auflerste Bravheit als Antonia,
Rudolf Gerhart ihr echter Vater, Reisinger
eindringlich und mit gespenstischer Silhouette
als Mirakel; Joseph Plaut so charakteristisch
als Diener, wie er es, als Einziger, bei Giulietta
und bei Spalanzani gewesen war. Franz
Laubenthal gibt einen Hoffmann mit Stimme,
aber ohne Gehirn. In der Ausstattung uberwog
das, was man sonst als „Kitsch" bezeichnet.
Tuchtig wie immer verdeutschte Morike am
Pult den Meister Offenbach, der mit E. Th. A.
Hoffmann fiber allzu groBe Treuherzigkeit und
geschwachte Damonie klagte.
Adolf WeiBmann
KONZERT
DASEL: Neben den obligaten Abonnements-
*^ konzerten, zu denen mir Karten nicht zu-
kamen und iiber die zu berichten ich mir darum
leider versagen muB, fand namentlich ein Extra-
konzert der Allgemeinen Musikgesell-
schaft lebbaftes Interesse, denn es brachte das
erste groBe Orchesterwerk Hermann Suters,
seine Symphonic in d-moll. Der Erfolg des
Opus, das unter Leitung des Komponisten durch
unser Orchester mit Begeisterung und kaum
zu potenzierendem Feuer wiedergegeben wurde,
war ein auBerordentlich spontaner, in den Quali-
taten des monumental angelegten Werkes be-
grundeter. Die ruckhaltlose Hingebung, mit der
Hermann Suter an jede Aufgabe herantritt,
und die jedcm Spiclerischen abholde Art seines
Gestaltens verleihen dem technisch glanzenden
Werke den Cbarakter hohen Ernstes, der durch
Verwendung bodenstandiger Volksmelodieen oft
glucklich gemildert und verklart wird. Die GroBe
der Konzeption und der viele Gehalt an wert-
voller, innerlich bedeutender Musik durfte dem
Werke bald zur verdienten Verbreitung verhelfen.
Neben der Symphonie brachte der Abend eine
groBzugige Interpretation des Klavierkonzerts von
Edvard Grieg durch johnny Aubert und eine
scharfgepragte Wiedergabe der „Altniederlan-
dischen Volkslieder" Eduard Kremsers durch
die Basler Liedertafel. — An grofien Chorauf-
fuhrungen boten Gesangverein und Lieder-
tafel vereint ein prachtvoll angelegtes Konzert,
dessen Hohepunkt die gewaltigen Fest- und
Gedenkspriiche von Johannes Brahms bildeten
Allein brachte der Gesangverein Haydns
„Schopfung* und Beethovens „Missa solemnis",
deren chorale und instrumentale Partieen unter
der energievollen Leitung Hermann Suters
technisch bewundernswert wiedergegeben wurden.
Leider waren die Leistungen der Solisten Mohl-
Knabl. Paul Brefin und Max Sauter. sowie
240
DIE MUSIK XIV. 23: 1. SEPTEMBERHEFT 1915
Aaltje Noordewier, Ilona Durigo, Rodolphe
Plamondon und Peter Hegar allzu ungleich-
wertig. — Das traditionelle „KfinstIerkonzert"
brachte selten gehorte Werke fur Solo und
Ensemble von Bach, Beethoven, Brahms und
Berlioz. — Kirchliche Kammermusik im edel-
sten Sinne des Wortes vermittelte der Basler
Bachchor unter der stilsicheren Leitung Adolf
Hamms in einem Palmsonntagskonzert, in
dem neben anderem die Kantaten: „Sehet wir
gehn hinauf und „Ich hatte viel Bekummer-
nis" eine klanglich wohlabgetonte, im Ausdruck
einheitlich grofie und verinnerlichte Wiedergabe
fanden. Die Solisten Elisabeth Wesler, Rosy
Hahn, Joseph Cron und der Unterzeichnete
ffigten sich gut in das Ensemble ein. — Aus der
kleinen Zahl von Solistenabenden verdienen die
Veranstaltungen des zweifellos einer glanzenden
Zukunftentgegengehenden Pianisten Ernst Levi,
die Liederabende Barblan-Deutsch und na-
mentlich die technisch und musikalisch be-
deutende Wiedergabe der Beethovenschen So-
naten fur Klavier und Violine durch Hans Huber
und Hans Kotscher spezielle Erwahnung. —
Im nahen Rbeinstidtchen Schaffhausen,
dessen musikalisches Leben unter der urn-
sichtigen, von hohem kfinstlerischen Ernste ge-
tragenen Leitung von Otto Ris einen sehr er-
freulichen Aufschwung genommen, brachte das
gewohnte Karfreitagskonzert unter Mitwirkung
des Solistenquartetts Laura Kuth, Hanna
Bunner, Joseph Cron und des Referenten vier
feinsinnig gewahlte Kantaten von Bach: „Mein
liebster Jesus ist verloren", „0 Ewigkeit, du
Donnerwort" (2. Fassung), „Ich will den Kreuz-
stab gerne tragen" und „Wachet auf" in ebenso
stilvoller wie innerlich grofizugiger Wiedergabe,
die einem dem Bach der Kantaten aus begreif-
lichen Griinden noch etwas fremd gegenfiber-
stehenden Auditorium die unvergleichlich in-
timen Scbonheiten und die ergreifende Grolie
dieser Schopfungen uberzeugend kundtat und
damit eine edle Mission mit Gluck erfullte.
Gebhard Reiner
'THUN: Schweizerisches Tonkunstler-
* fest. Als im August des vorigen Jahres der
Weltkrieg ausbrach, sanken auch in unserer
neutralen Schweiz die Hoffnungen auf ein er-
sprieQliches Weiterarbeiten in den Gefllden der
Tonkunst, ja der Vorstand des Vereins Schwei-
zerischer Tonkunstler ging sogar so weit, in
patriotischer Aufwallung auf den jahrlichen Bei-
trag der Eidgenossenschaft an die Bestrebungen
zur Hebung der Tonkunst mit edler Geste
zu verzichten. Man dachte damals auch nicht
daran, ein Tonkunstlerfest abzuhalten. Gliick-
licherweise hat man im Laufe dieses Jahres
wieder Mut gefaQt, und so trafen sich die
schweizerischen Tonkunstler am 10. und ll.Juli
in Tbun, urn zu horen, was das Kriegsjahr an
schweizerischer Musik hervorgebracht hat. Man
beschrankte sich auf zwei Kammermusik-
konzerte. Ein neuer Name, an den sich groCe
Hoffnungen knupfen konnten, ist bei dieser Ver-
anstaltung nicht am Horizonte erschienen; wohl
aber ist ein neues Werk eines Altbekannten ge-
spielt worden, das weiteste Verbreitung verdient:
ich meine die neue Violinsonate von Hans
Huber (Basel). Dieser Bedeutendste unter den
schweizerischen Musikern ist ja auch in Deutsch-
land kein Unbekannter, wenn auch nicht so be-
kannt, wie es seine urgesunde, ganz aus einer
gefestigten Personlichkeit erwachsene Musik
verdiente. Hans Huber hat sich mit der geistigen
Beweglichkeit, die ihm stets eigen war, die
Errungenschaften der modernen Entwickelung
zu eigen gemacht, ohne irgend etwas von seiner
rassigen Personlichkeit einzubuOen. Die ur-
sprungliche Frische der Erflndung, der blitzende
Geist, der die Durcbfiihrung der Themen er-
hellt, ist ebenso bewunderungswurdig wie das
zundende Temperament, das alle Sitze belebt.
Geiger und Pianisten seien nachdriicklich auf
dieses neue Werk hingewiesen. Wenn es so
gespielt wird, wie in Thun von Fritz Hirt
(Heidelberg-Luzern) und Willy Rehberg (Frank-
furt-Genf), so ist ein starker Erfolg unausbleib-
lich. Der jugendliche Genfer Frank Martin
befestigte mit einer Violinsonate in G-dur von
schoner Klarheit und personlicher Tbematik
seine Stellung als einer der begabtesten Jungen"
im Kreise der schweizerischen Tonkunstler.
Karl Heinrich Davids (Koln-Bern) Klavier-
sonate in C-dur scheint mir mehr geistreich
konstruiert als aus einem schopferischen Zwange
erwachsen. Als ebrliche und daberauch gesunde
Musik darf man die Klavierstucke des vom
Essener Tonkunstlerfest her auch in Deutsch-
land nicht unbekannten Otto SchultheB
(Zurich) ansprechen. Ein Streichquartett von
Georg Haser (Basel) ist so recht aus der Mu-
sizierfreudigkeit eines Quartettspielers heraus
erfunden und klingt daber auch sehr gut. Unter
den Lied em dieser Konzerte stehen unstreitig
an erster Stelle zwei auf herrlicbe Texte von
Holderlin geschriebene Kompositionen von Fritz
Brun (Bern) fur Altstimme, in denen die H6I-
derlinsche Gefuhlswelt mit starker Empflndung
musikalisch erfafit ist. Da es Ibnen ja nicht
um einen „protokollgetreuen a Bericbt zu tun
ist, mogen diese Namen genugen.
Gian Bundi
z
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
u der das vorliegende Heft erSffnenden Studie fiber Jean Louis Nicod6 gehoren
die drei aus verschiedenen Lebensjahren des Kunstlers stammenden Portrits, von
denen das Reservistenbild gerade in unseren Tagen allgemeinem Interesse begegnen
diirfte.
Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin W 57, BulowstraBe 107 '
J. L. NICODfi
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DIE MUSIK
HALBMONATSSCHRIFT MIT
BILDERN UND NOTEN
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 24 • ZWEHES SEPTEMBER-HEFT
14 JAHRGANG 1914/1915
VERLEGT BEI
SCHUSTERS LOEFFLER- BERLIN W
Das dem Deutschen angeborene Kunstbedurfnis unterscheidet sich in
seiner Eigenart hauptsachlich dadurch von dem anderer Volker, dafi
der deutsche KQnstler diesem Bediirfnisse nur dann zu genugen ver-
mag, wenn er iramer und uberall von innen heraus gestaltet. Es
kommt ibm darauf an, sich selbst zu geben, sein eigenes Innenwesen
durch seine Scbopfung und in ibr zu offenbaren.
Friedrich von Hausegger
INHALT DES 2. SEPTEMBER-HEFTES
FRANZ DUBITZKY: Die Ieere Quinte
GEORG CRUSEN: Deutsche Musik in Ostasien
ALEXANDER JEMNITZ: Lieder von Moussorgsky
REVUE DER REVUEEN: Aus Tageszeitungen
BESPRECHUNGEN (Biicher und Musikalien) Referenten:
Carl Robert Blum, Wilhelm Altmann, F. A. Geifiler
KRIT1K (Oper und Konzert): Berlin, Sondershausen
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
AN UNSERE LESER
KUNSTBEILAGEN : Carl Wilhelm ; Johann Straufi; Friedrich Kiel
QUARTALSTITEL zum 56. Band der MUSIK
NAMEN- UND SACHREGISTER zum 56. Band der MUSIK
VERZEICHNIS DER KUNSTBEILAGEN des H.Jahrgangs der
MUSIK
NACHRICHTEN: Neue Opera, Opernspielplan, Konzerte,
Tageschronik, Totenscbau, Verschiedenes
ANZEIGEN
Nacbdruck nur mlt besonderer Erliubnls des Verliges gestattet
Alle Recbte, insbesonderc dai der Obersetzung, vorbelialten
FBr die Zurucksendunt unverlangier odcr nlcht angemeldeter Minuskripte, fall* Ibnen
nlcbt genBgend Porto belliegt, Bbernimmt die Redaktion keine Garantle. Schwer leserllche
Manuskrlpte werden ungeprDfl zurDckgesandt.
Verantwortlicher Schriftleiter: Kapellmeister Bernhard Schuster
Berlin W 57, Bulowstrafie 107"
DIE LEERE QUINTE
VON FRANZ DUBITZKY IN BERLIN-FRIEDENAU
Die reine Quinte ist nach den allereinfachsten Intervallen: Prime
und Oktave (welche eigentlich noch gar keine Intervalle, sondern
bloCe Identitat sind), das nachst einfache Intervall ... Unser
heutiges, asthetisch entwickeltes, daher auf vollen Wohlklang gerichtetes
Musikgehor und -gefiihl ist keineswegs geneigt, die Quinte mit ihrem
entschieden herben Charakter als das der Oktave nachstliegende Ton-
verhaltnis anzuerkennen, vielmehr glauben wir dieses in der so wohl-
klingenden Terz vorzufinden. DaO aber tatsachlich die Quinte die zweite
Stelle in der Intervallenreihe einnimmt, erweist sich durch mehrfache
Grunde . . . Die Schwingungsgeschwindigkeiten zweier Tone, welche eine
Oktave bilden, verhalten sich wie 1 : 2, stehen mithin in dem denkbar ein-
fachsten Zahlenverhaltnis zueinander . . . Das um einen Grad kompliziertere
Verhaltnis ist nun das von 2:3... und dieses Verhaltnis ergibt das Inter-
vall der reinen Quinte." So lehrt William Wolf in seiner „Asthetik
der Musik". Von der Bedeutsamkeit der Quinte spricht in demselben
Werke die Stelle: „In den nachsten und wichtigsten Akkordbildungen, dem
Dur- und Moll-Dreiklang, ist die Quinte der Grundbestandteil, denn
sie ist das in beiden Gleiche, Bestehende, wahrend die Terz variiert, als
groCe Oder kleine auftritt . . . Die Quinte ist der zweite Hauptton der
Tonart, der mit Recht als ein ,hcrrschender', als ,Dominante' an-
gesprochen wird."
Fur den wichtigsten Septimen- und Nonenakkord dient die Dominante,
die Quinte der Tonart, als Fundament. Der Quintenzirkel, der Auftritt des
Seitenthemas bei Sonaten und Symphonieen in der Tonart der Quinte, die
Beantwortung (Comes) des Fugenthemas (Dux) in der Quinte, das Stimmen
der Violinen, Bratschen und Violoncelli in Quinten (die E-Saite der Geige
nennt man auch Quinte) 1 ) u. a. — all dieses weist hin auf den hervor-
ragenden Platz im Tonbezirk und auf die Achtung, deren sich die reine
Quinte erfreut.
„In den ersten Jahrhunderten der Entwicklung mehrstimmiger Musik
(das ist ungefahr 900 bis 1200 n. Chr.) wurde die Quinte als das fast allein
gultige, mindestens als durchaus hauptsachliches Intervall empfunden, und
noch mehrere Jahrhunderte weiter ward, wiewohl man den angenehm
klingenden Terzen und Sexten je langer desto mehr Sympathie zuwandte,
der Quinte die hervorragendste Bedeutung beigelegt. Jene Generationen
befanden sich gleichsam im musikalischen ,Naturzustand', aus welchem
') Das Stimmen der Klaviere geht bekanntlicb auch in moglichst reinen Quinten
vor sich.
16*
244
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
erst allmahlich der moderne ,Kulturzustand' der Musik sich entwickelt hat"
— so erinnert W. Wolf in seinem Werke. Dem .Naturzustand" begegnen
wir noch heutigen Tages in der Regel, wenn es sich urn musikalische
Schilderungen von Naturvolkern, von baurischem Wesen, von Land und
Landleuten handelt. AIs Fundament von Bauerntanzen und der-
gleichen in ungezwungener „Naturlichkeit" sich gebenden Tonstiicken er-
klingt dann die Naturquinte, die leere Quinte. AIs Zeugen fiihre ich
an: Beethovens Pastoralsymphonie, Jensens „Wanderbilder" (No. 10 „Im
Wirtshaus"), Springtanz aus Humperdincks M K6nigskindern", „Bauern-
hochzeit" fur Klavier von Arnold Krug (aus „Rusticana a , op. 123, No. 4),
„Der Rose Pilgerfahrt" von Rob. Schumann (No. 22: „Im Hause des
Miillers, da tonen die Geigen, da springen die Bursche im wirbelnden
Reigen"):
Beethoven (Pastoralsympta.) ebenda (Hirtengesang)
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Lobe fuhrt in seinem Lehrbuch der musikalischen Komposition
(Bd. II, 70) folgende Stelle aus Cherubini's „Wassertrager" an:
Ob. Kl.
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Er gibt hierzu die, mit der eben gebrachten BaBquinten-Deutung im
Einklang stehende Betrachtung: „Viel zur Erweckung des Landlichen wirkt
hier bei den Hornern ohne Zweifel die leere Quinte mit. Warum? Wahr-
scheinlich haucht uns aus diesem reinen und leeren Intervall, verbunden
mit dem reinen Klang der Horner, etwas wie reine, heitere, landliche Luft
an. Man setze anstatt der Quinte die Terz e-cis oder a-cis, und der land-
liche Hauch ist verschwunden!"
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
245
Auf das VolksbewuQtsein, auf Ursprunglichkeit deuten auch in den
Tanzen des „Aristokraten" Chopin die Quintenbasse bin, wie wir sie z. B.
in den Mazurkas op. 6 No. 2 und 3, op. 68 No. 3 und in der Phantasie
iiber polnische Nationalweisen (op. 13) finden:
Chopin (op. 6 No. 2)
(No. 3)
l*fe
iH
*i44
A.
usw.
■u
m*
4 mal
» — »_
H^7
J^
(op. 68 No. 3)
Die urewige Natur spiegelt sich in detn Quintenuntergrund im
,Rheingold u -Vorspiel wieder: Y^-9- — a
Uber die Tone der Wasserfalle stellte im Jahre 1874 Albert Heim
Untersuchungen an; er kam dabei stets zu dem gleichen Resultat, zu dem
gleicben Akkorde, zu der Quintbasis F — c. Er notierte z. B. die Klange:
(\
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Von anderer Seite wurden diese Wasserfall-Akkorde um eine Oktave
in die Tiefc geriickt, welcher Meinung auch Richard Wagner beizustimmen
scheint, wie die vorher vermerkte reine „Rhein a -Quinte offenbart. In
meinem Klavierstuck B Auf dem Wasser" habe ich mich wie viele andere
ebcnfalls fur die tiefere Quinte entscbieden:
246
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
All commodo
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W&£
Hfc
I^=t
^&
^
8 bassa
SchlieOlich ist noch der Wiegenlied-BaBquinte zu gedenken. Sie
laOt sich aus der Meeresquinte ableiten, durch die Erinnerung an das
Schaukeln des Kahnes auf den Wogen und die Gegeniiberstellung der
„schaukelnden" Wiege; zweitens ist die standig wiederkehrende BaBquinte
als ein Zeichen der Ruhe, des Einschlummerns usw. hier aufzufassen —
und drittens konnte man sie auch als Ausdruck der reinen Natur, der
Natiirlichkeit, als Fingerzeig auf das von der Kultur noch unbeleckte in
der Wiege ruhende Wesen hinnehmen:
R. StraulJ (Wiegenlied aus der „Domestica")
MaQig langsam
Die reine Quinte ist das gefahrlichste, vom Kompositionsschiiler
hochlichst gefiirchtete, vom gestrengen Herrn Magister und auch von den
Kritikern frtiherer Zeiten arg verfolgte Intervall. Selbst Konige entgingen
der Bosheit der Quinte und der fein aufhorchenden Spotter nicht. Als
einmal Quantz, dem Lehrer Friedrichs des GroBen, beim Vortrage einer
Sonate des Konigs eine bose Quintenfolge auffiel, lieB er als Opposition
ein recht kraftiges Rauspern vernehmen. Der Autor des Werkes verstand
den Wink und anderte dann unter dem Beistande seines Konzertmeisters
Franz Benda die Stelle, indem er sagte: „Wir diirfen doch Quantz keinen
Katarrh zuziehen." Carl Mayrberger warnt in seinem Lehrbuch der
musikalischen Harmonik (1878) und mit ihm in Shnlicher oder gleicher
Fassung all die zahlreichen Harmonieschriften: .Wenn zwei Stimmen zu-
einander Quinten bilden, und sei es nun stufen- oder sprungweise, in
gerader Bewegung wieder zu Quinten fortschreiten, so entstehen dadurch
offenbare Quinten, welche unbedingt verboten sind." Aber um das „Un-
bedingt" kiimmern sich die Komponisten aufgeklSrterer Zeiten herzlicb
DUB1TZKY: DIE LEERE QUINTE
247
wenig. (Ubrigens gab auch schon der alte Herr Marpurg, gestorben 1795
als Koniglicher Lotteriedirektor in Berlin, zu: „Gegen manche Quinten-
parallelen ist nichts einzuwenden, so ftirchterlich sie auch auf dem Papier
aussehen".) „Franz Liszt verwendet in seinen kirchlichen Monumental-
werken reine Quintenfolgen absichtlich, wo er das unfaCbar Hohe und
GroBe den Sinnen greifbar machen will" — berichtet Ludwig Nohl in seiner
Allgemeinen Musikgeschichte. Aus des jungen StrauB „Guntram" (wann
wird diese der Beachtung des 20. Jahrhunderts gewiO immer noch werte
Oper wiedererweckt werden?) gebe ich ein leere Quinten bringendes Motiv:
*TE
w
xz
-§V-
-*y — ■
T
Sehr scbnell
Puccini eroffnet ohne Gewissensbisse das dritte Bild seiner B Boheme*
raif dem Quintenthema:
= 112
r<,
;s=iJEigggEg ^
w?
¥
i
usw.
Sein Landsmann Bossi macht sich fiber das Quintenverbot in seinen
Satire musicali fur Klavier lustig, No. 3 daselbst prunkt fast durchgehends,
fast Note fur Note, mit verbotenen Quinten. Richard StrauB, der Gereifte,
versetzt in seincm „Heldenleben" den B Widersachern" eine leere Quinten-
folge, auf ahnlichc Art argert sich der eben aus russischer Gefangenschaft,
aus russischer „Winterwelt" entflohene Tondichter Paul Scheinpflug in
seinem Orchesterwerk „Frfihling" fiber die B Winterwelt":
StrauQ (Heldenleben)
grazioso g
Ped. -"
(Schlufi aus No. 3)
usw.
-:g5E^i=H*
&-*-
-#=-
-*»-
Dubitzky
(„Nachts" fur Orchester, komp. 1903)
Scheinpflug
(Thema der Winterwelt, komp. 1905)
S. con sord.
VPv w
> > ^
Sehr langsam
y£>»-
248
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Im Gegensatz zu den die Uberklugen treffenden Quinten im „Helden-
leben" gilt die Quintenfolge in des Meisters Ouverture zum n 6iirger als
Edelmann" dem ungeschickten Dilettanten; es handelt sich also bier zu-
gleich, ganz in Ubereinstimmung mit den gelehrten Lehrbuchern, um eine
Verspottung .offener Quinten". Das erinnert an Mozarts „Musikalischen
SpaB", in welchem die „falschen" Musikanten und „falschen" Komponisten
belachelnden und verlachenden Instrumentalwerke die bosen Quinten natur-
lich auch nicht fehlen. Da wir gerade bei „Iustigen" Quinten weilen, mag
eine Stelle aus meinem Orchestersatz „Ein lustig Stuck" Erwahnung finden:
Straufi (Burger als Edelmann)
I , - v. i W~I— i— W-
S!S
Dubitzky (Ein lustig Stuck)
J5- * J53J
breit ♦
All - comodo
In dem letztgenannten Stiick lautet ein Takt:
Eine verruchte leere Quintenfolge! Nach hundertjahrigem Gesetz
hatte ich die eingeklammerte Stelle in echte, rechte Hornquinten ver-
bessern miissen, namlich:
Bei alt und jung und wohl in Ewigkeit erfreuen sich die Hornquinten
groDter Beliebtheit. Riemanns Musiklexikon bestatigt: ^Hornquinten, alter
Name der fiir Horner durch Naturtone ausfiihrbaren, jederzeit auch von den
allerpedantischsten Lehrern gestatteten ,verdeckten' Quinten - tat;—*:
: Ep==El^
und zuriick." Diese „Naturquinten" stromen gesunde Jugendlichkeit,
Naturfrische aus (gar mancher unzufriedene Zuhorer der Sinfonia domestica
atmet froh auf, wenn daselbst die Homquintenstelle erklingt). Wagner
bedient sich der Naturquinten fiir das Motiv der ewigen Jugend im „Rhein-
gold", im ^Lohengrin" ertonen die Naturquinten im Morgenweckruf der
Tiirmer (Trompeten), sehr ^popular" sind die Hornquinten im Bauern-
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
249
Walzer in Webers „Freischutz" (eine Nachahmung in gleicher Tonart
brachte Schumann im Finale seiner „Papillons a ). Hier die Noten:
StrauB (Domestic*)
Rheingold
Hr.
sebr ruhig
f
Lohengrin
I
5
Trp.
Freiscbutz
M^ -*-f-r
t
^T:
5f
:n
-tL=K-:e^.
Hr.
poco a poco morendo
Pl'P
Die Naturtrompete ist in ihren Naturtonen noch beschrankter als das
Naturhorn (Waldhom), das Naturhorn in F besitzt mehr als ein Dutzend,
die Naturtrompete in der gleichen Stimmung etwa 10 gcbrauchsfihige
Naturtone:
Naturtrp.
in F
^m
=¥=
-9*~
Von den am baufigsten vertretenen (viermal C, zweimal G) und in
bequemster Lage befindlichen Tonen macht die Naturtrompete vorwiegend
Gebrauch. Das hohe e 2 und das tiefe C und c scheiden der Unbequem-
lichkeit und groBeren Anstrengung wegen aus der crsten Linie aus, es
verbleiben g, c 1 , e 1 g 1 , c 8 — aus diesen Tonen setzen sich mit Vorliebe die
Rufe, Signale der Naturtrompeten (und nach dieser iiberkommenen Sine
auch bei Anwendung unserer beutigen Ventiltrompete) zusammen. Als
Beispiele Kir die aus der leeren Quinte (und deren Umkehrung, der leeren
Quarte) gewonnenen Signale fiihre ich an: den Schlachtruf aus Rubinsteins
B Makkabaem a , Schlachtruf aus Edm. Kretschmers w Geisterschlacht",
Schlachtruf aus Julius Zechs „Krieg und Frieden", Schlachtruf aus
R. Volkmanns „Richard HI.", den Kampfruf aus dem Gladiatorenkampf im
„Rienzi a und Chopin's A-dur Polonaise:
Rubinstein i
ipj*=g=^
4mal
:::znr
250
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Kretschmer
$
-ri-
EH
s s
~KT
:=j:
-jsr
#!-
Zech
^5=3
3— •-•-#-•— • ! -»^»
4==f
iES=ES
5^j
-•*•-
-rzj:
:*=
-^^s-^
I
Wagner
Cbopin (A-dur Polonaise)
(gleichsam Trompete)
Der friedliche Ruf des Horns oder der menschlichen Stimme er-
schallt ebenfalls gern im Intervall der Quinte. Siegfrieds Hornruf beginnt
und schlieQt mit dem Quint-Intervall, weiter verweise ich auf den Jagdruf
im ersten Akt des „Tannhauser", auf Wotans Loge geltenden Ruf am
SchluQ der „Walkure", auf die markante Quinte im Rufe des Schiffsvolkes
im ersten Aufzug des „Tristan", auf Siegfrieds feurig-ehernen Ruf im
ersten Schmiedeliede und auf — Herrn Beckmessers von minder reinen
Gefiihlen erfullten Zuruf: „Fanget an!" (letzterer ist verwandt mit dem
Spottruf der Kriegsknechte: „Sei gegruOet, lieber Judenkonig!" in Bachs
„Johannespassion"). Betrachten wir die Notenzeilen:
Siegfried
Tannhauser
%m
=p
:usw.~:z^;
ebenda
Walkure
msmmm
3^;
Tristan
Lo - ge bor!
Siegfried
lau - scbe hie - her!
i
-»— #— I-
W
:usw..
9
^-r-
z*=*--
-4-»-l-«r- » 1 — * z
+— I 7— p — « — f-
-Jfr.
Ho he ha be!
Meistersinger
Ho -ho! Ho-hei!
Bach
Ho-hei! Ho - ho!
I
Fan - get an !
m
it
Sei ge - gru- Bet
DUB1TZKY: DIE LEERE QUINTE
251
Auch fur den Hirten ist die Quinte von Bedeutung, sie ist das
wichtigste Intervall seiner Schalmei. Die Hirtenweise im .Tristan" beginnt
auf solcbe Art und zollt im weiteren Verlaufe der Quinte die ubliche
Reverenz; also geschieht es auch in der Schaferweise in Richard StrauO'
.Don Quixote" — diese beiden Beispiele mogen geniigen:
Tristan
ebenda
m
m
wm
3=X
-&-
Don Quixote
m
"i
s=7_
<<Zi*Z
H— i — 1-«- : £
;^."
;*=:!=*:
I
Der Hirt, das „Kind der Natur", gibt uns AnlaB, nach ahnlich ge-
stimmten Wesen, nach anderen Natur- Motiven Umschau zu halten.
Till Eulenspiegel, Siegfried, der .Knabe" Parsifal — ihrem reinen Natur-
zuge eignet sich die reine Quinte gut. Reznicek gibt in diesem Sinne
in seiner Oper „Till Eulenspiegel" dem sorglosen Volksschalk den Quinten-
schritt als hochsteigenes Motiv; Parsifal, der .reine" Tor, erfreut sich in
der Weissagung des Gurnemanz der .reinen" Quinte — und Siegfried,
der hochzeitlich Gestimmte, macht seinen unverfalschten Sinn in Natur-
tonen kund:
Reznicek
Parsifal
'T~
*-* d P —
TV
Mein Nam ist Till.
JE^; g*E=EEgEJE
4?i2i
=t=|:
wis -send, der rei - ne Tor, bar - re sein,
.GotterdSmmerung"
1 ^__^^ I
l-w 1 J J
i J —
fro
hen
Mu
te
In Richard StrauO' .Also sprach Zarathustra" erklingt als Natur-
symbol die (an den Anfang einer Melodie aus Freylinghausens Gesangbuch
und manche andere Weise erinnernde) Tonfolge:
StrauO
rf- pi
(Fr. Gesangb.)
i i
*§-==*=*
^
L* j „, _
LA — i — • — | u
Trp.
Macht weit die Tor
252
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Der „Natur"-Quintschritt stellt sich beim Beginn der Natursymphonie
Hauseggers als Weckruf ein und durchzieht in mannigfacher rhythmischer
Veranderung die Themen jenes Werkes, z. B.:
$-
h
|r
m
Hr.
PP ■
Fl.
Str.
-m
s=?
&-
-a-
Trp.
Liest man die letzte Umwandlung .krebsmaBig", d. h. riickwarts, so
ersteht vor uns das bekannte Hornthema aus dem ersten Satz der c-moll
Symphonie Beethovens (dort zuerst auch in gleicher Tonbenennung):
Beethoven
^ ^^^^
==1
i
Rob. Schumann brachte das Beethoven-Motiv in seiner Faustmusik
in Moll:
I
¥
9—v-
-=T
~i r
:X
T
3=
Al - les Ver - gang - It - che ist nur ein Gleich • nis.
Erinnerte er sich des Hauptthemas im 1. Satze des Haydnschen
d-moll Quartettes op. 76 No. 2? Jenes setzt ein: L/^^rr^
In seinem iiberall, aber in Berlin noch immer (und zu Unrecht!)
nicht aufgefuhrten Chorwerke „La vita nuova" (.Das neue Leben") beginnt
Wolf-Ferrari einen neuen Satz (Nr. 11) mit folgender Fermate:
(BSsse, SI
Orgelpedal,
Paukenwirbel)
VV
3Z£
Er setzt die Anmerkung hinzu: „Diese Fermate wird so lange gehalten,
daC sie auf den Horer den Eindruck gespannter Erwartung hervorbringt."
Der vorhergehende Satz schloD in Ges-dur. Wirkt nun diese leere Quinte
als Dur oder Moll? Unser Auge wird sich fur Dur entscheiden; unser
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
253
Auge ist gewohnt, beim Fehlen einer Vorzeichnung die Quinte c-g als
C-dur zugehorig zu reklamieren:
StrauB („Tod u. Verklarung")
m
Mod.
Tb. 5
Kfg. ^
PP
^
usw.
— und ebenso wird die Quinte a-e, wenn die Durvorzeichnung, die drei
Kreuze, fehlen, von unserem Auge als Moll aufgefaQt. Auch unser Ohr ist
nicht frei von Gewohnung und Erinnerung. Die Ouvertiire zum „Fliegenden
Hollander" oder der erste Satz der „Neunten" dringt mit der leeren Anfangs-
quinte zu unserem Ohr:
Wagner
Beethoven
m
m
-19---
-T7r
m
-o—
-&± :
12
Wir wisscn, daO beide Satze in Moll stehen, und empfinden in dieser
Erinnerung, in diesem Vorausblick die leere Quinte daselbst im Nu als
Moll-Gebilde. Die Zumutung, bei der „Hollander"-Ouvertiire an eine
„Dur "-Quinte zu glauben, wiirde unsere starkste Opposition erregen. Oft
genug will jedoch beides, Dur und Moll, nicht passen; haufig wird durch
den Hinzutritt der fur Moll oder Dur sich entscheidenden Terz der Charakter
eines Motives verwischt oder zerstort. Im „Rheingold" vernehmen wir
das Tarnhelm-Zaubermotiv:
gl=iS§t=fe^
t=£=±
-**=
Wiirden wir der leeren Quinte h-fis ein .Klarheit" bringendes dis
oder d zugesellen, so ware der Zaubercharakter, der Tarnhelmcharakter,
das nebelhafte, unbestimmte, verschwommene Wesen des Motives ver-
nichtet. Nebenbei, im AnschluQ an das „Zaubermotiv", mag darauf hin-
gewiesen werden, daC in Dur-Dreiklangen die in der Hohe thronende leere
Quinte zweifellos zauberhaftes, geheimnisvolles, himmlisches Wesen be-
kundet und den betreffenden Akkord „verklart". Als bekanntesten Zeugen
rufe ich das „Lohengrin"-Vorspiel herbei:
254
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Nehmen wir den fruheren Faden wieder auf! Ich sprach vorhin vom
Quinten-„Ruf". Der Ruf ist gesteigerte, verstSrkte Rede. Die verstarkte,
gesteigerte Rede tritt auch in Aktion, wenn es sich urn Warnungen,
Drohungen und um Eide handelt. Und wiederum ist es der Quinten-
schritt, der sich bei solcher Gelegenheit emsig meldet. In Lohengrins
Warnung „Nie sollst du mich befragen" ist die Quinte das unterstreichende,
warnende Intervall:
Nie sollst du mich be
Nocb Wis-sens Sor - ge
fra - gen,
tra - gen,
Noch markanter und bestandiger, entschiedener, drohender offenbart
sich die Quinte im Speerschwur in der ^Gotterdammerung":
- & »— 0-
:!
;»--
-^ a-
3jZ*1
V-
=C=X
=Ci
I
it
-t
X-
usw
Hel-le Wehr, hei - li - ge Waf-fe!
hilf mei - - nem
Auch der wie eine gewaltige Drohung wirkende, vom Orchester
unbegleitete Ruf Leonorens in Beethovens einziger Oper gehort hierher:
^
=Hr-
9a
:tzr::
Tot erst sein
Weib!
Den Quintensprung am Anfang des ersten Satzes seines „Aus meinem
Leben" betitelten Quartettes erklarte Smetana selbst als: w eine Warnung
vor meinem kunftigen Ungliick". Im letzten Satze desselben Werkes
erklingt das gleiche Motiv, die herabsturzende, den Absturz im Leben des
Meisters malende Quinte, als „DrohruP, der die nahe bevorstehende
Taubheit Smetanas ankundigt:
Smetana (1. Satz)
i
i=
-19-
I
iz
(letzter Satz)
-<&-
l--i
rjz
r/2
£
ifct
Robert Schumann brachte einmal die Deutung: „Dreiklang = Zeiten.
Terz vermittelt Vergangenheit und Zukunft als Gegenwart." Er fugte dann
allerdings hinzu: M Gewagter Vergleich!" Schumann gab also die Prim als
„ Vergangenheit", die Quinte als „Zukunft" aus. Meiner Ansicht nach
vertritt jedoch die Prim die Gegenwart, die Terz die Vergangenheit und
(hier in Ubereinstimmung mit Schumann) die Quinte die Zukunft:
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
255
Gegenwart Vergangenbeit Zukunft
i§t=$-\—^
4t
Es ist! Es war! Es wird sein!
Als einen Hinweis auf das „kunftige" Ungluck, auf die Zukunft, sahen
wir eben den Quintenschritt in Smetanas e-moll Quartett vom Tondichter
selbst erklart. In der Lohengrin-Warnung erblicken wir in ahnlicher Weise
zukiinftiges Geschick. Uber Rob. Schumanns C-dur Symphonie auCert sich
H. Kretzschmar in seincm „Fuhrer durch den Konzertsaal": „Das Motiv
sosten. a$sai
$
ZSI
ZSTZWi*-
VP
durchzieht, mit Ausnahme des Adagio, alle Satze des Werkes wie ein
gebeimnisvolles Geisterwort ... Es handelte sich hier fur den Komponisten
. . . urn Faust'sche Probleme: um den Weiterbau auf jenem grausig scbonen
Terrain, auf welchem die ,Neunte Symphonie* stent." Also wiederum ein
Suchen und Blicken in die Zukunft!
Beethoven („Neunte")
I
J
m
^s==n-:
ZfiTi
EPE
r ^
Der Zukunft sieht die Welt gewohnlich mit einem gewissen Bangen
entgegen: man weiO, daO die Zukunft in der Regel enttauscht, mehr Un-
frohes als Frohes beschert. Damit laQt sich dann leicht erklaren, dafi das
„Zukunftsintervall" dem Tonsetzer zugleich ein Unheil und Not kun-
dender, lugvoller Klang ist. Fur das „Unheil" der Quinte fuhre ich
als Beweis zwei Stellen aus der „G6tterdammerung", Salomes unheimliches
Lauschen und fieberhaftes Warten auf den Tod Jochanaans und den .Tod"
in Rezniceks symphonisch-satyrischem Zeitbild .Der Sieger" an:
B G6tterdammerung" (Akt 1)
dL_| x— -»-A— ft-r-i-
m
-02.
3=
3=£
<3>
Briinnhilde: Kommst du von
V-
I
Hel-las nacht
ebenda (Akt 3)
Salome
li - chera Heer?
Reznicek
95rt^
sfz P* 7 m /' h
• --- sfz
n-
p pjEfc^^j
-&-■
33E?
s^r
und Un-heil W ^
-k «q — I _ ■
Gunther: Angst
//i r <
Mit furchtbarer Majestlt
256
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Die „Not" malende Quinte haben wir in dem armen „Leiermann a
des armen Schubert (die ewige leere Quinte der Begleitung deutet zugleich
auf das armselige, dem Dudelsack in der Beschranktheit seines Basses
verwandte primitive Instrument hin . • . es vereinigen sich also in dieser
Quinte „Not" und ungelehrte, anspruchslose „Natur a ):
Schubert
Ipgppi
p3z:
usw.
=f£=fc
=*£
Dru-ben hinterm Dor-fe
=*=*:
■E*Z
«t=tc
3=
stehtein Lei-ermann
usw.
Das bekannteste Beispiel fiir die Ode und Leere der Quinte gab
Wagner im „Hollander"-Motive. Bruckner widmete seine Dritte Sympbonie
„Meister Richard Wagner in tiefster Ehrfurcht", sie steht in der B Hollander"-
Tonart und beginnt in verwandter Art mit „leeren" Intervallen. Ahnliche
Gebilde wie das hohlwangige „Hollander"-Motiv stellten sich seit Wagner
oft und gern ein; aber auch vor Wagner fehlten derartige Quintenmotive
nicht, wie ja schon Beethovens „Neunte" bezeugt. Aus neuer und alter
Zeit erinnere ich an das Scherzo aus Bruckners E-dur Sympbonie, an eine
Knabenchorstelle in Mahlers Achter Symphonie, an das Lied „0 Dannebom,
o Dannebom, du dragst 'ne gronen Twig" (aus dem Paderbornschen, 1812),
an das Volkslied „Was blasen die Trompeten?" (hier sind die Naturtone
der Trompete fiir die Quinte und Quarte verantwortlich, ich behandelte
diesen Punkt bereits oben); weiter nenne ich die Volksweise „Waldlied*
von Johann Abraham Peter Schulz („Wenn hier nur kahler Boden war',
wo jetzt die Baume stehn" — Schulz starb dreizehn Jahre vor der Geburt
des Bayreuther Meisters), „Der Ritter und die Konigstochter" (eine Volks-
weise von Unbekannt aus dem Jahre 1830); bei Richard StrauB ist seiner
symphonischen Dichtung „Macbeth" und seines Violinkonzertes zu ge-
denken, und auf Mozarts .Don Juan", auf das Motiv des gleich dem
B Fliegenden Hollander" unheimlichen „steinernen Gastes" ware wohl auch
hinzuweisen (Ouvertiire Takt 5 — 8). Uber den dritten Satz aus Griegs
Peer Gynt-Suite II, iiber „Peer Gynts Heimkehr", schreibt Kretzschmar
in seinem Fiihrer durch den Konzertsaal: „Der Komposition liegt ein ganz
ahnliches Programm zugrunde wie R. Wagners Ouvertiire zum ,Fliegenden
Hollander'. Mit ihm begegnet sich Grieg auch thematisch, namentlich der
Quintenfall in seinem Hauptmotiv bildet eine fiir jeden bemerkbare Ahn-
lichkeit. Das kommt daher, weil der Gehoreindruck des durch die Segel
und Taue pfeifenden Sturmes fiir alle Musiker nahezu derselbe ist. Das
ist ein Klang, der unten ansetzt und springend sich nach oben immer mehr
zuspitzt." Ferner erwahne ich Robert Schumanns B Neujahrslied", desselben
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
257
Ouverture .Julius Casar" und Chorballade (fur Mannerchor) »Das Gliick
von Edenhall", das BaDthema im Finale von Beetbovens „Eroica a -Symphonie,
sowie dessen das gleiche Thema verwertende Klaviervariationen op. 35,
R. Schumanns Lied „Die alten bosen Lieder", Franz Schuberts Lied
„Wehmut" („Wenn ich durch Wald und Fluren geh, es wird rnir dann
so wohl und weh in unruhvoller Brust"), Peter Casts den Gesang „ Tristan
muDte ohne Wahl dienen seiner Koniginne" erofFnende Fanfare (op. 2 No. 2),
Goldmarks zweite Suite fur Violine und Klavier (op. 43, Haupttheraa des
SchluBsatzes), Chabriers ^Gwendoline" (Haralds markantes, mehrmals
repetiertes: »Nous avons frapp6 des epees"). Doch — genug der mehr
oder weniger an das „Hollander"-Motiv gemahnenden Beispiele! Teilen
wir diese Quintentheraen in drei Gruppenl 1. Aufstieg:
.Fliegender Hollander"
I
M
Mahler (Achte Sympbonie)
g
fS ^p^ S
^
=F
a • mo- rem cor - di - bus
Lied vom Jahre 1812
P
Volkslied
Schulz (Waldlied)
*:
4 — I l
O Dan-ne-bom, o Was bla-sen die Trompe-ten? Wenn bier nun kah-ler
R. StrauQ (Macbeth)
IN
4* #
-&-
M
Grieg (Peer Gynts Heimkehr)
¥=£
S^=
E^
Schumann (Neujabrslied) Schubert (Wehmut)
^
-u-
*=fc
g ,, m
Wenn icb durch Wald und Flu - ren
Feierlich
P. Cast (Tristan muBte ohne Wahl)
a
Chabrier (Gwendoline) ^ — s-
X
^>=r-
*
*
schmetternd
Nous a - vons frap • p6
Von friiber gebrachten Zitaten gehoren zu dieser Gruppe der
Schlachtruf aus den „Makkab2ern" und Volkmanns .Richard III.", der
Jagdruf aus „Tannhauser", Wotans Ruf nach Loge („Walkiire"), Siegfrieds
„Hoho! Hobei!" im ersten Schmiedeliede, Rezniceks „Till"-Motiv, StrauB'
,Zarathustra" (Natursymbol) u. a.
XIV. 24. 17
258
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Die zweite Gruppe zeigt das umgekehrte Bild, den Abstieg:
Bruckner (Dritte Symphonie) derselbe (Scherzo aus der Siebenten Symphonie)
■js2iz=#
Trp.
Strauli (Violinkonzert)
-o-
s l -
*£=£= £=$
.g_— y . ... g -
=1
-»
I
Trp.
$
!*={=*■
^£
-0—~**
-o~
-&-
-a ' eJ
Trp.
Mozart (Don Juan)
Schumann
I
-&-
X^S-
=3==?
~rr
Andante
Die al - ten bo - sen Lie - der,
§s
derselbe (Julius Clsar-Ouverture)
3
Hr. ^
Unter den fruher vermerkten Notenbeispielen kommen hier u. a. in
Betracht: Chopins A-dur Polonaise und Beethovens Neunte (1. Satz). Als
dritte Gruppe fuhre ich Themen an, die eine Umstellung der beiden
HMlften des „Holiander"-Motives darstellen; wShrend dieses nach der
Quarte die Quinte bringt, beginnen die nachstehenden Zitate mit der
Quinte und lassen die Quarte folgen. (Nebenbei: Quinte-Frage, Quarte-
Antwort.) Die erste Gruppe schloC mit dem hohen Ton, die zweite mit
dem tiefen, die dritte nun entscheidet sich fur den Mittelweg, fur den
Mittelton im Anfang und Ende.
Beethoven (Eroica-Variationen) Schumann (Gluck von Edenhall)
1=
3=
¥*~-
§&
=P
-"*
^5
Frage
Antwort
Heil E - den - hall! Heil sei-nem Lord!
derselbe (Julius C9sar-Ouverture)
I
fc*
m
z&z
Trp.
^
2 mal
Man vgl. auch den fruher notierten Schlachtruf aus Kretschmers „Geister-
schlacht".
Ich wies bereits darauf hin, daC die Zukunft gewohnlich triigt, und
daQ das Intervall der Zukunft, die Quinte, dementsprechend als lugvolles
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
259
Bild angewandt wird. So finden wir z. B. die Quinte als Signum des
lugvollen Loge, des Betruges und der Luge im „Rheingold". Im „Tristan"
gedenkt Isolde der wider die Wahrheit sundigenden Angabe des Helden,
sein Name sei „Tantris a , mit der lugvollen Quinte. Auch des lugvollen
Beckmesser Hohnmotiv mag hier Aufnahme finden. Doch muB bei der-
artigen Lugthemen nicht iibersehen werden, daC die Chromatik, die Ver-
schiebung der Quinten um Halbtone, an dem Zustandekommen solchen
trugerischen, unverlaClichen Charakters stark beteiligt ist: schnell wechselnde
Tonart, lugvolle Tonart, lugvolles Wesen. Man betrachte daraufbin:
Rheingold (Loge)
usw.
ebenda
r
^
*=*
-Urs
>-
3=
4»:
19-
Fafner: Ge - treu-ster Bru-der, merkst du nun den Be - trug?
Tristan Meisters (Beckmesser)
Der „Tan - tris" mit sorgender
List sich nannte, als Tri - stan Isold ihn
bald erkannte
Dubitzky (Ein lustig Stuck)
usw.
3>=
EE^B
*3r — ^ ^ — ?-
col 8
'V
usw.
Abwarts gehende Quintenspriinge sind seit Wagners Preislied in
den „Meistersingern a besonders in Kantilenen sehr beliebt. Indes — auch
vor Wagner waren diese Melodieschritte wohlbekannt. Hier einige Belege:
Bach (Wohlt. Klavier, Fuge 4)
Clementi (Gradus ad Parn. No. 90)
Beethoven (Klaviersonate op. 101)
Rossini (Moses)
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17*
260
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Meistcrsinger (Preislied)
3S
Ss*
Unter den vorstehenden Notenbeispielen prangt an erster Stelle der
Name Bach; in des Thoraaskantors „Wohltemperiertem Klavier" stoCen
wir nicht selten auf eine fur das Fugenthema bedeutsame Quinte. Das
Hervortreten derselben ist allerdings zumeist auch auf den Umstand zu
setzen, daO die Quinte in diesen Fugenthemen haufig das groQte Intervall
darstellt; je groQer aber ein Intervall, desto machtiger ist seine Wirkung.
Einige Takte aus dem groQen Bach-Werke:
II. Teil, Fuge 2
Fuge 3
^feE^jS^ ^^^3^EES3^
Fuge 5 r
m
g£
Fuge 7
*K?-~- -fV-P- -*— T— P-
i^-tf^f-t+^-P-f-ff p-^-? P-h^a
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1 _SI . ' |
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.-£_AJ 1 '—.
-1— -
Fuge 11
Fuge 12
I. Teil, Fuge 8
usw.
Franz Liszt bringt in seinem „Christus"-Oratorium folgendes kiihne
Fugenthema:
Alio- mosso
•» ••■
t
t=t
*
I
^^^^^^^^ =^^^^^^^' r ^^-
S
Christus vin-cit, Christus reg-nat, Cbristus im-pe-rat in sem-pi - ter - na
Den vier ersten Takten begegnen wir in der Umstellung 2-1-3-4 in
desselben Meisters ebenfalls „imperatorischem" „ Faust "-Thema in gleicher
Tonart wieder:
„Faust"-Symphonie (1. Satz)
$e=
E3
DUBITZKY: DIE LEERE QUINTE
261
SchlieQlich sei, nachdem wir der kirchlichen Fuge einen Blick ge-
gonnt haben, auch dem Choral ein solcher zugestanden. Unter den
Choralen, die mit dem aufsteigenden Quintenschritt beginnen, zeigen sich:
„Aus meines Herzens Grunde", .Lobe den Herren, den machtigen Konig
der Ehren", „Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich", „Erschienen ist der
herrlich Tag", „Wie schon leuchtet der Morgenstern", ,Valet will ich dir
geben", „Alles ist an Gottes Segen", „In dich hab' ich gehoffet", „Mit
Fried und Freud ich fahr dahin", „Kommt her zu mir, spricht Gottes
Sohn". Mit dem absteigenden Quintenschritt setzt ein: „Aus tiefer Not
schrei ich zu dir", „Nun sich der Tag geendet hat".
Der letzte Choral gemahnt mich durch sein „Nun sich geendet hat"
an das lobliche SchluCwort „Ende". Ich beende also mcine Betrachtungen
iiber die .Quinte" (. . . War mir's doch, als horte ich jemand meinen
„SchluC-EntschluC mit dem Ausruf begruQen:
Fidelio (2. Finale)
m
-zurzmr
Chor: Heil!
Heil!
. . . je nun I)
DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN
VON DR. GEORG CKUSEN IN TSINGTAU, ZURZEIT IN SHANGHAI
Der grofie Krieg hat uns vollig auf uns selbst gestellt. Nicht nur
bei den Feinden, auch bei den Neutralen (wenn es solche iiber-
haupt noch gibt) findcn wir eine ausgesprochene, meist leiden-
schaftliche, nicht selten gehassige Abkehr von deutschem Wesen. Wer
Sinn fur Humor besitzt, kann seine Freude haben an den kindlichen Ver-
suchen, nachzuweisen, daQ Deutschland auf keinem Gebiete — mit Aus-
nahme des Militarismus — etwas geleistet hat. Der „Japan Advertiser",
eine in Tokio in englischer Sprache erscheinende amerikanische Zeitung,
beantwortete kurzlich im Briefkasten eine Anfrage nach den bedeutendsten
Mannern auf dem Gebiete der ElektrizitMt; die Antwort enthielt zwolf
Namen, darunter keinen Deutschen. Nur die deutsche Musik scheint bis
zu einem gewissen Grade eine Ausnahme zu machen: die Franzosen haben
nicht aufgehort, fur Wagner zu schwarmen, und in England werden nicht
nur Handel und Mendelssohn weitergespielt, die dort mehr oder weniger
als akklimatisiert betrachtet werden, sondern auch Beethoven, Schubert und
Brahms.
Das gilt auch ftir die deutsche Musik in Ostasien, oder gait wenigstens
bis vor kurzem. Vertreten ist sie hier durch die Kapelle des zur Besatzung
von Tsingtau gehorigen III. Seebataillons und die Musikabteilung des Vereins
fur Kunst und Wissenschaft in Tsingtau, durch die deutschen Professoren
der Kaiserlich Japanischen Hochschule fur Musik in Tokio und durch die
unter deutscher Leitung stehende Stadtische Kapelle in Shanghai. Die
iibrigen groCen Stadte Ostasiens haben kein Musikleben aufzuweisen, das
eine besondere ausfuhrliche Erwahnung verdiente; selbst in den GroDstadten
Kobe, Peking, Hongkong und Hankau beschrankt es sich auf gelegentliche
Konzerte, deren Programme meist von ansassigen Dilettanten bestritten
werden, und nur Tientsin und Yokohama nehmen eine Sonderstellung ein.
Letzteres ist auch musikalisch ein Vorort von Tokio, von dem es in halb-
stiindiger Bahnfahrt zu erreichen ist, und in Tientsin sorgten bisher gelegent-
liche Konzerte der Tsingtauer Kapelle in Verbindung mit Frau Elsa von
Hannekens unermiidlicher Propaganda fur die Erweiterung und Erhaltung
des Interesses an guter Musik. Frau von Hanneken, eine Schulerin
Etelka Gersters und selbst eine hervorragende Sangerin, ist auch
dem deutschen Publikum nicht unbekannt. Was sonst in Ostasien an
Musik gemacht wird, erhebt sich wohl kaum iiber einen gut gemeinten
Dilettantismus.
Uber die Verhaltnisse in Japan habe ich im 1. Heft des I. Jahrganges
der „Musik u berichtet. Was in Japan an ernsthafter, wertvoller Musik ge-
CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 263
leistet wird, beruht auf der Arbeit deutscher Kfinstler. Professor August
Junker aus Stolberg bei Aachen, von 1899 bis 1912 kiinstlerischer Leiter
der Kaiserlichen Musikschule, hat nicht nur dieser — in erster Linie der
Ausbildung von Musiklehrern fiir Schulen dienenden — Anstalt ihre jetzige
Organisation gegeben und die Schule aus einem kleinem Institut zu einem
der groOten Konservatorien entwickelt, sondern auch in der von ihm ge-
grundeten Beethoven-Gesellschaft zum ersten Male regelmafiige Abonnements-
konzerte veranstaltet, in denen dem schlechten Geschmack keinerlei Kon-
zessionen gemacht wurden. Die auf seine Veranlassung herangezogenen
deutschen Kunstler sind auch nach Ausbruch des Krieges in ihren Stellungen
geblieben, wie ja iiberhaupt die japanische Regierung eine gewisse Ruhe
bewahrt und z. B. weder die Deutschen in ihrer Gesamtheit aus Japan
ausgewiesen, noch den Handel mit Deutschen verboten hat. Es sind die
Herren Scholz (Violine) und Werckmeister (Cello) sowie Frau Hanka Petzold-
Schelderup (Klavier und Gesang), die, obwohl von Geburt Norwegerin,
doch nicht nur infolge ihrer Verheiratung mit dem deutschen Schriftsteller
Fritz Petzold, sondern auch ihrer kiinstlerischen Richtung nach zu uns ge-
rechnet werden mufl.
Die offentliche Wirksamkeit dieser Kunstler scheint, wie das nicht
anders zu erwarten war, durch den Krieg stark eingeschrankt zu sein.
Immerhin haben sie in dem letzten Konzert der Musikschule, dessen
Programm vorwiegend deutsch war, mitgewirkt und lebhaften Beifall ge-
funden. Das hat wohl einen britischen Patrioten zu einem .Eingesandt"
an die erwahnte amerikanische Zeitung veranlaDt, in dem er es als „german
insolence" bezeichnet, dafi Angehorige einer Nation von Mordern und See-
rMubern es wagen, in einem mit Deutschland im Kriege befindlichen Lande
offentlich aufzutreten, und als bedauerlich, daC ein Mitglied der englischen
Botschaft dem Konzert beigewohnt habe. Die deutschen Kunstler werden
sich fiber den Angriff kaum aufregen; denn soweit mir die Verhflltnisse
in den Fremdenkolonieen Japans bekannt sind, dfirfte der ungenannte Patriot
selbst von seinen Landsleuten nur den weniger guten Teil hinter sich
haben. Ich erwMhne den Vorfall, weil ich in deutschen Zeitungen gelesen
habe, daB in der Heimat von einzelnen den deutschen Dozenten, Lehrern
und Kunstlern iiberhaupt ein Vorwurf daraus gemacht wird, daB sie nach
Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Japan im Dienste der
japanischen Regierung geblieben sind. Diese Kritik wird den tatsachlichen
VerhSltnissen nicht gerecht. Der Krieg Japans gegen Deutschland ist kein
volkstiimlicher Feldzug, sondern ein geschaftliches Unternehmen, das auf
der Grundlage des englisch-japanischen Bundnisses nur moglich geworden
ist durch das Zusammentreffen einer Reihe von Umstanden. Die machtigsten
davon sind, daB gleichzeitig der in der auswartigen Politik vollig ungeschickte
Ministerprasident Graf Okuma einen ganzlich anglisierten, gewissenlosen
264 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1815
und auf Augenblickserfolge bedachten Minister des AuCeren (Baron Kato)
zur Seite hatte, der an die Instinkte des Mob appellierte und damit die
durch den Genro (die alteren Staatsmanner) und die deutschfreundliche
Militarpartei vertretenen ruhigen Elemente kaltstellte. Jetzt ist der Katzen-
jammer langst da, der Sturz des Ministeriums Okuma ist nur noch eine
Frage von Monaten, und nach Niederwerfung unserer europaischen Feinde
wird es nur von Deutschland abhangen, ob die freundschaftlichen Beziehungen
zu Japan wieder aufgenommen werden sollen. Unter diesen — bei Beginn
des Krieges schon vorauszusehenden — Umstanden ware es falscb gewesen,
die bisher in den HSnden von Deutschen beBndlichen Stellungen obne Not
Angehorigen feindlicher Nationen zu iiberlassen, die naturgemaB mit mehr-
jahrigen Vertragen angestellt und schon aus praktischen Grunden nicht so
leicht zu beseitigen gewesen waren.
Die Kapelle des III. Seebataillons bat als Teil der in Tsingtau
tatig gewesenen Rote-Kreuz-Organisation am 5. Juni die Ruckreise nach
Deutschland auf dem Wege uber Amerika angetreten. Damit ist ihre mehr
als funfzehnjahrige, an Arbeit, aber auch an Erfolgen reiche Wirksamkeit
in Ostasien zu einem, wenn auch hoffentlich nur voriibergehenden, AbschluD
gebracht. Die Urgeschichte der Kapelle ist in mystisches Dunkel getaucht,
dessen Erhellung hier nicht versucht werden soil. Ihre eigentliche Geschichte
beginnt im Friihjahr 1903 mit der Ankunft des noch sehr jungen, aber
energischen und tiichtigen damaligen Stabshoboisten O. K. Wille. Als er
kam, werden ibm zuweilen die Haare zu Berge gestanden haben, denn es
gab wohl kaum eine schlecbtere Bataillonskapelle; jetzt beim Scheiden kann
er mit Stolz behaupten, daC es nicht viele gleichwertige oder gar bessere
geben wird. Allerdings ist sie im Laufe der Jahre uber den Rahmen einer
Bataillonsmusik erheblich hinausgewachsen; denn Herr Wille hat es ver-
standen, fur seinen Plan, mit Hilfe eines leistungsfMhigen deutschen Or-
chester fur das Deutschtum in Ostasien Propaganda zu machen, die Unter-
stutzung seiner Vorgesetzten, der Gouverneure v. Truppel und Meyer- Waldeck,
zu gewinnen. So zahlte die Kapelle anstatt der friiheren 18 zuletzt uber
40 Mitglieder und besaC die erforderlichen Instrumente (Harfe, Englischhorn,
BaQklarinette, Kontrafagott), um auch moderne Musik vorfuhren zu konnen.
Uber die Tatigkeit der Kapelle im einzelnen habe ich in der „ Musik"
regelmaBig berichtet und mochte mich hier nicht wiederholen. Schon ein
Vergleich der Programme aus den ersten Jahren mit denen aus der letzten
Zeit beweist die erreichten Fortschritte. Um das mit ernsthafter Musik
noch wenig vertraute, aufierdem in der jungen Kolonie noch wenig zabl-
reiche Publikum heranzuziehen, mufiten anfangs unter der Firma „Symphonie-
konzert" ziemlich bunte Programme aufgestellt werden. In den letzten Jahren
dagegen gab es fur Liebhaber leichter Musik populare Konzerte nach dem
Muster der Berliner Philharmonischen, fur Freunde ernster Kunst aber jeden
CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 265
Winter 6 bis 10 Symphoniekonzerte, deren Programme es vielfach mit denen
groCer heimischer Konzertinstitute aufnehmen konnten. Sogar mit Neuauf-
fuhrungen lebender Komponisten batten wir es recht gut: Kaun, Sibelius,
Humperdinck, Borodin, Weingartner,"Boehe, Suk, Schillings, urn nur einige
Namen zu erwahnen, sind in Tsingtau rechtzeitig zu Wort gekommen. Und
wenn auf den Programmen der Name Richard StrauG fast ganzlich fehlt, so
liegt das nicht an Herrn Wille, sondern daran, daO dieser Kunstler — oder
sein Verleger? — seine Werke nur zu Preisen zur Verfugung stellen wollte,
die fur Ostasien unerschwinglich waren. Denn leider hielten mit den kunst-
lerischen Erfolgen dieser Konzerte die materiellen nicht annahernd Schritt.
Vielen war diese Art der Kunst zu ernst; manche blieben auch in echt
deutscher Eigenbrodelei fort, weil die Programme ihnen zu klassisch oder zu
modern, oder ich weiB nicht, was sonst noch, waren; das groOte Hemmnis
aber war die in Ostasien grassierende offizielle Geselligkeit, die nicht etwa
zu verwechseln ist mit der echt deutschen Gastlichkeit, sondern zur Pflicht
erhoben und, mit einem gramlichen Ernst betrieben, fiber Leichen schreitend,
alien vernunftigen, nicht materiellen Bestrebungen hindernd in den Weg
tritt. So haben jahrelang in einem Orte, in dem wandernde englische
Operettengesellschaften fun f ten Ranges vor 500 Leuten mit einem Orchester
von 8 Mann einen kfimmerlichen Auszug aus der „Lustigen Witwe" auf-
fiihren konnten, die Symphoniekonzerte der Kapelle vor einem Stamm-
publikum von 60 bis 80 Horern stattgefunden und nicht nur nichts einge-
bracht, sondern Zuschusse erfordert. DaQ sie trotzdem immer durch wochen-
lange Proben auf das sorgfal tigste vorbereitet war en und mit einem Enthusiasmus
dargeboten wurden, zu dem der leere Saal in melancholischem Gegensatze
stand, spricht fur den Idealismus des Dirigenten und den guten Geist, den
er seinem Orchester einzuflofien verstanden hat. Das muQ um so mehr
anerkannt werden, als die Musiker auch durch Tatigkeit auQerhalb des Konzert-
saales in dem kleinen und sehr teuren Tsingtau nicht soviet verdienen konnten,
wie die Mitglieder der deutschen Militarkapellen. Der Wechsel im Personal,
von dem ein Teil auch aus klimatischen Griinden frtihzeitig nach Deutschland
zuruckkehren muB, war daher unerfreulich groD, und nicht selten wechselte im
Fruhjahr fast die Halfte der Mitglieder, so daC alle Werke mehr oder weniger
neu einstudiert werden muBten. Einen Ersatz fur die geringere Anteilnahme
der Tsingtauer fanden Kapelle und Dirigent bei den regelmMQigen jahrlichen
Gastspielreisen nach Shanghai, Tschifu, Tientsin und Peking, wo sie von
vorneherein eines begeisterten Empfanges und voller Sale sicher sein konnten.
Wenn auch in Tsingtau selbst die dort ansassigen Auslander und die zahl-
reichen durchreisenden Nichtdeutschen Gelegenheit gehabt haben, die Kapelle
zu horen, so haben doch noch mehr diese Konzertreisen zur Propaganda
fur deutsche Musik beigetragen, und Herr Musikmeister Wille konnte die
Heimreise mit der Gewiflheit antreten, seine Aufgabe gelost zu haben.
266 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Dem „ Verei n fur Kunst undWissenschaft" war naturgemSD
eine derartige Wirksamkeit auQerhalb des deutschcn Schutzgebietes nicht
vergonnt. Gegriindet im Sommer 1906, hat er in den acht J ah r en seiner
TStigkeit versucht, durch seine drei Abteilungen (fur dramatische Kunst,
fur Musik, fur Wissenschaft und bildende Kunst) Interesse und Verstandnis
fur diese Gebiete zu erwecken. Uber die Arbeit der mir unterstellten
musikalischen Abteilung sind die Leser der „Musik" durch meine fort-
laufenden Berichte orientiert. Nur an einige Veranstaltungen groBerer
Art mochte ich hier erinnern: das Eroffnungskonzert im Sommer 1906
unter Mitwirkung der (damals in Abwesenheit des Herrn Wille) von Prof.
August Junker aus Tokio geleiteten Bataillonskapelle, die Opern-Auf-
fiihrungen („Zar und Zimmermann", ^Joseph in Agypten", B Verlobung bei
der Laterne"), die Vorfuhrung groBerer Chorwerke, wie ^Requiem" von
Cherubini und von Mozart, „Paradies und Peri", „Schopfung", B Jahres-
zeiten", Robert Kahns „Sommerabend", „Erlkonigs Tochter" von Gade,
der erste Teil der „Matthaus-Passion", Mendelssohns „Walpurgisnacht",
ferner — in den Konzerten der Bataillonskapelle — Beethovens Chor-
phantasie und Webers „Preciosa"-Musik. Daneben fanden zahlreiche Kirchen-
konzerte, Lieder-, Klavier- und Kammermusik-Abende, sowie Konzerte mit
gcmischtem Programm statt, viele davon unter Mitwirkung der Kapelle.
Als der Krieg ausbrach, hatte der dem Verein angegliederte Geniischte
Chor die fur die kleine Kolonie stattliche Anzahl von 75 Mitgliedern er-
reicht und als letztes Konzert vor der Sommerhitze das XXVIII. (Auf-
fuhrung der .Jahreszeiten") stattgefunden. Die beispiellosen Erfolge der
deutschen Waffen berechtigen zu der Hoffnung, daC wir nach dem Frieden
imstande sein werden, im wieder deutsch gewordenen Tsingtau unsere
Bestrebungen wiederaufzunehmen ; aber es wird ein Anfang von vorne
an sein miissen und lange dauern, bis der jetzige Stand wiedererreicht
sein wird.
Vor einer ahnlichen gewaltsamen Unterbrechung ihrer kunstlerischen
TStigkeit ist die StHdtische Kapelle in Shanghai bisher bewahrt
geblieben. Auch sie verdankt alles, was sie leistet, der Energie und der
hohen kunstlerischen Befahigung ihres jetzigen Leiters, Prof. Rudolf Buck,
den deutschen und speziell den Berliner Musikfreunden wohlbekannt als
langjahriger Kritiker der Berliner „Neuesten Nachrichten" und als Schopfer
wertvoller Lieder nach Texten von C. F. Meyer, Uhland, Liliencron u. a. m.
Auch er fand haarstraubende Zustande vor, als er Ende 1906 in Shanghai
ankam, und hat daruber in Nr. 40 der (friiher LeQmannschen) „ Allgemeinen
Musikzeitung" vom 30. September 1910 amiisant geplaudert. Die .Public
Band", wie sie offizicll heiBt, steht im Dienste der Stadtverwaltung der
Internationalen Niederlassung von Shanghai, eines Gebildes, deren staats-,
CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 267
volker- und verwaltungsrechtliche Stellung meincn juristischen Fachgenossen
hochst interessante Probleme liefert. Im Frieden besteht sie aus 35 Mu-
sikern, namlich 14 Deutschen und 21 Tagalen aus Manila, d. h. an jedem
Instrument wirkt mindestens ein Deutscher, der von einem oder mehreren
Manilaleuten unterstutzt wird. Diese Tagalen sind in Ostasien wegen
ihrer musikalischen Begabung bekannt, die sie zur schnellen Erwerbung
tecbnischer Fertigkeiten befahigt, wahrend sie wenig Initiative und Emp-
findung haben.
Die offentliche Tatigkeit der Kapelle zerfallt in zwei verschiedenartige
Zweige. Im Sommer hat sie fast taglich, teils in einem der beiden offent-
licben Parks, teils auf dem Rennplatz Promenadenkonzerte zu veranstalten,
die naturlich leichter Musik gewidmet sind und auch nicht von dem Diri-
genten, sondern vom Konzertmeister geleitet werden. Im Winter dagegen
findet jeden Sonntag von 4 J / 2 bis 6 Uhr in der „Stadthalle" ein ernstes
Konzert statt, und diese Konzerte sind es, die einen Ktinstler veranlassen
konnen, die Dirigentenstelle trotz mancherlei sonstiger Schattenseiten als
Lebensaufgabe zu betrachten. Sie haben namlich das Eigenartige, daO ihr
Besucb vollig unentgeltlich ist; selbst die in Deutschland bei Gratis- Ver-
anstaltungen iibliche Form der Schropfung durch ein hohes Garderobengeld
fallt hier weg. Die sehr bedeutenden Kosten der Unterhaltung der Kapelle,
die sich auf 55000 Taels, gleich etwa 150000 Mk., jahrlich belaufen, werden
bis auf einen kleinen Beitrag der benachbarten franzosischen Niederlassung
von den Steuergeldern der Internationalen Niederlassung getragen. Und
diese sind, was weiter bemerkenswert ist, zu etwa drei Vierteln Englander,
die Stadtverwaltung selbst sogar fast ganz englisch. Und diese englische
Stadtverwaltung hat auch nach dem Kriege der Kapelle ihr voiles Interesse
bewahrt und ihre Tatigkeit in jeder Weise gefordert, nicht ohne dafiir von
einzelnen weniger hochstehenden Englandern in der Presse angegriffen
worden zu sein. In einer Zeit, die so wenig Gelegenheit gibt, von
unserem Hauptfeinde Gutes zu sagen, verlangt die Gerechtigkeit diese
Feststellungen. Sie sollten den deutschen Stadten Gelegenheit geben,
daruber nachzudenken, ob nicht ahnlicbe unentgeltliche Konzerte auch
in Deutschland moglich sind. An aufmerksamen und dankbaren Horern
wird es ihnen, namentlich wenn die Konzerte ebenfalls am Sonntag-
nachmittag stattfinden, ebensowenig fehlen, wie der Stadtischen Kapelle
in Shanghai. Freilich mussen sie einen Leiter haben, der neben den
notigen musikalischen Vorbedingungen auch den Takt und das Geschick
besitzt, sein Publikum heranzuziehen und zu fesseln. Als Prof. Buck
sein Amt antrat, war die Kapelle jahrelang in den Handen eines
italienischen Maestro gewesen, der sich anscheinend seine Arbeit leicht
gemacht hatte; die Sonntagskonzerte waren ein beliebter Tummelplatz
fur chinesische Kindermadchen mit ihren europaischen Schutzbefohlenen.
268 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Heute ist Kindern unter zehn Jahren der Eintritt nicht gestattet und der
Saal bis auf den letzten Platz besetzt von etwa tausend Horern, die lautlos
den Darbietungen folgen. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt zunachst
in der Riicksichtnahme auf die Wiinsche des hiesigen, aus Angehorigen
alter Nationen zusammengesetzten Publikums. Die Programme bestehen
gewohnlich aus vier oder fiinf Nummern, einer Symphonie oder Suite,
einer Ouvertiire und einigen zur besseren Salonmusik gehorenden Werken.
Kunstlerisch Wertloses ist ausgeschlossen oder wird doch wenigstens nur
ganz selten in der Form der hier beliebten Opern-Phantasieen geboten.
Diese Art von Programmen liebt das hiesige Publikum; fur die ganz
hohe Kunst ist nur ein kleiner Bruchteil reif; Bach, Gluck, Beethoven,
Brahms, Hugo Wolf fehlen deshalb fast ganz, und auch Mozart und Schubert
erscheinen nur selten auf den Programmen. Einen groCen Raum nehmen
ein Tschaikowsky, Saint-Saens, Schumann, vor allem aber Liszt und Wagner.
Haufig stellen hiesige Kiinstler und Musikfrende als Solisten ihre KrSfte
in den Dienst der guten Sache; so horten wir in diesem Winter die aus-
gezeichnete norwegische Sangerin Frau Thue, verschiedene Pianistinnen
(Magda von der Leithen, Frau Powell, Frau Cochrane) und die tuchtige
englische Geigerin Alice Machod. Die Vorfuhrungen selbst stehen auf
bedeutender Hohe; Prof. Buck ist ein feinfuhliger Dirigent und er versteht
es meisterhaft, die verborgenen Schonheiten einer Partitur ans Licht zu
bringen. Was dem Orchester zurzeit fehlt, ist der voile Klang des Streich-
orchesters; die Manila-Musiker haben wenig Ton, und fiinf der deutschen
Streicher, darunter der tuchtige Konzertmeister Millies, sind in Japan
kriegsgefangen.
Auch auf anderen Gebieten hat Prof. Buck anregend gewirkt. Er
ist Leiter des kleinen, aber gut disziplinierten Deutschen Mannerchors
und hatte vor dem Kriege einen Versuch gemacht, neben den Sonntags-
konzerten abendliche Abonnementskonzerte der Kapelle einzufuhren, in
denen auch Solisten auftreten und Chorwerke aufgefiihrt werden sollten.
Wenn es gelingt, diese Bestrebungen nach dem Kriege wieder aufzunehmen,
so ware damit ein Ersatz geschaffen fur die Konzerte des leider ein-
gegangenen Deutschen Konzert-Vereins. DaO dieser mit einem ausge-
zeichneten Programm gegrundete Verein sich aus Grunden, die mit Musik
wenig zu tun haben, nur einige Jahre hat halten konnen, ist im Interesse
des Deutschtums lebhaft zu bedauern; denn er hatte auf dem Gebiete der
Propaganda fur gute Musik eine ausgezeichnete Erganzung der Bestrebungen
der Kapelle bilden konnen. Zurzeit besteht an ernsten Musikvereinigungen
nur noch die ..Shanghai Chamber Music-Society", in der, wenn auch meist
von Nichtdeutschen ausgefiihrt, die deutsche Kammermusik einen breiten
Raum einnimmt.
CRUSEN: DEUTSCHE MUSIK IN OSTASIEN 269
Was nach dem Frieden werden wird — wer kann es heute sagen!
DaO die hiesige Kapelle in ihrer jetzigen Zusammensetzung erhalten bleibt,
ist wahrscheinlich. In Tsingtau, iiber dem hoffentlich bald wieder die
deutsche Flagge went, werden wir von vorne anfangen mussen und Jahre
gebrauchen, urn dahin zu kommen, wo wir bei Ausbruch des Krieges waren.
Aber an dem guten Willen dazu wird es nicht fehlen, wenn nur die maD-
gebenden Instanzen in Deutschland bereit sind, die auCeren Mittel dazu
zur Verfiigung zu stellen.
LIEDER VON MOUSSORGSKY 1 )
VON ALEXANDER JEMNITZ IN BUDAPEST
Der Verlag Peters hat zum erstenmal eine eine Ubersicht gestattende
groBere Auswahl der Licder (zwolf) in nur deutscher Sprache er-
scheinen lassen. Die Vorzuge solcher eintextigen Liederausgaben
sind ersichtlich, denn sie gewinnen an Lesbarkeit, sowohl der Worte, als
durch Vermeidung der hieroglyphisch hinauf- und hinuntergefiihrten Noten-
kopfe auch der Noten.
Die vier ersten Lieder gehoren einem Zyklus „Lieder und Tanze des
Todes" an, dessen Verfasser A. Golenischtschew-Kutusow ist. Soweit sich
so etwas nach der Ubersetzung beurteilen laCt, machen die Gedicbte keinen
kiinstlerischen Eindruck. Sie bleiben ganz im Stofflichen stecken und er-
heben sich nicht zur Ausgestaltung der Idee. Da sie sich ausschlieQlich
symbolistischer Mittel bedienen, wirken sie farblos und erreichen nicht
die beabsichtigte Anschaulichkeit, koramen aber durch ihre wirksamen
Situationen und deren Moglichkeiten dem Komponisten sehr entgegen.
Das erste Gedicht heifit „Trepak". Ein Winterbild. Ein Bauer
kommt durch die nachtliche Schneelandschaft; er ist schwer betrunken.
Seine Mudigkeit und sein Bediirfnis, sich etwas auszuruhen, dessen Be-
friedigung mit sicherem Tode droht, wird personifiziert: der Tod erscheint
ihm und lockt ihn zu kurzer Rast. Ein d-moll Thema, ein echt russisches
Motiv, wird fortwahrend wiederholt und nur die Situation charakterisierend
variiert. Es erhebt sich, den Sturm der Schneeflocken malend, iiber
chromatische ZweiunddreiBigstelgange, die auf eine Sechzehntelbewegung
zuruckgehen, um sich schlieBlich auf Achtel-Triolen zu beruhigen. Die
Verfuhrung des Todes wird immer suggestiver, der Bauer erliegt ihr, mit
leeren Quinten klingt das Lied aus. — Gleich bei dieser ersten fliichtigen
Bekanntschaft mit dem Schaffen Moussorgsky's packt einen seine hervor-
ragende Charakterisierungsgabe. Sie wirkt zwar im Gesamtbild oft etwas
erkliigelt und durchaus reflexionsgeboren, doch immer derartig unzweideutig
und pragnant, daC sie jeglichen Vorwurf zum Schweigen bringt. Das Ge-
dicht schiebt sich, wie in den meisten Liederschopfungen Moussorgsky's,
unter seiner Hand auseinander, es weitet sich zusehends und wird zu einer
dramatischen Szene voller Farbe, Kraft und Wirklichkeit.
Das zweite Lied ist ein B Wiegenlied". Die Mutter sitzt bei ihrem
schwerkranken Kind. Doch der Tod will es besser warten und verspricht
seine Schmerzen eher zu lindern. Nach einer dusteren Einfiihrung in
') Dieser Artilcel ist vor Ausbruch des Krieges angenommen worden. Da wir
„Barbaren" nicht mit toten Komponisten feindlicher Volker Krieg fuhren, tragen wir
kein Bedenken, die Studie von Alexander Jemnitz zu veroffentlichen. Red.
JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 271
fis-moll, in der die Stelle ,Da in des Morgenscheins dammerndem
Grauen ..." mit dem lydisch erhohten His von groBer Wirkung ist, werden
in dem sich nun zwischen Mutter und Tod entwickelnden Zwiegesprach
die beiden musikalisch scharf unterschieden und gegeniibergestellt. Wahrend
die Stimme der Mutter groBtenteils rezitativisch gefuhrt wird, erhalt der
Tod zwei melodisch sehr eindringliche Motive, das eine fiir die Mutter
(„Hast zu erschrecken nicbt not") sich von fis-moll nach A-dur wendend,
ruhig und majestatisch, das andere furs Kind („Schlafe, mein Kind, schlafe
ein") mit Schlufl in a-moll, einscbmeichelnd und weich, das eigentliche
Wiegenthema. Die Mutter erfaBt die Angst, sie beschwort den Tod, sich
zu entfernen; ihre Rezitative werden immer erregter, bei „Wehe, hab'
Mitleid" steigern sie sich zu leidenschaftlichen Sekundenfortschreitungen,
die gut erfunden sind. Doch ihr Flehen bleibt vergebens, der Tod hat
dem Kinde Erlosung gebracht. Als Gegensatz zur Verzweiflung der Mutter
kann vom Sanger am SchluB durch das Herausarbeiten der verklarten
Friedensstimmung am Lager des gestorbenen Kindes eine Versohnung und
dadurch der Figur des Todes ein neuer, milderer Zug gegeben werden,
durch den sein Bild belebt und die Typisierung der Lieder vermieden
werden wiirde, was namentlich fur Gesamtauffuhrungen von Vorteil ware.
— So knapp und vorziiglich auch die Mittel des Komponisten sind, werden
in diesem Liede auch schon seine Mangel augenfallig. Die Rezitative der
Mutter sind thematisch willkurlich und zusammenhanglos aneinander gereiht,
anstatt auseinander entwickelt zu sein. Die beiden Motive des Todes
werden mit kleinen oder gar keinen Veranderungen fortwahrend wiederholt,
sie wachsen nicht im weiteren Verlauf. Die Einfalle sind hervorragend,
aber die Technik des Komponisten ist mangelhaft, er weiB mit ihnen
nichts anzufangen. Er wiederholt die Gedanken oder lSBt sie fallen und
bringt etwas Neues. Das ist ein untriigliches Zeichen des Dilettantismus.
Moussorgsky ist reich an Phantasie und Erfindung, doch es fehlt ihm am
Konnen zu deren wirklicher Verwertung.
Es folgt das „Standchen", das der Tod als Liebhaber vor dem Fenster
eines kranken Madchens singt. Eine das Gitarrenzupfen nachahmende
Bewegung begleitet das etwas flach geratene Standchenthema in es-moll,
das leider wieder viel zu oft gebracht wird. Bei den Worten „dein Bestes
im Sinn" findet sich eine durch harmonische Erweiterung des vorher-
gehenden Taktes erreichte wohlklingende Wendung nach einem Des-dur
Nonenakkord. Der Werbegesang wird immer hypnotischer, der Ton er-
stickt in unterdruckter Glut: sanft, die Sinne betaubend, schleicht der Tod
heran und lost ein restloses Sich-Aufgeben aus. Um diesen eigentlichen
symbolischen Gehalt des Liedes dem Horer naher zu bringen, bedarf es
hier der zartesten erotischen Farben im Vortrage. „ Welch Gluck", flustert
der Tod in ersterbendem Pianissimo, die Musik ist hier stark empfunden,
272 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
aber zu mangelhaft gestaltet — und plotzlich, mittelalterlich grotesk, der
Triumphschrei: „Du bist mein!"
Als letztes Lied in dieser Reihe steht der „Feldherr". Eine Schlacht
geht zu Ende. Der musikalische Gehalt dieser Einleitung ist schablonen-
haft. Dann wird es still, und auf dem mit Gefallenen iibersaten Felde
erscheint der Tod. Zu den Klangen des polnischen Nationalliedes —
diese Gedankenverbindung, obgleich unkiinstlerischen Motiven entspringend,
ist von ergreifender Wirkung — versammelt er die leblosen Scharen und
laBt sie an sich vorbeidefilieren. Dieses Lied ist jeder Weichlichkeit bar
und stromt groCe Kraft aus: hier steht der Heldentod. Auffallen muB,
daB die Stimmlage ganzlich von der bisherigen verschieden ist. Wahrend
sie sich in den vorhergehenden Liedern nicht iiber das zweigestrichene
D erhoben hat und einen ausgesprochen mittel-tiefen Charakter tragt,
roacht sie jetzt durch fast ausschlieBIiche Anwendung der hoheren Mittel-
lage einen zweifellos tenoralen Eindruck. Es hangt dies mit dem heroisch
gefaBten Entwurf zusammen und ist darum bemerkenswert, weil die Aus-
nutzung der Stimmlagen zum Zweck einer Charakterisierung bei Moussorgsky
sonst selten ist. Auch fur die folgenden Lieder ist es bezeichnend, daD
er in Zwiegesprachen Kinder und altere Personen in derselben Stimmlage
singen lSBt, daB sich aber die beiden Stimmen durch Art ihrer Fiihrung
und durch ihren musikalischen Gehalt trotzdem vollkommen voneinander
unterscheiden. Und dies ist auch das im eigentlichen Sinne kiinstleriscb
angebrachte Mittel, das der stets SuBerlich wirkenden Art des anderen
weit iiberlegen ist.
Wie Bilder ziehen die vier Szenen an einem voriiber, der Vergleich
mit Holbein drangt sich unwillkurlich auf. Die Ahnlichkeit der Welt-
anschauung des Malers und Musikers fiihren ihn herbei. Beide fuhlen
sich unwiderstehlich vom Todesgedanken angezogen, der den Schwerpunkt
ihrer Vorstellungen bildet, fassungslos bestaunen sie die unendlich mannig-
faltigen und ewig gleichen Erscheinungen des Vergehens. Beide bedienen
sich derselben Darstellungsweise und symbolisieren den Tod mit den kon-
kretesten Mitteln. In letzterer Zeit hat es Maeterlinck sehr wirkungsvoll
mit den entgegengesetzten versucht. Die Mittel sind eben das zeitlich und,
man mochte fast sagen, auch ortlich Bedingteste in der Kunst. Wie
Holbein in Deutschland nur zu seiner Zeit, so war Moussorgsky zu seiner
Zeit nur in RuBland moglicb. — Was den Charakter der Musik Moussorgsky's
kennzeichnet, ist ihre engste Anlehnung an die Dichtung. Sie ist das
freiwillig dienende, weibliche Element, ganz im Sinne Wagners. Dieser
unbedingte AnschluB hat aber seinen sich deutlich merkbar machenden
Nachteil: die Musik nimmt den inneren Rhythmus der Poesie an. Treibt
dieser vorwarts, geht die Musik mit, meistens zu gegenseitigem Nachteile,
da sich die beiden Bewegungen nur in den seltensten Fallen harmonisch ver-
JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 273
binden konnen, ihre Wirkung gegenseitig beeintrachtigen, und, wird diese Ver-
bindung erreicht, sich gegenseitig uberfliissig tnacben. Halt dieser innere
Rhythmus an oder setzt gar zeitweise aus, was sich bei lyrisch ausbreitenden
Stellen oft nicht vermeiden laflt, bleibt die Musik ebenfalls zuriick, anstatt
gerade da einzusetzen und auszugleichen. Die bisher besprochenen Lieder
sind samtlich Beispiele dafiir. Wo es sich urn flieDende, balladeske Stellen
handelt, wie das Zwiegesprach im „Wiegenlied B , ist auch die Musik ziel-
bewuBt und straff gefiihrt, wahrend sie bei stagnierenden Stellen, wie dem
Werbegesang im „Standchen a oder der Ansprache im „Feldherr" sich
planlos in Verlegenheitskunsten ergeht. — Das Kunstlied derart entwickeln
zu wollen, daC man seine beiden Elemente den gleichen Gesetzen unter-
stellt — die eigentlich immer nur dem einen Gesetz, dem anderen will-
kiirlichen Zwang bedeuten — ist aussichtslos, denn die Vorbedingungen
sind trotz der nahen Verwandtschaft der beiden Kiinste unuberbruckbar
verschieden. Viel ist da durch die Ubertragung der Theorie Wagners von
der Oper auf das Lied gesiindigt worden. Blicke man doch stets und
immer wieder zu unseren reinsten Liedwirkungen, zu den Volksliedern,
zuriick. Welch heterogene Komponenten werden da oft zusammengefiihrt,
wie sehr folgen sie doch ihren innersten und eigensten Gesetzen, und
was fur vollkommene Zusammenwirkungen ergeben sich dennoch! Der
Gesamtstimmungsgehalt ist hier auf beiden Seiten der gleiche. DaC er
von Satz zu Satz mit Takt um Takt symmetrisch ubereinstimme, wird bier
niemals gefordert. Gerade das selbstandige Sichausleben beider Teile nach
eigenen Voraussetzungen, Bedurfnissen und Vorzugen zeitigt ihre in sich
abgeschlossene Ganzheit.
Wenn man sich der zweiten „Aus der Kinder s tube" benannten Gruppe
zuwendet, wird man gleich vom veranderten Notenbild uberrascht, das auf
eine bedeutend spatere Entstehungszeit dieser Kompositionen schlieOen laCt.
Der Griiblergeist Moussorgskys, der unverkennbar schon aus seinen friiheren
Schopfungen weht, wagt sich in ihnen vorurteilslos an Prinzipienfragen
der Harmonielehre heran. Auffallend ist der haufige Gebrauch des
Dominantnonenakkords mit erhohter Quinte, aus der sich aller Wahr-
scheinlichkeit nach die Ganztonleiter Debussy's entwickelt hat. Seine Art
und Weise ist aber unsystematisch; neben fesselnd interessanten Takten
stehen gleich die unbeholfensten angereiht, und dieser haufige Wechsel
macht oft den Eindruck der Zerfahrenheit und Stillosigkeit, deren Grund
wieder in einer mangelhaften musikalischen Grundbildung zu suchen ist. Dies-
mal ist Moussorgsky, wie bei seiner groCen Oper „ Boris Godounow", sein
eigener Textdichter gewesen. Ohne besondere poetische Qualitaten aufzu-
weisen, Ziehen diese kleinen Genrebilder durch ihren psychologischen Gehalt
die feine und seelenvolle Beobachtung der Kinderseele an, deren Tonfall
nicht nur in den Worten, sondern auch in der Musik einen fast uniiber-
XIV. 24. 18
274 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
troffenen Schilderer hier gefunden hat. Trotz des groCen Aufwandes von
harmonischen und rhythmischen Mitteln — oder vielleicht gerade durch
sie erreicht er einen niedageweseoen, wirklich kindlichen Ausdruck. Denn
das naiv-primitive Kindergemut vertragt und verlangt darum aucb starke
Reize. Wie eine rote Farbe, wenn sie auf Kinder wirken soli, nicht rot
genug gehalten sein kann, so kann ein dissonierender Akkord, wenn's der
Zweck erheischt, fur sie nicht dissonant genug sein. In jedem Kinder-
bilderbuch wird dem Rechnung getragen, nur fiber die Kindermusik
herrscht die entgegengesetzte Ansicht, und alles ist bestrebt, sie moglichst
zu verwassern. Diese Lieder allein mfiQten genugen, um dem ungluck-
lichen Aberglaubenein Ende zu machen, der von „schlichten" Kinderliedern
faselt, ohne sich fiber diese Forderung Rechenschaft zu geben. Es ist die
Erfindung unfahiger Komponisten, die ihre blassen Langweiligkeiten, fur
die sie auf keine andere Weise Verwendung finden konnen, unter dieser
Schutzmarke zu bergen versuchen. Die B SchIichtheit a ist nacbgerade zum
bewahrtesten Freihafen geworden. Wenn eine allzu belanglose Harmlosig-
keit auf gar keinen Anklang rechnen kann, wird sie zum B Kinderlied"
gemacht, und Verleger und Publikum sind abgefunden. Kinder baben ja
diesbezfiglich nichts zu sagen.
„Mit der Njanja" ist das erste der sieben Lieder dieser Reihenfolge.
Das Kind bittet die alte Amme um ein Marchen, kann sich aber unter
seinen Geschichtchen gar nicht fur dasjenige entscheiden, das es gerade
am liebsten horen mochte. Ob das vom bosen Wolf, „wie er um das
Haus im Dunkeln schlich", oder das vom Konig, der lahm war, und seiner
Frau, die stets den Schnupfen hatte. Die Musik untermalt alles auf kuhnste
und doch immer drollige und unmittelbare Weise, bei der groCen Beweg-
lichkeit des Textes ist sie in ihrem eigensten Element. Die Ffihrung der
Singstimme ist dem Geplauder des Kindermundes abgelauscht und alles
von einer musterhaft stilisierten Knappheit und PrSgnanz, die den Eindruck
auf das Kindergemut nicht verfehlen kann. Es sind eben echte und nicht
auf Voraussetzungen beruhende Wirkungen, mit einem Wort — es ist ein
echtes Kinderlied.
Es folgt „Im Winkel", das kostlichste Kindergeraunze, das in Noten
festgehalten worden ist. Mit starken dynamischen Wechseln, eigensinnigen
Sforzati bis zum belustigend-bemitleidenswerten SchluD „siehst dul" gibt
es auf die ergotzlichste Art das GequMngel wieder, das die Kleinen mit ihrem
Schicksal hadernd in solchen Fallen aufzufuhren pflegen. Harmonisch ist
das Stfick durchaus einfach gehalten und steht ganz in F-dur. Der Passagen-
gang der ersten beiden Takte enthalt nur die Akkordtone des dritten Takts,
die des Septimenakkords siebenter Stufe mit vertiefter Terz und Septime.
Er gibt das musikalische Material fur den ersten Teil ab, wahrenddem die
Amme schilt. Die Durchgangsnote As des Anfangs wendet sich schon im
JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 275
vierten Takt nach A und laCt das F-dur deutlicher hervortreten, bis es beim
Obergang zum zweiten Teil zur reinen F-dur Wirkung kommt, die bis zum
Schlusse anhalt. Der Vorhalt vor dem Grundton, der hier den Dreiklang
zu verschleiern sucht, wird im weiteren Verlauf motivisch ausgenutzt.
Sogar die den scheinbar harmonisch komplizierten AbschluB bildenden
vierzehn letzten Takte bestarken nur die herrschende Tonalitat: die kleine
Terz der sechsten Stufe, D-F, senkt sich chromatisch iiber Cis-E und C-Es
bis B-D, wobei es noch den bubschen Vorhalt H-Es abgibt. Auf der auf
diese Weise erreichten vierten Stufe wird ein zweitaktiges Motiv gebracht
und wiederholt, worauf die Wendung nach der Dominante C erfolgt. Also
I V.- V.! Nach einem zweitaktigen Orgelpunkt auf der Dominante schlieOt das
Stuck, noch chromatisch die zweite Oberdominante beruhrend, von der
Dominante zur Tonika, also vollkommen kadenzenmafiig IV-V-I. DaO sich
hier noch ein Des-dur Akkord einscbleicht, ist fur den eigentlichen
harmonischen Verlauf ganz ohne Bedeutung, er kommt hier als Tonart
nicht in Betracht, er ist lediglich Farbe, die aufgesetzt wird, um die ein-
fache Struktur zu beleben und zu verwischen, Er ist in seiner Allein-
wirkung viel zu schwach, um sich dem herrschenden F-dur gegenuber
behaupten zu konnen, er geht in ihm unter und lost sich als sein Bestandteil
auf. Der starke modulatorische Zug unserer heutigen Musik hat anstatt,
wie befurchtet wurde, unsere Tonalitatsbegriffe zu untergraben, sie nur
gefestigt. Das Ohr wurde gewohnt, sich im Strome der wechselnden Zu-
sammenklange auf das Wesentliche zu richten. Hort es irgendwo den
Klang Cis-E-Gis, braucht es ihn nicht gleich als cis-moll aufzufassen, das
bisher Gehorte wird fur seine Wertung ausschlaggebend sein. An eine
uberhandnehmende Tonart treten jetzt weit hohere Anspruche heran, sie
muQ vor allem den Grundton, die Farbe eines Stiickes oder eines Teiles
desselben angeben, trotz alien Veranderungen immer wieder hindurchgehort
werden, auch wenn sie selber gar nicht in klar hervortretender Fassung
auftritt. Die gedankenlos-oberflachliche Art, sich von Akkord zu Akkord
weiterzutasten und sich bei jedem in seine eigene Tonart zu versetzen,
zeugt von Mangel an Uberblick und Dispositionsfahigkeit.
„Der Kafer" ist wieder ein kleines Kabinettstiick. Die Begegnung
■ist ganz in den Riesendimensionen geschildert, in denen sie auf die Vor-
stellung des Kindes gewirkt hat. Die aufsteigenden, ubermaOigen Intervalle
iiber dem chromatischen Figurenwerk des Basses sind keineswegs ironisch
gemeint. Derlei unfrohe Uberlegenheiten, mit denen sich weniger reiche
Gemuter zu entschuldigen pflegen, wenn ihnen solche fur sie unlosbare
Aufgaben miDglucken und ins Ubertriebene, Karikierende geraten, liegen
der sich innig einfuhlenden und verstehenden Begabung Moussorgsky's feme.
Ein versonnener, melancholischer Schimmer liegt viel eher auf diesen
liebevoll gestalteten kurzen Szenen.
18*
276 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Weniger gelungen ist das kleine Wiegenlied „Mit der Puppe". Es
schaltet gar zu engherzig mit dem einzigen Einfall. Es ist die Folge der
mangelnden Selbstandigkeit dieser Musik, die sich immer wieder bemerkbar
macht. Die Stimmung des Textes halt hier bis zum SchluO unverandert
an, sie bietet der Musik keine Anlehnungsmoglichkeiten, mit deren Hilfe
sie sich weiterbewegen konnte. Dementsprechend bleibt sie ebenfalls
stehen, das heiQt, sie wiederholt sich ohne UnterlaC.
Dafiir ist „Abendgebet" wieder von groOem Stimmungsgehalt. Schon
der Entwurf — ein Kind, das in seinem Gebet samtlicher Verwandten
und Bekannten mit einer frommen Bitte gedenkt, vergiOt gerade den
SchluB desselben, wo es auch fur sich selber noch ein Wortchen einzulegen
hat — ist von einfacher, tiefer Schonheit.
Wuchsen schon die bisherigen Stiicke durch ihre ausgesprochen dia-
logisch-dramatische Form und Anlage weit aus dem Rahmen des gewohn-
lichen Liedes heraus, so kann man „Steckenpferdreiten a uberhaupt kaum
mehr als ein solches bezeichnen, empfindet man doch beim Vortrag dieser
mit sprudelnder Lebendigkeit gestalteten Szene geradezu den Mangel einer
biihnenmaBigen Einkleidung. (Ungeahnte Moglichkeiten der Weiterent-
wickelung des Kunstliedes eroffnen sich hier. Wenn Egon Wellesz durch
die Vertonung ganzer Geschichten von Peter Altenberg das stoffliche Gebiet
des Liedes von der epischen Seite her zu erweitern versucht hat, ware
die Bereicherung des formalen durch das Drama ebenso gut denkbar.
Wie sich von der Oper deren konzertmafiige Abart, das Oratorium, ab-
sonderte, konnte das Konzertlied sein theatermafiiges Gegenstiick erhalten.)
DaD das wiederum ganz dialogisch gehaltene und ziemlich ausgedehnte
Stuck beim ununterbrochenen, raschen Wechsel der sprechenden Personen
keine EinbuOe an Deutlichkeit und Verstandlichkeit erleidet, ist ein Haupt-
verdienst der Musik, die all ihre Vorziige wieder reich entfaltet. Wenn
das Kind sich beim Spiel den FuQ verletzt und das trostende, milde G-dur
Thema einsetzt, ist sich kein Ohr dariiber im Zweifel, daG die Stimme
der Mutter es ist, die den Schmerz wieder rasch beruhigt. Ebenso deut-
lich hebt sich die kleine Abmachung mit dem gerade vorubergehenden
Spielkameraden ab, der man die Hitze des Spiels anhort, in der sie iiber
den Gartenzaun hiniibergerufen wurde. Alles ist hier frisch und humorvoll.
Ein prachtiges Stiick.
Es folgt als letztes der Kinderlieder der wieder schwacher geratene
„Kater Prinz". Neben Erfindungsarmut weist es mit dem immer wieder-
kehrenden bewegten Figurenwerk des ersten Teiles, das, vcn einem im
ruhigeren Parlando gehaltenen Mittelsatz abgelost, gegen SchluB wieder
einsetzt, Spuren einer Neigung zur stereotypen Formbildung auf.
„Aus der Kinderstube" ist unter alien Umstanden eins der bedeut-
samsten Werke der einschlagigen Literatur. Der psychologische Moment
JEMNITZ: LIEDER VON MOUSSORGSKY 277
ist in ihm ein ganz neuer. Wahrend im allgemeinen Kioderlieder Zweck
und Bestimmung, von Erwachsenen fiir Kinder verfaOt zu sein, in Form,
Inhalt und Ausdruck offenkundig und absichtsvoll zur Schau tragen, ver-
laBt Moussorgsky diesen iiberlegenen Standpunkt und fiihlt sicb ganz in
jenen der Kinder ein. Aus ihrem Gesichtswinkel wird hier die Welt be-
trachtet, und die durchgreifende Anderung in der Wahl der Ausdrucksmittel
und das iiberaus Neue und Unerhorte des Tones ist nur die notwendige
Folge der konsequent durchgefiihrten, einheitlichen Stimmung. Es sind
eben echte Kinderlieder. — Der Haupterfolg dieser Musik ist aber, daC
sie, vorurteilslos mit verstaubten Traditionen brechend, gezeigt hat, wie mit
den neuesterrungenen, kompliziertesten musikalischen Mitteln die einfach-
sten Wirkungen erzielbar sind, und daB eine Musik trotz der gewagtesten
akkordischen und rhythmischen Neubildungen in ihrer Sprache — weil sie
es in ihrem Geiste ist — doch „schlicht" sein kann.
Den AbschluC dieser Sammlung bildet schlieClich der seiner Anlage
nach einer friiheren Periode entstammende „Hopak". Ein Kosakentanzlied,
dessen derber Fis-moll Melodie die eingestreuten starken Akzente auf der
Dur-Unterdominante, H-dur, ein eigentumliches, wildes Kolorit verleihen.
Es ist rhythmisch markig, nur zu gleichformig gestaltet und wirkt deshalb
monoton. Das hangt immer wieder mit der Beschaffenheit des Textes
eng zusammen. Wenn diese Musik nicht schildern, ihre Anregungen nicht
aus dem Texte gewinnen kann, versagt sie, weil sie einer Entwickelung
im eigentlichen musikalischen Sinne nicht fahig ist.
Wir wMren somit am Ende dieses Heftes angelangt, das eine Fiille
des Interessanten und Anregenden enthalt. Es ist fiir die ausgepragte
Eigenart Moussorgskys bezeichnend, daB sie schon in dieser kleinen Aus-
wahl seiner Arbeiten scharf umrissen hervortritt. Und gerade weil die
Vorziige seiner stets innerlichen und erlebten Musik so stark beriihren,
werden ihre groQen Mangel, deren Erklarung in seiner unvollkommenen
rein-musikalischen Durchbildung zu suchen ist, die keine ungetrubte har-
monische Wirkung aufkommen laBt, urn so schmerzlicher empfunden. Er
war ein genialer Dilettant und als solcher nicht allein dastehend, der trotz-
dem Anspruch auf unbedingte Aufmerksamkeit erheben kann. Wir wiin-
schen aufrichtig, daB der verdienstvolle Herausgeber dieser Sammlung,
Herr Hans Schmidt-Riga, sein Versprechen baldigst einlosen und die in
der Vorrede angekundigten Fortsetzungsbande demnachst folgen lassen
mochte.
REVUE DER REVUEEN
Aus Tageszeitungen
HAMBURGER NACHRICHTEN, 4. und 11. Juli 1915. — „Bisbigliando. Deutsche
Musik und Fremdwort." Von Ferdinand Pfohl. „. . . Wer mochte die deutsche
Musik nicbt dem wuchernden Fremdwort und seiner Umklammerung entzogen
wissen? Allzuviel des Fremden lastet von altersher auf deutschem Musikbesitz,
und in diesem saftreicben Nahrboden haben sich Scharcn von Schmarotzern ein-
genistet und festgesogen. Den Franzosen, mehr noch den Italienern entlebnten
unsere Vorfahren eine Unsumme von Fachausdrucken und Namen, unter denen
mehr als das eine ,niedertrachtige Wort' [,Componieren, Composition'] anzutreffen
sein mochte, gegen das Goethe wettert, und von dem er wunscht, daft ,wir es so-
bald wie moglich wieder los zu werden versuchen sollten'. Ach, wir sind die
Niedertrichtigkeit und die Fremdlinge trotz der mahnenden Stimme des weisen
Olympiers nicht los geworden. ,Composition': jenes eine Wort, stent heute auf
ebenso festen Fullen, wie damals, als der hoffahige ,Compositeur' eine besonders
ehrenvolle und schmeichelhafte Bezeichnung fur den schaffenden Musiker zu sein
vortiuschte. Und wenn wir alle die Fremdworte, die QberflGssigen und die not
wendigen, die gedankenlosen, von deutscher Auslandssucht geschaftig zusammen
getragenen und die organisch mit den AnFSngen einer Kunstform verwachsenen
in Reih' und Glied wollten aufmarschieren lassen: es gabe ein ganzes Bataillon
ja, ein Heer von Eindringlingen. In der deutschen Musik wimmelt es von viel
gestaltiger Freradheit. Italienische und franzosische Sprachbrocken schieben sich
in ihr durcheinander ..." „. . . in den Partituren von Richard Strauft, die in der
Hauptsache die italienischen Kunstausdrucke vermeiden und auch aufterhalb der
Musik, dort, wo das Wort richtunggebend und aufklarend notwendig ist, Deutsch
sprechen, geistert in der Harfenstimme neben dem bekannten ,glissando' die Be-
zeichnung: ,bisbigliando'. In keinem Musiklexikon, selbst nicht in dem trefflichen,
vom Allgemeinen Deutschen Sprachverein herausgegebenen Verdeutschungsbuchlein,
findet man dieses Wort aufgefuhrt und iibersetzt. Es ist also wohl, wie auch die
Bezeichnungen animandosi und perdendosi, neueren Ursprungs. (Worte, die zumeist
mit falscher Betonung auf der vorletzten, statt auf der drittvorletzten Silbe aus-
gesprochen werden!) ,Bisbigliando' bedeutet: fliisternd, wispernd, und soil den
Spieler der Harfenstimme, der natfirlich von der Bedeutung dieses geheimnisvollen
Wortes keine Ahnung hat (wenn er nicht zufSllig ein geborener Italiener ist!) be-
stimmen, einen geisterhaft webenden Klang seinem Instrument zu entlocken.
Warum schreibt nun Strauft an der betreffenden Stelle seiner Partitur nicht einfach:
.fliisternd' oder ,wispernd'? Jeder deutsche Musiker, der Dirigent, der Leser, der
Spieler seiner Partitur und nicht zuletzt der Orchestermusiker, dessen Verstandnis
fur die ihm anvertraute Aufgabe doch in erster Linie geweckt werden soil, wurde
sie ohne weiteres verstehen. Hat Strauft etwa aus Rucksicht auf das Ausland das
Fremdwort gewihlt? Kaurn zu glauben: denn dann wurde er doch vor allem die
deutschen Bezeichnungen seiner Partituren fallen gelassen haben; ganz abgesehen
davon, daft er dem franzosischen Orchestermusiker zu Liebe franzosischer Worte
sich bedienen muftte. Oder war es der lispelnd zischelnde Wortklang, der sein
Ohr bestach? Aber besitzen die deutschen Worte ,wispernd' und ,flusternd' mit
ihren weichen Ieisen Zischlauten nicht die gleiche tonmalerische Kraft wie das
italienische bisbigliando? Gleichviel: das Fremdwort war entbehrlich und seine
Wahl bleibt verwerflicb, da dem nach Spielanweisungen suchenden Musiker deutsche
Worte von der gleichen Schlagkraft und derselben scharf abgrenzenden Inhalts-
REVUE DER REVUEEN 279
bezeichnung zur Verfugung standen und sich ihm anboten. Aber er verschmabte
sie; oder er acbtete ibrer nicht: unter dem Zwang einer einlullenden Gewohnbeit,
einer von Jabrbundert zu Jabrbundert vererbten Oberlieferung, die inzwischen
ihre Daseinsberecbtigung verlor und lingst aufgehort hat, als ,alter Kulturbesitz'
Ebrfurcht und Scbeu fur sich in Anspruch nehmen zu diirfen. Wir beruhren bier
den Angelpunkt der fur die Reinheitsbestrebungen der deutscben Spracbe und der
deutschen Musik so wichtigen Frage: ob und in wclchem Malic die Fremdworte,
deren sich die deutsche Musik bisher in erstaunlicher Fulle zu bedienen pflegte,
aus ibren Bezirken sich ausscbalten lassen, ohne die Auffubrungspraxis und die
kunstlerischen Erscheinungsmdglichkeiten des musikalischen Kunstwerks zu ge-
fihrden. Die doppelte Rucksicht auf Geschichtlich-Gewordenes, auf Fertiges und
auf nationale Selbstachtung mit ibrer selbstverstindlichen Voraussetzung: Recht
und Wurde des deutschen Sprachgutes zu wahren, der wundervollen Ausdrucks-
scbattierungen der deutschen Sprache und ibres Reichtums an Worten von feinster
Stimmung und letzter WSgbarkeit Herr zu werden, — diese zwiefache Rucksicht
liOt uns jene Frage leicbt beantworten : alles Uberflussige, alles Entbehrliche
an Fremdworten soil kunftig aus der deutscben Musik verschwinden. Und
uberflussig und entbehrlich erscheinen uns Fremdworte dort, wo ein deutscbes
Wort von gleicber Schwere und Genauigkeit des Ausdrucks der Verwendung barrt.
Aber auch da beifit es besonnen und vorsicbtig sein; weder den Teufel des Er-
baltungsfanatismus und der .Tradition' mit dem Beelzebub uberspannter Deutsch-
tumelei austreiben, noch tief Angewurzeltes mit Strunk und Stiel ausreilien wollen.
Denn mancbe dieser italienischen Fremdworte sind der deutschen Musik und dem
deutschen Musiker in Fleisch und Blut ubergegangen, sind fest und untrennbar
in seinen tiglichen Spracbschatz binein gewachsen ..." „. . . Erst Richard Wagner
fuhrte die deutsche Musik aus der Periode einer allerdings nur iuQerlicben Aus-
llnderei, der sie auch in ibren wertvollsten und bedeutendsten Erscheinungen
sich freiwillig ausgeliefert batte, — wShrend sie im Kern und Wesen immer deutsch
geblieben war, — auf den recbten Weg und in das Heimatland der deutschen
Spracbe zuruck. Zwar, auch er muBte zunichst die Modekrankheit des Italianismus
ubersteben; aber, dem Einflufi italienischer und franzSsiscber Vorbilder einmal
entwachsen, entwickelte sich alles Deutsche seiner Natur und seines Genies in
unaufhaltsamem Zug zu prachtvoller Blute und klarster Bestimmtheit. Richard
Wagner war es, der vom ,Lobengrin' angefangen in der Hauptsacbe deutsche Be-
zeicbnungen fur ZeitmaB und Vortrag gebraucbte, ohne im Innern und im Unter-
bau seiner Tondramen die beliebten italienischen Hilfsworte und Abkurzungen
aufzugeben . . ." „Darum: dem groften Beispiel Wagners zu folgen ist die Ehren-
pflicht aller deutscben Musiker. Deutseb sei fortan die Losung auch der deutschen
Musik, wo sie auf die Hilfsmittel des Wortes angewiesen ist. Die Italiener waren
immer italienisch; die Franzosen franzdsisch. Nun mogen endlich die Deutschen
deutsch sein! Und wie es einst die Tondicbter und Tonsetzer waren, die das
Edelmetall deutscher Musik mit dem Fremdkorper romanischen Sprachgusses
zusammenschweiQten, so konnen es wiederum nur die Scbaffenden sein, die das
letzte Wort sprechen und endgultig die Aufgabe losen werden: die deutsche Musik
von allem Fremden zu reinigen, sie zu einem ganz klaren und goldhellen Spiegel-
bild der deutschen Seele zu machen. Denn auch bier gilt das Wort Parsifals:
,Die Wunde heilt der Speer nur, der sie schlug — '."
SONNTAGSBEILAGE ZUR VOSSISCHEN ZE1TUNG (Berlin), 15. August 1915. -
„Carl Loewe und das Slawentum." Von Leopold Hirscbberg. „. . Die von
Wagner als charakteristisch fur den deutschen Geist hervorgehobene Vielseitigkeit
280 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
war Loewe vor alien andern eigen. Die wechselvollen Schauplitze, die mannig-
faltigen Volker, die, zum Unterschiede von den rein lyrischen Gedichten, un-
zertrennlicb zum Wesen der epischen Ballade gehoren, erfallte er mit dem In-
stinkt des Genies in ihrer Eigenart. Denn Reisen in die fcrnen Lander aller
vier Himmelsrichtungen konnte der in bescheidenen Verhiltnissen aufgewachsene
Kantorssohn aus Lobejun nicbt macben; als er sein Meisterwerk, die schottische
Ballade ,Edward', im Alter von 22 Jabren scbrieb, war er fiber sein Heimatsdorf
nur wenig hinausgekommen: Kothen und Halle waren bis dabin die Stationen
seiner Lebenspilgerschaft gewesen. Und wie steht in dieser gigantiscben Ur-Ballade,
wie wir sie wohl nennen diirfen, das Bild des wilden schottischen Hocblandes vor
uns! Die Fahigkeit, fremde Gebiete und Volker so zu erfassen, diti in dem
musikalischen Bilde ibre Eigenart deutlich erkennbar wird, muli also angeboren
sein." Verfasser behandelt im folgenden die Loewescben Vertonungen slawiscber
Gedicbte und schliefit seine Ausfubrungen mit den Worten: „Wenn die Slawen
einmal von der gcistigen Infektion durch die Qbergeschnappten Romanen, die die
Standbilder der deutschen Tondicbter zertrummern, genesen sein und von ihrem
ewigen Glinka und ahnlichen Heroen genug haben werden, dann wird ibnen auch
die Erkenntnis kommen, dad neben Chopin, der sich trotz aller Versucbungen
vom franzdsischen EinfluB freizubalten wuCte, Carl Loewe ibr wirklicber National-
klassiker ist."
VOSSISCHE ZEITUNG (Berlin), 18. und 25. Juli, 5. und 8. August 1915. — (18. VII.)
„Hornsteins Soldatenlieder". Von Georg Kaiser. „. . . Wer auch nur die . . .
Soldatenlieder kennt, der darf Hornstein als Musiker einfach nicht mehr, wie es aber
fast samtliche Musikgeschichtsschreiber tun, unbeacbtet beiseite schieben. Robert
von Hornstein war ein tuchtiges, ehrliches Talent, ein Musiker von sicherem Kunst-
gescbmack. . . . Aus Karl Lemckes, eines auch von Brahms vertonten, vergessenen
Dichters, Soldatenliedern und Karl Stielers Landsknecbtsliedern stammen die Texte,
in denen der Aufbrucb der Soldaten in das Kriegslager, das gute Verbiltnis des
Krieges zu seinem alten flSmischen Schwert, die Scbneidigkeit der Seidlitz-Kurassiere,
die Niederlage der Parlezvous-Franzosen durch Ziethens Husaren gescbildert wird;
wo von der kriegeriscben Bedeutung des pommerschen Specks und Schinkens die
Rede ist, von der verflixten Ko-Ki-Ka-Kasern', die nur den Ausmarsch zu lange
auFhalt, von Markedenterinnen und schonem Reitertod — und das alles in einer
volkstumlich gewordenen, schlichten poetischen Spracbe, der das gewaltsame Wort-
gerassel so vieler beutiger Kriegsdichtungen gottlob fehlt. DaQ Hornstein ein
feiner musikalischer Kopf war, beweist nicht nur seine Fahigkeit, die Strophen-
gestaltung seiner Vertonungen aus dem Stimmungsgehalt der Dichtungen mit
seltener Treffsicherheit des Wesenskernes berausersteben zu lassen, auch die viel-
fachen und mit den einfachsten Mitteln gescbehenen Vor- und Nacbspiele in der
Klavierbegleitung kennzeichnen ibn als poetisch empfindenden Musiker. Es ist
ihm gelungen, in einzelnen Stucken, wie etwa in dem ,Ziethenlied', dem ,He
Marketenderin!' und dem ,ReiterIiedchen' musikalische Kriegsgenrebildchen zu
schaffen, die in ihren durch rhythmiscbe und harmonische Feinheiten wie durch
die ausscbmuckende, immer maflhaltende Figuration erreichten lebendigen Zustands-
schilderungen an die Kriegs- und Lagerbildchen alter niederlandischer Maler er-
innern. Und uberall verrat sich in der geschickten Stimmfuhrung und Wort-
akzentuierung der kundige Tonsetzer, der sich an Weber, Schumann und Franz
seinen Geschmack gebildet bat. So sind diesen, wieder recht zeitgemlB gewordenen
Liedern recht viele gute Singer und liebevolle Pflege in alien hausmusikalischen Ver-
anstaltungen zu wunschen." — (25. VII.) „Musik und Natur." Von Hugo Leichten-
REVUE DER REVUEEN 281
tritt. Verfasser fuhrt an der Hand einiger Beispiele aus, wie sich die Musiker
„zur Natur, d. b. zur iuBeren, sichtbaren Natur, zur Landschaft, gestellt baben,
welche Rolle das Landschaftliche in der Musik spielt. Eine recht geringe, wird
die Antwort lauten, wenn man die Gescbicbte der Musik bis zur Schwelle der
Neuzeit daraufhin durchsieht. Die Einsicbt, dali in der Natur eine starke Anregung,
eine reiche Schaffensquelle zu finden sei, scheint den Musikern erst in neuerer
Zeit aufgegangcn zu sein. Die iltere, kirchliche Kunst steigert bis zum phantastisch
Grofiartigen das arcbitektonische, logische Element der Musik: die Messen und
Motetten der Niederlander bis zum 16. Jahrbundert bezeugen es. Sie besitzt eine
spSter nicht wieder erreichte Starke der religiosen Empflndung, eine transzendentale
Mystik seltsamster Art, sie schurft in den Tiefen der ungebrocbenen menscblichen
Grundempfindungen mit einer ergreifenden Gewalt. Der Schatz alter, volkstumlicber
Musik beweist es . . ." „Dieser fluchtige Oberblick fiber die Rolle des ,MaIeriscben',
zumal des Landscbaftlichen in der Musik wird zeigen, daB man die Musik auch
unter diesem Gesichtswinkel recbt wobl zu betrachten berechtigt ist. Nur vergesse
man nicbt, daft es sich immer nur um ein kleines Teilgebiet bandelt. Nicbt minder
lobnend wire es, das Logische, Arcbitektonische, Plastiscbe, Poetische in ihrem
EinfluG auf die Musik aufzuweisen, die Art zu kennzeicbnen, wie die Musik sich
diese Elemente, ihre Nahrung sozusagen assimiliert. Die Astbetik der Musik wird
auf diese vielseitigen Beziehungcn wobl viel mehr eingehen mussen als bisher,
wenn sie zu wirklichen Ergebnissen kommen will." — (5. VIII.) „Das Glockenwerk
zu Mecheln." Von Edgar Istel. „Vor kurzem berichtete die ,Vossische Zeitung*,
daQ nacb zuverllssigen Nachrichten das beruhmte Glockenwerk von St. Romuald,
das durcb das Bombardement der Kathedrale zerstort sein sollte, glucklicherweise
vollstSndig unversehrt geblieben, daQ jedoch die Kabine des Tastenwerks vernichtet,
also der Altmeister der belgiscben Glockenspieler, der weltberuhmte Jef Denijn,
zunachst an der Ausubung seines schonen Berufes verhindert sei. Da der Schaden
nun wobl nicbt allzu groB ist, wird das berrlicbe Glockenwerk bald wiederum
erklingen, das die Bewunderung alter Reisenden errungen hat und in Victor Hugos
bekannter Vision auch seine poetiscbe Verklarung fand. . . . Wie eigentlich ein
derartiges groQes Glockenwerk eingerichtet ist, daruber herrscht in weiteren Kreisen
derartige Unklarheit, daB es sich wobl verlohnt, naher darauf einzugehen, zumal
wir kein einziges deutscbes Buch daruber besitzen und meist auf die — franzosisch
geschriebene — belgische Literatur angewiesen sind, der sich neuerdings ein um-
fassendes Werk des Amerikaners William Gorham Rice (.Carillons of Belgium
and Holland', New York 1914) kurz vor Kriegsausbruch zugesellt hat. Danach
hat man, obwohl wir im Deutschen nur das eine Wort , Glockenspiel' zur Ver-
fugung haben, zu unterscbeiden zwiscben dem primitiven, nur eine Oktave urn-
fassenden diatonischen — also nur in einer einzigen Tonleiter verwendbaren —
Glockenspiel und dem chromatischen — also modulationfahigen — ,Carillon',
von dem wir im folgenden unter dem Ausdruck ,Glockenwerk' ausschliettlich
sprechen wollen, da ihm das Spiel in Mecheln zuzurechnen ist. Das Glocken-
werk besteht aus einer Anzabl, in chromatischer Reihe^ also halbtonweise, sich
fortsetzender Glocken, deren groBte zentnerschwer sind, wShrend die kleinsten
kaum 20 Pfund wiegen; sie bangen alle fest, so dad sie also nicht selbst
schwingen konnen. Gespielt wird das Glockenwerk entweder mit Hilfe einer
Klaviatur von einem Spieler derart, daB durch die Klaviatur Kloppel innerhalb der
Glocken in Bewegung gesetzt werden, oder durch ein Hammerwerk von auBen
mechaniscb, wie dies gewohnlich beim Ablauf der Stunden geschieht. In letzterer
Weise funktioniert das Glockenwerk in der Art einer riesigen Spieldose, doch
282 DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
kommt seine Feinheit erst durch das individuelle Spiel des Meisters vollstindig
zur Geltung ... In Deutschland haben wir den belgisch-niederlandiscben Glocken-
spielen nicbts Ebenburtiges zur Seite zu setzen. Hoffen wir also, daO die Sturme
des Krieges weiterhin dem beiligen Romuald zu Mecheln gnSdig bleiben werden
und somit in den kunftigen Friedenstagen recht viele Deutsche sich an Meister
Denijns echt niederdeutscher Kunst erquicken konnen gleich jenen Tausenden, die
fruher dichtgedrangt die Kathedrale andachtig umstanden, wenn der feinsinnige
und liebenswiirdige Kunstler hoch oben in den Wolken die Himmelsmusik eines
Johann Sebastian Bach erklingen liefi." — (8. VIII.) „Die musikalischen Englander."
Von Albert Friedenthal. „. . . Nlchst den Amerikanern kenne ich kein Volk, das
seiner Freude an musikalischen Darbietungen einen so lebhaften, so enthusiastischen
Ausdruck gibt wie die Englander. Nur leider hat diese Liebe ,einen Haken' — sie
ist blind. Zwar ruft jeder Englander aus: I love music, I adore music und so
ahnlich, und englische Frauen begleiten diese Versicherung mit emphatischen
Gesten, die ihnen im allgemeinen nicht liegen. Aber was fur cine Musik meinen
sie wohl, die sie so entzuckt? Das ist es gerade, was ihre Stellung zur Tonkunst
so eigentumlich macht: jede Art Klingklang erregt ihr Wohlgefallen. Wenn ich
beliebigen EnglSndern eine Beethoven-Sonate vorspiele, so werden sie sagen: Oh,
how beautiful!, und wenn ich ihnen gleich danach vorspiele ,Was die Madchen so
gem haben', sagen sie wieder: Oh, how beautiful! Den Unterschied in den
Kunstwerten begreifen sie nicht, wenn man es ihnen nicht umstindlich erklirt . . ."
„Als Tonsetzer nehmen die Englander keineswegs die niedrige Stufe ein, die man
bei uns offers vermutet. Die Namen der Opernkomponisten Balfe und Wallace,
des Klavierkomponisten John Field, der das Nocturno lange vor Chopin erdacht
hat (alle drei sind ubrigens Irlander), der Name von George Onslow, des Schopfers
gediegener Kammermusik, von Sterndale Bennet u. a. leben zum mindesten in
der Musikgeschichte. Arthur Sullivan (wieder ein Ire), der Komponist des , Mikado',
und Sydney Jones, der Komponist der ,Geisha', sind Meister ihrer besonderen,
sehr originellen Gattung. E. W. Elgar, der Stern unter den gegenwSrtigen Ton-
setzern seines Landes, ist, man mag seine Werke einsch&tzen, wie man will,
jedenfalls ein grofler Konner der neueren Richtung." Friedenthal faBt sein Urteil
uber die musikalische Allgemeinheit Englands dahin zusammen: „Das englische
Volk ist auderst musikliebend, aber wenig musikalisch."
STRASSBURGER POST, 21. Juli 1915. — „Krieg und Musik." Von Alexander ReuB.
„. . . Auf eine einfache Weise ware ... die Musik von ihrer Drangsal in heutiger
Zeit zu heilen. Man gonne ihr Zeit, nicht allein sich zu entwickeln, sondern auch
auf uns zu wirken. Wir stehen unserer zeitgenossischen Musik trotz aller Partei-
gangerei und gerade durch diese viel zu einseitig, viel zu ablehnend gegenuber,
ablehnend in dem Sinne, daft wir uns sagen: wir haben ja so vieles Gute aus der
klassischen, aus der romantischen, aus der verflossenen neudeutscben Zeit —
warum uns abgeben mit den Dingen, die diejetztzeit bringt, und die vielleicht ver-
fehlt sind! — Vielleicht verfehlt — ja, das ist es eben, wovor wir zuruckschrecken.
War aber nicht beispielsweise auch die Musik der unmittelbar auf Bach folgenden
Zeit vom musikasthetischen Standpunkt aus verfehlt, und ist nicht doch aus ihr
ein Haydn hervorgegangen? Wir sollten die Musik der Gegenwart lieben und
ausuben — nicht mit fanatischer Wut, nicht im Sinne einer Partei: dann wurde
sich aus den verschiedenen Richtungen Oder Parteien bald das als bevorzugt heraus-
bilden, was man in fruherer Zeit ,Stil' nannte, dessen Mangel man in unseren
Tagen bitter beklagt." Willy Rcnz
BESPRECHUNGEN
bOcher
364. Hans Volkmann: Robert Volkmann.
Universal-Bibliothek Nr. 5753. Verlag: Ph.
Reclamjr., Leipzig. (Mk. — .20.)
Es ist zu begruUen, dad der Verlag die Reiben
wertvoller w Musiker-Biographien a in der Aus-
gabe der Universal-Bibliothek durch die Robert
Volkmanns vermehrt hat. In weitesten Kreisen
wird damit einer erhohten Wertschatzung Volk-
manns als poesievollen Komponisten der Weg be-
reitet. Verfasser schildert in leicht fafilicher
Weise, dabei liebevoll, aber keineswegs kritiklos,
den bewegten, teils recht dornenvollen Weg
unseres norddeutschen Tondichters und bringt
wertvolle Anregungen zum Studium seiner
immerhin zahlreichen Werke. Bei den bedeu-
tenderen, wo sich eine Analyse rechtfertigt, geht
er auf Einzelheiten ein, die, wenn auch mitunter
durch die Brille der personlichen Begeisterung
geschaut, im wesentlichen dem die Wege weisen
konnen, der eine nShere Beziehung zu Robert
Volkmann sucht. Es wire wunschenswert, wenn
dies recht viele taten, dadurch wurden sich —
besser noch als durch alle Biographieen in „kri-
tiscben Fuhrern" — am besten Spreu und Weizen
scheiden. Und letzterer, der immerhin noch ein
betrachtliches MalJ im Volkmannschen Schaffen
ausmacht, wire in der Tat wert und berechtigt,
weiterzuwirken als Sauerteig in der Entwickelung
unserer Tonkunst. Mocbte das Buchlein also
bewirken, dafi daraufhin weitere Kreise ihre
Kenntnisse uber die Volkmannsche Muse ver-
vollstandigen, dafi „man" in Zukunft Volkmanns
Bedeutung nicbt nur mit seinem pracbtvollen
b-moll Trio und seiner c-moll Klaviersonate
identifiziert.
365. Georg Richard Kruse: Albert Lort-
zing. (Kleine Musikerbiographieen.) Verlag:
Breitkopf & HSrtel, Leipzig. (Mk. 1.— .)
Wie all diese Bandchen, ist auch genanntes
schon gebunden und mit einem Bildnis des be-
sprochenen Kunstlers geschmfickt. Kruse hat
mit dieser kleinen Schrift Lortzing ein schones
Denkmal gesetzt. Mit warmen Worten schildert er
in stilvoller Weise Lortzings Leben. Die wechsel-
vollen, teils guten, teils bosen Pfade seiner ir-
dischen Laufbahn werden in geschickter Weise
in engste Beziehung gebracht und dadurch be-
sonders reizvoll gestaltet, dafi Verfasser mit-
unter Personlichstes des Tondichters beruhrt
und damit gleichzeitig eine lebenswarme Schil-
derung des Komponisten gibt, als Mensch und
Kunstler. Die ganze Anlage des Bandchens ist
ubersichtlich, und aufierdem enthalt es als An-
hang ein „Verzeichnis der Werke von Albert
Lortzing". Neben vielem weniger allgemein In-
teressierenden bringt Kruse nutzbringende kri-
tische Betrachtungen der Hauptwerke Lortzings,
die vielerseits meiner Meinung nach nicht nur
freudig, sondern auch in anregender Weise ge-
lesen werden konnen. Und damit ware ja der
Hauptzweck der vorliegenden Arbeit erreicht.
Carl Robert Blum
MUSIKAL1EN
366. August ReuB: Trio fur Violine, Violon-
cello und Klavier. op. 30. Wunderhorn-
Verlag, Munchen. (Mk. 8.—.)
Ein bemerkenswertes Werk, in dem der Ton-
setzer inbezug auf Harmonik und Stimmfuhrung
an Althergebrachtes sich sehr wenig kehrt und
von dem Ausfuhrenden viel verlangt. Man tate
ihm aber bitter unrecht, wenn man nach einem
ersten Versucb mit diesem Trio es aus der Hand
legte; es verlangt liebevolles Eingehen und lohnt
dieses auch trotz vieler sproder Stellen und
mancher Gewaltsamkeit. An der Spitze des ersten
Satzes steht gewissermafien als Motto ein markiges,
ja groBzugiges, sehr charakteristiscbes Motir, das
im weiteren Verlauf des Satzes, u. a. als Fugen-
thema, mehrfach Verwendung findet, im lang-
samen (dritten) Satz als Erinnerung herangezogen
und im SchluBsatze als Abschlufi der Themen-
gruppe gebraucht wird. Im ersten Satz ist viel
Leidenschaft; doch fehlt es nicht an zarten,
lieblichen Stellen, so dafi in diesem Satze, in
dem auch das ZeitmaB des ofteren wechselt,
viel Abwechselung herrscht. Ein sehr lebendiges,
durch straffe Rhythmik ausgezeichnetes Scherzo,
in dem von der Chromatik ein reicher Gebrauch
gemacht wird, hebt sich von der Stimmung des
ersten Satzes sehr gut ab; doch wird vielen das
sogenannte Trio gar zu gesucht, auch wohl etwas
zerrissen erscheinen. Hochst stimmungsvoll ist
der langsame Satz von einem Violoncellsolo ein-
geleitet, das ihn auch beendigt; eine weiche
elegische Melodie fuhrt dann zu einer Art
Trauermarsch, in den das an die Spitze des
ganzen Werks gestellte Motiv hineinverwebt ist.
Mit keckem Humor beginnt das Finale, als
Gegensatz erscheint eine sich einschmeichelnde
Melodie, in der der Zwolfachteltakt mit dem
Sechsvierteltakt kombiniert ist Daran scbliefit
sich eine weitere, ganz besonders gltickliche
schwungvolle Melodie, an die (wie schon erwahnt)
als SchluB jenes am Anfang des Werks stebende
Motiv gehSngt ist. Die Wiederholung vollzieht
sich in der herkommlichen Form, wie denn der
Tonsetzer uberhaupt an der bei den Klassikern
ublichen musikaliscben Architektur festhalt. Das
Klavier verwendet er mit einer gewissen Vor-
liebe harfenartig; auch liebt er es, die Streich-
instrumente unisono zu fubren, wenn er ein
Motiv besonders eindrucklich gegenuber dem
Klavier bebaupten will.
367. Norden. Album fur Violine solo, fftr
zwei Violinen, for drei Violinen. Be-
arbeitet von Nicolai Hansen. Je2 Hefte.
(Preis Mk. 1.— ,bzw. Mk. 1,50, bzw. Mk.2.— .)
Verlag: Wilhelm Hansen, Kopenhagen und
Leipzig.
Eine ganze Reihe rasch beliebt gewordener
Stucke aus dem Originalverlag dieser hoch-
bedeutenden, sehr verdienten danischen Musik-
flrma sind in leicht spielbaren Bearbeitungen in
diesen Albums vereinigt. Svendsen ist mit seiner
langst volkstiimlich gewordenen Romanze op. 26,
Grieg mit seinem Liede „Ave, maris Stella",
Gade mit seinem Schlummerlied, Sinding mit
mehreren sehr ansprechenden Stucken vertreten.
Es fehlen auch nicht die bemerkenswerten
danischen Tondichter Emil Hartmann, Carl
Nielsen, P. E. Lange-Muller, P. Heise, Otto
Mailing, Henriques, Schytte usw., so dafi man einen
hubscben Einblick in die Eigenart der danischen
Musik erhalt. Da die zwei- und dreistimmige
Ausgabe aucb mit Partitur versehen ist, kann
284
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
sie sehr gut aufter zur Unterhaltung aucb zu
Unterrichtszwecken benutzt werden.
Wilhelm Altmann
368. Henri Wieniawski : Legende fur
Violine und Klavier. Herausgegeben
von Issay Barmas. Verlag: Ebenda.
Das fiber Vieuxtemps' „Traumerei" Gesagte
gilt auch von dieser Veroffentlichung, nur daB
die Legende musikalisch etwas wertvoller ist als
der Vieuxtemps'sche Schmarren.
369. Eyvind AInaes: „Des Seemanns letzte
Reise" fur Klavier allein. Verlag:
Ebenda.
Man denkt bei dem Titel des vorliegenden
Werkes zunachst wohl an ein Tonstuck ernsten,
ja tragischen Inhalts und groBeren Umfangs und
ist vielleicht zunachst enttauscht, zu seben, daB
nur ein an sich harmlos-heiteres Thema in drei-
facher Gestaltung vorgefubrt wird. Aber dieses
Thema, das anfangs als tanzartiges Matrosenlied
nur einige wehmutige Wendungen aufweist, ge-
winnt im Verlauf der Entwickelung immer mehr
an Bedeutung, so daB sein Wiedererscheinen in
jeder neuen Einkleidung wieder fesselt. Die Har-
monik tragt teilweise die gewohnten nordischen
Zfige, der AbschluB ist wohl stark durch den
beruhmten Anfangsquartsextakkord im Andante
der Beethovenschen A-dur Symphonie beeinfluBt.
Der Schwierigkeiten flnden sich nicht viel in
dem geffilligen Stuck, dem man gem ein emp-
fehlendes Wort mit auf den Weg gibt.
370. Josef Wagner: „Die deutschen Tarn-
boure", fur Gesang mit Klavier-
begleitung. Mit deutschem und ungari-
schem Text. Verlag: Rozsavolgyi & Tarsa,
Budapest. (Kr. 1.50.)
Zu dem deutschen Text will die ungarische
Rhythmik oft nicht recht passen, aber in dem
Tonstuck, dessen Text die bekannte Episode des
trommelschlagenden Prinzen Eitel Friedrich im
Kampfe behandelt, steckt Lebenskraft und male-
rische Anschaulichkeit. Die Klavierbegleitung
konnte etwas besser ausgebaut sein.
371. Fritz von Bose: „Elegie" fur Violon-
cello und Klavier. Verlag: Breitkopf
& HSrtel, Leipzig.
Bei dem offenbaren Mangel an guter neuerer
Celloliteratur werden die Spieler und Freunde
dieses Instruments das vorliegende Werk mit
Freude begruBen. Es ist kein Virtuosenstuck,
sondern scbon einem m3Big geubten Cellisten
zuganglich, und die edle Melodie gibt Gelegen-
heit, schdnen Gesangston zu entwickeln, wihrend
in der Steigerung des Mittelteils der Vortragende
Feuer und Leidenschaft zeigen kann. DerKlavier-
satz zeigt den vortrefflichen Pianisten, der sich
in Harmonik und Aufbau als Tonsetzer von
entschiedener Begabung erweist.
372. Heinrich Platzbecker: „Weihnachts-
lied" fur eineSingstimme mit Klavier-
begleitung. Crescendo-Verlag, Dresden A.
(Mk. 1.-.)
Mag uns nun noch ein Kriegs-Weihnachtsfest
bevorstehen oder nicht, jedenfalls wird dies
schlichte, innige Lied, dessen milde Weise sich
mit den schonen Versen Hans Volkmanns aufs
glucklichste vermahlt, noch lange zeitgemafl
sein und aus Kindermund ruhrend klingen
und aucb Erwacbsenen Freude und Erholung
bereiten.
373. Heinrich Platzbecker : „Kriegers
Wiegenlied" fur hohe oder tiefe
Stimme mit Klavierbegleitung. Ver-
lag: Ebenda.
Ein zartes, freundliches Liedcben, dessen
wiegende Weise (durch ein sehr kennzeicbnendes
BaBmotiv ausgedriickt) sich schlieBlich zur Innig-
keit eines Gebets erhebt.
374. Heinrich Platzbecker: „Midchenlied"
fur hohe oder tiefe Stimme und
Klavier. Verlag: Ebenda. (Mk. 1.20.)
Das prachtige Gedicht Kernstocks hat bier
eine durchaus wesensverwandte Vertonung ge-
funden, die sich durch cdle Melodik und charakter-
vollen Tonsatz auszeichnet. Icb glaube, dieses
Lied verdiente mehr als viele andere allgemein
gekannt und gesungen zu werden.
375. Heinrich Platzbecker: „Wenn die
Landwehr kommt" fur vierstimmigen
MInnerchor. Verlag: Ebenda. (Partitur
Mk. —.40.)
Dieses frische, berzbafte Marschlied, das,
ohne schwierig zu sein, jedem Chor eine
lohnende Aufgabe bietet, ist im vergangenen
Winter so viel gesungen worden, daB man sich
eine Empfehlung sparen und nur bestatigen
kann, daB der Erfolg des Tonstucks wohl be-
recbtigt ist.
376. Heinrich Platzbecker: „Kriegslieder
1914." Verlag: Ebenda.
Der durch seine reizende Operette „Der
Wabrheitsmund", die ubrigens den Theatern
angelegentlich in Erinnerung gebracht sei, vor-
teilbaft bekannt gewordene Tonsetzer bat seit
Kriegsbeginn eine auBerordentlich fruchtbare
Tatigkeit entfaltet. Die sechs GesSnge der vor-
liegenden Sammlung erbringen den Beweis
dafur, daB das Wesen seiner Begabung ihn ganz
besonders zum Ausdruck der Empflndungen
befahigt, die jetzt allenthalben nach kunstlerischer
Gestaltung ringen. Eine gluckliche, muhelos
fliefiende Erfindung, die dem Ernsten wie dem
Heiteren in gleich volkstumlicber Weise gerecht
wird und sich doch vom Trivialen immer fern-
bilt, erfreut in alien diesen Liedern ebenso wie
ein offenbares Formtalent, das jeden Text als
Ganzes zu gestalten weiB und ihn nicht in
einzelne Teile zerstiickelt. Besticht „Deutscbland,
Osterreich Hand in Hand" durch seine frische,
kriftige Weise, so treibt in „Bei Metz" ein
keeker Humor sein Wesen. Herzlich und mit
ungeziertem Pathos klingt„Die eiserne Brigade";
ganz besonders gelungen durch den wirksamen
Gegensatz der festen Marschweise zu der
wogenden Begleitung der BaBtriolen ist „U 9",
und auch in „Held Hindenburg" werden kraft-
volle Tone mit volkstiimlicher Bestimmtbeit
angeschlagen. Bei dem Marschlied „Es wird
doch geschafft" habe ich den Eindruck, daB die
Verse spater entstanden sind als die Weise, die
ubrigens sehr ohrenfillig ist. Alles in allem
verdienen diese Kriegslieder, deren Wirkung
bereits mehrfach von namhaften Kunstlern wie
Soomer, Rudiger u. a. erprobt ist, ein herzliches
Lob. Das an erster Stelle genannte Lied ist aucb
fur vierstimmigen Mannerchor bearbeitet und mit
starkem Erfolg scbon vielfach gesungen worden.
377. Gustav Wohlgemuth: Drei Gesange
mit Klavier. Verlag: F. E. C. Leuckart,
Leipzig.
BESPRECHUNGEN (MUSIKALIEN)
285
Das „Madchenlied" erfreut durch schlichte,
schdne Erfindung sowohl in dem ersten, sin-
nenden, triumerischen Abschnitt als auch im
zweiten Teile, der von jubelnder Begeisterung er-
fullt ist. Besonders schon ist der in VerklSrung
verschwebendc SchluB. Eigcnartig ist „Der letzte
Brief". Zu harfenartig rauschenden Akkorden von
meist chromatischcr Folge bewegt sicb die Sing-
stimme deklamierend, nur bei dem Endreim
„DaB ich dicb fiber alles Iiebe" vereinigen sicb
Singstimme und Klavier in der melcWischen Linie.
Auch fur das unzahlige Male vertonte „Oster-
reicbiscbe Reiterlied" von Zuckermann hat
Wohlgemuth eine beifallswfirdige musikalische
Fassung gefunden, die sich vor anderen dadurch
auszeichnet, dafi die dritte Strophe durch helles
E-Dur in sieghaft-hoffenden Gegensatz zu dem
dumpfem e-moll der ersten beiden gesetzt ist,
wodurch beim Vortrag sich sicherlich eine gute
Endwirkung ergibt.
378. Gustav Lcwin: „Der Friede." Fur mitt-
lere Singstimme mit Klavier. Verlag:
Gebruder Hug & Co., Leipzig und Zurich.
(Mk. 1.— .)
Ein Tonstuck, dem leider die innere Einheit-
lichkeit mangelt, was schon durch den unab-
lassigen Wechsel der Taktart dargetan wird; auf
drei Seiten andert sich der Takt achtmal. Auch
melodisch ist das Lied wenig reizvoll infolge der
haufigen Wiederholungen desselben Tones. Ich
bezweifle sehr, dafi dieses Lied weite Verbreitung
flnden wird.
379. Hermann Zilcher: Vier Kriegslieder
fur eine Singstimme und Klavier.
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig. (Mk. 0,80;
1.—, 1.20.)
Die Vertonung der „Mahnung" von Vesper
reicht an Kraft und Eindringlichkeit bei weitem
nicht an andere musikalische Einkleidungen des-
selben Gedicbts heran, da die grofie, klare melo-
dische Linie fehlt. Dagegen ist das „Oster-
reichische Reiterlied" so gut gelungen, dafi es
unter den zahllosen Kompositionen des Zucker-
mannschen Gedichtes „Driiben am Wiesenrand
hocken zwei Dohlen" einen bevorzugten Platz
einnimmt. Auch das „Marschlied" ist in Weise
und Ausdruck ein beachtenswertes Tonstuck; am
wertvollsten aber erscheint mir „Abendlied im
Feld", das aus tonmalerischer Ruhe sich zum
innigsten Empfinden erhebt und eines tiefen Ein-
drucks sicher sein kann.
380. A. v. Othegraven; AchtSoldatenlieder
fur Minnerchor. Verlag: Ebenda.
Diese Bearbeitung bekannter Soldatenweisen
wird den Gesangvereinen um so willkommener
sein, als sie jetzt infolge der Einberufung zahl-
reicher Sanger genotigt sind, auf kunstvolle,
schwierige Chore zu verzichten. Der Verfasser
hat Deklamationsfebler verbessert und auch sonst
Anderungen angebracht, die man gutheifien kann.
Die Satzweise zeigt den erfahrenen Musiker und
ist bei aller Schlichtbeit wirksam.
381. Carl Prouaska : „Deutscher Schwur."
FurvierstimmigenMannerchor. Ver-
lag: Ebenda.
Eine kraftige, feierliche Weise, die mit ruhiger
Macht dahinschreitet und wirksam ist. Nach
dem Vorbild des „Niederlandischen Dankge-
bets" ist eine von Strophe zu Strophe ansteigende
TonstSrke vorpeschrieben, wodurch schon eine
eindrucksvolle Steigerung erzielt wird. Das Werk
ist vom selben Verlag auch fur Tenor und Klavier
erschienen.
382. Walter Niemann: Romantische Minia-
ture n fur Klavier. Werk 33. Verlag:
Ernst Bisping, Munster i. W. (Mk. 2.—.)
In diesen zehn kleinen Stucken steckt wieder
viel Schones und Zartes, viel Innigkeit und viel
farbensatte Phantasie. Kurze Worte desdanischen
zarten Romantikers J. P. Jacobsen geben dem
Spieler und Horer die Richtlinien fur seine
Nachempfindung an. Begreiflicherweise mufi
man mitunter im guten Glauben mit dem Ton-
setzer gehen, z. B. wenn er uns „Gelbe Rosen"
vorzaubern will; uber die Farbenwerte in der
Musik sind doch eben die Meinungen sehr ver-
schieden. Dagegen gehoren Stucke wie n Traume"
„Stille Liebe" und „Schatten" zu den besten
Klavierpoesieen der neueren Zeit. In einigen
Miniaturen tritt auch das tonmalerische Geschick
Niemanns wieder klar zutage und sein Be-
streben, Stimmung und Ausdruck scharf zu
konzentrieren und dem Klavier neue Klangreize
abzugewinnen. „Altromische Pastorale" und
„Tod im Fruhling" hebe ich noch als besonders
gelungen hervor. Fur Liebbaber wie Kunstler
bietet das gut ausgestattete Heft manche Freude
und Anregung.
383. Walter Niemann :„EinekleineWasser-
musik. tt DreipoetischeVortragsstucke
fur Klavier. Werk 32. Verlag: Ebenda.
(Mk. 1,50.)
Der Verfasser, den man als Tondichter von
Erfindung und Geist bereits schitzen lernte, hat
hier den wohlgelungenen Versuch gemacht, drei
Tonstucke mit ahnlicher gedanklicher Grund-
lage so nebeneinander zu stellen, dafi daraus
ein Ganzes wird. Naturlich ist jedes der drei
Stucke auch allein wirksam, aber ihre inneren
Wechselbeziehungen werden doch erst im Zu-
sammenhang ftihlbar. Ich meine, dafi damit
ein entschiedener Fortschritt zu einer neuen
musikalischen Form gegeben ist, zumal da
der Naturhintergrund der Einbildungskraft des
Spielers und Horers die gewunschte Richtung
verleiht, ohne ihn mit weiteren programmatischen
Hinweisen zu plagen. Dafi Niemann sich nicht
mit blofien Tonmalereien begniigt, obwohl er in
ihnen sehr gliicklich und eigenartig ist, war zu
erwarten. „Der Wiesenbach" besticht durcb fein-
sinnige Verwendung des sehr einfachen thema-
tischen Materials, das sich von dem gleichmafiig
rieselnden Figurenwerk prachtig abhebt. „Am
Waldbach entlang" ist vor allem rhythmisch
fesselnd, es ist als habe der Tonsetzer alle
Windungen seines Wasserleins, alle Steine und
Strudel darin musikalisch andeuten wollen, wobei
er sogar vor mehrfacher Anderung der Taktart
und vor dem nicht eben landlaufigen Funfviertel-
takt nicht zuruckscbreckt. „Der kleine Wasserfall"
ist am meisten tonmalerisch gehalten. Wahrend
in der linken Hand orgelpunktartig ein Sekunden-
intervall in gleichformig rieselnden Sechszehnteln
erklingt, gesellen sich zwei iiberaus anschauliche
Themen hinzu, die der Tondichter gar prachtig
zu verwenden weifi. Jedenfalls hat er ein gutes
Recht, seine drei Sitze „poetische Stucke" zu
nennen, denn gerade der starke dichteriscbe
Gehalt derselben macht in Verbindung mit
Liebenswurdigkeit und oft neckischer Freude am
286
DIE MUSIK XIV. 24: 2. SEPTEMBERHEFT 1915
Spiel der Tone ihren besonderen Reiz aus.
Ohne kinderleicht zu sein, bieten sie uberdies
einem einigermafien geubten Spieler dankbare
Aufgaben. Fiir die Hausmusik sind sie deshalb
besonders empfehlenswert, wetl sie gegenuber
den „Salonstucken" und Operettenplattbeiten
wirklich gute, kunstlerisch anregende Musik
enthalten.
384. Joh. Seb. Bach: Bearbeitungen fiir
Geige und Klavier von S. Lieberson.
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig. (Mk. 2.—,
1.50 und 1— .)
Seitdem Fritz Kreisler und Willy Burmester
aus verschollenen Werken alter Meister kostbare
Schatze ausgegraben haben, ist das Bestreben
so manches Bearbeiters auF den gleichen Zweck
gerichtet. Und sicherlich gewShrt der grofle
Thomaskantor in dieser Hinsicht eine reiche
Ausbeute. Lieberson legt hier vier Hefte vor,
die sicherlich bei alien Geigern Beachtung flnden
durften. Fillt im ersten Heft eine prachtvolle
„Aria" auf, die vielleicht bald eine ihnliche
Beliebtheit erlangen kann wie das beruhmte
„Air" aus der beruhmten D-dur Suite, so sind
im zweiten Heft die reizvolle Gavotte und ein
entzuckendes Echostuck besonders bemerkens-
wert. Sind diese Stiicke auch einem einiger-
mafien geubten Liebhaber zuganglich, so ver-
langt das in Heft 3 enthaltene Andante aus
dem „Italienischen Konzert" schon eine groBere
Fertigkeit, auch die „Melodie" zum c-moll Pra-
ludium erfordert einen sicberen und tonkraftigen
Spieler. Die Klavierstimme ist, soweit der Be-
arbeiter vom Original abweicht, geschmackvoll
und nicht allzu schwierig. Der wiedererwachen-
den Hausmusik ist zweifellos viel damit gedient,
wenn ihr gerade Bach in so glucklicher Weise
nahegebracbt wird. Man hat vor ihm in Dilet-
tantenkreisen meist eine gewisse ehrfiirchtige
Scheu. Durch die hier gesammelten Stucke
aber wird man ihn lieben lernen.
385. Maximilian Heidrich: Phantasie-
Sonate, Suite und Lieder. Heraus-
gegeben von Richard Buchmayer. Ver-
lag: Ebenda. (Mk. 4.—, 4.—, 5.-.)
Die alte und immer neue „Traurige Ge-
schichte" eines schaffenden Kunstlers! Von
dem Tondichter Maximilian Heidrich, der im
Jahre 1909 gestorben ist, haben bei seinen Leb-
zeiten kaum einige wenige etwas gewulit, ja,
sein Name klang auch mir fremd, als Richard
Buchmayer im Winter 1911/12 einen ganzen ab-
wechselungsreichen Abend lang Werke aus seiner
Feder vorfuhrte. Von dem, was damals schon
beim ersten Anhoren die Achtung der Fach-
genossen und den Beifall der Horer sich er-
zwang, liegt nun einiges im Druck vor und man
darf es dem Herausgeber aufricbtig danken, dad
er den toten Meister dadurch zu Ehren bringt,
die dem lebenden leider versagt blieben. Die
groB angelegte Phantasie-Sonate fiir Klavier
(Werk 70, D-dur) ist eine Tonschopfung, die
durch die Kraft und Eigenart ihrer Gedanken
ebenso besticht wie durch den monumentalen
Aufbau. Zwar lafit sich die uberquellende Fulle
des Werkes kaum in die Fesseln der herkomm-
lichen Form schlagen; aber man hat das Werk
eben mehr als Phantasie denn als Sonate zu
betrachten. Es steckt ungemein viel in dieser
Arbeit, mit der Klavierspieler von Rang ihre
Vortragsfolgen wahrhaft bereichern konnten.
Einflusse von Schumann und Brahms, ja sogar
von Bruckner, sind erkennbar, doch beein-
trachtigcn sie niemals die SelbstSndigkeit des
Tonsetzers, der durchaus eigene Wege wandelt.
Sehr schon und wesentlicb leichter verstSndlich
sind vier Lieder nach Worten von Friedrich
Nietzsche, gesetzt fur eine Singstimme mit
obligater Geige und Klavier. Schone Erfindung
und gliickliche Stimmungskunst verleihen diesen
Liedern einen betrachtlichen Wert. „Es ist der
Wind um Mitternacht" und „Einsam durch den
dusterblauen, nacht'gen Himmel" mochte ich be-
sonders hervorheben. Von dem hohen kunst-
lerischen Wollen ihres Schopfers legt auch die
Suite fur zwei Klaviere zu vier Handen
(Werk 58) deutlich Zeugnis ab. Gibt sich der
Tonsetzer hier auch teilweise schlichter als in
der groBen Sonate (z. B. ist die ^Serenade" ein
Satz von liebenswiirdiger Anmut), so vermeidet
er doch streng alles GewShnliche und Ab-
gebrauchte. Der dritte Satz „Bair ruft unwill-
kurlich Empflndungen an Schumann wach, die
aber nicht zum Schaden Heidrichs gereichen.
In Harmonie und Rhythmik ister meist besonders
fesselnd, und selbst fiber seiner Heiterkeit liegt
eine gewisse Schwermut, die um so eindring-
licher wirkt, als der Tonsetzer sie gem durch
sprungbaft aufwallende Leidenschaft zu ver-
decken sucht. Im letzten Satz der Suite, einer
prachtig gearbeiteten, lebendigen und von jeder
zopfigen Schulmeisterei freien Fuge zeigt der
Tonsetzer ebensoviel Phantasie wie technische
Reife. Alles in allem: an Maximilian Heidrich
hat die Nachwelt viel gut zu machen. Ist er
auch nicht leicht zuganglich, weil er ansehnliche
Anspruche an die Ausfuhrenden stellt, so lohnen
doch seine Werke die darauf verwandte Muhe
reichlich.
386. fl.J.Schwinn: Kriegslieder aus groBer
Zeit. Komponisten - Verlag E. Schwinn,
Leipzig-Co.
Die acht Lieder des Heftes verraten eine
schone melodische Begabung, wie sie im Kriegs-
jabr ja oftmals ganz uberraschend zutage ge-
treten ist. Aber die Technik ist so kunstlos,
mitunter sogar karg, daB man keinen kunstle-
rischen Gesamteindruck empfangt, so gern man
dem guten Willen Anerkennung spenden mochte.
Aber es gibt doch wohl jetzt Tausende, denen
diese Lieder gerade um ihrer groBen Einfach-
heit und Leichtigkeit willen erwunscht sein
durften.
387. Karl Pembaur: „Seliger Tod." Fur
gemischten Chor ohne Begleitung.
Verlag: F. E. C. Leuckart, Leipzig.
Nach einer Volksweise hat der Bearbeiter
mit sehr geschickter Hand ein uberaus eindring-
liches Chorlied geschafFen, von dessen tief-
gehender Wirkung ich mich bereits selbst fiber-
zeugen konnte. Das bescheidene Hervortreten
einer Solostimme (Tenor bezw. Bariton) in den
ersten zwei Strophen verstarkt den Eindruck
wesentlich. F. A. Gei flier
KRITIK
OPER
OERLIN: Man konnte nach aller Lauwirme der
*-* Sommeroperette auf das Los der „Fleder-
maus" im Deutscben Operntaause neu-
gierig sein. Sie war kein ubler ScbluQtakt. Wie
beneidenswert, das Meisterwerk auf jungfrau-
licbem Boden neu entdecken zu seben! Wir
durfen der Leitung des Hauses nachruhmen,
dad es solche Gunst des Schicksals zu nutzen
wuCte. Diese „Fledermaus" war nicht ganz aus
dem Geiste ihres Schopfers heraus empfunden,
nicbt nacb herkommlicber Art gestaltet, erreichte
aber den Endzweck der Stimmung. Die kam zu-
nicbst vom Orcb ester, das Ignatz Wagh alter
mit Begeisterung, mit personlicber Note, wenn
aucb nicht mit letzter Selbstbeherrscbung, in die
Operettenlaune trieb. Manches, wie m O je, o je",
keuchte atemlos dahin; der Walzer vor allem
fuhlte sicb scbwer bedrangt; aber als die Ouver-
tfire verklungen war, gab es jenen Kontakt
zwiscben Masse und Buhne, die dem Eindruck
den Weg bahnt. Man hat sicb die Neueinrichtung
der .Fledermaus" etwas kosten lassen. Prinz
Orlofski bewirtet seine Gaste im Garten, eine
Halle in rotlich strablendem Licht bildet den
Hintergrund. Darin Hertha Stolzenberg als
Adele, uberlustiges Kammerkatzchen und Qber-
ragende Sangerin; Rosalinde Elisabeth van En-
dert, die nicht die gleicbe Sicherheit des In-
stinkts, aber Liebenswurdigkeit, Scbmiegsamkeit
und eine hubsche, nur zuweilen nicht fugsame
Stimme einzusetzen hat. Orlofskis, Johanna
Geislers, Lispeln storte zuweilen. Unter den
Mannern weifl nur Bernhard B 6 1 e 1 lebemlnniscbe
Anmut aufzubringen. Die anderen — Julius
L i e b a n ist Frosch — stehen schon nicht ganz auf
gesellschaftlicher Hdhe, fallen aber aucb nicht ab.
Alle Herren und Damen stecken im alteren
Kostum, und auch dagegen ist nicbts zu sagen.
Das Spiel, von Dr. Kauffmann geordnet, greift
lebendig ineinander, die Worte und Witze er-
reichen ihr Ziel. Auch diese (von der Oper be-
fruchtete) „Fledermaus* hat Daseinsberechtigung.
Adolf Weiftmann
KONZERT
CONDERSHAUSEN: Der Glanz unseres musi-
^ kalischen Lebens, die Folge der altberuhmten
Loh-Konzerte, leuchtet uns in diesem Kriegssom-
mer leider nicht. Die Sehnsucht nach sympho-
nischen Genussen konnte nur einige Male durch
das von Corbach sorgfaltig geschulte Konser-
vatoriumsorchester befriedigt werden, das Mozart-
sche Symphonieen (Schwanengesang, Jupitersym-
phonie u. a.) recht beifallswurdig ausfuhrte. Im
Loh gab es nur ein „feldgraues" Wohltatigkeits-
konzert, aus dem wir „Drei Kriegslieder", ifur
Einzelgesang mit Orchester komponiert von Karl
Neidhardt (Hornist in unserer Hofkapelle), als
recht dankbare zeitgemafte Vortragsnummern be-
sonders hervorheben. Freilich gehort ein stimm-
gewaltiger SSnger, wie wir ibn hier in Albert
Fischer besitzen, dazu, um z. B. das „Reiterlied"
von Gerhart Hauptmann „Raus aus dem Haus!"
packend zu bewaltigen. Von der Reibe der
Kammermusik-Abende, die sich uber das ganze
Musikjahr erstreckte, Helen die letzten Konzerte
in den beginnenden Sommer. Hieraus seien als
hervorragende Gaben die Passacaglia fur Vio-
line und ViolavonHindel(Ausfuhrende:Plumer
und Corbacb) und die g-moll Sonate fur Vio-
line allein von Bach (Corbach) genannt. Musi-
kalische Zugvogel besuchten uns wenig. Die
tnteressantesten GSste waren das Berliner Kunst-
lerpaar Konrad und Liselotte Berner. Er, als
ein fruhererSchiiler unseres Konservatoriums und
als tuchtiger Geigerbekannt und geschatzt, fiihrte
sich jetzt als Virtuose auf der wieder in Auf-
nabme gekommenen Viola d'mour ein , seine Frau
verdient den Ruhm einer gewandten Lauten-
spielerin. M. Boltz
ANMERKUNGEN ZU UNSEREN BEILAGEN
Im 5. September waren hundert Jahre seit der Geburt Karl Wilhelms, des Komponisten
/^ der w Wacht am Rhein", vergangen. Mit dieser Vertonung hat, wie Bismarck dem
^^^ Kunstler am 24. Juni 1871 schrieb, Wilhelm „dem deutschen Volke ein Lied gegeben,
JL. JL welches mit der Geschichte des eben beendeten groBen Krieges untrennbar verwachsen.
ist. Entstanden zu einer Zeit, wo die deutscben Rheinlande in ahnlicher Weise wie vor einem
Jahre bedrobt erschienen, hat ,Die Wacht am Rhein' ein Menschenalter spiter, als die Drohung
sich verwirklicbte, in der begeisterten Entscblossenheit, mit welcher unser Volk den ihm auf-
gedrungenen Kampf aufgenommen und bestanden bat, ibren vollen Anklang gefunden. Ihr Ver-
dienst, Herr Musikdirektor, ist es, unserer letzten grofien Erhebung die Volksweise gegeben zu
haben, welcbe daheim wie im Felde dem nationalen Gemeingefuhle zum Ausdruck gedient hat . . ."
Diese Worte des eisernen Kanzlers bestehen auch heute noch zu Recht: Karl Wilhelms markige
Chorweise bat sich auch im August 1914, bei Beginn des Weltkrieges, als das Sturm- und Kampf-
lied des deutschen Volkes aufs herrlichste neu bewahrt.
Des 90. Geburtstages (25. Oktpber) von Johann StrautJ Sobn sei vorgreifend heute schon
gedacht. Dem Gedachtnis an den 30. Todestag (14. September) Friedrich Kiels, des hervor-
ragenden Berliner Musikers, ist die letzte Bilderbeigabe dieses Jahrgangs gewidmet.
Dem vorliegenden Heft liegen ferner bei: der Quartalstitel und das Namen- und
Sachregister zum 56. Band sowie das Verzeichnis der Kunstbeilagen des 14. Jahr-
gangs.
AN UNSERE LESER!
Der Krieg hat nun auch in unser friedvolles Handwerk mit
storender Hand eingegriffen. War eines unserer Redaktions-
mitglieder, Herr Max Dubinski, schon Ende Marz d. Js.
zum Heeresdienst berufen, so wurde inzwischen auch unser Herr
Willy Renz gemustert und sieht stundlich seiner Einberufung ent-
gegen, nachdem unser Herausgeber selbst im Juni schon durch frei-
willige Dienstleistung die Aufgaben seines Amtes mit wichtigeren
patriotischen Pflichten eingetauscht hatte. Unsere Redaktionsraume
sind verwaist, und ein nicht unbetrachtlicher Teil unserer Mitarbeiter
steht im Felde. Da es nicht in unserer Absicht liegen kann, eine
Vertretung zu berufen, die vielleicht auf langere Zeit die Geschafte
der Schriftleitung fiihren muO und dem seit vierzehn Jahren ein-
gehaltenen und fiir richtig erkannten Weg ein fremdes, ungewunschtes
Ziel gibt, so muCten wir uns schweren Herzens dazu entschlieOen,
der MUSIK eine Ferienzeit zu gonnen, die, wie wir hoffen diirfen,
eine begrenzte sein wird. Unsere Zeitschrift macht fiir die Dauer,
in der die Geschiitze noch ihre ehernen Melodieen singen, eine
Generalpause, urn sich wieder einzufinden, wenn der Redaktionsstab
zur Neuarbeit vollzahlig beisammen ist.
Rechtzeitig werden wir unseren Freunden den Beginn des
Wiedererscheinens melden, und wir halten uns versichert, daO uns
niemand grollen wird — jede Anklage richtet sich gegen unsere
Feinde — , daC vielmehr alle sich wieder um die Fahne unserer
MUSIK scharen werden.
Unseren verehrten Mitarbeitern Dank zu sagen fiir ihre
treue Hilfe in den verflossenen dreizehn schweren Monaten, ist
uns ebenso Bedurfnis, wie an sie die ergebene Bitte zu richten,
ihre bisher nicht zur Veroffentlichung gebrachten Beitrage unserem
Archiv zur sorgsamen Aufbewahrung zu belassen. Wiinscht jedoch
jemand sein Manuskript zuriick, so wird diesem Ersuchen sogleich
entsprochen werden. Neu eintreffende Beitrage werden wir un-
gepriift entgegennehmen, falls die Bitte um Riicksendung nicht aus-
gesprochen wird.
Unfreiwillig nimmt die MUSIK somit Abschied; moge es eine
nur kurze Zeit wahren, bis sie der Fessel entledigt ist, die sie ver-
stummen machte.
DER VERLAG SCHUSTER & LOEFFLER
£ 3
i |
» 1
2
FRIEDRICH KIEL
f 14. September 1 885
XIV L
NAMEN- UND
SACHREGISTER
ZUM IV. QUARTALSBAND DES VIERZEHNTEN
JAHRGANGS DER MUSIK (1914/15)
Akademie der Tonkunst, Neue
(Berlin), 196. 197. 200.
Akademie der Wissenschaften,
Kaiserlicbe (Wien), 99.
Alnaes, Eyvind, 284.
Altenberg, Peter, 276.
Altmann, Wilhelm, 48.
Altmann-Kuntz, Margarete, 48.
Ambros, A. W., 88.
d'Ambrosio, Alfredo, s. Toten-
schau XIV. 23.
Ambrosius, Bischof von Mailand,
110.
Anakreon 181.
Anders, Erich, 142.
Andrea, Joh. Valentin, 236.
Andresen, Lulu, 42.
Appel, Karl Fr., 94.
ArtOt de Padilla, Desiree, 197.
Aschylos 181.
Aubert, Johnny, 239.
Augustin, Hermann, 126.
Baader 112.
Baberadt 75. 76. 85.
Bacb, Ambrosius, 230.
Bach, Joh. Seb., 15. 16. 34. 40.
46. 47. 48. 64. 68. 89. 91.
117. 141. 144. 157. 173. 185.
188. 192. 227.228.230.234.
240. 250. 259. 260. 268. 282.
286. 287.
Bach-Chor (Basel) 240.
Bach.Wilh.Friedemann, 147. 156.
Bahnsen, Julius, 148.
Balfe, M. W., 282.
Bandler, Heinrich, 47.
Bantock, Granville, 59.
Barbi, Alice, 137.
Barblan 240.
Barco-Frank, Olga, 45.
Barmas, Issay, 238. 284.
Barton, Pepo, 143.
Bartusch, Alexander, 190.
Baruzzi, Cincinnato, 5.
Baselt, Fritz, 94. 190. 191. 235.
238.
Battke, Max, 42.
Bayer, Franz, 192.
Bayrhofer (Verleger) 216.
Bayrhoffer, Wilhelm, 125.
Beaumarchais 119.
Becker, Fritz, 192.
Becker, Gottfried, 239.
Beer 99.
Beer-Walbrunn, Anton, 150. 151.
154.
Beethoven, Ludwig van, 4. II.
15. 16. 21. 24. 27. 33. 34.
37. 38. 40. 42. 45. 46. 47.
66. 67. 68. 69. 71. 89. 96.
115. 117. 122. 128. 131. 137.
143. 144. 151. 154. 181. 185.
188. 191. 199. 200. 202. 207.
210. 230. 239. 244.252.253.
254. 255. 256. 257. 258. 259.
266. 268. 282. 284.
Beetz, Franz, 47.
Bel art, Hans, 138. 139. 140.
Bellini, Vincenzo, 9. 17. 1 19. 186.
Benda, Franz, 246.
Bendel, Franz, 69.
Bennet, W. St., 282.
Berber, Felix, 48.
Bergmann, H., 143.
Berlioz, Hector, 3. 4. 68. 71.
148. 195. 204. 208. 240.
Berndsen, Helmut, 95.
Berner, Konrad, 287.
Berner, Liselotte, 287.
Bernstein, Eva, 96.
Bertram, Hermann, s. Toten-
schau XIV. 21.
Besch, Otto, 92. 93.
v. Betzold, Friederike, 144.
v. Bezold, Gustav, 156.
Biehle 234.
v. Binzer, Erika, 157.
Birnbaum, Eduard, 99. 192.
Bischoff, F., s. Totenschau XIV.
24.
v. Bismarck, Otto, 72. 231. 232.
Bisping, Ernst, 285.
Bizet, Georges, 38.
BlaOmann, Adolf, 200.
Blech, Leo, 93.
Bleyle, Karl, 155. 236.
Bloch, Joseph, 176.
Bloomfield-Zeisler, Fannie, 47.
Blum, Carl Robert, 172. 173.
Bodell, C, s. Totenschau XIV. 22.
Boehe, Ernst, 265.
Boehm-van Endert, Elisabeth, 48.
287.
Boito, Arrigo, 9.
Bongiovanni, F., 4.
Bosch, Catharina, 157.
v. Bose, Fritz, 192.
Bosetti, Hermine, 144.
Bossi, Enrico, 247.
Bote & Bock 126.
Botel, Bernhard, 287.
Bottermund, Hans, 144.
Bottessini, Giovanni, 9.
Bowen, A. M., 75.
Borodin, Alexander, 265.
Brahms, Johannes, 16. 33. 34.
45. 46. 47. 48. 54. 56. 88.
96. 134. 135. 142. 143. 144.
151. 152. 154. 192.213.239.
240. 268. 280. 286.
Braunfels, Walter, 151. 154.
Brecher, Gustav, 95.
Brefln, Paul, 239.
Breitkopf & Hartel 43. 93. 99.
140. 141. 149. 151. 152. 155.
190. 191. 196.234.235. 236.
283. 284.
Brentano, Bettina, 131.
Breve, Otto, 238.
Brockhaus ((Conversations-
lexikon) 196.
v. Bronsart, Hans, 148.
Bronsgeest, Cornells, 144.
Bruch, Max, 144.
Bruckner, Anton, 16. 55. 148.
158ff (B.-Literatur I). 185.
192 (Bild). 204. 217ff (B.-
Literatur. SchluB). 256. 258.
286.
Brun, Fritz, 240.
Brune, H., 144.
Bruno, Giordano, 88.
BQchel, Anna, 45.
Bflchel, Hermann, 45.
Buchmayer, Richard, 286.
Buck, Rudolf, 266. 267. 268.
Budde, Karl, 191.
v. Bulow, Hans, 1 23 ff (H. v. B.s
Pseudonym W. Solinger). 147.
215ff (H. v. B.'s Pseudonym
W. Solinger).
v. BQlow, Marie, 125.
Bunner, Hanna, 240.
Burmester, Willy, 46. 286.
Busch, C. M., 235. 238.
Busoni, Ferruccio, 48. 100. 141.
Buxtehude, Dietrich, 47.
da Calzabigi, Raniero, 12.
a cappella-Chor, Kieler, 47.
IV
NAMENREGISTER
Cantor, Else, 192.
Carreuo, Teresa, 46.
Casadesut, Henri, s. Totenschau
XIV. 20.
Casadesus, Marcel, s. Totenschau
XIV. 20.
Caslova, Marie, 48.
Cassius, Olga, 189.
Chabrier, Emanuel, 257.
Challier sen., Ernst, 124.
Chamberlain, H. St., 188.
Charpentier, Gustave, 6.
Cherubini, Luigi, 244. 266.
Chopin, Frederic, 91. 140. 141.
191. 196. 199. 228. 245. 249.
250. 258.
Chor, Akademischer (Jena), 46.
Chorverein (Kiel) 47.
Cipriani 114.
City Art League -Quartet (St.
Louis) 48.
Clementi, Muzio, 259.
Cochrane (Pianistin) 268.
Coleridge-Taylor, Samuel, 54.
Converse, Frederick, 48.
Corbach, Karl, 287.
Cornelius, Peter, 93. 144. 148.
233.
Costa 8.
Courvoisier, Walter, 154.
Crescendo-Verlag 284.
Cron, Joaeph, 240.
Crzelitzer, Marts, 33.
Cummings, W. H., s. Totenschau
XIV. 23.
Czapek, Josef, s. Totenschau
XIV. 21.
Daffner, Hugo, 154. 156.
David, Karl Heinrich, 240.
Deboben, Heinrich, 144.
Debussy, Claude, 5. 6. 54. 154.
156. 212. 273.
Deetjen, Werner, 86.
Dehmel, Richard, 236.
Deinhardstein, Joh. Ludwig, 75ff
(Wagner, Lortzing-Reger u. D.).
Delius, Frederik, 54. 58. 59.
Denijn, Jef, 281. 282.
Derichs, Mathieu, 143.
Deutinger, Martin, 1 1 1 (T (Musi-
kalisches aus dem Tagebuche
M. D.s).
Deutsch 240.
Deutscher Arbeiterverein, AII-
gemeiner, 124.
Diederichs, Eugen, 44. 93.
Dionysios (Dichter) 181.
Donath, Wilhelm, 142.
Donizetti, GaCtano, 9. 186.
Dubinski, Max, 288.
Dubitzky, Franz, 107. 247. 248.
259.
DOrer-Bund 15. 42.
Durigo, Ilona, 240.
Duringer, Ph. J., 78.
Dueaberg, Nora, 45.
Dux, CUre, 96. 143.
Dvorak, Anton, 45. 47. 72. 96.
Eckel, Chr. Gerhard, 94.
Eckermann, J. P., 130.
Egel, H. W., s. Totenschau XIV.
22.
Eibl, F., a. Totenschau XIV. 22.
v. EichendorrT, Joseph Frhr., 69.
152. 155. 156.
Eickemeyer, Willi, 46.
Eitel Friedrich, Prinz v. PreuDen,
284.
Eitz, Carl, 42.
Elgar, Edward, 6. 53. 54. 56.
58. 59. 282.
Enesco, Georges, 47.
Engel, Werner, 95.
Engelhard, Leonor, 143.
Engelke, Bernhard, 142.
Eos (Musikverlag) 43. 94. 141.
142. 234.
Erb, C. M., 152.
Ertel, Paul, 62. 70.
Ettlinger, Max, 112.
Euler, Leonhard, 24.
Eulitz, Oskar, 44.
Evers, E., 144.
Evers, Franz, 235.
Falke, Gustav, 44.
Fanciulli, F., s. Totenschau XIV.
24.
Feinhals, Fritz, 46.
Ferrari, Rodolfo, 5.
Feuerbach, Ludwig, 139.
Field, John, 282.
Fink, Marie, 95. 96.
Fischer, Albert, 287.
Fischer, Ernst, 236.
Fischer, Frederick, 48.
Fischer, Ludwig, 142.
Flesch, Carl, 141.
Flonzaley-Quartett 48.
Flournoy 66.
Foerstler, Wilhelm, s. Toten:chau
XIV. 21.
Forberg, Rob., 149.
Forsell, John, 41.
Fortelni, Rosine, 45.
Franz, Robert, 88 ff u. 133ff
(Zum 100. Geburtstag v. R.
Franz). 192. 280.
Robert-Franz-Singakademie 192.
Fremstad, Olive, 47.
Frey, Martin, 44.
Freylinghausen, Joh. A., 25.
Fried, Richard, 48.
Friedberg, Carl, 47. 157.
Friedenthal, Albert, 44. 282.
Friedman, Ignaz, 140. 141.
Friedmann, A., 99. 102.
Friedrich der GroOe 228. 246.
Friedrichs 34.
Frischen, Josef, 144.
Friachenschlager, Fridwin, 45.
Frodl, K., 48.
Froitzheim, M., 48.
Fuchs, Adolf, 45.
Fuchs, Carl, 109. 110.
Fuchf, Robert, 155.
Gabrilowitsch, Clara, 47.
Gabrilowitscb, Ossip, 47.
Gade, Niels W., 266.
Garbe, Robert, 93.
Garofalo 47.
Gast, Peter, 257.
Gathy, August, 67.
v. Gaudy, Franz Frhr., 126. 216.
Geibel, Emanuel, 69.
Geisler, Johanna, 287.
Geminiani, Francesco, 147.
Gentzscb, Hugo, 124.
Georg II., Herzog v. Sachien-
Meiningen, 46.
Gerhardt, Elena, 48.
Gerhart, Rudolf, 239.
Gesangverein (Basel) 239.
Gesellschaft der Musikfreunde
(Hannover) 144.
Gesellschaft zur FOrderung der
Wissenschaft des Judentums
(Berlin) 99.
GeDner, Franz, 47.
GeOner, Tina, 144.
Gille, Karl, 126. 143.
Gillmann, Max, 143.
Giordano, Umberto, 6.
Gipser, Else, 192.
Gluck, Alma, 48.
Gluck, Christoph Willibald, 4.
II. 12. 187. 228. 229. 230.
233. 268.
Goepfart, Karl, 142.
Goethe, Joh. Wolfgang, 111.
128n* (Schubert und G.). 153.
186. 187. 236. 278.
Goethe-Bund 15.
Goetz, Hermann, 47. 143.
Goldmark, Karl, 45. 47. 96. 257.
Goldschmidt, Hugo, 187.188.189.
Golenischtschew - Kutusow, A.,
270.
GOUrich, Josef, s. Totenschau
XIV. 21.
v. GOrres, Joseph, 112.
Gottlieb, Henriette, 95.
GOtze, Gustav, 42.
Grabner, H., 238.
Gramm, C, 125.
Graun, K. H., 47.
Gregor, Hans, 239.
Grevenberg, Julius, 45.
Gretscher, Philipp, 42. 43.
Grieg, Edvard, 68. 141. 150.
152. 192. 195.211. 228. 239.
256. 283.
Grimm 144.
NAMENREGISTER
Grimm-Mittelmann, Berta, 05.
GroO, Felix, 90.
GrQninger, Carl, 148.
Grdtzmacher, Friedrich, 201.
Guilbert, Yvette, 212.
Gumbert, Ferdinand, 127.
Gura, Annie, 144.
Gura, Eugen, 137.
Gura, Hermann, 144.
Gurzenich-Konzerte 201.
Guszalewicz, Alice, 95.
GOtersloh, M., 48.
de Haan-Manifargcs, Pauline, 46.
Haas, Joseph, 150. 152. 153.
154. 155. 156. 238.
Hahn, Rosie, 144. 240.
Halbrelter, Otto, 236. 237. 238.
Hamm, Adolf, 240.
Hand, Ferdinand G., 67. 71.
Hindel, Georg Friedrich, 34. 46.
47. 48. 52. 89. 91. 144. 191.
233. 287.
v. Hanneken, Elsa, 262.
Hansen, Nicolai, 283.
Hansen, Paul, 95.
Hansen, Wilhelm, 141. 190. 191.
192. 238. 283.
Han slick, Eduard, 188.
Harder, Jobann, 238.
Harmonie (Verlag) 238.
v. Hartmann, Eduard, 111. 112.
Hartmann, Emil, 283.
Hartmann, Georg, 95. 239.
Hartmann, Ludwig, 204.
Harzen-MOller, A. N., 215. 216.
HJser, Georg, 240.
Hasse, Joh. Adolf, 233.
Hatzfeld, Sophie Grflfln, 125.
Hauptmann, Gerhart, 43. 195.
287.
v. Hausegger, Siegmund, 252.
Havemann, Gustav, 47.
Haydn, Joseph, 34. 68. 81. 93.
114. 115. 236. 239. 252.
Hedin, Sven, 40. 41.
Hegar, Peter, 239. 240.
Hegel, G. W. Fr., 139.
Heidlberg, Albert, 142.
Heidrich, Maximilian, 286.
Heim, Albert, 245.
Heim, Viktor, 46.
Heine, Heinricb, 69. 123.
Heinemann, Alexander, 46.
Heinrich, Prinzessin v. PreuDen,
47.
Heinrichshofen's Verlag 190.
Heise, P., 283.
Heller, Stephen, 34.
v. Helmholtz, Hermann, 62. 73.
Henkel, Th., 94.
Henneberg, Eduard, 73.
Henneberg, Rudolf, 199.
Henriques, Fini, 191. 283.
Hensel, Heinricb, 143. 144.
Hephaestos-Vcrlag 93.
Herfurth, P., 44.
Heroux, B., 191.
Herwegh, Emma, 124.
Herwegh, Georg, 124. 125.
Herwegh, Marcel, 125.
Herzog, Rudoir, 236.
HeO, Ludwig, 47. 144.
Hey, Julius, 139.
Heydenreich 187.
Hildach, Eugen, 190.
Hiller, Joh. Adam, 188.
v. Hindenburg, Paul, 190. 237.
238. 284.
Hinrichssche Buchhandlung, J.
C., 43.
Hinze-Reinhold, Bruno, 46.
Hirt, Fritz, 240.
Hochschule for Musik, KOnigl.
(Berlin), 195. 196.
Hoffmann, E. T. A., 61. 64. 65.
66. 86. 87. 239.
Hoffmann-Onegin, Lilly, 143.
Hofkapelle (Dessau) 96. 143.
Hofkapelle (Gera) 46.
Hofkapelle (Meiningen) 46.
Hofmann (Violinist) 72.
Hofmeiater, F., 124. 127.
Hofmuller (Singer) 143.
Hoftheaterchor (Dessau) 96.
Holbein, Hans, 272.
Hfllderlin, Friedrich, 240.
Holz, Arno, 195.
Homer 116.
Hoppe, Jaroslav, 141.
Horaz 181.
Horncmann, E., 191.
v. Hornatein, Robert, 280.
Huber, Hans, 240.
Huber, Jos. C., 94. 190.
Huber- Anderach, Theodor, 156.
238.
Huber & Co. 138.
Hug & Co., Gebr., 285.
Hugo, Victor, 281.
Humperdinck, Anton, 93.
Humperdinck, Engelbert, 46. 92.
93. 143. 156. 244. 265.
Idelsohn, A. Z., 99. 101. 102.
103. 105. 106. 107. 108.
v. Ihne, Wilhelm Viktor, 44.
Illica, Luigi, 7.
Ingenhoven, Jan, 156.
Irraer, Arno, s. Totenschau XIV.
21.
Irrgang, Bernhard, 96.
Jacobsen, J. P., 285.
Jadassohn, S., 234.
Jaeger, Gustav, 237.
Jaeger (London) 54.
dejager, John, 47.
Jahn, Ludwig, 96.
Jaques-Dalcroze, £mile, 212.
Jemnitz, Alexander, 1 54. 1 56. 1 92.
Jensen, Adolf, 148. 155. 156.
244.
Jeritza, Marie, 45.
Joachim, Joseph, 14.
J8de, Fritz, 93.
Johannsen, Heinrich, 47.
Johnen, Kurt, 190.
Jomelli, N., 233.
Jones, Sydney, 282.
Jordan, Sverre, 141.
Joseffy, Rafael, s. Totenschau
XIV. 21.
Junker, August, 263. 266.
JOterbock, K., 235. 236.
Kaesser, Lulu, 239.
Kahn, Robert, 44. 48(Bild). 266.
Kahnt Nachf., C. F., 149. 191.
235.
Kalbeck, Max, 142.
Kallenberg, Siegfried, 156.
Kampf, Karl, 43.
Kandl, Eduard, 239.
Kant, Immanuel, 111. 187.
Kapelle, Kgl. (Dresden), 203.
Kapelle, Kgl. (Hannover), 143.
Kapelle, Stidtische (Chemnitz),
203.
Kapelle, StSdtische (Shanghai),
266.
Karg-Elert, Sigfrid, 236.
Kastner, Prof., 112.
Kato, Baron, 263.
Kauffmann, Hans, 207.
Kaufmann, Angelika, 114.
Kaun, Hugo, 265.
Keiser, Reinhard, 233.
Keller, Otto, 140.
Kelley, Edgar Stilman, 47.
Kernatock, O., 204.
Kersten 34.
Keudell, Robert, 72.
Kiel, Friedrich, 14. 197. 200.
287 (Bild).
Kienzl, Wilhelm, 45. 93. 143.
Kirchner, Theodor, 34.
Kistner, C. F., 149. 150. 151.
154.
Klatte, Wilhelm, 234.
Klein-Tholfus, Toni, 47.
Klemperer, Otto, 45.
Klingler, Karl, 144.
Klopfer, Fritz, 43.
Klopstock, F. G., 67. 228. 229.
Klose, Friedrich, 148.
Klum, H., 237.
Kneisel, Franz, 48.
Koch, Markus, 237.
Kocian, Jaroslaw, 46.
KOnig, Wilhelm, 144.
Konservatorium, Hochsches, 93.
Konservatorium (KSln) 201.
Konservatorium, Kgl. (Dresden),
197.
Konservatorium, Sternsches, 196.
VI
NAMENREG1STER
Konzerte, Akademische (Jena),
46.
Konzerte, Philbarmonische
(Berlin), 201. 203.
Kosel, J., 112.
Kotscher, Hans, 240.
Kowalski, Max, 142.
Krinzchen (MSnnergesangverein
in Steyr) 192.
KrauO, Max, 95. 143. 144.
Krehl, Stephan, 154.
Kreisler, Fritz, 47. 286.
Kremser, Eduard, 239.
Kretschmer, Edmund, 249. 250.
258.
Kretzscbmar, Hermann, 204. 255.
256.
Kriegshaber, Frau, 48.
Krug, Arnold, 244.
Krupp 93.
Kruse, Georg Richard, 75. 78.
84. 283.
Kubelik, Jan, 46.
Kullak, Theodor, 197. 200.
Kumm, A., 93.
Kummer, Alexander, s. Toten-
schau XIV. 23.
KunsemOller, Ernst, 47.
KOtb, Laura, 240.
Laber, Heinrich, 46.
Labor, Josef, 155.
Laepple, J., 94. 235. 238.
Lafite, Karl, 46.
Lagenpusch, Felix, 95.
Lampe, Walther, 154.
Lamprecht, Karl, 39.
Lange-MDller, P. E., 283.
Langenbacb (Musikdirektor) s.
Totenschau XIV. 22.
v. Langenhan-Hirzel, Anna, 157.
Langgard, Rud, 192.
Langen, Gustav, 42.
Lassalle, Ferdinand, 123. 124.
125. 126. 215. 216.
di Lasso, Orlando, 234. 235.
Laubenthal, Franz, 239.
Lazarus, Gustav, 191.
Lederer-Prina, Felix, 192.
Leffler-Burckard, Martha, 143.
Lehmann, Lilli, 137.
Lehrergesangverein (Kiel) 47.
Leimer, K. r 144.
v. d. Leithen, Magda, 268.
Lemcke, Karl, 280.
Lenau, Nikolaus, 69. 88.
Lentner, J. F., 180.
Leo, L., 233.
Leoncavallo, Ruggiero, 38. 186.
212.
Lerner, Tina, 48.
Lese, Die, 142.
Lcssing, G. E., 187.
Leucht, R., 144.
Leuckart, F. E. C., 284. 285. 286.
Levi, Ernst, 240.
Levi, Hermann, 93. 140.
Lewandowski 99.
Lewin, Gustav, 285.
Leydhecker, Agnes, 48.
Ljadow, Anatol, s. Totenschau
XIV. 19.
Lichey, Reinhold, 190. 235. 236.
Lieban, Julius, 287.
Liederkranz (Ulm) 178.-
Liedertafel (Basel) 239.
Liedertafel (Worms) 144.
v. Liliencron, Detlev, 266.
Lioron 233.
LiCner, P. Th., 124.
Liszewsky, Tillman, 95.
Liszt, Franz, 45. 48. 88. 90. 96.
133. 134. 142. 147. 148. 199.
202. 215. 247. 260. 268.
Lobe, Joh. Chr., 244.
LObmann, Hugo, 234.
Loewe, Carl, 43. 63. 71. 181.
279. 280.
Loh-Konzerte 287.
Lortzing, Albert, 68. 75 IT (Wag-
ner, L.-Reger und Deinhard-
stein). 93. 96 (Bild). 233. 283.
Louis, Rudoir, 148.
LOwenthal 130.
Lully, J.-B., 11.
Lutter, Heinrich, 144.
Lutz, Robert, 93.
Mac Dowell, Edward, 48. 152.
153.
Macbod, Alice, 268.
Maeterlinck, Maurice, 272.
Mahler, Gustav, 45. 207. 256.
Maikl, Georg, 45.
Mailing, Otto, 283.
Malten, Therese, 48 (Bild).
Man£n, Joan, 95.
MSnnergesangverein (StraOburg
i. E.) 48.
Mannes, Clara, 48.
Mannes, David, 48.
v. Manoff, August, 45.
v. Manovarda, Josef, 45.
Marck-Ldders, Luise, 95.
Mariette Bey 140.
Marinetti 8.
Marpurg, Fr. Wilh, 188. 247.
Marschner, Heinrich, 68. 95.
113. 114.
Martin, Frank, 240.
Martin, Riccardo, 47.
Marx, A. B., 61.
Mascagni, Pietro, 5. 7. 38. 69.
186.
Materna, Amalie, 48 (Bild).
Mattheson, Johann, 61.
Matthiae (Kammermusiker) 96.
Matthisson, Friedrich, 187.
Mattioli, Guglielmo, 5.
May, Hans, 237.
May, Karl, 15.
Mayer, K. L.,142.
Mayrberger, Carl, 246.
Mayrhofer 132.
Mehring, Franz, 125.
M6hul, E. N., 114.
Meilbeck, Hermann, 237.
Meise, Albert, 142.
Melodia (Musikverlag) 190.
Mendelssohn, Arnold, 44.
Mendelssohn Bartholdy, Felix,
34. 45. 67.69.71.88.91. 117.
135. 144. 147. 192. 202. 266.
Menzinsky, Modest, 95.
Merck, Joh. Heinrich, 236.
Merkel, Johannes, 234.
Messchaert, Johannes, 96.
Metzger, Ottilie, 144.
Metzler, Luise, 144.
Mey, Kurt, 75. 76. 177. 180.
Meyerbeer, Giacomo, 71. 93.
112. 117. 126.209.216. 233.
Meyer-Waldeck 264.
Meyers Konversationslexikon 69.
Michelangelo 186.
Mikorey, Franz, 96. 143.
v. Milde, Feodor, 123.
v. Milde, Rosa, 123.
Miller, William, 45.
Millies (Konzertmeister) 268.
Millocker, Karl, 239.
Mitnitzky, Issay, 141.
MOhl-Knabl, Marie, 239.
Moos, Paul, 112.
Morike, Eduard, 95. 152. 239.
Mottl, Felix, 124. 140.
Moustorgsky, Modest, 6. 270 ff
(Lieder von M.).
Mozart, W. A., 15. 34. 37. 45.
47. 89. 93. 95. 96. 115. 142.
143. 144. 181. 185. 230.233.
248. 256. 258. 266. 268. 287.
MOller, Rudolf, 46.
MOller, Wilhelm, 132.
Muller-Pasing, Alois, 237.
Munch, Ernst, 48.
Musik, Die (Zeitschrift), 42. 58.
75. 86. 1 40. 2 1 6. 262. 264. 266.
Musikakademie (Hannover) 143.
Musikalische Rundschau, All-
gemeine, 70.
Musikalische Zeitung, Leipziger
Allgemeine, 61. 72.
Musikgesellschaft, Allgemeine
(Basel), 239.
Musikgesellschaft (Worms) 144.
Musikverlag, SQddeutscher, 149.
Musikzeitung, Allgemeine, 266.
Mysz-Gmeiner, Lula, 46. 144.
Nachrichten, Neueste (Berlin),
266.
Nador, Kalman, 142.
Napoleon 230.
Nappi, Gian Battista, 5.
NAMENREGISTER
VII
Naumbourg 99.
Neidhardt, Karl, 287.
NeiDer, Arthur, 140.
Neubeck, Ludwlg, 47.
Neugebauer-Ravoth, Kithe, 47.
Neumark, Ignaz, 190.
Nicod6,JeanLouis,195ff(J.L.N.).
240 (Bilder).
Nicolai, Otto, 69. 96.
Nielsen, Carl, 283.
Nielsen, Ludolf, 191.
Niemann, Walter, 156. 192. 285.
NieCberger, H., 48.
Nietzsche, Friedrich, 54. 1 54. 286.
Nikisch, Arthur, 143. 144.
Nissen, Hedwig, 47.
Nodnagel, Ernst Otto, 195.
Nohl, Ludwig, 247.
Nollet, G., s. Totenschau XIV. 24.
Noordewier-Reddingius, Aaltje,
46. 240.
Noren, Heinrich G , 94. 141. 142.
Novalis 153. 157.
O'Brien Butler, s. Totenschau
XIV. 19.
Ochs, Siegfried, 68.
Oelschlegel, Alfred, s. Totenschau
XIV. 20.
Oesterlin, Nikolaus, 124. 125.
Offenbach, Jacques, 239.
Ohlhoff, Elisabeth, 192.
Okuma, Graf, 263.
Onslow, George, 282.
Opernhaus, Deutsches, 95. 239.
287.
Opernhaus (KOIn) 95.
Orchester, Philharmonisches
(Berlin), 144.
Orefice, Giacomo, 5.
Ornstein, Richard, 96.
Osterwald 89.
v. Othegraven, A., 285.
Otto, Georg, 96.
Paga 46.
Paganini, Nicolo, 233.
Palestrina 16. 234.
Palladio 119.
Palmgren, Selim, 142.
Parlow, Edmund, 191.
Parry, Hubert, 56.
v. Pathy, Ilonka, 47.
Pembaur, Josef, 153. 154. 157.
Pembaur, Karl, 286.
Pergolesi, G. B., 147. 156.
Peters, C. F., 270.
Petre, Torsten, 141.
Petzold, Fritz, 263.
Petzold-Schelderup, Hanka, 263.
Pfannschmidt, Heinrich, 42.
Pfltzner, Hans, 45. 48. 148. 154.
231.
Pietsch, Ludwig, 124.
Pindar 181.
Pisendel, Joh. Georg, 147.
Plamondon, Rodolphe, 240.
Plaschke- v. d. Osten, Eva, 1 43.
Plato 116.
Platzbecker, Heinrich, 284.
Plaut, Joseph, 95. 239.
Pleier, Ludwig, 47.
Plothow, Georg, 189.
Poensgen, Marie, 95.
Pohl, Richard, 124.
Pohle, Max, 203.
Ponchielli, Amilcare, 17.
Poppen, Hermann M., 46. 47.
Porges, Heinrich, 139.
Posa, Oskar C., 45.
Powell (Pianistin) 268.
Pratella, F. Batista, 3. 4. 8. 9.
10. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
19. 20. 21. 23. 24. 25.
Preetorius, Emil, 147.
Prohaska, Carl, 285.
Properz 181.
Proske, Carl, 235.
Puccini, Giacomo, 6. 1 1. 38. 212.
247.
Puhlmann-Harmonium 172.
Pulvermacher, Benno, 191.
Quantz, J. J., 246.
Queen's Hall-Orchcster (London)
56. 57. 58.
v. Rackewitz, Janko, 125.
Rafael 114. 121.
Raff, Joachim, 148.
Rahlwes, Alfred, 192.
Rahter, D., 153.
Rameau, J. Ph., 234.
Ramses II., KOnig, 19.
Rascher & Co. 187.
vom Rath, Felix, 149.
Reclam jr., Ph., 75. 283.
v. Redwitz, Oskar, 120. 202.
Reger, Max, II. 16. 46. 47. 143.
148. 150. 152. 153. 154. 155.
156.
Reger, Philipp, 75 ff (Wagner,
Lortzing-R. und Deinhard-
stein). 96 (Bild).
Rehberg, Willy, 240.
Reichardt, Joh. Fr., 128. 130.
Reinecke, Carl, 47. 147.
Reinecke, Gebr., 190.
Reiner, Gebhard, 240.
Reintjes, Heinrich, 112.
Reisinger, Franz, 95. 239.
ReiCner, C, 138.
Reiter, Josef, 96.
Reitz, Robert, 46.
Renz, Willy, 288.
ReuB, August, 151. 154. 283.
v. Reznicek, E.N., 251. 255. 257.
Rheinberger, Joseph, 144. 147.
Riccio, Pietro, 93.
Rice, William Gorham, 281.
Richard, M., 143.
Richter, E. F., 234.
Richter, F. X., 187.
Richter, Hans, 53. 57.
Richter, Ludwig, 34. 157.
Riemann, Ernst, 143.
Riemann, Hugo, 108. 196. 200.
234. 248.
Riller-Quartett 144.
Rimsky-Korssakow, Nikolai, 6.
Ringeisen (Organist) 48.
Rinskopf, Leon, s. Totenschau
XIV. 21.
Ris, Otto, 240.
Ritter, Alexander, 147. 148.
Ritter, Franziska, 148.
Ritter-Schmidt (Kammervirtuos)
s. Totenschau XIV. 20.
Rodanne, Stefa, 45.
ROgly 234.
Rflhmeyer, Theodor, 44.
Rohr, Katharine, 95.
Romberg, Andreas, 71.
Ronald, Landon, 56.
ROntgen, Julius, 191.
Ropartz, Guy, 47.
Rosenblfit, Johann, 233.
Rossini, Gioacchino, 17. 38. 68.
117. 118. 119. 186. 259.
Rozsnyai 176.
RozsavOlgyi & Tarsa 284.
Rubinstein, Anton, 249.
RQckert, Friedrich, 43. 47.
RQdiger, Hans, 284.
RUdinger, Gottfried, 153. 155. 156.
Ruhr, Anna, 47.
Rupp, Erwin, 48.
Rydberg, Viktor, 192.
Safonoff, Wassili, 58.
Sahm, C, 125.
Saint-Saens, Camille, 212. 268.
Samaroff, Olga, 47.
Sappho 181.
Sauter, Max, 239.
Scarlatti, Alessandro, 233.
Schadow, Wilhelm, 113.
Schaefer, Theo, 196. 202.
Schaichet, Alexander, 46.
Schalit, Heinrich, 155.
Scharwenka, G. Walter, 238.
vom Scheidt, Julius, 95.
Scheldt, Samuel, 230.
Schein, Joh. Hermann, 230.
Scheinpflug, Paul, 247.
Scheitberger, Josef, 44.
Schelling, F. W. J , 112.
Schennich, Emil, 154. 156.
Schering, Arnold, 235.
Scheu, J., 125.
Schiedmayer, Pianofortefabrik,
172.
Schiegg, Anton, 237.
Schiller, Friedrich, 132. 186.
187. 198.
Schilling, Gustav, 61. 67. 70. 71.
Schillings, Max, 93. 148. 265.
VIII
NAMENREGISTER
Schindler, Hans, 156.
Schittler, Ludwig, 147. 102(Bild).
Schlemflller, Hugo, 191.
Schlesinger'sche Buch- und
Musikhandlung 44. 93.
Schlufier, Friedrich, s. Toten-
schau XIV. 23.
Schmedes, Erik, 45.
Schmedes, Paul, 192.
Schmid, Heinrich Kaspar, 151.
154. 155.
Schmid, Joseph, 152. 153.
Schmid-Kaiser, Hans, 93.
Schmid-Lindner, August, 157.
Schmidt, Hans, 277.
Schmidt, Richard, 47.
Schmitz, Eugen, 234.
Schneider, Maria, 95.
Schnorr v. Carolsfeld, Franz, 177.
Schnorr v. Carolsfeld, Ludwig, 40.
Schnyder, Otto, 138.
Schober, Hans, 155.
Scholander, Sven, 40. 41.
Scholz (Violinist) 263.
SchOnberg, Arnold, 55. 154.
156. 157.
Schonherr, Carl, 43.
Schopenhauer, Arthur, 88. 139.
Schorr, Fritz, 45.
Schott's Sonne, B., 93.
Schreck, Gustav, 235.
Schreiber, Wilhelm, 235.
Schreker, Franz, 46.
Schreyer, Johannes, 234.
Schroder, Carl, 95.
Schroder-Devrient, Wilhelmine,
40. 130.
Schubart, D. Chr., 61.
Schubert, Franz, 33. 34. 46. 47.
64. 68. 88. 89. 90. 93. 96.
I28ff (Sch. und Goethe). 133.
135. 137. 141. 144 (Bilder).
151. 181. 182.230.256. 257.
268.
v. Schuch, Ernst, 200.
SchuItheD, Otto, 240.
Schulz, Joh. A. P., 256. 257.
Schulze-Prisca, Mirny, 192.
Schulze-Prisca, Walter, 46. 192.
Schumann, Clara, 199.
Schumann, Robert, 34. 47. 48.
69. 88. 89. 90. 91. 96. 113.
133. 135. 137. 147. 149. 151.
152. 153. 155. 192. 199. 200.
213. 244. 249. 252. 254. 255.
256. 257. 258. 268. 280. 286.
Schurmann, Harry, 45.
Schuster & Loeffler 109. 112.
Schdtz, Heinrich, 230.
Schwarz, Franz, 143.
v. Schwind, Moritz, 34. 153. 157.
Schwinn, E , 286.
Schwinn, H. J., 286.
Schytte, Ludwig, 283.
Scott, Cjyil, 19. 59.
Scott, Walter, 113.
Scribe, Eugene, 127.
Seitz, Ludwig, 45.
Senfft v. Pilsach 137.
Serato, Arrigo, 47.
Sergei, Albert, 155.
Seume, Joh. G., 69.
Seyberth, Melie, 47.
Sgambati, Giovanni, 9. 150.
Shakespeare 3. 38. 123. 140.
Sibelius, Jean, 6. 235. 265.
Siegfried, Walter, 195.
Silcher, Friedrich, 182.
Simon, James, 238.
Singakademie (Dessau) 96.
Singer 99.
Sinigaglia, Leone, II.
Sippel, P., 94. 190.
Sivori, Camillo, 233.
Smetana, Friedrich, 45. 47. 96.
254. 255.
Smith, Johannes, 201.
Smyth, Ethel, 54. 58.
Somma, Antonio, 140.
Sompeck, Ernst, 43.
Soomer, Walter, 284.
Sophokles 181.
Spalding, Albert, 141.
Spannutb, Hermann, 238.
v. Spaun, Josef Frhr., 128. 130.
131.
Spencer, Eleonora, 47. 48.
Speyer, Edgar, 55.
Spiering, Theodore, 47.
Spohr, Louis, 192.
Sprachverein, Allgemeiner Deut-
scher, 278.
Stahl, Albert, 141.
Staiger, Robert, s. Totenschau
XIV. 20.
Stamitz, Johann, 187.
Stehle, Eduard, s. Totenschau
XIV. 20.
Stein, Fritz, 46. 47.
Steingraber Verlag 42. 44.
Steins (Sanger) 143.
Steinwarz, E., s. Totenschau XIV.
24.
Sternau 123.
Sternfeld, Richard, 190.
Stieler, Karl, 280.
Stockhausen, Julius, 123.
Stoeber, Georg, 151.
Stolzenberg, Hertha, 207.
Storm, Theodor, 142.
Straube, E., 178.
Straube, Karl, 154.
StrauD, Johann (Sohn), 287 (Bild).
StrauD, Richard, 5. 16. 45. 47.
54. 55. 93. 134. 143. 148.
154. 156. 192. 204.207. 208.
239. 246. 247. 248. 249.251.
253. 256. 257. 258. 265. 278.
Streichquartett, BOhmisches, 46.
Streichquartett, Jenaer, 46.
Streichquartett, Neues Mflnche-
ner, 157.
Strobl, Rudolf, s. Totenschau
XIV. 19.
Stubing, Adolf, 190.
Stutschewski, Joachim, 46.
Suk, Joseph, 265.
Sullivan, Arthur, 282.
Sulzbach, Emil, 94. 191.
Sulzer, J. G., 99.
Sundelius, Marie, 47.
Suter, Hermann, 239.
Svendsen, Johan, 283.
Symphoniekonzerte (Graz) 45.
Symphoniekonzerte, Stadtische
(StraOburg i. E), 48.
Symphonieorchester, Londoner,
55.
Symphonieorchester (St. Louis)
47.
v. Szekrenyeszy, Muschi, 45.
Tappert, Wilhelm, 62.
Tartini, Giuseppe, 192.
Taucher 143.
Telmanyi, Emil, 144.
ter Mer, Max, 143.
Teyte, Maggie, 47.
Thibaut, A. F. J., 235.
Tbomassin, Desire\ 150.
Thue (Sangerln) 268.
Thuille, Ludwig, 148. 149. 150.
151. 152. 153. 154.
Tiepolo 113.
TonkQnstleiTest, Schweizerisches.
240.
Torjussen, Trygve, 191.
Tosta-Kuhlmann, Willy, s. Toten-
schau XIV. 19.
Tosti, F. P., 8. 15.
Trautner, Fr. W., 235.
v. Truppel (Gouverneur) 264.
Tschaikowsky, Peter, 47. 55. 58.
64. 140. 268.
Uhland, Ludwig, 123. 177. 182.
266.
Unger, Hermann, 155.
Vandenhoeck & Ruprecht 42.
Verdi, Giuseppe, 9. 11. 16. 17.
38. 95. 140. 186. 212.
VereinderMusikfreunde(Kiel)47.
Verein fOr Kunst und Wlssen-
schaft (Tsingtau) 266.
Verein, Philharmonischer
(Worms), 144.
Vesper, Will, 285.
Viebig, Clara, 33.
Vieuxtemps, Henri, 238. 284.
Vieweg, Chr. Friedrich, 42. 93.
94. 238.
Vogel, Bernhard, 124. 215.
Vogel, Niel, s. Totenschau XIV.
19.
REGISTER DER BESPROCHENEN BOCHER
IX
Vogler, Bruno, 238.
Volker, Konrad, 144.
Volkmann, Hans, 283.
Volkmann, Robert, 96. 240. 250.
257. 283.
Volkschor (St. Louis) 48.
Volkskonzerte (Jena) 46.
Volkskonzerte (Kiel) 47.
Vorwirts (Berlin) 125.
Vofl, Fr., 94.
Wackenroder, Wilhelm, 157.
Wagbalter, Ignatz, 239. 287.
Wagner, Cosima, 93. 139. 140.
Wagner, Josef, 284.
Wagner, Richard, 4. II. 12. 15.
16. 18. 31. 37. 40. 45. 47.
48. 53. 55. 56. 57. 58. 66. 67.
68. 70. 71. 75ff(W., Lortzing-
Reger und Deinhardstein). 93.
95. 115. 119. 120. 123. 124.
136. 139. 143. 144. 147. 148.
149. 185. 188. 190. 192. 209.
211. 212. 215. 230.236.245.
248. 250. 253. 256. 259. 268.
272. 273. 279.
Wagner-Jahrbuch, Richard, 75.
Wagner-Museum, Richard, 124.
125.
Wagner, Siegfried, 12. 45. 47.
93. 143.
Wallace, W. V., 282.
Walter, M., 44.
Walther von der Vogelweide 40.
Waterloo (Maler) 121.
v. Weber, Carl Maria, 47. 65.
68. 69. 95. 185. 188. 200. 230.
233. 249. 266. 280.
Weber, Fritz, 237.
Weidt, Lucy, 45. 46.
Weihmann, Kurt, 94.
Weingartner, Felix, 265.
Weinlig, Theodor, 12.
Weintraub 99.
Weisbach, Hans, 144.
Weise (Kammermusiker) 96.
Weismann, Julius, 151. 153.
154.
WeiOheimer,Wendelin, 125.216.
WeiQIeder, Franz, 96.
Wellesz, Egon, 276.
Welti, Heinrich, 75.
Wenzel (Kammermusiker) 96.
Werckmeister (Cellist) 263.
Wester, Elisabeth, 240.
Wette, Adelheide, 93.
Whitehill, Clarence, 48.
Wieniawski, Henri, 284.
Wiesendanger (Singer) 48.
Wilhelm, Carl, 287 (Bild).
Wilhelm II., Kaiser, 41.
Wilhelm j, August, 141.
Wille, O. K., 264. 265. 266.
Williams 59.
Winderstein, Hans, 206.
Wirth, Moritz, 124. 125.
Wittenberg, Alfred, 144.
Woermann, Karl, 202.
Wohlgemuth, Gustav, 285.
Wolf, Hugo, 11. 47. 134. 135.
136. 144. 152. 195. 268.
Wolf, Sofie, 95.
Wolf, William, 243. 244.
Wolf-Ferrari, Ermanno, II. 1 86.
252.
Wolff, Hermann, 203.
Wolff-Roder, Hugo, s. Toten-
schau XIV. 19.
Wolfram 195.
Wolfrum, Philipp, 46.
Wollgandt, Edgar, 143.
Wood, Henry J., 58.
WOerst, Richard, 197.
WCllner, Franz, 197. 200.
WQUner, Ludwig, 144.
Wunderhorn-Verlag 147ff. 192.
283.
Ysaye, Theo, 47.
Zabel, Eugen, 124. 215.
Zach, Max, 47.
v. Zanetti, Anton, 45.
Zech, Julius, 249. 250.
ZeiO-Stiftung, Karl, 46.
Zeitung, Frankfurter, 93.
Zeitung, Kieler, 41.
Zellner 62.
Zelter, K. Fr., 128. 130.
Zepler, Bogumil, 238.
Zernik, Kurt, s. Totenschau
XIV. 21.
Zilcher, Hermann, 48. 285.
Zimbalist, Efrem, 48.
Zimpel, Leo, 192.
ZOhrer 45.
Zolling, Th., 124.
ZOUner, Heinrich, 236.
Zoozmann, Richard, 93.
Zuckermann, Hugo, 285.
Zunz-Stiftung 99.
Zurcher & Furrer 124.
Zuschneid, Hugo, 183.
Zuschneid, Karl, 238.
REGISTER DER BESPROCHENEN BUCHER
Bllart, Hans: Gesangsdrama-
tische Wagnerkunst nach Ri-
chard Wagners Tradition. 138.
Besch, Otto: Engelbert Humper-
dinck. 92.
Cassius, Olga: Die Erziehungder
Stimme und Atmung durch
Artikulation der Konsonanten
und Biegung der Vokale. 189.
Goldschmidt, Hugo: Die Musik-
isthetik des 18. Jahrhunderts
und ihre Beziehung zu seinem
Kunstschalfen. 187.
Gotze, Gustav: Klassische Stoffe
for das Musikdiktat und fQr
GesangObungen vorgeschrit-
tener SchQler. 42.
Keller, Otto : Tschaikowsky. 1 40.
Klatte, Wilhelm: Aufgaben far
den einfachen Kontrapunkt.
234.
Kruse, Georg Richard: Albert
Lortzing. 283.
LObmann, Hugo: Ober Glocken-
tOne. Zugleich RatschlSge fQr
den Glockenkauf. 234.
Merkel, Johannes : Aufgaben
zur Obung im Harmonisieren.
234.
NeiOer, Arthur: G.Verdi. 140.
Pfannschmidt, Heinr. : Was muO
geschehen, um eine grOQere
WOrdigung der Kirchenmusik
im kirchlichen und Offentlichen
Leben herbeizufQhren? 42.
Schmitz, Eugen: Orlando di
Lasso. 234.
Schnyder, Otto: Grundzflge einer
Philosophie der Musik. 138.
Volkmann, Hans: Robert Volk-
mann. 283.
Wagner, Richard: Das Juden-
tum in der Musik; Zukunfts-
musik; Ober das Dirigieren
(R. Sternfeld). 190.
REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN
REGISTER DER BESPROCHENEN MUSIKALIEN
Alnaes, Eyvind: „Des Seemnnns
letzte Reise." FOr KUvier
allein. 284.
Anders, Erich: op. 19. FOnf
Gesfinge mit Klavier. 142.
Bach, Joh. Seb. : PrSludium,
Fuge, Allegro Es-dur fflr Kla-
vier (F. Busoni). 141.
— Bearbeitungen fQr Geige und
Klavier von S. Lieberson. 286.
Bartusch, Alexander: „Unsere
Marine." FOr eine Sing-
stimme mit Klavierbegleitung.
190.
van Beethoven, Ludwig: Ecos-
saisen (E. Parlow). 191.
v. Bose, Fritz: Elegie fQr Vio-
loncello und Klavier. 284.
Breve, Otto: Des KOnigs Ar-
tollercy ; Soldatenabschied.
238.
Chopin, Fr.: EtQden fflr Piano-
forte (Ignaz Friedman). 140.
Deutsche Kriegs- und Soldaten-
lieder fflr eine Singstimme und
Klavier. 236.
Deutsche Lieder aus grofler Zeit.
238.
Einblattdrucke, Patriotische. 94.
235.
Engelke, Bernhard: BaOgesSnge
alter Meister. 142.
Fischer, Ernst: „Zwischen Metz
und den Vogesen." FQr zwei-
stimmigen MJnnerchor und
Klavier. 236.
Frey, Martin: op. 42. „Kinder-
sang, froher Klang." Zehn
Kinderlieder. 44.
— op. 47. „Selig sind die
Toten.* Motette fQr vier-
stimmigen gem. Chor. 44.
Friedcnthal, Albert: Acht Lieder
der Zeit fQr ein- oder mehr-
stimmigen Gesang und Klavier-
begleitung. 44.
Garbe, Robert: „ Jungs, holt
fast". Oole un neie Kriegs-
un Suldatenlieder. 93.
Goepfart, Karl: „Der GSrtner
als Ulan." FQr Mftnnerchor
a cappella. 142.
Gretscher, Philipp: Zehn cha-
rakteristische Solfeggien und
Vokalisen. 42.
Grieg, Edvard: Ave Maris Stella.
FQr Violine und Klavier von,
Carl Flescb. 141.
Hansen, Nicolai : „Norden."
Album fflr Violine solo, fflr
zwei Violinen, fQr drei Vio-
linen. 283.
Heidrich, Maximilian: Phantasie-
Sonate, Suite und Lieder.
Herausgegeben von Richard
Buchmayer. 286.
Henriques, Fini: „Das Spinn-
rSdchen." FQr Klavier. 191.
Herfurth, P. : Soldatenkinds
Wiegenlied. 44.
Hildach, Eugen: op. 34 No. 2,
op. 35. Zwei Gesinge. 190.
Hoppe, Jaroslav: B Liebe." Acht
Lieder fQr mittlere Stimme und
Klavier. 141.
Hornemann, E.: „K0nig der
KOnige." FQr Klavier. 191.
Huber-Anderach, Theodor: Das
Lied vora Hindenburg. FQr
eine Singstimme und Klavier.
238.
v. Ihne, Wilhelm Viktor: Ost-
markenlied. 43.
Jaeger, Gustav: „Und die Liebe
zieht mit." FQr eine Sopran-
stimme mit Klavierbegleitung.
237.
jOde, Fritz: „Musketier' seins
lust'ge BrQder." 93.
Johnen, Kurt: „Das war der
Sturm." FQr eine Singstimme
mit Klavier. 190.
Jordan, Sverre : op. 8. Quatre
morceaux pour Violon et Piano.
141.
Kahn, Robert : „Leuchtende
Tage." Zwei Kriegslieder fflr
Gesang und Klavier. 44.
Kflmpf, Karl : op. 52. Drei Ge-
singe. 43.
— op. 56. „Altes Haus." Ballade
fQr eine Singstimme und Kla-
vier. 43.
— op. 57. No. 1. „Die Wacht
an der Weichsel." 43.
— op. 39. Zwei Konzertstflcke
fQr Klavier. 43.
— op. 53, 54, 55. Minner-
chOrc a cappella. 43.
Karg-Elert, Sigfrid: op. 111.
Sechs Kriegslieder im Volks-
ton far eine Singstimme mit
Klavierbegleitung. 236.
Klopfer, Fritz: FOnf arabische
Kriegslieder. 43.
Klum, H.: LOtticher Lied. FOr
eine Singstimme mit Klavier-
begleitung. 237.
Koch, Markus: „Sei stille, mein
Kind." Ein Kriegslied fQr
dreistimmigen Frauenchor und
Klavierbegleitung. 237.
Kowalski, Max: Zwei Klavier-
stOcke. 142.
Kriegslieder, Neue. ,Ich weiQ
einen Lindenbaum steben." 93.
Langgard, Rud: „Sphinx." Ton-
gemalde fQr groOes Orchester.
192.
Lazarus, Gustav: op. 168.
„Jugendfreuden." FQnf ganz
leichte VortragsstOcke far
Klavier. 191.
Lewin, Gustav: „Der Friede."
FOr mittlere Singstimme mit
Klavier. 285.
Lichey, Reinhold: „Soldaten-
abschied." Lied far Gesang
und Klavier. 190.
— op. 45. Psalm 13 fOr vier-
stimmigen gem. Chor a cap-
pella. 235.
— Kriegschoral. 235.
— op. 37. Drei Lieder im Volks-
ton fQr dreistimmigen Frauen-
oder Kinderchor. 236.
Lutz, Robert: Ein deurscher
Hochgesang. 93.
May, Hans : Hindenburg, der
Rusaenschreck. 237.
Meilbeck, Hermann: „Deutsch-
land, sei wach." FOr vier-
stimmigen Minnerchor. 237.
Meise, Albert: .Mit Singen ins
goldne Morgenrot." 142.
Mendelssohn, Arnold : „Der
sterbende Soldat." 44.
Mitwitzky, Issay: op. 9. Valse
con Sordino. — op. 11: Ma-
zurka fQr Violine und Klavier.
141.
Mozart, W. A. s. Engelke.
MQlIer-Pasing, Alois: „An den
Sohn im Feld." FQr Mezzo-
sopran oder Bariton mit Kla-
vierbegleitung. 237.
— Kriegsgebet. 237.
Neumark, Ignaz: Zwei polnische
Miniaturen far Klavier. 190.
Nielsen, Ludolf: op. 33. „Schlum-
mert sanft in heil'ger Ruh'."
FQr Gesang mit Streich-
orchester und Harfe. 191.
Niemann, Walter: op. 32. „Eine
kleine Wassermusik." Drei
poetische VortragsstOcke far
Klavier. 285.
— op. 33. Romantische Minia-
turen far Klavier. 285.
Noren, Heinrich G.: op. 42.
Divertimento fOr 2 Violinen
und Klavier. — op. 43. Not-
turno und Capriccio fOr Vio-
line mit Klavier. — op. 47.
Sonate fQr Cello und Klavier.
94.
REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE
Noren, Heinrich G. : op. 15. Drei
Lieder for eine Singstimme
mit Klavier. 141.
— op. 20. Drei KlavierstQeke
in mittlerer Schwierigkeit.
141.
— op. 46. Drei Lieder. 141. i
v. Othegraven, August: Acht !
Soldatenlieder fQrMSnnerchor. !
285.
Palmgren, Selim: op. 41. n Die I
Stadt." FQr eine Singstimme ,
mit Klavier. 142. |
Pembaur, Karl: „Seliger Tod." J
FQr gemischten Chor obne >
Begleitung. 286.
Petre, Torsten: op. 41. Dr6ra-
bilder for Violin och Piano.
141.
Platzbecker: MSdchenlied fQr
hohe oder tiefe Stimme und
Klavier. 284.
— „Wenn dieLandwehrkommt."
FQr vierstimmigen MSnner-
chor. 284.
— Weihnachtslieder fQr eine
Singstimme mit Klavierbe-
gleitung. 284.
— Kriegers Wiegenlied. FQr
hohe oder tiefe Stimme mit
Klavierbegleitung. 284.
— „Kriegslieder 1914." 284.
Prohaska, Carl: „Deutscber
Schwur." FQr vierstimmigen
MSnnerchor. 285.
Pulvermacher, Benno : Kaiser-
lied. 191.
ReuO, August: op. 30. Trio
fQr Violine, Violoncello und
Klavier. 283.
ROhmeyer, Theodor: Kriegsflug-
blStter fflr eine Singstimme
und Klavier. 44.
Rontgcn, Julius: Wir treten zum
Beten. 191.
Sobering, Arnold: Drei Soldaten-
lieder fQr eine Singstimme
oder einstimmigen Chor mit
Klavier. 235.
Schiegg, Anton: op. 12. „Ein
Gebet im Kriegsjahr." FQr
vierstimmigen gemischten
Chor. 237.
SchOnherr, Carl : „Heimat-
wimpel." FQr Gesang und
Klavier. 43.
Schreck, Gustav: „Das feme
Grab." FQr Ait oder Mezzo-
sopran mit Klavier. 235.
— „Halt aus, mein Volk." FOr
vierstimmigen gemischten
Chor. 235.
Schwinn, H. J.: Kriegslieder aus
groDer Zeit. 286.
Sibelius, Jean: op. 73. „Die
Okeaniden." Tondichtung fQr
groOes Orchester. 235.
Simon, James: Vier Kriegslieder
1914. FQr eine mittlere
Stimme und Klavier. 238.
Sippel, P.: Die neuen Lands-
knecht'; Zwischen See und
Sumpf; Der rote Mohn. 94
— „Die Freundesbanner." Ein-
stimmiges Chorlied mit einem
Vorspiel und Weihespruch.
190.
Soldatenlieder fQr MSnnerchor,
Beliebte. 237.
Sompeck, Ernst: „Ich bin ein
armer Exulant." FQr eine
Singstimme mit Orgel oder
Klavier. 43.
Spalding, Albert: Bagatelle for
Violine and Pianoforte No. 1
and 2. 141.
Spannuth, Hermann : Zwei patrio-
tische Lieder. 238.
Sulzbach, Emil: Gebet fflr Vio-
loncello mit Begleitung des
Pianoforte oder der Orgel.
191.
Torjussen, Trygve: op. 15.
Norwegische Melodieen. Sie-
ben StQcke fQr Klavier. 191.
Trautner, Fr. W.: op. 62. „Die
Toten." FQr vierstimmigen
gemischten Chor. 235.
Ungarische Lieder in deutschen
Worten (Donath und Heidl-
berg). 142.
Unseren Feldgrauen. Marsch-
und Lagerlieder fQr Gesang
und Gitarre. 236.
Vieuxtemps, Henri: TrSumerei
fQr Violine und Klavier (Issay
Barmas). 238.
VoD, Fr.: „Frisch auf, Soldaten-
blut." Alte und neue Soldaten-
lieder. 94.
Wagner, Josef: „Die deutschen
Tamboure." FQr Gesang mit
Klavierbegleitung. 284.
Walter, M.: Deutsches Soldaten-
lied. 44.
Weber, Fritz: op. 8. „Die deut-
sche Flagge." FQr einstim-
migen Chor oder eine mittlere
Singstimme mit Klavierbe-
gleitung. 237.
Wieniawski, Henri: Lcgende fQr
Violine und Klavier (Her-
ausgegeben von Issay Barmas).
284.
Wohlgemuth, Gustav: Drei Ge-
sfinge mit Klavier. 284.
Zilcher, Hermann: Vier Kriegs-
lieder far eine Singstimme
und Klavier. 285.
ZOllner, Heinrich: op. 133.
Deutscbland. 236.
Zoozmann, Richard : „Wenn wir
marschieren." 16 Armee-
mflrsche mit neuen Texten.
93.
REGISTER DER BESPROCHENEN ZEITSCHRIFTEN-
UND ZEITUNGSAUFSATZE
Abert, Hermann: Robert Franz.
88.
Adler, Felix: Brauchen wir die
italienische Oper? 38.
Anzeiger, Dresdner: Ein deut-
scher Liederkomponist (R.
Franz). 135.
Arend, Max: Gluck, der deutsche
Musiker. 228.
BOrsen-Zeitung, Berliner: Robert
Franz' 100. Geburtstag. 133.
Doebber, Johannes: Deutsche
Musik. 184.
Friedenthal, Albert: Die musi-
kaliscben EngUnder. 282.
Goetze, Alfred: Robert Franz,
der Meister des deutschen
Liedes. 91.
GOttmann, Adolf: Ein deutscher
Liedermeister. 134.
— Kriegslieder undVolkstQmlich-
keit. 230.
GroOmann, Karl : Das I . Deutsche
Sfingerbundesfest zu Dresden.
231.
Heimann, Moritz: Kathedralen
(Zur Erscheinung Bruckners).
185.
Hirschberg, Leopold : Carl Loewe
und das klassische Altertum.
181.
— Carl Loewe und das Slawen-
tum. 279.
XII REGISTER DER BESPR. ZEITSCHRIFTEN- UND ZEITUNGSAUFSATZE
HQbner, Otto R.: Zukunftige
Musik. 37.
Istel, Edgar: TOrken-Opern. 232.
— DasGlockenwerk zu Mecheln.
281.
Kaiser, Georg: Hornsteins Sol-
datenlieder. 280.
Kaiser, W.: Robert Franz. 137.
KannegieDer, H.: Gut Deutsch
in Kunst und Alltag. 184.
Keller, Alfred: Robert Franz. 133.
Klatte, Wilhelm: Robert Franz.
133.
Kleemann, Hans: Robert Franz.
88.
Krebs, Carl: Sven Scholander
und Deutschiand. 40.
— Reinigung. 232.
KQnzelmann, Ferdinand: Deut-
sches Singen und das Kriegs-
ziel. 183.
Leichtentritt, Hugo: Musik und
Natur. 280.
Levin, Julius: Verlrrte Geigen.
233.
LObmann, Hugo: Der Krieg und
das Lied. 181.
Manz, Gustav: FQnfzig Jahre
..Tristan". 40.
Marschalk, Max: Robert Franz.
134.
Moser, Hans Joachim: Der
deutsche Musikstil. 39.
Nagel,Wilibald: Kosmopolitische
oder natlonale Musik? 227.
Paul, Ernst: Robert Franz. 91.
v. Perger, H.: Bach und das
20. Jahrhundert. 227.
Pfohl, Ferdinand: Bisbigliando.
Deutsche Musik und Fremd-
wort. 278.
Prflmcrs, Adolf: Die neudeutsche
Partitur. 37.
POringer, August: Robert Franz.
136.
Puttmann, Max: Robert Franz.
89.
ReuD, Alexander: Krieg und
Musik. 282.
Richard, August: Robert Franz
und Franz Liszt. 88.
— Robert Franz. 90.
Schmitz, Eugen: Robert Franz.
135.
Seeliger, Herm. : Franz Schubert.
182.
Simon, James: Robert Franz.
134.
Stolz, Georg: Krieg und Musik.
229.
Stolzing, Josef: Das deutsche
Operntheater der deutschen
Oper. 231.
Storck, Karl: Die Untreue gegen
den „guten Karaeraden". 182.
Teweles, Heinrich: Italienische
Oper? 186.
ThieOen, Karl: Robert Franzens
Lieder und unaere Zeit. 89.
Volkszeitung, Berliner: Ein
Melster des deutschen Liedes
(R. Franz). 134.
Volkszeitung, Dresdner: Robert
Franz. 136.
Wintzer, Richard: Robert Franz.
90.
Zeitung, OstpreuQische : Das
deutsche Lied unserer Kriegs-
verbQndeten. 231.
ZQrcher Zeitung, Neue: Robert
Franz. 137.
DIEMUSIK
VERZEICHNIS DER KUNSTBEILAGEN
DES VIERZEHNTENJAHRGANGS (1914-1915)
NotenbeUagen:
Peter Cornelius, ,1m Waide", Gedicht von Paul Heysc Zum erstcnmil aus der Hand-
scbrirt ver5ff«nUlcht von Georg Richard Kruse. (5.) 1 )
Lorenzo da Firedzc, Baliata .Come insu *1 fonte fu preao Narcisso". Herausgegeben
von Hugo Riemann. (7.)
Franz Schubert, Zwiscbenakt nacb. dem 2. Aufzug und Hirtenmelodieen tut .Rosa-
munde". Fur KUvier zu zvei Handed ubertrageo. v °n Eugen Kretzer. (8.)
Robert Schumann, Deutscher Freiheitsgesang fur vierstiraraigen Mlnnercbor. (2.)
Carl Maria von Weber, Drei vateriindiscbe GesSnge (Kriegsetd; Retterlicd; Sctjfitien-
weibe) fur Mlnnercbor. Zum erstenmal aus der Handschrift verSffentlicbt
von Leopold Hlrschberg. (4.)
Autographen in Faksimilei
Ludvlg van Beethoven, Anfang des Kyrie aus der Missa solemnis. (3.)
— Kanon ,Gott 1st eine Teste Burg". (3.)
W. At Mozart, Vier Seiten aus dem §kjzzenbuch if) der pibliothek zu Upsala. (1.)
— Eine Seite aus dem Requiem. (1.)
— Leme Scbhftzuge. (1.)
Franz Schubert, Autograph dea „Erlk5nig*. (21.)
— Autograph des .Heidenroslein*. (21.)
— Autograph des .Konig in Thule*. (21.)
Kunst:
Antonio Carracci, Lautenspieler. (14.)
Johano Nepomuk della Croce, W. A. Mozart. (1.)
Hans Gasser, Mozarrs Grabdenkmal auf dem Wiener ZentralFriedbof, (1.)
[sola, Paganini. (15.)
Ludwig Jahn, Logc. (20.)
Willibrord Joseph MSbler, Beethoven. (3.)
Perugino, Ausschnilt aus dem Gemilde Maris Himmelfsbrt. (13.)
Rottmayr, Fresko fiber der Qrgelempore der Peterskirche in Wien. (17.)
— Fresko uber der Musikempore der Karlsklrche in Wien. (17.)
Andrea Solaris, Lautenspieierin. (13.)
David Teniers d. J., Lautenspieler und FlotenblSser. (14.)
Gerard Terborch, Lautenspieierin. (14.)
Tintoretto, Lautenspieler. (13.)
Vogel von Vogelstein, Helmina v. Chezy. (9.)
') Die in () beige fugle Zahl gibt die HeFtnummer an.
Portriits:
Luigi Boccherini. (16.)
Anton Bruckner. Mcdaille von Leo
Zimpel. (22.)
Heinrich Dorn. (10.)
Francesco Durante. Zeichnung von H. E.
von Winner. (12.)
Robert Franz. (18.)
Johann Joseph FUX. Zeichnung von H. E.
von Winner. (10.)
Carl Goldmark. (9.)
Robert Kahn. (19.)
Friedrich Kiel. (24.)
Eduard Kremser. (6.)
Leonardo Leo. Stich von c. Biondi. (11.)
Albert Lortzing. (20.)
Rudolf Louis. (6.)
Therese Malten. (19.)
Benedetto MarcellO. Stieh von J. Antonio
Zuliani. (11.)
W. A. Mozart. Nach einer Federzeichnung von
J. B. Herzesvyn. (I.)
Jean Louis Nicodc. Pbotographie aus
neuerer Zeit. (23.)
— im Jahre 1878. (23.)
— als Reservist (1884). (23.)
NicolO Paganini. Bleistiftzeicbnung eines
unbekannten Kiinstlers. (15.)
Giovanni Battista Pergolesi. Zeich-
nung von H. E. von Winner. (10.)
Philipp Reger. (20.)
Franz Xaver Richter. Stich von C.
Guirin. (12.)
A. M. G. SaCCbini. Zeichnung von H. E. von
Winner. (11.)
Adolf Sandberger. (6.)
Ludwig Schittler. (22.)
Bernhard Scholz. (16.)
Bernhard Stavenhagen. (9.)
Johann Straufl. (24.)
Robert Volkmann. (16.)
Carl Wilhelm. Letzte photographische
Aufnahme. (24.)
Nicola Antonio Zingarelli. Zeichnung
von H. E. von Winner. (12.)
Karikaturen:
Ad. Schrodter, Nicolo Paganini. (15.)
J. P. Lyser, Nicolo Paganini. (15.)
Verschiedenes:
W. A. Mozart:
Grab auf dem St. Marxer Friedhof in Wien. (1.)
Nicolo Paganini:
Letzte Worte. (15.)
Titelblatt des Albums zum Besten des Frauenvereins zur Erwerbung eines
vaterlSndischen Kriegsfabrzeuges. (2.)
Wien:
Inneres der Piaristenkirche in Wien. (17.)
Musikchor der St. Peterskirche in Wien. (18.)
^^MH^BMaH
■ 1 1 ■ 1 1 1 n n 1 1 1 I I n n n 1 1 1 n 1 1 ii i i m 1 1 ■ ■ n ■ ■ i ■ , . 1 1 . , , , , , ,
DIE
MUSIK
^HT^rerranr
1 1 1 1 1
ZEint
HALBMONATSSCHRIFT ;
MIT BILDERN UND
NOTEN
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!0
■"'&&&
HERAUSGEGEBEN VON
KAPELLMEISTER
BERNHARD SCHUSTER
HEFT 24
[ ■■■ ■■■■ ■ ■■ ■ ■■ ■■ ■■■■■ ■ ■■■■ ■ ■■■■■■■■■nil
VERLAG SCHUSTER & LOFFLERBERLINW-57
14IAHRG- -rf y^*^v -tf ^^ SEPTEMBER
■ ■ ■■■■■
Sonderhef te der MUSIK
1. Bach-Heft . Jab
2. Bach-Heft ,
1. Beethoven-Heft (vergriffen)
2. Beethoven-Heft (vergriffen)
3. Beethoven-Heft {vergrifTen)
4. Beethoven-Heft
5. Beethoven- Heft
6. Beethoven-Heft
7. Beethoven-Heft
8. Beethoven-Heft
9. Beethoven-Heft
10. Beethoven-Heft
Berlioz-Heft . . .
1. Brahms-Heft .
2. Brahms-Heft .
3. Brahms-Heft ,
Bruckner-Heft . .
1. Chopin-Heft .
2. Chopin-Heft ,
Cornelius-Heft ■
1. Dvorak-Heft .
2. Dvorak-Heft .
G luck-Heft . . .
Haydn-Heft . . .
1. Liszt-Heft . .
2. Liszt-Heft . .
Mahler-Heft . . .
1. Marschner-Heft
2. Marschner-Heft
Mendelssohn-Heft
1. Mozart-Heft
2. Mozart-Heft .
3. Mozart-Heft .
1. Schubert-Heft ,
2. Schubert-Heft .
3. Schubert-Heft .
1, Schumann-Heft
2. Schumann-Heft
1. Richard StrauB-Heft
2. Richard Strautt-Heft
1. Verdi-Heft ....
2. Verdi-Heft ....
I. Wagner- Heft (vcrgriRen)
Z Wagner-Heft
3. Wagner-Heft
4. Wagner-Heft
5. Wagner-Heft
6. Wagner-Heft
7. Wagner-Heft
8. Wagner-Heft
9. Wagner-Heft
10. Wagner-Heft
11. Wagner- Heft
12. Wagner-Heft
13. Wagner-Heft
14. Wagner-Heft
Weber-Heft . ,
Hugo Wolf-Heft
rgang V 1
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. 116
III 12
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VII 13
. IX/1
IX/13
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. II 15
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XI II. 1
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1/20-21
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111 20
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. V/19
Vll/19
VU1/19
. xn
. X 20
XI 19
XI 3 10
Xll/tS
Xll 16
. V/17
. 1112
Amerika . . Jahrrang IV 16
Ruflland '. . . . VI 13
Sfcandinavien 111/22
Berlin X 13
Wien IX 7
1. Faechingsheft .
2. Faschingshcft .
3. Faschingsheft .
4. Faschingsheft .
5. Faschingsheft .
6. Faschingsheft .
7. faschingsheft .
8. Faschingsheft .
Gesangskunst
Munchener Kunstter Theater .
Opern-Renniisance , . . . ,
Zeit- und Streitfragen, Heft I
Zeit- und Streitfragen, Heft 2
. V1|10
. VII 9
VIII.-IO
. . 1X9
. . X 10
. XI/IO
. XII. 9
XI1I/I0
VII 1/24
. VJJI/-7
IX S
. VII.3
. . 1X6
Vll/l
Moderne Tonsetzer, Heft I . .
(Reger — Weingarmer)
Moderne Tonsetzer, Heft 2 . . . . Vli;s
{Bun gen — Bruch)
Moderne Tonsetzer, Heft 3 . . . . V1I7
(Pfluner — Kloset
Moderne Tonsetzer, Heft 4 .... Vll/ll
(d'Albert — Hausegger)
Modeme Tonsetzer, Heft S . . , . VII/15
(Goldmark — Mahler)
Moderne Tonsetzer, Hell 8 . . . , Vll/22
(Arnold Mendelssohn — Blccb)
Moderne Tc-nseizer, Heft 7 .... V1113
(Tinet — Wo1f-Ferrari>
Moderne Tonsetzer, Heft 8 . . . VI1I/13
(Humperdlnck — Siegfried Wagner)
Moderne Tonsetzer, Hen 9 . . , V1II,22
(Binding — Georg Schumann)
Moderne Tonsetzer, Heft 10 . . . IX/24
(Rufer— Hugo Kaun — Robert Kahn)
1. Tontcunstlerfestheft (vergrlffen)
2. ToflkQnsilerfestbeft .
3. Tonkunstlerfesiheft ,
4. Tonkunstlerfcsibeft .
5. Tonkunstlerfeatheft .
8. Tonkflnstlerfestheft .
7. Tonkunstlerresihef! .
8. Tonkunstlerfest heft .
9. Tonkunstlerfestheft .
10. Tonkunstlerfestheft .
11. Tonkunstlerfestheft .
12. Tonktinstlerfeatbeft .
. 1/18
. III?
111/16
I V/17
V/16
Vl/18
vn/ii
vni/i7
IX 16
XI/16
XII 17
XI1I/16
NACHRICHTEN und ANZEIGEN zub »MUSIK" XIV/19
NEUE OPERN
Hanos Ludwig Kormanm .Die Kralle",
Text von Erich Liebermann -Rouwiese.
OPERNSPIELPLAN
^Hamburg; Die Volksoper h*t den musikali-
schen Scbwanlc „Der Hetratsschwindier*
von Eduard v. d. Becke und Louis Herrmann
zut UraurTubrung angenornmen.
KONZERTE
Tbunt Am M. Jul] flndet bier die diesjabrige
Generatversamrnlung des Scbwcizerischen
TonkQnstlerverelnB statt. Bei den twei
Kamtnermusikkonzerten werden Son ate n von
Prank Martin, Hans Huber, A. Scblageier,
Carl David, ein Streichquartett von G. HIser,
Getlngc von H. Sulzberger, E. Levy, C. Voglcr,
Fr. Brun und Klaviersiucke von H. Rcymond,
V. Scbultbefi zur Auffiihrung kommen.
Verdea(Aller): UmerLeitungdes DomorganUten
Gottfried Deepen veranstaltete der O ra-
te rienverein eine Auffuhrung von vier
Bachscben Kantaten (Liebster Gott, wann
word teh sterben?; jesu, der du melne Seele;
Jtucbzet Gott in alien Landen; Heir, deine
Augen sehen naeh dem Glauben).
Wiesbaden: Elne groftere {Composition Fur
Mlnnercbor und Orcbestcr: .Die deutsche
Veatc" von Guido v. GillhauBen kam int
Wiesbaden er Kurbaua zur Auffiihrung und
erring bemerkenswerten Erfolg. Das Werk
stuUt sicb auf bekannte zeicgcmlfk Motive
und ist gtinzend instrumentierl, Herr v. Gill-
bauBen, ein im Kriege schwer verwundeier
hSberer Officer, bat aucb einige kleinere
Kom positioner! mil Beifall in Wiesbaden durcb
das Kurorchester zu Gehor gebracbt.
TACESCHRONIK
Mtind- und Ziehharmon ika, im Feide
heute die beliebtesten Musifcinstrumente, sind
Berliner Erfindungen. Sie wurden von Christian
Ffiedrich Ludwig Buscbmann erfunden, und zwari
in den Jihren 182| und 1822. Sie hieilen damals n
Mund-Aeoiine und Hand*Aeo)in.e. Die Mund-
harmonika, auch Aura genannt, geht aur die
deutscben Brummeiaen des ausgebenden Mitiel-
alters zuruck. Das Brummeisen bestand aus
ein em ei&ernen BugeL in dem eine Zunge
schwingend angeordnet war. Bites man gegen
diese Zunge, so entstand ein brummender Ton.
Wie man den Gescbuizen im spaten Mitteitlter
Namen gab, die man von ihrem. Aussehen oder
Ihrem Ton herleitete, so nannte man einzelne
Geachutze such Trummei, Mauitrommel oder
Brummerin. Dtese Benennung leitetsich von den
Brummeisen oder Maultrommeln her. Im Ber-
liner Zeughsus liegt noch heute ein franzosisches
Prachtgeschutz vom J»hre 1535, auf dem man
ein SOlcbes Brummeisen bildlich dargcstelll siebf,
Ein gam ihnliches Geschiiti ist in das Arsenal
von Woolwich gekommen und dort nocti vor-
bartden. in der Liferaiur erwiihnt wird die Maul-
trommel zuersl imjahre 165$ von dem beruhmten
PidagOgen Comenius in seinem Orbis pictus.
Ea iat «lso nicht Hchttg, daB man den Jesuiien
Klrcber »ls den Erflnder der MauUrommel be-
■Mil MIISBI IH, LEIPZIG
Trios.
a) Klavier, Violine und Violoncell.
THo- Album. Bind !, II. J II. Mk.
1283 — Band I ........ 1—
Grief, Ave miris ■fella.. Haydn, Mtnucti
I* IKUr-Symphonle). 5Yendsen.Scta*cdiw:liei
VoHkitlcd. Mailing, Mjiuriu Rublniteln,
Melodic Bendel, Souvenir d'Huntrle.
TKbllkOWakr, Ch*m d'lutamne, CM.
Oodard, Mianonnciif. Hartmanti. Grk-
chfsBher Feitiaai. Lange-Mtlller, Ser*«»iSc.
Mozart, Roniuc (Ein* klctnc Nschiimisikj.
Scbubcrl, echtrto (Olttett, op. tflfl). Flnl
Henrique*, Stlnntmnj.
1264 — Band II 3.—
Schumann, Afnatuisd. aide, K«nt*«i*ni.
Relsil^er, Sebsrm (Trio, op. SO), S'ndlng,
Melodlo ttiijttianiit, OavOtte LOuit XIll.
Tsdialkowtky, Cbant hdi paroln. Schvtce.
D!« Gukarrtaplrlcr. Svendfeil, Schve-
dicchfi Volkilied tit. t. Carl Nlelien, twat-
nene der AUedilonc. RObtier, Rosillon
(Nopmrnc). Beethoven, Aodnni* CF-diiT],
Schubert, Kircbe milltiire.
1388 - Band Hi 3. -
Kalvonen, Erstr Bcjcecnuitg (Gurrc-Suiic,
op, 17). Harimann, Biucnmni {.Klcin Kir-
aien'). Wlnge, wie[«nlled. JHendelfrabn.
iu* IV. Syoiphonic (3. Sin, ap. 80>. Hum me),
Rondo All* Turca (Trio, op. 22>, Jf. S. Bach,
Bourrts iVIaHnSonite Nr.2). Lan£t-MQUer,
Serentdc (RcnjtJHtncc). NJcalaJ H*n*tn,
Piitanle (Oprt. .Difnls oj Clat"). Qade,
Stberrn. Svendien, Andmtc (Rhaptodk nar-
vtjuietitie Np. Hi. Borreien, iKenuctto (op. 14
Nr. 2). Burtntiter-Sindlng, c»vott* top. M
Mr. Sj.
13S9 Ambcrtf. Op. Il, Trio riir VloJIne oder
Kltrtnettc, Violimcell uod Kdvicr - , . , , . 9.-
132* - Op. 12, F*n(«le«aclse fBr Violine (oder
Klirioede), VtoIonceJl uod KliirjrT odtr Vlolt EL—
1308 Bendlx, Victor. Op, 12, Trio, (A-dur) . . 7.—
KM7 Bohlmann, Trim d'Atnumrj 2.—
A Ji JlriKin. Nocturne. Dinic skve. Hcnuci.
8SS Oodard, Benjamin. Op, ts, Six DuciHnl.
Tt-tncrit el doigtec pir Jacqusa van U»r 5.—
906 Harimann, Emil. Op, H, Scremde furKltrl-
nctie (VloJInc oder Vtoli), Violoncell uod
Klii-itr T.W
12S1 Henriques, Flnl, Op. 31, Kindcr-Trlo In
G-dur ...,,,..., ,,,■*.—
IMS Hebe. Trio (Es-dun S.-
i»f MBlllng. Op. 36, Trio (A-dur) e.—
Sctiylt*. Op 132, Petite j Buitts ficflej.
«m Nr. I. ftnrtlsies (C-durj 3.-
S70 . 2. Reveries (F-dur) 3-
^71 » ^. Souv(nlr» (G-dur) 3.-
97^ . A Stritltde (B-durp . - , . , 3.-
aa sindfna. Op. 2i, Tcio io-d ur i ».-
H36S0chHna. Op SB. Klndcnrlo* . 1.50
Allegro. Tempo dl Mrnuctio, ftardlno
b> Klavier, Violine und Viola.
tfo* Bull-Svendten. Sehnsotht der Senncrln.
(Nicolaj Hanien) . . , I Hi
IJOli Gade. Nordlschc SennTjIin, Limsplel-Ouver-
lurt iNleolaj Hanienj 3.—
150.1 Hartmann, Emll. BeKcusc [Mt'lesenHed]
iNleolaj Haaioni - i?n
IJIKI LanfC-MQIItr. Int Halle der Abrnccrrigcn,
Jul dee Sulfe .In der Alhambri*, op, 3
iKlkoloj Hantenj 2.NI
|51W (Halllntf. Lied den Wlisl^nmiJcbcns mil
up. 51 (NlCOlaj H»nm«n) 1 23
151)2 Runf, Fr, SchBierKrllngatiiit (Nieolaj
Hansen) , . , , , I. SO
1501 Svendscn, Priniempt, Morcesu de Bullcr
(Nico!a| Hansen) I.2S
fyt t ffrtebridj gjicwefl, @.m.b.jr}.
<B*tlrn.fctd>tcrffU>t
$eutf$e debet?
aus Qtoftcr 3eit
vyiir *ine ©ingftiminc unb fttawter.
3ebe Summer 5U T>f .
IS flnb bereft* ifber W tJiumniern erfdjienen.
1. Wobioff, SaS Clrt wm JilnbtnbiKg i'3. 3>e
2. 3ufd)n([», 5>eurf$(anti3 ffa^nmllrt i^Sictj.
7. Stogtltt, iflfitrr. Tieitedtcb (d. 3u<terntamr.
mutttii.
15. Cfiot, »«r (fntmicB utri) itlne Orefc
(0 t>. <perlftr1n.j.
IS "WogTitt, Kirttie*£atiti|ltmii4<Jo.7>tinH.«(i.
12 (Sulbin*. 3Jttin tSSenxljc f»- rKabo.
37(28 (Beat net, Mi**! iO. aJUdjaeli).
3,v *ooi, T)t(wria ic. SHldjatlji
43,44, aitttidii, 3fwclln-l'kfc
■ ■ 'BerjeicbnhTc gratis.
Militarisms
und Hilitfirmusfk
von
Hermann Eichborn
S* Marli
Ein echt patrioiisches Volkslied!
JB.34:„Emden H
Auigithc Tuf Piirn,fi,rri: time 'R-\l "h F J t'.
„ MiniHcr.lnir. I'.i!!i[ui' TiO ! J k, Slimii^ri i:m .
p p S-hulerdmr [i> w
[)i:s Miis;k»!ili:i; hi: i:i hufi 17 '-W Mu^it i--r-.- ;i ■; ■
j;c i; i?hncii ^'"ijf J i i^ ■ ; n f; erfi^rcTi — %h- i r J :,^ii /m/j>
I'insi vurj.iij>:>i')i w-!|>i'ii..-tic]> , u. ■ <ng: l'rr)i L H -■ ' ! "
k' . ■: in i n h ■ L . c T p jr i'j^ : ^UiV^cn' £ .t^a^h'-'fi. --I aii!1£iv;m.i:
jvUnotK'L'^en Med -,\ ii n -s jh c cincn --. L ,Eir avjicti i-ri^tc-* —
[>:■. ^nhei S I c [ii :] n n - i.::iii;:i; ■ ^tiJh EilitJcnltcJ rtklinff;
■.k'!l d-: r ^- !i r.t'ltl: K ^LKi-,r urn] U: r J El E:- II L ! u.l'; run 1 ! (LIlJ il'l\r
frpi'tli^n r^ I ^ ■- . ""
feff~ T.iri M-i-i k-.Ti:^--. nw s--l -.:!■■ rji } ri". :■
Hsa~ in? S::rri *'■•* Hir:-rn i!'r V. ll
:i:?r- rii'iih ■ lI
Emdrn rOstFnt'slanJj
M ■ j -. i ;-. . 1 i 1 j- ; . ;■ 1 ii .1 i lj ■ "■ < ; ■■
W. Sohwalbe.
Ui'j V(<r:iK«iitlii:lii.ii<j LTlaljl jujur.s<i;r! utr
KejcbneL Er bescbrieb ate Dur Im jsfere 1078.
— Die Ziehbirmonika vpn Bntcbmanil war noqfa
luuerst primitiv. Eine welte Vetbreltunt e^
langten solcbcs Instruments sett 1839 doreh rfe*
Wiener Klavlermacher Demian tinier der Be-
*eicbnung .Accordion*. UrsprtingUcb button die'
Instrument ffinf fasten, die je oinen Akkord
zum Ansprecben bracbten, wena men due TaaiP
druckie. RnSpfe an Sielle der Taaten tfubrtcn
Bkhler und Klein 1834 ein. 1S43 erfaod Band
In Krefeld die komplulerte Form der Zleh-
barmonilw, das Bsndonion.
Singerwettstreit in Neuyork. ill icr
„B. Z." 1st m lesen: Unter nlcbt alltlfillcben
UmstBnden, jedenfalls ifaer unter der Mitwlrlcuog
erster Kunstler errang die deutsche MuaUc la
Amerikt einen schdnen Stcg. Nach der Vcr-
stellung im Neuyorker Metropolitan Opern*-
tiiuG, die xugleicb die Abschiedsvorstellung ftV
den don 13 J ah re Ung tltig gewesenen Dirlgeateo
Hertz w»r, scbarten sich die KGirttler Im
Restaurant Kaiserfaof unt den Ab&chiednebmeiH
den. Beim Eintritt spiehe die Hotetkapelle
gerade das ^Tipperary", und ein groCer Teil
der engtiscti-amerikaniscben Clste sang dies
Liedchen mlt. Fur unsere deutscben Kunstler
*ber war das Lied Tommy Atkins das Signal,
um auch .Detitschland uber alles" lu ver-'
tangen, Und als der Kapellmeister yerlegen die
Achsel zuckte, da rief man den Manager berbcL
Mit aller Energie macbie die SIngerin Frau
Ober ihr VerUngen nach diesem Liede gehond;
woiil oder iihel mullte er dero Orcbester die
Erlaubnis geben. Und so vie die ersten TSne
erschallten, erelgnete sicb etwas, das der Neu-
yorker KaiserhoT ^ohl no(h nicbr ertebt bat.
Frau Ober begann, Herr Scmbtcb flel eta,
ihre berrlichen Stimmen veretnigten stcti mlt
denen von Goriti und Veil aus Stuttgart mit
Mittfelds Stimme und Frau Gadakis glocken-
helkm Sopran. So berrllch ist sicher seHen die
deutsche Weise gesungen worden.
Die Familie Gravina. General-Oberarit
Dr. Oskar Siobaus (Bad Kissingen) schreibt der
Voss. Ztg. : jiingsi brachie die Vossische Zeitung
eine Notiz iiber die Famiiie Gravina, die tcb'
vcrvollst£indigeii mochte, da mir die VerbUtnlsM
geiiau bekannt sind, Nicbt nur ein Sohn der
verwitveien GrlFin Gravina, geb, v. Bulow
(Tochter Cosima Wagners), steht akti? im
italienisc hen Heere, sondern alle drel
Sd li n e, Graf Manfred, der Alteste, geh5rt schon
sett Jahren der lUlknischen Marine an, war
eine Zeittang dem Admiraisstabe zugeteilt und
is( jeur beim Msrine-Flugkorps. AuQer dem
von Itinen genannren Grafen Gilberto (Gil) dient
iiuch cJlt jiingste Sohn, Graf Guido Gravina.
Die iuny-cn Htrren, allzusammen Typen des
dL'^adcnien, degencrierten sizilianischetl Adcls
- iie titHren Jen hochKlingenden Beioamen
PrmL'ipi di RmnaccB — , haben sich wlhreod
ilires witderb'ilten l.nngen Aufenthalts in Deutach-
land imnier .ils Itali.inissimi gefuhlt und *uf
Jftiu-thci UesL-n stL'ts herabgeblickt. Ober die
Muglk-tiliL-it, d:iii das Haus Wahnfried {emals
dara: 1 . (indjvtit Uiuw, den tdlen Conte >GII mr
L^hii: 1 .^ 'is bertifen, kann der Wtsseude nur
l.'^titin. Da^ i-laus Wabnfried ban^t*?lel in
s'.-lir an st? iiilii HeiclitiJmern, als daQ |ea dem
tlutL-^pi'trl^-Li Jen biicttaiuen Gil oder etnenp andcra
Enfcel iub dem alien Seerflubergeschlecbt derer
van Romacca elne maBgebende Stellung ge-
wibrt bine. Es i« ohnedies schon getiug Geld,
das der Meister erwarb, durch die stets welt-
geSffnetfn Hlnde der Sippe Gravina gelaufen.
Der BerlinerTonkunstler-Ve rein(e, V.).
der den Zweck bat, die ideelien und materiellen
Intcreasen seiner Mitglieder iu fordern, versendel
soeben den vcm sieltveftreienden Vorsitzenden
Rich. J. Eiehberg verFaBten Jahresbcricht uber
das 71. Vereinsjahr. Wir emnehmen ihm, daft
trotz der Kriegswirren in dem abgelaufenen
Jahre iwei Vortragsabende, em aufterordentlicher
Vortragtabend, ein Volks-Kammerkonsert, sowSe
ein pldagogischer Vorrragsabend und zwei
Scbulefvorlragsabende stattfanden. Em Verlauf
der drei Vortragsabende kamen 45 Werke von
zebn Komponisten und Komponisrinnen unrer
Mttwtrkung von 17 Kunstlern und Kunstteritinen
Ear ersten Auffuhrung. Seine reiche, fiber
20000 Nummern srarke Bibliothek bat der Ver-
efn Id den Diensi der Allgemeinheit gestellt und
•eJt dem I. November 1908 zur Volksbibliothek
srweitert. Die Zentrale der Muslk-Volksbiblio-
rbek, von der Stadt Berlin pektiniir untersttitzt,
bcBndet sich Berlin W, ZietenstraBe 27 I (Re-
Sffnet tlglich, auch Sonutags von 11 — 12 Uhr
und Mitiwochs von S— 9 Uhr abends). Dorr
ffcnden im abgelaufenen Jahre 8495 Ausleihungen
stall. Die von der Stadt Charlouenburg unter
stutzte, am 1. Oktober 1912 eroffnete Zweig-
■nctalt befindet sich Savignyplau 1 (geoffner
DienstagS, Donncrstags und Sonnabcnds von
4—7 Ubr). Die Summt der Ausleihungen er-
reJcbte don die Zahl 7933, Die Einrichtung
einer Stunden- und Konzertveimiulung hat
aegensreidte FrQchte geiragen, ebe nso die seit
Jahren stark in Anspruch genoinmene Kranken-
kasse. Mil detn Btrgmn des Krieges wurde aus
der Unterstuuungs und Darlehenskasse, der
\Pilliam-WolF-Stifiung und Freiwilligen Beitriigen
eine „Kriegshilfskasse u begrurtdet,
Richard StrauB'^Salome" ais Ursa c hi'
des Weltkrieges, Cincii originclkn Beirrag
iu dem Kapitel derletzten Ursachen des Krieges
steuert die .Gazeite de France - jt- rzt btti. Sc-lhst-
versiSndlich is: es klar, da(S es die: „Boches"
Water, die den Welibrand entziindet haben.
Warum sie das gutaii haben, das hat der Dra-
matlker Maurice Donnay in einer schwachen
Stutide dem Benthiers-tauer der „Ga;ette de
France" verraten. hie Erithiillung, die diescr
den ersraunten I.esern seines BUttes iriatht,
knupFt an den Zwisihcnfill an, der sich kftrz-
Men bei der Au'fiihning eines belgiscllen Stuckcs
im Tbfiitre Gymnase zu Pans errignet Inn und
bei der ein eniriisieter Zuscliauer gelegenilich
einer im Stiick vorkommenden Anspielung auf
das Deutschland Goetties iris Parterre rief:
,Fort mit ditscm Deurschland Goethes!" „Dieser
Zuschauer," fiihrt der Eierithterstatter Fort, „war
ersichtlk-h ein von ehilitbem pairtfiTisclien
GefQhl erfuiker ("ranzosc. fcr tai ni^ht& setter,
ais auf das Vorgetien eirur (jeselisclial't von
Snobs zu ant^oiten, die uns ^lauben macben
wolJen, dali sich hiiuer dt-n HirliarenliorJi-n
noch iiamcr em cutes, kluges und L-mpHrdungs-
reiehes Deuts.tiland vcrberge, und dali man
ditsem Deu'Scliland, na^lidini u-ir die „Botli*i"
militBrisch niedergerutigen baben, Ji-.' Hand .--isr
VersSbnuDg bieten musse. Denn es gitigt doch
niebt gut an, daB wlr in Zulcunft auf die Goerbet
und Kants sowie auf die Muslk de* Herrn
Ricbard Straufl venlcbten kdnnen! Ober dieae
Musik teilte mir Maurice Donnay ubrigens eine
Bemerkung mit, die sich Frau Slraufl in ibrem
Arger uber den geringen ErToFg der , Salome'
hat entschlupfen lassen. Diese Bemerkuog
lautet nach der Aussage meincs GewShrsmannes
wSnlieli: ,Es wird erst eines neuen Krieges
bedurfen, um den Franiosen das Verstandnis
fur die (Musik meines Gatten zu erschlieDen.' (IIP)
Nun, den Krieg htben wir ja, aber micb dunkt,
dad er uns fur lange Zeit binaus von aller
t Salome*-Sctl Warm ere i gebeitt bit."
Die studentischen Slngerschaften im
Kriege. Nach einer im Bundesblatte des
Weimarer CC, des Verbandes Deutsche? SJnger-
schaften, veroffentSicbten eingehenden staitsti-
schen Untersuchung von Dr. Herbsi - Halle,
Alter Herr des Weimarer CC, stehen von den
Mitgliedern des Verbandes fast 1500, das sind
uber 40 Prozenidesgesamien Mitgiiederbestandes,
im Felde. Die etnielnen im Bunde vertretenen
Singerschaften sind folgendermsflen beteiligt:
Anon (Leipzig) 420, Erato (Dresden) 200, Leo-
poldina (Breslau) 135, Germania (Berlin) 115,
Chattia (Marburg) 89, Guilelmia (Greifs*ald) 86,
Zollern (Tiibingen) 85. Sallo (Halle) 80, Gottingia
(Gottingen) 7(, johanni-Fridericia tJ en ») ^*i
Thuringia (Heidelberg) 4.1, Alanfa (CharloEten-
burg) 3ti, Alt-Witrelshach (Munchen) 30, Nor-
mannia (Danzig-LangFuhr) 19, Burgundia (Bres-
iau) 17. Die Gesamtialil der bisher auf dem
Felde der Ehre gefallenen Singer beirigt UO,
die seit Beginn des Krieges gemeldeten Verlttste
an Gefallenen, Verwundeten, Gefangenen, Ver-
miftten, Erkrankten betragen gegen 400. An
372 CCer sind Ausi^ichnungen verliehen vorden,
und iv, ir zweimal das Eiserne Kreuz erster,
317 haben das Eiserne Kreu?. zwetter Klasae
und 53 sonstige Ausieichnungen erhalten.
Die deutsohen Musiker im Auslande
haben ill ren von der KriegStJOt betroffenen Kol-
legen wieJerholt ramhafte Betrige zugesandt.
Der Deutsche Musikcrverband erhielt nun neuer-
ditigs Betrage in der H6he von 1000 Mk. von
i : riti Kreisler ais Teilertrag eines in Amerika
vcranstalteien Kon^ertes, ferner von Dr. Muck,
der sich an die Spitje einer Sammtung des
Bustoner Symphonieorchesters stellte; auch die
Musiker in Porto Alegre in Brasilien haben etne
namhafte Gabe angekundtgi.
ProF. Franz Mayerhoff in Chemnitz ist
zum Dirigenten des Leipztger Riedel-Vereins
gewahlt worden.
Musikdiryktor Paul Sc he in pf I u g, der im
vorigen jahre vom Biutthner-Orchester in Berlin
ais erster Kapellmeister engagiert, bei Beginn
des Krieges aber in Riga anliiiJIich eines Gast-
spiels verhaftet wtirdc. so dafl er sein Engage-
meiit nECht aiitrvieii konnte, ist es iefjiT naeh
ztiinnionaliicher KriegsgcFungenschaft geiungen,
.ins RulMand zu ciitfcommcn.
MK'i Its i'ii n M o e I icn d o r f F in Ncuenalir hat
das ds.-uisi.-lie Ruch'ipiuem {Nu, 563U4) auf seine
n KUviaiLir hir tin Ta>teninstrument mit Viertel-
tfinen" erlialten,
Am IS. Juni beging Generiilrrmsikdirektor
I : rin Si tin bach teinen (W. Geburtstag. Unier
II
L
den Meistern des Taktstocks steht Steinbach in
erster Reihe.
Auszeicbnungen. Dem Koniglichen Musik-
direktor Riedel in Plauen i. V., dem Kantor an
der Marienkirche in Zwickau Vollhardt, dem
Stadtkantor in Freiberg An acker ist vom Konig
von Sacbsen der Titel Professor der Musik ver-
liehen worden. Dieselbe Auszeicbnung wurde
dem Konzertmeister bei der Koniglichen Kapelle
in Dresden Rudolf Bartich zuteil.
TOTENSCHAU
O'Brien Butler, der erste national-irische
Opernkomponisi, befand sich unter den Passa-
gieren der torpedierten „Lusitania" und ist nacb
den letzten in Amerika eingetroffenen Nacbrichten
nicht gerettet worden. O'Brien Butler hatte kurz
vor der (Catastrophe in New York Bruchstucke
seiner neuen irischen Oper „Muirgheis" offent-
lich vorgefiihrt und damit Interesse erweckt.
Anfang Juni + in Warschau der Pianist
Rudolf Strobl. Von deutscben Eltern am
15. April 1831 in Troppau in Osterreichisch-
Scblesien geboren, empflng Strobl seine Aus-
bildung hauptsSchlich am Wiener Konservatorium
unter der Leitung von Fischhof und Volckmann
und kam scbon im Jahre 1855 nach Warschau,
wo er dauernd verblieb. 1866 wurde er als
Lebrer des Klavierspiels an das neubegrundete
Konservatorium in Warschau berufen und be-
kleidete die Stellung ununterbrochen bis zum
Jahre 1896. Aus seiner Schule sind u. a. auch
Paderewski und Sliwinski hervorgegangen. Strobl
hat sich auch um die Bearbeitung der Bachschen
Tonschopfungen in musikalisch-pSdagogischer
Hinsicht groBe Verdienste erworben.
Bald nach Kriegsausbruch f, wie jetzt erst
bekannt wird, in Petersburg Anatol Ljadow,
60 Jahre alt. Der Tonsetzer hat nur etwa
70 Werke in 36 Schaffensjahren geschrieben; er
wurde indes als einer der fuhrenden Manner
des musikalischen RuQland angesehen, wo er
am Petersburger Konservatorium seit 1878 eine
Professur bekleidete. Im Anfang stark von
Chopin und Schumann in Klavierwerken beein-
fluDt, neigte sich Ljadow spater mehr Wagner
in seiner Orchestermusik zu. Bemerkenswert
fur seine Liebe zu deutscher Kunst ist auch,
dad er Chore mit Orchester zu Schillers „Braut
von Messina" schrieb. Er stammte aus einer
sehr musikalischen Familie; sein Vater, der
russische Hofkapellmeister Konstantin Ljadow
(1820—1868), war sein erster Lehrer.
In Amsterdam f im Alter von 40 Jahren
Dr. Niel Vogel, ein ausgezeichneter Spieler
der Viola d'amour; der Kunstler bat sich auch
als Forscher in der Literatur seines Instrumentes
betatigt.
In Leipzig f Kommerzienrat Hugo Wolff-
Rod e r, der Seniorchef der Weltfirma C. G. R5der
G. m. b. H. (Notenstich, Notendruck).
In Berlin + der Heldentenor der Leipziger
Oper Willy Tosta-Kuhlmann. Er stand als
Unterofflzier der Landwebr beim 1. Ersatz-
bataillon des Inf.-Regiments No. 24.
Schluss des redaktionellen Teils
Verantwortlicb : Willy Renz, Schoneberg
VERSCHIEDENES
Fremde Kunstler und der deutsche
Krieg- Zu den dem Ausland entstammenden,
aber deutscher Kultur aufs engste verbundenen
Kunstlern gehort der seit langem in Deutscbland
heimische Komponist und Pianist Ferruccto
B u s o n i. Seine warme Anteilnahme am Deutsch-
tum bezeugt ein am 10. Juni von New York ein-
gegangener Brief, dem er recbt bald zu folgen
boffte, an seine Verleger Breitkopf & Hartel in
Leipzig: „Die Haltung Ihrer Nation scheint mir
bewunderungswert, die Sohne des Herrn Geheim-
rats sind hochzuschatzen. Der Lohn durfte
nicht ausbleiben. Meine herzlichen Wiinsche
begleiten Sie in Gedanken." Dieser Hinweis
ist wohl am Platze, da soeben von einer franzo-
sisch beeinfludten Zeitungsnachrichtaus Amerika
Kapital zu schlagen versucht wird, weil Busoni
gleichzeitig mit dem deutschfeindlichen St. Saens
bei der Ausstellung in San Francisco einer
w Carmen"-Auffuhrung beigewohnt hat. Diese
Lieblingsoper unseres alten Kaisers Wilhelm I.
wird auch in Deutschland wahrend des Krieges
unbedenklich vielfach gegeben.
Lilli Lehmann bat sich bereit erklirt, vom
nachsten Sommer an zwei Monate lang am
Salzburger Mozarteum talentvolle Stimmbesitzer
im Mozartgesang zu unterrichten.
AUS DEM VERLAG
Richard StrauQ hat soeben sein 64. Werk
„Alpensymphonie" fur grofies Orchester der
Firma F. E. C. Leuckart in Leipzig zum Verlag
iibergeben. Die Urauffiihrung flndet im
November dieses Jahres in Berlin start. In
demselben Verlag erscheint auch sein „Wiegen-
lied" mit Orchesterbegleitung.
Ml. Akwtemie der Tonkunst in Munchen.
Ausbildung in alien Zweigen der Musik einschlieBlich Oper. Sonderkurs im Sologeaangi
(Dr. Felix von Kraus). Sonderkurs in Violine: (Professor Alexander Petschnikoff).
Vorbereitungskurs zur Prufung fur das Lehramt in der Musik an den Mittelschulen sowie an
den hoberen weiblichen Unterrichts- und Eriiehungsanstalten. Beginn des Schuljahres 1915'16
am 16. September. Schriftliche Anmeldungen bis langstens 10. September. Personliche Vor-
stellung am 16. September. Die Aufnahmepriifungen finden am 17. und 18. September start.
Statuten sind durch das Sekretariat der Kgl. Akademie zu beziehen.
Munchen, Juni 1915.
Der Kgl. Direktori Hans Bussmeyer.
IV
NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUS1K« X1V/20
'-1
*
-1
NEUE OPERN
Xoopold HaBsenkamp: „Erin" betltelt sic&
eine einakrige Qper, die zur Zcit der Frelheits-
kriege der Iren gegen die Englinder spielr.
Dm Buch stain mt von Axel Del mar-
OPERNSPIELPLAN
Mftacbent Am 10, Juoi bat sich der Tig der
Unmffliflruag des B Trist*n* lum 50. Male
wtederbolt. Unsere Hofoper bat dieses Fest
durcb elne .Tristan" -A uf fib rung gefeiert, wie
sie wurdiger kaum denkbar 1st. Bruno Wal tera
ebenso sensible^ als plastiscbes und grofies
CestalluDgsvermogen und uoser weltbekarwtea
Ensemble wirtten xu einer jener Leistungen
luiammen, dejren SchSnheit und Srilsicberhett
la Muncben Tradition isr. Es genu gen die
Namen (Knote als Tristan, Frau Mottl als
Isolde, Bender als Marke, Bamberger als
Knrwenil, Frl. Miller als Branglne), urn dem
Kundlgcn eine ausreiebende Vorstellung des
Gebotenen zu verrohieln.
KONZERTE
Berlin: ttn oichsien Winter verden zehti
NifcUch-Konzene stattfinden. Die Daten
lauten: 11. und 25. Oktober, 8, und 29. No-
vember, 13. Dezember, 10. und 24. Januar,
7. nnd 21. Februar, 0. MSrz. Zur sollatiscben
Mitwirkung sind u. a. folgende Kunscter in
Ausslcht genoromen: Eugen d'Albert, Ernst
v. Dobnaoyi, Carl Flescb, John Forsell,
Arrur Scbnabel, LeoSleiak, Franz v. Vec-
sey, Edyth Walker.
TAGESCHRONIK
Die Weltherrschaft der deutscben
Muaik, Isidore de Lara, einer der jung-
franzSsiacben Musiker aus Debussy's Schule,
bat in der cngliscben Zeifscttrift ..Fortnightly
Review" das Wort ergrirTen, uin den engliscben
Muslkern ins Gewissen zu reden, da(J sie sicb
too dem druckenden Joch der demscben Musik
befreien, eine Sacbe, die freilich leichter gesagt
alt getan isr. „Es 1st durchaus nfitig," erklBrt
der gutige Mahner, B daD, wibrend unsere
Scbverter gezuckt sind, urn unser Vaterland
utid unsere Nationalitat zu verteidigen, aueh die
Kun6t den festen Willen bekundet, sich von
den fremden Einflusscn m befreien und die
natlonaJe Etgenart, die in der Volksseele
scblummert, zum Ausdruck zu bringen. Frank-
reich bat bereits das Beispiel zu einer solchen
musikilischen Befreiung gegeben, und als der
Held dieses Befreiungskampfes darf Claude
Debussy betractatet werden, der das Kansrstuck
zuwege bracbte, sich von dem scheinbar un-
vermeidlicben und verhangnisvollen Einflufi des
deutschen , Leitmotivs' zu befreien. Und die
Jungen franzosischen Musiker, die in seinen
Spuren wandeln, haben die revoiulionare Be-
wegung weitergefubrt, eine Bewegung, die auch
die EnglBoder nachatimen solhen* Herr de Lara,
der leicht reden hat, beschwdn die englischcn
Musiker, aich dieser Aufgabe mit aller Kraft iu
wldmen und nicht auf den materiellen Vorteil
lit aehen, bei einer so vaterlandiscben Aufgabe
wie der Wiedergcburt der englischen Volks
Flote.
Fldte solo. Mk
110 Andersen, Joachim. Op, 37, X kieine
Ctprlecn , - 3S>
136-13.7 — Op. C3. 24 EtuJtt tcdinlquet. Heft
1. 2 \t 4.-
10 Kin tiler, 12 progressiva EiUJeri tJO
— KUvirrbcgteltuaf lu I JO
F16te and Hlavier.
1028 Amberg. Thtmt a Vvltrionj 2.SCI
[Orchutcr MtlttHt! in Abacbrlfi ]
18.4 Andersen, jAacblm. Op.44. L'blroaddk,
Vtlu-Ctprice 2. —
— Op. 45, Operntranskrlptlonen (rolite)-
sebwer)
362 - Kr. 1. IHoxart, Flgiro 1.50
3S4 - . 2. Bellini, Normi t.SO
3M — . 3. Bote 14 ItU, Die weiOe Dine . . I.M)
38S — .4. NlcOlal, Die luetljtcn Writer . 1-50
3GS — . S. Woiart, Don Juno 1.50
367 - .6. Dortiieltl, LueU t-90
368 — . 7. Weber, Der Fref*chOrj .... 1.50
369 — . 8. Mozart, Dfe ZaatKrfldte . ... 1.50
— Op. 57, Trolt morcMU*.
438 — Nr. L. Le cilme 1-50
437 — .2. Sercaidc tueluicollquc , , . . , 1.50
438 — .3, Lt tourblllan 1.50
359 — Op. 59, IntTOduciioo ci Fltitolstc sur de»
tin hancroii 3.—
~ Op. 59, Ftauialet nillomln (nan dlin-
cllet)
JBZ — Nf. 1. Diaol* ,,.... 1.50
353 - . S. EcojhI 1.7S
354 — . 3. Ruue tSd
355 — . 4. Suedoii 3-—
356 — » 5. Itillen 2,—
.157 - ,6. Hotif-nH* ....,.,.-- Z."
358 — Op. 61, 2m< morenu dccoomrt,tonipo*t
poar It contours de 1BB5 iu Conservatoire
ilr Mualiiue t P»rt» 3. —
— Op. 62, 4 morvemu*.
|M — Nr. r Ciritlne I.—
IMS — . 2. Irtrccmeiia 1.50
KM) — . 3. DtrE ligondolt 1.80
187 - . 4. Sirtnide d'emour 1 —
tSBO BuH-SvCnd&cn. SolJiude iurl» monugne —
Sehmuchl der Sccincrfn (tug. Ralnhard> 1.25
[Auch mil Hirmonimn imftihrbir.J
IS; Neupert. KeuignMloti, Srudlc, bctrb. vim
Josehtcn Andcnsn . I 50
1374 b Sandby. Danish Sonf, .Ro«|t|* ... 1.25
1613 Scot I, Cyril. Neil. Scutch Pijlurtl , . . 3,50
t2BS Svcndlta. Op.ze, Rominic,Cdur(B»rgt) 2,—
Flote and Harmonium.
BS3 Bull-Svendsen. Sehnauebi der Scnnerla
<Avg. Rflnhird) 1-25
Flote, Oboe and Marinette
(in B) mit Hlavier.
1078 flmberj. StiHe 5. -
St-jasdilk. Dev»n( la Cnhedrile. Rondo
v|[|jig*:<»l^Ci
Fl&te and Strekhlnstramente
oder Hlavier.
LM7 Amberg. Neu. Op, 1,4, Three Stcrcbe* 5.--
IPiirorolc. Rtmembnoce. Tinotelle),
I
t
/
i :
,!>. r^-TTji- Tj*.
r ~y7f+-: v
r
musik und der Uoterfrncfcung des deuucheu
Blnflunes. „Man aagt xwtr," nbit de Lara
fort, *dajl die Motik nicht auaschlieQllcb dem
natlonalen Gedaaken dienen Awt, Aber e* 1st
dgch eine lings t erwiesenc Tatsacbc, daQ das
engliscbe Publikum gar kein Verlangcn mehr
(rigt, Wagner und Brahms ta horen*, was Heir
de Lara augenscbeinlich fur eln Zeichen des
erwachenden englischen Mustkslnns zu deuten
geneigt ist. Seiner Meinung nach wlrd der
Kfieg aucb in der Welt der Musik elne durch-
greifende Verlnderung herbeifubren. Er wird
nacb der Prophezeiung des franzosischen
Musikers den Triumph des dcmokretischen
PrlmlpB bedeuten, und diese detnokratiscbe
Herrachaft wird Ihrcrseits dazu beltragen, die
Kunst wieder auf Klare, einfache Formes zu
bringen. „ Diese detnokratiscbe Weltanschauung
wtrd es ferner niit sich bringen, daQ sicb kunftig-
bin in Europa, ja sogar in Deutschladd, das
Wtderstreben geltend macben wird, nocb weiter
die hysterischen Verscbrobcnbsiten etwa der
(Salome 1 uber sich ergehen zu lassen. Man
wird vielmehr allemhaiben das dringende Ver-
Ungen baben, sich wieder an elner frischeren,
klare re n Quelle zu erqutcken. Die Engl&nder
' haben in der Gescbicbte der Welt, dank lb rem
politiscbcn G em fit, eine ausschlsggebende Rolle
gespielt. Sie baben es immer verstanden,
mit Tat und Geschmack den Sitten und dem
Glaoben anderer Vdlker Duldsamkeit entgegen-
zubringen. [?} Diese Duldsamkeit bat die uble
Folge gehabt, daft man dem ausiindiachen
Gelat eine grenzenlose Gastfreundscbaft ein-
ger&umt bat. Daraus bat die Kunst im all-
gemeinen und vor allem die deutsche Musik
ausgiebig Nuuen geic-gen, Deutschland. hat
England mit setnen Kompositionen, seioen
Dirigenten, seinea SSngem und seinen Virtuosen
erabert. Und die englischea Musiker haben so
viel Wagner, so viel brabms und Richard Straufl
in sicb aufgenommen, dad ihre musikalische
Seele wie ein Schwamm mit deutscber Musik
angefullr 1st und von Rechts- und Kunstwegen
mit der Aufscbrift ,made In Germany' versehen
werden muilte. Aber nicht nur die englische
lnstrumentalmusik, sondern teider auch der
engliscbe Gesang ist von den deutschen
,Liedcrn' zugrunde gericbtef wordcn. Die
leidige Auslanderei bat die Engender dazu ver-
Tuhrt, mehr deutscbe als engliscbe Stticke zu
singen, so da() die Wiedere;stehung einer
nationalen, einer von fremden Einfliissen un-
abhingigen Kunst, die wahr und unverfSJschi
die Empflndungen und ldeale des engltscben
Volkes iu tBnendem Leben gebrachr hatte, in
England immer schwieriger geworden isr." Abe'r
Herr de Lara latlt mit sicb reden, und er will
nicht etwa, daft die gesamte ausl&ndische Musik
dem Scherbengericbt verfiillt. Spricht er doth
in cigener Sache, und vor allem im Interesse
des t:\ports franzosisther Mtisik. Deshilb
nimmt er audi nur liie deutsche Musik aufs
Korn und hai im iibrigen nichts dagcgen, wenn
die Muslkfrtunde sich audi weiierliin an
italicnt^cher, russisthen und vor allem an
fran/osisdien ^'erken erfreucn. Aber die
deutsche Musik mul), urn der englischen Seelc
ihre Keusdilieit ~iu trhslten, unbedingt aus-
geroiiet werden, und es versttht sidi, dal^ an
ibre Stslle, wenn die EngHndftt
sein Bollten, naiionale Mnaifc ia
Muaik der VerbQndeten xa trotta hat,
de Lara hat sich in Paris im Bbrlgen schan tot.
Ilebenswurdiger Weise kflnatleriach tnn die Jeng*
liscben Bundesgenosaen benlubt, und er bil In
seinen Orchesterkonierten mlr Vorllebe Wetfu;
britiscber Komponifiten aurgeFubrt Zu wobt*
tEtigen Zwecken Tersteht sicb, und iwar vtrn
die Einnahmen dieser englischen Konierle f&r
die Hinterbllebenen der Sold ate n and Sesleutt
Frankrelcbs bestimmt. Die armelt HintOf-
bliebenen! Viel dflrtte bei der Sacbe oicht
berauagekommen sein, da man es aoeh deal
patriotiscbesten Menscben nicht wohl tumtnen
kann, einen ganzen Abend blndurcb engliscbe
Musik zu hSren.
Der DeutschenfresserSaint-SsSns. De*
SOJSbrige Tonsetzer Saint-Sagas bereirt attgett-
blicklicb Amerika. Er hat den ersteo Schritt
auf amerikanischem Baden benutzt, um etee
nambafte Kuastlerin, Frau Kutscberra, sttni
groblichste zu beleidtgen- Frau Kutscbern, die
in Paris zablreiche Wagnerkonzerte In deutscber
Sprachc gegeben hat, stand mit Saint-SaBna aeit
langem in so freundschaftlichen Beziehungett,
daQ sie sich fur befugt bielt, ihn bei seiner
Landung zu begruBen. Kaum wird Saint-Saena
ihrer ansicbtlg, als er hervorkrichxt: a AlIex-
vons^en, vous Stes AUetnande!" Nun 1st Frau
Kutscberra trotz ihrer Vorliebe fur die deutscbe
Sprache und Wagners Kunst zufallig keine
Deutsche, sondem eine Belgierin. In einent
offnen Brief, den sie an den franzSsischen Ton*
setzer acbrieb, betont sie, der ,K0In. Ztg." zn>
folge: „Was jcb aucb sein mag, icb bin vor
alien Dingen Kunstferin. Ich weiQ, daQ Sie zu
halsstarrig stnd, um sich zu entschuldigen, ttnd
da Sic micb vor allem Volk beleidigt haben, SO
iibe icb Vergeltung, indem ich Sie Bffentlicb an-
schuldtge. Sie haben gefeblt, indem Sie gegen
eine Dame und Kunstlerin unbofllch waren- Ich
weill, da(S Sie infolge Ihres ungluck lichen Tern*
peramenis eine Menge Schnitzer begehen, aber
ich wunsche Fcstzustellen, daD Sie in Amerika
nicht straflos und bus keinerlei Grand eine
Kunstlerin beleidtgen diirFen, die Sie zudem ut
Europa so sehr bewundert haben." Saint-Safins'
schwachlicher Rechtfertigungsversuch schlieOt
echt scbuljungenhaft: „Warum sagten Sie nicht
fruher, da[i Sie eine Belgierin sindl" Wenn, wie
ein [YanzBsisches Wort sagt, die LJcherlicbkelt
toiet, so hat Sains-Saens mit seinem Betragen
jedenfalls so viel erreicht, dad Ihn auQer In det
Musik niemand mehr ernst nimmt.
Ein Entarteter. Unter dieser Spiuraarke
lasen wir in der „Tflg]. Rundschau"; Der be*
kannte deutsche Musiker Georg Henscbel, der
seit vitlen Jabren in England lebt und dort SO*
gar - ' wir wissen nicht, wegen welcber Vet-
dienstc — geadelt worden ist, hat aus Anlau der
herecbtijjten Vernicbtung der s Lusitanla H folgen-
des Schreiben an die .Times" gerichtet: S MU
Entriistung und Scbrecken habe icb von den
letzten und totlsten Verbrecben gehStt, von det
Ve-rsenkung der .Lusitania' und ihrer unscbnl*
digen menschlithcn Fracht, begangen durcb ein
Volk, das ich durch Zufall der Geburt (icb bin
poln ischer Abkunft} das meinige nannte.desaen
barbarisclie und unmenschltche Kriegfubning
1
11
" ^ '■? ,t ~*^T'\ : -f\
bfe iber aoa ganxem Hdrnn varabacbeua, Uod
es uhelnt mir unfaBbar, daft Irgandetn xivilt-
■ierter Mensch coders dariiber dcnkt ich babe
aherauU dutch eCnen elnfluDreicned Freund der
engjiscben Regierung meine Dienste angeboten,
hoflfeatlicb diesmtl mit Erfolg, damit icb
mlcb aucb jrgendwo betitigen und mit meinen
tcBwacben Krlfien das grofle Ende raitberbei-
Ffthren kann, welches in der vollstSndlgen
Yeraichtung dleser furchterlichen Macht be-
■teht, die nicht nnr urtser gelicbtes Land, son-
dem die ganze Welt bedroht." Indem wir diese
lnteressante, durch politische Saebkenntnls
nicht getrfibte Stiliibung des ehrvergessenen
Renegaten B Sir* Georg Henscbel hiermit
nledriger hlngen, beroerken wir nocb, daB er
keioeswegs, wie er vorgibt, polnischer Ab-
kunft 1st Es isr namlicb am IS. Februar 1850
In Breslau geboren, seta Vater war der Kall-
mann Moritz Henschel, seiner Mutter Mid-
Chen name war Frankenstein. Dleser merk-
wBrdige .Pole* aus Breslau hat das dortige
Magdalenen-Gymnasium und dann das Leipzigcr
KoDserratoriunt besucht. 1877 Fand seine Ober-
tfedlnng nacb England statt. Wir gSnnen ihn
den Englandern!
Richard StrauQ als Scbmuggler, Der
Daily Telegraph erzlhlt mit vollkommen ernstem
Gesicht in seiner, von dem bekannten Londoner
Musikforscher Robbin Legge geleiteten Musik-
halle, die er in alien Abonnementprospekten
als die „beste und belehrendste* Musikrubrik
England* ruhmt, cine Ceschichte, die Richard
StrauC als Schmuggler darstelU. Hoffentlich
gjaubt Herr Robbin Legge selbst, was er drucken
llfit! Dem Daily Telegraph zufolge hat Richard
Stiaufl vor einiger Zeic irgendwclche Konzerte
In Amsterdam geleitet. In der Vonussicbt
zablreichen LorbeergemCscs, das dort seiner
Popularitit immer gespendet wurde, sei diesmal
StrauC an seine hollandischen Verebrer mir der
Bitte her an get re ten, ihm statt der Kr&nze und
Striufie eine praktischere Huldigung darzu-
bringen, namlich — ein Quartelfaftchen Wei ien ■
mehl und ebensoviel Eidamer Kasc! Die
Amsterdamer Musikfreunde waren durch diesen
Hungerschrei des Genies so geruhn, daft sie
Ibm diese Kostbarkeiten soFon fracbtfrei zur
Babn steHten. Richard StrauB sei es durch
Aufbietung seines ganzen ScharFsinns, durch
GeLtendmachung seiner offiziellen Titel und
Stellungen und durch energiscbe Obcrwindung
von tausend FShrnissen aucb gelungen, seine
Schatze in Deutschland einzuschmuggeln und
nach Garmisch zu bringen. Dart begann nun
Fran Strauli-de Ahna ein groGes dreitagiges
Backen »on herrlichen Broten und Broichen,
Semmeln und Horncben und Kuchen, und
vierzehn Tage lang konnte sich der abgezehrte
Kunstler durch die Mehlschwelgerei wieder zu
Kraften bringen. Aber das Weltblan weiB auch
von seinem guien Herzen zu bericbten: er bat
nicht alles allein aufgegessen, sondern von
dem Mehl und Kase auch an Paul Knupfer,
Clare Dux und Helix Weingartner ab-
gegeben! — Und ob man es glaubt oder nicht:
nicht elnmal die dunkle Andeutung mogltLher
dlplomatischer Verwickelungen, die sich
daraus ergeben konnien, 1st in dem geschetren
Blatt unterdruckc.
Musi It im Krlege. Aut einem detrtacbott
P«Edpoatbrt«r: a !n unsererHIhe Aegt Chateau..^
ein wnnderrones Scblofl, abor ginztlch dnrcfa
dla Fraaroatn verwOstet. In dam groflen Saale
sind tile Schrlnke erbmeben, Spiegel Bind zer-
trummert, kurt, ein Greuel ohnegieictten. In
dieger Umgebung stebt woblerfaalten etn prtcht-
voller Brtrdacber FJOgel, Naturllcb benuue icb
so Tort die eigemumlicb gQnstige Gelegenheft
und sctiwelge Z ] /i St und en im siebenten Hlmmel,
oder vielmehr in .Tannhluser*, ,Rheingold' und
.Walkure'. PttStzlich piff, palf, knallen zwel
Schusse, und zwei Kugeln schlagen rtchtig In
die Wand uberm Klavier ein." . . . Auch fn der
Liller Kriegszettung sowie In den fl legend en
Zeitunesblittern, die in den Gefangenenlagem
zur Ernolung dienen, steht allerhand n Musl-
kaliscbes". Da werden mir UmerstuuuDg der
deutschen Kommandantureo z. B. nocb Bl&ser
und Poaaunisten gesucht. . , , Die Russen
haben bekanntlich, wie alle Slawen, eine bervor-
ragende musikailsche Beanlagung, und es 1st
vorgekotnmen, daB russische Musiker, die scbon
vordem in deutscben Orcbestem im Frieden
milgewirkt batten, sich freiwillig gefangennehmen
lielien und jerzt durcb ihre Musik die deutschen
Soldaten iu erfreuen sucben. Ja, an der Rawka
soil ein rruber in Linz als Musiker tltig ge-
wesener Russe sich tapFer durch ajle Poaten
bindurchgeschlichen haben, um bet der Regi-
mentsn-iuslk der verbundeten Deutscben und
Osterreicfaer wieder gute deutsche Musik hSren
zu kdnnen.
Mit Beziehung auf den Artikel .Krieg und
Helden In Robert Volkmanns Tondicbtuogen*
von Dr. Hans Volkmann in Heft 13 dieses
jahrganges der B Musik" wird uns oiitgctetlt, dafi
ein Tonstuck Robert Volkmanns letzthln auch
im Fel de zum Erkltngen gekommen ist. Kapell-
meister Josef Striczl von dem in PreQburg
(Ungarn) stehenden Honved-Regiment bat das
„Lied vom Held*n H aus den Klavlerstucken
„Vjsegrad" (op, 21) Instrumentlert und kurz vor
seinem Ausmarscb mit seinem Blasorchester ein-
studiert. Durcb Feldpostkarte berichtete er jungst
an den Musikrefcrenten der PreQburger Zeitung:
„Vorde-mFeindestehend,wurdegesternzumersten
Mate das ,Lied vom Helden' von Robert Volk-
mann durch die Musik des Konigtich Ungarischen
13. Honvid-Regimenies vorgerragen. Offlziercund
Soldatc n (auch deutsche Truppen) waren zuTausen-
den anwesend und honen mtt Begetsterung diese
machtigen, hytnnenartigen, nationalftd KUnge."
Aus Zurich wtrd uns gescbrieben: An Stelle
des aus Altersriicksichten von seinem Amt zuruck-
getretenen Dr. Kcmpter wurde Robert Denzler
von Zurich als Kapellmeister fur die Ziircher
Oper gewablt. Der Mitte der zwanziger Jahre
stehende neue Kapellmeister hat sich durch tneh-
rere in modcrnstem Stil gehaltene symphonische
Werke bekannt gemacht. Meines Wissens wirkte
Denzler einige Zeit als Solorepetitor in Bayreuth
und Koln; seit einigen Jahren dirigiert er die
groflen Symphoniekonzerte von Luzern.
Der ausgeschlossene Kam mersanger.
Wie der Dresdener Stadtrat Ploetner in der
Hauptversammlung des Vereins zur Forderung
Dresdens und des Fremdenverkehrs mitteilte,
ist der amerikaniscbe Staatsburger Professor
Leon Rains, der bekannte siichsische Kammer-
1
III
slater, »n* der ftmerikinlschen Sttittn&irger-
gemeijucbBft lusgescblossen worden,' veil er
einen tcbirfea Prof eat gegen die sogenannte
Neutralftitflpolttik der Herren Wilson und Bryan
beiiehungsweise gegen die amerikanischen
Waf Ten 11 e fcru n ge n verfaBt und unter-
Bchrieben hatte.
Das Kuraiorium der Guatav Mabler-
Stl flung verlieh den diesjlhrigen Stiftungspreis
dem durch seine Opern „Der Musikaot* and
■Der Bergsee* bek&nnc gewordenen Wiener
Komponisten Julius Bltincr.
Am 17. Junl begin g Professor Frllz Kauff-
ibidd in Magdeburg aelnen 60. Gebumtag.
Der Kfinstler bat sleb ala Dirigent und Pidagoge
einen auagezeiebneten Narnen gescbafTen, Aiich
als Komponist (Klavierstucke, Lieder, Kammer-
musfk) ist er erfolgreich hervorgetreten.
Am 30. Junl beging Ludoif Waldmann in
Berlin seinen 75. Gc burl stag. Viele von fteinen
Ljedern waren zu ihrer Zeit Gemeingut auf
beiden H&lften des Erdballs. Vftr erinnern nur
an .Fiscberin, du kleine", an „Denke dir, triein
Uebchen" (den sogenanntea .Scbunkelwalzer").
an das Teucbl-rrSbltche „Die alten Deutscben
tranken noch c'm$" t dann an »Lustig Blot und
leicbter Sinn" und an die such heute nocb un-
abaaderiicta beliebte Vertonung von Paul Heyses
»Sei gegrudt, du mein scbones Sorrent".
TOTENSCHAU
Auf dem Felde der Ehre ist in Frankretch
gefallen; Dr. Robert Staiger, Vorstand des
Gotttnger Collegium musicum und Privatdozent
fur Muslkwissenschaften der dortigen Untversitlt.
Nacb lingerer Krankhcitf in Dresden, SOJahre
alt, Kammervlrtuos Ritter-Schmidt, em aus-
gezeichneter Oboer.
Im Alter von 68 Jahren + in Leipzig Alfred
Oetsehlegel, Komponist der einst vie! ge-
gebeneo Operetten .Prim und Maurer", „Der
Scbelm von Bergen", „Der Landsireicher" und
der Oper „Kynasi".
• Am 21. Juni f in St. GalJen, 7fi Jahre ait,
Domkapellmeister Dr. Eduard Stehle, einer
der bervnrragendsten katbolischen Kirchen-
musiker der Gegenwart. Geborener WQrttem-
berger, kam er schon in jungen Jahren nacb
derScbwei2, wo er sein gauzes Leben verbrachte.
Von 1874 bi& 1913 wirkte er als Domkapell-
meisier und Domorganist an der Bcnediktiner-
Kathedrale in St. Gallen. Als Komponist eni-
faltete er eine ungemein fruchibarc Tattgkeic
er schrieb Messen, Motetteti, Kantaten, Kircben-
Sesiinge versehiedenster Art, Chorwerke mit
Orcbestcr, Orgelsiikke. Seine Mferke waren
niche nur in den katholiscben Kreisen Deutsche
lands und der Sehweiz hocligeschit/l, auch in
Qsterreieh, Belgien, rrankreich unJ NorUamerika
wurden sie vjel aufgefiihrt.
In den Kampfen an der deulseti-lraniosisclien
Front f Henri Casidesus, der Bratscher des
auch in llcurschland wohlbekannten und hoch-
fceschatzten Caper-Quartetts. Auch sein Bruder
Marcel Casadcsus. der vortrcfflithe Cellist,
ist ein Opfer des Krieges geworden.
Schlufi des redbk tionellen Teils
Vcrantwortlkh : Willy Ren;!, Scbftnubere
VERSCHIEDENB5 '
Tausond Seoul kinder wlrkten in einem K6I&0-
zum Beaten des Roten Kreusea En Stettin itf^. ,■
bei dem ,Du Ued vom Hindenbarg*<A-D«N«fiJ,
komponiert von Hermaaa RobloTf, deo H5be>
punkt bildete und unbeschrelblioben Jubel «jr-
weckte. Der Oberprlsident, der aem Konxett
beiwobnte, beglflckwdnschte den KomponJaten
(Kantor in Daber, Kreia Naugard) xum ErtO^B
seines Uedes, du als die bests und TOlkst&n-
licbsie Vertonung dieses Gedlcbte* g^lt
Bei Schuster & Loeffler, Beriin,
erschien:
MMM i lie Gtii
Hcrausgegcben von Felix Loreoz
Buchscbmuck von Ctrl Zander
5. Auflage — Vornebm gebunden 3 Murk;
Den Gefallenen gevidmel und ibren
Angehorigen bestimmt: das Ist iter
Charakter dieses in seiner Art ein^
zigen Werkes. Wie unsere GroQen,
von den Herrschern und Heerfiihrern bis
auf den stillen Decker und Dicbter, die
Heldenkraft, das Heldentum und den
Heldentod sehen, begreifen und verbcrr-
lichen — bier ist es in ehernen und riefen
Worten fur alle Zeit festgebalten. Dm
Buch wird so zu einem Kulturdoku-
ment edit germanischer GrflQc
Jeder, der den Tod eines Teuren auf dem
Felde der Ehre betrauert, fjndet in dicsem
sclionen Werk sein Trostbuch t das ibm
den Schmen erleichtert; sein Erlnne*
ntngsbuch, das thn stolz raacben wird;
sein Gedachtnisbuch, das er selbst
durch eigene Aufzeichnungen und Ge-
danken bereichern kann, wozu ibm die
eigenttimliche Anlage de9 Verkes Rtum
gibt. So kann siuh jedermann die .Heldeo-
kranie u ^u einem Hausbucb der elge-
niiji Aufrichtung gestolten oder als ein
Zeichen des Beileids den trauersden
Freunden darbringen.
IV
JJ
NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur m MUSIK" XlV/21
NEUE OPERN
Oakar Straus: »Der aielnerne Cast", Text
¥«n Oskar Bluraenthal nach seinem Lust*
spiel .Nlobe", 1st vom Viener Carltheaier zur
UrautFfibrang angenomntca worden,
OPERNSPIELPLAN
New York: Die Metropolitan-Oper har,,Fran*
ciaco Goya", Dicbtung von Periquet, Musik
TOfl Enrique Grimdos, zur UraufTuhrung
ervorben.
KONZERTE
Boston: Die Handel and Haydn-Society,
die von kunstbegeisterten BOrgern ursprOnglicb
feesonders iur Pftege der Oratorien der beiden
gra&en dcutschen Meister begruodet worden
war, felerte ibr bundertjihrlges Besfehen
rait einem vieriigigen Masikfesi, das unter
Leitungvoti Emit Mollenbauer stand, Merk-
wQrdigerwei?e wurde indes von groBen deut-
scbeti Werfcen nur Mendetssobns .Elias"
wledergegeben, wlhrend den Hfihepunkt des
Fcstes die Urauffuhrung des Oratoriums
„Morven and tbe Grail" von dem ameri-
kanischen Komponlsten Horatio Parker (ge-
boren 1863) bilden sollte, dessen Famflie mil
der GrBndung und Gescbichtc des Vereins
eng verknupft ist. Dieses in Dicbtung und
Musik dem ^Parsifal" nabestehende Werk er-
»ie» sich jedoch ais vollfcommener Fehlschlig;
es wird von der amerikanischen Kritlk als eins
der schwichsten Werke Parker's bezeichnet,
TAGESCHRON1K
Der endgultige Text der „Wacht am
Rboin" wurde vor kurzem, vie Gymnasia!-
direktor Prof. Pohl in der Zeicschrift „Die
SUrome" miiteilt, auf Veranlassung des preutti-
scben Ministers der geistlichen und Unterrichts-
angelegenbeiten unter Vorsitz von JVlinisterial-
dircktor Dr. Scbmidl von einer Kommissron
festgesreJli, urn dem in den SchulbQcbern ein-
gerlssenen Wirrwarr eta Ende zu bereiren. Die
Grundjage der Beratungen bildete etne von
Geb. Reg- Hat Prof. Dr. Mai Friedllndcr in
Gcmeinschaft rnit Prof. Dr. Job. Bolte a«s*
gearbeitete Denkscbrift, die zwei Lesarten des
Liedes gegenuberstellt: cine aus der von KarJ
Gerok besorgten Ausgabe der Schnecken-
burgerschen Deutschen Lieder vomjahre \ffiQ,
und cine iweiie t die Karl Wilbelm im jabre 1SS4
seiner beruhmren Komposition unterlegte. Die
Denkschrift stetlt sicb in der Hauptsache auf
den Standpunkt, daC zwar fur den Text eines
Dicbtwerkes die Ausgabe lemer Hand miB-
gebend sei, „ein komponienes Lied aber singen
wir in der Gcstair, in welcher der Musiker es
in die Welt schiekte, auch wenn er die Worte
des Dichters anderte". Die Wilhelmscbe Fassung
1st scbon deshalb maf]gebend, weil die Ver-
tonung dem Text ersi die Sctiwingen gegeben
hat; auGerdem variieren die Sclineckenburger-
schen Autograpben unter sich. So wurde troti
anflngiicher Opposition einiger Miiglieder der
Kommission schlieGlich die Wilhelmsche Fassung
gewahlt, indes mit wabtweiser Zuiassung der
von ibm gesthchenen vierten Strophe ^Und ob
I
Will lama llin :: leipi
Salonorchester.
n HEIMDAL M . Nwdlacbe Saton-
Drchesttr-Saitimtutig.
BesetXUnl: Ifltfler, HirmDnlum, VlaLiMt,
ViuHneohllpf, Cello, BiO, Fldte, Klirineire,
Trompcje, PostKne and Scblineui
AnHOhroir in ktelnster Baettung;
Klivlcr, VIolLm und Cello.
1-27 - Nr. 1. Neu. Ch. Godard, op. « Nr I,
MljitUnflilCC , t.Sl
15SS - , 2. SlltlJIrtfl, «p, 59 Nr. 3, Vtlmt . , I SO
1S29 - , 3. •Halvorsen, Elntugjmirich der
Boltrtn 3.-
IK30 — , 4 'Carl Niatman, Tinmen* und
Foils d'E»p4fne in* derlnnnlMhm
Oper .M«»k*fidc* , 2 SO
1531 — , 5. RuDtntt«ln, op. ,1 Hr, 1, Mtlodht I.—
1533 - . 6. •ftani N«ruda, «p. 3Q Ht. 3,
tAtrchc iloviquc 3. —
1533- . 7. FtniHanNquaa.op. 22Nr.9, An-
itM.me religiose 1.50
ISM — . 8. Joh. Svendian, Priludt . , . l.fQ
1S3S - , O, Lsnga-MQMvr, op. 59. Str*mdt
*ua .Rtnilinnce* 1-SO
IMS - . Iff. Qrl«g, Av* nurii »tt51t .,..!.»
1537 - .11. Joh. Svendaen, Din»c (wfsitit I.SO
IS*J — , 12. Tachallcowaky. op. B Nr. 3, Mi-
igrka dc Slloo
IS39 - , 13. Fran^ol* fiahiT, Slftnidt eilnnte
t.MO ~ » 14. Emll Harlmann, WkKrtlled . ,
IS4J — , W Ttehalkowsty, op. 37* Nr. 10,
Ch*n( d'AmoiBne.
]U2 - , IB. Nlftli W. Oade, Wtegenllsd . . J.—
1MJ - . 17. Per Laaten, Crcwandfl . . . . 1.—
IM4 — , l& Langa-Mullar. Weittrlcitcbien
tar Mlircrn»cl)t, Sertnide ....
IMS - . 19. Sinalng-Burm««1»r, G4voite .
JM6 - , 10. Lwd*lo SehytU, Berceuse .
1H" — .11. Eitm. Ntupart, Rciigniitm . ■
\^is - . 21 Moiarl, Henitctr
1549 - , 23- Aug. Enna, blc Sfcrnckin ei
k linden Lied «ns dtt Optr .Aa-
castln und Nleolele*
|«0 - . 24. *Fini Honrlquaa, Elffnwni . .
)F-l - . ZS. Eylnd Alnaf*, Dct Seem«nn«
Itrtie Rtlit 1-50
1S?2 - , 2B. Hfllyorsen, op. 17 Nr. 1, Aitod-
ltndsch.fi . . 1»
1ESJ - , 21 *A. W. Lanialiy, Kintislt liher
din. NnlotitliTielodlcn ..... 4.—
IS54 - , 2S. H. C. Lumbyo, Trtumirldcr . . 1.50
Erglnxtingnflmmen Je lit PI.: eu den
mlt * bezelthncten werken |c 30 Pt.
1.50
I.SO
1,50
1.M
1.—
I SO
1.50
1--
I.-
1.S0
2.S0
f. —
2.H>
5,—
■j _
2.50
i.-
2. SO
I
Repertoire fur Haus-
und Salon -Konzerte.
ror Ktavicr, Harmonium, Viollne und
VlolonCtll (Viollne t! unJ Viol« ail Hb.)
14S0 l. Harrmann. Klein Xlraien, Oiii-eriare 1 50
H«0 2. SctlLtirri- Svmphonitln h-moU l.Sit: 4. -
H!)l 3. SYendicn, *h*p»»dl>;norvti;i«!rirNr 3,
Of, 21 .......
Mt!-> ■t. MlSkOW. ,V«(Cr iiristr"
HH3 S Svcndsen. Fcit-PnlnnSie. op. li . ■
I4!*4 G- Grieg. Ave miril llclli
1 4*13 7, Svendscn. Andinic Tunthrc .....
nyc K. Laiigc-firtQIler. lni MjntniiDfc iui
Jcr Suit*^ B ln der ALl^BtinhfL*. op .^ .
1 437 U. tiiie. Hoilncliiuilicr aus dem Billei
.Kine Vi.1k!s»(i:'
I4;t?i ID. Boleldleu. Der K.llf vuu BueJaJ, Ou-
ttnurt
H9t) 11. Malvorsen. Einj^stnirscb dcrtlo|ireti 3.50
1
L
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T*
--i.7— T
T^
J !
main Hen Jm Tpde hricbt"). Die Abwetehiingen
rem komponierten Text etnd geringfuglg -und
tfsher f*st amnerklicb {z. B. die Wiederberstellung
def urapruneUchea Ftasuog: .bcBchfrmt die
betl'ge Ltndesroark* ststt .bescbfltzr", wie
Wilbelm Knderre), Es 1st zu boffen, daH nunmebr
der endg<lg Fur Preuflen festgelegte Text sicfa
much In den ubrigen Bundesataaten einbekticb
durc&setzen wird, damit sSmtticbe Deutsche
Scbutklnder nfcbt mebr in ibren Lesebuchera
eine and ere Fataung als In den Gesangbfichcrn
flnden.
Die Ausbildung deg Obres. Die Be-
deutung der Sprccbmascbioe Fur die Spneb-
wissenscbaft und den Unterricht scbitdert Weber
in der Zettscbrirt fflr den neusprachllchen Unter-
richt. Es 1st bekannt,daB Akademieen, besonders
die Akademie der Wisscnscbaften in Tien, sich
fur die wissenscbaftlicbe Sprachforscbung des
Phonographen bedlcnen; die Wiener Akademie
bat ein grodea Phonogram march iv eingerichiet,
wo meat nur die Spracben der Vfilker, sondern
auch die Stimmen bedeutender Celebrter auf-
bewahrt werden. Dem Pbilologen werden die
Platten das Sprachstudium und die Sprich-
forschung zwelfellos sehr erleichtern, ja Fiir vide
werden auch im Kriege solche Platten oft der
elnzige Lebrmeister der richtigen AusEprache
sein, Aber auch der Schule fcann die Sprecb-
maschine nutzen. Sie kann dann, wenn der
Schuler scbon den SpracbstofF beherrscht, etn
Gedicbt be re its auswendig kann, Verwendung
ftnden und wird dann ein Mittel iur Forderung
der Beobacbtungsgabe des Scbulers sein. Unsere
Schuler sollen so tuchtig wie moglicb im Kampf
urns Daseiti gemacht werden. Daher bemuht
man sich in alien FSchern, den Verstand aus-
zubilden. Aber die Sinne durfen nicht zu kuri
komtnen. Der naturwissenschaFtliche Unterricht
ist beute weniger Lern- als Beobachmngsunter-
ricbt, beim bioiogisclien Unterricht, in Chemie
und Pbysik legt man immer mehr Wert auf die
eigene Arbeit der Schuler und richtet praktiscbe
Arbeitsstunden im Laboratorium ein. Aber alles
geht doch nur auf die Ausbildung des Auges,
Der Ausbildung des Ohres bat der modern*
Spraehunterricht mtt dtcnen sollen. Er kann
dieser Aufgabe aber erst ordentlich gerecht
werden mit Hilfe der Sprechmascriine. Durcb
sie wird dem Spraehunterricht ein neuer Werr
verliehen, er bat in den Flatten fast naiurwissen-
scbaFilkbe Beobaehtungsobjekte, und die Bc-
obachtungen, die die Schuler mnchen konnen,
haben einen absoluten wissenschaFilichen Wert
gerade wie die biologiscben, chemischen Oder
physikalischen Beobauhiungsergebnisse.
Musikunlsrrichl versicherungs*
pflichtig. Eire interessante Entscheidung
uber die VfrsichcrungspNicht von Musiklelirern
iat kiirzlicu vom Kentenausscriull der An-
gesttlltenviTsicherung getroffen worden. Einc
verheiratete Musiklehrerin, die in der Haupt-
sache sich iin Haushalt und in ihrer Farnilie
betatigt, erteilt daneben atith an einc Anzahl
von Schulern Klavierunte rricbt in Mirer Wohnung.
Sie tsat dicscn Unierfkht siets den BedurTntssen
ihrer Farnilie untcrseordnei, Sie war daher der
Mctnung, in dieser 'i'Siiglcsit sirlbstandig und
dsmit nicht vcrsi^htriingspflichtit; Jti stin. Dem
cntgeyen hat dtr Kcntenausschud entscliieden,
daS die Ertollung der Sttuiden *lt vendclti
pfllobttga BeachlfHgung utmeben lei
Entsebeidungwird^baaptsIebHcbbegruiuletdv
$ 1 des Versicberungigeaetzes fur AngetteQB>> L
nich dem Lebrer und Erzfefaer, die gegen BenV
gelt arbelten, veraicberuogipflicbtig tind } tiha*
RuckEicbt darauf, ob ate dfese Tltlgkeit bupt-
qder nebenberuflich ausubcn. Vor allem aber
geht aus den Vorarbelten lura Angeatetlton*
versicbemngsgesetz, der BegrfludtiBg und dm
Rekbstagsvcrhandlungen hervor, difi dje nnbe^
dingte Absicbt bestandcn bat, dte unatlndlgea
Piivatlebrer und Prlratlehrerinncn der Adgfl-
(telltenversicberung zu unterwerfea * und d*
nselbstandige* 1 nur solche aniusehen, die ebnne
Unterrlcbtsanstaiten usw. unterbiUttiL Dleie
Entscheidung verdient Beach tung, da zwelfeUo*
in zablreichen derartigen Flllen aus Unkenntole
keine Beitrage gezahlt werden. Ea Ist alleo
Priratlehrern Oder -lehrerinnen dringend tu
empFeblen, aicb uber ihre VersicberungapBlcht
zu unterrichten, da unter Umatinden dnitb.
Nachzablung von Beitragen K oaten nod On--'
aanehntlicbkeiten erwachsen" 1 konnen. Rat Ha
alien Versicherungsfragen wird in den Bonn
der Reicbsversicherutig&anstalt* fur 'Angeateltte
sowie von den Onaausacbiissen der Verrrauem-
minner (fur Berlin: FlottwellstraQe 4, 1, Sprecb-
stunde tMglicb 1—3 Ubr) erteilt.
Gounod und das Deutacbtutn. Mto
weiG, daD Saint-Saens, der franzoslachc
Musiker, seit Auabruch des Kriegea die
„Bocbe9" nicht mebr leiden mag, obwoht er
sich vor dem I. August 1914 durchaua geduldtg
von ihnen verebren liefi und sogar die Gaat-
freundschaft des Deutscben Kaisers nur zu gent
genossen bat. Man weifi, da.Q er jungst in seiner
Verblendung so welt gtng, eine ibn begrfiflende
belgische Sangertn, die er Irrtumlicb fur elae
Deutsche hielt, mit roher Gewalt von sleb zu
stollen und thr die tbeatralischen Worte fns
Gestcht zu scbleudern: „Heben Sie aicb -wef
von mir, Sie sind eine Deutsche I" Bei dieser
Gelegenheit ist ea interessant, daran zu erlnnern,
wie grundverschieden von Saiat-SaSns elnst
Gounod t sein nationaler Facbgenosse, anli&V
lich des Krieges von 187071 fiber die Deutechen
dachte. Gounod, der in St.-Cloud bei Paris eine
kleine Besitzung bewohnte, hatte die Schrecken
des Krieges am eigenen Leibe zu spuren, und
die Belagerung der Franz5sischen Kaupiatadt
vertrieb ihn nach London. Als ein Mann mit
weitem Blicke aber batte er von vom here in fiber
den vom Zaun gebrochenen Krieg mit Deutach-
land ein vernichtendes Urteil gefallt. Er konnte
das Gescbick jedoch nicht aufbalten, und M
mullte er im Zustand tiefster Niedergeschlagen-
heit von jcnseits des Kanals das Unhell an seinem
Vaterlande sich erfullen seheit. Dieser Stlmmung
entsprang beispielsweise die nach den Worten
der Klagelieder Jeremia komponierte und 1871
in London zum ersten Male aufgefuhrte Trmuer-
kantare B Ga!lia". Von der Themsestadt rtcbtete
Gounod ferner an den damaligen Kronprinzen
von Preulien einen denkwiirdigen Brief, in dem
er mil bewegten Worten der Bitte Ausdruck gab,
nach Aloglithkeit sein Haus in St.-Cloud zu
sclionen, das er sic]} erst nach langen kfljist-
lerischen KampFen habe erwerben kSnnen.
Gounod ist orTen und ehrltch genug, in dfeaefa
k+
Schrelben dem. Kronprtazes gegenilber zn be-
tOflftn, daB er deutscher Kunst and dem-
■them Geiste voeotllcb seise elgene
kfinstleriscbe Richtung verdsnke und
den KrJeg »ufs tfefste beklage.
Mozart uber Paris. Im Jabre 1T78 war's,
als der jonge Mozart In der frtnzdsiscben Haupt-
stadt weilte; einem Machtgebot des Vaters ge-
borchend, ging er rait der Mutter nacb Paris,
nod in dieser Stadt, die slcb gar iu gerne als
dea Sttz der Kultur und des groGten Kunsrver-
sttndnlsses bewundcrn lied, schatzte man den
trotz seiner Jugeud bereits anerkanntcn Meister
co wenig, daB cr gezwungen war, sicb die Zelt
seines PariserAufedtbtltts hlndurch mitStunden-
geben durcbxubritigeo. Die Mutter, an der Mo-
tan mit groUer Liebe bing, erlag denn aucb
bald dea Entbehrungen, die sie sicb auferlegen
mnBten. ,Vcnn bier ein Ort wire, wo die
Leutc Ohren hitten,* heiBt es in einem Briefe
an den Vater, .Her* mm Empfloden und our
ein wenig eiwas von der Muslk verstunden und
Gusto bitten, so wiirde ich von Herzen zu alien
dlesen Sichen lac hen, aber so bin ich unter
tauter Viecher und Bestlen {was die Musik an-
belangt). Wie kann es aber anders sein, sie
afnd ja in alien lbren Handlungen, Leidenscbaften
und Passionen aucb nicht anders , , . Venn ich
eine Opera zu mschen bekomme, so werde icb
genug Verdrufi bekommen — das wurde icb
aber nicbt viel achien, denn ich bin es schon
gewobnt. Venn nur die «rflucbte ftanzosische
Spracbe nicbt so bundrotttsch zur Musik wire!
Das ist wis Elendes — die deutscbe 1st nocb
gottlicb dagegen. Und dann erst die Singer
und Slngerinnen; man sollte sie gar nicbt bo
nennen, denn sie stngen nicht, sonde rn sie
schreien — beulen — und zwar aus vollem
Halse, aus der Nase und Gurgel.* Nun, der
Verdrufi, eine Oper fur diese Singer und Sin-
gerinnen zu komponieren, sollte dem arglosen
deutscben Musiker erspart bleiben; denn er er
bielt den Auftrag nicht. Es litt ilm denn aucb
nicht lange mebr in der verstandnisarmen Stadt,
die das Wunderkind zur Zeit seiner ersten
Pariser Reise verhatschelt batte, und die dem
Genius des reifen Ktinstlers ihre Anerkennung
versagte, bloQ weil er in seiner kernig oster-
reicbiscben Art es nicht zuwege brachte, sich
bci den leichtfertigen Farisern einzuschmeicheln;
So verlieB er denn bald die ungastliche Stadt,
um nach Salzburg in seine ffiihere Steliung zu-
riickzukebren.
Joachim Qber englische Musik. Der
Vossischen Zejtung wird gesehrieben: In England
bat man es unter der Einwirkung des Weltkrieges
versucbt, mit einheimischer Musik auszukommen.
Das Wagnis endete mit einer Blamage; die fade
britiscbe Produktion kann eben nicbt einmal
die Jingc-s reiien. Dad die scbopferischen
Krafte der britischen Tonkunstler nichts taugen,
muBte selbsc Joseph Joachim bekennen, der
rerstorbene Grolimeistcr des Geigenspiels, der
in England, wje man weitt, goiiliche Verehrung
genoft. Von etner Kantate Artur Sullivan's
schreibt Joachim aus London (unter dem
22. MIrz 1887) an Prof, Ernst Rudorff in
Berlin: „Ich fand sie talcntvolt, aber das Guie
zu skizzenhaft und den Geschmack nicbt iiherall
rein. Viel Berlioz und Wagnersch SQfiliches,
fael maneaem Ortgmellen, Spontanea tn dcVr
Auffassuog. Wir slod recht heroirter-
gekommen, wean da* ersten Ranges win
soil!" Dieses Uriel! nacb Gebflbr eiazuechltxeo,
tnnQ man bedenken, daD Joachim ein Mann von
anglophller Gesinnung war; pries er docb
schw&rmerisch das .dear, dear London", schreibt
er doch einmal an Clara Sebum an n: John
Ball kann Mozart, Beethoven und Hindel gegen-
uber eine gute, ebrlicbe Haut sein, rielleicht
gewlnnen Sie Ihn von der Seite lieb", anderer
Zeugnisse seiner Sympathieen Kir das Inselvolk
nichr zu gedeoken. Joachim, der gefeterte
Liebling der .season", Ehrendoktor von Oxford,
Cambridge, Glasgow, wuBte die kunstlerlscbe
Erapranglichkeit des britischen Publikums wobl
zu bewerten; aber von den scbopferischen Gaben
seiner Wirte hlelt er nichts.
Mobilmacbung des franiosiscben
Musi kverlags, Der B Temps" bat, wle ge-
meldet, die rranzdsischen Verleger zu einem
Pcldzug gegen die deutscben Klasiikerausgaben
engiiscber, lateinlscber und griecbischer Autoren
aufgeforden. Die fraazSsischen Musikverleger
Bind noch erbeblicb weiter gegangen. Mit
einem Kapital von zehn Millionett Franken bat
man ein Syndikat begrundet iwecks Ver-
dringung der weltbekannten deutscben und
dsterreicblscben Musikverlagsflrmen wie Peters,
LitoJff, Breitkopr & Hirtel, Universal Edition.
Die gesamte gangbare Musikliteratur soil in
neuen franzSsischen Ausgaben erscheinen. Es
bieibt sbtuwarten, ob der verbsitnisma&ig be-
scbrSnkte Bedarf in Frankrelcb die Kosten des
Unternebmens decken wird, und ob die neuen
franzosiscben Ausgaben in den ubrjgen Llodera
beim Vettbewerb mit drn bewlbrtcn und ein-
gefuhrten deutschen Musibalien den Sieg davon-
tragen werden.
Harts von Bulows Pseudonym W. So-
linger. Der Verfasser dieses Artikels im vor-
liegenden Hefr, A. N. H a rzen-M filler, w'eist im
Anschlufl an seine Bemerkungen zu dem
Herweghschen „Arbeiterbundeslied" darauf bin,
dafl der Leser ailes Nibere uber Bfllow-
Herwegh in seinem AuFsatz ^Liszt, Wagner,
Biilow in ibren musikalischen Beziehungen zu
Georg Herwegh", 1, und 2. Septemberheft 1904
der „Musik" findet.
Prof. Max Schneider, Lehrer am Aka-
demischen Institut Fur Ktrchenmusik und Hilfs-
arbeiter an der Berliner Koniglichen Bibliothek,
bat einen Ruf als autlerordcntlicher Professor
ftir Musikwissenschafien an die Breslauer Uni-
versitit erhalten und angenommen.
TOTENSCHAU
Auf dem Felde der Ehre sind getallen: Musik-
direktor Hermann Bertram, der Leittr des
Lcipziger Konkordia-Orchesiers; Kapellmeister
Kurt Zernik aus Leipzig, zuktzt an den
Stadttheatern in Gorlitz und Brandenburg tltig,
25 Jahre alt.
Am 24. Juni -f- in New York, <i3 Jahre all,
der Klaviervinuose Rafael J oseffy. Geborener
Ungar, Schuler von Brauer, Tausig und Liszt,
lebte er seit dem Jahre IS79 in Amerika. AuBer
KJavterkompositionen veroffentlichte er eine
^Mdsrerscaule des KlBvierspiels".
Am 29. juni f in Stuttgon, 64 Jahre alt,
111
Prof, Willi elm Foerstler, der langJBnrige
Dirigent des „Liederkranz", Preisrichter bei iabl-
reichen SI rig erf eaten, eine urn den deutschen
Miinnergesang hochverdienre Personlichkeif.
In Gotenburg in Schweden f Josef Czapek,
90 Jabre alt. Aus Prag geburtig, gelangie er
auf einer Konzertreise durch Skandinavien nacb
Gotenburg, wo er sicb urn die Entwtcketung
des musikalischen Lebens als Dirigent, Organist
und Gesanglehrer grolie Verdienste erwarb.
In Deuvjlle •% Leon Rinskopf, der Direktor
und Kapellmeister des Ostender Kursaales. Er
war ein tuchtiger Orchesterleiter, der sicb aucb
im Ausland einen geachteten Namen gemachr
hat. Sein Hauptverdienst ist die glSnzende
Organisation der Konzerte im Ostender Kursa&l.
Am I3.juli f in Plauen (Vogt!.) der K6nigSiche
Musikdirektor Arno lrmer, 69 jahre all, der
langjihrige Musiklebrer des KSniglichen Lehrer-
seminars.
Aus Magdeburg wird uns geschrieben; In
Bielefeld •}■ am 17. Juli auf seiner Reise nach
Bad Salzuflen, wo er Genesung von schwerer
Herzkranfcheit suehen wollte, der bisherige erste
Kapellmeister des Magdeburger Stadrthe iters
Joseph GoUrich. Mil Ausgang der vorigen
Spielzeit war er — Mjahrtg — in den Ruhestand
getreten; ein ruhevoller Lebensabend war dem
NimmermiJden nicht bescbieden. Das Leben
machte es dem Verstorbenen nicht leicht, sieh
durchzusetzen; es warF ihit, nachdem seine
musikalischen Studien (Dr. M. Brosig-Breslau)
■bgeschlossen waien, in halb Deutschiand umher
(Krefeld, Barmen, Metz, Ulm, Augsburg, Konigs-
berg, DusseJdorf, Berlin}, bis er im Hamburger
Stadttbeater landete. Von hier wurde er vor
zwolf Jabren nacb Magdeburg berufen,
das ihm, dem verstehenden und feurigen Kunst-
let, einen Aufschwung der Oper verdankt. Er
gehorte zu den „Sreuermannern*, die den Schiffen
mit Tester Hand und klarem Auge ihren Willen
vorschreiben. Sein Auge beaaH [ene seltene
suggestive Kraft, die alJes unter den eigenen
Willen zwingr. DaB er immer dem Kunstwerke
aelbst entnommen war, darin beruhte der fort-
reiQeride Reiz seines Dirigen ten turns. Das rein
Reprodukttve erschien ausgeschaltet; er srlebte
das Kunstwerk; sein Dirigieren wurde zum
Nachdichten. Und nicht nur bei den Werken
Wagners, den er gliihend liebte — Mozart,
Beethoven, Weber, Strauft, dann auch tieuere
italienische und franzosische Meister, die er In
ihrem Heimatlande studierte, umfadte sein Hen
mtt gleicher Hingehung, Er war, wie das bei
solchen Naturen selbsiverstandlich ist, auch ejn
bedeutender Sympboniedirigent. Als letzte Oper
der vorigen Saison dirigierte er noch den „Tann-
hauser"; mit dem Verschwcben der purpurnen
Erldsungsklange nahm er Abschicd von der
Buhne. MsgdeburE steht vor einer Kapellmeisrer-
wahl. Die Direktion der Oper und der grolien
Symphoniekonzerte soil in einer Hand vereinigt
werden. Es ist zu hofFen, dad man Joseph Goll-
rich einen wurdigen Naehfolger gibt.
Max Hasse
Schliias dea redaktioaelleo Teil&
Vermiwortlkb : Willy Ren/, Schoneberg
VERSCHIEDENES
Conrad Ansorge wird in diesem Jahre vom
20. August bis 19. September den fu often
Meisterkursus in Konigsberg (Pr.) Jeiten.
Interessenten wollen stch an Herrn Direktor
Emit Kiihns in Konigsberg, Franifisiscbe Strafle,
Konservatorium FSr Musik, wenden.
Bei Schuster & LoeJFfler, Berlin,
erschien :
nnnnnnnTnnMTTnniuiiiiiiiiiiiiiiNiimiii
Herausgegeben von Felix Lorenz
Buchschmuck von Carl Zander
5. Auflage — Vornelim gebunden 3 Mark
Den Gefallenen gewidmet und ibren
Angehdrigen bestimmt: das ist der
Charakter dieses in seiner Art ein-
zigen Werkes. Wie unsere GroRen,
von den Herrschern und Heerfuhrern bis
auf den stillen Denker und Dicbter, die
Heldenkraft, das Heldentum und den
Heldentod sehen, begreifen und verherr-
lichen — hier tst es in ehernen und tiefen
Worten fur alle Zeit festgehalten. Das
Buch wird so zu einem Kulturdoku-
ment echt germani sc her GroGe.
Jeder, der den Tod eines Teuren an F dem
Felde der Ehre betrauert, flndet in diesem
schonen Werk sein Trostbuch, daa ihm
den Schmerz erleicluert; sein Erinne-
rungsbuch, das ihn stolz machenwird;
sein Gedachi nisbuch, das er selbst
durch eigene Aufzeichnungen und Ge-
danken bereichern kann, wozu ihm (tie
eigentiimliche Anlage des Wcrkes Raum
gibt. So kann sich jedermann die .Hclden-
krSnze" zu einem Hausbuch der etge-
nen Aufrichtung gest»lt?n oder als ein
Zeichen des Beileids den trauernden
Freunden darbringen.
IV
w^
*
NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUSIK" XIV/22
NEUE OPERN
Franz Schrekcr: ,Die Gezeichneten", eine
dreiaktige MusiktragSiIie aus der Renaissance-
zejt, wtrd in der kommeitden Sptelzeit an der
Munchener Hofoper ihre Urauffuhrung er-
leben.
OPERNSPIELPLAN
New York: Das Weiterbestehen der Dem-
scben Oper jst geFahrdet, besonders iiifolge
des Einflusses der Familie Vanderbllt, der
vielleicht ausreichen wird, urn die deuische
Oper von der donigen Opernbuhne zu ver-
bannen. Auch die haliener scbwimmen jetzi
vollig im feindlichen Fahrwasser, wie man
sagt sogar der Generaldirektor Gatti-Casazza.
Wie erinnerMch, ist schon in den ersien An-
fangen des Krieges der deutscbe Kapellmeister
Hertz wegen unerquicklicher Verhaltnisse,
die sich auch aufden Krieg beiiehen, zuriick-
getreten.
KONZERTE
San Franctsco: „Hiil California", die Welt-
ausiiteHungshymne von Camille Saint-Saens,
erlebte bei ibrer Urauffuhrung einen eni-
scbiedenen Mitlerfolg. Die vornehme deutsch-
freundlicbe *Wt\x hielt sich fast demonsira.tii'
der Auffuhrung fern, und die amerikantsche
Mustkfcritik flndet das praterttiose \Perk T in
dem die Marseillaise mil dem „5iar Spangled
Banner" unorganisch verquickt wird, steif,
langweilig und dem „Blurnen-, Bluten- und
Sonuenland" KaliTornien wenig emsprecbend.
Man war indes rucksichlsvoil genug, dem
personlich so wenig takrvollen Komponisien,
der selbst dirigicrte, eine kteine, seiner Eitel-
keit sehmeichelnde Ovation zu bereiien.
TAGESCHRONIK
Schicksale eines Marsthnermonu-
menfs, Der „Vossischen Zciiung" wird ge-
schrieben: Heinrieh Marst-hricr . . . besitzt wei
Denkmaler, eins in ZiUau, seinem Geburtson,
und ein beruhmteres in Hannover, der Siaite
seines langjsbrigen Wirkens. Die Geschichie
dieses Montimenies ist recht bewegt. Noch im
TodcBJahr des Meistcrs, 1861, rufcn josef
Joachim und Fricdrich Spiethagen, beide
damals in Hannover, cntrustet vielleicht durcb
den Friedhofskandal, den die Takilosigkeii eines
positiven Geistlichen bei der Bestattungsfekr
verschuldet ha(, zur Errichtung eines Denkmals
fiir den liberal gesinnien Musiker auf. Es gehen
nur schmale Spenden ein, nachdem das r Leip-
ziger Tageblatt" milgeteijl hat, dad Marschners
Tochter Toni mit sieben Kindern in Hamburg
Not leide, eine Betiauptung, die Spielhagens
„Zeiiung fur Norddemschlstid" bestreiiet. Die
Sammlung schliift nun ein, wenn audi der Plan
nicht aufgegeberi wird. Zwulf Jnhre spiiter
meldet die „Spenersche Zeiiung", Toni habe
sich aus Hunger erhiingt, und die „Berliner
Vespen" sehlagen liohnend fiir das Monument
diese Inschrifj vor:
B Hier ruh! ein KDnstler, der sein fianzes Leben
Der deutschen Kun^i geweiht o hilt rt? Not!
Er bititr fiir sein armes Kind um Broi --
Und diescr Stctn ward ilmi gegeheri."
QJ1LHELH HAHSEH ED1TI0H " LEIPZIG
Klavfer mlt Orohe»ter.
Am&<rfi, Mnurck ivec iccompifnenient
d'lnjifUBifms 1 ctidia, M.
9IG — Pirtitur und Stimmon 5.50
— Dubllcrstlmmen > . . ,. (e I. —
1(332 Mailing. Op, 43. Komeri (C-raoll) .... 7.-
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— Solmilfnmc mil II, KUvitr. .,.,,. 10 —
Stenhammar. Op. a. M. Knntsfr.
1343 - Sdlojilmme mlt I!. Klivttr 10.50
Vlollne mlt Orohester.
Elttrreicn. Op. II, Komert In G-Jur.
13tM — Pinirur 10.—
-■ 5ultinimn>c mit Kiavtcr ........ li.—
I294i - Neu. Stfmmtn , 12.—
— VUillne 1. Vlollne II, Vlolt, Violoncclla, \t 1.50
— Bill ... I.—
Halvorsen. Andtnic rtllgloao In G-mull.
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t>LS« — Srlminen 4.50
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Sotctilmme mil Kl«v(;r fcder Orpjcl . . 2.S0
Dimes Norvtglcnnt*.
IB44 - N'eu. Pirtiiur , , . , 4 -
l(M4« — Slimmed p.--
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Hubajf. Op. GO, ,Aii mondjik", Seine* dt
In Ciirdi Nr. 8.
ItltE — Psriimr S.--
IDiSi — Slimmtn , 7.—
Duhleitcn ............. jc 0,!i0
SfNU^Timmc I. —
Nk'ISen. Ludoll Op i', Bcrcculc in U-dur
mil Srreiclilnilruni(!fiien.
1114 Hinifur und Silmmtn 3.—
huMifrsilmmen j< 0,30
Suloilimdir mil K[»vifr 1.75
Ntrwowlejskl. Op, ,C, l.tRtodt.
Hi 2 Ntll. ['artfuir 3.-
Hilin Slimmer SKI
— Uiiblkritimmefi \t 0..T0
1 ^?G S»|i]»lininic mit Kluvicr 2,25
Slridinf. Up. 45. Konicrt ir A-dur.
■MX) - I'irlBur H.—
IDGi Siimmc:i 14.
- l)L,bScitcn: Vinl. I, JI, Vo, Vc ... \t t SO
Kail .,....,..-.. 1.25
- Soiusi'innie mit Kluvicr 7. —
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(vlrti Silmnien fl.SO
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Kmffln to Itt
in Wiirzburg.
Volikomtnene Ausbildung in alien Zwciscn
der Tonkunst einschl. Oper. Honorary
gan^jiihrij;. jc nach dt'm Hrm |>i lactiL', 120,
itHI (jdur 4S M. PL-riiinliclu AnmelJung
end AufjialimsprLifiint; am k>. September.
Prt>ipckiL' sit)d fctistenfrei von derDircknon
,'L] hf/.nrJ.'i:!].
Ijie Kc'Jnit;!. nirektion r
Kdniffl. Hcifrat Prof. Max Meyer OHlfrslicDcn
Die Naebricht Est felscb, und bo ectareibt
noch im selben Jahre einen Vettbewerb aui,
an dem itch die gefeiertes Bttdbauer jener
Zeit (da nur 27000 Mfc. verfugbar waren) ntcfal
heteiligten. Den Auftrag erbielt Hamer- Berlin.
Am 17. Junl IS77 wurdc das De&kmal vor dem
Hofibcttter enthullt, von dem der penaionierte
Generalmusifcdirektor iMarscbner er&iell dlesen
Tt'tel tatsichticb erst bei seinem Abacbied,
richtiger seiner Verabscbiedung) grollend slcb
zurikkgezogen batte.
Amcrifcanlsche Opernbilanz. Die Neu-
tratitlf der Amerlkaner bat sich fur uns tm tll~
gemeinen nicbt gerede erfreulich bewahrt, aber
ein Gthiet konncn sie docb anfubren, auf dem
sie sich im strengsien Sinne neutral gezeigi
haben: die Oper. In vielen ameriltaniscben
Stadten hat sicb der Krieg fur die Buhnenleiter
verhlngnisvnll erwieseiu In Cbikago bat die
Oper Bankerott gemacbt und wurde gescblossea,
in Boston liegen die Verbalmisse nur wenig
gunstiger. Nur die New Yorker Oper hat sicb
durctahalten konnen; die Spielzeit bat zwar aiieb
bier nlcht mit einem finanziellen Nutzeo ab-
geschiossen, aber die Direktion bat sicb durcb
das drohende Deficit nicbt abbalien lassen, die
Aiiffuhrungen regelmoGig zu Ende zu fuhren.
Sie hat dabet, wobl nicbt zu ihrem Nachteil, in
der Durehfuhrung ibres Programme die strengste
Neutralitat bewahrt, und es ist ihrauch gelungen,
ihre Kiinstlerschar, die sicb aus alien feindlicben
Nattonen Europas lusammensetzte und Deutsche,
ltaliener, Franiosen, Betgier, EnglSnder uod
sogar aucii Tiirken iu den lliren ilblte, in Ein-
tracht zusammenzuhalten. EbensD bewies sie
bei der Aufstellung des Spielpianes ihre Neu-
tralitat. Von den Opern waren 17 italieniscb,
14 deutsch und 2 franzosisch. Unterden Kom-
ponisten sreht Wagner mit 34 AufFuhrungen an
erster Stelie; ihm foigt Puccini mit 24. Die
grdflte Zabl von Wiederhoiungen derselben
Oper wurde mil Bizet'a ^Carmen" erztelt.
Unter den Neubeiten und Neueinstudierungen
waren 3 italienische, 2 deutsche und I franzS-
sische. hs Feblte unter den angekundigten
Opern nur die russiscbe „Eurst Igor" von
Boriidine, die aus Mangel ati Zeit auf das
nscliste Jahr verschoben wurde. Die Neuheiteti
hatten kcinen }>roISen Erfolg: Giordano's „Madame
Sani-GL-ne 1 * fand das Publtkum nicht so schon
wie stine fruheren Werkc, und auch .L'Oracolo"
von Ltoni geniigie ihm nicht. Sehr viel groOeres
Interesse fanden beim amerikaniscben Publittum
dagegen die Neueinstudierungen von Webers
„Euryaniiie", Btrethovcns ^Fidelio" und Bizet's
„Cannen u . Unter den Kiinstlern, die sicb in
der Ictzten Spielmt dem New Yorker Publtkum
;um erittnmal vorstcllten, geiielen am meisicn
Alelanie Kurt und Jer italienische Tenor Luca
Bona. l'n\ Jk Aline der Spielzeit liefl der
Direktor Gaui-Casa/za das Gerucht verbreiten,
dali die durcb den europiischen Krieg her-
\ orgerufenen viirtscliafdichen Verh31tnisse zu
Reform vcrsiicli en zuangtn, die sicb besonders
ui!i;h auf die tiohcn Anspriiche der eraten
Kiiiisticr hezogen. Wie *eit dies geben soli,
u-eid nsan nichi; aber es erregte ^rodes AuTsehen,
ale im januar niii^eieih wurde, dad Caruso
niciit titi /um I:nde der Spit licit singe, da er
cine amk-re VcrpilithturiR btim Theater von
man
11
BekAnntmaehung.
Kdnlgllche Akademie der KUnste xu Berlin.
Wlnterknrau* dm Lrehranartalten flip Huaik*
A) Akademlsche Meisterschulen fflr muslkalEftche Komposltton zu Berlin In Chariottenburf,
FasanenstraBe 1.
Vorsteber: die Herren ProFessoren Gcrnsheim, Dr. Humpcrdinck und Schumann.
Die Meisterschulen haben den Zweck, den in sie aufgenomrnenen Schulern Gelcgenbeit zur
weiteren Ausbildung in der Kompositton unter unmtrtelbarer Leicung eines Mtisters iu geben.
Genugcnd vorbereitete Aspiranten, welcbe einem der vorgehannten Meister stch tnzuscbJie&en
wunscben, haben stcb bei diesem in der ersten Wocbe des Monats Oktober persflnlicn xu tnelden
und ibre Kompositionen und Zeugnisse ^insbesondere aucb den Nacbwets einer untadelhaften
slttlichen Ffihrung) vonulegen.
Cber die praktische Beflbigung der Bewerber zur Aufnahme m die Meisterscfaule entscheidet
der betreffende Meister. Der Unterrlcht 1st bis auf weiiere Besiimmung unentgeltllch.
Niheres auch im Bureau der Akademie der Kunste, Berlin f 8, Pariser Platz 4.
B) Akademlsche Hochschule fUr Musik zu Berlin in Charlottenburg, FasanenstraBe 1.
Direktoriutn: Geheimer Regterungsrai Professor Dr. Kretzschmar, Professor Banti, Professor
Dr. Humpcrdinck, Professor Felix Schmidt.
Die Aufnahmcbedingungen sind aus den Satzungen erstchtlich.
Die Anmeldung tst schriftlich tinter BeifOgung der unter Nr. VIIJ der Satzungen angegebenen
Nachweise, aus denen das zu studierende Hauptfach ersichilich sein muB, spatestens bis zum
25. September 1915 an das Dlrektorium der Kg!, akademischen Hochschule fur Musik zu richten,
Auch muB aus der Meldung hervorgehen t daB dem Bewerber der PrQfungstag bekannt 1st.
Die Aufnahmepriifungen fur das Winterhalbjahr 1915.16 flnden start:
1. Fur Komposilion, Direktion (Kapellmeister), Klavier, Cembalo, Violoncell, Harfe, Kontra-
ball und Blasinstrumente am 4. Oktober, morgens 9 Uhr;
2. fur Gesang (einschl, Opernschule) am 4. Oktober, nachmtttags 4 Ubr;
3. fur Violine und Orgel am 5, Oktober, morgens 9 Ubr;
4. fur Chorscbule (Einzelgesangunterricht) am i I. Oktober, mittags 12 Ubr;
5. fur Cbor am 11. Oktober, nachmittags 4 Ubr.
Die Bewerber haben sich ohne wettere Benachrichtigungen zu den Prufungen einzufinden.
Berlin, den 6. August 1915. Der Senat,
Sektion fur Musik: Gernsbeim.
Monte Carlo habe. Man glaubte, daQ der be-
riihmte Tenor gegen jede Gehaltsverminderung
pf&tesiierert Nolle, obwobl die DifdklAren ef-
klirten, dad sein Auftreten fur sie gut die
[0000 Mk. wen ware, die er fur den Abend
erhalt. Jetzt wird jedocb mitgeteilt, daQ Caruso
die ganze Spielzeit 1915/16 in New York singeu
wird. Ais besondcre Anziehungskraft fur die
nichste Spielzeit bat die Leitung der Metropolitan-
Oper ferner ein russisches Ballet gewonnen,
England und die deutschc Musik. In
England weifi man jeut die Ursache fiir den
bekiagenswerten Niedergang der deutscben Musik
seit dem Tode Richard Wagners und Brahms'.
Im letzten Hefi der ..Quarterly Review* beweist
Charles V. Stanford schlagend, dad audi die
deutschc Musik vom Gift des Militarismus an-
geFressen sei, und daft man sich somit Cber ihren
2ustand nicht mehr zu wundern tirauche. [n
den letzten Jahrzehnten hat Deutschland kein
mustkalisches Genie hervorgebrachi, und der
hocbgefeierte Richard SirauO ist heme nur noch
ein Sklave des deutschen Systems. Gr hat sein
besseres Selbst verleugnet; mit der Verherr-
lichung Nietzsches, mit dem n HeldenIeben",
einer Hymne auf General Bernhardt, begann
es, und heuie komponiert er. ein musikalisches
GegenstQck 7u „General Staff", auf Befehl des
deulschen Kaisers Soldatenlieder. Das ist wohl
bezeichnend genujj. Und trotz des hoffnuiigs-
losen Tiefstand^s, desten Erkenntnia sich auch
Einsichtige kaum verschiieBen, wagt man es
immer noch, Deutschland als das Musikzentrum
der Welt binzustellen, wagt es, iiber engiische
Musik die Achse! zu zucken, als ob, wenn
Deutschland nichts leiste, auch andere Volker
nithts leisten wtirden. Deutsche Musik be-
herfseht Ait Welt, deutsehe Musikliteralur Hndet
uberall Eingang und raubt der engliscben Licht
und Luft. Allerwarts trtfft man auf die Ausgaben
deutscher Verleger, a!s ob nicht aucb England
das Recht habe, die groflen Musikheroen Bach,
Handel und den Niederlander Beethoven zu
ehren. Die Werke englischer Komponisten aber
liegen verstaubt im Schreibtisch. Hiltten sie
doch „Made in Germany" darauf geschrieben!
Aber das alles muB anders werden. Der Krieg
wird das Musikleben von Grund aus umwalzen.
Und England kann endlich den Platz einnehmen,
der ihm schon ISngsi gebiihrt. Der Barm, der
die Augen der ganzen musikalischen Welt in
torichter Verblendung nach Deutschland starren
lIHt, wird gar bald fiir immer gebrochen sein,
und Englands Musik, die bedauerlkherweise all-
zulange geschlaFen hat, wird erwachen, Britische
Sanger ubertreffen bei weitem die deutschen an
Schonheit des Tones und Schmiegsamkeit des
Vonrages. Ein lacherliches Vorurteil, die eng-
lische Spravhe unmusikalisch zu nennen, die
Sprache eines Shakespeare und Milton! Deutsch-
land aber wird finanziell bald so zusammen-
gebrochen sein, dafl es weder seine Oper noch
seine Musikinstttute unterhalten kann. Dann
suchen Musikfreunde und Sctiuler ein neues
Heim. England ist an der Rcihe! Aber aucb
mit der Micbt der deutschen Verleger ist ea
aus; ihre Musterausgaben sind dahin, denn die
Druckplatien fur die VervielFiltigung wanderten
\n alle schon ISngst zu Krupp! Jetzt ist es
also Zeit, dall England die Augen offnet; mochten
111
sicb die Briten auch in der Musik ibren Platz
suchen, den ihnen nur Neid und Scheelsucht so
lange streitig gemacht hat!
Erinnerungen an Brahms veroffentlicht
Ferdinand Schumann, ein Enkel Roberts und
Klaras, in der „Neuen Zeitschrift fur Musik".
Schumann weiB auch einige unterbaltsame kleine
Zuge des oft so brummigen und stacheligen,
verSrgerten Brahms festzubalten. So, wenn
Brahms bei Tisch einmal auf die Frage, ob er
Rot- oder WeiBwein beliebe, antwortet: „WeiB-
wein; und nachher Rotwein, damit der's nicht
ubelnimmt." Oder, wenn er Ferdinands Schwester
Julie Schumann, einem netten Backfisch, auf
eine Photographie von sich als Widmung kritzelt:
„In Ermangelung eines Romeo Joh. Br. . . ."
Hubsch ist auch, wie Brahms, da er einmal aus
der Bahnhofshalle von Frankfurt a/M. abdampft,
seinen zuruckbleibenden Geleitem zulacht:
„Reisen Sie glucklich!" — Ober Brahms'
auBere Erscheinung in den letzten Jahren seines
Lebens gibt der damals 19j9hrige Ferdinand
Schumann folgendeanschaulicheAufzeicbnungen:
„Ein kleiner, korpulenter Herr mit schon etwas
ergrautemVollbart.SeinfuchsrotfarbenerSchnurr-
bart ist auffallend; aber nur die rechte Halfte
ist so gefarbt, die andere grau. Wenn er hustet,
bekommt er einen starken Blutandrang nach
dem Kopf. Seine Stimme ist eigentumlich hell,
nicht wohlklingend; sie klingt, als sei sie zer-
brochen . . ." Ober Brahms am Klavier heiBt
es: „Brahms gibt beim Spielen ein merkwiirdiges
Gerausch von sich: man konnte es ein kurz
abgestoBenes Brummen oder Scbnarchen nen-
nen." Ober Hans von Bulow auBert Brahms
einmal kurz nach dessen Tode: „DaB Biilow die
Orchestersachen, die er auffubrte, auswendig
dirigierte, ist nicht gerade erstaunlicb; aber daB
er auch die Proben schon auswendig dirigiert
hat, das war eminent." Die Partituren hatte
Bulow eben schon beim personlichen Studium
formlich auswendig gelernt . . . Ober das ge-
eignete Alter zum Tonschaffen macht Brahms
Ende 1895 einmal zu Klara Schumann die
charakteristische Anmerkung: er komponiere
jetzt nichts mehr fur die Offentlichkeit, nur mehr
einiges fur sich. „Man soil nur bis zum
50. Jahr komponieren. Von da an nimmt die
Kompositionskraft wieder ab."
Anton Bruckner, der „Bettelmusikant".
Gelegentlich einer launigen Schilderung, die der
Kammersanger Leo Slezak von seinen ameri-
kaniscben Kunstfahrten in einem New Yorker
Blatt gegeben hat, erwaunt er auch eine Anek-
dote, die erkennen ISBt, daB der groBe oster-
reichiscbe Symphoniker Anton Bruckner in
seiner Familie nicht eben viel gait. Slezak hatte
vor einigen Jahren mit seiner Frau von Kanada
aus einen Ausflug nach den Niagarafallen ge-
macht und war aufs freudigste iiberrascht, als
ihm vor dem Hotel ein Kellner entgegenkam,
der ihn mit den anheimelnden Worten begrfiBte:
„KiiB d' Hand, Euer Gnaden." Der Mann, der
im Hotel gleichzeitig auch als Hausknecht und
Faktotum seines Amtes waltete, war bereits
30 Jahre in Amerika und hatte wfihrend dieser
Zeit seinen lerchenfelderischen Dialekt in
schonster Reinheit bewahrt. Slezak unterhielt
sich mit dem Landsmann aufs angelegentlichste,
und sein Interesse fur den Kellner wurde noch
wesentlich gesteigert, als er horte, daB er ein
leiblicher Neffe des Komponisten Anton Bruckner
sei und Karl Bruckner beiBe. Dabei kam man
auch auf den Onkel zu sprechen, der in der
Familie als verlorener Sohn betrachtet wurde
und als eine Art abschreckendes Beispiel her-
halten muBte, wenn irgendeines der Kinder etwas
Boses getan hatte. So geschah es, daB Karl
Bruckner, als er noch ein kleiner Bub war, eines
Tages vom Vater wegen irgendeiner Dummheit
mit den Worten abgekanzelt wurde: „DaB du mir
nicht so ein armseliger Bettelmusikant
wirst wie der Onkel Anton, sonst kriagst a paar
an Schidel, du elendiger Bua!"
Ein Berliner Musiker, Prof. Theobald Reh-
baum, vollendete am 7. August sein 80. Lebens-
jahr in korperlicber und geistiger Frische. Er
war, wie uns geschrieben wird, infolge jahre-
langer Abwesenheit von Berlin wohl der All-
gemeinheit etwas aus dem Gesichtskreis ent-
schwunden; aber er verdient es, bei Gelegenbeit
seines Ehrentages in allgemeine Erinnerung
gebracbt zu werden. Als Tonsetzer zablreicher
ausgezeichneter Violinstudien und schoner Lieder,
als beliebter Geigenlehrer und als Musikreferent
groBer Tagesblatter hat er sich einen Namen
gemacht. Sein besonderes Gebiet aber ist die
BuhnenschriftstellereijvieleOpernlibretti, Schau-
und Lustspiele entstammen seiner Feder, und
namentlich als umdichtender und gcschmack-
voller Obersetzer hat er Vorbildliches geleistet.
Dr. J. Neumark aus Warschau ist zum
Vorstand der polnischen Musikabteilung an der
„Deutschen Auslandsbibliothek" in Berlin er-
nannt worden.
Ehrendoktorat fur einen Geiger. Der
Primgeiger des hervorragendsten amerikanischen
Streichquartetts Franz Kneisel wurde von der
Universitat Princeton zum musikaliscben Ehren-
doktor graduiert, welche Wurde ihm bereits 1900
die Yale-Universitat verliehen hatte.
Auszeicbnung. Otto Fiirstner, der In-
haber des Musikverlags Adolph Furstner in
Berlin, bat als Fiihrer einer Kraftwagenkolonne
im Westen das Eiserne Kreuz 2. Klasse erbalten.
TOTENSCHAU
Am 20. Juli f in Mannheim, 37 Jahre alt,
Dr. H. W. Egel, der langjahrige Musikreferent
der „Mannbeimer Volksstimme". Als Kritiker,
Padagoge und Organisator der Musikalischen
Volksbibliothek hat er sich unbestrittene Ver-
dienste um das Mannheimer Musikleben er-
worben.
In Innsbruck f im Alter von 51 Jahren Franz
Eibl, der Konzertmeister des Musikvereins.
Im 71. Lebensjahre f der um die Entwickelung
des musikalischen Lebens der Stadt Essen hoch-
verdiente, in ganz Rheinland und Westfalen
bekannte Musikdirektor Langenbacb.
In Harbarton (U. S. A.) f der Pianist und
Konservatoriumsdirektor Carl Bodell, ein ge-
borener Schwede, der in Leipzig unter Reinecke
seine Ausbildung erhielt.
SchluB des redaktionellen Teils
Verantwortlich: Willy Renz, SchOneberg
IV
NACHRICHTEN und ANZEIGEN zur „MUSIK" XIV/23
NEUE OPERN
Carl Goepfart: „K]as Avenstaken", Text
nacta dem MBrchen gleichen Namens von
Ernsr Moritz Arndt.
Hans Ludwig Korniaou: w Die Odaliske",
eine Tanzphantasie nach einem dicbterlschen
Entwurf von WotTgang Goetz.
Ludomlr von Rozycki: .Eros und Psyche",
Textbueh nach einem Drama des im Felde ge-
TaMenen poSnischen Dichters Jerzy Zulawski
OPERNSPIELPLAN
Bayreuth: Wie die Verwaltung der BQhnen-
festspiele mifteilt, konnten wihrendderDauer
des Krieges keineriei Bestimmungen fiber die
kommende Spietzeit getroffen werden. Alle
andersgearteten Mitteilungen beruben auf Ver-
mutungcn.
Darmstadt: Das Hoftheater eroffnel die neue
Spielzeit am 12. September mit „Tannbiuser".
Im Laufe des Winters wird aucb .Parsifal"
gegeben werden.
KONZERTE
Berlin: Die Singakademie (Direktor: Georg
Schumann) bat fur ihr erstes Konzert im
Oktober Hindels Fur unsere Zeit besonders
geeignetes Oratorium „Deborah" in Aussichl
geriommen.
London: DiekGrzlicherflffneten Promenaden-
konzerte, die in der Queen's Hall unter
der Leitung von Henry Wood stattflnden, sind
bemerkenswert durch die groOe Zabl deutscher
Musikwerke, die auf dem Programm ver-
zeicbnet sind. Von den 741 zur Auffuhrung
gelangenden Tondicbtungen sind 490 aus-
ISndiscber Herkunft. Von deutschen Orchester-
werken sind vor allem Beethovens neun Sym-
phonieen, Scbuberts B tJnvoIlendeie* t sowie
Werke von Mozart und Wagner zu nennen.
Im Rabmen der KLavierkonzerte sind Mozart,
Beethoven und Brahms zu finden. Die Violtn-
konzene verzeicbnen auf ihrem Programm
Brahms und Bach. Man siehi, daB die Eng-
ender, trotz aller Feindschaft, in der Musik
wenigstens nicht ohne uns auskommen kormen.
Stockholm: Als G9ste des Konzertvereins
im kommenden Winter werden u, a. Teresa
Carreno und Eugen d'Albert mitwirken.
Zum Ersten Kapellmeister ist Georg Schnee-
voigt gewShlt worden.
TAGESCHRONIK
Chopin's Herz, Der Chopin-Forscher
Bernard Scharlitt schreibt der „N. Fr. Pr.":
Die Nachricht, daQ die Russen bei ihrer Flucht
aus Warschau das in der dortigen Heiligen-
kreuzkirche aufgebahne Herz Chopm'sgeraubt
haben, wird nicht nur bei uns Polen, sondern
auch bei der groBen Gemeinde der Verehrer
dieses Tondichters neben hcichsier Entrustunn
auch schrecklichste Bewegung hervorrufen. Ist
es doch aus der Lebcnsbesctireibung des Nok-
turnensingers bekannt, daD mit der Bcisetzung
seines Herzens in Warscbau ein von ihm auf
dem Sterbebetr ausgesprochener Wunscb erFulIt
worden war. „lch weifl", so sagte dersterbende
Meister zu seiner Lieblingsschwester Ludwika,
fielm Im Mm :: Leipng.
Nr. 1682—1690.
Ign. Friedman
^Episodes lyriques"
— fur Klavier = = — -
Op. 59
I
2.
3.
5.
6.
8.
9.
Chaconne
Mazurka
Intermezzo
En valsant
La fileuse
Aubade
Sur I'eau
Jongterie
Epilogue
Mk. 3.00
Mk. 2.00
Mk. 2.00
Mk. 2.00
Mk. 2.50
Mk. 2.00
Mk. 2.00
Mk. 2.50
Mk. 2.50
Neupert-Friedman
33 Etuden Mk. 3.50
Etude, A-moll Mk. 1.20
Baeker-Grifodahl-Friedman
Die Linde Mk. 1.25
Elling-Friedman
Ich will fort Mk. 1.25
SehyUe-Friedman
Technische Klavier-
studien Mk. 2.50
1
M daB Paskiewitsch euch nicht erlauben wird,
micb nach Warschau zu Qberfubren; so nehmt
denn wenigstens mein Herz dorthin mit, das
ausschlieQlich dem Vaterlande gehort hat." Es
war immcr sein sehnlichster Wunsch gewesen,
neben seinem Vater und seiner jungverstorbenen
zweiten Schwester Emilie auf dem sogenannten
Powonski-Friedhof in Warschau die letzte Ruhe-
statte zu finden, doch gab ersich hinsichtlich der
Erfullung dieses Wunscbes keinen TSuschungen
hin. Denn er kannte die moskowitiscbe Knuten-
berrschaft zu gut, um nicht zu wissen, dad sie
die polnischen Emigranten selbst fiber das Grab
hinaus verfolge. Und er selber war eben, wenn
auch unter ganz eigenartigen Umstanden, zum
Emigranten geworden. Als nlmlich imjahre
1830 der Aufstand in Warschau ausgebrocben
war, weilte Chopin gerade in Wien, wobin es ihn
nach den groDen Triumphen, die er hier ein
halbes Jahr zuvor errungen, mSchtig gezogen
hatte. Seine Pflicht als „russisccher Untertan"
war es nun gewesen, seinen Pali nach dessen
Ablauf erneuern zu lassen, was Chopin jedoch
wegen des Aufstandes und der von den Polen
an diesen geknupften Hoffnungen unterliefl.
Diese Unterlassung hatte aber eben zur Folge,
dafl er das Russische Reich und mithin auch
Warschau zeitlebens nicht mehr betreten durfte
und daber Emigrant blieb. So hatte sein eigenes
Geschick mit dem seines Vaterlandes sich aufs
innigste verwoben. Das tragische Ende des Auf-
standes vom Jahre 1830 entschied auch uber
Chopin's Zukunft. Durch die Unmoglichkeit,
nach Warschau zurfickzukehren, wurde er nach
Paris verschlagen, das ihm jedoch, obschon er
dort erst zu Weltruhm gelangte, niemals zur
zweiten Heimat geworden war. Er fuhlte und
bezeichnete sich vielmehr bis an sein Lebens-
ende als Emigrant und verzehrte sich in Sehn-
sucbt nach dem heiflgeliebten Vaterland, an
dessen Geschick er noch in seinen letzten
Lebenstagen Anteil nahm. Das Jahr 1848 hatte
auch die Polen mit neuen Hoffnungen erfiillt,
und der todgeweihte Meister verfolgte auf seinem
Scbmerzenslager mit Begeisterung die Ereignisse
in den polnischen Landen und triumte wie alle
seine Bruder von der Wiederherstellung Polens.
„Alles stebt giinstig fur uns", schrieb er damals
seinem in Amerika weilenden Jugendfreunde
Julian Fontana, „mit einem Wort: Polen wird
wieder da sein!" Es muB nun geradezu mystisch
anmuten, dafi Chopin, der bis zum letzten
Lebenshauch an allem, was sein Vaterland be-
traf, mit jeder Faser seines Herzens teilnahm,
in das dort gegenwartig sich abspielende welt-
historische Ereignis gleichsam aus dem Jenseits
mit hineingezogen wird. Moskowitische Bar-
barei, die seinem Herzen die tiefsten Wunden
gescblagen, raubt diesem jetzt noch die ewige
Ruhe! Sollten nun aber die Russen die Kiihn-
heit haben, diese ihre Schandtat als einen „Akt
der slawischen Bruderliebe" hinzustellen,
dann donnere ihnen entgegen, was Chopin uber
sie nach dem Fall Warschaus im Jahre 1831
in sein Tagebuch geschrieben: „Die Vorstadt
zerstort, verbrannt! Paskiewitsch, der Hund von
Mohilew, nimmt die treue Stadt ein! Moskau
befiehlt der Welt! O Gott, bist du da? Bist da
— und rachst dich nicht? Bist du der mosko-
witischen Verbrechen noch nicht satt? Oder —
II
oder - bist du am Ende gar selber — ein Mosko-
witer?! Mein armer Vater, meine treue Seele,
leidet jetzt vielleicht Hunger? Kann vielleicbt
nicht einmal Brot Fur unseregute Mutter kaufen?
Meine Schwestern — Opfer der entmenschten
moskowitischen Soldateska? O mein Vater! Das
ist also die Freude deiner alten Tage? Meine
arme kranke Mutter, dazu hast du deine Tochter
uberlebt, um zusehen zu mussen, wie uber ihre
Gebeine hinweg der Moskowiter Horden zu
neuen Greueltaten sturmen?! Ach, ob sie ihr
Grab verschont haben? Oder . . . habe ich viel-
leicht keine Mutter mehr, vielleicht bat sie schon
der Moskowiter ermordet . . . Und ich hier un-
tatig, mit verschrankten Armen, zuweilen nur
jammernd und am Klavier verzweiflungsvoll
klagend! O Gott, plage die Franzosen mit den
schrecklichsten Qualen dafur, daft sie uns
nicht zu Hilfe kamen! ...
Die serbische Hymne von Lehar. Der
erste Dirigent des Berliner Bluthner-Orchesters,
Paul Scheinpflug, erzihlt in seinen russischen
Erlebnissen: Am Freitag, den 31.Juli, mitten in
Beethovens c-moll Symphonie mussen wir plotz-
lich abbrechen ; denn die Zuhorer verlassen flucht-
artig die Platze. Ein Manifestationszug mit den
Fahnen der Alliierten dringt johlend und brullend
in den Konzertraum. Vor dem Orchester wird
haltgemacht, und ein fanatischer Student, der
Fiihrer der Bande, schreit uns etwas zu. Da
ich nicht gleich verstand (er sprach Russisch),
will die Menge das Orchester sturmen. Mir wird
ubersetzt, und es bleibt uns nichts anderes ubrig,
als die russische Hymne dreimal stehend zu
spielen, danach die franzosische und dann die
englische, welche Gott sei Dank der deutschen
glich. Plotzlich schreit jemand: die serbische
Hymne! Ja, da war guter Rat teuer, denn keiner
von uns kennt die Hymne dieser edlen Insekten-
pulvernation. Da komme ich auf den Gedanken:
die Gesellschaft da unten kennt auch nicht diese
Hymne. Die Noten einer Lehar'schen Operette
liegen gerade bereit, und so spielen wir nicbt
ohne innere Freude an Stelle der serbiscben
Hymne einen Lehar'schen Operetten-
marsch. Die Menge brullte vor Begeisterung!
Die Richard-Wagner-Stipendien-
Stiftung wird auch in diesem Jahre einen
grofien Teil der verfugbaren Zinsen zur Unter-
stutzung notleidender Kiinstler bereitstellen. Fur
diesen Zweck soil mit Genehmigung der Konig-
lichen Regierung von Oberfranken und unter
Zustimmung von Siegfried Wagner und der Ver-
waltung der Biilinenfestspiele eine Summe von
14000 Mk. verwendet werden. Im letzten Jahre
wurden die durch die fehlenden Stipendienaus-
gaben ersparten 1300 Mk. fur Kriegsunter-
stfitzungen, und zwar zum Teil fur den Deutschen
Buhnenverein und die Genossenschaft Deutscher
Buhnenangehoriger, bewilligt. In diesem Jahre
erhalten der Allgemeine Deutsche Musikerver-
band und der Allgemeine Deutsche Chorsanger-
verband je 750 Mk., die Vereinigten Inspizienten
deutscher Biihnen 500 Mk. Der ubrige Teil
wird an in Not geratene Biihnenkunstler, und
zwar vor allem an solche, die in Bayreuth mit-
gewirkt haben, verteilt werden. Die Stiftung
hat sich auf Veranlassung des Schatzmeisters
auch mit 52000 Mk. an den Kriegsanleihen
beteiligt.
Neuordnung der Musi ksammlung de r
Koniglichen Hof- und Staa tsbibliotbek
in Miinchen. Nacb miibevollen und lang-
wierigen Vorarbeiten ist jetzt die Neuordnung
der Musikbestande der alten und berubmten
MGnchener Bibliothek beendet worden. Die An-
regung zur Umgestaltung der Musikabteilung
gab der Direktor Sctanorr von Carolsfeld.
Schopfer der Neuordnung ist der jetzige Vor-
stand der Musikabteilung Dr. Gottfried Schulz.
Die Musikbibliotbek zerfallt nach ibrer Neu-
ordnung in drei Gruppen. Die erste umfaDt die
auBerordentlich groDe Anzahl von Handschriften.
Aus den Zeiten, in denen alle musikalische
Kultur zum grofien Teil von der Kirche ausging,
besitzt die Bibliothek allein 5000 Manuskripte.
Unter ihnen haben die Cborbucher der bayeri-
schen Hofkapelle, die so oft von hervorragenden
Meistern, wie Ludwig Senfl und Orlando di Lasso
geleitet wurde, groBes Interesse. Die Vokal-
musik uberwiegt durchaus, docb findct sich aucb
unter der Literatur fiir Orgel- und Lautenmusik
manches kostbare Stuck. Die Gruppe der ge-
druckten Musikalien umfaDt etwa 15000 Binde
mit auDerordentlich wertvollen SchStzen. Die
besondere Sorgfalt gilt der Erg3nzung der Gruppe
von Werken der modernen Tonkunstler. In der
dritten Abteilung, die die Musiktheorie umfaDt,
sind etwa 5000 Veroffentlichungen musikwissen-
schaftlichen Inhalts vorhanden. Auch der groDe
Krieg der Gegenwart spiegelt sich in der jetzt
eingerichteten Kriegsmusiksammlung, die zahl-
reiche, auf den Krieg bezugliche Kompositionen
entbalt.
Eine ausgewiesene Pianistin. Die aus-
gezeichnete Pianistin Natalie Janotha ist in
London festgenommen undausgewiesen worden,
wie der Londoner „Daily ExpreD" meldet. Ob-
gleich sie die Freundschaft hochgestellter eng-
lischer Personlichkeiten, darunter der Konigin
Alexandra, genoD, zeigte sie einen starken Hali
und Verachtung fur England. Eine unvorsicb-
tige AuDerung dieser Gefuhle fuhrte zum Ein-
schreiten des Ministeriums des Innern. Frau
Janotha, die ubrigens den Titel einer preuDischen
Hofpianistin fuhrt, wurde in Warschau geboren
und ist nahezu 60 Jahre alt.
E. T. A. Hoffmann in Warschau. In
Warschau batte sich zu Anfang des 19. Jahr-
hunderts eine kleine deutsche Kiinstlerkolonie
angesiedelt, der neben Zacharias Werner, dem
Musikamateur Hitzig u. a. auch E. T. A. Hoff-
mann von 1804 bis zum Einzug der Franzosen
angehorte. Allerdings hat der Dichter dort sich
vorwiegend musikalischen Studien hingegeben,
und als im Palais Mnizek Symphoniekonzerte
veranstaltet werden sollten, war Hoffmann so
begeistert fur deren Durchfuhrung, daB er die
Konzertriume eigenhandig ausmalte. Mehrere
der Konzerte wurden dann von Hoffmann dirigiert,
der fur diese Gelegenheit einige Kompositionen,
nach Texten von Zacharias Werner, schrieb.
Das groflte Orgelwerk der Schweiz,
enthaltend 92 Register, erbaut von Th. Kuhn in
Mannedorf, wurde vor kurzem in der Zuricher
G roDmunsterki rche seiner Bestimmung
ubergeben.
Der Wiener Gesellschaft fur Musik-
freunde ist eine Stiftung im Betrage von
67000 Kronen von Frau Marie Puffer vermacht
worden. Die Zinsen sollen als Unterstiitzungen
fiir arme Klavierlehrerinnen, ganz gleich welcher
Konfession, Verwendung finden.
Dr. Arnold Scbering, Privatdozent furMusik-
wissenschaft an der Universitat Leipzig, der zur-
zeit als Landwehroffizier im Felde stent, ist zum
auBerordentlichen Professor ernannt worden.
In die Bayerische Sachverstand igen-
kammer fur Werke der Tonkunst wurde
zum Vorsitzenden Bruno Walter, General-
musikdirektor in Munchen, zum Mitglied der Kom-
mission Friedrich Klose und zum stellver-
tretenden Mitglied Prof. Anton Beer-Walbrunn
gewSblt.
Aus Halle a. d. S. wird uns gemeldet: Der
neue Direktor unseres Stadttheaters Leopold
Sacbse verpflichteteOskar Braun, denfruheren
Kapellmeister der Berliner Sacbse-Oper, und
Paul Graener, den Leiter der Mozartfest-
spiele in Salzburg — bekannt durcb seine Oper
„Don Juans letztes Abenteuer" — als musika-
lische Leiter unserer Oper.
An Stelle des von Miilhausen i. E. scheiden-
den Kaiserlichen Musikdirektors Max Schlocbow
wurde Hans Munch, ein Schiiler des Baseler
Miinsterorganisten Adolf Hamm, als Organist
an St. Stephan und Dirigent des Oratorienchores
berufen.
Auszeichnungen. Der fruhere Kapell-
meister am Frankfurter Opernhaus, Hans
Schilling-ZiemDen wurde zum Major be-
fordert und erhielt auDer dem Eisernen Kreuz
den bayerischen Militarverdienstorden 4. Klasse
mit Krone und Schwertern, sowie das Ritterkreuz
1. Klasse des wurttembergischen Friedrichs-
ordens. - Herzog Friedrich von Anhalt hat
Prof. Dr. Friedrich Stade in Leipzig die Ritter-
Insignien 1. Klasse des Herzoglicb Anbaltischen
Hausordens Albrechts des Baren verliehen. —
Dem Obmann des Vereins der Musikfreunde in
Warnsdorf in Bobmen, A. Bach, ist das oster-
reichische Ehrenzeichen 2. Klasse vom Roten
Kreuz verliehen worden.
TOTENSCHAU
In Braunschweig f im Alter von 76 Jahren
Kammermusiker Friedrich Schlufter, ein
ausgezeichneter KontrabaDspieler.
In Essen f der bekannte Geiger Alexander
Kum mer, 65 Jahre alt. Der Kfinstler hat lange
Zeit in England gelebt, von wo ihn der Krieg
vertrieben hatte.
In London f, 84 Jahre alt, William Hay-
man Cummings, einer der namhaftesten
englischen Musikhistoriker. Sein Spezialgebiet
war die Purcell-Forschung. Er schrieb eine
Biographie dieses einzigen Musikgenies, das
England hervorgebracht hat, und redigierte die
Veroffentlichungen der Purcell-Gesellscbaft.
In Paris, wo er seit 1898 lebte, f Alfredo
d'Ambrosio, im Alter von 44 Jahren; er hat
sich mit Violin- und Kammermusikwerken einen
Namen gemacht.
Schluss des redaktionellen Teils
Verantwortlich: Willy Renz, SchOneberg
III
VERSCHIEDENES
Pat riot isches Wirken eines unga-
rischen Pianisten in Sudamerika, Aus
Buenos Aires wird uns unterm 7. Juni ge-
schrieben: Der hier allgemein beliebte 30jahrige
ungarische Klaviervirtuose Kada JenS hat der
biesigen Prcsse letztbin eine Reihe interessanter
Dokumente vorgelegt, aus denen bervorgebf, dail
der begabte Kunstler, der durcb den Ausbruch
des Wcltkriegs an der Ruckkebr in seine Heimat-
stadt Budapest verhindert war, in selbstEosester
Welse und mit rastlosem Fleill seit sieben
Monatcn in fast ganz Sudamerika Konzerte zum
Bestendes Deutschen undOsterreichisch-
Ungarischen Roten Kreuzes gegeben bat.
Wie wir erfahren, beflndet sich Kapellmeister
Hermann Scberchen, der im Sommer ver-
gangenen Jahres Dirigem eincs Kurorchesters
in einem Badeorte iu der Nlbe Rigas war, seit
Kriegsbegtnn in russischer Gefangenschaft. Der
junge talentierte Musiker, ein fruheres Mitglied
des Berliner Bluthner-Orchesters, isl in Berlin
durcb sein Eintreien fur Arnold Schonberg
weiteren Kreiaeu bekannt g«worden.
AUS DEM VERLAG
Hans Schmid-Kayser t derbekannte Lauten-
singer, hat soeben im Verlag „Harmonie", Berlin-
Halensee, ein Jung-Deutscbland gewidmetes Heft
moderner vaterlindiscber Lieder nach Texten
von GerhartHauptmann, Hans Brennert, Richard
Zoozraano, Gustav Ricfcelt, Fritz Brentano lisw.
rait Lauten- und Kiavierbcgleitung zum Preise
von 2 Mark erscheinen lassen, das die wirk-
samsten der vom Komponisten selbst im letzten
Winter vie! 5ffenl1icb vorgetragenen aktuellen
Kompositionen enthllt, darunter B Gardemarsch",
„,Aufruf" t „Drauf los tt , „Reiterlied" t „Berliner
Landsturm", „Monaco mobil", „Auf den Feind",
»Fest und mutig drauf, „Es ist Zeit" usw.
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zur Musikgeschichte
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IV
, t r
NACHRICHTEN und ANZEIGE^ zur „MUSIK«< XIV/24
NEUE OPERN
Oflker Nedbal: .Vimerbriut", eine drel-
alttige Operette, Text von Leo Stein, wird
in Wien thre UrauFFuhrung erleben.
Lndwlg BottenbcrR: „Dte Gescb wlster*,
Bach Goethe, werden in Frankfurt a. M. zur
UrauFFuhrung komrnen. i
OPERNSP1ELPLAN
Darmatadti Aufler „Parsiial" aind an Neu-
aufffibrungen vorgesehen: StrauR („ Rosen-
kavalier"), Weingartner (,Dame Kobo Id") und
Otto Neiuel („Dcr Richter von Kascha"}; die
letzten belden Werke erleben hier ibre Ur-
auffQbriing.
Stuttgart; Ende dieses Monats findet die Ur-
auffuhrung von Max Schillings' „Mona Lisa"
mU John Forsell in der Hauptrolle statt. Ala
weitere Neubetien werden B Sulamith" von
Paul v. Klenau und„Die Lieder des Euripides"
von Botbo Sigwart angekundigt.
KONZERTE
Dresden; In den Symphonickonierten der
K5nlglicben Kapelle werdeo die Foigenden
Werke ium era ten Male gespielt: Reger
(Variationcn uber ein Thema von Mozart),
Mahler (.Das Lied von der Erde"), Bruckner
(Drltte), Buttner {Symphonic), Strauli <„Alpen-
syraphonie'k Ntcode <„Nach Sonnenunter-
gang", symphonisches Stimrtiungsbild), Bartok
(Suite), Brahms („SchicksB.lslied»), Koelller
(Symphonische Variatjonen).
Kasael: Die UraufrQbrung von Hugo Kauns
Dritter Symphonic findet am 12. November
unier Leitung des Hofkapeilmeisters Robert
Laugs statt.
Spandau; Zugunsten Hinterbliebener des
Pionierbataillons von Rauch wurde im
neuen Stadtibeater efn grofies Konzert veran-
Staltet. Hervorragende Solisten: Frau Arndt-
Ober, Herr Baptist Hoffmann vom Berliner
K.5n!gl.Opernrnus, Kurt Schubert, der Lfszts
Lfngarische Phantasie ftir Kla vier mil Begleitung
des Orchesters in vollendeter Weise zur Dar-
stellung brachte, Frau Jonas-Stockhausen,
Koniertmeister van Laar u. a. hatten sich in
den Dienst der guten Sache gestellt. Der
kQnstlerische Hohepunkt des Kon^enes war
die zundende Wiedergabe der grolien Beet-
hovenschen Leonoren-Ouverture Nr, 3 unrer
der hinreiflenden Leimng des Musikmeisters
Richard Knoch. Das ausgeieiehitete Or-
chester des Batailltms leltete mit Wagners
Kaisermarsch den genullreichen Abend ein,
der fur Spandau ein Ereignis bedeutete.
Wien; Anfang December wird Weingartner
mit den Philbarmonikern Richard SirautV
sAlpensympbonie" zur Auftuhrung brtngen.
TAGESCHRON1K
Ein BrieF Busoni's. Ferruccio Busoni, der
sicb seil Januar in Amerika aufhilt, sendet der
„Vossischen Zeitung* in Beaniwortung von An-
fetndungen, die ihm von deutscher Seite luteil
geworden sind, ein Schreiben, das ein unzwei-
deutiges Bekenntnis iv den Kulturgutern des
nadi
friEdenssdilufi
wird in unserem
Verlag erscheinen:
Eine
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von
WALTER DAHHS
dem Verfasser der
Schubert-Biographie.
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Vorbesrellungen nehmen schon
jetzt entgegen
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Deutsebtums 1st. Der Brier", der hoffratlEeb alien
weltered Verdlcbtfgungeii des Kfinttiers den
Boden enufehen wfrd, Iiatet: Verebrljcbc Ro-
tUktionl Ein amerikanischer Kontrskt, in
Friedenszeiten noch vereinbart, twang micb,
Deurschland in dem Augenblicke zu vcr-
lessen, its viete Hotfaungsbluien fur micb iu
reifon schienen, zugleicb, ober dis Land, durch
Allerwiohtigstes, in erne cinfaeitliche Ricbtung
der Interessen Btrebie. Dlese grade Bewegung
einer Nation, mil der icb im Verlaufe von uber
20 Jabren so vieles ausgetauscht, zwang und
zwingt tbrtgesetzt meine Toilnahme und Sym-
patbie. Darum bine micb nicbts davon ab-
gehalten, Deutschland wiedcr zu betreren, wenn
nicbt neue Ereignlsae es tatelchlich verbfndcrt
bitten; wenn nicbt Ereigniste und Hindernisse
nocb heme in Kraft siunden. Icb wurde nfcht
linger in einem Lande verbarren, das nicbt
das Land m einer Wahl ist, wurde nicht die
Jabre m einer rusrigen Reife als Unbeteiligter
fern von dort verbringen, wo die Gberfulle der
Anregungcn eine em cute Jugcnd verbeiBt. Icb
babe vcrsucbt — und mir selber errungen —
ein unabb&ngiger Kunstler m bleiben, metnen
eigenaten AuTgaben zugewandt, in der Idee, daH
ernster Friedensarbeir obzuliegen die mir zu-
kommende und nicht unwurdige Sendung Tire,
in dem Gtauben, dad, von alien, die Tonlcunst
mit den irdischen Geschiften am wenigsten
etwis gemeinsarn babe. Ich erfabre durcb
Ocruchte und Mitteilungen von Freunden, daQ
man es dennocb zu Wege gebracht habe, micb
in das Feld potitiscber Fragen blnaus-
xustoQen. Und macbe mir tlar, d*B dies Be-
richtete infolge meiner Nationalist eine schirfere
Intonation bekommen musse. Das bedauere ich
wahrhaftig und vcrsrebe zugleich, dad tnin — in
einer solcben Zeit — verlangt, ein offenes
Bekenntnis zu horen. Wenn es Ibnen er-
vunscht sein sotlte, bescliigt zu wlssen, was
Ihnen seit jeher bekannt sein rauflte, so sprecbe
ich es gem und ohne RiJckbali aus, dafl ich fur
die geistige Kultur Deutsch lands eine hobe
Schitzung hege und daft die Haltunglhres Volkes
mir eine ebensolche in vollem MaUe abzwingi.
Daft icb, dank dieser Erkenntnis deutscher
Tugenden, meine Abstammung verleugnete,
wurde Ihr eigenes aufrechtes Ehrgefuhl nie
biliigen; daQ ich Mensch und Kunstler bleibe
und gem geneigt und Fihig bin, liberal] Menschen
und Kunstler zu erblicken und zu achten, wo
ich solche wahrzunehmen glaube, kann den Sinn
von meiner SchStzurtg Deutschlands nur er-
weitern und die AuFnchtigkeit meiner Auflerung
erst rechi dartun. In dieser Oberzeugung griifle
ich Sie herzlich als Ihr ergebener
New Yurkjuli 1915. T r erruccio Busoni
Saint-Satins gegen Breiikopf& Hariel.
Vor kurzem wurde uber die Bestrebungen fran-
ziisischer Verleger berichtet, die den Versuch
machvn, die vielfach musiergiilngen Ausgaben
deutscher Verleger durch neu zu veranstaltende
EdiTionen zu ersetzen. Im Zusammenhangc
damit mull ein scharFer Angriff betrachtet werden,
den der streitbare alte Camtlle Saint-Saens
vor kurzem auf der Weltausstellung zu S^n
Francisco gegen den Leipziger Verlag von
Breitkopf & Hartel erbob, bei dem die monu-
raentalen Gesamtausgaben der groden Meisterl
II
der Muaik erachlenes. Der Vortrafc
Thema lautete .Die Autffibntng d«f
apeziell titer Musik" wurde lm „Salon dfr '■■
Pensee Franctise" gebalten und 1st nnaowftf ba:
einer von Henry Bowie beeorgten eBgiiaebctt'
Obersetiuog erscbienen, am der die ZeHaelnill
.Musical America" ausfubrlicbere Atuifigebftngt
NacbllngerentechnischcnAuBeinanderaeO ctt ln eri
fiber die Spielweise von Bach, Kin del, Haydn
und Beethoven, wobei Saint-SaCfli besondert
das Cembalo-Spiel der an der Berliner &&Blf-
lichen Hocbichule lebrenden poisiicbtB
Pianistin Wanda Landowska ala muitet|filtic
hervorhebl, geht der Kritiker, der tick, wfe tnw
siebt, troti seines Deuischenhasscs doch ■M-
scbliedlich mit unseren Meistern beacblftigt) be*
senders auf Mozart ein und fahrt dann totti
fl Das Haus Breitkopf & Hlrtel, dts bla m
kurzem die besten Ausgaben deutscher Klaettkar
hatte, hat start ihrer neue Ausgaben bertBS-
gebracht, worin Professoren sicb mile Mtth*
gaben, die Musik der Meister In ihrer eifeoea
Art zu verbessern. AIs dieses grofie Haut eine
vollstSndige Ausgabe der uberaus xablrelcbea
Mozartscben Werke vorbereltete, richtete ei n
alle Beshzer der Handschriften Moaartt etnea
AuFruf, und als es diese tehr koatbaren Dokff*
mente eriangt hatte, beliebte es der Finna, start
diese sorgfiltig wiederzugeben, den Profeasorea
freie Hand zu Verinderungen zu laaaen, So
wurde die bewundernswerte Heihe von Kltvier-
konzerten durcb Kirlfteinecke ausgescbm&okt
mit Blndungen, legato, tnolto legato nnd sempre
legato, die genau das Gegenteil von den Ab-
stchien des Komponisten ausdrucken." Es 1st
oifensichtlicb, daB Saint-Saens hier die immer
noch kiuftichen Urtextauagaben mit den otnlrUeb
oft recht ungleicbwertigen Bearbeitungen r«r-
wechselt, die grode Verleger daneben zum prak-
tiscben Gebrauch herausbrlngen musaen. Im
ubrigen gilt gerade Karl Reinecke als besondera
Autoritat auf dem Gebiet der Mozartlnterpretation,
wenigstens in Deutschland.
Richard Wagners erster Anstellunga>
vert rag. Ein Interessantes Zeugnis dafur, von
welch bescheidener Grundlage aus slcb der Atif-
stieg eines GroBen der Kunst volizjebt, 1st der
erste Ansteliungsvertrag Richard Wagners. Dem
EjnundzwanzigjJLhrigen war es durch Vermittlung
seines Bruders Albert gelungen, mit dem Direktor
des Wtirzburger Sladtiheaters, an dem Albert
Wagner als Sanger, Schauspieler und Regisseur
wjrkte, in Unterhandlungen zu treten, dfe mit
dem Ergebnis schlossen, daQ Richard Wagner fur
die vlelseitigcn Dienste eines Cboreinsrudierers,
Aushilfsschauspielers und Ballettstatlsten in den
Verband dieses Kunstinstiiuts aufgenommen
wurde. Der Anstellungsverrrag, den der .Theater-
courier* verorTenilicht, ist ein wabres Muster-
beispiei fur die Genngschitzung, mit der ein*
„holie Direktion" ihre jungen ICrafte behaodejts
und bezahlte, Wenn es nicht cigentlicb. ein
trauriges Kapitel w&re, konnie man Ubcr die
Vorsicht lachen, mit der sich die Direktlon der
„guten Auffiihrung" des neuen Mitgliedes durcb
Biirgen verstcherte, die ihrerseita sicb dttfeb
VerpHichtungen irgendwelcher Art belaatefl,
Unter dreifacher Burgschaft (seiner Mutter, seiner
Schwester und seines Bruders) 9 fur Punktlicbkett
und Geborsam" wird er angestellt, und rolgende
XJauscl zeigt, vis Richard Wagner su tun hatte:
»Richard Wagner wird bauptslchlich sis Cbor-
Dinitadierer beschifrig: werden. Derselbe hat
sber, wdzu er und die Burgen rar selnen FleiO
Genehmlgung und Zusicberung erteilen, norigen-
M!s auch als Mitwirkender sprechendcr und
Hummer Rollen Jn Schauspietcn, TragSdien und
ebenfaJls in mimischen Gruppen im Ballete,
sowelt erforderlich, sich nutzlicb zu roachen.
In FsJIe von Ungenorsam, Unbotmifiigkeit stehi
der Direktion iu, Herrn Richard Wagner nacb
den Theaiergesetzen zu strafen. Sollte erforder-
Hcbenfalls das Eiokommen des Richard Wagner
die fiber Ihn verblngten Strafen nicbt decken,
so verpftichtcn sich die obengenannten Burgen,
der Direktion die Butted fur Richard Wagner iu
beiahlen. Ricbard Wagner bat seine ganzen
Krtfte und Diensre, soweit sie gebraucbt werden,
iu jeder Zeft der Direktion des Stadrtbeaters
zur Verfugung zu uberlassen, wo fur ibm nach
pSnktllcher Erfullung allmonatlicb iebo Gulden
von der Direktion als Verdienst ausgezablt wird *
Void Londoner Musifcleben. Im ..Daily
Telegraph 4 rerbreitet sich Robin H. Legge, der
stitadlge Berichterstatter dieser Zeitung, fiber
das musikalische Leben in London. Man weifi,
da& die Frfihlingszeit bis in den Sommcr hinein
sonst cine Hochflut von OpemvorBtellungen,
Konzerten, der .at home's* der Reichen und
Vornebmen mit sicb bringr, wie denn aucb die
groBen deutschen Kunstler st&ndlge Giste der
eigentlicben „season" waren. Der Krleg hat
dteaem flutenden Leben ein Ende bereitet. Die
groQcn Opeminstitute blciben geschlossen. Nur
im London Opera House ubten die „ButierBy"
und itallenische und russiscbe Opern- und
Balletvorstellusgen lebhafte Anziebung. Traurig
istes urn die Konierte bestellt. Die Promenaden-
konzerte in der riesigen Albenhalle sjnd bei
ausgezeiebneter, gediegener Musik und billigen
Preisen die cinzigen, die leidlicb besucht sind.
Die umihligen Wohliatigkeitskonzerte decken
oft nicbt die Kosten, obsctaon die Kunstler
umsonst mitwirken. Versuchen diese nun, ihrer
eigenen ublen Lage durch ein Konzeri abzuhelfen,
so sehen sie sicb leeren Stuhlreiben gegenuber,
da das Publtkum sie schon in den Wohltsiigkeits-
konzcrren gebon bat. Der Chauvinistenrummel
in bezug auf die Programme scheint infolge der
vSltigen Teilnabmlosigkeit des Publikums gegen-
uber den vaterlandischen Propheien im Sand
verlaufen zu sein.
Ein Wiener — Komponist der tiirki-
schen Natjonalhymne. Es wird wenig be-
kannt sein, daC die Sultansbymne, die seit Be*
ginn des Krieges in Wien bei feierlichen Ge-
legenbeicen zugleich mit der osterreichischen
und der deutscben Volkshymne gespiclr und
gesungen wird, von einem dortigen Cetlisten,
dem Professor Josef Sulzer, fcomponien worden
ist. Mit diesem Stuck hat Sulzer einen sebr
volkstumlich gebaltenen Festgesang gesctaaffen,
der das orienialische B Kolorii" mit kunstleriscber
MiBigung Testbalt. Vor nicbt langer Zeit war
Sulzer eingeladen worden, seine Hymne in
Konstantinopel vor dem Sultan selbst aufzu-
ffihren, und die packende Melodic hat den auf.
rlcbtigen Beifall Mohammeds V. geernret. Das
Interesse des GroJlherrri an der ihm gewidmeten
ScbSpfung durfte eine Folge haben, an die der
KomponUt kattm gedacbt faaben mag, dean, wie
Wiener Zeittttag en meldea, steht *u( eine Wcimmg
des Sultans die Aserfcennung der Sulzertchen
Komposition als der offiziellen tBrkischen
Hymne unmitteibw bevor.
Ela Corpus scrlptorum de musics
medii acvi. NIcht nur Musikfreunde werden
es gern b5ren, di& das Deutsche Relcb seit
dem J*hre 1914 JIhrlich 2500 Mk. saswirfl, am
die »Freie Veretnigung zttr Hersusgsbe eines
Corpus scrlptorum de musics medii sevi" zu
untersttltzen, Diese Verelnigung wurde schon
im Mat 1909 in Wien von Gelehrten, die auf
dem KongreU der Internationa! en Musikgellscbafi
sicb zusammengerunden batten, gegriindet. Nacb
den Pllnen der Verelnigung soil das bis xum
Jabre MSOO entstindene Quellenmaterial mittel-
alterlicber Musikschriftea, das sicb in deutschen
und ausllndischen, offentlichen und privaten
Bibliotheken sowie in Klostern benndet, ge-
sammelt werden. Die Kandscfartften der mlttel-
slterllehen MusikscbriftstelJer sollen dann neu
berausgegeben werden. Das ganze Werk wird
zwfilf mit Fakslmillen reicb ausgesuttete BSnde
umfassen und innerhalb von etwa 14 Jahren
erscbeinen. Obne staatliche Hilfe ist nun solche
Arbeit naturlich nicbt zu schaETen. Und die
Hilfe muQ groD sein. Es sind nicbt wenlger
als 140000 Mk an staatlicher Beibilfc notwendlg.
Das macbl jihrlich 10000 Mk. aus, Osterreicb
bai sicb bereit erkllrr, die Haifte dieser Summe
aufzubringen, wepn Deutscbland fur die andere
Hitfte einsteht. Im Hinblick auf die hobo
kulturelle Bedeutung des Unternehmens bat die
preuQische Regierung die Haifte des von Deutscb-
land zu gewShrenden Antcils auf PreuQen uber-
nommen. Die anderen 2500 Mk, trlgt jihrlfcb
das Reich.
Am 6. September beging Kdnigiicber Musifc-
direktor Prof, Ferdinand Hummel, der Direktor
der Bubnenmusik des KSniglicben Schauspiel-
hauses in Berlin, seinen 60. Gebunstag. Als
schaffender Kunstler hat sich Hummel durch
Chorkompositionen und Opern einen ange-
sehenen Namen erworben.
Der Musifcverein in Kopenbsgen hat zum
Nachfotger von Prof. Franz Neruda den Kom-
ponisten Carl Nietsen gewShlr.
TOTENSCHAU
In Hannover f Georg Nollet, ein Aus-
gezeiebneter Bariton, der 22 Jabre der Hofbubne
angebort hatte, aber eines Leidens wegen schon
vor 20 Jahren seinem Beruf entssgen mti&te.
In New York t Francesco Fanciulli,
65 Jabre alt, von 1853— 9S als Nachfolger von
Sousa ersterMarinekapellmeister der Vereinigten
Staaten; zuletzt leitete er die offentlichen Kon-
zerte im Stadtpark.
In Graz f Ende August Prof. Dr. Ferdinand
Bis ch off, 90 Jahre all. Er bat sich durch
musikgescbicbtliche Forschungen einen Namen
gemaebt.
In Karlsruhe f Musikdirektor Ed u a rd Stein-
wari.
Scblufi dea redaktlonellen Teils
Verantwortlith; Villy Benz, SchOnebcrc
111
VERSCHIEDENES
Die Direktion des Harmonium-Saalcs,
Berlin W, Steglitzer Stride 35,, uberllfir auch in
dero Icommenden Musikwtnter fur die Dauer
des Krieges den Harmonium-Saal alien deutschen,
osterreicbischen und alien Deutschland wohl-
gesinnten fremdilndischen Kunstlern unentgelt-
lich an den noch nicht fest belegten Tageri. Der
Sail wird den betreffenden Kunstlern mr Ver-
anstaliung von Wobltstigkeitskonzerten und
-vortrtgsabenden zur Linderung der durch den
Krieg bervorgerufenen Notlage uberlassen. An-
meldungen mil RCckporto und Angabe, welcber
Art die Veranstaltung gepl&nt ist, sind nur
schriftUcb ntit dem Vermerk „Kriegskonzert"
an die Direktion des Harmonium-Saales ein-
zurcichen.
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56. Band, lag Heft 2t bei. In vorliegendem Heft
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Vierteljahr, das Register ffir den gleichen Zeit-
raum, sowie das Verzeichfils der Bilder und
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3. ©♦ 93acf>. Ton X Tatfa.
93«etljot»eiu Ton I' ?»col>L.
33ettini. Ton "Paul Tofj.
53«rlioj. Ton Tvuno i3d>rabei.
Ti$ct, <33on ^aul Tofe-
93rabnt3. Ton 9\idjnrl> ». 'l>ergcv,
Gbcrubtnu Ton?: 1 ?. (f.TJHttmflnn.
Chopin. Ton (?. ?\etio]it>act)ei'.
GornciiuS. 7? on <Sb^r 3ftcl.
TR. ffranft Ton 0?. ftveifwrn
D. '"procha^fa.
©lutf. Ton A. <3'0elti.
5>anbcl. 7>on Tv. cctjrftber.
£at)bn. Ton I'liDiuig ?ip&(.
Eifet, I. Tanb. Ton L'. ^ot)t.
2. Tanc. Ton a ©SUeriet).
Cocwc. Ton ^icirim. 3?un&e.
Cording. Ton A. SHittmcmn.
SRarfancr. Ton SK. £ <2Bittm<tiin.
SKenbctSfcbn. TonTv.£d)raber.
SHerjccbeer. Ton 'Jib. tfobut.
OTo^art. Ton tubwig 9Mf.
9toffmi. Ton Slbotf "Sto&ut.
Slnt. giubtnfitciii. Ton 9lic. ©.
Temffein.
eibubcrt. Ton <3(. 9ltggli.
<2d>mnann. Ton X Tatfa.
Gpobr. Ton L'nbnng ?tobl.
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Terbi. Ton Sftaj ffbop.
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226 — Heft U . 2. -
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Eraier Pftnguug, Zveiter Pflngsiug.
— Op. 70, Die helHgeJungfrau. Sttmniiings-
btldcr.
505 — Heft J 2.—
E. Die VerkiJndigung. 2, Miria bciucht
Elisibeth und prelaei GtHt. 3. Die ticl-
Ilge Nacht.
506 - Heft II 2,-
4.Je*oD*rBiislluog im Tempt), wo Simeon
und Ann i von itin sprecben. S. Mir It
findet Jesus zwiscben den Lehrem im
Tempel bei d em Osierfeate. 6. Am FuQe
des Kreuzrs.
— Op. 7S, Ein Requiem fDr die Orgel.
Stimmungsbilder liber WorTeder Heiligen •
Srhrlft.
SCO - Heft t 2,50
1. Gib Ibsen Rube. 2. Dae JOngsle Ce-
richl. 3. Darum wachet.
861 — Heft II 2.50
4. Der Gliube, 5, Friede. 6. Dirtim
1st mein Hen frShllch — Gib lb pen
Ruhe.
- Op. 78, Psulus, Stiftimuiigshilder.
ff7B - Heft 1 2.—
1. Sitilus j-iiei wider die JQnger des
Herrn. 2. Auf dem Wcgcnach DtmtskuB.
3. Siulus wtri sehrnd und bckehrt sieh.
H77 — Heft [[ 2.—
4. Paulus verltundiget das EvangcJium
und leidet Verfolgung. 5. Das Volk hilt
Paulua fur clTien Gort und opTert ibm,
5. Die Gibe der Li'ebe.
— Op. 81, Die sleben Wortc des ErlSsers
Am Krcuie. Slimmungsbllder.
1034 - Heft I 2.50
1. Einleitung. Der G»ng ateh Golg»th«.
2. Die Worte der Liebe.
1035 - Heft II .2.50
3. Die Worte des Leldens. 4. Die Wone
des Sieges. 5. Epilog (Sihluuebor id
libitum).
- Op, 84, Die heiligen dre! KSnlge.
Weihnachi-Siimniitngsbildcr.
J 127 - Hift 1 *3.—
1, Einleimng. Cbrismachl. 2, .Wo tsl
der KSuig derjuden?* 3. Die Hohefi-
pricstcr und die Schriffgelehrlen. 4. Ni<h
Bethlehem.
1128 - Heft [[ A —
5. Die AnbcLung. 0. Hcrodes. 7. Helm-
warts.
1233 - Op. 88, Bel kirchllchen Handlungen.
Stlmmuiigsbllder mm Gcbrauch bei
Gottcsdlenstcn uder zutn Konicrivortrig 2.50
[. 8l4 der Taufe. 11. Bei der Hochteit.
III. Beim Ahead m atile. IV, Bei der Be-
erdigung (Trtuermirs^b).
1317 — Op. H9, Naebklitngc aua Davids Psalmen.
Slimmungsbildcr flir dlf OfrcI . . - ■ 2,50
J. Der 23. Psalm. II. Der 33, Psalm,
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Frau Felix SclunWt-Roline BHHSJW
Professor Felix Schmidt ifBtW
BERLIN W 50, RankeStr. 20. Telefon Arat Vilmensdorf, 7419.
Otto tlikltlts, finsl
Lucie Nikltib,
KONZERTE.
Dntmidir. o Rannniulk.
Beriln-WilniM
Uhlandstrafie 138,'S.
Ellen Andersson ■ WJ
BERLIB-WILMERIDORF. UtilandatraB* 78 IV.
Berthold Knetsch
9«Mnl1> Mail kwluait ink titan n. d. Fr«l»n HttehioKuti, Bartlir.
■iri)« W IE, Btaibtr»mtrnt» No. II, StrtonhiUi.
Zti •prcctitn tjflHcK von 2—3.
Untcrrlchtakursc Iflr Muaik-
■fi«fe«mschaftan und Klavfersplel
(1m Slime dcr Rjcmmoschca Lehrta unit lhrc» wclitrcn
Auibliist.j
Frospakto unantgeltllah.
Willy von Hoellendorff
Komponist und Musikschriftsteller
(fr, Kapellmeister)
Neuenahr (Rtlld.), Villa Katharina,
Individueller brieflicher Theorie-
Unterricht, Eigene prakt. Methode.
Nichrs Gedrucktes.
Instrumentierungen modernscer Art
fiir jede Besetzung.
OherFdlungen. — Streng diskret.
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EDGAR ISTEL:
DAS LIBRETTO
Wesen, Aufbau und Wlrkung desOpernbuchs
Preis: geh. 3 Mk., geb. 4 Mk.
ZWEITE AUFLAGE
=^ U r t c i I <* dcr P r r s s t ^=
Die Auijraljie von drt-i Mark fiir titcscs linrh kiinuU' maitclictii Komjioiiistcn odcr seincn
hochltemjjcii GSmit-'iri viele TaiiSende trsparefl. Istel sa«t. was er iu sagcn hat, deutlich
schonungsloe, selbst btssig, und cla.Jiii.li um so flesllnder fUr mtisikdramatischB Patienten.
Lcipziyer Neuesslc Naciirichteo.
Kenntflisreich und von eincin durcli kuiiicrltM P^rU-ilaiiiitismu!; miijekrankL'lteii Standpunkt
aus bidiaiidvlt Istr-1 dio iiilert'ssahle unci dislu-r vii-l i.u ueiiijj crorterte MaUrie. Uber aile
Fraiipn, die das Lihrutlo lutrfff^ii. i;il>t tlas Budi Ijefi ii'digi'iidtn und ^uten Bcsclicid. Wir
diirff ii es somil witrrnstrns cnipfcMen. Ni j uc Preuliisdie (Kreuz-) Zcilunjf.
Es ist eint ganz vortreffliche Arbeit vail gutpr Ratscltiagr, Waritungon. feiner Beobachtunyen,
treffender Bemerkungcn, alu- und iiem* WitlirliL-ittn ancitii'imicrreihetid. Ktfifl irjjend in
Betracht kommentler Punkt ist vom Verfasser flbersrihen wordcn. Grazer Ta^blatt.
Durch jede Buchhandlung zu beziehen
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I ui dec Reldimeicil : SutmsTci & Lo;ff!;r. Etdm ff. Vllt Lir,u-t von Hsrrunc 4 Ziennen, G. »■. t) H r VlucDbci].
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